N vn. rs ” ? EN ° „ta ee Pad DC “euer ee xt “ & . &> els® u ur . ee. . een ww © Er eh We, ar IT + a 2 RL KR N LH HR “.r. “re 2 ren Fat ”, “ ar 5 er ur, “. DE et, * are . D „nr ME “.. “ ”) + - . us nnnn “ar een - X e ? t. 2. " " " ? 2.r .. ? ”r % ..%# .... * DB ’ at EN N P ARCHIV für Mikroskopische Anatomie I. Abteilung für vergleichende und experimentelle Histologie und Entwicklungsgeschichte Il. Abteilung für Zeugungs- und Vererbungslehre herausgegeben von . ©. Hertwig und W. von Waldeyer-Hartz in Berlin Dreiundneunzigster Band Mit 34 Tafeln und 62 Textfiguren BONN Verlag von Friedrich Cohen 1920 ” JR, Tübin gen. n Inhalt. Sotalune I. Erstes..bLett. Ausgegeben am 16. Mai 1919. Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut der Sfuge- tiere. Von Paul Weill. XII. Fortsetzung der „Studien über das Blut und die blutbildenden und -zerstörenden Organe“. Von Franz Weidenreich. Hierzu Tafel kund. Il: Ueber das regelmäßige Von von IMelbeyich in je Milz. dis erwachsenen Menschen. Von Paul Weill. XIII. Fort- setzung der „Studien über das Blut und die blutbildenden und -zerstörenden Organe“. Von Franz Weidenreich. Hierzu Tafel III EEE Ueber die sog. Xantholeukophoren er auhtroseh. Von Prof. Dr. W. J. Schmidt, Bonn. Hierzu Tafel IV Ueber Chromatophoren bei Insekten. Von Prof. Dr. W. J. Schmidt, Bonn. Hicrzu Tafel V Zweites und drittes Heft. Ausgegeben am 20. November 1919, Morphologische Studien am Darmepithel von Ascaris lumbricoides. Von Philipp Stöhr, Würzburg. -Hierzu Tafel V! und 3 Textfiguren USERN IRRE ET NAN A Te Tara, Die Entwicklung des Ausführungsgangsystems der Milchdrüse. Untersuchungen beim Rind. Von Markus Zschokke, Assistent am vet.-anat. Institut der Univ. Zürich. 5. Beitrag zum Bau und zur Entwicklung von Hautorganen bei Säuge- tieren. Hierzu Tafel VII und 1 Textfigur Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus bei. anuren Amphibien (Rana temporaria) mit besonderer Rücksicht auf seine Gefäße. Von A. Hartmann, Assistentin am histologisch-embryologischen Institut München. Hierzu Tafel IX—XII und 13 Textfiguren Seite 82 93 118 137 210 I\6343 IV Inhalt. Ueber die Menge und die Arten der durch die normale Milz gebil- deten farblosen Blutzellen. VonDr. Miklös v. Melczer (Budapest), Assistent . SUR RU ER REINER EISEN Bakteroiden, Mitochondrien und Chromidien: Ein Beitrag zur Ent- wicklung des Bindegewebes. Von Prof. Dr. E. Trojan (Prag). Aus dem zoologischen Institut der Deutschen Uni- versität in Prag. . Hierzu Tafel XIII, X!V und 4 Textfiguren Viertes Heft. Ausgegeben am 28. Februar 1920, Ueber eigenartige Erscheinungen am Peritonaeal-Pigment bei Knochenfischen. Von E. Ballowitz in Münster i,. W, Hierzu Tafel XV—XVII und 10 Textfiguren Ueber die Farbzellenvereinigungen bei Serranus. Von E. Ballowi N VAR in Münster i. W. Hierzu Tafel XVIII und 7 Textfiguren Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren beim Farbenwechsel des Laubfrosches. Von Frof Dr. W. ]J. Schmidt in Bonn. Hierzu Tafel XIX—XXII Mehrfaserige (,‚polyine‘) subepitheliale Muskelzellen bei Hydrome- dusen (Carmarina). Von Prof. Dr. W. J.. Schmidt in Bonn (Zoolog. Institut). Hierzu Tafel XXIII Abteilung I. Erstes Heft. Ausgegeben am 16. Mai 1919. Ueber die Samenkörner der Libellen. II. Die Spermien der Agrio- niden. Von E. Ballowitz, Münster i. W. Hierzu Tafel I und 4 Textfiguren ‚Zweites und drittes Heft. Ausgegeben am 20. November 1919. Zytologische und experimentelle Untersuchungen über die Geschlechts- bestimmung bei: Dinophilus apatris Korsch. Von Hans Nachtsheim. Aus dem Zoologischen: Institut München. Hierzu Tafel II—-V und 5 Textfiguren Viertes Heft. Ausgegeben am 28. Februar 1920. Die Entwicklung der Keimzellen des Grottenolmes (Proteus angui- neus). 1. Teil. Die Spermatogenese. Von H. Stieve in Leipzig. Hierzu Tafel VI—-XII und 16 Textfiguren “es Ernie — Seite 307° 333 375 404 414 456 17 141 EI IE WERE ER ARCHIV für Mikroskopische Anatomie I. Abteilung für vergleichende und experimentelle Histologie und Entwicklungsgeschichte Il. Abteilung für Zeugungs- und Vererbungslehre herausgegeben von O0. Hertwig wd W. von Waldeyer-Hartz in Berlin Dreiundneunzigster Band I. Abteilung Mit 22 Tafeln und 37 Textfiguren BONN Verlag von Friedrich Cohen 1920 Inhalt. Abteilung I. Erstes@Hett, Ausgegeben am 16. Mai 1919. Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut der Säuge- tiere. Von Paul Weill. XII. Fortsetzung der „Studien über das Blut und die blutbildenden und -zerstörenden Organe“. Von Franz Weidenreich. Hierzu Tafel Kund-4l:% Ueber das regelmäßige are von Mecherten in ae Milz. des erwachsenen Menschen. Von Paul Weill. XIII. Fort- setzung der „Studien über das Blut und die blutbildenden und -zerstörenden Organe“. Von Franz Weidenreich. BllerzunBatel Lil .--:,%°%, A YORE RAN Ueber die sog. Xantholeukophoren nern Brosch. Von Prof, Dr. W. J. Schmidt, Bonn. Hierzu Tafel IV. } Ueber Chromatophoren bei Insekten. Von Prof. Dr.W. J. Schmidt, Bonn. Hierzu Tafel V Zweites und drittes Heft. Ausgegeben am 20. November 1919. Morphologische Studien am Darmepithel von Ascaris lumbricoides. Von Philipp Stöhr, Würzburg. Hierzu Tafel VI und 3 Textfiguren . NNRRDER SEE. Die Entwicklung des Ansiunrungfeanksjstem: Ru Milchdrüse. Untersuchungen beim Rind, Von Markus Zschokke, Assistent am vet.-anat. Institut der Univ. Zürich. 5. Beitrag zum Bau und zur Entwicklung von Hautorganen bei Siuge- tieren. Hierzu Tafel VII und I Textfigur { Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus bei anuren Amphibien (Rana temporaria) mit besonderer Rücksicht auf seine Gefäße. Von A. Hartmann, Assistentin am histologisch-embryologischen Institut München. Hierzu Tafel IX—XII und 13 Textfiguren Seite 82 93 118 137 184 IV Inhalt. Ueber die Menge und die Arten der durch die normale Milz gebil- deten farblosen Blutzellen. Von Dr. Miklös v. Melczer (Budapesi:), Assistent . ; TTS OL NE Bakteroiden, Mitochondrien und Chromidien. Ein Beitrag zur Ent- wicklung des Bindegewebes. Von Prof. Dr. E. Trojan (Prag). Aus dem zoologischen Institut der Deutschen Uni- versität in Prag. Hierzu Tafel XIII, XIV und 4 Textfiguren Viertes Heft, Ausgegeben am 28. Februar 1920, Ueber eigenartige Erscheinungen am Peritonaeal-Pigment bei Knochenfischen. Von E. Ballowitz in Münster i. W. Hierzu Tafel XV—XVII und 10 Textfiguren Ueber die Farbzellenvereiniguagen bei Serranus. Von E. Ballowi ie z in Münster i. W. Hierzu Tafel XVIII und 7 Textfiguren Ueber das Verhalten der verschiedenartig:n Chromatophoren beim Farbenwechsel des Laubfrosches. Von Frof Dr. W. ]J. Schmidt in Bonn.. Hierzu Tafel XIX—XXII Mehrfaserige (,„polyine‘) subepitheliale Muskelzellen bei Hydrome- dusen (Carmarina). Von Prof. Dr. W. J. Schmidt in Bonn (Zoolog. Institut). Hierzu Tafel XXIII Seite 333 375 404 414 .. 456 Ueber die leukocytären Elemente der Darm- schleimhaut der Säugetiere. Ein Beitrag zur Beurteilung der Granulationen in Leukocyten. Von Paul Weill. XI. Fortsetzung der „Studien über das Blut und die blutbildenden und -zerstörenden Organe“. Von Franz Weidenreich. Hierzu Tafel I u. Il. Einleitung. Es ist eine längst bekannte und schon öfters in vielfacher Weise gedeutete Tatsache, daß die Schleimhaut des Verdauungstractus in seiner ganzen Ausdehnung von Elementen leukocytären Cha- rakters bevölkert ist. Diese finden sich in Form mehr oder weniger scharf abgegrenzter Ansammlungen Iymphoider Zellen; nicht selten kommt es dabei, wie auch an anderen Stellen des Körpers zur Bil- dung von Solitärknötchen. Im Darm speziell sind es die Peyer- schen Plaques im Dünndarm, bei den Vögeln die Bursa Fabricii im Enddarm, bei niedern Wirbeltieren, besonders den Fischen, der als Leydigsches Organ beschriebene, im Oesophagus ge- legene Herd Iymphoider Formen, welche solche Follikel darstellen, Aber außerdem konstatiert man noch im ganzen Darmtractus ein reichliches Vorkommen von mehr vereinzelt liegenden Lympho- cyten. Diese ganzen Verhältnisse sind schon von den ältern Ana- tomen erkannt und dargestellt worden. Erst viel später kam man Archiv f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. I. l 2 Paul Weill: dazu, mit Hilfe der verbesserten Fixier- und Farbenmethoden zu unterscheiden zwischen den ungranulierten und granulierten Elementen der Darmschleimhaut. Das Hauptgewicht bei allen solchen Untersuchungen wurde jedoch speziell auf die quantitativen Verhältnisse dieser Zellen im Darm in Beziehung zu den Ernährungs- resp. Resorptionsvorgängen gelegt. Vor allem seien hier die Studien von R. Heidenhain, Erdely, Sansonow genannt, die nach zahlreichen Fütterungsversuchen einen bestimmten Reich- tum der Darmschleimhaut an granulierten und ungranulierten Elementen als korrespondierend mit einem bestimmten Resorp- tions- und Ernährungszustand feststellten. Die Morphologie und vor allem die genetischen Beziehungen der Leukocyten im Darm sind erst verhältnismäßig wenig und zum Teil mit widersprechenden Resultaten untersucht worden, Ueber diese Fragen einige Aufklärung zu bringen, ist der Zweck der vor- liegenden Untersuchungen. Material und Untersuchungsmethoden. Als Untersuchungsobjekte benutzten wir den Darm ausgewachsener, gut genährter Tiere, die wir meistens 2—4 Stunden nach einer reichlichen Fütterung töteten. Es stand uns der Darm von Hund, Katze, Ratte, Maus, Meerschweinchen, Kaninchen und Schwein zur Verfügung. Auch mensch- liches Material hatten wir Gelegenheit zu untersuchen. Dasselbe entstammte einem 37 jährigen, vollständig gesunden, gut genährten Hingerichteten und wurde in der Helly schen Modifikation der Zenkerschen Fixierungs- flüssigkeit Y, Stunde nach dem Tode eingelegt und 4 Stunden darin ge- lassen. Das tierische Material fixierten wir ebenfalls in ‚„„Zenkerformol‘ bei 37° während 2 Stunden und betteten die gesamten Objekte in Paraffin ein. Die Schnittdicke betrug 2—6 u. Als Färbungsmethoden kamen in Anwendung: 1. Hämalaun-Eosin, dassich zur Darstellung der eosinophilen Zellen gut eignet. 2. Ehrlichsche Triacidfärbung. Wir färbten in der un- verdünnten Farblösung 15 Minuten und entwässerten die Schnitte in Aceton. ' 3. Giemsa-Färbungfür Romanowsky-Färbung nach der Schriddeschen Methode (2 Tropfen Farbe auf 1 ccm dest. Wasser). Wir färbten damit 20 Minuten, wuschen in Wasser kurz ab und entwässerten in Aceton. Die Methode diente speziell zur Sichtbarmachung der verschie- denen Granulationen. 4. Universalfärbung nach Pappenheim, eine Kom- bination dr Giemsa- mit dr May-Grünwald-Färbung. Sie macht ebenso wie die vorige die Leukocytengranula sowie die Plasmazellen und Mastzellen gut sichtbar. Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 6) 5. Methylgrün-Pyroninfärbung nach Pappenheim. Wir gossen 35 Teile einer 1% Pyronin- und 15 Teile einer 1%, Methylgrün- lösung frisch zusammen und färbten damit 3 Minuten lang. Die Schnitte wurden dann schnell in Wasser abgewaschen und in Aceton entwässert. Speziell die großen und kleinen Lymphocyten, Plasma- und Mastzellen kamen damit gut zur Darstellung. Literatur. Lymphocyten. Schon früh erwähnt Weber runde Zellen im Epithel und den mit Gefäßen versehenen Teilen der Zotten; Arnstein (1867 ab) beschreibt solche speziell beim Kaninchen, Meerschweinchen, Hund und der Katze. Ebenso registrieren Verson und auch Watney das Vorkommen von „Lymphkörperchen“ bei denselben Tieren in der Mucosa des Darmes, letzterer außerdem noch beim Affen, Schaf, Ratte. Die gleichen Elemente findet dann auch Stöhr (1880, 83/89) im menschlichen Magen; er beobachtet sie noch im Darm verschiedener Säugetiere,. und zwar liegen diese Zellen nach ihm nicht nur zwischen den Epithelzellen, sondern sie vermögen auch durch das Epithel in das Lumen zu wandern. Beim Hund beschreibt Moschner dieselben Typen als „gefärbte, länglich oval gestreckte Körperchen‘‘, die besonders zwischen den Drüsen- zellen ihren Sitz haben. £ Alle diese Feststellungen beziehen sich im wesentlichen auf das morpho- logische Verhalten jener Zellelemente; im Gegensatz dazu zeigen nun die Untersuchungen der folgenden Zeit das Bestreben, das Auftreten derselben in der Darmmucosa in Zusammenhang zu bringen mit den Resorptions- und Assimilationsvorgängen, die sich hier abspielen. So versuchte vor allem Hofmeister (1885/86/87) die Bildung von Lymphocyten als „den morphologischen Ausdruck der zugrunde liegenden Assimilationsvorgänge“ zu betrachten. Nach seiner Ansicht sind nämlich die Lymphzellen Träger des Transportes und der Aufspeicherung des Eiweißes und seiner Spalt- produkte. Damit bringt er auch die Tatsache in Verbindung, daß ‚‚die Darmteile, welche die Resorption besorgen (Pylorus, Coecum), reichlich mit Lymphgewebe durchsetzt sind, während die anderen (Mund, Rachen, Dick- darm) weniger oder gar keine (Oesophagus) enthalten. Daß die Lymphzellen aktiv bei der Absorption und dem Transport der Nahrungsmittel beteiligt sind, bestätigt Schäfer (1884/85 a, b), aber speziell in der Aufnahme des Fettes im Darmkanal erblickt derselbe ihre wesentliche Aufgabe; ganz dieselbe Meinung vertritt Zawarykin (1883, 1885, 1887), während Wiemer die Aufnahme von Fetteilcheri in den Lymphzellen für ein ganz zufälliges Moment ansieht. Eine ausführliche Behandlung erfahren die lymphoiden Elemente durch R. Heidenhain. Er beschreibt ihr Vorkommen im Zottenstroma, zwischen den Epithelzellen sowie im Lumen des Darmes. Auf seine Unter- suchungen über das Verhältnis zwischen der Zahl der Lymphocyten und 1 * 4 Paul Weill: dem Ernährungszustand des Darmes werden wir bei der Besprechung der „rotkörnigen Zellen‘ eingehen. Die Durchwanderung von Leukocyten durch das Epithel beim Menschen und den Haustieren erwähnen Bonnet (18%) und Rüdinger. Auch Klippel et Pierre-Weil beschreiben im menschlichen Darm „„cellules rondes‘‘ caracteristes par leur noyau irregulierement granuleux et leur fin liter protoplasmatique‘; die gleiche Beschreibung dieser Zellen liefert auch Muthmann für Menschen, Hund, Maus und Katze. Von Autoren, welche die gleiche Zellart noch bei anderen Säugetieren beschreiben, wären zu nennen: Lafforgue, Preusse, Schlesinger. Imembryonalen Darm findet Toldt bei der Katze zwischen den Epithelze len runde Kerne, die streckenweise ziemlich reichlich, an anderen Stellen vereinze't vorkommen; den g’eichen Befund liefert Patzelt für Schweine-Embryonen verschiedener Länge. Jedoch auch bei niederen Wirbeltieren sind die Lymphocyten in der Darmschleimhaut beschrieben. So berichtet Edinger (1876/77) über ihr Vorkommen bei Fischen; Petersen (1908) findet Iymphoide In- filtration in der Pylorusschleimhaut von Selachiern; bei Emys europaea beschreibt Machate solcheim ganzen Darmtractus; nach O pp e1(1889) kommen sie auch im Darm von Proteus anguineus vor. Auch im Vogeldarm iindet Cloetta „kleine Zellen mit chromatinreichem polymorphem Kern und etwas größere Zellen mit bläschenförmigem Kern“. Die quantitativen Veränderungen, welche die Lymphocyten während der verschiedenen Er- nährungsstadien erleiden, prüfte Beguin bei Kröten und Eidechsen und kommt zu dem Resutat, daß die Darmschleimhaut des Hungertieres im Gegensatz zu derjenigen des während der Verdauung getöteten in allen ihren Schichten sehr reich an Iymphoiden Elementen sei. Diese Untersuchungen stehen in ihrem Ergebnis in direktem Widerspruch mit denjenigen Hei- denhains, wie auch mit denjenigen Erd&lys an der Ratte, dab der Darm des Hungertieres sich als viel zellärmer erweist a!s derjenige des mit Eiweiß, Fett oder Kartoffeln gefütterten Tieres. Sämtliche Autoren, über deren Untersuchungen wir im vorhergehenden berichtet haben, sehen in den Lymphocyten der Darmschleimhaut Elemente, die alle dem Mesenchym entstammen; nur Davidoff (1886/37) tritt für eine genetische Beziehung zwischen Epithelzellen und Iymphoiden Ele- menten ein. Nach seiner Meinung entstehen aus Abschnürungen des Kerns der Epithelzellen sog. „Nebenkerne‘, die sich dann mit Protoplasma um- geben und sich als typische Lymphocyten präsentieren. Eosinophile Zellen. Ellenberger hat als erster im Darm von Pferd, Rind, Schaf, Ziege, Schwein, Hund, Affen, Kaninchen Zellen mit stark gekörntem Proto- plasma nachgewiesen. Er identifiziert dieselben jedoch nicht mit den weißen Blutkörperchen, .‚da sie größer sind als sie, stärker glänzen, größere und umfangreichere Granula und nur einen, und zwar bläschenartigen großen Kern zeigen‘. Ueber ihre Herkunit macht er weiter keine Angaben. Seither Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 5 sind diese Zellen sehr oft beobachtet worden in der Darmschleimhaut der verschiedenen Wirbeltierklassen. So berichtet Bergouzini über ihr Vorkommen beim Frosch und Kaninchen im submukösen Bindegewebe; Czermack fand sie besonders zah.reich in der Umgebung der Follike!; innerhalb derselben sind sie sehr spärlich und nur als ‚Gäste‘ zu betrachten. Zelen mit nierenförmigen oder in 2 Teilen getei.ten Kernen und eosino- philen Granulationen beschreibt Greschik im Enddarm des Haus- sperlings;- denselben Be und liefert Oppel (1889) für Proteus megaris. Im Magen einiger Vogelarten kommen nach Schreiner polynukleäre . und auch mononukleäre größere und kleinere eosinophile Leukocyten vor, welche oft im untersten Teil des Oesophagus di fuse Ansammlungen bilden. Im ganzen Darmiractus von Vögeln und Säuge.ieren findet Muthmann eosinophile Leukocyten, nur fehien sie im Innern der Lymphknötchen. Die eosinoph len Leukocyten, welche de Waele im Darme von Vertebraten findet, erklärt er — wenigstens für die Mehrzahl derselben — als im Sinne Ehrlichs aus dem Blute eingeschwemmte Elemente. Beim Schwein hat Stintzing (1999) sog. „Kongophile Zellen“ in der Magensch'eimhaut geiunden, welche meist einkernig, selien zweikernig auftreten. ‘Bei Maus, . Meerschweinchen, Kaninchen, Hund, Mensch und Frosch konnte Verfasser diese Zellen nicht nachweisen. Er identifiziert sie als eosinophile Leukocyten. Bei der Untersuchung des Schweinedarmes beschreibt dann Du Bois ein-, zwei-, niemals polymorphkernige Zellen mit acidophilen Granulationen, die im Oesophagus und Fundus fehlen, im Dünndarm reichlich, spärlicher im Colon vorhanden sind. Nach seiner Meinung ‚these cells probably re- present a transitional form and are identical neither with leucocytes nor with connective tissue cells“. Zellen mit gekörntem Plasma und kleinen Kernen oder auch zwei- kernige Formen beschreibt Preusse im Dünndarm des Pferdes. Beim, Hund hat vor allem R. Heidenhain die gekörnten Wanderzellen beobachtet und sie als „rotkörnige Zellen‘ bezeichnet. Er definiert sie als Zellen „mit farblesem Protoplasma, in welches intensiv rot gefärbte Körn- chen dichter oder zerstreuter eingelagert sind“. Ihre Zahl im Darme schwankt wie diejenige auch der Iymphoiden Elemente je nach dem Ernährungs- zustand des betreifenden Tieres: beim Hungertier sind sie sehr gering an Zahl und nehmen beim reichlich mit Fleisch, vor allem mit Stärke und Fett oder Zucker gefütterten Tiere sehr stark zu. Was die Natur der Granu- lationen dieser Zellen anbetrifit, so identifiziert sse Heidenhain nicht ohne weiteres mit denjenigen der eosinophilen Leukocyten, weil sie nicht wie diese sich leicht mit Ecosin färben lassen, sondern erst bei Behandlung mit Ehrlich-Biondi- Gemisch einen roten Farbton annehmen. Ueber die Artihrer Genese spricht er sich dähin aus, daß es wahrscheinlicher sei, daß diese Elemente lokal sich aus Lymphocyten heranbilden, eher als daß sie aus dem Blute einwanderten. Ebenso findet Erd&ly für den Darm der Ratte dieselben Beziehungen zwischen der Zahl der rotkörnigen Zellen und dem Ernährungszustand. Nach seiner Ansicht entstammen dieselben den Lymphocyten, denn es sind beide Arten untereinandergemischt, ihre Kerne sind sich ähnlich und sie zeigen beide Wanderungsfähigkeit. San- 6 Paul Weill: sonow hat beim selben Tiere die Abhängigkeit der Zahl der eosinophilen Elemente von der Ernährung festgestellt; aus seinen Untersuchungen geht hervor, daß sich beim Hungertier keine Eosinophilen finden, daß sie bei Fütterung mit trockenem Eiweiß sich vermehren, bei Fütterung mit Fett und Stärke sich vermindern. Aus diesem Verhalten schließt er auf eine wichtige Aufgabe dieser Zellen bei der Eiweißverdauung. Nach seiner An- sicht stellt eine große Anzahl derselben aus den Gefäßen emigrierte Leuko- cyten dar; er gibt aber die Möglichkeit zu, daß ein Teil von ihnen sich in loco vermehren und aus Myelocyten entstehen kann. Vielleicht entstammen sie auch Lymphocyten, aus denen sie durch Vermehrung der „Körner“ sich gebildet haben. Die gleichen Elemente beschreibt Zipkin in den Dünn- darmzotten von Inuus Rhesus; sie zeigen einen größeren oder zwei kleinere rundliche Kerne; denselben Befund liefert Teichmüller für Meer- schweinchenföten. Bei Amphibien und Säugetieren beobachten Hardy und West- brook (1895) eosinophile Zellen mit runden und eingebuchteten Kernen, deren Zusammenhang mit den Blutelementen sie jedoch in Abrede stellen. Auch diejenigen mono- und polynukleären eosinophilen Zellen, welche nach Kultschitzky im Darm des Hundes vorkommen, sind nach seiner Ansicht nicht mit den Leukocyten des Blutes und auch nicht mit den Kno- chenmarkszellen zu identifizieren, ‚da es leicht möglich wäre, daß diese Arten der acidophilen Zellen sich mehr oder weniger voneinander unter- scheiden, sowohl dem Ursprunge nach als auch nach ihrer physiologischen Rolle‘. Im menschlichen Duodenum und Ileum hat zuerst Schaffer (1891) zahlreiche eosinophile Zellen beobachtet, welche zwei getrennte oder einen hantelförmigen Kern besitzen. Im Rectum des Menschen beschreibt sodann Struiken Zellen mit dunkelblauem Kern und dunkelroten Körnchen in rosa Plasma liegend. Auch Stutz findet solche im Magen und Darm des Menschen und gibt die Möglichkeit zu, daß diese eosinophilen Leuko- cyten in der Darmschleimhaut gebildet werden könnten, aber ohne imstande zu sein, seine Ansicht zu beweisen. Nach den Untersuchungen von Si- mon (1903) finden sich diese Zellen außer beim erwachsenen Menschen noch im Darm von menschlichen Föten von 4 und 415 Monaten, dann noch bei Kaninchen, Hund, Katze, Meerschweinchen, Stier, Schaf, Schwein, Huhn, Frosch, Schildkröte, Raja. Speziell für den Hund leugnet er (1904) das Vorkommen mononukleärer großkerniger Elemente und demgemäß auch die lokale Entstehung dieser Zellen, gibt dann aber in einer späteren Ar- beit (1905) zu, daß doch, besonders während der Verdauung, eine gewisse Anzah solcher eosinophilen Myelocyten sich finde, deren Kerne mit den- jenigen der Lymphocyten identisch sei. Eine wechselnde Anzahl solcher Elemente konstatiert Schmidt beim Erwachsenen; er findet sie auch beim Neugeborenen, jedoch nur in geringer Zahl. Mononukleäre, sogar in mitotischer Teilung, beobachten Klippel et Pierre-Weil beim Menschen; im Darm desselben wie auch in demjenigen des Meerschweinchens bildet Kull polynukleäre eosinophile Leukocyten ab. Hingegen be- zeichnet Fischer eine erhebliche Ansammlung von eosinophilen Zellen Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 7. in der Submucosa schon als pathologisch, auch ergeben sich nach ihm keine Anhaltspunkte für die lokale Entstehung dieser Elemente in den Geweben. Gerade für eine solche tritt Zietzschmann info'ge seiner Beobach- tungen an den acidophilen Körnerzellen des Pferdedarmes ein. Nach seiner Ansicht entstehen dieselben dadurch, „daß ungekörnte farblose Zellen Hämo- globinteile in sich aufnehmen und zu den #-Granula umwandeln“. Er be- schreibt ihr Vorkommen in allen Darmabschnitten des Pferdes und außer- dem bei Rind, Schaf, Ziege, Katze, Schwein, Esel, Hund. Eine ‚massen- hafte Anhäufung der Granula in den Lymphzellen des Zottenstroma‘‘ kon- statiert Zillinberg-Paul bei der Ratte in den Phasen starker Re- sorptionstätigkeit und bildet auch die entsprechenden zellentypischen eosino- philen Myelocyten ab. Dieselben Elemente beobachtet A. Saltykow (1901) in der Magenschleimhaut; er hält sie aber nicht für eosinophile Zellen, die sich direkt aus Lymphocyten gebildet haben, sondern für ‚„phagocytäre Einschlüsse der neutrophilen Leukocyten von Produkten der regressiven Metamorphose der roten Blutkörper“. Ganz im Sinne einer lokalen Entstehung deutet Drzewina (1910 a) ihre Befunde bei Teleostiern. Die Kerne der eosinoph'len Zellen im Darm dieser Tiere sind rund, exzentrisch gelagert, sie identifiziert sie direkt mit den im Blute kreisenden eosinophilen Leukocyten. Auch sie stellt eine Ab- hängigkeit in der Zahl dieser Elemente vom Ernährungszustand des Tieres fest, wie se Heidenhain, Erde&ly, Sansonow u.a. für die Säugetiere behauptet hatten. Leydigsches Organ. Bei niederen Wirbeltieren findet sich im unteren Teil des Oesophagus eine merkwürdige Ansammlung von Iymphocytären Elementen, die zuerst von Leydig (1851) bei Chimaera monstrosa und (1852) bei Rochen und Haien beschrieben worden ist. Später bezeichnet er diese Anhäufung als den Lymphdrüsen analog (1857). Im Oesophagus der Haieerhebt Edinger denselben Befund; nach ihm sind die einzelnen Elemente jenes Organs „Rundzelien‘. Bei Cobitis fossilis Lin. besitzt nach Lorent das muköse Gewebe des Oesophagus adenoiden Charakter, ohne: daß eine Bildung von Lymphfollikeln stattfindet; auch für Anguis fragilis liefert Prenant dieselbe Beschreibung. In der Cardia und dem oberen Teil des Magens kommen nach Pilliet Anhäufungen adenoiden Gewebes vor, deren einzelne Zellen große und rundkernige, mit fein granuliertem Protoplasma versehene Elemente darstellen. Auch bei den Vögeln sind ähnliche Bildungen beobachtet. So berichtet Klein über die Anhäufung von Lymphkörperchen im Oesophagus der Vögel wie in demjenigen des menschlichen Neugeborenen und des Frosches, Nach Renaut zeigt das Gewebe um die Oesophagealdrüsen der Vögel herum adenoiden Charakter. Von einer ‚Tonsilla oesophagea‘‘ spricht Glinsky als einer Ansammlung von diffusem adenoidem Gewebe in der Cardia und dem unteren Teil des Oesophagus der Wasservögel. Bei anderen Vogelarten erhebt Schreiner denselben Befund; ebenso Rubeli 8 Paul Weill: bei Huhn und Taube. ‚Diffus begrenzte Haufen von Lymphocyten‘ zeigen nach demselben Autor der Oesophagus von Katze, Rind, Schwein, Pferd. Bei letzterem sah Zietzschmann in der Cardia acidophile Leuko- cyten. Im Bereich der kardialen Oesophagusdrüsen der Säugetiere Kommt esnach Koelliker (1902) zu einer reichlichen Anhäufung adenoiden Gewebes. Beim Affen (Macacus rhesus) zeigt nach Schaffer (1897) die Cardia denselben Befund. Drzewina untersuchte dieses Organ bei Selachiern (1904) und Teleostiern (1905), sowie bei Torpedo marmorata (1909/10 b) und stellte darin neben großen und kleinen Lymphocyten, kompaktkernigen und gelappt- kernigen eosinophilen Leukocyten noch solche Elemente fest, die in ihrem Protoplasma mehr oder weniger acidophile Granulationen enthalten. Den- selben Befund beschreibt Petersen (1907) bei Acanthias. Bei diesem Tier zeigen die acidophilen Zellen auch Mitosen. Nach der Ansicht von Petersen sind die ersten Zellen dieses Organs mit dem Blute hierher- transportiert worden, vermehren sich hier und treten als Lymphocyten oder granulierte Leukocyten in den allgemeinen Kreislauf. Plasmazellen. Eine andere Zellkategorie, die man in der Darmschleimhaut oft sehr reichlich findet, sind de Plasmazellen. Nach Councilman bilden sie den Hauptbestandteil der Iymphoiden Infiltration des Darmes mit Ausnahme der Follikel, in denen sie verhältnismäßig selten angetroffen werden. Ein solches reichliches Vorkommen betont Dominici speziell im Darm des Kaninchens. Als rundliche dunkle Zellen mit dunklen runden Kernen beschreibt Zipkin bei Inuus Rhesus einen Zelltypus, den man mit den Plasmazellen identifizieren kann; beim Menschen endlich findet Schlesinger ‚öfters die Zellen des Iymphoiden Gewebes durch Auf- nahme von Plasma in Plasmazellen verwandelt“. Daß die Zahl der Plasma- zellen sich mit dem Verdauungszustand ändert, geht aus den Untersuchungen von Pirone und denjenigen von Joannowics hervor. Ersterer findet eine reichliche Vermehrung derselben während der Verdauung; im Jejunum eines 7 Stunden nach der letzten Mahlzeit getöteten Hundes kon- statiert letzterer „ganz enorme Mengen von Plasmazellen“. Nicht so häufig wie Plasmazellen kommen im Darm Mastzellen vor, welche von Schaffer beim Menschen als ‚„plasmareiche Zellen mit reichlichen Granulationen, die sich mit Kernfärbemitteln intensiv fFär- ben‘, geschildert werden. Dieselben Elemente sind nach Stintzing (1889) im menschlichen Magen im Fundus sowohl als im Pylorusteil, wie auch in denjenigen (1899) vom Schwein, Hund, Meerschweinchen, Maus, Frosch nachzuweisen, während sie beim Kaninchen fehlen. Im nüchtern und verdauenden Magen von Hund, Pferd und Katze sind sie nachBonnet (1892) konstant zu finden. Die Menge der im Darm der Karnivoren und’ Herbivoren vorkommenden Mastzellen zeigt nach Hardy und West- brook (1895) einen Unterschied insofern, als sie bei ersteren zahl- reicher sichtbar sind als bei letzteren. Im Darm des Schweines be- : Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 9 schreibt du Bois diese E'emente als runde, ovale oder spindelförmige Zellen mit sphärischen, dunk’en Kernen. Im Darm der Ratte hat Sanso- now nach seiner Ansicht spezifische Mastzellen gefunden, die sich von denjenigen des Organismus unterscheiden. Sie entstammen den Lympho- cyten und vermehren sich durch Mitose; beim Hungertier ist ihre Zahl vermehrt gegenüber derjenigen beim gefütterten Tiere, In der Darmschleim- haut des Hundes sind sie nach Kultschitzky im tätigen Zustande des Darmkanals besonders zahlreich ‚und sind in den Darmzotten in den peripheren Teilen hart unter dem Epithel angeordnet“. Im Darm der Katze beschreibt neuerdings Downey (1913) das Entstehen von typischen histiogenen Mastzellen. Beim Pferd unterscheiden sich nach Seguin die Mastze len der Schleimhaut im Darm durch ihre stärkere Affinität zum Eosin von denjenigen der Submucosa. Auch die Zahl und Größe der Gra- nula zeigt für beide Schichten erhebliche Unterschiede. Während nämlich die Mastzellen der Mucosa wenige und sehr feine Körnchen zeigen, sind diejenigen der Submucosa oft :o gedrängt, daß sie den Kern verdecken. Diese Verschiedenheit erklärt sich nach Ansicht des Verfassers dadurch, ‚que l’existence de telles cellules est peut-etre lice &troitement aux fonctions assimilatrices‘“. Bei verschiedenen Säugetieren untersuchte Maximow (1906) die Mastzellen. Im Ileum des Kaninchens gehören sie zum größten Teil den Mastleukocyten an; ob diejenigen Mastzellen, die sich beim Hund und der Katze sehr zahlreich finden, histiogene Elemente sind, ist nicht entschieden. Ein merkwürdiges Verhalten zeigen diese Zellen im Darm der Ratte. Den gewöhnlichen Mastzellen im lockeren Bindegewebe sehen sie gar nicht ähn- lich: „sie sind kleiner, ihre Körnung ist viel weniger gleichmäßig, viel schlech- ter konserviert, ihr Kern ist an seiner Oberfläche von den Körnern dicht besetzt und färbt sich, wie es scheint, auch selbst metachromatisch.‘“ Diesem Befunde nach schließt Maximow, daß diese Elemente wahrscheinlich ‚weder histiogene, sicher aber keine hämatogenen Zellen sind, sondern daß es sich hier um eine besondere Mastzellenart von unbekannter Herkunft und Natur handle. Eine andere Zellkategorie, die in der normal-anatomischen Literatur erst verhältnismäßig wenig Berücksichtigung fand, stellen diesog. Russel- schen Fuchsinkörperchen dar. Niehus scheint sie zuerst in der normalen Glans penis gesehen zu haben. Er beschreibt sie als mehr oder weniger große, homogene, scharf konturierte Kugeln, die sich im nor- malen Gewebe relativ selten finden, bei pathologischen Prozessen aber eine ziemlich starke Vermehrung erfahren. Als hyalin degenerierte Zellen be- schreibt dann Dean in der laktierenden und auch nicht funktionierenden Mamma solche Gebilde. Im Darmtractus hat, wie es scheint, Schaffer (1891) zuerst solche Körperchen beschrieben, und zwar kommen nach ihm im menschlichen Rectum Zellen vor mit eosinophilen Granulationen, „in denen die Körnchen bis zur Größe von Tropfen heranreichen, die einen Durchmesser von mehreren try haben‘. Ebenso findet Lubarsch (1895) im menschlichen Darmtractus regelmäßig, seltener bei Tieren und über- haupt nicht bei Kaninchen und Meerschweinchen, typische Russel- 10 Paul Weill: Körper. Nach Schwarz zeigt das große Netz des Kaninchens und nach Downey (1911) die Milz der Maus den gleichen Befund. Ebenso gibt Seifert an, diese Gebilde in der normalen Nasenschleimhaut gesehen zu haben.“ Befiundbeschreibung'‘). Mensch. Wie wir schon hervorgehoben haben, rührte der von uns unter- suchte menschliche Darm von einem vollständig gesunden, in gutem Ernährungszustand befindlichen, 37 jährigen Manne her, der hin- gerichtet worden war. Herr Prof. Weidenreich, welcher die Sektion zirka Y, Stunde p. m. vornahm, konstatierte, daß sowohl der Dünndarm wie der Dickdarm sich in gefülltem Zustande befanden. a). Eosinephike Zeiten. Es finden sich in jedem Schnitt durch irgendeinen der unter- suchten menschlichen Darmabschnitte Zellen mit eosinophilen Granulationen, bald mehr, bald weniger an der Zahl; oft trifft man dieselben mehr in den oberen Teilen der Mucosa, oft aber scheinen sie die tieferen bindegewebigen Schichten zu bevorzugen. Ihre Ver- teilung in bezug auf die einzelnen Abschnitte des Darmes ist ziemlich ungleich: im allgemeinen kann man sagen, daß sie an Zahl zunehmen, je mehr man sich den unteren Darmabschnitten nähert. Sie sind in relativ häufiger Zahl schon im Fundus- und Pylorusteil des Magens anzutreffen, im Dünndarm nehmen sie schon erheblich zu, bis sie in dem von uns untersuchten untersten Darmteile, dem Colon, ihre höchste Zahl erreichten. Meist liegen sie vereinzelt, öfters auch in kleinen Gruppen zu zweien oder dreien, zu größeren Herdbil- dungen kommt es wohl nie. Was nun die einzelnen Schichten des Darmtractus anbetrifft, so zeigt es sich, daß im Magen — im Fundus wie Pylorus — die meisten eosinophilen Zellen in der Pars inter- glandularis der Tunica propria anzutreffen sind; schon spärlicher sind sie im subglandularen Teile des Bindegewebes gegen die Mus- cularis mucosae hin. Auch dringen sie selten zwischen die Drüsen- zellen ein, um so häufiger sieht man sie aber zwischen den Epithel- !) Um eine präzisere Lokalisation unserer Befunde zu ermöglichen, haben wir de Tunica propria der Darmschleimhaut nochmals ein- geteilt in eine: Pars intravillosa, Pars interglandularis, Pars subglandularis. Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 11 zellen und selbst im Lumen des Magens. Viel gleichmäßiger ist die Schleimhaut des Dünn- und Dickdarms von eosinophilen Zellen durchsetzt. Hier findet man sie sowohl in ihrem bindegewebigen wie in ihrem epithelialen Teil sehr zahlreich, Die Pars intravillosa wie die Pars subglandularis, das Lumen der Drüsen wie die Zwischen- räume zwischen den Drüsen- oder Epithelzellen, alle diese Teile des Dünndarms zeigen- eine starke Durchsetzung mit eosinophilen Zellen, die im subglandulären und im interglandulären Teile des Dickdarmes noch etwas stärker erscheint. Die eosinophilen Zellen sind große Elemente, viel größer als die umgebenden anderen Formen: oft sind sie runb oder oval (Fig. I emy,), können aber auch breitere oder schmälere Fortsatzbildungen zeigen (Fig. 1 emy,). Das Protoplasma dieser Elemente färbt sich oft sehr schwach basophil, meistens aber überhaupt nicht; es ist dicht und gleichmäßig erfüllt von groben, glänzenden Kugeln, welche sich mit Eosin tiefrot färben. Die einzelnen Körner sind alle gleich groß. Es gelingt bei guter Färbung, zu sehen, daß jedes Granulum eine etwas dunkler gefärbte Randzone zeigt. Der Kern dieser Zellen liegt oft zentral, oft auch exzentrisch. Er ist entweder relativ groß, rund (Fig 1 emy,) oder noch öfter oval (Fig. 1 emy „, .), der Gesamtkern der ersteren färbt sich meist nicht wesentlich, das Chromatin erscheint darin in Gestalt feinerer und gröberer Bröckel und Fäden. Dagegen sind die weniger volu- minösen Kerne viel dunkler gefärbt, ihr Chromatin ist in Form von großen Schollen verteilt, welche gelegentlich ‚„Radkernstruktur“ zeigen können. Eine scharfe Trennung zwischen diesen beiden Kerntypen besteht nicht, vielmehr finden sich zwischen ihnen alle Uebergänge. Neben solchen Zellen mit runden resp. ovalen Kernen kommen aber noch andere Formen vor mit Kernen, die eine mehr oder weniger tiefe Einbuchtung, also Nieren- oder Hantelform zeigen. Diese leiten wieder über zu Zellformen mit Zwerchsackkernen oder schon zwei ganz getrennten Kernfragmenten (Fig. 1 el,). Ueber die Natur dieser eosinophilen Zellen ergibt sich folgendes: Vergleichen wir jene Formen mit fragmentierten oder Zwerchsack- kernen mit den eosinophilen Zellen des strömenden Blutes, so er- gibt sich eine vollständige Analogie zwischen diesen Elementen. Andererseits lehrt uns ein Vergleich mit den Myelocyten der leuko- cytären Organe, z. B. des Knochenmarks, daß wir in unseren kom- 12 Paul Weill: paktkernigen Formen eben solche ‚Myelocyten‘ vor uns haben. Außerdem haben wir aber auch alle Uebergänge von diesen zu den gelapptkernigen Leukocyten, ein Beweis, daß die eosinophilen Eile mentermn der menschlichen Dar meenTeam: haut den typischen Myelocyten des Knochen- marks bzw.den polynukleären Elementen.des Blutes sowie allen Uebergangsformen zwischen diesen beiden Typen vollständig entsprechen. Auf die Bedeutung der kleineren, dunkelkernigen Zellen werden wir in einem anderen Zusammenhang noch einzugehen haben. b) Neutrop hiLEoB EURO Ccy ten. ‘ Die neutrophilen Leukocyten stellen einen verhältnismäßig, seltenen Befund in der Darmschleimhaut dar. Sie sind immer typi- sche polymorphkernige Elemente, wie man sie im Blute findet, Formen mit kompakten Kernen haben wir nicht konstatieren können. c):Plasmazelten. Die Infiltration der menschlichen Darmschleimhaut mit Plasma- zellen und die Morphologie der einzelnen Elemente ist schon so oft beschrieben worden, daß es sich erübrigt, an dieser Stelle eine aus- führliche Darstellung davon zu geben, zumal wir wesentlich Neues zu dem bereits Bekannten nicht hinzuzufügen haben. Die Plasma- zellen finden sich überall in der Tunica propria, wo diese reichlicher ausgebildet ist, wie im Stroma der Dünndarmzotten, ist naturge- mäß die Zahl derselben eine viel größere wie im Magen, in dem eben der epitheliale Anteil mehr hervortritt. Oft treten sie vereinzelt: inmitten von Lymphocytenhaufen auf, meistens aber bilden die Pasmazellen ziemlich große Herde. Was die Morphologie der einzeinen Typen anbetrifft, so sind sie ausgezeichnet durch ziemlich reichliches, stark basophiles Proto-. plasma, welches einen runden, häufiger jedoch ovalen Zelleib bildet. Das Plasma erweist sich als nicht ganz homogen, sondern zeigt jene „‚krümelige‘“ Beschaffenheit, welche eines der charakteristischen Merkmale der typischen Plasmazellen darstellt. Der Kern dieser Elemente ist meist exzentrisch gelegen und zeigt gewöhnlich Rad- struktur. Auch das dritte Charakteristikum der Plasmazellen, im Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 13 engeren Sinne, die juxtonukleäre Vakuole, fehlt nie bei voll aus- gebildeten Zellen. Wenn auch diese Zellformen die Mehrzahl der im Darme vor- kommenden „Plasmazellen‘“ bilden, so muß man doch noch zahl- reiche andere Elemente zu derselben Kategorie rechnen, die wir, obgleich sie nicht alle charakteristischen Merkmale aufweisen, welche wir von den Plasmazellen des soeben beschriebenen Marschalkö- schen Typus fordern, doch nach Weidenreich zu ihnen zählen müssen, weil sie die gleiche Plasmabeschaffenheit haben. Alle jene Elemente nämlich, die in ziemlich großer Zahl die Darm- schleimhaut bevölkern, stellen nur insofern keine typischen Plas- mazellen dar, als ihnen die Vakuole fehlt, die für den Marschal- köschen Typus charakteristisch ist. Auf der anderen Seite finden wir im Darm, bunt gemischt mit den oben beschriebenen Plasmazellenarten, eine dritte Serie von Zellformen, die wir zu derselben Kategorie rechnen. Es sind dies Zellen, die in Größe, Form, Kernmorphologie und dem Vorhandensein einer Vakuole genau mit den klassischen Plasmazellen übereinstim- men, deren Plasma aber eine evidente Veränderung erkennen läßt. Dasselbe zeigt nämlich, bei einer Zelle mehr, bei der anderen weniger vakuolenähnliche Gebilde, welche im ganzen Zelleib auftreten können. Einzelne Zellen besitzen nur einige solcher veränderten Stellen, andere schon viel mehr. Dieselben können an jeder Stelle des Plasnıas gelagert sein. Endlich findet man oft Zellen, deren Plasma ganz von hellen Körpern durchsetzt ist. An welcher Stelle der Zelle diese Plasmametamorphose anfängt, ist schwer zu sagen, denn die einen zeigen die erste solcher Differenzierungen nahe beim Kern, andere wieder am entgegengesetzten Pol der Zelle. Wie ihre Zahl, so schwankt auch dieser Größe die Gebilde. Im allgemeiner kommen sie derjenigen neben dem Kerne gleich, es sind aber auch größere oder kleinere vorhanden. Hand in Hand mit der physi- kalischen Veränderung in der Struktur des Plasmas dieser Zellen geht auch eine chemische Umwandlung desselben. Von seiner tiefen Basophilie ist bei stark veränderten Plasmazellen wenig mehr zu sehen. Das frisch gefärbte Präparat läßt nämlich erkennen, daß diese Körper nicht nur ihre Basophilie — bei Giemsafärbung also ihr tiefes Blau — verloren haben, sondern in ihrer Farbenaffinität gegen die acidophile Quote hinneigen. Oft sind sie ganz schwach, oft auch stärker rosa gefärbt, ein Beweis, daß gleichzeitig mit der 14 Paul Weill: strukturellen Metamorphose des Plasmas auch eine chemische Ver- änderung vorgegangen ist, welche sich eben in jener modifizierten Farbenaffinität dokumentiert. Noch stärker veränderte Zellformen, welche außerdem an ihren Kernen charakteristische Veränderungen zeigen, Formen, die in der Literatur als Russelsch ae Fuchsinkörperchen be- kannt sind, fanden sich in unseren Präparaten selten; wir werden dieselben später noch bei Tieren ausführlich zu besprechen haben. Fassen wir das soeben Besprochene noch einmal kurz zusammen, so finden wir in der menschlichen Darmschleimhaut außer den typischen Plasmazellen noch andere Elemente, welche wir infolge ihrer nahen Beziehungen zu diesen als zum selben Typus gehörig ansehen. Dazu gehören jene mehr oder weniger vakuolisierten Zellen, ebenso jene anderen Formen mit reichlichem oder geringerem basophilen Protoplasma. Diese zeigen alle Uebergänge zu den nun zu besprechenden Lymphocyten. d) Lymphocyten. Die Iymphoiden Elemente trifft man in allen Teilen des Magen- Darmtractus, und zwar in letzterem etwas häufiger an Zahl, aus Gründen, die wir gleich zu erörtern haben. Dieselben zeigen sich vereinzelt, noch öfter aber in kleinen Gruppen zu dreien oder meh- reren oder mehr oder weniger von der Umgebung scharf abge- grenzte Zellhaufen, sog. Selitärknötchen. Sonst bildet ihre Haupt- ansiedlungsstätte die weiten Lücken zwischen den Bindegewebsbalken der Pars subglandularis und intravillosa. Eine nicht geringe Anzahl derselben findet man zwischen den Drüsen oder Epithelzellen des Verdauungsschlauches; ebenso beobachtet man öfters als Ergebnis der Durchwanderung durch das Epithel und Drüsengewebe ihr häufiges Vorkommen im Lumen des Darms resp. der Drüsen. Was die Morphologie der einzelnen Iymphoiden Zellformen betrifft, so präsentieren sie sich als relativ kleine Elemente von meist runder aber auch ovaler oder ziemlich lang ausgezogener Form. Bei einem Teil und zwar der Mehrzahl dieser Zellen ist das Protoplasma im Verhältnis zum Kern schwach entwickelt, tingiert sich mit Giemsa-Lösung hellblau und umgibt den Kern als gleichmäßig breiten Saum. Die andern Zellen zeigen im Verhältnis zum Kernvolumen ein viel reichlicher entwickeltes Protoplasma; welches in seiner Farbenaffinität sich als schwach basophil erweist. Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 15 Die Kernformen setzen sich zusammen aus den mehr oder weniger typisch ausgebildeten Radkernen oder größern, bläschenförmigen Typeni, die sich infolge ihres geringen Chromatingehaltes nur wenig färben. Die Verteilung der Chromatinbröckel ist eine sehr unregel- mäßige. Man findet also auf der einen Seite in der Darmschleimhaut Iymphoide Zellen, welche ganz dem Typus der kleinen Lympho- cyten entsprechen. Ausschließlich aus diesen setzen sich diejenigen Elemente zusammen, welche die Pars interglandularis bevölkern, außerdem die follikelähnlichen Ansammlungen bilden. Die andern Elemente, charakterisiert als „große Lymphocyten‘“, liegen zwischen den kleinen in den Solitärknötchen, aber auch sonst im Bindegewebe. Uebergänge zwischen beiden Zellformen sind in reichlicher Zahl vorhanden. Noch einen anderen Befund an den Iymphoiden Zellen hätten wir zu erwähnen. Nicht selten findet man sie nämlich in Mitose und zwar trifft man alle Stadien der Kernteilung innerhalb eines reichlichen oder auch weniger entwickelten basophilen Proto- plasmas. Was die Lokalisation dieser Mitosen anbetrifft, so liegen dieselben zumeist innerhalb der Solitärknötchen aber auch mitten im Bindegewebe. Innerhalb des Epithels waren wir nicht in der Lage, Karyokinesen nachzuweisen. e, Mastzelle:.n. Endlich finden sich in der Mucosa des menschlichen Darmes noch Mastzellen. Diese sind ziemlich häufig in allen Abschnitten, selbst der Muscularis mucosae. Sie sind gleichmäßig in allen Darmteilen vorhanden, im Magen wie im Dünn- und Dickdarm. Wie es scheint, bevorzugen sie vor allem das Bindegewebe, im Epithel sind sie sehr selten anzutreffen, etwas häufiger schon in der Muscularis. Die Mastzellen sind kleine runde Elemente, mit verhältnismäßig wenig, gering basophilem Plasma, welches an seinem Rande mehr oder weniger kleine, oft nur punktförmige metachromatische Körnchen enthält. Der Kern dieser Zellen ist meist ein typischer metachroma- tisch sich tingierender ‚„Radkern‘“. Andererseits findet man etwas voluminösere Formen von ovaler oder auch langgestreckter Gestalt, mit einer größeren Anzahl von feinen Granulationen im Proto- plasma und einem runden, oft auch ovalen Kern. Endlich trifft man noch die Mastzellen in ihrer typischen Ausbildung, d. h. große, zellen. 16 Paul Weili: mit Fortsätzen versehene Zellen, deren Plasma mit dicken, dunkel- blauen Granulationen ganz dicht und gleichmäßig erfüllt ist, oft so dicht, daß sie den Kern vollständig verdecken. Man findet also alle Uebergänge von der Mastzelle im Beginne ihrer Bildung bis zur typischen histiogenen Mastzelle. Merkwürdig ist die Lokali- sation dieser verschiedenen Formen. Während nämlich die ausge- bildete Mastzelle in der Hauptsache in der Muskelschicht oder menigstens im subglandulären Teil der Tunica propria ihren Sitz hat, sind die noch nicht voll entwickelten Elemente mehr im inter- glandulären und intravillösen Teil anzutreffen. Auf die Erklärung dieser Tatsache, die uns für die Entstehung der hist ogenen Mastzellen der Muscularis Anhaltspunkte gibt, kommen wir später noch zurück. Hund. 3) EOS ana hATerzeilen, In wechselnder Zahl finden sich in jedem Schnitt durch die Darmschleimhaut des Hundes Zellen, welche bei der Färbung mit Hämalaun-Eosin oder mit Giemsascher Lösung eosinophile Granulationen aufweisen. Was zunächst den Ort ihres Vorkommens anbetrifft, so zeigt sich, daß sie im Magen relativ selten, dagegen im Darm sehr häufig sind. Hier liegen sie, zumeist in der Pars intravillosa, sowie zwischen den Epithelzellen, oft sehr zahlreich, am häufigsten wohl im Duodenum und Dünndarm. Jedoch auch in der Pars interglandularis und subglandularis trifft man sie in reichlicher Anzahl. Meist liegen sie vereinzelt an den schon erwähnten Stellen, nur in der Pars intravillosa kommt es zu kleinen Ansammlun- gen solcher Elemente, deren Zahl aber auch hier drei, höchstens 4 nicht überschreitet. Im Darmlumen trifft man sie ziemlich häufig entsprechend ihrem reichlichen Vorkommen zwischen den Epithel- Das Protoplasma dieser Zellen zeigt keine Besonderheiten in seiner Färbung. Es ist gleichmäßig erfüllt von unter sich gleichgroßen, runden Körnchen, welche sich stark acidophil färben. Granulationen, die deutlich einen dunkler gefärbten Ring um eine hellere Mittel- scheibe erkennen lassen (Fig. 4f.), findet man nicht sehr häufig und auch nur bei gut gelungener Färbung. | Interessant ist der Kern dieser Zellen. Er liegt oft exzentrisch (Fig. 2 emy,), kann aber auch, besonders wenn das Protoplasma Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 17 nicht reich entwickelt ist, in der Mitte der Zelle liegen (Fig. 2 emy,). Sehr oft ist der Kern vollständig rund oder oval im Verhältnis zur Zelle groß (Fig. 2 emy, u. Fig. 4f.). Er ist hell gefärbt und enthält das Chromatin in Form von kleinen oder größeren, unregelmäßig konturierten Brocken oder langen Fäden. Außer diesen runden und ovalen Kernen finden sich dann noch in erheblicher Zahl solche, die an ihrem Rande eine kleinere oder größere Einkerbung (Fig. 2 emy,) zeigen, neben anderen, die Bohnen- oder Nierenform auf- weisen, und endlich solchen, welche in 2 getrennte oder nur noch durch einen dünnen Chromat'nfaden zusammengehaltene Abschnitte fragmentiert sind. Ueber die Natur dieser Zellen werden wir später zu berichten haben. b) Neutrophile Leukocyten. Die neutrophilen Leukocyten bilden keinen häufigen Befund in der Darmschleimhaut des Hundes. Man sieht sie von Zeit zu Zeit vereinzelt; immer stellen sie den polymorphkernigen Typus dar; ihr Protoplasma enthält anscheinend, wenigstens mit den von uns angewandten Färbungsmethoden, keine Granulationen. e), Plasmazelle.n. Sehr häufig finden sich in allen Teilen des Darmes typische ' Plasmazellen vom Marschalköschen Typus, aber auch weniger typische Formen, d. h. Zellen mit stark basophilem, mehr oder weniger reichlichem Protoplasma und deutlichem Radkern oder mindestens mit Andeutung eines solchen, stellen einen häufigen Be- fund dar. Ueber ihre Lokalisation gilt das schon beim Menschen Gesagte. Der gleiche Befund ist zu erheben bei den sog. Degenerations- formen der Plasmazellen, wie den mehr oder weniger stark ver- änderten Formen oder den typischen Russelschen Fuchsin- körperchen. Letztere sind nicht sehr häufig und weisen genau die- selben morphologischen Eigenschaften auf wie bei anderen Tieren, bei welchen sie viel reichlicher vorkommen. d) Lymphocyten. Auch die Lymphoeyten trifft man in der Darmmucosa überaus häufig. Sie finden sich vereinzelt nicht nur überall zwischen den Epithel- und Drüsenzellen zerstreut, auch im intravillösen Teil Archiv f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. 1. 2 18 Paul Weill: der Tunica propria wie in ihrer Pars interglandularis und subglan- dularis liegen sie nicht allein zwischen anderen Zellarten, sondern bilden sehr häufig scharf umgrenzte Herde, die fast ausschließlich aus ihnen sich zusammensetzen. Ebenso zeigt sich, daß stellen- weise das Lumen des Darmes von diesen Iymphoiden Elementen stark durchsetzt ist. Was die Morphologie dieser Zellen betrifft, so erweisen sie sich als typische kleine und große Lymphocyten. In der Mehrzahl sind es kleine Lymphocyten, welche den Hauptanteil dieser Iymphoi- den Zellen stellen. Erst in zweiter Linie kommen die „großen Lympho- cyten‘. Diese liegen meist innerhalb der follikelähnlichen Ansamm- lungen von Iymphoiden Elementen, zwischen den Epithelzellen sahen wir dieselben nie. Außer diesen beiden typischen Formen kommt noch eine dritte Art von Elementen vor, welche sich als Ueber- gangsformen zwischen großen und kleinen Lymphocyten erweisen; darunter verstehen wir alle diejenigen Elemente, welche nicht mit dem Typus des kleinen resp. großen Lymphocyten übereinstimmen, sei es, daß sie in ihrer Kernstruktur oder -größe, oder aber in der Menge und der Färbbarkeit ihres Protoplasmas Abweichungen von dieser oder jener Form aufweisen. Endlich finden wir noch die Iymphoiden Zellen in mitotischer Teilung begriffen — diese fast aus- schließlich innerhalb der Herde solcher Elemente, sehr selten ver- einzelt innerhalb des Bindegewebes und überhaupt niemals zwischen den Epithelzellen. Die meisten dieser Zellen zeigen ein reichlich entwickeltes Protoplasma und große schlanke Chromosomen und beweisen durch diesen Befund ihre Zugehörigkeit zu den großen Lymphocyten; andererseits sind sichere Mitosen kleiner Lympho- cyten selten. e) Mastzellen. Einen weiteren Befund in der Darmmucosa stellen Zellen dar, welche durch stark basophile Granulationen innerhalb ihres Proto- plasmas ausgezeichnet sind. Sie liegen nie in Gruppen, sondern immer zerstreut zwischen den anderen Elementen im Bindegewebe und kommen in sämtlichen Abschnitten des Darmes vor; sie ‚sind vor allem im Fundus, Duodenum und Dickdarm sehr häufig. Im ausgebildeten Zustande findet man sie vorwiegend in der Pars sub- glandularis der Tunica propria. Es sind große, langgestreckte Zellen mit mehr. oder weniger seitlichen Fortsätzen. Ihre. Granulationen Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 19 färben sich mitPappenheimschem Methylgrün-Pyroningemisch leuchtendrot, mit Giemsa dunkelblau oder violett, sind daher deut- lich metachromatisch. Sie liegen dicht gedrängt im Protoplasma, oft so dicht, daß sie den Kern vollständig verdecken. Die einzelnen Granulationen sind unter sich nicht gleich groß: ihre Größe schwankt zwischen ganz feinen staubförmigen Gebilden und großen Körnern, welche oft doppelt so groß sind wie die acidophilen Granula. Manche Zellformen enthalten nur sehr spärlich Granulationen; diese liegen dann meist an der Peripherie der Zellen in sehr ungleichmäßiger Verteilung. Auch die Form dieser Elemente weist gegenüber den vorhergehenden bedeutende Unterschiede .auf, denn diese Zellen mit ihren spärlichen und feinen Körnchen sind rund oder oval und haben nie die langgestreckte Gestalt der weiter oben beschriebenen Typen. Ebenso zeigt sich hinsichtlich der Lokalisation dieser Zellen, daß sie meist in der Pars intravillosa und interglandularis liegen. Zwischen diesen beiden Zellformen finden sich in bezug auf ihre Gestalt sowie ihren Reichtum an Granulationen alle Uebergänge. Die Kerne dieser Zellen färben sich mit Giemsalösung dunkel- blau-violett und sind ihrer Struktur nach meistens typische Rad- kerne, vor allem bei jenen Zellen, die sehr spärlich Granulationen enthalten. Mitosen haben wir bei diesen Zellen nie nachweisen können. Die Natur dieser Elemente kann nicht zweifelhaft sein. Allen ihren charakteristischen Merkmalen nach sind es Mastzellen, und zwar nicht nur ausgebildete histiogene Mastzellen, wie man sie überall im Bindegewebe — so auch hier — findet, sondern auch solche, die erst im Entstehen begriffen sind. D,Ssehollentenkocyten“. Eine dritte Art der in der Darmmucosa des Hundes vorkommen- den granulierten Elemente stellen Zellen mit acidophilen Granu- lationen dar, die wir aber nicht mit den unter a) beschriebenen eosinophilen identifizieren können, wie wir später ausführlich dar- legen werden. Die Zellen (Fig. 3 und 4) finden sich vorwiegend im Darm, weniger häufig in der Magenschleimhaut. Sie sind sehr zahl- reich an einzelnen Stellen, besonders im Duodenum und Dünndarm. Wie es scheint, sind sie hauptsächlich zwischen den Epithelzellen lokalisiert, im bindegewebigen Teil der Darmschleimhaut haben wir sie ebensowenig feststellen können wie im Lumen oder in den Drüsen oder endlich zwischen den Drüsenzellen, DE 20 Paul Weill: Es sind große Zellen von runder, ovaler oder auch verzweigter Gestalt mit sehr schwach acidophilem, oft kaum oder gar nicht färbbarem Protoplasma. In dasselbe eingelagert zeigen sich acido- phile Körner und Schollen, weiche sich in sehr unregelmäßiger Weise innerhalb der Zelle verteilen. Oft liegen sie an einer Seite der Zelle ganz nahe beieinander, oft sind einige wenige Körner innerhalb der ganzen Zelle unregelmäßig zerstreut, oft ordnen sie sich zu beiden Seiten des Kernes in mehr oder weniger regelmäßiger Weise an, kurz, es läßt sich für die Art der Lokalisation der Körner im Proto- plasma kein bestimmter Typus aufstellen. Was die Zahl dieser Gebilde in einer Zelle anbetrifit, so zeigt sich, daß dieselbe ungemein stark variiert zwischen solchen Elemen- ten, welche nur ein oder zwei Körner oder Schollen enthalten (Fig. 3 schl,) und.andererseits solchen Formen, die teilweise oder aber voll- ständig von diesen Gebilden angefüllt sind (Fig. 3 schl,). Ebenso unterliegt die Größe dieser Einlagerungen starken Schwankungen auch innerhalb einer einzelnen Zelle. Denn einerseits bemerkt man Elemente, die Körnchen ungefähr von der Größe der eosinophilen Granulation der acidophilen Leukocyten (Fig. 4b, c) neben anderen Schollen enthalten, welche schon einem Erythrocyten gleichkommen oder noch größer sind. Andererseits trifft. man noch solche Zellen, die in ihrem Protoplasma wenige, aber dafür ziemlich große Schollen aufweisen (Fig. Ad, e). Konstanter wie die Größe erweist sich die Form dieser merk- würdigen Einlagerungen. Im allgemeinen sind sie sphärisch, können aber auch oval sein. Sie färben sich mit Hämalaun-Eosin rosa; auch nach Giemsa-Färbung nehmen sie einen roten Ton an, der aber von dem Rot, in dem sich die Granula der eosinophilen Leukocyten tingieren, sich deutlich unterscheidet: Es ist nicht das tiefe Rot, das oft schon einen Stich ins Blaue zeigt, sondern ein etwas hellerer Ton, der sich mehr dem Rosa nähert. Das einzelne Körperchen färbt sich nicht gleichmäßig rot, sondern läßt deutlich eine Scheidung in zwei Zonen erkennen, wie sie auch oft das eosinophile Granulum zeigt; die äußere Zone färbt sich nämlich im Verhältnis zur zentralen Scheibe viel intensiver, so daß die letztere sehr hell, oft fast weiß erscheint; ein Verhalten, das viel Aehnlichkeit mit demjenigen der roten Blutkörperchen in der Ansicht von oben zeigt. Wie wir schon hervorgehoben haben, besteht keinerlei Gesetzmäßigkeit in der Zahl und Größe der Granula einerseits und der Größe der Zelle anderer- Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 21 seits. Auch unterliegt die Verteilung der Körner in der Zelle keinerlei Regelmäßigkeit. Auffallend ist jedoch ein ziemlich konstanter "Befund; es sind nämlich jene großen und größten Schollen nie in erheblicher Zahl in einer Zelle vorhanden (Fig. 4 d, e), sondern ihre Zahl bleibt gewöhnlich eine beschränkte und steigt nicht über wenige Schollen. Es ist dies ein Punkt, der uns nicht allein für das Verständnis der Genese und des Schicksals dieser Zellen von Wichtigkeit erscheint, sondern auch zur Erklärung der Beziehungen dieser Elemente zu anderen Zellen bei anderen Tieren herangezogen werden kann. Ebenso merkwürdig wie die Einlagerungen erweisen sich die Kerne dieser Zellen. Sie sind verhältnismäßig groß und immer in der Einzahl vorhanden. Ihre Lage ist mehr oder weniger ex- zentrisch. Kugelrunde Kernformen sind selten, gewöhnlich sind sie etwas oval (Fig. 4a), oft auch mehr in die Länge gezogen und an einer Seite eingebuchtet (Fig. 4 d), so daß sie in Form einer Wurst erscheinen. Endlich sind auch solche Kerne nicht selten, die mehrere Einbuchtungen erkennen lassen, in welche sich die Schollen ein- schmiegen, so daß der Kern mehr oder weniger lange Fortsätze zeigt. Die gewöhnlichste Kernform dieser Art ist die dreizipflige (Fig. 4 e), es kommen aber auch Kerne vor, welche 4 oder seltener mehr solcher Fortsatzbildungen zeigen. Der Chromatingehalt dieser Kerne ist beträchtlich. Nicht nur die gesamte Kernmasse färbt sich ziemlich dunkel, einmal mehr (Fig. 4b), ein andermal weniger (Fig. 4a), sondern auch der Gehalt an Chromatinschollen und Fäden ist nicht unbeträchtlich. Er unterliegt jedoch verhältnismäßig großen Schwan- kungen. Die Schollen sind unregelmäßig konturiert und verteilen sich ungleichmäßig über den ganzen Kern. Sie sind oft größer, oft auch kleiner; zwischen ihnen ziehen sich mehr oder weniger lange feine Chromatinfäden hin. Nukleolen haben wir nie nach- weisen können, auch eine richtige Radkernstruktur haben wir in diesen Elementen nicht beobachtet. Bestimmte Beziehungen zwischen Quantität der Einlagerungen einerseits und der Kernform andererseits scheinen nicht zu bestehen. Denn die letztere erweist sich ganz unabhängig von Größe und Zahl der eingelagerten Schollen. Wir finden neben Zellen mit regelmäßig konturiertem ovalem Kern und vielen großen und kleinen Körpern auch solche Elemente, welche diese Schollen in derselben Anzahl und Größe enthalten, lang ausgezogene, wurstförmige Kerne aufweisen. 22 Paul Weill: Was die Natur dieser Zellen angeht, so handelt es sich hier um einen in seiner Morphologie und Lokalisation wohl charakterisier- baren Zelltypus, der nicht ohne weiteres mit einer schon besprochenen Zellart zu identifizieren ist. Eine Tatsache-ist bei der Betrachtung der Fig. 3 ohne weiteres klar, nämlich die, daß diese merkwürdigen Zellen in keinem Zu- sammenhang mit den epithelialen Elementen stehen, zwischen denen sie konstant angetroffen werden. Wie die andern Vertreter der Iymphoiden Zellreihe, die in derselben Figur dargestellt sind, zeigen auch sie durch ihre runde oder schwach ovale Form, daß sie zwischen die zylindrischen Epithelzellen eingewandert sein müssen. Ueber ihre Herkunft gibt ihre gesamte Konfiguration Aufschluß: vor allem ist es der charakteristische Kern, der in seiner Ferm, Größe, seinem Chromatingehalt große Aehnlichkeit, ja sogar sehr oft völlige Iden- tität mit dem typischen Wanderzellenkern, speziell dem Kern des großen Lymphocyten aufweist. Was endlich die merkwürdigen Granulationen dieser Zellen an- betrifft, so wird unten auf ihre Natur und Herkunft noch ausführ- lich einzugehen sein. Katze. a, EosinophuleZebten: Die eosinophilen Zellen finden sich sehr zahlreich in allen Teilen des Darms. Sehr auffallend ist, daß die Magenschleimhaut — be- sonders in ihrer Pars subglandularis — von ihnen relativ stark durchsetzt ist; aber auch in den anderen Abschnitten des Darmes tritt der Reichtum an solchen Elementen deutlich hervor. Wie im Magen, so auch hier, ist die Verteilung dieser Elemente so, daß die große Mehrzahl auf die Tunica propria kommt, während die Epithel- und Drüsenpartien sich als relativ arm an eosinophilen Zellen erweist. Im Lumen des Darmes ist ihre Zahl nicht besonders erheblich. Man trifft sie vor allem im Magen — zu ziemlich großen Herden vereinigt, aber auch im Darm ist ihr Vorkommen ein keines- wegs seltenes. Es sind große Zellen, von runder oder ovaler Gestalt, deren Protoplasma dicht von Körnern, welche sich nach Hämalaun- Eosin- oder Giemsa-Färbung tief rot, nach Triacidfärbung orange- gelb tingieren, angefüllt ist. Die Granula sind ziemlich groß, Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 23 von sphärischer Gestalt und füllen den ganzen Zelleib gleichmäßig aus. Die Kernformen dieser Zellen sind ausgesprochen polymorph. Meistens trifft man sie als typische Hantelkerne oder schon in frag- mentiertem Zustande mit oder ‘ohne Verbindung der einzelnen Fragmente. Einen Kerntypus vermißt man bei der Katze: die großen runden, regelmäßig konturierten Kerne, die beim Hund so zahlreich sind. Kurz, diese Zellen sind allen ihren morphc logi- schen Eigenschaften nach identisch mit den typischen eosinophilen polymorphkernigen Leukocyten, wie man sie überall in den Blut- gefäßen oder den blutbildenden Organen antreffen kann. Wir zögern deshalb auch nicht, diese Elemente selbst als richtige poly- morphkernige acidophile Leukocyten zu betrachten. b) Neutrophile Leukocyten. Die spezialgranulierten Leukocyten bilden auch bei der Katze einen ziemlich seltenen Befund. Man findet sie vereinzelt überall in ‚der Tunica propria der Darmschleimhaut,; immer stellen sie typische polymorphkernige Formen dar. Granulationen haben wir mit unseren Färbemethoden in ihnen nicht nachweisen können. c) Lymphocyten. Analog den schon beim Menschen und Hund ausführlich be- schriebenen Iymphoiden Zellformen findet man bei der Katze im wesentlichen dieselben Elemente sowohl in bezug auf ihre Qualität wie auch auf ihre quantitative Verteilung. Die Hauptmasse machen auch hier die „kleinen Lymphocyten‘“ aus, d. h. Elemente mit typischen Radkernen und einem schmalen basophilen Plasma- saum. Sie sind nicht allein in der Tunica propria als diffuse An- . sammlungen, oder auch in den Solitärknötchen vorhanden, sondern bilden einen integrierenden Bestandteil der Elemente, welche die Partien zwischen den Epithelzellen bevölkern. Viel seltener trifft man bei der Katze die „großen Lymphocyten“ in ihrer charakteristi- schen Ausbildung, und zwar nur innerhalb der größeren Ansammlungen Iymphoider Elemente. Dagegen sind Uebergangsformen zwischen großen und kleinen Lymphocyten überall relativ häufig. Ebenso beobachtet man Mitosen Iymphoider Zellen meist innerhalb der Solitärknötchen; jedoch zur Bildung von richtigen Keimzentren - scheint es nicht häufig zu kommen. 24 Paul Weill: d) Plasmazellen. Auch in der’ Beschreibung der Plasmazellen können wir uns kurz fassen. Man findet diese Elemente bei der Katze sehr häufig in. der Tunica propria der Darmschleimhaut meist mit Iymphoiden Elementen vergesellschaftet. Die meisten dieser Zellen bestehen aus typischen Formen mit stark basophilem Protoplasma, Radkern und einer juxtanukleären Vakuole.. Aber auch Zwischenformen zwischen solchen und Lymphocyten sind in relativer Häufigkeit vorhanden. Noch eine Zellform ist zu erwähnen: nicht selten sind- nämlich solche Typen, welche in ihrer Morphologie ganz den Plasmazellen entsprechen bis auf eine Veränderung, welche sie in mehr oder weniger ausgeprägter Weise zeigen. Ihr Plasma er- scheint nämlich richt krümelig und verwaschen granuliert, sondern hat seine Beschaffenheit infolge Einlagerung von vakuolenähnlichen Hohlräumen die aber nicht immer eine scharfe Begrenzung avf- weisen, wesentlich geändert. Hand in Hand mit dieser strukturellen Veränderung geht aber auch eine Umwandlung des Plasmacharakters, die sich in der Aenderung seiner tinktoriellen Eigenschaften doku- mentiert. Statt der starken Basophilie zeigen jene vakuolisierten oder wenigstens aufgelockerten Teile eine deutliche Acidophilie, so daß nach Giemsa-Färbung an die Stelle des tiefen Blau ein schwa- cher Rosaton tritt. Die Zellen, welche jene Veränderung in hervor- ragendem Maßererkennen lassen, leiten über zu dem gleich. zu be- sprechenden Typus, so daß eine scharfe Begrenzung zwischen Plas- mazellen bzw. plasmazellenähnlichen Formen und jenen Elementen unmöglich ist. e) Russel sche /JEuehsimn körper. In allen Abschnitten der Darmschleimhaut' — von der Cardia . bis zum Dickdarm — trifft man in relativ häufiger Zahl und in gleichmäßiger Verteilung über den ganzen Darmtractus Zellen, welche schon bei geringer Vergrößerung durch ihr großes Volumen auffallen (Fig. 5). Ausschließlich scheinen sie die Tunica propria der Darmmucosa zu bevölkern. Es sind große Zellen von unregel- mäßiger Gestalt: selten sind sie von runder Form, sondern zeigen meist größere oder kleinere Fortsätze. Ihr Protoplasma färbt sich nach Hämalaun-Eosin oder Giemsa-Färbung deutlich rosa, ist also ausgesprochen acidophil. Es ist erfüllt oder besser gesagt es setzt Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 25 sich zusammen aus einer beträchtlichern oder geringeren Zahl von Vakuolen, deren Größe ungemein. schwankt, und zwar zwischen kleinen, das Volumen eines Granulums vom eosinophilen Leuko- cyten kaum übersteigenden Bläschen und sehr großen Hohlräumen, die oft -die Hälfte der ganzen Zelle einnehmen. Diese Vakuolen sind ‚kugelförmig und: scharf voneinander abgegrenzt. Die sphäri- sche Gestalt ist oft infolge der gegenseitigen Abplattung dieser Kugeln etwas verzogen. Ihr Inhalt erscheint homogen, er färbt sich — bei den kleineren Vakuolen nicht so deutlich wie bei den größeren — in seinem zentralen Teil viel weniger intensiv wie an seiner Peripherie. Wie wir schon hervorgehoben haben, schwankt die Zahl der Vakuolen sehr: So finden sich Zellen, welche mit kleinen Bläschen ganz angefüllt sind (Fig. 5, R.K.), während andere nur einen, zwei oder drei solcher Hohlräume enthalten, die dafür ‘aber in ihrem Volumen ein mehrfaches der ersteren betragen. Ebenso variierend wie die Größe und Zahl der Vakuolen ist der Kern dieser Zellen in seiner Lage und Konfiguration. Er liegt oft etwas exzentrisch, öfter aber ist er ganz an die Peripherie der Zelle verschoben. Was seine Gestalt anbelangt, so zeigt er einmal typische Lymphocytenkernstruktur, also oft Andeutung eines Radkernes (Fig. 5, R.K.), dann aber geht in vielen Fällen, d. h. da, wo er ganz an den Rand der Zelle gedrückt erscheint, eine regel- mäßige Form verloren, der Kern verliert seine ovale oder runde Gestalt, wird halbmond- oder sichelförmig und sendet zwischen die einzelnen Vakuolen mehr oder weniger lange Fortsätze, deren Zahl gewöhnlich zwei bis drei beträgt. Pyknotische Erscheinungen oder abnorme schlechte Färbbarkeit des Chromatins wurde dabei nie beobachtet. | Interessant ist das Verhältnis zwischen Kerngestalt und -struktur einerseits sowie Zahl und Größe der Vakuolen andererseits. Es zeigt sich, daß hier bestimmte Gesetzmäßigkeiten herrschen, daß nämlich jene Zellen mit wenig, aber dafür voluminösen Hohl- räumen, konstant die an die Seite gepreßten halbmond- oder sichel- förmigen Kerne aufweisen, während diejenigen Elemente, welche von kleineren und zahlreichen Vakuolen erfüllt sind, die großen, relativ regelmäßig konturierten Kerne besitzen. Auf die Erklärung dieses Verhaltens werden wir später einzugehen haben. Es erhebt sich noch die Frage nach der Natur dieser Zellen. Wir zweifeln nicht daran, daß sie mit den in der ‚Literatur schon 26 Paul’ Weill: lange bekannten „Russelschen Fuchsinkörperchen‘ identisch sind. Ueber ihren Zusammenhang mit den Plasmazellen geben uns jene sub d beschriebenen Formen Aufschluß, die neben einem Rad- kern ein stark vakuolisiertes Plasma aufweisen. Genau denselben Befund trifft man mit mehr oder weniger großen: Abweiehungen _ bei den oben betrachteten Formen, welche ganz von Vakuolen durch- setzt sind und deren Kern sich dem typischen Radkern nähern. Auf die genaue Genese sowie die Bewertung dieser Zellformen kom- men wir in einem anderen Zusammenhang zurück. 1) .N.a8 Ze Me Nicht besonders zahlreich trifft man in der Darmmucosa — und zwar in allen ihren Teilen ziemlich gleichmäßig verbreitet — Zellen mit basophilen Granulationen, welche ausnahmslos sich in der Tunica propria der Darmschleimhaut finden. Es sind große langgestrekte und verzweigte, öfters auch runde oder ovale Formen, also Typen, wie sie eben den histiogenen Mastzellen eigen sind. In ihrer vollendeten Ausbildung sind sie langgestreckte, mit Fort- sätzen versehene Gebilde, deren Plasma vollgepfropft ist mit groben, runden, basophilen Granulationen, die oft so zahlreich sind, daß sie den Kern vollständig verdecken. Im Gegensatz zu diesen ausgebildeten Mastzellen trifft man auch hier solche, und zwar vorzugsweise in den oberen Teilen der Pars intravillosa und im interglandulären Teil der Tunica propria — welche erst im Werden begriffen sind, d. h. runde oder ovale Zellen, die Granula in geringerer Zahl enthalten. Die Körnchen sind klein und liegen meist an der Peripherie des Plasmas. Die Kerne sind oft typische Radkerne. Zwischen diesen beiden Formen — der werdenden und der bereits ausgebildeten Mastzellen sind alle Ueber- gänge in bezug auf Größe, Zahl und Lokalisation der Granula vor- handen. | e) „Schollenleukocyten“. Die letzte der bei der Katze zu besprechenden Zellformen stellt einen Typus von Elementen dar, die sehr häufig in der Darm- mucosa — aber wie es scheint ausschließlich im Epithel — anzu- treffen ist. Hauptsächlich sind diese Elemente im Fundusteil des Magens sowie im Dünndarm zu finden, sind aber auch in den anderen Abschnitten des Darmes nicht selten. Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 27 Die einzelne Zelle präsentiert sich als ein ziemlich großes Ge- bilde von unregelmäßiger oft ovaler Gestalt. Ihr Protoplasma färbt sich sehr schwach acidophil und weist als solches keine Besonder- heiten auf (Fig. 6 schl). Von den umgebenden Zellen läßt es sich schlecht abgrenzen. In dasselbe sind aber eine mehr oder weniger große Zahl von Schollen eingelagert, welche kuglige, meist unregel- mäßige Konturen aufweisen. Diese Schollen sind verschieden große Gebilde, welche die Zelle nicht ganz und gleichmäßig ausfüllen. Wir finden in ein und derselben Zelle neben relativ kleinen Körnern größere Brocken (Fig. 6 schl „, ,), welche das Volumen eines Erythro- cyten weit übertreffen können (Fig. 7 schl,). Wie ihre Größe, so unterliegt auch die Zahl dieser Einlagerungen beträchtlichen Schwan- kungen. Die meisten dieser Zellen enthalten 10—15 solcher Schollen, jedoch sind Elemente gar nicht selten, welche nur 2—3 oder aber 25—30 derartiger Gebilde bergen. Was ihren Färbungscharakter betrifft, so tingieren sich diese Einlagerungen bei Hämalaun-Eosin- und Giemsa-Färbung schwach rosa (Fig. 6), bei Triacidfärbung orangegelb (Fig. 7). Bei letzterer entspricht ihr Farbenton etwa denjenigen der Erythrocyten, während sie sich viel weniger rot färben, als dies bei Giemsa-Färbung die roten Blutkörperchen oder die Granula der eosinophilen Leukocyten tun. Sehr deutlich hebt sich oft im Zentrum der Schollen eine hellere Scheibe von dem dunkler gefärbten Randteil ab. Die Kerne dieser Zellen variieren in allen ihren morphologischen Eigenschaften beträchtlich. Sie liegen immer exzentrisch, meistens sogar ganz an der Peripherie. In ihrer Größe und Gestalt weisen sie große Verschiedenheiten auf, erscheinen entweder als große Formen von ovaler (Fig. 6 schl,) oder bohnerförmiger Gestalt (Fig. 7 schl,), oder sie sind kleiner und an einer oder mehreren Seiten eingebuchtet (Fig. 6 schl,). Auf diese Weise präsentieren sie sich als zwei- oder dreizipflige Formen. Sie färben sich im ganzen dunkel und enthalten reichlich Chromatinbrocken und -fäden, die jedoch nie eine Andeutung von Radstruktur erkennen lassen. Eine gesetzmäßige Beziehung zwischen der Kernform und der Zahl oaer Größe der Einlagerungen haben wir nicht zu konstatieren vermocht. Vielmehr ist dieses Verhältnis sehr variabel, denn die einzelne Zelle zeigt unabhängig von ihrer Kernform oder -größe viele oder wenige sowie große oder kleine Granulationen. Die Natur und Herkunft dieser Zellen wird uns später ausführ- lich zu beschäftigen haben. 28 | Paul Weill: Ratte. ar. EBEosınoep.hiıle zellen In allen Schnitten durch jeden Darmabschnitt der Ratte trifft man in wechselnder Zahl — aber immer sehr häufig — Elemente, deren Granula sich mit sauren Farbstoffen intensiv färben (Fig. 8). Hauptsächlich sind diese Zellen in der Cardia und im Dünndarm lokalisiert. Ueberall bevölkern sie die Tunica propria der Darm- mucosa, in das Epithel dringen sie selten ein und finden sich demge- mäß auch nicht häufig im Lumen des Darmes. Mehr noch wie die Pars subglandularis der Tunica propria ist die Pars intravillosa von ihnen durchsetzt; auch die Pars interglandularis ist sehr stark von diesen Zellen bevölkert. Zu größeren Ansammlungen von eosino- philen Zellen kommt es nur an einer Stelle: direkt am Uebergang vom Oesophagus in den Anfangsteil des Magens. Sonst zeigen sie sich nır vereinzelt zwischen den anderen Wander- und Bindege- webszellen, höchstens kammt es zur Bildung kleinerer Herde von 3 oder 4 Zellen. Die einzelnen Typen sind von runder oder ovaler Gestalt, das Protoplasma zeigt keine Besonderheiten. Der ganze Plasmaleib ist dicht und gleichmäßig von runden Körnchen erfüllt, die nach Giemsa- oder Hämalaun Eosin-Färbung einen dunkelroten Farb- ton annehmen. , Besonders wichtig sind die Kernformen dieser Zellen. Die Kerne liegen meist exzentrisch (Fig. 8 emy,); doch kommt auch zentrale Lagerung vor, besonders wenn das Proto- plasma spärlich entwickelt ist. Die meisten Kerne sind ziemlich groß und rund (Fig. 8 emy,); daneben finden sich noch solche von ovaler Gestalt (Fig. 8emy,) der mit kleineren oder größeren Einbuchtungen (Fig. 8 emy,). Die Grundsubstanz ist relativ dunkel gefärbt, das Chromatin erscheint in Form von unregelmäßig verteilten, ungleich großen Brocken und dünnen Fäden. Außer solchen Kernen konstatieren wir noch in beträchtlicher Anzahl andere, die in ihrer Mitte eine Lochbildung aufweisen oder sich als ausgebildete ‚Ringkerne‘‘ präsentieren, wie wir sie in der Thymus der Ratte ausführlich beschrieben haben (1913). Ein Vergleich der vorliegenden Elemente mit den im Knochen- marke vorkommenden kompaktkernigen eosinophilen Zellen und Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 29 den eosinophilen Leukocyten der Blutgefäße beweist in einwandfreier Weise, daß beide Zellarten identisch sind. Wir nehmen auf Grund dieses Befundes an, daß die mit Ringkernen versehenen eosinophilen Zellen der Darmschleimhaut typische polymorphkernige “acido- phile Leukocyten darstellen, und andererseits die kompaktkernigen Eosinophilen wie die gleichnamigen Elemente des Knochenmarks als Myelocyten zu bezeichnen sind. Wie in den hämatopoetischen Organen, so schließen wir auch hier aus dem Vorkommen von Ueber- gangsformen zwischen Myelocyten und polymorphkernigen Leuko- cyten, daß beide Formen in genetischen Beziehungen, d.h. daß auch in der Darmmucosa aus den kompaktkernigen „Myelocyten‘ durch Kernumformung typische polymorphkernige Leukocyten hervor- gehen. Wir haben schon darauf hingewiesen, daß sich in der Cardia eine auffallend starke Anhäufung von eosinophilen Zellen kon- statieren läßt. Ihre genaue Lokalisation sind die zwei oder drei untersten papillenartigen Vorsprünge der Tunica propria des Oeso- phagus, sowie die ersten, noch mit Uebergangsepithel bekleideten Magenfalten. Hier finden sich die eosinophilen Zellen in großer Menge in Form eines ausgebreiteten Herdes, der fast nur aus ihnen sich zusammen- setzt und nur spärlich Lymphocyten und Mastzellen enthält. In bezug auf die Kernformen dieser Typen ist zu bemerken, daß, wenn auch die größte Mehrzahl dieser Zellen aus Elementen mit Ring- kernen besteht, doch nicht wenig typische Myelocyten und Ueber- gangsformen, d. h. Zellen mit beginnender Lochbildung, zwischen ihnen zu finden sind, ein Beweis, daß die Bildung dieser Leukocyten aus Myelocyten in loco vor sich geht. So dicht ist die Durchsetzung dieses Teiles des Darmtractus mit eosinophilen Zellen, daß wir hier an das Vorhandensein eines besonderen Organes zur Bildung solcher Elemente denken können, wie es von Leydig, Drzewina u. a. bei niederen Wirbeltieren beschrieben worden ist. b) Spezialgranulierte Leukocyten. Die spezialgranulierten Zellen, welche bei der Ratte bekannt- lich der Granula entbehren, finden sich in der Darmmucesa sehr spärlich und sind auch wohl nur als zufällige Bestandteile derselben aufzufassen. Man trifft sie ausschließlich in der Nähe des Epithels: 30 Paul. Weitl: sie bestehen alle aus Formen mit mehr oder weniger zusammen- hängenden Ringkernen. c) Lymphocyten. Die Iymphoiden Zellen der Darmschleimhaut zeigen weder in bezug auf ihre Zahl noch ihre Morphologie einen Unterschied gegen- über den schon ausführlich behandelten gleichen Elementen bei “Mensch, Hund oder Katze. Das gleiche gilt von den Plasma- zellen, aus diesem Grunde erscheint uns ihre ausführliche Be- sprechung an dieser Stelle überflüssig. d) Mastzellen. Die Zellen mit basophilen Granulationen bilden bei der Ratte - einen auffallend häufigen Bestandteil der Darmschleimhaut (Fig. 9). In allen Teilen des Darmtractus sind sie zu finden, schon in der Cardia sind sie nicht selten und auch in allen anderen Abschnitten kommen sie ziemlich häufig vor. Stark durchsetzt ist die Pars intravillosa und subglandularis, jedoch fehlen sie auch nicht zwischen den Epithelzellen des Darmes. Herdbildungen findet man nie, viel- mehr liegen sie vereinzelt zwischen Epithelzellen oder Bindegewebs- und Wanderzellen. ‚Es sind große, öfters sehr große Elemente von runder oder langgestreckter Gestalt. Letztere Formen weisen meist Fortsätze auf, die auf amöboide Bewegung hindeuten (Fig. 9 mz,). Das Proto- plasma dieser Zellen ist reichlich und in seinem Färbungscharakter deutlich basophil. Es ist dicht und gleichmäßig erfüllt von ver- schieden großen Körnern, die sich nach Giemsa-Färbung gewöhnlich tiefblau tingieren. Daneben trifft man aber noch Zellen, die nur wenig Granula enthalten, oft nur einige ganz feine Körnchen in ihrer Peripherie. Alle diese Granulationen sind ohne Rücksicht auf ihre Größe kugelig (Fig. 9 mz, mz,) und auch in ihrem Fär- bungscharakter gleich. Neben diesen soeben beschriebenen Zellen finden sich — aus- schließlich zwischen den Epithelzellen und meist im Dickdarm — Elemente, welche außer den schon besprochenen Granulationen noch eigentümliche Einlagerungen enthalten. Bald mehr, bald weniger an der Zahl zeigen sich nämlich in diesen Typen größere, oft bedeutend größere Granula, welche nicht nur wegen ihres Volumens, sondern Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 31 auch wegen ihrer veränderten Färbbarkeit auffallen. Von Meta- chromasie ist an ihnen nichts zu bemerken, vielmehr zeigen einzelne eine relativ schwache Basophilie, andere — besonders die größeren — eine nach Giemsa-Färbung deutlich hervortretende Acidophilie, welche sich in einer schwachen Rosa- oder Lilafärbung dieser Granula äußert (Fig. 9 mz,). Merkwürdig ist das Verhalten dieser größeren Körner gegenüber der Pappenheim schen Methylgrün-Pyronin- . färbung. Während sich nämlich die meisten kleinen Granula solcher Zellen noch tief rot tingieren, zeigen diese großen deutlich eine Ab- nahme in ihrer Basophilie, die bei den größten vollständig verschwin- (det. Trotz der beträchtlichen Zunahme in ihrem Volumen und der Aenderung in ihrer Farbenaffinität bleibt die Form dieser Granula konstant die gleiche: sie sind immer kugelrund, die größten unter ihnen erscheinen schon als große hyaline Kugeln, welche die Größe eines Erythrocyten:erreichen können. Die Zahl dieser so veränderten Granula schwankt in den einzelnen Zellen bedeutend, aber soviel steht fest: je größer diese Kugeln werden, um so geringer an Zahl sind sie in einer Zelle vorhanden. Die Kerne zeigen keine Besonderheiten. Sie haben den Charakter typischer Lymphocytenkerne mit ausgesprochener Radstruktur, oft auch nur mit Andeutung einer solchen, meist sind sie aber so von Körnern überdeckt, daß von ihrer Struktur nicht viel zu er- kennen ist. Interessant ist das Vorkommen mitotischer Teilungs- figuren (Fig. 10 m), die sich aber auf die Zellen, welche die schon etwas veränderten Granulationen enthalten, beschränken. Wie diese selbst trifft man auch die Mitosen nur zwischen den Epithel- zellen und hauptsächlich im Dickdarm. Der Befund dieser Kern- teilungsfiguren ist kein seltener, und zwar trifft man alle Stadien der Mitose. Was die Natur dieser Zellen angeht, so kann kein Zweifel darüber bestehen, daß dieselben typische histiogene Mastzellen darstellen, wie sie bei der Ratte so überaus häufig angetroffen wer- den. Einesteils handelt es sich um schon ganz ausgebildete Mast- zellen, andererseits um solche, die erst in der Entwicklung begriffen sind. Aber wie verhält es sich mit den Zellen, welche außer den typischen Mastzellengranulationen noch jene anderen Einlagerungen enthalten? Einesteils erweisen sie sich infolge ihrer veränderten Granulationen als von den Mastzellen verschiedene Gebilde, dann aber müssen wir jedoch, da wir Zwischenformen zwischen beiden 32 Paul Weill: Typen nachweisen können, annehmen, daß sie in bestimmter Be- ziehung zueinander stehen. Es zeigt sich nämlich, daß alle Ueber- gänge zwischen Zellen, die nur wenige etwas größere und heller ge- färbte Körner neben ihren metachromatischen Granulationen ent- halten, bis zu den Elementen, deren Zelleib nur von solchen ver- änderten Körnern oder Kugeln angefüllt ist, vorhanden sind. Dies beweist, daß jene Elemente, wenn sie auch nicht direkt typische Mastzellen darstellen, letzten Endes mit ihnen durch alle Ueber- . gangsstufen verbunden sind. Daß die mannigfachen Veränderungen in den Granulationen jener atypischen Mastzellen nicht degenerativer Natur sind, ist durch das Vorkommen von Mitosen in denselben erwiesen. Auf die Bewertung speziell dieses Befundes sowie der Zellen überhaupt werden wir noch eingehender zurückkommen. Maus. AEoSIno Dre Zeiden: Zellen mit eosinophilen Granulationen kommen regelmäßig und in ziemlich gleichmäßiger Verteilung in allen Darmabschnitten der Maus vor. Eine Bildung von Herden, wie wir es bei der Ratte beobachtet haben, findet jedoch nicht statt. Vielmehr durchsetzen sie in diffuser Verteilung die Darmschleimhaut, deren Tunica propria sie zu bevorzugen scheinen. Vereinzelt beobachtet man auch eine Durchwanderung dieser Zellen durch das Epithel und demgemäß trifft man sie zwischen den ae selbst wie auch innerhalb des Lumens. Die Zellen selbst zeigen in ihrer Morphologie keine auffallen Besonderheiten. Es sind große Elemente von meistens runder Ge- “ stalt, ihr Protoplasma ist dicht erfüllt mit groben kugeligen Granu- lationen, welche mit sauren Farbstoffen sich lebhaft tingieren. Die Kerne sind fast alle typische Ringkerne; Formen mit kompakten großen Kernen haben wir nicht beobachtet. Die Natur dieser Elemente kann nicht zweifelhaft sein. Es sind typische eosinophile Leukocyten, die außer ihren acidophilen Granulationen noch ein einwandfreies Kriterium aufweisen, nämlich ihre ganz charakteristischen Ringkerne. Denn ebenso wie die Ratte besitzen auch die . en der Maus diese charakteristische Kernform. Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 33 b) Spezialgranulierte Leukocyten. Nicht gerade häufig trifft man bei der Maus eine geringe Zahl von Spezialleukocyten mit ihrem schwach basophilen Protoplasma und ihren Ringkernen, die sich deutlich von denjenigen der eosino- philen unterscheiden. Sie sind viel schmäler als letztere und zer- fallen in eine ganze Anzahl von kleinen Fragmenten, während die Kerne der acidophilen Leukocyten höchstens 3—4 solcher Teile erkennen lassen. Ihr Vorhandensein bedeutet an und für sich nichts Charakteristisches für die Darmschleimhaut, denn dafür kommen sie zu selten in ihr vor. c) Lymphocyten. Wir haben weder in der Morphologie der Iymphoiden Zellen noch in ihrer Zahl oder Verteilung bei der Maus eine Abweichung von dem Verhalten dieser Elemente bei den anderen, schon be- sprochenen, Tieren feststellen können, so daß wir für ihre Beschrei- bung auf unsere vorhergehenden Ausführungen verweisen, das gleiche gilt von den Plasmazellen. d) Mastzellen. In jedem Schnitt durch die Darmschleimhaut der Maus findet man in großer Zahl Zellen mit basophilen Granulationen. Sie sind oft so häufig, daß sie die eosinophilen Elemente an Zahl weit über- treffen. Besonders ist dies der Fall in der Magenschleimhaut, auch der Dickdarm zeigt eine auffallend starke Durchsetzung mit solchen Zellen. Dabei kommen sie ziemlich gleichmäßig verteilt im Binde- gewebe wie im Epithel der Darm- und Magenschleimhaut vor, selten findet man sie im Lumen selbst. In bezug auf ihre Morphologie lassen sich deutlich 2 Typen solcher Zellen unterscheiden. Einmal die in der Tunica propria gelegenen meist langgestreckten, mit amoboiden Fortsätzen ver- sehenen Elemente, die in ihrem Plasmaleib feine, unter sich gleich große Granulationen enthalten, sodann diejenigen Zellen, welche wesentlich das Epithel des Darmes bevölkern; sie sind ausgezeichnet durch ihre ungleich großen, in ihrer Farbenaffinität stark abweichen- den Granulationen (Fig. 11 mz, 12 m). Im übrigen bieten diese Zellen genau dieselben Details, wie wir sie bei der Ratte soeben ausführlich dargestellt haben: es sind dieselben Mastzellen, typische Archiv f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. I. 3 34 Paul Weill: Formen in der Tunica propria, atypische im Epithel, welch letztere wie bei der Ratte mitotischer Teilung fähig‘sind (Fig. 12 m). Wir verweisen daher auf unsere obigen Ausführungen. ,,Sschollenleukocyten‘. Der letzte Typus von Wanderzellen in der Darmschleimhaut der Maus sind Elemente, die überaus häufig im Dünndarm, vor allem aber im Dickdarm vorkommen. Lokalisiert sind sie haupt- sächlich in den Partien zwischen den Epithelzellen. Die Zellen sind groß, von runder oder ovaler Gestalt; ihr Proto- plasma zeigt keine Besonderheit und ist mehr oder minder voll- ständig von Schollen ausgefüllt, welche in ihrer Zahl und Größe starken Schwankungen unterliegen. Der Plasmaleib selbst färbt sich sehr schwach, so daß die Abgrenzung dieser Elemente von den Nachbarzellen schwer ist. Was zunächst die Zahl der Schollen anbelangt, so treffen wir zwar meistens 15—20 solcher Gebilde in einer Zelle, jedoch sind auch solche Typen nicht selten, welche viel weniger, aber dafür beträchtlich größere solcher Einlagerungen in sich enthalten. Ihre Gestalt ist im allgemeinen rund, häufig finden sich jedoch auch schwach ovale Formen. Sie erfüllen das Protoplasma mehr oder weniger dicht Fig. (11 schl) in ganz ungleichmäßiger Verteilung. Im ersteren Falle, wenn die Zelle ganz vollgestopft ist von solchen Körnern, legen sie sich sehr nahe aneinander, ohne aber sich gegen- seitig abzuplatten, vielmehr behält jedes Korn seine runde Gestalt bei (Fig. 13 schl). In bezug auf ihre Größe ist folgendes zu bemerken. Die klein- sten dieser Schollen sind ungefähr doppelt so groß wie ein Granulum eines eosinophilen Leukocyten, die größeren übertreffen oft die Erythrocyten bedeutend an Umfang. Die Schollen jeder einzelnen Zelle sind untereinander in ihrem Volumen ungefähr gleich, von kleinen Schwankungen natürlich abgesehen, Selbstredend finden sich — gleiche Größe der Zellen vorausgesetzt — in einer Zelle viel mehr kleinere als größere oder größte solcher Schollen; letztere sind gewöhnlich nur in der Einzahl oder höchstens zu zweien vorhanden. Ihrem Färbungscharakter nach sind diese Schollen ausgesprochen acidophil, denn sie färben sich mit Giemsa-Lösung oder Hämalaun- Eosin ziemlich stark rot, etwa im Tone der roten Blutkörperchen. An ihnen tritt deutlich eine färberische Scheidung in eine hellere Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. BD Innenscheibe und eine schmale, dunkel gefärbte Randzone hervor, ja die größeren dieser Schollen erscheinen als richtige Vakuolen mit homogenem, hellgefärbtem Inhalt und einer dunklen, membran- artigen Randschicht. Die Kerne sind exzentrisch gelagert und variieren ihrer Form nach ziemlich stark. Einmal finden sie sich als runde Formen, die gewöhnlich eine größere oder kleinere Einbuchtung zeigen (Fig. 13 schl) oder aber sie sind von ovaler bzw. nierenförmiger Gestalt (Fig. 11 schl); die meisten Kerne jedoch weisen die als zwei- oder dreizipflige bei anderen Tieren schon erwähnte Form auf, welche mit den vorigen durch alle Uebergänge verbunden ist. Der Chroma- tinreichtum dieser Kerne ist relativ hoch, in ihrer Zeichnung zeigen sie keinerlei regelmäßige Struktur. Besonders interessant ist die Tatsache, daß wir diese Zellen auch in Mitose innerhalb des Epithels finden. Unsere hier abge- bildete Figur 14 zeigt diese auf das allerdeutlichste. Solche Kern- teilungsfiguren sind immerhin ein seltener Befund, jedoch die Tat- sache, daß sie vorhanden sind, ist nicht in Abrede zu stellen. Bei den soeben beschriebenen Zellformen handelt es sich um einen Typus von Elementen, der sich genau in derselben Weise auch beim Hund und bei der Katze findet. Wir haben sie als ‚‚„Schollen- leukocyten‘ bezeichnet. Auch bei der Maus sind es Elemente, die fast ausschließlich dem Epithel eigen sind, welche aber auch außer- halb desselben vorkommen können, wie unsere Fig. 13 schl zeigt. Kaninchen. a) Eosinophile Zellen. Es ist auffallend, wie gering der Gehalt der Darmschleimhaut des Kaninchens an eosinophilen Leukocyten ist. Sie finden sich hie und da, am meisten noch im Dickdarm, zwischen den anderen Iymphoiden Elementen zerstreut und weisen keine Besonderheiten in ihrer Struktur auf: es sind typische eosinophile Leukocyten mit groben acidophilen Granulationen und stark fragmentierten Kernen. Mononukleäre Formen haben wir hier nicht beobachtet. b) Spezialleukocyten. Die Spezialleukocyten sind ein relativ seltener Befund; über ihre Morphologie ist nichts besonderes zu bemerken; es sind typische 3* 36 Paul Weill: spezialgranuliertte Leukocyten, mit sehr feinen Granulationen und stark fragmentierten Kernen. c) Lymphocyten und Plasmazellen. Auch diese .beiden Zellelemente weisen beim Kaninchen . keinerlei Abweichunger auf, die eine detaillierte Beschreibung rechtfertigten. Es wäre nur zu bemerken, daß der Magen sowohl im Fundus wie im Pylorus arm an diesen Zellen ist, in den anderen Teilen des Verdauungstractus sind sie zahlreich. d) Russelsche Fuchsinkörperchen. Fast ausschließlich in der Tunica propria der Darmschleim- haut findet man große Zellen von unregelmäßiger oft evaler Gestalt, welche vor allem im Duodenum und dem übrigen Teil des Dünn- darmes angetroffen werden. Sie liegen immer vereinzelt zwischen andern Wanderzellen, zu einer Herdbildung kommt es nie. Was den Aufbau dieser Elemente betrifft, so erweist er sich im wesentlichen — bis auf eine gleich zu besprechende Ausnahme — mit demjenigen der Katze identisch, auf deren Darstellung wir ver- weisen. - Jene besondere Zellart ist in Fig. 15 rk dargestellt und zeigt ein schwach basophiles bzw. metachromatisches Protoplasma. Der letztere Bestandteil bildet die Hauptmasse und ist von kleinen, nach Giemsa-Färbung hellblauen Vakuolen durchsetzt und springt in Form von feinen Zacken in den schwach basophilen Anteil vor. Diese Zellart ist ziemlich häufig, sie läßt die verschiedenen Kom- binationen zwischen den beiden Plasmakomponenten — der basophilen und der metachromatischen — erkennen. Ueber die Kernform dieser wie der vorher erwähnten Zellen ist zu dem bei der Katze Gesagten nichts hinzuzufügen: meist sind es typische Lymphocytenkerne, die feine Chromatinfortsätze zwischen die einzelnen Vakuolen senden. Wie bei der Katze, so stellen auch diese Zellen Russelkörper dar. In einem andern Zusammenhang werden wir über ihre Genese und funktionelle Bedeutung zu berichten haben. e), „Schollenleukocytem“ Auch beim Kaninchen finden sich ausschließlich zwischen den Epithelzellen eine Art von Elementen, welche man in großer Menge Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 3 vor allem im Dünndarm nachweisen kann. Die Zellen sind klein, von runder oder ovaler Gestalt und zeigen in einem spärlich ent- wickelten, stark basophilen Protoplasma typische Einlagerungen. Bald sind es kleine Kugeln (Fig. 16 schl,), bald größere vakuolen- ähnliche Gebilde (Fig. 17 schl), welche in verschiedener Zahl in diesen Zellen zu konstatieren sind. Sehr reichlich sind sie in keiner Zelle vorhanden. ‚Gewöhnlich finden wir 2—4 solcher Körner (Fig. 16 schl, schl,), bei größeren Schollen enthält jede Zelle nur einen (Fig. 17 schl) oder zwei (Fig.16 schl,). Ihre Größe variiert zwischen dem Volumen eines Granulums eines eosinophilen Leuko- cyten und ungefähr dem Umfang eines roten Blutkörperchens. Unter sich sind die einzelnen Körner in jeder Zelle so ziemlich ein- ander gleich. Ihrer Gestalt nach sind sie kugelförmig, sie zeigen jedoch oft ganz geringe Abweichungen. Was ihr färberisches Verhalten betrifft, so sind sie deutlich acidophil, färben sich also mit Giemsa-Lösung ziemlich stark rot. Die größeren dieser Schollen lassen eine Differenzierung in eine helle Zentralscheibe und einen dunkleren Randring erkennen. Die Kernformen: zeigen oft den Typus von Lymphocyten- kernen (Fig. 16 schl,, ,), d. h. es.sind runde chromatinreiche, mit dicken Chromatinbrocken versehene Kerne, oft erscheinen sie auch in die Länge gezogen als mehr oder weniger ausgeprägte Wurstkerne (Fig. 16 schl,). Wie Fig. 17 erkennen läßt, sind auch runde Kerne mit einer tiefen Einbuchtung vorhanden, in welche sich dann die Schollen genau hineinschmiegen. Ihrer Lokalisation und ihrem Gesamthabitus nach sind diese Zellen im Darme des Kaninchens in dieselbe Kategorie wie die schon beschriebenen Schollenleukocyten beim Hund und der Katze einzureihen, wenn sie auch im einzelnen sehr große Unter- schiede diesen gegenüber aufweisen. Vor allem ist es die relative Kleinheit der Zelle, ihr gering entwickeltes, aber dafür stark baso- philes Protoplasma, das sie wesentlich anders erscheinen läßt als jene. Auch in der Zahl und Größe der Granula findet man bedeu- tende Abweichungen. Denn hier sind sie im Verhältnis zu den Schollen des Hundes und der Katze sehr klein zu nennen, und noch lange nicht in so großer Anzahl in einer Zelle vorhanden wie bei jenen. Ihre Farbenaffinität ist zwar die gleiche. Trotzdem dieser zum Teil abweichender Befunde glauben wir diese Elemente den Schollen- leukocyten gleichsetzen zu können aus Gründen, die sich in der 38 Paul Weill: Hauptsache auf ihre genetischen Beziehungen stützen, welche wir in einem anderen Zusammenhange besprechen werden. Meerschweinchen. a) Eosinophile Zellen. Die eosinophilen Zellen in der Darmschleimhaut des Meer- schweinchens sind in mehrfacher Hinsicht vom besonderem Inter- esse. Sie finden sich ausschließlich in der Tunica propria der Darm- schleimhaut lokalisiert, auffallend häufig sind sie an zwei Stellen des Verdauungstractus: im Gebiet der Cardia und im Dünndarm. An der Cardia zeigt sich in der Region, welche wir schon bei der Besprechung des Befundes der Ratte ausführlich beschrieben haben, eine herdförmige große Ansammlung eosinophiler Zellen, welche mit ziemlich scharfer Grenze nach oben und unten abschneidet. Schon bei der Ratte haben wir hervorgehoben, daß diese Lokali- sation aus vergleichend anatomischen Gründen, auf die wir später ausführlich eingehen werden, besonderes Interesse verdient. Im Dünndarm ist die Verteilung der eosinophilen Zellen eine ganz andere. Wohl kommt es auch hier zur Bildung von kleineren Ansammlungen, die aber nie die Ausdehnung der Herde im Gebiet der Cardia erreichen, jedoch die meisten dieser Elemente liegen zerstreut zwischen den anderen Zellen. Die Elemente sind groß, von langgestreckter amöboider (Fig. 20 el) runder (Fig. 19 emy,) oder ovaler (Fig. 20 emy,) Ge- stalt. Das Protoplasma ist reichlich entwickelt und zeigt in ein- zelnen dieser Zellen mehr oder weniger stark basophilen Färbungs- charakter (Fig. 18 emy,, 19 emy,). Die Zahl der acidophileı Granu- lationen, die es aufweist, ist eine verschiedene: neben Zellen, die nur ein Granulum enthalten (Fig. 20 emy,), trifft man solche mit mehreren (Fig. 18 emy,, ,; 19 emy,), dann andere, in denen die Einlagerungen einen um den Kern gelegenen geschlossenen Ring bilden (Fig. 19 emy,), endlich solche, welche ganz von acidophilen Granulationen erfüllt sind (Fig. 20 el). Interessant ist die Gestalt dieser Granula. Es sind nicht die sphärischen Körnchen, wie wir sie sonst zu finden gewohnt sind, sondern sie erscheinen in Form von sehr schlanken, feinen Stäbchen und erinnern an Bazillen. Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 39 Die Kerne dieser Zellen weisen sehr verschiedene Formen auf. Auf der einen Seite zeigen sie die typische Organisation des Kerns der kleinen Lymphocyten, d. h. Radstruktur in einer mehr oder weniger charakteristischen Ausbildung. Weit häufiger sind jedoch Zellformen, deren Kerne vor allem größere sind und in ihrem Chroma- tingehalt von letzteren stark abweichen. Solche Formen sind rund (Fig. 19 emy,), regelmäßig konturiert und füllen den größeren Teil des Zelleibes aus. Andere Kerne wieder haben eine ovale Gestalt (Fig. 19 emy,) oder erscheinen infolge einer größeren oder kleineren Einbuchtung nierenförmig (Fig. 18 emy,). Die Grundsubstanz dieser Kerne färbt sich wenig mit Kernfarbstoffen, erscheint daher sehr hell; dagegen weisen sie einen beträchtlichen Reichtum an Chromatinschollen und Fäden auf, welche sich in unregelmäßiger Weise innerhalb des Kernes verteilen. Oft enthalten sie einen deut- lich ausgebildeten Nukleolus (Fig. 20 emy,). Alle diese Zellen mit kompakten kugeligen ovalen oder nieren- förmigen Kernen leiten über zu Zellen mit gelappten Kernen. In diesem Falle sind die beiden meist gleich großen Fragmente durch einen dünnen Chromatinfaden verbunden, so daß der Kern typische Zwerchsackform erhält. Auch Zellen mit 2 getrennten Kernfrag- menten sind nicht selten (Fig. 18 el). Nicht so häufig wie diese Zellen trifft man solche Formen, deren Kerne sich in mitotischer Teilung befinden. Solche typi- sche Mitosen liegen meist inmitten einer Anzahl großer Lymphocyten. Wie unsere Fig. 18 m erkennen läßt, erfolgt die Kernteilung in einer Zelle, deren Plasma nur zum Teil von Granu- lationen angefüllt ist. Tatsächlich gehören alle Karyokinesen, die wir in diesem Zelltypus gefunden haben, ausschließlich solchen Elementen an. Eine Identifizierung dieser Zellen ist insofern schwierig, als ihre Granula eine besondere Form aufweisen, die nicht mit derjenigen übereinstimmt, welche die oxyphilen Einlagerungen gewöhnlich darbieten. Wie wir weiter oben hervorgehoben haben, sind sie nicht kugelig, sondern besitzen ausschließlich die Form feiner Stäbchen, eine Besonderheit, auf deren Bedeutung wir noch zurückkommen werden. Nichtsdestoweniger können wir nach einem Vergleich der gelapptkernigen Elemente in der Darmmucosa und derjenigen an anderen Stellen im Körper, im Blut oder in der Milz den Iden- titätsbeweis beider Zelltypen erbringen, denn erstens stimmen die 40 Paul Weill: Kernformen genau überein und zweitens scheinen auch die Granula — für die Milz gilt dies unzweifelhaft — dieselben Formverhält- nisse aufzuweisen. Sodann gelingt es ohne Schwierigkeit, die Zugehörigkeit der Zellformen, wie Fig. 19 emy,, in die Kategorie der kompakt- kernigen Elemente festzustellen. Denn wenn man zum Vergleich irgend ein Iymyhoides Organ, die Milz z. B., heranzieht, so be- steht auch zwischen unseren Elementen im Darm und den typi- schen Myelocyten kein Unterschied. Schwieriger ist es schon, in der Milz analoge Formen wie unsere weniger granulierten Zellen (Fig. 18 emy,, 19 emy,) nachzuweisen; die Tatsache jedoch, daß man alle Uebergänge zwischen wenig und vollständig granulierten _ Individuen trifft, weist auf ihre Zusammengehörigkeit hin. Die prinzipielle Bedeutung dieses Befundes wird uns später noch aus- führlich zu beschäftigen haben. b) Spezialleukecyten, Neben den eosinophilen Zellen trifft man noch vereinzelt Elemente, welche sich in ihrer Kernform wie ihren Granulationen wesentlich von diesen unterscheiden. Ihre Kerne zeigen eine viel intensivere Lappung resp. eine größere Zahl von Fragmenten als diejenigen der eosinophilen. Ihre Granula sind viel kleiner und feiner; außerdem haben sie Kugelform; weniger leicht ist ein Unterschied in ihrer Färbbarkeit zu konstatieren. Denn sie tin- gieren sich wie die Granula der eosinophilen Zellen dunkelrot nach Giemsa-Färbung. c) Lymphocyten und Plasmazellen. Im allgemeinen sind die Befunde von Lymphocyten und Plas- mazellen dieselben, wie wir sie bei anderen Tieren schon beschrieben haben. In geringem Grade abweichend ist das Verhalten der Iympho- cytären Elemente. Denn erstens sind die Zellen, die man als „große Lymphocyten‘ bezeichnet, beim Meerschweinchen viel größer wie bei den vorher besprochenen Tieren und zweitens kommen sie bei ihm viel häufiger vor als bei diesen. Sie sind nicht auf die follikel- ähnlichen Ansammlungen von Iymphoiden Elementen beschränkt, wie wir sie sonst zu finden gewohnt sind, sondern man beobachtet sie mitten im Bindegewebe, wo sie sich gemischt mit allen anderen Wanderzellen finden (vgl. Fig. 18 und 20). } ale Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 41 Sodann bestätigen wir beim Meerschweinchen das Vorkommen von Zellen, welche Sansonow (1908) als „Makrophagen“ bezeichnet hat. Es sind dies Zellen, die häufig im Bindegewebe zu sehen sind, in ihrer Morphologie genau übereinstimmen mit den großen Lymphocyten und nur einen von diesen abweichen- den Befund erkennen lassen. Es ist dies das Auftreten von ver- einzelten oder mehreren Vakuolen in einer Zelle, welche sich durch ihre ganz helle Färbung von dem übrigen, ziemlich stark basophilen Protoplasma scharf abheben. d) Russelsche Körperchen. Die als Russelsche Körperchen bei anderen Tieren schon beschriebenen Zellen finden sich auch beim Meerschweinchen in nicht geringer Anzahl. In ihrer Morphologie zeigen sie keine Besonderheiten. Es sind umfangreiche Zellen, deren Plasma von mehr oder weniger großen Kugeln erfüllt ist (Fig. 20 rk), welche deutlich eine acidophile Farbenreaktion zeigen. Die Kerne dieser Zellen sind immer exzentrisch gelagert, oft weisen sie eine Andeutung von Radstruktur auf (Fig. 20 rk). In extremen Fällen sind die Kerne derart an die Peripherie der Zellen gedrängt, daß ihre Struk- j nicht deutlich zu erkennen ist. f) Makrophagen. Wir bestätigen den schon häufig beobachteten Befund von Makrophagen beim Meerschweinchen, d. h. großen unregelmäßig geformten Zellen, deren Zelleib dicht erfüllt ist von Schollen, die in ihrer Größe sehr ungleich sind und sich nach Giemsa-Färbung graugrün oder grün tingieren. In ihrem morphologischen Verhalten weisen sie von den als „Schollenleukocyten‘“ bei andern Tieren beschriebenen Elementen erhebliche Unterschiede auf. Die Haupt- fabweichung besteht darin, daß ihre Einlagerungen nicht die scharf umschriebene und regelmäßige Form besitzen wie bei den „‚Schollen- leukocyten“ und daß sie von diesen in ihrer Farbenaffinität gänz- lich verschieden sind. Auf ihre Besprechung gehen wir nicht wei- ter ein. 42 Pauli Weill: Schwein. a) Eosinophile zeiten Wir finden sehr häufig in allen Schnitten durch die Schleim- haut, besonders reichlich im Blinddarm, Zellen, deren Protoplasma ganz dicht mit eosinophilen Granulationen erfüllt ist. Die meisten derselben sind zwischen den Elementen die Tunica propria zu beobachten; sie liegen hier vereinzelt inmitten der anderen. Auch in den Solitärknötchen, an denen der Schweinedarm ziemlich reich ist, sind sie sehr oft festzustellen. Endlich sind sie im Epithel in allen Teilen des Darmtractus vorhanden, wo sie die Drüsenzellen des Magens sowohl wie die Epithelien der Schleimhaut reichlich durchsetzen. Größere Herde von eosinophilen Zellen haben wir nie beobachtet, sie finden sich immer nur untermischt mit den anderen Elementen der Darmschleimhaut. Die Zellen sind groß, von runder oder ovaler Gestalt; sie lassen oft pseudopodienartige Fortsätze erkennen. Das ganze Protoplasma, welches an sich keine Besonderheiten aufweist, ist erfüllt von nach Hämalaun-Eosin- oder Giemsa-Färbung roten, ziemlich groben Körnern. Ihre Gestalt ist immer sphärisch. Besonderes Interesse beanspruchen die Kernformen der eosino- philen Zellen. Wir finden in sehr vielen derselben große, runde Kerne, die relativ wenig Chromatin enthalten. Sie färben sich demgemäß ziemlich hell. Gewöhnlich liegen sie in der Mitte der Zelle. Daneben trifft man noch die Kerne mit Nieren- oder Bohnenform und endlich die häufigste Art von Kernen, typische fragmentierte Formen. Aus unserer obigen Darstellung geht hervor, daß wir hier typische eosinophile Leukocyten vor uns haben, die in allen Stadien ihrer Ausbildung in der Darmschleimhaut angetroffen werden. Denn die Elemente mit hellen, bläschenförmigen Kernen sind, wenn wir sie mit den entsprechenden Formen der Iymphoiden Organe vergleichen, als kompaktkernige Elemente anzusehen. Die ana- logen Zellen der eosinophilen Leukocyten des Blutes stellen die Elemente dar, deren Kerne fragmentiert sind. Wie bei allen andern untersuchten Tieren, so sind auch beim Schwein alle. Uebergänge zwischen den gelappt- und kompaktkernigen Formen festzustellen, d. h. Zellen, deren Kerne Nieren-, Zwerchsack- und Hantelform besitzen. Es läßt sich also auch bei diesem Tier die Entwicklung Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 43 von gelapptkernigen eosinophilen Leukocyten aus kompaktkernigen in der Darmschleimhaut konstatieren. Ueber die Herkunft der letzteren werden wir später im Zusammenhang berichten. b) Lymphocyten und Plasmazellen. Beide Zellformen zeigen beim Schweine in ihrer Morphologie keine Besonderheiten oder Abweichungen von den schon bespro- chenen Elementen bei anderen Tieren. Auf eine Tatsache müssen wir jedoch aufmerksam machen. ‚Der untere Teil des Oesophagus weist nämlich in seiner Substantia propria einen auffallenden Reichtum an Iymphoiden Elementen auf. Diese bevölkern nicht nur die papillenartigen Fortsätze des Bindegewebes, sondern auch der untere Teil der Propria läßt kom- pakte Anhäufungen von großen und kleinen Lymphocyten, sogar in Form von Lymphknötchen erkennen. 6). Mast zerlen. Basophil gekörnte Elemente bilden in der Darmschleimhaut des Schweins einen sehr häufigen Befund, besonders im Coecum. Wie bei den anderen Tieren, so lassen sie auch hier 2 typische Aus- bildungsformen erkennen, die durch alle Uebergänge miteinander verbunden sind. Erstens die Zellen, deren Kerne eine mehr oder weniger deutliche Radstruktur aufweisen und deren Plasma spär- liche randständige, oft sehr feine Granulationen enthält. Sodann die grobkörnigen, ganz von basophilen Granulis erfüllten, typischen Mastzellen. Diese beiden Kategorien sind nun durch alle möglichen Uebergangsformen, sowohl was die Zahl der Granulationen wie die Struktur des Kernes anbetrifft, miteinander verbunden. Sie sind hauptsächlich in der Tunica propria der Mucosa lokalisiert, aber die ausgebildeten Elemente trifft man sehr häufig, oft in ziemlich großer Anzahl, innerhalb der Muscularis in lebhafter amöboider Bewegung begriffen. Es sind auch beim Schwein alle Uebergänge zwischen wenig und vollständig granulierten Formen nachweisbar. Wir können daher annehmen, daß sich hier eine Entwicklung der fertigen Mastzellen aus den spärlich granulierten vollzieht. 4A Paul Weill: ‚d.Russielsch. Körperchen. Auch beim Schweine finden sich die nun schon öfters bespro- chenen Russelkörper, sogar auffallend häufig. Besonders viele haben wir im Anfangsteil des Magens beobachtet. Sie liegen aus- schließlich im Bindegewebe der Mucosa ganz zerstreut zwischen allen anderen Zelltypen. Es ist bemerkenswert, daß man hier diese Körperchen an einem Orte findet, wo man sie bei den anderen Tieren nicht antrifft, nämlich inmitten der Solitärknötchen. Morphologisch unterscheiden sich die Russelkörper nicht ' wesentlich von denjenigen anderer Tiere. Ihre Kerne zeigen oft Andeutung von Radstruktur, immer aber, wenigstens soweit sie noch im Zentrum oder ganz wenig seitlich liegen, große Aehnlichkeit mit den kleinen Lymphocytenkernen. Bei den an die Zellperipherie verlagerten Kernen geht jede feinere Struktur verloren. Die Kerne der kleinen Lymphocyten und diejenigen vieler Russelkörper weisen eine so genaue Uebereinstimmung auf, daß es naheliegt, zwischen beiden Zelltypen genetische Beziehungen anzunehmen. Eine direkte Entwicklung aus vakuolisierten Plasma- zellen jedoch, wie sie sich bei den andern Tieren ergab, läßt sich auf Grund unserer Befunde nicht ohne weiteres annehmen. Denn der Schweinedarm ist relativ arm an Plasmazellen, deren baso- philes-Plasma sich z. T. in acidophiles umgewandelt hat. Die Be- deutung des Vorkommens der Russelkörper und ihre Entstehung aus Lymphocyten wird uns später noch zu beschäftigen haben. e) Schollenleukocyten. Hauptsächlich im Epithel der Darmschleimhaut findet man ziemlich häufig Zellen, die sich durch eine besondere Art von Granu- lationen auszeichnen. Die Form und Größe dieser Elemente entspricht derjenigen der kleinen Lymphocyten. In einem schwach basophilen, oder kaum acidophilen Protoplasma sind kleine unregelmäßig gestaltete Tropfen eingelagert, die sich lebhaft mit Eosin tingieren. Ihre Zahl in einer Zelle schwankt zwischen zwei und fünf. Ihre Form ist kuglig, ihre Größe variiert zwischen einem eben sichtbaren roten Pünktchen und dem Granulum eines eosinophilen Leukocyten. Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 45 Der Kern ist gewöhnlich rund, enthält aber sehr oft ein oder zwei Einbiegungen, in welche die Körnchen eingelagert sind. In seiner Struktur entspricht er dem Kerne der kleinen Lymphocyten. | Diese Zellen gleiehen in jeder Hinsicht, in ihrer Lokalisation wie ihrem morphologischen Verhalten den „Schollenleuko- cyten‘“, die wir schon beim Hund, der Katze, dem Kaninchen und der Maus dargestellt haben. Am meisten Aehnlichkeit be-_ sitzen sie mit dem Typus des Kaninchens. Auf ihre Bewertung kommen wir später noch zu sprechen. Zusammenfassung. Wie aus unserer Befundsbeschreibung hervorgeht, ist die Darmschleimhaut aller von uns untersuchter Tiere in verschiedenem Maße, aber doch reichlich mit Wanderzellen bevölkert, unter denen die ungranulierten Formen den Hauptanteil bilden. Vor allem sind es die kleinen und großen Lymphocyten, sowohl in typischer Aus- bildung als auch in allen möglichen Zwischenformen, welche die verschiedenen Schichten der Mucosa mehr oder weniger reichlich durchsetzen. Daneben trifft man jedoch, oft in nicht geringer Anzahl, Plasmazellen — auch diese nicht immer als typisch entwickelte Formen, sondern in einer oder der andern Beziehung von diesen abweichend. Gegen die ungranulierten Elemente stehen die granulierten Formen an Häufigkeit weit zurück. Unter ihnen sind die acido- philen Zellen in ihren verschiedenen Abarten am meisten vertreten. So findet man Zellformen, die zwar bei den verschiedenen Tieren mehr oder weniger große Variationen in bezug auf Kerne oder Granulationen erkennen lassen, die aber infolge gemeinsamer Eigen- schaften als zusammengehörig zu betrachten sind. Es sind dies Elemente mit groben, unter sich gleich großen, kugligen oder stäb- chenförmigen Granulationen, welche sich mit sauren Farbstoffen lebhaft tingieren. Ihre Kerne sind entweder als gelappt oder kompakt zu bezeichnen, daneben kommen alle‘ Uebergänge in Gestalt von nieren-, bohnen- oder hantelförmigen Kernen vor. Diesen Typus von Zellen haben wir. als kompakt- bzw. gelapptkernige eosino- _ phile Leukocyten beschrieben (Fig. 1, 2, 3, emy 4f, 8, 18, 19, 20). Den nächsten Zelltypus, der ebenfalls acidophile Einlagerungen enthält, bilden die Russelschen Fuchsinkörper (Fig. 5, 15, 20) und 46 Paul Weill: die Schollenleukocyten (Fig. 3, 4 a—e, 6, 7, !1, 13, 14, 16, 17). Von den eosinophilen Leukocyten unterscheiden sie sich wesentlich sowohl ihren Kernen wie ihren Einlagerungen nach. Die Kernformen der Schollenleukocyten, mehr noch der Russelkörper zeigen bei fast allen Individuen merkwürdige Einbuchtungen und Fortsätze in das Protoplasma, die sie sofort von denjenigen der kompaktkerni- gen eosinophilen Leukocyten zu unterscheiden gestatten, zumal eine Fragmentierung des Kernes nie nachweisbar ist. Viel variabler als die Kerne sind die Granula der Schollenleukocyten bei den verschiedenen Tieren. Gemeinsam haben sie jedoch eine erhebliche Acidophilie. Ihre Größe wie ihre Gestalt ist in der einzelnen Zelle wie auch bei jedem Tier verschieden, ebenso ihre Zahl, die gewöhn- lich verhältnismäßig gering ist. Im Gegensatz dazu sind die Russel- körper ganz von acidophilen vakuolenartigen Gebilden erfüllt, so daß das Protoplasma einer Zelle nur aus Vakuolen zu bestehen scheint. Gemeinsam mit den Granulationen der Schollenleukocyten besitzen auch sie eine starke acidophile Affinität. Weniger formenreich als die acidophilen sind die basophil ge- körnten Wanderzellen. Auch bei den verschiedenen Tieren sind die Abweichungen der einzelnen Zelltypen sehr gering. Alle diese Elemente sind typische Mastzellen, mit stark basophilen, ziemlich groben Körnchen, welche das Protoplasma oft ganz, oft nur zum - Teil erfüllen. Die Kernformen weisen nichts Besonderes auf; sehr oft besitzen sie Radstruktur. Nur bei der Maus und der Ratte zeigt sich ein abweichendes Verhalten der Mastzellen (Fig. 9, 10, 11 mz, 12). Im Epithel erleiden sie nämlich eine Veränderung, infolge deren sich einzelne ihrer Granula mehr acidophil färben, an Größe zunehmen und z. T. miteinander verschmelzen. Die Spezialgranulierten machen nur einen verschwindend kleinen Anteil der Wanderzellen in der Darmschleimhaut aus. Sie kommen als nur typische gelapptkernige Leukocyten vor. Leydigsches Organ. Wir haben schon in der Befundbeschreibung betont, daß in der Cardia der Ratte und des Meerschweinchens sich eine merk- würdig reichliche Ansammlung von Iymphoiden und hauptsächlich eosinophilen Elementen nachweisen läßt. Wie wir dort ausführlich Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 47 dargestellt haben, trifft man die eosinophil-granulierten Zellen sowohl als kompaktkernige wie auch als gelapptkernige Formen. Eine solche starke und scharf umschriebene Anhäufung dieser Zellen an jener Stelle bedarf der Erklärung. Sie erinnert auffällig an das Organ, das von Leydig (1851/52) bei niedern Wirbel- tieren zuerst beschrieben wurde, dann bei den Fischen von Edin- gern, Losent, Prenant,-Pillret,. beiden .Vögeln von Klein.» Renaut.vGhinskyayschrerner, .Rubelf, bei den Sängern von Koelliker und S chaffer fest- gestellt wurde. Die Beobachtung, daß übrigens die meisten Zellen dieser Gegend acidophile Elemente sind, ist von Rubeli und Zietzschmann bei Säugetieren, von Drzewina und Pe- tersen bei niederen Wirbeltieren gemacht worden. Vom vergleichend anatomischen Standpunkte aus betrachtet, liegt es nahe, Beziehungen zwischen diesem „Leydigschen Organ‘ und jener Anhäufung vornehmlich acidophiler Elemente anzuneh- men. Ein Bindeglied zwischen den Befunden Leydigs und unsern eigenen bilden die Untersuchungen von Drzewina, auf die wir später bei der Besprechung der Herkunft und der lokalen Ent- stehung der eosinophilen Zellen noch ausführlich zurückkommen werden; zus ihnen geht hervor, daß schon bei Selachiern und Ichtyopsiden ein erheblicher Teil der Zellen jenes Organs von acidophil-granulierten Elementen gebildet wird. Der endgültige Beweis, daß wirkliche genetische Beziehungen zwischen der Cardia- Lokalisation eosinophiler Zellen beim Säugetier und dem Leydigschen Iymphoiden Organ bestehen, könnte allerdings erst an einem größeren Untersuchungsmaterial erbracht werden. Kritische Besprechung. Ly.mphocyten. Es wurde schon weiter oben erwähnt, daß die Iymphoiden Elemente quantitativ den hervorragendsten Bestandteil an Wan- derzellen liefern. Wie aus unserer Literaturübersicht hervorgeht, sind sie schon oft beschrieben worden und werden in ihrer Bedeutung ziemlich einheitlich bewertet. Eine ausführliche kritische Darstel- lung erübrigt sich also; hier seien nur die wichtigsten Ergebnisse unserer Befunde hervorgehoben. 48 Paul Weill: Die große Mehrzahl der Iymphoiden Elemente besteht aus „kleinen Lymphocyten‘“, d. h. runden Zellen mit einem schmalen, schwach basophilen Plasmasaum und einem relativ großen, chro- matinreichen runden Kern, der oft Radstruktur erkennen läßt. Man findet diese Elemente entweder diffus verteilt oder zu um- schriebenen Massen vereint. In letzterem Falle bilden sie den Hauptbestandteil. der Solitärknötchen, resp. gehäuften Knötchen. Außerdem gehören alle Iymphoiden Zellformen, die man in den Partien zwischen den Epithelzellen findet, zum Typus der „kleinen Lymphocyten‘. Ihnen gegenüber treten die „großen Lymphocyten‘ quantitativ sehr zurück und sind in ihrem Vorkommen fast nur auf die Knöt- chen, bzw. knötchenähnlichen Ansammlungen von Zellen be- schränkt. Die Mitosen, welche die Keimzentren der Solitärknöt- chen aufweisen, gehören der Größe der Zelle nach zu dem Typus der großen Lymphocyten. Eine Ausnahme von dieser Lokalisation der großen Lympho- cyten in der Solitärknötchen bildet eines der von uns untersuchten Tiere, das Meerschweinchen. Esist auffallend, wie viele große — typische — Formen man hier in der Tunica propria, weniger in den interepithelialen Partien findet, während man bei andern Tieren fast ausschließlich kleine Lymphocyten anzutreffen gewohnt ist. Viele dieser Zellen zeigen ein von der Norm abweichendes Verhalten ihres Protoplasmas. Dieses erscheint nicht homogen, sondern mit kleinen, mehr oder weriger zahlreichen Hohlräumen angefüllt. Es sind dies Typen, de Sansonow bei diesem Tier als Makrophagen beschrieben hat. Weniger häufig als die Iymphoiden Elemente, aber doch sehr reichlich anzutreffen sind de Plasmazellen. Zu denselben zählen wir nicht nur die klassischen Formen, den sog. Marschalkö- schen Typus, sondern nach Weidenreich (1909) auch alle diejenigen Zellen, welche ihrer Kernmorphologie nach sich den Iymphoiden Elementen nähern, wegen ihrer besonderen Plasma- beschaffenheit jedoch den Plasmazellen zuzurechnen sind. Die Tatsache, daß die Plasmazellen aus den kleinen Lympho- cyten durch Vermehrung und Umwandlung des Protoplasmas hervorgehen, ist allgemein anerkannt und findet auch an unserm Material ihre Bestätigung. Von besonderer Wichtigkeit für unsere Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 49 Betrachtungen ist jedoch die Frage nach den Umwandlungspro- dukten der Plasmazellen, welche man im Darme antrifft. In erster Linie sind hier de vakuolisierten Plasma- zellen zu nennen, Zellen, die in der Darmmucosa in großer Zahl vorkommen. Die Abweichung, die ihre Trennung von den typischen Plasmazellen rechtfertigt, besteht in einem modifizierten Proto- plasma, das durch das Auftreten krümeliger, heller, nicht scharf konturierter und mehr oder weniger acidophil tingierbarer Gebilde charakterisiert ist. Diese Zellen bilden die Uebergangsformen zu den sog. Rus- selschn Fuchsinkörperchen, in welche sie sich 'um- bilden können und zwar auch im normalen Organismus. Auf die Frage nach der Funktion dieser merkwürdigen Gebilde und nach der Art ihres Vakuoleninhaltes können wir hier nicht näher eingehen. Es genügt die Feststellung, daß im normalen Darm Russel- sche Körper oft in nicht geringer Anzahl vorkommen und daß sie hier an Ort und Stelle gebildet werden. Ihr Vorhandensein im normalen Organismus, ist für andere Organe schon von Downey (1911), Schaffer (189), Dean, Lubarsch (1895), Niehus und Seifert konstatiert worden. Häufig ist die Ansicht vertreten worden, die Russel körper entständen durch Phagocytose roter Blutkörperchen oder seien wenigstens Umwandlungsprodukte von solchen. So halten sie Schirren und Koch für durch Stase zusammengepreßte rote Blutkörperchen, A. Saltykow für hyalin veränderte Erythro- cyten. Nach S. Saltykow, Touton, May seien die Zellen obturierende hyaline Kapillarthromben, nach Sternberg endlich Zellen mit aufgenommenen Erythrocyten, also Phagocyten. Diese Auffassungen vermögen wir auf Grund unserer Befunde nicht zu bestätigen. Daß im normalen Organismus diese Gebilde keine „hyalinen Thromben in den Kapillaren‘‘ sein können, ist schon ‚dadurch widerlegt, daß es uns nie gelang, die Russel körper innerhalb der Gefäße zu beobachten. Ebensowenig kann man bei einigermaßen guter Fixation diese Zellen mit zusammengepreßten roten Blutkörperchen verwechseln, die allerdings tinktoriell den Vakuolen der Fuchsinkörper sehr nahe stehen, sonst aber nichts mit ihnen gemein haben. Nicht nur sieht ein solches Erytrocyten- konglomerat ganz anders aus als ein Russel körper, sondern auch der Kern, den diese Zellen nie vermissen lassen, hat nach seiner Archiv f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. I. 4 50 Pau Weil: ganzen Konfiguration mit dem einer Kapillarendothelzelle nichts gemein. Und wie erklärt sich außerdem das schon oft beschriebene Vorkommen solcher Russelkörper zwischen Epithelzellen ? Bekanntlich besitzt das Epithel keine Blutgefäße und demgemäß auch keine Kapillaren. Unsere Präparate zeigen mit absoluter Deutlichkeit, daß die Einlagerungen sicherlich das Produkt einer inneren Plasmaveränderung darstellen und nicht von außen auf- genommene Gebilde sind. Die acidophilen Leukocyten sind alle, wie wir in unserer Befundbeschreibung ausführlich dargelegt haben, durch das Vorhandensein von groben, in ihrer Form und Größe bei den einzelnen Tieren voneinander abweichenden Granulationen aus- gezeichnet. Was die letzten betrifft, so zeigt die größten der Mensch (Fig. 1), etwas kleiner sind sie bei der Ratte (Fig. 8) und der Maus; ebenso beim Hund, der Katze, dem Kaninchen und dem Schwein. Diejenigen des Meerschweinchens nehmen, wie wir oben schon be- tont haben, eine besondere Stellung ein, weil sie hinsichtlich ihrer Form nicht mit den oben erwähnten übereinstimmen. Für alle untersuchten Tiere gilt nämlich — das geht aus unserer Befund- beschreibung und unseren Figuren deutlich hervor — dasselbe, daß die Granula der acidophilen Zellen runde oder besser gesagt kugelige Form besitzen; nur das Meerschweinchen bildet ein anderes Bild, insofern als es stäbchenförmige Körnchen (Fig. 18, 19, 20) in seinen eosinophilen Flementen aufweist. Dieser Tatsache wurde bis jetzt in der Literatur verhältnismäßig wenig Beachtung ge- schenkt, nach Müller (1892) kommt diese Stäbchenform beim Meerschweinchen gelegentlich vor, Maximow (1906) erwähnt sie ebenfalls. Was uns aber trotz dieses abweichenden Verhaltens der Gra- rula der Meerschweinchenleukocyten veranlaßt, alle diese grob- granulierten Zellen als homologe Leukocyten zu betrachten, sind die morphologischen Merkmale des Kerns, die alle im wesentlichen sich auf den Typus Mensch zurückführen lassen. Dies gilt ganz besonders für die gelappten Kernformen. Wie für den Menschen der zwerchsackförmige, selten dreigelappte oder fragmentierte Kern charakteristisch ist (Fig. 1 el,), so zeigen auch der Hund (Fig. 3el) und die übrigen untersuchten Tiere genau die gleichen Kern- verhältnisse mit Ausnahme der Ratte und Maus, deren Leukocyten Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 51 ringförmige Kerne “aufweisen, ohne daß eine Lappung oder ent- sprechende Einschnürung auftritt. Diesen gegenüber sind die kompakten Kernformen morpholo- gisch alle nach einem einheitlichen Typus aufgebaut. Sie alle, beim Menschen (Fig. I emy,, s, ,) sowohl wie beim Hund (Fig. 2 emy „, , Fig. 4f.) und der Ratte (Fig. 8 emy,, „, ;) und allen andern von uns untersuchten Tieren, weisen denselben großen, hellen, bläschen- förmigen Kern auf. Das Vorkommen dieser kompaktkernigen Formen hindert Ellenberger, sie für Leukocyten zu halten, ‚weil sie größer sind als diese, stärker glänzen, größere und umfangreichere Granula und nur einen und zwar bläschenförmigen Kern zeigen“. Warum der letztere Grund nicht gegen ihre Leukocytennatur spricht, brauchen wir hier nicht mehr weiter darzutun. Was die Größe der Zellen und den Umfang ihrer Granula betrifft, so konnten wir absolut keinen Unterschied zwischen den typischen Blutelementen und unsern Darmleukocyten feststellen — allerdings mit einer Ausnahme. Wir haben schon erwähnt, daß der Meerschweinchendarm acido- ‘phil granulierte Zellen enthält, die ihrem ganzen Habitus nach mit Bestimmtheit als leukocytäre Formen anzusehen sind. Wenn man dieselben nun mit den Blutelementen vergleicht, so zeigt sich doch ein erheblicher Unterschied zwischen beiden Typen. Die stäbchen- förmigen Granulationen sind in den Leukocyten des Blutes nicht mehr nachzuweisen, an ihre Stelle sind stark acidophile, grobe runde Körner getreten. Daß sich diese Zellen im Darm genau so verhalten wie in typischen leukopoietischen Organen, ergibt sich aus dem Studium von Schnitten der Milz und des: Knochenmarks, denn auch hier sind die Granula der kompaktkernigen und der gelapptkernigen Leukocyten ausschließlich stäbchenförmig. Ob hier eine Umformung beim Eintritt in die Zirkulation stattfindet, ist schwer zu sagen, wäre aber durchaus denkbar. Ä Unsere Befunde sichern die Tatsache, daß weitaus die große Mehrheit der acidophilen. gelapptkernigen PFeukeoyten 1m Derme selbst. durch:Kermiem- formung aus den kompaktkernigen hervor- geht, wenn auch nicht bestritten werden soll, daß jene Zellen auch aus den Blutgefäßen einwandern können. Aber das Vorhandensein von Mononukleären, die oft über die Hälfte, ja manchmal alle Eosinophilen in der Darmschleimhaut ausmachen, die sogar — 4* 32 Paul Weill: beim Hund und der Ratte — das ganze Gesichtsfeld erfüllen können, spricht doch dafür, daß die lokale Bildung die Hauptrolle spielt, und daß nicht, wie de Waele meint, diese Zellen ausschließlich aus dem Blute eingeschwemmt sein müssen, wo sie sich überhaupt kaum finden. Daß Beziehungen zwischen den Darm- und den Blutleuko- cyten bestehen, d. h. daß eine Auswanderung der im Darme ge- bildeten polymorphkernigen Elemente in die Blutbahn stattfinden kann und nicht, wie Fischer und Oehler annehmen, eine ausschließliche Auswanderung aus der Blutbahn' in den Darm, werden wir bei der Besprechung des Schicksals dieser Zellen noch ausfünrlich erörtern. Hier sei nur darauf hingewiesen, um der Anschauung von Du Bois entgegenzutreten, nach weicher man in diesen Typen weder Blutelemente, noch Bindegewebszellen zu sehen hat, da sie mit ihrem runden bläschenförmigen Kern zu keinem der beiden Zelltypen gerechnet werden könnten, sondern eine „transitional form‘ darstellten. Was zuerst ihre Beziehungen zu den Bindegewebszellen betrifft, so können wir feststellen, daß auch im Bindegewebe, wie vielfach, von Maximow z. B. nach-' gewiesen worden ist, sich kompaktkernige eosinophile Leukocyten auffinden lassen. Diese Elemente genau wie diejenigen im Darme erweisen ihre Zugehörigkeit zu den Leukocyten nicht nur durch ihre charakteristische Kernform und das Verhalten ihrer Granula, „sondern vor allem durch die Fähigkeit, sich durch Kernumformung in typische Blutelemente zu verwandeln, eine Eigenschaft, die eben nur diesen Zellen zukommt. Wir können daher, im Gegen- satz zu Kultschitzk y‘, diesen Zellen keine besondere Stellung zwischen Blut- und Knochenmarksleukocyten zuerkennen, sondern identifizieren sie mit ihnen, wie wir schon mehrmals hervorgehoben haben. Noch auf einen Befund haben wir an dieser Stelle hinzuweisen, den wir später noch in seiner Bedeutung würdigen werden, nämlich den Nachweis von Mitosen in diesen Zellen beim Meerschwein- chen (Fig. 18 m). Damit ergänzen wir die gleichen Beobachtungen von Klippel et Pierre-Weil beim Menschen und San- sanow bei der Ratte. | Ueber die Lokalisation der acidophil granulierten Zellen wurde in der Befundbeschreibung schon ausführlich berichtet. Zusammenfassend bemerken wir hier, daß bei einzelnen Tieren Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 53 (Ratte, Hund) das Epithel sich als sehr reich an solchen Elementen erweist, während bei den anderen Tieren die verschiedenen Teile der Tunica propria die Hauptansiedlungsstätte bilden. Die acidophil-granulierten Zellen des Darmes, die wir im vor- hergehenden besprochen haben, stellen also eine Gruppe von Ele- menten dar, welche nach ihrem Gesamtverhalten, der Größe und Struktur ihrer Kerne und der Art ihrer Granula gut zu charakterisieren und von andern Zelltypen wohl abgrenzbar ist, und die mit den entsprechenden Blut- resp. Knochenmarkselementen übereinstimmt. Mastzellen. Aus unserer Befundbeschreibung geht hervor, daß die Mast- zellen in großer Zahl und in ganz verschiedenem Ausbildungszu- stande in der Darmschleimhaut ‚der von uns untersuchten Tiere vorkommen. Was zunächst den letzteren anbetrifft, so lassen sich zwei Typen von Mastzellen aufstellen, die allerdings durch zahl- reiche Uebergänge miteinander verbunden sind. Einmal trifft man in der Tunica propria, seltener im Epithel, voll entwickelte Mastzellen, d. h. langgestreckte Elemente, die in einem reichlich vorhandenen Protoplasma eine große Anzahl von basophilen, unter ‚sich gleich großen Körnchen erkennen lassen. Bei solchen Zellen ist gewöhnlich die Kontur des Kerns eben noch zu erkennen, seine Struktur wird aber durch die Masse der Granula meist verdeckt. Auf der anderen Seite findet man Zellen, die ihrer Kernform nach zu den kleinen Lymphocyten zu rechnen sind, da sie in den meisten Fällen -Radstruktur zeigen. Das Protoplasma enthält jedoch an seinem Rande mehr oder weniger feine basophile oder schwach meta- chrematische Grfanula. Uebergänge in bezug auf die Anzahl der Granulationen und die Größe der Zelle sind überall nachweisbar. Es ergibt sich also, daß diese Zellen sowohl der Morphologie ihrer Einzeltypen nach wie auch in bezug auf ihre Fähigkeit, sich aus wenig granulierten Formen zu differenzieren, typische Mastzellen vom histiogenen Typus darstellen, wie man sie auch sonst noch im Körper, vor allem im Bindegewebe nachweisen kann. Sie mit Sansanow als spezifische Zellart aufzufassen, liegt kein Grund vor. Daß es sich auch beim Kaninchen um solche histiogenen Formen und nicht um hämatogene handelt, möchten wir Maxi- mow gegenüber feststellen. Denn die Zellen, die wir allerdings nur spärlich fanden, weisen keinerlei Merkmale auf, auf Grund deren 54 Paul=Weitll: sie zu den hämatogenen Mastzellen zu rechnen wären. Es ist be- sonders der Kern, der die bei diesen charakteristische Fragmen- tierung vermissen läßt. Während nun diese Mastzellen bei allen von uns untersuchten Tieren keinerlei Abweichung irgendwelcher Art von den histio- genen Typen im übrigen Körper, besonders im Bindegewebe zeigten, lassen die Zellen, welche bei der Ratte und Maus zwischen den Epi- thelzellen des Darmes liegen, merkwürdige Veränderungen erkennen, ein Befund, dr Maximow bestimmt, sie als eine besondere Mastzellenart unbekannter Herkunft und Natur zu betrachten. Welches sind nun diese Veränderungen? In unserer Befundbe- schreibung haben wir hervorgehoben, daß es sich um eine Umwand- lung der Granulationen in Größe und Färbbarkeit handelt. Statt der relativ kleinen basophilen Körner erscheinen große dicke, tropfen- förmige Kugelr (Fig. 9 mz,), die auch noch einen deutlich acidophilen Farbenton annehmen. Sonst zeigen die Granulationen, was ihre Größe und Zahl anbetrifft, alle Uebergänge zu der Körnelung der bei diesen Tieren so zahlreich vorhandenen Bindegewebsmastzellen. Bei der Bildung dieser atypischen Mastzellen sind also Größe und Färbbarkeit der Granula zu berücksichtigen. Während gerade bei Ratte und Maus die Mastzellengranula verhältnismäßig feine Gebilde darstellen (Fig. 9 mz,, ,), treten in diesen Elementen ver- einzelt größere Körner auf, die ungefähr das doppelte des Volumens der ursprünglichen Einlagerungen erreichen können. Aus diesen gehen, - wie es scheint, durch ein Zusammenfließen, große tropfen- förmige Gebilde hervor (Fig. 9 mz,). Die vergrößerten Körner weisen außerdem insofern eine Aenderung in ihrer Färbung auf, als sie die tiefe Basophilie verloren haben; an deren Stelle tritt eine ziemlich helle Blaufärbung bei Giemsafärbung. Noch eklatanter ist diese Veränderung bei den großen tropfenförmigen Gebilden. Diese haben nicht nur ihre Basophilie ganz verloren, sondern zeigen statt dessen eine deutliche Acidophilie (Fig. 9 mz,). Dieses Zusammenfließen von Granulationen zu großen Ge- bilden bei gleichzeitiger Aenderung des Färbungscharakters ist offenbar der Ausdruck einer Veränderung der chemischen Zusam- mensetzung jener Protoplasmadifferenzierungen, die allerdings in ihrer Bedeutung nicht leicht zu erkennen ist, deren Wichtigkeit für die Bewertung dieser Zellen aber sich bei gleichzeitiger Betrach- tung der Kerne ergibt. Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 55 Diese letzteren sind im allgemeinen genau so gebaut wie jeder Mastzellenkern, d. h. ihre Verwandtschaft zum kleinen Lympho- cytenkern tritt in mehr oder weniger deutlicher Weise in den Vor- dergrund. Von besonderem Interesse ist dabei die Tatsache, dab mitotische Teilungsfiguren solcher Zellen bei der Maus wie bei der Ratte nicht selten angetroffen werden (Fig. 10 m, 12 m). Dieses durchaus normale Verhalten der Kernformen ist wichtig; das Fehlen pyknotischer Erscheinungen im Zusammenhang mit dem Vorkommen von Mitosen gibt uns einen wesentlichen Anhalt für ihre Beurteilung. Denn einmal erhellt aus dem Vorhandensein zahlreicher Uebergangsformen zu den typischen Mastzellen, daß sie aus diesen durch eine Aenderung der Größe und der Färbbar- keit ihrer Granula hervorgehen. Sodann aber folgt aus dem Ver- halten des Kerns, besonders aus dem Auftreten der Mitosen, daß diese Umwandlung der Granulationen nicht auf Rechnung de- generativer Prozesse innerhalb der Zelle zu setzen ist. Maximow hat diese atypischen Mastzellen bei der Ratte als eine Mastzellenart unbekannter Art und Herkunft bezeichnet. Für uns liegt den vorausgehenden Erörterungen zufolge kein Grund vor, diese Anschauung zu teilen. Die fast ausschließliche Lokalisation dieses Zelltypus inner- halb des Darmepithels, das ausschließliche Vorkommen von Mitosen nur im Epithel weisen darauf hin, daß ein bestimmter Einfluß des 'Epithels vorhanden sein muß, auf Grund dessen jene Veränderungen zustandekommen. Welcher Art diese Beeinflussung ist, entzieht sich vorerst noch unserer Kenntnis. Doch wäre immerhin auch an die Möglichkeit zu denken, daß diese Zellen im Epithel aus eingewan- derten Lymphocyten dadurch hervorgehen, daß sie irgendwelche resorbierten Nahrungsstoffe aufnehmen und in sich in Form von Granula ablagern. Die Mitose wäre dann der Ausdruck besonders günstiger Ernährungsverhältnisse. Die Zellen selbst würden dann vielleicht als Korpuskuläre Transportmittel zu betrachten sein, die die aufgenommene Nahrung im Körper verbreiten. In diesem Falle ginge dann allerdings der Weg der Wanderung vom Epithel zum Bindegewebe bzw. in die Darmwand hinein und weiter in die Lymph- und Bluträume des Körpers und nicht umgekehrt. Die großen tropfenförmigen Granula müßten dann entsprechend gegen- über den kleineren als die primären aufgefaßt werden. 56 Paul Weill: Speziuadetranıdlierte Zellen. Die spezialgranulierten Zellen sind gegenüber den andern granulierten und ungranulierten Wanderzellen im Darm relativ selten zu finden. Eine Erklärung dieser Tatsache ergibt sich aus der Betrachtung der Kernformen jener Elemente, die durchweg ge- lapptkernige Leukocyten darstelien, für deren Bildung in loco wir keine Anhaltspunkte fanden. Denn der Nachweis von kompakt- kernigen Formen oder Mitosen ist uns hier nicht gelungen. Schollenleukocyten. Unter dieser Bezeichnung haben wir eine bestimmte Art von Zellen dargestellt, welche man bei verschiedenen von uns unter- suchten Tieren vorfindet und die sich durch gemeinsame charak- teristische Merkmale auszeichnen. Was zunächst diese Zellen beim Hund betrifft, so handelt es sich hierbei um große Elemente mit einem reichlich entwickelten, schwach acidophilen Protoplasma, in welches mehr oder weniger in ihrer Größe stark variable kugelförmige Gebilde eingelagert sind, die alle den gleichen dunkelroten, also nach Giemsa-Färbung acido- philen Farbton aufweisen (Fig. 4 a—f). Die Katze zeigt im wesentlichen denselben Befund. Nur weichen hier die Einlagerungen in ihrem Volumen wenig in ihrer Färbung von denen des Hundes ab. Bei diesem Tier sind erheb- lichere Größendifferenzen der Gebilde innerhalb einer Zelle vor- handen (Fig. 7 schl,), auch ist ihre Form gewöhnlich nicht kugelrund, sondern mehr oval (Fig. 6 schl,, „ ,). Dieselbe Zellkategorie ist bei dr Maus viel kleiner; ihre hier runden Granulationen besitzen eine regelmäßige Konfiguration (Fig. 11 schl) und sind unter sich fast gleich groß; ihrem Färbungs- charakter nach sind sie ausgesprochen acidophil. Ziemlich bedeutend ist die Abweichung, welche diese Elemente beim Kaninchen darbieten. Das Protoplasma dieser Zellen ist nicht reichlich ausgebildet, sondern umgibt den Kern in Form eines schmalen Saumes (Fig. 17 schl). Seine Färbung ist rein baso- phil (Fig. 16 schl ,, ,), seltener schwach acidophil (Fig. 16 schl,). Die Einlagerungen sind spärlich ausgebildet (Fig. 17 schl, Fig. 16 schl,, ;), deutlich sphärisch und stark acidophil. Unter sich sind sie gewöhnlich gleich groß. Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 57 ‘ Die entsprechenden Zellen im Darme des Schweins stim- men im wesentlichen mit denjenigen des Kaninchens überein, wie wir schon in der Befundbeschreibug bemerkt haben. Aus dieser kurzen Charakteristik des Protoplasmas und der Einlagerungen dieser Zellen geht hervor, daß ihnen gewisse Merk- male gemeinsam sind, welche uns berechtigen — zusammen mit andern charakteristischen Eigenschaften —, sie in einer einheit- lichen Gruppe unterzubringen. Das Protoplasma weist allerdings ebenso wie die Granulationen deutlich zwei Typen auf: Einmal ist es sehr reichlich vorhanden und schwach acidophil mit ver- hältnismäßig großen und zahlreichen Einlagerungen, so bei Hund, Katze und Maus; in anderen Fällen ist es, wie wir schon mehrfach hervorgehoben haben, schwach basophil und spärlich, auch sind die Körner hier viel kleiner und von runder Gestalt. Die Kriterien, welche uns berechtigen, diese Zellen als eine einheitliche Gruppe von Elementen aufzufassen, sind hauptsächlich das Verhalten des Kerns und die typische Lokalisation dieser Formen. Denn, sind auch die Granula einer ziemlich weitgehenden Variation unterworfen, so zeigen die Kerne doch eine solche Identität in ihrem Aufbau, daß sie unter einem Gesichtspunkt zusammengefaßt werden können. ; Die typische Kernform ist der Radkern, allerdings in mehr oder weniger charakteristischer Ausbildung (Fig. 3 schl,, Fig. 17 schl). Dieselbe Struktur kehrt bei allen Typen von Schollenleukocyten wieder: überall ist es der dunkle, chromatinreiche Kern, welcher, wie aus unserer Befundbeschreibung hervorgeht, Einbuchtungen und Fortsätze aufweisen kann, die jedoch an seiner Gesamtkon- figuration nichts ändern. Die Lokalisation dieser Zellen erweist sich geradeso einheitlich wie ihre Kernformen. Denn konstant trifft man sie zwischen den Epithelzellen (Fig. 3, 6, 7, 11, 16, 17), höchst selten in der Tunica propria. Wenn wir diese Gruppe von Elementen als ‚Schollenleuko- cyten‘‘ bezeichnet haben, so deswegen, weil wir ihre unregelmäßigen Einlagerungen mit dem Namen ‚Schollen‘‘ am besten zu charak- terisieren glaubten. Wenn man sich die Frage nach der Natur dieser merkwürdigen Zellformen vorlegt, könnte man zunächst geneigt sein, sie im Hin- blick auf ihre typische Lokalisation in genetische Beziehung zu den 58 Paul Weill: Epithel zu bringen. Daß dies nicht angängig ist, geht aus folgendem hervor: Erstens spricht schon die Zellform als solche gegen eine derartige Annahme, denn diese unterscheidet sich von den zylindri- schen (prismatischen) Epithelzellen durch ihre runde oder ovale Gestalt ohne weiteres. Elemente, die zylindrisch oder wenigstens annähernd zylindrisch sind, haben wir nie beobachtet; ferner ist die Kontinuität des Epithels gerade an solchen Stellen, wo diese Formen liegen, unterbrochen; niemals sind sie mit den Epithelien im Zellverband, sondern drängen sie direkt auseinander, so daß sie schon aus diesem Grunde als ortsfremde imponieren (Fig... 35:8, 11, 16). Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die weit geringere Größe der Zelle im Verhältnis zu den Epithelien (Fig. 3). Ferner sind die fraglichen Elemente von den Epithelien sicher durch das Verhalten ihrer Kernformen zu unterscheiden. In unserer Befund- beschreibung haben wir die Kerne als reichlich chromatinhaltig, oft Radstruktur aufweisend, beschrieben (Fig. 4 a—f, Fig. 6 schl,, ,, Fig. 11 schl, Fig. 16 schl,, ,, 3). Auch in ihrer Konfiguration weichen sie von den umliegenden Epithelzellen ab, meistens sind sie kleiner als diese letzteren, die stets längs oval sind und viel spärlicheres und weniger regelmäßig verteiltes Chromatin aufweisen. Daraus folgt, daß nichts für eine besondere morphologische Beziehung zwischen Epithelzellen und ‚‚Schollenleukocyten‘ spricht. Was das Verhalten der Granulationen angeht, so ist folgendes zu bemerken: Gesetzmäßigkeiten zwischen Kerngestalt einerseits und Zahl und Größe der Schollen andererseits haben wir nicht be- obachten können. Vielmehr zeigen alle Zellen regellos viele oder wenig, große oder kleine Granula. Daß und wie diese im basophilen Protoplasma entstehen, ist am deutlichsten am Typus des Kanin- chens nachzuweisen (Fig. 16). Da wir hier alle Uebergänge zwischen großen und kleinen Schollen feststellen können und auf der andern Seite im großen und ganzen in einer Zelle entweder mehrere kleine (Fig. 16 schl,) oder wenig große (Fig. 16 schl,, ,, Fig. 17 schl) nach- weisbar sind, ist der Schluß berechtigt, daß durch Zusammen- fließen mehrerer kleiner Gebilde schließlich die großen zustande kommen (Fig. 17 schl). Andererseits läßt sich auch die Möglichkeit nicht verneinen, daß umgekehrt aus den großen Schollen durch Zerfall die kleinen hervorgehen. Die Schollenleukocyten vom Typus Hund (Fig. 3) lassen einen Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 59 so deutlichen Zusammenhang zwischen den zahlreichen kleinen Schollen und wenigen oder nur einem großen Schollen nicht so be- stimmt erkennen. Aber immerhin ist ein solcher Bildungsmodus auch hier sehr wohl möglich (vgl. Fig. 4b mit 4d), wenn auch verschiedene Gründe dafür sprechen, daß die Vergrößerung der kleinen Granulationen noch auf eine andere Weise vor sich gehen kann. Es fällt nämlich auf, daß die Anzahl der Granulationen in einer Zelle ohne Rücksicht auf ihre Größe in den meisten Ele- menten sich ziemlich konstant bleibt. Es muß also noch eine Auf- nahme von Substanz durch die Schollen stattfinden, welche ihre Vergrößerung zur Folge hat. Daß etwas derartiges beim Typus Hund sehr wohl möglich ist, ohne daß eine Aenderung im Färbungs- charakter der Granulationen einzutreten brauchte, geht aus der Farbenaffinität des Plasmas selbst hervor. Denn dieses ist, wie wir schon mehrmals erwähnt haben, deutlich acidophil (Fig. 4 a—f). Mit einer solchen Ausnahme würde noch ein anderer Punkt seine Erklärung finden, nämlich die Größenunterschiede der Schollen- leukocyten vom Typus Hund und Typus Kaninchen. Wir brauchen hier nur auf unsere Befundbeschreibung und unsere Abbildungen zu verweisen, aus denen hervorgeht, wie verschieden das Volumen dieser beiden Typen ist. Fragen wir uns nach der Natur dieser merkwürdigen Einlage- rungen, so kann man in erster Linie an phagocytierte korpuskuläre Elemente denken. Daß wir es hier aber sicher nicht mit solchen zu tun haben, folgt aus derTatsache, daß wir freie Schollen zwischen den Zellen nie feststellen konnten. Die einzige Art von Zellen, welche im Gewebe — normalerweise in den Blutgefäßen wenigstens — freiliegen und die hier in Betracht kommen könnten, sind die Erythro- cyten. Aber gegen die Aufnahme solcher Elemente sprechen erstens das Fehlen freier Erythrocyten im Epithel und zweitens die Größe der Schollen, die oft viel beträchtlicher sind als ein Erythrocyt (Fig. 6 schl,, Fig. 4c, d). Gegen eine Phagocytose innerhalb der Blut- gefäße selbst spricht das Fehlen der Schollenleukocyten in den Gefäßen. Wie ist nun die Bildung der Schollen zu erklären? Im Hin- blick auf die schon erörterten ähnlichen Befunde an den Mastzellen und auf die Veränderungen, die einzelne dieser Granulationen innerhalb des Epithels erleiden, müssen wir auch in der Bildung der Schollen einen Vorgang sehen, der sich innerhalb des Zell- leibes abspielt. 60 Paul Weill: Um die Frage zu beantworten, welchem Zelltypus die Schollen- leukocyten angehören, sind in erster Linie die Kernbilder und Kern- strukturen zu beachten. Wir haben schon mehrfach auf die Rad- struktur ihrer Kerne aufmerksam gemacht (Fig. 4 b, 6 schl,, 16 schl,, 17 schl). Gerade solche Formen sind in nicht geringer Anzahl vor- handen und weisen uns auf einen Zusammenhang der Schollen- leukocyten mit den Iymphocytären Zellformen, speziell den kleinen . Lymphocyten. Ziehen wir ferner in Betracht, daß vor allem sehr deutlich beim Kaninchen das Protoplasma der Lymphocyten noch als schmaler basophiler Saum nachweisbar ist (Fig. 16 schl,, Fig. 17 schl), so ergeben sich ohne weiteres genetische Beziehungen zwischen den rundkernigen Formen und den kleinen Lymphocyten; stimmen doch beide Zelltypen in der ganzen Art ihrer Ausbildung gerade beim Kaninchen überein, nur daß eben die Schollenleu- kocyten die charakteristischen Einlagerungen aufweisen. Was nun die Beziehungen der runden kernigen Schollenleuko- cyten zu denjenigen Formen betrifft, deren Kerne wir als wurst- oder sichelförmig beschrieben haben, so ist die Analogie mit den granulierten Blutleukocyten auffallend. Denn bis zu einem ge- wissen Grade erleiden auch die Schollenleukocyten wie die kom- paktkernigen Leukocyten bei der Bildung der gelapptkernigen eine Kernumformung. | Jedoch besteht insofern ein Unterschied, als bei den Leuko- eyten die Kernumformung eine Degenerations- oder Alterserschei- nung-ist, während hier mechanische Momente ausschlaggebend sind. Der Kern wird nämlich wie bei den Russelkörpern durch die Zahl oder das Volumen der Schollen mehr und mehr zur Seite gedrückt oder erhält wenigstens an einer Seite eine Einbuchtung (Fig. 17 schl) und nimmt schließlich die schon mehrmals oben beschriebene Form an. Gegen die Auffassung, daß die erörterte Plasmaveränderung der Ausdruck einer Zelldegeneration sei, spricht vor allem die Tat- sache, daß die Zellen imstande sind, sich durch Mitose zu vermehren, wie wir es bei der Maus nachgewiesen haben (Fig. 14m). Irgend- welche Degenerationserscheinungen, wie abnorm schlechte oder starke Färbbarkeit des Kerns, pyknotische Verklumpungsbilder haben wir zudem nie nachweisen können. Ueber die Bedeutung dieser merkwürdigen Zellformen können wir nicht viel sagen. Ihrem ganzen, eben im einzelnen besprochenen Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 61 Verhalten nach sind es Leukocyten, in deren Protoplasma aus Gründen, die wir nicht kennen, sich diese eigentümlichen Einlage- rungen entwickeln. Wir fassen diese letzteren also als rein endo- plasmatische Produkte auf, über deren späteres Schicksal wir nichts weiter anzugeben vermögen. Wir können nur sagen, daß sie im Protoplasma in Form von kleinen Granula entstehen, die dann zusammenfließen und eine oder zwei größere Schollen bilden (Typus Kaninchen) oder aber durch Aufnahme von Protoplasmasubstanz sich vergyößern (Typus Hund). Ob die Schollen schließlich ausge- stoßen oder wieder zurückgebildet werden, darüber können wir keine Angaben machen. Jedenfalls ist auch hier an die bei den Mastzellen ausgesprochene Möglichkeit zu denken, daß die Zellen irgendwelche Stoffe aus dem Darminhalt aufnehmen bzw. ver- arbeiten und als Granulationen in sich aufspeichern. Ihr besonders häufiges Vorkommen im Epithel ließe sich mit einer solchen An- nahme gut in Einklang bringen. Soweit wir die Literatur überblicken, sind die Schollenleukocyten bisher kaum beobachtet oder gewürdigt worden. Wir finden nur bei Ferrata (1906) die Abbildung eines Schollenleukocyten beim ‚Hunde. Heidenhains rotkörnige Zellen. In unserer Befundbeschreibung haben wir bei der Darstellung der eosinophil granulierten Zellen des Hundes darauf hingewiesen, daß sich im Darm dieses Tieres solche Elemente sehr zahlreich vor- finden; wir haben dort zwei Typen unterschieden: erstens die rund- oder ovalkernigen Zellen (Fig. 2 emy,, „, Fig. 3 emy, Fig. 4f) und zweitens deutlich gelapptkernige Formen (Fig. 3 el). Um diese Elemente zu identifizieren, ist es nötig, zunächst festzustellen, daß der erste Typus genau mit den mononukleären acidophilen Leuko- cyten des Hundes übereinstimmt, die man im Knochenmark und in der Milz sehr zahlreich konstatieren kann. Die zweite Zellart ergibt bei Vergleich mit typischen gelapptkernigen Eosinophilen des Blutes, daß zwischen beiden keinerlei Unterschiede bestehen. Endlich weist uns der Befund von Uebergangsformen, d. h. von Zellen mit Nieren- oder Bohnenkernen, darauf hin, daß im Darm genau wie im Knochenmark die eosinophilen gelapptkernigen aus den kompaktkernigen Leukocyten durch Kernumformung gebildet werden. 62 Paul Weill: In dieser Beziehung stimmt das Verhältnis dieser Zellen im Hundedarm überein mit denjenigen bei allen andern untersuchten Tieren (siehe die Befundbeschreibung). Es bleibt aber in diesem Zusammenhang noch ein Punkt zu besprechen. Wir haben nämlich in der Literaturübersicht schon erwähnt, daß von R. Heidenhain eine ausführliche Darstellung der Leukocyten im Darme des Hundes gegeben wurde. Dabei beschreibt er speziell eine Zellkategorie, die er als ,„rotkörnige Zellen“ bezeichnet. Heidenhain definiert sie als Zellen ‚mit farblosem Proto- plasma, in welches intensiv rot gefärbte Körnchen dichter oder zerstreuter eingelagert sind“ (Fig. 21 e,f der Abhandlung Heiden- hains). Ueber die Natur der Granula äußert sich Heiden- hain folgendermaßen (S. 80): „Was die Natur der roten Körn- chen anlangt, so kann ich betreffs derselben nur wenig Bestimmtes aussagen. Ob sie dieselben Gebilde sind, welche Ehrlich als eosinophile Granulationen bezeichnet hat, muß ich dahingestellt sein lassen. Als ich diesem genauesten Kenner der Leukocyten- granulationen meine Präparate vorlegte, äußerte er sich gegen die Identität, aber mit der Beschränkung, daß er die Leukocyten von Hunden wenig untersucht habe. Jedenfalls ist es mir nicht gelungen, an in Sublimat und Alkohol erhärteten Schleimhäuten durch einfache Eosinfärbung ähnliche Präparate zu erhalten, wie durch Färbung mit der Ehrlich-Biondischen Flüssigkeit. Sind die Schnitte mit letzterer Lösung nur kurze Zeit behandelt worden, so färben sich die Körnchen durch das in der Flüssigkeit enthaltene Orange nur gelb; erst bei längerem Aufenthalte tritt die intensiv rote Farbe hervor.“ Sodann gibt Heidenhain an, daß sich die Körnchen dieser Zellen mit Osmiumsäure schwarz färben und in Aether, Xylol unlöslich sind. Aus dieser Beschreibung ihrer Morphologie und des tinktoriellen Verhaltens der Granulationen geht hervor, daß Heidenhain eosinophile Leukocyten gesehen hat, mit denen sie auch in Wirk- lichkeit z. T. zu identifizieren sind. Allerdings stimmt dazu eine Angabe nicht ganz, nämlich, daß ihm die Eosinfärbung nicht ge- lang, während doch diese Elemente gerade für den Farbstoff eine große Affinität aufweisen. Einen Grund für dieses refraktäre Ver- halten dem Eosin gegenüber anzugeben, ist schwer; vielleicht liegt es an der Fixatior in Alkohol-Sublimat. Aber nichtsdestoweniger Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 63 können wir doch den größten Teil dr Heidenhainschen rot- körnigen Zellen mit eosinophilen Leukocyten identifizieren, wenn wir seine Abbildungen mit unseren Befunden vergleichen. Denn Fig. 27, 28, 29 und vor allem Fig. 19 zeigen, verglichen mit unseren Fig. 2 und 3, daß die dargestellten Zelltypen in jeder Beziehung identisch sind. Anders verhält es sich mit Fig. 21 ee, f, wie wir gleich sehen werden. Es ist nicht nur die Morphologie dieser Zellformen, d. h. ihre Größe, die Zahl und Größe ihrer Granulationen, die Kernformen, die auch bei Heidenhain den mono- und polynukleären Typus ‚aufweisen, die uns auf ihre Identität mit Leukocyten hinweist, sondern auch ihre Lokalisation ist so typisch, daß für uns ein Zweifel an ihrer Leukocytennatur nicht besteht. Genau wie wir in unserer Befundbeschreibung hervorgehoben haben und wie aus unsern Fig. 2 und 3 hervorgeht, ist nicht nur das Epithel, sondern auch die Tunica propria in allen ihren Teilen von diesen Zellen sehr stark bevölkert. Dasselbe gibt auch Heidenhain an und belegt es in seinen Abbildungen. Nicht ganz klar ist mir die Identifizierung von Zellformen, wie sie die Fig. 21 Heidenhains darstellt. Es erscheint näm- lich bei Betrachtung der Zellreihe 21 a—f auffallend, daß in allen dargestellten Typen die Kernformen identisch sind. Nun sind aber Fig. 21a, b, c, d sicher als kleine Lymphocyten zu betrachten, wie übrigens auch aus dem Text hervorgeht. Denn Heiden- hain definiert sie als „Zellen mit einem sehr kleinen, fast farb- losen Protoplasmaleibe“ bzw. ‚mit größerem, ‚hell rosa gefärbten Protoplasma“. Wenn man in diesem Zusammenhange Fig. 21 e und f betrachtet, so gewinnt die Tatsache an Wahrscheinlichkeit, daß es sich in diesen Elementen um Mastzellen handelt, die ja auch in der Darmschleimhaut des Hundes nicht selten sind (siehe die Befundbeschreibung). Wir sehen also, daß der Begriff der ‚‚rotkörnigen Zellen“ Hei- denhains unserer Auffassung nach kein einheitlicher ist. Den größten Anteil an diesen Zellformen stellen zwar die eosinophilen Leukocyten; aber eine gewisse Anzahl von solchen rotkörnigen Elementen dürften sicher Mastzellen sein. 64 Paul Weill: Entstehung der granulierten Leukocyten aus ungranulierten. Wir haben im vorhergehenden ausführlich dargelegt, wie die eosinophilen Leukocyten im Darme der untersuchten Tiere sich in loco heranbilden, d.:h. wir haben den Nachweis er- bracht, daß die polymorphkernigen Eosinophilen, welche man in der Mucosa häufig findet, ihre Entstehung aus kompaktkernigen Elementen nehmen, welche wir beim Menschen (Fig. 1), beim Hund (Fig. 2, 3, 4 f), der Ratte (Fig. 8) und dem Meerschweinchen (Fig. 18, 19, 20) nachweisen konnten. Analog der Entwicklung der eosino- philen Leukocyten im Knochenmark geht auch hier die Bildung dieser Zellen auf dem Wege der Kernumformung vor sich. Es erhebt sich nun noch eine Frage: woher nämlich jene kompaktkernigen Elemente stammen, welche die Jugendform der typischen Leukocyten bilden. Eine Erklärung ist von. vornherein auszuschließen, daß diese Elemente aus dem Knochenmark in die Blutbahn eingeschwemmt sein können. Denn bekanntlich kommen kompaktkernige Leukocyten unter normalen Umständen nicht in nennenswertem Umfang in die Blutzirkulation. Eine umgekehrte Umwandlung von typischen polymorphkernigen Elementen in „mononukleäre‘‘ innerhalb der Darmmucosa anzunehmen, ist nach dem heutigen Stande unserer Kenntnisse unmöglich. Es bleibt also nur die autochthone Entstehung, um das Vor- handensein der Kompaktkernigen in der Darmschleimhaut zu er- klären. Diesen Beweis zu erbringen, fällt im Hinblick auf die ana- logen Verhältnisse im Knochenmark nicht schwer. Wie in diesem Organ, so stützen wir auch hier den Nachweis der lokalen Entstehung der granulierten aus ungranulierten Ele- menten auf die Tatsache, daß die Kerne beider Zelltypen nicht nur eine weitgehende Aehnlichkeit, sondern meist eine vollkommene Uebereinstimmung in ihrer Morphologie aufweisen. Die Mutter- zellen der granulierten Elemente, die „Myelocyten‘, stellen Lympho- cyten dar, und zwar große und kleine. Betrachten wir von diesem Gesichtspunkte aus unsere Abbildung des menschlichen Darms, so ergibt sich sofort eine genaue Uebereinstimmung in den Kern- formen von Fig. 1 emy, und 1 ly. Das gleiche gilt für den Hund (Fig. 2 emy, und Iy), die Ratte (Fig. 8 emy,, , und Iy). Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 65 Wir können also im, Hinblick auf die analogen Befunde im Knochenmark schließen, daß auch in der Darmschleimhaut eine autochthone, heteroplastische Entstehung der granulierten eosinophilen Leukocyten stattfindet, wie sie schon von verschiedenen Autoren, R. Hei- denhain, Erdely, Stutz, Sansonow, Zietzsch- mann, Drzewina u. a. behauptet wurden. Bei den bisher erwähnten Tieren mußten wir uns darauf be- schränken, auf eine heteroplastische Bildung zu schließen auf Grund der Identität der Kernformen der granulierten kompaktkernigen mit denjenigen der umliegenden Lymphocyten und der Unmöglich- keit, daß auf hämatogenem Wege eine Einwanderung von Mono- nukleären stattfinden kann. Daß aber eine Umbildung von un- granulierten in granulierte Formen statthat, ist auch auf direktestem Wege erweisbar. Es ist uns gelungen, im Meerschweinchen ein Objekt zu finden, dessen Darmschleimhaut alle Stadien vom un- granulierten Lymphocyten bis zum vollständig granulierten Myelo- cyten nebeneinander aufweist. In Fig. 20 emy haben wir eine Zelle dargestellt, die vollständig dem Typus des großen Lymphocyten angehört, neben ihrem Kern aber ein einziges acidophiles Granulum oder besser gesagt Stäbchen zeigt. Denn daß das Meer- schweinchen stäbchenförmige acidophile Granulationen innerhalb seiner leukopoietischen Organe besitzt, haben wir schon ausführlich besprochen. Fig. 19 emy, und Fig. 18 emy,, emy, stellen Elemente dar, welche schon mehr solcher Granulationen aufweisen. So sind alle Uebergänge bis zum vollständig granulierten Myelo- cyten, Fig. 19emy,, zu treffen. Wir sehen also, daß das Meer- schweinchen in bezug auf die Entstehung seiner eosinophilen Myelocyten alle Stadien der Umformung zeigt, daß man daher die heteroplastische Bildung Schritt für Schritt ver- folgen kann. Aber auch in bezug auf dn homoplastischen Bil- dungsmodus läßt sich im Darme des Meerschweinchens der Nachweis erbringen, daß derselbe hier eine Rolle spielt. Dies zeigt das Vorhandensein von Mitosen eosinophiler Zellen (Fig. 18 m); und zwar vermehren sich, wie unsere Figur zeigt, auf diesem Wege nicht nur die bereits fertig entwickelten, sondern auch noch die in der Bildung begriffenen Myelocytenformen. Daß auch beim Menschen und bei der Ratte eine solche Vermehrung eosinophiler Archiv f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. I. 5 DOTE\.:, \ Paul Weill: Elemente auf mitotischem Wege stattfindet, ist durch Klippel et Pierre- Weil bzw. Sansonow bewiesen worden. Wir haben weiterhin festgestellt, daß die Mastzellen einen konstanten Bestandteil der Darmschleimhaut darstellen. Weiter oben wurde schon darauf hingewiesen, daß wir auf Grund des Nachweises wenig und stark granulierter Formen und ihrer Kernverhältnisse, die wir ausführlich besprochen haben, eine Ent- stehung der typischen Mastzellen aus spärlich granulierten für gewiß halten. Es handelt sich hier nur noch darum, den Ursprung dieser Zellformen festzustellen, die an ihrer Peripherie wenig und kleine basophile Körner aufweisen. Auch hier hilft uns ein Ver- gleich der Kerne dieser Elemente mit denjenigen der umliegenden Lymphocyten, vor allem der kleinen Lymphocyten. Wenn auch in den meisten Fällen mit dem Auftreten der basophilen Granu- lationen der Kern metachromatisch wird, so gleicht er doch in seiner Morphologie demjenigen des Lymphocyten so genau, daß an einer Identität beider Kernformen nicht zu zweifeln ist, zumal der Mastzellenkern noch sehr oft Radstruktur aufweist. Wir sehen also, daß auch für die Mastzellen eine lokale Entstehung sicher ist, daß auch sie sich aus ungranulierten Elementen, den kleinen Lymphocyten, formen. i Daß also der kleine bzw. große Lymphocyt ubiquitären Charak- ter besitzt, wird durch unsere Untersuchungen deutlich nachge- wiesen, und zwar wird gerade durch die Schwankung, welche beim einzelnen Tier in Beziehung auf Qualität und Quantität der Wander- zellen, der eosinophilen und basophilen Elemente besteht, der lokale Charakter dieser Zellproduktion bzw. Zellumwandlung klar. Durch einfache Immigration aus den Gefäßen lassen sich die Bilder nicht erklären. Einzig und allein kommt der autochthone Ursprung in Frage. Aus unsern mitgeteilten Befunden geht hervor, daß die ge- samte Darmschleimhaut Anteil an der Produktion von granulierten Elementen hat, wenn auch eine Partie mehr, die andere weniger an dieser Bildung beteiligt ist. Wir haben ausführlich dargelegt — ur.d ein Blick auf unsere Figuren bestätigt dies —, daß besonders das Stromagewebe der Ort ist, wo diese Umbildung stattfindet. Bei einzelnen Tieren, dem Hunde und der Ratte, liefert allerdings auch der inter- und subglanduläre Teil der Schleimhaut eine er- hebliche Menge. Außerdem aber findet man bei der Ratte und Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 67 dem Meerschweinchen noch ein typische Stelle, wo die Bildung eosinophiler Elemente in reichem Maße vor sich geht: die Cardia. Diese merkwürdige Lokalisation haben wir weiter oben schon aus- führlich besprochen; hier sei nur erwähnt, daß sie eine Ergänzung zu den Untersuchungen von Drzewina bilden, welche an der- selben Stelle bei niederen Wirbeltieren eine sehr lebhafte Um- wandlung von granulierten Elementen aus ungranulierten, also aus dem heteroplastischen Bildungsmodus, fest- stellte. Schicksalund Funktion der Zellelemente. Was wird nun aus den Zellen, welche se reichlich in der Darm- schleimhaut gebildet werden? Die Lymphocyten in ihrer verschiedenen Ausbildung werden teils durch die Lymphgefäße abgeführt, teils wandern sie durch das Epithel in das Lumen, wie die zahlreichen Emigrationsbilder beweisen. Ein gewisser Teil dieser Zellen wandelt sich in granulierte Elemente um. Was aus den Plasmazellen wird, ist schwer zu sagen. Daß sie wie die Lymphocyten ins Lumen wandern oder auf dem Lymphwege abtransportiert werden, dafür haben wir keine Belege gefunden. Eine Umbildung in granulierte Zellen, sog. Plasmamast- zellen, wie sie Downey und wir dargestellt haben, konnten wir nicht beobachten. Das Wahrscheinlichste ist eine Abgabe von Plasmateilchen und damit eine Rückverwandlung in kleine Lymphocyten, wie se Downey und Weidenreich in den Lymphdrüsen, wir in der Thymus feststellten. Was die granulierten Elemente anbetrifft, so kommen für de eosinophilen Leukocyten verschiedene Wege in Betracht. Erstens wird ein gewisser Teil von ihnen durch die Blut- und Lymphgefäße abgeführt. Der größte Teil aber scheint an Ort und Stelle zu verbleiben und dort zugrunde zu gehen. Jedoch auch eine Durchwanderung des Epithels ist nicht selten, wie unsere Befunde beweisen. Die ins Lumen eingewanderten Eosinophilen gelangen in den Darminhalt. Die Mastzellen endlich wandern in der Tunica propria umher. Ein Teil von ihnen gerät auch in die tieferen Schichten des Darmrohres, in die Submucosa und Muscularis, wo man sie sehr häufig trifft. Eine Durchwanderung ins Lumen findet unseren Be- 5* 68 Paul Weill: funden nach nicht statt, auch nicht bei der Ratte und Maus, wo man sie ziemlich häufig im Epithel findet, wo sie aber die schon geschilderten Veränderungen erleiden und dann wahrscheinlich wie- der in die Tunica propria zurückwandern. Bestimmte Angaben können wir allerdings über diesen Punkt nicht machen. Wenn wir nach einer Funktion aller dieser Zellen in der Darm- schleimhaut fragen, so können wir über diesen Punkt sehr wenig sagen. Jedenfalls variieren sie in den einzelnen Darmabschnitten qualitativ und quantitativ beträchtlich. Man hat versucht, ihnen eine Beteiligung bei der Verdauung resp. Resorption der verschie- denen Nahrungsmittel zuzuweisen. Wir erinnern nur an die Ar- beiten, von Hofmeister, ZR. Helden bain, VE zeig Sansonow u. a. Auf Grund unserer Untersuchungen können wir uns über eine solche aktive Beteiligung nicht aussprechen; nur soviel haben wir festgestellt, daß die Zahl der Wanderzellen, spez. der granulierten, im gefüllten Darme viel beträchtlicher ist als im leeren. Ob aber diese Tatsache für die Teilnahme der granu- lierten oder ungranulierten Elemente an den verschiedenartigen Resorptionsvorgängen spricht, müssen wir dahingestellt sein lassen. Es genügt uns hier, festgestellt zu haben, daß die Darmschleim- haut im normalen Zustande reichlich verschiedenartige Leuko- cyten produziert. Diese Befunde sind für das Verständnis mancher pathologischer Prozesse von Bedeutung, wo diese Zellen stark ver- mehrt und sehr reichlich im Darminhalt, zventuell in den Fäzes, gefunden werden. | Es bleibt uns noch die Frage nach der Bedeutung unserer Unter- suchungsergebnisse für das Leukocytenproblem im allgemeinen zu besprechen. Bekanntlich verlegt Ehrlich und seine Schule die Bildung der granulierten Leukocyten ausschließlich ins Knochen- mark und trennt sie dadurch scharf von den Iymphocytären Ele- menten, die in den Lymphdrüsen, Follikeln usw. ihren Ursprung finden sollen. Diese dualistische Auffassung von der Entstehung der weißen Blutzellen gestattet keinerlei Uebergang: es kann also nach Ehrlich-Naegeli-Schridde niemals ein Ueber- gang von ungranulierten in granulierte Elemente stattfinden, son- dern die Bildung der letzteren geht immer von den sog. Myelo- blasten aus, die scharf von den Jugendformen des andern Typus, den Lymphoblasten, zu trennen sind. Worin allerdings sich diese Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 69 beiden Zellformen voneinander unterscheiden sollen, ist schwer zu sagen: einzig und allein ihre Lokalisation im Knochenmark oder außerhalb desselben soll für ihre Natur maßgebend sein. Wo dem- gemäß irgendwo im Körper granulierte Leukocyten angetroffen wer- den, entstammten sie dem Knochenmark, wenn es ‚„polynukleäre‘ Elemente sind. Stellen sie aber „Mononukleäre‘“ dar, so müßte es sich um Formen handeln, die sich ihre Funktion noch aus der em- bryonalen Zeit erhalten hätten und nicht mehr als Normale gelten könnten. Von diesem Standpunkte aus könnte man in bezug auf unsere vorliegenden Untersuchungsresultate einwenden, daß es sich viel- leicht um Jugendliche oder krankhafte Individuen gehandelt hat. Was den ersteren Punkt anbelangt, so können wir behaupten, nur ältere Individuen untersucht zu haben. Der menschliche Darm stammte, wie erwähnt, von einem 37 jährigen Hingerichteten, und auch die Tiere waren alle ausgewachsen. Was den zweiten Punkt anbelangt, so haben wir vom Menschen alle Organe, speziell die blutbildenden, untersucht und nirgends pathologische Veränderungen antreffen können. Das gleiche gilt auch von den untersuchten Tieren. Wir konnten also feststellen, daß außerhalb des Knochenmarks in der Darmschleimhaut eine lokale Bildung von granulierten poly- morphkernigen, speziell acidophilen, Leukocyten unter normalen ' Umständen erfolgt. Diese Entwicklung geht hier von typischen kompaktkernigen Elementen aus. Was die Herkunft der letzteren anbelangt, so entstammen sie bei den untersuchten Tieren mit Aus- nahme des Meerschweinchens, dessen besondere Verhältnisse gleich zu besprechen sind, den Lymphocyten, meistens den großen Lym- phocyten. Beim Menschen spielen aber auch die kleinen Lympho- cyten als Mutterzellen eine gewisse Rolle, wie aus der Beobachtung der kleinen, dunkelkernigen Myelocyten hervorgeht. Besonders günstig liegen die Verhältnisse beim Meerschwein- chen, wo es leicht gelingt, den eosinophil granulierten „Myelocyten‘ in allen seinen Entwicklungsstadien nachzuweisen und dadurch den direkten Beweis für eine heteroplastische lokale Entstehung der eosinophilen Leukocyten zu erbringen. Es läßt sich jedoch auch der Nachweis führen, daß speziell beim Meer- schweinchen de homoplastische Bildung eine Rolle spielt, denn Mitosen von eosinophilen Zellen sind hier gar nicht selten. 70 Paul Weill: Unsere Befunde bestätigen und ergänzen in allen Punkten die Untersuchungen, die wir an der Thymus angestellt haben (1913). Dort wie hier findet in erheblichem Maße eine Produktion granu- lierter Leukocyten statt, im Darm allerdings nur eine solche eosino- philer Elemente. Damit wäre der Nachweis geliefert, daß, wie die Thymus, auch die Darmschleimhaut in die Zahl der Organe einzureichen ist, die sich an der Bildung eosinophiler Leukocyten beteiligt. Was das Maß dieser Produktion anbetrifft, so ist dasselbe sehr schwer fest- zustellen. Denn wie aus den Untersuchungen von Heidenhain, Erdely, Sansanow u.a. hervorgeht, ist der Reichtum der Darmschleimhaut an Wanderzellen und damit auch an eranulierten Leukocyten ein überaus wechselnder und stark abhängig von dem Füllungs- resp. Verdauungszustand. Aber auf jeden Fall bildet eine gewisse Zahl solcher Zellen ganz unabhängig von der Art der Ernährung, einen konstanten Bestandteil der Mucosa. Beziehungen zwischen Mastzellen, Plasma- zellen,. Russelkörpern,. SchollenTeukoceyten und Kurloffkörpern., Wir haben oben gezeigt, daß aus den stark veränderten sog. „vakuolisierten‘‘ Plasmazellen innerhalb der Tunica propria der Darmschleimhaut sich eine Zellart entwickelt, welche man als Russelkörper bezeichnet. Aus dem anfangs stark baso- philen Plasma, das langsam einer Auflockerung und gleichzeitig einer Verminderung seiner Basophilie unterliegt, gehen zuletzt eine Reihe von Vakuolen hervor, die alle eine große Affinität zu sauren Farbstoffen erkennen lassen. | Während bei den Russelkörpern diese vakuolenartigen Ge- bilde aus stark basophiler Substanz nicht von vornherein schon scharf umschriebener Granulationen, sondern aus diffus verändertem Protoplasma hervorgehen, bieten die „atypischen Mast- zellen‘ bei der Ratte und Maus (Fig. 9 mz,, Fig. 10 m, Fig. 12) ein Objekt dar, bei dem diese Umbildung basophiler in acidophile Substanz direkt an die Granulationen gebunden ist. Sodann ıaaben wir festgestellt, daß sich innerhalb des Darm- epithels aus den Lymphocyten durch Ausarbeitung von zuerst kleinen, allmählich größer werdenden Granulationen die „Schol- Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 71 lenleukocyten“ entwickeln, die bei den von uns unter- suchten Tieren — Hund, Katze, Schwein, Maus, Kaninchen — durchweg als charakteristisches Merkmal die starke Acidophilie ihrer Schollen aufweisen. Endlich scheint es auf Grund der vorliegenden Untersuchungen möglich, gewisse Leukocyteneinschlüsse, für die uns bis jetzt eine Deutung fehlte und die ziemlich isoliert dastanden, wie die sog. Kurloffkörperchen, unserem Verständnis näher zu bringen. Diese zuerst von Kurloff beschriebenen Einschlüsse in den großen mononukleären Blutleukocyten des Meerschweinchens sind später besonders von Cesaris und Demel (1905/09) studiert und seither sehr verschieden beurteilt worden. Foä et Carbone, Ledingham, Patella (1907/08b), Laf- {ranchi sahen in ihnen Protozoen; Schilling meint ab- norme Zelleinschlüsse oder phagocytierte Körper vor sich zu haben. Nach Ferrata (1906/07/08/09) sind sie identisch mit den Plas- mosomen und acidophilen Granulationen, nach Pappenheim (1909/10) eine Abart der letzteren. Als Sekretvakuolen endlich werden sie von Burnett, Ehrlich-Kurloff, Ciaccio, Weidenreich (1909) betrachtet. Den Kurloffkörpern ähnliche Einschlüsse sind von Dan- tschakoff (1909) im Knochenmark des erwachsenen Huhns beschrieben worden; Löwenthal und Meinertz haben solche bei der Schleihe beobachtet. Wie wir durch Untersuchungen der Meerschweinchenmilz test- stellen konnten, sind die Zellen mit Kurloffschen Körperchen Gebilde, die den Schollenleukocyten morphologisch sehr nahe stehen: auch sie zeigen das vakuolisierte, stark acidophile Protoplasma und einen wandständigen, oft etwas eingedrückten Kern von Wander- zellentypus. Ob aber mit diesem gleichen morphologischen Ver- halten auch eine funktionelle Identität verbunden ist, ist eine andere Frage, die sich vorläufig nicht ohne weiteres beantworten läßt. Gemeinsam ist allen diesen Zelltypen, daß sie ein besonderes Bildungsprodukt zunächst ungranulierter Elemente sind, die dem Lymphocytentypus zugehören. Aut welche Weise sich die Plasma- metamorphose in ihnen vollzieht, zeigen am deutlichsten die Mast- zellen-, denn hier gehen die Vakuolen aus präformierten, scharf umschriebenen Granulationen hervor, wobei mit der Vergrößerung der Granula eine Abnahme ihrer Basophilie und ein Umschlag 72 Paul Weill: nach der acidophilen Farbquote eintritt. Weniger deutlich ist diese Entstehung bei den Russelkörpern, doch geht auch hier das distinkte acidophile Granulum aus einem stark basophilen, un- deutlich abgegrenzten und allgemeinen granulärem Plasma hervor. Bei den Schollenleukocyten vermochten wir allerdings den Bildungs- prozeß nicht zu verfolgen .. Wie dem auch sei, soviel steht fest, daß es sich bei allen diesen Elementen um eine endogene Plasmadifferenzierung handelt, als deren sichtbares Merkmal jene tropfen- oder vakuolenartige Gebilde auftreten, die eben durch ihre starke Acidophilie charakterisiert sind. Ein analoges Verhalten im Wechsel des Färbungscharakters zeigt sich bei der Entstehung des Hämoglobins in den roten Blut- körperchen. Auch hier geht aus einem sehr stark basophilen Plasma, das allmählich in seiner Basophilie abnimmt, eine Substanz hervor, die durch ihre Affinität zum Eosin besonders ausgezeichnet ist. An allen diesen skizzierten Vorgängen nimmt der Kern an- scheinend wenig sichtbaren Anteil. Die Struktur des Lymphocyten- kernes bleibt mehr oder weniger deutlich erhalten bis auf die Fälle, wo er infolge der Raumverhältnisse in der Zelle so exzentrisch gelagert und gepreßt wird, daß seine strukturellen Verhältnisse sich verwischen. Wir haben schon ausgeführt, daß sich das ganze Ver- halten des Kerns einzig una allein auf mechanische Ursachen zurück- führen läßt, daß sich besonders bei den Schollenleukocyteı die Kernform bis zu einem gewissen Stadium der Kernumformung der granulierten Leukocyten nähert, ohne daß es sich dabei aber um Kern- oder Zelldegenerationserscheinungen handelte. Was diese ganze Metamorphose zu bedeuten hat, ist allerdings schwer zu sagen. Wir können uns auf Grund unserer morphologischen Befunde nur dahin äußern, daß sie einen durchaus normalen Vor- gang darstellt, der bei einer Reihe von Tieren und jedesmal in charakteristischer Form beobachtet wird. Die Zelleinschlüsse als „Sekretvakuolen‘ zu bezeichnen, entspräche nicht der korrekten Bedeutung dieses Ausdrucks. Sehr wahrscheinlich sind sie zwar das Produkt eines spezifischen endoplasmatischen chemischen Pro- zesses, ob sie aber nach außen abgegeben oder entleert werden, konnten wir nicht feststellen; möglich ist, daß die Einschlüsse beim Zerfall der Zellen im Darm oder im Epithel oder sonstwo im Ge- webe frei werden, wie es für die neutrophilen Leukocyten und Gra- nula zutrifft. Ueber die leukocytären Elemente der Darmschleimhaut usw. 73 Wir begnügen uns, spezifische acidophile Einschlüsse in all diesen Zelltypen festgestellt zu haben, deren Bedeutung noch der Aufklärung bedarf. Meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Weidenreich danke ich für die Anregung zu dieser Arbeit und für seine liebens- würdige Unterstützung bei ihrer Ausführung. Die vorliegenden Untersuchungen waren kurz vor Ausbruch des Krieges abgeschlossen, ihre Veröffentlichung aber bis jetzt nicht möglich. Die Literatur ist daher nur bis Juli 1914 berücksichtigt. Literaturverzeichnis, Arnstein, C., 1867 a. 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Kompaktkernige und gelapptkernig eosinophile Leukocyten im Colon des Menschen. G. . Eosinophile Myelocyten im Dünndarm des Hundes. P. . Schollenleukocyten und eosinophile Leukocyten im Dünndarm des Hundes. P. Ok. 6. . a—e. Typen einzelner Schollenleukocyten aus dem Dünndarm des Hundes; f = ein eosinophiler Myelocyt im Dünndarm des Hundes. GE ORIR, . Russelkörper im Dünndarm der Katze. HE. . Schollenleukocyten im Dickdarm der Katze. G. . Schollenleukocyt im Dickdarm der Katze. Tr. . Eosinophile Myelocyten im Dünndarm der Ratte. G. Ok. 6. . Mastzellen im Dickdarm der Ratte. G. Ok. 6. . Mitose einer Mastzelle im Dickdarm der Ratte. G. . Schollenleukocyten und Mastzelle im Coecum der Maus. G. . Mitose einer Mastzelle im Dickdarm der Maus. G. . Schollenleukocyt im Dickdarm der Maus. G. . Mitose eines Schollenleukocyten im Dickdarm der Maus. G. . Russelkörper im Duodenum des Kaninchens. G. . Schollenleukocyten im Dünndarm des Kaninchens. G. . Schollenleukocyten im Dünndarm des Kaninchens. G. . Eosinophile Leukocyten im Dünndarm des Meerschweinchens. G. . Eosinophile Myelocyten im Dünndarm des Meerschweinchens. G. . Eosinophile Leukocyten und Russelkörper im Duodenum des Meerschweinchens. G. Archiv f, mikr. Anat. Bd. 93. Abt. I. 6 82 Ueber das regelmäßige Vorkommen von Myelo- cyten in der Milz des erwachsenen Menschen. Von Paul Weill; XII. Fortsetzung der „Studien über das Blut und die blutbildenden und -zerstörenden Organe“. Von Franz Weidenreich. Hierzu Tafel III. Einieitung. Die Frage nach den Bildungsstätten der granulierten leuko- cytären Elemente im menschlichen Körper ist vor allem von Ehr- lich und seiner Schule dahin beantwortet worden, daß von „Bil-. dungsstätten‘“ überhaupt nicht gesprochen werden kann, weil nur ein Ort in Betracht käme, wo normalerweise die Entwicklung der granulierten Leukocyten vor sich gehe, das Knochenmark. Nun sind aber in der Folge nicht wenige Befunde bekannt geworden, wona:h eine Entstehung granulierter Elemente auch außerhalb des Knochenmarks stattfindet. Eine ausführliche Besprechung derselben gehört nicht in den Rahmen der vorliegenden Untersuchung; wir erinnern nur daran, daß besonders Weidenreich (1901/05a, 1905 b, 1908 a, 1908 b, 1911/12) in seinen zahlreichen Studien für eine solche Bildung eingetreten ist, da sich nicht nur im Knochen- mark, sondern auch in vieien andern Organen ‚„mononukleäre‘ granulierte Elemene, „Myelocyten‘‘ nachweisen lassen. Wir selbst haben kürzlich den Beweis erbracht, daß die Th ymus (1913) Ehe Zu Fe A er ee ee Ueber das regelmäßige Vorkommen von Myelocyten usw. 83 und de Darmschleimhaut einen beträchtlichen Anteil an granulierten Elementen liefert. Was nun ihre Bildung in der Milz anbelangt, so gehört dieses Organ nach seiner Stellung im Ehr- lichschen System weder zu den Iymphocytenbildenden Organen — höchstens könne sie „große mononukleäre Leukocyten‘“ produzieren — noch aber hat sie mit der Bildung spezialgranulierter Elemente irgend etwas zu tun. Naäaegeli (1912) gibt zwar zu, daß eine Bildung in der normalen Milz stattfinde, sieht aber in ihr einen Rückfall in die embryonale Funktion und eine unter dem Einfluß von Krankheiten wieder erworbene Eigenschaft. Trotzdem aber ist der sichere Nachweis typischer kompakt- kerniger granulierter Zellen („Myelocyten‘) in der menschlichen normalen Milz von verschiedenen Autoren erbracht worden [W ei- denreich (I9l, Downey und Weidenreich (1912) u. a.]. Auf Grund unseres vorliegenden Materials sind wir in der Lage, eine eingehende, durch Abbildungen belegte . Beschreibung ihres Vorkommens zu geben. Material und Untersuchungsmethoden. Es standen uns fünf menschliche Milzen zur Verfügung, die alle hin- gerichteten Personen entstammten. Davon stammte die erste von einem Manne von 26 Jahren, die zweite von einem 37 jährigen Manne, die dritte von einem 28 jährigen, die vierte von einem 39 jährigen Manne und die fünfte von einer 41 jährigen Frau. Die Milzstücke wurden alle 1,—1 Stunde nach dem Tode in Hellyscher Modifikation der Zenkerschen Flüssigkeit für 4-5 Stunden eingelegt, 24 ‚Stunden gewässert, in steigendem Alkohol gehärtet und in Paraffin eingebettet. Die Schnittdicke betrug 3—5 u. Von Färbungsmethoden wurden angewandt: I. Hämalaun-Eosinfärbung, weiche sehr leicht gestattet, die acidophilen Granula darzustellen. 2. Giemsa-Gemisch für Romanowsky-Färbung. Diese'be führten wir nach der Schriddeschen Angabe aus (2 Tropfen Farbe auf I ccm aq. destill.). Hiermit wurde 20 Minuten gefärbt, dann die Schnitte kurz abgewaschen, in Aceton entwässert und über Xylol in Kanadabalsam gebracht. Mit dieser Methode kommen die acidophilen wie die neutrophilen Granula gut zur Darstellung. Literatur. Die einfachste Methode, den Anteil der Milz an der Leukocytenproduktion festzustellen, ist eine vergleichende Zählung des Gehalts solcher Elemente in der Milzvene und Arterie. {Solche Zählungen wurden schon von älteren 6 * 84 Paul Weill: Autoren ‘wie, Vieror dis trkine, PunkeisKoelliker, "Breys Rindfleisch ausgeführt, dabei wurde regelmäßig ein größerer Gehalt der Vene an weißen Blutkörperchen festgestellt. In neuerer Zeit hat Weidenreich (1901) auf Grund von Zäh- lungen an Schnittpräparaten gefunden, daß die Milzvene ungefähr 70 mal ' mehr Leukocyten enthält als die zuführende Arterie. Auch Löwit sowie Schwenkenbecher und Siegel bestätigen diesen Befund. Was nun die Art der in der Milz produzierten Leukocytenformen an- betrifft, so gibt darüber am besten das Studium des Organes selbst Aus- kunft, und zwar nicht ein Studium von Milzausstrichen, wie es Löwit empfiehlt, sondern eine Untersuchung in situ, also im Schnittpräparat. Ueber die Bildung der ungranulierten Zellformen haben Downey und Weidenreich erst kürzlich ausführliche Untersuchungen angestellt; an dieser Stelle betrachten wir ausschließlich die granulierten Leukocyten. Die Bildung ‚‚echter Leukocyten‘ in jeder Milz konstatiert v. Ebner; nach Bannwarth kommen in der Milz der Katze in den Keimlagern sehr viele eosinophile Zellen vor. Daß sie dort gebildet werden, dafür spricht nach ihm die Tatsache, ‚daß sie in wirklich verblüffender Menge an und in den Venenanfängen liegen“. Dominici hat in der Milz des Kaninchens festgestellt, daß bei diesem Tier eine „‚myeloide‘ Umwandlung erst bei anämischen und andern krankhaften Zuständen auftritt. Wolff findet beim Menschen, daß im normalen Zustande ‚die Milz neben der Bildung großer mononukleärer Zellen hauptsächlich Phagocytose ausübt‘, daß bei nicht leukämischen Er- krankungen — Bleianämie, perniziöse Anämie, Erysipel, Sepsis — eine myeloide Funktion auftritt. Pappenheim, der zuerst behauptet hatte (1899), daß die Milz im Gegensatz zum Knochenmark nur granulafreie Lymphocyten produziere, gibt später zu (1902), daß unter normalen Verhältnissen auch Myelocyten in ihr gefunden werden. Den Befund neutrophiler Myelocyten in der nor- malen Milz bestätigt Kurpjuweit, dagegen sollen nach ihm die eosino- philen Myelocyten und Normoblasten erst bei Krankheiten einwandern. Daß die Milz unter normalen Verhältnissen neutrophile Myelocyten aufweist, stellt Sternberg fest. Beim PferdkommtsienachZietzsch- mann als Bildungsstätte eosinophiler Elemente in Betracht. Weidenreich (1911) hat verschiedene Male darauf aufmerksam gemacht, daß sich Myelocyten ‚‚mitten in der roten Pulpa oder in der Um- gebung der Malpighischen Körperchen‘“ finden, endlich sagen D 0 w- ney und Weidenreich: ‚Es treten in der Milz nicht nur kompakt- kernige granulierte Zellen (Myelocyten) auf, die ihrer ganzen Entwicklung nach aus Iymphocytären Formen hervorgehen, sondern man findet auch ‚echte Mitosen in granulierten Leukocyten.‘ Ueber das regelmäßige Vorkommen von Myelocyten usw. 85 Befundbeschreibung. l. Eosinophile Zellen. In wechselnder Zahl findet man in jedem Schnitt durch die Milz Zellen, deren Granulationen sich mit. sauren Farbstoffen sehr lebhaft, also mit Eosin rot, färben. Wenn auch ihre Zahl stark variiert, so kann ihr Vorkommen immerhin als häufig bezeichnet werden. Bezüglich der Lokalisation dieser Formen ist zu bemerken, daß sie sich ausschließlich in der Pulpa, höchstens noch in der von W ei- denreich sog. „Knötchenrandzone“ finden, inden Malpighi- schen Körperchen fehlen sie so gut wie immer. Sie bilden jedoch keine geschlossenen Herde, sondern liegen mit andern Zellformen der roten Pulpa untermischt, so vor allem mit kleinen Lymphocyten, besonders spezialgranulierten Leukocyten und Erythrocyten. Was die Morphologie dieser Zellformen anbelangt, so sind sie charakterisiert durch ein reichlich entwickeltes, oft schwach aci- dophiles Protoplasma, das aber meist keine deutliche Färbung er- kennen läßt. Die Gestalt der Zellen ist meist rund oder oval, jedoch sind gelegentlich auch mehr oder weniger lange Fortsatzbildungen zu erkennen. Das Protoplasma ist ganz erfüllt von groben runden Körnern, die starke acidophile Farbenaffinität besitzen. Dieselben erfüllen den Zelleib vollständig und ziemlich gleichmäßig. Unter sich weisen die einzelnen Kügelchen immer die gleiche Größe auf (Fig. 1, 2 emy). Die häufigste Kernform dieser Elemente ist ein zwei- oder drei- fach gelappter Kern. Dabei sind die einzelnen Lappen sehr oft durch einen feinen Chromatinfaden verbunden; häufig aber ist der Kern segmentiert und die Kernbrocken sind vollständig isoliert. Von besonderer Wichtigkeit aber sind Zellen, deren Kerne Kugelgestalt besitzen. Im Verhältnis zu den eben geschilderten sind sie nicht sehr häufig, stellen aber immerhin in jeder Milz einen konstanten Befund dar. Einen solchen Kerntypus bilden wir in Fig. 1 emy ab. Es handelt sich um einen relativ großen, exzentrisch gelagerten „bläschenförmigen‘ Kern, der sich in seiner Gesamtheit nicht sehr stark tingiert. Das Chromatin ist nicht besonders reich- lich entwickelt und ist in Form unregelmäßiger Brocken und feiner Fäden über den ganzen Kern verteilt. Nukleolen sind manchmal 86 Paul. Weill: nachweisbar. Die zweite Art solcher Zellen ist nicht so häufig zu finden wie die soeben beschriebene. Ihre Kerne unterscheiden sich in manchen Punkten von den vorigen. Vor allem sind sie viel kleiner, von sphärischer Gestalt und dokumentieren ihren größern Reich- tum an Chromatin durch eine viel dunklere Färbung (Fig. 2 emy). Die Konfiguration der einzelnen Chromatinbrocken ist eine mehr oder weniger regelmäßige; manchmal ist eine Radstruktur ganz deutlich. | Zwischen den beiden geschilderten Typen trifft man alle Ueber- gangsiormen sowohl in bezug auf die Größe des Kerns, wie auf die Färbbarkeit und die Strukturanordnung des Chromatins. Aber auch zu den zuerst geschilderten gelapptkernigen Formen finden sich alle Uebergänge. Denn man trifft Zellen, die einen bohnen- oder nierenförmigen Kern besitzen, oder aber solche von Zwerch- sack- oder Hantelform. Eine Identifizierung dieser Zellformen mit den Elementen des Blutes und der blutbildenden Organe ist nicht schwer. Es folgt aus unserer Befundbeschreibung ohne weiteres und ergibt sich so- fort bei einem Vergleich mit den Elementen sowohl in der Blut- zirkulation wie in den großen Blutgefäßen der Milz, daß die zuerst beschriebenen Zellen typische polymorphkernige Leukocyten sind. Für die rund- und kompaktkernigen Elemente läßt sich zeigen, daß sie in allen charakteristischen Merkmalen, wie Größe und Gestalt des Zelleibes, Volumen, Färbbarkeit und Struktur des Kerns, ebenso wie in dem Verhalten der Granulationen genau mit den eosinophilen „Myelocyten““ des Knochenmarks und der andern leukopoietischen Organe übereinstimmen. Wie wir gesehen haben, lassen sich Uebergangsformen zwischen kompaktkernigen und gelapptkernigen Elementen in jedem Aus- bildungszustand nachweisen, der Schluß ist also berechtigt, daß in der Milz eine Entwicklung polymorphkerniger eosinophiler Leukocyten aus kompaktkernigen Formen stattfindet. Woher die letzteren ihren Ursprung nehmen, werden wir später noch zu be- sprechen haben. 2 Nentr.ophile. Zeilen; Der Reichtum der von uns untersuchten Milzpräparate an Zellen, deren Granulationen sich mit ‚‚neutralen‘‘ Farbstoffen tingieren, war viel größer als derjenige an eosinophilen Elementen. ‘ Ueber das regelmäßige Vorkommen von Myelocyten usw. 87 Wie die letzteren, so findet man auch jene Formen ausschließlich in der roten Pulpa und in der Grenzschicht gegen die Milzknötchen, der Weidenreichschen ‚„Knötchenrandzone‘. In einzelnen Präparaten sind sie äußerst zahlreich zu finden, in andern wieder weniger häufig, aber immer ist ihre Zahl in der Milzpulpa eine er- hebliche. Ansammlungen von Elementen, welche ausschließlich neutrophilen Charakter tragen, haben wir nicht beobachten können, vielmehr liegen sie immer inmitten der andern Zellformen. Ihre Gestalt ist rund oder oval, Fortsatzbildungen lassen sie häufig erkennen. Ueber die Beschaffenheit des Plasmas dieser Elemente ist nicht viel zu sagen. Es färbt sich nach Giemsa oft nicht sehr deutlich, meistens in einem schwachen Lila. Der Zelleib ist voll von feinen, staubförmigen Granulationen, welche ihn in gleichmäßiger Verteilung erfüllen. Diese Granula nehmen ebenfalls nach Giemsa-Färbung einen Lilafarbton an. Was die Kernformen dieser Zellen anbetrifft, so sind diejenigen Zelltypen am häufigsten, die solche Kernfragmente enthalten, die unter sich keinen Zusammenhang mehr aufweisen und als unregel- mäßig gestaltete, oft auch kugelförmige Gebilde im Plasma zer- streut liegen (Fig. 3 sl). Der Häufigkeit nach kommen dann solche Zellindividuen, welche einen mehrfach gelappten Kern aufweisen, dessen einzelne Lappen aber noch durch Chromatinfäden in Zu- sammenhang stehen. Eine besondere Beachtung jedoch verdienen die Elemente, die wir in Fig. 2 smy und 3 smy darstellten. Ihre Kerne sind große Gebilde und zentral (Fig. 3 smy,, „) oder exzentrisch (Fig. 2 smy, Fig. 3 smy,, ,) gelagert. Sie besitzen meist sphärische Gestalt (Fig. 3 smy,, ,), doch kommen ovale Kernformen nicht selten vor (Fig. 3 smy,, „ Fig. 2 smy). Ihre Grundsubstanz färbt sich mehr oder weniger stark, einen sehr dunkeln Farbton nimmt sie jedoch so gut wie nie an. Der Chromatinreichtum dieser Kerne ist relativ gering; das Chromatin bildet unregelmäßige Netze und größere oder kleinere Brocken. Das Vorhandensein eines deutlichen Rad- kernes haben wir nicht beobachtet. Außer diesen regelmäßig kon- turierten Kernen trifft man nicht selten noch solche, die auf einer Seite eine mehr oder weniger tiefe Einbuchtung aufweisen, also Bohnen- oder Nierenform besitzen. Noch ein wichtiger Befund bleibt zu erwähnen. Es läßt sich 88 Paul Weill: das Vorkommen mitotischer Kernteilungsfiguren neutrophil granulierter Zellen in der Milz feststellen. Solche Formen sind zwar nicht häufig, aber einwandsfrei nachweisbar. Ein Zweifel über die Natur dieser Elemente kann nicht be- stehen. Ihre ganze Morphologie, ihre Größe, ihre Form, vor allem aber das färberische Verhalten ihrer Granulationen sprechen für eine Identität mit den neutrophilen Leukocyten des Blutes bzw. des Knochenmarks. Denn Kontrollpräparate der blutbildenden Organe, des Knochenmarks, der Thymus, sowie ein Vergleich mit den Formen innerhalb der Blutgefäße selbst beweisen, daß sie in allen Punkten mit diesen übereinstimmen. Was speziell die Zellen mit großen, runden, bläschenförmigen Kernen betrifft, so handelt es sich auch hier um typische „Myelocyten‘, welche inner- halb der Milz auf dem Wege der Kernumformung zu gelapptkernigen Elementen werden. | Ueber die Entstehung der kompaktkernigen Formen werden wir gleich zu berichten haben. Besprechung unserer Befunde. Wir haben im vorhergehenden festgestellt, daß die Milz des - erwachsenen Menschen eine Fundstätte zahlreicher eosinophil und neutrophil gekörnter weißer Blutzellen ist, und ferner ließ sich zeigen, daß in dem Organ selbst auf dem Wege der Kernumformung gelapptkernige granulierte Leukocyten aus kompaktkernigen (,,Mye- locyten‘‘) hervorgehen. Es bleibt nun noch die Frage nach der Herkunft der kompakt- kernigen granulierten Leukocyten zu erörtern. Erinnert man sich daran, daß sich im Knochenmark der Nach- weis genetischer Beziehungen zwischen Myelocyten und Myelo- blasten auf die Identität der Kernformen beider Zelltypen stützt und betrachten wir von diesem Gesichtspunkte aus unsere Figuren, so ergibt sich z. B. eine vollständige Analogie des Kernes in Fi- gur 3 smy, mit dem in Iy. Gleiche Analogien lassen sich für alle andern dargestellten Zellformen nachweisen. Wir können uns hier in der Besprechung dieses Punktes kurz fassen, da wir dieselben Befunde schon ausführlich in dr Thymus und im Darm schilderten. Hier wie dort und genau so in der Milz stellen diese Elemente, deren Kernformen mit denjenigen der Myelocyten iden- Ueber das regelmäßige Vorkommen von Myelocyten usw. 89 tisch sind, Zellen von Iymphocytärem Charakter dar. Die Bildung von granulierten weißen Biutzellen geht also auch von ungranulierten Iymphocytären Elementen aus. Unsere Befunde berechtigen uns aber auch zu der Annahme, daß nicht nur eine heteroplastische, sondern auch eine homoplastische Bildungsweise wenigstens von neutrophilen Leukocyten statthat. BASEL BEDit sTohr aha enstens,. daß. Im der Milz des erwachsenen Menschen sich aus un- sranulierven. Zeller vum: Lemphocytentypus geutrophilessundleosınopnilbe- Elemente. ent- wickeln, wie Weidenreich (I9ll, Domney und Weidenreich, Kurpjuveit, Pappenheim, Stern- berg für den Menschen, Bannwarth für die Katze und Zietzschmann für die Eosinophilen beim Pferd behauptet haben. Zweitens konnten wir aber auch nachweisen, daß eine Vermehrung wenigstens der Neutrophilen.in der Milz’ auf mitotischem.Wege stattfindet. Dieser ganze Bildungsmodus ist nicht das Zeichen pathologischer Veränderungen oder ‚„‚myeloider Umwandlung‘“ bei gewissen Krank- heiten (Naegeli), sondern stellt einen konstanten Befund im durchaus normalen Organismus dar. Denn wenn in der Milz von 5 erwachsenen Individuen im Alter von 26—41 Jahren, die alle hingerichtet waren und deren Organe, wie die histologische Unter- suchung ergab, keinerlei Zeichen pathologischer Veränderungen auf- wiesen, immer der gleiche Befund erhoben wird, so muß dies Ver- halten als normal bezeichnet werden. Damit steht aber die Ehrlichsche Anschauung von der Rolle des Knochenmarks als alleinigem Bildrier der granulierten Leukocyten in scharfem Gegensatz. Von Wichtigkeit für unsere Anschauung ist aber noch die Tatsache, daß nicht nur die Milz granulierte Leukocyten produziert, sondern daß auch die Thymus neutrophile und eosinophile Elemente hervorbringt, während die Darmschleimhaut wesentlich an der Bildung eosinophiler Leuko- -cyten beteiligt ist. Was nun die ‚Menge der in der Milz gebildeten granulierten Leukocyten angeht, so ergibt sich ohne weiteres, daß nicht alle polymorphkernigen Leukocyten in der Milz ihren Ursprung haben können. Denn vor allem erhellt aus dem Verhalten der Gefäßbahnen, daß mit den Erythrocyten auch eine große Menge von granulierten 90 Paul Weill: Leukocyten eingeschwemmt wird. Sodann ist das Verhältnis zwi- schen kompaktkernigen und gelapptkernigen ein derartiges, daß die ersteren immerhin relativ selten angetroffen werden. Daß aber eine gewisse Anzahl neutrophiler und eosinophiler Leukocyten lokal entstehen, kann nicht abgeleugnet werden. Ihre absolute Zahl ist bei der Größe der Milz des erwachsenen Menschen jeden- falls nicht gering zu veranschlagen. Genaue Angaben lassen sich naturgemäß darüber nicht machen. Die Folgerunger, die wir aus dieser Erkenntnis des lokalen Ursprungs der granulierten Leukocyten in der Milz zu ziehen haben, sind mannigfaltige. Erstens ergibt sich für die Beurteilung der Milz- funktion im normalen Organismus, daß in der Milz nicht nur ein Untergang von roten und weißen Blutkörperchen stattfindet, son- dern daß dieses Organ auch an der Regeneration der weißen Blut- körperchen in hohem Maße beteiligt ist. Die Bildung von ungranu- lierten Elementen ist vn Downey und Weidenreich ausführlich beschrieben worden. Daß sie auch granulierte Zellen produziert, dafür liefern unsere vorliegenden Ausführungen den vollen Beweis. Sodann sind aber unsere Befunde auch von Wichtig- keit für die Beurteilung pathologischer, speziell leukämischer Pro- zesse in der Milz. Es stellt nämlich die Bildung granulierter Elemente, wie sie bei anämischen und leukämischen Erkrankungen beobachtet wird, keine ‚„myeloide Reaktion‘ oder einen „Rückfall in die em- bryonale Funktion“ dar, wie Dominici, Naegeli, Wolff, Ehrlich glauben, sondern sie ist nur der Ausdruck eines ge- steigerten normalen Bildungsprozesses. Für die Beurteilung des Leukocytenproblems im allgemeinen folgt aus unseren Feststellungen, daß das Knochenmark nicht die alleinige Bildungsstätte der granulierten Elemente darstellt und daß neben andern Organen auch der Milz ein wesentlicher An- teil an der Leukopoese zukommt. Damit ist aber wieder ein erneuter Beweis für dn ubiquitären Charakter der Iympho- und leukocytären Zellformen erbracht. Zum Schluß erlaube ich mir, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Weidenreich, für die Anregung zu dieser Ar- beit und seine Unterstützung meinen Dank auszusprechen. Die vorliegende Untersuchung ist 1914 vor Ausbruch des Krieges fertiggestellt, die Literatur bis Juli 1914 berücksichtigt. Die Veröffentlichung war aus äußeren Gründen nicht möglich. Ueber das regelmäßige Vorkommen von Myelocyten usw. 91 Literaturverzeichnis. Bannwarth, 1891. Untersuchungen über die Milz. I. Die Milz der Katze. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 38, S. 345. Dominici, M., 1901. Sur l’histologie de la rate ä l’&tat normal et patho- logique. Arch. de medicine experimentale et d’anat. pathol. I, 13, p. 1. Downey, H. und Weidenreich, F., 1912. Ueber die Bildung der Lymphocyten in Lymphdrüsen und Milz. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 80, S. 306. Ebner, V.v., 1902. A. Koellikers Handbuch der Gewebelehre des Men- schen Bd. IIl. Ehrlich, P.und Lazarus, A., 1898. Die Anämie. I. Abt.: Normale und pathol. Histologie des Blutes. 1. 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Die Zeich- nungen sind auf Objekttischhöhe aufgenommen mit Zeiß Apochr. 2 mm und Ok. 8. emy = eosinophiler Myelocyt, Iy = Lymphocyt, sl = Spezia -Leukocyt, smy = Spezial-Myelocyt. Fig. 1. Spezialgranulierte Myelocyten und Leukocyten aus der Milz eines 26 jährigen Hingerichteten. G. Fig. 2. Eosinophiler und neutrophiler Myelocyt aus der Milz eines 26 jähri- gen Hingerichteten. G. Fig. 3..Eosinophiler Myelocyt und spezaler nee Leukocyten aus der Milz eines 28 jährigen Hingerichteten. G. 93 Ueber die sog. Xantholeukophoren beim Laubifrosch. Von Prof. Dr. W. J. Schmidt, Bonn, Zoologisches Institut. Hierzu Tafel IV. Historssches. - Der Laubfrosch (Hyla arborea) bietet wohl unter allen ein- heimischen Amphibien den ausgeprägtesten Farbenwechsel dar. Während die Physiologie des Chromatophorenspiels vor allem durch die Untersuchungen von Biedermann in wesentlichen Zügen klar gestellt ist, herrschen hinsichtlich einer morphologischen Frage nämlich der Beschaffenheit der sogenannten Xantholeuko- phoren noch gegensätzliche Meinungen, wenigstens, wenn man sich an die Originalarbeiten hält. Die einen Autoren nehmen an, daß an den grünen Hautstellen Guanin und Lipochromin ein und derselben Zelle nebeneinander und zwar in bestimmter Anordnung vorkommen; diese Zellen werden jetzt ge- wöhnlich nach dem Vorgang von Gaupp als Xantholeukophoren bezeichnet. Die anderen dagegen vertreten den Standpunkt, daß diese beiden am Farbenwechsel wesentlich beteiligten Sub- stanzen jede für sich .in besonderen Zellen liegen, das gelbe Lipochrom in den Xanthophoren, die man auch als Lipophoren bezeichnen könnte (vgl. W. J. Schmidt 1917), die Guaninmassen in tiefer in der Haut eingebetteten Zellen, den Leukophoren (Guanophoren). Die zusammenfassenden Darstellungen gehen mit Ausnahme von van Rynberk nicht 94 W. J. Schmidt: näher auf diese Streitfrage ein, betrachten sie vielmehr als im Sinne der Existenz von Xantholeukophoren entschieden, so Gaupp, Fuchs, Hempelmann. Die nachfolgende Untersuchung wird aber dartun, daß diese Auffassung ganz bestimmt verkehrt ist und diejenigen Forscher im Recht sind, welche Guanin und Lipo- chrom auch an den grünen Hautstellen jedes für sich in besonderen Zellen vorkommen lassen. Das Verdienst, diese Ver- hältnisse zum erstenmal über jeden Zweifel klar gesteltizuhaben, Cebührferecalhb: Gehen wir zunächst auf die Angaben der beiden Richtungen näher ein. Für die Existenz von Xantholeukophoren haben sich ausgesprochen: Hering, Eberth, Bilmmermann, Ehr- mann, Biedermann, Siedlecki und im Anschluß an deren Originalarbeiten Gaupp, Hempelmann und Fuchs. Hering (1869, S. 50f.) sagt, daß die grüne Färbung der Haut bei Rana esculenta und Hyla arborea hauptsächlich durch die Anwesenheit von zweierlei Pigmentzellen bedingt werde, und zwar fänden sich an den grünen Hautstellen ziemlich dicht unterhalb der Epidermis unregelmäßig polygonale, dicht gelagerte gelbe Zellen und darunter sternförmige mit schwarzbraunem Pigment. Der Inhalt der gelben Zellen — _ das sind unsere Xantholeukophoren — bestehe aus einem in Alkchol und Aether löslichen gelben Fett und aus stark lichtbrechenden prismatischen ‚ farblosen Körnchen. Wird das Fett den gelben Zellen entzogen, berichtet Hering weiter, so bleiben die Körnchen zurück; die Zelle nimmt dann ein grauweißes Aussehen an und stellt sich ähnlich dar wie die an den un- gefärbten Stellen der Haut vorkommenden sternförmigen Zellen, welche schon in frischem Zustande einen gleichen farblosen, körnigen, das Licht stark reflektierenden Inhalt zeigen. Aehnliche sternförmige Zellen finden sich auch an den rein gelben Stellen der Haut, aber dieselben enthalten außer den eben erwähnten Körnchen auch noch jenen gelben, durch Aether und Alkohol ausziehbaren Farbstoff. Durch schwache Kalilösung werden die prismatischen Körnchen in den gelben Zellen gelöst, während der gelbe Farbstoff in Tropfenform zurückbleibt. Bei Nahrungsentziehung schwindet dieses Fett teilweise. Eberth (1869, S. 14f.) findet bei Hyla an den grünen Hautstellen unter dem zarten Grenzsaum der Kutis eine.nach Art eines platten Epi- thels angeordnete Lage rundlicher und polygonaler Zellen, deren Proto- plasma außer dem Kern eine Menge punktförmiger grauer Körnchen enthält,„diesmit goldgelbenTröpichen untermengt sind. Die gelben Tröpfchen lösen sich in Alkohol, die neben ihnen befind- lichen interferierenden Körnchen dagegen leiden nicht durch Kochen mit Alkohol und Chloroform, werden dagegen rasch durch Kalilauge und Salz- säure zerstört. Sollten diese Zellen ihre Form verändern können, so sind Ueber die sog. Xantholeukophoren beim Laubfrosch. 95 diese Kontraktionen nach Eberth außerordentlich schwach und erfolgen sehr langsam. Bimmermann (1878, S. 27), drmit Rana esculenta, aber auch mit Hyla arbeitete, unterscheidet neben schwarzem Pigment in Zellen und dunkelbraunem, frei im Gewebe zerstreuten (?Sch.)ein „helles Pigmentin Zellen mit grobgranulärem Inhalt“. Diese Zellen sind an den Seiten des Körpers spärlich, verästelt, anastomosierend; die Farbe ihres Pigments erscheint hell chromgelb; in manchen ist ein Kern deutlich. An der Vorderfläche des Schenkels sind die Zellen in großer An- zahl so gruppiert, daß sie den Ausführungsgang einer Hautdrüse einschließen. Sie haben hier die gewöhnliche grauweiße Farbe der Epithelzellen und in ihnen ist das orangefarbene Pigment an umschriebener Stelle angehäuft, während der Rest der Zelle grau- weiß erscheint. Da an diesen Stellen keine Drüsenzellen vorkommen scllen und die Form der Zellen an jene erinnert, scllennaah Bimmermann diese Pigmentzellen nichts anderes sein als ‚„Hautdrüsenepithelzellen‘“. Ehrmann (189, S. 523f.) stellt Guanin und Lipochrom als die hellen Pigmente dem schwarzen gegenüber. Jene sollen in den polygonalen Zellen der Rückenhaut in einem Zellkörper vereinigt sein. An den Ueber- gangsstellen der Rückenhaut in die weiße Bauchhaut und auf dieser selbst wird das Guanin und hier und da auch das gelbe Pigment in eigenen, mehr verzweigten Zellen getrennt gefundn. Bei Rana esculenta ist die Form der Zellen etwas weniger polygonal alsbei Hyla. Das Mengen- verhältnis der hellen Pigmente ist bei Hyla sehr konstant, indem in jeder Zelle das weiße und das gelbe Pigment immer im selben Verhältnis vorhanden sind, während es bei Rana esculenta graue Individuen gibt, denen das gelbe Pigment größtenteils fehlt, und grüne, bei denen es reichlich vorhanden ist. Ehrmann nimmt an, daß diese beiderlei Pig- mente verschiedene Lagen in der Zelle einnehmen können. Im grauen Zustande der Haut findet man das weiße und das gelbe Pigment so.innig durcheinander gemischt, daß man die Körnchen schwer voneinander unterscheiden kann, während indem gelbgrünen Zustande.die Zellen an dem, oberen-Rande.einren in tensiv gelben Saum oder Reflex zeigen (S. 529). Der graue Zu- stand beruht also darauf, daß das gelbe Pigment in die Tiefe tritt und mit dem weißen sich mischt, der grüne darauf, daß sich eine größere Menge des gelben Pigmentes wieder an der Oberfläche der Zellen sammelt. Biedermann (189, S. 461 f.) beschreibt die Xantholeukophoren als rundliche oder undeutlich polygonale Zellen von gelber Farbe, die etwa nach Art eines Pflasterepithels ein Mosaik bilden, ohne daß jedoch die ein- zelnen Elemente sich unmittelbar berühren. Jede Zelle ist dicht erfüllt ven rundlichen oder ovalen Körnchen, die in eigentümlicher Weise quer gestreift erscheinen, als ob sie aus einzelnen übereinander gelagerten Teilstücken aufgebaut wären. Eine deutlich kristallinische Struktur konnte Bieder- mann nicht wahrnehmen, obschon er bemerkt, das optische Verhalten weise darauf hin. Der Kern kennzeichnet sich als heller Fleck in der Mitte 96 W. J. Schmidt: des Zellkörpers. Außer diesen Körnchen enthält jede Interferenz- zelle!) — so bezeichnet Biedermann im Anschluß an Brücke die Xantholeukophoren — noch ein geldgelbes Pigment in Form von größeren und kleineren Tropfen, welche je nach der Färbung der Haut sehr auf- fällige Lageveränderungen zeigen. Bei vorherrschend grüner oder gelber Farbe bildet nach Biedermann in jeder Zelle die Schicht der Interferenzkörper einexscheibenteormise Unterlage, wber-der’sich; Tast genau ihrer Ausdehnung entsprechend, das gelbe Pigment aus- breitet, so daß die Zelle gelb erscheint, ohne daß man die einzelnen diese Färbung verursachenden Tröpfchen deutlich sieht. Man kann sie aber leicht durch Auflösung der Guaninmassen in Kali- oder Natronlauge sichtbar machen. Die gelben Tröpfchen widerstehen der Einwirkung dieser Reagentien. Die Haut eines tintenschwarzen Laubfrosches, der durch- Einwirkung höherer Temperatur sich rasch aufgehellt hat, unterscheidet sich von der Haut eines hellgelben Laubfrosches unter sonst gleichen Umständen vor allem durch diescharffe räumliche Sonderung der Interferenzkörn- chen und des gelben Pigmentes, welch letztes nun nicht mehr diffus zerstreut über dem ersten liegt, sondern zu rundlichen Klumpen geballt, die Zwischenräume (!) zwischen den scheibenförmigen Massen der Interferenzkörner teilweise erfüllt. In jeder Zelle hat sich nämlich das gelbe Pigment zu einem Klumpen geballt, welchen man an den meisten Stellen von einer ungefärbten feinkörnigen Plasmamasse umschlossen und den Interferenzkörnern dicht angelagert findet, so daß es oft zweifelhaft er- scheinen könnte, ob beides, die Interferenzkörnchen und das gelbe Pigment, wirklich nur Einschlüsse einer Zelle sind, oder ob es sich nicht um zwei verschiedene, aber dicht nebeneinander liegende Zellen handelt. (!) Obwehl nun Biedermann anführt, daß bei gewissen Fischen Interferenz- körnchen und gelbe Tröpfchen in völlig getrennten Zellen vorkommen, be- steht nach ihm bei Hyla kein Zweifel, daß die Interferenzkörner und das !) Hier möge eine historische Notiz über das Wort Interferenz- zellen Platz finden. Brücke (1852) verstand unter diesem Namen zweierlei ganz verschiedene Dinge: bei dem Chamäleon (S. 195—196) in der Epidermis gelegene lufthaltige Zellen, die ver- möge dieses Luftgehaltes zu Interferenzerscheinungen Veranlassung geben; diese Elemente sind die sog. Häutungszellen (vgl. W. J. Schmidt, 1917, S. 108 Anmerkung). Von diesen Elementen sagt Brücke (S. 196: „Diese; Zellen se ae: will ich schlechtweg Interferenzzellen nennen.‘ Von den Fröschen und insbesondere vom Laubfrosch berichtet Brücke etwas später (S. 196—197), daß hier unter der Epidermis aber über dem schwarzen Pigment Zellen liegen, deren feinkörniger kristallini- scher Inhalt Interferenzerscheinungen bedinge (d. s. unsere Xantho- leukophoren). Da Brücke auch hier von Interferenzzellen spricht, so ist die Bezeichnung in zweierlei, ganz verschiedener Bedeutung gebraucht und daher am besten fallen zu lassen. a ee See ee 1 Be ee ee ie Ma en Zicke Ueber die sog. Xantholeukophoren beim Laubfrosch. 97 gelbe Pigment Einschlüsse ein und derselben Plasmamasse darstellen. Biedermann kommt zum Ergebnis, daß die gelbe und hellgraue Fär- bung beim Laubfrosch hauptsächlich durch eine verschiedene räum- liche Verteilung des in den Interferenzzellen enthaltenen gelben Pigmentes bewirkt wird, indem dieses letzte sich bald über größere Flächen gleichmäßig verbreitet, bald nur örtlich an beschränkten Stellen anhäuft und dann für die Gesamtfärbung bedeutungslos wird, die . in diesem letzten Falle wesentlich durch die Interferenzkörnchen be- dingt wird. Aber auch die Interferenzkörnchen erleiden hierbei gewisse Lageveränderungen: bei hellgelber Hautfarbe glitzern sie lebhaft in auffallendem Licht, während sie bei hellgrauen Fröschen ganz matt erscheinen; bei diesen drängen sich die Körnchen viel dichter zu- sammen, womit eine, wenn auch nicht sehr auffallende, Verkleinerung der Zellen Hand in Hand geht. Gaupp (1904, S. 500) unterscheidet auf Grund der vorliegenden Arbeiten (im Literaturverzeichnis erwähnt er auch die Untersuchung Fi- calbis!) Xanthophoren, die nur gelbes Lipochrom enthalten, Leukophoren, die nur Guaninkörnchen umschließen, und Xantho- leukophoren, indenen das Lipochrom mit den Guanin- körnchen in denselben Zellen vorkommt, wobei er sich in der Bezeichnung Keller (1895, S. 147 f.) anschließt und für die Inter- ferenzzellen Biedermanns im Sinne der Kellerschen Xantho- phoren und Leukophoren die Bezeichnung Xantholeukophoren einführt. Diese Xantholeukophoren sollen sich an den grünen Hautstellen finden. Des weiteren bringt dann Gaupp die Angaben Bieder- manns und Ehrmanns. Hempelmann (1908, S. 8) schließt sich in seinen Ausführungen über die Chromatophorenverhältnisse beim Frosch ganz an Gaupp an und unterscheidet demnach Xanthophoren, Leukophoren und Xantho- leukophoren, in welch letzten Guanin und Lipochrom nebeneinander vor- kommen sollen. Schließlich ist noch Siedlecki (1909, S. 710) als Vertreter dieser Auffassung zu nennen. Beim javanischen Flugfrosch (Polypedates reinwardtii) findet er die von Biedermann beim Laubfrosch beschriebenen Verhältnisse und Vorgänge wieder. Die Xantholeukophoren liegen in einschichtiger, nur stellenweise zweischichtiger, Lage dicht unter der Epidermis. Etwa 6—-8 von ihnen treten mit den Ausläufern einer Melano- phore in Kontakt, die sich gewöhnlich unter der Xantholeukophorenschicht befinden; jedoch soll ‚das Umfließen der gelben Zellen durch die amöboiden Ausläufer der Melanophoren‘“ auf „präformierten Bahnen“ erfolgen und beim Braunwerden der Tiere soweit gehen, daß der ganze Plasmaleib samt dem Kern auf die Xantholeukophore ‚„überwandert‘ und unmittelbar unter die Epitheloberfläche zu liegen kommt (? Sch.). Die Xantholeukophoren sind gewöhnlich halbkugelig, mit der flachen Seite dem Epithel angeschmiegt. Wo sie dichter liegen, werden sie durch gegenseitigen Druck in mehr pris- matische Gebilde umgewandelt; jedoch bleibt der untere, dem Korium zugewandte Teil derselben immer halbkugelig. Die Zellen enthalten Archiv f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. I. 7 98 W. J. Schmidt: in regelmäßigen parallelen Schichten de Guaninkörnchen und außerdem das gelbe Lipochrom zwischen diesen Schichten (vorwiegend im unteren Teil der Zellen) in der Form vom Tröpfchen. Dicht an der Oberfläche der Xantholeukophoren liegt der linsenförmige Kern. So verhalten sich nach Siedlecki die Dinge an den dunklen Hautstel- len; an den hellgefärbten dagegen sind die Xantholeukophoren in ellipsoidale Gebilde umgewandelt, deren Kern als kompakter Körper tief unten im Plasma liegt. Zwischen beiden Zuständen finden sich Uebergänge. Daraus schließt Siedlecki, daß die Xantholeukophorenihre Gestalt verändern. können und dabei der Kern von ihrer Oberfläche in die Tiefe des Plasmas wandert. Bei dieser Wanderung des Kernes werden die parallelen Lamellen stark umgebogen, so daß sie in einer Zelle, deren Kern sich schon ganz unten befindet, einige Anhäufungen bilden, an denen nur noch Spuren der kon- zentrischen Schichtung sichtbar sind. Die glitzernden Guaninkörnchen befinden sich in den ausgebreiteten Zellen vornehmlich in der nächsten Umgebung des Kernes, wogegen die tieferen Schichten von dem Lipochrom- tröpfchen eingenommen sind. Die Guaninkörnchen geben den Zellen einen bläulichen Schimmer, der noch dadurch verstärkt wird, daß sich der stark lichtbrechende Kern über demselben befindet. Der gelbe Farbstoff ist vorwiegend unter den Körnchen ausgebreitet; bei dieser Lage muß alse die blaue Färbung überwiegen und eine intensive dunkelbläulichgrüne Hautfarbe daraus resultieren. Sobald jedoch die Kerne der Xantholeuke- phoren in die Tiefe der Zellen gewandert sind, werden die Guaninkörnchen infolge der Verschiebung des Plasmas von den gelbes Pigment führenden Schichten überdeckt; auf diese Weise entsteht die lichte gelbgrüne Hautfarbe. Diesen sehr bestimmt gehaltenen Aeußerungen Siedleckis gegen- über muß ich eine gewisse Zurückhaltung beobachten, weil sie einen Frosch betreffen, der unseren heimischen Formen schon ferner steht. Siedleckis Schnittbilder geben eigentlich nur über das Verhalten des Guanins Auf- schluß. Sollten seine Angaben über das Nebeneinander von Lipochrom und Guanin in derselben Zelle auf Beobachtungen am lebenden Objekt beruhen, so dürfte auch hier unbedingt eine Nachprüfung notwendig werden, nach- dem sich herausgestellt hat, daß bei unseren einheimischen, so viel unter- suchten Fröschen gewandte Beobachter bei der Deutung der Xantholeuko- phoren sich getäuscht haben. Fuchs (1914, S. 1483) stellt zusammenfassend die Verhältnisse so dar, daß ein Teil der älteren Forscher den komplizierten Bau der Xantho- leukophoren nicht immer richtig erkannt habe, in dem sie diese Zellen in zweierlei Elemente unterschieden, was neuerdings Ficalbi wieder im Gegensatz zu Ehrmann und Biedermann annehme Da Fuchs Ficalbis Arbeit nicht im Original zugängig war, begnügt er sich mit einem einfachen Hinweis auf dessen Angabe und betont, daß das Verdienst, den richtigen Sachverhalt erkannt zu haben, Hering gebührt. Fuchs vertritt also durchaus den Standpunkt Biedermanns und Ehr- manns. — Die Abbildungn von Ehrmann und Biedermann sind in die zusammenfassende Literatur übergegangen (Gaupp,Hem- Ueber die sog. Xantholeukophoren beim Laubfrosch. 99 pelmann, Fuchs) und haben die irrige Auffassung von der Existenz der Xantholeukophoren befestigt. Für eine Verteilung von Guanin und Lipo- chrom auf zweierlei Zellen sind v. Wittich;- viel- leicht auch Winkler und Pouchet vor allem aber Fi- calbi und im Anschluß an den letzten van Rynberk in seiner zusammenfassenden Darstellung eingetreten. v. Wittich (1854a, S. 42 u.f.) hat zweifellos die guaninhaltigen und lipochromhaltigen Zellen auch an den grünen Hautstellen auseinander halten können. Er unterscheidet beide als gelbe Pigmentzellen und als Interferenzzellen, gibt aber (im Gegensatz zu Hering und anderen, s. 0.!) an, daß beide sehr schnell sowohl durch Säuren als durch Alkalien zer- stört werden. Doch neigt er zur Annahme, daß beide Zellarten nur Entwick- lungszustände ein und derselben Zellform seien, einmal auf Grund des erwähn- ten mikrochemischen Verhaltens, dann aber auch deshalb, weil überall da, wo gelbe Zellen auftreten, unter Umständen statt derselben Interferenzzellen vor- kommen können. Diese Meinung vertritt v. Wittich auch in einer späteren Arbeit (1854 b, S. 259), indem er sagt: ‚‚Wie ich schon früher angab, scheinen diese Interferenzzellen in einem gewissen genetischen Zusammenhange mit den gelben Fettzellen zu stehen, nicht allein, daß wir unter den Erschei- nungen einer Art Atrophie die gelben Zellen fast ganz verschwinden sehen und an ihrer Stelle die sehr geschrumpften Interferenzzellchen finden, be- kommt man auch sehr oft unter ganz normalen Verhältnissen gelbgefüllte Zellen zur Beobachtung, die noch nebenher kristallinische Flitterchen ent- halten und es diesen verdanken, daß sie bei durchfallendem Lichte teil- ‚weis undurchsichtig, bei auffallendem teils gelb, teils auf weißem Grunde schillernd erscheinen.‘ . Nach solchen Aeußerungen zu schließen, läßt v. Wittich auch das gleichzeitige Vorkommen von Guanin und Lipo- chrom in einer Zelle zu und kann demnach nur mit Einschränkung als ein Vertreter der zweiten Richtung betrachtet werden. Pouchet (1876, S. 55f.) weist in der grünen Haut der Frösche Lipochrom (pigment jaune) und Guanin offenbar verschiedenen Zellen zu. Das ölärtige, gelbe, in Alkohol lösliche Pigment bilde Tropfen in den Chro- matophoren, die bei der Präparation sehr groß werden. Doch sei es schwer, die Zellen, welche dieses gelbe Pigment enthalten, einzeln zu beobachten, wenigstens beim erwachsenen Tier. Winkler (1910 a, S. 256), der hier zunächst genannt werden soll, dem aber Ficalbis Arbeit bekannt ist, entscheidet sich nicht klar für diesen Autor oder für Biedermann, sondern empfiehlt, ‚aus praktischen Gründen“ nicht drei Schichten von Pigmentzellen (Xantho- phoren, Leukophoren, Melanophoren), wie Ficalbi will, sondern nur zwei, Xantholeukophoren, mit Guanin und Lipochrom erfüllt, und Melanophoren zu unterscheiden. Auch an einer anderen Stelle (1910 b, S. 626) zeigt Winkler die gleiche Unentschiedenheit: er führt in der Rückenhaut zwei oberflächliche Schichten, Xanthophoren und TE 100 W.RsSschAridt: Leukophoren, und darunter eine tief liegende Schicht von Melanophoren an. Doch spricht er wenige Zeilen danach wieder von Xantholeukophoren (S. 627). Aus den Abbildungen läßt sich keine Klarheit über die Stellung- nahme des Autors zu unserer Streitfrage gewinnen. van Rynberk (1906, $. 493) ist der einzige Autor, welcher die nun anzuführenden Angaben Ficalbis (1896) richtig gewürdigt hat, sehr wahrscheinlich deshalb, weil ihm (im Gegensatz zu Fuchs) die Ar- beit im Original vorlag und er wohl auf Grund der Abbildungen zur Ueberzeugung kommen mußte, daß diese Beschreibung ‚‚eine sehr wertvolle Berichtigung der Biedermannschen Untersuchung“ bilde. van Rynberk gibt den im folgenden wiederholten, anscheinend wört- lich übersetzten Auszug aus Ficalbis Monographie. Ficalbi unter- scheidet in der oberen Schicht der Kutis nicht zwei Lagen von Pigment- zellen, wie Biedermann, sondern drei: ‚Die erste oder oberfläch- liche Schicht besteht aus sphärischen Chromatophoren mit deutlichem Kern. . Sie sind sehr nahe aneinander gelagert, aber berühren sich nicht, so daß enge reelle oder virtuelle Spalten zwischen ihnen übrig bleiben. Auf einem Querschnitte erscheinen sie in der Mitte am dicksten; ‘bei der Flächen- ansicht zeigen sie aber eine vieleckige Zellform, einem platten Epithel ähn- lich. Diese Chromatophoren sind gelb, meist goldgelb oder zitronengeib, und der Farbstoff ist in zahlreiehen feinen Tropfen enthalten......... Die zweite oder mittlere Schicht besteht ebenso aus sphärischen Chromato- phoren mit deutlichem Kern. Ihre Größe ist jener der über ihnen gelagerten gleich und sie erscheinen in den Querschnitten halbmondförmig, weil ihre obere Fläche nach oben konkav ist und ein Bett bildet, worin je eine Chro- matophore der oberen Schicht gelagert ist. Sie sind von violetter Farbe, wie der Bodensatz des Weines, sind aber irideszierend und können andere Farben zeigen. Ihr Farbstoff ist in großen Körnchen enthalten, welche untereinander in den Pigmentzellen zu einer Art Farbenspiel Veranlassung SEDERLA SAN... Die dritte Schicht ist jene der schwarzen ....... Chromatophoren. Diese haben einen kernhaltigen Körper (der Kern Ya oft schwer zu sehen) und verzweigte Fortsätze. Sie bilden eine sparsame Schicht, da die Körper der. schwarzen Pigmentzellen einander nicht be- rühren. Die Fortsätze tun es aber und daher sieht man auf den Quer- schnitten eine kontinuierliche, unter die beiden beschriebenen Chromato- phorenschichten gelagerte schwarze Schicht. An Flächenpräparaten sieht man aber, daß die Schicht in der Tat sparsam ist, so daß nur je eine schwarze Chromatophore mehreren darüber gelagerten entspricht.‘ Leider konnte auch ich Ficalbis Arbeit (erschienen in Atti della R. Accademia Peloritana in Messina, 1896) nicht im Ori- ginal einsehen, sondern meine Kenntnis derselben erstreckt sich auf das, was van Rynberk darüber sagt. Das vorstehende Zitat ergibt aber im Vergleich mit meinen eigenen Befunden un- zweifelhaft, daß Ficalbi die eigentümliche Form und Lage- beziehung der zu einer scheinbaren Xantholeukophore vereinigten S n u I u N a TE ELTEE ET a 1 a u BE u a Den Zi Ueber die sog. Xantholeukophoren beim Laubfrosch. 101 Xanthophore und Guanophore richtig erkannt hat !). Diese Fest- stellung ist aber, in der deutschen Literatur wenigstens, nicht zur Anerkennung gelangt, obwohl die Arbeit Ficalbıs schon mehr als 20 Jahre zurückliegt, eben weil sie an so schwer zugänglicher Stelle erschien. Da meine Befunde ganz unabhängig von denen Fi- calbis gemacht wurden — ich lernte die bei vanRynberk zitierte Stelle aus Ficalbi erst genauer kennen, nachdem ich meine Beobachtungen abgeschlossen hatte und mich in die litera- rische Seite der Frage vertiefte — und da sie ferner in mancher Hin- sicht eine Ergänzung der Ficalbischen darstellen dürften, so wird die folgende Mitteilung wohl willkommen sein. Eigene Untersuchungen. Schon seit Jahren hatte ich Zweifel an der Richtigkeit der Ehrmann-Biedermannschen Auffassung — als solche will ich die eingangs erwähnten Anschauungen kurz bezeichnen — und zwar aus folgenden Gründen. Beiden Reptilien kommt die grüne Farbe in folgender Weise zustande; eine Lage lipo- chromführender Zellen (Lipophoren = Xanthophoren) ist über einer Lage guaninhaltiger Zellen (Guanophoren — Leukophoren) ausgebreitet; darunter folgt noch eine Schicht von Melanophoren, die einen schwarzen Hintergrund liefert, vor dem die Guanophoren in auffallendem Licht blau erscheinen. Diese blaue Farbe wird durch die Ueberdeckung mit Gelb in Grün verwandelt. Wäre also de Ehrmann-Biedermannsche Auffassung richtig, dann läge das eigentümliche Verhalten vor, daß der auf der Ucberlage- rung zweier bestimmter Substanzen (Guanin und Lipochrom) be- ruhende färberische Effekt in dem einen Falle (Amphibien) durch schichtweises Ueberlagern der beiden Stoffe in einer Zelle, im anderen Falle (Reptilien) durch Ueberschichtung der gleichen farb- erzeugenden Stoffe in zwei übereinandergelegenen Zellschichten hervorgerufen würde, Ferner ist zu bedenken, daß Guanin und Lipochrom chemisch !) Hinsichtlich der Deutung des Inhaltes der Guanophoren (Leuko- "phoren) scheint Ficalbi weniger das Richtige getroffen zu haben. Möchte man doch vermuten, daß er hier an ein richtiges Pigment denkt, da er von „Farbstoff“ spricht (s. obiges Zitat); andererseits hebt er aller- dings auch das Irisieren dieser Zeilen hervor. 102 WEISSCH In Id t: sehr verschiedene Körper sind; daß sie nebeneinander in derselben Zelle gebildet werden, ist zwar von vornherein nicht unmöglich, aber insofern unwahrscheinlich, als bei Fischen, worauf ja schon Biedermann (s. 0.) hingewiesen, und Reptilien durchweg Guanin und Lipochrom auf zweierlei typisch verschiedene Zellen verteilt sind '). Dazu kommt noch, daß auch beim Laubfrosch neben den Xantholeukophoren Xanthophoren — einzig mit Lipochrom — und Leukophoren — nur mit Guanin allein — vorkommen (8. 0. Ehrmann). Soll unter diesen Umständen die Vermutung nicht nahe liegen, daß Ficalbi doch recht hat, und die Xantholeuko- phoren eine Kombination von Xanthophoren und Leukophoren darstellen ? Zu diesen durch morphologische Gründe erweckten Zweifeln - kommt noch die physiologische Schwierigkeit sich vorzustellen, daß die Guanin- und Lipochrommassen in den Xantholeukophoren sich bei den intrazellulären Verlagerungen des Lipochroms (s. 0. Bie- dermann) nicht regellos miteinander vermischen, oder wenn eine solche Vermengung eingetreten ist (was nach Ehrmann und Siedlecki vorkommen soll s. 0.), sich wieder reinlich zu scheiden vermögen. Alle diese Schwierigkeiten fallen hinweg, wenn Guanin und Lipochrom sich in verschiedenen Zellen befinden. So ging ich denn mit der festen Erwartung an die Untersuchung heran, daß die Xantholeukophoren des Laubfrosches keine ein- heitliche Zellform darstellen, sondern durch Ueberlagerung von Xanthophoren und Leukophoren vorgetäuscht werden. Diese Er- wartung bestätigte sich vollkommen. Als Untersuchungsobjekt diente mir ein männlicher Laubfrosch, der beim Töten ein: schöne grüme Farbe hatte. Alle folgenden Angaben beziehen sich demnach auf den grünen Zustand der Haut. Ich bemerke ausdrücklich, daß gewisse andere Farbtöne (silbergrau) sich hinsichtlich dr Anordnurg von Guanin und Lipochrom in der Haut wesentlich vom grünen Zustand unter- scheiden; doch bleiben unter allen Umständen — und das ist hier der wesentliche Punkt — Guanin und Lipochrom auf verschiedene Zellen verteilt. 1) Nur Wagner (1911, S. 28) berichtet, er habe Guanin und Lipo-" chrom bei (sehr jungen) Forellen in derselben Zelle nebeneinander beobachtet; allerdings läßt er hinsichtlich der Guaninnatur der beobachteten Körnchen Zweifel offen. Ueber die sog. Xantholeukophoren beim Laubfrosch. 103 Zunächst prüfte ich grüne Hautstücke, vornehmlich von der Dorsalseite des Oberschenkels, die dem soeben getöteten Tier entnommen waren, möglichst glatt, mit wenig Wasser und die ‚Epidermis nach oben auf dem Objektträger ausgebreitet, unter star- ken Vergrößerungen in Flächenznsicht. Man kann hierbei sehr gut Immersionen benutzen, wenn man für hinreichend starke Beleuchtung Sorge trägt. Bei Anwendung einer Liliputbogenlampe von Leitz, die mit Gleichstrom von 3—4 Ampere gespeist wurde, ergab der Zeißsche Apochromat 2 mm N. A. 1.30 mit Kom- pensationsokular 4 oder 8 ausgezeichnete Bilder. Ein Entfernen der Epidermis oder Anwendung aufhellender Flüssigkeiten (Gly- zerin) ist vollkommen überflüssig. Die Xantholeukophoren erscheinen in solchen Präparaten an grünen Hautstellen als rundlich-polygonal umgrenzte Gebilde, die bei der starken Beleuchtung (unter schwächeren Vergrößerungen) in prächtigen Interferenzfarben erstrahlen. Untersucht man sie mit starken Objektiven, so lassen sich deutlich 2 horizontal über- einandergeschichtete, verschiedenartige Anteile dieser Elemente unterscheiden: bei hoher Einstellung, also bei Untersuchung der der Epidermis zugewandten Seite, gewahrt man sehr dichtliegende, selbst bei tausendfacher Vergrößerung immer noch klein erscheinende, gelbe Körnchen, das Lipochrom; beim Senken des Tubus gelangt man dagegen in ein Gebiet, das mit viel gröberen körnigen Massen er- füllt ist, die aus Guanin bestehen. Während sich in den Guanir- massen fast immer eine helle Stelle auffinden läßt, die dem Ort des Kernes entspricht, sucht man gewöhnlich im Niveau der gelben Körnchen, des Lipochroms, vergeblich nach der Andeutung eines Kernes. Sehr eigentümlich und meiner Erwartung zunächst entgegen war die Tatsache, daß die Areale der zu einer „Xantholeukophore‘“ gehörigen Guanin- und Lipochrommassen sich in ihrem Umfang genau decken, was ja auh Biedermann hervorhebt (s. o.). Wenn es sich um die Ueberlagerung einer Guanophorenschicht durch eine Lipophorenschicht handeln sollte, wie ich annahm, war es sehr erstaunlich, daß doch zwischen den Lipophoren und den Guanophoren derartig enge räumliche Beziehungen bestehen, wie sie sich aus der genauen Einhaltung des gleichen Areals übereinandergelegener Zellen unzweifelhaft zu erkennen gaben. So einfach wie bei den Reptilien, bei denen der letzt erwähnte Umstand nicht festzustellen 104 W:: 2.,Sschmid:t: ist, konnten demnach die Verhältnisse hier nicht liegen. Anderer- seits beobachtete ich aber im Uebergangsgebiei von grünen zu gelben Hautstellen (= vom Rücken zu den Körperseiten), daß all- mählich diese enge Beziehungen zwischen Lipochrom- und Guanin- verteilung in den ‚Xantoleukophoren‘ verloren gehen: man sieht nämlich einzelne Elemente, in denen die Masse der gelben Lipo- chromkörnchen sich nach Art von Ausläufern über das Gebiet der zu- gehörigen Guaninmasse hinaus erstreckt und solche Zustände führen schrittweise über zu einer vollständigen Trennung von Guanophoren und Lipophoren, wie sie schon Ehrmann (s. 0.) bekannt war. Man kann die bisher geschilderten Verhältnisse auch an Haut- stücken beobachten, die kurz mit absolutem Alkchol und Xylol behandelt, dann in Balsam übergeführt werden. Der Lipochrom- farbstoff bleibt in solchen Totalpräparaten wenigstens eine kurze Zeit erhalten. An zweiter Stelle untersuchte ich 2O » dicke Kohlensäure- Gefrierschnitte von der grünen Haut der Dorsalseite des Ober- schenkels, die 12 Stunden in 10 % Formol fixiert worden war. For- mol erhält die gelbe Farbe, wenn der Farbstoff auch nicht unver- ändert bleibt, inscfern als die Körnchen viel größer sind, als sie im überlebenden Objekte und im eben erwähnten, kurz mit Alkohol fixier- ten Totalpräparat erscheinen; man gewinnt den Eindruck, daß die kleinen Lipochromtröpfchen zu größeren zusammengeflossen sind. Um gute Schnitte durch die dünne Haut zu erhalten, bildete ich aus einem Hautstückchen eine Rolle und schnitt diese senkrecht zu ihrer Längsachse. Die Schnitte rollten sich, in Wasser untersucht, wieder ab und zeigten sehr schön in jeder ‚„Xantholeukophore‘ die beiderlei Substanzen horizontal übereinander geschichtet, das gelbe Lipochrom in Form eines Streifens an der Epidermisseite, darunter die kristallinischen Guaninmassen (Fig. 1, Taf. IV). Die Grenze der beiden Stoffe ist absolut scharf, allerdings nicht ganz geradlinig. Niemals konnte ich eine Vermengung beider Substanzen, wie sie doch zu erwarten wäre, wenn sie in ein und derselben Zelle beieinander lägen, und auch von Ehrmann gefordert wird (Ss. 0.), beobachten. Ferner traten jetzt, nach der’ Formolfixierung, an vielen Stellen innerhalb der gelben Lipochrommassen unzweifelhaft kenntlich, Zellkerne hervor. Die Stellen der Kerne in den Guaninmassen, die am Flächen- präparat der Haut so leicht festzustellen waren, konnte ich hier a ach? De a „wi Du Wa Zar a nn ar Azad B= -e ahDH a DS nn Ueber die sog. Xantholeukophoren beim Laubfrosch. 105 nicht regelmäßig beobachten, dafür waren die Schnitte zu dick; jedoch gewahrte ich an einzelnen Stellen, daß innerhalb einer „Xantholeukophore‘ sowohl im gelben Pigment als auch im Guanin je ein Kern lag, somit auf jedes Element zwei Kerne entfallen. Diese Tatsache zusammengehalten mit der guten Ab- grenzung der beiderlei Substanzen zeigt wohl schon überzeugend, daß jede „Xantholeukophore“ eine Kombination zweier Zellen, einer Xanthophore und einer Leukophore, darstellt. Im Gefrierschnitt waren die engen Beziehungen zwischen einer Guanophore und der darüber gelegenen Xanthophore, die sich in der Einhaltung des gleichen Arenals in der Flächenansicht aus- prägten (s. 0.), noch besser zu erkennen (Fig. 1, Taf. IV). Jede Lipo- phore sitzt ihrer Guanophore wie eine Kappe auf. Die Lipophore (X) springt etwas konvex gegen die Epidermis und gegen die Guanophore vor, so daß ihre Gestalt etwa als linsenförmig bezeichnet werden kann.: Die Guanophore (L) ist auf ihrer Oberseite entsprechend aus- gehöhlt, auf ihrer Unterseite gerundet und gegen die Melanophoren (M) vorgedrängt. Diese innige Beziehung, welche offenbar zwischen je einer Leukophore und einer Xanthophore besteht, läßt sich eini- germaßen den Kombinationen von verschiedenartigen Farbzellen vergleichen, wie sie von Ballowitz (1913 a und c) bei Fischen beschrieben worden sind. Wenn diese räumliche Beziehung der beiderlei zu einer „Xantholeukophore‘“ vereinigten Zellen auch nicht vollkommen erklärt werden kann, so wird sie doch verständ- licher durch die Tatsache, daß zwischen den ‚Xantholeukophoren“ die sogenannten aufsteigenden Fasern der Lederhaut zur Epidermis. emporstreben und somit gewissermaßen kleine Fächer gebildet werden, die in gleicher Weise den Xanthophoren und den Leukophoren zur Ausfüllung zur Verfügung- stehen. Ich versuchte auch, derartige Gefrierschnitte, ungefärbt oder leicht mit Thionin gefärbt, in Balsam zu überführen; doch war trotz beschleunigter Behandlung das gelbe Pigment stets verschwun- den. Dieser Unterschied gegenüber dem Totalpräparat (s. 0.) ist wohl so zu erklären, daß an den Schnitten Alkohol und Xylol viel leichter Zutritt zum Pigment haben, als an ganzen Hautstücken, und der Farbstoff mit ständig wechselnden Mengen des Lösungs- mittels in Berührung kommt, ferner auch wohl durch die Formol- 106 W. J. Schmidt: behandlung und das Gefrieren, wodurch eine Veränderung (Ver- klumpung) der Lipochromgranula hervorgerufen wird. Schließlich stellte ich Paraffinschnitte her, zum Teil von formolfixierten Objekten, zum Teil von Hautstücken, die 12 Stunden lang mit einmal gewechseltem starken Flemming- schen Gemisch behandelt waren. Die letzte Fixierung erwies sich für die feinere Erhaltung der Lipophoren und Guanophoren vor- teilhafter als die Formolbehandlung; doch konnten auch bei dieser die wesentlichen Verhältnisse durchaus deutlich erkannt werden. Zum Färben gebrauchte ich in beiden Fällen Thionin-Eosin, Dela- fields Hämatoxylin-Eosin oder van Giesons Gemisch, Poly- chromes Methylenblau nach Unna, Pappenheims Methyl- grün-Pyronin, schließlich Eisenhämatoxylin nach Heidenhain, sei es allein oder in Verbindung mit Eosin oder van Giesons Gemisch. Am vorteilhaftesten von diesen Färbungen waren Thionin- Eosin und die Eisenhämatoxylinmethode mit den genannten Kom- binationen; die letzte hat allerdings den Nachteil, daß die Guanin- massen durch längere Behandlung mit der Eisensalzbeize mehr oder minder aufgelöst werden. Für deren Untersuchung eignen sich daher mehr die vorgenannten Färbungen, vor allem Thionin- Eosin, Delafields Hämatoxylin in Verbindung mit Eosin oder vanı Giesons.: Gemisch; auch‘ Pappenhei.m sche) Er bung gibt hübsche Präparate unter Erhaltung des Guanins. Die Schnittdicke betrug durchweg 10 u. Sowohl Quer- als Flachschnitte der Haut kamen zur Untersuchung. Beginnen wir mit der Betrachtung eines mit Thionin und Eosin ‚gefärbten Querschnittes durch die Rückenhaut (Fig. 2, Taf. IV). Dicht unter der Epidermis (E), nur durch die dünne kollagene Grenzlamelle von ihr getrennt, liegt in sehr regel- mäßiger Anordnung eine einfache Schicht von Doppelzellen, von „Xantholeukophoren‘“. Durch ihre Größe, Form und Färbung heben sie sich auffallend von allen anderen Elementen der Kutis ab. Jede Doppelzelle setzt sich zusammen aus einer zart bläu- lichgrün gefärbten Xanthophore (= Lipophore, X, Fig. 2, Taf. IV) und einer gelblichen Leukophore (= Guanophore, L). Jede Xanthophore (X, Fig. 2, Taf. IV) hat die Form einer dicken bikonvexen Linse, deren obere Fläche gegen die Epidermis vorspringt, während die untere, stärker gewölbte, von der Guano- phore (L) umfaßt wird. Die Lipophoren stehen dicht aneinander und RN Ueber die sog. Xantholeukophoren beim Laubfrosch. 107 sind nur durch feine Bindegewebssepten getrennt, welche von der kollagenen Grenzlamelle abgehen. Hin und wieder findet sich in diesen Septen der kleine Kern einer Bindegewebszelle (vgl. Fig. 2, Taf. IV, zwischen den beiden mittleren Doppelzellen). Durch dieses dichte Aneinanderlagern der Zellen kommt vielfach der Rand der Linse in Wegfall, und, wie die Flachschnitte lehren (s. u.), bedingt dieses enge Aneinanderschließen der Xanthophoren ihre gegenseitige polygonale Begrenzung. Der zweite Bestandteil der Doppelzelle, die Leukophore (L, Fig. 2, Taf. IV), erscheint im Schnitt halbmondförmig und schmiegt sich der unteren stärker gewölbten Fläche der Xantho- phore an. Räumlich betrachtet ist die Leukophore becherförmig; die Höhle dieses Bechers wird von der Xanthophore ausgefüllt. Die Xanthophoren und die Leukophoren einer jeden Doppel- zelle sind nicht durch Bindegewebslamellen voneinander ge- schieden, während solche feinen Häutchen benachbarte Doppel- zellen voneinander trennen. Faßt man die ganzen Doppelzellen (an grünen Hautstellen) ins Auge, so erscheint der Anteil der beiderlei Farbzellen daran im Querschnitt der Haut etwas verschieden. Gewöhnlich ist die Xantho- phore voluminöser, die Leukophore weniger umfangreich. Dieses Verhalten gilt vor allem für die Rückenhaut. In der Haut von der Dorsalseite des Oberschenkels sieht man vielfach das Gegenteil da- von; aber auch in der Rückenhaut finden sich gelegentlich ähnliche Vorkommnisse. \ Unter den Guanophoren folgen de Melanophoren (M, Fig. 2, Taf. IV), die mit ihren Ausläufern guirlandenartig die Unter- seite jener einfassen. In meinen Präparaten ist ihr Pigment ziemlich stark geballt und ihre Ausläufer lassen sich, pigmenterfüllt, nur bis zum Becherrand der Guanophore verfolgen, indem sie sich in die Lücken hineinschieben, welche zwischen den Halbmonden frei bleiben. Da die Doppelzellen bei dem geschilderten Zustand der Melano- phoren in ihrem oberen Teil dicht aneinander stoßen, muß ihre Form eine andere sein, wenn die Ausläufer der schwarzen Pigment- zellen vollständig mit Pigment erfüllt sind: sie werden alsdann von den Seiten her durch das gegen die Epidermis vorflutende Pigment zusammengedrückt und müssen somit in der Richtung senkrecht zur Hautfläche an Ausdehnung zunehmen. Solche Formverände- rung hat ja auch Biedermann (s. 0.) aus dem Studium der 108 W. J. Schmidt: Flächenansicht erschlossen; in der Tat ist das Aussehen der Xantho- leukophoren bei gewissen Färbungszuständen der Haut wesent- lich von dem hier geschilderten verschieden. Ganz ähnlich wie bei Thionin-Eosin-Färbung bietet sich das Bild eines mit Eisenhämatoxylin gefärbten Querschnittes dar (Fig. 3, Taf. IV), nur daß die Leukophoren weniger auffallen, weil ihr Inhalt, das in durchfallendem Licht im Schnitt geibliche Guanin, sich gar nicht mehr oder nur schwach erkennen läßt. Ein gewisser Unter- schied der beiden Schnitte (Fig. 2 u. 3, Taf. IV) liegt darin, daß bei dem letzten die Becher der Leukophoren im Allgemeinen näher ans Epithel heranreichen, bisweilen die kollagene Grenzlamelle be- rühren. Die Ausläufer der Melanophoren treten aber auch hier nicht bis an die Epidermis heran. Gehen wir nun auf den Bau der einzelnen Kompo- nenten der Doppelzellen näher ein. Die Xanthophoren sind bei Fixierung mit Flemmings Gemisch und Färbung nach Pappenheim, oder mit Thionin-Eosin zart grünlichblau ge- färbt, bei Tinktion mit Delafields Hämatoxylin rötlichblau, bei Eisenhämatoxylinbehandlung merklich dunkler als die Leuko- phoren. Sie besitzen einen bläschenförmigen Kern mit ein bis zwei Nukleolen und spärlichen kleinen Chromatinbröckchen. Der Kern ist gewöhnlich parallel zur Ebene der Haut abgeflacht und liegt in der Mitte der Zelle (Fig. 5 u. 7, Taf. IV). Gar nicht so selten findet man statt eines Kernes zwei nahe beieinandergelegene (Fig. 4 und 8, auch zwei Zellen in Fig. 3..Tar. IV). Das Plasma der Xanthophoren erscheint bei Thionin- Eosin-Färbung fast homogen (Fig. 4 u. 5, Taf. IV), bei Eisenhäma- toxylinbehandlung dagegen vor allen in der Umgebung des Kernes mehr oder minder deutlich gekörnt Fig. 7—9, Taf. IV). Oefter (Fig. 10, Taf. IV) war das Plasma gleichmäßig mit kleinen dicht gelegenen deut- lich erkennbaren Granula erfüllt. Das konnte ich bei Eisenhäma- toxylinfärbung nur ziemlich selten aber dann ganz klar beobachten, während bei Färbung mit Delafields Hämatoxylin dieses Ver- halten allgemein aber weniger deutlich kenntlich war. Da die gelbe Färbung aus den Schnitten stets verschwunden ist, kann es sich nicht um die in Alkohol löslichen Lipochromgranula handeln, sondern es liegt eine davon abweichende Körnung vor, die bei der Beob- achtung des überlebenden Objektes meist nicht festzustellen ist. Es ist vielleicht nicht überflüssig, zu betonen, daß die Körnchen Ueber die sog. Xantholeukophoren beim Laubfrosch. 109 kein Guanin sind. Ob sie vielleicht Vorstufen der gelben Körnchen darstellen, müssen weitere Untersuchungen lehren. Es sind aber zweifellos die Körnchen, welche Biedermann (s.o.) als unge- färbte, feinkörnige Plasmamasse bezeichnet und auch in seinen Abbildungen (Taf. XI, Fig. 2) angedeutet hat. Daß den Xanthophoren Zentriolen zukommen, kann ich nicht mit Bestimmtheit behaupten. Oefter sah ich in der Nähe des Kernes einzelne kleine Körnchen oder auch ein Doppelkörnchen (Diplosom), das sich mit Eisenhämatoxylin stärker färbte als die anderen körnigen Einlagerungen des Plasmas. Doch habe ich dies Gebilde nicht mit der Regelmäßigkeit gefunden, daß ich seine Natur als Zentriol über allen Zweifel sicher stellen könnte. Noch ein paar Worte über de Zweikernigkeit der Xanthophoren. Ob diese zwei Kerne auf mitotischem oder ami- totischen Wege aus dem ursprünglich in Einzahl vorhandenen Kerne hervorgehen, läßt sich aus den morphologischen Verhältnissen nicht entnehmen. Ist aber ein Analogieschluß auf die zweikernigen M e- lan o phoren bei Urodelen und Reptilien erlaubt, so liegt die Wahr- scheinlichkeit mitotischer Entstehung vor. (Vgl. Per- Bıtzsch' 1913,.S. 173,.:S chmFrdt:1917,'$.:139.).. Zweikernige Xanthophoren sind bis jetzt noch selten beobachtet. Bei Reptilien (Lacerta) fand ich sie immer einkernig (Schmidt 1917, S. 182). Doch beschreibt Ballowitz (1913 c, S. 546), daß bei Knochen- ‚fischen (Gobiiden) die Xanthophoren wie die Melanophoren ge- wöhnlich zweikernig sind; andererseits aber berichtet Ballowitz (1913 b, S. 298), daß in den Rotzellen von Mullus (Lipophorenv mit rotem Pigment) immer nur ein Kern vorkommt. In betreff der Zellen mit rotem Lipochrom bei den Gobiiden konnte Ballo- witz (1913c, S. 549) nicht zu einem abschließenden Urteil über die Kernverhältnisse gelangen. Die Leukophoren sind vor allem durch ihren Guanin- inhalt gekennzeichnet. Während am Gefrierschnitt und am Totalpräparat das Guanin mehr als kleine unregelmäßige, ziemlich große Körnchen erscheint (Fig. 1, Taf. IV), zeigt es auf den Schnitten seine wahre Gestalt. Es bildet nämlich kleine, dünne Täfelchen (Fig. 4 u. 5, Taf. IV), die gruppenweise mit ihren Flächen überein- ander geschichtet sind (vgl. oben Biedermann, der eine An- deutung dieser Verhältnisse sah). Wenn auch keine bestimmte Anordnung dieser Gruppen von Kristallplättchen besteht, so sind 110 | W. J. Schmidt: - sie doch im allgemeinen so gelagert, daß ihre Fläche der Außen und der Innenwand des Bechers parallel gerichtet ist. Auf den Schnitten erscheinen sie stäbchenförmig; es handelt sich aber nicht um Nadeln, da man punktförmigen Querschnitten in entsprechender Verteilung richt begegnet. Vielmehr führt der Vergleich der Total- präparate mit den Schnittbildern zur Ueberzeugung, daß hier kleine Plättchen vorliegen müssen. Newmann (1909, S. 566 f.) hat zuerst bei Amphibien deut- liche Guanintäfelchen beobachtet und zwar in Guanophoren des Bauchiells vom Frosch. Ich kann für das Bauchfell der Salamander- larve diese Beobachtungen durchaus bestätigen. _ ln den Eisenhämatoxylinpräparaten (Fig. 7 u. 8, Taf. IV) ist meist vom Guanininhalt in den Leukophoren nur eine undeutliche Streifung zurückgeblieben; der kristallinische Inhalt der Zellen ist gelöst und deshalb erscheinen sie bei dieser Färbung wesentlich heller als die Xanthophoren. Der Kern der Guanophoren (Fig. 4 u. 8, Taf. IV) ist ent- sprechend der Becherform der Zelle gestaltet, also etwas abgeplattet, ferner wohl oft kleiner als der Kern der Xanthophoren und gewöhn- lich etwas mehr dem Unterrand der Zelle genähert. In einigen Fällen, aber sehr viel seltener als bei den Xanthophoren, fand ich zwei Kernein einer Leukophore (Fig. 7, Taf. IV). Zweikernige Guano- phoren sind bisher wohl nirgends bekannt geworden. Sichere Anhaltspunkte für das Vorkommen von Zentriolen in Leukophoren habe ich nicht gewinnen können. Die bisher geschilderten Beobachtungen sind vornehmlich am Querschnitt der Haut gewonnen. Die Betrachtung von Flach- schnitten ergänzt sie in willkommener Weise. Wie schon ältere Autoren und auch wir oben nach dem Studium des Total- präparates berichtet haben, stoßen die ‚„Xantholeukophoren‘“ als mehr oder weniger regelmäßige, polygonale, vier- bis achteckige Zellen nach Art eines einschichtigen Epithels aneinander, dessen Fläche nur von den Ausführgängen der Drüsen durchbohrt wird. Man kann schon verstehen, wie ein derartig eigentümliches Bild bei einer weniger eingehenden Untersuchung diese Elemente als wirklich epitheliale erscheinen lassen konnte (s.o. Blmmermann). Geht der Schnitt nahe dem Epithel durch das Niveau der Doppel- zelle hindurch, so schließen de Xanthophoren ganz dicht aneinander und sind nur durch feine Bindegewebslamellen getrennt Ueber die sog. Xantholeukophoren beim Laubfrosch. 111 (Fig. 9, Taf. IV). Hin und wieder löst sich von den Lamellen ein kleiner faden- oder lappenartiger Fortsatz ab, der in die Zellen vom Rand her einschneidet. Es handelt sich um die aufsteigenden Fasern der Kutis, welche die Doppelzellen umspinnen und, über ihnen zusammenneigend, in die kollagene Grenzlamelle übergehen. Auch diese ist demnach keine strukturlose Membran, auch kein Produkt des Epithels, sondern läßt stellenweise die Zusammensetzung aus abgeplatteten Bündeln erkennen. Ganz dicht unter der Grenz- lamelle getroffen, erscheinen die Xanthophoren infolge der eben beschriebenen Verhältnisse weniger regelmäßig polygonal, sondern vielfach tief und unregelmäßig eingeschnitten. War der Flachschnitt etwas tiefer, in der Höhe des Kernes der Xanthophoren, geführt, so sind diese ganz oder z. T. von einem Rahmen aus Guaninmassen, dem querdurchschnittenen Becherrand der Leukophoren, umschlossen (Fig. 9, Taf. IV). Dabei ist bemer- kenswert, daß, wie im Querschnitt, auch hier keine Bindegewebs- lamellen zwischen der Xanthophore und Leukophore einer Doppel- zelle zu erkennen sind, so daß die beiden Bestandteile derselben ein- ander unmittelbar berühren, durch die gemeinsame Umscheidung mit Bindegewebe aber zu einer höheren Einheit verbunden erscheinen. Kern und Plasma der Leukophoren bieten die schon bei der Besprechung des Querschnittes hervorgehobenen Eigentümlichkeiten dar. An solchen flach getroffenen Zellen habe ich zuerst die obenerwähnten Granula gesehen (Fig. 10, Taf. IV). Ein Flachschnitt durch de Leukophoren (Fig. I1, Taf. IV) zeigt insofern ein vom Querschnitt abweichendes Bild, als die Zellen durch die Unterlagerung mit Melanin dunkler aussehen, als dort. Man beachte auch, daß die Guanophoren infolge der zwischen sie eingeschobenen Ausläufer der Melanophoren keine polygonale Ab- flachung zeigen: sie sind rundlich begrenzt. Kern und Guanin- massen bieten bei dieser Schnittrichtung nichts Bemerkenswertes gegenüber dem Bild im Querschnitt dar. Bis jetzt wurde nur gesagt, daß eine Xanthophore und eine Leukophore zu einer Doppelzelle verbunden auftreten. Diese Regel wird ven gelegentlichen Ausnahmen durchbrochen. Es finden sich nämlich auch Kombinationen, die aus zwei Leukophoren und einer. Xanthophore (Fig. 5, Taf. IV) oder umgekehrt aus einer Leukophore und zwei Xanthophoren bestehen. Man kann sich hiervon sowohl an Quer- als auch an Flachschnitten der Haut über- 112 W.EEESSch mi.dt: zeugen. Die letzte Art von Kombinationen läßt sich besonders leicht am Flachschnitt feststellen, weil die beiden zu einer Kombination gehörigen Xanthophoren nicht durch Bindegewebslamellen von- einander getrennt sind, sondern von einem gemeinsamen Rahmen von Bindegewebe umfaßt werden, der sich als ein Polygon dem allgemeinen epitheloiden Mosaik einreiht. Es erübrigt noch ein Wort über die Beziehungen der Melanophoren zu den Doppelzellen. Nach manchen Stellen der Querschnitte (Fig. 2 u. 3, Taf. IV) könnte man den Ein- druck gewinnen, daß die Melanophoren in mehrfacher Schicht über- einander gelagert sind. Das trifft aber in der Regel nicht zu. Die guirlandenartig die Doppelzellen von unten her umfassenden Melanin- sicheln sind Ausläufer der etwas tiefer gelegenen Zellkörper der schwar- zen Pigmentzellen (Fig. 6, Taf. IV). Im Zellkörper läßt sich der anscheinend immer nur in Einzahl vorhandene Kern ohne Bleichung des Pigmentes nur selten erkennen (Fig. 2 u. 6, Taf. IV). Jede Melano- phore versorgt, wie auch aus den Untersuchungen von Bieder- 'mann und Ficalbi .s- o.) hervorgeht, eine Anzahl von Doppelzellen und man könnte in dieser Vereinigung einer Melano- phore mit mehreren Doppelzellen die höchste histologische Einheit des Farbwechselorgans erblicken. — Aus den vorstehenden Mitteilungen ergibt sich in Ueberein- stimmung mit Ficalbi zweifellos, daß Xantholeuko- phoren im Sinne von Gaupp beim Laubfrosch nichtvorkommen, daß vielmehr auch an den grünen Haut- stellen Guanin und Lipochrom jedes für sich in besonderen Zellen gelegen ist. Die übereinandergeschichteten Xanthophoren (Lipo- phoren) und Leukophoren (Guanophoren) sind aber paarweise (sel- tener in anderen Kombinationen s. 0.) zu Einheiten höherer Art vereint, die so eigenartig ausgestaltet sind, daß sie wohl einen be- sonderen Namen verdienen. Es scheint mir am nächsten zu liegen, sie als Xantholeukosomen zu bezeichnen; der erste Teil des Wortes soll an den alten, nunmehr aufzugebenden Namen er- innern; der zweite Teil aber lehnt sich an die von Ballowitz (1913 a u. c) bei Fischen angewandte Nomenklatur für die Kombi- nationen verschiedenartiger Farbzellen zu sogenannten „chromati- schen Organen‘ an und soll darauf hinweisen, daß hier eine typi- ‚sche Vereinigung zweierlei verschiedener Farbzellen zu einem einheitlichen Gebilde, Ueber die sog. Xantholeukophoren beim Laubfrosch. 113 einer Doppelzelle, vorliegt. Man könnte diese „chromati- schen Organe‘ beim Laubfrosch auch Lipoguanosomen benennen, wodurch der charakteristische Inhalt der beiden Kom- ponenten in unzweideutiger Weise angezeigt würde. Auf Grund dieser morphologischen Befunde müssen die Vor- gänge der Pigmentverschiebung derart umgedeutet werden, daß erstens eine Vermengung von Lipochrom und Guanin nicht vor- kommt, daß ferner die Ballung des Lipochroms ein Vorgang ist, mit dem die Xanthophoren allein betraut sind und daß schließlich, wenn an den Guaninmassen Bewegungsvorgänge sich vollziehen sollten (s. o.), diese einzig von den Guanophoren geleistet werden. Damit fallen die oben erwähnten Schwierigkeiten bei der Verlage- rung der zweierlei Pigmente fort, die sich bei ihrem Vorkommen nebeneinander in einer Zelle darbieten würden. Wenn man sich fragt, ob die eigenartige Verbindung je einer Xanthophore und einer Leukophore zu einem Xantholeukosom bei der Erzeugung der grünen Farbe eine besondere Rolle spielt, so ist der zunächst vielleicht nahe liegende Gedanke, daß die bikonvexe Linsenform der Xanthophore eine konzentrierende Wirkung auf das durchgehende Licht ausübe, von der Hand zu weisen, da die Masse dieser Linse durch die eingelagerten stark lichtbrechenden Lipochromkörnchen optisch inhomogen wird. Da- gegen bleibt es denkbar, daß de Becherform der Leuko- phore insofern einen Vorteil für die Erzielung der grünen Farbe darstellt, als bei einem Lichteinfall senkrecht zur Haut die nach Art eines Hohlspiegels gelagerten Guaninmassen Strahlen nach allen Richtungen hin reflektieren werden, somit die grüne Farbe unter sehr verschiedenen Stellungen des beobachtenden Auges wahrnehm- bar wird. Diese Wirkung wird auch bei schräger Beleuchtung der Haut allerdings in eingeschränktem Maße auftreten. Zum Teil ist die Existenz der typisch ausgebildeten Xantholeukosomen beim Laubfrosch ausschlaggebend für die sehr gleichmäßig grüne Farbe, welche dieses Tier an ausgedehnten Hautflächen besitzt, im Gegenteil etwa zum Wasserfrosch, bei dem die grüne Farbe über größere Hautpartien hin nicht diese sammtige Ebenmäßigkeit besitzt. Uebrigens liegen bei Rana fusca und R. esculenta, ferner bei Bufo viridis die Dinge hinsichtlich des Vorkom- mens von „Xantholeukophoren‘ ebenso wie beim Laubfrosch: die beiden Pigmente kommen getrennt in zweierlei Zellen Archiv f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. I, 8 114 W. J. Schmidt: vor. Allerdings sind gewisse Unterschiede gegenüber Hyla vor- handen, über die an anderer Stelle berichtet werden soll. Literaturverzeichnis. Ballowitz, E. 1913a. Die chromatischen Organe in der Haut von Trachinus vipera Cuv. Ein Beitrag zur Kenntnis der Chromatophoren- Vereinigungen bei Knochenfischen. Z. f. wiss. Zool. Bd. 104, S. 471 bis 529, Taf. 14-18. Derselbe, 1913b. 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Die Vergrößerung ist ,500fach bzw. 1000fach (die Zeichenfläche befand sich in Abstand von 250 mm von der Austrittspupille des Mikroskops). In allen Abbildungen bedeutet X — Xanthophoren (Lipophoren), L = Leukophoren (Guanophoren), M Melanophoren. Fig. 1. Gefrierschnitt durch de Haut von der Dorsal- seite des Oberschenkels, in 10% Formol fixiert, un- gefärbt in Wasser untersucht. Nur die Chromatophoren sind 8 * I 116 Fig.. 2. ion. Fig. 4. Fig... 5: 127,0; Fig. 7. Fig. 8. Fig. 9. W. J. Schmidt: wiedergegeben und die Lage der Epidermis (E) angedeutet. In jedem Xantholeukosom sind deutlich der. lipochrom- haltige Teil, de Xanthophore (X) und der guaninhaltige Teil, de Leukophore (L), zu erkennen; in drei Xantho- leukosomen erscheinen die Kerne der Xanthophoren, in einem der- selben außerdem die Stelle des Kernes einer Leukophore. Melano- phoren (M) mit stark geballtem Pigment schmiegen sich unten den Xantholeukosomen an. Zwischen den Xantholeukosomen bleiben Spalten frei, in die die hier nicht sichtbaren (weil vom Pigment entleerten) Ausläufer der Melanophoren sich hineinerstrecken. Schnittdicke 20 u, Vergr. 500 : 1 Schnitt durch die Rückenhaut; die Epidermis (E) ist ganz dargestellt, von der Kutis nur der obere, die Chromatophoren enthaltende Teil. Dicht unter der Epidermis die Lage der Xanth o- leukosomen; der Lipochromfarbstoff in den Xanthophoren ist durch die Präparationsmethode gelöst; die Guaninkristalle in den Leukophoren dagegen sind erhalten. Zwischen die Reihe der Xantholeukosomen ist an einer Stelle ein Bindegewebskern. ein- gekeilt. In einer Melanophore sieht man den Zellkern. Fixierung Flemmings Gemisch, Schnittdicke 10 u, Färbung Thionin- Eosin, Vergrößerung 500 : 1 Schnitt durch de Rückenhaut, wie Fig. 2. In zwei Xantho- phoren sind je zwei Kerne sichtbar. Die Guaninkristalle der Leukophoren sind großenteils durch die Eisenhämatoxylinbehand- lung (Beize!) gelöst und nur schwach zu erkennen. Fixierung Flemmings Gemisch, Schnittdicke 10 4, Färbung Eisen- hämatoxylin, Vergr. 500 : 1. Xantholeukosom mit zweikerniger Xantho- phore. In der Leukophore sind die Guaninkristalle deutlich sichtbar. Fixierung Flemmings Gemisch, Schnittdicke 10 u, Färbung Thionin-Eosin, Vergr. 1000 : 1. Xantholeukosom, das aus einer Xanthophore und zwei Leukophoren besteht. Fixierung, Schnittdicke, Färbung, . Vergrößerung wie in Fig. 4. Eine Gruppe von Xantholeukosomen, die von den Aus- läufern einer Melanophore versorgt wird. Fixierung, Schnittdicke, Färbung wie in Fig. 4, Vergr. 500: 1 Xantholeukosom miteiner zweikernigen Leuko- phore, Fixierung Flemmings Be Schnittdicke 10 ib Färbung Eisenhämatoxylin, Vergr. 1000 : Xantholeukosom mit ee Xantho- phore, dGuaninkristalle der Leukophore fast vollständig ver- schwunden. Fixierung, Schnittdicke, Färbung, Vergrößerung wie in Fig. 7. Flachschnitt, durch drei Xantholeukosomen in der Höhe der Xanthophoren; z. T. sind die äußersten Ränder der u Sa a All, Ueber die sog. Xantholeukophoren beim Laubfrosch. 117 Becher der zugehörigen Leukophoren in der Schnittebene gelegen. Plasma der Xanthophoren ausgesprochen körnig in der Umgebung des Kernes. Fixierung, Schnittdicke, Färbung, Vergrößerung wie I N Mm Entwicklung des Ausführungsganges der Milchdrüse (Schematisch). Weiß: Mammarknospe. Getüpfelt: Hornpfropf. Schwarz: Zit- zenepidermis, sowie Primärsproß und seine Abkömmlinge. (Strichkanal und Zisterne.) Die Figuren stellen schematisch die Differenzierung von Strichkanal und Zisterne dar. Die Größe der Embryonen ist durch die Nasenspitzen- steißlänge angegeben. a) Embryonen von 8,3—16,5 cm Länge. b) „ „ 159 u» c) „ „ 16,1 17,3 „ ” d) Kr » .20,5=26,3°7,5, e) ” „ 25,9—31,2 „ „ f) „ ” 29,0 ” „ 8) ” ”„ 48, 0 ” ” h) “ ».38,5—82, 0 AR. i) 6—14 Tage alte Kälber. k) Y, Jahr altes Tier. l) ca. einjähriges Rind. Die Entwicklung des Ausführungsgangssystems der Milchdrüse. 203 Die definitiven Verhältnisse lassen sich an Schnitten durch die Zitze des einjährigen Rindes erkennen (siehe Textfig. I). Je nach der Reduktion der Mammarknospe befindet sich auf der Zitzenspitze entweder eine Einsenkung — Mündungstrichter — oder aber eine wärzchenartige Vorwölbung, gebildet aus dem den Strichkanal ausfüllenden Hornteilen und dem Epithelwall. Im Ductus papillaris ist die Längsfaltung seiner Schleimhaut, wie sie am laktierenden Euter bekannt ist, zu sehen. Die epidermoeidalen Schichten sind in seiner ganzen Ausdehnung schön ausgebildet. Der Epithelwechsel tritt am zisternenseitigen Ende so plötzlich ein, wie es aus den vielen Arbeiten über das ausgewachsene Tier genugsam bekannt ist. Zusammenfassung. Die vorliegenden Untersuchungen führen zu folgenden Ergeb- nissen: Die primäre Einzelanlage eines Milchdrüsenkomplexes ist der Milchhügel (Schultze, Bonnet). Er senkt sich in das Korium ein und bildet die Mammarknospe. Vom Grunde der Mammarknospe wächst beim Rinde ein ein- ziger, kompakter, primärer Epithelsproß in die Tiefe, der eine Länge bis zu 1 mm erreicht und anfänglich im ganzen einheitlich ist (Rein, Profeu.a.). An seinem proximalen Ende, jenseits der Zitzenbasis, gibt der Primärsproß sekundäre Sprosse ab. Zur gleichen Zeit wird das Auf- treten der ersten Haaranlagen in der Umgebung der Zitze beobachtet (Rein oProTe); Der Primärsproß erhält zunächst ein feines, spaltförmiges Lu- men; der Kanalisation folgt später eine partielle, bedeutende Wei- tung des Hohlraumes im proximalen Abschnitt. Die durch frühzeitige zentrale Verhornung ausgezeichnete Mam- marknospe hat im allgemeinen für die Ausbildung des Ausführungs- gangssystems der Milchdrüse keine Bedeutung (Rein, Profe). Sie bleibt im günstigsten Falle als dellenförmiger Mündungstrichter des Ductus papillaris bestehen; meistens-aber verstreicht sie voll- kommen, wobei der die Strichkanal-Oeffnung begrenzende Rand sich zu einem epithelialen Wall aufwulsten kann. Aus dem Primärsproß gehen Strichkanal und Zisterne hervor (Profe). Ihre gegenseitige Ausscheidung erfolgt allmählich: einer- 14* 204 Markus Zschokke: seits durch entgegengesetzte Differenzierungsvorgänge im Epithel, andererseits durch verschiedengradige Ausweitung des entstandenen Hohlraumes. Die Differenzierung im Primärsproß erfolgt dadurch, daß ein distales, sehr kurzes Mündungsstück im Gebiete der Zitzenspitze gegen einen proximalen, bedeutend längern Abschnitt sich aus- scheidet, der den Hauptteil der Zitze durchzieht und weit über deren Basis hinausreicht. Der kurze Anfangsteil des Primärsprosses wird zum Strichkanal. Er bleibt nach der Kanalisierung eng. Sein Epithel bildet früh, wie in der Mammarknospe und Oberflächenepidermis eine basale Zylinder- zellschicht aus (Klaatsch) und wird im Laufe der Entwicklung zu einem stark verhornenden und mit einem Stratum granulosum ausgezeichneten, vielschichtigen Plattenepithel. Unter diesem ent- wickelt sich als Papillarkörper das bekannte Leistensystem. Der bei weitem umfangreichere Hauptteil des Primärsprosses wandelt sich zu einem einheitlichen weiten Hohlraum um, den man im ganzen als Zisterne bezeichnen muß. Sein Epithel entbehrt von Anfang an einer markanten Basalzellschicht (im Sinne der Epidermis, der Mammarknospe und des Strichkanals) und differenziert sich vom proximalen Ende distal fortschreitend zu einem zweischichtigen Zylinderepithel auf glatter Unterlage aus. Dabei tritt eine allmählich an Umfang abnehmende Uebergangszone gegen den zum Strichkanal werdenden Anfangsteil auf; diese verschwindet mit dem Abschluß der Entwicklung im ersten Lebensjahre vollkommen. Der zweite Abschnitt des Primärsprosses zeigt Tendenz zu leb- hafter Erweiterung. Am proximalen Ende beginnend und gegen den in der Zitze liegenden Teil fortschreitend, führt diese Dilatation zur Ausgestaltung einer schließlich einheitlichen Höhle, die im Zit- zenteil etwas enger bleibt als jenseits der Basis. Der Erweiterungsvorgang des Zisternenteils des Primärsprosses kann in jungen Stadien von der Norm abweichen, indem der über der Zitzenbasis gelegene Abschnitt allein blasig aufgetrieben befun- den wird, so daß dieser sich gegen den engeren Teil innerhalb der Zitze scharf absetzt, der im übrigen baulich in typischer Weise von der Strichkanalanlage sich unterscheidet. Es handelt sich bei dieser. Form um ein ausnahmsweise auftretendes Uebergangsstadium im Laufe der Entwicklung, das in der Folge durch Uebergreifen der Erweiterungstendenz auf den Zitzenabschnitt rasch verloren geht. Die Entwicklung des Ausführungsgangssystems der Milchdrüse, 205 Die bekannte Areolarzone der frühen Stadien beschränkt sich, ‚ entgegen der herrschenden Auffassung, bei der weiteren Ausgestal- tung der Milchdrüse nicht auf die Umgebung der Mammarknospe (Klaatsch);siebildetsich vielmehr zu einem die gesamte Drüsen- anlage umgebenden Mesenchympolster um und Hefert einerseits das Stromagewebe der Zitze, andererseits das Stützgewebe des spä- teren Milchdrüsenkörpers. Nachdem die Gegenbaur-Klaatschsche Auffassung der Zitzenbildung vollständig abgelehnt werden muß, sollte bei der Entwicklung der Papille von dem Begriff eines ‚Kutiswalles““ gänz- lich abgesehen werden. Der „Wall“ wird nur vorgetäuscht durch zentrale Einsenkung der Oberfläche der Mammarknospe in Verbin- dung mit der ersten Erhebung derselben zur jungen Zitze durch Wucherung der Warzenzone, d. h. auch des Mesenchymgewebes unter der Mammaranlage. Die elastischen Fasern finden sich schon zur Zeit der halben Schwangerschaft als feines diffuses Netz, das gleichmäßig über die Zitze hin verteilt ist. Gegen das Ende der Schwangerschaft und speziell nach der Geburt kann eine Verdichtung um den Strichkanal herum beobachtet werden, indem die Fasern sich mantelartig um den Ductus papillaris herum legen und so einen elastischen Ver- schlußring bilden. Glatte Muskelfasern im Bereich der Milchdrüsenanlage können erst nach der Geburt in der Gegend der Zitzenspitze beobachtet werden. . Herrn Prof. Dr. 0. Zietzschmann möchte ich am Schlusse meiner Arbeit für die Ueberweisung des Themas und das teilneh- mende und fördernde Interesse an diesen Untersuchungen meinen herzlichsten Dank aussprechen. Besonders fühle ich mich auch Herrn Tierarzt H u g in Wädens- wil und Herrn städt. Tierarzt Schwarz in Zürich zu großem Danke verpflichtet, welche beide Herren durch die freundliche Zu- sendung von Material meine Arbeit in weitgehendem Maße unter- stützt haben. 206 MarkusZschokke: Literaturverzeichnis. 1. Bertkau, F., Ein Beitrag zur Anatomie und Physiologie der Milchärüse. Anat. Anz. Bd. 30, 1907, S. 161. 2. Bonnet, R., Die Mammarorgane im Lichte der Ontogenie und Phylogenie. Ergebn. der Anat. und Entwicklungsgesch. Bd. 2, 1893, S. 604. und Bd. 7. 1893, S. 937. 3. Derselbe, Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte, 3. Aufl, Berlin 1918. 4. Breßlau, E., Beiträge zur Entwicklungsgesch. der Mammarorg. bei den Beuteltieren. Zeitschr. f. Morph. u. Anthropol. Bd. 4, 1902, S. 261. 5. Derselbe, Weitere Untersuchungen über Ontogenie und Phylo- genie der Mammarorgane der Säugetiere. Anat. Anz. Bd. 21, 1902, S. 178. 6. 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Fig. Fig. ER: Fig. Die Entwicklung des Ausführungsgangssystems der Milchdrüse. 209 ‚Wiedersheim, Grundriß der vergleichenden Anatomie der Wir- beltiere. Jena 1898. Weber, M., Die Säugetiere. Jena 1904. Zietzschmann, O0. Bau und Funktion der Milchdrüse in W. Grimmers Physiologie und Chemie der Milch. Berlin 1910. Derselbe, Anatomische Skizze des Kuheuters und der Milch- strömung. Schweiz. Arch. f. Tierheilkde. Bd. 59, 1915. S. 645. Zwart, S. G.,, Beitrag zur Anatomie und Physiologie der Milch- drüse des Rindes. Inaug.-Diss. Bern 1911. Erklärung der Abbildungen auf Tafel VII. 1. Sagittalschnitt durch die Mammaranlage eines 13,7 (17,5) cm langen Embryos. Färbung: Hämatoxylin-Eosin. 120fache Vergrößerung. Von der Mammarknospe aus ist ein kompakter Epithelsproß in die Tiefe gewachsen. 2. Sagittalschnitt durch die Anlage eines 23,6 (31,2) cm langen Embryos. Färbung: Hämatoxylin-Eosin. 45fache Vergrößerung. Der kana- lisierte Epithelsproß weitet sich im proximalen Abschnitt bläschen- artig aus. Das Stratum basale läßt sich bis zur Zitzenbasis verfol- gen. Die dem Lumen zugekehrte Zellschicht zeigt anfänglich longi- tudinale Stellung, wird wenig oberhalb der Ampulle kubisch und wandelt sich allmählich zu einem Zylinderepithel um, das sich jedoch im bläschenförmigen Teil wieder verflacht. 3. Sagittalschnitt durch die Zitze eines 39,5 (48,0) cm langen Fötus. Färbung: Hämatoxylin-Eosin. 4öfache Vergrößerung. Das Lumen bleibt eng, soweit die Basalzellschicht reicht. Sowie die Lich- tung weiter wird, wandelt sich die innere Zellage zu einem kubischen, später zu einem zylindrischen Epithel um. 4. Schnitt durch die Zitze eines 14 Tage alten Kalbes. Färbung: Resorzin-Fuchsin nach Weigert. 25fache Vergrößerung. Der Strichkanal ist von polygonalem Plattenepithel ausgekleidet, das nach kurzer Uebergangszone in das deutlich zweischichtige Zylinderepithel der Zisterne übergeht. / Alle Figuren wurden auf % verkleinert. 210 Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglome- rulus bei anuren Amphibien (Rana temporaria) mit besonderer Rücksicht auf seine Gefäße. Von A. Hartmann. Assistentin am histologisch-embryologischen Institut. Hierzu Tafel IX-XII u. 13 Textfiguren. Inhaltsübersicht. Seite TEinlentungen.. UN EEE RAR ee a II. Material und Technik. BE NN ED ER ONTH NN et 212 111. Die En twack#ung.der Aorta und des Vor- nierenglomerulus mit seinen Gefäßen .. 212 a) Literatur. Sc A BE A TREE b) Aorta und Glomerulusgefäße N ER SEE 215 1. Herkunft des Materials und Anordnung desselben. Erstes Auftreten der Glomerularfalte ER EL Ne 2. Herausbildung der Glomerulusgefäße. Ihre Verbindung mit, Aorta und Dotiereefäßnetz 7. ae. 234 3. Rückbildungserscheinungen an den Aorten- Glomerular- STBBEm Le N IV. Die Cardinalvenen: a) Literatur und erste Entwicklung. Verhalten der Cardinal- venen am kaudalen Rumpfende und ihre Beziehungen zur Schwanzvene: 78 u 2", 253 b) Literatur über die Beziehungen der Cardinalvenen zum Glo- mierülus RA Da EL +... ee Be >) Entstehung der Cardinalvenen- Glomerulusverbindungen 272263 V. Der v0o1lausgseDp 11deTerG1omerwlts Tr 274 a) Beschreibung .. } EL 274 b) Vergleich mit dem Glomerulus der Urodelen Re a c) Ableitung seiner Gefäße. Vergleichends . . ...... 282 VI’Zusa mmenTassUu mg N nn EN er 298 Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 213 I. Einleitung. Meine vor kurzem zum Abschluß gebrachten Untersuchungen über die ersten Anlagen der Gefäßbahnen bei urodelen Amphibien haben mir den Gedanken nahegelegt auch anure Vertreter der Klasse zu untersuchen. Ich hoffte einerseits die dort erhobenen Befunde bestätigen und weiter ausbauen zu können, andererseits aber auch einige Fragen, die ich seinerzeit offen lassen mußte, einer endgülti- gen Beantwortung zuzuführen. Die neuen Untersuchungen, die in bezug auf das Dottergefäßsy- stem noch nicht zum Abschluß gelangt sind, haben mir nun bereits gezeigt, daß das Untersuchungsobjekt Rana zur Entscheidung der strittigen Fragen noch weit ungünstiger ist, als die früher untersuch- ten Urodelen Salamandra und Axolotl, daß ich von ihm also in dieser Hinsicht keine weitere Aufklärung zu erhoffen habe. Dagegen zeigte ein anderes Gebiet, nämlich die Region der Vor- niere, sehr interessante Gefäßverhältnisse, die es wünschenswert erscheinen ließen, sie gesondert zu veröffentlichen. Ich habe sie zu- nächst genauer verfolgt, besonders da die spärlichen hierüber vor- liegenden Mitteilungen wenig positive Angaben bieten und sich z. T. auch widersprechen. Fernerhin versprach der Vergleich mit den Vornierengefäßen der Urodelen aus bereits in der früheren (noch nicht veröffentlichten) Arbeit erwähnten Gründen interessante Auf- schlüsse’ zu geben. Es soll daher im folgenden zunächst über die Entstehung der Gefäße des Glomerulus und der Aorta berichtet werden, da beide so innige Beziehungen zueinander zeigen, daß sie nicht getrennt besprochen werden können; dagegen kann die Entstehung der Car- dinalvene für sich betrachtet werden; denn der Arıschluß der Glome- rulusgefäße an sie erfolgt erst relativ spät. Die Entwicklung des drü- sigen Anteils der Vorniere kann, da hierüber schon eingehende Unter- suchungen vorliegen (Mollier, Field u. a.) hier außer acht gelassen werden. 212 A. Hartmann: Il. Material und Technik. Ueber die angewandten Methoden kann ich mich kurz fassen. Als Untersuchungsobjekt dienten Larven von Rana temporaria. Von dem im Aquarium abgesetzten Laich wurden von Stunde zu Stunde Embryonen bzw. Larven fixiert in konzentrierter Sublimatlösung mit Zusatz von 5% Eisessig und in Zenkerscher Flüssigkeit mit Zusatz von 5% Formol. Nach rascher Härtung in langsam steigendem Alko- hol wurden die Objekte über Bergamotteöl in Paraffin eingebettet und in Serien geschnitten. Vor der Einbettung wurde jeder Embryo skizziert und sorgfältig gemessen. Eine genaue Feststellung der Ur- wirbelzahl war weder an frischen noch an fixierten, noch an auf- gehellten Objekten mit Sicherheit möglich; es wurden daher alle anderen äußeren Merkmale möglichst genau aufnotiert. Nach dem Ueberziehen mit einem dünnen Celloidinhäutchen wurden die Schnitt- serien unter Vermeidung von absolutem Alkohol mit Hansens Hä- matoxylin-Eosin-Orange G gefärbt oder die schon vor der Einbet- tung in toto mit Boraxkarmin gefärbten Embryonen zum Teil mit Pikroblauschwarz nach Heidenhain nachbehandelt. Letztere Methode gibt bessere Bilder, als die Hämatoxylinfärbung, da die Kerne diesen Farbstoff schlecht annehmen. I. Die Entwicklung der Aorta und des Vornierenglomerulus mit seinen Gefäßen. a) Literatur. Was zunächst die über den Anuren-Glomerulus vorhandene Literatur anbetrifft, so sind seit der im Hertwigschen Handbuch er- schienenen zusammenfassenden Bearbeitung von Felix (1906), die sich im wesentlichen auf die Arbeiten von Goette (1875), Fürbringer (1878), Mollier (1890) und Field (1894) stützt, mehrere neuere Arbeiten zu erwähnen. Die Arbeit H. Ra b1s über die Amphibienvorniere (1904) sucht vor allem ihre Beziehungen zum Müllerschen Gang klarzulegen, seine Schilderungen beziehen sich auf ältere, bereits fertig ausge- bildete funktionsfähige, wenn auch noch nicht völlig ausgewachsene‘ Stadien der Vorniere von Salamandra maculosa und scheiden daher für unsere Betrachtung vorerst aus. | Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 213 Filatow (1904, 1905) widmet speziell der Entwicklung des Glomerulus bei Rana arvalis, R. esculenta und Bufo ein ausführ- liches Kapitel; es entsteht nach ihm der Glomus als ein Ast der Wur- zel der Aorta, ‚‚mit welcher er sich zu gleicher Zeit anlegt“. Wäh- rend aber die Aortenwurzel sich derjenigen der andern Seite immer mehr nähert und schließlich mit ihr verschmilzt, stülpt sich der Glomus immer mehr und mehr in die Leibeshöhle aus, wobei er durch das in ihn eintretende Blut ausgedehnt wird; der von Anfang an vor- handene Zusammenhang der Aortenwurzel mit dem’ Glomus ist durch einen Kanal vertreten, „tolglich existieren weder ein zufüh- rendes noch ein abführendes Gefäß. Eine Bildung von Gefäßen im Glomus wird in keinem einzigen Stadium, bis zum letzten unter- suchten inklusive beobachtet; auch in späteren Stadien beobachtet man dieselbe nicht.‘“ Es ist demnach der Glomerulus nicht ein Ge- fäßkanal mit einer regelmäßigen Blutzirkulation, und die einge- drungenen Blutkörperchen können nur ausnahmsweise und zufällig zurück in die Aorta gelangen. Marcinowski (1906) beschäftigte sich mit den frühesten Entwicklungsstadien der Gefäße überhaupt und bringt die Vor- nierengefäße von vornherein mit der Aortenanlage in Zusammen- hang; beide werden von Zellen sklerotomaler Herkunft abgeleitet. Sie fand bei Bufoembryonen von 16—17 Somiten den Vornieren- die der eingedellten medialen Wand der Vornierenanlage anliegen und an mehreren Stellen Gefäßlumina zwischen sich fassen, die über 20—30 u ausgedehnt sind. Ketten von Mesenchymzellen erstrecken sich deutlich zwischen ihnen und dem Sklerotom, dessen frei werdende Zellen außerdem noch medianwärts und dorsalwärts vordringen.“ Die Verbindung mit der Aorta erfolgt erst sekundär und ist nicht, wie Filatow angibt, von Anfang an vorhanden. Neben der Arbeit Filato ws ist wohl die wichtigste hier in Betracht kommende Abhandlung diejerige von v. Möllendorff (1911). Er beschreibt im „jüngsten Zustand‘ des Glomerulus einen wohlcharakterisierten sinusartigen Gefäßraum, der sich durch die ganze Länge der Glomerularfalte hindurchzieht und durch jeder- seits 3ca. 60—80 u breite Verbindungen mit der Aorta in Zusammen- hang steht. Außerdem aber bestehen Verbindungen von dem Glo- merularsinus zu der Cardinalvene einerseits und zu den Darmgefäßen andrerseits und zwar nicht nur eine, sondern zahlreiche, die der Autor I 214 A. Hartmann: allerdings als sehr zarte, durch die geringste Schrumpfung veränder- liche Gebilde bezeichnet. Diese letzteren Verbindungsgefäße arschei- nen als etwas ganz Neues, wenn man von der bereits Field und an- deren bekannten Art. mesenterica absieht. Bei der weiteren Ausge- staltung treten an Stelle der ersten breiten Verbindungen mit der Aorta!) vier schmälere Verbindungen; die Darmverbindungen bleiben zunächst nech, erst durch die Ausbildung des dorsalen Me- senteriums und das damit verbundene Herabrücken des Darms von der dorsalen Rumpfwand werden die Darmäste allmählich vom Glomerulus losgelöst und bleiben nur mehr als Zellzüge erhalten, während die Anastomose unter den Darmgefäßen selbst bestehen bleibt. Der glattwandige Blutsinus wird durch vom Rande her ein- dringende Zellen eingeengt und erhält ein gebuchtetes Lumen. Die Züge zu den Cardinalvenen bleiben bestehen. Bis zum fertigen Zu- stand wurden die Zu- und Abflußbahnen auf je eine reduziert und gleichzeitig damit nimmt auch die Länge des Ansatzes des Glomerulus am Mesenterium ab. Mit diesen Ausführungen, denen eine Reihe klarer Schemata und eine ganze Anzahl von Mikrophotogrammen zugrunde liegt, aus denen sich sehr wenig entnehmen läßt, stehen meine eigenen bei Urodelen erhobenen Befunde in Widerspruch. Ich habe dort die erste Anlage des Glomerulus nicht in dem Auftreten der Splanchno- pleurafalte gesehen, sondern in zwei von der Aorta weg in ventraler Richtung zwischen Darm und Splanchnopleura sich einschieben- den, kurzen Gefäßen, welche die mehr ventral liegenden aus dem Herzen kommenden Darmvenen nicht erreichen, also nicht als voll- wertige Darmquergefäße angesehen werden dürfen. Diese beiden kurzen jeweils den V.rnierentrichtern gegenüberliegenden Querge- fäße treten beiderseits durch eine Längsanastomcse miteinander in Verbindung, und erst dann erhebt sich über dem werdenden Gefäß- plexus eine Falte der Splanchnopleura, in welche die Gefäße ein- bezogen werden; auf diese Weise werden sie von der Darmwand ab- gehoben und es tritt die bekannte Form des Glomerulus in Erschei- nung. Verbindungen zu den Cardinalvenen habe ich nicht gefunden; ob und in welcher Form solche späterhin noch auftreten, konnte ich 1) v. Möllendorf schildert anfangs drei derartige Aeste, später spricht er von den „ersten breiten Verbindungen, die ungefähr jede die Länge eines Segmentes des sich durch zwei Segmente erstreckenden Organes einnehmen.‘ Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 219 nicht feststellen, da mir ältere Stadien nicht zur Verfügung standen; doch habe ich sie auch bei einigen älteren Larven von Salamandra maculosa vermißt. Daß nachträglich mehrere Verbindungen der Glomerulusgefäße mit der Aorta zustande kommen, die späterhin wieder reduziert werden, halte ich nicht für wesentlich, da es sich bei der Entstehung des Glomerulus doch vor allem darum handelt, ob derselbe aus ursprünglichen primitiven Quergetäßen abgeleitet werden dürfte, und es’somit gestattet sei, den Glomerulus der Amphibien bzw. seine Gefäße auf bei phylogenetisch älteren Formen schon vorhandene Gefäßbahnen zu ‚beziehen. Die kritische Besprechung der oben zitierten Arbeiten soll erst nach der Beschreibung meiner eigenen Untersuchungsresultate vor- ‚genommen werden. b) Aorte und Glomerulusgefäße. I. Herkunft des Materialsund Anordnung des- eirhbenserstesAuftretender @lamerularfalte, Die Studien an Salamandra atra und Axolotl haben gezeigt, daß die Entstehung des Glomerulus in keiner Beziehung steht zur Entstehung des drüsigen Anteils der Vorniere. Die Beschreibung dieser letzteren kann daher völlig außer acht gelassen werden, be- sonders da hiefür schon die grundlegenden Untersuchungen von Mollier (1890) und Field (1891) vorliegen. Zur Zeit der Ent- stehung des Glomerulus sind die Vornierenkanälchen bereits vom Mutterboden abgeschrürt und stellen mäßig gewundene durch den Sammelgang miteinander zusammenhängende Kanälchen dar, welche mittels der bekannten drei Trichter in die zwar sehr enge, aber deut- lich vorhandene Leibeshöhle münden. Der vorderste Trichter liegt im kranialen Abschnitt des zweiten Segmentes, oft schon ganz nahe dem Zwischenraum zwischen dem ersten und zweiten Segment; ich fand ihn einmal so weit nach vorn verlagert, daß er noch dem ersten Segment anzugehören schien, doch mag die schräge Schnitt- richtung in dem ziemlich stark gekrümmten Embryo zu einer Täu- schung Veranlassung gegeben haben. Die beiden anderen Nephro- stome gehören dem dritten und vierten Segment an. Die Intervalle zwischen den einzelnen Nephrostomen sind nicht immer gleich groß, wie aus den nachfolgenden Figuren hervorgeht. Ein viertes Nephro- 216 A.>Hartmann: stom, das sich beiderseits bei einem schon ziemlich weitentwickel- ten Embryo (8,2 mm lang) fand, gehörte dem fünften Segment an. Leider waren hier die primitiven Gefäßverhältnisse schon verwischt; gerade von einem solchen nicht ganz den Regeln entsprechenden Fall müßten sich interessante Aufschlüsse erwarten lassen. Aus dem Sammelgang setzt sich in kaudaler Richtung der pri- märe Harnleiter fort; erist bei meinem jüngsten Embryo (3,0 mm lang) bereits angelegt und endigt in der Höhe des achten ‚Segments in einem Zellhaufen, der sich der Seitenplatte innig anschließt. Die Entstehung des Glomerulus selbst ist aufs engste verknüpft mit der Entstehung der Aorta; wir werden also zu einem Stadium zurückgreifen müssen, das uns zugleich die ersten Anfänge der Aorta zeigt. ; Bei dem Embryo von 3 mm Länge finden sich in der Region der Vorniere die ersten freien Zellen in dem Raum zwischen Chorda, Hypochorda, Darm, Seitenplatte und Urwirbel. Sie sind zunächst noch regellos verteilt, stammen aber offenbar vom medialen untern Rande der Urwirbel, also dem ventralen Abschnitt des späteren Sklerotoms. Eine Beteiligung des oberen Seitenplattenrandes an der Lieferung der freien Zellen konnte ich bei diesem Embryo noch nicht feststellen, sie tritt aber bald in Erscheinung, wenn sie auch immer, was die Menge anbelangt, hinter dem ventralen Urwirbelabschnitt zurückbleibt. Histologisch sind die Zellen rundliche plumpe Elemente, stark mit Dotterplättchen erfüllt, sie lassen zuweilen, durchaus nicht immer eine stärkere Pigmentierung erkennen. Man kann den Pro- zeß des Freiwerdens der Zellen an der ventralen Ursegmentfläche ganz leicht verfolgen; es lassen sich nämlich gerade am unteren Rande des Urwirbelquerschnitts nicht selten Zellen beobachten, die durch ihre stärkere Pigmentierung und Abrundung gegenüber den übrigen Elementen auffallen, bei welchen sich für gewöhnlich keine Zellgrenzen wahrnehmen lassen. Derartige Zellen finden sich je- doch nicht nur auf den medialen Rand beschränkt; man sieht sie ebenso im lateralen ventralen Abschnitt; und in der Tat lassen sich sehr bald nicht nur zu beiden Seiten der Chorda sondern auch in der Umgebung der Vornierenkanälchen, wenigstens in ihrem dorsalen Abschnitt freie Zellen beobachten. Hierin liegt ein Unterschied gegen- über Salamandra, wo das die Aorta liefernde Mesenchym viel früher sichtbar wird als das die Cardinalvenen liefernde. Kaudal von der Vornierenregion verschwinden diese Zellen vollständig, es fehlt hier Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 217 also noch jegliche Aortenanlage. Kranial dagegen scheinen sie ver- mehrt und hängen nach vorn mit dem um das Vorderende der Chorda und die Hirnblase schon reichlicher entwickelten Mesenchym zusam- men. (Das Herz selbst befindet sich noch im mesenchymatösen Sta- dium und setzt sich in kaudaler Richtung in zwei Zellstränge fort, die lateral zu beiden Seiten des Darmes liegend bis etwa in die Ge- gend der späteren Ductus Cuvieri reichen, also bis kurz vor das kraniale Ende der Vorniere, Sie zeigen keine Aufspaltung in einen dorsalen und ventralen Ast.) Diese anfänglich nur vereinzelten Zellen werden durch Ablö- sung neuer Elemente aus dem Sklerotom vermehrt und treten z. T. auch durch Ausläufer miteinander in Verbindung (Fig. 1—2 und 3—35). Dadurch werden kontinuierliche Zellketten und damit die Bedin- gungen für die Entstehung eines Gefäßes geschaffen. Gegen das kaudale Ende des Embryo zu erfolgt die Abspaltung der Gefäßzellketten in etwas modifizierter Weise: es lösen sich nicht mehr einzelne oder nur locker durch dünne Fortsätze zusammen- hängende Elemente vom Mutterboden los, sondern es werden kom- pakte Zellmassen vom ventralen Sklerotomumfang abgetrennt, die selbstverständlich die segmentale Anordnung noch gut erkennen lassen und erst nachträglich miteinander in Verbindung treten. Dieses Material, das identisch ist mit dem von Greil für Ceratodus beschriebenen Angioskleroblastem, liefert nun einerseits die Aorta und andererseits die Cardinalvenen, indem seine Zellen sich lockern und im medialen sowie im lateralen Abschnitt zur Bildung eines Ge- fäßes zusammentreten. Die zwischen beiden Endothelröhren (Aorta und Cardinalvene) liegenden Zellen werden zur Bildung von all- gemeinem Mesenchym aufgebraucht. Sie stellen häufig noch festere Verbindungsstränge zwischen Aorta und Cardinalvene her (Fig. 31—33), wodurch dann ein engerer genetischer Zusammenhang zwi- schen den beiden Gefäßen gegeben erscheint. In der eben beschrie- benen Weise ist ein solcher auch anzunehmen, indem eben beide Ge- fäße demselben Material entstammen und in der kaudalen Hälfte des Embryo die Auflösung des gemeinschaftlichen Materials in ein- zelne Zellen erst verspätet erfolgt, wenn die Bildung der beiden Ge- fäße bereits angebahnt worden ist. In der kranialen Hälfte dage- gen kann von einem eigentlichen Aortencardinalvenenstrang nicht mehr die Rede sein, denn hier ist das für beide Gefäße zur Verfü- Arch. f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. I. 15 218 A:-Hartmänn: gung stehende Material, soweit es nicht überhaupt schon in Form einzelner Elemente vom Mutterboden losgelöst wurde, längst zu locke- rem Mesenchym aufgelöst, wenn es zur Bildung von Aorta und Car- dinalvene kommt. Dies gilt in noch höherem Maße für die dorsalen Aortenwurzeln und die vordere Cardinalvene. Selbstverständlich ist dies nicht so aufzufassen, als ob hier Aorta und Cardinalvene durch einen leeren Raum voneinander geschieden seien; der Vergleich der Fig. 4-5; 7—8 mit den Fig. 31 —33 lehrt, daß auch hier zwischen beiden Gefäßen sich allenthalben lockere Mesenchymzellen ausge- spannt finden, nur lassen sich in ihnen keine gesetzmäßig angeord- neten fester gefügten Stränge mehr erkennen, wie in der kaudalen Rumpfhälfte. Der Prozeß im ganzen ist wohl der gleiche, nur der zeitliche Ablauf der einzelnen Vorgänge ist verschieden. Ich werde bei der Besprechung der Cardinalvene noch darauf zurückkommen. Zur Entstehung der Aorta ist noch zu erwähnen, daß dieselbe bei den untersuchten Anuren auch kaudal vom Vornierengebiet sich streckenweise noch paarig anlegt und erst, nachdem es zur Aus- bildung zweier nebeneinander gelegener endothelialer Röhrchen ge- kommen ist, diese miteinander verschmelzen. Ob hier Reminiszen- zen an eine ältere noch vollständig paarige Anlage vorliegen, ist fraglich; denn die paarige Anlage erwies sich als durchaus unregel- mäßiger und sehr variabler Befund und fehlte bei den primitiveren Urodelen überhaupt. Kehren wir nunmehr zu der Aorta des kranialen Abschnittes zurück. Schon während sich in der Vornierenregion der Zusammenschluß der einzelnen Zellen zu Strängen wahrnehmen läßt, kann man kra- nial davon das Einrollen einzelner Zellen zu Endothelröhrchen beob- achten, die aber diskontinuierlich entstehen und sich erst nachträg- lich zum einheitlichen Rohr zusammenschließen. Es sind dies die Anfänge der dorsalen Aortenwurzeln, die mithin die erstenim Embryo zu beobachtenden Endothelröhren darstellen (mit Ausnahme na- türlich des Herzendothelrohres und seiner beiden kaudalen Zipfel). Doch interessiert uns zunächst nur die Aorta des Vornieren- gebietes. Hier lassen sich die ersten endothelialen Rohrabschnitte bei einem 3,5—3,7 mm langen Embryo !) beobachten, der im folgen- den genauer zu beschreiben sein wird. 1!) Infolge der Krümmung des Embryo nicht ganz genau zu messen. ' Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 219 Textfigur 1. a) Rechte Seite, b) Linke Seite. EEE RET RIE R BEN Te jıleım|®|rV. N I) | | ll ini N in I NN IN ui au il I N Mn sag Rana temp. (35). Graphische Rekenstruktion der Gefäße und Gefäß- zellen kaudal vom Herzen. Schwarz = Dottervenengebiet; Rot = Aorten- gebiet. 1: 100 auf '» verkleinert. Die in Texttigur 1 wiedergegebene graphische Rekonstruktion gibt ein Uebersichtsbild. Von den Aortenabschnitten bis zum zwei- ten Ursegment abgesehen, die noch den dorsalen Aortenwurzeln an- gehören, tritt ein endotheliales Rohr auf eine längere Strecke im vor- deren Teil des Vornierengebietes auf, das sich beiderseits zwischen dem ersten und dem zweiten Nephrestom erstreckt. Bemerkens- wert ist ferner, daß sich die Aorten hier paarig anlegen, auch kranial von den Vornieren nicht durch ein unpaares Stück vertreten sind, wie dies bei Salamandra und Axolotl der Fall ist (vgl. meine frühe- ren Textfig. 12—14). Die Hypochorda liegt im ganzen Vornieren- gebiet dem Darm unmittelbar auf und es machen in diesem Stadium nicht einmal einzelne Zellen den Versuch, sich zwischen Subchorda und Darm einzuschieben, um die beiderseitigen Anlagen zum gemein- samen Rohr zu vereinigen (Fig. 4 und 5). Es geht auch aus der Re- konstruktion hervor, daß die beiderseitigen Anlagen und gerade der Endothelröhrenabschnitt relativ weit seitlich am Darm berabrei- chen. Die Anlagen der Aorten stehen nun teils durch Ausläufer, welche ihre Endothelzellen selbst nach außen hin noch absenden, teils durch 197 220 A. Hartmann: ihnen anliegende freie Mesenchymzellen mit weiteren Zellketten in Zusammenhang: einmal mit den spärlichen Zellen, die sich zwischen Ursegment und Chorda einschieben, dann mit den Elementen aus den lateralen ventralen Urwirbelabschnitten, also dem Material für die Cardinalvenen, und weiterhin roch, und das erscheint mir zunächst als das wichtigste, mit einzelnen Zellen und Zellgruppen, die sich seitlich am Darm, zwischen ihm und der Splanchaopleura gelegen in ventraler Richtung erstrecken. Diese letzteren erreichen die Zellen der kaudalen Herzausläufer, der Dottervenen, nicht ganz; wenigstens nicht im kranialen Vornierengebiet. Nach vorne hängen sie zusammen mit dem Mesenchym der Kiemenbogen, deren kaudaler Bezirk (hin- terster Abschnitt des vierten, fünften und sechsten Bogens) noch mit in die Rekonstruktion einbezogen, aber um die Uebersicht nicht zu stören, nicht mit in die Figur aufgenommen worden ist. (Im dritten Bogen fand sich beiderseits die Anlage eines Getäßes.) Es zeigt also auch bei Rana der Aortenabschnitt des Vornieren- gebietes wie bei Salamandra und Axolotl eine gewisse Selbständig- keit gegenüber dem venösen Dottergefäßnetz; nur im Bereich des dritten Nephrostoms berühren sich beide Gebiete sowohl auf der: rechten als der linken Seite und hier ist es natürlich unmöglich zu entscheiden, welche Zellen der späteren Aorta und welche noch dem Dottergefäßsystem zugehören. Dieser enge Zusammenhang beider Anlagen gerade an dieser Stelle findet seine Begründung im weiter- entwickelten Zustande, wie das später noch auszuführen sein wird. Es liegt die Aorta im Vornierengebiet nicht rein dorsai auf dem Darm, sondern etwas in ventrolateraler Richtung gegen die Seiten- platten zu verschoben (Fig. 4—6); außerdem zeigt sie gerade an die- ser Stelle noch sehr merkwürdige Beziehungen zum Coelom, über welche Figur 4 und 5 besser orientieren als eine lange Beschreibung. Man beobachtet hier nämlich, daß die Aorta nicht ausschließlich Darmgefäß ist; beide Aorten sind in frontaler Richtung stark ver- breitert und reichen nach den Seiten zu fast über die ganze Leibes- höhle weg, deren Dach sie aufliegen. In medio-ventraler, dorsaler und lateraler Richtung hängen sie mit andern Mesenchymzellen zu- sammen; ihre eigene Wand besteht noch nicht aus lückenlosem Endothel, sondern zeigt stellenweise Unterbrechungen (Fig. 4 und 5). Die ven v. Möllendortf so sorgfältig beschriebene Membran, welche schon auf ganz frühen Stadien einen kontinuierlichen Zu- sammenhang zwischen den Gefäßzellen herstellen soll und deren Nicht- Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 221 beachtunger K. Marcinowski vorwirft, konnte ich leider auch nicht teststellen; denn die feinsten Fäden, welche sich gelegentlich zwischen den Zellen beobachten lassen, fasse ich als bei der Fixie- rung in den flüssigkeitsreichen Embryonen entstandene Gerinnungs- produkte auf; sie finden sich auch nicht nur zwischen den Gefäß- zellen, sondern überall wo Mesenchym vorkommt und dürfen wohl nicht als präformierte Membranen gedeutet werden. Zwischen den Aorten und dem Coelomdach selbst finden sich hier keine weiteren Zellen. Diese Verbreiterung der Aorta gegen das Dach der Leibeshöhle zu ist kein zufälliger, etwa durch die Schnittrichtung bedingter Be- fund. Sie wird auch noch bei etwas älteren Embryonen beobachtet (vel. Fig. 8.und 16), die noch keinen eigentlichen Glomerulus ent- wickelt haben, und bei welchen die Leibeshöhle dorsal eine starke Verbreiterung erfahren hat, so daß es zur Ausbildung eines dorsalen epithelialen Coelomblattes kommt, welches Splanchnopleura und Somatopleura miteinander verbindet. Stoßen dagegen die beiden Leibeshöhlenblätter dorsal mehr spitzwinklig zusammen (Fig. 9 und 10), so schlägt der größte Durchmesser der Aorta eine mehr ventrale Richtung ein. Der Vergleich der einzelnen Figuren 4—16 in dieser Hinsicht zeigt, daß im letzteren Fall das viscerale Coelom- blatt dorsal etwas höher heraufreicht und dann vom Darm abgeho- ben erscheint, so daß die Aorta auf dem Darm selbst Platz zur Aus- breitung findet, während bei stärkerer dorsaler Verbreiterung des Coeloms die dem Eingeweiderohr dicht anliegende Splanchnopleura weniger hoch heraufreicht und infolge der starken Abknickung in das dorsale Leibeshöhlenepithel, die Aorta mehr in lateraler Richtung abzuweichen zwingt. Die Lage des Gefäßes am Darmrohr selbst bleibt die gleiche. Die wechselnden Lagebeziehungen der Aorta zum Leibeshöhlen- epithel sind zu auffällig, als daß sie stillschweigend übergangen werden könnten. Es ist auch wichtig, darüber ins Reine zu kommen, wegen der sich gleichzeitig mit der Aorta anlegenden Glomerulus- gefäße, deren Material derselben Quelle entstammt wie das der Aorta. Dazu ist es zunächst notwendig, etwas vorzugreifen und genau die Stelle des Coelomepithels zu bestimmen, von welcher die Glomeru- larfalte ihren Ursprung nimmt. Wie bekannt, findet sich in der Li- teratur allgemein angegeben, daß der Glomerulus der Amphibien als eine Ausstülpung der Splanchnopleura entsteht von der Stelle 222 A. Hartmann: aus, wo das viscerale Blatt in das parietale umbiegt. Für Salamandra ° atra und Axolotl, wo die Glomerularfalte überhaupt erst in einem Entwicklungsstadium deutlich wird, welches bereits wohl ausge- bildete Gefäße zeigt, stimmt diese Angabe in der Tat. Man hat aber hier den Eindruck, als würde das Leibeshöhlenepithel durch die erst ventral, dann mehr nach lateral sich entwickelnden Gefäße mehr passiv in die Höhe gehoben, so daß die Faltenbildung als sekundärer eben durch die reichlichere Gefäßentwicklung bedingter Vorgang erscheint, wenigstens in den allerjüngsten Stadien. Denn daß weiter- hin nicht die Gefäße des Glomerulus allein dessen integrierenden Bestandteil darstellen, sondern noch andere z. T. sicher vom Epithel abstammende Elemente an seiner Funktion wesentlich mit beteiligt sind, ist durch die sorgfältigen Ausführungen H. Rab1s (1904) sichergestellt worden. Auch habe ich mich durch die Durchsicht einiger Serien von Salamandra maculata aus älteren Stadien selbst davon überzeugen können. Für Rana temporaria liegen die Dinge etwas anders. Hier tritt die Glomerularfalte schon viel früher in Erscheinung. Fig. 2 zeigt einen Querschnitt durch die Mitte der Vorniere eines 3,3 mm langem Embryos, dessen Entwicklungsstadium zwischen dem des Embryo von Fig. 1 und von Fig. 4—6 liegt. Die Aorta selbst ist auch hier noch fast ausschließlich durch lockeres Zellmaterial vertreten, das sich wie bei der jüngeren und älteren Larve noch unter die Splanchno- pleura hinein am Darm entlang schiebt. Auf der rechten Seite ist die kaudale Wand des zweiten Trichters getroffen, auf der linken geht der Schnitt zwischen zweitem und drittem Trichter hindurch, doch näher dem zweiten. Der. Fortschritt in der Entwicklung gegenüber dem Embryo von Fig. 1 liegt nun darin, daß sich auf der rechten Seite bereits die Erhebung der Splanchnopleura zu einer Falte bemerkbar macht, die sich allerdings noch sehr seicht gegen die Mündung des Nephrostoms zu vorschiebt; die Basis der Falte im Verhältnis zur Höhe ist noch sehr breit. Ihre Ausdehnung in der Längsrichtung des Embryo erstreckte sich nur über 4 Schnitte, also ca. 40 u; der der Fig. 2 zugrunde liegende Schnitt ist der zweite, der zugleich die höchste Erhebung der Falte bezeichnet. In der Falte selbst ist der . Anschnitt einer Zelle getroffen, die auf dem nächsten Schnitt noch zu ' sehen ist; auf dem ersten und letzten Schnitt war die Falte leer. In der ganzen übrigen Vornierenregion lag die Splanchnopleura dem Die Anlage und Entwicklung des Vornterenglomerulus usw. 223 Darm glatt auf. Auf der linken Seite des Embryo war überhaupt noch keine Spur einer Falte nachzuweisen. Der nächste Embryo (Fig. 4—6), von welchem oben bereits die Rede war, zeigt sich auch in bezug auf die Bildung der Glomerular- falte etwas weiter entwickelt. Zwar bemerkt man von einer Verän- derung der Struktur des Coelomepithels nichts, weder rechts noch links. Die Zellen der Splanchnopleura sind hochzylindrisch, die der Somatopleura fast platt; die des Daches nehmen ungefähr eine Mittel- stellung zwischen beiden ein, sie sind dicht mit mittelgroßen Dotter- plättchen erfüllt, die jede Struktureigenheit der Zellen verdecken. Etwas mag vielleicht an den Zellen des Daches noch auffallen; sie liege nicht einfach nebeneinander, sondern sind ineinander ver- keilt, als ob von beiden Seiten her ein Druck auf sie ausgeübt würde, Auf Fig. 4 macht sich an der Leibeshöhle der rechten Seite !) bereits eine kleine Vorbuchtung der Wand in das Coelom geltend, die be- dingt wird durch eine einzelne scheinbar aus dem Verband der übri- gen hinausgedrängte Zelle, die der freien Oberfläche der Splanchno- pleura aufliegt unmittelbar ventral von der Stelle, wo dieselbe zur dorsalen Decke umbiegt. Der nächste Schnitt (Fig. 5) lehrt dann, daß es sich tatsächlich schon um eine kleine sehr schmale und niedrige Falte handelt. Diese erstreckt sich noch auf weitere sechs Schnitte, ist am stärksten ausgeprägt auf dem 3. Schnitt (Fig. 6), wo sie fast die gegenüberliegende Seite des Coeloms berührt und nimmt dann all- - mählich wieder at. Die Stelle der stärksten Vorwölbung liegt auch hier wieder dem zweiten Nephrostom gegenüber (Fig. 6). Auf der linken Seite ist bei diesem Embryo jetzt ebenfalls eine noch seichte Falte aufgetreten (Fig. 6), die sich aber nur über 4 Schnitte erstreckt und insofern besonders auffällt, als sie nicht von der eigentlichen Splanchncpleura ausgeht, sondern schon dem dor- salen Umschlagsrande anzugehören scheint. Beide Falten, sowohl die auf der rechten, als auf der linken Seite sind nicht leer, doch gehe ich auf den Inhalt hier nicht weiter ein, da ich später nochmals darauf zurückkcmmen muß. Bei einem 4,0 mm langen später noch ausführlich zu beschreiben- den Embryo hat sich die Falte zwar nicht merklich vertieft, aber be- deutend an Längenausdehnurg gewonnen. Auf Fig. 8, welche rechts die kaudale Wand des ersten Nephrostoms trifft, ist sie noch nicht zu 1) Der Embryo wurde vom Schwanzende aus geschnitten. 224 A. Hartmann: sehen, ebensowenig auf Fig. 9, die rechts zwischen dem ersten und zweiten Trichter hindurch, links vor dem ersten vorbeigeht. Fig. 10 zeigt rechts den Anschnitt des zweiten Trichters, links ist der erste voll getroffen. Rechts macht sich bereits eine Einengung des oberen Teils der Leibeshöhle bemerkbar, ohne daß eine eigentliche Falten- bildung zum Ausdruck kommt, aber auf Fig. 11, welche die Region unmittelbar hinter dem zweiten Trichter darstellt, ist die Falte rechts bereits vorhanden, während sie links (zwischen dem ersten und zwei- ten Trichter) noch kaum angedeutet erscheint. Auf Fig. 12, die den nächsten Schnitt bringt, tritt sie hier zum erstenmal auf, also kurz vor dem zweiten Nephrostom. Auf Fig. 13, 14 und 15 ist sie beider- seits deutlich vorhanden (die Lage der Figuren ist an der Rekon- struktionsfigur, Textfigur 2, bezeichnet); auf Fig. 16 ist sie noch an- gedeutet und auf den zwei nächstfolgenden Schnitten noch vor dem dritten Nephrostom verschwindet sie ganz. Sie erstreckt sich jetzt gerade von dem zweiten zum dritten Nephrostom, also genau über ein Segment. An dieser Stelle, die also seinem ersten Auftreten ent- _ spricht, bleibt der Glomerulus dauernd mit dem Mutterbeden ver- bunden, während sein kranieles und kaudales Ende sich späterhin abschnüren und frei in die Leibeshöhle hängen. Die Elemente, welche die Falte bilden, sind nicht hohe und schmale Zylinderzellen, wie sie die Splanchnopleura aufweist, son- dern mehr kugelige Gebilde, deren Zellgrenzen infolge etwas stär- kerer Pigmentierung sich meist leicht erkennen lassen. Ob diese Rückkehr zur Kugelform nur durch veränderte Druck- und Span- nungsverhältnisse verursacht wird oder darin der Ausdruck einer besonderen Differenzierung liegt, kann ich nicht feststellen. Jeden- falls verhüllen die reichlich eingelagerten Dotterplättchen jegliche Struktur und auch an den Kernen läßt sich weder in Form noch in Größe und Färbung etwas Besonderes wahrnehmen. Es muß nun noch die Stelle lokalisiert werden, an welcher bei diesem älteren Embryo die Glomerularfalte auftritt. Betrachtet man die rechte Seite des Embryo auf Fig. 10—14, so muß man auch hier wiederum zugeben, daß wie bei Fig. 6 (linke Seite) die Ausstülpung nicht an der eigentlichen Splanchnopleura selbst erfolgt, sondern an einer mehr dorsal gelegenen dem Epithel des Coelomdaches zu- gehörigen Stelle. Fig. 15 (zwei Schnitte weiter kaudal als Fig. 14) zeigt die Falte am ‚Umschlagsrande selbst und abermals 4 Schnitte weiter kaudal (Fig. 16) findet sie sich noch etwas weiter ventral- Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 225 wärts verschoben, so daß sie nunmehr vom viceralen Blatt gebildet wird. Es liegt demnach die Glomerularfalte mit ihrer Längsachse nicht auf gleicher Höhe sondern erscheint kaudalwärts in dorsoven- traler Richtung abgelenkt. Auf der linken Seite gehört die Falte in ihrer ganzen Ausdehnung der Splanchnopleura an, wie aus Fig. 11 bis 16 klar hervorgeht, doch ist hier zu bemerken, daß sie in ihrer Entwicklung noch nicht so weit fortgeschritten war wie diejenige der rechten Seite. Es liegt nahe, nach einer Erklärung für dieses Verhalten zu su- chen. Berücksichtigt man ein noch etwas älteres Entwicklungs- stadium, wie es der Embryo zeigt, dem Fig. 19—21 entnommen sind, so läßt sich an demselben die dorsoventrale Verschiebung der Falte noch deutlicher zeigen. In Fig. 19 und 20 finden wir sie vom Coe- lomdach ausgehend, in Fig. 21 ist ihre Zugehörigkeit zur Splanchno- pleura offensichtlich. Zunächst ergibt sich also, daß die Verschie- bung der Falte mit dem Wachstum des Embryo zusammenhängt, jedoch glaube ich sie nicht auf eine Weise erklären zu müssen, die eine tatsächliche Umlagerung der ersten Anlage des Glomerulus zur Folge hätte; sondern es wird durch die Ausdehnung des freien Hohlraums des Coeloms der Abschnitt der Splanchnopleura, von welchem die primitive Falte sich erhob, mit in das Epithel einbe- zogen, welches die dorsale Bedeckung der Leibeshöhle bildet. Außer- dem bleibt zu bedenken, daß gleichzeitig mit den ebengenannten Entwicklungsvorgängen ein Abrücken des Darmrohres von der Chorda statt hat, wodurch der Zwischenraum zwischen beiden vergrößert wird. Damit ist dann erst für die Aorta die Möglichkeit gegeben, sich zu einem weiten unpaaren dorsalen Darmgefäß zu entwickeln. Zusammenfassend läßt sich über das erste Auftreten der Glome- rularfalte bei dem anuren Amphibium Rana sagen, daß dieselbe schon sehr frühzeitig in Erscheinung tritt, noch ehe es zur Bildung von Glo- merulargefäßen gekommen ist. Sie wird also nicht durch passives Emporschieben des visceralen Coelomblattes bedingt, sondern stellt eine aktive Bildung der Splanchnopleura dar. Die Erhebung er- folgt zunächst in Form einer seichten Falte der Splanchnopleura un- mittelbar ventral von ihrem dorsalen Umschlagsrande ungefähr gegenüber der Einmündung des zweiten Vornierentrichters, von hier aus breitet sie sich langsam fortschreitend in kranialer und na- mentlich Kaudaler Richtung weiter aus. Zugleich erfolgt am krania- len Ende, verursacht durch die Ausdehnung der Leibeshöhle und das 226 A, Hartmann: Abrücken des Eingeweiderohres von der Chorda, eine Verschiebung der Glomerularfalte in dorsaler Richtung, so daß dieselbe nunmehr nicht von der Splanchnopleura, sondern vom Dach der Leibeshöhle auszugehen scheint. Kehren wir nach dieser Abschweifung zu dem vorher beschrie- benen Embryo zurück. Die Entstehung, Ausdehnung und Lage seiner Aorten ist bereits besprochen an der Hand der Textfiguren laundb; es bleiben nur noch ein paar Worte über die Beziehungen der Aorta zum Coelom, sowie über die Entstehung der Vornieren- gefäße zu sagen übrig, Was den ersteren Punkt anbelangt, so glaube ° ich, daß die starke Verbreiterung der Aorta in lateraler Richtung, wie sie in Fig. 4 und 5 und in Fig. 16 zutage tritt und wie ich sie noch bei mehreren untersuchten, aber nicht weiter erwähnten Schnitt- serien beobachten konnte, im wesentlichen von der Form und Aus- dehnung der Leibeshöhle abhängig, für die weitere Entwicklung der von ihr abgehenden Aeste aber nicht von Bedeutung ist, so auf- fällig auch der Befund beim ersten Anblick erscheint. Auch zu der Entstehung der Cardinalvenen steht er in keiner Beziehung. Dagegen muß ein anderer Umstand noch betrachtet werden. Man findet näm- lich auf der linken Seite !) der Fig. 4 dem ventralen Umfang der Aorta anliegend eine Zelle, die offenbar schon der Aortenwand selbst ange- hört, denn auf dem nächsten Schnitt (Fig. 5) hat sich an eben dieser Stelle das Aortenlumen zu einem ventral unter die Splanchnopleura hineinreichenden Fortsatz ausgezogen. Derselbe ist auch auf dem nächsten Schnitt noch zu erkennen, aber lange nicht mehr so deut- lich; die beiden nun folgenden Schnitte bringen an Stelle der Aorta ein lockeres reichliches Mesenchymmaterial und der 4. endlich, der. in Fig. 6 abgebildet ist, zeigt wiederum die Anordnung der Mesen- chymzellen zu einem Gefäß, dessen Volumen aber jetzt viel kleiner ist als vorher. Die Lage dieses neuen Gefäßes ist dieselbe wie früher, nur die ventrale Ausbuchtung fehlt. An Stelle derselben findet sich eine sternfürmige Mesenchymzelle. Dagegen ist am dorsalen Um- schlagsrand der Splanchnopleura die Glomerularfalte aufgetreten, in welche sich das neugebildete Gefäß zusammen mit 2 weiteren Me- senchymzellen einschmiegt. . Auf der rechten Seite ist in Fig. 4 und 5 die Aorta ebenfalls sehr weit, doch wird eine ventrale Ausbuchtung nicht deutlich. Auf Fig. 6 I) Der Embryo wurde vom Schwanzende aus geschnitten. Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 227 ist der latero-dorsale Teil des Gefäßes nicht mehr vorhanden, da- für legt sich der ventromediale jetzt ebenfalls in die gut ausgeprägte Glomerularfalte hinein, nachdem in derselben auf dem vorhergehen- den Schnitt schon eine freie Zelle wahrzunehmen war. Dorsal schlie- ßen sich weitere Mesenchynmizellen an. Verfolgt man die Serie weiter in Kaudaler Richtung, so findet man überhaupt kein Gefäßrohr mehr sondern nur lockeres Mesenchymmaterial und selbst dieses VEISEHMWIN? | det in der kaudalen Rumpfhälfte allmählich ganz. "= Daß hier die Aorta kein einheitliches Gefäß darstellt, sondern schon in Beziehung steht zur Vorniere, liegt auf der Hand; es frägt sich nur, welcher Abschnitt der Aorta sich zu Glomerulargefäßen ent- wickelt. Zunächst ist man verleitet, den lateralen sich auf das Dach der Leibeshöhle auflegenden Zipfel dafür anzusehen, doch sprechen die Befunde an älteren Stadien entschieden dagegen. Auch der Ver- lauf der Aorta an Schnitten wie auf den Fig. 9 und 10, wo der enge sich dorsal hoch emporschiebende Hohlraum des Coeloms die seit- liche Ausdehnung hindert, gibt zu Bedenken Anlaß, wenngleich eine kontinuierliche Verbreiterung für die Anlage von Vornierengefäßen kein absolutes Erfordernis wäre; aber es müßten dann wenigstens die hintereinander gelegenen Aussackungen eine gewisse Regelmäßig- keit und Ordnung erkennen lassen, selbst wenn man von einer seg- mentalen Anlage absieht. Dies ist aber nicht der Fall. Etwas anders steht es mit der ventralen Ausbuchtung, die auf der linken Seite in Fig. 5 so ausgesprochen ist, wie ich sie sonst nir- gends gefunden habe. Zweifellos hat diese Ausbuchtung das Bestre- ben, gegen die Glomerularfalte vor und in dieselbe einzudringen; dies ist aus Fig. 6 besonders deutlich ersichtlich. Nun bleibt noch zu be- rücksichtigen, daß auf Fig. 6 auf der rechten Seite der dorsale Ab- schnitt der Aorta überhaupt nicht vorhanden ist, auf der linken nur ein im Vergleich zu den in Fig. 4 und 5 abgebildeten Schnitten sehr kleines Gefäß, das seiner allgemeinen Lage nach zwar der Aorta ent- spricht, sich aber auch deutlich in die seichte Glomerularfalte ein- schmiegt. Handelt es sich nun in diesem Falle um die Aorta selbst oder einen ihr zugehörigen Abschnitt, der später Vornierengefäß wird? Diese Entscheidung ist zunächst unmöglich, weil die bereits vorhandenen endothelialen Röhrenstücke noch zu kurz und zu- sammenhangslos sind, um über den weiteren Verlauf einen sicheren Schluß zu gestatten und weil andererseits das zwischen ihnen vor- handene Mesenchymmaterial zu dicht gelagert und zu regellos an- 228 A. Hartmann: geordnet ist, als daß man getrennte Gefäßbezirke jetzt schon mit Sicherheit auseinanderhalten könnte. Es müßte sich/dann we- nigstens schon in der Lage der einzelnen Gefäßstücke oder in der An- ordnung der Ausbuchtungen eine gewisse Ordnung erkennen lassen. Dies ist jedoch nach Textfigur 1 a und b nicht möglich. Daß es aber zu einer Anlage von Vornierengefäßen zu einer so frühen Zeit, noch ehe die Aorta vorhanden ist, kommen kann, darf nicht ohne weiteres in Abrede gestellt werden; denn man bemerkt auf Fig. 2 auf der linken Seite ein kleines von zwei Zellen umfaßtes Gefäß gerade an der Stelle, welche dem ersten Auftreten der Glomerularfalte ent- spricht. Es ist nur auf diesem einen Schnitt zu sehen. Trotzdem kann es sich hier kaum um die Aorta handeln, denn 4 Schnitte kra- nial von dem abgebildeten finden wir es wieder nur um eine Spur in dorsaler Richtung verschoben. Dorsal von ihm sind einige Mesen- chymzellen zu sehen, die sich auf dem in kranialer Richtung nächst- folgenden Schnitt (Fig. 3) zu einem zweiten Gefäß gruppiert haben, das an der Stelle der späteren Aorta liegt. Zu beachten ist noch, daß das ventrale, also das Vornierengefäß an der Stelle, wo es zum ersten- mal sichtbar wird, gerade gegenüber der Mündung des zweiten Trich- ters liegt (Fig. 3). Sowohl bei dem eben erwähnten als bei dem vorher ausführ- lich besprochenen Embryo ist die Aorta kaudal vom zweiten Nephro- stom nur durch lockeres Mesenchym vertreten (Textfigur 1 a und b) und die Leibeshöhle verliert sieben Schnitte kaudal vom dritten Nephrostom ihr Lumen. Gefäße treten dann nicht mehr auf. Der Vornierengang läßt sich kaudal verfolgen bis zu einer erweiterten Stelle des Darmes kurz vor dem After; er mündet aber nicht in die Kloake ein, sondern geht über in einen Zellstrang, der am äußeren oberen Rand der Seitenplatte gelegen ist und mit einigen lockeren Zellen bald endet. Ein gleich langer Embryo wie der eben beschriebene (3,5 mm) unterscheidet sich von ihm nur dadurch, daß die Aorta nicht in die kurze Falte der Splanchnopleura selbst hineingeht, aber mit Zellen zusammenhängt, die in der Falte liegen. Es ist wohl denkbar, daß hier noch eine nachträgliche Erweiterung des Aortenlumens zustande mkomen kann. Der nächste Embryo, auf den ich genauer eingehen möchte, ist 4,0 mm lang, wovon fast 2 mm auf den Schwanz entfallen (Text- figur 2a und b). Der Kreislauf ist noch nicht im Gang, das Herz Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 229 Textfigur 2. a) Rechte Seite. b) Linke Seite. am | | au 12.4, Mi Figß ii ih 6 figg 9'115 16 ZARIIDIERNZETNN Rana temp. (57). Graphische Rekonstruktion der Gefäße und Gefäß- zellen, kaudal vom Herzen. Schwarz = Dottervene; Rot = Aortengebiet. 1 : 100 auf '% verkleinert. jedoch schon zum Endothelrohr umgebildet und sogar etwas nach rechts gekrümmt. Dagegen zeigen sich namentlich auf der linken Seite die Dottergefäße (schwarz) weniger gut ausgebildet als bei dem jüngeren Embryo (vgl. Textfigur 1a und b). Im Herzen selbst finden sich vereinzelte runde, stark dotterhaltige Zellen, die aber meist mit der Endothelwand zusammenhängen. Die Bogenarterien sind zum Teil gut ausgebildet und leicht zu sehen, doch noch strecken- weise unterbrochen. Wo sich der weite Mundhöhlendarm zum Oeso- phagus verengt in der Gegend der späteren Lungenanlage liegen zwischen dem Darm und dem hochzylindrischen Blatt der Splanchno- pleura freie Mesenchymzellen, die kranial mit dem Kiemenbogen- mesenchym in Verbindung stehen (Fig. 7 m). Sie finden sich außer- dem auf der der Textfigur 2 zugrunde liegenden Rekonstruktion ein- gezeichnet. Dorsal reichen sie bis zur Aorta herauf, während sie ven- tral von der Herzdottergefäßanlage deutlich getrennt bleiben. Was die Aorta selbst betrifft, so geht aus der Rekonstruktion ohne weiteres hervor, daß sie noch nicht vollständig durchgängig, sondern streckenweise unterbrochen erscheint, namentlich auf der linken Seite. Die endothelialen Röhrenstücke nehmen im Kaudalen nicht mehr rekonstruierten Teil immer mehr an Zahl und Länge ab 230 A. Hartmann: und werden im letzten Rumpfdrittel des Embryo völlig durch Me- senchymzellen ersetzt. Um die Beziehungen der beiden Aorten- anlagen zueinander deutlich zu machen, habe ich eine weitere gra- phische Rekonstruktion angefertigt (Textfigur 3), welche die Aorten dieses Embryo in der Frontalprojektion zeigt mit der zugehörigen Lage der Vornierentrichter und der Ausdehnung des Coelomraumes Texttigur 3. | -® a links cran. rechts Rana temp. (57). Graphische Rekonstruktion der Aorta des Vornieren- gebietes in Frontalprojektion. 1 : 100. im Vornierengebiet. Man sieht sofort, daß dieser letztere sich kaudal beträchtlich weiter über das Gebiet der eigentlichen Vorniere hinaus erstreckt als kranial. Ob dieser Befund, der nebenbei gesagt immer vorhanden, aber nicht immer ganz so ausgesprochen ist, seine Ur- sache in dem Umstand hat, daß der Glomerulus späterhin ziemlich weit über den dritten Trichter hinausgeht, oder nur eine mehr zu- fällige Bildung darstellt, möchte ich vorerst dahingestellt sein lassen. Es wäre ja denkbar, daß hierin ein Anklang an phylogenetisch ältere Verhältnisse zum Ausdruck käme, bei welchen sich der drüsige An- teil der Vorniere noch weiter Kaudal erstreckte. Bei einer älteren von mir beobachteten Larve, welche beiderseits 4 Nephrostome aufwies, reichte der Glomerulus in kaudaler Richtung nicht über das vierte Nephrostom hinaus. Die Aorta selbst besteht noch aus paarigen Anlagen, womit auch die Angaben Filato ws übereinstimmen; doch macht sich kranial Bar.» L, Nr am) re RE N" x Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 231 bereits eine Tendenz zur Verschmelzung bemerkbar, die im Vornieren- gebiet selbst an zwei Schnitten schon manifest wird, wie aus der Rekonstruktion klar hervorgeht. An diesen Stellen ist dann die Aorta sehr breit um die dorsale Darmwand gekrümmt mit einer leichten Eindellung in der Mitte, so daß ihre Entstehung aus zwei parallelen Gefäßen noch lange kenntlich bleibt (Fig. 11). An anderen Stellen wird die Verbindung zwischen beiden Aorten, bzw. ihren Anlagen durch freie Zellen vermittelt (Fig. 8, 12, 16, 17, 18). Die bei dem jün- geren Embryo so ausgesprochene Verbreiterung der Aorta in lateraler Richtung tritt hier nicht mehr so auffällig zutage, wenigstens im vorderen Abschnitt des Vornierengebietes, wo sich die Beziehungen der Aorta zum Coelom infolge des Auftretens der Glomerularfalte bereits geändert haben. Form und Ausdehnung der letzteren ist bereits früher besprochen worden; von größerem Interesse und ebenso wichtig als ihre Form ist ihr Inhalt. Derselbe kann aus den graphi- schen Rekonstruktionen nicht erschlossen werden, dazu dient eine Reihe von Querschnittsbildern, deren Lage auf Textfigur 2 angegeben ist. Fig. 8, die rechts durch das erste Nephrostom geht, zeigt eine paa- rige Aorta, die rechts das Coelomdach berührt, links noch durch einen Zwischenraum davon getrennt ist. Beiderseits hängt ihre Wand mit dem Mesenchym der Umgebung zusammen. Fig. 9, drei Schnitte weiter kaudal, bringt links den Anschnitt des vordersten Vornieren- trichters; die Acrta zeigt sich insofern verändert, als ihre beiden Wurzeln noch weiter auseinandergerückt sind und sich am Darm entlang in mediolateraler Richtung ausgedehnt haben, so daß nunmehr die laterale Wand z. T. von der Splanchnopleura bedeckt erscheint. Ventral steht das Endothel der Aorta in kontinuierlichem Zusam- menhang mit den unter dem visceralen Coelomblatt gelegenen freien Zellen. Der nächste Schnitt, Fig. 10, zeigt dies Verhalten noch deut- licher, jedoch kann nicht mit Sicherheit angegeben werden, ob die ventral sich anschließenden lockeren Zellen noch dem Glomerulus- gebiet zugehören. Auf Fig. 11, 3 Schnitte weiter kaudal, tritt rechts die Glomerularfalte auf, sie ist ausgefüllt durch die weite jetzt unpaare Aorta, die ventral wiederum mit lockeren Zellen zusammenhängt, deren Zahl ziemlich groß ist. Sie liegen zwar nicht mehr in der Falte selbst; es ist aber nicht ausgeschlossen, daß sie bei der Vertiefung derselben im weiteren Verlauf der Entwicklung noch mit in sie ein- bezogen werden können; sie würden sodann die Grundlage des den fertigen Glomerulus ausfüllenden Gewebes bilden. Diese Annahme 232 A. Hartmann: ist um so mehr berechtigt, als es zwischen Glomerulusgebiet und dem ventralen Darmgefäßsystem zunächst nicht zu einer weiteren Anlage von Gefäßen kommt. Auf Fig. 12, nur einen Schnitt weiter kaudal, ist die Aorta wieder paarig geworden; sie erstreckt sich beiderseits noch in die Glomerularfalte hinein, am ventralen Umfang von Me- senchymzellen begleitet. Diese treten auf dem nächsten Schnitt, Fig. 13, auf der rechten Seite und auch am dorsalen Umfang in der Falte selbst auf; auf der linken Seite erscheint sie sehr lang ausgezo- gen und in der Mitte wie zusammengedrückt, so daß man bei ober- flächlicher Betrachtung zwei übereinanderliegende Gefäße vor sich zu haben glaubt. Der nächste Schnitt zeigt nech das: gleiche Bild, während der übernächste (Fig. 14) nur mehr eine ganz undeutliche Aorta erkennen läßt, die flache Glomerularfalte aber von Mesenchym- zellen ausgefüllt zeigt. Auf der rechten Seite (Fig. 14) sieht man eine Wandzelle der Aorta in Karyokinese gerade an dem in der Glo- merulusfalte steckenden Zipfel, ein Beweis daiür, daß an dieser Stelle der Wand ein Wachstum stattfindet. Noch merkwürdiger sind die beiden folgenden Schnitte; auf dem ersten buchtet sich eine Zelle von der Mitte der lateralen Wand aus gegen das Lumen vor, welche auf dem zweiten Schnitt (Fig. 15) die Aorta deutlich in zwei Gefäße trennt: einen mehr dorsal gelegenen und einen ventralen in der Mitte der Falte steckenden Schenkel. Hier ist es also tatsächlich zu einer Zweiteilung des Gefäßes gekommen, die in Fig. 13 auf der linken Seite zwar augedeutet, aber nicht verwirklicht worden ist. Nach weiteren zwei Schnitten ist diese Trennung. wieder verschwunden; die Aorta wird nunmehr sehr klein, bleibt aber ventral mit einer größeren Zahl lockerer Zellen verbunden. Nur noch einmal konnte ich neben der Aorta ein derartiges kleineres Gefäß feststellen (Fig. 16), vier Schnitte kaudal von dem vorigen; es läßt sich jedoch kra- nial nicht in die Aorta zurückverfolgen, sondern höchstens auf die ihr anliegenden Zellen beziehen und ist auf dem nachfolgenden Schnitt ebenso wie die Aorta selbst zu einer Masse lockeren Mesen- chyms aufgelöst. Zu beachten bleibt die Lage dieses Gefäßstück- chens ventromedial von der Aorta. Können wir in demselben wirk- lich den Vorläufer eines Vornierengefäßes erblicken, so wäre es ein Beweis dafür, daß letztere sich als echte Darmgefäße anlegen in Zu- sammenhang mit medio-ventralen Ausbuchtungen der Aorta, dab sie hingegen nichts zu tun haben mit der früher beschriebenen lateralen Verbreiterung der Aorta, die sich ja gerade an dem in Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 2.33 Fig. 16 abgebildeten Schnitt, der beide Gefäße trifft, wiederum äußert. Faßt man nun die Beschreibung der einzelnen Schnitte zusam- men, indem man das Resultat daraus zieht, so läßt sich sagen, daß in die von der Splanchnopleura sich erhebende Falte, welche die Grundlage des Glomerulus bildet, die Aorta durch Verbreiterung ‚ihres Querdurchmessers sich einlegt zusammen mit einem Zellma- terial, welches z. T. dem gleichen Orte wie sie selbst, z. T. wahrschein- lich direkt aus der Splanchnopleura stammt. Die Verbreiterung der Aorta erfolgt nicht in Form mehr oder weniger regelmäßiger Aus- sackungen, entsprechend bestimmten Gebieten, etwa einzelnen Segmenten der Vorniere, sondern ist zunächst eine fast kontinuier- liche, und erstreckt sich beiderseits von ungefähr der Mitte zwischen erstem und zweiten bis wiederum zur Mitte zwischen zweitem und drittem Nephrostom. An zwei Stellen (Fig. 13 und Fig. 15) macht sich die Ablösung eines ventralen Abschnittes der Aorta zu einem besonderen Gefäß bemerkbar, doch ist dieselbe so geringgradig, daß keine Schlüsse daraus gezogen werden können. Anderseits muß auch an die selbständige Entstehung eines ventral von der Aorta liegenden kleinen Gefäßes gedacht werden, entsprechend der Fig. 16, das sein Wandmaterial aus dem der Aorta anliegenden Mesenchym bezieht. 3 Mit den Darmgefäßen liegt eine Verbindung zunächst nicht vor. Sowohl die Rekonstruktion von Textfigur I wie von Textfigur 2 zeigt, daß eine deutliche Trennung besteht zwischen dem Vornie- rengebiet der Aorta und dem Gebiet der aus dem Sinus venosus aus- tretenden Darmvenen. Beim Embryo der Textfigur I, wo doch bereits eine Anlage des Glomerulus sich fand, ist die Selbständig- keit beider Gebiete besonders deutlich, erst am kaudalen Ende der Vorniere berühren sie sich und sind von da an nicht immer deutlich zu scheiden. In Textfigur 2 reichen die lockeren zwischen Splanchno- pleura und Darm liegenden Zellen weiter ventral und damit wird das zellfreie Gebiet zwischen Aortenanlage und dem dorsalen Rand des Dottergefäßnetzes bedeutend verschmälert. Trotzdem bleibt die Grenze deutlich, denn die in der dorsalen Hälfte des Darm- umfangs sich findenden Zellen hängen wohl untereinander und mit der Aorta bzw..ihrer Anlage zusammen, niemals aber mit der Anlage der Dottervenen. Die erste Berührung beider Gebiete kommt wie beim Embryo (Textfigur I) erst wieder am kaudalen Ende des Vor- Arch. f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. I. 16 234 AH ara mann: nierengebietes zustande. Auf der rechten Seite ist es hier sogar schon zur Bildung eines Darmgefäßes gekommen, welches mit der Aorta anastomesiert (Fig. 17 und 18). Daraus läßt sich für die Entwicklung der Vornierengefäße schließen, daß ihr Material nicht identisch ist mit demjenigen, der Dottergefäße, die in dieser Region des Rumpfes eine mehr ventrale Lage am Darm einnehmen und erst gegen das kaudale Ende der Vorniere zu dorsal in die Höhe rücken. Es ist also das Vornieren- gefäß seiner Entstehung nach durchaus selbständig wenigstens‘ in bezug auf den ventralen Anteil des Dottergefäßsystems. Ich möchte dies hier betonen, da sich später die Lage der Dottervenen weit- gehend verschiebt. Inwieweit allerdings eine Selbständigkeit der Vornierengefäße gegenüber der Aorta gewahrt bleibt, wenigstens für einen bestimmten Abschnitt dieses Gefäßgebietes, läßt sich aus den vorliegenden Stadien nicht ermitteln; die Entscheidung hierüber muß von der Untersuchung älterer Stadien abhängen. Für dieses Entwicklungsstadium ist noch nachzutragen, daß die Glomerularfalte nicht gleichmäßig hoch ist, sondern an zwei Stellen, nämlich in der Mitte zwischen zweitem und dritten Trichter und un- mittelbar vor dem dritten eine Verflachung erfährt. Vielleicht liegt darin eine Ursache dafür, daß es bis jetzt noch nicht zu einer kon- tinuierlichen Anlage von Gefäßen oder Ansammlungen von Gefäß- zellen in der Falte kommen konnte. Die Möglichkeit dazu ist ja ge- geben, da.in dem Raum zwischen Ursegment und Seitenplatte eines- teils, Aorta und Vornierenkanälchen anderseits schon reichlich freie Mesenchymzellen vorhanden sind. Drei weitere Embryonen mit 4,0 und 4,2 mm Länge zeigen nichts Neues; nur die Cardinal venen im Vornierengebiet waren bei dem eirten schon etwas weiter entwickelt. b) 2. Herausbildung der Glomerulargefäße. Ihre Verbindung mit Aorta und Dottergefäßnetz. Einen Fortschritt in der Entwicklung bringt erst wieder ein Embryo von 4,5 mm Länge. Hier sind die Aorten im Vornierengebiet bereits völlig durchgängig; erst kaudal davon finden sich noch einige Unterbrechungen. Der Vornierengang hat die Kloake erreicht. Der erste Vornierentrichter liegt unmittelbar hinter dem bereits ausgebildeten, aber noch engen und leeren Ductus Cuvieri. Ich be- Fe a NETTER ET = ENTER EL IFER FEN IE ss Eee SEE Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 235 schreibe zunächst die rechte Seite. Der freie Coelomrzum hat die . Gestalt eines. Dreiecks, mit der Basis nach oben. Dieser liegt die Aorta auf, die wie früher mit unter der Splanchnopleura gelegenen freien Zellen zusammenhängt. Die nächsten vier Schnitte zeigen keine Ver- änderung. Auf dem fünften geht von der Aorta aus eine kleine Aus- buchtung in ventraler Richtung unter die Splanchnopleura hinein, an der auf dem nächsten Schnitt auftretenden Falte vorbei (vgl. Fig. 19), die letztere scheint hier mehr von der dorsalen Leibeshöhlen- wand auszugehen als von der Splanchnopleura selbst. Der nächste Schnitt zeigt die Aortenausbuchtung verschwunden; die Falte besteht weiter. Auf den folgenden Schnitten wird die Falte tiefer und verschiebt sich mehr gegen den Umschlagsrand der Splanchno- pleura zu; die sehr weite dünnwandige Aorta legt sich voll in sie ein, Merkwürdig ist eine an dieser Stelle der Aortenwand aufsitzende sehr große runde Zelle, die sich über drei Schnitte verfolgen läßt (Fig. 20) und vielleicht eine spezifische Glomeruluszelle vorstellt, wie sie in älteren Stadien schon häufiger beschrieben sind (Field, Rabl, Filatow, Mietens). Eine ähnliche fand sich auch auf der linken Seite. Vier Schnitte weit bleibt das Bild das gleiche, dann beginnen sich von der ventralen Seite her neben der Aorta Mesenchymzellen in die Falte einzuschieben und noch einen Schnitt weiter wird eine Zweiteilung der Aorta angestrebt in einen dorsalen Ast, der den einen Schenkel der breiten unpaaren Aorta bildet un.d einen unmittelbar ventral davon gelegenen Ast, dessen Wandzellen noch nicht so dünn ausgezogen sind, also noch mehr primitiven Mesenchymzellen gleichen. Der nächste Schnitt (Fig. 21) zeigt das ventrale Gefäß sehr deutlich, das noch über weitere sechs Schnitte zu verfolgen ist; dann löst es sich in eine Mesenchymzellengruppe auf, welche die bereits niedriger gewordene Falte ausfüllt. Diese Stelle liegt dem dritten Nephrostom gegenüber und unmittelbar kaudal von ihm verschwinden Falte und Mesenchymzellen. Auf der linken Seite ist das Bild insofern verändert, als das Gefäß in der Glomerulusfalte zwar länger, aber mehrfach unterbrochen erscheint. Es geht von der Aorta ab in der Mitte zwischen erstem und zweitem Trichter, etwas weiter vorn als rechts und läßt sich über fünf Schnitte verfolgen. Gegenüber dem zweiten Trichter tritt es von neuem auf, aber diesmal nicht in unmittelbarem Zusammen- hang mit der Aorta sondern nur durch Mesenchymzellen mit ihr ver- knüpft. Diesmal ist es auf sechs Schnitten zu sehen, dann wird es 16 * N EN N N er EEE ET TREE 236 A. Hartmann: sehr undeutlich und verschmilzt mit der Aorta, ohne daß es mir ge- lang festzustellen, ob sich sein Lumen in das der Aorta eröffnet. Es mag dies damit zusammenhängen, daß gerade an dieser Stelle auch die Wand der Aorta offenbar noch nicht vollständig ausgebil- det war und keine glatte Kontur zeigte. Im Bereich des dritten Trichters, der sieben Schnitte weiter kaudal auftritt, und schon kurz vorher, ist wieder eine große schön ausgebildete Aorta vorhanden, welche das hintere Ende der flachen Glomerulusfalte fast ausfüllt und kurz, ehe die Falte verstreicht, etwas zurückweicht, um ein paar Mesenchymzellen Platz zu lassen. Waren bei den jüngsten Stadien die weiten Aussackungen der Aorta der am stärksten in die Augen fallende Befund am jungen Glomerulus, so Kann man hier schon eher an die selbständige Ent- stehung eines den Glomerulus in der Längsrichtung durchziehenden Gefäßes denken. Wenigstens ist hier ein streckenweise enges Endo- thelrohr deutlich, das weder kranial noch kaudal in die Aorta ein- mündet, also wohl nicht direkt von ihr abhängig ist. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß eine direkte Verbindung vorhanden war und bereits rückgebildet ist, denn ein gewisser Zusammenhang ist durch die Ausläufer der die beiden Gefäße verknüpfenden Mesenchym- zellen doch gegeben. Scelche Mesenchymzellen begleiten das kleine Glomerulusgefaß mehr oder weniger spärlich in seiner ganzen Länge. Berücksichtigt man die Weite der Aorta im Glomerulusgebiete und namentlich den Umstand, daß sie so tief in die junge Glomerular- falte bineisireicht, so muß man die Möglichkeit, daß es sich bei der Entstehung des Glomerulusgefäßes um eine Abspaltung aus der Aorta handelt, wenigstens in Erwägung ziehen. Die Betrachtung der Fig. 10—15 muß ja den Gedanken nahe legen, als werde die Falte überhaupt erst durch die andrängende Aorta vorgestülpt, wenn nicht ihre selbständige Entstehung bereits durch die Untersuchung noch jüngerer Stadien, die noch Keine Aoria besitzen, bewiesen wäre. Der Vorgang wäre danı so zu denken, daß durch Einrollung der Wand- zellen das Lumen der Aorta geteilt und die beiden Abschnitte aus- einandergedrängt würden, indem sich das eine ventrolaterale Gefäß tiefer in den Glomerulus einlegt, und das andere medioventrale sich mit dem der andern Seite zur definitiven Aorta ausbildet. Es erscheint dies auch zunächst um so wahrscheinlicher, als wie bereits betont keine regelmäßigen periodischen Ausbuchtungen an der Aorta ge- Laie eu, las ns Zn put hai mn haar al Da un aa ara a an ln En 4 SlanE anatlgn Dun A a han ErWEn Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 237 - funden werden können, sondern diese fast durchgehend im ganzen Gebiet gleich breit ist, auch ihrer zelligen Anlage nach. ‚Ist diese Annahme richtig, so muß sich der Beleg dafür aus den | Schnittserien erbringen lassen. Ich habe auch einmal ein entspre- chendes Bild gefunden und dasselbe in Fig. 15 abgebildet; da es aber das einzige geblieben ist, möchte ich keine Beweisführung darauf gründen. Es ist wohl kaum anzunehmen, daß die Ablösung so rasch erfolgt, daß man sie nur selten zu sehen bekommt. Ich habe von jedem Entwicklungsstadium immer eine Reihe von Embryonen; durch- sucht und nur zur Beschreibung die markanteste Serie herausge- griffen; ich glaube daher kaum, daß mir ähnliche Bilder wie Fig. 15 entgangen wären, besonders da ich gerade nach solchen suchte. Für einen Teil des Glomerulusgefäßsystems und zwar zunächst ein die Falte in ihrer Längsrichtung durchziehendes Endothelrohr werden wir daher wohl eine selbständige Entstehung annehmen müssen aus den neben der Aorta in der Falte liegenden Mesenchymzellen. Aber auch die Verbreiterung der Aorta darf nicht als bedeutungslos ab- gewiesen werden, sondern steht in Zusammenhang mit einem andern Teil der- Glomerulusgefäße, nämlich den die Aorta mit dem Längs- gefäß verbindenden Quergefäßen. Durch die Verbreiterung der Aorta, die vielleicht nur deshalb anfänglich kontinuierlich ist, weil sich auch die Falte kontinuierlich anlegt, wird die Möglichkeit einer Be- rührung der Aorta mit dem Längsgefäß gegeben, was dann an ein- zelnen Stellen den Durchbruch zur Folge hat; an den dazwischen gelegenen Stellen findet dann wieder eine Reduktion des Aorten- lumens statt: Jedenfalls sind die Verhältnisse hier äußerst kompli- ziert; die Entwicklung der Vornierengefäße für Rana darf nicht nach einem bestimmten Schema abgehandelt werden, sondern es müssen stets verschiedene Wege der Entstehung in Erwägung gezogen wer- den, so daß die hier in Betracht kommenden Fragen noch nicht als endgültig gelöst anzusehen sind. Als in den früher beschriebenen Stadien noch nicht vorhandene Erscheinung muß für den letztgeschilderten Embryo noch erwähnt werden, daß beiderseits kaudal vom dritten Trichter nochmals ein ventrales kleines Gefäß von der Aorta abgeht, das sich als solches über zwei Schnitte nachweisen läßt. Hier bildet sich also ein Gefäß als Ast der Aorta aus an einer Stelle, die später noch mit in das Gebiet des Glomerulus einbezogen wird. Und noch etwas weiter kaudal in der Mitte des fünften Rumpfsomiten findet auf der rech- 238 A. Hartmann: ten Seite wie bei Embryo (Textfigur 2) (vgl. Fig. 17 und 18) in Form eines engen endothelialen Rohres eine Kommunikation statt zwischen Aorta und dem hier sehr -kleinen medial vom primären Harnleiter unter der Splanchnopleura gelegenen dorsalem Randgefäß des Dotternetzes. Alle Gefäße sind selbstverständlich noch leer, da der Kreislauf noch nicht begonnen hat. Dieses ein Segment weiter rückwärts als das kaudale Vor- nierenende gelegene Gefäß ist nicht nur die vorderste, sondern auch die früheste Verbindung, welche zwischen der Aorta und den Darm- gefäßen auftritt und findet Sich anfangs nur auf der rechten Seite. Ich möchte dies mit Rücksicht auf später zu beschreibende Zustände hier ganz besonders hervorheben und vor allem auch, weil von v. Möllendorff zahlreiche Verbindungen zwischen Aorta und Dotter- gefäßnetz beschrieben wurden, deren Zahl pro Segment 2—3 be- trägt und deren Ursprungsweite im Durchschnitt etwa 30 u mißt. In dem zuletzt beschriebenen Entwicklungsstadium sind zwischer Aorta und Dottergefäßen noch keine Quergefäße vorhanden; auch fehlt noch jegliche Andeutung einer zelligen Anlage solcher Gefäße. Ge- gen die Schwanzwurzel zu ist die Aorta nur als Mesenchymstrang nachzuweisen und die dorsalen Randvenen des Dottergefäßnetzes noch gar nicht zur Anlage gelangt. Freie Mesenchymzellen unter der Splanchnopleura zwischen Aorta und Blutinsel werden hier vollständig vermißt. Der nächste in Betracht kommende Embryo mißt 4,9 mm Länge. Bei ihm scheint sich der Kreislauf eben anzubahnen. Aorten- wurzeln und Körperaorta sind vollständig durchgängig. Im Herzen und den kranialen Abschnitten der großen Dottervenen finden sich ganz spärliche Blutzellen; kranial vom Vornierengebiet ist die Aorta unpaar geworden. Gleich hinter dem ersten Trichter teilt sie sich wieder in die zwei aus den jüngeren Stadien schon bekannten breiten Aeste, welche bis auf das Coelomdach hinüberreichen. In diesem vordersten Vornierensegment ist ein sehr merkwürdiger Befund zu konstatieren. Es gehen nämlich beiderseits von der Aorta zwei Ge- fäße weg, die ventral von den Aorten liegen und sich je über zwei Schnitte verfolgen lassen. Das rechte ist kranial mit der zugehörigen Aortenwurzel verbunden, das linke kaudal. Sie erreichen die Splanch- nopleura nicht und ich zweifle daher, ob man sie zur Vorniere bzw. zum Glomerulus in Beziehung setzen darf. Auch der fertige Glome- rulus erreicht kranial den vordersten Trichter nicht; nur in einem a ET a a Fe ES en a BE cn Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 239 einzigen Fall habe ich das Vornierenlängsgefäß kranial über die Falte hinausreichend und im Bereich des ersten Nephrostoms in die Aorta mündend gefunden. Auch bei diesem Embryo tritt die eigentliche Glomerulus- bildung erst wieder mit dem zweiten Trichter in Erscheinung. Hier gehen von der unpaaren Aorta aus zwei Ausbuchtungen ventral unter die Splanchnopleura hinein (Fig. 22 glao I), ohne daß jedoch schon eine deutliche Faltenbildung des visceralen Blattes zu bemer- ken wäre. Schon auf dem nächsten Schnitt wird rechts ein kleines Gefäß abgeschnürt, das dem ventralsten Zipfel der Aortenausbuchtung entspricht. Links ist die Ausbuchtung breiter, sie erstreckt sich über drei Schnitte und ist daher in Fig. 23, zwei Schnitte weiter kaudal als Fig. 22, noch zu sehen. Dann erfolgt in gleicher Weise wie rechts die Abschnürung des ventralsten Zipfels. Dieses zarte Gefäßchen, das oft sehr deutlich, oft aber nur mit Mühe zu sehen ist, geht in die alsbald auftretende Glomerularfalte hinein, verläuft in derselben parallel der Aorta noch ein paar Schnitte über das dritteNephrostom hinaus und mündet dann mit breiter Anastomose wieder in die Aorta._ Nur an einer Stelle rechts ist es über die kurze Strecke von drei Schnitten unterbrochen. Außer der kranialen und kaudalen Verbin- dung mit der Aorta kommen noch auf der rechten Seite drei, auf der linken vier weitere Verbindungen vor, so daß wir im ganzen fünf bzw. sechs Verbindungen haben. Davon entfallen die drei vorderen auf das zweite Vornierensegment, die beiden hinteren auf das dritte; es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß die vorderste noch oben zum ersten Vornierensegment gehört und nur durch die etwas schräge Schnittrichtung die Zugehörigkeit zum zweiten vorgetäuscht wird; meist liegt das vorderste Quergefäß zwischen erstem und zweitem Vornierensegment, wie die Textfiguren beweisen. Die Falte des Peritonealepithels reicht kaudal etwas über das Vornierenlängsgefäß hinaus. Dahinter findet sich die auch in jüngeren Stadien schon vorhandene Anastomose von der Aorta zum rechten inneren Randgefäß des Dotternetzes, das jetzt schon weiter dorsal am Darm heraufreicht wie früher. Zwei Schnitte weiter tritt eine ebensolche Verbindung auch auf der linken Seite auf. Dann wird die Aorta dauernd unpaar und schmal, eingezwängt in den engen Raum zwischen Subchorda und Darm. Fassen wir die Befunde des letzten Stadiums noch einmal kurz zusammen, so ergibt sich, daß der Glomerulus nunmehr besteht 240 A. Hartmann: l. aus der vom dorsalen Umschlagsrand der Splanchnopleura- sich erhebenden Falte und 2. aus einem in ihr verlaufenden Längsgefäß, das durch mehrere Quergefäße mit der Aorta in Verbindung steht. Was die Metamerie dieser letzteren anbelangt, so läßt sich nur sagen, daß je eines gegenüber dem 2. und dem 3. Nephrostom liegt, während kranial das Längsgefäß gar nicht bis zum ersten Nephro- stom reicht. Die noch außerdem auftretenden Verbindungen können offenbar innerhalb gewisser Grenzen variieren, wie die verschiedene Zahl der Quergefäße auf beiden Seiten anzeigt. Auch möchte ich hier noch nachtragen, daß die Intervalle zwischen den Quergefäßen durchaus nicht gleich groß sind, und daß die Quergefäße für die beiden Seiten nicht immer aus der gleichen Stelle der Aorta, manch- mal mehr lateral, manchmal mehr ventral entspringen. Vergleicht man jetzt nach Betrachtung dieses Entwicklungs- stadiums den Befund an den Glomerulusgefäßen mit demjenigen bei dem zu Anfang des Kapitels beschriebenen Embryo, so wird man, was das Längsgefäß anbelangt, sich doch wohl für eine sehr früh- zeitige aber selbständige Entstehung desselben entscheiden. Denn ent- stünde dasselbe von den Aussackungen der Aorta aus, die dann nach- träglich zum Längsgefäß verschmelzen, so wäre doch zu erwarten, daß diese Quergefäße früher nachzuweisen sind wie das Längsgefäß, so wie dies bei Salamandra tatsächlich der Fall ist. Dem ist jedoch bei Rana im allgemeinen nicht so. Wir haben gefunden, daß das Längsgefäß streckenweise vorhanden ist ohne jegliche Verbindung mit der Aorta, daß es aus einzelnen Stücken entsteht, die erst nach- träglich miteinander verschmelzen, ohne daß aber diese Endothel- röhrenstücke in engere Beziehung zur Aorta getreten wären. Außer- aem sind bei, dem eben beschrievenen Embryo die Querverbindungen, vom Längsgefäß zur Aorta zahlreicher als bei dem vorher erwähnten, bei dem freilich das Längsgefäß auch noch nicht in seiner ganzen Länge vorhanden war. Wenn es daher auch schwer, eigentlich un- möglich ist, die Entstehung von Längs- und Quergefäßen zeitlich zu trennen, so muß man immerhin zugeben, daß noch nachträglich Verbindungen zwischen dem kereits vorhandenen Längsgefäß und der Aorta zustande kommen können. Eine weitere Frage ist die nach der Selbständigkeit der Quer- gefäße. Stellen letztere lediglich Aussackungen aus der Aorta dar, \ R # D x u ee x u f Ein ec et ee u ee Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 241 die an der Stelle, wo sie das Längsgefäß berühren, mit ihm verschmei- zen, oder entstehen sie als eigene Gefäße, die an ihrem dorsalen und ventralen Ende mit den beiden anderen sich vereinigen ? Es ist mir nicht gelungen diese Frage zu entscheiden. Das Material für eine selbständige Bildung wäre wohl vorhanden, da die in der Falte selbst sowie in ihrer Nähe liegenden freien Mesenchymzellen zur Bildung des Längsgefäßes nicht vollständig verbraucht werden; ich habe aber niemals ein in querer Richtung am Darm verlaufendes Röhren- stück finden können, das dorsal nicht in die Aorta oder ventral nicht in das Längsgefäß eingemündet wäre. Man erkennt eben die Quer- gefäße erst dann als solche, wenn sie bereits vorhanden sind. Da außerdem Aorta und Längsgefäß anfänglich so nahe nebeneinander liegen uıd außerdem ihre Konturen niemals ganz gerade gestreckt sind, sondern mehr oder weniger unregelmäßig wellig verlaufen, so ist es auch kaum möglich, etwaige Ausbuchtungen als Anfangs- stücke von Quergefäßen zu deuten, so wie dies zum Beispiel bei Selachiern so deutlich zutage tritt (Rückert 1917). Allerdings bleibt bei dieser Auffassung ein Umstand nicht er- klärt, nämlich warum in ganz jungen Stadien, wo es eben erst zur Bildung. der Glomerularfalte kommt, die Aortenwurzeln so außer- gewöhnlich breit sind und sich ganz in die Falte einlegen. Daß hierin schon eine gewisse Beziehung zur Vorniere gegeben ist, darf wohl nicht angezweifelt werden; aber wie dieselbe aufgefaßt werden muß, da es sich um eine ganz gleichmäßige Verbreiterung handelt, ist mir nicht klar geworden, soferne man eben hierin nicht nur, wie schon früher erwähnt, eine bloße Annäherung der Aorta an das Längsgefäß sieht, um die Entstehung der Querverbindungen rascher und leichter möglich zu machın. Zu dieser Zeit schon mit einer Funktion des Glomerulus, welche an Stelle der späteren eigenen Gefäße einst- weilen die Aorten übernehmen würden, zu rechnen, ist wohl kaum angängig, viel eher ließe sich an phylogenetische Momente denken. Außerdem bleibt noch ein weiterer Punkt zu berücksichtigen. Es werden nämlich bei der: weiteren Entwicklung die Gefäße zwischen Aorta und Glomeruluslängsgefäß zum Teil wieder reduziert. Man begreift nicht recht, warum es zur Bildung mehrerer Gefäße kommt, wenn nur wenige benützt werder, sofern man hierin nicht einen An- klang an primitive Verhältnisse findet; doch darf nicht vergessen werden, daß hierin keine Andeutung an eine frühere Ausdehnung über mehrere Segmente vorliegen kann, da die beobachteten Quer- 242 A. Hartmann: gefäße sich nur über drei Segmente erstrecken und dem vorder- sten Vornierensegment nur ein Quergefäß zukommt. Der nächste 5,0 mm lange Embryo zeigt die Glomerulusfalte der Splanchnopleura in kranialer Richtung etwas weiter ausgedehnt; sie beginnt in der Mitte zwischen 1. und 2. Trichter. Sie zeigt rechts in ihrem vordersten Abschnitt auf zwei Schnitten ein winziges Gefäß, das nach vorn und rückwärts mit lockeren Zellen zusammenhängt und keine Verbindung mit der Aorta besitzt. Sechs Schnitte weiter kaudal beginnt das Glomeruluslängsgefäß, das ohne Unterbrechung bis über das 3. Nephrostom hinaus zu verfolgen ist und sicher durch vier Querzüge mit der Aorta verbunden ist. Zwei weitere, davon der vorderste waren so eng und undeutlich, daß ich sie nicht mit Sicherhsit als Gefäß anzusprechen wagte. Links reicht die Falte fast bis zum ersten Trichter nach vorn und zeigt nahezu in ihrer ganzen Ausdehnung ein Längsgefäß. Die Verbindungen zur Aorta sind auch hier so schmal, daß ich über ihre Zahl nichts aussagen möchte; nur die hinterste war breit und erstreckte sich über zwei Schnitte. Die Aorta selbst ist erst am hinteren Ende des Glomerulus un- paar geworden; gegenüber dem ersten Trichter sind beide Wurzeln noch wie früher sehr weit und reichen lateral bis auf das Dach des Coeloms. Als neuer Aortenast kommt bei diesem Embryo ein von der rechten Aorta in ventraler Richtung zwischen dem zweiten und dritten Nephrostom abgehendes Gefäß, das mit dem rechten Dotter- sefäßnetz anastomosiert. Außer dieser Verbindung findet sich im fünften Segment das schon früher vorhandene Quergefäßpaar wieder. Ein 5,2 mm langer Embryo bringt keine bemerkenswerten Ver- änderungen. Bei einem 5,5 mm langen Embryo ist der Kreislauf im Gange, wenigstens findet man Blutzellen außer im Herzen und den großen Dottervenen auch schon in der Aorta, den Cardinalvenen und den Ductus Cuvieri. | Die Aorta ist vor dem Vornierengebiet auf eine kurze Strecke (12 Schnitte — 120 u) unpaar geworden; gegenüber dem ersten Trichter weicht sie wieder in zwei Aeste auseinander und bleibt, von einigen kleinen unregelmäßigen Anastomosen abgesehen, paarig bis zum Ende des Glomerulus. Im kranialen Teil der Vorniere, deren erstes Nephrostom sich ganz am hinteren Ende des zweiten Seg- ments befindet, zeigt sie das gleiche Verhalten wie früher: sie liegt - Ba Te an ah a as x RB a E : Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 243 breit dem Coelomdach auf; nach rückwärts zu wird sie bedeutend enger; erst am vorderen Ende des zweiten Vornierensegmentes be- ginnt die Glomerulusfalte und alsbald tritt in ihr das kleine Gefäß auf, das ganz vorne nicht mit der Aorta zusammenhängt, obwohl die Wurzel des Glomerulus hier noch sehr breit ist und der ventro- lateralen Aortenwand direkt aufliegt. Zwischen dem zweiten und dritten Trichter wird die Basis der Glomerulusfalte schmäler und ent- fernt sich von der Aorta, und damit gewinnt der Glomerulus all- mählich seine bekannte Gestalt. Das Längsgefäß ist in seiner gan- zen Länge nachweisbar und läßt sich kaudal sogar ein paar Schnitte über die Falte hinaus verfolgen. Es enthält stellenweise schon Blut- zellen, ein Zeichen, daß die Gefäße des Glomerulus sich schon früh- zeitig an der Zirkulation beteiligen. Da, wo die Falte am stärksten ausgebildet ist, also zwischen dem zweiten und dritten Trichter, macht sich bereits eine Schlängelung des Längsgefäßes bemerkbar. An Verbindungsgefäßen zur Aorta fand ich beiderseits fünf; die vor- dersten unregelmäßig und klein vor dem zweiten Nephrostom; die beiden nächsten ziemlich weiten Gefäße auf gleicher Höhe gegen- über der Trichtermündung; das dritte Gefäßpaar durch mehrere Schnitte getrennt zwischen dem zweiten und dritten Trichter; das vierte Quergefäß rechts unmittelbar vor, links unmittelbar hinter dem dritten Nephrostom, und die beiden fünften ebenfalls nicht ganz gleichmäßig in der Mitte des fünften Segmentes vor dem hin- tersten Ende der Falte. Eine Verbindung zwischen Aorta und Darmgefäßen im Bereich des zweiten Vornierensegmentes war hier nicht vorhanden; dagegen sind die beiden Quergefäße zu den Darmgefäßen kaudal vom Glome- . ‚rulus sehr deutlich. Um eine klare Vorstellung von der Gestalt und Verteilung der Glomerulusgefäße zu erhalten, habe ich einen Embryo von annähernd dem gleichen Entwicklungsstadium wie der vorhergehende (5,1 mm Länge) plastisch rekonstruiert und gebe die Gefäße des Vornieren- gebietes in Textfigur 4 wieder. Die Trichteröffnungen sind durch die grau getönten Ovale angedeutet. Man sieht, daß das Glomerulus- längsgefäß beiderseits den ganzen Glomerulus durchzieht. Links beginnt es blind zwischen erstem und zweitem Trichter; es ist ver- hältnismäßig weit und zeigt verschiedene Ausbuchtungen. Noch vor dem ersten Verbindungsgefäß zur Aorta teilt es sich in zwei Aeste, von welchen der eine am Grund des Glomerulus verläuft, der andere 244 A. Hartmann: sich mehr dorsalwärts richtet und in das Quergefäß zur Aorta über- geht. Das letztere liegt genau in der Höhe des zweiten Nephrostoms. Dahinter ist das Vornierenlängsgefäß wieder einfach, weit, mit Aus- buchtungen versehen, bis zum nächsten Aortenquergefäß, das der Mündung des dritten Trichters gegenüberliegt, dann wird es eng und Z verbindet sich in kurzen Abständen noch zweimal mit der Aorta. Textfigur 4. a) Rechte Seite. caud. ceran. Rana temp. (40). Vornierengefäße und Aorta nach einer plastischen Rekonstruktion. 1: 100 auf '» verkleinert. Rechts ist das Bild etwas anders. Es tritt zwar hier ebenfalls schon eine Zweiteilung im mittleren Abschnitt des Glomerulus- längsgefäßes auf, aber es ist kranial noch ein Zusammenhang mit der Aorta vorhanden. Das zweite Quergefäß liegt gegenüber dem zwei- ten, das dritte ganz schwache gegenüber dem dritten Trichter; die kaudalste Verbindung entspricht derjenigen auf der linken Seite. Zwischen dem dritten und vierten Gefäß ist eine Ausbuchtung des Längsgefäßes in dorsaler Richtung zu bemerken, der eine ventrale kleine Ausbuchtung der Aorta entspricht. Beide sind wohl als der Rest eines früher vorhandenen, jetzt schon in Rückbildung begriffe- nen Quergefäßes anzusehen. D):N3,. RC Ich Ng um ser ch ein un sen ancnen Aorten-Glomerulargefäßen. Der Vergleich eines 5,5 mm langen Embryo mit einem 5,0 mm langen Embryo lehrt, daß die Reduktion der Aortenäste zum Glome- R ee en re a rn ri Fe a an u AL eo 2022 zur A Zen am ‘ Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 245 rulus bereits begonnen hat. Links ist der erste, rechts der vierte verschwunden; es fallen demnach zunächst diejenigen Aeste der Rückbildung anheim, die nicht einem Nephrostom gegenüberliegen. Ehe man aber etwas Bestimmtes hierüber aussagen kann, wird man die Untersuchung älterer Stadien abwarten müssen. Das Coelomepithel überzieht den ganzen Glomerulus gleich- mäßig, es finden sich keine Einschnürungen, welche das Organ in ein- zelne etwa den Segmenten entsprechende Lappen einteilen, Unregel- mäßigkeiten der Falte in jungen Stadien beruhen wohl auf Ungleich- mäßigkeiten in der Entwicklung; sie gleichen sich später vollständig aus. Auch im fertigen Zustand ist der Glomerulus nicht gelappt. Zwischen den Glomerulusgefäßen, durch deren Teilung bereits eine Netzbildung eingeleitet wird, und der Aorta sammeln sich Mesen- chymzellen an, wodurch der Glomerulus eine Vergrößerung erfährt. Dabei kommt es natürlich auch zur Dehnung des ihn überziehenden Epithels. Dieser Umstand wäre kaum bemerkenswert, wenn nicht anfänglich die Epithelzellen ein besonderes Verhalten zeigten. Sie flachen sich nämlich nicht ab, sondern behalten ihre rundliche Ge- stalt bei. An der Basis hängen sie mittelst einer außerordentlich fei- nen Membran, der sie aufsitzen, zusammen und je mehr die Zwischen- räume zwischen ihnen vergrößert werden, desto mehr gewinnt der Glomerulus eine feinhöckerige Oberfläche. Auf dem Schnitt machen diese Zellen den Eindruck von an einer Schnur aufgereihter Perlen (Fig. 25 und 26). Dies eigenartige Verhalten legt zunächst den Ge- danken nahe, daß die Oberflächenzellen hier nicht bloß eine schüt- zende Abschlußmembran gegen die Leibeshöhle zu bilden, sondern aktiv mit an der Funktion des: Glomerulus beteiligt sind; jedoch flachen sie sich mit fortschreitendem Wachstum des Organs doch immer mehr ab, erst an der freien Oberfläche, dann auch an der Wurzel des Glomerulus, bis sie den Charakter der dünnen Peritonealendo- thelzellen erreicht haben (Fig. 27). Ein kaum größerer 5,6 mm langer Embryo besitzt rechts 4, links noch 5 Aeste von der Aorta zum Glomerulusgefäß, von welchen die dem 3., 4. und 5. Segment entsprechenden wieder am deutlichsten sind. Außerdem zeigt die rechte Aorta hier kranial einen sehr merk- würdigen Befund. An der Stelle des ersten Trichters zweigt sich von ihr ein kleines Gefäß ab, das ventrolateral von ihr eine kurze Strecke weit unter der Splanchnopleura in kaudaler Richtung verläuft. Gleich- zeitig aber wies die sonst sehr kleine Aorta auch eine Ausbuchtung 246 A. Hartmann: ee lateral gegen die Cardinalvene zu auf. Diese letztere war auf dem nächsten Schnitt nicht mehr zu sehen, auch kein von ihr abgeschnür- tes Gefäß, dagegen war das ventrale Gefäß noch da. Noch wei Schnitte weiter kaudal, noch vor dem Beginn des eigentlichen Glo- merulus mündete es wieder in die Aorta zurück, die nunmehr sehr weit wurde, entsprechend den früheren Befunden. Offenbar kam es bei diesem Embryo auf der rechten Seite noch zur Anlage eines Glome- rulusquergefäßes, das in den Glomerulus selbst nicht mehr einbezogen werden konnte, da dieser sowie sein Längsgefäß kranial nicht so weit vor reicht. Vielleicht ließen sich derartige rudimentäre Anlagen bei der Durchsicht sehr zahlreicher Embryonen vom gleichen Entwick- lungsstadium häufiger nachweisen, als ein Beweis dafür, daß ursprüng- lich auch das erste Vornierensegment mit an der Bildung des Glome- rulus beteiligt war. Auch die früher erwähnte Teilung der Aorta in einen dorsalen und ventralen Ast im ersten Vornierensegment würde dafür sprechen. Bei diesem Embryo war ferner die rechte Verbindung der Aorta mit dem Dottergefäßnetz kaudal vom Glomerulus außerordentlich weit und gut zu seh:n, daher ich sie in Fig. 24 abgebildet habe. Ein 6,0 mm langer Embryo zeigt keinen besonderen Fortschritt in der Entwicklung; ich fand hier namentlich im zweiten Vornieren- segment das Längsgefäß nicht durchaus durchgängig und die Gefäße fast völlig leer; doch kann die Unterbrechung des Gefäßes auch nur eine scheinbare gewesen sein, verursacht dadurch, daß dasselbe kol- labiert und als Gefäß nicht mehr kenntlich war. Die Zahl der Quer- verbindungen von der Aorta her betrug rechts 5, links 4; diesmal waren die beiden am weitesten kranial gelegenen besonders deutlich, während die zweiten, dem zweiten Trichter entsprechend, nur ganz klein erschienen. Die kaudale Hälfte des Glomerulus dagegen war gut entwickelt. Die Glomerulusfalte füllt die enge Leibeshöhle fast vollständig aus, wie aus Fig. 25 ersichtlich ist. Der Schnitt geht rechts durch die Mitte des dritten Nepbrostoms, links ist das Kaudale Ende desselben gerade noch angeschnitten. In der Falte selbst ist das hier sehr weite Längsgefäß (Fig. 25 glg) zu sehen. Ich möchte noch besonders die Aufmerksamkeit aufseine eigene Endothelwand lenken; es stellt also ein echtes Gefäß dar, nicht nur, wie Filatow für Rana arvalis, Rana esculenta und Bufo angibt, einen wandungs- losen Sinus. Links ist das vierte Quergefäß getroffen, es ist sehr eng und nur auf diesem einen Schnitt zu sehen; daher scheint es Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 247 verständlich, daß derartig feine Gefäße leicht übersehen werden können. Mehrere weiterhin untersuchte Embryonen, deren Länge etwas um 6,0 mm schwankt, liefern, von einigen unwesentlichen Variatio- nen abgesehen, dasselbe Bild. Ich habe deshalb, um ganz sicher zu gehen, nochmals einen derselben graphisch rekonstruiert. Die genaue Länge des gerade gestreckten Embryos betrug 6,1 mm. Der Kreislauf hatte bereits eingesetzt, die Gefäße waren gut zu sehen, Textfigur 5. a) Rechte Seite. b) Linke Seite. N > u Rana temp. (18). Graphische Rekonstruktion der Gefäße der Vornieren- gegend. Schwarz = Dottergefäße; Rot = Aorta und Glomerulusgefäße. 1 : 100 auf '% verkleinert. Textfigur 5a und b gibt die Sagittalprojektion der rechten und linken Seite wieder. Das Längsgefäß ist beiderseits gut entwickelt. Rechts reicht es um die Hälfte eines Segmentes weiter nach vorn, fast bis zur Mündung des ersten Trichters und geht hier breit (4 Schnitte — 40) in die Aorta über. Nur in diesem einzigen Fall fand ich das Längsgefäß so weit nach vorne reichend, von den beiden oben erwähnten rudimentären Anlagen abgesehen. Links machte sich kranial vom Glomerulus nur auf einem Schnitt eine Aussackung der Aorta bemerkbar, die möglicherweise dem vordersten Quergefäß 248 A. Hartmann: der rechten Seite entsprechend auch als Quergefäßrudiment auf- gefaßt werden kann. Rechts haben wir fünf, links vier Quergefäße, von welchen das zweite und vierte, bzw. zweite und dritte dem zwei- ten und dritten Nephrostom entsprechen. Die beiden hintersten ver- mitteln die Einmündung des Längsgefäßes in die Aorta. Auffallend ist ferner das Vorhandensein zweier Anastomosen zu den Dotter- gefäßen auf der rechten Seite im vierten Segment, die beide sehr eng waren, sowie daß die sonst unmittelbar am kaudalen Ende des Glome- rulus im fünften Segment sich findenden Quergefäße zu den Darm- venen hier um ein ganzes. Segment nach rückwärts verlagert waren, so daß sie nicht mehr in die Rekonstruktion mit aufgenommen sind. Textfigur 6. linus cran. caud „es! NER: N rechts! Rana temp. (18). Frontalprojektlon der Aorta und Glomerulusgefäße. 1100. Textfigur 6 gibt die Frontalprojektion der Aorta zu Textfigur 5 mit Angabe der Lage der Nephrostome und der Ausdehnung der Leibeshöhle in frontaler Richtung. Aus ihr geht hervor, daß kaudal vom ersten Trichter die vorher paarige Aorta zu einem einzigen sehr breiten Gefäß verschmilzt, das nach beiden Seiten noch über die Chorda hinausragt. (Uebrigens war die Aorta im Bereich des Sinus venosus ebenfalls unpaar.) Hier nähern sich die beiderseitigen Lei- beshöhlen einander schon stark, so daß die Bildung eines Mesente- riums bereits angebahnt wird. Gegen den zweiten Trichter zu wei- chen sie wieder auseinander und dann zerfällt die Aorta noch drei- mal auf eine kurze Strecke in ein paariges Gefäß. 249 Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. I9USIYI9A %, me 00I : I Vgepäsnın won pun e}10Y — 304 :IgEPEIINOAG = ZIEMUIS "U9ZI9H WOA Jepney 9JePpNn 19P UONYNAJSUOY9Y Aydsıydein ‘(jg) dus} euey ‘39S 9yulT (q IS 9Jyay (e ‘) MEINXOL 17 250 A. Hartmann: Vom nächsten 6,5 mm langen Embryo (31) habe ich ebenfalls die Gefäße graphisch rekonstruiert, sowohl in Sagittal- (Textfigur 7a und b) als in Frontalprojektion (Textfigur 8). Das Glomerulus- längsgefäß wird jetzt gegenüber den früheren Stadien sehr eng; es verläuft nicht mehr ganz gerade gestreckt, sondern schlängelt sich, so daß es an manchen Stellen im Schnitt zweimal getroffen erscheint (Fig. 27). In der Projektion decken sich dann häufig die beiden Ge- fäße, was die Uebersichtlichkeit der Figur beeinträchtigt. Immerhin läßt sich noch mit Sicherheit feststellen, daß e in Längsgefäß den Glo- merulus in seiner ganzen Länge durchzieht, das sich an mehreren Stellen zu winden und aufzuspalten beginnt. Außerdem läßt sich an vereinzelten Stellen eine Einrollung von Mesenchymzellen zu neuen kleinen Gefäßen beobachten. Es findet also noch nachträglich im Glomerulus eine Gefäßbildung statt, was bereits von Field beobach- tet, aber neuerdings von Filatow in Abrede gestellt wurde. Textfigur 8 (Frontalprojektion) zeigt, daß die beiden Aorten- wurzeln über dem Sinus venosus zur unpaaren Aorta verschmelzen, daß diese aber im Bereich der Vorniere immer noch die Tendenz zeigen, sich wieder aufzuspalten. Sie ist relativ zur Breite der Chorda viel schmäler geworden, aber auch absolut, wenn man die Textfigur 8 mit den früheren Rekonstruktionen vergleicht. Dagegen ist ihr sagittaler Durchmesser größer. | Interessant ist das Verhalten der Quergefäße. Diese sind rechts noch alle drei erhalten; nach vorn zu endigt das Längsgefäß blind; es hat die Verbindung zur Aorta schon früher verloren. Links geht das Längsgefäß noch aus der Aorta hervor. Dagegen ist die dem zweiten Nephrostom zugehörige Queranastomose bereits unterbro- chen, doch erkennt man aus Ausbuchtungen der Aorta sowie des Glomerulusgefäßes noch genau die Stelle, wo sie vorhanden war. Die Quergefäße für das dritte Nephrostom sind beiderseits noch erhalten; ebenso wie diejenigen des fünften Segmentes. Letztere stehen jetzt aber nicht mehr ausschließlich mit dem Vornierenlängs- gefäß in Verbindung, sondern lassen auch Beziehungen zum Dotter- gefäßsystem erkennen, indem sie in die äußere Randvene desselben einmünden; rechts unmittelbar (Textfigur 7 a), links dagegen setzt sich das Längsgefäß noch ein paar Schnitte weit über die Einmün- dung des letzteren Quergefäßes in die Dottervene fort und endigt dann blind (Textfigur 7b). Es beginnt nunmehr der Glomerulus seinen Charakter als arterielles Wundernetz, den er bis jetzt streng 251 es Vornierenglomerulus usw. ® Die Anlage und Entwicklung d ’ geben, indem er sich zunächst einen Abfluß in das venöse Darmgefäßsystem schafft. beibehalten hatte, aufzug Diese neue Verbindung ist Ygepsuaıaıuıoa pun e} sj4991 -pned syun "001 : I Joy U9}J9INJISUONI.1 ydsıydeıd A19p uoyyp9loıdjeyuoig % ee la Y ” Da’ - Y V/ Fe hl 79, Wi, v2 Ps ‘8 ınd1]]X9L IX i ;@ Eu 7 a ‘(jge) "dus euey "UPI) m Bestand, aber doch wichtig, da sie den allerdings nur von Kurze weiteren Phase in der Entwicklung des Uebergang bildet zu einer 67% 252 &: Hartmann: Glomerulus, die für seine Funktion von großer Bedeutung wird. Sie soll im folgenden Kapitel im einzelnen besprochen werden. Auch bei diesem Embryo findet sich noch ein zweiter Zusam- menhang zwischen Aorta und Darmgefäßsystem durch ein schmales, in der Gegend des zweiten Vornierentrichters von der rechten Aorta abgehendes Gefäß (Textfigur 7 a). Hier hat sich bereits das dorsale Pankreas angelegt, um welches eine reichliche Gefäßentwicklung stattfindet. Wahrscheinlich ist der kleine Aortenast dazu bestimmt, ihm arterielles Blut zuzuführen. | Mit dem zuletzt beschriebenen Stadium ist der erste Abschnitt in der Glomerulusentwicklung beendigt, nämlich die Vaskularisie- rung von der Aorta aus. Der Glomerulus muß auch bereits funktions- fähig sein, da der 6,5 mm lange Embryo das Ei verlassen hat, im Was- ser umherzuschwimmen beginnt und begierig Nahrung aufnimmt. Die weiterhin auftretenden Veränderungen betreffen zumeist Um- bildungen, die durch die weitere Entwicklung der Bauchorgane der Larve bedingt sind; außerdem wird infolge der Ausbildung des Me- senteriums der Abfluß des Glomerularblutes in die Darmgefäße, der im vorliegenden Stadium und auch bei noch etwas älteren Larven nicht mehr durch die Aorta vermittelt wird, sondern direkt erfolgt, wieder unterbrochen. Es muß daher, ehe es soweit kommt, eine neue Abflußbahn hergestellt werden, was bei Rana durch die Neu- bildung von Gefäßen geschieht, die das Blut des Glomerulus nach der Cardinalvene zu ableiten. Kurz zusammengefaßt läßt sich über den bisherigen Entwick- lungsgang folgendes aussagen: Die Gefäße des Glomerulus bilden in den jüngsten Stadien ein arterielles Wundernetz, welches hervor- geht aus einem parallel zur Aorta verlaufenden sich getrennt von ihr anlegenden Längsgefäß, das mittelst mehrerer zumeist 5 Anasto- mosen mit der sehr breiten streckenweise noch paarigen Aorta in Verbindung tritt. Anfänglich strömt das die Glomerulargefäße durchfließende Blut vollständig in die Aorta zurück (Textfigur 4—6); etwas später, wenn die Larve die schützenden Eihüllen verläßt, kommt am kaudalen Ende des Glomerulus ein Anschluß seiner Ge- fäße an das Darmnetz zustande (Textfigur 7 und 8) und somit kann ein Teil des Blutes in venöse Bahnen abgeleitet werden. Noch spä- terhin wird mit der Umbildung der ursprünglichen Dottergefäße ein Abfluß des Glomerulusblutes auf anderem Wege notwendig. Es a Zn u nn 4 an An Zn Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 253 kommt zur Entstehung neuer Gefäße, welche eine Verbindung mit der hinteren Cardinalvene herstellen. IV. Die Cardinalvenen. a) Literatur und erste Entwicklung. Verhalten der Cardinalvenen am kau- dalen Rumpfende und ihre Beziehungen zur Schwanzvene. Ehe wir auf die Beziehungen der Cardi ıalvenen zur Vorniere, insbesondere zu deren arteriellem Gefäßsystem genauer eingehen, ist es notwendig, auf die Entwicklung dieser Venen in Kürze zurück- zugreifen, sowie die aus der Literatur bisher über die Cardinalvenen zusammengestellten Tatsachen einer genauen Prüfung zu unter- werfen. Die Beobachtungen über die früheste Entwicklung der Cardinalvenen sind wenig zahlreich und zum Teil widersprechend, wie ich bereits in einer früheren noch nicht veröffentlichten Arbeit hervorgehoben habe. Es beruht dies zum Teil darauf, daß nicht im- mer scharf genug zwischen den beiden Haupttypen der Amphibien, Urodelen und Anuren unterschieden wurde, sondern die bei den Vertretern der einen Gattung gefundenen Verhältnisse schlechtweg auf die der anderen übertragen wurden. Dies mag für eine ganz grob schematische Anordnung, sowie für den Verlauf der Cardinalvenen im voll ausgebildeten Zustande annähernd zutreffen, doch hat sich mir selbst im Lauf meiner Untersuchungen gezeigt, daß sowohl was die Zeit des frühesten Auftretens der einzelnen Gefäßabschnitte, sowie ihre weitere Ausbildung und ihre Beziehungen zu den Nachbar- organen betrifft, bei Urodelen und Anuren nicht unwesentliche Verschiedenheiten festzustellen sind, die eine gesonderte Untersu- chung und Besprechung vieler einzelner Arten wohl dankenswert erscheinen lassen. Am meisten Uebereinstimmung zeigen noch die vorderen Cardinalvenen, die bei Anuren und Urodelen in gleicher Weise entstehen durch Zusam menschluß mehr oder weniger regei- mäßiger und sehr ungleich großer Mesenchymlücken zu endothelia- len Röhren, welche im Bereich des Kiemendarms der Hirnblase medio-ventral. anliegen, dann über dem Bulbus aortae divergierend über die dorsalen Aorten hinwegziehen, um in der lateralen Rumpf- wand herabzusteigen und in den Ductus Cuvieri einzumünden. Dabei gilt für die Anuren in gleicher Weise wie für die Urodelen, daß die vordere Cardinalvene in ihrem kranialsten Abschnitt aus einem um die vordere Hirnblase wenig verzweigten Netz hervorgeht, ehe sich ihre einzelnen Zweige deutlich unterscheiden lassen, und daß 254 Aare: dies kraniale Netz, sowie das aus ihm hervorgehende einheitliche Gefäß sich früher nachweisen lassen als der Anschluß des letzteren an den Ductus Cuvieri, der erst kurz vor dem Einsetzen des Kreis- laufs und zwar wiederum in Form eines Netzes erfolgt. Hiemit stimmen auch die wichtigsten Angaben aus der Literatur (Goette, Hochstetter, Mollier, Marcinowski) überein. Diese Bemerkungen über die vordere Cardinalvene mögen hier genügen, da dieses Gefäß bei Amphibien keinen Anschluß mehr an die Vorniere besitzt und nur der Vollständigkeit halber mit erwähnt wurde. Für die Beziehungen zur Vorniere wichtig ist vor allem die hin- tere Cardinalvene und zwar ihr vorderster unmittelbar kaudal vom Ductus Cuvieri liegender Abschnitt. Goette (1875), dessen Be- schreibungen für Bombinator igneus wohl erweitert aber bis heute noch nicht widerlegt werden konnten, läßt sie durch Zusammen- fließen der zwischen den Urnierenschläuchen (Vornierenkanälchen der späteren Autoren) auftretenden Lakunen entstehen; es geht aber aus seiner Darstellung nicht hervor, ob er sie schon als selb- ständiges Gefäß oder als einen zum Ductus Cuvieri gehörenden Ab- schnitt betrachtet. Hochstetter (1888) schließt sich ihm an, nur läßt er entsprechend der Strömung des Blutes im allgemeinen den Zu- sammenschluß der Lakunen zur Gefäßröhre in Kaudo-kranialer Rich- tung erfolgen, so daß die hintere Cardinalvene schließlich wieder in den Ductus Cuvieri mündet. Dabei macht er bereits auf die Ver- schiedenheiten bei Anuren (Rana) und Urodelen (Salamandra atra) aufmerksam, jedoch ebenfalls ohne auf die ersten Anfänge zurück- zugehen. Sowohl er selbst wie Goette berühren die näheren Be- ziehungen der Cardinalvene zur Vorniere nicht weiter; für beide ge- winnt das Gefäß erst Interesse, wenn dessen Umbildung zum Ur- nierenabschnitt der unteren Hohlvene beginnt. Etwas ausführlicher, aber ebenso ohne auf die speziellen Be- ziehungen zur Vorniere einzugehen, behandeln die früheste Anlage der Cardinalvenen M ol lier (1906) für Wirbeltiere im allgemeinen und K. Marcinowski (1906) für Bufo und Siredon pisciforme. Aus ihren, sowie aus meinen an Siredon und Salamandra atra er- hobenen Befunden kann ganz allgemein gefolgert werden, daß die Grundlage der hinteren Cardinalvenen bei Amphibien eine celluläre ist, deren Elemente zum Teil dem allgemeinen Mesenchymbildungs- herde, den ventralen Sklerotomabschnitten, entstammen, ebenso wie diejenigen der Aorta, zum Teil aber auch ergänzt werden durch Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 255 Mesenchymzellen aus der Somatopleura, doch so, daß alle aus diesem Material hervorgehenden Gefäße (Aorta, Vornierenlängs- und Quergefäße, Ductus Cuvieri, Cardinalvenen) getrennt entstehen. Diese Erhebungen habe ich nun zunächst für Rana temporaria zu bestätigen versucht. Auch hier werden die ersten freien Zellen, welche die Cardinalvenenendothelien liefern, gleichzeitig mit dem Material für die Aorta von ventralen Sklerotomabschnitten los- gelöst. Die Lieferung der Zellen erfolgt jedoch im Vornierenab- schnitt selbst nicht in Form noch zusammenhängender Zellkomplexe, die sich nachträglich auflösen, sondern die einzelne Zelle trennt sich als solche vom Sklerotom los. Häufig läßt sich vor der definitiven Ablösung der einzelnen Elemente schon eine Auflockerung dersel- ben beobachten, wobei manchmal die Zellgrenzen durch stärkere Pigmentierung deutlicher hervortreten. Dieser Vorgang ist in Fig. 2 und in Fig. 4!) auf der rechten Seite noch sichtbar, obwohl es sich hier schon um weiter fortgeschrittene Stadien handelt. Der Zeitpunkt des ersten Auftretens der freien Gefäßzellen ist nicht ganz leicht zu bestimmen, da er offenbar innerhalb geringer Grenzen variabel ist. Sieht man von der Kopfregion ab, wo Mesen- chymzellen schon sehr frühzeitig erscheinen (bei Rana in noch jün- geren Stadien als bei Salamandra und Axolotl), so findet man im allgemeinen freie Zellen kaudal vom Sinus venosus schon dann, wenn die Urwirbel sich von der Seitenplatte abzuschnüren beginnen, also zu einer Zeit, wo der drüsige Anteil der Vorniere schon ziemlich weit entwickelt ist. Den Beweis hiefür mögen Fig. 28—30 liefern, die verschiedenen Querschnitten durch einen sehr kleinen Embryo entnommen sind; derselbe war kaum 2,5 mm lang, das Medullarrohr war vollständig geschlossen; äußerlich ließ sich noch keine Andeutung von Seg- menten wahrnehmen. Die mikroskopische Untersuchung ergab, daß die fünf vordersten Urwirbel zwar schon abgegrenzt waren, aber noch mit der Seitenplatte in Zusammenhang standen; der Kiemendarm war breit und zeigte eine Andeutung der beiden ersten Taschen. Das Kopfende des Darms ist schon reichlich von Mesen- chymzellen umgeben, die jedoch nirgends eine Anordnung zu Gefäßen erkennen lassen; die celluläre Herzanlage ist deutlich. Fig. 28 geht durch das vordere Ende des 2. Urwirbels (ventral Mitte der Herz- anlage). Hier zeigt sich schon eine deutliche Auflockerung der 1) Der Embryo wurde vom Schwanzende aus geschnitten. 256 A. Hartmann: Elemente im ganzen ventralen Urwirbelabschnitt, die an den media- len und lateralen ventralen Kanten bereits zur Loslösung einzelner Zellen (m) geführt hat, welche die für Anuren so charakteristische plumpe Form zeigen. Die letzten schieben sich in den zwischen Ursegment und Seitenplatte freiwerdenden Raum ein; sie werden mit der weiterhin erfolgenden Ausdehnung der Seitenplatte durch das in ihr auftretende Coelom weiter auseinander gedrängt und ver- schoben. Gleichzeitig bemerkt man auch eine Auflockerung und Los- lösung von Zellen an der Somatopleura gerade an der Stelle, welche dem Umschlagsrande in die dorsale Bedeckung der späteren Leibes- höhle entspricht. Drei Schnitte weiter kaudal ist das lockere Gefüge von Ursegment und Seitenplatte verschwunden; beide Gebilde sind nicht mehr getrennt sondern hängen kontinuierlich zusammen. Nach weiteren fünf Schnitten schneidet die Grenze zwischen 2. und 3. Ursegment durch und unmittelbar kaudal davon ist das vordere Ende des kranialsten Vornierenkanälchens getroffen, welches nach weiteren 2 Schnitten in den nächsten Urwirbelstiel einmündet, der also hier dem 3. Segment zugehört. Sobald der Urwirbelstiel zu Ende ist, beginnt wieder die Auflockerung im ventralen Abschnitt des Segments, die aber hier beim dritten lange nicht mehr so aus- gesprochen ist wie beim zweiten. Fig. 29 geht durch das kaudale Ende des dritten Segmentes und zeigt das erste Vornierenkanäl- chen hinter dem dritten Urwirbelstiel (1. Vornierentrichter) getroffen. Von Aortenzellen ist noch keine Spur vorhanden, doch haben sich im lateralen ventralen Abschnitt des Urwirbels auch hier wieder zwei Zellen losgelöst (m), die zwischen letzteren und das Vornierenkanäl- chen eingeklemmt sind. Hinter dem vierten Ursegmentstiel sind rechterseits drei, links zwei freie Zellen zu beobachten, noch weiter kaudal findet man nur wieder gelegentliche Auflockerung der Zellen. Fig. 30 ist der Zone hinter den deutlich abgegrenzten Urwirbeln entnommen und entspricht etwa einem Querschnitt durch das 6.—7. Segment; auch hier sind die Zellen namentlich an der späteren Grenze zwischen Ursegment und Seitenplatte dorsal vom Wulst des Vornierenganges nur locker aneinandergelagert; doch wage ich nicht zu behaupten, daß es sich hier schon um eine Auflockerung zum Zwecke der Lieferung von Gefäßzellen handelt. Es ist wohl kaum zu bezweifeln, daß die zwischen Ursegment und Seitenplatte auftretenden ersten freien Zellen als Cardinal- venenzellen angesehen werden dürfen, selbst wenn man spätere BEER Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 257 Verschiebungen noch mit in Betracht zieht. Der Zeitpunkt ihres ersten Auftretens muß also schon sehr frühe angesetzt werden, zum mindesten gleichzeitig mit den Aortenzellen, wenn nicht schon früher. Hier wäre noch eine Beobachtung einzufügen, auf die ich schon früher bei der Besprechung der Entwicklung der Aorta hingewiesen habe. Es ertolgt nämlich die Lieferung der Getäßzellen im mittleren und kaudalen Rumpfabschnitt nicht gleichmäßig; in letzterem wird sie gewissermaßen überstürzt, so daß es nicht mehr zur Abtrenn ıng einzelner Elemente, sondern ganzer Zellkomplexe kommt. Im Vor- nierenabschnitt selbst bleibt das gelieferte Material für Aorta und Cardinalvene topographisch immer getrennt und ist daher von An- fang an für beide Gefäße leicht kenntlich, wie dies aus den ersten Figuren (Fig. 1—10) ohne weiteres zu ersehen ist. Kaudal von der Region der Vorniere (Fig. 31) läßt sich das gesamte zwischen Urseg- ment, Chorda, Darm und Seitenplatte eingeschobene Mesenchym- material nicht mehr in zwei getrennte Stränge sondern; Aorten- und Cardinalvenenzellen werden erst deutlich, wenn sich die endo- thelialen Röhren herauszudifferenzieren beginnen. Noch weiter schwanzwärts (Fig. 32 und 33), wo die Gefäßzellen in Form einheit- licher segmentierter Stränge abgegeben werden, ist die Unterschei- dung noch schwieriger. Vergleicht man die beiden Figuren 32 und 33 miteinander, die nur durch vier dazwischen liegende 10 u dicke Schnitte getrennt sind, so läßt sich in dem kranial gelegenen (Fig. 32) "in dem Gefäßzellenstrang schon ein deutliches endotheliales Rohr nachweisen (g f), das in Fig. 33 nicht mehr zu sehen ist, sondern durch zwei undeutlich begrenzte, aber offenbar in Bildung begriffene nebeneinander gelegene Röhrchen (Fig. 33 g f) ersetzt ist, von wel- chen sich keines der Lage nach auf das der früheren Figur beziehen läßt. Verfolgt man nun die dazwischen gelegenen Schnitte, so er- gibt sich tatsächlich kein Zusammenhang zwischen den Gefäßröhr- chen der beiden Figuren, sondern der Zwischenraum ist durch mehr oder weniger lose nebeneinander gelegenen Zellen ausgefüllt und auch kopfwärts zu läßt sich das vordere Rohr nur noch auf einem Schnitt nachweisen, während die beiden kaudalen auf dem nächsten Schnitt überhaupt schon 1icht mehr zu erkennen sind. Es muß somit da- hingestellt bleiben, ob wir das auf Fig. 32 vorhandene Gefäßstück (g f) als Aorta oder als Cardinalvene anzusprechen haben; beides wäre möglich (da bei Rana die paarige Anlage der Aorta sich strecken- weise auch noch im kaudalen Rumpfabschnitt nachweisen läßt), 258 A. Hartmann: aber zu befürworten ist weder die eine noch die andere Annahme, solange die Endothelröhren sich nicht über größere Strecken aus- dehnen. An und für sich ist die Frage, ob ein derartig kleines Bruch- stück eines Endothelröhrchens an dieser Stelle der Aorta oder der Cardinalvene zugehört, überhaupt gleichgültig; wichtig ist hier nur die Feststellung der Tatsache, daß auch in einem so weit kaudal gelegenen Abschnitt !) Aorta und Cardinalvene gleichzeitig neben- einander entstehen. Ich bin auch deswegen so ausführlich auf diese Frage eingegangen, weil hierin ein grundlegender Unterschied gegen- über den Befunden bei Salamandra atra und Siredon gegeben ist. Bei ihnen ist im kaudalen Rumpfabschnitt die Aorta längst als un- paares unter der Chorda gelegenes Rohr vorhanden, ehe es zur Bildung von Cardinalvenen kommt. Man vergleiche Fig. 36 und 43 meiner Untersuchungen an Urodelen, die sogar weiter Kranial- gelegene Querschnitte durch ältere Embryonen von Salamandra atra darstellen, bei welchen der Kreislauf schon eingesetzt hat; auf ihnen sind trotz reichlich um die Vornierengänge vorhandenen Me- senchymmaterials noch keine Cardinalvenen zu sehen. Auch die graphische Rekonstruktion Textfigur 21 a und b zeigt, daß die hin- tere Cardinalvene kaum über das kaudale Ende der Vorniere hinaus- reicht. Es ist klar, daß diese Unterschiede in der Entwicklungs- geschichte der Gefäße bei den Amphibien für die Kreislaufverhält- nisse nicht gleichgültig sein können, und es wird dies namentlich in den Gefäßbahnen um die Schwanzwurzel zum Ausdruck kommen. Ich bin mir wohl bewußt, daß die folgenden Ausführungen nicht mehr zum eigentlichen Thema dieser Arbeit, die sich auf die Vornierengefäße beschränken will, gehören; es sei mir aber trotzdem gestattet, ganz kurz über diese gelegentlich erhobenen Befunde hier zu referieren, da ich sie nirgends in der Literatur erwähnt ge- funden habe. Auch Hochstetter, dem wir die ausführlichste Arbeit über die Entstehung der Cardinalvenen bei Amphibien ver- danken, sagt darüber nichts, obwohl er die geringe Verschiedenheit der Lage der Cardinalvenen in bezug auf die Segmentalgänge bei Salamandra und Rana noch eigens hervorhebt und auch auf die Subintestinal- undC audalvene eingeht. Er betont ganz speziell für Salamandra: „Eine Verbindung (der Subintestinalvene) mit der Caudalvene existiert jedoch nicht, da die Caudalvene bei den Uro- 1) Die Schnitte gehen schräg durch den 15.—17. Urwirbel; der Wolff- sche Gang ist vollständig abgeschnürt und hohl. Dun Zabnie Hr le 2 bl nn nn Bun nö u nn ni de an BR Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 259 delen viel später entsteht als die Subintestinalvene.“ Daß dies nicht der Fall ist, glaube ich in meiner früheren Arbeit gezeigt zu haben. Das Gefäß, welches bei Urodelen kaudal vom After am frühesten in Erscheinung tritt, ist ein ventral vom Schwanzdarmrest gelegenes Endothelrohr, welches durch offene Gefäßröhren und durch zelliges Mesenchymmaterial sowohl mit der Aorta, als auch mit den inneren wie äußeren Randvenen des Dotternetzes in Verbindung tritt; ich habe gerade mit Hilfe dieses Gefäßes über die phylogenetische Priorität der Randgefäße des Dotternetzes über die Subintestinal- vene zu entscheiden versucht, allerdings ohne zu einem definitiven Resultat zu gelangen. Aber sicher ist das Gefäß sehr frühe vorhan- den und ebenso sicher steht es mit dem Dottergefäßnetz (und also auch mit der Subintestinalvene) in Verbindung und funktioniert nach dem Einsetzen eines geordneten Kreislaufs, indem es das Blut auf den Dotter zurückleitet, lange ehe es an dieser Stelle zur Ausbildung von Körperwandvenen (Cardinalvenen) gekommen ist. (Vgl. Textfiguren 8 und 9.) Ganz anders liegen die Verhältnisse bei Rana. Zwar tritt auch hier die Schwanzvene als erstes kaudal vom After gelegenes Gefäß auf. Fig. 34 ist einem Querschnitt derselben Serie wie Fig. 32 und 33 entnommen, also einem noch sehr frühen Stadium und trifft gerade die mit dichtem Mesenchym erfüllte Grube, die zwischen Schwanz- darm und Kloakendarm einschneidet. Man sieht hier im Mesenchym ventral vom soliden Schwanzdarm zwei kleine Endothelröhrchen (g f), welche sich nach beiden Richtungen hin noch ein paar Schnitte weit verfolgen lassen. Die Untersuchung älterer Stadien zeigt, daß es sich tatsächlich um die erste hier noch paarige Anlage der späteren Schwanzvene handelt, die sich sehr rasch zu einem kräftigen selb- ständigen Gefäß entwickelt. Verfolgt man nun aber dieses Gefäß in kranialer Richtung weiter, so geht es nicht ventral unter der Ein- mündung des primären Harnleiters vorbei und in das Dottergefäß- netz über, sondern es bleibt medial vom Vornierengang liegen und läßt sich direkt in die Cardinalvene hinein verfolgen. Eine Verbin- dung mit dem Dottergefäßnetz kommt gar nicht zustande, aus dem sehr einfachen Grunde, weil es am dorsalen Umfang des kaudalen Dotterdarmabschnittes. überhaupt noch nicht zur Ausbildung voı fäßen gekommen ist. Um dies Verhalten zu illustrieren, gebe ich in Textfigur 9a und b eine Zeichnung vom hinteren Rumpfende eines genau rekonstruierten A. Hartmann: 260 erwähnten Textfigur 9. a) Rechte Seite. Dasselbe gehört dem früher Schwarz — Aorta; dunkelgrau = Dottergefäße; hellgrau — 1 : 100 auf Y/, verkleinert. Embryo (Textfigur 4) an, bei dem der Kreislauf schon im Gange ist Wachsplattenmodells. b) Linke Seite. Rana temp. (40). Gefäße am hinteren Rumpfende und Schwanz nach einer plastischen Rekonstruktion. Cardinalvene und Schwanzvenen. und von welchem bereits die Aorten-Glomerulusgefäße in Text- figur 4a und b gezeichnet wurden, also ein nicht mehr ganz junges Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 261 Stadium. Die Dottergefäße, sowie die einzelnen freien zwischen Splanchnopleura und Darm befindlichen Zellen sind grau getönt, die Cardinal-Schwanzvenen, damit sie sich besser abheben, in einer dunkler grauen, die Aorta in schwarzer Farbe wiedergegeben. Die Stelle der Vereinigung der beiden Venen zur unpaaren Schwanzvene ist durch ein 7 bezeichnet. Man erkennt, wie die beiderseits wohl ausgebildete Cardinalvene sich unmittelbar in die Schwanzvene fortsetzt, während es am dorsalen Darm umfang noch kaum zur Ent- wicklung eines Gefäßes gekommen ist. Die bei Salamandra und Axo- lot! in diesem Stadium schon vollentwickelte innere Randvene des Dotternetzes fehlt hier am kaudalen Ende vollständig; sie wird hier überhaupt nicht mehr bis zur Kloake angelegt; es ist dies auch gar nicht mehr notwendig, da ja die Schwanzvene vermittelst der Car- dinalvenen schon mit dem Rumpfe (bzw. Herzen) verbunden ist, und die Ableitung ihres Blutes in das Dottergefäßnetz daher über- flüssig geworden ist. Weiterhin sind die Verhältnisse auch am ven- tralen Darmumfang sehr interessant. Bis an das kaudale Drittel des Dotterdarms (an der mit ff} bezeichneten Stelle) sind wohl ausge- bildete mit Endothel umzogene und mit zahlreiehen primitiven Blutzellen erfüllte Röhren vorhanden, die sich nach kranial in zwei nebeneinander verlaufende mächtige Gefäße auflösen, welche die Leberanlage (mesodermfreies Feld) umgreifend schließlich lateral am Darm emporsteigen, um zusammen mit dem Ductus Cuvieri in den Sinus venosus des Herzens zu münden. In umgekehrter Richtung dagegen werden die Gefäße als solche immer undeutlicher und enden schließlich in einer Masse primitiver Zellen, die nur schlecht gegen- einander abgegrenzt immer mehr den Charakter von freien primi- tiven Blutzellen verlieren und dagegen das Aussehen jener kompak- ten Zellmassen gewinnen, das für die erste Anlage der Blutinsel typisch ist. Auch die seitlich am Darm gelegenen Gefäße werden dann immer spärlicher, währenddem die Blutinsel selbst an Breite der Ausdehnung gewinnt. Es stecken die Dottergefäße gewissermaßen in der Blutinsel darin und differenzieren sich nur langsam aus ihr heraus. Es ist also hier gegenüber den Gefäßverhältnissen am dor- salen Darmumfang noch ein ganz primitiver Zustand vorhanden. Wie man sieht, trifft Hochstetters Bemerkung, daß eine Ver- bindung von Caudalvene und Subintestinalvene nicht existiere, für Rana tatsächlich zu. Will man also die Entwicklung der Venen- stämme bei Salamandra atra in schematischer Darstellung geben, 262 AS atmen: so wie es Hochstetter getan hat, so müßte man vor dem Schema A (Fig. 7 S. 163) noch ein weiteres einschieben, welches die Caudalvene aus dem Dottergefäßnetz hervorgehend darstellt, wäh- rend man für Rana gleich als erstes das Schema A gelten lassen kann, das für Salamandra erst in einem späteren Entwicklungs- stadium Gültigkeit erhält. f Die eben beschriebenen Befunde sind auch in phylogenetischer Hinsicht interessant. Offenbar zeigen die Urodelen noch primiti- vere Verhältnisse als die Anuren und eignen sich deshalb gut als Studienobjekte, wo es sich um vermittelnde Glieder von niederen zu höheren Formen handelt. Es ist ja bekannt, daß auch bei Sela- chiern die Schwanzvene noch in Zusammenhang steht mit dem Dotter- gefäßsystem, den Subintestinalvenen, die mit der linken Vena omphalomesenterica in Verbindung treten (C. Rab|). Die beiden hinteren Cardinalvenen entstehen sehr viel später und reichen an- fänglich kaum über das Gebiet der Vorniere hinaus. Erst nachdem sie allmählich bis zur Kloake ausgewachsen sind, münden sie in die - Schwanzvene ein; dieser Zustand wird bei Pristinrusembryonen von 94—-95 Urwirbeln erreicht; die vollständige Einbeziehung der Caudal- vene in das Gebiet der hinteren Cardinalvenen erfolgt noch später und ist erst mit der definitiven Ablösung der Subintestinalvene, die nunmehr an Weite erheblich abnimmt, vollendet. Was die neuer- dings von Rückert (1917) für Torpedo festgestellte Tatsache anbelangt, daß nämlich die Vena cardinalis posterior in dem kaudal von der Vorniere gelegenen längeren Abschnitt aus getrennten, sich nachträglich zu einem kontinuierlichen Längszug vereinigenden Stücken entsteht, ‚‚die im großen und ganzen eine segmentale An- ordnung‘ einhalten, so möchte ich bemerken, daß auch bei Rana ein in kranio-kaudaler Richtung erfolgender Zusammenschluß ein- zelner sich vorher schon anlegender Röhrenstücke statthat, daß ich aber eine segmentale Anordnung dieser Röhrenstücke nicht mehr feststellen konnte. Eine Reminiszenz an eine ursprüngliche Metamerie ist aber noch in der segmentalen Ablösung der Cardinal- venenzellstränge erhalten, wenngleich sie sich sehr rasch verwischt. Im vorhergehenden wurde beschrieben, daß im hinteren Rumpf- abschnitt die Cardinalvenenzellen gleichzeitig mit dem Material für die Aorta als mehr oder weniger solide Komplexe von den Sklero- tomen abgelöst werden. Hiezu möchte ich, um Mißverständnisse auszuschließen, noch bemerken, daß außer dieser gleichzeitigen Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 263 Lieferung des Materials für die beiden Gefäße ich keinen Zusammen- hang zwischen ihnen beobachten konnte in dem Sinne, wie dies Hattafür die Vena jugularis bei Petromyzon und Grafe für das Hühnchen beschreibt. Es ist natürlich klar, daß bei der Auflösung der soliden Zellhaufen zu Mesenchym häufig noch verbindende Zellen zwischen den sich herausbildenden Endothrelöhren zu beobachten sein werden, die eine Verbindung zwischen beiden Gefäßen vortäu- schen könnten, wie dies in Fig. 31 und 32 noch der Fall ist. Es ge- lingt jedoch niemals in diesen Zellsträngen ein Lumen nachzuweisen, noch viel weniger die Kommunikation eines solchen mit dem Lumen der Aorta oder der Cardinalvene, woraus sich der Schluß auf einen ursprünglichen Zusammenhang rechtfertigen würde. b) Literatur über die Beziehungen der Cardinalvenen zum Glomerulus. Entstehung der Cardinalvenen- Glomerulusverbindungen. Kehren wir nunmehr zu unserem eigentlichen Thema, der Car- dinalvene im Vornierenabschnitt zurück. Im fertigen Zustand löst sich die Cardinalvene kaudal von ihrer Einmündung in den Ductus Cuvieri in ein Netz von Gefäßen auf, die zwischen die Vornierenkanälchen eindringen und sie allseitig umspülen. Erst am kaudalen Ende der Vorniere sammeln sich die einzelnen Züge wieder zu einem einheitlichen Gefäß, das ventro- lateral am hintersten Vornierentrichter vorbeizieht und auf die mediale Seite des Vornierenganges zu liegen kommt. Ich habe nun, angeregt durch die jüngsten Beobachtungen von Rückert an Selachiern, zunächst meine besondere Aufmerksamkeit darauf ge- richtet, ob sich bei der Entwicklung des Netzes eine bestimmte Ge- setzmäßigkeit erkennen ließe, welche eine Annahme von mehreren anfänglich getrennten Gefäßzügen, die dann nachträglich zum Netz verschmelzen, gestatten würde. Es hat nämlich Rückert bei Torpedo festgestellt, daß innerhalb der Vornierengegend die erste Anlage der Cardinalvene ventro-lateral und später rein lateral von den Urwirbelstielen liegt. ‚‚Alsbald aber gesellt sich zu diesem pri- mären Venenzug ein zweiter Parallelzug hinzu, der sich von ihm in den zwischen den Urwirbelstielen befindlichen Interstitien ab- zweigt und dorsomedian über die Stiele hinwegläuft (Fig. 6 und8 Cd und Fig. 12).‘‘ Dieser letztere später entstehende dorsale Venen- zug entspricht nach Rückert der eigentlichen Cardinalvene, während der ‚‚vorher auftretende ventrale Anteil der Gefäßan- 264 A. Hartmann: lage eine Bildung sui generis darstellt, die der Vornierenregion eigen- tümlich ist“. Ihn sieht Rückert als eine Vornierenvene an. Die Frage ist nun die, ob es auch bei Amphibien, speziell bei Rana, eine spezifische Vornierenvene gibt. Man wird hier von vorn- herein viel verwickeltere Verhältnisse erwarten dürfen, entsprechend dem hohen Ausbildungsgrad der Amphibienvorniere gegenüber den rudimentären Anlagen der Selachier. Es ist mir nun nicht gelungen ohne allzusehr zu künsteln, irgendwelche besondere Gefäßzüge it der Anlage herauszukonstruieren. Die Anlage erfolgt vielmehr ganz unregelmäßig. Man kann dies ganz leicht an den für die Aorten- entwicklung gegebenen Figuren verfolgen. Fig. 1 zeigt lateral von der Somatopleura zahlreiche lockere Mesenchynizellen, die sowohl. an der dorsalen wie an der ventralen Seite des Vornierentrichters liegen. Besonders gut auf der rechten Seite, wo das Nephrostom nur angeschnitten und die Verbindung zum nachfolgenden Kanälchen nicht getroffen ist, sieht man, wie die lockeren freien Stellen sich in die Windungen des Kanälchens einschieben und gerade hier macht sich auch fast schon eine endotheliale Anordnung der Zellen bemerk- bar. Aber nur im vorderen Abschnitt der Vorniere waren bei diesem Embryo schon freie Zellen. vorhanden; in den kaudalen Partien fehlten sie ganz. Fig.2 und 3 zeigt noch dasselbe Verhalten. In Fig. 5 findet man links schon ein ausgesprochenes Gefäß zwischen Soma- topleura und Vornierenkanälchen, das seiner Lage nach ebenfalls ventral vom Nephrostom zu suchen wäre. Rechts dagegen zeigen die unmittelbar lateral von der ausgebuchteten Aorta liegenden Zellen ebenfalls schon beginnende Anordnung zum endothelialen Rohr, das aber hier dorsal vom Nephrostom zu liegen kommen würde. Drei bzw. vier Schnitte weiter zurück (Fig. 6) ist von Ge- fäßen nichts mehr vorhanden. (Fig. 8—18 gehören demselben Embryo an [Länge 3,5 mm].) Man findet hier zunächst rechts eine Vene dorsal und ventral vom Nephrostom (Fig. 8), die drei Schnitte weiter kaudal noch beide zu sehen sind (Fig. 9); auf dem nächsten schon (Fig. 10) ist das dorsale Gefäß verschwunden. Fig. 11 läßt das ventrale noch eben erkennen; auf dem nächsten Schnitt (Fig. 12) wird es wieder deutlicher und unmittelbar dorsal von ihm kommt noch ein zweites kleines Gefäß zum Vorschein. Beide münden je- doch nicht ineinander, sondern lösen sich auf den folgenden Schnitten wieder zu Mesenchym auf. Erst zwei Schnitte vor dem der Fig. 15 zugrunde liegenden Schnitt tritt wieder ein kleines Gefäß auf, das Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 269 sich über vier Schnitte erstreckt, aessen Lage zum Nephrostom aber nicht bestimmbar ist, und in Fig. 16 findet sich ein ganz dorsal schon neben dem Urwirbel (lateral von ihm) gelegenes Gefäßchen, das nur auf diesem und dem folgenden Schnitt sichtbar ist. Noch eine Strecke weiter kaudal wird dorso-medial vom W olffschen Gang wiederum ein kleines Gefäß deutlich, das in seiner Lage der späteren Cardinalvene entspricht. Weiterhin ist diese nur durch Zellen vertreten. Auf der linken Seite liegen die Dinge ähnlich. Wir finden zunächst ein dorsal vom Nephrostom gelegenes Gefäß (Fig. 9 und 10); dann ein weit ventral gelegenes (Fig. 11 und 12), zu welchem in Fig. 13 noch ein weiteres hinzukommt, das noch eine ‘Strecke weit sichtbar bleibt und sich schließlich wie die übrigen Stücke auflöst. Die Untersuchung mehrerer gleichaltriger Serien ergibt durchaus nicht die gleichen Resultate. Es sind einmal die ventralen Gefäß- Textfigur 10. a) Rechte Seite. b) Linke Seite. Rana temp. (58). Graphische Rekonstruktion der Cardinalvenen in der Vornierengegend. 1 : 100 auf 1 verkleinert. stücke weiter ausgebildet als die dorsalen, dann wieder mehr die ven- tralen; letztere häufig auch durch sich dazwischen schiebende Ka- nälchen wieder in mehrere Stücke geteilt, die anfänglich nicht mit- einander kommunizieren. Auch die mehr. in querer Richtung ver- ‚laufenden Verbindungszüge zwischen den dorsalen und ventralen Gefäßen treten durchaus unregelmäßig auf. Um ganz sicher zu gehen, habe ich die Cardinalvenen von einem kaum älteren Stadium als das der Fig. 7—18 graphisch rekonstruiert und gebe das Resultat in Textfigur 10a und b wieder. Schon der erste Blick zeigt, daß Arch. f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. I. 18 266 >. A. Hartmann: von zwei einander parallel verlaufenden Zügen, von welchen der eine die eigentliche Cardinalvene, der andere ein besonderes Vor- nierengefäß darstellen würde, nicht die Rede sein kann, und daß ferner doch wohl kaum eine Metamerie der Anlage angenommen werden darf. Die Rekonstruktion eines noch jüngeren Stadiums (das der Textfigur I zugrunde liegende) hat für die Cardinalvenen gar nichts ergeben und ältere Stadien zeigen neben dem Zusammen- fluß der einzelnen Stücke nur eine größere Ausdehnuag des Cardinal- venennetzes bedingt durch die stärkeren Windungen der Vornieren- kanälchen. Es bleibt also, wenn wir das Fazit aus den vorliegenden Be- trachtungen ziehen, für die Entwicklung der Cardinalvenen im Vor- nierengebiet nur zu sagen: 1. daß sie gleichzeitig mit der Aorta angelegt werden und 2. daß sie entstehen aus Gefäßzellen, welche vorwiegend von ventro-lateralen Sklerotomabschnitten und zum kleinen Teil auch von aus der Splanchnopleura auswandernden Zellen abstammen; diese schieben sich zwischen die Vornieren- kanälchen ein und ordnen sich dann zu Gefäßröhren um, die nachträglich zu einem Gefäßnetz miteinander verschmelzen. Der Anschluß der Vena cardinalis posterior an den Ductus Cuvieri sowie die Anlage und weitere Ausgestaltung des letzteren erfolgt genau wie bei Salamandra atra. Erst wenn die Cardinalvene schon einen bestimmten Grad der Ausbildung erreicht hat, setzen an ihrem dorsalen Umfang jene Veränderungen ein, die zu einer Verbindung mit den Gefäßen des Glomerulus führen. Ueber diese ist in der Literatur so gut wie nichts bekannt. Außer den gleich zu Anfang des Kapitels zitierten Arbeiten, welche die Anlage der Cardinalvenen nur ganz allgemein behandeln und diesen Punkt gar nicht erwähnen, kommen noch einige neuere Arbeiten in Betracht, das sind vor allem die von Filatow (1906) und von v. Möllendorff (1911). Ersterer widmet zwar dem Glomerulus und speziell dem in ihm enthaltenen Gefäß einen länge- ren Abschnitt; jedoch die Cardinalvenen erwähnt er überhaupt nicht und folglich auch keine Verbindung von ihr zum Glomerulus. Dagegen erscheinen die Befunde v. Möllendorffs sehr merk- würdig. Auch er geht nicht auf die früheste Entwicklung von Aorta und Cardinalvenen ein, sondern beginnt mit einem Stadium, in dem die Hauptstämme schon ‘als kontinuierliche Gefäße angelegt sind. A a nn a Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 267 Das was seine Befunde von denjenigen der anderen Forscher, die sich mit der Untersuchung der ersten Gefäßbahnen bei Amphibien beschäftigten, unterscheidet, ist, daß er bei Bombinator pachypus die Aorta nicht nur mit den unter der Splanchnopleura gelegenen Gefäßen des Darms (Dottergefäßnetz), sondern auch mit den Car- dinalvenen in Verbindung stehen läßt durch Gefäße, die folgendes Verhalten zeigen: ,‚Von der Aorta gehen in fast lateraler Richtung Zweige in unregelmäßigem Abstand voneinander ab, um an der dorsalen Kante der Seitenplatte sich in zwei Aeste zu gabeln, von denen der eine sich lateral von der Seitenplatte in die Vena cardinalis ergießt, der andere an der Innenseite der Splanchnopleura sich mit dem Darm-Dottergefäßnetz in Verbindung setzt.‘“ Diese Aorten- Cardinalvenenverbindungen werden zunächst als kaudal vom Vor- nierenglomerulus sich findend beschrieben; es geht aber aus der weiteren Beschreibung sowie aus der schematischen Textfigur B ganz klar hervor, daß sich solche auch im Bereich des Glomerulus selbst finden, wo sie entweder direkt mit der Aorta oder mit dem „Glomerulussinus‘“ zusammenhängen. Leider berührt v. Möllen- dorff ihr Zustandekommen nicht, sondern beschreibt sie einfach als vorhanden bei einer Bombinatorlarve von 6 mm Länge. Es ent- spricht dies einem Stadium, wo bei meinem Untersuchungsobjekt Rana temp. sicher noch keine Verbindung zwischen Aorta und Cardinalvene oder besser gesagt zwischen dem Glomeruluslängs- gefäß (dem Glomerularsinus v. Möllendorffs) und der Car- dinalvene vorhanden ist, wie aus dem vorhergehenden Kapitel leicht entnommen werden kann (vgl. auch Textfigur 6 und 8). v. Möllendorff hat also auch Verbindungsgefäße von den Cardinalvenen zum Glomerulus gesehen; ob er sie richtig ge- sehen und richtig gedeutet hat, ist eine andere Frage; ich werde darauf nach Beschreibung meiner eigenen Befunde nochmals zurückkom- men müssen. Field, dessen Untersuchungen (1891) über die Entstehung der Amphibienvorniere, speziell des Glomerulus, noch immer die ausführlichsten sind, bringt wie Filato w nichts über die Anlage der Cardinalvenen und ihrer Beziehungen zu den Vornierenkanäl- chen und infolgedessen auch nichts über den Abfluß des Glomerulus- blutes in die Cardinalvene. Für Amblystoma ist dies nicht ver- wunderlich, da bei Salamandrinen, wenn es überhaupt zur Ausbil- dung einer Verbindung zwischen Glomerulusgefäßen und Cardinal- 18% 268: A. Hartmann: venen kommt, eine solche sich offenbar erst ganz spät herausbildet.. Ich selbst habe wenigstens bei Salamandra und Axolotl (1915) nichts derartiges finden können; und auch einige Querschnittserien durch Larven von Salamandra maculosa von 12—24 mm Länge, die ich später noch daraufhin untersuchte, ergaben kein positives Resultat. Daß auch H. Rab (1904) in seiner Arbeit keine derartigen Ver- bindungen erwähnt, habe ich früher schon bemerkt. Allerdings muß ich hier hinzufügen, daß an den Stellen, wo sich der äußere freie Rand des Glomerulus in der von H. Rab I beschriebenen Weise an die laterale Wand der Leibeshöhle anlegt und mit ihr verwächst, auch die Glomerulusgefäße in so enge Berührung mit dem zwischen den Vornierenkanälchen sich ausbreitenden Sinus der Cardinal- venen gelangen, daß eine eventuelle Kommunikation zwischen bei- den nicht immer absolut auszuschließen ist. Einwandfrei konnte ich eine solche jedoch nicht nachweisen und eine Gefäßverbindung ‚über die dorsale Wand der Leibeshöhle hinweg war jedenfalls nie- 'mals vorhanden. Aber auch für Bufo und Rana berichtet Field nichts von einer Glomerulus-Cardinalvenenverbindung. Seine ältesten Bufo- larven waren gegen 6 mm lang; bei ihnen dürfte es noch kaum zur Entwicklung dieser Verbindung gekommen gewesen sein. Dagegen maßen seine ältesten Larven von Rana pipiens schon 8 mm Länge, müßten also mit meinen entsprechenden Larven von Rana temp. verglichen bereits Glomerulus-Cardinalvenenverbindungen zeigen. Daß Field keine solchen beschreibt, mag vielleicht darin seinen Grund haben, daß es bei seinen Objekten erst später zur Entwicklung derselben kommt, oder aber er hat die feinen in den Anfangsstadien im Mesenchym wirklich kaum kenntlichen Gefäßchen übersehen. In schöner Uebereinstimmung mit meinen Untersuchungen stehen auch die Befunde Brauers bei Gymnophionen; es kommt näm- lich bei Hypogeophis rostr. beiderseits zur Entwicklung eines je- weils dem Vornierensegment entsprechenden inneren Glomerulus; dieser besteht aus einem Gefäßplexus, welcher gespeist wird durch ein von der Aorta kommendes Vas afferens und seinen Abfluß findet in einem zur Cardinalvene verlaufenden Vas efferens. Daß bei Ceratodus (Greil) und bei Petromyzon (Hatta) die Gefäße des Glomerulus Anschluß an die Cardinalvene gewinnen, habe ich bereits früher erwähnt (1915). Es ist zunächst sehr schwer, genau den Zeitpunkt festzulegen, Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 269 wann die ersten Veränderungen an den Glomerulusarterien und den Cardinalvenen auftreten, die zu einer Verbindung der beiden Ge- fäße führen. Auch hier kommen offenbar große individuelle Schwan- kungen vor. Eine weitere Schwierigkeit liegt darin, daß es oft kaum gelingt, die zarten engen Gefäße Schnitt für Schnitt mit Sicherheit ineinander zu verfolgen, namentlich wenn sie nicht gut gefüllt sind. Außerdem füllen die Gefäße den Glomerulus nicht mehr vollständig aus, sondern sind von Mesenchymzellen umgeben (Fig. 35—37), so daß man Gefahr läuft, Mesenchymlücken mit Gefäßen und um- gekehrt zu verwechseln. Das, was zuerst auffällt, sind Ausbuchtungen, welche am dorso- medialen Rand des Cardinalvenennetzes sichtbar werden und sich gegen das dorsale Dach der Leibeshöhle zu vorzuschieben scheinen (Fig. 35*). Sie sind zunächst nur ganz seicht, und eben nur durch den Vergleich mit den Nachbarschnitten als etwas besonderes be- merkbar. Ueber das Coelomdach hinüber reichen sie nicht. Ein entsprechendes Verhalten beobachtet man an den Gefäßen des Glomerulus. Man findet nämlich jetzt häufiger neben dem Gefäß, welches in der freien Spitze des Glomerulus verläuft und das ursprüng- liche Längsgefäß darstellt, noch andere Gefäßquerschnitte, die nicht .auf bloße Schlängelung der Längsgefäße zurückzuführen sind und die durch ihre besondere Lage an der Stelle, wo das dorsale Coelom- epithel in das Epithel des Glomerulus umbiegt, auffallen (Fig. 36 g f und 37 gf). Man gewinnt den Eindruck, als ob hier Gefäße aus dem Glomerwlus herausstreben gegen das Cardinalvenennetz zu. Um die Beziehungen der einzelnen Gefäßstücke zueinander genau feststellen zu können, habe ich vom Vornierenabschnitt der Larve, welcher Fig. 35 —37 entnommen sind, jeden einzelnen Schnitt bei 400-facher Vergrößerung gezeichnet und nach diesen Skizzen eine graphische Rekonstruktion in Frontal- und Sagittalprojektion angefertigt. Von einer Reproduktion derselben sehe ich ab; da die Gefäße sich vielfach überdecken, würden die Figuren jede Ueber- sichtlichkeit einbüßen. Die Larve selbst war 6,8 mm lang. Die bei- den dorsalen Aorten vereinigen sich unmittelbar kranial von der Vor- niere zum unpaaren Gefäß. Der Glomerulus sitzt in ganzer Länge mit breiter Basis der Aorta auf und reicht nach vorn beiderseits fast bis zum ersten Nephrostom, nach rückwärts noch bis in das nächst- folgende Segment hinein. Auf der rechten Seite stehen die Glomeru- lusarterien an drei Stellen mit der Aorta in Verbindung und zwar 270 A. Hartmann: genau gegenüber dem 2. und 3. Nephrostom und am kaudalen Ende, wo Glomerulusgefäß, Aorta und Dottergefäß auf 2 Schnitten zusam- menhängen. An drei Stellen zweigt von dem Hauptstamm des Glomerulusgefäßes ein kleines Gefäß in dorsaler Richtung ab, von welchen das vorderste im kranialen Ende des Glomerulus das deut- lichste ist (Fig. 36 g f); das letzte noch kaudal vom 3. Nephrostom gelegene erreicht den dorsclateralen Rand des Glomerulus nicht mehr. Auf der linken Seite ist das Glomerulusgefäß schon etwas reich- licher verzweigt als auf der rechten. Von den Aortenverbindungen sind noch 5 vorhanden und zwar außer den dem 2. und 3. Vornieren- trichter entsprechenden eine sehr enge kraniale und eine zwischen dem 3. und 4. Segment gelegene. Kaudal mündet das Glomerulus- längsgefäß breit in die Aorta ein. 6 Schnitte vorher findet sich eine Anastomose vom Glomerulusgefäß zum linken dorsalen Dottergefäß, die in Fig. 37 (gl g—d) gerade getroffen ist; doch kommt an dieser Stelle keine Verbindung mit der Aorta zustande. Gegen den dorso- lateralen Rand des Glomerulus zu verlaufende Aeste sind wiederum 3 zu konstatieren, wovon der am weitesten kaudal gelegene am deut- lichsten ausgebildet ist (Fig. 37 gf). Er scheint eigentlich schon dem Glomerulus selbst nicht mehr anzugehören und läßt sich an dieser Stelle über 4 Schnitte verfolgen; dann verschwindet er im. Mesenchym. Aber auch in kranialer Richtung hängt er, wie die Rekonstruktion ergab, mit dem Längsgefäß nicht direkt zusammen, so daß eine selbständige Entstehung nicht ausgeschlossen ist. Diese letztere Möglichkeit muß für einen Teil der engen später auftretenden Glomerulusgefäße überhaupt in Betracht gezogen werden; denn ich habe des öfteren leere Gefäßlücken gefunden, die in keiner Richtung mit einem schon fertigen Gefäß in Zusammenhang stan- den und manchmal gerade an der Stelle gelegen waren, wo Späterhin die Verbindung von Glomerulusgefäßen und Cardinalvenen zustande kommt. In Fig. 38 a—c bilde ich 3 hintereinandergelegene Schnitte ab, von welchen der mittlere (b) ein deutliches Gefäß zeigt (g f), wäh- rend schon die beiden angrenzenden (a und c) ein solches nicht mehr erkennen lassen. Erst 3 Schnitte weiter kaudal wird wieder ein enges Gefäß sichtbar, das aber nicht mehr an derselben Stelle liegt, sondern um ein geringes in medio-ventraler Richtung verschoben erscheint. Diese letzte Fig. 38 mag zugleich als Illustration dienen für die Schwierigkeiten, die sich bei der Verfolgung entstehender Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus USW. 271 Gefäße darbieten; man kann hier nicht vorsichtig und kritisch ge- nug an die Untersuchung gehen, um keinen Täuschungen zu unter- liegen. Wenn auch noch keine eigentliche Verbindung zwischen arte- riellem und venösem Gefäßsystem besteht, so hat die vorliegende Re- konstruktion doch ergeben, daß die Tendenz zu einer solchen schon besteht und zwar nicht nur an einer, sondern an mehreren Stellen. Eine Gesetzmäßigkeit in der Anlage der Verbindungsgefäße läßt sich jedoch nicht feststellen, nicht einmal ob zunächst mehr die Glomerulusarterien oder die Cardinalvenen daran beteiligt sind; es scheint bald das eine, bald das andere der Fall zu sein. So habe ich bei einem 6,8 mm langen Embryo, bei dem es ebenfalls noch zu keiner eigentlichen Kommunikation zwischen Glomerulus- und Cardinalvenensystem gekommen war, das in Fig. 39 abgezeichnete Bild gefunden. Der Schnitt geht ungefähr durch die Mitte der Vor- nierenregion hinter dem 2. Nephrostom vorbei und zeigt eine ganz ausgesprochene Vorbuchtung der Cardinalvene gegen den Glomeru- lus zu, deren Eindruck noch durch mit der Gefäßwand zusammen- hängende Mesenchymzellen verstärkt wird. Was die Lokalisation der Verbindungsgefäße in bezug auf die Segmente betrifft, Konnte ich ebenfalls zu keinem sicheren Resultat gelangen; doch schien mir, als ob sie die Stelle der Einschnürung zwischen 2 Myotomen bevorzugen würden. Es ist dies auch leicht erklärlich, da an der Stelle seines größten Durchmessers das Myotom die Coelomwand unmitteibar berührt (vgl. Fig. 38c) und daher kein Raum für ent- stehende Gefäße vurhanden ist. Ein streng intrametamerer Ver- lauf läßt sich aber jedenfalls nicht nachweisen. Von zwei etwas älteren 7 mm langen Lar ven zeigt die eine noch keine Veränderung des Befundes, bei der anderen dagegen läßt sich jetzt allerdings nur auf der linken Seite tatsächlich eine Verbindung der Glomerulusgefäße mit der Cardinalvene nachweisen. Ich gebe sie in Fig. 40—43 wieder. Zwischen jeder Figur liegt je ein nicht gezeichneter Schnitt. Man erkennt, wie das kleine in Fig. 40 an der Wurzel des Glomerulus gelegene Gefäß (g f) in Fig. 41 etwas mehr nach lateral bis unter die Mitte des Myotonıs gerückt ist; in Fig. 42 hat es bereits dessen laterale Kante erreicht, um in Fig. 43 in die Cardinalvene einzumünden. Diese Verbindung liegt zwischen dem 2. und 3. Nephrotom, näher dem zweiten. Am kaudalen Ende des 2712 A. Hartmann: Glomerulus sind noch beiderseits Kommunikationen mit den Darm- gefäßen vorhanden. Die Entstehung der Cardinalvenen Glomerulusverbindungen erfolgt offenbar sehr langsam, denn bei zwei weiteren 7,1 und 7,2 mm langen Embryonen waren wiederum keine vorhanden, trotzdem die Aorten-Glomerulusverbindungen beiderseits schon auf drei redu- ziert waren. Bei beiden Embryonen waren jedoch die Ausbuch- tungen der Cardinalvene gegen den Glomerulus zu sehr stark aus- geprägt und auf beiden Seiten in der Mehrzahl zu konstatieren. Der Embryo, bei welchem ich die Verbindungsgefäße zuerst einwandfrei und ohne Mühe beobachten konnte, war bereits 7,8 mm lang. Sie sind in Fig. 44 (g 10 c) beiderseits getroffen als zwei schmale Gefäße, welche zwischen Myotom und Peritonealepithel über das Dach der Leibeshöhle vom Glomerulus zur Vornierenregion ziehen. Auf der rechten Seite sieht man ihre Einmündung in das Glomerulus- gefäß, auf der linken in die Cardinalvene. Gleichzeitig ist zu beob- achten, daß infolge der stärkeren Ausdehnung des Coelomhohlraums das Gefäß länger geworden ist als früher und die Aorta mit den an- hängenden Glomeruli durch die Bildung eines Mesenteriums vom Darm.abgehoben worden ist. Der abgebildete Schnitt liegt unmittel- bar vor der Mündung des 3. Trichters. Sieben Schnitte kranial da- von, gerade kaudal vom 2. Nephrostom ist eine weitere Verbindung zwischen Glomerulus und Cardinalvene vorhanden, die aber für eine Zeichnung weniger günstig schien, da sie sich über mehrere - Schnitte verteilte. Wir haben also jetzt neben den arteriellen Zu- flüssen zum Glomerulus noch zwei venöse Abflüsse, die dem 2. und 3. Vornierensegment angehören. Was erstere bei diesem Embryo an- belangt, so sind bei diesem Embryo außer der Rückmündung des Glomerulusgefäßes in die Aorta links 2, rechts noch 3 Verbindungen vorhanden, und zwar zwischen erstem und zweitem, zwischen zweitem und drittem, bzw. kaudal vom dritten Nephrostom. Die vordersten sind sehr eng, die zwei weiteren sind gerade zwischen die beiden venösen Abflußgefäße eingeschaltet. Am kaudalen Ende zeigt der-Glomerulus noch primitive Verhältnisse (Fig. 45). Hier ist die Aorta’noch nicht durch ein Gekröse vom Darm abgehoben. Zunächst ist zu bemerken, daß die Glomerulusgefäße wieder in die Aorta zurückmünden (glao 4) und daß gleichzeitig eine Verbin- dung von der Aorta zu den Darmgefäßen (a o d) sowohl nach rechts als nach links zustande kommt. Eine Verbindung zwischen Glo- Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 273 merulusgefäßen und Darmgefäßen besteht jedoch nicht mehr, Außerdem beobachtet man auf der linken Seite nochmals ein kleines von der Cardinalvene gegen den Glomerulus zu laufendes Gefäß, das aber blind endigt und weder Aorta noch Glomerulusgefäß erreicht. Bei einer 8,2 mm langen Larve sind die Gefäße des Glomerulus im einzelnen kaum mehr zu verfolgen. Ein in annähernd gestreckter Richtung verlaufendes Längsgefäß läßt sich nicht mehr heraus- konstruieren. Durch zahlreiche Windungen und quere Anastomosen ist es zur Bildung eines Gefäßplexus gekommen, so daß man auf dem Querschnitt meist mehrere Gefäße trifft (Fig. 27). Außerdem sind die Gefäße so zart, daß man sie eben nur als solche erkennen kann, wenn sie mit Blutzellen erfüllt sind oder ihr Lumen klafft. Sind sie dagegen leer und kollabiert, so ist es unmöglich, sie von Mesenchymspalten zu trennen. Dagegen lassen sich die Verbindungen des .Glomerulusplexus mit der Aorta immer noch nachweisen. Es sind hier rechts zwei gegenüber dem zweiten und dritten Nephrostom, links d gegen mit Sicherheit nur eine gegenüber dem zweiten Nephro- stom vorhanden. Ueber das linke zum dritten Nephrostom gehörige Gefäß konnte ich nicht ins reine gelangen. Es geht von der Aorta eine kleine laterale Ausbuchtung ab, doch gelang es mir nicht sicher, sie in die Glomerulusgefäße hineinzuverfolgen. Kaudal münden die aus dem Plexus kommenden Gefäße wieder in die Aorta ein. Die Verbindung zu den Cardinalvenen liegt beiderseits kranial vom drit- ten Nephrostom, ist aber hier nur in der Einzahl vorhanden. Doch ist eben auch bei der Kleinheit dieser Gefäße die Möglichkeit des Uebersehens einer weiteren mehr kranial gelegenen Verbindung nicht ausgeschlossen. Damit ist die eigentliche Anlage des Glomerulus abgeschlossen. Was sich in der Folge noch ändert, sind lediglich Umformungen, bedingt durch die weitere Entwicklung der Bauchorgane. Durch die in kaudaler Richtung fortschreitende Ausbildung des Mesenteriums wird auch an seinem distalen Ende der Glomerulus mit der Aorta vom Darm abgehoben und die venöse Abflußbahn indie Darm- venen dadurch unterbrochen. Dieser Vorgang ist in den beiden zuletzt besprochenen Stadien bereits eingeleitet worden; denn wir haben daselbst das Glomerulusgefäß nicht mehr in die Dottervenen mündend gefunden, sondern wieder direkt in die Aorta. Aber auch diese hinterste Verbindung mit der Aorta wird noch zurückgebildet; 274 ® AÖUHartmarnn: sie ist bei den älteren Larven, die schon Quappenform angenommen haben, nicht mehr vorhanden. Damit verliert der Glomerulusgefäß- plexus aber den Charakter des arteriellen Wundernetzes; er stellt dann nur mehr eine lokale Erweiterung eines bestimmten Gefäß- bezirkes dar mit arteriellem Zu- und venösem Abfluß. V. Der vollausgebildete Glomerulus. a) Beschreibung des voll ausgebildeten Glomerulus. Obwohl das mikroskopische Schnittbild eines voll ausgebildeten Glomerulus einen sehr komplizierten Eindruck macht, kann ich mich nach dem Vorhergehenden hier kurz fassen. Ueber die äußere Form ist zunächst zu sagen, daß je mehr der Glomerulus an Breite und Dicke zunimmt, desto größer die Verkürzung ist, die er erfährt. Letztere ist nicht nur relativ, sondern absolut, denn während er sich anfänglich über mehrere Segmente erstreckt, nämlich von. der Mitte des vordersten Vornierensegmentes bis hinter das dritte Vor- nierensegment hinaus, also über mehr als zwei Segmente, reicht er im ausgebildeten Zustand nur noch von einem Nephrostom bis zum nächsten, umfaßt demnach kaum mehr als ein Segment. Hier muß eine Bemerkung über den drüsigen Anteil der Vorniere einge- schaltet werden. Es hat sich mir bei der Durchsicht sehr viel älterer Stadien von Kaulquappen ergeben, daß die Zahl der Trichtermün- dungen offenbar eine Reduktion erfährt, denn man findet bei den "älteren Larven zumeist nur zwei, selten mehr drei auf jeder Seite. Welches der ursprünglichen drei Ostien zugrunde geht, vermag ich nicht mit Sicherheit anzugeben, da ich den Vorgang der Rück- bildung selbst nicht genauer verfolgt habe. Es scheint sich aber zu- meist um das vorderste zu handeln, denn der kraniale Pol der Vor- niere liegt jetzt nicht mehr unmittelbar hinter dem Ductus Cuvieri in gleicher Höhe mit dem Sinus venosus, sondern in kaudaler Rich- tung verschoben, und das neue vordere Nephrostom ist nicht mehr am kranialen Pol der Vorniere zu finden, sondern weiter zurück, wo es in den vorderen Abschnitt der Vornierenkammer mündet (Fig. 46. n,). Der Glomerulus kommt dann gerade zwischen die beiden Nephrostome zu liegen, so daß seine beiden Enden nach vorn und hinten mit einer Trichtermündung zusammenfallen. Wo auf einer der beiden Seiten noch drei Nephrostome vorhanden waren (und dies kommt selbst bei ganz alten Larven gelegentlich noch vor (vgl. Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 275 Textfigur 11), lagen die beiden vordersten Nephrostome nicht immer, aber zumeist kranial vom Glomerulus. Auch dies würde dafür sprechen, daß es das vorderste ist, welches der Obliteration anheim- fällt. Fast noch auffälliger als am kranialen Ende ist die Reduktion des Glomerulus an seinem kaudalen Ende, mit welchem er im fer- tigen Zustand eben bis an das dritte Nephrostom reicht, während er früher noch ein Segment weiter kaudal sich erstreckte. Die Ur- sache hiefür ist wohl in dem starken Wachstum des Darmkanals zu suchen, der sich in die bei Kaulquappen bekannte Spirale legt, und der mitbedingten Ausbildung des Gekröses, wodurch der Glome- rulus von seiner ursprünglichen Lage am Darm abgedrängt wird. Auch die Haftstelle an der Aorta wird bis auf eine kurze Strecke reduziert, so daß sowohl das vordere als das hintere Ende des Glo- merulus frei in die Leibeshöhle zu hängen kommen. Das letztere ist etwa doppelt so lang als das erstere. Textfigur 11. rechts cran, caud. links Rana temp. Glomerulus (Gl.), mit angrenzenden Gefäßen nach einer graphischen Rekonstruktion. 1 :200 auf '/, verkleinert. Textfigur 11 ist nach einer graphischen Rekonstruktion einer 9,5 mm langen Larve gezeichnet. Die Gefäße im Glomerulus selbst zu rekonstruieren, war wegen ihrer Kleinheit und ihres komplizier- ten Verlaufs unmöglich, weshalb ich mich auf die Umrisse seiner äußeren Form und seine Verbindungen mit den Hauptgefäßstämmen 276 Aaeremann: beschränken mußte. Auch der Cardinalvenenplexus zwischen den Vornierenkanälchen ist bereits so ausgedehnt, daß eine flächen- hafte Darstellung nicht mehr möglich ist; ich habe daher nur die am weitesten dorso-medial verlaufenden Züge angegeben. Man erkennt aus der Figur (Textfigur 11) ohne weiteres die Lage des Glo- merulus zu den Nephrostomen, von welchen rechts nur mehr zwei vorhanden sind. Seine Verkürzung am kaudalen Ende schreitet in den späteren Stadien noch etwas weiter fort; in diesem Stadium hängt er nach hinten nicht frei in die Leibeshöhle, sondern ist noch der Aorta angeheftet. Letztere selbst hat eine Zweiteilung erfahren, so daß sie jetzt wiederum im ganzen Vornierenabschnitt paarig ist. Dieses Verhalten ändert sich nun auch nicht mehr. Was den Glomerulus selbst anbelangt, so ist seine Oberfläche nicht mehr annähernd kontinuierlich glatt, sondern zeigt mehr oder weniger tiefe Einkerbungen, die in noch älteren Stadien noch ausgeprägter werden, namentlich am vorderen und hinteren frei in die Leibeshöhle ragenden Ende. Sie kommen durch Einfaltungen der Oberfläche zustande; es bleibt aber fraglich, ob eine Oberflächen- vergrößerung als Zweck derselben angenommen werden muß, oder ob es sich bloß um Wachstumsprozesse handelt. Das Deckepithel des Glomerulus besteht aus sehr dünnen platten Zellen nach Art von Gefäßendothelien; sie senken sich oft tief in die Kerben ein, so daß sie im Innern des Glomerulus Scheidewände zu bilden scheinen. Der ganze Glomerulus ist erfüllt von einem Wirrwarr von Gefäßen, zwischen denen sich ein lockeres sehr zellreiches Gewebe ausbreitet. Ob die Gefäße netzförmig miteinander anastomosieren oder zu einem Knäuel aufgerollte längere Schlingen darstellen, läßt sich nicht mehr entscheiden. Jedenfalls werden die Gefäße mit zunehmendem Alter der Larve enger und scheinen zum Teil dann auch der Ver- ödung anheimzufallen, denn man findet nicht selten degenerierende rote Blutzellen einzeln oder in kleinen Gruppen. Allerdings wäre es auch möglich, daß es sich dabei um aus den Gefäßen ausgewanderte Blutkörperchen handelt; bei der Zartheit der Gefäßwände und der Enge der Kapillaren ist eine sichere Entscheidung unmöglich. Für die Obliteration von Gefäßen spricht aber auch, daß das Bindegewebe später immer mehr zunimmt. Neben den Gefäßen treten im ausgebildeten Glomerulus noch andere Elemente deutlicher in die Erscheinung. Es sind von Anfang an nicht alle in der Glomerulusfalte vorhandenen Mesenchymzellen Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 277 zur Gefäßbildung verbraucht worden und diese geben nun die Grund- lage ab für das sich zwischen den Gefäßen entwickelnde Gewebe. Dieses besteht in der Hauptsache aus lockerem Bindegewebe; es kommen aber in dessen Maschen Komplexe eigenartiger ziemlich großer Zellen vor, die entweder zu soliden Haufen gruppiert sind oder sich in Form eines Bläschens mit sehr engem Lumen zusammen- schließen. H. Rab beschreibt bei Urodelen ähnliche Gebilde und bezeichnet sie direkt als aus Epithelzellen bestehend. Ich glaube, daß sie in besonderer Weise umgebildete Mesenchymzellen sind, denn eine Abspaltung von Zellen aus dem Peritonealepithel läßt sich zur Zeit ihres Auftretens nicht mehr beobachten; es ist aber mög- lich, daß sie in letzter Linie doch aus der Splanchnopleura abstam- men, von Zellen, die in ganz frühen Stadien aus ihr ausgewandert waren. Diese epitheloiden Komplexe sind bei Rana nicht sehr häufig, aber doch fast in jedem Glomerulus zu finden. Daneben kommen noch mehr oder weniger zahlreiche Pigment- zellen vor, wie sie bei Anuren im Bindegewebe aller Organe auch sonst zu sehen sind. Unter den Bindegewebszellen fallen einzelne Elemente durch ihre besondere Größe und rundliche Form auf, die weißen Blutzellen sehr ähnlich sehen. Ob sie in loco entstanden oder eingewandert sind, vermag ich nicht anzugeben; beides ist möglich. Vermutlich sind sie mit dem von Field beschriebenen epitheloiden Zellen identisch. Field hat auch gelegentlich kleine Blutbildungsherde im Glomerulus beobachtet. All diese Befunde sprechen iedenfalls dafür, daß der Glomerulus nicht lediglich einen Gefäßknäuel darstellt, sondern daß auch andere Elemente an seiner Funktion beteiligt sind. Selbst Filatow, der ihnen den kompli- zierten Aufbau aus einzelnen Gefäßen ganz abspricht, betont den besonderen Reichtum an Leukozyten in seinem Lumen und seiner Wand. Eine eigentliche abgeschlossene Vornierenkammer ist bei Rana nicht vorhanden; der Glomerulus selbst berührt außer an seiner Anheftungsstelle die Leibeshöhlenwand nirgends und infolgedessen kommt es auch nicht zu einer Verwachsung mit derselben und der Abtrennung einer besonderen Vornierenkammer. Dagegen bildet sich im vordersten Abschnitt der Vornierenregion eine Scheidewand aus, welche vom ventralen, lateralen Umfang der Aorta entspringt, quer durch die Leibeshöhle zieht und sich am Peritonealüberzug der Vorniere ansetzt (Fig. 46*). Auf diese Weise wird ein dorsaler klei- 278 A. Hartmann: ner Abschnitt der Leibeshöhle von dem ventralen großen Gesamt- j raum abgetrennt. In den hinteren zwei Dritteln der Vornieren- region besteht diese Scheidewand nicht, so daß man um ihren kau- dalen freien Rand herum aus der allgemeinen Leibeshöhle in das vordere dorsale abgetrennte Stück gelangen kann. Die besondere Abtrennung dieses dorsalen kleinen Abschnitts stellt offenbar einen Versuch dar zur Bildung einer eigenen Vornierenkammer, deren endgültiger Abschluß aber nicht mehr zustande kommt. In die ab- gegrenzte Vornierenkammer mündet das vordere Nephrostom (Fig. 46 n „), während das hintere sich in die allgemeine Leibeshöhle eröffnet. Auch der Glomerulus ragt mit seinem kranialen Ende in die Vornierenkammer: hier kommt er dann etwas dorsal von der Aorta zu liegen (Fig. 46) und haftet auch am latero-dorsalen Umfange derselben. Kaudal von der trennenden Scheidewand hängt er frei in den Coelomraum hinaus und seine Ansatzstelle ist etwas in ven- traler Richtung verschoben. ° Am meisten werden uns die zu- und abführenden Gefäße inter- essieren. Dieselben sind auf der Rekonstruktion von Textfigur 11 eingezeichnet. Auf der linken Seite gehen von der Aorta aus noch zwei Aeste in den Glomerulus, von welchen aber der vordere sehr schwach und kaum auf einem Schnitt zu erkennen ist; auf der rechten Seite ist überhaupt nur mehr ein Aortenast vorhanden. Sie befinden sich rechts wie links ungefähr in der Mitte der Anhef- tungsstelle. Die Abflüsse zu den Cardinalvenen sind dagegen beider- seits noch in der Zweizahl vorhanden. Die kranialen Gefäße liegen etwa den Aortenästen gegenüber; die kaudalen finden sich ganz am hinteren Ende des Glomerulus und zeigen meist keine quere Verlaufsrichtung mehr, sondern gehen schräg von vorn medial nach hinten lateral. Ä | Untersucht man noch ältere Stadien, als das der Textfigur 11 zugrunde liegende, das schon Quappenform zeigt, so findet man zunächst, daß der vordere Cardinalvenenast noch vollständig rück- gebildet wird. Der Abfluß am kaudalen Ende bleibt bestehen, wird aber in seiner Form auch noch etwas modifiziert. Es sammelt sich nämlich das Blut am hinteren Ende der Wurzel des Glomerulus in zwei bis drei größeren Kapillaren, die zu einer einzigen zusammen- fließen, welche dann noch eine kleine Strecke weit.parallel der Aorta nach rückwärts verläuft und sich am hinteren Pol der Vorniere, wo der primäre Harnleiter sich der Aorta anschließt, mit der sehr Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 279 klein gewordenen Cardinalvene vereinigt. Dieser rückwärtige Ab- fluß ist meist ganz gut zu konstatieren, wenn auch die Verfolgung der kleinen dünnen Gefäße häufig genug Schwierigkeiten macht. Anders steht es dagegen mit dem Zufluß von der Aorta her. Trotz- dem die Wand der Aorta nicht mehr aus einem einfachen Endothel besteht, sondern meist schon zwei bis drei Schichten aufweist, ihre Konturen also ganz leicht zu verfolgen sind, gelingt es kaum mehr, ein Gefäß von der Aorta in den Glomerulus hinein aufzufinden. Von 20 untersuchten Larven habe ich nur einmal beiderseits und drei- mal nur auf einer Seite mehr ein Aorten-Glomerulusgefäß ein- wandfrei feststellen können und der Vergleich der Larven in bezug auf ihre Länge hat ergeben, daß dies bei den kürzesten, also jüngsten der Fall war. Es scheint demnach, daß mit der Zeit der Zufluß von Blut in den Glomerulus von der Aorta her ganz aufhört. Vielleicht ist dies bereits der Anfang für die Rückbildung des Glomerulus überhaupt. Denn bei all den letzteren untersuchten Larven war die Urniere schon angelegt und bei den älteren Stadien auch sicher schon funktionsfähig. Die Verbindungen von den Gefäßen des Glomerulus zu den Ge- fäßen des Darms sind selbstverständlich längst gelöst. Kurz zusammenfassend kann also über den Vornierenglomeru- !us, der auf der Höhe seiner Entwicklung steht, gesagt werden, daß er besteht 1. aus einem dichten Netz kapillarer Gefäßschlingen, zwischen welche Zellelemente verschiedener Art eingeschaltet sind; 2. der Zufluß zu diesem Netz erfolgt mittels eines Gefäßes von der Aorta aus, welches ungefähr in der Mitte in den Glome- rulus eintritt; 3. der Abfluß des Blutes kommt am kaudalen Ende des Glome- rulus zustande vermittels eines Gefäßes, welches auf einem kurzen Umweg in die Vena cardinalis posterior führt. b) Vergleich mit dem Glomerulus der Urodelen. So verschieden auch die Ausgestaltung im einzelnen sein mag, ergibt sick doch eine große Uebereinstimmung im Bau des Glomeru- lus von Anuren und Urodelen, die vor allem in der Anlage sehr deut- lich wird. Was zunächst die Gefäße des Glomerulus anbelangt, so habe ich bei Urodelen jederseits zwei in ventraler Richtung- von der Aorta ausgehende Gefäßchen gefunden, die in ihrer Lage den 280 A-Hasstmann: beiden Nephrostomen entsprachen. Ihre Richtung war leicht gegen- einander konvergierend, so daß das kraniale Gefäß mehr in kaudaler, das kaudale mehr in kranialer Richtung verlief. Beide traten mit einem gleichzeitig sich anlegenden parallel der Aorta verlaufenden Längsgefäß in Verbindung, so daß zunächst jederseits von der Aorta eine einfache Schlinge entstand, welche sich zwischen den beiden Nephrostomen erstreckte (vgl. Textfigur 12 meiner früheren Ar- beit). Vergleicht man hiemit Textfigur 6, so zeigt sich, von der noch vorhandenen Paarigkeit der Aorta abgesehen, ein ganz ähnliches _ Bild: ein beiderseits der Aorta parallel verlaufender Längszug, durch Quergefäße mit der Aorta verbunden. Aber auch die Verschie- denheiten werden sofort deutlich. Während wir bei Salamandra nur zwei den beiden Nephrostomen entsprechende Quergefäße finden, sind es hier von Anfang an mehrere, so daß zumeist zwei auf jedes Segment treffen. Ein weiterer nicht unwesentlicher Unterschied liegt ferner darin, daß das Längsgefäß, das vorderste Nephrostom meist nicht erreicht, dieses daher kein eigenes Quergefäß besitzt. Dennoch glaube ich aus vereinzelten im beschreibenden Teil erwähn- ten Befunden schließen zu dürfen, daß das Glomeruluslängsgefäß einstmals weiter nach vorn reichte und auch hier mit der Aorta, in Verbindung stand, so daß die Annahme einer segmentalen Anlage der Vornierenquergefäße bei Amphibien mir nunmehr als gesichert erscheint. Der Umstand, daß wir bei Rana schon frühzeitig mehr als drei.solcher Verbindungsgefäße finden, ändert an dieser Annahme nichts; denn auch bei den Urodelen bleibt die Verbindung des Längs- gefäßes mit der Aorta an nur zwei Stellen nur ganz kurze Zeit be- stehen; dann bilden sich ebenso wie bei Rana noch mehrere Quer- gefäße aus, so daß aus der ersten einfachen Schlinge ein Gefäß- plexus entsteht, der dem älteren Stadium von Rana sehr ähnlich ist (vgl. Textfigur 13) von Salamandra atra mit Textfigur 8 von Rana temp.). Wie bei Salamandra, so werden auch bei Rana die Verbindungsgefäße zur Aorta wieder reduziert bis auf eines oder zwei, so daß wir in bezug auf die Aorten-Glomerulargefäße bei beiden Gattungen der Amphibien völlige Gleichheit finden. Nur eines Unterschiedes ist noch zu gedenken. Es hat sich im Verlauf der Untersuchungen gezeigt, daß bei Rana während der Entwicklung am kaudalen Ende des Glomerulus das Längsgefäß seinen Zusammen- hang mit der Aorta löst, um direkt in die Dottervene einzumünden (Textfigur 7a und b und 8); dadurch geht der Charakter des ar- Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus USW. 281 teriellen Wundernetzes einigermaßen verloren. Dies ist bei Sala- mandra nicht der Fall; hier laufen die Glomerulusgefäße immer wieder in die Aorta zurück. Ob hierin allein ein wesentlicher Unter- schied erblickt werden darf, mag dahingestellt bleiben; jedenfalls ist dieser Zustand bei Rana nur ein ganz vorübergehender. Möglicher- weise ist er nur durch lokale äußere Einflüsse bedingt, vielleicht aber» auch stellt er ein Uebergangsstadium dar zu einem neuen Zu- ‚stand, der dann allerdings grundsätzlich von demjenigen der Urode- len abweicht, das sind die Beziehungen des Glomerulus zu den Car- dinalvenen. Bei Urodelen kommt es überhaupt nicht zu solchen, - wenigstens bei den von mir untersuchten Arten und bis zu dem verfolgten Entwicklungsstadium. Bei Rana jedoch treten, sobald der Zusammenhang mit den Darmgefäßen infolge der Weiterent- wicklung des Gekröses gelöst werden muß, neue Gefäße auf, welche eine Verbindung der Glomerulargefäße mit den Cardinalvenen her- beiführen, zunächst jederseits mindestens zwei, später nur noch eines am kaudalen Ende des Organs. Wodurch diese Differenz bedingt sein könnte, dafür fehlt mir jegliche Erklärung; ich muß mich also hier lediglich auf die Konstatierung der Tatsache beschränken. Es bleibt demnach bei Urodelen die Gefäßanlage des Glomerulus ein arterielles Wundernetz für die Dauer seines Vorhandenseins, während bei Rana dieser Charakter völlig verloren geht, nachdem durch die Kommunikation mit den Darmvenen schon vorher ein Versuch hierzu gemacht worden war, so daß sich schließlich der Glo- merulus in nichts von.einem gewöhnlichen Kapillarnetz unterschei- det. Sollte hierin vielleicht ein Anhaltspunkt für eine Verschieden- heit der Funktion gegeben sein ? Ich glaube nicht, daß man so weit in der Annahme gehen darf; es läßt sich auch gar nicht angeben, ob das Fehlen der Cardinalvenen-Glomerulusverbindungen bei Uro- delen einen primitiveren Zustand darstellt, oder ob diese Gefäße früher vorhanden waren und wieder unterdrückt worden sind, so daß wir bei den Anuren die ältere Form der Gefäßanordnung vor uns hätten. Jedenfalls zeigen auch die Vorniereıglomeruli bei den apoden Amphibien ein aus der Aorta kommendes Vas afferens und ein zur Cardinalvene führendes Vas efferens (Hypogeophis rost. r [Brauer]) und ebenso kommt es auch bei phylogenetisch ein- facheren Formen, die eine funktionierende Vorniere besitzen (Petro- myzon [Hatta] und Ceratodus [Greil]) zur Verbindung von Glomerulusgefäßen und Cardinalvenen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. I. 19 282 A. Hartmann: Ein weiterer Unterschied, der aber meiner Ansicht nach weniger ins Gewicht fällt als die Verschiedenheit der Beziehungen zur Car- dinalvene, ist gegeben in dem Auftreten der Glomerularfalte. Aus meinen früheren Untersuchungen geht hervor, daß bei Urodelen die Glomerulusgefäßschlingen primär sich anlegen und erst nach- träglich über ihnen die Splanchnopleura sich als Falte erhebt und sie vom Darm abzieht. Bei den Anuren dagegen erfolgt die Anlage der Gefäße gleichzeitig mit der Erhebung der Falte, welcher Prozeß in annähernd kranio-kaudaler Richtung vor sich schreitet. Es mag dies vielleicht ein Hinweis darauf sein, daß das eigentliche Wesen des Glomerulus nicht in der Gefäßschlinge allein begründet ist, - sondern daß auch das Leibeshöhlenepithel sich aktiv an der Bildung desselben beteiligt und für seine weitere Funktion wichtig wird. Bei den Salamandrinen sind eben beide Vorgänge zeitlich etwas verschoben, aber in gleicher Weise vorhanden wie bei den Anuren. Auch das Vorkommen besonderer Zellen zwischen den Gefäß- schlingen des ausgebildeten Glomerulus läßt sich wie bei Anuren auch bei den Urodelen nachweisen (vgl. Field und H. Rab)). c) Ableitung seiner Gefäße. Vergleichendes. Es ist naheliegend auch für einen Vertreter der Anuren die Glomerulusgefäße auf ein einfaches entwicklungsgeschichtlich be- gründetes Schema zurückzuführen, ähnlich wie es Felix 1906 in seiner Besprechung der Vorniere im Hertwigschen Handbuch für niedere Wirbeltiere und 1910 als Einleitung zur Darstellung der primitiven Gefäßbahnen bei menschlichen Embryonen und Rückert (1917) neuestens für Torpedo getan hat. Zwar hat v. Möllen- dortf bereits 1911 für Bombinator einen derartigen Versuch unter- nommen; da jedoch seine Resultate in wesentlichen Punkten von den meinigen differieren, halte ich es nicht für unangebracht, noch- mals darauf einzugehen und mich zugleich mit ihm auseinander- zusetzen. v.Möllendorff nimmt in ganz jungen Stadien drei in der Längsrichtung des Körpers verlaufende Gefäßzüge an: Aorta, Cardinalvenen und Dottergefäßnetz, die durch zahlreiche Quer- gefäße miteinander verbunden sind. Diese letzteren ‚haben einen gemeinsamen Ursprung von der Aorta, gabeln sich jedoch an der dorsalen Kante der Seitenplatte, um einerseits in das Cardinal-, Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 283 andererseits in das Dottervenensystem zu münden. Diese Querge- fäße sind in der ganzen Längsausdehnung des Darmes. angelegt, von der Kiemenregion anfangend bis nach hinten in das Gebiet des Schwanzdarms in ununterbrochener Reihenfolge.“ Damit komme ich unmittelbar auf einen der wesentlichsten Differenzpunkte zwi- schen mir und v. Möllendorff zu sprechen, denn ich ko .nte, "wie gesagt, keine primäre Verbindung zwischen Aorta und Cardinal- vene finden, von den spärlichen freien Mesenchymzellen, die ich früher erwähnte, abgesehen. Jedoch stehe ich mit diesem negativen Befund nicht vereinzelt da, auch die früheren Untersucher (Field, Bılatewinıc Rank uBrawens Hatta ,..Greil'u. 4.) erwähnen nichts davon, wenn sie nicht sogar ausdrücklich das Fehlen derartiger Gefäße betonen. Der einzige, der bis zu einem gewissen Grade mit v. Möllendorff übereinstimmt, und auf den er sich auch beruft, ist Hous say; nur bringt letzterer beide Gefäße in genetischen Zusammenhang, indem er angibt, daß aus den seg- mental angeordneten Parablastomeren Bläschen entstehen, aus welchen durch Zweiteilung Aorta und Cardinalvenen hervorgehen, die aber noch lange durch ein Verbindungsgefäß miteinander kom- munizieren. Diese Rami reunientes bringt er, zusammen mit eben- solchen segmental angeordneten Aesten von der Cardinalvene zur Subintestinalvene, in Parallele mit den P. Mayerschen Darm- gefäßen; da bei dieser Einteilung aber gar keine Berücksichtigung des Coeloms sowie der hinter dem Ductus Cuvieri gelegenen Vorniere vorgelegen hat und die Figuren auch nicht immer mit den Beschrei- bungen voll in Einklang stehen, worauf übrigens auch v. Möllen- dorff hinweist, müssen seine Resultate mit größter Vorsicht auf- genommen werden. Auch die Dottergefäße sind in ihrer Entwick- lung und ihren Beziehungen zum übrigen Gefäßsystem kaum hin- reichend gewürdigt. Daß ich Houssays Rami reunientes nicht anerkennen kann, ergibt sich aus meiner früheren Beschreibung und daß er die Quergefäße P. Mayers in ihrer Bedeutung miß- verstanden hat, wird sich bei der Besprechung derselben zeigen. Die Beobachtungen Brauersan Gymnophionen, die v.Möl- lendorff ebenfalls als Stütze für seine eigenen Ausführungen heranzieht, kommen hier insofern nicht in Betracht, als Brauer die Vasa efferentia der Glomeruli in die Cardinalvene nur für den . fertigen Glomerulus beschreibt, ohne anzugeben, wie und wann sie sich anlegen. Es kann sich hier ebensogut erst um später auf- 19* 284 A. Hartmann: tretende Gefäße handeln, wie bei Rana; die in der „Zwischenzone“ zwischen Vorniere und Urniere abgehenden Aortenfortsätze anasto- mosieren nach seiner Angabe mit den Cardinalvenen nicht. Ob das von Brauer beschriebene unter der Vorniere verlaufende Längs- gefäß, das sowohl mit den Glomerulargefäßen als auch den Darm- gefäßen in Verbindung tritt, mit dem Längsgefäß der Vorniere homologisiert werden darf, oder ob es einem besonderen sekundär modifizierten Abschnitt der Cardinalvene entspricht, darüber möchte ich mich bei meiner Unkenninis des Materials eines Urteils enthalten. Weiterhin finden sich noch zwei Bemerkungen in der Literatur über einen direkten genetischen Zusammenhang von Aorta und Car- dinalvene. Die eine, von Grafe beim Hühnchen beobachtete Entstehung der Cardinalvene aus metameren Aussackungen der Aorta interessiert uns hier kaum, da der Zusammenhang zwischen beiden - Gefäßen alsbald wieder gelöst wird. Wichtiger ist die Angabe von Hatta, die Petromyzon betrifft. Leider sind Hattas Aus- führungen nicht genügend klar und erschöpfend; er betont aber selbst, daß das Auffinden dieser Verbindung ihm nur sehr schwer und nur für die vordere Cardinalvene (Vena jugularis) gelungen sei; es scheint demnach auch hier die Verbindung, wenn sie wirklich vorhanden war, nur eine ganz vorübergehende zu sein, die mit den „Lateralästen“ v. Möllendorffs nichts gemein hat. Bei letz- terem Autor vermißt man wiederum genaue Angaben über die Ent- stehung dieser Aeste, in Zusammenhang mit der Entwicklung der Aorta und der Cardinalvenen; er vermutet nur aus dem Vorhanden- sein derselben eine engere genetische Zusammengehörigkeit der beiden, deren Nachweis ihm nicht gelungen ist. Auf die später erst auftretenden Verbindungen zwischen Glo- merulusgefäßen und Cardinalvenen komme ich weiter unten noch zurück. Wenn v. Möllendorff richtig beobachtet hat, so würden in den von ihm beschriebenen Quergefäßen keine einfachen Darmquergefäße mehr zu suchen sein. Diese letzteren sind durch drei Kriterien bestimmt: sie verbinden dorsales und ventrales Längs- gefäß, sie sind metamer angeordnet und sie zeigen Beziehungen zum Entoderm insofern, als sie ihm direkt aufliegen, also unter der Splanchnopleura verlaufen. P. Mayer (1887), der die Quer- gefäße zuerst bei Selachiern beschrieb, hat schon erkannt, daß die- selben in der Vornierengegend segmental, kaudal davon aber höchst Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 285 wahrscheinlich nicht segmental angeordnet sind. Diesen Punkt hat dann Hatta (1908) für Petromyzon vervollständigt. In so ein- facher Form allerdings, wie sich die Quergefäße durch genaue Er- füllung aller dieser Bedingungen darstellen würden, findet man sie selbst bei den niedersten Wirbeltieren nicht mehr durchgängig vor. Es sollte ja damit auch nur eine Möglichkeit gegeben werden, die ersten Gefäßbahnen auf einen bei Wirbeltieren noch ähnlich reali- sierten Typus, den Annelidentypus, zurückführen zu können. Für die Quergefäße in den kaudalen zwei Rumpfdritteln ist dies bei sehr jungen Larven noch bis zu einem gewissen Grade möglich, wie ich es früher für Salamandra atra und Axolotl gezeigt habe; dagegen weichen die Quergefäße der Vornierenregion schon so sehr von dem einfachen Typus ab, daß es meist nicht mehr ohne weiteres gelingt, dieselben auf ihn zu beziehen, und ganz besonders fällt hier ins Gewicht, daß sie das ventrale Längsgefäß nicht mehr erreichen, also eigentlich gar keine Darmquergefäße mehr sind. Auf diesen letzteren Punkt hat Rückert für Torpedo (1917) in ausdrück- licher Weise hingewiesen und auch den vielfach begangenen Irrtum geklärt, sie als echte Darmgefäße anzusprechen. Rückert unter- scheidet mithin streng zwischen zwei Gruppen von Quergefäßen: solchen der Vorniere und solchen des Darmes, obwohl bei Torpedo die Verhältnisse insofern noch einfacher liegen, als nur ein Abschnitt des Vornierenquergefäßes zur Bildung des Glomerulus Verwendung findet, nicht das ganze Quergefäß selbst. Dafür kommt aber hier als neue Komplikation, wenigstens auf der rechten Seite, die Aus- bildung der mächtigen Dotterarterie dazu, die mit den Vornieren- quergefäßen in Verbindung tritt, und endlich noch als weitere Ab- weichung der Umstand, daß die letzteren zwischen den Urwirbel- stielen hindurchtreten und nicht medial an ihnen vorbeigehen, wie es der Idealzustand fordern würde. Aus all dem geht zur Genüge ‚hervor, daß die Vornierenquergefäße der Selachier gegenüber den primitiven Darmquergefäßen bedeutende Modifikationen aufweisen; doch hat Rückert auch gezeigt, daß sie ihrer Anlage nach noch mit Vornieren-Darmquergefäßen in Beziehung stehen, da sich die sie verbindende Längskommissur (Anfangsstück der Dotterarterie) als ein Abschnitt des Dottergefäßsystems entwickelt (vgl. seine Textfiguren F und 6). Bei den von mir beschriebenen Salamandrinen kommen ent- sprechend den beiden Vornierenostien nur zwei Vornierenquerge- 286 A. Hartmann: fäße zur Anlage. Diese könnten zwar zunächst als echte Darmge- fäße aufgefaßt werden, indem sie zwischen Darm und Splanchno- pleura verlaufen; sie treten aber mit dem übrigen Dottergefäß- system überhaupt nicht in Verbindung, trotzdem auch sie durch eine Längskommissur miteinander zusammenhängen. Aber diese letztere entsteht, wie aus meinen Rekonstruktionsbildern (Fig. 23 und 34 und Textfiguren 12 und 13) hervorgeht, vollkommen selb- ständig und nicht als ein Teil des Dottergefäßsystems und es erscheint sehr zweifelhaft, ob man das Längsgefäß als einen in Kranialer Rich- tung verschobenen Teil der dorsalsten Dottervene auffassen darf, da letztere sich ununterbrochen vom Sinus venosus nach rückwärts verfolgen läßt, noch zu einer Zeit, während die Vornierenlängs- -kommissur schon ausgebildet ist; die Dottervene liegt eben in der Vornierenregion weiter ventral am Darm. Mithin kommt es bei den Urodelen zwar nicht mehr zur Anlage eigentlicher Darmquer- gefäße; da aber sowohl die Vornierenquergefäße als ihre Längsana- stomose sich noch als Darmgefäße anlegen, ehe sie durch die Aus- bildung der Splanchnopleurafalte vom Darm abgehoben werden, glaube ich, daß man sie gleichwohl ansprechen darf als ursprünglich aus echten Vornierendarmgefäßen hervorgegangen, deren ventra- ler Teil, weil nicht notwendig, nicht mehr ausgebildet worden ist. Daß zwischen dem Vornierenlängsgefäß und der dorsalen Dotter- vene noch eine Anlage von Gefäßen möglich gewesen wäre, halte ich für bewiesen durch das Vorkommen freier Mesenchymzellen zwischen Darm und Splanchnopleura an dieser Stelle, worauf ich mehrfach hingewiesen habe. Auf die Vornierengefäße der Anuren möchte ich etwas aus- führlicher eingehen. Zunächst kommen wieder ihre Beziehungen zum Darm in Betracht. Es hat sich aus der Beschreibung der ein- zelnen Entwicklungsstadien ergeben, daß ihre Entstehung in eng- ster Beziehung steht zu der Entwicklung der Aorta, doch nicht so, daß sie zunächst als ventrale Ausbuchtung derselben auftreten, sondern sie zeigen eine mehr oder weniger selbständige Genese aus eigenem Mesenchymmaterial und zwar lassen sich Längsgefäß und Quergefäße nahezu als gleichzeitig erscheinend beobachten. Ihre Lage zum Darm ist aber dieselbe wie bei den Salamandrinen; denn daß sie von Anfang an schon etwas weiter vom Darm abliegen als bei letzteren, ist bedingt durch die frühzeitiger erfolgende Abhebung der Splanchnopleura zur Glomerularfalte; sie bleiben deswegen Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 287 trotzdem zwischen Darm und visceralem Coelomblatt, durch die Leibeshöhle von der Vorniere getrennt. Sie sind also in dieser Be- ziehung echte Darmgefäße, aber eben nur auf einem ganz kleinen Abschnitt des Darmıs. Was den zweiten Punkt, ihre Metamerie, anbetrifft, so ist dieses Objekt zur Entscheidung der Frage weniger günstig als Salamandra. Dort fanden wir zwei Quergefäße jedem Nephrostom entsprechend; hier hatten wir drei zu erwarten gehofft, da die meisten Vertreter der Anuren drei Trichtermündungen besitzen. Diese Erwartung hat sich nicht erfüllt; denn wir zählen zu einer Zeit, wo das Längs- gefäß noch ein einfaches ungeschlängeltes Rohr darstellt, jeder- seits mindestens 5 Verbindungen zwischen ihm und der Aorta (vgl. Textfiguren 4—8). Nun könnte man schließlich annehmen, daß zuerst drei Quergefäße angelegt werden, entsprechend den drei Vornierensegmenten und daß die übrigen Verbindungen mit der Aorta nachträglich auftreten, so wie es bei Salamandra in der Tat der Fall ist, wenn sich die primitive Glomerulusschlinge zum Plexus auflöst. Geht man aber auf ganz junge Stadien zurück, welche die Gefäße in ihrer zelligen Vorstufe zeigen, so ergibt sich wohl eine all- gemeine Ausdehnung der Mesenchymzellen, die den Bezirk der Aorta und Glomerulusgefäße kennzeichnet, die aber vorerst nicht gestattet über die Zahl der Gefäße irgendwelche Schlüsse zu ziehen. Und wenn dann die endothelialen Röhren sich herausbilden, so treten sie er- stens fast alle gleichzeitig auf, und zweitens halten sie in bezug auf ihre Genese auch keine bestimmte Reihenfolge ein, so daß man bald die Kranialen, bald die kaudalen früher durchgängig findet. Kommt es dann wirklich vor, daß man einmal beim Zählen der Quergefäße in diesen Entwicklungsstadien auf einer Seite gerade drei findet, so ist dies ein bloßer Zufall, und es ist damit auch noch lange nicht gesagt, daß diese drei auch den drei Vornierensegmenten entspre- chen; es können ebensogut zwei in einem Segment vorhanden sein, während ein anderes des Quergefäßes noch vollständig entbehrt. Auf dem Weg der Genese ist also der Metamerie der Quergefäße nicht beizukommen; auch ihre Lage zu den Urwirbelstielen läßt sich nicht mehr bestimmen, da letztere um diese Zeit längst nicht mehr vorhanden sind; es bleibt also nur übrig, sie auf die Nephro- stome zu beziehen. Hier läßt sich auch eine gewisse Regelmäßig- keit ihrer Lage erkennen, die eine segmentale Anordnung der Quer- gefäße anzunehmen gestattet. Betrachtet man Textfigur 6 und 8, 288 A: Hartmann: so zeigt sich, daß je ein Quergefäß dem zweiten und dritten Nephro- stom gegenüberliegt, während das erste keines oder meist keines besitzt; die drei übrigen Paare liegen dazwischen. (Ich verweise auf die ausführliche Schilderung im beschreibenden Teil, auch bezüg- lich der dazwischen liegenden Stadien.) Mithin kämen auf jedes Segment 2 Quergefäße, nicht nur eines, wie bei Salamandra. Da- durch würde zwar an sich die segmentale Anordnung nicht gestört; es frägt sich nur, welches von den beiden dem Vornierenquergefäß anderer Wirbeltiere homolog ist. Hierfür läßt sich vielleicht ein Anhaltspunkt gewinnen aus den Rückbildungserscheinungen, die ' an den Quergefäßen auftreten. Denn bei Rana können Reduktions- prozesse an denselben schon beobachtet werden, noch ehe es zur Bildung eines diffusen Glomerularplexus gekommen ist; hier sind also die Verhältnisse leichter zu übersehen, wie bei Salamandra. Aus Textfiguren 4 und 8 sowie aus der vorausstehenden Beschrei- bung geht hervor, daß allerdings nicht mit absoluter Regelmäßig- keit aber doch zumeist diejenigen Quergefäße zuerst sich zurück- ' bilden, die zwischen den Nephrostomen gelegen sind, so daß man vielleicht doch nicht allzu fehl geht, wenn man die den Trichter- mündungen gegenüber gelegenen Quergefäße mit denjenigen von Salamandra homologisiert. Freilich ergibt sich daraus sofort auch ein Unterschied gegenüber den Selachiern. Faßt man nämlich die Mündung des Vornierenkanälchens in die Leibeshöhle als die Stelle auf, an welcher der Urwirbelstiel ursprünglich mit der Seitenplatte in Zusammenhang stand, so würden die Quergefäße der Vorniere bei den Amphibien nicht intermetamer wie bei den Selachiern ver- laufen, wo sie zwischen den Urwirbelstielen hindurchgehen (Rük- kert); doch ist dieser intermetamere Verlauf bei den Selachiern möglicherweise in der lateralen Richtung begründet, die diese Ge- fäße einschlagen; sie können hier keinen anderen Weg nehmen als zwischen den Urwirbelstieler hindurch, die viel länger erhalten bleiben als bei Amphibien. Kurz zusammengefaßt läßt sich also über die Vornierengefäße von Rana sagen, daß sie auch das zweite für Quergefäße verlangte Merkmal, die segmentale Anordnung, erkennen lassen, wenn auch in etwas modifiziert, insoferne auf einen Urwirbel zwei Quergefäße treffen. Schwieriger zu entscheiden ist die Frage nach den Beziehungen zum venösen Längssystem am Darm bzw. zur inneren Randvene des Dottergefäßnetzes. In ganz jungen Stadien, wie eines in Text- E PER 5 BE nn 0% on Sl Die Anlage und- Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 289 figur 1 veranschaulicht ist, scheinen dieselben Verhältnisse vorzu- liegen wie bei Salamandra. Das Gebiet der Aorta und der Glomeru- lusgefäße ist von dem Gebiet der kaudalen Herzschenkel und der daraus hervorgehenden Dottervenen vollständig getrennt. Das nur wenig ältere Stadium von Textfigur 2 dagegen bringt aber be- reits eine Aenderung insofern, als die Zahl der freien: Mesenchym- zellen zwischen dem dorsalen und ventralen System bedeutend ver- mehrt erscheint, obwohl die ventralen Dottergefäße selbst hier noch nicht so weit entwickelt sind, als bei dem jüngeren Embryo von Textfigur 1. Durch diese reichliche Ansammlung von Mesen- chymmaterial ist die Möglichkeit einer Annäherung ohne weiteres gegeben; und es scheint sogar, als ob in Textfigur 2 sowohl auf der rechten als auch der linken Seite die eben angedeuteten Vornieren- quergefäße sich durch richtige Zellstränge in ventraler Richtung fortsetzen würden, die jedoch ebenfalls das ventrale Gefäß nicht vollständig erreichen. Leider läßt sich mit diesem an sich so will- kommenen Befund sehr wenig anfangen, da diese Zellstränge alsbald wieder verwischt werden, indem ihre Elemente sich auflösen und ausbreiten. Der weitaus grßte Teil der kranial von der Vorniere und noch im Bereich ihrer vorderen ‚Abschnitte gelegenen Mesen- chymzellen wird zur Bildung der beiden hintersten Aortenbogen, die bei Rana sehr spät und schon etwas modifiziert auftreten, ver- braucht, wie dies in einer neueren Arbeit von v. Möllendortf geschildert worden ist, auf die ich hier nicht weiter eingehe. Der Rest bleibt eben am Darm liegen und tritt weder zu den Vornieren- gefäßen noch zum Dottergefäßnetz in nähere Beziehung. Zwar komnit es ebenso wie bei Salamandra und Axolotl, auch bei Rana temp. noch nachträglich zu einer Verbindung zwischen dorsalem und ventralem System im Bereich der Vorniere (Textiigur 5a und 7 a), wie bereits früher beschrieben; doch geht dieses Gefäß direkt von der Aorta aus ventral von den Glomerulusgefäßen vorbei. Es ist möglich, daß es das jüngste Stadium der Art. mesenterica darstellt; ich muß aber die Frage offen lassen, da ich es richt weiter verfolgte. Mit den Glomerulusgefäßen, die in dieseı Stadien schon wohl ausgebildet sind, kommuniziert es sicher nicht mehr; aber es steht auch in keiner Beziehung zu einer ventral von der Aorta gelegenen dorsalen Längsanastomose der Dottergefäße, die v. Möl- lendorff beschreibt. Ich konnte bei meinen jungen Stadien eine derartige Längskommissur weder im Gebiet der Vorniere noch un- 290 A. Hartmann: mittelbar kaudal davon nachweisen. v. Möllendorffs Abbil- dung 23 ist zu unklar, um einen Beweis dafür zu liefern; es könnte sich hier ebensogut um eine Lücke zwischen den lockeren Mesenchym- zellen handeln. v. Möllendorff läßt die Art. mesenterica nicht direkt aus Glomerulargefäßen entstehen, sondern die dorsale Längs- anastomose der Dottergefäße kommuniziert mit der Aorta durch kleine ventrale Aeste, die von den seitlichen Quergefäßen abgehen. Diese kommen entsprechend seiner Beschreibung auch im Bereich des Glomerulus vor und bringen so indirekt die Darmgefäße auch mit dem ‚Glomeruluslängsgefäß bzw. dem ‚‚Glomerularsinus“ in Zusammenhang. Daß derartig regelmäßige metamer angeordnete Aeste vom Glomerulus zu den Darmgefäßen bei meinem Objekt nicht vorhanden waren, glaube ich im vorausgehenden gezeigt und durch die Rekonstruktionen auch bewiesen zu haben; außerdem geht aus der weiteren Beschreibung v. Möllendorffs nicht ganz klar hervor, wo er eigentlich die vorderste Wurzel der Art. mesenterica annimmt, da er später den ersten Ventralast der Aorta gleich hinter dem Glomerulus im 7. Körpersegment abgehen läßt. Die Längsanastomese reicht zwar viel weiter nach vorn; sie wird dann bei der Ausbildung der Art. coeliaca verbraucht. Diese letz- teren Vorgänge finden erst bei älteren Stadien statt; ich habe sie nicht weiter verfolgt. Jedenfalls haben sie mit dem Glomerulus nichts zi tun, denn dieser ist zu jener Zeit’längst ein selbständiges Gebilde geworden, vom Darm vollständig abgerückt. Daß die Ent- stehung der Art. mesenterica genetisch aufs engste mit dem Gefäß- knäuel des Glomerulus verknüpft sein kann, geht aus den Arbeiten von Felix über die Entwicklungsgeschichte der Salmoniden hervor, worauf auch Rückert nachdrücklich verwiesen hat, zugleich mit Rücksicht auf seine eigenen Befunde an Torpedo, sowie auf die Angaben von Greil bei Ceratodus und von Hatta bei Petromyzon. Diese beiden letzteren Arbeiten habe ich selbst schon zum Vergieich der Quergefäßverhältnisse im Bereich des Glo- merulus mit meinen Untersuchungsresultaten bei Salamandern hervorgehoben und auf Grund derselben das fragliche Gefäß mit dem frühesten Stadium der Art. coeliaco-mesenterica identifiziert, da mir ältere Larven fehlten. Ich beschränke mich auch hier auf das Vorhandensein eines Aorten-Darmgefäßastes hinzuweisen mit der Bemerkung, daß mir die Entstehung dieses Verbindungsastes aus einem bestimmten Vornierenquergefäß, so wie es Hatta für Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 291 Petromyzon wiii, sehr fraglich erscheint. Eine genaue Beschreibung der Entwicklung der Art. mesenterica würde eine Arbeit für sich erfordern und müßte sich von der ersten Anlage bis zur definitiven Ausgestaltung der Larve erstrecken. Dies würde aber den Rah- men der mir hier gestellten Aufgabe weit überschreiten. Kehren wir nunmehr zu den Vornierengefäßen von Rana und der Frage nach ihren Beziehungen zum Dottergefäßsystem zurück, so bleibt noch ein weiterer wichtiger Punkt zu erörtern. Es konımt nämlich bei Rana tatsächlich zu einer direkten Verbindung des Glo- Textfigur 12. Ch = Chorda dorsalis; My = Myotom; Sch = Subchorda; Ao = Aorta; Cv = Cardinalvene; C = Coelom; N, = IIl. Nephrostom; Dg = Dottergefäß (Darmgefäß). meruluslängsgefäßes mit der äußeren Randvene des Dottergefäßnetzes (Textfigur 7a und b und 8). Dieser Befund ist neu, ich konnte ihn bei Salamandra nicht konstatieren, und er verdient hervorgehoben zu werden, trotzdem er nur kurze Zeit nachweisbar ist, weil er hier am kaudalen Ende des Glomerulus, aber eben nur an dieser Stelle im Einklang steht mit der Beschreibung v. Möllendorffs. Auch das Entwicklungsstadium kommt ungefähr demjenigen von Bombinator pachypus, von welchem v. Möllendorff ausgeht, gleich. Wenn wir also hier ein Schema konstruieren wollen, so wie es genannter Autor getan hat, so müßte dieses dem in Textfigur 12 wiedergegebenen Bild gleichen, bezogen auf Fig. 37. Man erkennt 292 A. Hartmann: die Uebereinstimmung mit der Fig. Bv. Möllendorfts so- fort, nur fehlen bei mir noch die Verbindungen zur Cardinalvene, auf die ich erst später zurückkomme, und die im vorliegenden Sta- dium auch noch gar nicht vorhanden waren, Außerdem ist dieser Punkt auch deswegen interessant, weil hier tatsächlich die oben gestellte Forderung des Zusammenhangs von dorsalem und ventralem System verwirklicht ist, und mithin die Identität der Vornierengefäße mit echten Darmquergefäßen er- wiesen erscheint. Ich sage absichtlich ‚‚erscheint‘‘, denn nun stellt sich sofort als neue Schwierigkeit die Frage ein, ob wir in dieser Ver- bindung noch den Rest einer primären Verknüpfung sämtlicher Vornierenquergefäße mit den Dottergefäßen erblicken dürfen, oder ob wir hierin-nicht vielmehr einen cänogenetischen Vorgang suchen müssen, bedingt durch besondere funktionelle Forderungen. Die erste Ansicht ließe sich damit begründen, daß eine Verbindung nur am kaudalen Ende zustande kommt, weil weiter kranial ein solcher nicht mehr möglich war, indem erst später die Dottergefäße so weit dorsal am Darm emporrückten. Auch die nur vorübergehende Dauer dieser Verbindung könnte dafür sprechen. Textfigur 1 berechtigt zu dieser Annahme, doch schon Textfigur 2 und noch viel mehr Text- figur 5 und 7 mahnen ihr gege ıüber sehr skeptisch zu sein und lassen die zweite Ansicht eher plausibel erscheinen. Es ist immerhin merk- würdig, daß es trotz vorhandener Vorbedingungen nur zu einer ein- zigen Verbindung zwischen Glomerulus- und Dottergefäßen kommt und daß dieselbe erst so spät auftritt. Wahrscheinlich hat dies seinen besonderen Grund, den wir in der Funktion dieser Gefäße suchen müssen, wenngleich wir dieselbe nicht zu fassen vermögen. Die kurze Dauer des Zusammenhangs mit den Darmgefäßen ließe sich dann mit der zu dieser Zeit auftretenden anderweitigen venösen Verbindung, wodurch die erste ihren physiologischen Wert einbüßt, zwanglos erklären. Damit ist aber die Homologisierung der Vor- nierenquergefäße mit Darmquergefäßen wieder problematisch ge- worden. Dennoch glaube ich, daß man nicht fehlt geht, wenn man die Vornierenquergefäße von früheren Darmquergefäßen ableitet; denn faßt man die an ihnen gemachten genetischen Beobachtungen noch- mals kurz zusammen, so ergibt sich, daß sie sich als Darmgefäße an- legen, wenngleich sie das Darmrohr nur am dorsalen Umfang berühren; daß sie ferner eine Metamerie der Anlage erkennen lassen, die zwar Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 293 insofern modifiziert erscheint, als auf jedes Segment zwei Gefäße treffen, die aber trotzdem regelmäßig und lange nachweisbar ist, und daß sie endlich, obwohl sie mit den ventralen Längsgefäßen am Dotter nicht mehr in direkte Verbindung treten, doch in ihrer frühesten Anlage gewisse Beziehungen zu ihnen erkennen lassen, die wohl sehr vorsichtig gedeutet werden müssen, aber immerhin nicht wegzuleugnen sind. Es wäre schließlich auch noch denkbar, daß nicht der ventrale Abschnitt der Vornierengefäße, der zur Verbindung mit dem Dottergefäß führen sollte, zugrunde gegangen ist, sondern das Dottergefäßnetz ursprünglich an dieser Stelle weiter dorsal reichte, später aber infolge besonderer Bedingungen nicht mehr zur Anlage gelangte, so daß hierdurch die Verbindung mit den Vornierengefäßen unterbrochen worden ist. Besondere Beachtung verdient noch das Vornierenlängsgefäß, das Filatow alseinfache Ausstülpung aus der Aorta, v.Möllen- dorff als einen Blutsinus, ‚der sich im Teilungswinkel des latera- len und ventralen Aortenastes mit der Coelomtalte ausstülpt‘, beschreibt. Es ist dem Autor nicht gelungen, bezüglich der onto- genetischen Entstehung derselben zu einem eindeutigen Resultate zu gelangen, wohl weil er nicht auf genügend junge Stadien zurück- griff. Wie wir gesehen haben, legt sich das Längsgefäß selbständig an, aber gleichzeitig mit Aorta und Quergetäßen aus den Mesenchym- zellen, welche die flache Splanchnopleurafalte erfüllen und sich von hier aus auf den Darm fortsetzen. Es entsteht also aus dem gleichen Material wie weiter kaudal das äußere Randgefäß des Dottergefäß- netzes, steht jedoch mit demselben anfänglich nicht in Zusammen- hang, sondern eröffnet sich erst später, wenn der Kreislauf eingesetzt hat, an seinem kaudalen Ende in die Dottervenen (Textfiguren 7 und 8). Es frägt sich nun, ob man es als einen selbständig geworde- nen Abschnitt des Dottergefäßnetzes, bzw. dessen innerer Randvene auffassen darf oder als Vornierengefäß sui generis. Die Entscheidung wird hier immer Sache der persönlichen Ansicht bleiben, da sich ein | strikter Beweis weder für die eine noch die andere Beantwortung er- bringen läßt. Wenn ich das Vornierengefäß demnach als einen an dieser Stelle erhalten gebliebenen Teil eines ursprünglich venösen Darmlängsgefäßes betrachte, so begründe ich dies damit, daß die Zellen, welche es aufbauen, zum größten Teil aus der gleichen Quelle stammen, wie das Material für jene Vene, nämlich aus dem Umschlags- rande der Splanchnopleura; außerdem aber weisen auch die Befunde 294 A. Hartmann: Rückerts bei Torpedo darauf hin; es werden dort nämlich die Quergefäße der Vornierenregion ebenfalls an ihrem ventralen Ende durch eine Längskommissur vereinigt, die noch deutlich als ein Stück des Dottergefäßsystems angelegt wird und erst nachträglich als Anfangsabschnitt der späteren Dotterarterie Selbständigkeit erlangt. Auch bei der Forelle steht der Glomerulusgefäßsack, der durch regelmäßige Quergefäße aus der Aorta gespeist wird, mit der Arteria mesenterica in Verbindung (Felix). Man könnte mir hier allerdings einwenden, daß die Dotterarterie der Selachier als wich- tiges Gefäß erhalten bleibt, während das Glomeruluslängsgefäß der Amphibien nur in jungen Stadien nachweisbar ist und bei der Plexus- bildung im Glomerulus selbst aufgebraucht wird, ohne zu weiteren embryonalen Gefäßen Beziehung zu gewinnen. Dagegen läßt sich jedoch geltend machen, daß es bei Selachiern gar nicht zur Bildung eines länger funktionierenden Glomerulus kommt; die rudimentä- ren Gebilde, welche Rückert mit den Vornieren-Glomerulis anderer Vertebraten identifiziert hat, haben mit dem Längsgefäß selbst nichts mehr zu tun, sondern sitzen den Quergefäßen auf, außerdem kommt es auf der linken Seite, trotzdem auch hier Glomeru- lusrudimente vorhanden sind, weil nicht notwendig, gar nicht mehr zur Anlage der Längskommissur. Daß dieselbe auf der rechten Seite zu solch ansehnlicher Größe gelangt, hängt eben mit ihrer Wichtig- keit für den embryonalen Dotterkreislauf zusammen, der bei Se- lachiern eine ganz andere Bedeutung gewinnt als bei Amphibien, wo der Dotter schon im frühesten Larvenstadium resorbiert wird. Andererseits dagegen bleibt bei Amphibien die Vorniere nicht wie bei Selachiern rudimentär, sondern funktioniert als exkretorisches Organ nahezu während des ganzen Larvenlebens; es ist daher ein- leuchtend, daß der Glomerulus bei dieser Klasse auch hinsichtlich seiner Gefäßversorgung eine wichtigere Rolle spielt als bei Selachiern. Fernerhin erscheint es nur eine logische Schlußfolge, auch das Vor- nierenlängsgefäß phylogenetisch auf das Dottergefäßsystem zu be- ziehen, sobald man die Vornierenquergefäße von früheren Darm- quergefäßen ableitet. Denn es würde einem Widerspruch gegen die eigene Auffassung gleichkommen, wollte man die Quergefäße den Darmgefäßen zurechnen, ihren ventralen Abschnitt dagegen, der doch die Verbindung mit dem venösen Dottergefäßnetz herstellen müßte, als eine besondere Neubildung ansehen, die sich auf phylo-: genetisch einfachere Verhältnisse nicht mehr beziehen lasse. Wie bei Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 295 den tieferstehenden Selachiern ein bestimmter Abschnitt der Dotter- gefäße, der mit den Quergefäßen der Vornierenregion in Verbindung steht, zur Art. vitellina umgestaltet wird, so wird bei Amphibien ein Abschnitt des Dottergefäßnetzes in demselben Bereich in besonderer der Funktion angepaßter Weise modifiziert, aber schon so frühzeitig, daß der ursprüngliche Zusammenhang nicht mehr kenntlich ist. Bei den Abbildungen v. Möllendorffs reichen die Darm- gefäße viel weiter dorsal herauf, so daß die Verbindung mit den Glo- merulusgefäßen keine Schwierigkeit mehr zu machen scheint. Dies beruht nicht auf unrichtiger Beobachtung, sondern rührt daher, daß der Autor von viel älteren Stadien ausging, als ich. Es findet nämlich späterhin noch eine Verschiebung der Darmgefäße in dor- saler Richtung statt, wie aus meinen Rekonstruktionen älterer Larven (Textfiguren 5a und b und 7 a und b) auch zu ersehen ist, so daß Glomerulusgefäße und Darmgefäße sich bei der Sagittal- projektion z. T. überdecken. Trotzdem kommt es auch dann zu keiner Verbindung zwischen den beiden letzteren mehr außer an der bereits erwähnten Stelle, da inzwischen die Glomerularfalte sich schon vom Darm abgehoben und die Ausbildung eines Mesenteriums begonnen hat. Bezüglich der weiteren Ausgestaltung des Glomeru- lus und der Reduktion der Aortenäste bis auf einen, stimme ich mit v.Möllendorff überein. Nach Erledigung der Besprechung der arteriellen Gefäße des Glomerulus bleiben noch seine venösen Abflußbahnen zu berück- sichtigen, wobei ich von der nur vorübergehenden Verbindung mit dem Dottergefäßnetz am kaudalen Ende nunmehr absehe. v. Möll- lendorff betont mit Recht, daß keiner der Autoren, welche sich bisher mit der Untersuchung der Vorniere und ihres filtratorischen Apparates beschäftigt haben, ein abführendes Glomerulusgefäß erwähne. Nur Filatow kommt darauf zu sprechen, allerdings in ganz negativem Sinn. Nach ihm stellt der Glomerulus nur eine blindsackartige Ausstülpung aus der Aorta dar ohne geordneten Kreislauf; selbst die Verbindung mit der Aorta, die auch er gesehen hat, betrachtet er nicht als Vas afferens, folglich gibt es bei ihm auch kein abführendes Gefäß. Daß die Verbindung zwischen Glomerulusgefäß und Cardinal- vene tatsächlich fehlen kann, kann ich auf Grund meiner früheren Untersuchungen bestätigen; ich habe sie sowohl bei Salamandra atra als bei Axolotl vermißt und auch bei einigen Exemplaren von Sala- 296 AsHartmann: mandra macul. trotz sorgfältiger Durchsicht nicht getunden. Für letz- tere Art beschreibt auch H. Rab keine derartigen Gefäße. Warum sich auch bei Field nichts darüber findet, habe ich schon früher erwähnt; bei Amblystoma fehlen sie wohl auch, ebenso wie bei Axolotl; und seine Stadien von Rana und Bufo waren möglicherweise zu jung. Denn die Glomerulus-Cardinalvenengefäße treten erst sehr viel später auf als die eigentlichen Glomerulusgefäße, wenigstens bei Rana, wie ich im beschreibenden Teil gezeigt habe. Hier finde ich mich wiederum im Widerspruch mit v. Möllendorff. Zwar beginnt der Verfasser seine Schilderung des jüngsten sicher zu deu- tenden Zustandes mit einer Larve von Bombinator pach. von 6,2 mm gesamte Länge (Mund bis After: 4,7 mm). Hier könnten möglicher- weise schon seitliche Aeste zu den Cardinalvenen vorhanden sein, da ich solche bei Rana-Embryonen von 3,8 bis 4,0 mm Rumpf- . länge auch schon gefunden habe; doch sind diese Gefäße jederseits r nur in der Zweizahl im 2. und 3. Vornierensegment vorhanden, nicht, wie bei v. Möllendorff, jedem Quergefäß zugehörig, und was noch wichtiger ist, sie kommunizieren niemals mit der Aorta. Mit dieser Angabe steht v. Möllendorff überhaupt ganz iso- liert da, von Houssay abgesehen. Ichsehe demnach auch in diesen Verbindungen nicht mehr das Vorhandensein eines primitiven Zu- standes, sondern fasse sie auf als etwas Neuhinzugekommenes durch die besondere Ausbildung der Vorniere Bedingtes. Warum sie bei Salamandern nicht vorhanden sind, vermag ich nicht anzugeben, Möglicherweise waren sie früher da und sind erst später wieder zu- grunde gegangen; vielleicht ließe sich die Lösung des Problems fin- den, wenn man die ontogenetischen Beziehungen zwischen Vorniere und Urniere genau verfolgt und mit denjenigen von Anuren in Paral- lele setzt. Uebrigens ist bekannt, daß auch bei anderen Tierklassen, die eine länger funktionierende Vorniere besitzen, die Gefäße des Glomerulus durch Anastomosen mit den Cardinalvenensinus sich verbinden. Ich verweise hier auf die Arbeiten von Brauer über Hypogeophis rostr., von Greil über Ceratodus und Hatta über Petromyzon. Auch Rückert benennt einen besonderen zuerst auftretenden venösen Längszug der Cardinalvene als eigene Vor- nierenvene. Daß dieselbe mit den Glomerulis nicht enger verknüpft erscheint, wird durch die rudimentäre Beschaffenheit des genannten Organs einleuchtend. Zum Schluß habe ich noch in Kürze auf die Arbeiten von Field Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 297 und von Filato w zurückzukommen. Was die Ausführungen des ersteren anbelangt, so kann ich dieselben voll bestätigen, insofern die selbständige Anlage der Glomerulusgefäße in Betracht kommt. Field hat bereits die in der seichten Splanchnopleura vorhandenen Mesenchymzellen beobachtet und sie auch richtig gedeutet. Auch K. Marcinowski hat ähnliche Zellen bei Bufo gesehen und als Vornierengefäßzellen angesprochen. Nur über die Zahl der Aorten- verbindungen ist sich Field nicht klar geworden; er mutmaßt jedoch, daß es anfänglich weniger sind am hinteren Ende des Glome- rulus, später jedoch mehrere. Ich glaube mit Hilfe der Rekonstruk- tionen Zahl und Anordnung der Quergefäße festgelegt und somit den Befund Fields erweitert zu haben. Auf die später wieder erfolgende Reduktion der Quergefäße bis auf eines geht Field nicht ein, auch kommt in seiner Schilderung die Anlage eines be- sonderen Längsgefäßes nicht klar zum Ausdruck, so daß es unsicher ist, ob er ein solches erkannt hat oder nicht. Dieses Längsgefäß be- schreibt dagegen Filatow sehr genau als einen von der Aorten- wurzel sich ausstülpenden Sinus, der in kranialer und noch mehr in kaudaler Richtung sich ausdehnt und den ganzen Glomerulus er- füllt; Filato w bezeichnet ihn als Glomerularsinus. Bezüglich der gleichzeitigen Anlage mit der Aorta stimme ich mit ihm überein; befremdlich erscheint jedoch, daß Filatow diesem Sinus die eigene endotheliale Wand abspricht und diese nur durch die Zellen der Splanchnopleura gebildet werden läßt. Daß dem nicht so ist, läßt sich fast an jedem Querschnitt nachweisen. Auch ist damit das Aussehen des Glomerulus von älteren Stadien nicht in Einklang zu bringen, wo neben den Gefäßen noch reichliche Bindegewebszellen und andere Elemente sich finden. Ganz eigenartige Ansichten hegt Filatow über die zu- und abführenden Gefäße; die letzteren ne- giert er überhaupt; die ersteren sieht er vertreten durch einen ein- zigen schmalen Kanal, der die Verbindung mit der Aorta aufrecht erhält; daß mehrere Verbindungsgefäße vorhanden sein könnten, leugnet er und er erklärt den Befund Fields mit einer partiellen Verstopfung dieses Kanals durch rote Blutkörperchen. Daß er mit dieser Anschauung Field gegenüber im Unrecht sich befindet, ist durch meine eigenen Untersuchungen wohl gezeigt. Damit sowie durch den Nachweis eines abführenden Gefäßes ist aber auch die Möglichkeit eines regelrechten Kreislaufs im Glomerulus erwiesen, Arch. f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. I, 20 298 A. Hartmann: und mithin die Theorie, die Filatow über die Zirkulation im Glo- merulus aufstellt, als nicht haltbar hingestellt. VI. Zusammenfassung. Wir unterscheiden bei der Vorniere von Rana dreierlei Gefäße: l. arterielle, welche die Grundlage des filtratorischen Appa- rates bilden: die Glomerulusgefäße; 2. venöse, welche den drüsigen Abschnitt der Vorniere umspülen: die Cardinalvenensinus; 3. Verbindungsgefäße zwischen den beiden ersteren. Die Gefäße des Glomerulus entstehen als paarige Gefäße zeit- lich kaum später als die Aorta und aus dem gleichen Material wie diese, d. h. aus Mesenchymzellen, die von ventralen Sklerotomab- schnitten und vom Umschl!agsrand der Splanchnopleura herstammen. Sie zeigen zunächst eine eigenartige Anordnung, indem sie bestehen aus einem Längsgefäß, das in der Spitze der Glomerularfalte ver- läuft und sich vom ersten Vornierensegment bis zum vierten Vor- nierensegment erstreckt, also ein Segment weiter kaudal als die zur Ausbildung gelangenden Vornierenkanälchen, und aus mehreren Quergetfäßen, welche das Längsgefäß mit der Aorta verbinden. Diese sind auf der Höhe der Anlage in der Mehrzahl vorhanden, meist 5 bis 6, und so angeordnet, daß auf das erste Vornierensegment eines, auf die beiden übrigen meist zwei entfallen. Diese Anord- nung sowie einzelne jeweils angeführte ontogenetische Tatsachen gestatten die ersten Vornierengefäße auf ein phylogenetisch primi- tiveres Gefäßsystem zurückzuführen, wodurch die Homologisierung der Glomerulargefäße mit einfachen das dorsale (Aorta) und das ventrale. (Subintestinalvene) Darmlängsgefäß verbindenden Darm- quergefäßen möglich erscheint; es sind dies die Kiemennieren- gefäße des Amphioxus oder, da auch letztere schon nicht mehr ein- fache, sondern in Wirklichkeit ziemlich komplizierte durch die be- . sonderen Bedingungen der Morphologie und Funktion modifizierte Verhältnisse zeigen, das viscero-ventrale Bogengefäßsystem von Felix. Zwar erreichen sie das ventrale Längsgefäß nicht mehr; sie werden aber an ihren ventralen freien Enden durch eine Längs- kommissur, eben das Vornierenlängsgefäß verbunden, welches seiner- seits noch mit dem venösen Darmgefäßsystem kommuniziert, wenig- stens während eines kurzen Zeitabschnittes. Wollten wir daher auch 299 Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 20 * eıeıodwus} euey UOA WOUYeAgERN UA}SI9 19p eWwayds "zWUTEWFANOA (ausAafeugss}urgng) gepFsdur] SojelyuaA (B}10Y Aeıyu9A) (gep3ssuejsnnl2Wo]n) Jyeras.ıanb NAERRHINAREREIRGYN -USI9TUJO A | : ZIIH m | i : BEER - soyduuny Re ee uadoq sap agep3 Bea EN -U9JJ0OY -anbuneq Re ELITE. UOIFIIUIIITUIOA (e}10V) gep3sdurT] sajesıoq uUOF31U3.9IULJI0A 'P 'A JepneM UOWILUII9IUIOA 'P ’A Teiueıy "EI AndıyyxaL 300 A. Hartmann: für anure Amphibien ein Schema des primitivsten Kreislaufes auf- stellen, so wie es Felix für niedere Vertreter der Cranioten getan und Rückert kürzlich für Torpedo ergänzt und korrigiert hat, so müßte dasselbe die in Textfigur 13 wiedergegebene Form haben. Der Vergleich derselben mit den Textfiguren 5 und 7 beweist die schöne Uebereinstimmung des Schemas mit den nicht schemati- sierten Rekonstruktionen; und der Vergleich mit den entsprechenden Figuren vonRückertund Felix zeigt, daß auch für die vorlie- gende Klasse der Vertebraten die Anlage der ersten Gefäßbahnen nach einem relativ einfachen zunächst den niederen Formen gemein- samen Typus erfolgt, der noch manifest wird, sobald man nur auf genügend junge Stadien zurückgreift. Für die Sauropsiden fehlen diesbezügliche Untersuchungen noch; aber nach den Resultaten, die Felix aus seinen Beobachtungen über die Entwicklung der Rumpfgefäße beim Menschen gewonnen hat, läßt sich wenigstens die Möglichkeit erhoffen, daß auch bei Reptilien und Vögeln die Abweichungen von der primitiven Anordnung der frühesten Gefäß- bahnen keine allzu großen sein werden. Daß bei Anuren (Rana), ebenso wie bei Urodelen, die Quergefäße kaudal von der Vornieren- region nicht mehr regelmäßig metamer ausgebildet werden, sei nebenbei hervorgehoben. Es ist dies auch bereits bekannt. Aus den oben genannten arteriellen Gefäßen des Glomerulus geht im weiteren Verlauf der Entwicklung ein Gefäßplexus hervor, teils durch Schlängelung des primären Längsgefäßes, teils durch Neu- bildung von Kapillaren im Bindegewebe der höher werdenden Falte. Gleichzeitig damit erfolgt eine Reduktion der Aortenäste bis auf einen einzigen, der zumeist in der Mitte des Organs, also zwischen dem zweiten und dritten Nephrostom gelegen ist, Die hinteren Cardinalvenen entstehen in loco in gleicher Weise wie die Aorta aus Mesenchymzellen, die von lateralen ventralen Sklerotomabschnitten und vom dorsalen Umschlagsrand der So- matopleura abstammen. Die Ablösung des Materials vom Mutter- boden erfolgt im Vornierengebiet sowohl für die Aorta als die Car- dinalvenen in Form einzelner Zellen, in der kaudalen Rumpfhälfte in Form kompakter Zellmassen, die sich von ventralen Abschnitten der Ursegmente ablösen; hier kommt noch eine gewisse Metamerie der Anlage zur Geltung. Die Zellen aus den dorso-lateralen Seiten- plattenrändern treten wie im kranialen Rumpfabschnitt vereinzelt aus. Infolge dieser verschiedenen Anordnung des Materials scheinen Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 301 die genetischen Beziehungen von Aorta und Cardinalvenen in der kaudalen Rumpfhälfte engere zu sein, doch niemals so, daß die bei- den Gefäße durch regelmäßige kontinuierliche Stränge oder gar hohle Gänge zusammenhängen würden (gegen v. Möllendorff und Houssay). Ebenso wie die Aorta entsteht auch die Cardinal- vene nicht kontinuierlich von vorn nach hinten, sondern durch nachträglichen Zusammenschluß von getrennt sich anlegenden endothelialen Röhrenstücken, welche jedoch keine metamere Anord- nung erkennen lassen. Aus der Vereinigung der beiden hinteren Cardinalvenen dorsal und etwas kaudal von der Kloake geht die Schwanzvene hervor. Im Vornierengebiet selbst bildet die Vena cardinalis ein Netz von weiten Sinus, welche die Vornierenkanälchen allseits umspülen. Weder in der Anlage derselben, noch in ihrer definitiven Anordnung lassen sich besondere Gefäßbahnen herauskonstruieren, die auf eine eigene Vornierenvene hinweisen würden. Glomerulus-Cardinalvenenverbindungen sind bei Rana temp. vorhanden, und dadurch kommt es auch indirekt zu einer Verbin- dung zwischen Aorta und Cardinalvene. Primäre Aorten-Cardinal- venenverbindungen, wie sie v. Möllendorff beschreibt und denen er so großes Gewicht beilegt, konnte ich nirgends finden. Die von mir beschreibenen Gefäße entstehen erst verhältnismäßig spät, nämlich erst dann, wenn der Glomerulus mit seinen arteriellen Ge- fäßen schon eine gewisse Höhe der Entwicklung erreicht hat und die Quergefäße größtenteils schon wieder reduziert worden sind. Aus diesem Grunde läßt sich auch nicht mehr angeben, ob die Anasto- mosen zur Cardinalvene vom Längsgefäß oder von den Quergefäßen ausgehen. Die Zahl der Glomerulargefäß-Cardinalvenenverbin- dungen ist anfangs meist beiderseits zwei, selten drei; ihre Lage ent- spricht den beiden kaudalen Vornierensegmenten. Ihr Verlauf ist anfänglich rein quer. Sie werden weiterhin ebenso wie die Aorten- verbindungen bis auf eine einzige reduziert, die am kaudalen Ende der Glomeruluswurzel austritt, und nun nicht mehr in querer Rich- tung, sondern etwas nach lateral und kaudal zur Cardinalvene ver- läuft. Irgendwelche Beziehung zur Entstehung bleibender Spinal- arterien von ihnen aus konnte ich nicht nachweisen. Mithin muß ich auf Grund meiner Untersuchungen der bisher gehegten Anschauung beipflichten, daß die Bildung des Glomerulus 302 A. Hartmann: bzw. seiner Gefäße, ausgeht von einem bestimmten Abschnitt primi- tiver Darmgefäße, nicht aber eine Einschaltung in eine Aorten- Cardinalvenenverbindung darstellt, da die letzteren Gefäße erst sekundär entstehen, offenbar erst nachdem durch die Funktion des Organs ein Bedürfnis hiefür gegeben ist. Mit Ausnahme der Befunde v. Möllendorffs, die genetisch nicht genügend begründet er- scheinen, lassen sich auch die bei anderen Vertebraten in dieser Richtung beobachteten Tatsachen ohne Schwierigkeit mit dieser Ansicht in Einklang bringen. Nur der Amphioxus nimmt hier eine gewisse Sonderstellung ein; doch ist eine restlose Homologisierung - seiner einzelnen Nierenbestandteile mit der Vorniere der Cranioten bisher noch nicht gelungen; dies wird erst dann möglich sein, wenn auch seine Ontogenese, von welcher bis jetzt noch kaum etwas be- kannt ist, genauer erforscht sein wird. München, Herbst 1917. Literaturverzeichnis. Boveri, Die Nierenkanälchen des Amphioxus. Zool. Jahrb. Abt. f. Anat. und Ontog. der Tiere. Bd. 5. 1892. Brauer, Beiträge zur Kenntnis der Anatomie und Entwicklung der Gym- nophionen. III. Die Entwicklung der Excretionsorgane. Zool. Jahrb. f. Anat. u. Ontog. d. Tiere. Bd. 16. 1902. Felix, Die Entwicklung der Harnorgane. Hertwigs Handbuch der Ent- wicklungsgeschichte. Bd. III. Teil I, 1906. Derselbe, Zur Entwicklungsgeschichte der Rumpfarterien des mensch- lichen Embryo. Morph. Jahrb. Bd. 41. 1910. Field, The development of the Pronephros and Segmental Duct in Am- phibia. Bull. of the Museum of Comp. 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Hatta, Contributions to the Morphology of Cyclostomata. II. The de- velopment of Pronephros and Segmental Duct in Petromyzon. Journ. of the Coll. of Sc. Imp. Univ. of Tokio. 5. 13. 1900. Derselbe, Bemerkungen über die früheren Entwicklungsstadien des Gefäßsystems des Ammocoetes. Journ. of the Coll. of Agriculture, Tohoku Imp. Univ. Sappore Japan. Vol. III. P. I. 1908. Hochstetter, Entwicklung des Venensystems der Wirbeltiere. Er- gebnisse der Anatomie und Entwicklungsgeschichte von Merkel-Bonnet. Bd. 3, 1893. Derselbe, Beiträge zur vergleichenden Anatomie und Entwicklungs- geschichte des Venensystems der Amphibien und Fische. Morph. Jahrb. Bd. 13. 1888. Houssay, Developpement et morphologie du parablaste et de l’appareil circulatoire. Arch. de zool. exp. et gen. Ser. 2 T. 8. 1893. Marcinowski, Zur Entstehung der Gefäßendothelien und des Blutes bei Amphibien. Jenaische Zeitschr. f. Naturw. Bd. 41 (N. F. 34). 1906. P. Mayer, Ueber die Entwicklung des Herzens und der großen Gefäß- stämme bei den Selachiern. Mitt. zool. Stat. Neapel Bd. 7. 1886/87. v. Möllendorff, Entwicklung der Darmarterien und des Vornieren- glomerulus bei Bombinator. Morph. Jahrb. Bd. 43. 1911. Derselbe, Ueber Anlage und Ausbildung des Kiemenlungenkreislaufs bei Anuren (Bombinator pachypus). Anat. Hefte. Bd. 47. 1913. Mollier, Ueber die Entstehung des Vornierensystems bei Amphibien. Arch. f. Anat. u. Entwickl. 1890. Derselbe, Ueber die Entwicklung der Gefäße im Embryo. Die erste Entstehung der Gefäße und des Blutes bei Wirbeltieren. Hertwigs Handbuch der Entwicklungsgeschichte. Bd. I. 1906. C. Rabl, Ueber die Entwicklung des Venensystems der Selachier. Fest- schrift für R. Leukart. Leipzig 1892. H. Rabl, Ueber die Vorniere und die Bildung des Müllerschen Ganges bei Salamandar maculosa. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 64. 1904. Rückert, Ueber die Entstehung der Excretionsorgane bei Selachiern. Arch. f. Anat. und Physiol. Anat. Abt. Jahrgang 1888. Derselbe, Ueber die Glomeruli der Vorniere von Torpedo und deren arterielle Gefäße. Arch, f. mikrosk. Anat. Bd. 89. 1917. Derselbe, Zur Entwicklung der Vena cardinalis posterior von Torpedo und deren Beziehungen zur Vorniere. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. 89. 1917. 304 A. Hartmann: Figurenerklärung. Die Figuren sind sämtlich aus Schnittserien von Rana temporaria ent- nommen und wurden mit dem Abbeschen Zeichenprisma entworfen bei 160 mm Tubuslänge und ca. %—1 cm unter Objekttischhöhe. Als optisches System dienten Apochromate von Zeiß verbunden mit Kompensationsocu- laren. Die Zusammenstellung des Systems ist jeweils am Schluß der Figuren- erklärung notiert in der Weise, daß die erste Zahl die Brennweite des Ob- jektivs, die zweite die Nummer des Oculars und die dritte die Tubuslänge angibt. Die Zahl hinter der Klammer gibt die Größe der Figur bezogen auf die Originalzeichnung an, da aus begreiflichen Gründen der Raumersparnis die meisten Figuren verkleinert werden mußten. Die eingeklammerten Ziffern hinter der Figurenzahl bedeuten die Nummer des Embryos und Lage des Schnittes. Fig. 1. (71. 3. 2. 8.) Embryo von 3,0 mm Länge; Schnitt durch das erste Vornierensegment. (16. 6. 160.) >. Fig. 2. (8. 2. 4. 14.) Embryo von 3,3 mm Länge; Schnitt durch das zweite Vornierensegment. (16. 6. 160.) 24. Fig. 3. (8. 2. 4. 9—10.) Derselbe Embryc; 5 Schnitte kranial von Fig. 2. (16:6, 168), Fig. 4. (35.3. 4.9.) Embryc von 3,2 mm Länge. Schnitt durch die Gegend zwischen erstem und zweitem Vornierensegment. (16. 6. 160.) %. Fig. 5. (85.3.4. 10.) Derselbe Embryo; ein Schnitt weiter kaudal als Fig. 4. (16. 6. 160.) 2. Fig. 6. (85. 3. 4. 13—14.) Derselbe Embryo; 4 Schnitte weiter kaudal als Fig.:5...(16.,6. 160.) 24: Fig. 7. (57. 2. 3. 8.) Embryo von 3,5 mm Länge; Schnitt kranial von der Vornierenregion. (16. 6. 160.) Fig. 8. (57.2.4.8.) Derselbe Embryo; 12 Schnitte weiter kaudal als Fig. 7. Erstes Vornierensegment. (16. 6. 160.) 23. Fig. 9. (57.2.4. 11.) Derselbe Embryo; 3 Schnitte weiter kaudal als Fig. 8. (16. 6. 160.) 24. Fig. 10. (57.2.4. 12.) Derselbe Embryo; ein Schnitt weiter kaudal als Fig. 9. (16. 6. 160.) 2%. Fig. 11. (57. 2.5.3.) Derselbe Embryo; 3 Schnitte weiter kaudal als Fig. 10. (16. 6. 160.) 34. Fig. 12..(97. 2.5.4.) Be Embryo; ein Schnitt weiter kaudal als Fig. 11. i (16. 6. 160.) 2 F18,.13.(97 2.9.9.) Dersebe Embryo; ein Schnitt weiter kaudal als Fig. 12. (16. 6. 160.) 3. Fig. 14. (57. 2.5.7.) Derselbe Embryo; 2 Schnitte weiter kaudal als Fig. 13. (16. 6. 160.) 3% Fig. 15. (57. 2.5.9.) Derselbe Embryo; 2 Schnitte weiter kaudal als Fig. 14. (16. 6. 160.) 2%. Fig. RE ...38. Die Anlage und Entwicklung des Vornierenglomerulus usw. 305 . (97. 2.6. 1.) Derselbe Embryo; 4 Schnitte weiter kaudal als Fig. 15. (16. 6. 160.) 24. . (57.3.1.8.) Derselbe Embryo; 19 Schnitte weiter kaudal als Fig. 16. (16. 6. 160.) 24. . (57.3.1. 10.) Derselbe Embryo; 2 Schnitte weiter kaudal als Fig. 17. (16. 6. 160.) 2%. . (10. 2. 1. 18.) Embryo von 4,1 mm Länge; Schnitt zwischen erstem und zweitem Vornierensegmeat. (16. 6. 145.) 24. . (10. 2. 2.5.) Derselbe Embryo; 5 Schnitte weiter kaudal als Fig. 19. (16. 6. 145.) 2%. . (10.2. 2. 10.) Derselbe Embryo; 5 Schnitte weiter kaudal als Fig. 20. (16. 6. 145.) 2%. . (25. 2.4.2.) Embryo von 4,9 mm Länge; Schnitt durch das zweite Vornierensegment. (16. 6. 160.) 24. . (25. 2.4. 4.) Derselbe Embryo; 2 Schnitte weiter kaudal als Fig, 22. (16. 6. 160.) 2%. . (30. 2. 6.5.) Embryo von 5,2 mm Länge; Schnitt durch das vierte Vornierensegment. (16. 6. 160.) 2%. . (15. 2. 6. 7.) Embryo von 5,38 mm Länge; Schnitt durch das dritte Vornierensegment. (16. 6. 160.) 23. . (31. 3. 5. 5.) Embryo von 6,0 mm Länge; Schnitt zwischen zwei- tem und drittem Vornierensegment. (16. 6. 160.) 23. . (45. 2. 6. 7.) Embryo von 6,6 mm Länge; Schnitt unmittelbar kaudal vom dritten Vornierensegment. (16. 6. 160.) 23. . (39. 4. 2.8.) Embryo von 2,5 mm Länge; Schnitt’durch das zweite postotische Segment. (8. 6. 160.) 24. . (39.3.5.9.) Derselbe Embryo; Schnitt durch das dritte postotische Segment. (8. 6. 160.) 23. . (39. 2. 5. 10.) Derselbe Embryo; Schnitt durch das sechste oder siebente postotische Segment. (8. 6. 160.) 24. . (43. 2.3.5.) Embryo von 3,2 mm Länge; Schnitt durch die Grenze ‚zwischen kranialer und kaudaler Rumpfhälfte. (8. 6. 145.) 24. . (10. 3. 2. 11.) Embryo von 4,1 mm Länge; Schnitt durch das 15. bis 17. Rumpfsegment. (16. 6. 160.) 24. . (10.3.2. 15.) Derselbe Embryo; 4 Schnitte weiter kaudal als Fig. 32. .(16. 6. 160.) 2. . (10. 3. 4. 4.) Derselbe Embryo; Schnitt kaudal hinter der Kloake. (16. 6. 160.) 24. . (4. 3. 5. 2.) Embryo von 6,7 mm Länge; Schnitt durch das dritte Vornierensegment. (8. 6. 160.) 4. . (4.3.3. 3.) Derselbe Embryc; Schnitt durch das zweite Vornieren- segment. (8. 6. 160.) 27. (4.3.5. 10.) Derselbe Embryo; Schnitt durch das dritte Vornieren- segment. (8..6. 160.) 24. 7 a—c (4.3. 3. 11—12; 4. 1.) 3 hintereinander gelegene Schnitte des- selben Embryos aus dem zweiten Vornierensegment. (8. 6. 160.) 1. 306 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. I A. Hartmann: Die Anlage und Entwicklung usw. ' (70.3.1. 12.) Embryo von 6,8 mm Länge. Schnitt durch das zweite Vornierensegment. (16. 6. 160.) 24. (63. 3. 4. 1.) Embryo von 7,0 mm Länge; Schnitt eher zwei- tem und drittem Vornierensegment. (4. 6. 160.) %. (63.3. 4.3.) Derselbe Embryo; 2 Schnitte weiter kaudal als Fig. 40. (4. 6. 160.) 2%. (63. 3.4.5.) Derselbe Embryo; 2 Schnitte weiter Kaudal als Fig. 41. (4. 6. 160.) 2%. (63. 3.4.7.) Derselbe Embryo; 2 Schnitte weiter kaudal als Fig. 42. (4. 6. 160.) 2. (21.4. 1. 11.) Embryo von 7,8 mm Länge; Schnitt durch das dritte Vornierensegment. (16. 6. 160.) 2%. (21. 4. 3. 6.) Derselbe Embryo; Schnitt kaudal vem dritten Vor- nierensegment. (16. 6. 160.) 2%. (208. 9. 1. 5.) Kaulquappe von 17 mm Gesamtlänge; der Schnitt trifft das vordere Nephrostom. (16. 4. 160.) 1. Zeichenerk!ärung. Aorta gt — Gefäß Aortenzellen m. = Mesenchymzellen Aortendarmgefäßverbindung n — Nephrostom Chorda dorsalis ph = primärer Harnieiter Coelom S — Seitenplatte Dottergefäß u — Ursegment Glomerulus vc = Cardinalvene Glomeruluslängsgefäß : vcz = Cardinalvenenzellen Glomerulusaortenverbindung vk = Vornierenkammer. Glomeruluscardinalvenenverbindung. 307 Ueber die Menge und die Arten der durch die nor- male Milz gebildeten farblosen Blutzellen. Von Dr. Miklös v. Melczer, Assistent. Inhalt: DArkeemeiıner Teil. EEE 1 TS EEE SE ARE), LEER a RE PR IA LIE N Br a A KEN BR TEE ROR ACH RE RS Hrspeziehler Teil. BREFIERIE UNTEEISUEHUNGEH a EEE N a EIENBEBENUESNESTTSITIE 0. So tanen are ann Re he. DE IRAURIDESKIK I. 9 2 a ae ehe Aules BES annEes > indı ce SE I NT AR IS: jalmees-Kindhs..r 1 RE ER BE EN STATELENETEIESE PIE ER ES STR RN Tan Te TEST ABLIBRSIT HAST SAL Rt N Del IHanzıwes Kind 3. PIRELLI HER u Raul ALP D)SATTABRIERE HARTE N a ERS ee IN SA Tale Era a u a en: WAS JANHSEMaH NERE RTRER ne k) BE lahriger Mantt Ser. Va ER ENDEN ER I): ME JAHRE TE N ya Da F. Die Blutzellenbildungsleistung der Milz innerhalb 24 Stunden . G. ZUSAMRETRABRITR 1 ER ER ER EB. Eiterafurgerzesc isn 2,3 2 an 02 RL Er N ER Sheet 308 v.Melczer: A. Einleitung. Ueber die Intensität der Leukopoese des größten Blutlymph- organes unseres Körpers, der Milz — sowie über die Arten der durch die Milz gebildeten farblosen Blutzellen, herrschen in unseren Zei- ten zwei grundverschiedene Ansichten. In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts hatte man, auf Grund der Forschungen der fünfziger Jahre bis 1898, bis zum Erscheinen deszweiten Werkes Ehrlichs, die durch die Milz gebildete Blutzellenmenge im allgemeinen für sehr umfangreich ' gehalten. Auf Grund der alten Ansicht hätte Ehrlich die Leukopoese der Milz keinesfalls in den Rahmen seiner polyphyletisch-dualisti- schen Lehre hineinnehmen können, wo übrigens Einhorn schon im Jahre 1884 die Grundsteine dieser Lehre niedergelegt hatte. Die von Ehrlich behauptete Leukopoese der Milz ist und bleibt aber die Achillesferse der polyphyletischen-dualistischen Lehre. Die Schüler Ehrlichs fühlten dies, aber die heute von Naegeli und Schridde hochgehaltene neodualistische Lehre unterrichtet uns schon ganz anders über die Leukopoöse der gesunden Milz. Obzwar sie ebenso, wie auch Ehrlich, die Leukopoese der gesunden Milz noch immer für bedeutend halten, hatten sie im - Gegensatze zu Ehrlich anerkannt, daß die Milz Lymphocyten bildet, weshalb sie das Organ anfänglich zu ihrem Lymphoidsystem zählten. Die Erklärung der Leukopoese der Milz nach der neodualisti- schen Lehre hielt aber nicht stand. Nach kaum einigen Jahren be- wahrheitete sich nämlich, daß bei der sogenannten myeloischen Metaplasie der pathologischen Milz, die in der Milzpulpa befindlichen Myeloidzellen: die Masse der kernhaltigen farbigen Blutzellen, die eosinophil und neutrophil granulierten Myelocyten aus den eigenen autochthonen Milzpulpazellen stammen. Zur Rettung der am empfindlichsten Punkte angegriffenen dualistischen Lehre unterscheiden Naegeli undSchridde die Milzpulpa von den Lymphknötchen der Milz. Sie waren gezwungen zu erklären, daß die Lymphknötchen der Milz zu dem Lymphoidsystem gehören, und mit den zu dem Myeloidsystem gehörenden Milzpulpazellen nichts gemein haben, Menge u. Arten der durch die normale Milz gebild. farbl. Blutzellen. 309 welche Zellen sich aber nur unter krankhaften Zuständen zu den granulierten Myeloidzellen der myeloiden Metaplasie umwandeln können. Also hielt die eine und zwar hauptsächlich die durch die Kliniker hochgehaltene polyphyletisch-dualistische Lehre die Menge der durch die gesunde Milz gebildeten farblosen Blutzellen für unbedeu- tend und die gesunde Milz bildet nach dieser Lehre nur Lymphocyten. Die Anhänger der anderen, literaturhistorisch älteren monophy- letisch-unitaristischen Anschauung halten aber nach Angaben der Forscher des vorigen Jahrhunderts die Leukopoese der Milz für sehr umfangreich. Die systematische und genaue Untersuchung dieser Frage hielt ich für sehr wichtig, da seit den im vorigen Jahrhundert mit primitiven Methoden ausgeführten Untersuchungen in der Literatur ein Werk fehlt, welches auf dem einzig zum Ziele führenden Wege, durch vergleichende Zählungen der absoluten Menge farbloser Blut- zellen der Milzvene und Milzarterie und mittels Feststellung der relativen Verhältnisse der farblosen Blutzellen trachten würde, die Größe der Leukopoese der gesunden wie auch der krankhaften Milz, ferner die Arten der durch die Milz gebildeten Zellen festzustellen. Die Lösung dieser Frage war um so mehr wichtig, als sie die Genese der durch die Milz gebildeten farblosen Blutzellen beleuchtet. B. Literatur. In der Mitte des vorigen Jahrhunderts (1849) entdeckte Kölliker, daß das Blut der Vena lienalis außerordentlich viel farblose Blutzellen ent- hält. Ueber die Arten dieser Zellen sagt er folgendes: Diese sind teilweise einkernige, teilweise mehrkernige. In der Milzpulpe fand er später Riesen- zellen und farbige Blutzellen enthaltende Leukocyten. Diese Zellen findet er auch in dem Blute der Vena lienalis. Funke (1851) verglich das Blut der Milzvene von drei gesunden und drei rotzkranken Pferden mit dem Blute der Milzarterie. Er findet in dem Blut der Milzvene viel mehr farblose Blutzellen. Die meisten farblosen Blut- zellen waren fast durchsichtig, gleichsam mit einem feinen Pulver bestreut, manche ließen einen größeren einfachen Kern durchscheinen. Unter diesen Zellen waren ziemlich viel „Körnchenzellen‘“ d. h. eosinophil granulierte Leukocyten. Einen eine farbige Blutzelle enthaltenden Leukocyten beob- achtete er in dem Milzvenenblute der Pferde nur einmal. Vierordt (1854) untersuchte nach seiner Zählungsmethode bei einem hingerichteten Manne, das relative Verhältnis der farbigen und farblosen Blutzellen der Milzvene. Er bestätigte die Angabe Köllikers (49) und 310 v. Melczer: Funkes (51), daß das Blut der Milzvene außerordentlich reich an farblosen Blutzellen sei. Vierordt fand im Mittel von vier Zählungen, daß auf 1 farblose Zelle 4,9 farbige Blutzellen entfallen. Er bemerkt aber, daß bei seinem Versuch durch Druck auf die Milz, zu dem Blut der Milzvene vielleicht Zellen der Milzpulpe sich beigemengt hätten. Wenn in einem cmm Blute der Milzarterie 5 000 000 farbige und 8 000 farblose Blutzellen sind, dann enthält nach Angabe Vierordts das Blut der Milzvene 150 mal mehr farblose Blutzellen oder in einem cmm Blut der Milzvene sind 1 200 000 farblose Blutzellen. { Hirt (1855) zählte nach der Welckerschen Methode beim Kalbe in dem Blute der Milzarterie und Vene das relative Verhältnis zwischen den farbigen und farblosen Blutzellen. Seine drei Berechnungen ergeben das Folgende: Arteria lienalis Vena lienalis 1821732600 a7 11301921843 19:594 IITE9221.:52095 el? im Mittel 1 :2179,3 AR) Also in dem Blute der Milzvene fallen auf eine farblose Blutzelle 70 farbige Blutzellen, während in dem Blute der Milzarterie auf eine farblose ca. 2180 farbige Blutzellen fallen. Nach Hirt sind also in der Vena lienalis 31 mal mehr farblose Blutzellen als in der Milzarterie enthalten. Charakteristisch für die Verläßlichkeit seiner Angaben ist, daß bezüg- lich des Arterienblutes des Kalbes neuere Forscher, wie Bethe, das rela- tive Verhältnis 1 : 974 feststellen. Storch aber findet bei Zählung der farbigen und farblosen Blutzellen bei sieben Kälbern im Mittel in einem cmm Blut 8 523 000 farbige Blutzellen und 15 739 farblose Blutzellen, was in relativer Verhältniszahl ausgedrückt 1 : 548 entspricht. Nach Hirts Angaben entfallen auf einen cmm Blut der Arteria lienalis des Kalbes auf 8523 000 farbige Blutzellen nur 3910 farblose Blutzellen, wodurch in einem cmm Blut der Arteria lienalis des Kalbes viermal so viel — 15739 Leukocyten sind. Kölliker (1865) bemerkt, daß sämtliche in dem Blute der Leber schwimmende zahllose, einerseits 1 oder 2 großkernige, runde, anderseits feingranulierte farblose Blutzellen aus der Milz stammen. Das relative Verhältnis zwischen den farbigen und farblosen Blutzellen des Blutes der Milzvene stellt Funke (1863) auf 1 : 4 fest und hält die Be- merkung Vierordts (1854), wonach bei solchen Untersuchungen aus der Milzpulpa Zellen sich zu dem Blute der Milzvene beigemengt hätten, für ge- genstandslos. } Nach Funke würde also die Milzvene noch mehr farblose Blutzellen enthalten, als die von Vierordt festgestellte Zahl von ca. 1 900 000; mit anderen Worten sind in der Milzvene um ca. 190 mal mehr farblose Blut- zellen, als in der Milzarterie. Menge u. Arten der durch die normale Milz gebild. farbl. Blutzellen. 311 Ehrlich (1878) hatte in seiner ersten Mitteilung mit seinen Färbungs- methoden die farblosen Blutzellenarten in zwei Hauptgruppen geteilt, spricht aber von der Abstammung der Zellarten gar nichts. Zum ersten Male unterscheidet Einhorn (1884) die farblosen Blut- zellen nicht nur morphologisch sondern auch genetisch. Nach seinem primitiven Dualismus sind die eosinophil granulierten Leuko- cyten ‚„myelogen‘“, knochenmärkiger Abstammung, die kleinen und großen Lymphocyten entstehen aus dem Lymphoidsystem, die großen mononuklearen Leukocyten, Uebergangsformen und polynukleären können aber aus der Milz oder auch aus dem Knochenmarke stammen. Nach Bannwarth (1891) bildet die Milz eosinophyl granulierte Leukocyten, weil er im Anfang der Milzvenen sehr viele eosinophil granulierte Leukocyten fand. Nach einer Behauptung von Vulpius (1894) ist es zwar möglich, daß die Milz farblose Blutzellen bildet, doch ist hiefür keinerlei Beweis vorhanden, weil bei der Vergleichung des Blutes der Arterie und Vena lienalis ein größerer Unterschied nicht aufweisbar ist. | Kosselet (1897) sagt, daß die Milzvene bei einem gesunden Tiere viel mehr Leukocyten enthält, als die Milzarterie und in der Vene zweimal so viel junge Zellen sind, als in der Arterie. Den primitiven Dualismus Einhorns (1884) übernimmt und baut Ehrlich aus. Da es bekannt war, daß die Lymphocyten bei den Erkrankungen der Lymphknoten, wie auch in t. b. c., granulomatosis-H odkinscher Er- krankung, Lymphosarcoma, sich verminderten, betrachtete er die ungranu- lierten Lymphocyten als ausschließlich aus den Lymphknoten, die granu- lierten Leukocyten aber als aus dem Knochenmarke stammend. Auf Grund Kurloffs splenektomischen Untersuchungen, daß nach der Entfernung der Milz die Zahl der farblosen Blutzellen im zirkulierenden Blute sich nicht nur vermindert, sondern sich sogar vermehrt hätte, anderseits aber in der Verhältniszahl der einzelnen Arten keine große Veränderung einträte, hält Ehrlich die Blutbildung der Milz für sehr unbedeutend. Den Reichtum der Vena lienalis an farblosen Blutzellen hält Ehrlich, im Gegensatze zu den früheren Forschern, da die Daten widersprechende sind, was er mit einer fluktuierenden Bildung erklärt, für nicht entscheidend wichtig. Obzwar ‘die Milz keine granulierten Leukocyten bildet, hält er sie doch als mit dem Myeloidsystem verwandt, weil nach seiner Ansicht die Milz große mononukleare Leukocyten und Uebergangsformen bilden kann, welche Zellen hauptsächlich aus dem Knochenmark entstehen. Nach Laudenbach, Uskow und Selinow (1899) gehen die reifen großkernigen Lymphocyten der Milz bei dem Hunde in polymorphker- nige Leukocyten über. Pappenheim hält (1900) die großen mononuklearen Leukocyten beim gesunden Menschen als aus der Milz entstammend. Er betont aber, daß diese Zellen nicht nur in der Milz, sondern in den Lymphknoten wie auch in dem Knochenmarke auffindbar sind, ebenso wie die granulierten Leuko- cyten. Die großen mononuklearen Leukocyten aber zählt er im Gegensatze 312 v. Melczer: zu Ehrlich nicht zu dem Myeloidsystem, sondern zu den Lymphocyten des Lymphoidsystems und leugnet den Uebergang dieser Zellen zu den granu- lierten Leukocyten. Dominici (1900—1901) spritzt bei einem seiner Versuche Typhus- bazillen in das Blut eines Kaninchens und bei einem anderen seiner Versuche sieht er nach wiederholten Aderlässen die Milz sich vergrößern und findet in der Pulpe eine Menge von Myelocyten und Riesenzellen; er beweist ferner, daß diese Zellen aus den autochtonen großen mononuklearen Leukocyten hervorgingen. Bezüglich des Reichtums der farblosen Blutzellen in der Milzvene be- merkt Weidenreich (1901), daß die alten Angaben nur annähernd richtig sind, weil das Verhältnis zwischen den farbigen und farblosen Blut- zellen von ihrer Bildung in der Milz abhängt, welche abwechselnd bald kleiner, bald aber größer ist. Im Schnitte zählt er den Gehalt der Pulpa- venen und findet, daß das Verhältnis sehr verschieden ist, da er in der einen nur einzelne oder gar keine farblosen Zellen, in der anderen aber ausschließ- lich farblose Zellen findet. Er nimmt an, daß im Mittel in dem Blute der Milzvene 15 farbige Blutzellen auf eine farblose fallen. Sein größter Fehler ist, daß er Hirts Angabe akzeptiert, wonach in der Arteria lienalis das Verhältnis abgerundet 1 : 2200 ist, anderseits aber nach Angaben der älteren Autoren sich das Verhältnis in der Vene auf 1 : 30 stellt, er betont, daß in der Milzvene ca. 70 mal mehr farblose Blutzellen sind, als in der Arteria lienalis. Wolff (1902) behauptet, daß die Milz die großen mononuklearen Leu- kocyten bildet. Paton, Goulland und Pauler (1902) halten die farblose Blut- zellenbildung der Milz beim Hunde, bei der Katze und beim Kaninchen für unbedeutend. Das Blut der Milzvene mit dem Blute der Milzarterie oder der Arteria carotis communis vergleichend, fanden sie keine erheblichen Unterschiede; nur die Menge der polymorphkernigen Leukocyten war etwas größer in dem Blute der Milzvene. Türk (1904) hält die großen Mononuklearen für die speziellen Elemente der Milz, da die Milzpulpa hauptsächlich aus diesen Leukocyten besteht. Er nennt sie ‚Splenocyten“ und leugnet Ehrlichs Behauptung be- treffs der Uebergangsmöglichkeit dieser Zellen zu den granulierten Leuko- cyten; ‚diese sind eigentümliche Zellen, Produkte eines rudimentären Leu- kocytenbildungssystems, welches mit dem Myeloidsystem verwandt ist“. Nach Löwit (1907) ist die relative Menge der farblosen Blutzellen in der Milzvene des Meerschweinchens 30—80 mal größer. Das Plus machen die kleinen und großen Lymphocyten; aber nicht bei allen Tieren ist eine Vermehrung zu konstatieren, was er damit erklärt, daß die farblose Blut- zellenbildung der Milz nicht ständig und nicht gleichmäßig, sondern höchst- wahrscheinlich zeitweise wechselnd sei. Dieses entspricht auch der alten Flemmingschen Anschauung, wonach die Bildung der Lymphocyten in den Lymphknoten gleichfalls nicht ständig, sondern wechselnd ist. Menge u. Arten der durch die normale Milz gebild. farbl. Blutzellen. 313 Für die relativen Zahlen der einzelnen Zellarten gibt er folgende Datenan: Kaninchen: Nr. 12. Kleine u. gr. gr. mono. u. Lymphocyten ' Uebergsf. Amphoph. Mastz. Ohrblut 15% 1,6% 71,8% 1% Milzvene 31% 10% 53% # Meerschwein. eosin. Kapillarenblut 30% 2 % 65,4% 2,6% Milzvene 81% 15 % 4.% 3%; Katze Kapillarenblut 21,4% 0,7% 78,9% — Milzvene 379% 5 % 50 % 3 9% Um die Verdauungsleukocytose feststellen zu können, zählenSchwen- kenbecher und Siegel die Menge der farblosen Blutzellen haupt- sächlich in den verschiedenen Gefäßen von mit Aether narkotisierten Hunden. Als Erfolg ihrer Versuche, wie die Tabelle unten zeigt, konstatieren sie, daß der farblose Blutzelleninhalt der Milzvene größer ist als bei den periphe- ren Gefäßen, aber den Zellenreichtum der Milzvene erklärt man hauptsäch- lich aus dem Zurückhalten der aus dem Knochenmarke gebildeten Zellen, und nur in zweiter Linie deutet man ihn, als aus der lokalen Lymphocyten- bildung entstanden. Gut genährter Hund, seit 24 Stunden ohne Nahrung: Zeit 9,30 Ohrvene 13650 Leukocyten „ 12,30 bekommt 2000 g Fleisch RS Ohrvene 19200 PR „4,09 Milz 119 200 + 304,08 Leber 23 700 5 Hund. A ah) Ohrvene . 10800 x „8,55 bekommt 50 g Fleisch ” „10,30 Ohrvene 13000 Fr „12,24 Milz 19 600 „ Pe Leber 16 000 R C. Das untersuchte Material. Weil die Angaben über die Bildung der farblosen Blutzellen der gesunden Milz sich widersprechen, untersuchte ich die Arten und die Größe der durch die Milz gebildeten Zellen, in zweiter Reihe aber die relativen Verhältnisse derselben. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. I. 21 Sale v. Melczer: Da ich über die Blutzellenbildung der Milz in den verschiedenen Abschnitten des postfötalen Lebens überhaupt keine Angaben in der Literatur vorfand, trachtete ich die Bildung von farblosen Blutzellen der Milz in jedem Alter so bei dem Kinde, wie auch bei dem Erwachsenen und Greise zu untersuchen. Außer dem Leichenmaterial, das dem Gerichtsärztlichen, wie auch Pathologisch-anatomischen Institute Nr. I. der königlich-ungarischen Universität zu Budapest entnommen wurde und für welches ich dem Herrn Universitätsadjunkten Dr. Elemer Gyulay und dem Herrn Universitätsprofessor Dr. Bela Entz besten Dank sage, dienten Hunde, Katzen und Kaninchen als Untersuchungsobjekte. Um ein allgemeines Bild über die Arten der von der Milz gebil- deten farblosen Blutzellen zu gewinnen, untersuchte ich auch die von der Milz gebildeten Zellen von Pferden, Rindern und Schweinen, ferner von Nagetieren: Maus, Ratte, Meerschweinchen und von Vö- geln die der Taube. Natürlich mußte ich das Hauptgewicht auf die zur Kontrolle an Tieren angestellten Untersuchungen legen, auf welche ich in einer folgenden Abhandlung noch zurückkomme. Die genaue Zählung der absoluten Blutzellenmenge des Leichen- materials gelang nur bei ganz frischen Leichen, andernfalls färben sich die Aufstrichpräparate schlecht; was aber den Untersucher in größte Verlegenheit bringen kann, ist, daß es sich nicht genau fest- stellen läßt, ob der Tod während der Verdauung oder im Hunger- stande eintrat. D. Untersuchungsmethoden. Da die Milzpulpa keine Lymphgefäße enthält, kann nur die Milzvene die gebildeten Blutzellen abführen. Eben deshalb hatte ich zur Feststellung der Menge und Arten der von der Milz gebildeten farblosen Blutzellen folgenden scheinbar einfachen Weg gewählt: 1. Mittels Bürkers Zählungsapparates hatte ich die Menge der farbigen wie auch der farblosen Blutzellen in einem cmm Blut der Milzarterie festgestellt. Um auch die absolute Menge und den Prozentsatz der einzelnen farblosen Blutzellenarten in einem cmm Blute konstatieren zu können, zählte ich gleichzeitig mit sämtlichen farblosen Blutzellen mittels Kompensationsokular Nr. 18 die ein- zelnen Zellarten: die Lymphocyten, die großen mononuklearen, die eosinophil und neutrophil granulierten Leukocyten. Menge u. Arten der durch die normale Milz gebild. farbl. Plutzellen. 315 2. Auf gleiche Weise untersuchte ich die farbige und farblose Blutzellenmenge in einem cmm der Milzvene wie auch die absolute und prozentuelle Zahl der einzelnen Blutzellenarten. 3. Aus dem Blute der Milzvene und Milzarterie hatte ich Auf- strichpräparate hergestellt. In den Aufstrichpräparaten stellte ich ferner zur Kontrolle durch Zählung von 200 Zellen die relativen Ver- hältnisse der einzelnen farblosen Blutzellenarten fest. 4. Aus den mit 10% Formalin fixierten Milzstückchen stellte ich mittels Tellyesniczkyschen und Krauseschen Ge- frierzylinders dem Zwecke entsprechende 6—10 u dicke Schnitte her. In den Schnitten untersuchte ich außerdem noch zur Kontrolle die farblosen Blutzellen der Milzpulpavenen. Die Schnitte und Aufstrichpräparate färbte ich hauptsächlich nach Pappenheims panoptischer Weise; zur Färbung der neutrophilen Granulationen benütze ich die Ehrlichsche Mi- schung, zur Darstellung der basophilen Färbung des Plasmas aber bediente ich mich mit Pappenheims Methylgrün-Pyronin oft noch der Modifikation Kristallowitz. Die Gefrierschnitte trocknete ich nach Eiweißeinklebung über der Bunsenflamme oder in freier Luft, die Färbung störenden Fette und Lipoide extrahierte ich nach Möglichkeit mit Methylalkohol und Aether, dann färbte ich sie mittels Essigsäure differenzierter Giemsafärbung, nach Pappenheims panoptischer und panchro- mer Weise, ferner nach der Modifikation Krause der Ehrlich- Biondischen Färbung. Während meiner Untersuchungen fand ich, daß die Leuko- poese der gesunden Milz, genau wie die farblose Blutzellenmenge des zirkulierenden Blutes von den Tageszeiten, von der Verdauung und von dem Alter abhängt. Um der durch die Verdauungsleukocytose verursachten Ab- änderung auszuweichen, bespreche ich in dieser Abhandlung meine vorgenommenen Untersuchungen nur bei frischen, durch Unfall oder Selbstmord Verstorbenen verschiedenen Alters, bei deren Obduktion leerer Magen, fast leeres Duodenum und Jejunum vor- gefunden wurde. Hiebei muß ich betonen, daß die zur Kontrolle angestellten oftmaligen Tierexperimente fast vollkommen den Angaben der hier angeführten Tabellen entsprechen. 2 316 a) neugeborenes v.Melczer: E. Eigene Untersuchungen. Kind. In Icmm Blute der Arteria lienalis Blutzellen- arten Lymphocyten Große Mononuklea- re und Ueber- gangsformen Eosinophil granu- lierte Leukocyten Basophil granu- lierte Leukocyten Neutrophil granu- . lierte Leukocyten Zusammen: Farbige Blutzellen Normoblasten sind: In Icmm Blute der Vena lienalis sind: abso- lute | Menge 11 442 1 923 427 58 | 5576 | 19426] 6516 987 31% rela- | tive abso- Ver- lute hält- | Menge nisse % | 58,9 19 566 9,9 4 792) 242 751 0,3 55 28,70| 7640 100 | 32 660 6.618 400 36% rela- . tive Ver- hält- nisse % 60 14,66 2,30 0,20 22,84 100 Um wie viel mehr oder weniger in der Vene abso- rela- lute tive <.1,7.14:.52 0% < 2,5 |+ 4,76% <12)+01% > 1,12 —0,1 % < 1,32|— 5,86% let; Wie die erste Tabelle zeigt, enthält beim neugeborenen Kinde die Milzvene 1,7mal mehr farblose Blutzellen als die Ar- teria lienalis. In der Milzvene des Neugeborenen sind der Leukocytenmenge und dem Verhältnisse des zirkulierenden Blutes entsprechend 3mal mehr Lymphocyten als neutrophil granulierte Leukocyten und von den durch die Milz gebildeten Zellen ist die Zahl: 1. der 2. die der Lymphocyten 1,7mal mehr, großen mononuklearen Leukocyten und Uebergangs- formen .2,5 mal mehr, 3. die der neutrophil granulierten Leukocyten 1,32 mal, . 4. die der eosinophil granulierten Leukocyten aber 1,2 mal mehr, als in der Arteria lienalis. Menge u. Arten der durch die normale Milz gebild. farbl. Blutzellen. 317 b) einjähriges Kind. In 1 chm Blute der Vena lienalis sind: In 1 cmm Blute der Arteria lienalis sind: rela- rela- | Um wie viel mehr abso- | tive abso- tive oder weniger Blutzeilen- lute ; Ver- lute Ver- | in der Vene arten Menge | hält- | Menge | hält- nisse nisse | abso- rela- % | % | lute | tive Lymphocyten 7829 58,3 12 645) 52,00 !< 1,77/+ 0,7% Große Mononuklea- re und Ueber- gangsformen 1429| 10,3 3648| 15,00 |< 2,55, + 4,7% Eosinophil granu- F lierte Leukocyten 458| 3,3 1556| 6,40 |< 5,3 | + 3,1% Basophil granu- lierte Leukocyten 42) 0,3 49) 0,20 | — _ Neutrophil granu- lierte Leukocyten 4838| 34,8 | 6420| 26,40 |< 1,33] —8,4% Zusammen: | 13869] 100 | 24 318| 100 |< 1,75 Farbige Blutzellen 15246 320 5 136 000 ‚Normoblasten 30,5% | 37,2% Beim einjährigen Kinde enthält die Milzvene 1,7mal mehr farblose Blutzellen als die Arteria lienalis und ist in der Milz- vene die absolute Menge der Lymphocyten, der farblosen Blutzellen- menge und dem Verhältnisse der Arten des zirkulierenden Blutes entsprechend 1,5 mal größer als die der neutrophil granulierten Leu- kocyten. In der Milzvene ist die Zahl der durch die Milz gebildeten ein- zelnen farblosen Blutzellenarten: 1. die der eosinophil granulierten Leukocyten 3,3mal, 2. die der großen Mononuklearen und Uebergangsformen. 2,55 mal, 3. die der Lymphocyten 1,77mal, 4. die der neutrophil granulierten Leukocyten 1,53 mal mehr als in der Arteria lienalis. 318 v.Melczer: c) zweijähriges Kind. In 1 cmm Blute der Arteria lienalis sind: In 1 cmm Blute der Vena lienalis sind: Blutzellen- arten Lymphocyten Große Mononuklea- re und Ueber- gangsformen Eosinophil granu- lierte Leukocyten Basophil granu- lierte Leukocyten Neutrophil granu- lierte Leukocyten Zusammen: Farbige Blutzellen Normoblasten rela- rela- | Um wie viel mehr abso- tive abso- tive oder weniger lute Ver- lute Ver- in der Vene Menge | hält- | Menge | hält- nisse. nisse | abso- rela- > x % lute tive 4418| 47 | 8787| 49,2 ‚<1,98| + 2,2% 1081| 11,5 2661) 14,9 |< 2,46| + 3,4% 188 2 410 2,3.1< 2 + 0,3% 19 0,2 18 0,1 — — 3 694] 39,3 ö 984] 33,941=21,0 1 O0 9400| 100 | 17860] 100 |< 1,84 5 128 000 5 223 000 ac 4% Bei einem zweijährigen Kinde enthält die Milzvene 1,81mal ‚mehr farblose Blutzellen als die Arteria lienalis und der farblosen Blutzellenmenge und dem Verhältnisse des zirkulierenden Blutes entsprechend sind noch immer mehr Lymphocyten als neutro- phil granulierte Leukocyten. Von den einzelnen Blutzellenarten ist in der Milzvene die Zahl: 1. der großen mononuklearen Leukocyten und Uebergangs- formen 2,46 mal, 2. die der eosinophil granulierten Leukocyten 2 mal, 3. die der Lymphocyten 1,98 mal, - 4. die der neutrophil granulierten Leukocyten 1,6 mal größer als in der Arteria lienalis. Menge u. Arten der durch die normale Milz gebild. farbl. Blutzellen. 319 In Icmm Blute der Arteria d) dreijähriges Kind. In 1 cmm Blute der Vena lienalis sind: lienalis sind: rela- rela- | Um wie viel mehr abso- tive abso- tive oder weniger Blutzellen- lute Ver- lute Ver- in der Vene arten Menge ‚ hält- Menge | hält- nisse nisse | abso- | rela- %, % | lute ) tive Lymphocyten 3:310..,302 6096| 38,1 '<1,8 | + 0,9% Große Mononuklea- re und Ueber- \ gangsformen 979: 11,0 2288| 14,3 |< 2,34 + 3,3% Eosinophil granu- | lierte Leukocyten 249 2,8 4156| 2,6 i<1,7 | — 0,2% Basophil granu- lierte Leukocyten 27 0,3 32) 0,2 — — Neutrophil granu- lierte Leukocyten 4335| 48,7 7168| 44,8 |<1,6 | —3,9% Zusammen: | 8900| 100. | 16000) 100 |<'1,77 Farbige Blutzellen 5246 000 5 356 000 Normoblasten Be 2,6% Beimdrei jährigen Kinde enthält die Milzvene 1,77mal mehr farblose Blutzellen als die Arteria lienalis und sind von den durch die Milz gebildeten Zellen der Leukocytenmenge und dem Verhältnisse des zirkulierenden Blutes entsprechend schon mehr neutrophil granulierte Leukocyten als Lymphocyten. In der Milzvene ist die Zahl der einzelnen farblosen Blutzellen: l. die der mononuklearen Leukocyten und Uebergangsformen 2,34 mal 2. die der Lymphocyten 1,8 mal, 3. die der eosinophil granulierten Leukocyten 1,7 mal, 4. die der neutrophil granulierten Leukocyten 1,6 mal mehr als in der Arteria lienalis. v.Melczer: e) vierjähriges Kind. In 1 ,cmm Blute der Arteria In I cmm Blute der Vena lienalis sind: lienalis sind: rela- | rela- | Um wie viel mehr abso- tive abso- tive oder weniger Blutzellen- lute Ver- lute Ver- in der Vene arten Menge hält- Menge , hält- | nisse nisse | abso- | rela- % .% lute tive Lymphocyten 2839| 33,4 5588| 34,6 ı<2 + 1,2% Große Mononuklea- re und Ueber- gangsformen 935, 11 2326| 14,4 |<2,5 | + 34% Eosinophil granu- lierte Leukocyten 22111,:42,6 3837| 24 |<1,76| —0,2% Basophil granu- lierte Leukocyten 26| 0,3 3202 = — Neutrophil granu- lierte Leukocyten | 4479| 52,7 7816| 484 |< 1,7 | —4,3% Zusammen: | 8500) 100 | 16150] 100 |< 1,9 Farbige Blutzellen 5026 000 5 146 000 Normoblasten | | 1,8% | | | Bei einem vierjährigen Kinde enthält die Milzvene 1,9mal mehr farblose Blutzellen als die Arteria lienalis und von den farbiosen Blutzellen der Milzvene ist die absolute Zahl der neutrophil granulierten Leukocyten größer, als die der Lymphocyten. Die Zahl: 1. der Mononuklearen und Uebergangsformen ist 2,5 mal, 2 3% 4 . die der Lymphocyten 2 mal, die der eosinophil granulierten Leukocyten 1,76 mal, . die der neutrophil granulierten Leukocyten 1 er mehr als in der Arteria lienalis. Menge u. Arten der durch die normale Milz gebild. farbl. Blutzellen. 321 f) fünfjähriges Kind. In I cmm Blute der Arteria In I cmm Blute der Vena lienalis sind: lienalis sind: | rela- rela- | Um wie viel mehr abso- tive abso- tive oder weniger Blutzellen- lute ; Ver- lute Ver- , in der Vene arten Menge | hält- | Menge | hält- nisse nisse | abso- rela- Y% % lute tive Lymphocyten 2053, 26 4577| 27,6 <23| + 1,6% Große Mononuklea- re und Ueber- gangsformen 679| 8,6 2 338 14,1 <34 | +55% Eosinophil granu- lierte Leukocyten . 2131 2,7 448| 2,1 <2 _ Basophil granu- lierte Leukocyten 24| 0,3 26 0,16 — — Neutrophil granu- lierte Leukocyten | 4 927, 62,4 9 19455,44 |<2 |—6,96% Zusammen: | 7896| 100 | i6 583] ..108:)< 21 \ Farbige Blutzellen P 019 000 ü 006 “ | Normoblasten — | — Bei einem fünfjährigen Kinde enthält die Milzvene 2,imal mehr farblose Blutzellen als die Arteria lienalis und in der Vena sind beiläufig 2 mal mehr neutrophil granulierte Leukocyten als Lymphocyten. Von den einzelnen Blutzellenarten der Milzvene ist die Zahl: der großen Mononuklearen und Uebergangsformen 3,4 mal, Das. Rp ‘die der Lymphocyten 2,3 mal, die der neutrophil granulierten Leukocyten 2 mal,. re die der eosinophil granulierten Leukocyten 2mal mehr als in der Arteria lienalis. V. Melczer: g)neunzehnjähriges Mädchen. In 1 cmm Blute der Arteria lienalis sind: In 1 cmm Biute der Vena lienalis sind: Um wie viel mehr rela- rela- abso- | tive | abso- | tive | oder weniger Blutzellen- lute Ver- lute Ver- in der Vene arten Menge | hält- | Menge | hält- nisse nisse | abso- rela- % es lute tive Lymphocyten 2000| 26,31 2 016 23,98 |< 2,43 — 2,38% Große Mononuklea- re und Ueber- gangsformen 600) 7,9 | 2160| 17,75 |< 3,6 + 10,15% Eosinophil granu- \ lierte Leukocyten 1071.22 384]. 2,82: 2.2,3.752.0,62% Neutrophil granu- lierte Leukocyten | 4833, 63,59 6 703| 55,45 < 1,38) — 8,14% Zusammen: | 7600| .100 | 12163] 100 |<1,6 | Farbige Blı Blutzellen itzellen 42 327 900 j 127 576] | | | Bei einem neunzehnjährigen Mädchen enthält die Milzvene 1,6 mal mehr farblose Blutzellen als die Arteria lienalis. In der Milzvene sind 2 mal mehr neutrophil granulierte Leuko- cyten als Lymphocyten und von den einzelnen farblosen Blutzellen- arten ist die Zahl: . der großen Mononuklearen und Uebergangsformen 2,6 mal, die der Lymphocyten 2,43 mal, die der eosinophil granulierten Leukocyten 2,3 mal, >» OD. die der neutrophil granulierten Leukocyten 1,38 mal mehr als in der Arteria lienalis. Menge u. Arten der durch die normale Milz gebild. farbl. Blutzellen. 323 h)siebenundzwanzigjährigerMann. In 1 cmm Blute der Vena lienalis sind: In 1 cmm Blute der Arteria lienalis sind: rela- rela- | Um wie viel mehr abso- | tive abso- tive oder weniger Blutzellen- lute Ver- lute Ver- in der Vene arten Menge , hält- | Menge | hält- ‚nisse nisse | abso- rela- % Go, IE tive Lymphocyten 1 964, 25,87 4207| 28,26 |< 2,14) + 2,39%, Große Mononuklea- re und Ueber- gangsformen 932: 700 1102| 7,4 |< 2,07| + 0,40% Eosinophil granu- lierte Leukocyten 76 1,00 149| 1,00 |< 2 _ Neutrophil granu- lierte Leukocyten 5024| 66,13 9430| 63,34 |< 1,9 | — 2,79% Zusammen: 7596| 100 | 14888 100 |< 1,9 | Farbige Blutzellen 4916 000) j 856 000 Bei einem siebenundzwanzigjährigen Manne enthält die Milzvene 1,9 mal mehr farblose Blutzellen als die Arteria lienalis. In der Milzvene sind beiläufig 2 mal mehr neutrophil granulierte Leukocyten als Lymphocyten und von den einzelnen farblosen Blutzellenarten ist die Zahl: ‘1. der Lymphocyten 2,14 mal, 2. die der 2,7mal, 3. die der eosinophil granulierten Leukocyten 2 mal, großen Mononuklearen und Uebergangsformen 4. die der neutrophil granulierten Leukocyten 1,9 mal mehr als in der Arteria lienalis. v. Melczer: i) vierunddreißigjährige Frau. In 1 cmm Blute der Arteria | lienalis sind: In 1 cmm Blute der Vena lienalis sind: rela- rela- | Um wie viel mehr abso- tive abso- tive oder weniger Blutzellen- lute Ver- lute Ver- in der Vene arten Menge , hält- | Menge | hält- i nisse nisse | abso- rela- AR ER TEE 290 VER ER RUE tive Lymphocyten 1872| 26 4153| 30,62 |<’2,21) + 5,62% Große Mononuklea- re und Ueber- gangsformen 389| 5,4 6,4 I<223| +1.% Eosinophil granu- lierte Leukocyten 94 1,3 1,9 . |< 2,75). + 0,2.% Neutrophil granu- lierte Leukocyten | 4846| 67,3 8339| 61,48 |< 1,7 | — 5,82% Zusammen: | 7201| 100 | 13563) 100 |< 1,9 |’ Farbige Blutzellen ® 429 = 5 416 596 | | Bei einer vierunddreißigjährigen Frau enthält die Milzvene beiläufig 1,9 mal mehr farblose Blutzellen als die Arteria lienalis, In der Milzvene sind 2 mal mehr neutrophil granulierte Leuko- cyten als Lymphocyten und von den einzelnen farblosen Blutzellen- arten ist die Zahl: om - 'als in der Arteria lienalis., . die der Lymphocyten 2,21mal, der großen Mononuklearen und Uebergangsformen 2,23 mal, . die der eosinophil granulierten Leukocyten 2,15 mal, . die der neutrophil granulierten Leukocyten 1,7mal mehr Menge u. Arten der durch die normale Milz gebild. farbl. Blutzellen. 325 )) dreiundvierzigjähriger Mann. “” In 1 cmm Blute der Arteria lienalis sind: In 1 cmm Blute der Vena lienalis sind: rela- rela- | Um wie viel mehr abso- tive abso- | tive | oder weniger Blutzellen- lute Ver- lute Ver- in der Vene arten Menge | hält- | Menge , hält- nisse nisse | abso- rela- % u | lute tive Lymphocyten | 1605| 23,6 3669| 25,77 |< 2,25 + 2,17% Große Mononuklea- | re und Ueber- | gangsformen 401) 5,9: 9222| 6,57 |<2,3 | + 0,67% Eosinophil granu- | lierte Leukocyten 1631| 2,4 3521-.2,51)<-2,16|, # 01% Neutrophil granu- | lierte Leukocyten 4631| 68,1 9273| 65,16 |< 2 — 3,64% Zusammen: 6800| 100 | 14216] 100 |< 2,14 Farbige Blutzellen 4527 000 ü 416 000 Bei einem dreiundvierzigjährigen Manne ent- hält die Milzvene 2,14mal mehr farblose Blutzellen als die Arteria lienalis. In der Milzvene ist die absolute Menge der neutrophil granulier- ten Leukocyten beiläufig 2,5 mal mehr als die der Lymphocyten, und von den einzelnen farblosen Blutzellenarten ist die Zahl: 1. der großen mononuklearen Leukocyten und Uebergangs- formen 2,3 mal, 2. die der Lymphocyten 2,25 mal, 3. die der eosinophil granulierten Leukocyten 2,16 mal, 4. die der neutrophil granulierten Leukocyten aber 2,1mal mehr als in der Arteria lienalis. 326 v. Melczer: k)einundsechzigjähriger Mann. In 1 cmm Blute der Arteria lienalis sind: In 1 emm Blute der Vena lienalis sind: Blutzellen- arten Lymphocyten Große Mononuklea- re und Ueber- gangsformen Eosinophil granu- lierte Leukocyten Neutrophil granu- lierte Leukocyten Zusammen: Farbige Blutzellen | ! abso- lute Menge | 1 054 224 112 4 200 5 590 4 928 566 rela- tive Ver- hält- nisse % 19 75 100 | rela- abso- tive lute Ver- Menge | hält- nisse % 22211.::21:8 613 6 225 22 sl 70 10 216| 100 4 913 200 lute < 2,1 < 2,8 <2 abso- | a <19| | Um wie viel mehr oder weniger in der Vene rela- tive + 2,8% +2% + 0,2% Bei einem einundsechzigjährigen Mann enthält die Milzvene 1,9 mal mehr farblose Blutzellen als die Arteria lienalis. In der Milzvene sind 3mal mehr neutrophil granulierte : Leu- kocyten als Lymphocyten und von den einzelnen farblosen Blut- zellenarten ist die Zahl: der großen Mononuklearen und Uebergangsformen 2,8 mal, die der Lymphocyten 2,1mal, 1. 2 3. die der eosinophil granulierten Leukocyten 2 mal, 4. die der neutrophil granulierten Leukocyten aber 1,8 mal mehr als in der Arteria lienalis. Menge u. Arten der durch die normale Milz gebild. farbl. Blutzellen. 327 ) achtundsiebzigjähriger Greis. In 1 cmm Blute der Arteria Leukocyten- arten Lymphocyten Große Mononuklea- re und Ueber- gangsformen Eosinophil granu- lierte Leukocyten Neutrophil granu- lierte _lierte Leukocyten | 43011 16,8 | Zusammen: | lienalis sind: lienalis sind: In ı cmm Blute der Vena rela- abso- tive lute Ver- Menge | hält- nisse % 859) 15,3 2O RR 149) 2,6 4301| 76,8 a Farbige Blutzellen 5 012 an l rela- abso- tive lute Ver- Menge | hält- nisse aaa RL Jo: he MEER 1 a SÜLVEN 1602| 18 I 5,6 | 213| 2,4 j; 6 83] 74,0 ERS I Se 8 900, 100 4011 ea oder | abso- lute Iı< 1,53 I <16 | Um wie viel mehr weniger in der Vene rela- tive + 2,7% | + 0,3% ie: — 2,8%, Bei einem achtundsiebzigjährigen Greis ent- hält die Milzvene 1,6mal mehr farblose Blutzellen als die Arteria lienalis. In der Milzvene sind 4mal mehr neutrophil granulierte Leuko- cyten als Lymphocyten und von den einzelnen Blutzellenarten ist die Zahl: Ha de der Lymphocyten 1,9 mal, 4 mehr als in der Arteria lienalis. die der großen Mononuklearen und Uebergangsiormen 1,6 mal, die der neutrophil granulierten Leukocyten 1,53 mal, die der eosinophil granulierten Leukocyten aber 1,4 mal 328.5. v. Melczer: F. Die Blutzellenbildungsleistung der Milz. Zur Feststellung der Blutzellenbildung der Milz innerhalb 24 Stunden, konnte ich zwei Methoden verwenden. Die eine Methode ist. rein theoretisch: F. Verzar (1913) den der Leistung der Milz entsprechenden Oxygenverbrauch unter- suchend stellte fest, daß 1 g der Milz, wie auch der anderen Ein- geweideorgane, in 1 Minute 0,05 cemm Oxygen verbraucht. Nach zahlreichen Angaben über den Oxygengehalt des arteriellen und des venösen Blutes verschiedener Tiere enthalten 100 cmm arteriellen Blutes 18,2 cmm Oxygen, 100 cmm venösen Blutes dagegen 13,2 cmm Oxygen, was übrigens mit der Methode Haldanes leicht fest- gestellt werden kann. Also 100 cmm Blut der Arteria lienalis übergibt, während es die Milz durchfließt, 5 cmm Oxygen den Geweben, 1 cmm durchflie- ßendes Blut also 0,05 cmm; da aber I g der Milz in I Minute 0,05 cmm Oxygen verbraucht, so schickt folglich 1 g der Milz in 1 Minute durch die Vena lienalis I cmm Blut weiter. Im Besitze dieser wichtigen Angabe, welche ich übrigens auch aus der Blutstromgeschwindigkeit der Vena lienalis feststellte, da ich die Zahl der farblosen Blutzellen der in 1 cmm der Milzarterie und Milzvene befindlichen. Blutes kannte, konnte ich die farblose Blutzellenbildungsleistung innerhalb 24 Stunden der Milz berechnen. Der farblose Blutzelleninhalt der Milzvene, wenn wir die durch die einzelnen Tageszeiten und Verdauungen hervorgerufene Leuko- poese der Milz in Betracht nehmen, ist absolut 1,9 mal größer als die farblose Blutzellenmenges der Arteria lienalis. Wenn wir die Zahl der.farblosen Blutzellen in der Milzarterie auf 8000 schätzen, dann sind in der Milzvene 1,9 mal mehr, also 15 200 Leukocyten, und weil 1 g der Milz in I Minute 1 ccm d. h. 1000 cmm weiterschickt, dann bildet eine etwa 100 g schwere Milz in 1 Minute 15 200 x 100. 1000 = 1 520 000 000 Leukocyten, in 60 Minuten 1520 000 000 x 60 — 91 200 000 000, oder 91 Milliarden 200 Millionen, in 24 Stunden aber 912 x 24 — 2 Billionen 189 Milliarden. Das ist eine fast unverständliche Zahl, wenn wir bedenken, daß in 3,5 Liter des zirkulierenden Blutes eines 70 kg schweren Mannes die Gesamtzahl der Leukocyten nur etwa 28 Milliarden ist. Die wäh- rend 24 Stunden gebildeten etwa 37mal mehr farblose Blutzellen der Milz können nur in der Verdauungsleukocytose verschwinden. Menge u. Arten der durch die normale Milz gebild. farbl. Blutzellen. 329 G. Zusammenfassung. Zur Zeit herrschen über die Größe der Bildung von farblosen Blutzellen der gesunden Milz zwei entgegengesetzte Ansichten. Die Anhänger der polyphyletischen Lehre halten die Bildung farbloser Blutzellen der gesunden Milz für unbedeutend, während die Monophyletiker hauptsächlich nach den Angaben der Forscher des vorigen Jahrhunderts sie für außerordentlich groß erachten. Wenn die Angaben Vierordts (55) Hirts (55), Funkes (63) und Weidenreichs (901) wahr gewesen wären, wonach in der Milzvene 120 mal, 31 mal, 190 mal oder 70 mal mehr Leukocyten sind als in der Milzarterie, wenn z. B. in einem cmm Blut der Milz- arterie 8000 Leukocyten sind — dann enthielte ein cmm Blut der Milzvene 800 000, 248000, 1520 000 oder 5 600 000 Leukocyten. Wenn ich unter den Angaben von Hirt die kleinste annehme, so wären in einem cmm Blut der Milzvene 248 000 000 Leukocyten. Anderseits habe ich durch meine Experimente festgestellt, daß Ig der Milz in I Minute I cmm Blut durch seine Milzvene weiterschickt. | Im Besitze dieser Angabe habe ich ausgerechnet, daß bei einem Manne, der eine etwa 100 g schwere Milz und 35 Liter zirkulierendes Blut hat, bei dem die Zahl der im Blute zirkulierenden sämtlichen Leukocyten rund 28 Milliarden ist, die Milz innerhalb 24 Stunden 35 Billionen 712 Milliarden Leukocyten in das zirkulierende Blut schicken würde, d. h. die Milz würde innerhalb 24 Stunden das 1275tache sämtlicher Leukocyten des zirkulierenden: Blutes bilden und, weil wir die Zahl der farblosen Blutzellen des zirkulierenden Blutes, abgesehen von den durch die Verdauung und Tageszeiten verursachten Schwankungen, für beständig erachten können, so würden, wenn sich die Angabe Hirts bewahrheiten würde, die farb- losen Blutzellen nur I Minute zu leben haben. Aus meinen Untersuchungen ergab sich, daß die Leukopoäse der gesunden Milz von drei Faktoren abhängt: I. von dem Alter des Organismus, 2. von der Verdauung und 3., obgleich in geringerem Grade, von den Tageszeiten. Im Mittel enthält die Milzvene in jedem Alter, beim Kinde, beim Erwachsenen, und beim Greise 1,84mal mehr farblose Blut- zellen als die Arteria lienalis, aber das Verhältnis der Zellarten ist in jedem Alter verschieden. Beim Neugeborenen, beim ein- und Arch. f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. I. 22 330 v.Melczer: zweijährigen Kinde enthält die Milzvene, der Leukocytenmenge und dem Verhältnis des zirkulierenden Blutes entsprechend, von den der Milz entstammenden Zellen mehr Lymphocyten als neutrophil granulierte Leukocyten. Vom dritten Jahresalter angefangen, im 4. und 5. Jahre bildet die Milz auf Kosten der Lymphocyten beständig mehr und mehr neutrophil granulierte Zellen, so daß in der Milzvene eines sechs- jährigen Kindes die absolute Menge die der Milz entstammenden neutrophil granulierten Leukocyten schon 2 mal so groß ist, als die der Lymphocyten. Vom 6. Jahre bis zum 40. Jahre beträgt in der Milzvene die absolute Zahl der neutrophil granulierten Leukocyten beständig 2 mal so viel als die der Lymphocyten. Vom 40. Jahr angefangen erhöht sich die absolute Zahl der neutrophil granulierten Leukocyten gleichmäßig: vom 40.—60. Jahre sind in der Milzvene 2 mal, vom 60.—70. Jahr 3 mal, vom 70.—80. aber 4mal so viel neutrophil granulierte Leukocyten als Lympho cyten. Außer dem soeben beschriebenen gegenseitigen Verhältnisse der neutrophil granulierten Leukocyten und Lymphocyten ist es auffallend, daß die Milz vom 11.—12. Tage nach der Geburt ange- fangen bis zum Ende des 1. Monats sehr viele eosinophil granulierte Leukocyten bildet. Im Grunde ist aber in den verschiedenen Lebensaltern das relative Plus einzelner Zellenarten der Milzvene, den entsprechenden Zellen der Arterie angemessen, übereinstimmend. In diesem Sinne sind beim Neugeborenen in der Milzvene von den der Milz entstammenden Zellen Iymphoide Zellen: relativ do- minierend die großen mononuklearen Leukocyten und Lymphocyten. Von den granulierten Zellen bildet die Milz relativ mehr neutro- phil und weniger eosinophil granulierte Leukocyten. Vom 5. Jahre angefangen ist relativ von den der Milz entstam- menden Zellen — im Verhältnis zu den entsprechenden Zellen der Arterie, wie beim Neugeborenen selbst — die Zahl der Iymphoiden Zellen am größten, unter den granulierten Zellen aber ist die rela- tive Zahl der eosinophil eranulierten Leukocyten größer als die der neutrophil granulierten Leukocyten. Die Milz nimmt also in jedem Lebensalteran der Bildung sämtlicher farblosen Blutzellenarten, Menge u. Arten der durch die normale Milz gebild. farbl. Blutzellen. 331 diebasophilgranulierten Leukokyten ausgenom- men,unsereszirkulierenden Blutes teil. Die von der, Halfte des ersten Momwates bis zum Ende.des Sanressicherstreckende Zeit ausgenommen, im. welcher sie hauptsächlich‘ Ly.mphocyten und; 2roße mononuklearerkLeukocyten bildet; Bunhrusie im jedembebiemsaltet:in;.erstersRerhe Beutrophit. geranulVerterkeukocyten, nachher inder Reihenfolge Lymphocyten, große mono- nuKkheare, Leukocyten und.egasinophil,granu- Lerte „beukoerranmsinaunser, zickulieremdes Blut. H, Literaturverzeichnis Bannwarth, 1891, Untersuchungen über die Milz. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 38. S.. 345. Dominici,H., 1900, Sur l’histologie de la rate normale. Arch. de Med. exper. et d’Anat. pathol. Tom. 12. Derselbe, 1901, Sur l’histologie de la rate a l’&tat normal et pathologique. Arch. de Med. exper. et d’Anat. pathol. Tom. 13. p. 1. Ebner, V. v., 1902, A. Köllikers Handbuch der Gewebelehre des Men- schen. Bd. 3. 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In Anbetracht dessen, daß dieses Tier bis jetzt seltener wissenschaftlich bearbeitet wurde und im allgemeinen nicht genug bekannt sein dürfte, soll es nicht überflüssig erscheinen, wenn seine Abbildunghier beigegeben wird (Taf. XIII, Fig. 1). Den Ver- fasser hat das Objekt, das nebenbei bemerkt, über ein prächtiges Leuchtphänomen verfügt, bereits vor Jahren (1913) anläßlich seiner Studien mit leuchtenden Tieren interessiert. Bei derselben Gelegenheit wurden damals neben den Leuchtorganen auch andere eigenartige Hautdrüsen des Tieres beschrieben. Ueber diese An- fangsstudien des Objektes war schwerlich herauszukommen, da sich die Versorgung mit Material aus der Adria für unzulänglich erwies. Die unablässigen Bemühungen seitens des Leiters der ehemaligen K.K. zoologischen Station in Triest, Herrn Prof. Cori,dem Verfasser Mate- rial in größeren Mengen und unversehrtem Zustande zu beschaffen, waren endlich von Erfolg gekrönt, als zur Zeit der Frühjahrs-Tag- und Nachtgleiche 1913 die ausgiebigen Fundorte im Triester Golf vor Capodistria und Zaole entdeckt wurden. Seitdem konnte an die Verwirklichung des Planes, eine Chaetopterus-Monographie zu schaffen, geschritten werden. Ein guter Teil der Arbeit ist bereits 334 E. Trojan: erledigt, doch behindert der Weltkrieg seit seinem Ausbruche eine gedeihliche Fortsetzung und Vollendung des Werkes. So sieht sich der Verfasser nur ungern veranlaßt, gewisse Kapitel, denen im Ver- laufe der weiteren Studien kaum etwas mehr hinzuzufügen sein wird, aus dem Zusammenhange loszulösen und vor der Vollendung des Ganzen zu publizieren. Als ein solches für sich abgeschlossenes Thema sieht er die Resultate an, die er hinsichtlich der Entstehung des fibrillär-faserigen Bindegewebes bei dem Wurme gewonnen hat. Eine gelungene Konservierung des Chaetopterus gehört nicht zu den leichtesten Arbeiten und will erst gelernt sein. Das Tier ist nämlich im Leben von einer Zartheit wie die Ctenophoren, eine direkte Be- rührung mit ihm daher so wenig als möglich angezeigt. Dazu kommt noch das Vermögen der Autotomie, wie man die Eigenschaft nennen kann, insofern der Wurm nämlich, was früheren Autoren bereits be- kannt war, zumeist an einer typischen Stelle des Körpers, ehe man sich dessen versieht, oder auch sonst an anderen Stellen entzweibricht. Mit Rücksicht auf das gesteckte Ziel einer monographischen Bear- beitung war es geboten, soviel der gangbaren Konservierungsmetho- den anzuwenden als möglich. Einige mußten gleich nach dem ersten Versuch aufgegeben werden, da sie das Tier sofort zur Unkenntlich- keit entstellten. Wenn schon das äußere Aussehen arg mitgenommen war, was hätte man von der anatomischen und histologischen Unter- suchung an solchen Exemplaren erwarten können? Bewährt haben sich einzig und allein die Fixierung in ungewöhnlich starkem Formol und in Kaliumbichromatgemischen. Für die vorliegende Studie war die letztgenannte Konservierungsart von Vorteil; der Umstand nun, daß sich gerade am Kaliumbichromatmaterial bei Anwendung der Eisenhämatoxylinfärbung nach Heidenhain in Schnitten ganz eigenartige, prägnante Bilder zeigten, die man bei anders fixiertem Material nicht zu sehen bekam, legte die Vermutung nahe, es könnte sich hier etwas zur Klärung der Mitochondrien- oder Chromidien- frage ausfindig machen lassen. Die ersten Beobachtungen wurden gelegentlich der Studien über die Genese der Borsten des Wurmes gemacht. Zu diesem Zwecke erwies sich das Körperende des Tieres als äußerst vorteilhaft. Wie das Bild (Taf. XIII, Fig. 1) zeigt, verjüngt sich das Tier gegen das Schwanzende derart, daß das letzte Körpersegment sehr minutiös, fast von mikroskopischen Dimensionen ist. Man kann nach dem, was man bei der histologischen Betrachtung dieser Körperregion Bakteroiden, Mitochondrien und Chromidien. 335 wahrnimmt, direkt sagen, daß man gewissermaßen embryonale Gewebe vor sich hat; das gleiche gilt auch von den äußersten Spitzen aller Neuropodien. Und auf diese beiden Stellen beziehen sich hier zunächst die Angaben über die durchgeführten Untersuchungen. Zum leichteren Verständnis des Nachfolgenden sei einiges Allgemeine über den histologischen Bau der Körperdecke vorausgeschickt. Die Haut, der sogenannte Hautmuskelschlauch unseres Wurmes ent- behrt einer Cuticula; es bildet somit das einfache Epithel der Hypo- dermiszellen die äußerste Schichte am Körper. Die Basalenden jener Zellen pflegen sonst am Annelidenleib auf einer Basalmembran, der Stützlamelle zu ruhen, unterhalb derer dann die Muskelzüge verlaufen, die gegen die Leibeshöhle von dem Peritoneum abge- grenzt sind. Dieses bei jedem Anneliden, im allgemeinen auch bei Chaetopterus zutreffende Schema gilt für das hinterste Schwanzende und die Neuropodienspitzen nicht. Hier bieten die Schnitte (Taf. XIII, Fig. 9) ein Bild, das wir an Stellen intensivsten Wachstums anzu- treffen gewohnt sind. Syneitiale Verbände, wo die Abgrenzung der Hypodermiszellen (h) und sonstige Differenzierung kaum anhebt, werden hier angetroffen; einwärts von ihnen eine Anzahl von dicht nebeneinanderliegenden Kernen (k’), die sich von denen der Hypo- dermiszellen (k) wohl unterscheiden, denn sie sind größer und chro- matinreicher. In der plasmatischen Grundsubstanz dieses Verban- des zeigt sich eine äußerst feine Granulation von gleichmäßiger Verteilung (Taf. XIII, Fig. 9 bh). Weiter nach innen wird man eine andere Körnelung gewahr, die den Charakter der Feinheit und Gleichmäßigkeit vermissen läßt. Es ist vielmehr ein feines Netz, in dessen Maschen größere Ansammlungen von Körnchen liegen. Körnchen gibt es auch in den Fäden des Netzes; aber man sieht sie beiderorts in verschiedenen Dimensionen und Formen, winzig kleine neben bedeutend größeren, kugelrunde neben elliptischen und stäb- chenförmig verlängerten (Taf. XIII, Fig.9, Taf. XIV, Fig. 11, 15, 27, 29, 32, ch). Die Kerne (Taf. XIII, Fig. 9 k’’) stehen hier in weiteren Di- stanzen voneinander als dies in der oberen Schichte der Fall ist und sind chromatinfrei; man sieht einen Nukleolus (n) deutlich in ihnen. Die Frage, ob die beiden Arten der Granulationen und Kernen in geneti- schem Zusammenhange stehen, vielleicht so, daß die weiter einwärts liegendensich von den äußeren ableiten, war aus den Präparaten nicht zu entscheiden, wird aber aus verschiedenen Momenten, die weiter unten auseinandergesetzt werden sollen, wahrscheinlich gemacht. Denkbar 336 EsBrojan: wäre ja folgendes: Wenn auch Zellgrenzen in dem ersteren synci- tialen Verbande nicht zu erkennen sind, so muß angenommen wer- den, daß sich die Körnchen auf einzelne Zellareale mit je einem Zen- trum, dem Kern, verteilen. Körperwärts nun aber wächst der Um- fang der betreffenden Stelle; auch macht sich. hier bereits allmäh- lich der Einfluß der Muskeln geltend, kein Wunder, daß die Ver- teilung der Körnchen nicht gleichmäßig bleibt, sondern Orte, wo ihrer bald mehr, bald weniger sich zusammenfinden, abwechseln. Der Umstand aber, daß in diesen Formationen Größen- und Form- differenzen der einzelnen Granula eintreten, deutet auf zwei Möglich- keiten hin, nämlich die des selbständigen Wachstums und Teilungs- vermögens. Auch darüber mehr im Nachfolgenden. Auf eine Eigentümlichkeit sei hier noch besonderer Nachdruck gelegt: Alle Körnchen zeigen die Neigung, sich hintereinander in Reihen zu ordnen; so kommen rosenkranzartige Fäden mit gleich- mäßig entfernt aufeinanderfolgenden Körnchen (Taf. XIV, Fig. 18, 33 ch) zustande, aber auch solche mit ungleich verteilten (Taf. XIV, Fig. 10 ch). Dabei läßt sich beobachten, daß je länger die Körnchen- reihen werden, ihr grobkörniger Charakter immer mehr nachläßt, bis alle die vorher so typischen und markanten Gebilde völlig geschwun- den sind (Taf. XIV, Fig. 10, 12, 18, 19, 30, 33). Gelungene Tink- tionen zeigen klar, daß ein Abbau der Körner zu Fäden hier statt- findet. In einigen Fällen sieht man nämlich, wie die gestreckten Körnchen von ihren beiden Enden her an Tinktionsvermögen ver- _ lieren, so daß endlich bloß ein mittleres Stück noch typisch gefärbt erscheint; und selbst hier greift oft die Farbe wenig oder gar nicht mehr an; bei eitförmigen und kugelrunden Körnchen schwindet die Färbbarkeit von der Peripherie her, so daß die Konturen ungenau werden. So läßt sich dank dem tinktoriellen Verhalten verfolgen, wie im Baumaterial Fäden einverleibt werden und dabei eine che- mische Wandlung erfahren. Auf ein Teilungsvermögen deuten solche Stellen hin, wo die Körnchen derart nebeneinanderliegen, als wären sie soeben aus einer Teilung hervorgegangen (Taf. XIV, Fig. 25 ch). Diese müßte allerdings spontan vor sich gehen, da irgendwelche gewohnte Anzeichen für eine solche, so namentlich die Streckung zur Hantelform nirgends zu beobachten ist. Und doch ist in mancher Gruppe wieder die Anordnung der Körnchen eine derart regelmäßige, daß man sie Bakteroiden, Mitochondrien und Chromidien. 337 schwerlich anders als eine Folge vorangegangener Teilung zu deuten vermöchte (Taf. XIV, Fig. 16, 21 ch). Die Frage, woher die Granulationen kommen, war trotz aller Bemühungen an diesen Stellen der stets neu entstehenden Gewebe nicht zu lösen; hier liegen die Verhältnisse infolge der außerordent- lichen Feinheit, aber zugleich auch der Massenhaftigkeit zu unklar; deutlicher wird das Bild weiter unterhalb in der Richtung körper- wärts, wo die Differenzierung der Gewebe halbwegs in die Wege geleitet ist, namentlich die der Hypodermiszellen und deren Stütz- gewebe, der Basalmembran. Hier sieht man, gerade was letztere betrifft, bereits um einzelne Kerne dichteres Plasma, hier in rundlicher, dort in vieleckiger Form; wenn auch die Be- grenzung manches noch zu wünschen übrig läßt, immerhin erwecken solche Bilder schon die Vorstellung von Zelleinheiten. Eine genaue Musterung derselben liefert die interessante Tat- sache, daß sie nicht alle Kerne mit gleicher Konstitution haben. In dieser Zelle liegt ein massiver, scharf begrenzter, kugelrunder Kern, in jener dagegen ein chromatinarmer, mit ungenauen Um- rissen, der meist Zeichen von Verquellung oder sonstiger Destruktion zur Schau trägt (Taf. XIV, Fig. 24a, k). Wenn man nun im letzteren Falle nur vereinzelte, von Eisenhämatoxylin geschwärzte Granula in seinem Inneren liegen sieht, dafür aber die gleichen in reicher Zahl außerhalb seiner Grenzen im Zellplasma (ch), so vermag dies schon den Verdacht zu erwecken, die letzteren könnten aus dem Kerne stammen. Die Mikrophotographien (Taf. XIV, Fig. 17, 23, 24) geben vielleicht Zeugnis dafür, daß ein Austritt der Granula aus dem Kern hätte stattfinden können. Ueberaus oft nämlich trifft man die Körn- chen unmittelbar an der Kernperipherie und daneben unregelmäßig über das Zellplasma verteilt. Ganz auffällig aber wird es in man- chen Schnitten, daß der Kern als ein lichtes Bläschen, das sonst nichts als den Nukleolus enthält, da liegt, wogegen das Plasma mit Körnchen, deren Anordnung mitunter eine schöne Regelmäßigkeit verrät, übersät ist, so liegen jene entweder in konzentrischen Schichten um den Kern oder strahlen radiär von ihm aus (Taf. XIV, Fig. 20 ch). Die letztere Erscheinung hat sich aus den Präparaten gut ableiten lassen. Die Figur 23 Taf. XIV zeigt einen Kern von Stechapfelform (k), der dadurch zustande kommt, daß auf der Kernoberfläche zahlreiche Höcker, von denen aus radiäre Plasma- brücken zur Peripherie der Zelle abgehen, entstehen. Auf diesen 338 ErTrojan: Straßen dürfte die Auswanderung des Chromatins aus dem Kerne stattfinden. Auf diesen Plasmabrücken werden sich aber auch andere feste Umwandlungsprodukte und zwar die des total vakuolisierten Plasmas (Taf. XIV, Fig. 17 v) angesammelt haben. Daß dabei verschie- dene Grade von Regelmäßigkeit in der Anordnung zutage treten, wie es eben der zufällige Stand der Vakuolisierung mit sich bringt, ist leicht begreiflich. Wichtig ist nun die Tatsache, daß die Granu- lationen nicht in der Nähe des Kernes, nicht in der Zelle bleiben, sondern wandern. Ist die Zelle von vieleckiger Gestalt und ihre Ecken, wie dies meist zutrifft, sogar in Fasern ausgezogen, dann ist den Körnern der Weg der Wanderung vorgezeichnet; sie ziehen nach den Ecken und entlang der Fasern dahin. Ist der Zelleib aber rund, dann kommt es zu seiner Umformung in ein Gebilde mit anfangs abgerundeten Ecken (Taf. XIV, Fig. 20), die sich dann zuspitzen und endlich Fortsätze ausstrecken. So setzt sich das Körnchenmaterial in Bewegung. Und es müssen derartige Vorgänge in vita vor sich gehen, sonst wären Bilder in den Präparaten, die gewissen Rhizopoden stark ähneln, unerklärlich. Es geschieht, wie man es weiters aus den Schnitten ableiten kann, daß die dahinfließenden Körnchenreihen in ihrer Weiterbewegung auf ihresgleichen aus Nachbarzellen stoßen, wodurch Stauungen, Granulahaufen zustande kommen, aus denen dann wieder ein Abfließen der Körnchen in einem neuen Strome er- folgt (Taf. XIV, Fig. 15, 28, 29). Auch derartige Bilder erinnern ganz lebhaft an lebende, kriechende Amöben und gestatten es nicht, sie für Kunstprodukte der Fixierung zu halten. Man kann aber auch innerhalb eines Körnchenstromes Granulaanhäufungen und zwar oft in ziemlich regelmäßigen Intervallen beobachten; auf diese Weise kommen inselkettenartige Verbände zustande (Taf. XIV, Fig. 12, 19). Man kann sich vorstellen, daß aus solchen nach Abbau der Granula bandartig verbreiterte Fasern der Bindesubstanz hervorgehen, vielleicht auch Lamellen und Umscheidungen. Eines verdient hier noch Berücksichtigung: Die Körnchen erreichen niemals, sofern sie in der Nähe des Kernes angetroffen werden, jenes Volumen, das ihnen zukommt, wenn sie fern von Kern und Zelle auf der Wanderschaft begriffen sind. Daher ist ihnen, vielleicht nicht allen, Wachstumsvermögen zuzuschreiben; direkt verfolgen läßt sich solches allerdings nicht. Das deutliche Zeugnis, das die Färbetechnik, wie oben erwähnt, für den Abbau der Körn- chen abgibt, kann unmöglich im Sinne ihres Aufbaues gedeutet wer- Bakteroiden, Mitochondrien und Chromidien. 339 den, denn nur von den Reihen, wo die Granula eng hintereinander folgen, ohne daß die geringste Spur einer Verbindung nachweisbar wäre, bis zu den deutlichen Fäden mit geringen Ueberresten von Körnchen oder gar ohne solche, gibt es allerlei Uebergänge. Da kann man es verfolgen, wie die Körnchen immer kleiner und schütterer werden (Taf. XIV, Fig. 10, 22, 33 ch’), Hand in Hand damit aber ein Faden allmählich besser zum Vorschein kommt; was früher eine zarte, kaum entdeckbare Struktur war, tritt jetzt als stärkere Faser dem Auge des Beobachters entgegen. Dort, wo die Granulationen das Feld beherrschen, kann von einem Fasernetz nicht die Rede sein; um so mehr drängt sich aber ein solches in den Vordergrund, je kleiner die Körnchenmenge wird (Taf. XIV, Fig. 27). Ein Zusammenhang zwischen Körnchen- und Faserstrukturen ist demzufolge zweifellos vorhanden und zwar kein anderer, als daß Körnchen Faserbildner sind. Dasläßt sich nicht nur beim Aufbau der Basalmembran des Hautmuskelschlauches (Taf. XIII, Fig. 2), sondern auch anderorts am Körper unseres Anneliden beobachten, so vor allem an den Neuropodien; ist ihre äußerste Spitze im Innern von einer hyalinen, schleimigen Masse erfüllt, so werden weiter einwärts Fibrillen und Fasern in ihr sichtbar, peripher feine und lockere, axialgrobe und dichtere, kurz man hat das Bild eines fibril- lären Bindegewebes vor sich, wie es seit langem bei Ringelwürmern bekannt ist (Taf. XIII, Fig. 9, bg). Van Gieson- und Caleja-Färbungen lassen keinen Zweifel zu, daß es sich nur um Bindegewebsfibrillen bzw. Bindegewebsfasern handeln kann. Bis jetzt war das Auftreten solcher Gebilde in der Histologie so ziemlich unvermittelt; man wußte, daß sie da sind, aber nicht, wie sie zustandekommen und fand sich daher, von Me ves (1910) Erklärungsversuch mit Mito- chondrien abgesehen, mit der kurzen Feststellung ab, daß sie ent- weder in eigenen Zellen oder in der homogenen Grundsubstanz ge- bildet werden, ohne über das ‚‚Wie‘‘ etwas sagen zu können. Auch im vorliegenden Falle wären kaum mehr Erfolge zu erwarten gewe- sen, wenn nicht die histologischen Details des hintersten Körper- endes und der Neuropodialspitzen unter Anwendung spezifischer Fixierung- und Färbemethoden scharf ins Auge gefaßt worden wären. An diesen beiden Stellen aber gibt es außer der Basalmembran noch eine andere Richtung, in der sich die Entstehung des filzig faserigen Bindegewebes unter genau denselben Erscheinungen wie 340 E>Tro Tan: oben verfolgen läßt; das ist der Beginn der Umscheidung der Musku- latur. Die Muskeln der Haut sind die ersten, die sich wie ein Keil in das Bindegewebskissen einschieben und die Faserzüge zum Aus- einandergehen zwingen. Dieses Hineinwachsen hat zur Folge, daß zunächst die Hautmuskulatur allseits von Bindegewebe umhüllt wird. Des weiteren greift natürlich diese Umscheidung auch auf die Transversal- und Borstenmuskeln über. Das mechanische Moment bringt es mit sich, daß an allen Stellen erhöhter Inanspruchnahme des Muskelsystems das Bindegewebe nicht aus der Stufe einer zar- ten, niedrigen Umhüllung bleibt, sondern mitunter ganz mächtig wird. Infolge beständiger Zugwirkung erfolgt ein starkes Abfließen der pseudopodienartigen Fortsätze mit ihren Körnchen in der Rich- tung des betreffenden Muskels (Taf. XIV, Fig. 15, 28) und so kann man entlang eines solchen in dem Präparate oft vielfache Körnchen- straßen beobachten. Ueberall zwischen seine Fasern drängen sich Bindegewebszellen hinein und treiben ihre gekörnelten Fortsätze vor sich hin (Taf. XIV, Fig. 18ch). Mit der Auflösung der Granula wird Material von Bindesubstanz gewonnen, so daß in den feinen Spalten zwischen den Muskelfasern dünne Bänder anstatt der Fäden zustandekommen. Was von der Umwachsung muskulöser Substanzen durch Binde- gewebe soeben gesagt wurde, gilt nahezu in gleicher Weise von der des Nervensystems. Die Zentralorgane, insbesondere die longitu- _ dinalen Bauchstränge und die Seitennerven weisen eine Umhüllung auf, die jene der Muskelzüge noch übertrifft. Da handelt es sich oft nicht mehr um eine bloße Umscheidung, sondern um hohe Schutz- polster, welche die Nervensubstanz auf ihrer der Außenwelt zuge- wendeten Seite unter der Haut begleiten. Die Anwesenheit der Granulationen verrät den Charakter des in Rede stehenden Zell- materials. Das Gewebe zeigt sich mehr locker, luftig, dürfte aber in vita von Lymphe durchströmt sein, denn sein Hohlraumsystem bleibt nicht auf der primitiven Stufe eines faserigen Maschenwerkes stehen; vielmehr wird durch Ausbildung einzelner, wenn auch weniger Fäden zu Lamellen der Grund zu kanalartigen Gebilden gelegt. In voller Entwicklung endlich findet man alle die besagten Er- scheinungen an unserem Anneliden dort, wo das Bindegewebe aus- gesprochen die Rolle eines Füllgewebes spielt, also hauptsächlich axial in allen seinen Körperanhängen. Wie sieht es nın da aus? Bei Bakteroiden, Mitochondrien und Chromidien. 341 aller Regellosigkeit sichtbarer histologischer Gebilde wie Zellen, Fasern, Fibrillen, Kerne, Körnchen, Kanälchen und Lakunen dürfte sich der Nichteingeweihte in jenem Gewebe zunächst wohl kaum zurechtfinden. Will man eine Orientierung versuchen, so ist es am besten von solchen Stellen auszugehen, wo die besagten Einzel- heiten so wenig als möglich zusammengedrängt sind. Dort über- wiegt vor allem eine Grundsubstanz gallertartigen C'iarakters; sie “ist von einem Hohlraumsystem durchsetzt, in dessen Lumen sich zu Lebzeiten wahrscheinlich Leibeshöhlenflüssigkeit bewegt. Kanäle und Kanälchen sind hier vom Schnitt in verschiedenster Richtung getroffen worden. Die Wandungen derselben erhalten durch Tinktion deutliche Konturen gegenüber der sie umgebenden Gallerte, was auf ein Vorhandensein differenzierter Substanzen zurückzuführen ist; solche sind also in Form von Platten zu Wandungen der Hohlräume ausgebildet. Kontinuierlich sind sie nicht, wie aus der Schnittserie ersichtlich, denn stellenweise gibt es nur schmale Bänder und Fäden. Ganz analog, wie oben beschrieben, ziehen Körnchenreihen in den Wandungen dahin, wieder als Vorstufen von Fibrillen und Fasern des künftigen Bindegewebgerüstes. Hier inmitten ihrer Nährlösung sind sie alle grobkörnig. Es geht natürlich nicht an, in den Schnitten den Zusammenhang von Fortsätzen und Zelle zu erkennen, weil das an sich kompliziert verzweigte Gebilde einer Zelle den mitunter vielfach gewundenen Röhrchen in der Gallerte folgt und daher in Schnitten auf verschiedenste Art und Weise getroffen wird. Um so besser aber kann man die Verhältnisse an solchen Zellen studieren, die nicht in der Nähe der Hohlräume liegen. Da sieht man anschei- nend zwei verschiedene Arten von Zellen und zwar solche mit blasigen Kernen, welch letztere einen deutlichen Nukleolus enthalten (Taf.X III, Fig. 3—8, Taf. XIV, Fig. 26 k) und Zellen mit massiven Keınen. Der zu diesen gehörige Plasmaleib ist mancherorts unscheinbar, wächst aber proportional mit dem Kerne; er zeigt von Anfang an die Neigung zur Bildung von Fortsätzen. Irgendwelche besondere Strukturen im Plasma sind anfangs nicht wahrnehmbar. Mit dem Größerwerden treten jedoch im Zelleib helle Räume auf, die ihn auflockern (Taf. XIV, Fig. 17, v). So wird dadurch, daß letztere immer größer werden, das Plasma schließlich auf zarte Membranen, die jene Räume gegen- einander abgrenzen, verteilt. Am deutlichsten ist die zartmembra- nöse Ausbildung dort wahrzunehmen, wo sich die Vakuolen in die Zellfortsätze erstrecken (Taf. XIII, Fig. 3—8, Taf. XIV, Fig. 17, 24), 342 SE. BB jan: so daß auf diese Weise gewissermaßen Trichter zur Entwicklung kommen. Gleichzeitig mit diesen Vorgängen zeigen sich Körnchen in der Zelle, deren Zahl mit fortschreitender Vakuolisation zunimmt. Diese Körnchen bleiben in ihrer Lage konstant; man findet sie immer auf den mempbranartigen Scheidewänden der Vakuolen hinterein- andergereiht. Von da nehmen sie die Richtung nach den Trichter- fortsätzen. Und weil man sie auch in diesen peılschnurartig aufein- andergereiht sieht (Taf. XIII, Fig. 4,5, Taf. XIV, Fig. 17ch), hat man allen Grund, anzunehmen, daß sie auf diesem Wege aus der Zelle auswandern; proximal von ihr folgen sie einander innerhalb der er- wähnten Trichter, distal, wo der Fortsatz äußerst zart wird, treten sie aus und gehen neben ihm einher (Taf. X1V, Fig. 30 ch). Mit dem Kern der Zelle ist inzwischen auch eine merkliche Wandlung vor sich gegangen; er liegt in der Zelle bar aller färbbaren Substanzen bis auf seinen Nukleolus (Taf. XIII, Fig. 2, 3—8, 9, Taf. XIV, Fig. 20, 26 kk’”). Bilder ganz analog denen, wie sie oben bereits geschildert worden sind, weisen auch hier auf den Austritt chromatischer Substanzen hin. Auch hinsichtlich der Körnchenreihen wiederholen sich hier die gleichen Gruppierungen wie oben: streckenweise schöne Regel- mäßigkeit in der Verteilung (Taf. XIV, Fig. 18 ch), dann wieder Unter- brechungen im Zuge; auch hier läßt sich’s oft wahrnehmen, wie in einzelnen Intervallen Körnchen in Auflösung begriffen sind (Taf. XIV, Fig. 10, 22, 33 ch’); Stauungen, die zu inselartigen Körnchenhaufen Veranlassung geben, finden sich ebenfalls vor (Taf. XIII, Fig. 9, Taf. XIV, Fig. 29, 32 ch), auch kettenartige, lokale Verdickungen der Fäden (Taf. XIV, Fig. 12, 19, 21 ch), so daß dieselben als eine Reihe von Spindelzellen erscheinen; das elliptische, stets langgestreckte Körnchen einer jeden solchen Verdickung geht in reihenartig ange- ordnete Granulationen über. Man sieht hier auch eng nebenein- anderlaufende Körnchenzüge streckenweit beisammenbleiben und dann wieder auseinandergehen (Taf. XIV, Fig. 14, 28, 30, 31 ch); nach dem Schwund der Granula werden sie zu typischen Bindegewebs- fibrillen bzw. Bindegewebsfasern. Auf diese Weise wird das Dicken- wachstum der letzteren, sowie die Zusammensetzung aus Fibrillen verständlich. Mithin stellt sich der Aufbau des Bindegewebes im Zu- sammenhange bei dem Anneliden folgendermaßen dar: Das Bindegewebe des erwachsenen Wurmes ist ein fibrilläres, dessen Grundmasse lokal überaus reich an filzig-faserigen Strukturen ist. Daß diese letzteren nicht von allem Anfang da sind, davon Bakteroiden, Mitochondrien und Chromidien. 343 kann man sich an den Spitzen der jüngsten Neuropodialanhänge und an dem hintersten Körperende überzeugen. Ihre Stelle vertre- ten hier Granulationen. Vom Embryo her leitet sich bekanntlich "die Differenzierung der primären histologischen Baueinheiten, also auch jener des mesodermalen Keimblattes, denen die Entstehung des Bindegewebes obliegt, der Bindegewebszellen. Der Ausdruck ‚‚Zel- len“ ist eigentlich für sie nicht am Platze, denn es handelt sich, wie man an den Stellen erhöhter Wachstumstätigkeit sieht, eher um Kerne. Selbst dann, wenn .sich aus der schleimigen Grundsubstanz, in der diese liegen, Plasma differenziert und zu je einem Kerne sich gesellt, vermag man oft noch nicht den Eindruck einer Zelle zu ge- winnen, denn es gibt da bloß fein ausgezogene, kaum wahrnehm- bare Fortsätze, die förmlich aus dem Kern herauswachsen; in Wirk- lichkeit ist dem natürlich nicht so, sie gehen von einer äußerst zar- ten Plasmahaut aus, die den Kern umhüllt. Bindegewebsfibrillen sind sie noch nicht, wohl aber für das Entstehen von solchen vorge- zeichnete Bahnen. Derartiger Zellen werden mit fortgesetztem Wachstum immer mehr, wie auch die Grundsukstanz an Volumen beständig zunimmt. Die Zellfortsätze werden immer länger, ver- zweigen sich und bilden Anastomosen. Immerhin nimmt die Aus- bildung derschleimigen Grundsubstanz ihren Fortgang in einem schnel- leren Tempo als die der fädigen Strukturen und demzufolge könnte das primäre Fadengerüst, dazumal seine Ausläufer einander nicht überall zum Zusammenschluß erreichen, für die Dauer kaum eine gute Stütze abgeben. In diesem Moment haben scheinbar die Binde- gewebszellen den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht. Was sie an Plasma-Ausläufern produzieren konnten, haben sie getan. Der Stoffwechsel zwischen Zelleib und Kern hat diesen eine ungewöhn- liche Größe erlangen lassen. Aus der Baueinheit aber, die in ihrer derzeitigen Verfassung dem Wurmkörper nicht mehr von Nutzen sein könnte, wird etwas, was noch äußerst zweckdienlich ist, gerettet; Granulationen gehen aus ihr hervor, die eine Wanderung antreten. Es deformiert der Kern und im Plasma treten Vakuolen auf. Die Entstehung der letzteren macht die peripheren Teile der Zelle straffer und wirkt dadurch in der Rolle einer Stützsubstanz sicher besser als homogenes Plasma. Noch mehr Effekt in dieser Richtung wird erzielt, wenn aus den einfachen Zellfortsätzen infolge Vordringens flüssigen Vakuoleninhaltes in der Achse zylindrische Gebilde ent- stehen; bekanntlich entsprechen. Röhren den Anforderungen auf | 344 E. Trojan: Zug- und Druckfestigkeit weit besser als massive Stränge. Nach den Veränderungen des Kernes zu schließen gehört ein guter Teil der abrückenden Körnchen seinen chromatischen Substanzen an; jener geht jedoch nach ihrem Austritt nicht zugrunde, wird bloß € kleiner und rundet sich ab. So liegt er chromatinfrei, mit einem deutlich wahrnehmbaren Nukleolus da, um vielleicht später wiederum aktiv zu werden. Vielfach kann auch beobachtet werden, daß, be- vor noch irgendwelche Wandlung mit dem Kerne vor sich geht, Granula auch im Plasma auftreten und aus dem Zellverbande spä- ter ausscheiden. So verlassen Körnchen zweierlei Ursprungs, eines nukleären und eines plasmatischen, die Zellen. Unter dieser An- nahme kann man es wohl verstehen, daß die Granulationen auf ihrer Wanderschaft dieselbe Tätigkeit entwickeln wie ihre Mutterzelle; eine jede Fadenspur, die sie zurücklassen, reagiert auf die typischen Bindegewebsfärbungen genau so wie die Ueberreste von jener, die sie als ein leeres Gerippe von Zellwand, zarten Scheidemembranen und Zellfortsätzen liegen gelassen haben. So entstehen Bindegewebs- fibrillen aus einfachen, Bindegewebsfasern aus mehrfachen Körn- chenreihen. Daß hiebei auch Granulareihen von einem Element zum anderen hinüberziehen, ist leicht begreitlich; auf diese Weise kommt ein zusammenhängendes Bindegewebsnetz zustande. In- dessen wachsen einzelne Körnchen zu solchen Dimensionen heran, daß sie ihre Nachbarn um ein Mehrfaches übertreffen. Dabei gerät das eine oder andere außerhalb der Bahn etwas Plasma aus dieser mit sich reißend und legt so den Grund zu einer neuen Bindegewebs- zelle. Solche Körnchen sind offenbar nukleären Ursprungs. Vielleicht ist ferner auch die Annahme nicht grundlos, daß die feineren Granu- lationen dem Plasma angehören, denn sie gruppieren sich mitunter um Ruhekerne verlassener Bindegewebszellen (Taf. XIV, Fig. 26 ch). Es wäre denkbar, daß solche Kerne nach gewissen Ruheperioden Plasma an sich binden, mit jenen Körnchen also in Stoffaus- tausch treten, sich wieder mit chromatischen Substanzen versehen, kurz eine neue Zelle bilden. Unter Auflösung der plasmatischen Granulationen sendet die wiedergeborene Bindegewebszelle neue Fortsätze aus. Vielleicht wiederholt sich die Wiederherstellung alter Zellen öfter. Die Annahme, daß es auf diesen zwei Wegen, also durch ausgestoßenes Chromatin und Erneuerung alter Zellen zur Erhal- tung und Vermehrung des geformten Stützgewebes des Anneliden kommt, erhält ihre besondere Stütze dadurch, daß eine Teilung Bakteroiden, Mitochondrien und Chromidien. 345 von Zellen, Fasern oder Fibrillen in den Präparaten nirgends beob- achtet werden kann. Und was insbesondere den Grad der Ausbil- dung und die Verteilung der Bindesubstanzen in dem vorliegenden Wurmkörper anbelangt, spiegelt sich in manchem der histologischen Präparate das mechanische Prinzip als wichtigster Faktor für beide mit solcher Klarheit wider, daß darin ein unwiderleglicher Beweis für die Richtigkeit obiger Anschauungen erblickt werden muß. So zeigen z. B. die Träger der Granulationen in den zentralen Teilen der Füllmasse der Körperanhänge, wohin der Einfluß des Muskel- systems nicht reicht, einen ganz regellosen Charakter; sie breiten sich in der schleimigen Grundsubstanz aus, ohne eine bestimmte Richtung zu bevorzugen. Ganz anders gestaltet sich das Bild dort, wo Muskeln in der Nähe sind. Hier deutet das Präparat auf den Vorgang in vita hin, wie aus Körnchenstauungen unter dem Einfluß des Zuges benach- barter Muskeln die Granulareihen nach einer Richtung hervor- quellen; dementsprechend kommen lauter parallele Bindegewebs- fibrillen bzw. Fasern längs des Muskels zustande; Queranastomosen spielen dabei eine ganz untergeordnete Rolle. Und so laufen die Körnerreihen nicht bloß entlang ganzer Muskelzüge mit, sondern sie verfolgen auch einzelne Fasern (Taf. XIV, Fig. 18ch) bis mitten hinein zwischen die Zellen anderer Gewebe zur Ansatzstelle. Das läßt sich vor allem an jenen Stellen beobachten, wo die transversalen Muskeln aus dem Innern emporziehen und unter pinselartiger Aus- breitung ihrer Fasern an die Haut ansetzen. Einen besonders wert- vollen Beleg liefern die Bilder mit Kreuzungsstellen zweier Muskeln. Nicht daß jeder der beiden darüber hinaus seine ursprüngliche binde- gewebige Umscheidung behielte, nein, hier in den Winkeln der Kreuzung fließen die Körnchen in Haufen zusammen und von da aus erst wachsen Reihen derselben teils dem einen, teils dem andern Muskelzug folgend. Und so wird dennauchderAufbauderGrenzlamelle der Haut jetzt erklärlich. Wie vielfach bei anderen Würmern ist sie auch hier ein Fasernetz mit annähernd rhombischen Maschen; diese sind aus Körnchenreihen, derer Richtung aus dem Einflusse der sich kreuzenden Ring- und Längsmuskelzügen des Hautmuskel- schlauches resultierte, hervorgegangen (Taf. XIII, Fig. 2b). Es ist tatsächlich das Fasernetz der Grenzlamelle gegen das der Muskeln um etwa 45° gedreht. Archiv f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. I. 23 346 E. Trojan: Aber auch abgesehen von all dem Gesagten fällt insbesondere der Umstand ins Gewicht, daß das Vorkommen der in Rede stehen- den Granulationen überall im Wurmkörper aufs engste mit dem Bindegewebe verknüpft ist, wo immer dieses vorkommt, tauchen jene bei entsprechender mikrochemischer Behandlung auf, spär- licher dort, wo das Wachstum beendet ist, um so reichlicher, wo immer neues Bindegewebe in Bildung begriffen ist. Aus der einschlägigen Literatur sind bloß drei Autoren zu nennen, die sich genau mit derselben Materie beschäftigt haben, und zwar Cerfontaine,Cuenot und KR CEsSchneider. Cerfontaine (1890, S. 426) war der Entdecker der Granu- lationen. Er sah Häufchen von stäbchenförmigen Gebilden im Binde- gewebe und in der Leibeshöhle des Regenwurmes und hielt sie für Bakterien. Sie sollten nach seiner Meinung der Grund sein, warum tote Regenwürmer in kurzer Zeit verwesen. Cu¬ (1898, S. 111) befaßte sich mit diesem Thema eingehen- der. Er beschrieb die Stäbchen als kleine, an den Enden abgestutzte, kristalloide Körperchen, die nahezu überall im Regenwurm den Bindegewebszellen inhärieren, aber äußerst leicht aus diesen heraus- treten, sowie die Zellen durch irgendwelchen Eingriff zerstört wer- den. Alsbald fallen dann Amöbocyten über sie her, verdauen sie sukzessive, so daß aus den Stäbchen kleine Kügelchen werden. Gerade diese Tatsache scheint Cu¬ bewogen zu haben, jene Körperchen für Mikroben zu halten, dazumal auch Bakterienfär- bungen an ihnen glückten: er hielt sie für Bakteroide. Jedenfalls ist das, was dieser Autor in Wort und Bild über den Gegenstand dargestellt hat, nur ein Teil des Tatsächlichen, muß aber deshalb interessieren, weil auch er schon die wichtigsten Momente, die sich in der Bindegewebssubstanz bemerkbar machen, festgehalten hat, das sind 1. die Emission der Körperchen aus den Bindegewebszellen und 2. die Aufnahme derselben seitens anderer Zellen (allerdings bei ihm Amöbocyten). Es sind sozusagen die auffälligsten Episo- den, die mit den damaligen Methoden der mikroskopischen Technik festgestellt werden konnten; verborgen dagegen blieben alle jene Feinheiten, wie die Bildung und Umwandlung von Körnchenreihen zartesten Kalibers und Hinterlassung ihrer Spuren, die Zusammen-. gehörigkeit aller Körnchengebilde zu einem einheitlichen weit ver- zweigten und alle Bindesubstanzen des Wurmkörpers durchsetzenden Netz und noch anderes mehr wie oben beschrieben worden ist. Wahr- Bakteroiden, Mitochondrien und Chromidien. 347 scheinlich wäre Cu¬ bei seiner Beurteilung andere Wege ge- gangen, wenn er dies alles zu Gesicht bekommen hätte. Daß er aber gerade auf Bakterien und Phagocyten verfallen ist, darf nicht wundernehmen, wenn man sich in das damalige Jahrzehnt zurück- versetzt denkt, als gerade dieses Thema recht aktuell war. Unter dem zeitgemäßen Einflusse lag es nahe, die Regenwürmer leicht unter den Verdacht von Mikrobenträgern zu nehmen, nachdem Lortet und Despeignes in Exemplaren, die sie in Erde, welche von Lungenkrankensputum durchsetzt war, Tuberkelba- zillen gefunden haben wollten. Würde es sich aber tatsächlich um eine Phagocytose handeln, so wäre sie gewiß nicht Joseph (1906, S. 6) dei seinen ausführlichen Studien über Amöbocyten von Lumbricus entgangen; ja es bemerkt gerade dieser Autor, daß er von einer solchen nichts gemerkt habe und daß gerade jene Zentren, um die sich die Granulationen scharen, nichts mit Amöbocyten zu tun haben; und Phagocytose können sie überhaupt nicht treiben, denn man trifft sie allenthalben inmitten einer gallertigen Grundsub- stanz eingebettet und nicht frei vor etwa in der Leibeshöhle oder dem Kanalsystem. Im übrigen hat auch ihr ganzer Habitus nichts mit dem gemeinsam, was als Amöbocyt bisher beschrieben worden ist. Sie sind vor allem nicht Einzelindividuen, sondern Teile eines weit ausgebreiteten Gewebenetzes; der Zusammenhang mit einem sol- chen ist über alle Zweifel erhaben. Die Vermutung Cu&enots, daß seine Bakteroide eine Spe- zialität des Lumbricus seien, trifft in Wirklichkeit nicht zu, denn ab- gesehen davon, daß im vorliegenden Falle dieselben Gebilde bei einem marimen Wurme angetroffen werden, hatte auch K.C.Schnei- der (1902) schon Bekanntschaft mit ihnen bei den verschieden- artigsten Tieren gemacht, also eine Tatsache, die der Auffassung von Mikroben ebenfalls den Boden entzieht. Wie sollten denn Tiere ganz anderer Provenienz in den Besitz gleicher Mikroorganismen kommen ? Wenn sich schließlich Cu¬ nur auf eine Form der Bakteroide, nämlich die kristalloiden Stäbchen festgelegt hat, so ist dies bestimmt nicht ganz richtig. Es müßte ein Spezifikum für den Regenwurm sein, daß die Stäbchen dort Kristallecken und Kristallflächen von solcher Genauigkeit, wie er zeichnet, hätten; bei Chaetopterus existiert so etwas nicht. Und wenn Cuenot die Abrundung der länglichen Formen auf Verdauung, der sie in den Amöbocyten anheimtallen sollen, setzt, so kann auch davon hieı 235 348 E. Trojan: keine Rede sein, da die kugelrunde Körnchen Dimensionen anneh- men, die von den stäbchenförmigen nie erreicht werden; diese stehen also jenen an Größe nach und es müßten demzufolge gerade um- gekehrt die Stäbchen durch den Abbau der Kügelchen e ıtstanden gedacht werden. Das betreffende Größenverhältnis tritt in den Prä- paraten des öfteren klar zutage, Fig. 11, 15, 27, 29 und 32 veranschau- licht es in ein und demselben Gesichtsfelde. Daß es sich aber bei Chaetopterus um etwas andereshandeln könnte als um die Cu¬- schen ‚„‚Bakteroide‘, ist ganz ausgeschlossen und geht auch daraus hervor, daß schon K. C. Schneider (1902) alle jene Gebilde bei den marinen Polychaeten Nereis und Sigalion, sowie dem terri- coten Oligochäten Lumbricus mit ihnen identitizierte. An der Stäb- chenform der Bakteroide aber hält dieser Autor nicht so fest, wenn er ihr auch, wo er dem Gegenstand speziell bei.Lumbricus anläßlich der Beschreibung der Bindegewebszellen mit ihren strangartigen Fortsätzen ausführliche Worte widmet, den Vorrang gibt. Er schreibt (S. 411): ,‚Der bemerkenswerteste Charakter der Stränge ist aber die Einlagerung stabförmiger, scharf begrenzter Gebilde, die als Bak- teroiden bezeichnet werden und vielleicht Bakterien (Cuenot) vorstellen, die im Bindegewebe schmarotzen. Die Bakteroiden er- scheinen gewöhnlich als schmale glänzende, kristallähnliche Stäb- chen mit stumpf geeckten Enden.‘ Allerdings heißt es aber gleich WEILE RENT ihre Form ist nicht immer die geschilderte regelmäßige. Es schwankt die Größe und Dicke; oft erscheinen sie auch von ab- gerundeter Gestalt und nicht selten findet man Uebergänge zu Körn- chen verschiedener Größe und verschiedener Form, die als Zerfalls- produkte der Stäbchen erscheinen‘. Leider vermißt man zu diesen Worten entsprechende Abbildungen, denn die eine, die der Autor dort bietet, besagt in Einzelheiten nichts (Textfigur Is. n. S.). Daß es aber Schneider mit der Bakterienannahme C u &- no ts nicht ernst genommen hat, geht am deutlichsten wohl aus den Schlußworten des gleichen Absatzes hervor, wo es heißt: ‚Die Bak- teroiden liegen in hellen Räumen der Sarkstränge und man ge- winnt oft den Eindruck, als wenn die schlauchartige Ausbildung der Stränge durch ihre Anwesenheit bedingt wäre.. Vielleicht stellen sie eine besondere Art von Trophochondren vor.“ Wie man sieht, hätte Schneider mit dieser Auffassung beinahe das Richtige getroffen. Bekanntlich hat dieser Autor ob seines Lehrbuches der vergleichenden Histologie der Tiere, aus dem die obigen Zitate Ni Bakteroiden, Mitochondrien und Chromidien. 349 entnommen sind, manche harte Kritik über sich ergehen lassen müssen. Hier wäre sie durchaus nicht am Platze; im Gegenteil, es zeigt sich wieder, wie bei so manch anderer Gelegenheit, daß jenes Werk eine tiefe und wertvolle Fundgrube für Spezialforschung ‘und Ansporn zu neuen Ideen ist. Und gerade, was die Bindesubstan- zen der Würmer anbelangt, muß man es hoch bewerten, wieSchnei- ders richtige Erkenntnis jener äußerst schwierigen, bis auf seine Zeit völlig ungelösten Materien, sich zu den feinsten granulierten und fibrillär-faserigen Strukturen durchgearbeitet hat. Er nahm das Bindegewebe im Zustande vorgesch -ittener Entwicklung her ohne sich auf seine Genese einzulassen und analysierte es klar bis in seine letz- ten Einzelheiten, die heute noch von jedem als richtig anerkannt werden müssen. Er unterscheidet (l. c.) ‚zwischen verästelten b.h k ke r g.m.f bact Textfigur 1. Sarksträngen einer fein filzig-faserigen Grundsubstanz (Fig. 385) und hellen, Kanälchenartigen Räumen, die in geringer Menge die Grundsubstanz durchziehen und als Lymphbahnen aufzufassen sind. Die Sarkstränge können einkernig sein und repräsentieren. dann Bindezellen, die sich nach verschiedenen Richtungen verzwei- gen. Zumeist enthalten sie aber mehrere Kerne und sind oft von beträchtlicher Ausdehnung; sie ziehen sich parallel zu den Muskel- fasern lang aus, verästeln sich und anastomosieren mit anderen Strängen und zeigen strukturell ein mannigfaltiges Bild. Das Sark ist entweder kompakt und dann undeutlich fädig struiert oder es erscheint, zentral stark aufgelockert, so daß die Stränge, wenigstens lokal, den Charakter von Schläuchen annehmen können. Gewöhn- lich ist ihre Begrenzung scharf, in anderen Fällen wieder unbestimmt. 350 en ETrojan: Hier und dort enthalten sie Körnerreihen, die lokal geschwellt sind und sich intensiv mit Eosin und Eisenhämatoxylin färben.‘ Ent- schieden ist in diesen wenigen Zeilen viel zu viel sozusagen in einem Atemzuge ausgesprochen, offenbar deshalb, weil der Rahmen eines Lehrbuches ein weiteres Eingehen auf den Gegenstand nicht zuließ. Das Wenige ist aber durchaus korrekt, nur genügt die kurze Fas- sung nicht, um alles verständlich zu machen. Auf den früheren Seiten ist der Versuch gemacht worden, das schwierige Kapitel der Bindesubstanzgenese faßlich darzustellen, wozu die detaillierten Abbildungen auch wesentlich beitragen dürften. Es ist allerdings auch möglich, daß die Verhältnisse bei Chae- topterus günstiger liege als bei Lumbricus, sicherlich soweit es die Granulationen anbelangt, denn mit ihrer Hilfe ist es möglich gewesen, den feinsten plasmatischen Spuren nachzugehen und den jeweiligen Zusammenhang zwischen fertiger Stützsubstanz und ihrem Bau- material zu verfolgen. Daß es auch bei Lumbricus ein zusammen- hängendes Netz lebender Plasmafäden gibt, das von den Binde- zellen und der Gesamtheit ihrer Fortsätze gebildet wird, geht aus der Darstellung Schneiders über die Ausdehnung der Sarkstränge mit vielen Kernen genug deutlich hervor; ihr dort geschilderter Verlauf entlang der Muskelfasern hat seine Illustration hier in Fig. 18, Taf. XIV; das, was er über die undeutliche fädige Struierung der Plasmastränge sagt, soweit ihr Sark kompakt bleibt, veranschau- licht die Figur 33 ch” (rechts) ebendort. Selbst die Auflockerung zentraler Plasmapartien, von der er spricht, konnte im Bilde fest- gehalten werden, dazumal stellenweise die Körnchen innerhalb von Schläuchen liegen (Taf. XIII, Fig. 5, Taf. XIV, Fig. 17,29 ch). Wäh- rend aber hier beim Chaetopterus in den Körnchenzügen allerlei Formen durcheinander gemischt beobachtet werden, Stäbchen, grobe und feine Granula und diese nach der oben ausgesprochenen Meinung durch Assimilations- bzw. Dissimilationsprozesse plas- matischer Organellen unter Regulation chromatischer Substanzen der Kerne entstanden gedacht, kurz also alle Granulationen als ein- heitliches Material zum Aufbau der bifrillär-faserigen Stützsubstanz angesehen werden, unterscheidet Schneider die Körnerreihen mit lokalen Anschwellungen der Fäden (Zustände, wie in Fig. 12, 19, Taf. XIV bei Chaetopteren dargestellt) von den Bakteroiden. Er hat allerdings keinen anderen Grund dafür, als daß sich die erste- ren intensiv mit Eosin färben, die letzteren nur einen leichten, gelb- Bakteroiden, Mitochondrien und Chromidien. 351 lichen Stich annehmen. Die chemische Affinität zu Farbstoffen bei Gebilden, die unzweifelhaft, wie Schneider selbst meint, einen eigenen Stoffwechsel haben, ändert sich mit dem jeweiligen Zustande und dürfte also kaum einen stichhaltigen Unterscheidungs- grund abgeben. Mehr noch als im Zusammenhange mit Muskeln hatsichSchnei- der mit der bindegewebigen Umscheidung der Nervenbahnen jener Würmer, vor allem der Bauchganglienkette beschäftigt. Er spricht das Bindegewebe dort direkt als Hüllgewebe an. Und auch da lie- fert er bereits eine Anzahl wertvoller Angaben, ohne sie allerdings im Zusammenhange entsprechend zu verwerten. So erkannte er bei Nereis (S. 370) die nahe Verwandtschaft des Hüllgewebes mit der Grenzlamelle des Hautmuskelschlauches aus den ähnlich wie dort ‚reich verästelten, fädig struierten Zellen, deren Grenzen nicht zu bestimmen sind‘. Auch war es ihm aber schon aufgefallen, daß die Kerne dieser Gewebepartien durchaus nicht gleich waren, denn die einen sahen klein und dunkel gefärbt aus, andere wieder „größer und dann bläschenförmig, mit deutlichem Nukleolus““. Und noch mehr Nachdruck verlieh er dieser Inkonstanz der Kerne an- läßlich der Beschreibung des Hüllgewebes bei Sigalion, wo sogar der Uebergang der einen Kernform zur anderen angedeutet und das Beisein von Körnelungen in jenem Gewebe hervorgehoben wird. Aus diesen Tatsachen kann eigentlich mit ziemlicher Sicherheit der Schluß gezogen werden, daß Schneider bereits Zeuge war der fundamentalen Prozesse des Aufbaues des fibrillär-faserigen Bindegewebes, ohne sie richtig gewürdigt zu haben. ‚‚Es besteht“, wie es dort wörtlich heißt, ‚aus reich verästelten Zellen, deren ge- naue Formen nicht festzustellen sind, die scheinbar direkt mitein- ander zusammenhängen. Um die meist großen bläschenförmigen, einen deutlichen Nukleolus zeigenden, Kerne, die aber auch schmal- elliptische Formen annehmen und dann dunkel gefärbt sein Können, fügt sich ein leichtes, zartfädiges Sark, welches von verschieden großen, von hyaliner Zwischensubstanz erfüllten, Räumen durchsetzt ist. Die Fäden verlaufen in lockeren Zügen, vermutlich entsprechend den Zelltortsätzen, die nicht scharf abzugrenzen sind. Sie bilden ein Maschennetz mit eingelagerten hellen Kanälen, in deren Um- gebung sie membranartig verbunden scheinen. Die Verbindung wird durch eine zartlamellöse Grundsubstanz bewirkt, die sich mit der van Gieson-Methode nicht färbt.‘ 352 E. Trojan: „Derart sind vor allem die Zellen auswärts von den Fasersträn- gen beschaffen. Ueberall verstreut liegen die großen runden hellen Kerne in dem gleichfalls hellen grobschaumigen und retikulären Sark. Hier und da sind in der Umgebung manchen länglichen Kernes körnige Einlagerungen zu erkennen, es wird hiedurch der. Uebergang vermittelt zu kleinen gestreckten Kernen innerhalb spindelförmiger gekörnter Zelleiber, die verschieden orientiert ver- laufen und körnige verästelnde Fortsätze abgeben. Ein scharfer Unterschied kann zwischen diesen spindelförmigen Zellen und den übrigen nicht gemacht werden.‘ Aus diesen Worten geht weiters klar hervor, daß Schneider Vorgänge schon beobachtet hat, die hier in Zusammenhang mit der Reaktivierung alter Kerne und mit der Bildung ganz neuer aus dem Chromatin der alten gebracht werden. Interessant, daß auch zu jener Schilderung des Autors manche Mikrophotographie aus der vorliegenden Arbeit die Illustra- tion abgeben könnte. Anläßlich der Besprechung der Histologie der Bauchganglien- kette von Eisenia (Lumbricus) gibt Schneider eine wertvolle Ab- bildung histologischer Einzelheiten wieder, wobei er die Bakteroiden im Hüllgewebe besonders gut hervortreten läßt (Textfigur 2 s.n. S.). Wenn die Zeichnung der Natur vollkommen entspricht, dann ist es mit der Stäbchenform jener Gebilde sehr schlecht bestellt, denn. Schneider zeichnet fast ausschließlich rundliche Körner. In einer Richtung ist aber seine Zeichnung sicher zu bemängeln, insofern nämlich die Granulationen ganz frei daliegen, statt in eigenen, zu- sammenhängenden Plasmamassen und Plasmasträngen eingebettet zu sein, wie es sicherlich in der Tat auch bei jenem Wurme der Fall sein dürfte. Bei dieser Fülle von richtigen Beobachtungen muß es doch auf- tällig erscheinen, daß nicht Schneider schon, zumal er die Bakteroiden als Charakteristikon des Bindegewebes ansieht, zu dem gleichen Resultat gekommen ist, das hier vorliegt; ja man könnte vielleicht sogar an der Richtigkeit unserer Deutungen zwei- feln. Indessen darf. nicht vergessen werden, von welchen Gesichts- punkten Schneiders Vorstellungen über die Entstehung tie- rischer Gewebe geleitet waren. Der Ausdruck ‚Trophochondren“, der von ihm in den obigen Zitaten gebraucht wird, ist bezeichnend. Man muß hierzu in dem allgemeinen Teil seines Lehrbuches nach- lesen (S. 99 und ff.). Wie die Fäden des Zellplasmagerüstes, so denkt Bakteroiden, Mitochondrien und Chromidien, 353 er sich auch alle Stütz-, Nerven- und Muskeltibrillen aus Körnchen (Chondren) entstanden; er nennt solche Desmo- bzw. Linochondren. Woher die Körnchen stammen, sagt er nicht, sondern nimmt sie von Natur aus als integrierenden Bestandteil des Plasmagerüstes an zum Unterschiede von der Zwischensubstanz des Zelleibes, in der jene sich ausbreiten. Die Körnchen leben, können sich teilen und es spielen sich in ihnen Assimilations- und Dissimilationsprozesse ab, Li.F,Str $ Re.F.Str. H.Gwy bact Textfigur 2. chemisch verschiedene Prozesse, je nach der Art der Zelle, welche die Chondren beherbergt und so fallen denn auch die Produkte des Dissimilationsprozesses verschieden aus; die Neurofibrille ent- stehe aus den Neurochondren, die Myotibrille aus den Myochondren. Neuro- und Myochondren werden, wenn sie das Dissimilations- produkt ihrer Nahrung aufspeichern und erst auf einen Reiz ver- mutlich in bestimmten Fällen abspalten, Speicherkörner, Tropho- chondren genannt. So, meintSchneider, werde auch die Stütz- 354 E-Frojan: fibrille von einer besonderen Art Trophochondren abzuleiten sein und vielleicht sind die ‚„‚Bakteroide‘‘ gerade solche. Wenn so manches von den mikroskopischen Bildern, die bei dieser Studie zum Vorschein gekommen sind, namentlich die feinsten Körnchenzüge und ihre Umwandlung in Bindegewebsfibrillen unter Auflösung der Granula Schneider vorgelegen wäre, er hätte gewiß über Trophochondren der Stützgewebe kaum bloß in Vermutungen gesprochen, obgleich mit seiner Theorie auch dann nicht das Richtige erreicht worden wäre. Denn mögen die vitalen Körner (Chondren), von denen er ausgeht, welcher Art immer auch sein, stets liegt ihre Tätigkeit im Bereich einer Zelle. Hier verhält es sich aber anders: die Körnchen werden aktiv außerhalb des Zellverbandes angetroffen, gerade in Gegenden, wo die Tätigkeit der Bindezellen stillsteht, vielleicht nur vorüber- gehend, vielleicht aber auch auf immer. Allerdings hat Schnei- der auf die Bildung von Bindesubstanzen außerhalb von Zellen nicht vergessen und für sie die ganz hypothetischen Kolochondren (Binde-, Klebe- oder Kittkörner) aufgestellt. Er hat sich solche sicher metamikroskopisch gedacht und konnte daher unmöglich die Bakteroiden als solche auffassen. Wohl ist ihm die Vitalität dieser zweifelhaften Granula nicht entgangen; daß er sie aber am ehesten seinen Trophochondren einverleibt wissen wollte, dazu mögen ihn zwei Momente besonders veranlaßt haben und zwar ihr Wachstum einerseits, das er als eine Aufstapelung von Nährstoffen deutete und andererseits ihr Aufgehen in kleinste Granula, das er auf Abspaltung von Reservestoffen zurückführte. Die wichtige Tatsache aber, daß die Körnchen immer das Bestreben zeigen, ein- fache Reihen zu bilden, ist von ihm viel zu wenig gewürdigt worden; und daß sie sich alsdann in das Substrat ihres Trägers auflösen, hat er überhaupt nicht verfolgt. Das aber sind gerade die fundamen- talen Geschehnisse, die für die Bedeutung der Bakteroiden als Bild- ner und Erhalter des fibrillär-faserigen Bindegewebes Zeugnis ablegen ; der Vorgang ihrer Entstehung in den Mutterzellen des Binde- gewebes macht die Annahme jedweden unerklärlichen Reizes, der nach Schneider die Körner zur Abspaltung ihrer Dissimila- tionsprodukte veranlassen soll, überflüssig. Das Wachstum einer Zelle samt ihrem Kerne muß gewisse Grenzen haben und ihrer Funk- tion dürften ebenfalls zeitliche Schranken gesetzt sein; daß mit ihrem erschöpften Zustande die Möglichkeit der Neubildung von Binde- gewebe für das Tier erloschen sein sollte, wäre unnatürlich. Die Bakteroiden, Mitochondrien und Chromidien. 355 zunächstliegende Annahme, daß, wie in anderen Geweben, die Mutter- ‚zellen sich fortgesetzt teilen und mit ihnen auch der Fibrillen und Fasern immer mehr werden, trifft hier nicht zu, ebensowenig die noch lange nicht allgemein anerkannte Annahme, daß sich Fibrillen durch Teilung von ihresgleichen vermehren, sondern der oben beschrie- bene Modus; und dieser zwingt, hier zu den Lehren von Mitochondrien und Chromidien Stellung zu nehmen. Mitochondrien und Chromidien. Die Mitochondrien haben in Anbetracht der verhältnismäßig kurzen Zeit seit 1897, als sie so recht in die Forschung eingeführt worden sind, eine überaus stattliche Literatur erreicht. Benda gilt als ihr Entdecker, weil er durch ein spezifisches Fixierungs- und Tinktionsverfahren (chrom- und osmiumhaltige Gemische bzw. Eisenhämatoxylin- oder Bendas Doppellackverfahren) Gra- nulationen in den Zellen sichtbar machte, die zwar auch andere Forscher vor ihm beobachtet, nicht aber als einheitliche Gebilde beurteilt hatten. Als Vorgänger der Mitochondrienforschung werden la Valette St. George (1886), Altmann (1894), Bouin, vonBrunn (1884) und die Brüder Zo ja (1891) genannt. Wenn Benda die ‚Cytomikrosomen‘“, ,„Pastidulen“ und ‚‚Granula‘ der früheren Autoren unter die gleiche Benennung der Mitochondria brachte, so wollte er damit besagen, daß es sich um Körnchen (x9vösıov) in Zellen handle, deren spezielle Eigenschaft es ist, sich zu Fäden (wiTog) aneinander zu reihen. Wo es tatsächlich zu solchen Fäden kommt, lägen Chondriomiten vor. Meves (1907) kam dann mit den Bendaschen Methoden auf Stäbchen, die er auf Mito- chondrien zurückführte und Chondriokonten nannte; diese und die Chondriomiten faßte er unter der Bezeichnung Chondriosomen zu- sammen. Wenn derselbe Autor später (1910) jene Benennung durch Plastochondrien, Plastokonten bzw. Plastosomen ersetzte und end- lich der eifrigste Verfechter der Mitochondrienlehre,Duesberg (1912) den letzten Namen allein für alle die anderen in der Literatur gebraucht wissen wollte, so lag dabei die Absicht zugrunde, ein in- differentes Material damit zu bezeichnen, das sich während der Entwicklung des Keimes zu den verschiedensten Geweben differen- zieren kann. Zugleich hat man auch der Ueberzeugung Ausdruck gegeben, daß ein ganz spezielles Aequivalent im Plasma zu den 356 [E. Trojan: Chromosomen des Kernes gefunden worden sei. Ja es sollte hiedurch sogar die Stellung der Chromosomen als Träger und Ueberträger der Qualität der Zellen, wie man sie als solche seit Jahren aus den Teilungsprozessen immer genauer zu erkennen glaubte, strittig ge- macht werden; die Plastosomen sollen bestimmt sein, ihnen einen Teil der Rolle abzunehmen und wären als gleichwertige Vererbungs- träger anzusehen. Zuerst war in der Forschung bloß von der Mito- chondria der männlichen Geschlechtszellen die Rede; erst später fand man sie nach und nach auch in den Embryonalzellen und steht heute soweit, um zu behaupten, daß sie sich in allen Zellen vorfinden. Diesbezüglich ist wohl kaum ein anderer so berufen, sein Urteil ab- zugeben wie Duesberg; er schreibt (1912, S.-590): „Man muß zuerst sagen, daß sehr zahlreiche Beobachtungen, deren Einzel- heiten man weiterhin finden wird, die Existenz der ‚„‚Mitochondria‘ in den männlichen Geschlechtszellen der Vertebraten wie der Everte- braten aller Gruppen, sowie ihre Rolle beim Aufbau des Sperma- tozoids nachgewiesen haben und dieser Punkt steht zurzeit tatsäch- lich außer aller Diskussion. Die Existenz der ‚Mitochondria‘ in anderen Zellen als den Samenzellen ist dagegen strittig.“ Und so steht es bis heute noch. Im Hinblicke auf jene Hypothese, daß eine jede Zelle im Plasma Körnchen als Träger des ihr zukommenden spezifischen Charakters besitze, haben bereits Forscher ernste Untersuchungen über das Werden von Muskeln-, Nerven-, Bindegewebsfibrillen u. a. m. aus Plastosomen veröffentlicht. Hier interessiert vor allem das, was über die Entstehung von Bindegewebsfibrillen geschrieben worden ist. Esstammt vonMeves(1910). Nicht ohne Absicht soll Due s- bergs Referat darüber (1912, S. 743) hier wiedergegeben werden: „Meves hat die Entwicklung der Plastosomen der Embryonalzellen des Huhnes in den Zellen des Bindegewebes und speziell in den Sehnen der Glieder verfolgt. Die Anlage der Sehne besteht zuerst aus Haufen von ana- stomosierenden Bindegewebszellen, welche parallel der Achse der künftigen Sehne langgezogen sind. Diese Zellen schließen in ihrem Zellkörper und in ihren Fortsätzen Plastokonten ein. Kern, Protoplasma und Plastokonten unterliegen gleich zu Beginn der weiteren Stadien einem ziemlich beträcht- lichen Wachstum (der Kern verdoppelt sein Volumen). Etwas später, in Präparaten, die mit modifizierter Flemmingscher Flüssigkeit und Eisen- hämatoxylin behandelt waren und infolgedessen die Plastosomen zeigen, und weiter in einer Lösung von Rubin S., welche die kollagenen Fasern zur Erscheinung bringt, sieht man diese Elemente stark rot gefärbt erscheinen. Bakteroiden, Mitochondrien und Chromidien. 357 Sie nehmen in diesem Stadium eine ganz charakteristische Lage ein: »sie liegen den Zellkörpern so dicht an, daß sie mit der Zelloberfläche zusammen- fließen und als rot gefärbte Konturen der Zelle erscheinen (S. 162—163)«. Die älteren Fasern dagegen verlaufen meist zwischen den Zellen“. „In demselben Stadium konstatiert man, daß die länger gewordenen und weniger gebogenen Plastokonten (oder wenigstens doch ein Teil von ihnen) auch eine epizelluläre Lage eingenommen haben, was man ebenso auch an den mit Rubin färbbaren Fibrillen, mit Sicherheit an Querschnitten er- kennen kann; an solchen Schnitten erscheint die Oberfläche der Sehnen- zellen mit Punkten bedeckt, von denen die einen schwarz sind, Querschnitte der Plastokonten, die anderen rot, Querschnitte der Fibrillen. Im Inneren der Zellen findet man noch Plastosomen. Zwischen den Zellen erscheinen bald freie Fibrillen. Diese Bilder geben M eves die Ueberzeugung, daß die kollagenen Fasern aus den Plastosomen entstehen. Eine Schwierigkeit zeigt sich indessen: die Plastokonten in ihrer epizellulären Lage sind immer Fäden von bestimmter, wenn auch ziemlich beträchtlicher Länge; die Fibrillen sind dagegen von ihrem Auftreten an außerordentlich lange Fäden: »freie Endigungen der Fibrillen lassen sich nicht bestimmt nachweisen (S. 163).« „Um diese Schwierigkeit zu umgehen nimmt M evessan, daß die Plastoso- men, nachdem sie sich an die Oberfläche der Zellen begeben haben, ihre che- mische Zusammensetzung in der Art ändern, daß sie nicht mehr färbbar sind, weder mit den Färbungsmethoden der Plastosomen (Eisenhämatoxylin) noch mit denen der kollagenen Fibrillen (Rubin); in diesem Moment fließen sie (die in einer Reihe liegenden), mit ihren Enden zusammen, dann ändern sie noch einmal ihre Färbbarkeit und lassen sich mit den Färbemethoden der “ kollagenen Fibrillen färben: sie sind dann differenzierte Fibrillen. Diese sind zuerst an die Zellen angeheftet wie die Plastosomen, denen sie entstammen, sie lösen sich alsdann los und liegen frei zwischen den Zellen. Das Studium der weiteren Entwicklung zeigt, daß die Zellen keine Neubildungen von Fibril- len hervorbringen, sondern daß die schon vorhandenen Fibrillen durch sich selbst wachsen und sich vermehren. Im Anfang besteht wohl eine Reihe von Fibrillenschüben, aber diese hören mit dem 14. Tage auf und nach diesem Ter- min vermehren sich und wachsen die Fibrillen ausschließlich „durch eigene formative Tätigkeit«; man beobachtet auch keine Plastosomen mehr an der Oberfläche der Sehnenzellen.“ „In dieser Arbeit zeigt die Demonstration des plastochondrialen Ur- sprungs der kollagenen Fibrillen eine Lücke, was selbst M e ves anerkennt.‘ Ein sicherer direkter Uebergang von Plastosomen in die Binde- gewebsfibrillen ist eben nicht erwiesen. Aber die höchste Wahr- scheinlichkeit für eine solche Ableitung ist, wie Duesberg mit Recht betont, darin zu erblicken, daß die Plastosomen knapp vor der Fibrillenbildung epizellulär werden, mit jenen gleiche Dicke und Lage besitzen und daß man bisher ansonsten kein anderes Material für den Ursprung der Bindegewebsfibrillen ausfindig zu machen vermochte. Es fragt sich nur, ob dann, da das fibrillogene 358 E. Trojan: Stadium der Mitochondrialtinktion so abhold ist,. überhaupt noch von den Plastosomen als Bausteinen der Fibrille gesprochen werden kann, ob nicht vielmehr ein ganz anderes Umwandlungsprodukt bzw. Endprodukt vorliegt? Das was Koltzoff (1906) über die Bedeutung der Plastosomen in den Samenzellen von Dromia beob- achtet hat, spricht fürs letztere. Man kann dort nämlich genau beob- achten, wie jene Körperchen in Fibrillen übergehen, zum Teil in solche, die spiralig, zum Teil aber wieder in andere, die längs ver- laufen, also zu sogenannten Skelettfibrillen der Spermie werden. Seit langem gilt die Essigsäure für ein Mittel, das die Plastosomen weglöst; jenen Fibrillen aber kann sie nichts mehr antun. Daher liegen auch keine Plastosomen hier vor. Das tut indessen der obigen Behauptung keinen Abbruch, denn die Theorie sieht in den fraglichen Gebilden ein indifferentes materielles Substrat, das den Differenzie- rungsprozessen zugrunde liegt und sich erst in den verschiedenen Geweben zu spezifischen Substanzen differenziert. Vermöge-welcher Kraft? - Hier hält man an einem Punkte, der, wie es scheint, soviele, darunter auch Cytologen von bestem Ruf, abhält, der Mitochondrien- lehre beizutreten. Ihre Verfechter haben, wie gesagt, den Plasto- somen eine eigene Kraft, gerade so, wie sie den Chromosomen sup- poniert wird, vindiziert. Für diese Parallelisierung haben sie sich manchen Vorwurf gefallen lassen müssen, vor allem den gegen die beanspruchte Einheitlichkeit jener Gebilde. Wo soll nur eines der konstanten Merkmale, die die Chromosomen kennzeichnen, bei Plastosomen vorhanden sein? Wo z. B. die ganz bestimmte Zahl für alle möglichen Zellen eines und desselben Individuums? Im Gegen- teil, die größten Schwankungen nimmt man wahr, eine beiläufig gleichmäßige Verteilung höchstens auf die Einheiten eines und des- selben Gewebes, im benachbarten schon andere Verhältnisse, ab- gesehen davon, daß in embryonalen und regenerierenden Zellen überhaupt die Zahl der Plastosomen viel stattlicher sein soll als sonst. Nicht besser ist es um die Art der Anordnung bestellt. Ist, was die Chromosomen betrifft, die konstante Regelmäßigkeit bei uns förmlich in Fleisch und Blut übergegangen, so ist keine Spur davon bei den Plastosomen zu vermerken. Das eine Mal stehen sie dem Kern, das andere Mal dem Centrosom näher, oder liegen sie bei- den fern. Bis in welche Einzelheiten kennt man heute die Lebens- geschichte der Chromosomen, so daß man mit Sicherheit sagen kann, Bakteroiden, Mitochondrien und Chromidien. 359 daß aus ihnen wiederum Chromosomen bloß hervorgehen können. Aus den Plastosomen hingegen läßt die Mitochondrientheorie ganz heterogene Substanzen entstehen, Epidermisfibrillen, kollagene Fibrillen, Muskel oder Nervenfibrillen u. a. m., kurz Substanzen von grundverschiedenem Chemismus. Man darf nicht glauben, daß die angegriffene Lehre solchen Einwänden wehrlos gegenüberstieht; wenn es ihr trotzdem nicht gelungen ist, sich allgemeine Anerken- nung zu verschaffen, so hat das Gründe mannigfacher Art. Vor allem weiß man von den Plastosomen, ausgenommen die der männlichen Geschlechtszellen, heute noch viel zu wenig; überdies ist die gleiche Färbbarkeit noch kein hinreichender Beweisgrund gegen die Vermu- tung, daß bei all dem, was man unter den einen Hut des Plasto- soms bringt, ganz heterogene Substanzen vereint sein dürften; end- lich aber und das scheint das schwerwiegendste Hindernis zu sein: die Vorstellung von der dominierenden Rolle des Zellkernes und der Bedeutung der Chromosomen wurzelt zu tief und ist gut fundiert. Es ist das Verdienst ©. Hertwigs (1884) und E. Straß- burgers (1884) gewesen, aus der spekulativen Idioplasmatheorie Nägelis, die neben einem Ernährungsplasma der Zelle noch ein Idioplasma, die Summe elementarer Lebenseinheiten postulierte, ohne sich über eine besondere Lokalisation derselben in der Zelle zu äußern, den Kern als den Sitz des letzteren herausgeschält und seine Wichtigkeit vor dem übrigen Zelleib weit emporgehoben zu haben. Was dann alles seit jener Zeit zur Festigung dieser Tatsache geleistet worden ist, bildet förmlich das Um und Auf der Histologie und braucht wohl hier nicht weiter auseinandergesetzt zu werden. Es scheint aber nicht wunderlich, daß, wenn jemand Kernstudien selbst betrieben hat, er den Kern allein als Inbegriff des Lebens der Zelle ansieht. Eine solche Denkungsart stützt sich auf mannig- tache Erfahrungen. So ist es zweifellos, daß ohne Kern oder Kern- rest der Plasmaleib zugrunde geht, wogegen das Plasma mitunter kaum nachweisbar ist, wenn sich der Kern gerade zu wichtigen Aktionen anschickt. Die histologischen Bilder embryonaler und regenerierender Gewebe lassen ganz besonders die Kerne hervor- treten, während das Plasma zwischen den großen, oft völlig aneinander- stoßenden Kernen beinahe ganz verschwindet. In den ersten Stun- den der embryonalen Entwicklung eines jeden Individuums be- herrschen Geschehnisse am Kern, wie die Vermehrung, Individualı- sierung und gesetzmäßige Verteilung des Kerninhaltes allein das Feld; 360 E.:Tro jan: die Rolle des Plasma ist im Vergleich zu der der chromatischen Sub- stanzen geradezu nichtssagend. Und dazu, was man an Kernprozessen bei Ei- und Samenreifung, der Aequations- und Reduktionsteilung und der Befruchtung nachgewiesen hat und mit der Vererbungs- theorie in Einklang zu bringen verstand, stärkte das Festhalten an der Idee, daß es außer dem Kern allein nichts in der Zelle geben kann, was auf ihre Bestimmung prinzipiell Einfluß nehmen sollte. Wenn nun aber dennoch Forscher neue Elemente entdeckten, die außer- halb des Kernes mit einer gewissen Konstanz auftreten und vielfach an den Bewegungen der Karyokinese regen Anteil nehmen sollten, dann braucht die Vermutung, daß diese fraglichen Gebilde dem Kern entsprossen sind, nicht zu befremden. Und damit muß die Chro- midialtheorie in den Kreis vorliegender Betrachtungen einbezogen werden. Den Grundstein zu dieser Lehre hat eigentlich R. Hertwig (1903) gelegt. Er beobachtete im Plasma von Actinophaerium Eich- horni Körnchen, deren Zahl namentlich dann, wenn die Tiere hun- gerten, sehr groß wurde, weil sich die Kerne in sie auflösten. Chro- midien nannte er jene Gebilde und leitete sie vom Zellkern ab. Seitdem haben Hertwig selbst und neben anderen Forschern seine Schüler, voran Goldschmidt und Popoff die Lehre von den Chromidien weiter ausgebaut. So erklärt man sie denn heute für Kernelemente von der Art der Chromatinkörnchen, die vom Kern in den Plasmaleib ausgestoßen werden. Indessen steht diese Defini- tion auf nicht zu starken Füßen und ihre Richtigkeit wird stark angezweitelt, weil der Chromidienaustritt aus dem Kern nirgends einwandfrei bewiesen worden ist und in der sonstigen Charakteri- sierung jener Gebilde, insbesondere was ihre Bestimmung betrifft, die Autoren zu widersprechenden Resultaten gekommen sind. So vertritt Goldschmidt die Ansicht, daß in dieselbe Kategorie von Formelementen sogenannte Chromidialstränge in den Zellen der Askariden, die Plastosomen, der Golgische Netzapparat, die Niss1Ischen Körper, die Pseudochromosomen, Centrophormien und nach Popoffs Meinung sogar auch ein Teil des Idiozoms gehört, was alles von ihm unter dem Begriffe des ‚‚Chromidialapparat‘ vereinigt wurde. Aber hinsichtlich der Bedeutung der Chromidien und des Chromidialapparates stehen R. Hertwig und Popoff den Anschauungen Goldschmidts gegenüber auf einem anderen Standpunkt. Bakteroiden, Mitochondrien und Chromidien. 361 R. Hertwig geht von seiner Theorie der Kernplasmarelation aus, derzufolge in jeder Zelle ein bestimmtes Massenverhältnis von Kern und Plasma existieren müsse. Bei seinen Protozoenstudien ist es ihm gelungen, nach Belieben dieses natürliche Verhältnis in ein Mißverhältnis umzuwandeln, indem er die Einzeller überfütterte oder hungern ließ. In beiden Fällen erreichte er Riesenkerne im Zelleib, die sich alsbald ihres Chromatins entledigten. Die Emission von Chromatinmassen ist eine Selbstregulation und führe die gestörte Kernplasmarelation wieder in normale Bahnen. Popoff folgt hierin R. Hertwig auch hinsichtlich des Chromidialapparates. Goldschmidt dagegen hat sich die Erklärung des gleichen Vorganges anders zurechtgelegt. Den Ausgangspunkt für ihn bil- den seine Erfahrungen mit Muskelzellen der Askariden. Dort hat er im Plasma mit Kernfarbstoffen teils längere, teils kürzere gerade und gewundene Stäbchen gefunden, die in Ueberzahl um den Kern lagern; von hier aus strahlen andere radiär aus und lassen sich mitunter bis zwischen die Muskelsäulchen verfolgen. Er glaubte unzweideutige Bilder erhalten zu haben, wie die ‚„‚Chromidialstränge‘‘ — so nannte er jene Gebilde — aus dem Kern herauswachsen. Ihre Zahl nehme in lebhaft funktionierenden Zellen zu. Weil er die Chromidialstränge aber auch in den Epithelzellen des Mitteldarms und den Drüsen- zellen des Enddarms und auch hier wiederum vornehmlich während der Verdauungsprozesse vorfand, so ging er weiter und meinte, derartig wichtige Formelemente der Zelle dürften wohl nicht allein auf die Askariden beschränkt sein. Das brachte ihn auf die Homo- logisierung aller obengenannten Elemente, die aus dem Kern aus- treten sollten, wenn es die Funktion der Zelle erfordert. Es bestehe — und das ist das Wesentliche an seiner Theorie — in jeder tierischen Zelle der Zustand der Zweikernigkeit, selbst dort, wo er nicht so klar zutage liegt wie bei den Wimpertierchen, sondern nur ein Kern nachweisbar ist. In einem solchen vereinigen sich zweierlei chro- matische Substanzen, das Idiochromatin, rein für die Propagation der Chromosomen bestimmt, und das Trophochromatin, das den Stoffwechselprozeß der Zelle und die sich aus diesem ergebenden Funktionen, die Gestaltung und Entstehung von Zellprodukten, sowie die Bewegungen reguliert. Kommt es nun zu einem Austritte des letzteren aus dem gemeinsamen Verbande des Kernes, dann liegen Chromidien vor; sie bleiben ihrer Bestimmung treu und bil- den im Plasma den Ausgangspunkt für die Funktionen der Zelle Archiv f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. 1. 24 362 NRESSELO jan: und ihrer Produkte, also vor allem der verschiedenen Arten von Fi- brillen. Nun wird aber gerade für diese Verrichtung von anderer Seite der Plastosomenbestand in Anspruch genommen und das in einer für Goldschmidt offenbar in so überzeugenden Weise, daß er erklärt, Chromidialapparat und Plastosomen seien ein und dasselbe. Für diese Identifizierung hat Duesberg (1912) Goldschmidts Untersuchungen des Chromidialapparates mit. einer höchst ab- fälligen Kritik bedacht, zu der er umso mehr Recht zu haben glaubte, als Goldschmidt selbst bereits eine Reihe seiner Irrtümer eingesehen hat. Goldschmidts Chromidialstränge, auf die die ganze Theorie aufgebaut ist, seien absolut keine Plastosomen und andere Autoren haben bereits nachgewiesen, daß hinsichtlich ihrer Ableitung vom Kern seinerzeit eine Täuschung vorlag. Selbst zugegeben, daß vieles, was von den Schülern Gold- schmidts als Chromidien beschrieben worden ist, namentlich in den männlichen Geschlechtszellen, mit den Plastosomen identisch sei, so besteht zwischen den Anhängern der Chromidial- und Plasto- somentheorie der unüberbrückbare Gegensatz, als jene den nuk- leären Ursprung postulieren, diese ihn aber negieren. Es war notwendig, hier auf die beiden Lehren näher einzugehen, weil das vorliegende Thema in die eine ebensogut einzuschlagen scheint wie in die andere; einen Beweis dafür liefert schon der bloße Vergleich der Illustrationen mit solchen aus der einschlägigen Lite- ratur. Und wenn sich seit K. C. Schneider jemand aus dem einen oder anderen Lager mit dem Objekt bei Würmern beschäftigt hätte, es wäre sicher bereits die Entscheidung zugunsten der Mito- chondrien oder Chromidien gefallen. Indessen erscheint diese Ka- tegorie von Tieren, soweit es der Einblick in die Literaturlisten ge- stattete, von beiden Richtungen ganz beiseite gelassen. Der Annahme, es könnte sich hier um Plastosomen handeln, kommen mehrere Umstände zustatten: so lassen sich die Gebilde nach Fixierung mit Chromsäuregemisch durch Eisenhämatoxylin mit besonderer Brillanz darstellen; sie besitzen unverkennbar eine große Neigung, sich zu Reihen zu ordnen; sie bilden Stäbchen und Fäden und gehen schließlich in Bindegewebsfibrillen über. Dieses letztere Moment tritt an zahlreichen Stellen in so augenfälliger Form zutage, daß darob jedweder Zweifel ausgeschlossen ist; und gerade diese Tatsache müßte, da die Anhänger der Mitochondrien- Bakteroiden, Mitochondrien und Chromidien. 363 theorie jenes Vermögen den Plastosomen allein zuschreiben, hier ausschlaggebend sein, vorausgesetzt, daß die Bildung der Binde- gewebsfibrillen aus Mitochondrien überhaupt einwandfrei erwiesen wäre. Daß sie sich hier allerdings in anderer Art vollzieht als dort, könnte in Anbetracht dessen, daß es sich bei Meves um einen Vogelembryo, hier um einen Anneliden handelt, einigermaßen er- klärlich sein. Gegen eine Plastosomen-Diagnose spricht zunächst der Um- stand, daß Essigsäure, welche jene Gebilde, wie es stets in der Tech- nik mit Nachdruck hervorgehoben wird, auflöst, in den vorliegenden Fixierungsmitteln mit vertreten war und zwar im folgenden Verhält- nis: Kaliumbichromat 70 : Formol 20 : Eisessig 10. ‚Alle Flüssig- keiten‘, sagt Duesberg (1912, S. 602), „welche die Plastosomen konservieren, erfüllen die folgende Bedingung, über deren Wichtig- keit alle Autoren einig sind: sie enthalten nur eine sehr geringe Menge oder gar keine Essigsäure.“ Inden vonBendaundMeves empfohlenen Gemischen ist allerdings auch Essigsäure vertreten; ob sie nun relativ hier doch allzu schwach vertreten war, als daß sie hätte die fraglichen Gebilde beeinträchtigen können und ein höherer Prozentsatz davon sie doch aufgelöst hätte, das festzustellen wäre nur empirisch an neuem Tiermaterial möglich gewesen, wenn nicht der Weltkrieg den Zutritt zu den marinen Fundorten versperrt hätte. Ein noch schwierigeres Bedenken, sich für Plastosomen zu ent- schließen, zeigt sich darin, daß die Ableitung der Körnchen aus dem Zellkern zum Teil hier in ernste Erwägung gezogen werden muß, also eine Anschauung, die für Mitochondrienkenner ein für allemal erledigt sein soll. Mitochondrien oder Chromidien ? — Bei all der großen Aehnlich- keit im Verhalten hinsichtlich der Konservierung, Färbbarkeit, dem Habitus der Körnchen- und Fadenbildung, sowie auch der Lage (Meves hat die Plastosomen auch in den Fortsätzen der embryo- nalen Bindegewebszellen gefunden) kann man die vorliegenden Ge- bilde nicht als Mitochondrien aus dem einfachen Grunde ansprechen, weil ihnen jenes Merkmal, das Duesberg in seiner Definition der Plastosomen als das ausschlaggebende bezeichnet, nämlich das der Kontinuität abgeht. Selbst angenommen, daß an den obenerwähn- ten Stellen regsten Wachstums die Körnchen in den obersten Schich- ten die Vorläufer der späteren tiefer in Netzen angeordneten (Taf. XIII, 24 * 364 E.Pr 0 jan: Fig. 9 bh und ch) wären, so findet man in jungen Bindegewebszellen später anderorts im Körper des Tieres doch keine Spur von einer Granulation; diese erscheint erst später. Mithin kann von einer lückenlosen Verkettung, wie sie zwischen der chromatischen Sub- stanz des Kernes einer Mutterzelle und den Tochterzellen von einer Generation zur andern besteht, nicht die Rede sein. Unsere Granula verschwinden auf einmal. Abgesehen davon gehen ihnen gegen jede Parallelisierung mit Chromosomen die Regelmäßigkeit in der Ver- teilung und die Konstanz der Zahl total ab; man kann es aus den Präparaten förmlich herauslesen, wie sie rein den mechanischen Ein- flüssen der Umgebung folgend sich dort häufen, wohin sie gedrängt werden. Sind sie Chromidien ? Durchaus nicht alle wenigstens, denn nur für einen Teil von ihnen ist der Austritt aus dem Kern mit höchster Wahrscheinlichkeit anzunehmen, während für die anderen die plas- matische Provenienz gilt; das bedeutet allerdings wirklich wenig zur etwaigen Homologisierung mit Chromidien. Will man aber schon durch den Namen ihre wesentliche Eigentümlichkeit ausdrücken, nämlich daß sie überwiegend Körnchenreihen bilden und sich in Fibrillen umwandeln, so sollen sie Fibrochondren heißen. Darunter sind mithin Körnchen nukleären und plasmatischen Ur- sprungs einer Bindegewebszelle zu verstehen, die außerhalb nach Verlassen derselben Fibrillen und Fasern bilden, neue Binde- gewebszellen begründen und vielleicht auch alte restaurieren. Zusammenfassung. Die „Bakteroiden‘ der alten Autoren sind gewiß keine Mikroben; sie stehen vielmehr bei Chaetopterus mit der Bildung des fibrillär- faserigen Bindegewebes im Zusammenhange und werden im Hin- blick darauf Fibrochondren genannt. Die Entstehung und das Wachstum der genannten Gewebeart hat man sich bei jenem Anneliden etwa folgendermaßen zu denken: Den primären Bindegewebszellen wohnt laut ihrer natürlichen Bestimmung das Vermögen inne, mehr oder weniger Fortsätze zu bilden. Diese aber wachsen nicht ad infinitum. Die Zellen dürften sich in ihrer Tätigkeit erschöpfen; sie altern. In ihrem Plasma macht sich dies bemerkbar durch die Scheidung flüssiger Substanzen von den festen (Vakuolisierung). Die letzteren gehen in Form von"Körnchen Bakteroiden, Mitochondrien und Chromidien, 365 von den ersteren getragen nach den Fortsätzen der Zelle ab. Wäh- renddessen hat sich auch der Zustand des Kernes geändert. Seine körnigen Derivate wandern auf denselben Wegen, wie die plasma- tischen Körnchen, gemeinsam mit ihnen; sie bilden Reihen. Die Grundsubstanz, durch die jene Körnchenzüge ihren Weg nehmen, ist allenthalben von Lymphkanälen durchsetzt. Diesen können die Granula neue Nahrung entnehmen, sie wachsen. Die einen — es sind offenbar jene, die dem Kern entstammen — erreichen die Größe junger Bindegewebszellkerne und werden zu solchen. Die anderen — wohl die plasmatischen — teilen sich wiederholt bis zu den fein- sten Granulationen, aus deren Auflösung die Bindegewebstfibrillen resultieren. Nur durch das Beisammensein der beiden Arten von Körnchen auf der Wanderschaft werden die Verhältnisse gleich denen in der Muterzelle hergestellt, wo unter dem ständigen Stoff- wechsel zwischen Kern und Plasma die Zelle imstande ist, Bindesub- stanz zu erzeugen; eine solche wird also auch hier und zwar gleich unter dem Einfluß obwaltender Zug- und Druckverhältnisse ent- weder in Form der Fibrille, der Faser, eines Bandes oder einer La- melle gebildet. Diese Art von Entstehung und Wachstum des fibrillär-faserigen Bindegewebes dürfte wohl nicht allein auf die Würmer beschränkt sein. Es ist bereits oben entsprechend gewürdigt worden, daß von allen Autoren bisher bloß K. C. Schneider den in Frage stehen- den Strukturen die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt hat. Ich habe mich der Mühe unterzogen und sein Lehrbuch in bezug auf diesen Punkt eigens durchgesehen und fand die interessante Tat- sache, daß bereits bei den Spongien mit dem ersten Auftreten des eigentlichen Bindegewebes, wo sich nämlich in der gallertigen Grund- substanz in der Tierreihe zum ersten Male Bindegewebsfibrillen, bzw. Fasern zu zeigen beginnen, das Auftreten von Granulationen gemeldet wird. Ausdrücklich schreibt dort (S. 270) Schneider: „Bei Aplysina aerophoba erkennt man in der enchymartigen Grund- substanz der Kammerzone zweierlei Zellen (Fig. 299), deren eine Art als Bindezellen, deren andere als Lymphzellen aufzufassen sind. Von den ersteren leiten sich die massenhaft angehäuften, sich leicht schwärzenden, Körner ab, die nicht frei in der Grundsubstanz, son- dern in den Ausläufern der Zellen liegen (siehe dagegen Chondrosia) !). !) Dort will Schneider die Körner frei in der Grundsubstanz gesehen 366 E. Trojan: Die Ausläufer sind allerdings mehr aus der Art der Anordnung der Körner zu erschließen als direkt wahrzunehmen; aber die Anordnung ist, wie die Figur zeigt, eine so charakteristische, daß die Auflösung des Sarks in zahlreiche Ausläufer angenommen werden muß.“ Ich säume nicht, auch die besagte Figur 299Schneiders(Textfigur 3) hier wiederzugeben und kann hierzu nur bemerken, daß sie vortrefflich auch für Chaetopterus gelten könnte. Man sieht ferner aus jener Stelle Schneiders, daß er sich über die Gebilde bei Spongien ebendahin aus- spricht wie über die Bakteroiden bei Würmern; er hält sie also für Tropho- chondren. Textfigur 2 | Bei den Cnidariern erwähnt Schnei- der nichts von ihnen, wie überhaupt der Bindesubstanz dort .wenig Worte gewidmet sind, was wohl dem Umstande zuzuschreiben ist, daß der Autor keine Meduse in den Kreis seiner Betrachtungen eingeschlossen hat; und doch käme der Schirm dieser Tiere mit seiner derberen SusBalduns von Bindegewebe gerade hiefür in Betracht. - Bei den Ctenophoren wird im Texte von den Körnchen der Bindegewebszellen überhaupt nicht gesprochen, obgleich in der da- nebenstehenden Textfigur die Fortsätze der Zellen nahezu durch- wegs mit Körnchen erfüllt dargestellt sind; auch im Plasma der Zellen werden Granula abgebildet. Daß bei den Würmern diesem Gegenstande der breiteste Raum der Besprechung gewidmet wurde, ist bereits oben erwähnt worden. Endlich beschreibt Schneider (1902, S. 509) im Fettge- webe von Insekten (Periplaneta orientalis) sog. Bakteroidenzellen. Indem der Autor hierbei eine Anspielung auf die Bakteroiden von Lumbricus macht, ist er auch da kaum dafür zu haben, in den geformten Einschlüssen der Zellen Bakterien zu sehen, wieesBloch- mann getan hat, sondern glaubt, wieder Chondren einer noch un- bekannten Funktion vor sich zu haben. Bekanntlich schwebt man betreffs keiner Gewebeart des tieri- schen Organismus in solcher Unsicherheit wie hinsichtlich des haben. Dieser Unterschied ist aber durchaus nicht schwerwiegender Natur» wenn man die gleich darauffolgenden Worte des Autors liest. Bakteroiden, Mitochondrien und Chromidien. 367 Bindegewebes. Die Frage seiner Genese ist, ungeachtet, daß sie schon bei der Begründung der tierischen HistologiedurchSchwann (1839) aufgerollt wurde und seitdem eine ganze Reihe hervorragen- der Forscher, unter denen wir die Namen eines Flemming, msEenner, Hansen, Henke,cKöhlliker,; Merkel Spuler und Weigert lesen, zur Lösung verlockt hat, endgül- tig nicht entschieden; vielmehr stehen einander zwei grundverschie- dene Anschauungen gegenüber, deren eine mit derselben Energie von der einen Partei vertreten wird, wie die andere von der Gegen- seite. Als Träger der einen gilt Flemming (1891), der annimmt, daß Bündel von Bindegewebsfibrillen im Innern spezifischer Zellen — man nennt solche Inoblasten oder Fibroblasten — und deren Ausläufer entstehen und zu Bindegewebsfasern werden. Er gründete seine Lehre auf Entdeckungen, die er am embryonalen Material gemacht hatte. Alsbald aber kam Reinke (1894) auf die Schwierig- keit, wie man sich die mitunter respektable Verlängerung der Fasern vorstellen soll, wenn die Bindegewebszellen bereits in ihrer Jugend all ihr Material zu Fibrillen bzw. Fasern hergegeben haben sollen, ja letztere ganz fern von ihnen liegen. Dieser letztere Umstand mag Merkel (1895) veranlaßt haben, mit einer zuFlemming gegenteiligen Ansicht aufzutreten, nämlich der, daß der Entstehungs- ort jener Fibrillen eine homogene Interzellularsubstanz sei, daß sie also nicht intra-, sondern, interzellulär gebildet werden. v. Ebner (1896) beobachtete bei der Bildung der Chordascheide der niederen Fische, daß primär die Fibrillen in direktem Kontakt mit der Oberfläche ihrer Matrixzellen angetroffen werden, daß sie aber nachträglich ohne ihren Einfluß weiterwachsen. Er nahm an, daß der von den Bildungszellen ausgeschiedenen Grundsubstanz das spezifische Vermögen innewohne, auf Zug und Druck mit Fibril- lenbildung zu reagieren. Von Interesse ist es jedenfalls, daß er schon damals Körnchen an der Peripherie der Matrixzellen entdeckte und die Vermutung nicht unterdrücken konnte, daß vielleicht die Bildung der Fibrillen aus ihnen erfolge (S. 512). Als dann aber Hansen (1899) mit den Resultaten seiner diesbezüglichen Untersuchungen vor die Oeffentlichkeit trat, bedeuteten diese endlich doch ein Kom- promiß zwischen den divergenten Anschauungen. jener Autor wollte nämlich gefunden haben, daß die embryonale Bindesubstanz- zelle einen Mantel, den er das Ektoplasma nennt, an ihrer Peripherie bilde ; diesem komme das Vermögen zu, faserige Elemente zu bilden; es 368 E.EroVan: persistiere dieses Ektoplasma nun weiter im Leben des Organismus und bewahre jenes Vermögen relativ lange, was Flemming (1902 S. 9) zur Auslegung veranlaßte, als ‚Bestände die gesamte Interzellularsubstanz des Bindegewebes aus vereinigten Ektoplas- men von Zellen, die fibrillär umgewandelt wurden und...“ .. .,‚mit- lebend fortbestehen unter dem vitalen Einfluß der produzierenden Zellen und zur Entwicklung neuer interzellulärer Formteile imstande bleiben“. Den ursächlichen Vorgang bei der Verlängerung der Fa- sern denkt sich Flemming in der Intussuszeption. Es ist schwer zu verstehen, wie der Einfluß der Mutterzellen auf das zusammenhängende Ektoplasmagerüst zustande kommen soll, wo doch manchmal die räumlichen Differenzen ganz erhebliche Dimensionen annehmen oder sogar jede Spur der Bildungszellen unauffindbar ist. Dagegen, daß die Interzellularsubstanz als lebend aufzufassen sei, hat- sich bereits Weigert (1896) gewendet. Wie soll denn auch etwas, was einerseits von den Mutterzellen abgestoßen und bereits umgeformt ist, andererseits ein Zellenleben weiterführen. Und ein anderes Leben anzunehmen als jenes, das auf dem Stoff- wechsel zwischen Kern und Zellplasma beruht, ist nach den heutigen Anschauungen wohl nicht möglich und für die Bindegewebsbildung gar nicht notwendig, wenn die Fibrochondren ihre Wanderungen, wie oben gezeigt wurde, machen; durch sie wird uns jetzt der Einfluß der Mutterzellen selbst in entlegenen Gebieten auf die Interzellular- 'substanz klar, jetzt lebt sie auch auf, allerdings nicht im Sinne Hansen-Flemmingsinder Gesamtheit als Ektoplasmagerüst, sondern nur in den Bahnen der wandernden Körnchen; und auch nur in diesen bewahrt sie die formative Kraft der Fibrillen und Fasern. Insofern es sich um die Einlagerung und Auflösung plasma- tischer Fibrochondren in vorgezeichnete Bahnen der Fibrillen han- delt, könnte die Flemming sche Vorstellung von der Intus- suszeption, wenn auch nicht in des Wortes wahrer Bedeutung, gelten gelassen werden. Uebrigens verdient hier noch eine Figur Flemmings aus dem Jahre 1897, die wiederholt in Hand- und Lehrbüchern reproduziert wird, volle Berücksichtigung (Textfigur 4. n. S.). Sie veranschaulicht die Entstehung von Bindegewebsfibrillen innerhaib einer Bindegewebs- zelle und derer Fortsätze. Außer den Fadenstrukturen sieht man eine Anzahl fädig gereihter Körnchen. Was für eine Bewandtnis hat es mit diesen Granulationen? Sind sie nicht auch die Vorläufer Bakteroiden, Mitochondrien und Chromidien. 369 der wirklichen Fäden wie bei Chaetopterus? Merkwürdig jedenfalls, daß uns der Autor darüber nichts sagt, noch merkwürdiger, daß uns nicht einer der obengenannten Forscher dergleichen zu berichten wußte. Vielleicht liegt die Ursache darin, daß sie alle ihre Studien an Vertebraten machten und daß bei diesen der Prozeß der Fibrillen- bildung sich auf das Innere spezifischer Zellen und deren Fortsätze konzentriert, während er beim niedrigstehenden Wurme allerorts Textfigur 4. im Körper, auch außerhalb der Zellen stattfindet. Dann wäre bisher bloß Flemming sein Zeuge gewesen, ohne ihn erfaßt zu haben. Jedenfalls erscheint es für die Zukunft geboten, daß man sich der Entstehung einer solchen Gewebeart wie des fibrillär-faserigen Bindegewebes, das im Tierreich schon von den Spongien, Nessel- tieren und Würmern seinen Anfang nimmt, auf diesen niederen Stufen eher zuwendet als auf der höchsten, bei den Wirbeltieren. Sollten die vorliegenden Betrachtungen Veranlassung gegeben haben, ähnliche Strukturen auch bei den letzteren ausfindig zu machen, dann wäre die entscheidende Lösung einer brennenden Frage der Histologie gewiß nicht ferne. 370 b bh bg ch ch’ c h k, K’, k’' m n v Fi Fig... 2 Fig. 3—8 Fig. 9 BiP... 10 Pie 11 Fig: 12 Fig. 13 Fig. 14 Pie. 15 Fig. 16 En W/ Finar18 Fig. 19 Fig. 20 Fig: 21 FiR...22 Er? To Jan: Tafelerklärung. Basalmembran vermutlicher Bildungsherd des Bindegewebes. Bindegewebe Fibrochondren Fibrochondren in Umbildung begriffen Endothel Hypodermis Kern Muskeln Nukleolus Vakuole. Tafel XII. Chaetopterus variopedatus, Rückenansicht, nat. Gr. Fasernetz der Basalmembran mit Fibrochondren; darunter dia- gonale Muskelfasern des Hautmuskelschlauches (nach einer Mikrophotographie schematisiert). Bindegewebszellen (inaktive). Vergr. 600. Paratangentialschnitt durch einen Neuropodiumscheitel. Vergr. 200. Tafel XIV. Fibrochondren in der Bildung einer Bindegewebsfibrille begriffen. Vergr. 600. Fibrochondren, im Fasernetz der Basalmembran. Vergr. 600. Lokale Vermehrung von Fibrochondren in Ketten als Vorstufe der Bandbildung. Vergr. 600. Nukleäre Fibrochondren (schwarz) neben plasmatischen (licht). Vergr. 600. Doppelreihen von Fibrochondren als Vorstufe der Faserbildung. Vergr. 600. Haufen vielgestaltiger Fibrochondren. Vergr. 600. Fibrochondrenreihen in Faserbildung. Vergr. 600. Alternde Bindegewebszelle unter Vakuolisation und Emission von Fibrochondren. Vergr. 600. Fibrochondrenreihe längs einer Muskelfaser. Vergr. 600. Umbildung einer Bindegewebsfibrille in ein Band durch lokale Anhäufung von Fibrochondren. Vergr. 600. Beendete Emission von Fibrochondren in einer Bindegewebs- zelle. Vergr. 600. Fibrochondrenreihen in Bandbildung. Vergr. 1000. Fibrochondrenreihe in Umwandlung zu einer Bindegewebs- fibrille. Vergr. 600. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 1894 1897 1898 1899 ‚1899 1901 1903 1903 1906 1906 1898 1884 Bakteroiden, Mitochondrien und Chromidien. 371 23 Kern einer Bindegewebszelle am Beginn der Emission von nukleä- ren Fibrochondren. Vergr. 1000. 24 Zwei Bindegewebszellen in verschiedenen Stadien der Abstoßung körniger Derivate. a) aus Kern und Plasma, b) nur aus Plasma. Vergr. 600. 25 Fibrochondren in Teilung. Vergr. 1000. 26 Regeneration einer Bindegewebszelle (?) Vergr. 600. 27 Fasernetz der Basalmembran mit Fibrochondren. Vergr. 600. 28 Fibrochondrenzüge unter dem Einflusse von Muskelfasern; links unten junge Bindegewebszelle. Vergr. 600. 29 Vielgestaltige Fibrochondren. Vergr. 1000. 30 Fibrochondren entlang der Fibrille wandernd. Vergr. 600. 31 Fibrochondrenzüge in den Wandungen von Lymphkanälen. Vergr. 600. 32 Die größten Fibrochondren. Vergr. 1000. 33 Die Fibrillenbildung (rechts, blasse Fäden) nahezu vollendet. Vergr. 600. Literaturverzeichnis. 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Derselbe, Das Skelett der Muskelzelle von Ascaris, nebst Be- merkungen über den Chromidialapparat 3. Metazoenzelle. Arch. f. Zellf. Bd. 4. Derselbe, 1. Das Nervensystem von Ascaris lumbricoides und megalocephala. Ein Versuch in den Aufbau eines einfachen Nerven- systems einzudringen. Festschr. f. R. Hertwig. Fischer Jena. Derselbe, 2. Kleine Beobachtungen und Ideen zur Zellenlehre. 1. Akzessorisches Chromosom und Geschlechtsbestimmung. Arch. f. Zellf. Bd. 6. Derselbe und Popoff, M., Die Karyokinese der Protozoen und der Chromidialapparat der Protozoen- und Metazoenzelle. Arch. f. Protistenkunde. Bd. 8. Hansen, Fr. C. C., Ueber die Genese einiger Bindegewebsgrund- substanzen. S. 417—438. Hertwig, O., Das Problem der Befruchtung und der Isotropie des Eies, eine Theorie der Vererbung. Jena. Hertwig, R., Ueber das Wechselverhältnis von Kern und Proto- plasma. Sitzber. Morph. Phys. Ges. München. Joseph, H., Die Amöbocyten von Lumbricus. 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Wochenschrift. Nr. 40. Zoja, L. und R., Intorno ai plastiduli fuscinofili (bioblasti dell’ Altmann). Mem. del R. Inst. Lomb. d. science et lettere. Vol. 16. Dieselben, Ueber die fuchsinophilen Plastidulen. Phys. Anat. Abt. f. 1891, p. 335—351. Arch. Anat. 319 Ueber eigenartige Erscheinungen am Peritonaeal- Pigment bei Knochenfischen. Von E. Ballowitz in Münster i. W. Mit Tafel XV—XVIlI und 10 Textfiguren. Inhaltsverzeichnis: Seite KOENNEN SER N ET a ee 375 Il. Behandlung des Materials ....... REEL 378 Ill. Die Pigmentflecken im Peritonaeum des B, DAGRNUINEE TR 379 IV. Die Pigmentflecken im Peritonaeum des Plötzen . . . 390 V. Die Untersuchung der Pigmentflecken des Plötzen im Schnitt- 1% 2 NE. 394 VI. Vorkommen der Pigmenttlecken bei Anderen iehen Sha. 396 VII. Ueber die Bedeutung der Pigmentflecken . . .. 2.2... 397 VIREN SBleskkrune A re DESSERT at 400 I. Einleitung. Bei meinen Studien an den Pigmentzellen der Wirbeltiere t) entdeckte ich im Peritonaeum mancher Knochenfische zwischen den gewöhnlichen Melanophoren oft sehr ansehnliche, eigenartige ı)E.Ballowitz, Ueber chromatische Organe in der Haut von Kno- chenfischen. Anat. Anz., Bd. 42, Nr. 7/8, 1912. Mit 15 mikrophotographischen Abbildungen auf 2 Tafeln. — Derselbe, Die chromatischen Organe in der Haut von Trachinus vipera Cuv. Ein Beitrag zur Kenntnis der Chroma- tophoren-Vereinigungen bei Knochenfischen. Mit 7 Textfiguren und 5 litho- graphischen Tafeln. Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. CIV, Heft 3, 1913. — Der- selbe, Ueber Erythrophoren besonderer Art in der Haut von Knochen- Arch. f. mikr. Anat. Bd. 93, Abt. 1. 25 376 E32BZHlN 0 witz: Pigmentflecken, welche aus Anhäufungen von kleinen Pigmentballen bestehen und welche mir im Hinblick auf die Lehre von den Pig- mentzellen ein hohes Interesse zu beanspruchen scheinen. Obwohl sehr auffällig, sind diese Erscheinungen bisher doch völlig übersehen worden. fischen. Mit einer lithogr. Tafel. Archiv für mikr. Anatomie, Bd. 82, Abt. I, 1913. — Derselbe, Das Verhalten der Zellkerne bei der Pigmentströ- mung in den Melanophoren der Knochenfische. (Nach Beobachtungen am lebenden Objekt.) Mit 8 Textfiguren. Biolog. Zentralblatt, Bd. 33, Nr. 5. 20. Mai 1913.— Derselbe, Zur Kenntnis der Pigmentzellen, mit Demon- stration. Vortrag, gehalten auf der Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Münster i. W. am 16. September 1912. Verhandlungen der Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Münster i. W. — Derselbe, Ueber chromatische Organe, schwarzrote Doppelzellen und andere eigenartige Chromatophorenvereinigungen, über Chromatophoren- fragmentation und über den feineren Bau des Protoplasmas der Farbstoff- zellen. Mit Demonstration mikroskopischer Präparate und kinematographi- scher Vorführung der bei Oelimmersion aufgenommenen Körnchenströmung in den Chromatophoren. Mit 4 mikrophotographischen Abbildungen. Ver- handlungen der Anat. Gesellsch. auf der 27. Versammlung in Greifswald vom 10.—13. Mai 1913. — Derselbe, Ueber schwarzrote Doppelzellen und andere eigenartige Vereinigungen heterochromer Farbstoffzellen bei Knochen- fischen. Mit 29 mikrophotographischen Abbildungen. Anat. Anz., 44. Bd., Nr. 5, 1913. — Derselbe, Das Verhalten der Kerne bei der Pigment- strömung in den Erythrophoren von Knochenfischen. Mit 5 Textfiguren. Biol. Zentralblatt, Bd. XXXIII, Nr. 8, 1913. — Derselbe, Notiz über das Vorkommen alkoholbeständiger karminroter und braunroter Farbstoffe _ in der Haut von Knochenfischen. Hoppe-Seylers Zeitschr. für physiologische Chemie, herausg. von A. Kossel. Bd. 86, Heft 3, 1913. — Derselbe, Ueber die Erytrophoren in der Haut der Seebarbe, Mullus L., und über das Phänomen der momentanen Ballung und Ausbreitung ihres Pigments. Mit 2 Tafeln. Archiv f. mikrosk. Anat., Bd. 83, Abt. 1, 1913.— Derselbe, Ueber schwarzrote und sternförmige Farbzellenkombinationen in der Haut von Gobiiden. Ein weiterer Beitrag zur Kenntnis der Chromatophoren und Chromatophoren-Vereinigungen bei Knochenfischen. Mit 25 Figuren im Text und 5 Tafeln. Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. CVI, Heft 4, 1913. — Der- selbe, Ueber die Pigmentströmung in den Farbstoffzellen und die Kanäl- chenstruktur des Chromatophoren-Protoplasmas. Nach Beobachtungen an der lebenden Pigmentzelle und nach kinematographischen Aufnahmen. Mit 6 Textfiguren und 6 Tafeln mit kinematographischen Mikrophotogra- phien. Pflügers Archiv f. die gesamte Physiologie, Bd. 157, 1914. — Der- selbe, Die chromatischen Organe, Melaniridosomen, in der Haut der Barsche (Perca und Acerina). Dritter Beitrag zur Kenntnis der Chroma- tophoren-Vereinigungen bei Knochenfischen. Mit 8 Figuren im Text und 3 Tafeln. Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. CX, Heft 1, 1914. — Derselbe, Zur Ueber eigenart. Ersch. am Peritonaeal-Pigm. b. Knochenfischen. 377 In einem auf der 27. Versammlung der anatomischen Gesell- schaft in Greifswald im Mai 1913 gehaltenen Vortrage habe ich hierüber bereits kurz Mitteilung gemacht und in dem Bericht !) über meinen Vortrag 4 Mikrophotogramme veröffentlicht. Auch konnte ich zur Erläuterung meines Vortrages auf der Greifswalder Versammlung eine größere Anzahl bezüglicher mikro- skopischer Präparate von mehreren Knochenfischen und bei ver- schiedenen Vergrößerungen demonstrieren ?). Inzwischen habe ich meine Untersuchungen auf sehr zahl- reiche Knochenfische ausgedehnt und die Ergebnisse meiner Studien erheblich erweitert. Da diesen Befunden im Hinblick auf die Zellenlehre eine allge- meinere Bedeutung zukommen dürfte, lasse ich in der vorliegenden Abhandlung die ausführliche Schilderung folgen. Es liegt mir in erster Linie daran, die Erscheinungsformen und Veränderungen am Peritonaealpigment vorzuführen und durch gute Abbildungen aus- reichend zu erläutern. Kenntnis des feineren Baues des Chromatophoren-Protoplasmas. Mit 2 Ta- feln. Archiv f. Zellforschung, XII. Bd., 4. Heft, 1914. — Derselbe, Vier Momentaufnahmen der intracellulären Pigmentströmungen in den Chromatophoren erwachsener Knochenfische. Mit 1 Tafel. Archiv f. Zell- forschung, XII. Bd., 4. Heft, 1914. — Derselbe, Ueber die Erythrophoren und ihre Vereinigungen mit Iridocyten und Melanophoren bei Hemichromis bimaculatus Gill. Vierter Beitrag zur Kenntnis der Chromatophoren und der Chromatophoren-Vereinigungen bei Knochenfischen. Mit 23 Figuren im Text und Tafel X—XII. Archiv f. Zellforschung, XIV. Bd., 2. Heft, 1915. — Derselbe, Zur Kenntnis der Gelbzellen, Xantophoren, in der Haut von Blennius. Mit einer Tafel. Archiv f. Zellforschung, XIV. Bd., 3. Heft, 1916. — Derselbe, Ueber die Vereinigungen der Rotzellen mit Guaninzellen in der Haut von Mullus und Crenilabrus. Mit einer Tafel. Archiv f. Zellfor-- schung, XIV. Bd., 3. Heft, 1916. !)E. Ballowitz, Ueber chromatische Organe, schwarzrote Doppel- zellen und andere eigenartige Chromatophoren-Vereinigungen, über Chroma- tophorenfragmentation und über den feineren Bau des Protoplasmas der Farb- stoffzellen. Mit Demonstration mikroskopischer Präparate und kinemato- graphischer Vorführung der bei Oelimmersion aufgenommenen Körnchen-- strömung in den Chromatophoren. Verhandlungen der Anatomischen Ge-- sellschaft auf der 27. Versammlung in Greifswald vom 10.—13. Mai 1913. Ergänzungsheft zum 44. Bande des Anatomischen Anzeigers. G. Fischer, Jena 1913. :) Vergleiche den Demonstrationsbericht ebendort Seite 196 (Frag- mentation der Chromatophoren). ee 378 E. Ballowitz: Der Gehalt des Peritonaeums an Pigmentzellen, wenn wir hier von den Guaninzellen oder Iridocyten absehen, ist bekanntlich bei den einzelnen Gattungen und Arten der Knochenfische sehr verschieden. Bei manchen Teleostiern ist das Bauchfell fast oder ganz frei von Melanophoren. Bei vielen sind nur wenige Melanopho- ren darin, während bei anderen Knochenfischen das Bauchfell regel- mäßig stark pigmentiert und daher dunkel oder fast schwarz erscheint. Hierauf werde ich weiter unten noch zurückkommen. Auch farbige Pigmentzellen, Erythrophoren und Xanthophoren, Können im Peri- tonaeum zur Beobachtung kommen, wie ich z. B. bei bestimmten Gobiiden !) feststellte. Außer schwarzen Pigmentzellen traf ich gelbe Farbzellen auch im Peritonaeum von Gasterosteus spinachia L. und Trachinus vipera Cuv.?) an. Ich will nun in folgendem zunächst bei zwei Knochenfischen, einem Meer- und einem Süßwasserfisch, dem Dorsch (Gadus morrhuaL.) und dem Plötz (Leuciscus rutilus L.) die Pigmentverhältnisse des Bauchfelles schildern, da ich von diesen Fischen ein besonders reiches Material zur Verfügung hatte. Daran sollen Befunde bei andern Knochenfischen angereiht werden. Il. Behandlung des Materials. Für die Untersuchung wurden nur frisch gefangene Fische be- nutzt, die kurz vor der Konservierung getötet waren. Nach der Er- öffnung der Bauchhöhle entfernte ich die Eingeweide bis auf die Schwimmblase, welche sitzen blieb, schnitt den Kopf und den Schwanz ab und legte das Rumpfstück in ein reichliches Quantum. der Fixierungsflüssigkeit, so daß die letztere sogleich auf das Peri- tonaeum einwirken konnte. Zur Fixierung benutzte ich teils Eisessig- Sublimat (5 Teile Eisessig auf 100 Teile konzentrierte Sublimat- 1) Vgl. E. Ballowitz, Ueber schwarzrote und sternförmige Farb- zellenkombinationen in der Haut von Gobiiden. Ein weiterer Beitrag zur Kenntnis der Chromatophoren und Chromatophoren-Vereinigungen bei Knochenfischen. Mit 25 Textfiguren und 5 Tafeln. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie, Bd. CVI, 1913. ?2) Auch an den intermuskulären Gefäßen des Rumpfes findet sich bei Teleostiern bisweilen eine reiche Pigmentierung. So werden die Gefäße z. B. bei Trachinus vipera Cuv. nicht allein von bläulich und silberfarben glänzenden Iridocyten und Melanophoren begleitet, sondern auch von Gelbzellen. Ueber eigenart. Ersch. am Peritonaeal-Pigm. b. Knochenfischen. 379 lösung in Aqua dest.), teils in Aqua dest. konzentrierte Sublimat- lösung, teils Alkohol von 70—90 %. Zur Herstellung der Flächenpräparate wurden Stücke des Peri- tonaeums abpräpariert und ohne Färbung in Kanadabalsam flächen- haft ausgebreitet. Um die Präparate durchsichtiger zu machen, entfernte ich zuvor oft das Guanin durch Behandlung mit verdünn- ten Säuren. Zur Färbung der Schnittpräparate dienten Hämatoxylin und Eosin. Die Meeresfische sammelte und konservierte ich auf Helgoland während mehrmaliger Aufenthalte an der dortigen biologischen Station in den Jahren 1911—1913. Die Flußfische stammen zum größten Teil aus dem Dortmund-Ems-Kanal und der Werse bei Münster i. W. Ill. Die Pigmentflecken im Peritonaeum des Dorsches. Ich gehe bei meiner Schilderung von den Befunden an 20—40 cm langen Dorschen (Gadus morrhua L.) aus, wie sie bei Helgoland viel gefangen werden und dort leicht zu erhalten sind. Das Peritonaeum dieser Fische ist stark pigmentiert, doch ist der Grad der Pigmentierung individuell verschieden. Es sieht in den Alkoholpräparaten schiefergrau bis schwärzlich mit braunem Anflug aus, bisweilen ist es auch eigentümlich scheckig. Schon mit bloßem Auge erkennt man darin schwarze Pünktchen. Die dunkle Pigmentierung befindet sich auf dem silberglänzen- den Untergrunde einer Kontinuierlichen Guaninschicht und erstreckt sich auch auf die Unterseite der Schwimmblase. Untersucht man mit schwacher Lupenvergrößerung, so erhält man ein eigenartiges, im einzelnen auch sehr wechselndes Bild, wie es in den Figuren I und 2 der Tafel XV bei verschiedener Lu- penvergrößerung zur Darstellung gebracht ist. Figur 1 ist nach einem in Alkohol liegenden Präparat bei 8 facher Lupenvergrößerung gezeichnet und führt die Flächenansicht eines Stückes des Peritonaeums von einem 30 cm langen Dorsch vor Augen. Man erkennt kleine, mittelgroße und ganz große dunkle Punkte, die aber durch Uebergänge untereinander verbunden sind. Am zahlreichsten sind die kleinen Pünktchen. Sie liegen oft zu klei- neren und größeren Gruppen vereint und sind horizontal im Peri- 380 E. Ballowitz: tonaeum ausgebreitet. Zwischen diesen Gruppen befinden sich kleinere und größere pigmentfreie Räume, in denen der Silberglanz des Guanins zur Geltung kommt. Je dichter die kleinen Pünktchen zusammenrücken und je mehr die hellen Lücken zwischen ihnen schwinden, um so dunkler wird das Peritonaeum, Figur 1 oben und links. Zwischen diesen kleinen Pünktchen sind größere und ganz große schwarze Flecken unregelmäßig ausgestreut. Ihre Zahl ist sehr verschieden. Figur 1 gibt den Durchschnittsbefund. _Alle Pünktchen liegen im Peritonaeum in ziemlich dem gleichen Niveau. Die größeren Pünktchen und dunklen Flecken werden in den hellen Lücken und zwischen den kleinen Pünktchen in gleicher Weise angetroffen; an den dunklen Stellen sind sie nicht selten von einem helleren Hofe umgeben. Die großen Flecken erscheinen meist von rundlicher Begrenzung, nicht selten aber auch ein wenig länglich und unregelmäßig. Figur 2 zeigt ein Stück Peritonaeum von einem anderen gleich- großen Dorsch bei etwas stärkerer, 16 facher Lupenvergrößerung. Die kleinen Pünktchen sind in diesem Präparat spärlich und mehr gruppenweise angeordnet, unten fehlen sie fast ganz. Dazwischen sind mittelgroße Punkte und besonders häufig sehr große schwarze Flecken verteilt, die letzteren sind auffallend unregelmäßig gestaltet. Ganz die gleichen Erscheinungen stellte ich auch bei ganz großen Dorschen, sogenannten Kabeljaus, fest. Die Figuren 3 und 4 wurden unter 8facher Lupenvergrößerung nach in Alkohol liegenden Präpa- raten gezeichnet, welche dem Peritonaeum eines 0,75 m langen Dorsches entnommen waren; der Fisch war frisch gefangen von dem Expeditionsdampfer ‚Poseidon‘ eingebracht und an die Biologische Station auf Helgoland abgeliefert worden. Man sieht kleine und mittelgroße schwarze Pünktchen sowie auffallend große, dunkle Pigmentflecken, welche in Figur 3 besonders zahlreich sind; in Figur 4 ist nur links oben ein besonders großer Flecken vorhanden. Die mittelgroßen Pigmentpünktchen zeigen zum Teil sehr deutlich in langen, verzweigten Ausläufern ausgebreitetes, schwärzliches und dunkelbraunes Pigment und offenbaren sich dadurch als Melanopho- ren. In Figur 4 ist die Pigmentierung besonders dicht und wird von einer hell ausgesparten Blutgefäßverzweigung, über der das Pigment fehlt, durchzogen. Schließlich hatte ich auf Helgoland auch Gelegenheit, ganz kleine etwa 8—10 m lange Dorsche zu untersuchen. FAuch sie zeigen Weber eigenart. Ersch. am Peritonaeal-Pigm. b. Knochenfischen. 381 schon die Größendifferenzen der Pigmentkörper und insbesondere die ganz großen dunklen Flecken; ebenso sind die kleinen Pigment- pünktchen oft gruppenweise vereinigt. Bei der Betrachtung dieser geschilderten Präparate mit der Lupe gewinnt man zunächst den Eindruck, als ob es sich in allen diesen dunklen Pünktchen und Flecken um verschieden große, schwarze Pigmentzellen, Melanophoren, handele, die als schwarze, dunkle Punkte erscheinen, weil das Pigment sich in den Zellen meist zentral- wärts zusammengeballt hat. Diese Wahrscheinlichkeit wird für den Beobachter um so größer, als man mit der Lupe oft auch Melano- phoren mit in den Fortsätzen ausgebreitetem, dunkelbraunem Pig- ment sieht; solche Stellen erhalten ein mehr bräunliches Aussehen, Figur 3 und 4. Für Melanophoren sind sie jedenfalls bis jetzt auch stets gehalten worden. Allerdings fällt dem sorgfältigen Beobachter . schon bei Untersuchungen mit der Lupe auf, daß im Innern von manchen großen, schwarzen Flecken zahlreiche helle kleine Lücken zu erkennen sind. Wenn man nun mikroskopisch untersucht, so ergibt sich schon bei schwacher Vergrößerung ein sehr überraschender, höchst bemer- kenswerter Befund. Sehr viele der mittelgroßen ver- mweintlichen-Farbzellen und'rast alle’geroßen dunklen Fleckensindgarkeine Melanophoren, sondern Haufen 'von vielen ganz'.kleinen,'zel- lenartigen Pigmentballen. Ich will diese Pigmenthaufen zum Unterschiede von den ein- fachen gewöhnlichen Schwarzzellen des Peritonaeums, den verschie- den großen Melanophoren, einfach als Pigmentflecken bezeichnen. Die kleinen Melanophoren können als Mikromelanopho- ren noch besonders unterschieden werden. Die Figuren 5—9 der Tafel XV, sowie die Textfiguren 1—9 illu- strieren das eigentümliche Aussehen dieser Pigmentflecken bei ver- schiedenen Vergrößerungen. Das Auffälligste und Merkwürdigste an ihnen, was sofort in die Augen fällt und für sie charakteristisch erscheint, ist ihre Zusam- mensetzung aus zahlreichen kleinen Pigmentballen. Daher sehen sie wie aufgelockert oder durchlöchert aus und werden oft mehr oder weniger durchsichtig. Vgl. die genannten Abbildungen. Von der regelmäßigen radiären Struktur, die sich in den eigentlichen Melano- phoren der Haut vorfindet, ist bei ihnen nichts zu erkennen. 382 E: Ballowitz: Was zunächst die Größe der Flecken anbetrifft, so ist sie sehr verschieden. Sie kann nur gering sein, so daß die Flecken kleiner, so groß oder nur wenig größer als die größeren Melanophoren der Nachbarschaft sind. Bei weitem häufiger werden sie aber sehr viel größer als diese angetroffen; ja sie nehmen oft im Vergleich mit den a b c Textfigur 1. Melanophoren geradezu riesenhafte Dimensionen an, so daß sie mit den Melanophoren gar nicht in Beziehung gebracht werden können. In Textfigur 2 (Vergr. 80) besitzen die aufgelockerten Flecken etwa die Größe der umliegenden Melanophoren, deren Pigment zu- sammengeballt ist und jede Auflockerung vermissen läßt; nur links ist ein Flecken etwas größer. Textfigur 3 dagegen zeigt bei schwäche- Ueber eigenart. Ersch. am Peritonaeal-Pigm. b. Knochenfischen. 383 rer Vergrößerung (Vergr. 33) eine Stelle mit sehr vielen Flecken, deren Größe fast durchgehends diejenige der Melanophoren um das vielfache übertrifft. Das gleiche läßt die Textfigur 4 (Vergr. 60) er- kennen, in der die riesigen Pigmentflecken zum Teil aneinander stoßen und ineinander überzugehen scheinen. Auch in Figur 6 der Tafel XV (Vergr. 33) haben die meisten Flecken im Vergleich mit den gewöhnlichen Chromatophoren riesenhafte Dimensionen und Textfigur 2. übertreffen sie um das Vielfache. Alle die in den Lupenpräparaten der Fig. 1—4 der Tafel I geschilderten großen schwarzen Punkte sind keine Melanophoren sondern solche Pigmentflecken. In Textfigur 1 habe ich verschieden große Flecken in dem glei- chen Größenverhältnis (Vergr. 70) dargestellt und in der Figur Ic mit einem gewöhnlichen, besonders großen echten Melanophor aus 384 E. Ballowitz: dem Dorschperitonaeum bei ganz derselben (70 facher) Vergrößerung in Vergleich gebracht; in diesem Melanophor hat sich das Pigment zusammengeballt. Man sieht, daß die Flecken eine solche Größe erreichen, wie sie bei den Melanophoren des Peritonaeums niemals auch nur annähernd gefunden wird. Textfigur 3. Der Längsdurchmesser der größeren Flecken beträgt im Durch- schnitt 0,6—0,8 mm, bei einzelnen sogar gegen 1 mm, der Quer- durchmesser an der breitesten Stelle 0,2—0,4 mm. Die größten kreis- rund erscheinenden Melanophoren mit zusammengeballtem Pig- ment haben dagegen nur ein Ausmaß von 0,09—0,17 mm. Daß auch die Form der Pigmentflecken verschieden ist, wenn auch nicht in dem Maße, wie ihre Größenverhältnisse, haben uns die bei Lupenvergrößerung untersuchten Präparate (vgl. Fig. 1—-4 der Ueber eigenart. Ersch. am Peritonaeal-Pigm. b. Knochenfischen. 385 Tafel XV) schon angedeutet. In erster Linie ist hervorzuheben, daß es sich in ihnen um abgeplattete Gebilde handelt, die mit ihrer Fläche parallel der Oberfläche des Peritonaeums ausgebreitet sind. Das beweisen sofort senkrecht zur Oberfläche des Bauchfells ausgeführte Schnitte, wie Fig. 19 auf Tafel XVII einen solchen vorführt. Nur der mittlere Teil ist oft etwas verdickt und erscheint daher dunkler. Vgl. auch Textfigur 9. In einigen seltenen Fällen wurde jedoch um- gekehrt eine Verdünnung des mittleren Teiles wahrgenommen, so daß der Fleck mehr ringförmig erschien. Die Begrenzung dieser Textfigur 4. platten Pigmentmassen war meist kreisrund oder nahezu kreisrund, häufig auch etwas länglich, oval oder elliptisch, seltener unregel- mäßig. Durch die größeren Flecken ziehen bisweilen Blutgefäße hin- durch, in deren Verlauf in der dünnen Pigmentausbreitung die Pig- mentballen fehlen; die Blutgefäße treten dann als verzweigte, helle Linien innerhalb der Flecken hervor, Figur 5 und 6 der Tafel XV und Textfigur le. Die gleiche Erscheinung beobachtet man auch außerhalb der Pigmentflecken in dem Peritonaealpigment, wie Figur 4 der Tafel XV erkennen läßt. 386 E. Ballowitz: Die geschilderte lockere Anordnung der Pigmentballen und die Durchsichtigkeit der Pigmentflecken sind für den Dorsch sehr cha- rakteristisch; sie werden besonders auffällig, wenn zahlreiche solche Flecken in einem Gesichtsfelde nebeneinander liegen, wie es in der Textfigur 3 dargestellt ist. Sehr bemerkenswert ist, daß der Rand der Flecken meist nicht scharf abgegrenzt, sondern gewöhnlich aufgelockert erscheint, in- dem die Pigmentballen hier noch mehr auseinanderrücken. Das tritt in fast a Figuren der Tafel XV und den Textfiguren 1—4 her- vor und wird besonders deutlich, wenn der mittlere Teil der Flecken dicker und undurchsichtig ist, wie in der Text- figur 9. Dabei rücken die Ballen oft so weit von dem Hauptfleck ab, daß der letztere wie von einem Schwarm kleiner, locker angeordneter Pigment- körperchen umgeben erscheint. Die y Textfiguren 58 zeigen diese sehr auf- fällige, merkwürdige Erscheinung. Es sieht aus, als ob von den Flecken eine Emanation kleiner, zellenartiger Pigmentkörper ausginge, als ob die Pigmentballen wie Schwärmer von der Pigmentzentrale in das umliegende Gewebe auswanderten, In Textfigur 5 finden sich in der Nachbarschaft des nur kleinen Pigment- fleckens, der nicht größer ist als die Nachbarmelano- phoren, nur wenige kleine Pigmentballen, die auch mehr in der Nähe des Fleckens bleiben. In der Textfigur 6 sind die isolier- ten Pigmentballen in der Peripherie der Flecken schon zahlreicher und wei- ter von den Flecken abge- rückt. Noch mehr ist das Textfigur 6. der Fall in der Textfigur 7. Textfigur 5 Ueber eigenart. Ersch. am Peritonaeal-Pigm. b. Knochenfischen. 387 Textfigur 8. 388 E: Ballowitz: Eine bestimmte Anordnung lassen die isolierten Pigmentballen da- bei gewöhnlich vermissen. In der Textfigur 8 wird dagegen eine bestimmtere Anordnung angedeutet. Man erkennt, daß die Pigment- ballen in parallelen Zügen verlaufen; es sieht aus, als ob sie sich Textfigur 9. zwischen parallel nebeneinander befindlichen Bindegewebsbündeln eingelagert haben. Doch ist eine solche regelmäßige Anordnung nur sehr selten. Wir müssen nunmehr die feinere Zusammensetzung der Pigment- Ueber eigenart. Ersch. am Peritonaeal-Pigm. b. Knochenfischen. 389 flecken und ihrer Pigmentballen bei stärkeren Vergrößerungen stu- dieren. Dazu können uns schon die in Balsam eingeschlossenen Präparate von horizontal ausgebreiteten Bauchfellstücken dienen, welche wir bisher betrachtet haben. Wie oben schon angedeutet, ist in allen Pigmentflecken nicht die geringste Spur einer radiären Anordnung der Pigmentkörperchen, wie sie für die gewöhnlichen Melanophoren der Fischhaut so überaus charakteristisch ist, wahr- zunehmen. Ebenso fehlt ein Sphärenfleck vollkommen, wie schon die Figuren 8und 9der Tafel XV und die sämtlichen Textfiguren, die bei mittelstarken und schwachen Vergrößerungen gezeichnet sind, erkennen lassen. Auch ausgesparte helle Kernflecke werden vermißt. Statt dessen findet man in den Flecken nur ganz regellos angeordnete Pigmentballen, die dicht nebeneinander liegen und nur durch schmale, helle, pigmentfreie, unregelmäßige Lücken und Spalten voneinander getrennt werden. Sind die Flecken nicht zu dick und zu dunkel, so lassen sich die Pigmentballen schon bei mittelstarken Vergrößerungen deutlich unterscheiden und voneinander abgrenzen, wie besonders die Figur 8 auf Tafel XV zeigt. Da die Pigmentflecken, wie oben betont, nur dünn sind, erscheinen ihre Pigmentballen in dünner Schicht im Präparat horizontal, d. h. parallel der freien Oberfläche des Peritonaeums ausgebreitet, so daß die Flecken durchsichtig und wie durchlöchert aussehen. Nicht, selten sind sie im mittleren Teil der Flecken aber auch dichter und in mehreren Lagen angehäuft. Alsdann ist die Mitte der Flecken undurchsichtig und erscheint schwarz. Aber auch an diesen ist der Rand meist aufgelockert, so daß in der Peripherie die einzelnen Pigmentballen deutlich unterschieden werden können. Man stellt schon bei schwachen Vergrößerungen fest, daß die Pigmentballen verschieden groß sind und eine unregelmäßige Form besitzen. Bisweilen sind sie so klein und fein, daß die Flecken wie zerstäubt, fast pulverförmig, aussehen. Die Figur 17 und 18 der Tafel XVI und Figur 23 und 24 der Ta- fel XVII illustrieren die Zusammensetzung der Pigmentballen bei star- ker Immersionsvergrößerung an ungefärbten Flächenpräparaten. Ihre verschiedene Größe und Form treten hervor. Die Figuren 23 und 24 der Tafel XVII rühren von dünnen Stellen größerer Pigmentflecken her und zeigen die Pigmentballen in ihrer natürlichen gegenseitigen Zusammenlagerung; die verschieden großen Klumpen werden durch 390 E=Ballowitz: helle Spalten voneinander getrennt. Durch a Abplattung werden die Ballen oft vieleckig. Für alle diese Pigmentballen ist charakteristisch, daß die Pig- mentkörnchen zu verschieden großen Kugeln und Bläschen zusam- mengelagert sind; diese Kugeln und Bläschen setzen dann wieder die Ballen zusammen. Die größeren Ballen Können sehr zahlreiche solche Pigmentkugeln enthalten. Dazwischen befinden sich aber in unregelmäßiger Anordnung auch noch isolierte Pigmentkörnchen, welche auch in die hellen Lücken zwischen den Ballen eindringen können. Diese Zusammensetzung haben auch die kleinen, von dem Hauptflecken entfernter liegenden, aber zu diesem gehörigen Pig- mentkörperchen. Die verschieden großen Pigmentkugeln sind meist solide An- häufungen von Pigmentkörnchen, nicht selten erscheinen sie aber auch bläschenförmig insofern, als die Pigmentkörnchen nur an ihrer freien Oberfläche vorhanden sind, im Innern dagegen fehlen. Die Figuren 17 und 18 der Tafel XVI erläutern die bläschenartige Beschaf- fenheit der sehr verschieden großen und etwas verschieden gestalteten Pigmentmassen. Nur in Figur 17 ist die linke, etwas längliche Pig- mentmasse auch im Innern mit Pigmentkörnchen erfüllt, so daß sie dunkler als die benachbarten bläschenförmigen aussieht. An der Oberfläche der Pigmentbläschen ist die oberflächliche, dünne Lage der Pigmentkörnchen oft unterbrochen und lückenhaft. IV. Die Pigmentflecken im Peritonaeum des Plötzen. Ebenso konstant, wie bei dem Dorsch, finden sich die Pigment- flecken im Peritonaeum des Plötzen, Leuciscus rutilus L., vor. Ich habe weit über 100 dieser Süßwasserfische untersucht und bei kei- nem Fisch die Flecken vermißt. Alle untersuchten Plötzen, welche 9—21 cm, meist 15—20 cm, maßen, waren frisch gefangen und lebend, wurden unmittelbar vor der Untersuchung durch Dekapi- tation getötet und darauf untersucht, beziehungsweise nach den oben angegebenen Methoden konserviert. Das Peritonaeum ist auch bei diesem Fisch stets pigmentiert, wenn auch in verschiedenem Grade. Der bläulichweiße Silberglanz der dichten Guaninschicht wird durch verschieden zahlreiche Melano- phoren gedämpft, so daß die Bauchwand innen hellgrau bis schwärz- lich aussieht. Die Figuren 10—12 auf Tafel XVI stammen von drei Ueber eigenart. Ersch. am Peritonaeal-Pigm. b. Knochenfischen. 391 ziemlich gleichgroßen, 18—19 cm langen Fischen und lassen den verschieden starken Pigmentgehalt erkennen. Figur 10 zeigt den gewöhnlichen Befund der mittelstarken Pigmentierung. In Figur 11 ist das Peritonaeum dunkler, in Figur 12 heller. Die schrägen, parallelen, hellen Linien in den Zeichnungen, die besonders in Figur 12 auffallen, entsprechen den Rippen. An dem lebensfrisch untersuchten Bauchfell haben fast alle Melanophoren ihr Pigment in den Fortsätzen ausgebreitet. Die Melanophoren selbst erscheinen im allgemeinen ziemlich gleich groß, der Unterschied zwischen großen, mittelgroßen und ganz kleinen Melanophoren ist hier nicht so auffällig, wie beim Dorsch; bei letzterem befanden sich die Melanophoren an dem konservierten Material allerdings zum bei weitem größten Teil im Ballungszustande, wie ein Vergleich mit den Figuren 1—4 der Tafel XV erkennen läßt. Noch auffälliger als beim Dorsch werden im Peritonaeum des Plötzen nun die Pigmentflecken, die, wie oben schon betont, bei keinem einzigen Fisch vermißt wurden. Sie sind aber verschieden zahlreich vorhanden, und steht ihr Vorkommen im Verhältnis zu den gewöhnlichen Melanophoren; je dunkler das Peritonaeum pig- mentiert ist, um so zahlreicher sind gewöhnlich auch die Flecken. So sind sie z.B. in dem nur schwach pigmentierten Peritonaeum der Figur 12 auf Tafel XVI weit spärlicher und auch kleiner als in Figur, 10 und 11 derselben Tafel. Doch trifft das nicht immer zu. So sind die Flecken in Figur 10 zahlreicher als in Figur 11, obwohl in letzterer das Bauchfell dunkler pigmentiert ist. Auch können sie in einem mehr hellen Peritonaeum zahlreich sein, obwohl letzteres sten ist. Die Flecken gleichen im allgemeinen denjenigen des Dorsches, zeigen aber im einzelnen mancherlei Abweichungen. Am lebensfrisch untersuchten Bauchfell vom soeben getöteten Fisch werden sie ganz außerordentlich auffällig, wenn man das Präparat mit schwacher, etwa 8 facher Lupenvergrößerung betrach- tet, wie die Figuren 10—12 Tafel XVI am besten illustrieren. Sie erscheinen hier als scharf abgegrenzte, schwarze Flecken. Läßt man das Licht etwas seitlich auf das Präparat fallen, so stellt man fest, daß die Flecken ganz oberflächlich liegen und kleine, flache, matt- glänzende Hervorragungen bilden. Es sieht aus, als wären Tröpfchen von mattschwarzem Lack über das Bauchfell hingespritzt. Sie finden sich an der, inneren Oberfläche der Seitenwand der Bauchhöhle, Arch. f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. 1. 26 392 E. Ballowitz: aber auch an der vom Peritonaeum überzogenen Unterfläche der beiden Schwimmblasen. An der letzteren Stelle bilden sie meist Längsreihen. So wird auf der Unterfläche der hinteren Schwimmblase in der Mittellinie meist eine von mehreren Flecken gebildete Längs- reihe beobachtet, während die Flecken an der Unterfläche der vor- deren Schwimmblase mehr unregelmäßig zerstreut sind, bisweilen aber auch in Längsreihen sich anordnen; auch neben den Schwimm- blasen findet sich jederseits bisweilen eine Längsreihe. Ebenso folgen die Flecken in ihrer Anordnung an der seitlichen Rumpf- wand oft dem Verlaufe der Rippen. Figur 10—12 der Tafel XVI. Daß die Flecken an dem lebensfrischen Präparat so scharf be- grenzt und auffällig hervortreten, wird hauptsächlich dadurch her- vorgerufen, daß die gewöhnlichen Melanophoren ihr Pigment in den Fortsätzen ausgebreitet haben, während sich in der Umgebung der Flecken niemals auch nur Andeutungen von Fortsätzen vorfinden. Dadurch unterscheiden sich in diesen Präparaten unter der Lupe alle Flecken sofort von den gewöhnlichen Melanophoren. Wie bei dem Dorsch, ist ihre Größe sehr verschieden. Sie können nur klein sein, so daß sie die kleinen Melanophoren mit zusammenge- ‚balltem Pigment nicht übertreffen. Meist aber sind sie sehr viel größer als die gewöhnlichen in ihrer Nachbarschaft befindlichen Schwarz- zellen und ebenso riesenhaft wie bei dem Dorsch. Das zeigen schon die Lupenvergrößerungen der Figur 10—12, ferner bei schwächerer mikroskopischer Vergrößerung die Figuren 13—15 der Tafel XVI. Die größeren Flecken sind daher schon mit bloßem Auge sehr deutlich wahrzunehmen. Sie sind auch viel größer, als die größten Melanophoren mit ausgebreitetem Pigment in dem Bauchfell des Plötzen. In der Textfigur 10 (s. n. S.) ist ein Fleck aus dem Peritonaeum des Plötzen bei 102 facher Vergrößerung gezeichnet worden, es ließen sich aber noch größere Flecken auffinden. Auch die Form der Flecken variiert und erhellt am ps aus den Figuren 10—15 der Tafel XVI. Sie kann rundlich, oval oder elliptisch sein, wird meist aber etwas länglich gefunden. Die Ränder sind gewöhnlich unregelmäßig eingeschnitten und aufgelockert. Auf einen Unterschied von den Dorschflecken muß ich besonders hinweisen, daß nämlich die Flecken beim Plötzen gewöhnlich nicht so aufgelockert und durchsichtig sind, wie beim Dorsch; sie erschei- Ueber eigenart. Ersch. am Peritonaeal-Pigm. b. Knochenfischen. 393 nen bei ersterem vielmehr meist schwarz und undurchsichtig. Aller- dings werden Auflockerungen im ganzen Bereich des Fleckens auch bei Plötzen oft gefunden, wie Figur 13 der Tafel XVI zeigt. Auch die Auflockerung der Ränder und die anscheinende Ema- nation der Pigmentballen in der Nachbarschaft habe ich beim Plötzen nicht so regelmäßig gefunden wie bei dem Dorsch. Zwar kommt auch beim Plötzen hier und da zur Beobachtung, daß Pig- mentballen sich von den Hauptmassen getrennt haben und in einiger Textfigur 10. Entfernung von den Flecken herumliegen, wie z. B. in Figur 13 und 14 der Tafel XVI. Figur 14 führt einen länglichen, etwas unregelmäßig geformten Pigmentflecken bei etwa 60facher Vergrößerung vor, dessen Rand in Pigmentballen aufgelöst erscheint. Eine Anzahl von Pigmentballen, die einzeln oder in Gruppen beisammen liegen, hat sich dabei weiter vom Rande entfernt. Diese Erscheinung traf ich aber, wie gesagt, beim Plötzen seltener und nicht so ausgesprochen und weitgehend wie beim Dorsch an. Auch ist der Rand der Flecken, wie die Figuren zeigen, meist ebenso dunkel und undurchsichtig wie ihr Inneres. Der Rand kann auch bisweilen so weit zerklüftet sein, daß größere schwarze Stücke davon ganz abgetrennt sind und in der Nähe des Fleckens isoliert liegen, wie in der Textfigur 10. 26* 394 ‘= E=Ballowitz: ‘V. Die Untersuchung der Pigmentflecken des Plötzen im Schnittbilde. Da die schwarzen Pigmentflecken bei dem Plötzen zu undurch- sichtig waren, um an ihnen die innere Zusammensetzung im Flä- chenbilde in derselben Weise festzustellen, wie ich es oben für den Dorsch beschrieben habe, benutzte ich hierzu Serienschnitte, welche senkrecht zur Oberfläche des Bauchfells angefertigt wurden. Ihre Dicke betrug 5—10 u. Das Material entnahm ich Stücken, welche lebensfrisch in Eisessig-Sublimatlösung, wie oben angegeben, fixiert waren; die mit destilliertem Wasser aufgeklebten Schnitte wurden mit Hämatoxylin und Eosin gefärbt. Figur 19 auf Tafel XVII stellt einen solchen Schnitt bei schwä- cherer, etwa 400facher Vergrößerung dar. Die abgeflachte braun- schwarze Pigmentmasse ist parallel der Oberfläche des Peritonaeums ausgebreitet und liegt oberflächlich in dem Bindegewebe des Bauch- fells dicht unter dem Bauchfellepithel. Sie ist dabei der zusammen- hängenden, darunter befindlichen Guaninschicht aufgelagert. Diese hat sich in diesem abgebildeten Schnitt infolge der Behandlung etwas davon abgehoben, so daß zwischen Pigment und Guaninschicht ein künstlicher Spaltraum entstanden ist. Man erkennt nun an dem Schnitt die gleiche Struktur des Fleckens, wie beim Dorsch. Die ganze Pigmentmasse setzt sich aus sehr zahlreichen, verschieden großen Pigmentballen zusammen, welche durch schmale Spalten voneinander geschieden werden. Links sind vom Rande des Hauptileckens ein Paar Pigmentbrocken ab- gelöst und isoliert; aber auch sie setzen sich aus Ballen zusammen. Zwischen diesen vorgeschobenen Pigmentmassen und dem Haupt- flecken nimmt man einen Gefäßquerschnitt wahr. Die Figuren 20, 21 und 22 der Tafel XVII bringen 3 Schnittbilder bei stärkerer Vergrößerung. Fig. 20 ist ein bei 660 facher Vergröße- rung (Zeiß, homogene Immersion 1,5, Komp.-Okular 4) gezeichnetes Gesichtsfeld. Die Figuren 21 und 22 wurden nach 5 u dicken Schnit- ten bei ganz starker, etwa 2000 facher Immersionsvergrößerung (Zeiß, homogene Immersion 1,5, Komp.-Okular 12) dargestellt. In allen diesen Figuren ist zunächst die Zusammensetzung des Fleckens aus sehr zahlreichen verschieden großen Pigmentballen höchst auffällig. Die Ballen selbst sind oft undeutlich voneinander getrennt, und scheinen hier und da ineinander überzugehen. Die sie trennenden hellen Lücken sind sehr unregelmäßig. Vor allem ist Ueber eigenart. Ersch. am Peritonaeal-Pigm. b. Knochenfischen. 395 auch hier keine Spur einer regelmäßigen radiären Anordnung auf- zufinden. Wie bei dem Dorsch, enthalten auch die Pigmentballen wieder kleinere Anhäufungen von Pigmentkörnchen, die rundlich oder länglich oder auch unregelmäßig sein Können; sie sind auch wieder verschieden groß. In Figur 22 ist deutlich festzustellen, daß viele dieser Pigmentanhäufungen dadurch bläschenartig geworden sind, daß sich die Pigmentkörnchen an ihrer Oberfläche in einer Lage angehäuft haben, in dem hellen Inneren dagegen fehlen. Außer diesen Pigmentanhäufungen sind zwischen ihnen aber auch zahlreiche isolierte Pigmentkörnchen ausgestreut, die sich in die hellen Lücken zwischen den Pigmentballen erstrecken können. Diese Schnittpräparate geben nun auch wichtigen Aufschluß über das Verhalten der Kerne in den Pigmentflecken. Sehr über- raschend wird dabei die Tatsache, daß die Flecken sehr reich an Ker- nen sind, wie die Figuren 20—22 am besten illustrieren. Die Zellkerne sind aber nicht gleichmäßig verteilt. An manchen Stellen können sie mehr angehäuft sein, an anderen Stellen sind sie dagegen spärlicher. So waren in der großen Fläche der Figur 22 nur 2 Kerne nachweisbar. Auch ihre Lage mit Bezug auf die Pigment- ballen ist verschieden und bietet nichts Charakteristisches. Sie können innerhalb der Pigmentballen, an derem Rande oder dazwischen liegen. Größe und Form der Kerne sind verschieden. Außer großen Kernen wurden auch kleinere und ganz kleine beobachtet. Ihre Form ist meist rundlich, oval oder ellipsoid, hier und da auch etwas länglich. Durch die benachbarten Pigmentanhäufungen werden größere, in dem Pigmentballen eingeschlossene Kerne oft etwas unregelmäßig eingebeult, vgl. Figur 22. Die zu den Kernen gehörigen Zellterritorien ließen sich leider in diesen Schnittbildern nicht dar- stellen und abgrenzen. Schließlich ergab die Untersuchung der Schnitte, daß die Flecken auch noch von zarten Bindegewebszügen und von Blutgefäßen durchzogen werden. Aus allem geht mithin hervor, daß die Pigmentflecken keine Zellen, etwa riesige Schwarzzellen sind, als welche sie auf den ersten Blick bei schwacher Vergrößerung imponieren könnten. Vielmehr handelt es sich hier um Bildungen mit einem besonderen, eigen- 396 E..Ballowitz: artigen, geweblichen Aufbau, der durch den Reichtum an Kernen und die vielfache Pigmentballung charakterisiert ist. VI. Vorkommen der Pigmentflecken bei anderen Fischen. Oben wurde schon von mir erwähnt, daß der Grad der Pig- mentierung des Bauchfells und das Vorkommen der an bei den Knochenfischen sehr verschieden ist. Bei dem Flußbarsch (Perca fluviatilis L.) und der Goldorfe (Idus melanotus Heck) fehlen, wie ich fand, Melanophoren in dem Bauchfell ganz oder fast ganz, so daß der Silberglanz der Guanin- zellschicht voll zur Geltung kommt. Sehr gering ist der Pigment- gehalt des Peritonaeums bei Scardinius erythrophthalmus L., Tinca vulgaris Cuv., Abramis brama Cuv., Alburnus lucidus Heck., Esox lucius L., Gobio fluviatilis Flem., Salmo fario L., Salmo sal- velinus Dr Salmo irideus Gibb., Coregonus fera Jur. var., Labrax lupus Gr In dem silberglänzenden Peritonaeum Anden sich nur vereinzelte in größeren Abständen liegende, mittelgroße oder kleinere Schwarz- zellen von gewöhnlicher Struktur, die nur dorsälwärts etwas zahl- reicher werden können. Bei allen diesen Fischen wurden Pigment- flecken im Peritonaeum völlig vermißt. Sehr stark pigmentiert dagegen fand ich das Bauchfell, außer, wie oben geschildert, bei dem Dorsch und Plötz, bei den Platt- fischen, Pleuronectidae, und bei Motella, die ich auf Helgoland untersuchte. Nur bei diesen Fischen waren regelmäßig Pigment- flecken vorhanden, so daß ihr Vorkommen mit dem stärkeren Pigmentgehalt des Bauchfells im Zusammenhang zu stehen scheint. Figur 16 auf Tafel XVI zeigt bei schwacher, 60 facher Vergröße- rung ein Stück Bauchfell von einem Plattfisch, der Klische (Limanda limanda L.). Die sehr zahlreichen, im Kanadabalsampräparat bräunlichen Chromatophoren zeigen das Pigment in ihren Fortsätzen ausgebreitet. Von ihnen stechen scharf die verschieden großen Pigmentflecken ab, die ähnlich gelockert erscheinen, wie beim Dorsch. Die kleinen, regellos angeordneten Pigmentballen, welche sie zusammensetzen, sind ohne weiteres erkennbar. Dieser Befund ist für den genannten Plattfisch sehr charak- teristisch. Aehnliches traf ich bei anderen Plattfischen an. Ni Auch in dem stark pigmentierten Peritonaeum von Motella cimbria Nilss. erkennt man schon mit bloßem Auge, besser noch mit Ueber eigenart. Ersch. am Peritonaeal-Pigm. b. Knochenfischen. 397 schwachen Lupen zwischen den gewöhnlichen Melanophoren große schwarze Pigmentmassen, welche unregelmäßig verteilt sind. Sehr merkwürdig ist, wie verschieden sich das Peritonaealpig- ment bisweilen bei nahe verwandten, gleichgroßen Knochenfischen, welche auch ziemlich die gleiche Lebensweise führen, ganz regel- mäßig verhält. Das ist z. B. der Fall bei zwei Süßwasserfischen, dem Plötz (Leuciscus rutilus L.) und dem Rotauge (Scardinius erythroph- thalmus L.). Während beim Plötz, wie geschildert, das Perito- naeum stark pigmentiert ist und stets Pigmentflecken aufweist, ist bei den Rotaugen das Peritonaeum sehr pigmentarm und entbehrt der Pigmentflecken vollkommen; nur vereinzelte kleinere und mittel- eroße Melanophoren von gewöhnlichem Aussehen finden sich darin. Man kann daher an diesem verschiedenen Aussehen des freigelegten Bauchfells sofort beide Fischarten sicher unterscheiden. VII. Ueber die Bedeutung der Pigmentflecken. Ich habe diesen Studien deswegen eine so große Ausdehnung gegeben, um die Bedeutung dieser merkwürdigen Pigmentflecken zu ergründen, ich muß aber offen eingestehen, daß ich darüber noch nicht ins klare gekommen bin. Die eigenartige Zusammensetzung der Flecken aus zahlreichen Pigmentballen legt ja zunächst den Gedanken nahe, daß es sich um Zerfallerscheinungen, etwa um degenerierende oder abgestorbene, zerfallene Melanophoren handeln könnte. In der Tat weiß ich von meinen Experimenten an den Pigment- zellen der lebensfrischen Hirnhaut von Gobius*) her, daß die Me- lanophoren bei mechanischer Iusultierung leicht in verschieden große, abgerundete Teilstücke und Kugeln zerfallen. Ich machte diese Beobachtung besonders, wenn ich die dünne Hirnhaut und die darin eingelagerten Chromatophoren mit Nadeln zerriß oder mit einer feinen Schere zerschnitt. An den Riß- und Schnitträndern waren alsdann nicht selten Melariophoren mit ausgebreitetem Pigment getroffen und zertrennt. An diesen Schnitträndern quoll nun das an Melaninkörnchen reiche Chromatophorenprotoplasma hervor und ballte sich zu Kugeln zusammen, die in der Zupfflüssigkeit ı) Vgl. E. Ballowitz, Ueber schwarzrote und sternförmige Farb- zellenkombination in der Haut von Gobiiden. Zeitschr. f. wissensch. Zoo- logie, .Bd. CVI, Heft 4, 1913. 398 E. Ballowitz: herumlagen. Ich sah sogar Bewegungserscheinungen an diesen losgelösten Kugeln. Aber auch in Präparaten der äußeren Haut habe ich einen wirklichen Zerfall von Melanophoren zweifellos hier und da fest- stellen können, z. B. in der Haut von Trachinus vipera Cuv., die reich an typischen, von mir näher beschriebenen !) Melaniridosomen ist. Der hier von Iridocyten umschlossene Melanophor zeigte sich hier einige Male in verschieden große, noch mit Pigment versehene Klumpen zerlegt. Die Klumpen sind bei diesem offenbaren Degene- rationszerfall aber unregelmäßiger als in den Flecken des Perito- naeums. Auch in der Haut anderer Fische, ja sogar von Fischlarven, z. B. von kleinen Steinbutten, habe ich ähnliches beobachtet. Be- sonders auffällig wurde dies in der Haut der im Sommer bei Helgo- land gefangenen Exemplare von Callionymus Iyra L. Manche Bilder aus der Haut hatten große Aechnlichkeit mit den oben beschriebenen Bauchfellflecken, so daß ich glaube, die gleichen Bildungen, wie im Peritonaeum, auch in der Haut vor mir gehabt zu haben. In der Haut, selbst in der mit Melanophoren reich versehe- nen, ist das Vorkommen der Flecken aber niemals so regelmäßig von mir beobachtet worden, wie im Peritonaeum der oben genannten Fische, sondern wurde nur hier und da in seltenen Fällen angetroffen. Aber selbst, wenn man zugeben wollte, daß die kleinen Flecken in Stücke zerfallene, abgestorbene, degenerierte, ursprüngliche Melanophoren gewesen sind, so ist diese Möglichkeit für die großen Flecken doch völlig ausgeschlossen. Denn diese sind viel zu groß, als daß es zerfallene Einzelmelanophoren sein könnten. Wie oben ausgeführt, übertreffen sie ja die Größe der zusammengeballten, größten, echten Melanophoren um das vielfache. Eine gewöhnliche Schwarzzelle kann keinenfalls bei ihrem Zerfall so viele Melanin- körnchen liefern, wie in den großen Flecken enthalten sind. Die Melanophoren sind aber niemals so eng zusammengelagert, daß an- genommen werden könnte, daß die großen Flecken durch Verschmel- zung mehrerer oder zahlreicher zerfallender Melanophoren gebildet worden seien. Auch mit den großen in den Fischlarven zuerst auf- tretenden Melanophoren können die sehr zahlreich und unregel- mäßig verteilten Flecken nicht in Beziehung gebracht werden. t) Vel. E. Ballowitz, Die chromatischen Organe in der Haut von Trachinus vipera Cuv. Zeitschr. f. wissensch. Zoologie, Bd. CIV, 1913. Ueber eigenart. Ersch. am Peritonaeal-Pigm. b. Knochenfischen. 399 Spricht schon die Größe der meisten Pigmentflecken gegen die Annahme, daß dieselben Degenerationserscheinungen, zerfallene Melanophoren sein können, so wird dieser Annahme auch durch den inneren Bau der Flecken der Boden entzogen. Wie ich oben ausgeführt habe, fehlt den Flecken jede Andeutung einer radiären Struktur, die für die gewöhnlichen Melanophoren so charakteristisch ist; auch von einer Zellsphäre ist nichts zu erkennen. Während die Schwarzzellen gewöhnlich nur 2 Kerne besitzen, sind dagegen die Flecken reich an verschieden großen und verschieden gestalteten Kernen, die zum Teil in den Pigmentballen, zum Teil dazwischen liegen. Dieser Kernreichtum ist für die Flecken sehr bezeichnend. Wie ich oben nachgewiesen habe, werden die Flecken auch noch durchsetzt von feinen Bindegewebszügen und Blutge- fäßen, beiden gehört ein Teil der Kerne an. Alle übrigen Kerne stehen aber in Beziehung zu den Pigmentballen. Aus dieser Struktur folgt, daß die Pigmentflecken nicht den Charakter einer einfachen Zelle besitzen, vielmehr sind sie aus Ge- weben aufgebaute kern- und zellreiche Bildungen, die im Binde- gewebe des Peritonaeums dicht unter seinem Epithel lagern. Die Abbildungen haben nun dargetan, daß sich von den Rän- dern der Pigmentflecken oft Pigmentballen abtrennen und in gerin- gerer oder größerer Entfernung von den Flecken liegen. Auch die Ränder der Flecken sind meist aufgelockert. Diese abgesprengten kleinen Pigmentmassen liegen aber niemals in zum Fleck radiär gerichteten Reihen. Das müßte doch wohl der Fall sein, wenn diese isolierten Pigmenthäufchen etwa zerfallene Fortsätze von Melano- phoren wären und die Flecken selbst ursprüngliche Melanophoren darstellten, was aber nur bei den kleinen Flecken angenommen werden könnte. Hervorzuheben ist auch, daß die kleinen isolierten Pigmenthäufchen auch eine ziemliche Gleichmäßigkeit in Größe und Struktur zeigen. Ich habe oben schon betont, daß es so aussieht, als wenn von den Pigmentflecken eine Emanation von kleinen, zellenartigen Pigment- massen ausginge, die gleich Schwärmern von der Zentralstelle des Flecks aus in das umliegende Bindegewebe auswandern. Ein Blick auf die Figur 13 und 14 der Tafel XVI und die Textfiguren 5—8 wird dieses Aussehen bestätigen. Ich möchte, nach allem, die Vermutung aussprechen, daß die Pigmentflecken Brutstätten von Melanophoren sind, die als junge 400 Ei... Bablowitz:- Pigmentzellen in die Nachbarschaft auswandern, um sich dann im Bindegewebe festzusetzen und zu gewöhnlichen Melanophoren aus- zuwachsen. Die oft. gruppenweise erfolgte Zusammenlagerung der Mikromelanophoren, auf welche ich bei meiner Schilderung des Peritonaeums vom Dorsch hingewiesen habe, macht mir dies noch wahrscheinlicher. Allerdings kann ich, außer dem Angeführten, keine weiteren Stützen für meine Annahme beibringen. Ich habe bis jetzt noch keine Kernteilungsfiguren in den Flecken gesehen. Kernteilungsfiguren kommen ja auch in den ausgebildeten Melanophoren der äußeren Haut erwachsener Fische niemals zur Beobachtung. In den Flecken könnte die Kern- und Zellvermehrung ja aber auch noch auf andere Weise vor sich gehen. Jedenfalls habe ich in den Flecken unter den zahlreichen Kernen hier und da auffällig kleine Kerne beobachtet. Für meine Annahme würde auch die oben festgestellte Tatsache sprechen, daß die Flecken nur bei solchen Fischen vorkommen, die ein stark pigmentiertes Bauchfell haben, den Fischen mit nur weni- gen Pigmentzellen im Peritonaeum aber fehlen; ferner die Beob- achtung, daß die Flecken nicht nur bei kleinen Fischen, sondern auch bei ganz großen, nahezu ausgewachsenen (Kabeljau) vorkom- men. Die Flecken stehen demnach zu der Intensität der Pigmen- tierung in Beziehung. Alle diese Erwägungen veranlaßten mich auch, als ich auf der Anatomenversammlung in Greifswald!) zum ersten Male diese Er- scheinungen demonstrierte, von einer „Fragmentation‘ der Pig- mentmassen zu sprechen, Ob und wie weit meine‘ Vermutungen zutreffen, müssen weitere Untersuchungen lehren. Taielerklärung. Tafel XV. Alle Figuren der Tafel beziehen sich auf das Peritonaeum des Dorsches (Gadus morrhua L.). Fig. 1. Stück des hell-schiefergrauen Peritonaeums eines 30 cm langen Dorsches. Die Mikromelanophoren sind unten gruppenweise, oben dichter gelagert. Dazwischen unregelmäßig ausgestreut größere Melanophoren und schwarze Pigmentflecken. Alle Melano- A AC: Fig. 2. Ueber eigenart. Ersch. am Peritonaeal-Pigm. b. Knochenfischen. 401 phoren im Zustande der Pigmentballung. Frisch gefangen in 70%igem Alkohol konserviert. Nach dem in Alkohol liegenden Präparat bei schwacher (8 facher) Lupenvergrößerung unter auf- fallendem Licht gezeichnet. Stück des hellen, auffällig scheckigen, schiefergrauen Peritonaeums eines 26 cm langen Dorsches. Die Mikromelanophoren liegen gruppenweise zusammen. Zahlreiche große, unregelmäßig gestaltete Pigmentflecken. Etwas stärkere (16 fache) Lupenvergrößerung. Sonst wie bei Fig. 1. Fig. 3 und 4. Zwei Stücke aus dem schiefergrauen Peritonaeum eines Fig. Fig Fig. Fig. Fig. Fig. 0,75 m langen Dorsches (Kabeljau). Zahlreiche Mikromelano- phoren, die in Fig. 4 dicht nebeneinander liegen. Dazwischen größere Melanophoren, zum Teil noch mit in den Fortsätzen ausgebreitetem Pigment. In Fig. 3 befinden sich außerdem noch zahlreiche größere Pigmentflecken von verschiedener Form. In Fig. 4 sind die Pigmentflecken spärlicher, links oben liegt ein besonders großer. In Fig. 4 markiert sich ein Gefäß als helle, verzweigte, schmale Linie. Von einem ganz frischen, bei Helgo- land von dem Expeditionsdampfer ‚Poseidon‘ gefangenen Kabeljau. Konservierung in 70%igem Alkohol. Das in Alkohol liegende Peritonaeum wurde bei schwächerer (8 facher) Lupen- vergrößerung bei auffallendem Licht gezeichnet. Sehr großer, langgestreckter Pigmentfleck mit hell gebliebenen Blutgefäßen darin. Aus dem merkwürdig hellen Peritonaeum eines gegen 30 cm langen Dorsches. Leitz Obj. 3, Okul. 3, Tubus ganz ausgezogen, Vergr. 102, . 6—9. Nach in Kanadabalsam eingeschlossenen, flächenhaft ausge- 6. oo breiteten, ungefärbten Präparaten vom Peritonaeum. Uebersichtsbild eines Stückes des helleren Peritonaeums eines etwa 30 cm langen Dorsches, Zahlreiche verschieden große und ver- schieden gestaltete, aus mehr locker angeordneten Pigment- ballen bestehende Pigmentflecken; in ihrer Nähe gruppenweise zusammengelagerte Mikromelanophoren, außerdem zahlreiche größere Melanophoren mit zusammengeballtem Pigment. In einigen Pigmentflecken Blutgefäße als helle Linien, Eisessig- Sublimat. Leitz Obj. 2, Okul. 1, Vergr. 33. Ein dünner Pigmentfleck mit locker angeordneten Pigment- ballen. Aus dem grauen Peritonaeum eines 40 cm langen, in Al- kohol konservierten Dorsches. Leitz Obj. 3, Okul. 1, Vergr. 60. Stücke eines größeren, dünnen, kreisrunden Pigmentflecks mit locker angeordneten Pigmentballen. Aus dem großen Peritonaeum eines 35 cm langen, in Alkohol konservierten Dorsches. Leitz Obj. 7, Okul. 1, Vergr. 335. Zwei kreisrunde Pigmentflecken zwischen kleineren und größeren Melanophoren. Aus dem hellgrauen, mit Eisessig-Sublimat fi- xierten Peritonaeum eines gegen 30 cm langen Dorsches. Leitz Obj. 3, Okul. 3, Vergr. 80. 402 Br-Bal lo witz: Tafel XVI, Fig. 10—12. Diese 3 Zeichnungen stellen Ansichten des Bauchfells an der Seitenwand der Bauchhöhle von 3 18—19 cm langen Exemplaren des Plötzen (Leuciscus rutilus L.) dar. Die den frisch getöteten Fischen entnommene Seitenwand wurde lebensfrisch in physio- logischer Kochsalzlösung mit der Bauchfellseite nach oben hori- zontal ausgebreitet und bei 8facher Lupenvergrößerung sofort gezeichnet. Von den Melanophoren, deren Pigment in den Fort- sätzen ausgebreitet ist, heben sich die sehr dunklen Pigment- flecken außerordentlich scharf und auffällig ab; sie werden dadurch sofort kenntlich, daß von ihnen niemals radiäre Fortsätze, wie bei den gewöhnlichen Melanophoren, ausgehen. In Fig. 10 ist das Peritonaeum mittelstark, in Fig. 11 stärker und in Fig. 12 nur schwach pigmentiert. In Fig. 10 und 11, besonders in Fig. 10, sind die Pigmentflecken sehr zahlreich, in Fig. 12 dagegen nur spärlich. Ihre Größe und Form sind verschieden. Die hellen, paralleien, schrägen Streifen in den 3 Zeichnungen entsprechen den Rippen. Fig. 13—15. Drei Flächenbilder des Bauchfells von 3 verschiedenen Exem- plaren des Plötzen (Leuciscus rutilus L.), bei der gleichen, etwa 60 fachen Vergrößerung nach in Kanadabalsam eingeschlossenen Präparaten gezeichnet. Leitz Obj. 3, Okul. 1. Von den einfachen, mehr bräunlichen Melanophoren, in deren Fortsätzen sich das Pig- ment maximal ausgebreitet hat, heben sich die intensiv schwarzen, scharf abgegrenzten, fortsatzlosen, verschieden großen und ver- schieden gestalteten Pigmentflecken sehr auffällig ab. Die Flecken sind zum Teil wesentlich größer als die Melanophoren mit ausge- breitetem Pigment. "In Fig. 13 ist der größte Teil der Fiösken aufgelockert, ähnlich wie beim Due Fig. 14. so daß man die einzelnen, die Flecken zusammensetzenden Pig- mentballen schon unterscheiden kann. In der Nachbarschaft mehrerer Flecken sieht man völlig isolierte oder auch in kleinen Gruppen zusammenliegende, von dem Hauptfleck abgetrennte Pigmentballen. stellt einen. größeren, zwischen den Melanophoren liegenden und sie zum Teil überlagernden, länglichen Pigmentflecken dar, dessen unregelmäßige Ränder stark aufgelockert sind. Völlig isolierte Pigmentballen liegen zahlreich in der näheren und weiteren Um- gebung des Fleckens. In Fig. 15 liegen zwischen den Melanophoren längliche, große Pigmentflecken Fig. 16. mit stark eingekerbten und eingeschnittenen Rändern. Ein Stück Peritonaeum von dem Plattfisch Kliesche (Limanda limanda L.), mit zahlreichen bräunlichen Pigmentzellen und 3 zum Teil stark aufgelockerten Pigmentflecken; nach einem in Kanadabalsam eingeschlossenen, horizontal ausgebreiteten, un- gefärbten Präparat. Vergr. wie in den Fig. 14—16. Ueber eigenart. Ersch. am Peritonaeal-Pigm. b. Knochenfischen. 403. Fig. 17—18. Verschieden große, bläschenförmige Pigmentballen vom Rande und aus der Nachbarschaft größerer Pigmentflecken vom Dorsch (Gadus morrhua L.), bei starker Immersionsvergrößerung (Zeiß, homog. Imm. 1,5, Komp.-Ok. Nr. 12). Die Pigmentkörnchen liegen in einfacher Schicht an der Oberfläche der Pigmentballen; nur in dem linken, ovalen Pigmentballen der Fig. 17 sind auch im Innern des Ballens Pigmentkörnchen enthalten, so daß er dunkler aussieht. Tafel XVII, Fig. 19—22. Schnittbilder von Pigmentflecken aus dem Peritonaeum des Fig. 19. Fig. 20. Fig. 21. Fig. 22. Plötzen, Leueiscus rutilus L., Eisessig-Sublimat, Alkohol. Fär- bung mit Hämatoxylin und Eosin. Schnittdicke 5 «. Uebersichtsbild bei schwächerer, etwa 350 facher Vergrößerung. Leitz Obj. 7, Okul. I, Tubus ganz ausgezogen. Schnitt durch einen Pigmentfleck senkrecht zur Oberfläche des Bauchfells. Der ab- geplattete Pigmentfleck liegt dicht unter dem Epithel des Bauch- fell. Man erkennt seine Zusammensetzung aus zahlreichen ver- schieden großen Pigmentballen. Links am Rande ein Gefäß- durchschnitt. Die unter dem Pigmentfleck gelegene Guanin- schicht hat sich infolge der Behandlung etwas abgelöst, so daß ein breiter Spaltraum zwischen ihr und dem Pigmentfleck ent- standen ist. Uebersichtsbild aus dem Innern eines Pigmentfleckes bei 660 facher Vergrößerung. Zeiß Apochr. homog. Imm. 1,5 mm, Komp.-Ok. Nr. 4. Sehr zahlreiche Zellkerne, die zum Teil in den Pigment- ballen, zum Teil dazwischen liegen. Schnittbild aus dem Innern eines Pigmentfleckes bei starker, 2000 facher Immersionsvergrößerung. Zeiß Apochr.-homog. Imm. 1,5 mm, Komp.-Ok. Nr. 12. Zahlreiche Zellkerne, zum Teil inner- halb der Pigmentballen, zum Teil dazwischen. Schnittbild aus dem Rande eines Pigmentfleckes bei der gleichen starken Immersionsvergrößerung wie in Fig. 21. Nur zwei Zell- kerne sichtbar. Wie in Fig. 21 zwischen den Pigmentballen zahl- reiche isolierte Pigmentkörnchen. Fig. 23 und 24. Pigmentballen aus dem Innern und der Nachbarschaft von Pigmentflecken des Bauchfells vom Dorsch (Gadus morrhuaL.), bei starker Immersionsvergrößerung gezeichnet. Zeiß Apochr. homog. Imm. 1,5 mm, Komp.-Ok. Nr. 12. Aus ungefärbten, in Kanadabalsam horizontal ausgebreiteten Präparaten vom Bauch- fell. 404 Ueber die Farbzellenvereinigungen bei Serranus. Von E. Ballowitz in Münster i. W. _ Hierzu Tafel XVII und 7 Textfiguren. Die von mir in der Haut von Knochenfischen aufgefundenen Vereinigungen von Iridocyten mit Schwarzzellen, welche ich als Melaniridosome oder bei typischer Ausbildung als chromatische Organe bezeichnet habe, zeigen eine große Mannigfaltigkeit, wofür meine früheren Mitteilungen !) schon Beispiele geliefert haben. !) E. Ballowitz, Ueber chromatische Organe in der Haut von Knochenfischen. Anat. Anz., Bd. 42, Nr. 7/8, 1912. Mit 15 mikrophoto- graphischen Abbildungen auf 2 Tafeln. — Derselbe, Die chromatischen Organe in der Haut von Trachinus vipera Cuv. Ein Beitrag zur Kenntnis der Chromatophoren-Vereinigungen bei Knochenfischen. Mit 7 Textfiguren und 5 lithographischen Tafeln. Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. CIV, Heft 3, 1913. — Derselbe, Ueber chromatische Organe, schwarzrote Doppelzellen und andere eigenartige Chromatophoren-Vereinigungen, über Chromatopho- renfragmentation und über den feineren Bau des Protoplasmas der Farb- stoffzellen. Mit Demonstration mikroskopischer Präparate und kinemato- graphischer Vorführung der bei Oelimmersion aufgenommenen Körnchen- strömung in den Chromatophoren. Mit 4 mikrophotographischen Abbildun- gen. Verhandlungen der Anat. Gesellsch. auf der 27. Versammlung in Greifs- wald vom 10.—13. Mai 1913. — Derselbe, .Die chromatischen Organe, Melaniridosome, in der Haut der Barsche (Perca und Acerina). Dritter Beitrag zur Kenntnis des feineren Baues der Chromatophoren-Vereinigungen bei Knochenfischen. Mit 8 Figuren im Text und 3 Tafeln. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. CX, Heft 1,1914. — Derselbe, Ueber die Erythrophoren und ihre Vereinigungen mit Iridocyten und Melanophoren bei Hemichromis bimaculatus Gill. Vierter Beitrag zur Kenntnis der Chromatophoren und der Chromatophoren-Vereinigungen bei Knochenfischen. Mit 23 Figuren im Text und 3 Tafeln. Arch. f. Zellforsch., XIV. Bd., 2. Heft, 1915. Ueber die Farbzellenvereinigungen bei Serranus. 405 Eine besondere Form und eigenartige Regelmäßigkeit der' An- ordnung stellte ich bei Serranus fest. Von dieser im Mittelmeer vorkommenden, zu den Perciden gehörenden Teleostiergattung konnte ich gelegentlich eines mehrfachen Aufenthaltes am Mittel- ‚meer, und zwar am Oceanographischen Museum in Monaco und be- sonders in der zoologischen Station in Neapel, drei Arten in zahl- reichen Exemplaren untersuchen; diese waren Serranus scriba C. V., der „‚Schriftbarsch‘‘, Serranus cabrilla L. und Serranus hepatus L. Serranus hepatus L. erhielt ich nur in Neapel, und habe ich diese Art weniger studiert, vielmehr nur zum Vergleiche herangezogen. Ich stellte bei Serranus hepatus in der Haut das Vorkommen von Melaniridosomen fest, die aber nichts Besonderes darboten. Die fol- genden Mitteilungen betreffen daher hauptsächlich Serranus scriba und Serranus cabrilla L. Die Hautstücke wurden zum Teil den frisch getöteten Tieren entnommen und horizontal ausgebreitet in physiologischer Koch- salzlösung untersucht, zum Teil benutzte ich in konzentrierter Subli- matlösung, in Eisessig-Sublimat und in Alkohol konserviertes Ma- terial. Formol ist zur Konservierung nicht geeignet, da es infolge seines Säuregehaltes das Guanin bald auflöst und dadurch zum Ver- schwinden bringt. Die von dem konservierten Material hergestellten Präparate wurden in Kanadabalsam eingeschlossen. Die Serranusarten, insbesondere -S. cabrilla und S. scriba, sind sehr hübsch gefärbt. Der Körper ist rötlichgrau bis ziegelrot, auf dem Rücken dunkler und an den Rumpfseiten mit mehreren schwärz- lichen Querbinden versehen. Bei S. scriba zeigt der Kopf besonders an den Wangen und den Kiefern auf braunrotem Grunde schön blaue oder violette, schwarzgesäumte, schmale Linien und Streifen, welche durch ihre unregelmäßigen Windungen etwas an Schrift- zeichen erinnern. Bei S. cabrilla verlaufen die blauen und roten Streifen am Kopf mehr gerade und parallel. Auch die Flossen sind zum Teil mit rötlichen und blauen Flecken und Binden geziert. Serranus hepatus ist mehr eintönig, hellgrau bis braun gefärbt. Die Länge der ausgewachsenen Fische beträgt 15—20 cm, $. hepatus ist kleiner. Ich untersuchte von Serranus cabrilla und seriba 5—15 cm lange Exemplare. Betrachtet man frische Hautstücke aus verschiedenen Körper- gegenden unter dem Mikroskope bei schwachen Vergrößerungen, so stellt man das Vorhandensein von gelben, roten und schwarzen 406 E. Ballowitz: Farbzellen fest, welche nichts Besonderes darbieten und verschieden verteilt sind. Die Melanophoren liegen in den dunklen Streifen ziemlich dicht, so daß sie sich im ausgebreiteten Zustande des Pigmentes fast be- rühren. Sie bilden hier zierliche Sterne mit zahlreichen breiten, keilförmigen, mehr oder weniger verzweigten Strahlen. In der Mitte ist gewöhnlich die Sphäre als heller Fleck sehr deutlich. Mir fiel auf, daß häufig nur ein einziger Kern in ihnen nachweisbar wurde, wäh- rend die Melanophoren der Knochenfische doch gewöhnlich zwei Kerne besitzen. Außerdem sieht man in den frischen Präparaten viele Guanin- kristalle, welche meist bläulich schimmern. Die Iridocyten oder Flitterzellen, in welchen die Kristalle liegen, sind als Zellen meist nicht deutlich abgrenzbar. Außer diesen Einzelfarbzellen traf ich nun in der Serranushaut sehr zahlreiche Farbzellenvereinigungen an; man kann sagen, daß bei weitem die meisten Melanophoren bei diesen Fischen mit Irido- cyten vereinigt sind. Man findet diese Farbzellenkombinationen sowohl am Kopf wie am Rumpf und auf der Rückenseite ebenso wie auf der Bauchseite, ganz besonders aber auf der Rückenseite. Ebenso gehören sie sowohl der tiefen Hautschicht an und liegen in dem nur unvollkommen ausgebildeten Argenteum; besonders aber finden sie sich auch ganz oberflächlich in der Lederhaut dicht unter den Schuppen. In dem dünnen Hautüberzuge an der Oberfläche der - Schuppen kommen nur isolierte Farbzellen vor. Die Farbzellen- kombinationen tragen mithin auch bei Serranus wesentlich zur Fär- bung und zum Farbwechsel der Haut bei, mehr noch als die isolierten Farbzellen. Die einfachsten Verhältnisse kommen an den Iridocytennetzen zur Beobachtung, wie sie besonders an den Rumpfseiten und in der Bauchhaut, aber auch auf dem Rücken, gefunden werden. Die an den kleinen, eingelagerten, kurzen Kristallen kenntlichen Iridocyten bilden nämlich hier ein lockeres, unregelmäßiges, flächenhaft aus- gebreitetes Netz, welches in Abständen durch Anhäufung von Iri- docyten hervorgerufene Verdickungen aufweist. Die Verdickungen sind meist von kreisförmiger, nicht selten aber auch etwas unregel- mäßiger Begrenzung und lassen oft eine deutliche Konzentrische Schichtung erkennen. Figur 6 und 7 der Tafel XVIII. Mit diesen verdickten Stellen tritt nun je ein Melanophor in Ueber die Farbzellenvereinigungen bei Serranus. 407 Verbindung, indem er sich in dieselben mehr oder weniger einlagert; wie Schnittpräparate zeigen, ist er oft ringsherum von Iridocyten- masse umgeben, er kann aber auch nur in einer tieferen Mulde lie- gen. Von hier aus durchbrechen die Fortsätze die Iridocytenkapsel und werden sichtbar, wenn das Pigment in sie einströmt. In der unmittelbaren Nachbarschaft der meisten schwarzen Pigment- klumpen erkennt man die konzentrische Schichtung der Guanin- kristalle. In den Figuren 6 und 7 der Tafel XVIIl ist das Pigment in die Fortsätze gewandert und durchbricht die Iridocytenkapsel (Fig. 7), wenn die Schwarzzelle sich ihr tief eingelagert hat. Textfigur 1. Textfigur 2. In den Figuren 6 und 7 sind die Vereinigungen der Iridocyten und Schwarzzellen noch durch Netzstränge der Irydocyten miteinan- der verbunden. Je dünner und unvollständiger diese Stränge wer- den, um so größere Selbständigkeit erlangen die Vereinigungen. In Figur 6 sind die verbindenden Stränge schon sehr spärlich gewor- den, in den Figuren 3 und 4 der Tafel XV III sind sie ganz verschwun- den, so daß wir hier völlig isolierte, größere, selbständige Farbzellen- vereinigungen vor uns haben, die als Melaniridosome bezeichnet werden können. Ihre Form ist rundlich oder auch etwas länglich, oft nicht ganz regelmäßig; die Ränder sind abgerundet und von der Umgebung scharf abgesetzt. In der Mitte des Iridosoms, d. h. der vereinigten Iridocytenmasse, liegt eingeschlossen der Melanophor, welcher zahlreiche, feine, lange, verzweigte Fortsätze nach außen ‚Arch, f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. I. 27 408 E. Ballowitz: sendet, Figur 3 und 4 der Tafel. Derartige typische Melanirido- some wurden auch in der Bauchhaut häufig angetroffen und zeigen hier oft eine regelmäßige, kreisförmige Begrenzung des Iridosoms, wie die Textfigur 1 von Serranus cabrilla erkennen läßt. Auch bei Serranus hepatus ist diese Form allgemein verbreitet (Textfigur 2) und zeichnet sich hier durch besondere Größe aus. Das direkt über dem Melanophor gelegene Pigment zeigt meist einen bläulichen Slaz | Figur 3, 4 und 6 der Tafel. Textfigur 3. Nur der Rückenseite gehören andere Melaniridosome an, welche in den Figuren 1a und b, 2, 5 und 8 und in den Textfiguren 4—7 dargestellt sind. Sie liegen oberflächlicher und befinden sich gewöhn- lich dicht unter den Schuppen. Vor allem zeichnen sie sich durch ihr zierliches Aussehen, ihre ziemlich regelmäßige Anordnung und da- durch aus, daß sie in einer Schicht parallel der Oberfläche angeord- net sind. Die in der Größe nur wenig verschiedenen Iridosome sind abgeflacht, mehr scheibenartig. Alle erscheinen völlig isoliert und scharf von der Umgebung abgesetzt. Nur einige Male sah ich, daß zwei zusammenstießen und miteinander verwachsen waren, wie Textfigur 3 zeigt. Nur selten kommt es vor, daß sich zwischen einzelnen unregelmäßige Brücken von Flitterzellen vorfinden, Fi- Ueber die Farbzellenvereinigungen bei Serranus. 409 gur 8 der Tafel. Auch isolierte Iridocyten kommen dazwischen zur Beobachtung. Der Rand der Iridosome ist abgerundet und häufig Textfigur 5. eingekerbt, nicht selten auch tiefer eingeschnitten. Die Ränder zwischen den Einkerbungen erscheinen blumenblattartig abgerundet, Figur 1a und b, 2, Textfigur 4 und 5. 27* A410 E. Ballowitz: In den ganz lebensfrisch in physiologischer Kochsalzlösung untersuchten Präparaten sehen die Iridosome bei auffallendem Licht hell silberglänzend aus, mit zerstreuten kleinen, grünen, bläu- lichen oder goldigen Reflexen; bei durchfallendem Licht sind sie dagegen mehr grau oder gelblich grau. Aehnlich wie bei Trachinus !) sind die kurzen, stäbchenartigen Kristalle der äußersten Lage in den Iridosomen meist radiär neben- einander gestellt, so daß der Rand bei stärkerer Einstellung fein gestrichelt aussieht. Der Teil des Iridosoms, welcher zwischen zwei Randeinkerbungen liegt, entspricht ohne Zweifel je einem Iridocyten. Denn es läßt sich leicht nachweisen, daß die Iridosome durch Zusammenlagerung mehrerer Iridocyten entstanden sind. ;Mehrmals habe ich noch Textfigur 6. nicht völlig zusammengeschlossene Iridosome angetroffen, in wel- chen die einzelnen Flitterzellen noch isoliert lagen und deutlich von- einander geschieden waren. Textfigur 6 zeigt 2 derartige Melan- iridosome, die sich aus 5—8 Iridocyten zusammensetzen; die Irido- cyten berühren sich aber nur und sind noch nicht miteinander ver- schmolzen. In den meisten dieser Flitterzellen ließ sich ein heller Kernfleck deutlich erkennen. Es wurden bis 10 Iridocyten gezählt, die ein Iridosom aufbauen können. In der Textfigur 6 hat der zu jedem Iridosom gehörige Melanophor sein ganzes Pigment in die Fortsätze entsendet, so daß in der Mitte zwischen den Iridocyten von der Pigmentscheibe nichts mehr zu sehen ist. ı) E.Ballowitz, Die chromatischen Organe in der Haut von Tra- chinus vipera Cuv. Ein Beitrag zur Kenntnis der Chromatophoren-Vereini- gungen bei Knochenfischen. Mit 7 Textfiguren und 5 lithographischen Tas feln. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. CIV, Heft 3, 1913. Ueber die Farbzellenvereinigungen bei Serranus. 411 In der Mitte eines jeden Iridosoms liegt nun ein Melanophor. Ist sein Pigment zentralwärts zusammengebalit, so erscheint er als annähernd kreisrunder, mehr oder weniger zentriert im Iridosom be- findlicher Pigmentklumpen, Textfigur 5. Breitet sich das Pigment _ aus, so wandert es in zahlreiche, meist keilfürmige wenig verzweigte Fortsätze hinein, so daß alsbald das Iridosom durch einen dunk- len Pigmentstern fast ganz verdeckt wird. Die Zellsphäre wird dann gewöhnlich als zentraler heller Fleck sehr deutlich. Das Pigment kann nun auch fast ganz aus der Melanophorenscheibe ausströmen und sich in den peripherischen Enden der Fortsätze der Melano- phoren sammeln. In diesem Falle wird das Iridosom wieder deutlich und ist rings umgeben von den Pigmentfortsätzen. Um die Sphäre herum ‚bleibt dann gewöhnlich noch eine kleine Pigmentmasse zurück, so daß statt des hellen Sphärenfleckes ein dunkles Zentrum vorliegt, Figur 5 der Tafel XVIll. Es kann das Pigment aber auch ganz aus der Mitte verschwinden und nur in den Fortsatzenden angehäuft sein, vgl. das untere Melaniridosom in Figur 5 der Tafel. Das gleiche wird auch an den gewöhnlichen, isoliert liegenden Melanophoren von Serranus beobachtet. Die Melanophoren einer größeren Hautstelle befinden sich meist in dem gleichen Stadium der Pigmentausbreitung beziehungs- weise Ballung, Figur 1, 2,5 und 8 der Tafel. Das Präparat der Text- figur 4 ist insofern abweichend, als es die Uebergänge von der Pig- mentexpansion bis zum Ballungszustand des Melanophoren in be- nachbarten Melaniridosomen zeigt. Während die oberen Vereini- gungen noch völlig ausgebreitetes Pigment ihrer Melanophoren be- sitzen, ist unten in der Zeichnung schon Ballung eingetreten, jeden- falls wohl unter dem Einfluß der fixierenden Reagentien. Bei dem Studium der Präparate gewann ich den Eindruck, daß bei der Ballung nicht allein das Melanophorenpigment sich zentral- wärts zurückzieht, sondern auch die Iridosome sich durch Baliung der Guaninkristalle verkleinern. Allerdings ist der Nachweis schwer zu führen, da keine Experimente am lebenden Objekt gemacht werden konnten, und die Größe der Iridosome wechselt. Ich habe aber‘bei andern Fischen (Gobiiden) !) nachgewiesen, daß auch die Iridocyten in einen Ballungszustand übergehen können. Mir erscheint t) E. Ballowitz, Ueber schwarzrote und sternförmige Farbzellen- kombinationen in der Haut von Knochenfischen. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. CVI, Heft 4, 1913. 412 E. Ballowitz: dies daher auch für die Melaniridosome von Serranus wahrschein- lich. Wenn man die in Kanadabalsam befindlichen Flächenpräparate einstellt, so überzeugt man sich, daß die Melanophorenfortsätze hauptsächlich nur an der einen und zwar oberen Seite des flachen Iridosoms ausgebreitet liegen. In Figur 1 a der Tafel XVIII sind die Melinda der Vereini- gungen oberflächlich eingestellt und erscheinen mit fast allen ihren Fortsätzen scharf und deutlich. Die Iridosome liegen darunter. Be- wegt man den Tubus weiter nach unten, so verschwinden die Melano- phoren mehr und an ihrer Stellz werden nun die Iridosome sichtbar, wie Figur 1 b der Tafel illustriert. Nurin der Mitte der Iridosome bleibt Textfigur 7. noch die Melanophorenscheibe mit der Sphäre und den Basen der Fortsätze erhalten. Diese Teile lagern in einer Vertiefung der Irido- some; sie können aber auch, wie die Schnittpräparate lehrten, von Iridocytenmasse ganz umschlossen werden, so daß alsdann nur die Fortsätze sich außerhalb des Iridosoms an ihm flach ausbreiten. Schließlich sei noch erwähnt, daß ich an den Fortsätzen der Melanophoren mancher Melaniridosome stellenweise eine eigen- tümliche Knickung beobachtete, so daß die Fortsätze dunkle regel- mäßige Querstriche aufweisen, wie die Textfigur 7 an 6 Melanirido- somen zeigt. Diese Erscheinung wird jedenfalls wohl dadurch her- vorgerufen, daß die Fortsätze auf kurze Strecken zwischen Binde- gewebsbündeln nach oben oder nach unten durchtreten und sich dadurch umknicken. Auch an isoliert liegenden Melanophoren wurden diese Knickungen bisweilen gesehen. vg 21. 1 (2 £ Ueber die Farbzellenvereinigungen bei Serranus. 413 An die Stelle des Melanophoren kann an kleineren lirdosomen auch eine Rotzelle treten, wie ich in sehr vereinzelten Fällen am frischen Präparat feststellte. Tafelerklärung, Alle Zeichnungen sind nach Hautpräparaten (Rückenhaut) von Serranus cabrilla L. und Serranus scriba L. angefertigt. Die ungefärbten Hautstücke wurden horizontal ausgebreitet in Kanadabalsam derart eingebettet, daß die Außenseite der Haut mit den Schuppen nach oben gerichtet war. Fig. 1a und Fig. 2 bei oberflächlicher Einstellung. Fast alle mit dem ausgebreiteten Pigment versehenen Fortsätze der Melanophoren sind scharf eingestellt; in der Mitte fast eines jeden Melanophors die Sphäre als heller Fleck sichtbar. Das Iridosom ist bei dieser Einstellung nicht so deutlich. Fig. 1b. Dieselbe Stelle, wie Fig. 1a, bei der gleichen Vergrößerung, aber bei etwas tie- ferer Einstellung gezeichnet. Die Fortsätze der Melanophoren sind nicht mehr deutlich; nur .der mittlere-Teil der Schwarzzellen erscheint noch scharf eingestellt. Dafür sind die Iridosome mit ihren eingekerbten Rändern jetzt in ganzer Ausdehnung zu überblicken. Serranus cabrilla. Sublimat-Eisessig. Leitz Obj. 7, Okul. 3. Fig. 3 und 4. Zwei Melaniridosome aus der tieferen Hautschicht von Ser- Fig. Fig. Fig. ranus scriba. Das Pigment ist bis in die äußersten Enden der Fortsätze der Schwarzzelle eingedrungen. 96% Alkohol. Leitz Obj. 7, Okul. 3. Fast das ganze Pigment der Melanophoren ist in die peripherischen Enden der Melanophoren gewandert. Nur in der Mitte des Irido- soms ist noch eine kleine Pigmentmasse zurückgeblieben, welche den Sphärenfleck verdeckt; in einem Iridosom am unteren Rande des Gesichtsfeldes ist auch dieser Pigmentrest ausgeströmt. Ser- ranus cabrilla. Leitz Obj. 7, Okul. 3. Aus der tiefen Hautschicht von Serranus cabrilla. Die Melanopho- ren liegen in verdickten Stellen des Iridocytennetzes. Die über ihnen befindliche Iridocytenmasse schimmert bläulich. Eisessig- Sublimat. Leitz Obj. 7, Okul. 3. Aus der tieferen Hautschicht von Serranus cabrilla. Die Melano- phoren liegen in rundlichen Verdickungen des Iridocytennetzes und dringen mit ihren Fortsätzen an verschiedenen Stellen durch die Iridocytenmasse hindurch. 70% Alkohol. Leitz Obj. 7, Okul. 3. Aehnlich wie Fig. 1a und Fig. 2. Serranus cabrilla. Eisessig- Sublimatl. Leitz Obj. 7, Okul. 3. 414 Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren beim Farbenwechsel des Laubfrosches. > Von Prof. Dr. W. J. Schmidt in Bonn. Hiezu Tafel XIX—XXTII. Einleitung. In einer früheren Mitteilung !) habe ich gezeigt, daß sogenannte Xantholeukophoren, Zellen die zugleich Lipochrom und Guanin umschließen sollen, in der Haut des Laubfrosches und auch anderer grüner Amphibien nicht vorkommen. Vielmehr erweisen sich die vermeintlichen Xantholeukophoren als Vereinigungen einer lipo- chromführenden Zelle (Lipophore, Xanthophore) mit einer guaninhaltigeen (Guamophore, Leukophore). Daher habe ich vorgeschlagen, sie in Anlehnung an die Bezeichnungen für ähnliche Chromatophorenkombinationen bei Fischen Xantholeukoso- men bzw. Lipoguanosomen zu benennen. Die Doppelzellnatur der scheinbaren Xantholeukophoren hat schon vor einer Reihe von Jahren Ficalbi?) richtig erkannt. Aber mit einer Ausnahme (van Rynberk?°) erfuhr seine Darstellung in der späteren Litera- tur nicht die rechte Würdigung. 1) Ueber die sog. Xantholeukophoren beim Laubfrosch. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 93, Abt. I, 1919 s. hier ausführl. Literaturangaben. 2) Ricerche sulla struttura minuta della pelle degli anfibi. Atti d. R. Acc. Peloritana in Messina. Anno XI. 1896. 3) Ueber den durch Chromatophoren bedingten Farbenwechsel der Tiere. Ergebn. d. Physiol. Bd. 5, 1906. Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren usw. 415 Ficalbis zunächst rein morphologische Richtigstellung der Xantholeukophorenfrage ist aber auch für die Erklärung der wechseln- den Hautfärbungen aus dem Zusammenwirken der verschiedenen Chromatophoren wichtig. Nach Ehrmann!) und Bieder- mann?) vollziehen sich nämlich beim Farbwechsel außer den be- kannten Ballungs- und Expansionserscheinungen an den schwarzen Pigmentzellen, den Melanophoren, Veränderungen an den ‚„Xantho- leukophoren‘“, die eine bestimmte Anordnung des Guanins und Lipo- chroms in ihnen hervorrufen sollen. Solange man mit den beiden letztgenannten und früheren Forschern annahm, daß Guanin und Lipochrom in ein und derselben Zelle gemeinsam vorkommen, hatte die Vorstellung Biedermanns, das Lipochrom könne sich bei gewissen Zuständen der Hautfärbung unabhängig vom Guanin ballen, etwas ebenso Gezwungenes, wie die von Ehrmann, beiderlei Substanzen seien bald vermengt, bald säuberlich getrennt. Schon van Rynberk (a. a. O.) hat darauf hingewiesen, daß diese Schwierigkeiten durch die Feststellung Ficalbis beseitigt wer- den, und das gleiche habe ich in meiner eingangs genannten Arbeit betont. Wenn nun jetzt drei Arten von Farbzellen, Melanophoren, Lipophoren und Guanophoren, an der jeweiligen Hautfärbung be- teiliet erscheinen, und somit gegenüber der Biedermann- Ehrmannschen Auffassung noch ein weiteres histologisches Element eingeführt werden mußte, so bedeutet das nach dem eben Gesagten keine Erschwerung, sondern eine Vereinfachung für die physiologische Deutung. Zugleich aber wird eine vollkommene Uebereinstimmung mit den Verhältnissen bei den Reptilien erzielt, was auch bereits van Rynberk erkannt hat: ebenfalls bei diesen sind Lipochrom und Guanin auf zweierlei Zellen verteilt. Natürlich hat auch Ficalbi die Folgerungen aus seinem histologischen Befund für das Spiel der Chromatophoren gezogen. Abervan Rynberk hat nicht ganz Unrecht, wenn er von diesen Auseinandersetzungen des italienischen Forschers sagt, sie brächten nichts Neues mehr, außer daß Ficalbi statt von den Bewegungen der „gelben Fetttropfen“ Biedermanns von den Formverände- rungen der Xanthophoren (Lipophoren) spricht, während seine violetten Chromatophoren (Guanophoren) die Rolle der Bieder- !) Beitrag zur Physiologie der Pigmentzellen nach Versuchen am Far- benwechsel der Amphibien. Arch. f. Derm. und Syph. Bd. 24, 1892. 2) Ueber den Farbenwechsel der Frösche. Pflügers Arch. Bd. 51, 1892. 416. W..J. Schmidt: mannschen Interferenzkörnchen übernähmen. Eine wesentliche Tatsache ist aber Ficalbi entgangen, daß nämlich die Lipophoren. beim Farbwechsel eine ganz erhebliche Ortsverände- rung zeigen, die ohne Annahme ihrer amöboiden Beweglichkeit wohl kaum zu erklären ist. Diese Fähigkeit der Lipophoren läßt manche Beobachtungen von Biedermann und Ehrmann erst im. rechten Licht erscheinen und vermittelt zwischen Wider- sprüchen der beiden Autoren. | So dürfte denn eine neue Darstellung des jeweiligen Zustandes der verschiedenartigen Chromatophoren beim Farbwechsel des Laub- frosches nicht ‚ganz überflüssig sein. Besonderen Wert habe ich auf die Beigabe möglichst naturgetreuer und doch — durch sorgfältige Auswahl aus einer größeren Anzahl von Präparaten — übersichtlicher Abbildungen gelegt. Sieht man nämlich von der sehr schwer zugänglichen Darstellung Ficalbis ab, so bleiben von Schnitt- bildern nur de Ehrmanns übrig. Ohne die Verdienste Ehr- manns um die Aufklärung des Farbenwechsels beim Frosch zu verkennen, wird man doch den Schnittbildern nicht nachsagen können, sie gäben die Verhältnisse auch nur einigermaßen richtig wieder; trotzdem sind sie in die meisten zusammenfassenden Dar- stellungen, so auch in die neueste von Fuchs!) übergegangen. Auch die genannten Bilder bei Ficalbi, deren besonderer Wert darin beruht, daß sie Querschnitt und Flächenansicht stets zueinander in Beziehung setzen, sind nicht ganz fehlerfrei, gewähren keinen Aufschluß über die erwähnten Verlagerungen der Lipophoren und sind zudem etwas roh und schematisch ausgeführt. Die Flächen- bilder bei Biedermann sind im allgemeinen zutreffend, bieten aber, insoweit die Präparate zur Beseitigung der Guanophoren mit Kalilauge behandelt wurden, kein naturgetreues Bild. Ein derartig eingreifendes Verfahren läßt sich aber umgehen. Daher habe ich neben Schnittbildern auch die Flächenansichten der wichtigsten Färbungszustände der Haut nach dem lebendfrischen Ob- jekt dargestellt. So wichtig und unentbehrlich die Flächenbilder — zusammen mit den Schnitten — für die Aufklärung der Farbwechselvorgänge sind, so werden sie doch, wenn es sich um eine Erläuterung !) Der Farbenwechsel und die chromatische Hautfunktion der Tiere. Handb. d. vergl. Physiol. herausg. v. Winterstein. III. Bd. 1. Hälfte. Zweiter Teil. Jena 1914. Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren usw. 417 der festgestellten Tatsachen handelt, wie in Lehrbüchern und Vor- lesungen, gegenüber den Schnittbildern zurücktreten müssen. Es würde mir eine beosndere Freude sein, wenn ich Fachgenossen, die bislang den Mangel geeigneter Abbildungen zum Farbenwechsel als Grundlage für den Unterricht empfunden haben, mit den dieser Abhandlung bei- gegebenen Tafeln einen Dienst erweisen könnte. Istdoch der Farben- wechsel ein Problem, das in gleicher Weise den Morphologen, den Physiologen und den Oekologen in Anspruch nimmt. Zur Einführung in diese Fragen steht als Objekt in erster Linie unter den Wirbel- tieren der Laubfrosch: er zeigt einen Farbwechsel, der dem des Chamäleons an Umfang nur wenig nachsteht, ist aber viel leichter und billiger zu beschaffen, auch mühelos längere Zeit zu halten; die histologischen Bilder der verschiedenen Färbungszustände der Haut beim Laubfrosch sind aber viel eindrucksvoller als jene vom Chamäleon, wenn ich wenigstens nach den in der Literatur vorlie- senden Abbildungen und der Betrachtung einiger Präparate urteilen darf. Untersuchungsverfahren. Die zur Untersuchung verwendeten Laubfrösche waren teils jünger und zwar etwa 2 cm groß, vermutlich im zweiten Lebensjahr, teils erwachsen etwa von doppelter Größe. Von den verschiedenen Färbungszuständen traten der hell- und dunkelgrüne, der graue bzw. bronzefarbige und gefleckte gelegentlich von selbst bei den Tieren auf. Dabei beobachtete ich in Uebereinstimmung mit Werner), daß nur die älteren Tiere den grauen Zustand annahmen, die jungen dagegen unter den gebotenen Bedingungen nur verschiedene Ab- stufungen von Grün zeigten. Graue und ähnliche Laubfrösche be- durften immer längere Zeit, um zum grünen Zustand zurückzu- kehren, wie denn überhaupt diese Färbung gegenüber den verschie- denen Abstufungen von Grün und dem gelben Zustand, die in kurzer Zeit wechseln, viel stabiler erscheint. Dieser Umstand findet auch in dem Verhalten der Farbzellen beim grauen Zustand seine Erklä- rung (s. S. 449 u. 452). Den gelben (zitronengelben) Färbungszustand der Haut sah ich dagegen nicht spontan auftreten. Ich führte ihn gemäß den Angaben von Biedermann und anderen Forschern herbei, ») Ueber die Veränderung der Hautfarbe bei europäischen Batrachiern, Verh. zool. bot. Ges. Wien. Bd. 43, 1893. 418 We. Schmidt: indem ich grüne Tiere erhöhter Temperatur aussetzte, Stets trat die Reaktion prompt ein, bei kleinen Tieren vielleicht etwas schneller als bei großen. Die grüne Farbe wird immer lichter und macht gleichzeitig einem gelblichen Ton Platz, bis schließlich ein Gelb zurückbleibt, das nur noch geringe Beimengung von Grün zeigt (Zitronengelb). In wenigen Minuten vollzieht sich dieser Farben- wechsel, wenn man das Versuchstier in einem Wärmeschrank bei 40—50° C unterbringt. Dabei ist aber zu beachten, daß die Laub- frösche, wenn nicht zeitig in normale Temperatur zurückversetzt, in Wärmestarre verfallen und schließlich zugrunde gehen. Bei starr ‘gewordenen Tieren, die ich in kaltes Wasser brachte, um sie lebend zu erhalten, schien mir manchmal der Farbenumschlag in der Rich- tung nach Gelb zunächst noch weiter fortzuschreiten. Ueber das Verhalten der Chromatophoren bei den verschiedenen Färbungszuständen der Haut kann man schon bei der Betrachtung deslebenden Tieres nauffallendemLicht unter schwä- cheren Mikroskopvergrößerungen allerlei Aufschlüsse erhalten. Es ist nur eine hinreichend starke Beleuchtung (am besten Liliput- bogenlampe) nötig. Das Licht muß unter sehr spitzem Winkel auf die zu untersuchende Hautstelle auffallen, damit nicht der Schat- ten der Objektivfassung hinderlich wird. Den Frosch hält man am einfachsten mit der Hand und beobachtet die betreffende Stelle ohne Deckglas. Bei Anwendung von Leitz-Objektiv 2 und Okular 3 oder Zeiß-Apochromat 16 mm und Komp.-Okulär 8 (Vergr. 125 : 1) sah ich so im grünen Zustand die Xantholeukosomen einzeln gleich Edelsteinen erstrahlen. Etwas störend wirken nur die Atembewegungen des Tieres. Statt des gewöhnlichen Mikroskopes kann mansich auch des binokularen Greenoughschen Instruments mit den stärkeren hierfür üblichen Objektivpaaren bedienen; bei dem beträchtlicheren freien Objektabstand hat man hier hinsichtlich des Winkels der Beleuchtung größere Freiheit. Dieses Verfahren habe ich erst gegen den Abschluß meiner Untersuchung und nur gelegentlich angewandt. Doch wollte ich es nicht verschweigen, da es mir weiterer Ausbildung fähig scheint und z. B. die Demonstra- tion des Xantholeukosomenmosaiks im grünen Zustand in einfach- ster Weise ermöglicht, ohne das Versuchstier zu schädigen. Hauptsächlich habe ich in durchfallendem Licht untersucht und zwar Flächenbilder der überlebenden Haut und Totalpräparate und Schnitte der fixierten. Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren usw. 419 Nimmt man die genannten jungen Laubfrösche (2 cm Länge), so lassen sich alle wesentlichen Verhältnisse am Flächenbild der überlebenden Haut leicht und sicher erkennen, wenn man fürglatte Ausbreitung des Hautstückchens und kräftige Be- leuchtung (Liliputbogenlampe von Leitz mit einer inden Strah- lengang eingeschalteten Mattscheibe) Sorge trägt. Zum glatten Aus- breiten bringt man das dem geköpften Tier sofort entnommene Hautstückchen ohne Zusatz von Flüssigkeit auf ein Deckglas und drückt es mit der Epidermisseite leicht dagegen an. Vermöge seiner Klebrigkeit bleibt es haften und läßt sich mühelos ausglätten. Das so beschickte Deckglas wird einem Objektträger mit einem kleinen Tropfen Wasser oder physiologischer Kochsalzlösung aufgelegt. Solche Präparate habe ich meist mit Zeiß Apochromat 4 mm und Komp.-Okular 8 (Vergr. 500 : 1) untersucht (s. Taf. XIX). Bei einem derartigen Verfahren ist allerdings damit zu rechnen, daß in der überlebenden Haut Veränderungen der Chromatophoren eintreten können. Um dadurch bedingte Irrtümer zu vermeiden, darf die Beobachtungszeit nicht zu lange ausgedehnt werden, und jedenfalls müssen Zeichnungen sofort nach der Herstellung des Präparates in Angriff genommen werden. Um in dieser Richtung ganz sicher zu gehen, habe ich einen Teil der jeweils untersuchten Haut auf dem Deckglas ausgebreitet, mit diesem sofort in absoluten Alkohol versenkt, nach genügendem Aufenthalt darin in Xylol aufgehellt und zu Balsampräparaten verarbeitet. Solche enthalten zwar gewöhnlich den Lipochromfarbstoff nicht mehr, geben aber klare Bilder vom Zustand der Melanophoren und Guanophoren. Falls es auf die Me- lanophoren allein ankommt, kann man die Guaninkristalle durch verdünnte Salzsäure aus dem fixierten Hautstückchen entfernen und so noch übersichtlichere Bilder gewinnen. Gefrierschnitte des frischen Materials, die ich in meiner genannten Mitteilung zur völlig sicheren Identifikation der Lipophoren am le- benden und fixierten Material verwendete, habe ich jetzt, nachdem hinsichtlich dieses Punktes unbedingte Klarheit geschaffen ist, nicht mehr hergestellt. Vielmehr beschränkte ich mich auf Paraf- finschnitte, an denen Lipophoren und Guanophoren leicht und sicher auseinander zu halten sind. Als Fixierungsflüssigkeit gebrauchte ich überwiegend Flemmings starkes Gemisch. Obwohl auch Sublimatgemische, wie schon Ficalbi feststellte, sehr gute Ergebnisse liefern, vor allem die Färbbarkeit der Objekte 428 WE Schmidt: gegen gewisse Tinktionen nicht so herabsetzen wie die Chrom-Osmium- Essigsäure-Mischung Flemmings, so gebe ich doch dem letz- ten Verfahren für unseren besonderen Zweck den Vorzug: es erhält die zarten Lipophoren viel besser und macht sie, soweit das Lipo- chrom an Fett gebunden ist, durch dessen Schwärzung (Osmierung) schon im ungefärbten Schnitt kenntlich. Auch Melanophoren und Guanophoren bewahrt das Flemmingsche Gemisch tadellos. Kam es mir darauf an, die Guaninkristalle zu erhalten, was für Uebersichtsbilder bei schwächeren Vergrößerungen angenehm ist, so färbte ich mit Eosin und Thionin, zum Studium feinerer histo- logischer Verhältnisse dagegen mit Eisenhämatoxylin nach Hei- denhain. Bei diesem Verfahren gehen die Guaninkristalle meist ganz in Lösung; die so gefärbten Präparate sind aber gegenüber den erstgenannten unbegrenzt dauerhaft. Einige allgemeine Bemerkungen über die verschiedenen Farbzellen. Wir wollen die drei am Farbenwechsel beteiligten Zellformen als Melanophoren, Lipophoren und Guanopho- ren bezeichnen. Der erste Name ist ja für die schwarzen Pigment- zellen allgemein üblich geworden; die beiden letzten aber scheinen mir dadurch, daß sie auf den :charakteristischen Inhalt der beiderlei Zellarten unmittelbar hinweisen, zweckmäßiger als die gewöhnlich gebrauchten Termini Xanthophoren und Leukophoren. Ficalbi (a. a. ©.) unterscheidet die Chromatophoren als schwarze, violette (Guanophoren) und gelbe (Lipophoren). Biedermann (a.a. ©.) spricht von schwarzen Pigmentzellen und ‚,‚Interferenzzellen‘“, die Guanin und Lipochrom gemeinsam beherbergen sollen, Ehrmann (a. a. ©.) in ähnlicher Weise von schwarzen melaninhaltigen Zellen und hellen polygonalen Pigmentzellen. Gaupp!) hat in Anleh- nung an Kellers Bezeichnungen der Farbzellen beim Chamäleon für de Biedermann-Ehrmannschen Zellen, die Guanin und Lipochrom zugleich enthalten sollen, den Namen Xantho- leukophoren eingeführt; demgemäß bezeichnet dieser Autor unsere Lipophoren als Xanthophoren, unsere Guanophoren als Leuko- phoren. 1) A. Eckers und R. Wiedersheims Anatomie des Frosches. 3. Abt. Braunschweig 1904. Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren usw. 421 Die Melanophoren von Hyla sind einkernige, seltener zweikernige Zellen; einmal beobachtete ich eine vierkernige Melano- phore. Sie enthalten in ihrem Plasma zahlreiche Pigmentgranula von hellbräunlicher Farbe, die bei dichter Häufung insgesamt schwarz erscheinen. Bleicht man die Melaninkörnchen mit Chlor, so läßt sich durch Eisenhämatoxylin ein korn- oder stäbchen- artiges Zentriolin der Mitte des Zelleibes nachweisen. Der Kern liegt immer exzentrisch, gewöhnlich dem Unterrand der Zelle ge- nähert. Die Frage nach der Art der Bewegungsvorgänge, welche die wechselnde Verteilung des Pigments in den Melanophoren bedingen, derart, daß die Zellen im Ballungszustand als unregelmäßig rundliche, tief dunkle Gebilde nur mit ganz kurzen oder gar ohne Fortsätze erscheinen, in der Expansion dagegen stark entwickelte Ausläufer gegen die Epidermis ‚entstanden, ist gerade beim Laubfrosch noch durchaus strittig. Bei Reptilien und Fischen haben alle neueren Autoren dahin entschieden, daß die genannten funktionellen Er- scheinungsformen auf intrazellulärer Körnchenströ- mung beruhen, die auf die Sphäre (Zentriol) zentriert ist, und somit dieverästelte Form der Zelledawernd:erhalten bleibt. Einer der Hauptgründe für diese Auffassung ist der Nachweis pigmententleerter Ausläufer im Ballungszustand. Solche hat aber auch Biedermann (a.a. O., S. 469) beim Laubfrosch beobachtet ‚und diesen Befund durch eine sehr schöne Abbildung belegt (Fig. 7 Tab. XI). Allerdings läßt Biedermann unentschieden, ob die Zellfortsätze auch im pigmentfreien Zustand in allen ihren Ver- ästelungen erhalten bleiben, oder, wie es nach jenem Autor wahr- scheinlicher ist, nur eine ungleich rasche Bewegung verschiedener Teile des Zellplasmas stattfindet, derart daß es ähnlich wie bei den Plasmodien und gewissen Rhizopoden zur Sonderung eines leichter beweglichen, flüssigeren ‚„‚Körnerplasmas‘“ und eines festeren „‚Hyalo- plasmas“ komme; aus diesem letzten sollten dann die pigment- freien‘ Fortsätze im wesentlichen bestehen, die aber möglicher- weise auch schließlich eingezogen würden. Jedenfalls geht aber aus der Beobachtung Biedermanns hervor, daß die Ballung des Pigments nicht unbedingt mit einem Einziehen der Ausläufer verknüpft ist und somit bei Erhaltung der verästelten Zellform durch intrazelluläre Körnchenströmunger folgen kann. 422 W. J. Schmidt: Obwohl Ehrmann (a. a. O. S. 531) von einem Ausstrecken der Fortsätze kontrahierter Zellen spricht, somit im. Gegensatz zur vorhin geschilderten Auffassung an eine amöboide Tätig- keit der Melanophoren zu denken scheint, äußert er sich doch zu- sammenfassend (S. 538): ‚Bei der Bewegung der Pigmentzellen handelt es sich nicht bloß um Ein- und Ausziehen von Zellfort- sätzen, sondern auch um eine innere protoplasmatische und zwar gesetzmäßig verlaufende, also höchst wahrscheinlich eine innere Organisation der Pigmentzellen voraussetzende Bewegung.“ Ficalbi (a.a. ©. S. 126) vergleicht die Tätigkeit der Melano- phoren mit der einer Amöbe: „Per me non vi € dubbio che il cromato- foro nero & una cellula emmettente e ritirante prolungamenti, non una cellula permanentemente stellata e ramosa: € una ameba, che allunga e accorcia gli pseudopodi suoi.‘‘ Aber ähnlich wie Bieder- mann erklärt er pigmentfreie Abschnitte der Ausläufer damit, daß das eigentliche Plasma bei der Expansion sich schneller: ausbreite als das Pigment. Auch betont er, daß das Pigment bei seinen Vorlage- rungen präformierte Wege einhalte, gewissermaßen vorgebildete Kanälchen, die bald erfüllt, bald entleert seien. Damit nähert er sich sehr der Auffassung vonD.Hooker!)?), dessen Beobachtungen sich allerdings nicht auf H yla sondern auf Rana fusca beziehen. Nach ihm liegen die Zellen beim er- wachsenen Frosch und bei den Larven in vorgebildeten Lücken des Bindegewebes, ähnlich den Bindegewebszellen in den Lymphräumen der Cornea nach v. Recklinghausen. Diese Spalträume sind vielleicht von einem Endothel ausgekleidet. In ihnen bewegen sich die Zellen, indem sie ihre Ausläufer einziehen und ausstrecken, also amöboid. Daß die Lücken nicht immer zu sehen sind, führt Ho 0- ker auf den Gewebsdruck zurück, der sie mehr oder minder schließen kann. Nach Untersuchungen), die ich bei Rana esculenta, aber auch beiRana fusca angestellt habe, muß ich’den Angaben Hookers widersprechen. An Melanophoren, deren Pigment 1) The reactions of the melanophores of Rana fusca in the absence oi nervous controle. Zeitschr. f. allg. Physiol. Bd. 14, S. 93—104, 1913. ®) Amoeboid movement in the corial melanophores of frogs. Anat. Record. Vol. 8, p. 103, 1914. 3) Ueber pigmentfreie Ausläufer, Kerne und Zentren bei den Melanopho- ren der Frösche. Erscheint im Arch. f. Zellforsch.; vgl. auch meinen dies- bezügl. Aufsatz im Biol. Centralblatt 1919. Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren usw. 423 zu einer allseits gerundeten, ellipsoidalen Masse zusammengeballt war, ließen sich die pigmentfreien Ausläufer regelmäßig und mit größter Deutlichkeit im Schnittpräparat verfolgen. Nach solchen Beobachtungen kann man kaum mit Biedermann und Ficalbi annehmen, daß das Pigment zunächst abströmt und die pigmentfreien Ausläufer noch nachträglich eingezogen werden können; denn man sollte bei diesem Zustand völliger Ballung des Melanins wenigstens erwarten, die eine oder andere Zelle ganz ohne (pigmentfreie) Ausläufer zu finden. Dazu kommt noch, daß bei den genannten Melanophoren geradeso wie bei den geballten Schwarz- zellen der Fische und Reptilien, die Zeilkerne ganz oder zum Teil außerhalb des Pigmentkuchens liegen, in dessen Mitte das Zentriol sich befindet. Schon diese Beobachtung allein scheint mir genügend darzutun, daß auch bei den Melanophoren von Rana die Verlagerungen des Pigments wesentlich auf intra- zellulären Körnchenströmungen beruhen. Von besonderen endo- thelialen Scheiden um die Melanophoren herum habe ich nichts beobachten können. Die Melanophoren verhalten sich darin keines- wegs anders wie die übrigen Zellarten im kollagenen Bindegewebe. Dagegen ist sicher, daß zwischen dem Verlauf der Ausläufer der Melanophoren und der umgebenden Bindegewebsfasern ein gewisser Uebereinklang besteht und bestehen muß. Sieht man doch bei den Reptilien in überzeugendster Weise, wie die Gestalt der Melano- phoren in den verschiedenen Schichten der Haut von der Anord- nung der Fasern im umgebenden Bindegewebe bestimmt wird; darauf habe ich schon mehrfach in früheren Arbeiten hingewiesen. Beim Laubfrosch ist mir der Nachweis pigmentfreier Ausläufer nicht mit Sicherheit geglückt. Der Zustand höchster Ballung tritt bei der gelben Färbung der Haut ein. Er geht selten so weit wie bei Rana; vielmehr erscheinen die Zellen meist als unregel- mäßig rundliche Pigmentmassen. Sind die Melanophoren expan- diert, so senden sie ihre Ausläufer zwischen die über ihnen ge- legenen Guanophoren und Lipophoren hinein. Da die letztgenann- ten Farbzellen beim Ballungszustand der Melanophoren, nur durch feinste Bindegewebeslamellen voneinander geschieden, dicht aneinander schließen, so verstehe ich Ficalbis überzeugte Stellungnahme für amöboide Tätigkeit der Melanophoren recht wohl; bleibt doch anscheinend gar kein Platz mehr für pig- mentfreie Ausläufer übrig. Zur Erklärung dieser Schwierigkeit Archiv f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. I. 28 424 | W. J. Schmidt: für unseren Standpunkt muß ich darauf hinweisen, daß bei Rana die pigmententleerten Ausläufer im Vergleich zu den pigment- erfüllten ganz beträchtlich an Kaliber abgenommen haben, so daß sie sehr wohl noch zwischen den Guanophoren usw. Platz finden könnten. Gegenüber Hooker betone ich, daß die genannten Bindegewebslamellen nicht etwa die durch Gewebedruck geschlosse- . nen Spalten für die Fortsätze der Melanophoren darstellen; denn die Ausläufer der Melanophoren erscheinen im expandierten Zustand jederseits von der Bindegewebslamelle, unmittelbar mit einer Fläche die Guanophoren berührend (s. S. 432). Schließlich sei darauf hingewiesen, daß auch Biedermann die pigmentfreien Aus- läufer nur dort beobachten konnte, wo die Melanophoren mehr ver- einzelt liegen; nichts berechtigt aber zur Annahme, daß hier das Spiel der Pigmentverlagerung sich in grundsätzlich anderer Weise vollziehe als bei den von uns ins Auge gefaßten Stellen. Wenn ich somit zugebe, daß die Verhältnisse bei Hyla noch weiterer Klärung bedüritig sind — auch die Kerne sind hier bei geballtem Pigment nicht so regelmäßig außerhalb der Melaninmasse. nachzuweisen, was aber mit der weniger vollständigen Ballung zusammenhängen mag —, so scheint mir doch im Hinblick auf die Gesamtheit der bis jetzt vorliegenden Beobachtungen sehr wahrscheinlich, daß Ballung und Expansion des schwarzen Pigments auch bei Hyla wesentlich auf intrazellulären Körnchenströmungen in den Melanophoren be- ruhen. Die Lipo pho ren sind du:ch den Besitz des gelben Lipo- chroms gekennzeichnet. Biedermann (a. a. O. S. 462) schil- - dert esalsein goldgelbes Pigment in Form von größeren und kleineren Tröpfchen, die im Gegensatz zu den Interferenzkörnern der Ein- wirkung von Kali- und Natronlauge widerstehen, Ehrma nn (a. a. O0. S. 522) als einen durchsichtigen im auffallenden und durch- fallenden Licht gelben Körper, der zu größeren Tröpfchen zusammen- fließen könne, in Aether, warmem Alkohol und in Terpentin löslich ist, sich mit Osmium schwärzt. Wenn Ehrmann nun weiter an- gibt, daß der Körper also die Reaktion der Fette gebe und in die Gruppe der fettähnlichen oder von Fett stammenden Körper (Lipo- chrome nach Krukenberg) gehöre, so ist zu bemerken, daß die Lipochrome nicht deshalb ihren Namen erhalten haben, weil sie che- misch den Fetten verwandt seien, sondern weil sie häufigin Fet- ten gelöst vorkommen und deren Farbe bedingen (Fettfarb- Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren usw. 425 - stoffe). Die Anwesenheit des Fettes bedingt auch die Reaktion mit Osmiumsäure; eine Schwärzung durch Osmiumtetroxyd kommt den reinen Lipochromen nicht zu. Obwohl Ficalbi (a. a. O.) als erster die drei Arten der Farb- zellen beim Laubfrosch nach Form und Lage richtig geschildert hat, wird ihre generelle Unterscheidung nirgends scharf durchgeführt. Einmal teilt er die Zellen nach der Form in kugelige, lappige und verästelte ein, bemerkt aber dabei, daß die Form mit der Tätigkeit der Chromatophoren wechsle (S. 102), andererseits nach der Farbe in milchige, blaßgelbe, stark gelbe, orangegelbe, rötliche, blaue, violette, braune und schwarze, von denen einige metallische Irideszenz zeigen. Aus dieser Farbenskala die drei Gruppen von Chromatopho- ren herauszuschälen, bleibt dem Leser überlassen, und ich möchte zweifeln, ob er, wenn es einige Zeilen später heißt, auf der Bauch- seite kämen nur bräunliche vor, dabei an Guanophoren denkt, wie es richtig ist,. oder nicht vielmehr an Melanophoren. Diese Un- sicherheit wird noch größer, wenn der italienische Autor der Frage ausweicht, ob es sich bei den Farben der Chromatophoren um Pig- ment- oder Interferenzfarben handelt (S. 116). Bei der Beschrei- bung der grünen Hautstellen, bezeichnet Ficalbi den Inhalt der unmittelbar unter der Epidermis gelegenen Farbzellen, das sind unsere Lipophoren, als sehr kleine, zitronen- oder goldgelbe Tröpf- chen, die in Alkohol löslich sind und sich daher in Schnittpräparaten nicht erhalten (S. 120). Ferner bemerkt er, daß an der Innenseite der Schenkel die gelben Chromatophoren als einzige Farbzellen in Form reich 'verästelter Zellen vorkommen. Nach meinen Beobachtungen kommt das Lipochrom in zwei verschiedenen Formen in den Lipophoren des Laub- frosches vor: in Fett gelöst, als kleine Tröpfchen, und in kristallinisch feinkörniger: Gestalt. Die erste wird durch Alkohol leicht ausgezogen, durch Osmiumsäure geschwärzt und erscheint in frischem Zustand orangegelb; das zweite dagegen ist widerstandsfähiger gegen Alkohol, doppelbrechend, feinkörniger als jenes und von hellerer, meist grünlichgelber Farbe !). Das kri- 2) Auch in den Lipophoren des Feuersalamanders (erwachsenes Tier und Larve), ferner in denen der Frosch- und Axolotllarven konnte ich ein doppelbrechendes, in Alkohol schwer lösliches Lipophrom wahrnehmen. Vgl. W. J. Schmidt, Zur Kenntnis der lipochromführenden Farbzellen in der Haut nach Untersuchungen an Salamandra maculosa. In Dermatol. Zeitschr. Bd. 25, S. 324, 1918. 28* 426 W. J. Schmidt: stallinisch körnige Lipochrom findet sich hauptsächlich in den reich verästelten Lipophoren, welche als einzige Farbzellen in der gelben Haut von der Innenseite der Schenkel liegen, das in Fett gelöste dagegen, neben jenem, in der Haut der grünen Hautstellen. Bringt man z. B. ein Hautstückchen vom Oberschenkel — am besten im gelben oder grauen Färbungszustand des Tieres — kurze Zeit in ab- soluten Alkohol und führt es dann durch Xylol in Balsam über, so scheint in dem für gewöhnlich.grünen Hautgebiet der gelbe Farb- stoff geschwunden, dagegen sind die reich verästelten Lipophoren an der Innenseite des Schenkels — im gelben Gebiet — gut erhalten. Untersucht man aber die Lipophoren im grünen Hautteil genauer, so findet man in ihnen statt reichlicher orangegelber Tröpfchen eine schwach gelb oder auch gar nicht gefärbte feinkörnige Masse, welche das kristallinisch körnige Lipochrom darstellt. Auch Bieder- mann (a. a. O. S. 464) ist dieser feinkörnige Inhalt der Lipophoren nicht entgangen, er deutet ihn aber irrig als Plasma. Führt man ein Hautstückchen sehr schnell in angegebener Weise in Balsam über, so können größere oder geringere Reste des fettgelösten Lipo- chroms erhalten bleiben; sie diffundieren aber nach einigen Tagen in den umgebenden Balsam über, und verleihen ihm zeitweilig eine bräunlichgelbe Tönung; die kristallinisch körnigen Lipochrom- massen dagegen erhalten sich im Balsam dauernd unverändert. Wie Ficalbi und entgegen den Befunden Ehrmanns (s. 0.) habe ich in Paraffinschnitten niemals den gelben Farbstoff als solchen noch beobachten können; nur gelegentlich blieb das kristallinisch-körnige Lipochrom in den Zellen nachweisbar, zeigte aber keine gelbe Farbe mehr, nahm dagegen stark Dela- fields Hämatoxylin an (vgl. auch meine erste Mitteilung), ein Umstand, der sich auch sonst bei derartig kristallinisch körnigen Lipochromen bemerkbar machen kann. Sind die Präparate mit Flemmings Gemisch fixiert, so erscheinen die Fettmassen, in denen das Lipechrom gelöst war, geschwärzt. So läßt es sich daher an den grünen Hautstellen am zweckmäßigsten nachweisen. An Sublimatpräparaten erscheinen dagegen die Stellen, an denen sich diese Fetttröpfchen befanden, als leere Räume. Im übrigen sei zur Struktur der Lipophoren bemerkt, daß sie meist einkernig, selten zweikernig sind und ein Zentriol in Gestalt eines Doppelkörnchens besitzen (Fig. 13 u. 17—19, Taf. XX]). Außer an den grünen Hautstellen finden sie sich, wie schon gesagt, als einzige Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren usw. 427 Farbzellen an den gelben (auf der Innenseite der Schenkel) und ferner ganz zerstreut auf der Ventralseite (wenigstens in der Kehlgegend); sie fehlen in dem dunklen Grenzstrich zwischen Bauch- und Rücken- seite. Das Verhalten dieser Zellen beim Farbwechsel wird uns später noch öfter beschäftigen. Die Guanophoren enthalten doppelbrechende Guanin- kristalle, die sich sowohl im Schnitt (Fig. 6—9, Taf. XX) als auch an geeigneten Stellen der Totalpräparate (Fig. 4, Taf. XIX) deut- lich als sehr dünne, bisweilen annähernd rechteckige, aber auch unregelmäßig begrenzte Täfelchen erkennen lassen. Beim Auflösen der Kristalle durch Säuren oder Alkalien (Eisensalzbeize bei der Eisenhämatoxylinfärbung) bleibt ein plasmatisches Ge- rüstwerk zurück, das in seiner Form die Lage der ehemals vor- handenen Kristalle mehr oder minder widerspiegelt (Fig. 12, 15, 19, Taf. XX]). In diesem Gerüstwerk machen sich öfter dunkler färbbare, strangartige Massen bemerkbar. Während ich in meiner. ersten Mitteilung keine bestimmten Angaben über das Vorkommen von Zentriolen in den Guanophoren machen konnte, glaube ich nunmehr, nach der Untersuchung zahlreicher neuer Präparate, doch, daß diesen Farbzellen gleich den Lipophoren und Melanophoren Zentren zukommen. Nahe dem Kern, nach der Epidermis hin, sah ich manchmal ein kleines Doppelkorn in der schwach gefärbten Umgebung liegen, das seiner Form, Lage und Tinktion nach mit großer Wahrscheinlichkeit als Zentriol anzusprechen ist (Fig. 13, Taf. XXI, zweite Guanophore von links). Die Guanophoren sind gewöhnlich einkernig, selten zweikernig. In einem Falle (Fig. 20, Taf. XXI) beob- achtete ich in einer Guanophore nicht weniger als 7 Kerne, die dicht beieinander gedrängt, den mittleren Teil der Zelle einnahmen; unter ihnen waren 4 größere und 3 kleinere. Derartige Zustände erwecken den Eindruck, daß diese zahlreichen Kerne durch amito- tische Teilung, vielleicht durch Sprossungsvorgänge aus dem ur- sprünglichen Kern hervorgegangen sind. Ich möchte an dieser Stelle nicht unterlassen, auf einen wesent- lichen Unterschied zwischen den die blaue Strukturfarbe erzeu- genden Guanophoren beim Frosch und bei den Reptilien aufmerk- sam zu machen. Bei den Eidechsen !) (Phelsuma, Lacerta, Chamaeleo) liegt in solchen Zellen das Guanin immer in äußerst feinkör- ı) W. J„, Schmidt, Studien am Integument der Reptilien I. In Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 101, 1912. - 428 W. J. Schmidt: . “ nigem Zustande vor; die einzelnen Teilchen sind so klein, daß sich selbst mit den stärksten Vergrößerungen kein gewisses Urteil über ihre Form bilden läßt; nur das polarisierte Licht verrät, daß es sich auch hier. um kristallinische Bildungen handeln muß. Dem- gegenüber finden wir beim Laubfrosch wohl ausgebildete, wenn auch noch immerhin kleine Guaninkristalle. Während die blaue (bzw. grüne) Haut einer Eidechse, zum Balsamtotalpräparat verarbeitet, die blaue Strukturfarbe auch dann noch und bisweilen in der präch- tigsten Weise zeigt, nimmt die Haut des Laubfrosches unter diesen Umständen eine unscheinbare graublaue oder graugrüne Färbung an. Das Verhalten der Chromatophoren bei den verschiedenen Färbungs- 'zuständen der Haut. a Grüne Hautfarbe. Die grüne Färbung des Laubfrosches, die als sein normales Kleid gelten kann, kommt in allen Abstufungen zwischen einem hellen Blattgrün und einem tiefen Grünschwarz vor. Wenn auch schon ältere Forscher das Zustandekommen der grünen Farbe nach der physikalischen Seite hin in wesentlichen Zügen richtig erfaßt hatten, so istes doch das Verdienst vonEhrmann und Biedermann, den morphologischen Befund auch in den Einzelheiten mit der je- weiligen Hautfarbe in Uebereinklang gebracht zu haben. Bieder- mann (a. a. ©. S. 470) schildert das Verhalten der Chromatophoren bei der grünen Hautfarbe etwa folgendermaßen: in den ‚„Xantho- leukophoren“ bilden die gelben Tröpfchen (das Lipochrom) eine ober- flächliche Decke, welche die Interferenzkörnchen (das Guanin) überlagern; unter den letzten breitet sich als schwarzer Untergrund das dichte Netz verzweigter dunkler Chromatophoren aus, deren Ausläufer bis an die Interferenzzellen heranreichen und dieselben schwarz umsäumen. Sähe man von dem gelben Pigment ab, so er- scheine jede Xantholeukophore bei auffallendem Licht und vor dem dunklen Hintergrund blau, durch die Ueberlagerung mit dem gelben Pigment dagegen grün. So kommt die hell blattgrüne Fär- bung zustande; durch Heraufrücken des schwarzen Pig- ments kann sie mehr und mehr verdunkelt werden. Ehr- mann (a. a. O., S. 527) sagt: „Die grüne Farbe des Laubfrosches kommt also dadurch zustande, daß auf unsere Netzhaut... blaues Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren usw. 429 Licht ... und gelbes Licht... kommt und sie wird somit ähnlich erzeugt wie in der Aquarellmalerei durch innige Vermischung z. B. von Gummigutti- und Ultramarinkörnchen‘. Nach Ehrmann (a. a. O. S. 529) befinden sich die Xantholeukophoren beim grünen (und gelben) Zustand der Haut in der „gelben Position‘ d. h. das Lipochrom bildet am Oberrand der Zellen einen intensivgelben Saum. Auch-die Verdunkelung der grünen Farbe durch Ausläufer der Melanophoren, die jene zwischen die ‚„‚Xantholeukophoren‘ nach oben schicken, diese sogar umschließen und an ihrer Oberfläche verdecken, hat genannter Forscher (a. a. OÖ. S.531) richtig erkannt. Die grüne Farbe ist somit eine Mischfarbe von Blau, das die Guaninkristalle vor dem Junklen Hintergrund der Melanophoren .als trübes Medium erzeugen, ENdsvoan Gelb... das gienwber ihnen ausgebnmeiteten’ -Lipochrom- massen liefern. Die Verdunkelung der grünen Farbewird durch Pigmentmassen der Melano- phoren bedingt, diesichzwischen die „Xantho- leukophoren“einschieben und sie ganz umhül- len können. Dieser Befund von Biedermann und Ehrmann wurde, wie schon eingangs gesagt, von Ficalbi(a.a.0.S.120f.) dahin be- richtigt, daß Lipochrom und Guanin nicht in der gleichen Zelle, der sog. Xantholeukophore, übereinander geschichtet vorkommen, sondern daß jedesmal zwei Zellen aufeinander gelagert sind, deren obere (die Lipophore) Lipochrom, deren untere (die Guanophore) Guanin enthält. Diese Angaben Ficalbis habe ich in meiner früheren Mitteilung durchaus bestätigen können, und eine Durchsicht der Abbildungen bei jenem Autor — damals lag mir seine Arbeit im Original nicht vor — zeigte mir, daß die Darstellung Ficalbis auch in vielen Einzelheiten mit meinen Beobachtungen übereinstimmt. Die ziemlich umständlichen Auseinandersetzungen Ficalbis über die Entstehung der grünen Farbe durch das Zusammenwirken von Melanin, Guanin und Lipochrom gehen nicht über die Mittei- lungen seiner genannten Vorgänger hinaus. Irrig ist sogar, wenn Ficalbi den dunklen Hintergrund als einen schwarzen Spiegel bezeichnet, der das durchs Lipochrom und Guanin hindurchgegangene Licht reflektieren soll. Die Reflexionen und zwar der kurz- welligen blauen Strahlen finden an dn Guaninkristallen 430 W.J.Schmidt: statt; der schwarze Untergrund dagegen hat die Auf- gabe, das hindurchgehende (langwellige, rote) Licht zu absorbieren, | zu vernichten. Bekanntlich erscheint ein Körper ja deshalb schwarz, weil er das auffallende Licht verschluckt, also keinerlei reflektierte Strahlen von ihm ausgehen. Um einen ersten Einblick in das Verhalten der Farbzellen beim hellgrünen Zustand der Haut zu gewinnen, empfiehlt sich die Untersuchung eines lebendfrischen Hautstückchens von der Dorsalseite der Hinterbeine bei durchfallen- dem Licht und hinreichender Vergrößerung; die Haut ist hier nicht nur dünner als am Rücken, sondern die Melanophoren liegen auch spärlicher als dort, so daß das ganze Bild recht übersichtlich erscheint (Fig. 1, Taf. XIX). Die Xantholeukosomen bieten sich als Vielecke dar, die zu einem epithelartigen Mosaik zusammen- schließen, das nur von den Ausfuhrgängen der Drüsen durchbrochen wird, von denen zwei in unserer Abbildung sichtbar sind. Bei hoher Einstellung gewahrt man den gelben Lipochromfarbstoff, bei tiefer die Guaninkristalie, welche in rötlichen Interferenzfarben schimmern. Guanin und Lipochrom decken sich in jedem Xantholeukosom genau, ein Umstand, der wesentlich zur Annahme beigetragen hat, die beider- lei Stoffe befänden sich in ein- und derselben Zelle. Die beschriebe- nen Doppelzellen:. schließen nicht dicht aneinander, sondern lassen feine Spalten zwischen sich frei, deren Bestehen auch von Bieder- mann und Ficalbi betont wird, ohne daß diese Autoren ihr Zustandekommen genauer erklärt hätten: es handelt sichum Binde- gewebssepten oder -fasern, welche die einzelnen Xantholeuko- somen voneinander scheiden. Ihr genaueres Verhalten soll uns noch später beschäftigen. Form und gegenseitige Lage der Guanophoren gibt auch das Mikrophotogramm nach einem Balsam atalprep ae (Fig. 21, Taf. XXII) getreu wieder. Durch diese Lage von Doppelzellen scheinen die unter ihnen gelegenen Melanophoren als dunkle, unregelmäßig geformte Gebilde mit kurzen Ausläufern etwas verschwommen hindurch (Fig. 1, Taf. XIX). Sie befinden sich in einem Zustand mäßiger Ex- pansion. Ihre Umrisse fallen mehr oder minder genau mit den Spal- ten zwischen den Xantholeukosomen überein, ein Umstand, der erst durch Vergleich mit. Schnittbildern völlig verständlich wird. Die Melanophoren schmiegen sich nämlich den Guanophoren dicht an und entsenden ihre Ausläufer aufwärts in die Lücken zwischen Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren usw. 431 jenen. Wie bereits Biedermann betont hat, und unser Mikro- photogramm (Fig. 21, Taf. XXII) übersichtlich zeigt, liefern die Melanophoren keinen geschlossenen schwarzen Untergrund, viel- mehr bleiben, auch abgesehen von den Drüsenmündungen, erheb- liche Lücken zwischen ihnen frei. In diesem Punkte verhält sich die hellgrüne Rückenhaut anders. Hier schließt Me- lanophore an Melanophore, indem die Ausläufer sich in den Lücken zwischen den Xantholeukosomen treffen und so ein Netzwerk bilden. Ehrmann hatesa.a. O. in Figur 7 seiner Tafel XI dargestellt; doch muß ich zur richtigen Orientierung des Lesers bemerken, daß es nicht in derselben Ebene wie die Lipochrommassen sondern stets tiefer liegt — im Gegensatz zum dunkelgrünen Zustand der Haut. Die reichere Entfaltung der Melanophoren in der Rücken- haut gestattet nicht die Einzelheiten an den Xantholeukosomen so gut zu erkennen, wie an der Haut der Hinterbeine. Von frühe- ren Forschern hat vor allem Eberth!) eine hübsche bildliche Dar- stellung deshellgrünen Zustandes der Haut in Flächenansicht gegeben. Die Schnittbilder der Haut im hellgrünen Zustand — hierfür ist die Rückenhaut der vom Schenkel vorzuziehen — sind stellenweise von geradezu schematischer Regelmäßigkeit (Fig. 6, Taf. XX). Die drei Arten von Farbzellen erscheinen in drei Schichten übereinander geordnet: dicht unter der Epidermis, nur durch die kollagene Grenzlamelle von ihr getrennt, die Lipophoren, darunter die Guanophoren, und zu unterst die Melanophoren. Die Lip o- phoren besitzen die Gestalt bikonvexer Linsen, die bald/dicker, bald dünner, gewöhnlich nur in flachem Bogen gegen die Epidermis einspringen, gegen die Guanophoren hin stärker gekrümmt sind (Fig. 6, Taf. XX; Fig. 11, Taf. XXI). Ihre Kerne sind rundlich, bei stärkerer Abflachung der Zellen elliptisch, mit dem großen Durchmesser parallel zur Fläche der Haut gerichtet. Die Zellen schließen dicht aneinander, viel dichter als man nach dem Flächenbild im überleben- den Zustand erwarten sollte. Dadurch kommt der Rand der ‚„Linse‘‘ stellenweise zum Wegfall, so daß die Lipophoren sich seitlich in ziem- lich breiter Fläche berühren können (Fig. 11, Taf. XX]). Die Guanophoren sind becherförmig — sie erscheinen im Schnitt als Halbmonde — und nehmen die untere Hälfte der Lipo- phoren in ihrer Becherhöhlung auf (Fig. 6, Taf. XX). Selten reicht t) Untersuchungen zur normalen und pathologischen Anatomie der Froschhaut. Leipzig 1869. Fig. 5, Taf. 11. 432 SE WERESSCH NET der Rand des Bechers bis zur Epidermis, meist bleibt er ein beträcht- liches Stück von ihr entfernt (Fig. I1, Taf. XXI). Entsprechend der geringen Höhe der Zellen sind ihre Kerne abgeflacht, scheiben- förmig. Die Guaninkristalle, die im wesentlichen der Oberfläche der Zelle mit ihrer flachen Seite tangential gelagert sind, bieten sich in Kantenansicht als kleine strichartige Gebilde dar. Während in einem Xantholeukosom eine. Lipophore auf eine Guanophore entfällt, versorgt eine Melanophore immer eine Gruppe von Xantholeukosomen; das hat von früheren Unter- suchern vor allem Biedermann erkannt (a. a. O. Taf. XI, Fig. 5). Die Zellkörper der Melanophoren entsenden zur Epidermis hin Fort- sätze, die im Schnitt gleich dunklen Sicheln die Unterseite der Guano- phoren einsäumen (Fig. 6, Taf. XX; Fig. 11, Taf. XXI). Ihr Pigment reicht ungefähr bis zur unteren Grenze der einander berührenden Lipophoren (Fig. 11, Taf. XXI). Da im hellgrünen Zustand der Haut das Melanin nur mäßig expandiert ist, bleibt der Zellkern von den dicht gelagerten Pigmentgranula meistens verdeckt. | Stark mit Eisenhämatoxylin gefärbte Präparate (Fig. 11, Taf. XXI) zeigen faserige oder lamellöseBindegewebsmassen, die von der kollagenen Grenzlamelle ausgehen, sich zwischen die Xan- tholeukosomen einschieben und weiter bis zu den Melanophoren ver- folgen lassen. Sie stellen ein Fachwerk dar, in dem die Xantho- leukosomen ruhen. Zwischen die beiden Zellen eines Xantholeuko- soms, zwischen die Guanophore und Lipophore, dringt kein Binde- gewebe ein. Dagegen 'halbieren die Lamellen die zwischen zwei be- nachbarten Xantholeukosomen befindlichen Melaninmassen (Fig. I1, Taf. XXI); somit muß auch das in Flächenansicht erscheinende Netz von Melanin (s. 0.) doppelt sein. Dieser Umstand macht sich bei fortschreitender Expansion des Melanins immer deutlicher bemerk- bar (s. u.). Wie schon bemerkt, geht der dunkelgrüne Zustand der Haut aus dem hellgrünen dadurch hervor, daß die Melanophoren ihr Pigment zwischen die Xantholeukosomen entsenden, ja auch die Guanophoren und Lipophoren allseits zu umhüllen vermögen. Im ersten Falle trittin der Flächenansicht auf der Grenze der Xantho- leukosomen ein breites schwarzes Netzwerk hervor, das seine Farbe dem Grün beimengt; im zweiten verdeckt das Melanin die an der Erzeugung der grünen Farbe beteiligten Zellen in kleinerem oder größerem Umfang und schaltet sie so von Farbengebung überhaupt Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren usw. 433 zum Teil oder ganz aus. Diese Verhältnisse haben Ehrmann, Biedermann und Ficalbi richtig dargestellt; aber nur der letzte Autor hat die mit den Vorgängen an den Melanophoren ver- knüpften Formveränderungen der Xantholeuko- somen kurz erwähnt (bei der Figurenerklärung S. 141: ‚‚col de- formarli piu o meno‘) und in seinen Abbildungen (Fig. 2—4, Taf. IV L. c.) wiedergegeben. Beginnen wir wiederum mit der Untersuchung eines lebend- frischen Hautstückes: Figur 2 (Taf. XIX), die ein Stückchen der Rückenhaut darstellt, zeigt zwischen den vieleckigen Xantho- leukosomen ein dunkles, baid breiteres, bald schmäleres Netzwerk, dessen Maschen aus kleineren Pigmentmassen, den einzelnen Aus- läufern der Melanophoren, zusammengesetzt sind. Vor allem dort, wo es breiter ist, erkennt man deutlich die doppelte Natur des Netzes, indem die Pigmentflecken in zwei Reihen geordnet erscheinen. Infolge der dichteren Lage der Melanophoren in der Rückenhaut lassen sich an den Xantholeukosomen verhältnismäßig nur wenig Einzelheiten wahrnehmen. Lipochrom und Guanin decken sich vollkommen, aber ‘bei der geringen Durchsichtigkeit der Haut treten die Interferenzfarben der Guaninkristalle weniger hervor. Daher wurden in der Abbildung (Fig. 2, Taf. XIX) nur die bei hoher Einstellung sichtbaren Lipochromgranula wiedergegeben. Fig. 24 (Taf. XXI) veranschaulicht das Verhalten der Guanophoren und Me- lanophoren im dunkelgrünen Zustand der Haut (Rücken) nach einem Mikrophotogramm bei schwächerer Vergrößerung: der netz- artig zusammenhängende dunkle Grund der Melanophoren zeigt neben den größeren hellen rundlichen Stellen, den Ausfuhrgängen der Hautdrüsen, zahlreiche kleine polygonale Gebilde, die Guanophoren, welche in verschiedenem Maße vom Melanin verdeckt sind. Belehrender noch wie die Flächenschichten sind die Schnitt- bilder des dunkelgrünen Zustandes der Haut (Fig. 7, Taf. XX; Fig. 12, Taf. XXI). Die Verteilung des Melanins ist gegenüber der hellgrünen Hautfärbung wesentlich geändert: die schwarzen Pig- mentzellen entsenden pigmenterfüllte Ausläufer in die Lücken zwischen die Guanophoren, die bis zum Unterrand der Lipophoren emporreichen. Der Zellkörper der Melanophoren nimmt mit dem Abströmen des Pigments in die Ausläufer an Um- fang ab und erscheint weniger dunkel, so daß die Kerne leichter festzustellen sind (Fig. 12, Taf. XXI). Auch die Tatsache, % daß 434 W. J. Schmidt: jede Melanophore mehrere Xantholeukosomen versorgt, tritt jetzt deutlich hervor. Jede Guanophore wird nun seitlich von einem Pig- mentmantel umhüllt, der sich aus lappenartigen Fortsätzen der Melanophoren zusammensetzt. Obwohl diese Lappen — in Figur 7, etwas rechts von der Mitte sind sie im Flachschnitt zu sehen — verhältnismäßig dünne Platten sind, so werden doch die Guano- phoren wesentlich auseinandergedrängt. Denn da jede Guano- phore ihren besonderen Pigmentmantel hat, werden die Lücken zwischen benachbarten immer von doppelten Fortsätzen erfüllt. Oft sind sie allerdings so dicht : aneinandergepreßt, daß sie als einheitliche Pigmentmasse erscheinen, und so hat sie auch Ficalbi sowohl in Flach- wie in Querschnittsbildern der Haut dargestellt. Aber an ausgewählten Stellen beobachtet man in der- artigen Pigmentmassen einen hellen Spalt, der die zu den beiden benachbarten Guanophoren gehörigen Fortsätze trennt (Fig. 7, Taf. XX). Bei hinreichender Vergrößerung und geeigneter Färbung kommt in diesem Spalt die Bindegewebslamelle zum Vorschein (Fig. 12, Taf. XXI), deren Vorhandensein wir oben feststellten. Beim Einströmen des Pigments in die Fortsätze der Melano- phoren unterliegen de Guanophoren, wie leicht einzusehen ist, einem Druck, der wesentlich senkrecht auf ihre Seitenflächen wirkt; das sich jederseits der Bindegewebslamelle anhäufende Pig- ment drängt ja die Guanophoren von dieser ab. Dieser Seitendruck bedingt eine Formveränderung der Guanophoren: sie strecken sich in die Länge entsprechend der Abnahme ihres Querdurch- messers; ferner dringen unter der Wirkung des Druckes Guanin- massen gegen die Becherhöhle vor und füllen sie aus. Damit wird die Guanophore zu einem prismatischen oder zylindrischen Gebilde, dessen untere Grundfläche leicht vorgewölbt ist, während die obere meist glatt abgeschnitten erscheint (Fig 7, Tat. XX). Bei dieser Umformung werden die Guaninkristalle, die bei der Becherform dieser Zellen ihre Fläche wesentlich der Hautoberfläche zukehrten, durcheinander ge- schoben und auch damit mag es zusammenhängen, daß im dunkel- grünen Zustand der Haut ihre Interferenzfarben bei durchfallendem Licht weniger bemerkbar werden als im hellgrünen. Diese Umlagerung der Kristalle bleibt auch nach ihrer Entfernung am Verhalten des zurückbleibenden Plasmas kenntlich, dessen Züge nunmehr deutlich in die Längsrichtung der Zellen geordnet sind (Fig. 12, Taf. XXI). Auch die Kerne durchlaufen ‚einen entsprechenden Formwechsel, erschei- Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren usw. 435 nen jetzt kugelig oder in der Längsrichtung der Zellen gestreckt (Fig. 12, Taf. XXI); sie bleiben aber meist im unteren Teil der Zellen liegen. Die beschriebene Umformung der Guanophoren zieht eine Gestaltsänderung der Lipophoren nach sich: sie verlieren ihre Linsenform, da die Becherhöhle der Guanophoren ver- schwunden ist; die aus ihr verdrängten Plasmamassen häufen sich in den Randteilen der Zellen an, und so kommen Platten zustande, die, in der Mitte nur wenig dicker als am Rande, mit rechtswinklig abgeschnittenen Seitenrändern aneinanderstoßen (Fig. 7, Taf. XX). Damit treten die Lipophoren, die im hellgrünen Zustand der Haut den ansehnlichsten Teil des Xantholeukosoms ausmachen, im Bild stark zurück. Ihre Kerne sind jetzt nicht mehr kugelig, wie bei der Linsenform dieser Zellen, sondern in der Fläche der Haut abgeplattet. Die Gegenwart der schon öfter genannten Bindegewebslamellen regelt die Anordnung der verschiedenen Farbzellen derart, daß die seitlichen Grenzen der Lipophoren genau mit dem hellen Spalt in der Melaninmasse zwischen zwei benachbarten Guanophoren zu- sammenfallen (Fig. 7, Taf. XX; Fig. 12, Taf. XXI). Da somit immer eine Guanophore zu einer bestimmten Lipophore gehört, bleibt auch hier die Bezeichnung Xantholeukosom für die Doppelzelle angebracht, wenn auch gegenüber dem hellgrünen Zustand die Form der beiden Komponenten wesentlich geändert ist. Diese Gestaltsänderung ist aber keine aktive sondern eine passive, bedingt durch die Anhäufung des Melanins zwischen den Guanophoren. Es erübrigt noch ein Hinweis, wie aus dem dunkelgrünen der schwarze Zustand der Haut hervorgeht. Schon beim erst- genannten sieht man gelegentlich, wie die Ausläufer der Melanophoren, an der Grenze von Guanophoren und Lipophoren angelangt, sich hori- zontal zwischen beiderlei Zellarten einschieben und so auch die Ober- seite der Guanophoren mit einer Melaninhülle versehen. Der Anteil der betreffenden Guanophoren an der Farbengebung wird damit ganz ausgeschaltet. Dieses Vorrücken des Pigments auf die Ober- seite der Guanophoren äußert sich in der Flächenansicht zunächst durch zunehmende Verbreiterung des schwarzen Netzwerkes also Ver- kleinerung seiner Maschen; dann gehen von seinen scheinbaren Balken, die ja in Wirklichkeit dicht beieinander gelegene Fortsätze der Melanophoren sind, Ausläufer ab, die sich über die hellen Maschen hin erstrecken. Ficalbi hat in seiner Fig. 9 Tab. IV 436 x Eine, WERSchmrd?: (a. a. O.) ein derartiges Flächenbild dargestellt; abgesehen davon, daß auch hier die Netzbalken einfach erscheinen, während sie in Wirklichkeit doppelt sind, finde ich nie die von ihnen abgehenden Ausläufer so schmal, wie dort angegeben. Sehr instruktive Bilder vom Verhalten der Melanophoren beim grünschwarzen Zustand gewinnt man durch Zerstörung der Guano- phoren mittels Einlegen der fixierten Hautstücke in verdünnte Säure und Herstellung von Balsamtotalpräparaten. In den beiden Mikrophotogrammen (Fig. 25 und 26, Taf. XXIT) erscheint ein äußerst zierliches Netzwerk mit großen Maschen, den Mündungen der Haut- drüsen, und kleinen, den Stellen, an welchen sich die Guanophoren befanden. Wie vor allem an dem bei stärkerer Vergrößerung auf- genommenen Mikrophotogramm ersichtlich (Fig. 26, Taf. XXI), sind die Maschen stark verengert oder geschlossen d. h. die Guano- phoren schon großenteils vom Melanin überdeckt. Vollständig schwarze Laubfrösche habe ich nicht untersuchen können; meine dunkelsten Tiere zeigten immer noch eine Beimischung von Grün in ihrem Kolorit, ein Hinweis, daß Guanin und Lipochrom nicht überall durch Bedeckung mit Melanin unwirksam gemacht waren. Doch zeichnet Ficaibi (a.a. ©. Fig. 3und4, Tab. IV), wie das Melanin nach Ueberdeckung der Oberseite der Guanophoren nun auch zwischen benachbarte Lipophoren einzudringen beginnt, ein Zustand, der auch in unserer Figur 12 (Taf. XXI) am zweiten Doppelausläufer rechts schon leicht angedeutet zu sehen ist. Weiterhin kommt es - dann zur völligen Ueberdeckung der Lipophoren vom Melanin, und damit erscheint die Haut tief schwarz; in solchen Fällen Sind also nicht nur die Guanophoren, sondern auch die Lipophoren von einem Melaninrahmen umschlossen. Nach der Darstellung von Ficalbi und auch nach meinen Befitnden zu urteilen, muß immer zunächst die Oberfläche der Guano- phoren vom Melanin bedeckt sein, ehe das schwarze Pigment auch die Lipophoren umgibt. Fäile, in denen das Melanin ein Xantholeuko- som im ganzen umhüllte, ohne zwischen seine beiden Komponenten einzudringen, sind bis jetzt nicht beobachtet. Im allgemeinen scheint vielmehr die Expansion des schwarzen Pigments abgeschlossen, wenn es die Guanophoren umhüllt hat (vgl. hierzu auch Bieder- manns Abbildungen a. a. ©. Fig. 5 und 6, Tab. XI). Ferner ist an Ficalbis Abbildungen bemerkenswert, daß im tiefschwarzen Zustand der Haut Verlagerungen und damit Form- Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren usw. 437 veränderungen der Lipopho ren eintreten, ähnlich denen, die wir im gelben und grauen Zustand noch kennen lernen werden: in Figur 2, Tab. IV dieses Autors decken sich die seitlichen Gren- zen von Guanophoren und Lipophoren wenigstens annähernd, in Figur 3 ebendort ist diese regelmäßige Anordnung schon gestört, und in Figur 4 vollends alternieren Lipophoren und Guano- phoren miteinander. Fassen wir unsere Befunde über das Verhalten der verschiedenen Chromatophoren im hell- und dunkelgrünen Zustand nochmals kurz zusammen, so ergibt sich folgendes. Im hellgrünen Zustand sind die Melanopho- ren .mäßigrexpandiert.und schmiegen Sichnur der Unterseite der Guanophoren an; in der Rückenhaut liegen: sie-so dicht, daß eshier- bei zu einem.-fast.geschlossenen schwarzen Untergrund für die darüber gelegenen Farb- zellenkommt; inder Haut von der Dorsalseite der co Hinterbeime. blerbemvdagegien: beträcht- [eche Lueken in der. Schwärzen: Prementlage: Die Guanophoren besitzen’die Form von. Be- eHernsnenu schwer. der. Epidermis: zugekehrten Höhlung nehmen sie die linsenförmigen Lipo- PBeoremwaun: Diese-Vereinti@ung Je einer’Gu2mo; phpre/rmit einer: Lipophor&stellt. ein Xamtho- leukosom (Lipoguanosom) dar. Benachbarte Xantholeukosomen sind durch Bindegewebs- lamellen voneinander geschieden Dagegen dringt keinBindegewebe zwischen die beiden Komponenten eines Xantholeukosoms ein. Wie durch diese Uebereinanderordnung von Melanin, Guanin und Lipochrom die grüne Färbung zustande kommt, ist im Eingang dieses Abschnittes erörtert, Im dunkelgrünen Zustand reichen die lap- penförmigen Ausläuferder Melanophoren pig- menterfüllt, zwischen den Guanophoren ge- legen, biszum Unterrand der Lipophoren. Jede Guanophore wird daher jetzt auch seitlich von Melanin umhüllt. Die Melaninmäntel be- nachbarter Guanophoren sind durch die er- 438 W. J. Schmidt: wähnten Bindegewebslamellen voneinander‘ geschieden. Die melaninerfüllten Ausläufer erscheinen in der Flächenansicht als ein die Guanophorenumsäumendes, doppelkonturier- tes, dunkles Netz, das seine Farbe dem Grün beimengt. Die Expansion des Melanins be- dingteine Formveränderungder Guanophoren und Lipophoren: dieersten werden ausBechern zurZylinders; die .nach untenseerunde Pr nach oben quer .apgestutzt. vendigen,. die. keizten aus. bäkonwexen Linsen zu wPlatten wen az näbernd-wberall:gleicher:Stärke. Mit der Gr staltsändenung der:Zeitlenvgehferwe (entspre chende Umformung der Kerne, beiden Guano- phoren auch eine Verlagerung der Guaninkri- stalle einher. Die Zuordnung einer Lipophore zu »einer Guwanophore- bleibt bestehen Jede Melanophore versorgt immer mehrere Xantho- leukosomen. | | Aus dem. dunkelgrünen Zustand gehf’der schwarzedadurch hervor,daßsichaasMelanin auch uber. die Oberfläche der Guanophoren aushreitet und weiterhin zwischen die Lipo- phoren eindringt und auch diese schließlich. ganz umhüllt. Dabei scheinen nach Ficalbi weitere Form- veränderungen und Verlagerungen der Lipophoren einzutreten. p) Gelbe Hautfarbe Biedermann (a. a. 0. S. 462, 464, 471), der sich am ein- gehendsten mit der Untersuchung des zitronengelben Zustandes (s. S. 418) beschäftigt hat — der Kürze halber will ich im folgenden einfach vom gelben sprechen —, nimmt an, er unterscheide sich nur durch das Verhalten dr Melanophoren wesentlich vom hell- grünen; diese befänden sich nämlich im Ballungszustand. Damit erklärt Biedermann in physikalisch einfachster Weise das Zustandekommen der gelben Färbung: der dunkle Untergrund schwindet, die Vorbedingung für die Entstehung der blauen Struktur- farbe ist somit nicht mehr gegeben und deshalb kommt der gelbe Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren usw. 439 Farbstoff der Lipophoren ausschlaggebend zur Geltung. Dieser an sich befriedigenden Deutung kann ich nicht ganz beistimmen, weil meine wiederholten, an überlebenden und fixierten Totalpräpa- raten sowie an Schnitten gemachten Beobachtungen damit nicht in Einklang zu bringen sind; denn auch das Verhalten der Lipopho- ren und Guanophoren ist wesentlich anders als im grünen Zustand! Wie Biedermann finde ich die Melanophoren im gelben Zustand der Haut stark geballt, allerdings nur an einzelnen Zellen bis zu annähernder Abkugelung des Pigments; meist bleiben vielmehr kurze stumpfe Pigmentfortsätze bestehen, so daß die schwarzen Chromatophoren im Flächenbild der Haut als tiefdunkle, rundliche oder polygonale, bisweilen auch mit plumpen Fortsätzen ausgestattete Gebilde erscheinen. In diesem Zustand lassen sie selbst bei ihrer dichten Lagerung in der Rückenhaut ziemlich große Lücken zwischen sich frei, so daß von einem geschlossenen schwarzen Unter- erund in der Tat nicht mehr die Rede sein kann (Fig. 22 und 23, Taf. XXIII). Noch eindringlicher lehren das Schnittpräparate des gelben (Fig. 8, Taf. XX) im Vergleich zum hellgrünen.Zustand der Haut. Die Melanophoren haben ihre Lage am Unterrand der Guanophoren unverändert beibehalten, säumen aber jene nicht mehr guirlandenartig ein, sondern stellen unregelmäßig abgerundete Pigmentmassen dar, die sich in weitem Abstand voneinander befin- den. Der zentrale Zellteil ist merklich umfangreicher geworden, was sich aus dem Abströmen des Melanins aus den Ausläufern erklärt, die selbst dem Auge entschwunden sind. Daß die Guanophoren sich anders verhalten als im grü- nen Zustand, zeigt schon ein Blick auf das nach einem Balsamto- talpräparat hergestellte Mikrophotogramm (Fig. 22, Taf. XXII). Während bei hellgrüner Färbung der Haut die Guanophoren, poly- gonal umrandet, zu einem epithelartigen Mosaik dicht zusammen- schließen (Fig. 21, Taf. XXII), ist ihre Form bei gelber Hautfärbung unregelmäßig, gelappt oder ausgeschnitten, so daß zwischen den ein- zelnen Zellen Lücken auftreten, die das ganze Gefüge lockern. Damit hängt es auch zusammen, daß die Drüsenmündungen so wenig scharf umschrieben hervortreten. Die in Figur 22, Taf. XXIII wieder- gegebene Stelle zeigt das geschilderte Verhalten der Guanophoren in mittlerem Grade ausgeprägt; in dem bei schwächerer Vergrößerung aufgenommenen Uebersichtsbild (Fig. 23, Taf. XXII) macht es sich Arch. f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. I. 29 440 W. J. Schmidt: stellenweise viel auffallender bemerkbar. In der Rückenhaut — die Photogramme beziehen sich auf die Haut der Dorsalseite des Ober- schenkels — springt der Unterschied gegen den grünen Zustand nicht ganz so eindrucksvoll hervor; aber Schnitte (s. u.) ergeben ein wesent- lich übereinstimmendes Verhalten von Rücken- und Schenkelhaut. Eine aufmerksame Untersuchung solcher Balsampräparate überzeugt, daß in den zwischen den Guanophoren entstandenen Lücken Lipochrom gelagert ist, indem hier bisweilen die in Alkohol schwer löslichen Anteile des Lipophoreninhalts zurück- bleiben. Viel deutlicher erweist das natürlich die Prüfung lebend- frischer Hautstücke. Auch hier halten wir uns an erster Stelle an die für ein solches Verfahren geeignetere Haut der Schenkel. Bei starkem durchfallendem Licht betrachtet, bietet ein gelbes Haut- stückchen einen sehr farbenprächtigen Anblick: die unregelmäßig ge- formten Anhäufungen der Guaninkristalle erstrahlen in lebhaften blau- grünem und rötlichen Interferenzfarben; dabei sind die Kristalle oft deutlich einzeln als kleine Plättchen zu erkennen (Fig. 4, Taf. XIX). Dieser Umstand ist zunächst darin begründet, daß infolge der Ballung der Melanophoren das Licht von unten her beim Eintritt in die Guano- phoren weniger gehemmt ist als bei hellgrüner Hautfarbe, ferner aber auch darin, daß die Lipochromdecke auf deren Oberseite an Dicke gemindert oder ganz geschwunden ist (s. u.). So treten die Formen der Guaninkristalle bestimmter hervor und ihre Farben kommen reiner zur Geltung; jetzt ist auch in einzelnen Guanophoren die Stelle des Kernes als heller Raum wahrzunehmen. Zwischen (d. h. also neben) den lebhaft und verschieden gefärbten Guanophoren lagern die reingelben Anhäufungen des Lipochroms und zwar so, daß immer eine Lipophore in engerer Beziehung zu einer Guanophore steht, so daß auch jetzt noch 'die beiden jeweils zu einem Xantholeukosom gehörigen Zellen kennt- lich sind. Nur zwischen benachbarten Xantholeukosomen erscheint ‘das helle, dem Bindegewebsgerüst entsprechende Netzwerk, das uns schon vom grünen Zustand her bekannt ist; Lipochrom und Guanin eines Xantholeukosoms dagegen berühren sich unmittelbar (Fig. 4, Taf. XIX). Dabei kann die Lipochrommasse der Anhäufung von Guaninkristallen nur einseitig anliegen oder sie zu einem größeren Teil umfassen. Nach der Ansicht im Flächenbild sollte man glauben, daß gar kein Lipochrom mehr sich über dem Guanin befände. Doch - trifft das gemäß den Schnittbildern nur stellenweise zu. Wie in den Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren usw. 441 Guanophoren treten auch in den Lipophoren oft die Kerne als helle rundliche oder längliche Flecken hervor. Die nunmehr geschaffene gegenseitige Lage von Guanin und Lipochrom ist vor allem leicht um die Drüsenmündungen herum festzustellen: während sie im grünen Zustand der Haut von Guanin- massen (bzw. Xantholeukosomen) allseits umrahmt waren, wechseln jetzt Lipophoren und Guanophoren in bunter Reihe miteinander ab (Fig. 4, Taf. X1X). Da aber das Lipochrom an Balsampräparaten (Fig. 22, Taf. XXII) nur undeutlich oder gar nicht sichtbar ist, er- scheinen die Drüsenmündungen an solchen Präparaten so unregel- mäßig und undeutlich umgrenzt, ganz entsprechend der Lage der allein kenntl:chen Guznoph.ren. Das für die gelbe Haut der Hinterbeine Gesagte gilt auch für die des Rückens Figur 3 (Taf. XIX) gibt die Umgebung einer Drü- senmündung nach dem überlebenden Objekt wieder und zeigt ganz typisch das eben besprochene zierliche Bild. Bei der dichteren Lage der Farbzellen in der Rückenhaut tritt das helle Netz der Spalten nicht so gut hervor; doch lassen sich auch hier im allgemeinen aus der Form und gegenseitigen Lage der Lipophoren und Guanophoren die zu einem Xantholeukosom gehörigen Zellpaare herausfinden. Daß die einzelnen Guaninkristalle weniger deutlich unterscheidbar sind und auch nicht in so lebhaften Interferenzfarben aufleuchten, dürfte wohl neben der größeren Dicke der Guaninmassen damit zusammenhängen, daß verhältnismäßig mehr Lipochrom über den Guanophoren zurückgeblieben ist. Eine flüchtige Betrachtung einesSchnittesdurchdiegelbe Rückenhaut (Fig. 8, Taf. XX) zeigt bereits, daß außer der Bal- lung der Melanophoren sich Veränderungenan Guano- phoren und Lipophoren vollzogen haben. Denn die regel- mäßige Uebereinanderschichtung der drei am Farbwechsel beteilig- ten Pigmente bzw. Chromatophoren ist verschwunden oder wenig- stens gestört. Nur hier und da findet sich ein Xantholeukosom mit linsenförmiger Lipophore und becherartiger Guanophore. In der Regel lassen sich keine bestimmten Formen für Lipophoren und Guanophoren mehr angeben: die Lipophoren keilen sich mehr oder minder vollständig zwischen die Guanophoren ein, und so nehmen beiderlei Zellarten wechselnde Gestalt an. Häufig halten die Lipo- phoren den Kontakt mit der Epidermis (bzw. der kollagenen Grenz- lamelle) in breiter Fläche ein; aber sie überdecken nur in dünner 29* 442 W. J. Schmidt: Schicht die Guanophoren und schieben sich verschmälernd mit der größeren Masse ihres Zelleibes zwischen benachbarte Guanophoren (Fig. 13, Taf. XXI). Dieser keilförmige Teil der Zelle umschließt den Kern und endigt entweder zugespitzt oder abgerundet noch zwi- schen den Guanophoren oder reicht, sie ganz auseinander drängend, bis zu den Melanophoren. Bei der Verlagerung der Lipophoren geht ihr Kern stets voran, das ihm nahe gelegene Zentriol folgt, d. h. bleibt näher der Epidermis (Fig. 13, Taf. XXI). Daimmer eine dünne Schicht des Lipochroms über den Guanophoren verbleibt, treten die letzten niemals unmittelbar mit der Epidermis in Berührung, wenn es auch bei schwachen Vergrößerungen manchmal so scheinen mag. Da die Hauptmasse der Pigmentkörnchen aber die Verlagerung des ansehnlicheren Teiles der Zelle mitmacht, so erklärt sich, daß im Flächenbild nichts davon über den Guanophoren wahrzunehmen ist. An Schnitten läßt sich die Zugehörigkeit einer Lipophore zu einer bestimmten Guanophore viel schwerer feststellen als im Flächenbild. Zusammengefaßt lauten unsere Befunde über das Verhalten der Farbzellen beim gelben Zustand der Haut etwa folgendermaßen: Die Melanophoren.sind gebaltlt.. Die EIPpophe- ren liegen nur mit dem geringsten Teil ihres. Zellei:bes‘.. über den: -Guanophoren;‘, vielnreht keilen sie sich mit ihrem’ größeren Abschnitt, der Kern, Zentriol "und. den überwiegenden Teil. bes Lipochroms enthalt, tier. zwrsenen dieGuanophoren ein, könnendiese ganz ausein- ander drängen und sobis zu den Melanophoren reichen, Diese: Anordnung”der bienderleirzetien prägt ihnen gegenüber dem grünen Zustand der .H amt, eine unregelmaäabree. KEonm aut. mm äußert sich im. Flächenbild:- durehvein« Nepten- einander x.von Guwanin’und- Lipochrom, woBel aber in der-Regel’noch. di evzul eine m -XantRo, leukosom gehörigen Anteile Testgestetikt. wer den können. In Biedermanns Darstellung finde ich einige Hinweise, die ich im Sinn meiner Beobachtungen über die gegenseitige Lage von Guanin und Lipochrom beim gelben Zustand deuten möchte. Der Autor (a. a. ©. S. 465) bemerkt, daß bei gelber Hautfarbe die Interferenzkörnchen in auffallendem Licht lebhaft glitzern und locker Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren usw. 443 gelagert seien; dieser Umstand, den Biedermann allerdings im Gegensatz zum grauen (nicht zum grünen) Zustand hervorhebt, dürfte aus der Verminderung der über den Guanophoren gelegenen Lipochrommassen zu erklären sein. Ferner aber bildet genannter Forscher in einer Darstellung des gelben Zustandes der Haut (Fig. 1 seiner Taf. XI) 3bis4 ‚‚Interferenzzellen‘‘ ab, in denen das gelbe fein- körnige Lipochrom neben den viel gröberen Guaninkristallen liegt. Auch Fig. 3 a. a. O., die ein ähnliches Präparat, aber nach Zerstörung des Guanins durch Kalilauge, wiedergibt, ließe wohl den Schluß zu, Guanin und Lipochrom deckten sich im gelben Zustand nicht; denn man sollte doch erwarten, die Lipochrommassen ent- sprechend den Polygonen der Interferenzzellen verteilt zu finden; genannte Abbildung dagegen zeigt das Lipochrom sehr unregelmäßig angeordnet. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß die ein- greifende Behandlung mit Kalilauge wohl kaum die feineren, histo- logischen Verhältnisse unverändert läßt. Nach Ehrmann (a. a. O. S. 589) soll dem gelben (wie dem grünen) Zustand die ‚‚gelbe Position“ der Xantholeukophoren zukommen (vgl. S. 429). Doch, erwähnt er beim Blauwerden grauer Haut durch Auflegen eines Kochsalzkristalls ein Verhalten der Lipophoren und Guanophoren, das unserer Schilderung entspricht (S. 537): „Die Beimischung von Gelb erklärt sich aus der Betrach- tung der hellen Pigmentzellen. Die sonst polygenalen Zellkörper, welche das gelbe Pigment mit weißem gemischt enthalten, sind nicht mehr polygonal, sondern sie zeigen stärkere Ausbuchtungen, die an einzelnen Stellen sich sogar abschnüren können, wie zu einem eige- nen Protoplasmakörper, und diese Ausbuchtungen enthalten nun bloß gelbes Pigment.‘ Ein Blick auf die zugehörige Abbildung bei Ehrmann (Fig. 9 seiner Taf. XI) lehrt wohl sicher, daß auch hier Guanophoren und Lipophoren nebeneinander USERN beobachtet wurden. Durch meine neuen Befunde wird die Erklärung des Zustande- kommens der gelben Färbung nur wenig geändert. Infolge der Ballung des Melanins wird der geschlossene schwarze Untergrund vernichtet und damit die Möglichkeit zur Erzeugung der blauen Strukturfarbe genommen. Nur soweit Lipochrom und Guanin sich über den geballten Melanophoren befinden, kann noch eine grüne Färbung entstehen, die sich der gelben Hauptfärbung bei- mischt und so den zitronengelben Ton bedingt. Wo aber die 444 W. J. Schmidt: Guanophoren über dem hellen, farblosen Gewebe der Kutis gelegen sind, müssen sie im auffallenden Licht weißlich erscheinen. Denn wenn auch jetzt an den Guaninkristallen überwiegend die blauen Strahlen reflektiert werden, so wird andererseits das hindurch- gelassene, langwellige Licht an dem weißen Hintergrund zurück- geworfen und mischt sich den kurzwelligen Strahlen wieder bei. So entsteht dann wiederum weisses Licht. Die Lipophoren also be- stimmen unter solchen Umständen hauptsächlich die Färbung der Haut, mögen sie nun über oder neben den Guanophoren gelagert sein. Bedeutungsvoll ist unsere Feststellung über das Verhalten der Farbzellen im gelben Zustand der Haut dadurch, daß mit ihr die Sonderstellung, die bisher dem grauen Zustand eigen war, be- seitigt wird oder wenigstens mehr ausgeglichen erscheint. Das wird sich aus den im folgenden Abschnitt zu schildernden Tatsachen er- geben. c), Graue Hautfarbe. Wie die grüne Hautfarbe erscheint auch die graue in verschie- denen Abschattierungen zwischen einem hellen Silbergrau und einem dunklen Grauschwarz, ferner in Uebergängen nach Grün hin. Nach Biedermann (a. a. O. S. 463) zeigt ein silber- graues Hautstückchen, frisch untersucht, bei auffallendem Lichte und schwacher Vergrößerung ein Mosaik von mattgrauen durch ganz schmale schwarze Konturen begrenzte Feldchen, die den Inter- ferenzzellen entsprechen; nach Entfernung der Epidermis in Gly- zerin untersucht, biete sich ein Bild dar, das in sehr auffälliger Weise von dem verschieden sei, das unter sonst gleichen Umständen, die Haut eines hellgelben Laubfrosches aufweist: das gelye Pigment liegt nicht mehr ausgebreitet über dem Guanin sondern füllt, zu rundlichen Klumpen geballt, die Zwischenräume zwischen den scheibenförmi- gen Konglomeraten der Interferenzkörner. In jeder Zelle hat sich das gelbe Pigment zu einem Klumpen geballt, den man an den meisten Stellen von einer ungefärbten, feinkörnigen Plasmamasse umschlossen und den Interferenzkörnern dicht angelag.rt findet (S. 464). Die Interferenzkörner sind dichter gelagert als im hellgelben Zustand und damit geht eine, wenn auch nicht sehr auffallende Verkleinerung der Zelle Hand in Hand (S. 465). In den Ausführungen Bieder- manns liegt insofern ein Widerspruch, als nach den schmalen Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren usw. 445 schwarzen Konturen der Interferenzzellen (s. 0.) eine, wenn auch nicht sehr starke Expansion der Melanophoren anzunehmen ist, während Biedermann später (S. 465) angibt, das schwarze Pigment sei wie bei der gelben Färbung geballt. In der Abbil- dung 2, Taf. XI bei Biedermann sind die Melanophoren zum Teil aber ziemlich stark expandiert! Ehrmann (a. a. O. S. 529) erklärt den grauen Zustand da- durch, daß das gelbe Pigment in die Tiefe tritt und sich mit dem wei- ßen in den „Xantholeukophoren‘ mischt (‚graue Position‘). In der Abbildung, welche diesen Zustand darstellt, sind die Melanophoren expandiert (Fig. 1, Taf. X]). Ficalbi schildert den blaugrau-aschfarbenen Zustand der Haut folgendermaßen. Die gelben Chromatophoren haben sich soweit zusammengezogen, daß sie kleine Massen von intensiv gelber Farbe bilden, die den größten Teil der Oberfläche der violetten Chromatophoren (= Guanophoren) frei lassen; deren ‚Pigment- körnchen‘ bieten nun ihre Farbe dar. Indem die Melanophoren dabei entweder geballt oder expandiert sind, kommt ein helleres Grau oder ein dunkles Grauschwarz zustande. Wie aus diesen Aus- führungen Ficalbis hervorgeht, und auch durch seine Abbil- dungen (Fig. 5 und 10, Taf. IV) bestätigt wird, nimmt der Autor im grauen Zustand der Haut kein Nebeneinander sondern ein Uebereinander von (geballtem) Lipochrom und Guanin an. Untersuchen wir zunächst ein lebendfrisches Stück- chen der Rückenhaut eines grauen Frosches; das zur Abbildung (Fig. 5, Taf. XIX) verwendete Tier war nicht ganz einheit- lich gefärbt, sondern stellenweise auf erzfarbenem Grund fein grün gesprenkelt. In dem Verhalten von Guanin und Lipochrom zeigt das Bild eine unverkennbare Aehnlichkeit mit dem gelben Zustand (Fig. 4, Taf. XIX). Wie dort, aber infolge des gleich zu besprechenden Verhaltens der Melanophoren noch auffallender, macht sich das N e- beneinander von Guanin und Lipochrom bemerkbar. Die Guanophoren sind etwas unregelmäßig gestaltet und werden von den Ausläufern der Melanophoren soweit umgriffen, daß nur der mitt- lere Teil ihrer Oberfläche frei bleibt. Die Ausläufer erscheinen als kleinere oder größere Flecken, die vom Rand der Guanophoren aus- gehen, deren Zusammenhang mit den tiefer gelegenen Zellkörpern der Melanophoren durch Einstellen mit der Mikrometerschraube verfolgbar ist. Da somit jede Guanophore gewissermaßen in einer 446 Wi.) Schwrdt: Melaninhülle steckt, wird es verständlich, warum die Guanophoren im ganzen so dunkel erscheinen, und .die Interferenzfarben der Guaninkristalle nur schwach zum Vorschein kommen. Diesen vom Melanin umsponnenen Guanophoren liegen nun einseitig kleine, intensiv gelbe Pigmentmassen an, die Lipophoren, in denen hier und da die hellere Stelle des Kernes zu erkennen ist. In der Regel blei- ben die beiden zu einem Xantholeukosom zusammengefügten Zellen wohl kenntlich, indem die einander zugehörigen Lipochrom- und Guaninanteile sich unmittelbar berühren, während die Xantho- leukosomen im ganzen durch das bekannte helle Netzwerk getrennt sind. Man sollte nach dem Flächenbild schließen, daß die Guanopho- ren auf ihrer Oberfläche ganz frei von Lipochrom sind; das wird aber durch die Schnittbilder nur zum Teil bestätigt. Ganz entspre- chend der Schilderung Biedermanns konnte ich beobachten, daßdergelbeFarbstoffindenLipophorensich ballit (um das Zentriol herum ?) und dadurch nur dieser Teil der Zelle leicht sichtbar wird, der übrige dagegen mit feinkörnigerem, schwächer gefärbtem Inhalt dem Auge entgeht; er ist es aber, der bisweilen über den Guanophoren liegen bleibt. Figur 9, Taf. (XX) gibt ein Schnittbild des grauen (grau- grünen) Zustandes der Haut. Das Pigment der Melanophoren ist durchweg expandiert und läßt die Guanophoren nur oberseits und auch hier in der Regel nicht völlig frei. Die etwas unregelmäßig kugelige Form der Guanophoren wird durch die Lipophoren bedingt, die sich zwischen jene mehr oder minder tief einkeilen. Dabei bieten die Lipophoren oft Formen dar, wie sie uns vom gelben Zustand her bekannt sind, d. h. sie behalten in breiter Fläche den Kontakt mit der kollagenen Grenzlamelle der Epidermis, ver- lagern aber Kern, Zentriol und Pigment mehr in die Tiefe. So ge- wahrt man in Figur 14, Taf. XXI eine Lipophore, die sich tief zwischen die benachbarten Guanophoren eingeschoben hat; durch einen kleinen, der rechten Guanophore aufgelagerten Teil ihres Zel- leibes bewahrt sie noch die Berührung mit der Epidermis; der Ort des geballten Pigments verrät sich durch eine undeutlich gekörnte Stelle über dem Kern; dieser letzte liegt unten in der Zelle, dicht über dem Melanin; eine kleine Partie der Lipophore drängt sich schon unter die rechte Guanophore ein. Gelegentlich stößt man auf Guanophoren, die auch oberseits ganz von Melanin umhüllt sind (Fig. 15, Taf. XXI), ein Zustand, der gleich noch genauer zu be- Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren usw. 447 sprechen ist. Nicht immer braucht die Verlagerung der Lipophoren so weit zu gehen, wie oben geschildert ist. Begegnet man doch bis- weilen Lipophoren, die stark abgeplattet, ihren Kern über den Guanophoren gelagert zeigen (Fig. 15, Taf. XXI rechts). Sehr eindrucksvoll sind auch Flachschnitte durch die Haut im grau(grün)en Zustande (Fig. 16, Taf. XXI). Die Guano- phoren erscheinen als große rundlich polygonale Gebilde, deren jedes von einem dunklen Melaninrahmen umfaßt wird ; wo daher zwei Guano- phoren unmittelbar aneinanderstoßen, ist der Rahmen doppelt, was allerdings bei dem dichten Aufeinanderliegen der den beiden benachbarten Guanophoren zugehörenden Melaninmassen nicht über- all in der Abbildung zu erkennen ist. Zwischen diesen großen Ma- schen zerstreut gewahrt man hier und da andere kleinere, die von je einer Lipophore erfüllt werden. Bemerkenswert ist an diesen Zellen, daß ihr Kern sich meist seitlich im Zelleib hält; die Mitte wird vom Pigment eingenommen. Im Gegensatz zu den Guanophoren ist der Melaninrahmen der Lipophoren gegen benachbarte Guanophoren immer nur einfach; richtiger gesagt, es kommt ihnen überhaupt keine nähere Beziehung zu den Ausläufern der Melanophoren zu, diese halten sich vielmehr einzig an die Guanophoren. Diese Ueber- zeugung gewinnt man auch bei Betrachtung des Flächenbildes Fig. 5, (Taf. XIX) und der Querschnitte (Fig. 9, Taf. XX und Fig. 14, Taf. XXI); sie kommt auch in der schönen Abbildung Bi e- dermanns (Fig. 6 seiner Taf. XI) zum Ausdruck. Das beschriebene Verhalten der Farbzellen bei der grauen Haut- farbe kann nach zwei Richtungen hin noch eine Steigerung erfahren. Zunächst Kann die Expansion der Melanophoren solche Fort- schritte machen, daß das schwarze Pigment allseits die Guano- phoren umgibt; dieser schon eben kurz erwähnte Zustand ist in Fig. 10 (Taf. XX), dem Querschnitt der Rückenhaut eines grauschwar- zen Laubfrosches, sehr deutlich ausgesprochen. Die ganz von den Ausläufern der Melanophoren umschlossenen Guanophoren haben eine tast kugelige, nur oberseits leicht abgeflachte Form angenommen, und im Zusammenhang damit ist ihr Kern, der in den bislang ge- schilderten Fällen mehr oder weniger im unteren Teil der Zelle lag, in ihre Mitte gerückt. Das lehren auch die bei stärkerer Vergrößerung hergestellten Abbildungen 17 und 18 (Taf. XXI). An ihnen tritt eben- falls klar hervor, daß die Melaninrahmen nur den Guanophoren, nicht etwa auch den Lipophoren zukommen. 448 W. J. Schmidt: Sind die Guanophoren vollkommen vom Melanin umhüllt, so wird die Haut schwarz erscheinen. Doch unterscheidet sich dieses aus dem grauen Zustand hervorgegangene Schwarz nach dem Ver- halten der Farbzellen nicht unwesentlich von dem aus Grün ent- standenen (vgl. S. 436, Ficalbi). Ferner aber kann auch die Verlagerung der Lipophoren so weit gehen, daß sie sich ganz zwischıen den Guanophoren durch- quetschen und damit unter den Melanophoren erscheinen (Fig. 17, 18, Taf. XXI, auch Fig. 10, Taf. XX). Da jetzt den Zellen wieder mehr Raum nach den Seiten hin zur Verfügung steht, dehnen sie sich nach dieser Richtung hin aus und schmiegen sich von unten her den Melanophoren an. Ihr Kern liegt meist am Rande des Zelleibes, das Zentriol in der Mitte (Fig. 17 und 18, Taf. XXI). Wo die Lipo- phoren so die Berührung mit der Epidermis ganz aufgeben, treten die Guanophoren bzw. die umhüllenden Melaninmassen in unmittel- baren Kontakt mit der kollagenen Grenzlamelle (Fig. 10 links, Taf. XX, Fig. 18, Taf. XX]). Doch bildet sich eine so weitgehende Verlagerung der Lipophoren immer nur stellenweise aus, und der- artige Partien wechseln im gleichen Schnitt mit anderen ab, in denen auf die Oberhaut zunächst nach innen eine, wenn auch dünne Schicht von Lipophoren folgt (Fig. 10, Tat. XX, Fig. 17, Taf. -XX]). Schließlich ist noch zu bemerken, daß der graue Zustand der Haut nicht nur verschiedene hellere und dunklere Abschattierungen aufweisen kann, sondern daß er auch bei gesprenkelten Tieren mit dem grünen vereint auftritt. In solchen und ähnlichen Fällen han- delt es sich um eine verschiedene Einstellung der Farbzellen an den wechselnden Hautstellen. Weil unter derartigen Umständen natür- lich vielerlei Uebergangsstufen in den Grenzgekieten verschieden gefärbter Hautbezirke vorkommen, sind die Schnittbilder nicht so typisch, als wenn nur eine Farbe den gesamten dem Farbwechsel unterlegenen Teil der Haut beherrscht, und es hält manchmal schwer nach dem Schnittbild anzugeben, welche Farbe der gerade vorlie- genden Stelle zukam. Fig. 19 (Taf. XXI) stellt einen Schnitt durch die grau (bronzefarbig) und grün gesprenkelte Rückenhaut eines erwach- senen Laubfrosches dar. Auf dem kleinen Raum finden wir die Farb- zellen in den mannigfachsten Zuständen, de Melanophoren teils die Guanophoren ganz umhüllend, teils ihre Oberfläche irei. lassend, die Lipophoren teils über, teils unter den Melanopho- ren, und daher de Guanophoren teils in unmittelbarer Be- Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren usw. 449 rührung mit der kollagenen Grenzlamelle, teils nur durchs Melanin von ihr geschieden, teils durch die Lipophoren von ihr getrennt. Unsere Feststellungen über den grauen Zustand der Haut lauten gemäß den vorstehend mitgeteilten Beobachtungen etwa folgendermaßen: Die Melanophoren sind stets mehr oder minder expandiert, und umspannen mit ihren Ausläufern die Guanophoren (nicht die Lipo- phoren);, bei starker Dunkelung der Haut ist auch die Oberseite der Guanophoren vollkom- men vom Melanin bedeckt. Unter diesem Ein- fluß der Melanophoren runden sich die Guano- Pror en kugelMe ah mndrshr Kern trittlin.die Mut te Be sezelkeiwesw re Lipophoremi zeigen wie im gelben Zustand der Haut die Neigung, Sich zwisehen’ dierGuamephoren seinzukeilen, Taster urchbrechen teilweise denvem-Sıch ich vollkommen und können so noch unter den Me- lanophoremerscheinen. Daher bieten sich auch imFlächenbildähnlichwie beider gelbenHaut- färbung Lipochromund Guanin nebeneinander doch istder gelbe, Farbstoff.stärker- in den Lipophoren geballt (um das Zentriol?) In derrflächenansicht lassen sich“die>beiden zu einem Xantholeukosom zusammengehörigen, verschiedenartigen Zellen noch wohl unter- sc herdens im. Sschmibschukdnnst- das Kaum mehr möglich, insbesondere wenn die Lipophoren anterden»Melanophorensiteren Miterder:Ent- fernung des Lipochroms von der Oberfläche der Haut treten die Guanophoren bzw.ihre Me- laninhüllen in unmittelbare Berührung mit der kollagenen Grenzlamelle. Vergleichen wir unseren Befund mit dem von Biedermann (s. 0. S. 444), so ergibt sich eine weitgehende Uebereinstimmung hinsichtlich der Ballung und Lage des Lipochroms; andererseits verstehen wir aber auch jetzt besser Ehrmanns Angabe — das gelbe Pigment trete in die Tiefe und mische sich mit den weißen — aus {der geschilderten Verlagerung der „Lipophoren. ‚Ficalbis 450 W. J. Schmidt: Abbildung 10 seiner Tafel IV gibt insofern die Verhältnisse nicht richtig wieder, als die geballten Lipophoren auf den Guanopho- ren liegen bleiben; auch in dem entsprechenden Schnittbild (Fig. 5) kommt die Einkeilung der Lipophoren zwischen die Guanophoren kaum zum Ausdruck. Physikalisch erklärt sich das Zustandekommen der grauen Hautfärbung aus der alleinigen Wirkung der Guanophoren und Melanophoren nach der Ausschal- tung des gelben Lipochroms infolge Ballung und Verlagerung in die Tiefe. Eine Fläche erscheint bekanntlich grau, wenn sie einen Teil des auffallenden weißen Lichtes (und zwar gleichmäßig in allen Wellenlängen) absorbiert, somit weniger weißes Licht zurückwirft als sie empfängt. Ein solches Grau kann je nach der Art Fläche farblos oder farbig getönt sein. Die Absorption dieses Bruchteiles des auffallenden Lichtes wird beim grauen Zustand der Haut offen- bar durch die expandierten Melanophoren bedingt. Die Anwesenheit der Guaninkristalle dagegen bestimmt den ‚eigentüm- lich seidenartigen Glanz‘ (Biedermann) oder die Erzfarbe. Ein vollkommen farbloses Grau ist wohl beim Laubfrosch nie vor- handen; immer zeigt es leichte Beimengung von Grün oder auch von Blau, sofern die Haut nicht sehr stark gedunkelt ist. Das weist darauf hin, daß stellenweise die Möglichkeit zur Entstehung von Grün bzw. Blau noch gegeben ist. Nach dem Schnittbild Figur 9 (Taf. XX) versteht man ohne weiteres, daß noch an manchen Stellen Melanin, Guanin und Lipochrom derart übereinander geschichtet sind, daß Grün erzeugt werden muß; daher die graugrüne Färbung des betreffenden Tieres. Wenn aber, wie in Figur 10 (Taf. XX) die Lipo- phoren größtenteils in die Tiefe verlagert sind, und die Melanophoren, stärker expandiert, die Oberfläche der Guanophoren bedecken, kommt die gelbe Pigmentfarbe des Lipochroms und die blaue Struk- turfarbe der Guaninkristalle nicht mehr zur Geltung, und damit fällt der grünliche Schimmer, der dem hellen Grau anhaftet, fort. Bemerkungen zur Mechanik der Veränderungen an den Chromato- phoren. Schon in einem früheren Abschnitt (s. 5. 424) wurde darauf hin- gewiesen, daß die Tätigkeit dr Melanophoren, die Expan- sion und Ballung des schwarzen Pigmentes, uns wesentlich auf intrazellulären Körnchenströmungen zu beruhen Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren usw. 451 scheint, die auf das zelluläre Zentrum orientiert sind. Diesen Stand- punkt teilte bereits Biedermann, und wenn ich auch zu seiner Stütze gerade für den Laubfrosch keine neuen Tatsachen beibringen kann — es sei denn der Nachweis des Zentriols in den Melano- phoren —, so möchte ich doch nochmals auf meine Beobachtungen über pigmentfreie Ausläufer an den Melanophoren bei Rana hinweisen, deren Verallgemeinerung auf Hyla mir nicht bedenklich erscheint. Jedoch sind jedenfalls weitere Untersuchungen über diesen Punkt bei Hyla wünschenswert. Die Formveränderungen, welche de Guanoph o- ren bei den verschiedenen Zuständen der Hautfarbe zeigen, die sich auch in der Form und Lage ihrer Kerne und in der Art der Schich- tung der Guaninkristalle äußern, halte ich nicht für eine aktive Tätigkeit dieser Zellen, sondern für passive Deformation, hervorge- rufen durch das wechselnde Spiel der Melanophoren (s. S. 434). Eine solche Auffassung ist aber für die anden Lipophoren festzustellenden Veränderungen nur in geringem Umfang zulässig, sofern es sich nämlich um die Abplattung dieser Zellen bei den dunkel- grünen und ähnlichen Zuständen der Haut handelt (s. S. 435). Die Ballung des Lipochroms dagegen, wie sie beim gelben und noch viel ausgesprochener beim grauen Zustande der Haut ein- tritt, muß alseineintrazelluläre Körnchenströmung gelten, ganz vergleichbar derjenigen in den Melanophoren, ist sie doch auch wahrscheinlich gleich dieser auf das Zentriol gerichtet. Bei Fischen hat Ballowitz!) zeigen können, daß die Bewegungs- erscheinungen der Pigmentgranula in den Erythrophoren (= roten Lipophoren) wesentlich mit denen der Melanophoren übereinstimmen. Ferner glaube ich, daß man ausden VerlagerungenderLi- pophoren zwischen oder gar unter die Guanophoren den Schluß ziehen muß, daß ihnen außerdem die Fähigkeit amöboider Be- wegung zukommt. Jedenfalls kann es sich hierbei nicht um eine deformierende Wirkung der Expansion oder Ballung des Melanins handeln; denn wir finden die Lipophoren sowohl im gelben wie im grauen Zustand — also sowohl bei geballtem wie bei expandiertem Melanin — zwischen die Guanophoren eingekeilt. Es ist be- merkenswert, daß der Uebergang von Grün zu Gelb oder umge- 1) Ueber Erythrophoren in der Haut der Seebarbe Mullus L. und über das Phänomen der momentanen Ballung und Ausbreitung ihres Pigmentes. Nach Beobachtungen an der lebenden Zelle. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 83, 1913. 452 W. J. Schmidt: kehrt sich verhältnismäßig schnell vollzieht, daß dagegen der Wechsel von Grün in Grau oder in entgegengesetzter Reihenfolge viel mehr Zeit erfordert. Sollte dieser Umstand nicht daraus zu erklären sein, daß die im letzten Falle weiter fortgeschrittenere Verlagerung der Lipophoren, rein mechanisch betrachtet, viel schwieriger rückzu- bilden ist? i Erstaunlich bleibt es immerhin, daß solche Zustände im Verhalten der Farbzellen wie der gelbe und vor allem der graue Zustand, die durch eine weitgehende Lockerung der beiderlei zu einem Xantho- leukosom vereinten Chromatophoren gekennzeichnet wird, wieder zu der außerordentlich regelmäßigen Lagerung der Farbzellen im grünen Zustand zurückkehren können. Man dürfte wohl nicht fehl- gehen, wenn man wenigstens einen Teil der hierfür nötigen Einrich- tung in den bindegewebigen Hüllen sieht, die jedes Xantholeukosom umgeben und gewissermaßen verhindern, daß bei den geschilderten Verlagerungen und Formveränderungen die beiderlei Zellen einander ganz verlieren. Erklärung der Abbildungen. Taf. XIX. Alle Abbildungen sind nach dem überlebenden Objekt, Hautstücken des Laubfrosches (Hyla arborea), bei starker durchfallender Beleuchtung unter Benutzung des Abbeschen Zeichen- apparates hergestellt. Vergr. 500 : 1 (Zeiß’ Apochromat 4 mm und Komp.- Okular 8; Entfernung der Zeichenfläche von der Austrittspupille des Mikro- skops = 250 mm). Fig. 1. Hellgrünes Hautstück von.der Dorsalseite des Unterschenkels eines 2 cm langen Laubfrosches. Lipo- phoren und Guanophoren decken sich vollkommen und erscheinen als Vielecke, die nur schmale Spalten zwischen sich frei lassen. -Die Guaninkristalle schimmern rötlich unter dem gelben Lipo- chrom. Die in der Tiefe gelegenen und daher nur verschwommen erkennbaren Melanophoren sind mäßig expandiert, bilden keinen lückenlosen schwarzen Untergrund. Zwei Drüsenmündungen im Bild enthalten. Fie. 2. Dunkelgrünes Hautstück vom Rücken eines 2 cm großen Laubfrosches. Lipophoren und Guanophoren in voll- kommener Deckung, umrahmt von den Ausläufern der Melano- phoren; da die letzten einen fast geschlossenen dunklen Unter- fe) Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren usw. 453 grund liefern, machen sich die Interferenzfarben der Guanin- kristalle weniger bemerkbar; daher wurden nur die Lipochrom- massen dargestellt. Eine Drüsenmündung sichtbar. Fig. 3. Gruppe von Lipophoren und Guanophoren aus einem zitronen- gelben Hautstück vom Rücken eines 2 cm großen Laubfrosches um eine Drüsenmündung herum. Fig. 4 Zitronengelbes Hautstück vonder Dorsalseite des Oberschenkels eines 2 cm großen Laubfrosches. Die Melanophoren, stark geballt, in weiten Abständen voneinander. Guanin und Lipochrom großenteills nebeneinander, aber die beiden zu einem Xantholeukosom gehörigen Zellen oft kennt- lich. Eine Drüsenmündung ist zu sehen. Fig. 5. Erzfarben (und grün gesprenkeltes) Hautstück vom Rücken eines älteren Laubfrosches. Guanin und stark geballtes Lipochrom nebeneinander, Xantholeukosomen aber gut kenntlich. Guanophoren von den Ausläufern der Melanophoren umsponnen. Ta RX- Alle Abbildungen sind nach 10 « dicken Querschnitten der mit Flemmings starkem Gemisch fixieren Rückenhaut des Laub- frosches unter Benützung des A bb e schen Zeichenapparates hergestellt. Färbung Thionin und Eosin (nur Fig. 7 polychromes Methylenblau und Eosin). Vergr. 500 : 1 (Zeiß’ Apochromat 4 mm und Komp.-Okular 8, nur Abbildung 9 Apochromat 2 mm N.A. 1,3 und Komp.-Okular 4; Entfernung der Zeichenfläche von der Austrittspupille des Mikroskops —= 250 mm). Fig. 6. Hellgrüne Rückenhaut eines älteren Laubfrosches: nach innen von der Epidermis die Lipophoren in Form bikonvexer Linsen, darunter (im Schnitt halbmondförmig) die Becher der Guanophoren, jede eine Lipophore umfassend und mit ihr ein Xantholeukosom bildend, zu unterst die mäßig expandierten Melanophoren guir- landenartig die Guanophoren umsäumend. Fig. 7. Dunkelgrüne Rückenhaut eines 2 cm großen Laubfrosches: unmittelbar unter der Epidermis die Lipophoren als bandartige Zone plattenförmiger Zellen; nach innen folgend die zylindrischen Guancphoren, mit ihren seitlichen Grenzen mit den ersten zu- sammenfallend. Blattartige Fortsätze der Melanophoren — einer ist von der Fläche sichtbar — dringen zwischen den Guano- phoren bis zum Unterrand der Lipophoren ein. Fig. 8. Zitronengelbe Rückenhaut eines 2 cm großen Laubfrosches: Lipophoren und Guanophoren zeigen nur hier und da das für den hellgrünen Zustand charakteristische Aussehen der Xantho- leukosomen; meist schieben sich die unregelmäßig geformten Lipophoren zwischen die Guanophoren ein. Melanophoren stark geballt. Fig. 9. Grau(grüne) Rückenhaut eines älteren Laubfrosches. Lipo- phoren unregelmäßig gestaltet, zwischen die Guanophoren einge- 454 W. J. Schmidt: keilt, diese von den Fortsätzen der Melanophoren mehr oder weniger vollständig umhüllt. Fig. 10. Graue, schwarzgefleckte Rückenhaut eines älteren Laub- frosches. Lipophoren abgeplattet, in dünner Schicht unter der Epidermis, oder zwischen die Guanophoren eingekeilt oder unter den Guanophoren und Melanophoren. Die Melanophoren um- greifen mit ihren Ausläufern die Guanophoren. Taf. XXI. Mit Ausnahme des Flachschnittes Fig. 16, sind alle Abbildungen 10 u dicken Querschnitten der mit Flemmings starkem Gemisch fixierten Rückenhaut des Laubfrosches unter Benutzung des Abb e- schen Zeichenapparates entnommen; nur die in der Kutis gelegenen Farb- zellen selbst sind dargestellt. Färbung: Eisenhämatoxylin nach Heidenhain (bei dem Präparat für Fig. 16 Thionin und Eosin). Vergr. 1000 : 1 (Zeiß’ Apochromat 2 mm N.A. 1,30 und Komp.-Okular 8; Entfernung der Zeichen- fläche von der Austrittspupille des Mikroskops — 250 mm), bei Fig. 16 Vergr. 500 : 1 (Apochromat 2 mm N.A. 1,3 und Komp.-Okular 4). Fig. 11. Verhalten der Farbzellen beim hellgrünen Zustand: typische Xantholeukosomen auf den dunklen Untergrund der Melano- phoren. Die Bindegewebslamellen, die von der kollagenen Grenz- lamelle aus zwischen benachbarte Xantholeukosomen eindringen, gut sichtbar. Fig. 12. Verhalten der Farbzellen beim dunkelgrünen Zustand. Die schwarzes Pigment enthaltenden Ausläufer, von denen die beiden mittleren ihre Doppelnatur erkennen lassen, gehen von einer Melanophore aus und umgreifen die zylindrischen Guano- phoren; in diesen bleibt nach Auflösen der Kristalle das plasma- tische Gerüst zurück, stellenweise mit dunkleren Zügen. Die Grenzen der Lipophoren korrespondieren mit den feinen Spalten in den Doppelausläufern der Melanophoren. Fig. 13. Verhalten der Farbzellen beim zitronengelben Zustand. Eindringen der Lipophoren zwischen die Guanophoren; in den beiden mittleren Lipophoren die Zentren (Diplosom) sichtbar; auch in der zweiten Guanophore von links Zentriol kenntlich. Fig. 14 und 15. Verhalten der Farbzellen beim grau (grünen) Zustand; Fig. 14 Oberfläche der Guanophoren noch frei von Melanin; eine Lipophore tief zwischen die beiden Guanophoren eingekeilt; Fig. 15 Guanophoren ganz vom Melanin umrahmt, Lipophoren abge- plattet über ihnen oder zwischen sie eingedrungen. Fig. 16. Flachschnitt der Haut im grau(grünen) Zustand: die kleineren Lipophoren zerstreut zwischen den größeren vom Melanin um- rahmten Guanophoren. Eine Drüsenmündung quer getroffen. Fig. 17. und 18. Verhalten der Farbzellen im grauen, schwarz- gefleckten Zustand. Fig. 17 zwei Lipophoren unter der kol- lagenen Grenziamelle, eine unter der Guanophorenschicht, in Ueber das Verhalten der verschiedenartigen Chromatophoren usw. 455 allen Zentren sichtbar; Fig. 18. Guanophoren stoßen mit ihrem Melaninrahmen unmittelbar an die kollagene Grenzlamelle, unter ihnen Lipophore mit Zentriol. Fig. 19. Verhalten der Farbzellen beim erzfarbenen (und grün gesprenkel- ten) Zustand der Haut. Guanophoren teils unmittelbar, teils mit ihrem Melaninrahmen an die kollagene Grenzlamelle reichend; eine Lipophore (mit Zentriol) zwischen die Guanophoren eingekeilt, eine andere unter den Guanophoren und Melanophoren. Fig. 20. Eine siebenkernige Guanophore. Taf. XXI. Mikrophotogramme nach ungefärbten, mit Alkohol fixierten Balsamtotalpräparaten der Haut des Laubfrosches. Vergr. bei Fig. 21, 22, 26 — 220 : 1 (Zeiß’ Apochromat 16 mm und Komp.-Okular 8), bei Fig. 23—25 = W:1(Leitz’ Obj. 2 und Okular 3). Fig. 21. HellgrünesHautstück vonderOÖberseite des Hinter- beines eines 2 cm großen Laubfrosches. Melanophoren mäßig expandiert, keine geschlossene Schicht bildend. Guanophoren (nur in den Lücken zwischen den Melanophoren sichtbar) viel- eckig, epithelartig aneinanderschließend, die Drüsenmündungen scharf umrahmend. Fig. 22. Zitronengelbes Hautstück von der Oberseite des Hinterbeines eines 2 cm großen Laubfrosches. Melano- phoren geballt, Guanophoren unregelmäßig geformt, durch Lücken voneinander geschieden (die von den im Bild nicht kenntlichen Lipophoren eingenommen werden). Umrahmung der Drüsen- öffnungen durch die Guanophoren unbestimmter wie im grünen Zustand (vgl. Fig. 21). Fig. 23. Zitronengelbes Hautstück von der Oberseite des Hinterbeines eines 2 cm großen Laubfrosches. Ueber- sichtsbild bei schwacher Vergrößerung. Erklärung s. unter Fig. 22. Fig. 24. Dunkelgrünes Hautstück vom Rücken eines 2 cm großen Laubfrosches. Melanophoren stark expandiert, nicht mehr einzeln abgrenzbar, mit ihren Ausläufern die Guanophoren um- fassend, deren melaninfreie Oberfläche als kleine rundliche helle Stellen erscheint. Fig. 25. Grünschwarzes Hautstück vom Rücken eines 2 cm großen Laubfrösches. Guanophoren durch Säure entfernt. Die Melanophoren erscheinen als zusammenhängendes Netz, dessen größere Maschen durch die Drüsenmündungen bedingt sind, des- sen kleinere ehemals von den Guanophoren eingenommen wurden. Fig. 6. Grünschwarzes Hautstück vom Rücken eines 2 cm großen Laubfrosches. Behandlung siehe bei Fig. 25. Einzelne Guanophoren sind auf ihrer Oberfläche noch fast ganz frei vom Me- lanin, andere teilweise, wieder andere vollständig von ihm bedeckt. Archiv f. mikr. Anat. Bd. 93. Abt. I. 30 456 Mehrifaserige („polyine“) subepitheliale Muskel= zellen bei Hydromedusen (Carmarina). Von Prof. Dr. W. J. Schmidt in Bonn (Zoolog. Institut). Hierzu Tafel XXIII. Die einfachste Form der Epithelmuskelzellen be den Cnidariern ist bekanntlich jene, bei der eine jede Zelle des ein- schichtigen Epithels (Ektoderms oder Entoderms) an ihrer Basis. eine oder eine beschränkte Anzahl kontraktiler Fasern (‚„Muskel- fasern‘‘) erzeugt, die der zwischen Ektoderm und Entoderm befind- lichen Stützlamelle aufliegen. Wie Chun und Will!) in ihrer vortrefflichen Darstellung der Hydromedusen ausgeführt haben, erfolgt die Steigerung der Leistungsfähigkeit eines solchen Muskel- epithels in zweierlei Weise. Entweder faltet sich die Basalseite des. Muskelepithels, so daß (bei Erhaltung der ursprünglichen Zellen- zahl) die muskelfaserbildende Fläche vergrößert wird und auf jede Zelle eine größere Anzahl von Fäsern entfällt, oder die Zahl der Zellen selbst erfährt eine erhebliche Vermehrung, wobei ein Teil von ihnen nicht mehr an der Oberfläche Platz finden kann und in die Tiefe (‚„‚subepithelial‘‘) verlagert wird. Auf dem letzten Wege gehen aus Epithelmuskelzellen subepitheliale, selbständige Muskel- zellen hervor. Faltung und Verlagerung in die Tiefe können sich unabhängig oder gemeinsam abspielen. Die basale Faltung eines Muskelepithels wird von einer entsprechenden Formveränderung (Leistenbildung) der Stützlamelle begleitet. 1) Bronns Klassen und Ordnungen Bd. 2, 2. Abt., S. 331—338, 1902. Leipzig. a a a an SINE te RN N er ne ex £% SEEN RN a ANNE BR een Eee N ER IRAK UN: En . Mehrfaserige (,‚polyine‘) subepitheliale Muskelzellen usw. ' 457 Bei den Muskelzellen in epithelialer Lage lassen sich in- betreff des Zusammenhangs zwischen Zelle (Myoblast) und Faser zwei Hauptfälle unterscheiden. Wenn die Zellen des Epithels ver- hältnismäßig niedrig und durch Einschaltung andersartiger inter- stitieller Elemente wenig beeinflußt wird, bleibt die Basis der Epithel- muskelzelle mit der Faser in breiter Verbindung; unter den gegen- teiligen Bedingungen aber zieht sie sich in einen oder mehrere, bisweilen lange und fadenartige (entodermale Nährmuskelzellen der Aktinien) Fortsätze aus, welche die Verbindung mit den Fasern her- stellen. An den subepithelialen Muskelzellen vollzieht sich eine wesentliche Gestaltsänderung, indem der von Haus aus ansehn- liche kernhaltige Plasmakörper der Faser nachgeht, so daß dieganze Muskelzelle mehr oder minder spindelige Gestalt annimmt und da- mit eine Annäherung an einen bei höheren Tierformen weit verbrei- teten, weil funktiorell sehr brauchbaren Typus der Muskulatur erreicht wird. Sehr richtig bemerken nun Chun und Willa. a. O., dab diese Umformung beim Werdegang einer epithelialen zu einer sub- epithelialen Muskelzelle dann nicht erfolgen kann, wenn die sub- epitheliale Zelle mehrere Fasern erzeugt. Denn alsdann kann der Kern nicht die eine oder die andere „Faseı‘‘ bevorzugen, um in ihr aufzugehen, sondern es muß eine allen Fasern zugehörige den Kern umschließende Plasmamasse erhalten bleiben. ‚Mehrfaserig- keit muß also konservierend auf die Gestalt der Zellkörper einwir- ken.“ Leider lasse sich dieses Verhalten zu:zeit für die Hydromedu- sen nur an einem Beispiel (Eudendrium nach Weismann) erläutern, indem dort vielfach zwei parallel laufende Fasern durch eine Zelle verbunden sind, die zwischen ihnen liegt. Da aber bei den Hydromedusen die Zahl der Fasern einer echten Epithelmuskel- zelle in vielen Fällen eine größere sei, und nach den Untersuchungen warBlochmann,. -Bettendott ‚und Zernecke:;het Plattwürmern von einem ansehnlichen Zellkörper verschiedene Fort- sätze in oft beträchtlicher Länge zu mehreren nebeneinander hin- ziehenden kontraktilen Fasern gehen, erscheine die Hoffnung nicht unbegründet, daß auch unter den subepithelialen Muskelzellen der Hydromedusen Zellformen aufgefunden würden, die wie jene der Plattwürmer noch mehr den Charakter der Epithelmuskelzellen an sich trügen, als es bei den einfachen spindeligen Zellen der Fall sei. Diese Voraussage von Chun und Will zeigt sich gemäß der R S08 458 W. ]. Schmidt: folgenden Untersuchung in den Muskelzellen der Ten- takelnvonCarmarina hastataH. (= Geryonia hastata) erfüllt. Den Bau der Tentakeln von Carmarina hat am ausführlichsten Haeckelt!) geschildert; doch blieb bei der Unvollkommenheit der damaligen Untersuchungsmittel der Autor über die Natur der Stützlamelle und ihrer Leisten im Zweifel und neigte zur Auffassung, sie bestünden aus muskulösen Elementen (‚helle Kernlose Fasern‘). Andererseits werden auch die wirklichen Muskelfasern (‚dunkle kernhaltige Fasern‘) nicht mit voller Bestimmtheit als solche an- gesprochen. Haeckel b:schreibt sie (a. a. ©. S. 161—162) als parallel verlaufende, lange und starke, spindelförmige Fasern, die nach den Enden zugespitzt und in der Mitte angeschwollen und im Mittel 0,1 mm lang seien, ‚Jede Faser entspricht einer sehr ver- längerten spindelförmigen Zelle und umschließt in der Mitte einen ellipsoidalen oder ovalen Kern von 0,005—0,012 mm Länge und 0,002—0,006 mm Breite. Häufig bildet der dicke Kern an einer Seite der Zelle eine bauchige Vorwölbung. Im übrigen ist die Sub- stanz dieser spindelförmigen kernhaltigen Fasern durchaus homogen und läßt keine Spur von einer Querstreifung erkennen.‘‘ Nach Haeckels Darstellung würden also die Muskelzellen in den Ten- takeln von Carmarina den gewöhnlichen Typus einfaseriger sub- epithelialer Muskelzellen besitzen, bei denen die Form des kern- haltigen Myoblasten sich der Spindelgestalt der kontraktilen Sub- stanz angepaßt hat; auch würde auf jede ‚Faser‘ ein Kern ent- fallen. Haeckel selbst hebt ihre Aehnlichkeit mit den glatten. Muskelzellen der Wirbeltiere hervor. Die Irrtümer der Haeckelschen Beschreibung betreffend die Unterscheidung von Stützlamelle, ihren Leisten und den wirk- lichen Muskelzellen wurden von ©. und R. Hertwig?) berichtigt, die auch zuerst Vorkommen und Bedeutung der eingangs erwähnten Faltung der Muskelepithelien und der subepithelialen Verlagerung einzelner Elemente derselben erkannt haben.. Nach den Angaben der Gebrüder Hertwig (a. a. O. S.9) werden sowohl die ringför- mige Stützlamelle als auch die von ihr sich erhebenden Leisten auf ihrer Außenfläche von einer Lage longitudinaler Muskelfasern be- !) Die Familie der Rüsselquallen VI. Anatomie von Carmarina hastata (Geryonia hastata). In: Jen. Zeitschr. Bd. 2, S. 143 f., 1869. 2) Der Organismus der Medusen. Jena 1878. Mehrfaserige (‚‚polyine‘‘) subepitheliale Muskelzellen usw. 459 deckt, die auf Querschnitten durch Osmiumpräparate als dunkel glänzende Körner erscheinen. Daher ist die Muskellamelle, die bei anderen Medusen die Gestalt eines Zylindermantels besitzt, bei Car- marina nach Art einer Halskrause in zahlreiche dicht aneinander gedrängte Falten gelegt, zwischen welche von der Stützlamelle aus dünne Blätter als Unterlage sich hineinschieben. Der Raum zwischen den Falten wird von Ektodermzellen ausgefüllt, die auch deren freie Kanten in mehreren Lagen bedecken, so daß die Tentakelwand wieder eine glatte Oberfläche gewinnt. Zahlreiche Nesselzellen sind sowohl in die oberflächlichen als auch in die tieferen Schichten des Ekto- derms eingestreut, bald senkrecht, bald parallel zur Längsachse des Tentakels gestellt. Ueber die Beziehungen der Muskelfasern zu den Zellen sprechen sich ©. und R. Hertwig nicht genauer aus; doch sagen sie etwas später von den ähnlich gebauten longitudinalen Muskelsträngen des Magenstiels, daß die spärlichen Zellen in den schmalen Räumen zwischen den Stützblättern wohl die Ma- trixzellen der Muskulatur seien. Die Gebrüder Hertwig heben hervor, daß in diesen beiden Fällen ‚‚die Muskelzellen — ob vollständig oder teilweise sei dahin- gestellt — aus dem Epithel ausscheiden und zu Bestandteilen einer . subepithelialen Schicht werden‘, ein Verhalten, das bei Aequd- rea zu einer Gliederung des Ektoderms in zwei deutliche Zellagen führe, die durch eine scharfe Linie getrennt sind. Mit der Darstellung von Hertwig stimmt auch die von Claus überein, soweit ich nach der bi Chun und Will(a. a. O. Taf. XIX, Fig. 12) reproduzierten Abbildung dieses Autors schließen kann; aber auch aus ihr läßt sich nichts über die Beziehungen der Zellen zu den Fasern entnehmen. — \ Das Vorkommen mehrfaseriger subepithelialer Muskelzellen inden Tentakeln von Carmarina erkannte ich an 10 u dicken Querschnitten dieses Objektes, die mit Eisenhämatoxylin oder mit Delafields Hämatoxylin —+ Pikrinsäure-Wasserblau-Eosin gefärbt waren. Zu diesen Quer- schnitten waren besonders in Sublimat fixierte Tentakeln verwen- det worden, Material, das ich vor einigen Jahrenin Villefranche s. m. gesammelt und schon länger zu Präparaten verarbeitet hatte, Zur Ergänzung und Sicherstellung der so gewonnenen Befunde stellte ich auch Längsschnitte der Fangläden dar. Da ich aber von dem erstgenannten Material nichts mehr besaß, mußte ich 460 W. J. Schmidt: mich hierfür mit den sehr stark kontrahierten Tentakeln einer im ganzen in Formol konservierten Carmarina begnügen. Es färbte sich nicht nur mit Eisenhämatoxylin und Delafields Hämatoxylin und Eosin schlechter als die mit Sublimat fixierten Tentakel, sondern ° erwies sich auch viel weniger gut erhalten. Indessen gab es mir doch einige wertvolle Aufschlüsse. Längsschnitte, die den Tentakel oberflächlich (tangential) treffen, enthalten die Leisten der Stütz- lamelle im Querschnitt, solche, die mehr durch die Achse des Tentakeis gehen, dagegen wenigstens stellenweise flächenhaft (— radial) getroffen. Unterrichten wir uns zunächst an einem Querschnitt (Fig. 1, Taf. XXIII) bei schwächerer Vergrößerung über den allgemeinen Aufbau des Tentakels. Die Achse des Tentakels wird von einem röhrenförmigen Hohlraum (H) eingenommen (der ‚mit dem Gastrovaskularsystem zusammenhängt). Er ist ausgekleidet vom Entoderm (En), einem einschichtigen Epithel, dessen Kerne nahe der Basis der Zellen liegen. Weiter nach außen folgt zunächst die ungewöhnlich dicke Stützlamelle (St), die in zwei Ab- schnitte gegliedert ist, den das Entoderm umhüllenden Kegelmantel und die von ihm ausgehenden radiär gestellten Leisten (L). - Beide sind ausgesprochen faserig gebaut (worauf in den Abbildungen keine Rücksicht genommen wurde), enthalien aber keine Zellen oder Kerne. Alles, was nach außen von der Stützlamelle liegt, ist Ektoderm; es umfaßt also sowohl die Gewebsmassen, die sich zwischen den radiären Blättern befinden, als auch jene, welche über die Leisten der Stützlamelle hinaus den Tentakel nach außen ab- schließen (Ek). Veber die Leisten. der. StützlamieIke )st-nochziel gendes zu bemerken. Ihre Zahl beträgt auf den von mir untersuch- ten Querschnitten etwa 50. Die meisten besitzen entsprechend dem annähernd kreistörmigen Querschnitt des Tentakels gleiche Ausdeh- nung in radialer Richtung; nur ganz wenige sind auffallend kürzer und bleiben mit ihrer freien Kante viel weiter von der Oberfläche ent- fernt. Entweder halten die Leisten von ihrer Anheftungsfläche bis zu ihrem freien Rand annähernd gleiche Dicke ein (Fig. 2, Taf. XXI), oder sie erweitern sich nach außen hin so stark, daß die Kanten be- nachbarter Leisten aneinanderstoßen und damit die zwischen ihnen gelegenen ektodermalen Gewebsmassen fast völlig von dem Ekto- derm auf der Oberfläche des Tentakels abgeschnitten werden (Fig. RR k nz EN x en) er ar ZZ Fe er any rl A be RR SERRTED E00 _Mehrfaserige (,‚polyine“) subepitheliale Muskelzellen usw. 461 Taf. XXIII). Ja die aneinanderstoßenden Kanten der radialen Stütz- blätter können streck.nweise miteinander verschmelzen (Fig. 3, Taf. XXIIl),, und damit wird die Abgrenzung der beiden erwähnten Abschnitte des Ektoderms noch schärfer. Schon frühere Beobachter hab:n darauf hingewiesen, daß die Leisten nach der Oberfläche des Tentakels hin sich gabeln können (s. Fig. I, Taf. XXIII oben rechts und links und unten in der Mitte), wobei die Spaltung nur den distalen Teil des Stützblattes betreffen kann, oder aber bis nahe an seine Anheftungsstelle heranreicht; selten kommt mehrfache Gabelung eines Stützblattes vor (Fig. I, Taf. XX11I die äußerste Lamelle oben links). Wie benachbarte Leisten so können auch die Gabeläste ein- und des- selben Stützblattes an ihrer freien Kante miteinander verschmelzen «Fig. 3, Taf XXIII) und dadurch kommen kleinere abgeschlossene Räume zustande ähnlich den nach außen versperrten Lücken zwischen zwei Stützblättern; diese Räumchen lassen sich nicht selten im ver- dikten Außenteil der Stützblätter beobachten (R Fig. 3, Taf. XXIII). Der außerhalb der Leisten gelegene Teil des Ektoderms, der die Rinde des Tentakels liefert (Fig. 2 und 3, Taf. XXIII Ek), verhält sich verschieden, je nachdem er den ringförmigen Nessel- wülsten des Fangfadens oder den Internodien zwischen diesen angehört. Im letzten Falle ist die ektodermale Rinde dünner und einfacher gebaut (Fig. 2, Taf. XXIII Ek). Hier enthält sie wesent- lich nur eine Art von Zellen — Deckzellen — neben vereinzelten _ Nesselkapseln. Da die fixierten Tentakeln immer sehr stark zusam- mengeschnurrt sind, und die ektodermale Rinde dabei nicht nur dicker wird, sondern sich auch fältelt, hält es schwer, ein sicheres Urteil über die Anordnung der Zellen zu gewinnen, insbesondere an- zugeben ob sie streng einschichtig geordnet sind. Bei der starken Verkürzung der Tentakel folgen die Nesselwülste dicht aufeinander, und daher kann man öfter auf den gleichen Schnitt das Ektoderm der Internodien in jenes der Nesselwülste übergehen sehen. Die ektodermale Rinde der Nesselwülste (Ek, Fig. 3, Taf. XXIII) ist verwickelter gebaut. Schon bei schwacher Vergröße- rung (Fig. 1, Taf. XXIII Ek) unterscheidet man an ihr zwei Zonen, eine innere, die durch zahlreiche, radial gestellte, beiEisenhämatoxylin- färbung tief geschwärzte Fasern ausgezeichnet ist und eine äußere, welche die Nesselkapseln enthält. Bei Anwendung starker Objektive (Fig. 3, Taf. XXIII) gewahrt man, daß die genannten derben Fasern (a M) an ihrem basalen Ende mehrfach wei eingeschnitten erscheinen 462. W. J. Schmidt: ER und damit eine Zusammensetzung aus feineren Fibrillen anzeigen. An ihrem distalen Ende lösen sie sich in eine Anzahl von dünnen geschlängelten Fäserchen auf, die an die Cniden herantreten. Offen- bar handelt es sich um jene Gebilde, die schon von früheren Äutoren 4) bei Carmarina beschrieben, von Toppe?°) bei Olindiäs und Pelagia genauer untersucht und als akzessorische Muskelfasern der Ne'sselkapseln gedeutet werden, die an deren Entladung mitbeteiligt sein sollen. Im Gegensatz zur Angabe von Top pe bei Olindias unterscheiden sich bei Car ma- rina.de:akzessorischen Muskelfasern färhbe risch deutlich von den Längsmuskeln.der Ten- takeln, allerdings nicht b:i Eisenhämatoxylinfärbung, wohl aber bei der Tinktion mit Delafields Hämatoxylin-Eosin- Pikrinsäure-Wasserblau: beiderlei Fasern erscheinen rot, aber in deutlich abweichender Nuance. Mit dieser Feststellung will ich den muskulösen Charakter der akzessorischen Fasern nicht bezweifeln; sind es aber wirklich kontraktile Fibrillen, dann muß bei Carmarina und den bei Toppe in Frage kommenden Formen dem Ektoderm die Fähigkeit zugesprochen werden, zweierlei (chemisch-färberisch und vielleicht auch funktionell verschiedene) muskuläre Fibrillen zu er- zeugen. | Toppe betont (a. a. O.), daß die akzessorischen Muskelfasern nicht in den Cnidoblasten erzeugt werden; ich möchte vermuten, daß die Kerne (K1 Fig. 3, Taf. XXIII), welche man im basalen Teil der ektodermalen Rinde zwischen diesen Fasern gelegen findet, ihren Bildungszellen angehören. Die akzessorischen Muskelfasern der Cniden gehen oft büschel- förmig vom freien Rand einer Stützleiste aus (vgl. bei Toppe); doch finden sie sich auch unabhängig davon. Die äußere Zone der ektodermalen Rinde ist, wie schon gesagt, durch den Besitz der Nesselkapseln (Fig. 3, Taf. XXIII c) ge- kennzeichnet; sie zeigen in ihrem Innern das Stilett und den aufge- rollten Faden, seitlich an ihrer -Basis den Kern des Cnidoblasten und entsenden über die Oberfläche des Tentakels hinaus ein Cnidocil. Es 1) z.B. K.C. Schneider, Einige histologische Befunde an Coelen- teraten. Jen. Zeitschr. Bd. 27 (N. F. Bd. 20), 1892, S. 434. .?) Untersuchungen über Bau und Funktion der Nesselzellen der Cuida- rier. Zool. Jahrb. Bd. 29, Arnit. 1910, S. 191. Mehrfaserige (,polyine‘“) subepitheliale Muskelzellen usw. 463 sei noch darauf hingewiesen, daß Entwicklungszustände der Nessel- zellen oft zwischen den Blättern der Stützlamelle längs oder quer ge- troffen zu sehen sind (C, und C, Fig. 2, Taf. XXIIi). Die Nesselkap- seln der ektodermalen Rinde sind zwischen die gewöhnlichen Deckzellen eingeschaltet; deren Kern befindet sich nahe der Oberfläche des Tentakels (K, Fig. 3 Taf. XXIII). Die Zellen enthalten distal Granula, verschmälern sich nach innen und sind hier aus- gesprochen fädig gebaut. K. C. Schneider (s. o. a. a. O.) hat eine derartige Zelle nach Mazerationspräparaten abgebildet. Noch eine dritte Zellform habe ich in der ektodermalen Rinde der Nessel- wülste beobachtet; schlanke Elemente, die mit haarartigem Fort- satz frei über die Oberfläche des Ektoderms vorragen; es handelt sich wohl um Sinneszellen. Die Abgrenzung der ektodermalen Rinde gegen die von den Stützleisten eingeschlossenen Teile des Ektoderms erfolgt unbedingt scharf in den oben geschilderten Fällen, in welchen die freien Kanten - ‚der Stützblätter sich bis zur Berührung verbreitern oder gar ver- schmelzen (Fig. 3, Taf. XX III): Wenn diese Bedingungen nicht gegeben sind, ist der Zusamn,enhang beider Gewebsmassen inniger (Fig. 2, Taf. XXIIl). Aber auch in diesen Fällen sieht man sehr oft eine dünne feinfaserige Schicht die Rinde von den tiefer gelegenen Gewebsmas- sen sondern; diese Schicht (G Fig. 2 und 3, Taf. XX11l), die auch zur Verknüpfung der akzessorischen Muskelfasern mit den Stützblättern dient, scheint mir eine Art Vorläufer der Stützlamelle zu sein; we- nigstens geht sie an manchen Stellen kontinuierlich in die faserige Masse jener über. Diese feinfibrilläre Schicht scheint von sehr zarter Beschaffenheit zu sein, da sie von den Cnidoblasten durchbrochen werden muß, die man öfter auf der Grenze von Rinde und tieferem Anteil des Ektoderms findet; das letzte gilt auch von den Kernen anderer Zellen. Wenn also auch hier und da eine scharfe Grenze der beiden Lagen des Ektoderms nicht besteht, so berechtigt doch die Gesamtheit der Befunde die RindealsepithelialeSchicht von dem tiefer gelegenen subepithelialen Gewebe zu trennen. Einen solchen Standpunkt haben ja bereits die Gebrüder Hertwig vertreten. Nach dieser Uebersicht über den Bau des Tentakels von Car- marina können wir unserem Hauptgegenstand, den subepi- thelialen Muskelzellen, näher treten. Die Tentakeln besitzen nur Längsmuskelfasern, die der. Außenfläche deı Stütz- 464 we], Schmld® lamelle und ihrer Blätter aufliegen, wie die früheren Autoren (Her t- wig, Claus) richtig beschrieben haben. Im Querschnitt des Ten- takels erscheinen die Stützleisten (L) durch die dicht stehenden. quer getroffenen ‚Fasern‘ (M Fig. 2 und 3, Taf. XXIII) wie gefiedert, und das ganze Bild erinnert in meinen Präparaten nicht wenig an die, auch funktionell Ähnliche Anordnung der Längsmuskulatur der Oligochae- ten (etwa des Regenwurms), bei denen die Längsmuskelzellen an beiden S:iten dünner Bindegewebslamellen befestigt sind. Während die einan- der zugekehrten Seiten zweier Stützleisten Kontinuierlich mit Muskel- fasern (M) besetzt sind, indem die Reihe der Fasern an der Anhef- tungsstelle der Leisten von der einen (über die eigentliche Stütz- lamelle hin) auf die andere ohn: Unterbrechung übergeht (Fig. 2, Taf. XXIII oben), läßt sich an der freien Kante der Stützblätter ein wechselndes Verhalten feststellen. Ist die Stützleiste am distalen Rand schmal, so setzt sich auch hier die Reihe der Fasern ohne Unterbrechung von der einen auf die andere Seite der (gleichen) Leiste fort (Fig. 2, Taf. XXIII); verbreitert sich dagegen das Stützblatt . nach außen hin soweit, daß die b.nachbarten Leisten einander be- rühren oder verschmelzen, so fehlen di: ‚Fasern‘ an der Außen- seite der Stützleiste (Fig. 3, Taf. XXIll). Indem aber nun die einander zugekehrten Flächen benachbarter Leisten in Verbin- dung treten, geht jetzt auch an der distalen Seite des schmalen Faches zwischen zwei Stützblättern geradeso wie an ihrer Ansatz-- . stelle,der Muskelbelag von der einen Seite des Faches auf die Gegen- seite über. So entstehen allseits geschlossene ‚Muskelkästchen‘‘, die eine verblüffende Achnlichkeit mit denen der Oligochaeten auf- weisen. Als solche Muskelkästchen in kleinerem und kleinsten Aus- ' maß können auch die durch Verschmelzung von gegabelten Stütz- blättern entstehenden (s. 0.) Räume (R) gelten, deren Wand von Muskelfasern bekleidet ist; manchmal. sind nur ganz wenige, ja nur eine einzige (Fig. 3, Taf. XXIII, erste Leiste von links) Faser in dem Querschnitt eines solchen winzigen Kästchens sichtbar. In der Mitte jedes Kästchens, bzw. mitten zwischen zwei Stütz- blättern macht sich auf den Tentakelquerschnitten ein faseriger Strang bemerkbar, dessen Fibrillierung in radiärer Richtung zieht (F Fig. 2, Taf. XXIII). Dieser Strang ist proximal locker und schmächtig; nach der Oberfläche des Tentakels hin wird er dichter und nimmt an Umfang zu; im ganzen betrachtet, verläuft er leicht gewellt. Was ist die Bedeutung dieses Gebildes ? EB a ae » _ 'ı RAD ee ne ad Mehrfaserige („polyine‘“) subepitheliale Muskelzellen usw. 465 ‘An manchen meiner Schnitte (Fig. 2, Taf. XXIIl) sehe ich mit der größten Deutlichkeit, daß der genannte Strang dadurch zustande kommt, daß von jeder Muskelfaser (M) eine feine Fibrille ausgeht, die, im ganzen zur Oberfläche, des Ten- 'takels gerichtet, schräg der Mitte des jeweiligen Kästchens zu- strebt; hier treten diese Fibrillen von den einander zugekehrten Seiten zweier benachbarter Stützleisten zu dem beschriebenen strangartigen Gebilde (F) zusammen, indem sie allmählich einen s.ren:er radiären Verlauf annehmen. Demnach be- stehtderStrangausder Gesamtheit derfaden- Arten. Bortsäatzeiden"Muskelzeblen! Anden Stellen der Präparate, an welchen diese Beziehung zwischen Muskelfasern und Fibrillen des Stranges leicht festzustellen ist (Fig. 2, Taf. XXIII), bietet sich der Querschnitt der einzelnen Muskel- faser folgendermaßen dar. Er gleicht im allgemeinen einem Wimpel, der mit seiner Schmalseite der Stützlamelle anhaftet und, wenn ich im Bilde bleiben darf, in den Raum zwischen den Stützblättern hineinflattert. Meist verschmälert sich der Wimpel bald beträchtlich, um dann allmählich fadenförmig auszulaufen. Damit vollzieht sich auch eine strukturelle Aenderung. Während nämlich der Wimpel stark lichtbrechend ist, sich mit Eisenhämatoxylin kräftig schwärzt und ganz scharf begrenzt erscheint, färbt sich die Hauptmasse der Fäden, die den Strang zusammensetzen, viel schwächer, ist weniger lichtbrechend und zarter konturiert, bssitzt das übliche Aussehen plasmatischer Strukturen. Im allgemeinen haben die fädigen Fort- setzungen der Muskelzellen die letzterwähnte Beschaffenheit erreicht, wenn sie sich, in der Mitte des „‚Kästchens‘‘ angelangt, dem Zug der übrigen anschließen. In einzelnen Fällen aber bleibt der muskuläre Charakter den Fäden auf eine längere Strecke erhalten, so daß ge- legentlich bei Eisenhämatoxylinfärbung in der Mitte des welligen Faserstranges eine oder mehrere außerordentlich scharf sichtbare Fibrillen ziehen, die auf den ersten Blick den Eindruck radiär (nicht längs) gestellter Muskelfasern erwecken könnten. Gelegentlich zu beachtende Uebergänge zwischen dem gewöhnlichen und dem letzt beschriebenen Verhalten lassen diese scheinbaren Radiärmuskel- fasern bald richtig deuten, abgesehen davon, daß öfter der Ansatz einer solchen Faser zwischen den anderen an der. Stützleiste sichtbar wird. Am Grunde zwischen zwei Stützblättern sind die ‚„Wimpel“ meist schr schlank, im mittleren Teil gedrungener, nach der freien 466 W. J. Schmidt: Kante der Stützleiste zu kleiner und überhaupt weniger gut ent- wickelt (vgl. Fig. 2, Taf. XXIIN. Haeckel (s. o.) hatte angegeben, jede Muskelfaser sei mit einem ihr. unmittelbar anliegenden Kern versehen. Das t-ifft aber keineswegs zu! Nicht nur vermißt man Kerne, die den Fasern zuge-- hören, auf den Querschnitten (vgl. Fig. 2und 3, Taf. XXI), sondern auch auf Längsschnitten, in denen die Muskelfasern in ihrer ganzen Aus- dehnung übersichtlich enthalten sind (vgl. Fig. 5, Taf. XXII), läßt sich nichts von Zellkernen in unmittelbarer Nähe der Fasern oder gar in ihnen erblicken. Haeckel ist anscheinend durch den bisweilen unvermittelt verdickten mittleren Teil der Muskelfasern irre geleitet ° worden. Kerne bzw. kernhaltige Zellteile finden sich, abgesehen von den Cnidoblasten, gewöhnlich nur im äußeren Teil des von zwei. Stützleisten’gebildeten Faches, also nahe der epithelialen Schicht. Hier sieht man öfter eine kleine Gruppe von länglichen Kernen, die in der Mehrzahl mit ihrer größe- ren Achse radial eingestellt sind (Fig. 2, M b erstes Fach von links). An dieser Kernanhäufung findet der vorhin be- schriebene, feinfaserige Strang sein Ende. Aufmerk- same Beobachtung bei starken Vergrößerungen lehrt, daß der Faserstrang sichin der Nähe der:Kerne inein- zelne. Bündel siiedert, deren jedes auiresnes Kerinszielt (Fig: 2; Tat AxXHIinks): Liegen die Kerne gruppenweise beieinander, so läßt sich meist nichts bestimmtes über die Form des zugehörigen Zelleibes aus- machen. Wenn sie aber in geringer Anzahl oder einzeln auftreten, so Kann man mit den besten optischen Mitteln noch folgendes sicher- stellen (Fig. 4, Taf. XXIIND. Zu jedem Kern gehört ein spindel- förmiger Zelleib, der in der Regel nur gegen das Innere des von zwei Stützleisten gebildeten Faches hin deutlich entwickelt ist. Doch kann sich der Zelleib auch in ähnlicher Weise nach außen hin erstrecken (Fig. 4, Taf. XXI1l rechte Zelle); dann reicht er bis zur feinfaserigen Grenzzone zwischen epithelialer und subepithelialer Schicht. Zellen der letzten Form, bei denen der Kern in der Mitte des spindeligen Plasmakörpers gelegen ist, erscheinen regelmäßig dann, wenn die Kerne tiefer, etwa in der Mitte, des Fachinneren auftreten. Verfolgt man das Verhalten des zur Tentakelachse gekehrten Fortsatzes, so sieht man die körnige Plasmamasse der Zellen in einiger Entfernung vom ee Mehrfaserige (,polyine‘“) subepitheliale‘ Muskelzellen usw. 467 Kern sich in jene Fäden auflösen, die den oben geschilderten Faser- strang in der Mitte jedes Fachcs bilden (Fig. 4, Taf. XX11]). Mit anderen Worten: jede ,„Muskelfaser“ eines Facheshängtdurcheinenfadenförmigen Fort- satz mit einer. der.subepithelialen ZelVen-zu- sammen, die an seinem Eingang (selten mehr in seinem. Inneren) gelegen - sind. Da den. einzelnen „Fasern“ keine Kerne zukommen,.müssen diese Zelten alsılMyoblastem dem Fasern. gelten. Es fragt sich nun, wieviel ‚Fasern‘ zu einem Myoblast gehören: sicherlich mehr als eine! Denn die Zahl der Fasern eines Faches be- trägt in einem Querschnitt etwa 50—60, die Zahl der Myo- blastenkerne hö:hstens bis 10. Es werden also selbst unter der An- nahme, daß nicht alle in einem Schnitt sichtbaren Fasern mit den im gleichen Schnitt gelegenen Myoblasten zusammenhängen, sondern ein Teil der Fasern in mehreren Schnitten stückweise er- scheint und daher die Zahl der ‚Fasern‘ zu hoch gegriffen ist, unter allen Umständen mehrere Fasern von einem Myoblast gebildet werden. Das gilt erst recht, wenn ich mitteile, daß durchaus nicht in allen Fächern bei 10 u dicken Schnitten Myoblasten erscheinen. Eine genaue zahlenmäßige Feststellung des Verhältnisses von Fasern und Myoblasten ist mir deshalb nicht möglich, weil mir keine Quer- schnitte und Längsschnitte von ein und demselben Tentakel zur Verfügung stehen, was aber nötig ist, um die Länge der Muskelfasern, die auf dem Querschnitt gezählt werden (gemäß dem zugehörigen Längsschnitt) zu kennen, damit mehrfache Zählung von Fasern, die in. verschiedenen aufeinander folgenden Schnitten stückweise enthalten sind, vermieden werden kann. Die Länge der Muskel- fasern wechselt aber außerordentlich nach dem Kontraktionszustand, wie schon aus der enormen Verkürzungsfähigkeit der Tentakeln bei starken Reizen (Fixieren) geschlossen werden muß und sich auch aus dem histologischen Bild ergibt (s. u.). Offenbar sind aber die Fasern an Stellen, wie in Figur 2 Tafel XXIII abgebildet, stark kontrahiert und deshalb auch läßt sich hier an jeder Faser das fadenförmige Ver- bindungsstück mit den Myoblasten beobachten. Berücksichtigt man nun solche Bilder, dann geht die Annahme, etwa5—1l0 Fasern gehörten zu einem Myoblasten, wohl kaum über den Höchstwert hinaus. Wir kommen also zu dem Ergebnis, daß jeder Myoblast 468 W. J. Schmidt: mehrere Fasern gebildet hat. Damit liegt in den Muskel- a fasern der Tentakeln von Carmarina ein Zelltypus vor, wie ihn Chun und Will (s. o.) vorausgesagt haben: subepitheliale : Muskelzellen, deren kernhaltiger Zeilte®e (Myoblast) durch fadenförmige Fortsätze mit‘ einer:Mehrzahl von ’'kontraktilen‘Fasern zu- sammenhängt. An Einzelheiten ist noch folgendes nachzutragen. Nicht an allen Stellen der Schnitte hält es so leicht, die Verbindungen der Fasern mit den Myoblasten nachzuweisen. Das gilt vor allem dann, wenn der Querschnitt der Faser (M) nicht wimpelartig (wie in Fig. 2, Taf. XXII), sondern mehr rundlich ist (Fig. 3, Taf. XXIII). Ich nehme an, daß solche Fasern weniger Kontrahiert, daher schlanker und länger und deshalb auch in mehreren Schnitten enthalten sind. Mit dieser Annahme stimmt auch überein, daß an solchen Stellen das faserige Bündel dünn und die Myoblasten spärlich sind, Auch im erstgenannten Fall hält es schwer, beidennahe dem freien Rand der Stützblätter befndlichen Fasern den Zusammenhang mit dem Myoblasten zu erkennen; ich möchte vermuten, daß diese Fasern mit dm dm Ektoderm zugewand- ten Fortsatz des spindelförmigen Myoblasten in Verbindung stehen. Derartiges Verhalten von Fasern und Zelle gilt wohlsicher für solche Myoblasten, die tiefer zwischen den Stützleisten liegen und wie zur Achse so auch zur Oberfläche des Tentakels hin gleichartige und gleich lange Fortsätze ausschicken. Innerhalb der kleinen, von verschmol- zenen Gabelungen der Stützblätter umschlossenen Räume, deren Wand, wie oben erläutert, mit Muskelfasern bekleidet ist, sah ich einmal den Myoblasten in der Mitte gelegen und nach allen Seiten hin Verbindungsfäden zu den Fasern aussenden. Wie die ganz ver- einzelt in der Stützlamelle abgekapselten Fasern (s. 0.) vom Myo- blasten versorgt werden, vermag ich nicht mit Bestimmtheit zu sagen; vielleicht, daß diese Räumchen doch durch eine feine Spalte strecken- weise mit dem übrigen subepithelialen Gewebe zusammenhängen, vielleicht aber auch, daß die Fasern die Beziehung zum Myoblasten ganz aufgeben mußten. . Meistens liegen die Myoblasten deutlich subepithelial; doch kom- men gelegentlich, wie schon oben erwähnt, Stellen vor, an denen epitheliale und subepitheliale Schicht des Ektoderms sich nicht scharf scheiden lassen; es bleibt somit die Möglichkeit, daß hier noch ee ERITREA URN EBEN EEE Be es Be > Er, we 4 RE RR a a BEER een EN re He net ne un, un Na be le ee 3° De IR N ER ak ire (‚„‚polyine‘‘) subepitheliale Muskelzellen usw. 269 einige der Myoblasten engere Beziehungen zum Epithel gewahrt haben. Nachdem . ich die geschilderten Verhältnisse am Querschnitt der Tentakeln erkannt hatte, versuchte ich nunmehr an radialen Längs- 2 schnitten, d. h. an solchen, die der Fläche einer Stützleiste parallel i | gehen, den Zusammenhang der Muskelfasern mit den Verbindungsfäden R zu erkennen. Die Bilder (Fig. 5, Taf. XXIII) stimmen in wesent- 1 lichen Zügen mit Haeckels Figur 62, Tafel VI (a. a. O.) überein. Die Fasern (M Fig. 5, Taf. XXIII) erwiesen sich als spindelförmige Gebilde, deren Mitte häufig stark angeschwollen ist. Diese Stelle ent- hält aber keinen Kern, sondern die Anschwellung hängt mit der starken Kontraktion der Faser zusammen. Darauf be- R ruht auch die stärkere Färbbarkeit mancher Stellen der Fasern mit E Eisenhämatoxylin. Manche der Fasern sind so stark zusammen- E geschnurrt, daß sie fast zitronen.örmig aussehen. Eine feinere Di. tibrilläre Zusammensetzung läßt sich nicht mit Be- stimmtheit an den Fasern erkennen; doch ist es bei ihrer Stärke ganz selbstverständlich, daß es sich hier nicht um eine einzelne Primitivfibrille (Myofibrille) handeln kann. Eine Andeutung eines zusammengesetzten Baues zeigen die Fasern durch eine Art Zer- klüftung auf manchen Querschnitten (vgl. Fig. 3, Taf. XXIII), und entsprechend gewahrt man an längsgetroffenen Fasern helle undeut- liche Längslinien. Bisweilen fand ich die Enden der Fasern gegabelt. Die Fasern verlaufen, durch Lücken voneinander geschieden, alle in der Längsrichtung des Tentakels. | Auf den radialen Längsschnitten der Tentakel | gewahrt man nun in.der Tat von einzelnen Fasern die Fäden (F) ausgehen, die sie mit den Myoblasten verbinden (Fig. 5, Taf. XXIIı). Ein solcher Faden beginnt meist in der Mitte der Faser, sei es, daß er gleich beim Entspringen normale Dicke besitzt, sei es, daß er zu- j nächst einen flügelartigen Ansatz der Faser darstellt, der sich all- | mählich verschmälert. Diese flügelartigen Anhänge erscheinen auf Querschnitten als die oben beschriebenen ‚„‚Wimpel‘“. In seltenen Fällen entspringt der Verbindungsfaden nahe dem einen Ende der \ Faser oder stellt gar eine unmittelbare Fortsetzung eines Faserendes | dar (vgl. Fig. 5, Taf. XXIll). In dem letzten Falle entstehen die scheinbaren radiären Muskelfasern des Querschnittbildes) d.h. der Ver- bindungsfaden zeigt auf eine sehr lange Strecke hin muskulöse Natur (s. 0.). Bisweilen sah ich die Verbindungsfäden benachbarter Fasern u EN DENN, 3 z 470 W. J. Schmidt: scheinbar verschmelzen (vgl. Fig. 5, Taf. XXIII). Daß man nicht von allen Fasern eines radialen Tentakelquerschnittes die Verbindungs- fäden ausgehen sieht, liegt daran, daß Fasern und Fäden (gemäß dem Querschnittsbild) nicht in derselben Ebene gelegen und auch die Stützleisten nicht vollkommen eben sind. Für das Flächenbild ist noch charakteristisch, daß die von den Fasern ausgehenden Ver- bindungsfäden immer nach einer Richtung — nach der Außenseite des Tentakels — hinweisen, wie ja nach der Ansicht im Querschnitt nicht anders zu erwarten ist; damit ist denn auch eine Sicherheit gegeben, daß die Verhältnisse am Querschnitt zu denen am Längs- schnitt in die richtige Beziehung gesetzt sind. Der Vollständigkeit halber sei noch eine Stützleiste mit den auf- liegenden kontraktilen Fasern im Tangentialschnitt des Tentakels, d. h. senkrecht zu ihrer Fläche getroffen, in Figur 6, Tafel XXIII wiedergegeben. Die Fasern liegen in ihrer ganzen Länge glatt dem Stützblatt an und sind je nach dem Grade ihrer Kontrak- tion nach außen hin mehr oder minder bauchig vorgewölbt. — Nach den ‚Untersuchungen der Gebrüder Hertwig (a. a. O,) zeigt die Anordnung der Muskulatur am Magenstiel von Car- marina ganz ähnliche Verhältnisse wie die der Tentakeln. Daher ist zu vermuten, daß auch dort die hier beschriebenen mehrfaserigen subepithelialen Muskelzellen vorkommen. — Zum Schlußein Vorschlag betreffend die Nomen- klatur. Chun und Will heben mit Recht hervor, daß bei den Coelenteraten die Bezeichnung Muskelfaser in ganz anderem Sinne gebraucht wird, wie bei dn höheren Tieren; hier bedeutet Muskelfaser die ganze Zelle, dort nur ihre kon- traktile Substanz. Demnach müsse die Muskelfaser der höheren Metazoen (insbesondere der einkernigen Typen = kontraktile Faserzelle) mit der Muskelfaser + dem Myoblasten der Coelenteraten homologisiert werden. Unter diesen Umständen scheint es mir doch angebracht, für die „Muskelfas:r“ — kontraktile Substanz der epithe- lialen und subepithelialen Muskelzellen bei den Coelenteraten einen besonderen Terminus einzuführen; ich schlage vor „Myoine‘, von kumv, hu@vog, Muskel, und is, !vö: (Muskel-, Sehnen-, Nerven-)faser, welch letztes Wort auch schon in der Muskelhistologie (in ‚Ino- komma‘) Verwendung gefunden hat. Als Myoinen in diesem Sinne müßten auch die von Blochmann.u.a. bei Plattwürmern aufge- fundenen ‚Muskelfasern“ gelten, die zu mehreren von einem Myo- Mehrfaserige (,‚polyine‘‘) subepitheliale Muskelzellen usw. 471 blast (kernhaltigen Zellteil) versorgt werden. Solche ‚‚mehrfaserige‘ Zellen, gleich den entsprechenden Formen bei den Coelenteraten könnten demnach „polyine‘“ Muskelzellen heißen. An den Muskelzellen vom Nematodentypus, in denen die Trennung von Myoblast (,Markbeutel‘) und kontraktiler Substanz (,‚Muskel- spindel‘‘) angebahnt wird, könnte ebenfells die Gesamtheit der kontraktilen Fibrillen als Myoine bezeichnet werden. Erklärung der Abbildungen. Taf. XXI. Alle Abbildungen beziehen sich auf die Tentakel vonCarmarina hastata und sind unter Benützung des Abbe schen Zeichenapparates hergestellt; Entfernung der Zeichenfläche von der Austrittspupille des Mikro- skops = 250 mm. Fig. 1. Hälfte eines Tentakelquerschnittes: H. Hohlraum, En Entoderm, St Stützlamelle, L Leiste der Stützlamelle, Ek Ekto- derm. Fixierung Sublimat,. Färbung Eisenhämatoxylin Vergr. 125: 1 (Zeiß’ Apochromat 8 mm und Komp.-Okular 4). Fig. 2. Sektor eines Tentakelquerschnittes: St, L, Ek wie in Fig. 1. M Myoinen (,Muskelfasern‘) F faseriger Strang, der von den Verbindungsfäden geli:fert wird, die von den Myoinen zu den Myoblasten, Mb, ziehen; C, Cnidoblast quergetroffen, C, desgl. in Längsansicht; G faserig differenzierte Grenze zwi- schen epithelialem und subepithelialem Anteil des Ektoderms. Fixierung Sublimat; Färbung Delafields Hämatoxylin, Eosin, Pikrinsäure-Wasserblau. Vergr. 500 : 1 (Zeiß’ Apochro- mat Amm und Komp.-Okular 8). Fig. 3. Randpartie eines Tentakelquerschnittes. L,.Ek wie in Fig. 1;M, F, G wie in Fig. 2; R kleinere, von den Stützleisten umkapselte Räume mit Myoinen. a M akzessorische Muskelfasern der Nesselkapseln (C), K, Kern der Bildungszellen dieser kontrakt- tilen Elemente; K, Kern der Deckzellen. Fixierung Sublimat; Färbung Eisenhämatoxylin. Vergr. 500: 1 (Zeiß’ Apochromat 4mm und Komp.-Okular 8). Fig. 4. Zwei subepitheliale Myoblasten, die an ihrem oberen (der Tentakelachse zugewandten) Ende sich indie Verbindungs- fäden auflösen, die zu den Myoinen hinziehen. Fixierung Subli- mat, Färbung Delafields Himatoxylin, Eosin, Pikrinsäurc- Wasserblau. Vergr. 1000 : 1 (Zeiß’ Apochromat 2 mm N. A. 1,40 und Komp.-Okular 8). Fig. 5. Myoinen (M) bei Flöchenansicht der Stützleiste (aus LI Archiv E mıkroskop. Anatomie nu A a I EA A a A a u WA: u re > Me rs ER EN > a Te ee a ni BE EEE RETTET TEE DE ZELTE TEE ERTBECE ZELTEN meer gm —— Werner «Winter. Frarklurt®M. | 15 Archiv Lmikroskop. Anatomıe bad. XCHT Ab£.T. WalSchmidt gez Archiv £mikroskop Anatomie Bd. XCHAbtI W Freytag gez Taf 7 " Werner & Winter, Frankfurt *H. Archiv f. mikroskop. Anatomie. Bd. XCIH Abt.T. Taf.Vl. Mammarknospe= =; Primärsproß \ . Abgeplattete Zellen Hornpfropf Strichkanal Übergangszone Zisterne Mammarknospe Enger Teil des Primärsprosses Ampullenförmige: Teil Stratum a granulosum tratum corneum Zisterne elastischen Fasern Zisterne Zschokke Lith. Anst. v. Werner u. Winter, Frankfurt a. M. a) KPY KERESTRN. Archiv fmikroskop. Anatomie BA_XCH.Abt.1. Hayunann gez. Zith.Anstv EA Funke, Depztg. i TU.GEL. Aartman Archiv Fmikroskop Anatomie Bd_XCH.Ab&.I. J Hartmann gez. i ? Be ZUR, MSCWEA Funke, DepEg. a el 1 a ie a ee a ee ee ee ee ee ee ee 2 EINE EEE ET TER m m —— u RETTEN RI ET ET Fe an u, Er EZ ne 2 2 2 a u Sg 1220. urke, di Fr Al TE. Zith Anser gu Archiv Fmikroskop. Anatomie bad XCH-Abt. Ih S S 7 8 a el ee ehe ee Ze a) a 4 TR S > —— ———— — = Er = Se ar = — Bm | s a S | 5 = R An t NS = | EA Ag : n 2 = u {i =: S 3 / EI a E ö » „I = SM , .. = BE « s R n s E er, " } 7 E2e. dr < N “ = g = > z a | Mn S ni x +5 > u a g N en), = o en en “ mikroskop. Anatomie. Bd.XCH ADET. Archiv A U | H Mi Archiv f. mikroskop. Anatomie. Bd. XCH Ab£. 1. Phot. Trojan Preme* Tafı XIV. Lith, Anst. v. Werner u. Winter, Frankfurt a. M. a nen: A \ Ä " ENTE ee “ ri euer er 2 N en; Archiv £mikroskop. Anatomie Ba. XCH, Abt. Werner & Winter, Frankfürt®M. K.Schlick gez. Archiv £mikroskop Anatomie Bd..\CHAbt 1. E Taf XV. m I72>> =7 N K.Schlick gez. Werner u Wörter Frankie. . A [2 Een « de " j 7 ß j4 / r / 4 w r N E v * i I \ \ [i & fi } 4 nr ” e“ Dr Y \ { et | } . Ay h al . ir j f r + \ ’ N 6} \ N Ar A f 4 # 3 y i e ah h » » hu | I Ari ran f, f al ’ ar int ’ FERNE In, ir‘ 1 u 27 W A In L ’ f > F a { i F i Mi 5 n ö j Wi y x vo i a 4 - € 3 \ 3 h Kr va Sn pr De 7 ” ’ n y 1’ ‘ wire % Pr | Lu AUG A 4 $ ‘ 7 Archiv Kmikroskop. Anatomie Bd..\I Aht.l. Taf X. I Werner uWihter Zrankflire #M K.Schlick gez. BR dr e a Hi rEcT — m = S \ : : S Werner £ Winter; Frankfürt ®M. K.Schlick gez. BU. . Archiv Lmikroskop. Anatomie Ba.ACHl Abt.l W. J. Schmidt gez. Werneru.Vinter Frankfure 2M Archiv £mikroskop. Anatomie Bd. XCHTABET. TarXX. 4.2. 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