AR€IUV FÜR NATURGESCHICHTE. IN VERBINDUNG MIT MEHREREN GELEHRTEN HERAUSGEGEBEN TON D». AR. FR. AUa. WIEaniANN, AUSSKRORD. PROFESSOR AN DER FRIEDRICH - WILHELMS - UNIVERSITÄT ZU BERLIN. SECHSTER JAHRGANG, Erster Band. MIT ZEHN KUPFERTAFELN, BERLIN 1840. IN DER NICOLAI'SCHEN BUCHHANDLUNG. Inhalt des ersten Bandes. I. Zoologie. Seite. Nachträgliche Bemerkungen zur Uebersicht der Gattungs- und Art- charaktere der europäischen Fledermäuse, von A. Graf v. Key- serling und Prof. J. H. Bl9,sius 1 Sur une nouvelle espece du Genre Gymnetre, par Risse . . . 13 üeber das Brütorgan der Gattung Hippocampus , von Dr. August Krohn 16 Ichthyologische Beiträge von B. Fr. Fries. Die Gattung Pleu- ronectes 18 lieber die Lebenskraft der Eingeweidewürmer, von Dr. C. E. Mir am 35 Cylindrella, nov. genus, nebst Bemerkungen über die übrigen Gat- tungen der Helicinen, von Dr. L. Pfeiffer in Kassel ... 38 Fortpflanzung der Ringeltaube in der Gefangenschaft, mitgetheilt von St. K. V. Siemuszowa-Pietruski , . 43 Neue Beiträge zur Erläuterung und endlichen Erledigung der Streit- frage über Tur und Zw^n {JJrus und Bison) von G. G. Pusch in Warschau 47 üeber eine neue Art der Gattung DeilepJäla von M. A. Mützel (Hierzu Taf. VIII. Fig. 1.) 171 Diagnosen der neuen Mäuse, welche auf Darwin's Reise entdeckt wurden, von G. R. Waterhouse ........ 174 u, 281 Zoologische Bemerkungen von Dr. A. Philipp i. (Fortsetzung. Hiezu Taf. III. und IV.) I. Clavagella Balanornm. II. Zoe, der erste Zustand von Pagurus. III. Asterope, neues Genus der Ostracopoden. IV. Neue Genera der Copepoden. V. Peneus siphonocerus. VI. Pontarachne^ eine Hydrachnide des Meers. \II. Desniophyllum Stellar ia Ehrb 181 Beitrag zur Entwickelungsgeschichte der Mollusken und Zoophy- ten, von M. Sars. (A. Mollusken: Tritonia, Äeolidia, Doris, Jplysia. Hiezu Taf. V. VI. VII.) 196 Einige Bemerkungen über die Bekleidung des Laufs der Singvogel von H. Burmeister 220 Berichtigungen von Gloger 227 Rechtfertigung des Herausgebers 229 Untersuchung der an den schwedischen Küsten vorkommenden Arten der Gattung Gobius von Fries, übersetzt von F. C. H. Creplin 233 Zur Entwickelungsgeschichte der Dekapoden. Von Heinr. Rathke 241 Uebersicht der im Januar, Februar und März 1839 auf Cuba gesammelten Mollusken. Von Dr. Louis Pfeiffer. (Fort- setzung von Jahrg. V. Bd. 1. S. 346) 250 IV Seife. Bemerkung zu dem Aufsatz der Herren v. Keyserling undBla- s i u s über die europäischen Fledermäuse, von F. B o j e in Kiel 262 BH Hodgson, Resident in Nepal, über den Gauri Gau. (Hierzu Tafel IX.) 263 Ueber einige Bloch'sche Fischarten, von Dr. F. H. Troschel . 267 Ueber den Bau des Pentacrinus Caput Medusae, von J. Müller 307 Ueber die Gattungen der Asteriden, von J. Müller und F. H. Troschel 318 Ueber die Gattungen der Ophiuren, von Denselben 326 Schreiben der Herren Graf v. Keyserling und Prof. Blasius 330 Beschreibung von vier auf Cuba gefangenen Fledermäusen, von Dr. Gundlach 356 Ueber zwei von mir gesammelte Böen von Cuba, von Dems. . . 359 Erwiederung auf Burmeister's Aufsatz: Bemerkungen über die Bekleidung des Laufs der Singvögel, von Blasius und Key- serling 362 Fortgesetzte Bemerkungen über die Gattungen der Asteriden, von J. Müller und F. H. Troschel . . ^ 367 Verzeichnifs der Vögel GaUiziens von Stan. Const. Ritter von Siemuszo wa- Pietruski 369 Observations sur quelques poissons de la mer de Nice par A. Risso. (Hierzu Taf.X.) 376 Beiträge zur Kenntnifs der sogenannten Indianischen Vogelnester, von Herrn Baron von S c hier br and in Java 393 Die Foraminiferen Amerikas und der Canarischen Inseln, von Aleide d'Orbigny. Im Auszuge mitgetheilt von Dr. Troschel 398 n. Botanik. Beiträge zur näheren Kenntnifs von Lemna arrhiza, nebst einigen Bemerkungen über L. polyrrhi%a , gibba, minor und trisulca von Dr. J. F. Hoffmann. (Hierzu Taf. I. u. II.) . . . . .138 Erklärung der eigenthümlichen Stellung der Embryonen im Mistel- Saamen, wenn deren mehrere in einem und demselben Saamen vorkommen, von J. Meyen 164 Noch einige Mittheilungen über rothen und grünen Schnee, von J. Meyen 166 Ueber die geographische Verbreitung der Compositen, von A. F. Do C and olle, übersetzt von Dr. W. G. Walpers .... 287 Die Vegetation in der Mark Brandenburg. Ein Beitrag zur Pflan- zengeographie von Dr. Bar entin 331 Nachträgliche Bemerkungen zur üebersicht der Gattuiigs- und Artcharaktere der europäischen Fledermäuse im 5. Jahrgange (Bd. I. 293.) von A. Graf v. Keyserling und Prof. J. H. Blasius. A e m mink's Monographies deMammalogie Vol.ll. Lhr.III: Monographie Xlll. sw les Ghiropteres Vespertilionides, die uns beim Niederschreiben der „Üebersicht der Gattungs- und Artcharaktere der europäischen Fledermäuse" noch nicht zu Gesicht gekommen war, enthält gegen 80 Arten Fledermäuse, von denen mehr als die Hälfte neu ist. Beim Durchsehen der dort angegebenen Charaktere haben wir die Ueberzeugung ge- wonnen, dafs die von uns für die europäischen Arten ange- nommenen Gattungen sich auch auf die ausländischen anwenden lassen. Die Beschreibungen erlauben es in vielen Fällen die einzelnen Rotten innerhalb der Gattungen mit mehr oder weniger Sicherheit festzustellen; nur wenige Arten scheinen etwas abweichende Formen zu repräsentiren. Von andern sind die Beschreibungen so arm, dafs diese generische Fest- stellung nicht möglich, oder doch unsicher ist. Folgendes ist das aus denselben zu entnehmende Resultat für die ausländi- schen Arten : Erste Gattung: Synotus, 1. leucomelas CretscJt, Afrika. 2. macrotus T. Asien. 3. Maugei Besm. Amerika. Wiegm. Archiv. VI. Jahrg. 1 Band. 4 2 Zweite Gattung: Plecot us. 1. velatus Geoffr. Amerika. 2. Tiinoriensis Geoffr. Asien. ? 3. inegalotis Raf Amerika. * Dritte Gattung: Vespertilio. Erste Rotte: Langöhrige. 1. tiicolor T. Afrika. 2. papillosus T, Asien. 3. adversus Horsf. Asien Zweite Rotte: Kurzöhrige. 4. epichrysus T, Afrika. 5. HardmcJcn Horsf Asien. 6. pictus Fall. Asien. 7. Horsfieldii T. Asien. 8. tralatitius Horsf Asien. 9. macrodactylus T. Asien. 10. ^rsinoe T. Amerika. 11. Caroli T. Amerika. 12. Hilarii Js. Geojfr, Amerika. 13. Gryphus Cuv. — Amerika. 14. Salarii Cuv. — Amerika. 15. Georgianus Cuv. Amerika. 16. crassus Cuv. Amerika. Abweichende Form: 17. Suillus T. Asien. Unbestimmbare Arten: 18. nigricans ISeuwied. Amerika. 19. maximus Geoffr. Amerika. 20. subulatus Godm. Amerika. 21. suhflavus Cuv. Amerika. 22. Chiloensis T. Amerika. 23. Malayanus Cuv. Asien. 24. Oreias T. Asien. Vierte Gattung: Vesperugo» A. Vesperus. Erste Rotte: Dem V. serotinus verwandt. 1. megalurus T. Afrika. 2. phaiops T. Amerika. 3. CreeJiS Cuv. Amerika. Zweite Rotte: Dem V, discolor verwandt. 4. isabellinus T, Afrika. 5. pachypus T. Asien. 6. macellus T. Asien. 7. puUevulentus Neuwied. Amerika. 8. ferrugineus T. Amerika. 9. lacteus T. Amerika. Von zweifelhafter Stellung: 10. ursinus JSeumed. Amerika. B. Vesperugo. Dritte Rotte: Der V. Noctula verwandt. 11. Circumdatus T. Asien. Vierte Rotte: Dem J^. Pipistrellus verwandt. 12. platycephalus T. Afrika. 13. Teimninkii Cretsch. Afrika. 14. imbricatus Horsf. Asien. 15. ythramus T. Asien. 16. Akohomuli T. Asien. Von zweifelhafter Stellung: 17. tenuis T. Asien. 18. Caroliniensis Geoffr, Amerika. 19. erythro dactylus T. Amerika. C. Abweichende Form: 20. hrachypteris T. Asien. 21. Harpya T. Asien. Zur Gattung Vesperugo gehörige unbestimmbare: 22. minuta T. Afrika. 23. Hesperida T. Afrika. 24. aenoharhus T. Amerika. 25. JSoctule de Sumatra Cuv. Asien. 26. Javanus Cuv. Asien. 27. Coromandelicus Cuv. Asien. 28. Molossus T. Asien. Fünfte Gattung: Miniopterus. V. hlepoüs T. aus Asien und 7^. dasythrix T. aus Afrika. Arten, von denen die Gattung unbestimmbar bleibt- 1. Hasscltii T. Asien. 2. leucogasier T. Amerika. 3. alhescens Geoffr. Amerika. 4. parvulus T. Amerika. 5. polythrix Geoffr. Amerika. 6. laevis Geoffr, Amerika. 7. Vesp. canelle Azar. Amerika. 8. arcuatus. Amerika. 9. cyanoptejms Raf Amerika. 10. melanotis Raf Amerika. 11. calcaratus Raf. Amerika. 12. Monachus Raf Amerika. 13. phaiops Raf Amerika. 14. megalotis Raf Amerika. Temmink hat sämmtliche Arten nach den vier Welt- theilen, in denen sie gefunden, ohne weitere zoologische Rück- sichten und ohne alle Angabe von Charakteren, in vier grofse Sectionen vertheilt, und beschwört die Zoologen, diese geo- graphischen Sectionen doch nicht zu vernichten, indem sie sich ihm durch ein zehnjähriges Studium bewährt gezeigt. Die erste Abtheilung bildet die der europäischen Arten, deren 28 aufgeführt werden, von denen 4 als neu ange- geben sind. Die erste dieser neuen Arten ist: V. hrachyotus Baill. nach einem einzigen von Baill on todtgefundenen Exemplare aufgestellt, das T. in Abbeville beschrieben. Selys-Long- champs stellt, wie es scheint nach Autopsie (EUides de Micromammalogie p. 140. n. 25.), dies Individuum als Varietät zu V, Pipistrellus. T. sagt, diese Art sei an Wuchs stärker und habe eine gröfsere Flugweite, als T^. Pipistrellus, was man aber nach seinen eigenen Maafsangaben umgekehrt ver- stehen müfste. Im Oberkiefer sollen vier, im Unterkiefer fünf Backzähne stehen; dies könnte, nebst dem weifsen Rande der Interfemoralhaut, an T\ albolimhatus erinnern. Das Ohr soll breiter als hoch, höchstens 1}'" lang sein, was einen Unter- schied von den bekannten Arten begründen miifste, sobald die Ueberzeugung festgestellt wäre, dafs von dieser Abweichnng nichts auf die Art der Präparation zu reclinen sei. Jedenfalls kann nach der sehr mangelhaften Beschreibung die Art noch nicht als hinreichend begründet angesehen werden. Eine zweite als neu aufgestellte Art: V. limnophilus T, ist ohne allen Zweifel mit der von Boie in der Isis 1825 beschriebenen J^. dasycnemus, die Temmink aufserdem über- sehen hat, identisch. Mehrere Charaktere: die Gestalt des Ohrs, des Tragus, die Einlenkung der Schenkelhaut am Fufse, die Behaarung derselben auf der Unterseite, die Gröfse des zweiten und des hintern Höckers des letzten obern Backzahns sind entscheidend, indem sie nach Exemplaren, die von Boie selber herrühren, in der Gattung Vespertilio nur der Boie- schen Art zukommen. Die in der Abbildung angegebene Gröfse des Unterarms von 1" 9'", pafst mehr zu den übrigen Verhält- nissen dieser Art, als die in der Beschreibung aufgeführte von 1" 7'". — Da der Name von Boie eine 14jährige unbestrit- tene Priorität für sich hat, so wird der von T. überflüssig. Die dritte Art: V, meg apodius T. ist identisch mit T"^. Capaccinii Bonap., die T. nur aus der Beschreibung in der Icon. d. f. it. kennt. Als entscheidend mufs der freie Fufs und die oben und unten behaarte Schenkelflughaut ange- sehen werden. Die von T. angegebenen Unterschiede sind Charaktere, in denen beide Arten vollkommen übereinstimmen. Die neu aufgestellte Art soll von V. Capaccinii abweichen 1) durch eine stumpfe Schnauze, die aber T. selber nach Bonapart e's Angabe kurz vorher auch der V. Capac- cinii zuschreibt, 2) durch einen falschen Backzahn mehr, d. i. sechs Backzähne oben und unten, die Bonap. seiner Art nach der Stellung derselben auch zuschreibt. Diese letzte Angabe, dafs ein Lückenzahn mehr vorhanden sei, ist um so weniger begreiflich, als T. selber kurz vorher in der Bonaparteschen Beschreibung der V. Capaccinii eine An- gabe des Gebisses ausdrücklich vermifst. Die vierte Art: T^. humeralis Baillon ist wieder nach einem einzigen ausgestopften Individuum aufgestellt, das T. in Abbeville beschrieben hat. Wir sehen darin den V. mystacinus Leisl, der von T. aufserdem noch als F. mystacinus und emar^ginatus aufgeführt ist. T. giebt mehrere comparative Unterschiede an, die aber theilweise schon nach seinen eigenen Angaben verschwinden, in keinem Falle eine absolute Verschiedenheit ausdrücken. Die Behauptung, dafs diese Art kleiner sei als mysta- cinus ^ steht in Widerspruch mit den von ihm selber angege- benen Maafsen. Dafs der Schwanz länger sei und die Flug- weite abweiche, können wir nach unsern und drei Kuh Ischen Exemplaren von mystacinus nicht bestätigen. Der starke Ausschnitt des Ohrs, auf den T. viel Werth legt, wird nur als ein gradueller Unterschied hingestellt. T. bildet unter den drei zusammengehörigen Arten, die ihm übrigens nicht zu gleicher Zeit vor Augen gelegen zu haben scheinen, eine Stufenfolge: 1) bei mystacinus Ohr gar nicht ausgerandet, 2} humer alis etwas mehr, und 3) emarginatus noch etwas stärker ausgerandet, worauf wir nur bemerken können, dafs die wirkliche V. mystacinus Leisl. ein sehr stark ausge- randetes Ohr besitzt, stärker, wie es bei den andern Gattungs- verwandten vorkommt. Hätte T. hier wirkliche Verschieden- heiten der Arten begründen wollen, so wäre die Ausführung seines scherzhaften Einfalls, „eine Skala über die Maxima und Minima der beabsichtigten Ohrlängen" aufzustellen, um Gat- tungen darnach zu bestimmen, hier nicht übel angebracht ge- wesen. In der Beschreibung des F. mystacinus wird aufserdem noch der Tragus lanzettförmig und abgerundet ge- nannt, was weniger der Fall ist, als bei jeder andern Art dieser Gattung. Von V. emarginatus Geof/r. giebt T. nur Notizen und eine zum Nachtheil abgeänderte Copie aus den Amiales du Mus. T. VIII., obwohl er die so sehr zwei- felhafte Art in den Niederlanden beobachtet haben will. Die aufgeführten Charaktere finden wir auch bei V. mystacinus. Mit Unrecht zielit T. zu seinem V. emanrinatus den V. emar- ginalus der Icon. d. f. it., indem Bon aparte unter diesem Namen eine deutliche Beschreibung des F. Nattereri liefert. Ferner tritt F. marginatus Cretsc/im., ursprünglich von Rüppell in Afrika, später von Cantraine in Sardinien gefunden, als europäische Art auf. Aus T.'s Angaben haben wir die Ucberzeugung gewonnen, dafs sie mit der von T. nicht augeführten , in der Isis 1835 beschriebenen V, alhoUmhatus Küst. zusammenfällt, wonach also dem erstgenannten Namen die Priorität zukommt. Was die übrigen Arten .«nbetrifft, so sind nur einige Irr- thümer zu verbessern, die zu Verwirrungen Anlafs geben könnten. Bei F. Noctula erwähnt T. eines starken Ausschnitts unter dem Fufs, der bei T^. serotinus fehlen soll. Der Unter- > schied ist jedoch nur ein gradueller. Beiden Eigenthiimlich- keiten liegt ein und dasselbe Organ, die Erweiterung eines Hautsaumes, der sich von der Fufswurzel aus aufsen an dem die Flughaut stützenden Spornknochen fortzieht, zu Grunde. Dieser Hautsaum, dessen erweiterter Theil durch eine von dem Spornknochen ausgehende Knorpelleiste gestützt wird, koQunt bei allen Arten der Gattung Vesperugo und Synotus vor, fehlt dagegen ganz bei T'esperülio , Miniopterus und Plecotus. In der Untergattung Vesperugo erreicht diese Er- weiterung das Maximum, und wird bei allen Arten mindestens so breit wie die Länge einer Kralle; bei den Arten der Unter- gattung Vesperus erreicht sie dagegen diese Breite nie. Zwi- schen dieser Erweiterung und der Fufswurzel liegt nun der von T. erwähnte Ausscluütt, der bei V. serotinus keineswegs fehlt. — Der Liickenzahn im Oberkiefer der Noctula wird mit Unrecht geläugnet, ebenso wie er dem V. serotinus mit Unrecht zugeschrieben wird. Fast möchten wir vermuthen, dafs eine partielle Verwechselung der Schädel beider Arten stattgefunden habe. Ungeachtet wir junge Jndividuen von V, serotinus von den frühsten Entwicklungsstufen an gesehen haben, ist uns nie eine andere Anzahl von Zähnen vorgekom- men, als bei alten Exemplaren mit ganz abgeschliffenen Zähnen. Zwischen V. Leisler i und V. discolor ist entschieden eine solche theilweise Verwechselung vorgekommen. Die Beschreibung von V. Leisleri hat das Gebifs und die meisten übrigen plastischen Verhältnisse von V. discolor, und nur wenige Charaktere von der wirklichen Leisleri. Der einspitzige erste obere Schneidezahn wird als zweispitzig an- gegeben, und der Lückenzahn oben verneint. Die Flughaut, die unter allen Arten der Gattung Vesperugo nur bei No- ctula und Leisleri blofs bis zur Fufswurzel reicht, wird big 8 zur Zehenwurzel ausgedehnt. Der Schwanz, der grade bei Leislcri kürzer ist, als der Unterarm, wird länger angegeben. Nur die Behaarung längs dem Unterarm und die Verwachsung des Schwanzes erinnern an die wirkliche V. Leisleri. Die Eigenschaften, die zudem T. anführt, um Leisleri von Noctula auf den ersten Blick zu unterscheiden, die Behaarung der Membranen und die Einlenkung des Fufses, sind beiden Arten ausschliefslich gemeinschaftlich. Umgekehrt pafst bei J^. discolor nur die Beschreibung der Haare auf die wirkliche V. discolor Natt; das Gebifs ist das von Leisleri. So werden hier in beiden Kiefern fünf Backzähne angegeben. Der obere Lückenzahn, der aber bei discolor nie vorkommt, soll klein und stumpf sein; der letzte obere Backzahn einen starken hintern Höcker haben, der aber grade bei discolor so schwach ist, dafs kaum mehr als vier Höcker zu zählen sind. Die beiden ersten untern Backzähne werden fast so grofs, wie die Eckzähne beschrieben, obwohl der erste bei discolor kaum halb so grofs wie der zweite, und dieser noch weit kleiner ist als der Eckzahn. Die Beschreibung des T"^. murinus könnte leicht zu Mifsverständnissen führen. Das Gesicht ist bis auf die Mitte des Scluiauzenrückens dicht behaart, wird aber nackt genannt. Das Olir soll keinen Ausschnitt oder Lappen haben, womit wolil die Mitte des Ohrs gemeint ist, da bei keiner andern Art der Lappen an der Basis des Aufsenrandes so stark ent- wickelt ist, wie liier. Die zweite nach hinten gerichtete Spitze des ersten obern Vorderzahns ist übersehen. V. Ursinii Boriap. wird im Text T'^. Orsinii und in der Ab])ild{uig V. Orcinii genannt. — T. führt als Standort durch ein Mifsverständnils den Monte Corno an. Bonaparte giebt nändich als einzigen Standort eine Brücke bei Ascoli an, und erzählt beiläufig, dafs Orsini auf den Höhen des Monte Corno grofse Fledermäuse habe fliegen sehen, deren er aber nicht habe habhaft werden können. T. hat die Identität mit V. Schreibersii Natt., die er nach der Kühl sehen Monographie mittheilt, übersehen. Die Beschreibung und 7\bbil(lung von r. Ursinii ist aus der Icoii. d. f. it. entlehnt. In der dritten Section, d. h. unter den asiatischen Arten, giebt T. unter dem Namen V. hlrjwtis eine Beschreibuno: und Abbildung, und endlich noch im Nachtrage zur zweiten Section: Afrika, unter dem Namen V. d'asytlivix eine Beschreibung, worin nicht ein einziger Unterschied von den Originalexemplaren von V. Schreihersii, oder auch von den durch T. mitgetheilten Beschreibungen derselben angegeben ist. F". Schreihersii würde danach hier unter vier Namen, in drei Hauptsectionen ver- theilt, an den verschiedensten Punkten der Monographie auf- treten, eine Thatsache, die vielleicht durch eine nicht blofs geographische, sondern zoologisch charakterisirte Vertheilung der Arten vermieden worden wäre. Bei V . auritus ist es unrichtig, dafs das Olir mit einer vorspringenden Längsleiste bis zum Mundwinkel reiche und der Tragus gerade sei. Dafs Plecotus hrevimanus Jenyns zu dieser Art gehört, ist schon durch die englischen Zoologen ausgesprochen; dafs aber T. auch Fl. hrevimajius Bonap, nach den auffallenden Unterschieden eines so genauen Beob- achters mit derselben vereinigt, scheint uns kein Resultat einer sorgfältigen Prüfung der B onap arte sehen Angaben zu sein. T^. comiitus \\'\Yi\ wieder als gute Art aufgeführt, ob- schon aus der frühern F ab ersehen, wie aus der jetzigen Be- schreibung kein einziger specifischer Unterschied von Fl. auritus hervorgeht. Die Maafse stinimen mit den meisten Exemplaren unseres auritus überein. Das Ohr soll von Kör^ perlänge und verhältnifsmäfsig länger sein, als bei auritus, dem aber die von T. selber angegebenen Maafse widersprechen. Die Abw^eichung in der Färbung, die in der Beschreibung sehr dunkel gehalten ist, kann nichts begründen. Wir besitzen Exemplare von sehr verschiedenen und sehr dunklen Nuancen, obwohl keine eigentlich blauschwarzen. — Das Vaterland Nordeuropa ist sehr verallgemeinert, indem bekanntlich nur ein Exemplar in Jütland gefunden ist. Bei V. Natterer i wird in der Beschreibung der Tragus fadenförmig, spitz genannt, aber stumpf und breit gerundet abgebildet, beides gleichweit von der Wirklichkeit entfernt. Dafs im Oberkiefer nur fünf Backzähne vorkommen sollen, ist sicher ein aus der Kuh Ischen Monographie entlehnter Irr- thum, der ebensowohl an den Kuh Ischen Exemplaren selber^ wie an jedem andern Individuum dieser so bestimmt charak- terisirten Art leicht zu berichtigen ist. 10 Von V, Kuhlii wird anfangs das Gebifs richtig ange- geben, der Liickenzahn im Oberkiefer sei vorhanden, aber kaum sichtbar nnd zwischen den anliegenden Zähnen versteckt; dann aber gesagt, er fiele im Alter aus; und zuletzt bemerkt, diese Art sei von Pipistrellus durch Gröfse und Zahl der Zähne zu unterscheiden, was wohl wieder aus der Kuh Ischen Monographie übergegangen ist, jedenfalls aber Schwierigkeiten haben mufs, so lange Kuhlii im Normalzustande diesen Liicken- zahn oben noch nicht verloren hat. Dafs V. Kuhlii übrigens diesen Liickenzahn wirklich verloren hätte, ist uns nie vorge- kommen, obschon wir mit grofser Sorgfalt in Gemeinschaft mit Nathusius viele Exemplare dieser Art, und auch Ori- ginalexemplare von Natterer untersucht haben, an denen die Kuh Ische und Temminksche Angabe sich nicht bewährte. Von V. Savii sagt T., im Widerspruch mit seinen ei- genen Messungen, sie sei gröfser als V. Kuhlii und Pipi- strellus, habe aber eine kleinere Flugweite. Da T. von dieser Art nur ein Exemplar aus Cattaro besitzt, so ist kein Grund vorhanden, warum er die von Bonaparte angegebenen Stand- orte: Pisa, Rom und Sizilien durch Sardinien ersetzt. Ueber P^. Leucippe bemerkt Bon aparte, dafs die schwarzen Ohren fleischfarbene Spitzen hätten, worauf aber wegen der Aufbewahrung in Weingeist nichts zu geben sei; durch ein Mifsverständnifs referirt T., Bonaparle lege auf diese Färbung grofsen Werth, indem sie bei allen Individuen, und sogar noch an Weingeistexemplaren zu beobachten sei. Von /^. Aristippe hält T. für möglich, dafs sie mit Kuhlii zusammenfalle, was bei dem abweichenden Gebifs, der spitzen Schnauze, dem halbelliptischen Tragus, dem bis zur Schnauzenspitze vorragenden Unterarm, und der Färbung der Aristippe nicht leicht möglich ist. F'. J^ispistrellus Bon., die mit /^. Kuhlii nach der Beschreibung identisch ist, wird als gute Art aufgeführt. Demnach würden sich die in der Monographie aufgeführten 28 Arten der ersten Section auf 21 reduciren. Was die Erklärung p. 145, Anmerk. 1. betriflft, dafs alle Abbildungen, die nicht nach dem Leben gezeichnet, nach aus- gestopften Exemplaren angefertigt worden seien, so ist diese dahin zu verbessern, dafs JSycticejus borhonicuSy Nigi'iia 11 und lasiuj'us, P^esperülio emarglnatiis, Barhastellus, auri- tus, muvinus aus Geoffr, Ann. du Mus. J^lll. und F. Ca- paccinii, Ursinü aus Bonap. Icon. d, f. it. etc. etwas sorg- los direkt auf Stein kopirt und demnach umgekehrt wieder- gegeben sind. Ueber Vespertilio aedilis Jenyns. ^espertilio aedilis Jenyns (^Annals of nat. h\st. n. XV, Jpril 1839. p. 73. VII. tah. III.) ist eine von Jenyns nach einem weifsgefärbten ausgestopften Individuum sorgfältig be- schriebene und als neu aufgestellte Art, die mit Dauhentonii verglichen wird, von der sie sich unterscheiden soll: 1) durch spitzere Schnauze; war bei trocknen Exem- plaren, bei denen die Schnauze durchgängig spitzer als bei frischen ist, nicht zu beurtheilen; 2) durch die Gestalt des Tragus. Der Ausschnitt an der Spitze ist wohl zufällig und individuell; wir haben solcher Ausschnitte an beiden Ohren ein und desselben Exem- plars sogar verschiedenartig gefunden. Der Zahn an der Basis ist bei allen vorhanden, obschon meist übersehen, und giebt keinen Unterschied hier; 3) durch Behaarung der Inter femoralhaut. Die von Jenyns angegebenen Körnchen, auf denen die Haare entspringen, sind bei frischen und weniger deutlich auch bei trocknen Exemplaren von Dauhentonii auch zu sehen. Die Maafse stimmen sehr mit V. Dauhentonii, zu der wir glauben, sie in jeder Hinsicht stellen zu müssen. Zu Vespertilio Nathusii. Etwa um Mitte Septembers erhielten wir den V. Na-^ thusii von hier lebendig und haben ihn seit der Zeit gefüttert. Er ist ein interessantes Thier und jetzt schon ganz zahm ge- worden, obschon er anfangs scheu um sich bifs. Besonders scheint es ihm zu gefallen, wenn man ihm auf dem Kopfe kratzt. Abends ist er sehr früh munter und wird dann ge- füttert. An einem Abend frifst er etwa gegen 6 Mehlwürmer und leicht noch ein Dutzend Fliegen, und säuft dann sehr be- gierig von einem Papier oder kleinem Löffel Milch oder Wasser, Nach dem Essen mufs er im Zimmer spazieren fliegen. Im 12 Fluge ist er leicht an seiner Schnelligkeit und den fortwäh- rend auf- und absteigenden Bogen und plötzlichen Seitenwen- dungen zu erkennen und darin von V. Pipistrellus abweichend, den wir nie solche Bogen machen sahen. Er fliegt aufserdem ziendich hoch, obschon nicht so hoch wie /^. auritus und J^. Noctula. Er ist \uec in Braunschweig dicht bei einem Hanse in einem Baue vorgekommen, wo wir mehrmals /^. Dauhen- lonii und P^. Bechsteinü gefunden haben. Aufserdem glauben wir, dem Fluge nach zu schliefsen, ihn auch ziemlich früh Abends in den Strafsen gesehen zu haben. Zu den früher von uns aufgeführten Fundorten: „Berlin und Halle" — ist also noch Braunschweig hinzuzufügen. Zu verbessernde Fehler in uuserm frühern Aufsatze: S. Barlastellus — p. 305, Zeile 18 v. o.: 34 Zähne, statt 32: indem die obern Lückenzähne ausgelassen sind. P. auritus — p. 306^ Zeile 10 v. u. : ungefähr, statt: über. — Zeile 9 V. u. : nicht so lang, statt: nicht halb so lang. F. dasycnemus — p. 312, Zeile 7 v. o.: Schwanz 1'^ 8,5'", statt: i" 10"'. V. discolor — T^.Sii, Zeile 8v.u.: Oberseite, statt: Oberhaut. V. Nathusii — p. 321, Zeile 12 v. u.: 5ter Finger 1" 8,2'", statt: 1" 1,6"'. Ferner p. 300, Zeile 6 v. o. : Leach. statt: Kühl. — p. 300, Zeile 12 v. o.: abweichend, statt: abwesend. — p. 302, Zeile 4 v. u.: einander, statt: minder. 13 Sur uue nouvelle espece du Genre Gynnietre (Gjmnetrus) par Risso. G. Miillerianus Risso. G. corpore griseo plumheo, argentato picto, qiiaiuor acu- leorinn seriehiis in caitda ornato. JLa forme generale de cette espece est ovale -obloiigue, com- primee, remarqnable par son profil frontal coupe en ligne droite corame celui de l'Argyreiose; sa queue est fort longue, deliee, retrecie, 'herissee d'epines comme celle des raies. La plus grande hauteiir aux pectorales est presque la moitie de la longueur du corps depuis les ouies jusqu'ä l'anus, s'amincit ensuite tout-a-coup en se retrecissant jusqu'ä l'extreniite cau- dale. Son epiderme coloree d*un gris de plomb ä nuances argentees et bronzees est couverte sur la region du dos d'es- peces d'ecailles hexagones, tres minces, fortement adherentes, disposees en lignes regulieres, et sur celle de l'abdomen on y voit de petites papilles lenticulaires, qui s'elevent comme d'eruption cutanee en s'aplatissant apres la mort de l'animal. La tete est plus grande, que la troisieme partie du corps: eile est un peu relevee malgre sa compression, et presente l'aspect de celle du Brame castagnole. La maclioire inferieure armee de dents courbes, aigues, s'arrondit en demi-cercle pour joindre la superieure, qui est egalement garnie en dessous de sa levre de six ä liuit dents crochues, isolees ; les intermediaires sont plus longues et plus aigues. La fente de la bouche est ouverte obliquement, arquee vers le haut, fort grande, et tres protractile. La langue est libre, lisse, d'un blanc argentin; chaque palatin est 'herisse d'une rangee de pointes disposees en carde. Les yeux sont grands, situes pres de la nuque. 14 L'iris est noire, entoiire (Yim cercle ronge corail, la prnnelle est oblongue, noirätre, dirigee obliquement vers le crane. Les narines sont situees en dessoiis de ces organes, et affectent une forme arrondie simple, garnies de plusieurs pores trans- parents principalemeiit sur le devant. Les organes operculaires sont osseux, minces, composes d'un opercule triangulaire, pro- fondement sillonne a rayons divergents, il est suivi d'un inter- opercule reniforme, sculpte par de lignes rayonnantes de chaque cote : pres de la est place le preopercule egalement traverse de semblables rayons. L'os maxillaire est ovalaire, assez large, strie par de sutures et rayons diriges de haut en bas, et la plaque situee en dessous de l'oeil est couverte de larges papilles rondes, le tout est colore comme le corps, a nuances variees, qui se refletent en gaze d'or, d'argent, et gorge de pigeon. Les ouies sont tres fendues; la membrane reunie sous l'isthme est large, soutenue par de rayons courbes. L'opercule porte une demi branchie, toutes les autres sont garnies en dessus de faisceaux d'aiguillons. La ligne laterale commence pres de la nuque, flechit jusqu'au dessous de Foeil, s'etend ensuite en ligne droite en parcourant le bas de l'abdomen jusqu'a Fextremite de la queue. Elle est garnie d'une seule rangee de petites pointes jusqu'en dessous de Fanus, oii commencent deux rangees alternes, a- peu-pres egalement distantes au nombre de quarante pointes de chaque cote, lesquelles sont longues, courbees, placees sur tin ecusson solide, strie. La queue commence de suite apres Forifice de Fanus, diminue peu-a-peu, ensuite tout-a-coup jusqu'a la sommite: eile est 'herissee de quatre rangs d'aiguillons crochus, semblables a ceux des rayes et ornee vers son extremite, qui est tres mince d'une tres large membrane deployee en voile bleuätre, soutenue par de rayons simples, accompagnee d'un rayon plus court, isole, plus epais, cartilagineux , bifide, colore d'un beau rouge. La nageoire dorsale commence pres de la nuque renferme 124 rayons simples, garnis a leur base d'epines armees d'un aiguillon; les six premiers sont releves et etendus en lon- gues flammes, soutenus d'une membrane rouge sans tache, tous les autres rayons sont moins developpes, colores d'un 15 beau rouge, exceptes ceux de l'extremite caudale, qui sont teints de bleu noirätre. Les nageoires pectorales sont me- diocres, d'un rouge päJe; les tlioraciques extremement longues sont deliees en longs filaments subtils, d'un rouge corail. Les organes Interieurs different en general tres peu de ceux de ses congeneres. La femelle ne presente d'autres differences, qu'un abdomen plus trapu et de nuances moins vives. N. d, 124. N. p. 14. N. j. 4. N. c. 9. — 2 separes solides, non epineux. M. b. 6. Dimention d'un individu ordinaire. Longueur total 0,740 id. de la bouche aux ouies . . . . 0,110 id. a l'anus 0,290 id. jusqu'a la queue 0,640 Largeur du corps aux pectorales .... 0,13-8 id. vers l'orifice de l'anus 0,074 a l'extremite caudale 0,010 Epaisseur horizontale 0,040 Diametre de l'oeil 0,026 Ouvertüre de la gueule , . . . 0,047 Contractilite de la machoire 0,083 Elevation du premier rayon de la dorsale . 0,117 id. vers le milieu de la dorsale . , . 0,054 Longueur des nageoires pectorales .... 0,044 id. des nag. jugulaires 0,112 id. de la nag. caudale 0,110 Largeur de la nag. caudale 0,130 Remarques. Trois qualites de Gymnetres vivent dans la mer medi- terraüee et frequentent les cotes de Nice. Ce sont l'espece, que j'ai dedie dans le tems au savant auteur de Fhistoire naturelle de poisson successeur de Buffon. Le Gymnetre, que j'ai decrit sous le nom specifique de Baguette si singulier par ses longues nageoires thoraciques solides, qui lui seirvent comme des echasses; et celui, qui fait le sujet de ces obser- vations, qui portera le nom du savant Ichtyologue de B(3rlin, 16 On est vraimeiit etoniie de voir, que foii Bonelli de Turin qiii exaniina dans le tenis ce beau poisson n'ait pas recoimu les caracteres si tranclians des Gymnetres. II est vrai, qu'il le decrivit si mal, et eii donna une figure si mauvaise, qu'il fut Obligo d'en constituer im noiiveaii genre sous le nom de TraclHi)tt're, qui doit etre raye de la science. Ce poisson vit solitaire dans les moyennes profondeurs, s'approche raremeiit des cotes, se nourrit de meduses et de petits poissons, parvient a des belles dinientions: sa natatioii est vive, agile, et sa chair plus consistante que le Gymnetre Lacepede et a long rayon, peut etre niangee sans repugnance. Ueber das Brütorgan der Gattung Hippocanipus. Briefliche Mittheilung an den Herausgeber von Dr. Aug. Krohn. Erlauben Ew. Wohlgeboren, Ihnen eine Beobachtung mit- zutheilen, die ich unlängst an dem Hippocampiis hrevirostris machte. Sie betrifft eine Tasche an der Wurzel des Schwanzes dieses Fisches, die zur Aufnahme und Entwicklung der Eier bestimmt sein möchte. Auf diese Vermuthung wird man zu- nächst geführt, wenn man die übrigen Verwandtschaftverhält- nisse desselben mit Syngnathus berücksichtigt. Bekanntlich springt die Bauchfläche an der Schwanzwurzel sehr stark vor, es bildet eine die übrigen Stellen des Körpers in jeder Di- mension übertreffende hügelförmige Hervorhebung. Hinter den auf diesem Vorsprunge befindlichen Oeffnungen des Afters und des Harn- und Geschlechtsapparates, nimmt man eine ansehn- liche, von zwei wulstigen Lippen begrenzte Verticalspalte wahr. Sie fidirt in eine geräumige Höhle, die die gröfsere hintere Portion des Vorsprunges einnimmt, sich aber aufserdem noch ziemlich weit nacli hinten erstreckt. Sie verengert sich in diesem Verlaufe immer mehr, und endet zuletzt blind. Gegen die Bauchhöhle ist sie durch eine sehnigte Scheidewand ge^ 17 schlössen. Der Hautpanzer reicht nicht über ihre Wandungen. Innen ist die Höhle mit einer weichen, dicken, schwärzlichen und gefäfsreichen Schleimhaut ausgekleidet, deren Färbung wahrscheinlich von einem in die dunkelolivenfarbene Oberhaut übergehenden Epithelium herrührt. Die also gebildete Tasche wäre demnach als eine Einwärtsstülpung der Hautdecken, als ein Hautsack anzusehen. Da die Zeugungsorgane des von mir zergliederten Exemplars sich mir durch sichere Kriterien als Eierstöcke erwiesen haben, so erhielte Rathke's Meinung, wenn sie nicht schon durch Valentin (Repert. Bd. 3, p. 192) bestätigt wäre, dafs nämlich das Brutorgan der Syngnafhen nur den Weibchen zukomme, auch von dieser Seite eine Stütze. Allem Anschein nach ist die Bruttasche des Hippo- Campus ein permanentes, keiner periodischen Evolution oder Involution unterliegendes Organ, wie nach Rathke's Mitthei- lung die der Syngnafhen. — Herr Prof. Bisch off war so gefällig, eines seiner in Weingeist aufbewahrten Seepferdchen für gemeinschaftliche Untersuchung aufzuopfern. Wir über- zeugten uns von der Anwesenheit einer Bruttasche. An den sehr wenig ausgebildeten und zudem schon verdorbenen Zeu- gungsorganen liefs sich jedoch nichts Entscheidendes über das Geschlecht des Individuums darthun. Heidelberg, den 15. August 1839. Wiegm. Archiv. VI. Jahrg. 1. Band. \ Ichthyologische Beiträge zur skandinavischen Fauna von B. Fr. Fries. Aus dem Schwedischen von F. C. H. Creplin. Die Gattung Pleuronectes. Die nordischen Seh ollen -Arten sind so oft der Gegenstand gründlicher Untersuchungen und einzelner monographischen Bearbeitungen gewesen, dafs es ganz überflüssig sein würde, aufs Neue von allen eine Darstellung zu liefern. Ich über- gehe deswegen die meisten, insofern man hinsichtlich ihrer Charaktere und wissenschaftlichen Benennungen übereinstimmt, und will durch diesen Aufsatz die Aufmerksamkeit nur auf einige noch streitige, die w^enigen übrigen betreffenden Punkte richten. Wenn es auf der einen Seite den älteren Schrift- stellern zur Last gelegt werden kann, dafs sie allzu leicht- gläubig Arten von weit entlegenen Oertlichkeiten als identisch betrachteten, sobald sich nur gewisse angenommene Kenn- zeichen, oft von einer minder bezeichnenden Beschaffenheit, bei ihnen gemeinschaftlich fanden, so ist es auf der andern Seite eine Bemerkung, welche mehre der neueren trifft, dafs sie ihre Bedenkliciikeiten wegen Annahme der Identität der Arten zu weit treiben, wenn sich die geringste Verschieden- heit zeigt, oder wenn ältere Beschreibungen etwas unvoll- ständig ausgefallen sind. Das erstere Verfahren hat nicht selten zur Folge gehabt, dafs ein und derselbe Namen mehre, bestimmt verschiedene Arten verdeckt hat, welche an's Licht zu ziehen späteren Forschungen vorbehalten worden ist; durch das Letztere ist ein entgegengesetzter Nachtheil entstanden. 19 nämlich der, dafs eine und dieselbe Art unter mehren, ver- schiedenen Namen aufgetreten ist, welche die Wissenschaft belästigen und verwirren. Beispiele beider Arten, aber be- sonders der letztern, zeigen die Arbeiten, welche wir über die Schollengattung besitzen, und ich will, um zur Befestigung der Nomenclatur beizutragen, jene mit Beifügung eigner An- sichten und der Beweise, welche ich für deren Annehmlich- keit auffinden konnte, darlegen. ä) Fleuronectes Cynoglossus Linn. Von dieser Art kann man wohl sagen, dafs sie seit ihrer Aufstellung unbekannt geblieben ist. Ich habe wenigstens in allen ichthyologischen Schriften, zu welchen ich Zugang ge- habt, nur mifslungene Versuche, sie zu bestimmen, und keine Stelle gefunden, welche auch nur eine Muthmafsung über die rechte Art andeutete, wenn ich blofs eine Aeufserung im Vor- beigehen vom Prof. Reinhardt *) ausnehme, welche zeigt, dafs er anfangs das Verhalten ganz wohl eingesehen habe, ob- gleich er später seine Meinung änderte. Unerklärlich würde es scheinen, dafs Cuvier, durch dessen Scharfsinn so viele andere Arten der älteren Auetoren wieder an's Licht gezogen worden sind, nie dahin kam, eine strengere Untersuchung mit dem Grono vischen Cynoglossus vorzunehmen und ihn in seiner ersten Bedeutung wieder herzustellen, wenn er selbst nämlich Kenntnifs von der Art gehabt hätte, welche, meiner Meinung nach, jenem Namen zum Grunde liegt. Dies mufs nicht der Fall gewesen sein; wenigstens giebt das „Regne animal" keinen Anlafs, es zu glauben. Der Name C/7io^/oi-o 'K^ A A' I Obs. mnume Anim. p. 4d8, N, 14o. I — — Y arellt Hist. of British f „ ? ^ T?- 1, if ctckn I "ola Luv, Fishes, II, p. 227. J — — Thompson^ Annais of Natural Hist. 1838, N. VII, p. 16. Habitat in Mari septentrionali, sinu Codano et in freto Oeresundico. llbique, uti videlur, parvo numero capitur. h) Pleuj'onectes microcephaliis Angl. (PI. microstomus Fah er.') Ich will nun mit einigen Worten die Aufmerksamkeit auf eine andere Art von Platessa Cur. richten, nämlich auf die in die englische Fauna unter dem Namen PI. microcephaliis Don. aufgenommene oder unsern PL inicrostomus Fah er. Keine andere Schollenart hat man wohl so oft als neugefun- den betraclitet, auch keine bis zu dem Grade mit Namen be- lastet, wMi diese. Aber eben defshalb ist es nothwendig, ihre >veitläuIligL' Syuonyrriie zu sannneln und zu ordnen, über welche man sich nur. noch theilweise verständigt hat, so dafs 25 auch wenig ausgemittelt worden ist, welcher von allen ihren Namen vorzugsweise das Recht habe, beibehalten zu werden. Um mit erforderlicher Deutlichkeit eine solche Revision vor- nehmen zu können, wird es nöthig, die Schriften der nordi- schen Schriftsteller, ferner die der englischen und die der französischen alle drei für sich durchzugehn, weil man die Schriftsteller in der That so gruppirt, jeden mit seiner beson- dern Litt^ratur und seiner eignen Nomenclatur, sie unter ein- ander aber ohne Verbindung und ohne Mitwissen, findet. Wir fangen mit der nordischen Abtheilung an, welche uns am näch- sten liegt. In Linne's und Artedi 's Schriften findet man keine Spnr, welche andeutete, dafs die fragliche Art ihnen bekannt gewesen sei; eben so wenig scheint Quensel, welcher im Jahre 1806 in den Verhandlungen der Königl. Schwed. Aka- demie der Wissenschaften seine verdienstvolle Monographie der ihm bekannten, einheimischen Schollen herausgab, von der- selben eine Ahndung gehabt zu haben. Der Erste, welcher die schwedische Fauna mit ihr bereicherte, war Dr. Holl- berg, der sie in den Götheborgs Kongl. Vetensk. och Vitterh. Samh. nya Handlingar, 4tem Theile, (welcher 1821 erschien) unter dem Namen Fleur. Quenselii beschrieb (p. 59.) und abbilden liefs. Es ist merkwürdig genug, dafs dieser Namen nie weiter gelangte oder angenommen ward , da doch gewifs von allen Arten, welche Hol Ib er g beschrieb, keine mehr ver- dient hätte, als diese, bemerkt und angeführt zu werden. Aber das Schicksal wollte, dafs Faber, welcher nachdem als Schrift- steller auftrat, Hollberg's Schriften nicht kennen lernte und Anlafs zu der ziemlich unglücklichen Theilung der Art in zwei gab, in Folge deren es schwer fiel, zu bestimmen, zu welcher derselben man Hollberg citiren sollte; nur hierin kann man wohl die Ursache suchen, aus weicher im Prodromus Ichthyo-^ logiae scandin. ein solches Citat nirgends vorkommt. Ungefähr zu derselben Zeit, in welcher Holiberg seinen Pleur. Quen- selii bekannt gemacht hatte, kam Faber von seiner isländi^ sehen Reise nach Kooenhag-en zurück, und hatte in seinen Samnllungen eine Scholle, die er dann unbeschrieben fand (dafs es Fl. Quetiselil war, wissen wir jetzt); ehe indesseri 26 seine Isländische Ichthyologie*) vollendet ward, wurden im J. 1824 im ersten TheiJe der KongL Diinska Vidensk. Sels- kabs Afhandl. verschiedene zoologische Beiträge vom Bischof Oth. Fabricius veröffentlicht, unter denen die Beschreibung einer neuen Scholle vorkam, welche dort PL Quadridens^^) genannt wird und schon i. J. 1797 bei einem Fischerlager in der Nähe von Kopenhagen aufgefischt worden war. Faber glaubte nun in ihr seine isländische Art wiederzuerkennen und diese wurde denn PL Quadridens Fahr, genannt***) Im Jahre 1827 machte Fab^r seine Reise in den nördlichsten Theil von Jiitland, und ein Resultat derselben war die voll- ständige Monographie der Schollenarten des dänischen Reichs welche in die Isis v. J. 1828, wie eine kurze Uebersicht der- selben Arten in das 14te Heft der Tidskrift for Naturviden- skab aufgenommen wurden, welches letztere in demselben Jahr in Kopenhagen herauskam. In dieser Monographie findet man folgende Veränderungen vorgenommen: a. die isländische Art wird als verschieden von dem Fabricius'schen Quadridens betrachtet, aber als bestimmte Art unter dem Namen PL Qua- dridens Faher aufgenommen (!); b) Dagegen wird die Fa- bricius'sche Benennung in PL microstomus Faher umge- ändert. Das bedeutendste bei dieser ganzen Veränderung, und welches Anleitung zu vieler Verwirrung gegeben hat, w-ar, aus einer einzigen ursprünglichen Art zwei zu bilden, oder, mit andern Worten, aus Fabricius Quadridens oder, was dasselbe ist, HoUberg's Quenselii einen Quadridens Faher und einen microsiomus Faher zu schaffen. Wie fern der Umstand, dafs Faber in der, gleichzeitig mit der Monogra- phie herausgegebenen Uebersicht in der Tidskrift nicht mehr, als die letztgenannte Art aufnimmt und die erstere mit Still- schweigen übergeht, anzeige, dafs er selbst seine Meinung ge- ändert und seinen Theilungs- Versuch schnell aufgegeben habe, lasse ich dahin gestellt seyu; einen PL Quadridens weist in- *) Naturgeschichte der Fische Islands. **) Diese Beiträge mögen, zufolge einer späteren Erklärung von Reinhardt, mehre Jahre früher in der Gesellschaft vorgelesen, aber erst nach Fabricius Todo unter dessen Papieren gefunden und dann publiciri worden seyn. '^') Naturgosch. d. Fische Islands, p. 138. 27 dessen jene Uebersicht nicht auf. Im J. 1829 lieferte Nil sson über jene Faber'sche Monographie eine kurze Recension, welche in seinem zoologischen Jahresbericht für dasselbe Jahr aufgenom- men wurde und in welcher er sich S. 39, beim PL Quctdri- dens Faher, so äufsert: „Wenn dieser isländische Fisch eine von der folgenden skandinavischen (jnicrostomiis) verschiedene Art ausmaclit, so ist er für die Fauna des Nordens neu. Man vergleiche genauer mit ihm die Mare-Flundra der Einwoh- ner Rä (einem Dorfe in Schonen);" Ferner sagt er bei PI. microstomus'. „Diese Art ist durchaus nicht neu! Es ist ge- rade der rechte PI. Cynoglossus L. welcher" u. s. w. Hier- aus erhellt, dafs Nilsson zu jener Zeit nicht mehr, als eine einzige Art, angenommen hat, welche er damals für identisch mit dem Cynoglossus L. ansah, und dafs er erst durch Fa- ber veranlafst wurde, die Existenz der zwei zu vermuthen, die er nachher im Prodromus Ichth. scand. als verschiedene Arten charakterisirt, in welchem jedoch Faber's Quadridens den Linneischen Namen Cynoglossus bekommt und der mi- crostomus unverändert beibehalten wird. Reinhardt hat später mehre Bedenklichkeiten rücksichtlich der beiden Fa- ber'schen Arten geäussert und in einer Recension des Pro- dromus*) sehr gültige Gründe für seine Behauptung aufgeführt, dafs der Fabricius'sche und der Faber'sche PI. Quadri- dens ein und derselbe seyen und sonach auch der Cynoglos- sus und der microstomus JSilss. nur eine einzige Art aus- machen. Diese Ansicht hat später auch Gottsche**) mit seinen Erfahrungen übereinstimmend befunden, doch meint er, dafs sie beide verschiedene Varietäten ausmachen und Mangel an Aufmerksamkeit auf diesen Umstand die entstande- nen Mifsverhältnisse verursacht habe, dazwischen mufs Gott- sche die Namen dieser Scholle noch nicht für zahlreich oder richtig genug augesehen haben, denn er giebt ihr einen neuen latidens. Ziehe ich meine eigenen Untersuchungen zu Rathe, so mufs ich mich auch gegen die Faber'sche Zerstückelung der Art in zwei erklären, kann aber auch die beiden Varietä- ten nach Gottsche nicht als constant betrachten. Sie sind *) Bemerkn. til d, Skand. Ichthyol, *) S. Wiegm. Arch, 1 Jahrg. 5 H. Die Seeland. Pleuronectesarten, 28 nur als die beiden Extreme der Forinveränderung dieser Art anzusehen, welche weder streng charakterisirt werden können, noch mehr, als einer der zwischen ihnen liegenden Uebergangs- grade berechtigt zu sein scheinen, sich als besondere Formen bezeichnen zu lassen. Aus dem nunmehr Dargelegten erglebt sich, dafs der H oll bergische Namen PL puenselil, der älteste der vielen, dieser Schollenart im Norden beigelegten Namen ist, und dafs er also berechtigt sein würde, vorzugsweise vor den anderen angenommen zu werden, in sofern nicht dieselbe Art im Aus- lande schon früher gekannt und beschrieben worden wäre. Ich gehe jetzt zur englischen Litteratur über. In der englischen Fauna finden wir eine Schollenart von allen spätem Ichthyologen aufgenommen und beschrieben un- ter dem Namen PL microcephalus Donov., über deren Identität mit unserem PL QuenseVii oder microstomus nicht der geringste Zweifel entstehen kann. Man vergleiche Do- novan,*) Turton,**) Fleming,***) Yarellf) und Je- iiyns.ff) Der Letzte giebt hierüber auch einen Wink, aber übrigens scheint man in Fngland mit den weitlauftigen Unter- suchungen unbekannt geblieben zu sein, welche die Dänen und Schweden über diese Art veröffentlicht haben. Alle die citirten Schriftsteller nehmen ferner, als synonym mit dem mi- crocephalus, Pennant's iS'mcflr-Dfl& fff) auf; etwas, dafs auch, sollte ich glauben. Jeder, welcher Pennant's Beschrei- bung genau durchlieft, so kurz diese auch ist, billigen wird. Sonach war diese Art schon i. J. 1776 beschrieben, und, wenn wir einiges Vertrauen in Pennant's Citat aus dem Jago setzen, sogar schon im J. 1713. Denn in dem Catalogus pi- scium rariorum von Jago, welcher sich schliefslich in Ray 's Synopsis meth. piscium, p. 162, aufgenommen findet, kommt *) Brit. Fishes, Vol. II, p. 42. ^*) Brit. Fauna, p. 96. ***) Brit. Animals, p. 198. f ) Brit. Fishes, Vol. II, p. 221. -j-J-) Manual of Br. Vertebr. Anim. p. 457. fff ) Brit. Zool. , Vol. 111, p. 202. Bemerke man indessen die Ir- rung und Verwechselung, -welche in den altern Auflagen mit der Fig. vorgefallen sind. 29 eine ganz kurze Beschreibung mit beigefügter Figur vor von einer Art, genannt „Rhombus laevis Coniiibiensis maciilis nigris; a Kitt" welche aller Wahrscheinlichkeit nach sich auf dieselbe Art bezieht, wenn gleich Cuvier bestinimt er- klärt hat, es sei ein PL hirtus,*) welches aber durchaus un- möglich ist. Endlich wenden wir uns nach Frankreich und finden auch dort anfangs bei Duhamel**) unsern Fl. Quenselü oder microcephalus recht deutlich beschrieben unter dem Namen „/a vraie Limandelle " dieselbe Art, welche Cuvier in der zweiten Ausgabe des Regne Animal PL Pola nennt, und über welche die Engländer, dem zufolge, worauf ich oben aufmerk- sam gemacht habe, sich sehr irren, wenn sie sie (diese Pola Cuv.) für denselben, wie den obigen Cynoglossus L., halten, welcher demnach derjenige ist, welcher in der englischen Fauna den Namen Pola bekommen hat. Nach dieser vielleicht etwas zu weitläuftigen Darlegung scheint die in Rede stehende Art bezeichnet werden zu müssen mit dem Namen : Pleuronectes microcephalus Do nov. und charakterisirt: Platessa corpore laevissimo, rictu parvo, maxillis aequalibus; linea laterali supra pinnas pectorales subarcuata, spinaque anali nulla. D. radiis circiter 90. A. 72. Synon: Rhomhus laevis CornulicusP Jago; Raji Sy- nops., p. 162, Fig. 1. Smear-Dah. Pennant, Brit. Zool. III. p. 202 (minima vero Fig. 106.) La vraie Limandelle Duhamel, Traite des Peches, Tom. III, Sect. IX, p. 2e8, Tab. VI, Fig. 3 et 4. Pleuron. microcephalus Donov. , Brit» Fishes, II, Tab. 42. — Quenselü Hollberg, Bohusl. Fiskar i Götheb. Vet. och Vitt. Sällsk. nya Handll., Delen IV, S. 59 (mit Figur.) *) S. Le Regne Animal, Ed. 2. Cuvier 's Worte sind: le Tar- geur {PL hirtus) est le Kitt de ces deux auteurs (Raj. et Pen- nant). U suffit d'un coup d'oeil sur la pl. I, de Raj... poiir s'en convaincre. **) Traite des Peches, Tom. III, Sect. IX, p, 2€8. Tab. VI, Fig. 3 et 4. 30 JPleuron. Quadridens Fabriciiis, Kongl. Daiiske Vidensk. Selsk. Afhandll. Del. 1, p. 39, et Faber, Natiirgesch. d. Fische Isl. p. 138. — Quadridens \ Faber, Naturgesch. d. dänischen — Microstomus f Schollen, Isis, 1828, p. 884 et 886. — Microstomus, Idem. Uebersicht der dänischen Schol- lenarten in: Tidskr. for Naturvidenskab. Bd. V. N. 14, p. 243. — Fola Cuv:, Le Regne Animal, Tom. II, p. 339. — Microcephalus, Flemm : Hist. of Brit. Animals, p. 198, Nr. 106. — Cynoglossus^ Nilsson, Prodrom. Ichthyol, scand. — Microstomus] p. 53. — Microstomus latideus, Gotische, Die Seeland. Pleu- ronectes - Arten; \yiegm. Archiv f. Naturgesch., Jahrg. 1, H. 5, p. 150. — micr ocephalus Jenyns, Manual, 457. Yarrell, Brit. Fishes, II, p. 221. Habitat in Oceano Atlantico ad oras Islandicas, in mari septentrionali, sinn Codano et freto Oeresundico haud raro. c) Fleuronectes Linguatula Linn. Diefs ist nun der einzige noch übrise Linneische Na- men bei den europäischen Schollen, welchen man noch mit keiner Wahrscheinlichkeit auf die ursprüngliche Art, welcher Linne ihn beilegte, hat zurückführen können. Aber solclie unerklärte, von dem Vater der jetzt gebräuchlichen Nomen- clatur ausgegangene Namen liegen der Wissenschaft zur Last, indem sie, gleich dem Bodensatz in einer Flüssigkeit, durch das mindeste Aufrühren in dieser aufsteigen und sie trüben. Defshalb mag man es sich ajigelegen seyn lassen, ihnen nach- zuforschen und ihre Bedeutung an den Tag zu legen; denn, so lange, als diese nicht hinlänglich erklärt ist, ist es eben so unmöglich, jene Namen zu unterdrücken und zu tilgen, als sie an ihre rechte Stelle zu setzen. Wiewohl ich nicht im Stande bin, jetzt die Frage selber beantworten zu können, welche Art Linne's PL Lingua- lula sei, so ist es doch meine Ueberzeugung, dafs sie sich ganz wohl beantworten lasse, wefshalb keine Erläuterungen, 31 flie auf den richtigen Weg leiten können, unnütz seyn dürf- ten. Für's Erste darf man sich gar nicht durch die nordischen Ichthyologen irren lassen, welche nach Linne den Namen Linguatula aufgenommen haben, indem sie mehr, als wahr- scheinlich, jenen Namen in einer ganz andern Bedeutung d. i. für eine ganz andere Art genommen haben. Es kann uns auch für die Beantwortung der Frage ganz gleichgültig seyn, zu wissen, welche Art Linne's Nachfolger Linguatula ge- nannt haben; dagegen ist es uns um so wichtiger, zu erfahren, was seine Vorgänger unter derselben verstanden haben. Es verhält sich nämlich mit Linguatula so, wie ich oben gezeigt habe, dafs es sich mit Cynoglossus verhalte — einer Art, welche Linne selbst weder gesehn noch gekannt hat, sondern die nur und allein auf die Autorität Anderer aufgenommen und benannt worden ist. Diese Auctorität ist hier dieselbe gewesen, welche Linne immer geehrt hat, — Artedi's. Die Art sonach, welche Artedi in den Genera unter seiner Dia- gnose mit Pleuron. Oculis a dextra, ano ad latus sinistrum, dentibus acutis, bezeichnet hat, mufs auch die Linneische seyn. Welche ist mm die Artedische? Darüber geben seine eignen Worte keine zureichende Erläuterung; nur die, dafs man aus ihnen sehr deutlich ersieht, Artedi habe die Art nicht gesehen und gekannt, sondern sie blofs nach W^illough- by's Auctorität aufgeführt. Schlägt man deswegen des Letztern Hist. Piscium, p. 101, nach, so findet man unter der Rubrik „Linguatula Romae, Pola Bellonii etc." eine Beschreibung Willoughby's selbst von einer Schollenart, welche er von Rom erhalten hatte, und welche offenbar von Artedi gemeint worden seyn mufs, indem die von ihm festgesetzte Diagnose ein Auszug jener Beschreibung ist.*) Die ganze Untersuchung beschränkt sich demzufolge blofs darauf, dafs man zu bestim- men suche, welche Art es sei, die Willoughby's Beschrei- bung zum Grunde liege, weil diese und keine andere Art be- rechtigt ist, einst den Namen Linguatula zu führen. Diese *) Es bleibt für die Folge die besondere Frage zu beantworten, wie fern Willoughby's Liiiguatula Romae wirklich, wie er es ftir abgemacht angenommen hat, die Pola Bellonii sei. Bekanntlich soll die letztere, nach Cuvier, eine »S'o/e« seyn. S. Le Regne Animal, 32 Untersuchung mufs ich einem Ichthyologen am Mittelmeere überlassen, welchem es keine besondere Schwierigkeit verur- sachen dürfte, die nöthige Aufklärung zu verschaffen. Für uns reicht es hin, zu wifsen, dafs Linguatula ein Name ist, welcher keiner nordischen Art zukommen und sonach in un- serer Fauna keinen Platz finden kann. d) Pleuronectes Cardina Cuv. Von den sogenannten Butten {Rhombus Cuv.) hat un- sere Fauna bisher nur eine einzige Art mit bewimperten Schuppen aufzuweisen gehabt, oder diejenige, welche Bloch*) zuerst unter dem Namen PL punctatus veröffentlichte und Abildgaard**) ein Jahr danach ausführlicher und weit ge- nauer unter einem neuen Namen {PI hirtus) in der Vermu- thung beschrieb, dafs beide specifisch verschieden wären. Dafs aber diese beiden Namen ein und derselben Art zugetheilt wären, hielt schon A. I. Retzius***) für wahrscheinlich, und dafs dies richtig sei, ist später nicht allein von allen schwedischen und dänischen Ichthyologen, sondern auch von Cuvierf) bestätigt worden, welche sämmtlich beide Namen, als synonym, aufnehmen. Ganz kürzlich haben jedoch zwei verdiente englische Ichthyologen, Jenyns und Yarrell, wie- der die ältere Abildgaardische Meinung, als die richtige aufgenommen und suchen die beiden Arten, welche ihrer An- sicht nach, mit einander vermengt worden sind, genauer zu unterscheiden und zu charakterisiren. Die eine derselben nehmen sie als „Bloch's Topknot" {Rh. punctatus), die andere als „Müller's Topknot" {Rh. hirtus) auf. ff) Diese beiden einander entgegengesetzten Ansichten lassen sich jedoch ziemlich leicht erklären. Während eines Aufenthaltes in den Bohuslän'schen Schee- ^)' Naturgesch. d. ausl. Fische, III, p. 31, Tab. 189. ''*) Zoologia danica, Tab. 103. ***^ Fauna suecica, p. 333 t) Le Regne Animal, II, p.341. ff) Müller ist ganz ohne Grund bei diesem Namen citirt wor- den, welcher mit Recht Abildgaard angehört, wenn er gleich in Müller's Zoologia danica bekannt gemacht worden ist; aber in der Fortsetzung des Werks, Mclche nach Müller's Tode herauskam. 33 ren führte ein glücklicher Zufall mir einige Exemplare einer kleinen, aber sehr hübschen Schollenart in die Hände, welche ich früher nie gesehen hatte, in welcher ich aber bald die Art erkannte, welche die genannten englischen Schriftsteller als „Bloches Topknot" beschrieben haben. Dieser interes- sante Fund^) zeigte auf der einen Seite, dafs die Art unstrei- tig von hirtus Ah. verschieden, aber auf der andern, dafs sie eben so verschieden vom punctatus Bl. ist, welchen letztern Namen sie demnach unter keiner Bedingung bekommen kann. Dafs Bloches punctatus in der That kein anderer, als Abiidgaard's Inrtus ist, zeigt die Figur recht deutlich, trotz aller ihrer Mängel; und als einen solchen mufs man den Zu- satz des Künstlers betrachten, die Bauch- und Afterflos- sen frei und nicht verwachsen darzustellen, woraus natürlich die Engländer Anlafs zu ihrer Vermuthung geschöpft haben. Schon acht Jahre vorher, ehe Bloch seinen punctatus bekannt machte, hatte Duhamel die beiden von den Englän- dern nachher beschriebenen „Topknots" sehr wohl unter- schieden; davon zeugen seine in Wahrheit meisterhaften Ab- bildungen dieser Arten, der einen mit der Unterschrift „Grosse Plie ou Targeur," der andern „La petite Limandelle ou Calimande royale." Zu der letztern hat er auch eine Beschreibung geliefert. Dafs die erstere identisch mit dem so oft genannten hirtus und punctatus sei, hat schon Cuvier bemerkt, und dafs die letztere, welche Cuvier nachher Rh. Cardina benannt hat, identisch mit nicht allein der kleinen, oben erwähnten Schollenart aus Bohuslän, sondern auch mit dem von Jenyns und Yarrell beschriebenen „Bloch 's Topknot" sei, ist meine Behauptung, obgleich Jenyns auch hier eine entgegengesetzte Ansicht blicken lassen, indem er unter die Synonyme zu seinem Rh. Megastoma den R7i. Cardina Cuv. aufgenommen hat. Was den letztern Punkt betrifft, so scheint Cuvier dazu selbst Anlafs gegeben zu ha- '^) Dieser neue Ankömmling in unserer Fauna wurde zuerst vom Hrn. Silfversvärd entdeckt, welcher sich sehr bereitwillig dem Einsammeln mit unterzog. Alle die Exemplare, (5 an der Zahl) welche ich erhielt, wurden durch den Grundhamen heraufgeholt, wel- chen wir in der Tiefe nach kleineren Seethieren herumzogen. Den Fischern war diese Scholle unbekannt. Wiegm, Archiv. VI. Jalirg. 1 Band. 3 34 hon, «1:^ er als synonym mit seinem Rh. Cardina den von Jago gezeiclineten „Whiff" citirt hat, welcher eigentlich nach der Ansicht der Engländer als besondere Art, nämlich als die von ihnen unter dem Namen Megastoma aufgenommene, an- zusehen seyn dürfte. Dieser PL Cardina, oder, wie wir ihn auf Schwedisch nennen könnten, Smä-Hvar (Klein -Butt), ist von allen bis jetzt bekannten Schollenarten die kleinste. Duhamel spricht zwar von Exemplaren an der französischen Küste, welche 9 Zoll lang gewesen seien; aber das gröfste, welches ich an- getroffen habe, mafs nur 5 Zoll, und die englischen haben 5^ gemessen. Da sowohl eine Abbildung, als eine Beschreibung dieser Art bald in dem iconographischen Werke, welches ich mit C. U. Ekström und W. v. Wright gemeinschaftlich herausgebe, erscheinen werden, so will ich mich hier auf eine Aufstellung der Diagnosen und der Synonymie der beiden verwandten Arten beschränken. Plenronecfes hirtus Abildg. — Rhombus corpore su- pra squamis ciliatis, subtus laevibus; pinnis ventralibus analique coalitis; radiis pinnae dorsalis anticis nee discretis, nee longioribus. Synon.: Pennant, Brit. Zool., Vol. III, Tab. 41, N. 106, (errore sub nom. „Sinear-Dah.'') Grosse File ou Targeur, Duhamel, Trait. d. P., Vol. III, Sect. IX, Tab.V, Fig. 4. PL punclatus, Bloch, Naturgesch. d. ausl. F., Tab. 189, Th. III, p. 31 (excius. synon.) — hirlns Abildg.. Zool. dan. Tab. 103, Vol. III, p. 36. — — Retz. Fn sv. p. 333, Nr. 65. Le Targeur Cuv. Regne An., II, p. 341 (sed minime ci- tat. „Kitt des Anglais'" quod ad PL microccphahnn pertinet.) PL hirtus, Nilss., Prodr. Ichth. sc, p. 59. ^eugopterus hirtus Gottsche 1. supra cit. p. 178. PL hirtus Jenylis, Man., p. 463; Yarrell, Brit. Fi- sbes, II, p. 243. Pleuronectes cardina Cuv. — R h o m b u s corpore oval i, supra subtusque squamis ciliatis; pinnis ventralibus discre- 35 tis; radiis pinnae dorsalis anticis sequentibiis longioribus, apice discretis, siuiplicibus. Synon: La petltc LwicmdeUe Dufiam., Trait. d. peches, III, Sect. IX, p. 270, Tab. VI, Fig. 5. PL punctatus Flem. Wern. Mem. Vol. II, p. 241 ; — Philos. Zool., Tab. III, Fig. 2; — Brit. Anim.,, p. 196. (Synonym. Blochü, Uauiner exclusis). — Cardina Ciiv., Le Regne Anim., II, p. 341. — punctatus Jenyns, Man., p. 462; Yarrell, Brit. Fishes, II, p. 247. Ueber die Lebenskraft der Eiugeweidewürmer von Dr. C. Ed. M i r a m. Docenten der Zoologie und vergl. Anatomie mid Prosector an der Kaiserl. Medicinisch- Chir. Academie zu Wilna. Von den kaltbliitigen Wirbelthieren und namentlich von den Amphibie]! ist es bekannt, dafs sie Jahre lang in einem, dem Tode ähnlichen Zustande zubringen können; Kröten, in Granitblöcken eingeschlossen, wo sie weder Luft noch Nah- rung erhielten, lagen erstarrt eine unendliche Zeit, lebten aber, sobald sie der Luft ausgesetzt wurden, wieder auf. Man könnte diesen todartigen Zustand eine Erstarrung, gleichsam einen verlängerten \VinterschIaf nennen, denn das Leben ist nicht gänzlich dem Körper gewichen und dieser ist auch unverändert geblieben oder höchstens nur etwas zusammengefallen. Die wirbellosen Thiere scheinen, hinsichtlich der Lebens- kraft, auf einer viel höhern Stufe zu stehen; werden sie der zum Leben nöthigen Bedürfnisse, namentlich des Wassers, be- raubt, so schrumpfen sie gänzlich zusammen und trocknen vollkommen aus, lassen sich aber doch, wenn sie nach länge- rer oder kürzerer Zeit günstigen Einflüssen ausgesetzt werden, wieder in's Leben bringen — Wem sind nicht die merkwür- • 3* 36 r (iatt(nig Polypheini/s zusamuionfaf'^te, da diese sowohl dtiirl, die cigenthümliche Form der Columelle, als in- sonderheit i\urd\ dcu zweilappigen llüssel des Thicrcs sich unterscheiden. 39 Ich folge daher im Ganzen der uohl ausgeführten An- sicht von Deshayes, welcher die Lamarckschen Gattungen Jichafina und Hiiluniis wieder vereinigt wissen will, und durch anatomische Gründe nachweist, (Lau>. VIII, p. 14.) dafs sie nicht mit Helix zusammenfallen können; was aber die von demselben scharfsinnigen Forscher ausgesprocliene Mei- nung betrifft, dafs ebensowohl Claus'dia und Fupa zu verei- nigen seyen, so kann ich mich mit dieser durchaus nicht ein- verstanden erklären. Ich sehe vielmehr gar keinen Grund, das Draparnaud'sche Genus Pitpa \oi\ Bulimus zu trennen. Bei den europäischen Arten, welche Draparnaud beschrieb, zeigten sich allerdings einige konstante Kennzeichen, welche diese Trennung zu rechtfertigen schienen, aber wie viele Ar- ten haben wir seitdem kennen gelernt, welche die frühe- ren Gattungscharaktere als unzureichend kennen gelehrt ha- ben, und daher bald zu der einen, bald zii der andern von diesen Gattungen gerechnet worden sind. In der That weifs ich jetzt kein einziges Unterscheidungsmerkmal zwischen bei- den. Die Thiere sind sich völlig gleich, die Form ist bei beiden mehr oder weniger zylinder- oder eiförmig und der Mundsaum unzusammenhängend. Was bleibt also übrig? Die Form der Mündung? Oder die Falten und Zähne derselben? Die Gestalt der Columelle? Für alle diese Kennzeichen liefert das F e r u s s a c'sche Genus Partula oder S w a i n s o n s Acha- ünella die deutlichsten üebergangsformen. Sollen die Zähne und Falten der Mündung dc\s Hauptkennzeichen seyn, wie z. B. Menke anzunehmen scheint, da er den altbekannten Bu- limus Pupa zu den Pupen herüberzieht? Aber wie viele ge- zähnte Arten zählen wir jetzt, der Analogie mit Helix fol- gend, ohne Bedenken zu Bulimus, während wir z.B. Fupa ohtusa nicht dahin rechneten. Bei der ungemein schwierigen Gruppe der grofsen aufsereuropäischen Pupen sind i\\Q Zähne der Mündung und die Falte der Spindel ein sehr unzuverläs- siges Zeichen: bald sind sie vorhanden, bald fehlen sie; Fupa sulcata ist ganz zahnlos. Dagegen ist die grofse Verwandt- schaft dieser Gruppe mit dem Bulimus lahiosus^) Br. un- *") Desh. Nr. 130. Diese ausgezeichnete Art, die von Deshayes nur nach Müll er 's trefflicher Beschreibmig aufgenommen ist, bo- 40 verkennhar, und dieser kann wieder ebensowenig von BuU- mus faha Besh. {Partula australis Fer.) getrennt werden, als letzterer von Bul aegotis Mite QAuricula Sileni Lajn.)j Bulimus citrinus und den übrigen ächten Bulimusarten (nach Draparnaud's Begriff!). Ueberhaupt liegt der sicherste Be- weis, dafs eine Gattung falsch aufgestellt sey, darin, wenn mehrere Arten derselben aus einer in die andere herumge- worfen worden, oder wenn man sich überhaupt nicht zu ent- scheiden weifs, zu welcher man eine vorliegende Art zäh- len soll. — Aus allen diesen Gründen glaube ich die Gattung Viipa Dr. ganz verwerfen und die Arten derselben bei Bulimus ein- ordnen zu müssen. Dagegen bleibt mir die Gattung Clausi- Ua nach ihrer alten Draparnaud'schen Charakteristik unan- tastbar stehen. Wäre auch gar kein anderes Unterscheidungs- zeichen vorJianden, so würde das Clausilium, ein offenbar dem Opercidum vieler Molluskengattungen analoger Theil, allein zur Begründung des Genus hinreichen, und wenn wir dieses mit Draparnaud's kurzen Worten so definiren: „Testa fu- si/onnis; peristoma continuum ohiongum; clausilium/'' — so haben wir ein scharf abgeschlossenes Ganze. Ausgeschlos- sen mufs dann freilich werden ein Theil der nach Drapar- iiaud dieser Gattung zugezählten Arten (denen zu Gefallen Lamark (ed. Desh. VIII. p. 295.) sagt; ce nom fut d'abord significatif!), nämlich 1) alle, welche keinen zusammenhängen- den Mundsaum, und 2) diejenigen, welche zwar einen kreis- förmigen zusammenhängenden Mundsaum, aber kein Clausi- lium haben. Von den ersteren mache ich nur namhaft die Clausil exesa Spix (Desh. Nr. 39.) und Turton's Baha fragilis, die zwar von Draparnaud, Nilsson und |La- marck als Fupa, aber von Studer, C. Pfeiffer (Bd. III.) und Menke als ClausiUa angeführt wird. Beide müssen mit der (Gattung Bupa in die Reihe der Bulimusarten treten. Zur zweiten Rubrik gehören Lamarck's und Deshayes Arten Nr 2, (J, 4()^ 41^ 42, 43. Da aber alle diese wegen sitzo irh. Sio ist bei Chemnitz (IX. 12:M.) vollkommert treu abee- bildet, aber die fragweise citirte Abbildung bei Gualtieri (T. 4. K.) gehört par nicht hierher, sondern zu der Art, welche Blainville (MalacoJ. t. 39. f. 5. a) als Papa Mimia abbildet. 41 dos regelmäfsig geschlossenen Mundsaumes zu keiner der übri- gen Gattungen aus der Familie der Heliceen gezählt, wegen der Beschaffenheit des Thieres aber noch viel weniger an- derswo untergebracht werden können, so halte ich dafür, dafs sie ein gutes Genus für sich bilden, und schlage für dieses den Namen Cylindrella vor, ein Name, welcher auf die Form aller bekannten Arten zunächst hindeutet, modificirt durch die bei den Molluskengattungen schon gebräuchliche Endigung. Die Charakteristik dieser neuen Gattung würdet fol- gende seyn; Cylindrella L. Pfr. — Animal helidfonne. — Te- sta suhcylindr^acea , imperforata, multispirata, saepe triin- cata. Teristoma continuum suborhiculare. Operculum vel clausilium nidlum. Alle bisher bekannten Arten sind auf den westindischen Inseln heimisch, und ich selbst habe auf Cuba vier deutlich verschiedene Arten aufgefunden, wovon zwei schon von Fe- russac beschrieben und abgebildet sind (IJelix Cochlodina perplicata und subulci), die beiden anderen neu seyn dürften. Die letzteren sind von mir in diesem Archiv (Jahr. V. I. S.353.) initer dem Namen Clausula elegans und crispula vorläufig be- schrieben worden. — Auffallend erscheint es, dafs alle mir be- kannten cubanischen Cyclostomen, immer trunkirt sind, d. h. die Spitze in einem gewissen Alter abwerfen und die offene Stelle wieder verschliefsen. Fast alle bekannten Arten sind rechts- gewunden, und man wäre wohl berechtigt, dies als Gattungs- kennzeichen mitaufzunehmen, wenn nicht Chemnitz's Tiirho elongatus von Jamaika {ClausiUa Chemjiitziana Desh.^ nach der Abbildung (Chemn. IX, f. 956) und klaren Beschreibung linksgewunden wäre. Uebrigens steht diese Art meiner Cyl. elegans im ganzen Ilahiiiis so nahe, dafs man wohl mit Be- stimmtheit annehmen kann, sie habe ebenfalls kein Clausilium, und gehöre zu der neuen Gattung, deren bis jetzt bekannte Arten demnach folgende sind: 1. Cylindrella gracilicollis (Clnusilia truncatula Lam,2.) 2. — collaris (^Claus. collaris Lam. 9.) 3. — antiper versa ( Claus, antiperversa Desh. 40.) 4. — suhula (Claus, suhula Desh. 41.) 5. — perplicata {Claus, perplicata Desh. 42.) 42 6. Cylindrella Chcmnitziaua (Claus. Chemnitziana Desh. 43.) 7. — elcgans Pfi\\ Claus lila L. Pfeiffer in 8. — ciispula P/r.j Wgm. Ar. J. V. B. 1. p. 353. 9. — P torllcollls {Clausula tortlcollis Lam. 1.) Die fünf ersten von diesen Arten sind von Ferussac auf der lG3sten Tafel abgebildet, und werden von ihm zu der Untergattung Cochlodlna gerechnet. Rofsmäfsler nennt sie (Iconographie II. 2. S. 13.) „langhalsige Pupae," woliin auch Sowerby (Genera of shells) einige hierher gehörige Arten zäldt. — Ob Clausllla tortlcollis Lam. von Candia zu Cy- lindrella zu zählen sey, wage ich nicht zu entscheiden, da mir die Art unbekannt, die Abbildung jetzt nicht zugänglich und die Beschreibung zu mangelhaft, namentlich in Hinsicht der IMundöffnung, ist. Doch spricht Vieles dafür. — Nach dem bisher Gesagten scheint es mir zweckmäfsig, die Familie der Ileliceen in folgende. Gattungen einzutheileni 1. Vltrlna 2. Hellcophajita 3. Succlnea 4. Ilellx (mit Carocolla und Anostoma Lam.) 5. Bulimus (mit Achailna Lim., Pupa Dr.-, Fartula Fer. und Megasplra Lea). 6. Vertis:o 7. Cylindrella 8. Clausllla i). Polyphemus Montf. Der Charakter, welchen alle mit den Limaceen gemein hallen, und wodurch sie sich von den folgenden Ordnungen unterscheiden, sind die retraktilen, an der Spitze mit Augen versehenen Fühler, und die einzelnen Gattungen scheinen mir mir auf diese Weise nach richtigen Princij)ien hinreichend be- gründest werden zu können. Vielleicht müssen indessen nach dor IJeschaffonheit des Thieres noch einige Veränderungen Statt finden, wie mich hauptsächlich die Beobachtung lebender Exemplare von Bulimus haemaslomus vermulhen läfst. Fortpflanzung der Ringeltanbe in der Gefangenschaft, mitgetheilt von StaiL Konst. v. Siemuszowa-Pietruski. VV enn man die Sitten und Lebensweise der Ringeltauben aufmerksam betrachtet, so scheint es eine rein unmögliche Sache zu sein, diese von Natur so scheuen und wilden Vö- gel bis zur Fortpflanzung im Zimmer zu bringen. Die mei- sten Ornithologen haben es als unausführbar erklärt, und die- jenigen Taubenliebhaber, welche über diesen Gegenstand Er- fahrungen machten, wurden fast immer am Ende entmuthigt und konnten die Sache nie bis zum erwünschten Ziele bringen. In der Encyclopedie methodique des sciences et des Arts Sect. Ornithologie liest man bei der Naturgeschichte der Ringeltaube mit Vergnügen die darüber gemachten, aber leider fruchtlosen Versuche. Im Cabinet des Thierreichs von Prideaux-Selby, deutsch bearbeitet von Hrn. Friedrich Treitschke, wird zwar ein Fall erzählt, in welchem man es in England mit der Zähmung der Ringeltauben so weit gebracht habe, dafs ein Paar dersel- ben in einem, Gebüsch eines Vogelhauses der zoologischen Gesellschaft im Jahre 1834 ein Nest baute und auf 2 Eiern brütete; doch kamen die Jungen nicht aus, obwohl diese Tau- ben in einem halbwilden Zustande erzogen waren, indem sie frische Luft und Gesträuche hatten. Die Herausgeber der vortrefflichen Monographie des Pi- geons, Boitard und Corbie, haben diesen schönen Tauben ihrer \Yildheit und Unbändigkeit wegen, nicht einmal ein Plätz- chen in ihrem Werkte einräumen wollen, obgleich sie bei der 44 . Abstaiuiiiung der Tauben zu beweisen suclien , dals die an Farbe und Gestalt so niannichfaltigen und von einander so verscliiedeneu Haustauben rassen aus der Mischung der Felsen- Holz -Ringel- und Turteltaube entstanden sind. Ohne mich in Hypothesen über die Abstammung der Haus- tauben, diesen so vielmals besprochenen, doch immer sehr zweifelhaften Punkt, einzulassen, theile ich meine lieobachtun- gen über das Brüten der Ringeltaube in der Gefangenschaft mit, und hoffe dafs sie sowohl den eigentlichen Ornithologen, als den Taubenliebhaber interressiren werden. Ich besitze ge- genwärtig 4 Ringeltauben, worunter sich ein sehr schönes, bey mir erzogenes Miinnchen befindet. Im Winter halte ich sie mit meinen andern Haustauben in einem Vorzimmer meiner Wohnung, welches, da es von draufsen nur eine Gitterwand hat, allen Veränderungen der Luft ausgesetzt ist. Sie leben hier mit andern Tauben sehr friedlich und befinden sich wohl, obgleich manchmal im Taubenschlage eine Kälte von 20 Gra- den herrscht. Im Februar des ersten Jahres (1835) merkte ich, dafs mein Tauber von der hochköpfigen Gattung (^Columba palmnhiis Brelnri) mit einem anhaltenden kläglichen Rucksen sein Weibchen zum Nisten lockte. Dieses blieb nicht lange gefühllos. Es erfolgten dann die zärtlichsten Liebkosungen luid endlich das Nisten selbst, welches recht emsig von stat- ten ging', doch weiter konnte ich sie dieses Jahr nicht brin- gen, entweder weil sie noch zu jung waren oder weil sie un- ter andern Tauben keine genügende Ruhe geniefsen konnten; kurz zum Eierlegen kam es in diesem Jahre nicht. Ich besafs auch damals ein paar plattköpfiger Ringeltauben (CoZ. i07'- fjuata Brehm.). Da diese aber gestutzte Flügel hatten, so zeigten sie auch keine Begierde zum Nisten. Im März des folgenden Jahres 1836 liefs ich meinen hoch- köi)figen Tauber mit einer plattköpfigen Taube (das hoch- köplige Weibchen ist mir im Winter zu Grunde gegangen) in ein kleines ganz abgesondertes Zimmer hiiu/ui. Hier paar- ten sie sicli sogleich und nisteten in einem zu diesem Zwecke liir sie bestinunton Kasten. Am 20. März sah ich die erste Bogaltung, welche von nun an täglich in den Nachmittagsstun- iU'ii wi.'d.Tholt wurde. Der Tauber ruckste zu «lieser Zeit Tag und Nacht so flinlsig und mit einer so angenehmen Stimme, 45 iiafs man ilim nie genug zuhören konnte. Am 2. April legte die Taube um 5 Uhr Nachmittags das erste Ei, und am 3teii Tage darauf das zweite. Jetzt kam aber wieder eine Schwie- rigkeit, die ich nicht voraussetzen konnte. Brüten wollte sie auf keinen Fall. Ich nahm daher die frisch gelegten Eier weg und legte sie einer Kropftaube zum Bebrüten unter. Aml7ten Tage kamen auch die Jungen wirklich aus, ihre Pflegemutter bedeckte und fütterte sie aufs sorgfältigste, allein ungeachtet aller Pflege starben alle den 4ten Tag nach ihrer Geburt. Als ich die Kröpfe dieser Jungen untersuchte, fand ich sie reich- lich mit Nahrung versorgt. Aus Hunger starben sie also ge- wifs nicht, wohl aber aus Mangel an zweckmäfsiger Nahrung. Dieses führte mich auf den Gedanken, dafs vielleicht die sal- zige breyartige Substanz womit die Ringeltauben ihre Jungen füttern, anders beschaffen ist als die unsrer Haustauben. Diese Muthmafsung zeigte sich in der Folge nur allzugegründet. In 18 Tagen nach dem ersten Eierlegen legte die Ringeltaube wiederum 2 Eier und verliefs sie- abermals, nachdem sie 5 Tage auf denselben gesessen. Ich legte sie einer Pfauentaube un- ter. Es kam nur ein Junges aus und dieses lebte nur 4 Tage. Nach dem Tode wurde der Kropf wie früher untersucht, und ich fand darin die käseartige salzige Substanz gänzlich in Fäul- nifs gerathen, ein sicherer Beweis, dafs es dieselbe nicht ver- dauen konnte. Jetzt war ich von der Wirklichkeit meiner Muthmafsung vollkommen überzeugt. Das 3te Mal legte noch die Taube Eier, allein diese waren unbefruchtet. Während dieses geschah, machte ich an dem übrig gebliebenen Ringel- tauber eine weit interessantere Erfahrung. Dieser blieb, nach- dem ich sein Weibchen dem hochköpfigen gab, unter andern Haustauben allein im Schlage. Im May desselben Jahres merkte ich, dafs dieser Tauber zu einer aschgrauen Kropf- taube viele Neigung zeigte. Als ich dieses gewahr wurde, nahm ich beide Vögel aus dem Schlage heraus, und steckte sie in einen geräumigen Behälter. Hier nisteten sie nach Wunsche. Die Begattung ging auch wirklich von Statten. Das Weibchen legte auch Eier, allein diese waren unbefruch- tet. Mit Annäherung des Herbstes endigten sich auch meine Erfahrungen, welche obgleich ohne erwünschten Erfolg, doch immer interessant genug für mich ausfielen, um mich zur Aus- 46 (lauer zu ermuntern. Ich steckte meine Tauben in den Tau- benschlag mit dem festen Vorsatze, meine Beobachtungen aufs künftige Jahr weiter fortzusetzen. Endlich kam der erwünschte Frühling. Das Ringeltaubenpaar wurde wie gewöhnlich in das für sie bestimmte Zimmer, und der Ringeltauber mit seiner Kropftaube in den Käfig gesetzt. Beide Paare nisteten und le"-ten Eier. Die Ringeltaube bebrütete aber diefsmal die ih- rigcn fleifsig. Es kam ein Junges aus, welches zu meiner gröfsten Freude von beiden Eltern grofsgefüttert wurde. Was, die Kropftaube anbelangt, so legte sie zwar viele Eier, leider kam kein einziges Junges aus. — Bei dieser Gelegenheit bitte ich die Herrn Naturforscher und Taubenliebhaber auch ihrer- seits Erfahrungen über das Brüten der Ringeltaube in der Ge- fangenschaft zu machen, freilich erfordert es viel Mühe und Geduld, doch wird man am Ende belohnt. Ich bin wenigstens überzeugt, dafs sich diese schöne und grofse Taubengattung bei gehöriger Behandlung so wie die Haustaube vermehren würde, und es ist wirklich der Mühe werth. Ihre schlanke Ge- stalt, ihre ansehnliche Gröfse^ und ihr schönes Gefieder erhe- ben sie über viele Haustaubenrassen, das viel zartere und bes- sere Fleisch der Jungen giebt ihnen sogar in diätetischer und ökonomischer Hinsicht den Vorzug. Neue Beiträge zur Erläuterung und endliclien Erledigung der Streitfrage über Tur und Zubr, (Urus und Bison) von , G. G. Pusch in Warschau. jVleiiie als Anhang zur Paläontologie von Polen edirte Ab- handlung: Zur Geschichte der Auer-Ochsen hat in der gelehrten Welt einige Anerkennung gefunden, aber auch Wi- derspruch hervorgerufen, der mir selbst nur erwünscht sein kann, da nur auf solche Art, nur durch mehrseitige Kritik die endliche Ermittelung der Wahrheit gehofft werden darf. Ich habe in jener Abhandlung die von Cuvier ausgegangene, später auch von Hrn. von Brinken und Eichwald ange- nommene und vertheidigte Ansicht in Uebereinstimmung mit Bojanus und Jarocki zu wiederlegen gesucht, als hätten in den Wäldern von Litthauen und Polen, selbst bis in die Mitte des ITten Jahrhunderts, zwei verschiedene wilde Stierarten neben einander gelebt, der noch heute durch Regierungsschutz vorhandene Ziibr oder Auerochse und ein anderer jetzt aus- gestorbener, der nach der Meinung verschiedener Schriftsteller in Polen den Nazwen Tur geführt habe, die wilde Stammart unseres zahmen Rindviehs gewesen sey und dessen fossile Ue- berreste in Torf und andern Alluvionen (j5oä primigenius BoJ.) noch gefunden würden. Hr. Prof. Wiegmann in sei- nem werthvoUen Archiv für Naturgeschichte Jahrgang 1837. 11. p. 187 war der erste, der in seinem Bericht über die Lei- stungen im Gebiet der Zoologie während des Jahres 1836, meiner Abhandlung gedachte. Er sagt; 48 „Die Geschichte des Auers In Preufsen hat Biijack (In den Preufsisch. Provinzlalblältern Bd. XV, p. 425) aus Urkunden und historischen Schriften beleuchtet. Dabei wird auch die Frage, ob die fossilen Auerochsenschädel specifisch verscliie- dea und ob der dem Hausochsen ähnh'che Stier, dessen Schä- del im aufgeschwemmten Lande und in Torfmooren gefunden worden, zu historischen Zeiten gelebt habe, berührt, ohne dal's sie zu bestimmter Entscheidung gebracht wird. In ge- nauere Untersuchung dieser schwierigen Frage ist neuerlich Pusch in Polens Paläontologie mit grofser Gründlichkeit cln- geganjzen, indem er zu erweisen sucht, dafs die vorhandenen Zeugnusse für die Existenz zweier wilden Ochsen-Arten unzu- verlässig seien und in Wahrheit nur eine, der Auer, Zvbr oder jyisent existirt hat. Eine nähere Beleuchtung dieser wichtigen Abhandlung mufs dem folgenden Jahrgange aufgespart bleiben." Leider hab ich vergeblich in diesem jene versprochene Beleuchtung gesucht.*) Dagegen hat ein anderer angesehe- ner Zoolog Hr. Akademiker von Bär in der Sitzung der Kai- serlichen Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg am 4ten Mai 1838 durch meine Arbeit veranlafst eine Abhandlung unter dem Titel: Nochmalige Untersuchung der Frage: ob in Europa in historischer Zeit zwei Arten von wilden Stieren lebten? gelesen, die im Bullet, scientif. de l'Acad. de St. Petersb. Tom. IV, Nr. 8 und daraus in Wieg- ln an ns Archiv für Naturgeschichte. Jahr. 1839. 1. Heft. p. 62 bis 78 abgedruckt ist. Hr. V. Bär ist darinnen als Gegner meiner Ansicht auf- getreten und ich mufs es ihm Dank wissen, dafs er es gethan hat, weil er mich dadurch veranlafste, nochmals zu einem er- weiterten, wenn gleich Zeit raubenden Quellenstudium zurück- zukehren, wodurch einige Mängel und Lücken meiner frühe- ren Arbeit noch beseitigt und ausgefüllt und neue noch kräf- tigere Beweise für meine Ansicht aufgefunden worden sind. Wenn diese erneuerte Forschung mich abermals zu der Ueber- zeugung geführt hat, dafs Hrn. v. Bars Einwendungen meine frühere Ansicht noch nicht widerlegt haben, so wird auch er erlauben, öffentlich dieselben nochmals beleuchten zu dürfen. Dazu mufs ich zuerst hervorheben, was Hr. v. Bär haupt- sächlich gegen meine Ansicht aufstellt. E^ scy, sagt er, nicht seine Absicht, jetzt in eine vollständige Kritik meiner Ab- handlung einzugehen, (was doch sehr wünschenswerth gewesen *) Ich wurde durch meine Krankheit an der Ausführung dieses Vorsatzes gehindert. Anm. des Herausgebers. 49 wäre) sondern er behalte sich vielmehr eine ausführlichere Bearbeitung des durch die Vertheidigung verschiedener An- sichten bekannt gewordenen Materials vor, zu welchem er noch einige aufgefundene Notizen über das allinählige Schwinden der besprochenen Tliierarten in einigen Gegenden werde hin- zufügen können. — So gern und vollständig er auch den in meiner Abhandlung aufgebotenen Fleifs und Scharfsinn an- erkenne, so wenig könne er doch für das Resultat sich er- klären, denn 1) sey die von mir aufgestellte Klassification der Schrift- steller, welche nur eine oder zwei wilde Ochsenarten in Eu- ropa beschrieben, nicht gerecht, denn alle diejenigen, die nur von einer Art sprechen und die ich für die zuverlässigem erklärt habe, seyen ja nur solche, die Mittel-Europa gar nicht kannten und es sey nur ein negativer Beweis, wenn ein Schrift- steller nur eine Art gekannt habe ; umgek hrt seyen alle die- jenigen, die von 2 Ochsenarten sprachen und die ich mit Aus- nahme von Seneca und PI in ins alle schwache Gewälirleute aus dem unwissenden Mittelalter nannte, gerade solche, welche Polen und Litthauen aus eigener Ansicht gekannt hätten und ihre Zahl sey gröfser als die der Gegenparthei, obgleich ich noch die Augenzeugen Ostrorog Und Mucante nicht mit aufgezählt hätte. 2) hätte ich wohl mit Unrecht das Zeugnifs des Baron Herbe rstains zu gering geschätzt und ihn unbilliger Weise zu den unsichern Gewährsmännern gezählt, denn alle seine Nachrichten, unter denen die über die Thierwelt die unbedeu- tendsten seyen, trügen das Gepräge eines sorgsam prüfenden, ruhigen kritischen Forschers und seine Zuverlässigkeit stände deshalb bei seinen Zeitgenossen, wie bei den Historikern spä- terer Zeiten in sehr gutem Ansehn. Sollte aber Herberstain den Unterschied von Tur und Bison mehr durch Anderer als durch eigenes Urtheil erkannt haben, so läge darin ein noch gröfserer Beweis, denn die Einwohner würden wohl einen bartlosen Bison nicht für ein anderes Thier angesehen haben. Dabei wirft mir Hr. v. Bär geradezu vor, dafs ich mich we- nig mit Herberstain bekannt gemacht haben müsse. 3) Zugestanden, sagt Hr. v. Bär, dafs die Benennung Twr keinesweges eine so bestimmte Anwendung gehabt habe (das Wiegm. Archiv. VI, Jahrg. 1. Band, 4 50 soll heifsen eine bestimmte Thierart allein bezeichnet habe) wie Manche glanben mögen, so könne er doch meine Erklä- rung als sei Zuhr die Litthauische und Tur die polnische Benennung für ein und dasselbe Thier nicht für genügend fin- den, weil Ziihr in russischer, Z'unhr, Ziimpro in moldauischer Sprache den europaischen Bison bezeichnen, das Wort also wohl slavonischer Abstammung sei und weil es undenkbar sei, dafs von zwei nicht nur benachbarten, sondern unt(^r einem Scepter vereinigten Völkern, wie Litthauer und Polen waren, das eine Volk nicht sollte erfahren haben , wie das gröfste Jagdthier des Landes bei dem andern heifse. 4) Endlich geht er zur Mittheilung einiger nocli nicht benutzter Zeugnisse von der Existenz zweier gleichzeitigen Ochsenarten namentlich in Preufsen und Pommern über, die aber, ich kann nicht anders «urtheilen, dieselbe geringe Be- weisknnft haben, wie alle die schon früher aus Polen, Böhmen und den fränkischen Chronisten beigebracht wurden. Alle die Einwände hätte ich ganz kurz durch Beibringung eines ein- zigen Zeugnisses aus dem Mittelalter über den wirklich sy- nonymen Gebrauch der Namen Tiir und Zuhr beseitigen können: da ich aber einmal diesen Gegenstand im gröfsern Umfange bearbeitet habe, so wird es nicht unwillkommen seyn, wenn ich auch jetzt ihn nochmals von allen Seiten beleuchte und etwas ausführlichere Ergänzungen zur früheren Abhandlung mittheile. Ich mufs wieder mit den Einwänden beginnen, die aus Baron Ilerberstains *) Zer.gnifs entlehnt sind. Allerdings hätte ich wohlgethan, gleich damals bei meiner ersten Ab- handlung eine genauere Analyse der Herberstainschen Com- mentarien zu geben, dann hätte ich den chronologischen Irr- thum nicht begangen, als habe er erst 1558 das russische Reich besucht. Ich habe diese Reisen dahin mit seinem Aufenthalt am Hofe des Königs Siegmund August von Polen im Jahr 1553, wofür durch Schreib- oder Druckfehler 1558 gesetzt wurde, *) Hr. V. Bär macht bemerklich, dafs sich Herberstein nicht so, sondern IIer])erstain geschrieben habe. So steht auf dem lito], abrr uiwrr dnr Dedication an König Ferdinand von Ungarn und Böhmen steht Ilerberstayn. Was ist nun eigentlich das Richtige? 51 vermengt, voh welchem sich seine Kenntnifs des sogenannten Tur herschreibt. Analysiren wir aber diese Commentarieu genauer, so wird mein Urtheil über Aqw Grad der kriti- schen Zuverlässigkeit Herberstains in naturhistorischen Din- gen nur noch mehr erschüttert, wenn ich auch nicht im Ge- ringsten in Abrede stelle,' dafs er in Schilderung der Men- schen und Sitten im russischen Reiche, so weit er es kennen lernte, mit Wahrheitsliebe und Treue verfahren seyn mag. Von seinen im Jahre 1549 dem römischen Könige Fer- dinand I dedieirten 'Herum Moscoviticarum Comentariis habe ich eine von Pblycarpus und Hieronymus Gemusaeus und Balthasar' Hau besorgte Ausgabe von 1571 Basileae ex qfficina Oporiniana. Fol. — vor mir. Dieser sind an- gehängt: 1) Pauli 'iJovIi Novocomensis de legatione Basilii Magni Principis Moscoviae ad dementem VII Pontificem jMax. liber. 2) de admlrandis Ilungarlae aquis Hypomnemation : Geor- glo Vuernbero authore. 3) Scriptum recens de Graecorum fide, quos In omnibus Moscorum natio sequitur (h. e. Claudii Cardinalis GuisanI XII quaestlones et Graecorum ad eas responsloncs) und 4) Joannis Leuvenclavii de Moscorum bellls adversus linl- tlmos gestis ad annum usque LXXI commentarlus. Da es uns zunächst darauf ankommt, genau zu wissen, welche Theile von Polen und Lithauen Herbers taiu selbst besucht, und was er dabei von den in Frage stehenden Thie- ren selbst gesehen, wo und wie er sie gesehen hat, so müs- sen wir zuerst seine lünerarien befragen. Als bei der Zu- sammenkunft der Könige Siegmund I. von Polen, Wladislaw von Ungarn und Böhmen und dessen Sohn Ludwig beim Kai- ser Maximilian I zu Wien im Jahre 1515 der Kaiser unter andern auch ersacht wurde, einen Gesand1:en ariden Grofs- fürsten Basilius von Moskau zu senden um den Frieden zwi- schen Moskau und Polen zu ermitteln, so wterde dazu der Baron von Herbers taiu, der eben erst aus Dänemark zu- rückgekehrt war, auserwählt und erhielt den Befehl zn dieser neuen Legation zu Hagenau im Elsafs. Seine Reise ging von dort durch Schwaben nach Augsburg, wo er sich mit seinen Reisegefährten bei dieser ersten Reise nach Russland, den Gregorius Sagrevuski, nuncius Moscus, und Chryso- stomus Columnus, Sekretair der Prinzessin Elisabeth, der 4 ^ 52 \Vittwe fies Herzogs Johann Sforza von Mailand und Bar vereinigte. Sie verliefsen Augsburg im Anfange des Jahres 1516 und reisten über Landshut, Linz, Znairri, Brunn, Oliniitz, Weifskirchen (llsanitza). Tischein (Itzin), Ostrau, Freystadt an der Elsa, Schwartzwasser (Strumen), Plest (Ptzin) von wo 2 Meilen entfernt eine Brücke über die Weichsel die Grenze zwischen Schlesien unter böhmischer Hoheit und dem Gebiet von Polen machte und von da über Oswiencin (Auschwitz) nach Krakau, wo sie ihre Wagen auf Schlitten setzen mufsten. Von Krakau ging die Reise über Prostowitza, Wlslitza, Schei- dlow, Opatow, Sawichoct, wo sie über die; Weichsel setzten weiter nach Ursendow, Lublin, Cotzko voh Wieprz, Meseriz, von wo nicht weit vorwärts damals die Gränze zwischen Po- len und Lithauen war, nach der ersten lithauischen Stadt Mel- nik am Bug; dann weiter über Bielsko, Narew, wo der gleich- namige Flufs aus einem See und Sümpfen so wie der Bug entspringe und nach Norden fliefse. Von Narew aus durch- reisten sie sodann einen grofsen 8 Meilen langen W'ald, jen- seits weldiem die Stadt Grinki (Krinki) liegt und von da nach Grodno, wo sich der moskauische Gesandte von Herberstain trennte. — Dieser grofse ausdrücklich erwähnte Wald ist nichts anders als der heutige, nur damals noch weiter ausgedelnite, Urwald von Bialowieza, wo noch jetzt der Ziihi' lebt. Her- berstain erwähnt aber davon kein Wort. Von Grodno ging die Reise über Prelai, Wolconik und Rudniki nach Wilna, wo er dem König Siegmund vorgestellt wurde und das er am 14ten xMärz 1516 scJion wieder verliefs, um über Polock, No- wogrod (wo er am 4ten April eintraf) nach Moskau zu reisen, was er am 18ten April erreichte. Diesen interessanten Theil seines Itinerariunis von Wilna nach Moskau erwähne ich nur kurz, weil er i?icht zu meinem Zwecke gehört.*) Es geht aus diesem Itinerarium hervor, dafs Herber- stain Polen und Lithauen auf der Linie von Krakau über Lublin, und Grodno bis Wilna ziemlich schnell durchreiste und sich nirgends aufliielt, und dafs er ebenfalls auf der Reise *) Ich habe die Namen der Orte so geschrieben, als Herberstain. Dafs sie zum giofsen Theil falsch geschrieben sind, brauche ich kaum z(i crwahii.n z. li. Prostowitza statt Proszowice, Cotzko stalt Kock, Lrscudow statt l rieiulow. 53 von Wilna nach IVloskau, indem er 7 Tage in Nowogrod ver- weilte, nur 29 Tage zubrachte, was für die schlechte Jahres- zeit, in welcher er reiste nnd wo er alle Tage über die schlech- ten Wege durch Sürapfe, ausgetretene Flüsse und grofse Wäl- der klagt, für damalige Zeiten schnell genug war. Auf dieser ersten winterliclien Durchreise durch Polen und Lithauen hat er nichts von naturhistorischen Gegenständen ervyähnt. Nachdem die diplomatischen Verhandlungen Herber- stains in Moskau, besonders weil die Polen die russische Stadt Opotzka abermals angegriffen hatten, nicht zum er- wünschten Ziele führten, so trat er seine Rückreise an , ohne nur im Geringsten die Zeit zu bestimmen, wann er sie antrat 1 und wie lange sie dauerte. Man kann nur vermuthen, dafs sie wieder in der Winterzeit (von 1516 auf 1517) erfolgte, weil er 2 Tage in Sm.olensk wegen grofsen Schnees ausruhte. Er gelangte von da über Orsa, Borisow an der Beresina etc. nach Wüna, wo er aber den unterdefs nach Polen abgereisten Kö- nig nicht antraf, und nur einige Tage verweilte, bis seine anf der Hinreise in Nowogrod zurückgelassenen Diener und Pferde durch Lievland zu ihm zurückkehrten. Von Wilna reiste er dann nach Krakau zurück, fast auf demselben Wege als auf d^r Hinreise und sodann durch Mähren über Wien, Neustadt, Salzburg nach Innsbruck, wo er den Kaiser Maximilian traf, von dem er abermals als Gesandter an den König Ludwig von Ungarn gesendet wurde. Auch dieses Itinerarium von der Rückreise ist ziemlich mager. Wir ersehen daraus nur 1. c. p. 142 , dafs er vier Meilen von Wilna in Troki in einem Thiergarten lebende /.uhr sah, denn er schreibt: ut ibi (Troki) in quodam borto concliisos ac conseptos Bi- sontes, quos alii Uro.s, Germani vero Auroxn appellant, viderem. Das sind die einzigen lebenden Auerochsen, die He rb er- st ain sah, nicht im freien Wald, sondern im Thiergarten, was nur zu beweisen scheint, dafs wenigstens in diesem Theil von Lithauen im Anfange des 16. Jahrhunderts diese Thiere schon ziemlich selten gewesen seyn mögen, obgleich sie im 14. und 15. Jahrhundert noch in der Gegend von Wilna ver- breitet waren. Aufserdem macht er nur noch eine einzige naturhistorische Bemerkung, dafs nämlich bei Poloniza (soll heifsen Poiauiec) im Flusse Czerna zwischen Sandomir und Nowe miasto Korczyn edle Fische, die man gemeinhin Lachse nenne, gefangen würden. Die zweite noch weniger zum Ziel führende Gesandt- schaftsreise nach Rufsland unternahm Herberstain als Ge- sandter König Ferdinand I. in Gemeinschaft mit dem Gesand- ten des Kaisers Karl V., Grafen Leon ha rd Nugaroli und den aus Spanien zurückgekehrten russischen Abgesandten im Jalire 1526. Diesmal nahmen sie von Wien aus eine andere Riclitnng mehr nördlich durch Seidesien über Ollmütz, Ja- gerndorf, Oppeln an der Oder, Oleszlino oder Rosonberg, und betraten Polen zuerst in der Stadt Alt-Krzepice (Her- ber st ain schreibt stets anstatt Krz ein Cr) ohnweit Czensto- chan. Sic schickten von hieraus einen Boten an den König Siegin und, der in Piotckow seyn sollte, erfuhren aber bald, dafs er von dort schon nach Krakau abgereist sei, und mufs- ten also nunmehr ihre Reiseroute ebenfalls dahin richten. Sie kamen aber über Kiobucko, Czenstochovv, Zarki, Kromolow, Ilkusch (heut zu Tage Olkusz, wo die berühmten Bleigruben waren) am 2. Febr. nach Krakau und verliefsen dasselbe nach einer ziemlich ungünstigen Aufnahme am 14. Febr. Sie nah- men diesmal ihre Reiseroute über Sandomir, Lublin, Porczow, Bvzeic (von Herberstain Briesti geschrieben), wo der Am- chawiec in den Bug fällt, von da über Kamieniec, Nowydwör, Borosowa, Woikowice, Stonim, Minsk, Borisow an der Be- rezyna, Orsza nach Dubrowna, von da wie auf der frühern Reise nach Moskau, wurden später am 11. November vom Grofsfürsten in Mosaisk, wo er sich auf der Hasenjagd befand, entlassen, erfuhren auf der Rückreise zu Dubrowna den Tod König Ludwigs von Ungarn in der Schlacht bei Mohacz (29. August 1526), reisten dann auf demselben Wege wie früher nach Wilna, wo sie der natürliche Sohn dej». Königs, Bischof Johann von Wilna, sehr wohl empfing, kehrten sodann über Murecz, Grodno, Krymki, Bielsk, Mielnik, Ocköw, die Stadt 0.\i (soll vielleicht das Städtchen Okrzeia bezeichnen), Ste- zyca, Zwolin, Slenno, Szydiow, ATisüca, Proszowice nach Krakau und von da über Olkusz, Bendzin, Kosel, Neifse und (ilatz zum König nach Prag zurück. Naturliistorische Bemerkungen sind in diesem Itinerarium gar nicht mitgetheill. 55 Herberstaiii sah also von Polen uiul Litthauen bis zum Jahre 1527 nur einen geringen Theil auf zwei schnellen Durch- reisen in den Richtungen vou Czenstochau nach Krakau, von Krakau nach Wilna, von Wilna nach Polock und von Brzesc litewski nach Minsk. Er sah und besuchte die grofsen und waldreichen Strecken im Innern des Landes und an der nörd- lichen Grenze, in Sandomirien, Masovien und Podlachien gar nicht, er wufste damals aus eigener Ansicht noch gar nichts von seinem sogenannten Tf/r, denn sonst hätte er ihn ebenso gut als den Zuhr von Troki erwähnt. ' Die Itinerarien hat Herberstain sonderbar genug erst hinter seinen Commentarien über Rufsland mitgetheilt. In diesen spricht er aber nicht allein von denjenigen Gegenstän- den, die er selbst beobachtete, sondern er theilt auch eine Menge geographische und historische Nachrichten über ganz Rufsland und über benachbarte Länder mit, die er nur von Andern einziehen konnte und deren Glaubwürdigkeit mithin von der seiner Gewährsmänner abhängt, die er aber in der Resrel nicht namhaft macht. Unter den mit Rufsland benach- harten Ländern ist ein eigener Abschnitt, De Lithuvania p. 103. überschrieben, einer ziemlich ausführlichen Schilderung dieses Landes mit den ihm damals unterthänigen westrussischen Pro- vinzen gewidmet und daran noch kurze Notizen über Samo- gitien, Kurland, Livland, Scandinavien, Preufsen und Kardien angehängt. In diesem Abschnitt ist wieder eine eigene Unter- abtheilung de Feris überschrieben und handelt von p. 109 bis 113 auch besonders von den hier in Rede stehenden Thie ren. Sie beginnt mit den Worten: Feras habet Lithuvania, praeter eas quae in Germania re- periuntiir, BIsontes, Uros, Alces, quos alii Onagros vo- cant, equos sylvestres. Gleich auf der folgenden Seite steht oben: Uros sola Masowia, Lithuanlae conlermina habet, qnos ibi pa- trlo nomine T hur vocant, nos Germani proprle Urox dicimus. Wo bleibt hierbei die gerühmte Kritik und Glaubwürdig- keit Herberstains? — Lebte der sogenannte Tur wirklich nur in Masovien als ein vom Bison verschiedenes Thier, so ist entweder die erstere Nachricht von Lithauen falsch, wo er sie neben einander nennt, oder Urus und Bison, durch die inländischen Namen Tuv und Zuhr bezeichnet, waren nur ein 56 iHul dasselbe Thior, dessen verschiedene Benennungen zwei verschiedenen Dialecten oder Sprachen angehörten. Höchst wahrscheinlich stamuit dieser Widerspruch Herberstains davon her, dafs er in Lithauen durch Hörensagen erfuhr, es seyen in den Wäldern B'isontes und (oder) Uri, Alces und wilde Pferde, denn er selbst sah dort doch von allen diesen nur die Ziibri in Troki, und dafs man ihm später am Hofe Siegmund Augusts erzählte, es seyen in Masovien nur Turi, weil der Erzähler oder das gemeine Volk in dieser Gegend nur unter diesem Namen das Thier kannte. Es ist hier Her- be rsta in wie den Sammlern alter Mythen gegangen. Fan- den sie im Munde des Volks zwei verschiedene Varianten einer Mythe, so stellten sie dieselben, auch wenn sie einander widersprachen, als 2 Mythen neben einander, oder sie ver- flochten auch wohl beide, so gut es gehen wollte, zu einer gemeinschaftlichen Darstellung. Wie wenig genau Herberstain ferner in linguistischen Unterscheidungen war, davon haben wir auf derselben Seite 110 seiner Gonmientarien und auf den beigefügten Holzschnit- ten wiederum einen Beweis. Er sagt daselbst: Qiiae fera Lithuanis siia llngiia Loss est, enm Germani Eilend, quiJam Laiine Aloen vocant, Poloni \oliint Onagrum, hoc est asinum agrestem esse , neu respondente forma. Das Elch oder Elen soll nach ihm also in der lithaui- schen Sprache Lofs (richtig geschrieben und auFgesprochen aber Los) heifsen. Das ist nun ein offenbarer Irrthum, denn das Thier heifst seit uralter Zeit in polnischer und russischer Sprache «loct und Los, in lithauischer Sprache aber Breedis. Er hat also Lithauisch mit den slavischen Spra- chen verwechselt mid wahrscheinlich gar keine Idee von let- tischen Sprachdialecten gehabt und alle im Staate Lithauen sehr zahlreich wohnhafte westrussischo Stämme und ihre ru- sinische Sprache deshalb auch für Letten oder Lithauer mit lithauischer Sprache gehalten. Es nuifs uns eine solche An- gabe um so mehr auffallen, als in dem gleich hinter He rbe r- stains Connnentarien folgenden Liber Pauli .lovii de Icgatione Basilii M. D. Mose, ad dementem VII. p. Kvt dieser Paul Jovius, der unter demselben Grofsfiirsten Basilius circa 1532, also fast gleichzeitig mit Herberstain in Moskau war, schreibt 57 Ea in parfe (Russiac) qnae vcrglt in Priissiam Uri ingentes et ferocissimi taiirorum specie repcrluntur^ quos Bisontes vo- cant, itemqiie Alces cerviua effigle et cum Cornea proboscide, altlsque cruribus et nuUo siiffraginiim flexn: Lozzi a Mos- chovitis, a Germanis vero Helenes appellati, quae animalia C. Caesar! nota fulsse videmus. Paulus hat also Loz (Los) ganz richtig als die russi- sche Benennung des Elens angegeben und sollte dies wohl "Herbers tain unbekannt geblieben seyn? In der Schreibart Helenes erkennen wir übrigens einen recht interessanten Fin- gerzeig für den innigen Zusammenhang des polnischen Jeleii (Hirsch) mit dem jetzigen deutschen Wort Elen, indem J. G. und H oft im Anfang der Wörter in verschiedenen slavischen Dialecten stellvertretend gebraucht werden. Elen ist mithin auch in deutscher Sprache als Arten -Name schwankender und weniger richtig als Elk und Elch, das mit ah^ri und Achlis inniger zusammenhängt. Der Zusatz Herberstains, dafs die Polen den Cerviis alces auch für einen Onager oder einen wilden Esel gehalten hätten, ist gewifs auch wieder ein Irr- thum oder eine Verwechslung, denn die Polen, die damals in allen ihren Landschaften Elch und Hirsch oft neben einander sahen und Jagden, konnten unmöglich ein Thier mit Hirsch- klauen uhd hirschähnlichera Geweih für einen Esel halten und nur ihre lateinisch schreibenden Topographen und Chronisten brauchten zuweilen den Namen Onager irrig für Alces. Die Quelle dieses Irrthums ist möglicher Weise eine doppelte, denn entweder hatte er, als er in der oben citirten Stelle die Worte niederschrieb : Alces, quos alii onagros vocant, eqiios sylve- stres, dabei an Solinus gedacht, der zuerst irriger Weise das Elch mit dem Maul thier verglich, oder er hat gar nur einen Schreibfehler begangen und wollte die Worte: quos alii ona- gros vocant hinter equos sylvestres nicht hinter alces schreiben. Ist dies der Fall, so bekommt die Stelle einen bessern Sinn, denn in den polnischen und preufsischen Anna- len und selbst in den polnischen Rechtsbüchern*) wird der *) Tadeusz Czacki O litewskich i polskich prawach, o ich diiclui, zrz6d?ach, zwiazku i o rzeczach zawartych w pierwszem Statucie dla Litwy 1529. roku wydanem. w Warszawie 1800. w Druk. P. O. S. Rago czego 4 — 2 Tom. im Tom. I. Rozdzial XIII. Art. II., wo das Sta- 58 wilden rferde selir oft gedacht iii^d sie sclieinen nach Czacki noch in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in den lithaui- schen Wäldern, wenn gleich schon sehr selten, gelebt zu ha- ben. Diese wilden Pferde werden als sehr klein, unansehnlich, zum Reiten nicht tauglich, von fahler Farbe geschildert und scheinen also wirklich eine Art von Eseln, entweder der Oiia- ger {Kulan') oder der Halbesel, Equus hemionus (DscJngge- iei) gewesen zu seyn, was ebenfalls einer eigenen Untersu- chung noch werth ist. Kehren wir nnn wieder zu unserm Urus und Bison zu- rück, so ist die citirte Stelle des Paulus Jovius ebenfalls von Interesse, denn ihr klarer Sinn ist doch kein anderer, als : grofse und sehr wilde Uri, vom Geschlecht der Ochsen, wel- che man Bisontcs nennt, leben in dem ^egen Preufsen zulie- genden Theil von Rufsland (also in Schwarz- und Weifsrufs- land, die damals zu Lithauen gehörten). Er bezeichnet also Uri und Bisontes nicht als 2 verschiedene Arten, wie ilerberstain p. 109 in Lithauen zu thun scheint, sondern er gebraucht das Wort Urus als eine generische Bezeichnung für Ochsen im wilden Zustand, Bison hingegen als einen Lo- kal- oder Arten -Namen **). Herberstain fährt nun fort p. dOJ): Bisontem Lithuani lingua patria vocant Suber, Ger- niani improprie Aurox vel Urox: quod nominis uro convcnit, fpii plane bovinam formam habet, cum bisontes specie sint dissimillima. — Gleich darauf steht aber wii.'der über dem Holzsclinitt, der den Bison vorstellt: Bisons siim, Polonis Su- ber, Germanis Bisont, ignari Uri nomen dederant. Hier tritt uns nun zuerst abermals derselbe Widerspruch als bei Alces entgegen. Einmal soll Suher (d. h. richtig ge- tut im Jagdgesetz die Preise des ziibr, ^os, kod dziki (wildes Pferd), )elen, sobol etc. festsetzt. **) Okons Uebcrsetzung jener Stelle in seiner allgemeinen Natur- geschichte 1kl. MI. 2. Abtheil. p. 1426: „Ungeheuere Auerochsen und sehr wilde Ochsen, die daselbst Bisonten heifsen," i>t nicht wortge- treu, denn im Texte steht nicht: Iri inp;eutes et ferocisaimi tauri, sondern Uri in^entcs et ferocissimi, tmtrorinn specie, und hier ist also \\u\\\ .'•icher ß rticissimi e1)enso wie itnj;entes ein zu Uri gehöriges Adjecti\um und wollte mun species anstatt specie lesen, so könnte spccies dem Sinne nach nur im Singulari gebraucht seyn, wozu wie- der der pluralis adjcctivi: ferocissimi nicht pafst. 59 schrieben Ziibr, Z ausgesprochen wie das französische j, nicht wie S), der lithauische, das zweite Mal der polnische Nanie des Thiers seyn. Herberstain läfst uns also in Un- gevvifsheit, w^elchem Sprachstamm Zuhr angehört. Sodann entsteht die gewifs natürliche Frage: woher wnfste denn Her- berstain, dafs die Deutschen dieses Thier fälschlich Auer- ochse nannten? Er konnte dies in Lithauen und Polen ge- wifs nicht erforscht haben, denn es fehlten die Mittel dazu. Wenn aber die deutschen Ordensritter im 13. Jahrhundert in Preufsen nacli der Annahjiie des Hrn. v. Bär wirklich zwei wilde Ochsenarten gefunden hätten, welche sie nach der ver- loren gegangenen Chronik des Bischof Christian bei Lucas David Auerochsen und Bisonten nannten, sodann aber bis zum lö. Jahrhundert, wo Lucas David nur noch vonAuern spricht, eine Art davon ausgerottet worden wäre und zwar der vermeintliche Tu7\ dem ursprünglich der deutsche Name Auer entsprochen habe, so würden doch gewifs die jagdlustigen Ritter dasjenige Thier, das übrigblieb, nändich den wahren Zuhr oder Bison auch immerfort mit demselben Na- men Wisent bezeichnet haben, mit dem sie es ajifangs nann- ten. Da aber der Zuhr in Preufsen bis zu seinem Ausster- ben im 18. Jahrhundert stets von den Deutschen Auer genannt wurde, so ist dies auch gewifs sein alter und echter deutscher Name gewesen. Dies ist gewifs viel natürlicher, als anzuneh- men, die jagdkundigen Deutschen hätten den Ziibr erst dann Auerochse und nicht mehr W^isent genannt, als der vermeint- liche Tut ausgerottet war. Dafür läfst sich gar kein haltba- rer Grund aufstellen. Wenn aber Wisent und Auer syno- nyme Ausdrücke sind, so wie EIo, Elch und Elen, so haben wir die Analogie für uns, dafs im Verlauf von Jahrhunderten der eine Name allmählig zurückgedrängt wird und nur der andere noch im Gebrauche bleibt. Prüfen wir nu.n weiter, was Herberstain von seinem Tur weifs und gesehen hat, so beschränkt sich das Ganze auf folgende wenige Worte in der Ausgabe seiner Commentarien von 1571 p. 110: Sunt enim vere (sc. Uri) boves sylvestres, nihil a domesticis • bobus dlstantes, nisl qiiod omnes nigri sunt et ductiim quen- dam instar liiieae ex albo mixtum per dorsum habent. Non est magna herum copla: suntque pagi certi, quibus cura et custodia eorum incumblt: nee fere aliier quam in vivariis 60 fjülbiisdam srrvanhir. Miscentiir vaccis doniesticis, sed noii sine nota. Nain in armentiini postea, perinde atque infames, a caeteris uris non admittuntur et qiii ex ejusdem mixtione iinscnnter vifull, non sunt vitales. Sigismnndus Aui^nstus rex niilii apud se oratori donavit exen tera tum nrum, quem venalores ejectnm de armento semivivum confecerant: recisa lanicn pelle, quae frontem tegit, quod non tenicre factum esisc credidi: quamquam cur id fleri solerct, per incogitantiam qiiandam non sum percontatus. Hoc ccrtnin est, in pretio ha- bcri cingtdos ex uri corio factos, et per^uasum est vulgo, he- rum praecinctu partum promoveri. Atqiie hoc nomine regina r>ona, Slgisnumdi AugustI niater, ddos hoc genus cingulos mihi dono dedit: quorum alterum Serenlssinia ])oniIna mea, l\onian(>rum Regina, sihi a me donatum clementi animo accepit. Das ist also die beriilimte Stelle, durch welche Ciivier und y\lle, die ihm folgen, eigentlich allein die Existenz des Tur als einer besondern wilden Ochsenart neben dem Zuhr in Polen beurkunden wollen, die aber bei einer hinlänglichen n Kritik fast allen ihren Werth verliert. Erst zu der Zeit, als Herberstain Gesandter bei dem König Siegmund August IL war, lernte er den sogenannten Tur kennen. Leider giebt er wieder nicht an, wann und wo dies geschah. Da aber Siegmund August erst 154S zur Re- gierung kam, in der Ausgabe der Herberstain 'sehen Com- mentarien von 1549, die ich leider in Warschau nicht erhal- ten konnte, die Stelle von dem getödteten Tur nicht vorkom- n]cn soll, in der Ausgabe von 1671 aber p. 23 die dritte Ver- mählung Siegmund Augusts mit Ferdinands L Schwester Catharina am 31. Juli 1553 erwähnt wird und er dabei aus- drücklich anführt, dafs er sowohl diese, als ihre Schwester Eli- sabeth, die erste Gemahlin Siegmund Augusts, als Praefectus Curiae ihrem Geuuihl zugeführt und er sein Geschenk (die Gürtel aus Turfell) von der Königin Bona bokonnnen habe, «lie im Jahre 155(5*) Polen verliefs, so scheint es, dafs er den getödteten Tur zwischen 1548 und 1550 (M-haltcn haben müsse, also wairrscheinlich während seiner Anwesenheit am Hofe zu Krakau inj Jahre 1553. Wo dies aber geschehen ist, kann man gar nicht ausmitteln. In Masovien, wo der Tur leben sollte, wahrscheinlich nicht, denn Siegmund August rc- *) V. Kronika polska Mareina Bielskicgo. Ed. 8. Bohoniolca. Ksi(^gi V. 1*. 515. 61 sklirte mir in Krakau und in Litliauen und dafs Herborstain am Hofe der Königin Bona, die in Warschau wohnte, selbst gewesen wäre, dafür kenne ich keinen Beweis. Ilerber- stain sah nach seiner Erzählung den Tuv nicht im leben- den Zustande, er erhielt vom König nur einen ausge- weideten (exenteratiiTji) zum Geschenk, den die Jäger, als von der fleerde halblebendig ausgestofsen, tödteten. Es war also, wie ich schon früher bemerkte, ein alter seinem natür- lichen Tode schon naher Stier, denn auch bei den heutigen Zubrheerden sondern sich die alten Stiere von der Heerde ab und schweifen einzeln herum. An diesem Exemplar, das II er- be rstain erhielt, war die Haut von der Stirn abgezogen, was, wie er glaubte, nicht unabsichtlich geschehen zu seyn scheint, warum es aber geschehen, habe er aus Unachtsamkeit nicht erforscht. — Nun ist es eine in Lithauen allgemein be- kannte Sache, dafs man ehedem dem frisch getödteten Zubr- Stier die Stirnhaut abzog und aus dieser eine Art Gürtel machte, welche man sehr hoch schätzte, weil der Aberglaube ihnen, vermuthlich wegen ihres starken Bisamgeruchs, eine Erleichterung der Geburtswehen zuschrieb, wenn sie von den schwängern Frauen getragen wurden. Ich erinnere dabei an die Worte Giliberts: in marihus mortuis pili fron- iis extracii spirant penetrcmiiorein odorem mosci. — Dar- um hatte man also auch lierberstains Tur die Stirnhaut abgezogen und er bekam selbst solche Gürtel geschenkt. — Dieser Theii seiner Erzählung dient also gerade zur Bestä- tigung unserer Ansicht, dafs sein Tur nichts anders als ein Ziibr war. — Der erstere sollte sich vom letztern dadurch unterscheiden, dafs er schwarz von Farbe mit einem lieh. ten Rückenstreifen sey und dafs er, wovon freilich Her- berstain kein Wort schreibt, sondern es nur durch sei- nen Holzschnitt andeutet, keinen Bart und keine Mähne habe. Ist Herberstains Schilderung des Tur überhaupt sehr vag, so kann ich auf die schwarze Färbung des Tur gar kei- nen Werth legen, da er nicht einmal die Färbung des Zuhr angiebt. Ich habe in meiner frühern Abhandlung p. 199 schon bemerkt, dafs das Fell des Zuhr im Sommer dunk- ler braun und glänzender als im Winter ist, beim ganzen Ochsengeschlecht mancherlei Nuancen der Farbe bei einer Art «2 oft vorkommen und bei der ehemalig gröfseren Verbreitung dos Zuhr vvalirsclieinlich aucli bei diesem vorkamen. Uebrigens sagt man, dafs auch jetzt noch zuweilen schwärzliche Zuhv vorkämen. Ich beziehe mich hierbei auf Hrn. v. Brinkens*) Worte : On pn'tend avolr vii des Bisons noiratres; on ne saiirait cependanl dediiire de cetle asseition une varicte de Tespece et il est plusvraiseniblable, que ce changenient de r Olli cur est amene quelquefols par la vieillesse de raniinal.**) Auch unter den grofsen Heerden des amerikanischen Buf- falo {ß. americanus), den manche gar nicht vom /.ubr tren- nen wollen und der wie dieser dunkelbraun ist, hat man einmal *) J. de Brinken Mem. descriptif sur la foret de Biatowieza. Varsovie 1828 p. 53. **) Uebrigens nennen auch fast alle weiter unten vorkommende Schriftsteller des Mittelalters den wirklichen Bison oder Zubr schwär z, obgleich derselbe im Winter ein dichtes wolliges Haar von pfeffer- brauner Farbe ohne Glanz hat, an den Seiten des Halses und den Schenkeln lichter mit weifs gemischt, die Vorderfiifse schwarz; im Sommer hingegen ein kurzes, anliegendes glänzendes, schwarzbraunes oder fahles Haar, dabei aber Wangen, Bart, Schwanzbüschel und Klauen stets schwarz gefärbt. Einjährige Junge sind hingegen im Winter aschgrau, sehr rauh, haben aber auch schwärzliche Wangen, Bart, Mähne, Schweifbüschel und Füsse. Neugeborne Auerochsen- Icälber sind glatt, blafs kastanienroth und haben blos Wangen, Klauen, Schwanzspitzen und Bart von schwarzbrauner Farbe (Nach Jarocki). Der von Herberstain dem Tur beigelegte weifsliche llückenstrei- fen ist mir sehr verdächtig, und ich traue dieser Angabe gar nicht, denn obgleich selbst neuere polnische und deutsche Naturgeschichts- schreiber, wie Ladowski in seiner historya naturalna Kraju polskiego. Krak. 1804. 8. T. II. p. 366. und Bechstein in seiner gemeinnützigen Naturgeschichte des In- und Aaslandes. Lpz. 1792. T. I. p. 239, dem jetzigen Zubr oder Auerochsen einen lichten mäusefahlen Ilückenstreifen beilegen, so ist dies doch nicht' wahr, denn er hat in der Wirklichkeit, namentlich im [lichtem Winterkleide, nur einen Rückenstreifen, aber der ist dunkler als das übrige Fell. So ist es nun auch sicher mit dem Rückenstreifen des Tur gewesen imd ist Herberstain ein solcher Fehler noch eher als Ladowski und Bechstein zu verzeihen, beweist nur aber, dafs er sein Turiell eben nicht genau angesehcu haben mag. Es ist auch übrigens eine allge- meine Thatsache, dafs bei einfarbigen Ochsen, Pferden, Eseln, wenn sie einen Itiickenstrcifen haben, derselbe allemal dunkler und nicht lichter als das übrige Fell ibt. 63 einen graulich weifsen, ein Kalb mit einer Blässe, weifsen Vor- derfiifsen und Seitenflecken gesehen und ein Indianer bewahrte einen Kopf mit einem weifsen Sterne auf.*") Darum wird man aber daraus keine besondere Art machen, vvit? aus Her- berstains einzigem schv.arzen Exemplar das er sah. — Der fehlende Bart und die mangelnde Mähne entscheiden weiter eben so wenig, denn alte abgelebte Zuhri verlieren eben- falls diese Haare und erscheinen bartlos ; die Mähne aber ist, wie der Bart, überhaupt niemals so grofs als sie Herberstain auf seinem Holzschnitt darstellt, wenn Wir denselben mit dem lebenden Zuhr und den besten Abbildungen, die wir von ihm haben, nämlich denen von Jarocki**) und Eichwald***) vergleichen. Jene Holzschnitte müssen wir nun überhaupt auch in nähere Betrachtung ziehen. In der Ausgabe der Commen- tarien von 1549 fehlen sie, und sind erst der von 1556 und von 1571 beigegeben. Herberstain sagt nicht ein Wort darüber, dafs er selbst die Thiere nach dem Leben abgezeich- net oder einen Andern habe zeichnen lassen, er erwähnt sie überhaupt im Texte gar nicht, wie er doch zur stärkern Be- kräftigung seiner Meinung gethan haben sollte und wie z. B. Sebastian Münster in seiner Cosmographia universalis Bas. 1550 that, indem er bei seiner Beschreibung des preufsi- schen Damthiers oder Elens doch wenigstens die Worte hin- zufügt: „Ich habe für micli genommen die Pictur, so aus Preusen gebracht ist," und durch die man, weil sie ebenfalls schlecht ist, verführt wurde, anzunehmen, dafs sie nicht das Elen, sondern den Cerviis megaceros darstelle, der (tamals also nocli in Preufsen gelebt haben sollte, was aber Merian widerlegt hat. Wir schöpfen also daraus den Verdacht, dafs Herbe rstains Holzschnitte erst zwischen den Jahren 1549 und 1556 nicht nach der Natur, sondern nach der blofsen Be- schreibung entworfen wurden, wodurch ihr Werth sehr ge- söhmälert wird. Woher hat denn Herberstain, der nur einen Tiij- mit abgezogener Stirnhaut sah und sich nach eige- nem Geständnifs auch nicht näher um die Ursache dieses Ab- *) Okens Naturgeschichte VII. 2. p. 1418. '*'*) O puszczy Bialowieskiej i o celniejszych w niej zwierszgtach in seinen Piswa rozmaite. T. IL p. 229. ***) In seiner Naturhistorischen Skizze von Lithauen. G4 zieliens bokiimmorte, gewufst, dafs der Tur zwischen den Hör- nern einen krausen Haarbüschel hatte, wie auf dem Holzschnitt auso-edrückt ist? Diefs ist verdächtig und die Gestalt der 7Aihr\\'ön\Qv oflTenhar falsch gezeiclmet, weil sie ^^^en die Na- tur mit ihren Spitzen aufwärts und nach aufsen gebogen sind, während sie in der Natur stets mondförmig etwas nach vorn und nacli innen gebogen sind, wie auch die Zeichnungen von Jarocki und Eichwald lehren. Auf dem zweiten Holz- schnitt vom Tur sind die Hörner ganz von derselben Gestalt als die von Ziibr gezeichnet, auch in der Ausgabe von 1571 kein Wort über eine abweichende Gestalt dieser Hörner ge- sagt. Dahingegen steht nach Oken in der früheren Ausgabe p. 116: „der Urus sieht aus wie ein schwarzer Stier und hat längere llörner als der Bison, welche daher zu Bechern ge- braucht werden, wie schon Caesar sagt: die des Bisons tau- gen nicht dazu." Wie" kommt 'es denn nun, dafs in der 2ten Ausgabe nichts mehr von diesen längern Hörnern steht? und die Holzschnitte auch dem Tur und Zuhi' gleiche Hörnerge- stalt geben. Hat etwa Herberstain später selbst eingesehen, dafs die Hörner beider Thiere nicht verscliieden waren und seinen Irrthum erkannt, als seyen die ZuhT'hörner nicht zu Bechern oder Trinkhörnern brauchbar gewesen? Diefs letz- tere war wenigstens ein oflfenbarer Irrthum, denn bei den al- ten heidnischen Lithauern dienten die Zuhj'hörnev zur Verzie- rung ihrer Tempel und wurden von den Fürsten als Trink- hörner benutzt, von denen sich noch manche in den Antiqui- täten-Samndungen erhalten haben. Ebenso wie heute noch die Hörner des in Awchasien am Kaukasus lebenden wilden Ochsen, (in awchasischer Sprache Adompe genannt), welchen der Lieutenant Lissowski von Bamburi, der in Wilna stu- dirte, den lithauischen Zuhr kennt und der awchasischen Sprache mächtig ist, für identisch mit dem Zuhr erklärte, von den dor- tigen Völkern als Trinkhörner benutzt werden, denn Nord- mann sah bei seiner Reise in den Kaukasus 1836 bei einem Fest, dafs der Mingrelische Levan Dadian /"- Stier bezeichnet haben, in Masovien in einem 2 Meilen von ^Var- schau entfernten Thiergarten d. h. ohnweit Blonie oder Wi- .skitki beisannnen lebten; also ist die Behauptung irrig, als hätt(Mi Tur und Zuhr wegen gegenseitiger Abneiguyg nicht in einem Thiergarten zusannnengehalten werden können, wie nach llrn V. Brinkens*) Angabe der Palatiu Ostrorog im 16teu 0 1- c. p.ig. 65 und 70. 77 Jahrhiinrlert in einem hinterhisseneu Maniiscript über dio An- lage der Thiergärten geschrieben liaben soll. Ich selbst habe dieses Manuscript, das sich in der Bibliothek des Grafen Jo- seph Krasinski in Warschau befinden .soll, nicht einsehen können. , 2) Die Nachricht beweist, dafs es falsch ist, wenn der Abt Ruggieri, Nuntius des Pabstes Pius IV. am Hofe König Siegmund Augusts, in seiner Relation über den Zustand Po- lens im Jahre 1568*) also zwischen den Jahren, in welchen Gratiani und Mucante in Polen waren, schreibt: „dafs die Wälder Polens voller Wild verschiedener Art sej-en, unter denen Ziibry, Tury und i.osie bei Uns (in Italien) nicht be- kannt seyen und dafs die Zuhry nur in der Bialowieskiey puszezy (wo sie noch heute sind) leben könnten," denn Mu- cante sah sie 20 Jahre später in Masovien. Und es ist fer- ner falsch, wenn 3) Andreas Swi^cicki in seiner ebenfalls am Ende des 16. Jahrhunderts geschriebenen descriptio topographica Du- caius Masoviae angiebt, als hätten innerhalb Masovien die Zuhry nur in der sogenannten silva Secjuana (d. h. am Flusse Skwa nordwärts der Narew an der Grenze der heuti- gen Gubernien Plock und Augustow) gelebt, dahingegen die Tjiri nur in der sogenannten silva Hectorea (d. h. in der damaligen Jakturowska puszcza zwischen Wiskitki, Bolemow und Mszczonow), denn gerade in derselben Wildnifs war das Gehege und der Thiergärten der alten Herzoge von Masovien (und der Könige von Polen seit 1525,) in welchen Mucante die 7 Zuhry sah und als solche beschreibt. Mucante erwähnt übrigens deu Zuh?^ und zwar den Lithauischen noch einmal in seinem Tagebuche. Als nämlich der König seine verstorbene Tante Anna (Schwester Siegmund Augusts) König Stephan Batorgi hinterlassene Wittwe am 29. October 1596 selbst zur Beisetzung ins Königliche Begräbnifs nach Krakau begleitete, folgte ihm der Cardinal 2 Tage spä- ter dahin nach. Der König verliefs aber Krakau wieder am 18. November und mufs sich bald darauf nach Lithauen be- geben haben, denn am 27. Januar 1597 schickte er dem Car- 0 s. Niemcewicz 1. c. T. III, p. 7. 78 dinal Legat „zwei ungeheure Bestien und einen Zubr von ihm selbst in den litbauischen Wäldern erlegt, nach Krakau. Beide jener Bestien waren Weibchen und hatten keine Ge- weihe. Sie waren so grofs als Maultlüere, ihre Gestalt dem Hirsch ähnlich, und hatten keine Zähne (Vorderzähne) in der Oberkinnlado. (Mucante meint also hier Elenkiihe ohne ih- ren Namen zu nennen.) Der Zuhr, den ich schon gesehen hatte, ist eine erschreckliche Bestie, gröf^^er als der Büffel, schwarz von Ansehen, der Kopf nicht grofs, kurz und kraus, der Vordertheil breit und erhaben. Der Geschmack des Flei- sches ähnlich dem Hirschfleisch." Fast köinite es scheinen, dafs die bisherige kritische Be- leuchtung der Herberstainschen Nachrichten, verbunden mit denen von Gratiani und Mucante, schon hinlänglich w^ären die Cu vier sehe Meinung zu widerlegen. Sollte aber der Ge- genstand ganz erschöpft werden, so konnte ich mich damit noch nicht begnügen. Hr. v. Bär wirft mir vor, ich hätte jnanche Zeugen, die Hr. v. Brinken für die Verschiedenheit zwischen Tur und Zubv angeführt hat, als Ostrorog, Gra- tiani, Mucante, Surius, Nieremberg, Swifcicki aus- gelassen und das Zeugnifs von Gefsner zwar nicht überse- hen, aber von der Hand gewiesen. Er macht ferner die sehr richtige Bemerkung, dafs man in Betreff der kritischen Sich- tung der Säugthierarten, durch topographische Schriftsteller stets mehr Licht erhalten werde als durch die compilirenden Naturforscher des Mittelalters bis Jonston herab, (mithin auch durch Gefsner) und dafs die Möglichkeit, als habe der doppelte Name eines Thieres die doppelte Nennung des- selben veranlafst, nur dann zur Wahrscheinlichkeit und Ge- wifsheit erhoben werden könne, wenn Stimmen aus dem Mit- telalter selbst über die identische Bedeutung von Ur und JVi- sent, Tur und Zuh', dem europäischen Buhalus und Bison, sich aussprächen. Diese Bemerkungen nöthigen mich also 1) über die ausgelassenen Zeugen mich noch zu erklären und 2) alle Polen betreffende Topographen und Chronisten des Mittelalters, vorzüglich die innländisch polnischen über diesen Gegenstan«! genau abzuhören und zu prüfen. Welchen Wcrth das von Ostrorog beigebrachte Zeug- nifs bat, habe ich oben schon angedeutet, Mucante und Gra- tiani sind schon bereits vernommen vyorden, und Swieci- cki gehört unter die Topographen, die wir bald näher beleuch- ten werden. Dafs ich aber auf Surins in der historia vi- tae Sanctorum wegen der wenigen Worte: In Lithuania Uri sunt ac Bisontes et erranf, qui Uros vocant Bisontes, cum /bisontes sunt juhati et villosi circa Collum und auf Nierembergs Worte in der bist. Aninialium Lib. V.: Sepien- trionales regiones alunt Tragelaphum ex genere Cervo- rum, Urum et Bisontem keinen Werth lege, wird man mir wohl nicht hoch anrechnen, denn diese Männer, die nicht selbst Beobachter waren und zu den vielen Nachbetern von Piinii mifsverstandenen Worten gehören, geben keine Ent- scheidung. Habe ich sie übergangen, so habe ich dagegen frü- her andere Zeugen von denen Hr. v. Brinken nichts wufste: Thomas Cantapratensis, Joh. v. Marignola, Paul Zidek und Bartholomaeus Anglicus angeführt, die in einiger Beziehung doch nocli etwas melir Werth haben als jene. So bleibt also nur noch Conrad Gefsner übrisr, des- sen Zeugnifs ich ebenfalls als nicht entscheidend betrachten kann. Zugestanden, dafs der grofse Conrad Gefsner (geboren 1516, gestorben 1562) dadurch der Schöpfer der neuern Na- turgeschichte wurde, dafs er in seinen Werken nicht allein Alles das, was die Alten über alle Theile der Natur erforscht hatten, zusammentrug, sondern dafs er auch ihre Angaben mit sehr vielen Forschungen und Beobachtungen seiner Zeitgenos- sen und seiner selbst durchflocht und bereicherte, so müssen wir doch auch zugestehen, dafs Gefsner bei dieser compili- renden Methode über viele Gegenstände nicht zur klaren Ein- sicht gelangt, wenn die zusammengetragenen Nachrichten der Alten und seiner Zeitgenossen als einander widersprechend oder dunkel waren und er selbst nicht im Stande war, durch eigene Ansicht und Forschung Wahrheit und Täuschung zu sichten. — Und so ist es gerade der Fall mit seinen Nach- richten de hohus feris et sylvestribus diversis. W^enn wir in seinem grofsen Werke historiae ^nima- lium Lib. I. de quadrupedihus viviparis, Tigurini ap. Fro- schoverum 1551. fol. die Kapitel de huhalo, de hisonte, de honaso, de farando, de uro durchlesen, so müssen wir 80 gestehen, dafs er in Unterschcklung der Arten nicht zur kla- ren Einsicht gelangte. Wir müssen Uns schon der Mülie un- terziehen, ihm dabei Schritt vor Schritt zu folgen. Im Kapi- tel de huhalo p. 13.9 b-jmerkt er sehr treffend: „Bubali iiomen omnino incertum est, non hodle soliim sed jam Pllnii seculo confiisum. Albertus Magnus memlnlt magno- rum bubulorum sylvestrium, qui Yisent apud Germanos appellentur, hos ego Biso nt es interpretor." Hätte Hr. V. Bär diese Stelle beachtet, so würde er nicht behaupten, dafs der untergegangene Bos prhnigenius, sein so- genannter Ur, in den altdeutschen Annalen und Gesetzen durch Büffel oder Buhalus ausgedruckt sey. Wenn die lex Ale- manorum tit. Q9. § 1. im lateinischen Texte verordnet: Si quis hisontem huh alum, vel cervum qui prugit, f Lira- verit vel occideritj duodecim solidos componat, so hätte Hr. V. Bär, der hier aus den zusammengestellten Namen Bi- son hiihahis 2 Thiere machen will, doch bedenken sollen, dafs der Verfasser, wenn das seine Meinung gewesen wäre, ebenso zwischen hisontem und huhuhun, als zwischen dieses Wort und cervum ein vel gestellt haben würde und dafs im deut- schen Texte dafür wirklich Wisent oder Büffelochse steht, und es ist also klar, dafs der Name Büffel als eine zweite Benen- nung des Wisent d. h. des wirklichen Bison imd noch heute lebenden Zuhii gebraucht wurde und dafs die vom Begleiter des Pommerschen Apostels Otto (Bischof von Bamberg und Beichtvater der Gemahlin Herzog Boleslaw Krzywousty von Polen) im Anfang des 12. Jahrhunderts in Pommern genann- ten Ferinae Buhalorum nichts anders als Zuhrones sind, werde ich aus Dlugosz mit Evidenz erweisen. Wenn mithin Daniel Gramer im Anfange des 17. Jahrhunderts in der Pommerschen Kirchengeschichte jene W'orte mit Püffel oder Uhr- Ochsen übersetzt, so hat das wahrhaftig so wenig Gewicht als der Ausspruch eines Mannes, der aus Rufsland zurückkehrend mir vor wenigen Tagen erzählte, er sey durch die Landschaft Bialystok gereist, wo in dem benachbarten grofsen Walde (nämlich von Bialowie/.a) noch die wiljlen Büffel ochsen lebten, oder der falsche Ausdruck des Dr. Karl Andrer in seinem Werke: Polen nach Malte-Brun und Chodzko bearbeitet. Lpz. 1831. 8. der p. 43 und 45 den Bison oder Zalr auch noch mit dem Titel Büffel beehrt. 81 Die wahre ursprünglich wörtliche Bedeutung von Büffel auf die ich uuten nochmals zurückkomme, entschuldigt übri- gens die alten Deutschen, wenn sie den Wisent oder Zuhr auch zuweilen Büffel nannten. Hat Fürst Wratislav V nach Cramer ums Jahr 1364 in Hinterpommeru einen fVysant erlegt, so ist das nur wieder eine Bestätigung, dafs vom An- fange des 12ten bis Ende des 14ten Jahrhunderts (von Boles- law Krzywousty bis Wratislaw V) in Pommern so gut wie in Preufsen und Polen von wilden Ochsen nur der Wisent oder Zubr gelebt hat. Sodann weiter im Cap, de Bisonte p. 143 überzeugen wir Uns, dafs Gefsner durchaus nicht zu einer klaren Ue- berzeugung von einem wirklichen Unterschied zwischen Bison und Urus gelangte. Er stützt sich auch wieder nur auf Pli- nius und Albertus magnus und will dem letztern, der doch 2 Jahrhunderte früher, von 1192 bis 1280 in Deutsch- land lebte, zu einer Zeit als der Auerochse wenigstens im östlichen Deutschland noch vorkam, nicht einmal recht Glau- ben beimessen. Er sagt im Eingange dafs der Bison von Manchen mit dem huhalus, von Andern mit dem urus, von noch Andern mit dem rangi/er, endlich auch mit dem hona- sus, tarandus und urus verwechselt worden (warum er den Urus zweimal nennt, ist unklar) und fügt hinzu: Ego quoad ejus possum haec genera distinguam Hier kommt es nun aber eben auf das guoad an und darüber läfst er Uns sehr in Zweifel. Er geräth in Widersprüche wenn er z. B. hier den Bison vom hojiasus unterscheidet, und doch im Cap. de lonaso p. 157 schreibt: ,,Ego certe bonasum genus bisontfs crediderim, nam et Al- bertus, ut superuis retuli, boum qui vulgo Wisent diciuitur, di- versas species magnitudine solum difTerentes esse testatur qu,ppe excepta cornuum figura et rejectione stercorls reliq a X' detur omnia cum bisonte communia habere."*) ^) Dafs der bojiasus wirklich nur der Bisün ist, hat schon Cii- v^er anerkannt und ich noch ausführlicher zu er^veisen versucht, wenn Gefsner ferner, indem er irrig den böhmischen Namen Loni (.soll heifsen Lossi) auf den monopics bezieht, hinzufügt: Germani jubani vocant Möne (Mähne) ut AngUMane inde factum Monoms veiMonopj nomen aliquü conjecerit ntpote bovis jubati, so ist diese i>amens-Lrklärung des Monopus, so gut sie auf das vom Bison nicht W.egm. Archiv. VI. Jahrg. l Band. g 82 Wenn er dann weiter die Worte des PI in ins anführt: insignia tarnen houm fcrormn genera jubatos hisoiiies, ex- cellenüque vi et velocitate uroSf quibus imperitum vulgus huhalorum nomen imponit, cum id gignat Africa und lun- zufiigt, dafs Raphael Volaterranus und Andere den Na- men hiihalus nicht allein auf die Uri sondern auch auf die Blsontes bezogen hätten, was er nicht billigen könne, indem sich dieser auf die Uri bezöge, so hat Raphael Volater- ranus gewifs mehr Recht als Gefsner gehabt, indem in den Worten des Plinius selbst durchaus kein sicherer Beweis davon liegt, dafs er einen Unterschied zwischen dem bemähn- ten Bison und Urus gekannt habe. Er fand bei seinem Ex- cerptensammeln die aus verschiedenen Sprachstämmen ab- stammenden verschiedenen Namen wilder Ochsen und so stellte er diese neben einander. Er hat so wenig gewufst, ob diese Namen wirklich zwei verschiedene genera bezeichneten, als er es gewufst hat, dafs der von ihm wenige Zeilen weiter ge- nannte und ebenfalls als bemähnter Ochse bezeichnete hona- sus nichts anders war als der von ihm schon genannte hison jubatus. Auch Albertus magnus hat offenbar Uri und Bisonies nicht neben einander gekannt, obgleich er sie beide nennt, denn im Lib. 22 de animalibus nennt er erst die Uri, {quos nos Germanice vis ent vocamus') weifs aber davon nichts als die grofsen Hörner anzuführen, welche als Trinkhörner dienten. Dann erwähnt er an einem andern Ort die grofsen wilden Wald- Büffel, ebenfalls wieder Vis ent bei den Deutschen genannt.' Weiter bei der alphabetischen Aufzählung der vierfüfsigen Thiere unter dem Buchstaben ?^ werden von ihm VrsonteSy ein Schreibfehler für Visontes oder Bisontes genannt und dieses Thier beschreibt er nun hovi simile, collo setoso et jubis ut equus, sed perniliiis et iruculentius ut captum do- mari vix vel nunquam possit. Dieses Alles, meint Gefsner scheine Albertus aus dem Solinus abgeschrieben zu ha- ben, den er kurz zuvor selbst den Affen des Plinius genannt untcrsrhiodono Thicr pafsto, doch spracldich oino sehr gewagte Con-. jectiir und ich halte die in der Paläontologie von Polen p. 208 vo» mir versuchte doch für wahrscheinlicher. -^^ 83 hat. Sodann führt er weiter aus Albertus Werk Lib, 2. cap. 2. an: Invenluntur (inqiut) in genere boiim nigri, magni, qui a qul- busdam vocantur bubali et apud Germanos Voesent: hi per- quam robusti sunt adeo iit irritati equiim simiil et equitem cor- nibus ventüent; magnitiidine aequant magniim dextrarium (sie egreglum et insignem equum Itall vocant) et facies illorum boum aliquantulum declinat inferius ita, quod habent eminentlam su- per medlam liueam descendentem inter oculos et declinatio ar- tus illius est versus os et versus frontem declinatio alia et ele- vatio in media. Cornua eis raaxima et ad dorsum recurva, ut faciliiis cum eis elevare et vcnticare seu rejicere possint, quod invaserint. Plura eorum genera sunt: quibusdam alta et longa cornua, aliis brevia crassa et robusta. Nota haec genera sunt Sclavis et Ungaris et finitimis Germanis. Aus dieser Beschreibung geht nun wohl deutlich genug hervor, dafs Albertus magnus damit den gemeinen Büf- fel {Boshubalus) gemeint hat, der allerdings damals schon bei den südöstlichen Slaven, den Ungern und im südlichen Deutsch- land als Zugthier gehalten wurde; ob er ihm aber mit Recht auch den deutschen Namen Voesent beilegt, möchte ich stark bezweifeln und dafs er nach der verschiedenen Gröfse ihrer Hörner verschiedene genera derselben unterscheiden will, ist sicher ein Irrthum. Sodann fährt Gefsner fort aus den Wor- ten des Albertus den Schlufs zu ziehen, dafs mit dem Na- men Visent verschiedene genera der Waldochsen belegt wor- den seyen, von welchen er die kleinen: Bisontes, diegrofsen aber Uri nenne. Offenbar hat sich Gefsner zu dieser durch- aus haltlosen Meinungs-Aeusserung nur hinreissen lassen, in- dem er wieder an Plinius gedacht hat, obgleich dieser durch- aus nicht gesagt hat, dafs die Lri gröfser als die Bisontes seyen und in keiner der altdeutschen Annalen und Gesetzbü- cher irgendwo eine Unterscheidung von grofsen und klei- nen Visenten als 2 verschiedenen Thieren vorkommt. Diese Meinung ist mithin als eine reine Imagination zu verwerfen und es erweist sich auch sichtbar, dafs Gefsner gar nich^ zu einer festen Distinction gelangte, weil in demselben Kapi- tel sogar wieder eine Verwechslung mit dem Elch vorkommt, angedeutet durch die Worte: Angermanniae ducatus tenet septentrionalia loca ad confinia Lapponiae, ejus tractus est totus sylvosus et ibi in praecipuis feris venantur Uros et Bisontes quos patria lingua dicunt 6* 84 Elg-, td est aslnos sylvestres, tantae pro c eri ta tis iit summ o dorso aeqiient niensuram hominis porrecti in brachla elata. Sed haec altitudo Uris convenit, non proprie dictis bisonti- bus, qui minores sunt. Da Gefsner mm nirgends anführt, dafs er in seinem Lehen aufser den zu Mainz und Worms an den öffentlichen Gebäuden schon mehrere Jahrhunderte zuvor aufgehangenen Ochsenschädehi, jemals einen lebenden Bison oder Uvus ge- sehen habe, und er auch nirgends einen Gevvährsmannn für die Messung dieser Thiere anzuführen weifs, so hat er auch nicht wissen können, ob der sogenannte Urus so hoch als ein Elch und der Bison niedriger sey. Ganz am Ende desselben Capitels p. 145 erwähnt er so- dann zum erstenmal des polnischen Thiir mit den Worten: Tortassis etiam Thuro Folonorum, quermnox in tarando descrihcnrif hisontis genus est. Hat nun der polnische Twr (w^ie sehr richtig) zum genus der Bisonten gehört und sollen sich diese durch die Mähne und den Bart von den bartlosen Uris unterscheiden, so ist ja die Verbindung des Thiir mit dem Uj'us unzuläfsig. Wenn aber Gefsner den Thiir hier zum Bison rechnete, so mufs es sehr auffallen, wenn er ihn gleich darauf im Cap. de Tarando p. 156 abhandelt. Er ist also abermals schwankend gewesen, ob der Thur zum Ta- rand, oder Bison oder Uj^us zu rechnen sei. Dies geht aus folgenden Worten hervor: Tarandum igltnr esse existimo feram, quam Poloni Tur vel II ■ T •• , • _ _ _ I .. • - • l'k L 7 pernicissmio cursu et valde robusta. Descnpti^ nem haue nobis communicavit nobllitate, doctrina et omne vir- tutum genere vir ornatissimus Florianus Susllga Rolitz a Yar- schovia Polonus. Ilacc fera, si jubata esset, quod nondum certo scio, bisonti adscriberem. Nam receniiores quidam thuronem Polonorum Zubronis, id est Url, speciem faciunt. Wenn dieses Thier also eine Mähne hat, so will er es zum Bison rechnen, wenn nicht zum tarandus (Rennthier) wahrscheinlich nur wegen seines schnellen Laufes und zugleich ersieht man daraus, dafs er den /.ulr mit Bart und Mähne doch nicht zum Bison sondern zu seinem imaginären Unis zählt. — Welche Begriffsverwirrung! — Wenn nach Gefs- ners Ansicht der Urus der Zuhr der Slavcn ist, also unser 85 Auerochse mit Mähne und Bart, der polnische Tur hingegen, wenn er eine Mähne habe, zum Bison gehöre, so weifs man am Ende gar nicht mehr, welche Unterscheidungs-Kennzeichen sich Gefsner denn zwischen beiden Thieren gedacht haben imifs. Die Nachricht die er von Tur dem sehr gelehrten Einwohner Warschaus Susliga Rolitz verdankte, ist so kurz, dafs man in zoologischer Hinsicht daraus gar nichts ersehen kann. Dieser Mann, in der alt polnischen Litterargeschichte nirgends genannt, hätte wohl vermöge seines Wohnorts den Tur etwas genauer schildern können. Er hat aber wahr- scheinlich wenig davon gewufst, denn nicht einmal seine topo- graphische Angabe, dafs der Tur nur in Masovien zwischen Oszezke und Garvolijn (d. h. zwischen den beiden Städtchen Osiek und Garwolin im Kreise Lukow des Gubernii Podlachien) gelebt habe, ist richtig, denn wir wissen durch Swigcicki, Gratiani und aus archivarischen Nachrichten aus derselben Zeit, in welcher Gefsner und Susliga lebten, dafs der so- genannte Tur damals und bis ins 17te Jahrhundert hauptsäch- lich westwärts der Weichsel in Masovien in der Jakturowska puszcza bei Wiskitki, also auch sehr nahe bei Warschau ge- nannt wird. Susliga hat wahrscheinlich von einer viel frü- hem Zeit gesprochen, und insofern ist Uns seine Angabe, dafs der Tur auch zwischen Osiek und Garwolin gelebt hat, von Interesse, denn der ebenfalls am Ende des löten Jahrhunderts schreibende Swigcicki*) erzählt Uns, dafs in der Gegend von Osiek, also in der sumpfigen Waldniederung zwischen den Flüfschen Swider und Wilga die alten piastischen Her- zoge von Masovien (die 1525 ausstarben und jener Gegend nahe gegen über auf dem linken Weichselufer ihr noch in Ruinen stehendes Resideuzschlofs Czerik hatten) einen Thier- garten gehabt hätten, der von einem sehr selten zufrierenden kleinen klaren J3ach durchschnitten wurde und wo sie nach seiner Angabe (wahrscheinlich in der letzten Zeit ihrer Exi- / stenz) nur noch Hirsche und Damuli zu ihrem Vergnügen hiel- ten. Vom Tur weifs der Mann in dieser Gegend nichts mehr. *) Swigcicki descriptio Ducatus Masoviae topographica iii Mi- cleri collectio magna Historiarum Poloniae et LIthuaiiiae scriptoruiu Tom. I. p. 486. 86 Aber die Beschaffenheit der Gegend ist ganz so, dafs er frü- her da wohl gelebt haben mag und Swi^cicki führt aus- drücklich an, dafs sich von dort der grofse, heute freilich ge- lichtete Wald längs der Weichsel bis zum Narevv (durch den heutigen Kreis Stanislavvow hindurch) gezogen habe und vom Flusse Sphydrus (d. h. heute Svvider) durchschnitten wor- den sey. Wie können wir auf GefsnerUns berufen, um den ihm so wenig bekannten Tur für verschieden vom Ziibr zu erklä- ren, wenn er von der im Artikel de Rangifero p. 951 mit- getheilten sehr richtigen Zeichnung eines Elengeweihs nicht einmal gewifs ist, ob dieses Geweih einem Rennthier oder einem andern Thiere angehörte, da er doch selbst im Artikel de ^Ice p. 2 schon ein Elengeweih, wenn auch etwas weni- ger gut, abgebildet hat, und man auf den ersten Anblick be- kennen mufs, dafs beide Zeichnungen nur einen und denselben Gegenstand darstellen, auch zu seiner Zeit, nach Sebastian Münsters Nachrichten, Elengevveihe sehr häufig im Handel bei den Augsburger und andern deutschen Kaufleuten vor- kamen. Endlich im Artikel de Uro p. 157 erkennen wir die da- von gegebene Abbildung sofort für einen Zubv mit dem Bart wie er von dem hinter einem Baum versteckten Jäger mit dem Spiefs erstochen wird und nach vorn mondförmig ge^ krümmte ziemlich kleine Hörner hat. — Noch deutlicher wird diefs am Ende des Isten Theils p. 1097 wo er unter der Ueberschrift ParaUpomena hinzufügt: „Uri quoque effiglem ante paucos dies, ard vivum expres- sam Seb. Münsterus nobis communicavit a nostra (quam ex ta- bula Moscovlae Aiitonii Wied muluati sumus) noii nihil dlver- sam. Corpus Uri, quem pictura illa repraesentat, perquam cras- sum est, tergo summe fere gibboso, longltuJo ei a capitc ad caudani brevior quam proceritas et venlris laterumque et dorsi crassiludo postulet. Cornua densa, nigra, brcvla, ocull versus extcriorem canthum rubicundl, os latuni, crassus et simiis nasus. Crassum et amplum caput, facles (ut sie vocem) lata. Tempora viliosa, nieulum barbatum, sed brcvibus vlllis nigris. Color fere nigcr, iiiaxlnie In temporibus, niento, collo et in facle, latcribus, crurlbtis, caiula ad puulceum verglt." Diese Zeichnung war durch Sebastian Münster, also j von einem preufsischen Zuher entlehnt und die Beschreibung ist selbst bis auf die Färbung der verschiedenen Körpertheile 87 ganz genau. — Wie vertragen sich nun diese Zeichnungen und Beschreibung mit der Gefsn ersehen Angabe in demsel- ben Capitel, dafs die Uli oder Zuhrones zuweilen 15 Ellen (Cuhiti) und ilire grofsen liörner 3 Ellen lang wären? — Ein Verhältnifs der Körperlänge zur Hörneriänge =3:1 beim Zuhj' ist aber eine reine Fabel und ein 3 Ellen langes Hörn davon hat gewifs niemals Jemand gesehen, da auch die Körperlänge von 15 Ellen mehr als um die Hälfte übertrieben ist. — Da nun Gefsn er ferner selbst sagt, der Lriis heifse in der Illyrischen Sprache (damit bezeichnet er die slavischen Dialecte) Zuhr oder Zuhro, bei den Deutschen der grofse Wisent oder grofse wilde Büffel, bei den Russen und in Preufseu konmie er unter dem Namen Auerochse vor, das Wort Ur werde zwar ein gallisches Wort genannt, finde sich aber nicht in der heutigen Sprache Galliens, wohl aber bezeichne es allein und in Zusammensetzungen in der deut- schen Sprache die Begriffe alt, waldig und stark; ferner erkenne erausOppian und Pausanias, dafs der Bison, der bei den Deutschen auch Wisent heifse, und der Päonische Ochse nicht allein einen Bart hätten, sondern auch um den Nacken und die Brust lang behaart seyen, — so ist doch aufser Plinii verdächtigen Worten auch nicht ein einziges beglaubigtes Zeug- nifs vorhanden Ur und Bison für etwas anderes als zwei ver- schiedene Namen eines Thiers zu halten, — Gefsner bis zum Jahr 1551 hat davon wenigstens weder eine Ueberzeu- gung gehabt, noch sie Uns beigebracht und sein Schlufssatz ist ein schwaches Auskunftsmittel: „Ego certe suspicor, quoniam ab diversis advenis percimctarl solemus, alium de alio, quem ipse viderit, vel audiverlt, sylvestri bove respondere, et ita in unum animal congeri quod diverso- rum est." Hat endlich Gefsner in der Zeit von 1551 bis zu sei- nem Tode 1568 von dem Krakauer Einwohner Anton von Schneeberger und dem polnischen Baron Bonarus noch einige Nachrichten über den polnischen Tur erhalten, wie sie in der Ausgabe seines Werks von 1620 T. I. p. 141 mitge- theilt sind, so vermögen auch diese mein Urtheil nicht zu än- dern. Anton von Schneeberger, ein Einwohner von Kra- kau, wird von polnischen Schriftstellern nirgends genahnt, ich habe alier Mühe ohngeachtet nicht ausmitteln können, v^er er 88 eigentlich war; sein deutscher Name beweist nur, dafs er höchst wahrscheinlich ein deutscher Kaufmann oder Gewerbs- mann war, wie diese damals nach den polnischen Annalen so wie noch heute in allen gröfsern polnischen Städten sich nie- derliefsen, da die Nationalpolen selten nur Neigung und Ge- schick für Handel, Kunst und Handwerk gezeigt haben. Der Mann lebte also als ein Ausländer in Krakau, in einer Gegend in welcher auch die polnischen Annalen und Topographen niemals das Vorkonunen des Ziibrs oder Tiirs erwähnen. Seine Beschreibung vom Tur, den er vielleicht nicht ein- mal selbst sah, im Wesentlichen mit der von Herberstain über- einstinnnend, kann Uns mithin ebenso wenig als diese zur Er- ledigung unserer Streitfrage als entscheidend gelten. Nur die Form der Hörner hat er anders dargestellt als Herberstain und das mag eine Verbesserung seyn, da llerberstains Zubrhörner auch falsch gezeichnet sind. Vom Baron Bona- rus kennt Hr. v. Bär die Lebens -Verhältnisse nicht. Ich mufs dieselben deshalb erläutern und sie sind bald ausgemit- telt, wenn wir Mathias Miechovita,*) Bielcki. **) Tomasz Swiecki***) und Niemcewiczf) zu Rathe zie- hen. — Die Familie Bonar oder eigentlich richtiger Bonner ist eine deutsche in Polen eingewanderte. Johann Bonar, in der Metryk Korony sehr häufig in Unterschriften richtig^ Johann Bonner geschrieben, zog unter König KasimirlU Jagellonczyk wegen Religions- Verfolgung aus Weifsenberg nach Polen, war einer der reichsten Kaufleute zu Krakau, er- warb nach damaliger Sitte durch den Besitz eines grofsen Hauses in Krakau, das heute noch das Bonnersche heifst, den polnisclien Adel, und hatte noch 3 ebenfalls reiche und tha- tige Brüder Jacob, Friedrich und Andreas. Von einem dieser Brüder stammte Seweryn Bonar ab, der sich mit der einzi- gen Tochter des reichen KaufmannsBethmann zu Krakau ver- heiratheto, aus welcher Ehe eiue Tochter, Sophia, entsprofs, dio ») Chronica Polonoriim. Orocowia. 1521. fol. **) Kronika polska. Edit. Bohomulea p. 456. '*") Opis starozytnay Polski Toni. I. p. 122. f) Im Zbior Pomie.tuikow T. I. p. 252 und 380. 89 der nachmalige Kron-Grolsmarschall F i r 1 e y heiratliete und mit ihr auch das eine Meile von Krakau entlegene Baiice erbte, wo Joh. Bonnar ein zu damaliger Zeit berühmtes und schönes Schlofs erbaut hatte. Gleich nach dem Regierungsantritt König Sieg- mundl im Jahr 1506, als sich dieser in grofser Geldverlegen- heit befand, machte er den Kaufmann Joh. Bonar, der zugleich Burggraf des Königlichen Schlosses und Bürgermeister der Stadt Krakau war, zu seinem Bevollmächtigten, der in Kurzem so viel Geld schlagen liefs, dafs er die versetzten Königlichen Güter, Salzwerke und den Zehnten der Olkuczer Bergwerke wieder einlösen und das sehr verfallene Königliche Schlofs zu Krakau restauriren konnte. Er ward bald darauf Zupnik (d. h. Administrator der Salzwerke) von Wieliczka und Bochuia *) Sein Neffe Seweryn Bonar war wie wir aus einem Briefe des berühmten Erasmus von Rotterdamm (1467 — 1536) an ihn ersehen, ein Beschützer gelehrter Polen und wird in ei- nem Briefe des Krakauer Bischofs und Krön -Unterkanzlers Peter Tomicki an ihn ebenfalls Zupnik und wielki Proku- rator Krakowski genannt, zur Zeit als Papst Clejnens VII von Karl V wieder in Freiheit gesetzt war (also nach 1527). Spä- aber beim Einzug König Heinrichs von Valois 1574 nach Kra- kau empfing ihn Seweryn Bonar als Starost zu Rabstyn und Olkucz. Es ist mithin, da Gefsner seine Nachrichten von Bonar erst nach 1551 erhalten haben mufs, ziemlich gewifs, dafs er sie von diesem Seweryn Bonar erhielt. So aufgeklärt der Mann nun auch seyn mochte, so läfst Uns seine Stellung als hoher administrativer und juridischer Staats-Beamte in und bei Krakau eben nicht erwarten, dafs er besonders befähigt gewesen wäre über naturhistorische Gegenstände, besonders in grofser Entfernung von seinen Wohnorten, ein entscheidendes Urtheil zu fällen. Seine ausgesprochene Meinung, dafs der Tur aus der *) Dies ersehen wir aus Joacliimi Vadiani Co?ttmentariohis in Pomponmm Melam de Sarmatia in Mlcleri coUectio magna scri- j)tor, Polononiae et Lithuan. Historiar. T. I. p. 4. 6.^ denn Vadianus aus der Familie de Watt in St. Gallen 1484 geboren, bereiste, ehe er 1517 in Wien Doctor wurde, Italien, Ungarn und Polen und ward bei seiner Besichtigung der Salzwerke zu Wieliczka und Bochuia von. diesem Zupnik Joh. Bonar, also vor 1517, empfangen. 90 V^erinischun^ eines männlichen Bison mit einer zahmen Kuh entsprossen sey, woraus Hr v. Bär schliefsen will, dafs der Tuj' dem zahmen Rinde ähnliclier als der Bison gewesen sey, rechtfertigt völlig meinen Ausspruch, denn wir wissen durch alte und neue Beobachter, dafs eine solche Vermischung keine lebendigen und fortpflanzungsfähigen Jungen gab. — Bonars Zeugnifs ist daher so gut wie keins. — Nachdem ich hiermit gezeigt habe, wie wenig Gefsners Nachrichten und Schilderungen zur Entscheidung unserer vor- liegenden Streitfrage beitragen, gehe ich meinem Plane gemäfs dazu über, die polnischen und über Polen schreibenden To- pographen und Chronisten aus dem 15ten und IGten Jahrhun- dert zu verholen, welche gelegentliche Nachrichten über Zuhr und Tiir mittheilen. Aus der ziemlich zahlreichen Reihe der- selben gehören hierher chronologisch geordnet nur: 1) Johann Dlugosz, 2) Aeneas Sylvius, 3) Sche- del, 4) Mathias Miechovita, 5) Erasmus Stella, 6) Sornicki, 7) Cromer, 8) Andreas Swi^cicki und 9) Krasinski (Crassinus). Von diesen sind Aeneas Sylvius, Schedel und Eras- mus Stella Ausländer, die für unsern Gegenstand wenig Ge- wicht haben; Schedel und Krasinski erwähnen übrigens den Tur gar nicht. Ehe wir diese Schriftsteller benutzen, ist es noth wendig, ihrer Beurtheilung wegen, ihre Lebensverhält- nisse kurz zu schildern: 1) Johann Diugosz (Longinus) aus der Familie Wiz^ niawa, 1415 zu Brzeznika in Polen geboren, wurde von sei- nem Vater, der später Präfect der Stadt Nowy miasto Kor- czyn am Ausflufs der Nida war, nach Krakau auf die Univer- sität geschickt, lebte hier in der Familie des Bischofs Zbig- niew, widmete sich dem geistlichen Stande und wurde bereits in seinem 2üsten Jahre Subdiakonus zu Krakau, sodann Pfar- rer zu Klobucko bei Czenstochau, dann Canonicus zu Krakau. Vom König Kasimir lll in seinem Kabinet gebraucht, ging er als (iusandter nach Ungarn, Breslau und Rom, besuchte 1450 heifst. 102 naviam mitfere aliqui prodidere, dicta sunt. Da haben wir wiedef die Abschrift von dev Unkenntnifs des Plinius (Lib. VIII. cap. 16) der den scandinavischen Namen ^Ich, den er gehört haben mochte, wie ihn später Albertus ma- gnus für Elch schreibt, durch Versetzung der Buchstaben in Aclilis corrumpirte. Weil nun Achlls anders klang als al- ceSf da machte er geschwind 2 verschiedene Thiere daraus, die er niclit einmal geographisch scheiden konnte, weil er al- ces dem Norden und achlis der Insel Scandinavia in demsel- ben Norden zuschrieb. Auch Albertus magnus (Lib. 22. Tract. IL cap. 1.) hat in den Artikeln de ec/uicervo, de al- che und de aloi nicht allein das Rennthier mit dem Elch ver- mengt, sondern auch durch fabelhafte Eigenheiten Alch und alces unterscheiden wollen. Dennoch hat es aber Leute ge- geben, die aus solchen confusen Nachrichten die gleichzeitige Existenz von 2 verschiedenen Elenarten im Norden erweisen wollten. Es ist das nur ein interessantes CJegenstiick zu der ganz 'ähnlichen unhaltbaren Hypothese von der Verschiedenheit des Urus vom Bison. In beiden Fällen sind 2 verschieden klingende aber gleichbedeutende Namen für 2 verschiedene Species genommen worden. Fragen wir weiter den Polen Sarnicki, einen Zeitge- nossen von Gratiaui und Mucante, in seinem oben ci- tirten Werke descriptio veteris et novae Poloniae, so fin- den wir darin zwar keine Beschreibungen der Landesthiere, aber doch in dem 2ten Theile: Index tcihulae Sarmatiarinn, simulque uihium, montium, ßuvioriim, silvarum, soUtudi- num et aliorum nobiliwn locorum etc. hier und da Er- wähnungen derselben. So unter andern suh Litt. B: Bzura fluvius infra Lowicliim (Lowicz), iibi sunt nobiics hisontiiun venationes, locus ille et silva vocatur WIskitki. War gleich Sarnicki kein sonderlicher Historiker, so zeigt doch jenes Werk und sein grofses seltnes llechtsbuch, dessen nicht genau bekannter Titel nach Braun: Statuta i Metryka przymtejow Koronnych ist, dafs er sein Vaterland ziemlich genau kannte. In derselben Zeit also, in welcher Herberstain, Gratiani und Mucante in Masovien und nauH'ntlich in der Gegend zwischen Rawa und Wiskitki vom Vrus oder Tur sprachen, der letztere aber auch nur Zuhry 103 gesehen hat, erwähnt Sarnicki nur die edeln Bisonten- Jagden bei Viskitki. Der mit Sarnicki ganz gleichzeitige Crom er hat Uns in seinem Werke de situ, populis etc. re- ^ni Polonici die wilden Thiere seines Vaterlandes ziemlich vollständig aufgezählt und was er davon wirklich kannte, auch zum Theil kurz beschrieben. Er führt eine grofse Zahl pol- nischer Fische an, er erwähnt den Panther sive lupus cer- varius, und fügt hinzu er heifse polnisch Ris d. i. also der Luchs, ferner Maries sive 3Iardurec, w^elche polnisch Kuna genannt werden, sodann die Füchse, Wölfe, RosO' inaki (d. h. Vielfrafs) Lutrae et Castores amphihia. (Von letzterm giebt er eine richtige Beschreibung). An der Grenze von Ungarn erwähnt er die Gebirgsziegen (d. h. Gem- sen). In Podolien erwähnt er ein Thier von der Gröfse der Eichhörnchen und Kaninchen, in Höhlen oder Erdlöchern le- bend, mit gefleckten Fellen, die zur Kleidung der Frauen be- nutzt werden und die man im gemeinen Leben Orzecicos nenne, d. i. der Skrzeczek oder Hamster (^cricefus). In Bezug auf Bison und Uriis drückt er sich folgender Maafsen aus: E ferarum animantium genere fert haec regio (Polonia) co- plam leporum, dorcarum, Sciurorum, cuniculorum quoque ali- cubi, Cervorum etiam et aprorum, et ursorum et luporum non- nuUis in locls. In primimi autem Nepolomlcensis et Radomien- sis saltus nobiles sunt cervorum venatlonibus. Et herum au- tem et Onagrorum (die er bald weiter unter dem Namen Los als das Elen beschreibt) atque bisontium Prussia du call s eique finitima Masovia ferax est et in primis Podolia: ubi agminatim in campis non modo liae ferae, verum etiam feri equi pascuntur. Est autem Bisons praegrandis, verum per- nicissima fera, magnis et introrsus leniter incurvis cornibus ni- gris armata, quibus equum cum sessore correptum in sublime identidem jactat et arbores mediocri crassitudlne evertit. Magnl- tudlnis ejus illud quoque est argumentum , quod in capite ejus inter cornua duo imo tres bomines posslnt insidere. Habet vil- losum et hispidum corium et sub mento palearla. Caro ejus sale condita in deliclis est magnatibus et principibus, cornu so- norumetobid venatoribus in usu est: Zubrum vel Zambrum vocant nostrates: Imo et Graeci recentiores. — Ein wenig weiter fährt er fort: Cetenim Uri, hoc est ioves sylvestres, quos nos Thuros dicimus, in solis Ma- soviticis sylvis apud Kyskitcos extant. Et hariiin fera- rum carnes aptae sunt humano esui. Wir sehen aus dieser Beschreibung des Bison oder Zuhr 104 dafs ilm Crom er wirklich gekannt hahen mag, nur das ein- zige Wort palearia hat er dabei unrichtig anstatt harha ge- braucht, indem der Zuhr gerade gar keine Wamme hat. Er wulste, dafs er im herzoglichen Preufsen d. h. Ostpreufsen und dem angrenzenden Masovien lebte. Aufserdem führt er ihn aber auch in den Podolischen Steppen (in campis Podolicis) an wo ihn kein anderer Schriftsteller erwähnt, und spricht auch von seiner dortigen Jagd durch mit Pfeilen bewaffnete Reiter, weiche ihn umstellten und von denen einer um den andern aus dem Kreise hervorbrechend ihn verwundete bis er ermattet zusammenstürze. Anders sey aber die Jngd auf ihn in den Wäldern. Fast sollte man glauben, dafs der den Sumpf und dichten Wald liebende Zuhr nicht auf der Hoch- steppe von Podolien habe leben können. Vielleicht spricht Crom er von einer früheren Zeit, w'o dieses Thier in den tiefeiugeschnittenen, wasserreichen und damals noch mehr be- waldeten podolischen Thälern wohnte und nur zuweilen auf die Hochsteppe heraustrat, denn allerdings verbreitet sich die Bewaldung aus Volhynien durch Ober -Podolien noch herab bis zu einer von Braclaw gegen ßalta laufenden Linie, die erst den wahren, jetzigen waldlosen Steppenrand bezeichnet und ehe die vielen Einfälle der Tataren das Land und namentlich auch die Wälder verwüsteten, mochte auch jene Bewaldung dichter seyn als jetzt. Uebrigens giebt es auch noch heute in Ober-Podolien dichte Wälder und Crom er hat das Vorkom- men des Bison dort gewafs nicht erlogen, denn die Einw^oh- ner des Dorfes Daszkawce in der Gegend auf dem linken Ufer des Bog zwischen Winnica und Junow wo noch ein sehr dichter und finsterer Wald von Weifsbuchen QCarpmus he- tulä) steht, haben die Tradition, dafs in diesem Walde einst Tury lebten d. h. Bisonteji, weil sie in ihrer kleinrussi- schen Sprache das Wort Zuhr gar nicht haben, sondern ihn mit Tur bezeichnen. — Interessant ist es ferner, dafs Cro- mcr ausdrücklich anführt, auch die neuern Griechen nann- tun den Bison Zumhro oder Zamhro, denn diese Aussage steht in Harmonie damit, dafs der Byzantinische Geschichts- sclireibcr Nicetas Choniata im 14ten Jahrhundert das un- griechischc Wort Zumpren gebraucht, als er erzählt, dafs sich im Jahre 1312 der Kaiser Andronicus Komncnus in Tauro- 105 scythien, d. h. also in der heutigen Krimm viel mit Jagen und Durchstechen der Zumpren beschäftigt habe. Dieser Name ist offenbar aus dem Munde der im Byzantinischen Reich selbst zahlreich wohnenden slavischen Stämme entlehnt, denn in Tauroscythien selbst wohnten damals keine Slaven. Im 14ten Jahrhundert war also der Zuhr noch von den Volhy- nischen Sümpfen aus durch Podolien bis zum Gebirge der Krimm verbreitet. — Vom Thur weifs Crom er wieder nichts anders anzuführen, als dafs er nur bei Viskitki in Ma- sovien lebe. Er hat ihn nicht beschrieben und da 7 Jahr nach Cromers Tode Mucante die den schwarzen Ochsen ähn- lichen Zubri mit kleinen Köpfen und grofsem Bart unter dem Kinn in demselben königlichen Jagdgehege ohnweit Warschau sah, so wird auch dadurch wieder klar, dafs innerhalb der pol- nisch sprechenden Provinzen Polens Thur damals nur ein in diesem westlichen Theil von Masovien noch ge- bräuchlicher Provinzial-Name für Zvibr war. — Diefs wird nun auch durch Andreas Swifcicki Topographia Ducatus Masoviae bestätigt. Indem er 1. c. (in Micleri col- lectio T. I. p. 484.) die Jagd in Masovien schildern will, schreibt er: „Venatio multiplex, sed cervi, alces, bisontes non nisl in Seqiiana sylva reperluntur, in Hectorea vero sylva Uro- rum ingentiiim greges inerrant: eos enim a quopiam allo oc- cidl proposita capitis poena, fas non est." Diese Stelle müssen wir nun zuerst in geographischer Hinsicht durch Swiecicki selbst erläutern. Er erwähnt p. 489 dafs beim Einfall des Flusses Pysia (Pysz) der aus Preufsen kommt, in den Narew bei Nowogrod, wo dieser einen grofsen Bogen gegen Norden mache, der Sequana Wald anstofse» ein Theil des alten hereynischen Waldes, der sich von hier nach Preufsen und Samogitien ausdehne und in der Mitte von dem sumpfigen Flusse Homulvia d.h. dem heutigen Omulew, der bei Ostrolenka in den Narew fällt, durchschnitten werde. Der Name Sequana ist nur aus dem polnischen Namen des Flusses Skwa gemacht, der zwischen Ostrolenka und Nowo- grod in den Narew ausmündet. Der alte Skwana Wald*) *) Auch von D } u g o s z in der Edü. Lips. T. L p. 35 genannt. 106 • umfafste also die grofsen sumpfigen Wälder, welche jetzt die OstroJecka und Myszynska puszcza zwischen Ostrol'enka und IVIyszyniec, wo der grofse Karaska Bruch liegt, heifsen und sich nordwärts des Narew vom Flusse Pysz westwärts bis zum Flufs Orsic in der Gegend von Chorzellen ausdehnen. Der Name Hectorea Sylva ist eben so ein corrumpirter Name aus dem Namen des Dorfes Jaktorow und sollte also richtig Jakturowska puszcza geschrieben seyn. *) Die Lage dieses Waldes hat Swiecicki p. 494 als er von Boli- möw und der Bzura gesprochen hat, durch folgende Worte bezeichnet: „nie (a Bolemow) jam orltur famosa illa Hectorea sylva, Uroruni pr(5\'entu in orbe nostro clara, pars et ea veteris Iler- cynlae fuit, per hanc a Boleiuovia (Bolemow) ad Vyshiticos (Wiskitkl) hinc per Calentlnates et Drogumlos saltus quos ci- treus pererrat amnis ad Msconovum (Mszczoiiow) penetratur. Abest Msconovum a Bolcmovia XXIV millia passuum.-' Diese Jakturowska puszcza, wie sie ausdrücklich in den Lustrationen der ehemaligen W^oiwodschaft Rawa im löten und 17ten Jahrhundert genannt wird, auch unter den Namen der Wälder von Wiskitki oft angeführt, war mithin der grofse sumpfige Wald, der sich vom Flusse Rawka aus der Gegend zwischen Bolimow und Skierniewice (wo heute noch ein klei- ner Rest davon übrig ist) ostwärts bis Mszczonow und Wis- kitki und weiter nördlich bis Sochaczew und Blonie verbrei- tete. Der alte Name scheint erloschen zu sein, denn der westlich von der Rowka liegende Theil davon heifst wenig- stens bei Bolimow jetzt die Nieborowska puszcza und gehört dem Fürsten Radziwil zu Nieborow. In ihm steht heute noch 5 Werst südwestlich von Bolimow auf einer kleinen Wald- wiese ein Jagdaltan. Ob das wohl dieselbe Stelle sein mag, wo Mucante 159() von einem ähnlichen Altan der Zubr-Jagd zusah? Um Blonie herum war, nach Swi^cicki's ausdrückli- chem Zeugnifs, zu seiner Zeit der Wald schon fast ausgehaucn, in älterer Zeit zog er sich aber auch noch nördlich über den ") Pus/cza bedeutet in der pohüschen Sprache eine Wildnifs und /war eine mit dichtem Wald erfüllte. Das Dort Jaktorow liegt im Kreise Sochaczew im Kirchspiel Grodzisk zwischen Wiskitki und Nadarzyn. 107 Utrata-Flufs herüber und hing mit den noch heute ansehnli- cheü sumpfigen Wäldern von Kampinos im Bicliny -Bruch zu- sammen, die sich bis zum Weichsel -Ufer zwischen liovv, Wy- szogrod, Zakroczyn und Warschau herunterzogen und einst mit den von Nowydwor und Sierock am Narew aufwärts sich ausbreitenden Wäldern, also einerseits mit dem Skwana-Wald, andererseits gegen Osten von Sierock und Pultak weg mit den Wäldern zusammenhingen, die noch heute zwischen Bug und Narew durch den Pulwi- Bruch, Czerwony Bor, Biely- Bruch gegen Tykoccin und Surasz hin vorhanden sind und so selbst (damals gewifs) den Zusammenhang mit dem Zubr- Wald von Biaiovvieza vermittelten.*) *) Ich habe absichtlich den auch jetzt noch sichtbaren Zusam- menhang dieser grofsen aus Lithauen durch Podlachien his ins west- liche Masovien reichenden Wälder nachge%\iesen , welche alle von gleicher Natur sind und alle zum gröfsten Theü auf den Sümpfen stehen, welche als Ueberreste einer vorhistorischen Wasserverbin- dung zu betrachten sind, die vom ehemaligen Binnenmeer an der Stelle der Minkischen und Volhynischen Sümpfe am Prypec in der tiefsten Einfurchung quer durch das sarmatische Flachland bis zur untern Oder statt fand, ehe der Dnepr das südrussische Granitpla- teau hei Kremenczug, der Niemen und die Weichsel den lithauisch- preufsischen Landrücken mit seiner denkwürdigen Seenplatte, jener bei Merecz, diese unterhalb Thorn durchbrochen hatten, wie ich in einer andern geologischen Abhandlung zeigen werde. Wenn nun in diesem grofsen von Ost nach West gestreckten Sumpf-Waldland einst der Zubr wahrscheinlich überall lebte, da wir ihn mit Bestimmtheit in Podolien am Boh, in Volhynien am Prypeo, zwischen San und Weichsel, in der Bialowiezer Wildnifs an der Narewka, im Skwana Wald bei Ostrolenka, in Ostpreufsen, in Hinterpommern mid an der Oder bei Stettin seit dem 12ten Jahrhundert durch historische Zeug- nisse kennen lernten, so ist es doch im hohen Grade unwahrschein- lich, dafs in demselben Sumpf- Waldland nur auf die kleine Jaktu- rowska puszcza beschränkt eine andere davon verschiedene wilde Ochsen -Art gelebt haben sollte, die überdem noch eine Bison -Art gewesen sein mufste, weil ihre Stirnhaut Megen des ihr eigenthümli- chen Moschus-Geruchs zu denselben Zwecken benutzt wurde wie die Stirnhaut des Zubr, dessen Gehirn und Stirnhaare diesen Geruch be- sitzen. Wo von den grofsen Wiederkäuern und Einhufern ähnliche Arten etwa nahe bei einander wohnen, sind sie gewöhnlich durch verschiedene Art der Wohnörter von einander unterschieden. So in Nordamerika der Moschus -Ochse in dem felsigen, waldlosen Lande der Esquimaux und in den Steppen an der Hudsonsbai, der Buffalo 108 Im Skwana-Wald macht Andreas Swi^cicki, als er von seiner Lage spricht, nochmals die Thiere namhaft: „varii generis feras, cervos scilicet, hisontes, alces , ona- gros (vielleicht versteht er darunter hier wilde Pferde) et sylvestres apros nutrit; reperiuntur et parvae fei es (entweder wilde Katzen oder die kleine Luchsart Rys kot)*) quorum pclliculae insigni levore conspicuae, ipsas Moschi- cas et Lithuanicas superant. Nee Pantherae (Wolf-Luchse) et TJrsi desunt. Ferner die vielen wilden Bienen und Falken, die zur Jagd erzogen werden. Mehr sagt Andreas Swig- (Bisori) hingegen mehr südwärts vom grofsen Slavensee in den grofsen waldigen Ebenen an den Strömen einst bis zum atlantischen Meere. So von den beiden Kameelarten die eine auf der steinigen Hochebene von Baktrien bis in die Mongolei, die andere in den grofsen Niede- rungen und Sandwüsten von Vorderasien und Nordafrika. So von den beiden sehr ähnlichen Zebraarten Südafrikas, eine auf den Ber- gen die andere in den Ebenen. So von den beiden wilden Eselarten neben einander in Asien, der Hemionus i^Dschiggetet) auf trockenen, waldlosen Grasweiden in den Mongolischen und Daunischen Step- pen, der Kulan {Onager) hingegen in den bergigen Wäldern am Aral- see, im Gebirge um Casbin, selbst in den Gebirgen von Malabar mid Golconda. *) Wir nehmen in der heutigen Naturgeschichte zwar an, dafs nur eine Art Luchs {Felis lynx L.) im nördlichen Europa lebe, wenn wir den Polarluchs {Felis horealis) nicht mitrechnen. Es scheint aber allerdings, dafs von dem eigentlichen grofsen Luchs, den die Schwe- den Warg Lo, die polnischen und lithauischen Jäger aber Ryscicle oder Ryswilk (d. h. Kalbs- oder Wolfsluchs nach der Gröfse) nen- nen, M'clcher einen sehr kurzen Schwanz und blos geflektes Fell hat, ein anderes Thier nicht blos als Varietät sondern als Art unterschie- den werden müsse, welches die Schweden Katt Lo, die polnischen Jäger Rys kat (Katzenluchs) nennen. Beide leben in Polen und ste- hen ffiif dem zoologischen Museum in Warschau ausgestopft und sind in der kleinen Abhandlung des Hrn. Stron czynski: Spis Zwierzat ss^cych kraju polskiego i pogranicznych. w. Warszawie lö39. 8. p. 18. 19 abgebildet. Der viel kleinere Katzenluchs hat nach Verhältnifs seiner Körpergrofse einen längern am Ende weifsen Schwanz und die Hecken seines Felles fliefsen auf den Rücken so streifenweise zusam- men, dafs er dadurch nach Hrn. Stronczynskis Aeufserung dem Ocelot {Fei. jiardalis L.) ähnlicher wird. Die polnischen Jäger un- t«>rsrheidcn endlich noch eine 3te sehr seltene Art, die sie Rys pics (Hundcluchs) nennen, die zwischen den beiden vorigen in der Gröfse die Mitte häh, gar keine Flecken, aber längeres Haar hat. 109 cicki nicht von den Thieren. Soin Sohn Siogmnnd aber fCgte, als er 1634 seines Vaters Werk edirte, also zn einer Zeit, als geschichtlich die Tuj^i in den Wäldern von Wiskitki schon ausgestorben waren, von ihnen noch hinzu: „Hoc animal priscis temporibus Germanlae sylvis familiäre, nullibi nunc (quod sciam) in tota Europa, nisi in his angustiis, Hercyniae veteris reliquiis, reperitur. Magnitudine est niulto majori supra nostros boves, forma non absimili, caeterum aglli- tatis prope stupendae, ut etlam fimum inter egerendum, prius- quani terram atlingat, cornibus excipiant ludibundi. Pollutas do- mesticorum taurorum coitu feminas odor maribus prodit, quas longe ex armentis abigunt ut objectae rapacibus feris, vitlati ge- neris poenam pendant. Tanto autem robore pollent, ut subla- tum cornibus equitem facile prosternant. Observatum est sae- pius, unicum marem urum prostratis ac proculcatis lupis aliquot, integram victoriam retulisse. Nihil tarn expetitur venatorlbus quam media et villis intorta pars frontls (Polonis Turzy wi- ch er*) praesertim si spiranti adhuc Uro exscindatur; gestata enim a gravidis ^aruncula, abortibus resistit et facilem partum procurat. Eandem vlm quoque zonis inesse putant, quae resecto in orbem corio morientibus uris detrahuntur. Obviam hominem aut feram nisi irritentur, transire facile patiuntur, irrltati furen- tes saeviunt. Nee tamen Caesarem mendacii arguerira, qui ali- ter scriptum reliqult, fieri enim potest, ut animal, illls vastis Ger- maniae solitudinlbus educatum, occurentem hominem insequere- tur: Nunc Uri angusta inclusa sylva mitescunt necessario." Also auch Siegismund Svviecicki hat über die T;/7y bei Wiskitki Uns nichts Anders gesagt, als was wir schon vor- her gewufst haben. Aus eigener Ansicht konnte er auch nicht viel wissen, denn seit 1602 existirten nach den archivarischen Nachrichten nur noch vier solcher Thiere in jener Gegend und als er 1634 seines Vaters Buch edirte, war das letzte Stück schon 7 Jahre zuvor krepirt. Warum aber gerade in der Gegend zwischen Rawa und Wiskitki der Name Tur für Zuhr^ sich am längsten erhalten hat, dazu giebt Swi^ cicki noch einen schwachen Fingerzeig. Nachdem er nämlich von der Stadt Rawa gesprochen hat, fährt er fort: „Biata Chelmensis RoxolanI antistitis jura agnoscit, non tarn amplltudiue aut elegantia, quae nulla est, quam finitimorum la- trociniis apud remotiores Masovias celebrata. Nobiles ii sunt *) Turzj'^vicher bezeichnet Tur wir bei, denn das Wort Wi- cher wird zuweilen anstatt Wir für den Begriff des Haarwirbels auf dem Kopf gebraucht. 110 extremae sortis, sed qiil temerltate et audacia ad omne facinus adciindum prompti: ditJorlbus terrorl sunt et barbara licentla caedibus atque incendiis iuter se debachantur. Nee longe inde absunt Pomrozanie, a Mroga*) torrente nomen sortiti, quo- iiim mores infames et desperata audacia carminibus vulgo no- tantur. Apud eos populos patrum memoria homicldia ita vulga- bantur, ut indecorum omnino putaretur viro noblli et cuique honoratissirao, aliquem saltein suis manibus non peremisse: sed iam et vicinorum commerciis et discipb'na legum mansuefiunt fera ingenia." Sodann weiter als er von Bolemow mit seinem damaligen grofsen See mit grofsen Heerden von Schwänen bevölkert ge- sprochen hat (wovon heute keine Spur mehr ist) und von der Hectorea sylva, sagt er noch einmal: „Inhumani et inhospitales contra quam caetcris Masoviis mos est, ejus sunt pagae incolae, ita ut illac transeuntes vel in foeda pluvii coeli inclementia omnibus diversoriis exclusi aut syl- vam petere aut sub dio pernoctare cogantur, quod et mihi ali- quante illuc iter facienti accidit." Aus dieser Erzählung geht nun hervor, dafs die Stadt BiaJa in Masovien, ohngefähr 2 Meilen östlich von Rawa die Rechte des antistes (Bischofs) von russinisch Clielm, d. i. des einst nur von Russinen bewohnten Landes Cheim zwischen Lublin und Volhynien anerkannt habe. Es entsteht die Frage, wie kam diese Stadt, mitten in Uem von katholischen Polen bewohnten Masovien gelegen dazu, unter dem griechisch unir- Xqw Bischof von Chelm zu stehen, wie auch Starowolski bezeugt. Wir finden die Ursache davon nirgends angeführt und es ist also wohl nur die Vermuthung erlaubt, dafs einst in dieser Gegend eine russinische Niederlassung von griechi« schem Glauben statt gefunden haben möchte. Verbinden wir damit die Nachricht, dafs das Volk in der Nähe der Jaktu- rowska puszcza, wo die Turi lebten und besonders die am Fliisschcn Mroga wohnenden Pomrozoni, die man. also auch im 17ten Jahrhundert noch mit einem besondern Namen be- zeichnete, sich von den übrigen Masoviern durch rohe Sitten, Ungastliohkeit, Neigung zu Raub und Mord sehr unvortheil- haft auszeichneten, so wird es noch wahrscheinlicher, dafs in *) Mropa hoifst das Fliifschen, das bei Brzezyn entspringt, bei Glowno dio Mrozyca aufnimmt und weiter durch Bielowy nordwärts fliefst, bis es bei Sobota in die Bzura fällt. 111 (lieser Gegend einst ein von den übrigen lachischen Stämmen verschiedener kleinrussischer oder wie die Polen sagen russini- scher Stamm (ruskie plemie)*) angesiedelt war, was offenbar der am weitesten gegen Westen vorgedrungen gewesene wäre und in dieser Wildnifs eigenthiimliche rohe Sitten lange Zeit bei- behielt. Ist diese Conjectur richtig, so würde dadurch auch erläutert, warum der Zuhi' gerade nur in dieser Gegend von Masovien den Namen Tur so lange beibehielt, weil in den kleinrussischen Mundarten der aus der litthauischen Sprache in die polnischen und weifsrussischen Mundarten übergegan- gene Name Zuhr bis heute noch dem gemeinen Volke unbe- kannt ist und dafür immer der Name Tur gebraucht wird. Daher darf es Uns gar nicht befremden, wenn der eine pol- nische Schriftsteller den Namen Tur erwähnt, der andere nicht, und wenn der eine dieselbe Beschreibung vom Tur wie der andere vom Zuhr giebt. So hat auch der letzte Topograph, den ich oben angeführt habe, Krasinski, ein Zeitgenosse Swi^cickis in seinem seltenen Werke de Polonia Lih, L cap. XIII. de Ubertate Poloniae zwar viele Jagdthiere und Vögel Polens aufgezählt, aber dabei weder den Tz/r noch Zuhr erwähnt, dann ferner im Lih. II. cap. I. als er von Lithauen handelt, die juhati hisoiites, ferocissima taurorwn species genannt; endlich aber Lih. II. cap. VIII. de Masovia den Tur erwähnt, darin aber sichtlich nur Herberstains Nach- richt wörtlich abgeschrieben, so dafs wir durch Krasinski durchaus nichts Neues darüber erfahren. Hr. V. Bär, der sich nun durchaus noch nicht von der Hypothese losreifsen konnte, dafs Urus und Bison zwei ver- schiedene Thiere gewesen wären, und einen überwiegenden Werth darauf legt, dafs Herberstain und Schneeberger den Tur schwarz geschildert hätten, was aber, wie ich früher und auch jetzt wieder gezeigt habe, von gar keinem Gewicht ist, hat auch die Hypothese aufgestellt, dafs nur dieser vermeint- lich jetzt untergegangene Urochs der Deutschen in den alt- deutschen Chroniken und Gesetzen mit den Namen Buhalus *) Die Polen unterscheiden sehr genau die Namen Rosyanin (Grofsrusse, Moskoviter) von Ruisin (Kleinrusse, Reusse, Rusniak) oder imAdjectiv: rossyiski von ruski. 112 im Büffel bezeichnet soy. Ich habe schon erwähnt, wie die in der lex Alemannorum von ihm aufgefundene Stelle, wo Bisons hubalus, ohne Conjunction dazwischen genannt wird, gar nicht berechtigt dieses Doppelwort als Bezeichnung zweier Thierarten anzusehen. Noch mehr mufs ich aber er- staunen, die Behauptung zu lesen: dafs der 2?w&f/Z«^ oder Büf- fel Deutschlands, der, wie Plinius sagt, eigentlich Uj' hiefs, wirklich schwarz von Farbe gewesen sey, mache die lex Bavariorum im Tit. XIX. §. 7. wahrsheinlich, weil dort die 7^7^?)«// unter das Schwarzwild gerechnet wurden. Wenn die Deutschen heut zu Tage ihre noch vorhandenen grofsen jagdbaren Waldthiere in Schwarz- und Roth wild scheiden und unter das erstere das Wildschwein rechnen, weil es darunter am dunkelsten, meist schwarz gefärbt ist, so werden die al- ten Deutschen auch demselben Grundsatz gefolgt seyn. Ge- setzt nun, es hätten wirklich zur Zeit, als die lex Bavario- rum aufgezeichnet wurde, in Deutschland noch schwarze Bu- hau und sehr dunkelbraun, ebenfalls theilweise schwarz ge- färbte Wisenten oder Zuhri neben einander als 2 Thierarten bestanden, so hätten doch offenbar die Biibali und Wisenten beide dem Schwarzwild zugerechnet werden müssen und der Wisent auf keinen Fall dem Rothwild beigezählt werden kön- nen. Wie kann also die Zurechnung des hubalus zum Schwarz- wild eine specifische Unterscheidung vom Wisent beweisen? Vergessen wir dabei ja nicht, wie im Mittelalter die in natur- historischen Dingen so wenig unterricliteten Mönche und Ge- richtspersonen, welche die Chroniken, Gesetze und Privilegien in einem barbarischen Latein niederschrieben, oft in dieser Sprache ganz irrige Namen einer Thierart oder einer Pflan- zenart beilegten, wenn sie gleich recht gut ihre richtigen va- terländischen Namen dafür kannten. Ich habe schon oben angeführt, dafs z. B. Crom er und Swiecicki den Luchs, dessen richtigen polnischen Namen Rys Crom er selbst an- führt, dennoch im lateinischen Panther oder lupus cervarius nannten. Aber ich kann noch ein besseres Beispiel beibringen. Czacki *) belehrt Uns nämlich, dafs die Herzoge von Maso- vien besonders geizig mit Ertheilung von Privilegien auf die *) O polskich i litewskich prawach T. II. in der Anmerkung 1735 113 hohe Jagd gewesen seyen. So wird unter andern in der Bulle Gregor IX. vom Jahre 1232, welche die Schenkungen Herzog Conrads an die Geistlichen bestätigt, ausdrücklich gesagt, dafs dieselben auf ihren Gütern nur Rehe, Haasen, Füchse und Eichhörnchen jagen dürften. Im 14ten und 15ten Jahrhun- dert sind in den ertheilten Privilegien auf die Jagd immer der Fang der Zuhiy, rysie und die Falkenjagd davon ausgeschlos- sen. Besonders interessant ist in dieser Hinsicht nur ein Pri- vilegium jener Herzoge von Masovien vom Jahr 1436 über das Dorf Zator (zwischen Wiskitki und Stara Rawa), wie es in der Krön Metryk in der Abtheilung der Akten der maso- vischen Herzoge (vv Metryce Koronney w Xi^dze aktow Xi^- z^t Mazowieckich) aufbewahrt ist Darinnen sind die Worte gebraucht: „Dominus Diix consideratis fidellbus serviciis Nobilis Michae- lis de Ziemianezice Succamerarii Varschoviensls ■ — terram Za- thor dictam in longnm et latum velutl in suis granicibus ab an- tiquo circum fercntialiter est distincta ac venatlonibus quarum- cunque ferarum, centauris et Tigridis exceptis, aucupationi- bus omnium avium, falconibus exceptis etc." Nun wird wohl hoffentlich Niemand im Ernste glauben, dafs in Masovien Centauren und Tiger in den Wäldern lebten, sondern erkennen, dafs unter diesen irrigen Namen andere wilde Thiere gemeint seyen, Czacki, der gelehrteste Pole seiner Zeit und ein genauer Kenner seines Vaterlandes fügt also die Erläuterung hinzu; Te Centauri nie innego nie s^ tylko Zubry, Urami ad Cezara, Turami od Gminu w Litwie zwane. Tigrides nie innego nie s^ tylko rysie d, h. diese Centauren sind nichts anderes als Zubry, von Caesar Uri, vom gemeinen Volk (^Gminü) in Lit hauen Turi genannt und die Tigrides sind nichts anderes als die Luchse, die also im damaligen Latein bald Tiger bald Panther genannt wurden. Czacki hat also ebenfalls schon ganz richtig erkannt, dafs die Zu- hry auch mit dem Namen Turi belegt wurden und zwar, wie er ausdrücklich sagt, vom gemeinen Volk in Lithauen d. h. indem er natürlich hierbei nur von seiner Zeit (Ende des 18ten Jahrhunderts) spricht, von den russinischen Bauern in Lithauen, denn zu seiner Zeit wurde im eigentli- chen Lithauen, so wie jetzt nur noch in kleinen Districten die Wiegm. Archiv. VI. Jahrg. 1 Band. g 114 lithauischc Sprache 'gesprochen, übrigens aber und nament- lich in den Gegenden, wo die Zuhry noch leben, nnr ein w ei fs russisch er Dialect, mithin ein Beweis, dafs unter den russiuischen Stämmen der Name Tiir nic!it allein, wie wir oben bemerkten, bei den Podolischen Kleinriissen, sondern auch unter den lithauischen Weifsrussen, im Munde des Volks bis heute sich erhalten hat. Ganz anders verhält es sich aber mit den in den Lan- des-Dialecten geschriebenen polnischen und lithauischen Ge- setzen. In ihnen finden wir solche Namens -Verwechslungen und Namens- Verdrehungen wie in den lateinisch geschriebe- nen niemals. Das wichtigste darunter für Uns ist das li- thauische Statut {Statut TV. Xkstwa Litewsldego^ zu- erst 1529 vom Kanzler Gastold unter Siegmund I. in russi- nischer Sprache geschrieben, sodann verbessert 1564 (nach Czacki's Angabe in polnischer Sprache) und endlich 1578 als 3tes Statut wieder in russinischer Sprache gegeben. Alle diese drei ursprünglichen Statute existirten nur in Handschrif- ten, bis der Fürst Leo Sapieha dieselben ins polnische über- setzte, in welcher üebersetzung sie mehrmals gedruckt sind, zuerst 1588 zu Krakau, dann 1619 zu Wilna, 1648 zu War- schau, 1698 zu Wilna und zuletzt 1796 in Wilna in fol. Das lithauische Statut hatte nun nicht allein im ganzen eigentlichen Lithauen Gesetzeskraft, sondern auch in den zu Lithauen da- mals gerechneten Woiwodschaften Kiuw, Braclaw und Volhy- nien und wurde aufserdem auch in den Kronländern d. h. im eigentlichen Königreich Polen als ein llülfsgesetz angesehen. Es zählt im Rozdziat XII und XIII bei den Jagdgesetzen die wichtigsten jagdbaren Thiere des Landes mit ihren innländischen Namen auf. Nachdem im Rozdziat XIII. Art. 1. bestinunt ist, dafs Jeder, der im fremden W\alcle ohne Erlanbnifs des Ei- genthiimers jagt, das erlegte Wild abgeben und dafür eine ge- wisse Geldsumme bezahlen mufs und dafs der Jäger, der bei W'ilddicbstahl gefangen wird, nach dem Isten und 2ten Statut der Todesstrafe unterliege, wie ein Dieb, welche Strafe erst im 3ten Statut aufgehoben wurde, so folgt dann im Art. 2. die Bestimmung des zu bezahlenden Preises für das erlegte Wild, liier werden nun aufgeführt: Ziibr, l.os, Kond'Jki, 115 Jeleji, Sorka, SohoJa*) (Auorochs, Elen, Wild-Pferd, Hirsch, Reh, Zobel). Der Tur wird als ein besonderes Thier nicht genannt, obgleich ihn mehrere Schriftsteller aus dieser Zeit, *) Für die Kenntnifs der seit dem IGten Jahrhundert aus Lithauen allmählig zurückgedrängten Thiere ist das Gesetz von hohem Interesse, wenn es aufser den Thieren, die noch daselbst, wenn gleich auch schon sehr selten oder nur noch vereinzelt existiren, als den Auer- ochsen, das Elen, den Edelhirsch, das Reh, den Lieber auch solche nennt, die gar nicht mehr dort existiren, als das wilde Pferd, und den Zobel. Dafs der Zobel damals noch in den Wäldern von Li- thauen existirte, ist durch die namentliche Aufführung im Gesetz er- wiesen. Czacki macht in seinem mehrmals citirten Werke dazu noch die Bemerkung: „Ich habe in dem Bruchstück einer Handschrift aus der Zeit Siegmund I. aufserdem noch gelesen, dafs in der Ge- gend von Knyszyn (im Kreise Bialystok) damals als Seltenheit ein weifser Zobel gefangen worden sey" und Scheffer in seiner Geschichte von Lappland p. 318 erwähnt, dafs zuweilen in diesem Lande ebenfalls weifse Zobel vorkämen. Das Rennthier, von dem am Bug einige fossile Ueberreste aufgefunden wurden, wird im Isten lithauischen Statut nicht mehr genannt, aber Czacki macht die Bemerkung, dafs unter König Alexander, also kurze Zeit vor Ab- fassung des Statuts, noch Spuren seiner Existenz in den Wildnissen von Samogitien vorhanden gewesen seyen, indem sich eine Nachricht erhalten hat, dafs damals dort ein Thier Betsy erschlagen worden sey. Polnisch ist dieser Name nicht, wahrscheinlich auch nicht li- thauisch, sondern finnischen Stammes, da nach Buffons Angabe in ei- nem Theil von Lappland das Renn den Namen Betsvi führen soll. Der Name Betsy scheint also dasselbe zu bezeichnen und von den Esthen oder alten Liven entlehnt zu seyn. — Die Bieber, welche im jetzigen Königreich Polen kaum mehr vorkommen, höchstens in einzelnen Exemplaren noch an der untern Weichsel und am Bug, wa- ren vom 13ten bis 16ten Jahrhundert noch sehr häufig, besonders am Narew und an der untern Nida in der Gegend von Wislica^ wo die alten Topographen Bieber und zahlreiche Reptilien in den dorti- gen jetzt mehr abgetrockneten und ganz entwaldeten Sümpfen auf- führen. Das Iste lithauische Statut giebt im Rozdzial XUl. Art. IX. die besondere Vorschrift : Kiedy kto ma w czyjej ziemie bobrowe go- ny, ma prawo /'^dac, aby wia-ciciel tego grunta, ani sam ani ludziom pozwolilpodorac pole, lub karczowac, siano i^e w odleglosci jednego rzucenia kija od tego zerewenia. d. h. Wenn Einer auf Jemandes Grund Bieber- Jagd hat, so hat er das Recht zu verlangen, dafs we- der der Besitzer noch seine Leute das Feld ackern, noch Wald aus- rotten, noch Heu machen dürfen in der Entfernung eines Stabwurfs (die GrÖfse dieses Maafses war auch Czacki imbekannt) von dem 9* 116 wie Mathias von Miechow und andere in Lithanen ge- nannt haben und der Name noch im Volks-Dialect der vvest- russischen Provinzen existirt. Wäre es ein besonderes, vom Ziibj^ verschiedenes, ebenso ansehnliches Thier gewesen, so hätte ihn das Gesetz, das viel unbedeutendere Thiere anführt, auf keinen Fall übergangen. Solche unbedeutendere Thiere sind z. B. Falkenarten, die 'das Gesetz im Rozdzial XII. an- führt, als: Soliol {Falco communis), Krzeczot der russinische oder Bialozor der polnische Name für Falco candicans L., Krogulec {Falco nisus L.) Rarog {Falco lanarius L.) und Drzemlik {Falco Aesalon. Emerilloii). Hr. V. Bär sucht seine Ansicht auch noch auf andere Art zu erweisen. Er meint nämlich, wenn man nicht blos nach Beweisen vom gleichzeitigen Vorkommen zweier wilden Stiere, sondern nur nach Beweisen suche, dafs ein vom Zuhr verschiedener, aber dem zahmen Ochsen ähnlicher Stier in Europa wohnte, so wird Grofsbritanien, wo er sich noch erhalten hat, wohl am wichtigsten. Durch diese Wendung entschlüpft Hr. v. Bär dem eigentlichen Streitpunkt, ob der von den Polen und Kleinrussen Tur genannte wilde Ochse Ort, wo die Bieber wohnen (zerewenia). Nach Czacki o prawach polskich i litewskich T. I. p. 264 Anmerk. 1753. bezeugen Privilegien aus dem 14ten Jahrhund, noch die Existenz besonderer fürstlicher Bieber-Aufseher an der Nida und Narew. Er hat ein im mittel- alterlichen Latein geschriebenes Register von Biebern unter den Hän- den gehabt, welches im J. 1229 der Bieber-Meister am Narew, Jaszko de Makow, dem Herzog Konrad von Masovien vorlegte. Man ersieht daraus, dafs die Bieber -Kolonien noch sehr ansehnlich imd so ein- gerichtet waren, dafs in einer Kolonie nur Bieber von einerlei Fär- bung beisammen gehalten wurden. Damals waren bei Pultusk 251 nigricini castores, von denen für den Hof des Herzogs 10, zum Ver- kauf 50, die übrigen ad restantiam et prolicatioiietn bestimmt wur- den. Der Biebermeister Jaszko berichtet, dafs ihm viel Ahornholz im Bestand geblieben sey, wenn die Biber ihre Auswintenmg hätten^ Er beklagt sich aber auch über den Edelmann Maczka de Gol^czyn, dafs dieser aus Neid befohlen habe, den Biehern die Nahrung weg- zunehmen, aber der Diebstahl sey leicht zu erkennen, durch die Nichtanfüllung der Locher oder Ruhren, welche im Winter die Thiere machen. — Nach dem 3ten lithauischen Statut konnte aber ein Biber, der seinen Bau verläfst und in einen andern geht, von seüiem frü- heren Besitzer nicht wieder zurückverlangt v;erden. 117 vom Ziibr verschieden war oder nicht. Nachdem nun aber durch die von mir beigebrachten Beweise wohl sicher erwie- sen ist, dafs Bonasus, Päonischer Ochse, Monopus, Ur\ Tiir, Ziihr und Wisent nur ein und dasselbe Thier bezeichnen und dafs neben dieser Ochsenart in historischer Zeit in Nord- Griechenland, Thrazien, Rufsland, Lithauen, der Moldau, Polen und Deutschland keine andere wilde Ochsenart gelebt hat, so wäre mein früherer Ausspruch, dafs kein Mensch in Eu- ropa zwei wilde Ochsenarten neben einander gese- hen habe, höchstens dahin zu berichtigen seyn, dafs man dies auf das feste Land von Europa beschränke, wenn die in den Parks von Nord -England und Schottland noch erhaltene Vieh- race wirklich der Ueberrest einer eigenen species ist. — Lei- der ist aber unsere Kenntnifs von dieser Race noch höchst unvollkommen und der letzte Bericht darüber, der von Hind- march über das wilde Hornvieh im Chillingham Park, vor- getragen in der British Association zu Newcastle 1838*) so unvollkommen und so unbefriedigend, dafs man wohl er- staunen mufs, aus dem aufgeklärten England, namentlich in anatomischer Hinsicht über dieses Hornvieh keine bessern Auf- klärungen erhalten zu haben. Wir erfahren auch von Hind- marsch nichts über die Maafse des Thieres, nichts über die Gröfse und Richtung der Augen und Hörner, nichts über die Zahl der Rippen oder andere anatomische Eigenheiten, ob- gleich Lord Tankerville Haut und Schädel des Chillingha- mer Viehs an Hrn. Children ins brittische Museum geschickt hat. — So wie jetzt diese jViehrace noch in den Parks exi- stirt, ist sie offenbar eine durch die Einhegung, selbst durch gewaltsame Mittel höchst veränderte, von ihrem ursprüngli- chen Zustand wahrscheinlich sehr abweichende. Nach Lord Tankervilles Nachrichten ist das wilde Vieh zu Chatelherault von dem zu Chillingham sehr verschieden^ es ist weder schön noch von edler Race, noch wild und in einer Art Zwinger eingepfercht. Das Vieh vom Chillingham Park hat halbmond- förmig gebogene Hörner, seine Farbe ist rein weifs, doch sind die Augenränder, Augenwimpern und die Spitze der Hörner *) V. Frorieps neue Notizen für Natur- uud Heilkunde X. Nr. 6. 1839. p. 81. 118 schwarz, der Nasenspiegel braun, das Innere der Ohren roth oder braun. Daraus und aus der Angabe Bewicks, dafs vor 40 Jahren mehrere Stücke des Chillinghamer Viehs, die aber getödtet wurden, schwarze Ohren hatten, und nach der Angabe des Park-Wärters Cale, dafs während seiner Amtirung 6 Stücke vorgekommen wären, welche an Hals und Wangen kleine braune und blaue Flecken hatten, welche aber so wie alle andern fehlerhaften Exemplare getödtet worden seyen, um die schöne weifse Race rein zu erhalten, und aus der Nach- richt, dafs das am Ende des 18. Jahrhunderts durch eine Seuche vertilgte wilde Vieh im Park von Burton Constable in York- shire und zu Drumlonrig in Dumfrieshire schwarze Ohren, Nasenspiegel und Schwanzbüschel hatte, geht nun einerseits hervor, dafs die Zucht an der jetzigen gleichförmig weifsen Färbung dieser Viehrace offenbar Antheil hat und dafs fer- ner diese weifse Färbung höchst wahrscheinlich keine ursprüng- liche war, sondern dafs dieses weifse Rindvieh wohl nur Al- binos einer einst dunkelgefärbten Art darstelle, vielleicht zu- erst durch das kalte Klima der Caledouischen Wälder gebleicht. Darauf deutet auch ihre so dünne Haut, dafs manche Bullen isabellfarben aussehen. — Wir wissen gar nicht mit Zuver- lässigkeit, bis zu welcher Zeit diese Rindviehart wirklich wild in Schottlands Wäldern lebte, denn wenn gleich Sibbald 1684 angiebt, dafs sie noch in einigen Berggegenden wild lebe, so bemerkt doch Hindmarsch, dafs gar keine Urkunden darü- ber vorhanden wären, wann sie zuerst eingehegt worden sey, und Pennant sah sie im 17ten Jahrhundert auch schon nur in Parks. Diese Ochsenart hat jetzt keine Mähne, aber doch ein gröberes Haar auf dem Kamme. Zu behaupten, wie Hr. von Bär, dafs Boethius, der diesen weifsen Ochsen in der hi- sloria Scotorum Paris 1526, eine löwenartige Mähne giebt, diese nach seiner Art aus den Alten compilirt habe, ist doch wohl etwas gewagt, weil Bischof Leslie in seinem Werke de Origine, jnorihus et rehus gestis Scotorum. Rom 1578. diese Mäline ebenfalls erwähnt, und bei der starken Degene- ration, die dieses Vieh durch Jahrluinderto lange Einhegung offenbar erlitten hat, wohl auch die mähuenartig längeren Halshaare verloren gegangen seyn können, wie schon For- stor in seinem Briefe an Buffon meinte. Forster sagt 119 auch, diese wilden Bisons, wie er sie nannte, hätten eine un« bezwingbare Abneigung gegen das zahme Rindvieh und ver- misicliten sich nie mit diesem, dahingegen giebt Hindmarsch an, dafs jung eingefangene Kälber ganz zahm würden, und in diesem Zustande hätte sich ein Ochse schnell gemästet, eine Kuh sei aber von einem Landbullen belegt worden und die davon gefallenen Jungen seyen der Mutter sehr ähnlich ge- blieben. Kurz, offenherzig gestanden, wissen wir von dem weifsen caledonischen Rindvieh noch so wenig Gründliches, dafs wir noch ganz ungewifs sind, ob wir dasselbe zu der Ab- theilung des genus Bos rechnen können, die wir mit dem Na- men Bison bezeichnen, oder zu der, zu welcher der Zebu und unser zahmes Rindvieh gehören. Es mag sich nun aber damit verhalten, wie es will, so giebt Uns der caledonische weifse wilde Ochse nicht den geringsten Aufschlufs über die vermeintliche Verschiedenheit des Tur vom Zuhr in den ger- manischen und slavischen Wäldern. Endlich mufs ich mich nochmals zu einer linguistischen Un- tersuchung über die Namen Tut' und Zuhr, TJr und Wisent wenden. Hr. v. Bär bezweifelt meine Ansicht: das Wort Zuhr sey das lithauische Wort für das polnische Tur, Er halte sie jetzt für wenig begründet, denn die Rus- sen nennten noch jetzt von Grodno bis zum Kau- kasus den jetzigen Auer Zuhr und hätten diesen Namen selbst auf den amerikanischen Bison über- tragen. Es ist nicht genug dafs Hr. v. Bär meine wohlbe- gründete Ansicht, die mehr als eine blofse Ansicht war und ist, bezweifelt; er hätte sie, wenn er gekonnt hätte, durch haltbare Gründe widerlegen sollen. Das hat er aber gar nicht gethan, er ist in keine genauere linguistische Forschung ein- gegangen, die ich defshalb genöthigt bin nachzuholen. Den schwachen Einwand, den Hr. v. Bar dagegen erhebt, wird wohl kein Sprachforscher, selbst wenn es damit seine völlige Richtigkeit hätte, für einen genügenden erkennen. Es ist nicht genug, dafs in den zoologischen Lehrbuchern die in Riifsland erschienen sind z. B. in dem von Eichwald steht: Bosurus russisch 3j opi» (^Zuhr^ obgleich auch da ein- etiatn Tur an- gehängt ist, sondern man mufs die Volks- Dialecte befragen^ Ich habe schon erwähnt, dafs die heutigen Stämme, welch*^ 120 den kleinrussischen Volkszweig in Südwest- und Südrussland bilden, das Wort Zuhr in ihrer Volkssprache gar nicht kennen, sondern, so weit die von ihren Vätern auf sie ver- erbten Sagen von diesem Thiere sprechen, es stets mit dem Namen Tur bezeichnen. Nur die westrussinischen Stämme, die in Lithauen und Werfsrussland vor altet* Zeit mit lithaui- schen Stämmen vermischt wohnten, haben das lithauische Wort Zuhi' auch in ihren Volks-Dialect aufgenommen, sie allein kennen das Thier noch aus eigener Ansicht und so ist dieser Name aus ihrem Dialect in die neuere grofsrussische Bücher- sprache übergegangen. So kann die Uebertragung auch nach Amerika gekommen und der Name Zubr^ dem ihm sehrä hn- lichen amerikanischen Bison beigelegt worden seyn. Dafs aber die Russen im Kaukasus den awchasischen Adompe, des- sen Existenz wir erst seit wenig Jahren kennen und von des- sen völliger Identität mit dem Zubr wir doch noch keine ganz genauen Beweise haben, auch Zuhr benennen sollen, wie aus Hrn. v. Bars AVorten zu vermuthen steht, bedarf noch einer bessern Bestätigung; denn wir haben noch keinen Beweifs, dafs die russischen Ansiedler an der Kuban-Linie das Thier wirklich kennen und wenn etwa die Officiere der rus- sischen Besatzung von Suchum Kaie den Zuhr ähnlichen Och- sen im Thal des Flusses Psoeh so benannten, so ist diefs nichts Auffälliges. — Mit Hrn. v. Bars Behauptung, dafs alle Rus- sen vom Grodno bis zum Kaukasus den Auerochsen Zuhr nannten, hat es also gar nicht einmal seine Richtigkeit, denn die Kleinrussen kennen dieses Wort nicht und ein anderer grofser Theil der Grofsrussen, die schon seit mehreren Jahr- hunderten das Thier in ihren Wohnsitzen nicht mehr sahen, wird es nur noch aus der heutigen Büchersprache kennen. Der Name Tz/r ist hingegen heute noch in den kleinrussischen Mundarten von Podolien, Ukraine und Volhynien erhalten, nicht blos als Name des einst auch dort lebenden Zuhr, son- dern auch figürlich noch. Ein genauer Kenner der russischen Sprache und der Mundarten jener Provinzen, in denen er er- zogen ist und lange gelebt hat, erzählte mir, dafs das gemeine Volk daselbst von einem trunkenen Menschen, der in diesem Zustand wüthend ^a^Qw andere andringt, sagt: er gebehrde sich wie ein Tur\ von einer dicken, vierschrötigen, rothwan- 121 gig aufgedunsenen Frau: sie gehe einher wie eine turzyca d. i. die weibliche Form desselben Worts, wie einst in Maso- vien, in den Lustrationen der Woiwodschaft Rowa turzyca als Bezeichnung der Zubr-Kuh gebraucht wurde.*) Tur ist also nicht blofs Bezeichnung für den Waldochsen, wie zavQog bei Phoarinus, sondern es ist ebenso Bezeichnung für grofs und wild, wie ür und Auer in deutschen Diaiecten. Der Name Zuhr ist auch nicht in alle slavische Dialecte überge- gangen; Linde in seinem grofsen Lexikon der slavischen Sprachen führt ihn nur in alt-slavonischer, polnischer, russi- scher und böhmischer Sprache an, dagegen hat sich für den- selben Begriff Tur neben Zuhr in böhmischer, und allein für sich Ur in slavakischer, t/r in slavonischer, Turin in der win- dischen Sprache erhalten. Noch andere slavische Dialecte ken- nen weder Zuhr noch Tur, so die Sorben wendische Sprache der Lausitz hat dafür den Namen dziwi wohw, die kroatische Mundart divywol (d. h. wilder Ochse). Tur ist also nicht blos, wie ich früher angab, in polnischer Sprache und wie wir nun gewifs durch Dtugofz wissen, ein synonymer Name für Auer oder Zuhr, sondern es ist überhaupt der echte alt sla- vische Name dieses Thiers sowohl in den Diaiecten des nord- westlichen als des südöstlichen Slavenzweigs. Und seitdem in neuerer Zeit eine liefere und philosophischere Sprachforschung die innige Verwandsehaft aller Sprachstämme der indogerma- *) Dafs Tur nicht blos in kleinrussischen und westrussischen Diaiecten, sondern auch in polnischer Sprache für Ztibr gebraucht wurde, ersehen wir auch noch aus einem polnischen Hochzeits- Ge- sang aus dem ITten Jahrhundert, ich glaube von Janicki oder Janu- szowski, was ich eben jetzt aus Mangel einer vollständigen Samm- lung alt polnischer Dichterwerke nicht ausmitteln kann. In diesem Gesänge kommt, als von den Geschenken die Rede ist^ welche der Bräutigam seiner Braut zum Hochzeitfest geben wird, die Strophe vor: I czerwone Turz^tko na pieczyste b^dzie d. h. Und ein rothes Tur-Kälbchen wird zum Braten sein. Nun habe ich oben in einer Anmerkung ausdrücklich angeführt» dafs neugeborne Auerochsen-Kälber ein glattes Fell von jrÖthlicher kastanienrother Farbe haben. Der Dichter nennt aber das junge Thier., das zum seltenen Hochzeitsbraten dienen sollte, nicht Zubr^ x^tko (ZuBr-Kalh) sondern Turze^tko (^Tur-Kalh). Ernennt es roth wie jenes, zum Beweifs, dafs beide Namen wieder nur ein und das- selbe Thier bezeichnen. 122 nisclien Menschcnrace von sanskritischer Form und Beugung nachgewiesen hat, kann es nicht mehr auffallen, wenn das grie- chische xavQog, altslavische Tur, alt -oberdeutsche Ur, Aiier und Taiir und das gallische Ur, so genau iui Ton wie in der Bedeutung übereinstimmen. Meine Bemerkung, dafs alle Ortsnamen, welche vom Wort Zuhr abstammen, nur in den vormals oder noch jetzt vom lithauischen Stamm bewohnten Theil von Polen und im eigentlichen Lithauen vorkommen, die vom Wort Tur abstam- menden Ortsnamen aber im ganzen übrigen Polen, ist durch- aus nicht von der Hand zu weisen. Ich mufs ihr jetzt sogar noch eine gröfsere Ausdehnung geben. Wäre Zubr oder Zumpro ein ursprünglich slavisches Wort im engern Sinne, hätten alle Russen, wie Hr. Bär irrthümlich behauptete, den Aueiochsen von jeher Zuhr genannt, so müfsten doch auch vom Zuhr abstammende Ortsnamen in den russinischen und russischen Provinzen vorkommen, die niemals lithauische Be- völkerung hatten z. B. im eigentlichen Volhynien , Podolien, Rothrussländ (d* h. Ostgallizien bis zum San) Ukraine, Smo- lensk, JMohilew und weiter nach Osten., Vergeblich habe ich si,e aber in diesen Provinzen gesucht, wohl aber in ihnen wie im eigentlichen Polen, vom Tur abstammende Ortsnamen gefunden. Wir; haben aus Ding OS z kennen gelernt, dafs im 15. Jahrhun- dert bei Przyszow in dem Winkel zwischen San und Weich- sel die Zuhry noch gejagt wurden. In der Nähe 'davon ist aber kein vom Zuhr abgeleiteter Ortsname, wohl aber liegen in der Nälie die Orte Turbin bei Rozwadow und Turza bei So- kolow. Gehn wir über den San ostwärts in den südlichen Theil des Lubliner Gubernii und das alte Land Chelm, in wel- chen Pulen mit Russinen gemischt wohnen, die letztern aber die ursprüngliche Bevölkerung sind, so finden wir südlich von Szczebrzeszyn am Wege nach Josefow, noch den Thiergarten (Zwierzyniec) der Familie Zamoyski, in welchem einst Pala- tin Ostrorog l^ur und Zuhr gesehen haben will. Gleich da- neben liegt das Dorf Turzyniec. Verfolgen wir das nahe da- neben liegende Thal des Pör-Bachs, das von Kajetanow nord- wärts die tertiäre Bergkette von Franijjol und Goray durch- «^ichneidet, so korrunen wir ins jetzige Städtchen Turabin, eine Gegend, die noch im 15ten Jahrhundert mit dichtem Wald be- 123 deckt und durch ihre Jagden bekannt war, denn Dlugosz 1. c. Lib. I. bei Mi der T. III. p. 643 schreibt: idem ßuvius Bia^ft, cujus fons in villa Godzieszow, ostia habet in Brnew (heute auch Branvvica geschrieben, der bei Brenica, gegen- über Rozwadow in den San fällt) circa Venationes Tu- rohienses. Wenn nun von Pryszow über Rozwadow und den San und am Flüfschen Brnew aufwärts über Janow bis Turobin auf nicht mehr als 9 Meilen Länge noch heute die sumpfigen Wälder fast ohne Unterbrechung sich erstrecken, in denen am südlichen Ende König Wladislavv Jagello 1410 Zuhry und Elen jagte, wer kann da noch zweifeln, dafs die T^enationes Turohienses am andern Ende des Waldes was anderes bezeichnen als die Jagd derselben Zuhry? Im ganz russinischen Land Chelm jenseits des Bugs finden wir den Ort und Flufs Turzysk, der ehemals jene Landschaft von Vol- hynien trennte und unterhalb Ratro bei Kamin in den Przy- pet fällt. Das wird der Ort Thur sein, den Diugosz 1410 nennt, als Wladislavv Jagello um. Lubomla, Ratro, Thur, Laczko und Lubochnia jagte. Weiter hin am Prypet finden wir die einst 'beträchtliche Stadt Turow, welche nebst Pinsk die Li- thauer 1220 den Russen entrissen, als sie den Fürsten Mscis- law Romanowitsch von Kiew an der Jasiolda geschlagen hat- ten. Noch weiter nördlich im heutigen Gouvernement Minsk d. h. in Schwarz-Russland oder der nachmaligen Woiwodschaft Nowogrodek liegt der Ort Turocz im Fürstenthum Sluck. Ba-» ron von Herberstain nennt in der Beschreibung von Li- thauen, nachdem er Mosier (Mozyr) am Prypet 30 Meilen oberhalb Kiew angeführt hat, den Flufs Thur {flmnen pisco- sum inßuit Pre^etz) der von Norden her in den Prypet falle. W'elchen von den auf dieser Seite in den Prypet fallenden Flüssen er damit gemeint hat, weifs ich nicht gewifs, denn die mir zu Gebote stehenden Specialkarten von Westrussland nennen jetzt dort keinen Flufs Tur. Aber auch noch weiter nördlich kommt in der ehemaligen Woiwodschaft Polock der Ort und Flufs Turowka (Turowla) vor, der von Süden her in die Düna fällt. (Hat diesen vielleicht Herbertain ge- meint?) — So finden wir also in den nur von russischen vStämmen bewohnten Landschaften vom Land Chelm bis zu den Ufern der obern Düna, in diesem grofsen Wald -Sumpf- 124 Terrain, welches das Flufsgebiet des Prypet und obern Dneprs bildet, und alle Eigenheiten des Bodens in sich vereinigt, wie sie der Zuhr liebt, die von Tur abstammenden Lokalna- men so gut wie im eigentlichen Polen, weil das einst hier überall verbreitete Tliier nicht blos in polnischen, sondern auch in russijiischen Mundarten diesen Namen führte. Darum ist es schon irrig, wenn der Tur nur in Masovien, der Zuhr als ein anderes Thier nur in Lithauen und Russland leben sollte. Darum konnte auch Mathias von Miechow, der so ge- nau die lettischen und russinischen Dialecte neben einander in Lithauen kannte, mit Recht sagen: Uri et (vel) hoves syl- vestres quos lingua ipsorum Thuros et Zumbrones vocant, denn die lingua ipsorum ist nicht eine, es ist die ver- schiedene Sprache der neben- und unter einander im Staate Lithauen wohnenden Letten und Russinen, jene mit Zumhro, diese mit Tur ihren gemeinschaftlichen Waldochsen bezeich- nend. — Dafs der Zuhr im 13ten und 14ten Jahrhundert ndch häufig in der Gegend von VVilna selbst lebte, wird Nie- mand" bezweifeln und ist aus der Geschichte der Stadt Wilna bekannt. Da wo jetzt die Kathedralkirche steht, war ein dich- ter heiliger Eichenwald. In ihm erbaute Fürst Sieragmund 1285, nachdem sein Vater Swintorag die Priester in Samogi- tien um Rath gefragt hatte, einen Tempel des Gottes Perun, dessen grofser gemauerter Altar oben mit einer Menge Zubr- liörner verziert war. *) In seiner Nähe erlegte Grofsfürst Gedymin, nachdem er die Russen besiegt und Kijow einge- nommen hatte, ums Jahr 1320 einen Zuhr und die durch den Oberpriester Lizdeyko versuchte Auslegung eines Traums, den der in der folgenden Nacht unter freiem Himmel auf dem jetzi- gen Schlofsberg von Wilna schlafende Fürst hatte, ward Ver- anlassung zur Gründung der Stadt. Das Hörn jenes erlegten Zuhr, wahrscheinlich von besonderer Gröfse oder Schönheit, mit Perlen und Gold verziert, blieb fast hundert Jahr bei der Familie des Grofsfürsten, denn sein Enkel, der bekannte Grofs- fürst Witold schenkte es 1428 dem Kaiser Siegmund I., als dieser persönlich dem bekannten Fürsten -Congrefs zu Luck *) V. Ojns starohjtnego kosciola Jowis%a Perhina u -po^an Zwa- negn w Wilnie prxex Teodor Narburt im Tugodnik WUenski 1817, r. ///. p. 103. T, IV. jK 207. 125 in Volhynien beiwohnte, wo aufser der Berathiing über ein Bündnifs gegen die aufkeimende Uebermacht der Osuianen, Witold durch dieses und andere Geschenke die Gunst des Kaisers zur Ertheilung der lithauischen Königswiirde im Ge- heim zu erkaufen versuchte. Diese Nachrichten verdanken wir dem zu Kowno in Lithauen 1607 geborenen Jesuiten Koja- lovvicz in seiner Ilistoria Lituaniae Danzig 1650. 4. Tom. I. p. 264, der von SchlÖzer für einen der besten Geschichts- schreiber des 17ten Jahrhunderts erklärt wurde und für die altern Zeiten meistens aus Stryikowskiego Kronika polskoj Liteivska, Ruska schöpfte, welcher nach seiner Angabe aus vielen alten jetzt leider verlorenen lithauischen und russini- schen Chroniken seine Nachrichten entnahm. Für Uns ist Kojalowicz Erzählung in sofern von besonderem Interesse, weil er, selbst in Lithauen geboren, den vom Gedymin er- legten Zubr einen Tur und das von Witold verschenkte Hörn desselben ein Turhorn nennt. Wiederum ein fast gleichwerthiges Zeugnifs mit dem von Dingos z, dafs auch in Lithauen selbst der synonyme Name Tur (aus russinischem Dialect) bekannt war, Hr. V. Bär will nicht glauben, dafs Zumper oder Ziibr ein lithauisches Wort sey, weil er nicht glauben könne, dafs die Russen einen lithauischen Thiernamen in ihre Sprache auf- genommen hätten. Ich habe schon angedeutet, wie dieser Ue- bergang in die grofsrussischen Dialecte erfolgt seyn könne, allein es giebt noch einen andern, tiefer im Wesen indoger- manischer Sprach - Verwandschaften liegenden Grund dafür. Dafs jenes Wort dem lettischen Sprachstamm , den ich noch als einen selbstständigen betrachtete, wirklich angehört, dafür habe ich zwei unverwerfliche Zeugen. Der erste ist der ge- naue Kenner der lithauischen Sprache, der verstorbene Wii- naer Prälat Xawer Bohusz in seiner Rozprawa o pocz^tkach norodu i jezyka litewskiego. w Warzawie 1808. 8, der in dem p. 119 — 145 gegebenen lithauischen Wortverzeichnifs für das polnische Wort Bawol (Büffel) das lithauische S tum b ras an- führt. Der zweite ist Dr. A. Fr. Pott in seiner gelehrten Commentatio de Borusso-Lithuanicae tarn in slavicis c/uam letticis Unguis principaiu. Halis Saxonum in Uhr. Gebau- eria. 1837. 4. Er führt p. 68, als er von der Verwandlung 126 des lithauischen Buchstaben S bei Letten und Slaven in die Töne C und S (Gernianiscli sz>, Französisch <;) spriclit und hinziififgt: Vi.v casu factum est, nt multa inveiüantur vo- cahiila, qiiae modo ah s cum, muta conjuncta, modo ah sola sihila aut muta littera incipiant, ausdrücklich unter an- dern Wörtern auch an Lith. Stumbras, lettisch Sumbrs (urus), russ. 3y6p'b slavonisch 'Ssj\rb (jirus et hison). Ol) dieses nomen proprium vielleicht mit dem Zeitwort stimpu {rigescere~) und mit stiprus, lettisch stiprs (^i^ohustus^ in Verwandschaft steht, mufs ich den genauem Kennern letti- scher Dialecte überlassen, dak aber mit Stumhras oder Sumhrs in nächster Verwandschaft stehen oder in slavische Dialecte übergegangen sind: Das moldauische Zimhr, das neugriechisch-slavische Zuin- pj'os, das böhmische Zuhro, das von Miechovita gebrauchte Zumhro (^nes), das alt slavonische «Jöop'L, das grofsrussi- sche 3.y6|>'j7, das polnische Zuhr das springt unverkennbar in die Augen, und zugleich, dafs das Wort durch Auswerfung des Buchstaben m vor dem h bei Russen und Polen am meisten verändert und verweichlicht worden ist. Die Erscheinung, dafs das lettische Wort nicht blos in den Dialecten der mit den Lithauern zunächst grenzenden und damit vermischten lechischen und russinischen Stämmen sich findet, sondern auch bei den entferntem Böhmen und den südslavischen Stämmen in der Moldau und im ehemals by- zantinischen Reich, durch die allein es den neuern Griechen des Mittelalters bekannt werden konnte, nnifs Uns allerdings bedenklich machen, ob wirklich eine Uebertragung dieses W^ortcs von einem Sprachstamm in den andern statt- gefunden haben könne. Das führt Uns zu der Frage, in welchem Verwandschafts - Verhältnifs die lettischen zu den slavischen Sprachen stehen. — Von jeher sind die Sprach- und Geschichtsforscher unter sich uneinig gewesen, ob man die lettischen Dialecte zusannnen als einen eigenen Sprach- stannii, gleichwerthig mit dem deutschen, slavischen und linni- schen i)etrachten könne oder nicht. Nachdem die auf einzelne Wortähnlichkeilen gebauten fabelhaften Conjecturen, als seyen 127 die lettischen Völkerschaften Nachkömmlinge eines vor Ale- xanders Siegen nach Norden geflohenen griechischen Stammes oder einer dort angesiedelten lateinisch-italischen Kolonie, kei- nen Glauben mehr finden konnten, wurden doch die lettischen Stämme entweder völlig unzulässig dem finnischen Völker- stamni beigezählt, vielleicht weil in die Sprache der den Est- hen benachbarten Letten einzelne esthnische Wörter finnischen Stammes eingemengt w^orden waren, oder sie und ihre Spra- chen wurden als ein Gemisch von Finnen, Slaven und Deut- schen oder von Slaven und Gothen allein betrachtet. Schon Schlözer*) mochte fühlen, dafs es unzuläfsig sey, die lettischen Völker als blofse Mischlinge zu betrachten; er machte aus ih- nen einen eigenen Völkerstamm. Seinem Scharfsinn ent- ging es dabei, zu einer Zeit, in welcher an ein wahrhaft ver- gleichendes Sprachstudium noch nicht zu denken w^ar, auch nicht, dafs dieser Stamm und seine Sprache dem slavischen sehr nahe verwandt wäre. Er sagt ausdrücklich: „Es Ist wahr und ich habe es eben schon eingestanden, die Letten haben In der Religion sowohl als In der Sprache sehr vieles mit den Slaven gemein. Mehr als die Hälfie lettischer V^örter Ist rein slavisch; und auch In der Grammatik findet sich zw^Ischen beiden Sprachklassen eine mehr als zufällige Aehn- lichkelt. Allein es findet sich dennoch keine lettische Mundart, die sich zu Irgend einer Slavischen so verhielte, wie das Rus- sische zum Kroatischen. Und wenn Slaven, Finnen und Vas- ken gar nicht verwandt, Russen und Kroaten aber Brüder, und Slaven, Deutsche und Griechen Cousins Im 2ten Grade sind, so Hessen sich vielleicht Letten und Slaven höchstens als Cou« sins im Isten Grade ansehen/' Diese Vermuthung hat sich durch genauere Erforschung dieser Sprachen in neuerer Zeit glänzend bestätigt und ich glaube, dass man der daraus von Pott in der oben citirten Abhandlung gewonnenen Ansicht, den Beifall nicht mehr ver- sagen kann. Nachdem er 1. c. p. s. sehr richtig bemerkt: „LInguas Letticas (receptum nomen retin eo) e confuslone elementorum Slavicorum cum Germanicis, In bis vero cum Go- thlcls potlssimum traxisse orlglnem, falsum est, ut quod maxiiue/' und welter: „Linguae autem, de quibus nunc disputamiis, magna et clara voce clamant contra et permlxtlonis et corruptelae sus- piclonem, quibus inter alias Othomanorum vel Anglo -Britani-« cam hodlernam laborare In vulgus nolum est.*' *) In seiner Nordischen Geschichte. Halle. 1771. 4. p. 316. sq. 128 Kommt Pott p. 11 zu dem Schluss:' „Letticae linf^uae si qiiaeras iium stirpem efficere diel pos- slnt nulla ex parte non propriam suisque inclusam finfbus, praefracte nego; forma enim totoque habitu utuntur Sla- vico vere totque numerls Slavico, ut, contra qui dicat, vix ulllus hominis sibi facturus sit audientiam merito. Quin adeo, quod senlio me, renlsurls fortasse nonnullis, qui minus ducun- tur amore verltatis, quam abripi se patluntur studio patriae in- iquiore alienacque laudis invio, at vero, si spes me mea non fallit, non sine approbatione eorum , qnorum in comparanda- rum inier se linguarum studio aliqua est auctoritas, uli olim du- bitantius a me significatum est, ita nunc, metu abjecto, libere declarare et pro certo affirmare, non, quemadmoduru vulgo rem sIbi fingunt animo, e Russica illae aliave lingua Slavica, quam strictlore sensu vocamus, tanquam ex matre et genlis auctore descendisse exlstlmandae sunt, sed Slavicarum sororum ipsae praesules chorum ducere." Wenn somit aus dem Lautsystem, der Laut Wandlung^, Formbeugung und dem ganzen Sprachbau die innigste Ver- wandtschaft der lettischen mit den Slavischen Dialecten folgt und jene nicht mehr als ein eigner Sprachstamm zu betrach- ten sind, so ordnet Pott dieselben dem Slavischen Sprach- stamm dergestalt zu, dass zu den beiden, bis jetzt in ihm an- genommenen Ordnungen oder Zweigen der ersten, welche die zweite von Osten und Süden umgürtet und aus der Alt-SIavonischen, Russischen, Ser- bischen, Kroatischen und Windischen Sprache bestellt und der zweiten, welche Böhmisch, Slavakisch, Moravisch, Polnisch und Ober- und'Niederlausitzer Wendisch umfasst, noch eine dritte, die 2te Ordnung vom Norden umgürtend, hinzutritt, welche in die 3 Sprachen: Alt-Preussich, Preufsisch und Polnisch- Lithauisch oder Samogitisch und das eigentlich Lettische zerfällt. Diese sogenannt lettischen Dialecte sind aber nur wenig mehr von den Slavischen Sprachen der Isten und 2ten Ord- nung entfernt, als Gothisch von Angelsächsisch, von den Skandinavischen Dialecten und Altdeutsch. Von diesem neu gewonnenen Gesichtspunkt ausgehend, gehört also der Name SumhrSy Zumpros und Zuhr ebenso wie der gleichbedeutende Name Tur dem slavischen SpracK- stamm im weitern Sinne, jener ursprünglich seiner nördli- chen 3ten, dieser seiner mittlem westlichen Ordnung an. 129 Es wirtl verständlicher, wie das Wort Zuhr neben Tut auch in einigen, von lettischen Stämmen entferntem eii^entlichen SJaven Stämmen wohl nicht (hirch secundäre lieber tragung, sondern aus den primären genaeinschaftliclven Urelementen der Sprache auftauchen konnte, Dass aber von vQrscIitedeneii Slavenstämmen für ein und dasselbe Thier der eine den Na- men Ziihry der andere den Namen Tur gebrauchte, ist so vyenig auffällig, als wenn in deutscher Spraclie die eben so 'verschieden klingenden Namen Pferd , Gaul und Ross oder nur in niederdeutschen Mundarten Peerd, Hest, Horse, Mar und Poge ebenfalls auch nur dasselbe Thier bezeichnen; oder wenn beide Namen bei einem und d-eraselben Slavenstamm, wie bei den Polen und wohl aucli bei den Böhmen vorkom- men, so ist es derselbe Fall, als wenn der Isländer in seiner Sprache neben einander die Wörter Eikur Heste, Mar und Hross zur Bezeichnung des Pferdes braucht. Hr, V. Bär findet es unbegreiflich, wie von zwei benach- barten Völkern, die sogar unter einem Scepter vereinigt wa- ren (Lithauern und Polen) das eine Volk nicht sollte erfahren haben, wie das gröfste Jagdthier des Landes bei dem Andern heisse. -— - Das ist so auffallend und unbegreiflich gar nicht, als ^ es scheinen mag, wenn man genau beachtet, wie., locker überhaupt 4ie Vereinigung der beiden Staaten war, wi^ wenig die Pjolen s^ich/jei^ials bemühten, die lithauische Sprache kern nen zu lernen, wie sie vielmehr als das mehr gebildete Valk üire , Sprache dem rohern Staatsbruder aufdrangen und wie selbst unter den Jagellonen schon die lithauische Sprache in Lithauen selbst nicht; mehr Geschäfts-- und Gerichtssprache war, d^ das erste geschriebene Landesgesetz, das lithauische Iste Statut, nicht in lithauischer, sondern in russinischer Sprache geschrieben ist, weil die Mehrzaiil der Landesbewoh- ner auch, damals schon Russinen waren, auf dem . platten J^nde vom eigentlichen Litwa ein eigenes Gemisch von russi- nisch und lithauisch gesprochen wurde und nur die im Gehei- men ihr Heidenthum, namentlich ihren Schlangen -Dienst bis in sehr späte Zeit festhaltenden Samogitier in ihren unzu- gänglichen Wildnissen ihre Sprache rein erhielten. Es ist Thatsache, dass heute voti 4 Millionen Polen ausser einigen wenigen Gelehrten und einigen wenigen Grenznachbarn ge- VViegm. Arthir. VI. Ja!irg. J. Band. 9 130 wifs Niemand weiss, \v\e rÜe gewöhnlichen Ilaiis-, Jagd- und Feldthiere und Waldbäume in lithauischer Sprache' heissetfl, z. 15. dass der Ochse Janczis, das Pferd ArMis, das Sehaaf Amnas, das Schwein Mey felis, der Hirsch Etnis\ das Eleu Bredis , dier I§^el Elil'i oder die Kiefer Ptiszis, die Eiche Uzjiolas, die Buche EsJxulos u. s. w. , heissen. Wie leicht •also, dass einige wenige Polen und noch mehr Ausländer, die in ihren Schriften Twr und Zuhr erwähnten, ebenfalls nicht wussten, dass dies zwei gleichbedeutende Namen waren, Und dass Zuhr eigentlich lettischen Ursprungs sei? Wenn man in den Karpathen in den Grenz -Districten reist, wo unter einem Scepter stehende polnisch sprechende Goralen, Slavaken und Russniaken mit ihren eignen Dialecten an einander und unter einander wohnen, da trifft man auf eine Menge, die ge- wöhnlichsten Dinge des Lebens und der Natur bezeichnende und sehr abweichende Benennungen, welche diese slavischen Grenznachbarn unter einander selbst nicht verstehen, wenn man z. B. unter den Slavaken das gorälische, unter den Goralen um- gekehrt das slavakische W^ort für einen und denselben Gegen- stand gebraucht. Oder weiss denn eben jeder Deutsche, wenn ich die Ausdrücke: es thornt, es tömmelt, es k lupft, es grummmelt und es wedert gebrauche, dass ich mit allen diesen den Naturlaut dips Donners, nur in verschiedenen noch heute im Munde des Volkes lebenden Mundarten aus- drücke? In altdeutschen Annaleu und Gesetzbücheru ist der ür- ochs oder Wisent zuweilen huhalus und Püffe 1 benannt, wie noch heute manche, der Naturgeschichte Unkundige den Auerochsen ebenfalls zuweilen Büffel nennen. Ist eine sol- che Benennung, wenn wir sie nach unserer jetzt acceptirten naturhistoriscl)en Nomenclatur beurtlieilen, irrig, so ist sie es deimoch nicht, wenn wir die pi*imäre wörtliche 15edeutung von huhalus und Büfftd untersuchen, denn diese Wörter sind ursi)riiiiglich keine iwmiiia piopfia spccici, sondern rtomina collccliva geiieris \n Bezug auf licbensweise und Aufenthalt. Der griechisch -lateinische Name huhalis, huhalus, ßo^i ßalog. wie ihn Aelian, Oppian und Piinius ursprüngfidi für die nordafrikanische, stierartige Antilope huhnlis ge- braucht haben, ist ein dem ganzen indogermanischen Sprach- 131 stamm angehöriges Wort. Niemand kann verkennen, dass das griechische ßovßcdog, das lateinische huhalus. das Alt- slavische und russische dywßoXb das Polnische Baw6\ und Buy^öt, das Böhmische Buaol und Bauwol, das Slawa- kische, Kroatische, Bosnische und Slavonische hiwol, hivo^ das Windische hivol, pivol, pjfß, das Deutsche, Däni- sche, Englische Büffel. Byffel, Bufße^ (durch Verwand- lung des w in /) und das Spanische und Italienische huf- fano un4 huffalo^ aus 'einer und derselben Wurzel her- vorgegangen sind. Der Schlüssel für seine Bedeutung liegt in den slavischen Sprachen. Büwo\, Buywöl ist sichtbar zusammenhängend aus den Worten wöl K^ul)^ d. h. der Ochse, womit wieder das germa- nische Bulle genau zusammenhängt und der Sylbe Bu oder Buy, welche mit dem Zeitwort Jw-" ja6j hujac sk, d. h. sich über die Grenzen der Massigkeit wegsetzen, hitzig seyn, üppig werden, ausschweifen, zusam- menhängt und also überhaupt den Begriff wild, unbändig ausdrückt. Buywol", was genau dem grichisch-lateinischen Bubal mit den Endsylben is, os und us entspricht und nur durch Laut- wandlung des w in / in das germanische Büffel umgeformt ist, hat also keine andere Grundbedeutung als wilder Ochse. Damit steht in genauer Verbindung, dafs selbst in arabischer Sprache die stierartige nordafrikanische Antilope Bekkev el Wash d. h. wilder Ochse heifst, weshalb auch Gefsner das Thier Bos Elaphus (Hirschochse) und P^errault später Vache de Barharie nannten. Wenn mithin in altdeutschen Urkunden und Schriften, selbst ehe die aus Asien eingeführte, heut zu Tage mit dem Specialnamen Büffel bezeichnete Och- senart in Mittel -Europa bekannt wurde, der innländische wilde Ochse: der Auer oder Wisent mit dem Namen Büffel belegt wurde, so war das eine ganz richtige generische Benennung, aus welcher wir durchaus kein Recht haben zu schliefsen, als habe man damit eine vom Auerochsen verschie- dene Ochsenart bezeichnen wollen. , • . Endlich bleibt mir nur noch der Beweis zu führen übrig, dafs auch die deutschen Namen Ur (Auer) und Wisent sprach- lich aufgefafst ebenfalls nur eine und dieselbe species be- 9 * 132 zeichnen, obgleich sie nur einem Sprachstamm angehören nnd defshalb auch in etwas anderer Art synonym sind als die Na-r men Tm/' und Zuhj\ Ich finde den Beweis dafür gerade in demselben löten Gesang des Niebelungen Lieds (Abentheuer wie Held Siegfried erschlagen wird), welchen man schon mehr- mals, aber gewifs mit Unrecht benutzt hat, um die Existenz mehrerer jetzt erloschenen Jagdthiere im westlichen Deutsch- land, in der Zeit vom 6ten bis höchstens zum 13ten Jahrhun- dert zu erweisen, in welcher unser National- Epos aus ein- zelnen ursprünglichen Sagen und Liedern allmählig zusam- menflofs und zuletzt in seine gegenwärtige Gestalt umgear- beitet wurde. Als Siegfried von Niebelungenland mit Günther, dem Bur- gunder König, und dem falschen Hagen in der Gegend von Worms über den Rhein zur Jagd zogen, erzählt Uns das Ge- dicht, dafs Siegfried zuerst einen starken Halbwolf, dann einen ungefügigen Leuen*) erschlug. Dann folgen nach der Lach- mannschen Ausgabe der Niebelungen (in ursprünglicher Ge- stalt) p. 104 Vers 880 die Worte: Dar nach sluoc er schiere. . einen Wisent und einen Elch Starker Ure viere und einen grimmen Scheich Sin res truoc in so balde daz im niht entran Hirze oder Hin de . . . kund im wenic enkam. Ai^HuL'i Aus diesen Versen hat man geschlossen, dafs U^ und Wisent verschiedene Thiere gewesen seyen, man hat Ur mit Auerochse und Wisent mit Büffel übersetzt, man hat dem grimmen Scheich für einen Brandhirsch, ja man hat ihn end- lich sogar für ^len untergegangenen irischen Riesenhirsch, Cer- vus megaceros, erklärt. Daher die fehlerhafte Uebersetzung jener Stelle in Büschings Uebersetzung des Niebelungenlieds. Leipz. und Altenb. 1815.: Darnach schlug er bald einen Büffel und ein Elentbier Einen grimmen Brandhirsch und starker Auerochsen vier. Sein Reis trug ihn so kühn, dafs ihm nichts könnt entstehu, Hirsch oder Hindinnen konnten ihm wenig entgelm. *) Man hat den erwähnten H a 1 b w o 1 f für eine Hyäne gehalten.i vielleicht nur weil unsere deutschen Knochcnliölen viel Hyänenkno- chen enthalten. Es ist hier nicht der Ort, diefs näher zu prüfen,, aber ich bin ziemlich fest überzeugt, dafs der erwähnte Halbwolf soi wenig eine Hyäne als der genannte Leu ein Löwe war. 133 • Nun hat Bujack in einer besondern Abhandlung*) er- wiesen, dafs der grimme Scheich der Niebelungen 1) weder ein Bockhirsch oder Brandhirsch war, wie Scheller, von Hagen, Büsching und Zeune meinten, noch 2) der irische Riesenhirsch, wie Weawer und Hibbert vermutheten, noch 3) ein Steinbock wie Schönhut behauptete. Die Aehnlichkeit der Namen Scheich und Elch, von welchen der letztere bekanntlich unser noch lebender Cervus alces ist, könnte zwar die Vermuthung begründen, dafs Sclielch eine . minor. Hooker (R eiche nb ach flora ger<- man. excurs. I, p. 10) „tJie young frons of L. minor com- Mitutes the L. a. of french authors'* . '.' - \'^\ o. \<)n L. gihha. Herr v. Bönninghausen behauptete, dafs die von Herrn Dumortier mitgebrachten Exemplare aus -Saamen; entwickelte Individuen seien von Z>» gihha , wie er sie in verschiedenen Entwickelungsstufen bei Münster beobach- tet haljen will.**) Da diese Exemplare, wie wir oben be- merkten, wahrscheinlich keine arrhiza gewesen sind, so mag die Bemerkung des Hrn. v. B., ihre Richtigkeit haben; man bekommt indessen die Entwickelung aus Saamen von L'.' gihha nicht so sehr leicht zu sehen. Dafs aber die ächte L. «.un- möglich mit keimenden Individuen von L. gihha zu verwech- seln ist, wird jeder anerkennen müssen, der, hätte er auch nie ;4ie arrhiza oder die keimende gihha gesehen ^ nur die Ah- '^) Auf dem Titelblatt der Dissertation steht Wi'gger s Utisumen- ils, in der Zueignung aber ^Vichers. **) Protokolle der botanischen Section a. a. O. 'U2 bilflnng von Micheli mit denen von Wilson*) und L. C. Richard**) vergleicht. d. von allen drei Arten. So behauptet Hr. Reichenbach (a. a. O.) L. arrhha auctorum nil videtur nisi plantula Itarum specierum e gemmulis orta incomplefa." Späterhin beschrieb er angeb- lich nach eigener Beobachtung die Weise ihres Entstehens. Die Pflänzchen sollen sich nämlich aus den zu Boden gesun- kenen Parenchymkörnern der anderen Lemnaarten entwik- kelnl!***) Ich glaube, dafs es unnöthig sein wird, die in der holländischen Schrift zu ausführliche Wiederlegung einer sol- chen Behauptung zu wiederholen. Herr Nees von Esenbeck vermuthete (1S16), dafs die L. arrhiza nicht ausschliefslich die junge Brut der polyr- rhiza, aber überhaupt die Nachkommenschaft der durch Saa- men sich fortpflanzenden Lemna- Arten sei. f) Seine Ansicht stützte sich auf die Beobachtung eines bestimmten Verhältnis- ses zwischen dem Blühen der übrigen Arten und dem vor- kommenden von L. arrhiza. Dabei fand er diese von dop- pelter Beschafi'enheit, einige mit rother, andere mit grüner Un- terfläche, diese letzteren gewöhnlich etwas kleiner und in zahl- reicher Menge. Ich mufs gestehen dafs meine Beobachtungen in unseren holländischen Gewässern, mir ein durchaus verschiedenes Re- sultat gegeben haben. Irgend ein Verhältnifs zwischen dem Blühen der Lemna -Arten und dem Vorkommen der L. «r- rhiza glaube ich um so eher läugnen zu dürfen, als diese sich *) Kemarlcs ort the Structure and germination of L. gibha hy Wm. MHlson Esq. of Warrmgt07i (W. S. Hook er Botanical Mis- cellany London 1830 jtart. 2 7;/. XLIV. **) Archives de hotanUpie jmr. M. A^ J. Guillemin I jü. 6 fg. S~OE p. 205 — 210. Pans 1833- '**) Vgl. Mösslers Handbuch der Gewächskimde u. s. w. 3te Aufl. Umgearbeitet und vermehrt von H. G. L. Reichenbach Altona 1833 I. p. 50. Und: Handbuch des natürlichen Systems u. s. w. Leipzig und Dresden 1837 I. p. 144. f) Bemerkungen über die Gattung Lemna L von Dr. Nees von^ Esenbeck zu Sickershausen p. 23. sq. im: Magazin der Gesell- schaft naturforschender Freunde zu Berlin u. s. \v. 7 Jahr- gang Berlin 1816 pag. 15 — 24. 143 in grofser Anzahl, schon vot* der Bliithezeit der übrigen Ar- ten vorfindet, ja sogar, wie wir näher auseinander setzen wer- den, auch während des ^Virtters einzeln zwischen den schwim- menden Blättchen der Lemnae, vorzüglich aber im Schlamm heruntergesunken vorkommt. Ich fand ebenfalls nie ü. ar~ rÄ/sa mit rother ünterfläche. Bei polyrrhiza ist diese bekannt- lich immer roth (oder vielmehr röthlich violett); bei einigen Exemplaren zeigten sogar die Würzelchen diese Farbe. Bei gihha erscheint die obere Fläche bisweilen ebenso gefärbt, vorzüglich im Spätherbst oder nach wiedereintretender Kälte im Frühjahr; da viele Individuen oft gleichzeitig diese Fär- bung bekommen, so zeichnen sich gewisse Stellen eines Gra- bens schon vom Ufer durch den röthlichen Schimmer aus^ während andere ihre normale grüne behalten. Bei arrhiza sah ich dagegen diese Aenderung der Farbe nie. Es ist sehr wahrscheinlich dafs Hr. Nees v. Esenbeck, die unten näher zu beschreibende Winterform von polyr^ rhiza und die wurzellose von miner für die arrhiza gehalten hat. Bei so genauer Beobachtung hätte er sonst wohl die auffallende kugelige Gestalt der arrhiza erwähnt. Die klei- nen Wärzchen, welche Hr. NeeS als die Ansätze jüngerer Würzelchen betrachtet, können sich nur auf polyrrhiza be- ziehen, da bekanntlich die anderen Arten an jedem Blättchen nur ein einzelnes Würzelchep 'treit)en. Die genannte Form von polyrrhiza erscheint allerdings häufig in kleinerer Ge- stalt,*) schwimmt einige Zeit ohne Würzelchen herum, und zeigt die erwähnten Wärzchen ganz deutlich. Ich halte also A\Q arrhiza von Hm. Nees mit rother ünterfläche für die Winterform von polyrrhiza, die mit grüner, für junge wur-' zellose Individuen von minor. '"'^^ ♦ '• 4) Andere endlich halten die L: arfhiza iipeci- fisch verschieden von den übrigen Lemna-Arten. ^'' Michel i, der erste Auffirider der Pflanze, scheint dieser Meinung gewesen zu sein, welche Linne näher 'durch den speoifisclien Namen bestätigte. Nachher haben viele, beson- ders französische- Systematiker sie in ihren Beschreibungen -! : ^ . \- ',i-'f ■*(. i. ^.ilj,.: '!;■ j // » • ■ .,!■;,;. • ' • : • • •>■'.' *) Vgl. TV^/'i^. '^'if-der''hölll^r^dischett1S^hria " ' ■'''' 141 ohne weiteres 'aufgenommen. Nur bei folgenden Schriftstel- lern fand ich eine bestimmte Aeufserung: ; ,).'«;• Willdenovv {spec. plant. IF'. 1. p. 196) „non est ini- iium L. polyrrhizaa ut Wiggers autumat, sed planta peculiaris a reliquis diversa.^' ,.,i»Mn Steudel {Nomenciator Z>of. 1821) „arrJiizanonpo- lyj'j'hizae initium.^^ . Roemer und Schul tes {Sysiema veget. 1817 J.;;.283.) ffttJ'J^hiLa minbne initiwn L. polyrrhiz>ae**'^ Hr. Koch {Synopsis flora Germanicae et Ilelveticae 1837 p, 681.) „Secundum Specimina circa Parisios lecta a Lemna minore div^ersam sine dubio efficit speciem.^^ Dieser ist der einzige der einen Beweis für seine Meinung anfülirt, indem er sagt: „Frondes quadruplo minores radi- cihus prorsus carejit licet prolificatione iterata auctae sint.^* Nach längeren und wiederholten Beobachtungen, sowohl der Vegetationsverhältnisse als der inneren Structur von L. «., jmufs ich letztere Meinung als die richtige annehmen. Ich hoffe sie durch die Darstellung meiner Untersuchungen au be- weisen, wobei ich zuvörderst die Vegetations-Verhältnisse und sodann die innere Structur des Piflänzchens näher betrach- tenwerde. ,,u .; ..' ujhiio.i ,,.,.,. II. Ueber die \ egetationsverhaltnisse von , L. arrhiza. i v , ^, Pa I In 4er Provinz Süd-Holland und namentlich in der Um- gegend von Gouda findet man vom Mai oder Juni bis Octo- her oder November, je nach der mehr o, ?>^, aus dem ersten Spröfs- ling a^, c aus a^ und d aus a*, der entgegengesetzten da- gegen e aus & w^ieder der übereinstimmenden. Bei den übrigen Lemnen geschieht die gewöhnlichste Ver- mehrung ebenfalls durch Knospenbildung und nachherige Tren- nung, wobei jedoch ein sehr auffallender Unterschiedzu be- 10* 448 merken ist. Lemna trisulca bildet bekanntlich verzweigte, aus einer unbestimmten Anzahl Blättchcn zusammengesetzte Haufen, welche, indem jedes Blättclien mit einer Wurzel ver- sehen ist und bei natürlicher oder künstlicher Trennung so- gleich üppig fortwächst, ein sehr deutliches Beispiel darl)ieten, wie eine Pflanze eigentlich aus einer Vereinigung von Indivi- duen besteht. Herr Meyen erklärt in seiner Physiologie diese verzweigte Form, durch die höchst regelmäfsige Ent- wickelung der Knospen. Diese entspringen an beiden Seiten jedes Blättchens, dicht unter der Theilung des Blattnerven, aus fast halbmondförmigen Spalten, welche von den hier ge- trennten beiden Lamellen der Blattsubstanz gebildet werden. Bei der Betrachtung unter dem einfachen Mikroskope sieht man, dafs ihre Substanz an den Rändern der Basis gespalten, und in jeder dieser beiden äufserst kleinen Spalten schon wie- der eine junge Knospe enthalten ist.*) Das Zahlenverhältnifs der Blättchen eines Exemplars wäre also vom einfachen Indi- viduum an: 1, 3, 7, 15, 31 u. s. w. Wenn auch bei polyrrhiza, gihha und minor die Zahl der vereinigten Blättchen gleichfalls unbestimmt ist, so finden sich jedoch nie so viele zusammen verbunden, wie bei tri- sulca, und zwar bei minor und gihha noch weniger, als bei polyrrhiza. Das gröfste Exemplar, das ich je von letzterer fand, bestand aus 19 Blättchen, gewöhnlich aber finden sich nur 2 — 12 zusammen, bei minor und gihhn dagegen 2 — 6 oder höchstens 8. Die Bewegung des W^assers durch Wind oder sonstige Erschütterung ist schon hinreichend die Tren- nung zu veranlassen. Da sich die in der Spalte an beiden Seiten befindlichen Knospen nicht gleichzeitig entwickeln, dafs eine schon wieder eine junge Knospe getrieben hat, ehe das andere hervortritt, ja dieses manchmal gar nicht zur Entwik- kelung kommt, so entsteht hierdurch die unregelmäfsige, un- ter sich sehr ungleiche Form der verschiedenen Individuen von den 3 erwähnten Arten. Der nämliclie Typus der Ver- mehrung ist zwar da, die Gestalt der Individuen wird aber durch dieses Abortiren, so wie durch den loseren Zusammen- hang der Blättchen bedeutend modificirt. ') Neues System der Pflanzeiiphysiologie III. S. 52 und 63. 149 An den Blättchen von L. arrhiza habe ich niemals Fru- ctificationsorgane gefunden, weder an den einfachen, noch an den gepaarten. Nur an einem einzigen Exemplare beobach- tete ich eine ganz eigenthiimliche Knospe, in einer ungewöhn- Jich grofsen Spalte; dieser Fall ist in der holländischen Schrift abgebildet (S. Taf. I. fig. 8 und 80 und ausführlich beschrie- ben; (S. 36 und 37; der Tydschrift S. 317 und 318) ich legQ jetzt aber darauf um so weniger einen hohen Werth, als es mir nur eine anomale Knospenbildung gewesen zu sein scheint. Auch von keinem andern ist jemals die Bliithe be- obachtet worden. Thuillar sagt zwar (^Flore des environs de Faris. Paris an VII. I. p. 475.) ,,ßores spiuxo-alhi (Jleurs dhin hlanc sale) Maio'^ wahrscheinlich ist dies aber aus Ver- sehen, auch bei L. arrhiza abgedruckt worden, so wie es bei den übrigen Arten jedesmal wiederholt wird. Ohnehin hat eine solche Angabe durchaus keinen Werth. Merat (^NoU" velle flore des environs de Paris. Paris I. p. 353«) setzt die Möglichkeit einer Blüthenentwickelung aufser allen Zwei- fel, was er aber mit den Worten: ,.ßeurs devant necessaire- ment etre placees soiis les feiiilles^^ meinen mag, ist wohl schwerlich zu begreifen. Obgleich bei den Lemna-Arten überhaupt die Vermehrung durch Saamen weit seltner ist, als die durch Knospenbildung, so sind doch die Fruktificationsorgane bei minor, gihha und trisulca von Vielen beobachtet, genau beschrieben und abge- bildet worden. Ich sah sie ebenfalls und zwar von minor und gihha in Töpfen meiner Stube, von trisulca in einem Graben an einer sehr sonnigen Stelle.*) Letztere zeigt da- bei eine eigenthümliche Form der blühenden Blättchen. Sie sind nämlich schmaler und kürzer als die unfruchtbaren, schwim- men einzeln oder höchstens mit ein paar von jenen vereinigt herum. Ihre Spitze ist bis zur Hälfte oder ein Drittheil unter Wasser zurückgebogen, der übrige Theil, w^oran die Blüthe in einer Spalte vorhanden ist, schwimmt mit trockener Oberfläche *) Am 30 Juni d. Jahres fand ich L. trisulca in Blüthe in einem Wassergraben auf dem Wege nach dem Neuen Kruge bei Berlin; den 10 Juli ebenfalls L. minor in einem kleinen Teiche unweit Schön- hausen bei Berlin. 150 und hat eine mit Spaltöffnungen versehene Epidermis, wäh- rend diese sowohl an den unfruchtbaren BUittchen, als an der untergetauchten Spitze der blühenden fehlen. An jeder Seite der Basis ist eine Spalte, worin sich die Bliithen entwickeln, in der Regel findet dieses nur an der einen statt, in seltenen Fällen kommen sie an beiden vor. In der Spalte worin sich keine Bliithe entwickelt, zeigt sich häufig ein Blättchen, wel- ches dem Blühenden in der Form ähnlich ist. Herr Nees*) beobachtete einige sehr seltene Fälle, wo nach dem Verblühen der Blume aus derselben Ritze ein neues Blättchen hervor- sprofste. Im Allgemeinen bieten die fruktificirenden Blättchen von L. trisulca wert mehr Aehnlichkeit mit den anderen Ar- ten von Lemna, zumal minor und gibha dar, als die un- fruchtbaren. L.polyrrhizn dagegen scheint weit seltener zur Blüt?te zu kommen, denn so weit ich habe finden können, ist diese nur von Grauer und Herr Nees beobachtet worden. Wiggers, der ersteren Auffuider er\vähnt, beschreibt die Blii- the und Frucht ziemlich ungenügend {Fiimitiaeflorae IIol- saticae p. 67). Herr Nees fand nur ein einziges Exemplar, was sich leider zwischen anderen von L. gibha unterwegs ver- lor (a. a. O, S. 24). Dafs auch bei L. anhiza sich Frukti- fikationsorgane entwickeln können, dürfen wir wohl annehmen, es ist aber wahrscheinlich, dafs sie der eigenthümlichen Knos- penbHdung wegen, nur an einfachen Blättehen vorkommen werden. Es ist um so mehr zu wünschen, dafs man diese Organe beobachten möchte, da die Gattungsbestimmung erst dann völlige Sicherheit erlangen wird. So auffallend die augenscheinliche Abwesenheit der Wur- zel, sowohl an den einfachen als an den gepaarten Blättchen auch ist, hat man doch zu grofse Wichtigkeit darauf gelegt, da die anderen Arten ebenfalls in gewissen Lebensperioden ohne Wurzel vorkommen, so erwähnten wir schon die wur- zellose Form von minor und polyrrhiza, ja ich beobachtete wie selbst in ihrer gewöhnlichen Form L. polyrrhiza längere Zeit lebte, ohne ihre Wurzeln, in Folge zufälliger Umstände, entwickelt zu haben. In einem Topfe nämlich war das Was- ser in meiner Abwesenheit allmälig verdunstet, bei meiner '*) Beuierkimgcn über die Gattung Lemna p. 16. 151 Ziirückkiinft fand ich eine Menge Exemplare auf denselben, gleichsam angeklebt, von denen einige gänzlich ohne Wurzel waren, andere dagegen die ihrigen horizontal über den Boden ausgebreitet hatten. Nachdem ich die bewurzelten herausge- nommen und den Topf bis zur Hälfte mit Wasser angefüllt hatte, ohne die wurzellosen Exemplare vom Boden abzulösen, lebten diese noch mehrere Wochen fort und entwickelten Ende Octobers ihre letzte Knospe. (Wir werden in der drit- ten Abtheilung näher auf die Abwesenheit der Wurzel zurück kommen.) In der beschriebenen Gestalt schwimmt L. ai^rlnza mit den anderen Lemna-Arten bis Ende Octobers oder Mitte No- vembers umher, wo dann eine auffallende Veränderung in dem Vorkommen der Lemnen statt findet. Die Gewässer, welche während des Sommers über ihre ganze Breite mit Lemnen be- deckt waren, werden allmählig klar, indem die Pflänzchen vom W'inde in Ecken und Buchten zusammengetrieben werden. Hier bilden sie nun eine, bisweilen einen halben Fufs starke Decke. In diesem Gemenge herrschen minor und gihha vor, trisulca zeigt sich meistens nur in kleinen zerstückelten Zwei- gen, und arrhiza findet sich sehr wenig, selbst da, wo sie im Sommer häufig vorkam. Polyrrhiza ist gleichsam verschwun- den, statt dessen findet man einzelne wurzellose nierenförmige Blättchen, von dunkelgrüner bis bräunlich rother Ober- und röthlich-violetter Unterfläche, die nur in dem Gemenge sich über dem Wasser erhalten, da sie, in klares W^asser kommend, alsbald untersinken.*) Dieselben Blättchen findet man daher auch in unzähliger Menge im Schlamm, welchen man aus einem Graben mit klarem Wasser entnimmt. In denjenigen Gräben, in welchen arrhiza reichlich vorhanden war, sind sie mit klei- nen gelblichen Körnchen vermischt. Im nächsten Frühjahr ergiebt es sich bald, dafs jene die Winterknospe von po/yr- rJiiza, diese von arrliiza sind. Durch genauere Beobachtung der in der Stube aufbewahrten Exemplare beider Arten, kommt *) Die membraneusen Schuppen, welche an der Basis der jmigen Blättchen von 'polyrrhiza vorkommen, sieht man sehr deutlich an die- sen Winterknospen, da sie von den sehr feinen Schlammtheilchen schwärzlich gefärbt sind. 152 man früher zum nämlichen Resultat, in(lem man da ganz deut- licli wahrnimmt, wie jede der erwähnten Arten ihre Winter- knospe treibt, welclie frei oder mit dem todten Mutterblätt- chen heruntersinkt. Herr Meyen beobachtete ebenfalls bei minor, g'ibha und trisulca dies Heruntersinken; ich sah es jiicht, was theils davon herrühren mag, dafs polyrrhiza und arrhha meine Aufmerksamkeit ganz auf sich zogen, theils weil eine grofse Anzahl Individuen, in dem oben beschriebe-, nen Gemenge überwintern, d. h. einfrieren, ohne getödtet zu werden und so bei dem im Frühjahr erfolgten Aufthauen ihre Knospen entwickeln und sich alsbald in ungeheurer Menge vermehren*) Die Winterknospe ist vorzüglich bei polyrrhiza aufifal- lend von den gewöhnlichen, im Sommer getriebenen, verschie- den. Aufser ihrer Gestalt und Farbe unterscheidet sie sich vorzüglich dadurch, dafs sie bei der Entwickelung ihre eigene Form nicht ändert.**) Bald treibt sie einige kleine Würzel- chen und aus einer Seitenspalte wächst ein ganz gew^öhnliches Blättchen, was bei der sehr verschiedenen Gröfse der Winter- knospe, diese manchmal um das 3 — 4fache übertrifft.***) Bei arrliiza ist die Winterknospe zwar nicht so auffallend aber doch charakteristisch genug von völlig entwickelten Sommer- knospen verschieden; sie ist mehr den noch nicht ganz ent- wickelten Knospen ähnlich, kleiner, gelblich gefärbt, mehr drei- eckig mit abgerundeten Ecken. Indefs kommen auch gröfsere, (breitere und dickere) mehr kugelige vor. Während sie ihre *) Es fanden sich zwischen den, im Mai d. Jahres, aus dem Schlamm eines Grabens bei Gouda gesammelten und mir zugeschick- ten Winterknospen von arrhixa und polyrrJii^a mehrere von mitior imd gibba, wovon viele sich durch eine röthliche obere Blattseite auszeichneten. Ich kann nicht umhin hier zu bemerken, dafs in die- sem so jungen Zustande es schwer halt, fniuor und gihba von ein- ander zu unterscheiden, da der Wulst wodurch diese characterisirt wird, sieh erst später und sehr allmälig entwickelt. Viele Exem- plare, welche ich anfangs für minor hielt, ergaben sich bei weiterer Entwickelung als gibba. **) Dies ist auch der Fall bei den in der vorigen Note erwähn- ten Winterknospen von 7m'7ior imd gibba. ***) Die oben erwähnten Schuppen, welche die Spalte verdecken, werden hieibei abgestofsen. 153 neue Knospe treibt entwickelt sie sich weiter, und unterschei- det sich also in der Hinsicht von den Winterknospen von po- lyrrMza, gihha und minor. Wärme und Kälte haben einen grofsen Einflufs auf dieses Heruntersinken und Wiederemporsteigen, da es sich nach der Witterung richtet. Es findet aber gleichfalls bei den in der Stube aufbewahrten Exemplaren statt. Die Versuche*), die ich um dies näher auszumitteln, anstellte, gaben mir kein be- stimmtes Resultat. Durch künstliche Kälte konnte ich sie nicht zum Heruntersinken bringen, was freilich davon herrühren üjag, dafs ich diese nur kürzere Zeit auf sie einwirken lassen konnte. Durch Wärme wurde im Allgemeinen das Emporstei- gen und die Entwickelung sehr beschleunigt; manchmal rührte das Emporkommen nur von einem angehefteten Luftbläschen her, wurde das entfernt, so tauchte die Knospe wieder unter. Bei Versuchen im Kleinen erfolgt das spontane Emporsteigen nicht, vorzüglich bei L. arrhiza, wovon die Ursache im fe- steren Zusammensinken des Schlammes in einem ruhig stehen- den Gefäfse zu suchen ist. In Gräben dagegen, wo das Was- ser immer mehr bewegt wird, und der Schlamm daher nie so fest zusammendrängen kann, tritt dies in jedem Jahre sehr regelmäfsig ein. Schüttelt man daher oder rührt man den Schlamm um, bei den Versuchen in Töpfen, so kommen je- desmal viele Blättchen mit trockener Oberfläche auf den Was- serspiegel hervor. Dasselbe findet auch statt, wenn man die Knospen rings herum vom Schlamme los macht. Sie können indefs längere Zeit im Schlamme fortleben, wie mir dies ein Versuch zeigte, bei welchem sie vom 6ten May bis 25sten September im Schlamm einer Flasche ihre Wintergestalt be- hielten und nachher, als ich sie emporsteigen liefs, sich wie gewöhnlich entwickelten.**) Bei den im Gefäfse aufbewahr- ten Exemplaren, nahm ich auch im Sommer ein Zuboden- sinken der einfachen Blättchen wahr, ohne die Veranlassung dazu bestimmt angeben zu können. Vielleicht rührt es von dem in die Spalte eindringenden Wasser her. Wurden sie abgetrocknet und vorsichtig auf das Wasser gelegt, so erhiel- *) Die holländische Schrift S. 29 — 32; der Tydschrift 310 — 313. **) S. die holländische Schrift S. 27; der Tydschrift S. 308. 154 teil sie sich schwimmend und triehcn in wenigen Tagen ihre Knospen; wurden sie dagegen wieder gleich untergestofsen, so sanken sie immer zu Uoden, während die, mit trockener Oberfläche treibenden, nach dieser Manipulation, stets wieder emporstiegen. Was die mikroskopische Untersuchung der her- untergesunkenen Blättchen darbot, werden wir in der letzten Abtheilung anführen. üie Vermehrung geht, nachdem die Knospen emporge- stiegen sind, ungemein schnell vor sich, so wie überhaupt Lemnen durch Knospenbildung und Theilung sich bei warmer Witterung aufserordentlich vervielfältigen. Nehmen wir bei X. anhiz>a an, dafs eine Winterknospe den Isten Juni em- porgestiegen sei, und jedesmal 8 Tage zu der völligen Ent- wickelung einer jungen Knospe nöthig siiul, (im Sommer fin- det sie unter günstigen Umständen manchmal in 3 — 4 Tage?i statt), dann wird sie den 20. October 32786 Pflänzchen pro- ducirt haben. Es hat mir bis jetzt nicht gelingen wollen, die Lebensperiode in der Zahl der Spröfslinge eines Individuums zu determiniren, da die einzeln aufbewahrten Exemplare nur kümmerlich lebten und bald abstarben. Ich mufs hierbei be- merken, dafs die im Zimmer beobachteten Exemplare oft ei?i verschiedenes Verfahren zeigten, dergestalt, dafs manche bis zu 3 und mehr Knospen trieben, während andere schon nach der Entwickelung der ersten Knospe verwelkten. Wenn wir das Gesagte hier kurz zusammenfassen, so geht daraus hervor: 1) dafs bei den hier erwähnten Lemnaen, die Winter- knospen wurzellos sind, bei minor auch häufig die im Som- mer getriebenen Knospen. 2) Dafs die Winterknospen im Herbste zu Boden sinken, im Schlamm überwintern und im Frühjahr wieder emporsteigen. 3) Dafs bei polyrrhiza diese Winterknospen aufl"alleml von den gewöhnlichen, im Sonnner vorkonnnenden, verschie- den sind, wälu'ond bei arrhiza der Unterschied zwischen den Soiimier und Winterknospen zwar nicht so bedeutend, aber inuiier noch cluirakteristisch ist. 4) Bei ni'mor und £^ibba, welche auch sehr häufig schwim- mend idjervvint(!»ji, findet in der CJ estalt kaum ein Unterschied zwischen beiden Arten Knospen statt. 155 5) Bei trisulca sind diese Verhältnisse weniger zu beob- achten, weil der Zusammenhang der ßlättchen gröfser ist, und nur die blühenden mit trockener Oberfläche auf dem Wasser schwimmen. 6) Die erwähnten wurzellosen Formen hat man häufig mit der wahren ar^rhiza verwechselt, und letztere daher nicht für eine selbständige Pflanze gehalten, sondern für eine Ent- wickelungsstufe irgend einer anderen. Betrachten wir aufserdem die Vegetationsverhältnisse der L. arrhiza näher, so dürfte sich daraus für den specifischen Unterschied derselben folgern lassen: 1) Wäre die ächte arrhiza eine Entwickelungsstufe von den andern Arten, so könnten diese nicht so sehr häufig ohne jene vorkommen. 2) Dafs dieselbe, so weit meine jetzigen Erfahrungen rei- chen, immer mit anderen Arten vermischt gefunden ist, beweist nichts gegen meine Ansicht, da auch diese fast immer zusam- men vermengt vegetiren. 3) Die zwei Jahre lang auf meiner Stube besonders auf- bewahrten Exemplare von polyrrhiza, minor, gibha und tri- sulca erzeugten Nichts, welches mit der wahren L. atrhiza übereinstimmte. 4. Letztere behielt ihre eigenthümliche Form u. s. w. und vrrmehrte sich ganz regelmäfsig. 5. Die Art der Vermehrung, welche zwar im Wesentli- chen mit der der anderen Lemnen übereinstimmt, in ihren Ty- pus aber einen bedeutenden Unterschied zeigt, liefert wohl einen sehr schlagenden Beweis. III. Mikroskopische Untersuchung der L. arrhiza. In dieser Abtheilung werden wir die verschiedenen Or- gane der Pflanze näher betrachten und zwar zunächst die Epidermis, sodann die Knospen u. s. w. 1) Epidermis. a) Von der oberen Blattseite. Wie wir bereits oben sahen, ist die obere Blattseite ellip- tisch, umgekehrt eirund, oder rundlich, flacli oder in der Mitte ein wenig gewölbt, bisweilen an der, der Basis entgegenge- 156 setzten Seite, in eine Spitze emporgehoben, kürzer, vorzüglich aber schmaler, als die untere. Ihre Epidermis besteht aus 4 — 8 eckigen Zellen von ziemlich ungleicher Gröfse, zwischen welchen sich die Spaltöffnungen vorfinden. Diese sind von elliptischer Form, 0,0013 — 0,0015 P. Z. lang und 0,0009 bis 0,0012 breit (S. fig. 5). Zur besseren Vergleichung habe ich ebenfalls die Epidermis der oberen Blattseite von polyrrlüz,a, g'ibha und minor abgebildet. Bei polyrrhiza sind die Zellen viel kleiner, mehr länglich, von sehr verschiedener Form, mit geschlangelten Wänden, die Spaltöffnungen rundlich von 0,0006 bis 0,0008 P. Z. Länge und 0,0005 — 0,0007 Breite (S. fig. 6) Lejiina gibha hat ebenfalls längliche aber gröfsere Zellen mit sehr gekräuselten Wänden. Die Spaltöffnungen stehen ihrer Form und Gröfse nach zwischen denen von polyrrhiza und arrhiza, sie haben eine Länge von 0,0008 — 0,00011 V. Z. und eine Breite von 0,0007 — 0,0009 (S. fig. 7.). L. minor stimmt in Hinsicht der Epidermiszellen, sowohl als der Spalt- öffnungen ziemlich mit gibha überein, im Allgemeinen möch- ten die Zellenwände etwas weniger gekräuselt und ihre Spalt- öffnungen etwas kleiner sein, von 0,0006 — 0,0009 P. Z. Länge und 0,0004 — 7 Breite (S. fig. 8.) Die Spaltöffnungen sind bei allen erwähnten Arten in den untergetauchten Winterknos- pen geschlossen,*) bei den mit trockner Oberfläche scli wim- menden mehr geöffnet. Bei polyrrhiza ziehen sie sich beim Oeffnen im Allgemeinen mehr in die Länge, bei arrhiza mehr in die Breite, man bemerkt indefs am nändichen Blatte, in die- ser Hinsicht gewaltige ünteÄSchiede, wie die Extreme fig» 9. c, /, 11 zeigen. b) Von der untern Blatlseite. Die untere Blattseite ist convex, wenig gefärbt, fast durch- sichtig. Ihre Länge, vorzüglich aber ihre Breitenaxe ist län- ger als die der oberen und mit dichter an einander liegenden Wänden (S, fig. 10). *) Dies ist aiicli der Fall bei den oben erwähnten im Sommer ohne deutliche \'«>ranla.ssung heruntergesunkenen einfachen Blättcheii von L. arrhixa und war der einzige Unterschied, welchen ich in der btiuktur finden konnte. 157 2. Aeufsere Oeffnung der Spalte und daraus hervorragende Knospe (S. fig. 11, 12, 13). Ungefähr in der Mitte der untern Blattseite und zwar au der Basis, findet sich ein kleines Wärzchen, eben aus einer runden Umfassung hervorragend ; wie wir oben sahen ist jenes die junge Knospe, diese die Oeffnung der Spalte worin sie liegt. Die Zellen der Epidermis werden an dieser Stelle all- mählig länglicher und schmaler bis sie einen Ring von etwa 3 — 5 Kreisen bilden (S. fig. 12, 13). Bei der weiteren Entwickelung wird die Oefi'nung im gleichen Verhältnifs mit der heraus- wachsenden Knospe allmählig gröfser, und wenn die vollkom- men entwickelten Blättchen sich trennen, ist sie an dem al- tern ungleich gröfser als an dem jüngeren. Bei jenem bildet sie eine Vertiefung, worin die junge Knospe versteckt liegt, bei diesem einen Ring welcher ebenfalls eine neue Knospe in der oben beschriebenen Weise umfafst. Diefs verschiedene Verhalten der Oefi'nung g bietet ein sicheres Mittel dar, die Mutterblättchen von den Spröfslingen zu unterscheiden (S. fig. 12, 13, 14). 3) Narbe des Stiels womit der Spröfsling an dem Mutterblättchen geheftet war (S. fig. 11, 12, 13). Etwas tiefer als diese Oeffnung der Spalte findet sie eine Stelle, wo die Epidermis-Zellen der untern Blattseite ebenfalls länglicher, fast prismatisch sind (S. fig. 11, 12). Dafs hier früher der Stiel (wovon unten die Rede sein wird) angeheftet war, geht deutlich aus der Betrachtung der eben künstlich ge- trennten Blätteben hervor. Bei den Winterknospen unterschei- det sich diese JNarbe durch eine schwarze Farbe, welche von den kleinen zwischen den abgelösten Zellen angehäuften Schlamm- theilchen herrührt. 4) Vertikaler Durchschnitt. a) Parenchym. Die mehr oder weniger elliptischen Zellen bilden ein ziemlich lockeres Gewebe und können also in ihren Zwischen- räumen viel Luft enthalten, wodurch das Pflänzchen auf dem Wasserspiegel schwimmen bleibt. Die Entwickelung von Luft in diesen Intercellulargängen in Verbindung mit dem Oeffnen und Schliefsen der Spaltöffnungen ist wohl die nächste Ursache des Zubodensinkens und Wiederemporsteigens. Die Zellen des 158 Parenchyms sind in der Mitte am gröfsten, unter der oberen Blattseite am kleinsten, die um die Spalte herum und die an der untern Blattseite stehen in Hinsicht der Gröfse in der Mitte zwischen beiden. b) Spalte (S. %. 15, 20, 26, 27, 28, 34, 35). Die Spalte ist nach der verschiedenen Entvvickelungsstu- fen sehr in Gröfse verschieden, wie bei der Vergleichun^ der fig. 15 und 20 u. s. w. zu sehen ist. Ihre Zellen werden nach der äufsern Seite länglicher und schmaler (S. fig. 27). Aus der Betrachtung der sehr jungen Knospen (z.B. fig. 16^, 21c und e, 2b c und d u. s. w.) geht hervor, dafs die Spalte von aufsen nach innen entsteht, sie urafafst nämlich die erwähnten Knospen nur bis zur Hälfte oder f , die analoge dagegen (fig. 21, 22, 23 h u. s. w.) gänzlich. c) Knospenbildung. In der Spalte liegen die jungen Knospen und zwar hin- ter, aber zugleich auch neben einander. Die eben emporge- stiegenen einfachen Blättchen (Winterknospen) zeigen deren zwei von sehr verschiedener Gröfse (S. fig. 16«^ und ö^). welche beide wieder eine ganz kleine enthalten (S. fig. 16 & und c). So wie die gröfsere sich etwas weiter entwickelt hat, bemerkt man eine dritte (S. fig. 17, 18, 19 a*) und bei völliger Aus- bildung jener manchmal eine vierte, vorzüglich an solchen Pflänz- chen, wo die beiden Blättchen beinahe von gleicher Gröfse sind (S. fig. 22, 24, 25«^), Der Spröfsling hat in die- sem Falle nur zwei', wovon oft allein das gröfsere eine junge Knospe zeigt (fig. 21, 22, 23 e) bisweilen enthalten aber beide eine solche (S. fig. 26 e und f.). Die Betrachtung der Abbil- dungen, wo die analogen Knospen und Blättchen immer mit den nämlichen Buchstaben bezeichnet sind, wird die Entwicke- lung und gegenseitige Lage der Knospen deutlicher darthun, als wir es hier beschreiben können. Das Mutterblättchen ist mit a bezeichnet, die erste Knospe (nachher das jüngere Blätt- chen) mit a *, die folgenden mit ö ^, « *, « ^ ; die kleine Knospe, (gleichfalls die zweite Generation) von a ^ mit &, die folgende mit 6^; die von a^ mit c, von a* mit d; die von h und h^ (dritte Generation) mit e und/. An dem Mutterblättchen sind die Knospen vermittelst eines Stieles angeheftet, welcher aus langgestreckten Zellen be- 159 steht (S. fig, 20, 26 u. s. w.) Bei dor Trennung löfst sich der Spröfsling vom Stiele, welcher in der Spalte des Mutterblätt- chens zurückbleibt, und an jenem die oben beschriebene Narbe hinterläfst. An vielen zur Trennung reifen Individuen war schon die Stelle angedeutet, wo das jüngere sich ablösen würde (S. fig. 20 und 21). Dieser Stiel ist manchmal so be- schaffen, dafs man ihn für eine kleine rudimentäre Wurzel halten möchte (S. fig. 20* 29, 30 und 31), wie ich selber bei der Beobachtung der abgebildeten Exemplare dieser Meinung zugethan war. Aufser der wirklich täuschenden Aehnlichkeit in der Form, kommt noch dazu, dafs grade an solchen Pflänz- chen, wo die Knospe a* nur wenig ausgebildet ist, derglei- chen sich zeigen. Es wird nämlich hierdurch viel Raum in der Spalte irbrig gelassen, und also gleichsam Gelegenheit zur Entwickelung eines Würzelchens gegeben. Anderseits läfst sich nicht läugnen', dafs das abgelöste Ende sich leicht ia eine Spitze zusammenziehen und so zur Verwechselung ver- anlassen kann. Damit ich zur Gewifsheit über diesen Punkt kommen möchte, isolirte ich mehrere Winterknospen, um sie zu untersuchen, sobald das jüngere Blättchen dem Zeitpunkt des Ablösens sehr nahe sein sollte; würde sich dann an den noch vereinigten Blättchen das erwähnte Organ zeigen, so blieb kein Zweifel übrig, dafs es ein Wurzelchen sei, da sich noch kein Blättchen abgelöst hatte und mithin kein Stiel zu- rückbleiben konnte. Von einigen dreifsig, die ich untersuchte, bot aber kein einziges das in Rede stehende Organ dar, hatte sich während der Manipulation der Spröfsling vom Mutterpflänzchen getrennt, so fand sich in diesem der Stiel. Auch die Untersuchung solcher Individuen, welche ihre Knospe a^ bis zur völligen Entwickelung gebracht hatten, gab mir kein anderes Resultat. Bei vielen zeigte sich der Stiel von «^, bei anderen war er entweder schon verschwunden, oder durch den Schnitt verloren gegangen; ja einige Exemplare, wo ich mit Bestimmtheit wufste, dafs «^ und a^ sich vom Mutter- pflänzchen a schon getrennt hatten, boten deren alle Stiele dar (S. fig. 32 und 33 p«^ und pa^). Mit einem Worte bei allen Pflänzchen, an welchen ich das erwähnte Organ beob- achtete, war die Möglichkeit da, dafs es der Stiel des vorigen Spröfslinges wäre. Bei den mehrsten Durchschnitten suchte 160 ich es vergebens und überhaupt fand es sich nur an gepaarten Blattchen von fast gleicher Gröfse. In dieser Ungewifsheit scheint es mir sicherer, das Organ für den zurückgebliebenen Stiel des vorhergehenden Blättchens zu halten, der nach der Trennung bald früher, bald später verschwindet und bisweilen bei der Verwelkung ein wurzelähnliches Ansehen bekommt. 5. Horizontaler Durchschnitt (S. fig.34und35) Dieser ist bei weitem nicht so lehrreich als der vertikale, weil bei der schrägen Lage der Knospen, der [Schnitt nur durch einen Theil derselben geführt werden kann , die eine Knospe daher vom Stiele abgelöst, die andere gar nicht be- rührt wird. Die nähere Auseinandersetzung, so wie überhaupt mehreres, was bei den Durchschnitten zu bemerken ist, findet sich in der Erklärung der Abbildungen. 6. Blattnerven und Gefäfse. Bis jetzt habe ich keine Blattnerven in der obern Blatt- seite finden können, so wie auch keine Spiral- oder sonstige Gefäfse. Bekanntlich ist es noch nicht so sehr lange her, dafs man den Lemnen die Spiralgefäfse gänzlich absprach. Herr Treviranus entdeckte sie in den Wurzeln von polyr- rhiza,*^ nachher nahmen viele Beobachter sie wahr, sowohl bei dieser Art, als bei minore gihha und trisulca. Aus diesem dritten Abschnitte können wir einige schla- gende Beweise für den specifischen Charakter der L. arrhiza ziehen, insbesondere würde hier aufzuzählen sein. 1) Die Gestalt und Gröfse der Spaltöffnungen; 2) die nicht geschlängelte oder gekräuselte Form der Epidermis -Zellen; 3) die eigenthümliche Lage und Entwicklung der Knos- pen und *) Aus Leeuwcnhoeck's Abbildung eines horizontalen Durch- schnitts von einer Wurzel von polyrrhiza (Philos. Tra?is. 1703 voF. XXIJI. f. S h — r) in den Worten ^Jti wh'ch roots were to he seen^ tJie vessels with their divisions thro the length of tlie ivhole root"' Ibid. p. 1305 geht hervor, dafs er die vSpiralgefäfse zwar gesehen, aber nicht JM gehörig aufgefafst hat. Sonst enthält seine Abhandlung (p. 1304 — " 1311) so wie die eines ungenannten Land -Edelmannes (Ibid. p. 1494 bis 1501) viele trefüiche Beobachtungen über L. imlyrrhixa, gihha und minor. 161 4) die convexe Gestalt des Pflanzcliens. In Bezug auf die convexe Gestalt mufs ich hier noch be- merken, dafs dieselbe sich schon in der ersten Entwickehing 2eigt; — wodurch L. arrliiza sich wesentlich von L. glhha unterscheidet, bei welcher die untere Blattseite Anfangs ganz flach ist, und sich erst später in einen aus Luftbehältern zu- sammengesetzten NYulst ausbildet. Weiterer Betrachtungen über die eigenthümliche Gestalt des Pflänzchens und Vergleicliungen desselben mit anderen Gewächsen enthalte ich mich hier um so mehr, als es leicht möglich sein könnte, dafs, wenn die Pflanze irgend einmal blü- hend gefunden wird , sich ebenso wie bei L. trisuica noch bedeutende Modificationen darthun möchten. Berlin im Juli 1839. Nachschrift, den 5tpn Februar 1840. Dr. Schieiden in Jena theilte mir im October vorigen Jahres eine Stelle aus Roxburgh Flora Indica III. p. 565 mit, welche ohne Zweifel auf Lemna arrhiza Bezug hat, in- dem die Beschreibung genau auf die Michelische und meine Beschreibung pafst. Zum bequemeren Vergleich nehme ich sie hier herüber: „L. glohosa R. Single, glohular, root- lefs, minutey oiie, or cd most two together singly aboiit tlie size of a grain of sand. With L. oihiculata (polyr- rhiza L,) found in very great abundance on hajics and pools of stagnant water in Bengal forming a compact green scum over the surface. Erklärung der Abbildungen. 1) Einfache und gepaarte Blättchen von Lemna arrhiza in natürlicher Gröfse. 2) Einige Exemplare 5mal vergröfsert. a. kleine einfache; .^^\Qi\ h. grofse einfache; /^^^^^ — c. kleine gepaarte; /^"^/^^^'^ ' d. grolse gepaarte. / *j^ -«^j^^ .3) Ein Pflänzchen «, woran sich n^ entwickelt Iia^Devor a"^ zur Trennung vollkommen ausgebildet war. VN'iegm. Archiv. VI. Jahrg. 1. Band. 11 162 4) Gepaartes Pflanzchcn, woran das Miitterbrattchen a mit dem Sprölsling a^, bei der Entwickelung ilirer Knospen a^ und h, durch zufallige Umstände, vereinigt blieb. Die entgegenge- setzte Richtung in welche a^ und b sich ausbilden, ist durch Pfeilchen angedeutet. (Beide Figuren 3 und 4 sind aus der Tafel I zu der holläu- dischen Schrift entlehnt.) 5) Epidermis der oberen Blattselte von La. arrhha nach 230 maliger Vergröfserung. 6) Dieselbe von L. polyrrJiizcv\ 7) - - L. gibba l Ebenfalls 230mal vergröfsert 8) - -Li. minor J 9) Einzelne Spaltöffnungen mit ihren Hautdrüsen, a. von L. a. 3S0mal vergröfsert b. dieselbe 680mal, c. eine ungemein weit geöffnete 6S0mal; d. und e. von L. g. jene 380- diese 680nial vergröfsert, y. und g. desgleichen von L. m.; h — n. von Li. p., erstere 380- die übrigen 680 mal ver- gröfsert. 10) Epidermis der untern Blattseite von Li. arrhiza 230 mal. 11) Stückchen Epidermis einer Winterknospe, mit der Oeff- nung der Spalte, der darin liegenden jungen Knospe a^ und der Narbe n des Stiels, welcher früher die Winterknospe am Mutterblättchen verband, 150 mal vergröfsert. 12) Dasselbe eines zur Trennung reifen Blättchens «^ mit der jungen Knospe b und der Narbe n 150mal. 13) Oeffnung der Spalte des mit obigen Blättchen a"^ zu einem Exemplare vereinigten Blätlchen «, bei 80 maliger Ver- gröfserung von oben betrachtet. Die Knospe a"^ liegt etwas ver- tieft in der Spalte, und zeigt in c ihre eigene junge Knospe; n Narbe. 14) Kreise, welche die relative Gröfse der gennaten Oeffnun- gen vorstellen; 1) vom Mutteiblättchen «, 2) vom Sprölsling a* 1,5) Yerticaler Durchschnitt einer noch untergetauchten Win- terknospe a\ «^ ihre junge Knospe 80 mal. 16) Letztere mit der folgenden «^ aus der Spalte heraus- genommen und nach 180maliger Vergröfserung dargestellt. Beide zeigen ihre jungen Knospen b und c. 17) Verticaler Durchschnitt einer emporgestiegenen ^Vlnter- knospe 80nial. Dieser Schnitt ist mitten durch ein Scheibchen geführt, welches ich erhielt nachdem ich beide Seiten der con- vexen unteren Blattselte weggenommen hatte, 18) Die Knospe aus der Spalte genonnnen von der enlge- gengesetzten Seite betrachtet 80mal. 19) l'^In Thell dieser Knospe 230mal vergröfsert. 20) Verticaler Durchschnitt eines völlig ausgebildeten Pfläuz- chens; p ist wahrscheinlich «<,'-. 403 Tab. VII /ig: A. 1 — 4.) als Protococcus viridis beschrieben und abgebildet habe; man hat es oft für Brutzellen der Flechten gehalten und Turpin belegte es im .Tahro 1828 mit dem Namen lleterocarpella qtiadrijuga. **) Die Infu^iionsthiercheu u. s. w. pag. 110, 169 Dicht selten, 3, 4, 5, 6 und noch mehr derselben darin zu sehen; bei Enchelis Pulvisculus sind diese jungen Kugeln schön grün gefärbt und die einscldiefsende Hülle besteht aus einer zarten und ungefärbten Haut, welche später verschwin- det. Sehr oft sieht man schon an diesen jungen Kugeln das rothe Pünktchen und dieses giebt dann immer ein gutes Zei- chen um diese Gebilde von einigen kleinen Nostochineen zu unterscheiden. Herr Martins sah nun zwar niemals an den grünen Kugeln des gefärbten Schnees kleinere Kugeln auftre- ten, aber er kam doch zu dem Resultate, dafs der grüne und der rothe Schnee durch ein und dieselbe Pflanze (wofür er die Bläschen hielt) in verschiedenen Zuständen der Entwicke- lung gebildet werde. Diese kugelförmigen ruhenden Thierchen sind es, welche oft in undaublicher Anzahl auftreten und in einen Schleim gehüllt mehr oder weniger dicke Häute bilden, womit nicht selten der ganze Boden flacher stehender Gewässer, besonders der Gräben u. s. w. bedeckt ist. Solche grüne Häute halten sich zuweilen sowohl in der freien Natur, als im Zimmer meh- rere Monate hindurch, und nur dann und wann gehen einzelne der j];rünen Kugeln wieder in den, sich frei bewegenden Zu- stand über; sie strecken sich, zeigen den Rüssel u. s. w. Im Verhältnisse zu der unendlich grofsen Anzahl von einzelnen, alten und jungen Individuen, gehen aus diesen, sich ganz pflanzlich verhaltenden Massen nur wenige sich frei bewegende Thierchen hervor. Schon Herr Agardh hat im Jahre 1823 an dem rothen Schnee gesehen, dafs die Kügelchen, welche man für Pflanzen hielt, zuweilen wieder in Thierchen über- gingen; und das Verhalten der Encheliden im beweglichen und im ruhenden Zustande ist überhaupt die Ursache, dafs so viele Naturforscher von einer Umwandlung der kleinen Infusorien in Pflänzchen gelehrt haben. Man müfste diese ku- gelrunden, ruhenden Encheliden auch wahrlich für Pflanzen ansehen, wenn sich nicht dann und wann einzelne derselben zu bewegen anfingen und man nicht ihren Ursprung beobach- tet hat. Wenn sich die Thierchen zusammenziehen, so wird der Rüssel seitlich gelegt, aber nur in der ersten Zeit ist er noch zu bemerken. Uebrigens liegt in diesem ruhenden Zu- stande der Encheliden und der seltenen Vermehrunsr dersel- 170 ben auf diese Weise noch etwas sehr Geheimnifsvolles, was wohl durch vervielfältigte Beobachtungen zu lösen sein wird. Es fragt sich nur noch, ob Enchdis Pulvisculus und En- chelis sanguinca, welche den Schnee bald grün, bald roth färben, ein und dasselbe Infusorium sind. Herr Ehren- berg hat zwar beide durch Beschreibung wie durch Abbil- dungen als verschiedene Species characterisirt, bei den rothen Thieren sah er auch viele körnige Kugeln im Innern auftre- ten, aus deren Abbildung aber hervorgeht, dafs sie mit den von mir bei dem grünen Thiere beobachteten jungen Kugeln einerlei sind. Herr Ehrenberg selbst hält sie irrthiiudich für mit farbigen, erst grünen, dann rothwerdenden Eyern dicht umhüllte Magenzellen. Zwar sah derselbe, dafs die rothen Thiere gröfser waren, als die grünen, aber schon Herr Mar- tins sah die rothen Bläschen des gefärbten Schnee's von sehr verschiedener Gröfse und ich selbst habe sehr oft einzelne Individuen von Eiichelis Pulvisculus gefunden, welche sehr bedeutend gröfser waren, als die gewöhnlichen und eben so grofs als die rothen Thierchen zuweilen sind, weshalb wohl die Gröfse kein Unterschiedsmerkmal sein kann. Herr Ehren- berg selbst erzählt von den rothen Encheliden, dafs manche noch ganz grün sind, während andere lialbroth und halbgrün oder gefleckt erscheinen, und dieses möchte mit der beste Beweis sein, dafs diese so verschieden gefärbten Infusorien einer und derselben Species angehören. Ich selbst konnte das rothe Thier von dem grünen nicht unterscheiden, wenn Individuen von gleicher Gröfse mit einander verglichen wur- den. Wir haben nun zwar noch keine Erklärung, dafs die rothe Farbe in eine grüne oder umgekehrt die grüne in eine rothe übergehen kann, aber wir wissen doch, dafs dieses bei den Algen gar nicht so selten erfolgt, ohne dafs dadurch die Species verändert wird; freilich hat es auch bei den Algen i nicht an Botanikern gefehlt, welche ein und dieselbe Conferve im rothen wie im grünen Zustande als verschiedene Arten beschrieben haben. Auch Herr Turpin*) hat in einer neuen Abhandlung *) Quelques observations nouvelles sur Ics Protococcus, qui 00- lorent en rouge les eaux des marais salants. — Comptes rendus de 18. Nov. p. ^2ö. 171 die grüne und rothe Färbung des Wassers, des Schnees, der Erde, der Hölzer, der Marmorstatuen u. s. w. von grünen yiid rothen Protococcus -Bläschen abgeleitet, welche nach ihm noch immer wahre Pflanzen sind, aber er hat sie offenbar nur in dem ruhenden Zustande beobachtet. lieber eine neue Art dei' Gattung Deüephüa, Von M. A. Mutz eil. (Hiezu Taf. VIII. Fig. 1.) Die Erfahrung hat gelehrt, dafs so eifrig und aufmerksam auch die Entomologie in den verschiedepen Gebieten betrie- ben wird, dennoch alljährlich neue Arten aufgefunden werden. Seltener kam dies bei gröfseren Schmetterlingen vor und am seltensten in der nächsten Umgebung der Hauptstädte des nördlichen Europas. Um so auffallender mufs es erscheinen, dafs in der nächsten Umgegend von Berlin eine neue Art aus dem Genus Deilephila — welches nur grofse und auf- fallende Schmetterlinge enthält — aufgefunden worden ist; in der Umgegend einer Stadt, deren Mauern so viele Entomolo- gen und Sammler einschliefsen, bei einer Stadt, wo jedes Fleckchen Grün, — welches wie eine Steppe inmitten des vielen Sandes zu liegen scheint — von so vielen Sammlern den Sommer über besucht und durchforscht wird! Zu Ende des Augusts wurden im Jahre 1838 auf der EiipJiorhia Cyparissias drei Raupen gefunden, an denen es auffiel, dafs sie diese Pflanzen frafsen, da sie doch das ganze Ansehen von denen des D. Galii zu haben schienen , die sonst keine andere Nahrungspflanze, als das Galium t^eruni haben. Man hatte weder Beschreibung, noch Abbildung ge- 172 macht, noch eine der Ranpen ausgehlasen, als sie sich ver- puppten, und im Juni dieses Jahres zog man aus zweien der- selben männliche Schmetterlinge*), die man mir zeigte und die ich auf den ersten Blick weder für 1). Galii noch für D. EupJiorhiae erklärte, sondern für eine neue Art, oder für Bastarde aus der Begattnng beider genannten Arten hielt. Weil nun aber Bastarde durch Fortpflanzung sich nicht wieder zu erzeugen pflegen, dieselben Raupen aber im jüngst ver- flossenen September, zum Theil von mir selbst, in grofser Anzahl wieder aufgefunden wurden, so hielt ich es nicht für zu gewagt dieselben, wegen dieses Wiedererscheinens, bei charakteristisch hervortretenden Unterscheidungsmerkmalen für Raupen einer neuen Art zu erklären, welche ich mit dem Namen Phileuphorhia belegte. Da diese zwischen beiden oben genannten Arten in der Mitte steht, die Beschreibung aber vergleichend am bestimmtesten und kürzesten wird, darf ich die Bekanntschaft jener wohl allgemein voraussetzen. Beschreibung. „Die Raupe**) ist in der vorletzten Häutung hell- grün mit einem schwach hervortretenden gelben Flecken auf jedem Ringe zu beiden Seiten des dunkleren Rückenstreifs. Das Ilorn ist hellroth, an der Spitze schwarz. In der letzten Häutung ist ihre Grundfarbe hell olivengrün, nach dem Bauch zu fleischfarbig oder röthlich; zu beiden Seiten eines feinen gelbgrünen Rückenstreifs und ziemlich nahe demselben stehen zehn — auf den ersteren Gliedern ganz kleine, auf den hin- teren gröfsere — gelbe, in der Mitte gröfstenthentheils mit einem ziegelrothen Wisch versehenen Flecken auf schwarzem Grunde; auf jedem Ringe steht nach dem Bauche zu ein schwärzlicher Fleck ; in den Seiten, bis zu den gelben Flecken und zwischen denselben ist sie mit feinen rothgelben Punkten besetzt, die zuweilen sehr sparsam vorhanden und dann ge- *) Den einen davon besitzt dasKönigl. Museum, der andere steckt in mehior Sammhnig. **) Dieselbe Raupe hat Füssli in seinem N. IMagazin im 2ten Bande, St. 1., Seite 70. und Ochsenheinier im 2ten Bande, Seite 220. seiner NVerke beschrieben. Die erwähnte Raupe starb aber vor der Verwandlung, 173 wöhnlfch heller sind; Kopf und Hörn sind roth; ersterer um das Maul schwarz und hinter demselben steht ein rothes Nackenschild; Brust-, Bauch- und Afterfüfse sind schwarz mit rothen Flecken. Die Länge der Gröfsten betrug nahe an drei Zoll.'' „Die Puppe, deren Flügelscheiden dunkler sind, als der übrige Körper ist kaffeebraun mit schwärzlichen Strichen und Punkten. Alle, die ich sah, errreichten nur die Gröfse einer mittelmäfsigen D. Eiiphorhiae. „Des Schmetterlings Oberseite ist ähnlich der der D. Euphorhiae , die Grundfarbe der Vorderflügel aber mehr graugrün; zwischen dem Flecken an der Wurzel und dem in der Mitte am Vorderrande steht noch ein kleiner dritter, so dafs sich eine deutliche Binde in der Mitte des Flügels her- ausstellt, welche blafsgelb, unten und an der Spitze grüngrau von Farbe ist; der Thorax ist vor den weifsen Härchen schwarz begrenzt; die Fühhler sind grüngrau, an der Spitze weifslich. Die Rückseite ist ähnlicher der der D* Galii, alle Begren- zungen aber sind unbestimmter, alle Farbentöne heller und mit einer schmutzigen Fleischfarbe gemischt und die gelbliche Binde im Vorderflügel ist weniger durchscheinend." D. Phileuphorhia unterscheidet sich auf den ersten Blick von Galii auf der Oberseite durch den Mangel der weifsen Punkte längs der Mitte des Hinterleibes, und von Euphorhiae durch die graugrünen Fühler, die bei der letzteren immer weifs sind. Diagnosen. Dell. Galii. Alis anticis vlrescentibus vitta alblda; posticis nigris, fascia pallida, rubromaculata; thorace nigrofinito ciliis albis; antennis fuscis apice albis, corpore aibipunctato; parte aversa virescente. Larva caudata virescens nitida, punctls utrlnque decem ocel- larlbus, ano sanguineo. Piipa brunnea. Deil. Euphorhiae. Alis anticis vlrescentibus, vitta lata, llvida maculaque disci virescente: poslicls fascia marglneque exteriore rubris ; thorace fusco ciliis albis, antennis niveis: parte aversa rubra vel rubescente. Larva caudata, nigra, llavopunctata, linea dorsali sanguinea, laterali punctisque flavicantibus. Pupa brunnea. 174 Deih PJuleupJiorhia» Alis anticis virescentibus, vitta palllda pellucente: posticis nigrfs fascia rubella, rnhromaculata; tnorace nigro terminato clllls albls; antennis viridl-fuscis apice albis: parte aversa pene subrubricunda. Larva caudata virescens punctis pallldls utrinque decem ocel- laribiis capite cornuque rubro, llnea dorsal! lutea» Pupa brunnea sligmatibus nigris et fuscis. Diagnosen der neuen 3Iäuse5 welche auf Darwin's Reise entdeckt wurden. Von . G. R. Waterhouse. ]\Ius iumidus. M. brunneus, iilgro lavatus, rostro ad apicem, lablis, niento, gula, pectore, abdomlneque albis, naso supra ni- grescente; myslacibiis atris; capite magno; auribus medlocribus rotundatis, pllls nigris et griseis interniixtis, vestilis; corpore crasso; cauda capite corporeque breviore, pilis nigricantibus, subtiis albescentibiis prope basin, vestita ; artubus pedibusqne grisescentibus; vellere longo, molli; pills dorsi ochraceo annu- lalis apicibus nigris; pllls latcrum apicibus fuscescentl-griseis; pilis Omnibus ad basin plumbeis; unguibus longis. unc. lin. Longitudo ab apice rostrl ad caudae basin » . 6 9 caudae 5 4 - - ab apice rostri ad marginem oculi 0 9 - - ab apice rostri ad basin auris ... 18 tarsi digltorumque 1 6 auris . . , »...».... 0 7 Hab. Maldonado. Mus nasutus. M. supra obscure flavescenti-fuscus, ad latera fulvescens; subtus obscure fulvo tinctus: pedibus pilis obscure fuscis tectis; unguibus longis; auribus medlocribus; cauda cor- pore breviore, supra fusca, subtus sordide alba: rhinario pro- ducto: vellere longo et molli. unc. lin. Longitudo ab apice rostri usque ad caudae basin 5 2 caudae 2 8 - - ab apice rostri ad marginem oculi 0 7^ - - ab apice rostri ad basin auris ... 13 tarsi digltorumque 1 0^ auris 0 5 Hab. Maldonado. 175 Mus obscnrus, M. siipra fusco-nigrescens, subtiis flavescens; Eedibus obscure fuscis; iinguibus longliisculis; auribiis medlocri- iis; caiida corpore breviore, siipra nigrescente, subtus sordide alba: vellere mediocrl, molli. unc. lin. Longitudo ab api'ce rostri usqiie ad caiidae basln 5 3 caudae 2 7 - - ab apice rostri ad marginem oculi 0 6 - - ab apice rostri ad basin auris ... 1 2.|- tarsi digitorumque 0 lly auris 0 4 Hab. Maldonado. JMus longipUis. M. supra obscure griseus, flavo lavatus; subtus griseus; pedibus fuscis, iinguibus longlusculis, auribus mediocribus; cauda corpore breviore, supra nigrescente, subtus fuscescente; rhinarlo sub-producto: vellere longissimo, molli. unc. lin. Longitudo ab apice rostri usque ad caudae basin 5 4 caudae 3 1 - - ab apice rostri ad marginem oculi 0 6y - - ab apice rostri ad basin auris ... 12 tarsi digitorumque 1 0^ auris 0 6^ Hab. Coquimbo. Blus oliunceus. M. corpore supra subollvaceo, subtus cine- rascente; auribus mediocribus, rotundatis, pilis parvulis fusces- centibus obsitis; cauda corpore breviore, pilosa, at squamas ostendente, supra fusca subtus albescente; pedibus pilis fusces- centlbus tectis. unc. lin. Longitudo ab apice rostri usque adcaudaebasin 5 1 caudae 2 8 - - ab apice rostri ad marginem oculi 0 6 - - ab apice rostri ad basin auris ... 12 tarsi digitorumque 0 11 auris 0 5 Latitudo auris 0 5^ Hujus speciel pili corporis omnes longl sunt, laxi , molles- que, plumbeo colore, sed In dorso ad apicem ilavescente; ab- domlne, albescentes; pIII longiores dorsales apicem versus ni- gricantes, cinerascentes desinunnt: mystaces pilos tenues osten- dunt cinereo colore, sed ad basin nigrescentes. Hab. Valparaiso. 31us jnicropus. M. supra cinerascenti-fuscus flavo lavatus; subtus obscure flavo tinctus, pedibus pilis sordide albis tectis, antipedibus parvulis; auribus mediocribus; cauda, qnoad longl- tudinem, corpus fere aequante, supra fusca, subtus sordide alba. unc. lin. Longitudo ab apice rostri usque ad caudae basin 6 0 caudae 3 8 - - ab apice rostri ad marginem ocnli 0 7^ 176 unc. lin. Longitudo ab apicc rostri ad basin aiiris ... 14 larsl (llgltoramque 1 OJ auris 0 6 Hab. Santa Cruz. Mus hrachyolis. M. siipra obscure fusciis, subtiis obsciire griseo llnctiis; pedibus griseo-fuscis; auribus parviilis; cauda, quoad longitudineni, corpus fere aequanle: vellere longo et molli. unc. lin. Longitudo ab apice rostri iisque ad caudae basin 4 9 caudae 2 8 ab apice rostri ad marginem oculi 0 6^ _ - ab apice rostri ad basia auris ... 12 tarsi digitorumque 0 11 auris 0 3 Hab. in insula parvula apud Midship Bay, Chonos Archipelago, Mus ccaniliorhinus. M. supra griseus, subtus albus, rblnario flavo; auribus parvulis, intus pilis flavis obsitis; myslaclbus lon- gis, canis, ad basin nigrescentibus: cauda corpore breviore, supra fusca, ad latera flavescente, subtus sordide alba: pedibus anticis tarsisque flavis, digltis albis: vellere longo, molli. unc. lin. Longitudo ab apice rostri ad caudae basin . . 4 0 caudae 2 0 - - ab apice rostri ad marginem oculi 0 b\ - - ab apice rostri ad basin auris ... 1 OJ tarsi digitorumque 0 9 auris 0 3| Statura mure musculo paulo major. Hab. Santa Cruz. Mus cnnescens, M. supra canescens, subtus albus palllde flavo lavatus; oculis flavido cinctis; auribus parvulis, pilis palllde flavis et plumbeis obsitis; mystacibus medlocribus, canis, ad basiii nigricantibus; cauda vix corpore breviore, supra fusco-nigra, 5ublus sordide alba; pedibus canescentibus; vellere medlocri, molli, supra pilis palllde et sordide flavis, nonnullis cinerascen- tibus intermixtis. unc. lin. Longitudo ab apice rostri ad caudae basin . . 3 4 caudae • 2 10 - - ab apice rostri ad marginem oculi 0 5^ - - ab apice rostri ad basin auris ... 0 llj tarsi digitorumque 0 9 auris 0 34 Slnlura muri musculo appropinquat. Hab. Porl. J)eslre. Mus aremcola. M. supra fuscus, subtus clnerascentl-albus, palllde llavo iluctus; auribus medlocribus rolundatls, [)llls ilavis, fuscisque obsitis: cauda quod ad longitudineni pertlnet corpus arquantr, pilis subveslila, squamisque apparenlibus, supra fusca, iiifia albcscentcj pedibus obscure albis. Vellere longo, molli; 177 pllis ad bases plumbeis, illis capitis, dorsi, laterumquc apicem versus sordide flavo et fusco-nigrescente variegatls; mento, gula, pectore, abdomiiieque, pilis ad apicem flavo-albidis; mystacibus plenis, brevibus tenerrimis ad basin fuscescentibus, ad apicem grisescenti-albis. unc. lin. Longitudo ab apice rostri usque ad caudae basin 4 3 caudae 2 9 - - ab apice rostri ad marginem oculi 0 5^ - - ab apice rostri ad basin auris ... 10 tarsi digitorumque 0 10 auris 0 4^ Hab. Maldonado. Mus bimaculaius. M. vellere pallide ochraceo, pilis nigri- cantibus adsperso, bis ad latcra rarioribus; rostri lateribus, nota magna pone aurem iitramque, corporeque subtus niveis: mysta- cibus albis, ad basin nigrescentibus; auribus majusculis, pib's fla- vis atque albis intermixtis obsitis: cauda , quoad longitudineni, corpus fere aequante, carnea, pilis albis brevissimis obsita; artu- bus albis; pedibus pilis albis sparsim tectis; tarsis ad calcem pi- lis argenteo-candidis obsitis. unc. lin. Longitudo ab apice rostri usque ad caudae basin .3 1 caudae 1 11 - - ab apice rostri ad marginem oculi 0 4^ - - ab apice rostri ad basin auris ... 0 84 tarsi digitorumque 0 8 auris 0 42" Haec species mure musculo minor; auribus paululum gran- dioribus ratione ad totam magnitudinem habita; pili gulae, pec- toris abdominisque albi sunt usque ad radices. Hab. Maldonado. Mus eJegans. M. supra flavus, vellere pilis fuscescentibus adsperso, bis ad latera et prope oculos, rarioribus: pilis pone aurem utramque, lablis, corpore subtus, pedibusque niveis: auri- bus magnis, intus pilis flavis, externe, ad partem anteriorem fus- cis obsitis: mystacibus nigrescentibus, ad apicem albescentibus; cauda capite corporeque paulo longiore, pilis albis, supra fu- scescentibus, obsita : tarsis longis, ad calcem pilis albis tectis. unc. lin, Longitudo ab apice rostri usque ad caudae basin .3 7 caudae 3 9 - - ab apice rostri ad marginem oculi 0 6 ' - - ab apice rostri ad basin auris ... 10 tarsi digitorumque 0 10 auris 0 6 Haec species statura muri musculo appropinquat. Yellus in gula usque ad radicem album, in abdomine pallide cinereum ad basin. Hab. Babia Bianca. Mus graciUpes. M. supra fuscus flavo -lavatus; hoc colore Wicgm. Archiv. VI. Jahrg. 1. Band. 12 . 178 apiid latcra et in artubiis lactlore; pilis pone aurcm utramque, labiis, corporeqiie subtus, albls: pedibus parvulis, graclllbus, car- neis supra et ad calcem pills albis tectis: cauda gracili, carnea, pilis albis instructa: auribus majusculis, pilis flavescentibus obsi- tis: vellere mediocn et molll, pilis omnibus ad basin plumbeis: mystacibus nigrescentibus ad apicem albescentibus; nonnullis omnino albis. unc. lin. Longitudp ab apice rostri usque adcaiidaebasin 2 10 caudae 1 7 - - ab apice rostri ad marginem oculi 0 4^ - - ab apice rostri ad basin auris ... 08^ tarsi digitorumque 0 67 auris 0 4^ Hab. Bahia Bianca. IMus ßavescens. M. supra colore cinnamomeo, lateribus ca- pitis, corporisque, aeque ac pectore, auratis ; gula abdomineque Ilavescenti- albis: pedibus albis: auribus mediocribus rotundatls, pilis flavis obsitis; illis ad marginem superiorem extrinsecus in- intense fuscis; cauda corpore capiteque longiore, gracili, supra fusca, subtus sordide alba. unc. lin. Longitudo ab apice rostri ad caudae basin . . 3 9 caudae 4 1^ - - ab apice rostri ad marginem oculi 0 5^ - - ab apice rostri ad basin auris ... 10 tarsl digitorumque 1 OV auris . . , 0 4^ Hab. Maldonado. IMus hrevirosiris. M. supra fuscus fulvo lavatus; ad later; flavescens, subtus sordide ocbraceus; auribus magnis, pilis indi stincte obsitis, illis internis auratis; cauda capilcm corpusqui fere aequante, pilis parce tecta; supra obscure fusca, subtus pal lide fusca; pedibus fuscescentibus, digltis albicantibus; mystaci bus fusco-nigris : vellere brevi, molli; capite parvulo, brevi. unc. lin. Longitudo ab apice rostri ad caudae basin . . 3 2 caudae 2 9 - - ab apice rostri ad marginem oculi 0 Z\ - - ab apice rostri ad basin auris ... 07 tarsi digitorumque 0 9 auris 0 4j Haec species muri musculo appropinquat; differt attamer capite minore (ratione ad magnitudinem habita), rostro breviore. ' tarsisque longioribus. Hab. Maldonado. Mus JMaurus. M. pilis subrigidls, supra purpurascenti-ni- grls, subtus fusco- plumbeis; capite fusco-nigro, rostro fusco auribus parvulls sordide albis, pilis minutissimis pallide fuscij obsitis: cauda corpus fere aequante, nigra, pilis sparse vesüiSi pedibus fuscis; mystacibus fusco-nigris, ad apicem grisescentibus 179 tmc. lln. Longltudo ab apice rostri usque ad caudae basin n 3 caiidae 7 ß - - ab apice rostri ad marginem oculi 1 0 - - ab apice rostri ad basiii aiiris ... 22 tarsi digitorumqiie 1 8 aiiris 0 6j Haec species colore muri ratto approplnquat, at purpuras- centi-fusco tincta. Quoad statiiram murem decumanum pergran- dem aequat; velliis quoad texturam fere est ut in mure decu- mano; et ad basin plumbeum; pilis albis in dorso laterlbusque intersparsis. Hab. Maldonado. Obwohl ich in der vorhergehenden Beschreibung den Gat- tungsnamen Mus beibehalten habe, so mufs ich doch bemer- ken, dafs sich die beschriebenen Arten natürlich in verschie- dene Unterabtheilungen bringen lassen, deren Charactere hin- reichend hervorstechend sind, nicht nur unter einander, son- dern auch zwischen jeder derselben und derjenigen, auf welche der Name Mus beschränkt werden mufs und als deren Typus die Hausmaus (Mus musculus) gelten kann. 1. Untergattung. Scapteromys (GnamriQ Gräber und i-LVQ). Der Schmelz an der Krone der Backenzähne tief eingekerbt; am vorderen Backenzahne des Unterkiefers bildet er zwei Falten an der äufseren, drei an der inneren Seite; am zweiten Backenzahne eine Falte an der Aufsenseite, zwei an der Innenseite; am hinteren eine an der Aufsen-, zwei an der Innenseite. Pelz lang und weich. Schwanz mittel- mäfsig, gut behaart. Nägel lang, nur schwach gekrümmt, zum Graben tauglich. Vorderfüfse mäfsig grofs. Daumen mit deut- lichem Nagel versehen» Ohren mittelmäfsig, wohl behaart: M. tumidus. 2. Untergattung. Oxymycterus (von o^vg und fivxTi'^Q). Die Schmelzfalten der Backenzähne dringen tief in den Zahn ein; der vordere Backzahn des Unterkiefers hat drei Falten an der Innenseite, zwei an der Aufsenseite; der zweite zwei an der Aufsen- und ebensoviel an der Innen- seite; der letzte eine Falte an beiden Seiten. Pelz lang, weich. Nägel lang, schwach gekrümmt, zum Graben tauglich; ein deutlicher Daumennagel. Schwanz kurz, mäfsig behaart. Nase sehr verlängert und spitz. Hieher: M. nasutus. 3. Untergattung. Ahrothrix (von aßQog weich 12* 180 und ^Qi^. Die Schmelzfalten dringen tief in die Seiten der Backenzähne ein; der vordere des Unterkiefers hat drei Fal- ten an der Innen- und zwei an der Aufsenseite; der zweite hat zwei an der Innenseite und eine an der Aufsenseite; der hintere hat eine an beiden Seiten. Pelz lang und weich. Schwanz kurz, gut behaart. Daumen mit einem kurzen ab- gerundeten Nagel. Ohren gut behaart. Hielier: 31. longipiUsj ohscurus, olivaceus, micropus, hrachyot'is ^ xanthorlünus^ canescens, arenicola. Im Habitus gleichen diese den Arvi- colen. 4. Untergattung. Calomys (von Dialog und (.tvg)* Pelz mittelmäfsig, weich. Tarsus unterhalb fast ganz behaart. Vorderer Backenzahn mit drei Schmelzfalten innen und zwei aufsen; der zweite mit zwei an beiden Seiten; der letzte mit einer auf beiden Seiten: M. himaculatus y elegans, graci- lipes. Mus mauriis und hrevirostris gehören zu Mus s. siv. Bei M, ßavescens weicht das Gebifs nur wenig von den ge- meinen Mäusen ab. (Fortsetzung folgt.) 181 Zoologische Beiiierkungen von Dr. A. P h i 1 i p p i. (Fortsetzung.) (Hiezu Tafel lU und IV.) l. Ciavag eil a halanorum Scacchi. (Taf. III. Fig. 1 — 6.) Gl. vagina adnata, ahhreviata , apertura simplici; valvis suhtriajigulanbus; libera tenui, rugosa, paruin convexa; spinis fistulosis irregularibus ahscondltis. Uahltat in cespitibus Balanorum ad costain Pausi- lypi prope Neapolin. Im December V. J. hat Herr Scacchi die höchst interes- sante Entdeckung dieser lebenden Art Clavagella gemacht, und der hiesigen K.Akademie mitgetheilt; da aber noch Jahre vergehen werden, bis die Verhandlungen dieser Akademie ge- druckt sind, so glaube ich den Zoologen durch eine ausführ- liche Mittheilung seiner Entdeckung einen Dienst zu leisten. Wir haben das Thier gemeinschaftlich untersucht, die Beob- achtung über die Bildung der dornartigen Röhren gehört aber Herrn Scacchi allein. Die Röhre ist kurz, höchstens 1^^ Zoll lang, sehr dünn- wandig und auf das Innigste mit den umgebenden Körpern (fast allemal Baianus halanoides) verwachsen; nur sehr sel- ten ragt sie 1 oder 2 Linien hervor. Sie ist zusammenge- drückt, mifst etwa 2^ Linien in der einen, i^ — 2'" in der an- dern Dimension; ihre obere Oeffnung ist einfach, nach unten endigt sie in eine im Allgemeinen birnförmige Erweiterung, in welcher die Muschel sitzt. Diese besteht aus einer freien und einer angewachsenen Schaale. Die freie Seh aale ist 182 die rechte, sie ist von einer imregelmäfsigen Gestalt, am Rük- kenrande oft concav und übertrifft selten eine Länge von 6 und eine Breite von 4 Linien. Sie ist dünn und sehr wenig gewölbt, so dafs zwischen beiden Schaalen auf der Bauchseite ein weiter Zwischenraum bleibt, den der dicke Mantel des Thieres versclüiefst. Die Anwachsstreifen sind sehr deut- lich, und, was sehr merkwürdig ist, sie gehen nicht dem Bauchrande, sondern dem vordem Rande parallel, so dafs der Anfangspunkt der Schaale sich an deren hintern Ende befin- det, und nicht an den Wirbeln, wie bei den übrigen Muscheln. Es scheint, dafs ein grofser Theil des Rückenrandes später wieder resorbirt wird. Hierdurch erscheinen die Wirbel zum Theil hakenförmig. Die linke, festgewachsene Schaale ist überaus dünn, sonst der andern gleich. Inwendig sind beide Schaalen so wie die Röhre perlmutterartig glänzend, daher Mantel- und Muskeleindrücke nur äufserst schwierig zu unterscheiden sind. Ein Schlofs fehlt gänzlich, selbst ein eigentliches knorpeliges Ligament fehlt; ich finde nur ein schwaches, faseriges, hornartiges Ligament vor, s. Fig. 4. b. Wo beide Schaalen im Rücken einander berühren, ist oft in der Röhre ein Vorsprung, so wie man awch in der Regel in derselben einen queren Vorsprung bemerkt, wo der Raum für die Schaale aufhört und die eigentliche Röhre anfängt. Die dornförmigen Röhren fehlen nicht; sie sind unregelmäfsig und werden von dem Thier nur da angebracht, wo es in der umgebenden Balanenmasse gerade einen freien Raum findet. Beim Ablösen des Gehäuses gehen sie meist verloren, so dafs selten eine andre Spur von ihnen übrig bleibt, als die punkt- förmigen Oefi'nungen im Innern der Schaale, wie ich sie auch in Fig. 2. e. angegeben habe. In einzelnen glücklichen Fäl- len sieht man sie jedoch sehr deutlich. Das Thier hat ganz die Gestalt eines Sackes, der vorn nur eine sehr kleine Spalte hat, aus welcher kaum die Spitze des sehr dünnen Fufses heraustreten kann. S. a in Fig. 1 und 4. Hinten verlängert sich der Mantel in zwei fast bis zur Spitze verwachsene Siphonen, die bis an das Ende der Röhre reichen. Der gemeinschaftliche Theil der Siphonen en- digt mit einem gefranzten Rande, und nun folgen noch zwei sehr kurze Röhren, von denen die untere, oder der Bronchial- 183 giphö, die weitere ist. Beide sind an ihrer Mündung mit ein- fachen Cirren besetzt, und karminroth, während das übrige Thier farblos ist. Zu bemerken ist noch, dafs die gemein- schaftliche Röhre vor ihrem Rande mit einer Menge Sand- körnchen besetzt ist, die sich nicht leicht von ihr lostrennen lassen. S. Fig. 3. — Fig. 4. zeigt das Thier, nachdem es eine Zeit in Spiritus gewesen, auf der rechten Schaale lie- gend. Man sieht jetzt deutlich die beiden Adduktoren, von denen der hintere rund und grofs, der vordere nierenförmig und klein ist. Schneidet man den Mantel in der Bauchlinie auf, so bemerkt man zuerst, dafs der Mantel in der Bauch- seite sehr dick und fleischig ist; hinten sieht man die starken Muskeln, welche die Siphonen zurückziehn; in der Mitte die halbkreisförmigen Kiemen, aus denen der kleine, schmale, wurmförmige Fufs (d in Fig. 5 und 6) hervorsieht, und über demselben jederseits zwei sehr lange, linealische, etwas gebo- gene appendices huccales, c. Jederseits ist nur eine Kieme vorhanden, die aber in der Nähe des Rückens fest- gewachsen ist und oberhalb der Nath noch einen schmalen Anhängsel hat, den man mit der zweiten Kieme vergleichen könnte, und der mit seinem freien Rande den vordem Schliefs- muskel halb umgiebt. Mit der hintern Hälfte sind die Kie- men beider Seiten in der Nath verwachsen. Sie sind stark und deutlich gestreift. Auffallend klein ist die zwischen den Kiemen frei hervorragende Masse der Eingeweide. S. Fig. 6, wo dieselbe besonders vorgestellt ist. Ueber die Bildung der dornförmigeu Röhren sagt Herr Scacchi in seiner in der hiesigen Akademie vorgelesenen Ab- handlung, die er mir im Manuskript mitgetheilt hat. Folgendes: «Rang ist der Meinung, dafs die dornförmigeu Röhren dazu dienten, einer Art Byssus, womit das Thier sich Im Grunde seiner Wohnung befestige, den Austritt zu verstatten; aber keine Beobachtung unterstützt eine solche Ansicht, und ich glaube mit Bestimmtheit sagen zu können, dafs die Cla- vagellen keinen Byssus besitzen ; es sieht auch jedermann leicht ein, wie unnütz ein solcher ihnen sein würde, da sie ja mit einer ihrer Schaalen unbeweglich festgewachsen sind. — Da sie in der Mitte der Seeeicheln leben, welche eine Gruppe leerer Zellen bilden, indem sie eine auf der andern fortwach- 184 sen, so mufs es nothwendig geschehn, dafs die Clavagelle beim Wachsen auf die Höhlen der sie umgebenden Balanen stöfst, wenn sie Alles ringsherum absorbirt oder zerstört, um ihre Wohnung geräumiger zu machen. Die Beobachtung hat mir nun gezeigt, dafs wenn sich neben dem Thier solche Höhlen öffnen, von dem grofsen Muskel, der die Ränder des Mantels vereinigt, einige fleischige Fäden ausgehn, welche sich dort- hin richten, wo die Höhle der Seeeichel geöffnet ist und kleine alkige Röhren bilden. Sie enden meist mit zwei kurzen Aesten, die sich zuletzt schliefsen; doch habe ich bisweilen bei einigen am Ende ein kleines Loch gefunden. Diese Röh- ren verhindern jedem fremden Körper den Zutritt, und ver- theilen sich wie die Wurzeln der Pflanzen, so dafs diejeni- gen, welche der innern Fläche der Balanen nahe kommen, an dieser sich befestigen; die andern bleiben entweder frei oder befestigen sich an Sand und anderen fremden Substanzen, die sie zufällig antreffen. Es scheint, dafs wenige Tage zur Bil- dung dieser Röhren hinreichend sind, da ich unter so vielen Individuen, die ich Gelegenheit gehabt habe lebendig zu un- tersuchen, nur zwei Mal das Vergnügen gehabt habe, das Thier mit den erwähnten fleischigen Fäden zu überraschen, welche in den Röhren steckten, die eben gebildet wurden, und einige andere Male habe ich einige dieser Fäden angetroffen, welche ihr Geschäft vollendet hatten, vertrocknet waren, und nun wie Fortsätze der Epidermis am grofsen Muskel des Man- tels hingen.« — Diese dornartigen Röhren dienen demThiere wohl zur Befestigung und sind daher bei den im Sand leben- den Arten, wie z, B, Ciavagella hacillaris war, am stärksten i entwickelt. I n. Das Genus Zoe ist der erste Zustand von Fagurus. (Fig. 7 und 8.) Kein Genus unter den Crustaceen ist vielleicht sonder- barer und hat mehr den Scharfsinn der Naturforscher in Be- ziehung auf die Stelle, die es im System einnehmen mufs, in Anspruch genommen, als das von Bosc entdeckte wunder- liche, von ihm Zoe genannte Thier, das äufserst wenige Na- ; turforscljcr nach ihm wieder gesehn haben. Er stellte es zwi- • sehen die IJriuichiopoden und die Flohkrebse; Latrcille, in der 185 ersten Ausgabe des Regne animdl von Cuvier in die Ord- nung der Branchiopoden, zwischen PolypJiemus und Cyclops, indem er aber dabei die Meinung ausspricht, es könne leicht zu der Abtheilung der Schizopoden gehören. Diese letztere Meinung wurde von Leach angenommen, allein die meisten Zoologen haben fortwährend Zoe zu den Branchiopoden ge- rechnet. Zu diesen Zweifeln über die Natur dieses Thieres gesellten sich neue, indem Herr Thompson ankündigte, dafs diese sonderbaren Thiere nichts anderes als die Larven der gewöhnlichen Krabbe {Carduus Maenas) seien, welche einer wahren Metamorphose unterliege. Diese Meinung wurde sehr stark von Herrn Westwood bekämpft. Endlich ist Herr Milne- Edwards der Meinung (s. Lamarck hist. nat. des anim. saiis vert. edit. 2. vol. V. p. 195) die Zoe möchten allerdinj^js nur Jugendzustand einer Art Dekapoden, aber wahrscheinlich aus der Abtheilung seiner Anomouren (wohin er Dromia, Ho- mola, Albiinea, Pagurus etc. rechnet) sein. Der Zufall hat mir die Gelegenheit gegeben, die direkte Beobachtung zu machen, dafs in der That Zoe nichts Anderes als der erste Zustand von Fagurus ist. Den 13. März d. J. fand ich in Palermo in einem Bek- ken, worin ich mehrere Seethiere hielt, zu meiner grofsen Freude etwa ein Dutzend Individuen von Zoe, aber leider schon alle todt. Ich beeilte mich, sie unter dem Mikroskop so gut es ging zu untersuchen. Den andern Morgen fand ich zu meinem gröfsten Erstaunen dasselbe Becken, in welchem ich Tags zuvor mit grofser Mühe ein Dutzend Zoe gefischt hatte, von mehreren hundert Zoe ganz erfüllt. Ich hatte un- ter andern Thieren in dem Becken einen Pagurus hunga- rus Her-hst, der in einer Natica millepunctata safs; ich fafste sogleich den Verdacht, dafs die Zoe seine Jungen sein müfsten, zerschlug vorsichtig die Natica, und fand in der That den Eiersack des Pagurus fast ganz leer, während ich in den zurückgebliebenen Eiern die kleinen Zoe deutlich er- kannte. Mit einiger Mühe befreite ich sie auch von den Ei- häuten. Diese kleinen Zoe waren vollkommen wasserhell, mit schwarzen Augen, einem rothen Fleck in der Mittellinie un- mittelbar hinter den Augen, und bisweilen mit einem zweiten 186 rothen Streifen vor dem After. Diese rothen Flecke sind of- fenbar im üarmkanal, und Ueberreste des Eidotters. Das Kopfbruststiick nimmt zwei Fünftel der Länge des Thie- res ein, und ist vorn in einen, wie es scheint horizontalen, Schnabel verlängert, hinten abgerundet, hinter den Augen schwach eingeschnürt. Die Augengegend tritt blasenartig her- vor. Der Hinterleib ist anderthalbmal so lang, und fiinf- gliedrig. Die vier ersten Glieder sind walzenförmig und neh- men allmählig an Länge zu; das letzte hat die Gestalt eines Fächers und trägt zwölf strahlenförmig gestellte Dornen, von denen die äufsersten die kürzesten sind.- Die Augen sind sitzend, sehr grofs, schwarz, netzförmig gegittert. Die äus- sern Fühler sind zw^eiästig und entspringen auf der untern Seite; ihr gemeinschaftlicher Stiel ragt kaum bis zum Rande des Kopfbruststücks; der äufsere Ast ist ziemlich breit, endet aufsen mit einem Dorn und trägt an der Spitze eine Menge Borsten; der innere Ast ist kürzer, weit schmaler und trägt nur zwei Borsten. Zwischen beiden Aesten steht noch ein kurzes halbsichelförmiges, schwach gewimpertes Glied. Die Innern Fühler sind so lang wie die äufsern, schmal, zwei- gliedrig, und enden mit zwei Borsten. Von allen andern Or- ganen erkannte ich nur die beiden einander vollkommen glei- chen Fufspaare, welche zweiästig sind imd an Cyclops erin- nern. Der äufsere Ast ist dreigliedrig, der innere etwas stär- kere viergliedrig. Das Endglied ist bei beiden kurz und spitz und mit langen Borsten besetzt. — Alle längern Borsten der Füfse wie der Fühler sind gefiedert. lU. A s t e r o p e, ein neues Genus der Ostracopodcn. (Taf. HL Fig. 9—11.) Schon öfter hatte ich im Meeressande und zwischen Zoo- phyten Cytherina- ähnliche Schaalen gefunden von mehreren Arten, welche sich von Cytherina wesentlich durch einen Einschnitt in der Schaale unterschieden, allein erst den (). März d. J. gelang es mir, in Palermo ein Individuum mit dem Tliier zu finden. Wenn es mir auch nicht möglich war, alle Organe desselben zu erkennen, so überzeugte ich mich doch vollkommen, dufs auch das Thier sowohl von Cypris 187 und Cytherina als auch von Cypridina Milne - Edwards (welches Genus ich ebenfalls so glücklieh gewesen bin zu beobachten) so bedeutend verschieden ist, dafs es nothwendig ein eigenes Genus bilden mufs. Die Schaale ist nur \ Linie lang, bräunlich von Farbe, vollkommen elliptisch, hat aber vorn und unten einen Ein- schnitt, und zu beiden Seiten dieses Einschnittes ist der Rand verdickt. Unter dem Einschnitt sahen die Fühler, dahinter das erste Fufspaar, am hintern Ende die Spitze des Schwan- zes hervor. Bei stärkerer Vergröfserung erschienen die Schaa- len mit undurchsichtigen weifsen Punkten besetzt. Die Schaa- len gingen leicht ab, und nun erschien das Thier, wie es Fig. 11 zeigt. Unmittelbar hinter dem Auge, welches sich beim Druck zwischen den Glasplatten als ein doppeltes zeigte, geht nach oben ein birnförmiger Muskel ab, der das Thier am die Schaalen jederseits befestigt. Dahinter sah ich ein Paar cylindrischer, geringelter, mit einigen Borsten be- setzter Fäden, und hinter ihnen noch zwei Paar andre, kür- zere, dickere, nicht geringelte und nicht mit Borsten versehene Fäden. Diese Organe dienen vermuthlich zum Anheften der Eier. Es ist nur ein Paar Fühlhörner vorhanden, das gröfste Organ am ganzen Thier, da es dem Körper an Länge gleich kommt. Sie sitzen unmittelbar unter den Augen, haben ein grofses eiförmiges Grundglied, welches mit einem zweiten walzenförmigen ebenso langen Gliede den Stiel bildet, und endet mit einer kurzen mehrgliedrigen mit langen Borsten pinselartig besetzten Geifsel. Es sind zwei Paar Füfse vor- handen, welche beide nach vorn gerichtet sind und nur zwei- gliedrig erscheinen; beide Glieder sind länglich, stark zusam- mengedrückt, beinah blattartig, und mit wenigen aber kräfti- gen Borsten gewimpert. Der Schwanz ist zusammenge- drückt, breit, nach unten und etwas nach vorn gebogen und mit etwa 10, erst an der Spitze gekrümmten, rückwärts ge- bogenen Haken besetzt, die von vorn nach hinten allmählig an Gröfse abnehmen. An der Basis der Füfse sitzen zwei beinah dreieckige, vorn ausgebogene und mit langen steifen Wimpern dicht besetzte Lamellen Fig. B. ob Kiemen? Hin- ter ihnen und vor dem Schwanz sah ich eine andre verschie- den gestaltete und nur kurz gewimperte Lamelle, Fig. g. 188 Aufscrdem fand ich drei Paar sichelförmige, lang gewiiuperte Palpen oder Kaufiifse, Fig. C. Doch gelang es mir nicht, die weiteren Frefswerkzenge zu sehen. So unvollständig diese Beobachtungen auch sind, so be- weisen sie doch zur Geniige die Selbstständigkeit dieses Ge- nus. Es unterscheidet sich von Cypris: 1. durch den Ein- schnitt der Schaale, 2. durch das Vorhandensein von zwei Augen, 3. durch den breiten hakentragenden Schwanz, 4. in- dem luu' 2 Paar blattartige Fiifse vorhanden, indem 5. eigene Organe zur Anheftung der Eier vorhanden sind, welche Funk- tion bei Cypris durch das dritte Fufspaar übernommen wird. Von Cypridina unterscheidet sich Asterope: 1. durch den Einschnitt der Schaale, 2. indem nur zwei Paar blattartiger Fiifse vorhanden sind, 3. indem der Schwanz einfach ist (bei Cypridina besteht er aus zwei Lamellen) etc. — Cytherina unterscheidet sich von Asterope: 1. durch den Mangel des Einschnitts der Schaale, 2. indem vier Paar Fiifse vorhan- den sind, wie O. Fr. Müller ganz richtig angiebt, 3. indem der Schwanz wie bei Cypridina aus zwei Lamellen besteht. (Ich habe gegen acht Arten Cytherina bei Neapel betrachtet.) Die generischenCharaktere wären demnach folgende: Testa hivalvis, corpus ahscondens, antice subiusque incisa. Antennae duae simplices, apice penicillatae* Oculi duo. Pedes quatuor compressiy subfoliacei, Fila ■peculiaria ad retinenda ova. Canda compressa iincinis pluribus tenninata. Die Art könnte folgendermafsen bezeichnet werden: Asterope elliptica. A. testa exacte elliptica, ni- tida, sah lente fortiori punctis opacis albis adspersa. IV. Kurze Charakteristik mehrerer neuer Genera aus der Familie der Copepoden. Während der grofsen Hitze der Sonmiermonate habe ich mich in Sorrent damit beschäftigt, die kleinen Thierchen zu untersuchen, welche zwischen den feinen Algen leben. Hier wohnen, um nur von den Criistaceen zu reden, besonders Caprellen, euiige Dynamene, Janira, Jassa, Juera, welche drei letztere sehr selten zu sein scheinen, zahlreiche Ampithoe/ einige Gannnarns, und vor allem Cytherinen und eine grofse 189 Menge Cyclopsälinlicher Tlüerchcn, nebst Peltidien nnrl einem verwandten Genus. Die neuen Genera, welche ich darunter gefunden, will ich jetzt kurz angeben, eine ausführlichere Dar- stellung derselben für eine gröfsere Arbeit mir vorbehaltend. 1. Nciuplius mild (jion O. Fr. Müller*). (Fig. 12.) Corpus elongatwn, postice sens'nn atteiiuafum, seg- mento primo s. capite (cum segmenio primo thoracis con- nctiö) maxijno\ cauda hifida, setiger a. Antennae qua- iuor; superiores inulfiarticulatae, apice penicillatae; infe- riores tri? ajüculatae, apice setis uncinatis, hasi seta pec~ tinata mwiitae, Fes masticatorius ungue incurvo fal- cato. Pes primus capiti insertus, desciscens, hiraim/s, ramis elongatis, apice unguiculatis. Fe des natatorii, hirami sex. Pedes spurii duo, e lainellis duahus hasi coimnuni insidentihus formaü, sacculum ovoruin ex parle obtegentes. Dieses Genus ist reich an Arten. Von Cyclops unter- scheidet es sich: 1. durch die abweichende Beschaffenheit des ersten Fufspaares, welches nicht zum Rudern dient, 2. durch den Kaufufs, 3. durch die Lamellen, welche den Eiersack grofsentheils bedecken» — Merkwürdig ist es, tlafs der Kau- fufs und das erste Fufspaar genau so beschafi'en sind wie bei Peltidium, welche Gattung ich an ein Paar neuen Arten voll- ständiger habe untersuchen können, als es mir mit P. pur- pureum möglich war. 2. Laophonte mihi. (Fig. 13.) Omnia ut in Naupliis, sed primum corporis segmen- tum cum capite non coalitujn, ideoque par primum pe- dum desciscens non capiti sed segmento peculiuii ilio- racis inserium, hiramum, ramo altero minimo rudimeiita- rio, altero ungue unico maximo terminatum. Nur eine Art, aber sehr gemein; der Rücken erscheint wie gesägt, indem die einzelnen Segmente sehr scharf von einander abgesetzt sind. 3. Psamathe mihi, (Taf. IV. Fig. 1.) Corpus elongatum, semiieres. Pes masticatorius *) O. F. Müller hatte diesen Namen einem der Jugendzustände von Cyclops gegeben. 190 lamellis dualms terminnhis. Pcdes sex, hirami natatoriu Pedes spiirii duo, hiarticulati, angusfi Reliqua ut in Cyclope vel in Nauplio. Nur eine Art, selten, zwar langgestreckt wie Cyclops, aber doch zugleich flach, dadurch den Uebergang zu den schildförmigen Copepoden bildend. Die Frefswerkzeuge sehr eigenthiimlich, fast genau wie bei dem schildförmigen Genus Thyone, Merkwürdig ist der Parallelismus zwischen Nau- plius und Peltidium und zwischen Psamathe und Thyone, 4. Thyone mihi. (Taf. IV. Fig. 2.) Corpus depressum scutiforme, ovatum, segmentis quinque consfans, segmento primo maximo. Caiida e la- mellis duahus formata. Oculi duo confluentes. ^nten- nae quatuor; anteriores multiarticulatae; inferiores tri- ariiculatae, apice setis uncinatis, hasi seta pectinata mu- nitae. Pes masticatorius apice lamellis duahus termi- natus. Pedes seXy natatorii hirami; Pedes spurii duo, lamellares, spatiwn inter segmentum penidtimum caudam- que opplentes. Drei Arten, die eine Th. viridis, fast f " lang, gemein. Die Frefswerkzeuge äufserst complicirt. — Peltidium unter- scheidet sich durch die Kaufiifse, den Scliwanz, und dadurch, dafs das erste Fufspaar abweichend gebildet ist; Sapphirina Thompson, indem der Körper neun Segmente besitzt. — An den Frefswerkzeugen sitzen zwei Paar eigenthiimlich gefranz- ter Blättcheu (Fig. 2 e und g), vielleicht den von Straus bei Cypris für Kiemen gehaltenen Lamellen analog. V. Peneus siphonoceros mihi. (Taf. IV. Fig. 3.) P. rosiro hrevissimo, supra 7 dentato inermi; ßagel- lis antennarum superiorum aequalihus, omnihus quatuor canalem clausum fonnantihus. Von diesem durch die sonderbare Bildung der obern Fühlergeifsein höchst merkwürdigen Peneus habe ich nach und nach in Neapel wohl ein halbes Dutzend Individuen be- kommen. Sie sind fleischfarben, die Fühler, Füfse, und die hintern Ränder der Ilinterleibssegmente dunkler. Die Lange von der Spitze des Schnabels bis an das Ende des Schwan- zes beträgt zwei und einen halben Zoll, wovon auf den Hin- terleib ein Zoll sieben Linien, auf den Schnabel kaum 21 Li- 191 nlen kommen. Das KopfhnistJ^tiick hat keine Längsfurchen. Der Hinterleib ist wie gewöhnlich stark zusammengedrückt, und die letzten drei Glieder gekielt. Das Endglied hat in der Mitte eine breite Furche, und endigt mit zwei Spitzen. Die Schuppe der äufsern Fühler ist reichlich zwei Mal so lang als der Schnabel von gewöhnlicher Gestalt mit einer Längs- furche; der Stiel reicht nicht bis zur halben Länge der Schuppe; die Geifsel ist anderthalbmal so lang als der Kör- per. Die innern Fühler haben einen sehr dicken Stiel, so lang wie die Schuppe der äufsern Fühler, am Grunde wie ge- wöhnlich ausgehöhlt für die grofsen schwarzen Augen und mit einem gebogenen nach vorn gerichteten Fortsatz, Sie haben zwei gleich lange, und wie gesagt sehr sonderbar gebildete Geifseln. Mit denen der andern Seite bilden sie nämlich eine fast geschlossene Röhre. Zu dem Ende ist jede einzelne Geifsel aufsen gewölbt mit einem Kiel, innen ausgehöhlt, an den Rändern gesägt und fein gewimpert, so dafs sie vollkom- men schliefsen. Der Kanal setzt sich in den Stiel fort, wird hier aber nur zur obern Hälfte vom Stiel gebildet und unten durch die Schuppen der äufsern Fühler geschlossen. Wie es scheint, theilt die Oberlippe den Kanal, der sich dann rechts und links zu den Kiemeu hegiebt. — Meines Wissens existirt unter den Crustaceen keine ähnliche Bildung. Die Füfse sind genau wie bei den andern Peneus-Arten ; alle haben am Grunde einen fadenförmigen Anhang, dem Taster derKaufüfse entsprechend; die drei ersten Paare haben Schee- ren und nehmen vom ersten bis zum dritten an Länge zu, welche Zunahme namentlich durch das Wachsthum der tihia geschieht. Das vierte Fufspaar ist so lang wie das zweite, das fünfte so lang wie das dritte. — Der äufsere Kaufufs ist fast zwei Mal so lang wie das erste Fufspaar, und besteht aus ziemlich walzenförmigen und haarigen Gliedern. Die Figur Tab. IV. Fig. 3. wird eine noch ausführlichere Beschreibung überflüssig machen. VL PontaracJina pujictulum Fh., eine Hydrachnide des Meeres. (Taf. IV. Fig. 4 und 5.) Bis jetzt hat man nur im süfsen Wasser Hydrachnen gefunden, allein ich habe im Meerbusen von Neapel auch im 192 Meer w asser eine in diese Abtlioilung der Arachniden gehö- rige Spinne und gar nicht selten angetroffen. Leider ist sie so klein, höchstens ^ Linie lang, dafs ich nicht alle ihre Theile habe erkennen können, ungeachtet ich zu wiederholten Malen mehrere Exemplare untersucht habe. Der Körper ist ziem- lich kugelförmig, nach vorn etwas spitzer, ganz kahl. Seine Farbe ist bräunlich gelb. Öfter orangeroth oder braunroth, auch wohl braun mit weifslichem, durchsichtigem, verschieden ge- zacktem Rande, so dafs selten zwei Individuen einander voll- kommen gleich sehen; ein Mal fand ich eins, welches auf dunkelbraunem Grunde mit einem weifsen T sehr hübsch ge- zeichnet war. Der blasse Rand ist vorn breiter, so dafs man deutlich die beiden kleinen entfernten Augen erkennen kann. Die vorderen Fiifse übertreffen kaum die Länge des Leibes, die hintern sind anderthalbmal so lang. Die vier Hüften sind jederseits einander genähert, und die vordem berühren sich auch in der Mittellinie. S. Tab. IV. Fig. 5. Zwischen den Hüften finde ich zwei kleine Punkte, von denen ich mir keine Rechenschaft zu geben vveifs. Von den folgenden Gliedern sind die ersten die kürzesten, die letzten die längsten, in all- mähliger Progression; sie sind sämmtlich ziemlich walzenför- mig, jedoch erscheint Aev femur oben, die tibia unten schwach ausgeschnitten. Alle Glieder mit Ausnahme des letzten sind auf der untern Seite, am Ende und auch wohl in der Mitte mit Borsten besetzt. Dieses ist völlig kahl, am Ende oben schräg abgestutzt und trägt zwei hakenförmige, unter einem ziemlich spitzen Winkel umgebogene Klauen. Auf der untern Seite des Körpers ist eine ringförmige punktirte Platte, welche die Spalte der Geschlechtstheile umgiebt. S. Fig. 5 f, ähnlich wie bei Diplodonta und Atax. Von den Frefswerkzeugen habe ich nur die beiden Palpen erkennen können. Diese sind fast halb so lang wie die vordem Fiifse, fadenförmig und fünfgliedrig. Das erste Glied ist sehr kurz, das zweite und dritte dick und walzenförmig; das vierte, das längste von al- len, ebenfalls walzenförmig, aber weit dünner; das fünfte kurz und zugespitzt. — Palpen und Füfse sind beinah farblos, höch- stens gelblich. Von (\in\ sechs Gattungen, welche gegenwärtig die Ab- theilung der llydrachnen bilden: nändich: Diplodonta, Alax, 193 Arvhcmirus , Eidcds, Limnochares , ITydracJma, stimmt es durch die ringförmige, die Spalte der Geschlechtstheilo umge- bende Platte u. a. Kennzeichen am meisten mit den ersten iiberein, unterscheidet sich aber von ihnen: 1) indem alle vier Hüften jederseits genähert sind; 2) durch die Beschaffenheit der Palpen, welche bei D'iplodoiita am vierten Glied eine Spitze von der Länge des fünften Gliedes haben, bei Atax ein sehr langes viertes Glied besitzen, welches am Ende etwas ausgehöhlt ist, um das fünfte Glied in der äufsersten Beu- gung aufzunehmen. Die andern vier Genera weichen noch mehr ab: Arrhenurus und Lunnochaj^es durch die sehr kur- zen Palpen, Eulais durch die Palpen, die Hüften; Hydrachna durch die Palpen, den Schnabel etc. — Es folgt hieraus, dafs, selbst abgesehen von den, von mir nicht aufgefundenen, Kie- fern, Unterschiede genug vorhanden sind, um die Aufstellung eines neuen Genus zu rechtfertigen, welches ich Ponta- raclina nenne und folgendermafsen charakterisire: Corpus suhglohoswn. Oculi duo, remoii. Mandibulae , , . , nullaep ininimae? Palpi duo, elongati, 5 arüculati; cnticulo quarto longiorij quinto hrevi, acuminato. Coxae utriusque leite? is unitae, anticae duae in linea mediana quoque sese tan- gentes. Pedes unguibus duohus uncinatis tenninati. Vulva lamina crustacea granulata cincta. Desmophyllum Stellaria Ehrenberg. Das Genus Desmophyllum, von Herrn Ehrenberg in den Abhandlungen der Berliner Akademie aufgestellt, ist nicht we- niger durch die Kennzeichen seines kalkigen Stammes, wel- cher stets unverästelt ist, und bündeiförmig vereinte Lamellen I des Sternes hat, ausgezeichnet, als durch sein Thier. Bei I diesem fällt vor Allem die erstaunliche Dünnheit des Mantels auf, welcher gänzlich zu fehlen scheint, so dafs man durch ! denselben die Zellen am Rande des Sterns, ja die geringste ! Rauhigkeit der Oberfläche auf das Deutlichste erkennt. Ueber- ! haupt ist die thierische Masse im Verhältnifs zur Kalkmasse ein wahres Minimum, und zieht sich bei der Kontraktion des Thieres dergestalt in die Zwischenräume der Lamellen zurück, dafs ich das Individuum, als ich es in diesem Zustand bekam, für das blofse seines Bewohners schon längst beraubte Gehäuse Wiegm. Archiv. VI. Jahrg. 1. Band. j^g 194 hielt. Dasselbe habe ich auch an Cladocora cespitosa Eh- renherg (Caryophyllia LamJi) beobachtet, während die thie- rische Masse von Cladocora {CaryophyWui) calycularis sehr viel bedeutender ist, und sogar beim Trocknen als eine ziem- lich dicke Haut übrig bleibt. Wenn das Thier von Desmo- phyllum Stellaria sich vollkommen ausbreitet, ragt es wohl eine Linie über den Stern hervor, während der Rand jedoch in ziemlicher Breite alles thierischen Ueberzuges zu entbeh- ren scheint. Man unterscheidet sehr deutlich den ovalen, von einer innen und aufsen gefalteten Lippe umgebenen Mund von gelblicher Farbe. Wahre Tentakeln fehlen; eine grün- liche fleischige Masse erstreckt sich vom Maul bis nahe an den Rand des Sterns, und ist dort in viele an der Spitze gelb- liche Falten vorgezogen, die keine bestimmte Ordnung erken- nen lassen, aber doch im Allgemeinen zwei Reihen zeigen. W^enn die Falten am deutlichsten sind, ragen sie höchstens •g- Linie hervor; gröfser habe ich sie nie gesehen, ungeachtet ich das Thier mehrere Tage lebend erhalten und beobachtet habe. Durch diesen Mangel wahrer Fühler unterscheidet sich das Genus, auch was das Thier anbetrifft, sehr wesentlich von Cyathina Ehrenhergy wo die Tentakeln sehr regelmäfsig, fa- denförmig und geknöpft sind. — Alle Bewegungen des Thie- res sind im höchsten Grade langsam und träge, was ich auch bei Cyathina, Oculina und Cladocora beobachtet habe. Erklärung der Abbildungen. Tafel m. Fig. 1. Clavagetta halattorum Scac. In einer gnöfstenthells aus Balanen gebildeten, mit Schwammen, Scrpeln etc. bewach- senen Masse sitzend, in natürlicher Gröfse, etwas kontrahlrt; die eine Wand der Höhlung ist weggebrochen. — a die Spalte im Mantel, durch welche der Fufs hinaustritt. Fig. 2. Das Thier ist hinweggenommen, man sieht die linke mit der Rohre verwachsene Schale, auf welcher die beiden Mns- kcleindrücke angegeben sind. Die Punkte e sind die Oeffnun- gen der dornartigen Röhren. Fig. 3. Das Ende der SIphonen, vcrgröfsert, um zu zei- gen, dafs der gemeinschaftliche Theil derselben seinen Leson- dern, gefranzlen Rand besitzt. 195 Flg. 4. Das Thi'er im Spiritus gestorben, stark kontrahirt, auf der rechten Schale llegeiifl. — a die Mantelspalte für den Fufs, Ä das rudimentäre Ligament, c, d die beiden Adduktoren. Fig. 5. Dasselbe, der Mantel In der Bauchliniengegend auf- geschnitten und zurückgeschlagen. Man sieht die Kieme, den Fufs en (welches man sogar an der Eierschnur sehen kann, welche jetzt fast dop- pelt ist, so dick als sie sich nun zeigt), jetzt etwas Iiurtiger, 202 stets mit Hülfe der vibrirenden Cilieii (wie bei den Rippen- quallen, Acalepha ctenophora Eschscli., ganz mechanisch, denn wenn sich die Cilien nicht bewegen, liegt der Embryo still), und zwar nun nach allen Riclitungen, aber stets mit dem Vorderende des Körpers voran, unter einander herum in dem dünnen, wasserklaren Eiweifse, welches von der gemein- schaftlichen Eihaut (Schalenhaut) eingeschlossen wird. Man sieht nun ziemlich deutlich, dafs der Embryo eigentlich in einer Konchylie sitzt, aus welcher nur die runden Lappen und das Fufsrudiment hei vorragen (Fig. z). Diese Konchylie ist ziemlich niedergedrückt, mit einer länglichen, weiten Oeffnung, zugerundet an der Seite, welche dem Rücken des Embryos entspricht, etwas zusammengedrückt von den Seiten und schmä- ler an dem hintersten, der Bauchfläche zugewendeten Ende; mit anderen Worten, sie gleicht etwas einem kurzen, plum- pen Schuhe, dessen Sohle aber nicht flach, sondern konvex ist. Sie ist nun noch gelatinös und weich; erst in einem spä- tem Zeiträume, nämlich bei dem ausgeschlüpften Jungen, wird sie kalkartig, hart und spröde. In diesem letztern Zustande war es wo ich sie zum ersten Male für eine wirkliche Kon- chylie erkannte; in dem Stadium, von welchem wir jetzt spre- chen, hielt ich sie immer für die allgemeine Hautdecke oder den Mantel. Die Tritonien, diese nackten Mollusken, in ihrem frühen Lebensalter von einer Konchylie umgeben! Ich traute kaum meinen eigenen Augen, als ich zuerst diese Entdeckung machte; so wenig schien sie mit der Organisation des erwach- senen Thiers sich zusammen zu reimen. Ich habe indessen dieselbe Beobachtung bei einer ganzen Reihe anderer ähnlicher sogenannter nackter Mollusken gemacht, welche sich sonach auch in dieser Rücksicht nach demselben Typus gebildet zei- gen, wie die übrigen im erwachsenen Zustande mit einer Schale versehenen Gasteropoden. Uebrigens hat zu dieser Zeit der Eiubryo, welcher früher beinahe undurchsichtig war, mehr Durchsichtigkeit erhalten, und diese nimmt in der folgenden Zeit noch mehr und mehr zu. So sieht man nun schon Spuren des Darms; aber die geringere Durchsichtigkeit der Konchylie, in welcher man noch viele feinkörnige Materie (Eidotter) bemerkt, verhindert den Beobachter, mit Deutlichkeit die inneren Theile sehen zu können. 203 Am 23sten und bis zum SOsten Tage wächst die Kon- chylie bedeutend in die Länge (Fig. a — •^) und geht nach lind nach von der niedrigen, breiten und niedergedrückten Schuhgestalt zu einer ovalen, von den Seiten zusammenge- drückten, nach hinten zugerundeten und an der Bauchseite in sich selbst hineingebogenen Schale über, ungefähr wie bei einem Nautilus. Die Bewegungen sind jetzt äufserst rasch, die Embryone laufen in einem fort zwischen einander in dem flüs- sigen Eiweifs nach allen Richtungen herum, mit Hülfe der jetzt ausgezeichnet deutlichen, gröfser gewordenen Cilien, welche die zwei runden Lappen besetzen — ein vorzüglich schönes und unterhaltendes Schauspiel für den Beobachter! (Fig. /.) — Jene zwei oft erwähnten runden Lappen am vordersten Ende des Körpers sind, jeder an seiner Seite desselben, ge- stellt; sie sind während der Bewegungen flach ausgebreitet oder horizontal, wenn sich das Vorderende auf- oder abwärts wendet (Fig. ?/); in der Ruhe aber oder bei der Kontraktion legen sie sich zusammen (Fig. e, t). Sie scheinen unmittel- bare Verlängerungen des Mantels zu sein und müssen ohne Zweifel als transitorische Organe betrachtet werden; auch kann ich die Cilien, mit welchen ihr Rand besetzt ist, nicht anders ansehen; sie als Kiemen zu betrachten, oder zu glauben, dafs sie in solche verwandelt würden, möchte sich wegen der an- derwärts befindlichen Stelle der letzteren Organe (nämlich zu beiden Seiten des Rückens) bei der erwachsenen Tritonie, kaum vertheidigen lassen, obwohl sie gewifs zur Respiration dadurch beitragen, dafs sie mittelst ihrer Bewegungen dem Embryo (und in einer spätem Periode auch dem Jungen) neues respirables Fluidum zuführen. — In Rücksicht der an- deren äufseren Organe bemerkt man keinen deutlichen Kopf, keine Tentakeln, keine Kiemen. Dagegen sieht man auf der hintersten Fläche des jetzt deutlichen Fufses einen ungemein dünnen, kreisrunden, sehr durchsichtigen Deckel befestigt, um die Oefi'nung der Konchylie zu schliefsen, welches die Aehn- lichkeit mit den Gasteropoden vollendet, die mit Gehäusen versehen sind. Dieser Deckel ist enface fast unsichtbar we- gen seiner Dünne und Durchsichtigkeit, aber im Profile zeigt er sich als ein Strich oder eine dunkle Linie, welche ein we- nig vor dem Ende des Fufses hervorragt (Fig. d-). — Was 204 die inneren Theile betrifft, welche nun sichtbarer werden, so sieht man eine undurclisichtige gelbweifse Masse sich von den eben so gefärbten runden Lappen und dem Fufse rückwärts in die Konchylie ziehen; aus dieser Masse entspringt der Darmkanal; dieser läuft von vorn nach hinten, erweitert sich an der letztern Stelle in einen länglichen, krummgebogenen Magen, von welchem er sich nach der rechten Seite und wie- der in einem Bogen aufwärts biegt, indem er sehr dünn wird; wie er endete, wurde nicht sichtbar. Vorn und nach oben auf der linken Seite des Magens sitzt ein grofser, runder oder ovaler, gelbweifser, undurchsichtiger Knoten, an der rechten Seite und etwas mehr nach hinten zwei kleinere, ebenfalls runde Knoten von derselben Beschaffenheit, der eine über oder vor dem andern (Fig. s — ^9^). Der Darmkanal ist, wie man sieht, im Wesentlichen mit dem des erwachsenen Thiers über- einstimmend; die eben erwähnten Knoten, wenigstens der grös- sere von ihnen, müssen wohl für die hervorwachsende Leber angesehen werden. Endlich läuft von der vorderen Einge- weidemasse, und vermuthlich vom Fufse, ein durchsichtiger, doch deutlicher Muskel, nach unten an der linken Seite des Darmkanals, nach dem hintern Ende des Körpers, entweder nach dem dicht an der Konchylie anliegenden Mantel des Embryos, oder, was das Wahrscheinlichste ist,, nach der Kon- chylie selbst, in welchem letztern Falle er als analog mit dem Anheftungsmuskel der Schnecken betrachtet werden kann (Fig. € — d). Man bemerkt nämlich jetzt, dafs der Embryo sich öfters ganz in seine Koncliylie zieht. Der Mantel ist sehr durchsichtig und liegt dicht an der Schale; doch zieht or sich bisweilen ein wenig zusammen und zeigt sich dann etwas von der innern Wand der Konchylie abgelöst (wie Lei dem Jungen, Fig. X). Man bemerkt zu dieser Zeit auf ihm, besonders auf dem Rücken, einige überaus feine, klare Quer- streifen, welche an den Seiten in kloine Knoten (Fig. ^) an- gescliwollen zu sein scheinen; — ob dies Blutgefäfse sein mögen? Das Herz habe ich nicht sehen können, woran die Unvollkommenheit meines Mikroskopes ohne Zweifel Schuld ist. e. Die ausgeschlüpften Jungen. Während aller dioser Veränderungen mid der auf diesel- 205 ben verwandten Zeit ist die Eiersehnur etwa dreimal so dick geworden, wie sie bei ihrem Austritt am ersten Tage war (Fig. (5), indem nämlich sowohl die Eiliäute durch das ver- niittelst der Einsaugung von Seewasser gebildete Eiweifs er- weitert worden und die eingeschlossenen Embryone so bedeu- tend gewachsen sind.*) Diese sind nun endlich so grofs ge- worden, dafs sie nur mit Mühe Platz innerhalb der Eihaut finden; ihre Bewegungen sind so kräftig, sie stofsen so lange gegen die jetzt sehr dünne Eihaut, dafs diese endlich gesprengt wird; da nun auch die die Eierschnur umgebende Schleim- hülle zu dieser Zeit sehr locker und im BegrijQFe, sich aufzu- lösen, ist, so treten sie ohne Hindernifs in das umgebende Seewasser hinaus. — Es war am 31sten Tage, als ich be- merkte, dafs die ersten Jungen (es waren ihrer nur wenige) auskamen, und dies fand am einen Ende der Eierschnur statt. Es geht übrigens mit dem Ausschlüpfen nur langsam; erst am 36sten Tage kamen die Jungen in grofser Menge hervor, in- dem die Eierschnur an mehreren Stellen anfing, sich aufzulösen und in Stücke zu zerfallen. Die sogar dem unbewaffneten Auge sichtbaren ausgeschlüpften Jungen (Fig. y, nat. Gr., Fig. A, fi, V, vergröfsert) schwammen sogleich nach allen Richtun- gen im Wasser herum, mit Hülfe der vibrirenden Cilien auf den runden Lappen, welche letzteren während des Schwim- mens immer unbeweglich ausgestreckt gehalten wurden. Das Schwimmen geschieht ziemlich rasch und gleichmäfsig fort- schreitend (stets mit den runden Lappen voran), bald auf- wärts, bald abwärts, oder nach den Seiten hin, ganz so wie bei den Thieren, welche ich in meiner Schrift: „Beshivelser og Jagttagelser over Södyr ved den Bergenske KysV\ Cirropteron genannt, die ich aber jetzt nur für die Jungen von Gasteropoden halte. — Erst am 38sten Tage hatte die Eierschnur sich ganz aufgelöst, und das Seewasser in dem '^) Schade, dafs ich kein Mikrometer hatte, um mit Genauigkeit die Stärke des Wachsthums angeben zu können. Aus den gegebenen Figuren, welche alle gleich stark vergröfsert und mit möglichster Genauigkeit nach dem Augenmaafse gezeichnet sind, ersieht man doch den bedeutenden Wachsthum, z. B. beim Vergleichen der Fig. r. mit Fig. y. 206 Glase, in welchem sie lagen, wimmelte von den iimhersclnvim- menden zahllosen Schaaren der Jungen. — Nimmehr wird die Konchylie, wie es scheint durch die Berührung mit dem See- wasser, hart, kalkartig und spröde, so dafs sie dem Eindrucke einer Nadel nicht nachgiebt, sondern bei demselben immer in mehrere Stücke zerspringt; sie ist fernerhin etwas weifslich und ganz durclisichtig, wie Wasser, glänzt auch ausnehmend dcutlicli (Fig. J^, (f,'/). Sie hat nur eine Windung, die in sich selbst eingebogen ist, ganz so wie die eines Nautilus, welcher sie auch in ihrer Gestalt am meisten gleicht; das Vorderende ist schief abgeschnitten, die Oeflfnung länglich (so wie die Konchylie von den Seiten zusammengedrückt ist), regelraäfsig. Reizt man das Thier, so zieht es sich wie eine wirkliche Scha- lenschnecke ganz in seine Konchylie hinein (Fig. r), welche demnach dem schwachen Thiere zur Beschirmung dient. — Im Vorbeigehen mufs ich bemerken, dafs die Lebhaftigkeit der Cilien fast bis ins Unglaubliche geht; selbst bei einem sehr kleinen, abgerissenen Stücke der runden Lappen fuhren sie fort, sich unablässig über zwei Stunden lang zu bewegen und dabei das Stück fortwährend im Kreise herumzudrehen. Bei häufiger Erneuerung des Seewassers erhielt ich einige dieser Jungen noch fast zwei Wochen hindurch am Leben, aber länger war mir dies nicht möglich; sie starben dann alle nach und nach, fielen haufenweise zu Boden, oder sammelten sich an der Wasserfläche, die weichen Tlieile lösten sich auf und die leeren Konchylien (welche austrockneten und ganz ihre Gestalt behielten) schwammen in Menge auf der Ober- fläche des Wassers, dem blofsen Auge bemerkbar durch ihre weifsliche, glänzende Farbe (Fig. 9, /). — Späterhin habe ich öfters eine ungeheure Menge solcher Jimgen in der See um Florö im März und Anfange des Aprils gefunden; aber es ist mir bisher nicht geglückt, ihre fernere Entwickelung und Ver- wandlung zu beobacliten. Man begreift leicht, dafs es hier auf eine glückliche Gelegenheit ankommt, um die Uebergänge vom vorigen zum nachfolgenden Entwickelungszustande zu finden, da man sonst leicht dasselbe Thier in seinen verschie- nen Gestalten für eben so viele verschiedene Thiere halten kann. Dafs die Konchylie in einem späteren Stadium abge- worfen wird, und dafs eine bedeutende Veränderung vorgehen 207 mnfs, bevor das Junge zn der Gestalt und Lebensweise dos erwachsenen nackten und langsam kriechenden Thieres ge- langt, ist einleuchtend. Erklärung der Figuren. Fig. «. Trkonia Ascanii in nat. Gr. a^ die Geschlecbls- öffniing, ein wenig erweitert; h^ der After; c^ die oberen Ofler eigentlichen Tentakeln in ihrer Röhre; d^ die Labialtentakeln; e' e^ 5—6 Paar verzweigte Kiemen auf dem Rücken. Fig. b. Einige Lappen des Eierstocks in nat. Gr. Fig. c. Ein Lappen vergröfsert. Fig. d. Zwei Eier nock mehr vergröfsert. Fig. e. Ein Stück einer Eierschnur in nat. Gr. Fig. f. Ein Stück derselben vergröfsert. a die eigentliche schraubenförmige Eierschnur, b die Schleimhülle. Fig. g. Sechs Eier vom Istcn Tage in nat. Gr. Fig. h. Eins derselben vergröfsert, mit 9 eingeschlossenen Dottern. Fig. I. Ein anderes von der Seite; man sieht, dafs die Dot- ter an der einen Seite angehäuft liegen. Fig. h, Ist Fig. h ganz leicht mittelst des Compressoriums gedrückt, um die Dotter mehr zu isoliren. Alle folgenden Eier sind ebenfalls leicht gedrückt, um die Dotter besser zu sehen. Fig. l. Vom 2ten Tage Morgens; die Dotter sind zwei- getheilt. Fig. ;;t. Vom Abende desselben Tages; einige Dotter sind schon viergetheilt. Fig. n und o. Sind 2 Eier von den Enden der Eierschnur vom 2ten Tage: man sieht, dafs die Entwickelung hier langsa- mer vor sich geht. Fig. ^. Ein Ei vom 2ten — 3ten Tage; alle Dotter vier- getheilt. Fig. q. Vom .3ten — 4ten Tage; alle Dotter achttheilig. Fig. r. Vom 6ten Tage; noch mehr getheilt. Fig. s. Vom 9ten Tage; die Dotter fein granulirt. Fig./. Vom 12ten Tage; die Dotter sind länglich geworden. Fig. w. Vom 14tenTage; am einen Ende der Dotter zeigt sich der Anfang der 2 runden Lappen. Fig. V. Vom 16ten Tage; die Dotter sind pferdehufförmig gebogen. Fig. w. Ein Embryo vom ITten Tage, an welchem er zu- erst anfängt, sich schwach zu bewegen; man sieht die feinen Cilien. Fig. oc. Ein Ei vom ISten Tage; einige Embryone sind ohne Bewegung, andere strecken die runden Lappen mit ihren Cilien aus und rotiren. Fig. y. Vier Embryone vom 19tenTage; sie bewegen sich kreisförmig; man sieht nun das Fufsrudiment; die unterste Figur rechts ist von hinten gesehen; die 3 anderen von den Seiten. 208 Fig. z. Vier Embryonc vom 21stenTa£;c; die 2 ersten an- gesehen von der linken Seite, der 3te rechts von hinten, der unterste von oben; die Konchylle ist schubförmig. Flg. «. Vom 23sten Tage ein Embryo; die Konchylle v\'Ird länger. Fig. ß. Sechs Eier vom 26sten Tage, In nat. Gr. Flg. y. Eins derselben vergrüfsert; die Embryone laufen rasch zwischen einander umher. Fig. €. Ein Embryo vom 26sten Tage, von der linken Seite angeselien. Flg. C. Derselbe von der rechten Seite. Fig. 1]. Derselbe von hinten. Bei allen bemerkt man die runden Lappen und deren Ci- llen, den Fufs, die in die Längewachsende Konchylle, und in- wendig den Darmkanal mit den runden Knoten (die Leber), ferner zu hinterst den Anheftungsmuskel. Fig. O. Ein Embryo vom 29sten Tage, von der linken Seite angesehen; hinten auf dem Fufse erscheint der Deckel im Profile. Fig. (T. Ein Stück der Eierschnur vom 27sten Tage. Fig. X. Sechs Junge, frei herumschwimmend, nat. Gr. Flg. X. Eines derselben, von der linken Seite angesehen; der Mantel hat sich an einigen Stellen etwas von der Konchylle abgelöst. Fig. fx. Dasselbe von vorn. Fig. V. Dasselbe von der linken Seite. Das Thier hat sich in seine Konchylle hineingezogen, vibrirt aber noch mit seinen Cilien. Fig. (p. Die Konchylle von der linken Seite gesehen. Fig. X' Die Konchylle von vorn. Von der Scyllcißa pelagica, dieser den Tritonien so nahe verwandten Niidibranchie, hatte ich im Herbste 1837 Ge- legenheit, in der Sammlung des naturhistorischen Vereins in Kopenhagen den Rogen zu untersuchen, welcher sich um Fuciis natans geschlungen befand und vom Dr. Lund im atlantischen Meere gesammelt worden war. Er hat die Ge- stalt einer langen, cylindrischen, mannichfach gebogenen Schnur, eben wie bei der Tritoiiia; die grofsen, eirunden Ei- häute umschliefsen, jede, eine grofse Menge, nämlich bis an 30 hellgelber Dotter. 209 II. Aeolidia hodöensis. Doris hodöensis, Gunnerus inKj6benh.Vid.SelsJ{, Skr. Bd. 10, Tab. e, Fig. 11 — 16. Boris papulosa, Müller, Prodr., N. 2775. — 0. Fa- hr icius, Fn. Grönl., N. 336. Bei den Aeolidien verhält es sich mit der Paarung, dem Eierlegen und der Entwickelung in allen wesentlichen Punk- ten eben so wie bei der Tritonia. Aeolidia hodöensis, eine an unserer Küste gemeine Art (welche von Lamarck und Anderen unrichtig mit A. Cuvieri zusammengeworfen worden ist), kommt im INovember und December an den Strand, be- sonders in stillen, wenig tiefen kleinen Buchten, deren Grund mit Zostera bewachsen ist, auf deren Blättern sie herum- kriecht, um die zahlreichen, auf denselben sitzenden, kleinen Aktinien (^A, viduata Muell.^ zu greifen, von welchen sie sich ornährt.*) Im Januar oder Februar setzt sie ihren Rogen oder ihre lange Eierschnur ab, welche eine ähnliche, obgleich etwas zusammengedrückte nnd unregelmäfsiger gekrümmte Form und dieselbe Beschaffenheit, wie bei der Tritonia, hat und in vielen Krümmungen um Zostera- oder Tangblätter ge- schlungen wird. Die Eier bilden jedoch keine schraubenför- mig gewundene Schnur, wie bei Tritonia, sondern sind, wie es scheint, unordentlich auf einander gehäuft innerhalb der umgebenden Schleimhülle. Die Dotter sind blafsröthlich; jede Eihaut, welche sehr wenig oval oder fast kugelförmig ist, schliefst 2 — 7 Dotter ein. Diese theilen und theilen sich ganz so wie bei der Tritonia. Erst am 24sten Tage liefsen sich Bewegungen bei den Embryonen bemerken ; diese haben die- selben mit Cilien besetzten Lappen und sitzen ebenfalls in einer Konchylie von ähnlicher Form; da ihrer aber im Gan- zen weit wenigere sind als der Tritonienembryone, so konn- ten die übrigen Eigenthümlichkeiten nicht so genau beobach- tet werden. *) Ich habe Aktinien in ihrem Magen gefunden, auch gesehen, dafs sie sie verzehrten. Ebenfalls hat Ehrenberg im rothen Meere eine fleischfressende Aeolidie, sein Phyllodesmium {Symbolae phys., Evertebr., Bogen h), entdeckt, welche sich von Polypen (Xenien) nährt. Wiegm. Archiv. VI. Jahrg. 1. Band. 14 210 Von einer andern Art derselben Gattung, meiner A co- li dia pulchella, hatte ich ein Individuum in ein mit See- wasser gefidltes Glas gethan, welches am 10. April eine Eier- schnur von weifser Farbe und einer merkwürdig regelmäfsi- gen Form absetzte. Sie hatte nämlich die Dicke eines ge- wöhnlichen Zwirnfaden (^ — i"'X ^^'^r mit der gewöhnlichen Schleimhülle umgeben und bildete eine vollkommen regelmäs- sig 7mal gewundene Spirale, welche ihrer ganzen Länge nach an die Wand des Glases geheftet war. Die Form dieser Eier- schnur gleicht ziemlich der bei Doris, welche wir weiter un- ten betrachten wollen; auch umschliefst jede Eihaut, so wie bei dieser, nur einen Dotter. III. Doris muricata, Varietas (fortasse species distinctay Am Ende des Februar und am Anfange des März be- merkt man bei Florö häufig, besonders an steil in die See abschüssigen Bergen, einen gelatinösen, schneeweifsen, in eine Spirale zusammengewundenen Rogen an Klippen oder Meer- eicheln {Baianus) befestigt, zu welcher Zeit auch Doris mu- ricata (Fig. a in nat. Gr.) sich in Menge zu finden pflegt. Diese Eierschnüre sind nahe an der gewöhnlichen Ebbengrenze befestigt, so dafs viele von ihnen bei den starken Ebben, welche in dieser Jahreszeit vorkommen, weit oberhalb des See- spiegels ganz trocken liegen. Sie sind zu einem dünnen, brei- ten Bande stark zusammengedrückt (Fig. b), welches mit dem einen scharfen Rande an Meereicheln oder Klippen geheftet ist, während das Band übrigens lothrecht und ganz frei, mit dem obern freien Rande etwas auswärts gebogen steht. — Obgleich ich vermuthete, dafs diese Eierbänder der erwähnten Doris-Art angehörten, so erlangte ich hierüber doch erst Ge- wifsheit, als ich sah, dafs ein in ein Glas voll Sewasser ge- brachtes Individuum ein solches Band (Fig. b) absetzte, wel- ches es dicht an und unter der Wasserfläche an der Wand des Glases befestigte, gerade so, wie diese Doris dasselbe an die Klippen bei der Wasserfläche zu heften pflegt. Es war am Morgen des 3. März, als ich dies bemerkte, und da war schon beinahe die Hälfte des Eierbandes aus der weiten Ge- 211 schlechtsöffnung an der rechten Seite des Körpers herausge- treten. Diesen ganzen Tag blieb das Thier unbeweglich auf derselben Stelle sitzen, und nur ab und an kam äufserst lang- sam etwas mehr von dem Bande hervor. Am Morgen des folgenden Tages hatte das Thier sich endlich ganz von seinem Rogen getrennt. Dieser besteht aus einer zahllosen Menge schneeweifser Eier oder Dotter-, deren jeder von einer ovalen, ungefärbten Eihaut umschlossen wird, zwischen welcher und dem Dotter der Raum mit klarem Eiweifs angefüllt ist (Fig. c). Die ganze Eiermasse wird von einer klebrigen, zähen, was- serklaren Schleimhiille von bandförmiger Gestalt, wie vorher beschrieben, umgeben, in welcher die Eier so fest kleben, dafs sie auf keine Weise einzeln herauszubringen sind. Jede Ei- haut schliefst nie mehr als einen Dotter in sich. Der letztere ist kugelrund, glatt, schneeweifs, undurchsichtig, und liegt, wie Tritonia, der einen Wand der Eihaut allezeit näher. So ver- halten sich die Dotter am Isten Tage. Nachdem theilen sie sich regelmäfsig, wie bei Tritonia, am 2ten Tage in 2 (Fig. d), obgleich noch viele ungetheilt sind; am 3ten Tage Abends waren fast alle in 4 getheilt (Fig. e, f, h), ja einige wenige zeigten schon den Anfang zu einer Theilung (Fig. g); am 4ten Tage sind die meisten noch viertheilig, doch manche schon achtfach getheilt (Fig. i, k) u. s. w., bis sie am 13ten oder 14ten Tage auf der ganzen Oberfläche fein granulirt (Fig. m) und am 20sten Tage ganz glatt und dem Ansehen nach homogen sind. Am 24sten Tage fingen die runden Lap- pen an, heryorzuwachsen, und der Embryo ein wenig krumm- gebogen zu werden, während sich die Konchylie entwickelt (Fig. n). — Am 25 — 27sten Tnge sieht man die Konchylie deutlicher, auch den Fufswulst, die runden Lappen sind merk- bar ausgewachsen und am Rande mit deutlichen, vibrirenden Cilien versehen, mit welchen der Embryo sich kreisförmig be- wegt (Fig. o, p), denn es ist nicht sonderlich Platz zu Be- wegungen anderer Art in der ziemlich dicht umschliefsenden Eihaut. Dieser Umstand ist auch die Ursache, dafs schon am 36sten Tage eine grofse Menge (mehrere Tausende) von Jun- gen (Fig. q, r) ausgekommen war, welche frei im Wasser herumschwammen, wie die Tritonienjungen, welchen sie auch in allen Stücken gleichen, wie in den runden Lappen mit de- 14* 212 ren Cilien, dem Fufse und dessen Deckel hintenauf, mit wel- chem die Oeffnung der Koncliylie verschlossen wird u. s. w. Die Konchylie (Fig. s, t), welche im Wesentlichen ebenfalls wie bei Tritonia gebildet ist, indem sie eine nautilusartige Form hat, kalkartig, hart, spröde, weifslich- durchsichtig, glän- zend und ausgezeichnet deutlich ist, ist bei Doris kürzer, mehr eingerollt (doch nur in einer Windung), und hat eine weitere Oeffnung. Grant, welcher im Edhib. Jomn. of sc, N. 13, 1827, einige Momente der Entwickelung der Doris beschreibt, hat das Ausschlüpfen der Jungen und ihr freies Umherschwimmen in der See vermittelst der Cilien beobachtet; er aber so we- nig, wie ein anderer mir bekannter Naturforscher, hat die Kon- chylie, auch nicht die Theilungen der Dotter bemerkt, noch überhaupt eine fortgesetzte Entwickelungsgeschichte geliefert. Lange vor ihm scheint Bomme (^^cta Soc. Fiessing, Vol. 3, 1773) die Bewegungen der Jungen im Eie bemerkt zu haben. Er bildet nämlich eine Doris (a. a. O. Fig. 4), welche ver- muthlich Dorw pilosa Muell. ist, auch den von ihr abgesetz- ten Rogen, sehr richtig ab. Nach Verlauf einiger Zeit fand er zu seiner grofsen Verwunderung im Rogen eine Menge „Raderdiertjes", wie er sich ausdrückt, welche ohne Zweifel die in den Eiern sich bewegenden Jungen waren. Auch Doris obvelata Muell. setzt am Schlüsse des Fe- bruar ähnliche spiralförmige Eierbänder von einer röthlich- weifsen Farbe ab; auch bei dieser Art umschliefst jede Eihaut nur einen Dotter. — Dagegen unterscheidet sich Tolycera, eine sehr nahe mit Doris verwandte Gattung, dadurch, dafs jede Eihaut im Bande mehrere (bis 6) Dotter enthält, welches ich bei Volycera variaiis nohis (Doj'is quadrilineata et D. cornuttty Zool. dam, et D. flava Montagu, welche alle drei einer und derselben Art angehören) wahrnahm, die ihren blafsvioletten Rogen um die Mitte des März absetzt. Erklärung der Figuren. Fig. a. stellt die Doris muricata^ l^ar., vom Rücken in nat. Gr. vor. Fig. h. Ein Kierband in nat, Gr. Fig. c. Zwei Eier vom Isten Tage, wie alle folgenden Fi- guren, vergrüfserl. 213 Fig. d. Zwei Eier vom ^ten Tage; die Dotter sind zwei- theilig. Fig. e, f, g, h. Eier vom ,3ten Tage; die Dotter vierthei- lig; bei Fig. g fangt der eine der 4 Theile wieder an, sich fer- ner in 2 zu theilen. Fig. i, k. Eier vom 4tenTage; die Dotter achttheilig. Bei Fig. i sieht man jedoch nur 7 Theile. Fig. /. Ein Ei vom Sten Tage, überall granulirt. Fig. m. Ein Ei vom 13ten Tage, sehr fein granulirt, oder fast ganz glatt. Fig. n. Zwei Eier vom 24sten Tage; die runden Lappen beginnen hervorzuwachsen ; der Embryo ist ein wenig gebogen, mid die Konchylie entwickelt sich. Fig. o, p. Zwei Eier vom 27sten Tage ; Fig. o von vorn gesehen, Fig. ^ von der rechten Seite;, die runden Lappen sind gröfser geworden, ihre Cilien bewegen sich, wobei der Embryo sich im Kreise herum bewegt, der Fufswulst ist sichtbar. Fig. gr, r. Eben ausgeschlüpfte, herumschwimmende Junge. Fig. q von der linken Seite, Fig. r von oben; die Konchyjie ist deutlicher; der Deckel hinten auf dem Fufse zeigt sich im Pro- file; endlich erscheint innerlich das Verdauungssystem, welches demselben bei den Tritonienjungen gleicht. Fig.. Sy i, zeigen die Konchylie, s von der S^ite, t von vorn- IV. Aplysia guttata noh» Dieser Seehase, welcher grofse Aehnlichkeit mit Aplysia üepilans und punctata hat, ohne, doch ganz mit diesen oder den übrigen in Rang's Monographie des Aplysiens aufge- führten Arten übereinzustimmen, ist die einzige hier an der Küste vorkommende Art der Gattung Aplysia und zeigt sich an unserm Strande einzeln, nie in irgend einiger Menge, den ganzen Winter hindurch ; im Sommer findet sie sich hier und und da in den Tiefen der Buchten. Am Anfange des März habe ich sie ihren Rogen absetzen sehn, ^) welcher eine cylin- drische Eierschnur von fast 1 File Länge, aber nur 1'" Dicke ist und mit vielen Biegungen um Tang oder andere Gegen- stände in der See geschlungen und an ihnen ziemlich stark *) Anders scheint es sich in südlicheren Meeren zu verhalteR; denn Rang sagt a. a. O, S. 28: „An unsern Gestaden paaren sich die Aplysien vom Juni bis zum September, ja sogar bis zum Octo- ber; das Eierlegen scheint kurze Zeit danach Statt zu finden;" und S. 55 von Aplysia fmciatu: „In der stürmischen Jahreszeit ziehen sie sich in die gröfsten Tiefen zurück." 214 befestigt wird. Auszeichnend ist die geringe Dicke im Ver- gleiche mit der des Tritonienrogens. Bei einem Individuum, welches ich in einem Glase voll Seewasser mit nach Hause genommen hatte, beobachtete ich das Eierlegen. Es war am 3. März, als die Eierschnur (Fig. a, ein Stück in nat. Gr.) anfing, langsam aus der Vulva herauszutreten, welche am hin- tern Ende der längs an der rechten Seite des Körpers laufen- den Furche liegt, an deren vordem Ende der Penis hervor- tritt. Das Thier befestigte das Ende der Schnur stark an das Glas, so dafs sie nur schwer unbeschädigt loszureifsen war und zog sie von da weiter in vielen und unordentlichen Krüm- mungen bald an der Wand des Glases, bald querüber nach der gegenüberstehenden Wand; erst am Morgen des folgenden Tages hatte das Thier sich von seinem Rogen ganz befreit. Die die ganze Eiermasse umgebende gelatinöse, ungefärbte cylindrische Hülle ist von ziemlich fester BeschafiFenheit und darin von der bei den vorher erwähnten Nudibranchien , bei welchen sie viel weicher ist, abweichend. — Uebrigens gleicht die Eierschnur des Seehasen der der Nudibranchien so sehr, dafs ich schon danach vermuthete, die von Carus gegebene Abbildung jener (Erläuterungstafeln zur vergl. Anat., Heft 3, Tab. 2, Fig. 5, 6, 7) sei niclit ganz genau, insofern er die Dotter oder Eier als in mannichfache Häufchen, ohne irgend eine besondere Hülle oder Eihaut, gesondert darstellt. Dage- gen hat Rang (a. a. O. Tab. 7, Fig. 3, 4) richtigere Zeich- nungen von der Eierschnur und den einzelnen Eiern der Aplysia fasciata geliefert. Jeder der eben genannten Häuf- chen ist nämlich wirklich von einer ovalen, ungefärbten Hülle oder Eihaut umgeben, oder, mit andern Worten: es verhält sich auf alle Weise wie bei Tritonia, dafs nämlich jede Ei- haut mehrere Dotter umschliefst (Fig. b, c). Gemeinhin ent- hält jede Eihaut 5 — 8 derselben, aber im hintern Ende der Eierschnur nur 4-2-1, ja ganz zu äufserst waren viele völlig leer, so wie oben von Tritonia bemerkt worden ist. Reifst man die äufsere, die Eiermasse umgebende Hülle entzwei, so fallen die Eier nicht aus, sondern sie sind so hineingesenkt in sie und kleben in ihr so fest, dafs man nur mit grofser Mühe einige einzelne herauspräpariren kann. — Die Dotter, welche alle der einen Seite, der Eihaut näher liegen, haben eine kugel- 215 runde Form und eine gelbbraune, undurchsichtige Farbe (Fig. c). An den folgenden Tagen theilten sie sich wie bei Tritonia etc., ich habe aber nicht Gelegenheit gehabt, so genau, wie ich es gewünscht hatte, alle ihre Veränderungen zu beobach- ten. — Am 36sten bis 38sten Tage (an den meisten vorher- gehenden Tagen wurde die Beobachtung gestört) war fast die ganze Eierschnur durch Unvorsichtigkeit verdorben; aber die noch erhaltenen Dotter waren jetzt in Embryone (Fig. d, e, Q verwandelt, von derselben Form wie bei Tritonia, nur waren die 2 runden, mit vibrirenden Cilien besetzten Lappen weni- ger getheilt auf der Rückenseite, auch war auf dem übrigens deutlichen Fufse der Deckel nicht zu bemerken. Die Kon- chylie, welche noch weich und gelatinös war, hatte übrigens eine ähnliche Form wie bei Tritonia. Die Embryone waren jetzt in lebhafter Bewegung mittelst der vibrirenden Cilien; zerrifs man die Eihaut, so schwammen sie eine Zeit lang im Wasser herum. — Am 48sten Tage waren viele Eier durch die Maceration, in welcher sich die Eierschnur befand, von der allgemeinen Schleimhülle gelöst, so dafs sie leicht von einander getrennt werden konnten; die Embryone waren so sehr gewachsen, dafs sie nur mit Mühe Platz innerhalb der Eihaut fanden. — Am 52sten Tage waren fast alle todt; bei einigen wenigen noch lebenden war die Konchylie schon etwas in die Länge gewachsen (Fig. g). — Man sieht übrigens leicht ein, dafs diese Konchylie, welche völlig äufserlich ist, sich nicht in das halb innerliche, sogenannte Konchylienrudiment oder die Schale verwandeln kann, welche die Kiemen des See- haasen im erwachsenen Zustande bedeckt; diese Art von Kie- mendeckel bildet sich ohne Zweifel in einer viel spätem Pe- riode. Dafs die erstere transitorisch sei, folgt aus der Ana- logie mit den Tritonien. Diese, wie es scheint, im Verhältnisse zu der der Nudi- branchien, langsamere Entwickelung mag vielleicht nur schein- bar und von dem verdorbenen Zustande, in welchem sich die erwähnte Eierschnur befand, verursacht worden sein. — Dafs übrigens die Jungen der Seehasen nicht in einem Jahre voll auswachsen, schliefse ich daraus, dafs ich am Ende des Fe- bruars Junge gefunden habe, welche ausgestreckt kaum 1" lang waren (und übrigens den erwachseneu gleich), da hinge- 216 gen die ganz erwachsenen, welche zu derselben Zeit vorkom- men, eine Länge von 4 — 6" besitzen. Denn analog mit den Nudibranchien, mit welchen sie in der Entwickelung so sehr übereinstimmen, kann man nicht annehmen, dafe diese Thiere sich öfter als einmal im Jahre fortpflanzten. Erklärung der Figuren. Fig. a. Ein Stück der Eierschnur von Aplysia guttata noh., in nat. Gr. Fig. b. Ein Stück davon vergröfsert. Fig. c. Ein Ei mit 7 Dottern, noch mehr vergröfsert und leicht unter dem Compiessorlum gedrückt, vom Isten Tage. Elg. d. Ein EI vom 37sten Tage mit 6 rotirenden Em- bryonen. Fig. e. Einer von diesen, noch stärker vergröfsert, von hin- ten angesehen. Fig, f. Derselbe von der rechten Seite. Fig. g. Ein Embryo vom 52sten Tage; dieselbe Vergröfse- rung, von der rechten Seite; die runden Lappen und der Fufs deutlich; die Konchylie ist In die Länge gewachsen. Schlufsbemerkungen. Fassen wir nun kurz die dargelegten Entwickelungsge- schichten, so weit wir sie bis dahin von Tritonia, Aeolid'taj Doris und Aplysia kennen gelernt haben, zusammen, so er- geben sich folgende Resultate als die wichtigsten: 1) Bei allen diesen nackten Molluskengattungen (Nudibran- chien und Tectibranchien) fällt die Zeit des Eierlegens, nach vorhergegangener Paarung im Winter, in die ersten Monate des Jahres. Die zahlreichen Eier werden in Form einer lan- gen, zusammenhangenden Schnur oder eines solchen Bandes abgesetzt, welche von einer eben so geformten Schleimhülle umgeben sind, und dann von der Mutter ganz verlassen. 2) Das Ei besteht aus dem Dotter, welcher dicht von der Dotterhaut umschlossen ist; aufserhalb dieser befindet sich Ei- weifs, welches jedoch häufig mehreren Dottern gemeinschaft- lich ist und von der Ei- oder Schalenhaut umschlossen wird. 3) Der Dotter, welcher im strengen Sinne das eigentliche Ei ist, durchläuft eine Reihe von Umformungen durch regel- mäfsige Theilungcn und weitere Theilungen, damit der Em- bryo gebildet werden könne. 217 4) Der ganzö Dotter verwandelt sich in den Embryo; es findet keine Abschniirung eines einzelnen Theiles desselben zum Embryo Statt (folglich giebt es da keine Vesicula umbi- licalis), noch geht die Embryobildung an irgend einer gewis- sen Stelle des Dotters, sondern überall in demselben vor sich. 5) Der Embryo giebt sein Leben zuerst durch eine roti- rende Bewegung zu erkennen, welche durch zahlreiche, vibri- rende Cilien bewirkt wird, mit denen zwei aus seinem vor- dem Ende hervorwachsende runde Lappen, welche Verlänge- rungen des Mantels zu sein scheinen, am Rande besetzt sind. Diese Bewegung wird allmählig stärker, mehr variabel und willkiihrlich. Durch sie wird auch dem Embryo stets neues respirablcs Fluidum zugeführt. — Nach und nach entwickeln sich die einzelnen Organe, das Verdauungssystem mit der Le- ber, der Fufs (mit seinem Deckel), und, was besonders merk- würdig ist,' eine äufsere Konchylie, welche die weichen Theile umfafst. Diese Konchylie ist anfangs gelatinös und weich. Der Kopf entwickelt sich noch nicht deutlich; keine Tenta- keln, keine Kiemen. 6) Endlich nach dem Zeitraum eines Monates oder etwas mehr sprengen die Embryone die dünne Ei- oder Schalenhaut, treten als Junge, welche an Gestalt und Bewegungsart den er- wachsenen Thieren sehr unähnlich sind, aus der aufgelocker- ten allgemeinen Schleimhülle heraus und schwimmen rasch in der See umher mittelst der vibrirenden Cilien. Die Konchy- lie, welche inzwischen in die Länge gewachsen ist und eine nautilusartige Gestalt mit einer in sich selbst eingerollten Win- dung hat, wird nun durch aufgenommene kalkartige Theile hart und spröde, und beschützt das Junge vollkommen, wenn dieses sich, wie bei einer Reizung geschieht, ganz in sie hin- einzieht. •- Die fernere Entwicklung und die folgenden Metamorpho- sen, welche die hier bemeldeten Thiere untergehen, sind noch durch keine Beobachtung entdeckt worden, dafs sie aber be- deutend sein müssen, können wir aus dem nun schon Bekann- ten schliefsen. Diese Mollusken können in der Hinsicht fast den Insekten an die Seite gesetzt werden, jener Thierklasse, welche man besonders durch die merkwürdigen Verwandlun- 218 gen charakterisirt hat, welche ihre Individuen in deren Ent- wickelung erleiden. Dafs auch die meisten Gasteropoden aus der Ordnung der Pectinibranchien eine der Entwickelung der hier erwähn- ten Mollusken sehr ähnliche besitzen, habe ich mehrere Gründe anzunehmen. So ist es kaum einem Zweifel unterworfen, dafs die beiden Arten der Gattung, welche ich in meiner oben ci- tirten Schrift unter dem Namen Cirropteron beschrieben habe, und die nun als eine eigene Gattung betrachtet werden mufs, hierher gehören; sie sind wahrscheinlich die Jungen eines oder des andern Turbo, TvochuSy einer Nerita oder anderer Pectini- branchien, indem sie eine in mehrere Windungen in eine her- vorstehende Spitze gedrehte Konchylie besitzen. Auch zeigen nach Grant's obzwar weniger vollständigen und nicht fort- laufenden Beobachtungen (JEdinb. Journ. of scißnce, N. 13, 1827) die Gattungen Buccinum, Purpura, Turbo, Nerita, grofse Aehnlichkeit, besonders die beiden letztgenannten. Endlich kann ich nicht unterlassen, auf die anscheinende höhere Stufe der Entwickelung aufmerksam zu machen, auf welcher die Jungen der obengenannten Mollusken rücksichtlich der Bewegung vor den erwachsenen Thieren zu stehen schei- nen; jene bewegen sich rasch und frei in der See umher- schwimmend, diese dagegen kriechen langsam und schwerfällig am Grunde der See dahin. Dieses Phänomen steht nicht verein- zelt da. Aufser dem, was man von den Jungen der Cirripe- dien aus Thompson 's Beobachtungen kennen gelernt hat, deren Richtigkeit man jedoch anfangs bezweifelte, kennen wir Nordmann's genaue Beobachtungen über die Entwickelung der Lernäen, deren Junge mit Schwimmfüfsen und Augen ver- sehen sind und in diesem Zustande frei und rasch in der See, wie Mcffioculi, umherschwimmen. Von den zusammengesetz- ten Ascidien habe ich, ohne Audouin's und Ed ward's frü- here Beobachtung zu kennen, etwas Aehnliches (Bcskr. og Jagilageher, p. 69, Tab. 13*) gezeigt, indem diese im er- wachsenen Zustande stets festgevvaclisenen Thiere als Junge frei sind und mit Hülfe eines schwanzartigen Aiiliangs wie die ♦) In diesem WcM'ke ist dem Texte zufolge Tab. 12 mit 13 uiul Tab. 13 mit l'i uiirichlij; bezeichnet. 219 Kaulquappen der Frösche umherschwimmen. Bei den See- sternen werden wir bald eine ähnliche, wie es scheint retro- grade Entwickelung zu sehen bekommen. Ueber die oben dargelegte Entwickelung der Mollusken habe ich bei anderen mir bekannten Schriftstellern nur sehr wenig gefunden, und bei keinem fortgesetzte Beobachtungen. Die besten Beiträge hat Graut a. a. O. geliefert. Audouin und Edwards (fiecherches sur le litoral frangais, Vol. L, p. 134) beschreiben nur ganz kurz den Rogen von Doris und PleurohranchuSf ohne der Entwickelung zu erwähnen, wie Cuvier (Das Thierreich, übers, v. Voigt, Bd. 3, S. 114) den Rogen von Boris und (S. 133) von Aplysia. Was ich demnach oben vorgetragen habe, ist nur das Resultat eigener Beobachtungen. — Abbildungen vom Rogen oder von den Eiern dieser Thiere finden sich, so viel ich weifs, nur bei Carus (Erläuterungstafeln, Tab. 2) und bei Rang (Mowo- graphie des Apfysiens, Tab. 1) yon Aplysia und bei Bomme (^Acta Soc, Flessing.y 1773, F. 4) von Boris» (Fortsetzung folgt.) 221) Einige Bemerkniigen über die Bekleidung des L aufs der Singvögel, Passerinae, Nitzsch. Von H. Burmeister, Prof. zu Halle. Die interessante und sehr dankenswertlie Mittheilung des Herrn Grafen v. Keyserling und Herrn Prof. Blasius über die Bekleidung des Laufs der Singvögel, in welcher beide ein charakteristisches Merkmal dieser anderweitig nur nach ana- tomischen Eigenschaften bestimmt begrenzten Gruppe wahrzu- nehmen glauben, hat gewifs die Aufmerksamkeit aller Orni- thologen in hohem Grade erregt, besonders da es an einem solchen allgemein gültigen Merkmale der Passerinen in ihrer richtigen Begrenzung noch immer gefehlt hat. Wenn ieh da- her auch im ersten Augenblick, als ich diese Mittheilung er- fuhr, nur von Freude über den glücklichen Fund erfüllt wurde, so konnte ich doch bald darauf einige leise Zweifel an der allgemeinen Anwendbarkeit jenes Merkmales nicht un- terdrücken, besonders weil es mir nicht in den Sinn wollte^ dafs ein Beobachter wie Nitzsch, dessen Genauigkeit unter den Zoologen fast sprichwörtlich geworden ist, ein so wichti- ges und so leicht in die Augen fallendes Kriterium übersehea haben sollte» Ich musterte daher seine Manuscripte, welche sich Behufs der Herausgabe des literarischen Nachlasses fast siunmtlich in meinen Händen befinden, genau durch, und fand dann auch bald, dafs ihm der erwähnte Character weder übei*- haupt entgegen war, noch er die keinesweges allgemeine An- wendbarkeit desselben übersehen hatte. Indefs ist die Anzahl der von ihm beobachteten Ausnahmen nur gering und be- schränkt sich auf zwei Fälle, welche ich hier mit seinen eige- nen Worten anlülire: 221 «Bei Synallaxis setaria, Temm. pl. col. 311. finde ich die Läufe oder Metatarsen ungemein merkwürdig dadurch, dafs die Hinter- ocler Seitenschienen gänzlich fehlen, die vorderen Schilder sich an der Innenseite ganz bis nach hinten fortsez- zen, und an der äufseren Seite hinter den lange nicht so weit nach hinten reichenden Schildern eine Reihe rundlicher ellip- tischer Papillen oder Schuppen sich befinden , welche etwas vertieft zu sein scheinen, im Leben aber weich und erhaben gewesen sein dürften. Dadurch ist diese Gattung von Malu- rus sehr verschieden.» Den zweiten Fall fand Nitzsch bei Cephalopterus or- natus, von dem er sagt: «Die Läufe vorn etwa mit sieben Schienen, übrigens hinten blofs kleine körnige Schuppen.» Aus diesen Notizen, namentlich aus der über Synallaxis, geht aber hervor, dafs Nitzsch die typische Bedeckung des Laufs der Singvögel sehr gut kannte, da er Synallaxis als eine so merkwürdige Ausnahme hervorhebt, und darin einen Unterschied von Malm^us sucht; es beweist aber zugleich seine Darstellung, dafs er durch Anerkennung dieser Ausnahme auch die Allgemeinheit der gewöhnlichen Laufbekleidung nicht behaupten konnte. Noch mehr mufste ihn der Bau bei Cepha- lopterus in dieser Ansicht bestätigen. Dem Andenken eines so schätzbaren, um die Ornitholo- gie hochverdienten Mannes glaubte ich diese Bemerkung, welche einen neuen Beweis für den Umfang seiner Studien, und für die Behutsamkeit, mit welcher er allgemeine und be- stimmende Charactere aufstellte, zu liefern im Stande ist, schul- dig zu sein; und mache sie um so lieber, als dadurch der Werth des von jenen Herren gefundenen Gruppencharakters keinesweges weggeleugnet werden soll, sondern vielmehr blofs in seine gehörigen Grenzen eingeschlossen. Um letztere mit bestimmen zu können, habe ich in der Zeit, welche zwischen der Veröffentlichung des Charakters und dem Moment, wo ich dies schreibe, liegt, alle Singvögel des hiesigen fcDologi- schen Museums einzeln durchgemustert, und dabei gefunden, dafs aufser den beiden von Nitzsch bemerkten Ausnahmen nicht blofs noch mehrere ganz ähnliche vorkommen, sondern auch einige andere und eigenthümliche, welche ich, so weit sie mir bekannt geworden sind, hier näher anzugeben beab- 222 sichtige. Ich gehe dabei von einer etwas genaueren Angabo der gewöhnlichen Laufbekleidung bei den Singvögeln aus. Dieselbe besteht auf der vorderen Seite ohne Ausnahme aus halbgiirtelförmigen Schienen, deren Anzahl von ein bis neun wechselt, und gewöhnlich sich auf 5, 6 oder 7 zu belaufen pflegt. Von diesen Schienen sind in der Regel die mittleren etwas gröfser als die obern, und zumal untern, welche bald die Zehenschienen nicht an Gröfse übertreffen, ja richtiger noch, sie nicht erreichen, um die Beweglichkeit der Zehen an ihrer Gelenkstelle nicht zu hindern. Ist nur eine Hauptschiene da, so pflegt man dies durch den Ausdruck gestiefelt zu bezeichnen. Die hintere oder Sohlenseite des Laufs, welche jedoch bei den Singvögeln niemals als Sohle benutzt wird, hat in der Regel eine aus zwei langen schmalen Schienen ge- bildete Bedeckung. Beide Schienen beginnen oben neben dem Hacken mit abgerundeten Enden, nähern sich einander an der Hinterkante, stofsen hier zusammen, und bilden so eine ziem- lich scharfe Leiste, welche nach unten bis in die Gegend des Daumens hinabreicht. Hier runden sich dann die Schienen noch einmal zu, und die Bekleidung des Fufses hinter ihnen wird wieder warzig, wie sie auch am Hacken zu sein pflegt, wenn nicht, was öfters der Fall ist, unten neben jeder Schiene noch 1 oder 2 Schilder angebracht sind. Diesen Hauptsing- vogeltypus, wie man ihn passend nennen könnte, da er aus- serhalb der Gruppe der Passerinen nirgends vor- kommt, finde ich konstant bei den Gattungen Corvus, Glau- copis, Paradisea, Epimachus *), Ptilorhynchus, Kitfa, Ca- lodera, Bomhycilla, Frocnias, Tanagra, Euphone, Parda- lotus, Fringilla, Loxia, Emheriza, Ploceus, Cassicus, Icte- rus, Sturniis, Pasfoj\ Buphaga, Oriolus, den meisten La- niadejiy Muscicapiden , ferner bei Bethyliis, Edolius, Lam- protomis, Ixos, Malurus, Turdus, Accentor, Grallinay Motacßla, Anthus, Saxicola, Sylvia, Regidus, Parus, Tro- glodyWs, Cinclus, Pitta, Pteropfochus, Myothera, Anaha- tes^ Certhia, Philedon, Neciarinca, Tichodroma, Arach- noihcres, Coercha und llirundo. Eine geringe Modifikation '') Nach Nitzsch's dctaillirtcr Untersuchung ein ächter Singvogel und naher Verwandter von Paradisea. 223 dieses Typus ist es, wenn die beiden hinteren langen Schie- nen so schmal sind, dafs sie auf der hintersten Kante des Laufs, wo sie gewöhnlich die Kante bilden, eine Lücke zwi- schen sich lassen, welche von derselben warzigen Haut, die über und unter den Schienen am Lauf sichtbar ist, ausgefüllt wird. So fand ich es bei Gracula religiosa (JEuldbes Cuv.) und Nectarinea cqffra (Fromerops Cuv.'). Gerade entge- gengesetzt verhalten sich einige Gattungen mit sehr dünnen zierlichen Läufen, insofern diesen die beiden hinteren schma- len Schienen ganz fehlen, aber dafür die vorderen Halbgür- telschilder so grofs sind, dafs sie wie ganze Gürtel um den Lauf herumgreifen und in einer feinen Linie auf der hinteren Seite des Laufs an einander stofsen. Dies ist der Typus bei den ächten kleinen P/p7*«- Arten, wie P. caudata, P. Mana- cus, P. pareola, P. ßlicauda Spix. ; vielleicht auch bei Tro- glodytes und einigen kleinen Myotheren, welche ich nur in einzelnen, 'schlecht erhaltenen Stücken untersuchen konnte. Hiervon ist nun die durch Nitzsch von Synallaxis setaria bekannte Form eine geringe Abweichung, die darin besteht, dafs die Gürtelschienen an der Aufsenseite des Laufs nicht ganz bis zum Hinterrande herumgreifen, sondern einen schma- len Streifen frei lassen, auf dem sich dann die elliptischen ge- nabelten Schuppen zeigen, welche den Lauf überall da beklei- den, wo Schienen oder Schilder fehlen. Ich habe dieselbe Bildung noch einmal bei Opetiorhynchus rupestris Kit iL gefunden, und auch bei Philedon Novae Hollandiae (^Certh. N. H. Lath^, wo indefs die Reihe der elliptischen Schup- pen nicht an der Aufsenseite des Laufs liegt, sondern an der inneren. — Für eine Modifikation anderer Art ist es zu hal- ten, wenn die Gürtel der Vorderfläche an beiden Seiten gleich weit herumgreifen, aber noch nicht zusammenstofsen, sondern vielmehr die äufserste Hinterfläche frei lassen. Auf dieser bil- det sich dann eine eigenthümliche Bedeckung, welche hei Sitta aus einer einzigen schmalen Schiene besteht, bei Bendro- colaptes aber aus einer Reihe grofser quadratischer Schilder. — Hieran schliefst sich, als neue Modifikations- stufe, ziemlich nahe der Bau der Lerchen, welche darin ab- weichen, dafs so wie vorn eine Reihe Halbgürtel auf dem Laufe liegt, so hinten zwei Reihen länglicher Schilder wahr- 224 genommen werden, die in ihrer Lage den beiden langen Schie- nen des Haupttypus entsprechen. Die Anzahl dieser Schilder ist verschieden, je nachdem sie auf der Aufsenseite liegen» oder auf der inneren; denn ich fand bei Alauda calandra z. B. aufsen nur 5, innen aber gegen 12. Natürlich sind die inneren auch viel kleiner, und nähern sich, zumal nach un- ten, ganz den elliptischen Schuppen von Synallaxis, Opetio- rhynchus und Fhiledon. Höchst ähnlich dieser den Ler- chen eigenthümlichen Bildung ist die Bekleidung des Laufs bei Meriura superha. Vorn findet man neun Halbgürtel von beträchtlicher Länge; hinten aber zwei Reihen schief neben einander liegender Schilder, von denen die äufsere Reihe bei dem mir vorliegenden Exemplar 12 enthält, die innere aber gegen 20, freilich an beiden Enden schon sehr verkleinerte und in die gewöhnliche Schuppen- oder Warzenbildung über- gehende. Die letzte und bedeutendste Abweichung findet sich in der Familie der Ampeliden, und ist von Nitzsch bei Ce- -phaloptevus ornatus schon erkannt worden. Sämmtliche gröfsere Repräsentanten dieser Gruppe, auf welche man sie daher am richtigsten beschränken sollte, haben blofs auf der vorderen Seite des Laufs die gewöhnlichen Halbgürtel in ver- schiedener Zahl (5 — 9), aber die ganze Hinterfläche ist ent- weder von den elliptischen genabelten warzenartigen Schup- pen bedeckt, oder ganz nackt. Jenes Schuppenkleid sah ich bei Coracina calva, scutata, ruhricollisj w^ohin Cephalopte- rus ornatus ebenfalls gezogen werden könnte; ferner bei Chasmarhynchus nudicollis, bei Ampelis foetida^ A. Poin- padora, A. purpurea und den kleineren Eurjlaimus-Arteny wie E. nasutus, Horsfieldii und cucullatus. Dagegen hat Euryl. Corydon mitten in dem Schuppenkleide, genau an der hinte- ren Kante des Laufs, eine Reihe gröfserer Schilder. Ampe- lis cayana weicht wieder in anderer Weise ab, und hat aus- sen an der Hinterseite des Laufs mehrere grofse Schilder in einer Reihe, innen dagegen zwei Reihen, von denen die mehr vordere aus etwas gröfseren Schildern besteht, die hintere aus den gewöhnlichen elliptischen Schuppen. Allein auch mit die- ser Modifikation ist die Menge der Ausnahmen nicht erschöpft, es fehlt noch die Form der ganz nackten häutigen Sohle, wie 225 sie in den gröfseren Pipra- Arten (im Sinne Wagler's, Isis, d830, 928.) auftritt. Bei diesen ist überhaupt die Bekleidung des Laufs nur ein spezifischer Charakter. So hat Pipra rii- picola {Rupicola aurantia Vieill.^ vorn blofs eine einzige lange Stiefelschiene und innen vom Hacken bis auf die Mitte des Laufs eine schwache Befiederung, der nach aufsen und oben die elliptischen Warzen gegenüberstehen; aber unten und hinten ist der Lauf ganz nackt. Noch deutlicher tritt die Be- fiederung an gleicher Stelle bei Pipra coccinea (^Ampelis carnifex Spix.) auf, bei welcher Art jedoch vorn 6 deut- liche, aber schmale Schilder am Lauf gesehen werden und die Warzen an der llinterseite ganz fehlen» Pipra viridis (^Ca- lyptomene Horsf.^ hat zwar vorn ebenfalls Schilder, aber keine Befiederung an der Innenseite; diese ist ganz nackt, während die äufsere Warzen erkennen läfst. Pipra chyso- pogon {Phibalura P^ielL) endlich hat weder Federn noch Warzen am Lauf, sondern vorn Halbgürtel, und an der hin- teren Aufsenseite zwei Reihen ziemlich grofser elliptischer Schilder. Diese Abweichungen vom Haupttypus, wie er den mei- sten Passerinen eigen ist, zeigen nun wohl zur Genüge, dafs sich der von der Bekleidung des Laufs herzunehmende Cha- rakter mit nicht gröfserer Sicherheit als Gruppenmerkmal in Anwendung bringen lafst, als der von Nitzsch bisher be- nutzte, und von mir immer als dessen Kriterium angegebene (z. B. in meiner Naturgeschichte S. 767), welcher im Bau und in der Nacktheit der Bürzeldrüse, wie auch in der Zahl der Schwanzfedern ausgedrückt ist. Letztere erleiden zwar einige Ausnahmen, denn manche Edolius- Arten und Phrenotrix Te- mia Horsf. {Glaucopis varians Temm.^ haben nur zehn, keinesweges aber irgend eine Sylvia, wie Wiegmann (Handb. d. Zoologie S. 100.) von allen behauptet*); allein die nackte. *) Dieser Fehler, auf welchen mich schon der verewigte Nitzsch gleich nach Erscheinen meines Handbuchs aufmerksam machte, mag allerdings gröfstentheils durch den Zufall herbeigeführt sein, dafs die von mir 1829 in unserem Museum untersuchten Exemplare vieler Sylvien -Arten defekte Schwänze hatten. Vielleicht findet sich indes- sen die Zahl 10, welche bei Sylvia Cetti wirklich regelmäfsig ist, noch bei manchen anderen Arten, und diese hat mir damals der Zu- fall in die Hände geführt. Ich werde gelegentlich hierüber nähere Wiegm. Archiv. VI. Jahrg. 1. ßandö J.^ 226 kurze, herzförmige Biirzeldriise ist allen eigen, und wohl ihr sicherster Charakter. Es findet sich nämlich die zuletzt geschilderte Modifika- tion der Laufbekleidiing gerade auch bei denjenigen Cuculi- nen (Nitzsch), welche den Passerinen äufserlich am ähn- lichsten sind und bisher dalnn gezogen wurden, nämlich bei Caprimulgus, Coracias, Prionites, Upupa, Buceros, Co- lius, selbst vielen Cohtmhis; und es bleibt mithin diese Form weder für die eine noch für die andere Gruppe ein bestimm- tes Kriterium. Für die übrigen mit Kletter- oder Schreit- füfsen versehenen Gattungen der Cuculinen bedurfte es eines solchen nicht mehr, da beide Fufsformen den Passerinen nicht eigen sind (die letztere etwa nur in schwacher Anlage bei Pipra\ und wo sie bestimmt auftreten, eine Verwandtschaft mit den Cuculinen deutlich genug beweisen. Ein Gleiches läfst sich also von der hinteren warzigen Bekleidung des Laufs nicht behaupten, selbst wenn man die Ampeliden von den Passerinen trennen und mit den Cuculinen verbinden wollte, was wegen des einzigen abweichenden Verhältnisses in der Fufsbildung doch immer nur ein unnatürliches Verfah- ren bleiben würde; denn auch aufserhalb der Ampeliden ist die bei ihnen beschriebene Bildung noch einmal konstantes Gruppenmerkmal. Ich finde dieselbe nämlich als Gattungs- charakter derjenigen Muscicapiden undLaniaden, welche die Gattung Tyrannus und Psaris Ciiv. bilden, so viele ich deren habe untersuchen können, namentlich bei Lantus flaviis^ Muscicapa plumhea, M. animosa, M.ferox, M. despotes, M. cayennensis, M. Paradisi; dann bei den Psaris Temm., z. B. bei Lan. cayanus, L. validus und Ps. leucospilon. Bei allen diesen hat der Lauf vorn Halbgürtel und hinten die elliptischen genabelten Warzen, vor denen an der Aufsenseite neben dem Rande der Halbgürtel noch eine Reihe gröfserer platter schildförmiger Schuppen herabläuft. Nachsiichungen anstellen. Zugleich sehe ich mich genöthigt, zu be- merken, dafs mir Nitzsch's System in dessen Abhandlung de caro- tide avium erst nach dem Druck der die Singvögel enthaltenden Bo- gen meines Hanäbuchs bekannt wurde. Icli kannte damals nur seine Beiträge zu Naumann's 5 ersten Bänden und in Meckel's Archiv; daher denn einzelne Mifsgriffe und Mängel nicht ausbleiben konnten. Herausgeber. 227 Bericlitigiingen. Von Gloger. Eine mir so eben zu Gesicht kommende Abhandlung von den Herren Graf Keyserling und Prof. Blasius, „über ein zoologisches Kennzeichen der Ordnung der Sperlingsarti- gen oder Singvögel", Jahrgang 1839, Heft 4, S. 322 dieses Archivs, beginnt mit folgenden Worten: „Während die üoüa oleifera welche in Indien und Abyssinien gebaut wird, u. s. w. 299 Nehmen wir alle diese Ursachen des Irrthums aus, und übergehen wir einige seltene Falle, in welchen die Identität der Arten nicht constatirt ist*), so finden wir, dafs die An- zahl der Compositen, von denen man annehmen kann, dafs sie entfernten Regionen gemeinsam seien, sehr gering und zweifelhaft ist. Hierher gehören: 1, Eclypta erecta, welche in Nord- und Süd-Amerika, so wie in Nord- und Süd -Afrika gefunden worden ist. 2, Erigeron subulatum, welches in Amerika von den Vereinigten Staaten bis nach Chili wächst und sich auf den Sandwichsinseln wiederfindet. 3, Cotula coronopifolia, welche bei Hamburg, am Vorge- birge der guten Hoffnung, auf Neu-Seeland, auf Van Diemens- Land und vielleicht auf dem Monte Video wächst. 4, Cotula anthemifolia ^ welche am Vorgebirge der gu- ten Hoffnung, in Indien, am Senegal und vielleicht auch auf St. Helena wächst. 5, Myriogyne minuta, welche in Indien, Japan, auf den Philippinen, in Neu-HoUand, auf den Societäts-Inseln auf Neu- Seeland, Madagaskar und St. ?4oritz gesammelt worden ist. 6, Chevreulia stolonifera, von welcher man sagt, dafs sie auf dem Monte Video und auf Tristan d' Aucuba wachse. 7, Urospennum picroides, von welchem man Exemplare vom Vorgebirge der guten Hoffnung und Madeira besitzt, ob- gleich es am Strande des mittelländischen Meeres vorzüglich häufig ist. Endlich besonders: 8, Gnaphalium luteo-album, welches man in allen Erd- theilen findet und eine vorzüglich sporadische Art zu sein scheint. Es sind somit in einer Familie, welche man zu den am Besten bekannten zählen kann, 8 Arten unter 8500, welche den allgemeinen Gesetzen der botanischen Regionen des Erd- balls sich zu entziehen scheinen, und diese 8 Arten besitzen so kleine und zahlreiche Saamen, wachsen überdiefs meistentheils so nahe an den Küsten, so dafs es mir nicht schwer zu glau- *) Dergleichen sind: Bidens aurita von Amerika und Indien, Artemisia biennis von Kamtschatka u. Neu-Seeland, Acliillea san- toUna von Brasilien, welche dieselbe, wie die aus dem Oriente sein soll. 300 ben scheint, dafs sie durch Menschen oder physikalische Ur- sachen, wie Meeresströmungen und Winde dahin verführt worden seien. Dieses Ergebnifs ist um so aufiallender, als die Familie der Conipositen zu denjenigen gehört, bei welchen eine grofse Verbreitung der Arten am Leichtesten zu bewerkstelligen scheint; wirklich sind die Compositen auch im hohen Grade ausdauernd, fügen sich in eine grofse Anzahl von climatischen Verschiedenheiten, die Saamcn keimen mit grofser Leichtig- keit, sie sind sehr klein und fast alle mit Haarkronen verse- hen, welche ihre Verstreuung in sehr entfernte Gegenden er- leichtern. Es ist diese Familie auf solche Art und Weise organisirt, nnd trotz dem finden wir nur so wenige Arten in derselben, welche in von einander entfernten Regionen, oder in benachbarten Regionen wachsen. Ich komme fast zu der Vermuthung, dafs diese Thatsache ganz natürlich zu folgen- den allgemeinen Gesetzen hinleite. 1 , Es ist nicht nothwendig, w ie ein talentvoller und tüch- tiger Botaniker, Herr Schouw gethan hat, für die Arten, welche man in grofsen Entfernungen auf dem Erdball ver- streut antrifft, oder gefunden zu haben glaubt, einen ver- schiedenen Ursprung anzunehmen. 2, Die sehr oberflächlich entworfene Theorie von der Eintheilung des Erdballs in botanische Regionen, scheint auf einer sehr imposante Anzahl von Thatsachen zu beruhen, weil gerade bei derjenigen Familie, welche zu Ausnahmen am pas- sendsten zu sein scheint, diese Vertheilung unter 17 Malen sich 16 Mal angedeutet findet und es in derselbei» keine Aus- nahmen gl wie 1:16. In Lappland Auf den Sandwichsinseln Auf der Insel St. Barthelemy (Antillen) Auf dem Festlande von Indien wie 1:19. Am Congo, in Guinea "j Im Indischen Archipelagus l wie 1:23. Auf der Insel Sitcha j Auf den Societätsinseln wie 1:28. In Guinea wie 1 : 33. Im holländischen Antheile von Guiana wie 1:43. Wir müssen aber noch bemerken, dafs die auffallenden Ausnahmen, welche obige Tabelle von dem angegebenen Ge- setze, dafs auf den Inseln die Compositeu vorherrschen, aufweist daher kommen, dafs die am Ende der Tabelle angeführten Inseln entweder in botanischer Beziehung nur unzlänglich bekannt sind, wie die Societätsinseln, oder den Küsten sehr nahe lie- gen, wie die Balearen, oder endlich im hohen Norden liegen wie die Insel Sitcha. Es bliebe nur noch übrig, die Compositen in Bezug auf ihre Standorte, nehmlich in Bezug auf Temperatur, Höhe über dem Meere, Bodenart etc., einer vergleichenden Unter- ; suchung zu unterwerfen, doch ist es nicht möglich, diese Ar- beit bei dem gegenwärtigen Materiale auf eine nur einiger Maafsen genaue Art und Weise zu unternehmen. j^ Im Allgemeinen kann man wohl sagen, dafs die Compo- siten in der gemäfsigten Zone in Vergleich zu den sehr kalten oder sehr heifsen Gegenden häufig seien, denn unter den Tropen findet man sie nur auf den Gebirgen in sehr grofser Menge, doch scheint es mir nicht möglich nur an- näherende Zahlenverhältnifse aufzustellen. In Bezug auf die Höhe ist dieses auch der Fall, obgleich es wahr sein mag, dafs sie zu denjenigen Pflanzen gehören, welche auf bedeutender Höhe vorkommen. Die überwiegende Zahl der perenniren- Wieg^m. Archiv. VI. Jahrg. 1. Band. 2() 306 lien oder straiicliartigen Arten wiinle schon hierauf schliefsen lassen, doeh die ungeheure Zahl der Arten, deren Standorte nicht genau bekannt sind, erlaubt derartige Untersuclmngen nicht. Ich werde hiermit die statistische Arbeit über die Fami- lie der Compositen schliefsen. Ich fühle deren mehrfache Unvollkommenheit, doch glaube ich, dafs diese Arbeit als Beispi^ » Cl .- -•= ^ in c ^c •fliT-eslCMrHMCJ 0 Ci - ■rH CO »^ 0 X PO In ^ j: j3 o s 0 o 1 S?-fOM^(N-rt» z S i. t: .^•«XiNSCO^CC (N Cl M ■3 c «='=| (N CO l- ^ -^ -rt 2 ■;-i (NINtH tH 05 .^ Ü .-; cooMt-t^eo'*« c 'c^(NTHX '2 > H; = TSCO -rt X a « " &. 2 -0 s 6fl fc g g cj § 0 S q 'S III I. 1 1 « 0 S c 3 O © S - W CS H I Tfi)« O) cc in in CO in CO t> CO - I I i I I II in (N CO t^ X CO r)< CO m •O T-l O tO O tH O ' t^ojO^iniMosco in CO "^ "^ CO*^ Tf T^ TJI -^H ■»M'ji 1 1 t !^-^>'X ^ — " ■ . •}qoi.'.iXn»iU3a qoi'u -lunsiBjox '^ f^t (N 0 IN CO (M in X •sipss onupt; i> , >n X ■^ i 1 1 1 1 C- Ol CO CO X •aB3Dl.'.T0H0I3 s-^g - - 1 1 II co ■aBaDBiAnBSSBfij S |5 ^ ' , 1 ^1 s in NM 0) •aB3:>B!spn[\i in 0 —1 CO 'S" (NO tH 1 O! rj* CO 1 (N a CO ■aBOJBU-Ca CO —1 CO in CO C) CO CO 0 1 1 11 (N 0 (N i 0 J1 ■aBapiopauag coc-\g^xerä ino CS m CO % ce B b 0 Ei 0 ■aBop!0.iojsv x'^S S S 2 ^ ?5" •ri m in ■« c^ CO h aBaoBUojBclng ^■rtOjxini> (M^ (N -rt X n< 1 (NC: X CO CO :3 ■aBa3Buiouja,\ mT^»* in m in eo coco »Jl "5)1 'S! 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Endemische Arten der Compositei). 307 lieber den Bau des Pentacrinus Caput Medusae Von J. M ü 1 1 e r. (Auszug aus dem Monatsbericht der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Monat April 1840.) Nach einer historischen Uebersicht der bisherigen Leistun- gen zur Anatomie der Comatulen von Leuckart, Heusin- ger, Meckel, Delle Chiaje, Thompson, Dujardinund zur Anatomie des Skelets der Crinoiden von Guettard, Miller, Goldfufs u.a., theilte der Verf. die Resultate einer vergleichenden Anatomie eines in Weingeist erhaltenen Exem- plars des Pentacrinus Caput Medusae der Antillen und der Comatulen und Asterien mit. Die Untersuchungen an den Comatulen sind gröfstentheils an Comatula mediterranea an- gestellt, von welcher der Verf. zu einer früheren Mittheilung schon einige Exemplare benutzte, neuerlich aber durch die Güte der Herren Agassiz und Grube in den Stand gesetzt war, eine ansehnliche Zahl zu zergliedern. Die Stengelgebilde der Pentacrinen sind ohne alle Mus- keln, sowohl der Stengel selbst als die Cirren, letztere auch bei den Comatulen, aber der Stengel der jungen Comatulen, Pentacrinus europaeus Thompson, ist contractu. Durch Muskeln beweglich sind die Arme und Pinnulae der Arme die Muskeln liegen nur an der Bauchseite, die Streckung er- folgt durch die elastische Interarticularsubstanz. Durch die Mitte aller Skelettheile geht der sogenannte Nahrungscanal, welcher bei den Comatulen im Centrodorsalstück eine aus- wendig gerippte herzartige Anschwellung bildet. Die übrigen jWeichtheile liegen bei den Pentacrinen und Comatulen in gleicher Weise theils auf dem Kelch der Krone, theils sich fortsetzend auf der Bauchseite der Arme und Pinnulae in der dort befindlichen Gliederrinne. 20* 30S Der mikroskopische Bau des Skelets verliält sich wie bei den übrigen Echinodernien, alle Skclettheile wachsen an den Oberflächen, nicht durch Vergröfserung der kleinsten Theile; denn die Balken des Kalknetzes sind bei der ganz jungen noch gestielten Comatula, welche der Verf. durch die Güte des Hrn. Gray in London erhielt, schon eben so grofs wie bei dem erwachsenen Thier. Die neuen Glieder entstehen theils durch Anbildung an den Enden der Reihen, theils durch Interpolation. Das erstere findet an den Enden der Arme, Cirren und Pinnulae statt, das letztere am Stengel. Hier bil- den sich die neuen Glieder am oberen Theil des Stengels, der sich durch geringere Zahl der Glieder zwisclien den Intern o- dien auszeichnet, durch Interpolation zwischen den schon vor- handenen Gliedern in der gezackten Naht derselben. Dalier ist am oberen Theil des Stengels jedesmal ein dünnes Glied zwischen zwei dicken, unten sind alle Glieder gleich. Die Interpolationen finden so lange statt, bis die Normalzahl der Glieder zwischen zwei Internodien oder Verticillargliedern her- gestellt ist. Am unteren Theil des Stengels ist die normale Zahl der Glieder zwischen den Internodien erreicht. Bei den Encrinus geschieht dasselbe, an der Stelle der Verticillarglie- der sind hier die breiteren Glieder. Abgebrochene Arme der Comatulen ersetzen sich durch dünne Sprossen, welche auf dem Bruchstück wie ein Pfropfreis aufsitzen. Die neuen Ver- ticillarglieder der Pentacrinen entstehen dicht unter dem Kelch Durch den ganzen Stengel der Pentacrinen gehen 5 un- unterbrochene Sehnen, an den Gelenken bilden sie die Gelenk- bänder. Von ihnen rührt auf dem Durchschnitt der Gelenke die fünfblättrige Figur her. Um die Sehnen herum liegt an den Gelenken eine elastisc.'he Interarticularsubstanz, eine krau- senartig gefaltete Membran bildend. Ihr Rand entspricht der gezackten äufseren Naht der Stengelglieder. Diese Substanz hat einen sehr eigenthümlichen mikroskopischen Bau. In ihrer Dicke stehen lauter Fasersäulchen, aus denen einfache Fasern, hervorgehen, welche Reihen regelmäfsiger synunetrischer Ar- kaden zwischen den Fasersäulchen bilden; in der oberen und unteren Hälfte der Dicke dieser Substanz sind sich die Ar- kaden entgegengesetzt. Diese Bogen gehören wahrscheinlich einer Spirale an, deren gröfserer Theil in den Fasersäulchen 309 abwechselnd herab und hinauf steigt. Die Interarticularsub- stanz der Cirren, Arme und Pinnulae ist nicht krausenartig gefaltet, sondern bildet elastische Kissen von demselben Bau. Diese Glieder haben aufserdem besondere fibröse Gelenkbändchen an der Leiste, auf welcher sie sich wiegen. Der Kelch der Pentacrinen und Comatulen besteht aus den Kelchradien und der sie verbindenden Haut, welche sich auf den Scheitel und die Bauchseite der Arme fortsetzt. Die Kelchradien bestehen aus 3 Gliedern, wovon das unterste immer durch Naht aufsitzt. Bei der eolossalen grönländischen neuen Comatula Eschrichtii mit gegen 100 Ranken des halb- kugelförmigen Centrodorsalstiicks, welche Mr. Eschricht zur Aufklärung der Anatomie der Crinoiden mit grofsmüthiger Auf- opferung mittheilte, ist das unterste Glied aufsen nicht sichtbar, es liegt im Innern auf dem Centrodorsalstück wie bei den fos- silen Solanocrinus, und das nächste Glied stützt sich zum Theil auf das Centrodorsalstück selbst; aber die den Solaiio- crinus und Pentaciinus eigenen sogenannten Beckenstücke fehlen, wie bei den wahren Comatulen, während sie bei Co- master Ag. (Com, mulüradiata Goldf.) vorhanden sind. Von den Radiengliedern radialia ist das letzte das Stützglied für zwei Arme, radiale axillare, an den weiteren Theilungen der Arme liegt das ähnliche hrachiale axillare. Die ungestielten Crinoiden mit Armen bilden 3 Familien^ 1) Articulata gen. Comatula Lam. mid. Comaster A^. 2) Co- stata mit schaligem geripptem Kelch und entgegengesetzten Pinnulae, wovon sonst bei allen übrigen Crinoiden kein Bei- spiel vorkommt, gen. Saccocoma Ag» 3) Tessellata, gen. Marsupites. Der Kelch der gestielten und bearmten Crinoidea arti" culata, Pentacrinus, Encrinus, Apiocrinus ist im Wesent- lichen übereinstimmend. Beim Kelch der gestielten und be- armten Crinoidea tessellata kommen folgende Elemente nach consequenter Bezeichnung vor. Erstens 3 oder 4 oder 5 ha- salia, m«ist ein Pentagon bildend, darauf zuweilen ein Kreis von alternirenden Parahasen, parabasaMa. Sobald die As- seln sich in die Richtung der Arme ordnen, beginnen die ra- dialia, wovon das dritte meist ein axillare. Zwischen den radialia können inter radialia, zwichen den axiliaria können 310 interaxillaria liegen. Entweder sind die Arme von nun an frei, oder der Kelch setzt sich noch weiter fort, die Radien zerfallen dann in 2 Distichalradien mit radialia disüclialiay die jedes mit einem distichale axillare enden, wie bei Acti- nocrinus moniliformis und Eucalyptocrinus (identisch mit Hypanthocrinus Phill.)« Zwisclien den Distichalradien können Interdistichalia liegen, zwischen 2 Distichien interpalmaria. Die Pinnulae der Pentacrinen und Comatulen beginnen an den Armen immer aufsen am zweiten, innen 'am dritten Glied über einem axillare; dies wiederholt sich bei allen weite- ren Theilungen der Arme. Das axillare ist immer ohne Pinnula. Die Armglieder der Pentacrinen und Comatulen sind dop- pelter Art, die meisten sind durch Gelenke und Muskeln be- weglich verbunden, einige an bestimmten Stellen unbeweglich durch radiirte Nahtflächen, zwischen welchen ein in Radien auslaufendes äufserst dünnes Häutchen. Zwei durch Naht ver- bundene Armglieder bilden ein Syzygium, das untere Glied eines Syzygiums kann hypozygale, das obere epizygale heifsen. Das letztere trägt die Pinnula, das erstere hat nie eine Pinnula, eine Syzygium gilt daher beim Alterniren der Pinnulae für ein Glied. Bei Pentacrinus Caput Medusae liegen die Syzygien regelmäfsig über den axillaria, nie an einer anderen Stelle. Bei den Comatulen liegen nie an dieser Stelle Syzygien. Bei den vielarmigen ist die Lage des Syzygiums nach den Species verschieden; das brachiale axillare selbst kann ein Syzygium bilden; in diesem Fall sind, wie aus dem vorhergehenden folgt, hypozygale sowohl als epizygale ohne Pinnula; oder aber die Syzygien fehlen an jener Stelle. Alle Comatulen ohne Ausnahme zeichnen sich vor den Pentacrinen aus, dafs sie auch Syzygien in der ganzen Länge der Arme haben. Das erste Syzygium liegt über dem zweiten Glied nach einem axil- lare, daher steht die erste Pinnula hier an dem zweiten ein- fachen Armglied, bei den Pentacrinus zwar auch an dem zwei- ten Armglied, dies ist aber ein epizygale. Die Zahl der Glie- der zwischen den Syzygien der Arme ist verschieden bei den Arten der Comatulen, bei Comatula mediterranea Lam. liegen 2-4 einfache Glieder zwischen den gcjochten Gliederpaaren oder Syzygien, sie hat gegen 25-30 Syzygien an jedem Arme i 311 bei C. polyartha Nob. dagegen liegen 10 - 14 Glieder zwi- schen den Syzygien und diese hat daher nur wenige Jochver- bindungen, bei C. carinata Lam. liegen 2-5, bei C. Eschrichtii Nob. 2-3, bei C. echlnoptera Nob. 3-5, bei C. horrida {Alecto horrida Leach.) und C. rotularia Lam. 8-10 Glieder zwischen den Syzygien. Viele Comatulen besitzen aufsen an der Syzygiennaht ei- nen Kranz von Poren. Die bei den Gattungen Encrimis, Platycrinus, Actino- crinus imd Dimer ocrinus Ph. vorkommende alternirende Zwei- zeiligkeit, Distichie, der Armglieder mit mittlerer Zickzacknaht bildet sich aus einer einfachen Succession schief abgeschnitte- ner Glieder durch Verkürzung der Winkel. Zweizeilige Arme theilen sich nicht weiter. Die mit den Actinocrimis verei- nigten Crinoiden mit einzeiligen Armen, denen auch das un- regelmäfsige einzelne interradiale aller wahren Actinocrinen fehlt, sondert der Verf. von diesen ab, unter dem neuen Genus Carpocrinus, wohin Actinocvinus simplex Ph. (identisch mit Acünocrinus tesseracontadactylus His.) und aufserdem Acti- nocvinus expansus Ph. gehören. Der Scheitel der Comatulen und Pentacrinen ist von ei- ner Haut bedeckt, welche von den Radien des Kelchs ausgeht und sich über die Bauchseite der Arme und Pinnulae fortsetzt. Zwischen der ventralen Haut des Discus und dem Kelch und zwischen der ventralen Haut der Arme und Pinnulae und den Gliedern liegen die Weichtheile. In jener Haut liegt die Ten- takelfurche. Die Tentakelfurchen der Pinnulae setzen sich in die Tentakelfurche der Arme, diese in die Tentakelfurchen des Scheitels fort; aus den 10 Tentakelfurchen, die von den Armen kommen, werden durch Vereinigung von je zweien 5. Diese setzen ihren Weg zum Munde fort, und hier entfernen sich ihre tentaculirten Ränder und biegen über dem Mund in die nächsten um. Die Tentakelfurchen zweier Arme, welche sich auf dem Scheitel vereinigen, schliefsen ein Interbrachial- feld ein, die übrigen gröfseren Intertentacularfelder reichen von dem Zwischenraum zweier Kelchradien bis zum Mund, es sind die Interpalmarfelder, welche über dem Mund 5 spitze häutige Klappen bilden. Die Haut des Interradiums des Kelchs, des ganzen Scheitels und der Bauchseite der Arme ist bei den 312 Comatulen meistens weich, bei einigen enthält sie mikroskopi- sche Kalktheilchen, in Form von Stäbclien, einfachen oder zertheilten Balken, Anfänge der Ossification. Es sind dieselben Theilchen, welche Hr. Ehren berg bereits in der weichen äufseren Haut der Holothurien beobachtete. Bei vielen Echi- nodermen zeigen auch einzelne innere weiche Theile diese Erscheinung und so sind die von Jaeger beobachteten Figu- ren in den Häuten der Lungen und Eierstöcke der Holothu- rien zu erklären, welche derselbe den Körperchen im Blut und Saamen der Thiere frageweise verglich. Einige Seesterne wie Arcliastcr typicus Nob. haben diese Gebilde auch in den häutigen Wänden der Verdauungsorgane. In der Haut der Comatula echinoptera ordnen sich diese Theilchen zu einem Netz mit einzelnen Papillen, bei anderen treten schon kleine ossificirte Plättchen auf, beim Pentacj'inus ist die Haut bereits von harten Täfelchen bedeckt, und ähnliche Täfelchen begleiten schuppenartig die Seiten der Tentakelfurchen der Arme und des Scheitels. Die Täfelchen in der Interradialhaut unterscheiden sich wesentlich von denen in der Haut des Scheitels, letztere besitzen viele kleine mit der Loupe zu er- kennende Poren, vielleicht Spiracula, welche in die Bauch- höhle des Discus führen. Die Schuppen an den Seiten der Tentakelfurchen besitzen diese Poren nicht. Die Tontakelfur- chen der Comatulen und Pentacrinen sind inwendig mit zwei Reihen sehr kleiner Tentakeln besetzt, die wieder mit noch viel feineren mikroskopischen Fiihlcrchcn besetzt sind. Sie führen die Nahrungsstoffe von den Pinnulae und Armen zum Mund. Unter den Mundklappen gehen die Tentakelreihen je zweier Furchen in einander über. Der Scheitel der ungestielten Crinoidea tessellata (JMnr- siipiles) ist noch nicht bekannt, denn was Man teil in seiner Abbildung dafür nimmt, jene gegliederten Reihen, sind sowohl nach der Abbildung als nach der Bemerkung, dafs diese Glie- derchen auf der Berührungsfläche einen Riff haben, offenbar von den Armen abgelöste Pinnulae. Vergleicht man den Scheitel der gestielten Crinoidea tes- scllala mit Armen mit dem der Articulala, so zeigt sich wenig Aehnlichkeit. Der Scheitel dieser Thiere ist von ziem- lich dicken Plättchen oder Platten gebildet, welche mit ihren 313 Rändern aneinanderstofsen und sich auch noch in dieser Art auf den Anfang der Arme fortsetzen. Bei Platycrinus ven- tricosus, micr 0 Stylus , rugosus, deren Scheitel vorliegen, ist ihre Zahl sehr gering und bei Platycrinus ventricosus rei- chen 12 dicke Platten hin, den ganzen Scheitel zu bedecken. Diese Platten zeichnen sich hier durch die langen Spitzen oder Stacheln aus, in welche sie auslaufen. Gerade in der Mitte des Scheitels liegt hier eine solche grofse Platte. Zu einer solchen Vertheilung von Tentakelrinnen, wie bei den Penta- crinen und Comatulen ist hier gar kein Platz. Obgleich die Scheitel an den vorgelegten Kelchen von 3 Species von Pla- tycrinus und 2 Species von Actinocrinus alle vollkommen er- halten sind, so zeigen sich doch niemals 2 Oeffnungen, Mund und After, immer ist nur eine Oeflfnung vorhanden, entwe- der in der Mitte, wie bei Actinocrinus, wo sie in eine mit Asseln besetzte Röhre ausgezogen ist, oder an der Seite des Scheitels zwischen den Armen, wie bei den Platycrinus (und einem Theil der Melocrinus). Bei Pentacrinus Caput Me- dusae ist zwar der After in einem der Interpalmarfelder nicht gesehen, denn bei dem untersuchten Exemplar ist der Schei- tel bis auf den peripherischen Theil zerstört, indefs mufs sich dieser wie bei Comatula verhalten. Liegen sich Mund und Afterröhre sehr nahe, wie bei Comatula horrida^ wo die Afterröhre in der Spitze ihres Interpalmarfeldes stehend, den Mund fast bedeckt, so könnte zwar die Mundöflfnung ganz unsichtbar geworden sein ; indefs sieht man an den vorgelegten Scheiteln alle Linien der zusammenstofsenden Platten sehr deutlich und man darf nicht für ganz bestimmt annehmen, dafs die gestielten Crinoidea tessellata mit Armen zwei ge- trennte Oeffnungen besitzen, da eine andere Abtheilung von Crinoidea (Holopus d'Orb.) keinen After hat und es, wie wei- ter erörtert werden soll, unter den Asterien Gattungen mit After und ohne After giebt. Wenn Eugeniacrinus inespüiformis Goldf. wirklich ein Crinoid mit Armen ist, die ihm Goldf ufs beilegt, so ist er nicht allein der Typus eines neuen Genus in der Abtheilung der gestielten Crinoiden mit Armen, sondern selbst der Typus einer eigenen von den gestielten Crinoidea tessellata mit Armen abzusondernden Familie der Testacea, indem der Kelch 314 und Scheitel desselben wie bei den armlosen Pentremites eine zusammenhängende feste Schale bildet und wie bei diesen 5 gegen den Mund aufsteigende Tentakelfelder dieser Schale besitzt. Hierher würde auch Platycrinus pentangularis Miil. als eigenes Genus gehören, wenn er wirklich Arme haben sollte, die Miller abbildet. Indefs behauptet Phillips, dal's dieser Crinoid ein Pentremit sei und dafs ihm Miller Arme beigefügt habe. Obgleich diese Bemerkung in keiner Weise von Phillips begründet ist, so läfst sich gleichwohl nicht ver- kennen, dafs die abgebildeten 5 Arme, welche einfach fort- laufend 6 Glieder bis zum axillare besitzen, unter den Cri- noiden ganz ungewöhnlich sind. Die gestielten Crinoiden ohne Arme bilden 2 Familien. Beide sind höchst wahrscheinlich mit getrennter Mund- und Afteröfl'nung versehen. Die einen zeichnen sich durch ihre auf einer unbeweglichen Schale ausgeprägten Tentakelfelder, die sternförmig am Munde zusammenkommen, aus. Es sind die Pentremiten. Um den Mund befmden sich bekanntlich 5 Oeffnungeu, wovon jede der Spitze eines Intertentakelfeldes entspricht und eine sehr viel gröfser als die übrigen ist. An dem Pentremiten, welchen Hr. v. Buch dem Verf. mitzuthei- len die Güte hatte, liefs sich durch Aufräumung der Löcher ermitteln, dafs jedes der vier kleineren Löcher in der Tiefe durch eine senkrechte Scheidewand in zwei getheilt ist. In dem grofsen fünften Loch fehlte diese Scheidewand in der Mitte, dagegen fand sich jederseits eine Leiste, so dafs diese Oeft'nung in 2 seitliche kleine und eine mittlere grofse zerfällt. Die letztere ist offenbar der After. Die seitlichen entsprechen den übrigen Oeflfnungen und sind mit diesen wahrscheinlich Ausgänge für Eier und Samen. Das Verhalten der Oefifnun- gen bestätigte sich an den Pentremiten des mineralogischen Museums. Die Tessellata dieser Abtheilung ohne Stern von Tenta- kelfeldern sind die Sphäroniten mit den von Herrn v. Buch aufgestellten Gattungen derselben. Ihre innige Verwandtschaft mit den übrigen Crinoiden ist kürzlich durch ebendenselben so überzeugend bewiesen, dafs davon hier keine Rede sein kann. Tentakeln mögen auch Aorhanden aber ganz anders vertheilt gewesen sein. Mund und After sind nachgewiesen, 315 liegen auseinander und sind bei einigen noch von einer drit- ten (Geschlechts-) Oeffnung unterschieden. Die letzte Abtheilung der Crinoiden wird von den Cri- noiden mit Armen und fest gewurzeltem Kelch aus einem röhrigen Stück gebildet. Denn der sogenannte Stiel des noch lebenden Holopus ist wohl nur der Kelch. Sie scheinen nach dem Wenigen, was von ihnen bekannt ist, keinen After zu besitzen. Von den Armen ziehen sich Furchen gegen den Mnnd. Diese Thiere sind hier das, was die Afterlosen unter den mit einem Afterporus versehenen Asterien. Die innere Fläche des Kelches und Scheitels der Coma- tulen ist mit einer eigenen Haut verwachsen, welche die Bauch- höhle begrenzt. Zwischen beiden bemerkt man am Scheitel Muskelfasern, die sich an der Afterröhre in Längsreihen ord- nen, die Bauchhöhlenhaut der Comatulen ist weich, bei dem Pentacrinus enthält sie sehr kleine Kalkplättchen. Die Einge- w^eidemasse der Comatulen ist mit der zweiten Lamelle der Bauchhöhlenhaut überzogen, die äufsere und innere Lamelle hängen um den Mund und an der entgegengesetzten unteren Seite zusammen, zwischen beiden ist die enge Bauchhöhle, welche sich durch 5 kleine Oeffnungen in den Bauchhöhlen- canal der Arme fortsetzt. In der Mitte des Discus der Comatulen bildet eine spon- giöse Masse eine Art Spindel, um welche sich der Darm, vom Mund schief abgehend, bis zum After windet. Von der inneren Wand des Darmes, welche an diese Spindel grenzt, springt eine gleich gewundene zottige lamina spiralis ins In- nere des Darmes vor. Von der inneren Wand des Darmes gehen auch Vertiefungen in die spongiöse Masse hinein, welche blind zu endigen scheinen. An der unteren Seite der spongiö- sen Masse, wo diese an dem Kelch angewachsen ist, befindet sich in der Bauchhaut eine ansehnliche unregelmäfsige Ossifi- cation. Sie wird von einem dicken Gefäfscanal durchbohrt, der sich von der im Centrodorsalstück gelegenen herzartigen Anschwellung in die spongiöse Masse begiebt. Die Arme der Comatulen und Pentacrinen besitzen aufser dem durch die Mitte gehenden Gefäfscanal der Skelettheile und aufser der oberflächlichen Tcntakelrinne, zwei Canäle: der untere ist der Bauchhöhlencanal, welcher an den Verbin- 316 <^iingsstellen der Glieder einen blinden Fortsatz in die Tiefe abschickt, und der Tentakelcanal j der letztere liegt darüber, unter der Tentakelrinne, mit deren Tentakeln er durcli seine Poren zusammenliängt. Beide Canäle liegen in der Rinne der Arniglieder unter der ventralen Haut der Arme, zwischen beiden ersteren verläuft der Nervenstrang der Arme, der dem Abgang der Pinnulae entsprechend eine längliche Anschwel- lung bildet, von welcher der Nerve der Pinnula abgeht. An der Scheibe entfernen sich der Bauchhöhlencanal der Arme und der Tentakelkanal, ersterer öjETnet sich in die Bauchhöhle, es sind 5 kleine Oeffnungen den 5 Radien entsprechend. Der Tentakelcanal bleibt oberflächlich unter der Haut und unter den Teiitakelfurchen des Scheitels, diese Canäle ergiefsen sich um den Mund herum in die Höhlen der spongiösen Substanz, welche die Mitte der Eingeweidemasse einnimmt. In der Scheibe liegen unter der Haut des Scheitels die * Verdauungseingeweide, an den Pinnulae unter der ventralen Haut die Geschlechtstheile, über welche das Tentakelsystem hinweggeht. Der untere Theil der Pinnulae ist von den reifen Geschlechtstheilen angeschwollen. Die weiblichen Comatulen besitzen hier an jeder Pinnula einen Eierstock, Eier mit Dotter, Keimbläschen und bläschenartigem Keimfieck. Eine Comatula mit 10 Armen besitzt daher gegen 1000 und mehr Eierstöcke, eine Vermehrung dieser Organe, welche an die pflanzlichen Verhältnisse erinnert. Unter den Thieren bieten die Band- würmer etwas ähnliches dar, insofern alle reifen Glieder der- selben mit besonderen Eierstöcken versehen sind. Das Exemplar von Pentacrinus besafs keine Eierchen; die dicken Theile der Pinnidae enthalten hier einen Schlauch mit dicken Wänden. Eierstöcke finden sich nur bei einem Theil der Individuen der Comatulen. Andere haben auch Anschwellungen der Pin- iHilae, aber keine Eierchen darin. Bei einer grofsen von Cap. Wendt mitgebrachten neuen Comatula cchinoplera Nob. fanden sich die männlichen Organe im strotzendsten Zustande. Die Anschwellungen gehen mehr in die Breite. Jeder Hoden ist ein unregelmäisiger an den Seiten in mehrere Abtheilungen eingeschnittener Schiaucli, der gegen die Basis der Pinnulae am dicksten ist, oben dünner plötzlich endigt. Er enthält eine 317 geronnene Masse ohne Spnr von Eikeiinen. Hiernach sind die Comatulen in Gescliloclitcr getrennt, wie es bereits durch die Herren Valentin, Rathke, Peters von den übrigen Echinodermen erwiesen ist. Die Elemente des Kelchs kommen auch an den Armen vor, die Arme sind in allen Beziehungen Verlängerungen des Kelchs und Scheitels, sie können bis auf diese reducirt sein, wie bei den Pentremiten und Sphaeroniten; bei diesen haben sich daher auch die Geschlechtstheile in den Kelch zurück- gezogen. Da die Arme den Crinoiden fehlen können, bis zur scha- ligen Form der Seeigel, der After bei vielen oder den mei- sten Asterien vorkommt, so ist es in der That jetzt schwer zu sagen, was ein Crinoid sei. Der einzige constante eigen- thiimliche Charakter dieser Abtheilung der Echinodermen ist, dafs sie in der Jugend oder das ganze Leben hindurch ge- stielt sind und dafs, wenn Armradien vorhanden sind, ihre Glieder vom dorsalen Theil des Kelchs ausgehen, dagegen die Wirbel bei den Asterien immer der ventralen Seite angehören, und dafs die Glieder der Radien und Arme der Crinoiden Verkalkungen des Perisoms sind, die Gliedersäulen der Aste- riden dagegen dem Perisom nicht angehören. Auch sind die Armfortsätze nur bei den Crinoiden gegliedert. Dafs die Glieder der Kelchradien und Arme der Crinoi- den nicht von der Haut überzogene Theile, sondern Indura- tionen der Haut selbst sind, lehrt ihre vergleichende Anatomie. Denn die ventrale Haut geht von ihrem Rande aus und bei den Tessellaten tritt die Interradialhaut durch Entwickelung von Asseln in eine Linie mit den Radialasseln. Die Reihe wirbelartiger Stücke in der Tiefe der 7\rmfurchen der Aste- rien, welche aus 2 Seitentheilen gebildet sind, hat in der Tiefe der Furche noch eine weiche Haut über sich und zwischen der Wirbelcolumne und dieser Haut liegt der Nervenstrang des Armes. Diese Columnen reichen an der Bauchseite der Scheibe bis zum Munde. Bei den Ophiuren und Euryalen, wo die Bauchfurchen fehlen, bleibt die Lage dieser Columnen an der Bauchseite der Scheibe, unter der lederartigen Haut und an den Armen sind die Columnen allseitig von der leder- artigen Haut eingeschlossen, indem die Eingeweidehöhle der 318 Arme bei diesen Tliieren fehlt, lieber und unter der Colnmne zwischen ihr und der Haut verläuft ein Canal. Die Ophiuren sind die einzigen Asteriden mit Zahnpapillen an jenen Leisten, welche sich auf je 2 der Columnen am Munde stützen. Aus dem Vorhergehenden folgt, dafs die Crinoiden und Asteriden nicht zusammengehörende Gruppen sind, sondern durch fundamentale Unterschiede der Skeletbildung geschieden, nur Abtheilungen der Echinodermen in gleicher Linie mit den Seeigeln und Holothurien bilden. Die Abtheilung der Asteriden zerfällt dann in die eigentlichen Asterien und Ophiuren. Bei den Gattungen der letzteren, welche Hr. Agassiz festgestellt, fehlen die Blinddärme des Magens in den Armen und der After, und die Madreporenplatte verläfst die Dorsalseite. Ihre Eierstöcke liegen immer in der Scheibe selbst. Bei den Aste- rien enthalten die Arme immer Blindsäcke der Verdauungs- organe, der Rücken besitzt immer die Madreporenplatte der Seeigel, der After ist bald vorhanden, bald fehlt er nach den Gattungen, die Eierstöcke liegen bald in der Scheibe am Ab» gang der Arme, bald in den Armen selbst, wie bei den See- sternen mit cylindrischen langen Armen, bei den Ophidiastern reichen sie durch zwei Drittheil der Arme. lieber die Gattungen der Asterien. Von J. Müller und F. H. T r o s c h e 1. (Auszug aus dem Monatsbericht der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Monat April 1840.) Die meisten Asterien haben einen von eigenthümlichen Wärzchen wie bei den Seeigeln umstellten After. Dieser After ist nicht oder nur wenig kleiner als der After der Seeigel. Bast er sagte einst mit Bezug auf Asievias rubensi iitrum- que geiuis (^eclunornin et sicllarum marinaruiii) os inferne 319 et ad excrementa ejicienda aperturam superne Jiahent. In der Zoologia Danica ist bei A. müitaris CXXXI. p. 14 eine centrale Stelle als macula verruciformis angegeben und ''■esagt, da dieser Fleck nicht perforirt sei, so könne Baster's Ansicht vom After nicht richtig sein. Die Warze öffne sich wahrscheinlich zur Zeit des Abgangs der Eier. Tiedemann widerlegte Baster's Angabe als völlig unbegründet und die Neuern betrachten allgemein die Asterien als afterlos, es steht in allen zootomischen und zoologischen Werken. Die von Tiedemann untersuchte Asterias aurantiaca ist wirklich afterlos und gehört der einen der beiden afterlosen Gattungen unter 14 Gattungen von Asterien an: aber gerade die von Bast er untersuchte Asterias rubens besitzt, wie alle der Gattung, zu welcher sie gehört, einen After. Vor einiger Zeit (1831) hat Hr. Wiegmann zuerst wieder diesen Porus bei einer pentagonalen Asterienart bemerkt und bei den zwei trock- nen Exemplaren derselben auf der Etiquette mit folgenden Worten bezeichnet: Ast. pleyadeJIa Lam. var. angulis pro- ductioribus. Ind. oc. Specimen utrumque acu pertusum eratj altermn in ipso foramine, quod ani orißcimn fortasse ducendum. Dieses Thier gehört zu der Gattung Goniaster Agass. oder zu den Scutasterien Blainville's. Als wir auf diesen Gegenstand die Asteriensammlung des zoologischen Museums nachsahen, fanden wir, dafs der bei weitem gröfste Theil aller Asterien mit einer kleinen After- öffnung versehen ist. Der Afterporus ist bald central, bald subcentral. Bei den Gattungen Archaster Nob., Ophidiaster Ag. und Gross aster Nob. ist er ganz central, subcentral ist er bei den Gattungen Aster acanthion Nob., Stichaster Nob., Echinaster Nob., Ghae- taster Nob., Linckia Nob., Goniaster Ag., Asteropsis Nob., Gulcita Ag. und Asteriscus Nob. Dann liegt er ganz nahe der Mitte links vom Radius der Madreporenplatte. Bei den bekannten Species der Gattung Asterias Ag. ist keine Spur eines Afterporus vorhanden. Ganz ähnliche äufsere Charactere hat die neue mit einem After versehene Gattung Archaster, Afterlos sind die beiden Gattungen Asterias Ag. und Ilemi- cnemis Nob. Diejenigen Seesterne, welche einen After haben, besitzen innuer auch eine Absonderung der Magenhöhie von 320 einer Darmhöhle (hircli eine Cirk elfalte, in der unteren Hohle unter dieser Falte gehen dann erst die Blinddärme der Arme ab. Diese Höhle ist es auch, welche in den Afterporus aus- mündet. Der Vorrath nordischer Asterien, die reiche Schultz- sche Sammlung- sicilianischer Asterien im anatomischen Mu- seum, sowie der eben so wichtige Schatz von Asterien des indischen Archi'oels in Weinc^eist von Hrn. Geh. Rath Schoen- lein lieferten die Materialien zur Feststellung der anatomi- schen Thatsachen. Mehrere in neuerer Zeit aufgestellte Gattungen von Aste- rien sind sehr zweckmäfsig, wie die Gattungen Asterias Ag. (jStellaria Nardö), Goniaster Ag., Culcita Ag. Die Gattung Lincliia Nardo würde gut sein, wenn sie aufser TAnchia variolata nicht wahre Ophidiaster umfafste und wenn ihre Gattungscharactere nicht gerade von diesen entnommen wären. Die Gattung Stellonia Nardo ist nicht haltbar, denn sie um- fafst Stachelasterien verschiedener Genera und selbst verschie- dener Familien, nämlich Asterien mit 4 Tentakelreihen wie Ai. rubens, glacialis und Asterien mit 2 Tentakelreihen wie y4. sepitosa und spinosa. Die Gattungen Asterma und An- seropoda Nardo gehören in eine zusammen, da die dahin gezogenen Thiere sich nicht generisch unterscheiden. Die fol- gende Classification ist auf 55 Arten von Asterien der hiesi- gen Museen gegründet. Die Asterien zerfallen nach den vor- hergehenden Thatsachen, so wie einem wichtigen und leicht erkennbaren bisher unbenutzten Unterschied in der Zahl der Tentakelreihen der Bauchfurchen in 3 Familien. I. Familie. Asterien mit 4 Tentakelreihen der Bauchfurchen und einem After. ' Gen. 1. Asieracanthion Nob. Ueberall regelmäfsig oder unregelmäfsig mit spitzen oder stumpfen Stacheln oder Tuberkeln besetzt. Zwi- schen den Stacheln nackthäutig mit vielen Poren der respiratorischen Tentakeln. Pedicellarien zangenartig an weichen Stielen, kranzartig um die Basis der Sta- cheln, oder dazwischen, oder beides zugleich. After subcentral. 8 Arten: Aslcrias nibens Lam., A.violacea O. Fr. Müll., 321 A. glacialis Lam., A. tenuispina Lam. {A. Savare- sH D. Ch.), ^. rosea O. Fr. Müll., A. IJelianthus Lam., A. granifera Lam., A, gelatinosa Meyen Reise 1. 222. Gen. 2. Stichaster Nob. Körper auf der Bauchseite nahe den Furchen dicht gestachelt, sonst überall dicht mit Platten in regel- mäfsigen Reihen gepanzert, welche dicht mit gestielten Knöpfen besetzt sind. Zwischen den Platten nur ein- zelne Poren. Zangenartige Pedicellarien an den Bauch- furchen. After subcentral. Stichaster striatus Nob. (? Ast, striata Lam., Ast. aurantiaca Meyen 1. 222). II. Familie. Asterien mit 2 Tentakelreihen der Bauchfurchen und einem After. Gen. 3. Echinaster^) Nob. Arme walzig. In der Haut ein zusammenhängendes Balkennetz, überall regelmäfsig oder unregelmäfsig mit einzelnen Stacheln oder dicht mit Stacheln besetzt. Haut zwischen den Balken nackt mit vielen Tentakel- poren. Keine Pedicellarien. After subcentral. 4 Arten: A. sepitosa Lam., A. echinophora Lam. (Pen- tadactylosaster spinosus Linck,) E. spongiosus Nob. (Linck t. 36. n. 62.) und eine neue Art. Gen. 4. Crossaster Nob. Die Haut überall mit gestielten Wedeln besetzt, da- zwischen nackt mit vielen Tentakelporen. Keine Pe- dicellarien. After central. 2 Arten: A papposa Lam., A. endeca Lam. Gen. 5. Chaetaster Nob. Haut überall dicht mit Reihen von Platten besetzt, deren Gipfel mit Borsten gekrönt sind. Zwischen den Platten nur ein Porus. Keine Pedicellarien. After subcentral. A. siibulata Lam. *) Echinaster ist der älteste von Luidius und Petiver für ein hie- hergehöriges Thier gebrauchte Name. Wiegm. Archiv. VI. Jahrg. 1. Band. 21 322 ^ Gen. 6. Opliidiaster Ag. Arme cylindrisch. Haut überall mit graiiulirten Plättcheii besetzt, die Haut dazwischen auch granulirt bildet Porenfelder mit vielen Poren. Keine Pedicel- larieu. After central. 8 Arten: 0. ophidianus Ag., ^. cylindrica Lam., ^. lae- vigata Lam., A. multiforis Lam., die übrigen neu. Gen. 7. LlncMa Nob. {Linckia Nardo zum Theil). Arme flach. Ueberall mit granulirten Platten be- setzt, die sich am Rande in zwei Reihen ordnen. Zwi- schen den Platten einzelne Poren. Keine Pedicella- rien. After subcentral. 3 Arten: A. variolata Lam., A. milleporella Lam., die dritte neu. Gen. 8. Goniaster Ag. Arme kurz bis zur pentagonalen Gestalt der Scheibe, die untere Seite platt, die Rückseite flach oder erha- ben. An den Kanten der Scheibe und Arme zw^ei Reihen Platten. Diese und die Platten der Bauch- und Rückenseite granulirt, zuweilen in Tuberkeln ver- längert, die Haut zwischen den Platten und die Po- renfelder mit vielen Poren ebenfalls granulirt. Wo Pedicellarien vorkommen sind sie zangenartig oder klappenartig, sessil. After subcentral. 7 Arten: Gon. tessellatus Ag., G. eqiiestris Ag., G. no- dosus Ag., G. reticulatus Ag., A. pentagonula Lam., Gr. Sebae Nob. {Artocreas altera Seba), Gr. iuher- culatus Nob. (Linck t. 25. n. 40.) Gen. 9. Asteropsis Nob. Charactere der Goniaster, aber die Haut zwischen den Platten nackt, die nackten Porenfelder mit vielen Poren. Sessüe zangenartige Pedicellarien. After sub- central. A. carinifera Lam. Gen. 10. Culcita Ag. Pentagonal, ohne Randplatten, Haut gekörnt, die Furchen des Bauches setzen sich auf den Rücken fort. Zangenartige oder klappenartige sessile Pedi- cellarien. After subcentral. 323 2 Arten: C. discoidea Ag. und eine neue Art. Gen. 11. Asteiisciis*^ Nob. (^ Asterina et Anseropoda JSardo ). Scheibe und Arme ganz oder am Rande abgeplattet, der Rand gekielt ohne Randplatten. Die Täfelchen der Bauchseite mit einem, zwei oder mehreren kamm- förmig gestellten Stachelchen besetzt, die dos Rückens mit einer oder mehreren Reihen von ähnlichen Fort- sätzen besetzt. Der platte Randtheil der Scheibe und Arme ist von Tentakelporen eine gröfsere oder klei- nere Strecke frei. After subcentral. 4 Arten: A. inembranacea Lam., A. penicillaris Lam., A. exigua Delle Chiaje., Asteriscits pentagonus Nob (Seba V, 13.) <3en. 12. Arcliaster Nob. Auf beiden Seiten platt, mit 2 Reihen grofser Rand- platten, die unteren mit beweglichen Stacheln, Rücken- seite mit Stielen besetzt, die mit borstenartigen Fort- sätzen gekrönt sind. Zwischen den Stielen Tentakel- poren. Keine Pedicellarien. Alles wie bei dem Ge- nus Asterias, von denen sie sich durch den centralen After unterscheiden. 2 Arten: Archaster typicus Neb. Celebes, eine Reihe Randstacheln, Bekleidung des Rückens in regelmäfsi- gen Längsreihen. A. hesperus Nob., ähnlich mit un- regelmäfsiger Bekleidung des Rückens. III. Familie. Asterien mit 2 Tentakelreihen der Bauchfurchen, ohne After. Oen. 13. Asterias Ag. (^Stellaria Nardo.) Auf beiden Seiten platt, mit 2 Reihen grofser Rand- platten, die unteren mit beweglichen Stacheln, Rücken- seite mit Stielen besetzt, die mit borstenartigen Fort- sätzen gekrönt sind. Zwischen den Stielen Tentakel- poren, Keine Pedicellarien. 11 Arten: A. aurantiaca Lam., A, pentacaniha D. Ch., A. Johnstoni D. Gh., A. spinulosa Philippi, A, hi- *) Asteriscus ist der älteste für ein hieher gehöriges Thier ge- brauchte Name, welcher bei Luidius und Petiver vorkömmt. 21* 324 spinosa Ott., A. suhinermis Phil., yl. plaiyacnnlha V\\. Die übrigen neu. Gen. 14. Ilcimcnemis. Nob. *) Von den Randplatten ist blofs die ventrale Reihe vorhanden, mit Stacheln. Riickenseite ganz mit gebor- steten Stielen besetzt. Keine Pedicellarien. 2 Arten: A. ciliaris Phil, und A. senes^alensis Lam. Die excentrische MadreiDorenplatte, welche allen diesen Gat- tungen zukommt, ist bei den meisten Asterien einfach, bei A. helianthus ist sie vielfach, ein Haufen einzelner Platten. Bei anderen Asterien mit vielfachen Armen bleibt sie einfach, wie bei papposa, endeca, ciliaris u. a. Mehrere Arten der Ophi- diaster, (z. B. O. multiforis) haben constant 2 Madreporenplat- ten, welche bei 5 Armen durch die Breite eines oder zweier Arme von einander entfernt sind. Die Arten, welche zwei Madreporenplatten haben, besitzen sie auch dann, wenn sie nur vier Arme haben; vermehren sich die Arme, so können drei- Madreporenplatten vorhanden sein. A. tenidspina (mit 6-8 Armen) hat regelmäfsig wenigstens zwei Madreporen- platten, durch die Breite eines oder zweier Arme getrennt, die Exemplare mit 8 Armen haben 3 Madreporenplatten. In diesen Fällen läfst sich der bilaterale Typus, welchen Herr Agassiz auf eine sehr geistreiche Weise bei allen Echino- dermen nachgewiesen, nicht nach dem Radius der Madrepo- renplatte bestimmen. Man kann sich vorstellen, dafs sich hier constant ein oder mehrere Arme im Interradialraum der Ma- dreporenplatte entwickeln, bei Mangel des vordem Arms. Auch bei der Abtheilung der Clypeaster, unter den Seeigeln, wie bei Gen. Clypeaster, Scutella, Echinoneus, Echinarachnius könnte die Madreporenplatte nicht zur Bestimmung der Achse dienen, denn sie findet sich merkwürdiger Weise im dorsalen Pol der radialen Entwicklung , entweder von 5 oder 4 Ovi- ducalöfi'nungen umgeben. Indessen ist bei diesen Thieren die Achse des bilateralen Typus durch die Lage des Afters be- stimmt. Die excentrische oder subcentrale Lage der After- öflfnung am Centrum links vom Radius der Madreporenplatte *) Bei dieser Gattung reichen die Geschlcchtstheilo durch die ganze Länge dor Arme. 325 trifft sich auch bei den Gattungen Echinometra und Echiiius. Diese Lage kann kein Einwurf sein gegen die vollkommen be- gründete Ansicht von der Combination des bilateralen mit dem radialen Typus bei den Echinen und Asterien und erklärt sich hinreicliend durch eine Störung der Symmetrie, wie sie auch bei einigen Wirbelthieren mit lateralem After, Lepidosi- ren und Amphioxus vorkommt. Dafs die Madreporenplatte und der After demselben Ra- dius angehören, beweisen die Spatangen. Aber die eine und der andere können aus ihrem Radius in das Centrum rücken, die Madreporenplatte bei den Clypeastern, der After bei den Echinen. Bei den Ophiuriden ist die Madreporenplatte bisher nicht beobachtet; sie ist vorhanden, liegt aber an einer ganz ande- ren Stelle als bei den Asterien, nämlich an der Bauchseite, in der Nähe des Mundes. Bei Euryale ist sie sehr leicht zu beobaiTiiten, sie liegt im Winkel zweier nach dem Munde lau- fender Wirbelreihen der Arme. Bei den Ophiuren ist sie in eigenthümlicher Weise ersetzt. In den Winkeln der Wirbel- columnen liegen um den Mund herum 5 schildförmige Platten. Eine von diesen Platten besitzt meist einen Umbo und zeich- net sich dadurch von den 4 übrigen Platten aus. Die Madreporenplatte liegt also in verschiedenen Abthei- lungen der Echinodermen an verschiedenen Stellen ihres Ra« dius, von der Bauchseite an bis ins dorsale Centrum; ebenso ist es mit dem After. Die Genitalöffnungen sind immer ra- dial, nie central, aber ihre Lage kann in ihren Radien bald ventral (Ophiuren, Pentremiten), bald dorsal (Seeigel) sein und sie sind bald einfach bald gedoppelt. Einfach sind sie bei den Seeigeln, gedoppelt bei den Ophiuriden und Pentre- miten. Wenn sie einfach sind, liegen sie in den Interbrachial- feldern oder Interambulacralfeldern; wenn sie gedoppelt sind, können sie bis in die Nähe der Arme auseinanderweichen und an den Armen selbst, aufserhalb der Ambulacralfurchen liegen, wie bei den Crinoiden die Pinnulae selbst zur Ausschüttung der Eier an der Aufseuseite dehisciren. Die Pedicellarien sind zweiarmig bei den Asterien, drei- armig bei den Seeigeln, bei den langarmigen Pedicellarien sind 326 che ganzen Arme gezähnelt, bei den zangenartigen Pedicella- rien mit kürzeren Armen sind die Enden der Arme mit einem oder mehreren längeren Zähnen versehen. üebcr die Gattungen der Ophiurcii. Von J. Müller und F. IL Troschel. (Mitgetheiit in der Gesellschaft naturforschender Freunde am 16. Juni und 21. Juli 1840. ) Die Ophiuriden sind Seesterne, welche mit den Asteriea gemein haben, dafs ihre Armcolumnen vom Munde ausgehen, und sich von ihnen dnrch den Ursprung der Arme und den Mangel der Bauchfurchen uaterscheiden. Ihre Scheibe ist von den Armen abgesetzt, während diese bei den Asterien Aus- dehnungen der Scheibe sind. Ihre Tentakeln auf der ßauchseite durchbohren einfach die Haut. Die einspringenden Winkel des Mundes sind auf ihrer senkrechten Höhe mit Papillen (Zahn- papillen) besetzt. Bei allen fehlt der After. Sie zerfallen in zwei Famiien: die Ophiuren und Euryalen. Die letzteren ha- ben verzweigte Arme, und ihre Haut an den Armen besitzt keine Schuppen, sondern ist einfach granulirt. Der Rücken der Scheibe ist mehr oder weniger deutlich strahlig gerippt, Sie haben kleine Papillenkämme in 2 Reihen an der Bauch- seite der Arme. Die Armcolumnen srofsen am Minide unmit- telbar aneinander, ohne dazwischenliegende Mundschilder. In einem der dadurch gebildeten Winkel liegt die Madreporen- platte. Herr Agassiz hat sie in die Gattungen Euryale und Tricasier getheilt, je nachdem die Arme ^vom Grunde aus, oder erst an der Spitze verzweigt sind. Die Ophiuren haben einfache Arme, an denen man Rücken-, Bauch- und Seitenschuppen unterscheidet. Die Quer- reihen der Papillen oder Stacheln stehen an den Seiten der Arme. Zwischen den Armen am Munde liegen fünf Mund- 327 Schilder, von denen eins gemeiniglich mit einem Uniho ver- sehen ist. Herr Agassiz hat bereits die Ophiuren mit Stacheln, und diejenigen mit anliegenden Papillen generell getrennt (Ophiocojna Ag. und Ophiura Ag.), und auch die fossilen Ophiuren in Gattungen geordnet. Die Untersuchung einer an- sehnlichen Zahl von lebenden Ophiuren der hiesigen Museen, führte uns auf noch mehrere andere wesentliche Unterschiede unter den Ophiuren, welche, indem sie keinen Uebergängen unterworfen sind, zur generischen Unterscheidung der sonst wegen ihrer grofsen Zahl schwer bestimmbaren Ophiuren dienen können. Dahin gehört die Bekleidung der Scheibe, welche entweder aus völlig glatten Schuppen oder Schildchen besteht, oder aus kleinen, die Haut besetzenden Körnern, Papillen, Stachelchen gebildet ist» Dann kommt die Zahl der Genitalöffnungen in den Interbrachialräumen der Bauchscheibe in Betracht, welche 2, aber auch 4 sein kann. Ferner gehört hierher die Beschaffenheit der Mundränder an den 5 Spalten des Mundes, welche entweder nackt, oder mit Papillen ein- gefafst sind. Endlich sind auch die Stacheln an den Seiten der Arme von Wichtigkeit, indem sie entweder glatt oder echinulirt sind. Herr Delle Chiaje spricht bei einer Ophiura von ei- ner Central- Oeffnung des Rückens. Wir haben diese Art un- tersucht, und nur einen nackten Fleck gefunden, der auch nicht constant ist. Derselbe beschreibt auch eine Madreporen- platte, die ausnahmsweise bei einer Species von Ophiura (0. tricolor^ nahe einem der Winkel der pentagonalen Scheibe vorkommen soll: discopentagono quasi acuore, spinosetto, ne- ricciOj col corpo hibirintifero a solchi e margini ßessuosi presso mio de cinque ajigoli, essendo questo il primo es- empio di sua esisteiiza neue OJlure. Dies kann indefs nur etwas Abnormes gewesen sein, denn was bei den Ophiuren die Madreporenplatte ersetzt, liegt an einer ganz andern Stelle, wie in der vorhergehenden Abhandlung erwähnt ist. *) *) Auch bei den Comatulen glaubte dieser verdienstvolle Beob- achter eine Madreporenplatte wahrgenommen zu haben, wo sie indefs auch nicht vorkommt. 328 Wir theilen die lebenden Ophiuren wie folgt in fünf Gat- tungen : Genus 1. OphioJepis Nob. {Ophinra Ag. zum Theil). Die Scheibe ganz mit glatten Schuppen oder Schild- chen bedeckt; zwei Genitalspalten in jedem Interbrachial- raum der Bauchseite; Papillen oder Stachelchen an den Seiten der Arme. Die Ränder der Mundspalten mit har- ten Papillen besetzt. 8 Arten: 0. annulosa Blainv, Actin. XXIV. {non annu- losa Lam.) 0. texturata Lam. (^Ast. cordifera delle Chiaje XX. f. 12; 0. aurora Risso; 0. hracteata Johnst.) Ast. scjamata delle Chiaje XXXIV. fig. 1. (0. neglecla Johnston). Ast filiformis O. F. Müll. Zool. dan. tab. 59. Ast. aciileaia O. F. Müller Zool. dan, tab, 99. (0. lel- lis Johnston). Ast. Tenorii delle Chiaje XXI. fig. 7-11. Die ürigen neu. Genus 2. Ophiocoma Ag. Scheibe überall gleichmäfsig gekörnt, ohne hervortre- tende nackte Schilder des Rückens. Glatte Stacheln an den Seiten der Arme. Zwei Genitalspalten in den Inter- brachialfeldern der Bauchseite. An jedem Tentakelporus eine oder zwei Schuppen. Die Ränder der Muudspalten sind mit harten Papillen eingefafst. 6 Arten: 0. echinata Ag. 0. scolopendrina Lam. Ast. nigra O. F. Müll. Zool. dan. tab. 93. und drei neue. Genus 3. Ophiothrix Nob. Scheibe gekörnt oder gestachelt. Aus der Haut des Rückens der Scheibe treten mehr oder weniger deutlich zehn radiale Schilder hervor, die entweder nackt, oder sparsam bewaflfnet, oder durch die Art ihrer Bewaffnung von der übrigen Haut der Scheibe ausgezeichnet sind. Die Ränder der Mundspalten sind nackt, und die harten Pa pillen der vorigen Gattung fehlen, so dals nur Zahnpapil- 329 len vorhanden sind. Die Stacheln der Arme sind echinu- lirt. Genitalspalten zwei in jedem Interbrachialfelde. 12 Arten: 0. echinophora Nob. {Ast echinata delle Chiaje tab. 34. %. 5. non 0. echinata Lam.) Astfragilis O.F.Müll. Zool. dan. tab. 98. (0. rosida Johnston.) jist. tricolor delle Chiaje tab. 34. fig. 9. Ast. pentagona delle Chiaje tab. 34. %. 15. Ast. Ferussaci delle Chiaje tab. 34. fig. 12. Ast. Cuvieri delle Chiaje tab. 34. fig. 17. Ast. quinquemaculata delle Chiaje tab. 68. fig. 1. O. granulata Johnst. 0. spinulosa Risso Hist nat. fig. 30. und 3 neue Arten. Genus 4. Ophioderma. Die Scheibe ist granulirt. Die Mundspalten sind mit harten Papillen eingefafst, an den Seiten der Arme Kamme von Papillen. Statt zwei Genitalspalten in jedem Felde des Bauches vier Oeffnungen; wovon zwei in der Nähe des Randes der Scheibe, zwei dicht hinter den Mund- schildern liegen. 2 Arten: 0. lacertosa Lam. (Encycl. tab. 122. %. 4. Ast- ophiura delle Chiaje tab. 20. fig. 1.) 0. pectinatum Nob. (Seba tab. 5. fig. 1-2). Genus 5. Ophionyx. An den Armen befinden sich unter den Stacheln noch bewegliche Haken. Die Scheibe ist mit mehrzackigen Stachel- chen besetzt. Die Ränder der Mundspalten scheinen nackt zu sein. Eine Species 0. armata Nob. neu. Der Gegenstand dieser Beobachtung ist ein sehr kleines nur 2y Linien grofses Thierchen. welches auf dem Arme einer Ophiotlirix gefunden wurde. Es ist vielleicht nur der Jugend- zustand einer Art aus den vorhergehenden Gattungen. Die Scheibe zeigt unter dem Microscop auf dem Rücken, beson- ders gegen den Rand hin einzelne sehr zerstreute kurze Döru- chen, welche in drei Zacken endigen. Die Arme hatten an dem untersuchten Individuum nur acht ausgebildete Glieder. Diese Glieder sind lang, an ihrer Basis schmal, am Ende breit. Die Rücken- und Bauchschiippen sind elliptisch und länger 330 als breit. Die Seitenschuppen ragen in schiefer Richtung nach aufsen und vorwärts sehr stark hervor, und tragen 1) ein Ilakenglied und 2) mehr nach oben zwei Dörnchen. Das Ha- Ivenglied besteht aus einem grofsen krummen Haken, der in zwei hinter einander liegende Spitzen ausläuft. Die Dörnchen sind am ersten und zweiten Gliede nächst der Scheibe echi- nulirt, oder laufen vielmehr am Ende in mehrere Zacken aus; an den übrigen Gliedern sind die Dörnchen einfach, und nur an ihrem Ende fein getheilt. Am ersten Gliede nächst der Scheibe scheinen die Haken zu fehlen. Die gewöhnlichen Ten- takeln fmden sich wie bei den übrigen Ophiurea. Schreiben der Herren Graf Kejserling und Professor ßlasius. Petersburg, yV- J""i 1^40. Im Augenblick der Abreise in das Innere von Rufsland mit der Mayendorfschen Expedition, erlauben wir uns Ihnen folgende kurze Notiz zur möglichst schnellen Aufnahme in Ihr Archiv mitzuth eilen. „Mifsverständnisse und Verfehlungen, deren Auseinander- setzung ohne wissenschaftliches Interesse ist, haben uns, bei dem Streben nach gröfstmöglicher Vollständigkeit in Unter- scheidung der europäischen Wirbelthiere, zuwider unseren mehr- fachen Bemühungen in die Nothwendigkeit versetzt, zwei neue Thiere zu publiciren, die wir mit Nathusius untersucht hatten, imd die von Nordmann gesendet waren. Erst nachdem der Druck des ersten Bandes unserer europäischen Wirbelthiere beendigt war, erhielten wir die unterdefs erschienene zoologi- sche Abthellung der Demidofschen Reise von Nordmann, in der nun eben diese beiden Thiere unter anderen Namen bekannt gemacht sind. Der Mus horhilanus Nordmann ist unser Mus Nordmanni, der Sminthus Joriger Nathus. ex litt. ist unser Sminthus ISordmmmi. Wir beeilen uns hiermit, unsere Artnamen einzuziehen und die Synonymie unzweifelhaft festzustellen, durch die Bemerkung, dafs dieselben Individuen zu Nordmanns Abbildungen und unserer Untersuchung gedient haben.'' Blasius und Keyserling. 331 Die Vegetation in der Mark Brandenburg. Ein Beitrag zur Pflanzen - Geographie von Dr. Barentio. I. Beziehungen zwischen der Vegetation und dem Klima. Unter allen Ursachen, welche auf das Gedeihen der Pflan- zen einwirken, sind Warme, Licht und Wasser von so ent- schiedenem Einflufs, dafs ihnen gegenüber nur in seltenen Fällen ein anderes Element Bedeutung erlangt. Daher spre- chen sich die klimatischen Verhältnisse in den Pflanzen auf so bestimmte Weise aus, dafs sich von diesen auf jene und umgekehrt die erspriefslichsten Folgerungen haben herleiten lassen; ja es werden von den Gewächsen atmosphärische Zu- stände angedeutet, zu deren wissenschaftlicher Beobachtung es noch sogar an den geeigneten Instrumenten fehlt. Zwar giebt es Pflanzen, die unter den verschiedensten Himmelsstri- chen gedeihen: Lemna minor, Lemna trisidca, Marsüia quadrifolia, Convolvulus Sepium, Festuca fliiitans, Arundo Thragmites y Panicum Crus Galli, Scirpus lacustris, Cla- dium Maris cus, Jiincus effusus, Solanum nigrum*) sämmt- lich bei uns wohlbekannte Arten, wachsen auch auf Neu- Holland. Samolus P^alerandi ist über alle Erdtheile verbrei- tet; desgleichen Nasturtium officinale, welches nur in Neu- Holland noch nicht gefunden ist. Aira flexuosa, Sagina -procumhens , Callitriche verna, Marchantia polymorplia kommen nach Dumont d'Urville unter ganz ähnlichen Ver- hältnissen wie bei uns auch auf den Falklands -Inseln vor. Myriophyllum spicatum und Poa maritima werden in Lapp- *) Meyen Pflanzengeographie. Berlin 1836. p. 110. 332 land, Deutschland und in der subtropischen Region der Cana- rischen Inseln angetroffen. Ueberraschend ist die weite Ver- breitung vieler niederen Pflanzen. Unsere Farmelia perforata fand Hr. Meyen selbst auf den entlegenen Sandwichs -Inseln, udspergillus glaucus sah Ilr. Ehrenberg in Afrika unter ahnlichen Umständen sich bilden wie bei uns. Wenn aber auch Beispiele dieser Art nicht geeignet sind über klimatische Differenzen Aufklärung zu geben, so scheinen sie mir doch in anderer Beziehung sehr beachtenswerth, da sie sich als schwer zu beseitigende Einwürfe gegen die Lehren anführen lassen, welche Linne*) und Wildenow**) von der Verbreitung der Pflanzen über die Erdoberfläche aufstellten. Grade jenen Vorstellungen entgegen, die im Wesentlichen darauf hinaus- kommen, dafs alle Gewächse von einem inselartig hervorra- genden Bergrücken sich über die allmählig aus den Gewässern emportretende Erde verbreiteten, reden sie vielmehr der An- sicht das Wort, dafs sich Pflanzen wie Thiere ***) zugleich an vielen Stellen der Erdoberfläche erzeugten, wo die zu ihrer Entstehung nothwendigen Bedingungen sich vorfanden. In ge- wissen Fällen sind wir für manche niedere Gebilde jetzt noch dasselbe anzunehmen genöthigt, wie vorsichtig uns auch die neueren mikroskopischen Entdeckungen in der Hiudeutung auf die generatio aecjuivoca gemacht haben. Wie genau der eben ausgesprochenen Ansicht die Erfah- rung sich anschliefst, ergiebt sich noch aus einem anderen Umstand. II. B. Saussure hat zuerst die richtigen Gründe auf- gefunden, aus denen eine Abnahme der Temperatur mit zu- nehmender Höhe der Berge nothwendig wird; daher trifft man denn auf den Gebirgen südlicher Breiten die Temperatur nörd- lich gelegener Gegenden w^icder, wodurch das Klima nordi- scher Ebenen und südlicher Höhen eine gewisse Aehnlichkeit erhält, die sogleich auf die Vegetation übergeht, und sicli hier nicht selten auf das Wiedererscheinen derselben Species er- *) C. Liimaei Disscrt, de teUnris habitabi/Zs increjnento. **) Giundrifs der Kräuteikunde. 5. Aufl. p. 491. ***) Z. B. Trochus adglutma?is unter den Schnecken, Arpi/ro- nccta aijuatica unter den .Spinnen, Vanessa Cardiii aus der Klasse der Insekten, sind ähnliche Beispiele in der Thierwelt. 333 streckt. Saxifraga opposif/folia, Süene acaulis, Dryas oc- topetala, Erigeron alpinus, welche in Lapplaud auf niedri- gen Inseln und Küsten wachsen, finden sich auf den Alpen in der Nähe der Schneeregion wieder; die Heidelbeeren (J^acci- nium MyrtiUus)^ bei uns überall in den Wäldern, trifft man in Italien nur noch auf den höchsten Bergen; Birken {Betula alba), die Zierde hochnordischer Gegenden, giebt es in Por- tugal *) nur auf der hohen Serra de Marao und in Italien auf den Bergen von Aspromonte. Die Region zwischen 5000 und 9000' am nördlichen Himalaya trägt eine ganz europäische Physiognomie**); Prunella vulgaris, Thymus Serpylluin Origanmn vulgare, Ranunculus arvensis, Thlaspi arvense, Capsella Bursa Pastoris, Heder a Helix, Galium Aparine, Leontodoji Taraxacum, Acorus Calamus, yllopecurus ge- niculatus, Poa aninia u. a. bei uns die gewöhnlichsten Pflan- zen, sind auch dort zu finden. Ebenso Alsine media, über- all auf unseren Ebenen, wächst am Pik von Teneriffa in einer Höhe von 8000', in einem Klima ähnlich dem der Schottischen Hochlande. Wo aber, wie in Amerika, zwischen den Wende- kreisen hohe Gebirge in die Region des ewigen Schnee's hin- einragen, da finden sich alle Abstufungen der Temperatur, alle Klimate liegen übereinander und mit ihnen alle Vegetations- formen, die im Niveau des Meeres vom Aequator bis zum Pol in unübersehbare Ferne auseinander gerückt sind. „So hat die Natur dem Menschen in der heifsen Zone verliehen, ohne seine Heimath zu verlassen, alle Pflanzengestalten der Erde zu sehen; wie das Himmelsgewölbe von Pol zu Pol ihm kei- nes seiner leuchtenden Welten verbirgt ***)." Im Ganzen gehört es jedoch immer zu den seltneren Fäl- len, dafs dieselbe Art weit über die Erde verbreitet ist; viel allgemeiner ist der Fall, dafs derselbe Typus wiederkehrt, aber ausgeprägt in den allermannigfaltigsten Gestalten. Orchideen, Leguminosen, Cyperaceen u. a. finden sich überall auf der Erde; eine ideale Grundform verbindet alle Familienglieder *) Link Urwelt und Alterthum. I. 2I>7. **) S. Royle Illustr. London, 1833. fasc. I Meyen Pflanzengeo- graphie 107. ^**) Alex. V. Humboldt Ansichten der Natur. II. p. 45. 334 vom Polarkreise bis zum Aequator, aber die Urgestalt ist in eben so viele Arten auseinandergegangen, als es verschiedene Umstände gab, unter denen' sie in die \Yirkli€hkeit trat. Die Ursache dieses Formenwandels bei den Pflanzen liegt hauptsächlich im Klima, dessen grofse Verschiedenheiten, nicht allein durch die geographische Breite, sondern auch durch Meeresnähe, ansehnliche Continente, durch Hochebenen, Ge- birge und weite niedere Flächen hervorgerufen, in der Vege- tation am auffallendsten sich darstellen. Einige Klimate sind der Entwickelung gewisser Pflanzenformen besonders günstig. — An der Westküste Norwegens hört die Tanne (Phius Ahies) schon bei 67" auf, aber die Kiefer (Fin. sylvestris) geht noch bis zum 70". Die Birke sogar bis zum 71^. In Sibirien da- gegen, welches durch ein continentales Klima characterisirt wird, bleibt die Kiefer schon südlich von Obdorsk zurück, die Birke erreicht noch diese Stadt', aber die Tanne dringt hier noch viel weiter nach Norden vor, bis auch sie nicht mehr fortkommt, und Lerchenbäume (Pm. Larix) welche sich all- mählig jenen anschlössen, mit Alnus incana bis an die Kü- sten des Eismeers gehen. Fin. Alnes verlangt demnach wär- mere Sommer, kann aber gröfsere Kälte ertragen als Fin. syl- vestris. Die Lerchenbäume aber sind die Nadelhölzer, welche die grofsen klimatischen Extreme Sibiriens zu ertragen ver- mögen; ja noch auf dem Berge Ulagtschan (134" 40' östl. von Paris, 61" 30' Breite); der eine Höhe von 2544' hat zei- gen sie ein freudiges Wachsthum, und fmden sich selbst auf dem 3780' hohen Kapitanberg (138" L. von Paris, 60" 45' Br.) in einer Mitteltemperatur, die zwischen — 10" und — 11<^II. liegt*) Aehnlich wie im alten Continent ist die Reihenfolge der Nadelhölzer, wenn man von der Westküste Nord-Ameri- *) A. Erman Reise mn die Erde. Histor. Bericht IL 372. 275. Erwägt man noch, dafs auch auf der IVIelville's Insel bei einer Mit- tel-Temperatur von — 14,6*' R. eine namhafte Flor angetroffen wird, so ist man genöthigt, solchen Thatsachen gegenüber, die gewöli^jliche ' Vorstellung von der Schneegränze fallen zu lassen, und sich der neuer- dings von Hrn. Erman entschieden ausgesprochenen Ansicht anzu- schliefsen: dafs sich auf der Erde im Allgemeinen keine Mittel - Temperatur angeben läfst, bei welcher die Schneegränze zu setzen ist. 335 kas östlich wandert: anfangs wieder Plnus sylvestris iibor- gehend successive in andere Pinusartcn. Wie der Norden hat auch der Süden auf den Gebirgen seine eignen Formen, so auf der pyrenäischen Halbinsel Pin. Pinaster, in Italien Pin, Pinea, am Aetna P. Laricio, auf den Bergen der griechischen Küste P, maritima, auf dem Libanon die Ceder, u. s. w. Das Verzeichnifs solcher stellvertretenden Arten liefse sich noch sehr bereichern, wenn es darauf ankäme eine vollständige üe- bersicht zu liefern. Mögen auch die Ursachen, die eine solche Mannichfaltigkeit von Arten zur Folge haben, noch nicht über- all nachweisbar sein, so werden sie sich doch sicher bei nä- herer Untersuchung und Vergleichung der Standörter genann- ter Bäume nachweisen lassen, wie dies schon bei vielen ge- genwärtig der Fall ist. Die Grasform ist über alle Länder verbreitet; baumförmig aber werden die Gräser nur unter dem tropischen Himmel; gesellig wachsend zu Rasen und Wiesen dichtgedrängt vereint sind sie nur in kälteren Regionen ; starr- blättrige Gräser erzeugt Asien, wo durch die eigentlüimliche Stellung der Gebirge eine kalte stagnirende Luftscliicht den Strömungen der Atmosphäre in anderen Erdtheilen fremd bleibt. Lilien haben am Polarkreis wie unter der Linie ihre Reprä- sentanten, aber einen Formenreichthum wie ihn das südliche Afrika in dieser Familie aufzuweisen hat, bringt kein anderer Himmelsstrich hervor. Was in Amerika zu Agaven und präch- tigen Fourcroyen geworden ist, das gestaltete sich unter afri- kanischen Einflüssen zu Aloegewächsen, den einsamen melan- cholischen Bewohnern dürrer \^ üsteneien. AVieder anderen Formen ist es unmöglich geblieben, auch nur durch eine Spe- cies in jedem Klima sich darzustellen. Es fehlen der kalten Zone die Asclepiadeen, Malven, Euphorbien, Laurineen und andere, während die edle Gestalt der Palmen, die abentheuer- lichen Nopaleen, die Bananengewächse, die segenverbreitende Zierde bebauter Fluren der heifsen Zone, sich allein auf den wärmsten Erdgürtel beschränken. Wie ähnlich endlich auch der Habitus einer Gebirgsflora mit dem einer nördlicheren Gegend sein mag, immer bewahrt die Vegetation der Gebirge eine nicht zu verkennende Eigenthümlichkeit, die sich haupt- sächlich durch die grofse Mehrzahl perennirender Gewächse, durch lebhaft gefärbte im Verhältnifs zur Pflanze grofse Blu- 336 men und durch den Reichthiim an bitteren aromatischen Stof- fan in den Gebirgspflanzen characterisirt *). Gröfsere Durch- sichtigkeit der Luft, vermehrte Intensität des Sonnenlichts, ge- ringere Schwere der Atmosphäre, abgestumpfte Wärmeextreme und noch manches Andere sind die Ursachen, welche der Ge- birgsflor den eigenthümlichen Character vindiciren. Zwar wird nicht selten der Reichthum verwandter Arten einer Gegend aufgewogen durch die Menge der Individuen, mit welcher eine einzige Species in einem andern Himmels- strich auftritt; allein diese Thatsache giebt keinen Einwurf ge- gen die Behauptung ab, dafs nur unter bestimmten klimati- schen Bedingungen gewisse Pflanzengestalten zu einer formen- reichen Entwickelung kommen. Es ist schwer zu sagen, ob alle Exemplare der Hunderte von Ericaarten, welche Afrika und namentlich das südliche hervorbringt, zusammengenommen die zahllosen Individuen von Erica vulgaris, welche bei uns und in anderen nördlichen Gegenden mit Erica Tetralix die Familie repräsentirt, um ein Namhaftes in der Menge über- trefi'en mögen; aber gerade der Umstand, dafs unter Hunder- ten dort ausgebildeter Formen nur die eine oder die andere der zwei genannten bei uns sich findet, spricht dafür, dafs un- ter unserem Himmel vieles der Ericaceengestalt hinderlich in den Weg tritt. Dieselbe Wichtigkeit, welche der Individuen- zahl für die Physiognomie eines Landes in Hinsicht auf die Ve"-etation zukommt, hat die Specieszahl für das Klima des- selben, und nur von dieser Ansicht ausgehend, habe ich es der Mühe werth gehalten alle später .mitgetheilten Rechnungen anzustellen. Diese Andeutungen geben den Inhalt eines wesentlichen Abschnitts der erst durch Hrn. Alex. v. Humboldt zu wis- senschaftlicher Bedeutung erhobenen Pflanzengeographie an. Es darf daher nicht W^under nehmen, dafs in einer so jugend- lichen W^issenschaft bisher nur die besser gekannten Phanero- gamen und etwa noch die Farrn Gegenstand der Untersuchung gewesen sind, während die Bedeutung der übrigen cryptoga- mischen Gewächse in der Pflanzengeögraphie noch sehr dun- kel ist, da sie ihrer specifischen Verschiedenheit, ihren nume- ') Schouw Pflanzengeographie. Berlin J823. p. 469. 337 Tischen Verhältnissen und ihrer Verbreitung nach, noch viel zu wenig bekannt sind, als dafs sie jetzt schon eine für un- sere Disciplin erfolgreiche Betrachtung gestatteten. Dies ist auch der Grund, weshalb ich sie bei den nachfolgenden An- gaben unberücksichtigt gelassen habe, obgleich für unsere Ge- P-end viel für die Kenntnifs derselben schon sjethan ist. Ueber- dies aber dürfen wir uns auch der V^ersicherung hingeben, von den Phanerogamen, welche die Natur durch einen vollendete- ren Bau so sichtlich bevorzugt hat, viel bedeutendere Auf- schlüsse zu erhalten, als von den Zellenpflanzen, die hier wahrscheinlich nie eine erhebliche Wichtigkeit erlangen werden. Aus dem vorigen erhellt zugleich die Nothwendigkeit der sorgfältigen Beobachtung alles dessen, was auf das Klima Be- zug hat. Nun sind aber genaue Beobachtungen über die Luft- feuchtigkeit noch immer so vereinzelt, dafs sie zu einer nütz- lichen Uebersicht keineswegs zusammengestellt werden kön- nen; der Einflufs des Lichts läfst sich noch gar nicht in Rech- nung ziehen, sondern eben nur im Allgemeinen angeben, und nur die Temperatur-Beobachtungen sind in einer so umfas- senden Weise angestellt, dafs sie eine brauchbare Zusammen- stellung gestatten, die denn auch bereits ausgeführt ist, und auf viele interessante Thatsachen geführt hat. II, Verhalten der einheimischen Pflanzenfornven in anderen Klimaten, Um den Einflufs der Wärme auf die bei uns durch Ar- ten - Reichthum ausgezeichneten Pflanzenformen darzustellen, habe ich die Floren dreier Länder, die sich durch Tempera- tur-Differenzen auffallend von einander unterscheiden, vergli- chen, und in jedem das Verhältnifs derselben Familie zur übrigen Vegetation berechnet. Für den Norden bot sich mir Wahlenberg's Flora von Lappland*) dar, für Deutschland benutzte ich Koch's**) bekanntes Werk, mit Fortlassung der aufser Deutschland vorkommenden Gewächse, und für den *) Flora lappo7iica. Berolini 1812. **) Synopsis florae germanicae et helveticae. Francof. ad M. 1837. Wiegm, Archiv. V^I, Jahrg. !. Band. O^ 338 Süden lag mir das bei L. v. Bnch*) befindliche Verzeiobnifs der auf den Canarischen Inseln wachsenden Pflanzen vor. Da aber fünf dieser Inseln eine so bedeutende Höhe erreichen, dafs sich mehrere Regionen unterscheiden lassen, und also in der Gesammt-Uebersicht der Pflanzen die Formen kälterer und warmer Gegenden untereinander gerathen, so habe ich die in der subtropischen Region vorkommenden besonders hervorge- hoben, und sie allein für den vorliegenden Zweck in Betracht gezogen. Ich bemerke jedoch ausdrücklich, dafs es nicht meine Absicht war, die Vegetation der in Rede stehenden Län- der überhaupt vergleichen zu wollen, dies würde offenbar ein ganz anderes Verfahren und namentlich eine Berücksichti- gung der hier ganz übergangenen Individuenzahl in Anspruch nehmen. In der nachfolgenden Tafel giebt die erste Vertikalreihe jeder Spalte die absolute Artenzahl an, die zweite drückt das Verhältnifs derselben zur Anzahl aller Phanerogamen aus, wenn diese überall zu 400 angenommen wird. Wäre es aus anderen Gründen nicht unstatthaft, so könnte man neben die Zahlen der zweiten Reihe das Wort „Procente" setzen. *) Physikalische Beschreibung der Canarischen Inseln. Berlin 1825. 339 Mittl. Temp. nach R. Lappland. 0 — S\ Anzahl verhälln, .^"«^ :1UU. Arten. Deutschland. 6 — 8». Arten. * ^'^*^- Subtrop. Region, d. Canar. Inseln. 17 — 18". Anzahl! aller Arten. Verhältn, :1UU. Phanerogamen . . Monokotyledonen Dikotyledonen Gramineen . . Cyperaceen . . Junceen .... Orchideen . . . Liliaceen*) . . Amentaceen . . Euphorbiaceen Polygoneen . . Chenopodien** Labiaten .... Personaten***) Asperifolien . , Solaneenf) . . Syngenesisten . Umbellaten . . Saxifrageen . . Semperviven . Rosaceen. . . . Leguminosen . Caryophylleen ff) Cruciferen . . . Ranunculaceen 496 146 350 46 5.3 22 12 7 28 0 12 2 7 12 6 0 39 9 14 4 24 10 29 21 20 100 29 71 9,2 11,3 4,4 2,4 iA 5,6 0 2,4 0,4 14 2,4 iß 0 7,9 1,8 2,8 0,8 4,8 2 6 4,2 4 2906 613 2296 205 150 41 56 110 68 34 33 48 100 119 46 47 352 141 44 29 107 178 122 156 102 100 21 79 7 5 1.4 2 4 2,3 1,1 1,1 1,6 3,4 4 1,6 1,6 12 5 1,5 1 3,6 6 4,2 5,3 3,4 182 35 147 15 6 1 0 10 0 8 1 11 8 3 1 11 32 2 0 5 2 5 0 2 1 100 19 81 8,2 3,3 0,5 0 5,5 0 4,4 0,5 6 4,4 1,6 0,5 6 17 14 0 2,7 1,1 2,7 0 14 0,5 Hieraus ergiebt sich, dafs mit steigender Temperatur von Norden nach Süden relativ zunehmen; Dikotyledonen Liliaceen Chenopodien Labiaten relativ abnehmen: Monokotyledonen Cyperaceen Junceen Orchideen keine Regelmäfsigk. zeigen Gramineen Personaten Asperifolien Umbellaten *) Nebst Jrideen, Colchicaceen, Smilaceen. *'^) Und Amaranthen. ***) Rhinanthaceen und Anthirrineen. f ) Mit Einschlufs der Gattungen Verbascum, Convolvulus und Cuscuta. ff) Nebst Alsineen. 22* 340 relativ zunehmen Solaneen Syngeiiesisten Semperviven Euphorbien. relativ abnehmen: Amentaceen Polygoneen Saxifrageen Caryophylleen Rosaceen Ranunculaceen. keine Regelmäfsigk. ^seigeti Leguminosen Cruciferen, Deutschland ist zu einem Vergleich mit Lappland uml den Canarischen Inseln nicht ganz günstig gelegen, da es dem Ein- flufs des Meeres, dem diese unterworfen sind, me)ir entrückt ist. Dies tritt auch sogleich in dem abweichenden Verhalten der Gramineen und Leguminosen hervor. Erstere verhalten sich nach Hrn. v. Humboldt zu den Phanerogamen: Die Leguminosen dagegen; in der heifsen Zone wie 1 : 14. wie 1 : 10. in der gemäfs. Zone wie 1 : 12. wie 1 : 18. in der kalten Zone wie 1 : 10. wie 1 : 35. In feuchten Himmelsstrichen nehmen also die Gräser selbst bei steigender Wärme nicht nur relativ, sondern wahrschein- lich auch absolut ab, in trocknen Klimaten erfolgt dies noch schneller. Die Leguminosen sind in der heifsen Zone am ar- tenreichsten, die eigentlichen Mimosen gehören ihr, wie be- kannt, ausschliefslich an ; sollten die oben angegebenen Zahlen, von denen nur die für Deutschland gefundene mit dem im Allgemeinen in der gemäfsigten Zon^ herrschenden Verhält- nisse annähernd übereinstimmt, während die anderen weit un- ter den für ihre Zone berechneten Zahlen zurückbleiben, nicht dafür sprechen, dafs Leguminosen, wenigstens die Papiiiona- ceen, neben Wärme eine gewisse Trockenheit verlangen, wie sie in Binnenländern eher als an der Küste zu erwarten ist? Viele Straucli- und baumartige Gewächse dieser Familie zei- gen sich einer solchen Annahme günstig. Cruciferen, Umbel- laten, Asperifolien sind Formen der gemäfsigten Zone vor- zugsweise angehörig, wie dies aus anderen Untersuchungen schon bekannt ist, und sich hier wieder bestätigt findet. Dafs die Orchideen der wärmsten Region der Canarischen Inseln fehlen, ist in Uebereinstimmung mit der von Hrn. Otto in einem Schreiben aus Cuba geäufserten Vermuthung, zu 341 Folo-e welcher Orchideen grofse Wärmeextreme, kalte Nächte and heifse Tage lieben. Auf Cuba gedeihen die Orchideen in einer mittleren Tages - Temperatur von 21° R., während bei starkem Thau gegen den Morgen das Thermometer bis auf '5 — 6" sinkt; auch bei uns sind in der Zeit, wo die meisten Orchideen blühen, im Mai und Juni die Nächte kalt und feucht, während es bei Tage oft drückend heifs ist. Auf den Cana- rischen Inseln dagegen ist die mittlere Temperatur des kälte- sten Monats in der subtropischen Region 14° R., und selbst dann sinkt das Thermometer kaum je unter + 10°. III. Statistik der märkischen Flora. Wie überall hat auch bei uns der stetig erweiterte Anbau des Bodens an vielen Stellen den ursprünglichen Vegetations- charakter zum Theil oder gänzlich verwischt. Wir besitzen von dem durch seine geognostischen Arbeiten über die Mark vielfach verdienten Direktor Klöden vortreffliche Schilderun- gen des Zustandes, in welchem vor Jahrhunderten verschiedene Gegenden der Mark sich befanden, ehe der unwirthbare Boden in finichtbare Fluren urageschaffen war. Meilenweite sumpfige Niederungen mit ausgedehnten Sandflächea und zahlreichen Seen wechselnd, gaben dem Lande ein& nur noch an wenigen Stellen erhaltene Physiognomie. Möge es genügen nur an ein Beispiel zu erinnern. „Bis zum Jahr 1718 war das Havellän- dische Luch eine wilde Urgegend, wie die Hand der Natur sie gebildet hatte, ein Seitenstück zu den Urwäldern, nur in ge- ringerer Ausdehnung und als Luch abgeändert. — Weit und breit bedeckte ein Rasen auf zusammengefilzter Wurzeldecke von bräunlich grüner Farbe die wassergleiche Ebene, deren kurze Grashalme den Rietgräsern namentlich Carex vulpina, C. paniculata, stellulata, Pseudo-Cyperus, acuta so wie der ^ira caespitosa und aquatica angehören. — In jedem Früh- jahr quoll der Boden dieses Luchs durch das hervordringend© Grundwasser auf, die Rasendecke hob sich in die Höhe-, bil- dete eine schwimmende elastische Fläche, welche bei jedem Schritt unter den Füfsen einsank, während ringsum ein flach trichterförmig ansteigender Abhang sich bildete. Andere Stel- len, welche sich nicht in die Höhe heben konnten, sogenannte Lanken, wurden überschwemmt, uud so glich das Luch in je- 342 dem Frühjahr einem weiten See, über welchem jene Rasen- stellen wie grüne schwimmende Inseln zwischen den erhöhten Plateaus hervorragten*)." Mit zahlreichen Seggen und schön- blühenden Sumpfpflanzen wechselten Weiden, Elsen und Bir- ken, und gaben der Landschaft den herrschenden Charakter, der durch die geschäftige Regsamkeit unzähliger Wasser- und Sumpfthiere eine Lebensfülle gewann, wie kein Landstrich un- serer Provinz sie heute zeigt. Wo der unfruchtbare Boden kein Laubholz aufkommen liefs, bedeckten gesellig wachsende Kiefern die weithin sich streckenden Sandebenen, bis es nütz- licher befunden wurde, die Wälder abzuholzen, um dem oft schwer verbesserlichen Boden eine kümmerliche Roggenerndte abzugewinnen. Die Cultur verschiedener ausländischer Pflan- zen fand allmählig Eingang, und den aus fremden Gegenden eingeführten Zier- und Nutzgewächsen folgten andere, deren Nachbarschaft liebend, und siedelten sich als wuchernde Un- kräuter auf dem gastlichen Boden in einer Weise an, dafs selbst die sichtenden Botaniker in nicht wenigen Fällen auf- gehört haben, die Fremdlinge als solche zu betrachten. Wenn das Feld, wie es wohl vorkommt, mehr Hederich {RapJianus RapJi anist jwn) als Korn trägt, wer sieht jenem da wohl die fremde Abkunft an; und wer zum ersten Male auf, gewissen Aeckern in der Umgebung Berlins die dichtgedrängten Haufen der erst in neuerer Zeit aus Peru eingewanderten Wihorgia parvl/Iora erblickt, der hört nicht ohne Verwunderung, dafs die sich hier so heimisch fühlende Pflanze ein so weit entle- genes Vaterland hat. Wie bei vielen anderen wird man auch hier nach und nach aufhören auf den Excursionen an die ur- sprüngliche Heimath zu erinnern, und die Peruanische Pflanze wird ein märkisches Unkraut. Die Zahl der unserm Boden ursprünglich nicht angehöri- gon Gewächse ist demnach beträchtlicher als oft geglaubt wird, und es dürfte daher eine Aufzählung aller eingewanderten Pflanzen, die im Grofsen und Freien angebaut werden oder verwildert sind, hier wohl am Orte sein. Es stammen aus anderen Theilen ^) K. F. Kl öden Beitrage zur mineralogischen Kenntnifs der Mark Brandenburg. Stück VIII. p. 50 u, f. 343 1. Europas: Beta vulgaris ^ Lycium harharum, Petroseli- num sativum, Foeniculum vulgare, Scandix Cerefo- lium, Anethum graveolens (Spanien, Portugal), Linum usitatissimum , Spiraea salicifolia (südöstliches E. und Sibirien), Brassica oleracea (England), RapJianus sati- vus (besonders Portugal), Ervwn lens, Silyhum maria- num, Scorzonera hispanica, Centaurea solstitialis (üalmatien), Ahles pectinata (südl. Deutschland), Larix europaea (Gebirge des südöstl. E.), Populus alba (östl. E.), Populus dilatata (Italien, Griechenland). Bei Na- men ohne nähere Angabe ist dassiidiiche Europa zu ver- stehen. 2. Asien: Aus Ostindien: Phaseolus nanus, Ph. vulgaris, Datura Stramonium (durch Zigeuner verbreitet), Medi- cago sativa (Medien), Sium Sisarum (China); aus der Tartarei: Polygonum tataricum, P. fagopyrum, Atri- plex horteusis; Persien: Aesculus Hippocastanum, Le- pidium sativum, Morus alba, Cannahis sativa; aus ver- schiedeneu Gegenden des westlichen Asiens: Borago officinalis, Acorus Calamus*^, Pisum sativum, Centau- rea Cyanus, Agrostemma Githago, Papaver RhoeaSf Prunus Cerasus, Malva crispa (Syrien), Vicia Faha, Platanus acerifolia, Raphanus Raphanistrum, Spina- cia oleracea, und wahrscheinlich auch die Getraidearten aus den Gattungen Triticum, Seeale, Kordeum, Avena, Panicum (Ostindien?). 3. Amerika: Nicotiana rustica, N. Tahacum (aus dem war- men A.); aus Nord-A.: Oxalis stricta, Oenothera hieiv- nis, Cornus alba, Acer dasycarpum, Prunus serotina (Virginien), Rohinia Pseud - Acacia , Helianthus an- nuus (Mexiko), Erigeron canadense, Pinus Strohus, Populus monilifera; Süd-A.: Phaseolus multiflorus, Solanum tuberosum (in den kälteren Regionen der Cor- dülere von Peru und Chile wild), Wiborgia parviflora (Peru), Helianthus tuberosus (Brasilien). Mit Einschlufs der eben genannten Pflanzen, die unter sich keine zu rechtfertigende Absonderung einzelner zulassen, *) Relchenhuch ßora germanica excurs p. 11. Nr. 38. nach Dier- bach bot. Zeitung. 1828. p. 545. 344 und von denen viele einen so vvesentliclien Antheil an dem Charakter unserer Vegetation nehmen, haben wir in der Mark 1283 Arten*) phanerogamischer Gewächse, die auf 308 Mo- nokotyledonen und 975 Dikotyledonen, und näher auf folgende Familien, bei denen die nebenstehende Zahl die Artenzahl an- giebt, vertheilt sind: A. Monocotyledoneae. liydrocharideae 2 Naiadeae . 2 Irideae .... 6 Alismaceae . . . 5 Lemnaceae . 5 Liliaceae . . . 31 Butomeae . . . . 1 Typhaceae . 5 Juncaceae . . 18 Juncagineae . . 3 Aroideae . . 3 Cyperaceae . 73 Fotameae . . . . 15 Oj'chideae. . 27 Gramineae . 112 B. Dicotyledo 71 e«^. Ranunculaceae 38 Sanguisorbeae 4 Jasmineae . . . . 3 ]S ymphaeaceae . 2 Onagreae, . . 13 Gentianeae. . . . la Tapaveraceae . 6 Hygrohiae . . 5 Asperifoliae . . . 21 Fujnariaceae » . 4 Lytlirarieae . 3 Convolvulaceae . 6 Cruciferae . . . 52 Cucurhitaceae 2 Solaneae .... . 23 1 Violaceae .... 10 Portulaceae . 2 Personatae . . . 44 Resedaceae . . . 2 Illecehreae . . 5 OrohancJieae . . 9^ J) roser cicecte . . 3 Crtissulaceae . 8 Lahiatoe .... . 46 i Polygaleae . . . 3 Grossidarieae 4 Lenühidarieae . . 41 CaryopJiylleae . 60 Saxifrageae . 4 Primidaceae . . . 14 Elatineae .... 4 Uinbelliferae . 54 Plantagineae . . 6 Lineae 3 Araliaceae . . 2 Chenopodeae W Mcdvaceae . . . 7 Corneae. . . . 3 Amaraiithaceae Tiliaceae .... 3 Capri/oliaceae 6 Pölygoneae . . . 23 Hypeiicineae . 6 Stellatae . . . 18 Santalaceae . . . 4 Acerineae . . . 4 Falerianeac . 7 Aristolochieae . . 2 Geraniaceae . . 12 Dipsaceae . . . 8 Euphorhiaceae . . 13 Oxalideae . . . 2 Compositae . 124 Urticeae . 10 Rhamjieae . . . 2 CampanuIaceaei'S Amentacene . . . 42 Papilionaceae Rosaccae . . . 71 J^accinieae . . 5 Conifcrae . . . . . 7 49 Ericineae . . . 13 *) Bei dieser Zählung habe ich Ruthe's Flora der Mark Bran- denburg, 2. Auflage, zum Grunde gelegt, und die von Herrn Stange herausgegebene Ennmeratlo der um Frankfurt wachsenden Pflanzen benutzt. a45 Mit einer Species kommen noch vor die Cisteae Callitrichineae Apocyneae Berberideae Loranthaceae Verhenaceae Hippocastaneae Monotropeae Plumhagineae Balsamineae Ilicineae Thymeleae Celastrineae Asclepiadeae Myriceae Das Verhältnifs der Monokotyledonen zu den Dikotyle- donen ergiebt sich daher für unsre Gegend wie 1:4^ in ge- nauer Uebereinstimmung mit dem Resultat, welches Hr. v. Hum- boldt für die gemäfsigte Zone im Allgemeinen gefunden hat. Dafs sich dies Verhältnifs nach Norden und Süden hin ändere, und die Monokotyledonen in der kalten Zone in relativ grös- serer Zalü auftreten als in der gemäfsigten, und zwischen den Wendekreisen in relativ geringerer, hat der Begründer der wissenschaftlichen Pflanzengeograplüe selbst schon nachgewie- sen, und dieses Verhältnifs ist seitdem durch zahlreiche For- schungen und Berechnungen immer wieder bestätigt worden, auch die im ersten Abschnitt mitgetheilten Resultate sprechen dasselbe Gesetz aus. Es ist ferner bekannt, dafs in wasser- reichen Gegenden die Monokotyledonen auch in der temperir- ten Zone einen gröfseren Theil der Flora ausmachen, als in trockneren Länderstrichen. Holland z. B. hat nach Miquel*) 1210 Phanerogamen, darunter sind 305 Monokotyledonen und 905 Dikotyledonen; in Rheinpreufsen findet man nach Wirt- gen**) 1480 Phanerogamen, nämlich 334 Monokotyledonen und 1146 Dikotyledonen. In Holland machen hiernach die Monokotyledonen 25 Procent aus, in Rheinpreufsen nur 22. Es wäre hiernach zu erwarten, dafs ein mit Sümpfen und stehenden Gewässern oder langsam fliefsenden seichten Flüs- sen bedecktes Land eine überwiegend grofse Zaiil von mono- kotyledonischen Gewächsen hervorbringen würde. Ich habe daher für unsere Gegend alle in Wasser und Sümpfen und nassem Torfboden wachsenden Pflanzen zusammengestellt, und dabei die Vermuthung bestätigt gefunden, dafs die Mono- kotyledonen in überwiegender Menge den feuchten *) Wiegmann 's Archiv für Naturgeschichte V. 144. **) Ebendaselbst. 346 und nassen Boden bewohnen, denn unter 214 Sumpf- und Wasserpflanzen sind nur lOö Dikotyledonen, die übrigen 108 gehören der anderen grofsen Abtheilung des Pflanzen- reichs an; während in der Gesammtflora also viermal mehr Dikotyledonen sind als einsamenlappige Gewächse, stellen sich beide Klassen hier gleich an Zahl dar, d. h., es giebt auf dem in Rede stehenden Boden bei uns ungefähr viermal mehr Mo- nokotyledonen als auf trockenem Boden. Dasselbe habe ich auch in der Flora von Lappland gefunden. Hier giebt es 144 Sumpf- und Wasserpflanzen, darunter sind 75 Monoko- tyledonen und nur 65) Dikotyledonen, während unter den 496 Phanerogamen das Verhältnifs der genannten Klassen nahe 1 : 3 ist. Es verdient wohl erwähnt zu werden, dafs von die- sen 144 Pflanzen 78 auch bei uns vorkommen, und dafs 49 davon Monokotyledonen sind, deren Verbreitung also auch hier sich weiter zeigt als bei Dikotyledonen, was bei niedrige- ren Formen gewöhnlich der Fall ist. Das Ergebnifs dieser Vergleichung liefert einen entschiedenen Beweis für einen wichtigen geologischen Gegenstand, dafs die in den ältesten Schichten der Erde begrabenen hauptsächlich aus kryptogami- schcn Gefäfspflanzen und Monokotyledonen bestehenden Pflan- zenreste die Flora sumpfiger niedriger Länder oder Inseln in hoch erwärmten Erdstrichen ausgemacht haben, was auch in der gleichzeitig untergegangenen Fauna eine mächtige Stütze findet. Grade ein den Sumpfpflanzen entgegengesetztes Verhalten zeigen die auf trocknem Sandboden sich befindenden Ge- w^ächse. Wir haben 80 Sandpflanzen, von denen 59 Dikoty- ledonen sind, also nahe dreimal so viel als die übrigen 21. Aehnlich verhält es sich wieder in Lappland', wo 15 Sand- pflanzen vorkommen, von denen 10 zu den Dikotyledonen gehören. Nehmen wir an, dafs es nur Sand und Sumpfboden gäbe, so würden auf dem ersteren fast nur Dikotyledonen vor- kommen, und diese ächten Sandpflanzen würden in Ansehung ihrer Verbreitung den eigentlichen Sumpfpflanzen, die bei un- serer Annahme dann hauptsächlich Monokotyledonen wären, nichts nachgeben. Denn unter den 10 zweisamenlappigen Sandpflanzen in Lappland kommt nur eine (Phaca sordidd) bei uns nicht vor, während schon unter den 5 Monokotyledo- nen 2 uns fehlen. 347 Wie ich im vorangehenden Abschnitt das Verhalten un- serer Pflanzenformen gegen die Flora entfernter liegender Län- der im Norden und Süden verglich, so habe ich in ähnlicher Weise die nämlichen Formen in der Mark, um die Verände- rungen zu erfahren, welche sie innerhalb Deutschlands wahr- nehmen lassen, mit den Floren von Pommern und Baden nebst Elsass verglichen, wie sie in Bartjiold's Geschichte von Rügen und Pommern Thl. L p. 61., in der das Klima und die Na- turgeschichte des Landes ausführlich behandelnden Einleitung dargestellt sind. Die Einrichtung der Tafel ist die nämliche, wie die pag. 339. Die Temperatur in Baden kann man durch- schnittlich zu 8^ R. annehmen, in Strafsburg ist sie 7,86^, in Carlsruh 8,29^ *). Die anderen Temperaturen sind die jähr- lichen Mittel von Berlin und Swinemünde, für letzteres aus neunjährigen Beobachtungen. Meteorologische Angaben für Stettin sind mir nicht bekannt. Pommern. Brandenburg. Baden. Mittl. Temp. nach R. 6,9«. 7,2». 8». Anzahl -^ ,..,^ aller ^^^^S "' Arten • l'^'^- Anzahl ,r , ••,. „iip„ Verhaltn. Anzahl .... aller Verhaltn. Arten. * ^•^^• Phanerogamen . . . Monokotyledonen . Dikotyledonen . . . Gramineen Cyperaceen Junceen Orchideen Liliaceen**) Amentaceen Euphorbiaceen . . . Polygoneen Chenopodien*') . . Labiaten Personaten '^*) ... Asperifolien Syngenesisten .... Umbellaten Rosaceen Leguminosen .... Caryophylleen **) . Cruciferen Ranunculaceen . . . 1055 100 288 27 767 73 105 9,9 71 6,7 19 1,8 28 2,6 25 2,3 33 3 7 0,6 19 1,8 23 2 40 3,8 51 4,8 18 1,7 113 10,7 42 4 34 3,2 54 5,1 45 4,2 42 4 31 3 1283 100 308 24 975 76 112 8,7 73 5,7 18 1,4 27 2,1 37 2,8 42 3,4 13 1 23 1,7 27 2,1 46 3,5 44 3,4 21 1,6 124 9,7 54 4,2 49 3,8 71 5,5 60 4,7 52 4 38 2,9 1460 100 327 22 1133 78 107 7,3 79 5,4 21 1,4 39 2,6 44 3 33 2,2 15 1 22 1,5 30 2 54 3.7 67 4,6 23 1,6 153 10,4 60 4 50 3,4 70 4,8 48 3,3 67 4,6 40 2,7 *) Nach Eisen lehr. Poggendorff's Annalen XXXV. 148. und XXXXI. 551. **) Die Familien sind in demselben Umfang wie p. 339. genommen. 348 Läfst man alle Untersclüede die weniger als 0, 5 betra- gen unberücksichtigt, so sieht man, dafs mit zunehmender Warme von Norden nach Süden in relativer Zahl zunehmen: abnehmen: gleichbleiben: Dikotyledonen Monokotyledonen Polygoneen Liliaceen Gramineen Chenopodieit Euphorbiaceen Cyperaceen. Labiaten Rosaceen Junceen Asperifolien Cruciferen. Ümbelliferen Leguminosen Ranunculaceen. Für die Familien unter der dritten Columne sind also die zwischen Pommern, der Mark und Baden stattfindenden kli- matischen Differenzen noch nicht bedeutend genug, um ihr Verhältnifs gegen die übrigen Pflanzen in irgend einer Art abzuändern; die unter den beiden anderen Rubriken befindli- chen Gruppen sind ganz in Uebereinstimmung mit den schon oben gefundenen Reihen, nur die Rosaceen machen eine Aus^ nähme, und scheinen uoch unter einem anderen von der Tem- peratur unabhängigen Einflufs zu stehen. Für die Mark ist es ferner eigenthümlich, dafs Orchideen, Personaten und Syn- genesisteu in einem geringeren Verhältnifs zu den übrigen Phanerogamen stehen als in Pommern und Baden, während bei den Amentaceen das Umgekehrte stattfindet. Die Coniferen, welche sich nicht in obiger Tafel finden, verhalten sich durch die drei Gebiete ziemlich gleich. IV. Blüthezeit. Die- Entfaltung der Blüthenknospen ist das Ergebnifs der Einwirkung aller Elemente, welche zum Gedeihen der Pflan- zen nothwendig sind. Zahlreiche, auf mannichfaltige ^Yeise abgeänderte Versuche haben dargethan, dafs, wo Wärme oder Feuchtigkeit, oder nährender Humus fehlt, der Same im gün- stigsten Falle es nur zum Keimen und zur Entwicklung eini- ger Blätter bringt, eine Blüthenbildung der Pflanze aber nicht gelingt. Ja schon ein gröfserer oder geringerer Mangel an Helligkeit hemmt bei lichtgewohnten Pflanzen die richtige Ent- wickeluug, und bringt verkümmerte, bleiche Gebilde hervor. 349 Es sind daher die Umstände, welche das Hervortreten von Bliithen möglich machen, besonders beachtenswerth, und auch schon viele schätzbare Beobachtungen hierüber bekannt ge- worden. Vor allen interessirt uns hier die Blüthenentfaltung in der jährlichen Periode, die bei derselben Species desto spä- ter erfolgt, je nördlicher ihr Standort ist, was nur eine durch die Gewächse ausgedrückte Wiederholung der bekannten Er- fahrung ist, dafs im Süden auf der nördlichen Halbkugel alle den \Yinter besiegenden Kräfte früher erscheinen als im Norden, Schübler*) hat durch eine sorgfältige Benutzung der vorhandenen Beobachtungen diese Verspätung m der Blü- thenentwickeluug näher zu bestimmen gesucht. Er fand, dafs die nämlichen Pflanzen um Parma, welches 9*^ 16' 34" süd- licher liegt als Greifswalde, 36i Tag früher blühen, als in der Gegend von GreifswaWe, und zog daraus den Schlufs, dafs unter übrigens gleichen Umständen in Deutschland eine Pflanze um 4 Tage später aufblüht, wenn sie um 1** nördlicher wächst als eine andere derselben Art. Aus der bekannten Wärme- abnahme im mittleren Europa wird dann weiter gefolgert, dafs sich überhaupt das Aufblühen um einen Tag verspäte, wenn die mittlere Temperatur um 0, 135" R. sinkt, oder was das- selbe ist, dafs die Vegetationserscheinungen an zwei Orten, deren mittlere Temperatur um 1° R. difl'erirt, um 7^ T^g aus- einander liegen. Im nördlichen Europa verkürzt sich dieser Zeitraum, im Süden dehnt er sich noch mehr aus. Es gebührt diesen Untersuchungen das Verdienst, das Faktum nicht allein aufser Zweifel gesetzt, sondern auch eine Gesetzmäfsigkeit, wie man sie aus anderen Ursachen wohl ver- muthen durfte, in der Erscheinung nachgew-iesen zu haben; obwohl jene Zahlen nur annähernd richtig sein können, und ihre, durch die Rechnung entstandene Genauigkeit nur eine scheinbare ist. Dafs überhaupt das Erblühen der Pflanzen in verschiedenen Jahren sich keineswegs nach einem bestimm- ten Datum, sondern nach den jedesmaligen Witterungserschei- *) UntersucKmigen über die Zeit der Blüthenentwicklung mehre- rer Pflanzen der Flora Deutschlands und benachbarter Länder. Bota- nische Zeitimg 1830. B. I. S. 353. 350 nungen richtet, die aus bekannten meteorologischen Gründen in unserer Zone grofsen Wechselfällen unterworfen sind *) wird auch abgesehen von diesen Gründen, Jedem bekannt sein, der mehrere Jahre hintereinander dieselbe Gegend bota- nisirend durchwanderte. In den Jahren 1835, 1836, 1837 war die Mitteltemperatur des Märzes nach einander 3,87°, 7,19*^, 4 49° R. Welchen «Einflufs müssen solche Differenzen auf das Wachsthum haben! ja selbst noch der August der genannten Jahre sucht diese Extreme auszugleichen, denn hier betragen die Mittel in derselben Folge 16,09°, 14,91°, 17,67° R. Dies vorausgeschickt, wird es einleuchten, dafs man An- fang und Ende der Blüthezeit wohl in jedem besonderen Fall, nie aber im Allgemeinen durch einen bestimmten Tag bezeich- nen kann, und dafs sich hier nur ungefähre Gränzen ziehen lassen, bei denen ein Spielraum von 8 Tagen, ja im Frühjahr noch darüber gestattet werden mufs. Alle nachfolgenden An- gaben über Blüthezeit sind nur Mittel, gefunden durch eine vieljährige Beobachtung, die den nämlichen Werth haben, wie bei den Meteorologen die Mitteltemperaturen in der gemäfsig- ten Zone. Sie sind der feste Mittelpunkt, um den die ewig schwankende Erscheinung sich dreht. Wie es Gewächse gab, und wir machten deren mehrere namhaft, die allen Klimaten angehören, so haben wir auch Pflanzen, die unter allen Wechseln der Witterung Blumen und Blätter treiben, vom wetteränderlichen April bis dahin, wo kalte Novemberwinde den Fluren die letzte Zierde rauben. Die L«mii/7n- Arten, Bellis perennis, Viola tricolor, Alsine media, Thlaspi arvense, Capsella Bursa Pastoris , Poa annua, Erodiwn cicutarium, Leontodon Taraxacwn sind die bekanntesten Beispiele dieser Art. Bei Weitem aber die Mehrzahl hat eine beschränkte Blüthezeit, und stellt sich hier bei genauerer Betrachtung derselben eine interessante Analo- gie, deren Detail die später folgende Tafel genauer nachweist, zwischen Blüthezeit und der gleichzeitig herrschenden Witte- rungsverhältnisse einerseits und der geographischen Verbrei- tung gewisser Pflanzenformen andererseits heraus. Wie näm- *) Dove Meteorologische Untersuchungen 278. und Poggen dorff's Annalcn XXXVI 318. 320. 351 lieh viele Pflanzengruppen in fast allen Zonen repräsentirt sind, unter einem bestimmten Himmelsstrich aber am vortreff- lichsten gedeihen, eigentlich heimisch sind, so finden sich auch fast zu jeder Zeit innerhalb der Vegetationsperiode ein oder einige Repräsentanten der in unseren Breiten herrschenden Familien in Blüthe, aber immer ist es eine bestimmte Zeit, in welcher eine entschiedene Mehrzahl der Arten aus einer Familie gleichzeitig blüht und welkt, um einer anderen Gruppe Platz zu machen. Es hat sich bei der unten angegebenen Zusammenstellung ganz unzweideutig gezeigt, dafs die meteo- rologischen Verhältnisse, unter denen eine Pflanzenform bei uns ihr Bliithen- Maximum erreicht, denjenigen am ähnlichsten sind, die da herrschen, wo dieselbe Form eigentlich ihre Hei- math hat. Wie wir vom Frühling an in immer südlichere Klimate rücken, so kommen im Verlauf des Sommers immer südlichere Formen zur Eßtwicklung, und wir sehen nachein- ander die Vegetationen des Nordens bis zu einer um 23^ Grad südlicheren Region als unsere geographische Breite an uns vorübergehen, freilich nach der eigenthümlichen Lage unseres Landes abgeändert, und den hier herrschenden Bedingungen angepafst. Die Amentaceen z. B. nahmen, wie wir sahen, nach Norden hin im Verhältnifs zur übrigen Pflanzenzahl zu, und so sehen wir sie denn auch in überwiegender Anzahl in den kältesten Monaten des Frühjahrs-, gegen den Sommer aber bei steigender Wärme relativ und absolut sich vermindern. Unser wärmster Monat ist der Juli, die Syngenesisten erreichen in ihm ihr Blüthen -Maximum, eine Gruppe, die wir nach Süden hin entschieden in gröfserer relativer Zahl auftreten sahen. Dafs nun im letzten Theil des Sommers nicht die nämlichen Erscheinungen wie im Anfang desselben auftreten, liegt darin, dafs gegen den Herbst Luft und Erde trockner sind, als vor der Mitte des Sommers, wo dieselbe Temperatur herrschend war, und die Temperatur nicht das allein Bedingende ist. Leider fehlt es noch zu sehr an den nöthigen Beobachtungen, um diesen gewifs nicht unfruchtbaren Gegenstand weiter zu verfolgen; es gehört nämlich dazu, dafs aufser dem Pflanzen- verzeichnifs auch die Blüthezeit jeder Species, die monatli- chen Mittel -Temperaturen und Regenmengen, überhaupt der Feuchtigkeits- Zustand der Luft ermittelt seien; Bedingungen, 352 die sich bis jetzt nur äiifserst selten möchten vereinigt antref- fen lassen, ungerechnet noch die Ausdauer, welche die müh- same Zusammenstellung und Vergleichung dieser Elemente erfordert. Für unsere Gegend habe ich eine solche Zusammenstel- lung ausgeführt, und habe, da nur bei äufserst wenigen Ge- wächsen die Blüthezeit in demselben Monat auch schon auf- hört, in welchem sie begann, sondern sich gewöhnlich darüber hinaus verlängert, diejenigen Pflanzen zusammengezogen, die man in jedem Monat in Blüthe trifft. Dies ist nicht allein mit sämmtlichen Phanerogamen geschehen, sondern mit allen Familien, welche bei uns durch mehr als 20 Arten repräsen- tirt sind. Nachfolgende Tafel, zu deren Verständnifs es kei- ner Erläuterung weiter bedarf, enthält die Summe aller in je- dem Monat blühenden Arten, deren namentliche Aufzählung ein vollständiger Pflanzenkalender sein würde. Die Bedeutung der in den Klammern befindlichen Zahlen ist weiter unten i angegeben. 353 u o ■*^ o O u o < s c o . ^^ WtH-^ »ßO> «MffliO ■^-' C5 Ci CO O >© -V^^y-^ -^. — '^OJ t^ CO -r- CO •TT -^ o -Tt (N CO^CO^CO ^"CO CO*"© Tf'-TH CO"--* lA l~- •^COGO-r^T-XO-^C^-^ißOOCOCOCO'^CsOSCOift C CO CO CO lA -«?^ -r-l -^ ^,3 g-ö o ä 2 o S s -^ ,^ a o C * - - § C 4^ o ii ;; o C3 o Q +j C '7^ o C.2 ü r^ a f « ' a S ü • 0 c; 0 ?^ a; <« s-ö 2; SS ü «j d c;=j P'S 0-« « CJ «t *H «3 legm Ph S Q O UC J < ü J PXh < VD Ä'P W J ü ü tf Archiv. VI. .Talirp,. 1, Band. c a> s ^ 0 0 a ;;> 1— 1 K B rJ2 cS ^ ^ S «5 d 5* 0 «J u «0 «ö Ö 0 -0 Js r^ v^ CJ Ü u 0 05 ü 0 ü Ü '^ -fc* T-l .^^ -*j .1^ c: a 1-^ <: 0 Co 0 na 42 JH 0) 42 s -t-> 1—1 jS cj 0 ^ 0 ;-i «3 0 i/> a ^ MJ c £ a W < a U -»A Ti >p^ • l-H § S 23 354 Nehmen wir nun für irgend eine der auffreführten Al)- theilungen in derjenigen Zeit ein Blüthenmaximuin an, in wel- cher mindestens |, oder wo eine so hohe Zahl nicht erreicht wird, doch wenigstens f der in der Gruppe vorkommenden Species blühen, so erhalten wir für die Monate vom April bis August in folgenden Familien ein absolutes Maximum: Oeg uoSunqonsjo^uQ uoipsiSo| -ojoo^ai\[ SjOAo Q snu uoSuauiuoSoH oip puis H ip^" uoJinBJoduiox oia > 3 o s o O E3 ci > a O O o o 3 o s o o 3 o P3 o n o •TS cr t3 r< W > ►tJ O O C/5 O 3 3' o VI o^ ??. O O O p o 0 in- o o 3 o •-< p o o o 3 o o f« p o ^ o (TD 3. 5" o Ol fp Ö Cß Cß ►tJ B *-< O CD . - 3 P O g K- CO 3 p o p o 3 o 3 O (D ►r; 3 O & 3 o 3* P 3 O o ^ 3 3 o o 3 3 Ö Cn CO p er fD f6 "TS 3 3 o 3 "^1 00 > K> t-^ h^ Hä h*- O o ^ h^ CO o ff 3 ro H«- tjf) 1)^ 05 (O ff lO ff CTQ ff 355 Ein sehr iiberrascliend^s Resultat aber stellt sich heraus, wenn man das Verhältnifs der blühenden Arten von den auf- geführten Familien zur Zahl aller in einem jee einer glücklichen Fundgrube halten, in der sich Burmeister als rüstiger Arbeiter zu uns gesellt hat. Als solchen begrüfsen wir ihn und freuen uns dessen, was von ihm zu Tage gefördert worden, möchten auch durch keinerlei getrübte Polemik einander die Freude an dei Arbeit verkümmern, wiewohl die wissenschaftliche Discussion, zu der hier Gelegenheit geboten, uns nur erwünscht sein kann. Am wenigsten erwarten wir von unseren Commili- toncn den Vorwurf vorschneller Unbehutsamkeit darum, weil wir ilmen den Gang angedeutet, ohne ihn zugleich auszubeu- ten. — Dürften wir hoffen, dafs noch andere Männer, die durch ihre Stellung über ein umfassendes Material schalten, unserer Andeutung so ernste und eifrige Beachtung schenkten, wie Burmeister, so wären wir sicher, zu einem Ziel zu gelan- gen, das unsere vereinzelten Bestrebungen weder so schnell, noch so voUständiii; hätten erreichen können. 363 Burmefster drückt a^^er auf eine in Bezug zu seinen eignen Beobachtungen inconsequente Weise den systematischen Werth der in Rede stehenden Structurverhältnisse herab, in- dem er ihn für die Oscines und deren Sonderung von den Scansores nicht höher schätzt, als den Werth der Schwanz- federzalil und des Baues der Bürzeldriise. Was die 12 Schwanzfedern betrifft, so haben aufser den Singvögeln auch die meisten anderen Vögel eben so viel; an- dererseits finden sich davon Ausnahmen bei typischen Sing- vögeln*) und wiewohl Burmeister versichert „keineswegs bei irgend einer Sylvia", so ist den Ornithologen gerade in dieser Gattung (in dem Sinne Burmeisters) die seltne Ausnahme bekannt, und auf Grund derselben von Bonaparte die Gattung Cettia gemacht, zu der, aufser der europäischen Sylvia Cetti, noch afrtcanische Formen gehören. ;— Ueber die systematische Bedeutung der Bürzeldriise kön- nen wir nicht aus eigner Erfahrung urtheilen, da wir nur an wenigen heimischen Vögeln diese Drüse zu beobachten Gele- genheit hatten. Indefs nach der Art wie Burmeister in sei- nem Handbuch sich darüber ausgesprochen, dient sie zur Schil- derung der Ordnung, nicht zur Unterscheidung. Von den Picariis, heifst es, haben die Meisten eine befiederte Bürzeldrüse; die Passerinae besitzen eine nackte Bürzeldrüse. Das ist eine Form des Unterscheid ens, die den Bedürftigen in jedem einzelnen Falle rathlos läfst. Zu weiterer Würdigung der Angaben von der Bürzeldrüse in dem Aufsatz, den wir beantworten, fügen wir concise Bemerkungen von Nitsch, dem competentesten Richter über diesen Gegen- stand bei: „Glandulae processus — nsque nudus, et Co- rona illa phnnosa destitutus est in Accipitrinis nocturnis, Passerinis , Macrochiribus , Cu'cidinis (Indicatoris gener e — excepto^ et in Columhinis. — Glandulae forma trian- gularis in Vulture leucocepJialo , Falcone MilvOj Lanio *) Wir erinnern uns, dafs dem Tiirdus variu& der Pallasischen Zoographie 14 Schwanzfedern zugeschrieben werden; er mufs zu den Drosseln gehören, die Gould als Oreocmcla generisch gesondert; von den sehr verwandten Arten Turdus variiis Horsf, Whlici Eylon, u. a ist, wie viel wir wissen, die Schwanzfederzahl nicht angegeben 364 minore et plurihiis Vasseruüs. — Fere transverse ren'ifor- Ulis apparet in Stuvno et consiniiüs formae in Passerinis pennultis alds. — Sed sunt formae mediae inter illas ai- que eliam aliqua ßgurae varialio in iisdem speciebus pro aelatisy sexus, et individuonim differeniia ohservatur. ' Uebrigeiis bleibt es daiikenswerth , dafs Burmeister bei die- ser Gelegenheit den Zoologen die Beachtung der Bürzeldrüse einschärft, die von den Arbeiten noch immer nicht berücksich- tigt wird. Die von uns in Anregung gebracliten Verhältnisse haben vor den beiden besprochenen auch durch zald reichere Modificationen und gröfsere Handlichkeit für den Systeuiatikcr einen Vorzug. Um diesen, den Burmeisters Beobachtungen bestätigen, seine Darstellung aber in den Hintergrund drängt, hervorzuheben, stellen wir noch einmal das Ergebnifs bisheri- ger Beobachtung allgemein hin. Dafs solch ein allgemeiner Satz in inductiven Wissenschaften nur auf den gemachten Be- obachtungen ruhet, bei deren Erweiterung aber in Umfang und Form sich ändert, ist ein so nothwendiges Verhältnrfs, dafs es keinen Vorwurf begründet; diesen Vorwurf verdient hin- gegen ein Ausspruch, sobald er Unbekanntschaft mit vorhan- denen Beobachtungen verräth. Die bei weitem gröfste Zahl aller Singvögel, namentlich alle typischen, sind ausgezeichnet durch den Mangel der Quer- theilung auf einem grofsen Theil ihrer hornigen Sohlendecke, solche Bildung ist nur bei den Oscines beobachtet und ent- scheidet an und für sich über die bisher zweifelhafte Stelhnig vieler Vögel. Dazu liefern Burmeisters Beobachtungen Be- weise. — Es treten unter einigen aberranten Formen von Singvögeln Modificationen in dieser Bildung auf. Von den Europäischen weicht nur bei den Lerchen diese Structur so sehr ab, dafs wir sie nicht unter denselben Ausdruck mit der typischen bringen konnten; sie bleibt aber iuunerhin verschie- den von der, die wir bei den Seansores beobachtet haben. Burmeister hat das Verdienst ähnliche Abweichungen an- derer Vögel, die uns theilweise unbekainit waren, zuerst dar- zustellen. Wir schieben jedes Urtheil über diese Einzelheiten auf, da wir unsere speciellen Untersuchungen nicht anders, als in ihrem systematischen Zusammenhange mittheilen mögen. An anderen Vögeln aber beobachtet Burmcistci dieselbe 3C5 Art und Weise der Sohlenbekleidung, wie bei CaprimiiJgus, Coracios , PrioniteSj Upiipcty Colins, und hält sie für wahr- hafte Singvögel. Wenn die Beobachtung richtig wäre, und die Ansicht sich bestätigte, so miifsten wir einräumen, dafs eine kleine Gruppe aberranter Singvögel durch die Sohlenbeklcidung nicht von allen Klettervögeln, wohl aber von allen Singvö- geln unterschieden wäre. Die Sohlenbekleidung eines dieser Singvögel kann nur mit der Bekleidung sehr weniger Gattun- gen von Klettervögeln übereinstimmen, da die letzteren man- nigfach von einander verschiedene Sohlen tragen. Da es wich- tig scheint, über diesen Gegenstand sich zu vereinigen, so glauben wir, unsere Prüfung nicht zurückhalten zu dürfen, wenn sie gleich, wegen der Mittel, unzureichend bleiben mufs. — Coracina calva, scutata — Chasmorhynclius nudicol- Vis — ylmpelis foetida, Pompadora, purpurea — Eurylai- mus nasicus, ILorsfieldii, — Corydon — Ampelis cayana sind diejenigen von Burmeister bei dieser Gelegenheit ge- nannten Ampeliden, die wir nachuntersuchten. Auch die Muscicapa plumhea wollen wir zugleich nennen, da sie un- serer Ansicht nach zu diesen Ampeliden gehört. Bei diesen finden wir nun die Hinterseite der Läufe im trocknen Zu- stande besetzt mit Reihen elliptischer Pustelchen, die ein ver- tieftes oder [häufig wahrhaft perforirendes Loch zeigen. Je- derseits zwischen dieser Sohlenbekleidung und den Tafeln der Vorderseite (Halbgürtel B.) bemerken wir von dem Fersenge- lenk her einen häutigen (nackten B.) Striemen, der über einen ansehnlichen Theil der Lauflänge sich erstreckt und spitz aus- läuft. Bei Emyl. Corydon, der generisch zu sondern, wur- zelt auf diesen häutigen Striemen etwas Befiederung und fin- den wir auch die Reihe gröfserei Schildchen, wie B urm ei- ste r sie angegeben. Die von ihm genannten Gattungen der Klettervögel haben nach den von uns untersuchten Arten nicht diese nackten Striemen mit Ausnahme von Prionites, dessen Sohle aber von grofsen polygonen Platten bedeckt ist; auch übrigens erinnern wir uns keiner Gattung der Klettervögel die vollkommen gleiche Sohlenbekleidung mit diesen Ampeli- den hätte. Wir halten es für möglich, dafs die im Leben wahrscheinlich turgiden Pusteln dieser Ampeliden von den 366 Maschen auf den Sohlen vieler Klettervögel dem Bau nach verschieden sind, haben aber kein Material, um das zu ent- scheiden. Bei Psarls beobachten wir an den Läufen vorn zur Hälfte umfassende Tafeln, neben denen sich jederseits eine Längsreihe rhomboidischer Plättchen mit hie und da unregel- mäfsig abgerundeten Ecken findet; diese Plättchen sind nach dem Fersengelenk hin und innen gröfser; ihre Zahl in einer Reihe übertrifft die der vorderen Tafeln nicht um das Dop- pelte, Die beiden Plattenreihen lassen zwischen sich einen schmalen Streifen, der von sehr kleinen Plättchen bedeckt ist. — Wenn wir unsere Beobachtungen durchlaufen über die Sohlen von Coracias, CaprimulguSy Buceros^ die wir grob genetzt nennen, von Upupa mit der hinteren Längsreihe gros- ser Platten, von Colius mit den innen und aufsen weit her- umgreifenden Tafeln und dem feinschuppigen, fast chagrinar- tigen Sohlenstreifen, so finden wir nicht die Uebereinstimmung, die Burmeisters Angaben fordern. Es bleibt noch Laniiis ßavuSj — Miiscicapa feroXy DespoteSf cayanensis und Faradisi. üeber die letztere wi- derspricht unsere Beobachtung den Angaben von Burmei- ster, und wir bitten anderweitig um Untersuchung und Ent- scheidung. M. Paradisi ist ein ächter Singvogel, mit der langen Sohlenschiene jederseits, die nur nach der Zehenwur- zel hin einzelne Quertheilung zeigt. — Bei den übrigen ge- nannten Arten greifen die Tafeln um die ganze Aufsenseite bis nach hinten herum, ein Verhalten, das wir an keinem Klettervogel beobachtet. Bei Lantus flaviis liegt hinten an der Innenseite des Laufes ein schmaler Streifen, auf dem an 2 Längsreihen sehr feiner gestreckter Maschen zu bemerken; bei M.fcroXy Despotes, cayanensis liegt an der Innenseite der Sohle ein glatter Striemen, nach dem Glanz zu urtheilen, etwa von weich horniger Beschaffenheit, an dem wir hinten eine Längsreihe sehr kleiner Maschen bemerken. Diese zu- letzt erwähnten Fälle können wir durchaus nicht mit Sohlen- bekleidnng der Klettervögel für übereinstimmend halten. Diese Discussion berechtigt zu der Behauptung, dafs, selbst in dem Sinne Burmeisters, alle Gattungen der Singvögel- gruppe durch die Sohlcnbekleidung, nach den bisherigen Er- 367 fahningö», von den Klottervögeln abweichen. Das ist aber mehr als wir behaupten wollen. Uns war das Verhalten ei- niger Ampeliden früher bekannt; wir berücksichtigten nur defs- halb nicht diese Formen, weil wir sie nicht für Singvögel hielten, und auch noch keinen Beweis dafür ke^lnen. Sollte er in den Manuscripten von Nitsch enthalten sein, so wäre uns Belehrung von daher sehr erwünscht. Eben so wenig verläfslich scheint uns die Stellung von Vsaris und anderen Vögeln, die durch die Autoren in die Nähe von Lanuis und Muscicapa gebracht sind. Entscheidung erwarten wir von der Zukunft, aber wir glauben, wie sie auch fallen mag, dafs diese in mancher Beziehung anormalen Formen aus einer na- türlich begrenzten Familie (das Wort in dem Sinne von Nitsch gebraucht) der Singvögel gestofsen werden müssen, und für sich eine kleine Familie bilden, analog den vielen, die man bei den Klettervögeln oder Vicariis anerkennen mufs, so dafs uns immer einige einfache Angaben über die Bekleidung der Hinterseite des Laufes sichere Norm für die Familie der Singvögel bleiben. Fortgesetzte Bemerkungen über die Gattungen der Ästenden. Von J*Müller und F. H. Troschel. Seit unserer letzten Mittheilung haben wir Gelegenheit gehabt, noch andere grofse Museen Frankreichs, Hollands und j Deutschlands in Beziehung auf die AsteriJen zu studiren. i Namentlich ist es uns von Wichtigkeit gewesen, die Lamarck- schen Originalexemplare in Paris vergleichen zu können. Der vielfachen Unterstützungen, deren wir uns zu erfreuen gehabt, werden wir in einer besondern Arbeit über die See- sterne ausführlicher anerkennende Erwähnung thun. Vorläu- fig beschränken wir uns auf die Mittheilung einiger Thatsa- chen von allgemeinerem Interesse. 368 Die Zahl der Gattungen der Asterkn hat sich nicht, wohl aber ganz ungemein die der Arten vermehrt. Doch dürfte es vielleicht zweckmäfsig sein, die Aster acanthien mit beperltem Rücken unter dem Namen Pisaster, und von den Goniastern mit gekieltem Rücken die platten in einer eigenen Gattung, der wir den Blainville'schen Namen Platyaster erhalten, abzutrennen. — Wir dürfen ferner nicht unerwähnt lassen, dafs Pedicellarien sich bei einigen Gattungen gefunden haben, an denen wir sie früher vermifst hatten. EcJiinaster echi- nites Noh. (^Asterias ecJünites Lam.) hat sie, während sie den übrigen Arten dieser Gattung zu fehlen scheinen; gleich- wie solche Artenunterschiede auch bei den Gattungen Pla- tyaster und Asteriscus vorkommen. Dasselbe gilt von einem neuen Chaetasfer. Dreizackige Pedicellarien wurden auch bei zwei neuen Arten der Gattung Luidia Foj;hes *) {Hemicne- mis Noh.) beobachtet. — Die Vielfachheit der Madreporen- platte ist am auffallendsten bei Echinaster echinites, auf de- ren Scheibe in einem Kreise 5 — 6 solcher Platten vorkom- men. — Aus der Familie der OpTiiuriden sind uns mehrere neue Gattungen vorgekommen: 1) OpJiiopJwlis Noi). von Opliiolepis verschieden dadurch, dafs auf der Scheibe aufser den Schuppen auch noch Stacheln vorkommen. Dahin gehört Ophiura annulosa Lam u. Asterias aculeata O. F. Müller. 2) Ophiomyxa Noh. Haut der Scheibe und der Arme ganz nackt und schleimig; zwei Genitalspalten in jedem Inter- brachialraum ; die Papillen der Mundränder und die Zahnpapil- Icn sägeförmig gezähnelt. Hierher eine Art im Wiener und Pa- riser Museum. 3) Ophiocnemis Noh. Vier Genitalspalten in jedem Inter- brachialraum , je 2 nebeneinander und von Schienen begrenzt. Keine Papillen an den Mundrändern. Scheibe granulirt; grofse Radialschilder. Stacheln der Arme glatt. Hierher Ophiura mar- VW rata Lam. *) Die Abhandlung von Forbcs in den Memoiren der Wem er- sehen Gesellschaft ist uns erst nach dem Druck unserer früheren Abhandlungen bekannt geworden. Seine Gattung StcUoiiia ist iden- tiscli unserer AstcracantJiion und enger als Stelhti?a Nardo. Ebenso fallen die Gattungen Solaster Forbes und Crossaster Nob. zusammen, 369 Verzeiehnifs der Vögel Galliziens. Von Stan. Const. Ritter von Siemuszowa-Pietruski. Gallizien ist ein, was die Ornithologie betrifft, von der Natur vorzüglich begünstigtes, leider aber aus Mangel an in- ländischen Naturforschern in dieser Hinsicht noch zu wenig bekanntes Land. Ich glaube daher, dafs es den Naturforschern nicht unangenehm sein wird, alle mir bekannten, in meinem Vaterlande sich findenden Vögel hier aufgezählt zu sehen, be- sonders da sich diese an seltenen Naturproducten so reiche Provinz einer eigenen Fauna nicht rühmen kann. 1. Vulturcinereus Gm. überall sehr selten. 2. Falco (Haliaetos) albicilla L. in den Ebenen nicht selten, meistentheils im Stryier und Sambour Kreise, in den Gebirgsgegenden als Zugvogel. 3 Falco (Aquila) fulvus Will, überall ziemlich selten. 4. F. (Aquila) naevius Gm. allenthalben gemein. 5. F. (Aquila) haliaetos L. *) in der Nähe der grofsen Flüsse: am Dniester, San und Stryi nicht selten. 6. Falco subbuteoL. überall nicht selten. 7. Falco peregrinus Gm. in den nördlichen Kreisen, je- doch nicht sehr häufig. 8. Falco rufipes Beseke, im Stryier Kreise, sehr selten, 9. Falco tinnunculus L. allenthalben gemein. 10. F. (Buteo) Buteo L. in den Ebenen gemein. *) Anmerk. des Herausgebers. Im Text steht Aquila pygar^ gus; doch kann kein anderer Vogel gemeint sein. Der Verf möge ent- schuldigen, dafs ich überall seinen Benennungen die allgemein üblichen substituirt habe; ebenso dafs ich seine systematischen Rubriken weg- lasse. Jede eigenthümliche Systematik einer Fauna ist, da sie sich nicht am Ganzen, sondern nur an Bruchstücken des Ganzen versucht, wenn nicht ein Unding, doch mindestens eine vergebliche Mühe iViegm. Archiv. VT. Jahrg. I. Band. 24 370 H. F. (Buteo) lagopus Gm. ziemlich selten. 12. F. (Milvus) Milvus L. in ganz Gallizien gemein. 13. Falco (Astur) palumbarins L. überall sehr gemein. 14. F. (Astur) Nisus L. allenthalben gemein. 15. F. (Circus) rufus L. in Ebenen, auf sumpfigen Stellen nicht selten. 16. F. (Circus) cyaneus Moni. (L.) im Tarnopoler und Rzesrower Kreise nicht selten. 17. Strix nisoria W. u. M. in Gallizien nur auf dem Zuge als Seltenheit. 18. Strix flammea L. überall gemein. 19. Strix passerina L. nicht sehr häufig, jedoch überall. 20. Strix Noctua Retz. in den Gebirgsgegenden gemein. 21. Strix Alu CO L. allenthalben gemein. 22. Strix Bubo L. in den grofsen Gebirgswäldern nicht selten. 23. Strix Ot US L. allenthalben gemein. 24. Strix Scops L. in den an Ungarn gränzenden Kreisen: jedoch sehr selten. 25. Caprimulgus europaeus L. überall gemein. 26. Cypselus murarius T. überall nicht selten. 27. Hirundo rustica L. allenthalben gemein. 28. H. urbica Gessn. allenthalben häufig. 29. H. riparia Gessn. an den Ufern der Flüsse nicht selten. 30. Merops Apiaster L. in den südlichen Kreisen Galli- ziens als verirrter Vogel. 31. Alcedo Ispida L. allenthalben am Wasser. 32. Coracias garrulaL. in den südlichen Kreisen Galliziens. 33. Cuculus canorus L. überall gemein. 34. Oriolus galbula L. in den Ebenen nicht selten. 35. Corvus Corax L. überall; jedoch nicht häufig. 36. C. Corone L. überall gemein. 37. C. Cornix L. allenthalben gemein. 38. C. frugilegusL. im Frühjahr und Herbste gemein, nistet jedoch bei uns nicht. 39. C. Monedula L. allenthalben gemein. 40. C. Pica L. überall gemein. 41. C. glandarius L. überall gemein. 371 42. C. Caryocatactes L. in den Gebirgsgegenden nicht selten. ^ 43. Picus Martins L. in den grofsen Nadelwäldern nicht selten. 44. P. viridis Gessn. allenthalben gemein. 45. P. canus Gm. allenthalben gemein. 46. P. major L. überall gemein. 47. P. medius L. allenthalben gemein, 48. P. minor L. desgl. 49. Yunx torquilla L. desgl. 50. SittaeuropaeaL. überall nicht selten. 51. Certhia familiaris allenthalben gemein in Nadelhölzern. '52. Upupa Epops L. nicht selten. 53. Muscicapa grisola L. bewohnt ganz Gallizien in Wäl- dern und Gärten, jedoch nicht sehr häufig. 54. M. parva Bechst. ziemlich selten. 55. M. albicollis T. nur ein Exemplar wurde bei Lemberg gefangen. 56. Bombycilla garrula L. zieht in manchen Jahren in ungeheurer Anzahl durch Gallizien. 57. Lanius excubitor L. überall häufig. 58. L. ruficeps Bechst. in den Ebenen nicht selten. 5^. L. collurio L. allenthalben, jedoch nicht sehr häufig. 60. Loxia pityopsittacus Bechst. in den grofsen Nadel- wäldern nicht selten, 61. L. ourvirostra L. überall häufig. 62. Fringilla enucleator L. sehr selten, nur ein einziges Exemplar wurde bei Lemberg gefangen. 63. F. pyrrhula L. allenthalben gemein. 64. F. Coccothraustes L. desgl. 65. F. chloris L. desgl. 66. F. domestica L. desgl., jedoch in den Ebenen häufiger als in Gebirgsgegenden. 67. F. montana L. überall gemein. 68. F. coelebs L. desgl. 69. F. monti fringilla L. als Zugvogel im Winter. 70. F. nivalis L. kommt nur in manchen Jahren im Winter zu uns. 71. F. cannabina L. gemein. 24* 372 72. Fringilla flavirostris L. sehr seiton, in Gebirgsge- genden. 73. F. linaria L. zieht in manchen Jahren in grofser Anzahl durch Gallizien. 74. F. spinus L. allenthalben gemein. 75. F. carduelis in ganz Gallizien gemein. 76. Emberiza miliar ia L. in den Ebenen nicht selten 77. E. citrinella L. allenthalben gemein. 78. E. Cirhis L. im Stryier Kreise. 79. E. Schoeniclus L. überall in grofsen Rohrwäldern. 80. E. nivalis L. in manchen Jahren als Zugvogel zur "Win- terzeit. 81. AI au da alpestris L. in manchen Jahren als Zugvogel. 82. A. cristata L. allenthalben gemein. 83. A. arborea Will, desgl. 84. A. arvensis L. desgl. 85. Anthus campestris Bechst. überall, jedoch ziemlich selten. 86. A. arboreus Bechst. in den Ebenen ziemlich gemein. 87. A. pratensis L. im Lemberger, Stryier und Prnmysler Kreise. 88. A. aquaticus Bechst. ziemlich selten. 89. Motacilla sulphurea Bechst. überall gemein. 90. M. alba Gessn. desgl. 91. M. flava Gessn. desgl. 92. Turdus Merula L. desgl. 93. T. torquatus L. in den Gebirgsgegenden nicht selten. 94. T. viscivorus L. allenthalben gemein. 95. T. musicus L. desgl. 96. T. pilaris L. durchzieht in manchen Jahren Gallizien. 97. T. iliacus L. Herbst und Frühling als Zugvogel. 98. T. saxatilis Lth. findet sich in den südlichen Kreisen, jedoch sehr selten. 99. T. cyaneus Gm. ein einziges Exemplar ward bei Lem- berg geschossen. 100. Sylvia rubecula L. allenthalben gemein. 101. S. phoenicurus L. desgl. 102. S. Thetis Lth. desgl. 103. S. Suecica L. im temberger, Tarnopoler und Brunzaner Kreise ziemlich selten. 373 104» Sylvia Luscinia L. nicht selten. 105. S. Philomela L. allenthalben gemein. 106. S. (Curruca) nisoria Bechst. nicht selten. 107. S. hortensis Bechst. allenthalben. 108. S. atricapilla L. in Ebenen, jedoch ziemlich selten. 109. S. cinerea Briss. in den Ebenen gemein, in den Gebirgs- gegenden als Zugvogel. 110. S. Curruca L. ziemlich selten. 111. S. (Ficedula) Hypolais L. desgl. 112. S. sibilatrix Bechst. überall häufig. 113. S. Trochilus L. allenthalben. 114. S. rufa Lth. überall gemein. 115. S. (Salicaria) turdoides Meyer, an grofsen Teichen. 116. S. arundinacea Lth. in rohrreichen Gegenden. 117. S. locustella Penn, überall, jedoch nicht gemein. 118. S. phragmitis Bechst. an binsenreichen Orten, 119. Saxicola Oenanthe L. an grofsen Teichen. 120. S. rubicola L. 121. Cinclus aquaticus Briss. in moorreichen Gegenden. 122. Accentor modularis L. überall in Gärten, an den Hecken nicht selten. 123. Troglodytes parvulus Koch, allenthalben. 124. Sturnus vulgaris L. allenthalben. 125. Parus major Gessn. nicht selten. 126. P. ater Gessn. in Tannenwäldern. 127. P. palustris L. allenthalben. 128. P. caeruleus Belon. überall nicht sehr häufig. 129. P. biarmicus L. an den grofsen Teichen bei Komarno Brzcrzany, jedoch immer eine grofse Seltenheit. 130. P. caudatus Gessn. im Lemberger Kreise. 131. P. pendulinus L. in den grofsen Rohrwäldern Galli- ziens, jedoch nicht sehr häufig. 132. Regulus cristatus Koch, allenthalben gemein. 133. Columba palumbus L. in den Gallizischen Wäldern nicht selten. 134. C. Oenas L allenthalben gemein. 135. C. turtur L. desgl. 136. Tetrao Urogallus L. in den Urwälilern der Carp»- 374 then, da man ihnen aber viel nachstellt, so hat sich ihre Anzahl berleutend vermindert. 137. Tetrao Tetrix L. im Stryier Kreise nicht selten. 138. T. Bonasia L. gemein in grofsen Wäldern. 139. T. lagopus L. höchst selten als verirrter Vogel im Tar- nopoler Kreise. 140. Per d ix cinerea Aldr. allenthalben gemein. 141. P. Coturnix L. desgl. 142. Otis tarda L. in den grofsen Ebenen der Tarnopoler und Brczcower Kreise. 143. Oedicnemus crepitans T. sehr selten, als verirrter Vogel. 144. Charadrius pluvialis L. an morastigen Triften. 145. Ch. Morinellus L. selten, als Zugvogel. 146. Ch. minor M. u. W. an den Ufern der Gewässer. 147. Ch. Van eil US, allenthalben. 148. Grus cinerea Beclist. auf grofsen Morästen. 149. Ciconia alba Bei. allenthalben gemein. 150. C. nigra Bei. in den grofsen morastigen Wäldern. 151. Ardea cinerea Lth. an den Flüssen nicht selten. 152. A. purpurea L. sehr selten. 153. A. Egretta, kommt zuweilen aus Ungarn nach Gallizien. 154. A. Garzetta L. desgl. 155. A. stellaris L. allenthalben gemein. 156. A. minuta L. an rohrbewachsenen Teichen. 157. A. nycti corax L. in den südlichen Kreisen, jedoch selten. 158. Platalea leucorodia L. verirrt sich bisweilen zu uns. 159. Ibis falcinellus Gm. sehr selten, nur ein Exemplar wurde im Stryier i\rcise geschossen. 160. Scolopax rusticola L. besucht manchmal im Herbste die Brachfelder Galliziens. 161. S. (media B.) major L. allenthalben. 162. S. G allin ago L. nicht selten. 163. S. Gallinula L. allenthalben, jedoch nicht sehr liäufig. 164. Numenius arquatus Lth. ziemlich selten. 165. Totanus o ehr opus, ziemlich selten. 166. T. hypolcucos Gm. L. an Morästen. 167. Tringa subarquata T. sehr selten. 375 168. Machetes pugnax L. auf Morästen, jedoch nicht sehr häufig. 169. Rallus aquatjcus L. allenthalben häufig. 170. Crex pratensis Bechst. desgl. 171. C porzana Lth. an den Gewässern Galliziens, selten, ^12. C. pusilla Bechst. an grofsen Teichen. ^73. Gallinula chloropus Lth. nicht selten an den grofsen Teichen. 174. Fulica atra L. allenthalben gemein. 175. Lestris parasitica Gm. durch Stürme verschlagen, kommt sie nur selten nach Gallizien. 176. Laras fusciis L. ebenfalls eine seltene Erscheinung. 177. L. marinus L. kommt bisweilen im Winter nach Gal- lizien. 178. L. ridibundus L. bewohnt, jedoch selten, unsere grofsen Flüsse, meistens am Dniester. 179. Stern a Hiruudo L. an unseren Flüssen und Teichen nicht selten. 180. St. minuta L. nicht selten. 181. Carbo Cormoranus W. u. M., besucht nicht selten die grofsen Flüsse und Teiche. 182. Pelecanus Orocrotalus, zuweilen aus Ungarn kom- mend. Ich besitze ein Paar Exemplare, die im Stryier Kreise geschossen sind. 183. Cygnus musicus Bechst. kommt bisweilen im Winter nach Gallizien. 184. Anser cinereus M. bewohnt die grofsen Moräste. 185. A. segetum Gm. zieht im Herbste durch Gallizien. 186. Anas Boschas L. allenthalben häufig. 187. A. clypeata L. sehr selten. 188. A. crecca L. nicht sehr häufig. 189. A. querquedula, überall häufig. 190. A. Tadorna L. ziemlich selten. 191. A. nigra L. sehr selten. 192. A. fusca L. sehr selten. 193. A. clangula L. im Winter keine Seltenheit. 194. Mergus Merganser L. findet sich manchmal auf un- seren grofsen Teichen, ob er hier brütet, weifs ich nicht. 376 195. Colymbus cristatus L. (Gm.) auf unsern grofsen Teichen. 196. C. minor Lth. allenthalben im Wasser. Dieses Verzeichnifs, worin sich bereits viele seltene Vögel vereinigt finden, und deren Anzahl vielleicht mit der Zeit um 20 — 30 Arten vermehrt werden könnte, übergebe ich dem ornithologischen Publikum als das Resultat meiner eigenen vieljährigen Forschungen, in der Hoffnung, dafs ich bald im Stande sein werde, das Fehlende durch eine schon längst be- absichtigte Reise in die mir nicht genügend bekannten Kreise zu vervollständigen. Observations sur quelques poissons de la mer de Nice. Par A. R i s s o. Notacanthus Notacanthe Bloc. N, Bonaparte N. Bonaparte N. Planche X. N. Corpore elongato, compressOy nigro-punctulato; pars anterior lata, caeruleo-ärgentata, posterior tenuissima, incarnata, Rostro Chimaeriformi; cauda acuta. Le Corps de ce Notacanthe est alonge, suelte, apiati, plus gros et plus epais sur le devant, diminuant peu-a-peu, et se prolongeant insensiblement en pointe vers la queue. II est colore d'un bleu de plomb argente sur toute sa partie ante- rieure, et d*une teinte rouge incarnat livide sur l'inferieure; le tout couvert de tres-fines ecailles, assez adherentes ä la peau comme colles des couleuvrcs tres-finement pointillees de noir. 377 La tete ayaiit la forme de celle de la Chiaiere presente un museau proeminent, avance, aplati, termine en pointe ob- tuse. Les deux seules narines sont oblongues, plus rappro- chees de l'oeil que de l'extremite du museau. La bouche est inferieure, arquee, assez fendue, la mandibule plus avan- cee que la mächoire est armee d'une rangee de dents tran- chantes au nombre de vingt a vingt-deux. Elles sont suivies de quelques dents palatines disposees sur deux rangees. La mächoire inferieure est garnie d'un seul rang de dents plus petites, plus fines et plus subtiles. Les levres sont assez epaisses, Tesophage est grisätre; le preopercule et Fopercule ne forment qu'une piece mince, flexible, cartilagineuse, tres- finement striee; Touverture des brancbies est fort ample, la ligne laterale commence au-dessus des ouies, suit la cour- bure du dos jusqu'au dernier rayon de la dorsale, traverse ensuite le milieu du corps jusqu'ä la queue ; Torifice de l'anus est muni dans cet individu d'un long tuyau creux qui pourroit bien servir d'oviductus. La nageoire dorsale est compose de neuf rayons epineux libres, courbes, aigus, isoles; le premier est presque cache sous la peau, l'avant dernier est le plus long. Les nageoires pectorales situees un peu en dessous de l'ouverture des bran- chies sont coupees en forme de queue d'hirondelle, et poin- tillees de uoir; les nageoires ventrales sont peu etalees, rap- prochees par leur base, procedees de trois petits aiguillons inegaux de chaque cote. L'anale commence par quinze rayons epineux, subtils, tres- aigus, courbes, libres, ils sont suivis d'une membrane tres-deliee noire, traversee par 120 rayons simples, mous, flexibles, tres-inclines, lesquels se reunissent pour former l'extremite de la queue, qui termine en pointe. Long, totale 0,148; Larg. 0,024. Sejour abymes marins vaseux. Aparit. ete. N. D.9; P.16; V. 3 — 11; A. 1.4 — 200; M. B. 6. Dimension s. Distance de Textremite du museau aux narines . . 0,008. Id. id. a la bouche . . 0,010. Id. id. aux yeux . . . 0,012. Id. id. aux nageoires pectorales 00,36, Id. id. aux nageoires ventrales 0,072. 378 Distance de l'extremite au premier rayon de la dorsale 0,081. !d. id. a l'orifice de ranus .... 0,092. Elevation des rayoiis dorsaux les plus longs . . . 0,006. Diametre de l'oeil 0,007. Ouvertüre de la bouche 0,008. Protractilite des maclioires 0,003. Long, des rayons des nageoires pectorales .... 0,013. Id. id. des ventrales . . . 0,010. Espace oecupe par les rayons libres dorsaux . . . 0,040. Remarques. Des caracteres, que Ton vient de relater les continuations de riiistoire naturelle des poissons de Cuvier, pourra bien s'assurer „si la hauteur verticale du bout du museau de ce „poisson est plus du quart de la longueur de la tete, et si „son epaisseur aux nageoires pectorales est plus du tiers de „sa hauteur, et s'il ne devient pas plus mince en arriere, si „la longueur de sa t^ie est du huitieme de la longueur to- „tale, et sa hauteur de deux tiers de sa longueur,'' et autres caracteres aussi nets, aussi clairs, aussi precis et aussi faciles ä saisir, que Mr. Valanciennes a donne du Notacanthe deco- lore et sans visceres, qu'il a observe dans le cabinet d'his- toire naturelle de Berlin, sur lequel, dit-H il n'a pas trouve sur le dos les larges bandes brunes, qu'il a vu peintes sur la figures de Bloch; caracteres, qui joints aux six pages de pa- roles ou nage a son aise la notice descriptive de ce poissön, nous permet de croire, que IcNotacanthe de la Mediterranee que Ton vient de decrire, n'est pas celui des Indes orientales, ni celui du Groenland, niais peut-etre uue espece nouvelle» qui portera le nom du savant et illustre auteur de la faune d'ltalie, ä qui l'histoire naturelle est redevable de tant de travaux utiles. D e ?i t e X D e 71 l e Cuv. 1). V II l g a r i s. D. o r d i 7i a i r e. D, Gorpore argcntalo, caerulescente; Jrmite depressa, lateribus^ caerulco fiißrescente violaceo pu7ictatis; hasi pinna dorsali lutea - ferrugineo guttata; vaitda semilutuita, Sparus de7itcx auct. j 379 Son Corps est ovale, fort alonge, epais, crune tcinte ar- gcntine, se nuan^ant sur le dos en bleu Celeste, se reflechis- saiit sur Ics cotes en or, en argent, en amethiste, entremeles fle petits points d'un bleu noir violätre, et s'etendant ensuite par ondes azurees sur lo museau. La tete est grande; sa longueur n'egale jamais la hauteur du Corps, et ne fait jamais les trois quart de la longueur totale, conime l'avance Mr. Valanciennes ; le front est plus I deprime dans son profil que convexe; le museau est assez prolonge et obtus. Les yeux sont mediocres, situes au haut du front a-peu- pres a egale distance du bout du museau et de la pointe de l'opercule, quand la bouche est fermee; l'iris est d'un argent dore, la prunelle noire. Le preopercule est bien developpe, et occupe une partie de la joue; son bord posterieur est lisse, uni, strie, et non un peu ride; le limbe est marque par deux aretes, qui sui- vent le contour du bord; tout Fespace entre cette arete et I le sousorbitaire est creux, et non caverneux, recouvert dans I l'etat sec et fraix de tres-fines ecailles lisses, pointillees de noir. L'opercule et le sousopercule ne sont point remiis; le Premier est recouvert d'ecailles plus grandes et plus diverse- I ment nuancees, que le second, tous les deux sont inegalement sinues sur leurs bords. L'interopercule est assez large, separe des autres pieces operculaires, et couvert de petites ecailles, qui reflechissent le pur eclat de l'or, il est lisse, uni, subarrondi sur son bord, I traverse de fines lignes concentriques, qui s'evanouissent en approchant de l'opercule. Les narines sont munies de deux ouvertures, Tanterieure i est petite, ronde; la poitrine fort grande, oblongue, terminee en pointe du cote de l'oeil. La fente de la bouche est bien elöignee, et ne se pro- longe jamais au-dela de la premiere Ouvertüre des narines; les mächoires sont presque egales, peu protractiles, l'inferieure n'est pas aussi longue que la supe/ieure soit que la bouche se trouve ouverte, ou bien fermee. Les maxillaires sont garnies des levres epaisses, le dessous de la mächoire inferieure est nud, Sans ecailles, avec un petit menton oblique. 380 La machoire superieure est garnie de trois a quatre grosses dents canines crochues, suivies sur les cotes d'une rangee de dents assez fortes, courtes, presque droites, les- quelles sont accompagnees de plusieurs series de dents tres- fines en veloiir; la machoire inferieure est ornee d'une rangee de dents presqu'egales suivies d'un grand nombre des petites en Velours, avec les quatre anterieures fortes, crochues, placees a egale distance les unes des autres. Le palais est lisse, ainsi que la langue, qui est subarron- die ä son extremite. L'ouverture des branchies est assez grande, la distance. ( de la dorsale au bout du museau n*est pas egale au tiers dei la longueur du corps ; et l'espace qu'elle occupe sur le dos est presque aussi long que la moitie de sa longueur. Les trois Premiers rayons epineux sont les plus courts, les autres huit sont assez longs; la membrane qui les unit est trans- parente, pointillee de bleu a sa base, et bariolee de jaune avec une tacfee ferrugineuse au bout: les rayons peuvent sei cacher dans une rainure couverte d'ecailles du cote du dos, •qui se relevent assez pour servir a cacher la nageoire dorsale. L'anus est beaucoup plus rapproche de la queue, que de la tete; un peu en arriere commence la nageoire anale, qui est courte, nuancee de jaune, dont le premier rayon epineux ( est plus courte que le second, celui-ci du troisieme qui est moins haut, que les rayons mous ou rameux, lesquelsi sont termines par huit filamens articules. La nageoire cau- dale est en demi-lune et non fourchue, eile est d'un rose< pale avec le lobe superieur, qui depasse tres-rarement l'infe-' rieur; les ventrales sont placees en arriere des pectorales, elles sont libres, a-peu-pres triangulaires, mais reunies en- tr'elles par un ecusson conique couvert de petites ecailles' argen tees, obtuses, et ornee sur leur aiselle laterale d'une longue ecaille triangulaire pointue. Les nageoires pectorales sont tres-developpees, le plus long rayon atteint au-delä du neuvieme rayon de la dorsale. Elles sont un peu decoupees' en forme de queue d'hirondelle, et ont des rayons teintes de ronge sur une membrane transparente jaunatre. La ligne laterale est situee sur la region dorsale a troiS; 381 quart de la hauteur du poisson, eile commence aux ouies, et suit modestement la courbure du dos. Les ecailles sont assez grandes, on en compte 76 dans sa longueur et 30 dans sa plus grande hauteur; elles sont tres-adherentes a la peau, Celles du dos et du ventre sont un peu moins developpees que Celles des flancs. Chaque ecaille est subelliptique a bords lisses, tres-fine- ment cilies, la partie recouverte est marquee de stries rayon- nantes du centre vers le bord radical qui est un peu festonne. La femelle presente ä-peu-pres les memes gradations des nuances, eile devient plus grosse et plus trapue que le male; on la trouve pleine d'oeufs pendant les cinq premiers mois de l'annee, eile fraye dans les bas fonds a l'approcbe de l'ete; les petits s'approchent du rivage, ceux qui sont deja un peu developpes et du poids d'une livre ont le corps cou- vert, ainsi que les flancs de petites täches bleu amethyste tres-chatoyant, et les nageoires ventrales et anale d'un beau jaune fonce. M.B.6; N.D.ll — 11; P.14; V.l — 5; A.3— 8; C. 16, Dimensions d'un individu ordinaire. Long, totale 0,600. Larg. a la base des pectorales 0,155. Epaiss. id. 0,065, Distance du museau au milieu de l'oeil 0,080. Distance en ligne droite a Touverture des branchies . 0,155. li a la base de la nageoire dorsale .... 0,186. Id. id. des nageoires pectorales . ♦ . . 0,170, Id. id. des nageoires ventrales . . • . 0,192. Id. id. de l'anale .... - 0,340. Id. id. de la caudale 0,530. Longueur des nag. pectorales 0,130. Id. de la nag. dorsale 0,287. Id. de Fanale 0,120. Envergure de la queue 0,170. Diametre de l'oeil 0,022, Ouvertüre de la bouche 0,044 382 D, Synodon D. S y n o d o 7i N. D. Corpore ovato ohlongo, ventricoso, crasso, ruh'ginoso. Frorite gihhosii; lateribus macvlh mgris sparsis ornatis; cauda In nah f. An Synoden cmct. Le Corps de ce poisson est ovale -oblong, renfle, epais, tres-large vers la tete, aminci vers la queue, brillant de l'eclat de Targent et du platine, qui se change en rubis vers la partie anterieure; en reflechissant diverses nuances metalliqiies Jaunatres vers la posterieure, etant parseme sur la moitie de la region du dos de täche eparpillees d'un noir d'ebene. La tete est fort grande, et forme presque le tiers de la longueur totale du corps. Le museau se prolonge en avant; :! le front est bombe; son chaufrein est tres-releve, globuleux et bossu; l'espace entre Foeil et le front est surmohte dune^ ossature proeminente, arrondie; le profil du front descend en ligne oblique vers Textremite du museau, qui est obtus, sub-^ arrondi, couvert de petits pores. La nuque est haute, pres- que trancliantc jusqu'a la base de la nageoire dorsale, et parait comme nue, quoiqu'elle soit couverte de tres-petites ecailles fort adhereutes a la peau. L'oeil est tres-grand, arrondi, place au milieu de la di-^ stance entre Fouverture de la bouche et la nuque; l'iris est« d'un argent iiacre et dore, la prunelle tres-developpe est noire» Le sousorbitaire est tres-grand, de forme trapezoide a surface couverte de longues stries divergentes, diversement nuancees en cuivre rubigineux. Le preopercule est assez developpe pour couvrir une grande partie de la joue ; le bord montant est rectiligne, uni, l'inferieur presente un sinus, et s'arrondit ensuite vers la base de l'angle de la mächoire inferieure. Le limbe est large, re-, gulierement strie de fuies lignes, qui nuancent en pourpre la peau, qui le recouvre. L'opcrcule et le sousopercule sont larges, point reunis, ces deux pieces sont ondulees et sinuees sur leurs bords, terminees au sonimet en pointe obtuse; elles sont recouvertes ; 383 de grosses ecailles dans la premiere, et ile petites moins miancees dans la secondo. L'interopercule est fort large, separe des antres pieces operciilaires , il est coiivert d'assez grosses ecailles d'un rose pourpre, est lisse, foiblement siniie siir son bord, traverse de fines lignes coiicentriques. Les narines sont inegales, place es en ligne oblique au- devant de l'oeil, Tanterieure est petite, ovale, arrondie, celles situees ä cote des yeux sont fort grandes, oblongues, aigues. La fente de la bouche est peu eloignee, et ne se pro- longe Jamals au-delä de la premiere Ouvertüre des narines; les mächoires sont inegales, tres-peii protractiles; l'inferieure est arrondie, beaucoup plus longue que la superieure, soit qu'elle soit fermee ou ouverte; le maxillairc est presque Cache sous le bord du sousorbitaire, qui est fort epais; les intermaxillaires sont garnies des levres tres-epaisses et char- nues. Le dessous de la mächoire infsrieure est nud, glabre, sans ecailles, avec un long menton proeminant, rectiligne. La mächoire superieure est garnie de quatre grosses dents canines, crochues, inegales, qui alternent avec les inferieures; elles sont suivies d'une rangee de dents en carde, espacees, plus fortes que celles, qui lui sont opposees, et d'un grand nombre de plus petites egalement disposees en carde. La mächoire inferieure est armee de six grosses dents aigues, espacees sur le devant, elles sont accompagnees de chaque cote d'une rangee de dents rapprochees les unes des autres, suivies d'autres rangees plus petites ^ carde. Le palais est glabre ainsi que la langue, qui est libre et arrondie ä son extremite. L'ouverture des branchies est fort grande, la distance de la dorsale au bout du museau est egale au tiers de la lon- gueur du corps, et l'espace qu'elle occupe sur le dos est moins long, que la moitie de sa longueur, eile s'abaisse apres le quatrieme rayon epineux, et se releve ensuite. Le premier rayon est le plus court, les trois, qui suivent, sont les plus longs. La membrane qui les unit est d'un rose clair avec les rayons rouges. Ges rayons peuvent se cacher en partie dans un sillon couvert d'ecailles, qui se relevent vers le bas. L'orifice de l'amis est gros, plus rapproche de la queue 384 que de la tete; a quelque distance coramence la nageoire anale, qui est fort courte, bien developpee, dun blanc opale, nuancee de bruu vers le milieu de la membrane, dont le Premier rayon est le plus court et les deux autres epineux sont aussi longs que les rayons raous, lesquels se ramifient en huit a dix petits filaments ; la caudale est decoupee en demi-lune, eile est fort ample, avec ses rayons ramifies, aplatis. stries d'un rouge pourpre; le lobe superieur est un peu plus long que l'inferieur. Les nageoires ventrales sont placees en dessous des pectorales, elles sont libres, triangulaires, atta- chees entr'elles au moyen d'une piece ecussonee rectUigne, couvert d'assez grosses ecailles, et garnies sur leur aiselle laterale d'un tres-long appendice triangulaire, termine en pointe, les nageoires pectorales sont araples, fortes, subtriangulaires, d'vn rouge transparent, dont les plus longs rayons, qui sont articules, atteignent ä peine le neuvieme rayon de la dorsale. La ligne laterale est relevee et betend presquo en droite ligne depuis les ouies jusqu'au-dessus du milieu de la queue. Les ecailles sont fort grosses, on en compte soixante- dix dans sa longueur, et vingt-quatre dans sa plus grande hauteur; elles sont fort adlierentes a la peau, Celles du milieu ! sont plus developpees que celles du ventre, et Celles -ci que Celles du dos. Chaque ecaille est elliptique, a bords cilies, dont les rayons sont concentriques, pointilles vers le milieu. Je ne connois pas la femelle, ni les petits. M.B.5. N.D. 11 — 10; P.14; V. 1—5; A.3-8, C.24. Dimensions d'un individu ordinaire. Long, totale 0,825. Larg. a la base des pectorales 0,220. Epaiss. idem 0,080. Distance du museau a l'oeil 0,124. Id. en droite ligne a l'ouverture des branchies . 0,220, Id. a la base de la nageoire dorsale .... 0,270. Id. id. des nageoires pectorales .... 0,240. Id. id. des ventrales 0,242. Id. id. de l'anale 0,454. Id. id. de la caudale 0,790. • 385 Distance a la base a l'ouverture de l'anus .... 0,410 LoDgueur de la pectorale 0,176 Id. de la dorsale 0,390 Id. de l'anale 0,145 Envergure de la queue ........... 0,240 Diametre de l'oeil 0,033 Ouvertüre en long de la bouche 0,075 3. D, Erythrostoma D. Bouche rouge N. D. Corpore argentato ruberrimo, fronte ohtusa-, lateribus fa- sciis longitudinalibus luteis , coccineis, pictis, oculis maximis, gula rubra, cauda furcata. Spar US Macrophthalmus Bloch. 272. Riss, lere edit. 250 — 19. Dentex Erytrostoma Riss. 2e edit. 3 — 261 — 279. etc. Son Corps est ovale -oblong, un peu comprinie, plus large vers la tete que vers la queue. II est colore d'une belle teinte rouge -rubis sur un fond argente, plus ou moins foncee sur le dos, brillant de l'eclat du platine sous le ventre, traverse sur les cotes de plusieurs ruses longitudinales legerement im- primees de jaune et de rouge, gazees d'une couche doree, qui se refiechissent en mille manieres pendant la vie de ranimal. Sa tete est beaucoup moins grande que la hauteur du Corps, et ne forme pas le tiers de sa longueur totale; le museau s'avance ä-peu-pres sous forme d'un triangle obtus; la nuque est aplatie, nue, lisse, d'un rouge vif, sans ecailles, parsemee de petits pores. Les yeux sont fort grands, aplatis comme ceux du Gym- netre Lacepede; ils sont situes au sommet du bord de la nu- que; riris est nacre, nuage par des grandes täches d'un rouge carmin, la prunelle est fort grande bleuatre. Les narines sont doubles, presque egales, ovales arron- dies, placees en ligne droite au-devant des yeux. Le sousorbitaire est etroit, situe obliquement sous roeil^ le long des machoires, et se retrecit un peu en arriere. Le preopercule est tres-grand, couvre toute la pore qui Wiegmann's Archiv. VI. Jahrg. 1. Bd. i 95 386 • est recouverte de petites ecailles argentees; son angle est arrondi, a-bord festonne par les rides sillonant le linibe, qui est pointille de noir. L'opercule et le sousopcrcule sont recouvert d' ecailles etroiteinent imbriquees, fortement adherentes, apres et rüdes sur leurs bords. L'interopercule est grand, ooiivert d'ecallles plus petites qiie Celles de la Jone; le maxiJlaire est cacbe sous le bord du sousorbitaire, quand la bouche est ferniee, il se courbe et contribue ainsi a la grandeur de l'ouverture de la bouche. Les mächoires sont egales, quand la bouche est close, iiiais Tinferieure est un peu plus longue , quand celle - ci est ou- verte; eile est munie sous le menton d'une protuberence osseuse assez saillante. La fente de la bouche se pfolonge jusque sous la ligne de la premiere Ouvertüre des narines; son interieur, Teso- phage, le palais sont colores d'un rouge de feu, ainsi que la langue, qui est libre, lisse, obtuse, et les levres minces peu charnues. La niächoire superieure est garnie de quatre grosses dents aigues, egalenient espacees sur le devant, suivies sur les cotes de deux ou trois rangees fort petites en carde, dis- posees sur une rneme ligne; la mächoire inferieure est munie d'une rangee de dents laterales un peu plus fortes, et de deux rangees un peu plus developpees et aigues sur le devant. La ligne laterale suit la courbure du dos et se detache du Corps par une teinte dififerente, qui fait paraitre couinie si les ecailles etaient plus relevees. Les ecailles sont fort adherentes ä la peau, et sont pres- que aussi grosses que Celles du Deute ordinaire; on en compte cinquante-six rangs dans sa longeur, et vingt- quatre dans sa hauteur; elles sont hexagones a angles inegaux, leur bord radical est tronque, deutele par ses saillies qui forinent cha- cune des stries, lesquelles ne rayonnent pas du centre a la circonference, mais' elles sont toutes presque droites; les deu\' bords laterau}^ sont unis, la partie libre de l'ecaille presente trois faces herissees de petites asperites, qui la rendent apre et fort rüde au toucher. Les nageoires sont variees de rouge ; la dorsale presente 387 des rayons epineux plus releves et aussi forts qiie ceux du Dente; les pectorales sont lanceolees, aigues, et s'etendent aii-delä de la nageoire anale; les ventrales sont tachees de rouge; la caudale est plus fourchue qu'echancree, eile est jaunätre a sa base, rouge au milieu, et blanchätre au soramet. La femelle differe tres-peu dans la disposition de ses teintes du male principalement, quand eile est couverte de sa robe nuptiale, son ventre est plus developpe, rorifice de Fa- nus plus large, eile renferme deux longues grappes de petits oeufs d'un jaune rougeatre, qu'elle fraye vers la fin d'avril. La chair de ce poisson est moUe, tendre, huileuse, rou- geatre; son foye est mince couleur de chair pale; l'estomac est etroit en cul de sac; les boyaux petits, entortilles; les ovaires du male extremement longs, attenuees a leur sommite; la vessie natatoire assez grande, ä parois assez epais d'un blanc nacre. M.B.5; N.D.12 — 10; P.16; V. 1 — 5; A.3 — 7; C.20. Dimensions d'un individu ordinaire. Long, totale . 0,316. Long, du Corps a la base des pectorales 0,110. Epaiss. id. 0,040. Long, de la tete 0,086. Distance du museau ä l'oeil 0,028. Id. a la base de la nageoire dorsale .... 0,088. Id. id. des nageoires ventrales . . . . , 0,087. Id. id. de l'anale . 0,158. Id. id. de la caudale 0,250. I Id. id. ä l'orifice de Tanus 0,155. Long, de la nageoire pectorale 0,186. Id. id. de la dorsale 0,140. Id. id. de Fanale 0,051. Envergure de la queue 0,106. Diametre de l'oeil 0,033. Espace qui separe les deux yeux 0,030. Long, de la bouche 0,030. Duverture de la bouche 0,045. Remarques. Aristote parle de deux especes de poisson Dente, qu'il 25* 388 distingue sous le nom de Synagris et de Synodon, selon Gilius, Beton, Salviani etRondelet. La denomination de Syn- agris est usitee en Grece pour distinguer le Dente ordinaire. Mais il ne s'en suit pas de la, qiie le nom de Synodon soit aplicable au Spare inacrophtalme conime Mr. V^alanciennes Fa avance dernierement. Gaza a traduit indistinctement ces deux noms par Den- teXy quoique en langue grecque. 11s designent deux noms differents, malgre celle plusieurs auteurs les ont confondus en une seule espece; Rondelet va meme jusqu'ä dire qae le nom de Synagris et de Synodon indiquent le meme poisson , mais d'age different. Le tQ:!dQ d'Hicesius, d'Athenee et d'Epicharme ne laisseat aucun doute sur l'identite de ces deux especes, et Belon en avouant la confusion, qu'il regne parmi ces deux poissons n'a pü faire a moins, que de les considerer comme deux especes diverses sans relater aucun caractere pour pouvoir les distin- guer l'une de l'autre. Le Dente ordinaire frequente au bas des grands escar- pements sousmarins de la Mediterranee, qui sont plonges de 26 a 36 brasses de profondeur* ou il vit reunis en societe ce qui est confirme par Aristote lorsqu'il dit, que le poissor se tient sur les cotes, et qu'il vit en troupe avec l'Orphus, \i Dorade, le Muge etc. *) A l'approche du printems le Dent< quitte les lieux de sa residence, s'approche alors plus pre: des bords, et Ton en prend meme a la ligne, principalemen si on le peche avec des petits poissons tels que Gertes, Bo gues Vivantes attachee a Thamegon par la queue. Les Dentes frayent vers la fin du printems toujourj remis par petites bandes, et lorsque leurs petits ont acquiJ une certaine grosseur, ils viennent voltiger pendant quelquei tems proche du rivage, et se retirent ensuite dans les profon deurs, qu'ils habitent la plus grande partie de l'annee. Leui croissance est rapide dans les premieres annees de leur exi stence, et se ralentit a mesure, qu'ils avancent en äge. Ce: poissons sont fort malicieux et difficiles a prendre, mais quan( ils sont poursuivis par la faim ils se jettent sans defiance su *) Aristot L. 8. C. 13. — L. 9. C. I. 389 tonte Sorte de proie, qu'on y presente, et Ton eri fait alors des peches assez abondantes au moyen du palangre; mais aussitot qu'ils se trouvent pris, ils deployent toute leur forme et leur adresse pour se degager du fatal hamegon. La iiata- tion des Dentes est fort vive et poursuivent leur proie jus- qu'a deux brasses d'eaux pres du rivage sans qu'aucun acci- dent „de leur vessie natatoire comprimee par la grande „colonne d'eau, qui pesait sur lui, se dilate, et dechirant la „vessie, et meme Je mesentere fait retourner et saillir les „intestins de la boucheü" *) Le Dente ordinaire parvient daiis notre mer de 15 a 17 kilogrames. Le Dente, que je presume etre le Synodon des anciens; Vit solitaire dans des regions plus profondes, que Celles liabi- tees par Tespece ci-dessus, il s'approche rarement du rivage, et plus rarement encore il se laisse prendre aux engins em- ployes pour le pecher, quoiqu'il soit tres-vorace; on ne con- noit pas ses petits, qui n'habitent point les bords de la Medi- terranee boreale, oii Ton ne peche que par hazard ce poisson dans tout son developpement, qui est fort superieur a celui du Dente ordinaire. Belon dit avoir connu ce poisson sans qu'il en ait donne aucun des grands traits qui le distinguent; j'avais crü aussi que le Sparus Gibbosus de Rafinesque pourroit bien etre cette espece, mais sa bosse placee derriere la tete, des dents mo- laires avec des incisives et autres caracteres, dont eet auteur fait mention, m'out empeche de croire, que ce soit le Syna- don, que je viens de decrire. Le Dente Bouche rouge, que Valanciennes dit etre le S. macrophtalme de Bloch, malgre la difference qui nous a presente la planche figuree de cet auteur, que nous avons examine dans le teuis avec feu Cuvier, et que ce grand ana- tomiste eflfaga de sa main le nom de Macrophthalme, que ce poisson portait dans ma coUection des poissons peints de la Mediterranees, habite les profondeurs rocailleuses de 20 a 35 brasses, ou il se nourrit des petits poissons et des crabes. II Vit en petite societe; ses petits parvenus au poid de 2 a 3 onces poursuivent les poissons litoraux jusque pres des bords. *) Valancienn. loc. cit. 390 ou Ton en prend alors aux aissargaes. L'Erythrostome ne parvient jamais au poids de deux kilogrames, et presente une cliair beaucoiip meilleure que celle du Synodon et celui-ci, que le Dente ordinaire. Quant au Dente ä qui je donna dans le tems le nom de Cetti, mes observations ne sont pas encore süffisantes pour affirmer si c'est une nouvelle espece, ou si les doutes, que je communiqua dans le tems au celebre Cuvier, qui m'a tou- jours honore de son amitie, se realiseront. C'est pour convaincre ceux, qui s'imaginent dans leur cabinet, au milieu de tous les livres ecrits ä ce sujet, et pos- sesseur des collections gouvernamentales, avoir tout epuise, que je suis entre dans certains details sur ces trois especes de poisson, persuade d'avance, que je laisserai toujours a mes successeurs de Lacunes a remplir sur leur histoire naturelle; mais a la maniere nouvellement adoptee par certain natura- liste de trainer aux gemonies, ceux qui se sont occupes avec plus ou moins de connaissance des objets soumis a leurs in- vestigations ne pourrait Ton pas dire avec Pline: Non sumus profecto grati erga eos, qui labore curaque lucem nobis apa- ruere in hac luce. *) Sehastes S e b a s t e Cuv. S. A r g u s. S, A r g u s. S. Corpore ovato-ohlongo, depresso, fiisco-cupreOy laterihus vi- rescenti guttatis; ahlomine aurantiaco; pinnis dorsali caudall- que oculatls. Holocentrus Argus Spinol. Annal. du Mus. 10. 372. 3. De la division des Scorpenes a tete sans lambeaux char- nus, ni filaments, sans aiguillons ni epines, couverte de fines ecailles, cette espece placee parmi les Holocentres, les Perches et les Serrans est la seule de la Meditcrranec, qui puisse etre comprise. Dans le nouveau gonre Sebastes, quoique son auteur ait confondu ce poisson avec la Perca cabrilla de Linne. Son Corp.? est ovale -oblong, deprimc, aplati, couvert de 0 Plin. L. 2. C. 9. 391 petites ecailles extreinemeiit adherentes a la peau, qui est tres-forte; Ja regioii dorsale est d'un brun bronze; ses flancs sont inegalenient tachetes de vert cuivreux, siir un fond brun rougeatre, et toute la partie inferieure de la gorge jusqu'ä l'anus est coloree d'une coiiche jaiine orange et jaune dore, melange de petites ecailles d'un bronze clair. La tete est grande; l'ouverture de la bouche ample; les mächoires inegales, l'inferieure plus loiigue que la superieure, toutes les deux sont armees de trois rangs de dents fines, aigues, lesquelles ne se prolongent que jusqu'au milieu des dites niachoires, quelques -unes places sur le devant sont mo- biles. Les yeux sont gros, arrondis, d'un rouge bronze, la prunelle bleuätre, entoure d'un cercle dore; les narines sont doubles, inegales, noirätres; le preopercule est arrondi, se- i coule sur son pourtour inferieur, le sousopercule est muni de trois pointes cachees sous la peau; la membrane bran- chiale est translucide, coloree en travers de traits rouges; l'ouverture de branchies est tres-feudue; le palais est rouge, garni d'un arc de dents en crochets; la ligne laterale suit la courbure du dos, et l'anus est situe bien avant la nageoire anale. ' Les nageoires sont fortes et consistantes, la dorsale est d'un noir bronze, les rayons epineux ont leur membrane plus courte, tächee de jaune ä la sommite; les rayons rameux sont . beaucoup plus longs et garriis des täches ocellees con- fuses, verdätres, ainsi que la caudale qui est arrondie, liseree de blanc a la sommite. Les nageoires pectorales offrent des rayons noirs sur un fond rouge brun; les thoraciques sont bariolees de diverses couleurs, ainsi que Fanale. L'esophage est court, glabre, a plusieurs plis; les inte- stins sont longs, epais; les ovaires assez gros; le foye volumi- neux a cinq lobes arrondis, dilates; le pylore a dix divisions oblongues; la vesicule du fiel mediocre; la vessie natatoire peu apparente. Long. 0,324. Larg. a la base des pectorales 0,105. Sej. profondeurs rocailleuses. Aparit. ete. N. D. 11— 17; P. 17; T. 1 — 5; A. 3— 9; C. 19; M, B. 7. 392 Dimensions d'un individu ordinaire. Distaiice de l'extremite du museau aux narines . . 0,020. Id. id. aux yeux 0,030. Id. id. aux nageoires pectorales . . 0,100. Id. id. aux nageoires thoraciques . . 0,103. Id. id. a lanageoire dorsale . . . 0,105. Id. id. a l'orifice de l'anus .... 0,190. Elevation du rayon dorsal epineux le plus long . . 0,030. Id. id. des rameux 0,040. Diametre de l'oeil . 0,017. Ouvertüre de la bouclie 0,048. Long, des nageoires pectorales 0,064. Id. des nageoires thoraciques 0,045. Envergure de la queue 0,067. ♦ Remarques. r Neuf qualites de poissons a caracteres divers du g^enre Perca, Holocentrus , Serranus, Sehastes vivent sur les bords de la Mediterranee boreale. Les anciens ichthyologues jusqu'a Linne en ont renonce positivement six especes, qui sont le Merou Perca gigas; l'Hepate Labrus hepatus; i'Anthias Labrus anthias; la Perca scriba et la Perca cahrilla de Linne, Gme- lin, les deux derniers ayant servi de piscine a Mr. Valanciennes pour y faire devorer la Perca marina tres-bien decrite par Artedi ou Holocentrus niarinus de Laroche et de moi; l'Ho- jocentrus argus de Spinola, espece remarquable qu'il faut maintenant placer dans le genre Sebastes de Cuvier et de Valanciennes; mon Serranus fasciatus dont la livree les moeurs et habitudes sont si differentes de tous ses congeneres; nion Serranus flavus, poisson particulier habitant les grandes pro- fondeurs, qu'on pourroit tont a plus rapprocher de la Perche jaunätre du museum Frederic. Dans un travail entrepris sur les perches du midi , connues maintenant sous le nom de Serran, de Sebastes etc. je prouverois que c'est avec bien de la legerete qu'on juge aujourd'hui les travaux des anciens relativement aux poissons de la Mediterranee et que ceux, qui croyent faire avancer la science, en disant avec emphase „que les meprises des nomenclateurs touchant la Perca ca- 393 brilla et scriba sont nombreuses et difficiles ä debrouiller." *) (Aper^oivent bien la paille sur les yeux d'autrui, sans faire attention aux poutres qii'ils ont suspendu devant les leurs,) ne fönt que ralentir la marche de la science, sans rien dire de plus. Beiträge zur Kenntnifs der sogenannten Indiani- schen Vogelnester. Von Herrn Capitain Bar. v. Schierbrand, in Java. Aus einer brieflichen Mittheilung an Herrn Grafen v. Hoffmannsegg. 1) Die überschickten Nester sind von zwei Arten Vogel. Die weifsen sind die bekannten efsbaren. Die braunen oder schwarzen zusammengeschrumpften gehören auch einer Art Schwalbe (oder vielleicht Hökler, wie Sie diesen Vogel nen- nen) zu. Ich habe dieselben auf Nussa Kambangan (der be- kannten Insel südlich von Java, wovon sie nur durch einen schmalen Kanal geschieden wird, und auf welchen man die Patmak- Blume (Ra/ßesia Patma Bl.) antrifft), in einer Grotte an der Küste, in welche wir einige Faden weit mit dem klei- nen Boote hineinfahren konnten, gefunden, wo sie, wie die efsbaren Nester, an der Felsen wand klebten. Sie hatten die- selbe Form wie die weifsen, nämlich die eines vierten Theils einer Eierschale, wie man sich diese der Länge nach in zwei Theile, und diese wieder der Länge nach in noch zwei Theile zerschnitten denkt. Ihr Hauptbestandtheil war eine zähe, doch ziemlich weiche, schmutzig grüne Gallerte, mit Moos und vor- züglich auch Dug. Dieses ist eins Art Fäden, sehr den Pfer- dehaaren ähnlich, die man in dichten Büscheln oder Geweben zwischen dem dicken Blattstengel, da wo solcher aus der Rinde hervorwächst und der Rinde selbst, des Aren-Baums antrifft, einer Art Sago- Palme, die auch Palmwein liefert, aus dem die Javaner den sogenannten Aren- Zucker kochen. Jene Fäden sind ein Material, wovon man vortreffliches Tauwerk ') Valanciennes Hist. des poissons T. 2. p. 126. 394 verfertigt, das der Nässe besser als alles Andere widersteht. Die Nester, welche beim Trocknen zusammengeschrumpft und unförmlich geworden sind, waren weder mit Moos noch mit Federn ausgefüttert. 2) Der Vogel von den efsbaren Nestern ist eine kleine Schwalbe (vielleicht Hökler) mit dnnkelgrauer Kehle und Bauche, das Uebrige schwarz, auch die Augen, und etwas kleiner als die gewöhnliche Hausschwalbe. Der Vogel der braunen Nester ist diesem ähnlich; da ich iiin aber nicht in Händen gehabt, so kann ich ihn nicht näher beschreiben. 3) Wie sclion erwähnt, sind die Nester mit nichts ausge- füttert, und die Eier wie die Vögel liegen blos auf dem harten Grunde. Im Handel werden die Nester nach ihrer Reinheit und Weifse sortirt, und von der ersten Sorte das Kattie = j^q des Pikkol's, der 125 alten Amsterdamer U gleich ist, mit 70 — 80 Holl. Fl. bezahlt. Doch ist mir dabei aufgefallen^ dafs ich auf Borneo ganz schwarze Nester gesehen habe, d. h. die ganz mit feinen Federn durchmengt waren. Mau sagte mir, es wären die, in welchen die Vögel wirklich ausgebrütet wä- ren. Sie wurden wenig geachtet, und gewöhnlich nur mit 2 bis 3 Fl. das Kattie bezahlt. Zu Karang-Bollong, an der Südküste von Java, von welchem Orte die Ihnen zugesandten Nester sind, habe ich ebenfalls solche gesehen, die mit Federn durchmengt waren, doch bei weitem nicht so sehr wie die eben erwähnten; und demungeachtet versichert man mich, dafs man alle Nester, frische mit Eiern, oder auch schon ausge- brüteten, „pflückt," wie man das nennt, die man nur habhaft werden kann. So viel ich weifs, haben, w^enigstens zu Karang- Bollong, jährlich drei Plukk&n (Lesen) statt. Die einträg- licliste fängt zu Ende August oder Anfang September an, die zweite im November oder Dezember, und die dritte im Fe- bruar. Da man, wie schon gesagt. Alles einsammelt, was man erlangen kann, und dabei jedesmal Tausende von Eiern und Jungen ins Meer geworfen werden, so mufs sich dieser Vogel aufserordentlich stark vermehren, indem man mir gesagt hat, dafs ungeachtet dieser fürchterlichen Zerstörungen die Pro- duction der Nester sich im Durchschnitt jährlich gleich bleibt. Man behauptet, dafs die Nester aus klebrigen See -Erzeug- nissen bestehen. So viel ich wcifs, ist dies jedoch noch nicht 395 völlig erwiesen. Ich erinnere mich, die Vögel oft in ganzen Schwärmen des Abends aus dem Innern des Landes nach ihren Grotten zurückkehren gesehen zu haben. Waren sie nun dahin geflogen blos der Nahrung wegen, oder auch um da Bestandtheile zu ihren Nestern zu suchen? 4) Die Nester werden auf Java meistentheils in unzu- gänglichen Grotten längs der Küste gefunden, da wo dieselbe aus schroffen, oft mehrere hundert Fufs hohen Felsenwänden besteht. Diese mit Booten zu bereichen, ist der fürchterlichen Brandung wegen unmöglich. Zuweilen findet man sie auch im Innern des Landes , doch beinahe immer in dergleichen Grotten, wie dies mit denen der portugiesischen Familie Mi- chiels zu Tjietrap, ungefähr 25 Englische Meilen von Batavia, der Fall ist, die jährlich 80,000 Piaster (c. 200,000 Fl. Holl.) einbringen. Dies sind, meines Wissens, die einzigen, die au£ Privat -Ländereien gefunden werden. Die Sammler sind Leute, welche sich ihrem Berufe von Jugend auf widmen, und wie es meist allen Einsammlern kostbarer Produkte geht — man denke hierbei an unsre Sächsischen Bergleute! — so werden auch sie dabei nicht reich, da sie für alle Mühe und Gefahr, denen sie unterworfen sind, einen nur geringen Lohn erhalten. Einige Tage bevor die Lese ihren Anfang nimmt, belustigen sich diese Javaner mit einheimischen Spielen, Tanz u. s. w., und es wird unter sie dann, wie auch während der Lesezeit, die vierzehn Tage oder auch länger dauert, Opium ausgetheilt, wovon, wie bekannt, ein grofser Theil der Einwohner leiden- schaftliche Liebhaber sind, und der, mit Tabak vermischt, in langsamen Zügen aus einer besondern Art Pfeife geraucht wird. Die Regierung führt hiermit den Alleinhandel, der jähr- lich viele Millionen einbringt. Ich spreche übrigens hier von Karang-Bollong, wo ich während der Lese einige Tage gewe- sen bin; wie es an andern Orten üblich ist, weifs ich nicht. Dafs der abergläubische Javaner sich auf die gefahrvolle Reise nicht ohne eine Teufelsbeschwörung begiebt, ist leicht begreiflich. Dies hat er mit so manchen Standesgenossen anderer Erd- gegenden, vielleicht selbst in Europa, Bergleuten, Perlen- fischern u. s. w. gemein, mit denen man die Vogelnestleser in solchen Rücksichten vergleichen kann. In dem kleinen Maga- zin, wo die Nester aufgehoben werden, befindet sich also eine 396 Bettstelle mit Gardinen, Kissen u. s. w. , die keiner gerin- gern Personage als dem Teufel selbst, oder eigentlich dem bösen Dämon, der die Grotte bewacht, zugehört. Um die- sem Geiste zu gefallen und sich seiner Beschirmung zu ver- sichern, wird diese Bettstelle täglich mit frischen Blumen be- streut, mit Weihrauch beräuchert u. s. w. Gleich den Eider- gänsejägern befestigen die Nesterleser an einen starken Baum oder Felsblock über der Grotte eine Strickleiter von dickem Rottang, auf der sie, mit einem Stocke, einigen Stricken und wenn ich nicht irre, auch Fadc^ln versehen, hinabsteigen. In der Grotte befindet sich von früheren Lesen her gewöhnlich auch eine Art von bambusenem Gerüst, das man so viel als möglich benutzt, um ein neues anzufertigen. Man stelle sich aber dar- unter nicht ein starkes, mit Laufbrettern versehenes Gerüst vor, wie die unserer Maurer und Zimmerleute. Nein, es sind einzelne Bambusstämme, auf eine ziemlich unsichere Weise mit Haken und Stricken an den Felsenspitzen, oder zwischen den Steinwänden befestigt und eingeklemmt. Auf diesen schwan- kenden Gestellen klettern nun die Sammler längs den Wänden herum, an denen die Vogelnester kleben, wovon man mehren- theils einige an einander hangend findet, die verschiedenen Vögeln zugehören, und nicht von verschiedenen Brützeiten sind. Alles, was sich im Bereich der Hände findet, wird ohne Barmherzigkeit heruntergeholt, Eier aber und Junge werden ins Meer geworfen, die Nester in den Sack gesteckt. Ein Sammler verdient gewöhnlich während einer ganzen Lesezeit nicht mehr als 25 Fl. Man kann sich leicht vorstellen, wie gefahrvoll diese Arbeit ist, da ein Fehltritt, das Brechen eines Bambuses, ein Schreck, ein Schwindel u. s. w. hinreichend ist, um den Sammler in die Tiefe zu stürzen, w^o er ohne Rettung verloren ist, und durch die Brandung zersclimettert wird. Und doch sollen nur wenige Unglücksfälle Statt finden. Doch für- wahr, zu einem solchen Betriebe gehört Muth. So viel mir bekannt ist, hat es bis jetzt nur ein einziger Europäer, ein gewisser Herr van den Berg gewagt, eine der Karang-Bollong- schen Vogelnester -Grotten zu besuchen, von welchem Wage- stück er auch beinahe das Opfer geworden wäre. Wegen des hohen Werthes der Nester wird natürlich auf die. Sammler ein wachsames Auge gerichtet, und den scldaueu 397 Chinesen auch nicht gestattet, sich zu Karang-Bollong und in dessen Umgebungen niederzulassen. Die Consimition der Nester auf Java seihst ist unbedeutend; beinahe alle werden nach China ausgeführt. Der Betrag dieser Ausfuhr, welcher sehr grofs ist, läfst sich aus dem Handelsberichte, der jährlich durch die Regierung veröfifentlicht wird, ersehen. Wie bekannt, spie- len die Vogelnester auf der Tafel des reichen Chinesen eine Hauptrolle, ungefähr wie die Trüffeln in Frankreich, und wer- den, wie diese, für eine sehr reizende Speise gehalten. Dies ist hinreichend um sie den üppigen Chinesen anzuempfehlen, denen alles Derartige willkommen ist. Gewifs sind die Vogel- nester sehr nahrhaft und stärkend, eben so wie starke Fleisch- brühe, Gelee von Hirschhorn u. dergl.; doch alles Uebrige halte ich für Einbildung. Ich habe sie auf Borueo sehr pft und zuweilen in grofser Menge gegessen, und kann nicht sa- gen, dafs sie mich je sehr erhitzt hätten. Es ist aber keine Nation in der Welt, die solchen Gegenständen gröfsere Opfer bringt als die chinesische, und daher dem reichen Mandarin Nichts dieser Art zu theuer; der Gaumen wird hierbei wenig zu Rathe gezogen. Ich erinnere mich unter andern von einem chinesischen Gericht gegessen zu haben, das aus fettem Schwei- nefleisch mit halbgargekochten Gemüsen, feingeschnittenem jungen Hirschhorn, Sehnen von Hirschen, Büffeln u. s. w., Vogelnestern, Triepang (ein polypähnliches Seethier), Ingwer «.s.w. bestand, und wie alle chinesische Speisen, ungesalzen -war. Es schmeckte beinahe wie Leim, und hatte auch den- selben widrigen Geruch. Es ist auch kein Volk, das mehr an den Sitten, Gebräuchen und Vorurtheilen seiner Vorältern hängt, als das chinesische. Weil nun diese Vorältern einmal gesagt haben, dafs die Nester diese oder jene Eigenschaft haben, so bleibt es auch bis zum jüngsten Tage dabei. Man glaubt wohl in Europa, dafs die Nester zu einer Gallerte gekocht und so verspeist werden? Aber so ist es nicht. Sie werden in kal- tem oder lauem Wasser eingeweicht, dann zerrupft oder zer- schnitten, ungefähr wie Fadennudeln, von allen feinen Federn, die etwa daran kleben, gut gesäubert, und dann als Timm, eine Art Suppe von kräftiger Fleischbrühe, mit Spezereien und Zwiebeln abgeschwellt, mit Zuckerwasser angemengt, mit Ragouts aller Art u. s. w. angerichtet. Es ist beinahe kein 398 chinesisches Gericht, mit dem* sie sich nicht vertrügen. Ge- schmack ist ihnen beinahe eben so wenig zuzuerkennen wie reinem Wasser, und ich habe zwischen den kostbaren weifsen und den hundertmal wohlfeilem schwarzen, wenn diese gut gereinigt sind, was eine ziemlich mühsame Arbeit für zarte Frauenhände ist, nie den geringsten Unterschied finden können. Die schönsten Nester, die ich gesehen habe, kommen von Passier auf der Südostküste von Borneo. Sie waren ungemein grofs, *) ganz weifs, dünn und durchscheinend, und unter- schieden sich vorzüglich durch einen sehr dünnen Fufs, wie man den Theil des Nestes zu nennen pflegt, mit dem es am Felsen anklebt. Ich werde mich bemühen , durch die^ Vermit- telung eines Freundes, der Assistent -Resident von Ambal ist, worunter Karang-Bollong gehört, einige der Schwalben zu besorgen, die dann wohl am besten in Branntwein überkom- men werden. Das ist bis jetzt Alles, was ich Ihnen von den efsbaren Nestern zu sagen 'weifs. Die Foraminiferen Amerika''s iiiid der Canarlsclieii Inseln. Von Aleide d'Orbigny. (Im Auszuge mitgetheilt von Dr. Troschel.) Aleide d'Orbigny, berühmt durch seine Reisen in Süd- amerika, hat neuerlich über die noch so wenig gekannte Klasse der Foraminiferen drei ausgedehnte Arbeiten bekannt gemacht. Die eine findet sich in der Histoire physique, politique et na- turelle de nie de Cula par M. Rainon de la Sagra; die zweite in der Histoire naturelle des lies Canaries par M. M. *) Sollte dies nicht eine dritte Species andeuten? Anm. d. Abschreibers. 399 P, Barker- Webh et Salin Berthelot; die dritte in der Voyage dam VAmerique meridionule par M. Aleide d'Orhigny. Da die drei^ für diese Thierklasse so höchst wichtigen Arbeiten in sehr kostbaren und dem gröfseren Publikum daher luinder zu- gänglichen Werken erschienen, und wegen ihrer Ausdehnung eiuQ genauere Mittheilung in A^w Jahresberichten nicht zulas- sen, so glaube ich dem Interesse der Leser des Archivs nicht zuwider zu handeln, wenn ich in diesen Blättern einen Aus- zug gebe. Es scheint mir am Zweckmäfsigsten, das Interes- santeste aus allen drei genannten Arbeiten hier zusammenzu- stellen. Alles, was in der Natur dem unbewaffneten Auge entgeht, bleibt nicht nur der grofsen Masse der Bevölkerung unbe- kannt, sondern es bleibt auch Jahrhunderte hindurch unbe- merkt von denen, welche die Schönheiten der Schöpfung zu erforschen streben. Wie viele Myriaden von Wesen bleiben uns noch zu kennen übrig ! wie viele Jahre werden noch vor- übergehen, bevor wir eine richtige Idee von dem Umfange der Zoologie erlangt haben werden! Wenn die ungeheure Masse der gröfsten Thiere unseres Erdballs uns auf die Allmacht des Schöpfers führt, wenn die Regelmäfsigkeit ihrer Formen, der Zusammenhang und die Ausbildung ihrer Organe, der Reichthum ihres ganzen Orga- nismus uns ihre wunderbare Vollendung zeigen, — so staunt unser Geist nicht minder, wenn wir zu diesen kaum bemerk- baren Wesen hinabsteigen, deren Zahl ihre unendliche Klein- heit auf wägt, so dafs sie durch ihre Vielfältigkeit, ohne unser Wissen, eine der ersten Rollen in der Natur spielen. In der That, wer sollte nicht erstaunen, wenn er bedenkt, dafs der Sand aller Meeresufer so erfüllt ist mit diesen mi- croscopischen Schalen, welche den Namen Foraminiferen erhalten haben, dafs er oft zur Hälfte aus ihnen besteht? Plauens*) hat 6000 in einer Unze Sand aus dem Adria- tischen Meere gezählt, wir selbst 3,840,000 in einer Unze von *) Ariminensis de conchis minus notis. 400 den Antillen. Berechnet man hiernach gröfsere Räume, z.B. einen Cubikmeter, so übersteigt das alle menschliche Vorstel- lungen und man hat Mühe die ZiflFern auszusprechen, welche sich daraus ergeben. Aber wie gering ist das Alles noch, wie verschwindet es dagegen, wenn man es auf die ganze unge- heure Masse der Meeresküsten der Erde ausdehnt? Daraus wird man die Gewilsheit erlangen, dafs keine andere Reihe von Wesen der Zahl nach sich dieser vergleichen kann ; selbst nicht die Myriaden kleiner Crustaceen, welche auf bedeutende Strecken die Oberfläche *) des Meeres färben, und die gröfse- sten Thiere, die Wallfische ernähren, selbst nicht die Infusions- thiere des süfsen Wassers, deren Panzer zum Theil den Tri- pel zusammensetzen **), denn diese sind beschränkt in ihrem Vorkommen, während die Foraminiferen sich auf allen Küsten finden. Wenn man untersuchen will, welche Rolle die kleinen Körper, welche uns beschäftigen, und deren viele nur die Hälfte, das Viertel oder das Sechstel eines Millimeters errei- chen, spielen können, so wird man nicht weniger Ursache i haben zu erstaunen. Der Verfasser hat den Sand von allen Theilen der Erde untersucht, und gesehen, dafs die Reste der Foraminiferen es sind, welche zum grofsen Theile Bänke bil- den, die die Schifffahrt hemmen, dafs sie es sind, welche Meer- busen und Meerengen verstopfen, Häfen anfüllen und mit den Korallen die Inseln bilden, welche sich in den warmen Ge- genden des grofsen Oceans erheben. Wenn man den Einflufs der Foraminiferen auf die Schichten der Erdrinde betrachtet,] so wird man sich um so mehr von dem überzeugen, was wiri so eben an den lebenden Arten nachgewiesen haben, und es< wird leicht sein durch Facta zu zeigen, dafs sie viel zur Bil- dung ganzer Lagen beitragen. Beginnen wir bei den neueren \ *) In der Nähe von Brasilien haben wir auf fast einen Grad Ober fläche das Meer dunkelroth gefärbt gesehen; dies geschah durch einei Art der Gattung Cetochylus, welche nach Aussage der Wallfischfänger fast auschliefslich die Nahrung der Wallfische ausmacht. V. Voya^e dans VAm^rique meridionale ^ pari, hist. t.I. p. 17. **) Academie der Wissenschaften zu Berlin, vom 29. Juli 1837. Annales des Sciences nat. tom. VJIl p» 374. 401 Epochen, den tertiären Bildungen, so geben uns vor allen die Umgebungen von Paris ein schlagendes Beispiel. Der Grob- kalk dieses weiten Beckens ist in gewissen Partien so erfüllt von Foraminiferen, dafs ein Cubikzoll aus den Steinbrüchen von Gentilly mehr als 58,000 lieferte, und das in Lagen von grofser Mächtigkeit auf einer ungeheuren Fläche. Das giebt auf den Cubikmeter etwa 3,000,000,000 im Durchschnitt, was uns jeder weitern Rechnung überhebt. Man kann daraus ohne Uebertreibung schliefsen, dafs Frankreichs Hauptstadt, so wie die Städte und Dörfer einiger umliegenden Departements fast ganz aus Foraminiferen erbaut sind. Die Foraminiferen sind nicht weniger gemein in den Tertiärformationen von der Champagne bis an das Meer, und ihre Zahl ist erstaunenswerth in den Becken der Gironde, Oesterreich's und Italiens etc. Die Kreide- lager enthalten auch Myriaden, wie es die Nummuliten, aus denen die gröfste der Aegyptischen Pyramiden erbaut ist, und die grofse Menge dieser Körper, aus denen die weifse Kreide von der Cliampagne in Frankreich bis nach England gebildet ist *), beweisen. Wir finden auch Foraminiferen bis in die un- tersten Schichten der Juraformation. So verändern diese Scha- len, welche man mit unbewaffnetem Auge kaum wahrnimmt, nicht nur jetzt die Tiefe der Meere, sondern sie haben schon vor unserer Epoche Berge gebildet und Becken von beträcht- licher Ausdehnung ausgefüllt. Diese so zahlreichen Wesen sind dennoch Jahrhunderte hindurch unbemerkt geblieben. Die ersten wurden im Jahre 1731 von Beccarius im Sande des Adriatischen Meeres be- obachtet. Von diesem Meere glaubte man lange Zeit, dafs es allein Foraminiferen besitze, und mit Ausnahme einiger von Walcker und Boys als in England lebend, und einiger von Lamarck als fossil bei Paris beschriebener Arten, wufste man nichts von dem Vorhandensein der Foraminiferen in den andern Erdtheilen bis zum Jahr 1825, wo der Verfasser seine erste Arbeit über diesen Gegenstand bekannt machte. Man mufs das Dunkel, in dem die Foraminiferen geblie- ben sind, der Schwierigkeit der Beobachtung und dem gerin- *) Foraminiferes de la craie blanche du hassin de Paris, Mem. d. l. Societe geologique de France. Wiegmann's Archiv. VI. Jahrg. 1. Bd. 26 402 gen Erfolg zuschreiben, den man gemeiniglich durch die Er- forschung microscopischcr Körper erlangt; und doch giebt es wenige Zweige des Studiums, welche Jedermann leichter zu- gänglich und deren Resultate von gröfserer Wichtigkeit waren. Mag ein Beobachter an irgend einer Küste der verschiede- nen Erdtheile wohnen, oder auf irgend einer Tertiär-, Kreide- oder Oolithen- Formation eines Continents, — überall findet er unter seinen Fiifsen eine grofse Menge Foraminiferen, zu deren Untersuchung eine einfache Lupe ausreicht. Was die Wichtigkeit dieses Studiums betrifft, so mag es wohl dem Geologen wie dem Zoologen gleiches Interesse gewähren: dem ersteren um die Temperatur der Gegenden zu bestimmen, wo die untergegangenen Thiere lebten, durch eine Vergleichung mit denjenigen, welche wir jetzt in den Meeren finden, und um die Bildung der Schichten zu deuten (Fragen von der höchsten Bedeutung für die Geschichte unseres Planeten); dem letzteren durch bewunderungswürdige Mannigfaltigkeit, durch die Eleganz ihrer Formen, durch die Eigenthümlichkeit ihrer Organisation, und endlich dadurch, dafs sie eine der zahlreich- sten Klassen in der Natur bilden und trotz ihrer Kleinheit eine grofso Rolle in derselben spielen. Die Angaben über die geographische Verbreitung der Foraminiferen sind sehr interessant. Der Verfasser hat in Südamerika auf beiden Küsten 81 Arten zusammengebracht, ' eine Zahl, welche wohl schon Resultate geben kann, die aber ohne Zweifel in der Folge noch erhöht werden wird. Die Beschaffenheit der Küsten, ihre gröfsere oder gerin- gere Tiefe, ihre Natur selbst, und besonders die Richtung der grofsen Strömungen haben den gröfsesten Einflufs auf die Ver- theilung und die Zahl der Arten der Seethiere. Jedermann kennt die Configuration des südlichen Amerika's, Jedermann vveifs, dafs «liese schmale Spitze gegen den Pol hin sich vor- streckend die schärfste Grenze zwischen dem Atlantischen und grofsen Ocean bildet; al)er Niemand weifs, dafs hier die Rich- tung der Ströunnigen nicht weniger als die Configuration des Landes dazu beiträgt, die beiden M(!ere aufser Verbindung zu setzen. In der That theilen sich die grofsen Strömungen, welche von den südwestlichen Polarregionen gegen die Spitze von Südamerika sich richten, daselbst in zwei verschiedene 403 Arme. Der eine geht östlich vom Kap Hörn vorüber, folgt im Atlantischen Ocean in der Richtung von Süden nach Nor- den der Küste des Continents und erstreckt sich längs Pata- gonien, den Pampas von Buenos-Ayres bis nach Brasilien ; der andere dagegen stöfst gegen die Spitze Amerika*s, bleibt in dem grofsen Ocean, folgt dem Gestade von Süden nach Nor- den und reicht längs der Küsten von Chili, Bolivia, Peru bis über den Aequator hinaus. Das Polarwasser, welches sich am Cap Hörn theilt und den Küsten jederseits folgt, verhindert, dafs die Thiere aus einem Ocean in den andern übergehen, denn sie würden dann gegen die Strömung und gegen die herrschenden Winde sich bewegen müssen, was ilinen unmög- lich ist. Die Gestalt des Continents und die Richtung der Strömungen würden also schon a priori es wahrscheinlich ma- chen, dafs beide Meere ganz verschiedene Faunen haben, und dafs der einzige mögliche Berührungpunkt beider am Cap Hörn wäre, da, wo die Trennung beginnt. Die Verbreitung der Foraminiferen wird dies sogleich bestätigen. Dem Cap Hörn gegenüber wurde in einer Tiefe von etwa 160 Metres mittelst eines Senkbleis, das nur einige Centime- tres im Durchmesser hatte, der Grund des Meeres untersucht, und dennoch lieferte diese kleine Oberfläche eine ziemliche Anzahl von Foraminiferen und Polypen. Es ist dies eine Thatsache von grofser Wichtigkeit, denn sie zeigt, dafs diese Thiere in bedeutenden Tiefen im Meere leben können, und giebfc uns eine Vorstellung von der zahllosen Menge dieser Wesen in diesen kalten Gegenden. Der Grund des Meeres niufste im strengen Sinne des Wortes damit bedeckt sein, um bei der Kleinheit des Senkbleis mehr als vierzig Individuen liefern zu können. Unter diesen vierzig Individuen fanden I sich fünf Arten: Rotalina Alvnre%ii, Rotalina patagonica, Truncatulina vermiculata, Cassidulina crassa, und BuUmina I elegmitissima. Von diesen 5 Arten kommen die vier ersten 1 nur an der Küste von Patagonien und der Malwinen vor, und I gehören also der Fauna des Atlantischen Oceans an, während I die fünfte bei Chili und ganz Peru lebt , und daher sich an die Fauna des grofsen Oceans anschliefst. Dies Resultat zeigt deutlich, dafs das Cap Hörn der Ausgangspunkt beider, jedem , Meere eigenthümlicher, Faunen ist, und dafs mehr Arten dem I 26* 404 Atlantisclien als dem grofsen Ocean angehören. Das erklärt sich auch aus der Richtung der Strömungen; denn da diese von Südwesten kommen, so müssen sie ihre Wasser leichter nach Osten vom Cap Hörn führen als nach Westen, und da- her mehr ihnen eigene Arten dem Atlantischen Ocean als dem grofsen Ocean mittheilen. Das stimmt sehr gut mit der Ver- theilung der 5 Arten von Foraminiferen. Von den 81 an den Küsten Südamerika's beobachteten Arten finden sich 52 im Atlantischen Ocean, ohne dafs auch nur eine sich im stillen Meere zeigte, und 30 sind dem stil- len Meere eigen, ohne dafs eine einzige im Atlantischen Ocean vorkäme. Die eine Art, welche beiden Meeren gemeinsam ist {Globlgerina hulloides), lebt nicht nur an beiden Küsten Ameri- ka's, sondern auch an den Canarischen Inseln, im Mittelmeer und selbst in Indien. Da sie demnach überall vorkommt, so ändert sie in nichts die festgestellten Resultate. Folgendes Ver- zeichnifs der Arten wird das Gesagte noch specieller darthun. Arten des Atlantischen des stillen Oceans. Oolina compressa Malwinen — laevigata desgL — Vilardeboana desgl. — caudata desgl. — Isabelleana desgl. — melo desgL — raricosta desgl. — striata desgl. ~ — inornata desgl. — striaticoUis desgl. Dentalina aeutissima desgl. Marginulina Webbiana desgl. Robulina subcultrata desgl. Nonionina cultrata desgl. ' — subcarinata desgl. ~ pelagica im hohen Meere. Polystomella Lessonü Malwinen. Patagonien. — Ovvenii Patagonien. — articulata Malwinen. Patagonien. — Alvarezii desgl. Peneroplis pulchellus desgl. . — carin.itus Patagonien. 1 Rotalina Alvarezii Cap Hörn. Malwinen. Patagonien. \ — patagonica Cap Hörn. Patagonien. 1 Arten des Atlantischen 405 des stillen Oceans. Rotalina peruviana Globigerina bulloides Truncatulina dispar — vermiculata — depressa — ornata Kosalina peruviana — Saulcyi — araucana — cora — inca — consobrina — rugosa — ornata — Isabelleana — Vilardeboana V'alvulina pileolus — auris — inflata — inaequalis Bulimina pulchella — Ovula — elegantissima — patagonica üvigerina raricosta — striata — bifurcata Asterigina monticula Cassidulina crassa — pupa — pulchella Guttulina Plancii Globulina australis Bolivina plicata — costata — punctata Biloculina peruviana . — patagonica — sphaera — Isabelleana Malwinen. desgl. Cap Hörn. Malwinen. Patagonien. desgl. Malwinen. des^l. Patagonien. Malwunen. desgl. desgl. Patagonien. Cap Hörn. Malwinen. Malwinen. Patagonien, desgl. Patagonien. Malwinen. desgl. Valparaiso. Cobija. Cal- lao. Payta. Valparaiso. Valparaiso. desgl. Cobija. Ariea. Payta. Arica. Valparaiso. Callao. desgl. desgl. Arica. Chili, Cobija. Arica. Callao. Payta. Valparaiso. Payta. Valparaiso. Callao. Payta. Valparaiso. Callao. Cap Hörn. Valparaiso. Callao. Payta. Valparaiso. Cobija. Valparaiso. Payta. 406 Arten des Atlantischen des stillen Oceans. Biloculina irregularis — Bougainvillii Triloculina rosea -— cryjitella — lutea — boliviana — globulus Cruciloculina triangu- laris Quinqueloculina meri- dionalis — patagonica — Isabelleana — magellanica — peruviana — flexuosa — inca — araucana — cora Malwinen. desgl. Patagonien. Malwinen. desgl. Malwinen. Patagonien. desgl. desgl. Malwinen. Cobija. Payta. Arica. desgl. desgl. Valparaiso. Payta. Von den fünf Foraminiferen des Cap Hörn sind vier der i Fauna des Atlantischen Oceans eigenthiimlich. Von diesen vier sind zwei häufig an den Malwinen, ohne bis zu den nörd- lichen Küsten Patagoniens hinabzureichen; eine findet sich an der Küste von Patagonien, ohne sich an den Malwinen zu zei- gen, und eine kommt zugleich an beiden Localitaten vor. Man sieht also, dafs die Foraminiferen des Cap Ilorn sich in den Atlantischen Ocean verbreiten, indem sie der Richtung der Strömungen folgen. An den Malwinen kommen 38 Arten vor, eine hohe Zahl in Betracht der südlichen Lage und der niedrigen Temperatur dieser Inseln, welches beweist, dafs die Foraminiferen in allen Erdgegenden und bei allen Temperaturen leben und sich ver- vielfältigen können, wenn die Oertlichkeit ihnen günstig ist. Von diesen 38 Arten haben sich nur fünf auf den Küsten Patagoniens bei Rio Negro gezeigt. Man könnte sich dar- über wundern, wenn die Strömungen, welche vom Cap Hörn ausgehen, nicht ein wenig gegen den südlichen Theil von Ame- rika divergirten, so dafs einer von beiden Armen den Küsten des Continents folgte, der andere durch die Malwinen ginge, so dafs das Wasser, welches diese Inseln bespült, die Conti- 407 nentalkiisten nicht wieder berührt. Es folgt daraus, dafs die Malwinen und Patagonien nur die auf allen Küsten verbreite- ten Arten gemein haben können, während die Malwinen ihre eigenen Arten besitzen können, die von denen des Continents verschieden sind. Dies ist Thatsache, da man dieser eigen- thiimlichen Arten 33 zahlt. An der Nordkiiste Patagoniens von der Bai San Blas bis zur Halbinsel San Jose, also vom 20^ — 23^ südlicher Breite, hat der Verfasser achtzehn Arten von Foraminiferen entdeckt, von denen sich fünf auch an den Malwinen finden; es bleiben also dreizehn Arten, die diesem Theile Amerika's eigenthüm- lich sind. Um diese Vergleichung zu verfolgen, wenden wir uns nun auf die entgegengesetzte Seite Amerika's. Bei Valparaiso, unter dem 34° südlicher Breite haben vielfältige Nachforschun- gen ergeben, dafs die Zahl der Arten nach den Localitäten ungeheuer variirt. In dem Sande der Bai von Valparaiso, wo die Schwäche der Strömung vermuthen lassen sollte, dafs die leichten Körper sich in grofser Menge anhäufen müfsten, fanden sich nur zwei Arten von Foraminiferen, dagegen jen- seit der Spitze von Cormillera, wo die Strömung sich sehr fühlbar macht, ergab die Nachforschung in einer Tiefe von 12 — 20 Metres, auf einem mit Korallen bedeckten Grunde eine grofse Anzahl von Foraminiferen. Daraus ergiebt es sich, dafs die Foraminiferen zahlreicher an den Orten sind, wo die Strömung mächtig ist, als in ruhigen Busen. Es be- stätigt sich auch, dafs diese Differenz mehr von der natür- lichen Beschaffenheit des Bodens, als von den Strömungen abhängt, indem die sandigen und schlammigen Ufer weniger günstig für die Foraminiferen sind, während die korallenreichen Oerter geeignet sind, die Entwickelung gröfserer Massen dieser Thiere zu fördern. In Chili wurden zwölf Arten Foramini- feren gesammelt, von denen acht dieser Gegend eigenthümlich sind. Die vier andern erstrecken sich nicht nur bis an die Küsten von ßolivia, sondern kommen auch noch in den Ae- quatorialgegenden vor. Man kann annehmen, dafs gewisse Arten sich in gewissen Grenzen der Temperatur halten, wäh- rend andere, weniger abhängig von der Wärme, durch die 408 Strömungen nach allen Ufern des südlichen Amerika's getra- gen werden. Wenn man, ohne die zwischenliegenden Punkte zu be- ! rücksichtigen, die Arten von Arica mit denen von Callao, dem Hafen von Lima, d. h. vom 12 — 15° südlicher Breite vereinigt, um sie mit denen vom 34° zu vergleichen, so findet man vierzehn, von denen vier auch bei Valparaiso vorkommen, und vier sich gegen Norden bis Payta und bis zum Aequator \ erstrecken. Es bleiben also nur acht Arten eigenthümlich; was beweist, dafs die Foraminiferen der Peruanischen Küste i theils mit denen der gemälsigten Gegenden von Chili überein- stimmen, theils mit denen der warmen Gegenden des Aequa- tors, theils aber auch einige besondere Arten darbieten. ' Es bleibt noch übrig, von den Foraminiferen der Aequa- torialgegenden zu sprechen, theils von denen bei Payta in Peru, theils von denen an der Mündung des Guayaquil. Es sind dies neun Arten, von denen vier zugleich den bereits er- wähnten Localitäten angehören, während die fünf andern die- sen Gegenden eigenthümlich sind. Es ist durch die Vergleichung der Arten gezeigt worden, dafs die beiden Küsten des südlichen Amerika in Hinsicht auf die Foraminiferen zwei durchaus verschiedene und doch gleich- zeitige Faunen bilden. Vergleicht man n\m die Arten der südlichen Küste des Atlantischen Oceans mit denen der An- tillen oder mit der Aequatorialfauna, welche hundert und acht- zehn Arten enthält, so wird man unter diesen keine der Arten der südlichen Küste finden, und obgleich in demselben Ocean, werden diese beiden Reihen doch durchaus verschieden sein. Dies Resultat findet unmittelbar seine Anwendung auf die Geologie der tertiären Terrains, und beweist, dafs in geringen Abständen auf demselben Continent ganz verschiedene und doch gleichzeitige Faunen bestehen können. Verschiedene Becken, welche verschiedene Arten enthalten, können also dennoch derselben Epoche angehören. Nach dieser numerischen Vergleichung der Arten wetfen wir noch einen Blick auf die Vertheilung der Gattungen in den beiden Faunen des südlichen Amerika. In der Ordnung Monostega finden wir, dafs die Gattung OoliTUt, so gemein und so zahlreich an Arten an den Mal- 409 winen, durch keine einzige Art an den Küsten des stillen Meeres repräsentirt wird. Die Stichostega liefern uns dasselbe Resultat auf der Ost- kiiste; es kommen die Gattungen Dentalina und Marginulina vor, während sich keine Art im grofsen Ocean findet. Die viel zahlreicheren Helicostega sind gleichförmiger vertheilt, jedoch hat jedes Meer einige besondere Gattungen. Rohulina, Polijstomella, Pener oplis und Uvigerina finden sich nur auf der Ostküste an den Mal winen und in Patagonien; ' Valvulina allein kommt nur an der Westküste in Chili, Bo- livia und Peru vor; Nofiionina, Rotalina, Glohigerinay Trunca- i tulina, Rosalina, Bulimina sind beiden Meeren gemeinschaftlich. , Von den Entomostega lebt Asterigerina auf der östlichen I Küste allein, Cassidulina auf beiden Seiten. Die Enallostega haben die Gattungen Guttulina und Glo- \ hulina im Atlantischen Ocean allein , und BoUviTia ausschliefs- lich im grofsen Ocean. Unter den Jgathistega sieht man die Gattung Crucilocu- lina im Osten, während Biloculina^ Triloculina und Quinque- I loculina Bewohner des Osten wie des Westen sind. Fafst man dies zusammen, so leben von den vier und zwanzig Gattungen des südlichen Amerika zehn auf beiden Seiten zugleich, zwei sind dem grofsen Ocean eigenthümlich \ und zwölf dem Atlantischen Ocean; oder was dasselbe ist, es leben zwei und zwanzig Gattungen auf dem Ufer des Atlan- tischen, und nur zwölf auf dem des grofsen Oceans. Fragen wir, woher diese grofse Differenz in der Zahl der Arten, und besonders der Gattungen zwischen den beiden Küsten des süd- lichen America kommen könne, so werden wir vielleicht eine befriedigende Lösung der Frage in der eigenthümlichen Be- schaffenkeit der beiden Ufer finden. In der That sind durch die Nähe der Andes die Küsten des grofsen Oceans so ab- schüssig, und der Abfall ist so jähe, dafs schon bei einer ge- ringen Entfernung (eine viertel Lieue) vom Ufer die Tiefe unermefslich ist; deshalb bleibt den Foraminiferen nur ein schmaler Streifen, ja hier und da können sie gar nicht leben. Auf dem Gestade des Atlantischen Oceans dagegen setzt sich die sanfte Abdachung des. Festlandes von den Andes bis zum Meere weit auf dem Grunde des Oceans fort, so dafs man 410 auf mehr als zwei Grade Entfernung von den Küsten noch eine den Foraminiferen angemessene Tiefe findet. Es ist also auf dieser Seite von Amerika ein breiter Streifen, auf dem sich die Foraminiferen fortpflanzen, dessen Fläche mindestens den zehnfachen Raum einnimmt. Diese doppelte Thatsache schliefst noch die Lösung einer sehr wichtigen Frage in sich, der über den unbestreitbaren Einflufs der Configuration der Terrains auf die Zusammensetzung der Reihe von Wesen, welche sie bewohnen, und eine der interessantesten Anwen- dungen auf die Geologie für Erklärung der Difi'erenzen zwi- schen den Arten fossiler Schalen zweier gleichzeitigen Ge- birgslagen. Das reiche Material von Cuba, Haiti, St. Thomas, .Ja- maica, Martinique und Guadeloupe gab das Resultat, dafs Cuba durch seine weite Ausdehnung, durch seine günstige Lage un- ter dem Winde und in den Strömungen von allen andern In- seln, alle Arten von Foraminiferen auf seinen Küsten ernährt, welche man auf dem Ufer der Antillen findet, während die Cubanischen Arten nicht gleichmäfsig in dem übrigen Theil des Archipels vertheilt sind. Ein anderes Resultat ist, dafs an" Vielfältigkeit der Arten, welche man in Cuba antrifft, kein anderer Ort, mit Ausnahme des Adiiatischen Meeres, ihm verseuchen werden kann. Cuba besitzt hundert und achtzehn Arten, den zehnten Theil aller derer, welche Verfasser kennt. Die Foraminiferen der Canarischen Inseln, drei und vier- zig an der Zahl, sind aus zu geringem Material zusammenge- bracht, als dafs man nicht eine bei weitem gröfsere Anzahl in dieser Localfauna vermuthen sollte. In Beziehung auf ihre geographische Verbreitung ergeben sich folgende Resultate: Der Foraminiferen der Canarischen Inseln, welche zu- gleich die Küsten Frankreichs bewohnen, sind sieben, und bil- den demnach fast den sechsten Theil aller Arten. Man kann^ sie in drei Reihen theilen nach ihrem Vorkommen, 1) an den Küsten des Oceans allein, 2) an den Küsten des Mittelmeers, 3) an den Küsten des Oceans und des Mittelmeeres. In der ersten Abtheilung haben wir keine Art; in der zweiten sechs: Orhulina universa, Glohigeruiu huUoides, PlanorbuUna vulgaris^ Truncatidina variahilis und Textularia sagittula; in der drit- ten nur eilie, Truncatulifia lohata, ' 411 Hieraus ergiebt sich, dafs, mit Ausnahme der Truncatu- lina lohata, welclie weniger abhängig von der Temperatur [ist, da sie bis gegen den Nordpol hin vorkommt, alle nur dem Mittelmeer angehören. Man kann daraus schliefsen, dafs die Foraminifereu, welche man an den Canarischen Inseln und an der Küste Frankreichs findet, noch in einer Abhängigkeit der ifiir sie passenden Zone leben, da das Mittelmeer wärmer ist, ials seine Breite es mit sich bringt; dies ist eine Folge seiner (Lage im Schutze vor den kalten Strömungen des Nordens. Solcher Arten von den Canarischen Inseln, welche auch an anderen Orten vorkommen, sind vier: Orhulina universa, Ldngulina carinataf Planorhulina vulgaris und Kosalina val- imlata. Diese leben auch an den Antillen und scheinen dem- nach den tropischen Gegenden eigenthümlich zu sein, oder sie sind durch Winde oder SchiflFe nach der Amerikanischen Küste hinübergeführt. Noch eine andere Abtheilung Canarischer Arten bilden die, welche auch fossil in Gebirgslagen vorkommen. Dahin gehören sechs, von denen fünf: Orhulina universa, Lingulina carinata, Glohigerina lulloidesy Truncatulina lobata und Tex^ tularia sagittula in den subapenninischen Tertiär- Terrains in Italien vorkommen, und die drei letzten zugleich auch in den Tertiär-Terrains Oesterreichs bei Nussdorf und Buitur. Diese Zahl identischer Arten vermehrt die Annäherung der Cana- rischen Foraminifereu zu denen des Mittelmeeres; denn der gröfste Theil der noch in diesem Meere lebenden Arten kommt auch fossil in den Tertiär -Terrains von Italien und Oester- reich vor. Es bleibt die sechste Art, Quinqv^loculina laevigata, übrig, welche sich in dem tertiären Becken von Paris findet. Aufserdem giebt es noch drei und dreifsig Arten, welche den Canarischen Inseln eigenthümlich sind. Im Ganzen haben diese, wenn gleich specifisch verschieden, den Habitus derer des Mittelmeers. Die Foraminiferen sind sehr kleine microscopische , nicht angehäufte Thiere, mit stets gesonderter individueller Existenz. Sie haben einen gefärbten gallertartigen Körper y der entweder gan% und abgerundet, oder in Abschnitte getheilt ist, die dann in 412 einfacher oder alternir ender Linie liefen, spiralförmig aufge- rollt oder mn eine Axe geknättslt sind. Dieser Körper ist in einer kreidigen, selten knorpligen Schale e7it halten, die nach den Segmenten des Thiers gebildet und ihm der Form nach "ganz entsprechend ist. Aus einer oder mehreren Oeffnungen öder Poren des letzten Segmentes der Schale treten contractile, ungefärhte, sehr lange ^ dünne, get heilte und verästelte Fäden hervor, welche %um Kriechen dierien^ Wenn man die verschiedenen, eben aufgestellten Chara- ctere durchgeht, so wird man sehen, dafs wenn gleich mit ei- ner individuellen, deutlichen und gesonderten Existenz begabt, dennoch nicht alle frei, sondern dafs einige stets angeheftet sind (^Truncatuli7ia , Planorhuli7ia etc.'), sich anschmiegend an die Körper, auf denen sie ihr Leben begonnen haben. Der Körper ist sehr verschieden, jedoch constant in jeder Art gefärbt, und ist gelb, rothbraun, braun, roth, violett oder bläulich. Seine Consistenz variirt ebenfalls nach den Arten und er scheint aus einer Menge kleiner Kiigelchen zusammen- gesetzt, welche die Färbung geben, und von einer Haut umhüllt sind, die den ganzen Körper oder die einzelnen Segmente umgiebt. Zuweilen ist der Körper ganz, rund, ohne Segmente, wie bei den Gattungen Gromia und Orhdina, welche gleichsam den Em- bryozustand der andern darstellen. Sie wachsen ohne Zweifel in ihrem ganzen Umfange. Wenn der KörpeT in Lappen oder Segmente getheilt ist, so ist das erste von allen, ähnlich deiii beständigen Zustande der Gromia, rund oder länglich eiförmig nach den Gattungen, aber einmal gebildet, vergröfsert es sich nicht mehr, bedeckt sich mit kreideartiger Masse und stellt mehr oder weniger eine Kugel dar, an welche sich allmälig immer gröfsere ansetzen. Die Segmente einer Schale sind nicht gleichförmig an einander gereiht, sondern sind verschie- denartig angehäuft oder gewunden, aber äufserst regelmäfsig, und sie folg^ui in ihrer Anordnung fast mathematischen Gesetzen. 1) Bei einigen sind die Segmente in eine gerade oder gebogene Linie geordnet, allmälig von dem ersten bis zum letzten an Gröfse zunehmend. 2) Bei andern rollou sich diese Segmente, sich an ihren Enden berührend, schief auf, und bilden eine thurmförmigc 413 Spira, oder sie winden sich in derselben Ebene und bilden eine regelmäfsige Windung. 3) Bei noch anderen rollen sie sich nicht auf, sondern sie wachsen alternirend, rechts und links vom ersten Segmente, jederseits von einer gedachten Längsaxe. 4) Einige Gattungen stellen eine Vereinigung der beiden letzten Arten dar, d. h. sie sind aus alternirenden Segmenten gebildet, und rollen sich dabei im Ganzen in einer Spirale auf, entweder in derselben Ebene oder schief. 5) Endlich knäueln sich die Segmente um eine Axe seitlich der Länge nach auf zwei, drei, vier oder fünf ent- gegengesetzten Seiten {faces^^ nach jedem vollkommenen Umschlag zurückkommend, um sich genau an einander anzu- schliefsen. Beim Wachsthum des Körpers legen sich also die Seg- mente auf sechs verschiedene Arten an einander. Von diesen Modificationen hängt die Verschiedenheit der Schale ab, welche als Basis der Classification dient. Die Fäden sind bei allen Foraminiferen der Form nach ähnlich, aus einer farblosen Masse gebildet und durchsich- tig wie Glas. Sie verlängern sich bis zum Fünf- oder Sechs- fachen des Durchmessers des Körpers. Mehr oder weniger zahlreich theilen sie sich auf ihrer Länge in Aeste, welche sich wiederum verzweigen. Diese Verästelungen heften sich bei den freien Arten an verschiedene Körper, und haben die Kraft, die Schale nach sich zu ziehen und so fortzubewegen. Wenn die Fäden der Form nach einander gleichen, so unter- scheiden sie sich in ihrem Durchmesser und besonders in der Lage. Bei allen Agat/dstega, einem Theil der Enallostega^ einigen Helicostega, der Gattung Gromia und ohne Zweifel bei vielen Stichostega bilden sie ein Bündel, welches aus einer einzigen Oeffnung heraustritt und durch dieselbe eingezogen werden kann. Bei Pe7ieroplis und Polystomella gelien die Fä- den nur durch jede der kleinen Oeffnungen des oberen Theils der letzten Kammer. Bei Rosali?ia, Glohigerina , Glohulina, Tnmcatulina , Planorhulina gehen sie zuweilen noch durch eine Oeffnung, aber aufserdem durch jede der zahlreichen Poren, welche die letzten Kammern gleichsam siebartig ma- chen. Ueberhaupt erfüllen sie bei den Foraminiferen dieselben 414 Functionen, wie die zahlreichen Tentakeln der Asterien; sie dienen dazu, das Thier anzuheften, und sind Organe für die Ortsbewegung. Was die eben angedeuteten Verschiedenheiten anlangt, so mufs man ihnen nicht zu viele Wichtigkeit bei- legen; denn bei einer übereinstimmenden Form sieht man Schalen auf ihrer ganzen Oberfläche durchbohrt, und andere die es nicht sind, wobei beide sogar noch eine durchaus ähn- liche Oeffnung der letzten Kammer besitzen. Es kann dies also nur einen secundaren Charakter abgeben. Ernährungs- und Fortpflanzungs- Organe sind noch nicht beobachtet worden. Wenn man voraussetzen möchte, dafs bei den Gattungen, bei welchen aus einer Oeffnung die Fäden heraustreten, die Nahrung durch die Zwischenräume zwischen den Fäden absorbirt würde, so kann dies doch nicht bei den- jenigen Gattungen stattfinden, deren letzte Kammer zuweilen geschlossen ist, und deren Fäden durch kleine Poren austre- ten. Man könnte also glauben, dafs diese Organe selbst zur Einnahme von Nahrung dienen, weil man nicht weifs, wie sich diese Thiere anders ernähren sollten. Die kleinen Röh- ren, welche sich an den Poren gewisser Arten bilden, geben vvenigstens die Gewifsheit, dafs die Faden kalkige Massen ab- sondern. Sie sind es auch, welche die Schale von aufsen auf eine so merkwürdige Art mit Kalk überziehen, wie man es bei vielen Foraminiferen nach der Bildung der Kammern findet. Die Textur der Schale ist verschieden, und diese Ver- schiedenheit stimmt fast immer mit den Abtlieilungen nach der Form und der Art des Aneinanderfügens der Segmente des Thieres überein. Sind die Segmente angehäuft, so ist die Schale undurchsichtig, von dichter Textur wie Porzellan und ohne irgend eine Spur von äufserer Porosität; sind die Seg- mente alternirend und die Schale gleichseitig, oder findet ein spirales oder schiefes Aufrollen statt, so ist sie porös und be- sonders an den letzten Kanuncm von einer grofsen Menge kleiner Löcher durchbohrt, die in dem Maafse, wie das Thier ihrer nicht mehr bedarf, obliteriren, und oft in Röhren vorste- hen. Weiui die Segmente in einer graden Linie liegen, oder sich in derselben Ebene spiralförmig winden, oder wenn sie mit ungleichseitiger Schale alternirend sind, dann sind sie fast 415 immer durchsichtig, fest und glasartig. Es giebt gewifs Aus- nahmen in jeder Abtheilung, aber im Allgemeinen gilt das eben angedeutete Gesetz. ♦ Die Schalen sind meist einfarbig, entweder weifs oder gelblich. Fast alle, deren Kammern sich knäueln, sind milch- weifs, bei den andern kommen alle Übergänge vom vollkom- men glashellen bis zum matten Weifs vor. Bei gewissen Ar- ten der Gattungen Rotalina, Rosalina, Planorhulina, Globigerina (ind einiger andern sind die Schalen gelb, röthlich oder violet, immer jedoch der Farbe des Thieres entsprechend; und diese Farben werden um so lebhafter, je mehr sie sich von der letz- ten Kammer entfernen, und sich der erstem nähern. Die Schalen sind im Allgemeinen frei; indessen giebt es auch Ausnahmen, wo. die Schale an einem bestimmten Punkt befestigt ist, sich an ihn anschmiegt und seine Form annimmt. Dieser Charakter ist jedoch nur secundär, da die angehefteten Thiere nicht zu leiden scheinen, wenn man sie losreifst. Da der Körper bei allen Thieren von gleicher Masse ge- bildet ist und gleiche Fäden hat, so kann nur die Anordnung der Segmente, oder das Wachsthum der Kammern der Schale die Grundlage für die Classification abgeben. Der Verfasser unterscheidet nun folgende sechs Ordnungen : 1) Monostega: Nur eine knorplige oder kalkige Kammer in allen Alterszuständen. 2) Stichostega: Die Kammern sind in einer geraden oder gekrümmten Linie aneinandergereiht, ohne sich aufzurollen. 3) Helicostega: Die Kammern in einer Axe aneinander- gereiht, und spiralförmig aufgewunden. 4) Entomostega : Die Kammern alternirend auf zwei Axen, und das Ganze ist in einer Ebene oder schief aufgerollt. 5) Enallostega: Die Kammern liegend alternirend in zwei oder drei Axen, ohne sich aufzurollen. 6) AgatJiistega: Die Kammern sind auf mehreren Seiten um eine gemeinsame Axe aufgewickelt, so dafs jede die Hälfte des Umfanges bildet. Obgleich ihrer inneren Organisation nach weniger entwik- kelt als die Echinodermen, Polypen und selbst manche Infusions- thiere, so nehmen sie doch durch ihre Fäden Theil an der Art der Ortsbewegung der erstercn, stehen höher als die Polypen 416 durch ihre isolirte, nicht geliäuftc und freie Existenz, und zei* gen viele Beziehungen in der organischen Zusammensetzung mit den letzteren, bei denen man jedoch nie eine so grofse Regelmäfsigkeit in der Schale und in der Anordnung der Theile findet. Deshalb glaubt Verf. sie als eigene Klasse betrachten i zu müssen, und er weist ihnen ihren Platz unter den Strahl- ^ thieren Cuvier's oder den Actinozoaires Blainville's an, und stellt sie zwischen die Echinodermen und Polypen. Erste Ordnung. Mo7iostega. Die Schale ist nur aus einer kalkigen oder häutigen Kam- mer gebildet. Die Kammer ist hohl und mit einer Oeffnung versehen. Genus 1. Gromia Duj. Schale häutig, frei, regelmäfsig, kuglig, hohl, mit einem sehr kurzen Halse. Die Fäden treten aus dieser, und dienen wie Fiifse. Das Innere ist mit einer gallertartigen Masse an- gefüllt. Eine Art an den Europäischen Küsten. Genus 2. Orhulina d'Orh. Schale frei, regelmässig, kuglig, hohl, überall durchbohrt] von einer grossen Anzahl kleiner, nur bei starker Vergröfse- rung sichtbarer Löcher. Oeffnung klein, rund. 1. 0. universa d'Orb, testa bullata, sphaerica, tenui, irre- gulariter, minutissime perforata; apertura circulari. \ Millim. Gelblich weiss. Mittelmeer, Canarische Inseln, Antillen, Indien. Genus 3. Oolina d'Orb. Schale frei, regelmäfsig oval, länglich oder gedrückt, hohl, glasartig, nicht durchbohrt. Oeffnung klein, am Ende einer vorderen Verlängerung. 1. O. compressa d'Orb. testa suborbiculari, antice subacu- minata, alba, laevigata, compressa, margine limbata; apertura minima. \ Mill. Malwinen, Patagonien. 2. 0. laevigata d'Orb. testa ovata, laevigata, alba, antice acuminata, postice rotunda; apertura acuminata, marginata. \ Mill. Malwinen h 417 3. 0. Vilardehoana cVOrb, testa ovata, inflata, alba, antice acuminata; postice rotunda, longitudinaliter costata; costis ele- vatis, plus viginti numero; apertura acuminata. ^ Mill. Mal- winen. 4. 0. caudata ,d^Orh. testa elongata, subfusiformi , antice, laevigata, angustata, postice longitudinaliter striata, inflata, cau- data; apertura elongata. -^ Mill. Malwinen. 5. 0. Isabella d'Orh. testa globulosa, alba, antice acumi- nata, postice rotunda, longitudinaliter costata, costis elevatis tredecim ornata; apertura elongata conica. \ Mill. Malwinen. 6. 0. melo d'Orl. testa globuloso- ovata, alba, diaphana, longitudinaliter variolata, antice subacumiuata, postice rotunda; apertura rotunda, obtusa. ^ Mill. Malwinen. 7. 0. raricosta d'Orlj. testa ovata, alba, antice acumi- nata, postice subtruncata, longitudinaliter costata; costis acto vel novem elevatis ornata; apertura rotunda, acuminata. -g-MilL Malwinen. 8. 0. striata d'Orh. testa subsp aerica, alba, antice elon- gata, angustata, postice rotundo-obtusa, longitudinaliter minute striata; apertura elongatisskna, subcylindrica. 3^ Mill. Malwinen. 9. 0, inornata d'Orh. testa ovato-gibbosa, glabra, alba, translucida, antice posticeque obtusa; apertura brevii \ Mill. Malwinen. 10. 0. striaticollis d'Orh. testa ovata, laevigata, nitida, alba, antice elongata, acuminata, postice obtusa, aculeata, lon- gitudinaliter striata; apertura elongatissima, oblique striata. \ Mill. Malwinen. Zweite Ordnung. Stichostega. Die Kammern in einer geraden oder gebogenen Linie mit ihren Enden an einander gereiht. Keine Spirale. Erste Familie. Aequilateridae, Erste Abtheilung. Eine centrale Oeffnung. Genus 1. Nodosaria Lam, Schale frei, regelmäfsig, gleichseitig, länglich, oval, conisch, Wiegmann's Archiv. VI. Jahrg. 1, Bd. 27 418 oder cylindrisch. Die meist kugligen Kammern in einer gera- den oder gebogenen Axe an einander gereiht, und so variiren, dafs sie sich bald fast ganz bedecken, bald durch Einschnürun- gen getrennt sind. Mündung rund, central. Subgenus 1. Glandulina d'Orh. Schale eiförmig, kuglig; die Kammern kuglig, sich fast ganz bedeckend, die letzte immer convex und vorgezogen; Axe central und gerade, Oeffnung rund, klein, am Ende einer Verlängerung der letzten Kammer. Vier Arten, von denen zwei im Adriatischen Meere, eine in Indien, die vierte fossil von Kaienberg in Oesterreich. Subgenus 2. Nodosaria. Schale verlängert, gerade, abgerundet oder deprimirt, co- nisch oder cylindrisch; Kammern kuglig mit tiefen Einschnü- rungen zwischen sich, die letzte immer convex, oft verlängert. Oeffnung am Ende eines Vorsprunges der letzten Kammer. 1. iV. rugosa dOrh. testa elongata, conica, recta, alba; loculis quinis globosis, rotundatis, rugoso-asperis, disjunctis; apertura stellata, prominula. 1 Mill. Antillen. 2. N. punc^ita d'Orh. testa elongata, subarcuata, alba; loculis octonis globosis, rotundatis, aequalibus, punctatis, mi- nime distinctis; apertura rotundata, subelevata. 1 Mill. Antillen. 3. N. Candei d'Orh. testa elongata, recta, alba, antice prolongata, postice acuminata; loculis trinis pyriformibus, in- aeqnalibus, longitudinaliter striatis; apertura rotundata. \ Mill. Antillen. 4. N. Cateshyi d'Orh. testa brevi, recta, alba, antice elon- gata, postice acuminata; loculis binis pyriformibus, inaequali- bus, longitudinaliter costatis; costis tredecim acutis, distinctis; apertura elongata, radiata. \ Mill. Antillen. 5. N. striaticollis d'Orh. testa elongata, recta, albida, an- \ tice prolongata, postice !?ubacuminata, loculis quinis pyriformi- bus, inaequalibus, longitudinaliter minute costatis; apertura i rotunda; siphone elongato, oblique costato. ^ Mill. Canarische i Inseln. Subgenus 3. Dentalina d'Orh. Schale verlängert, gebogen, conisch oder deprimirt. Die 419 Kammern kuglig, oft schief, sich zum Theil bedeckend, die letzte immer convex und oft verlängert; die Einschnürungen zwischen ihnen nicht sehr stark. Die Axe immer gebogen. Die seitliche Convexität der Oeffnung entgegengesetzt; die. Oeff- nung rund, terminal, meist ohne Vorsprung, und ein wenig zur Seite liegend. 1. D. acutissima d'Orh, testa elongata, arcuata, laevigata, nitida, alba, antice obtusa, pöstice acuminata, acutissima; locu- lis numerosis, lateraliter semi-distinctis; apertura rotunda, sim- plici. 5 Millim. Malwinen. Subgenus 4. Orthocerina d'Orb. Schale conisch; die Kammern nicht convex, ohne Ein- schnürung und ohne überzugreifen, die letzte fast eben, ohne Endverlängerung. Oeffnung in der Mitte der letzten Kammer. 1. 0. quadrilatera d'Orb. testa conica, brevi, quadrilatera, subarcuata, luteo-albida, postice obtusa, supra subplana; locu- lis numerosis, crescentibus, quadrilateribus , irregulariter pun- ctatis; apertura rotunda, minima, centrali. \ Millim. Antillen. Genus 2. Frondicularia Defrance. Schale frei, regelmäfsig, gleichseitig, oblong oder rhom- boidal, seitlich stark zusammengedrückt. Kammern deprimirt, jede einen Halbkreis oder die beiden Seiten eines Dreiecks, dessen Spitze oft verlängert ist, bildend, die erste immer oval und regelmäfsig. Axe gerade. Eine runde Oeffnung an der vorderen Spitze des Winkels, den jede Kammer bildet. Die Arten sind lebend oder fossil in Italien und bei Paris. . Genus 3. Lingulina d'Orh. Schale frei, regelmäfsig, gleichseitig, länglich, zusammen- gedrückt. Kammern zusammengedrückt, sich theil weise be- deckend, die letzte sehr convex ohne Vorsprung. Axe gerade. Eine mittlere Endöffnung als Querspalte auf der oberen Con- vexität der letzten Kammer. Textur glasig. 1. L. carinata d'Orh. testa oblongo- elongata, compressa, carinata, nitida, laevigata, translucida, antice rotundata, postice cuneata, loculis numerosis, inaequalibus ; apertura lineari, trans- versali. 3 Millim. Teneriffa. Antillen. 27* 420 Genus 4. Rimtilt?ia (TOrh. Schale frei, regelmäfsig, gleichseitig, verlängert, gebogen, Kammern wenig kuglig, schief, sich theilvveise bedeckend, ohne Einschnürung; die letzte convex, die Axe gebogen, die Con- vexität auf der Seite der Oeffnung. Die Oeffnung als Längs- spalte, seitlich, fast die ganze Länge der letzten Kammer ein- nehmend. Nur eine Art im Adriatischen Meere. Genus 5. Vaginulina (TOrh. Schale frei, verlängert, gleichseitig, conisch, deprimirt oder winklig. Die Kammern an einander gereiht, ohne überzugreifen, ein wenig schief, ohne je die Neigung zur Spirale zu zeigen, die letzte immer abgestutzt, concav und ohne Vorsprung. Oeffnung rund, marginal, in der Concavität, immer in einem vorspringenden Winkel der Schale. Acht Arten im Adriatischen Meere. Genus 6. Marginidina cVOrh. Schale frei, regelmäfsig, gleichseitig, verlängert, gebogen, oft krückenartig nach hinten umgebogen. Kammern kuglig, sich zum Theil bedeckend, die letzte immer convex, oft in einen Sipho verlängert, die ersten nach hinten aufgewunden und bei einigen Arten mit einem Anfang einer Spiralen Auf- rollung. Axe gebogen, die Convexität auf derselben Seite mit der Oeffnung. Oeffnung rund, meist am Ende eines Vor- sprungs der letzten Kammer am Rande. 1. M. Wehbkma 'iVOrh. testa elongata, arcuata, compres- siuscula, laevigata, translucida, nitida, antice acuminata, postice curvato-obtusa; loculis numerosis, inaequaliter obliquis; aper- tura rotunda, peripheria radiata. 1 Mill. Teneriffa. Malwinen. 2. M. Berthelotiana cTOrh. testa oblonga, arcuata, cylin- drica, subpunctata, albida, antice acuminata, postice obtusa; loculis quatuor convexis, globuloso-pyriformibus; apertura ro- tunda. \ Mill. Teneriffa. Zweite Abtheilung. Mehrere Oeffnungen. Genus 7. Conulina dOrh. Schale frei, regelmäfsig, gleichseitig, conisch. Kammern 421 an einander gereiht, ohne überzugreifen, die letzte oben fast eben und ohne Vorsprung. Oeffnungen zahlreich auf dem obe- ren Theil der letzten Kammer. i. C. conica iVOrh. testa conico-oblonga, recta, crassa, albida, postice acuminata, antice truncata, subplana; loculis numerosis, angustatis; aperturis numerosis, rotundis« 3 Millim. Cuba. Genus 8. Pavonina d'Orh. Schale frei, regelmäfsig, gleichseitig, fast kreisförmig oder fächerförmig, zusammengedrückt. Kammern concentrisch, nie- dergedrückt, jede zum Theil einen Kreisbogen bildend. Axe gerade. Oefifnungen rund, zahlreich in einer Querlinie über den ganzen oberen Theil der letzten Kammer. Eine Art bei Madagascar. Zweite Familie. Inaequilateridae. Genus 9. Wehbina dVrh. Schale fest, unregelmäfsig, ungleichseitig, verlängert, gebo- gen, oben convex, unten eben; Kammern deprimirt, oben con- vex, unten eben, oval, sich an ihren Enden nur oben bedek- kend; jede bildet die Hälfte einer Kammer der vorigen Gat- tungen. Axe gewunden. Eine runde Oeffliung am Ende der letzten Kammer, ganz seitwärts von der Läugsaxe. 1. W. rugosa d'Orh. testa depressa, elongata, contorta, albida, supra convexo-rugosa, subtus complanata, loculis tribus, pyriformibus ; apertura rotuuda, peristomate clevato, incrassato. ^ Millim. Teneriflfa. Dritte Ordnung. Helicostega. Kammern in einer Axe aneinandergereiht, eine regel- n»äfsige Spiralwindung bildend. Die Spira schief oder iii einer Ebene gewunden. 422 Erste Familie. Nautiloidae. Schale frei, regelmäfsig, gleichseitig; Spira regelmäfsig, in derselben Ebene gewunden. Schale glasig, durchsichtig oder undurchsichtig. Erste Abtheilung. Eine Oeffnung, Textur glasig, durchsichtig. Erste Gruppe. Oeffnung am "Winkel des Kiels. Genus 1. Cf'istellaria ham. Schale länglich oder oval, zusammengedrückt, oft gekielt, glänzend und glasartig, häufig oberhalb mit Wülsten oder Höckern bedeckt. Spira ganz übergreifend, bisweilen kaum aus einer oder einer halben Windung zusammengesetzt. Kam- mern zusammengedrückt, verlängert, oft sich an die vorige Windung genau anschiiefsend , oder etwas schief. Oeffnung rund, am Kielwinkel der Kammern, entgegengesetzt der vori- gen Windung. 1. C. Saulciß d'Orh. testa oblongo-elongata, convexa, subcarinata, antice laevigata, postice costata; loculis octouis, oblongatis, duobus ultimis laevigatis; suturis elevatis; umbilico convexo; apertura simplici. f Millim. Teneriffa. 2. C. Berthelotiana d'Orh. testa elongata, angulata, com- pressa, laevigata, alba, nitida, margine rotundato-integra ; locu- lis decem elongatis, ultimo supra convexo, duobus ultimis projectis, suturis complanatis, apertura simplici. 1 Mill- Te- neriffa. 3. C. gihha d'Orh. (Tabl. d. Ceph. p. 126) testa oblongo- convexa, inflata, subcarinata, laevigata, nitida, flavescente; locu- lis decem, elongatis, arcuatis, ultimo supra subconcavo, limbato; suturis complanatis; umbilico impresso; apertura marginata, radiata. \ Mill. Antillen, Mittelmeer. 4. C. crepidula (tOrh, (Nautilus crepidulus Fichtel, Poly- stomella niargaritacea Blainv., Planularia crepidula d'Orb. Tabl. d. Ceph. p. 94.) testa oblongo-compressa, laevigata, nitida, alba, margine rotundata, integra; loculis decem, elongatis, minime arcuatis, ultimo supra convexo; suturis complanatis; apertura simplici. 4 Mill. Antillen. 423 Genus 2. Flahellina d'Orb. Schale sehr zusammengedrückt, oval oder länglich, fest, oft mit Wülsten bedeckt. Spira anfangs regelmäfsig, in der Jugend übergreifend, später in eine breite, comprimirte, wink- lige Fläche sich vorstreckend. Kammern zusammengedrückt, sich an die vorige Windung anschliefsend, bei vorschreitendem Alter sich in verkehrten Winkelhaken, die in einer Linie ge- reiht sind, vorstreckend. Oeffnung in der Jugend rund und am Kielwinkel, später am Ende des durch die Haken gebilde- ten vorspringenden Winkels. Fünf fossile Arten in der Kreide. Genus 3. Rohulina d'Orh, (Phoneme, Pharame, Herione, Clisiphonte, Patrocle, Lampadie, Antenore, Robule, Rhi?iocure, Sphincterule Montfort; Lenticu- Una, Polystomella Blainv.) Schale fast kreisförmig, stark comprimirt, gekielt, glas- artig, glänzend. Spira immer übergreifend. Kammern ver- längert, sich an den Umbilicaltheil der vorigen Windung an- schliefsend. Oeffnung dreieckig als Längsspalte, am Kielwinkel der Kammern. 1. R. sulcultrata d'Orb. (R. canariensis Foram. d. Cana- ries p. 127) testa orbiculato-compressa, laevigata, nitida, alba, carinata: carina brevi, non secante; loculis quinque vel sex arcuatis, ultimo supra complanato; suturis complanatis; disco umbilicali magno; apertura triangulari, antice radiata. \ Mill- Teneriffa. Malwinen. Zweite Gruppe, Oeffnung in der Nähe der vorigen Windung. Genus 4. Nonionina d'Orh. (JSonione, Melonie, Cancride^ Florilie , Chrysole, Macrodite Montfort; Cristellaria Lam.-, Polystomella, Lenticulina Blainv.) Schale fast kreisförmig, blasig oder zusammengedrückt, Rücken abgerundet, nicht gekielt, meist glasig und glänzend. Spira immer übergreifend. Kammern gebogen, sich immer an die vorige Windung und an das Umbilicalcentrum anschliefsend, Oeffnung als Querjpalte in jedem Alter. 424 1. N. steUigera d'Orh, testa suborhiculato - compressa, punctata, alba, umbilicata, margine rotundata; lateraliter steUi- gera; loculis novem arcuatis, convexis, in umbilico articulatis; ultimo convexo, rotundo; suturis excavatis; apertura angustata. \ Millim. Teneriffa. 2. N. Canariensis d'Orh. testa suborbiculata, compressa, rugosa, flavescente, umbilicata, margine rotundato, non integro. Loculis sex convexo - inflatis ; ultimo convexo. \ Mill. Te- neriffa. 3. N. Broivnii (TOrh. testa oblonga, compressa, subrugosa, alba, margine rotundato - subincisa ; loculis novem, elongatis, arcuatis, convexis, in umbilico articulatis, ultimo convexo, su- turis excavatis; apertura angustata, lineari. \ Millim. Cuba, Jamaica. 4. N. Grateloupii d'Orb. testa elongato-compressa, nitida, alba, laevigata, margine integra; loculis decem elongatis, mi- nime arcuatis, simplici ultimo supra subcomplanato ; suturis planis. \ Millim. Antillen. 5. N. Sloanii d'Orh. testa oblonga, compressa, nitida, alba, laevigata, margine minime incisa; loculis tredecim elongatis, arcuatis, subcomplanatis, ultimo supra convexo; suturis minime i excavatis. \ Millim. Cuba, Jamaica, fossil im Sande der Um- gegend von Dax. 6. N. pelagica d'Orh. testa orbiculato-globulosa, tuberosa, rugosa, aculeata, flava, convexa, inflata, margine profunde secto;| loculis quinis triangularibus, convexis, ultimo supra convexis- simo-rotundato, suturis profunde excavatis; umbilico depresso. •|- Millim. Im hohen Meer, sehr entfernt von der Küste Peru's;J 20« siidl. Br. 89« westl. L. von Paris. ?♦ N. punctulata d'Orh. testa ovato-compressa, punctulata, alba, margine subintegra, rotunda; loculis numerosis, elongatis, angustatis, minime arcuatis, simplicihus, ultimo supra convexo; suturis excavatis. \ Millim. Malwinen. 8. N. suhcarlnata d'Orh. testa suborbiculari, laevigata,, alba, convexa, margine integra, subcarinata; loculis sex trian- gularibus, planis, ultimo supra subcomplanato, suturis non ex- cavatis; umbilico nullo; apertura angustata, lineari. \ Millim. Malwinen. 425 Genus 5. Nummulina iVOrh, Schale kreisförmig oder scheibenförmig, zusammengedrückt, dick, aufsen kalkig. Spira mehr oder weniger übergreifend, mit sehr genäherten und zahlreichen Windungen. Kammern klein, kurz, genähert, sehr zahlreich, die letzte springt in der Jugend vor, bei alten Exemplaren ist sie wenig deutlich. Oeffnung quer linear, oft im Alter maskirt. Subgenus 1. Siderolina (TOrh. {Siderolites Montf. Lam.) Die Windungen in allen Alterszuständen übergreifend. Schale angeschwollen, im Umkreise mit verlängerten Anhängen versehen, die im Innern die Folge der Kammern unterbrechen. Oeffnung maskirt. Zwei Arten in der Kreide von Maestricht. Subgenus 2. Nummulina d'Orh. Die Windungen immer übergreifend. Schale comprimirt, ohne Anhänge am Umfange; Folge der Kammern nicht unter- brochen. Oeffnung an der vorigen Windung, deutlich in der Jugend. Alle Arten fossil in der Kreide. Die grösste Aegyptische Pyramide ist aus einem Felsen erbaut, der ganz aus ihnen be- steht. Subgenus 3. Ässilina d'Orh. Die Windungen nur in der Jugend übergreifend, ohne An- hänge am Umfange. Oeffnung an der vorigen Windung, oft sichtbar. Zwei lebende Arten aus dem rothen Meer und von Ra- wack; drei fossile in der Kreide, Genus 6. Operculina d'Orb. {Lenticulites Basterot.) Schale oval oder scheibenförmig, sehr comprimirt. Spira nicht übergreifend, regelmäfsig, auf beiden Seiten gleich sicht- bar, schnell zunehmend. Kammern zahlreich, eng, die letzte springt in allen Alterszuständen in der ganzen Breite der Spira vor. Oeffnung dreieckig, an der vorigen Windung, nie maskirt. 426 1. 0. incerta d'Orb. testa orbiculato-compressa, lateraliter concava, laevigata, flavescente, margine rotntidata; spira regu- lär!, anfractibiis octo, cylindricis, suturis excavatis. -jö Millim. Cuba, Martinique. Pritte Gruppe. , Die Oeffnuiig nimmt die ganze Breite der letzten Kammer ein. Genus 7. Vertehralina d'Orb. Schale frei, regelmäfsig, sehr comprimirt, meist ungleich- seitig, auf einer Seite mehr convex als auf der andern, fast kreisförmig oder verlängert, fast ohne Löcher. Spira nur in der Jugend übergreifend, später in gerader Linie vorragend. Zwei oder drei Kammern in jeder Windung, bevor sie vorra- gen, immer oben in einen Wulst endigend, der die einzige Oeffnung, welche die ganze obere Breite einnimmt, begrenzt. 1. V. cassis d'Orh. testa cassiformi, compressima, carinata, cultrata, alba; loculis duobus minime convexis, longitudinaliter striatis, margine limbatis, carinatis, postice dilatatis, antice truncatis; apertura elongata, late marginata. \ Mill. Cuba. 2. V. mucronata d'Orl. testa elongata, compressissima, alba; loculis tribus convexis, longitudinaliter costatis, margine rotundata, postice inflatis, antice dilatatis, lateraliter mucrona- tis; apertura elongata, angustata. \ Mill. Antillen. Zweite Abtheilung. Mehrere Oe ff nun gen. Erste Gruppe. Kammern einfach, mit einer einfachen Höhle. Genus 8. Polystomella. {Andromede, Cellulie, SporuUe, Themeoiie, Pelore, Geopone, Elphide Montfort; Polystomella, Vortidalis Lam. Blainv,, Poly- stomella d'Orb.) Schale frei, regelmäfsig, gleichseitig, fast kreisförmig, com- primirt, Rücken oft gekielt. Spira übergreifend. Kammern mit einer Höhle, gebogen oder grade, sich immer bis zum Um- bilicalcentnuYi an die vorige Windung anschliefsend, immer zwischen den Näthen oder auf den Näthen mit (Juergruben versehen. Oeflfnungen zahlreich, zerstreut, als Einfassung oder 427 ein Dreieck auf dem oberen Theil der letzten Kammer bildend, und noch offen in den Gruben der letzten Nathe. 1. P. Berthelotiami d'Orh. testa suborbiculato - convexa, alba; margine carinata, loculis viginti duobus angustatis, minime arcuatis, transversim irregulariter costatis, ultimo angustato; suturis elevatis. \ Millim. Teneriffa. 2. P. complanata iVOih. testa suborbiculato -compressa, alba, margine subrotundata; loculis duodecim arcuatissimis, ad mediam longitudinem striatis, ultimo subconvexo, suturis mar- ginatis; aperturis marginatis. \ Millim. Teneriffa. 3. P. Lanieri cVOrh. testa suborbiculata, flavescente, lu- cida, lateraliter convexa, margine subcarinata; loculis viginti arcuatis, transversim profunde regulariter costatis, ultimo an- gulato; suturis complanatis ; aperturis numerosis, triangularibus. \ Millim. Cuba. 4. P. Sagra cVOrh. testa suborbiculato -convexa, lucida, alba, margine rotundata, integra; loculis tredecim arcuatis, tcansversim profunde striatte; striis interruptis, suturis com- planatis. \ Millim. Cuba. 5. P. Poeyana d'Orh. testa suborbiculata, compressa, alba, nitida, punctata, margine inflato-rotundata; loculis undecim non arcuatis, convexis, laevigatis, ultimo convexo; suturis articula- tis;.umbilico subexcavato, aperturis numerosis. -^ Millim. Cuba, Jamaica. 6. P. (liscoidalis d'Orb. testa suborbiculata, discoidali, compressa, alba, nitida, punctata, margine subcarinata, non in- tegra; loculis decem arcuatis, convexis, laevigatis, ultimo con- vexo; suturis excavatis, articulatis; umbilico discoidali con- vexo; aperturis numerosis. \ Millim. Cuba, Jamaica. 7. P. Lessonü d'Orh. (Tabl d. Ceph. p. 118) testa sub- orbiculato-compressa, alba, margine non integra; centro laterali subdepresso; loculis septemdecim arcuatis, transversim pro- funde costatis, ultimo supra truncato; suturis convexis. -j Mill. Patagonien. Malwinen. 8. P. Oweniana d'Orh. testa suborbiculato - compressa, alba, margine carinata, limbata, centro laterali convexo; locu- lis sexdecim minime arcuatis, transversim profunde costatis, ultimo truncato, piano ; aperturis submarginalibus, numerosis, triangulum formantibus. | Millim. Patagonien. 428 9. P. articulata d'Orh. testa suborbiculata, compressa, alba, nitida, punctata, niargine rotundata, non integra; loculis deceni, arcuatis, convexis, laevigatis, ultimo convexo; suturis excavatis, transversiin articulatis; aperturis subsparsis. \ Mill. Patagopien, Malvvinen. 10. P. Alvare%iana cVOrh. testa suborbiculato-compressa, alba, margine carinata, integra, loculis undecim, arcuatis com- planatis, ultimo piano; suturis transversim fossiculiferis ; aper- turis marginalibus. \ Millim. Patagonien, Malwinen. Genus 9. PeneropHs Moni f. (JPeneroplis Montf. Blainv., Cristellaria^ RenuUtes Lam., Renu- /m« Blainv.) Schale frei, regelmäfsig, gleichseitig, comprimirt, Rücken wenig gekielt. Spira in der Jugend übergreifend, oft später vorgezogen. Kammern mit einer Höhlung, gebogen, compri- mirt, niemals siebartig durch Quergruben, oft gestreift. Oeflf- nungen zahlreich, zerstreut, in Längslinien, oder anastomosirt, nur an dem oberen Theil der letzten Kammer offen. Subgenus 1. Dendritina d'Orh. Schale wenig variabel in ihren Formen, regelmäfsig über- greifend, Oeffnungen zu baumartigen Verästelungen vereint. 1. D. Antillarum d'Orh. (Tabl. d. Ceph. p. 119.) testa suborbiculato-compressa, alba vel coerulescente, umbilicata, margine subcarinata, non integra; loculis tredecim arcuatis, minime convexis, transversim profunde striatis: ultimo subcon- cavo; suturis excavatis; aperturis numerosis, distinctis. -^ Mill. Cuba. Subgenus 2. PeneropHs d'Oih. Schale sehr comprimirt, sehr variabel in ihren Formen, nur in der Jugend regelmäfsig übergreifend, dann erweitert oder vorgezogen, aber nicht constant. Oeffnungen zahlreich, ge- trennt, in einer oder mehreren Längslinien. 2. P. protca d'Orh. testa variabili, compressa, alba, umbi- licata, margine rotundata; loculis angustatis, laevigatis, arcua- tis, minime convexis, ultimo complanato; suturis excavatis; aperturis numerosis lineatis. 1 Millim. Cuba, Jamaica. 3. P. elegans d'Orh. testa suborbiculato-compressa, alba 429 vel coerulescente, fragili, transliicida, margine rotundata, non integra, iimbilico magno ; loculis undecim minime arciiatis, con- vexis, profunde transversim striatis; suturis excavatis; apertu- ris sparsis. ^ Millim. Cuba, Jamaica. 4. F. duhius (VOrh. testa orbiculato-convexa, alba, crassa, margine subcarinato-gradata; umbilico nullo; loculis octo vel decem arcuatis, complanatis, laevigatis; suturis marginatis; aperturis nuraerosis, lineatis, triangularibus. \ Mill. Cuba. 5. P. pulchellus cVOrh. testa suborbiculata, compressa, alba, margine angustata, obtusa, subgradata, umbilicata; loculis octonis minime arcuatis, complanatis, regulariter transversim striatis; aperturis tribus rotundis. \ Millim. Patagonien, Mal- winen. 6. P. carinatus d'Orh. testa suborbiculato-compressa, alba, nitida, margine carinata, centro laterali minime concava; locu- lis decem, arcuatis, complanatis, laevigatis, ultimo truncato, piano; aperturis subsparsis. \ Millim. Patagonien. Subgenus 3. Spirolina Lam, Schale comprimirt oder nicht, variabel nach dem Alter; in der Jugend regelmäfsig, nautilusartig, später verlängert sie sich immer regelmäfsig in grader Linie und bildet eine Krücke, Oeffnungen in der Jugend zahlreich, im Alter oft eine. Eine Art im rothen Meer und sieben fossile. Zweite Gruppe. Kammern zusammengesetzt, in Höhlungen getheilt. Genus 10. Orhiculina Lam. {Helenide^ Archidie, Bote Montf. Orhiculina Lam., Blainv., d'Orb.) Schale scheibenförmig, frei, regelmäfsig, gleichseitig, sehr comprimirt, sehr variabel nach dem Alter; in der Jugend spi- ralförmig, übergreifend . und sehr regelmäfsig, später sich zu einem mehr oder weniger vollkommenen Discus erweiternd. Kammern in ihrer ganzen Länge durch Querwände in eine Menge besonderer Höhlungen getheilt. Die Kammern sind alle eng, gebogen, oft bei alten Exemplaren kreisförmig. Viele runde, zerstreute Oeffnungen in Längslinien. 1. 0. cidunca Lam, Junior: testa variabili, orbiculato- 430 angulata, lateraliter convexa, inargine integra, carinata; loculis angiistatis, arcnatis, suturis convexis. — Adulta: testa orbicu- lato - compressa, subdiscoidali, iiiargine truncata, alba; loculis arcnatis ; aperturis numerosis, sparsis. 3 — 4 Millim. Antillen, Indien, Mariannen. Variirt sehr nach den Localitäten. 2. 0. compressa cTOrh. Junior: testa o.vato-compressa, lateraliter compressa, subplana, margine rotundata, non Inte- gra; loculis angustatis, articulatis, convexis, suturis excavatis. Adulta: testa orbiculata, compressissima, discoidali, alba, mar- gine truncata; aperturis numerosis linearibus. 2 — 3 Millim. Antillen. Genus 11. Alveolina d'Orb. {DiscoKtes Fortis; Alveolites Bosc; Borelie, ClausuUe, Milio- Ute Montf.; Melonia Lam., Blainv.; Ori%aria Defrance; Alveo- lina d'Orb.) Schale frei, regelmäfsig, gleichseitig, abgerundet, länglich oder im Sinne der Axe verlängert, nicht veränderlich beim Wachsthum. Spira übergreifend. Kammern wenig zahlreich, quer verlängert, durch Längsscheidewände in eine grofse Zahl haarförmiger Höhlungen getheilt. Oeffnungen rund, zahlreich, in Querlinien. 1. A, piilchra d'Orb. testa sphaerica, crassa, alba, rugosa, loculis quinque, transversim striatis; suturis subplanis; apertu- ris Serie unica dispositis. \ Millim. Cuba. Zweite Familie. Turhinoidae. Schale frei, mehr oder weniger regelmäfsig, ungleichseitig. Spira schief aufgewunden, daher auf einer Seite mehr vorsprin- gend, als auf der anderen. Oft glasartig, mit kleinen Löchern durchbohrt. Erste Abtheilung. Dieselbe Form in allen Alters- zuständen, die Spirale immer vollständig. Erste Gruppe. Nur eine Oeffnung. A. Spira kreiseiförmig oder niedrig gewölbt. 431 Genus 12. Rotalina cTOrb. {Rotalia Lam.) Schale frei, niedrig oder kreiseiförmig, fein durchbohrt, oft gekielt. Spira niedrig, abgestutzt oder kegelförmig. Kam- mern deprimirt, oft gekielt. Oeffnung als Längsspalte an der vorigen Windung, nur einen Theil der letzten Kammer ein- nehmend. Subgenus 1. Rotalina d'Orb. Umfang ohne marginale Anhänge, mit oder ohne centralen Discus. 1. jR. Berthelotiana d'Orh. testa orbiculato-convexa, supra subtusque aequaliter convexis, laevigata, flavescente, oarinata; margine integra; spira conica, tninime convexa, anfractibus tjuaternis; suturis elevatis, coeruleis ; loculis septem angulatis, obliquis, supra subtusque limbatis, ultimo carinato. \ Millim. Teneriffa. 2. R. canariensis d'Orh. testa oblongato-depressa, punctata vel rugosa, flavescente, carinata, margine non integra; spira obtusissima, anfractibus tribus distinctis; loculis quinis, oblon- gatis, arcuatis, supra limbatis, infra simplicibus; apertura lim- bata. \ Millim. Teneriffa. 3. R. hirsuta d'Orh. testa depressa, fragili, rugosa, hirsuta vel perforata, alba, carinata, margine non integra; spira de- pressa, anfractibus binis, parum distinctis, loculis quatuor oblon- gatis, ultimo punctato; apertura minima. \ Millim. Teneriffa. - 4. R. contecta d'Orh. {Gyroidina contecta Tabl. d. Ceph. p. 112.) testa suborbiculata, depressa, punctata, flavescente, subcarinata, supra complanata, subtus convexo- conica; spira plana, anfractibus tribus ; loculis undecim, angustatis, arcuatis, disco umbilicali magno. | Millim. Rimini, Jeneriffa. Sie ist rechts oder links gewunden. 5. R. Lamar Chiana d'Orh, testa suborbiculata, laevi- gata, alba, umbilicata ; margine rotundata, supra concava, subtus convexa, spira depressa, anfractibus trinis distinctis; loculis sex arcuatis, laevigatis. ~ Millim. Teneriffa. 6. R. truncatulinoides d'Orh. testa suborbiculato- conica, punctata, alba, carinata, supra plano-truncata, vel concava, subtus elevato- conica, umbilicata, spira depressa, limbata, an- 432 fractibus tribus, complanatis; loculis qnatuor angulatis. ^ Mill. Teneriffa. 7. R. rosea cVOrh. (TabJ. d. Ceph. p. 106.) testa orbicu- lato-conica, trochiformi, subcarinata, punctata, rosea vel rubra, subtus convexa; spira elevata, conica, apice obtuso, anfracti- bus tribus, non distinctis; loculis ultimis subconvexis, obli- quis, carinatis. Disco umbilicali. \ Millim. Antillen. 8. R. caribaea d'Orh. testa ovali, depressa, supra subtus- que aequaliter convexa, rugosa, carinata; spira convexiuscula, conica, anfractibus duobus subplanis; loculis octo obliquis, carinatis, supra limbatis, subtus simplicibus, ultimo carinato; apertura elongata. -^ Millim. Antillen. 9. R. deformis d'Orh. testa ovali, depressa, deformi, su- pra subtusque convexa, punctata, flavescente ; spira rainime con- vexa, anfractibus duobus; loculis sex obliquis, arcuatis, carina- tis, subtus externeque solummodo limbatis, ultimo subcarinato; apertura elongata. 1 Millim. Cuba, Martinique, St. Helena. 10. R. Antillarum d'Orh. testa orbiculato, depressa, supra subtusque aequaliter convexa, punctata, margine carinata; spira conica minime convexa, anfractibus quatuor subplanis; loculis Septem, supra obliquis, arcuatis subcomplanatis, subtus trigo- nis; apertura elongata. \ Millim. Cuba, Jamaica. 11. R. cultrata d'Orh. testa ovali, depressissima, punctata, carinata, cultrata, supra subcomplanata, subtus convexiuscula; spira subplana, anfractibus duobus limbatis; loculis sex ovatis, contectis, supra limbatis. \ Millim. Antillen. 12. R. Sagra d'Orh. testa elliptico -oblonga, depressa, punctata, alba, carinata, supra et subtus inaequaliter convexa; spira subcomplanata, anfractibus duobus, simplicibus; loculii sex angulatis, carinatis, rapidissime crescentibus. \ Millim Cuba, Jamaica. 13. R. dubia d'Orh. testa orbiculato -depressa, laevigata, alba, umbilicata, subtus concava; spira convexiuscula; apice obtuso, anfractibus tribus convexis, cylindricis; loculis quatuor elongatis, minime distinctis. \ Millim. Cuba, Jamaica. 14. R, 'peruviana d'Orh. testa orbiculato -depressa, laevi- gata, alba, margine subcarinata; spira convexiuscula, conica, anfractibus quiiüs subcomplanatis; loculis undecim, supra obli- quis, limbatis, infra radiantibus limbatis. \ Mill. Callao, Arica. i 433 15. JR. Alvare%n (VOrb. testa orbiculato-depressa, laevi- gata, alba, subcarinata; spira convexiuscula, obtusa, anfractibus quatuor, complanatis ; loculis Septem, supra obliquis, complana- tis, subtiis convexis, externe limbatis. \ Mill. Patagonien, Mal- winen, Cap Hörn. 16. R. patagonica d'Orb. testa orbiculato-depressa, pun- ctata, alba, lucida, carinata; spira convexiuscula, anfractibus tribus complanatis; loculis Septem complanatis, non limbatis. \ Millim. Patagonien, Cap Hörn. Subgenus 2. Calcarina cVOrh, Schale frei, spiral, deprimirt, sehr runzlig. Spira seitlich aufgewunden, oben ganz sichtbar, unten übergreifend. Kam- mern in seitliche Anhänge ausgezogen, spornartig, Oeffnung als Längsspalte an der vorletzten Windung. 1. C. pulchella d'Orh. testa depressa, orbiculari, rugosa, trispinosa, spinis elongatis, acutis; spira subplana, anfractibus distinctis; loculis convexis. \ Millim. Cuba. 2. C. calcar (TOfb. (Tabl. d. Ceph.) testa depressa, cal- cariformi, spinis numero loculos aequantibus; spira convexiu- scula, anfractibus tribus ; loculis acuminatis. 2 Millim. Antillen? Genus 13. Globig er ina d'Orb. Schale frei, spiral, sehr kuglig, immer runzlig oder mit kleinen Löchern durchbohrt. Spira seitlich aufgerollt, aus zahlreichen Kammern zusammengesetzt. Kammern kuglig. Oeffnung mondförmig oder in Form eines mehr oder min- der tiefen Ausschnitts, am Nabelwinkel gegen die Axe der Spira hin. 1. G. bulloides d'Orb. (Tabl. d. Ceph. p. 111; Polymör- phium tuberosum et globiferum Soldani) testa convexiuscula, rugosa, flavescente, spira convexa, loculis quatuor sphaericis, apertura magna. | Millim. Rimini, Teneriffa, Indien, Malwi- nen, Chili. 2. G. Canariensis d'Orb. testa convexo-ovata, rugosa, alba ; spira elevata, anfractibus tribus parum distinctis, apice obtuso; loculis tribus, oblongatis, subangulatis ; apertura minima. \ Mill. Teneriffa. 3. G. hirsuta d'Orb. testa suborbiculata, depressa, tube- Wiegm, Archiv. VI. Jahrg. 1. Band. 28 434 rosa, hirsuta, alba, perforata; spira depresso-concava, anfracti- bus binis; loculis quinis, sphaericis; suturis excavatis; aper- tura mediocri. -^ Millim. Teneriffa. 4. G. ifißata d'Orh. testa suborbiculata, globosa, punctata, lucifla, alba; spira brevi, obtusa, anfractibus diiobus, partim amplexantibus ; loculis quaternis, convexis; suturis miuime ex- cavatis; apertura magna. -5 Millim. Teneriffa. 5. G. rubra d'Orh. testa elevata, rugosa, rubra; spira con- vcxa, loculis tribus, sphaericis; aperturis plurimis. \ Millim. Antillen. 6. G. siphonifera d'Orh. testa creberrima, tubulifera, alba; spira plana, loculis tribus sphaericis; apertura elongata. i'Mil- lim. Cuba, Jamaica. 7. G. Dutertrei d'Orh. testa suborbiculata, convexa, alba, creberrime rugosa, spira convexo- obtusa, anfractibus tribus, distinctis; loculis quinis, oblongatis; suturis excavatis; apertura magna in umbilico. \ Millim. Cuba, Martinique, Guadeloupe. Genus 14. Planorhulina dOrh. Schale festsitzend, spiral, scheibenförmig, sehr deprimirt, stark durchbohrt. Spira unregelmäfsig, scheibenförmig, aus vielen Windungen bestehend, in derselben Ebene aufgerollt, auf beiden Seiten sichtbar, aber oben mehr verdeckt als unten. Kammern oben convex, unten abgeschnitten und der Form der Körper entsprechend, denen sie aufsitzen. 1. P. vulgaris d'Orh. (P. mediterranensis d'Orh. Tabl. d. Ceph. p. 114) testa orbiculari, depressissima, punctata, alba vel flavescente; anfractibus numerosis irregulariter involutis; loculis inaequalibus numerosis, subtus truncatis, squamosis; supra convexis. 3 Millim. Mittelmeer, Teneriffa, Antillen, Mexico. Genus 15. Truncatulina d'Orh. {Polyxenis, Tibicides Montf ) Schale angeheftet, spiral. Spira scheibenförmig, in der- selben Ebejie aufgerollt, sichtbar auf der angehefteten Seite, übergreifend und convex auf der anderen. Kammern oben convex, unten eben. Oeffnung als Spalte, die oben ein wenig 435 sichtbar ist und sich nach unten in der Nath bis zur zweiten vorletzten Kammer fortsetzt. 1. T, lohata d'Orh. (^Serpula lohata Montag., Hammonia tuherculata Sokl.) testa depressa, suborbiculari, irregnlari, ca- rinata, creberrima, alba, anfractibiis dnobus vel tribus; loculis convexis, minime arcuatis; ajDertura scissurata, prolongata. 1 Millim. Mittelmeer, England, Canarische Inseln. 2. T, variabilis d'Orb. {Hammonia tuherculata Sold.) testa tuberosa, irregulariter contorta, perforata, rosea; anfractibus irregularibus , loculis inaequaliter convexis, tuberosis; apertura rotunda. 1 — 1:^ Millim. Mittelmeer, Teneriflfa. 3. T. advena dOrh. testa depressa, orbiculari, subcarinata, punctata, alba; anfractibus tribus; loculis octo convexis, sutu- ris excavatis. \ Millim. Cuba, Jamaica. 4. J*. Candei d'Orh. testa depressissima, orbiculari, alba, irregulari, carinata, carina acuta; umbilico convexo, distincto, anfractibus duobus, loculis depressis, arcuatis, supra convexiu- sculis, laevigatis; subtus marginatis. ^ Millim. Cuba. 5. T. dispars d'Oih, testa depressa, suborbiculari, subca- rinata, alba, supra punctata, subtus perforata; anfractibus tri- bus; loculis octonis convexis, suturis excavatis. \ Millim. Malvvinen. 6. T. vermiculata d'Orh. testa globulosa, inflata, suborbi- culari, punctata, rosea, margine rotunda; umbilico magno; an- fractibus tribus convexis; loculis globulosis, externe punctatis, supra subtusque convexis; apertura lineari. 1 Millim. Mal- winen, Cap Hörn. 7. T. depressa d'Orh. testa depressissima, irregulari, cari- nata, punctato-rugosa, alba; anfractibus duobus, minime distin- ctis; loculis Septem, depressis, irregularibus. 1 Millim. Val- paraiso. 8. T. örnata dOrh. testa depressa, carinata, supra minime convexa, subtus complanata, alba, perForata; anfractibus tribus, depressis; loculis Septem, late limbatis. \ Millim. Valparaiso. Genus 16. Anomalina d'Orh, Schale frei, deprimirt, runzlich oder durchbohrt. Spira nicht sichtbar, an der der Oeffnung entgegengesetzten Seite ganz übergreifend. Kammern geschwollen^ verlängert. Oeif- 28* 436 nuiig als Spalte in der llmbilicalgpgend, oft von einer Kammer zur analeren fortsetzend. Zwei Arten im Adriatisclien Meer, eine in Isle de France; zwei andere fossil. Genus 17. Rosalina d'Orh. Schale frei, oder leicht auf der Nabelseite angeheftet, deprimirt oder kreiseiförmig, runzlig oder an den letzten Kammern stark durchbohrt. Spira oben sichtbar, schwach gewölbt oder conisch. Kammern deprimirt, oft gekielt. Oeflf- nung als Spalte in der Nabelgegend und von einer Kammer zur anderen fortsetzend. 1. R. Bertheloti cTOrh. testa depressissima, carinata, pun- ctata; spira brevi; anfractibus duobus, partim opertis; loculis depressis, carinatis, arcuatis, margine limbatis. \ Millim. Teneriffa. 2. ß. vahmlata iTOrh. (Tabl. d. Ceph. p. 105) testa de- pressa, lutescente, supra convexiuscula, subtus concava, margine convexa, limbata; spira minime convexa; anfractibus trinis distinctis, loculis subplanis, limbatis. ~ Millim. Teneriffa, Antillen. 3. R. squamosa d'Orh. (Tabl. d. Ceph. p. 106) testa orbiculato- convexa, trochiformi, subcarinata, supra elevata, conica, longitudinaliter creberrima, subtus subconcava, laevigata; spira elevata, conica, apice obtusa, anfractibus quinque, suturis complanatis. Loculis squamosis, obliquis, carinatis, subtus su- turis irregularibus excavatis. f Millim. Antdlen. 4. -R. Poeyi dOrh. testa orbiculato -depressa, trochiformi, subcarinata, supra irregulariter perforata, subtus laevigata, spira convexiuscula, obtusa, anfractibus quatuor, loculis mini- mis, squamosis. \ Millim. Antillen. 5. R. opercularis (VOrh. (Tabl. d. Ceph. p. 105) testa ovato-depressa, carinata, spira brevi, conica; anfractibus tribus complanatis. Loculis numerosis, angustatis, arcuatis, supra laevigata, subtus transversim striata; umbilico disculo ornato. \ Millim. Cuba, Martinique. 6. R. Auberii ctOrh. testa orbiculato-conica, carinata, su- pra subtusque perforata, luteo-rubescente; spira conica, anfra- 437 ctibus tribus subplanis; loculis niagnis, squauiosis, per quanique spiram qiiateniis. ^ Millim. Cuba, Martinique. 7. R. semistriata dOrh. (Tabl. d. Ceph. p. 105) testa depressa, perforata, supra subplana, subtiis concava, margine transversim striata; spira subplana, anfractibus tribus; loculis coiivexis, distinctis, per quamque spiram quaternis. \ Millim. Antillen. 8. R, Camleiana cVOrb. testa orbiculato-depressa, tuberosa, perforata, rugosa, supra minime convexa, subtus umbilicata; spira convexiuscula, anfractibus tribus convexis; loculis tube- rosis, per quamque spiram senis, in umbilico acuminatis. \ Mil- lim. Cuba. 9. R, lulloides dOrh. testa globoso-orbiculata, perforata, rubescente, supra subtusque convexa; spira convexo-obtusa, anfractibus quatuor distinctis; loculis squamosis, ultimo magno, bullato. \ Millim. Cuba, Haiti. 10. R. Cateshjana cl'Orh. testa orbiculato-depressa, umbi- licata, rugosa, alboflavescente; spira depresso-conica, anfractibus quatuor convexis; loculis decem angulatis, obliquis, minime convexis, ultimo subcarinato. \ Millim. Cuba, Martinique. 11. R. Parkinsoniana d'Orh. (i?. Beccarii cVOrh. Tabl. d. Ceph. p. 109) testa orbiculato-depressa, laevigata, nitida, alba; spira convexiuscula, obtusa; anfractibus quatuor distinctis; lo- culis novem, convexis; disco in umbilico. \ Millim. Europäi- sche Meere, Antillen? 12. R, Linneiana dOrh. testa orbiculato-depressa, rugosa, alba, margine bicarinata, umbilicata: umbilico magno; spira subplana, anfractibus tribus distinctis; loculis sex lateraliter compressis, supra subtusque limbatis. \ Millim. Cuba. 13. R. Edivardsiana dOrh. testa ovali, depressa, rugosa, supra subcomplanata; subtus convexa; margine subcarinata; umbilico magno; spira complanata, anfractibus tribus depressis; loculis octonis, supra complanatis, limbatis, subtus convexis, simplicibus. \ Millim. Cuba, Jamaica. 14. R. peruviana dOrb. testa depressa, rubescente, supra convexa, subtus concava, perforata; spira convexiuscula, co- nica, apice obtuso; anfractibus duobus distinctis ;^ loculis parum convexis, supra limbatis. ^ Millim. Cobija, Arica, Acapulco. 15. R. Saiilcyi dOrh, testa depressa, supra subplana, sub^ 438 tus convexa, rugoso-perforato, spira plana vel concava; an- fractibiis tribiis; loculis distinctis, simplicibus. ^ Millim. Arica. 16. R, rugosa iVOrh, testa orbiculato-depressa, tuberosa, rugosa, umbilicata; spira subplaiia ; anfractibiis tribus, convexis, i loculis quiiiis in iimbilico obtusis. \ Millim. Patagonien. S 17. R. ornata (TOrh. testa orbiciilato, convexa, crassa, fla- vescente, lucida; spira rotundato-obtusa; anfractibus tribus; suturis elevatis, incrassatis ; loculis supra concavis, luteis, aureo- |. punctatis, late marginatis, subtus laevigatis. \ Millim. Patagonien. • 18. R. Isabelleana (VOrh. testa orbiculato-convexa, crassa, rosea, lucida, punctata, supra convexa, subtus umbilicata; an- i fractibus tribus carinatis; loculis supra subtusque minime con- ' vexis, limbatis, carinatis, arcuatis. 2 Millim. Malwinen. 19. R. Vilardehoana