^^^^W^.^^jm ^mS^ """^^ m ■i ;'Lj4^ ^m TJ:^,.;i== ;f^'^^^_ .; . i-^-.r \p liäf Vk f^^^ 3^ ARCHIV FÜR NATURGESCHICHTE GEGRÜNDET VON A. F. A. WIEGMANN, FORTGESETZT VON W. F. ERICHS ON. IN VERBINDUNG MIT PROF. DR- R. LEÜCKART IN LEIPZIG HERAUSGEGEBEN DR. F. H. TROSCHEL, PROFESSOR AN DER FRIEDRICH-WILHELMS-UNIVERSITÄT ZU BONN. FÜNF UND VIERZIGSTER JAHRGANG, Erster Band. Mit 19 Tafeln. Berlin, Nicolaische Verlags-Buchhandlung R. Stricker. 1879. Inhalt des ersten Bandes. Seite Neue Acariden. Von Dr. P. Kram er in Schleusingen. Hierzu Tafel I und II 1 Beiträge zur Kenntniss niederer Thiere von Kerguelensland. Von Professor Dr. S tu der in Bern. Hierzu Tafel III . 19 üeber einige Turbellarien des weissen Meeres. Von C. Me- reschkowsky in St. Petersburg. Hierzu Tafel IV . . 35 Zur Kenntniss des Africanischen Elephanten. Von Dr. med. August von Moj siso vics. Hierzu Tafel V — VII. . 56 Beiträge zur Kenntniss der Wirbelthiere Italiens. Von Dr. Henri Hillyer Giglioliin Florenz 93 üeber Conurus hilaris. Von H. Burmeister in Buenos Aires 100 Die Fauna von Kerguelensland. Verzeichniss der bis jetzt auf Kerguelensland beobachteten Tliierspecies nebst kurzen Notizen über ihr Vorkommen und ihre zoogeographischen Beziehungen. Von Dr. Th. Studer 104 üeber die Milbengattung Leptognathus Hodge, Raphignathus Dug., Caligonus Koch und die neue Gattung Cryptognathus. Von Dr. P. Kr am er in Schleusingen. Hierzu Tafel VIII 142 üeber einige neue Chilenische Thiere. Von Dr. R. A. Philipp i. Hierzu Tafel IX und X 158 Helminthologische Studien. Von Dr. v. Linstow in Hameln. Hierzu Tafel XI und XH 165 üeber eine neue Eintheilung der Tarantuliden (Phrynidae aut.). Von Dr. F. Kar seh in Berlin 189 Maramalogische Notizen. Von Reinhold Hensel. (Arctomys Bobac). Hierzu Tafel XIII 198 J12I IV Inhalt. Seite Die Rippenstacheln des Pleurodeles Waltlii. Von Dr. F. Ley- dig in Bonn. Hierzu Tafel XIV und XV ... . 211 Ueber eine neue Bandwurmart (Taenia alba). Von Professor Eduard Perroncito in Turin. Hierzu Tafel XVI . 235 Ueber einige Unterschiede erwachsener und junger Gamasiden. Von Dr. P. Kr am er in Schleusingen 238 Herpetologische Studien (Fortsetzung). Von Dr. J. v. B e d r i a g a. Hierzu Tafel XVH und XVIII 243 Gattungen nordischer Doriden. Von Dr. R. Bergh in Kopen- hagen. Hierzu Tafel XIX 340 Nene Acariden. Von Dr. P. Kramer in Schleusingen. Hierzu Tafel I und U. Je mehr sieb die Aufmerksamkeit auf die im Ver- borgenen ibr Wesen treibenden Acariden Hebtet, um so mebr findet sieb ein Ausspruch des verewigten Clapa rede bestätigt, dass die Zabl der Formen dieser kleinen Geschöpfe wahrhaft colossal ist. Bei jeder neuen Durchmusterung eines noch so be- schränkten Gebietes findet man immer neue, oft sel)r son- derbare Formen, Formen die immer von neuem die Frage anregen, wie es nur möglich ist, dass ein so intensives Formentwicklungsvermögen in einer Thierfamilie sich zeigen kann, ohne dass darüber der Familiencharacter bei den einzelnen Thieren verloren geht. Die Acariden der ver- schiedensten Gattungen und selbst Familien leben unter äusserlich so gleichen Umständen, dass aus diesen heraus dieses Räthsel der Formentfaltung nicht gelöst w^erden kann. Leider ist auch die Verfolgung der individuellen Entwick- lung der einzelneu Gestalten so schwierig, ja vorläufig im allgemeinen so unmöglich, dass auch durch vergleichende Embryologie kein Licht in den Zusammenhang der Typen kommen kann. So ist der Naturfreund, der tiefer zu blicken sich bemüht, zunächst doch nur darauf angewiesen, sich mit den verschiedenen Formen der erwachsenen Thiere be- kannt zu machen, um so nach und nach das Material zu sammeln, mit dessen Hülfe spätere Beobachter einen bessern Einblick in das ganze Gebiet der Acariden gewinnen können. Archiv für Naturg. XXXXV. Jahrg. 1. Bd. 1 2 P. Kramer: Aus diesem Gesichtspunkt heraus beschreibe ich einig-e neue Milben, für welche zugleich neue Gattungsnamen in An- spruch genommen werden müssen. Die Gattung Sperchon Kramer. Die Süsswassermilbe, die ich unter dem so eben er- wähnten Gattungsnamen beschreibe, ist eine mir nur sehr selten begegnete. Die Gattung, wie auch die nachher zu erwähnende, signalisirte ich bereits in meinem Aufsatz „Grundzüge zur Systematik der Milben" (dieses Archiv Jahrgang 43 Seite 240). Ich habe um so mehr die Pflicht, sie genau zu beschreiben, da viel zu leicht durch blosse Erwähnung der Hauptmerkmale eine nochmalige Benennung von anderer Seite her möglich ist. Die Stellung der Gattung Sperchon unter die von mir nach dem Vorgange von Koch wieder erneuerte Familie der Hygrobatiden, die ich durch hauptsächliche Beachtung der Mundtheile und anderer Eigenthümlichkeiten scharf um- gränzt zu haben glaube, ist ganz unzweifelhaft, wie sich aus dem Vergleich der bei ihr vorhandenen Organe mit denen der übrigen dieser Familie zugewiesenen Gattungen ergeben wird. Die einzige aufgefundene Art Sperchon squamosus nov. sp. ist von rother Farbe und ist mir in einer Grösse von etwa 1 mm begegnet. Der Leib ist wie bei der Mehr- zahl der schwimmenden Süsswassermilben hochgewölbt und nahezu kugelrund. Die Haut ist auf der Ober- und Unter- seite mit sehr kleinen Verdickungen bedeckt, welche ihr das Ansehen geben, als wäre sie mit kleinen Schüppchen über- säet. Ueberall wo sich die Haut derart umbiegt, dass man einen Querschnitt derselben vor sich hat, wird leicht be- merkt, dass die Verdickungen kegelförmige Gestalt be- sitzen, sie erscheinen als kleine der Haut aufgesetzte Zäpf- chen (Taf. I, Fig. 1, d). In der Umgegend einer Borste, welche zugleich von der Ausführungsöffnung eines Haut- kanals begleitet ist, sind diese Zäpfchen so weit reducirt, dass ein kleiner Hof entsteht, in welchem Borste und Oeff- nung eingebettet sind. Die wenigen Borsten, welche keine Neue Acariden. 3 begleitende Ausführungsöffnung eines Hautdrtisenkanals be- sitzen, haben auch keinen Hof um sich. Die Haarborsten stehen auf dem Rücken in fünf Quer- reihen, wenn das Borstenpaar zwischen den Augen mit ein- geschlossen wird. Die 2. Reihe ist aus vier Haaren, die 3. aus sechs, die 4. aus vier, die 5. aus zwei Haaren ge- bildet. Die Haarborsten selber sind von sehr unbedeuten- der Länge. Am vordem Rücken, weit auseinandergerückt, stehen die Augen. Sie haben abweichend von den Augen der meisten oder wohl aller Hygrobatiden ein in einem be- sondern Hof der Haut eingelagertes Paar von Netzhäuten, ähnlich wie es bei der Gattung Eylais beobachtet wird. Die grössere Netzhaut liegt in der vorderen Abtheilung des Augenhofes, die kleinere in der hinteren. Die Hüftplatten nehmen nur die kleinere Hälfte der Unterseite in Anspruch, sind überhaupt klein im Verhält- niss zur Grösse des Thieres, haben aber eine sehr ansehn- liche Dicke (Taf. I, Fig. 1, a). Ihre Fläche ist dicht mit Hautporen bedeckt, die sonst auf der Leibesfläche fehlen. Sehr dicke Randleisten trennen die zu je einer Gruppe zusammengelegten Plattenpaare. In der breiten Bucht zwischen den zu den zwei letzten Fusspaaren gehörenden Platten liegt die grosse Geschlechtsöffnung. Die Füsse sind schlank und sämmtlich ohne Schwimmborsten. Sechs freie Glieder werden an jedem beobachtet. Die an den etwas verdickten Enden befindlichen Krallen sind sehr dünn und spitz, sie haben denselben Charakter wie die Krallen von Atax und nicht den Nesaea-Charakter. Trotz- dem dass den Füssen die Schwimmborsten fehlen, bewegt sich die Milbe mit grosser Geschicklichkeit und Schnellig- keit. Die erwähnte Geschlechtsöffnung wird durch zwei ansehnliche, auf der Innenseite ausgehöhlte Klappen ge- schlossen, welche an dieser Seite je drei grosse Saugnäpfe besitzen. Es liegt hier ein Beispiel von wirklichen auch zur Befestigung des Weibchens an dem Männchen benutzbaren Saugnäpfen vor, wie es sonst bei den Süsswasser- milben nicht oft beobachtet wird. Durch die Stel- lung der Saugnäpfe auf den Klappen der Geschlechts- 4 P. Krämer: Öffnung unterscheidet sich die hier besprochene Milbe von den meisten Hygrobatiden auf den ersten Blick, indem bei diesen die Näpfe neben der Geschlechtsöffnung in der Bauchhaut eingebettet sind. Die winzige Afteröffnung ist um mehr als die einfache Länge der Geschlechtsöffnung nach hinten von dieser entfernt. Noch mehr, als durch die Stel- lung der Saugnäpfe unterscheidet sich Sperchon durch den eigenthümlich ausgebildeten Kopfanhang von den übrigen Mitgliedern der Hygrobatiden-Familie, sowie durch die Ge- stalt der Mundtheile. Die Unterlippe und die mit ihr in Zusammenhang stehenden Platten der Kiefertaster bilden einen Schnabel, welcher einen nach oben geöffneten vorn spitz zulaufenden Halbkanal darstellt. Dieser Schnabel ist mit grosser Beweglichkeit nach den Seiten hin begabt, die Lippen- und Kiefertasterplatte ist also nicht, wie sonst bei den Stisswassermilben, fest mit der Bauchhaut ver- wachsen. An der äusseren Seite des Schnabels, etwa in der Mitte seiner Länge sind die Kiefertaster eingelenkt (Taf. I, Fig. 1, b). Sie sind ftinfgliedrig. Das erste Glied ist ganz kurz und schmal, das zweite dagegen sehr stark aufgetrieben, mit einem kurzen zapfenartigen Dorn an der inneren Seite des Vorderrandes. Das dritte Glied ist eben- falls stark aufgetrieben. Das vierte schmal und lang, so dass es auffallend gegen die beiden vorhergehenden ab- sticht. Auf seiner Innenseite stehen zwei leichte H<)cker mit je einer Borste. Das fünfte Glied ist eigentlich nur ein kurzes dickes Krallenglied und sieht wie ein Anhang des vierten Gliedes aus (Taf. I, Fig. 1, c). Die Kieferfühler sind zweigliedrig. Das erste Glied ist langgestreckt, in der Mitte am breitesten, nach vorn wie nach hinten verjüngt. Das zweite Glied ist eine stark ge- krümmte Kralle, welche im Verhäitniss zum ersten Glied klein genannt werden muss (Taf I, Fig. 1, c). Die Kiefer- fühler sind in dem Kanal des Kopfstückes verborgen. Da wo die Vorderrückenhaut in die den Kanal von innen be- kleidende Haut übergeht, finden sich die Oeffnungen für die Tracheen. Sie sind nicht einfache Löcher wie bei der Mehrzahl der Süsswassermilben, sondern sie befinden sich in einer ziemlich stark ausgebildeten Chitinverhärtung, Neue Acariden. 5 welche wie eine iileine Röhre sich über die Oberfläche der Haut erhebt. Von den inneren Organen kann ich nicht viel bei- bringen, es ist mir aber bei dieser Milbe geglückt, die so- genannten blassen Kanäle, die man in der Stirngegend der Süsswassermilben leicht bemerkt, im Zusammenhang mit ihren Drüsen zu beobachten. Sperchon besitzt drei Drüsen, welche auf jeder Seite zu einer Gruppe zusammentreten, indem die drei Ausführuugsgänge sich zu einem einzigen vereinigen, welcher dann in die Mundöffnung nach aussen mündet. Es ist dieses Drüsensystem allem Anschein nach ein Speichelabsonderungsorgan. Die Gattung Oxus Kramer. Die Süsswassermilbe, welche zu dieser GattuDg Ver- anlassung gegeben hat, gehört ebenfalls, wie es scheint, zu den seltneren. Sie ist mir nur einmal begegnet, und auch nur ein weibliches Individuum. Erwähnt wurde die Gat- tung auch bereits in dem oben angemerkten Aufsatz. Ich ziehe sie gleichfalls zu der Familie der Hygrobatiden, wo sie durch manche Eigenthümlichkeiten eine etwas isolirte Stellung eiunimmt. Die Milbe ist von röthlicher Farbe. Der Rumpf ist sehr in die Länge gezogen, so dass die Milbe sich durch ihre lang-ovale Form von allen Mitgliedern derselben Fa- milie auf das bestimmteste unterscheidet (Taf. I, Fig. 2, a). Ihre Länge beträgt etwa 0,8 mm. Die Breite 0,55. Die Haut der Rückenfläche und die von den Hüftplatten unbe- deckte Bauchhaut sind mit einer ungemein feinen aus quer- laufenden Parallel-Linien bestehenden Zeichnung bedeckt. Die Borsten sind mit den sie begleitenden Hautdrüsen- ausgängen auf runden sehr in die Augen fallenden Haar- platten angebracht. Man bemerkt auf der Oberseite sechs Querreihen von Borsten und zwar stehen in ihnen von der ersten bis zur sechsten gerechnet 2, 4, 4, 4, 4, 2 Borsten. Auf der Unterseite sind nur zwei Querreihen in der hin- teren Hälfte der Bauchfläche ausgebildet. Die Augen sind wie bei der Mehrzahl der Hygrobatiden von der Oberhaut völlig bedeckt, auch ist kein Hautabschnitt in eine Linse 6 P. Kramer: umgebildet; dieselbe befindet sich vielmehr unter der Haut. Jederseits sind zwei eng aneinander gertickte Linsen vorhanden, eine grössere und eine kleinere. Die beiden Linsenpaare sind ziemlich weit von einander getrennt. Die Hüftplatten sind enorm ausgebildet und zu einer einzigen fast die ganze Unterseite in Anspruch nehmenden Platte derart verwachsen, dass auch die Randleisten, welche sonst die zu je einem Fusse gehörige Platte deutlich kennt- lich machen, völlig verschwunden sind (Taf. I, Fig. 2, b). Am vorderen Rande finden sich tiefe Einschnitte, an welche sich noch je eine blasse Linie in die Plattenstruktur hin- ein anschliesst. An je einem der durch die Einschnitte entstehenden Vorsprünge ist ein Fuss eingelenkt. Am hintern Rande der Gesammthüftplatte ist eine halbkreis- förmige ansehnliche Einbuchtung, in welche die Geschlechts- öffnung hineingerückt ist. Die Gesammthüftplatte ist durch unzählige Porenkanäle durchbohrt, welche in kleinen Trupp - eben aneinanderge drängt sind, die ihrerseits wieder reihen- weise stehen, so dass die dadurch angedeutete Zeichnung recht zierlich aussieht. Die Füsse sind ganz an das vordere Ende des Leibes gerückt, so dass sie fast am Vorderrande der Hüftplatte ihren Ursprung nehmen, und von nur massiger Länge ; das längste vierte Fusspaar ist mit der langen Endborste ge- messen etwa 0,7 mm lang. Die Füsse haben sämmtlich sechs freie Glieder. Die Anordnung der Borsten ist eine eigenthümliche, indem namentlich an den drei vorderen Fusspaaren der obere Theil des Vorderrandes des ersten und zweiten Fussgliedes, dagegen vom dritten und vierten Fussgliede die untere Hälfte des vorderen Gliedrandes, von starken, am vierten Gliede sehr langen Borsten um- rahmt ist. An den drei hinteren Fusspaaren sind wohl aus- gebildete Schwimmborsten vorhanden und zwar vornehm- lich am vierten und fünften Gliede. Die Endglieder der drei vorderen Fusspaare tragen schlanke schmale Krallen, das vierte Fusspaar zeigt keine Kralle, an deren Stelle aber eine säbelförmige breite, am Ende fein zugespitzte Borste, welche länger als das letzte Glied ist. Diese Borste wird wohl als Aequivalent der Kralle anzusehen Neue Acariden. 7 seiu. Zu erwähnen ist noch, dass die Vorsprttnge der Ge- sammthüftpiatte, an welchem die Füsse des ersten Paares eingelenkt sind, zwei ansehnliche krallenförmige Borsten tragen (Taf. I, Fig. 2, c). Die Geschlechtsöffniing ist in Folge der übermässigen Ausbildung der Hüftplatte weit nach hinten gerückt. Sie wird von zwei grossen Klappen geschlossen, auf deren Innenseite je zwei sehr bedeutende Saiignäpfe angebracht sind. Der winzige After steht um eine halbe Länge der Geschlechtsöffnung hinter derselben. Die Mundtheile bie- ten nichts was sie von den bei Nesaea oder Atax gefun- denen im wesentlichen unterschiede. Die hier beschriebene Art soll den Namen Oxus ob- longiis Kramer führen. Die Gattung Lhimesia Koch. ^ Zu der bekannten Gattung Limnesia Koch sind schon von verschiedenen Beobachtern gut bestimmte Arten be- schrieben worden. Veranlassung, dieselbe hier vorzubringen, ist nicht, dass ich etwa ein Paar neue Arten hinzuzu- fügen habe, obwohl das nebenbei mit geschehen mag, sondern die nothwendige Besprechung, welcher ich eine Arbeit des Herrn Professor Lebert unterziehen muss, die im Jahr 1874 in den Berichten der Gesellschaft für Natur- kunde des Canton Waadt (Bull. soc. vaud. sc. nat. XHI No. 72) erschienen ist. In diesem Aufsatz, welcher sehr hübsche Notizen über das Benehmen der in der Tiefe des Genfer See's wohnenden Milben, so bald sie an die Ober- fläche befördert werden, enthält, wird eine Gattung Cam- pognatha Lebert aufgestellt, und die einzige Art, nämlich Campognatha Foreli, sehr eingehend beschrieben. Ein Blick auf die ihm beigegebenen Tafeln I u. II genügt, um zweier- lei sofort klar zu machen, nämlich dass völlig verschiedene Thiere unter demselben Artnamen beschrieben sind, — man vergleiche Figur 4 und 5 Tafel I, — und dass diejenige Art, welche wahrscheinlich das Hauptmaterial abgegeben hat, und zu welcher die beigegebene Tafel II sehr deut- liche Abbildungen bringt, eine ächte Limnesia ist. Es ist, was den ersten Punkt betrifft, möglich, dass durch die 8 P. Kramer: etwa raisslungenen Zeichnungen des vierten Fusspaares in den Figuren 2, 3, 4, 6 der ersten beigegebenen Tafel das cliarakteristische Kennzeichen der Gattung Limnesia ver- wischt ist, die bekanntlich an diesem Fusspaare keine Krallen oder höchstens nur winzige Andeutungen davon hat, wie sie Leber t auch weiterhin angiebt. Sollten diese Figuren aber treu sein, so gehören sie wie gesagt nicht zu demselben Thier wie Abbildung 5, wozu auch die ziem- lich merkliche Verschiedenheit in der Grösse und Anord- nung der Saugnäpfe zwischen beiden Arten von Abbil- dungen stimmt. Genug, bei Seite gesetzt die Voraussetzung verschiedenen Beobachtungsmaterials, jedenfalls ist die- jenige Milbe, welche von Lebert mit zureichender Ge- nauigkeit beschrieben und abgebildet ist, eine so unver- kennbare Limnesia, dass die Gattung Campognatha Le- bert hierdurch völlig hinfällig wird. Zur näheren Be- gründung des gesagten mag folgendes dienen: Limnesia hat am vierten Fusspaar keine Kralle, des- gleichen Campognatha. Die Fussplattenform des vierten Fusspaares durch Abstutzung des inneren Hinterwinkels ist eine stark ins dreieckige fallende bei beiden Milben. So- mit stimmen die generischen Hauptmerkmale beider völlig tiberein. Will man aber weiter auf Einzelheiten eingehen, so ist am zweiten Kiefertasterglied die eigenthümliche auch bei Limnesia maculata vorhandene zapfenförmige nach hin^ ten zu gerichtete Borste bei Campognatha Foreli vor- handen. Wenn so sich auch die Gattung, zu welcher die Milbe unzweifelhaft gehört, völlig sicher bestimmen lässt, so ist ein gleiches nicht mit der Art möglich. Lebert hat eben nicht so auf die wesentlichen Merkmale geachtet, wie es nöthig gewesen wäre. Die Geschlechtsnäpfe, welche bei allen Süsswassermilben aus der Hygrobatidenfamilie so gute Dienste leisten, hat er in seinen Figuren Ta- fel II Fig. 12A und 12B auf. zwei so völlig verschiedene Weisen abgebildet, dass es gar nicht möglich ist die eine Figur mit der andern in Einklang zu bringen. Ich unter- nehme es daher auch nicht, die Haltbarkeit oder Unhalt- barkeit der Art zu untersuchen, sondern mache nur darauf aufmerksam wie misslich es ist, eine einzelne Milbe, welche Neue Acariden. 9 ZU einer der umfangreichsten Familien gehört, ohne Rück- sicht auf die bereits bekannten Beschreibungen (ich mache hier namentlich auf die Arbeit von Bruzelius aufmerk- sam) mit selbstständigem Namen in das Verzeichniss der betreffenden Thiere einzuführen. Bei der Gelegenheit theile ich die Beschrey3ung zweier unzweifelhafter Limnesia-Arten mit, die in den thüringer stehenden Gewässern vorkommen, und die auch wieder zeigen, wie der sehr merkwürdige Limnesia-Charakter doch seinerseits auch in einer nicht unerheblichen Reihe von Variationen auftritt. Es liegt solchen Beschreibungen immer wieder der Gedanke zu Grunde, wie es erklärt werden könne, dass eine Anzahl Thierformen unter Beibehaltung eines an sich scheinbar doch auch nur unerheblichen Cha- rakters, der aber damit zu einem Hauptcharakter wird, in andern Organen und Leibestheilen so sehr verschieden von einander ausgebildet erscheinen. 1) Limnesia nigra nov. sp. Die Farbe ist schwarz. Auf dem Rücken erscheint nur die Stelle, wo die Excretionsdrtise durchschimmert, heller, zum Theil weisslich. Die Haut ist fein liniirt. Die Länge des Thieres beträgt 0,75 mm, die Breite etwa 0,66. Die Hüftplatten, welche ganz den Limnesia-Charakter be- sitzen, lassen hinten eine grosse Bucht frei, in welcher, nicht gerade dicht an die Platten herangeschoben, die ver- hältnissmässig grosse abgerundet rechteckige Geschlechts- platte sich befindet (Taf 1, Fig. 3). Auf jeder Seite der Geschlechtsöffnung stehen drei kleine Geschlechtsnäpfe. Einer davon ganz am vorderen Rande, die beiden andern am hinteren Rande. Bei einer Länge der Geschlechts- platten von 0,16 mm ist der Durchmesser eines Geschlechts- napfes nur 0,02 mm. Die Entfernung des vordem Napfes vom zweiten ist dreimal so gross als der Durchmesser der Näpfe, die Entfernung des zweiten vom dritten kaum gleich der Hälfte eines solchen. Jeder Napf besitzt eine Poren- öffnung. Die Füsse sind nur sparsam mit Schwimmborsten versehen. Das vorletzte Glied des vierten Fusses trägt zwei solche an seinem vorderen Ende und drei in dem mittleren Theil seiner Länge. 10 P. Kramer: 2) Limnesia magna nov. sp. Die Leibesfarbe dieser grossen Art ist ziiiüoberroth, die Füsse dagegen zeigen wie bei Limnesia maculata eine ziemlich intensiv blaugrüne Farbe. Die Haut ist glatt, und im Verhältniss zur Grösse der Milbe, die auf 2—3 mm steigen kann, sehr dünn. Die Hüftplatten, welche deutlich den Linmesia-Charakter tragen (die kleine Borste in dem Winkel zwischen der dritten und vierten Platte ist eben- falls deutlich), lassen eine weite Bucht frei, in welcher, ziemlich entfernt von den Hüftplatten, die Geschlechtsplatte aufgestellt ist (Taf. I, Fig. 4). Jederseits stehen drei an- sehnliche Geschlechtsnäpfe, welche die Platten nahezu ganz einnehmen. Bei einer Länge der Platte von 0,29 mm haben die Näpfe einen Durchmesser von 0,08 mm und eine Porenöffnuug von 0,48 mm Grösse. Der vordere Napf ist von dem zweiten etwa um die Hälfte des eignen Durch- messers entfernt, der zweite Napf berührt den dritten nahe- zu. Der After ist um 0,8 d. h. mehr als das doppelte der Geschlechtsplattenlänge von dem hinteren Rande derselben entfernt. Alles das sind Verhältnisse, wie man sie bei Limnesia maculata, mit welcher ein ungeübter Beobachter sie zusammenbringen könnte, nicht findet. Die Füsse sind sehr reichlich mit langen Schwimm- haaren versehen. Das letzte Glied des vierten Fusses, an welchem kaum eine Spur einer Kralle zu sehen ist, be- sitzt sechs solche und dicht an der Spitze noch zwei sehr breite blasse und ziemlich lange Borsten. Das vorletzte Glied desselben Fusses trägt zwölf lange Schwimmborsten, auf der- selben Seite mit ihnen vier breite Haarborsten und auf der entgegengesetzten Seite sechs lange und fünf kurze breite gefiederte Haarborsten. Am vordem Ende stehen noch vier breite Borsten. Das zweite Glied der Kiefertaster besitzt einen Höcker, auf welchem ein rückwärtssehender Zapfen steht. Die Gattung Ifesaea Koch. So zahlreich bereits die Arten der Gattung Nesaea sind, so wird doch jede neue Süsswasserdurchsuchung neue Neue Acariden. 11 ZU Tage fördern. Ich füge den elf früher von mir be- schriebenen folgende vier neue an. 1) Nesaea reticulata, nov. sp. Die Milbe, von der ich nur das Männchen kenne, ge- hört zu den kleinen Arten. Das beobachtete Exemplar war wenig über einen halben Millimeter gross. Die Haut trägt eine äusserst zierliche Zeichnung. Auf dem Rücken zeigt sich ein Maschenwerk, welches noch bei dreihundertmaliger Linearvergrösserung als eine Schuppenbildung erscheint. An den Seiten des Leibes gehen die Maschen des Netz- werks in die Linien einer eleganten und feinen Quer- strichelung über, welche auch die ganze Unterseite bedeckt. Die Hüftplatten nehmen nur die vordere Hälfte des Bauches in Anspruch und sind in ihrer Bildung denen von N. spiniper Koch nicht unähnlich. Die Geschlechtsplatten sind weit von den Hüftplatten entfernt. Sie werden vollständig von den beiden breiten runden Geschlechtsnäpfen eingenommen mit Ausnahme eines ganz schmalen Streifens zwischen beiden Näpfen. Jeder Napf hat eine deutliche Porenöff- nung. Die Afteröffnung ist um die Länge einer Geschlechts- platte von dem hinteren Rande derselben entfernt (Taf. I, Fig. 8). Die Füsse sind nur mit kurzen Borsten besetzt, trotzdem schwimmt das Thier lebhaft und geschickt. 2) Nesaea binotafa^ nov. sp. Von dieser Milbe ist mir nur das Männchen bekannt, und da auch von allen andern Nesaea-Arten mit nur zwei Haftnäpfen bisher nur männliche Individuen bekannt ge- worden sind, so lässt sich mit hinreichender Sicherheit diese Art von den bisher beschriebenen unterscheiden. Es sind vornehmlich die Geschlechtsplatten, welche man dazu ansehen muss. Diese legen sich, wie Taf. I, Fig. 5, a zeigt, mit dem vorderen Ende aneinander. Sie haben zer- rissene Ränder und tragen je zwei Geschlechtsnäpfe mit ansehnlicher Porenöffnung. Ebenso charakteristisch wie die Geschlechtsplatten sind Kieferfühler und Kiefertaster gebildet. Die Kieferfühler haben am hinteren Ende des ersten Gliedes einen sehr langen und schmalen stielförmi- gen Anhang. Die Kiefertaster besitzen ein stark gekrümm- tes fünftes Glied, und führen am vierten Gliede zwei an- 12 P. Kramer: sehnlichere Dornhöcker, als es sonst durchschnittlich bei Nesaea vorkommt (Tat'. I, Fig. 5, b). Sie sind im ganzen betrachtet dick im Vergleich mit den schlanken Füssen. Die Hüftplattengruppen sind weit von einander getrennt, der Hinterrand der zum vierten Fusspaar gehörigen Platten ist in seiner Mitte in eine sehr ansehnliche Spitze ausge- zogen (Taf. I, Fig. 5, c). Die Länge des ganzen Thieres erreicht 0,9 mm. 3) Nesaea roümda, nov. sp. Die Art, zu welcher ich nur Weibchen fand, ist am meisten durch die eigenthümliche Form der Geschlechts- platten und die Anordnung der Geschlechtsnäpfe gekenn- zeichnet. Taf. I, Fig. 6 stellt sie in ihrer Lage zur Ge- schlechtsöffnung dar. Die Form jeder Platte ist bogen- förmig, vielleicht besser noch hufeisenförmig. Auf jeder stehen 15 — 17 Näpfe und in der Höhlung frei noch einige andere. Doch kommt es auch vor, dass diese letzteren mit der Platte auf eine gewisse Strecke ihres Urafangs hin zusammenhängen. Die Länge der Milbe ist 0,9 mm. 4) Nesaea pachydermis, nov. sp. Von dieser sehr schönen Art ist mir das Männchen bekannt geworden. Bei einer Länge von 0,6 mm steigt die Dicke der Haut bis auf 0,018 mm. Die Oberflächen- zeichnung besteht aus feinen Linien, welche häufig zu einem Netzwerk zusammenfliessen. Das Charakteristische für die Milbe ist vor allem die Plattenbildung auf der Unterseite, wie sie in Taf. I, Fig. 7, a veranschaulicht wird. Die Geschlechtsplatten sind nach vorn mit den Hüft- platten des dritten und vierten Fusspaares, nach hinten zu nicht allein mit der Afterplatte, sondern auch noch mit den beiden zunächst gelegenen Haarplatten verschmolzen. So entsteht auf der Bauchseite eine einzige grosse Platte aus allen den genannten einzelnen. In ihr ist die Ge- schlechtsöffnung, die xAfteröffnung und die Schaar der Ge- schlechtsnäpfe eingebettet. Von diesen letzteren stehen etwa vierzehn auf jeder Seite der Geschlechtsöffnung auf- gestellt. Die im Innern der noch deutlich erkenn- baren Geschlechtsplatte stehenden sind die grossesten, am Rande stehen nur ganz kleine. Ausser dieser sehr Neue Acariden. 13 charakteristischen BilduDg ist die Form der Kiefertaster bemerkeiiswerth. Das vierte Glied besitzt in der vorderen verdickten Hälfte drei breite nach vorn gerichtete Höcker- fortsätze^ von denen die zwei hinteren die stark auf- getriebenen gewöhnlich vorkommenden Haarborstenhöcker sind (Taf I, Fig. 7, b). Das vierte Glied des vierten Fusses ist mit dem für das männliche Geschlecht charakteristischen Ausschnitt ver- sehen. Die Gattung Lahidostoninia^ nov. gen. Die Milbe, welcher ich obigen Name gebe, ist in mehrfacher Hinsicht sehr bemerkenswerth. Auch ist die ganze Organisation derart, dass sie sich sehr schwer in die Reihe der bekannten Gattungen einordnen lässt. Die Gestalt von Labidostomma luteum ist länglich, der Körper etwas flach (Taf II, Fig. 1, a). Man bemerkt deut- lich drei Abschnitte, nämlich den Kopftheil, welcher wie ein spitz-dreieckiger Anhang nach vorn sieht; den mittleren Abschnitt, welcher breiter als lang und durch zwei beson- ders hervorragende Haarborsten gekennzeichnet ist; end- lich den dritten und Hauptabschnitt, den eigentlichen Rumpf, welcher in seinem ersten Drittel mit ein paar deut- lichen Schultereckcn, zwischen denen ebenfalls ein Paar längere weitläufig gefiederte Borsten steht, leicht vorspringt, nach hinten an Breite allmählich zunimmt und abgerundet endigt. Das Thier hat eine trübgelbe Farbe. Sein Gang hat etwas schleichendes und lauerndes, wobei das erste Fusspaar in fortwährender tastender oder suchender Be- wegung ist. Die Haut ist stark erhärtet und mit einer erst bei starker Vergrösserung hervortretenden sehr zierlichen Zeich- nung versehen (Taf. II, Fig. 1, b). Diese wird durch ein Maschenwerk von mehr oder weniger regelmässig geord- neten Zellen gebildet, welche in der Mitte vertieft und durch breite wallartige Erhöhungen von einander getrennt sind. Diese Trennungswälle sind durch erhöhte schmale Querlinien noch besonders ausgezeichnet (Fig.). An andern Stellen der Oberhaut, wo die Maschen 14 P. Kramer: sehr klein werden, scheint die Oberfläche fein punktirt. Die Fussglieder tragen diese Porenfiguren nicht, hier stellt sich vielmehr eine sehr feine quer verlaufende Linien- zeichnung ein. Der Rücken trägt neben wenigen Paaren langer, weitläufig gefiederter Borsten sparsame kleinere. Er ist von einem Panzer bedeckt, welcher an den Seiten- rändern umgeschlagen ist und hier sich ringsum mit dem Bauchpanzer berührt, welcher die ganze Unterseite schützt. Auf dieser Unterseite treten die Htiftplatten deutlich hervor (Taf. II, Fig. 1, c). Sie bedecken die vordere Hälfte völlig. Die vier Platten der linken und die der rechten Seite berühren einander in der Mittellinie, die einzelnen Platten jeder Seite unter sich ebenfalls. Am ausgedehn- testen ist das Feld der ersten Platte, am geringsten das der dritten, dieselbe ist auch weniger breit als die an- deren. In der hintern Hälfte der Bauchfläche findet sich ein sehr grosser ovaler Ausschnitt für die Geschlechts- und Afteröffnung. Die Fig. 1, c zeigt die hiehergehörigen Ver- hältnisse deutlich. Zwei grosse Klappen verschliessen die Geschlechtsöffnung. Die Afteröfifnung ist durch zwei be- sondere Platten geschlossen, welche den hintern Theil des ovalen Ausschnitts füllen. Auf jeder der beiden grösseren vorderen Platten bemerkt man drei Längsreihen, auf jeder der kleineren hintern Platten eine Längsreihe von Borsten. An den Schulterecken des Rückenpanzers fallen jederseits zwei Erhöhungen auf, von denen die vordere je ein Auge darzustellen scheint. Die Erhöhung ist nämlich abgerundet und durchsichtig. Eine dicht dabei stehende Borste macht die Stelle, wo man das Organ zu suchen hat, kenntlich. Die zweite ganz nahe stehende Erhöhung ist offenbar die Ausmündungsstelle irgend eines Innern Organs, denn man bemerkt in ihr deutlich die trichterförmige Ver- tiefung, welche durch die harte Körperhaut hindurchführt. Es ist mir nicht gelungen nachzuweisen, welcher Art das betreffende Organ ist. Tracheenfäden endigen nach mei- nen bisherigen Beobachtungen hier nicht, sie fehlen viel- mehr überhaupt. Die Füsse sind siebengliedrig. An die Hüftplatten schliesst sich ein Paar sehr enger und kurzer Glieder, auf Neue Acariden. 15 welche zwei längere folgen, dann ist wieder ein kürzeres eingeschaltet, worauf die beiden langen Endglieder den Beschluss machen. Besonders kräftig entwickelt ist das erste Fusspaar, dessen letztes Glied zwei sehr starke Krallen trägt. Die Krallen sind wie es scheint völlig zu Raub- instrumenten geworden, da wie bereits oben erwähnt wurde, die Milbe dieses erste Fusspaar in fortwährend tastender und suchender Bewegung erhält. Die eine der beiden Krallen ist bedeutend länger als die andere. Die Fuss- glieder sind ausserdem noch mit zahlreichen Borsten be- setzt. An den drei andern Füssen ist die Kralle dreitheilig, indem einem starken Mittelhaken noch zwei schmächtigere Nebenkrallen ansitzen (Taf. II, Fig. 1, d). Die Kiefertaster (Taf. II, Fig. 1, e) sind viergliedrig und kurz. Das vierte Glied ist von allen das kürzeste; die Beborstung ist spärlich und in der Fig. deutlich an- gegeben. Die Taster sind in ein Plattenstück eingelassen, welches sich nach vorn dicht an die Hüftplatten des ersten Fusspaares anlegt. Wir haben hier die zu einem Stück verschmolzene Kiefertasterplatte und Unterlippe vor uns, welche letztere von der ersteren noch durch deutliche Randwülste getrennt erscheint, welche indess keine wirk- liche Trennungslinie mehr umsäumen. Enorm entwickelt sind die Kieferfiihler. Sie stellen eine riesige Scheere dar und setzen im wesentlichen den dreiseitigen Vorsprung des Kopfabschnitts zusammen. Eine so colossale Ausbil- dung des zweiten Kieferfühlergliedes und des mit ihm die Scheere bildenden Fortsatzes am ersten Gliede imVerhält- niss zur Grösse des Thieres betrachtet ist mir sonst nir- gends begegnet. Durch die Form dieses Mundorgans ent- fernt sich dies vorliegende Geschöpf völlig von den Oriba- tiden. Eine Beschreibung wird durch die Fig. 1, f Taf. II, welche in derselben Grösse wie Fig. 1, e gehalten ist, er- spart, nur ist zu erwähnen, dass die Spitze des zweiten Kieferfühlergliedes in eine gabelige Verzweigung des An- hanges am ersten Gliede eingreift. An der Basis dieses Anhanges steht auf einem ganz besonders dazu entwickel- ten Höcker ein sehr ansehnliches Haar. Um sich eine Anschauung von der übermässigen Ausbildung der Kiefer- 16 P. Kramer: taster zu bilden wurde, die kleine Fig. 1, g beigegeben. Die ganze Länge des Tbieres beträgt 0,7 mm, davon kommen allein 0,1 auf das zweite Glied der Kieferf übler. Diese mäcbtigen Kieferf übler steben über einer flacbenMund- röbre, welcbe von unten ber dureb die vorspringende Unter- lippe gescblossen wird. Am vorderen Rande des Mittel- stückes derselben sind zwei blasse lange dreieckige an- einanderliegende Anbänge (Lippentaster) angebracbt (Fig. 1, b). Auf ibnen liegt das lange spitze weit nacb vorn vorragende Ende der Speiseröhre, welcbes icb Zunge zu nennen gewobnt bin (Fig. 1, i). Mit ibr scbliesst die also aucb bei dieser Milbe vollständig vorhandene Normalzabl der Mundtbeile ab. Gattung Gustairia nov. gen. Das bierber gebörige Tbiercben ist von weisslicber Farbe und etwa 1,2 mm Länge. Wie die beigegebene Abbildung zeigt, treten bei einer Rückenansicbt die an der Seitenfläche stehenden Haare wie ein regel- mässig geordneter Strablenkranz heraus und geben dem Tbiercben etwas sebr cbarakteristiscbes (Taf. II, Fig. 2, a). Unter diesen Haaren fallen besonders zwei in der vorderen Hälfte in die Augen, welcbe in einem kleinen Becher steben und daber sofort an die Becberbaare der Oribatiden erinnern. Trotz dieser Analogie wird sieb aus der wei- teren Beschreibung ergeben, dass an eine Anreibung unserer Milbe, der ich wegen ihrer Strahlenbaare den vollständigen Namen Gustavia sol, nov. sp. gebe, an die eben genann- ten Oribatiden keine Rede sein kann. Der Körper der Milbe zerfällt, vom Rücken her be- tracbtet, in zwei Abtheilungen, welche sebr deutlich durcb eine breite Trenuungsscbicbt von einander geschieden sind. An den binteren Ecken des vorderen Abschnitts stehen die Becberbaare. In der Mitte des Vorderrandes des zweiten umfangreicben Abschnitts findet sieb eine schildförmige Verhärtung (Fig. 2). Auf ihr stehen zwei sehr grosse Borsten nacb vorne gerichtet. Am Seitenrande zäblt man jederseits acht lange Borsten, die zweite und siebente ist et- was kürzer als jede der anderen. Auf der Rückenfläche findet Neue Acariden. 17 sich keine längere Borste, wie die kleine Fig. 2, b, welche auch die hohe Wölbung zeigt, sehen lässt. Der Becher des Becherhaares ist an seinem untern Ende doppelt umge- bogen, und dieser Biegung folgt die Borste, welche in ihrer Mitte verbreitert und fein punktirt, an ihrer Spitze etwas gebogen ist (Taf. II, Fig. 2, c). Es gelang mir nicht Tracheenfäden in Verbindung mit dieser Borste, ja auch nur eine Oeflfnung am Grunde des Bechers zu bemerken. Vielmehr lief dort die Borste wieder spitz zu. Der vor- dere Leibesabschnitt deckt von oben her die Mundhöhle, in welcher sich ein Kieferfühlerpaar von sehr auffallender Form bewegt (Taf. II, Fig. 2, d). Jeder Kieferfühler be- steht aus einem kurzen von der Seite her stark zusammen- gedrückten ersten Gliede, welches von der Seite her be- trachtet rechteckig erscheint. An der vorderen unteren Ecke dieses Rechtecks wurzelt nun ein enorm langes säbel- förmiges aber sehr dünnes zweites Glied, welches wie eine mächtige Stechborste grade nach vorn ragt. Am oberen Rande des Spitzentheils sind sehr kurze Widerhaken an- gebracht. Diese Borste ist 0,13 mm lang, während das erste Kiefertasterglied nur eine Länge von höchstens 0,5 besitzt, und die Kiefertaster kaum 0,1 mm Länge zeigen. Diese Kieferfühler, welche in ihrer Construktion an die der Tetranychiden erinnern, sind mit so langen Mus- keln in Verbindung, dass sie völlig bis zur Unsichtbarkeit in die Mundhöhle hinein gezogen werden können, während sie andrerseits beim Gebrauch bis zum Heraustritt des ersten Gliedes hervorgestossen werden. Die Kiefertaster sind viergliedrig und an einer spitz nach vorn zulaufen- den Unterlippen- und Kiefertasterplatte befestigt. Ihr erstes Glied ist das längste und so lang als die drei andern zu- sammengenommen. Die Figur 2, d zeigt eine Seitenansicht der Kopfröhre mit Kiefertaster und den übrigen Theilen. Die Füsse sind fünfgliedrig. Das letzte Glied ist an der Basis aufgeblasen, am Ende lang zugespitzt und trägt eine einfache grosse Kralle, nebst vielen zum Theil star- ken und langen Borsten (Taf. II, Fig. 2, e). Archiv für Naturg. XXXXV. Jahrg. 1. Bd. 18 P. Krämer: Neue Acariden. Erklärung der Abbildungen auf Tafel I u. IL Tafel I. Fig. 1, a. Sperchon squamosus von unten. Fig. 1, b. Der Kopfanhang mit Kiefertastei* von demselben. Fig. 1, c. Der Kieferfühler von demselben (in gleicher Grösse mit 1, b dargestellt). Fig. 1, d. Ein Stückchen Haut mit Haar von demselben. Fig. 2. Oxus oblongus. Fig. 2, a. Die Milbe von oben. Fig. 2, b. Dieselbe von unten, um die Gesammthüftplatte zu zeigen. Fig. 2, c. Die vordersten Fortsätze der Hüftplatte. Fig. 3. Hüftplatten, Geschlechtsplatten und Afteröffnung (durch eine punktirte Linie verbunden) von Limnesia nigra. Fig. 4. Dasselbe von Limnesia magna. Fig. 5, a. Geschlechtsplatten von Nesaea binotata. Fig. 5, b. Kiefertaster von derselben. Fig. 5, c. Hüftplatte vom vierten Fusspaar von derselben. Fig. 6. Geschlechtsplatten und Geschlechtsöffnung von Nesaea rotunda. Fig. 7, a. Hüftplattengebiet von Nesaea pachj^dermis. Fig. 7, b. Kiefertaster von derselben. Fig. 8. Geschlechtsplatten, Geschlechtsöffnung und Afteröffnung von Nesaea reticulata. Tafel H. Fig. 1. Darstellungen zu Labidostomma luteum. Fig. 1, a. Die Milbe von oben. Fig. 1, b. Ein Stück Oberhaut. Fig. 1, c. Die Milbe von unten. Fig. 1, d. Eine Kralle der Hinterfüsse. Fig. 1, e. Die Unterlippen- und Kiefertasterplatte von innen besehen. X Die Taster, y Die Unterlippe , z Die Unterlippentaster, u Die Zunge. Fig. 1. f. Die Kieferfühler (in gleicher Grösse mit Fig. 1, e ent- worfen). Fig. 1, g. Die Milbe von der Seite, um die Kieferfühler im Verhält- niss zur Grösse des Thiers zu zeigen. Fig. 1, h. Die Lippentaster besonders. Fig. 1, i. Lippentaster und Zunge von der Seite her gesehen. Fig. 2. Darstellungen von Gustavia sol. Fig. 2, a. Die Milbe von oben. Fig. 2, b. Die Milbe von der Seite. Fig. 2, c. Ein Becherhaar. Fig. 2, d. Der Kopfanhang von der Seite her. x Kiefertaster, y Unterlippe, z Kieferfühler, u Das zweite Glied desselben. Fig. 2, e. Ein Fuss. Beiträge zur Kenntniss niederer Tliiere von Kerguelensland. Von Professor Dr. S t u d e r in Bern. Hierzu Tafel III. Die Arten der Gattung Serolis von Kerguelensland. Die merkwürdige Gattung Serolis hat vor nicht langer Zeit in dieser Zeitschrift (41. Jahrgang 2. Heft 1875) durch Grube eine treffliche Bearbeitung gefunden, so dass ich die allgemeinen Verhältnisse derselben hier übergehen kann. Nur einige biologische Notizen, welche ich Gelegenheit hatte, an den lebenden Thieren zu machen, mögen hier ihre Stelle finden. Während der Reise der Corvette Gazelle hatte ich Gelegenheit, fünf Arten dieser interessanten Gattung zu be- obachten. Drei in den Gewässern Kerguelens: Serolis latifrons und zwei andere Arten, welche an dieser Stelle sollen beschrieben werden, Serolis Orbignyana Aud. und Edw. in der Magelhaensstrasse und Serolis Schythei Lütk. an der Ostküste Patagoniens in 45 bis 60 Faden. Alle beobachteten Arten lebten am Grunde des Wassers meist auf Sandboden gesellig. Sie bewegten sich dort halb kriechend, halb schwimmend, indem sie immer den Sand als Stützpunkt für die weitabstehenden Füsse zu ihren ruckweisen Bewegungen benutzten , öfters auch wühlten sie sich mit dem Vorderleib in den losen Sand ein, dabei blieb der Hinterleib über dem Grunde. Unter beständiger Bewegung der Kiemenblätter sah man einen 20 Stnder: continuirlicben Wasserstrom unter der Spitze des Schwanz- scliildes hervortreten. Ihre Nahrung scheint aus organi- schem Detritus, Diatomeen und ähnlichen Stoffen zu be- stehen. Die Begattung findet so statt, dass das grössere Männchen mit der Klaue des zweiten Haftfusspaares das Weibchen am Vorderrand der ersten Epimere erfasst. Die Klaue wird tief eingeschlagen, so dass sie häufig die dünne Chitinwand durchlöchert. Die Verbindung ist so innig, dass beim Versuch einer gewaltsamen Trennung beider Geschlechter eher die Greifklaue losreisst, als dass sich dieselbe loslöst. So festhängend klammert sich das Männ- chen mit den übrigen Fusspaaren an die seitlichen Epi- meren des Weibchens an, dass, während es auf dem Rücken desselben sitzt, sein Abdomen über die Schwanz- spitze des Weibchens hervorragt. Nun werden die Ab- dominalfüsse horizontal vom Leibe ausgestreckt, bis die Basis des 2. Abdominalfusspaares mit dem griffelartigen Fortsatz an die Geschlechtsöffnung kommt. Die Ueber- tragung der Spermatophore habe ich nicht beobachtet, doch ist zu vermuthen, dass dieselbe vermittelst des Be- gattungsgriffels in die weibliche Geschlechtsöffnung ge- bracht wird. Der Griffel ist bei den beobachteten Arten cylindrisch und mit kleinen Höckerchen besetzt. Eine offene Höhlung konnte ich nirgends wahrnehmen. Die Brutplatten der Weibchen entwickeln sich erst im ge- schlechtsreifen Zustande des Thiers und zwar erst nach der ersten Begattung. Man findet sich paarende Weibchen, bei welchen die Brutplatten noch kleine hornige Lamellen darstellen, welche dicht den untern Leibesringen anliegen und erst die Hälfte des Abdomens bedecken, während später jede Platte über die Mittellinie hinausragt. Danach muss ich einen Irrthum Grube's berichtigen, welcher die Brutplatten von S. Schythei und Orbignyana als kleine, festanliegende Blätter beschreibt, welche die Mittellinie nicht berühren. Grube hatte nicht reife Weibchen, bei welchen die Brutplatten noch sehr schwach entwickelt sind. Bei eiertragenden Weibchen von beiden Arten finde ich grosse Brutblätter bis über die Mittellinie reichend und sich mit ihren Innenrändern deckend. Die Eier sind bei Beiträge zur Kenutniss niederer Thiere von Kerguelensland. 21 allen beobachteten Arten sehr gross. Die Entwicklung der Eier Hess sich leider nicht verfolgen, da das Schiff zu frühe die Kerguelen verliess, zu einer Zeit wo die Eier erst sich mit einer Blastodermschicht umgeben hatten. Grube verzeichnet in seiner Monographie acht Arten, wovon sieben den Stidkiisten Amerikas, eine der Bass- strasse angehören. Seither ist durch die Expeditionen des Challenger und diejenigen zur Beobachtung des Venus- durchganges flir die Gattung ein weiteres horizontales und vertikales Verbreitungsgebiet nachgewiesen worden. Den- noch scheint das Hauptverbreitungsgebiet die Südküste von Amerika zu sein und das Vorkommen von mehreren Arten an den Küsten der Kerguelen und Crözet-Inseln einen neuen Beweis für den Zusammenhang beider Faunengebiete zu liefern. Von den zwei Gruppen, in welche Grube die Arten eintheilt, sind bei der ersten ein oder zwei der freien Post- abdominalsegmente in Epimeren verlängert, während solche bei den Vertretern der zweiten Gruppe fehlen. Zu der ersten gehören Serolis trilobitoides Eigths und Serolis Schythei Lütk. Zwei neue Arten aus Kerguelensland sollen hier beschrieben werden. Serolis cormita n. sp. Fig. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7. Diese Art stimmt in den äussern Kennzeichen am meisten mit S. trilobitoides Eigths überein, mit welcher sie die äussere Form und die meisten Merkmale gemein hat, so weit sich dieses aus der kurzen Beschreibung in der Monographie von Audouin und Mi Ine Edwards und der ziemlich ungenügenden von Eigths copirten Abbil- dung ebendaselbst beurtheilen lässt^). Unsere Art unterscheidet sich von S. trilobitoides durch die Beschaffenheit der Kopfplatte, dieselbe bildet nach innen und hinten von jedem Auge einen stumpfen, kegelförmigen Höcker, statt einer queren Höckerreihe und 1) In der Abbildung von Eigths entspringt das kleinere, offenbar erste Fühlerpaar unter dem grösseren Paare, was sicher auf einem Fehler in der Zeichnunsr beruht. 22 ' Stil der: durch den Schwanzschild, welcher am Ende einen spitzen, etwas nach oben gerichteten Stachel und davor auf dem Kiel nur drei nach hinten gerichtete Zähne besitzt, deren erster der grösste ist, während bei S. trilobitoides eine Reihe von zahlreichen kleinen Zähnchen vorhanden ist. Wenn schon bei einer Anzahl von Serolisarten die Zu- sammensetzung des Kopfschildes aus der Verschmelzung des Kopfes mit den zwei ersten Thoracalsegmenten ent- standen, noch dadurch angedeutet ist, dass der Kopf, als Kopfplatte, durch eine ihn umgebende Furche marquirt ist und die Epimere durch eine mehr oder weniger deut- liche Nath der Quere nach getheilt wird, so ist diese Trennung bei unsrer Art noch deutlicher ausgesprochen. Die beiden den Kopfschild zusammensetzenden Thoracal- segmente sind vom Rande der Kopfplatte an bis gegen den Aussenrand getrennt, die Ränder der ersten greifen dabei etwas über den Vorderrand der zweiten über, nur am Rande sind sie fest unter einander verschmolzen, um den continuirlichen feingezähnten Aussenrand des Kopf- schildes zu bilden, welcher nach hinten in die spitze, nur dem zweiten Thoracalsegmente angehörende Epimere ausläuft. Auch bei S. trilobitoides ist in der Zeichnung eine solche unvollkommene Verwachsung der ersten Thora- calsegmente durch eine doppelte Linie angedeutet. Die Kopfplatte, scharf abgesetzt durch eine sie umziehende Furche, ist schildförmig. Der Stirnrand, viel breiter als der Hinterrand, ist wellig, mit einem sehr kleinen, drei- eckigen Stirnschnabel. Seine seitlichen Ecken bilden zwei scharfe vom Seitenrand der ersten Epimere deutlich ab- gesetzte Spitzen. Der Hinterrand bildet einen nach vorn gerichteten Bogen. Die Augen stehen am Seitenrand und sind um etwas mehr als die Hälfte ihrer Länge vom Stirn- rande entfernt. Vor den Augen bildet die Kopfplatte ein glattes viereckiges Feld, welches durch eine Leiste be- grenzt wird, die namentlich am Hinterrand stark erhaben ist und die beiden Augenwinkel mit einander verbindet. Nach innen von jedem Auge erhebt sich ein erst platter, dann kegelförmiger Höcker, dessen Spitze nach aussen ge- richtet ist. An seinem Innern Rand trägt er drei stumpfe Beiträge zur Kenntniss niederer Thiere von Kerguelensland. 23 Zähne. Die folgenden Thoracalsegmente nehmen vom ersten zum dritten wenig an Breite zu. Die Epimeren sind schmal, mit scharfen Rändern, am Vorderrande durch kleine, nach hinten gerichtete Zähnchen gesägt. An der Basis jeder Epimere befindet sich am Hinterrand ein drei- eckiger Zahn. Die sechste Epimere ist etwas winklig nach hinten gebogen und ragt über die Hälfte des Seiten- randes des Caudalschildes. Das zweite und dritte Ab- dominalsegment trägt Epimeren, von denen die Spitze der ersten so weit, wie die der zweiten reicht. Beide gehn bis zur Hälfte des Randes des Caudalschildes. Das Cau- dalschild ist fünfeckig, in der Mitte hoch gekielt und läuft in eine feine, aufwärts gekrümmte stachelartige Spitze aus. Der Mittelkiel trägt am Vorderrande zwei spitze Zähne, von diesen laufen schräg nach aussen zur äussern Ecke des Schildes zwei scharfe Leisten, welche sich noch be- vor sie den Rand erreichen, jederseits zu einem spitzen, rückwärtsgerichteten Dorn erheben. Diese Leiste, von welcher sich auch eine Andeutung bei S. Orbignyana fin- det, scheint die Grenze des vierten verwachsenen Abdo- minalsegments anzudeuten, sie findet sich sehr stark ent- wickelt bei Serolis trilobitoides. Auf dem Mittelkiel er- hebt sich hinter den zwei Zähnen ein starker, nach hinten gerichteter Dorn, aufweichen zwei kleinere Dornen folgen, dann geht der Kiel in die Schwanzspitze über. Von den beiden Antennenpaaren sind die ersten kürzer. Sie reichen, dem Körper angelegt, bis zum Hinterrand der zweiten Epimeren, soweit wie der Schaft des zweiten Paares. Von den vier Gliedern des Schaftes ist das vierte Glied am kürzesten. Die Geissei hat zweiundzwanzig Glieder. Die zweiten Antennen reichen über den Hinterrand der vierten Epimere, der Schaft ist so lang, wie die erste Antenne, die Geissei ist kürzer, als die des ersten Paares und hat vierzehn Glieder. Die Mandibeln zeigen einen stark ver- hornten Kaurand von brauner Farbe, derselbe ist am Rande in zwei Leisten gespalten und trägt keine Zähne, sondern nur wellige, scharfe Ränder. Dagegen sind die Laden der Maxillen gezähnt. Der Kieferfuss ist wohl entwickelt, namentlich die Palpe sehr gross, mit einem grossen herz- 24 Studer: förmigen Grundglied und ovalem Endgliede. Beide stark behaart. Die Palpe überragt die Lade bedeutend. Der erste Greiffuss zeigt ein länglich ovales schlan- kes Randglied mit einer Reihe lanzettförmiger Zähne am Innenrande, dies Fingerglied ist schmal und glatt. An der Innenecke des Handwurzelgliedes stehen drei lange Zähne und einzelne Haare. Die übrigen Fusspaare sind beim Weibchen gleich gestaltet. Die Leiste auf dem Kiemendeckel läuft schräg von aussen und oben nach unten und innen, sie theilt seine Unterseite in zwei gleiche Felder. Das letzte Abdominalfusspaar ist ähnlich wie bei S. trilobitoides. Das Grundglied entspringt ziemlich weit oben an der Aussenecke des Caudalschildes und zeigt nach innen einen spitzen Fortsatz. Die Blattfüsse reichen bis zur Basis des Endstachels, beide sind derb und hart. Der innere lang oval und namentlich am Innenrand stumpf ge- zähnt, der äussere ist am Aussenrand durch stumpfe Zähne gesägt. Die Farbe ist blass, die Haut durchscheinend. Nur am Hinterrand jedes Segmentes verläuft ein schmaler, schwärzlicher Saum. Die grössten Exemplare messen 30 mm. Diese Art fand sich bei den Crozet-Inseln in 100 Faden Tiefe, und westlich von Kerguelen in 60 Faden. Ihr Hauptfeind war eine schöne roth gefärbte Ophiuride, Ophiogona laevigata Stud., in deren Magen sich ihre Reste .und das ganze Thier fanden. Serolis ovcilis^) n. sp. Fig. 8, 9, 10. Von dieser Serolisart, der kleinsten bisher beobach- teten Form, gelang es mir, nur ein Stück in Kerguelen zu erlangen. Ich fand dasselbe in 1 Faden Tiefe in der Florideenzone. Es ist ein Weibchen, mit vollkommen ent- wickelten Brutplatten, in dem von ihnen gebildeten Brut- raum sind rosenroth gefärbte Eier angehäuft. Da ich 1) Scheint synonym mit S. septemcarinata Miers, deren Beschreibung und Abbildung in „Venus Expedit. Crustacea" mir erst später zurKenntniss kam. Miers erhielt die Art von den Crozet-Inseln. Beiträge zur Kenntniss niederer Thiere von Kerguelensland. 25 sonst die Entwicklang von Briitplatten nur bei vollkommen ausgewachsenen Thieren beobachtet habe, so muss diese Art mit 11 mm Länge und 7 mm Breite ihre volle Grösse erreicht haben. Der Umriss unsrer Art ist regelmässig oval, der Körper schwach gewölbt, der Rücken nach hinten kielartig erhaben. Die Epimeren schliessen sich eng an- einander an, nicht einmal die Spitzen treten seitlich vor, sondern decken sich gegenseitig. Die grösste sechste Epimere umfasst die zwei wohlentwickelten Epimeren der zwei letzten freien Abdominalsegmente nicht, sondern ihre Spitze, welche schwach nach hinten gekrümmt ist, steht seitlich etwas vor, dahinter ergänzen die gl eich grossen, nur schmaleren Abdorainalepimeren, deren Spitzen etwas über die Hälfte des Seitenrandes des Schwanzschildes reichen, den ovalen Umriss des Körpers. Die Kopfplatte ist ebenso lang wie breit, am Stirn- rande zeigt sie nach aussen von der Insertion der zweiten Antennen zwei stumpfe Spitzen. Ein Stirnschnabel fehlt. Zwischen den weit auseinander am Stirnrand stehenden Augen erhebt sich ein querovaler Höcker, dessen Ober- fläche grubige Vertiefungen zeigt. Die Epimeren sind alle am Aussenrand fein behaart. Das zweite bis vierte Segment trägt seitlich eine quer verlaufende stumpfge- zahnte Leiste, welche parallel dem Hinterrande des Seg- ments bis zu seinem Seitenrande läuft. Der Schwanzschild ist schmal, stumpf trapezoidisch und zeigt eine stumpfe Spitze, seitlich davon zwei kleinere Spitzen. Er besitzt einen Mittelkiel, von dessen Ursprung je zwei seitliche schräg nach dem Rande der Schwanzplatte hinziehende Kiele verlaufen- Die beiden inneren Kiele enden in seitlichen, stumpfen Spitzen vor dem Rande der Schwanzplatte, die äussern vor dem Seitenrand. Ein dritter scharfer Kiel läuft noch schräg von der Mittellinie zum Seitenrand und endet an der Gelenkpfanne der Abdominalfüsse. Die Antennen sind bei dieser Art sehr kurz. Die des ersten Paares erreichen nicht den Hinterrand der ersten Epimere. Die kurze Geissei hat acht lange , cylindrische Glieder, welche am Ende behaart sind. Die zweiten Antennen reichen bis zum Hinterrand 26 Stiider: der zweiten Epimere, der Schaft ist so lang wie das erste Antennenpaar. Das zweite bis vierte Glied des Schaftes ist am Aussenrande mit Haaren besetzt, dieselben sitzen in Büscheln in Abständen von einander, solcher Büschel zeigt das zweite Glied einen, das dritte fünf, das vierte fünf. Die Geissei ist neungliedrig. Die Oberkiefer haben eine braun verhornte Kaufläche, welche nicht gezähnt ist. Das Handglied des Kaufusses ist breit, der Corpus setzt sich ziemlich weit vor dem Hinterrande an. Am Innenrande steht eine Reihe Zähne, der Finger ist glatt, cylindrisch. Die innere Ecke des Corpalgliedes besitzt drei spitze Zähne, vor welchen kleinere stumpfe Zähnchen stehen. Die Kiemendeckelleiste verläuft horizontal unter der Hälfte. Die Schwanzfüsse entspringen an der Hälfte des Seitenrandes des Caudalschildes, sie haben ein breites Basalglied, die blattförmigen Anhänge reichen nicht bis zur Spitze des Schwanzschildes und sind stumpf gezähnt und behaart. Die Brutplatten, vier Paar, reichen mit ihren Rän- dern über die Mittellinie, so dass sie sich decken. Im Brutraum liegen ovale Eier, rosenroth gefärbt 1,5 mm gross. Zu der zweiten Gruppe, bei welcher keines der freien Abdominaisegmente mit Epimeren versehen ist, gehört die an den Küsten gemeinste Serolisart. Dieselbe wurde von Miers (Annais and Mag. of nat. bist. Vol. XVI 4. Ser. De- script. of new species of Crustacea collected at Kerguelen's Island by laton) mit der von White, List. Crust. Brit. Mus. p. 106 erwähnten, aber nicht beschriebenen Serolis latifrons identificirt. Miers charakterisirt die Art folgen- dermassen : Serolis latifrons White. Fig. 11— 27. Convex, with a series of impressed lines and punctulations near the poste- rior margin of each segment. Segments of the pereion with the posterior margin sinuated, acute at the inferior posterior angle, but not greatly produced backward. Ter- minal segment of the pleon large, subtriangular, with a semicircular notsch at its extremity, with a high longitu- dinal, central carina extending from the base of the seg- Beiträge zur Kenntniss niederer Thiere von Kerguelensland. 27 raent to the terminal notsch and with a less- elevated carina on either side, rising near and continued for some distance parallel to the base of the segment, then curving back- ward and terminating before reaching the lateral margin. Rami of the lateral appendages of the pleon narrow acii- minate the outer one very small, not half the length of the inneramus. Coloiir brown, with irregulär paler pat- sches. Length about 1 inch. Miers scheint nur kleinere, nicht ganz ausgewachsene Exemplare vor sich gehabt zu haben, die geschlechtsreifen Thiere erreichen eine Grösse von 40 mm und eine Breite von 30 mm. Die Männchen sind noch um 1 — 2 mm grösser. Der Habitus des Thiers erinnert am meisten an Se- rolis Gaudichaudi And. et Edw. Der Körper ist oval, nach hinten spitz zulaufend, die Epimeren wenig ent- wickelt, ihre Spitzen kaum vortretend, der Rücken erhaben vom fünften Segment an einen stumpfen Kiel bildend, der sich zuschärfend auf dem Schwanzschild längs der Mittel- linie verläuft. Am Kopfschild sind Spuren von Segmentirung in Form von Näthen auf der Epimere nicht wahrzunehmen. Nur die Kopfplatte ist durch eine sie umgebende Furche scharf abgegrenzt. Dieselbe ist breit, schildförmig, ihre Oberfläche erhaben und durch Furchen und Erhabenheiten ausgezeichnet. Ihre Länge verhält sich zur Breite wie 1 : 2. Der Vorderrand der Kopfplatte zeigt in der Mittel- linie einen kurzen dreieckigen Schnabel und bildet an jeder Seitenecke eine vorspringende scharfe Spitze, welche vom Vorderrand der ersten Epimere abgesetzt ist; längs des ganzen Stirnrandes läuft eine schmale Leiste. Der Seitenrand ist wellig gebogen, der Hinterrand schwach ge- bogen, wenig schmaler als der Vorderrrand. Die Augen stehen am Seitenrande, sind schmal, nierenförmig und rein seitlich gerichtet, sie stehen um ihre Länge vom Stirnrande entfernt. In der Mittellinie zeigt die Kopfplatte eine drei- eckige, mit der Spitze nach vorn gerichtete Vertiefung. Zu beiden Seiten davon erhebt sie sich nach innen von 28 Stil der: jedem Auge zu einer gewölbten Erhabenheit, deren Ober- fläche ähnliche grubige Vertiefungen zeigt, wie die Mitte der Kopfplatte bei S. ovalis. Vor jedem Auge grenzen zwei schräg stehende stumpf gezähnelte Leisten, die sich in der Mittellinie nicht berühren, eine flache Glabella ab. Die eigenthümliche Sculptur der Kopfplatte dürfte auch hier die ursprüngliche Segmentirung des Kopfes mar- kiren. Wir finden eine erste Leiste, welche den Stirnrand mit seinen seitlich vorspringenden epimerenartigen Win- keln begrenzt, als Begrenzung eines zweiten Segmentes die beiden Leisten vor dem Auge, auch das dritte Segment ist angedeutet durch eine feine Querfurche, welche den Schei- tel in ein vorderes und ein hinteres Feld sondert. Ventral ist die Sonderung gegeben durch den Stirn- rand, unter dem das zweite Fühlerpaar entspringt, zwischen dem Ursprung der Fühler und dem obern Rand der Ober- lippe ist eine tiefe Furche, in welcher der Taster der Man- dibel liegt. Die übrigen Segmente charakterisiren die folgenden paarigen Anhänge. Ventral ist auch die Sonde- rung der beiden mit dem Kopf verbundenen Thoracal- segmente angedeutet, indem in der Mittellinie dieselben durch eine Nath in ein vorderes und ein hinteres Stück zerfallen. Von den dem Kopfschild folgenden Thoracalsegmen- ten ist das zweite und dritte am grössten, das vierte verschmälert, die Epimeren sind durch eine Furche deut- lich vom Mittelstück abgesetzt. Sie sind sichelförmig ge- krümmt, nach hinten ausgeschweift und schliessen sich aneinander enge an, die fünfte ist am grössten. Ihre Ränder sind glatt. Auf dem fünften Segment beginnt in der Mittellinie eine Erhabenheit, welche sich nach hinten zuschärft, um auf dem Schw^anzschild einen scharfen Kiel zu bilden. Die freien Abdominalsegmente entbehren der Epimeren. Dem Hinterrand des zweiten verwachsenen, drit- ten, vierten und fünften Thoracalsegment parallel verläuft von der Mittellinie bis zum Beginn der Epimere eine ge- körnelte Leiste. Sie ist am dritten und vierten Thoracal- segment am stärksten, auf dem sechsten ist sie nur noch als ein kleiner, scharfer Höcker wahrzunehmen. Ventral Beiträge zur Kenntniss niederer Thiere von Kerguelensland. 29 zeigen die Segmente in der Mittellinie eine deutliche Natli. Die männlichen Geschlechtsöffnungen münden nahe der Mittellinie in conischen Papillen des letzten Thoracalseg- ments. Der Schwanzschild hat eine dreieckige Form, die Spitze des Dreiecks ausgeschnitten, seine Länge verhält sich zur Breite seiner Basis wie 16 : 13. Die Länge ist gleich der der acht vorderen Segmente. Der obere Rand sowie die Seitenränder sind durch starke Leisten verdickt. Der Seitenrand bildet eine Hohlrinne, in welcher der Cau- dalfuss in der Ruhe liegt. Die Ecken des oberen Randes laufen in zwei seitliche, vorragende Zacken aus. In der Mitte verläuft ein scharfer Kiel, von dem die Flächen des Schildes schwach dachförmig abfallen. Von der Basis des Kieles läuft nach beiden Seiten eine Leiste aus, welche erst parallel dem obern Rand sich gegen den Seitenrand zu nach hinten biegt, um endlich nach der Spitze des Mittelkiels zurückzulaufen. Sie grenzt so ein mittleres Feld von einer seitlichen Randzone ab. Ganz analog verhält sich der Schwanzschild bei Serolis Gaudichaudi. Die Spitze des ersten Fühlerpaares, dem Körper an- gelegt, reicht bis zum Hinterrand der zweiten Epimere, die Geissei hat die Länge der zwei letzten Schaftglieder. Der Schaft reicht bis an die Hälfte des vierten Gliedes der zweiten Antennen, das erste und zweite Glied ist scharf- randig glatt, der Innren rand des zweiten mit Haaren be- setzt, das dritte mehr cylindrisch. Die Geissei ist 35glie- drig, die Glieder cylindrisch, nach vorn verdickt und am Rand mit Haaren besetzt. Das letzte Glied ist dünn, griffeiförmig. Die Antennen des zweiten Paares reichen bis über den Hinterrand der vierten Epimere. Der Schaft erreicht an Länge die erste Antenne. Die Glieder des Schaftes sind glatt, mit scharfen Rändern, das vierte Glied ist so lang wie die vorhergehenden zusammen. Ueber das dritte und vierte verläuft ein dorsaler Längskiel nahe dem Innen- rande. Am Aussenrand der Schaftglieder stehen in drei 30 S tu der: Keihen, von der ventralen Seite entspringend, Borsten- bündel. Jedes derselben entspringt aus einer erhabenen Pa- pille, sie bilden drei, an einzelnen Stellen vier Reihen. Die Bündel stehen am zweiten Gliede zu zwei, am dritten zu vier, am vierten zu sieben. Die Mandibeln sind schlank, am Ende bilden sie zwei kurze hornige Laden, wovon die kleinere innere mit sieben, die äussere mit sechs stumpfen dreieckigen Zähnen ver- sehen ist. Am Kaurande des grösseren ersten Maxillenpaares stehen sieben gekrümmte Stacheln, am Innern Laden der zweiten Maxille neun. Die Palpe des Maxillarfusses ist lang, die Laden mit zwei Endgliedern überragend behaart, ähn- lich der von Serolis Orbignyana. Das Handglied der Greif- füsse des ersten Fusspaares ist gedrungen breit, der Cai'- pus vor dem -Hintertheil eingelenkt. Der Innenrand mit einer Reihe sehr schmaler glatter Zähne und einer Reihe lanzettförmiger quergestellter Blättchen, die eine Mittel- rippe tragen. Das Fingerglied ist am Innenrande zugeschärft, ohne Zähne oder Borsten. Das Carpalglied läuft am Innern obern Rand in eine spitze Zacke aus, an der zwei kräftige Zähne stehen, ein Borstenbüschel fehlt. Der zweite Greiffuss des Männchens zeigt ein schma- les kurzes Handglied, an dessen Innenrand zwei Reihen nach vorn gekrümmter Dornen stehen, acht in einer Reihe. Das fast cylindrische Fingerglied hat nur am Ende eine zahnartige Spitze, sonst ist es glatt. Die folgenden Beine sind gleichgestaltet, das erste Glied ragt ausser beim fünften Paare über den Rand der Epimere und trägt am Unterrand Borsten, die am zweiten und dritten Paar dick stachelartig werden. An den Extremitäten der ersten Abdominalsegmente ist das blattförmige Endglied am Innen- und Hinterrande dicht mit gefiederten Borsten besetzt. Die Nath des Kie- mendeckels verläuft von der äussern Hälfte des Randes Beiträge zur Kenntniss niederer Thiere von Kerguelensland. 31 nach unteu und innen schräg, steiler als bei S. Orbignyana, ähnlich wie bei S. Gaudi chaudi. Die Brutplatten des Weibchens entspringen als grosse blattartige Fortsätze vor dem Hüftgliede des ersten bis vierten Fusspaares. In der Jugend bei Individuen von 25 mm fehlen die Brutplatten noch vollkommen, erst bei grössern Thieren von 30 mm entwickeln sie sich in Form von lanzettförmigen Blättchen, welche dem Ventralringe dicht anliegen. So sind sie noch bei der ersten Copula- tion. Erst später entwickeln sie sich zu grossen, dünnen Brutplatten, welche mit den Rändern in der Mittellinie über einander tibergreifen und zwar sind es immer die Ränder der rechten Platten, welche über die der linken ragen. Sie umschliessen einen weiten Brutraum, in welchem die 2,5 mm grossen, roth gefärbten Eier liegen. Ganz in gleicher Weise verhalten sich die Brutplatten bei S. Orbig- nyana und Schythei und wahrscheinlich bei allen Serolis- arten. Ganz eigenthümlich verhält sich das letzte Extremi- tätenpaar. Während dasselbe bei den andern Serolisarten aus einem basal- und zwei blattartigen Endgliedern be- steht, stellt es hier einen gebogenen Stachel dar, mit dem an der Hälfte seines Aussenrandes ein zweiter kurzer gebogener Stachel beweglich verbunden ist. Der grosse Stachel ist etwas plattcylindrisch und sitzt mit einem durch einen Hals abgeschnürten Gelenkkopf in einer durch die obere äussere Ecke des Schwanzschildes gebildeten Pfanne. In der Ruhe liegt er in einer ventral vom Aussenrand des Schwanzschildes gebildeten Rinne. Aufgerichtet steht er senkrecht vom Körper ab und zwar schnappt er dabei wie ein geöffnetes Taschenmesser in ein Scharnier ein, welches ihn, ohne dass der Aufrichtmuskel in Aktion gesetzt wird, in seiner Stellung erhält. Die morphologische Bedeutung dieses Stachels geht aus dem Verhalten des Basalgliedes des letzten Fusspaares bei Serolis Orbignyana, Schythei und cornuta hervor. Namentlich bei S. Orbignyana zieht sich die innere untere Ecke des Basalgliedes in einen spitzen Fortsatz aus, welcher halb so lang ist als die blatt- artigen Fortsätze. Denken wir uns diesen Fortsatz bis an 32 Sluder: das Ende des Schwanzschildes reichend und das eine blatt- artige Glied stachelartig, während das andere verschwun- den ist, so haben wir die Bildung bei Serolis latifrons. Der Stachel ist so lang wie der Schwanzschild und entsprechend dessen Aussenrand gebogen. Sein Vorder- rand ist bis zur Verbindung mit dem secundären Stachel wellig, in jeder Vertiefung entspringt ein glattes langes Haar. Die Gelenkpfanne, in welcher der Stachel articu- lirt, ist von der obern Seitenecke des Schwanzschildes ge- bildet und oval geschlossen, seitlich begrenzt von einem spitzen Fortsatz der Aussenecke. Der Pfannenrand, der nach hinten unterbrochen ist, hat stark vorspringende Ränder, der Innenrand ist an einer Stelle zungenförmig vorgezogen und am Rande etwas einwärts gebogen. Mit der Pfanne steht in offener Verbindung die Höhle der Leiste, welche den obern Rand des Schwanzschildes säumt. Der Gelenkkopf des Stachels ist deutlich vom Schafte durch einen Hals abgeschnürt, er besitzt ventral einen nach unten scharf abgesetzten Höcker, dessen Oberfläche durch feine Wärzchen rauh erscheint. Seine hintere obere Fläche ist abgestutzt und zieht sich oben in zwei kurze Fortsätze aus. Etwas unterhalb nach hinten und aussen gerichtet, besitzt er einen trochanterartigen Fortsatz. Erstere dienen zur Insertion der Hebemuskel, letztere zu dem des Nieder- ziehers. Der Hebemuskel entspringt von der Medianlinie, zieht durch die hohle Leiste des obern Randes des Schwanz- schildes und heftet sich an die oberen Muskelfortsätze des Gelenkkopfes. Er zieht den Stachel nach aufwärts, wobei er seine Achse eine kleine Drehung nach innen ausführen lässt, bei dieser Drehung wird der Höcker ides Gelenk- kopfes hinter den vorspringenden Innern Rand der Pfanne gebracht und hier durch die dort vorhandene einspringende Leiste festgehalten. Der Niederzieher entspringt von der obern Innenwand der hohlen Leiste und heftet sich an den nach hinten und aussen gerichteten Trochanter. Sein Zug bewirkt zunächst eine kleine Rotation nach aussen, wo- durch der Höcker aus seiner Lage hinter dem Innenrand der Pfanne befreit wird, dann zieht er den Stachel nieder. Beiträge zur Kenntniss niederer Thiere von Kerguelensland. 33 Eine Kräfteersparniss durch eine mecbanische Re- schaflfenheit des Gelenkes, wie sie Mer vorkommt, finden wir bei zahlreichen Thierarten verwendet, die meiste Ana- logie mit iinsrem Falle bietet das Gelenk vermittelst dessen der Brustflossenstachel der siluroiden Fische in einer vom Körper abstehenden Lage fixirt wird. Der innere Bau der Serolis latifrons weicht wenig von dem anderer Asseln ab. Der Oesophagus erweitert sich zu einem grossen von vorn nach hinten sich ver- schmälernden Magen, auf welchen ein gerader Chylusdarm folgt, welcher an der Basis des Schwanzschildes ausmün- det. Die Dejekte werden dann in der Hohlrinne des Schwauzkieles durch den von den Kiemenblättern erzeug- ten Wasserstrom nach aussen geführt. Das ganze Ver- dauungsrohr ist mit einem Chitinüberzug ausgekleidet, der im Magen am dicksten ist. Das Nervensystem verhält sich entsprechend der Concentration der Körpersegmente. Das Gehirnganglion ist relativ gross und liegt dicht über der Basis der Fühler. Das Bauchmark bildet im Kopf- schild ein paariges grosses Ganglion, von da ist der Bauch- strang doppelt und bildet in den drei folgenden Segmen- ten je ein in der Mitte eingeschnürtes Ganglion. Der fol- gende Abschnitt ist verkürzt, die sechs Ganglien sind paarig, in der Mitte getrennt und nach hinten sich ver- kleinernd, dicht aneinander gertickt. Vom Ende des Bauch- marks im letzten freien Hinterleibssegment geht ein Nerven- endfaden durch die Mittellinie des Schwanzschildes und zwei seitliche schräg nach seinen Rändern. Die Serolis latifrons belebte in grosser Menge den sandigen Theil der Buchten in ein halb bis ein Faden Tiefe. Trotzdem sie hier namentlich den Verfolgungen der tauchenden Cormorane und der Seeschwalben ausge- setzt ist, findet man sie doch selten im Magen dieser Vögel. Sobald sie nämlich beunruhigt wird oder ergriffen, so stellt sie ihre Schwanzfüsse auf, so dass sie senkrecht vom Körper abstehen. Die Spitzen derselben sind so fein, dass sie leicht die Haut durchdringen und empfindlich verletzen. Archiv für Naturg. yXXXV. Jabrg. 1. Bd. 3 34 St u der: Beiträge zur Kenntniss niederer Thiere etc. Dieser Umstand mag dazu beitragen, dass sie sich unge- stört so reichlicli vermehren kann, während die unbewehrte Serolis ovalis zu den seltenen Vorkommnissen gehört. Erklärung der Abbildungen auf Tafel III. Fig. 1—7. Serolis cornuta n. sp. von den Crozet-Inseln aus 100 Faden. Fig. 1. Das ganze Thier etwas über natürliche Grösse. Fig. 2. Das Kopfschild von oben. Fig. 3. Schwanzschild von oben. Fig. 4. Schwanzschild von unten mit den Kiemenblättern. Fig. 5. Greif band. Fig. 6. Kieferfuss. Fig. 7. Mandibula. ■pig, 8—10. Serolis ovalis n. sp. von Kerguelen. Fig. 8. Ganzes Thier von oben in natürlicher Grösse. Fig. 9. Ganzes Thier vergrössert. Fig. 10. Greifhand. Fig. 11—23. Serolis latifrons White von Kerguelen. Fig. 11. Ganzes Thier von oben, um die Hälfte vergrössert. Fig. 12. Kopfplatte von unten mit zwei Fühlern. Fig. 13. Ein Fühler des zweiten Paares von unten. Fig! 14. Mundtheile: a Mandibel, b 1. Maxille, c 2. Maxille, d Kie- ferfuss. Fig. 15. Greifhand. Fig. 16. Zweiter Greiffuss des Männchens. Fig. 17. Extremitäten der drei ersten freien Abdominalseg- me.nte beim Männchen, die zweite b mit Penis. Fig. 18. Der Schwanzschild von unten mit den beiden Schwanz- füssen aa, bei b die vorspringende Zunge des innern Pfannenrandes der Kiemendeckplatte. Fig. 19. Thorax eines Weibchens mit sich entwickelnden Brut- blättern, das erste Paar durch das erste Greiffusspaar verdeckt. Fig. 20. Schwanzfuss isolirt von der Seite. Fig. 21. Hinterleib von der Seite mit aufgerichteten Schwanz- füssen. Fig. 22. Der Gelenkkopf des linken Schwanzfusses in der ven- tral geöffneten Pfanne. Der Stachel ist nach aussen gedreht um den Trochanter zu zeigen; a Niederzieher des Stachels, b Heber des Stachels. Fig. 23. Der rechte Gelenkkopf isolirt mit den Muskelansätzen; a Niederzieher am Trochanter, b Heber. Fig. 24. Bauchmark. lieber einige Turbellaiien des Weissen Meeres. Von C. Mereschkowsky in St. Petersburg. Hierzu Tafel IV. Das Weisse Meer wird sich ohne Zweifel an Tur- bellarien ebenso reich erweisen, als es an anderen Thiergruppen sich erwies, nachdem einige Reisen an das- selbe während der letzten Jahre ausgeführt wurden. Da ich aber während meines letzten Aufenthalts auf den Solowetzky-Inseln (1877) mit anderen Thiergruppen be- schäftigt war, so war es mir nicht möglich, gründlicher diese interessante Gruppe der Würmer zu untersuchen und beschränkte mich deshalb nur auf das, was ich gelegent- lich traf. Also kann ich keine vollständige und ausführ- liche Beschreibung der Turbellarien des Weissen Meeres liefern. Ich werde mich nur auf die Beschreibung einiger neuen Formen und der Structureigenthümlichkeiten der- selben beschränken, die mir zu bemerken gelang. I. Alaiiretta viridirostrum n. gen. et spec. (Taf. IV, Fig. 1.) Unter diesen neuen Formen verdient insbesondere ein höchst interessantes Thier unsere Beachtung, welches ich nur ein einziges Mal, am 10. Juli in der Klosterbucht, an der Meeresoberfläche freischwimmend traf. Hier eben fing ich es mittelst des Müller' sehen Netzes. Ich werde mit der Beschreibung dieses eigenthümlichen Organismus be- ginnen. 36 C. Mereschkowsky: Die Körperlänge machte nur 0,8 mm aus. Der Kör- per ist von verlängerter Form (s. Taf. IV, Fig. 1), ver- engert sich allmählich nach dem Hinterende, das zuge- ruudet erscheint. Der breiteste Körpertheil befindet sich nicht in der Mitte, sondern dem Vorderende näher, wo die Breite des Körpers plötzlich abnimmt. Das äusserste vor- dere Ende erscheint sehr stark verengert und gleich einer Nase oder einem Gänseschnabel mit zugerundeter Spitze ausgezogen. Der Körper ist ziemlich durchsichtig und ganz farblos; davon macht nur der Rüssel oder Vorder- theil des Kopfes, der ziemlich intensiv, etwas schmutzig grün gefärbt ist, eine Ausnahme. Die Ränder des ganzen Körpers sind unglatt und mcht gerade, sondern stellen eine unregelraässig wellige Linie vor, dank der höckerigen Beschaffenheit der ober- flächlichen Körperschicht. Ausserdem sieht man an der hinteren Hälfte noch zwei deutliche Einschnürungen oder ringförmige Vertiefungen (s. Taf. IV, Fig. 1, g), die den ganzen Körper gleichsam in drei Glieder von ungleicher Länge theilen. Die eben beschriebene Körperform ist ziemlich con- stant und ändert sich fast gar nicht bei den Bewegungen des Thieres. Die letzteren sind äusserst schnell und erinnern durch ihren Charakter vollkommen an die Bewegungen eines be- liebigen andern Strudelwurms. Sie wird vermittelst dün- ner und kurzer Wimpern erzeugt, die überall von ganz gleicher Länge sind und die den ganzen Körper, mit Aus- nahme des vorderen schnabelartigen Theiles bedecken. Der letztere ist von denselben frei und bleibt ganz nackt. Ein Theil des Schnabels, sein Grund, ist aber mit Wim- pern bedeckt, die etwas über den Augen aufhören (s. Fig. 1 k). Hier, noch ein wenig dem Vorderende näher und an der Rückenseite, befinden sich zwei Borsten (s. Fig. 1,1), je eine an jeder Körperseite. Durch ihre doppelte Länge unterscheiden sie sich von den gewöhnlichen Wimpern und sind nach vorn und aussen gerichtet. Diese Wimpern oder richtiger gesagt — Borsten sind nicht gerade, sondern ein wenig bogenförmig gekrümmt und verbleiben immer ganz Ueber einige Turbellarien des Weissen Meeres. 37 unbeweglich. Was die innere Organisation dieses Wurms betrifft, so ist der Körper aussen von einer ziemlich dicken Wandung — Integument — bedeckt (s. Fig. 1^ a). In der- selben kann man unregelmässig zerstreute runde oder ovale Körperchen sehen (s. Fig. 1, c). Am Orte habe ich sie nicht näher untersucht, doch bin ich ihrem allgemeinen Eindrucke, sowie ihrer Lage nach geneigt, sie für Nesselor- gane zu halten, die folglich von den gewöhnlichen, stäb- chenförmigen Trichocysten abweichen und ganz den von Graaf in dem Rüssel von Prost omum mammertinumO beschriebenen ähnlich sind. In letzterem Orte sind sie auch mehr oder weniger angeschwollen, mehr oder weniger kuglig. Die Körperwandung besteht aus zwei Schichten : die erste, äussere, die eben erwähnt war, verleicht der Körperoberfläche das höckerige Aussehen und enthält Tri- chocysten. Wie erwähnt, bietet sie zwei ringförmige Ein- schnürungen dar, die den Körper äusserlich in drei Seg- mente theilen. Die zweite innere Schicht (s. Fig. 1, d) ist dicker als die erste, bietet keine deutlich ausgeprägte Structur dar (es ist ohne Zweifel die Muskelschicht) und sendet nach innen ringförmige Verdickungen aus, deren Zahl fünf beträgt (s. Fig. 1, di, do, da, d4, dö). Diese Verdickungen zertheilen die Körperhöhle in sechs ungleiche, aber ganz deutliche Theile oder Segmente. Nur die erste dieser ringförmigen Scheidewände ist nicht ganz deutlich zu sehen, die zweite ist vollkommen entwickelt; die dritte und die vierte sind dicker als die zwei ersten und erscheinen am Ende oder an der Peripherie halbirt (s. Taf. IV, Fig. 1, ds, d^); endlich ist die fünfte wie- der minder deutlich. Indem man die Schraube des Mi- kroskops dreht und so in seinen Brennpunkt verschiedene Flächen des Körpers bringt, kann man sich vollkommen überzeugen, dass die Scheidewände eben ringförmige Aus- wüchse der inneren, deutlich gestreiften Oberfläche vor- stellen. Das sieht man namentlich an der dritten und vierten Scheidewand (s. Taf. IV, Fig. 1, da, dj. 1) L. Graaf, Zur Anatomie der Rhabdocoelen. Inaugural- Dissertation 1873 S. 17. 38 C. Mereschkowsky: Diese Scheidewände stellen keineswegs etwas bloss zufälliges vorübergehendes vor, wie etwa Folgen einer ganz regelmässigen, dem Körper ein gefiedertes Aussehen verleihenden Contraction. Dartiber bleibt keinem Zweifel Raum, um so mehr, als ich dieses Thier mindestens eine Stunde lang beobachtete und keine Veränderungen in den Scheidewänden bemerkte. Alle fünf Scheidewände zusammen theilen das Innere des Körpers in sechs Segmente, Glieder oder Metameren (s. Fig. 1, mi, m2, ms, m4, ms, me). Nur die zwei vorletzten bieten eine den inneren Scheidewänden voll- kommen entsprechende äussere Gliederung (s. Fig. 1, gg) dar; die übrigen aber erhalten gar keinen äusseren Aus- druck. Das vorderste , grösste Glied bildet den Kopf und besteht aus einer verlängerten Nase oder aus einem Schna- bel und einem mehr hinteren Theile, wo die Mundöffnung, das Nervensystem und die Augen gelegen sind. Die Mundöffnung (s. Fig. 1, e) befindet sich im Vor- dertheile des Körpers, im ersten Gliede, da wo es in den Nasentheil überzugehen beginnt. Sie stellt einen quer- ovalen Spalt vor, der von Hautfalten umgeben ist; dies zeigt seine beträchtliche Erweiterungsfähigkeit an. Kein Schlund und nichts an einen Rüssel erinnerndes waren bemerkbar. Vom Munde an zieht durch den ganzen Kör- per der Darmkanal als ein gerades, sich nicht verästeln- des cylindrisches Rohr (s. Fig. 1, f); doch konnte ich es nicht mit genügender Deutlichkeit sehen. Um so deut- licher aber tritt am vierten Segmente eine regelmässige, runde Oeffnung hervor (Fig. 1, h), die von einem ziemlich breiten Ringe umsäumt wird. Der Ring ist scharf con- centrisch gestreift, das darauf hinweist, dass es sich hier um einen Sphincter handelt. Anfangs nahm ich keinen Anstand, diese Oeffnung für den After zu halten, wodurch der Darmkanal ausmünde. Jetzt aber kann ich nicht an dieser Meinung so entschieden festhalten, da der Darm- kanal sich auch weiter in das fünfte und sechste Segment ohne Unterbrechung, ganz wie in den vorderen Segmen- ten fortsetzt. Es ist aber auch sehr möglich, dass am äussersten Hinterende sich noch eine andere Oeffnung be- Ueber einige Turbellarien des Weissen Meeres. 39 findet, die ich übersehen habe und die den wahren After vorstellt, oder dass es überhaupt keinen After gebe. Falls dies richtig ist, gehört wahrscheinlich die obige Oeffnung den Genitalien. Doch scheint mir die erste Vermuthung wahrscheinlicher zu sein, d. h. dass dieselbe wirklich den After vorstelle. Das Nervensystem des Thieres (s. Fig. 1, n) unter- scheidet sich seinem allgemeinen Charakter nach sehr scharf von dem der übrigen Turbellarien. Gewöhnlich stellt es eine undeutlich oder deutlich sichtbare weisse Masse vor, die fast ganz structurlos oder von faserigem Gefüge ist, in der es sehr schwer ist, Zellen zu bemerken. Im vor- liegenden Falle aber haben wir eine querliegende, fast die ganze Breite des Körpers einnehmende, längliche Masse, die gar nicht in zwei Hälften getheilt ist. Diese Masse be- steht fast gänzlich aus ganz deutlichen bipolaren und zu- fällig unipolaren Nervenzellen mit stark kömigem Inhalte. Die letzteren werden freilich in schwachem Grade von Nervenfasern umflochten, eine compacte Masse bildend. An den Seitentheilen biegt sich die ganze Masse etwas nach hinten, indem sie wahrscheinlich hier in die zwei Seiten- stämme übergeht. Max Schultze's Zeichnung*) erinnert etwas an die allgemeine Form des Nervensystems bei mei- nem Thiere; aber die Zellen sind beim letzteren noch deutlicher und die Fasern spärlicher. Dicht hinter dem Nervensj^steme ist die MundöfFnung gelegen. Die Augen, deren es zwei giebt, liegen dicht am Körperrande beiderseits des Nervencentrums und berühren ein wenig dasselbe. Der Körperinhalt ist trotz der Farblosigkeit des Thieres nur sehr schwer sichtbar, darum konnte ich nicht die Fort- pflanzungsorgane untersuchen. Doch sah ich sehr undeut- lich an den Seiten des Nahrungscanales unbestimmte, rund- liche Massen (s. Fig. 1, p), vermuthlich Eier oder Sperma, üebrigens ist es auch möglich, dass mir nur ein noch 1) Max Schnitze, Beiträge zur Naturgeschichte der Tur- bellarien 1851 Taf. I Fig. 2 b. 40 C. Mereschkowsky: nicht vollkommen reifes Individuum vorlag, das noch ganz ohne Fortpflanzungsorgane war. Dank dem Umstände^ dass das Thier gegliedert ist, erhalten die Contractionen einen mehr regelmässigen Cha- rakter, als es bei den übrigen Turbellarien gewöhnlich ist. Ihr allgemeiner Charakter erinnert sehr an die irgend welches Ringelwurmes aus der Oligochaetengruppe. Indem sie an einem Segmente beginnen, gehen sie auf das fol- gende über, u. s. w. successiv auf alle übrigen. Zuweilen geschah es, dass die Contractionen am Vorderende be- gannen und dann, nachdem sie z. B. das dritte Segment erreichten, in ihm keine Zusammenziehungen in derselben Richtung, sondern in ganz entgegengesetzter, d. h. vom Hinterende nach vorn, erzeugten. Dies ist alles, was mir bei dieser Form zu eruiren gelang. Es fragt sich nun, um was für ein Thier es sich handelt, ob ein Strudelwurm überhaupt oder gar kein ausgewachsenes Thier, sondern eine Larve irgend welches anderen Thieres, einer Annelide z. B. , vorliegt? Oder stellt vielleicht die unzweifelhafte Gliederung des Thieres eine Folge der Fortpflanzung durch Quertheilung vor, die so oft bei den Turbellarien zum Vorschein kommt? Zunächst konnte man glauben, dass das Thier nichts anderes, als eine Larve, und zwar, der Gliederung des Körpers nach, eine Annelidenlarve sei. Doch wird eine solche Vermuthung ganz unwahrscheinlich, wenn man be- rücksichtigt, dass von verschiedenen Autoren beschriebene Annelidenlarven alle darin übereinstimmen, dass die Gliede- rung bei ihnen sehr spät erscheint, nachdem schon lange Borsten entwickelt sind, die die Zahl und Lage der Glie- der anzeigen. So viel ich weiss, giebt es keine Anneli- denlarve, bei der die Gliederung ebenso scharf als bei un- serer Form ausgeprägt und gleichzeitig keine Spur von Seitenborsten entwickelt wäre, und ich konnte mich mit vollkommener Gewissheit überzeugen, dass die letzteren bei meinem Thierchen gänzlich fehlen und dass alle Wim- pern, die ebenso wie bei den übrigen Turbellarien die Körperoberfläche bedecken, gleich lang und dünn sind. Freilich kann man mit vollkommener Entschiedenheit diese lieber einige Turbellarien des Weissen Meeres. 41 Form nicht für eine Larve, sondern für ein ausgewachsenes Thier nur dann erklären, wenn man die Sexual-Eiemente nachweisen wird, die die Reifheit zeigen; doch werde ich kaum in einen Irrthum verfallen, wenn ich dieses Thier für eine Turbellarie halten werde, um so mehr als ich die Fortpflanzungsorgane leicht übersehen konnte. Was die Vermuthung betrifft, dass die Gliederung ihren Ursprung der Vermehrung durch Quertheilung ver- danke, so ist er höchst unwahrscheinlich, sowohl dem Charakter der Glieder nach, als auch insbesondere darum, dass unser Thier einen Anus besitzt und folglich zu der Familie der Microstomeen gehört, in der man kein Bei- spiel solcher Vermehrung kennt, wenigstens nach dem, was man bis jetzt beobachtete, zu urtheilen. Uebrigens stellt die Gliederung der von mir gefundenen Form keines- wegs eine ausschliessliche Erscheinung vor, die bis jetzt noch nicht beobachtet wurde. Schon im Jahre 1851 fand Busch^) bei Molari ein sonderbares Thierchen, von ihm Alaurina prolifera genannt. Es zeigte eine schwache Gliederung und Leuckart hielt es für eine Wurmlarve. Diese Vermuthung erwies sich aber später als unrichtig, da die angebliche Larve nichts anderes, als ein Strudel- wurm war, wie es E. Mecznicow in seinem interessan- ten Artikel zeigte 2). In demselben Artikel beschrieb er noch eine andere Form gegliederter Turbellarien, nament- lich Alaurina composita, die er an Helgoland beob- achtete. Sie war von cylindrischer, verlängerter Form, niit dem vorderen rüsselartig zugespitzten Ende, mit vier Segmenten und mit einer Borste am Hinterende. In- teressant ist noch jener Umstand, dass sowohl bei Alau- 1) Busch, BeobachtuDgen über wirbellose Thiere 1851 S. 114 Taf. XI Fig. 9. Auch Claparede fand an den Küsten Schottlands eine Larve, deren Schwanz, mit einer langen Borste versehen, eine deutliche Gliederung zeigte und die vielleicht auch zu Turbellarien gehört (s. Claparede, Recherches sur les Annelides, Turbellaries, opalines et gregarins des iles Hebrides 186). 2) E. Mecznicow, Zur Naturgeschichte der Rhabdocoelen. Arch. f. Nat. 1865 Bd. I p. 178. 42 C. Mereschkowsky: rina composita, als bei Alaurina prolifera am Vor- derende sich ein ziemlich langer kegelförmiger Rüssel oder „Tastrüssel", wie ihn Mecznicow nennt, befindet. Der- selbe ist ganz dem am Vorderende unserer Art aus dem Weissen Meere befindlichen ähnlich und dieser Umstand spricht, so glaube ich, ganz entschieden zu Gunsten der Ansicht, dass die obige Form auch zu den Turbellarien gehöre und in naher Verwandtschaft zur Alaurina com- posita stehe. Was die systematische Stellung dieses Thieres be- trifft, die ich Alauretta viridirostrum nennen will, so muss ohne Zweifel eine neue Gattung für sie aufgestellt werden, die am nächsten der Gattung Alaurina steht und mit ihr zusammen in der Familie Microstomeae ihre Stelle fin- den wird. Schliesslich führe ich die Diagnosen der Gattung und Species an, freilich nicht ganz vollständig, sondern soweit es nur auf Grund der von mir in Betreff der Organisation des Thieres gewonnenen Thatsachen möglich war. Alauretta novum genus. Der Körper ist verlängert, in eine Reihe aussen un- deutlicher, im Innern ganz deutlicher Segmente getheilt. Von diesen ist das erste mit einem kegelartigen rüssel- ähnlichen Fortsatz versehen, der am Ende des Körpers gelegen ist. An demselben Segmente befindet sich auch die Mundöffnung, die einem queren Spalte ähnlich ist. Das gleich einem ungetheilten Knoten oder Bande quer durch den Körper gelegene Nervensystem trägt zwei Augen. Ausserdem befindet sich an einem Segmente die runde Afteröffuung (?). Alauretta viridirostrum nova species. Der Körper verengert sich allmählich gegen das Ende. Die Oberfläche ist wellig. Es giebt sechs Segmente, von denen nur das vierte auch von aussen bemerkbar ist. Der Rüssel ist ziemlich lang, grüngefärbt, der ganze übrige Körper ist vollkommen farblos. Der sehr erweiterungs- fähige Mund befindet sich im ersten Segmente, dicht unter lieber einige Turbellarien des Weissen Meeres. • 43 dem Nervensysteme. Von ihm beginnend zieht der Darm- kanal, der im vierten Segmente durch eine runde Oeffnung ausmündet. Die Wimpern bedecken nicht den Rüssel, an dessen Grunde, da wo sie aufhören, sich zwei „Tastborsten'' befinden. Zwei verlängerte Augen sind dicht am Körper- rande gelegen. Die Fortpflanzungsorgane sind unbekannt. Die Länge des Thieres = 0,8'". Lebt im Meere, an der Oberfläche (Juli 1877). IL Prostomum boreale n. sp. und paxyillatiini n. sp. (Taf. IV, Fig. 3 und 4.) Eine der gewöhnlichsten Turbellarien, die sehr oft in der Klosterbucht, an Fucus und Laminaria vorkommt, ist ein weisses kleines Prostomum, das ich zu einer neuen Art zu zählen mich genöthigt fühle und Prostomum bo- reale benenne (s. Taf. IV Fig. 3). Der Körper ist lanzettförmig, sich sehr allmählich gegen das Hinterende verjüngend, das fast zugespitzt er- scheint. Gegen das Vorderende verbreitert sich der Körper im Gegentheil immer mehr und mehr, und so erreicht er die grösste Breite am oberen Drittel der Gesammtlänge, dann beginnt er wieder sich rasch zu verengern und run- det sich am Vorderende zu. Der ganze Körper ist gleich - massig von kleinen, überall gleichlangen Wimpern bedeckt. Die Körperwandung oder das sogenannte Integument ist nicht sehr stark entwickelt (s. Fig. 3, a), doch ist sie gut sichtbar. Am Vorderende, in einer besonderen Höhle (Rüsseltasche nach Graaf) befindet sich ein nichts beson- deres darbietender Rüssel (s. Fig. 3, c). Sein Vordertheil ist mit Höckerchen bedeckt und sein Hintertheil längs- gestreift. Der Rüssel kann durch eine enge, erweiterungs- fähige, am oberen Körperpole gelegene Oeffnung sich aus- stülpen (s. Fig. 3, b). Dies sieht man gut, wenn das Thier mit seinem Ende en face zum Beobachter sich stellt. Am Grunde des Rüssels befinden sich zwei helle Flecke und eine sie verbindende Commissur. Das ist das Nerven- system, über dem zwei schwarze Augen bemerkbar sind (s. Fig. 3, d). 44 C. Mereschkowsky: Die Mundöffnung und der wahrscheinlich') die für Prostomura- Arten gewöhnliche beständige Rosettenform dar- bietende Schlund, liegt ein wenig höher als die Mitte des Körpers, zwischen dem mittleren und oberen Drittel des- selben (s. Fig. 3, f). Die Geschlechtsorgane stehen am nächsten denen von Prostomum helgolandicum Meczn., das Mecznikow im Jahre 1865 beschrieb 2). Die weiblichen Geschlechts- organe bestehen aus paarigen Keimstöcken (s. Taf. IV, Fig. 3, h), die fast in der Mitte des Körpers liegen und ebenso paarigen Dotterstöcken, die die Seitentheile des Körpers fast der ganzen Länge nach unter der Gestalt von ziemlich engen Schläuchen durchziehen (Taf. IV, Fig. 3, gg). Bei dieser Art sieht man keinen Uterus, der bei P. helgolandicum so entwickelt ist. Die männlichen Geschlechtsorgane bestehen aus einem paarigen Hoden, der aus ovalen Läppchen zusammengesetzt ist und die Form einer traubenförmigen Drüse hat (Fig. 3, ii). Auf jeder Seite befindet sich eine solche. Dann sieht man noch eine unpaarige ziemlich grosse vesicula seminalis, von ovaler Form, mit seiner Oeffnung nach unten ge- wendet (s. Fig. 3, k). Sein Inhalt ist faserig. Um die Oeffnung erhebt sich ein Hälschen oder kegelförmiges glattwandiges Hügelchen (Fig. 3, 1), das in einen, wie es scheint, chitinigen penis übergeht (Fig. 3, m). Der letztere ist deutlich doppelt conturirt, von cylindrischer Form, an der Oberfläche gerippt. Neben dem penis befindet sich ein nicht symmetrisch, sondern einer Seite näher gele- 1) Ich sage wahrscheinlicli, denn ich erinnere mich nicht mit Gewissheit der Beschaffenheit des Schlundes. An meiner Zeichnung erschien dieser Theil — ich weiss nicht warum — sehr schlecht ab- gebildet, mit einer sehr geringen Zahl der Scheidewände. Ich halte es fast für gewiss, dass die Zeichnung nicht ganz genau ist, dass sie dann nicht vollendet war, dass der Bau des Schlundes und Mundes bei Prostomum boreale eben solcher, wie bei allen anderen Prostomum ist. 2) Mecznikow, Archiv f. Nat. 1865 Bd. I p. 176 und 177, Taf. IV Fig. 3. lieber einige Turbellarien des Weissen Meeres. 45 gener, langer, säbelförmig gebogener und am Ende sehr zugespitzter Stachel (s. Fig. 3, o), auch chitiniger Natur, dessen Grund an einer kegelförmigen Erhebung sitzt (s. Fig. 3, n). Aller Wahrscheinlichkeit nach dient dieses Organ als Vertheidigungs- oder Angriffswaffe. Sowohl der Form der Geschlechtsorgane, als insbesondere der Gestalt dieses zugespitzten Staehelapparates nach steht die Art des Weissen Meeres dem Pr. helgolaudicum sehr nahe. Bei allen übrigen Arten derselben Gattung giebt es keinen solchen ganz freien und selbstständigen, dazu noch als penis nicht functionirenden Stachel. Diese Eigenthiim- lichkeit ist also insofern interessant, dass sie die nahe Verwandtschaft beider Formen beweist. Die beiden Arten unterscheiden sich aber sowohl durch die allgemeine Kör- perform (die Art des Weissen Meeres ist mehr verlängert, das Hinterende mehr ausgezogen), als auch durch die Ge- schlechtsorgane (Abwesenheit des Uterus bei Prostomum boreale, traubenförmige Hoden) und die bei Pr. bo reale mehr dem Körperende genäherten Augen. Die Körperlänge = 1 mm — 1,5 mm. Die Farbe dieser Art ist milchig- weiss, unter dem Mikroskope aber erscheint sie farblos und ziem- lich durchsichtig. Schliesslich will ich noch eine besondere Art Drüsen oder drüsenähnliche Körperchen, die neben dem Rüssel- grunde dieses Thieres sich befinden, erwähnen. An beiden Seiten des Rüssels, nämlich dicht am Grunde desselben (s. Fig. 3, e), liegt ein Büschel drüsenartiger Körperchen, etwa drei in Zahl, deren zugerundete Seiten nach innen und oben gewendet sind, während die verengerten Enden oder die Ausführungsgänge an den Seitenrändern nach unten ziehen. Die Bedeutung dieser Organe blieb für mich zweifelhaft. Vielleicht ~ doch ist wenig wahrschein- lich — - liegen uns hier sogenannte Schlauchmuskeln vor, d. h. Muskeln, die eine Art Schläuche mit zugerundeten, blinden Enden vorstellen und die von Graaf beschrieben sind ^). Uebrigens ist es auch möglich, dass sie sich 1) Graaf, Zur Kenntniss der Turbellarien. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie 1874 Bd. XXIV p. 131. 46 C. Mereschkowsky: als Trichocysten bildende Zellen, sogenannte Bildungs- zellen ^) erweisen werden. Ausser diesem Prostomum fand ich im Weissen Meere nocli eine sehr interessante Art, die ich aber ganz unvoll- kommen untersuchte, die nichts desto weniger, Dank eini- gen Structureigenthümlichkeiten , unstreitig eine neue Art bilden muss (s. Taf. IV, Fig. 4). Der Körperform nach ist sie sehr der vorigen Art ähnlich, nur ist das Vorderende nicht zugerundet, sondern gerade abgestutzt und mit sechs in einer Reihe angeord- neten Zacken oder Säulchen versehen, die ohne Zweifel als Tastorgane dienen (s. Fig. 4, c). Die Körperwan- dungen (s. Fig. 4, a) sind äusserst undeutlich zu sehen, die Oberfläche ist überall mit kurzen gleichlangen Wimpern bedeckt. Am Vorderende befindet sich die Rüsseltasche (s. Fig. 4, b), deren Innenseite mit scharfen, nach innen gerichte- ten Spitzen bewaffnet ist. Der Rüssel selbst (s. Fig. 4, d) ist von kegelförmiger Gestalt, ziemlich kurz und nicht wie gewöhnlich aus zwei Theilen bestehend, sondern ganz mit regelmässigen Streifen bedeckt, die aber nicht längs, son- dern quer verlaufen. Wahrscheinlich stülpt sich bei der Ausstülpung des Rüssels auch die mit scharfen Spitzen be- waffnete innere Wandung der Rüsseltasche um; die Spitzen richten sich dann nach vorn und können als passende Waffen sowohl zur Vertheidigung, als zum Angriff dienen. Hinter dem Rüssel sieht man zwei schwarze Augen (s. Fig. 4, e), die über den hellen Flecken — dem Nervensysteme — liegen. Was die andern Organe des Thieres betrifft, so waren trotz der Farblosigkeit und Durchsichtigkeit des Körpers seine optischen Eigenschaften so ungünstig, dass ich ausser dem Munde und Schlünde nichts zu bemerken im Stande war, auch waren die letzteren sehr undeutlich, nur als ein heller runder oder ovaler, in der Mitte des Körpers gele- gener Fleck sichtbar. Diese Art kann man Pr. papilla- 1) 1. c. p. 128 Taf. XV Fig. 4 und Taf. XVI Fig. 1, bz. Ueber einige Turbellarien des Weissen Meeres. 47 tum, wegen der am Vorderende gelegenen Höckerchen nennen. Die Länge ist unbedeutend, etwa 0,5 mm. Ich begegnete dieser Art nur ein Mal und in einem Exem- plare, in der Klosterbucht der Solowetzky- Insel, an der Oberfläche. Ende Juni 1877. Insbesondere werden also für diese Art erstens seine endständigen Höckerchen und die Spitzen an der Innen- wand der Rüsseltasche charakteristisch sein. Grösserer Bequemlichkeit wegen will ich die Diagnosen beider Ar- ten, soweit sie von mir untersucht sind, anführen. Prostomum horecde nova species. Der Körper ist lanzettförmig, mit beträchtlich ausge- zogener und sich allmählich zuspitzender Hinterhälfte. Der Rüssel ist kurz, zwei schwarze Augen liegen dem Vorder- ende sehr nahe. Der Mund und der rosettenförmige (?) Schlund sind etwas höher als die Mitte des Körpers ge- legen. Die Geschlechtsorgane bestehen aus zwei paarigen, an den Seiten des Körpers gelegenen Dotterstöcken, zwei Keimstöcken in der Mitte desselben, aus zwei trauben- förmigen Hoden, aus einem symmetrisch gelegenen ovalen Receptaculum seminis mit einem Hälschen und endlich aus einem cylindrischen, an der Oberfläche gerippten, nach hinten gerichteten Penis. Ausserdem bemerkt man im Körper noch einen unsymmetrischen, neben dem Recepta- culum gelegenen spitzen Stachelapparat. Der Körper ist weiss gefärbt, durchsichtig, 1 mm — 1,5 mm lang. Meeres- bewohner, an Fucus und Laminarien, Klosterbucht sehr häufig (Juni und Juli 1877). Prostomum papiUcdum nova species. Der Körper ist verlängert lanzettförmig. Das Vorder- ende ist abgestutzt und trägt sechs Tasthöckerchen von cylindrischer Form, die am Ende zugerundet sind. In der Rtisseltasche ist die innere Wandung mit Spitzen bedeckt. Der Rüssel ist kegelförmig, ohne Höcker am Vorderende, sondern der ganzen Ausdehnung nach quergestreift. Der Mund und Schlund liegen in der Mitte des Körpers. Der Körper ist farblos, durchsichtig, 0,5 mm lang. Selten. 48 C. Mereschkowsky: Meeresbewohner (Klosterbuclit), an der Oberfläche (Juni 1877). III. Mesostomum Graffil (Taf. IV, Fig. 2 und 5). In den süssen Gewässern der Solowetzky-Inseln, näm- lich im sogenannten Heiligen See (Swiataje Osero), der dicht hinter dem Kloster liegt, fand ich nicht selten einen neuen, braunen Strudelwurm, der zur Gattung Mesostomum gehört und zu deren Beschreibung ich jetzt übergehe. Die Körperform (s. Taf. IV, Fig. 2) ist verlängert, am Hintereude ist sie breiter und regelmässig zugerundet, am Vorderende viel enger. Dies kommt in dieser Gat- tung ziemlich selten vor, denn bei der Mehrzahl der Arten erscheint das Hinterende nicht zugerundet, sondern aus- gezogen und mehr oder weniger zugespitzt. Das Integument (s. Fig. 2, a) ist nicht sehr stark ent- wickelt; die ganze Oberfläche ist mit gleichförmigen, fei- nen, überall gleich langen Wimpern bedeckt. Der Mund und der rosettenförmige Schlund sind von gewöhnlicher Gestalt (s. Fig. 2, b), ihre Lage aber ist eine abweichende, da sie nicht wie es gewöhnlich bei dieser Gattung der Fall ist, in der Mitte des Körpers, sondern im Gegentheil dem Vorderende verhältnissmässig sehr nahe, etwa an der Grenze des ersten und zweiten Viertels der Totallänge liegen. Genau in der Mitte des Körpers bemerkt man aber eine andere, von Hautfalten umgebene und folglich mehr oder weniger erweiterungsfähige Oeffnung (s. Fig. 2, c). Es ist ohne Zweifel die Genitalöffnung. Von den Geschlechtsorganen sah ich ganz deutlich zwei symme- trisch gelegene Keimstöcke, die unter dem Schlünde ge- legen (Fig. 2, d) und als runde oder birnenförmige, mit wenigen Eiern erfüllte Schläuche gestaltet sind. Ich sah weder Dotterstöcke, noch männliche Geschlechtsorgane. Was die letzteren betrifft, so bin ich jetzt sehr zu glauben geneigt, dass sie gar nicht oder sehr wenig entwickelt seien und dass ich nur weibliche Individuen getroffen habe. Wissen wir doch durch Mecznikow's Beobach- tungen an Pr. lineare, dass exquisiter und vollkommener Hermaphroditismus keineswegs ganz beständig und unver- üeber einige Turbellarien des Weissen Meeres. 49 änderlich sei, sondern dass er mehr oder minder schwan- ken kann, indem bald die männlichen, bald die weiblichen Organe in ihrer Entwicklung prävaliren. Besonders ist das Wassergefässsystem interessant, das bei meiner Art sehr leicht zu beobachten ist. Dieses besteht aus zwei ziemlich dünnen Gefässeu (s. Fig. 2, e), die längs den Seitenrändern ziehen, indem sie am Schlünde beginnen und am Hinterende sich wahrscheinlich in win- zigste Aestchen auflösen. In ihrem Verlaufe bilden sie viele Biegungen und Schleifen (Fig. 2, e). Nachdem sie den Ort, wo der Schlund liegt, erreichen, biegen beide Ge- fässe rechtwinklig um und verlaufen nach innen, wo sie in der Mitte des Körpers und über dem Schlünde \) zu- sammentreffen und eben hier durch eine kleine, runde Oeff- nung ausmunden (s. Fig. 2, f). Dieser Theil des Wasser- gefässsystems ist bei stärkerer Vergrösserung in Fig. 5 abgebildet. Hier sieht man die runde Ausmündungsöffnung (s. Fig. 5, a), die von geringen Falten oder Runzeln der Haut umgeben ist ; beiderseits bemerkt man ausserdem noch zwei Anschwellungen , die nichts anderes als Erweiterungen der Gefässe vorstellen (s. Fig. 5, bb). Der Durchmesser dieser Vorhöhlen ist nur ein wenig kleiner als der der Ausmündung und sie vereinigen sich mit derselben mit- telst kurzer, enger Böhrchen. Ich konnte mich leicht überzeugen, dass sie keineswegs herzenähnliche, den con- tractilen Vacuolen der Infusorien analoge, für Ausstossung des Wassers oder überhaupt für die Circulation desselben dienende Organe seien; denn während der Beobachtung bemerkte ich in denselben keine Contraction oder Pulsa- tion. Gegenwärtig kann ich mir nicht die Bedeutung die- ser Anschwellungen erklären, die, soviel mir die Sache be- kannt ist, noch bei keiner anderen Turbellarien-Art ge- sehen wurden. 1) So ist es auch bei der Mehrzahl der Mesostomum-Arten, bei M. pusillum 0. S. (Rhabdocoelen des süssen Wassers 1848 p. 52) liegt die OefFnung höher als der Schlund; bei M. personatum 0. S. giebt es deren sogar zwei, davon eine höher als die Augen gelegen . Archiv für Naturg. XXXXV. Jahrg. 1. Bd. 4 50 C. Meresclikowsky: Mesostomum Graffii, das ich Herrn L. Graff zu Ehren, der die Litteratur der Turbellarien durch eine in- teressante Arbeit über diese Würmer bereicherte (s. Zeitschr. f. wiss. Zoologie 1874 XXIV) benenne, ist ziemlich dunkel, schmutzig-braun und nicht ganz gleichmässig gefärbt, viel- mehr ist das Pigment in unregelmässigen und unregel- mässig zerstreuten Massen und Körnern vertheilt, die be- sonders scharf in der Mitte des Körpers hervortreten. Am vorderen Körperende sind zwei grosse schwarze Augen (s. Fig. 2, g) bemerkbar, die in der Mitte zwischen dem Schlünde und dem Körperende liegen. Das Nerven- system besteht aus zwei kaum bemerklichen hellen Flecken, welchen die Augen aufliegen. Die Länge des Thieres = 0,5 mm — 0,8 mm. Die Bewegungen sind schnell, die Ver- änderungen der Körperform unbeträchtlich. Also sind für diese Art folgende Merkmale charakteristisch: 1) das zu- gerundete und verbreiterte Hinterende, 2) die eigenthüm- liche Zusammensetzung des Wassergefässsystems und 3) die Lage des Mundes. Die Diagnosis wird also folgen- dermassen lauten: Mesostomum Graffii nova species. Der Körper ist verlängert, das Hinterende breit und zugerundet, das Vorderende stark verengert. Der Mund und rosettenförmige Schlund liegen dem Vorderende sehr nahe, lieber dem Munde liegt die Mündung des Wasser- gefässsystems und beiderseits derselben befinden sich zwei kugelförmige Anschwellungen desselben. Die zwei Seiten- stämme ziehen nach unten sich biegend an den Seiten des Körpers. Die Geschlechtsorgane bestehen aus zwei sym- metrischen Eierstöcken von runder Form und unter den- selben, in der Mitte des Körpers, liegt die deutlich sicht- bare Geschlechtsöffnung (Genitalporus). An dem vorderen verengerten Körpertheile befinden sich zwei schwarze Augen. Die Farbe ist schmutzig -braun, ungleichmässig vertheilt. Die Länge = 0,5 mm— 0,8mm. Süsswasserbewohner. (Swia- toje osero, Solowetzky-Inseln, Juli 1877.) lieber einige Turbellarien des Weissen Meeres. 51 IV. DinopJiilus vorticoides 0. Sclim. (Fig. 6-11.) Schliesslich will ich noch einiges über einen sehr interessanten Strudelwurm Dinophilus vorticoi- des 0. S., der in grosser Menge im Weissen Meere vorkommt, mittheilen. Zuerst war er von 0. Schmidt*) im Jahre 1848 bei Faröer gefunden. Im Jahre 1851 be- schrieb ihn von neuem P. J. van Beneden^), der diese Form an der Belgischen Küste fand. Beide Beschreibungen stimmen ziemlich gut überein; was aber einige Details der Färbung, Form etc. betrifft, so lässt sich 0. Schmidt's Beschreibung auf die Art des Weissen Meeres besser, als die Schilderung des belgischen Gelehrten anwenden^). Wer in Hunderten die Individuen dieser Art zu er- halten wünscht, muss sie nur an Laminarien suchen, die in der Tiefe von 1 bis 2 Meter in der Klosterbucht „zwischen den Kreuzen" wachsen, d. h. dort, wo sich ein enger und seichter Durchgang zwischen zwei kleinen Inselchen be- findet; durch diesen letzteren können Kähne aus der Bucht in's offene Meer gelangen. Wenn man diese Laminarien mittelst des Müller'chen Netzes zusammenhäuft^ so werden mit einer Menge Copepoden zusammen auch Hunderte die- ses hübschen lebhaft roth gefärbten Strudelwurms, sowie auch, obwohl in weit geringerer Zahl, das weisse Pro sto- mum boreale erhalten. Die Form des Thieres ist aus der Fig. 6 zu er- 1) 0. Schmidt, Neue Beiträge zur Naturgeschichte der Wür- mer etc. 1848. 2) van Beneden, Notice sur un nouveau Nemertien de la cote d'Ostende. Bul. Acad. Royal. Belg. t. XVIII, N. 1 1851. 3) Ferner s. über diese Art: Die sing, Syst. Ilelminth. 1 235. M. Schnitze, Troschels Archiv 1849 I 290. Quatrefages, Bul. Acad. Belg. t. XVIII 1851 368. Leuckart, Troschels Arch. 1854 II 351. van Beneden, Rech. Faun. litt. Belg. Turbel. 29 Tab V, 13—18. Diesing, Revision der Turbellarien 1862 2. Abth. 240. Ausser dieser Art giebt es noch andere D. borealis Dies.; mit zwei weissen Qaerstreifen (= Vortex vittata Fr. Leuckart und Piagio- stomum boreale 0. Schm. Sitzungsb. der Kais. Akad. Wien IX 499) und D. girociliatus 0. Schm. S. Diesing, Revision. 240—41. 52 C. Mereschko wsky: sehen; sie kann freilich sich ändern, doch geschieht es nicht in so hohem Grade, wie es van Beneden schil- dert. Auch unterscheidet sich der Farbe nach die Form des Weissen Meeres von der belgischen, sie ist nämlich dunkler, tiefer roth gefärbt. Dann fehlen bei der belgi- schen Form auch jene Borsten, die am Kopfe entweder büschelförmig geordnet, wie es 0. Schmidt beschreibt, oder als fünf separat stehende Cilien (Fig. 6, f), wie ich es bei der Form des Weissen Meeres sah, sich befinden. Also kann man die belgische Form für eine besondere Varietät, Varietas belgica, halten. Der Mund hat die Form eines dreistrahligen Spaltes (Fig. 6, a), wobei der unterste Strahl den längsten vor- stellt. Der Schlund ist eng, cylindrisch (Fig. 6, b) und oben ein wenig gestreift. Am unteren Ende des Schlun- des sieht man einen Körper, der in etwas einem conischen quergestreiften Rüssel ähnlich (Fig. 6, c); denselben hat auch 0. Schmidt bemerkt. Die Wandungen des Magens sind mit runden Zellen belegt, die mit runden, orange- farbenen und Fetttropfen ähnlichen Kügelchen vollgestopft sind. Die Färbung des Körpers hängt eben von diesen orangefarbenen Kügelchen ab, die frei oder (und dies ge- schieht seltener) von runden Zellen umschlossen in grosser Menge durch den ganzen Körper zerstreut sind (s, Fig. 9). Als andere histologische Elemente kommen noch ganz farb- lose, rundliche Zeilen (s. Fig. 11) vor, die leicht durch Zerzupfen des Thieres zu erhalten sind und wie echte Amoeben herumkriechen. Die Augen (s. Fig. 6, g) be- stehen aus einer Menge tief rother, rundlicher, nicht ganz regelmässiger, stark lichtbrechender und nierenförmig angeordneter Körperchen (s. Fig 10). Die Linse fehlt Besonders aber sind die Spermatozoiden dieses Thier- chens interessant. Sie bestehen gewöhnlich aus einem runden oder länglichen Köpfchen und einem sehr langen Faden, der zickzackförmig gebogen ist (s. Fig. 7, a). InFolge dieser beträchtlichen Länge kann das Spermatozoid nicht bequem und schnell von einem Orte zum andern übergehen, sondern seine Bewegungen äussern sich nur in verschie- denen Biegungen des Fadens selbst. Zuweilen erscheint lieber einige Turbellarien des Weissen Meeres. 53 das Köpfchen gleichsam doppelt, wobei das untere, spin- delförmige mit dem oberen mittelst eines ziemlich langen Hälschens vereinigt ist (s. Fig. 7, c). Zuweilen ist das spindelförmige Köpfchen oder Körperchen mit vier Faden oder Schwänzchen versehen, die doch alle die erwähnten eigenthümlichen zickzackartigen Biegungen zeigen und zu zwei an jedem Ende der Köpfchen befestigt sind (Fig. 8). Endlich begegnet man Formen, bei denen dieselben vier Faden an ein doppeltes Köpfehen angeheftet sind, das aus zwei spindelförmigen, mittelst eines Hälschens (Fig. 7, b) miteinander zusammenhängenden Köpfchen be- steht, d. h. im wesentlichen ganz so wie in der Fig. 8 be- schaffen sind. Es ist höchst wahrscheinlich, dass es sich im letzteren Falle um ein Zerfallen des Spermatozoids in zwei T heile handle. Ausser allen erwähnten Formen sah ich im AVeissen Meere noch etwa zehn Turbellarien- Arten, theils Dendro- coelen, theils sogenannte Nemertinen. Doch habe ich die- selben noch nicht bestimmt und bearbeitet, darum muss ich deren Beschreibung auf spätere Zeit verschieben. Ich will nur bemerken, dass von den Dendrocoelen besonders häufig zwei Arten vorkommen. Die eine, Lepto plana tremellaris Oerst., ist oben braunroth und unten milchig- rosafarben, eine bedeutende Grösse erreichend, leicht an Laminarien zu bekommen. Die andere, wahrscheinlich eine neue Art aus der Gattung FoviaGir., ist kleiner als die vorige, regelmässig oval oder ein wenig verlängert, hell gelblichbraun gefärbt, mit queren, dunkleren, roth- braunen Streifen auf der Oberseite, die die Mitte nicht erreichen, mit zwei nierenförmigen Augen. An Laminarien begegnet man derselben niemals, um so häufiger findet man sie aber an den Steinen, die an der Küste liegen. Ich werde sie vorläufig F. lapi dar ia nova species nennen. Allerdings steht sie F. affinis Stimps.*) nahe, von der 1) Die sing, Syst. Heirain th. I 206. 54 C. Meres chkowsky: sie aber durch ihre StreifuDg an der Rückenseite abweicht. Vielleicht haben wir es hier nur mit einer Varietät der letzten zu thun. St. Petersburg, den 24. März 1878. Erklärung der Abbildungen auf Tafel IV. Fig. 1. Alauretta viridirostrum, nov. gen. et spec. a äussere Körperschicht (Integuraent). b schnabelartiger Vordertheil des Körpers. c trichocystenartige Körperchen der äusseren Körperschicht, dl — dg ricgförraige quere Seheidewände der inneren Schicht^ welche die Körperhöhle in sechs Segmente theilen. e Mundöffhung. f Darmkanal. g äussere Einschnürungen, die der inneren Gliederung ent- sprechen. h After(?)ö£fnung. i die streifige Structur der Scheidewände; sie tritt bei sol- cher EinsteHung des Mikroskopes hervor, wenn der innere Rand der Scheidewand in seinen Brennpunkt gebracht ist. k der Ort, wo der Flimmer Überzug des Körpers aufhört. 1 zwei Seitenborsten, mj — mg sechs Segmente, in welche die Körperhöhle getheilt ist. n Nervensystem. 0 Augen. p undeutliche Bildungen, vielleicht Geschlechtsorgane. Fig. 2. Mesostomum Graffii. a äussere Körperschicht. b Mundöffnung und Schlund. c Genitalöffnung. d zwei weibliche Geschlechtsdrüsen mit Keimen. e Seitenstämme des Wassergefässsystems. f Ausmündungsöffnung des Wassergefässsystems. g Augen. P^'ig. 3. Prostomum bo reale, nova species. a äussere Körperschicht. b die Oeffnung der Rüsseltasche. c Rüssel. d Augen. üeber einige Turbellarien des Weissen Meeres. 55 e seitliche drüsenartige Körperchen. f Mund- und Schhmdöffnuug, g zwei seitliche Dotterstöcke. h zwei seitliche Keimstöcke. i traubenförmige Hoden. k Vesicula seraiualis. 1 sein Hälschen, welches in den Penis übergeht. m Penis. n kegelartige Verdickung des Stachels. o Stachelapparat. p Geschlechtsöffnung. Fig. 4. Prostomum papillatum. a äussere Körperschicht. b Rüsseltasche mit Spitzen an der inneren Oberfläche. c Tasthöckerchen am Vorderende. d Rüssel. e Augen. f Mund und Schlund. Fig. 5. Oberer Theil des Wassergefässsystems bei Mesostomum Graffii, mehr vergrössert. a äussere Oeffnung. b zwei kugelförmige Gefässerweiterungen. c Seitengefässe. Fig. 6. Dinophilus vorticoides 0. Schmidt, weibliches Individuum. a Mundöffnung. b Schlund, c Rüssel. d Magen. e paarige Eierstöcke. f fünf Tastborsten. g Augen. Fig. 7. Die Spermatozoen von Dinophilus vorticoides. a die am öftesten zu begegnende Form. b ein wahrscheinlich im Theilungsvorgange begriffenes Sper- matozoon. c ein Spermatozoon mit doppeltem Köpfchen. Fig. 8. Ein Spermatozoon mit vier Schwänzchen, Fig. 9. Orangefarbene fettähnliche Tropfen in kugelförmige Haufen vereinigt. Sie bedecken die Magenwandungen bei Dino- philus vorticoides; auch finden sie sich im Körperparen- chym zerstreut. Fig. 10. Auge von Dinophilus vorticoides. Fig. 11. Amoebenartige Zellen aus dem Körper desselben. Zur Kenntniss des afrikaiiisclien Elephaiiteii. Von Dr. med. August von Mojsisovics, Docent an der Universität und am Polytechnikum in Graz. I. Ueber den sogenannten Pharyngealsack. Hierzu Tafel V, Figur 1. Herr Professor Watson hat in einer Reihe von Ab- handlungen^) Beiträge zur Anatomie des indischen Ele- phanten geliefert, die unsere Kenntniss über dieses so oft untersuchte, „anatomisch" aber keineswegs vollständig er- kannte Thier, wesentlich förderten. Durch einen günstigen Zufall ^) erhielt ich einige Ein- geweidepartien eines im Herbste 1877 verstorbenen, circa 2V2 Jahre alten, männlichen afrikanischen Elephanten zur Untersuchung ~ anknüpfend an die oben erwähnten Publi- cationen theile ich im Nachstehenden einige meiner Sections- aufzeichnungen mit. Um die wiederholt beobachtete Thatsache, dass der Elephant mittelst seines Rüssels Wasser „aus dem Maule hole", um „sich zu bespritzen", anatomisch zu erörtern, unterzog Mr. Watson den Pharynx nebst adnexen Theilen (beim indischen Elephanten) einer eingehenderen Unter- 1) Watson M., Contributions to the anatomy of the indian Elephant in Humphry and Turner „Journal of anat. and physiol/' Vol. VI— IX 1872—1875. 2) Die üebermittelnng des werthvollen Materiales verdanke ich der Liebenswürdigkeit des Herrn Professors Dr. Hans Kundrat in Graz. Augast von Mojsisovics: Zur Kenntniss des afrik. Elephanten. 57 suchung*. Er zeigte, dass der Elephant durch den ins Maul gesteckten Rüssel einen Eeiz am weichen Gaumen errege, der eine ,, regurgitation of water from the stomach" zur Folge hat — indem er beiläufig diesen Vorgang mit dem physiologischen Acte des Wiederkauens vergleicht, kömmt er zu der gewiss sehr plausiblen Meinung, dass auch die- ser freiwillige Brechact wesentlich unter gemeinschaftlicher Action des Zwerchfelles und der Muskulatur der Bauch- presse vor sich gehe. — Höchst interessant ist die von Watson für den Pharynxraum des genannten Thieres be- schriebene Einrichtung, die es dem Elephanten ermöglicht auf zwei verschiedenen Wegen Wasser aus seinem Magen zu „pumpen". — Indem er vorerst die Enge der oberen Pharynxapertur als kaum durchgängig für eine geballte, geschlossene Faust schildert, fährt er fort: „Tmmediately posterior to this narrow aperture the pharynx dilates into a pouch of large size capable of containing a considerable quantity of fluid. Tliis pouch is prolonged forward beneath the root of the tongue, and is bounded in the following manner. The floor extends from the epiglottis as far for- ward as the root of the tongue, being formed from behind forward by the thyroid cartilage, thyro-hyoid membrane and hyoid-bone. Its lateral walls are completed by the sides of the pharynx (that is, by the superior constrictor muscles, in additiou to the stylo- and hyo-glossi muscies. The root of the tongue forms the anterior boundary, whilst the posterior wall is completed by depretion of the soft palate, or when the latter is elevated the pouch then communicates freely with the Oesophagus" etc. Zwischen dem Sack und der Concavität des Zungen- beines fand er eine sehr dehnbare Membran, welche die Expansion des Sackes begünstigt. Nach einer Schilderung der umgebenden Muskulatur, die im Original einzusehen ist, beschreibt er den weichen Gaumen als ein beinahe vollständiges Muskeldiaphragma, durch dessen „central aperture" der obere Theil des Larynx emporragt 1), eine Einrichtung, die an „Cetaceen" erinnert. 1) Schon Cuvier betont, dass der sehr länsfliche Kehldeckel 58 August von Mojsisovics: Der eine Weg, den das freiwillig erbrochene Wasser nimmt, führt durch diese Einrichtung begünstigt, direct in den hintern Naseneingang — der herabgedrückte weiche Gau- men verhindert hierbei den Wassereintritt in den Mund — und bei gleichzeitiger Mitwirkung des Diaphragmas und der Bauchpresse wird durch eine kräftige Exspiration das Wasser durch den Rüssel hinausgespritzt. Der andere Weg ist gebahnt bei Hebung des weichen Gaumens — hierbei gelangt das erbrochene Wasser in den Pharyngealsack, aus welchem es mit eingeführtem Rüssel quasi ausgepumpt wird. Diese in möglichster Kürze gegebene Wiederholung der Untersuchungsergebnisse Mr. Watson's hielt ich für nöthig, da ich einen Pharyngealsack ^ von der eben be- schriebenen Form und in der Weise bei dem jungen afri- kanischen Elephanten nicht vorgebildet fand, hingegen zwei seitlich vom Introitus ad laryngem gelegene Diverti- kel beobachtete, die einem ähnlichen Zwecke dienen möch- ten und die, obwohl so beiläufig schon lange bekannt, neuer- dings in Vergessenheit gerathen zu sein scheinen. Cuvier, Vorlesungen über vergl. Anatomie Vol. III pag. 293 (deutsche Ausgabe von Meckel) sagt, indem er eben die Epiglottis des Elephanten beschreibt, wörtlich folgendes : „Seine (des Kehldeckels) Grundfläche hängt in einer beträchtlichen Strecke mit den Giessbeckenknorpeln zu- mit seinem freien Rande über das Gaumensegel bis zu den hinteren Nasenlöchern hinaufreicht. C. Mayer, Beitr. zur Anatomie des Elephanten und der übrigen Pachydermen in den Verhandl. der Kais. Leop. Carol. Acad. der Naiurf. Vol. XXII, findet die Epi- glottis ganz kurz. 1) Es dürfte vielleicht zu erwähnen sein, dass bereits Cam- per „Description anatomique d'un lElephant male" in „Oeuvres de Pierre Camper etc. Tome second 1803" bei der Erklärung seiner Figur 3 Tafel XIX einen „sinus" beschreibt, der zweifelsohne mit dem „pharyngeal pouch" Mr. Watson's identisch ist. — Camper sagt: „II y a un grand sinus t. u. v. n. derriere la racine de la langue, qui peut etre contracte et bouche du cote superieur par le palais et par derriere au moyen de la valvule f. e." Zur Kenritniss des afrikanischen Elephanten. 59 samraen — zwischen ihnen und der inneren Fläche des Schildknorpels befindet sich auf jeder Seite eine tiefe Grube, wohin die flüssigen und festen Nahrungsmittel gehen, während die Stimmritze offen bleibt und das Thier selbst das Getränk in den Mund bläst, w^elches es mit dem Rüssel in die Höhe gezogen hat." Ferner vom „Gaumensegel": „Doch steigt er beim Elephanten bis unter den Kehl- deckel herab und dies Thier kann vermittelst dieser Ein- richtung Flüssigkeiten aus dem Rüssel in den Mund blasen und zugleich verschlucken, ohne dass sie in den Kehlkopf treten." Leider war ich bei der Ablösung von Zunge und Schlundkopf bei „unserm" Elephanten nicht zugegen, um die erwähnten Communicationsverhältnisse in situ zu stu- diren, mir lag nur der ziemlich sorgfältig abpräparirte Pharynx sammt adnexen Theilen zur Untersuchung vor — dem ungeachtet glaube ich nichts Wesentliches bei der folgenden Darstellung ausser Acht gelassen, bezüglich übersehen zu haben. Schlitzt man den Isthmus faucium sowie die überaus mächtige Pharyngealmuskulatur in der Medianlinie — um nicht zu sagen: Raphe — auf, so zeigen sich die zu besprechenden Verhältnisse, wie sie in Fig. 1 Taf. V sehr naturgetreu wiedergegeben sind. An den quergefurchten Theil des Zungenrückens schliesst sich die durch ihren Reich thum an (solitären) conglobirten Drüsen höckerig aussehende Zungenwurzel, welche durch eine sehr faltenreiche überaus dehnbare elastische Schleimhaut ausgezeichnet ist, an; es fällt sofort auf, dass an Stelle eines verbindenden medianen Ligamen- tum glosso-epiglotticum im gewöhnlichen Sinne eine quer- gestellte Schleimhautfalte ^) diesen, man kann sagen, grubig vertieften Theil des Zungengrundes von der Epiglottis respective vom Aditus ad laryngem abschliesst. Durch Fingerdruck lässt sich diese eigentlich seichte Grube nach unten längs des vorderen Randes des breiten Zungenbeinkörpers etwas mehr ausbuchten oder vorstülpen. 1) Vergl. Camper 1. c. 60 August von Mojsisovics: aber selbst mit einiger Kraftanstrengung vermochte ich — bei unverletztem Musculus genioglossus ! — nicht, einen so „hernienartigen" Sack zur Ansicht zu bringen, wie er in Mr. Watson's Abhandlung pag. 97 Figur 2 EE abgebil- det ist. Ich gestehe, dass ich beeinflusst durch die eben citirte Zeichnung, mich längere Zeit abmühte, diesen „Pharyngeal-pouch" anatomisch darzustellen — beim jungen afrikanis chenElephanten existirt er nach Eröffnung der oberen Pharynxwand und nach Durchschneidung des weichen Gaumens nur als leicht zu tibersehende seichte Grube. Untersucht man den Boden derselben genauer, so trifft man nach Ablösung der Schleimhaut (respective der Drüsenschichte) einen zarten flachen Muskel, der von der Vorderseite der Epiglottis entspringend in dem hintern Theile des Zungenfleisches sich verliert, es ist der von Mayer (a. a 0.) beschriebene und abgebildete Musculus glosso-epiglotticus. Unter diesem liegen die hier bereits zu einem platten, dünnen Muskelstrang gewordenen letzten Faserztige der Musculi genioglossi, entfernt man auch diese, so trifft man auf zwei schmale relativ zarte Muskelstränge, die seitlich der Medianlinie des Zungenbeinkörpers von dessen vorderem Rande und vorderer (unterer) Fläche neben ein- ander entspringen und sich divergirend zu den Seitentheilen der Zunge begeben, in deren Muskulatur sie sich einsen- ken; es sind die auch von Watson als ,,small muscles, which diminishes the depth of the pharyngeal pouch" be- schriebenen Muskelzüge ^). Die letzteren werden vollständig überdeckt durch den kräftigen Musculus geniohyoideus und die breiten seitlichen Musculi hyoglossi (Musculus mylohyoideus etc. kommen hier nicht in Betracht). Erwähnt man noch die Ligamenta hyo-thyreoidea und 1^ L. c. Vol. IX 1875 pag. 132 nennt sie Watson M. „hyo- glossus anterior". Zur Kenntniss des afrikanischen Elephanten. 61 die gleidmamigen Muskel, so wäre auch die eventuell mögliche hintere (untere) Grenze des Bodens dieser Grube im Wesentlichen gekennzeichnet. Dass dieser schon wegen der Elasticität seiner Wände nach vorne zu etwas vorstülpbare Raum geeignet sein dürfte, auch mit als „vorübergehender" Wasserbehälter zu functioniren, möchte ich keineswegs bezweifelt haben, es lässt sich aber auch diese Annahme sehr gut vereinen mit der früher citirten Cu vi er 'sehen Entdeckung^) wohl präformirter und ausgebildeter seitlicher Reservoirs. Des- gleichen möchten wohl die genannten Musculi hyo-giossi anteriores schon durch ihren Ursprung am Corpus ossis hyoidei befähigt sein, auf die jeweilige Tiefe der Grube einen Einfluss zu nehmen. Ist der Pharyngealraum auf die früher erwähnte Weise von oben her zugänglich gemacht, so präsentiren sich zwei schmale, platte, wie mächtige Schleimhautfalten aussehende Muskelzüge, die von den oberen Partien des Schlundkopf- schnürers (dem Eingänge in den Oesophagus zunächst ge- legen) zur hinteren Wand des weichen Gaumens ziehen; es sind die Musculi paiato-pharyngei; durchtrennt man den abgelösten weichen Gaumen in seiner Medianlinie, so kann man sie seitwärts umschlagen und es erscheint hier- durch der zwischen dem Aditus ad laryngem und der la- teralen Schlundkopfwand gelegene Raum in zwei ziemlich tiefe Gruben oder Säcke getheilt; der innere (rect. „un- tere") dieser Säcke wird begrenzt durch die mediale — in nicht abgetrenntem Zustande — untere Seite des be- treffenden Musculus palato-pharyngeus , durch je eine von der Palatinalinsertion des letzt genannten Muskels ab- tretende, hohe, massig straffe Sehleimhautfalte, die grossen- theils nach hinten ziehend sich in der Oesophagealschleim- haut verliert , nahe ihrer Ursprungsstelle jedoch eine kurze Querfalte medialwärts zur Epiglottis sendet und durch eine fast bogenförmige niedere Falte mit der cor- respondirenden Hauptfalte der anderen Seite sich verbin- 1) Bei älteren Autoren vermisse icb eine Erwähnung dieser „seitlichen Reservoirs". 62 August von Mojsisovics : det, — hinten durch die Pharynxwand und unten durch die Musculi thyreo-arythaenoidei. Der Sack entspräche der Lage nach am ehesten etwa dem Sinus pyriformis beim Menschen, ist etwas über zwei Centimeter tief, sechs Centimeter lang; die ihn ausklei- dende Mucosa zeigt zwischen überaus zarten queren ein Millimeter hohen und circa ein halb Centimeter von ein- ander entfernt liegenden Falten reichliche Papillen von muthmasslichen Drüsenausführungsgängen. Der äussere (eigentlich „obere") Sack, wenn man ihn so nennen darf, wird fast nur vom Musculus palato- pharyngeus, der in der Mitte seiner oberen Fläche bis zu V2 Centimeter Tiefe ausgebuchtet ist, gebildet; daher ist auch der Sack nahezu so lang wie der Muskel selbst — 7—8 Centimeter; eine seitliche und obere Begrenzung bil- det die Pharynxwand; seine Schleimhaut ist zwar wie die des Pharynx überhaupt in niedrige Querfalten erhoben, ist aber sonst fast glatt und ohne makroskopisch erkennbare Drüsen. Durch die zuvor beschriebenen seitlichen median- wärts zur Epiglottis ziehenden Schleimhautfalten werden im Vereine mit der unpaaren queren Falte noch drei — zwei laterale und eine vordere mediale — seichte Gruben ge- bildet, deren Mucosa mit spärlichen kleinen Drüsenpapillen besetzt ist. Die seitlichen Grüben sind etwas länger als der Adi- tus ad laryngem — 7 Centimeter, der Boden ist (nach Ab- trennung der Schleimhaut) von den Musculis arythaeuoi- deis, die mediale Wand durch den Giessbeckenknorpel, die laterale durch die grosse Palato-pharyngealfalte und die vordere Grenze durch die „Plica palato-epiglottica", wie ich diese quere Falte zur bessern Unterscheidung nennen will, gebildet. Nach hinten zu wird die Grube seichter und endet ohne bestimmte Grenze — in der Mitte ist sie beiläufig V2 Centimeter tief. Zur Kenntniss des afrikanischen Elephanten. 63 Die unpaare Grube liegt knapp vor der Epiglottis — sie ist ebenso seicht als leicht zu tibersehen — ihre Gren- zen ergeben sich aus dem geschilderten Verlaufe der Schleimhautfalten (siehe Fig. 1, Taf. V). Dem Gesagten zufolge bilden die Musculi palato- pharyngei, indem sie sich der Mittellinie mit ihren freien Rändern nähern, allerdings ein Jjeinahe „vollständiges Muskeldiaphragma", — der weiche Gaumen i) s. str. nimmt daran wenig Antheil; die genannten Muskel sind es, die denn auch in der That den Zugang zum Larynx vollstän- dig umschliessen , der mit seinem oberen Stücke selbst zwischen beiden dann hervorragt ; auf diese Weise werden die beschriebenen seitlichen Säcke sowie der nach Bedürf- niss ausgebuchtete Zungengrund sich mit Wasser füllen können und ohne Respirationsstörungen zu verursachen, die nöthige Zeit darinnen verweilen können; ferner wird im anderen Falle durch eine kräftigere Contraction der Falato- pharyngei der Aditus ad laryngem so vollständig ge- schlossen werden können, dass der von Mr. Watson ge- schilderte zweite Weg des Wassers direct aus dem Magen in die Choanen recht plausibel erscheint, zumal wenn das Thier gleichzeitig kräftig exspirirt ; hierbei wird der obere Sack zur momentan nöthigen Wasseraufnahme sehr geeig- net sein 2). 1) Nach Watson i. c. Yol. IX 1875 pag. '133 fehlen beim in- dischen Elephanten: der Musculus levator und tensor palati, der Musculus palato-glossus. Mayer 1. c. bildet Tab. III Figur 2 die zwei erst genannten Muskeln ab. — Nach Watson wäre der Palato-pharyngeus (verstehe ich ihn recht) der einzige Muskel des weichen Gaumens überhaupt. An Stelle der fehlenden Muskel sei eine weite Schleimhautfalte. So viel mir an dem bereits abgelösten weichen Gaumen zu erkennen möglich war, ist einstweilen keine Ursache vorhanden Mayer's Angabe, die durch ein klares Bild illu- strirt ist, in Zweifel zu ziehen. Siehe darüber auch Cuvier 1. c. 2) Besondere Structureigenthümlichkeiten der Speiseröhre oder des Magens, die zur näheren Erklärung dieses freiwilligen Brech- actes beitrügen, sind bisher nicht nachgewiesen worden — desshalb darf hier vielleicht hervorgehoben werden, dass der Oesophagus bei seinem ziemlich geraden Verlaufe nach abwärts sein Lumen all- 64 August von Moj siso vics: Zu weiteren diesbezügliclien „physiologischen" Ver- suchen — selbst der gröbsten Art, war das mir übergebene Präparat nicht mehr zu verwenden. II. Bemerkungen zum Bau der Bronchien. Hierzu Taf. V, Fig. 2, 3 und 4. Die Trachea mit einem Umfange von zwölf Centi- metern war aus 28 discreten, bisweilen gabelig getheilten Ringen gebildet. Mr. Bishop^) zählte deren 30; die mir sonst bekannt gewordenen Zählungen variiren indess ganz enorm. Soweit ich die Schleimhaut der nicht eröffneten Trachea von der Bifurcationsstelle aus tibersehen konnte, zeigte sie zarte niedrige Längsfalten 2), die nach Mr. Wat- son's Untersuchung aus elastischem Gewebe bestehen; wie dieser Forscher, fand auch ich diese Längsleisten ununter- mälilich bis zum doppelten Durchmesser erweitert und hierdurch einem langen schmalen umgekehrten Trichter in gewissem Sinne ähnlich wird; — er mass hinter dem Schlundkopfe circa 10, vor der cardia circa 20 Centimeter: mich erinnnerte diese Erweiterung an eine von Luschka erwähnte und von Arnold (Bemerk, über den Bau des Hirns und Rückenmarks Zürich 1838 pag. 211) als Antrum cardiacum" beschriebene Abnormität der menschlichen Speiseröhre, die das beim Menschen in seltenen Fällen vorkommende Wiederkäuen veranlassen soll. — Den Faserverlauf der enormen Oesophagealmusculatur beschreiben Cuvier, Mayer, Watson 1. c. u. A. Dass derselbe abweichend ist von dem im Wiederkäuerschlunde ge- fundenen betont nachdrücklichst bereits Cuvier 1. c. pag. 377. — Watson fand die Muskelfasern des Oesophagus bis zum For. oesoph. diaphr. „distinctly striated" (eine bei Säugern übrigens sehr häufige Erscheinung). Vergl. auch He nie, Eingeweidelehre pag. 151. 152. 1) Cyclopaedia of anat. and phys. (Todd) article „Yoice". Mayer 1. c. pag. 35. (Citat nach Watson.) 2) Cuvier 1. c. Vol. IV pag. 15. Zur Kenntniss des afrikanischen Elephanten. 65 brochen fortgesetzt in die beiden Bronchien, diese letzteren zeigen indess einen erst von Watson genauer erkannten Baui). Die Bronchien des Elephanten verlieren nämlich früher als die der meisten übrigen Säuger (exclusive Heulaffe, Ichneumon u. e. A.) ihre knorpelige Stütze; aufgeschnitten zeigen sie an ihrer Innenfläche hohe, breite, wohl ent- wickelte Längsleisten, die parallel neben einander (in un- unterbrochener Fortsetzung der niedrigen Trachealschleim- hautfalten) verlaufen, successive sich verjüngend, zarter werden und wie ich finden konnte, sich bis in Bronchial- ramificationen von ^U Millimeter Durchmesser mit unbe- waffnetem Auge gut verfolgen lassen ; von hier ab verlieren sie sich, makroskopisch nicht mehr deutlich erkennbar. Die Zahl der höchst unvollkommen entwickelten Bronchialknorpel scheint recht different zu sein; Mr. Wat- son zählt für den rechten Bronchus acht, für den linken sechs Ringe; ich fand hingegen in ersterem vier, in letzte- rem aber nur drei überaus rudimentäre Knorpelspangen; jederseits war eine dieser etwas gespalten. Die Rami- fication der grösseren Bronchialverzweigungen ist wenig- stens theilweise eine dichotomische und darf daher wenig- stens für den afrikanischen Elephanten nicht als „quite irregulär" bezeichnet werden. Zur mikroskopischen Untersuchung wählte ich die umfänglichsten unmittelbar auf die letzten Knorpelringe folgenden Bronchialabschnitte, erhärtete sie in wasserfreiem 1) Dieser war in seinen gröberen Verhältnissen schon Per- rault bekannt: l'äpre-artere n'en ^voit pastroit, eile etoit longue de deux pieds depuis le larynx jusqu'ä son entree dans ie poümon, oü eile devenoit toute membraneuse, ainsi que nous l'avons trouve dans l'Aulruche: hors du poümon ses anneaux saisoient presque tout le cercle etc. Ibidem (Perrault) pag. 532 planche Lxxxn 0. p. P2. Archiv für Naturg. XXXXV. Jahrg. 1. Bd. 5 ' 66 August von Mojsisovics: Alkohol und behandelte die longitudinalen und transver- salen Schnitte zum Theil mit Kalilauge, zum Theil mit zweiprozentiger Schwefelsäure. Knorpelreste waren auch auf diese Art nirgends mehr nachzuweisen. Auf eine äussere sehr mächtige Lage elastischer Fasern folgt eine dicke Schichte glatter Muskelfasern; hierauf kömmt wieder elastisches Gewebe aber von viel zarterer Beschaffenheit, welches in Form eines Längsbalken- gerüstes mit eingelagertem Fette angeordnet ist und wie es scheint vereinzelte Längsmuskelzüge zwischen einzelnen Faserbtindeln enthält. Die nunmehr folgende Schleimhaut hatte durch die weit vorgeschrittene Fäulniss so gelitten, dass ich über ihre Structur nichts näheres erfahren konnte. Auch Watsou, dessen Darstellung im Wesentlichen mit meiner übereinstimmt, beklagt das gleiche Missgeschick. Die in Figg. 2, 3 Taf. V abgebildeten starken Längs- leisten, welche die Bronchialschleimhaut wie aufgewulstet erscheinen lassen, sind, wie ein Blick auf die Figur 4 lehrt, vorzugsweise auf eine gewaltige Entwick- lung des Längsbalkengerüstes zu beziehen^). 1) Vergl. F. E. Schulze's Untersuchung des Scliweinebron- cbus, in dessen ausgezeichneter Abhandlung über: „Die Lungen" (Strickers Handbuch der Gewebelehre). Ob die Elepliantenlunge gelappt oder ungelappt sei, konnte ich, da wohl in Folge früherer Entzündungen vollständige Adhä- sionen zwischen beiden Pleurablättern und Lunge bestanden, wenig- stens nicht mit Sicherheit entscheiden — mir schien sie ungelappt zu sein; bekanntlich differiren in dieser Beziehung die Angaben in hohem Grade. Owen 1. c. beschreibt für die rechte Lunge „a lo- bular process" hinter der thoracalen Vena cava posterior in dem Kaum zwischen Herz und Zwerchfell ; die linke Lunge sei hingegen ungelappt. Nach Cuvier 1. c. pag. 185 Vol. IV träfe letzteres Ver- halten für beide Lungenflügel zu. — Vulpian und Philipeaux (Ann. Scienc. nat, 4 Serie Zool. Tom. 5 1856) beschreiben für die rechte Lunge drei Lappen: „P un lobe superieur tres petit; 2'* un lobe triangulaire in- terne, montant vers la trachee; 3*^ un lobe tres considerable, qui est constitue par le reste du poumon. Le poumon gauche n' offre pas de lobes naturellement separes; mais on le divise facilement, ainsi que le poumon droit, en un grand nombre de lobes et lobules, qui Zur Kenntiiiss des afrikanischen Elephanten. 67 Erklärung der Abbildungen auf Tafel V. Fig. 1. Zunge, weicher Gaumen, Pharynx und Larynx im Zusam- menhange, von Elephas africanus juv. (Die Zunge ist in ihrer vorderen Hälfte nach rechts etwas umgelegt — die hintere Pharynxwand ist median durchschnitten.) Halbe nat. Grösse. a = hakenförmiger Apex linguae. d = dorsum linguae. i •= isthmas. p V = die 7 papillae circumvallatae. 1 = Lappenanhänge der Zunge. m o = Mayer'sches Organ. p m = weicher Gaumen median durchschnitten, seitlich übergelegt. t = Eingang in die Tonsillentasche. ph p = der Boden des „Pharyngeal pouch" = radix linguae. p 6 = plica palato-epiglottica. p phar = plica palato-pharyngea. ra p = musculus palato-pharyngeus. I = innerer (unterer) Sack, vergl. Text pag. 61. ae = äusserer (oberer) Sack, vergl. Text pag. 62. e = Epiglottis. ad = aditus ad laryngem. oe = Oesophagus; tr = Trachea. Fig. 2. Zur Demonstration der Verästigung eines grösseren Bron- chialastes. Halbe nat. Grösse. Fig. 3. Stück eines Bronchus nächst der Trachealbifurcatiou ; auf- sont unis les uns aux autres par un tissu cellulaire lache et peu resistant." Nach Mr. Watson ist jede Lunge durch Fortsätze eines ver- bindenden laxen Gewebes in eine Zahl von Lappen getheilt; ent- fernt man diesen „Ueberzug" (tissue), so sind die Lappen separirt ; diese „rudimentären" Lappen sind gegen die Lungenspitze zu zahl- reicher; beide Lungen sind in Form und Lappenzahl übereinstim- mend, nur besitzt die rechte noch einen kleinen viereckigen ,,azy- gos lobe". Die Pleura trenne nicht die einzelnen Lappen, sondern ziehe ununterbrochen über die ganze Lunge hinweg etc. Mayer nennt die Elephantenlunge „einförmig gebildet". Angesichts dieser sich so widersprechenden Angaben verlohnte sich wohl eine neuerliche genaue Untersuchung! 68 August von Mojsisovics: geschnitten zur Demonstration der ..Längsbalken", natürl. Grösse. Fig. 4, Theil eines senkrechten Querschnittes durch einen Bronchus, ebendaher, etwas schematisirt nach einem Alkoholpräparat. Hartn. Obj. YIII Ocul. 3; Yergr. = 1 : 430. 1. äussere mächtige Lage elastischer Fasern. 2. glatte Muskelfasern (Kreisschichte). 3. innere Lage quer- und längsverlaufender elastischer Fasern. 4. Fett. 5. Längsmnskelfasern (?). 6. Epithellage. III. Pancreas und Ductus hepato-pancreaticus. Hierzu Taf. YL Der Ausführuiigsgang der zweilappigen Leber mün- dete bei dem von mir untersuchten jungen afrikanischen Elephanten 121 Centimeter unterhalb der Yaivula pylori ins untere „Querstück'' des im Ganzen 150 Centimeter langen Zwölffingerdarms ein. Die Angaben über diese Einmündungsstelle differiren übrigens sehr wesentlich, nach Perrault^) mündet der Gallengang drei Fuss, nach Stukeley2^^ Rymer Jones ^) zwei Fuss , nach M a y e r ^) neun Zoll, nach C u v i e r ^) und M e c k e P) 1) Perraul t CL. Description anatom. d'un Elephant in Mein. Acad. scienc. Paris Tom. III 1733 pag. 528. 2) Stukeley Will., Essay towards the anatomy of the Ele- phant. London (1723) (1733) pag. 96. 3) Rymer Jones, Article „Pachydermata" in Todd's Cyclo- paedia etc. 4) Mayer C, Beiträge zur Anatomie des Elephanten und der übrigen Pachydermen. Sonderabdr. aus „Yerhandlungen der Kais. Leop. Carol. Acad. der Naturforscher" Yol. XXII pag. 32. 5) Cuvier, LeQons d'anatomie comparee, übers, von Me ekel 1810. 4 vols. 3. Yol. pag. 584 6) Meckel, System der vergleichenden Anatomie 1821—1833. 4. (5.) Bd. pag. 595. Zar Kenntniss des afrikanischen Elephanten. 69 gar nur circa vier Zoll unterhalb des Pförtners ins Duo- denum. Es formirt sich der Ductus hepaticus nach vorher- gehender Vereinigung einer beträchtlichen Zahl (9—11) kleiner Sammelröhren, aus zwei weiten Gallengängen, er- weitert sich beiläufig in der Mitte seines Verlaufes zu einer ei- oder birnförmigen Anschwellung, die ich innen ganz glattwandig fand, während Mayer 1. c. pag. 33 hier netzförmige Falten antraf; — ungeachtet mancher erhobe- ner Einwürfe wird man mit dem letztgenannten Autor diese Anschwellung als Ersatz für die den Elephanten sonst fehlende eigentliche Gallenblase ansehen dürfen, so- fern man überhaupt geneigt ist dem Fehlen oder Vorhan- densein dieses aus secundärer Anpassung (Gegenbaur) hervorgegangenen Gebildes einen gewissen Werth beizu- legen. Der grösste Umfang dieser Erweiterung betrug 8 — 9 Centimeter bei einer Länge von beiläufig 7 Centimeter; hierauf verengte sich der Gallengang auf ein Dritttheil seines Lumens und trat 3 Centimeter weiter abwärts in einen (unter Anderen) schon von Camper beschriebe- nen ovalen Behälter, der in diesem Falle bei einer Länge von 10 eine Höhe von IV2 und eine grösste Breite von 3V2 Centimetern zeigte. Die mir bekannt gewordenen Beschreibungen dieses Behälters „receptacles" erfreuen sich einer merkwürdigen Uebereinstimmung, um so mehr glaube ich meine etwas abweichende Schilderung, durch eine möglichst naturge- treue Abbildung unterstützt, zur Veröffentlichung bringen zu sollen. Camper hat zwar in seiner ausgezeichneten Monographie (1. c. Atlas pl. XIV) 4 Ansichten, von denen eine wie es scheint (Fig. 4) als „getreue Copie" in ver- schiedene Handbücher Eingang fand, gegeben, doch kann ich sie nicht zutreffend finden. Man darf, wie ich meinen sollte, den fraglichen Be- 1) Vergl. die früher citirten Autoren. 2) Vergl. Rymer Jones 1. c. und Owen, On the comparat. anat. and physiol. of Vertebrates Vol. III 1866. 70 August von Mojsisovics: hälter als ein Diverticulum Vateri von enormer Dimension^) ansehen, dessen Wände aber durch Entwicklung von noch zu besprechenden nach dem Innenraum zu einspringen- den dissepimentartigen Leisten und Falten eigenartig mo- dificirt erscheint. Bei Eröffnung des Behälters durch einen medianen Längsschnitt bietet sich eine Ansicht, die Einen so bei- läufig an eine H e i s t e r'sche Klappe erinnert ; unter- sucht man seine dicken derben Wände, so bemerkt man, dass die Darmmuscularis in der dem Behälter entsprechen- den Ausdehnung wie abgehoben oder abgelöst erscheint — sie bildet auch in der That das Dach und die Seiten- wände desselben ; den Boden bildet die Darmschleimhaut, während das submucöse Bindegewebe auffallend mächtig und wie es den Anschein hat, durch Entwicklung vieler elastischer Fasern ausgezeichnet, eigenthümliche unvoll- kommene Septen bildet. Die Wandungen des Ductus hepaticus wie des gleich zu erwähnenden Bauchspeicheldrtisenganges gehen ohne scharfe Grenze in diese abgespaltenen Darmblätter über — desgleichen setzt sich ihre Schleimhautauskleidung direct fort in die des Behälters ; R y m e r J o n e s (1. c.) beschreibt hier „glandulär granules", — diese müssen in- dess winzig sein, denn ich konnte sie nicht wahrnehmen. Meist findet man die Angabe, das vier durch unvollkom- men entwickelte Querscheidewände getrennte „Zellen" vor- handen seien und überdies sollen nach C u v i e r (1. c. pag. 584) „zwei andere Scheidewände, die von jenen ab- gesondert und entfernt sind und in der Längenrichtung der Anschwellung verlaufen und ebensoviele Zellen bilden, vorhanden sein. Mayer erwähnt nur die Erweiterung überhaupt. Owen gibt mit seiner Kürze die zutref- fendste Schilderung: „An oval receptacle irregularly divi- ded into compartments". 1) Es liegt aber nicht in der Längsaxe des Darmes, sondern quer und umfasst etwas weniger als V* der Peripherie des ent- sprechenden Darmlumens. Zur Kenntniss des afrikanischen Elephanten. 71 Eine genaue Zählung der Zellen ist schon aus dem Grunde erschwert oder unstatthaft, da die zum Theil schief gegen das Orificium duodenale des Behälters gerichteten Scheidewände und Querfaltungen keine einzige Zelle scharf von der benachbarten abgränzen und selbst sehr ungleich ausgebildet, stellenweise durch fadenartige Adhäsionen ver- treten werden, so dass dann jeder Anhaltspunkt, wo eine „Zelle" anfängt und die andre aufhört, verloren geht. Einige grössere bei senkrechtem Durchschnitte blind- sackartig erscheinende Räume lassen sich indess immerhin erkennen (siehe Abbildung). In der dem Beschauer zugewandten linken Hälfte des Behälters sind ein sehr grosser, zwei etwas kleinere und gegen fünf nur als seichtere Ausbuchtungen erkenn- bare „Zellen" entwickelt ; die andere Hälfte zeigt ausser ein paar winzigen vier annähernd gleich grosse „Zellen", wenn man schon diesen vielfach vergebenen Namen für diese sackartigen Buchten beibehalten will. Die Stellung der Septa ist im Ganzen eine derartige, dass eine vollkommene „eigentliche" Spirale in der That nicht zu Stande kömmt (vergleiche auch Owen und Ry- mer Jones). In der citirten Figur ist die Einmündungssteile des pankreatischen Ganges durch eine Sonde bezeichnet; seine dem Gallengange zugekehrte Wand setzt sich in ein zwei Centimeter weit in den Hohlraum hineinreichendes Sep- tum (das einzige Längen septum, das ich überhaupt sah) fort; sein durch einen Sphincter verschliessbares Orificium fand ich für die dicksten der gebräuchlichen Sonden leicht durchgängig. Eine dünne Lage von kreisförmig augeordneten Fa- sern bildet einen ähnlichen Sphincter für den einmünden- den Gallengang. Wie schon erwähnt, öffnet sich der Behälter mittelst eines über 1 Centimeter weiten Ostiums ^) auf der Spitze 1) Mayer (1. c.) gibt in seiner Figur 3 Tab. V eine nichts weniger als zutrefifende Abbildung hiervon. 72 August von Mojsisovics: eines ebenso hohen und an der Basis IV2 Centimeter breiten warzenförmigen Vorsprungs einer Papilla choledocha seu biliaria in's Duodenum. Diese Papille zeigt im senkrech- ten Durchschnitte eine überaus zierliche Septenbildung entsprechend dem annähernd spiralig verlaufenden kurzen Ausftihrungsgange des Behälters. Die Septen sind hier sehr verdickt und, so viel man bei makroskopischer Unter- suchung eines Alkoholpräparates erkennen kann, ebenso wie die stumpf conisch geformte Papille selbst durch Ent- wicklung von zahlreichen Muskelfasern ausgezeichnet. Von der Mächtigkeit dieses hier die Darmwände wieder vereinigenden respective durchsetzenden Papillen- sphincters gibt die erwähnte Abbildung eine zutreffende Vorstellung. Wenn Bymer Jones in dieser nun be- schriebenen Bildung die „eigentliche" ^ Gallenblase er- blickt, so scheint mir dieses dem Mitgetheilten zufolge weder morphologisch noch, da sich ja in diesem Behälter Pancreassecret aufs innigste mit der Galle vermischt, phy- ,siologisch gerechtfertigt, ~ eine übrigens nicht neue An- sicht, da sie bereits Cuvier anderen Autoren gegenüber 1. c. pag, 584 mit Nachdruck vertreten hat — ich möchte nur hierauf hingewiesen haben. JPancreas. Die älteste Beschreibung der Bauchspeicheldrüse des afrikanischen Eiephanten, die ich einsehen konnte, ist die von Perrault in seiner trefflichen vorhin citirten De- scription anat. d'unElephant 1733 pag. 528^): „Le pancreas etait couche et fortement attache le long de la partie du Colon qui regarde le ventricule; il avait un pied de long sur trois pouces de large. — Son canal se joignoit avec rhepatique et formait un conduit commun qui s'insörait dans rintestin par un mammelon gros comme une noix." — Camper^) (vol. 2 pag. 126) äussert sich hierüber: 1) Rymer Jones sagt l. c: ,,The gall bladder of the Ele- phant is in fact situated between the coats of the duodenum itself." 2) Mem. de l'acad. Royale des Sciences Tom. III. 3) Description d'un Elephant male. Zur Kenntniss des afrikanischen Elephanten. 73 ,,Le pancreas n'est pas grand; il consiste en un lache tissu de glandes assez distantes les unes des autres, dont les tubes separ^s communiquent avec un ample conduit commun. Celui-ci se divise en deux branches, Tune su- perieure dont il a ete parle ci-dessus, l'autre inferieure, qui aboutit au duodenum, ä deux pouces plus bas que l'ouverture de la vesicule du fiel" etc. Nach Cuvier 1. c. pag. 602 ist das Pancreas schmal, länglich und ohne Aeste ; der Ausführungsgang hat „zwei Hauptäste, von denen der eine sich in den Anfang der Erweiterung des Leberganges öffnet, der andere zwei bis drei Zoll unterhalb dem ersteren in den Zwölffingerdarm tritt" (pag. 607). Dasselbe berichtet Meckel pag. 596. Rymer Jones schildert es wie Camper als eine locker zusammenhängende Drüsenmasse, aus der separate Gänge in einen gemeinsamen Canal führen („This latter, however, soon divides into two branches, one of which pours the secretion which it conveys into the upper com- partement of the biliary pouch ct. ... the other branches of the pancreatic duct opens into the duodenum itself, about two inches lower down .... ct."), was den Vor- theil bietet, wie Rymer Jones sagt, dass der Elephant nebst dem mit Galle vermischten Secrete, noch puren Pancreassaft direct in den Zwölffingerdarm erhält. Nach Mayer 1. c. pag. 34 ist das Pancreas sehr „beträchtlich und derb"! Dieser sowohl wie Owen, der eine zutreffendere Beschreibung lieferte, fanden gleichfalls zwei „Ductus pancreatici" vor. Nach meinem Befunde besteht das Pancreas aus zwei Lappen, deren Parenchym weder auffallend derb noch auch locker genannt werden kann — es besitzt die „nor- male" Consistenz und zeigt eine rothbräunliche Färbung. — Von den beiden Lappen kann man den einen als un- teren*), den anderen als oberen bezeichnen. Der untere ist an der dem Duodenum zugewandten Seite abgerundet und an der entgegengesetzten Seite mit einem halbmond- 1) Rücksichtlich der Lage zur Einmündungsstelle des Ductus pancreaticus ins Duodenum. 74 August von Mojsisovics: förmigen Ausschnitte verseben; hierdurch entstehen zwei Zipfel oder Hörner, die sich mit correspondirenden ähn- lichen Fortsätzen des oberen Lappens verbinden; dieser letztere ist länglicher und schmäler, als der untere, übri- gens ähnlich geformt. Auf diese Art erscheinen die beiden Lappen durch zwei Querbrücken mit einander verbunden, denen das Pan- creasparenchym indess nur sehr lose wie in einzelnen Läppchen anhaftet — die Continuität des Parenchyms wird aber nirgends ganz unterbrochen. — Schlitzt man nun den Ductus pancreaticus vor seiner Einmündungssteile in den „Duodenalsack" auf und verfolgt ihn weiter ins Pancreas- gewebe, so gelangt man vorerst in eine eiförmige Erwei- terung des unteren Lappens, die auch Mayer 1. c. be- schrieb und abbildete. In diese Erweiterung münden zwei verschieden grosse pancreatische Gänge *) ein ; der mit dem weiteren Lumen führt in einen blindsackartigen Hohlraum des oberen Lap- pens, der engere lässt sich eine Strecke weit verfolgen, endet aber dann, nachdem er sich allmählich verjüngte, allem Anscheine nach — blind. Ebenso blind beginnt aber der bis zur Federkieldicke sich erweiternde ent- sprechende (zweite) Gang des oberen Lappens. Thatsäch- lich communiciren also die zwei geräumigen centralen Re- servoirs der beiden Lappen nur durch den erst erwähnten weiten Gang und als definitiver Ductus pancrea- ticus erscheint nur ein einziger in der citirten Figur durch eine Sonde bezeichneter C anal, der das aus beiden Lappen stammende Secret von dem „unteren" Hohlraum direct in den Duodenalbehälter abführt. Das Pancreas selbst wurde so sorgfältig mit dem Duodenum aus der Leibeshöhle entfernt, dass eine Laesio continui ausgeschlossen sein musste, überdiess konnte ein zweiter 2) (nach übereinstimmender Angabe aller Autoren) 1) Ich sehe ab von den in alle Partien des „inneren" pan- creatischen Ganges einmündenden zahlreichen kleinen Canälchen. 2) Perrault (1. c), der gleichfalls einen afrikanischen Ele- phanten untersuchte, kam zu demselben Ergebnisse; im übrigen Zur Kenntiliss des afrikanischen Elephanten. 75 beträchtlicher Ausführungsgang der Bauchspeicheldrüse wohl kaum übersehen werden und Hess sich ja tiberdiess im vorliegenden Falle die herausgenommene Drüse voll- ständig mit Alkohol injiciren. Sicher scheint mir daher, dass dieses Thier des Ge- nusses von „reinem'^ Pancreassecrete niemals theilhaftig werden konnte. Massverhältnisse des Pancreas, Länge des ganzen Pancreas von der Convexität des obern Lappens bis zur Einmündungsstelle des Ductus pan- creaticus in den Duodenalbehälter 38 cm Oberer Lappen, von seiner Convexität bis zum blinden Ende des „oberen" Fortsatzes . . 19 „ Bis zur „Spitze" des unteren Fortsatzes ca. 14 „ Mittlere Breite dieses Lappens .... 5 „ Umfang seines Ausführungsganges ... 172« Unterer Lappen (von seiner Convexität) bis zum blinden Ende des oberen Fortsatzes ca. . 12 scheinen die Verhältnisse hier ebenso variabel zu sein, wie die ent- sprechenden beim Menschen. Bei diesem, wo sich ja der Ductus pancreaticus auch in den Ductus choledochus einsenkt, während letzterer zwischen den Häuten des Duodenum's verläuft, findet sich an grossen Bauchspeicheldrüsen sehr oft noch ein zweiter als Ductus Santorini beschriebener Ausführungsgang. ,,Verneuil zeigte, dass dieser accessorische Gang immer (?) zwei Oeffnungen hat, die eine in den Darm, und zwar 1 — IV2 Zoll ober der Mündung des Haupt- ausführungsganges , die zweite aber in den Hauptausführungsgang selbst" (Hyrtl, Lehrb. der Anatomie 1866 p. 642). Nach Ver neu il's, Bernard's und Sappey's Untersuchungen ist die Bildung, wo ein einziger Ductus pancreaticus mit dem Du- ctus choledochus zusammenmündet, die seltenste beim Menschen. Nach He nie (Handb. der Eingeweidelehre 1866 pag. 222) ist aber diese Anordnung eine ziemlich häufige, desgleichen steht jener Fall der Norm am nächsten, wo „der accessorische (Santorin'sche Gang) mit dem D. choledochus sich verbindet und der Hauptgang sich höher oben in den Darm öffnet" etc. (siehe ebenda). Ein unbe- dingt als „normal" zu bezeichnendes Verhalten ist demnach auch beim Menschen nicht vorhanden. 76 August von Mojsisovics: Unterer Lappen bis zur „Spitze" des unteren Fortsatzes ca 1] cm Unterer Lappen grösste Breite 9 „ Lumen seines centralen Hohlraumes ... 2V2 „ Verbindungsbrücke der beiden „oberen" Fort- sätze 5 „ Verbindungsbrücke der beiden „unteren" Fortsätze ca 7 „ Länge des definitiven Ductus pancreaticus 6 „ Umfang IV2 „ Erklärung der Abbilduiigen auf Tafel VL Das Pancreas und die Vereinigungsstelle seines Ausführungs- ganges mit dem Ductus hepaticus vom afrikanischen Elephanten, der durch Auseinanderweichen der Darmmuscularis und Darramu- cosa gebildete ovale Behälter (Duodenalsack) ist median von oben her durchschnitten, um seinen Innenraum zu zeigen. p 1 = oberer Pancreaslappen. p m = unterer Pancreaslappen. d p = der einfache Ductus pancreaticus, dessen Einmündung in den Duodenalsack durch eine Sonde bezeichnet ist, führt in die von oben her aufgeschlitzten ovalen Räume des Pancreas. Die beiden Fortsätze mit den „blinden" Gängen hangen durch eine zarte Querbrücke zusammen. d h = ductus hepaticus, oben abgebunden, mit seiner ei- förmigen eine Gallenblase substituirenden Erweiterung. d s = Duodenalsack mit seinen »Zellen«. p eh = papilla clioledocha seu biliaria. s p = sphincter papillae. o = orificium papillae. d w = „obere" Wand des Duodenums, welches in i d seit- lich geöffnet die Valvulae conniventes Kerkringii = v c K (hier durch 2- und Sfache Ueberkreuzung ein zierliches Gitterwerk bildend) erkennen lässt. Zwischen und auf den- selben befinden sich zahlreiche Ostien von Schleimdrüsen bis zur „ötecknadelkopfgrösse". (Circa halbe natürliche Grösse.) Zur Kenntniss des afrikanischen Elephanten. 77 IV. Ueber den männlichen Urogenitalapparat des afrikanischen Elephanten. Hierzu Tafel VII. Durch eine ansehnlicbe Reihe ausgezeichneter Unter- suchungen^) ist die Anatomie der Harn- und Geschlechts- organe der Elephanten im Wesentlichen so bekannt, dass eine neuerliche makroskopische Untersuchung nur einige wenige etwas zweifelhaftere Angaben ins Auge zu fassen haben wird — leider konnte ich solches an den mir über- gebenen „Rudimenten" des Urogenitalapparates keines- wegs in erschöpfender Weise thun. lyie Nieren hatten im vorliegenden Falle eine Länge von 20 und eine grösste Breite von 12 — 14 cm; was Mr. Watson rück- sichtlich der Nierenform beim indischen Elephanten an- gibt, finde ich auch für die des afrikanischen zutreffend; auch hier ist der convexe laterale Rand wohl abgerundet und ansehnlich hoch; das obere Ende der Niere eher et- was zugespitzt, während das untere dicker und rundlicher erscheint. 1) Duvernoi Joh. Geo., De pinquedine, prostata, muscul., pene etc. Elephantis in Comment. Acad. Petrop. Tom. II 1727. Perrault Cl. , Desc. anat. d'un Elephant (Mem. Acad. Scienc. Tom. III Paris 1733). Camper P. , Descr, anat. d'un Elephant male 1803. Cuvier, Legons d'anat. compar. Deutsch von M ecke! 1810. Mayer, Beitr. zur Anat. des Elephanten etc. in den Ver- handlungen der Kais. Leop. Carol. Acad. der Naturf. Yol. XXII 1845. Owen R., On the comp. anat. and phys. of Vertebrates Vol. III 1866. Watson M., Contribut. to the anai of the indian Elephant in Humphry and Turner „Journal of anat. and phys." Vol. VI — IX 1872-1875 u. a. m. 78 August von Mojsisovics: Der abgerundete Rand der medialen Seite begrenzt eine auf der unteren Nierenfläche gelegene 9 cm lange, 6 cm breite Spalte, die einer tiefen Aushöhlung des Nieren- parenchyms — dem Hilus — entspricht. Nach Entfernung der leicht abzulösenden, straffen aber dünnen und von zahlreichen Arterien durchbohrten Nierenkapsel zählte ich, und zwar in Uebereinstimmung mit der von Dönitz^) gemachten Angabe, zehn Lappen, die stellenweise durch V2 cm tiefe Furchen von einander getrennt waren. — Die Grenzen der Rinden- und Marksub- stanz Hessen sich selbst an dieser durch Fäulniss wie macerirten Niere deutlich erkennen und erschienen die ein- zelnen Reneuli oder „kleinen Nierchen" wie sie Cuvier (1. c. vol. IV pag. 628) nennt, durch weisse Linien (Binde- gewebszüge) scharf von einander getrennt ; letzteren Um- stand hebt auch D ö n i t z hervor, der Gelegenheit hatte, die Niere eines jungen afrikanischen Elephanten genauer zu untersuchen. Cuvier indess und Watson vermochten in den von ihnen untersuchten Fällen keine scharfe Trennungslinie zwischen Cortical- und Medullarsubstanz zu sehen und veranlasste diess den letztgenannten Autor, im Anschlüsse an Campers Mittheilungen zu der (1. c.) ausgesprochenen Ansicht, dass (verstehe ich ihn recht!?) die Nieren junger Elephanten stets gelappt, die der älteren Thiere durch allmähliches Schwinden der Trennungslinien und periphere Vereinigung der einzelnen Reneuli ungelappt oder doch weniger gelappt erscheinen ; — hierdurch seien auch am ehesten die differenten Angaben der Autoren über die Zahl der Lappen ^) zu erklären. Ein Uebergangsstadium von der höckerigen oder ge- lappten zur glatten Nierenoberfläche hätte darnach HyrtP) 1) Dönitz, Niere des afrik. Elephanten. Sitzungsber. der Gesellsch. naturf. Freunde zu Berlin 1871 pag. 25 und in Reicherts Archiv. 2) Camper zählte 8—9 Nierenlappen, Cuvier 4, Mayer 2, Watson an der linken Niere 5, an der rechten 4, Dönitz 10. 3) Hyrtl J., das Nierenbecken der Säuger und des Menschen. Denkschr. der Wiener Academie 1872. — 31. Band pag. 113. Zur Kenntniss des afrikanischen Elephanten. 79 vor sich gehabt, der ausdrücklich bemerkt, dieselbe sei durch einige Furchen in grössere „Felder" (um nicht zu sagen „Lappen") getheilt. — Freilich müsste man genau das Alter der hierauf je untersuchten Thiere kennen, um die völlig „uneinigen" Angaben der Autoren entsprechend deuten und gegebenen Falls erklären zu können. — Anhangsweise seien hier die im Allgemeinen läng- lichen, schmalen, an der Oberfläche vollständig glatten und platt gedrückten Nebennieren erwähnt. Sie liegen, wie es scheint, etwas unterhalb und ein- wärts vom Nierenhilus und 6 cm seitlich vom Hoden, in einer sie vollständig umhüllenden Peritonealfalte ; zeigten eine Länge von 1 — 2 und eine Breite von 4 cm ; ihre nach unten gerichteten, einfachen, stumpferen Enden zeigen eine leichte Convexität ; nach oben zu zerfallen sie in zwei sich verjüngende Hörner, von denen das eine bei einer Breite vpn 2V2 cm 5 cm lang war, das andere 2 cm Breite und 3V2 cm Länge besass. JDie Harnblase ist birnförmig, massig geräumig und durch bedeutende Entwicklung der Musculatur (speciell des Detrusors) aus- gezeichnet; der Peritonealüberzug der Blase reicht, wie Watson angibt, bis nahe an den Blasenhals und bildet, wie dieser Forscher noch erwähnt, drei markirte Falten, die an dem mir vorliegenden Exemplare indess nur mehr durch unbestimmbare Kudimente vertreten waren. Die Schleimhautauskleidung der Blase zeigt bis zur Gegend des Sphincters vesicae nichts Bemerkenswerthes — sie ist vollständig glatt; den Urachus fand ich noch 3 mm breit und V2 cm lang offen. -- Die Länge der (auf- geschlitzten) Blase betrug 20, ihre grösste Breite circa 12 cm. Die Ureteren durchbohren schief von oben und hinten nahe der Medianlinie in einem gegenseitigen Abstände von 2 — 2V2 cm die Harnblasen wand nächst dem Fundus vesicae, sie besitzen knapp vor ihren, zwei länglichoväle schlitz- förmige Oeffnungen bildenden Einmündungssteilen einen 80 August von Mojsisovics: Umfang von 2 cm. Der Sphincter verengt 4 cm unter der Ureterenmündung die Blase (im schlaffen Zustande) zu einem im Umfang A}U cm weiten Rohre. Von einer „einzelnen medianen Falte von enormer Grösse" (wieWatson eine 1. c. beschreibt), die zwischen den Ureteren beginnend bis nahe zur Basis des Veru mon- tanum zöge, sah ich im vorliegenden Falle auch nicht die Andeutung; — es würde eine solche, als in der Mittellinie des Trigonum lieutaudii liegend, wohl als „Uvula" vesicae anzusprechen sein. Urethra. Ihre Pars prostatica erweiterte sich bei einer Total- länge derselben von 8 cm in der Gegend des Veru mon- tanum auf 7 cm. Dieses, circa 2 cm im Durchmesser, stellt eine rundliche warzenförmige Erhebung dar, deren verschiedene Ausführungsgänge resp. Mündungen in sich schliessendes Orificium einen abgerundeten, allseitig leicht eingekerbten Rand besitzt. Diese Einkerbungen strahlen divergirend in die durch seichte Längsfurchen ausgezeich- nete Schleimhaut aus. In der Mitte dieses durch einen eigenen Sphincter verschliessbaren Orificiums ragt ein circa 5 mm langes an der Basis circa 2 mm breites conisches Zäpfchen vor, welches an der Spitze die Mündung (?) des winzigen Sinus pocularis enthält. Seitlich von demselben münden die Ductus ejacula- torii. An den lateralen Rändern des Schnepfenkopfes zählte ich ausser je einem grösseren leicht sondirbaren Ductus prostaticus, links vier, rechts drei, selbst für Schweineborsten nicht mehr permeable prostatische Gänge ; möglich, dass ich an diesem durch Alkoholwirkung etwas contrahirten Präparate mehrere noch kleinere Mündungen übersah. Von dem vorderen Rande des Schnepfenkopfes und diesen selbst einkerbend, zieht eine ziemlich tiefe mediane Furche (ähnlich wie die der menschlichen Urethra) in den häutigen Urethraltheil. Zur Kenntniss des afrikanischen Elephanten, 81 Die Grenze der Pars prostatica von der Pars mem- branacea urethrae ist durch eine 3 cm betragende Ein- schnürung ausgezeichnet. Die JPars membranacea mass 9 cm in der Länge, S'A cm in der Breite. Ausser der vorhin erwähnten medianen Furche, die hier eine Breite von 3 mm erreicht, besitzt die Schleimhaut dieses Harnröhrentheiles eine Reihe von anderen Längsfaltungen, wie solche für die Urethra ganz allgemein charakteri- stisch sind. Löst man die Schleimhaut vorsichtig ab, so sieht man ein viele Maschenräume bildendes „schwammiges" Gewebe, das von Watson als „Cellular erectil tissue" bezeichnet und als Fortsetzung (recte Anfangstheil) des Corpus ca- vernosum urethrae aufgefasst wurde. „Dass es sich gra- datim gegen den Hals der Blase zu verjünge'^ kann ich bestätigen, indem ich es noch bis in die Gegend des CoUi- culus seminalis, in der eben erwähnten Weise, hinein ver- folgen konnte. Darunter findet sich eine aus queren und gegen den prostatischen Theil zu etwas schiefen Fasern gebildete Muskellage, die auch der eben genannte Autor eingehen- der berücksichtigte. Die Dicke der Miisculatur am Boden des häutigen Harnröhrentheiles erreichte 7 mm, seitlieh und oben nur 2 — 3 mm. Das Lumen der Harnröhre in der Pars cavernosa bleibt bis in die Gegend der Glans, in deren Anfangstheil es sich von IV2 cm auf 2 cm erweitert, durchgehends das- selbe. Ausser den mächtigeren Längsfalten der Schleim- haut wären nur allenthalben auftretende kleine länglich spaltförmige Mündungen, die mich an die Lacunae Mor- gagni erinnern, zu erwähnen ; klappenartige Duplicaturen der Schleimhaut beobachtete ich nicht. Die Mündungen der Cowper 'sehen Drüsen, zwei an der Zahl, liegen in der Medianfurche des Bulbustheiles (vergl. pag. 86). In der „Fossa navicularis" erweitert sich das Lumen der ArcMv für Naturg. XXXXV. Jahrg. 1. Bd. 6 82 August von Mojsisovics: Urethra i) auf drei cm ; entsprechend der Y-förmigen Mün- dung der letzteren auf der unteren Fläche der Eichel- spitze, bemerkt man einen medianen Längswulst an der dorsalen Urethralwand; durch welchen zwei birnförmige Buchten oder Grübchen getrennt werden ^). Hoden haben die Form einer platt gedrückten Kugel von bei- läufig 4V. cm Durchmesser; — ein nahezu vollständiger Peritonealtiberzug heftet sie an die mediale Seite der Niere, etwas unterhalb des Hilus. C u v i e r vergleicht dieses Auf hängeband der Form nach mit einem Ligamentum uteri latum — im vorliegenden Falle zeigte es eine Breite von 6 cm. Watson zählte 10 — 12 Vasa efferentia; diese An- gabe hat nach meinem Befunde auch für den afrikanischen Elephanten Giltigkeit, Zwischen Hoden und Niere liegt die Epididymis mit einer grössten Breite (an ihrem sogenannten Kopftheile) von 2 cm, auch die untere Hälfte ihres über 30 cm langen Schweifes wird durch eine Peri- tonealfalte in situ erhalten, die sich auf das aus ihrem sich allmählich verjüngenden Ende entwickelnde , runde, ziemlich derbe Vas deferens fortsetzt. MitEücksicht aut die genannten straffen Aufhängebänder muss man Wat- son wohl beistimmen, wenn er in die von M o u 1 i n u s (nicht von Mayer wie Wat s o n sagt) ausgesprochene Voraussetzung: der Hode steige in der Brunstzeit zum Perineum herab, einige Zweifel legt. Des mehrfach gewundenen Verlaufes der Samenleiter längs der hinteren Blasenfläche gedenkt schon Cuvier (l. c. Vol. IV pag. 407). Mit ihrem untersten mehr gestreckten Endabschnitte kommen die Vasa deferentia zwischen die Vesiculae se- minales derart zu liegen, dass diese die ersteren mit ihren einander genäherten medialen Flächen in der Ansicht von hinten und unten völlig verdecken. 1) In ausgebreitetem Zustande. 2) Ueber das Corpus cavernosum urethrae berichtete ich p. 81. Zur Kenntniss des afrikanisclien Elephanten. 83 Die Ampulle, zu welcher sich das Endstück des gänsekieldicken Vas deferens erweitert, ist ein (im vor- liegenden Falle) circa 3 cm langer, in ausgebreitetem (auf- geschnittenem) Zustande 2V2 cm weiter birnförmiger Hohl- raum mit derber Wandung, deren Schleimhautauskleidung zu queren Falten erhoben, massig tiefe und annähernd parallel verlaufende Furchen bildet. Mit einer ziemlich scharfen Grenze hören dieselben vor dem 1 cm weiten Ostium des 12 mm langen Ausführungsganges auf; an ihrer Statt zeigen sich zarte Längsfalten. Der Ausführungs- gang ^) vereinigt sich, wie Cuvier (1. c. pag. 429) zeigte und wie neuerdings Watson gegen Owen 2) hervorge- hoben hat, mit dem Ductus vesiculae seminalis der cor- respondirenden Seite (vergl. Taf. VII Fig. 2), um den circa 2 cm langen Ductus ejaculatorius zu bilden. Die Ampullen sind mit ihren medialen oberen Eän- dern verwachsen. Die zwei Vesiculae seminales sind subcylindrische oder länglich eiförmige Behälter, die mit ihren medialen Flächen einander genähert, mit ihren oberen etwas ver- jüngten blinden Enden lateralwärts abstehen (Fig. 2 und 4, Tab. VII). Bei einer Maximalbreite von 2 cm hatten sie eine Länge von 7 cm. Vergeblich suchte ich nach der von Cuvier und Owen^) beschriebenen ,jEinschnürung, durch welche die gemeinschaftliche Höhle in eine kleinere in der Spitze be- findliche und eine grössere, den übrigen Theil der Samen- blasen einnehmende, getheilt werde" (1. c. Vol. IV p. 429). 1) Zu zwei Drittbeilen seiner Länge ist er eigentlich nur als „Rinne" oder Semicanal zu bezeichnen, in dem seine laterale Wand durch ein musculöses oben freies Septum gebildet v/ird, das von der medialen Wand der Samenblase in den Ductus ejaculatorius quasi vorspringt oder hineinragt (siehe Fig. 2). 2) Der 1. c. bemerkt: „they open into the beginning of the Urethra distinctly from the orifices of the vesicular glands''. 3) „These are elongated and rather coutracted toward the closed end, which is divided by a constriction or septum from the general cavity, with which it communicates by a small canal." 84 August von Mojsisovics : Schlitzt man die Vesiculae seminales der Länge nach von unten her auf, so gelangt man in einen einzigen Hohlraum, dessen Innenfläche durch verschiedenartige Schleimhaut- duplicaturen ausgezeichnet ist; vorwiegend finden sich Längsfalten, die ansehnlich hoch und dünn sich zum Theil wie ,, Blätter'^ umlegen lassen , dieselben sind stellenweise durch Querbrücken verbunden, so dass daselbst eine Art von Gitterwerk mit seichteren und tieferen Buchten ent- steht (Fig. 2, Tab. VII) ; ein septumartiger Vorsprung ist angedeutet am Beginne des Ausführungsganges, indem da- selbst mehrere Längsfalten in eine zusammentreten und eine mediane Furche, die sich. ziemlich weit in den Hohl- raum hinein verfolgen Hess, von einem Theil des Fach- oder Gitterwerkes dahinter, abgrenzen. Der von den Autoren beschriebene Muskelüberzug der Samenblase war in diesem Falle nicht sehr erheblich; er bildet, wie Watson angibt, eine Art Kapsel, deren Fasern in Zusammenhang stehen -mit der Muskulatur des häutigen Theils der Urethra ; auch die Vorsteherdrüsen werden hier- durch umscheidet. Der Ductus vesiculae seminalis besitzt mächtige mus- culöse Wandungen, hat eine Länge von 2 cm und ein Lu- men, das die Einführung einer Hohlsonde von meist ge- bräuchlicher Grösse, leicht gestattet. — Den Ausführungs- gang der rechten Vesicula seminalis fand ich etwas länger, als den der linken, was wohl mit dem Umstände zusam- menhängt, dass die längere linke Samenblase weiter her- abreicht, daher denn auch der linke Ductus ejaculatorius sich einige Millimeter weiter unten forrairt, als der rechte. Die Ductus ejaculatorii münden am Colliculus semi- nalis (Veru montanum) seitlich vom Sinus pocularis in die Harnröhre (Fig. 1, Tab. VII). Glai idula e prostaticae finden sich nach der übereinstimmenden Angabe aller Au- toren vier (zwei an jeder Seite) vor. Ich kann die Rich- tigkeit dieser „Thatsache'^ nicht bezweifeln, muss aber be- tonen, dass in dem von mir untersuchten Falle jederseits Zur Kenntniss des afrikanischen Elephauten. 85 nur eine, äusserlich wenigstens, völlig ungetheilte ovale relativ kleine Prostata vorhanden war. — Dieser Mangel einer äusserlichen Trennung der Vorsteherdrüse hing viel- leicht mit der Jugend des untersuchten Thieres zusammen. Wofern diese Drüsen in der Vierzahl vorhanden sind, ist die „äussere" von ihnen nach Watson grösser als die innere; dass sie aneinander „geheftet^ sind, sagt zwar der genannte Autor, nicht aber in welcher Weise und wie weit; aus der von ihm gegebenen (Fig. 2, PL IV in Vol. VII 1872) lässt sich diese Frage wohl nicht mit Sicherheit ent- scheiden. Ich fand jede der beiden Prostaten (siehe Tab. VII, Fig. 2 und 3) circa 2V2 cm lang, 2 cm breit und durch eine — schon früher erwähnte — mit den Samenblasen gemeinsame dicke Muskellage diesen angefügt. Von unten betrachtet, steht ihre Längenaxe fast senk- recht auf jener der entsprechenden Vesicula seminalis. — Indem ich die jederseits anscheinend einfache Prostata durch einen medianen Längsschnitt eröffnete, stiess ich auf ein fast derb zu nennendes Septum, das zwei nahezu gleich grosse Hohlräume mit kurzen sich bald zu einem einzigen Hauptgange vereinigenden Ausführungsgängen trennte ; durch vorsichtigere Präparation gewann ich den Vorwurf zu meiner Figur 3 (Tab. VII), die als solche aller- dings den von Cuvier, Watson und Anderen gegebenen Schilderungen entspricht und mich zu der vorhin ausge- sprochenen Ansicht, dass möglicherweise eine Trennung der beiden ursprünglich äusserlich einfachen Prostaten in zwei (resp. 4) verschieden grosse Drüsen erst im reiferen Alter vor sich gehe, veranlasste. Die Schleimhaut, welche die Prostatahöhlen auskleidet, ist zum Theil in längliche gegen den Ausführungsgang zu convergirende Falten (die auch Watson beschreibt) erhoben, überdiess beobachtet man zartere und dickere fadenartige Adhäsionen, die durch ihre Anordnung an die Trabeculae und Papillarmuskeln des Herzens erinnern; dazwischen befinden sich zahlreiche Mündungen von blindsackartigen Nebenhöhlen, wieCuvier sie nannte, die einen ähnlich fächerigen Bau besitzen. 86 August von Mojsisovics: Der erwähnte gemeinschaftliche Ausführungsgang *) der beiden Prostatahöhlen hatte beiderseits eine Länge von 2V2 cm ; der der rechten Seite hatte eine Weite von 2 mm. Der Ductus prostaticus sinister war nur für Haarsonden durchgängig. Wie ich schon früher erwähnte, münden diese Ausführungscanäle seitlich — aber in ungleicher Ent- fernung 2) vom Vera montanum. Die Glandulae Cowperi liegen knapp hinter dem Bulbus urethrae. Ganz allge- mein dürfte man sie als eiförmig bezeichnen; an jeder kann eine vordere, laterale und untere gegen das Perineum gewandte Fläche, deren jede convex ist, unterschieden werden; ihre obere concave Fläche schmiegt sich voll- ständig an die Form der Pars membranacea urethrae, an deren unterer Fläche sie in der Medianlinie mit einem scharf verjüngten aber in die Länge gezogenen Fortsatze befestigt ist (Figur 4, Tab. VII), ihr nach hinten gerichteter Rand hat daher die Form einer schneidenden Kante. Der schon von Cuvier (1. c. pag. 448) erwähnte und von Watson genauer beschriebene Musculus compressor glandulae Cowperi umhüllt die Drüse vollständig; entfernt man ihn, so zeigt sich die durchaus glatte Oberfläche der- selben. Nach Cuvier hätten diese Drüsen „eine röthliche Farbe und eine sehr ungleiche äussere Oberfläche, wo- durch sie ein gelapptes Ansehen erhalten^. Er unterschei- det zwei Theile, an jeder „einen kleinen, der nahe an der Harnröhrenzwiebel liegt und einen anderen weit grössern". Ebenso wenig wie Watson, konnte ich indessen eine solche Trennung der Drüse in zwei Theile und noch 1) Die Wände des Hauptausführungsganges sind sehr muscu- lös ; die mediale Wand hat er gemeinsam mit dem Ductus vesiculae seminalis (Abbild, in Fig. 2 u. 3). 2) Der linke Ductus prostaticus ist 6 mm, der rechte 4 mm vom Yeru montanum entfernt; über eine Anzahl kleiner prostati- scher Gänge berichtete ich oben. Zur Kenntniss des afrikanischen Elephanten. 87 weniger eine Lappung ihrer Oberfläche bemerken. Jede der beiden Glandulae Cowperi hatte eine Länge von 4 cm und eine Breits von 2 cm. Ihr auffallend weisses Paren- chym zeigte ohne bestimmte Anordnung mehrere grössere und kleinere Hohlräume (einer von diesen war IV2 cm lang und V2 cm breit), die in freier Comniunication mit einan- der standen. Die Wände dieser Räume bildeten (stellen- weise) eine Art von netzförmigem Balkengewebe; durch Fingerdruck liess sich das milchige Secret der Drüse wie aus einem Schwämme auspressen. Einer genaueren An- gabe über die „Entstehung" der hier auffallend engen Aus- führungsgänge muss ich mich enthalten. — An ihren kleinen Mündungen im Bulbustheile der Urethra konnte ich, wie schon erwähnt, keine klappenartige Bildung, wie solche Watson beobachtete, vorfinden. T>er JPenis *) ist von cylindrischerForm^); er mass an diesem noch sehr jungen Thiere 46 cm vom Bulbus urethrae bis zur Glans bei einem durchschnittlichen Umfange von circa 12 cm. Die Muskulatur des Penis, im wesentlichen bereits Cuvier bekannt, wurde neuerdings von Watson (1. c. pag. 70—72 Vol. VII) genau beschrieben; ich kann hier bezüglich nichts neues berichten und verweise daher auf die Darstellungen der beiden Autoren. Die Crura penis sind lang walzenförmig, besitzen einen Durchmesser von Vk cm und entspringen, wie beim Menschen, am Sitzbeine. Wo sie sich zur Bildung des Ruthenschaftes vereinigen, bilden sie einen nach vorn ge- richteten spitzen Winkel — unmittelbar davor stehen sie 5 cm weit von einander ab. Ueber den Bau der ziemlich grobmaschigen Corpora cavernosa penis ist nichts Erheb- 1) Yergl. 1. c. Duvernois Beschreibung und Abbildung des Elephantenpenis. 2) Wie auch Cuvier angibt; liegt die Ruthe in ihrer Scheide, so hat sie demselben Forscher zu Folge die Gestalt zweier, hinter einander stehender carsiv S (1. c. pag. 463, 466). 88 August V on Moj sisovics : liches zu bemerken; — ihre Form anlangend zeigt jedes derselben im unteren und mittleren Drittel einen halbkreis- förmigen Umriss (vergl. Fig. 6) — beide zusammen for- miren daher keineswegs „a reniform figure", wie Owen angiebt; nierenförmig im Querschnitte erscheint jedes Cor- pus cavernosum penis im Anfange des vordersten Drittel der ganzen Penislänge (vergl. Fig. 7), woselbst das Lage- rungsverhältniss der beiden zum Corpus cavernosum ure- thrae dadurch ein verändertes ist, dass der im hinteren Theile des Penis zu unterst liegende cavernöse Körper der Harnröhre hier von den Corporibus cavernosis penis seit- lich umschlossen wird. Die Schwellkörper reichen bis in die Spitze der Eichel hinein; vom Bulbus urethrae an bis dahin verjüngen sie sich abwärts in folgender Art: An ihrer Vereinigungsstelle *) am Bulbustheile der Harnröhre zeigen sie im medianen Längsschnitte eine Höhe von V/z cm, im Querschnitte einige cm wei- ter vorne eine Breite von PA cm, im ersten vorderen Drittel der Penislänge erreicht ihre Höhe 27, cm. Etwas vor der Corona glandis sind sie bei einer Höhe von 2 cm IV2 cm breit. Beiläufig in der Mitte der Eichellänge haben sie circa eine gleiche Höhe und Breite von 12 mm; zu- nächst dem Orificium cutaneum enden sie vor einem abge- rundeten 5 mm dicken fibrösen Stumpf — dem Endstücke der Sehne des Musculus levator penis. Die Corpora cavernosa penis werden von einer enorm festen und zumal in der vorderen Penishälfte dicken Tu- nica albuginea umscheidet; während dieselbe an der Ver- einigungsstelle der Schwellkörper nur eine Dicke von 2 mm besitzt, wächst sie im vordersten Drittel des Penis am „Bo- den" der Schwellkörper '^) bis auf nahezu V2 cm an. Das Entgegengesetzte fandWatson: The corpora cavernosa are surrounded by a very strong fibrous envelope measuring 1)- Diese ist dargestellt in Tab. VII Fig. 5. 2) Die dorsale Hülle der Corpora cavernosa penis behält bis zur Eichel eine Dicke von 2 — 2^2 mm — von da ab verjüngt sie sich im gleichen Yerhältnisse mit der der Schwellkörper. Zur Kenntniss des afrrkanischen Elephanten. 89 one quarter of an inch in thickness at tbe root but di- minishing to one-half of this toward tbe point of tbe organ. Das Septum penis ist keineswegs vollständig, doch immerhin sehr entwickelt und dies zumeist in der „middle line". Daselbst ist daher eine Communieation der beiden Schwellkörper, wie Watson sie anzunehmen scheint, ge- radezu ausgeschlossen (siehe Fig. 5; der Schnitt ist durch die Mitte des Septums geführt), es gewinnt wie der übrige Theil der Tunica albuginea nach vorne zu an relativer Mächtigkeit. Die von Camper beschriebenen »breiten« Septa, die Watson nur als grössere Trabeculae ansieht, treten im vorderen Drittel der Schwellkörper mächtig her- vor (Fig. 7) und könnten wegen ihrer Längenausdeh- nung für „secundäre" Septa gehalten werden. Corpus cavevnosu7i% urethrae, glans penis. Der Schwellkörper der Harnröhre setzt sich von dem mit einem kurzen hinteren medianen Fortsatze versehenen, circa 6 cm breiten Bulbustheile als ein im Querschnitt platt ovaler Körper von 2V2 cm Breite und über 1 cm Höhe fort; im weiteren (geraden) Verlaufe rundet er sich ab und kommt in der vorderen Penishälfte als cylindri- scher Strang zwischen die beiden Corpora cavernosa penis zu liegen, um schliesslich neuerdings allmählich anschwel- lend die Glans penis zu bilden. Es ist mir in der Art der Formirung der Eichel kein abnormes Verhältniss auf- gefallen (vergleiche hierüber Watson 2) 1. c. Vol. VH 1) Ich zählte an einem querdurchschnittenen Corpus caverno- sum deren 3. 2) At the anterior extreraity of the dorsal aspect of the penis is an elongated body closely resembling the backward prolonoation of the glans in the horse. It measures 3 inches in length and 2^2 in breadth, and is, I think, to be regarded as the glans. At the same time, it is to be observed that this body does not reach the point of the penis as in the horse, but is separated from it by a distance of 2 inches. 90 August von Mojsisovics: p. 73); fast scheint das Corpus cavernosum urethrae weit- maschiger als das des Ruthenschweilkörpers ; die dasselbe umgebende Hülle ist dünn aber derb und nimmt relativ an Stärke zu im vordem Drittel des Penis; der Urethral- canal verläuft im obern Theil seines Schwellkörpers; ein medianes Septum verbindet den Boden des Canales mit dem unteren Theile der fibrösen Hülle — wie es Wat- son beschreibt. Dieses Septum scheint allerdings sehr unvollkommen, denn in verschiedenen Partien einer Reihe paralleler querer Durchschnitte des Penis vermisste ich es vollständig. Die Glans penis, die sich, wie eben erwähnt, in der „normalen^' Weise durch Verdickung des Corpus caverno- sum urethrae bildet, stellt ein dorso-ventral etwas platt ge- drücktes, stumpf conisches oder, wie Owen sagt, subcylin- drisches Gebilde von 8 cm Länge und 12 cm Umfang (an der Corona glandis) dar; an der ventralen (unteren) Fläche etwas hinter dem Apex befindet sich die bekannte Y-för- mige Urethralöffnung. Das in reichliche Falten gelegte Praeputium ist weit zurückgestülpt und wird durch eine mediane longitudinale Falte — ein Frenulum praeputiale an die ventrale Fläche der Eichel geheftet. Die Epider- mis der Glans erhält durch sich kreuzende Längs- und Querfurchen ein eigenartiges gefeldertes Ansehen, reich- liches Pigment verleiht ihr eine dunkelbräunliche Fär- bung. Erklärung der Abbildungen auf Tafel VIL Fig. 1. Der untere Theil der median eröffneten Harnblase — Trigo- num Lieutaudii — mit der Pars membranacea urethrae und den Ruthenschenkeln vom jungen afrikanischen Elephanten, ausgebreitet und von oben gesehen. Halbe natürliche Grösse. V u = Ureterenmündung. V m = veru montanum. d j = Sonden, eingeführt in die ductus ejaculatorii. d p = Sonden in den ductus prostatici. Zur' Kenntniss des afrikanischen Elephanten. 91 s m = Medianfurc'he der Urethra, er p = crara penis. Fig. 2. Samenblase , Vorsteherdrüse und Ampulle sammt Aus- führun gegangen der rechten Seite, ebendaher, in der An- sicht von unten, über halbe natürliche Grösse. V d = vas deferens. amp = am pull a. V s = vesicula seminalis. d vs = ductus vesiculae seminalis. d amp = Ausführuiigsgang der Ampulle (vas deferens). s = Septumartiger Vorsprung der medialen Wand der Samenblase, bildet zugleich die laterale Wand des Am- pullenausführungsganges. pr = obere Prostatahöhle. pr d = ductns prostaticus communis dexter. Fig. 3. Die zwei rechten Prostatahöhlen median eröffnet, ebenda- her, Ansicht wie vorhin, über halbe natürliche Grösse. d p = die zwei kurzen Ausführungsgänge. pr d = ductus prostaticus com. d. Fig. 4. Vasa def., vesiculae seminales, prostatae, pars membrana- cea und Bulbus urethrae sammt adnexen Theilen von unten im Zusammenhange gesehen; ebendaher, halbe natürliche Grösse. pr = prostata. p m = pars membranacea urethrae. b u = bulbus urethrae. gl c = glandula Cowperi. Uebrige Bezeichnungen wie vorhin. Fig. 5. Medianschnitt durch die Corpora cavernosa penis an ihrer Vereinigungsstelle, ebendaher, nahezu natürliche Grösse. s p = Septum penis. c c p = corpus cavernosum penis dextr. er p = crus penis dextr. Fig. 6. Querer senkrechter Schnitt durch das hintere Drittel des Penis, ebendaher, nahezu natürliche Grösse. c c p = corpus cavernosum penis. s p = Septum penis. t a = Tunica albuginea. c c u = corpus cavernosum urethrae. u = canalis urethralis. Fig. 7. Querer senkrechter Schnitt durch das vordere Drittel des Penis nahe der Glans, ebendaher^ über halbe natürliche Grösse. t = Sehne des musculus levator penis. 92 August von Mojsisovics: Zur Kenntniss des afrik. Elephanten. tr = septenartige Trabeculae. Die übrigen Bezeichnungen wie vorhin. Fig. 8. Glans penis in der Ansicht von unten mit dem Y-förmi^en Onficium cutaneum urethrae ; ebendaher, halbe natürliche Grösse, fr = frenuhim praeputiale. Fig. 9. Glans peni« in der Ansicht von oben, ebendaher, halbe na- türliche Grösse. pr = praeputiam. Beiträge zur Kenntniss der Wirbeltliiere Italiens. Von Dr. Henri Hillyer Giglioli, Professor der Zoologie und vergleichenden Anatomie in Florenz. Seit zwei Jahren arbeite ich emsig an der Gründung einer Sammlung der Vertebraten Italiens, da bis jetzt noch keine solche in den zahlreichen naturwissenschaftlichen Museen der Halbinsel existirt. So sehr uns letzteres auch sonderbar erscheinen mag, ist es leider dennoch so, und ich muss offen gestehen, dass mich stets die Dreistigkeit, mit welcher man Werke über die Fauna Italiens veröffent- lichte ohne die dazu nöthige Basis d. h. Sammlung zu haben, in Verwunderung setzte. Es versteht sich von selbst, dass dergleichen Werke trotz der Mitwirkung einiger un- serer berühmtesten Naturforscher viel zu wünschen übrig lassen ^) und wir können mit vollem Recht behaupten, dass wir noch heut zu Tage in der Fauna einiger Ge- genden Australiens weit besser bewandert sind, als in der Italiens, wo man sich seit der Zeit von Flinius schon mit Naturwissenschaften beschäftigt! — Um diesem Uebel mög- lichst abzuhelfen fasste ich im Jahre 1876 den Entschluss eine der Räumlichkeiten des hiesigen Museums der Samm- lung von ausschliesslich inländischen Thieren zu widmen. Trotzdem die Gründung einer solchen Sammlung mit grossen Schwierigkeiten verbunden war, Hess ich mich da- von nicht abschrecken, und hatte schon bald das Vergnü- gen meine Bemühungen mit Erfolg gekrönt zu sehen. Einerseits setzte ich meine ganze Thätigkeit an das Werk, 1) z. B. das neuerdings erschienene Werk über die Fauna Italiens von Vallardi in Mailand. 94 Henri Hillyer Giglioli: das ich vor mir hatte, andererseits wurde ich von meinen Grönnern und Freunden unterstützt. Ich erhielt eine Un- masse Thiere aus allen Gegenden Italiens zugesandt. Die Sendungen aus den Alpen, dem Piemont, aus. Orsola, Tyrol, Dalmatien, Nizza, Sicilien, Sardinien und Elba folgten auf einander so schnell, dass ich kaum Zeit fand die Exem- plare aufzustellen und zu katalogisiren. Beides hatte ich selbst übernommen und führte es in folgender Weise aus: ich setzte nach den Hauptautoritäten eine Liste der zur italienischen Fauna gehörigen Thiere zusammen , indem ich die Arten, an deren Vorkommen man Zweifel hegte, mit Fragezeichen begleitete. Fanden sich letztere unter den mir zugesandten Thieren, so trug ich sie mit allen an- deren in zwei Cataloge ein. Der eine dieser Cataloge war in alphabetischer Reihenfolge, der zweite wissenschaftlich zusammengestellt. Nach Verlauf eines Jahres schon war ich im Stande die Sammlung der Vertebraten Italiens zu eröffnen, und zwar am 6. März 1877 in der Gegenwart S. M. des Kaisers von Brasilien, bei weicher Gelegenheit ich einen kurzen Vortrag über den Zweck dieser Sammlung hielt. Das Museum enthielt damals 1680 Nummern, 3493 Exemplare, 741 Arten, welche folgendermassen vertheilt wurden: Säugethiere: 233 Nummern, 73 Arten. Vögel: 607 Nummern, 312 Arten. Kriechthiere : 116 Nummern, 31 Arten. Lurche: 84 Nummern, 18 Arten. Fische: 640 Nummern, 307 Arten. Seitdem erhielt ich durch die Güte der Herren Major und Cavanna Thiere aus Calabrien. Ich selbst besuchte die Inseln Giglio, Pianosa, Capraja, Giannutri, Montecristo, Elba und Corsica, und brachte von dort 1444 Exemplare von Wirbelthieren mit, meistens Reptilien, Amphibien und Fische. — ■ Im jetzigen Augenblick hat die italienische Sammlung Folgendes aufzuweisen: 82 Arten, 375 Nummern, 884 Exemplare von Säugethieren, 348 Arten, 892 Nummern, 894 Exemplare von Vögeln, 38 Arten, 240 Nummern, 1040 Exemplare von Kriechthieren, 22 Arten, 135 Nummern, Beiträge zur Kenntniss der Wirbelthiere Italiens. 95 1050 Exemplare von Lurchen und 360 Arten, 942 Nummern, 3119 Exemplare von Fisclien. Im ganzen wären also 850 Arten, 6987 Exemplare und 2584 Nummern. Die Zahl der Wirbelthiere Italiens beläuft sich auf ungefähr 1099 Arten, folglich fehlen nur noch 249 Arten (meistens Fische) um meine Sammlung zu vervollständigen. Die grösseren Säugethiere, fast alle Vögel, die grösse- ren Chelonier und Fische (meistens Haie und Wallfische) sind ausgestopft, alle die anderen sind in Alcohol aufbe- wahrt. Der Hauptzweck dieser Sammlung ist zu einem Werke über die Fauna Italiens nach dem Muster von Blasius prachtvollem Werke „Säugethiere Deutschlands" Stoff zu bieten. — Mit so einer umfangreichen Arbeit in Aussicht, muss ich mich selbstverständlich bemühen, nicht nur Exem- plare von sämmtlichen Arten der Vertebraten Italiens zu haben, sondern auch jede Art so vollständig als möglich zu vertreten, was ihre verschiedenen Zergliederungen nach Alter, Geschlecht und auch lokale und temporäre Variatio- nen anbetrifft. Folglich lasse ich mir von solchen Arten, die stark variiren, aus den verschiedenen Regionen Italiens so- wie auch von allen Inseln Exemplare zusenden. Die Süss- wasserfische suche ich aus jedem See- und Flusssystem der Halbinsel, die Seefische aus dem mittelländischen, dem adriatischen und ionischen Meere zu beziehen. — Material zu einer vollständigen Revision der anatomischen und em- bryologischen Charactere der bemerkenswerthen Typen wird auch gesammelt. Zu gleicher Zeit bin ich im Be- griff für die allgemeine Sammlung eine Reihe von Exem- plaren derjenigen ansässigen Wirbelthiere Italiens, welche von den uns umgebenden Ländern z. B. aus Frankreich, Spanien, Nord- Afrika und Griechenland eingewandert sind, zusammenzustellen und sie mit den innerhalb der italieni- schen Grenze wohnhaften Arten sorgfältig vergleichen und die vorhandenen Unterschiede notiren zu können. In vorliegenden Blättern beabsichtige ich eine Liste derjenigen von mir gesammelten Arten hinzuzufügen, welche für Italien ganz neu sind, und solcher, welche nur wenig 96 Henri Hillyer Giglioli: verbreitet und aus neuen Ortschaften bezogen worden sind. Die Ersteren werde ich mit einem Sternchen bezeichnen. — Binnen Kurzem wird ein vollständiger Katalog der Sammlung mit Anmerkungen veröffentlicht werden. Mammalia. CMroptera : 1. Synotus barbastrellus (Schreb.) Apuan. Alpen. * 2. Vesperugo molossus (Remm.) Ravenna. * 3. Vesperugo Leisleri (Kühl) Lecce. * 4. Vesperugo Nathusii (Keys. u. Bl.) Florenz und Pisa. 5. Vesperugo Savii Bp. = V. Bonapartii Savi = V. maurus Blasius Italien. 6. Vesperugo pipistrellus (Schreb.) Giglio und Monte- cristo. * 7. Vespertilio Bechsteinii, Kühl. Rimini. 8. Vespertilio ciliatus (Blas.) Capalbio (Maremmen). * 9. Vespertilio mystacinus (Leisl. ) Domodossola, Pi- nerolo, Pistoia. 10. Vespertilio Daubentoni (Leisl.) Pisa, Monte Amiata, Florenz. * 11. Vespertilio Blasii Major = V. Capaccinii Bl. nee Bp. = ? V. Daubentoni Bp. nee Leisl. Cagliari. 12. Miniopterus Schreibersii (Nath.) Bonifacio in Cor- sica und Cagliari. 13. Dinops Cestoni, SavL Florenz. Insectivora : * 14. Sorex pygmaeus (Pall.) Domodossola. * 15. Crocidura sicula (Giglioli M. SS. sp. nov.?) Castel- buono, Sicilien. Rodentia : * 16. Arvicola glareolus (Schreb.) Domodossola. * 17. Arvicola nebrodensis (M. Pal.) Castelbuono. * 18. Arvicola Savii (Selys) Italien. * 19. Arvicola subterraneus (Selys) Domodossola, Casella (Genua). 20. Lepus variabilis (Pallas) Domodossola. Carnivora : 21. Mustela boccamele (Cetti) Corsica. Beiträge zur Kenntniss der Wirbelthiere Italiens. 97 Cetacea: * 22. Steno frontatus (Cuv.) Livorno. 23. ? Grampus griseus (Cav.) Cliioggia (Venedig). Aves. Passeres : 24. Lanius meridionalis (Temm.) Nizza, Spoleto, Grosseto. * 25. Cinclus albicollis (Salvin) Florenz. * 26. Turdus Sibiriens (Gm.) Grosseto. 27. Calandrella pispoletta (Fall.) Mugello. * 28. Pyrrhula coccinea (Selys) Domodossola. Limicolae : 29. Phalaropus lobatus (Linn.) Florenz. 30. Terekia cinerea (Güldenst.) Barletta. Änseres : 31. Bernicla ruficollis (Fall.) Scarperia (Florenz). 32. Casarca rutila (Fall.) Maremmen. Steganopodes: * 33. Sula bassana (Linn.) Fiombino. Gaviae : * 34. Larus Audouinii (Payr.) Golf v. Palmas (Sar- dinien). Meptilia. Ophidia : * 35. Coronella cucuUata (Geoffr.) Lampedusa. Lacertilia : * 36, Psammodromus hispanicus (Fitz.) Siliqua (Sar- dinien). 37. Podarcis oxycephala (D. u. B.) Foce di Vizzavona (Corsica). * 38. Podarcis taurica (Fall.) Gelle (Lucchese Ap- pennines). 39. Notopholis Fitzingerii (Wiegm.) Ajaccio. 40. Phyllodactylus europaeus (Gene) Port' Ercole, Monte Argentario, Tino, Tinetto (G. v. Spezia), lo Sco- glietto neben Portoferraje auf Elba, Insel Topi, Palmajola Archiv für Naturg. XXXXV. Jahrg. 1. Bd. 7 98 Henri Hillyer Giglioli: und Cerboli im Piombino-Canal, Inseln Troia und Isolotto (Argenlario), Giglio, Gianutri, Pianosa und Scuola, Mon- tecristo, Bonifacio, Pianotoli und Cap Corso, Inseln 8an- guinarie bei Ajaccio. 41. Hemidactylus verruculatus. Florenz. 42. Chamaeleo vulgaris (Daud.) Nizza? Ghelonia : * 43. Testudo ibera (Pall.) Cagliari. * 44. Testudo nemoralis (Aldrov.) Golf v. Aranci und Terranova Pausania in Sardinien. Aniphibia, ürodela: 45. Salamandra corsica ^) (Savi) Vizzavona Corsica. 46. Euproctes platycephalus (Gravenh.) Corsica. Änura : 47. Pelobates fuscus (Laur.) Acqui, Vercelli. 48. Pelodytes punctatus (Daud.) Turbie und Trinita (Nizza). * 49. Alytes obstetricans (Laur.) Görz. 50. Discogiossus pictus (Gravenb.) Giglio, Monte- cristo und Corsica. * 51. Bufo calamita (Laur.) Nizza. I^isces. Teleostei: 52. Serranus macrogenis (Sassi) Nizza. * 53. Dentex gibbosus (Rafn.) Livorno. * 54. Pagellus Owenii (Günth.) Maddalena in Sardinien. * 55. Cbrysopbrys crassirostris (C. u. V.) Taranto. * 56. Trigla pocciloptera (C. u. V.) Reggio in Cala- brien. * 57. Trigla gurnardus L- Nizza. * 58. Corvina sp. nov.? Cagliari. * 59. Seriola tapeinometopon (Bleeker) Messina. 1) Scheinbar eine gute Species. Beiträge zur Kenntniss der Wirbelthiere Italiens. 99 * 60. Portlimeiis argenteus (C. u. V.)? Giglio. * 61. Blennius sp. nov.? Gianutri. 62. Lophotes Cepedianus (Giorna) Elba. 63. Atherina lacustris (Bp.) Cagliari und River Lia- mone in Corsica. * 64. Mugil sp. nov. River Isnello in Sicilien. * 65. Centriscus gracilis (Lowe) Neapel. * 66. Fierasfer dentatus (Cuv.) Neapel. * 67. Clupea latula (C. u. V.) Livorno. * 68. Anguilla Kieneri (Kaup.) Nizza. * 69. Anguilla Bibroni (Kaup.) Sicilien? * 70. Tetrodon fahaka (Hasselq.) Cagliari? lieber Conurns hilaris. Von H. Bnrmeister in Buenos Aires. Unter obigem Namen habe ich im Anhang zu meiner Reise durch die La Plata-Staaten (IL Bd. S. 442 No. 24) einen Papagei kurz beschrieben, den ich nicht in meine Gewalt bringen konnte, sondern nur bei der Monate lang verfolgten Jagd kennen lernte, bis ich zuletzt ein gefange- nes Exemplar lebend bei einem Einwohner Tucumans im Allgemeinen untersuchen konnte. Die Art ist, wie die meisten Papageien sehr scheu, sie stellt beim Ueberfall der Maysfelder Wachen auf den höchsten Stängeln aus und die erheben ein lautes Geschrei, sobald sie verdäch- tige Personen , zumal mit der Flinte, kommen sehen ; es gelang mir nicht, ein Exemplar zu erlegen. Auch alle schriftlichen Gesuche bei Bekannten, die ich gleich nach meiner Rückkehr nach Buenos Aires an verschiedene Freunde stellte, blieben erfolglos, bis ich endlich durch die Güte des Herrn Brüland, praktischen Arztes in Tucuman, zwei schöne frische Exemplare erhielt, und ein drittes im Be- sitz eines jungen Mannes, Herrn Holmberg, hier in Buenos Aires kennen lernte, das er selbst bei Salta, nörd- lich von Tucuman, erlegt hatte. Diese drei Exemplare gestatteten mir eine ausführliche Beschreibung. Die Art ist ein ächter Conurus, mit starkem etwas seitlich comprimirtem und auf der Firste abgeplattetem Schnabel, mit weit vortretendem grossen Endhaken und stumpfem Zahn fast in der Mitte des Seitenrandes, woran sich eine vordere und eine hintere Ecke unterscheiden H. Burmeisterr üeber Conurus hilaris. 101 lässt. Seine Farbe ist trüb weiss, fällt aber im Leben etwas ins Röthliche. In Gestalt gleicht der Vogel am meisten dem Conu- rus acuticaudatus (mein C. fugas a. a. 0. 441, 22), ist aber etwas kleiner und sein Schwanz relativ ein wenig kürzer. Das grösste der drei Exemplare misst 13 englische Zoll, das kleinste von Salta nur 12 Zoll; das von mir lebend beobachtete war kleiner, weil jünger und hatte nur 10— 11 Zoll Länge; die Flügel sind vom Bug bis zur Spitze 7V2 bis 7'V4 Zoll lang, der Schwanz vom After an 6V2 Zoll. Die Farbe des Körpers ist ein reines schönes Papa- geigrün, etwas dunkler am ganzen Rücken und lichter, mehr ins Gelbliche spielend, am Bauch. Schwingen und Schwanzfedern haben aussen ganz dieselbe Farbe, innen und unten aber sind sie graugelblich, die Schwingen an der Innenfahne rein olivengraugrün mit schwärzlicher Spitze und Rand; der Schaft ist dunkler schwarzbraun. Gegen die Basis werden die Schwanzfedern etwas heller, aber rein gelb ist auch dort die Farbe nicht. Ich habe in meiner früheren Beschreibung den Schwanz roth ge- färbt genannt, aber diese Farbe kommt nicht den eigent- lichen Schwanzfedern, sondern den oberen Schwanzdecken zu, wie ich jetzt sehe, indem ihre Spitzen bald mehr bald weniger roth sind, aber nicht an allen Federn, sondern nur ausnahmsweise an einigen. So finde ich sie bei dem einen meiner beiden Exemplare, bei dem andern sind alle Deckfedern grün. Ohne Zweifel waren bei dem von mir lebend betrachteten Exemplar diese Federn alle, oder doch die meisten an der Spitze roth und das veranlasste mich, den Schwanz mit Unrecht „röthlich^ zu nennen. Roth sind aber viele Federn am Vogel und wie es nach meinen drei Exemplaren erscheint, ohne bestimmtes Gesetz, bald mehrere, bald nur wenige. Die rothe Farbe ist regelmässig an der Stirn, rund um den Schnabelgrund, sichtbar, doch spielt der äusserste vorderste Theil stark ins Braune; die eigentliche Stirn, die Zügel, die Backen bis hinter das von einem nackten Ringe eingefasste Auge sind ebenfalls stets roth, aber Scheitel und Hinterkopf nebst dem Nacken und den Sei- 102 H. Burmeister: ten des Halses bald ganz grün, bald mit rothen Federn mehr oder weniger dicht gemischt, so dass am Hinterkopf und im Nacken ein oder mehrere rothe Querbänder ent- stehen, welche bis auf die Seiten des Halses hinablaufen. Dasselbe gilt von der Brust, auch die hat nicht selten mehrere rothe Federn, welche bei dem einen Exemplar noch am Bauch wahrgenommen werden, und drei undeut- lich geschlossene rothe Querbinden über die Brust bilden, während der Rücken stets ganz grün bleibt und keine rothen Federn eingemischt zeigt. Roth sind dagegen die untersten Federn der Unterschenkel, bald alle, bald nur einige, und hie und da tritt noch höher hinauf eine rothe Feder aus dem grünen Hauptgefieder hervor. Eben dasselbe gilt vom Flügelbug und Vorderarme des Flügels; beide haben bald mehr bald weniger rothe Federn zwischen dem grünen Hauptgefieder und an dem einen grössten Exemplar zieht sich eine rothe Federnreihe am ganzen vordem Flügelrande, vom Ellenbogen bis zum Handgelenk hin. Ja sogar an der Spitze des von der ersten Flügelzehe (Daumen) gebildeten kleinen Alterflügels tritt noch eine rothe Feder bei zweien Exemplaren deut- lich aus dem grünen Gefieder hervor. Die unteren Flügel- deckfedern sind dagegen nicht roth, sondern blassgelb, mit grünlichem Anflug; besonders ist letztere Farbe am After- flügel deutlich. Die nackten Füsse sind im Leben fleisch- farben mit ^'anschwärzen Krallen; die Iris ist orange. Nach dieser Beschreibung und nach Wahrnehmung des höchst variablen Colorits bin ich geneigt, meinen Co- nurus hilaris mit dem Conurus mitratus zu verbinden und auch den Conurus frontatus als blosse Spielart dahin zu ziehen. Um den Leser davon zu überzeugen, genügt es, meine Beschreibung mit denen beider Arten in Dr. Finsch ge- nauer Monographie L Bd. S. 461 und 462 zu vergleichen; er wird alsbald finden, dass die mir vorliegenden drei so verschieden mit roth decorirten Exemplare die Mitte hal- ten zwischen C. mitratus und C frontatus und ebenso gut zu der einen wie zu der anderen Species gebracht werden können. Nach der Finsch 'sehen Definition unterscheiden lieber Coniirus hilaris. 103 sie sich nur darin, dass „der Flttgelrand am Unterarm, Bug und Daumen" bei C. frontatus roth ist und bei C. mitratus „Fitigelrand und Daumen grün''. Aber von meinen Exemplaren ist das eine roth gerandet am Unter- arme, das andere grün; beide haben eine rothe Feder an der Spitze des Daumens und das dritte Exemplar auch einige am Flügelbug ; es kann also auch wohl Exemplare geben, wo der ganze Daumen mit rothen Federn besetzt ist, also dem C. frontatus vollständig entspricht. Es ist ferner bekannt, dass die Arten der nordwestlichen Pro- vinzen der Argentinischen Republik sich bis nach Bolivien und Peru verbreiten und darum kann es nicht auffallen, diese drei so ähnlichen Formen des bezeichneten Gebiets zu einer und derselben Art zu stellen, zumal wenn es durch die an derselben Stelle erlegten Exemplare erwiesen ist, dass die hier auftretenden grosse Verschiedenheiten in der Ausbreitung der rothen Federn an den Tag legen. Dr. F i n s c h sagt S. 463, bei Beschreibung des Co- nurus frontatus, dass ein seit langer Zeit im Museum zu Wien aufbewahrtes Exemplar angeblich aus Guyana stamme, und bezeugt sein Misstrauen durch ein dabei gesetztes Fragezeichen. Er hat gewiss Recht, diese Angabe als richtig zu bezweifeln ; ich nehme keinen Anstand, die Ver- muthung auszusprechen, dass. besagtes Exemplar von Thaddäus Haenke gesammelt wurde, der sich lange Zeit in Bolivien aufhielt und Sammlungen nach Oester- reich sandte, wenigstens nach Prag, von wo er stammte. Ein solches Exemplar des Vogels konnte leicht nach Wien gelangen. Sollte sich die Vermuthung desselben Mono- graphen bestätigen, dass auch Psittacus lunatus B e c h s t. (Uebers. v. Latham, Uebers. der Vögel etc. Vol. IV S. 32 No. 88) zu unserer Art gehöre, so würde sie diesen Na- men, als den ältesten, annehmen müssen. Im Juni 1878. Die Fauna von Kergnelensland. Verzeichniss der bis jetzt auf Kergnelensland beobachteten Thierspecies nebst kurzen Notizen über ihr Vor- kommen und ihre zoogeographischen Beziehungen Dr. Th. Studer. Die zahlreichen Expeditionen, welche im Jahre 1874 die in 48^ 50' bis 50° S. B. und 68« bis 70» 50' 0. L. ge- legenen Kerguelensinseln besuchten, brachten ein reiches naturwissenschaftliches Material zurück, welches erlaubt schon jetzt sich ein nahezu vollständiges Bild von der dortigen Fauna und Flora zu machen. Die meisten Ge- biete der Fauna haben bereits ausgiebige Bearbeitungen gefunden, doch sind diese in verschiedenen Zeitschriften zerstreut. Ich hielt es daher für passend, hier eine voll- ständige Zusammenstellung der Fauna zu geben nebst An- gabe der Litteratur. Die meisten der hier angeführten Arten habe ich während des 372 monatlichen Aufenthalts an der deutschen Beobachtungsstation bei Betsy Cove selbst beobachtet und füge meine Beobachtungen über Vorkom- men und Lebensweise in kurzen Notizen bei. In Bezug auf die allgemeinen Verhältnisse von Kergnelensland ver- weise ich auf die schon reichlieh vorhandene Litteratur. Th. Studer: Die Faiiua voü Kerguelensland. 105 Litteratur. Allgeraeines. Die Litteratur über die einzelnen Klassen siehe dort. Neben den Schriften von Cook, Ross, Hooker siehe: V. Schleinitz, Berichte von S. M. S. Gazelle in Annal. der Hydro- graphie HI. Jahrgang 1875 Nro. 7 u. 8. — Urographie von Kerguelensland pag. 107. — Meteorologie pag. 120. Berichte vom Challenger in Natur e 1874. Willemoes-Suhm, Briefe vom Challenger. Zeitschr. für wiss. Zoo- logie 24. Bd. 4. H. 1874. Eaton, Report of the Naturalist attached to the transit of Venus Exped. toKerguolen Island. Ann. Mag. Nat. bist. 1, 4. Ser. 1873. Roth, Ueber die Gesteine von Kerguelensland. Monatsber. der K. Akad. d. W. zu Berlin 1875. November pag. 723. v. Schleinitz, Die Kerguelen. Zeitschr. für Erdkunde zu Ber- lin Bd. XL 1876. Kidder, Contributions to the nat. bist, of Kerguelen islds. Bullet. U. S. N. Mus. 3. part. 1876. Willemoes-Suhm, Challenger -Briefe, herausgegeben von seiner Mutter 1877. Studer, Ueber das Thierleben auf den Kerguelen. Verhandl. der Gesellsch. für Erdkunde zu Berlin Nro. 7 u. 8. 1876. — — Ueber die naturhistor. Verhältnisse von Kerguelensland. Ver- handl. der Schweiz. Naturf. Gesellsch. in Basel. 1876. — — Geolog. Beobachtungen auf Kerguelensland. Zeitschr. der deutsch, geol. Gesellsch. Jahrg. 1878. pag. 327. In Bezug auf Karten verweise ich auf die schöne Karte, welche nach den. Aufnahmen der Gazelle und des Challenger in der Zeitschrift für Erdkunde zu Berlin Bd. XI veröffentlicht ist. Höhere Wirbelthiere, Land- und Süsswasserthiere. 1, Vertehrata, Sängetliiere. S. Peters, Monatsber.. d. k. Akad. d. Wissenscb. zu Berlin. Juni 1875 und Juni 1876. 1. Mus muscuhis L. Ist wohl eingeführt, aber voll- ständig eingebürgert. Sie lebt in Löchern im Azorellarasen. 2. Arctophoca ga^ellaV QiQY^. Nur ein Weibchen wurde in Cristinasharbour, im Nord -Westen der Insel, erlangt. 3. OgmorJiinusleptonyxBlsLiny. Ziemlich selten. Bei Ankunft des Schiffes „Gazelle" in Betsy Cove wurden zwei Exemplare an der Küste beobachtet. Später wurden keine mehr gesehen. 106 Th. Studer: 4. Cystophora leonina L. Seeelephant. Die häufigste Robbe auf Kerguelensland, wird aber bereits dureh Nach- stellungen von Seiten der Robbenschläger stark vermindert. Am häufigsten wurde das Thier an der Accessible Bay Ende Oktober und Anfang November beobachtet, meist säugende Weibchen mit Jungen. Dann wieder im Decem- ber einjährige Junge und Weibchen. Zu dieser Zeit waren die Thiere im Haarwechsel begriffen. Sie lagen dann hoch am Strande meist in Süsswasserlachen. Während der Ver- messungsfahrt der Gazelle an der Nordküste wurden Heer- den von neun Stück, Weibchen und alte Männchen am Strande liegend angetroffen. 5. Balaena australis Desm. Früher häufig, wie zahl- reiche am Strande der Küsten liegende Skelette beweisen, ist der Walfisch durch fortgesetzte Naclistelluugen auch in diesen Meeren selten geworden. Am 4. Februar traf die Gazelle wenige Seemeilen nördlich der Insel noch einen Trupp von vier Walfischen. 6. JDelphinus sp. Delphine besuchten selten die Acces- sible Bay, die Art konnte leider nicht festgestellt werden. Vögel. S. Coues, Bullet. U. S. Nat. Mus. Nro. 3 1876. — Kidder ebenda über Chionis. ~ Hüsker, zool. Beobacht. Vorkommen der Sturmvögel Kerguelens. Zeit- schr. für Edkunde. Berlin. Bd. XI p. 108. — Cabanis u. Reichenow, Journal f. Ornith. 1875. — Studer, Ueber Pinguin. Zeitschr. i. w. Zool. Bd. XXX. 1877. — Coues, Critical review of the family Procellaridae part. IV U. S. A. 1. Chionis wmor Ha rtlb. An der ganzen Küste häu- fig, entfernt sich nie weit vom Strande. Brütet im Januar. Hüsker erhielt die ersten Eier am 12. Januar, Ea- ton am 10. Januar. Ein frisch ausgekrochenes Junges er- hielt ich am 4. Februar in Port Palliser. 2. Sterna virgata Gab. u. Reich., Sterna vittata Gm. nach Coues 1. c. An der Küste sehr häufig. Legt meist zwei Eier in offene Erdvertiefungen. Eier fanden sich von Ende Oktober bis 26. November. Vom 4. Dezember an sah man schon flügge Junge in braunem Federkleide. 3. Larus dominicanus Licht. Sehr häufig an der ganzen Küste. Brütet Mitte December. Zwei bis drei Eier Die Fauua von Kerguelensland. 107 werden in ein flaches Nest aus Grashalmen und Federn gelegt, meist zwischen Steine oder auf Klippen. Die ersten frisch ausgeschlüpften Jungen fand ich am 23. De- cember. 4. Lestris antarcticaLe^^. Ueberall häufig und sehr lästig durch ihre zudringliche Frechheit und Raubsucht. Die Eier fanden sich Anfangs December. Sie werden zu zwei in flache Bodenvertiefungen gelegt und von den Alten muthvoll gegen Räuber vertheidigt. 5. Diomedea fidiginosa Gm. Brütet Anfang Novem- ber. Das einzige grosse Ei wird in ein rohes, flaches Nest aus Grashalmen gelegt. Ausser der Brütezeit scheint sie die Nähe des Landes zu meiden. Auf See wurde sie zuerst beobachtet in B. 34» 53', 4 S. und L. 5« 37' 0. und wurde von da bis Kerguelen beobachtet. Auf der Reise von Kerguelensland nach Mauritius wurde sie bis B. 37^ 5' S. und L. 79^ 3' 0. beobachtet, nördlicher verschwand sie mit den andern pelagischen Seevögeln mit dem Ein- treten des in der damaligen Jahreszeit, Februar, sehr weit südlich beginnenden Passatwindes. Sie wurde wieder be- obachtet im Indischen Ocean auf der Fahrt von Mauritius nach Australien in B. 37» 31' S. und L. 86'> 44' 3 0. in derselben Breite bis L. 91» 34' 5 0. 6. D. eocsulans L. Dieser Vogel wurde von der deutschen Expedition nirgends auf Kerguelensland brütend beobach- tet, dagegen soll er nach Angabe der Walfischfänger an einzelnen Stellen der Insel, so in der Gegend des Mount Campbell im Osten in grosser Menge brüten. Auf See wurde er im Atlantischen Ocean zuerst beobachtet in B. 140 9' 4 S. und L. 7^ 49' 2 0., von da an fast täglich auf der Reise nach Süden bis Kerguelensland in Beglei- tung von D. chlororhynchus Gm. und culminata Gm. Von Kerguelen bis Mauritius folgte er dem Schiffe bis zum Auftreten des S. 0. Passates. Im südindischen Ocean auf der Fahrt nach Australien trat er wieder auf in B. 30» 12' 4 S. und L. 590 32' 9 0. Hier wurde er beobachtet bis L. 910 34' 5 0^ ^nd 370 S. B. Zwischen Australien und Neuseeland zeigte er sich in B. 32^ 35 S. und L. 163^ 14' 5 0. Im Stillen Ocean Hess er sich auf der Fahrt von Neu- 108 Th. Studer: Seeland nacli den Fidji-Inseln bis B. 27« 42' 3 S. und L. 179« 26' 8 0. verfolgen, mit Eintreten des S. 0. Passates in B. 25« 56' S. verschwand er mit den andern Sturm- vögeln. Auf der Reise von Samoa nach der Magelhaens- strasse trat er in B. 38« 17' S. und L. 16« 8' W. auf, der Südostpassat war in B. 33« ausgeschieden. Die höchste Lufttemperatur, welche zur Zeit seines Auftretens herrschte, war 23« C. Nach diesen Beobachtungen würde das normale Ver- breitungsgebiet des Vogels die ganzen Meere bis zur wech- selnden Südgrenze des Südostpassates umfassen. Mit ihm, doch weniger häufig, findet sich Diomedea chlororhynchus Gm. und culminata Gm. 7. Haloäroma urinatrix Gm. Dieser Vogel erschien Anfangs November in Kerguelenslaud, flog gewöhnlich bloss des Nachts. Das Ei fand sich zuerst am 4. Januar in Erdlöchern. 8. Ossifraga gigantea Gl d. An der ganzen Küste häufig, sie scheint ein ständiger Bewohner der Insel zu sein. Brut- plätze wurden keine gefunden. Halbflügge Junge fanden sich am 4. Februar in Port Palliser. 9. Fachyptila Ariel Gould. 10. Fachyptila vittata 111. 11. Pachyptila turtur Banks. Die Entenstürmer erschienen auf der Insel zum Brüten am 13. November. Sie suchten zu diesem Zweck Löcher im Azorellarasen auf, welche in tiefe unterirdische Gänge führten. Dieselben hatten die Vögel wohl schon früher gegraben, um sie jährlich wieder zu benutzen. Ein sol- cher Gang führte 80 cm wagerecht unter der Erde fort, dann bog er sich winklig, um nach 70 cm mit einer klei- nen Erweiterung blind zu enden. Dort waren Grashalme und Federn als Nest hingestreut. Die Vögel hielten sich paarweise in den Löchern auf, in welchen sie den Tag über blieben, bloss in der Dämmerung flogen sie aus. In der zweiten Hälfte des December fanden sich die grossen weissen Eier je eines in einer Röhre und am 25. Januar die ausgeschlüpften Jungen, dicht mit grauem Flaum be- deckt. Die Fauna von Kerguelensland. 109 Auf See wurden die ersten Pacbyptilus in B. 40^ 30' 9 S. und L. 25^ 0' 5 0. gesehen. Sie traten immer in grössern Schwärmen auf. 12. Halohaena caerulea Gmel. VonKidder am Ro- yal Sound, im Osten, beobachtet. 13. Thalassidroma melanogaster G o ul d., nereis G o u 1 d. 14. Oceanites oceanica Kühl. Die zwei ersten erschienen an der Accessible Bay zuerst am 7. December, sie brüteten in engen in die Erde gegrabenen Röhren ^ nahe dem Seeufer. Die ersten Eier fanden sich am 15. Januar, ein bis zwei Stück. Frisch aus- geschlüpfte Jungen wurden schon am 25. Januar ausge- graben. Die letzte Art habe ich nicht beobachtet. 15. Procellaria mollis Gould. VonKidder am Royal Sound beobachtet. 16. Procellaria Lessoni Gar not. Wurde nur zweimal an der Accessible Bay beobachtet. Ei und Vogel fanden sich am 4. Januar in einer weiten Röhre in der Erde. 17. Procellaria aequinocfialis L. Traf am 11. Januar an der Accessible Bay ein. Das grosse weisse Ei fand sich am 18. Januar im Grunde einer weiten Röhre auf einer Unterlage von dürrem Gras. 18. Pr. Kidderi C o u e s. Von K i d d e r am Royal Sound beobachtet. 19. Pr. Ätlantica Gould. Erschien am 13. Novem- ber und brütete in ähnlichen Gängen, wie Pachyptilus. Nur war der Gang so angelegt, dass er gewöhnlich mit Wasser gefüllt war. Im Hintergrund befand sich eine er- höhte Plattform, deren Boden über dem Wasserniveau stand. Hier brütete der Vogel das eine grosse weisse Ei. Vom 2. December an fanden sich in den Gängen die mit grauem Flaum bedeckten Jungen. 20. Daption cahensis Lath. Der Vogel wurde nur einmal am 28. November an der Accessible Bay auf einer kleinen Insel brütend beobachtet. Das Ei war in eine Vertiefung zwischen Steine gelegt. Ende Januar zeigten sich auf dem Wasser schwimmend junge Cap-Tauben in Begleitung von Alten. Die Jungen waren am Kopf und Hals noch mit grauem Flaum bedeckt. 110 Th. Studer: 21. Querquedula Eatoni Sharpe. Sehr Tiäufig, über das ganze Land verbreitet bis in 2000' Höhe. Das rohe flache Nest aus Gras und Federn bereitet, wird gerne an Felsabhängen in Spalten angelegt. Eier fanden sieh 3—5. Die ersten Eier fand ich am 3. December, ausgebrütete Junge schon am 16. Dezember. Nester mit frischen Eiern fanden sich noch am 4. Februar in Port Palliser. Diese Ente ist der einzige Vogel Kerguelens, welcher schmack- haftes Fleisch liefert. 22. Halieus verrucosus Gab. u. Reichenow. Häufig an der ganzen Küste. Er brütet gemeinschaftlich. Die Brutplätze finden sich meist an schwer zugänglichen Stellen auf Vorsprüngen an senkrecht zum Meere abfallenden Fels- wänden. Das Nest ist ein abgestumpft kegelförmiger Hau- fen aus Erde und Koth von circa 1' Höhe und IV2' Durch- messer mit einer flachen muldenförmigen Vertiefung, in welche die Eier in der Zahl von 2—3 gelegt werden. Das Brüten beginnt in der zweiten Hälfte November, ich fand die ersten Brutplätze am 21. November , die ersten frisch ausgekrochenen Jungen am 6. Dezember. Mitte Januar wurden die Brutplätze mit den halbflüggen Jungen ver- lassen. Verspätete brütende Weibchen fanden sich noch vereinzelt am 18. Januar. 23. Eudyptes chrysolophus Brdf. Wurde im Weih- nachtshafen beobachtet. 24. Eudyptes chrysocome Forster. Der an der Küste der Accessible Bay häufigste Pinguin. Er hielt sich in Schaaren von Hunderten am Meeresufer auf. Seine Brut- kolonien finden sich am Fusse steiler Felswände auf den mächtigen Blockhalden, welche hier längs dem Meeresufer liegen. Die Eier werden in Spalten zwischen die Blöcke gelegt und dort bebrütet. Die ersten Eier fanden sich am 21. November, die ersten Jungen am 2. Januar. Die Lo- comotion dieses Pinguins ,am Lande ist ein Hüpfen mit beiden Füssen zugleich. 25. Eudyptes diadematus Gould. Die Anwesenheit dieses Pinguins auf Kerguelensland erschliesst Coues aus einem von Kid der mitgebrachten Metatarsalknochen, welcher dieser Art angehört. Die Fauna von Kerguelensland. 111 26. Fygoscelis papua F o r s t e r. Brutplätze beobachtete ich keine. Der Vogel faiKl sich von Ende Oktober, der- zeit der Ankunft der Expedition in Kerguelensland, an in Heerden von 10—30 Stück vor, namentlich an flacheren Uferstellen, gewöhnlich in Reihen aufgestellt. Seine Be- wegung am Lande ist ein schneller Trab. Am 4. Februar fand ich die Vögel in der Mauserung. Assistenzarzt Dr. HUsker beobachtete einen Brutplatz am 29. November in der Successfull Bay. Die Jungen waren schon ausge- krochen, mit grauem Flaum bedeckt. 27. Aptenodytes Pennanti Gray. Der Königspinguin wurde nicht brütend beobachtet. Er erschien an der Acces- sible Bay zuerst Mitte November, von da an wurde er immer beobachtet, doch selten mehr als 6—7 Stück zu- sammen. Seine Bewegung am Lande ist ein würdevolles Schreiten, auf unebenem Terrain werden die Ruderschwin- gen zu Hülfe genommen. Reptilien und Amphibien werden nicht ange- troffen. II, Mollusca. S. V. M arten s, Monatsber. der königl. Acad. d. W. zu Berl. Mai 1877 pag. 269. Gasteropoda. 1. Helix HooJceri Reewe. Fand sich überall zwischen Azorella, Moos, unter Steinen, zahlreich vor. Ich fand sie noch in Höhen von 2000' über dem Meere unter Steinen. III. Arthropoda. Insecta. Coleoptera (S. Waterhouse, Entomologists Monthly Magaz. Vol. XII 1875—1876 p. 54. On the Coleoptera of Kerguelens Island). — Osten-Sacken in U. S. N. Mus. 3. pari 1876. Brachyelytra. l. Fhytosus a^nce2?5 Water h. Eaton fand diesen Käfer am Royal Sound ; ich fand ihn nur einmal unter einem Stein an der Accessible Bay. 112 Tb. Studer: Rhynchophora. 2. Canonopsis sericeus Waterh. Eaton fand ihn im Royal Sound, ich erhielt ihn einmal von einer kleinen Insel in der Accessible Bay. 3. Agonelytra longipennis Waterh. Von Eaton am Royal Sound beobachtet. 4. Agonelytra angusticoUis Waterh. Unter Steinen nicht selten. 5. Agonelytra gracilipes Waterh. Sehr häufig unter Steinen und zwischen Moos, ich fand ihn noch sehr zahl- reich auf dem Castlemount und Mount Moseley in Höhen von 500—700 Meter. Diese Höhen sind den grössten Theil des Jahres mit Schnee bedeckt und zeigen ausser einigen Flech- ten Usnea und einigen Büscheln Yon A^orella selago Eook. keine Vegetation. 6. Agonelytra hrevisWaterh. Sehr häufig unter Stei- nen, die Larven zwischen Moos und Azorella. Diptera (Eaton, Breves t)ipterarum uniusque lepi- dopterarum insul. Kerguelensi Indigenarum Diagnoses. — Entomol. monthl. magaz. Vol. XII 1875—76 p. 58). Muscidaej alle flügellos. 7. Amalopteryx maritima Eaton. Von Eaton am Royal Sound beobachtet. 8. Apetaenus litoralis Eaton. Häufig am Strande. 9. Calycopteryx Moseleyi Eaton. Auf Pringlea anti- scorbutica, in deren Strünken auch die Maden sich ent- wickeln. Die Fliege trat zuerst am 12. November auf. 10. Anatalanta aptera Eaton. An Aas, in dem sich die Larven entwickeln, sehr häufig. Tipulidae, 11. Halirytus ampJdbius Eat. Sehr zahlreich über aus- geworfenem Seetaug am Strande. Die Larven entwickeln sich in der faulenden Masse des Tanges. Cecidomyidae. 12. Limnophyes pusillus Eaton. Die Larve fand sich im Schlamm von Teichen, die entwickelte Fliege im No- vember und December auf den Teichen bis ins Innere, Lepidoptera (s. Eaton 1. cit.). Die Fauna von Kerguelensland. 113 Gelechiiäae. 13. Emhryonopsis halticella Eaton. Eaton fand diesen flügellosen Schmetterling am Royal Sound , die Raupe an den Blattscheiden von Festuca Cooki und erecta Hooker. Eaton fand auch die Raupe einer Noctuine. Thysanura (Lubbock. Annal. Mag. nat. hist. XVIII. 4. Ser. New species of Collembola from Kerguelen Isid.). 14. Fodura sp. 15. Sminthurus sp. Vertreter beider Gattungen fand ich hin und wieder unter Steinen und Moos. 16. T'ullbergia antardica Lubb. Sehr häufig zwischen Wurzeln von Azorelia selago. He m ipter a, Ma U oph a g a {G iehel, Annais Mag. Nat. hist. T. 17. 4. Ser. 1876. Diagnoses of some spec. of Mallo- phaga coUected by the rev. A. Eaton at Kerguelen Isld.). 17. DocopJiorus dentatus Giebel. An Diomedea ex- sulans. 18. Nirnms angidicoUis Gieb. An Diom, exsulans; setosiis Gieb., an Halodroma urinatrix. 19. Goniodes brevipes Gieb. An Aptenodytes Pen- nanti. 20. Lipeurus clypeatus Gieb. An Thalassidroma nereis. Arachnida (Proceed. of the zool. soc. of London 1876. Febr. p. 258. Cambridge, On a new Ordo and some new Genera of Arachnida from Kerguelens Island;. Araneida. Agenelides. 1. Myro Kergnelensis C a m b r. Häufig tiberall an steini- gen trockenen Plätzen. Die Eiersäcke werden als uhrglas- förmige Gespinnste an der Unterseite von Steinen ange- heftet. Foecilophysidea Cambr. Poecilophysidae Cambr, 2. Foecilop)hysis herguelensis Cambr. Acaridea. Acarides. 3. Torynophora serrata Cambr. g. et sp. 4. TorynopJiora sp. Eine zweite Art fand ich an Stei- nen dicht am Meeresufer, schwarz. Archiv für Naturg. XXXXV. Jahrg. ]. Bd. ^ 114 Th. Studer: Bdellides. 5. Scirus pallidus Cambr. Häufig unter Steinen, an trockenen Stellen. Orihatides. 6. Eine Oribatide, ein mm gross, weiss, fand sich häufig an faulen Strünken von Pringlea antiscorbutica. Ixodidae. 7. Hyalomma puta Cambr. kViiFygoscelispapua\i2iQ]i Eaton. Ich fand dieselbe auf Chionis minor Hart Ib. Crustacea (S. Studer, Archiv für Naturgesch. 44. 1. H. 1878 p. 102). Branchiopoda. Cladocera. 1. Simocephalus intermedius Stud. 2. Macrothrix Börgeni Stud. 3. Pleuroxus Wittsteini Stud. 4. Alona Weineckii Stud. Ostracoda. 5. Caudona Ählefeldii Stud. Entomostraca. Copepoda. 6. Cyclops Bopdni Stud. 7. Cyclops KriUei Stud. IV. Vermes (S. Grube, Annelidenausbeute der Gazelle). 1. Lumhricus Kerguelensis Grube. Häufig unter Moos und Steinen, in feuchter Erde. 2. Enchytraeus sp.? 9 mm lang. Unter Steinen an feuchten Stellen. Von der hier angeführten Fauna, welche sich schwer- lich noch durch viele weitere Arten sehr vermehren wird, da das Resultat bei allen Expeditionen an verschiedenen Theilen der Insel ziemlich dasselbe war, geben die niede- ren Thiere wenig Anhaltspunkte zurVergleichung mit den- jenigen anderer Gegenden. Einentheils sind die entsprechen- den Gebiete der hier in Betracht kommenden Länder, Feuer- lands, Tasmaniens und Neu-Seelands noch zu wenig er- forscht, andrerseits gehören die Insekten, Spinnen und Die Fauna von Kerguelensland. 115 Crustaceen Familien und oft Gattungen an, welche eine kosmopolitische Verbreitung haben. Für die Insekten ist die Flügellosigkeit eine fast durchgreifende Eigenthtimlich- keit. Dieselbe theilen aber mit Kerguelensland auch an- dere Inseln. Wir haben diese Eigenschaft als eine mit der Zeit von den Insekten erworbene zu betrachten, wodurch sich diese den äusseren Verhältnissen anpassten. Bei den furchtbaren, fast beständig auf der Insel herrschenden Stürmen würden fliegende Insekten unrettbar in das Meer geweht werden. Merkwürdig ist die Zusammensetzung der Insekten- fauna, namentlich der Coleopteren. Von den sechs Coleo- pterenarten, welche sich vorfanden, sind fünf Curctdioninen und zwar alle der Familie der Brachyderinidae angehörend. Drei Arten treten überall in grosser Individuenzahl auf Die sechste Coleoptere ist eine Staphylinide, ihr nächster Ver- wandter „Phytosus nigriventris", nach Water ho use, lebt in Nordeuropa. Die Hymenopteren scheinen vollkommen zu fehlen. Vielleicht im Zusammenhang mit dem Fehlen von blütheusuchenden Insekten steht die Erscheinung, dass keine der wenigen vorhandenen Phanerogamen-Pflanzen auffallende Blüthen trägt. Von den höhern Wirbelthieren sind zwei Robben, Ogmorhimis Uptonyx B 1 a i u v. und Ctjstopliora leonina L., von weiter antarktischer Verbreitung, während die Ohren- robbe, ÄrctopJioca Gazella Peters, Kerguelensland eigen- thümlich zu sein scheint. Von den Vögeln kommen zur Vergleichung mit andern Ländern diejenigen nicht in Betracht, welche bei sonst pelagischer Lebensweise, nur zur Brütezeit das Land auf- suchen, so die Albatrosse, Procellarien, Thalassidromen und Puffinus. Diese sind alle über den Antarktischen Ocean verbreitet. Von den übrigen sind die Sterna virgata Gab. und Reich., Halieus vemicosus Cah. und Reich, und Quergiie- dula Eatoni Sharp e der Insel eigenthümlich, Chionis minor Hartl. findet sich noch auf deo Crozet- und Prinz Edwards - Inseln , Larus dominicanus Licht, und Lesfris llti Th. Studer: antarctica Lcss. auf den in die südliche gemässigte Zone reichenden Continenten. Bemerkenswerth ist, dass der zweite Vertreter der in vieler Beziehung so eigenthüni- lichen Gattung Chionis auf den Falklands-Inseln uiid Feuer- land angetroffen wird, und gerade dieser Vogel erscheint ebenso wenig fällig grössere Strecken zu durchfliegen, als zu durchschwimmen. Die l^eeresfauna. Als Beispiel der Meeresverhältnisse an der Küste von Kerguelensland folgt hier eine Beschreibung der Küste, an welcher die deutsche Beobachtungsstation lag, im Nord- westen der Insel an der Accessible Bay. Die Accessible Bay stellt eine breite Meeresbucht dar, welche in nordsüdlicher Richtung tief in den nordöstlichen Theil des Landes eindringt. An ihrem Ende spaltet sie sich in zwei, durch eine felsige Landzunge getrennte Theile, deren westlicher , die Cascadereach , als schmaler, eine deutsche Meile langer Fjord von steilen Höhen umgeben ist, während der östliche breitere Theil, von sanfteren Ufern umgeben, sich in mehrere flache Buchten spaltet. Von diesem östlichen Tlieii der Bay schneidet in die fel- sige Halbinsel eine tiefe Bucht in westlicher Richtung ein, es ist dieses die „Betsy Cove", an deren Südufer die deutsche Station zur Beobachtung des Venusdurchgangs lag. Hire Längenerstreckung beträgt ungefähr -/s See- meilen, ihre Breite Vs- D'^s Westende ist flach und san- dig, während das Ufer an der Nord- und Südseite ziem- lich steil abfällt , um noch über der Ebbelinie eine schmale, dem Ufer parallellaufende Terrasse zu bilden, die an vielen Stellen durch Blöcke, welche von den Uferwänden herab- gestürzt sind, erhöht wird. Diese Terrasse lässt sich längs der ganzen Accessible Bay verfolgen, an der, dem Winde zugekehrten Seite ist sie meist frei, während auf der See- seite grosse Basaltblöcke in wildem Durcheinander sie be- decken. In den Vertiefungen und Rinnen, welche die Wel- len auf ihr ausgenagt haben, bleiben zur Ebbezeit Tümpel zurück, in welchen grüne Conferven und Ulven wuchern. Von dieser Terrasse senkt sich der Boden steil auf 1 — 2 Die Fauna voü Kerguelensland. 117 Faden, um in dieser Tiefe wieder eine sehmale Terrasse zu bilden. Diese ist mit rothen, braunen und grünen Florideen bedeckt, welche hier in üppiger Fülle gedeihen, dazwischen wächst die D'ürvillea utilis, deren gewaltige, fleischige Blattflächen die Wasseroberfläche erreichen. Von hier senkt sich der Grund senkrecht auf 5-7 Faden, um nach den Innern Theilen der Bay und dem Meere zu sich bis auf 2Ö Faden zu senken. Der Boden ist hier bedeckt mit zähem, sandigen schwarzen Schlamm, in welchem hin und wieder mächtige Basaltblöcke liegen. Diese dienen den Wurzeln der Macrocystis gigantea zur Stütze, die sich von da bis au die Wasseroberfläche erhebt, um dort noch weithin ihre flottirenden Aeste auszubreiten. Am Ende von Betsy Cove und der Cascadereach zieht sich ein sandiger Strand allmählich mit Sandgrund in das Wasser, der Sand wird nach etwa zwanzig Schritt, in einer Tiefe von zwei Faden ersetzt durch den schwarzen, sandigen Schlamm. Die Temperatur des Wassers in fünf Faden Tiefe ist durch- schnittlich 3,2^' C, das spezifische Gewicht des Grund- wassers beträgt 1,02745, das der Oberfläche 1,0275. Nach den angegebenen Verhältnissen können wir da- her die Küstenfauna Kerguelens eintheilen: 1. In die Fauna des Ebbestrandes. 2. Die Fauna der Florideenzone. 3. Die Fauna des Schlammgrundes. Die Nachforschungen, welche von Seiten der engli- schen, amerikanischen und deutschen Expeditionen über die Fauna Kerguelens angestellt wurden, haben nun im Ganzen 160 Species von Thieren nachgewiesen, in der Um- gebung der Accessible Bay gelang es mir 92 Arten aufzu- finden. Einige andere wurden noch auf den Fahrten der Corvette Gazelle an verschiedenen Punkten der Nordküste erlangt. Es folgt hier das Verzeichniss der bis jetzt be- kannten Thierspecies, deren Anzahl sich auf die verschie- denen Kreise folgendermassen vertheilt. Die Protozoen haben noch keine Bearbeitung gefun- den, die Fischsäugethiere werden hier nicht mitgerechnet. Coelenterata incl. Spongiae 18 Sp. Echinodermata , .... 19 „ 118 Th. Studer: Vermes incl. Bryozoa . . 49 Sp. Articulata (Crustacea) . . 20 „ Mollusca 41 „ Molluscoidea 7 „ Vertebrata (Pisces) ... 6 „ Litteratur. Allgemeines. Eaton, Report of the Naturalist attached to the Transit of Venus Expedition to Kerguelen's Island. Decemb. 1874, — Ann. Mag. Nat. hist. Tom. 16. 4. Ser. p. 287. 1875. Kid der, Contribut. to the nat. hist. of Kerguelen isld. Bullet, of U. S. N. Mus. 3. part. 1876. Willemoes-Suhm, Briefe vom Challenger. Zeitschr. f. wiss. Zool. XXIV. 1874. Studer, Neue Seethiere aus dem antarkt. Meere in Mittheil, der Bernischen Naturf.-Gesellsch. 1876. Coelenteraten: Allmann, Annais and Mag. Nat. hist. Tom. XVII. Ser. 4. Nr. 98. Febr. 1876. On Hydroida from Kerguelens Island p. 113. Studer, Monatsber. der kgl. Akad. der Wissen seh. zu Berlin 1878. — — Uebersicht über die während der Reise S. M. S. Gazelle ge- sammelten Anthozoa. 2. Theil. Echinodermata: Smith, Descriptions of spec. of Asteridae and Ophiurid. from Kerg. Islands. Ann. Mag. nat. hist. Tom. XVII. 4. Ser. Nr. 98. p. 105. Verrill, Bullet, ü. S, N. M. Nr. 3. 1876. Contribut. to the nat. hist. of Kerguelen Islds. Annelids and Echinoderms. Agassiz, On viviparous Echini from the Kerguelen Islands. Pro- ceedings of the American Akadem. of Arts and Sciences. März 1876. p. 231. Studer, Echinodermen aus dem antarkt. Meere. Monatsber. der königl. Akademie der Wissensch. zu Berlin 1876. Vermes : Mc, Intosh, Descript. of aome new species of Aunelids from Ker- guelen Island. Ann. Mag. nat. hist. Tom. XVII 4. Ser. Nr. 100 p. 318. Busk, Descript. of some new spec. of Polyzoa from Kerguelen Is- lands. Ann. Mag, Nat. hist. Tom. XVII 4. Ser. Nr. 98. p. 116. V er rill. Bullet, ü. S. N. Mus. loc. cit. Grube, Annelidenausbeute von S. M. S. Gazelle. Monatsber. der königl. Akad. der Wissensch, zu Berlin. August 1877, Die Fauna von Kerguelensland. 119 Studer, Zur Keuntniss wirbelloser Thiere von Kerguelensland. Archiv für Naturgesch. 1878. 1. H. Arthropoda (Crustacea) : Miers, Ann. Mag. nat. bist. 1875. XVI. p. 115. Descript. of new spec. of Crustac. p. 79 und p. 115. B r a d y, Ann. Mag. nat. bist. 4. Ser. Sept. 1875. On Entomostraca from Kerguelen Island p. 162. Smith, Bullet. U. S. Nat. Mus. Nr. 3. 1876. Contrib. to the nat. hist. of Kerguelen Islands. Crustacea. Miers, Crustacea in Trans, of Venus Exped. Kerguelen Island. Roy. Soc. 1877. Studer, Archiv für Naturgesch. 1879. Beiträge zur Naturg. wir- belloser Seethiere von Kerg.-Land. Serolis. Mollusca : E. Smith, Annais and mag-az. Nat. hist. Juli 1875. Tom. 16. p. 68. E. V. Martens, Bericht der Geselisch. naturf. Freunde in Berlin. 24. Juli 1875. Dali, Bullet. U. S. Nat. Mus. III. 1876. Contrib. to the nat. hist. of Kerguelen isld. 1876. Mollusca. Schacko, lieber Zungenbewaffnung von Struthiolaria. Jahrb. für Conchyliologie III. 1876. E. Smith, Mollusca in Trans, of Venus expedit. Kerguelen Island. Roy. Soc. 1877. Crosse, Faune malacologique des i!es Kerguelen. Journal de Con- chyliologie. Janv. 1877. E. V. Martens, Bericht der Gesellschaft naturf. Freunde. Berlin. Febr. 1878. Pisces: Gill, Bullet. U. S. Nat. Mus. 3. Ser. 1876. Contribut. to the nat, hist. of Kerg. isld. Fishes. Günther, On new spec. of fishes Ann. Mag. nat.. hist. XVII. 4. Ser. Peters, Monatsberichte der Königl. Akadera. der Wissensch. zu Berlin. Dez. 1876. Es folgt nun das Verzeichniss der bis jetzt bekann- ten Thiere von Kerguelensland mit Angabe des Fund- ortes. A. Coelenterata. Sp ong i ae. Calcispongiae. 1. Leucoselenia n. sp. In Betsy Cove in der Florideen- zone an Florideen. 120 Th. Studer: Halichondria. 2. Halichondria sp. Ueberzieht Wurzeln von Florideen, namentlich D'Urvillea. 3. Halichondria sj3. Auf Steinen und Mytilusschalen in der Florideenzone und am Ebbestrand. Corticata. 4. Thetya antarctica. Royal Sound in 40 Faden (E a- t 0 n), am Strand der Cascade reach ausgeworfen. Hexactinellidae. 5. Rossella. Im Schlamm in 10 — 60 Faden Tiefe, Royal Sound, Successfull Bay, Harbour Island. Hydroidea. 6. Sertularella Kerguelensis AI Im. Swains Bay (Ea- ton), häufig in einer Seitenbucht der Cascade reach in der Florideenzone. Die Eier sind an den Gonoblasten anilin- roth, später gelangen sie in ein hyalines Marsupium und färben sich violett. 7. S. unilateralis Allm. Swains Bay Eaton. Flori- deenzone an Cascade reach. 8. S, lagena Allm. Observatory Bay, Royal Sound (Eaton). 9. Halecium mutilum Allm, Observatory Bay (Ea- ton). Cascade reach, Florideenzone. Die Gonangien ent- springen namentlich im Verlauf der untern Aeste, sie sind glatt, eiförmig. Vom Gonoblast entspringt ein einziger Sporosak, in welchem sich ein grosses Ei entwickelt, der Gonoblast ist so lang, dass er sich über den Sporosak her- überkrüramt. Mit grösserer Entwicklung des Sporosaks, resp. des Eies resorbirt sich der mittlere Theil des Gono- blasts, während der Endtheil erhalten bleibt und kappen- artig den Sporosak bedeckt. 10. Campanularia cylindrica Allm. Swains Bay (Ea- ton), Betsy Cove an Macrocystisblättern. 11. Hypanthea repens Allm. Swains Bay, Eaton; an Blättern von Macrocystis, Betsy Cove. 12. Tuhularia? Kerguelensis n. sp. Aus kriechenden Stolonen entspringen glatte, ungeringelte Hydrocauli von durchschnittlich 3 cm Höhe. Die Hydranth mit einem un- tern Kranz von 16 langen dünnen Tentakeln, deren Spitze Die Fauna von Kerguolensland. 121 die Mundtentakeln überragt. Mundtentakeln kurz, acht. Rosenroth, Tentakel weiss. Gonophoren waren keine vorhanden, vielleicht ge- hören in den Entwickhingskreis Bongainvillia-artige Me- dusen, welche sich am 5. Februar zahlreich bei Port Pal- liser fanden. Die Tubularia war nicht selten auf Steinen nahe dem Ebbestrand an der Cascade reach. 13. Coryne conferta Allm. Observatory Bay, Eaton. An Steinen in der Cascade reach. Gonophoren wurden uicht gefunden. 14. Hydradinia antardica n. sp. Die flache, fleischige Ausbreitung trägt sterile, tentakeltragende Polyp iten, Go- nophorenammen ohne Mund und Tentakel und hornige pyramidenförmige Erhabenheiten. Die Nährpolypen sind cylindrisch 3 mm lang, der Mund sitzt am Ende eines röhrenförmig vorstreckbaren Rüssels , dieser umgeben von zwölf fadenförmigen Tentakeln. Die Gonosomen sind blind- geschlossene, tentakellose Gebilde, an der Basis tragen sie eine grössere Anzahl medusoider Gonophoren. Schlangen- förmige Individuen fehlen. Nur männliche Colonieen wur- den beobachtet. Die ganze Colonie rosenroth. An Flori- deenstengeln und auf Mytilusschalen in Betsy Cove und an der Cascade reach. Anthozoa. 15. Älcyonimn? Das Polypar bildet einen 2 cm im Durchmesser haltenden freien kugligen Klumpen, der aus einer dichteren mit spindelförmigen dornigen Spiculae er- füllten Rinden und einer weichen Marksubstanz besteht. Auf der Oberfläche erheben sich in unregelmässiger Ver- theilung Wärzchen, aus denen 4 mm hohe Polypen hervor- treten mit acht gefiederten Tentakeln. Rosenroth. In zwei Faden in der Cascade reach. Nicht erhalten, so dass eine genaue Untersuchung und Vergleichung unmöglich war. 16. Adinia {Bimodes) Kergiielensis St u der. In der Ebbezone und Florideenzone häufig. 17. Adinia sp. Mit Anthea verwandt, grün, nicht näher untersucht, mit voriger. 122 Th. St 11 der: 18. Halcampa purpurea Studer. Im Schlamm des Grundes von Betsy Cove, Rhodes Bay bis 100 Faden. 19. Edwardsia Kerguelensis Studer. Häufig im Grund- schlamm von Betsy Cove. JB. Ijchinoäer^nata, Ophiuridae. 1. Ophioglypha hexactis Smith. Royal Sound (Ea- ton, Kid der), sehr häufig im Schlammgrund, Betsy Cove, Accessible Bay; besitzt zwölf Bruttaschen, in welchen die Eier sich bis zur vollständigen Ausbildung des Seesterns entwickeln. 2. 0. hrevispina Sm. Swains Bay (Eaton). In Betsy Cove zwischen Florideen. 3. Ämphiura antarctica Studer. Im Grund von Betsy Cove. 5—6 Faden. 4. Ophiacantha vivipara Lgm. var. Kerguelensis S t u d. (Eaton). Im Grund der Cascade reach 4 Faden, nicht häufig, sehr häufig in 100 Faden nördlich von Kerguelen. Ästeridae. 5. Leptychaster Kerguelensis Smith. Royal Sound (Eaton). Betsy Cove in der Florideenzone. 6. Ästrogonium meridionale Smith. Royal Sound (Eaton). 7. Forania antarctica Sm. Royal Sound (Eaton), Florideenregion ? 8. Pteraster afßnis Sm. Royal Sound (Eaton). 9. Othilia spimdifera Smith. Royal Sound (Eaton). 10. 0, sexradiata Studer. Schlammregion. Success- full Bay in 14 Faden. 11. Fedicellaster scaher Smith. Royal Sound (Eaton). 12. Ästerias Ferrieri Smith. Royal Sound (E a t o n), Florideenzone Betsy Cove. 13. Ä. meridionalisTeYi'ier. Schlammgrund im Royal Sound (Eaton), Betsy Cove. 14. A.rupicolaYer rill. Royal Sound (Kidder), Betsy Cove, Accessible Bay. Die Fauna von Kerguelensland. 123 Echinoidea. 15. Abatus cordatus Verrill. Royal Sound (Kidder). In Betsy Cove im Schlammgrund von zwei Faden an sehr häufig, ferner in der grossen Whale Bay in 10 Faden, in Rhodes Bay in 10 Faden, bis 60 Faden Tiefe. 16. Goniocidaris memhranipora S tu der. Aus 10 Fa- den Rhodes Bay, häufig in 60 Faden nördlich von Ker- guelen. Holothurioidea. 17. Pentactella laevigata Verrill. Royal Sound (Kid- der). Häufig in Betsy Cove, in der Florideenzone, ebenso in Port Palliser. 18. Cuvieria porifera Binder. Royal Sound im Grund- schlamm 20 Faden. 19. Sigmodofa purpurea Less. Im Schlammgrund von Betsy Cove häufig. C Vernies. Nemertinea. 1. Lineus corrugatus Mc. Intosh. Swains Bay (Ea- ton). Häufig im Grunde der Betsy Cove. Der lange, kräftige Rüssel ist weit vorstülpbar. Planarieae. 2. Leptoplana sp. (Dicelis). Eine 5—6 mm lange Pla- narie fand sich häufig unter Steinen an Betsy Cove. Oben schwarz, unten weisslich. Zwei Augen, der Mund in der Mitte, der Rüssel weit vorstülpbar, die Geschlechtsöffnungen nahe dem Hinterende. Bryozoa. Busk erwähnt 27 Arten von Bryozoen, wovon sechs neue, einstweilen für Kerguelensland eigen- thümliche Arten beschrieben, die übrigen aber nicht mit Namen angeführt werden. Ich fand im Ganzen in der Re- gion bis 20 Faden elf Arten. 3. Menipea cirrata? In der Florideenzone in Betsy Cove und Cascade Reach häufig. 4. Scrupocellaria sp. Ebenda. 5. Lepralia Eatoni Busk. An Macrocystis Betsy Cove, Swains Bay (Eaton). 124 Th. Studer: 6. L. hjalina L. var. conferta Busk. Bougainvillei d'Orb. und var. Busk. Swains Bay (Eaton), Betsy Cove an Macrocystis. 7. Diachoris costata Busk. Swains Bay (Eaton), Wurzeln der Macrocystis, Betsy Cove. 8. Onchopora Sinclairii Bk. Swains Bay (Eaton). 9. Crisia Kerguelensis Bk. Swains Bay (Eaton). An Wurzeln von Macrocystis, Betsy Cove. 10. Giscoporella infundihiäiformis Busk. Swains Bay (Eaton). Wurzeln von Macrocystis in Betsy Cove. — Discoporella canaliculata Busk. Swains Bay (Eaton). 11. Tuhulipora stellata Busk. Swains Bay (Eaton), Wurzeln von Macrocystis, Betsy Cove. 12. Pedicellma an nov. spec? Die Wände der 2 mm hohen gestielten Becher sind vollkommen glatt. An Flori- deen in Betsy Cove. Dazu kommen noch 17 Arten, welche Busk nicht mit Namen anführt, darin möchten die zwei ersten Arten mit begriffen sein. Gephyrei. 30. Thalassema verrucosa n. sp. St u der. Das Thier ist durchscheinend weiss, mit dem Rüssel von 55 mm Länge. Die Haut mit papillenartigen Wärzchen bedeckt. Die Ge- stalt bald kuglig, bald wurmförmlg verlängert. Der Rüssel löffelartig, kann röhrenförmig ausgezogen werden. After am Hinterende, die Geschlechtsöflfnungen auf einer kleinen Papille ventral, darüber zwei sehr kleine Häckchen. Im schlammigen Grunde von Betsy Cove. Chaetopodes, Folychaeti. Sedentaria. 31. Serpida patagonica G ruhe. Royal Sound, 10 Faden. 32. Spirorhis sp. Royal Sound (Kid der), Betsy Cove auf Mytilusschalen und Tangblättern. 33. Sabella costtdafa Grube. Grosse Whale Bay in 15 Faden. 34. Ter^ella Kerguelensis Mc. Int. Amphitrite Mc. Int. SuccessfuU Bay 14 Faden, Irish Bay 20 Faden, Whale Bay 15 Faden. In Betsy Cove Schlammgrund 6 Faden. Die Fauna von Kerguelensland. 125 35. Thelepiis Mc. Intoshi Grube. Neottis antarctica Mc. Int. Successfiül ßay, Betsy Cove Schlammgrund, Swains Bay (Eaton). 36. Thelepus (Neottis) specfahilis Verr, Royal Sound (Kidder). 37. Trophonia Kerguelariim Grube. Successfull Bay 14 Faden, Schlamingrund. 38. Brada mamiUata Grub e. Betsy Cove im Scblamm- grund sehr häufig. 39. Ardacama p)i'ohoscidea Mmgr.? 40. FohjdoraA mm. Lebt in kleinen dicht neben ein- ander stehenden Sandröhren in Ebbetümpeln in Betsy Cove. Nereidae. 41. Syllis sp. 15 mm lang, mit sehr langen geringelten Girren an jedem Segment. Zwischen Mytilus im Cascade reach. 42. Nephthys trissophyllus Grube. Betsy Cove, Schiammgrund, Rhodes Bay, Foundery brauch 9 Faden, Successfull Bay bis in Tiefen von 60 Faden. 43. Nereis JEatoni Mc. Int., antarctica Verr. Royal Sound (Kidder, Eaton), Betsy Cove zwischen Florideen. 44. Liimhriconereis sp. St u der. Kleine Art zwischen Algen in Cascade reach. 45. Ophryotrocha Claparedii Studer. Betsy Cove zwi- schen Algen. 46. Polynoe moUis Mc. Int. Royal Sound (Eaton). Betsy Cove Grundschlamm 6 Faden, Whale Bay 15 Faden, Successfull Bay bis 100 Faden. 47. Hermadion fullo Grube. SuccessfuUharbour, 20 Faden — 60 Faden. 48. H. magelhaenseKhg. Betsy Cove Florideenregion. Ob identisch mit H. longecirratum Mc. Int.? Swains Bay und Royal Sound (Eaton). 49. Laotmice producta G r u b e. Nördlich von Mount Campbell 45 Faden. 126 Th. Studer: D. Arthropoda. Crustacea. Copepoda, 1. Harpacticus fulvus Fischer? Am Strande vom Royal Sound (Eaton). In Ebbetümpeln Betsy Cove, sehr häufig. Ampliipoda. 2. Atylus australis M i e r s. (Paramaera australis M i e r s), Swains Bay (Eaton), Royal Sound (Kidder). Grund von Betsy Cove im Schlamm häufig. 3. Atylus n. sp. Im Grund von Betsy Cove. 4. Anonyx Kergueleni Miers. Royal Sound (Eaton), Betsy Cove im Grunde. 5. Lysianassa Kidderi Smith. Royal Sound (Kidder). 6. Hyale villosa Smith. Royal Sound Kidder. Betsy Cove in Ebbetümpeln. 7. Leucotlioe sp.? In Betsy Cove im Grundschlamm. 8. Fodoceriis ornatus Miers. Im Grundschlamm von Betsy Cove häufig. Swains Bay (Eaton). Isopoda. 9. Tanais sp. Auf Grundschlamm in 6 Faden Betsy Cove, S. auch Willemoes-Suhms. 10. Cassidina emarginata Gu6r. Men. Royal Sound und Swains Bay (Eaton). 11. Bynamene Eatoni Miers. Swains Bay, Observa- tory Bay (Eaton), Betsy Cove am Strande häufig. 12. Sphaeroma gigas Leach. Royal Sound (Eaton, Kidder). Betsy Cove sehr häufig, am Ebbestrand und in der Florideenzone. 13. Aega semicarinata Miers. Royal Sound (Eaton), Betsy Cove Florideenzone. 14 Jaera puhescens Dana. Royal Sound (Kidder), Betsy Cove in Ebbetümpeln. 15. SerolislatifronsW]i\iQ. Royal Sound Oberservatory Bay (Kidder, Eaton), Betsy Cove, Cascade reach, Port Palliser namentlich im Endtheil der Buchten mit sandigem Grund in 1 — 2 Faden sehr häufig. Die Fauna von Kerguelensland. 127 16. Serolis ovalis S tu der, septemcarinata Miers? Ein Exemplar unter Florideen in Betsy Cove. Nehalidae. 17. Nebalia sp. 1,5 cm. Im Schlamm in 5 Faden Tiefe, Betsy Cove sehr selten. Siehe auch Willemoes-Suhm loc. cit. Decapoda. 18. Hdlicarcinns iiilanatiis Fabr. (Kid der). Royal Sound (Eaton). Häufig in der Fiorideenzone. Die Exem- plare, welche in der Magelhaenstrasse gefischt wurden, haben viel dickere und kräftigere Scheeren. Pycnogonidae. 19. NympJion antarcficiim Miers. Observatory Bay, an Macrocystis wurzeln (Eaton). Betsy Cove in Florideen- region.- 20. N. hrevicaudatum Miers, Christmas Harbour? Antarctic Expedit. 21. Tanystylum sUßigerimi Miers. Observatory Bay. An Macrocystiswurzeln Eaton. E, Mollusca. Brachiopoda. 1. Waldheimia dilatata Lam. Observatory Bay, an Felsen in 4 Faden (Eaton). Eine Schale am Strand der Cascade reach. Lamellihranchiata. 2. Saxicava hisulcata Smith (Eaton). 3. Kellia consanguinea Smith. Royal Sound unter Steinen am Ebbestrand (Eaton). Ebenda (Kid der). 4. Lepton parasiticum Dali. An Stacheln von Aba- tus cordatus häufig. Royal Sound (Kid der), Betsy Cove. Der Mantel des Thiers ist in fingerförmige Lappen ge- theilt. 5. Mytilus meridionalis Ch. Royal Sound (Kid der, Eaton), Betsy Cove. An der ganzen besuchten Küste in in der Ebberegion bis in die Fiorideenzone. E. v. Mar- tens hält die Art im Gegensatz zu E. Smith gegenüber Mytilus edulis L. als selbständige Form aufrecht. 128 Th. Studer: 6. Mytilus magellanicus C li e m n. wie voriger , doch tiefer gehend, so trifft man ihn noch an den Wurzeln der Macrocystis. 7. Modiolarca trapedna Lmk. 8. Modiolarca exilis H. und Ad. 9. Modiolarca minuta Dali. Royal Sound (Kid der). Am Byssus von Mytilus meridionalis. 10. Lissarca rubrofusca Smith. Royal Sound (Eaton). 11. Yoldia suhaeqtiilateralis Smith. Swains Bay in 7—10 Faden (Eaton). Betsy Cove in 6 Faden Schlamm- grund. 12. Solenella gigantea Smith. Royal Sound in 10 Fa- den (Eaton). Betsy Cove, Schlammgrund 7 Faden. 13. Radula pygmaea Phil. Swains Bay Eaton. 14. Anatina impressa Wa t s o n in litt. Betsy Cove 7 Faden. Gasteropoda. 15. Doris tuberculata C u v. ? In Ebbetümpeln (Ki d d e r). 16. Hemiarthrum setulosum Dali. Royal Sound an Steinen in niedrig Wasser. Betsy Cove au Mytilusschalen, Steinen.. 17. Chiton sp. Betsy Cove, an Florideen ebenso an der Cascade reach. 18. Fatella Kerguelensis Smith. Royal Sound (Kid- d e r), Swains Bay an Felsen von ein Faden an. Betsy Cove, Cascade reach an Felsen, seltener an Macrocystis, die Schalen oft sehr zahlreich am Strande aufgehäuft, als Reste der Mahlzeiten von Cormoranen, Möven, Chionis. 19. P. aenea Martyn. Royal Sound (Eaton), Betsy Cove an Macrocystis. 20. P. fuegiensis Reeve. Häufig an Macrocystis im Royal Sound (Eaton), Betsy Cove. 21. Nacella myiilina Gmel. Swains Bay an Macro- cystis, in 2 Faden an jungen Pflanzen, Betsy Cove an Ma- crocystis. 22. Lamellaria Kerguelensis n. sp. Roth. Zwischen Florideen. 23. Trophon alholdbratus Smith. Swains Bay und Royal Sound häufig an Felsen über der Ebbelinie (Eaton), Die Fauna von Kerguelensland. 129 ebenso in Betsy Cove, Caskado reach auch häufig an Florideen. 24. Neobuccinum Eatoni Smith. Swains Bay und Royal Sound in 3—7 Faden (Eaton), Betsy Cove in der Florideenzone bis 5 Faden Tiefe. 25. Cominella vestita v. Martens. Im Grund von Betsy Cove 5—7 Faden. 26. Purpura striata Martyn. Betsy Cove in 8 Faden. 27. Admete limnaeaeformis S m. An Seetang und Bryo- zoen in Swains Bay 4—5 Faden (Eaton). 28. Struthiolaria mirahüis Smith. Swains Bay in 3 — 7 Faden (Eaton), Betsy Cove in 5 — 7 Faden, in 60 Faden nördlich von Kerguelen. 29. Natica sculpta v. M a r t. Im Grund von Betsy Cove in 5 Faden. Das Thier bedeckt ausgestreckt, mit seinem mächtigen Fuss die ganze Schale bis auf den orange- rothen Fleck auf der letzten Windung. 30. Littorina setosa Smith. Swains Bay 3-4 Faden Swains Bay (Eaton). 31. Rissoa Kergueleni Sm. Swains Bay, an Thetya in 7 Faden, 32. Hijdrobia caligmosa Gould. An Steinen u. Felsen in der Ebbezone häufig in Betsy Cove. 33. H. pumilio Smith. Swains Bay (Eaton). 34. Skenea suhcanalicidata Smith. Royal Sound in 7 Faden (Eaton). 35. Eatoniella Kerguelensis S m. Royal Sound. An einer Thetya in 40 Faden (Eaton). 36. E, caliginosa Sm. Mit voriger (Eaton). 37. E. subrufescens Sm. An Thetya in 7 Faden (Eatonj. 38. TrocJms expansus S o w. Royal Sound und Swains Bay in 3— 5 Faden (Eaton), Betsy Cove an Florideen. 39. Scissurella supraplicata Sm. Swains Bay (Eaton). 40. Siphonaria redimiculum Reeve. Swains Bay (Ea- ton). S. tristensis nach Dali. Royal Sound (Kidder), Betsy Cove, an Steinen noch über der Fluthlinie. Cephalopoda. 41. Octopus sp. ? Royal Sound. Schnäbel im Magen Archiv für Natiirg. XXXXV. Jahrg. 1. Bd. 9 130 Th. Studer: von Pinguinen, Betsy Cove, die Schnäbel fanden sich im Magen von Aptenodytes Pennanti. F, Tunicata. Die sieben Tunicaten , welche in Kerguelensland ge- funden wurden, sind noch nicht bearbeitet, sie fanden sich mit Ausnahme einer Art in der Florideenzone; K i d d e r erwähnt aus dem Royal Sound einer grossen mahagoni- braunen Ascidia, welche häufig in der Ebbezone vorkam. Eaton spricht von einer Boltenia. Ich fand in Betsy Cove : Ascidiae simplices. 1. Ascidia sp. hyalin von der Grösse der A. canina zwischen Florideen. Ascidiae compositae. 2. Amaroecium sp. Eine Art von birnförmiger Ge- stalt, roth, zwischen Florideen nicht selten. 3. Amaroecium sp. Aehnlich A. aurantiacum überzieht in grossen Massen die Wurzeln von Macrocystis in 5— 7 Faden. 4. Synoecium sp. violett, an Stengeln von Algen. 5. Synoecium^ weiss, an Algenstengeln. 6. Eine eigenthümliche Synascidie von rosenrother Farbe und von feigenförmiger Gestalt mit einem hyalinen Stiel festgewachsen an Algen, war sehr häufig in Betsy Cove in der Florideenregion. In der äussern Gestalt gleicht sie am meisten der von Lesson beschriebenen Sycozoa, welche derselbe südlich von Feuerland auf dem Meere flottirend antraf. Die Einzelthiere sind ähnlich denen der Didemni- den und in einen gallertigen gemeinsamen Mantel einge- schlossen. 6r. Vertebrata. Pisces. Fische sind im Allgemeinen um die Küsten von Ker- guelensland selten, die kleineren Arten, wie Harpagifer bispinus und Notothenia cyanobrancha konnten mitunter Die Fauna von Kerguelensland. -> 131 nahe dem Strande zwischen Ufersfeinen oder in Ebbettim- peln gefangen werden, die grösseren Arten wurden selten mit der Angel in der Florideenregion gefangen, als Kö- der dienten Würmer oder Pinguinfleisch. Die Walfisch- fänger behaupteten, sie fangen viele Fische dadurch, dass sie einen todten Pinguin ins Wasser werfen und dann die zahlreich darum sich sammelnden Fische mit einem Kescher auffangen. Die von unsrer Seite angestellten Versuche misslangen. 1. Chaemethys rJiinoceratus Richards. Royal Sound (Kidder). 2. Notothenia cyanohrancha Richards. In Betsy Cove nahe dem Ufer unter Steinen. 3. N. antarctica Peters. Drei Exemplare wurden in der Florideenregion in Betsy Cove mit der Angel ge- fangen. Die Farbe war auf dem Rücken schwarzbraun, Bauch röthlich, Kehle, Kiemenhaut und Rachen lebhaft Orangeroth. 4. N. purpuriceps Rieh. Nach Bestimmung von Gill. Royal Sound (Kidder). 5. Harpagifer hispinis Forster. Royal Sound (Kid- der, Eaton). Betsy Cove mit Notothenia cyanohrancha zusammen. 6. Raja Eatoni Günther. Eaton erhielt von die- sem Rochen ein männliches Exemplar im Royal Sound. Einen vertrockneten Schwanz fand ich am Strande der Cascade reach ausgeworfen. Vertheilung der Meeresthiere. Strandregion. An Felsen und in kleinen Tümpeln. BunodesKerguelensisStud. Rosenroth. In Ebbetümpeln. Leptoplana n. sp. Unter Steinen am Strand. Polydora n. sp. In Ebbetümpeln. Harpacticus fulvus Fischer. In Ebbetümpeln. Hyale villosa. In Ebbetümpeln. Jaera pubescens Dana. In Ebbetümpeln. Mytilus edulis L. In Ebbetümpeln. Chiton. Auf Mytilus. 132 Th. S tu der: Troplion albolabratus Smith. An Steinen über der Ebbelinie. Hydrobia caliginosa Gould. An Steinen in Ebbc- ttimpeln. Siphonaria redimiculum Reeve. An Steinen über der Fluthlinie. Florideenregion mit D'Urvillea utilis, z. Th. Sand am Ende der Buchten. Leucoselenia sp. Alcyonium. Halichondria sp. An Wurzeln von D'Urvillea. Halichondria sp. An Steinen und Mytilusschalen. Sertularella Kerguelensis AI Im. Mit violetten Gono- phoren. Sertularella unilateralis AI Im. Sertularella lagena Allm. Halecium mutilum Allm. Hyphanthea repens Allm. Tubularia Kerguelensis roth. Coryne conferta Allm. röthlich. Hydractinia antarctica n. sp. fleischroth. Bunodes Kerguelensis Stud. Rosenroth. Asterias Perrieri Sm. orangeroth. Porania antarctica Sm. roth. Leptychaster Kerguelensis Sm. orangeroth. Ophioglypha brevispina roth. Pentactella laevigata Verr. rosenroth. Scrupocellaria ? blassrosa. Pedicellina n. sp. weiss. Spirorbis sp.? Thier roth. Syllis. Nercis Eatoni Mc. Int. roth. Lumbriconereis roth. Ophryotrocha Claparedi S tu der. Hermadion longecirratum roth. Sphaeroma gigas Leach. Dynamene Eatoni Miers. Cassidina emarginata Gu^r. Men. Aega semicarinata Miers. Die Fauna von Kerguelensland. 133 Serolis latifrons White. Im Sand. Serolis ovalis S tu der. Halicarcimis planatus Fabr. Nymphon autarcticum Miers. Ascidia ? Amauroecium? rosenroth. Sycozoa? rosenroth. Mytilus ediüis L. Mytilus magelhaenicus Chemn. Kellia consanguinea roth. Hemiarthrum setxüosum Dali. Littorina setosa Sm. Trophon albolabiatus Sm. Trochiis expansus Sow. An Macrocystis. Campanularia cylindrica AUm. Lepralia Eatoni Busk. Lepralia hyalina Busk. Tubulipora stellata Busk. Diachoris costata Busk. Discoporella infundibuliformis Busk. Crisia Kerguelensis Busk. Nereis Eatoni, Mytilus magelhaenicus Chemn. Patella Kerguelensis Sm. Patella aenea Martin. Patella fuegiensis Reeve. Nacella mytilina Gmel. Amaroecium. Nymphon autarcticum Miers. Nymphon brevicaudatum M i e r s. Tanystylum styliger um Miers. Schlammgrund von 5—20 Faden. Rossella sp. Thetya antarctica. Halcampa purpurea S t u d. Edwardsia Kerguelensis S t u d. Lineus corrugatus M c. In t, Thalassema verrucosa n. sp. 134 Th. Studer: Neottis antarctica M c. Int. Amphitrite Kerguelensis Mc. Int. Artacama proboscidea Mmgr. Trophonia Kerguelarum Grb. Serpula patagonica Grube. Brada mamillata Grube. Nephthys trissophyllus G r b. Polynoe mollis Mc. Int. Asterias meridionalis Perr. Othilia spinulifera Sm. Othilia sexradiata Studer. Pteraster affinis Sm. Astrogonium meridionale Sm. Ophioglypha hexactis Sm. • Amphiura antarctica Studer. Ophiacantha vivipara Ljgm, Abatus cordatus Verrill. Goniocidaris membranipora Studer. Cuvieria porifera Studer. Sigmodota purpurea Less. Atylus australis Miers. Podocerus ornatus Miers. Anonyx Kergueleni Miers. Lysianassa Kidderi Sm. Leucothoe. Tanais sp. Waldheimia dilatata. Lissarca rubrofusca Sm. Solenella gigantea Sm. Yoldia subaequilateralis Sm. Anatina impressa Watson in litt. Modiolarca trapezina Lmk. Modiolarca exilis Ad. Modiolarca minuta Dali. Radula pygmaea Phil. Lepton parasiticum Dali. Neobuccinum Eatoni Sm. Cominella vestita v. Mart. Struthiolaria mirabilis Sm. Die Fauna von Kerguelensland. 135 Admete limnaeiformis Sm. Natica sculpta v. Mart. Skenea subcanaliculata Sm. Scissurella supraplicata Sm. Eatoniella Kergueleusis Sm. Eatoniella caliginosa Sm. Eatoniella subrufescens Sm. In tieferem Wasser bis 100 Faden wurden noch be- obachtet. Coelenterata. Rossella sp. 60 Faden Sand und Geröll. Compaginee sp. 60 Faden Sand und Geröll. Bolocera Kerguelensis S tu der. 120 Faden Fels. Actinopsis rosea Stud. 120 Faden Fels. Halocampa purpurea Stud. Schwarzer Schlick 100 Faden. Clavularia rosea Stud. 60 Faden Sand. Isis antarctica Stud. 60 Faden Sand. Plumularia sp. 100 Faden Schlick. Salacia 60 Faden Sand und 150 Faden Sand und Schlamm. EcMnoäermata ^). Euryalidae 2. Pectinura verrucosa St u der. 150 Faden Sandschlamm. Ophiogona laevigata Stud er. 60 Faden Sand und 120 Faden Fels, ebenso 100 Faden. Ophiolepis carinata S tu der. 120 Faden Fels. Ophiacantha vivipara Lgm. 60 Faden Sand. Brisinga sp. 150 Faden Sandschlamra. Astropecten meridionalis Perr. 120 Faden Fels. Asterias mollis Studer. 100 Faden Schlick. Cidaris membranipora Studer. 60 Faden Sand. Echinus diadema Studer. 60 Faden Sand. 1) In Bulletin of Mus. of Comp. zool. Vol. V. No. 7. Ophiuri- dae and Astropliytidae of the Challenger Expedition by Th. Lyman werden noch, folgende Ophiuriden von Kerguelensland angeführt: Ophioglypha amhigua Ly m., 0. Deshayesi Ly m., Ophiocten amitinum Lym., Ophiacantlia imago Lym. 136 Th. Studer: Abatus cordatus Ver rill. 120 Faden Fels, 100 Faden Schlick. Molpadia violacea Studer. 100 Faden Schlick. Vermes. Polynoe mollis Mc. Int. 120 Faden Fels, 100 Faden Schlick. Nereis Eatoni Mc. Int. 100 Faden. Sand. Nereis Aprogenia 100 Faden. Schlick. Phyllocomus crocea Grube. 53 Faden. Fels. Bryo^oa. Salicornaria 60 Faden Sand. Retihornera 60 Faden Sand. Farciminaria 60 Faden Sand. Crisia 60 Faden Sand. Lepralia 60 Faden Sand. Crustacea. Eusirus? 150 Faden Sandschlamm. Aega? 150 Faden Sandschlamm. Arcturus 150 Faden Sandschlamm und 60 Faden Sand. Serolis cornuta Stud. 120 Faden Fels und 100 Faden Schlick. Mollusca. Cardita astartoides v. Mart. Dentalium 120 Faden. Scalaria symphylla v. Mart. 120 Faden Fels. Natica persculpta v. Mart. 120 Faden Fels. Natica grisea v. Mart. 50 Faden. Euthria chlorotica v. Mart. 120 Faden Fels. Pleurotoma Studeriana v. Mart. 120 Faden Fels. Struthiolaria mirabilis S m. 120, 100 Faden Fels und Sand. Für die Vergleichung mit andern Faunen bieten die Coelenteraten wenig Anhaltspunkte, die Arten sind bis jetzt nur auf Kerguelensland beobachtet worden, während die Gattungen, mit Ausnahme von Hypanthea Allm., meist kosmopolitisch sind. Zwei Actinien, Bolocera Kerguelensis Stud. und Äctinopsis rosea Stud. in 100 Faden Tiefe, nördlich von Kerguelensland angetroffen, haben ihre Gat- tungsverwandten im hohen Norden, an den Küsten Eng- lands und Norwegens unter genau denselben Verhältnissen. Die Fauna von Kerguelensland. 137 Von den 26 Echinodermenarten sind zwei, Sigmodota purpureaLess. und OphiacanthaviviparaLj gm., identisch mit Südamerikanischen, neun sind nahe verwandt mit sol- chen, so: Pentactella laevigata Verr. — P. crocea Less. Cuvieria porifera Stud. — C. antarctica Phil. Cidaris membranipora Stud. — C. vivipara Stud. Echinus diadema Stud. — E. margaritaceus Less. Abatus cordatus Verr. — A. excavatus Wiegm. Asterias Perrieri Sm. — A. rugispina Stimps. Pteraster affinis Sm. — Pt. Danae Verr. Porania antarctica Sm. — P. magelhaenica Stud. Amphiura antarctica Stud. — A. Eugeniae Ljgm. Zu der Echinodermenfauna Neuseelands zeigen sich keine nähern Anhaltspunkte, ausser in dem Auftreten der Gattung Molpadia, von welcher ein Vertreter von Neu- seeland, keiner bis jetzt von Südamerika bekannt ist. Eine Gattung, Leptycliaster Sm., ist Kerguelen eigenthümlich; die Gattung Abatus findet sich nur noch an der Küste des antarktischen Südamerikas. Auffallend ist bei den Asteriden und Ophiuriden die bei vielen Ai'ten auftretende Vermehrung der Körperradien. So finden wir sechs Radien bei: Ophioglyphahexactis Sm., Othilia sexradiata Stud., Asterias meridionalisPerr., A. Per- rieri Sm., A. moUis Stud. non Hutton, sieben Radien bei OphiacanthaviviparaLj gm. Diese Erscheinung fällt umso mehr auf, als diese Arten meist in grosser Individuenzahl auf- treten. Mehrere Echinodermen Kerguelens haben keine freien Larvenformen, sondern bringen ihre Jungen in besondern Brutsäcken oder in den vertieften Ambulakren oder am Apicalpole, durch Stacheln geschützt, zur vollkommenen Entwicklung, so: Ophiacantha viviparah^^m.^ Ophioglypha Jiexactis Sm., Abatus cordatus Y er r., Cidaris membranipora Stud. Auch darin finden sich die meisten Analoga an der Südspitze Amerikas, wo auf 30 Echinodermenarten acht mit Brutpflege kommen. Aehnliche Fälle finden sich im Norden und sind wohl in der Tiefenfauna Regel. Betreffs der Würmer bezeichnet Busk von27Bryo- zoenarten sechs als Kerguelensland eigenthümlich, die 138 Th. Studer: meisten andern schliessen sich an südamerikanische Arten, wenige an europäische, südafrikanische, australische oder neuseeländische. — Von Chae t op öden sind von 19 Arten mit südamerikanischen identisch fünf. Serpula patagonica Grb., Nereis Eatoni Mc. Int., Her- maäion magelhaense Kbg., Polynoe mollis Mc. Int., Her- maäion longecirratum Kbg., Neottis spectabilis Verr. ist nach Verrill zunächst verwandt mit Terebella hilineata Baird von den Falklands-Inseln. Für die Crustaceen ist das Fehlen der Decapoden mit einer Ausnahme charakteristisch, dafür treten dielso- poden und Amphipoden in verhältnissmässig grosser Artenzahl und namentlich in bedeutender Individuenzahl auf. Namentlich sind es die Serolisarten, welche, wo sie auftreten, ungemein zahlreich an Individuenzahl sind und so an den Charakter der Crustaceenfauna Südamerikas er- innern, wo von den 13 bis jetzt bekannten Arten allein acht auftreten. Von den 23 Crustaceen Kerguelens sind mit Pata- gonischen identisch: Halicarcmus planatus Fab., Jaera piibescens Dana. Sphaeroma gigäs he ach. , Cassidina emarginata Gvlqw M e n. An südamerikanische Arten sich nahe anschliessend: Serolis cornuta Stud. — Serolis trüohitoides Eigth. Atylus australis Miers. — A. fissicauda Dana von Valparaiso. Mit Neuseeland: Halicarcmus planatus F ab. Sphaeroma f/igas Leach. Serolis latifrons White, letztere soll auf den Aukland- Inseln vorkommen nach White. Für die Mollusken ergeben sich nach Smith von 41 Arten 18 als identisch oder sehr nahe verwandt mit Südpatagonischen. Trophon albolahratus Sm. — T. philippianus Dunker. Trochus expansus Swb. — T. expansus Sowb. Patella Kerguelensis Sm. — P. aenea Mart. Patella fuegiensis Reeve. — P. fuegiensis Reeve. Die Fauna von Kergaelensland. 139 Patella mytüina Gmel. — P. mytilina Gmel. Siphonaria redimiculum'Reeye. — S. magellanica Phil. Saxicava hisulcata Sm. — S. antarctica Phil. Kellia consanguinea Sm. — K. miliaris Phil. Yolclia siibaeqidlateralis Sm. — Y. Woodtvardi Hanl. Solenella gigantea Sm. — S. magellanica Sm. Mytilus magellanicus C h e m n. — M. magellanicus Chemn. Mytilus meridionalis Chemn. — 31. meridionalis Chemn. Modiolarca trapezina Lam. — ilf. trapesina Lam. Modiolarca exilis H. und A. Adams. — M, exilis H. und A. Adams. Modiolarca minuta Dali. — M. pusiTla Gould. Badula pygmaea Phil. — R. pygmaea Phil. Waldheimia dilatata Lam. — W. dilatata Lam. Nach E. V. Martens ist mit der neuseeländischen Fauna identisch Purpura striata Martyn. mit derjenigen vom Cap der guten Hoffnung Mytilus magellanicus und meridionalis Chemn. Eigenthümlich ist das Auftreten der Gattung StrutJiio- Zana Lam., deren übrige Vertreter charakteristisch für die südaustralische und neuseeländische Fauna sind. Derselbe hatte ferner die Güte, mir folgende geogra- phische Zusammenstellung der Molluskengattungen von Ker- guelensland mitzutheilen. Hochnordisch: Saxicava, Yoldia, Trop)lion^ Ädmete, Litorina, Natica^ SJcenea (Trochus). 7. Patagonisch: Waldheimia, Mytilus, Saxicava, Ba- dula, Kellia, Mytilus, Modiolarca, Lissarca, Yoldia, So- lenella, Anatina, Chiton, Patella, Nacella, Trophon, Litorina, Natica, Trochus, Siphonaria. 19. ^ Neuseeländisch: Waldheimia, 3Iytilus, Saxicava, Kellia, Badula, Solenella, Patella, Nacella, Cominella, Strii- thiolaria, Purpura, Bissoa, Natica, Trochus, Siphonaria 15. Cap: Mytilus, Saxicava, Kellia, Badula, Patella, Pur- pura, Bissoa, Natica, Trochus, Siphonaria. 10. Eigenthümlich: Neohuccinum, Eatoniella. „Auffallend ist" nach E. v. M a r t e n s, „dass die Gat- tung Voluta, die in den südlichen kälteren Meeren eine 140 Th. Studer: grosse Rolle spielt (Neu-Holland, Patag'onien, Magellansstrasse, auch eine Art am C a p), bei Kerguelen fehlt, vielleicht weil die Bodeubeschaffen- heit nicht passt, sie scheint flachen, schlammigen oder san- digen Grund zu lieben. Die Gattung Chiton, welche auch in den südlichen kälteren Meeren ihre grösste Entwicklung erreicht (Südamerika, Cap, Neuseeland), ist wenig- stens durch zwei verhältnissmässig kleine Arten vertreten/' Kerguelensland schliesst sich in der Zusammensetzung seiner Fauna an die übrigen in die antarktische Zone ragenden Faunengebiete an. Diese Fauna zeigt zahlreiche Analogieen mit der arktischen, ohne dass analoge Arten sich wieder finden. Kerguelen eigenthümlich ist die Zu- sammensetzung der Landfauna, sowie die meisten dort auf- tretenden Gattungen. Der Meeresfauna sind nur wenige Gattungen eigen, 4, die übrigen finden sich in Neuseeland und Feuerland wieder, die grösste Zahl in der Fauna des südlichsten Amerika. Nur mit Neuseeland und Süd-Austra- lien gemeinsam, dagegen nicht mit Feuerland, hat Kergue- lensland die Gattung Struthiolaria. Die meisten Arten sind bis jetzt Kerguelensland eigen- thümlich. Nur Wenige finden sich in andern Faunenge- bieten wieder und zwar von diesen, ausser einer, Serolis latifrons. Alle in Feuerland und den Maluinen, Andere zeigen eine sehr nahe Verwandtschaft zu Arten jener In- seln. Diese nahen Beziehungen zu jenen Gebieten, welche von Kerguelensland weiter entfernt sind, als die südlichen Theile Neuseelahds, gestatten vielleicht die Annahme, dass in früherer Zeit die Südspitze Amerikas, die Falklands- inseln, Süügeorgien, die Prinz Edwards, Crozet und Ker- gueleninseln einst in näherem Zusammenhange gestanden haben , als gegenwärtig und dadurch eine weite Verbrei- tung derselben Arten in dem grossen Gebiete möglich wurde. Eine frühere grössere Ausdehnung von Kerguelensland ist nach den geologischen Verhältnissen sehr wahrschein- lich. Der nördliche, nordöstliche und östliche Theil der Insel besteht aus vulkanischen Gesteinen, welche successi- ven Ausbrüchen verschiedener Laven ihren Ursprung ver- Die Fauna von Kerguelensland. 141 danken. Als älteste Gesteinsmasse fand sich ein dioriti- sches Gestein, ihm folgten Ausbrüche von Trachytlaveu und diesen Basaltlaven, welche Plateaux von über 2000' bilden und in über 20 Lagern, successiven Ausflüssen ent- sprechend, aufeinander folgen. An der Oberfläche jedes Lagers hatte der Basalt bis zum nächstfolgenden Ausfluss Zeit zu verwittern und Humus zu bilden. Seit dem letzten Basaltausbruch haben die erodirenden Wasser tiefe Thäler und Schluchten ausgefressen, die Fluthen ganze Felsen ab- getragen. Das Alter der Insel reicht also in eine weitvergangene Zeit zurück, nach Analogie anderer basaltischer Gegenden vielleicht über die ältere Tertiärzeit. Nun finden wir im Westen der Insel ^ in Chrismas- harbour, Cumberland-Bay, zwischen den Basaltlagern ver- kieselte Baumstämme von bedeutendem Umfange und Kohlenlager , welche auf eine frühere Baumvegetation schliessen lassen, wie sie unter den jetzigen Verhältnissen undenkbar ist. Gegenwärtig existiren weder Bäume noch Sträucher auf der Insel, . trotzdem die Durchschnittstemperatur von 40 C. für die Entwicklung von solchen noch kein Hinder- niss wäre. Dagegen Hessen die fast beständig herrschen- den Weststürme, welche, von keiner schützenden NS strei- chenden Gebirgskette aufgehalten oder abgelenkt werden, keinen Baumwuchs aufkommen. Wir haben keinen Grund zu der Vermuthuug, dass in früherer Zeit die allgemeinen meteorologischen Verhältnisse andere waren, und sind des- halb genöthigt anzunehmen, dass der Baumwuchs im Westen der Insel dadurch ermöglicht war, dass das Land sich weiter nach Westen ausdehnte und die Heftigkeit des an- stürmenden Windes sei es durch die grössere Landmasse, sei es durch senkrecht auf die Windrichtung liegende Berg- rücken gebrochen und so der Vegetation ein Schutz ge- boten wurde. So sehen wir in Feuerland und Südpata- gonien, welche in noch südlicherer Breite als Kerguelens- land liegen, unter dem Schutze hoher von Nord nach Süd streichender Bergrücken eine reiche Waldvegetation sich erheben. lieber die Milbengattungen Leptognathus Hodge, Raphignathus Dug., Caligonns Kocli und die neue Gattung Cryptognathus. Von Dr. P. Kramer in Schleusiugen. Hierzu Tafel VIII. Im Anfange der dreissiger Jahre (1834) beschrieb Dug es eine Milbe unter dem Namen Raphignathus ruber- rimus und gab auch Abbildungen dazu. Leider muss man aber hier wie bei so vielen älteren Beschreibungen und Abbildungen der zumeist so winzigen Milben im Grunde darauf verzichten, jemals die beschriebene Milbe wieder auf- zufinden. Dennoch haben andere Beobachter geglaubt, die von Dug es aufgestellte Gattung und Art wieder gesehen zu haben, es ist ihnen dabei aber begegnet, dass sie voll- ständig verschiedene Thiere nun mit dem vonDuges auf- gestellten Namen in Verbindung brachten. Hat die Ver- wirrung einmal begonnen, so pflegt sie auch noch weiter zu gehen, und so ist es denn auch mit dem hier in Rede stehenden Thiere der Fall. Die nothwendige Aufklärung zu geben ist Aufgabe dieser Zeilen, die zugleich noch einiges Detail über die behandelten Milben selber bringen sollen. In den Jahren 1837—50 veröffentlichte Hofrath Koch seine Uebersicht des Arachnidensystems und führte darin einen Raphignathus ruber auf, welche Milbe nach der Abbil- dung, die er giebt, zu urtheilen, auch nicht die entfernteste lieber die Milbengattungen Leptognathus Hodge etc. 143 Aehnlichkeit mit demRaphignathus ruberrimiis vonDuges besitzt. Dass er dennocli dieselbe Gattung vor Augen zu haben glaubte, zeigt der Text des genannten Werkes, welcher an der betreffenden Stelle die Gattungsüberschrift Raphignathus, Dug., und die Art R. ruberrimus Dug. neben seinem R. ruber zeigt. Allerdings muss Koch zu anderer Zeit anderer Ansicht gewesen sein, denn in seinem Bil- derwerke : Deutschlands Crustaceen, Myriapoden und Arach- niden, bildet er nach seiner eigenen Angabe im Texte der Uebersicht dieselbe Milbe unter dem Namen Caligonus ru- ber ab (Heft 20, Tafel 20). Schlägt man das Bilderwerk selbst auf, so findet man die betreffende Milbe aber schon auf Tafel 15 des Heftes 20 und dort mit dem Namen Ca- ligonus piger. So haben wir also bei Koch zwei Milben- namen, nämlich Raphignathus ruber und Caligonus piger für ein und dieselbe Milbe, welche mit der Gattung Raphi- gnathus Dug., wie sie durch R. ruberrimus Dug. repräsentirt wird, auch nicht die entfernteste Aehnlichkeit zeigt. Die Gattung Caligonus ist von Koch zu wenig klar beschrieben, als dass man sie für eine wirklich sichere im System fortführen könnte. Dennoch haben die beiden ita- lienischen Beobachter Canestrini und Fan zag o sie in ihre systematischen Aufstellungen aufgenommen. Dies durfte natürlich nur geschehen, wenn schärfere Merkmale als die von Koch mitgetheilten aufgefunden werden konnten, was denn auch von den beiden scharfen Beobachtern geschehen ist. Sie brachten die Gattung Ca- ligonus unter die Familie der Tetranychini, womit sie aus- sagten, dass die Mitglieder der genannten Gattung einen zum Saugen geeigneten Mund besitzen mussten und ein zu einem Stechorgan umgeformtes zweites Kieferfühlerglied. Wenn auch die Verhältnisse bei den hiehergehörigen win- zigen Milben mit dieser Charakteristik keinesweges er- schöpfend dargethan sind, so scheint mir doch mit der Einordnung unter die Tetranychini ein wesentlicher Schritt vorwärts gethan zu sein. Ich selbst habe früher, als ich meine Familie der Raphignathidae aufstellte, mehr Ge- wicht auf die gänzlich von Tetranychus und Bryobia ver- schiedene Körperhautbeschaffenheit und Gestaltung der 144 P. Kramer: Kieferfühler gelegt, indem bei jenen beiden Gattungen die ersten Glieder der Kieferftihler zu einem fleischigen Zapfen verschmolzen sind, während bei der Milbe, die augenblick- lich besprochen wird, diese ersten Glieder völlig von ein- ander getrennt neben einander liegen, und indem die Stech- borsten bei Tetranychus und Bryobia doppelt gekrümmt und sehr lang sind, während sie bei Caligonus C. et F. kurz und nur schwach gebogen erscheinen, Indess darauf mag denn augenblicklich w^eniger Gewicht gelegt werden. Es ist sicher, dass Caligonus zu den Gattungen Tetrany- chus und Bryobia intimere Beziehungen hat als zu Smaridia und Erythraeus, und in sofern ist es ein Fortschritt in der Gruppirung, wenn C. und F. die genannten Gattungen Tetr., Bryobia und Caligonus in der That mit einander verbanden, während Koch sie auseinander zog. Was aber nun die näheren, von C. und F. betonten Unterscheidungs- merkmale dieser letzteren untereinander betrifft, so scheint mir damit doch nicht völlig geholfen zu sein. Sie gründen die Unterscheidung auf das fünfte Glied der Kiefertaster, und zwar folgendermassen: Tetranychus: Quinto articolo dei palpi conico, a due articoli. Caligonus: Quinto articolo dei palpi a coutorno ellit- tico, con setole rigide all' apice. Bryobia: Quinto articolo allargato verso l'apice. Es ist allerdings bei Bryobia noch der charakteristi- schen Gestaltung des Vorderrückens mit Erwähnung ge- than, diese aber in zweiter Stelle erwähnt und dem fünften Fühlergliede der Vorrang gelassen; dieses fünfte Glied weist indess bei Caligonus und Bryobia nicht den minde- sten fassbaren Unterschied auf, wie Fig. 9a und 9b dar- thun. Aus den Abbildungen, welche die beiden italienischen Forscher von drei Caligonus-Arten geben, würde man nicht sogleich folgern können, dass die Milben wirklich zu einer und derselben Gattung Caligonus gehören, so total verschieden ist der ganze Habitus und auch das Detail der abgebildeten Thiere. Die Mundtheile sind im Einzelnen nicht deutlich zu erkennen, aber das andere der Gattung lieber die Milbengattungen Leptognathus Hodge etc. 145 Caligonus zugesprochene Merkmal, Haftbaare an allen Füssen neben den Krallen zu besitzen, ein Merkmal, welches auch den Gattungen Biyobia und Tetranychus zukommt, ist nur bei der Abbildung von Calig. lineola (a. a. 0. Taf. IV, Fig. 2) und zwar sehr deutlich zu sehen, während es bei Cal. coronatus und Cal. clavatus gänzlich fehlt; bei Cal. coronatus findet sich zwischen den Krallen sämmtlicher Füsse nur ein spitzer Haftlappen abgebildet , welcher keine Spur etwaiger Drüsenhaare aufweist^ bei der an- dern Art Cal. clavatus fehlt auch dieser noch an allen Füssen und man sieht nichts als zwei Krallen abgebil- det. Dass die von mir vielmals beobachtete Milbe Cali- gonus piger Koch (Raphignathus ruber) HafthaarC; d. h. mit Drüsenköpfchen versehene zum Anheften der Füsse dienende Haare besitzt, glaube ich nunmehr auch bestäti- gen zu können; ich hatte früher nicht besonders darauf geachtet und bin augenblicklich nur im Besitz einiger in Spiritus aufbewahrter Exemplare, bei denen sich winzige Körnermassen zwischen den Haaren angesammelt haben. Lässt man den Unterschied der Figuren auf sich beruhen und hält sich nur an die Bestimmungen des Textes, so ist die Gattung Caligonus durch C. und F. sicherer bestimmt worden als durch Koch und es wird immer möglich sein die von ihnen als Caligonus piger aufgeführte Milbe , auf die es allein ankommt, wieder zu erkennen. Diese ist es nämlich, die vermuthlich von Koch als Raphignathus ru- ber zuerst erwähnt wurde. Aus dem Verfolg der italienischen Beobachtungen er- giebt sich, dass sie den von Koch nebenbei für die in Rede stehende Milbe aufgenommenen Gattungsnamen Caligonus als den geltenden aufführen; eine Gattung Raphignathus giebt es bei ihnen nicht. Nimmt man zu diesen Beobach- tungen nun noch die englischen hinzu, so erweitert sich das Feld, das einer Aufklärung bedarf, um ein wesentliches. Mr. Hodge beschrieb in seiner Abhandlung über Seemil- ben (Transactions of the Tyneside Naturalist's Field Club) ein Leptognathus falcatus, welches später von Mr. Brady ebenfalls gefunden wurde, von ihm aber den Namen Raphi- gnathus falcatus erhielt, und zwar unter besonderem Hin- Archiv für Naturg. XXXXV. Jahrg. 1. Bd. 10 146 P. Kram er: weis auf D u g e s. Wer die Abbildung , welche B r a d y giebt, mit der von Duges in den Annales des sciences 1834 gelieferten Abbildung von Raphignathus vergleicht, wird mir Recht geben, wenn ich der Ansicht bin, dass die be- treffende Milbe besser den sehr passenden früheren Namen Leptognathus behalten hätte. Es ist auch nicht die lei- seste Aehnlichkeit zwischen beiden Abbildungen vorhan- den. Dass die Abbildung von B r a d y getreu ist, ver- mochte ich selbst zu prüfen, als ich in unsern thüringi- schen Teichen vor kurzem diese höchst merkwürdige Gat- tung auffand und genauer studiren konnte. Es sind, wenn ich das vorhergehende zusammenfasse, im Ganzen drei völlig verschiedene Typen durch dieselbe Gattungsbenennung Raphignathus im Milbensystem einge- führt vorhanden, nämlich Raphignathus ruberrimus D u g., R. ruber Koch, R. falcatus Hodge-Brady und es muss klar gestellt werden, welchem Typus die Benennung Raphi- gnathus weiterhin zukommen wird. Hierbei hilft theils die Altersfolge der Beschreibungen, theils die Benutzung und Vertheilung der sonst vorhandenen Namen. Es kann kei- nem Zweifel unterliegen, dass man der ursprünglich von Duges beobachteten Milbe den Namen Raphignathus wird lassen müssen. Dass sie niemals wieder zu identificiren sein wird, ist allerdings damit zugleich ausgesprochen, denn die Gattungscharakteristik, welche Duges entwarf, reicht nicht aus , sie von Milben mit stechenden Kiefer- fühlern zu unterscheiden. Auch ist in der Figur selber diese Gattungscharakteristik nicht ersichtlich. Damit wird der Gattungsname Raphignathus D u g. und der Artname Raphignathus ruberrimus vorläufig faktisch zurückgestellt werden müssen. Raphignathus falcatus wird seinen ur- sprünglich ihm von Hodge gegebenen Namen Leptogna- thus falcatus wieder bekommen müssen, da der Gattungs- name Leptognathus von Brady ohne jeden Grund aufge- geben worden ist. Für die durch Raphignathus ruber Koch ausgedrückte Form wird der Gattungsname Cali- gonus von Canestrini und Fanzago beibehalten werden können. Eine nothwendige Folge dieser Festsetzungen ist es, für die beiden Gattungen Leptognathus Hodge und üeber die Milbengattungen Leptognathus Hodge etc. 147 Caligonus Kocli sichere Merkmale aufzufinden, was bei der sehr eigenthümlichen Form der für sie vorliegenden typischen Milben auch wohl gelingen kann. Ich muss da- bei allerdings bemerken, dass mir die Arbeiten von Hodge nicht zugänglich sind, so dass möglicherweise von ihm be- reits eine Diagnose aufgestellt ist, die mit der meinigen in Uebereinstimmung zu bringen Aufgabe späterer Be- trachtungen sein wird. Ich beginne mit 1) Leptognathus, Hodge. Die Süsswassermilbe, welche mit dem Leptognathus falcatus eine ganz frappante Aehnlichkeit besitzt, findet man in den von zarten Wasseralgen durchzogenen ersten Schichten des Wassergrundes von Teichen, wo sie lang- sam und bedächtig umherkriecht. Sie ist ausgezeichnet durch eine mächtige Entwicklung der Unterlippe, die wie ein langer vorn nach oben gekrümmter Schnabel sich nach vorn streckt, und durch die eng aneinanderliegenden eben- falls nach vorn gestreckten, mit der Spitze die Unterlippe berührenden Kiefertaster. Von der Seite her betrachtet, bietet der Rumpf eine Ansicht wie Fig. 1, von oben her betrachtet gewährt die Milbe ein Bild wie es Fig. 2 zeigt. Zu den typischen Merkmalen gehört auch noch, dass die Vorderfüsse fast genau nach vorn gestreckt arbeiten, während die zwei Hinterfüsse dem Leibe eng anliegend gerade nach hinten gerichtet sind. Die besonderen Merkmale der mir vorliegenden Art, die ich mit Leptognathus falcatus schon wegen der ver- schiedenen Lebensweise nicht zusammenzustellen wage, und welcher ich den Namen L. violaceus von einem leicht vio- letten Farbenanflug gebe, sind nun im Einzelnen folgende : Die Körperhaut ist in starkem Maasse erhärtet, doch bilden die erhärteten Stellen keinen geschlossenen Panzer, sondern sind isolirt neben einander gelegt. So finden sich (Fig. 2) auf dem Rücken vier Platten. Die eine bedeckt den Vorderrücken, zwei andere liegen seitlich hinter der- selben und tragen an ihrem vorderen Rande die Augen, die vierte bedeckt als die grosseste den ganzen Hinter- rücken. Die Flanken des Körpers zeigen jederseits eine 148 P. Kramer: längliche Platte, in welcher die Oeffnungen für die Hüft- gelenke der Füsse des dritten und vierten Paares einge- schnitten sind. Die Unterseite desThieres (Fig. 3) ist von zwei plattenförmigen Erhärtungen bedeckt, welche beide von ansehnlicher Ausdehnung sind. Die vordere Platte trägt an ihrem Vorderrande die Hüftgelenköflfnungen für die beiden ersten Fusspaare, die hintere die After- und Geschlechtsöffnung, und verschmilzt in ihren Flankenthei- len, die sich nach der Oberseite des Thieres hinaufziehen mit dem Vorderrande der ersten Oberplatte. Sämmtliche Platten haben einen der Amethystfarbe ähnlichen violetten Anflug, wie auch die Fussglieder ihn zeigen. Ihre Oberfläche ist mit zahlreichen Grübchen bedeckt, so dass sie einen wabenartigen Eindruck macht. Die wall- artigen Erhebungen zwischen den dicht an einander ge- lagerten Gruben sind durch reihenförmig geordnete Poren- öffnungen durchbohrt. Die weichere Haut zwischen den Platten ist fein liniirt und hat einen gelblichen Farben- anflug. In der kurzen Beschreibung, welche Brady von seiner Seemilbe giebt, findet sich keine Erwähnung ähn- licher Hautverhältnisse, auch lässt die beigefügte Abbil- dung, welche übrigens die charakteristische Form des Leptognathus deutlich darstellt, nichts Panzerplatten-ähn- liches erkennen, vielmehr scheint es, als wenn sie ein weiches Geschöpf darstellte. Die Augen, welche sich auf den Seitenplatten des Rückens befinden, sind mit deutlichen Linsen versehen, der kleinere mittlere Augenfleck, der sich auf der vorderen Oberplatte befindet, scheint einer solchen zu entbehren. Haarborsten sind auf der Oberseite nur sehr sparsam vorhanden; ich vermochte überhaupt nur auf den Seitenplatten des Rückens je eine zu bemerken, aber es mögen mir wohl einige entgangen sein. Auf den beiden die Geschlechtsöffnung deckenden Klappen finden sich in der hinteren Hälfte je zwei saugnapfähnliche Gebilde, je- doch auf der Aussenfläche, so dass sie wohl schwerlich in Wirklichkeit jemals als solche in Funktion treten. Die Füsse sind sechsgliedrig und fast in den Seiten- linien des Körpers eingelenkt; sie sind schlank und nur sparsam mit Borsten besetzt. Am sechsten Gliede aller Ueber die Milbengattungen Leptoguathus Hodge etc. 149 Füsse sitzen zwei Krallen. Das Kopf-Mundstück ist be- weglich an den Vorderrücken angefügt und besteht in sei- nem hinteren ~ Abschnitt aus einer kugelförmigen Ver- dickung, in welcher auf der Oberseite die dünnen langen viergliedrigen Kiefertaster eingelenkt sind. An dem vor- deren Ende des vierten Gliedes dieser Taster bemerkt man noch ein ganz kurzes krallenförmiges Glied, welches viel- leicht als das ganz reducirte fünfte Kiefertasterglied zu deuten ist. Wie Figur 4 zeigt, verlängert sich der Unter- rand des Kopfmundstücks zu einem säbelförmig gebogenen nach oben offenen Halbkanal, in welchem die gleichfalls ungemein langgestreckten Kieferfühler eingelegt erscheinen. Diese letzteren sind gerade so gekrümmt wie der Halb- kanal und sind zweigliedrig. Das sehr entwickelte erste Glied ist an der Basis verdickt, in der vorderen Abthei- lung aber sehr schlank und dünn. Das wieder etwas ver- dickte vordere Ende trägt das im Verhältniss zum ersten Glied sehr kleine hakenförmige zweite Glied, welches wohl mit den Spitzen der Kiefertaster zusammen die Nahrung dem Munde zuführen wird, die ich mir bei. der unbehol- fenen Art der Bewegung des Thieres als leicht zu gewin- nende thierische oder gar nur als pflanzliche denken kann. Was die Grössenverhältnisse anlangt, so ist die Länge des Kopfmundstticks 0,28 mm, die Breite des Schnabels aber nur 0,012 mm, die Breite des schlanken vorderen Ab- schnitts der Kieferfühler ist gar nur 0,006 mm, während die ganzen Kieferfühler 0,21 mm lang sind. Das zweite Glied ist davon nur 0,015 mm. Die Länge des Rumpfes ist 0,6 mm, so dass das ganze Thier von der Schnabel- spitze bis zum Hinterende wohl 0,88 mm lang sein mag. Von Wichtigkeit wird hier wie überall die Frage sein, in wie weit die Basaltheile der Kiefertaster und die von mir bei vielen Milben nachgewiesene Unterlippe in die Eildung des Schnabels eingehen. Derselbe ist auf der Unterseite durch eine deutlich wahrnehmbare Trennungs- linie in zwei Hälften zerlegt, welche allerdings einander dicht anliegen und nicht wie es Brady in der besonderen Abbildung dieses Theiles der Milbe angegeben hat, weit auseinandersperren. Auf der Unterseite des kugelförmigen 150 P, Kram er: hinteren Abschnitts des Kopl'mundstücks bemerkt mau nun stärkere Chitinleisten, welche ein nahezu kreisförmiges Stück austrennen, dessen vordere Ränder in die langen Fortsätze auslaufen, die den Schnabel bilden. Bei einer Seitenansicht (Fig. 4) des Kopfmundstücks bemerkt man freilich nicht, dass sich diese Chitinleisten auch auf der Seite der Schnabelröhre bemerklich machen, hier scheint vielmehr der Basaltheil der Kiefertaster unmittelbar zur Bildung des Schnabels beizutragen. Es lassen sich dem- nach die Schnabelverhältnisse nicht ganz klar übersehen, es lässt sich nur feststellen, dass auch die Unterlippe ebenso v^ie die Kiefertaster-Basalstücke denselben bilden hilft. Ich gehe nun zu einer Zusammenfassung aller beson- deren, zu einer Gattungscharakteristik brauchbaren Merk- male über. Gattung Leptognathus Hodge. Kieferfühler zvreigliedrig; in einem langen dünnen vorn aufwärts gekrümmten Schnabel ver- borgen. Das erste Glied am Grunde dick, vorn in einen langen und sehr dünnen Fortsatz ausge- zogen; das zweite Glied krallenförmig und sehr klein. Kiefertaster viergliedrig, gerade nach vorwärts getragen, indem die Spitze sich nach der Schnabelspitze herunter biegt. Drei Augen, zwei seitliche und ein mittleres. Tracheen feh- len. Füsse sechsgliedrig, die zwei vordernPaare stark nach, vorn, die zwei hinteren gerade nach hinten gerichtet. Zwei Krallen an jedem Fuss. Süsswasserbewohner oder Seemilbe. 2) Caligonus, Koch. Das mir allein zugängliche hierhergehörige Thier -Caligonus piger Koch ist eine Landmilbe, welche ich am häufigsten auf der Unterseite von Steinen getroffen habe. Hier bewegt sie sich mit einer ziemlichen Langsamkeit wie ein ganz feines rothes Pünktchen hin und verkriecht sich gern in die sich bietenden Ritzen und Löcher. Von der Seite her betrachtet zeigt sie einen merkwürdigen Um- riss (Fig. 5). Der Vorderrücken springt wie ein ansehn- Ueber die Milbengattungen Leptognathus Hodge etc. 151 liches Dach nach vorn über dem zum Mundrande abfal- lenden Abschnitt vor. Auf der Rückenlinie erheben sich die grossen säbelförmig nach hinten gekrümmten Haar- borsten. Der fast kreisrunde flachgewölbte Rumpf zerfällt deutlich in vier Abschnitte. Der erste Abschnitt ist das Kopfmundstück, der zweite wird bis zu dem ringförmigen Einschnitt zwischen dem zweiten und dritten Fusspaar ge- rechnet. Der dritte Abschnitt begreift das Körperstück zwischen der genannten ringförmigen Trennungslinie und einer zweiten, welche hinter dem vierten Fusspaar hin- läuft. Der vierte Abschnitt geht von dieser bis zum Kör- perende. Auf dem zweiten Abschnitt stehen die beiden Augen. Die Haut ist, wenn man die Milbe in gepresstem Zustande beobachtet, auf der ganzen Rücken- und Bauch- fläche mit kreisförmigen Maschen bedeckt, so dass sie wegen der Begränzungslinien der einzelnen Maschen , wie mit einem Netzwerk belegt zu sein scheint. Die Maschen sind verhältnissmässig gross. Beobachtet man die Haut bei einem lebenden frei kriechenden Thiere, so erscheint sie wie mit kleinen Schildern belegt, indem das, was bei der Pressung als Masche erschien, als Schildchen gesehen wird. Ob daher die Grenzlinien erhaben oder eingedrückt sind, vermag ich nicht mit Sicherheit zu entscheiden, neige mich aber dazu letzteres anzunehmen. Fig. 6 zeigt eine Rückenansicht der Milbe und Fig. 7 eine Haut- partie stark vergrössert. Längs des Rückens laufen vier Reihen lebhaft rother, stark gebogener , ansehnlich grosser Haarborsten hin. In den beiden mittleren Reihen stehen je sieben Borsten, in den beiden äusseren je fünf; daher kommt jederseits noch eine Schulterborste. Nach den Körperabschnitten geordnet, finden sich auf dem zwei- ten zehn Borsten, auf dem dritten acht, auf dem vierten acht, im Ganzen 26 Haarborsten. Die vordem sind länger als die hinteren, namentlich die beiden Vorderrückenborsten. Aehnliche Borsten, wenn auch nicht so grosse, stehen auf den Fussgliedern der gedrungenen Füsse, welche zwei Krallen und mehrere Klebehaare tragen. Ich wende mich nun gleich zu den Mundtheilen und zwar zu den Kiefer- fühlern als den wichtigeren. Eine tausendmalige Vergrösse- 152 P. Kramer: rung eines sehr günstigen Präparates, welches mir einen Kieferftihler von der Seite zeigte, gab folgende merkwür- dige Aufschlüsse. Die Kieferfühler sind zweigliedrig. Das erste Glied (Fig. 8, a) ist flach und zwar seitlich zusammen- gepresst, dabei etwa dreimal so lang als hoch. Sein vor- derer Rand trägt unten eine Oeffnung für die Spitze des zweiten Gliedes und zwar ist diese Oeffnung wie ein Vogel- schnabel gestaltet, nämlich mit einer verlängerten oberen und unteren Hälfte (Fig. 8, b), die untere Partie ist länger als die obere. Mit den Rändern des oberen Oeffnungs- schnabels ist ein Körper verbunden, den ich erst für einen Muskel ansah (Fig. 8, c) und dieser Körper trägt an sei- nem untern Ende das zweite Kieferfühlerglied, an seinem oberen dagegen ist die Sehne eines kräftigen Rückzieh- muskels (d) angeheftet. Das zweite Glied des Kiefer- fühlers ist ein sanft aufwärts gebogener kurzer Stachel. Die Art der Bewegung dieses Stachels erhellt aus der Figur vollständig. Der Körper c wirkt ganz wie der Arm eines zweiarmigen Hebels, während sich der Muskel d verkürzt, wird der Stachel e kräftig nach vorn vorgestossen. Wird die Muskelthätigkeit zur Ruhe gebracht, so stellt sich b durch die natürliche Elastizität der Gewebe in seine ge- wöhnliche Lage. Wir haben sonach hier eine ganz be- sondere und eigenthümliche Vorrichtung, welche der Gat- tung Caligonus als sicheres Merkmal dienen kann und brauchen nicht auf die ungemein schwer zu definirende Gestalt des letzten Kiefertastergliedes, das allerdings der Beobachtung viel leichter zugänglich ist, zurückzugreifen. Eine einigermassen geschickte Hand wird sich unschwer einen Kieferfühler von der Milbe lostrennen können, die sich dann fast stets von selbst, wegen ihrer flachen Gestalt, in die zur Beobachtung passendste Lage wird bringen lassen. Die übrigens beigegebene Abbildung des Kiefertasterendes von den beiden Gattungen Bryobia und Caligonus lässt durch Vergleichung erkennen, wie wenig das fünfte Glied beider Taster von einander verschieden ist, so dass kaum für Fig. 9, a die Bezeichnung „elliptisch" im Gegensatz zu Fig. 9, b „am vordem Ende verbreitert" passen dürfte. lieber die Milbengattungen Leptognatbus Hodge etc. 153 Icli gebe nun folgende Gattungscharakteristik von Caligonus. Gattung Caligonus Koch. Kieferfühler zweigliedrig, die ersten Glie- der nicht unter einander verwachsen, seitlich zusammengedrückt, etwa dreimal so lang als hoch; das zweite Glied kurz, stachelförmig, sanft aufwärts gekrümmt. Kiefertaster fünfglie- drig, das vorletzte Glied in einen starken kral- lenförmigen Fortsatz ausgezogen. Zwei Augen (Tracheen vorhanden), Füsse sechsgliedrig mit Klebehaaren zwischen den beiden Krallen. Was die Einordnung der so bestimmten Gattung be- trifft, so ist sie vorerst unter die Prostigmatia zu stellen. Es ist mir allerdiugs bisher nicht vollständig geglückt, die Lage der Luftlöcher zu fixiren. Ich schliesse nur aus einem deutlich in die Augen fallen den Kanal, der mir ein- mal vorkam, und den ich als Luftkanal zu deuten nicht anstehe, dass' die etwa vorhandenen Luftlöcher in dem ersten Leibesabschnitt, dem Kopfraundstück zu suchen sind. Unter den Prostigmatia scheint weiter unzweifelhaft die Familie der Tetranyehidae, wie ich sie im Gegensatz der von Can. und Fanz. gewählten Benennung Tetranychini genannt habe, diejenige zu sein, denen man die Gattung anschliessen könnte. Es ist aber nicht zu übersehen, dass die eigenthümliche Verwachsung der ersten Kieferfühler- glieder bei Tetranychus und Bryobia und die doppelt ge- krümmten langen Stechborsten wesentliche morphologische Unterschiede gegen unsere Gattung abgeben. EinelEin- ordnung derselben in dieselbe Familie mit jenen Gattungeu würde eine bisher klar und scharf begränzte Gruppe zu einer unklaren und schwer zu definirenden machen. Sicher ist, dass die bisher von mir noch aufrecht erhaltene Fa- milie Raphignathidae fallen muss, da der Name Raphi- gnathus selbst seinen Inhalt verloren hat. Dafür aber eine Familie Caligonidae eintreten zu lassen, habe ich vorläufig noch nicht die rechte Zuversicht, und behalte es weiterer 154 P. Kram er Beobachtung und Besprechung vor, eine definitive Anord- nung festzustellen. Damit der Artikel nicht lediglich ein kritisches In- teresse behält, füge ich noch eine sehr zierliche und in ihrer Organisation eigenthümliche Milbe an, die an den- selben Orten v\^ie die vorige Art lebt, und mir, als ich nach Caligonus suchte, oft statt jenes in die Hände fiel, ob- gleich sie wegen ihrer Kleinheit ganz dazu geeignet ist, vielmals übersehen zu vrerden : die Gattung Cryptognathus mihi. Die winzige hierhergehörige Milbe lebt unter Steinen, wo sie sich munter vorwärtsbewegt. Das lichtrothe Pünkt- chen fällt daher trotz seiner Kleinheit meistens leicht auf. Die Körperhaut ist etwas erhärtet und die beiden Platten, die Rückenplatte und ßauchplatte berühren sich nahezu an den Seitenrändern des Leibes. Wendet man eine genü- gende Vergrösserung an, Fig. 10 und 11, so bemerkt man leicht eine zellenförmige Zeichnung, welche sich über die ganze Haut ausbreitet und am vordem Ende einer maschen- förmigen Platz macht. Auf den Flächen der Zellenräume sind zahlreiche Porenpunkte eingebohrt, so dass die Haut andrerseits wie punktirt aussieht. Genau am hinteren Körperende ist die Afteröffnung angebracht, welche durch zwei grosse seitlich stehende Klappen geschlossen wird (Fig. 15). Das Vorderende des Rumpfes ist wie der Hals einer Flasche nach vorn vorgezogen, und in der so ent- standenen Höhle ist für gewöhnlich das ganze Kopfmund- stück verborgen, so dass von den Tastern und Kiefer- fühlern nichts zu bemerken ist, zumal wenn die Ruhe des Thieres gestört ist und es alle Glieder an sich ge- zogen hat. Die vier Hüften sind dicht an diesen Hals herange- zogen und stehen in einer ununterbrochenen Reihe hinter- einander. Das Kopfmundstück ist ausserordentlich beweglich und kann bis zu einer erstaunlichen Weite aus der Höhle hervorgestossen werden. Trifft man Thiere mit solcher lieber die Milbengattungen Leptognathus Hodge etc. 155 Stellung desselben an, so scheint es gerechtfertigt, sie den Bdellidae anzureihen, doch spricht manches hiergegen, wenn auch dieser Gedanke nicht ganz ohne Grund wäre. Das KopfmundstUck (Fig. 13) erscheint auf den ersten An- blick wie eine allseitig geschlossene ziemlich gestreckte Röhre, an deren vorderem kegelförmig zugespitzten Ende die Kiefertaster befestigt sind. Auch bemerkt man aus der äussersten Spitze des kegelförmigen Theils zwei Dor- nen hervorragen. Der völlige Abschluss der Röhre ist jedoch nur ein scheinbarer. Ein leichter Druck genügt um die obere Decke in ihrer ganzen Länge abzuheben und man bemerkt , dass die flachen ersten Glieder der beiden Kieferfühler sich von oben her glatt auf die Unterlippen- röhre legen und sie dadurch nach oben vollständig ab- schliessen. Hat man so die Kieferfühler frei gelegt, so lässt sich auch sofort erkennen, dass das langgestreckte und flache erste Glied vorn in eine dreieckige lang vor- gezogene Spitze ausläuft, welche etwas aus der Ebene des übrigen Gliedkörpers herausgebogen ist (Fig. 14). An der Ursprungsstelle dieser Spitze steht eine lange helle Borste, welche vorhin als Dorn aus der Mundöffnung hervorzuragen schien. Sollte diese Borste das zweite Glied der Kieferfühler vorstellen? Fast möchte ich es glauben, da bisher kein Beispiel von einem eingliedrigen flachen Kieferfühler vorliegt, ein solcher könnte ja gar nicht als Mundwerkzeug benutzt werden. Wie bereits erwähnt, sind die Kiefertaster ziemlich weit nach vorn, nämlich da ein- gefügt, wo der cylindrische Theil des Kopfmundstücks in den konischen tibergeht. Die Kiefertaster sind fünfglie- drig. Die Glieder vom zweiten bis vierten sind lang, obwohl zunehmend verkürzt, das fünfte Glied ist wie eine Kralle dem dritten angefügt. Die Taster werden stark gekrümmt getragen. Am hinteren Ende der Kopf-Mund - stückröhre befinden sich auf der Oberfläche dicht hinter der Einfügungsstelle der Kiefertaster nahe bei einander ein paar Luftlöcher, von denen zwei deutliche Stränge von Tracheen in den Körper auslaufen. Wir haben hier also eine Milbe vor uns, welche zu den Prostigmatia gezogen werden muss. Die Füsse zeigen nichts Bemerkenswerthes 1Ö6 P, Kramer: Das erste Paar ist länger als die drei andern und die letzten Glieder der Füsse an denselben tragen zwei längere Borsten, welche bei einer Rückenansicbt des Thieres deut- lich ins Auge fallen. Die Gattungscharakteristik ist folgende : Gattung Cryptognathus Kr am er. Tracheen vorhanden; Luftlöcher an derEin- lenkungsstelle der Kieferfühler. Kopfmundsttick in einer röhrenförmigen Höhle verborgen; Kiefer- ftihler gestreckt, flach, der Unterlippenröhre aufliegend, zweigliedrig; erstes Glied breit und flach, zweites Glied ein borstenförmiger Dorn. Kiefertaster fünfgliedrig. Augen fehlen. Füsse sechsgliedrig. Die einzige Art, welche zu dieser Gattung gehört, ist die oben beschriebene, der ich den Namen Crypto- gnathus lagena mihi beilege. Die ganz eigenthüraliche Kieferfühlerbildung hindert es die Milbe einer der bisher beschriebenen und in die grosse Abtheilung der Prostig- matia aufgenommenen Milbenfamilie anzuschliessen. Es macht sich hier wieder die grosse Schwierigkeit fühlbar, die bei den Acariden jeden sicheren Fortschritt in der Vergleichung der Formen so sehr erschwert, dass nämlich jede neue Form in einem Maasse abweicht von den bis- her beschriebenen, wie es sonst nicht leicht in einer Ord- nung der Gliederfüssler gefunden wird. So mag denn ein endgültiges Urtheil über die systematische Stellung der Gattung noch erwartet werden. Schleusingen, Juli 1878. Fig. 1- -4, Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Erklärung der Figuren. Leptognathus violaceus Kramer. Seitenansicht der Milbe. Rückenansicht der Milbe, um die Rückenplatten zu zeigen. Bauchansicht der Milbe, um die Bauchplatten zu zeigen. Kopfmundstück der Milbe. Ein Kieferfühler ist aus lieber die Milbengattungen Leptognathus Hodge etc. 157 seiner ursprünglichen Lage innerhalb der Lippenröhre herausgehoben. Fig. 5 — 9. Caligonus piger Koch. Fig. 5. Seitenansicht der Milbe. Fig. 6. Rückenansicht der Milbe. Fig. 6b. Ein Haar stärker vergrössert. Fig. 7. Eine Hautpartie stärker vergrössert, Fig. 8. Ein Kieferfühler von der Seite, a erstes Glied; b vor- dere Oefinung in demselben; c Bewegungskörper für das zweite Glied; d der Muskel für das zweite Glied; e das stachelförmige zweite Glied. Fig. 9a. Die beiden letzten Kiefertasterglieder der Milbe, um die Form des letzten Gliedes zu zeigen. Fig. 9b. Die beiden letzten Kiefertasterglieder von Bryobia speciosa zum Vergleich mit 9a. •15. Cryptognathus lagena Kramer. Rückenansicht der Milbe. Eine Hautpartie stärker vergrössert. Seitenansicht der Milbe. Das Kopfmundstück, a die Kiefertaster, b die Kiefer- fühler, c die Tracheen. Das vordere Ende eines Kieferfühlers mit dem borsten - förmigen zweiten Gliede. Die Afteröffnung von oben her gesehen, um die Klap- pen zu zeigen. Fig. 10- Fig. 10. Fig. 11. Fig. 12. Fig. 13, Fig. 14. Fig. 15. lieber einige neue Chilenische Thiere. Von Dr. R. A. Philippi. Hierzu Taf. IX und X. I. Taenioptera atistralis Ph. u. Ldb, nov. spec. (Taf. IX.) Artkennzeichen. Hauptfarbe des Körpers aschgrau, Bauch, After und -Unterschwanzdecken rostroth, Gesicht, d. h. eine schmale Stirnbinde, Zügel und Ohrgegend schwarz. Beschreibung. Ganze Länge von der Schnabel- bis Schwanz- spitze 260 mm Schnabel: von der Spitze bis zur Stirn ... 20 „ „ „ Mundöffnung 25 „ Höhe an der Stirn 6 „ Breite ^ „ „ 10 „ Schwanz 95 „ Flügel vom Bug bis Spitze 162 „ Tarsus ' . 39 „ Innenzehe mit Nagel 17 „ Mittelzehe „ „ 24 „ Aussenzehe „ „ 15 „ Hinterzehe „ „ 20 „ Der Nagel der Hinterzehe 11 ,, Ueber einige neue Chilenische Thiere. 159 Schnabel gerade, die Spitze des Oberschnabels scharf abwärts gebogen, schwarz; das Auge hellbraun (?), der nackte Fuss schwarz, ebenso die Nägel. Die Nägel der Hinterzehe sind gross, ziemlich stark gebogen und eigen- thümlich zugespitzt. Diese Spitzen sind durchsichtig, wie etwas trübes Glas. Die Hauptfarbe des Ober- und Unter- körpers, sowie der Schultern ist ein mattes Aschgrau, auf Oberhals und Kopf am dunkelsten. Ein schmaler Streif quer über die Stirn, ein weniger intensiver und im Grau des Halses verlaufender Streif, der Zügel und die Ohr- gegend sind schwarz; der etwas ausgeschnittene Schwanz ist ebenfalls schwarz, an den Spitzen schmutzigweiss ge- säumt, die schmale Aussenf ahne der äussersten Feder ist zunächst am Schaft hellfahlbraun, der äusserste Saum aber schneeweiss. Die Unterseite der Schwanzfedern ist etwas blasser als die Oberseite derselben. Die Flügel sind sehr lang, denn sie erreichen mit den Spitzen fast das Schwanz- ende. Die erste Schwungfeder ist die längste und wie die zweite auf 25 mm von der Spitze herein so stark aus- geschnitten, dass diese Spitze mit beiden Fahnen nur 4 mm breit ist, während der übrige Theil dieser Federn, sowie alle übrigen Schwungfedern eine mit der Grösse des Vogels im richtigen Verhältnisse stehende Breite haben. Die Achselfedern des Flügels sind grau, die Deckfedern im Grunde schwarz aber mit so breiten weissen Spitzen, dass dadurch ein grosser weisser Fleck gebildet wird. Die drei hintersten Fiügelfedern sind dunkelgrau, auf der Aussen- fahue breitweisslich gerändert, die sechs folgenden Schwung- federn des Unterarms sind sehr schön rostroth mit 200 mm langen weissen Spitzen ; die vier letzten Schwinger der ersten Ordnung haben dieselbe Färbung, aber die Aussen- fahne derselben ist beinahe ganz schwarz, welche Farbe auch auf den übrigen drei Schwungfedern derselben Ord- nung vorherrscht; durch das schöne Rostroth und reine Weiss der vorhin beschriebenen Schwungfedern entstehen zwei sehr auffallende Flecken oder Spiegel, welche dem sonst sehr einfach und düster gefärbten Vogel zu beson- derer Zierde gereichen. Die Unterflügeldeckfedern sind rostroth, die Bauchseiten, der Bauch, After und die Unter- 160 R. A. Philippi: schwanzdeckfedern sind hell rostroth mit dunkeln Schäf- ten und theils mit grauem Mittellängsfleck oder auch mit grauer Ausseneinfassung. Der vorbeschriebene Vogel ist ein Männchen und wurde durch den Assistenten , des Museums Herrn J ha r am 22. Dezember 1877 in Dinamarqcure in Patagonien erlegt. II. Phoenicopterus andlnus Ph. Der Freundlichkeit des Herrn Apothekers Leyboldt in Santiago verdankt das Museum ein Ei des obengenann- ten Vogels aus der Wüste von Atacama. Da wir auch das Ei des chilenischen Flamingo 's (Phoenicopterus ignipalliatus) besitzen, so können wir die beiden Eier vergleichen: 1) Ph. ignipoll. ist 95 mm lang und 54 mm dick; 2) Ph. andinus ist 95 mm lang und 49 mm dick. Beide Eier sehen einander so ähnlich, dass man sie leicht verwechseln könnte. Das erste ist etwas schärfer zugespitzt, während das zweite mehr abgerundete Enden zeigt: bei letzterem ist auch der weisse kalkartige Ueberzug bedeutend dicker, massiger als bei Nro. 1. Nro. 1 stammt von einem Brtiteplatz der Flamingos in einer Lagune, aus welcher der Rio Maule entspringt. Diese Lagune liegt hoch in der Cordillere. Das Ei ist ein Geschenk des Herrn T. Medina, welcher den Brutplatz besuchte. III. Spheniscus trifasciatiis Landbeck und Spheniseus Humboldt Meyen. Vergleichung der Eier dieser beiden Arten: Sph. trif. Sph. Humb. Länge 62 bis 70 mm Länge 68 bis 74 mm Dicke 52 bis 55 mm Länge 53 bis 54 mm. Das Ei des Sph. Humb. ist im Allgemeinen etwas grösser und schlanker als das des Sph. trif, sonst aber ist kein auffallender Unterschied zwischen beiden so nahe lieber einige neue Chilenische Thiere. 161 yerwandten Arten zu bemerken. Die Farbe beider ist weiss, doch besitzen die Eier des Sph. tri£ einen schwachen grünlichen Schimmer, während das der andern Art kreide- weiss ist. Die Eier beider Arten sind kurz oder stumpf eiförmig, weichen jedoch im Ganzen wenig von einander ab. Die Poren der Schale sind nicht sichtbar, indem die- selben durch einen kaikartigen Ueberzug bedeckt sind, yie die Eier der Flamingos, Scharben und anderer Wasser- vögel. Sph. trif. war auf der antarktischen Insel Magda- lena sehr häufig und brütete zu Anfang des Monats Okto- ber 1877 gesellschaftlich. IV. Clwpea oder Alaiisa advena. (Tafel X.) Im letzten Sommer erschien an einem Theil der chilenischen Küste, namentlich von Tome bis Lota, in ungeheuren Schwärmen ein Fisch, welcher den dortigen Fischern gänzlich unbekannt war. Die Kapitäne der euro- päischen, in diesen Häfen ankernden Schiffe gaben ihnen den Namen ,,Häring" arenque , und salzten beträchtliche Mengen desselben ein, während die einheimischen Fischer, welche mit dem Einsalzen der Fische unbekannt sind, diesen „Häring" zwar auch in beträchtlichen Mengen, aber nur zum sofortigen Verspeisen, fingen. Diese reichliche, wohlschmeckende und wohlfeile Speise war unter den da- mals obwaltenden Umständen eine grosse Wohlthat für die Anwohner der Küste , welche wegen der allgemeinen Nahrungslosigkeit, namentlich bei dem Niederliegen des Kohlenbergbaus in bedrängter Lage waren. Herr Studiosus Federico Puga, welcher zu der Zeit in Tome war, hat zwei Exemplare in Spiritus für unser Museum mitgebracht, welche ich für eine noch unbeschriebene Art von Alausa halte. Dimensionen. Die gesammte Länge von der Schnau- zenspitze bis zum Beginn der Schwanzflosse beträgt 260 mm; die grösste Höhe, im vorderen Drittheil, zwischen Brust- und Bauchflossen, 55 mm; die Dicke des Körpers 36 mm; die Höhe des Schwanzes misst 19 mm; die Länge des Kopfes bis zum Hinterrand des Kiemendeckels 70 mm; also etwas mehr als den vierten Theil der Körperlänge; die Entfernung des Auges von der Schnauzenspitze beträgt Archiv für Naturg. XXXXV. Jahrg. I. Bd. j J 162 R. A. Philippi: 23 mm; der Durchmesser des Auges 20 mm, die Entfer- nung zwischen beiden Augen 18 mm. Gestalt des Körpers. Betrachtet man den Fisch von der Seite, so findet man, dass die Rückenlinie und Bauchlinie gleich weit von der idealen Mittellinie entfernt laufen, und diese also den Umriss in zwei symmetrische Hälften theilt. Von der Schnauzenspitze krümmen sich beide Linien in einem regelmässigen Bogen bis die grösste Höhe erreicht ist, und von da an nähern sie sich der graden Linie. Der Querdurchschnitt des Körpers ist ei- förmig, durchaus nicht nach dem Bauch hin schneiden- förmig zusammengedrückt; dieser zeigt aber einen deut- lichen, wenn auch schwach hervortretenden, stumpfen, festen Kiel, der sich vor dem After verliert. Der Kopf hat eine stumpfe Schnauze und ist stark zusammenge- drückt, oben der Quere nach eben, und mit hervorstehen- den schwachen Leisten versehen, wie sie die Figur anzeigt. Das Maul ist klein und zahnlos, und nur die Zunge zeigt Rauhigkeiten; der Zwischenkiefer ist ausgerandet, und der Oberkieferknochen reicht nicht ganz bis zu einer senkrech- ten, von der Mitte des Auges herabgefällten Linie. Der Kieme n decke 1 ist hinten gradlinigt abgeschnit- ten, und sein hinteres Stück zeigt deutlich eine Partie Strahlen, während auf den andern Knochen verästelte Schleimkanälchen beobachtet werden, die ich in der Figur angegeben habe so gut ich konnte. Die Schuppen sind gross und fallen leicht ab; beide Exemplare, die zu meiner Verfügung stehen, haben sie namentlich an den Seiten in dem Maasse verloren, dass ich mich nicht getraue, die Zahl der Schuppenreihen zu errathen, und dass meine Zeichnung in diesem Punkt kei- nen Anspruch auf Genauigkeit machen kann. Die Schup- pen der Seiten sind rautenförmig mit abgerundeten Win- keln, und mit schwachen Strahlenlinien verziert; ihr Rand ist nicht gezähnt. Auf dem Rücken dicht hinter dem Kopf sind die Schuppen bedeutend kleiner, spitz und rau- tenförmig; die erste der Mittellinie ist aber oval mit der Spitze nach vorn gerichtet, nach etwa sechs Schuppen- reihen findet sich abermals eine ovale Schuppe, welche Ueber einige neue Chilenische Thiere. 163 aber doppelt so gross ist, und ihre Spitze nach hinten kehrt; mit dieser fangen die grossen Schuppen an. Was die Flossen anbetrifft, so steht die Rücken- flosse genau in der Mitte der Körperlänge und besteht aus achtzehn Strahlen, die sämmtlich knorpelig sind; der dritte ist der längste und misst 29 mm. Die Schwanz- flosse ist tief ausgeschnitten, und sind die Ränder des Ausschnittes gradlinigt; jede Hälfte hat eine lanzettförmige, mit ihrem einen Rande angewachsene, sonst freie Membran auf jeder Seite. Sie ist bis über die Mitte hinaus mit kleinen Schuppen bekleidet, und ich zähle in derselben 24 Strahlen. Die Afterflosse beginnt in der Mitte der Entfernung zwischen der Rücken- und Schwanzflosse, ist ziemlich so lang wie die erste, und hat ebenfalls 18 Strah- len, von denen der längste aber nur 14 mm misst, während die drei letzten Strahlen in einen kleinen Zipfel verlängert sind. Ueber ihrer Wurzel stehen zwei Reihen kleinerer Schuppen, wie bei Clupea Alosa. Die Entfernung von ihrem Hinterrand bis zum Beginn der Schwanzflosse ist fast eben so lang wie die Flosse selbst. Die Brustflosse ist schmal und spitz, und reicht bis zur Mitte der Ent- fernung zwischen ihrem Ursprung und dem der Bauch- flose. I ch zähle 18 Strahlen in derselben, ihre untere Hälfte ist mit einem länglichen von vier Schuppen gebil- deten Lappen bedeckt, und ein ähnlicher nur noch länge- rer, stumpfer Lappen findet sich über dem oberen Rand der Flosse. Die Bauchflossen sitzen unter der Mitte der Rückenflossen; sie sind klein, und ich zähle nur acht Strahlen in denselben. Zwei Schuppen oberhalb ihres Ur- sprungs sind wie bei der Alse in Spitzen verlängert. Was die Färbung betrifft, so ist nach Herrn Puga der lebende Fisch oben blauschwarz, sonst silberfarbig und ungefleckt; die Schwanzflosse ist schwärzlich, die Rücken- flosse etwas heller, und die andern Flossen fast wasser- hell. Erst wenn die Schuppen verloren gehen, treten ziem- lich grosse, blauschwarze, runde Flecken an den Seiten zum Vorschein, die ziemlich unregelmässig in zwei Reihen stehen, etwa acht in der oberen und fünf in der unteren Reihe; das letzte Drittel des Fisches ist ungefleckt. Nach- 164 R. A. Philippi: üeber einige neue Chilenische Thiere. dem der Fisch ein paar Wochen in Spiritus gelegen, war die Färbung wenig verändert; der Kiemendeckel, die Knochen, welche das Maul bilden, der untere Theil der Seiten, der Bauch und die Flossen der unteren Seite sind gelblich. Die schwarzen Flecken der Seite sind sehr deutlich. Diese schwarzen Flecken erinnern an die chilenische Alausa maculata Cuv. et Val. XX p. 43, Gay Ichth. t. 10 f. 2, welche sich aber auf den ersten Blick durch eine weit grössere Höhe des Körpers und weit höhere Rückenflosse unterscheidet. Clupea notacanthus Günther Catal. of fisches VII p. 443, welche Art unserem Museum noch fehlt, ist ver- schieden durch eine Reihe stachelichter Schilder zwischen Hinterhaupt und Rückenflosse , und hat ebenfalls , wie Alausa maculata, einen weit höheren Körper, da die Höhe desselben nur drei Mal in der Körperlänge enthalten ist. Alausa caerulea Cuv. et Val. XX p. 452 ist ebenfalls weit höher. Alausa musica Girard U. States N. A. Exp. Zool. p. 246 t. 31 f. 5 =^ Clupea sagax Jenyns Zool. of the Beagle. Günther 1. c. p. 443 ähnelt unserer Art bedeutend und hielt ich eine Zeit lang beide für einerlei, allein die Gestalt ist doch anders, denn sie bat die grösste Körper- höhe nicht, wie meine advena, im vordem Drittheil, son- dern in der Mitte der Körperlänge; die Rückenlinie ist gleichmässig gekrümmt, und die Höhe etwas grösser ; ihre Rückenflosse ist bedeutend höher, da ihr längster Strahl zwei Drittel der Körperhöhe beträgt, während er bei A. advena nicht voll halb so lang ist, endlich reicht die Afterflosse weiter nach hinten. Die Girard'sche Zeich- nung zeigt noch andre Verschiedenheiten, die aber viel- leicht auf Rechnung des Zeichners kommen. Die Anhäng- sel am Schwanz sind kürzer und stumpfer, die verlänger- ten Schuppen oberhalb und unterhalb der Brustflosse feh- len, ebenso fehlen die Schuppen auf der Schwanzflosse, von denen auch in der Beschreibung keine Rede ist; end- lich haben die Schuppen eine andere Gestalt. Girard nennt ihren Rand minutely serrated, seine vergrösserte Ab- bildung zeigt aber einen ungezähnten Rand. Helmiiitliologische Studien. Von Dr. von Linstow in Hameln, Hierzu Tafel XI und XH. 1. Dorylai^nus fasciatiis n. sp. (Fig. 1—2.) Lebt an Mooswurzeln. Die Länge des Männchens beträgt 1,3 mra, die Breite 0,048 mm. An beiden Seiten zieht sich ein aus Zellen zusammengesetztes Seitenfeld hin von Vs Körperdurchmesser; die Haut ist übrigens undeut- lich fein quergestreift. Das Kopfende zeigt von oben oder unten gesehen je zwei Lippen, die aneinander liegend eine Herzform bilden und steht in jeder eine Papille. Es fand sich kein Reservestachel. Vor den Girren stehen seitlich parallele Schrägstriche, wie bei Doryl. Leuckarti, stagna- lis, gracilis, regius etc. Die Girren sind sichelförmig ge- bogen und laufen vorn in zwei Aeste aus; vor ihnen stehen in der Haut fünf Papillen , auch eine hinter ihnen in der Rückenlinie. Der Oesophagus misst V34, der Schwanz V29 der Körperlänge. Die Art gehört zu denjenigen mit kurzem, spitzem Schwänze und erinnert an Dor. torpidus und gracilis. Von ersterer unterscheidet sie sich durch die Bildung der Lip- pen und die Schrägstreifen am männlichen Schwanzende, von letzterer durch einen relativ sehr viel längeren Oeso- phagus, der bei gracilis ^'9 der Länge misst. 166 von Linstow: 2. Dorylaimus tenuis n. sp. An Mooswurzeln; liegt fast bewegungslos und zeich- net sich durch eine ungemein dünne Körperform aus. Das Weibchen ist 3,91 mm lang und 0,046 mm breit. Der Schwanz ist abgerundet und misst V84, der Oesopha- gus Viojs der Körperlänge. Der Mund ist ohne alle Aus- zeichnung. Der Bohrstachel ist sehr fein und dünn. Die Vulva liegt etwas vor der Körpermitte und theilt den Kör- per im Verhältniss wie 5 : 6. Eine ähnliche Art ist Dor. regius de Man, die aber viel grösser und relativ dicker ist; das Verhältniss der Breite zur Länge ist bei regius wie 1 : 57, bei tenuis wie 1 : 85 ; auch hat regius Lippen mit Papillen am Munde; die übrigen Unterschiede lehrt eine Betrachtung der Abbildung de Man's; die Art gehört zu den Formen mit kurzem, abgerundetem Schwanz. 3. Diiylogaster vivlparus n. sp. (Fig. 3—4.) Lebt im süssen Wasser an Wasserpflanzen, von De- tritusmassen umgeben. Das Kopfende zeigt einen chitini- sirten Mundbecher mit einigen grösseren und kleineren Zähnen dahinter. Länge des Weibchens 1,8 mm, Breite 0,038 mm. Der Oesophagus misst Vt? der Schwanz einen ebenso grossen Theil der Körperlänge; die Vulva liegt genau in der Kör- permitte, die Haut ist fein quergeringelt. Die Gestalt ist lang und schmal, der Schwanz ist in eine lange, feine Spitze ausgezogen. Ich fand im Uterus wenige Eier, von denen die vier der Vulva zunächst liegenden lebende Em- bryonen enthielten ; die Eihaut ist sehr dünn und mem- branös. Der Oesophagus hat zwei Anschwellungen, deren vordere im Innern einen quergestreiften Chitinapparat trägt. Der Schwanz ist ohne Leimdrüse. Was diese Art von allen anderen bekannten auszeichnet, sind Querringel, die mit dreifacher Contour vor und hinter dem Anus am Schwanzende stehen. Die Embryonen sind schlank mit abgerundetem Kopf- ende, das keine Chitinverstärkungen zeigt. Helminthologische Studien. 167 4. HJiabditis macrourci n. sp. (Fig. 5.) In feuchter Erde in der Nähe von faulenden, anima- lischen Substanzen. Das Vestibulum ist 0,015 mm lang, der Oesophagus hat eine kleine Anschwellung in der Mitte und eine grössere am Ende; in letzterer stehen Ventilzähne; das Mundende zeigt einen zweigetheilten, halbkugelförmigen Aufsatz, das Schwanzende ist in eine lange Spitze ausgezogen. Die Länge des Männchens beträgt 0,67 mm , die Breite 0,02 mm. Der Oesophagus misst V4, der Schwanz Vs der Körperlänge. Die Spicula sind kurz und breit und 0,033 mm lang; die Bursa hat jederseits fünf langgestielte Papillen. Das Weibchen misst 1,1 mm in der Länge bei einer Breite von 0,059 mm. Der Oesophagus nimmt Vs??, der Schwanz V9 der Körperläng'e ein. Die Vulva ist von einer halbkugelförmigen Verdickung der Haut umgeben. Die Eier sind 0,049 mm lang und 0,029 mm breit. Diese Art hat unter allen bekannten Arten mit Aus- nahme von Rh. gracilicauda relativ den längsten Schwanz; bei Rh. pellio nimmt er beim Männchen Vis* bei aspera Vi4, bei longicaudata V12 der Körperlänge ein, bei Rh. gracilicauda misst er V5 der Gesammtlänge. 5. Asearis lahiata Rud. (Fig. 6), im Darm von Anguilla vulgaris gefunden. Schneider^) bil- det die Oberlippe in einer Weise ab, die nicht ganz mit meinen Beobachtungen stimmt; die Unterschiede ergeben sich am besten aus der Vergleichung der beiden bez. Ab- bildungen. Vorder- und Hinterrand der Oberlippe sind gleich breit; die Länge verhält sich zur grössten Breite wie 2 : 3. Am Vorderrande ist jederseits eine schräg nach vorn und aussen gerichtete Rinne, welche doppelte 1) Monographie der Nematoden pag. 47, tab. II fig. 15. 168 von Linstow: Coütouren zeigt. Zwei Papillen finden sich an der ge- wöhnlichen Stelle. Von dieser Art bekam ich einst eine grosse Sendung unter der Bezeichnung „junge Aale". Die Köchin hatte beim Ausnehmen den Darm verletzt, aus dem eine be- trächtliche Anzahl unserer Ascariden sich herausgeschlän- gelt hatte und nun für die viel gesuchte Aalbrut gehalten wurde. 6. Ascaris crenata Rud. (Fig, 7—8), aus dem Darm von Sturnus vulgaris. In einem Vogel war die Menge der Parasiten eine so grosse , dass sie fast den ganzen Darm ausfüllte. Eine genaue Schilderung dieser Art fehlt noch. Die Oberlippe ist eben so breit wie lang, ihre Basis halb so gross wie Breite und Länge. Die Vorderhälfte des Aussenrandes ist gezähnelt; die beiden Papillen sind sehr gross ; oft ist nur eine von ihnen ent- wickelt; die untere Lage der Pulpa, welche an den Vor- derrand stösst, ist hier in vier Zipfel gespalten und zwei andere biegen nach hinten zurück, dem Aussenrande pa- rallel laufend. Die Girren sind breit und 0,74 mm lang; präanale Papillen fand ich 21, postanaie 7 oder 8, davon die beiden der Cloake zunächst stehenden immer dicht nebeneinander sich finden; je eine jederseits ist nach der Seite gerichtet, die übrigen stehen nach der Bauchseite hin und unsymmetrisch. 7. Ascaris aurlta n. sp. (Fig. 9—10.) Aus dem Oesophagus von Anous melanogenys aus Madagaskar. Die Art ist mit A. spiculigera verwandt. Lippen mit Zwischenlippen, Oberlippe quadratisch, alle vier Seiten fast gleich lang, Vorderrand eingeb achtet, ohne Längs- rinne. Männchen 24 mm lang, 0,1 mm breit, Weibchen 27 mm lang, 0,16 mm breit. Die Gestalt ist gedrungen, von hinten nach vorn an Helminthologische Studien. 169 Breite zunehmend. Cutis sehr mächtig, ans fünf Schichten bestehend, mit feinen und breiten Querringeln; die letzte- ren sind für das blosse Auge sichtbar, die feinen sind wiederum regelmässig mit Längsstreifen versehen; 0,7 mm vom Kopfende entfernt steht in der Seitenlinie je eine Pa- pille. Der Schwanz des Männchens misst Vss der Körper- länge; Spicula gleich laug, 5,2 mm gross. Die äusserste Schwanzspitze ist ausgezogen und von einer Bursa um- geben; auf ihr stehen jederseits fünf Papillen, drei seitlich und zwei nach der Bauchseite gerichtet; die übrigen (prä- analen) habe ich, da die Exemplare nicht gut genug er- halten waren, nicht zählen können; Oesophagus V? ^i^i' Körperlänge. Das Schwanzende des Weibchens ist einfach conisch zugespitzt. 8. Ascaris acus Rud. (Fig. 11—13.) Embryonalform. Lebt in den Drüsen des Darms eingekapselt, oft mehrere Exemplare zusammen in einer Kapsel, bald frei im Magen; wird bis zu 1,7 mm lang und 0,084 mm breit; die kleinsten Exemplare waren 0,51—0,96 mm lang und 0,023—0,048 mm breit Am Mundende findet man einen bauchständigen Bohrzahn. Schwanzende kegelförmig mit etwas abgerundeter Spitze, Schwanz V22, Oesophagus 1/7,6 der Körperlänge, bei kleineren jüngeren Exemplaren betragen letztere beiden Maasse V15 und resp. zwischen Vs- Zwischen Oesophagus und Magen ist ein rundlicher Kör- per eingeschaltet, von dem nach vorn und hinten an der Rückenseite je ein Blinddarm entspringt; der vordere misst Vi5, der hintere V4 der Körperlänge. Ich habe diese und die folgende Larvenform, als ich ihre Zugehörigkeit zu A. acus noch nicht kannte, unter dem Namen Ascaris pisci- cola beschrieben 1). 1) Dieses Archiv 1878 pag. 239. 170 von Linstow: Larven form. Lebt mit der Embryonalform am selben Orte, ausser- dem im Darm. Länge 1,8 mm, Breite 0,096 mm. Kopf mit drei rudimentären Lippen, sonst verhält sich Alles ge- nau wie bei der Embryonalform. Geschlechtsreife Form. Länge und Breite der Oberlippe gleich, Pulpa vorn in zwei knopfförmige Vorragungen gespalten. Schnei- der nennt die Seitenmembranen „schwach", ich fand sie dicht hinter dem Kopfe 0,098 mm breit. Die Eier entwickeln die Embryonen im Wasser und gelangen nun in verschiedene Fische, u. A. auch in den Hecht, um sich hier in der Wand des Verdauungskanals oder anderen inneren Organen einzukapseln; bei Esox lu- cius finde ich die Embryonalform nur im Magen, wo sie sich in eine Drüse durch den Ausmündungsgang hinein- drängen. Letzterer verschliesst sich dann und die Drüse entartet krankhaft; durch ihre weisse Färbung hebt sie sich von der röthlichen Magenwand deutlich ab. Verweilt die Embryonalform hier lange genug, so tritt schon hier die Umwandlung in die Larvenform ein. Verschlingt ein Hecht den Träger solcher Wurmkapseln, so wird der In- sasse im Magen des Räubers frei — bekanntlich werden kleine Hechte häufig von grösseren verschlungen — und man findet nun frei im Magen die Larvenform, die dann nnter Abstreifung der Larvenhaut in die geschlechtsreife Form übergeht. Die freien Embryonen im Magen werden von frischen Einwanderungen von aussen herrühren. Die Entwicklung von Ascaris acus hat also insofern mit der von Trichina spiralis Aehnlichkeit, als sich Embryonal-, Larven- und geschlechtsreife Form in derselben Thierart finden, mit dem Unterschiede jedoch, dass bei Trichina spiralis alle drei Entwicklungsformen auch in einem und demselben Exemplar durchlaufen werden, während bei Ascaris acus immer zwei Exemplare von Esox lucius nöthig sind, um die Entwicklung zum Abschluss zu bringen, von Helrointhologische Studien. 171 denen das erstere vom anderen verschlungen werden muss. 9. Ascaris jPetroniyzl n. sp. (Fig. 14— 15), im Darm von Petromyzon fluviatilis gefunden. Eine grosse Embryonalform mit Bohrzahn; Länge 7,5 mm, Breite 0,28mm, Haut quergeringelt, Schwanzende stumpf abgerundet, wo- durch diese Form sich von den verwandten unterscheidet. Oesophagus V6,2, Schwanz Vsi cler Körperlänge. Vom An- fange des Darms verläuft über dem Oesophagus ein Blind- darm nach vorn. Am Anfang des Darms liegt in einer Biegung desselben ein drüsenförmiger Körper, der in sei- nem Innern ein eigenthümliches fünfarmiges Chitinstück birgt. 10. Fllaria Spennospi^ae n. 'sp. (Fig. 16.) Aus der Leibeshöhle von Spermospiza guttata. Nur ein Weibchen fand ich, das eine Länge von 37 mm und eine Breite von 0,1 mm hat. Der Uterus ist mit einer Unsumme von Eiern erfüllt, die dickschalig sind, 0,048 mm lang und 0,031 mm breit sind und schon den fertigen Embryo enthalten. Kopf und Schwanz sind abgerundet, ersterer ist dün- ner als letzterer; 0,54 mm vom Kopfende an der Bauch- seite befindet sich die Vulva, die einen gestreckten, langen, hyalinen, 0,6 mm langen Anhang besitzt, ähnlich dem ho- mologen Gebilde der Trichisomen -Weibchen. 0,42 mm vom Kopfende stehen in den Seitenlinien die eigenthümlich ge- stalteten Nackenpapillen ; sie sind 0,18 mm lang, bestehen aus drei sich nach vorn verjüngenden, an beiden Seiten abgerundeten Chitindornen, die mit einander verwachsen sind und Querstreifen zeigen. In den Submedianlinien, dicht hinter der Mundöffnung steht je eine kleine, wenig prominente Papille. Der Ver- dauungskanal ist atrophirt, Darm und Anus sind nicht aufzufinden, die Geschlechtsröhre füllt die ganze Leibes- höhle aus. 172 , von Linstow: 11. Filaria hamatä m. (Fig. 17.) Vid. dieses Archiv 1877, I, pag. 11—12, tab. I, Fig. 19. Zu dem von mir beschriebenen Männchen habe ich später im Magen von Astur nisus auch das Weibchen ge- funden. Es ist gedrungen von Gestalt, 7,4 mm lang und 0,48 mm breit. Die Vulva liegt etwas hinter der Körper- mitte; sie theilt das Thier so, dass sich der vordere Ab- schnitt zum hinteren verhält wie 4 : 3. Die Eier sind nicht entwickelt; das Exemplar war unbefruchtet, da im Wohnthier ein Männchen sich nicht fand. Schwanz abge- rundet, V41 der Körperlänge, der Oesophagus Vs derselben messend. Dujardin beschreibt^) zwei Arten, die er ? Dispharage de Tepervier nennt. Die eine Form (Fig. C 2) gehört hierher; Beschreibung und Abbildung stimmen ganz mit unserer Art; Dujardin hat das Männchen nicht ge- funden und daher die Art nicht näher benannt. Beide Dujardin 'sehe Arten werden von Molin^) zu seinem Dispharagus ellipticus gezogen, doch nur die andere Du- jardin'sche Form (Fig. B) kann zuMolin's Disph. ellip- ticus gezogen werden. Der längere Cirrus, den Molin Vagina penis nennt, endet ganz anders als bei Filaria ha- matä, auch passt die Beschreibung Mol in 's „extremitas caudalis maris 2 in anfractus involuta subtus excavata fo- vea ampla" und seine Abbildung nicht hierher; bei Fi- laria hamata verhält sich die Länge der Halskrausen zur Breite des Thieres wie 3 : 1, bei Disph. ellipticus wie 1 : 1. 12. Mlaria foveolata Molin (Fig. 18), aus der Bauchhöhle von Falco peregrinus. Männchen 105, Weibchen 202 mm lang, Kopf und Schwanzende abgerundet. Gestalt lang gestreckt, ähnlich einem Gordius. Girren 1,44 und resp. 0,48 mm lang; der 1) Histoire des Helm. pa;^. 72, pl. 5 Fig. C 2 und B. 2) Denkschr. d. k. Akad. X!X pag. 300. Helminthologische Studien. 173 längere mit sehr breiten, quergerippten Flügeln. Cloake 0,06 mm vom Schwanzende entfernt, mit einem Chitin- saum ; hinter der Cloake ist der Körper etwas verdünnt, von einer Bursa umgeben; jederseits stehen vier prä- und sechs postauale Papillen. Eier ungemein zahlreich, dick- schalig, elliptisch, 0,041 mm lang und 0,025 mm breit; schon im Uterus entwickelt sich in ihnen der Embryo. 13. Filaria Strigis m. Eingekapselt in der Darmwand von Strix aluco und Astur nisus, ferner frei im Magen von Astur palumbarius neuerdings gefunden. Diese Larvenform, welche ich mü- der neuen Fundorte wegen erwähne, zeigt schon die bei den geschlechtsreifeu Filarien so häufigen Nackenpapillen. 14. Systrichis Wecllii m. == Hystrichis sp.? Wedl. Sitzungsber. d. k. Akad. XIX pag. 40—43, tab. I Fig. 12—14. Wedl hat in der Brusthöhle von Ftilica atra Weib- chen dieser Art gefunden, die über 100 mm lang und 3 mm breit waren; der Kopf war knopfförmig verdickt, das Hinterende abgerundet; am Scheitel war der Kopf abge- plattet, von einem hornigen Limbus umgeben, mit einem Kranze von conischen starken Stacheln, 17 in jeder Reihe ; 3 mm vom Kopfende verschwinden die Stacheln. Ich fand eine Larvenform dieser Species aussen am Oesophagus von Fulica atra, 24 mm lang und 0,6 mm breit; von Geschlechtsorganen zeigte sich keine Spur ; Anus terminal, Kopf- und* Schwanzende abgerundet, Oesophagus V4 der Körperlänge messend. Der Körper ist röthiichbraun von Farbe, der Darm schwarz. Die Haut ist sehr stark, ausser der Cuticula aus drei Schichten bestehend, regelmässig quergeringelt, mit rückwärts gerichteten, starken conischen Stacheln besetzt, die 0,069 mm lang und an der Basis 0,029 mm breit sind; sie stehen am Kopfende sehr dicht und werden nach hin- ten zu immer seltner und kleiner, zuletzt die Haut kaum 174 von Linstow: durchsetzend, doch reichen sie bis ans äusserste Schwanz- ende. Das Exemplar ist in der Häutung begriffen und sieht man am Kopfende die neugebildete Haut schon fer- tig, die in der Weise bewaffnet ist, wie Wedl es be- schreibt. 15. Oxyuris ohvelata Bremser (Fig. 19—21), aus Mus sylvaticus. Das Männchen hat eine prä- und zwei postanale Pa- pillen, ein etwas gebogenes Spiculum und dahinter ein kleineres accessorisches Chitinstück; die hintere Lippe der Cloakenmündung hat einen kleinen Chitinhaken, der bei der Copula verwandt werden dürfte. Die Vulva des Weib- chens ist von einem Ringe in der Haut umgeben; neben der Oeffnung steht ein chitinisirter Hohlcylinder mit etwas erweiterter Mündung, der zur Aufnahme des accessorischen Stückes des Männchens bei der Copula zu dienen scheint. 16. Heterakis longecaudata n. sp. (Fig. 22, 22a), aus Megacephalon maleo. Der Mund ist dreilippig, auf denselben folgt ein kur- zes Vestibulum. Der Oesophagus raisst Vs^ö der Gesammt- länge und hat hinten einen starken Bulbus mit Ventil- zähnen. Das Männchen ist 8,2 mm lang und 0,24 mm breit. Der Schwanz ist sehr lang und spitz ausgezogen und misst Vi 9 der Gesammtlänge ; er zeigt jederseits acht post- und vier präanale Papillen; von letzteren stehen zwei jederseits neben dem Saugnapfe, zwei dicht vor dem Anus. Das rechte Spiculum ist ungemein lang, das linke viel kleiner, die Bursa ist breit; ersteres misst 2,3 mm, letzteres 0,72 mm. Das Weibchen ist 8,9 mm lang und 0,36 mm breit; die Vulva theilt den Körper fast in der Mitte; der durch sie gebildete vordere Abschnitt verhält sich zum hinteren wie 78 : 75. Der Schwanz misst Vs der Gesammtlänge. Die Eier sind 0,078 mm lang und 0,048 mm breit. Helminthologische Studien. 175 17. JEEeteraMs longecirrata n. sp. (Fig. 23), aus Geopelia spec? (Dolclistichtaube). Die Haut ist regelmässig quergeringelt mit sehr eigen- thümliclier Zeichnung. Der Kopf zeigt drei durch einen tiefen Spalt von einander getrennte Lippen, die eine kleine Papille tragen; ausserdem finden sich Papillen unregel- mässig am ganzen Körper zerstreut. Am Kopfende steht eine breite Seitenmembran. Das Männchen ist 30 mm lang und 0,19 mm breit; der Oesophagus misst Viu der Schwanz V46 der Körper- länge; am Schwanzende stehen jederseits drei prä- und sechs postanale Papillen; die Girren sind beide sehr lang und säbelförmig und messen 2,1 und resp. 1,9 mm. 18. Tropldocerca glohosa n. sp. In der Wand des Proventrikels von Fulica atra ge- funden. Der Körper ist in der Mitte kugelförmig aufgetrieben, am Kopf und Schwanzende schlank. Die Mundöffnung ist kreisförmig mit chitinisirtem Rande. D^r Oesophagus nimmt von vorn nach hinten stets an Dicke zu und besteht, wie bei der folgenden Art, aus einer vorderen muskulösen und einer hinteren drüsigen Hälfte, ohne dass die letztere gegen die erstere wie bei Tr. inermis scharf abgesetzt wäre; erstere misst 0,28, letztere 0,78 mm, der Anus ist von der Schwanzspitze 0,22 mm entfernt. Die dickschaligen Eier sind 0,039 mm lang und 0,029 mm breit. Am Kopf- und Schwanzende ist die Cutis ziemlich dünn, die Cuticula ist quergestreift; am aufgetriebenen Mittelkörper ist die Cuticula glatt, die Cutis sehr mächtig und von querlaufen- den, parallelen Canälen durchsetzt, ähnlich wie bei Echi- norhynchus. Von Tr. fissispina ist diese Art, von der ich nur Weib- chen gefunden habe, durch den Mangel einer bedornten Nackenpapille und eines doppelten Dorns am Schwanzende unterschieden. 176 von Li n stow: .19. Trojndocerca iner^nis n. sp. (Fig. 24). Im Gewebe des Pro Ventrikels von Astnr palumbarius und nisus bemerkt man runde Flecke von blaurother Farbe und 2 mm Durchmesser; dieselben sind sowohl von der Aussen- wie von der Innenwand sichtbar. Präparirt man sie vorsichtig heraus, so erhält man linsenförmige Körper- chen, die bei genauerer Untersuchung Nematoden von sehr eigenthümlichem Aussehen darstellen. Der in der Mitte unförmig angeschwellte Körper ist in zwei Kreistouren auf- gerollt, Kopf- und Schwanzende sind viel dünner und sind ein- und ausstülpbar wie der Tubus eines Fernrohrs. Die Farbe ist bläulichroth, die Haut ist regelmässig quergeringelt und in der Contour wellig. Der Mund zeigt einen länglichen Becher mit Chitinwandungen, das vordere Drittel der Haut über demselben ist aussen durch einen Wulst verstärkt; seitlich steht über dem hinteren Drittel je eine Papille; die Mundöffnung ist kreisförmig. Der Oe- sophagus hat einen vorderen kleineren, sehr kräftigen, offenbar zum Biutsaugen bestimmten Abschnitt, der 0,3 mm lang und 0,04 mm breit ist, und einen viel längeren und breiteren Abschnitt, der 2 mm lang und 0,24 mm breit ist. Der Mundbecher ist 0,02 mm lang. Auf den Oeso- phagus folgt ein breiter, aus Zellen zusammengesetzter, dunkelbraun pigmentirter Darm. Der Anus scheint nicht zu functioniren, denn es finden sich bei dem von allen Seiten eng vom Parenchym des Proventrikels umgebenen Thieres keine Excremente. Die Muskulatur ist schwach, nur Kopf und Schwanzende machen Bewegungen, sich ein- und ausstülpend und das Kopfende bewegt sich ausserdem langsam und kaum bemerkbar hin und her. Ich fand vier Exemplare, die alle Weibchen waren. Sie enthielten zahllose, ziemlich dickschalige, elliptische Eier von 0,036 mm Länge und 0,02 mm Breite. Neben den noch unentwickelten Eiern fand ich viele . glänzende, in Molekularbewegung begriffene Körperchen, die Kugel- gestalt hatten und die Spermatozoen zu sein schienen. Männchen konnte ich nicht finden und muss die Copula wohl schon vor der Einwanderung in das Gewebe des Helminthologische Studien. 177 Proventriculums vollzogen sein. Die von Laurer inFalco peregrinus gefundene Form, die Diesing in seinem Syst. Helm. (II pag. 207) zu Tr. paradoxa zieht, gehört vielleicht hierher. 20. Tropidocerca inflata Diesing. Die sing, Revis. der Nemat. pag. 674—675. Aus der Wand des Proventrikels von Schwimmvögeln. Nicht zur folgenden, sondern zu dieser Art gehört die von mir unter dem Namen Tr. paradoxa beschriebene Form (dieses Archiv 1877, I pag 5~6, tab. I. Fig. 7-8). Das Männchen ist fast gestaltet wie das Weibchen und zeich- net sich durch ein terminal austretendes, einfaches, sehr langes Spiculum aus. Der Mund hat 6 Wülste, das Männ- chen ist 9 mal so lang wie breit. Folgende Arten habe ich nicht beobachtet und sollen hier nur kurz besprochen werden. 21. Tropidocerca paradoxa Diesing. Diesing, Kevision der Nematoden pag. 673—674. Diese Art ist von Natter er in Brasilien in der Ma- genwand von Cathartes urubu und der Proventrikelwand von Strix torquata gefunden. Mitunter wurde ein Weib- chen frei im Magen oder in einer Cyste, bald aber auch ein Männchen und ein Weibchen zusammen in einer sol- chen beobachtet. Die Männchen waren 11 — 13,5 mm lang und 0,75 mm breit, also 15 — 18 mal so lang wie breit; die Weibchen sind von eiförmiger Gestalt, 6,75 mm lang und 4,5 mm breit. Dass diese Männchen und Weibchen zusammengehören, kann nicht bezweifelt werden, da sie zusammen in einer Cyste gefunden sind. 22. lyi^opidocerca fissisjnna Diesing. Lieberkühn, MüUer's Archiv 1855 pag. 314—335, tab. XII Fig. 1—7. In der Wand des Vormagens von Fulica atra, Anas boschas domestica und fera gefunden. ArcMv f. Naturg. XXXXV. Jahrg. 1. Bd. 12 178 von L instow: Das Weibchen ist abgeplattet- kugelförmig, am Halse mit 2 coiiisclien Dornen, Schwänzende mit 2 Dornspitzen. Lieberkühn beschreibt und bildet (1. c.) einen männ- lichen Nematoden ab, den er als Männchen hierher zieht. Er ist schlank, von der gewöhnlichen Nematodeuform, 30mal so lang wie breit ; der Körper hat 4 Längsstreifen, die von Dornen gebildet werden, der Mund ist von ge- spaltenen Dornen umstellt ; es finden sich 2 Spicula von 0,32 und resp. 0,15 mm Länge. Diese Form ist frei im Proventrikel von Anas boschas dorn, gefunden und kann wohl nicht zu Tropidocerca gehören, da sie 2 kurze un- gleiche Spicula hat, während das Männchen der genann- ten Gattung nur ein sehr langes Spiculum führt. Am Halse finden sich 2 Dornen. Dieser Befund ist der einzige, der an Tropidocerca fissispina erinnert, doch finden sich die sogenannten Nackenpapillen bei vielen Nematoden, beson- ders beim Genus Filaria. Der Name fissispina ist somit kein glücklich gewählter, weil er sich auf eins Eigen- schaft des besprochenen, nicht zu Tropidocerca gehörigen Männchens bezieht. Eine Nackenpapille hat das Genus Acanthophorus auch; bei Ac. horridus sitzt sie 0,12 mm vom Kopfende entfernt. 23. Tropidocerca gynaecofihila Molin. Molin, Denkschr. d. k. Akad. XIX. pag. 297-299, Tab. X, Fig. 13—18. Lebt in der Wand des Proventrikels von Ardea ny- cticorax. Vielleicht gehören die von Laurer in Ardea virgo und grus gefundenen Formen hierher. Das Männchen ist in der Mitte stark angeschwollen und gekrümmt, lOmal so lang wie breit; hinter dem Kopfe stehen 2 seitliche Wülste, deren jeder einen nach hinten gerichteten Dorn trägt (Nakenpapille). 24. Tropidocerca unispina Diesing. Lieb erkühn, Müllers Archiv 1865, pag. 335—336. Nur das kugelförmige Weibchen ist bekannt, das in Helminthologisehe Studien. 179 der Wand des Proventrikels von Corvus cornix lebt; der Mund ist von 3 Wülsten umgeben, die innen und aussen bedornt sind; auch das Schwanzende ist mit einem Dorn bewaffnet. 25. Tropidocerca hispinosa Molin. Mol in, Sitzungsber. d. k. Akad. XL, pag. 342. Eine zweifelhafte, unvollständig bekannte Form aus Scincus officinalis. Das Genus Tropidocerca gehört zu den wohl charak- terisirten, leicht erkennbaren Gattungen und ist noch wenig studirt ; in Sehneider's Monographie der Nematoden fehlt es ganz. Die Arten leben in der Wand des Vor- magens und Magens von Wasser- und Raubvögeln sowie Krähen. Mitunter steht die von ihnen bewohnte Höhle mit dem Lumen des Magens oder Vormagens durch eine Oeffnung in Verbindung, mitunter sind die Thiere auch ganz eingekapselt. Die Muskulatur ist die der Poly- myarier. Der Körper ist in der Mitte stark aufgetrieben. Die Männchen sind etwas schlanker und haben ein langes Spiculum, das bei Tr. inflata den fünften Theil der Kör- perläuge misst. Nicht selten findet sich, wie bei Filaria, eine Nackenpapille. Die Eier sind ziemlich dickschalig, elliptisch und sehr zahlreich, an die des Genus Filaria erinnernd, woraus man auf Larven schliessen kann, die einen Zwischenwirth bewohnen. Die Farbe ist meistens roth, von aufgesogenem Blute herrührend. 26. Strongylus aurictilaris Zed. (Fig. 25.) aus dem Darm von Lacerta vivipara. Die jüngsten, geschlechtlich noch unentwickelten Exem- plare messen 0,51 mm in der Länge und 0,033 mm in der Breite. Der Oesophagus zeigt eine längliche vordere und eine mehr kugelförmige hintere Anschwellung, die Ventil- zähne führt; er misst 74,6 der Gesammtlänge des Körpers. Die Haut ist quergestreift wie bei den ausgewachsenen Exemplaren. Der Darm ist aus Zellen zusammengesetzt, 180 von Linstow: die mit glänzenden Körnchen erfüllt sind. Der Darm ist leer, ein After nicht bemerkbar; das Schwanzende ist pfriemenförmig- zugespitzt. An der Mitte des Darms findet sich eine bohnenförmige Geschlechtsanlage. 27. StrongyUis depressus Dujardin. Diese winzige Art lebt auch im Darm von Crocidura aranea. 28. Strofigylus imlygyrus Duj. (Fig. 26.) Das männliche Schwanzende ist sehr schwer symme- trisch auszubreiten und habe ich bei erneuten Beobach- tungen gefunden, dass der Bau desselben viel complicirter ist, als ich (in diesem Archiv 1878 pag. 235, Tab. VIII. Fig. 21) angegeben habe. Jederseits stehen 6 grössere Rippen in der Bursa; die erste entspringt gemeinsam mit der 2., die erste biegt nach vorn, die 2. nach hinten um; die 3. bis 5. haben wieder einen gemeinsamen Stiel; die 6. entspringt von einem rundlichen Wulst und ist lang und dünn. Die Bursa ist glockenförmig und schlägt sich, wenn man das Thier gerade auf den Rücken legt, in eine zur Längsachse des Thieres im rechten Winkel stehende Falte nach unten um; diese ist von 2 kleinen Rippen ge- stützt; ausserdem stehen noch 14 kleinere Rippen, wie auch die grossen sämmtlich in Papillen endend, dicht ge- drängt unterhalb der Cloake. Die Eier entwickeln in feuchte Erde gelegt die Em- bryonen in kurzer Zeit. *29. Strongylus tuhaeformis Zed. (Fig. 27—28.) Im zoologischen Garten zu Hamburg krepirte ein Kö- nigstiger (Weibchen) am 23. Februar 1878 unter furcht- baren Schmerzen. Die von Herrn Professor Blasius in Braunschweig vorgenommene Section ergab Knoten in der Darmwand, die dicht gedrängt standen und sehr zahlreich waren; jeder derselben enthielt 2—5 Exemplare von Stron- gylus tuhaeformis. Die Umgebung der Knoten war infil- Helminthologische Studien. 181 trirt und entzündet, im Innern waren sie von einer theer- artigen, scliwärzlichen Masse erfüllt, die benachbarten Me- senterialdrüsen waren geschwellt und enthielten zum Theil dieselbe theerartige Masse, aber keine Würmer. Leiseringi) führt einen ähnlichen Fall an; auch hier wurde durch Knoten in der Darmwand der Tod eines Tigers herbeigeführt, die von Strongylus tubaeformis be- wohnt waren. Das Genus Strongylus dürfte sich ohne Zwischen- wirth entwickeln und wird daher die zufällige Einwan- derung dieses gefährlichen Parasiten , der auch unsere Katze bewohnt, eine frische sein. Die Haut ist regelmässig quergeringelt mit stumpf- sägeförmiger Contur. Die runde Mundöffnung ist nach der Bauchseite hin abgeschrägt; an der Rückenseite stehen 2, an der Bauchseite 1 Zahn. Die ganze Mundkapsel ist stark chitinisirt und sieht man ihr an, dass sie wohl im Stande ist, gefährliche Verwundungen zu bewirken. Das Männchen ist lang 9,7 mm, breit 0,36, Oesopha- gus misst Vi2. Das Weibchen ist lang 14,4 mm, breit 0,6, Oesophagus misst Vi 4, der Schwanz misst ^'eo der Gesammtlänge; es findet sich eine grosse Nackenpapille. Die Girren des Männchens sind 1,8 mm lang, sie werden von der Basis nach der Spitze zu immer dünner und verlaufen dicht vor der Cloake in einer chitinisirten Hohlrinne. Am äussersten Schwanzende ist die Pulpa in eine feine, die Cutis durchsetzende Spitze ausgezogen. 30. Trichosonia contortuni Crepl. Ein neuer Fundort für diesen im Oesophagus der verschiedensten Vögel vorkommenden Parasiten ist das gleiche Organ von Lusciola tithys, wo er unter dem Epi- thel der Schleimhaut wohnt und sich beim Herausnehmen lockenförmig aufrollt. 1) Jahresbericht der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Dresden 1871 pag. 34. 182 von L instow: 31. TricJiosoTna striatum n. sp. aus dem Darm von Astur nisus. Die Haut ist quergeringelt. Man findet Seitenbänder von "^/ig der Körperbreite; die Stäbchen stehen sehr spar- sam im Mittelpunkt grosser Zellen, von denen 3—4 in einer Querreihe stehen. Das Männchen ist 8,3 mm lang und 0,066 mm breit. Der Zellkörper verhält sich zu dem übrigen Körper der Länge nach wie 3 : 4. Der Cirrus mit feingezähnelter Scheide ist 0,66 mm lang; am Körperende stehen 2 sym- metrische rundliche Lappen. Das Weibchen ist 15,7 mm lang und 0,12 mm breit; der Zellkörper verhält sich zum übrigen Körper wie 4 : 7. Die Eier haben eine feine, netzförmige Zeichnung an der Aussenfläche ; sie sind 0,069 mm lang und 0,046 mm breit. Bei Tr. dispar und falconum ist der Cirrus verhält- nissmässig doppelt so lang, beide haben Bauchbänder; die Eier von Tr. falconum zeigen sich unter spitzen Winkeln kreuzende Längsrippen. 32. Angiostonia Tnacrostoma m. (Fig. 29.) aus der Pleurahöhle von Anguis fragilis. Der Embryo, der schon im mütterlichen Körper frei wird, soll hier beschrieben werden. Er ist 0,36 mm lang und 0,023 mm breit. Das Mundende hat einen hyalinen Aufsatz, der Oesophagus misst Vs,?, der Schwanz Vtjs der Körperlänge. Ersterer ist am Ende etwas angeschwollen und hat hier Ventilzähne. Der Darm ist mit glänzenden Körnchen durchsetzt. Der Schwanz endigt spitz. Die Ge- schlechtsanlage ist gross, ebenfalls mit Kernen durchsetzt. Von Eiern in allen Stadien der Entwickelung ist das Bin- degewebe der Pleurahöhle, unter welchem der Parasit lebt, durchsät, ebenso das Lungenparenchym von den Eiern von Ang. entomelas, wenn dieser Parasit die Lungen der Blindschleiche bewohnt. *33. Mermis setiformis n. sp. (Fig. 30.) Der Fundort ist unbekannt, er wird wohl die Leibes- Helminthologische Studien. 183 höhle eines grösseren ausländischen Insekts sein; die Exemplare befanden sich in einem der Gläser, welche mir Herr Professor Blasius aus der Sammlung des Braun- schweiger Museums gütigst übersandte. Es fanden sich 5 jüngere, Embryonalform, und eine ältere, die im Uebergang zur Larvenform ist. Bei ersteren ist das innere Chitin- rohr des Oesophagus vorn zu einem starken Bohrstachel umgebildet, ähnlich wie beim Genus Dorylaimus. Die Haut zeigt sich kreuzende Schrägstreifen; der Kopf hat 2 halbkugelförmige Lippen; seitlich trägt jede 2 Papillen, die jede noch eine kleinere vor und hinter sich hat. Ein Anus fehlt, das Schwanzende ist abgerundet. Die Länge des ganzen Thieres beträgt 40 mm, die Breite 2 mm. Die viel grössere Form ist in der Häutung begriffen; unter der dicken Haut bemerkt man am Kopfende das vorgebildete, weit dünnere Kopfende der Larve; das Chi- tinrohr des Oesophagus wird mit ausgestossen ; es steht als isolirte Chitinröhre 0,26 mm lang vorn am Scheitel des Kopfendes innerhalb der abzustreifenden Embryonalhaut und ist nicht weit von der Spitze abgerissen. 34. Distoniiim inerme n. sp. Eine kleine Art, die im Darm von Petromyzon fluvia- tilis lebt. Die Länge beträgt 1,6 mm, die Breite 0,65 mm. Die Haut ist unbewaffnet. Der Muudsaugnapf hat 0,14 mm, der Bauchsaugnapf 0,25 mm im Durchmesser; sie verhal- ten sich also etwa zu einander wie 4 : 7. Die Darmschen- kel reichen bis ans Ende des Körpers, die Hoden sind klein und liegen hinter einander, auf den Bauchsaugnapf folgend. Die Geschlechtsöffnungen finden sich zwischen beiden Saugnäpfen. Die Dotterstöcke sind auf die hintere Körperhälfte beschränkt; die Eier sind 0,025 mm laug und 0,016 mm breit. 35. Distoniuni flavocinctuni n. sp. Lebt im Darm von Anguis fragilis. Die Länge be- 184 von L in stow: trägt 4,5 mm, die Breite 2 mm. Die Haut ist am vorderen Drittel des Körpers mit Stacheln dicht durchsetzt. Der Mundsaugnapf hat 0,46—0,34 mm, der Bauchsaugnapf 0,38 —0,28 mm im Durchmesser; sie verhalten sich also etwa wie 6 : 5. Dicht hinter dem Bauchsaugnapf liegen sym- metrisch, nicht weit vom resp. Körperrande, die beiden Hoden, zwischen beiden ist die Schalendrüse; dicht vor dem linken Hoden, zwischen ihm und dem Bauchsaugnapf, liegt der Keimstoek. Der Dotterstock ist auf den Aussen- rand der vorderen 2/5 des Körpers beschränkt. Die Ge- schlechtsöffnungen liegen am Vorderrande des Bauchsaug- napfes. Der Eiergang liegt locker hin und hergewunden in den hinteren Vö des Körpers. Die Eier werden im mittleren Fünftel des Körpers gelb und daher erscheint das Thier mit blossen Augen betrachtet in der Mitte mit einem gelben Querbande. In der Achse des Körpers ver- läuft im hinteren Drittel ein gerader, breiter, durch feine Körnchen schwarzgefärbter Stamm des Excretionsgefässes. Die dickschaligen Eier enthalten einen schon entwickelten Embryo und sind 0,049 mm lang und 0,033 mm breit. In deutschen Reptilien sind bisher an Distomen ge- funden: D. Viperae, naja, nigrovenosum, mentulatum, as- sula, allostomum, signatum, arrectum. D. Viperae m. aus Pelias berus ist eine eingekapselte Larvenform, die hier nicht in Frage kommen kann. D. naja Rud. ist 11—16 mm lang und ist der Bauch- saugnapf viel grösser als der Mundsaugnapf. D. nigrovenosum Bellingham ist eine Art mit aufge- triebenem Schwanzende, bei der beide Saugnäpfe gleich gross sind. D. mentulatum Rud. hat eine unbewaffnete Haut; der Mundsaugnapf verhält sich zum Bauchsaugnapf wie 3 : 2, die Eier sind 0,036 mm lang; die Dotterstöcke liegen in den hinteren ^5 des Körpers. D. assula Duj. Verhältniss der Breite zur Länge wie 1:6; die Eier sind 0,033 mm lang und 0,017 mm breit; beide Saugnäpfe sind gleich gross. D. allostomum Duj. Der Bauchsaugnapf ist grösser als der Mundsaugnapf. Helminthologische Studien. 185 D. signatum Duj. Der Körper ist gekrümmt; die Länge des Thieres beträgt 2,25 mm, die Breite 0,85 mm, die Breite der Eier 0,02 mm. D. arrectum Duj. Länge 1,32 mm, Breite 0,45 mm; Mundsaugnapf 0,15 mm, Bauchsaugnapf 0,12 mm, Eier 0,032 mm laug und 0,015 mm breit. 36. jyistomtini trigonocephaUim Rud. (Fig. 31.) In den Eiern entwickelt sich der Embryo wie in de- nen wahrscheinlich sämmtlicher Distomen, wenn man sie in Wasser legt, in etwa 3 Monaten. Er gleicht sehr dem von D. hepaticum. Ueberall ist er mit Flimmerhaaren be- setzt und zeigt im Innern in den Circulationsgefässen einige sich stets bewegende, nach vorn gerichtete Flimraerläpp- chen, wie der Embryo von Holostomum cornucopiae. Vorn steht ein vorstossbarer Kopfzapfen und dahinter 2 halb- mondförmige Augenflecken; der Schwanztheil ist gegen den Mittelkörper sehwach abgesetzt. 37. Distonium lAnmophili n. sp. (Fig. 32—33.) Eine Larvenform, welche eingekapselt in der Larve von Limnophilus? rhombicus, die ich in einem kleinen Bache fand, lebt. Die kugelrunden, sehr dünnwandigen, membranösen Cysten haben einen Durchmesser von 0,31 mm. Die Länge des Insassen beträgt 0,61 mm bei einer Breite von 0,26 mm. Die ganze Haut ist mit Stacheln bewaffnet. Der Mundsaugnapf hat einen Durchmesser von 0,11, der Bauchsaugnapf von 0,075 mm. Die Darmschenkel reichen bis hinten ans Körperende; das Excretionsgefäss ist herz- förmig, mit kleinen fettglänzenden Kügelchen gefüllt. Von der Rückenseite her biegen 8 Organe um den Vorderrand des Mundsaugnapfes herum und enden in einer Bogen- linie mit kleinen, glänzenden^ kreisförmigen Körperchen; sie laufen hinten in ein Gcfäss aus, das einige spindelför- mige Anschwellungen hat. Diese Organe werden dazu dienen, den Stoff abzu- sondern, aus welchem die die Larve umgebende Kapsel 186 von L instow: gebildet wird. Bei den Trematodenlarven, welche Tetra- cotyle genannt werden, sind diese Organe sehr viel mäch- tiger und dementsprechend ist auch die sie umgebende Kapsel eine sehr dickwandige. 38. Taenia 7tiiir-ma Duj. (Fig. 34.) Der Beschreibung Dujardins wollte ich nur eine Abbildung der Haken beifügen, welche in der Zahl 24 vorhanden sind und 0,018 mm lang sind. 39. Taenia iKtrvlrostrls Krabbe 0- (Fig. 35.) aus dem Darm von Hirundo urbica. Die Hakenform wird von Krabbe etwas anders angegeben, weshalb ich eine neue Abbildung angefertigt habe. Die Länge der leicht abfallenden Haken beträgt 0,016 mm. Man findet zahlreiche Kalkkörperchen in einer Zone, die mitten quer durch jede Proglottide geht. Die Geschlechtsöffuungen stehen unregeimässig ab- wechselnd; der Cirrus ist kurz, cyliudrisch, 0,032 mm lang, mit feinen rückwärts gerichteten, relativ kurzen und brei- ten Chitindornen besetzt. Die Eier sind oval, die innere Eihülle ist 0,023 mm breit und 0,029 mm lang; die äussere hat an den beiden Polen lange, fadenförmige Ausläufer. 40. Taenia leptodera n. sp. (Fig. 36.) aus dem Darm von Astur nisus. Es finden sich 8 Haken von 0,031 mm Länge. Der Scolex ist kurz, 0,3 mm breit; die Saugnäpfe sind rundlich und haben einen Durchmesser von 0,1 mm. Hinter dem Scolex verschmälert sich der Körper bedeutend zu einem sogenannten Hals und ist nur 0,05 mm breit; die Tänie ist noch ganz unentwickelt, ohne alle Geschlechts- organe, und misst 1,3 mm. 41. laenia xjoculifera n. sp. (Fig. 37—38.) aus dem Darm von Fulica atra. Die Länge beträgt 70 mm, 1) Bidrag etc. pag. 334—345, Tab. X Fig. 267. Helminthologische Studien, 187 die Breite hinten 2 mm, hinter dem Scolex treten mehrere Anschwellungen auf, wodurch das Thier gleichsam ein auf- geblasenes Ansehen bekömmt, und glaubte ich Anfangs, die Taenia inflata gefunden zu haben. Der Scolex trägt 10 Haken von 0,16 mm Länge. Die Geschlechtsöffnungen stehen einseitig, der Cirrus hat vorn eine trichterförmige Oeffnung. Die Mündung der Vulva stellt eine kelchför- mige, von 6 Chitinstäben gestützte, fein bedornte Oeffnung dar ; die Dornen dürften zum Festhalten des Cirrus dienen. Krabbe giebt die Länge der Haken von T. inflata auf 0,073 mm an; den 0,55 mm langen Cirrus beschreibt und bildet er ab als ganz glatt und ist die Form der Haken eine andere als bei T. poculifera ^j. 42. Scolex ^etroniy^i n. sp. (Fig. 39.) Lebt frei im Darm von Petromyzon fluviatiiis. Die Länge beträgt 0,39 mm, die Breite 0,21 mm. Der Scolex zeigt 9 Saugnäpfe, einen im Centrum und je 2 dicht bei einander stehende an den 4 Ecken; sie haben einen Durchmesser von 0,066 mm. Der hintere Theil des Kör- pers hat grosse Kalkkörperchen und ein auffallendes, kol- benförmiges, contractiles Excretionsgefäss. Herr Professor Blasius in Braunschweig hatte die Güte, mir eine grössere Menge von Helminthen des Her- zogl. Museums zur Untersuchung zu schicken, wofür ich an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank sage, und sind die Arten, deren Beschreibung nach diesen Exem- plaren gemacht ist, in vorstehenden Zeilen mit einem Stern (*) bezeichnet. Erklärung der Abbildungen. Tafel XI. Fig. 1. Schwänzende des männlichen Dorylaimus fasciatus. Fig-. 2. Kopfende derselben Art. Fig. 3. Kopfende von Diplogaster viviparus. 1) Krabbe Bidrag, pag. 285—286, Tab. V. Fig. 109—111. 188 von Linstow: Fig. 4. Schwanzende derselben Art. Fig. 5. Männliches Schwanzende von Rhabditis raacroura. Fig. 6. Oberlippe von Ascaris labiata. Fig. 7. Oberlippe von Ascaris crenata. Fig. 8. Männliches Schwanzende derselben Art. Fig. 9. Oberlippe von Ascaris aurita. Fig. 10. Schwanzende derselben Art. Fig. 11. Oberlippe von Ascaris acus. Fig. 12. Kopfende der Larvenform derselben Art von der Rü- ckenseite. Fig. 13. Kopfende der Embryonalform derselben Art von der rech- ten Seite. Fig. 14. Kopfende der Embryonalform von Ascaris Petromyzi von der rechten Seite. Fig. 15. Chitinstück derselben Art. Fig. 16. Kopfende von Filaria Spermospizae von der rechten Seite. Fig. 17. Kopfende von Filaria hamata von der Rückcnseite. Fig. 18. Männliches Schwanzende von Filaria foveolata. Fig. 19. Männliches Hinterleibsende von Oxyuris obvelata von der Seite. Fig. 20. Vulva derselben Art von der Bauchfläche. Fig. 21. Chitinrohr aus derselben von der Seite. Fig. 22. Männliches Schwanzende von Heterakis longecaudata. Fig. 22a. Haut derselben Art. Fig. 23. Männliches Schwanzende von Heterakis longecirrata. Tafel XII. Fig. 24. Kopfende von Tropidocerca inermis. Fig. 25. Kopfende des Embryo's von Strongylus auricularis. Fig. 26. Männliches Schwänzende von Strongylus polygyrus. Fig. 27. Kopfende von Strongylus tubaeformis von der Rauchseite. Fig. 28. Dasselbe von der linken Seite. Fig. 29. Embryo von Angiostoma macrostoma. Fig. 30. Kopfende von Mermis setiformis. Fig. 31. Embryo von Distomum trigonocephalum. Fig. 32. Distomum Limnophiii von der Bauchseite. Fig. 83. Kopfende derselben Art von der Rückenseite. Fig. 34. Haken von Taenia murina. Fig. 35. Haken von Taenia parvirostris. Fig. 36. Haken von Taenia leptodera. Fig. 37. Haken von Taenia poculifera. Fig. 38. Geschlechtsöffnungen derselben Art, a Cirrus, b Vulva. Fig. 39. Scolcx Petromyzi. lieber eine neue Eintheilung der Tarantuliden (Phrynidae aut.). Von Dr. F. Karsch, Assistent am königl. zoolog. Museum zu Berlin. Es möchte kaum eine zweite , so für sich abge- schlossene und nach einem so einheitlichen Princip ge- bildete Gruppe von Thieren geben, welche demungeachtet so mathematisch bestimmte und so leicht erkennbare Merk- male zu einer Abtheilung in Gattungen darböte, als dieses für den Formenkreis derjenigen Arachniden der Fall ist, welche seit Latreille unter dem Gattungsnamen Phrymis zusammengefasst wurden. Wenn dennoch im Verlaufe kaum eines Jahrhunderts ein Artenchaos geschaffen wor- den ist, wie seinesgleichen kaum eine weit schwierigere Thiergruppe aulzuweisen haben möchte : so liegt die Schuld wohl namentlich in dem Umstände, dass die Artmerkmale zu plastischer Natur sind, dass die vielfachen Abbildungen dieser Thiere zu schlecht, die Beschreibungen zu ungenau ausfielen und endlich daran, dass Exemplare dieser merk- würdigen Thiere verhältnissmässig wenig in den Samm- lungen vertreten sind. Da überdies eine Eintheilung dieser Thiere in Gruppen von scharfer Umgrenzung noch gar nicht versucht worden ist: so ist es kein Wun- der, wenn selbst die neuesten Autoren nicht wissen, was 190 F. Karsch: sie vor sich haben und keinen anderen Ausweg finden, als jedes neue Exemplar mit neuem Namen zu belegen — oder Gefahr zu lauten, neue Verwirrung in der Synoiiymie hervorzurufen. Die Bemerkung, welche Blanchard über die mangelhafte Kenntniss dieser Thierformen im Jahre 1852 in „L'Organisation du regne animal, Classe des Arachnides'^ p. 168 gemacht hat, ist auch heute noch ebenso richtig. Da mir das Material des berliner zoologischen Museums, auf dessen Reichthum auch in Hinsicht der alten Gattung Phrynus schon vor mehr denn 30 Jahren J. van der Hoeven in Tijdschrift voor Natuurlijke Ge- schiedenis en Physiologie, IX, 1842, p. 92 aufmerksam gemacht hat, zu Gebote stand und die Herren Dr. Ernst Hofmann mit Material vom Naturaliencabinet in Stutt- gart, Dr. Kriechbaumer mit den gütigst zur Ansicht gesandten Typen des Münchener Museums der Akademie, sowie Dr. Koelbl mit dem Material des Wiener k. k. Hof-Museums mich in freundlichster Weise unterstützten, wofür ich Ihnen meinen Dank hier ausspreche, so war es mir möglich, einige Ordnung in das verwirrende Chaos zu bringen und erlaube ich mir, das wesentlicliste der erlang- ten Resultate hier vorläufig zur öffentlichen Kenntniss zu bringen. Der Gattungsname Phrynus trat zum erstenmale auf in Latreille's „Histoire naturelle generale et particuliere des Crustaces et des Insectes." Tome troisieme, 1802, p. 48, mit der typischen Art: TaranMa reniformis Fabr., nachdem schon im Jahre 1793 Fabricius in „Entomo- logia systematica", II, Hafniae, auf dieselbe Art seine wissenschaftliche Gattung Tarantula gebaut hatte. La- treille will diesen letztern Gattungsnamen aus zweien Gründen nicht gelten lassen: 1. habe Oli vi er vor längerer Zeit diese Gattung unter dem Namen Phrynus bekannt gegeben und 2. sei es ein Irrthum, dass das Wort Taran- tula eine Art der Gattung Phrynus bezeichne. Allerdings habe Browne den Namen Tarantula im Sinne des Kieler Entomologen gebraucht, aber weil das die Bedeutung des 2. Grundes nicht aufhebe, welcher ihn veranlasse, diesen. lieber eine neue Eintheilung der Tarantuliden. 191 Namen als Gattungsnamen zurückzuweisen, so lasse er den Ol ivi er' sehen Fhnjnus bestehen. — Beide Gründe aber sind hinfällig, indem ad 1 der Name Fhrymis im Sinne von Tarantula Fabr. vor 1802 nicht gedruckt zu finden ist, und ad 2 die Bezeichnung Tarantula im Volks- munde sehr verschiedene Dinge, unter anderem auch einen Fisch bedeutet, und seiner unbestimmten Natur ent- sprechend gar nicht im Stande ist , die Geltung eines wissenschaftlichen Namens, als welcher Tarantula Fabr. ohne Zweifel zu gelten hat, im geringsten zu be- einträchtigen. Zwar hat sich auch Thoreil mehrfach im Sinne Latreille's ausgesprochen (z. B. in „On European Spiders", 1869, p. 11); allein ohne die autoritative Bedeu- tung dieses berühmten Arachnologen beanstanden zu wol- len, glaube ich um so entschiedener, die Berechtigung seines Ausnahmegesetzes bestreiten zu müssen, als der Name Tarantula oder Tarentiäa Thor, für die Formen, auf welche Thor eil denselben anwenden zu müssen glaubte, späterhin von gewiegten Forschern, wie L. Koch, E. Simon, als allzu wenig der Natur und den Regeln der Gattungsbildung entsprechend , wieder fallen gelassen wurde. Es wird also Phrynus nur als synonymer Name zu Tarantula Fabr. seine wissenschaftliche Bedeutung er- halten und die Thiergruppe, zu welcher die Gattung Ta- rantula Fabr. gehört, füglich als die der Tarantuliden he- zeichnet werden dürfen. Es liegen nun in der Literatur zwei unabhängige Eintheilungsversuche der Tarantuliden vor. Schon im Jahre 1850 drängte sich dem feinfühligen Systematiker C. L. Koch die Noth wendigkeit der Grup- pirung einer verhältnissmässig geringen Anzahl von For- men, die ihm zu Gebote standen, in Abtheilungen auf und er bildete drei verschiedene Gattungen daraus, welche er wesentlich durch die verschiedene relative Länge ihrer Palpen im Verhältniss zur Leibeslänge charakterisirte und mit den Gattungsnamen: Phrymis (Oliv.) C. L. Koch, Dämon und Ädmetus belegte. Aber seine Eintheilung ist durchaus unzureichend, denn sie ist auf missliche. 192 F. Karsch: rein relative, in verschiedenen Altersstufen der Thiere sich ändernde Verhältnisse gegründet, nicht auf abso- lute Zahlen, während ihm doch solche, wie seine Ab- bildungen hin und wieder zeigen, wohl zur Verfügung ge- standen hätten. So ist es denn auch nicht zu verwundern, dass er eine und dieselbe, in verschiedenen Altersstufen unter verschiedenen Namen beschriebene Art auch in ver- schiedene Gattungen brachte, wie dieses z. B. sein Dämon reniformis und Ädmetus pumilio beweisen. Keiner der späteren Autoren hat C. L. Koch 's in der Uebersicht des Arachnidensystems, Fünftes Heft, Nürn- berg, 1850, pp. 78 — 81 niedergelegte Eintheilung berück- sichtigt, nicht einmal L. Koch (jun.), sonst würde er, wohl ohne Zweifel, seinen „Phrynus australianus'^ nicht in das Genus Phrynus, sondern zu Ädmetus gestellt haben. Der Unterschied von Phrynus und Ädmetus C. L. Koch ist allerdings ein sehr in die Augen fallender, allein Dä- mon vermittelt so eng zwischen beiden, dass man oft nicht im Stande ist, Phrynus von Dämon, und Dämon von Äd- metus zu trennen. Dass man aber die Koch 'sehe Ein- theilung nicht beachtete, geschah wohl weniger aus der Erkenntniss ihrer Unzulänglichkeit, als, weil man sie nicht kannte — denn auch Marshall's Nomenciator Zooiogicus (1848—1868) bringt die Namen Dämon und Ädmetus nicht. Ueber Butler's „A Monographie Revision of the Ge- nus Phrynus etc," in Ann. and Magaz. of Nat. Hist. 4. ser., XII, 1873, pp. 117—125, Plates VI and VII, welche eben- falls Koch's Versuch ganz übergeht, lässt sich nur sagen, dass die Arbeit trotz ihrer ziemlichen Vollständigkeit, doch im Ganzen mehr irre, als zurecht führt. Butler's Ein- theilungsgrund in amerikanische, australische, asiatische und afrikanische Formen halte ich für durchaus unthun- lich, da diese geographischen Grenzen nicht für das, was man unter Art versteht, existiren und auf die Bestim- mung der Formen als solche gar keine Verwendung finden. Nichts destoweniger sind die Elemente zu einer ge- nügenden, scharfen und leichten Eintheilung der Formen in den Specialarbeiten über Tarantuliden bereits enthalten. Diese Grundzüge liegen aber überhaupt nicht in den rein lieber eine neue Eintheilung der Tarantuliden. 193 systematischen Werken der Autoren, sondern vielmehr in den zwei Arbeiten, welche vorzugsweise anatomischen oder wenigstens allgemeineren Inhalts sind, versteckt, ohne bisher die geringste Beachtung, geschweige denn Würdigung, gefunden zu haben. Diese beiden Arbeiten sind: 1. J. van derHoeven: „Bydragen tot de Kennis von het geslacht Phrynus, Oliv." in Tijdschriit voor Na- tuurlijke Geschiedenis en Physiologie. (Van Hoeven en De Vriesde Tijdschrift.) Negende Deel, Te Leiden, 1842, pp. 68—93, PI. 1 und 2, und 2. Emüe Elanchard: „L' Organisation du Regne Ani- mal", 2e Livraison, Arachnides, Paris, 1852 — 1864, Fa- milie des Phryneides, pp. 168-201, PI. 10 bis, IL 11 bis. Beide Forscher knüpfen ihre Untersuchungen jeder an eine besondere; ihm zu Gebote stehende Art. Ohne die Richtigkeit oder Unrichtigkeit ihrer Deutungen vorerst einer Prüfung zu unterziehen, ist zunächst klar, dass jeder von ihnen eine ganz verschiedene Form vor sich ge- habt. Denn ganz abgesehen von den Species- Merkmalen, welche in der Bildung und Bezahnung der Palpen be- ruhen, zeigen die Beine des vierten (letzten) Paares (man vergleiche seine Abbildung Taf. 2, Fig. 8 und „Ver- klaring der Afbeeldingen" p. 91) bei der van der Hoe- ven'sehen Art, abweichend von den zwei übrigen echten Beinpaaren 4gliedrige Schienen, d. h., wie die übri- gen Beine ein Vorderschienenglied und im Gegensatze zu ihnen noch 3 kürzere Hinterschienenglieder, während Blan- chard's Art nur 3 Schienen glie der, also zwei solcher Hinterschienengiieder besitzt, von denen das vordere, auf die Vorderschiene folgende Glied, das kürzere ist (Blanchard, loc. cit., PL 10 bis, Fig. 2). Wenn diese Unterschiede nicht etwa unwesentlich, d. h. variabel sind, oder bloss geschlechtliche Unterschiede repräsentiren, so können beide Formen recht wohl als die Typen zweier besonderen Genera hingestellt werden. Aber beginnen wir zum Zwecke leichterer Uebersichtlichkeit und besserer Klarheit mit der Prüfung und Kritik der späteren Arbeit Blanchard 's, so weit sie systematischen Inhalts ist. Blanchard identificirt die von ihm untersuchte Art Archiv für Naturg. XXXXV. Jahrg. 1. Bd. 13 194 F. Karsch: mit Fhalangium reniforme Pallas, gibt ihr aber gleich- wohl den neuen Namen Phrynus Pallasii, indem er dieses Verfahren dadurch motivirt , dass Pallas sein Fhalan- gium reniforme mit dem reniforme Linn6's, welches mit lunatum Pallas identisch sei, fälschlich identificirt habe — ein Irrthum, den schon Latreille (cf. Gen. Crust. et Ins. I, 1806, p. 129) richtig erkannt, aber nicht richtig be- seitigt habe, da dem Linne für sein Phalangium reni- forme unter allen Umständen die Priorität gebühre. — Diese Verbesserung der Nomenclatur von Seiten Blan- chard's wäre ganz consequent, wenn er wirklich das Thier vor sich gehabt hätte, was er umtaufen zu müssen glaubte. Was ist aber Phrynus Pallasii Blanchard? In Butler 's „A Monographie Revision etc." 1873 findet man keine Auskunft, da in derselben dieser Name über- haupt gar nicht erwähnt wird. Wenn man aber Herbst's Abbildungen in „Natursystem der ungeflügelten Insecten". Erstes Heft. Berlin, 1797, 3.-5. Tafel vergleicht, so findet man, dass Phrynus Pallasii Bl., mit Ausschluss der von Blanchard gegebenen Synonyma, ohne allen Zweifel mit Phalangium palmatum Herbst zusammenfällt. Wenn man ferner in den Sammlungen befindliche, auf ^a?wa^^^m Her bst gedeutete Formen genauer betrachtet, so stellt sich auch die Richtigkeit der Abbildung Blanchard 's in Bezug auf die 3-Theiligkeit der Schienbeine des letzten Paares her- aus. Aliein die Sache wird dadurch etwas kritischer, dass die von Pallas unter dem Namen Phalangium reni- forme beschriebene Art, obwohl unzweifelhaft von palma- tum Herbst verschieden in der Bildung der Palpen, doch dieselbe Eigenthümlichkeit in der Gliederzahl des vierten Schienbeins besitzt. Diese Art also, Phalangium reniforme Pallas (nee Linne), wurde von Fabricius als Type seiner Gattung Tarantula loc. cit., 1793 aufgestellt, sowie auch von Latreille 1802 als Type seines mit Tarantula Fabr. synonymen Genus Phrynus und es müssen also beide Arten, Phalangium reniforme PalL, Fabr. und ^aj^- matum Herbst als Arten dem Genus Tarantula Fabr. im engeren Sinne verbleiben. — Deutet man ferner Pha- reniforme Linne (nee Pallas, Fabr. etc.), so lieber eine neue Eintheilung" der Tarantuliden. 195 stellt sich heraus, dass diese und alle ihr zunächst ver- wandten Formen, wie Fhrynus ceylonicus C. L. Koch, haciUifer Gerstaecker, nigrimanus C. L. Koch etc. eine vollständig gleiche Bildung sämmtlicher beinförmigen Beine untereinander zeigen, also keine Spur von Gliederung an den Schienbeinen des letzten Beinpaares be- sitzen. Ich habe für diese Abtheilung der Tarantuliden den an Phrynus erinneruden^ Gattungsnamen PhrynicMs gewählt; als typische Art des neuen Genus bleibt Fhryni- cliiis reniformis (L.) 1763 bestehen. Es würde demnach angezeigt sein, für Tarantula reni- formis (Pallas) 1772 einen anderen Artnamen zur Ver- meidung von Verwechslungen zur Geltung zu bringen und eine Anzahl späterer Synonyma überhebt denn auch der Nothwendigkeit einer neuen Namenbildung. Denn was C. L. Koch unter dem Namen Admetus pumilio (Die Arach- niden, VIII, 1841, pp. 15-16, Fig. 602 und Uebersicht des Arachnidensystems, V, 1850, p. 81) beschrieben hat, ist, nach dem typischen Exemplare in der zool. Samml. der Akademie in München, welches Herr Dr. Kriech- baumer so gütig war, mir zur Ansicht mitzutheilen, zu urtheilen, nichts als ein jüngeres Exemplar von Phalangium reniforme Pallas. Auch ist mir nicht verständlich, auf welche Weise Butler den spätem Phrynus gorgo Wood von Phalangium reniforme Pallas zu trennen vermag. — Endlich muss noch erwähnt werden, dass die jeder Defi- nitionsschärfe ermangelnde Gattung Admetus C. L. Koch 1850, indem auch die drei übrigen Arten: fuscimanus, mar- gine-macidatus und palmatus C. L. Koch sammt und son- ders nach meinem Dafürhalten mit Tarantiäa palmata (Herbst) nob. synonym sind, mit Tarantula Fabr. 1793 sich vollkommen deckt und also keine weitere Verwendung mehr finden kann. Gehen wir nun zur Besprechung von van der Hoe- ven's Untersuchungen über. Bringen wir zunächst für das die dritte Tarantuliden- Gattung charakterisirende, die 4-Zahl der Schienbeinglieder der Beine des hintersten Paares, den Namen CÄaro^ in Anwendung: so fragt es sich, hat Hoeven unter dem von ihm abge- 196 F. Karsch: bildeten und beschriebenen Thiere wirklich das Fhdlan- gium medium Herbst vor sich gehabt? Nach der Bildung der Maxillarpalpen zu urtheilen, ist die Richtigkeit seiner Deutung schon von vornherein im höchsten Grade unv^ahr- scheinlich. Bestimmt man nun das reiche Material, welches das zoolog. Museum Berlins zur Verfügung stellt, gewissen- haft, so gewinnt man die Ueberzeugung, dass das echte Phalangium medium Herbst einer ganz anderen Abthei- lung angehört, als Phrynus medius Hoeven, und durch Einzahl von IJinterschienengliedern des vierten Bein- paares den Typus einer vierten Gattung bildet, während Phrynus medius Hoeven (1842) mit Phrynus Grayi Ger- vais (1842) identisch ist. Gerstaecker befindet sich im Irrthume, wenn er (Sitzber. naturf Fr. Berlin, 18. März, 1862, p. 1) behauptet, dass „beim erwachsenen Thier kein Unterschied zwischen den drei letzten Gliedmassenpaaren besteht". Indem nun das typische im Museum der Mün- chener Akademie befindliche Exemplar von Perty's Phry- nus variegafus, welches C. L. Koch zum Repräsentanten seines neuen Genus Dämon (1850) erhob, nach meiner Ueber- zeugung identisch ist mit Phalangium medium Herbst und C. L. Koch, obwohl Butler aus der Koch'schen amerikanischen Form, weil sie eben amerikanisch und nicht afrikanisch ist, eine neue Art machen zu müssen glaubt 1), die er Phrynus Kochii benennt und noch oben- drein von variegatus Perty^ C. L. Koch getrennt hält; so lasse ich im Phalangium weÄm Herbst den Gattungs- namen Dämon (C. L. Koch), natürlich in veränderter Begriffsfassung, bestehen und wir haben nun eine Stu- 1) In der That gibt Butler loc. cit. anstatt irgend eines bestimmten Unterscheidungsmerkmals nur an (1. c. p. 120) : „Gervais says that we once possessed a specimen of Phrynus medius from Brazil; he probably means the P. medius of Koch, which is cer- tainly distinct". Dass C. L. Koch 's Phrynus medius mit medius Herbst in eine und dieselbe Gattung, also zu Dämon nob. gehört, beweist seine Abbildung, in welcher (für Tarantula ist es niemals bei Koch der Fall) das Zahlen verhältniss der Tibialglieder IV richtig darge- stellt wurde. lieber eine neue Eintheilung der Tarantuliden. 197 fenreihe in der Vermehrung der Tibialglieder der Beine des hintersten Paares ohne Sprung vor uns, welche leicht zu übersehen ist: 1. Alle 6 echten Beine gleichgebildet, d. h. das vierte Beinpaar ohne Hinters chienenglied: Phrynichus nob. Spec. typ.: Phryn. reniformis (Linn.), 1763. Syn.: Phdlangium limatiim Pallas (1772). 2. Die Beine des vierten Paares mit je einem Hinters chienenglie de: Bamon (C. L. Koch), 1850. Spec. typ.: Dämon medius (Herbst), 1797. Syn.: Phrynus variegatus Perty (1830—34). 3. Die Beine des vierten Paares mit je zwei Hinterschienengliedern, von denen das vordere kürzer ist: TaranUda Fabr., 1793. Spec. typ.: Tar. pumilio (C. L. Koch), 1841. Syn.: Phalangium reniforme Pallas (1772). 4. Die Beine des vierten Paares mit je drei Hin t erschien engl ledern: Charon nob. Spec. typ.: Charon Grayi (Gerv.), 1842. Syn.: Phrynus medius Hoeven (1842). Von allen hat das Genus Phrynichus^ wie es scheint, die meisten Species aufzuweisen, alsdann Taranüda; zu dem austral-asiatischen Genus Charon gehören zwei Arten, ausser Grayi (Gerv.) noch australianus (L. Koch), 1867 (Verhandl. zool. bot. Ges. Wien. XVII, pp. 231—232) von Upolu, und die Gattung Dämon scheint nur in der einen Art, dem medius (Uerh st), vertreten zu sein. Da Butler die charakteristischen Merkmale der Genera gar mit keiner Silbe erwähnt und eine vollständige Abbildung nur von seinem Phrynus Batesii liefert, nach welcher dieser in die Gattung Phrynichus gehörte, falls die Abbildung der Natur entsprechend wäre: so lassen sich die von ihm 1873 neu beschriebenen Arten vorläufig nicht unterbringen, ebenso wenig w'iQ Phrynus diadema und tihicdis^. Simon, welche ich, gleichwie Phrynus hassamensis Lucas, der Beschrei- bung nach, nicht specifisch von Dämon medius (Herbst), zu scheiden im Stande bin. Mammalogische Notizen. Von Reinhold Hensel. Hierzu Tafel XIII. 1. Arctomys JBobac. Taf. XIII. Die im Diluvium Deutschlands gefundenen Ueberreste der Murmelthiere haben verschiedene Namen erhalten. Man kennt Arctomys primigenius und A. spelaeus. Zuweilen vrerden die Ueberreste einer der beiden lebenden Arc- tomysarten, also entweder dem A. Marmotta oder dem A. Bobac zugeschrieben. Auch hat man wohl ein Mittel- ding dieser beiden Arten, also gewissermassen den Urahn beider in den Resten erkennen wollen. Diese Verschieden- heit der Ansichten rührt wohl zum grössten Theil von der Seltenheit des lebenden Materials her. Man kann behaup- ten, keins der Museen Deutschlands hat so viel Material wie nöthig wäre, um über A. Marmotta ein sicheres Ur- theil zu gewinnen. Noch viel schlimmer steht es mit dem Material für A. Bobac. Man kann sagen, diese Art ist in unseren Museen geradezu eine Seltenheit und schlechter vertreten, als viele der tropischen Species. Als ich im Jahre 1852 ^) die Beschreibung einiger fossilen Ueberreste von Arctomys veröffentlichte, stand mir von A. Bobac nur ein einziger jugendlicher Schädel aus dem Breslauer Ana- tom. Museum zur Verfügung, der auch der einzige aus einem 1) Nova Acta Acad. Leop. XXIV, P. I. p. 295— 306. Tab. 22 u. 23. Mammalogische Notizen. 199 öffentlichen Museum geblieben ist, den ich bisher zu sehen Gelegenheit hatte. Unter diesen Umständen war es für mich von besonderem Interesse, als ich vor Kurzem durch einen meiner früheren Zuhörer, Herrn OttoSettegast, aus dem Gouvrn. Saratow von den Ufern der Wolga 7 schöne, ausgewachsene Schädel des A. Bobac erhielt. Es kann nicht meine Absicht sein, alle Theile der Schädel so genau zu beschreiben und zu messen, dass man bei jedem fossilen Schädelfragment die Species richtig erkennen könne. Die speciellen Messungen und Vergleiche, die der Paläontologe nöthig hat, müssen sich aus der Be- schaffenheit der jedesmaligen Fragmente selbst ergeben. Jeder vorsichtige Forscher wird überhaupt sich nicht be- gnügen nach Beschreibungen und Messungen allein zu ar- beiten, sondern immer das lebende Material zur Hand haben, und wenn dieses fehlt, lieber sein Urtheil vertagen, als unsichere Resultate zu gewinnen. Jene oben erwähnten Bobacschädel sind im Sommer gesammelte Sie sind keineswegs jung, aber die Zähne sind nur an den hervorragenden Leisten angekaut, so dass ich glaube, sie alle rühren aus dem zweiten Kalenderjahre her. Gleichwohl zeigen sie im Speciellen verschiedene Grade der Abkauung, welche vielleicht davon herrühren, dass die einen am Anfang, die anderen am Ende des Sommers erlegt worden sind. Bekanntlich verwachsen im Allgemeinen die Nähte am Schädel der Nager spät oder nie und sind daher zur Erkennung des Alters meist un- brauchbar. An den vorliegenden Schädeln sind noch die meisten Nähte deutlich sichtbar, und nur die Sutura fron- talis, parietalis und interparietalis sind verwachsen, ebenso die von mir als S. Wormiana anterior bezeichnete Ver- bindung der Interparietalia mit den Scheitelbeinen, denn bei Arctomys wie bei den meisten Nagern u. s. w. ver- wachsen sie mit diesen, nicht mit der Schuppe des Hin- terhaupts. Alle Schädel haben eine starke Crista sagit- talis. Besonders stark ist sie bei den vier grösseren. Eine mittlere Grösse hat sie bei 2458, und am unbedeutendsten ist sie bei den zwei kleinsten Schädeln. Möglicherweise rühren diese Beiden doch noch aus dem 1. Kalenderjahre 20ü Reinhold Hensel: her, denn auch ihre Backenzähne haben die geringste Ab- kauung. Für den ältesten Schädel halte ich 2459, wo die C. sagittalis etwa 27^/2 mm lang und an der günstigsten Stelle etwa 5 mm hoch ist. Etwas länger und höher ist sie noch bei 2456, der aber auch die bedeutendste Grösse besitzt. Die Schädel 2456 und 2457 wurden als männ- liche, die übrigen als weibliche bezeichnet. Ich halte je- doch diese Bezeichnung für zu unsicher, als dass ich mich entschliessen möchte, sie zur Unterscheidung der Geschlech- ter irgendwie zu verwerthen. Von A. Marmotta liegen mir 3 Schädel erwachsener Thiere vor und ausserdem noch ein junger mit den Milch- zähnen, der aber hier nicht weiter berücksichtigt ist. Der Schädel 645 rührt von einem scheinbar sehr alten Indivi- duum her, da seine Backenzähne sehr abgekaut, die vor- deren derselben durch Abnützung beinahe zerstört sind. Das Thier hat aber angeblich vor langen Jahren im Ber- liner zoologischen Garten gelebt, und bei solchen Thieren muss man immer in der Verwerthung osteologischer oder odontologischer Merkmale vorsichtig sein. Die Schädel 898 und A. 184 (dieser dem zoologischen Cabinet der Pros- kauer Akademie angehörend) stammen aus der Schweiz von frisch erlegten Thieren. Die Schädel von A. empetra und A. monax habe ich noch nicht gesehen und kenne' sie nur aus Baird's Säugethiere Nordamerika's. In Bezug auf die Alveolen des Bobac habe ich Fol- gendes zu bemerken. Im Oberkiefer haben pl, ml, m2 und m3 je 3 Wurzeln, eine grössere innere und zwei klei- nere äussere. Bei m3 ist an der Aussenseite die hintere Wurzel etwas stärker, als die vordere und von der Aussen- seite mehr nach der Hinterseite gerückt, p 1 hat die stärkste Wurzel der Innenseite, die in der Reihe nach hinten zu an Grösse abnimmt und bei m3 am kleinsten ist, etwas über halb so gross wie beipl. p2 hat stets eine drehrunde, einfache Wurzel ohne Zeichen einer Spaltung und ungefähr so gross wie die Innen wurzel bei ml. In einem Falle war bei m 3 zwischen der Innen- und vorderen Aussenwurzel noch eine selbstständige sehr dünne Wurzel und zwar im linken Oberkiefer. Mamma logische Notizeu. 201 Im Unterkiefer ist pl immer zweiwurzlig, da statt der hinteren Wurzel eine einzige, aber breite Wurzel mit nur einem Nervenloch sich vorfindet. Die übrigen Zähne haben 4 Wurzeln, zwei äussere und zwei innere. Jene sind stärker als diese, und zwar ist die hintere stärker als die vordere. Unter diesen ist die vordere die stärkere. Die hintere Aussenwurzel ist also die stärkste, und die hintere Innenwurzel die schwächste. Bei m 3 ist die hin- tere Aussenwurzel an die Hinterecke des Zahnes gerückt. Bei ml sind zwar noch 4 Wurzeln vorhanden, aber je eine Innen- und Aussenwurzel neigen zu einer Verwach- sung von der Basis aus. Bei Marmotta sind im Allgemeinen die Alveolen wie bei Bobac, nur sind sie etwas enger, da auch alle Wur- zeln dünner sind. Im Oberkiefer ist p2 einwurzlig. Im Unterkiefer finden sich bei pl drei Wurzeln, da sich von der Hinterwurzel eine kleine Innenwurzel losgelöst hat. Der statistische Werth dieser Angaben richtet sich natürlich nach der oben angegebenen Zahl der von mir verglichenen Schädel. In den Kronen der Zähne habe ich keinen durch- greifenden Unterschied zwischen den beiden Murmelthier- arten finden können, mit Ausnahme des von Ne bringt) angegebenen bei pl im Unterkiefer. Dieser Zahn besitzt, wie ich für Marmotta auch an 2 mir vorliegenden Schä- deln (bei 654 sind die vorderen Backenzähne fast zerstört) bestätigen kann, an seiner Vorderseite einen kleinen Höcker, der bei Bobac fehlt oder eigentlich von der Seite gesehen bloss weniger sichtbar ist, weil die ganze Gegend um ihn zugleich mit ihm etwas angeschwollen zu sein scheint. In der Praxis wird dieses Merkmal nur mit Vorsicht zu ver- wenden sein, da es durch die Abkauung leicht alterirt, und nur an ziemlich unversehrten Zähnen seine An- oder Abwesenheit entschieden werden kann. Bekanntlich hat Blasius^) von den Schneidezähnen des Bobac angegeben, dass sie weiss seien, während sie bei Marmotta immer 1) Zeitschr. f. d. ges. Naturwiss. Bd. 48. 1876. p. 234. 2) Säugethiere Deutschlands. 1857. p. 279. 202 Reinhold Hensel: gelb sind. Auch Liebe^) führt diese Differenz an, und beruft sich dabei auf Brehm^). Hier ist wohl die Farbe der Schneidezähne bei der Marmotta als rothgelb ange- geben, fiir den Bobac aber finde ich sie nirgends erwähnt. Dem gegenüber muss ich anführen, dass alle meine Bo- bacschädel gelbe Schneidezähne besitzen. Ich habe schon früher^) erwähnt, bei Gelegenheit der Beschreibung des Phyllomys dasythrix, dass die Schneidezähne dieses Thieres im Leben gelb, an den getrockneten Schädeln aber nach ihrer Ankunft in Berlin fast weiss waren. Dieselbe Er- fahrung habe ich an den Nagezähnen des Hamsters und der Ratten, überhaupt der Nager, bei denen die Färbung keine intensive ist, gemacht ; während bei Nagethieren mit intensiv gelben Schneidezähnen, z. B. bei Myopotamus coypus, welcher nach meiner Erfahrung die dunkelsten Zähne besitzt, diese Färbung auch nach dem Tode sich unverändert erhält. Ich habe daher schon 1. c. darauf aufmerksam gemacht, wie unwahrscheinlich alle jene An- gaben sind, nach denen in einer Gattung mit gelben Schneidezähnen eine Species mit weissen vorkommen soll. Wenn nun Liebe an seinen diluvialen Murmelthieren Ostthüringens (1. c. p. 38) gelbe Schneidezähne fand und in Bezug darauf sagt „dann verweist das genannte Merk- mal unsere fossilen Thiere zu A. Marmotta", so stellt sich diese Annahme als nicht stichhaltig heraus. In nachstehender Tabelle gebe ich einige der wich- tigeren Masse in mm. Die Basilarlänge führe ich an als das eigentliche Mass für die Länge des Schädels. Zu- weilen lässt sie sich nicht messen wegen Unvollständigkeit des Schädels. Um in diesem Falle doch einen Ersatz dafür zu haben, gebe ich ausserdem noch die Länge von der Crista occipitalis bis an das vordere Ende der Naht zwischen den Nasenbeinen und nenne sie „die Scheitel- länge". Sie kann in manchen Fällen gute Dienste leisten und ist bei allen den Thieren, bei denen das Hinterhaupt 1) Zoolog. Garten. 1878. p. 38. 2) Thierleben. 2. Aufl. II. p. 301. 3) Säugethiere Süd-Brasiliens. Berlin 1872. p. 51. Mammalogische Notizen. 203 sich gegen das Mittelhaupt in einem deutlichen Winkel absetzt, und wo also hier eine deutliche Crista vorhanden ist, ziemlich sicher zu messen. Etwaige vSpinae am Hin- terhaupt schliesse ich aus. Die Höhe des Hinterhauptes messe ich von dem vorderen oder unteren Rande des Fo- ramen magnum bis zum Scheitelpunkt der Crista occipi- talis. „Länge des Unterkiefers" nenne ich das Mass vom hinteren Rande der Alveole des Schneidezahns bis zur hinteren Seite des Condylus. A. Bobac. A. Marmotta. 2456|2457!2459 2460'2458 2461 2462 654|898'A184 1. Basilarlänge . . . 2. Scheitellänge . . . 3. Grösste Breite an 92,e 104,, 81„ 94„ 86. 95,5 81,3 94„ 80,3 92,5 78„ 89„ 77,1 87,5 75,0 88„ 75,e 88„ 81,2 93„ den Jochbogen . . 4. Grösste Breite des 67„ 62„ 67,0 62„ 63„ 60,8 59,0 59,7 55„ 58„ Hinterhauptes , . 5. Höhe desselben . 6. Länge des Unter- 47„ 29,e 45,3 26,3 47,, 29,5 44„ 28„ 44,e 27,3 42,3 25,5 41,0 26,0 41„ 23,e 39,2 22,s 41,2 25,2 kiefers 68„ 61,0 65,0 61,s 61,5 59,2 58,„ 57,2 57,2 59,8 Wenn man diese i Ma sse verg leich t, SC ) fäll t VC >r allen Dingen die bedeutende Grösse des Bobac auf. Eine Ba- silarlänge von 92,6 mm, die der Schädel 2456 zeigt, deutet auf Verhältnisse, wie sie bei Vergleichen mit Marmotta niemals in Rechnung gezogen worden sind. Es scheint, dass man bisher immer nur junge Schädel des Bobac ge- messen hat. So war der Schädel, den ich (Nova Acta 1. c. Fig. 5)*) vergleichen konnte, ein junger und, wenn ich nicht irre, jedenfalls noch mit dem Milchgebiss versehen. Ne bring, der 1. c. p. 235, die Länge des Unterkiefers der beiden Bobacschädel des Braunschweiger Museums zu 55,5 und 53,2 mm angiebt, hat jedenfalls nur unerwachsene Schädel vor sich gehabt, da bei dem kleinsten meiner 1) Da sich am Ende meiner Abhandlung wohl eine Erklärung der Abbildungen befindet, auf der ersten Tafel aber die Nummern der Figuren durch ein Versehen weggelassen sind, so erwähne ich hier, dass sich links oben Fig. S, darunter Fig. 5, rechts oben Fig. 4, darunter Fig. 6 befindet. 204 Reinhold Hensel: Schädel, 2462, die Unterkieferlänge immer noch 58,0 mm beträgt. Suchen wir nun das Mass der Grösse für die Schädel des Bobac und der Marmotta, so sind wir wieder vorzugs- weise auf Angaben über die Länge des Unterkiefers ange- wiesen. Der grösste der drei mir gegenwärtig vorliegen- den Marmottaschädel hat eine Bas. Lg. von 81,2 und eine Unterkieferlänge von 59,8 mm. Mir liegen aus der Lite- ratur keine Angaben über die Bas. Lg. des Marmotta- schädels vor, wohl aber über die Länge seines Unterkiefers. Ich selbst habe diese (Nova Acta 1. c. p. 301) zu 64 mm angegeben. Nehring, 1. c. p. 235 giebt als Maximum für sie unter 4 verglichenen Schädeln 62 mm an. Liebe, 1. c. p. 35 fand sie bei einem alten Thier 61,8 mm gross. Andere, verwerthbare Angaben liegen mir gegenwärtig nicht vor, so dass also das Breslauer Anatomische Mu- seum, wenn auch nicht den grössten, jedenfalls aber einen grossen Marmottaschädel besitzt. Zwar hatte das genannte Museum damals einen Reichthum von 4 Marmottaskeleten, aber jedenfalls war der von mir gemessene Schädel der grösste. Diese Unterkieferlänge von 64 mm wird aber in meiner Tabelle von 2 Unterkiefern des Bobac mit 65,0 und 68,4 mm Länge übertroffen. Auch die Abbildungen ergeben keine bedeutendere Grösse für Marmotta. F. Cuvier ^) hat eine gute Abbildung eines recht ausgebildeten Mar- mottaschädels gegeben. Leider giebt der Text keinen nä- heren Aufschluss über diesen und auch keine Masse. Fig. 2 stellt den Schädel von oben dar. Die Scheitellänge des- selben, an der Abbildung gemessen, beträgt etwa 87V2 mm; stimmt also vollständig überein jnit der Scheitellänge des kleinsten meiner Bobacschädel. Gemminger und Fahrer^) geben zwar eine prachtvolle Abbildung eines Marraottaschädels, stellen ihn aber nicht ganz scharf im Profil dar. Auch der Unterkiefer ist nicht besonders ab- gebildet, sondern im Zusammenhange mit dem Oberschädel. Es lassen sich also der Darstellung keine genauen Masse 1) Mem. du Museum, t. 9. PI. 14. Fg. 1 und 2. 2) Fauna Boica. München 1851. Taf. XIV. Mammalogische Notizen. 205 entnehmen, was sehr zu bedauern ist, da der Schädel jedenfalls eine bedeutende Grösse hat. Doch sieht man so viel, dass er meinen längsten Bobacschädel an Grösse noch immer nicht erreicht. Andere Abbildungen sind ent- weder zu klein oder zu ungenau. Aus allen diesen Angaben folgt zunächst, dass man keinen Grund hat den Schädel des Bobac für kleiner zu halten, als den der Marmotta. Dasselbe gilt vom Skelet. Die Angabe Brehm's (Thierleben 1. c. p. 298 und 301), der dem Bobac eine Körperlänge von 37 cm (57 cm?) gegenüber der Marmotta mit 51 cm zuschreibt, muss auf einem Druckfehler beruhen^). Prüfen wir nun einige der neueren Bestimmungen fossiler Murmelthierreste. Zunächst muss ich anführen, dass der von mir im Jahre 1852 beschriebene fossile Schä- del, den ich damals, nach Vergleich mit einem jungen Schädel des Bobac, dieser Species zuzuschreiben wagte, nach Vergleich der Abbildung mit den erwachsenen Schä- deln wirklich zu dieser Species gehört. Dasselbe gilt von den Resten, welche N eh ring im Diluvium von Wester- egeln gefunden und mit Recht dem Bobac zugeschrieben hatte. Nur ist der Grund dafür, welchen er von der Klein- heit der fossilen Thiere hernimmt, nicht stichhaltig, wie ich oben nachgewiesen habe. Dagegen ist das Vorkom- men von zwei Wurzeln am unteren Praemolar für Bobac entscheidend. Das Material, welches Liebe L c.-so zahlreich bei Gera sammelte, wurde von ihm anfangs der Marmotta zu- geschrieben, und auch Giebel (vgl. Liebe 1. c. p. 37) theilte diese Ansicht. Nach genaueren Untersuchungen glaubte jedoch Liebe 1. c. p. 39 sich zu folgendem Schlüsse berechtigt: „Die Murmelthiere aus dem Jüngern Diluvium bei Gera sind einerseits grösser als die osteuropäischen 1) Herr 0. Settegast theilte mir mündlicli mit, dass ein starker Bobac, den er seiner Grösse wegen gewogen hatte, ohne trächtig zu sein, 14 Pfund schwer war. Er übertraf also an Ge- wicht einen starken Hasen, da ein solcher von 10 Pfund bei uns schon als sehr gross gilt. 206 Reinhold Hensel: Bobacs und als die Alpenmurmelthiere, stehen aber in ihren Eigenschaften zwischen beiden in der Mitte, höchstens vielleicht den letzteren ein klein wenig näher. Da nun aber die Artdifferenzen zwischen A. Bobac und Marmotta überhaupt sehr gering sind, so sind wir gerechtfertigt, wenn wir das ostthüringische fossile Murmelthier als die Stammart beider noch lebenden ansehen und ihr vielleicht den Namen A. primigenius belassen oder sie als A. mar- motta diiuvii bezeichnen." Die Gründe, durch welche sich Liebe zu der Annahme einer grösseren Hinneigung des fossilen Thieres zur Marmotta berechtigt hielt, waren wie- der die Voraussetzung einer bedeutenderen Grösse dieser Art. 1. c. p. 36 sagt er: „Aus all den Messungen folgt, dass die Murmelthiere bei Gera in ihrer Grösse nicht nur den lebenden Bobac, sondern auch das Alpenmurmelthier über- trafen." Die Hinfälligkeit dieses Grundes ist jetzt bekannt. Uebrigens übertrifft der grösste seiner Unterkiefer von Gera mit einer Länge von 70,6 mm, den grössten meiner Bobacunterkiefer mit 68,4 mm. Ferner fand Liebe die Schneidezähne an den Murmelthieren von Gera gelb, was bei Bobac und Marmotta auch der Fall ist. Endlich sah Liebe bei seinen Murmelthieren den unteren Praemolar dreiwurzlig, „aber öfter mit entschiedener Tendenz zur Entwicklung von nur zwei Wurzeln". Dieser Umstand ist allerdings auffallend und beweist eine Hinneigung zur Marmotta. Dagegen fand Ne bring, der zuerst auf die Wichtigkeit der Wurzelbildung des unteren Praemolars bei Arctomys aufmerksam machte, an seinem Murmelthier von Westeregeln diesen Zahn zweiwurzlig wie bei Bobac. Da wir nun noch nicht wissen wie viele Procente des unteren Praemolar bei dieser Art dreiwurzlig sind, so können wir jenem Umstand noch kein entscheidendes Ge- wicht beilegen. Aber es wird von besonderem Interesse sein, die Sache bei Untersuchung fossiler Murmelthiere im Auge zu behalten. Vorläufig halte ich mich zu der An- sicht berechtigt, dass das Murmelthier von Gera ein Bo- bac ist. Wie sich A. primigenius verhält weiss ich nicht, da mir Kaup's Ossemens fossiles gegenwärtig nicht zugäng- Mammalogische Notizen. 207 lieh sind. Aber da sein Schädel breiter und sein Skelet grösser sein soll, als das der Marmotta, so vermuthe ich mit Sicherheit, er werde zu Bobac gehören. Dasselbe wird der Fall sein mit den Murmelthierresten, welche Griebel aus Aachen erhielt und der Marmotta zuschrieb. (Vgl. Liebe 1. c. p. 37.) Zum Schluss dieser Betrachtungen will ich noch eine kurze Vergleichung der Schädel des Bobac und der Mar- motta geben. Dazu wähle ich aus oben stehender Tabelle den Schädel des Bobac 2460 und den der Marmotta A 184, weil sie nahezu eine gleiche Basilarlänge besitzen, näm- lich der erstere von 81,3, der letztere von 81,2 mm. Der Unterschied von Vio nim ist illusorisch und kann von der Handhabung des Massstabes abhängen. Die Scheitellänge 94,7 (Bobac) und 93,7 zeigen noch keinen Unterschied. Einen solchen finden wir in dem dritten Masse, grösste Breite des Schädels an den Jochbogen, 62,4 und 58,4- Hier zeigt sich der Bobacschädel entschieden als der breitere. Dasselbe gilt von der Breite des Hinterhaupts, 44,4 und 41,2. Von anderen Massen nenne ich folgende. Die Nasen- beine sind bei dem Bobac entschieden breiter, da, wo sie über die Stirnbeinfortsätze des Zwischenkiefers hinaus- gehen, 13 (Bobac) und 11mm (Marmotta) breit. Die Breite der Nasenbeine am vorderen Ende ist bei beiden Schädeln ziemlich gleich, während ihre Länge beim Bobac entschie- den um einige mm kürzer ist, als bei der Marmotta. Sie verschmälern sich also bei dieser Art in höherem Grade, als bei dem Bobac. Die genaueren Verhältnisse werden durch Zeichnungen deutlicher, als durch Masse, die an den Nasenbeinen nur unsicher zu nehmen sind, da ihre hinteren Enden so wie die der Stirnfortsätze des Zwischen- kiefers nicht fest bestimmbar sind. Gute Dienste für Mar- motta thut hier die schon erwähnte Abbildung bei F. Cuvier. Auch am Oberkiefer und zwar an seinem Stirnbein- fortsatze macht sich eine Verschiedenheit bemerkar, die sich in Worten nur schwer wiedergeben lässt. Oberhalb der hier scharf begrenzten Grube für den Ansatz des vor- deren Theiles des Masseter, steigt nämlich der Stirnbein- fortsatz des Oberkiefers in einer freien Fläche an die 208 Reinhold liensel: obere Seite des Schädels in den Winkel, der von dem Stirnbeinfortsatz des Zwischenkiefers und den Stirnbeinen gebildet wird. Diese kleine Fläche nun ist bei dera Bo- bac viel kleiner als bei der Marmotta, zuweilen nur etwa halb so gross. Durch Masse lässt sich das Verhältniss nicht gut bezeichnen, man könnte es allenfalls in Worten so ausdrücken: Der Stirnbeinfortsatz des Zwischeukiefers und der des Oberkiefers erstrecken sich bei der Marmotta ungefähr gleich weit nach hinten zu, während beim Bobac der erstere den letzteren deutlich überragt. Die Verhältnisse der Stirn lassen sich schwer durch Messen wiedergeben, da grade an ihrer schmälsten Stelle sich eine Incisura supraorbitalis befindet, die übrigens beim Bobac immer viel tiefer ist, als bei der Marmotta. Die Jochbeinfortsätze der Stirnbeine oder ihre Processus postorbitales bieten wieder einige Merkmale. Sie sind bei dem Bobac mehr abstehend, länger und schmäler, sich nach ihrem Ende zu langsam und gleichmässig verschmä- lernd. Ihre Enden sind bei dem zu vergleichenden Schä- del des Bobac 45 mm von einander entfernt. Die Schlä- fenlinien, nachdem sie aus dem hohen Scheitelkamm her- vortreten, verlaufen, scharf und deutlich den Ursprung des Temporaiis begrenzend, nach vorn und gehen in den hin- teren Eand des Proc. postorb. über. Er steht beinahe senk- recht zur Achse des Schädels. Bei Marmotta sind die Proc. postorb. kürzer und an der Basis breiter. Sie verschmälern sich schnell gegen ihr Ende zu, das eine scharfe Spitze bildet. Diese beiden Enden sind nur 41,4 mm von einander entfernt. Der hin- tere Rand der Fortsätze bildet von oben her gesehen we- niger eine grade Linie, als vielmehr einen nach hinten zu convexen Bogen. Die Schläfenlinien, nachdem sie aus der ziemlich schwachen Crista hervorgetreten sind, ver- laufen viel weniger deutlich markirt nach vorn, gehen aber nicht unmittelbar in den hinteren Rand des Proc. über, sondern steigen erst auf seine Oberseite, 1 bis 2 mm weit, um dann erst nach aussen zurückbiegend in dem Rande zu verlaufen. Daher kommt es, dass der Tempo- ralis zu einem allerdings sehr kleinen Theile nach von Mammalogische Notizen. 209 der Oberseite des Proc. orb. entspringt. Icli habe dieses eigenthümliche Verhalten bei den drei mir vorliegenden Marmottascbädeln gefunden und dasselbe bei allen meinen Bobacschädeln vermisst. In der Abbildung bei F. Cuvier ist es ebenfalls, obgleich nicht sehr deutlich, angegeben. Ein nicht zu übersehendes Merkmal liefert auch der obere Rand der Scliläfenbeinschuppe. Er verläuft, sich deutlich vom Scheitelbein abhebend, über dasselbe nach hinten zu. In der Tiefe des Thaies, welches die Ober- fläche des Schädels vor der Erhebung der Crista occipi- talis etwa im Meridian der äusseren Gehöröffnung bildet, nähern sich die Ränder der beiden Schuppen einander bei beiden Schädeln bis auf I6V2 nim. Bei dem Bobac entfernen sie sich darauf wieder von einander, bis sie in einem gegenseitigen Abstände von 23 mm auf der Höhe der Crista occip. enden. Bei Marmotta entfernen sich jene Ränder hinter der Stelle der grössten Annäherung nicht oder fast gar nicht von einander und enden so an der Crista, gewöhnlich, ohne deren Höhe selbst genau zu erreichen. Endlich bleibt noch ein bemerkenswerthes Merkmal zu erwähnen übrig, das ich schon in meiner früheren Ab- handlung (Nova Acta 1. c.) hervor gehoben habe, die Ge- stalt des Foramen magnum. Ich hatte damals 1. c. p. 300, gefunden, dass bei Bobac das Foramen magnum viel breiter als hoch, bei Marmotta nur wenig breiter als hoch, d. h. fast rund ist. Diese Thatsache bestätigt sich auch hier, indem dasselbe bei dem Bobacschädel 8 mm hoch und I2V2 breit ist, während bei dem Marmottaschädel diese Dimen- sionen 9 und 11,7 mm betragen. Dasselbe Verhältniss findet sich auch an dem fossilen Murmelthier von Gera, denn Liebe gibt von demselben diese Dimensionen zu 7,4 und 12,7 mm an. Auch die übrigen Massangaben: Höhe 7,3, 6,9 und 7,8 und Breite 12,4, 12,3, II.4 mm sind wohl immer je einem und demselben Thiere entnommen, wenn Liebe es auch nicht ausdrücklich erwähnt. Für Mar- motta giebt er 10,4 und 11,9 mm an, ein vollgültiger Be- weis dafür, dass das Murmelthier von Gera ein Bobac ist. Archiv für Naturg. XXXXV. Jahrg. 1. Bd. 14 210 Reinhold Hensel: Mammalogisclie Notizen» Erklärung der Abbildungen auf Taf. XIII. Die Figuren stellen den grösston der oben gemessenen Schä- del des Bobac, Nr. 2456, in nat. Grösse vor, und zwar: Fig. 1. den Schädel von oben, wobei die Backenzähne desselben als horizontal liegend gedacht worden. Fig. 2. das Hinterhaupt von hinten aus gesehen. Fig. 3. den Unterkiefer in unverkürztem Zustande. Die Rippenstacheln des Pleurodeles Waltlii. Von Dr. F. Leydig in Bonn. Hierzu Tafel XIV und XV. Einleitendes. Im Februar des Jahres 1829 nahm ein junger Arzt, Dr. med. Joseph Waltl, gebürtig aus Wasserburg am Inn, Abschied von München, wo er bisher dem Studium der Medicin und Naturwissenschaft obgelegen hatte, um eine Forschungsreise nach Spanien anzutreten ^). Wohl vorbereitet und ausgerüstet mit Kenntnissen mancherlei Art, hatte er sich den südlichen Theil von Spa- nien gewählt als ein Arbeitsfeld, dessen Untersuchung und Bebauung noch manche Frucht versprach. Er unternahm die Reise allein ; den Hauptraum im Koffer scheinen Bücher, In- strumente und Insectennadeln eingenommen zu haben. Indem er die Richtung über den Brenner nach Mailand und Turin nimmt, hat er, um nach Nizza zu gelangen, jenseits Cuneo den Col di Tenda zu übersteigen, der dazumal an der Nordseite noch keine Strasse besass, sondern lediglich 1) Reise durch Tyrol, Oberitalien und Piemont nach dem süd- lichen Spanien. Von Dr. med. Joseph Waltl. Nebst einem An- hang zoologischen Inhalts. Passau 1835 (Pustet'sche Buchhandlung). 212 F. Leydig: einen steilen, schmalen Gangsteig. Von Marseille aus schifft er sich nach Gibraltar ein und kann dort Anfangs Mai den Fuss aufs Land setzen, um seine Nachforschungen über die Beschaffenheit des Bodens, der Pflanzendecke und der Thierwelt zu beginnen. Am ausgiebigsten scheint die auch sonst gerühmte Umgegend von Chiclana gewesen zu sein, wo Waltl mehrere Monate lebte. Unser Reisender hat offenbar seine Zeit sorgfältig angewendet. Unterstützt von einem guten Körper konnte er in der „unbändigen" Hitze den ganzen Tag hindurch sammeln, „was selbst die Andalusier nicht aushalten". Er durchstreift die dürren, braunen Haiden; die waldlosen, mit trockenem Gesträuch bewachsenen Hügel; da und dort trifft er einige Waldung von Pinien, mit etwas Graswuchs dazwischen; er durchsucht Weinberge und Gärten, Pfützen und Cisternen, überall das Augenmerk vornehmlich auf Insecten und Amphibien richtend. Die Mühen und Entbehrungen, denen er sich unter- zieht, werden denn auch durch schöne Entdeckungen be- lohnt. Aus den verschiedenen Ordnungen der Insecten bringt er reiche Ausbeute und neue Arten zurück. Von Amphibien findet er die Schlange Rhinechis Ägassim, Michah.; von Schildkröten Emys Siegrim, Michahelles. Endlich entdeckte er um Chiclana den merkwürdigen Molch, welcher den Gegenstand dieser Zeilen ausmacht. Das Thier hielt sich in alten Cisternen des Feldes auf, und obschon unser Sammler wegen Tiefe mancher Cister- nen gerade die grössten Exemplare nicht heraufzuholen vermochte, so scheint er immerhin eine erhebliche Anzahl erworben zu haben. Glücklich wieder in die Heimath zurückgekehrt über- gab er seinem Freunde Michah e 11 es^) die mitgebrachten Amphibien und Reptilien, welcher über die neuen Arten in der Zeitschrift Isis Bericht erstattete. Den neuen Molch beschrieb er unter dem Namen Pleurodeles Waltl im Jahr- 1) Dieser wackere Naturforscher, aus Nürnberg gebürtig, ging, wenn ich recht unterrichtet bin, unter König Otto als Militärarzt nach Griechenland und erlag dort dem Klima. Die Rippen stacheln des Pleurodeies Waltlii. 213 gang 1830, auch unter Berücksichtigung des anatomischen Baues ^). Von dieser Zeit an kam das Thier in manche Samm- lung von England, der Niederlande und von Italien; doch wie es scheint immer als ein gesuchter und seltener Ge- genstand. Noch im Jahre 1854, als Dumeril und Bi- bron von der Erpetologie generale den Band erscheinen Hessen, welcher die urodelen Amphibien behandelt, halten daher die Verfasser es für passend genauere Mittheilungen über die Beschaffenheit der einzelnen Exemplare zu geben und auf welchem Wege dieselben in die Sammlung ge- langt seien. Wer meine Schrift über die Molche der Würtember- gischen Fauna 2) der Durchsicht für werth erachtet hat, wird aus meiner Besprechung des Pleurodeles auf Grund der Abbildungen und Angaben von M i c h a h e 1 1 e s, T s c h u d i, Bonaparte, Dumeril und Bibron begreiflich finden, wie viel mir daran gelegen sein musste, ein solches Thier selber untersuchen zu können. Und ich habe es desshalb auch nicht an Bemühungen fehlen lassen, in den Besitz eines Pleurodeles zu gelangen; doch war alles umsonst. Zehn Jahre verflossen, bis ich ganz unverhofft in die Lage kam gedachten Urodelen leibhaftig vor mir zu haben. Ich verdanke die Freude Herrn Etatsrath Steen- strup in Kopenhagen, welcher aus eigener Gefälligkeit, ohne dass ich ihn mit einer bezüglichen Bitte angegangen hätte, drei Exemplare in Weingeist und von bestem Er- haltungszustande zuschickte. Und da Angenehmes wie Unangenehmes im Leben gern in Gesellschaft kommt, so wurde ich bald nachher mit einem prächtigen lebenden 1) Michahelles hatte, vielleicht in Nachahmung- französischer Systematiker. zur Speciesbezeichnung den Namen des Entdeckers gewählt, ohne ihn zuvor zu latinisiren ; womit Waltl keineswegs zufrieden war. In der Reisebeschreibung, die erst später erschien, äussert er sich: „In der Isis steht Pleurodeles Waltl; da mein sei. Freund Dr. Micha helles diese Art mir zu Ehren nannte, so muss der Genitiv gesetzt werden, sonst hiesse es ja, dass ich selbst der Pleurodeles wäre-'. 2) Archiv f. Naturgesch. 1867. 214 F. Leydig: Thier überrascht, welches Herr La taste in Paris mir zu schenken die Freundlichkeit hatte. Wollen die beiden gütigen Geber gestatten, dass ich auch an dieser Stelle den gebührenden Dank abtrage. Die Hauptmerkwürdigkeit, welche bisher von unserm Thiere bekannt wurde, besteht in dem Hervortreten der freien Enden der Rippen aus der Haut. Und ob- schon die von Michahelles gegebene Abbildung hiervon nichts zeigt, so sagt er doch, dass bei grossen abgema- gerten Individuen an der Stelle, wo bei Salamanära atra sich die Drüsenkette befinde, „die spitzigen Rippen sehr deutlich hervorragen". Dass der erste Beschreiber bei Schaffung des Namens Pleurodeles^) hierbei die freien Rippenstacheln nicht im Sinne hatte, sondern vielmehr wegen der „vollständig ausgebildeten Rippenpaare" den Namen aufstellte, weil wie er meinte „kein andrer Molch so viele und so ausgebildete Rippen habe", bemerkt er selber ausdrücklich: „sie dictus, quod costis perfectis inter reliquos batrachios excellit". Bibron und Dum^ril haben die freien Rippen, stacheln unter die Charaktere aufgenommen: „Des cotes courtes, mais apparentes en dehors sur les flaues, leurs extremites libres pergant souvent la peau". Und so zeigt auch das im Atlas der Erpötologie generale, man möchte glauben nach dem Leben, vorgestellte Thier deutlich zehn aus der Haut hervorragende freie Rippenspitzen. Etwas Aehnliches sieht man auf der mir im Augen- blicke nicht mehr zugänglichen Figur in der Schrift von Tschudi. Die zwei Bilder, welche Schlegel in dem Werke: Abbildungen neuer oder unvollständig bekannter Amphi- bien 1837—1844, veröffentlicht hat, lassen bei dem einen Thier zehn freie Rippenstacheln, bei dem andern deren zwölf hervorblicken. Das Exemplar, welches bei Bonaparte in der Fauna 1) nUvQov, Seite, Rippe; SriXog^ deutUch, klar. Die Rippenstacheln des Pleurodeles Waltlii. 215 italica auftritt, besitzt keine freien Rippenenden und auch die Beschreibung enthält hierüber kein Wort. Zur Zeit, als ich noch keinen Pleurodeles gesehen hatte, kam es mir gar zu unwahrscheinlich vor, dass die freien Enden der Rippen die Haut durchbohren sollten, um als Knochenstacheln vorzuspringen. Desshalb suchte ich mir die vorhandenen Angaben dahin zu erklären, dass ich einerseits an schlecht erhaltene Exemplare dachte, andrerseits die Vermuthung äusserte, die Spitzen oder Dornen möchten Hornbildungen sein, ähnlich denen, wie sie in kleinerem Massstabe über die ganze Haut vorzukommen scheinen ^). Der nächste Beobachter, Strauch 2), welcher ein Exemplar unseres Molches zu untersuchen in der Lage war, gibt seine Meinung dahin kund, dass die Worte bei Michahelles von den meisten Autoren falsch aufgefasst worden seien und zu der abenteuerlichen Ansicht Veran- lassung gegeben haben, bei Pleurodeles durchbohrten die Rippenenden die äussere Haut und lägen frei zu Tage. Eine derartige Einrichtung sei schwer denkbar, auch würde Michahelles, falls er wirklich solche perforirende Rippen entdeckt hätte, eine so aussergewöhnliche That- sache sicherlich sehr betont und weitläufig erläutert haben; statt dessen begnüge er sich mit der kurzen Bemerkung und sage selbst in der Diagnose hinsichtlich der Rippen weiter nichts als „costarum paria perfecta quatuordecim". Ausserdem, da er ausdrücklich betone, dass nur bei abge- magerten Exemplaren die Rippen hervorragen, so müsse dies ohne Zweifel so verstanden werden, dass nach Schwin- den des Fettes die Haut an den Stellen, wo die Rippen- enden an dieselben anstossen, erhoben, und an den da- zwischen liegenden Stellen eingesunken erscheinen. Der Petersburger Zoologe theilt denn auch weiter mit, dass diese Einrichtung gerade so an einem ihm vorliegenden, zufällig auch abgemagerten Exemplar sich finde, mit dem 1) Molche d. Würtemb. Faana, 1867, S. 69. 2) Revision der Salamandriden- Gattungen, 1870. (Mem. de l'acad, imp. d. scienc. de St. Petersbourg. T. XVI. N. 4.) 216 F. Leydig: Unterschiede jedoch, dass an demselben jede solche durch eine Rippe verursachte Erhebung der Haut noch mit einem sehr niedrigen konischen Horntuberkel verziert sei. Dieser Umstand lasse es ihm auch unzweifelhaft erscheinen, dass die Dornen, welche sowohl Schlegel, als auch Tschudi und Dumeril auf ihren Abbildungen angegeben haben, nicht Rippen seien, sondern grosse konische Horntuber- keln. Meine Vermuthung erhielt sonach durch Strauch eine anscheinende Bestätigung. Wieder andre Bearbeiter der Reptilien, welche zahl- reiche Exemplare der Sammlungen durch die Hand gehen lassen konnten, bemerkten aber doch eine wirkliche Durch- bohrung der Haut, und dass die Rippen frei hervorstehen. Zur Erklärung dieser Erscheinung sprachen sie die An- sicht aus, dass es sich um ein künstlich hervorgerufenes Durchbrechen der Rippen handele. Nicht im Leben stän- den die Rippen hervor, sondern durch das Einlegen in Weingeist werde ein Einschrumpfen der Haut bewirkt und letztere über die Rippenenden hervorgetrieben. Geschähe nun zugleich damit ein starkes Biegen des Rumpfes, so werden die freien Enden der Rippen durch die Haut hin- durch gepresst und ragen als feine nadelartige Spitzen bis zur Länge einer Linie aus der Haut hervor. Daher auch am gebogenen Körper die Durchbohrung nur an der convexen Seite erfolge, während die entgegengesetzte Seite niemals davon betroffen werde; auch sei alsdann keine Spur von Oeffnungen vorhanden, durch welche die Rippen durchtrelen könnten. Die Verschiedenheit der Angaben, wie sie in obiger Uebersicht sich kundgibt, rechtfertigt es wohl, wenn die Frage einer neuen Prüfung unterzogen wird. Da nun überdies das in Rede stehende Thier auch sonst kein ge- wöhnliches ist, so lasse ich auch über dessen Aeusseres und Lebensweise Einiges vorausgehen. Die Rippenstacheln des Pleiirodeles Waltlii. 217 Gestalt und Farbe. Das kleinste der drei in meinem Besitz befindlichen Weingeistexemplare hat bei einer Länge von 4V2 Zoll und Leibesdicke von V2 Zoll die Grösse und den Umfang eines mittleren Triton cristatus. Das nächst anschliessende ist schon um vieles statt- licher : es misst 7 Zoll in der Länge und der Leib hat am dicksten Umfang nahezu 1 Zoll. Das dritte Stück geht zwar in der Länge wenig über 7 Zoll hinaus, aber die Dickenverhältnisse sind um vieles beträchtlicher. Der Kopf misst in der grössten Breite der Ohrgegend 1 Zoll, der Leib 1 Zoll 2 Linien. Es über- trifft somit an Umfang das im Atlas der Erpetologie gene- rale dargestellte Thier. Das lebende Individuum misst von der Schnauze bis zur Schwanzspitze nahezu 8 Zoll; aber der Rumpf ist schmächtiger als bei dem vorigen Exemplar. Die spätere Untersuchung wird wahrscheinlich ergeben, dass der Ge- schlechtsunterschied diese Verschiedenheit bedingt. Schon Waltl theilt sowohl in demAufsatze von Michahelles^) als auch in dem Reisebericht 2) mit, dass er über 8 Zoll lange, dicke Individuen in der Tiefe der Cisternen ge- sehen habe, ohne eine Mittel zu finden sie herauszufangen. Er gibt deren Länge bis zu 10 Zoll an. In der Gesammttracht nähert sich Fleurodeles am meisten den Wassermolchen: ;,referendus ad Batrachios caudatos in aqua degentes"; und wie der erste Beschreiber ebenfalls richtig bemerkt, so weicht hinwieder das Thier am meisten durch den plattgedrückten Kopf und den lan- gen Schwanz von unserm grossen Triton ab. Da ich im Augenblick den Euproctus JRusconii Gene^) in lebendem 1) Isis, 1830, S. 191. 2) S. 30. 3) Den Euproctus verdanke ich abermals der freigebigen Hand des Herrn Lataste in Paris, welcher im Sommer 1878 einen zoo- logischen Ausflug in die Pyrenäen machte und von seiner Ausbeute mich mit drei lebenden Stücken beschenkte. („Ils proviennent du lac d'Oncet, pic du Midi.") 218 F. Leydig: Zustande vor mir habe, so kann ich sagen, dass diesem Molch unser Fleiirodeles im Habitus näher als den ein- heimischen Tritonen steht. Der sehr platte und breite Kopf ist deutlich vom Rumpfe abgesetzt. Die Nasenlöcher stehen an der abgerun- deten Schnauze weit auseinander. An den sich wenig vor- wölbenden Augen sind die Augenlider, ein oberes und ein unteres, wohl entwickelt und bedecken das Auge fast völlig: bei dem grössten der drei Weingeistexemplare schliessen sie ganz aneinander. Eine parotidenartige Wölbung am Hinterkopf, von Michahelles in Abrede gestellt, macht sich doch mehr oder weniger bemerklich und es soll nach- her zur Sprache kommen, wie sich diese Körpergegend bei der anatomischen Untersuchung verhält. Eine Kehl- falte ist zugegen. Der die Leibeslänge durchaus überragende Schwanz ist seitlich zusammengedrückt und zeigt einen nur schwa- chen Flossensaum, oben und unten: der obere beginnt in der Beckengegend, der untere hinter der Kloakenspalte; der Rumpf hat keine Spur eines Flossensaumes. Die Gliedmaassen sind kurz, vorn vier-, hinten fünfzehig. Die Zehen der Hinterbeine haben an ihrem Rande her einen scharfen Hautsaiim, sind aber sonst als „frei" zu bezeichnen. Bei dem kleinsten Exemplar ist als monströse Bildung die vierte Zehe des linken Hinter- fusses über dem Metatarsalknochen mit einer zweigliedrigen Nebenzehe ausgestattet, so dass der Fuss sechs deutliche Zehenspitzen besitzt. Das lebende Exemplar, im Uebrigen ganz wohlgebildet, erscheint an den Hinterbeinen gewisser- massen nur vierzehig, indem der Daumen beiderseits bloss die Form eines kurzen dicken Stummels hat. Die Haut des Rumpfes wird an den Flanken stark höckerig und querrunzelig und erhebt sich insbesondere über den Rippenenden zu einem merklichen Höcker. Diese Seitenhöcker zeigen sich bei dem kleineren und mittleren Weingeistexemplar undurchbohrt und es ist nichts von „Rippenstacheln" sichtbar; bei dem grossen Stücke hin- gegen stehen die Rippen^) an der ausgebogenen Seite des 1) Vergl. Fig. Ib. Die Rippenstacheln des Pleurodeles Waltlii. 219 Körpers rein und nackt, je eine Linie weit heraus, und auf der andern, der eingebogenen, Seite sind alle ent- sprechenden Höcker deutlich durchbohrt. Bei dem lebenden Individuum stand, als ich das Thier erhielt — es war im April 1878 — aus dem zweiten vor- dersten Höcker der rechten Seite eine Kippenspitze über eine Linie weit hervor; an dem folgenden Höcker zeigte sich am Gipfel ein Grübchen und bei stärkerer Bewegung kam dort ein kleines Tröpfchen heller Flüssigkeit zum Vorschein. Auf der linken Seite blickte auch aus einem Höcker die Spitze einer Rippe. Dieses Durchbohrtsein der Hautdecke war nicht erst während und durch den Transport geschehen, denn der freundliche Geber begleitete schon die Sendung mit den Worten: „Vous pouvez constater, que chez le Pleurodeles les cotes traversent les t^guments, et que, s'ii s'agit la d'un accident, c'est un accident en quelque sorte physio- logique". Bald darauf, bei Ruhe und guter Pflege des Thieres schlössen sich wieder die Hautöffnuugen und im gegen- wärtigen Augenblicke, Mitte Juli, ragt weder die Spitze einer Rippe hervor, noch zeigt sich etwas von einer Narbe auf den Seitenhöckern des Leibes. Was die Farbe anbelangt, so besitzen die drei Wein- geistexemplare übereinstimmend auf 'der Rückenfläche — Kopf, Rumpf, Schwnnz, Gliedmaassen — ein fast gleich- massiges Dunkelbraun, von dem sich noch dunklere Flecken schwach abheben. Ueber die Bauchfläche zieht ein Schmutzig- gelb mit zahlreich ausgestreuten dunklen Flecken. Die Höcker der Seitenlinie — Rippenhöcker — sind ebenfalls von gelblichem Ton, der etwas stärker ist, als jener der Bauchfläche und gleich dem ähnlich gefärbten untern Haut- saum des Schwanzes. Sehr verschieden hiervon stellt sich das Aussehen des lebenden Thieres dar. Die Grundfarbe der Rückenfläche ist ein dunkles Schiefergrau, von dem sich, abgesehen von den braunen Höckerchen der Epidermis, zahlreiche schwärz- 220 F. Leydig: liehe Flecken mit verschwommenem Rande abheben. Die Bauchseite ist grauweiss, mit ebensolchen Flecken; der Uebergang* zwischen der Grundfarbe des Rückens und des Bauches geschieht an der Seite in allmählig sich vollzie- hender Weise. Die Rippenhöcker heben sich mit leicht gelblichem Ton ab; auch in das Grau der Zehen und des Flossensaumes des Schwanzes mischt sich etwas von die- sem Gelblich. Vergleiche ich die Färbung des lebenden Thieres mit den colorirten Figuren in den oben namhaft gemachten Werken, so darf man schliessen, dass den Abbildungen bei Bonaparte und Schlegel die Farbe nach Weingeist- exemplaren gegeben wurde; während der bei Bibron und Dumeril Yorge^talliQ Pleurodeles sich, schon nach der Hal- tung des Thieres zu urtheilen, auf ein lebendes Indivi- duum beziehen mag. Die Färbung erscheint aber dort als eine äusserst lebhafte, fast bunte und steht in schrof- fem Gegensatze zu dem mir vorliegenden lebenden Thier. Die Grundfarbe des Rückens bei gedachter Figur ist ein Schiefergrau oder Blau mit zahlreichen gelben Flecken, welche am Kopf theilweise in Gelbroth übergehen und auch der obere und untere Flossensaum des Schwanzes hat diese Tinte; wirklich roth erscheinen die Seitenhöcker. Gegen die Bauchfiäche hin geht das Grau des Rückens in ein Graugelblich über. Stellt man das einfache, schlichte Gewand, welches der in meinem Besitz befindliche Pleurodeles trägt, dem Farbenschmuck gegenüber, in welchem iler Pleurodeles der französischen Zoologen auftritt, so fühlt man sich geneigt anzunehmen, dass dort vielleicht das Hochzeitskleid, wenn auch in übertriebener Frische, festgehalten erscheint. Nicht unbemerkt mag bleiben, dass Waltl, welcher alle seine Exemplare im Sommer fing, also wohl lange nach der Paarungszeit, dem Rücken ein ins Braune spielendes Grau zutheilt mit dunkleren, wenig bemerklichen Flecken ; der Bauchdecke ein Ockergelb mit kleinen, runden, schwarz- grauen Flecken. Bei jungen Exemplaren seien die Farben heller, der Bauch mit wenigen, sehr kleinen, runden, schwärzlichen Flecken bestreut. Die Rippenstacheln des Pleurodeles Waltlii. 221 Lebensweise. Was über die Lebensweise des Pleurodeles bis jetzt bekannt geworden ist, stimmt so ziemlich mit dem überein, was wir an den einheimischen Tritonen beobachten. Zur Fortpflanzungszeit und auch noch darüber hinaus halten sie sich im Wasser auf; später verlassen sie es und bergen sich an Orten, welche Feuchtigkeit lange Zeit be- wahren, z. B. unter Steinen. Eine andere, wie es scheint bisher unbemerkt ge- bliebene Uebereinstimmung mit den Wassermolchen habe ich an dem von mir gepflegten Thiere wahrgenommen: es besitzt eine Art Stimme. Für gewöhnlich zwar ganz stamm, lässt das Thier im Schreck, wenn es rasch er- griffen wird, oder wenn es eine längere Untersuchung auszuhalten hat, einen leisen, kurzen, fast knarrenden, und gern einigemal wiederholten Ton vernehmen, der, wie mich bedünkt, weniger aus dem Kehlkopf kommt als viel- mehr auf einem raschen Ausstossen der Luft durch die Nasenöffnungen beruht, also eher eine Art Schnauben ist. Das Thier hat im Uebrigen ein ähnlich ruhiges We- sen, wie es den Molchen überhaupt eigen ist. Auffallend ist mir die entschiedene Neigung, bei Unbehagen schnell und kräftig rückwärts zu kriechen, unter Spreizung der Rippenenden gegen die Haut. Dieser Umstand, verbunden mit gewissen, nachher zu erörternden Verhältnissen im Bau, ist wohl eine der Ursachen des Durchbohrtwerdens der Haut von Seiten der Rippenspitzen. Als Nahrung nimmt das bei mir lebende Thier gern Nacktschnecken von mittlerer Grösse (Limax agrestis, Arion JiortensiSj junge Limax einer eiis), sowie Regenwürmer. Die letzteren scheint sie den Schnecken vorzuziehen. Die Hautoberfläche blieb bis jetzt immer mehr trocken als feucht, und gleichwie kein Hautsecret hervorquoll, auch nicht während der Untersuchung, so machte sich auch jener eigenthümliche Geruch nicht bemerkbar, welchen die Wassermolche unter solchen Umständen zu verbreiten pflegen. Farbenänderung durch die Thätigkeit der Chro- 222 F. Leydig: matophoren ist ebenso deutlich wie bei andern Amphibien wahrzunehmen. Längere Zeit hindurch, bei anhaltend kühlerem Wetter, war das Thier auf der Rückenseite ziem- lich gleichmässig dunkel. Als dann warme Tage von 20» R. und darüber eintraten, hellte sich die Grundfarbe des Rückens sehr auf und von dem licht gewordenen grauen Ton hoben sich zahlreiche dunkle Flecken ab. Auch auf andere Weise zeigt sich der Molch gleich seinen Verwandten für Witterungswechsel recht empfindlich. Gewöhnlich ausserhalb des Wassers unter den Steinen, Holz- stücken und Moospolstern des Behälters verborgen, legt er sich, wenn das Wetter umschlagen will, ins Wasser. Auch an sehr warmen Tagen (20<> R. und mehr) hält sich das Thier stundenlang ruhig im Wasser auf. Nach diesen mehr zoologischen Bemerkungen wenden wir uns jetzt zu dem, was die anatomische Untersuchung der Haut kennen gelehrt hat. Bau der Hautdecke im Allgemeinen. Die äussere Haut zeigt, namentlich an den Seiten, ein runzeliges, querfaltiges Wesen, was in der Abbildung bei Bibron undDumeril gut ausgedrückt erscheint, wäh- rend es auf den andern bildlichen Darstellungen ausser Acht gelassen ist. Die Rückenseite der Hautdecke ist übersät mit tief- braunen, glänzenden Höcker eben: am grössten am Kopf verlieren sie sich nach dem Bauch hin; doch verbreiten sich kleinere noch über die Kehle, die Brust- und Becken- gegend. Im Allgemeinen ohne Ordnung gestellt, umziehen sie bei zwei Exemplaren am Scheitel die oberen Augen- ränder so, dass rechts und links ein zierlicher Bogen zu Wege kommt. Diese Höcker bei Pleurodeles entsprechen jenen, welche bei der Gattung Triton während des Landaufenthaltes zum Vorschein kommen; sie sind von gleichem glänzenden Aus- sehen, heben sich ebenfalls scharf ab und erstrecken sich von der Schnauze bis zur Schwanzspitze, fehlen hingegen Die Rippenstacheln des Pleurodeles Waltlii. 223 am Bauche 1). Zunächst abgesehen von andern Eigen- schaften besteht aber der Unterschied, dass bei Fleiiro- deles dieser Besatz der Haut mit glänzenden Höckerchen von Dauer zu sein scheint: sowohl die von Waltl aus dem Wasser geholten Stücke als auch das anscheinend im Hochzeitskleid befindliche Thier bei Dumeril zeigen die Höcker. Auf der letztgedachten Figur erscheinen sie sogar in scharfspitzige Dörnchen erhöht. Auf der Abbildung bei Schlegel ^j sind die Wärz- chen im Colorit in gleicher Weise gehalten, wie die her- vorstehenden Rippenspitzen, so dass Jeder, welcher die Tafel betrachtet, zu dem, wie sich zeigen wird, unrichtigen Schluss kommen muss : diese grauweissen über den Rücken zerstreuten kleinen Höckerchen sind ihrer Natur nach das- selbe, was die Reihe grösserer Höcker an den Seiten ist. Epidermis. Nur in Kürze mag erwähnt sein, dass auch hier wie bei andern Batrachiern die Epidermis, obgleich im Allge- meinen von geringer Dicke, doch deutlich in eine soge- nannte Schleim- oder untere und in eine Hörn- oder obere Schicht zerfällt. Und abermals sind die Elemente der unteren Schicht von cylindrischer Form. Bekanntlich hat Schrön zuerst auf „Porenkanäle in der Membran der Zellen der Malpighischen Schicht des Menschen" hingewiesen^). Und zwar gingen an den Be- rührungspunkten der Zellen die Linien der Streifung der einen Zelle unmittelbar fort in die gleichen Linien der Membran der Nachbarzelle. Nahezu gleichzeitig stiess Max Schnitze bei der Untersuchung der Zungenepithelien bei Säugethieren auf Zellen, deren Oberfläche über und über mit dichtstehenden, 1) Yergl. „die allgemeinen Bedeckungen d. Amphibien", Arch. f. mikrosk. Anat. 1876, Separatausgabe S. 81; und „die Hautdecke d. Urodelen", Morphol. Jahrb. Bd. II, Taf. XXI, Fig. 27. 2) A. a. 0. Tab. 39, Fig. 2, Fig. 3. 3) Moleschott, Untersuchungen zur Naturlehre Bd. IX. 224 F. Leydig: borstenartigen starren Fortsätzen bedeckt war. Er bezeich- nete sie als Stachel- und Riffzellen i) und weist die Auf- fassung Schrön's als irrtliümlich zurück. Die Zacken und Fortsätze würden dazu dienen, dass durch deren ge- genseitiges Ineinandergreifen die Zellen sich gegenseitig befestigten. Mir selber hat es denn bisher auch geschienen, als ob die M. Schnitze 'sehe Darstellung die einzig rich- tige wäre ; allein das genauere Betrachten der mehr oberen Zellenlagen bei Pleurodeles lässt mich Verhältnisse er- kennen, welche den Mittheilungen Schrön's nahe stehen. Man gewahrt nämlich, insbesondere bei Anwendung von Tauchlinsen, dass die regelmässig gestellten Fortsätze des Zellenleibes keineswegs in oder zwischen einander hin- eingreifen, sondern je ein solcher protoplasmatischer Fort- satz der einen Zelle setzt sich, ohne Unterbrechung, in jenen der Nachbarzelle fort. Sonach besteht ein unmittel- barer Zusammenhang der protoplasmatischen Zellenaus- läufer. Ferner sind solche Fortsätze des Zellenleibes kei- neswegs immer von fadiger Form, sondern gerade an den oberen Lagen der Epidermis haben sie die Gestalt feiner Leisten, welche das Bild von dicht nebeneinander und über die Zellenoberfläche hinziehender Streifen geben 2). In mehreren von meiner Seite erfolgten Veröffent- lichungen über die Cuticula der Larven von Urodelen musste ich eine gewisse Unsicherheit eingestehen im Hin- blick auf die „Porencanäle". Die eben gegebenen Mit- theilungen lassen die Sache jetzt in einem klareren Lichte erscheinen. Im Falle nämlich die Fortsätze des Zellen- leibes fadiger Natur sind und von cuticularer Substanz umflossen, wird ein solch cuticulares Röhrchen, in dessen Innern ein fadiger Protoplasmafortsatz liegt, das Bild des „Porencanals" geben; eine Punctirung kann dadurch über die Fläche der Zelle weggehen, entsprechend den Gipfeln der Fädchen und des cuticularen Käppchens. Treten aber Leisten an die Stelle der Fäden, so wird die ebenfalls umschliessende cuticulare Schicht, den Leisten folgend, 1) Centralblatt f. d. med. Wisseusch. 1864, Nr. 12. 2) Fig. 5. Die Rippenstacheln des Pleurodeles Waltlii. 225 durch ihre Höhen und Tiefen eine Reliefbildung, nicht von Puncten, sondern von Linien hervorrufen und dem- gemäss in der Profilansicht den Rand fein gekerbt er- scheinen lassen. Die bereits aus der Epidermis verschiedener Anuren und Urodelen bekannten Drüsenz eilen kommen auch bei Pleurodeles vor. Sie sind klein und rundlich von Ge- stalt; der Ausführungsgang, plötzlich wie mit Einschnürung beginnend, ist ebenfalls kurz, erweitert sich öfter bauchig und neigt dann wieder zu einer engen Mündung zusammen, welche zwischen den Epidermiszellen liegt ^j. Gedachte Elemente der Oberhaut haben für mich immer noch manches Unverständliche. Insbesondere treten hier bei Pleurodeles kuglige Gebilde auf, welche in der Drüsenöffnung stecken können, von homogenem glänzenden Aussehen sind und eine innere Lücke oder Hohlraum be- sitzen. Schon früher sah ich bei andern Urodelen (Sala- mandra macidosa) die Oeffnung geschlossen durch ein pfropfartiges Gebilde von spiegelndem Wesen, das fast den Eindruck eines dornähnlichen Cuticularkäppchens machen konnte. Bei Anuren lässt sich in der Oeffnung ein rund- licher körniger Pfropf bemerken, fast vom Aussehen einer kleinen Zelle. Ausser den Intercellular Öffnungen, durch welche der Hals der einzelligen Drüsen geht, gibt es wieder, wie auch sonst bei Batrachiern, Löcher in und zwischen den Zellen, welche auf Wasseraufnahme zu beziehen, mancher Grund vorliegt. Die braunen, auffälligen Höcker 2) der Epidermis erhalten diese Farbe nicht sowohl durch Pigmente als durch eine stärkere Verhornung der Zelle. Unter dem Höcker befindet sich häufig ein Drüsensäckchen von grauer Farbe, dessen Mündung am Gipfel des Höckers oder auch seitswärts sich zeigt. Die Zellen, welche die Spalt- öffnung begrenzen, haben, obschon selber ungefärbt, doch einen bereits bräunlich angeflogenen Kern. Und da auch 1) Fig. 6 c. 2) Fig. 6 a. Archiv f. Natiirg. XXXXV. Jahrg. 1. Bd. 15 226 F. Leydig: an der Stelle des Ueberganges von den braunen Zellen des Höckers zur ungefärbten Epidermis noch die Kerne braun sein können, bei heller Beschaffenheit des Zellen- körpers, so ist zu schliessen, dass der Kern eine grössere Neigung zur Verhornung hat als der Zellenleib. Nicht unerwähnt möchte ich lassen, obschon es einer von mir ausgesprochenen Ansicht nicht gerade günstig ist, dass an einem kleinen, vom Seitenwulst des lebenden Thieres abgeschnittenen Hautstückchen in der Epidermis ein Sinnesbecher zu erkennen war, dessen verlängerte Mantelzellen die gewöhnlichen Kerne besassen, während die inneren birnförmigen Zellen grössere, rundliche und feingekörnte Nuclei aufwiesen i). An einem zweiten und dritten abgetragenen Hautlappen der gleichen Körpergegend gelang es nicht einen neuen Sinnesbecher aufzufinden und an zahlreichen Schnitten, welche von den Weingeistexem- plaren mir vor Augen lagen, war nirgends in der Haut des fertigen Thieres die gedachte Bildung wahrnehmbar. Lederhaut. Die bindegewebige Lederhaut ist eher dünn als dick zu nennen. Ihre sie zusammensetzenden Züge halten sich vorherrschend in der Längsrichtung, mit dazwischen ver- laufender manchfaltiger Verflechtung. Blutcapillaren erscheinen nicht bloss sehr zahl- reich, sondern sie fallen auf durch ihre beträchtliche Weite ^) und jene in der oberen Grenzschicht der Lederhaut sich ausbreitenden und die Drüsenöffnungen umspinnenden Ca- pillaren ziehen so unmittelbar unter den Zellen der Schleim- schicht her, dass es öfters den Anschein erweckt, als ob sie frei gegen die Epidermis sich erhebten ^j. Allein da das braunästige Pigment der Lederhaut hauptsächlich die Blutgefässe begleitet, so lässt die Gegenwart desselben an der Begrenzung des Blutgefässes doch immer noch einen leichten bindegewebigen Ueberzug annehmen. Immerhin 1) Fig. 7. 2) Fig. 10. 3) Fig. 9. Die Rippenstacheln des Plenrodeles Waltlii. 227 wird man einigermassen an das erinnert, was icli über die Blutgefässe der Haut von Menopoma giganteum ander- wärts veröffentlicht habe. Die bemerkenswerthe Weite der Blutcapillaren erstreckt sich wohl über die ganze Haut weg: 'sie ist mir überall wo ich darauf achtete, z. B. auch in den Spitzen der Zehen begegnet. An Schnitten durch die Haut können die quer ge- troffenen weiten Blutcapillaren für den Unkundigen sich ausnehmen wie kleine, zellig gefüllte Räume, welche sich scharf von der Pigmentschicht der Lederhaut abheben. Und ich habe jetzt die Ueberzeugung, dass die von einem Andern aus der Haut der Molche beschriebenen „kleinen Drlisen, welche ganz in der Pigmentschicht liegen und keinen Ausführungsgang besitzen", sich in der That auf solche quer durchschnittene Blutgefässe beziehen, wobei die Blutkügelchen die „ Epithelzellen " vorspiegelten. Die Lederhaut der Zehen erhebt sich in Leisten, welche auf senkrechten Schnitten für Papillen genommen werden können. Die Drüsen, wie bei allen Batrachiern zahlreich über die Haut verbreitet, scheiden sich nach der Form und Beschaffenheit ihrer zelligen Elemente in zwei Arten. Bei den einen sind die auskleidenden Zellen von gewöhnlicher cylindrischer Form; bei den andern stellen sie sich als jene merkwürdigen Bildungen dar, über weiche ich schon wiederholt unter der Bezeichnung als Riesenzellen berich- tet habe\). Der Drüsensack nimmt sich aus wie erfüllt mit grossen schollenähnlichen Körpern, welche eine helle, breite homogene Rinde oder Zone dort haben, wo sie nach aussen grenzen, während die einwärts gerichtete Partie dicht körnig ist. Drüsen mit solchem Inhalt stellen sich an der durchschnittenen Haut, für die Lupe, als Säckchen von gelblicher Farbe dar. Die strahlig angeordneten Mus- keln nach aussen von den Secretionszellen, wie ich sie im Näheren von andern Molchen beschrieben 2), kamen mir auch hier an der frisch untersuchten Haut zu Gesicht. 1) Fig. 8. 2) Z. B. Hautdecke und Hautsinnesorgane d. Urodelen, Mor- phol. Jahrb. Bd. II, Taf. XVIII, Fig. 6, Fig. 7. 228 F. Leydig: Bei der Gattung Triton^ ohne class sich am Kopf äiisserlich ein parotidenartiger Wulst bemerklich macht, ist doch an entsprechender Stelle die Entwicklung der Hautdrüsen, wie ich gezeigt, eine bedeutende. Noch viel mehr ist dies der Fall bei Fleurodeles, wo sich in der Ohrgegend nicht nur eine wulstige Verdickung zeigt, son- dern auch die Ansicht des senkrechten Schnittes lehrt, dass die vorher besagten grossen Drüsen, hier gehäuft und dicht zusammengerückt, . die Anschwellung erzeugen. In der obern Schicht der Haut finden sich noch, wie auch bei den eigentlichen Parotiden der Kröten, jene kleinen und kleinsten Drüsen, welche die Ausmündungen der grossen Säcke umstellen^). Seitenhöcker und Rippenspitzen. In der Abhandlung über den Bau der Zehen bei Ba- trachiern und die Bedeutung des Fersenhöckers-) glaubte ich erwähnen zu können, dass Strauch die von mir auf- gestellte Vermuthung, wonach Hornhöcker für hervortre- tende Rippenenden genommen worden wären, zu bestätigen in der Lage gewesen sei. Indessen dasjenige, was bereits oben im Allgemeinen über die Beschaffenheit der Seiten- höcker vorzulegen war, hat schon deutlich angezeigt, dass meine Vermuthung und sonach auch die ihr von Strauch zu Theil gewordene Bestätigung irrig waren, wie jetzt noch im Näheren dargethan werden soll. Die Haut der Höcker, an deren Spitze die Rippen hervorbrechen können, ist, anstatt verdickt zu sein, nach dem Gipfel hin verdünnt-^). Von Seiten der Lederhaut ge- schieht dies dadurch, dass die grossen Drüsensäcke nicht bis zur Spitze reichen, sondern nur die ganz kleinen Drü- sen so weit gehen. Die Epidermis ist glatt und dünn und ein „Horntuberkel" sitzt nicht auf Die braunen glänzen- 1) Fig. 3. 2) Morphol. Jahrb. Bd. II. 3) Fig. 2 c. Die Rippenstacheln des Pleurodeles Waltlii. 229 den Epidermiswarzen, welche, über den Körper verbreitet sind, stehen in Abständen zwar auch an der Wurzel des Seitenhöckers, nicht mehr aber an der Spitze^). Oeifnet man vom Gipfel her einen Höcker durch einen scharfen Schnitt, so zeigt sich eine Höhle, in welcher das Ende einer Rippe steckt. Diese von keinem eigent- lichen Epithel ausgekleidete Weitung ist ein Lymph- raum-) und entspricht den bei Batrachiern häufig vor- kommenden subcutanen Lymphräumen. Da der Lymph- raum von der untern Grenzschicht der Lederhaut umzogen wird, welche immer das untere Blutgefässnetz der Haut trägt, so bemerkt man in seiner Wand, namentlich bei der Flächenansicht, ein Netz von Blutgefässen, die sich durch begleitendes braunes Pigment schön abheben. Will man eine weitere Bestätigung, dass das Rippenende in einem Lymphraum stecke, so ergibt sich diese am lebenden Thier, allwo aus der Höhlung sich Lymphflüssigkeit auf- fangen und mikroskopisch untersuchen lässt. Das Rippenende ist auf eine gute Strecke hin nackt und glatt, indem die Bündel der Stammmuskulatur den Endtheil völlig frei lassen; die Grenze des Ansatzes der Muskeln ist leicht zu erkennen'^). Fassen wir die Wahrnehmungen über den Bau der Hautstellen, auf welche sich in gegenwärtiger Frage die Aufmerksamkeit richtet, zusammen, so erscheinen die Höcker der Flanken als taschenartige Aussackungen, deren Haut an der Spitze verdünnt ist und eine mit Lymphe gefüllte Weitung umschliesst. In den Lymphraum ragt das freie Ende der Rippe. Am lebenden Thier zeigt sich der glatte Gipfel einer solchen Seitentasche, wenn sie zum Höcker hervor sich wölbt, von hellerem Aussehen als die nächste Umgebung es ist. Wird durch die stärkeren Krümmungen des etwa von uns festgehaltenen Thieres Lymphe in grösserer Menge in die Tasche getrieben, so wirkt die sich dort ansammelnde 1) Fig. la. 2) Fig. 2 b. 3) Fig. 2 a. 230 F. Leydig: Flüssigkeit hindurch und der Gipfel des Seitenhöckers gewinnt ein umschrieben leicht opalisirendes Aussehen. Bei ruhiger Lage des Thieres sinkt der Theil wieder ein und wird zu einer schwärzlichen Stelle, indem jetzt das Pigment der Lederhaut durchschimmert. Voranstehende, sowohl an Weingeistexemplaren als auch an dem lebenden Thier gewonnenen Erfahrungen machen klar, dass bei Pleurodeles so wenig als bei irgend einem andern Thier die Rippenenden an sich frei vor- stehen. Dem genannten Molch eigenthümlich ist aber, dass, entgegen etwa von Triton und Salamandraj die Spitze der Rippe nicht Muskeln zum Ansatz dient, sondern fleischlos ist; und dass zweitens dieses glatte, glänzende Endstück in einen subcutanen Lymphraum ragt. Die Rippe kann indessen, da die Haut am Gipfel der Tasche verdünnt ist, leicht durchbrechen und als seitlicher Knochenstachel frei hervorstehen. Erwägt man überdies, dass das Rippenende stark nach rückwärts gekehrt ist und das Thier bei seinep, mit besonderer Neigung ausgeführten Rückwärtskrümmun- gen die Rippenspitze scharf gegen die Haut spreizt, so begreift sich noch besser, wie die Hautdecke in der That durchbrochen werden kann. Wird dem Thiere hernach eine längere Ruhe gegönnt, so treten die Rippenstacheln wieder zurück und es schliesst sich, wie der von mir gepflegte Molch zeigt, die frühere Oeffnung vollkommen. Der Vorgang verläuft so, dass auf dem Gipfel dieses und jenes „Höckers" noch einige Zeit ein kleines Grübchen sichtbar sein kann, aus dem ein winziges Tröpfchen heller Lymphe quillt, sobald das Thier stärkere Krümmungen des Körpers ausführt, sich z. B. den Fingern unserer Hand entwinden will. Strengt sich der Molch noch mehr an, um zu entkommen, so bricht auch wohl ein geheilter Höcker wieder auf und das am Gipfel hervorquellende Tröpfchen Lymphe hat Blutspuren an sich. Die mikroskopische Untersuchung bestätigt die Anwesen- heit von Blut- und Lymphzellen. Fragen wir nun schliesslich, wie die erörterte Er- scheinung vom Durchbruch und freien Hervorstehen der Die Rippenstacheln des Pleurodoles Waltlii. 231 Rippen aufzufassen und an welche andern Vorgänge sie anzureihen sei, so darf man wohl, auf Grund des Mitge- theilten, die Ansicht aussprechen, dass der Vorgang bei Pleiiroäeles, um im engeren Kreise zu bleiben, etwa dem Abbrechen der Schwanzwirbelsäule bei Sauriern in biolo- gischem Sinne verglichen werden könne. Im regelrechten Ablauf des Lebens ist es z. B. einer Eidechse auch nicht vorgezeichnet, dass die Schwanzwirbelsäule abzubrechen hat. Aber es vereinigen sich im Bau der Wirbel, Grup- pirung der Muskeln, Beschaffenheit der Haut des Schwan- zes eine Anzahl von Umständen derart, dass gedachter Körpertheil leicht zu Verluste geht^). In ähnlicher Weise denke ich mir das Zusammen- wirken der Verhältnisse bei unserni Molche. Es gehört nicht zu den physiologischen Erscheinungen, dass Fleuro- deles „rippenstachelig" wird , aber die Beschaffenheit, Rich- tung und Lage der Enden der Rippen, sowie der Bau der Hautdecke ist so, dass heftige, krümmende Bewegungen hinreichen, die Rippenspitzen aus der Haut hervorstehen zu machen. Das Abbrechen des Schwanzes dort und das Heraustreten der Rippen hier bleibt sonach eine zufäl- lige Erscheinung — eine Art Verwundung. Anhang. Vor Jahren, als sich Gelegenheit bot einen lebenden Proteus anguinus Laur. zu untersuchen, hatte ich bezüglich der Lymphkü gelchen zu melden, dass dieselben deut- lich vielkernig seien und die ganze Zelle im Kleinen an ein gefurchtes Ei erinnere ^j. Hier hei Pleurodeles, dessen zellige Elemente gleicher- massen als sehr stattliche sich darstellen, erscheinen die Lymphkörperchen in der Form grosser, hüllenloser Zellen und sind ebenfalls mehrkernig: meist drei und vier Nu- 1) Vergl. Leydig, Die in Deutschland lebenden Arten der Saurier, S. 64. 2) Lehrbuch d. Histologie. S. 450. 232 F. Lejkdig: clei heben sich ab, die ausser dem eigentlichen Nucleolus noch wandständige Knötchen oder Nebenkernkörperchen i) besitzen, welche wohl, indem sie zum Theil sich spitz nach innen verlieren, einem ähnlichen Netzwerk angehören, wie ich solches an ebenfalls Irischen und grossen Kernen aus Triton vor langer Zeit angezeigt habe. Mit doppel- chromsaurem Kali behandelt, ziehen sich die Zellen stark zusammen und es quillt jetzt entweder rings um die Zelle ein Theil des Protoplasma hervor und das Lymphkörper- chen erscheint wie borstig oder es tritt nur an einer Stelle ein stärkeres verästigtes „Scheinfüsschen" über den Eand hinaus. Bei Untersuchung mit Tauchlinsen meine ich wahr- zunehmen, dass die Zellsubstanz sich scheidet in einen verhältnissmässig festeren Theil, welcher eine Art Schwamm- werk bildet, in welchem auch die Kerne liegen und in einen weicheren, welcher die Maschenräume des Schwamm- netzes einnimmt. Die Pseudopodien sind Ausläufer der weicheren Substanz. An den ovalen farbigen Blutkörperchen, welche von bedeutender Grösse sind, wiederholt sich die letztge- dachte gleiche Erscheinung. Die lunensubstanz der leben- den Zelle, wenn wieder dem Einflüsse des vorhin bezeich- neten Reagens ausgesetzt, zerlegt sich in eine Anzahl querstehender, wie scheidewandartiger Blätter, die nach aussen zu einer Randschicht zusammenfliessen, als deren erhärtete Rindenlage die Zellmembran anzusehen ist. In andern Fällen ist eine gegen den Kern gerichtete strah- lige Anordnung dieses festeren Theiles der Zellsubstanz zu bemerken. Sonach unterscheidet man an dem rothen Blutkügelchen erstens die Membran als festere Grenze einer Rindenschicht , zweitens diese Rindenlage selber, drittens die Fortsetzung der letzteren nach innen in Form von Blättern oder Balken, endlich die weiche Substanz, welche die übrig bleibenden Räume erfüllt 2). Gedachte Sonderuug des Zellenleibes schliesst an das 1) Fig. 4 b. 2) Fig. 4 a. Die Rippenstacheln des Pleurodeles Waltlii. 233 an, was ich nach eigener und fremder Beobachtung in Betreff dieser Organisation zusammenzustellen mich ver- anlasst gesehen habe*). Zum Schlüsse verdient auch noch Erwähnung, dass in der mit Blut gemischten Lymphe zellige Elemente zugegen waren, von denen sich nicht sagen lässt, ob sie aus dem Blut- oder aus dem Lymphgefasssystem stammten^). Es waren membranlose Zellen, deren Protoplasma durch eine Menge winzigster Körnchen wie aufs feinste bestäubt erschien, während ein oder zwei grosse, helle Kerne mit ebenfalls grossem Kernkörperchen daraus hervorsahen. Sie scheinen den Abarten der farblosen Blutzellen anzugehören, wie sie von mir und Anderen im Blute der Selachier und des Frosches unterschieden wurden^). Oder sollten es Elemente von parasitischer Natur gewesen sein? Erklärung der Abbildungen. Alle Figuren beziehen sich auf Pleurodeles Waltlii. Tafel XIV. Fig. 1. Ein Seitenhöcker. Geringe Vergrösserung. a Hornhöcker. b der Rippenstachel. Fig. 2. Ein Seitenhöcker im Längsschnitt. Geringe Vergrösserung. a Rippenstachel; am Grunde desselben die sich an- setzenden Muskeln. b Lymphraum, mit Verzweigungen der Blutgefässe in der Wand, c Durchschnitt der Hautdecke: man unterscheidet die Lederhaut, ihre grösseren und kleineren Drüsen, einige Blutgefässe, sowie die Epidermis. Fig. 3. Stück des parotidenartigen Wulstes im senkrechten Schnitt, massige Vergrösserung. a die grossen, b die kleinen Drüsen. 1) Ueber d. allgemeinen Bedeckungen d. Amphibien, Archiv f. mikrosk. Anat. 1876; die Hautdecke und Schale d. Gastropoden, Archiv f. Naturgesch. 1876, S. 14, Anmerk. 3. 2) Fig. 4 c. 3) Histologie, S. 450. 234 F. Leydig: Die Rippenstacheln des Pleurodeles Waltlii. Fig. 4. Elemente aus dem Blut und der Lymphe, bei starker Ver- grösserung. a Blutzelle, b Lymphzelle, c eigenartige Zelle. Fig. 5. Epidermiszelle bei starker Vergrösserung, von der Fläche. Tafel XV. Fig. 6. Theil der Epidermis. Stärkere Vergrösserung. a Hornhöcker, b Drüse; an einer Seite die Muskeln der Wand. c einzellige Drüsenelemente zwischen den Zellen der Epidermis. d isolirtes kugliges Gebilde aus der Oeffnung einer ein- zelligen Drüse. Fig. 7. Sinnesbecher von einem Seitenhügel. Stärkere Vergrösserung. Fig. 8. Gruppe der Secretionszellen aus einer grossen Drüse, noch in ihrer Lage innerhalb der Haut der Drüse. Fig. 9. Durchschnitt der Haut, um die Lage der BKitcapillaren unmittelbar unter der Epidermis zu zeigen. a Lederhaut, b Epidermis, c Blutcapillaren. Fig. 10. Oberfläche der Lederhaut. Stärkere Vergrösserung. a Theil das Netzes der weiten Blutcapillaren. b Drüsen. lieber eine neue Bandwurmart (Taenia alba). Mittheilung von Prof. Eduard Perroncito in Turin. Hierzu Tafel XVI. Eine bei Rindern häufig, bei Schafen seltener vorkom- mende Bandwurmart, die bisher mit der Taenia expansa Ru- dolphi und der T, denticulata desselben Autors verwechselt worden zu sein scheint, ist die, ihrer constanten Farbe wegen, von mir so benannte Taenia alba. Seit dem vorigen Jahre habe ich an hundert Exem- plare davon gesammelt; es sind mir überdies auch aus Macerata, von meinem geehrten Collegen, Prof. Joseph Mattozzi, einige von Schafen herrührende Specimina zu- gesandt worden. Hier die Diagnose der neuen Art: T. Candida, multo rarius hinc inde tractu quodam diluto-flavescente vel flavido-terreo (ochreo) intertincta, sat procera, eximie elastica, metr. 0,60 — 2,50 longa. Statu recente (mox ex intestino sublata) pallida apparet articu- lisque s. proglottidibus elongatis, saepe longioribus quam latis, efformata videtur — qui articuli deinde contrahuntur magisque lati quam longi fiunt, Caput subgloboso - quadrangulare , sat distinctum, mm 1,40 — 1,15 latum, vix ultra mm 1 longum, acetabulis (s. osculis suctoriis) praeditum orbicularibus vel subovalibus, extrorsum ac sursum spectantibus, diametro mm 0,356— 0,456. Collum breve, saepe depressione circulari constrictum, mm 1,5 — 5,320 longum, mm 0,6 — 0,912 crassum. Proglottides, quarum summae mm 0,020 — 0,038 longae atque valde angustae sunt, sensim longiores et latiores 236 Eduard Perroncito: filmt, formamque assequuntur rbomboideam, subcampanula- ceam, angulis posticis obtusis, ita prominentibus, ut partim proglottidem subsequentem obtegant corpusqiie taeniae sat acute serratum appareat. — Quae c. dem 1 a capite distant, jam ultra mm 3 longae et c. tertiam mm partem latae sunt. — Quae medium taeniae tractum efficiunt, longitu- dinem mm 3 — 3,5, latitudinem 4 — 5 mm praebent atque poris genitalibus manifestis, in quavis proglottide binis, oppositis, inter tertiam proglottidis partem anteriorem et mediam sitis, instructae sunt. Cirrhus plerumque promi- nens ac tenuis, conicus vel cylindraceus, rectus aut varie incurvus (saepius retrorsum deflexus). — Pars taeniae p o s t i c a crassior, articulis brevioribus ac latioribus, circa 1,5 mm crassis, mm 2 — 3,5 usque ad 4—5, raro 5—6—6,5 longis, mm 8,5—9,5, raro ultra 10, rarissime 12 — 14 longis effor- mata. Proglottides maturae plerumque contractae cernuntur ac valde breves (2—3 mm longae), uteris binis (utrinque singulo) instructae, qui loculis creberrimis, invicem con- iunctis, constant, unde, proglottide puncta, ingens ovulorum copia prorumpit. Ovula Candida, cubica (quavis facie quadrata vel re- ctangulari, angulis rotundatis, lateribus convexis, mm 0,048 — 0,052, subinde etiam 0,058 longis), testam praebent du- riusculam, cbitino efformatam atque guttulis adiposis variae magnitudinis obtectam. — Matura embryonem fovent, qui corpore sphaerico at duobus processibus aucto constat ac plerumque situm diametralem in ovulo tenet (corpus enim embryonis plerumque angulo buic aut illi adiacet, dum Processus oppositum ovuli angulum petunt). Corpus, sci- licet pars embryonis princeps maiuscula, spbaerica et ho- mogenea, utriculum constituit, cuius medio protoscolex in- clusus est globosus, protoplasmate bomogeneo (dense at pallide granuloso) nucleisque 2—4—5 efformatus atque unculis longiuSculis 6 praeditus, quorum ope se in utri- culo movet rotatque. Processus supra dicti ab illo cor- poris latere, quod centrum oculi spectat (exiguo inter ipso- rum exortum spatio interjecto) prodeunt, inter se conver- gentes ac denique aut decussati aut valde appropinquati : alter glocbidiatus, scilicet pedicello constat gracili sub- Ueber eine neue Bandwurm-Art. 237 conico, sensim attenuato, apice in ciicullum sive appen- diculam semilunarem (antrorsum convexam, retrorsum con- cavam, ad latera utriuque acuminatam ac recurvam) ex- panso; alter praecedentis pedicello consimilis et aequilon- giis, exappendiculatus, illius appendiculum denique attingit (cum ipsa tarnen non confluens). Occurrit T. alba frequenter in intestino tenui bovum (utriusque sexiis) iuniorum adultorumque, rarius in peco- ribus. Diagnosis differentialis. A T.expansa^Mdi. differt T, alba capite crasso, collo distincto, colore, ovulis maturis constanter cubicis, neqiie non corporis mole mediocri : etenim speciminibus T. albae plus quam 100 perlustratis, nullum 14 mm latius vidi atque unicum inveni quod lon- gitudinem m 2,60 attigerit, dum T. expansa latitudinem 30 mm assequitur ac communiter longitudine plurum me- trorum gaudet, quin imo (Rudolph! teste) ultra 100 pedes subinde longa evadit. T. denticulata collo deficiente et corpore minus longo, m 0,45—0,48 (15—16"), at duplo latiore, fere 30 mm (1") lato, a nostra recedit. Die T. alba haftet gewöhnlich an der Darmschleim- haut, an welcher ich, ausser leichtem Catarrhe, nie irgend merkliche Gewebsstörungen nachzuweisen vermochte. Erklärung der Abbildungen auf Taf. XVI. Fig. 1. Vordere Portion der Taenia alba (natürl. Grösse). „ 2. Reife Portion, schematisch. ,, 3. Hintere Portion des unreifen Bandwarmes. „ 4. Proglottiden — vergrössert. „ 5, Desgl., stark vergrössert, um die Lage und Grösse der Ge- schlechtsöffnung sichtbar zu machen. „ 6. Kopf mit Saugnäpfen, medianer Depression und saftleiten- den Canälen. — Hals mit eben solchen Canälen. „ 7. Stark vergrössertes Ei mit eingeschlossenem Embryo. „ 8. Isolirter Embryo mit 6-häkigem Protoscoiex. „ 9. Längsschnitt des Bandwurmes in der unreifen Portion. „ 10. Desgl. im Bereiche der reifen Glieder mit Eiern in den zahlreichen Fächern der Eierstöcke. Uelier einige Unterschiede erwachsener und junger Gamasiden. Von Dr. P. Krämer in Schleusingen. Ungefähr gleichzeitig mit den im Jahre 1876 in diesem Journal veröffentlichten Untersuchungen über Gamasiden erschien von Prof. Megnin eine Arbeit über denselben Ge- genstand. Leider ist es mir bis jetzt noch nicht gelungen, das in Deutschland seltene Journal de l'anatomie et de la Physiologie von Ch. Robin, in welchem Megnin seine schönen Untersuchungen über Milben zum grossen Theile veröffentlicht hat, nachsehen zu können. Ueber einen wichtigen Punkt seiner Beobachtungen giebt er aber in den Annales des sc. nat. 1876 eine kurze Andeutung, die mir einer weiteren Besprechung werth erscheint. Es wird dort auf den Umstand aufmerksam gemacht, dass es Mil- benlarven mit acht Füssen giebt, ja dass dieses Stadium ein allgemein vorkommendes bei wohl allen Gattungen und Arten ist. Damit hängt zusammen, dass früher, wo diese Kenntniss noch nicht allgemein verbreitet war, wo vielmehr nur sechsfüssige Milben als Larven angesehen wurden, oftmals Larven als erwachsene Thiere angesehen und in die systematischen Darstellungen von Familien und Gattungen aufgenommen wurden. Megnin hält es daher für gerechtfertigt, nun von neuem durch eingehende Unter- suchungen die Zahl der Arten dadurch zu verringern, dass er die als vollberechtigte Typen betrachtete Larvenformen Ueber einige Unterschiede erwachsener und junger Gamasiden. 239 ausscheidet. So natürlich und nothwendig ein solches Ver- fahren erscheint, so vorsichtig muss es aber ausgeführt werden, damit nicht Beobachtungen, die vielleicht in einem einzelnen Falle ihre volle Berechtigung haben, von hier aus verallgemeinert werden. Prof. Megnin findet, dass bei Gamasus coleopteratorum der Rückenpanzer nur im Ju- gendzustand aus zwei von einander gesonderten Platten besteht und knüpft daran folgende Bemerkung: „Ich zeige, dass in der Familie der Gamasiden die typische Art der Gattung Gamasus nur eine Nymphe ist, die man häufig auf Dungkäfern findet, und dass das Fundamentalmerkmal derselben, nämlich das zweigetheilte Rückenschild, welches man zum charakteristischen Merkmal der ganzen Gattung gemacht hat, im erwachsenen Zustande vollkommen verschwindet." Es liegt nahe sich hiernach die Meinung zu bilden, als wäre es in der That ein nur vorübergehendes Merkmal, auf welches man bisher die Unterscheidung mancher Arten der Gattung Gamasus von einander und auch dieser Gattung von andern Gattungen gegründet hat. Ganz abgesehen nun davon, dass diesem Merkmal eine so beherrschende Bedeutung niemals gegeben ist, darf gar nicht angenommen werden, dass die Gamasiden, welche in der Jugend ein zweigetheiltes Rückenschild besitzen, in erwachsenem Zu- stande stets ein einfaches tragen. Im Gegentheil, es liegen ganz bestimmte und leicht zu vergleichende Beobachtungen vor, welche beweisen, dass man aus der blossen Gestalt des Rückenschildes gar nichts über das Alter des Indivi- duums schliessen kann, da junge wie alte Thiere mancher Art genau dieselbe zweigetheilte Form des Rückenpanzers zeigen. Man wird daher nur irre gehen, wenn man alle Gamasusarten, welche auf Milben mit deutlich getheiltem Rückenpanzer gegründet sind, von vornherein als unzuver- lässige, nur auf Nymphen gegründete, wieder streichen wollte. Um das vorhergehende durch direkte Beobach- tungen zu bekräftigen, diene die von mir genau beschrie- bene und in ihrem charakteristischen Rückenpanzer abge- bildete Koch 'sehe Art Gamasus nemorensis, eine oft bis zu 2 mm Grösse angetroffene Milbe. Man findet stets nur 240 P. Kramer: Exemplare mit einem zweigetheilten Rückenpanzer. Die Platten sind dadurch gekennzeichnet, dass die hintere Rand- linie der vorderen und die vordere der hintern Platte nicht gradlinig verlaufen. Der Hinterrand der vorderen Platte besitzt in der Mitte einen abgerundeten Vorsprung und der Vorderrand der hinteren Platte eine entsprechende Einbuchtung. Der Zwischenraum zwischen beiden Platten ist ein merklich breiter. Es ist nun leicht aus Milben, die diesen Rückenpanzer führen, Eier mit völlig ausge- bildeten Embryonen herauszupräpariren. Dass solche Mil- ben noch irgendwie als Nymphen gelten könnten ist wohl undenkbar. Es sind vielmehr vollständig erwachsene Weib- chen, die keine Häutung mehr durchzumachen haben und deren Junge dicht vor der Geburt stehen. Es liegt hier also ein Fall vor, dass das bereits erwachsene Weibchen einen aus zwei getrennten Rückenplatten bestehenden Rückenpanzer besitze. Diese Angelegenheit ist für die Klassification von Wichtigkeit und ich habe sie dement- sprechend auch in meiner Arbeit über Gamasiden benutzt. Gamasus nemorensis wird unter allen Umständen eine sichere Art bleiben, und die Bemerkung von Prof. Megnin über die Bedeutung des zweigetheilten Rückenpanzers als eines Nymphencharakters, der bei der erwachsenen Milbe „vollkommen verschwindet", muss hiernach auf ihr rich- tiges Maass zurückgeführt werden. Dies schliesst nicht aus, dass allerdings manche Gamasus - Arten, die bisher auf achtfüssige Thiere gegründet sind, nochmals zu prüfen sind. Ich habe im Ganzen 8 Arten auf das Merkmal des getheilten Rückenschildes gegründet. Unter ihnen befindet sich erstens G. nemorensis, an welcher nicht gerüttelt werden kann. Ebensowenig ist G. serratus, crassus, magnus (von welcher Art ich Männchen und Weibchen beschrieb), tri- spinosus, subterraneus anzuzweifeln. Bleiben allein übrig G. coleopteratorum, similis, hirtus, über welche entweder entschieden ist, oder noch durch weitere Beobachtungen entschieden werden muss. Prof. Megnin hat die Panzerverhältnisse nicht allein hervorgehoben um die von mir zur Eintheilung der Ga- masiden benutzten Gesichtspunkte als nicht stichhaltig lieber einige Unterschiede erwachsener und jung-er Gamasiden. 241 hinzustellen. So macht er darauf aufmerksam, dass der Mangel an Haftlappen eine oft den Nymphen zukommende Eigenthümlichkeit sei. Ich habe nur eine einzige Art, den sehr eigenthtimlichen Gamasus mollis vornehmlich durch den Mangel an Haftlappen am vorderen Fusspaar von den übrigen Gamasiden unterschieden. Die Milbe ist sehr besonderer Art und von Prof. Canestrini in Padua auch unter besonderem Namen beschrieben. So lange Prof. Megnin nicht nachweist, dass es eine Nymphe ist, muss ich die Art auch noch aufrecht erhalten. Als dritten Einwand führt Prof. Megnin an, dass die Figur des obern Kopfröhrenrandes bei den Nymphen und selbst in beiden Geschlechtern wechselt. Hier steht vorerst Beobachtung gegen Beobachtung. Die Randfigur ist ja allerdings bei den verschiedenen Individuen derselben Art nicht absolut gleich, aber doch so übereinstimmend, dass es ganz unmöglich ist, zwei Gamasus mit verschie- dener Randfigur zusammen zu werfen. Es werden sich jedesmal mit einer andern Randfigur auch sonst noch durch- greifende Eigenthümlichkeiten verbunden finden. Ausdrücklich auf Beobachtungen, deren Richtigkeit ich anzuzweifeln auch jetzt noch keinen Grund gefunden habe, beruhend ist die Bemerkung, die ich auch schon früher machte, dass die Randfigur der Larven mit der der erwachsenen Milbe übereinstimmt. Gamasus nemorensis giebt auch hierzu ein gutes Beispiel ab. Es bleibt daher doch nichts anders übrig als die im Einzelnen durch die merkwürdig verschiedenartig gestal- tete Randfigur der Kopfröhre von einander am leichtesten zu unterscheidenden Gamasiden auch als difi'erente Arten aufzufassen, da sich herausgestellt hat, dass die Bedenken von Prof. Megnin doch nicht einwurfsfrei sind. Durch die Güte des Herrn Dr. Haupt, Inspektors am Königl. Naturalien - Kabinet in Bamberg , ist mir, nachdem ich im Allgemeinen von Bedenken gegen meine Arbeit über Gamasiden schon kurze Zeit vorher Andeu- tungen erhielt, der Wortlaut einer Beurtheilung meiner Aufsätze von Prof. Megnin bekannt geworden, die er in dem Journal de TAnatomie von Robin veröffentlichte. Er Archiv f. Natiirg. XXXXV. Jahrg. I. Bd. 16 242 Kramer: üeber einige Uuterschiede etc. fasst darin die oben besprochenen Bedenken gegen meine Klassification der Gamasiden folgendermassen zusammen: 1) Das Fehlen der Haftlappen am vorderen Fusspaar ist einigen Weibchen und Nymphen eigen. 2) Die Theilung des Rückenschildes gehört ausschlies- send den Nymphen an. 3) Die Randfigur wechselt in der Form bei den Nym- phen und selbst in beiden Geschlechtern. Hierauf erwiedere ich : 1) Das Fehlen der Haftlappen hatte ich bisher nur bei einer einzigen Art bemerkt. 2) Es giebt erwachsene Gamasus- Weibchen, welche einen zweigetheilten Rückenschild haben. 3) Die Randfigur wechselt nicht so, dass der Arttypus derselben dadurch unkenntlich wird. Die grosse Mehrzahl meiner Arten — ich selbst nahm G. coieopteratorum, similis und hirtus aus — ist sonach auf zoologisch genügend fixirte Merkmale basirt. Uebrigens sind die in der analytischen Tabelle be- nutzten Merkmale doch nur die am meisten in die Augen fallenden. Die Sicherheit der augenblicklich als besondere Formen festzuhaltenden Arten wird erst durch die Ge- sammtbeschreibung begründet. Ich bin aber tiberzeugt, dass wohl keine der von mir beschriebenen Gamasus- Arten mit einer zweiten von mir beschriebenen genetisch zu- sammenhängt. Herpetologische Studien. (Fortsetzung ^). Von Dr. J. von Bedriaga. Hierzu Tafel XVII und XVIII. Dem Andenken Dr. V. Brüggemann's, Beamten am British-Museum, gewidmet von seinem Verehrer Dr. J. v. Bedriaga. Meinem Vorsatze getreu, jedes Jahr um ein oder den anderen Punkt beliufs Erforschung der insulanischen Rep- tilien vorzurücken, machte ich im Herbste des vergangenen Jahres einen Ausflug auf die Balearen. Diese Inselgruppe ist bekanntlich wenig und nur in der letzten Zeit von Na- turforschern bereist, und besonders in Bezug auf die Rep- tilien mangelhaft erforscht worden. — Meines Wissens weist die Literatur nur folgende herpetologische Schriften über die Balearen auf: Ramis y Ramis, Specimen animalium, vegetabilium et mineralium in insula Minorica frecuentiorum. — Ma- gone 1814. Braun, Lacerta Lilfordi und Lacerta muralis. Barcelö y Combis, Catalogo de los reptiles y de los moluscos terrestros y de agua dulce observados en las islas Baleares. — Palma de Mallorca 1876. Das erstgenannte, nach der Angabe des Autoren (Vergl. die Einleitung), bereits seit mehr als einem Jahrhunderte 1) Vergl. Archiv für Naturgeschichte. XXXXIV. Jahrg. 1. Bd. S. 260. 244 J- von Bedriaga: verfasste Werk ist mangelhaft und entspricht den Forderun- gen der Neuzeit nicht. Die Arbeit Braun 's behandelt, wie bereits der Titel andeutet, die Mauereidechse und zwar nur diejenige Menorka's und der kleineren Inseln an der menorquinischen Küste. Endlich liefert uns der Katalog Barcelö's eine Uebersicht, obgleich ohne jegliche nähere Beschreibung, der auf den Balearen vorkommenden Re- ptilien. Wenn auch letztere von Nutzen ist, lässt sie viel zu wünschen übrig. So z. B. beschäftigt sich dieser Ca- talog ausschliesslich mit den Reptilien, die auf Mallorka und Menorka vorkommen. Nur ausnahmsweise wird der Lacerta Lilfordi und Bufo viridis von zweien anderen In- seln, der Isla Ayre und Ibiza, gedacht, und dennoch nach der reichen Ausbeute von Lord Lilford und Dr. M.Braun zu urtheilen, müssen die Balearen in sich manchen Schatz verbergen. In der Hälfte des August-Monats landete ich im Hafen von Menorka Mahon, mit dem speciellen Wunsche, die An- gabe Ramis y Ramis (D. Juan) „es komme daselbst der Triton punctatus" vor, zu verificiren. Von Herrn J. Rodri- guez y Femenias, dem ich hier für seine Zuvorkommen- heit meinen Dank ausspreche, unterstützt, bereiste ich die Insel und ertheilte allerseits Ordre, mir von allem Krie- chenden, was auf der Insel aufzutreiben sei, einiges zu verschaöen, erstand aber jedoch, muthmasslich wegen der damals herrschenden Dürre, nur die interessante Lacerta Lilfordi, ferner Emys europaea und Testudo graeca. Mit dieser dürftigen Ausbeute wandte ich mich nach Mallorka. Der Erfolg meiner Excursionen auf dieser Insel war gleich Null. In den mir von Prof. Barcelö y Combis genann- ten Localitäten fand ich weder die in der nächsten Um- gebung von Palma sonst so gemeine Coronella cucullata Geoffr., welche ich mit den aus Algier und Lampedusa stammenden Exemplaren zu vergleichen beabsichtigte, noch eine einzige erwachsene Lacerta muralis. Die alles sengende Hitze und grosse Trockenheit, welche in der Regel in den Monaten Juli, August und September auf den Balearen herrscht, war während meines dortigen Aufenthaltes unge- wöhnlich stark und zwang zweifellos die Reptilien sich in Herpetolog-ische Studien, 245 ihre Verstecke. zu flüchten. — Die Ausflüge auf die in der Bucht von Palma liegenden kleineren Felseninseln erwie- sen sich ebenfalls fruchtlos; auch glaube ich kaum, dass dieselben, sogar wenn zur günstigen Jahreszeit besucht, ein erspriessliches Feld für den Eeptiliensammler wären. Es blieben mir in Folge dessen von den relativ leichter erreichbaren Inseln um Mallorka nur die Cabrera und Dra- goneras Insel übrig. Da erstere eine grosse Anzahl Ziegen auf seinen Triften beherbergt und daher wohl keine oder nur wenige Reptilien aufzuweisen hat, beschloss ich nur die Isla del Dragoneras (Drachen- = Gecko-Insel) zu be- suchen. Mit allem Nöthigen durch die Güte des Prof. Barcelö versehen, von acht Leuten, darunter auch erfah- renen Schiffsleuten, begleitet, brach ich an einem glühenden August- Vormittage auf. Ich will hier zugleich bemerken, dass einige Vorsichtsmassregeln bei dieser Excursion un- entbehrlich sind. Es gibt nämlich zw^ei Routen, auf wel- chen man diese Dracheninsel erreichen kann. Die eine von Palma aus per Wasser ist die längere (sie dauert etwa 8—9 Stunden), aber gefahrlosere, die andere (ebenfalls von Palma aus) per Land nach Andraix (spanisch Andratsch), dann nach dem kleinen Hafen, von wo aus man sich zu Boot auf die Insel begiebt. Meine Wahl fiel auf diese zweite, kürzere Route, welche jedoch mit bedeutender Ge- fahr verbunden ist, und zwar, weil in der Meerenge, welche die Isla del Dragoneras von Mallorka trennt, der Strom und Luftzug von reissender Gewalt sind ; ausserdem ist die Richtung des Windes so rasch und häufig wechselnd, dass nicht selten zwanzigrudrige Boote an die Felsen ge- schleudert und zerschellt w^erden. Glücklicher Weise wehte gerade an jenem Morgen ein günstiger Wind und wir er- reichten die malerische Insel nach einstündiger Fahrt. Diese Insel ragt mauerartig steil aus der Brandung empor. Hoch oben thürmen sich drei gewaltige Felspyra- miden auf, von denen die bedeutendste von einem Leucht- thurme gekrönt ist. Die Höhe dieser Felspyramide wird auf 300 bis 400 Meter geschätzt. Der Umfang der Insel ist mir unbekannt, nach der Angabe der Einwohner braucht man vier Stunden die Insel zu umgehen. Sie liegt an der 246 J. von Bedriaga: Westküste von Mallorka und wird aus weissgelbem bis weissgrauem Kalk gebildet. Die Vegetation ist spärlich, jedoch viel reicher, als es auf der durch die Lacerta Lil- fordi bekannt gewordenen Ayre-Insel der Fall ist. Hie und da trafen wir nicht sehr hohe Olivenbäume, Gebtisch und eine Menge distelartiger Pflanzen. Die Insel ist nur von einem Leuchtthurmwächter und einer Fischerfamilie, deren Haus am Hafen steht, bewohnt. Wir suchten vor allem Asyl an der Mauer dieses Hauses vor den brennenden Son- nenstrahlen. Kaum hatten wir den Hof betreten, als ich schon mehrere Eidechsen auf der Mauer herumhuschen sah. Es waren murales^ jedoch erschienen sie mir dunkler als die typische Form, heller dagegen als die Lilfordischen Eidechsen. Die improvisirte Jagd auf die Thierchen war überaus schwierig, da die Spalten der primitiv gebauten Mauern ihnen die besten Verstecke boten. Endlich gelang es uns, ein Exemplar zu erbeuten; es gehörte einer neuen Varietät von muralis an ! Ihr Rücken war blaugestreift, ihr Schwanz blaugrün colorirt. Zu Ehren des rühmlichst be- kannten Magenta -Zoologen und ausgezeichneten Reptilien- kenners E. H. Griglioli, gegenwärtigem Professor zu Flo- renz, benenne ich dieses reizende Thierchen Lacerta mu- ralis var. Gigliolii. Wenn mir auch der Versuch eine möglichst genaue und auf authentischen Exemplaren begründete Uebersicht und Beschreibung der herpetologischen Fauna der Balearen wegen der erwähnten Gründe zu liefern, misslungen ist, so habe ich wenigstens die Genugthuung, Material zur Kenntniss der Lacertae murales von Südeuropa gesammelt zu haben. Ehe ich zur Beschreibung des Farbenkleides der Lac. var. Giglioli übergehe will ich einer für meine Hypothese über die Farbenausbildung bei den Eidechsen wichtigen Thatsache erwähnen. Die Mauereidechse von der Drago- neras-Insel variirt nämlich sehr stark in ihrer Färbung und steht in Folge dessen im Gegensalze zu jenen constanten insulanischen Formen wie z. B. Lacerta muralis var. fara- glioniensis und Lac. muralis var. Lilfordi. Auf der Südseite der Dracheninsel trifft man die Giglioli-Eidechse mit sa- Herpetologische Studien. 247 phirblauen und grün-blauen Rückenstreifen. Es kommen aber darunter auch Exemplare vor, denen diese Streifung fehlt, oder solche, die nur eine kaum merkliche Spur derselben besitzen. Während die beiden letztern auf der gegen die Mittagssonne gewendeten Seite der Insel selten zu sehen sind, bewohnen jene ausschliesslich die Nordseite. I. Lacerta Tmiralis rar. Gigliolli. a. Körpergestalt und Grösse. Während der nach vorn zugespitzte, verschmälerte, einer vierseitigen Pyramide ähnlich sehende Kopf der mu- ralis var. Gigliolii uns an die muralis var. Lilfordi erin- nert, ist ihr Körper im allgemeinen schlanker und ge- streckter, als bei der letzteren. Die behufs Vergleichung mitgebrachten Lilfordi-Männchen zeichnen sich von allen übrigen bisher bekannten murales durch ihre beträchtliche Eumpfbreite aus, welche ihnen ein wohlgenährtes und scheinbar schwerfälliges Aussehen verleiht. Dagegen fand ich diese Eigenthümlichkeit nur bei einem alten Gigiioli- Männchen. Der Discus orbitalis ist beim männlichen Ge- schlechte winklig erhoben, beim Weibchen dagegen bildet er einen sanften Bogen. Ausser dieses Geschlechtsunter- schiedes ist noch eines anderen wichtigen zu gedenken. Der Schwanz bei den männlichen Individuen ist nämlich relativ kürzer, als bei den weiblichen. Die Gesammtlänge meines grössten Männchens beträgt I7V2 cm, dabei ist aber zu bemerken, dass das betreffende Exemplar zweifellos einen regenerirten, 10 V2 cm langen Schwanz besitzt und dass ich mehrere Eidechsen von dieser Varietät mit längeren Schwänzen angetroffen habe, derer ich jedoch leider nicht habhaft werden konnte. Die Länge des Kopfes beim Männchen beträgt 17 mm, die des Rum- pfes 70 mm; grösste Kopf breite = 9V2 mm, grösste Kopf- höhe 8 bis 9 mm. Die Ansatzstelle des Pileus an den Rumpf zählt 5V2 bis 7 mm. Der Umfang des Halses be- trägt 40 mm. Die Haut am Halse bildet ähnlich wie bei der Lilfordi-Eidechse stark ausgeprägte Falten. Die Weib- 248 J, vonBedriag'a: eben sind 156 mm lang. Ihr Kopf misst 14 mm ; ihr Schwanz 100 mm. Die Länge des Rumpfes zählt 55 bis 56 mm. -b. Aeussere Körperbedeckung. Kopfschilder: Das Stirnschild ist nach vorn entweder einfach winklig geformt oder sanft abgerundet. Die Ge- stalt der Frontonasalschilder wird dadurch beeinflusst. Das Internasalschild erweist sich beim Weibchen etwas länger als beim Männchen, eine Eigenthtimlichkeit, welche übri- gens allen murales zukommt und theilweise die relativ länger gestreckte Gestalt des Kopfes beim Weibchen ver- ursacht. Die Form der übrigen Schilder der Kopfdecke weicht so gut wie gar nicht von jener der Lac. Lilfordi ab. Die von Braun der letzteren zugeschriebene Unbe- ständigkeit in der Beschilderung der Schädeldecke konnte ich bei der unserigen nicht wahrnehmen, möglicherweise aus dem Grunde, weil mir nur eine zu unbedeutende An- zahl dieser Thiere zur Verfügung steht. Dagegen fand ich Schwankungen in der Tiefe der Furchen, welche die ein- zelnen Schilder des Pileus trennen. Die zur Vergleichung gezogenen murales aus anderen Gegenden ergaben dieselbe Unbeständigkeit. Es darf daher die mehr oder weniger stark ausgesprochene Furchung nicht, wie Camerano^) es zu thun geneigt ist, als ein specifisches Merkmal gelten. Ich will hier zugleich bemerken, dass die Ränder der Kopf- schilder öfters einen Schliff tragen, welcher die Furche stärker hervortreten lässt. Die Schläfen sind verhältnissmässig grob gekörnt. In der Mitte ist ein ovales oder anders geformtes Masselericum vorhanden. Das Tympanale, das zuweilen in zwei oder drei Theile getheilt ist, liegt am vorderen oberen Rande der Ohröffnung. In Betreff der Ober- und Unterlippenschil- der, der Unterkieferschilder und des Halsbandes ist nur anzugeben, dass sie mit denen der Lilfordi-Eidechse über- einstimmen. 1) Considerazioni sul Genere Lacerta Linn. e descrizione die due nuove specie (Atti della Reale Accademia delle Scienze di To- rino, Vol. XIII. 1877). Herpetologische Studien. 249 Rtickenschuppen und Bauclischilder : Nach den Sei- ten zu und zwar nahe der ersten Ipngitudinalen Bauch- schilderreihe nehmen die Rückenschuppen in ihrer Grösse zu, dabei ändert sich ihre Gestalt. Auf jedes Bauch- schild kommen eigentlich vier quere Schuppenreihen ; da aber die Körner an den Flanken grösser erscheinen, schiebt sich die vierte Reihe zwischen die Bauchschilder ein. Die üebergangsglieder jener zu diesen bilden die sogenannten Oberschilder, welche muthmasslich den „rangees margi- nales" von Latreille entsprechen. Auf jedes Oberschild- chen gehen, wie es übrigens bei allen balearischen Formen der Fall ist, zwei Querreihen von Rückenschuppen. Unten laufen letztere spitzwinklig zu. Nicht selten werden zwei Oberschilder angetroffen. Die Rückenschuppen selbst wei- chen in ihrer Gestalt von denen der Lilfordi-Lacerta so gut wie gar nicht ab. — Aus dem eben Gesagten geht her- vor, wie es schon Braun treffend bemerkt hat, dass die Bauchschilder nichts anders als Rückenschuppen sind, welche an Dimension zugenommen haben. Die Zahl der longitudinalea Bauchschilderreihen ist die für Lacerta mu- ralis typische, nämlich 6. Es sind circa 22 Querreihen von Bauchtafeln, dazu kommen noch zwei transversale Rei- hen, welche aus 2 und 4 Schildern bestehen und an das Anale grenzen. Die Gestalt der Schilder ist durchaus mit jener der übrigen murales gleich. Das grosse fünfeckige Anale ist vorn von einem aus 6 grösseren polygonalen und aus einer Anzahl kleineren nach aussen liegenden Schil- dern, welche einen Halbkreis bilden, umgeben. Die Schwanzschuppen tragen einen deutlich ausge- prägten Kiel und sind an ihrem freien Ende leicht abge- rundet. Die Zahl der Schenkelporen schwankt zwischen 20 und 23 jederseits. Die Reihen haben in der Mittellinie des Bauches einen äusserst kleinen Zwischenraum, etwa IV2 bis 2 mm. c. Färbung und Zeichnung. Das ungemein starke Variiren in der Auswahl der Farbe und der Zeichnung habe ich schon in der Einleitung 250 J. von Bedriaga: berührt, es bleibt mir noch hinzuzufügen, dass die Weib- chen der Gigliolischen Eidechse brillanter nuancirt sind, als die Männchen. Da die beigegebene Abbildung ein weibliches Individuum darstellt, werde ich mit der Be- schreibung derselben beginnen, indem ich die Farbenvarie- täten einzeln vorlegen werde. 1. Exemplar. $. Die Schädeldecke dieser in meinem Besitze sich befindenden Eidechse, welche ich leider aus dem Grunde, weil sie einen verkümmerten Schwanz besitzt, nicht abmalen konnte, ist hellnussbraun und mit kleinen schwar- zen oder dunkelbraunen Flecken geziert. Hie und da sind blaugrüne Mackeln angedeutet. Diese Mackeln sind gut ausgesprochen auf den Wangen und den oberen Nasen- schildern, sowie auch auf dem anliegenden Internasale. Scutum nasale erweist eine blaugrüne Tendenz. Das zweite obere Augenschild, das hier ausnahmsweise in zwei Theile getrennt ist, ist prachtvoll blaugrün. Die Supra- labialia sind auf röthlichem Grunde blaugrün und dunkel- braun gefleckt. Die Schläfenschilder sind abwechselnd grün, blau, schwarz und braun colorirt. Das Massetericum er- scheint dunkelbraun. Die Unterlippenschilder entsprechen in ihrem Colorit den Oberlippenschildern. Die Kehle ist auf orangerothem Grunde blaugrün gespritzt. Die Grund- farbe des Rückens ist blaugrün. Bei näherer Untersuchung nimmt man vier, aus kleinen Flecken bestehende, braune Streifen wahr, welche die Mittelzone des Rückens einneh- men. Auf hellnussbraunem Grunde der Seiten erblickt man blaugrüne Augenflecken, welche in drei parallelen Reihen angeordnet sind. Eine dunkelbraune Zickzack- zeichnung hebt letztere schärfer hervor. Die Farbe des Bauches gehört jener Categorie an, welche keinen Namen hat und welche sich nur schwer auf Papier wiedergeben lässt. Ich glaube nicht irre zu sein, wenn ich sie als grauroth bezeichne (vergl. Tafel XVII Fig. 4). Die erste Längsreihe der Bauchschilder ist saphirblau, die zweite ist blau gefleckt. Die mittleren Reihen sind in der sonderbarsten Art und Weise blau, ordnungslos und äusserst fein gestreift (vergl. Tafel XVII Fig. 5). Das Anale trägt in der Mitte einen grossen lila- blauen Flecken, welcher Herpetologische Studien. 251 blaue Terästelungen nach aussen zu sendet. Unterhalb der Afterspalte sind die wenig ausgebildeten, weichen Schup- pen hell-lila. Der zum Theil verkümmerte Schwanz ist oben blaugrün, stellenweise aber saphirblau, unten cafe au lait oder röthlich mit einer Andeutung von metallisch Grün. Die Oberseite der vorderen und hinteren Extremitätenpaare ist hellnussbraun, dunkelbraun und blaugrün gefleckt. Letz- tere Tinte erscheint in der Ocellusform und wird gewöhn- lich von einem dunkelbraunen Ringe umgeben. 2. Exemplar. $. Vergl. die beigegebene Abbildung. In der Färbung der Unterseite des Körpers ähnlich dem vorigen Exemplare. 3. Exemplar. cT- Die Grundfarbe des Männchens ist vorwiegend hellnussbraun, nur gegen den Schwanz zu wird sie dunkelblau. Aus diesem blauen Felde nehmen vier parallele, anfangs ebenfalls dunkelblaue, dann aber grünblaue ununterbrochene Streifen ihren Ursprung. In der Halsgegend verfärben sie sich jedoch und sind kaum von der Grundfarbe zu unterscheiden. Dieser Uebergang der Färbung ist ungemein schwer bildlich darzustellen, und ich habe daher vorgezogen, vorläufig keine Abbildung der männlichen Giglioli-Eidechse beizufügen. Die braun colo- rirten Theile des Rückens werden durch eine meistens stark entwickelte schwarze Zeichnung durchzogen. Diese Zeich- nung tritt besonders in der Mittellinie der Oberseite her- vor. Die dunkelbraunen Seiten des Körpers werden von grüngelben Ocelli geziert. Die Oberseite des Schwanzes ist schön blau, die des Kopfes braun und dunkelbraun ge- fleckt. Die Kopfspitze ist prachtvoll grünblau. Die Wan- gen sind wie beim Weibchen gefärbt. An den Seiten und der Unterseite des Schwanzes wechseln metallisch grüne und blaue Schilder untereinander ab. Die untere Seite des Körpers, also die mittleren Bauchschilderreihen, der Hals und die Extremitätenpaare sind schön grauröthlich zu nen- nen. Die erste und die nach aussen liegende Hälfte der zweiten longitudinalen Bauchschilderreihe sind dunkelblau, die übrigen Reihen sind ähnlich wie beim Weibchen äus- serst zart dunkelblau gestreift. Die von mir untersuchten jungen Exemplare der Lilfordi-Eidechse lassen ebenfalls 252 J. von Bedriaga: auf ihrem blauen Grunde dunkelblaue, beinahe schwarze Streifen wahrnehmen. Mehrere neapolitanische Mauer- eidechsen besitzen ebenfalls eine analoge hellblaue Strei- fung. Auf dem Anale finden wir wiederum einen lilablauen Flecken. Die die Afterspalte von unten begrenzenden Schup- pen oder Schildchen sind gleichfalls lilablau. Eine An- zahl von Halsschuppen und Schilder der Unterseite der Extremitäten sind blaugrün. Die übrigen, mir vorliegenden Männchen dieser Va- rietät sind viel einfacher gekleidet. Die soeben beschrie- benen blaugrünen Streifen sind bei diesen nur spurweise angedeutet. Am schärfsten tritt das blaue Colorit in der Schwanzwurzelgegend hervor. Die Oberseite der Extremi- tätenpaare und die Seitenregionen des Körpern sind mei- stens einförmig hellnussbraun. Der Kopf entbehrt der grü- nen und blauen Fleckung. Die Schädeldecke erscheint dunkelbraun. Die Wangen sind spärlich geflekt. Die erste und theilweise die zweite longitudinale Bauchschilderfolge behält dagegen ihr Colorit. Die Oberschildchen sind wie bei den vorhergehenden Exemplaren dunkelblau, auch sind die mittleren, röthlichen Reihen wie dort zart blau um- säumt. Die blaue Streifung der einzelnen Tafeln ist hier nur spurweise vorhanden. Das Anale enthält in den mei- sten Fällen einen bläulichen Flecken in der Mitte. Die Schwanzschilder sind abwechselnd röthlich braun und grün colorirt. Die Färbung der Jungen ist kaum von der der Alten abweichend, nur fällt bei ihnen der metallischgrüne Schwanz auf, der bei den ausgewachsenen Exemplaren zum grössten Theil blau ist; auch ist ihre Bauchseite weniger intensiv colorirt. Zweifelsohne ist unsere neue Eidechse eine durch Aussenumstände veränderte Lacerta muralis fusca der grös- seren Balearischen Inseln, welche keiner weiteren Beschrei- bung bedarf (Vergl. Braun, Lacerta Lilfordi und Lacerta muralis. Arbeiten aus dem zoologisch-zootomischen Institut in Würzburg. IV. 1877). Die Vergleichung dieser beiden Herpetologische Studien. 253 Eidechsen ergiebt im Allgemeinen, abgesehen einiger un- tergeordneter Merkmale, welche alle als individuell zu be- trachten sind, eine vollständige Uebereinstimmung. Die Ableitung selbst glaube ich hier unterlassen zu können, da Jedermann im Stande sein wird, dieselbe nach den schon existirenden Schablonen sich zu vergegenwärtigen. Ich will nur kurz bemerken, dass die von mir erbeuteten Gi- glioli-Lacerten die Grösse der mallorquinischen und menor- quinischen haben und dass sie in diesem Punkt mit der var. Lilfordi, nicht aber mit der var. faraglioniensis, welche bekanntlich grösser und kräftiger gebaut ist, als ihre Stammform, übereinstimmen. Die Unbeständigkeit des Co- lorites der var. Gigliolii dagegen bedarf, da sie im strikten Gegensatze zu dem constanten Farbenkleide der bis jetzt bekannten murales der kleineren Inseln steht und eine neue Erscheinung für uns ist, einer eingehenden Er- örterung. Wenn wir uns zu dem Fundort selbst der var. Gigliolii wenden und ihn mit der Isla del Ayre, jenem bekannten Wohnorte der var. Lilfordi vergleichen, so er- giebt sich, dass ihre Charactere grundverschieden sind. Ein flüchtiger Blick auf die Karte genügt, um uns zu zeigen, dass die Dracheninsel sowohl, als auch die Ayreinsel Theile der ihnen zunächst liegenden, grösseren Inseln sind. Un- tersuchen wir sie näher, so ersehen wir, dass beide die Charactere der Mutterinseln bewahrt haben. Die flache, aus weissgelbem Kalksteine gebildete, vegetationslose Isla del Ayre ist im kleinen das Ebenbild Menorka's. Die aus mächtigen Felsen bestehende Isla del Dragoneras ist nur als ein Endpunkt der auf Mallorka gegenüber liegenden Bergkette zu betrachten. Wie diese Sierra ist auch die Insel, wenn auch nur spärlich mit Vegetation bedeckt, welche stellenweise Schatten zu bieten vermag. Ausserdem gewähren die Bergausläufer auf der Dragonera gewisser- massen Schutz gegen die afrikanische Sonne, welche hier und besonders auf der entblössten Ayre-Insel alles brennt und sengt. Dem entsprechend, wie stark auch der Einfluss der Sonnenstrahlung ist, treffen wir auf der Isla der Ayre neben Menorka eine, im wirklichen Sinne des Wortes, aus- gebildete Negerrace von dem dort einzig und allein leben- 254 J. von Bcdriag-a: den Wirbelthiere — die Lac. Lilfordi — an. Auf der Dracheninsel dagegen, deren Character mehr menschliches in sich birgt, finden wir eine lichtere, ebenfalls dort allein lebende Lac. muralis var. Gigliolii. Jedermann, der die beiden Inseln besuchen und die äusseren Verhältnisse, in welchen die erwähnten nahverwandten Eidechsen sich be- finden, Studiren würde, wird sicher ohne besondere Expe- rimente und ohne Anfertigung einer unendlichen Zahl von Querschnitten etc., welche dennoch nicht die Function des die Hautdecke färbenden Elementes uns zu zeigen vermö- gen, auf die im wahren Sinne des Wortes überraschende Uebereinstimmung der Aussenumstände mit der Erschei- nung an der Mauereidechse stossen. Unter den „Aussen- umständen" meine ich nicht etwa den Einfluss der Farbe des Bodens auf den Organismus, sondern die Macht der Sonnenstrahlung auf den genannten Inseln. Von einer An- passung an den Boden kann bei der Gigliolischen Eidechse ebensowenig wie bei der Lilfordischen und Rasquinetischen die Rede sein (vergl. meine Herpetologische Studien, Archiv für Naturgeschichte. XXXXIV Jahrg. LBd.1878. S.260). In Betreff der maltesischen Negerrace der Lac. filfolensis liegt mir folgende Mittheilung vor, welche ich der Güte meines unvergesslichen Freundes Dr. F. Brügge mann, ehemali- gen Assistenten am British-Museum, verdanke : „Der Fiifolfa- Feisen dürfte nicht weit von Malta entfernt und auch nicht schwer zu ersteigen sein^). Wie mir Capt. Feilden^) mittheilte, ist der Boden miocene Ablagerung — ich glaube Kalk — und von heller weisslicher Farbe, also nichts we- niger als blauschwarz. Oben ist ziemlich üppiger Pflan- zenwuchs; ich habe Capt. Feil den deswegen ausdrücklich näher befragt, aber, wie schon erwähnt, die Einzelheiten wieder vergessen. Ich meine mich zu erinnern, dass er die Zahl der dort wachsenden Pflanzenarten auf 20—30 veranschlagte; er nannte mir auch einige der Gattungen." 1) Nach eingezogenen Erkundigungen soll der Filfola-Felsen 1^/4 englische Meile von Malta entfernt sein. Er ist eine Meile lang und V2 Meile breit, hoch, senkrecht und unbewohnt. 2) Ich glaube mich erinnern zu können, dass Capt. Feil den der Entdecker der Lacerta filfolensis gewesen ist. Herpetologische Studien. 255 Diese MittheiluDg finde ich neuerdings von Prof. E. H. Giglioli bestätigt. In der Numjuer der „Nature" vom 5. December 1878 heisst es: „In a communication sent to you by my friend Mr. Wallace under the title „remarkable Local colour-variation in Lizards" published in Nature vol. XIX. p. 4 mention is made of the well known case of Lacerta (Podarcis) muralis var. faraglioniensis, only found on the outer Faraglione of Capri, but there are many similar eases to my knowledge, and I add a note of them, for the fact although unexplained, is one of great interest. During the last two years, while engaged in forming a complete series of the Italian vertebrate animals, I have visited and explored most of the Mediterranean Islands included the italian sub-region, and I have invariably found that our common lizard (Podarcis muralis) constantly presents dark varieties on islets adjoining small Islands, this is the case on the Scuola near Pianosa, on the Sioglio di Mezo- giorno off Palmarola (Ponza) on S. Stefano off Ventotene, on the Toro off Vacca (Sardinia) on Lisca nera, Lisca bianca and Bottaro off Panaria (Lippari) onFilfla off Malta and on Linosa near Lampedusa. The extreme cases are those of the Faraglione off Capri and Filfla, where a nearly intense black is obtained; next comes Toro, and next Li- nosa; only the latter case might be explained by the „struggle for existence" theory, for the lava rocks of Linosa are black, but such is certainly not the case with the other islets, and pace Dr. Eimer, the Faraglione is gray, while Filfla — on which I spent a pleasant day in Octo- ber last — is plainfully white in the glaring Maltese sun, so that its black lizards are most conspicuous. I may add that few creatures I know, very more in colour than Po- darcis muralis, even in the same locality ; two most distinct varieties occur promiscuously on the small flat islet For- mica di Grosseto." A. Leith Adam 's Angaben über diesen Gegenstand stehen im strickten Widerspruche zu denen von Capt. Feil- den und Prof. Giglioli und nähern sich jenen von Ei- mer. In derselben Zeitschrift vom 21. November 1878 lesen wir unter Anderem folgendes: „Filfla is about 600 256 J. von Bedriaga: yards in circumference and three miles distant from Malta. It is formed of the upper miocene limestone. There is no verdure one this rockislet, the surface of which is dark coloured, wliilst its crevices shelter the lizards (Lacerta filfolensis!) and furnish abodes for the nests of Manx and cenereous shearwaters, whose docility at the breeding-season is equally remarkable, both reptiles and birds being like their compeers of Enoch arden's Island so wild that they were tarne. Probably the dark colour is protective, and thus consorting well with the surrounding surfaces, would tend to preserve them from the harriers, buzzards and howks which tarry in the Maltese Islands during the spring and autumn migration." — Diese ganz im Sinne Eimer's ver- fassten Zeilen werden von einer Hinweisung auf Eimer's Werk begleitet! Die auf dem Filfola- Felsen wohnende Eidechse hatte ich inzwischen Gelegenheit bei Herrn La taste zu sehen und will daher hier Folgendes einschalten. Diese Lacerta ist, wie ich es vorausgesehen hatte (vergl. meine herpeto- log. Studien. Archiv f. Naturg. 1878), eine veränderte Lac. muralis neapolitana. Auf dem schwarz gefärbten Rücken sind zahlreiche dunkelgrüne Ocelli, Ueberbleibsel der ur- sprünglichen Grundfarbe, vertheilt, welche durch die sich üppig entwickelnde und als Grundton jetzt figurirende schwarze Zeichnung verdrängt worden ist. Die Seiten des Körpers, die Kopfdecke, die Oberseite des Schwanzes und die Extremitätenpaare sind, wenn ich nicht irre, schwarz. Die Wangen ebenfalls nur blau gefleckt. Die Unterseite des Körpers mit Ausnahme des medianen Paares der Bauch- schilder, welche ein bräunliches Colorit aufweisen, ist dun- kelblau gefärbt. Ob die Lacerta muralis var. filfolensis, deren primi- tive Grundfarbe nicht gänzlich verdrängt ist, recenter als die var. faraglioniensis ist oder ob der Ptlanzenwuchs, des- sen Brügge mann in seinem Briefe gedenkt, das gleich- massige Auftreten der schwarzen Farbe hemmt, bleibt un- entschieden. Es bliebe in Betreff der Lac. faraglioniensis nur noch zu entscheiden, ob wir es mit einer Anpassung an den Herpetologische Studien. 257 Boden zu thun haben. In einer in München im Jahre 1877 stattgefundenen Naturforscherversammlung unterhielt Eimer die Anwesenden mit Beobachtungen, die er über das Va- riiren der Mauereidechsen angestellt hatte. Aus einem Be- richt über diesen Vortrag ersehe ich, dass Eimer nach der Restauration seines in Trümmer zerfallenen Werkes spähet. Da aber das Material des Gebäudes, sei es auch so fest wie der Faraglione-Felsen selbst, dem schonungs- losen Wind und Wetter ausgesetzt, gelitten hat, so wird nun ein neues Element eingeführt in Form von einem Ueber- zuge mikroskopischer Flechten. Die Farbe des Felsens soll, heisst es in jenem Auszuge des Vortrages, vorzüglich von diesen Flechten herrühren und ist dieselbe graublau, fleckenweise sogar schwarzblau. Rothgelbe Farbe soll zu- fälliger Weise nur gerade auf derjenigen von den Eidechsen unbewohnten Wand des in Frage stehenden Faraglione sein, welche bei der gewöhnlichen Ansicht vom Lande aus in die Augen falle und rühre dieselbe her von einem Ueber- zug von aus früher herabgefallenem Wasser niedergeschla- genem Eisenoxydhydrat. Es seien mir nun folgende Bemerkungen über den wört- lich übergebenen Passus des Vortrages von Eimer ge- stattet. Ob Flechten überhaupt auf der Kuppe des Fara- glione-Felsen vorkommen oder ob sie einen derartigen Ueber- zug zu bilden vermögen, dass sie ihre Färbung dem Ge- stein verleihen, ist Eimer ebenso wenig wie mir selbst bekannt und zwar aus dem einfachen Grunde, weil keiner von uns bis zum Tage, an dem die Versammlung der Na- turforscher zu München stattfand, den Felsen erklettert hatte. In Folge dessenkonnte Eimer nur nach den kleineren Steinen urtheilen, welche ihm der alte, auf Capri durch den Fang der „Lacertole nere^' so populär gewordene und eigentliche Entdecker der L. faraglioniensis, Fischer Giovanni Spa- dar, mitbrachte. Ich sage ausdrücklich „kleinere", weil der Caprese durchaus nicht im Stande wäre, von grösseren oder mehreren Steinen beladen vom steilen Faraglione her- abzuklettern und weil die Heruntersteigung selbstverständ- lich der kritischste Augenblick in der ganzen abenteuer- lichen Partie ist! Nach einem kleinen, losen Theile des Archiv für Naturg. XXXXV. Jahrg. I. Bd. 17 258 J. von Bedriaga: ganzen Gesteins kann kein Urtheil über die Farbe des Bo- .dens gebildet werden; auch darf er nicht in dergleichen dictatorischer Form einer Versammlung von Gelehrten auf- getischt werden. Wie oft sehen wir die Flechten sich stellenweise nur auf ansehnlichen Blöcken einbürgern! Dies hat wohl der Herr Vortragende nicht genügend be- rücksichtigt, trotzdem er sich dessen oft genug in den ihm bekanten Kalkalpen und Apeninnen tiberzeugen konnte. Die Wand aber und nur zufälliger Weise die, welche man vom Lande aus zu sehen bekommt, soll also wirklich, wie ich es für das Ganze angab, rothgelb sein und davon herrüh- ren, dass das herabströmende Wasser sich hier einen Ab- lauf gebahnt und Eisenoxydhydrat als Niederschlag ge- bildet hat. Zwar stimmt letzteres mit dem, was uns die Chemie lehrt, trefflich tiberein, dagegen will es absolut nicht mit den früher niedergelegten Angaben des Vortra- genden harmoniren. Auf Seite 36 der Zoologischen Studien auf Capri, Heft II (Leipzig, 1874) finden wir nämlich fol- gendes: „Dieser Stein (der Faraglione) hat eine graublaue und, wie ich auf der Insel beobachtete, da wo er nur we- nig betreten ist, häufig eine fast schwarzblaue Farbe. So besonders in den Hohlrinnen, Spalten und Klüften, welche an allen dem Unwetter und dem Anprall der See besonders zugänglichen Stellen, aus dem Gesteine heraus- gefressen sind, so dass dieses häufig zu einem Gerippe von scharfen Spitzen, Zacken und Graten zernagt ist. Auf diesem Gestein wird die blaue Eidechse durch ihre Farbe sehr geschützt " Aus der Nachschrift zu seiner Ab- handlung „Lacerta muralis coerulea" von Eimer entnehme ich folgenden Passus. „Wie jeder andere, Wind und Wetter Jahrhunderte lang und länger ausgesetzte Fels zeigt der Faraglione je nach dem mehr oder weniger weit vorge- schrittenen Grade der Verwitterung an verschiedenen Stel- len verschiedene Färbungen und Schattirungen von Farben. Dazu kommt noch der Eintiuss der Beleuchtung, welchen Herr v. Bedriaga möglicherweise zu wenig berticksichtigt hat. Das Gestein an sich ist aber, wie man auf jedem frischen Bruche sehen kann, graublau. Und tiberall da, wo es ohne Ueberzug nackt zu Tage liegt, insbesondere an Herpetologische Studien. 259 vom Wasser ausgewaschenen, zernagten und zerklüfteten Stellen sieht man diese Farbe, wie leicht auf Capri an wenig betreteneu Flächen zu beobachten, sehr schön her- vortreten. Ja in den Hohlrinnen, Klüften und Spalten stei- gert sie sich häufig zu schwarzblau, und dieses tritt, wie ich in meiner vorläufigen Mittheilung sagte, insbesondere dann hervor, „wenn der leichteste Schatten in die vom Regen ausgewaschenen Rinnen fällt". Es folgt deutlich genug aus dem angeführten Paragraphen, dass die schwar- zen Spalten, Klüfte etc. durch Unwetter entstanden und vom Regen ausgewaschen worden sind, dass also das her- abfallende Regenwasser sich einen Ablauf zugesichert hat. So standen die Verhältnisse im Jahre 1874. Jüngst aber, wie wir es aus dem Vortrage beurtheilen können, hat Ei- mer es bequemer gefunden, dem Regenwasser eine neue Richtung zu geben und zwar die der Capresischen Küste gegenüber liegende Wand des Felsens. Auf diese letzt- erwähnten Meinungsverschiedenheiten des Vortragenden, welche nackt zu Tage liegen, kann ich selbstverständlich nicht weiter eingehen und will mich nur mit folgenden Bemerkungen und Fragen begnügen. Falls die auf dem Faraglione sich befindenden Hohl- rinnen Erzeugnisse des Regenwassers sind, warum fehlen sie dann an der Capri gegenüber liegenden Wand, die nach Eimer mit einem Niederschlage von Eisenoxydhydrat überzogen ist ? Dass die Hohlrinnen auf dieser Wand ver- misst werden, folgt aus der von Eimer vorgeführten That- sache, dass die Rinnen dem Felsen eine schwarzblaue Farbe verleihen, die in Rede stehende Wand aber röthlichgelb erscheint. Warum, wenn das herabfallende Wasser auf chemi- schem Wege die rothe Färbung erzeugt, sind die Hohl- rinnen nicht roth, sondern wie Eimer behauptet, schwarz- blau? Zwar setzt Eimer in seinem Satze „rothgelbe Farbe kommt nur vor an senkrecht abfallenden Felswänden, an denen keine Eidechsen sitzen, und rührt her von einem Ueberzuge von aus früher herabgefallenem Wasser nieder- geschlagenem Eisenoxydhydrat" das Wort „früher" absicht- lich ein, um den Leser irre zu leiten. Dieses „früher" ist 260 J. von Bedriaga: hier aber nicht am Platze ; denn wenn die Rinnen Erzeug- nisse der Jahrhunderte wären, so wären sie früh genug- vom Wasser abgespült worden. — Sollten wir uns weiter in die Zergliederung der Eimer 'sehen Ansichten einlassen, so werden wir zur Ueberzeugung gelangen, dass der jüngst zu München gehaltene Vortrag eigentlich auf folgendem, mit Fragezeichen begleiteten Satze gipfelt: „lief das Re- genwasser früher vermittelst der Rinnen und erst später auf jener Capri gegenüber stehenden Wand, welche der Leitung entbehrt oder umgekehrt" ?, ein Satz, den nur der Vortragende zu lösen vermag! Wie schwach die Einwände meines Gegners sind, werden mir wohl die meisten mit der Sache Vertrauten zugeben müssen. Jenen gegenüber aber, welche entweder den Eimer 'sehen Anschauungen sympathisiren oder weniger mit unserer Polemik vertraut sind, will ich hier, umsomehr da das Interesse für das lokale Farbenvariiren bei den Eidechsen neuerdings wieder zu Tage tritt (vergl. die October-, November- und December- Nummern der „Nature"), auf die Widersprüche, Quersprünge und Winkelzüge, welche die Schriften Eimer 's über die Faraglione-Eidechsen bergen, aufmerksam machen. Früher nämlich zeigten die Faraglione-Blöcke nach Eimer blau- graue Bruchflächen, jetzt sollen sie mit Flechten überzo- gen sein! Früher hiess es, der Felsen sei ganz blau, jetzt soll er aber stellenweise rothgelb sein, ja die augenfälligste Wand wird sogar als ganz rothgelb bezeichnet ! Früher war der Faraglione pflanzenleer, jetzt pflanzenarm! Früher waren die Eidechsen alle als constant gefärbt beschrieben, jetzt sollen deren auch schwarze vorkommen. (Lauter Con- cessionen !) Früher sollte die Anpassung durch Auslese von Seiten der Feinde erfolgt sein, jetzt nicht ; vielmehr findet, so zu sagen, eine Reflexion der Bodenfarbe auf die Ei- dechsen statt! Ich muss offen gestehen, dass es mich freuet, aus der Debatte über den Vortrag Eimer 's zu schliesseu, dass die deutschen Gelehrten sich nichts aufbinden lassen und dass der Vortrag eigentlich nichts enthielt, was nicht schon im Voraus in meiner Schrift „Die Faraglione-Eidechse und die Entstehung der Farben bei den Eidechsen. Eine Er- Herpetologische Studien. 261 widerung an Herrn Prof. Th. Eimer" (Heidelberg 1876) widerlegt wäre. Muthmasslich in Folge meines Aufrufes au die die Insel Capri besuchenden Naturforscher, ihre Meinung über die Farbe des Faraglioni zu äussern, bestätigte 0. Seh midt (vergl. das Protocoll der Münchener Versammlung) nicht nur die Angaben Eimer 's bezüglich der Farbe des fraglichen Felsen, sondern überhaupt die „Schilderung Eimer 's", die Thatsache also auch, dass die schwarzblauen Eidechsen die rothgelbe Wand des Felsen vermeiden, eine jedenfalls nicht auf Erfahrung basirende Thatsache, da, wie bereits erwähnt, keiner von den Herrn dem Faraglione einen Besuch abgestattet hat. Auch wüsste ich nicht, warum die var. faraglioniensis. eine geschickte Mauerkletterin, die senk- rechte rothgelbe Wand vermeiden soll ! Erzählt doch schon Keyssler^), dass er die Mauereidechsen hundertweis auf platten Dächern im Frühling liegen sah. „Sie kriechen die Mauern auf und ab, daher kein Zimmer, dessen Fenster oder Thüren offen stehen, vor ihnen sicher ist. Es ist mir selbst widerfahren, dass ich in dem dritten Stockwerke eines steinernen Hauses einmal meine durch Regen nass gewordenen Handschuhe an das Fenster und in die Sonne gelegt hatte, wenige Minuten hernach ein solcher Gast schon in den einen gekrochen war, welchen ich nicht eher be- merkte, als bis ich die Hand in den Handschuh gesteckt hatte." — Auch sind meines Wissens die Wände des Fara- glione-Felsen überhaupt alle senkrecht. Eimer fügt hinzu, Jedermann der auf der Insel in seiner Gesellschaft an Ort und Stelle die Verhältnisse sich angesehen hat, erklärt jede andere Schilderung als die Eimer 'sehe für unbe- greiflich, was gewiss nur auf einem Zufall beruht, da in derselben Sitzung der Münchener Naturforscher- Versamm- lung die Herren C. Calberla und H. v. I bering die Farbe des Felsen nicht blaugrau, sondern einfach grau mit einer kleinen Mischung von gelbroth angaben. Diesel- ben Farben wurden bekanntlich von mir seiner Zeit ge- 1) Reise darch Deutschland, Italien etc. 1730. 262 J. von Bedriaga: nannt, nur mit dem Unterschiede, dass ich das Kothgelb als dominirend anzusehen geneigt gewesen bin^). Trotz- dem die übereinstimmende Färbung der Eidechsen und des Felsen nach Eimer Jedermann auffallen müsste, sehe ich aus einer Mittheilung von A. Wallace^), dass die auf Capri weilenden und sich für die Erscheinung der so eigen- thümlichen Färbung der Eidechse interessirenden Natur- freunde auf den Eimer 'sehen Gedanken nicht gekommen sind. Es heisst vielmehr in dieser Mittheilung „Capri is a mass of usual yellowish-white Apenine limestone forming precipitous cliffs nearly all round the Island. At its Southern extremity are three high and nearly inaccessible rocks called I Faraglioni ...."— Dass 0. Schmidt die Meinung theilt in Bezug der Anpassung der Lacerta fara- glionieusis zum Boden, wundert mich keineswegs ; denn dieser Gelehrte hat uns ja gezeigt, wie weit die Anpassung sich erstrecken kann. Aus der mir vorliegenden ersten Auflage (1873) seines Buches „Descendenzlehre und Darwinis- mus" p. 167 ersehen wir, dass dem Chamäleon eine schü- tzende Verkleidung zugeschrieben wird, eine Ansicht, die längst durch die vortrefflichen Untersuchungen von Milne- Edwards und Brücke widerlegt worden ist. In seinen Kritiken über Eimer's Schriften und meine eigenen ver- langt Vetter^) zur Begründung beiderlei Ansichten Ex- perimente und überlässt dieselben der physiologischen For- schung. Ob diese aber ausreicht, um die einmal einge- schlichenen irrigen Ansichten zu beseitigen, beweist am besten das indirekte Auftreten Schmidt 's contra Brücke. Wenn ich den Leser länger, als ich es beabsichtigte, mit meinen kritischen Bemerkungen aufgehalten habe, so geschah es nur aus dem Grunde, um Herrn Eimer bei einer „weiteren Verwerthung des Mitgetheilten" auf seine wenig stichhaltigen Argumente aufmerksam zu machen und seiue Mitmenschen durch Beibringung anderer Thatsachen 1) Ueber die Entstehung der Farben bei den Eidechsen. Jena 1874. 2) Nature, Nov. 7. 1878. p. 4. 3) Jenaer Literaturzeitung. 18. März 1876 und 9. Juli 1877. Herpetologische Studien. 263 für seine Ansicht zu schonen. Je mehr man Anhänger der Sätze ist, welche die Darwin 'sehe Lehre einem diktirt, umsomehr wird man durch derartige Beiträge zur Dar- win'schen Theorie, welche ihr sicher nicht zu Gute kom- men, unangehm berührt. Wir können von unserer Giglioli-Eidechse, ebenso- wenig wie von der Filfolabewohnerin mit Bestimmtheit behaupten, dass sie ein, so zu sagen, recenteres Product ist, da wir keine Anhaltspunkte haben, um zu glauben, dass die Lostrennung der Isla del Dragoneras der Isolirung von Isla del Ayre folgte und müssen vielmehr die Hem- mung der endgültigen Ausbildung des Farbenkleides, resp. die Verdunklung der Hautdecke, in den Lebensbedingungen suchen. Der monotone, öde Aufenthalt der Lac. Lilfordi bildete eine schwarze und constante Eidechsen-Form aus, dagegen übte das Bizzare der Dracheninsel einen Einfluss auf die Lac. Gigliolii, indem hier, je nachdem sie mehr oder weniger der Sonne ausgesetzt ist, dunkler oder im Gegentheil heller erscheint. Ausser dieser blaugestreiften Form treffen wir auf der Isla del Dragoneras, wie schon erwähnt, die muralis der grösseren Balearen, welche das Gewand, das sie mitbrachte, auch beibehielt. Ihre Kreu- zung mit der dunklen Form wird wohl einen starken Ein- fluss auf den Fortschritt der Farbenbildung der muralis var. Gigliolii ausüben, indem sie selbstverständlich hem- mend wirkt. Wenn auch die Dragonera-Lacerten in ihrer Tracht den bekannten murales der kleinen Inseln nachstehen, so ist sie dennoch von grossem Interesse für die Darstellung der Farbenetappen, welche die Lacerta Lilfordi z. B. in ihrer phylogenetischen Entwickelung durchzumachen haben musste. Trotzdem dass letztere in der postembryonalen Ausbildung der Farbe nicht etwa die Phasen der var. Gigliolii aufweist, ist diese, so zu sagen, eine Uebergangs- form zwischen der Lacerta muralis fusca der grösseren Balearen und der Bewohnerin von Ayre-Insel. Höchst wahr- scheinlich steht sie zu der Lilfordischen Eidechse in dem- selben Verhältnisse wie jene auf den Felsen „Galli," zwi- schen Amalfi und Capri, lebende Race zur Lac. faraglio- 264 J. von Bedriaga: niensis. Zur schnelleren Uebersiclit der Verwandtschafts- verhältnisse mag folgende Zusammenstellung dienen; Isla [ Var. Lilfordi 2 del I j Ayre. [Var. Gigliolii Var. Gigliolji (Isla del Dragoneras) Lacerta muralis fusca von Mallorka and Menorka Lebensweise. Die Jagd auf die Gigliolische Ei- dechse ist äusserst schwierig. Ungeachtet dessen, dass sie unter den Reptilien keine Feinde auf der Dracheninsel besitzt, ist sie muthmasslich durch die Vogelwelt so sehr eingeschüchtert, dass man alle Kunstgriffe ausnützen muss um ihrer habhaft zu werden. Auch bietet die Natur ihres Wohnortes eine Unmasse von Schlupfwinkeln in Form von Spalten u. s. w, aus welchen sie sich gar zu schwer her- yorlocken lässt. Ich erbeutete nur ein einziges Exemplar m der Nähe des Hafens, wo sie mir selten begegnete. Meine iibrigen Exemplare fing ich in der Umgebung des Leucht- thurmes und zwar auf der Südseite, wo sie aber auch nicht m der Unmasse wie die Lilfordi-Eidechse auf der Ayre- Insel haust. Ueber das Gefangenleben dieser Lacerta habe ich wenig hinzuzufügen. Die mir übrig gebliebenen fünf Individuen haben ihr unfreundliches Wesen eingebüsst und nehmen gern Futter aus der Hand. Mit sichtlichem Ver- gnügen lecken sie, wie auch alle andern Eidechsen, rohes zusammengeschlagenes Eigelb. Mit der Lilfordi-Varietät vertragen sie sich so weit ausgezeichnet. Das Vermögen, Laute von sich hören zu lassen, vermissen sie und bilden daher, wie auch alle andern ihnen nächst Verwandte einen Gegensatz zu der Tropidosaura algira und den Psammo- dromus hispanicus. Letztere beide Arten hatte ich Gele- genheit vorigen Herbst in Spanien zu beobachten und kann mit Bestimmtheit behaupten, dass sie beim Fangen ähn- lich den Mäusen quiken. IL Lacerta muralis var. Latastei. Dem hochverdienten Zoologen und würdigen Nach- folger der berühmten französischen Beförderer der Herpe- Herpetologische Studien. 265 tologie, Vice-Präsident der Societe Zoologique de France, F. La taste, zu Ehren, benenne ich eine braun gekleidete Lacerta muralis neapolitana, welche ich im Sommer des vergangenen Jahres auf Ponza, einer im Tyrrhenischen Meere der Rhede von Terraciua und dem Vorgebirge Cer- cello südlich gegenüber liegenden Insel, erbeutete, Lacerta muralis var. Latastei und gehe zu deren Beschreibung über. a. Grösse, Körpergestalt und Körperbedeckung. Die in meinem Besitze sich befindenden Latastei-La- certen stammen aus zwei Localitäten. Eine Anzahl hatte ich eigenhändig auf der Insel Ponza erbeutet und ein Exem- plar wurde mir von einem westlich von der Pontinischen Insel gelegenen, im Meere isolirt stehenden Felsen zuge- stellt. Dieser Felsen, den ich wegen Mangel an Zeit nicht besuchen konnte, heisst, wie auch alle andern sich um die grosse Insel in grosser Anzahl befindenden Felsen, Fara- glioni. — Während die von der Insel selbst stammenden Exemplare in ihrer Körpergestalt, in ihren Massen und meistens in der Körperbedeckung so gut wie gar nicht von der grünen süditalienischen Mauereidechse abweichen, weist die eben erwähnte Felsen-Lacerta männlichen Geschlechts einen kräftigeren Bau auf und erinnert im Allgemeinen an die var. faraglioniensis. Ausserdem theilt sie mit dieser ein und dieselbe psychische Eigenschaft, sie ist nämlich furchtlos und weniger flink, als ihre grünen und braunen Geschwister. Ihre Gesammtkörperlänge beträgt 205 mm, wovon 19 mm auf den Kopf und 131 mm auf den Schwanz kommen. Die Ptumpfläuge, von der Schwanzspitze bis zur Schwanzwurzel gemessen, erreicht ungefähr 74 mm. Der grösste Breitendurchmesser des Kopfes beträgt 14 mm. Grösster Höhendurchmesser des Kopfes = 9 mm. Die An- satzstelle des Pileus an den Rumpf zählt 8 mm. Der grösste Umfang des Kopfes ist 39 mm, der Umfang des Halses 40 mm. Die Rückenschuppen sind sowohl bei dieser, als auch bei den Individuen von Ponza selbst kleiner, als bei mu- ralis neapolitana. In der Halsgegend abgerundet, in der 266 J. von Bedriaga: Mitte des Rückens polygonal, an den Seiten des Körpers verschieden gestaltet, meistens viereckig. Die mittleren Schilder der Schädeldecke sind auf Kosten der seitlichen Tafeln um etwas breiter, als bei der grünen Mauereidechse, dagegen sind sämmtliche Kopfschil- der bei der Felsenform breiter. Das Massetericum fehlt öfters, namentlich bei den Weibchen. — Die Oberschild- chen sind wenig entwickelt. Die Zahl der Schenkelporen scheint beträchtlicher zu sein, als es bei der continentalen Form der Fall ist. Meine männlichen Latastei-Lacerten weisen 26—29 Femoralporen, die weiblichen nur 24; auch sind sie kleiner als bei der muralis neapolitana. b. Färbung und Zeichnung. Die Grundfarbe der Oberseite des Körpers unserer Lacerta ist im Allgemeinen hell oder dunkelbraun. In der Halsregion mengt sich gewöhnlich zum Braun Grün. Es entsteht in Folge dessen ein olivengrüner Ton. Die Mitte des Eückens stellt ein reines Braun, die Schwanzwurzel- gegend Rothbraun dar. Die schwarze Zeichnung der Ober- seite variirt ebenso stark, wie bei der muralis neapolitana. Es sind meistens in Binden angeordnete Makeln, zuweilen aber nur schmale Streifen. Sobald die Zeichnungselemente durch ihre Ausdehnung in Contact treten, erhalten die Thiere ein Netzwerk. Endlich kann die Zeichnung nur spurweise und zwar auf den Seiten angedeutet werden. Sie tritt in Gestalt von Halbkreisen auf, welche die sich, bei den gleichmässig hellbraun (cafe au lait) gekleideten, auf den Körperseiten befindenden bläulichen und hellgrünen Ocelli umgeben. Die kleinen Argusflecken, welche nur eine meiner Latastei- Weibchen zieren, sind in zwei parallelen Reihen angeordnet; dabei ist der oberhalb der Wurzeln der Vorderextremitäten liegende runde Fleck bedeutend grösser, als die übrigen. Diesen beinahe für alle murales typischen Augenfleck besitzen ebenfalls die üppig gezeichneten Latastei- Eidechsen. Er erscheint blau oder grünblau und ist in den meisten Fällen von schwarz umrahmt. — Merkwürdi- Herpetologische Studien. 267 gerweise sind mehrere Rtickenschuppen des oben beschrie- benen Weibchen blau oder rosa colorirt. Die Kopfdecke der Ponza-Race ist einfarbig braun oder hellbraun. Die Oberkiefer sind braun, die Unterkiefer weiss gelb gefleckt. Die Halsseiten und zum Theil die Schläfen erscheinen rothbraun. Die Unterseite des Kopfes ist weiss, die Bauchseite mit einem schwachen röthlichen Ton. Die ersten longitudinalen Reihen der Bauchschilder sind blaugrün. Das Männchen vom Ponza-Faraglioni ist viel dunkler nuancirt als die oben beschriebenen ; auch ist die Zeichnung weit weniger ausgesprochen. Es werden hier vielmehr einzelne ordnungslos vertheilte, beinahe schwarze Schuppen angetroffen. Die Schädeldecke ist dunkelbraun. Der Ar- gusfleck an der Schulter wird vermisst. Aus den vorstehenden Kennzeichen der Lac. Latastei ergiebt sich, dass sie eine veränderte Lac. muralis neapol. ist, ferner, dass sie im Allgemeinen der von mir früher beschriebenen Lac. muralis var. viridiocellata^) ähnlich sieht. Demungeachtet darf man weder die Benennung „viridiocellata" restringiren, noch die Ponza-Bewohnerin mit der grüuäugigen Mauereidechse vereinigen und zwar aus folgenden Gründen. Die var. viridiocellata stellt, so zu sagen, eine in der endgültigen Entwickelung begriffene Form dar und kommt nur ausnahmsweise bei Messina, bei Neapel und Capri vor. Die var. Latastei dagegen ist die ausschliessliche Bewohnerin der Insel Ponza und eine re- lativ constante Race. Bei der viridiocellata haben wir oberhalb der Wurzeln der vorderen Extremitäten grüne Augenflecken kennen gelernt, während die var. Latastei uns nicht nur anders colorirte Ocelli, sondern auch öfters eine Reihe von blauen Seitenflecken aufweist. Ausserdem ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass die Latastei- Eitlechse grösser und stärker gebaut vorkommt als die continentale viridiocellata, und dass meine Exemplare noch 1) Archiv für Naturgeschichte 1877. p. 116. 268 J. von Bedriaga: nicht ihre definitive Grösse erreicht haben. Ich glaube so- gar, kräftige und grössere Individuen auf Ponza gesehen zu haben. — Beobachtet man diese Eidechse im Freien, so fallen ihre eigenthümlichen Zierflecken nicht so leicht auf und man glaubt allerdings die muralis viridiocellata, deren Farbenkleid mit der Umgebung correspondirt, vor sich zu sehen. Hätte Eimer zum Ausgangspunkte seines Beitrages zur Darwin'schen Lehre die var. Latastei ge- wählt, so wäre ihm vielleicht die Durchführung seines Pro- blems gelungen. Dem war es aber nicht so. Durch den Faraglioni-Fall und durch andere öfter hervorgehobene Erscheinungen an anderen insulanischen Lacerten von der Unhaltbarkeit der Eimer 'sehen Angaben und Schlussfol- gerungen überzeugt, suchte ich die Farbenumwandlung d^ mir vorliegenden Eidechse und die Uebereinstimmung ihrer Tracht mit der Farbe des Bodens auf anderem Wege zu erklären und kam unter anderem auf die von mir früher aufgestellte Hypothese hinsichtlich der Ausbildung der Far- ben. Die Verhältnisse, in denen ich die var. Latastei ge- funden habe, waren für meine Anschauungsweise überaus günstig. Die Isola Ponza besteht nämlich aus nackten, in geringem Maasse und nur in der unmittelbaren Nähe der Stadt selbst und der Dörfer angebauten Bergausläufern, welche, da die Insel vulkanischen Ursprungs ist, aus Ba- salt, Tuff, Bimstein, Lava, Schlacken und Asche gebildet werden. Bei näherer Betrachtung ergiebt sich, dass sie der Strahlung der Sonne weit mehr ausgesetzt ist, als es auf der Apenninischen Halbinsel der Fall ist. Ein glück- licher Zufall bot sich mir, die aus den verschiedenen, in den letzten Jahren sich so anhäufenden Besprechungen über meine Hypothese geschöpften Einwände gegen dieselbe zu beseitigen und die Erklärung der Farbenumwandlung in meinen eigenen Schriften zu suchen. — Die von mir auf Ponza erbeuteten Eidechsen setzte ich sofort in meinen oben zugedeckten, 8 cm hohen Reisekäfig ein. Das Ta- geslicht erhielten auf diese Weise meine Gefangenen nur von den Seiten des Käfigs, welche mit einem Draht ver- sehen waren. Bald darauf im Augustmonat, verreiste ich nach Spanien und Hess die Thiere in guter Pflege in Nizza Herpetologische Studien. 269 zurück. Während der circa vier Wochen, welche zwischen dem Einfangen der Eidechsen und meiner Abreise ver- flossen sind, Hessen dieselben scheinbar keine Veränderung zu Tage treten. Als ich aber nach Verlauf eines anderen Monats die Lacerta Latastei zu Gesicht bekam, erkannte ich sie kaum wieder, denn sie erschien mir im dunkel- grünen Gewände. Offen gestanden tra'lte ich meinen Au- gen nicht, denn obgleich ich nie an der Basis meiner Muth- maassungen über die Farbenausbildung bei den Reptilien gezweifelt habe, durfte ich dennoch einen derartig rasch stattfindenden Farbenwechsel nicht ahnen. Im Gegentheil betonte ich stets, dass wir aus den von mir vorgeführten Gründen nicht im Stande sind, die vor sich gehende Ver- dunklung der Haut der Lacerten wahrzunehmen, sondern nur aus gewissen Erscheinungen, die sich uns in Fülle bie- ten, postuliren. Demungeachtet war eine rasche Farben- umwandlung, wenn auch unter gewissen Umständen in entgegengesetzter, nicht progressiver, sondern retrograder Form ungetrübt vorhanden und zwar war sie dadurch hervorgerufen, dass die senkrecht herabfallenden Sonnen- strahlen durch den Deckel abgesperrt wurden und auf die Haut der Lacerta keinen Einfluss mehr auszuüben ver- mochten. Ob die Eidechsen sich erst während meiner Ab- wesenheit verändert haben oder ob die Umbildung des Colorits allmählich seit dem Augenblicke, wo sie in den von mir erwähnten Käfig eingesperrt worden sind, stattfand, ist von untergeordnetem Interesse und lässt sich schwer errathen. Ich bin eher geneigt zu glauben, dass ich die all- mählich vor sich gehenden Farbenveränderungen, da ich meine Gefangenen tagtäglich vor mir sah, anfangs unbemerkt Hess. Ehe ich zur Beschreibung der erwähnten Latastei übergehe, will ich ausdrücklich bemerken, dass es sich hier um keinen etwaigen Irrthum handeln kann. Eine Verwechselung mit anderen sich in meinem Besitze befin- denden Eidechsen war absolut unmöglich. Ausserdem er- kannte ich alle Ponza-Eidechsen bis auf jenes grosse und zahme Männchen wieder. Die von mir kurz nach meiner Rückkehr von den Pontinischen Inseln an Herrn Lataste in Paris gesandten und von letzterem in einem gewöhn- 270 J. von Bedriaga: liehen, d. h. oben frei gelassenen Terrarium gehaltenen Ponza-Lacerten Hessen keinen Farbenwechsel merken. Die übrigen veränderten Individuen, welche von mir wohlbehal- ten nach Heidelberg herübergebracht wurden, haben ihr Gewand bewahrt. Ob sie es auch ferner beibehalten wer- den, oder ob sie es unter dem Einflüsse der Frühlings- und Sommersonne gegen das frühere tauschen werden, wird die Zukunft entscheiden. Jedenfalls werde ich die weite- ren Veränderungen künftig nicht dem Zufalle überlassen, sondern experimentell vorgehen. Ein besonders günstiges Object scheint die Lacerta Latastei zu sein, dann aber auch die L. faraglioniensis, welche, mit der letzteren im Käfige gehalten, lichter — hellblau — wurde. Lac. muralis fusca und L. muralis neapolitana erlitten dagegen unter densel- ben Umständen keine Veränderung, was wohl darauf be- ruht, dass beide letztere continentale Formen älteren Da- tums, als die Latastei sind. Das jetzige Gewand der Eidechse stellt Verschieden- heiten in den Schattirungen des Grün und in seiner Ver- theilung dar. Bei einigen Individuen, darunter auch bei dem vom isolirten Felsen bei Ponza stammenden, ist die Rückenzone dunkelgrün, in der Schwanz wurzelgegend je- doch braungrün. Die Körperseiten erscheinen braun mit einem röthlichen Schimmer. Die grüne Rückenzone ist bei diesen Exemplaren jederseits von zwei Binden begrenzt, welche, aus einer Reihe von hellnussbraunen Ringen um- geben, auf den Seiten vertheilt sind. Eine am äusseren Rande des Occipitale ihren Ursprung nehmende, aus schwarz- braunen und schwarzen Flecken bestehende Binde nimmt die Mittellinie etwa bis zur Schwanz wurzel ein. Oberhalb der Schulter sitzt an jeder Seite ein schöner, ausgeprägter, blauer Augenfleck, der von kleineren hellnussbraunen Ocelli umgeben wird. Die bräunlich gefärbte Schädeldecke neigt sich stark ins Grüne, das besonders an deren vorderem Theile zunimmt. Die Schläfen gegen d und Halsseiten sind braun. Die Oberseite der Hinterextremitäten ist gleichfalls, jedoch mit grünem Anfluge versehen, den vorderen dagegen fehlt dieser Anflug; sie erhalten aber dafür zwei bis drei zierlich hellnussbraune Ocelli. Der Schwanz, oben eben- Herpetologisclae Studien. 271 falls braun, ist spärlich mit schwarzen Punkten versehen. Die Unterseite des Körpers, mit Ausnahme der ersten Ion- gitudinalen, blau-colorirteu ßauchschilderreihe ist weisslich. Bei einigen Exemplaren wird ein rosafarbiger Schimmer be- merkbar, besonders intensiv rosa sind die Unterkieferschilder colorirt. Die Oberlippenschilder tragen dunkelbraune Flecken. Die Kehlschuppen erhalten graue Punkte. — Bei anderen Exemplaren, aber nur bei wenigen, tritt der dunkelgrüne Grundton in Gestalt von schmalen Binden auf, indem die schwarze Zeichnung die Körperseiten grösstentheils bedeckt. Die einzelnen Mackeln, welche die Zeichnung darstellen, lie- gen eng an einander, sind jedoch durch grüne Streifchen von einander getrennt. Die Unterkiefer und der Unterkopf sind gewöhnlich grüngelb. Im übrigen den Vorigen ähn- lich. — Endlich sind einige Individuen zu erwähnen, bei denen hellgrün nur auf den Körperseiten zu Tage tritt, deren Rückentheile jedoch auf braunem Grunde eine üppige schwarze Zeichnung erhalten. Die Zeichnung geht ausser- dem auf die Seiten des Körpers über und verdrängt durch die Ausdehnung der Makeln und die Verästelung ihrer Ausläufer den Grundton bis auf kleine hellgrüne Flecken. Die vorderen Extremitäten sind ebenfalls reich mit solchen Flecken versehen. Die Kehle erscheint saphrangelb, der Bauch gelblich, die erste longitudinale Bauchtafelreihe blau dunkelgrau gefleckt. Im Hinblick auf den citirten Vortrag Eimers, über das Variiren der Mauereidechse, welcher die Ansicht durch- zuführen sucht, dass eine Farbenumwandlung bei der süd- italienischen Mauereidechse je nach der Jahreszeit statt- findet und dass diese stets im Einklänge mit den Färbun- gen des Bodens ist, indem ihr grünes Colorit nur so lange andauert, bis das grüne Frühlingslaub den Thieren einen Schutz zu bieten vermag, aber verschwindet sobald die sengende italienische Sonne ihr Tribut ausbezahlt hat und die Dürre des Bodens eintritt, um der dem Boden ähnlichen Farbe Platz zu machen, sehe ich mich veranlasst, einige Bemerkungen hier anzuschliessen. Es handelt sich in dem eben angeführten Passus des Vortrags um ein äusserst ausgesprochenes schützendes Vermögen bei den Eidechsen, 272 J. von Bedriaga: das wir bis heuer nur bei anderen Thieren gekannt haben. Wir wissen zwar aus einigen Autoren, dass die Eidechsen ein Frühlings- und Herbstgewand ^) besitzen, welches aber in sich nichts Schützendes enthält, sondern vielmehr in das Bereich der rhythmisch wechselnden geschlechtlichen Fär- bungen gehört. So z. B. spricht sich Leydig darüber in seinem bekannten Werke über die in Deutschland lebenden Saurier S. 200 folgender Weise aus : „Nach der Begattungs- zeit, etwa um Mitte Juli, verliert das Grün von seinem Glänze (bei der Lac. agilis!), ist nicht mehr „laete viridis", sondern nimmt einen Ton ins Dunkelgrüne, ein andermal ins Gelbgrüne an und verliert sich nach und nach völlig. Die Männchen wenigstens, weiche ich im Spätsommer, Ende August^ noch antraf, hatten bereits wieder das dunkle Kleid angelegt, mit welchem sie im Frühjahr aus ihren Löchern kommen." Die von Eimer angeführte Thatsache kann ich aus meinen eigenen Erfahrungen nicht bestätigen. Während meines letzten fünfmonatlichen Aufenthaltes in Süditalien hatte ich oft genug Gelegenheit gehabt, die grüne muralis zu den verschiedenen Jahreszeiten zu beobachten und kann daher auf's Bestimmteste behaupten, dass die- selbe während der Monate März bis August gleich gefärbt erscheint. Nur im geringen Maasse tritt eine Verdunkelung des Gewandes gewöhnlich vor der Häutung auf; sobald aber diese vorüber ist, erscheinen die Thiere regelmässig lebhaft colorirt. Eine gegen Spätsommer eintretende Ver- dunkelung hatte ich gleichfalls im Freien und Gefangen- leben, indessen nur bei den Weibchen, beobachtet. Die Erscheinungen lassen sich auf folgende Weise erklären. Das Eierlegen bei den Eidechsen, sei es im Freien oder im Käfige, ruft einen mehr oder weniger andauern- den krankhaften Zustand hervor, welcher sich in Appetit- losigkeit, trägem Verbrauch der Kost, daher Abmagerung und langwieriger Häutung dokumentirt. Dieses träge Ab- werfen der alten Epidermis, sei es aus äusseren Gründen 1) respect. Spätsommergewand. Herpetologische Studien. 273 (der wenig intensiven Sonnenstrahlung!) oder aus inneren Ursachen (Energieabwesenheit, welche übrigens von der Son- nenstrahlung abhängt, oder der krankhatte Zustand des Or- ganismus selbst), ist eben, wie ich es anderswo hervorge- hoben habe, der Grund einerseits der periodischen, anderer- seits der eventuellen Verdunkelung der Haut. Jedenfalls hat der Farbenwechsel der Lacerta Latastei nichts mit jener der süditalienischen Eidechse von Eimer zugeschrie- benen Eigenthümlichkeit gemeines und zwar, weil die im Julimonat gefangenen braunen Ponza-Bewohnerinnen im Laufe des Augustmonats sich grün verfärbten. Wir kön- nen hier also weder von Jahreszeiten sprechen, noch sagen, dass die Thiere sich einer neuen Bedingung angepasst haben, oder etwa dass sie ihr Farbenkleid, sobald es ihnen keinen Schutz mehr bot, gegen die grüne Frühlingstracht tauschten. Ich muss hinzufügen, dass Leydig eine Verfärbung bei Lacerta muralis var. campestris de Betta beobachtet hat, welche sich an die von mir beschriebene Erscheinung bei der Latasteschen Eidechse annähern. Auf S. 166 sei- nes citirten Werkes über die Saurier finde ich folgendes von Leydig angegeben: „Die Thiere (var. campestris!) boten im Freien auf dem heissen Sande ein sehr helles Aussehen dar; einige Wochen im Dunkel einer Schachtel gehalten, waren sie beim Herausnehmen, obschon frisch und lebendig, doch merklich dunkler geworden; dem Ta- geslicht andauernd wieder ausgesetzt, hellten sie sich zu dem früheren Farbenton auf. Geringer, aber an manchen Individuen für den, der darauf zu achten gelernt hat, un- verkennbar, ist die Veränderung des Grüns bei L. agilis. Wenn im Mai die Temperatur plötzlich rasch herabgeht, oder auch bei Regenwetter nimmt das schöne Grün der Seite an Thieren in Gefangenschaft einen etwas gelblichen Ton an." Archiv f. Natiirg. XXXXV. Jahrg. 1. Bd. 18 274 J. von Bedriaga: III. Lacerta Qnuralis neapolitana von den Inseln Corsika, Sardinien, Sicilien, Gi- glio, Formica di Grosseto, Montecristo, Pianosa, Linosa, Cypern, der Balkanlialbinsel und Kleinasiens. Neben der gemeinen süditalienisclien Form der Lac. muralis wird in Corsika eine, jedoch seltener, als erstere und nur stellenweise vorkommende eigenthümlich gestaltete Mauereidecbse angetroffen, welche ich nur im neuen natio- nalen Museum zu Florenz wiedergesehen habe. Ob diese Eidechse den Speciesnamen „neapolitana" beibehalten soll oder ob sie als Varietät der letzteren gelten muss, kann ich zur Zeit wegen Mangel an Material nicht mit Sicher- heit entscheiden. Das einzige von mir auf der Landstrasse von Bastia nach Corte erbeutete Exemplar dieser Eidechse männlichen Geschlechts weist allerdings, wie ich sogleich zeigen werde, Kennzeichen auf, welche uns die Berechti- gung geben können, dieses Thierchen als eine Varietät zu betrachten. Es ist um ein Bedeutendes kleiner, als die neapolitana. Die Totallänge beträgt 141 mm, wovon auf den Schwanz 90 mm und auf den Kopf 13V2 mm kommen. Die Kopfbreite erreicht 9V2 mm. Die Kopfhöhe 7 mm. Die Ansatzstelle des Pileus an den Rumpf zählt 7 mm. Der grösste Umfang des Kopfes ist 27 mm, der Halsumfang er- reicht ungefähr 30 mm. — Der Kopf erscheint breit, hoch und sehr kurz. Das Massetericum ist auffallend gross. Die Femoralporenzahl beträgt 20. — Die Oberseite des Körpers zeichnet sich besonders durch eine schön röthlichbraune Mittelzone aus, welche in ihrer Mittellinie durch eine aus nahe aneinander liegenden, schwarzen Makeln bestehende Binde geziert ist. Aehnliche Binden begrenzen diese Zone von aussen. Die Seiten des Körpers sind grün, reich schwarz gezeichnet, welche Zeichnung und Färbung uns an die Lacerta agilis erinnert. Der Bauch ist weisslich, die erste seitliche Schilderreihe blau. Die Schuppen des Unterkopfes sind mannigfaltig colorirt. Es wechseln hier mosaikartig weisse und rothe Schilder ab. Die Kopfdecke ist auf dunkelbraunem Fond schwarz gezeichnet, die Wangen Herpetologische Studien. 275 sind roth weiss gefleckt. Endlich sind die schwach ge- kielten und ganzrandigen Schwanzschuppen braun. — So- wohl diese Eidechse, als auch die ächte muralis neapoli- tana, welche wohl der Var. g. von Dumeril und Bibron entspricht, wird nur bis auf eine gewisse Höhe in Corsika angetroffen. Im inneren gebirgigen Theile der Insel wer- den beide durch die Lacerta oxycephala und Lac. muralis fusca vertreten. Wenn die Mauereidechse den Zoologen durch ihre grenzenlose Variabilität im Maasse, Körpergestalt und Fär- bung, ausserdem durch ihre nahe Verwandtschaft mit an- deren Arten öfters Anlass zu Meinungsverschiedenheiten gibt, so gilt dies insbesondere von der sardinischen muralis, welche Cetti im Jahre 1777 beschrieben und als „Tiliguerta" benannt hatte ^). Diese Benennung wurde seitdem entweder einfach in die Synonymie der Lacerta muralis versetzt oder repräsentirte eine Varietät oder sogar eine eigene Art. Trotzdem letzteres auf's energischste von dem ausgezeich- neten italienischen Herpetologen De Betta bestritten wurde, tauchte die Tiliguerta insbesondere in Italien immer von Neuem auf. In der sich nur wenig mit den italienischen Reptilien befassenden deutschen Literatur finden wir im Werke Leydig's ebenfalls einen Platz für die Tiliguerta eingeräumt. Der Grund dessen liegt wohl hauptsächlich darin, dass der Verfasser, wie er selbst zugiebt, die neapo- litanische Mauereidechse nicht dazumal kannte und Schluss- folgerungen aus der Vergleichung der sardinischen muralis mit jenen aus Norditalien (var. campestris de Betta) und Deutschland gezogen hat. Ungefähr zur selben Zeit, als ich den ersten Bericht meiner herpetologischen Studien niederschrieb und in Betreff der Tiliguerta, welche ich übrigens nicht näher kannte, einige Zweifel aussprach, führte Camerano in seinen „Considerazioni sul Genere Lacerta Linn. etc." (1. c.) Argumente auf, nach welchen die Eidechse Sardiniens als besondere Species zu betrachten wäre, welche Behauptung von D e Betta^) nachträglich zurückgewiesen 1) Anfibi e pesci di Sardegna.. Sassari. 2) Sulla Tiliguerta o Caliscertula Cetti, osservazioni critiche. Atti del R. Institute Veneto, Serie V, Tomo IV. 1878. 276 J. von Bedriaga: wurde. — Durch die Güte des Herrn Prof. Giglioli ge- langte ich in Besitz der sardinischen Mauereidechse und bin daher im Stande folgendes über dieselbe mitzutheilen. Die ganze Oberseite des Rückens eines erwachsenen Männchens, das ich mit Nr. 1 bezeichnen will, ist schön grün und mit zahlreichen Zickzackzeichnungen besetzt. An den Seiten des Körpers erhält das Thier durch Ver- schmelzen der Streifen ein buntes Netzwerk. Oberhalb der Wurzeln der Vorderextremitäten liegen blaue Augenflecke. Die Kopfdecke ist braungrün. Die erste seitliche Tafel- reihe des Bauches erscheint blau und entbehrt der Fleckung. Die übrigen Reihen sind weiss mit bläulichem Anfluge. Die Extremitäten sind auf der oberen Seite graugrün, auf der unteren weisslich grau gesprenkelt. Nr. 2. Die Grundfarbe des Weibchens ist weniger schön grünbraun, auch ist die Netzzeichnung nicht scharf ausgeprägt. Auf den Seiten treten etliche blaugrüne Ocelli auf, welche die Maschen des Netzwerkes ausfüllen. An der Schulter sind jederseits prachtvolle Argusflecken vor- handen. Die Färbung der Unterseite ist wie bei Nr. 1. Nr. 3. J". Grundfarbe der Oberseite grün. Längs der Mittellinie des Rückens zieht sich eine aus schwarz- braunen Makeln bestehende Binde hin. Aehnliche Binden, meistens weiss umsäumt oder hell punktirt, durchziehen die Seiten. Bauch wie bei der vorigen. Die Details in Massen sind folgende: cf ? Gesammtlänge ?0 195 mm Kopflänge 2IV2 mm 16 Rumpflänge 74-75 „ 70 Schwanzlänge ? 125 Kopfhöhe 91/2 „ 71/4 „ Kopfbreite 14\/2 „ 10 Ansatzstelle des Pileus an den Rumpf 9 „ 6V2 Grösster Umfang des Kopfes ... 42 „ 31 Grösster Umfang des Halses ... 43 „ 30 V2 ;, Die Schilder und Schuppen sind genau wie bei der n n » )j 1) Regenerirter Schwanz ! Herpetologische Studien. 277 süditalienischen muralis, nur zählte ich bei einigen etwas mehr Schenkelporen; ausserdem weisen zwei sich in mei- nem Besitze befindende Individuen 7 Paar Oberlippen- schilder auf. Was die Massen anbetrifft, so will ich be- merken, dass die durch Prof. Giglioli gütigst erhaltenen grünen Mauer ei dechsen genau die Länge der sardinischen Stücke besitzen. Die nachträglich von mir selbst in Sa- lerno gesammelten murales neapol. waren gleichfalls grös- ser, als die Exemplare aus Neapel selbst. Ein viel grösseres Interesse erregt die brillant ge- färbte muralis neapolitana von der im Tyrrhenischen Meere liegenden Insel Pianosa. Sowohl beim Männchen als auch beim Weibchen zeigt die Oberseite des Körpers eine schöne grüne Farbe, üppig und gleichmässig schwarz gezeichnet. Die Zeichnung tritt hier in Form von zarten transversalen Zickzackstreifen auf. Die Schädeldecke ist auf hellnuss- braunem Grunde dunkelbraun punktirt. Die Schilder auf dem Halse sind abwechselnd blau und weiss. Die erste blaue seitliche Bauchschilderreihe enthält schwarze Makeln, das Anale einen bläulichen Fleck in der Mitte. ~- Ein junges Exemplar dieser Laeerta ist oben braungrün und dunkelbraun gezeichnet. Die Beschilderung und Beschup- pung stimmt mit den Vorigen überein. Ich will nur bemer- ken, dass das Massetericum vorhanden ist. Dicht an der Insel Pianosa liegt eine kleinere Felsen- insel „Scuola die Pianosa" genannt, welche von der var. nigriventris Bon aparte bewohnt wird. Nach den mir vorliegenden Stücken zu urtheilen ist diese Scuola-Eidechse eine veränderte muralis neapol. von der Nachbarinsel. Ihre Grundfärbung wird durch die üppig entwickelte Zeichnung dermassen verdrängt, dass sie in Form von zahlreichen Augenflecken auftritt. Dieselbe Verdrängung des Grund- tones findet auch auf der Schädeldecke statt, indem letz- tere schwarz braun gefleckt erscheint. Die Wangen und Unterkiefer sind mit einer schwarzen Zeichnung versehen. Die Schläfen weisen etliche grüne Schilder in der unteren Partie auf. Die Kehlschuppen sind abwechselnd schach- brettartig grau, blau und schwarz colorirt. Der Bauch (ich besitze nur Spiritus-Exemplare!) ist bläulich, mit grauen 278 J. von Bedriaga: undeutlichen Flecken bedeckt. Die seitlichen Reihen der Bauchschilder erscheinen schön blau und schwarz gemä- kelt. Anale und Unterseite der Extremitäten sind blau- grau. Der Schwanz ist oben braun, unten gleichmässig hellgrau. Die Länge dieser Lacerta beträgt 168 mm. Während beide Pianosa-Formen sehr verschieden von der binnenländischen muralis gefärbt sind, weichen die Mauereidechsen von Elba von den letzteren so gut wie gar nicht ab. Die muralis von Montecristo, einer südlich von Elba, zwischen der Apenninischen Halbinsel und Corsika liegen- den Insel, weichen in einigen Punkten von allen Vorigen ab. Hier fällt insbesondere das grosse Massetericum und die Gestalt der Schilder, welche den Halsband bilden, auf. Während wir bei der Mauereidechse überhaupt ein ganz- randiges Halsband kennen gelernt haben, erscheint es näm- lich bei dieser Insulanerin gezähnt, indem die äusseren, nach der Mitte des Halses liegenden Ränder der Tafeln gewissermassen hervortreten. Auch ist das Analschild bedeutend grösser und wird von vier nur an den Ecken und oben liegenden Schildchen begrenzt. Die Rücken- schuppen zeichnen sich durch ihre unregelmässige Form aus, jedoch sind sie meistens sechseckig und gekielt. Die jungen Exemplare sind schön metallisch grün gefärbt. Diese Farbe tritt vorzugsweise auf dem Hintertheile des Rückens auf. Die ausgewachsenen Männchen weisen auf ihrem vor- deren Körpertheile eine starke Neigung ins Braune auf, Ihre üppige Zeichnung besteht aus Rückenbinden, welche aus grossen Makeln gebildet werden. An den Seiten zer- streuen sich diese Makeln ordnungslos und es entsteht ein Netzwerk. Bei den Weibchen nimmt die Zeichnung und die Tendenz ins Braune stark zu. Die grüne Farbe erscheint nur in zwei schmalen Streifen, welche den Rücken zieren. Die Schädeldecke bei beiden Geschlechtern ist schwarz-braun gemäkelt. Der Bauch weiss mit einem bläulichen Anfluge, die erste longitudinale Bauchschilder- reihe blau, goldbraun gefleckt. Die Grösse des Körpers stimmt mit der continentalen neapol überein. Die auf der Insel Giglio von Prof. E. H. Giglioli im Herpetologische Studien. 279 Herbste 1877 erbeuteten Mauereidecbsen zeichnen sich durch ihre Färbung aus. Entweder verlaufen auf grasgrünem Rücken fünf aus schwarzen Makeln bestehende Binden oder es erscheint der Rücken gleichmässig braungrün ge- färbt. Die Seiten erhalten ein Netzwerk oder lassen nur eine Spur von Zeichnung merken. Die Rückenschuppen sind sechseckig scharf markirt. Die Schwanzschuppen sind deutlich gekielt, ganzrandig. Mein grösstes Exemplar er- reicht die Länge von 20 V2 mm. Auf der kleinen Insel Formica di Grosseto, unweit Grossetos, kommen zweierlei gefärbte Mauereidechsen vor. Die eine ist gleichmässig grün-braun colorirt, die andere grün mit schwarzen unterbrochenen Binden bedeckt. Ober- halb der Ohröffnung nehmen jederseits weisse, schmale Streifen ihren Ursprung. Die Schilder der Schläfen sind bei dieser muralis neapolitana sehr stark entw^ickelt; in Folge dessen tritt das Massetericum weniger hervor. Bei jener von der Insel Giglio ist es entweder vorhanden oder wird vermisst. , Eine sehr interessante, von Niemand beschriebene mu- ralis neapolitana erbeutete ich neuerdings nahe Livorno in Colambrone. Die Farbe der breiten Mittelzone des Rückens dieser Eidechse ist grasgrün umsäumt von aus grösseren schwarzen Flecken bestehenden Binden, welche hinter den Vorderextremitäten ihren Ursprung nehmen und in der Wurzel der Hinterextremitäten enden. Etwas vor der Schwanzbasis fängt oben eine ebenfalls aus schwarzen Makeln bestehende, mediane Binde an und geht in den braun colorirten Schwanz über. Vom äusseren Rande der Parietalschilder gehen jederseits, einen Saum der schwar- zen Binde bildend, hellgrüne Streifen aus. Kopfdecke und Schläfen sind grasgrün. Massetericum und Tympanale braun, schwarz punktirt. Scuta supralabialia sind hellgrün. Die unteren Seitentheile des Halses sind hell lila. Die Seiten des Körpers erscheinen mannigfaltig colorirt. Es wechseln hier grüne, heilbraune, röthliche und lilafarbige Schuppen unter einander ab. Jederseits an der Achsel sind zwei blaue Ocelli vorhanden, von denen das eine, unmittelbar an der Wurzel der Extremitäten liegende, von einem brei- 280 J. von Bedriaga: ten schwarzen Ringe umrandet ist. Nahe der ersten longi- tudinalen Bauchschilderreihe erhalten die Körperseiten eine zweite, aus kleinen Flecken bestehende Binde. Die Ober- seite der Vorderextremitäteu trägt grüne und schAvarze Flecken, die Oberseite der Hinterextremitäten ist röthlich- braun und entbehrt der Fleckung. Die äusseren Längs- reihen der Bauchtafeln sind blau schwarz gefleckt. Der mittlere Theil des Bauches weist einen röthlichen Ton auf. Die Brust ist stellenweise blau geflekt. Das 6te und 7te Paar der Unterkieferschilder ist gleichfalls blau gemäkelt. — Die Rückenschuppen erscheinen gross, oval und sechs- eckig, mit einem deutlich ausgeprägten Kiele versehen. Die Schwanzschuppen sind sehr lang, ganzrandig, gekielt. Die Kehlschuppen sind auffallend gross. Das leicht ge- zähnte Halsband besteht aus 9 Tafeln. Die Schuppen der Schläfen sind stark entwickelt. Die an der äusseren Bauch- schilderreihe liegenden Oberschilder erreichen eine bedeu- tende Grösse. Es sind 16 bis 17 Schenkelporen jederseits vorhanden. — Die Gesammtkörperlänge ist mir leider un- bekannt, da mein Exemplar einen regenerirten, stumpf- endenden Schwanz aufweist, sie dürfte indessen die übliche Länge der neapolitana übersteigen. Der Kopf misst 20 mm ; der Rumpf 70 mm; die Kopf breite erreicht 1372 mm, die Kopf höhe 5 mm ; der Ansatz des Pileus an den Rumpf ist wenig mehr als 8 mm; der Kopfumfang circa 40 mm ; der Umfang des Halses 38 mm. Diese sich an die L. viridis annähernde Mauereidechse kommt in Colambrone, einer morastigen Gegend, in Ge- meinschaft mit der Smaragdeidechse und dem Seps chal- cides vor und stellt eine ächte Feldbewohnerin dar. Obgleich der Lacerta oder Podarcis muralis in bei- nahe allen faunistischen Schriften gedacht worden ist, kann der Verbreitungsbezirk namentlich der grösseren grünge- färbten Mauereidechse noch immer nicht sicher festgestellt werden und zwar aus dem einfachen Grunde, weil die Autoren die verschieden colorirten murales entweder nicht unterscheiden wollten oder überhaupt nur die eine in der von ihnen bewohnten Region vorkommende kannten, die Existenz der anderen aber ignorirten. Die dadurch ent- Herpetologische Studien. 281 standenen Confusionen wurden öfters durch die vorgeführ- ten Diagnosen, falls die richtige Farbe nicht getroffen wurde, verschlimmert, oder, falls dieselbe in eine andere Sprache tibertragen, wurde sie dennaassen verunstaltet, dass eigene Erfahrungen betreffs des Vorkommens des Thierchens sich als erforderlich herausstellten. Wie schwer die Auf- gabe ist, eine geographische Verbreitung der muralis über- haupt festzustellen, ersah ich, als ich die kleine Notiz über diesen Gegenstand in meinem ersten Berichte der herpe- tologischen Studien einschaltete und begnügte mich damals daher, um Irrthümer zu vermeiden, dieselbe in allgemeinen Zügen zu behandeln. Demungeachtet schlichen sich falsche Angaben ein. Diese zu corrigiren und die geographische Verbreitung, wenn auch nicht in vollständig erschöpfender Weise, nach authentischen Exemplaren oder nach einer strengen Kritik der Autoren, welche der muralis in ihren Schriften einen Platz einräumten, festzustellen, ist die Auf- gabe der beifolgenden Zeilen. — Vor allem muss ich das Vorkommen unserer Eidechse auf der Pyrenäischen Halb- insel in Abrede stellen. Zwar erfahren wir aus dem Ca- taloge Bosca'sO nnd Barbosa du Bocage^) darüber nichts sicheres, aber die Thatsache, dass ich die neapoli- tana in Catalonien, Aragonien, Valencia, Neu-Castilien und Murcia nirgends getroffen habe, bestimmt mich zur Annahme, dass sie in ganz Spanien fehlt. Der Thatsache entsprechend, dass die Fauna Nordafrika's der südeuropäi- schen grösstentheils entspricht, wird sie wohl ebenfalls in dem Spanien gegenüber liegenden Marocco vermisst. In der Schrift Böttger's „Reptilien von Marocco und von den canarischen Inseln'^ ^) finde ich sie nicht genannt. Das- selbe gilt für Frankreich. In Betreff der französischen Co- lonien Corsika's und Algiers ist mit Gewissheit anzugeben. 1) Catalogo de los reptiles y anfibios observados en Espana, Portugal e islas Baleares. (Anales de la sociedad espaiicla de Hi- storia natural t. VI, 1877.) 2) Liste des Mammiferes et Reptiles observees en Portugal (Revue et magasin de Zoologie par Guerin-Meneville XVI, 1863). 3) Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. IX. S. 121. 282 J. von Bedriaga: dass die muralis neapol. in Corsika einheimisch und sogar in der Umgebung von Bastia und auf dem Cap Corso die gemeinste Eidechse ist, dass sie dagegen in Algier höchst wahrscheinlich nicht angetroffen wird. Das Vorkommen der muralis in Algier finden wir bei Strauch*) und L al- lem ent^) erwähnt. Letzterer diagnosirt sie als graugrün und mit Punkten versehen. Strauch führt zwei Varietäten vor, welche DumeriTs^) Varietäten f und j entsprechen sollen. Wenn wir aber in Betracht ziehen, dass die Fran- zosen unter „gris-olivatre, gris-fauve" etc. ebenso wie die Italiener unter „grigio, grigiastro, grigio-verdastro" u. s. w. eigentlich die Schattirungen von Braun meinen, so werden wir zur Ueberzeugung gelangen, dass die Eidechsen von Strauch und Lallement unsere braune muralis vorstel- len sollen. Auch erwiesen sich alle aus Algier stammen- den und in der Sammlung des Herrn Lataste in Paris sich befindenden, von mir kürzlich untersuchten Lacertae murales als zur fusca angehörig. Die eigentliche Heimath der grünen muralis ist entschieden die Apenninische Halb- insel und die anliegenden Inseln. Sowohl im Inneren Italiens, als auch an den Küsten und Inseln tritt sie unge- mein häufig in allen möglichen Variationen auf und scheint alle anderen Arten verdrängt zu haben. Verfolgen wir ihre Ausdehnung nach Norden zu, so bemerken wir als- dann, dass sie im Inneren des Landes bis etwas über den 45.0 Yi, Br., an der Ostküste bis etwa zum 46.^ n. Br., da- gegen an der Westküste nur bis zum 44.^ n. Br. vordringt. Im südlichen Theile des Piemont, der Lombardei und Vene- ziens kommt sie, mit Ausnahme der gebirgigen Gegenden, tiberall und stellenweise, wie z. B. bei Verona, gesellig mit der muralis fusca vor. In Toscana, dem westlichen 1) Essai d'une Erpetologie de l'Algerie (Mem. de l'acad. imper. d. scienc. de St. Petersburg. VII. 1862. 2) Erpetologie de l'Algerie ou Catalogue synoptique et ana- lytique des reptiles et amphibies de la colonie. Paris. 3) Erpetologie generale, ou histoire naturelle complete des Reptiles. Paris 1834 bis 1854. T. V. S. 233 u. 234. Herpetologische Studien. 283 und südlichen Tlieile des ehemaligen Königreichs Neapel, in Sicilien und Sardinien (Cagliari, Luras, den Inseln Toro und Vaca) ist sie ebenfalls sehr gemein und tritt als Hauptform, var. nigriventris, oder var. viridiocellata auf. Auf den Inseln des Tyrrhenischen Meeres (Giglio, Pianosa, Scuola di Pianosa, Formica di Grosseto, Montecristo, Ischia, Capri, Faraglioni, Galli, Ponza, Palmarolla, Scoglio di Mezzogiorno, Ventotene und S. Stefano) erleidet sie zahl- reiche Modificationen und tritt weniger häufig als ächte neapolitana auf. Auf allen diesen Inseln repräsentirt sie die Lacerten und ist in den meisten Fällen die alleinige Bewohnerin. Nach den im neuen nationalen Museum zu Florenz aufbewahrten Exemplaren der neapolitana zu ur- theilen, fehlt sie auf den Liparischen Inseln nicht. Nach Giglioli (vergl. „Nature" Nr. 475. 1878) soll sie auf den Inseln Lisca nera, Lisca bianca und Bottaro neben Panaria, einer der Liparischen Inseln, vorkommen, lieber ihr Vor- kommen auf den Aegatischen Inseln liegen mir keine Da- ten vor. Da sie auf der gegenüber liegenden sicilianischen Küste einheimisch ist, dürfte sich ihr Verbreitungsbezirk auch auf diese erstrecken. Auf allen übrigen Küsten Si- ciliens und stellenweise im Inneren der Insel wird die Ei- dechse allenthalben angetroffen. Unter den zwischen Si- cilien und Afrika liegenden Inseln sind Linosa und Filfla von ihr bewohnt. Auf der ersteren tritt sie besonders gross und stark gebaut auf. Ihre Grundfarbe ist gelbgrün, sie wird durch die üppig entwickelte schwarze Zeichnung zu äusserst kleinen Flecken reducirt. Der schwarze Kopf so- wohl oben, als auch unten, ist goldgelb gespritzt. Auf Filfola, der südlich von Malta gelegenen Felseninsel wird die muralis durch die Lac. filfolensis repräsentirt. Die typische neapolitana wird wohl schwerlich auf den grösse- ren Maltesischen Inseln fehlen, namentlich weil sie in Tu- nis angetroffen wird. Aus der jüngst veröffentlichten kur- zen Notiz von Leith Adams (vergl. „Nature" Nov. 21., 1878) ersehen wir, dass die murales auf Malta und Gozo einhei- misch sind; näheres fehlt aber darüber. Im östlichen Theile des Königreichs Neapel und dem Ancona-Gebiete jenseits der Apenninischen Gebirgskette scheint sie ent- 284 J. von Bedriaga: weder zu fehlen oder nur im flachen Theile Apuliens und dem Golfe von Tarant spärlich vorhanden zu sein. Sie wird hier durch andere, namentlich durch die muralis fusca vertreten. Aus Venezien, wo sie wiederum in der Zahl zunimmt, dringt sie in Karst und Dalmatien ein^ von wo aus sie durch das Montenegrinische und Herzegowinische Gebiet (vergl. Erber, Die Amphibien der österr. Monarchie in den Verh. der zool. botan. Gesellschaft in Wien. XIV. Band 1864) sich eine Bahn in die Balkanhalbinsel ge- bahnt hat. Aus der mir von Dr. Rey aus Leipzig freund- lichst vermittelten Sendung von Reptilien ersehe ich, dass die türkischen Exemplare in ihrem kräftigen Körperbau und ihrer Grösse den sicilianischen ähnlich sind. Ihr Discus palpebralis ist winklig erhoben, ferner wird sowohl das Tympanale als auch das Massetericum öfters vermisst, da die Schläfenschilder sehr entwickelt und beinahe alle gleich gross sind. Die Zeichnung scheint viel constanter zu sein als dieses bei der süditalienischen der Fall ist. Entweder ist sie auf der ganzen Oberseite des Körpers, oder auch nur auf den Seiten vorhanden. Im ersten Falle erhält die Mittelregion drei, aus eng aneinander liegenden Flecken bestehende Reihen. Im zweiten Falle werden die Seiten jederseits von zwei paraHelen Reihen schwarzer Flecken geziert. Diese werden oben gegen den Rücken jederseits von einer hinter dem Auge ihren Ursprung neh- menden, weissen Binde umsäumt. Dann folgen wiederum schmale schwarze Binden, die sich dicht an letztei'e an- legen. Der braune Kopf und Schwanz sind schwarz ge- sprenkelt. Der Bauch ist weiss, die erste Longitudinal- reihe der Bauchschilder bläulich, schwarz gefleckt. Es ist höchst wahrscheinlich, dass die ähnlich gefärbte muralis in Griechenland eindringt, jedoch fehlen mir darüber sichere Daten. Erber*) giebt sie in seinem Berichte über die in 1) Verh. der zool. bot. Gesellsch. in Wien XIII, 1864 p. 825. Erber nennt die von ihm auf Corfu und Rodus erbeutete Eidechse „L. Merremii", welche Benennung- sich nach Schreiber auf die Po- darcis maculata Bonaparte beziehen soll. Bekanntlich vereinige ich Bonaparte 's maculata, albiventis und siculus unter dem Na- men „muralis neapolitana". Herpetologische Studien. 285 Griechenland von ihm gesammelten Keptilien nur für Corfu und Rhodus an. Die von De Betta^) für Griechenland erwähnte muralis ist ohne Zweifel die muralis fusca. Die vonBibron undBory de Saint Vincent 2) beschriebene und abgebildete Eidechse ist weder die muralis neapolitana, noch die muralis fusca; auch ist sie keine Varietät, son- dern entweder Lacerta oxycephala, oder eine neue Art. Die Beschreibung erinnert zum Theil an die spitzköpfige Eidechse, die Abbildung aber, welche, nebenbei bemerkt, dem Coloristen keine Ehre macht, sieht keiner von den bisher bekannten Lacerten ähnlich. Figur 2a auf Ta- fel X, welche die Kennzeichen des Thieres darstellen soll und daher wohl von den Verfassern einer strengeren Con- trole unterworfen worden ist, als es bei der Abbildung des ganzen Thieres der Fall gewesen ist, erweist deutlich genug zwei Nasofrenalschilder. Figur c auf derselben Tafel ent- spricht ebenfalls der Charakteristik der muralis auch nicht im Mindesten. Gänzlich der Ansicht von Ley dig widerspre- chend, soll der Bauch der griechischen muralis nach Bi- bron und Boryde Saint Vincent nur beim weiblichen Geschlechte röthlich sein. „L'un et l'autre sexe, heisst es auf S. 6i} des citirten Werkes, ont la partie superieure du Corps d'un vert brunätre, parcourue transversalement, chez le male, dont le ventre est d'un gris argente, par des raies en zigzag noires, dans la femelle les flaues seuls portent de ces raies, en zigzag, et sur la region abdomi- nale se trouve repandue une couleure rougätre, qui varie d'intensite selon les individus, et qui parfois passe a la nuance de la brique." — Dass die muralis auf den Cy- claden einheimisch ist, wurde von Erhard^) behauptet und von Allen auch angenommen, jedoch bezweifle ich sehr, dass dies so der Fall ist. Die von Erhard darge- brachten Diagnosen, namentlich jene sub a und y, passen 1) I Rettili ed Anfibi del Regno della Grecia. Atti del In- stitute Veueto XIII. 1868. 2) Expedition scientifique de Moree III, Paris 1832. 3) Fauna der Cycladen. Erster Theil. Leipzig 1858 p. 70. 286 J. von Bedriaga: durchaus nicht auf die bekannten Mauereidechsen und ge- hören eher neuen Arten an. Auch ist der rasche Farben- wechsel, den der Verfasser der „Fauna der Cycladen" beobachtet haben will, eine bei der muralis nicht be- kannte Erscheinung. Es wäre jedenfalls eine dankbare Aufgabe, darüber näheres zu erforschen. Sollten die be- schriebenen Eidechsen sich factisch als murales erweisen, so wäre es ausserdem von grossem Interesse zu wissen, ob sie gesellig vorkommen oder verschiedenen Inseln an- gehören. Die unter Nr. 342 im Mailänder Museo Civico aufge- stellte und als „Lacerta cypria'^ (der Autor ist mir unbe- kannt) benannte Eidechse stellt zweifelsohne die muralis neapol. vor. Ihre Farbe ist braungrün, die Körperseiten mit schwarzbraunen Streifen oder auch nur mit Punkten geziert. Das Massetericum erweist sich von beträchtlicher Grösse. Die Oberlippenschilderzahl beträgt vorn bis zum grösseren, unter dem Auge liegenden Schilde sechs, was entweder als Abnormität oder als lokale Eigenthümlichkeit zu betrachten ist. Unter den von Unger und Kotschy (vergl. „Die Insel Cypern." Wien 1865) beobachteten Repti- lien figurirt Lacerta muralis leider ohne nähere Angabe über ihre Färbung. Dass die muralis neapol. in Klein- asien vorkommt, beweisen mir die von Dr. Hey gütigst zugesandten Exemplare. Ihre Grundfarbe ist, ähnlich wie bei der cypresischen Eidechse, grünbraun. Längs der Mit- tellinie des Rückens zieht sich ein schön ausgeprägter weis- ser Streifen hin. Diesem parallel, befinden sich jederseits ähnliche Streifen, welche ihren Ursprung vom äussersten Rande der Scheitelschilder nehmen und sich in der Schwanz- gegend verlieren. Diesen wiederum parallel sind 11 bis 12 kleinere Augenflecken vertheilt, welche im Alkohol weiss erscheinen. Die Kopfdecke ist einfarbig braun. Masse- tericum und Tympanale sind vorhanden. Bauch weisslich fleckenfrei. Die Gesammtlänge des Thieres erreicht 20 bis 21 cm. — Die nähere Angabe über den Fundort dieser kleinasiatischen muralis fehlte leider bei dieser Sendung. Da aber die neapolitana auf der Insel Cypern, wie ich es soeben nachzuweisen versucht habe, einheimisch sein dürfte, Herpetologische Studien. 287 SO könnte sie auf der gegenüber liegenden Küste gleich- falls vorkommen. lieber die Verbreitung der grünen Mauereidechse in Südrussland kann zur Zeit noch nichts Sicheres angege- ben werden. Ausser dem von mir früher genannten Fund- orte (Slawiansk, Charkow'sche Gouvernement) kommt sie möglicherweise in Taurien und Caucasus vor. Sollte sich die Lacerta saxicola Eversmann^) als identisch mit mu- ralis neapolitana herausstellen, was nach Eversmann höchst wahrscheinlich ist, nach Kessler ^j aber streitig gemacht werden könnte, so würde diese Lacerta auf der Höhe von 6400 Fuss im Caucasus angetroffen werden. Die Frage, ob die Lac. saxicola Eversmann jener von Kess- ler oder der Lac. chalybdea Eichwald^) entspricht und ob sie überhaupt zu der muralis neapol. gehört, kann nur nach einer angestellten Vergleichung der russischen Stücke mit jenen des Mittelmeerbeckens gelöst werden^). — Zur 1) Nouv. mem. de la soc. imper. d. nat. de Moscou III, 1834. p. 349. 2) Zoologische Reise durch Transcaucasien im Jahre 1875. St. Petersburg 1878 (russisch). 3) Fauna Caspio-Caucasia. Petropoli MDCCCXLI. 4) Wie willkürlich und unconsequent die Zoologen mit der L. saxicola verfahren sind, mögen hier einige Beispiele illustriren. Dumeril und Bibron gaben auf S. 218 ihrer generellen Herpe- tologie an, Eversmann hätte eine junge Lacerta viridis als saxi- cola beschrieben. Auf S. 230 desselben Werkes wird die saxicola Eversmann einfach in die Synonymie der L. muralis versetzt. Krynicky (Bullet, de la soc. imper. d. natur. de Moscou 1837, III) nahm an, die saxicola sei mit L. taurica identisch und behielt letz- tere Benennung. Die Autoren der Erpetologie generale bemächtig- ten sich nun der saxicola Eversm. und Krynicky, um sie in die Synonymie der L. muralis zn stecken. Ungeachtet der Absurdität bezüglich der Identität der saxicola und der virdis juv. erfahren wir aus den angeführten Angaben der genannten Autoren, dass L. tau- rica = L. muralis ist. (Aehnliche Beispiele von willkürlichen Schluss- folgerungen habe ich seiner Zeit in meinen herpetologischen Studien angeführt!) — Eichwald nennt die saxicola gleichbedeutend mit seiner chalybdea. Schreiber ist geneigt die saxicola mit der tau- rica zu identificiren, spricht sich aber nicht bestimmt darüber aus 288 J. von Bedriaga: Zeit können wir mit Bestimmtheit angeben, dass das eigent- liche Wohngebiet der muralis neapolitana sich vom 6.^ ö. L. von Paris bis zum 36.« ö. L. von Paris erstreckt; ferner dass sie diesseits der Alpen nicht angetroffen wird, dage- gen dass ihr Wohngebiet sich nach Süden, z. B. Tunis, bis zum 36.*^ n. Br. erstreckt. Zu den von mir früher aufgezählten Synonymen dieser Eidechse wäre noch Podarcis Merremii Schinz hinzu- fügen. lY. Lacerta muralis fusca aus Rom, den Pyrenäen und Spanien. Aehnlich wie nigriventres unter murales neapol. vor- kommen, treten erstere gleichfalls unter den braunen Mauer- eidechsen auf. In ihrer Körpergestalt bieten sie ebenso wenig Unterschiede von der Hauptform, wie wir es bei der neapolitanischen nigriventris kennen gelernt haben, dagegen ist ihr Gewand grundverschieden. Die Oberseite des Kör- pers, der Kopf, Schwanz und Extremitätenpaare inbegriffen, sind rabenschwarz. i\uf dem Rücken und den Seiten verlaufen zierliche, nach der Breite des Körpers augeordnete, feine, wellenförmige, goldgelbe Streifen. Die Schädeldecke und weil, wie er auf S. 419 seiner Herpetologia europaea anhiebt, E vers- in an n nur das Farbenkleid dieser Eidechse beschrieben habe. Ich sehe mich genöthigt darauf hin zu bemerken, dass es sich hier wohl um eine Verwechselung handelt, da die Schrift E versmann 's „La- certae imperii rossici" uns eine ziemlich genaue Aufzählung der sonstigen Kennzeichen der saxicola liefert. — Meines Wissens trafen Bonaparte (Iconografia della fauna italica II) und Czernay (Bullet, de la soc. imper. de Moscou 1851, 1} das Richtige, indem sie die saxicola Eversm. der L. muralis als gleichbedeutend er- klärten. — Die angeführten Beispiele werden hoffentlich genügen, um zu zeigen, dass die Lacertiden-Familie und namentlich die Gattung „Lacerta", einer gründlichen, lediglich auf authentischen Exemplaren basirten Revision bedürfen. Es sei mir in Folge dessen nicht zum Vorwurfe gemacht, dass ich einige, das Genus Lacerta bildende Glieder als Vorarbeit einer solchen von mir projectirten Revision der europäischen Eidechsen ausführlich beschreibe. Herpetologische Studien. 289 Kehle sind auf schwarzem Grunde gelb gemackelt. Gelbe Augenflecken zieren vorzugsweise die hinteren Extremitä- ten. Die schwarzen Schwanzschuppen sind gelb gerändert. Das ursprüngliche weissliche Colorit des Bauches wird durch eine stark entwickelte und in Form von Würfeln auftretende schwarze Zeichnung verdrängt. Die nach aus- sen liegende longitudinale Bauchschilderreihe ist intensiv grün. Das schwarze gelbumsäumte Anale und die schwarze Unterseite der hinteren Extremitäten lassen die tief gelb colorirten Schenkelporenreihen hervortreten. Die Unter- seite des Schwanzes ist stahlgrau, gelb gefleckt. Da die beigegebene Abbildung der fusca var. nigriven- tris in etwas vergrössertem Massstabe dargestellt ist, füge ich hierselbst einige Details über ihre Massen hinzu. Die Gesammtlänge beträgt 173 mm., wovon 16 mm auf den Kopf und 110 mm auf den Schwanz kommen. Die Rumpf länge von der Schnauzenspitze bis zur Schwanzwurzel erreicht ungefähr 63 mm. Die Kopfseite, an der breitesten Stelle gemessen, ergiebt 11mm. Die Kopf höhe beträgt 7V2mm; der grösste Umfang des Kopfes ist 33 mm, der Umfang des Halses 31 mm. — Das Habitat dieser Varietät ist Rom. Ob diese Eidechse, welche ich der Güte des Herrn Prof. De Sanctis in Rom verdanke, von den übrigen, in Italien einheimischen murales unterschieden worden, ist mir aus der zu Rathe gezogenen Literatur nicht ersichtlich. Bon aparte, dessen Initiative wir die Bezeichnung „nigri- ventris" schulden, bildet auf seiner Tafel zweifelsohne eine veränderte L muralis neapol. ab. Die Abbildung unter- scheidet sich von der unserigen durch die Körpermassen, durch die Farbe der Zeichnung, welche hier den Rest des Grundtons bildet, und endlich durch die Gestalt, in welcher letztere zu Tage tritt. Während die neapolitana var. ni- griventris Bonap. circa 210 mm in der Länge zählt, wo- von 22 mm. auf den Kopf und 125 mm auf den Schwanz kommen, und das grüne Colorit ihrer Stammform in der Form von Augenflecken behält, misst unsere Varietät nur 173 mm und erhält goldgelbe Querstreifen auf schwarzem Grunde. Letztere Eigenthümlichkeit ist von Bonaparte nur beiläufig erwähnt worden. In seinem Capitel über Podarcis Archiv für Naturg. XXXXV, Jahrg. 1. Bd. I9 290 J. von Badriag-a: muralis finden wir nämlich folgendes angegeben: „Quella a pancia nera o staccata, per dir meglio, di nero, mostrasi generalemente nera anche sul dorso con maccbiuze irre- golari verdi, biancastre, o color d'oro." De Betta kennt nur die grüne, braungrüne oder rötblicbe nigriventris (vergl. Erpetologia delle provincie venete e del Tirolo meridionale in den Atti deli' aead. di agricolt. arti e commerc. di Verona XXXV, 1857. p. 154 und „Rettili ed anfibi" in der Fauna d'Italia. Milano 1874. p. 29). Der Aufenthaltsort dieser Eidechse sind nach der Mit- theilung des Herrn Prof. De San et is die antiken Mauern in Rom. Ob sie in Gemeinschaft mit der dort gemeinen mu- ralis neapol. angetroffen ward, ist mir unbekannt. Die braune Mauereidechse aus den Pyrenäen, welche ich der Güte des Herrn F. Lataste verdanke, unterschei- det sich von jener aus der Ebene so auffallend, dass sie einer besonderen Beschreibung bedarf. — „Als ich sie in dem 1545 Meter hohen Gebirgspässe Aspin sah, theilt mir Herr Lataste mit, hielt ich sie für eine Lacerta vivi- para." — Vor allen Dingen fällt uns die abgeplattete Kör- perform und die grobe, der muralis nicht eigene Beschup- pung des Rückens auf. Auf der beigegebenen Tafel sind die Schuppen sowohl dieser Gebirgseidechse als auch einer muralis fusca aus Bordeaux und einer ausgewachsenen neapolitana dargestellt. Vergleicht man sie untereinander, so ersieht man sofort die Grössendifferenz. Die Schuppen tragen einen mehr oder weniger deutlich auspeprägten Kiel. Desungeachtet haben die einzelnen Schuppen ein flaches Aussehen, Die Gestalt und Anordnung der Schwanzschup- pen wird ebenfalls bei der in der Ebene wohnenden mu- ralis nicht angetroffen. Sie sind nämlich hier meistens ganzrandig, enden nie winklig und ihr Kiel erscheint schwach angedeutet; dabei hat der Schwanz ein dornen- tragendes Aussehen, indem die Schwanzschuppenringe sich wellenförmig ordnen und die einzelnen Schuppen sich mit ihren seitlichen Rändern dachförmig aneinander anlehnen. Es entstehen dadurch auf den Seiten des Schwanzes eigen- thümliche hervorspringende Kanten. — Was die Bauch- Herpetologische Studien. 291 Schilder anbelangt, so sind die Tafeln besonders an der hinteren Partie des Bauches sehr lang. Dagegen vornen, und vorzugsweise die nach aussen liegenden sehr klein. Es grenzen hier stets zvveiOberschildchenan. — Während bei anderen murales meistens vier Schuppenreihen auf jede Bauchtafel kommen, sind hier nur drei vorhanden, was wohl darauf beruhen wird, dass die Schuppen relativ grös- ser erscheinen. Der Pileus weist wenig ins Gewicht fal- lende Differenzen auf. Die Beschilderung der Schläfen da- gegen ist höchst mannigfaltig. In den meisten Fällen tragen die Schläfen in der Mitte 5—6 grössere eckige Schilder und vermissen das Massetericum. Die Seiten des Halses erhalten grobkörnige Schuppen. Der Kopf ist nach vorn verschmälert, stark abgeplattet und an seiner Spitze abgerundet. Ausserdem stellt der vordere obere Theil des Kopfes in der Seitenansicht einen starken, etwa am Scutum rostrale beginnenden und am vorderen Rande des Scutum frontale endenden Bogen dar, was dem Kopf; wiederum in der Profilansicht, ein plumpes Aussehen verleiht. Die Rumpfform, wie schon erwähnt, ist abgeplattet. — Das grösste mir vorliegende Exemplar besitzt eine Totallänge von 163 mm, von denen 105 mm auf den Schwanz und 14 mm auf den Kopf gerechnet sein müssen. Die Länge des Rumpfes ist 58 mm. Der grösste Breitendurchmesser des Kopfes beträgt 9 mm ; der grösste Höheudurchmesser 472 Ulm. Der Umfang des Kopfes an seiner breitesten Stelle zählt 24 bis 25 mm; der Umfang des Halses 21mm. — Die hellnussbraune, fleckenlose Rückenzone ist bei dieser Eidechse jederseits von einer schmalen, gelblichen Binde umsäumt, welche am äusseren seitlichen Rande der Parie- talschilder ihren Ursprung nimmt. Darauf folgen IV2 oder 2 mm breite, dunkelbraune Binden, die an den Wurzeln der Hinterextremitäten enden. Diese Binden werden wiederum von schmalen gelblichen Längsstreifen begrenzt. Als Fort- setzung der letzteren müssen die gelben, die Supralabialia zierenden Flecken betrachtet werden. Die äusseren seit- lichen Bauchschilderreihen erhalten bläuliche Flecken. Die mittleren sind weisslich mit einer röthlichen Tendenz. Die Kehle ist weiss. Die Schädeldecke erscheint dunkelbraun 292 J. von Bedriaga: schwarz gefleckt. Oefter treten an der Achsel dunkelbraune Ocelli auf. Der Güte des Herrn Lataste verdanke ich ebenfalls eine Anzahl brauner Mauereidechsen aus der Umgebung von Eaux-bonnes. Mit den eben beschriebenen verglichen, ergab sich, dass letztere kleinere Rückenschuppen, so wie stumpf winklig endende und einen deutlich ausgeprägten Kiel tragende Schwanzschuppen hatten. Die Schwanz- schuppen, welche etwas länger sind als bei der deutschen muralis, bieten in ihrer Anordnung keine Verschiedenhei- ten dar. Ihr Gewand stimmt im allgemeinen mit dem eben beschriebenen überein. Ihre Körperform dagegen nähert sich eher derjenigen von Aranao (Asturien). Diese Eidechse wurde auf der Höhe von 700 — 1100 Meter erbeutet und ist insofern von Interesse, als sie gewissermassen einen Uebergang der Bewohnerin der hohen Pyrenäen zu denen der Ebene repräsentirt. Eine ebenso erwähnenswerthe Abweichung vom eigent- lichen Typus der muralis fusca bietet die Mauereidechse aus Valencia (Spanien), welche ich neuerdings zu unter- suchen Gelegenheit gehabt habe. Die Eidechse unterschei- det sich von der bekannten muralis nicht nur durch ihre äusserst zierliche und zarte Körpergestalt, sondern auch durch ihre äusserst kleinen Rückenschuppen und einfachen glat- ten Schwanzschuppen. Diese ganzrandigen Schuppen sind ausserdem recht eigenthümlich geordnet und geformt. Die Mittellinie des Schwanzes nämlich besteht aus dreieckigen Schuppen, um die sich die anderen, die Schwanzringe bil- denden Schuppen anlegen. Dergleichen Anordnung haben wir zwar schon bei der muralis und anderen Eidechsen kennen gelernt, aber mit dem Unterschiede, dass sie nur an der Wurzel des Schwanzes erscheint und ein Schwanz- wurzeldreieck bildet, während die erwähnte Anordnung bei der Lacerta aus Valencia die ganze Mittellinie des Schwanzes einnimmt. Da meine spanischen Eidechsen mir auf der Reise verdarben, bin ich leider nicht in der Lage, eine genaue Abbildung der Schwanzschuppen zu liefern und muss mich daher mit einer schematischen Darstellung des Verhaltens der Schwanzschuppen begnügen. Was nun die Herpetologische Studien. 293 Rückenschuppen anbetrifft, so bilden sie einen vollständi- gen Gegensatz zu denen der pyrenäisehen Form, indem sie hier äusserst klein erscheinen. Schon beim blossen Antasten der Hautdecke beider Eidechsen spürt man einen merklichen Unterschied. Die Bauchschilder weisen keine Eigenthümlichkeiten auf. Oberschildchen sind vorhanden. Die Farbe der Oberseite des Körpers ist im allgemeinen hellbraun (cafe au lait). Die gleichmässig bräunlich gelb gefärbte Mittelzone des Rückens wird von zwei helleren, ihren Ursprung oberhalb der Ohröffnung nehmenden Strei- fen umsäumt. Darauf folgen zu jeder Seite braune, nach aussen liegende, hellere, beinahe weisse Streifen. Die braunen Streifen fangen hinter dem Auge an, die helleren, welche in der Gegend der hinteren Extremitäten aufhören, nehmen ihren Ursprung am unteren Hinterrande der Ohr- üffnung. Der bräunlichgelbe Kopf erhält ähnlich wie der Rücken keine Zeichnung. Die obere Hälfte der Schläfen ist gelb, die untere weisslich. Die Oberseite der Extremi- täten erscheint gelblich, die Unterseite röthlich-braun. Die Kehle neigt sich ins Schwefelgelbe. Der Bauch ist asch- grau oder gelblich. — Leider vermag ich die Gesammt- länge nicht zu nennen, weil mir die Thiere, ehe ich ihre Masse aufnotirt hatte, verdarben und mir nur noch ein ein- ziges Exemplar mit verstümmeltem Schwänze zur Verfügung steht. Der Rumpf misst49 mm, von denen 11 mm auf den Kopf kommen. Die Breite des Kopfes zählt 6 mm ; die Höhe 3V2 mm. Der Halsumfang ist 20 mm; der Kopf- umfang = 19 mm. — Diese Lacerten wurden auf der Land- strasse, welche von der Stadt Valencia nach der Dehesa de la Albufera führt, gefangen. Ich sah dieselben höchst selten und zwar nur in den von der Tropidosaura algira unbewohnten Localitäten. Ob sie nur in der Umgegend von Valencia vorkommt oder allenthalben in der Provinz verbreitet ist, ist mir unbekannt. Die in Alicante beob- achteten murales waren von der letzteren grundverschieden und zeichneten sich durch so viele neue Charactere aus, dass ich sie anfangs als einer anderen Species, wie der muralis angehörig anzusehen geneigt war. — Zunächst fällt ihre Färbung und Zeichnung auf. Auf bräunlich-weissem 294 J. von Bedriaga: Grunde ziehen sich fünf ununterbrochene, verschieden aus- geprägte, schmale, schwarze Streifen hin. Der Mitteh-ücken- streifen besteht anfangs am vorderen Theile des Rückens aus zwei äusserst feinen dunklen Linien, welche gegen die Mitte des Rückens zusammenfliessen und einen einzigen Streifen bilden. Dieser Streifen sowohl, als auch der 6. und 7., welche an die Grenzen des Bauches zu liegen kommen, stehen in der Intensität der Farbe gegen die übri- gen zurück. Der mediane Streifen endet, ähnlich wie es beim Acanthodactylus vulgaris der Fall ist, in der Schwanz- wurzelgegend. Die nächst darauf folgenden Streifen fan- gen schon am äusseren Rande der Scheitelschilder an und ziehen sich theilweise in den Schwanz hinüber. Das 2., auf den Körperseiten liegende Paar nimmt seinen Ursprung an den Schläfen. Es wird von den Hinterextremitäten un- terbrochen, um nachträglich theilweise in den Schwanz überzugehen. Der Grundton des Oberkörpers, der zwi- schen den Streifen zu Tage tritt, erscheint ebenfalls in Ge- stalt von schmalen Binden. In der Halsgegend wird die Grundfärbung heller, in der Schwanzwurzelgegend dagegen etwas dunkler und enthält einen grünlichen Ton. Die Schädeldecke ist graugrün, schwarz punktirt. Die Vorder- und Hinterextremitäten tragen auf schwarzem Grunde zahl- reiche grüngelbe Ocelli. Der Schwanz ist oben metall- grtin quergestreift. Die Streifung ist wellenförmig. Die Unterseite des Schwanzes grünlich, diejenige des Bauches, Halses, Kopfes und der Extremitäten ist kreide weiss. Was die Körperbedeckung anbetriift, so ist hervor- zuheben, dass das Occipitale sehr klein, dagegen das In- terparietale und Scutum frontale sehr lang sind, ferner, dass das Massetericum vermisst wird und das Tympanale sehr lang erscheint. Die Ohröffnung ist relativ gross. Das unter dem Auge liegende Oberlippenschild ist gross und länglich gestaltet. Wie sonst sind auch hier vier Paar vordere Supralabialschilder vorhanden, nur mit dem Unterschiede, dass das zweite jederseits (von der Spitze des Kopfes gerechnet) in zwei Theile zerfällt. Dies ist eine Eigenthümlichkeit, welche ich unter den abnormen Fällen bei der muralis nie angetroffen habe. Ausserdem Herpetologische Studien. 295 ergaben alle vom mir uDtersuchten murales 5 grössere und ein kleineres Paar Unterkiel'erschilder, während die Eidechse aus Alicante nur 4 solcher länglich gestalteten Schilder be- sitzt. Das ganzrandige Collare besteht aus 9 Tafeln, von denen die mittlere Tafel ein Dreieck vorstellt. Das Brust- Triangulum besteht aus 25 länglichen Schildernj während die anderen murales meistens 40 derselben aufweisen. Die Zahl der transversalen Bauchschilderreihen ist 20. Es sind grosse Oberschilder vorhanden, welche je zwei Schuppen- reihen einnehmen. Es kommen drei Schuppenreihen auf jedes Bauchschild. Die Rückenschuppen sind bedeutend grösser, als bei der muralis neapol. und muralis fusca. Sie erscheinen länglich gestaltet, sechseckig und äusserst leicht gewölbt. Gegen die Seiten zu werden sie grösser, drei- und vierckig. Die Schwanzschuppen tragen sowohl oben, als auch unten Kiele, jedoch sind dieselben auf der Unterseite schärfer ausgeprägt. Vorn am After erhalten sie einen abgerundeten, freien, durchsichtigen Rand, gegen die Mitte zu werden sie unten und oben scharfeckig. Ich zählte 17 deutlich ausgeprägte Femoralporen. Die Färbung dieser Eidechse erinnert an jene des Acanthodactylus vulgaris juv. Ich besitze sogar junge Acanthodactyle, welche dieselbe Spaltung des medianen Rückeustreifens im vorderen Theile des Rückens aufwei- sen. Bei einer Betrachtung aus der Ferne bin ich anfangs nahezu geneigt gewesen, die Eidechse für einen Acantho- dactylus anzunehmen, umsomehr, da sie sich auf dem san- digen Boden in der unmittelbaren Nähe der Stadt Alicante gesellig mit den Acanthodactylen aufhält. Nur ihr metal- lisch-grüner Schwanz verräth sie. Ich traf blos kleine Exemplare an, dennoch ist indessen die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass ihrer auch grosse existiren mögen. Die äusserst ungünstige Witterung und der stark anhal- tende Wind, welcher ganze Staubwolken in die Höhe wir- belte, machten die Jagd während meines Aufenthaltes in Alicante fast unmöglich, und ich erbeutete nur zwei Indi- viduen, von denen das eine mir unterwegs verdarb. Aus- serdem erschwert das Aufsuchen dieser Eidechse in ihren Verstecken die Unmasse von in Alicante allenthalben vor- kommenden Scorpionen. n 296 J- von Bedriaga: Das einzige, in meinem Besitze sich befindende Exem- plar möchte ich nicht behufs der Lösung der Frage, ob es ausgewachsen sei, opfern und tiberlasse es Anderen, diese interessante Lacerta näher zu untersuchen, indem ich hier nur hervorhebe, dass die Differenzen zwischen ihr und den murales so auffallend sind, dass sie uns beinahe ein Recht geben, sie als neue Species auszugeben. Da ich jedoch über eine grössere Anzahl von Mauereidechsen verfüge und die allseitige Unbeständigkeit der muralis aus Erfahrung sehr gut kenne, betrachte ich die in Rede stehende Lacerta als eine neue distinkte Varietät der muralis. Diese neue Abart stellt im wahren Sinne des Wortes eine platycephale Form dar. Beifolgende Details über die Masse der Ali- cante-Eidechse und der Lac. muralis fusca, sowie auch die beifolgenden Profil-Ansichten derselben werden ungefähr einen Begriff von ihrer Kopfform geben. L. muralis var.? L. muralis fusca aus aus Alicante. Heidelberg. Gesammtlänge 84 mm 84 mm Kopflänge 6V2 » 8 „ Rumpflänge 27 „ 29 „ Schwanzlänge 57 „ 54 „ Kopfhöhe 2 „ 31/2 „ Ansatzstelle des Pileus an den Rumpf 2V2 ,, 4 „ Kopfbreite 4 „ 5V2 „ Der Umfang des Kopfes und Halses kann leider nicht mit Präcision bei so kleinen Individuen angegeben werden. Die braunen Mauereidechsen von Ciudad-Real, Alba- cete (Neu-Castilien) und von den Columbretes-Inseln, welche an der Ostküste von Spanien liegen, sind durch keine ins Gewicht fallende Eigenthümlichkeiten ausgezeichnet. Beifolgende Verbreitung der L. muralis fusca in Spanien entnehme ich hauptsächlich aus dem Cataloge Boscä's^): 1) Anales do la sociedad espanola de Historial natural, VI, 1877. Herpetologische Studien. 297 Catalonien: Barcelona; Alt-Castilien: Vallaclolid (nach Pe- rez-Minguez), Logrono; Baskengebiet: Santander; Astii- rien: Arnao (nach Rasquinet); La Deva, eine Felsen- insel (var. Rasqiiinetii) ; Neu-Castilien: Escorial, La Granja, Gredos (nach Marti nez Saez) und Ciudad-Real (nach Boscä); Murcia: Albacete, Pozo-Hondo (nach Bosca); Va- lencia; Columbretes'lnseln ; Andalusien: Siles, Cadix; Ara- gonien; Meuorka, Isla del Rey (nach Braun), Isla vSar- gantanas, Isla del Ayre (var. Lilfordi); Mallorka, Isla del Dragoneras (var. Gigliolii). In Portugal ist die fusca sehr stark verbreitet, auch im benachbarten Frankreich ist sie gemein, namentlich in der südlichen (Lataste*), Risso^)) und mittleren Zone desselben. Im Norden und Osten dagegen wird sie weni- ger häufig angetroffen (C ollin de Plancy, Catalogue des reptiles et batraciens du döpartement de l'Aube et etude sur la distribution geographique des reptiles et batraciens de Test de France. Semur 1877). In der Schweiz soll sie im Allgemeinen nach Fatio^) sehr gemein sein, haupt- sächlich im Tessin und den benachbarten Thälern. In dem östlichen Theile der Schweiz wird sie weniger häufig au- getroffen und scheint in einigen Localitäten des Cantons Zürich, Turgise und Glaris gänzlich zu fehlen. Fatio traf sie nur in der Umgebung von St. Gallen und Grisson. — Einerseits aus der Schweiz, andererseits aus Frankreich ist die fusca in das Rheinthal eingedrungen, wo sie stel- lenweise, z. B. an den Rheinufern bei Bingen, in grosser Anzahl gefunden wird. Vom Rheinthale aus hat sie sich in die anliegenden Thäler verbreitet und gelangte auf diese Weise in die Thäler des Neckars, der Pfinz, der Alb, der Murg, der Kinzig etc. (nach Paulus). „Ueberdies, sagt Paulus*), beschränkt sich diese Eidechse (i.e. L. muralis) 1) Essai d'iine faune herpetologique de la Gironde. Bordeaux, 1876. 2) Histoire naturelle des pincipales productions de l'Europe meridionale III. Paris 1826. 3) Faune des vertebres de la Suisse, t. 3, Reptiles et batra- ciens. Geneve et Bäle 1872. 4) Würtemb. naturwiss. Jahreshefte, Stuttgart, 1857. p. 54. 298 J. von Bedriaga: nur auf die Gebirgsformationen von dem Urgebirge auf- wärts bis zu dem Muschelkalk, während sie den Keuper und die über demselben lagernden Formationen nicht zu bewohnen scheint/' Am häufigsten sammelte ich die mu- ralis fusca im Nahethale (Kreuznach) und Neckarthaie (Hei- delberg). — Vom Rheinthale ebenfalls zog sie nordwärts nach Belgien (nach Selys-Longchamps Faune Beige, 1842), wo sie neben der L. vivipara die gemeinste Eidechse geworden ist. — In Holland kommt sie in der Provinz Groningen, dann beiNymwegen vor (Schlegel^)). — In Oesterreich, wo sie dem Laufe der Donau gefolgt ist, wird sie an den Do- nauufern, in Süd-Tyrol (z. B. Meran) und den Küstenlän- dern stellenweise in grosser Anzahl angetroffen. Auf den Inseln des Adriatischen Meeres (Pelagosa, nach M. Stos- sich^)) scheint sie ebenfalls verbreitet zu sein. Während das Wohngebiet der fusca in Mitteleuropa ziemlich genau aus der deutschen herpetologischen Lite- ratur ersichtlich ist, sind wir nur wenig über ihre Verbrei- tung im Russischen Reiche unterrichtet. Nach Kessler 3) soll sie im Kiew'schen Gouvernement, nach Czernay^) im Charkow'schen vorkommen. Nach Kessler ebenfalls wird sie im Caucasus und der Südküste von Taurien allent- halben und zwar auf der Höhe von 6500 Fuss angetroffen. Sabaneef fing die muralis im Ural (vergl. Bulletin de Moscou XLIV, 1871. S. 273). Da diese Eidechse einerseits an der Donaumündung (Tuldscha), andererseits in Taurien einheimisch ist, dürfte sie in Bessarabien und Odessa nicht fehlen. Ferner kön- nen wir mit Bestimmtheit behaupten, dass sie diesseits des Caucasus verbreitet ist und von Ever s mann bei Nordsana gefangen wurde. Die Thatsache, dass Eversmann die Lac. muralis, welche sicher für Russland constatirt ist, in 1) De Dieren van Nederland. Haarlem 1862. 2) Sulla geologia e zoologia deli' isola di Pelagosa. (Bolletino della societa Adriatica di scienze naturali in Trieste. 1877, p. 184.) 3) Zoologische Reise durch Transcaucasien im Jahre 1865, St. Petersburg 1878 (russisch). 4) Bullet, de la soc. imper. d. natur. de Moscou 1851, I. p. 269. Herpetologische Studien. 299 seiner Abhandlung über die russischen Eidechsen i) nicht angiebt und nur einmal beiläufig erwähnt, bewegt mich anzunehmen, dass der Verfasser sie überhaupt wenig kannte. Diese Vermuthung wird ausserdem dadurch gerechtfertigt, dass Eversmann eine neue Species Lacerta praticola auf- stellt, sie aber mit einer vollständig auf die muralis pas- senden Charakteristik begleitet. Entgegen der geläufigen Ansicht, L. praticola sei der vivipara oder taurica gleich- bedeutend, setzte ich sie unter die Synonymie der muralis fusca (vergl. Archiv f. Naturg. 1878). Ganz anders ver- fährt Kessler (1. c). Er restaurirt die praticola als Art und giebt nur in allgemeinen Zügen ihre Aehnlichkeit mit der Mauereidechse zu, im einzelnen aber, so z. B. in der Gestalt der Rückenschuppen, der Zahl der Schenkelporen und dem allmählich sich verschmälernden Schwänze, glaubt er eine Uebereinstimmung mit der Lac. vivipara zu er- blicken. — Was ihre Aehnlichkeit mit der muralis anbelangt, so ist sie ganz gerechtfertigt. Ein flüchtiger Blick auf die Eversmann 'sehe Abbildung genügt, um sie sofort zu erkennen, dagegen scheint die Aehnlichkeit der praticola mit der vivipara auf Grund der von Kessler aufgezähl- ten Merkmale, meiner Ansicht nach, irrig. Die sechsecki- gen, länglich gestalteten, kieltragenden Schuppen, welche die Rückenzone der praticola bedecken, sind nicht nur viviparen Lacerten, sondern auch der muralis eigen. Be- trachtet man die Schuppen der muralis in der Mitte des Rückens bei starker Vergrösserung, so erscheint sie, wie Braun mit Recht für die Lacerta Lilfordi bemerkte, nicht etwa rundlich, wie es sonst angegeben worden ist, son- dern sechseckig mit abgerundeten Kanten. Diese Schuppen- gestalt ist übrigens bei der pyrenäischen fusca bei gewöhn- licher Loupenvergrösserung ersichtlich. Dass die Schup- pen öfters in der Länge mehr, als in der Breite messen und mit deutlichem Kiele versehen sind, ist ebenfalls von der Mauereidechse bekannt. Das zweite von Kessler auf- geführte Merkmal, welches die Annäherung der L. prati- 1) Nouv. mem. de la soc. imper. de natural, de Moscou III. 1834, 300 J- von Bedriaga: cola zur L. vivipara ermöglicht, könnte eher in Betracht ge- zogen werden. Die Zahl der Schenkelporen (10—12), welche die praticola aufweisen soll, ist bei der muralis noch nicht constatirt worden, aber wenn wir bedenken, dass letztere 15 bis 29 Poren zählt, so werden wir annehmen können, dass ihre Zahl auch auf 12 fallen kann. Es könnte sich ja leicht hier um eine Localeigenthümlichkeit handeln. Endlich besitzt das dritte von Kessler genannte Kenn- zeichen keinen diagnostischen Werth. — Mir scheint es überhaupt, dass man bei einer Art wie Lac. muralis, deren Varietäten verschiedene, sogar morphologische Merkmale zeigen, zumal falls man nur Exemplare aus einem be- schränkten Gebiete, oder nur Extreme untersucht, ohne die Uebergangsformen zu kennen, leicht zur Annahme geführt werden kann, man habe es mit guten Arten zu thun. Ich brauche nur als Beispiel auf die Lilfordi-Eidechse hinzu- weisen, welche der treffliche Herpetologe Günther als neue Species beschrieben hat. Diese Eidechse, mit der muralis der grösseren Balearen verglichen, ergab nur eine Varietät derselben. Dadurch will ich dennoch keineswegs die Möglichkeit (wenn sie auch höchst unwahrscheinlich ist) ausschliessen, dass L. praticola Eversm. eine Species darstellt. Ein eingehender Vergleich mit anderen, im Ge- birge und der Ebene sich aufhaltenden murales dürfte die Frage zur Lösung bringen. Aus Transcaucasien drang die muralis fusca in Klein- asien (Türkisch Armenien), Syrien (Beirut), Persien und dem südlichen Theile der Kaspischen Westküste ein. Meine Vermuthungen über den von ihr eingeschlagenen Weg stützen sich hauptsächlich darauf, dass die Hochebene von Ustjurt und das Turkmenen-Gebiet der L. muralis kaum ein Obdach bieten könnten. Auch soll sie nach Leydig^) unter den von Eversmann auf seiner Reise nach Buchara erbeuteten und dem Berliner Museum zuge- sandten Reptilien fehlen. Dass die braune Mauereidechse in Persien von De Filippi und Blanford factisch ge- 1) Die in Deutschland lebenden Arten der Saurier. Tübingen 1872. S. 239. Herpetologische Studien. 301 fangen worden ist, finde ich durch die Abhandlung von Camerano ,,Considerazioni sul Genere Lacerta Linu." indirect bestätigt. Im Hinblick auf diese Schrift, welche das Vorkommen der Mauereidechse in Persien bezweifelt und die von De Filippi erbeutete und als muralis be- stimmte Eidechse als neue Art „Podarcis defilippi" gelten lässt, sehe ich mich veranlasst, die von Camerano für seine Auffassung beigebrachten Argumente, welche sich in folgender Weise formuliren lassen, anzuführen und zu dis- cutiren: 1. Abplattung des Kopfes. — 2. Grössere Rücken- schuppen, als es bei der muralis der Fall ist. — Die Ab- plattung des Kopfes wurde schon seit längerer Zeit von Eimer*) und von mir 2) an in Italien selbst lebenden Mauereidechsen constatirt — , es ist daher nichts Ausser- gewöhnliches, w^enn eine persische muralis diese Eigen- schaft besitzt. Der einerseits pyramidal geformte, anderer- seits abgeplattete Kopf der stiditalienischen Mauereidechse hat bekanntlich Eimer bewogen, dieselben in pyramido- cephale und platycephale Formen einzutheilen (1. c. p. 29), eine Ansicht, welche ich seiner Zeit zu widerlegen ver- sucht habe 2). Ferner nehmen wir bei der in den Pyrenäen wohnenden murales eine noch stärkere Abplattung des Kopfes, als bei der süditalienischen wahr (vergl. die bei- gegebenen Profilansichten). Wie sich in dieser Beziehung die Lac. defilippii Camerano zu der pyrenäischen verhält, ist leider aus der Schrift Camerano's nicht zu schliessen, da letzterer es unterlassen hat, die Höhe des Kopfes seiner Eidechse anzugeben. — Dass die Rückenschuppen variiren und bei einigen Mauereidechsen, so z. B. bei den im Gebirge wohnenden, eine bedeutende Grösse erreichen, haben wir eben- falls kennen gelernt (vergl. die beigegebenen schematischen Schuppenabbildungen). Die Unzulässigkeit der übrigen, von Camerano aufgezählten Kennzeichen, welche vom Auto- ren selbst als untergeordnete bezeichnet werden, bedarf wohl keiner näheren Erörterung. 1) Atti della Reale Academia delle Scienze di Toriuo, Vol. XIII. 1877. 2) Archiv f. Naturg. 1877. XXXXIII. Jahrg. Bd. 1. 302 J. voD Bedriaga: Was den Verbreitungsbezirk der muralis fusca in Persien anbelangt, so lässt sich zur Zeit nur wenig dar- über sagen. De Filippi') traf sie im Norden und zwar in der gebirgigen Gegend von üemavend, zwischen dem Kaspischen See und der Hauptstadt Teheran, ferner in der im südlichen Theile Persiens gelegenen Provinz Laristan (Larthal). Blanford^) traf sie ausserdem im Westen Per- siens. — Ihre Verbreitung in Kleinasien ist gleichfalls noch unbestimmt. Dass sie bei Trapezunt vorkommen dürfte, werde ich im Laufe dieser Abhandlung zu beweisen su- chen. — Für Griechenland wird sie von De Betta ange- geben (vergl. „I Rettili et Anfibi del Regno della Grecia. Atti del Istitute Veneto Xlll, 1868). — Auf den Inseln des Aegeischen Meeres scheint sie zu fehlen, einer- seits weil die von Erhard (1. c.) seinen murales beige- gebenen Diagnosen auf die fusca nicht bezogen werden können, andererseits weil sie nach Erb er auf Rhodus (vergl. Bericht über eine Beise nach Rhodus. Verhandlun- gen d. zool. bot. Gesellsch. in Wien XVIII, 1868) ver- misst wird. In der Apenninischen Halbinsel ist sie vorzugsweise auf den Norden angewiesen, wo sie allenthalben sehr ge- mein ist und öfters mit der muralis neapolitana ihren Aufenthaltsort theilt. In anderen Gegenden, z. B. an den Ufern der italienischen Seen, kommt ausschliesslich die fusca vor. An der Nordwestküste Italiens erstreckt sich ihr Verbreitungsbezirk ungefähr bis Genua. Von Spezia an wird sie durch andere Formen vertreten. An der Ostküste dringt sie weit südlicher vor und wird sogar nach einer mündlichen Mittheilung von Dr. Cavanna in Calabrien (Arena) angetroffen. In den Central- Apenninen und dem Sabinergebirge ist sie gleichfalls einheimisch, von dort aus ist sie in die Campagna Romana eingedrungen. Für Si- cilien wurde sie meines Wissens noch nicht angeführt; ich selbst habe sie im östlichen Theile der Insel nicht gesehen. Die kleineren im Tyrrhenischen Meere liegenden Inseln hat 1) Note di im viaggio in Persia nel 1862, pag. 354. Milano 1865. 2) Eastern Persia, vol. II. London 1876. Herpetologische Studien. 303 sie ebenfalls gemieden. Nach der reichen Reptilien-Samm- lung des Herrn Prof. Griglioli in Florenz zu urtheilen^ kommt sie auf den Liparischen Inseln vor. — Während sie allem Anscheine nach in Sardinien fehlt, ist sie in Corsika, besonders im Gebirge, einheimisch. — Was ihre Ausdeh- nung in Afrika anbelangt, so soll sie namentlich an der Küste Algiers sehr gemein sein. In der von ßöttger ge- gebenen üebersicht der Reptilien Maroccos (a. a. 0.) fehlt die nmralis; da sie aber von Strauch (Essai d'une her- petologie de l'Algerie) nahe der marokkinischen Grenze bei Tlemsen gesammelt worden ist, ferner von Bosca für Cadix angegeben wird, so dürfte sie in Marokko doch vor- kommen. Sicher constatirt ist die Lac. muralis fusca zwischen dem 11.0 w. L. von Paris und 53.^ ö. L. von Paris. Zwi- schen 6.0 ö. L. von Paris und 16.o ö. L. von Paris wird sie selten angetroffen ; die Lac. muralis neapolitana scheint sie zu vertreten. Ihre Verbreitung nach Norden erstreckt sich bis zum 53.0 ^ ßi«,^ j^ach Süden etwa bis zum 35.o n. Br. Fassen wir das über die Verbreitung der grünen und braunen Mauereidechse in diesem und dem vorhergehenden Capitel Gesagte zusammen, so werden wir zu einer höchst interessanten Schlussfolgerung gelangen. Der bekannten Thatsache entsprechend, dass die Reptilien und Amphibien Südeuropa's grösstentheils auch der nordafrikanischen Küste angehören, treffen wir ebenfalls die muralis in Afrika an und zwar, ähnlich wie in den circummediterranen Län- dern, vertheilt. Ich hatte soeben gezeigt, dass die braune Mauereidechse auf dem europäischen Continente bis zum 6.0 ö. L. von Paris die alleinige Repräsentantin der mu- ralis ist. In Nordafrika, wie es sicher constatirt worden ist, gehört sie hauptsächlich der Litoralfauna x\lgiers an, deren Grenze sich bekanntlich ungefähr bis zum 6.o ö. L. von Paris erstreckt. Auf der zwischen dem 2.o w. L. von Paris und 20. ö. L. von Paris liegenden Balearischen Inselgruppe wird gleichfalls die muralis fusca oder ihre Varietäten Lil- fordi und Gigliolii angetroffen. Vom 6.o ö. L. von Paris tritt die grüne Mauereidechse auf und verdrängt die mu- ralis fusca grösstentheils aus Italien, Sardinien und Sici- 304 J. von Bedriaga: lien. Corsika bildet, so zu sagen, eine Versuchsstation oder kosmopolitische Zone. Beide Formen gehören ihr bis jetzt an. In der Sicilien gegenüber liegenden Landschaft Tunis wird wiederum die muralis neapolitana vorgefunden. Die zwischen der Küste von Tunis und Sicilien liegenden In- seln beherbergen sie ebenfalls. Auf Filfola, neben Malta gelegen, tritt sie als var. filfolensis auf. Da die Lybische Wüste der muralis sicher keinen Aufenthaltsort zu bieten vermag, so dürfte Tripolis die äusserste Grenze ihrer Aus- dehnung sein. Somit würde die muralis vom 8.^ oder viel- leicht 11.0 ö. L. von Paris nur Süd-Europa und einem Theile Asiens angehören. V. Lac, muralis var. JBrüggemanni, Auf der hohen Mauer des Arsenals zu Spezia und in dem diese Mauer von der Landstrasse trennenden Graben kommen zweierlei gestaltete und gefärbte Mauereidechsen vor, von denen die eine die typische neapolitana ist, die andere aber eine kleinere, in ihrer Körpergestalt an die L. mural, fusca erinnernde, eigenthümlich gezeichnete, hellgrüne Mauereidechse. Ihre Färbung und Zeichnung sind so auffal- lend und so sehr von den bekannten Formen der muralis verschieden, dass man sie schon aus der Ferne zu erkennen vermag. Auf gelbgrünem oder hellgrünem Fond verlaufen beim Männchen feine wellenförmige, schwarze Querstreifen, welche sich an den Körperseiten verästeln, in einander verschmel- zen und ein Netzwerk bilden, deren kleine Maschen öfters hellblau erscheinen ; dabei ist zu bemerken, dass die an der Schulter liegenden Maschen bedeutend grösser sind, beson- ders schön hervortreten und die bekannten Ocelli der nea- politana vorstellen. Die Schädeldecke ist braun, grün ge- fleckt. Auf der zum Theil grau und grün gefärbten Ober- seite der Extremitäten sind hellgrüne Ocelli zerstreut. Der Schwanz erhält am oberen Theile auf grünbraunem Fond dunkelbraune Zickzacken. Die Bauchseite ist auf weiss- lichem Grunde schwarz gemäkelt. Jede Bauchtafel erhält einen schwarzen Würfel. Die erste longitudinale Bauch- schilderreihe erscheint total blau. Der ünterkopf weist Herpetologische Studien. 305 weisse, schwarzumrandete Ocelli auf. — Die von mir er- beuteten Weibchen waren meistens einfacher colorirt, als die Männchen. Die Grundfarbe des Rückens erwies sich grünlich braun. Die Kopfform ist bei beiden Geschlechtern abgeplat- tet. — Die Maasse, deren Details ich hier folgen lasse, sind grösstentheils mit jenen der muralis fusca identisch. ^ ? Gesammtlänge . . . . . . . , 180 mm 158 mm Kopflänge 17 „ 1372 „ Grösster Umfang des Kopfes ... 31 „ 26 „ Grösst. Breitendurchmesser d. Kopfes 13 ,, 8^/2 „ Kopfhöhe 6 „ 5 „ Grösster Umfang des Halses ... 31 „ 24 „ Ansatz des Pileus an den Rumpf . 7 „ 5V2 „ Rumpflänge 60 „ 58 „ Schwanzlänge 120 „ 100 „ Die Schilder und Schuppen sind denen der anderen Mauereidechsen gleich; es bliebe daher nur noch zu be- merken, dass das Massetericura klein oder gar nicht vor- handen ist, ferner, dass die Oberschi Idchen nicht gross erscheinen, endlich, dass die Schwanzschuppen leicht zuge- spitzt enden. — Beim Männchen zählte ich jederseits 23 Femoralporen. beim Weibchen dagegen nur 20, Beim ersteren sind sie intensiv gelb, beim letzteren weisslich colorirt. Diese, ohne Zweifel den Uebergang von der muralis neapolitana zur mur. fusca bildende Mauereidechse benenne ich zum Andenken an den leider zu frühzeitig verstorbe- nen, den Ornithologen und Herpetologen wohl bekannten Dr. F. Brüggemann, ehemaligen Beamten am British-Mu- seum, Lac. muralis Brüggemani. In der von mir bezüglich dieser Eidechse nachge- schlagenen Literatur gedenkt Eimer^) nur einer in eini- gen Punkten mit der unserigen übereinstimmenden muralis. Ein eingehender Vergleich ergiebt aber folgende Unter- 1) Zoologische Studien auf Capri II, 1874. S. 30. Var. 1 Archiv f. Natnrg. XXXXV. Jahrg. I. Brl. *^0 306 J. von Bedriaga: schiede : Unsere muralis Brüggemanni besitzt einen durch- weg gleichmässig gelbgrünen Rücken, erhält öfters blaue Augenflecken auf den Körperseiten und erscheint in ihrer Grundfarbe und Zeichnung beständig; die Eimer'sche da- gegen variirt, weist verschieden nuancirte Rückenzonen auf und entbehrt der blauen Flecken. — Höchst wahrschein- lich ist letztere mit der unserigen nahe verwandt und stellt eine Uebergangsform von der typischen fusca zur muralis Brüggemanni vor. Diese Vermuthung findet sowohl in der Thatsache, dass die Eimer'sche Form Schwankungen in ihrem Colorit aufweist, als auch in dem benachbarten Gebiete, das sie bewohnt, eine Bestätigung. Ueber die Lebensweise der Brüggemanni habe ich nur hinzuzufügen, dass sie viel behender als die neapoli- tana und daher am schwierigsten zu erhaschen ist. Sie bewohnt ausser der bezeichneten Mauer die Brückenpfeiler, auf deren bearbeiteten Steinen sie mit wunderbarer Ge- wandtheit herumklettert. YI. JPoäarcis depressa, JP, judaica. Lacerta JPortschinsJul^ L, oxy eephala m\di Zootoca DandfordL Mit dem Namen Podarcis depressa wurde jüngst von L. Camer ano eine in Tiflis und Trapezunt einheimische, von De Filippi nach Turin von seiner Reise nach Persien mitgebrachte und als Lacerta taurica beschriebene^) Ei- dechse belegt. Unter den Hauptmerkmalen dieses Thier- chens, aufweiche Camerano besonders Gewicht zu legen scheint, finden wir in seiner Abhandlung „Descrizione di una nuova specie del genere Podarcis Wagl."^) die stark abgeplattete Körperform, die relativ grossen Rückenschup- 1) Archivio per la Zoologia, l'Anatomia e la Fisiologia. Mo- dena 1863, Tom. III. — Note di un viaggio in Persia nel 1862. Mi- lano 1865, p. 354. 2) Atti dela Reale Accademia delle Scieuze di Torino, Vol. XIII. 1878. ' Herpetologische Studien. 307 pen, Schwanz- und Unterschenkelscbuppen und endlich die Ausprägung eines Kiels auf den Schwanzschuppen ange- geben. Unter den untergeordneten Merkmalen, welche die depressa von allen anderen, dem Genus Podarcis (= La- certa) angehörigen Eidechsen trennen sollen, werden fol- gende genannt : platycephaler, verschmälerter und nach hin- ten flach aussehender Kopf; stark zugespitztes Kopfende ; wenig tiefe, die einzelnen Kopfschilder trennende Furchen. Nach hinten sind die Parietalschilder breiter. Schläfen von kleinen körnigen Schuppen bedeckt. Massetericum mehr oder weniger gross, jedoch stets deutlich ausgeprägt. 6., 7. und 8. Oberlippenschild klein; 4 vordere Oberlippen- schilder. Tympanale niedriger gelegen, als bei Podarcis muralis. Ein Nasofrenale vorhanden. Kehlfurche deutlich ausgeprägt, Hals halb so lang oder auch etwas kürzer, als die ganze Kopflänge; Halsband leicht gezähnt, bestehend aus 10 — 15 Schildern. Rumpf abgeplattet. Rückenschuppen runder, als bei P. muralis, schwach oder gar nicht gekielt. 6 longitudinale Bauchschiiderreihen. Zuweilen wird jeder- seits eine Reihe von kleinen unregelmässigen Schildern auf den Seiten angetroffen. Die Vorderextremitäten errei- chen, wenn sie am Körper entlang ausgestreckt werden, die Nasenlöcher, sind aber auch manchmal länger. Die Hinterextremitäten reichen bis an die Achseln. Die Schup- pen der Unterschenkel sind relativ sehr gross und stark gekielt. Schwanz anderthalb Mal so lang, manchmal auch etwas länger, als der Körper; an seiner Wurzel erscheint er bei beiden Geschlechtern sehr breit und platt gedrückt. Die Schwanzschuppen, besonders an der Schwanzbasis, er- scheinen gross und stark gekielt. Anale von 2 oder 3 Reihen von Schuppen begrenzt. — Farbenkleid (nach De Filippi): Oberseite olivenfarbig mit brauneu querüber- gehenden Flecken. Seiten dunkel mit kleinen runden, weis- sen, zerstreuten Flecken und undeutlich marmorirt. Der schwefelgelbe Bauch neigt sich ins Grüne. — Totallänge des Körpers 18 cm. Als Lacerta Portschinskii finde ich eine gleichfalls aus der Umgebung von Tiflis stammende Eidechse von Kessler in seiner systematischen Uebersicht der Reptilien 308 J. von Bedriaga: und Amphibien des Caucasus beschrieben i). Diese Be- schreibung will ich hier behufs einiger Schlussfolgerungen ins Deutsche übertragen. „Diese Eidechse, schreibt Kessler, unterscheidet sich schon beim ersten Anblicke von allen anderen durch ihren kurzen, stark abgeplatteten Rumpf und ihren ungeheuer langen Schwanz. Der nach vorn sehr verschmälerte und zugespitzte Kopf ist 472 Mal kleiner, als der Körper (ex- clusive Schwanz). Die Kopf höhe bildet -/ö? die Kopfbreite ^3 der Kopflänge. Die Breite des Kopfes, zwischen bei- den Augen gemessen, ist etwas kleiner, als die Hälfte der Kopflänge. Der der Länge nach fortlaufende Diameter des Auges bildet etwa -/? der Kopflänge, während die Ent- fernung der Kopfspitze von dem Vordereck des Auges etwa der Entfernung des Hinterecks entspricht. Das untere Au- genlied ist an seinem Rande mit körnerartigen Schuppen bedeckt, in der Mitte aber mit sehr kleinen Plättchen verse- hen. Das Interparietaie ist ziemlich gross; die Breite des nach vorne gerichteten Theiles dieses Schildes ist der Breite des hinteren Theiles des Scutum frontale gleich. An seinem hinteren Rand grenzen zwei Occipitalschilder 2). Das Nasofreuale ist sehr schmal. Von den sieben Ober- lippenschildern kommt das fünfte unter das Auge zu lie- gen; das siebente ist sehr klein. Jederseits werden sechs längliche und schmale Oberlippenschilder unterschieden. Die drei vorderen Paare der sechs Paar Unterkieferschil- der treten an ihren Mittellinien in Contact. Die Schläfen sind mit leicht gewölbten, kleinen Schuppen, welche eine Centralplatte umrahmen, bedeckt. Ein ziemlich grosses, längliches Täfelchen begrenzt den oberen Theil der brei- ten Ohröffnung. Die Schläfenschuppen werden durch drei kleinere, rundliche Tafeln vom Auge, durch 4—5 mehr oder weniger lange Tafeln vom Scheitelschildchen getrennt. Die Supraocularschilder ^) werden von den schmalen Su- 1) Zoologische Reise durcli Transcaucasieti im Jahre 1875 (in den Arl)eiten der St. Petersburger naturw. Gesellschaft. VIII, 1878). 2) Muthmasslich ein abnormer Fall. 3) Im russischen Texte wurden diese Schilder als Augenbrauneü- Herpetologische Studieu. 309 praciliarschildern durch eine Reihe von sehr Ideinen Körnchen geschieden. Die Kehlfurche, welche sich von einer Ohröffnung bis zur entgegengesetzten querüber hin- zieht, ist wenig ausgeprägt, obgleich sie sich durch zwei etwas unregelmässige Reihen sehr kleiner, körnerartiger Schuppen documentirt. Hinter dieser Furche, besonders gegen das Halsband zu, werden die Schuppen allmählich grösser. Das Halsband selbst hat die Gestalt eines sehr flachen Bogens und besteht aus 12 Tafeln, von denen die mittleren grösser sind, als die seitlichen; dabei bilden diese Täfelchen eine ununterbrochene Reihe und besitzen keine hervortretende Bezahnung. Hinter dem Kopfe, bis zur Hälfte des Intervalls, der den Kopf von den Vorderextremitäten trennt, verengt sich der Rumpf sehr merklich, wodurch der Hals eine Einschnürung bekommt. Die ganze Oberseite des Rumpfes ist von kleineren, körnigen und gewölbten Schuppen bedeckt, welche in mehr oder weniger regel- mässigen Querreihen geordnet sind. Der Bauch ist aus viereckigen Tafeln gebildet, welche sich in 30 Quer- und 6 Längsreihen hinziehen. Ausserdem sind auf jeder Seite Oberschilder vorhanden. Es gehen auf jede Querbauch- tafel 3 bis 4 Rückenschuppenreihen, Nur auf den am hin- teren Theile des Rückens liegenden Schuppen fängt der kaum merkliche Längskiei sich auszuprägen an. Die läng- lichen Schwanzschuppen sind mit einem hohen Kiele, na- mentlich auf der Oberseite des Schwanzes versehen. Sie bilden 115 regelmässige Ringe. Auf der Schwanzbasis be- findet sich in der Mittellinie des Rückens eine kleine Ver- tiefung, welche aber weniger ausgeprägt ist, als bei der Schilder (wörtlich übersetzt) bezeichnet. Ich glaube nicht irre zu sein, wenn ich sage, dass die darunter gemeinten — die oberen Au- genschilder (Supraocularia) vorstellen. Bezüglich dieser Schilder und der anliegenden Supraciliaria sei mir gestattet zu bemerken, dass sich muthmasslioh ein Druckfehler in die Herpetologia Europaea von Schreiber (p. 324 Zeile 5 von oben) eingeschlichen. Es wer- den nämlich sowohl die Scutella supraciliaria, als auch Scuta supra- ocularia mit dem deutschen Namen „obere Augenschilder" bezeich- net, während die Supraciliaria eigentlich Augenwimperschilder oder Schuppen heissen raüssten. 310 J. von Bedriaga: L. muralis. Der vordere Rand der Afterspalte ist von einer grossen, breiten Tafel begrenzt, welche wiederum an den Seiten und vornen von einer kleinen Reihe Täfelchen um- rahmt ist. Es sind 20 Schenkelporenreihen auf der rechten und 22 auf der linken Seite vorhanden. Die Vorderextre- mitäten, wenn ausgestreckt, erreichen beinahe die Kopf- spitze, während die hinteren bis zur Achsel der vorderen reichen. Die Länge der Vorderextremitäten beträgt bei- nahe Va der Hinterextremitäten, welche ihrerseits nur we- nig länger sind, als die Entfernung der Vorderextremitäten von den Hinterextremitäten. Der" Schultertheil ist an sei- ner vorderen Partie von 4 grösseren Tafeln, der Ober- schenkel von 6 ebenfalls grossen Tafeln bedeckt. Die Farbe der Oberseite (nach einem Spiritusexempiare) ist blau- grau, die Unterseite des Körpers hellbläulieh. Auf der Oberseite des Kopfes und Rumpfes sind ausserdem schwärz- liche und weissliche Tropfen bemerkbar. Die ersteren sind näher der Mitte des Rückens, die letzteren befinden sich auf den Seiten des Halses und des Rumpfes. Ausserdem sind schwärzliche Tropfen auf der vorderen Seite der Vor- derextremitäten und weissliche auf der hinteren Partie der Hinterextremitäten vorhanden. Das einzige Exemplar von dieser bemerkenswerthen Art wurde von J. A. Port- schinsky in der Umgebung vonTiflis erbeutet. Es misst 147 mm, wovon auf den Schwanz 101 mm kommen. Diese Species nähert sich gewiss der L. muralis, unterscheidet sich jedoch von dieser schon beim ersten Anblick, das Farbenkleid bei Seite gelassen, durch den schmäleren und stärker abgeplatteten Körper und ihren längeren Schwanz." Ein wenn auch flüchtiger Vergleich dieser Eidechse mit jener von Gamerano genügt, um die L. Portschinskii als mit der L. depressa gleichbedeutend zu erklären. Auf die leichte Bezahnung des Halsbandes kann kein diagno- stisches Gewicht gelegt werden, da die Täfelchen des Gol- lare bei der muralis neapolitana (s. oben) öfters mit ihrem vorderen, inneren Rand hervortreten. Die Längedifferenz von 33 mm dieser Eidechsen dürfte lediglich nur darauf beruhen, dass die Portschinskii ein noch nicht ausgewach- senes Individuum gewesen ist, umsomehr da Kessler nur Herpetologisclie Studien. 311 ein einziges Exemplar zu Gebote stand. Während die Zeichnung in den allgemeinen Zügen tibereinstimmt, bietet die Grundfärbung dieser Eidechsen einen Unterschied, der übrigens nicht in Betracht gezogen werden darf, da Ga- me ran o die von De Filippi nach lebenden Exemplaren gegebene Farbenbeschreibung wiederholt, Kessler dagegen nur ein Weingeist-Exemplar untersucht hat. — Came- rano 's Benennung „depressa" ist älteren Datums und wäre daher beizubehalten, dabei müsste der Gattungsname Po- darcis gegen Lacerta umgeändert werden. Die Wagl er'sche Podarcis erweist sich bekanntlich als Collectivname für die ächten Eidechsen und Eremias. In Folge dessen ist das bei den italienischen Zoologen besonders übliche Ver- fahren, Lacerta muralis, L. taurica etc. als Podarcis mu- ralis, P. taurica u. s. w. zu bezeichnen, höchst unmotivirt. Dasselbe gilt von der lebendgebärenden Eidechse oder von Lacerta Lilfordi, welche von den Engländern mit Vorliebe mit dem Genusnamen „Zootoca" begleitet wird. Die Ver- wirrungen, zu denen derartige Methoden Anlass geben, bei Seite gelassen, will ich hier einen Fall von den dadurch entstandenen Absurditäten namhaft machen. Bekanntlich beschrieb Günther^) die schwarze Eidechse von Isla del Ayre, welche, wie Braun bewiesen hat, eine ächte muralis ist,- als Zootoca Lilfordi. Nach den italienischen Zoologen würde sie aber Podarcis Lilfordi heissen müssen. Wir hätten in Folge dessen, wenn wir einerseits die Wagl er'sche, andererseits die Gray 'sehe Nomenklatur befolgten, Zootoca = Podarcis ^). Die Confusionen in der Eidechsenkunde sind schon ohnedem, wie ich es an einem anderen Orte gezeigt habe, so zahlreich, dass Berichtigungen allein Bände aus- 1) Aun. and mag. of nat. bist. Ser. IV, vol. XIV. Nr. XXII, p. 159. 2) Wie willkürlich die Zoologen mit den Benennungen „La- certa" und „Podarcis" verfahren sind, mag hier ein Beispiel illu- striren. Glückselig, dem wir bekanntlich den Beinamen „cyano- laema" verdanken, führt in seinen „Beobachtungen über das Leben der Eidechsen" (Verhandl. d. zool. botan. Gesellschaft in Wien 1863) die blaukehlige Smaragdeidecbse als „Podarcis cyanolaema" vor! i312 J, vor Bedriaga: füllen würden; es ist daher sehr erfreulich, dass die fran- zösischen, deutschen und russischen Herpetologen die rich- tige Mitte zu treffen gcwusst haben, indem sie unter La- certa die sieben, bis vor kurzem bekannten Eidechsen ein- begriffen hatten. — Bezüglich der depressa Camerano seien mir noch ein paar Worte gestattet. Aehnlich wie der Vergleich der Kessler'scheu und Camerano's Eidechsen ihre Identität ergeben hat, liefert uns der Vergleich der- selben mit L. muralis auffallende Aehnlichkeiten, und da Camerano bei seiner depressa kein anderes von der Mauereidechse abweichendes Merkmal, als die Abplattung des Körpers aufweist, Kessler andererseits die Aehnlich- keit seiner Portschinskii mit der muralis zugiebt, so dürfte letztere, resp. die depressa Camerano, nur eine Local- varietät der L. muralis sein und daher Lac. muralis var. depressa heissen. Camerano's zweite Schrift i) führt uns ausserdem eine neue Species Podarcis judaica vor, welche, wie der Verfasser selbst gesteht, der Zootoca Dandfordi Günther ähnlich sieht und sich von dieser nur durch die Abwesen- heit des Massetericums unterscheiden soll. Nachdem wir aber kennen gelernt haben, wie unbeständig das Masse- tericum, selbst unter den öfters in einer und derselben Lo- calität wohnenden Formen der Mauereidechse, sich erweist, so werden wir einsehen, dass das von Camerano ange- führte Merkmal keinen diagnostischen Werth besitzen kann. — Indem Camerano der Wagler 'sehen Eintheilung folgt, gelangt er zur Ueberzeugung, dass seine L. judaica, mit Zootoca Dandfordi verglichen, nur das oben erwähnte Un- terscheidungsmerkmal aufweist. „La Podarcis judaica, sagt der Autor, e affine alla Zootoca Dandfordi ed alla Podarcis oxycephala (Schlegel), dalla prima si distingue per la prensenza di un disco masseterico nelle regione temporale." — Wenn ich nicht irre, würde sich darnach die Differenz der Podarcis von der Zootoca überhaupt nur im Vorhandensein oder Fehlen des Massetericums dokumentiren ! Ein vorzüg- 1) Considerazioni sul genere Lacerta Linn. Atti della Reale Accademia delle Scienze di Torino, Vol. III. Herpetologiycbe Studien. 313 liches Beispiel, um die Unzulässigkeit der Zersplitterung des Genus Lacerta in vier verschiedene Genera zu beweisen! Die Identität der Günther 'sehen und Camerano's Ei- dechsen dürfte wohl keinem Zweifel unterliegen; es bliebe uns nur noch die Wahl der Bezeichnung übrig. Aus der Schrift Camerano's ersehen wir, dass die in Rede stehende La- certa De Filippi früher als Günther bekannt und von ersterem gleichfalls längst benannt wurde. Da aber De Filippi 's Beschreibung und Benennung in den Catalogen des Museums in Turin, so zu sagen, begraben blieb und erst von Günther im Jahre 1876 der Wissenschaft zu- gänglich gemacht wurde ^), müsste das Thier Lac. Dand- fordi heissen. — Das Wohngebiet dieser neuen Lacerta wäre folgendes: Syrien, das im Norden angrenzende Kü- stengebiet Kleinasiens und die Insel Cypern. Die sicher constatirten Fundorte in Syrien sind: Palestina (nach Ca- merano) und Libanon (nach Camerano); in Kleinasien: Zebil Bulghar Dagh, eine Gebirgskette in Cilicien (nach Günther), endlich Cypern (nach Camerano). Im Hinblick auf die von Camerano (a. a. 0.) beige- gebene und im allgemeinen sehr sinnreich ausgeführte, im einzelnen aber durch die Zersplitterung der Lacerta in drei Genera völlig unbrauchbare, graphische Darstellung einiger Uebereinstimmungspunkte der Eidechsen, will ich hier hin- zufügen, dass die Verwandtschaft der L. Daudfordi mit L. oxycephala mich bewegt, erstere als Varietät der spitzköpfi- gen Eidechse zu betrachten. Diese Eventualität wird plau- sibel, sobald wir in Betracht ziehen einerseits, dass die oxycephala in Transcaucasien von Wagner gefangen und von Bert hold als solche bestimmt worden ist 2), anderer- seits, dass letztere im benachbarten Theile der europäischen 1) Proc. zool. söc. 1876. p. 818. 2) Kessler bezweifelt die richtige Bestimmung der betref- fenden Eidechse erstens aua dem Grunde, dass die Oxycephala seit- dem in Transcaucasien nicht mehr angetroffen worden ist, und zwei- tens weil der Fundort des durch Wagner erbeuteten Exemplars nicht genau bekannt ist. 314 J. von Bedriaga: Türkei von BertholcP) beobachtet worden ist, und endlich, dass die von Bibron und Bor y de Saint Vincent^) unter dem Namen Lezard des murailles aufgeführte Ei- dechse Griechenlands höchst wahrscheinlich die oxycephala vorstellen muss. Wenn meine diesbezüglichen Combinatio- nen richtig sind, so wäre der Verbreitungsbezirk der oxy- cephala keineswegs so beschränkt, wie man es allgemein anzunehmen schien. Die sie beherbergenden Länder wären folgende: Spanien, Alicante und Murcia (nach Schreiber, Herpetologia europaea p. 407), Neu Castilieu (Barco de Avila und Sierra de Gredos nach Graells^)); Corsika, Focce di Vizzavona (nach Giglioli^), Dumeril und Bi- bron^)); Italien, Abruzzen (Dehne, Verzeichniss derjenigen Reptilien, welche Dr. Rabenhorst im Jahre 1847 in Ita- lien gefunden, in der Allg. deut. naturh. Ztg. II, 1856); Dalmatien (nach Dumeril und Bibron, Bonaparte*^), SchlegeP), de Betta^) und Schreiber); Griechenland? 1) Die hieroglyphica Bcrthold bezieht sich zweifelsohne auf L. oxycexjhala. Schreiber führt sie als Varität, Bon aparte als Synonym der letzteren auf. 2) Expedition scientifique de Moree III, Paris 1832. — Bona- parte (Fauna italica II) und Schreiber (Herpetologia euroj)aea S. 420) betrachten die Mauereidechse von Bibron und St. Vin- cent als synonym der L. taurica, was deshalb schon unrichtig ist, weil die taurica nur ein Nasofrenalschild besitzt, die in der Expe- dition de Moree auf der Tafel X (Fig. 2a) abgebildete Eidechse da- gegen zwei Nasofrenalschildcr ausweist. 3) Vergl. B oscä, Catalogo de los reptilos y anfibios etc. Ana- les de la sociedad espanola de Historia natural t. VI, 1877. 4) Archiv f. Naturg. 1879, Heft 1. 5) Erpetologie generale t. V, p. 236. 6) Amphibia europaea (Mem. della reale acad. d. science di Torino ser. 2. II, 1839). 7) Mus. Lugd. Batav.? 8) P'auna d'Italia. IV. Rettili ed anfibi. Milano 1874. — In der Sammlung des Herrn De B etta, die mir vorigen Sommer in der liberalsten Weise zur Verfügung gestellt w^urde, sah ich ein Exemplar von L. oxycephala mit der Etiquette „presso Lissa" (ne- ben Lissa) versehen. Da Lissa eine von der Küste Dalmatiens in ziemlich grosser Entfernung liegende Insel ist, muss darunter eine sich in der Nähe Lissas befindende kleine Insel gemeint sein. Herpetolügische Studien. 315 (Bibron und Bory de Saint Vincent); Europäische Türkei, Constantinopel (nach Berthold, Ueber einige neue oder seltene Amphibienarten, in den Acten der königl. Ge- sellschaft der Wissenschaften zu Göttingen 1842); Klein- Asien?, Zebil Bulghar-Dagh in Cilicien-Tauraus ; Syrien (?), Palestina und Libanon und Cypern (?). Dass das Verbreitungsgebiet der L. oxycephala bis jetzt noch nicht mit Gewissheit festgestellt werden kann, obgleich sie von einzelnen Forschern für viele Localitäten genannt worden ist, beruht wohl darauf, dass diese Eidechse in mehr oder weniger grosser Anzahl nur beschränkte Oert- lichkeiten bewohnt, sich in gebirgigen Gegenden aufhält und in Folge dessen nicht leicht aufzufinden ist. Ich selbst z. B. habe letzthin während meines Aufenthaltes in Corsika in dem sicher für die Lac. oxycephala constatirten Fund- orte, der Focce di Vizzavona, ohne Erfolg auf sie gejagt. Auch lieferte, so viel ich weiss, Corsika überhaupt wenige Exemplare. In den Abruzzen war das Thier bekanntlich seit Rabenhorst nicht mehr gefangen worden. In Spa- nien (Alicante), wo sie nach Schreiber einheimisch ist, traf ich auch kein einziges Individuum dieser Species. Bosca kennt sie gleichfalls nicht aus dieser Gegend. Er- ber, wie wir aus seiner Abhandlung „Die Amphibien der österreichischen Monarchie" (Verh. der zool. botan. Gesellsch. in Wien XIV, 1864) schliessen, hat sie in Dalmatien nicht ausfindig machen können. Ueber die Lebensweise der spitzköpfigen Eidechse liegt mir eine mündliche Mittheilung des Herrn Prof. Gi- glioli und eine schriftliche des Herrn Riv allere, Co- leopterologen in Porto- Vecchio vor, dem ich die in meinem Besitze sich befindenden Exemplare verdanke. Nach der ersten Mittheilung soll diese Eidechse nur selten im Gebirge und zwar in der felsigen Gegend, nicht etwa gemeinschaft- lich mit anderen in Corsika einheimischen Lacerten ange- troffen werden. Die Mittheilung des Herrn Riveliere lautet wörtlich folgender Weise: „ce lezard ne se trouve que pres des torrents de la region montagneuse". 316 J. von liedriaga: YII. Lacerta ocellata Daud. Während die ausgewachsenen Perleidechsen ausführ- lich beschrieben worden sind, wird die Beschreibung des Jugendgewandes dieser Lacerta in der herpetologischen Lite- ratur meistens vermisst. Die meisten Autoren scheinen die Jungen der ocellata nicht zu kennen und verweisen uns ent- weder einfach auf die vonDuges gegebene Beschreibung^) hin oder wiederholen letztere, ohne zu ahnen, dassDuges nicht etwa die erste Altersstufe, wie er es irrthümlich an- giebt, sondern eine ziemlich ausgewachsene Perleidechse unter Rubrik L Premier äge, variete tächetee beschrie- ben hat. Der Güte des Herrn La taste verdanke ich einige lebende, ganz junge, etwa 2—3 Monat alte, 12 cm lange Exemplare der aus Spanien stammenden Lac. ocellata und bin daher in die Lage versetzt, die kurze Beschreibung, welche Schreiber uns giebt, zu ergänzen, indem ich her- vorhebe, dass der letztgenannte Forscher vielleicht der erste nach Daudin gewesen ist, der ganz junge Individuen einer Untersuchung unterzogen hat. -— Die Grundfarbe der Oberseite ist graubräunlich oder schieferfarbig, mit Ocelli besetzt, die etwa die Grösse eines gewöhnlichen Steckna- delkopfes erreichen. Diese kleinen Augenfiecken erschei- nen auf dem Rücken weissgelb, auf den Seiten bläulich. Schön blau colorirt treten die an den Wurzeln der Vorder- extremitäten sich befindenden Ocelli auf. Diese Ocelli sind, wie Schreiber treffend bemerkt, gleichmässig über den ganzen Oberkörper (oder richtiger Rücken) vertheilt und bilden etwa 11—12 parallele Reihen. Ein auch nur par- tielles Zusammenfliessen dieser Flecken zu unregelmässigen Querbinden, wie es Schreiber für ganz junge Stücke angiebt, habe ich nicht beobachten können. Die einzelnen Ocelli waren stets von einander entfernt, sie erschienen beinahe alle gleich gross und bisweilen von dunkelbraunen Ringen umgeben. Auch besass keines der von mir unter- suchten Exemplare schwarze Flecken. Die dunkelbraunen 1) Ann. scienc. natur. XVI, 1829. Paris. S. 371. Herpetologische Studien. 317 Ringe erscheinen so fein, dass die gelben und blauen Ocelli verhältnissmässig gross auftreten und nicht etwa Mittel- punkte darstellen^). Der Kopf ist oben einfarbig, hell- bräun. Die Schläfen gelbbraun. Die Seiten des Kopfes sind vorn braun, die Oberkieferschilder gelb gefleckt. Das Rostraie ist gelbbraun. Die Augenlieder tragen aul brau- nem Grunde einen gelben Flecken in ihrer Mitte. Die Oberseite des Schwanzes und der Extremitäten ist hell- nussbraun. Das hintere Extremitätenpaar ist spärlich mit hellgelben Punkten versehen. Die Unterseite des Bauches ist grauweiss, die erste longitudinale Bauchschilderreihe öfters grünlich. Die von mir in Albacete (Spanien) erbeuteten 23 cm langen, männlichen Individuen haben einen gelbgrünen, im allgemeinen sehr blassen Rücken. Entweder ist die Oberseite des Körpers, mit Ausnahme einer sehr schmalen Mittelzone, von grossen blauen Augenflecken gezeichnet, welche in 8 Längsreihen angeordnet sind, oder erscheinen weniger zahlreiche Augenflecken, und zwar nur auf den Körperseiten. Dieser Vertheilung entsprechend ist einer- seits die Rückenzone, andererseits nur ein schmaler Theil derselben von gelblichen, braun oder schwarz umringten Augenflecken bedeckt. Bei den Weibchen erscheint die braune Umrandung sehr üppig entwickelt und ertheilt dem Rücken ein bedeutend dunkleres Aussehen. Kopfdecke und Schläfen sind braun. Die Oberkieferschilder gelblich. Der Unterkopf und Bauch gleichfalls gelb. Die erste seitliche Bauchschilderreihe trägt öfters blaue Makeln, welche als Ausdehnung der seitlichen Ocelli zu betrachten sind. Die vorderen Extremitäten sind oben gelb, die hinteren braun mit dunkelbrauner Zeichnung. Der Schwanz erscheint oben braun. Eine etwa 17 cm lange Perleidechse aus Marseille weist ein wirklich prachtvolles Gewand auf und nähert sich der von Duges gegebenen Beschreibung (variete tächetee). Auf dem dunkelgrünen Grunde der Rückenzone dieses Exemplars erscheinen hellgrüne, schwarzumrandete Ocelli. 1) Vergl. Schreiber 's Herpetologia europaea. S. 427. 318 J. von Bedriaga: Die schwarzen Ringe entsenden nach allen Richtungen hin Verästelungen. Die Seiten des Körpers sind gelbgrün und von drei parallelen Reihen blauer Augenflecken durchzo- gen. Ich zählte etwa 7—8 dieser Ocelli in jeder Reihe. Ausserdem ist noch eine vierte, unterste Reihe vorhanden, welche zum Theil auf die Bauchseite übergeht. Der Kopf ist dunkelgrün. Der hintere Theil der Schädeldecke spielt ins Braune. Die Körperseiten erscheinen schön grün co- lorirt. Die vorderen Extremitäten sind oben grün, die hin- teren braungrün mit gelben Ocelli besetzt, welche von schwarz-braunen Ringen umschlossen werden. Die Ober- seite des Schwanzes ist braun. Die Bauchseite weissgelb, mit Ausnahme der nach aussen liegenden Längsreihen von Schildern, von denen die eine Hälfte weiss, die andere aber braun gefärbt ist. Die folgenden Altersstufen sind bereits beschrieben worden. Ich will daher hier nur eines in Alicante erwachse- nen, colossalen Männchens gedenken, das durch seine Fär- bung auffallend ist. Dieses Exemplar, das ich, weil es aus Altersschwäche nicht davon zu laufen vermochte, ohne Mühe erbeutete, hat im wesentlichen sein Jugeudgewand beibehalten. Es verdunkelte nur die Grundfärbung der Oberseite des Körpers und erschien dunkelgrau. Ausser- dem waren die Ocelli, welche den Rücken der Jungen zieren, verschwunden. Von den für die erwachsenen Thiere charakteristischen Ringflecken war keine Spur vorhanden. Es erschienen nur, nachträglich im Weingeiste, etliche Rückenschuppen gelb colorirt. Die Seiten waren mit we- nigen kleinen Argusflecken besetzt. Vergleicht man die von mir gegebene Beschreibung der ganz jungen Perleidechsen mit jener von Duges, so erweist sich eine beträchtliche Divergenz. Dass L. ocel- lata juv. in ihrer ersten Altersstufe grün vorkommt, ist höchst unwahrscheinlich. Ich bin viel mehr geneigt zu glauben, dass die Eidechse, wie es Da ud in angiebt, blau- grün vorkommen möge. Es steht nämlich ausser Zweifel, dass Daudin ein viel jüngeres Individuum der ocellata beschrieben hat, als es bei Duges der Fall war. Dau- din benannte irrthümlich die in Rede stehende junge Perl- Herpetologische Studien. 319 eideclise Lacerta lepida oder L^zard gentil du Languedoc ^). Diiges wirft in Folge dessen letzterem mit Unrecht vor, diese Eideclise zu dunkelfarbig beschrieben zu haben. Während Daudin die Maasse seiner L. lepida angiebt, wo- durch wir deren Altersstufe beurtheilen können, schweigt Duges darüber. Wir errathen nur (vergl. S. 371, Z. 22), dass seine variete tachetee kleiner als 15 Zoll gewesen sein mochte. Die von Daudin in seinem Werke beige- gebenen Abbildungen werden überhaupt wohl kaum von Jemand als massgebend angenommen, jedoch will ich in Betreif des Bildes der L. lepida (Vol. III. pl. XXXVII, fig. 1), um Irrthümern vorzubeugen, bemerken, dass ich nie bei einer fünf Zoll langen ocellata eine derartige unregel- mässige Fleckung beobachtet habe. — Eine gute Abbildung der Ocellata fehlt überhaupt bis heute noch. Das von Mü- tzel in der neuen Auflage des Brehm 'sehen Thierlebens beigegebene Bild ist sicher das beste, steht aber, was die Köi-perform anbetrifft, hinter jener Tafel weit zurück, welche die Mauereidechsen darstellt und welche wahrhaft künst- lerisch ausgeführt ist. Vor allem fällt der zu kurze Kopf und dicke Hals auf, dann aber die relativ kurzen Finger der Vorder- und vielleicht auch der Hinterextremitäten. Endlich scheint mir der Schwanz für seine Dicke zu kurz zu sein, was jedenfalls auf einer Abnormität des Thieres beruhen dürfte. Das Jugendgewand der ocellata erinnert uns im All- gemeinen an die von mir jüngst beschriebene neueEidechsen- Art Lac. Schreiberi. Sobald man aber in die nähere Be- trachtung dieser Eidechsen eingeht, so ergeben sich bedeu- tende Unterschiede. Die Grundfarbe der Perleidechse (1. Altersstufe) ist schieferfarbig oder graubräunlich, jene der Schreiberi schön braun. Der Rücken der ersteren ist durch- weg von weissen Ocelli geziert, bei der zweiten tragen nur die Seiten des Körpers Augenflecken. Bei der Schreiberi sind letztere prachtvoll glänzend goldgelb, dagegen bei der ocel- lata erscheinen sie auf den Seiten blau oder bläulich. Die 1) Histoire naturelle, generale et particuliere des reptiles. Paris 1802-1804. Vol. III. 320 J. von Bedriag-a: Zartheit der Farbe des Schwanzes und der Hinter extrem i- täten, welche, wie ich bereits anderswo hervorgehoben habe, so sehr bei der Schreiberi auffällt und dem Thierchen eine merkwürdige Durchsichtigkeit dieser Körpertheile verleiht, wird bei der jungen Perleidechse vermisst. Eine ähnliche Erscheinung habe ich nur beim jungen Acanthodactylus vulgaris kennen gelernt, bei dem der rothe Schwanz eben- falls durchsichtig erscheint. Die übrigen Unterschiede be- treffs der Körperbedeckung ergeben sich aus der Verglei- chung der von mir gegebenen Beschreibung der Schreiberi (vergl. "meine Herpetologischen Studien im Archiv f. Na- turg. 1878) und jener der ocellata. Die beigegebenen Ab- bildungen des Kopfes der Lac. Schreiberi und der ocellata juv. weisen wesentliche Differenzen auf und werden eine eventuelle Vergleichung erleichtern. Bevor ich diesen Abschnitt schliesse, will ich der geographischen Verbreitung der Perleidechse gedenken und auf eine Erscheinung, welche meines Wissens noch nicht berührt worden ist, die Aufmerksamkeit lenken. Es ist dies die Wohnortsveränderung der Lac. ocellata, welche mit der Jahreszeit im Zusammenhange steht. Auf meinen Streifzügen nach der Perleidechse in der Umgebung der Stadt Albacete (Spanien) wurden mir mit Bestimmtheit als Aufenthaltsort dieser Eidechse die Ufer des kleinen, aus- serhalb der Stadt liegenden Flüsschens bezeichnet, dessen Namen mir jedoch entfallen ist. Als ich aber, von sach- kundigen Leuten begleitet, den bezeichneten Ort aufsuchte, traf ich nach langem Suchen nur eine Perleidechse, welche ihren Versteck unter der Eisenbahnbrücke in unmittelbarer Nähe eines Reservoirs hatte, das die Locomotive mit Was- ser versorgte. Das Flüsschen war zu dieser Zeit (Ende August), wie auch sonst alle, sogar grösseren Flüsse Spa- niens, wasserfrei, und es wimmelte in dem trockenen Fluss- bette von einer Unmasse lauter junger Psammodromen. Dem Flussbette folgend, traf ich ungefähr zwei Stunden von Albacete Wasser an, das sich in einer Vertiefung des Flussbettes erhalten hatte. Hier fand ich grosse und kleine Perleidechsen, die bei meinem Erscheinen erschrocken in ihre Verstecke flüchteten und aus diesen nur ihre Köpfe Herpetologische Studien. 321 keck hervorstreckten. Allem Ansclieine nach kamen sie von allen benachbarten Localitäten hierher und Hessen sich nun in der Nähe des Wassers nieder. Von Psammodromen war keine Spur zu sehen, von Zeit zu Zeit zeigte sich nur eine Feld- maus. Wenn wir diese Thatsache näher ins Auge fassen, ferner das Fehlen der ocellata an jenem im Hochsommer gänzlich ausgetrockneten Theile des Flussbettes und ihr Vor- kommen daselbst im Frühjahre in Betracht ziehen, so werden wir zum Schlüsse gelangen, dass die Perleidechsen ihren Wohnort je nach der Jahreszeit ändern, und dass diese Umsiedlung ihren Grund in dem Mangel an Wasser findet. Nach reiflicher Ueberlegung erscheint mir diese Annahme plausibel, umsomehr, da die Eidechsen bekanntlich oft trinken und namentlich im Sommer eher Hunger, als Durst vertragen. Wenn die kleinen Arten (z. B. L. muralis) in wasserarmen Gegenden angetroffen werden, so löschen sie zweifelsohne ihren Durst am Thau; ausserdem dürfte ihre Nahrung ein gewisses Quantum Feuchtigkeit enthalten. Die grösseren Arten z. B. Lacerta viridis und L. agilis begnü- gen sich aber damit nicht, sie bedürfen ausserdem für ihre Existenz einer gewissen Feuchtigkeit und wählen sich nun zum Aufenthaltsorte wasserreichere Gegenden. Der grösste, in Europa lebende Saurier, die Perleidechse, trinkt viel und oft. Oefters leerten meine Gefangenen im Sommer binnen einer kurzen halben Stunde ein jeder einen Sup- penlöffel voll Wasser. Diese Art bedarf in Folge dessen im Freien gleichfalls eines grösseren Quantums Trink- wasser. Das eben geschilderte Antreffen von Psammodromen und ausschliesslich von jungen Individuen an einem allem Anscheine nach von der L. ocellata verlassenen Orte ist nicht minder interessant. Wir können uns diese Erschei- nung nur auf eine Art erklären. Zur Zeit nämlich, wo das Wasser im Flusse bereits zu schwinden begann, und die Perleidechsen, einen Wassermangel fühlend, auswanderten, eilten nun die Psammodrome zusammen, um ihre Eier in den feuchten Boden des Flussbettes zu deponiren. Da aber die Feuchtigkeit ihnen nicht behagen konnte und sie aus- serdem wenig Beute fanden, verliessen sie den Ort, um Archiv für Naturg. XXXXV. Jahrg. I. Bd. 21 822 J, von Bedriaga: sich allenthalben in den anliegenden Feldern zu zerstreuen. Die jungen Psammodrome verlassen gewöhnlich Ende Juli ihre Eischalen. Zu dieser Zeit ist bereits die Austrocknung des Flussbettes so weit vorgeschritten, dass grünes, wenn auch nur spärlich vorhandenes Gras emporgeschossen ist und Insekten ebenfalls angetroffen werden. Unter diesen Ver- hältnissen traf ich die jungen Psammodrome noch im Septembermonate an. Im nächsten, darauf folgenden Mo- nate werden sie gezwungen ihre Geburtsstätte zu verlas- sen, denn die Regenperiode tritt ein und das Flussbett füllt sich mit Wasser. Sie finden Asyl in den Feldern unter Steinen und dergleichen. Zu dieser Zeit suchen die Perleideehsen ihre Verstecke auf, um ihren Winterschlaf in Ruhe zu verbringen. In den ersten schönen Frühlings- tagen machen sie ihre Erscheinung wieder und zerstreuen sich sodann, weil überall dieselben Verhältnisse herrschen, um nachträglich, wenn die Dürre eintritt, vielleicht die nämlichen Stellen aufzusuchen, an denen sie den vorher- gehenden Hochsommer verbracht haben. — Im Frühjahre ist die Perleidechse in Spanien, z. B. bei Albacete, Pozo- Hondo u. s. w., ebenso gemein, wie die Lac. agilis an man- chen Orten in Deutschland. Sie ist nicht nur an den Ufern der Flüsse zu bemerken, sondern wird auch allenthalben in den Feldern und Gärten massenhaft getödtet. Wenn wir uns die Behendigkeit der Eidechsen, und zwar namentlich zur Brunstperiode, vergegenwärtigen, so wird uns ein der- artiges rasches Zerstreuen der ocellata im Frühling nicht verwundern, andererseits wird sich ihre Coucentrirung an einem Fleck sehr einfach herausstellen, wenn wir beden- ken, dass die Ebenen und Berge in manchen Strichen Spaniens diesem grossen Reptil weder Nahrung und Was- ser, noch genügenden Schutz bieten können. Die zufällig in Gärten gerathenen Individuen werden unbarmherzig von dem stets in seinem Garten weilenden Spanier umge- bracht. Es bleibt schliesslich, um sich vor einem sicheren Tode durch Hunger oder namentlich Durst zu schützen, diesem Thiere nichts übrig als die Ufer der Flüsse und Teiche aufzusuchen und sich hier eine Zeitlang niederzu- lassen. Fängt aber das Wasser zu schwinden an, so versam- Herpetologische Studien. 323 mein sie sich an gewissen Punkten, wo das Wasser be- ständig sich hält. Was die Ortsveränderung der Lac. ocellata anbelangt, so haben meine Muthmassungen nachträglich eine Bestäti- gung in Nizza gefunden. Bekanntlich kommt die Perl- eidechse etwa von San Remo an auf der ganzen Riviera di Ponente vor. Vor einigen Jahren fing ich sie mit dazu abgerichteten Hunden an einem Aprilnachmittage dutzend- weise auf dem Mont Anbau, Mont Gros und Mont Boron in Nizza. Während meines letztjährigen Aufenthaltes da- selbst traf ich am Anfang August und Ende September in den genannten Localitäten auch keine Spur von ihr. Frü- her wäre ich geneigt gewesen, dieses dem Umstände zu- zuschreiben, dass die Thiere gegen Ende des Sommers, müde des Herumstreifens und der Gaben der schönen Jah- reszeit satt, sich in ihren Schlupfwinkeln hielten. Durch die in Spanien gemachten Erfahrungen aber Hess ich im Suchen, der Perleidechse nicht nach und traf sie nun end- lich in den Thälern, wo ich sie in den Gärten erbeutete. Nach den Angaben der Leute, welche sich mit dem Fan- gen der ocellata beschäftigen, soll sie im Spätsommer re- gelmässig von den Bergen herabsteigen und zu dieser Zeit stets nur in den Thälern augetroffen werden, was vollstän- dig mit meinen diesbezüglichen Vermuthungen im Einklänge steht. Die kahlen Berge um Nizza, der Lieblingsaufenthalt dieses Sauriers, wo er seine Hochzeiten vollzieht, btissen im Sommer das wichtigste Subsistenzmittei, nämlich das Wasser, ein. Dieser Umstand zwingt die Perleidechse, sich in die Thäler herunterzulassen, um im Frühjahre die Berghöhen wieder aufzusuchen. Aehnliche Wohnortsveränderungen kommen ebenfalls bei den Schlangen vor; so z. B. hatte ich im engen Thale von Cannobio, am Langen-See, die Gelegenheit zu beob- achten, dass die Zamenis viridiflavus und Callopeltis Aes- culapii sich im Frühjahre vorzugsweise auf den Bergen aufhalten. Gegen Mitte des Sommers aber, zur Zeit, wo die Bergströme allmählich verschwinden, steigen sie in das Thal herunter und wählen sich in der Nähe des Wassers gelegene Aufenthaltsorte. Hierselbst paaren sie sich und 324 J. von Bedriaga: legen ihre Eier ab. Gegen Ende des Sommers aber schei- nen sie auf die Berge zu steigen, da von den ausgewachse- nen Schlangen im nächsten Frühjahre im Thale keine Spur mehr zu sehen ist. Sobald der Schnee schmilzt und das Schneewasser sich durch Schluchten und Rinnen einen Weg bahnt und dadurch die Existenz des Landbewohners wieder leidlich wird, zeigen sich die genannten Schlangenarten auf den Bergen. Der Verbreitungsbezirk der Perleidechse ist bereits näher erörtert worden, und da ich keine neuen Fundorte aufzuweisen habe, werde ich hier einige für das Vorkom- men der ocellata constatirte Localitäten namhaft machen. Auf der Reviera di Ponente traf ich sie vorzugsweise in Ventimiglia, Bordighera, Beaulieu, Nizza, Villafranca, Marseille und in den Steinbrüchen von Eza. Nach Lata st e (Essai d'une faune herpetologique de la Gironde. Bordeaux 1876, p. 69) kommt sie in der Umgebung von Montpellier und in der Gironde (lande d'Arlac) vor. Ferner soll sie nach Co Hin de Plancy^) bis in die Oharente Inferieure sich verbreiten und, nach den Londoner Exemplaren zu urtheilen, auch auf der Insel Jersey gefunden worden sein 2). — In Spanien soll sie nach Boscä (1. c.) in Bar- celona, Oviedo, Salamanca y Beyar, Valladolid, Madrid, Renanche (Jean), Pozo-Hondo, Ciudad-Real und in der ganzen Provinz von Valencia gemein sein. Ich sammelte sie in Albacete und Alicante. Nach Machado^) kommt sie in grosser Anzahl in den Ruinen der Italica vor. Ro- senhauer^) führt sie für Cadix an. Nach eingezogenen Erkundigungen ist sie in ganz Andalusien der gemeinste Saurier. — In Portugal soll sie nach Barbosa du Bo- 1) Catalogue des reptiles et batraciens du departement de l'Aube et etude sur la distribution geographique des reptiles et ba- traciens de l'est de France. Semur 1877. 2) Es mögen aus einem Zwinger entwischte Exemplare gewe- sen sein! 3) Erpetologia Hispaleusis. (Revista di Ciencias, Literatura y Artes, Sevilla IV, 1859.) 4) Die Thiere Andalusiens. Erlangen 1856. Herpetologische Studien. 325 cage^) einheimisch sein. Strauch 2) fing sie in Sidi-bel- Abbes (Algier). Sie wird gleichfalls in Constantine, Oran und selbst in Algier angetroffen. Tristram^) fand sie in der Wüste. Für Marocco ist sie von Böttger*) nicht genannt, dürfte aber daselbst nicht fehlen. E ndlich kommt sie in Tunis vor. YII. Die Eidechsen lladeira^s und der' Canaren. 1. Lacerta Galloti D. und B. Lacerta Galloti, welche zum Andenken des Naturfor- schers A. Gallot so benannt worden ist, wurde von Du- meril und Bibron zum ersten Male einer Untersuchung un- terworfen. Die in der generellen Herpetologie niedergelegte Beschreibung dieser Eidechsenart erhielt seitdem meines Wissens Ergänzungen von Gervais^) und Bö ttger ^). Durch die Liberalität des Herrn Prof. Cornalia wurde ich in die Lage gesetzt, einige Galloti-Lacerten im Museo Civico zu Mailand untersuchen zu können, ausserdem standen mir die im Pariser Laboratorium der Herpetologie aufbewahrten Exemplare zur Verfügung und endlich bin ich selbst in Besitz dieser, in unseren Sammlungen sehr seltenen Species gekommen. Da ich in Folge dessen einige Ergänzungen und Berichtigungen zu den bisherigen Beschreibungen zu geben vermag, so will ich im Anschluss an diese Einiges über das Thier mittheilen. 1) Liste des mammiferes et reptiles observes en Portugal (Revue et magasin. de Zoologie par Gueriu-Meneville, XVI, 2 ser. 1863). 2) Erpetologie de l'Algerie (Mein, de l'acad. imper. d. sciences de St. Petersbourg VII, ser. IV, Nr. 7, 1862). 3) Notes on the reptilian aud fisbes of the Sahara (Procee- dings of the zoological society of London 1859. p. 475. 4) Reptilien von Marocco und von den canarischen Inseln (Abhaudl. der Senckenb. naturf. Ges. Bd. IX). 5) Barker-Webb et St. Berthelot, Histoire naturelle des Canaries T. II, Paris 1836-1854, S. 4. 6) Abband, der Senckenb. naturf. Ges. Bd. IX. S. 174. 326 J. von Bedriaga: Was zunächst die Körperform der Lac. Galloti anbe- trifft, so haben sowohl die Mailänder, als auch meine In- dividuen eine ungeheure Aehnlichkeit mit der grossen grü- nen Mauereidechse Süditaliens. Einige grosse, in Paris aufbewahrte Exemplare nähern sich dagegen in ihrem Kör- perbau der Smaragdeidechse. — Die der Lac. muralis nea- politana ähnlich sehenden Individuen haben eine Gesammt- länge von 202 mm, wovon auf den Schwanz 125 mm und auf den Kopf 19 mm kommen. Der Rumpf beträgt 77 mm. Der grösste Breitendurchmesser des Kopfes erreicht 14 mm; der grösste Höhendurchmesser nur 9 mm. Der Umfang des Kopfes zählt 36 mm; der Umfang des Halses 1mm mehr. Die Ansatzstelle der Pileus an den Rumpf == 7 mm. — Aus dem Vergleich dieser Masse mit jenen der muralis neapolitana und der gleichfalls auf den Canarischen Inseln und Madeira vorkommenden Lacerta Dugesii ergiebt sich, dass meine Galloti-Eidechsen ungefähr die Länge der erste- ren aufweisen, dagegen bedeutend grösser als die L. Du- gesii sind. — Obgleich die angegebenen Maasse von ausge- wachsenen Individuen genommen sind, scheint die Galloti eine viel grössere Gesammtlänge zu erreichen, dabei einen relativ kurzen Schwanz aufzuweisen. Mehrere von mir flüchtig verglichene Exemplare einer neuerdings in Paris eingelaufenen Sendung erreichen nahezu die Rumpf länge der L. viridis. Böttger führt ebenfalls recht grosse, so- wie auch kleine Exemplare an. Die grösseren, sagt Bött- ger, wurden auf dem Wege nach dem Pic de Teyde (Te- nerife), die kleineren im Thal von Orotava, auf Tenerife ebenfalls, gesammelt. Leider erfahren wir aus der Abhand- lung Böttger 's nicht, ob die von ihm beschriebenen gros- sen und mittelgrossen Stücke ausgewachsene Individuen vorstellen. Nach den Exemplaren, welche mir zu Gebote standen, zu urtheilen, stellen die Galloti-Eidechsen zwei Rassen vor, eine grössere und eine kleinere. Ob beide an gleichen Orten angetroffen werden, oder ob sie verschie- dene Inseln bewohnen, ist bis jetzt nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Da wir bereits von anderen Eidechsenarten wissen, in welchem Verhältnisse die Bewohnerinnen der kleineren Inseln zu denen der grösseren stehen, bin ich Herpetologische Studien. 327 geneigt anzuuehmen, dass sie jetzt oder ursprünglich ver- schiedenen Inseln angehört haben oder noch heute ange- hören. Die Beschilderung des Kopfes (vergl. die beigegebene Abbildung) nähert sich am meisten der muralis. Das breite Occipitale ist trapezisch. Das Interparietale ist gleichfalls breit fünfeckig. Die Scheitelschilder stellen an ihren nach aussen zugekehrten Seiten einen Bogen vor. Die Scuta frontoparietalia sehen denen der muralis ähn- lich. Das besonders vorn breite Scutiim frontale ist gegen die Kopfspitze zu einfach bogenförmig gestaltet. Die zwei mittleren oberen Augenschilder sind abgerundet. Das 1. und 4. Supraocularschild sind grösser, als bei der neapo- litana, auch erscheint das Internasale grösser, als bei letz- terer, es stellt nach vorn einen stark ausgeprägten Bogen vor. Die Scuta supranasalia sind klein. Nach Böttger soll sich zuweilen ein accessorisches Plättchen einschieben, das er Interfrontonasorostrale nennt. Allem Anscheine nach entspricht dieses Schildchen dem Scutellum interfrontona- sale, das Braun bei L. muralis var. Lilfordi entdeckt hat. Eine im Museo-Civico zu Mailand aufbewahrte Galloti-Ei- dechse (Nr. 356) weist ebenfalls ein interessantes abnormes Verhalten der Kopfschilder auf. Die Parietalschilder er- scheinen nämlich zur Hälfte (der Breite nach) getheilt. — Was die Beschilderung der Seiten des Kopfes anbelangt, so finden wir bei der Galloti nur ein Nasofrenalschild vor. Die Zahl der Oberlippenschilder variirt. Bei einem Indi- viduum sind 9 Schilder jederseits, bei einem anderen nur acht. Es stehen daher entweder 5 oder 6 Tafeln vor jenem grösseren, allen Lacertiden charakteristischen, unter dem Augapfel liegenden Oberlippenschilde. Zuweilen werden bei einem und demselben Individuum auf der einen Seite 4, auf der anderen 5 Schilder angetroffen. Die Zahl 4 finde ich beinahe durchschnittlich. Die Unterlippenschil- der der Lac. Galloti sind nicht etwa fünfeckig, wie es bei der grünen muralis der Fall ist, sondern viereckig, auch sind erstere bedeutend grösser. Die Scuta submaxillaria werden dadurch in ihrer Gestalt beeinflusst und erscheinen ganzrandig. Die Beschilderung der Schläfen scheint con- 328 J. von Bedriaga: stant zu sein. Ungefähr in der Mitte der Schläfe ist ein deutlich ausgeprägtes, beinahe ovales Scutellum masseteri- cuin vorhanden, um welches kleine Schildchen regelmässig angeordnet sind und Kreise bilden. Diese eigenthümliche Anordnung habe ich nur sehr selten bei den Mauereidechsen constatiren können. Das Tympanale ist in zwei Stücke getheilt. Das eine, grössere Stück liegt oberhalb der gros- sen Ohröffnung, das zweite kleinere am vorderen Rande derselben. Die Beschuppung des Unterkopfes kann als grob bezeichnet werden, die einzelnen Schuppen sind län- ger als bei muralis neapol. Das Halsband besteht aus 11 Tafeln. Die Gestalt der Rückenschuppen ist vorn an der Halsgegend rund und kaum gewölbt. In der Mitte des Körpers erleiden sie eine Umgestaltung und erscheinen, bei stärkerer Vergrösserung, viereckig. Nach den Seiten zu werden sie wiederum anders geformt; sie werden grös- ser und je nach den Umständen verschieden gestaltet. Ihr Uebergang in die Bauchschilder ist bei der Galloti-Eidechse am besten demonstrirbar, weil sie Hand in Hand mit der Vergrösserung der Schuppen gegen die Bauchseite zu platt werden. Ausserdem erhalten sie allmählich durchsichtige Ränder, wie sie nur die Bauchtafeln aufweisen. Die Zahl der auf jede Bauch tafel gehenden Rückenschuppen ist schwer anzugeben. Wenn wir die gegen den Rücken lie- genden Reihen messen, so kommen auf jedes Schild drei Schuppenreihen. Die Anordnung der transversalen Schup- penreihen ist ebenfalls sehr eigenthümlich. In der Mitte des Rückens nämlich stellt jede Reihe einen stark nach vorn hervortretenden Bogen dar, dabei erreichen einige Quer- reihen entweder die Mittelrückenlinie oder ihre nach unten liegende Grenze nicht ganz. Eine derartige wellenförmige Anordnung der Schuppenreihen kommt öfters bei den mu- rales vor, nur bei weitem nicht in dem Masse, dass man sie mit unbewaffnetem Auge sofort erblicken könnte. Die mediane, auf dem Rücken liegende Längsschuppenreihe besteht aus viereckigen und fünfeckigen Schuppen. Was die Zahl der longitudinalen Bauchtafelreihen betrifft, so ist es schwierig, sie genau anzugeben, da ihre Abgrenzung nach Aussen undeutlich ausgeprägt erscheint. Nach Du- Herpetologische Studien. 329 meril und Bibron sollen es 12 bis 14 sein. Meine Exem- plare ergeben vier vollständige Bauchschilderpaare, ferner zwei Paare, welche in der Mitte des Körpers nur vorhan- den und als Theile der benachbarten Tafeln zu betrachten sind. Endlich kommen die Oberschilderreihen, welche D u- meril und Bibron muthmasslich als 7. Bauchschilderpaar bezeichnet hatten. Die einzelnen Tafeln, und namentlich die seitlichen, sind länger als breit und wir können daher annehmen, dass die Zahl der Tafeln bei der Galloti sich auf Kosten der Grösse entwickelt hat. Es sind meistens auf jeder Bauchtafel zwei Oberschildchen. Falls die trans- versalen Reihen der Bauchschilder gleich nach dem End- stücke des Brustdreiecks gezählt werden, sind es circa 24. Zwischen dem Anale und der letzteren, aus 6 kleinen Ta- feln bestehenden Bauchquerreihe ist ein grösserer Zwi- schenraum vorhanden, der von kleinen Schuppen bedeckt wird. Das Analschild ist kleiner, als bei der muralis neapol. Die Schenkelporenreihen sind auffallend verschie- den von jenen von mir untersuchten Eidechsen-Arten. Es sind hier jederseits 21 äusserst kleine, mit unbewaffnetem Auge nicht sichtbare, in nahezu gerader Linie angeordnete Poren. Sonderbarer Weise wurde dieses eigenthümliche Verhalten der Femoralporen von keinem mir bekannten Autoren hervorgehoben. Es kann mir daher leicht der Ein- wand gemacht werden, ich hätte lediglich Exemplare post nuptias, im Herbste oder Winter eingefangene, untersucht. Ich will in Folge dessen vorausschicken, dass eine Anzahl Mauereidechsen, welche im Februarmonat aus ihren Ver- stecken herausgeholt und mir aus Bordeaux zugesandt wor- den sind, deutlich ausgeprägte Schenkelporen, wenn auch nicht derart entwickelt, wie es im Sommer der Fall ist, aufwiesen. Auch erwiesen sich die Femoralporen bei einem aus der Eierschale herausgeholten Individuum (L. viridis) mit unbewaffnetem Auge sichtbar und bedeutend grösser, als bei der L. Galloti. — Die Schwanzschuppen sind ganzrandig und tragen einen Kiel. Da das Farbenkleid bereits genügend beschrieben worden ist, will ich nicht näher auf dasselbe eingehen, sondern nur bemerken, dass die grossen Stücke oben ent- 330 J. von Bedriaga: weder dunkelgrün, beinahe schwarzgrün, oder lebhaft grün colorirt sind, dass sie eine schwarze transversale Zeich- nung, selten eine Längsstreifung aufweisen, ferner dass ihre Seiten zwei Reihen prachtvoll ausgeprägter Augen tragen, welche genau an jene der Lacerta ocellata erinnern, und endlich, dass ihre Bauchseite meistens blaugrün erscheint. — Die kleineren, ebenfalls ausgewachsenen, meiner An- sicht nach zu einer anderen Rasse gehörenden Individuen erhalten auf grau-braunem oder braunem Grunde eine schwarze Längszeichnung, welche in Form von Flecken- reihen oder Streifen auftritt und deren Zahl und Anord- nung variirt. Es fehlen ihnen die Argusflecke auf den Körper^eiten, ausserdem erscheint ihr Bauch weisslich oder grau-weiss. 2. Lacerta Dugesii Milne Edwards- Ausser der Lac. Galloti kommt auf derselben Insel- gruppe eine ebenfalls dem Continente fremdartige Eidechse L. Dugesii vor. Diese Eidechse wurde bereits von Milne- Edwards (Annales des sciences naturelles Tom. XVI, Pa- ris 1839 p. 84) und von Dumeril, nachträglich auch von mir kurz beschrieben, daher will ich hier nur die Diffe- renzen, welche der Vergleich dieser Eidechse mit der Gal- loti ergeben hat, hervorheben. Ein auch nur oberflächli- cher Vergleich dieser beiden Lacerten genügt, um sie so- gleich zu unterscheiden. Vor allem ist es die Gesammt- längendifferenz, welche auffällt. Während Lacerta Galloti 202 mm und noch viel mehr erreichen kann, hat die Du- gesii kaum die Länge von 190 mm. Der Kopf bei der letz- teren ist bedeutend kürzer, spitzer und weist einen winklig erhobenen Discus palpebralis auf, welcher bei der Galloti einen flachen Bogen darstellt. Erstere besitzt 2 Nasofrenal- schilder, die Galloti dagegen nur eins. Das Massetericum wird bei der Dugesii vermisst. Das Internasale ist vorn anders gestaltet, als bei der Gallotischen Eidechse (vergl. meine Abbildungen), ihre Supranasalschilder sind sehr gross. Sie besitzt an den vorderen Oberlippenschildern die con- stante Zahl 5. Die Schuppen des Unterkopfes sind kürzer, als bei der Galloti. Sie erscheinen fünfeckig. Die Rücken- Herpetologische Studien. 331 schuppen sind klein und rund. Die Schwanzschuppen wie bei der L. muralis neapol. Der Bauch wird aus 6 longitu- dinalen Tafeh-eihen gebildet. Was das Farbenkleid anbelangt, so erscheinen die Dugesii-Lacerten entweder grün, weiss gepudert oder hell- nussbraun, mit dunkelbrauner Zeichnung auf den Körper- seiten versehen. Der Fundort der Dugesii ist nach Milne-Edwards Madeira. Dumeril und Bibron fügen Tenerife hinzu. Morel et (nach v. Fritsch^)) fand sie auf den Azoren (Sta. Maria). Metschnikoff^) gibt sie für Graciosa, eine ebenfalls zur Azorengruppe angehörende Insel, an. Lacerta Galloti bewohnt die Insel Tenerife, Madeira (Dumeril und Bibron) und Ferro (Böttger). Nach Gervais (1. c) und v. Fritsch soll sie anfallen zur Ca- naren-Gruppe gehörenden Inseln gemein sein. Ueber die Verwandtschaft dieser, für die ostatlanti- schen Inselgruppen specifisch eigenthümlichen Formen mit denen des Continents lässt sich zur Zeit noch nichts Be- stimmtes sagen. Am meisten scheinen beide, obgleich sie untereinander grundverschieden sind, der Mauereidechse sich zu nähern. Möglicherweise ist die L. Galloti der L. deserti Günther^) ähnlich, welche von Tristram in den Oasen N'Goussa zwischen Waregla und M'zab (Sahara) entdeckt worden ist. Höchst wahrscheinlich kamen beide Eidechsen-Arten nicht beisammen auf ein und derselben Insel vor, sondern wurden auf irgend eine Art und Weise eingeschleppt. Ausser diesen Lacerten soll die muralis auf Madeira vorkommen (Morel et nach v. Fritsch und Dumeril und Bibron*)). Endlich werden auf den Canarischen Inseln eine Monstre-Eidechse und eine kleinere bläuliche Lacerta angetroffen. Letztere zeichnet sich nach v. Fritsch (1. c), 1) Beriebt über die Senckenbergiscbe naturforscbende Gesell- schaft 1869—1870. S. 102. 2) Die Natur 1874, III, S. 20. Russiscbe Zeitscbrift. 3) Proceedings zool. Soc. of London 1859. p. 470. 4) Erpetologie generale V. p. 233. Var. b. 332 J. von Bedriaga: mit der Galloti verglicheD, durch ihre geringere Schüellig- keit in der Bewegung, durch relativ grössere Breite des Körpers, weit bedeutendere Grösse und durch ihr weniger geselliges Vorkommen aus. lieber die Lebensweise dieser Eidechsen ist mir nichts bekannt. Wir erfahren nur aus der interessanten Abhand- lung Böttger's „Die Reptilien von Marocco und von den canarischen Inseln/' dass Lac. Galloti sowohl im Tbale, als auch auf einer Höhe von 4000 bis 5000 Fuss von Dr. Noll gefangen worden ist. Während die Galloti-Eidechse sich keiner Synonyme erfreut, weist die Dugesii das eine auf: Lacerta made- rensis Fitzinger (Neue Classification der Eeptilien nach ihren natürlichen Verwandtschaften Wien 1826). YIII. Trojnäosaura algira L. Wenn ich die Angaben über das Auftreten von secun- dären Sexualcharakteren bei den Eidechsen vielfach als übertrieben zu betrachten geneigt bin und die Behauptung, dass gewisse Zierden, wie z. B. die blaue Kehle (L. viridis cyanolaema), die Augenflecken oberhalb der Wurzeln der Vorderextremitäten und die grelle Färbung des Bauches (L. muralis), speciell bei Individuen männlichen Geschlechts angetroffen werden, zu bestreiten gesucht habe, so muss ich andererseits zugeben, dass derartige, in den Bereich der secundären Sexualcharaktere gehörende Verschönerungs- elemente der Tropidosaura algira eigen sind. Da diese zufälliger Weise weder in den allgemeinen Werken, noch in faunistischen Schriften erwähnt worden ist, will ich zu den bisherigen Beschreibungen einige Ergänzungen betreffs der Geschlechtsunterschiede der Tropidosaura algira hin- zufügen. Was zunächst die Färbung der Oberseite des Rückens anbetrifft, so erscheint dieselbe beim Männchen viel schär- fer als beim Weibchen. Die von mir untersuchten männ- lichen Individuen waren dunkelbraun, die Weibchen dagegen bedeutend heller colorirt. Die beiderseits des Körpers hin laufenden zwei hellen Streifen erscheinen beim Männchen Herpetologische Studien. 333 intensiv gelb, beim Weibchen hellgelb, nahezu weiss. Beim ersteren befindet sich in der Mittellinie des Rückens eine ziemlich breite schwarze Binde. Die dieser Binde parallel angeordneten, seitlichen Binden sind ebenfalls schwarz oder schwarzbraun. An der Wurzel der Vorderextremitäten befin- den sich zwei prachtvoll ausgeprägte blaugrüne, lebhaft glänzende Ocelli, welche je drei bis fünf Schuppen einneh- men. Oefters kommen auch vier oder fünf derartig hinter einander folgende Augenflecken vor. Die Kehle ist schwe- felgelb. Die Oberlippenschilder orangefarbig. Die weiss- liche Brustgegend erhält gelbe Flecken. Die Unterseite der Vorderextremitäten erscheint gleichfalls gelb. Die Längsbinde, welche sich beim Männchen auf der Mittellinie des Rückens befindet, wird beim Weibchen zu einem schmalen dunkelbraunen Längsstreifen reducirt. Die auf den Seiten des Körpers liegenden Binden erscheinen ebenfalls dunkelbraun. Der Ton des Unterkopfes ist grün- lich. Die Unterseite der Vorderextremitäten ist, ähnlich wie der Bauch, weisslich, mit schönem Perlmutterglanze. An der Wurzel der Vorderextremitäten sind jederseits nur zwei kleine blaugrüne Ocelli vorhanden. Ausserdem ist zu bemerken, dass die Schuppen beim Weibchen in ihrem Metallglanze weit hinter denen des Männchens zurück ste- hen. — Da die beschriebenen Exemplare sämmtlich von mir im Septembermonat, also nicht etwa zur Brunstperiode, gefangen worden sind, so würde es sich bei der Tropido- saura algira um eine constante geschlechtliche Färbung handeln. Die jungen, etwa 9 bis 10 cm langen Individuen sind viel dunkler und einförmiger colorirt, als die alten. Die Mittelzone des Rückens ist dunkelbraun, selten schwarz. Die Seiten erhalten jederseits vier alternirende, helUila, metallisch glänzende und braunschwarze Streifen. Während die ersteren der gelben Streifung des ausgewachsenen Thie- res entsprechen, stellen letztere die bei den Alten schwarz oder braunschwarz gefärbten Streifen vor. Von den Au- genflecken, die wir bei den ausgewachsenen Individuen kennen gelernt haben, ist auch keine Spur vorhanden. Die Bauchseite erhält eine Tendenz ins Lila. Die Kehle ist 334 J. von Bedriaga: weiss. Die Oberseite des Schwanzes dunkelbraun, die Un- terseite hellbraun. Die Hinterextremitäten und Sohlen er- scheinen braungelb. Die Jungen vermissen meistens den Metallglanz und erscheinen matt. Da ich die in Valencia (Dehesa de la Albufera) und in Albacete gefangenen Tropidosauren eine Zeitlang am Leben erhalten habe, will ich Einiges über die Lebensweise hinzufügen. Dieses reizende Thier büsst in der Gefangen- schaft weder ihre Lebhaftigkeit, noch ihr zorniges Wesen ein. Macht man den Anschein, sie packen zu wollen, so nimmt sie, sofort sich zur Gegenwehr bereit haltend, eine höchst graziöse Stellung ein und öffnet ihr Maul im Vor- aus, tapfer den Angriff erwartend; dabei bläht sie den Kehlkopf auf und macht mit der Schwanzspitze schnelle und kurze Bewegungen. Nimmt man sie vorsichtig, um ihren recht schmerzhaften Biss zu vermeiden, so peitscht sie hin und her mit ihrem langen Schwänze und quiekt genau wie eine Maus i). Im Freien werden von der Tro- pidosaura algira zum Aufenthaltsorte dick bebuschte Orte ausgewählt. Trifft man sie an einem offenen Platze, wo sie sich nicht auf irgend einen Busch oder Baum zu flüch- ten vermag, so ist sie leicht zu ertappen ; denn sie hält nie still in ihrem Versteck, sondern sucht durch stetes Wechseln desselben ihren Verfolgern zu entwischen und verräth sich unfehlbar durch das Rascheln der dürren Blätter und Grä- ser unter ihren flinken Füsschen. Ihre Nahrung besteht hauptsächlich aus Heuschrecken, jungen Mauereidechsen und Psammodromen. Ausser den erwähnten Localitäten kommt die Tropi- dosaura algira nach Boscä in Pozo-Hondo bei Albacete, in Ciudad-Real, Madrid, Escorial und Gerona vor. Ro- se nhauer traf sie in Malaga, Machado in Sevilla. Ihr Vorkommen auf den Balearischen Inseln 2) bezweifle ich, auch finde ich sie im Cataloge Barcelo's nicht genannt. 1) Ein ähnliches Quicken habe ich beim Psammodromus hispa- nicus beobachtet. 2) Bosca, Catalogo de los reptiles y anfibios (Anales de la Soc. Esp. de Hist, natural. T. VI, 1877). Herpetologische Studien. 335 Nach Barbosa duBocage soll sie in Portugal gemein sein. — Ausser auf der Pyrenäischen Halbinsel wurde die Tropidosaura algira auf den Hyeren (Strauch i) in Algier (Strauch, Lallement), Marocco (Bö ttger), auf der zwi- schen Sardinien und Afrika liegenden Insel Galita und den Cycladen (Erhard) angetroffen. IX. Acanthodactyliis vulgaris Dum. und Bibr. Auffallender Weise ist meines Wissens in den Be- schreibungen des gemeinen Acanthodactylus einiger, im all- gemeinen sehr beständiger und ausgeprägter Merkmale keine Erwähnung gethan. So z. B. in dem noch jüngst von Braun in seiner Abhandlung über die Lacerta Lil- fordi^) veröffentlichten Briefe des bekannten deutschen Herpetologen E. Schreiber betreffs der Farbenunter- schiede zwischen Jung und Alt bei den Reptilien, ist die eigenthümliche, dem Acanthodactylus vulgaris juv. cha- rakteristische Farbe des Schwanzes auch nicht mit einer Silbe erwähnt worden. Trotzdem fällt das grelle rotheColorit, welches den Schwanz ziert, sofort in die Augen. Sämmt- liche von mir neuerdings in Alicante und Valencia (De- hesa de la Albufera) gefangenen jungen Acanthodactyle wei- sen dieses Merkmal auf. Dagegen fand ich unter den aus- gewachsenen Exemplaren nur eines vor, welches dieses, allem Anscheine nach nur den Jungen eigene Kennzeichen beibehalten hatte. In der Gefangenschaft, namentlich so- bald die Thiere im Schatten oder in der Feuchtigkeit ge- halten werden, verblasst die blutrothe Färbung sehr rasch und wird graubraun oder gelbbraun. Querschnitte eines nicht verblichenen Schwanzes ergaben eine dicke Lage von rothem und eine äusserst dünne Schicht von gelblichem Pigment. Macht man Querschnitte durch den blassen Schwanz eines erwachsenen Acanthodactylus, so wird der rothe Farbstoff vermisst und man erhält nun eine graue und gelbliche Schicht. Während im ersteren Falle die rothen Chromato- 1) Essai d'une erpetologie de l'Algerie. 2) Arbeiten aus dem zoolog. zootom. Institut in Würzburg. 1877 . 336 J. von Bedriaga: phoren ausgedehnt und sternförmig erscheinen, sind sie höchst wahrscheinlich im letzteren Falle zu so winzig kleinen Punkten contrahirt, dass sie auf das allgemeine Colorit keinen Einfluss mehr ausüben. Ebenfalls unerwähnt finde ich die verschiedenen gel- ben und grünen Flecken, welche die ausgewachsenen Acan- thodactyle aufweisen. Entweder sind an den Wurzeln der Vorderextremitäten auf rosagrauem Grunde goldgelbe Fle- cken, welche sich auf der Grenze des Bauches und selbst auf den äusseren Bauchtafelreihen befinden, oder es ziert die Körperseiten eine Reihe grüner und goldgelber Ocelli. Im ersteren Falle zählte ich 5 Flecken jederseits auf der Bauchgrenze, im zweiten Falle liegen an der Achsel grosse grüne Augenflecke, darauf folgen goldgelbe und endlich endet diese Reihe mit wiederum grünen Flecken. An der seitlichen Grenze des Bauches ist jederseits gleichfalls eine Fleckung vorhanden. Auf der Schwanzwurzel, welche bei männlichen Individuen stark verdickt ist und sehr breit erscheint, sah ich jederseits zwei grüne Makeln. Ausserdem tragen die Schläfen öfters blaue, der Nacken grüne oder blaue und die Unterkiefer goldgelbe Fleckchen. Dieser Fleckung, welche dem Thiere ein äusserst brillantes Aus- sehen verleiht, gedenkt, wie schon erwähnt, keiner von den mir bekannten Autoren. Eine blaue Fleckung soll nach Dumeril und Bibron nur den Acanthodactylus lineo- maculatus auszeichnen ^), der meiner Ansicht nach höchstens eine Varietät des vulgaris darstellt. Ich muss bemerken, dass die Färbung und Zeichnung bei letzteren äusserst ver- änderlich ist, öfters glänzend, einfarbig, dann aber auch gestreift, gemäkelt, punktirt u. s. w. Ueber die Lebens- weise dieses Thierchens hätte ich schliesslich noch zu be- merken, dass es vorzugsweise in sandigen, mit distelarti- gen Pflanzen bedeckten Gegenden angetroffen wird. Die Färbung der ausgewachsenen Individuen stimmt in den meisten Fällen mit der des Bodens überein und ich wäre 1) Böttger gedenkt ebenfalls dieser Fleckung beim Acantho- dactylus lineo-maculatus (vergl. Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. IX. S. 130). Herpetologische Studien. 337 geneigt gewesen anzunehmen, dass wir es hier mit einer Anpassungserscheinung zu thun haben, wenn mich die Jun- gen, welche dieser Anpassung am meisten bedürfen, da sie noch mit der Kunst, dem Verfolger zu entgehen, nicht ge- nügend vertraut sind, nicht das Gegentheil wahrnehmen Hessen. Ihr rother, einem Fühler des gekochten Krebses ähn- licher Schwanz verräth sie nämlich sofort. Die ausgewachse- nen Exemplare sind scheu und flink. In den meisten Fällen blieb mir auf meiner Jagd nichts anders übrig, als den auf dem Sande von ihren langfingerigen Füssen hinterlassenen Spuren zu folgen und die Thiere möglichst gegen eine Sanderhöhung zu treiben. Gelingt dieses, so wird die Auf- gabe, sich ihrer zu bemächtigen, erleichtert, da die Acan- thodactyle namentlich auf sandigem Boden sehr unbeholfen im Klettern sind. In der Gefangenschaft gewinnen sie bald die Zuneigung ihres Pflegers, sie werden zahm und nehmen die gebotene Nahrung aus der Hand. Aehnlich allen Lacertiden lieben sie leidenschaftlich die Sonnen- strahlung und platten sich, sobald der geringste Strahl in ihren Käfig fällt, ganz ab. Sie trinken wie die Eremias- Arten, indem sie die Zunge rasch in Wasser stecken und sie wieder zurückziehen. Die Acanthodactyle sind vielleicht die zartesten und schwächsten ihrer Familie. Im Kampfe mit den ächten Lacerten, z. B. den murales, unterliegen sie stets nach kurzem Ringen. Ein einfacher Biss verwundet schon ihre äusserst weiche und zarte Haut. Bemerkens - werth ist es, dass die Eidechsen sie nicht dulden können und nach ihnen ohne jeglichen Grund jagen, sobald sie zu ihnen in den Käfig hinein gesetzt werden. Die Verbreitung des Acanthodactylus vulgaris in Spa- nien ist nach B o s c ä, dem ausgezeichneten Kenner der Repti- lien der Pyrenäischen Halbinsel, folgende : Burgos, Madrid, Betera (Provinz Valencia), Dehesa de la Albufera und Playa de Albuyxech nahe Valencia. Rosenhauer gibt ihn für Malaga an. Mach ad o kennt ihn aus Sevilla. Ich selbst fing das Thierchen in Alicante. Von Spanien soll der Acanthodactylus vulg. in das südliche Frankreich und Ita- lien (Dumeril und Bibron, Bonaparte) eindringen, eine Angabe, die einer Bestätigung bedarf. Weder in Ita- Archiv f. Naturg. XXXXV. Jahrg. I. Bd. ^22 338 J. von Bedriaga: lien, noch in Süd-Frankreich habe ich das Thier gesehen. Ausserhalb Spanien kommt, der Acanthodactylus viilg. in Nordafrika, Algier und höchst wahrscheinlich in Marocco vor. Strauch kennt ihn aus Oran und aus dem Sahar^. Es drängt mich zum Schluss meiner herpetologischen Studien den Herren F. La taste, Vice-Präsident der fran- zösischen zoologischen Gesellschaft, Cav. E. deBetta, Prof. De Sanctis, Prof. Cornalia, Prof. Barcelö y Com- bis, Rodriguez y Femenias, Prof. Bosca und nament- lich meinem verehrten Freunde, Prof. E. H. Giglioli, welcher mir sehr werthvolles Material zu Gebote stellte, hiermit öffentlich meinen Dank abzustatten. Erklärung der Abbildungen. Tafel XVII. Fig. 1. Lacerta muralis Bruggemanni. Männchen aus Spezia. » 2. Lacerta muralis var. Gigliolii. Weibchen von der Isla de Dragoneras. » 8. Lac. muralis fusca var. nigriventris. Männchen aus Rom. » 4. Bauchseite von Lac. muralis var. Gigliolii. » 5. Bauchtafel von var. Gigliolii. Tafel XVIII. Fig. 1. Lacerta ocellata aus Spanien. Kopf von der Seite (ver- grössert). » 2. Lac. Schreiberi mihi aus Arnao (Spanien). Kopf von der Seite (vergrössert). 3> 3a. Lacerta Dugesii von Madeira. Kopf von oben (vergrössert). » 3b. » » » » Schwanzschuppen (vergr.). > 4a. Lacerta muralis neapol. Kopf von oben (vergrössert). » 4b. » » » Kopf von der Seite. » 4c. B » » Schwanzschuppen (vergrössert). » 4d. » i> » Rückenschuppen (vergrössert). j> 5a. Lacerta Galloti von den Canaren. Kopf von oben (vergr.). » 5b. » » » » » Schwanzschuppen (ver- grössert). Herpetologische Studien. 339 Fig. 6. Lacerta Schreiben. Das Collare (vergrössert). » 7. Lacerta ocellata. Dss Collare (vergrössert). » 8a. Lac. rauralis fusca aus Valencia. Rückenschuppen (vergr.). » 8b. » j) » » » Schwanzschuppen (vergr.). » 8c. » » » » » Ein Theil des Schwanzes. i> 8d. DD»»» Kopf von der Seite. » 9a. Lac. muralis fusca aus Bordeaux. Rückenschuppen (vergr,). » 9b. » » »DB Kopf von der Seite. » 10. L. muralis fusca aus Eaux bonnes. Rückenschuppen (ver- grössert). j> IIa. L. muralis fusca aus Aspin. Rückenschuppen (vergr.). » IIb. » » D » B Kopf von der Seite. B 12. L. muralis fusca aus Alicante. Kopf von der Seite. > 13. L. muralis fusca juv. aus Heidelberg. Kopf von der Seite. Gattungen nordischer Doriden. Von Dr. R. Bergh in Kopenhagen. Hierzu Tafel XIX. Die Anzahl der in den nordischen Meeresgegenden, im nördlichen Theile des atlantischen und des stillen Meeres, bisher nachgewiesenen Arten von ächten*) Doriden ist nicht gross. Aid er und Hancock haben in ihrer grossen Monographie der Nudibranchien in Allem wohl nur 21 Arten, Gwynn Jeffreys in seiner britischen Conchologie (V. 1869. p. 82 — 94) deren 22 angegeben. Trotz den von Alder und Hancock selbst gelieferten anatomischen Notizen und den daselbst hervortretenden grossen Unterschieden unter diesen verschiedenen Thierformen haben diese Verflf. doch alle diese Doriden in den Gattungen Doris, Lammellidoris und Acanthodoris zusammengehalten. Diese Doriden sind aber unter sich sehr verschieden und fallen aus einander in eine ganz anders grosse Anzahl von generischen Gruppen. Dieselben sammeln sich wieder in zwei Abtheilungen; die der einen zeigen immer eine zurückziehbare Kieme, während die andern dagegen unzurüekziehbare Kiemenblätter be- sitzen, nebenbei noch einen mehr oder weniger entwickelten Schlundkopf-Saugkropf. Die bisher bekannten nordischen ächten Doriden, welche zurückziehbare Kiemenblätter tragen, 1) Als solche sind hier die „platten" Doriden Cuvier's gemeint, die „Dorididen" von Gray. Gattungen nordischer Doriden. 341 gehören jetzt den Gattungen Ärchidoris, DiauUila, Cadlina, Jormna, Äldisa und Bostanga *). Die der andern Abthei- lung mit ihren nicht zurückziehbaren Kiemenblättern ange- hörenden Arten werden vorläufig in die Gattungen AUodoris, Acanthodoris, Ädalaria, Lamellidoris, Goniodoris und Dori- dmctdus unterzubringen sein. Die der ersten Gruppe zu- gehörigen Gattungen scheinen mehr kosmopolitisch; die der zweiten sind, unseren jetzigen Kenntnissen nach, auf die kalten Meeresgegenden fast ausschliesslich beschränkt. Unten folgt eine kurze Charakteristik dieser meistens neuen Genera mit Angaben der denselben respective angehörenden Arten. J. Dorididae cryptohranchiatae. ArcJiiäoriSf Bergh. Doris, autt. Archidoris, Bergh. Malacolog. Unters. (Semper, Phi- lipp. II, IL Heft XIV. 1878. p. 616-625.) Corpus sat molle, subdepressum, supra tuberculosum et granulosum, margine palliali mediocri. Branchia (retrac- tilis) e foliis tripinnatis formata. Tentacula humilia, plicae- 1) Es muss vorläufig dahingestellt bleiben, ob die D. miUegrana A. et H. (Monogr. VII. 1855. p. I) zu den Discodoriden (vgl. meine Malacolog. Unters. (Semper, Philipp. II, n) Heft XIV. 1877. Pg. 518) oder zu den Thordisen (1. c. Heft XII. 1877. p. 540) hinzuführen sei oder den Typus einer besonderen Gattung abgebe. — Ebenso zweifel- haft ist es vorläufig, ob die Z>. planata A. et H. (Monogr. part III. 1846. fam. I. pl. 8) zu den Discodoriden hinzubringen sei. Die Gattung Gliromodoris ist im nördlichen Theile des stillen Meeres auch repräsentirt, wie ich durch zwei von Dali dort ge- fischte Arten (Chr. Dalli, Bergh; Chr. Calensis, Bergh) nachgewiesen habe (vgl. meine „Nudibranchiata of the North-Pacific" (Dali, Explor. in Alaska), I. pl. XHI, Fig. 1-7, pl. XIV. Fig. 1-15.) Die Gattung Doridunculus von G. 0. Sars (Bidr. til Kundsk. om Norges arkt. Fauna. Moll. reg. arct. Norv. 1878. p. 309. Tab. 27. Fig. 2 a— d, Tab. XIV. Fig. 5), welche von den übrigen eleuthero- branchiaten Dorididen so wohl im Aeussern, wie im Raspelbaue sehr abweicht, ist bisher auch nur aus dem nordöstlichsten Theile des atlantischen Meeres (Lofoten) bekannt (D, echinulatus, S.). ^*2 R. Bergh: formia, intus altiora. Apertarae rhinophoriales margine mtegro. Podarium sat latum, margine anteriore superfi- ciahter snlcatum. Amatura labialis nuUa. Radnla rhachide nuda; pleu- ris mnltidentatis, dentibns hamatis. Ventriculus Über - Penis inermis. /ir,ro^'!.''l°".V° '^^' ^^'"'*®" Ausgabe seines Syst. nat. 1758) die Doriden als Gattung aufstellte (vgl. meine Ma- lacolog. Unters. (Semper, Philipp. 11, ii) Heft X. 1876. p. 888) citirte er zu derselben nur eine Art, seine „D. verrucosa«,' welche sich nur auf die Abbildungen von Seba und von Rumph stützte; was diese vorstellen, lässt sich nicht sicher bestimmen, und die Doris der zehnten Ausgabe Hesse sich dann den Umständen nach nicht bewahren. In der zwölften Ausgabe (1767) von Linne trifft man neben der emähnten und auch hier als erste Art unverändert aufgeführten D. verrucosa drei andere Arten (D bila- mellata, laevis, argo), von welchen eine also der Typus der Gattung sein sollte, und für welche der Name Doris als generische Bezeichnung vielleicht zu bewahren wäre. Welche aber diese Art sein sollte, würde es wohl schwer fallen zu bestimmen; besser wohl wäre es, wie auch hier geschieht den Namen Doris als generische Bezeichnung ganz zu streichen. ° Die Gruppe Archidoris, die mit der ersten der von Alder und Hancock (Monogr. part VII. 1855. p XVI) in ihrer systematischen Uebersicht aufgestellten Abtheilnngen zusammenfällt, ist ziemlich scharf ausgeprägt. Diese Thiere zeichnen sich durch eine nicht sehr niedergedrückte kräftige Körperform aus und sind von nicht harter Consi- stenz. Die Tentakel sind faltenförmig, innen höher. Die Oeffnungen der Rhinophorien einfach. Der Rücken mehr oder weniger körnig und knotig. Die (zurückziehbare) Kieme aus tripinnaten Federn gebildet. - Die Lippen Scheibe mit einfacher, dicker Cuticula bekleidet Die Ras pel mit nackter Rhachis, mit zahlreichen Zahnplatten an den Pleurae; die Zahnplatten hakenförmig. Der Magen frei. Der Penis unbewaffiiet. Gattungen nordischer Doriden. 343 Die Gruppe, die auch im Mittelmeere vertreten ist, umfasst von nordischen Arten die untenstehenden, von denen die letzte dem pacifiken Meere gehört. 1. Ä. tuber culata (Cuv.). 2. — flammea (A. et H.). 3. — Montereyensis (Cooper). jyiaulula, Bergh. Diaulula, B. Malacolog. Unters. (Semper, Philipp. II, II). Heft XIII. 1878. p. 567. Forma corporis subdepressa. Dorsum minutissime villo- sum, holosericeum, molle. Tentacula digitiformia. Apertura branchialis rotundata, crenulata; folia branchialia tripinnata. Podarium antice bilabiatum, labio superiore medio fisso. Armatura labialis nuUa. Lingua rhachide nuda; pleu- ris multidentatis, dentibus hamatis. — Prostata magna, penis inermis. In den allgemeinen Formverhältnissen stimmen die Diaululen^) im ganzen so ziemlich mit den Discodoriden und den Thordisen^) tiberein, obgleich sie doch von etwas anderem Habitus sind; sie sind etwas niedergedrückt, von ovalem Umrisse. Der Rücken ist, wie bei jenen Gattungen und besonders bei den Thordisen, fein villös, fast sammt- artig. Die Tentakel fingerförmig, kleiner als bei den Dis- codoriden, grösser als bei den Thordisen. Die Kiemen- spalte rundlich, rundgezackt; die Blätter der (retractilen) Kieme tripinnat. Der vordere Fussrand zweilippig; die obere Lippe breiter, in der Mittellinie gespalten. — An der Lippenscheibe (wie bei den Thordisen) keine Bewaffnung. An der Rhachis der Zunge keine Platten, an den Pleurae ziemlich zahlreiche hakenförmige Zahn- platten. Der Magen (nicht wie bei den Discodoriden und Thordisen frei, sondern) in der Leber eingeschlossen. Wie 1) Diaulus, Arzt. Cf. Martialis, I. 48. p. 40. 2) Vgl. meine „malacolog. Unters.^' (Semper, Philipp. II, ii) Heft XII. 1877. p. 518 (Discodoris), p. 540 (Thordisa). 344 K Bergh: bei den Discodoriden kommt eine grosse Prostata vor; der Penis ist unbewaffnet. Nur eine Art aus dem nördlichen stillen Meere ist bis- her bekannt: D. Sandiegensis (Cooper). Doris (Actinocyclus?) Sandiegensis, Cooper. Proc. of the Calif. ac. of nat. bist. II (1862). 1863. p. 204; III (1863) 1868. p. 58 0. ^ , V ;. Caälina, Bergh. Cadlina, B. Malacolog. Unters. (Semper, Philipp II II) Heft XIV. 1878. p. XXXIV. Corpus sat depressum; nothaeum subgranulatum, vix asperum; branchia (retractilis) e foliis tripinnatis paucis formata; caput parvum, tentaculis brevibus, applanatis, quasi triangularibus; podarium sat latum, suleo marginali ante- riori profundo. Aperturae rhinophoriales subcrenulatae. Armatura labialis fere annuliformis, e hamulis minu- tissimis formata. Radula rhachide dente denticulato armata, pleuris multidentatis; dentes laterales hamati, externo mar- gine serrulati. Glans penis hamulis seriatis armata. Ich habe diese Gattung (1878) für die Gruppe von Dorididen aufgestellt, deren Typus die Doris repanda von Alder und Hancock ist. Die Cadlinen 2) haben eine ziem- lich niedergedrückte Körperform mit breitem Mantelgebräm • der Rücken ist ziemlich fein granulirt; die (zurückziehbare) Kieme besteht aus wenigen tripinnaten Blättern; die Ränder der Rhinophor-Oeffnungen fein rundgezackt; der Kopf ist klein, am Mantelgebräme eine Vertiefung für den Kopf; die Tentakel kurz, lappenförmig, etwas dreieckig; der Wss ziemlich breit, mit ziemlich tiefer Furche am Vorderrande. 1) Diese Form, von der ich auch die originalen Zeichnungen 7? .^"1?? "'"'' ^'^'''^'^^ ^'^^^^ ^^^^"' ^^^^ i^ ^^^ oben erwähnten Arbeit CDall, Explor. of Alaska) näher besprochen werden (l xA V Fig. 3-— 9). V • i^ ' I . 2) Laxdäla-Saga. Hafniae. 1826. p. 123. Gattungen nordischer Doriden. 345 — Eine fast ringförmige Lippenplatte am Munde, von dichtstehenden kleinen (am Ende getheilten) Häkchen ge- bildet. Die R h a eh i s der Raspel m i t einer niedergedrückten Platte mit niedrigem gezälmeltem Haken; an denPleurae eine Reihe von hakenförmigen Platten; die erste an beiden Rändern gezähnelt; die übrigen nur am äussern Rande. — An der oberen Wand des Vestibulum genitale ein löffeiförmiges Organ; die glans penis mit Reihen von feinen Häkchen bewaffnet. Aid er und Hancock hatten schon einige Notizen über das Nervensystem und die Genitalorgane, so wie über die Zungen -Bewaffnung der typischen Art, publicirt; so wie Meyer und Moebius auch eine Darstellung der letzteren geliefert hatten ; genauer wurden dann die Mundtheile durch G. 0. Sars^) abgebildet, und endlich eine mehr eingehende Darstellung der anatomischen Verhältnisse durch meine in der Alaska-Expedition von Dali gelieferte Untersuchungen gegeben. Nur 2 oder 3 Arten der Gruppe sind bisher bekannt, alle aus dem nördlichen Theile des atlantischen und paci- fischen Meeres herstammend. Ueber ihre biologischen Ver- hältnisse so wie über ihren Laich ist nichts bekannt. 1. C. repanda (A. et H.). D. obvelata, (M.) G. 0. Sars 1. c. p. 305. Oc. atlant. sept. 2. — glabra (Friele et A. Hansen). Doris glabra, Fr. et H, Oc. atlant. sept. 3. — planulata (Stimps.)^). Oc. atlant. (occid.). 4. — pacifica, Bergh. n. sp.^) Oc. pacif. 1) G. 0. Sars, Moll. reg. arcticae Norvegiae. 1878. p. 305. Tab. XIII. Fig. 3 a— i. 2) Vgl. Gould, report on the Invertebrata of Massachusetts. ed. Binney. 1870. p. 231. PI. XX. Fig. 294, 296. 3) Diese neue Art ist in meinen „Nudibranchiata of the North Pacific" (1-c. PI. VII. Fig. 19-20; pl. VIII. Fig. 7—18) beschrieben. 346 B. Bergh: Jorunncty Bergh. Jorunna. Bergh, Malacolog. Unters. (Semper, PhilipD U, II) Heft X. 1876. p. 414 Note. Corpus subdepressum; nothaeum minutissime granula- tum, sub-asperum; branchia (refractilis) e foliis tripinnatis formata; tentacula digitiformia; podarium sat latum, mar- gine anteriore sulcatum, labio superiore latiore et medio fisso. Armatura labialis nulla. ßadularhachide nuda; pleuris multidentatis, dentibus hamatis. - Penis stylo armatus; glandula et hasta amatoria. Diese Gattung wurde von mir ursprünglich (1876) nach den vorgelegten Kesultaten der Untersuchung der 2). Johnstoni durch Hancock und Embleton aufgestellt; ich betrachtete die Gattung als mit dem von mir aufgestellten Genus Kentrodoris i) verwandt. Die von mir selbst später vorgenommene Untersuchung 2) der typischen Art macht die generische Verwandtschaft der Jorunnen mit den Kentrodo- riden ganz unzweifelhaft. Die Kentrodoriden sind bisher an einem unzulänglichen Materiale untersucht worden. Eine Hasta ist in keiner (der drei) Species gesehen worden, wohl aber eine mit einer besonderen Drüse ver- bundene Papille; noch dazu sind die Kentrodoriden von sehr abweichendem Aeussern, sehr weich, und die obere Lippe^ des Vorderrandes des Fusses mehr entwickelt, so wie die innerste (erste) Zungenzahnplatte von den folgen- den etwas abweichend. Wenn auch nicht mit den Kentro- doriden identisch, so sind die Jorunnen doch wenigstens mit denselben sehr nahe verwandt. Die Jorunnen 3) sind von ziemlich niedergedrückter Form; der Rücken fein granulirt, mit feinen kleinen Pa- pillen bedeckt; die (zurückziehbare) Kieme aus tripinna- ten Blättern gebildet; die Tentakeln fingerförmig; der 1) R. Bergh, malacolog. Unters. (Semper, Philipp. II, 11) Heft X. 1876. p. 413-427, Tab. XLIX— LI. 2) R. Bergh, the Nudibranchiata of the North Pacific (Dali, explor. of Alaska), I. 1879. PI. IX. Fig. 1—11. 3) Jorunna, BjÖrnis filia, Laxdäla Saga. Hafniae. 1826. p. 21. Gattungen nordischer Doriden. 347 Fuss ziemlich breit; der Vorderrand tief gefurcht, die obere Lippe desselben breiter, geklüftet in der Mittel- linie. — Die Lipppenscheibe unbewaffnet, von einer einfachen Cuticula überzogen. Die Rhachis der Zunge nackt; an den Pleurae viele hakenförmige Zahnplatten. In dem Vestibulum genitale 4 Oeffnungen; eine für den mit einem Stachel bewaffneten Penis, eine andere für die Hasta amatoria, durch welche sich eine besondere Drüse (ganz wie bei den Asteronoteni)) öffnet; eine für die Vagina und eine endlich für den Schleimdrüsengang. Nur eine, dem nördlichen Theile des atlantischen Meeres angehörende Art ist bisher bekannt worden. Der Laich dieser Form ist durch Alder und Hancack be- kannt, sonst sind die biologischen Verhältnisse des Thieres unbekannt. 1. J. Johnsfoni (Aid. et Hanc). D. Johnstoni, A. et H. Monogr. part L 1845. fam. 1. pl. 5; part V. 185L fam. 1. pl. 2. f. 8—11. — Hanc. et Embleton, anatomy of Doris. Philos. Trans. 1852, IL p. 212, 215, 216, 220, 233. pl. XIL f. 2, 10; pl. XIV. f. 9, 10; pl. XV. f. 1, 2; pl. XVIL f. 2, 3. — Forbes et Hanley, a bist, of Br. Moll. III. 1853. p. 564. ? D. tomentosa, Cuv. Fischer, Journ. de conchyl. 3 S. X. 1870. p. 290—293; XV. 1875. p. 211 Note. ? D. tomentosa, C. Verany, catalogo. 1846. p. 16, 21. , Ver. Hanc. et Emblet. 1. c. 1852. p. 2202). ? , C. Philippi, en. moll. Sic. L 1836. p. 104; IL 1844. p. 79. Tab. XIX. f. 9. Oc. atlant. septentr. (mediterr.?). 1) R. Bergh, über das Geschlecht Asteronotus, E. Jahrb. d. d. malacolog. Ges. IV. 1877. p. 161—173. Taf. I— II. 2) Hanc. und Embleton (1. c. p. 220) zufolge ist der Stachel (Hasta amatoria) bei der Doris Johnstoni gerade, bei der „D. tomen- tosa, Ver.** gekrümmt. 348 R. Bergh: Aldisa, Bergh. Aldisa. Bergh, Malocolog. Unters. (Semper, Philipp. II, ii) Heft XIV. 1878. p. XXXVIII. Corpus subdepressum, sat molie. Nothaeum quasi villosum. Branchia (retractilis) e foliolis paucis (6) tri- pinnatis formata. Tentacula tuberculiformia. Podarium sat latum; antice rotundatum, sulco marginali sat profundo. Armatura labialis nulla. Radula rhachide nuda, pleuris multidentatis; dentes erecti, baculiformes, margine externo serrulati. — Penis inermis. Die Aldisen *) zeichnen sich durch ihre eigenthümliche Zungen-Bewaffnung von allen anderen nordischen Gattungen von Doriden aus; sind aber sonst im Aeusseren fast nicht characteristisch ausgeprägt. Der Körper ist ziemlich nieder- gedrückt, ziemlich weich; der Rücken mit kleinen Kegelchen dicht bedeckt. Die Rhinophoröffnungen rundlich, der Rand mit Kegelchen besetzt. Die Tentakel stummeiförmig. Die (zurückziehbare) Kieme aus wenigen (6) tripinnaten Blättern gebildet. Der Fuss ziemlich breit; der gerundete Vorderrand mit tiefer Randfurche — Die Lippenscheibe ist ohne Bewaffnung. Die Rhachis der Raspel nackt; die Pleurae mit sehr zahlreichen, aufrechtstehenden, stab- förmigen, im äusseren Rande denticulirten Platten. — Der Penis unbewaffnet. Von der Gattung scheint bisher nur die untenstehende Art bekannt: 1. A. zeÜandica (A. et H.). Doris zetlandica, A. et H. Notice of some new sp. of Nudi- branchiata. Ann. mgz. n. h. 2 S. XIV. 1854. p. 102. — — Monogr. part VII. 1855. p. 42. app. p. 1. pl. 46 suppl. f. 2. — — Gw. Jeffreys, Brit. Conch. V. 1869. p. 84. — — H. Friele og Arm. Hansen, Bidr. til Kundsk. om de norske Nudibr. Christiania Vidensk. Selsk. Forh. for 1875. 1877. p. 71. 1) Laxdäla-Saga. Hafnia. 1826. p. 229. Gattungen nordischer Doriden. 349 — — G. 0. Sars, Bidr. til Kundsk. om Norges arktiske Fauna. I. Moll. reg. arct. Norvegiae. 1878. p. 305. Tab. 27. Fig. 1, a-b; Tab. XIII. Fig. 4. (p. 458). Color albidus, supra punctis niveis confertis; rhino- phoria et branchia dilute flavescentia. Hab. Oc. atlant. septentr. Taf. XIX. Fig. 1-9. Von der Art habe ich das eine der zwei Individuen zur Untersuchung gehabt, welche von Arm. Hansen 1876 bei Moldö (Nordfjord) aus einer Tiefe von 100 Faden herauf- gefischt wurden, und das mir mit grosser Freigebigkeit von H. Friele und Arm. Hansen (Bergen) zur Ver- fügung gestellt worden war. In „Lofoten" scheint das Thier eigentlich nicht selten (vgl. Sars, 1. c. p. 306). Das in Alkohol gut bewahrte Individuum hatte eine Länge *) von 9 mm bei einer Breite von 5 und einer Höhe von 3,5 mm; die Breite des Mantelgebrämes war 1,5, die des Fusses 3,5 mm; die Höhe der Rhinophorien war etwa 1,2, die der Kieme 1,3 mm. Die Farbe durchgehend hell- gelblich, die der Kieme und der Rhinophorien etwas dunkler. Die Form länglich oval, vorne etwas breiter als hinten, ziemlich niedergedrückt. Der Rücken wenig ge- wölbt, überall mit nicht dichtstehenden kleinen (meistens eine Höhe von etwa 0,3 mm messenden) Kegelchen bedeckt, zwischen denen noch kleinere. Die (zusammen- gezogenen) Rhinophor-Oeffnungen rundlich, der Rand mit den gewöhnlichen Kegelchen; die Keule der Rhinophorien mit etwa 20 Blättern. Die Kiemen-Oeffnung rund (von etwa 2 mm Diam.); der Rand dünn, mit mehreren (etwa 7) niedrigen, gegen innen etwas vorspringenden Kegelchen. Die Kieme aus 6 tripinnaten Federn gebildet. Der Raum innerhalb des Kiemenkreises mit in einen Bogen gestellten Kegelchen besetzt; hinter der Mitte derselben die niedrige Analpapille, und rechts sehr deutlich die 1) Friele und Hansen geben, etwa wie Jeffreys, die Länge des lebenden Thieres zu 19 mm an; Sars zu 16 mm. 350 R. Bergh: feine Nierenpore. Der Mantelrand dünn, die Unter- seite des Mantelgebrämes glatt. Die Seiten des Körpers niedrig; die Genitalpapille abgestutzt-kegelförmig, mit zusammengezogener Oeffnung. Der Kopf klein, mit kleiner senkrechter Mimdspalte, mit tuberkelartigen Spuren von Tentakeln. Der Fuss ziemlich breit, mit wenig her- vortretenden Rändern; der Vorderrand etwas gerundet, mit gerundeten Ecken, mit starker Randfurche; das Hinterende etwas gerundet. Die Eingeweide nirgends hindurchschimmernd. — Das Peritonaeum farblos. Das Centralnervensystem (Fig. 1) ziemlich stark abgeplattet; die unregelmässig - nierenförmigen cerebro- visceralen Ganglien (Fig. 1 a) mehr als doppelt so gross wie die pedalen (Fig. 1 bb) ; die doppelte grosse Commissur ziemlich lang (Fig. 1 g); die proximalen Riechknoten (Fig. 1 cc) fast kugelförmig, kurzstielig, etwas kleiner als die buccalen; ein deutliches Ganglion opticum (Fig. 1 d) hinter dem Ganglion olfactorium. Die buccalen Ganglien (Fig. 1 e) von rundlichem Umrisse, fast ohne Commissur miteinander verbunden; die gastro-oesophagealen (Fig. 1 f) kurzstielig, an der einen Seite des Ganglions entwickelt, etwa V'4 der Grösse der vorigen betragend, mit einer grossen und mehreren keineren Zellen. Die Augen (Fig. 1 h) ziemlich langstielig, mit gelb- licher Linse, schwarzem Pigmente. Die Ohrblasen kaum kleiner als die Augen, an der oberen Seite der Gehirnknoten hindurchschimmernd; mit etwa 80 Otokonien gewöhnlicher Art. In den Blättern der Rhinophorien keine Spikein. Die Rücken-Haut mit grossen und sehr erhärteten, mei- stens langen, glatten oder mit Knoten versehenen (Fig. 2) Spikein reichlichst ausgesteuert; so auch und in gewöhn- licher Weise die Höckerchen des Rückens. — Die inter- stitielle Bindesubstanz hier und da mit grösseren Spikein stark versehen. Die Mundröhre weit, trichterförmig, etwa 1,5 mm lang. — Der Schlundkopf im Ganzen 2 mm lang, von denen aber fast die Hälfte auf die sehr starke, schräge gegen oben und gegen links hervortretende Raspelscheide kam; Gattungen nordischer Doriden. 351 die Breite und Höhe des Schlundkopfes etwa 1,5 mm; die Mm. linguales inif. unten neben der Raspelscheide stark höckerartig hervortretend. Die Zunge ziemlich breit; die Raspel bräunlichgelb, mit etwa 17 Zahnplattenreihen, weiter gegen hinten kamen, wie es schien, noch 30 entwickelte und 6 jüngere Reihen vor; die Gesammtzahl derselben so- mit 53 1). Es war bei dem einzelnen Individuum nicht möglich mit Sicherheit die Zahl der Zahnplatten in den Reihen zu bestimmen; dieselbe war kaum geringer als etwa 100. Die Rhachis nackt. Die Platten (Fig. 3—9) von sehr sonderbarer Form, mit kurzem und schmalem (Fig. 7) Grundstücke, hohe, aufrechtstehende, dünne, oben wenig breitere, und ein bischen ausgehöhlte Stäbchen, die in dieser letzten Strecke längs des Aussenrandes und an der Spitze (Fig. 9) mit kurzen borstenähnlichen Spitzen be- setzt waren, welche unterhalb der Mitte dieser Partie an einer kurzen Strecke stark convergirten und einen Vor- sprung bildeten (Fig. 9). Die äussersten Zahnplatten mei- stens von einer Höhe von etwa 0,035, die Höhe erhob sich bis wenigstens 0,38 mm (Fig. 5); die innerste Zahnplatte hatte eine Höhe von etwa 0,04, die nächsten von 0,05 — 0,06— 0,08 mm. Die Farbe der Platten sehr hell gelblich; sie waren bis zu einem gewissen Grade biegsam, zeigten sich oft leicht gekrümmt, mitunter fast rechtwinklig ge- bogen. Die innersten (Fig. 3) und die äussersten (Fig. 8) Platten im Ganzen wie alle die anderen; die denticulirte Strecke nur verhältnissmässig länger. Die pulpöse Masse scheint ein besonders vorzügliches Material für Unter- suchung der (selbst nach der Darstellung von Trinchese^) 1) Alder und Hancock konnten (1. c.) weder die Zahl der Reihen noch die Anzahl der Platten in den Reihen bestimmen; Friele und Arm. Hansen bemerken nur, dass „die Radula wie von Alder und Hancock beschrieben sei;" Sars (der die Platten sehr trefifend dargestellt hat) giebt nicht die Anzahl der Platten in den Reihen an („numerosis"), seine Figur (4 c) stellt aber sicherlich eine zu geringe Anzahl (etwa 66) dar. 2) Vgl. S. Trinchese, anat. e fisiolog. della Spurilla neapol. Mem. dell' acc. delle sc. dell'ist. di Bologna. 3 S. IX. 1878. p.416— 417. Tav. VU. Fig. 1 c'c", 4. 352 R. Bergh: immer noch unklaren Entwickelung der Zahnplatten ab- geben zu können. Die Speicheldrüsen langgestreckt, weisslich. Der Darm etwa an der Mitte der Länge der grossen Eingeweidemasse hervortretend; der Pylorus-Theil etwas weiter als die übrige Strecke, das Knie des Darmes nicht weit vorwärts liegend. — Die Leber etwa 7 mm lang, bei einer Breite bis 3,25 und einer Höhe bis 2,5 mm; das Vorderende abgestutzt und dazu die vordere Hälfte des Organs (wegen der vorderen Genitalmasse) stark abge- plattet und etwas ausgehöhlt; das etwas verschmälerte Hinterende gerundet; die Substanz gelblich i). Die Gallen- blase vor dem Pylorus und von der Wurzelpartie des Darmes verdeckt liegend; etwa 1 mm hoch bei einem Durchmesser von 0,5 mm, mit dunkler unbestimmbarer thierischer Masse gefüllt. — Die sehr abgeplattete weiss- liche Blutdrtisen-Masse das Centralnervensystem ganz deckend. Die Zwitterdrüse (jetzt) kaum in Farbe von der Leber verschieden, den grössten Theil derselben über- ziehend; in den Läppchen grössere oogene Zellen und besonders Massen von Zoospermen. Die vordere Geni- talmasse fast planconvex, von einer Länge und Höhe von etwa 2,75 mm bei einer Dicke von etwa 1,1 mm. Die Ampulle des Zwitterdrüsenganges gelblichweiss, zusammen- gebogen, ausgestreckt etwa 3 mm messend bei einem Durch- messer bis 0,5 mm. Der lange Samenleiter aus den ge- wöhnlichen zwei Partien bestehend, die letzte etwa 3,5 mm lang; der eingestülpte unbewaffnete Penis beiläufig 1mm lang. Die Spermatotheke kurz-birnförmig, von etwa 0,75 mm grösstem Diam.; die Spermatocyste kurz-wurst- förmig, geschlängelt, ausgestreckt länger als die vorige. Die die Vagina einhüllende reichliche Bindesubstanz mit grossen 1) Friele und Hansen (1. c. p. 71) erwähnen die Farbe der Leber als „intensiv blau und stark durch sowohl den Mantel wie den Fuss durchschimmernd"; Friele hat mir später mitgetheilt, dass Hansen an den zwei Individuen, die er bei Moldöen gefischt hatte, die „Leber braun" fand. Gattungen nordischer Doriden. 353 und stark erhärteten Spikein gewöhnlicher Art (s, oben) reichlichst ausgestattet. Die Schleimdrüse weisslich und gelblich weiss. Hostanga, Bgh. Corpus depressum. Nothaeum minutissime granulatum. Branchia (retractilis) e foliolis bipinnatis, non paucis (10) formata. Tentacula digitiformia. Podarium sat latum; antice rotundatum, sulco marginali, labio superiori la- tiori fisso. Armatura labialis (?). Radula rhachide nuda; pleuris multidentatis, dentibus apice bifidis, internis depressis, externis altis. — Penis? Die D. coccinea, von Forbes ursprünglich imMittel- meere gefunden ^), muss den Typus einer besonderen Gat- tung bilden, den kurzen Erläuterungen nach, welche durch AI der und Hancock 2) vorliegen. Der Körper ist nieder- gedrückt, der Rücken ganz fein granulirt. Die (zurück- ziehbare) Kieme aus nicht ganz wenigen (10), fast einfach gefiederten Federn gebildet. Die Tentakel fingerförmig. Der Fuss ziemlich breit; der Vorderrand gerundet, mit Rand- furche, die obere Lippe breiter, in der Mittellinie ge- klüftet. — Die Lippenscheibe scheint bewaffnet (?). Die Rhachis der Raspel nackt; an den Pleurae eine Reihe von Zahnplatten, alle im oberen Ende (des Hakens) geklüftet; die inneren derselben aber von den äusseren sehr ver- schieden, die ersten abgeplattet, die letzteren hohe, etwas gebogene Stäbchen darstellend. Von der Gattung scheint bisher nur eine einzige Art aus dem atlantischen und dem Mittelmeere bekannt: L R. coccinea (Forbes). 1) Vergl. Gw. Jeffreys, Brit. Conchology. V. 1869. p. 86. 2) AI der and Hanc, Monogr. part IV. 1848. fam. 1. pl. 7; part VII. 1855. pl. 46 supplem. Fig. 6. Hancock and Embleton, on the auatomy of Doris. Philos. Trans. 1852. p. 212, 215, 220, 222, 233. PI. XV. Fig. 3. Archiv für Naturg. XXXXV. Jahrg. I. Bd. 23 354 R. Bergh: IL Dorididae eleutherohranchiatae. Ausser durch die nicht zurückziehbare Kieme zeichnet sich diese Gruppe durch das Dasein eines mit dem Schlundkropfe verbundenen Saugkropfes, ferner durch eigenthümliche Zungen - Bewaffnung aus, welche ausser einer grossen Seitenzahnplatte eine oder mehrere äussere Platten darbietet. AkiodoriSf Bgh. Forma ut in Lamellidoridibus, vix depressa. Nothae- um supra granulosum. Branchia (non retractilis) e foliis tripinnatis, non multis ad modum ferri equini positis formata. Caput latum, veliforme, tentaculis brevibus, lobi- formibus. Aperturae rhinophoriales integrae. Discus labialis non armatus. Ingluvies buccalis bulbo connata. Radula rhachide quasi nuda; pleuris dentibus lateralibus depressis non multis (12—13), quorum duo in- timi fortiores, quasi subhamati. Glans penis uncis simplicibus vel furcatis vel pal- matis armata. Vagina indumento valloso peculiari in- structa. Im Aeusseren sind diese Thiere den Lamellidoriden sehr ähnlich. Der Rücken ist fein granulirt. Der Kopf gross, schleierförmig, mit kurzen Tentakeln, die lappen- förmig und zugespitzt sind. Die Oeffnungen der Rhinophor- höhlen mit glatten Rändern, von mehreren grossen Papillen umstellt. Die (nicht zurückziehbare) Kieme fast Pferdehuf- förmig, aus einer mittelmässigen Anzahl von Blättern ge- bildet. — Die Lippenscheibe ohne Bewaffnung. An der Rhachis der Raspel nur transversale Verdickungen; die (Seiten-) Zahnplatten etwas niedergedrückt, die zwei ersten (innersten) etwas abweichend, grösser und mit Dentikel am Grunde des Hakens. Ein Saugkropf an der oberen Seite des Schlundkopfes sessil, niedrig-kegelförmig und nicht aus zwei Hälften zusammengesetzt. Der grosse Ma- gen an der Oberfläche der Leber frei. Die Glans des langen Penis mit einer starken und ganz besonderen Be- Gattungen nordischer Doriden. 355 waffnuiig, die aus starken Haken besteht, welche theils einfach, theils gabelig, theils bandförmig (starkfingerig) sind. Die Vagina mit einer besonderen Bewaffnung von dichtstehenden, hohen Pallisaden. Die Akiodoriden stehen den Lamellidoriden im Aeusseren ziemlich nah, besonders in der Beschaffenheit des Rückens, in der (Hufeisen-)Form der Kieme und im Fehlen einer Bewaffnung der Lippenscheibe. Die Oeffnungen der Rhinophor -Höhlen und ihre Umgebungen dagegen verschieden (keine Glatze hinten), die Anzahl der um- stehenden Papillen grösser. Die Genital-Oeffnung an die der Acanthodoriden erinnernd. So auch die (tripinnaten) Kiemenblätter und die Form des Saug kröpf es, welcher aber nicht in zwei Hälften getheilt ist. Die Bewaffnung der Zunge ist von der der Lamellidoriden, der Adalarien und der Acanthodoriden sehr verschieden. Die Rhachis der Raspel mit gebogenen, ziemlich breiten Verdickungen der Cuticula, jeder einzelnen Zahnreihe entsprechend (ru- dimentäre falsche Zahnplatten); statt der bei den erwähnten Gattungen vorkommenden grossen Seitenzahnplatten kommen zwei etwas niedergedrückte, mit niedrigem Haken ver- sehene ziemlich starke Platten vor, denen sich eine kurze Reihe von abgeplatteten, ganz oder fast ganz hakenlosen Platten anschliesst, welche an die der Adalarien einiger- massen erinnern. Die Akiodoriden unterscheiden sich von den erwähnten Gattungen ferner durch die eigenthüm- liche Bewaffnung der glans penis mit einfachen ge- gabelten oder fingerförmigen Haken, und durch die ebenso eigene Auskleidung der Vagina, mit hohen Stäbchen. Von der Gattung ist bisher nur die untenstehende neue Art, aus dem stillen Meere bekannt: 1. Ak. lutescens, Bgh. *). Oc. pacif. 1) Eine Untersuchung derselben wird in meinen „Nudi- branchiata of the North Pacific" (Dali, Expl. in Alaska), II. (PI. IV. Fig. 13, pl. V. Fig. 11-14, pl. VI. Fig. 1-20, pl. VII. Fig. 1—8, pl. VIII. Fig. 1 — 2) veröffentlicht werden. 356 R. Bergh: AcanthoäoriSf Gray. AcanthodoriSj Gr. Fig. of moll. anim. IV. 1850. p. 103. — Guide. I. 1857. p. 207. — Alder and Hanc, Monogr. br. nudibr. moll. part VII. 1855. p.43, app. p. XVII. Forma corporis subdepressa. Nothaeum supra sat grosse villosum. Brancbia (non retractilis) e foliis tripin- natis non multis et in orbem positis formata. Caput latum, veliforme, tentaculis brevibus lobiformibus. Margo aper- turarum rhinophorialium lobatus. Discus labialis armatura e hamulis minutis formata et infra cuticula incrassata prominenti instructus. Lingua rhacMde nuda; pleuris angustis dente hamiformi permagno et dentibus externis minutis compluribus (4 — 8). — Inglu- vies buccalis bulbo pbaryngeo connata. — Penis armatura e bamulis minutis formata instructus; vagina longissima. Die Gattung Acanthodoris wurde (1850) von Gray aufgestellt um die Doris pilosa mit seiner nicht zurück- ziehbaren Kieme aufzunehmen. Alder und Hancock adoptirten (1855) die Gattung, lieferten eine anatomische Untersuchung der typischen Form und formulirten genauer die Charaktere der Gattung, welche dann (1857) von Gray aufgenommen wurden. In mehreren neueren malacologischen Publicationen systematischer Natur ist die Gattung wieder beseitigt worden, und in den letzten zwei Jahrzehnten ist im Ganzen über dieselbe Nichts bekannt geworden ^). 1) Die Gattung Calycidoris von Abraham (Notes on some gen. of Nudibr. Moll. Ann. mgz. n. h. 4 S. XVIII. 1876. p. 132), welche „den Acanthodoriden und Lamellidoriden ähneln soll", sich aber durch halb-zurückziehbare („subretractilis") Kieme und nur eine Zahnplatte jederseits in den Reihen unterscheiden soll, ist gewiss apocryph. Es kann bei den phanerobranchen Doriden mitunter aussehen, als ob die Kieme in eine Höhle zurückgezogen wäre. — Die Hei- math der einzigen Art, C. Güntheri (1. c. p. 133. pl. VI. f. 1), ist unbekannt. — Die Form gehört aller Wahrscheinlichkeit nach einer der Gattungen der phanerobranchiaten (eleutherobranchiaten) Doriden. Gattungen nordischer Doriden. 357 Die Acanthodoriden nähern sich in mehreren Bezie- hungen den Lamellidoriden, unterscheiden sich aber von denselben schon im Aeusseren durch die weichen Vi 11 o- sitäten des Rückens und durch die geringere Anzahl der Kiemenblätter, die noch dazu in einem fast completen Kreise gestellt sind. Viel mehr weichen sie aber im inneren Baue von jenen ab; vorzüglich dann durch eine starke Bewaffnung der Lippenscheibe, mit einem Ringe von feinen Häkchen und unten zwei lancetförmigen Cuti- cula-Blättern; ferner durch eine ganz verschiedene, sich der der Adalarien nähernde Zungen-Bewaffnung; durch ein Einbetten des Schlundkropfes in den Schlund- kopf und durch einen bewaffneten Penis. Die Acanthodoriden sind nicht sehr niedergedrückt. Der Rücken ist mit weichen Villi oder Papillen bedeckt. Die Rhinophor-Oeffnungen mit lappigen Rändern. Die Kieme (nicht retractil) aus mehreren (meistens 7 — 9) tri- pinnaten Blättern gebildet, die von einander ganz ge- schieden sind ^). Der Kopf ist breit, »schleierförmig«, in den Seitenecken in je einen ziemlich grossen abgeplatteten Tentakel ausgezogen. Die Genitalöffnung ein länglicher Schlitz. — Die Lippenscheibe mit einer Bewaffnung (Fig. 10, 11) von dichtstehenden Häkchen ; hinten geht die Bewaffnung in die Cuticula der Mundhöhle über, welche aber ganz unten in der Mundöffnung zwei, sich in der Mittellinie berührende lancetförmige Blätter bildet^). Die Form des Schlundkopfes im Ganzen wie bei den Lamelli- doriden und den Adalarien; nur ist der Schlundkropf 1) Aid er und Hancock erwähnen und bilden ab (1. c. pl. 15. f. 2 — 3) die Kiemenblätter als „am Grunde vereinigt", so auch Meyer und Moebius (1. c. p. 65). Solches ist nicht der Fall, die Blätter sind ganz isolirt, aber zwischen ihnen stehen meistens 1—2 kleine Blätterchen, und dadurch kann ein Zusammenhang der Blätter simulirt werden (vgl. auch Aid er und Hancock, 1. c. pl. XV. Fig. 6). 2) Diese Verdickung der Cuticula ist von AI der und Han- cock und später von Meyer und Moebius (1. c. p. 64. Taf. VA. Fig. 8 K G.) als „Kiefer" aufgefasst worden, kann aber nicht als mit solchen Organen homolog gedeutet werden. 358 R. Bergh: > wie in die obere Wand des Schlundkopfes eingebettet und öffnet sich in die Höhle desselben einfach durch einen Schlitz und nicht durch einen Stiel; die starke Cuticula des Schlundkropfes aber wie gewöhnlich. Die Zunge nicht breit, mit einer flachen Furche für die Kaspel. Die Raspel mit nackter, nur mit einer niedrigen und schmalen Längsfalte versehenen Rhachis. An den Pleurae immer eine sehr grosse zusammengedrückte, aufrecht- stehende Seitenplatte (Fig. 12) mit starkem, an dem Innenrande glatten oder gezähnelten Haken; ausserhalb dieser Seitenplatte eine kurze Reihe von (4 — 8) kleinen äusseren Platten (Fig. 13). — Die Speicheldrüsen lang, vorn dicker. Die Speiseröhre mit einem kropfähnlichen Divertikel an ihrem Grunde (Fig. 14 c). Ueber dem Py- lorus-Theil des Darms öffnet sich ein kleiner Sack, der mit der Gallenblase (Pancreas, autt.) der übrigen Dorididen homolog scheint. AI der und Hancock haben desshalb diesen Theil des Digestionsapparats ,,Magen" genannt ; ob- gleich er in keiner Beziehung sich von dem übrigen Darm unterscheidet und z. B. dem unteren Theile des Darmes der Chromodoriden entspricht und bei den Acanthodoriden ohne Zweifel als solcher absolut betrachtet werden musste, wenn die Blase sich an dem untern Ende von jenem fände, wie bei den Chromodoriden *) sich in die Höhle öffnend, welche in die Leber eingeschlossen ist, und der eigent- liche Magen zu sein scheint. Der Spermatoduct und der Hauptgang der Sperraatotheke (Vagina) von sehr bedeuten- der Länge; der Samengang in der ersten Strecke wie ge- wöhnlich weicher, dann fester, mit stark muskulöser Wand und an der inneren Seite mit einer Bewaffnung, die sich weiter hinunter durch den Penis fortsetzt. Dieser Penis ist ziemlich kurz; der obere Theil solide und als eine be- waffnete Glans in den unteren hohlen (Praeputium) her- I 1) Vergl. meine Malacolog. Untersuchungen (Se m p e r , P h i li p p. II. n). Heft XL 1877. p. 464—494. Vgl. meine Neue Nacktschnecken der Südsee. IL — Journ. d. Mus. Godeffroy. Heft VIII. 1875. p. 72—82. Neue Nacktschn. d. S. IV. — 1. c. Heft XIV. 1879. p. 1—21. Gattungen nordischer Doriden. 359 vorspringend. Die Bewaffnung aus Reihen von Häkchen bestehend und mit demselben Character durch die Höhle der Glans und, wie erwähnt, weiter gegen hinten fortge- setzt; die Bewaffnung im Ganzen der der Polyceriden i), der Phyllidiaden ^) und der Doriopsiden ^) sehr ähnlich. In Beziehung auf die biologischen Verhältnisse dieser Thiere ist bisher sehr wenig bekannt, und dieses zwar eigentlich nur für die typische Species, über welche so- wohl bei AI der und Hancock als bei Meyer und Moe- bius verschiedene Angaben vorliegen. Der Laich ist durch AI der und Hancock (1. c. pl. 15. f. 9) so wie durch Meyer und Moebius (1. c. Fig. 13, 14) bekannt; über die Entwicklungs- Vorgänge ist Nichts bekannt. Die wenigen der Gruppe angehörenden Arten scheinen auf dem nördlichen Theile des atlantischen und des stillen Meeres beschränkt: 1. Ac. pilosa (0. Fr. Müller). D. pilosa, Cuv. — stellata, (Gm.) Cuv. *) — laevis, Cuv. ? — fusca, 0. Fr. Müller. Zool. Dan. (descr). 5) ? — tomentosa, Lov6n. Ind. moll. 1846. p. 4. Oc. atlant., pacif. 1) Vgl. meine Malacolog. Untersuch. (Semper, II, i^) Heft XL 1877. (Trevelyana, Nembrotha). 2) Vergl. meine Bidr. til en Monogr. af Phyllidierne. Naturh. Tidsskr. 3 R. V. 1869. Malacol. Untersuch. (Semper, Philipp. II, n). HeftX. 1876. p. 377-383. 3) Vergl. 1. c. Heft X. 1876. p. 384—387. Journ. d. Mus. Godeffroy. Heft VIH. 1875. p. 82-94. 4) Fischer zufolge (Note sur quelques especes du Genre Doris decrites par Cuvier. — Journ. de conchyliol. 3 S. X. 1870. p. 290) sind die Doris stellata von Cuvier sowie die D. laevis desselben mit der D. pilosa desselben Verfassers identisch, und diese wieder mit der von Müller beschriebenen Form. Die D. stellata von Philip pi scheint eine ganz verschiedene Form, eine Platydoris (PI. Philippii, Bgh.) (vgl. meine malacolog. Untersuch. (Semper, Philipp. II, H). Heft XH. 1877. p. 507) zu sein. 5) Es ist eine in den meisten Fällen ganz nutzlose Mühe, die Doriden-Arten der älteren Autoren dechiffriren zu wollen; ihre 360 K. Bergh: 2. -- subquadrata (Aid. et Hanc). Doris subquadrata, A. et H. Monogr. part V. 1851. fam. 1. pl. 16, f. 1—3; part VII. 1855. p. 43, III. pl. 46 supplem. f. 14. ? (D. stellata, Cuv.?). Lebert, Beobachtungen über die Mundorg. einiger Gasterop. J. Müller, ArcL 1846. p. 444—446. Taf. XII. Fig. 10—131). Oc. atlant. 3. — caerulescens, Bgh. n. sp. Ac. caerulescens, B. The Nudibranch. of the North Pacific. I. 1879. (Dali, explor. of Alaska) PI. XIII. Fig. 6-7. e Oc. pacif. Adalaria^ Bgh. Forma corporis fere ut in Lamellidoridibus ; nothaeum papillulatum vel subgranulosum. Branchia (non retractilis) e foliis (vix multis) simpliciter pinnatis in 5formam ferri equini dispositis formata. Caput, ut in Lamellidoridibus latum, semilunare, tentaculis vix ullis vel lobiformibus brevissimis. Aperturae rhinophoriales ut in Lamellidori- dibus integrae ; tuberculis anticis 2—3, calvitie postica. Untersuchungen waren allzu oberflächlich und ihre Beschreibungen denen entsprechend. Es wäre richtigst diese Species-Namen (D. fusca, M. ; D. laevis, L. etc.), die den späteren Verfassern so viele nutz- lose Mühe gemacht haben, ganz zu streichen. Auf der D. fusca von 0. Fabricius hat Mörch noch die Gattung Proctaporia (Rink, Grönl. I. Nordre Tnspector. 1857. Tilläg 4. p. 78) gegründet, welche auch ausgemerzt werden muss. 1) Die kurzen Angaben Leber t's über Form- und Farben- Verhältnisse des von ihm untersuchten Thieres würden kaum die Identificirung desselben mit der von AI der und Hancock be- schriebenen Art absolut verbieten können; während die von Leber t gelieferten Figuren der (Zungen-) Zahnplatten, roh wie sie sind, doch zu genügen scheinen um die Identificirung mit der Doris subqua- drata oder wenigstens mit einer nahestehenden Art zu sichern. Gattungen nordischer Doriden. 361 Discus labialis non armatus. Lingua rhachide lamellis depressis instructa; pleuris dente laterali interno hamifor- mi majore et serie dentium externorum sat applanatorum praeditis. — Ingluvies bucealis bulbo pbaryngeo petiolo connata. — Penis et vagina ut in Lamellidoridibus. Diese Gattung wurde von mir (1878) ^) aufgestellt um die ü. proxima und verwandte Formen aufzunehmen. Im Aeusseren sind die Adalarien den Lamellidori- den sehr äbnlicb; der Rücken in ähnlicher Weise gra- nulirt, die Granulationen aber oft mehr spitz. Die Kiemen- blätter wie bei den Lamellidoriden in Hufeisenform gestellt, aber in geringerer Anzahl. Die Oeffnungen der Rhinophor-Höhlen glattrandig; vor denselben, wie bei den Lamellidoriden, 2 Tuberkel, hinter denselben eine Glatze. Der Kopf etwa wie bei den Lamellidoriden oder mehr dem der Acanthodoriden ähnlich, breit, segeiförmig, mit Andeutung von lappenförmigen Tentakeln. — Die Lippenscheibe ohne Bewaffnung, nur von einer starken Cuticula überzogen. Die Bewaffnung der Zunge der der Acanthodoriden einigermassen ähnlich; die Rhachis trägt kleine niedergedrückte Platten (falsche Zahnplatten); zu jeder Seite einer solchen eine grosse hakenförmige Seitenzahnplatte und gegen aussen eine Reihe von Aussenplatten, von denen die inneren mehr zusammengedrückt, die äusseren mehr abgeplattet. Der Saugkropf wie bei den Lamellidoriden, durch einen kurzen Stiel an dem vordersten Theil der oberen Seite des Schlundkopfes befestigt. — Der Penis und die Vagina wie bei den Lamellidoriden, der erste unbewaffnet, die letz- tere kurz. Die Adalarien sind wie die Lamellidoriden ohne Bewaff- nung der Lippenscheibe und mit einer Radula, die sich der der Acanthodoriden nähert. Sie bilden somit gleichsam ein Zwischenglied zwischen den Acanthodoriden und den Lamellidoriden. 1) Vergl. meine Malacolog. Untersuch. (Semper, Philipp. II, n) Heft XIV. 1878. p. XL. 362 R. Bergh: Der Laich der typischen Art ist (durch Alder und Hancock) bekannt, und noch liegen einige biologische Notizen über dieselbe Art (durch Meyer und Moebius) vor. Die Gattung scheint nur im nördlichen Theile des atlantischen und des pacifischen Meeres vertreten; bisher sind nur die untenstehenden Arten bekannt. 1. Äd. proxima (A. et H.). Doris proxima, A. et H. Monogr. part VI. 1854. , fam. 1. pl. 9, f. 10-16; part VII. 1855. pl. 46 supplem. f. 8. — Meyer und Moebius, Fauna der Kieler- Bucht. — I. 1865. p. 69—71, m. T • Taf. V. B. Fig. 1-8. Oc. atlanticus. 2. — ~ pacificaj Bgh. n. sp. Oc. pacif. 3. — virescens, Bgh. n. sp. Oc. pacif. 4. — albopapillosa (Dali). Oc. pacif. 5. — Loveni (A. et H.) *). D. Lovöni, A. et H. Ann. mgz. n. h. 3 S. X. 1862. p. 262. Oc. atlant. LamelUdoris, Aid. et Hanc. Lamellidoris, A. et H. Monogr. br. nudibr. moll. part VII. 1855. p. XVIL — R. Bergh. Malacolog. Untersuch. (Semper, Phi- lipp. II, n). Heft XIV. 1878. p. 603-615. Corpus vix depressum, supra granulosum, margine palliali subangusto. Branchia (non retractilis) e foliis 1) Alle die obenstehenden Arten sind vom Verf. genauer unter- sucht, und diese Untersuchungen werden vom Verf. in seinen „Nudi- branchiaten des pacifischen Meeres" (Dali, Alaska-Exped.) veröffent- licht werden (Ad. proxima, PI. IX. Fig. 12-15; Ad. albopapillosa, PI. IX. P^ig. 16, pl. X. f. 9—11; Ad. virescens, PI. X. Fig. 4—5; Ad. Loveni, PI. X. Fig. 6-8; Ad. pacifica, PI. X. Fig. 1-3). Gattungen nordischer Doriden. 363 (multis) simpliciter pinnatis, ut plurimum in formam ferri equini dispositis, formata. Caput lalum, semilimare, angu- lis tentaciüaribus. Aperturae rhinophoriales margine inte- gre; tuberculis anticis 2—3, calvitie postica. Cuticula aperturae oralis infra asserculis cluobus in- crassata, et ante annulus papillarum angustus. Lingua rhachide lamellis humilibus ; pleuris dente interno^ hami- formi permagno et externo compresso lamelliforrai unco minuto praedito instructis. — Ingluvies buccalis (suctoria) tympaniformis, petiolo bulbo pharyngeo connata. — Penis non armatus, vagina brevis. Die Gattung Lamellidoris wurde (1855) von AI der und Hancock aufgestellt um zwei kleine Gruppen von Doriden aufzunehmen, die eine die, deren Typus die Doris bilamellata ist, die andere, deren Typus die D. depressa (A. et H.) ist, mit ihrer mehr abgeplatteten Körperform und Fehlen von Platten an der Rhachis. Die Benennung ist hier (wie in meiner oben erwähnten Arbeit) vorzüglich für die erste Gruppe reservirt worden. Die Lamellidoriden stehen den Acanthodoriden ziem- lich nahe, unterscheiden sich doch schon hinlänglich im Aeusseren, durch die grob granulirte Beschaffenheit des Rückens, durch die grössere Anzahl der Kiemenblätter, welche in Hufeisen-Form gestellt sind; ferner durch eine andere Beschaffenheit der Rhinophor-Oeffnungen, der Ten- takel und der Genitalöffnung. Auch hinlänglich gross sind die Unterschiede in den anatomischen Verhältnissen, be- sonders in der Beschaffenheit der Mundöffnung, der Zungen- Bewaffnung, des Saugkropfes, des Penis und der Vagina. Viel näher sind die Lamellidoriden mit den Adalarien ver- wandt. Die Form des Körpers ist wenig niedergedrückt, das Mantelgebräm ziemlich schmal. Der Rücken ist überall mit halbkugelförmigen und kurz keulenförmigen Granula- tionen bedeckt. Die Oeffnung der Rhinophor- Höhlen glattrandig, vor denselben 2 (—3) Papil- len, und hinter denselben eine glatte Fläche. Die (nicht zurückziehbare) Kieme aus einer geringeren oder 364 R. Bergh: grösseren Zahl (bis 20-30) von tripinnaten Blättern be- stehend, welche meistens in Hufeisenform gestellt sind Der Kopf breit, halbmondförmig, mit zugespitzten Seiten- theilen, welche fast bis an ihr Ende angeheftet, so dass nur die Spitze als Rudiment von Tentakel frei übrig bleibt. Die äussere Genitalöffnung bildet keinen Schlitz sondern findet sich wie gewöhnlich an einem Tuberkel - Die Cuticula der Mundöffnung ist unten leistenartig ver- dickt; ausserhalb der letzteren ein schmaler, von festen Kammchen oder Papillen gebildeter Ring. Der Saug- kropf durch einen kräftigen Stiel mit dem Vorderende der oberen Seite des Schlundkopfes verbunden; biconvex trommeiförmig, aus zwei wie durch einen kreisförmigen Reif verbundenen Hälften bestehend; jede Hälfte mit von Ihrer Mitte eradiirenden Muskelfasern. Die Zunge trägt an der Rhachis kurze zusammengedrückte Platten ; zu jeder Seite einer solchen eine grosse hakenförmige Platte mit grossem zusammengedrückten aufrechtstehenden Körper und glattrandigem oder an dem Innenrande gezähneltem Haken; ausserhalb dieser Platte kommt eine kleinere auch zusammengedrückte, mit Andeutung eines Hakens ver- sehene Platte vor. Der Penis kurz, unbewaffnet; die Vagina kurz; die Spermatocyste in die Schleimdrüse ein- gebettet. Zu der Gruppe, deren Repräsentanten übrigens bisher nur in dem nördlichen Theil des atlantischen und stillen Meeres gefunden sind, gehören augenblicklich die untenstehenden Arten: A. 1. L. hilamellata (L.). Oc. atlant. 2. -- muricata (0. Fr. Müller). Oc. atlant. 3. — diaphana, A. et H. Oc. atlant. 4. — aspera, A. et H. Oc. atlant. B. 5. -~ sparsa (A. et H.). Oc. atlant. Gattungen nordischer Doriden. 365 6. L. depressa (A. et H.). Oc. atlant. 7. — inconspicua (A. et H.). Oc. atlant. 8. — oblonga (A. et H.). Oc. atlant. 9. — pusilla (A. et H.). Oc. atlant. 10. — luteocincta (M. Sars) *). Oc. atlant. 11. — varians, Bgh. n. sp. Oc. pacif. 12. — hystricina^ Bgh. n. sp. Oc. pacif. 2). 13. - ? Ulidiana (Thomps.). Oc. atlant. 14. - ? tenella (Ag.). Oc. atlant. 15. — ? pallida (Gould). Oc. atlant. 16. — ? diademata (Ag.). Oc. atlant. 17. — ? grisea (Stimps.). Oc. atlant. GonioäoriSf Forbes. Goniodoris, Forbes. Ann. mgz. n. h. V. 1840. p. 104. — AI der et Hanc, Monogr. br. nudibr. Moll, part 6. 1854. fam. 1. pl. 17; part 7. 1855. p. 43, app. p. XVIII. 1) Die Mundtheile dieser Art sind ganz kürzlich durch G. 0. Sars (Moll. reg. arct. Norv. 1878. Tab. XIV. Fig. 3) dargestellt worden. 2) Diese zwei Arten aus dem stillen Meere werden in meinen zu Dall's „Untersuchung von Alaska" gehörenden „Nudibranchiata of the North-Pacific" (II) veröffentlicht werden (L. bilamellata, PI. XI. Fig. 3—9; L. muricata, PI. XI. Fig. 10—12; L. varians, PI. XI, Fig. 13—14). 366 R. Bergh: — AI der et Hanc, notice of — nudibr. moll. — in India. Trans, zool. soc. V, 3. 1864. p. 130. Pelagella, Gray. Figures. IV. 1850. p. 105. Forma corporis ovato-elongata, non multum depressa. Nothaeum tuberculis vel granulis pro parte seriatis, inter- dum quoque carina vel carinis instructum; margo pallialis angustior, postice non continuus. Ehinophoria non retra- ctilia. Branchia (non retractilis) e foliis simpliciter pinna- tis in orbem dispositis formata. Caput prominens, tenta- culis sat applanatis. Discus labialis armatura e hamulis minutis formata vel simpliciori instructus. Lingua rhachide nuda, pleuris dente laterali interno hamiformi majori et externo lamelli- formi. Ingluvies buccalis (suctoria) tympaniformis, petiolo brevi bulbo pharyngeo connata. — Penis seriebus hamu- lorum armatus. Diese Gruppe wurde vor vielen Jahren (1840) von Forbes aufgestellt, später wegen einer geringen Aehnlich- . keit in den äusseren Formverhältnissen von Gray (Figgs.; Guide) und anderen Verfassern immer mit übrigens sehr verschiedenen Thierformen zusammengeworfen, von denen AI der und Hancock sie eigentlich schon 1854 (1. c.) ausgeschieden hatten, während sie doch erst 1855 dieselben als Chromodoriden scharf sonderten i). Die Pelagellen Gray's waren auf eine Art von Verany, Doris Paretii, aufgestellt, welche sich als eine Goniodoride (G. castanea, A. et H.) herausgestellt hat, und sie muss somit eingehen 2). Die Goniodoriden sind weniger als die nächst ver- wandten Formen abgeplattet und mehr gestreckt; ihr Rücken ist mit Knoten und Granulationen bedeckt. 1) Alder and Hancock, Monogr. of br. nudibr. moll. pari VII. 1855. p. XVII. 2) Die von Mörch;](Contrib. ä la Faune malacolog. des An. tilles Dan. Journ. de conchyl. XI. 1863. p. 35) erwähnte Pelagella sp., welche auch von Abraham (Revision of the anthobr. nudibr. moll. Proc. zool. soc. 1877, IL p. 236) als Goniodoris sp. angeführt wird, fusst nur auf eine leichte und vollständig unbrauchbare Bleistift- Skizze von Oersted. Gattungen nordischer Doriden. 367 welche mitunter in Reihen geordnet sind; mitunter kommen auch (1—2) mediane Kiele und nebenbei auch selbst querlaufende Kiele vor. Der Mantel rand ist schmäler, hinten in der Mittellinie abgebrochen, oft auf- wärtsgeschlagen. Die Rhinophorien nicht zurück- zieh bar. Die (nicht zurückziehbare) Kiemeausin einem Kreise gestellten, einfach gefiederten Blättern ge- bildet. Der Kopf vorstehend, mit abgeplatteten Ten- takeln. Die Lippenscheibe mit einer aus kleinen Häk- chen gebildeten Bewaffnung, oder dieselbe ist (G. casta- nea) von einfacherem Baue. Die Raspel hat eine nackte Rhachis und zu jeder Seite derselben eine grosse haken- förmige Zahnplatte mit einer einfachen blattförmigen Platte an der Aussenseite. Ein trommeiförmiger Saugkropf, durch einen kurzen Stiel mit dem Schlundkopfe ver- bunden. Der Penis ist (wie sonst bei so vielen Doriden) mit Reihen von Häkchen bewaffnet. Die Goniodoriden sind bisher immer in die Nachbar- schaft der Polyceriden gestellt worden oder denselben zu- gerechnet, von welchen sie aber weit entfernt stehen. Sie gehören im Gegentheile den wirklichen Doriden und zwar der besonders im inneren Baue so scharf ausgeprägten Gruppe der phanerobranchen Doriden an; sie zeigen wie die Lamellidoriden, die Adalarien, Acanthodoriden und Akio- doriden einen Schlundsaugkropf und einen besonderen Raspelbau; sie unterscheiden sich aber von den eben erwähnten Gruppen durch andere Kör per form, durch nicht retractile Rhinophorien und durch einen be- waffneten Penis. Der Laich der typischen Art ist durch AI der und Hancock (1. c. pl. 18. f. 8) bekannt. Nur eine ganz geringe Anzahl von Goniodoriden ist bisher bekannt, indem die allermeisten von den Verfassern notirten Arten nur Chromodoriden sind^). Der Goniodoris- 1) Vergl. R. Bergh, neue Nacktschnecken d. Südsee. III. Journ. d. Mus. Godeffroy. VIII. 1875. p. 72. Vergj. R. Bergh, malacolog. Untersuch. Heft XI. 1877. p. 464. 368 R. B^gh: Gruppe gehören die untenstehenden Arten an, von denen ich die zwei ersten anatomisch untersucht habe : 1. G. nodosa (Mtg.). ' M. atlant. sept. 2. G. castanea, A. et H. M. atlant., mediterr. 3. G. aspersa, A. et H. Notice of — nudibr. moll. — in India. Trans, zool. soc. V, 3. 1864. p. 131. pl. 33. f. 2. M. indic. 4. G. citrina, A. et H. 1. c. p. 131. pl. 32. f. 1—3. M. indic. 5. G. modesta, A. et H. 1. c. p. 132. pL 28. f. 12. M. indic. 6. G. Danielsseni, Friele et Arm. Hansen. Bidr. til. Kundsk. om de norske Nudibr. Christiania Vidsk. Selsk. Forh. for 1875. 1876. p. 72 i). M. atlant. septentr. 7. G. ? flavidula, Bgh. Malacolog. Unters. (Semper Philipp. II, °). Heft V. 1873. Tab. XXV. Fig. 10. M. philipp. 8. G. ? obscura, Stimps. Proc. ac. of Philad. VII. (1854-1855) 1856. p. 388 2). M. pacific. 1) G. 0. Sars (Bidr. til Kundsk. om Norges arktiske Fauna I. Moll. reg. arct. Norv. 1878. p. 364. Tab. XIV. Fig. 7), welcher die unrichtigen Angaben Frieles und Arm. Hanse^8 in Beziehung auf den ßaspelbau corrigirte, scheint diese Art als Typus einier neuen Gattung {Lophodoris) aufzufassen, welche aber nicht charak- terisirt wird. 2) Die Art soll den Typus der Gattung Hypselodoris bilden, welche Goniodoriden mit retractilen Rhinophorien darstellen sollen. Gattungen nordischer Doriden. 369 Erklärung der Abbildungen auf Tafel XIX. Aldisa zetlanclica (A. et H.). Fig. 1. Centralnervensystem, von oben, mit Cam. Inc. gezeichnet (Vergr. 100); a cerebro-viscerale Ganglien, bb pedale Gan- glien, cc Ganglia olfactoria proximalia, d Ganglia optica, e Ganglia buccalia, f Ganglion gastro-oesophageale, g Com- miss. subcerebro-pediaea, h das Auge. Fig. 2. Spiklen. Fig. 3. Innerste Zahnplatten. Fig. 4. Innere Zahnplatten. Fig. 5. Einzelne Zahnplatte. Fig. 6. Spitze mehrerer Zahnplatten. Fig. 7. Grundstücke von Zahnplatten, aus etwa der Mitte zweier Reihen. Fig. 8. Vier äusserste Zahnplatten einer Reihe. Fig. 3-8 mit Cam. lue. gezeichnet (Vergr. 750). Fig. 9. Spitze einer Zahnplatte, sehr stark vergrössert. Äcanthodoris pilosa (0. Fr. Müller). Fig. 10. Hinterste Elemente der Lippenplatte. Fig. 11. Vorderste Elemente der Lippenplatte. Fig. 10— U mit Cam. lue. gezeichnet (Vergr. 750). Fig. 12. Grosse Seitenplatten, mit Cam. lue. gezeichnet (Vergr. 350); a rechter, b linker Seite. Ac, pilosa, var. alhescens (pacitica). Fig. 13. Aeussere (4) Zahnplatten zweier Reihen, mit Cam. lue. ge- zeichnet (Vergr. 350); aa äusserste. Äc. pilosa, var. purpurea (pacifica). Fig. 14. aa Oberfläche des hinteren Theils des Schlundkopfes, b Gaugl. buccale mit Gangl. gastro-oesophageale, c vor- derster Theil der Speiseröhre (kleiner Kropf), d gegen hinten gehender Theil der Speiseröhre. Archiv f. Natnrg. XXXXV. Jahrg. T. Bd. 23^ Berichtigung und Zusätze. pag. 165, Zeile 8 v. u. rauss es heissen ^^ statt \^. Ein Stern ist zu setzen vor den NNo. 6, 7, 10, 12, 16, 17. (Zu No. 15, Oxyuris obvelata): Das vordere Drittel des Darms und die hintere Anschwellung des Oesophagus haben auffallender Weise an ihrer Innenwand ein Flimmerepithel. (Zu No. 16, Heterakis lougecaudata): Heterakis vesicularis un- terscheidet sich von dieser Form am männlichen Schwanzende nur dadurch, dass die beiden hintersten Papillen in einer Querlinie neben- einander, in derselben Entfernung von der Schwanzspitze, bei H. long, aber in einer Längslinie, hinter einander stehen; der Schwanz ist von Heter. vesicularis beim Männchen — , beim Weibchen jj der Gesammtlänge gross, also relativ doppelt so gross wie bei Heter. long., weshalb die beiden Formen wohl zu trennen sein werden. JS79 Taf. 1. ,.N\ C F Schmidt lilh /S79. Taf.JI. C.E Schmidt Utk. Taf.m llMuydl, ,1,1 CFScAmxJtli. TaflV CF Schmidt 7iA \ IHl!) ^^ 5^r / / r SchmiAt Utk- n* ^-ir. \ Afi\j . i '/ //'/> ^X^ / /S19 Taf m mvj Tmfa -^ 'r.irtiio|»lrr.i .nislr;ili 1>S79. Taf.X. Älausa s. Clupea advena Ph. Maqn.iiat \losa musica Girard magn, nat. secundum Girard. R A. Philipp) ad. nat m^. TafM von Lznstow gcT. m3. TafM. 'Ton Lvhitowqex CFS6hmidt Irth . /S7^ 7o/:m JÜLFrati:: IVfu/zu-rn (LYat li/A 3 h l.,y,h>,./rl < ^' /• Tn/XIl' TafXl ',fX\ ■^-^ I c ÜLiÜ ^ji»'' ....->.'€ • ^ ^-rj ■ ^ 10 ^\ f.1 VT- *r .,-^ r^ -^' •vir-' CFSdmadtliä,. TafWr CI Schmidt hth 1879. v.l3edricL^CL pjuuc C. F. Schmidt iüJ-i^. /d'ys) oh 3h. 8a Tafxmr. Sh 22232) ^^ Sd ^ 91. 13. D'^J.vBedriaga del. CTSAmidt Zzth 1819 D^BrrnJi cM CFScJnradtliß-'. MBL WHOI LIBRARY LJH IflPY V »^' _<4 "■ _^?^^ö%--l'-> *f ' -^.^^Pfc ^"^^c^ ^fpÄ :^^ '!::^C^ i^^ '- "^'^