r\ f _ 4 i ARCHIV FÜR ANATOMIE, PHYSIOLOGIE _ WISSENSCHAFTLICHE MEDICIN, IN VERBINDUNG MIT MEHREREN GELEHRTEN, HERAUSGEGEBEN von Dr, JOHANNES MÜLLER, N Pr Pr ORD, OFFENTL. PROF. DER ANATONIE UND PIYSIOLOGIE, DIRECTOR DES KONIEL,. ANATON,. MUSEUMS UND ANATOM. THEATERS ZU BERLIN, JAHRGANG 1839. MIT SIEBZEHN KUPFERTAFELN. BERLIN: VERLAG VON VEIT ET COMP. EL a 4 I j REN NO 112.4 ee hard OR k tr “ & E) ’ 2; Me * r JIEYHS. HNOTAMEE, a eaiO RE u nanhe LE pr aa un s ws Kaswings an: . Ki | e & u FE AT RT AERO. 5 TOR ; ; Korsamian a. ex anuae ua er herr ara aa rn x ne were und eu RE „ = h * “ . ‘ ; ji 2 ; % . > DS nn Po" . ke 3 a "64 en 2 78 .. P” BOREETEN 770, ana vun EL; Ay 2 Wire a L '« Hs ? x BIIRTTEW EN AFTER ZETER u TE w el: E AR ie Inhalisanzeige. Seite, Jahresbericht über die Fortschritte der physiol. Pathologie und patholog. Anatomie im Jahre 1838. Von Dr. Henle. . . ı Bericht ‘über die Fortschritte der menschl. Anatomie im Jahre 1838. Von C. Krause . . . XCV Bericht über die Fortschritte der Physiologie i im PN 1838. Von Dr. Theod. Ludw. Wilh. Bischoff, Professor in Heidelberg. . . - erabei LE RE ORERIIT Bericht über die Fortschritte der röskog; Adktomie im Jahre 1838. Vom Herausgeber. . . . . “NEN APOTEKKVIE Bericht über die Fortschritte der ergleicheifien Anatomie der Wirbelthiere im Jahre 1838. Vom Herausgeber. . . . cevıı Beitrag zur Physiologie der Ernährung. Von J. Franz Simon. 1 Ueber die Corps granuleux von Donne. Von J. Franz Simon. 10 Ueber den Schädel einer Kuh mit einem überzähligen Horne an der Slirme: Von Georg Wuger. I .v. ni er 13 Ueber die Stractar der Condylome, Von Dr. Gustav Simon, practischem Arzte in Berlin. (Hierzu Taf. 1). . .. . 17 Nachricht von einem weiblichen Hemicephalus, bei welchem ein _ Theil der Unterleibseingeweide auf dem Rücken in einem Sacke zwischen dem Kopf und dem Rückgrat lag. Von Dr. Svitzer in Kopenhagen. (Hierza Ta. 1.) . . .» . . 85 * Zur Neurologie von Python tigris. Von Carl Vogt in Bern. (Hierzu Taf. Il. Fig. 1—4.) Ba: = Anmerkung des Herausgebers über den Neryus sympathicus der Schlangen. . . £ . Alle Ueber die Empfindung, welche entsteht, wenn verschiedene Lichtstrahlen auf dieselben Stellen der Retina eines einzigen Auges fallen. Von Dr. Joh. Mile zu Warschau. Neurologische Bemerkungen. Von F. Fäsebeck in Braun- schweig- . e . r Einige Bemerkungen über den Werdaudbge- N der lien rien. Von J. Meyen. . Anszug aus einem Vortrag über fossile un Ichkinde Ynfbarkten; gehalten bei der Versammlung der englischen Naturforscher in Neweastle. Von Prof. Ehrenberg. Zur Pathogenie der Impetigines. Von Prof. Schönlein in Zü- rich. (Hierzu Taf. II. Fig 5.) . 2 ER u Beiträge zur näheren Kenntniss unseres Süsswasser- Se ER (Spongilla lacustris.) Von J. Meyen, . . Ueber pathologische Secrelionen im Alien Von Dr. R. Merchend: Pay. '. : Eh Ueber die Bildung des Harnstoff i im benkln Körper, Vou Dr. R. Marchand. - v R Ueber ‚Nebennieren- bei Knochenfischen. Von Prof, Perf in Rostock. (Hierzu Taf. IV.) . ? Entdeckung von Muskeln, welche die Rückenwirbel Fern (Ro- tatores dorsi), beim Menschen und den Säugethieren, nebst Bemerkungen über die Processus transversi und obliqui und über die Rückenmuskeln. Von Dr. Fried. Wilh. Theile, Prolessor der Anatomie in Bern. (Hierzu Taf. V.) Ueber die Scheiden der Ganglienkugeln und deren Fortsetzungen. Von G. Valentin. (Hierzu Taf. VL) » . 2...“ Zua mikroskopischen Anatomie der Retina. (Auszug aus einem Briefe an Herrn Prof Dr. Carus vom 27. August 9 Von Dr. R,Remak . . . . BRrN: Anmerkung zu diesem Aufsatz von Dr. "Heule, Rn, Bemerkungen über die Structur der Lymphherzen und der Lymph- gelässe. Von Prof. Valentin, (Aus briellicher Mitihei- lung an den Herausgeber.) NE „au Seite, 39 59 64 0 102 139 Ueber die mikroskopischen Körperchen im Colostrum. Von Dr. Alex. Donne. (Aus brieflicher Mittheilung an den Her- ausgeber.) Ueber die Donn&’schen Corps granuleux des Colostrum. Von DEUGIERET DO KEIDE IE ED TI RAS ROLE Ueber die Corps en Donn&’s. Von Dr. J. Franz Simon. Ueber die Tonsillen. Von w. Y. N Prof. in Tübingen, (Hierzu Taf. VII. und VII.) Br gi Ueber den Zustand der Irritabilität in den Muskeln run Glieder. Von Dr. Marshall Hall, Arzt und Mitglied der Königl. Gesellschaften der Wissensch. in London und Edin- burgh. (Hierzu Taf. X. Fig. 1.) PR Rhytis paradoxa Mayer ist kein Eingeweidewurm, Von Dr, Tschudi, Di. Miescher und Dr. Nordmann. Beobachtung einer seltenen Abweichung des Ursprungs der gros- sen Gefässe aus dem Herzen. Mitgetheilt von Eduard Martin, Dr. und Prof. der Mediein, Subdirector der Ent- -bindungsanstalt zu Jena. (Hierzu Taf. IX.) Nachträgliche Bemerkungen zu dem. Aufsatze über die Entste- bung der Glandula piluitaria (Jahrgang 1838, Heft V. die- ses Archivs). Von lleinrich Rathke. ? 5 Erklärung einiger Gesichtsphänomene. Von A. W. ing Die mikroskopischen Bläschen der Hefe, eine schon von Leeu- wenhoek gemachte Entdeckung. Mitgetheill von Hol- und Med.-Rath Dr. C. G. Carus in Dresden. Einige Notizen über ein menschliches Ei aus der frühesten Pe- riode. Von A. W. Volkmann. (Bierzu Taf. X. Fig. 3.) Ueber die Körperchen des Colostrum. Von Dr. Mandl in Paris. (Hierzu Taf. X. Fig. 4.5.) . A Ueber das Elephantenblut. Von Prof. €. U. Schultz, e Beiträge zur Bildungsgeschichte verschiedener Pllanzentheile. Von J. Meyen. (Hierzu Taf. XL. XII. XUL) , Ener Zur Osteologie der Hydromedusa Maximiliani. Von Dr. Wil- belm Peters in Berlin. (Hierza Tal. XIV. Fig. 1-4.) Ueber die Bildung des Schildktötenskelets. Von Dr. Wilhelm Peters in Berlio. (Hierzu Taf, XIV. Fig. 5—7.). .r v Seite, 182 184 187 189 499 220 vv % \ Ueber die Bewegungen von Radius und Ulna am Vogelflügel. Von Dr. Bergmann in Göttingen. Notiz, die sogenannten Saamenmaschinen des Oskapna betreffend, Von Dr. Philippi. (Hierzu Taf. XV.) .. Untersuchungen über den Hirn- und Schädelbau der sogenannten Hollenhühner. Von Dr. E.Hagenbach aus Basel. (Hierzu Taf. XVI. und XVII.) . En, Fernerer Beitrag zur Kenntniss des ai Von Dr. A. Krohn. (Hierzu Taf. X. Fig. 6—-8.) R Ueber eine contagiöse Confervenbildung auf dem ek der. Von Adolph Hannover. Ueber das Nervensystem des a nudus. "von Dr. ak gust Krohn. .... ala Ueber das wasserführende System einiger Coßkarsgodch, Von Dr. August Krohn. Ar Versuche über motorische und Bennible Nervenwihzell Von Dr. Kronenberg, pract. Arzte in Moskau, . Ueber ein eigenthümliches drüsenähnliches Organ des Hirsches. Von W. v. Rapp, Professor in Tübingen. Einige Aphorismen aus der Physiologie des Nervenlebens. Yon « Dr. C. G. Carus, Hof- und Medieinalrath zu Dresden. Zur Anatomie der Retina, insbesondere zur Würdigung der stab- förmigen Körper in derselben. Von En F. Bidder in Dorpat.. .. » 3 . Anmerkung zum vorste Aufsatz. Von Dr. Henle. 3 Beitrag zur Lehre von den Sympathien. Von Dr. Julius Budge, pract. Arzte zu Altenkirchen. Ueber die Veränderungen der Nervenfasern nach ie Disc schneidung. Von Professor Nasse in Marburg. . Ueber den Triceps brachii und den Flexor digitorum sublimis des Menschen. Von Fr. Wilh, Theile. . . , BERICHT über die Fortschritte der physiologischen Pathologie und pothologischen Anatomie. - im Jahre 1838. Von Dr. Henle. Fehler der ersten Bildung. Ueber die Ursache der angebornen Missbildungen, und beson- ders gegen die Ansicht, dass Versehen Ursache derselben sei, hat Vrolik °) geschrieben. Communication der Scheidewände der Herzkammern ohne Blausucht, bei einem 26jährigen Manne. Montault in VEx- p@rience. Janv. N. 14. — Varietät der Art. laryngea sup. Arnold, Untersuchungen im Geb. d. Anat. u. Physiol. Bd. 1. p- 217. Die Arterie, stärker als gewöhnlich, trat zwischen Sehild- und Ringknorpel wieder aus dem Kehlkopf heraus, und verzweigte sich in dem mittlern Theil der Schilddrüse und den Kellkopfmuskeln. Arnold beschreibt eine Missbildung des Gehims eines mit Wolfsrachen und Hasenscharte behafteten Kindes *): Die Riechnerven fehlen, der linke Sehnerve ist schwächer als ge- wöhnlich, der rechte wie ein feiner Faden. Die beiden He- *) Van derHoeven en de Friese, Tijdschrift voor natuurl. Pen, en ru IV. p. 221— 261. *)a.20. Müller's Archiv. 1839. 1 misphären des Gehirns sind vorn mit einander verschmolzen. Statt der rechten Art. corp. callosi ein feines Gefäss aus der Art. foss. Sylvii, das sich mit der linken Art. c. callosi verei- nigt. Diese läuft ganz an der Oberfläche des Vorderlappens, wendet sich, dicht am Stirnbein anliegend, nach oben, und senkt sich erst an der obern Seite zwischen die beiden Hemi- sphären. In demselben Subjecte waren die Augen, besonders das rechte, alrophisch. Im linken Auge war der Glaskörper nach unten und innen von der Eintrittsstelle des Sehnerven gespalten; in der Spalte lag die Linse, ausserhalb der Augen- axe, schief nach unten und innen gerichtet. A. Thierry *) beobachtete einen angebornen Hirnbruch; die beiden a Lappen des grossen Gehirns waren, sehr ausgedehnt und verdünnt, durch eine Oeffnung in dem Hin- terhauptbein, an der Stelle der Spina oceipitalis, in eine grosse, sackförmige, mit seröser Flüssigkeit gefüllte Geschwulst her- vorgetreten. — Zwei Fälle von Hirnbruch. Höfling in Cas- per’s Wochenschr. N. 23. 24. Zwei Fälle von Spina bifida untersuchte L. Natorp, de spina bifida. Diss. inaug. Berol. 8. Guy’s Hospital reports. Oct. 1838. No. II. enthalten Cock’s fortgesetzte Untersuchungen über die Hemmungsbil- dungen des innern Ohrs bei Taubstummen. Römer Beschreibung eines Cyelopen (ohneRüssel). Oesterr. Jahrb. XIV. St. 3. — Lov£n, Cyclopen-Monstrum von ei- nem Lamme (genau anatom. untersucht) **). Skuhersky, Mangel beider Augäpfel, vielleicht in Folge einer Wassersucht derselben. Statt der Augen fanden sich Ge- schwülste, aus denen durch Punction Wasser entleert wurde ***). — Ueber Coloboma iridis. Heyfelder, Studien im Gebiete der Heilwissenschaft. Bd. I. p. 276.1f. Bei einem Mann, welchem von Kindheit an der Sinn des Geruchs gefehlt hatte, obgleich die Nase der Tastempfindun- gen fähig war, fehlte nach Pressat f) der N. olfactorius voll. ständig; auch von äusserer oder innerer Wurzel des Nerven war nichts zu bemerken; die graue Pyramide an der Basis des vordern Lappens, von welcher der Nerve sonst entspringt, war sehr entwickelt. In der Siebplatte fehlten die Löcher mit Aus- nahme derjenigen für den R. nasalis. Schöller hat eine eigenthümliche Missbildung der Spei- *) D’rexperience, 1837. Novbre. N. A. 2 FR Eu Sällskapets Tidskrilt, Lund. 1837. Heft. 2. 1.431. TI. “*) Weitenweber’s Beiträge. Bd. II. Heft 3. i) D’experience, N. 21. u seröhre beschrieben *). Der Oesophagus endete, sackförmig und blind etwa in der Hälfte der Länge der Trachea; diese war fast um das Doppelte weiter, als gewöhnlich, ihre Wände verdickt. Ungefähr 3—4 Linien unterhalb dieses Blindsackes mündete der vom Magen aus in die Höhe steigende, untere Theil des Oesophagus in die hintere Wand der Trachea durch eine ovale Oefinung mit platten Rändern. Von diesem Ende des Oesopha ging ein rundes, compactes Fleischbündel hinter der hinterh Wand der Trachea gerade aufwärts zum blinden Sack der Speiseröhre, und verband sich mit dessen Fleischfa- sern. Die Bronehien waren normal, die ‚linke Lunge hatte geatlhmet, die rechte schien nicht geathmet zu haben, Die Schleimhaut des obern und untern Theils der Speiseröhre war lebhaft geröthet, an der Cardia eine vertiefte graue Narbe, der Magen mit einer Menge kleiner, runder Geschwürchen bedeckt. Im Grunde des obern blinden Sacks der Speiseröhre ein grauer Fleck, aus mehreren knorpelartigen Erhabenheiten zusammen- gesetzt. Alles dies spricht dafür, dass die Missbildung Folge einer Entzündung und Uleeration sei. Der Verf. nimmt dies auch an, zweifelt aber, dass auch die Communication mit der Trachea durch Entzündung bewirkt sein könne, weil die Rän- der der Oeffnung glatt und regelmässig waren. Dieser Grund scheint indess nicht hinreichend, wenn man bedenkt, wie viel vollständiger in früheren Perioden die Vernarbung solcher Zu- sammenhangstrennungen erfolgt, als später. Das Kind hatte 4 Tage nach der Geburt gelebt. — Behm, angeborne Veren- gerung des Darmkanals. Casper’s Wochenschr. 43. Jütting **) beschreibt den Magen einer erwachsenen Per- son aus der anatomisch -pathologischen «Sammlung in Münster, weleher durch eine ringförmige Scheidewand, die nur einen Finger durchlässt, in 2 Höhlen geschieden ist. Die Strielur fühlt sich knorpelhart an (ob Folge von Entzündung?). In derselben Sammlung befindet sich dıe Harnblase eines 1—2jäh- rigen Mädchens, welche durch eine vom Grund und der hin- tern Fläche entspringende, unvollständige Scheidewand in eine grössere linke und kleinere rechte Höhle getheilt ist. Es sind 4 Ureteren vorhanden, von denen 2 in die rechte, einer in die linke Höhle mündet, der 4te trifft auf die hintere Blasenwand, da wo das Septum entspringt, verläuft einen Zoll weit zwi schen dessen Platten, und mündet endlich ebenfalls in die rechte Blasenhöhle. Die Oeflnung der Harnröhre befand sich ganz in der rechten Höhle. — Retzius beobachtete einen Pro- *) Neue Zeitschr. f. Geburtskunde. Bd. II. Heft 2. *) De ventrieuli et vesicae urinariae duplieitate, Diss. inaug. Beorl. 8. 1" v lapsus vesicae urinariae mit den gewöhnlichen Abnormitäten. Die Nabelgefässe inserirten sich am obern Rande der umge- stülpten Blase °). Der dünne Darm endele blind, ohne sich mit dem Diekdarm zu vereinigen. Der Uterus war doppelt, beide Uteri blind, so auch die einfache Scheide. — Beschrei- bung eines Vorfalls der gespaltenen Harnblase mit Seclionsbe- fund. Kirmsse in Pabst allg. Zig. N. 3. 5. 7. — Ueber Uterus duplex, Rokitanski, Oesterr. Jahrb. XV. 4. Judd **) beschreibt eine angeborne Dislocation der Niere, die er in der Leiche eines Erwachsenen fand, zugleich mit einem sonderbaren Verlauf der Gefässstämme im Unterleib. Die rechte Niere lag mit der einen Spitze nach vorn, zwi- schen den Unterleibseingeweiden vorragend, mit der andern nach hinten, auf der.Hohlvene und Aorta. Das Nierenbecken war mitten auf der obern Fläche. Auf jeder Seite 2 Nieren- arterien. 2 Venenstämme aus der dislocirten Niere, von de- nen einer über die Aorta und hinter derselben herum in die Hohlvene überging. ! Angeborne Tlernia diaphragmatica, Gädechens in Fricke und Oppenheim Zischr. f. die ges. Med. Bd. VII. p. 503. Magen, Colon transversum und Netz, Duodenum und ein gros- ser Theil des Jejunum lagen in der linken Pleurahöhle. Die Oeffuung, durch welche diese Theile getreten waren, war das erweiterte Foramen oesophageum. Das Coecam lag, ganz vom Bauchfell umschlossen und mit einem Mesenterium versehen, fast in der Mitte der Bauchhöhle. — Hernia ventralis. Schup- mann in v. Siebold’s Journal. XVI. 1. — Hons de om- phalocele, praeeipue de annulari connata, adjecta historia her- niae annularis connatae. Diss. inaug. Bonn. 8. (Sorgfältige Compilation.) Ueberzählige Brustwarzen. C. Th. v. Siebold, Vereins- Zeitg. N.6. Derselbe sah bei einer Schwangern aus Geschwül- sten in den Achselgruben, über welchen die Haut mit kleinen Erhabenheiten bedeckt war, beim Druck auf dieselben und selbst spontan eine milchige Flüssigkeit hervorquellen, die sich mikroskopisch wie die Milch aus den Brüsten verhielt, auch mit dieser gleiche Veränderungen (aus Colostrum in Milch) durehmachte. Einen ähnlichen Fall beobachtete Moore. The lancet. Febr. — Zwei Brüste und Brustwarzen jederseils, die überzählige nach oben und aussen von der normalen, Lee in Medico-chirurg. Transaet. Vol. XXI. p. 266 If. — Drei Brüste. Thursfield. Lond. med. gaz. March. p. 898. *) Arsberättelse om svenska Läkare Sellskabeis Arbeten, 1837. ®*) Lond. med. gaz. July. p. 769. v Angebornen, fast vollständigen Mangel der Extremitäten bei einem 44jährigen Mädchen sah Hueck *). Die Arme erschienen als abgerundete Stümpfe, der linke 3“ 6", der rechte 2" 6 lang. Im rechten %ihlte man einen einfachen, etwa 1“ langen, rundlich endenden Knochen; im linken drei Stücke, nämlich unter dem der rechten Seite entsprechenden Kuochen ein zweites, breiteres, aber kurzes Stück, dem be- weglich ein nachgiebiger, knorpeliger Wulst angefügt ist. Das Becken war an der Sielle des Acetabulum etwas hervorragend und gleichförmig abgerundet. Rosbach, de numero digitorum adaucto. Diss. inaug. Bonn. 8. Van Deen, anatomische Beschreibung eines monströsen, sechsfüssigen Wasserfrosches (Rana esculenta). Leyden. 4. mit 2 lithograph. Tafeln. (Genaue Beschreibung und Abbildung der Knochen, Muskeln, Gefässe und Nerven der überzähligen hintern Extremitäten.) Einen Fall von Foetus in Foetu beschreibt Charvet °°). Der eingeschlossene Fötus befand sich, wie es am häufigsten ‚der Fall ist, in einer Geschwulst an der Dammgegend. Es fan- den sich eine normale linke Hand und Schulterblatt, ferner Fragmente, die dem Becken anzugehören schienen, und an- dere, die nieht gedeutet werden konnten. Ausser diesen Thei- len auch seröse Cysten. In der Geschwulst, die den einge- schlossenen Fölus enthielt, lag aber zugleich eine Hernie des einschliessenden, und zwar eine Fortsetzung seines Bauchfells, welche zwischen den Dammmuskeln durchgedrungen war, 3" lang und ziemlich weit, aber mit verengtem Halse. Einen Theil der Geschwulst endlich bildete ein schwammiges Ge- webe, welches der Verf. der Placenta vergleicht und für das Mittel hält, wodurch dem innern Fötus von dem äussern Blut zugeführt wurde. Der oben erwähnte Bruchsack war mil sei- nem blinden Ende an die placentenartige Masse befestigt. — Der äussere Fötus ist weiblich. Zweifelhaft ist es, ob zum Foelus in Foetu auch die Ge- sehwulst gehört, die Kömm beschreibt **). Ein Mädchen hatte eine Geschwulst am Steissbein mit zur Welt gebracht, die sich immer vergrösserle und im 23len Jahre operirl wurde, wonach sie starb. Die Geschwulst enthielt mehrere concen- tische seröse Bälge, 2 artieulirende platte Kuochen und ein *) Froriep’s Notizen. N. 133. **) Arch. ın&d. Novbre. *"*) Med, Jahrb. d. österr. Staats. XVIIE. 1. p. 216, vı Stück mit Haaren beseizter Haut, die eine Hervorragung trug. Der Verf. erkannte darin die Brustwarze (?!). Busch, Anastomose der Blutgefässe in einer zusammen- gewachsenen Zwillingsplacenta. Neue Zeitschr. für Geburts- kunde. Bd. V. Heft 3. r Ueber Crelinismus, Casper in dessen Wochenschr, N. 20., und Hofer im Würtemb. Correspondenzbl. N. 21. Entzündung. Seit die Physiologie die ausschliesslich morphologische Richtung verlassen, und die experimentirende Methode wieder mehr Geltung gewonnen hat, ist auch die Verbindung zwi- schen ihr und der Pathologie wieder viel inniger geworden. Denn da die krankhaften Erscheinungen nichts anders sind, als Reactionen der organischen Materie nach ihren ewigen Ge- setzen, aber unter abnormen Bedingungen, so ist jede Reaction, welche auf künstliche und mit Bewutstsein gesetzte abnorme Bedingungen erfolgt, schon an sich ein pathologisches Faelum, und wenn es gelingt, mit Sicherheit die Identität der auf ex- perimentellem Wege künstlich erzeugten Phänomene mit den Symptomen concreler Krankheitsfälle nachzuweisen, so wird man bei gleicher Wirkung auf gleiche Ursache schliessen, und aus der bekannten Veranlassung der ersten den unbekannten Grund der lelztern errathen können. Auf diese Weise allein sind die Fortschritte möglich ge- worden, welche die Erkenntniss und Diagnostik der Nerven- krankheiten in den letzten Jahren gemacht hat. Jeden muss es freuen, diese Methode auch auf andere Gebiete der Patho- logie ausgedehnt zu sehen, und von einem Forscher, der auf die heulige Gestalt der Physiologie einen so wesentlichen Ein- fluss übte. Magendie hält seit 4 Jahren am College de France Vor- lesungen über die physicalischen Erscheinungen des Lebens, die von einem Zuhörer redigirt und herausgegeben werden. Er betrachtet zuerst die Physiologie des Blutes und des Kreis- laufs, und findet dadurch, besonders in den 3 letzten Cours, häufig Veranlassung, auf die Entzündung und die verwandten Vorgänge überzugehn *). Durch Injection in die Körpervenen von schleimigen Flüs- *) Legons sur les phönomenes physiques de la vie. Paris. 8. T. IL. III. 1837. T. IV. 1838. — Tome Il: Uebers, von Baswitz. Köln, 1837. VIL sigkeiten, z. B. Gummiwvasser, oder von Mischungen, welche Körnchen, die grösser als Blutkörnchen sind, suspendirt ent- halten, wird Stockung des Kreislaufs in den Lungen, und wenn der Tod nicht zu rasch erfolgt, genentzündung her- vorgerufen. Einspritzung von Kartoffelstärke hat immer diesen Erfolg, während Injection der Stärke von Jalappe, deren Körn- chen kleiner sind, als Blutkörnchen, ohne nachtheilige Folgen ertragen wird. Quecksilberinjectionen bewirkten Stockungen und Extravasate in den Lungen, wie in den Versuchen von Günther (Rust’s Magazin. 1834. Heft2.), weil sich dasselbe nicht fein genug vertheilen lässt. Sehr lehrreich sind die Beobachtungen über die Folgen, welche die künstliche Verdünnung des Blutes nach sich zieht, und sie würden es noch mehr sein, wenn nicht Magendie, indem er dem in Frankreich so mächtigen, einseitigen Soli- dismus der Broussais’schen Schule entgegentritt, dem 'an- dern Extrem, der Humoraltheorie, ein zu weites Feld ein- räumte. N Der Verf. beobachtete, dass das Blut nach Injeetion von Wasser und von Substanzen, die ihm seine Gerinnbarkeit rau- ben (z.B. kohlensauren Alkalien) *), und nach Entfernung des Faserstoffs durch Schlagen und Wiedereinspritzen des aus der Ader gelassenen Blutes **) über die Capillargefässwände in das Parenchym der Organe austritt, und dass durch die Infiltra- ion mit Blut oder einzelnen Bestandtheileu desselben die Or- gane ein Ansehn erhalten, wie in der Entzündung. Zunächst äussern sich die Folgen der Verflüssigung des Blutes in den Lungen; die Zellen derselben werden von der ausgelretenen Flüssigkeit verstopft, bald in der ganzen Lunge, bald in ein- zelnen Theilen derselben. Je nachdem der extravasirte Theil des Blutes mehr serös, fester oder mit Blutroth imprägnirt ist, bilden sich die Zustände, die man Engouement, Hepatisation oder Splenisation nennt. Der Theil, welcher zunächst durch die allgemeine Verflüssigung des Blutes leidet, ist die Con- juneliya des Auges und der Cornea. Die Augenlider werden durch einen dieken und gelben Schleim verklebt, die Con- jauneliva wird rotlh und wulstig, die Hornhaut trüb, weich, aufgelockert und geschwürig, brieht endlich durch, und die ee sa ergiessen sich **). Der Darm wird von Arborisationen und einzelnen rothen und lividen Flecken be- deckt 7), die Drüsen desselben trelen hervor, und wenn das *) Dd. II. p. 236. *) Bd. IL. p. 144. 451. T. IV. p. 43. 183. **) Bd. II. p. 178. 7) Ebendas, p. 241. vıu Thier den Versuch einige Zeit überlebt, so erfolgen blutig- schleimige Ausleerungen, wie in der Rulır. Auf der Haut zeigen sich Petechien und grössere Suggillationen, die selbst in Geschwüre übergehen können °). Alle Organe sind weich, infiltrirt, und beim Einschneiden derselben rieselt das flüssige Blut oder Blutwasser hervor. Für den Grund des Durehschwitzens hält der Verf. die verminderte Viscosität des Blutes. Poiseuille hat die. Be- obachtung gemacht, dass Wasser, welches durch Gummi schlei- mig gemacht ist, leichter in feine Glasröhren eindringt, als reines Wasser. Diesen Satz wendet Magendie nunmehr auf die Bewegung des Blutes durch das Capillarsystem an; ein Blut, dessen Viscosität durch Entziehen des Faserstofls oder dureh chemische Substanzen. vermindert sei, könne nicht mehr durch die feinsten Capillargefässe cireuliren, stocke vor denselben und ergiesse sich deshalb ins Parenchym oder über die Grenze der Organe. Gegen diesen Schluss lässt sich man- cherlei einwenden. Denn das leichtere Eindringen schleimiger Flüssigkeiten in Glasröhren ist nicht ‘ein Phänomen der Ca- pillarität im Sinne der Physiker, sondern der Frietion, wobei Alles auf die speeiellen Materien ankömmt, mit denen man experimentirt, und kein Schluss aus der Analogie statthaft ist, wie dies Magendie bei einer frühern Gelegenheit selbst er- innert hat. Wenn Gummiwasser leichter in Glasröhren dringt, als Wasser, so beweist dies nur, dass die Reibung zwischen Glas und Wasser grösser ist, als zwischen Glas und Gummi- wasser. Es wird Substanzen geben, auf denen wieder reines Wasser leichter fliesst, als. schleimiges. Der Anatom hätte wohl Grund, die. innere Gefässhaut für eine solche Substanz zu halten, da für die feinsten Injectionen reines Wasser zweck- mässiger ist, als schleimiges, und selbst noch dünnflüssigere Substanzen, z. B. ätherische Oele, mit Vortheil angewandt werden. Ich glaube aber, dass überhaupt hier die Reibung sehr wenig, und viel mehr: die leichtere Theilbarkeit der Flüs- sigkeit in Betracht kömmt. Ein Umstand, der hier nicht zu übersehen ist, ist ferner der Antheil, den die chemi- sche Beschaffenheit der Flüssigkeit und der Wände an der Endosmose und Exosmose (Magendie’s Embibition und Ex- bibition) hat. Endlich müssten, wenn seine Erklärung richtig wäre, die kleinsten Gefässe eines infiltrirten Theils leer sein, und die Ausschwilzung aus den grössern erfolgen. Das letz- tere findet gewiss auch bei höhern Graden von Stockung stalt, aber leer sind die Capillargefässe einer hepalisirten Lunge nicht. *) T. II. p. 317. 326, 328. IX Nehmen wir indess das Austreten des Blutes oder Serums nach künstlicher Verflüssigung des Blutes als ein Factum an, olne auf die Erklärung weiter einzugehn, so fragt es sich, ob dieser Process und die dadurch erzeugten #llichen Verände- rungen mit der Entzündung identisch seien, Oder nicht. Ma- gendie erinnert an die Achnlichkeit der Phänomene nach Defibrinirung des Blutes mit den sogenannten schleichenden Entzündungen in typhösen Fiebern, in der Ruhr, Pest, Cho- lera ete.. und schliesst daher, dass auch in diesen Krankheiten die Verflüssigung des Blutes das erste und der Grund aller Symptome sei *). Durch das Miasma oder Contagium ver- liere das Blut seine Gerionbarkeit, was sich auch an dem aus der Ader gelassenen Blute beweisen lasse. Es könne deshalb nicht mehr in den Capillargefässen eiveuliren, trete aus, bald in den Lungen, bald im. Magen und Darm, bald unter der Haut, und veranlasse das, was die physiologischen Aerzte Pneu- monie, Gastroenteritis u. s. f. benennen, Die örtliche Entzün- dung sei also nicht Ursache der allgemeinen Krankheit, son-- dern diese mit den sogenannten Entzündungen die Folge einer primären Umwandlung des Bluts. Bedenkt man, und dies.ist bei Magendie’s Polemik immer im Auge zu behalten, wie sehr der Begriff der Entzündung bei den französischen Aerz- ten missbraucht wird, und wie rasch besonders Broussais und seine Schüler in jeder missfarbigen Stelle des Darms eine entzündete sehn, so wird die hier vorausgesetzte Identität zwischen Entzündung und der Ausschwitzung nach Defibrina- tion des Blutes in vielen Fällen gegründet sein. Magendie dehnt aber diese Ansicht sehr weit aus. _ Er findet in der Leiche einer Frau, die nach einer schweren Zangengeburt mit den Zeichen de ce qu’on est convenu d’appeler une inflamma- lion de la matrice ins Hospital kam und starb, die L,ymphge- fässe und Venen des Uterus, voll Eiter. Auch die Lungen sind mit schwärzlichem und zähem Blut gefüllt, impermeabel, schwerer und röther als gewöhnlich, Vergleicht man die Krankheiten beider Organe, so fährt der Verf. fort, so fällt eine Achnlichkeit auf, in beiden nämlich ist es das Cireula- lionssystem. welches leidet. Wie können Gefässe von so ver- schiedenem Bau und so verschiedener Lage gleichzeitig alhıeirt sein? Es erklärt sich sehr ungezwungen, wenn man die Ver- suche kennt, von Günther und dem Verf. selbst, welche be- weisen, wie Eiler von den Körpervenen aus auf die Lungen wirkt, aus einer Stockung der Cireulation im Capillarsystem der Lungen durch die Eiterkörperchen. Magendie nimmt *) IWW. p. 133. x auch in dem erwähnten Fall eine Blutkrankheit, und zwar Mangel an Gerinnbarkeit des Blutes an, weil das Blut nach dem Tode in den Gefässen nicht geronnen war °). Dies Phä- nomen kommt aber häufig in Leichen vor, und besonders nach Krankheiten, welche die Respiration beeinträchtigten. Das Nichtgerinnen des Blutes nach einer Venaeseclion oder nach dem Tode ist dem Verf. ein so wichtiges Zeichen, dass er ans diesem Symptom allein immer auf ein primäres Leiden des Blutes schliessen zu dürfen glaubt; und dennoch war in einem Fall von allgemeiner Schwäche, Decubitus und der für ihn so characteristischen Augenentzündung das Blut sogar gerinnba- rer, als gewöhnlich *). Magendie erwähnt nur dieses einzi- en Falles, der mit seiner Hypothese unvereinbar ist. Ohne Zweifel werden aber dergleichen Erfahrungen am Kranken- bette öfter gemacht. Denn wer im Anfange eines fieberhaften Exanthems im sogenannten entzündlichen Stadium zur Ader lässt, wird nicht selten eine Speckhaut auf dem Blute finden, dessen Coagulabilität doch von Anfang an wenigstens vermin- dert, wenn nicht aufgehoben sein soll. Der Verf. lässt den Einwurf unbeantwortet, dass eine allge- meine Krankheit des Blutes nicht die örtlich beschränkte patho- logische Veränderung der festen Theile erkläre. Ich glaube, dass man hierin etwas weiter in Mutlimaassungen gehn kann, als er selbst. Denn 1) muss eine Veränderung des Bluts im Allgemei- nen, wenn sie die Cireulation erschwert oder stört, immer auf die Stellen zuerst wirken, wo im gesunden Körper die Blutbewe- gung schwieriger ist, wo die Gefässhäute nachgiebiger oder dün- nersind u.s.f. Deshalb muss z. B. bei allgemeiner Entmischung des Bluts Wasserergiessung zuerst an den Füssen und im Zell- gewebe der Augenlider erscheinen, und 2) wird es von indi- viduellen Krankheiten, zufälligen Congestionen und Stockungen abhängen, dass eine im Ganzen nicht bedeutende Abnormität des Blutes an den leidenden Stellen, der Pars minoris resi- stentiae, tiefere pathologische Veränderungen erzeugt. Würde nunmehr. die.Stelle der örtlichen Entzündung in fieberhaften Krankheiten durch den ersten Umstand bestimmt, so müssten in den verschiedenartigsten Krankheiten des Blutes die Entzün- dungen immer zuerst an derselben Stelle und successiv in der- selben Ordnung an andern Orten auftreten. Es wäre nieht einzusehen, warum in dem Typhus mehr der Darm, in der Influenza mehr die Lunge, in der Pest das Lymphgefässsystem, in den Exanihemen die Haut leidet. Faules Wasser, in die *) T. III p. 92. *) T. IV. p. 287. x Venen eingespritzt, tödtet das Thier, weil es sein Blut flüssig macht. Aber in diesem Fall ist es der Darmkanal, welcher, die Folgen der Verflüssigung zu tragen hat, während derselbe ı Zustand des Blutes, durch Injection von kohlensaurem Kali herbeigeführt, anf die Lungen verderblich wirkt*). Dies ist nicht zu begreifen, wenn das Blut nur deshalb austritt, weil es zum Cirkuliren nicht viskös genug ist. Es soll damit nicht geläugnet werden, dass öriclie Eobzlindungen aus allgemeinen Krankheiten des Blutes enistehen können. Die Erfahrung lie- fert dafür Belege genug, und die Therapie erkennt es an. (Man darf sich nur erinnern, wie von den erleuchtetern Au- genärzien jetzt, im Vergleich zu ehedem, die Augenentzün- dungen behandelt werden.) Aber hier liegt in der Umände- rung des Blutes nicht der Grund der Entzündung überhaupt, sondern gerade der Entzündung dieses oder jenes Organs und selbst einer specifischen Entzündungsform. Das Blut muss also eine Schädlichkeit enthalten, die nicht nur im Allgemeinen in Bezug auf das Cireuliren desselben wirkt, sondern diesen oder jenen festen Theil mehr, als andre, angreift, reizt, und damit ist der Antlieil auch der besondern Beschaffenheit der festen Theile an der Entstehung der Entzündung erwiesen. Wenn dagegen in individuellen Verschiedenheiten derGrund enthalten wäre, dass die allgemeine Krankheit gerade an die- ser und jener Stelle zur Erscheinung kömmt, so lässt sich nicht denken, warum in derselben Epidemie bei allen Indivi- duen die nämliche Region Sitz der Entzündung ist, bei Ty- hus immer der Darm, bei Influenza immer die Lungenschleim- er u. f£ Magendie fand, dass bei seinem defibrinirten Hunde Entzündung und Brand zuerst an den Theilen der Haut entstand, mit welchen der Hund auflag **), und dies beweist eigentlich schon gegen seine Erklärung der Hautentzündung in fieberhaften Krankheiten. Decubitas entsteht auch hier, aber die pathognomonische Entzündung der Haut ist nicht abhängig von dem Druck auf dieselbe oder von andern reizen- den Einflüssen. Und doch sind es,noch am ehesten die Entzündungen in allgenieinen, fieberhaften Krankheiten, welche aus Magen- die’s Ansicht sich erklären. Dieselbe findet noch weniger An- wendung auf die Entzündung, die nicht aus allgemeinen, son- dern aus örtlichen Ursachen 'entsteht. Ist hier örtlich das Blut verändert, faserstoflloser? Es ist möglich; aber dann ist die Ursache, die das Blut verändert, eine örtliche, in den festen *) T. IV.p. 198. *) T. IL p. 383. Xu Theilen gegründete, und diese ist dann die Causa proxima der Entzündung. Von den Untersuchungen der Ausländer erwähnt Magendie nur dievon Döllimger und Kaltenbrunner, welche die Ent- zündung aus sponlaner Bewegung der Blutkörperchen erklärten. Er widerlegt sie, und das ist nicht schwer. Aber er ihut diesen Autoren Unrecht, wenn er ihre Arbeit eine kürzlich erschienene nennt. In diesem Felde sind 15 Jahre eine lange Zeit. Der gegenwärtige Zustand der Lehre vom Entzündungs- process ist auch bei uns jetzt ein ganz andrer; man kann ihn in wenigen Worten so darstellen: Es ist erwiesen, dass auf Reizung zuerst die Capillargefässe enger werden und das Blut rascher fliesst, dann, nach wenigen Minuten, die Capillargefässe sich erweitern und das Blut langsamer fliesst, oscillirt und end- lich stockt. Gegen dieses Resultat aller mikroskopischen Beob- achtungen ist in der letzten Zeit nur Emmert aufgelrelen °), welcher angiebt, dass die Weite der Capillargefässe immer die- selbe bleibe, dass aber bei schneller Strömung die Blutkörperchen mehr die Mitte des Gefässes halten, bei langsamer Strömung da- gegen das ganze Lumen desselben einnehmen, daher das Gefäss in diesem Falle breiter scheine, olıne wirklich weiter zu sein. Nach der gewöhnlichen Ansicht würden also Verengerung des Gefässes und raschere Strömung, Erweiterung und langsamere Strömung immer gleichen Schritt halten. Die Erklärung dieser Thatsachen kann eine doppelte sein. Es kann nämlich die Ver- engerung und Erweiterung der Gefässe das. erste und die Ver- anlassung sein, dass das Blut im ersten Fall schneller, im zwei- ten langsamer fliesst. Oder es ist die Verengerung und Er- weiterung secundär, Folge einer vermehrten oder verminder- ten Schnelligkeit der Blutbewegung. Das erste Stadium, der Verengerung und raschern Bewegung, ist vorübergehend, und kann auch ganz fehlen. Von ihm können weder die Ersehei- nungen der Congestion noch der Entzündung abhängen; ich gehe daher nicht weiter darauf ein. Das zweite Stadium, die Erweiterung der Gefässe und Blutanhäufung, ist Ursache der vermehrten Röthe und Wärme bei Congestion und im An- fange der Entzündung. Ich will dasselbe unter jeder der ge- nannten Voraussetzungen noeh etwas genauer belrachten, um zu sehn, was aus jeder derselben sich ergeben wird. 4) Wenn die Erweiterung des Gelässes das Erste ist, und die Blutanhäufung Folge derselben, so müsste man in ‘der Con- gestion und Entzündung eine Erschlaflung der Capillargefässe *) Obseryaliones quaedam microscopicae de inflammatione. Berol. 1835. 8. AU annehmen, da man kein Beispiel einer activen Erweiterung kenut. Die vorhergehende Verengerung wäre activ, ein Sym- ptom der Reizung, und bedingt durch Contraction der Zell- gewebehaut der Gefässe, auf welche von selbst, wie in den Muskeln, Erschlaflung folgen würde. Der Stimulus der Entzün- dung und Congestion würde alsdann die Gefässwände treffen, und erst Contraelion, dann eine Art Lähmung, oder auch so- gleich und unmittelbar Lähmung bewirken. Dieses war die Ansicht von Wilson Philip und von Röschlaub, Der letztere schon (Pathogenie Bd. II. p. 385,) bestreitet den Satz, ubi stimulus, ibi affluxus. Der Zufluss finde vielmehr statt durch Erschlaffung der kleinen Gefässe, wodurch die Säfte sich anhäufen. Die sogenannten Reize seien schwächende Potenzen, durch welche der Tonus der Gefässe vermindert werde. Gegen diese Erklärung, welche allerdings durch ihre Ein- fachheit besticht, spricht der Umstand, dass bei Congestionen, die ven wirklicher Erschlaffung herzurühren scheinen, wie in gelähmten Gliedern, die Wärme nicht erhöht, sondern ver- mindert ist, und dass dagegen in vielen Fällen, wo aclive Congestion statt findet, es schwer ist, sich eine Erschlaftung als Grund derselben zu denken, z. B. bei der Menstruation. 2) Nimmt man an, dass die Erweiterung der Capillarge- fässe seeundär und Folge der Blutanhäufung ist, so kaun man sich zweierlei als Grund der letztern denken. a) Eine ver- mehrte Anziehung des Blutes durch die Gefässwände oder das Parenchym. Diese müsste wirken wie vermehrle Reibung, und die Blutkörperchen würden langsamer strömen, wie ein Eisen, auf einen Magnet geschoben, langsamer sich bewegt. Dieses stimmte mit gewissen physiologischen Erscheinungen, wo einzelne Theile offenbar während des Wachsthums oder während der Absonderung eine vermehrte Anziehung auf das innerhalb derselben eirculirende Blut äussern. Diese Eıklä- rung wäre die einzig mögliche, wenn Emmert richtig ge- schen hat, Man kann weiter fragen, ob das Blutserum oder ein- zelne Bestandtheile desselben oder die Blutkügelehen von der gereizten Substanz angezogen werden. Die relativ vermehrte Anhäufung der Blutkügelchen, die alle Beobachter gesehen ha- ben, spricht für eine Attraction der letztern; doch könnte aueh Durchschwitzen und Verminderung des flüssigen Theiles des Blutes der Grund dieser Anhäufung, des sich Drängens der Blulkügelchen sein. b) Es wäre denkbar, dass durch eine chemische Ein- wirkung der festen Substanz auf das Blut dieses so ver- ändert würde, dass es zur Cireulation innerhalb der Capil- largefüsse weniger geschickt wäre. Würde z. DB. das Se- IV Serum in der Weise umgewandelt, dass die Blutkörnchen in demselben ihre normale Form nicht behaupten könnten, so würden hieraus alle übrigen Vorgänge im Verlauf des Entzün- dungsprocesses leicht abzuleiten sein. Ich glaube nicht, dass es in diesem Augenblick möglich ist, sich für eine der gegebenen Erklärungen zu entscheiden, bis fernere physiologische Entdeckungen neue Anhaltspunkte liefern. Es ist daher .um so schwieriger, die ferneren Folgen der Blutstockung, so gut man sie kennt, auf ihre Ursachen zurückzuführen. Es verändern sich nämlich die Blutkörper- chen, wenn die Stockung derselben eingetreten und nicht bald wieder beseitigt ist, auf eine auffallende Weise, Sie nehmen eine kugelrunde Gestalt an, werden höckerig, wie die soge- nannten Lymphkörperchen im Blut, und und kleben dann, wie diese nach Ascherson’s Beobachtungen *), an den Wän- den der Gefässe an, so dass sie sich nur rollend und mit Schwierigkeit weiter bewegen, wenn sie wieder flott werden. Wir verdanken E. H. Weber**) diese für die Theorie der Entzündung und für die Physiologie des Blutes gleich wich- tige Thatsache, welche beweist, dass die Körnchen, die nach Müller für Lymphkörnchen angesehen wurden, auch durch regressive Metamorphose aus den Blutkörperchen entstehen können. Dann kleben die verwandelten Blutkörnchen zu Flok- ken zusammen; ihr Farbestoff löst sich auf, verbreitet sich im Serum, und schwitzt in dem. Blutwasser durch die Gefäss- wände durch; die Grenzen der Gefässe einerseits und des Pa- renchyms andererseits verwischen sich, und damit kann man die eigentliche Entzündung als beendet ansehn. Es folgen die Ausgänge, deren Verschiedenheit in der Weise beruht, wie die exsudirte Masse sich weiter verändert. Von diesen soll später die Rede sein. Wenn man allein aus der Erweiterung und Erschlaffung der Gefässe die Entzündungsphänomene ableiten will, so wäre man gezwungen anzunehmen, dass Stockung der Capillareir- culation und Anhäufung der Blutkörperchen allein auch jedes- mal eine Veränderung derselben zur Folge haben. Dafür schei- nen auch die eben angeführten Untersuchungen von Weber zu sprechen, welcher fand, dass auch im gesunden Frosche der Kreislauf zuweilen in einzelnen Capillargefässen stockt, und dass dann die Blutkörperchen die ebenbeschriebene Form annehmen. In der That ist aber für die Frage, die uns be- schäftigt, auch dieser Umstand nicht entscheidedd. Denn in *) In diesem Archiv. 1837. Heft 4. p. 452 fl. **) Ebendas. 1838. Heft 4. p. 462. XV den angeführten Fällen stockt das Blut nicht in Folge einer Atonie der Gefässe. Es ist also möglich, dass der Stillstand des Blutes und die Verwandlung der Blutkörperchen ihre ge- meinsame Ursache in der Einwirkung des Parenchyms auf das eireulirende Blut haben, und Weber spricht selbst die Ver- muthung aus, dass die von Zeit zu Zeit eintretenden Stockun- gen bei der Ernährung einen Nutzen haben mögen. Nach diesem kurzen Ueberblick, welcher beweisen wird, wie viele Zweifel auch in diesem Gebiete noch auf experimen- tellem Wege ihre Lösung erwarten, kehre ich wieder zu Ma- gendie’s Untersuchungen zurück. Das Endresultat des Entzün- dungsprocesses ist ein Durchschwitzen des Blutes, oder viel- mehr des Liquor sanguinis mit allem, was er aufgelöst enthält, durch die Gefässwände. Dasselbe tritt aber aus vielen andern Gründen ausser der Entzündung ein; denn jedesmal, wo die Wände mehr als gewöhnlich ausgedehnt sind, oder das Blut mehr als gewöhnlich dünnflüssig ist, muss dieser Fall sich ereignen. Im gesunden Körper findet zwischen beiden Verhältnissen, der Permeabilität der Gefässwände und der Dichtigkeit des Blutes, ein gewisses Gleichgewicht statt, so dass das Parenchym in einem mittlern Grade von der Blutflüssigkeit getränkt wird und dann ist der Turgor ein normaler. Wäre das Blut dick- Nlüssiger (vielleicht geschieht dies in der Cholera durch die örtlichen serösen Ergiessungen) oder die Gefässwand fester, eontrahirter, so wird der Turgor vermindert. Im umgekehr- ten Falle tritt das Blutwasser in grösserer Menge aus den Ge- fässen und infiltrirt sich ins Gewebe, oder ergiesst sich über die Fläche der membranösen Ausbreitungen. Ich habe oben gezeigt, dass es nicht zu entscheiden ist, ob bei der Entzün- dung mehr die Ausdehnung und geringere Dichtigkeit der Ge- fässe, oder die locale Veränderung des Blutes die primäre Ur- sache der endlichen Infiltration sei. Wie dem aber auch sei, so ist der Entzündungsprocess unverkennbar eine locale Krank- heit und durch seine Symptome, Röthe, Hitze und erhöhte Nervenerregung bestimmt als ein Vorgang sui generis charaete- visit, Es kann der Erforschung der krankhaften Vorgänge nur zum Nachtheil gereichen, wenn man diese physiologischen Kennzeichen übersieht, und sich lediglich und einseitig an die Phänomene der Ausschwitzung hält, die aus so vielerlei Grün- den möglich ist. Und deshalb halte ich es auch für einen Feh- ler der Methode, wenn Magendie den Ausdruck „Entzün- dung“, weil er ein tropischer sei und nichts bedeute, bei je- der Gelegenheit anfeindet. Das Wort Entzündung bedeutet eben die Verbindung von Symptomen, deren anatomischer Grund zu erforschen. ist, und so lange wir von diesem nicht mehr wissen, als heute, wollen wir uns freuen, ein solches xVvı Wort zu besitzen, das um so besser ist, je weniger es bedeutet, und eben so unentbehrlich ist, als einem Individuum sein eig- ner Name, denn nur dieser ist es, womit man auf einfache Weise und mit einem Schlage die conerete Verbindung der verschiedensten Eigenschaften anzugeben im Stande ist. Magendie’s Entzündung ist also keine Entzündung, oder es ist diejenige Art, die als passive, hypostatische Entzündung (inflammatio spuria) unterschieden, und durch die letzte Be- zeichnung eben als ein von der ächten Entzündung verschie- dener Process, wenigstens ausserhalb der Broussais’schen Schule, anerkannt wurde. Das Wesen dieser Krankheit ist Ausschwitzung des Blutes, und die veranlassenden Momente sind 1) Veränderungen des Blutes selbst, wie sie Magendie in seinen Experimenten künstlich erzeugte, wie sie ferner in vielen fieberhaften Krankheiten, besonders im sogenannten ner- vösen oder putriden Stadium derselben, sich ausbilden. Aller- dings ist erhöhte Erregung des Gehirns, Rhonchus crepitaus der Lungen ete. unter diesen Umständen nicht immer Zeichen von Meningitis, von Pneumonie, und in dieser Beziehung sind Ma- gendie’s Versuche sehr wichtig und gewiss bei seinen Lands- leuten, wo man die antiphlogistische Behandlung so sehr aus- dehnt, von dem grössten practischen Nutzen. Aber auch hier scheint mir Magendie’s Darstellung wieder insofern nicht richtig, als er von einem primären Leiden des Blutes alle Krankheitssymptome von Anfang bis zu Ende ableitet. Ich habe mich schon dagegen aus Gründen erklärt, und will hier noch hinzufügen, wie ich glaube, dass selbst die veränderte Beschaffenheit des Blutes, wodurch es Veranlassung von soge- nannten passiven Entzündungen wird, häufig Folge einer äch- ten Entzündung, namentlich der Lunge und der Leber ist. Durch die Pneumonie wird das Ailımen des Blutes, durch die Leberkrankheit die Ausscheidung der Elemente der Galle be- einträchtigt, und dadurch wird der putride Zustand dessel- ben herbeigeführt, in dessen Folge zuletzt wieder falsche Entzündungen, blutige Profluvien, Suggillationen und Petechien, kurz die ganze Symptomengruppe des nervös-putriden Fieber- stadiums auftritt. Für eine andere Gelegenheit behalte ich es mir vor, diese Ansicht weiter auszuführen. 2) Kann die falsche oder passive Entzündung oder Aus- schwitzung ohne die solennen Phänomene der Entzündung ent- stehn durch eine vermehrte Ausdehnung der Gefässe, die nicht ohne Verdünnung ihrer Wände möglich ist. Wenn die Cir- eulation vom Herzen aus geschwächt, oder durch Widerstand in den Venen erschwert ist, werden bekanntlich die Theile, in denen das Blut der Schwere entgegen aufsteigt, leicht in- filtriert; die hypostatische Lungenentzündung, oder wie man es Av in Deutschland lieber nennt, das Engouement der Lungen, leitet man aus denselben "Ursachen ab. Aber auch primäre Atonie der Gefässwände ist eine nicht seltene Ursache von örtlichen Erscheinungen, die der Entzündung ähneln. An gelähmten Theilen , besonders an den untern Extremitäten , sieht man grosse Stellen der Haut wie erisypelatös, dunkelgeröthet, ge- schwollen, aber kaum schmerzhaft. Eine beständig erfolgende Desquamation der Epidermis, giebt dem kranken Theile noch mehr das Ansehn eines chronischen Exanthems. Ich sagte, dass mit der Exsudalion der eigentliche Entzün- dungsprocess beendet sei, obgleich Entzündung neben den Aus- gängen fortbestehen kann. Es tritt darnach entweder örtlicher Tod ein, oder wenn das Leben fortbesteht, so folgen die Pro- cesse, durch welche die exsudirten Stofle sich organisiren. Daraus ergiebt sich aber, dass auch hinsichtlich der ferneren Entwickelung Exsudationen, die aus ganz andern Ursachen ent: slanden sind, den entzündlichen ähnlich sehen können. Er- innert man sich. unter welchen Umständen aus Entzündung gute Eiterung, unter welchen Verhärtung und Brand erfolgt, so er- scheint es begreiflich, dass der letzte Ausgang bei passiven Ent- zündungen so häufig, der srste so selten ist. Eiterung kann nur dann entstehen, wenn nach der Ausschwitzung die Le- benskräfte wieder auf normale Weise und mit hinlänglicher Energie wirken; deshalb sieht man gute Eilerung nicht in fal- schen Entzündungen, so lange die allgemeine Krankheit dauert, wohl aber kann sie sich zur Zeit der Genesung einstellen. Schliesslich muss noch bemerkt werden, dass nach der Weise, wie Magendie die Entzündung auflasst, als Exsuda- tion, dieselbe von den Hämorrhagien und von der Wassersucht nicht geschieden werden kann. Magendie kommt daher dazu, den Phlogistikern den ungerechten Vorwurf zu ma- chen, dass sie Petechien, Suggillationen, Blulbrechen u. dergl., ferner Hydrops und Anasarca für Folgen von Entzündung hiel- ten. - Dies ist aber selbst in der Broussais’schen Schule nicht geschehen. Den Entzündungsprocess haben in übersichtlicher Weise dargestellt: Oruse, zur Lehre von der Entzündung in Rust’s Magazin. Bd. 51. Hit. 2. p. 195. — Macartney, a trealise on ioflammation. Lond. 4. — Weatherhead, observations intended to illustrate and determine the essential nature of In- Nammation. Io Edinb. med. and surg. Journ. ° Jan. p. 176. — Graves, über Entzündung. Lond. med. gaz. June p. 530. July p. 559. 600. Düller's Archir. 1839. RB AVvIl Nach Vogel*) ist der Eiter in der Regel neutral, welches auch der Zustand der absondernden Fläche sei; doch kommt aus nicht ‚weiter zu ermittelnden Gründen auch sowohl saure als alkalische Reaction zuweilen vor. Trippereiter in 7 Fällen und Eiter von einem syphilitischen Geschwüre reagirten alka- lisch (p. 32.). In dem Eiterserum bilden sich bei der Gerin- nung, besonders durch Hitze, weisse Flocken, die aus ganz feinen Körnchen von 0,001 — 0,0005‘ bestehen; diese sah auch Valentin. Durch Essigsäure werden sie durchsichtiger oder schwinden gäuzlich **). Von Salmiak und verdünnter Salpeter- säure scheint das Eiterserum nicht zu gerinnen (Vogel. p. 42.). Vogel theilt eine von Martius ausgeführte chemische Analyse des Eiters (aus einem Empyem) mit (p. 65.), wo- nach als Hauptbestandtheile, der Quantität nach, angegeben werden: Phosphorsaurer Kalk, milchsaure Salze, Osmazom und Fett, besonders das letztere in grosser Menge. Ausserdem fand sich noch Eiweiss, Osmazom, Leim, Salzsäure und die gewöhnlichen Basen und Wasser. Aus einer Zusammenstel- lung und Vergleichung der wichtigern bisher unternommenen Analysen des Eiters zieht Vogel folgendes Resume (p. 73.): Das Eiterserum besteht aus Felt, Osmazom und Eiweiss. Ob Pyin, Leim, Schleim ete. wesentliche Bestandtheile sind, scheint noch zweifelhaft. Ferner enthält dasselbe immer: Phosphorsäure, Salzsäure, Milchsäure mit Kalk, Kali, Natron, Magnesia und Ammoniak (?), und zuweilen Schwefelsäure, Essigsäure (?) und andere organische Säuren. Kohlensäure bildet sich wahrscheinlich aus den organischen Säuren erst während ‘des Einäscherns. Eine Spur von Kieselerde scheint wesentlich, Eisenoxyd dagegen, welches sich häufig findet, von beigemengtem Blut herzurühren. Was insbesondere die Pyine betrifft, so hat Vogel dieselbe im eiterigen Auswurf zyveimal vergeblich gesucht (p. 77.); an einem andern Orte ***) spricht er die Vermuthung aus, dass sie ein Theil des Mucus sein möge, der bei bedeutender Verdünnung desselben durch’s Fil- irum gehe, und in der wässrigen Colatur eine milchige Trü- bung bewirke. Auch Valentin +) erklärt sich gegen die Exi- stenz derselben als eines eigenen Stoffes, da die durch Essig- säure zuerst erhaltene Trübung in mehr Essigsäure sich leicht löse, und die Lösung auf Oyaneisenkalium reagire, also sich wie Käsestoff verhält. Die Eiterkörperchen bestehen aus zwei *) Ueb.Eiter, Eiterung u. d. verwandten Vorgänge. Erlangen. 8. **) Repertorium für Anat. u. Physiol. p. 173. ”**) Prodromus disquisitionis sputorum in variis morbis exscreato- rum. Diss. inaug. Monach. 8. +) Repertorium für Anat. u. Physiol. p. 246. ZIX henisch verschiedenen organischen Substanzen, und’ enthalten on unorganischen nur phosphorsauren Kalk und Kieselerde in sehr geringer Quantität (Vogel). Nach der Analyse von Valentin enthält frischer Eiter in 100 Theilen: lassertiiutern zu raue zong 2... 88064 Cholestearine®! \. wann lenb ER SI nr 4046 Oelsaures Natron, Olein und Chlornatrium . . 1,029 “ Stearin. . » ne 0,705 " Flüssiges Eiweiss. End ‚Chlommatriii are ll 408 Geronnenes Eiweiss und Faserstofl, phosphorsau- ren Kalk und Talk . . 2 2 2 202000.00,7,169 100,000 Das durch Aether ausziehbare Fett hält der Verf. mit Las- saigne und Anderen für Cholestearine. In 5,324 Asche fand derselbe: z phosphorsauren, kollensauren und schvwvefelsauren Klin nit RE Ta aan Di Chlornatrium mit geringen Mengen von kohlensau- rem und schwefelsaurem Kali und Natron, und Spuren von schwefelsaurem Kalk. . ..»...470 Die Gegenwart von freiem Fett.(in Form von Tröpfehen oder kleinen Molekülen) hält Valentin *) überall, wo nicht fett- reiche Theile durch Eiterung zerstört werden, für ein Zeichen, dass der Eiterungsprocess nicht normal sei, dass die Natur nur indireet (?) oder gar nicht zur Heilung führe. Hinsichtlich der Eiterkörperchen konnten Vogel, Valen- tin und Ref.**) die neuesten Beobachtungen von Güter- bock u. A. (vergl. den vorigen Jchresbericht p. XVI.) nur bestätigen. Die Kerne der Eiterkörperchen sind selten ein- fach, gewöhnlich aus 2—3 kleinen Kernen zusammengesetzt. Sie haben, wenn sie einfach sind, +47 — +45" Durchm.; sind sie zusammengesetzt, so hat jedes der kleinen Kernchen einen Durchmesser von +45—z47'” (0.0009— 0,002 nach Ref.). Sie zeigen einen scharf abgeschnittenen, etwas vorstehenden Rand, sind nicht sphärisch, sondern wie die Blutkörperchen der Menschen und Säugethiere napfförmig ausgehöhlt, undurch- sichtig, doch in der Mitte durchscheinend, farblos und (selten oder) nie granulirt (Vogel a. a. ©. p. 26.). Die chemischen Eigenschaften der Eiterkörperchen sind von Vogel sehr vollständig angegeben (p. 35 —41.). Sie wer- den durch Wasser, wenn dasselbe nicht säuerlich ist, wenig *) 2.2.0. p. 172. **) Ueber Schleim - und Eiterbildung und ihr Verhältniss zur Ober- haut. Berl. 8., und Uufeland’s Journal. May. B* 3X oder nicht angegriffen. Erst näch Stunden oder Tagen löst reines Wasser einen Theil der Hülle auf. Gesältigtes Zucker- wasser, Urin, selbst wenn er sauer 'reagirt, Blut, Schleim und Speichel verändern sie eben so wenig. Wenn aber der Schleim oder Speichel der Mundhöhle sauer reagirt,. so macht er, eben so wie Essigsäure, die Hüllen durchsichtig (Ref.). Die Einwirkung der Essigsäure auf die Eiterkörperchen ist bekannt. Donne ist der. einzige, der sie für .unlöslich in Es- sigsäure hält °), wahrscheinlich wegen einer Verwechselung mit einigen-Arten der Epitheliumzellen. Durch verdünnte Mi- neralsäuren, werden, sie nicht .verändert, durch coneentrirte werden sowohl Hülle als Kerne vollständig aufgelöst, wie auch Mandl **) angiebt (nach Gluge ***) verändert Schwefelsäure die Eiterkörperchen nicht), eben so von kaustischen Alkalien, mit denen sie eine dicke Gallerte bilden, kohlensaure Alkalien wir- ken ähnlich, nur langsamer. Salmiaklösung bildet mit’ den Ei- terkörperchen dieselbe zähe, gallertartlige Masse, ‘wie die Al- kalien. Schwefeläther und Weingeist verändern sie nicht we- sentlich, von letzterm werden sie nur etwas derber, schärfer begrenzt und runzlich. Jod färbt sie gelb. Die Substanz der- selben wird aus der Auflösung in Säuren niedergeschlagen durch Wasser, und aus der Auflösung in Alkalien durch Säuren. Die Bedeutung des mehrfachen Kerns der Schleim- und Eiterkügelchen ergiebt sich aus meinen Untersuchungen (a. a. 0. p: 15. 43.). Bei Schleimkörperchen aus dem Speichel, Na- senschleim ete. sieht man nämlich sogleich, bei: andern erst nach einiger Zeit einen schwach durchscheinenden, ovalen oder rundlichen Kern mit mittlerm, dunklerm Punkt. Behandelt man sie mit verdünnter Essigsäure, so wird der einfache Kern in einigen nur blasser, in andern reisst er vom Rande aus ein, so dass er bald herz-, bald bisquitförmig, bald von der Ge- stalt einer Kartentrefle erscheint; in andern endlich kömmt es von den Einrissen des Randes zu wirklicher Spaltung und zum Zerfallen des einfachen Kerns in die 2 bis 4 kleineren. Bis zum Zerfallen durehlaufen die letztern, wenn die Essigsäure langsam einwirkt, die andern Formen nach einander. Diesel ben verschiedenen Formen sieht man auch bei Eiterkörperchen aus demselben Exsudat, wenn es noch frisch ist, z. B. im Se-. rum einer durch Canthariden gezogenen Blase, wenn sie etwa die Grösse einer Varicellenpustel hat. Man kann also 3 Ent- wickelungsstufen an den Schleim- und Eiterkörperchen unter- scheiden, die durch ihr Verhalten gegen Essigsäure erkennbar *) L’experience, No. 58. **) D’experience, No. 18. ***) Anatomisch-mikroskopische Untersuchungen. Minden. 8.'p.25. XXI werden. Auf der ersten Stufe unterscheiden’ sie sich nieht von den Epitheliumzellen der Drüsen und des rete Malpighii der äussern und Schleimhaut. Bei vollkommen etablirter Eiterung finden sich nur solche, deren Kerne, oft schon durch Wasser, ganz zerfallen. Da nun von den Schleimkörperchen und den Eiterkörper- chen aufHäuten einerseits, zu den ‚normalen, jüngsten Pflaster- epitheliumzellen der letztern andrerseits ein allmähliger Uebergang nachgewiesen war, so musste man fragen, ob die Eiterkörper- chen mit den zerfallenden Kernen die frühere Entwickelungs- stufe der Epitheliumzellen sind, oder ob umgekehrt, diese durch eine Art Zersetzung und Auflösung in Eiterkörperehen über- gehen. Dass an eine’ Verwandlung der grösseren, ober- flächlichen und reifen Epitheliumzellen oder Blasen im Eiterkörnchen nicht zu denken sei, hat Vogel (p. 170.) nach- gewiesen, und auch ich habe an einzelnen Beispielen gezeigt, das bei Entzündung der Schleimhäute zuerst die reifen Epi- theliumzellen abgestossen werden, und auf der entblössten Schleimhautfläche die Eiterkörperchen sich bilden (p. 20 ff). Aber auch von den jüngern Epitheliumzellen war es mir min- der wahrscheinlich, dass sie durch eine regressive Metamor- phose zu Eiterkörperehen werden, als.dass vielmehr die Schleim- und Eiterkörperchen eine frühere Entwickelungsstufe der Epi- theliumzellen seien, in der Art, dass der Kern der letztern aus kleinern Kernchen zasammengeset werde, die, je früher, um so schwächer verbunden, um so leichter durch Wasser und Essigsäure wieder von einander getrennt werden könn- ten (p. 18.). Vogel’s Schrift enthält manche Thatsachen, welche die Richtigkeit dieser Ansicht ausser Zweifel setzen. Bekanntlich bat Güterbock schon darauf aufmerksam ge- macht, dass der Eiter ausser den gewöhnlichen Eiterkörperchen auch kleinere Körperehen enthält, die in Form und Grösse den- jenigen entsprechen, in welche der Nucleus der Eiterkörperchen \ Mandl (a. a. ©.) meint ohne Zweifel diese Körperchen, wenn er von kleinen geronnenen Eiweisspartikeln im Eiter spricht. I hat dieselben ebenfalls wahrgenommen (p. 30.). Seiner nach unterscheiden sie sich von den zerfallenen Kernen er Eiterkörperchen durch ihre sphärische Form, während diese napflörmig ansgehöhlt seien. Ich halte aber diesen Unterschied nicht für wesentlich, da man sowohl unter ‘den einen als den andern bald sphärische, bald napfförmige findet. Auch Va- lentin (a. a. ©. p. 172.) hat die kleinen Körperchen gesehen, hält sie aber nicht für constant typische Normalgebilde des rei- nen Eiters, sondern für Olein- oder Stearintröpfehen, oder für Eiweiss- und Faserstoffmoleküle. Die letzteren lösen sich in Essigsäure, und können daher mit den hier besprochenen Kü- gelchen nicht verwechselt werden, die wie die Kerne der Ei- terkörperchen in Essigsäure unlöslich sind. Fett können aber die kleinen Kügelchen wohl sein, und dabei doch wesentliche Elemente der Eiterkörperchen, da nach Ascherson’s Andeu- tungen *) das Fett bei der Bildung der Zellenkerne eine wich- tige Rolle zu spielen scheint. “Diese einzelnen kleinen Körn- chen sind aber das erste, was bei der Eiterung erscheint (p. 152.): Zuerst ergiesst sich in die Wundhöhle eine Flüssigkeit, wel- che klar ist und keine mikroskopischen Theile enthält. Nach einiger Zeit erscheinen in dieser Flüssigkeit die einzelnen Körn- chen (von 0,0010— 0,0015 Durchm.), ihre Menge nimmt all- mählig zu, einzelne darunter sind grösser. Allmählig sieht man ein einzelnes solches dunkeles, undurchsichtiges Körnchen, oder 2—3 derselben, welche miteinander vereinigt sind, mit einem zarten, durchsichtigen Hof umgeben, noch später erscheinen grössere Körperchen (0,003‘), in denen man nur noch undeutlich einen dunkleren Kern in einer helleren, halbdurchsichtigen Hülle wahrnimmt; endlich finden sich in der Flüssigkeit ausgebildete Eiterkörpercheu. Diese wichtigen Beobachtungen machte Vogel an Blasen, die durch Cantha- riden gezogen worden waren, und an einer klaffenden Haut- wunde eines Kaninchens. Es ist sehr erfreulich, zu sehen, wie genau diese Angaben mit den Beobachtungen übereinstim- men, die Schleiden und Schwann über die Entwickelung der Zellen an Pflanzen- nnd Thierembryonen gemacht haben, und dass dies zu einer Zeit geschah, wo Vogel weder diese Arbeiten noch die daraus resultirende Deutung kennen konnte, ist ein um so günstigeres Zeugniss für den Beobachter und die Beobachtung, Bei diesem Stand der Untersuchung, nachdem man zuerst auf den Häuten den allmähligen Uebergang der Güterbock- schen. Körperchen in Eiterkörperchen, dieser in Epithelium- zellen- und Blasen beobachtet hatte, nachdem man ferner auch die Eiterkügelehen oft zu einer continuirlichen Haut verbun- den gesehen hatte (Wood. Ref. in Müll. Arch. 1838. Heft 4. p- 111. Vogela. a..0. p. 135.), war es unvermeidlich, zu dem Schlusse zu kommen, dass die Formation von Eiter und Epithelium analoge Processe seien, dass Eiterung ausser der Absonderung des Eiterserums eigentlich Bildung eines un- vollkommnen wandelbaren Epitheliums sei. So hat es Vo- gel ausgesprochen (p. 171. 176.). Auf den Schleimhäuten wer- den unmittelbar statt der Epitheliumblasen Eiterkörperchen ab- *) Ueber die Oeltropfen, die in den Fortpflanzungsköpern der Pilze enthalten sind. Poggendorl’s. Annalen, 44. Bd. p. 639. AXIT ondert, und zwar nach jeder Reizung und in der kürzesten Deit. Auf andern eiternden Flächen seien die Granulationen die Matrix des krankhaften Epitheliums. wie sonst die Schleim- hautfläche Matrix, d. h. Absonderungsorgan des normalen Epi- theliums. Dafür spricht ihm noch besonders die Beobachtung; dass von eiternden Wunden und Geschwüren manchmal statt der Eiterkörperchen wahre Epitheliumzellen oder Zwischen- stufen zwischen diesen und den Eiterkörperchen abgesondert werden (p. 172.). — Ref. genoss den Vortheil, bei seiner Ar- beit Schwann’s Entdeckungen von der Bildung der Gewebe zu benutzen, durch welche eine andere, umfassendere Erklä- rung der Eiterbildung und des Entzündungsprocesses überhaupt möglich wurde. Alle Gewebe nämlich entstehen, wieSchwann nachgewiesen, aus Elementen, ähnlich denjenigen, welche im erwachsenen Körper die Oberhaut zusammensetzen, aus Zel- len mit Kernen und Kernkörperchen. Diese werden hier durch Verdiekung und Verschmelzung der Wände zu compacter Sub- stanz, dort verlängern sie sich zu Röhren und Fasern, in der Oberhaut endlich bleiben sie isolirt während des ganzen Le- bens und verändern nur wenig die ursprüngliche Form. Die Grundlage derselben ist eine homogene Masse (Cytoblastem) oder auch eine Flüssigkeit, in welcher zuerst die Kerne, Cy- toblasten, entstehn; um die Kerne formt sich die Zelle als durchsichtiges Bläschen, und bildet eich dann in ihrer beson- dern Weise weiter aus. Wie aber im Keim die Zellenbildung das erste ist, so geschieht durch sie auch die Organisation aller neuen Producte bei der Regeneration der Gewebe. Sie er- scheinen daher auch zuerst in dem organisirbaren, plastischen Exsudat auf der Oberfläche oder in der Substanz der Gewebe bei der Entzündung, oder auch ohne Entzündung, wenn die Regeneration im normalen Zustande beständig oder perioden- weise statt findet (Ref. a. a. ©. p.53.). Sie sind aber eben- sowohl die Anfänge des neu sich bildenden Zellgewebes oder Nerven- und Knochengewebes, als der Oberhaut; sie sind im Uebermaasse erzeugt, und vor völliger Reife durch eine eigen- ihümliche Secretion oder Exsudation weggeführt, Schleim- und Eiterkügelchen. Aus diesem Grunde, weil ihre Verschie- denheit anfangs nur virtueli und erst nach vollendeter Entwicke- lung ein Urtheil über ihre ursprüngliche Bedeutung möglich ist, habe ich für dieselben den Namen „primäre Zellen“ vor- geschlagen. Von dieser Deutung ausgehend, versuchte ich eine Schil- derung der Ausgänge der Entzündung und verwandter Pro- cesse. Ich sagte, dass der eigentliche Entzündungsprocess mit der Storkung des Blutes in den Capillargefässen endet, wo- bei die Blutkügelchen formlos werden und zu einzelnen Flocken ZXIV zusammenkleben, indem zugleich der Farbestoff derselben sich auflöst, das Blutserum färbt und mit diesem durch die Gefäss- wände durchschwitzt.. Nach Gluge*) treten die Kerne der Blutkörperchen, nachdem die Hülle derselben aufgelöst ist, zu eigenthümlichen Kugeln, den von ihm sogenannten „zusam- mengesetzten Entzündungskugeln“, zusammen (vgl. den vori- gen Jahresbericht p. XIX.). Diese Kugeln haben einen Durch- messer von -;—-}; Mm. Jede derselben besteht aus 20— 30 kleineren Kügelchen. Die weissliche Masse, die dieselben bin- det, löst sich in Essigsäure, auch durch Druck werden die Kugelhaufen gelrennt und zerstreut. Gluge hat diese Kugeln direct in den Gefässen entzündeter Theile beobachtet. Auch in den Lungen, bei der Entzündung derselben (p. 58.), in den Nieren bei Bright’scher Krankheit, im Gehirn bei Erweichung, in. der:Masse der Tuberkeln, des Fungus, und zuweilen in ge- ringer Zahl im Eiter sollen sie vorkommen, anfangs in den Gelässen, dann, indem diese platzen, in dem Parenchym des ganzen kranken Organs. Es ist zu wünschen, dass des Verf. Beobachtungen über das Verhalten des Bluts in Entzündung auch von andern wiederholt werden möchten. Man könnte glauben, dass seine Entzündungskugeln und die veränderten Blutkörperchen, die Weber in entzündeten Theilen gesehen (era oben p. XIV.), identisch wären, wenn nicht die Grösse der Entzündungskugeln dies widerlegte. Dagegen ist auch schwer anzunehmen, dass Kugeln von solcher Dieke in den Capillargefässen sich bilden sollten, und es ist mir nicht un- wahrscheinlich, dass hier verschiedene Dinge verwechselt sind, die umgewandelten Blutkörperchen in den Gefüssen, und die pathologischen Elemente, vielleicht selbst Elemente des gesun- den Gewebes ausserhalb derselben. Was die Tuberkelsubstanz, die Bright’sche Degeneration der Nieren und den Eiter be- trifft, so stimmen meine Beobachtungen mit denen von Gluge nicht ganz überein, Auch ich habe körnige Kugeln von der angegebenen Grösse gesehn, aber mir schienen die Körnchen im Innern einer geschlossenen Zelle enthalten, in deren Wand ein blasser Zellenkern mit Kernkörperchen sich befindet, so "dass die Kugeln am meisten Aehnlichkeit mit Pigmeutzellen haben. Durch Essigsäure löst sich, wie bei diesen, die Zel- lenmembran, welche die Körperchen umschliesst, worauf diese sich zerstreuen (über Schleim- und Eiterbildung p. 60.). Des- wegen konnte ich auch die Kugeln, wenigstens in den ange- gebenen Fällen, nicht für Aggregate von Kernen der Blulkör- perchen halten, sondern erklärte sie als primäre, mit eigen- ihümlicher Substanz gefüllte Zellen, ähnlich denjenigen, welche *) a... 0. p. 12. _ AXV den wesentlichen Bestandiheil der Geschwülste ausmachen. (Vgl. unten: Geschwülste) *). *) Gluge beklagt sich (Casper’s Wochenschr. 1839. No. 5.), dass ich seine Deutung in Zweifel gezogen habe, ohne die Thatsa- chen zu prüfen. Diesen Vorwurf muss ich zurückgeben. Nachdem ich gezeigt habe, was Alles mit Eiter- und Exsudatkügelchen ver- wechselt werden kann, dass ähnliche Elemente in allen feinsten Epi- ihelien, im Drüsengewebe, in der Wand der Capillargefässe u. s. f. vorkommen, glaube ich vielmehr fordern zu dürfen, dass vereinzelte Beobachtungen, wie die von Gluge es sind, Beobachtungen, die ohne Kenntniss der anatomischen Structur der Theile gemacht waren, wieder aufgenommen würden, und dass dasjenige, was man hie und da gefunden, und deshalb für pathologisch gehalten hatte, wieder ver- glichen werde mit dem normalen Bau derselben Theile, so weit der- selbe weiter aufgeklärt worden ist. Auch ich habe kranke Nieren und Lungen untersucht, und Eiterkügelehen und andere Elemente ge- funden, aber als ich sah, dass diese Dinge nicht von den Elementen esunder Drüsen zu unterscheiden waren, hielt ich es für nöthig, vor chlüssen zu warnen, die auf das blosse Ansehn der mikroskopischen Bestandtheile gegründet waren. Ich habe weder geläugnet, dass die Bright’sche Krankheit Entzündung sei, noch behauptet, dass sie in Tuberkelbildung bestehe, sondern nur, dass weder das eine, noch das andere mit Enischiedenheit aus den Beobachtungen gefolgert werden könnte, so weit sie vorlagen. Dabei habe ich allerdings auf Glu- eis Angabe, wo die Eiterkügelchen u. s. f. vorkommen, wenig erth gelegt, aber nicht, weil ich zu wenig, sondern vielleicht eher, weil ich zu viel untersucht hatle, um an ein genaues Isoliren der Ca- pillargefässe, der Nierenkanälchen und Malpighi’schen Körperchen in der Weise zu glauben, dass der Inhalt eines jeden dieser Theile besonders betrachtet werden könne. Dass die Entzündungsku- eln sich innerhalb der Gefässe auf die von Gluge angegebene eise bilden, konnte ich noch nicht bestätigt finden, doch ist diese Beobachtung schwer anzustellen, und ich erlaube mir daher noch nicht, ein Ürtheil darüber zu fällen; dass sie aber durch Zerreissen der Capillargelüsse in den Eiter gelangen sollen, ist eine Behauptung, die jenseits aller Beobachtung liegt. Ich muss auch hier wieder fra- gen, ob Gluge die kernhaltigen und kürnigen Zellen, die das ge- sunde Lungengewebe bilden, kennt, und ob er sich getraut, sie von seinen Exsudalkugeln zu unterscheiden? Was nun insbesondere das Gewebe der Nieren und die Bright’sche Krankheit betrifft, so kann ich nur wiederholen, dass ich in Fig. 5e und 5/ der ersten Tafel von Gluge’s anatomisch- mikroskopischen Untersuchungen zwar etwas unvollkommene, aber doch hinlänglich kenntliche Abbildungen der.nor- malen Harnkanüle, ebenso in Fig. 5g und 5% Abbildungen der fein- sien Capillargefässe mit den von mir beschriebenen Zellenkernen sehe, Ich würde zugeben, dass es Eiterkörnchen seien, da Eiterkörnchen or ebenso dargestellt werden künnten, wenn nicht in Fig. 3e Abbildungen normaler Nierenkanälchen gegeben wären, welche bewei- sen, dass Gluge die Harnkanäle gesunder Nieren nicht gesehen hat. "Dass das Wesen der Bright’schen Krankheit in Entzündung, AXVI Wenn das Exsudat uicht wieder aufgesogen und damit die Entzündung zertheilt wird, so erzeugen sich in demselben durch einen eigenthümlichen, lebendigen Process, nicht durch Ge- Gerinnung oder Verdunstung, wie auch Vogel bewiesen hat (p. 174), einzelne kleine Körnchen, deren mehrere sich an einander legen zu Cytoblasten, um welche sich dann die Zelle bildet. Aber auch nicht als Secretion, wie Vogel gethan, (p- 167. 169.) möchte ich die Bildung der primären Zellen an- sehn, so wenig beim Eiter, wie beim Epithelium (a. a. O. p. 7.). Bei der normalen Entwickelung ist bis jetzt die Entstehung der Cytoblasten aus einzelnen, kleineren Körnchen nicht nachgewie- sen; indess ist hier die Beobachtung schwerer, und ich zweifle nicht, dass bei fortgesetzter Untersuchung auch in diesem Punkte die Aehnlichkeit vollkommen werden wird. Von der weitern Ausbildung der primären Zellen und von der Menge und Qualität der ergossenen Flüssigkeit hängt die Verschiedenheit der Ausgänge der Entzündung ab. Da aber dieser Unterschied zum Theil nur auf Verhältnissen der Quan- tität beruht, so können die Grenzen nicht ganz strenge sein, und es können im Folgenden nur die hervorragendsten Formen angegeben werden, die mannigfaltig in einander übergehn. 1) Die Quantität des Exsudats ist gering. In demselben entstehen primäre Zellen, die sich unmittelbar in gleichar- tiges Gewebe verwandeln. Der Theil des Exsudats, der nicht zur Zellenbildung verwandt wird, verlrocknet oder wird resor- birt, Dies ist der Fall bei der Heilung per primam intenlio- nem, bei der einfachen Regeneration der Gewebe, bei der Haut- entzündung, die sich mit einfacher Abschuppung endet (p-54.f.). Bei directer Heilung von Wunden erscheinen in der spärlichen, zwischen den Wundflächen ergossenen Flüssigkeit Zellen, wel- che an der Oberfläche zu Epidermis werden, in der Tiefe zu Zellgewebe und zwar, wie bei der ersten Entstehung des Zell- gewebes, indem die Schalen der primären Zellen sich in Röh- ren und Fäden verlängern, und mit den von andern Zellen her- vorgewachsenen Fäden zusammentreten. So stellen sie die un- reifen, durch die Zellenkerne varikösen Zellgewebefäden dar, die sich endlich durch Resorption der Kerne, in wahres Zellge- entweder des Parenchyms der Nieren oder der Nierenkanäle bestehe, ist aus andern Gründen, aus dem Krankheitsverlauf, der eiweisshal- tigen Seeretion und aus dem äussern Ansehn der kranken Nieren mehr als wahrscheinlich. Um so strengere Prüfung verdienen die Beweise dafür aus der mikroskopischen Untersuchung. Denn im Resultat kann Gluge leicht Recht behalten, aber wenn damit die Beweislührnng gerechtfertigt sein soll, so wird man bald in allen Geweben Eiter- und Entzündungskugeln, und in allen Krankheiten Entzündung gehn. AXVU webe verwandela. — Bei der directen Heilung von Knochen: brüchen sind die primären Zellen, die in der ergossenen Flüs- sigkeit enstehen, Knorpelkörperchen, die sich weiterhin in Kno- chen umwandeln. In dem Exsudat, welches durchschnittene Nerven verbindet, erzeugen sich aus den primären Zellen Ner- venfasern u. s. f£ — In manchen exanthematischen Krankhei- ten, Erysipelas, Rötheln, Scharlach, Masern ete. wird durch das Exsudat die bereits gebildete Oberhaut abgelöst, aber un- miltelbar unter derselben entsteht schon aus dem Exsudat die neue Oberhaut, die nach der Abschuppung die entzündet ge- wesene Fläche bedeckt. Es ist daher unrichtig, wenn behaup- tet wird, dass diese Hautentzündungen, wie Erysipelas im an- geführten Falle, in Zertheilung enden. Die Regeneration erfolgt mehr oder minder vollständig. Wenn das getrennte Gewebe sich nach vollendetem Wachsthum des Körpers nicht oder nicht ganz in der der frühern Weise neu erzeugen kann, so vertritt das Zellgewebe dessen Stelle, und bildet die Narbe. 2) Die Quantität des Exsudats ist bedeutender, ohne dass es jedoch zu einer merklichen Anhäufung von Flüssigkeit käme. Die primären Zellen bilden sich in gleicharliges oder ungleich- arliges Gewebe um, Dies ist der Fall beim Ausgang in Hy- ne und Verhärtung, in Exostose und Anchylose bei nochenentzündung ete. Hypertrophie und Verhärtung könnte man theoretisch so unterscheiden, dass bei jener das Exsudat zu gleicharligem Gewebe werde, bei dieser ungleichartig, auf einer niedern Stufe bleibe. Im einzelnen Fall mag es aber sehr schwer sein, zu ermiltelo, welcher von beiden Vorgängen statt finde. In Theilen, welche Zellgewebe enthalten, wird bei Hy- pertrophie und Verhärtung gewöhnlich die Masse des Zellge- webes vermehrt. Es ist hier noch ein weites Feld für mikro- skopische Untersuchungen. — Dieser Ausgang erfolgt leichter in parenchymalösen Organen, als auf der Oberfläche der Häute, weil hier die Ernährung der ergossenen Substanz von den nor- malen Geweben aus beschränkt ist, und das Exsudat sich leich- ter nach aussen entleert, Es gehören aber doch dahin die Bil- dung von Pseudomembranen und Verwachsungen in den Höh- len seröser Häute, die Verschliessung von Gefässen und Drü- senkanälen durch ergossenen Faserstofl, der sich organisirt und mit den Wänden verwächst, auch die Ilepalisalion der Lungen, Häufiger ist aber Verdickung von serösen und Schleimhäuten die Folge dauernder, chronischer Entzündungen, wobei derselbe Process, Ergiessung von Faserstoff und Umwandlung desselben in Zellgewebe, sich immerfort wiederholt, jede neugebildete Zellgewebeschiecht wieder Quelle der Ausschwitzung wird. Wenn dabei zugleich Nüssige Materie in die Höhle der serösen AXXVI Säcke oder über die Oberfläche der Schleimhäute nach aussen trilt, so ‘gehört der Vorgang zur folgenden Rubrik, der Eiterung. Bei der Bildung der Pseudomembranen hat schon Froriep die Umwandlung der primären Zellen in Zellgewebe verfolgt (Vgl. den vorigen Jahresberichl p.xx.). Ich habe seitdem Ge- legenheit gehabt, auch die erste Entstehung der Zellen inner- halb der unregelmässig faserig körnigen Masse-der ergossenen Fibrine zu sehen. Sie ist nicht wesentlich verschieden von der Bildung der Eiterbläschen in flüssigem Exsudat, wie sie oben nach Vogel beschrieben wurde. ‘ 3) Die Menge des Exsudats ist beträchtlich; nur ein Theil der primären Zellen wird in Gewebe umgewandelt, ein ande- rer Theil wird mit der Flüssigkeit nach aussen oder in Höhlen des Körpers entleert. Wenn der Beobachter bei den bisher er- wähnten Ausgängen der Entzündung die primären Zellen ge- wöhnlich schon vollkommen entwickelt, oder gar schon auf der Umwandlung in Zellgewebe begriffen antriflt, so erscheinen sie hier dagegen, fast immer auf einer frühern Entwieckelungsstufe, wo die Körner noch nicht zum einfachen Cytoblasten ver- schmolzen oder wenigstens durch chemische Behandlung noch leicht zu trennen sind. Das Exsudat mit den primären Zellen erscheint bald als Eiter, bald als Serum, Lymphe, Faserstoff- exsudat, Schleim oder puriformer Schleim u. s. f. Alle diese Verschiedenheiten hängen ab von der Consistenz und chemi- schen Beschaffenheit der Eiterflüssigkeit und von der relativen Menge der in derselhen suspendirten primären Zellen (Eiterkü- gelchen). Im wässrigen Serum nach Entzündung seröser Häute, in der Lympbe der Vesikeln und Blasen nach Hautentzündung, im rohen Schleim eatarrhalischer Krankheiten ist die Quantität der letztern gering, niemals aber fehlen sie, wenn nicht beim ersten Beginn der Exsudation. In der nach Anwendung eines Zugpflasters ergossenen Flüssigkeit sieht man sie in grosser Menge (Vogel, p. 153. Ref. p. 44.) und ich weiss nicht, wie Gluge sie vermissen konnte (a. a. ©. p.14.). In den serösen Ergiessungen nach Pleuritis hat auch Mandl immer Eiterkü- gelchen gesehen *). Je grösser ihre Anzahl, um so dickflüssi- ger, gelber und überhaupt besser ist bekanntlich der Eiter, um so mehr würde man die Sputa gekocht nennen. Die Flüssig- keit ist mehr oder weniger reich an Faserstoff und danach ge- rinnt sie entweder vollständig, indem das geringe Serum in zel- lenartigen Höhlen des Gerinnsels eingeschlossen wird (Croup und falscher Croup, Enteritis mit Bildung plastischer Exsudate *°), *) Recherches sur la nature et lorigine du pus. L’exper. No. 58. **) Ich zweille nicht, dass auf dieselbe Weise Hydatiden und No- X: AXIX oder sie gerinnt theilweise, und das Coagulum schwimmt in Flocken in der Flüssigkeit (dahin gehören auch die Eiterpfröfe) oder überzieht als weiche Schicht die Wände der Organe und verklebt sie untereinander (Entzündung seröser Häute, Pleuri- tis, Peritonitis) oder endlich sie gerinnt nicht oder fast nicht, und wird nur fest durch Verdunstung (wahrer Eiler). Immer enthalten auch die Coagula primäre Zellen oder deren Ele- mente. Der Process der Eiterung, obwohl dem Wesen nach über- all derselbe, gestaltet sich doch auf verschiedene Weise, je nach- dem der Eiter auf der Oberfläche der Häute, im Parenchym der Organe oder auf Wunden gebildet wird. Auf den Häuten wird die Eiterung modifieirt durch den Bau der Oberhaut. Ist diese zart und dünn, wie auf den serösen und den meisten Schleimhäuten, so wird sie gleich anfangs enifernt, und Eiter, Serum oder puriformer Schleim ergiessen sich frei über die Oberfläche. . Bei Entzündung der Schleim- häute finden sich daher in der ersten Zeit im Auswurf die Ele- mente der normalen Oberhaut, sowohl der obern als der tie- fern Schichten und also auch Zellen, die ganz den Eiterkör- perehen gleichen, nur dass ihr Kern sich nicht spaltet; darnach enthält der Auswurf Eiterkörperchen in allmählig steigender Menge, bis der Krankheilsprocess beendet ist (Ref. a. a. ©. . 22). Auf der äussern Haut und Schleimhäuten mit starker Koskenis, auf der Conjunetiva bulbi, im Mund und der Spei- seröhre, am Eingang der Nase und in der Scheide sammelt sich Serum oder Eiter an einzelnen Stellen an. und erhebt die Haut in Vesikeln, Blasen oder Pusteln, welche platzen, wenn das Exsu- dat reichlich und wässrig, oder vertrocknen und Krusten bilden, weon es spärlicher und diekflüssig ist (p. 33.). Unter der Kru- ste oder auf der eutblössten Oberfläche, nachdem die Blasen ge- platzt sind, ordnen sich die primären Zellen zu einer Membran (Vogel, p. 154.) und bilden sich schliesslich wieder zu Epi- dermis aus. Auch in der Tiefe der Gewebe beginnt die Eiterung in ein- zelnen Punkten, den sogenannten Eiterpunkten, Allein diese Punkte bleiben nicht discret, wie bei Hautentzündungen, son- dern sie fliessen zusammen, ehe sie nach aussen durchbrechen, und so entsteht, wie man weiss, der Abscess. Die Ausfüllung len sich bilden können aus Blut, welches, in die Gebärmutterhöhle er- here gerinnt und bei der Gerinnung das Serum einschliesst. Auf iese Art geformte Zellen können zu förmlichen Hydalidenblasen wer- den, wie ich au sogen. polypüsen Kaserstollcoagula aus den Bron- chien geschen habe, xxx = geöffneter Abesesshöhlen, die Heilung exanthemalischer Entzün- dungen, die tiefer in die Cutis eindriogen, und die Heilung von Wunden per secundam intentionem geschieht auf gleiche Weise, durch Granulation (Ref. p. 55 fl). Die Granulationen entstehn aus einem Theile der primären Zellen, während der andere Theil derselben, als überflüssig, ausgeschieden wird. In der obersten Schicht der Granulalionen sind Zellen, ganz den Eiterkörnchen gleich, deren Kern aber schon nicht mehr durch Essigsäure zerfällt; in einer etwas liefern Lage ist der Kern dieser Zellen sehr deutlich, ihre Schale durch gegenseitigen Druck polygonal. Weiler in die Tiefe finden sich die Schalen der Zellen eben so verändert und im .allmähligen Uebergang zu Zellgewebefasern, wie bei der directen Heilung. Hieraus ergiebt sich auch, dass die Bildung neuer Zellen immer auf der Oberfläche der Granu- lationen vor sich geht, während zugleich die Organisation, die Umwandlung in Zellgewebe von der Tiefe der Wunde aus ge- gen die Oberfläche fortschreitet. Haben die Granulationen das Niveau der Körperoberfläche erreicht, so hört die Exsudation auf, und es werden die primären Zellen nicht mehr zu Zellge- webe, sondern zu Oberhaut. Damit ist die Narbe gebildet. In den Krusten, zu denen der Eiter gerinnt oder vertrock- net, wenn seine Menge gering ist, finden sich die Kerne der Eiterkörperchen, durch eine homogene, feinkörnige Masse ver- bunden (Vogel. p. 194.). ! Ueber die Entstehung neuer Blutgefässe in den Granulatio- nen und in ergossnem Faserstoff konnte ich nur Vermuthungen aussprechen (p. 58.). Es scheint, dass einzelne primäre Zellen in ihrem Innern Blutkörperchen erzeugen, wie das auch wahr- scheinlich bei der Blutbildung in der Keimhaut der Fall ist, und dass diese Zellen Fortsätze ausschicken, wodurch sie unter sich und mit den alten Capillargefässen in Verbindung treten. Auf mannigfallige Art kann auch die Bildung des Eiters und der Granulalionen von der Norm abweichen (Ref. p. 57.). Die Bildung primärer Zellen kann zu spärlich sein, dann ist der Eiter dünn und serös (Jauche), und die eiternde Fläche nicht geneigt zur Vernarbung, ein Geschwür. Es erklärt sich hier- aus, warum Reichthum an primären Zellen und daher Dickflüs- sigkeit als Character guten Eiters gilt. Oder die Regeneration geschieht gewissermassen unabhängig von der Idee des besondern Organismus, indem die primären Zellen sich nicht zu dem Ge- webe ausbilden, welches der Norm gemäss die gegebene Stelle eipnimmt und früher einnahm. So erzeugt sich wucherndes Fleisch, indem fort und fort Granulationen entstehn, oder es bilden sich Wucherungen, Verdickungen, Hypertrophien der Häule, indem die primären Zellen, statt in Oberhaut, fort und fort in Zellgewebe oder analoges Gewebe umgewandelt werden. AXKI Indem ich von den anatomischen Characteren der Entzün- dung ausging, kam ich zu dem Schlusse, dass der erysipelatöse und phlegmonöse Entzündungsprocess nicht weiler, als die Ver- schiedenheit des Sitzes bedingt, von einander unterschieden sind, indem bei jenen eine flächenhafte und oberflächliche Ausbreitung des Capillarsystems, bei diesen eine parenchymalöse, in der Tiefe gelegene Stelle leidet (p. 281f.); ferner dass auch von den Exanthemen die Efflorescentiae wahre Entzündungen, die Papelo, Vesikeln, Pusteln und Blasen Ausgänge von Hautentzün- dungen sind, deren specifischer, vom Erythem abweichender Character nur in der verschiedenen Form der Exsudalion be- gründet ist (p. 33.), endlich dass diesen Entzündungen der äus- sern Haut und der Schleimhäute mit fester Oberhaut geuau ent- sprechen die Catarrhe derjenigen Schleimhäute, deren Epithelium durch das Exsudat leicht abgelöst wird. Dieser Umstand ist Ur- sache, dass dieExsudation nicht an discreten Stellen und beschränkt, in Form von Pusteln oder Bläschen, sondern über die ganze Ober- fläche gleiebmässig verbreitet statt findet, und dieselbe Krank- heit, die in Mund- und Speiseröhre in Aphthenbildung endet, erscheint im Magen und Darm als Capillaripjection oder catar- rhalische, gastrische Entzündung (p. 421l.). Was die Diagnose des Eiters und Schleims betrifft, so sind zuvörderst die verschiedenen Substanzen genauer zu unterschei- den, die unter dem Namen Schleim begriffen werden. Als solche bezeichnete Ref.*) 1) Epithelium, welches bald auf nor- malem Wege sich abschuppt und beständig neu erzeugt wird, bald durch pathologische Processe enifernt wird. 2) Das Se- cret der Schleimdrüsen, Schleimsaft, entsprechend dem Schweiss der äussern Haut, und 3) wahren Eiter, den sogenannten pu- riformen Schleim. Ich glaube, dess Vogel zu weit geht, wenn er jedes Secret von Schleimhäuten, in welchem sich Eiter- oder Schleimkörperchen finden (unter beiden Namen verstehen wir primäre Zellen auf der Stufe der Entwickelung, wo ihre Cytoblasten durch Essigsäure in mehrere, kleinere Körnchen ge- theilt werden, „also unreife primäre Zellen) für Eiter erklärt (p. 121.). Man muss wohl die Fälle trennen, wo die unreifen Zellen von der Fläche der Schleimhaut stammen. von denjeni- gen, wo sie aus den Drüsen herrühren. In den Drüsen erzeu- gen sich bei jeder Congestion neue Zellen, und die Drüsen, die nicht beständig absondern, wie Leber und Nieren, befinden sich jedesmal, wenn ihre Absonderung vermehrt ist, im Zustande *) Müller’s Archiv. Heft 4. p: 122. — Ueber Schleim- und Eiterbildung. p. 49. XXI der Congestion. Auch im Schweisse kommen Eiterkügelchen vor, und doch wird man darum nieht das Schwitzen für einen inflammatorischen Zustand der Haut ansehen wollen, Wenn aber auf der Fläche der Mucosa selbst Eiterkügelchen gebildet werden, so muss allerdings erst die Oberhaut gelöst sein, also Fxsudation stalt gefunden haben, die hier nur Ausgang von Entzündung sein kann. Ueberhaupt aber ist, wie so oft bei theorelischer Betrachlung, zu erinnern, dass die Grenzen in un- seren Systemen schärfer sind, als die Natur sie zieht. Es ist nicht schwer, theoretisch Entzündung und: Congestion zu un- terscheiden, dadurch dass dort Exsudation statt finde, hier fehle. Aber der Erfulg einer Congestion in Drüsen ist in der That, wie oben gesagt wurde, Ausschwitzung. Nach einer leichten Rö- thung der Haut von Senf, von einem Funken, der keine Se- eunde liegen blieb, sah ich die Epidermis sich abschuppen, es hatte also Exsudation statt gefunden, und endlich beweist die Hypertrophie der Muskeln durch Uebung, der Epidermis durch Druck, also nach häufig wiederholter oder anhaltender Conge- slion, dass auch in diesen Fällen eine Ausschwitzung slalt finde, nur sehr allmählig und so, dass die exsudirte Substanz in gleich- arliges Gewebe umgewandelt. wird. y Vogel beruft sich darauf, dass die Absonderung des Epi- iheliums durch Reizung allmählig in die Absonderung wahren Eiters übergehe, indem alle Zwischenstufen zwischen reifen Epi- theliumblasen und Eiterkörperchen in demselben Sputum vor- kommen (Prodromus disquis. sput, p. 11.). Dies ist nach mei- nen Beobachtungen allerdings der Fall, wenn durch exsudalive Entzündung die bereits gebildete Oberhaut ganz abgelöst, und mit den obern Schichten auch die tiefern, mit allmählig an Grösse abnehmenden Zellen, entfernt werden. Es geschieht aber auch, dass nur reife, oberflächliche Epitheliumblättchen und Eiterkü- gelchen, ohne intermediäre Formen, in dem Schleim suspendirt sind, und dann sind die Epitheliumblättchen normal abgeschuppt; die unreifen primären Zellen aus den Schleimdrüsen entleert, also beides physiologische, nicht pathologische Facla. Selbst grosse Mengen von Schleimkörperchen mit geringer Menge von Epitheliumzellen im Auswurf deuten nicht bestimmt auf Entzün- dung, denn die ersteren können aus den. Tonsillen herrühren, wo. sie-in der That. oft in grosser Menge sich anhäufen. (Vgl. Müller’s Archiv. Heft 1. p. 111. — Ueber Schleim- und Ei- terbildung. p. 19.) Den Mucus unterscheidet man chemisch vom Eiter dadurch, dass jener in Wasser unlöslich ist und von Essigsäure gerinnt, dieser im Wasser sich zertheilt und von Essigsäure aufgelöst wird (Vogel, über Eiler etc. p. 107.). Dieses verschiedene Verhalten rührt von den mikroskopischen Elementen beider XXX Substanzen her, da die Zellen der obersten Schichten des Pfla- sterepithelium in Essigsäure unlöslich sind. Eine chemische Analyse des eigentlichen Schleimsaftes im Vergleich zum Ei- terserum gehört noch zu den Desideraten. Die Anwendung des Aethers, der das Fett des Eiters auflöst, um Eiter von Schleim zu unterscheiden, schlägt auch Vigla *) vor. (Vgl. den vorigen Jahresbericht p. XVII.) Vigla unterscheidet von dem puriformen Schleim mit Schleimkörperchen einen physio- logischen Schleim, der zwar auch beim Filtriren des Urins auf dem Filtrum bleibe, aber keine mikroskopischen Partikeln eut- halte. Man darf wohl noch an der Richtigkeit dieser Beob- achlung zweifeln. Der Eiter enthält ausser den unreifen primären Zellen noch andere, minder constante Elemente. Die gewölnlichsten sind ebenfalls Zellen mit Kernen, die zwar in der Entwicke- lung weiter fortgeschritten und grösser sind, deren Kern aber doch noch durch Essigsäure in die kleineren Körperchen ge- spalten wird; ferner grössere Zellen, welche Fett oder Pigment oder körnige Substanzen anderer Art in ihrem Innern erzeugt haben. Fetthaltige Zellen sah Ref. (p. 33.) in den gekochten Sputa bei Nasen- und Bronchialcatarrh. Die verschiedenartig- sten gefüllten Zellen kommen im Eiter aus Tuberkeln und Ge- schwülsten vor. Darüber s. unter „Geschwülste.* Nach Gluge (a. a. O. p. 23.) ist im Schankereiter den Eiterkügelchen constant „eine weissliche, zusammenhängende, gruppenbildende Masse beigemischt, welche die Menge der Ei- terkügelchen bedeutend überwiegt.“ Feinkörnige, faserige Sub- stanz, coagulirter Faserstoff, kommt in vielen- Arien von Eiter vor. { Kristalle finden sich oder bilden sich im Eiter, wie in allen thierischen Flüssigkeiten. Gluge hat seine schon früher besprochenen Beobachtungen darüber zusammengestellt (a.a. O. . 87— 97.) 4 Auch Infusorien sind im Eiter, wenn derselbe einige Zeit slagnirte, nicht selten, besonders Vibrionen und Monaden. R. Wagner ”) fand Colpoda cucullulus im Eiter eines Lip- penkrebses. Gulliver ***) theille der Roy. Society Experimente und achlungen mit, durch welche die häufige Anwesenheit von Eiter im Blut als Ursache allgemeiner Zufälle bei Entzün- dung und Eiterung nachgewiesen werden sollte. Dies geschah *) Etude mieroscopique de Vurine, in l’Expörience, No. 42. Dechre. 1837. **) Beiträge zur vergleichenden Plıysiologie, Hft. 2. p. 42. **) Johnson, review, October, — Philos. Magaz. Sept. Müller’s Archiv. 1839. c XXAIV miltelst mikroskopischer Untersuchung. Die Krankheitsfälle, in welchen Eiterkügelchen im Herzen gefunden wurden, wa- ren confluirende Pocken, Kindbettficber, Erysipelas, Phthisis, Entzündungsfieber u. A. — Vgl. Gluge a. a. 0.9.78. Bei der Caries durchläuft nach Valentin *) der Knochen die Reihe von Veränderungen rückwärts, durch welche der Callus sich in Knochen verwandelt. Die voilen Knochenkör- perchen und Strahlen verlieren ihre Füllung, die Strahlen sind als leere Spalten oder gar nicht mehr zu erkennen, wäh- rend die eigentliche Knochenmasse granulirter wird, aber noch viel Kalk enthält. Später entwickelt sie bei Einwirkung von Säuren keine Kolilensäure mehr; sie wird weich, faserig, mehr membranös, und löst sich zuletzt entweder ganz auf, oder wird in unscheinbaren, mikroskopischen Stücken mit dem Kno- cheneiter ausgestossen. Dieser Droncss der Rückbildung er- streckt sich indess nur über geringe Ausdelnungen von mi- kroskopischer Grösse, während dieht benachbarte Knochen- blättehen ihre normalen Charaktere behalten. Der eonsolidirte Callus zeigte in einem Fall fast genau dieselbe Menge an Kalk- salzen, als der benachbarte gesunde, der letztere enthielt aber elwas mehr phosphorsauren und etwas weniger kohlensauren Kalk. Eine Exostose gab 8,77% weniger Asche, als der ge- sunde Knochen, und in dieser wieder weniger phosphorsauren und mehr kohlensauren Kalk. Aus 3 Analysen cariöser Kno- chen in verschiedenen Entwickelungszuständen der Krankheit schliesst der Verf., dass bei der Caries zuerst die Kalksalze verschwinden, während die übrigen Aschenbestandtheile fast unverändert bleiben, und zwar so, dass das Blut zuerst die Phosphorsäure aufnehme (weil in der Asche die Menge des kohlensauren Kalks relativ erhöht ist), worauf der Kalk als organisches Kalksalz zurückbleibe. Die Phosphorsäure tritt nach Valentin’s Vermuthung unmittelbar an die Magnesia, die im gesunden Knochen wahrscheinlich als kohlensaures Salz vorhanden sei, um mit ihr phosphorsaure Magnesia zu bilden. Gegen die Annahme einer Resorption necrotischer Kno- chenstücke oder einer Auflösung derselben durch Eiter erklärt sich Gulliver °*) (Vgl. den vor. Jahresb. p. XXIX.). An Knochen, die nach Amputation necrolisch geworden waren, fand er nach Monaten die Schnittfläche, auf welche die Säge gewirkt hatte, unverändert. In 19 Versuchen fand sich con- stant, dass Knochenstücke, in eiternde Wunden gebracht, nach *) Repertorium p. 295. **) Medieo-chirurg. transact. Vol. XXI. p. 1—19. AXXKV lingere Zeit (bis 4 Monate) keinen Gewichtsverlust erlitten halten. Larrey *) hat der Academie Präparate vorgelegt, welche beweisen, dass Schädelwunden mit Substanzverlust nur von den Rändern der Wunde aus ausgefüllt werden. — Anchylose der Synchondrosen des Beckens nach Fraetur und Entzündung desselben durch äussere Gewalt (bei Anlegung der Zange) Otto, enarratio de rariori quodam plenariae ossium pubis an- eylosis exemplo. ©. tab. Vratisl. 4. (Gratulationsschrift an Dietrich.) { Bouillaud **) führt zur Widerlegung Chomel’s, der den Ausgang des acuten Gelenkrheumalismus in Eiterung läug- net **), einige alte und neue Krankheitsfälle an, in denen allerdings Eiterbildung Folge dieser Krankheit war. Die Sy- novia der Gelenke war bald diek, trüb, gelblich, bald ent- hielt sie eiweissartige Flocken; in einem Falle fand sich auch Eiter unter den Aponeurosen der Extremitäten. Die Syno- vialhaut war entweder weiss und trocken, oder stellenweise geröthet, Duplay hat die Beobachtungen über Entzündung der Nabelvene gesammelt und einige neue mitgetheilt, die im Ho- spice des enfants-tronves gemacht wurden +). Icterus ist ein nicht seltnes Symptom, Erysipelas kam unter 8 in 3 Fällen, Verhärtung des Zellgewebes einmal vor. Die sonsligen Sym- plome waren rothe Zunge und Mundhöhle, Erbrechen, Diarrhöe, Colik, Spannung und Auftreibung des Unterleibes. Die Krank- heit begann zwischen dem 2ten und 42ten Tage nach der Ge- burt. - In den Leichen sah man Spuren der Entzündung an der Vene vom Nabel bis zum Eintritt in dieLeber. In einem Fall war die Pforlader auf dieselbe Weise affieirt, in einem andern waren auch die Verzweigungen der Nabelvene, die in die Leber eindringen, mit entzündet, und es fanden sich me- taslalische KEiterheerde in den Lungen, im Gehirn, an ver- schiedenen Stellen des Körpers im Zellgewebe, in den Gelen- ken. Metastalische Abscesse der Leber, die sonst so gewöhnlich sind, wurden nicht beobachtet. Schönlein’s Anregung verdanken wir eine interessante m— a *) Compte rendu, 8. Janv. **) experience. No. 71. 72. **) Lesons sur le Rhumatisme et Ja goutte, roeneillies par Re- quin. Paris, 1837. +) L’experienee. No. 46 AXXVI Arbeit über die Entzündung der Pfortader von Baczynski°). Ausgehend von einem vollständig beschriebenen Falle, den Schönlein ihm aus früherer Erfahrung mittheilte, stellt der Verfasser die geringe Zahl verwandter Beobachtungen zusam- men und conslruirt danach folgendes Bild der Krankheit. Die Entzündung der Pfortader trilt acut und chronisch auf. In der acuten Form unterscheidet man deutlich, in der chroni- schen weniger bestimmt ein Stadium inflammatorium und ty- phosum. Das erste Stadium zeichnet sich aus durch anhal- iende Schmerzen in der Regio epigastriea und hypochondriaca dextra, die wie Colikschmerzen paroxysmenweise zunehmen. Sie werden durch Druck vermehrt und breiten sich allmählig über den Unterleib aus, Vermehrte Wärme im rechten Hy- pochondrium. Unterleib gespannt, anfangs zuweilen eingezo- gen, hart. Die äussern Venen der Bauchwände, welche bei Verschliessung der Pfortader einen Collateralkreislauf einleiten, und das Venenblut in die V. mammariae inlernae und axilla- res ergiessen, sind strangförmig angeschwollen, zur Stärke eines Rabenkiels und mehr. Dabei Fieber, erst Schauder und Frost, dann Hitze, beschleunigter, weicher, schwacher, kleiner Puls, irockne, turgeseirende Haut, heiss, besonders am Unler- leib, trockne, weissbelegte Zunge, Eingenommenheit des Ko- pfes, Ekel, Würgen, Erbrechen grüner, schwarzer Massen. Bald treien Störungen des’ Atlımens ein von Degeneralion der Lunge, die nie fehlt. Allgemeine Gelbsucht. Im Stadium iyphosum verliert sich der örtliche Schmerz und die Hitze. Die Kranken fühlen Pulsation in der Bauchhöhle, als ob Alles darin lebe, sich bewege. Der Unterleib schwillt mehr. Das Erbrechen schwarzer, theerartiger Massen dauert fort. Russi- ger Beleg der Zunge, der Nasen- und Mundschleimhaut. Zu- nehmende Schwäche mit Zeichen des nervösen und putriden Zustandes. Kurz vor dem Tode Entleerung von schwarzem Blut durch den After. Bei der chronischen Form fehlt der Schmerz in der Lebergegend nicht. Ieterus, Ausdehnung der Unterleibsvenen, wie in den acuten Krankheiten, Dyspepsie, galliges Erbrechen. In dem von Schönlein beobachteten Falle zeigte die Leichenölfnung Tuberkeln in der Lunge (durch Eiter im Capillarsystem derselben erzeugt), 14 Maass seröse Flüssigkeit in der Bauchhöhle. Die untere Holılvene ausge- dehnter und leichter zu zerreissen, als im Normalzustande. Magen erweicht, Duodenum und Diekdarm normal; Heum und Jejanum injieirt, dunkelroth, ihre kleinen Venen varikös an- geschwollen. Mesenterialdrüsen geschwollen, injieirt. Milz um das 3—Alache vergrössert, strotzend von Blut. DieLeber *) De venae portaram inflammatione. Turici. 8 AXXVIU gesund. Aus der geöffneten Pfortader floss eiterige Materie; alle in dieselbe mündenden Venen, die V. coronaria ventrieuli ausgenommen, übermässig ausgedehnt, von Blut erfüllt. Die Ausdehnung ist theils gleichförmig, theils varikös. Das Zell- gewebe der Capsula Glissonii fest, verdickt. Noch bestimmtere Residuen der Entzündung der Pfortader, falsche Membranen, Friabilität der innern Haut, kamen in andern, aus den Schrift- stellern angezogenen Fällen vor. — Ueber die Aetiologie der Krankheit sind die Mitiheilungen des Verf. etwas mehr hypo- thetischer Natur. Es ist aus der Analogie mit äussern Venen leicht zu schliessen, dass Krankheiten der Leber sowohl, als der Eingeweide, aus denen die Pfortader entsteht, secundär Entzündung der letztern veranlassen müssen. Ob eine primäre Entzündung durch Spirituosa, durch Metastasen von Exanthe- men möglich sei, scheint zweifelhaft. Nicht unwichlig ist ein Fall, der für Fortpflanzung der Entzündung von der Nabelvene auf die Pfortader, bei Neugeborenen, spricht. Der Verf. sieht sich dadurch veranlasst, den Ieterus neonnatorum als Symplom der vorliegenden Krankheit zu betrachten. Mehrere Fälle von Phlebitis der untern Extremität mit Erythem derselben. J. Wilson in Lond. med. gaz. Apr. p- 96. 135. — Phlebitis nach Amputationen. Duplay, in PExperienee. 1837. Deebre. No. 9. Die Ansicht, dass Eiterbildung in den Venen der Grund der fieberhaften Zufälle und Metastasen bei Eiterungen sei, bekämpft Tessier *). Der Eiter werde in den Venen immer durch die falschen Membranen eingeschlossen, die sich gleich zu Anfang der Entzündung bilden, und könne daher nieht eireuliren; die Annahme erkläre nieht den Verlauf und die or- ganischen Störungen des Eilerungsfiebers. Ob sie besser er- klärt werden durch die alte, durch ihn aufgefrischte Iypo- ihese von einer Diathese purulente, einer Neigung des Blutes sich in Eiter zu verwandeln? 0. ©. Steinrück °*) hat die Regeneralion der Nerven zum Gegenstand seiner Untersuchungen gemacht. In einer sehr vollständigen historischen Einleitung (m 9— 29.) giebt der ‚eine Uebersicht der verschiedenen Methoden, welche bis- her angewandt worden, um die Frage über die Regeneralion der Nerven zu lösen, und der daraus gezogenen Resultate, Seine eignen zahlreichen Versuche, am N. vagus, hypoglossus, infraorbitalis und isehiadieus von Kaninchen und am Schen- kelnerven von Fröschen angestellt, folgen alsdann p. 30— 65. *) Wexpirience, No. 43. 48. 50. 59. 60. 62. **) De nervorum regeneralione. Diss. inaug. physiol. Berol. acced. duae tabb. aeneae. 4. AXXVII Diese Versuche sind bei der Sorgfalt, mit ‘der sie angestellt und die Folgen der Operation bemerkt wurden, auch in an- derer Beziehung interessant. Ein wichtiges Faclum ist z. B. die öfters beobachtete Verunslallung der Nägel, welche bei Kaninchen auf Durchschneidung des N. ischiadieus folgte, das Ausfallen der Spürhaare nach der Section des N. infraorbilalis. Die Ergebnisse für die Reproductionskraft der Nerven stellt ‚ler Verf. selbst am Schlusse zusammen (p. 65—76.). Dass eine Regeneration in den meisten Fällen statt findet, wenn die Nervenenden nicht zu weit von einander abstehn, oder audre Zufälle dieselbe hindern, wird durch diese Versuche, wie durch so viele frühere, dargelhan. Die Zeit, welche zur vollständi- gen Herstellung der Nervenfasern und ihrer Function erfordert wird, ist verschieden. In einem Versuche kehrte dieselbe, wiewohl unvollkommen, schon nach 5 Wochen zurück. Aber selbst nach 3 Monaten und mehr zeigten sich zuweilen die ersten Spuren wiedereintretender Thätigkeit. Hinsichtlich der Weise, wie die Reproduction geschieht, ist den bisher bekannten Thatsachen wenig hinzugefügt; Während der Entzündung und Exsudation, wenn die Nerven- enden mit den benachbarten Theilen und unter sich durch die- selbe verbunden werden, wird der verletzte Theil ruhig ge- halten, weil Bewegungen schmerzhaft sind; später, wenn die Entzündung beseitigt, wird die Narbe dureh Bewegungen des verleizien Theils auseinandergezogen, so dass die Zwischen- subslanz, die einige Tage nach Durchschneidung des Vagus höchstens eine Linie lang ist, nach Monalen zu 3— 6" ausge- dehnt wird. Je slärker die Ausdehnung, um so geringer wird der Umfang der Zwischensubsianz. An den Nervenstümpfen entstehm Anschwellungen durch Ablagerung plastischer Lymphe, Gewöhnlich ist die Anschwellung des obern Stumpis grösser, als die des unlern, weil die Gefässe der Länge des Nerven nach meistens vom Hirnende gegen das peripherische Ende verlaufen, und also nach der Durchschneidung dem unlern Theile weniger Blut zugeführt wird. In den ersten Tagen rölhet sich die kuglig hervorgetriebene Marksubstanz, und um- giebt sich mit einem durchsichtigen Exsudat. Dieses verbindet beide Nervenenden, wenn ihr Abstand gering ist; im entge- gengesetzlen Fall behält jedes Ende seine eigne Capsel; die Vereinigung erfolgt dann entweder gar nieht, oder langsam durch fortschreitende Ablagerung von Faserstoff, Die Primi- tivfasern sind an der Dürchschnittsstelle rundlich, sonst un- verändert. Die zwischen den Nervenstümpfen abgelagerle Lymphe, welche nach und nach fester wird, ist die Matrix der neuzubildenden Nervenfasern, und kann sich unter gün- sligen Umständen so umbilden, dass sie normalem Nervenge- "XXXIX webe ziemlich gleicht. In den meisten Fällen aber bleibt die Narbe unförmlich, callös, und die Leitung wird nur wieder hergestellt durch einzelne Nervenfasern, welche dieselbe durch- ziehen. Bei unvollständiger Regeneration sahı der Verf.. wie auch Fontana, einzelne Nervenbündel der Stümpfe als weisse conische Fortsätze in die Narbensubstanz hineinragen. Die Nervenfasern verlaufen in der Narbensubstanz, von Zellge- webefäden umsponnen, bald einander parallel, bald kreuzen sie einander. Sie haben ganz das Ausehn normaler Primiliv- fasern. In der 7ten Figur der 2ten Tafel ist der Uebergang der Nervenfasern der Narbe in die Fasern des gesunden Ner- ven deutlich dargestellt, Legroux *) sucht zu beweisen, dass Entzündung immer die erste Ursache der organischen Herzkrankheiten, nament- lich der Hypertrophie des Herzens sei, gegen die noch hier und da herrschende Ansicht von Corvisart, welcher Iypertro- phie für Folge vermehrter Ernährung des Herzens durch an- haltend gesteigerte Thätigkeit hält. Er schreibt ausserdem den Verknorpelungen, Verknöcherungen ete. einen inflammatorisc hen Ursprung zu. — Tourdes über Endocarditis in Recueil de me- moives de medeeine, de chirurgie et de pharmacie militaires. T. XLIL p. 11. Bronchialpolypen (Faserstofleoneremente von der Form des Lumens der hi ausgehustet in chronischer Bron- chitis. J. North in Lond. med. gaz. May. p. 330. Ueber Entzündung des Blinddarms. Albers Beobachtun- sen auf dem Gebiele der Pathologie. Th. I. Bonn. (Acule Typhlitis, Beiirpliie und Typbhlitis stercoralis.) — v. Poın- mer-Esche, Entzündung und Durchbohrung des Processus vermiformis. Casper’s ee No. 40. M. Friedländer, De tubulorum et membranarum e tubo intestinali dejeelione. Diss. inaug. Berol. 8. (Der Verf. be- schreibt 2 Fälle, in welchen von Zeit zu Zeit nach Schmer- zen im Mesogastrium, Auftreibung des Uuterleibs, Dyspepsie, Obstruction ete. röhrenförmige, bis 13” lange und kürzere Membranen ausgeleert wurden von 1— 4" Durchmesser, ein- fach oder nach Art der Blutgefässe verzweigt. Ref., der diese Exerete untersuchte, war der Ueberzeugung, Stücke von zer- sehmitlenen Arterien vor sich zu haben; die Zusammensetzung der mittlern Laut aus elastischen Fasern liess kaum einen Zweilel übrig. Der Verf. kann sich nicht enischliessen, zu glauben, dass die Personen so grosse Stücke Fleisch unzerkaut verschluckt hätten. Kef. hält dies für weniger unwahrschein- *) L’expürience, 4837. Noybre, No. 6. 1838. No, 14. 44. 45. AL lich, als dass im Darme sich dureh Exsudation ästige dünne Röhren aus elastischem Gewebe bilden sollten, und selbst dies zugegeben (da sie vielleicht in den Lebergängen oder dem Duct. Wirsungianus gebildet sein konnten), so kann er sich wenigstens keinen organischen Vorgang denken, welcher zu- gleich die Röhren in kleine Stücke schnitt. Die scharfen Schnittflächen waren an beiden Extremitäten der dickern Röh- ren nicht zu verkennen). In der vierten Lieferung des bereits im vorigen Jahresbe- sicht besprochenen Werks °) giebt Rayer auf 5 Tafeln Ab- bildungen von Nieren, die an combinirter Entzündung des Nierenbeckens und des Parenchyms der Drüse (Pyelo-ne- phrite Rayer) gelitten hatten. Die Symptome dieser Art von Nierentzündung sind aus den Symptomen der Nephritis und Pyelitis zusammengesetzt, daher Schleim- oder Eiterkügelchen im Urin, und zugleich die Charactere des Urins von Nephritis. Die Affection entsteht am häufigsten von den Nierenbecken aus in Folge von Reizung derselben durch Steine, Würmer oder zurückgehaltenen Urin. Wirken diese Ursachen allmäh- lig, so wird das Parenchym der Nieren atrophisch, und ver- schwindet fast gänzlich, ehe es sich entzündet. Die Niere verwandelt sich in einen häutigen Sack mit zelligen Scheide- wänden, und die Eiterbildung findet hauptsächlich in den er- weilerlen Nierenkelchen statt. In der acuten Pyelonephritis da- gegen ist die Nierensubstanz von einer Menge von Eiterpunk- ten infiltrirt. Das Nierenbecken ist wenig ausgedehnt, seine Sehleimhaut injieirt und sondert nur Schleim, nieht Eiter (?!) ab. Dieselbe Lieferung enthält ausserdem Abbildungen von Entzündung des Panniculus adiposus der Nieren und von Nie- renfisteln. Beck beobachtele **), dass die Cataracta capsularis, welche bekanntlich meistens angeboren oder Folge der Ophthalmia neonnalorum ist, häufig zugleich mit einer entsprechenden Trü- bung der Hornhaut oder Descemet’schen Haut besteht. In einem Falle verlief von der verdunkelten Stelle der letztern ein feines, blulführendes Gefäss nach der Iris, und verzweig- ten sich gegen die Insertion in der Iris, welche auf der vor- dern Fläche, nahe dem Pupillarrande sich befand (also da, wo die Pupillarmembran sich von der Iris erhebt). Es war keine einer Pseudomembran ähnliche Grundlage für die Gefässchen vorhanden. Aus diesem Verhalten schliesst Beck, wie schon öfter vermuthet worden, dass der Centralcapselstaar dann enistehe, *) Traite des maladies des reins. Paris. 4837. Fol. **) v. Ammon’s Monatsschrift für Medicin etc. Bd. I. p. 1- XLI wenn beim Bestehen der Pupillarmembran durch congestiven oder entzündlichen Zustand eine Verbindung mit dieser (wenu ich recht verstehe, zwischen Pupillarmembran und Hornhaut, oder zwischen der erstern und der Capsel) veranlasst wird, und wenn die Pupillargefässe nicht zur gehörigen Zeit sich schliessen, so dass die Veteran und Zerreissnng der Pu- pillarhaut nicht zur gehörigen Zeit Statt findet. In dem an- geführten Falle musste die Pupillarhaut sowohl mit der Horn- haut, als mit der Capsel Verwachsungen eingegangen haben. Der Verf. will indess nicht läugnen, dass die Ontaraeta eapsu- laris centralis auch auf andere Weise entstehen könne. — Ueber Regeneration der Linse nach Staaroperationen Retzius in Tidskr. f. Läkare och Pharmaceuter. 1837. Bd. VI. Eine sehr gediegene monographische Beschreibung der Entzündungsformen der Hornhaut des menschlichen Auges gab Schindler in v. Ammon’s Monatsschrift für Mediein ete. Bd. I. p. 266. 413. 512. Das Staphyloma corneae, sowohl das partielle als das to- tale, beruht nach Wharton Jones °) nicht in einer Degene- ralion der Cornea, sondern es wird die durch ein Geschwür der Cornea vorgefallene Iris von einer neu gebildeten Narben- substanz bedeckt, die mit der Zeit stärker wird, und einige Aehnlichkeit mit dem Gewebe einer getrübten Hornhaut hat, Miasmatische und contagiöse Krankheiten. Es liegt jenseits der Grenzen dieses Berichts, aus der rei- ehen Literatur über Epidemien und den zahllosen Beschrei- bungen einzelner Krankheitsfälle dasjenige auszuheben, was für die Diagnostik, für die medieinische Topographie oder für den Gang der Seuchen von Interesse sein mag. Nur die Be- obachtungen sollen hier erwähnt und dem wesentlichen In- halt nach mitgetheilt werden, die entweder die Aetiologie der Krankheit, das Wesen der Contagien und des Miasma aufklä- ren, oder für den pathologischen Process der epidemischen Krankheiten von Bedeitaiig sind. “ ” In letzterer Beziehung sind vor Allen Böhm’s Untersu- chungen über die Cholera *) zu nennen, eine Arbeit, wel- eher bereits von allen Seiten die verdiente Anerkennung zu Theil geworden ist. In dem Darminhalte der Choleralei- chen erkannte Böhm die Trümmer des vom Ref. beschrie- *) Lond. med, gaz. Febr. pP: 847. *) Die kranke Darmschleimhaut in der asiatischen Cholera mi- kroskopisch untersucht. Mit 2 Kuplertaf. Berl: 8. . ALH benen Epithelium der Schleimhaut des Verdauungskanals, und danach führte er die Erscheinungen auf einen krankhaft beschleunigten Häutungsprocess des Darmes zurück, den er durch die einzelnen Stadien genau verfolgte. Die Verän- derung der innern Oberfläche ist nicht in allen Gegenden des Nahrungskanals gleich; der Magen leidet weniger, und am we- nigsten der Diekdarm, und im Dünndarm, der meistens in seiner ganzen Ausdehnung ergriffen, ist die Häutung um so slärker, je mehr sie sich dem Ende desselben nähert, so dass sie hier zu beginnen oder doch am raschesten vorzuschreiten scheint. Am obern Theil des Darms bemerkt man meistens schon mit blossem Auge inselartig beschränkte Stellen, die sich durch weisse Farbe und ein lockeres, sammtartiges Ansehn auszeichnen. An diesen lässt sich der erste Schritt zur Ab- streifung der Oberhaut wahrnehmen. Die Zotten erscheinen angeschwollen und verlängert, das Epithelium in seine Elemente, nämlich in die als Cylindri mucosi von mir beschriebenen Zel- len, gespalten. Bald bilden sich hier und da grössere Risse; einzelne dadurch entstandene Partien, die aus einer grössern oder geringern Zahl von Cylindern bestehn, lösen sich scher- benarlig ab; der Zottenkolben wird allmählig dadurch frei, so dass man ihn nur hie und da mit einem Restchen von Epi- iheliam bekleidet findet. Zuletzt steht der nackte Zottenkolben allein noch da, mit vielen dunklern Punkten besetzt, welche der Verf. für Grübchen hält, in welchen die Spitzen der Epi- theliumeylinder festgesessen hätten. (Ich vermuthe, dass es die Zellenkerne sind, welche vielleicht zum Wiederersatz der Oberhaut in der Substantia propria der Darmschleimhaut in grosser Menge vorkommen). Ausser dieser unmittelbaren Ab- blätterung erfolgt aber auch die Abstossung in grösseren Mas- sen, so zwar, dass die Epitheliumüberzüge («der Zotten von der Schleimhaut abgelöst, aber in sich zusammenhängend zu hoh- len Säcken angeschwollen sind. Indem man mit einem feinen Instrumente leise über die Schleimhautfläche streicht, nimmt man die oberen Hälften der Epitheliumscheiden, die nur lose und kuppelartig über den Zottenkolben liegen, mit weg, und man sieht dann, aus dem untern Theil der abstehenden Epi- theliumscheide, wie aus einer weilen Röhre, den Zottenkolben frei hervorragen. Derselbe Process, der sich an den Zotten leicht beobachten lässt, findet auch in den Inlerstitien stalt, und es gelingt, ganze Lamellen des Epithelium abzuziehn, welche an der einen Seite zoltenförmige Ausstülpungen, an.der andern Fläche die Oeffnungen zeigen, die in diese Ausstülpun- gen führen. Nachdem die @berhaut abgelöst, und eine wunde Fläche zurückgeblicben ist, schreitet die Zerstörung in der eignen Sub- ALINI stanz der Mucosa weiler fort. Die Zolten werden dünner und schlaffer; durch eine Art Macerationsprocess spalten sich ihre kolbigen Enden und laufen in ein faseriges Wesen aus, durch dessen Zunelmen sie allmählig bis zur Basis verzehrt werden. Der Darm, der auf unregelmässig abwechselnden Stellen in dieser Art verändert ist, gleicht einem abgenutzten Fell, in dem stellenweise die Haare geschwunden sind. Der höchste Grad der Zerstörung findet im Ende des Ileum statt, wo auch die Lieberkühnschen Drüsen verschwinden, und die Schleim- haut sich in eine schrundige, querrissige Fläche verwandelt. Der ganze Process aber erfolgt oft so rasch, dass Kranke, die am Morgen höchstens über eine unruhige Bewegung des Dar- mes klagten und am Mittag starben, bei der Section schon eine liefere Zerstörung der Darmschleimhaut zeiglen. Die Trümmer des Epithelium sind es, welche, mit den exsudirten Flüssigkeiten gemischt, die Darmcontenta bilden, Wenn diese eine Zeitlang ruhig im Glase stehn, so senken die mikroskopischen Bestandiheile sich zu Boden. Die Contenla erscheinen milchig, wenn die Menge des Secrets im Verhält- niss zu den Elementen des Epithelium gross ist, und diese aufs feinste vertheilt sind, sie sehn eiterartig oder rahmig aus, wenn im Gegentheil die Menge der Flüssigkeit zur Menge der festen Bestandtheile gering ist, flockig, wenn die Epi- theliumzellen noch in grösseren Massen zusammenhängen, reisswasserähnlich, wenn ähnliche Flocken in geringer Anzahl in trüber Flüssigkeit schwimmen, hafergrützähn- lich, wenn grössere Epitheliumtheilchen von theils weisser, theils graugrünlicher Farbe innig mit einander gemischt, und durch sparsames Secret zu einer Masse von breiiger Consistenz vereinigt sind. Adhärent ist der Inhalt, wenn die Oberhaut sich nieht vollkommen gelöst hat. Diese anklebende Lage ist für exsudirte, plastische Lymphe gehalten worden; dass sie es nicht ist, weist die mikroskopische Untersuchung nach. Schlei- miger Darminhalt ist selten. Er entsteht, wenn die Elemente des Epithelium im Darm angegriffen, aufgelöst werden; je schleimiger die Masse, desto undeutlicher sind die Umrisse der Epitheliumeylinder. In der Flüssigkeit des Diekdarms scheint das Oberhäutchen des Dünndarms aufgelöst zu werden, denn vom Colon an finden sich fast keine Fragmente. desselben mehr, und noch viel seltner sind sie in den Ausleerungen der Kranken. Die gallige Färbung des Darminhalls hängt eben- falls hauptsächlich von den Epitheliumtheilehen ab, die mil Gallenpigment getränkt werden. Die Absonderung der Galle ist im Anfang der Krankheit aufgehoben, aber nur in den acu- testen Fällen erfolgt der Tod, ehe die Gallensecrelion wieder eingeleitet ist; die meisten sterben zu einer Zeil, wo sich die XLIV Galle bereits wieder über einen grössern oder geringern Theil des Dünndarmes verbreitet hat. Tritt der Tod nach einem nervösen Nachstadium und durch Erschöpfung ein, so zeigt sich die Galle sogar gewöhnlich in grossem Ueberlluss. Die Lebergänge sind meistens ganz lecr und vertrocknet; bei der Compression dringt aber eine geringe Menge einer hellgelben Substanz hervor, die ebenfalls zum grossen Theil aus dem Epi- theliumüberzug der Gallengänge besteht. Böhm schliesst dar- aus, dass die Leber ebenfalls krank sei, und zwar an dem patho- logischen Process des Darmes Theil nehme. Allein so lange Zeit nach dem Tode, als die Section menschlicher Leichen Statt finden muss, lässt sich bei allen das Epithelium der Drü- sengänge mit geringer Gewalt hervordrücken, und deswegen scheint mir diese Thatsache allein nicht hinreichend, um Krank- heit der Leber zu beweisen. Dass die Lebergänge trocken sind, der Darm aber so reich an wässrigem Exsudat ist, spricht eher für einen entgegengesetzten Zustand beider Organe und die Stockung der Esllerseeretioft wie aller übrigen wasser- haltigen Ausscheidungen, lässt sich schon allein daraus begrei- fen, dass das Blut durch die Ausschwitzung im Darm den grössten Theil seines Serum verliert. Erbrechen von Galle ist selten und günstig. Gewöhnlich dagegen findet sich in den er- brochenen Massen eine dunkle, fast schwarze, schlammarlige Substanz, welche auch bei der Section zwischen den Runzeln der Magenschleimhaut fest adhärirt. Der Verf, vermuthet, dass dies ein durch die Krankheit eigenthümlich veränderter Gal- lenstoff sei, den vielleicht der Magen statt der Leber vicarii- rend absondere. Er wird durch Acidum nitricum rothbraun, und löst sich in einer Solution von Kali caustieum zu einer grünen Flüssigkeit, ganz ähnlich der Galle. Dies thut aber auch das Blutroth. Das Blut wird, so wie es mit dem Ma- gensaft in Berührung kommt, in eine sehwarze, theerarlige Substanz umgewandelt, deswegen kann auch, wenn überall im Darm Blut ergossen wird, nur im Magen eine solche schwärzliche Masse gefunden werden, wie Böhm sie beschreibt. Ich zweifle daher nicht, dass dieselbe Blut ist, welches durch Riss der Gefässe oder Zerstörung der Schleimhaut über die Oberfläche des Magens sich ergiesst. Blutentleerung nach un- ten, aus dem After, ist, wie Romberg beobachtet, ein ab- solut letales Zeichen, weil es einen hohen Grad der Blutver- derbniss bezeichnet. Das Blut tritt theils aus zerrissenen Ge- fässen aus und man findet auch Blutkügelchen, obgleich sel- ten, sowohl im Darminhalt, als in den blutigen Stühlen. Die Schleimhaut ist an einzelnen Stellen durch Eechymosen auf- gewulstet und unterlaufen, und aus solchen Stellen dringt das Blut, wenn man sie abgetroeknet hat, von Neuem wie aus ALV einem Schwamme hervor; in andern Fällen, und namentlich an den Zotlen, ist die ganze Substanz gleichmässig von Blut getränkt. Die Ausleerungen Cholerakranker sind in der Regel was- serhell, nur selten in der ersten Periode noch einigermaassen gallig gefärbt. Ausgezeichnet sind sie durch weisse, oft sehr grosse Flocken, welche nicht mit denen des Dünndarminhalts in Leichen zu verwechseln sind. Die abgegangenen Flocken bestehn aus sehr feinen, halbdurchsichtigen, langen Strängchen von elastischer Consistenz. Sie schliessen zuweilen mechanisch kleine Crystalle ein, und der Verf. hält es deshalb für wahr- scheinlich, dass sie durch Coagulalion eines Stoffes entstehn. Der Beschreibung und Abbildung nach zu urtheilen, ist es mir in der That höchst wahrscheinlich, dass diese Flocken Faserstofigerinnsel seien. Es lässt sich wohl annehmen, dass sie unmittelbar aus dem exsudirten Blutwasser sich bilden. Eine ähnliche rahmartige Masse, wie im Darm, findet sich auch in den Nierenbecken, in den Ureteren und der Blase, und wird, wenn bei wiederkehrender Gesundheit die Harnab- sonderung sich herstellt, mit dem Urin entleert. Auch diese besteht aus Fragmenten des Epithelium der verschiedenen Re- gionen der Harnwege. Zugleich mit dem Epithelium-Ueberzug der Darmzollen stösst sich auch die Epithelium-Auskleidung der Lieberküln- schen Drüsen ab; sie trilt in Gestalt kleiner Röhrchen aus diesen hervor und füllt auf der Oberfläche des Darmes die Räume zwischen den Zotten aus. Die Beschaffenheit der solitären und Peyerschen Drüsen zu beurtheilen, war der Verf. vor andern durch seine frühern Untersuchungen über diesen Gegenstand berufen *). Ihre Ver- *) Es sei mir bei dieser Gelegenlieit eine Bemerkung über den Bau dieser Drüsen und der Drüsen überhaupt gestattet. Bekanntlich stellen nach Böhm’s Beschreibung die Brunnschen und Peyerschen Drüsen vollkommen geschlossene Capseln dar, die dort isolirt, hier zu Haufen vereinigt unter der Schleimhaut liegen und mit Schleim- körnchen gefüllt sind. Um den Rand der Capsel fand Böhm einen Kreis von Oefluungen, von welchen Canälchen ausgehen, die an der Seite der Capsel herablaufen, ahne sich in dieselbe zu öffnen. Krause (Müller’s Archiv 4837. p. 7.) dagegen sah zuweilen, wiewohl sel- ten, in der Mitte der Capseln eine Öeffnung,, die in die Höhle der- selben führt und giebt auch an, dass die Röhrchen, die von den kreisförmigen Oeflnungen ausgehn, die Capsel schief durchbohren und also wirkliche Ausführungsgänge derselliän seien. Ich habe es nach einer Bperlines nicht grossen Zahl von Untersuchungen immer so gefunden, wie Böhm es beschreibt, doch glaube ich auch nicht, XxLV änderungen in der Cholera beruhen auf 2 verschiedenen Vor- gängen, von denen der erste in der Oberfläche der Schleim- dass Krause sich geirrt hat. Das von Böhm beobachtete Factum nämlich, dass drüsige Körper der Schleimhaut des Auslührungsganges enlbehren, ein Faetum, welches die Bedeutung der genannten Organe zweifelhalt machen musste, steht keinesweges isolirt da. Ich kenne last keine Schleimhaut, unter welcher nicht grosse, eben mit blossem Auze sichtbare, zuweilen wasserhelle, zuweilen mit Schleimkörnchen gelüllte Zellen bald bier, bald da vorkommen, die, wie ich nicht zweille, an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten enistehn können und entweder mit der Bildung der Oberhant oder mit der Secretion der Schleimhäute in Beziehung stehn. Schleimhäute, die man für ganz drüsenlos hält, sind stellenweise mit solchen Körper- chen besetzt. Diese sind rund oder oval, vollkommen geschlossen unı ihre Haut ist ganz structurlos, also eine wahre Zellenhaut. Die- selben Körperchen machen aber auch die wesentliche Substanz, das eigentliche Parenchym. aller wahren Schleimdrüsen, ferner auch der Speicheldrüsen, des Panereas, der Thränendrüse aus, und vielleicht auch noch andrer, deren Bau mir noch nicht ganz klar werden wollte. Jeder Acinus einer sogenannten einfachen Schleimdrüse, z. B. der Lippen oder Wangen (solche Drüsen sind nicht weniger zusammen- gesetzt und nicht anders gebildet, als die conglomerirten Speichel- drüsen) besteht aus einer Masse grösserer und kleinerer Zellen der beschriebenen Art, theils mit körnigem Inhalt, Iheils mit vollkommen ausgebildeten Schleimkörnchen gefüllt. Durch Zellgewebe, vielleicht auch wieder durch eine stracturlose Haut, werden diese gefüllten Zel- len zu einem runden Körper, dem Acinus verbunden und sitzen an einem kurzen Stiel, der letzten Ramilicarion des Ausführungszanges, der aus kreislörmig geordneten Zellgewebelasern geformt, und innen mit einem feinen Pflasterepithelium überzogen ist. Die Blutgefässe verbreiten sich auf den Acivi und zwischen den Ausführangsgängen, und diingen nicht in die Zellenein. Es kann nicht anders geschehn, als dass die gefüllten Zellen der Acini entweder platzen und dadurch mit dem Lumen der Ausführungsgänge in Verbindung treten, oder dass die Zellenmembran, wenn sie eine gewisse Ausdehnung erreicht hat, aufgelöst wird, wodureh dann die Schleimkörperchen, und was die Zelle sonst enthielt, sogleich frei in dem Ende des Auslührungs- ganges liegt. Man kann daher diese Drüsen so beschreiben, dass der Auslührungsgang in blinde Anschwellungen ende, allein diese blinden Enden sind nicht hohl, gleich dem Ausführungsgang, sondern mit der wahren Drüsenmasse erfüllt. Die Bildung dieser Drüsen giebt zugleich eins der evidentesten Beispiele von Entstehung von Zellen in Zellen, die Schwann bis jelzt in thierischen Körpern nur an den Knorpeln nachgewiesen hat. Im Wesen übereinstimmend mit diesem Bau ist der Bau der Ma- genschleimhaut, wie ihn Wasmann’s Untersuchungen (de digeslione nonnulla. Diss. inaug. Berol. 1839. 8.\ aufgeklärt haben. Die Schleim- haut des Magens in der Gegend der grossen Curyatur bestcht nämlich aus eigenlhümlichen, soliden Säulen, und diese sind zusammengesetzt rt ul un XLVI haut, der andere in der Zellgewebeschicht unter derselben sei- nen Sitz hat. Die Schleimhautfläche der Peyerschen Drüsen wird zerstört, die kleinen Capseln exuleeriren, öllnen sich und verschwinden bis auf ihren äussersten Rand. Die Höh- aus Zellen; der Inhalt der Zellen ist in der Tiefe feinkörnig; in den oberllächlichen Lagen besteht er aus deutlichen kleinen Zellen mit Cy- toblast, und man sieht, wie diese von unten nach oben allınählig sich entwickela und an Masse gegen die feinkörnige Substanz zunehmen. Die Wände der äussern oder Mutterzellen aber werden gegen die Oberfläche des Magens hin immer weiter und dünner, so dass die obersten Schichten fast allein aus den secundären, ohne bestimmte Ordnung zerstreuten Zellen (Schleimkörnehen) zu bestehn scheinen. Die Substanz dieser Säulen enthält das Verdauusgsprineip und Was- mann hält es für unzweifelhaft, dass von ihnen die Absonderung des Magensaltes abhänge. Die Stellen, wo diese Säulen sitzen, findet Wasmann noch von einem Cylinderepithelium überzogen, welches sich während der Verdauung abstosse. Darnach sind wohl meine frühern Angaben über die Magenschleimhaut zu berichtigen, welcher ich an den genannten Stellen ein Pllasterepithelium zuschrieb, wahrschein- lich weil ich sie beim Menschen nur unter Verhältnissen sah, wo das Cylinderepithelium durch die Verdauung oder Fäulniss abgelöst war, worauf die secundären Zellen aus den Wasmann’schen Säulen mir als Epitheliumzellen erschienen. n diesen Beobachtungen haben wir einen Beweis, dass auszu- sondernder Stoff sich in geschlossenen Höhlen oder Zellen bilden muss, um durch Auflösung oder Zerreissung der Zellen an die Oberfläche zu gelangen. Dies auf die Peyerschen und Brunnischen Drüsen ange- wandt, so hat Böhm sicherlich Ein Stadium ganz richtig beobachtet, und Krause ein anderes, und der letztere vielleicht nur darin geirrt, dass er, was er hier und da gefunden, für etwas Allgemeines hielt. Böhm’s Corona tubuloram entspricht also wahrscheinlich den Aus- führungsgängen der Schleimdrüsen. Die Röhrchen sind, wie diese, blinde Gänge, die nur zu gewissen Zeiten mit dem Lumen der Cap- seln in Verbindung treten. Es ist ein sich Entgegenkommen der Drüse und des Auslührungsganges, die sich im Kleinen nach demselben Schema wiederholt, welches wir im Grossen an den innern weibli- chen Genitalien kennen. Auch hier entsteht das Secret, der Keim, in einer geschlossenen Zelle; der Ausführungsgang endet entlernt von derselben, und nur zu Zeiten verbinden sich beide, damit der Eier- leiter den Inhalt der geplatzten Zelle aufnehme. Auch die Bedeutung der Blutgefässdrüsen erhält durch diese Be- merkungen einiges Licht. Da der Auslührungsgang nicht das We- sentliche der Drüsen ist, so hindert auch nichts, diese Organe für wahre Drüsen zu halten. Die Substanz, die sich in den Zellen derselben bildet, könnte auf dieselbe Weise, wie dort in die Ausführungsgänge, hier in die Blutgefässe gelangen. Vielleicht ist sie aber auch nur be- stimmt, durch die Wände der Capillargelässe hindurch auf das Blut einzuwirken, ihm aufgelöste Stoffe za entziehn, oder nene beizu- mischen, AXLYII len der Capseln werden dadurch zu kleinen Grübchen, und die Oberfläche der Peyerschen Drüsen maschenarlig oder netz- förmig. Zugleich wird das Zellgewebe unter denselben von einem weissen, plastischen Exsudat erfüllt und daher aufge- wulstet. Doch erreicht diese Veränderung in der Cholera nie- mals den Grad, wie beim Typhus abdominalis. Eine dritte Formveränderung der Peyerschen Drüsen besteht darin, dass sie sich an der Oberfläche mit vielen, dicht neben einander liegenden, gewundenen Fältchen besetzen; sie kömmt der Re- gel nach nur bei jüngeren Subjeeten vor, und wird erklärlich durch das Ansehu der Peyerschen Drüsen beim Kinde. Die Falten der Oberfläche, welche hier normal sind, werden spä- ier durch Verdickung und Aufwulstung der Oberfläche wieder sichtbar. Auch die Brunn’schen Drüsen werden durch Ex- sudation in die Zellgewebeschicht unter denselben gehoben, so dass sie zuweilen, wie auf einem Stiele sitzend, die übrige Schleimhaut weit überragen. Böhm hat sich aller Vermuthungen enthalten über das Wesen des Processes, den er so sorgfältig in seinen Erscheinun- gen verfolgte. Aber ich sehe, dass der von ilım gewählte Aus- druck „einer excessiven Häutung“ zu Missverständnissen Anlass giebt. Man würde allenfalls unter den Krankheitsprocessen der äussern Haut die Pityriasis eine excessiveHäutung nennen können, weil hier Oberhaut im Uebermaasse gebildet, und eben so im Uebermaasse abgestossen wird, nicht aber die Trennung der Oberhaut von der Cutis durch ein Blasenpflaster, wenn da- nach eine wunde Stelle zurückbleibt. Mamit aber hat der Process, wodurch das Darmepithelium entfernt wird, die grösste Aehnlichkeit, und Böhm hat ihn selbst an mehre- ren Stellen so verglichen. Der Grund der Häntung ist me- chanische, also passive Ablösung der Oberhaut durch das Exsudat, und die Exsudation ist das Wesentliche der Krank- heit. Diese kann aber auf doppeltem Wege veranlasst sein: entweder durch eine primäre allgemeine Umänderung des Blu- tes, wodurch es dünnflüssiger wird oder durch örtliche Stok- kung und Umwandlung desselben in Folge eines Processes, den wir Entzündung nennen. Das erste ist deshalb unwahr- scheinlich, weil der Process allein auf den Verdauungskanal beschränkt bleibt, da doch die innere Fläche der Lunge und vieler andrer Organe nicht minder delicat gebaut ist. Für die zweite Ansicht sprechen aber auch die Symptome der Krank- heit und andere von Böhm angegebene Resultate des Leichen- befundes, namentlich die Gefässinjeetion, die immer mit der Häutung gleichen Schritt hält (p. 2.), die Tränkung der gan- zen Substanz der Zotten mit Blutroih (p. 33.), so dass die Grenzen der Gefässe verschwinden, eine Erscheinung, welche ALIX überall in durchsichtigen entzündeten Theilen wahrgenommen wird. Die Anwesenheit der Faserstoffeoagula in der ausge- schwitzten Flüssigkeit, endlich die Exsudation plastischer Lym- he auch auf die äussere Schleimhautflläche in der Gegend der sten und Peyerschen Drüsen. Alle secundären Sym- ptome der Cholera erklären sich aus dem ungeheuern Verlust an Blutserum, der durch die Darmentzündung so rasch erfolgt, aus der Veränderung des Blutes, die dadurch herbeigeführt wird, und aus der ausgebreilelen Affeetion der Nerven der innern Oberfläche. Diese Umstände wirken nicht anders, wie eine Verbrennung, die sich bis zur Blasenbildung über den grössten Theil des Körpers erstreckt. Die Auflösung der Zotten in der Cholera hat auch Schultze beobachtet °), aber die Bedeutung der kegelförmigen Körper- chen nicht erkannt. An der erwähnten Stelle heisst es, diese hätten aus der Substanz der Zotten herausgedrückt werden können. Semmola**) hat die früher von Namias angestellten Impfversuche mit dem Blute Cholerakranker an verschiedenen Thieren wiederholt, ist aber zu ganz entgegengeselzten Resul- taten gekommen. Von 20 geimpften Thieren erkrankte kein einziges. — Auch Asson hat Versuche an Kaninchen und Hühnern gemacht, sowohl mit dem Blute als dem Pancreas, und den erbrochenen und durch Stuhl entleerten Darmflüssig- keiten Cholerakranker, die er theils impfte, theils injieirte, theils verschlucken liess, ohne Ansteckung zu bewirken ***). Es ist allgemein bekannt, mit welcher Aufopferung Bu- lard seit vielen Jahren die Natur und Verbreitung der orien- talischen Pest studirt. Wir haben einige vorläußge Mitthei- lungen über die Resultate seiner Forschungen erhalten +). Es ergiebt sich daraus, dass die Pest in Aegypten und in Smyrna nicht epidemisch, miasmatisch, sondern nur contagiös sich ver- breitet, obgleich Bulard zugiebt, dass sie sich an irgend ei- nem noch unbekannten Orte unter gewissen endemischen Ver- hältnissen selbstständig ausbilden möge, Impfversuche wur- den an Verurtheilten angestellt, und unter 5 Mal Einmal mit Erfolg. Bulard selbst legt aber kein Gewicht auf dies Re- sultat, da der Versuch nicht rein war, der Geimpfte die Krank- heit auch auf anderm Wege geerbt haben konnte. Im Verlauf *) Koch, de tunieis mucosis. Diss, inaug. Gryphisw. p. 41. *) Omodei Annali. Genn. p. 150. "*) Omodei Annali. Apr. p. 272, -r) Zeitung des Vereins für Heilkunde in Preussen. 4837. No. 35 bis 37. 441—43. — Casper’s Wochenschr. 1838. N, 42. Müller’s Archiv, 1839, ) L der Krankheit nimmt er 3 Stadien an, ‘eine Periode der Ab- geschlagenheit, der Reaction und der Krisis. In der erster Periode sind constant: 1) die Bubonen in der Achsel- und Weichengegend, seltner in der Nacken- und Kniekehlengegend. 2) Petechialfllecke. 3) Carbunkelgeschwülste. Danach unter- scheidet Bulard 3 Formen, die einfache Bubonenpest, Bu- bonenpest mit Petechien und Bubonenpest mit Carbunkeln; niemals sollen diese beiden letzten Formen zusammen vorkom- men. Unter den Ergebnissen der Leichenöffnung sind constant und eigenthümlich nur die Veränderungen der Lymphdrüsen. Die ganze Kette der Ganglien in der Bauchhöhle von der Weichengegend bis zum Zwerchfell hinauf ist angeschwollen, in eine zusammenhängende entartete Masse verwandelt, die von ausgetretenem Blut umgeben ist. Die Substanz der ein- zelnen Ganglien zeigt alle Grade organischer Entartung von der leichtesten Röthung bis zur Eiterbildung, wobei indess die Lymphgefässstämme selbst gewöhnlich ganz gesund erscheinen. Ein ganz entsprechender Zustand findet sich in den Ganglien der Achselgegend unter dem Brustfell hin bis zum Duet. tho- racieus, wenn die Krankheit mehr die oberen Körpertheile er- griffen hat. Fast immer sind die Häute des Verdauungskanals bedeutend erweicht, die Schleimhaut des Magens und Darms mit Schleim überzogen und mit Petechien bedeckt; in einem vorgerücklern Stadium zeigen sieh Ulcerationen im Magen, nie- mals aber im Dünndarm. Dieser ist nicht so deutlich erweicht, seine Schleimhaut zuweilen hier und da mit rothen, mehr oder weniger, oft über einen Raum von 5—6” ausgedehnten er- hobenen Flecken bedeckt, öfter noch in ihrer ganzen Länge mit Peteehien besäel. Sehleim findet man in geringerer Menge; die äussere Fläche ist blassgelblich oder injieirt. Die Blind- darmklappe ist gewöhnlich normal; ‘auch der Diekdarm und die Brunnschen und Peyerschen Drüsen. Die Nieren sind fast immer vergrössert, oft an der ganzen Oberfläche mit Blut unterlaufen. Die Ureteren und Blase normal. Die sympalhi- schen Nerven zeigten in den Fällen, wo sie untersucht wur- den, keine Alteralion. Da die Veränderung der Lymphdrüsen das wesentliche und erste Symptom ist, so ergiebt sich der Schluss, dass die Krankheit von der Resorption eines zerstö- renden Stoffes von der äussern Haut ‘und Schleimhaut aus durch die Lymphgefässe beginne. Es kann die Krankheit sich nicht in den Gefässen selbst durch eine Continuität des Ge- webes fortpflanzen, da die Lymphgefässstämme swischen den Drüsen nieht ergriffen sind, sondern es muss eine Materie ein- geführt werden, welche, durch die Lymphgefässe nur fortge- leitet, in den Drüsen erst ihre Wirkungen entfaltet. Alle übrigen Veränderungen, die Anschwellungen der Venen, Blu- tungen, Peteehien, Erweichung verschiedener Gewebe sind LI Folgen der Veränderung des Bluts von den Lywphdrüsen aus. Das Blut zeigt nie eine Speckhaut; gewöhnlich ist es dick- flüssiger, als im Normalzustand. Meist bildet sich ein unvoll- kommner Blutkuchen in rothem Serum, zuweilen bleibt ‚es ganz flüssig, auf der Oberfläche schwimmen Oeltropfen. Die Frage, ob die Unterleibsganglien im Typhus entzün- det oder sonst verändert seien, wird durch Rey nach sorg- fültiger Prüfung der gesammelten Thatsachen und aus eigner Untersuchung verneinend beantwortet °). Staberoh bemerkt **), dass das masernarlige Exanthem im Typhus oft in spätern Stadien die Form von Petechien an- nimmt, indem die rothen Flecken, welche anfangs unter dem Fingerdruck verschwinden, später dunkler, bräunlich roth wer- den und durch Druck nieht mehr verändert werden. Von wahren Petechien unterscheiden sich diese secundären durch ihre braunrothe Farbe, durch ihre weniger umschriebenen Con- turen und dadurch, dass sie meist über die Hautoberfläche elwas hervorragen, wie die Papeln, aus denen sie sich bilden. Guillot, Recherches analomiques sur Ja membrane mu- queuse du canal digestif dans l’Ctat sain et dans quelques &tats Be eiaihtee, in Vexperience. Dechre. 1837. No. 41. (Der erf. läugnet die Existenz von Brunnsehen und Peyerschen Drüsen (!). Er macht aufmerksam auf den Verlust der Zot- ten an einzelnen Stellen des Darms im Typhus.) — Leichen- befund nach Typhus abdom. Mohr, Beitr. z. patlı. Anat. p. 113,; nach Dysenterie, ebendas. p. 136. Levacher, über das gelbe Fieber in Sainte-Lucie. L’experience No. 54. Die Schleimhaut des Magens verdickt, auröthlich, erweicht und breiig, eben so die des Dünndarms. ie Peyerschen Drüsen unverändert. Leber und Pancreas an- geschwollen. Die Gallenblase voll schwarzer Galle, ihre in- nere Haut verdickt, geröthet, zuweilen erweicht. Heim **) liefert eine sehr dankenswerlhe Zusammenstel- lung aus amtlichen Quellen über die Verbreitung der Pocken und die besondern Modifieationen ihres Verlaufs in Würtem- berg. Wir heben die Beobachtung aus, dass bei einem 8 Wo- chen alten Kinde sich Blattern über den ganzen Körper ver- breiteten, ausgenommen die Stelle der Haut, wo die Nabel- *) Rey, num ganzlia abdominalia inflammata sint aut mutata in typho, quem dieunt, abdominali, Diss inaug. ‚Berol. 8. **) Lond, med, gaz. March, p. 973. "*) Darstellung der Pockenseuchen im Königreich Würtemberg. no* zım Binde lag (p. 51.), ferner dass in 2 Fällen Vaeeinenarben ein Jahr nach der Impfung sich während eines Keuchhustens wie- der zu vollständigen Pusteln ausbildeten. Impfversuche wurden aber nicht damit gemacht. In Würtemberg ist es nicht vor- gekommen, dass ‘der Fötus im Mutterleib von Blattern oder Varioloiden ergriffen worden wäre. — Mit den Crystallformen, welche Gas Pockengift beim Vertrocknen absetzt (salzsaures Ammonium), haben sich Dubois d’Amiens (l’exp£rience. No. 38. 59.) und Fiard und Donn& (ebendas. 57.) beschäf- tigt. Die letztern sahen nichts darin, was sie für Thiere oder Bier hälten halten können. Seit einer Reihe von Jahren hat Ricord *) mit einer selt- nen Ausdauer Thatsachen gesammelt und Versuche unternom- ‘men, um auf dem zuerst von Hunter eingeschlagenen Wege mittelst der Inoeulätion des syphilitischen Giftes die Natur der venerischen Krankheit aufzuklären. Die wichtigen Resul- “alte seiner Untersuchungen, die bisher in einzelnen Abhand- lungen zur öffentlichen Kenntniss gelangten, hat derselbe im vorigen Jahre in einem ausführlichen Werke imitgetheilt *). ‘Versuche, die Krankheit auf Thiere, Hunde, Katzen, Kanin- chen, Meerschweinchen, Tauben zu übertragen, blieben wie bisher erfolglos, und das syphilitische Gift ist demnach ein "lem Menschengeschlecht eigenthümliches (obgleich auch einige “Thiere, namentlich die Pferde, ihre 'specifische Syphilis zu ‘haben scheinen. Ref.). Die Inoculationen unternimmt bekamntlich Ricord auf gesunde Stellen der Haut des Kranken selbst. Er geht von folgenden Sätzen dabei aus (p. 79.): 1) Es kann nach einer venerischen Krankheit und zu jeder Periode derselben wäh- rend ihrer Dauer eine neue Infeetion Statt finden. 2) Nie- -mals entsteht während der Dauer eines primitiven Schankers von $elbst ohne neue Infection ‘oder Einimpfung eine ähnliche Krankheit an andern Körperstellen, ausgenommen inslen Lymph- drüsen, zu welchen das Gift unmittelbar durch die Lymph- ‚gefässe gelangt. 3) Während der-secundären Syphilis kann ‚auch meue Ansteckung Statt finden. 4) Die Häufigkeit der seeundären Syphilis steht in keinem bestimmten Verhältniss zur Menge der gleichzeitig vorhandenen primären Schanker. Niemals haben auch Wunden bei Individuen, die an primärem Schanker litten, einen syphilitischen Character angenommen, wenn sie nicht mit dem contagiösen Eiter selbst benetzt wur- _*) Traite pratique des maladies veneriennes ou recherches eriti- ques et experimentales sur l’inoculation appliquee A Petude de ces maladies. Paris. 8. Luz den. Blutegelstiche am: Penis, deren Uebergang in Schanker so sehr gefürchtet wird, werden nur auf diesem- Wege: zu syphilitischen Geschwüren. Ricord sah, dass einige heilten, andre zu Schankern wurden, je nachdem der Ausfluss der pri- mitiven Schanker sie erreichen konnte oder nicht. Wenn Blut- egelstiche auf Bubonen- zu wirklichen Schankern werden, so ist es wahrscheinlich, dass dieselben von innen nach aussen, von den Lymphgefässen oder dem Eiter in der Tiefe des Bubo infieirt worden seien (p. 83.). Von allen primitiven und secundären Localleiden, die man für syphilitische hält, liefert allein der primitive Schanker einen Eiter, dessen Inoculation ein syphilitisches Geschwür erzeugb (p- 85.), und auch dieser nicht zw allen Zeiten, sondern nur während des. Fortschreitens und Stillstandes der Ulceralion, nicht mehr, wenn die Vernarbung beginnt. Uebrigens hängt die Contägiosität weder von dem Sitz, noeh: von der Vitalität des kranken Organs, noch vom Grade der begleitende»Enizün- dung ab. ' Auf jeder Stelle der Haut kann der primitive Schan- ker wurzeln, und umgekehrt kann keine Art von krankhafter Secrelion an den Genitalien, welcher Geslalt und Ausdehnung sie sei, von selbst zum Schanker werden, und während au dem Finger, der seiner Oberhaut beraubt ist, durch Schanker- eiter ein syphililisches Geschwür entsteht, können die -Ge- schlechtstheile, wenn. sie: überall: unverleizt sind, ungestrafs damit besudelt: werden. In den ersten 24 Stunden nach der Impfung des Schan- kers zeigt sich die Impfwunde nur geröthet; zwischen dem 2ten und‘3ten Tag schwillt sie zu einer kleinen Papel.an, die. von einem rolhen Hof umgeben ist, zwischen dem 3ten und. 4ten erhebt sich die Oberhaut dnrch eine mehr oder minder irübe Flüssigkeit zu einem Bläschen, auf dessen. Spitze. ein: schwarzer Punkt, das eingelrocknete Blut, erscheint; die Se- relion vermehrt sich zwischen dem 4ten und 5ten Tag, wird, eilrig; das Bläschen‘ verwandelt sich in eine Pustel, mit na- belförmiger Verliefung, gleich ‘den Vaceinepocken. Zu dieser Zeit fängt oft der Hof, der bisher aa Ausdehnung zugenom- men halte, an zu verschwinden, aber vom 5ten Tage an in- filtriren sich die tiefern Gewebe durch Ausschwilzung einer plastischen Lymphe; sie werden resistent und hart, fast knor- Bis Zugleich verdickt sich der Eiter und bildet eine rusle. Wird diese nicht entfernt, so wächst sie an der Basis und erhebt sich. in Gestalt eines abgeslutzten Kegels. Wenn sie abfällt oder entfernt wird, so bleibt ein Geschwür zurück, welches auf dem verhärleten Grunde die ganze Dicke der Cu- fis einnimmt, mit weissem oder grauem speckigen Boden und scharf abgeschnitlenen, etwas unterminirten Rändern (p..89.)- Lv Der Eiter aus einer Impfpustel erzeugt ein ähnliches Ge- schwür, u. s. £ Niemals schlägt die Impfung fehl, wenn sie unter den gehörigen Umständen unternommen wird. Bemerkenswerth ist noch, dass nach diesen Beobachtun- gen bei dem geimpften Schanker kein Stad. latentis contagü vorkommt (auch natürliche Schanker kündigen sich oft schon den Tag nach dem Coitus durch eine merkliche Röthung der Haut an; vielleicht wird diese in der Mehrzahl der Fälle über- sehn). Die Induration beginnt erst am 5ten Tage; sie scheint ein Zeichen, dass das Gift sich weiter ausgebreitet hat; auch sind es am häufigsten die indurirten Schanker, welchen secun- däre Symptome folgen (p. 93.). Das syphilitische Gift erhält auch ausser dem Körper eine Zeitlang seine Kraft. Ricord impfte mit Eiter, der 7 Tage lang in Glasröhrehen aufbewahrt worden war. So erhalten also die Fälle von mittelbarer Ansteckung durch Pfeifen, Ab- trilte etc. wieder mehr Glaubwürdigkeit, und es wird sehr wahrscheinlich, dass ein Individuum, ohne selbst angesteckt zu werden, als Träger der Krankheit dienen könne, wovon auch Ricord Beispiele anführt (p. 99.). Da nur der primitive Schanker einen inoeulirbaren Eiter iebt, so ist die Inoculation ein Mittel, um primäre syphilitische eiden von andern zu diagnostieiren. Durch das Hülfsmittel ergiebt sich, dass, wie schon Hernandez aus ähnlichen Ver- suchen gefolgert hatte, Tripper und Blennorrhöen der Scheide nicht Schanker erzeugen, Die Meinung, dass Blennorrhöe Schan- ker mittheile, widerlegt sich durch genaue Exploration der Scheide, welche in solchen Fällen immer die gleichzeitige Exi- stenz eines Schankers nachweist, und es lässt sich schon der Analogie nach vermuthen, dass, wenn Tripperpatienten Schan- ker mittheilen, ein solcher in der Uretra wirklich vorhanden, und selbst Ursache des Trippers ist. Auch die ulceröse Form des Scheidentrippers ist nicht inoculirbar (p. 119), so wenig als der Buboneneiter, wenn die Bubonen in Folge von Trip- per entstehn (p. 132.). — Niemals sollen Zufälle seeundärer Syphilis nach einfachem Tripper entstehn. — Demnach sind das Tripper- und Schankercontagium für 2 verschiedene, spe- eifische, unter der Bezeichnung des venerischen Giftes zusam- mengeworlene Stoffe zu halten, wenn man nicht die Conta- giosität des Trippers läugnen will, was unmöglich ist, oder, wie Ricord, jeden Schleimfluss der Scheide und Uretra, auch den äus mechanischen Ursachen, für conlagiös hält, was mir eben so unstatihaft scheint. Die viel besprochene Frage, ob Bubonen primär (ohne Schanker oder Tripper) entstehn können, wird von Ricord bejaht, indess ist der Eiter dieser Bubonen nicht inoeulirbar, Lv und‘ sie sollen- nicht Anlass zu. seeundärer Syphilis geben. Dann ist aber auch kein Grund, sie für syphilitisch zu hal- ten, und’ dass sie auf einen verdächligen Beischlaf sich ent- wickeln, kann blosser Zufall sein, „alterdu qu’ä un cerlain äge-iln’y a, pas d’affeelion qui ne soit, A larigueur, precedee de cet acte“ (p. 461.). Zu den für primär gehaltenen, meistens aber zu den. se- eundären, syphilitischen Affeetionen gehören auch die Condy- lome, Auch die Impfung ihrer Secretionen bleibt ohne Erfolg. Dennoch giebt auch Ricord ihre Contagiosilät zu: „par un proced& vital’ insaisissable.“ Hinsichtlich der eigentlich secun- dären syphilitisehen Seerelionen von Geschwüren, Ausschlägen u. dgl. bestätigt der Verf. die Angaben von Hunter u. A., dass sie durch Inoculation nicht fortgepflanzt werden können. Der Schankereiter behalte seine virulenten Eigenschaften nich! über die nächsten Lymphdrüsen hinaus; sie würden vernichtet, sohald er dem Blute zugemischt sei (p. 162.). Alquie’s Versuche stimmen in allen Punkten. mit denen von Rieord überein *). Pauli **) macht ein Paar Fälle einer der Syphilis ähnelu- den: Krankheit beier Rindvieh bekannt. Zwei Stiere hallen einen eondylomarligen Auswuchs am Penis, und alle Kühe, die- von. denselben besprungen waren, bekamen einen. schlei- migen Auslluss aus den Geuilalien, der sieh indess gewöhn- lich nach einigen Wochen wieder von selbst verlor. Lavini hat eine ausführliche chemische Analyse des Rotz- gifles, d.b. des eitrigen Ausflusses aus der Nase rotziger Pferde milgetheilt **), die aber schon deshalb unbrauchbar ist, weil der Eiter oflenbar mit einer grossen Menge Blut gemischt war, Rossi übertrug die Krankheit auf Hunde, indem er sie mit dem, Rotzeiler gemengtes Wasser saufen liess. Alle starben, ausgenommen diejenigen, welche er einigemal des Tags oxy- genirtes nilromurialisehes Gas. allımen liess (!?). — Rayer, de la morve et du farein chez U’homme, Paris. 4837. 4. Zu- sammenslellung der bekannten Fälle und dadurch Beweis, dass die Rotz- und Wurmkraukheit nicht: nur auf Menschen über- geh, sondern auch eine Krankheit von specif. Verlauf, erzeugt. gl. Rayer in l’Experieuee. No. 70. *) Gazelle med, No. 40, 41. *) v. Ammon’s Monatsschr. Bd. I. p. 457. *"), Ikossi, Analisi della materia purulenta provenienle dalle ca- vita nasali di cavalli alfetti da morva, con esperienze di questa ma- lattia nei cani. Torino. LVvI Sundevall, über Krätzmilben. In Physiografiska Sillsk. Tidskr. 1837. Heft 4. p. 28. Taf. 1. Fig. 1—12. Eine neue Art, A. pygoceros auf Gracula rosacea. Die Ann. des sc. nat. T.IX. p. 1ff. enthalten einen aus- führlichen Bericht von Dutrochet über die neueren Arbeiten, namentlich von Audouin und Montagne in Betreff der Mus- cardine. Vgl. d. vorigen Jahresbericht p. LXXV. Hypertrophie und Atrophie Rokitanski macht auf eine eigenthümliche Form der Erweiterung der Trachea mit Hypertrophie ihrer Muskelhaut und der Schleimdrüsen aufmerksam *). Die hintere Wand der Luftröhre erscheint erschlafft, so dass die Distanz der Enden der Knorpelringe bis über $“ betragen kann. Immer sieht man auf derselben rundliche oder länglich quere, sehr schlaffe Aus- beugungen, welche durch Leisten von einander abgegrenzt werden. Diese Leisten sind die zu dicken, rundlichen Strän- gen entwickelten Muskelbündel. Die Ausbeugungen sind von verschiedener Grösse, einige hanfkorn-, andere erbsengross, während noch andere über 2 der Breite der hintern Luftröh- renwand einnehmen. In einem Fall sah man im Grunde der Vertiefungen eine feine, runde Oeflnung, welche durch einen kurzen Kanal in ein rundliches Säckchen, die hypertrophirte Schleimdrüse hinter dem Luftröhrenkanal, führt. Die Krank- heit scheint vorzüglich bei’ solchen Personen vorzukommen, welche an habituellen Catarrhen litten. Sie besteht in Massen- zunahme der Schleimhaut, der museulösen Querfasern und der Schleimdrüsen mit Erweiterung ihres Ausfühsungsganges, wo- bei die zwischen den beiden ersteren Schichten gelegenen gel- ben Längsfasern von elastischem Gewebe schwinden. Den Vorgang denkt sich der Verf. auf folgende Weise: Indem die Congestion der Schleimhaut in Geschwulst und Verdickung übergeht, nehmen die Ausführungsgänge der Schleimdrüsen an Länge zu, und erweitern sich zugleich wegen der übermässi- gen Schleimproduetion. Die Drüse, welche an Umfang zu- nimmt, zerre an der Schleimhaut und ziehe d’eselbe als eine spaltähnlich klaffende Duplicatur zwischen den musculösen Öberakängen durch; diese erweiterten sich auf Kosten des Ausführungsganges, zuerst zu einer schiefgezogenen trichler- *) Oesterr. Med. Jahrb. Bd. XVI. p. 374. Lv ‘ förmigen Höhlung, mit der Zeit zu einer sackigen Ausbeugung. Im höchsten Grade ist der Ausführungsgang im Grunde der Ausbeugung verschwunden. Die Hypertrophie der Schleim- drüsen kommt übrigens in derselben Form, und zwar bis zu einem sehr bedeutenden Grade (Kirschgrösse) auch ohne Er- weiterung der Trachea: vor. Ueber Engouement und Hypertrophie der Milz Nivet in Arch. gener. Mars. Mai. Die zuerst von Bertin unter dem Namen der concentri- schen Hypertrophie des Herzens beschriebene Verdickung der Wände desselben nach innen, mit Verkleinerung der Höhle, wurde von Bouillaud und andern Schriftstellern als eine eigenthümliche Herzkrankheit angenommen, dagegen von Cru- veilhier bestritten. Cruveilhier fand dieselbe in allen Lei- chen Guillotinirter oder sonst eines gewaltsamen Todes Ver- storbener, und schloss daher, dass der Anschein einer concen- irischen Hypertrophie entstehe, wenn der Tod hypertrophische Herzen in der vollen Kraft ihrer Contraclilität überrasche. Um bei dieser Verschiedenheit der Ansichten einen Ausschlag zu geben, hat Budd.*) eine Reihe eigner Beobachtungen mit den bei verschiedenen Autoren beschriebenen Fällen zusammenge- stellt und verglichen. In 8 Fällen wurde concentrische Uy- pertrophie ohne Complieation mit andern Herzfehlern wahrge- nommen. Nur in einem dieser Fälle war der Puls unregel- mässig; nir.ends war Wassersucht, nirgends Erweiterung des rechten Herzens. Daraus folgt, dass die Krankheit während des Lebens der Cireulation des Blutes keine erheblichen lin- dernisse bereitete; denn wenn dies der Fall, und namentlich wenn in dem linken Herzen die Cireulalion erschwert ist, flegt der Puls intermiltirend oder unregelmässig, das rechte erz erweitert, und Wasser in die Körperhöhlen und das Zell- gewebe ergossen zu sein. Es ist aber nicht denkbar, dass eine bis zu dem Grad verkleinerte Herzhöhle, wie es bei concen- irischer Hypertrophie angetroffen wird, olıne Einfluss auf die Blutbewegung sei, und deshalb kann man nicht zugeben, dass die Contraclion so, wie sie sich nach dem Tode zeigt, schon während des Lebens bestanden habe. Dieser Schluss wird noch dadurch unterstützt, dass in einem Falle, den der. Verf. beobachtete, das Herz nach mehrtägiger Maceration seine ge- wöhnliche Weite wieder erhielt, und dass in einem andern die Zusammenziehung des Herzens durch gewaltsames Einfüh- ren der Hand überwunden werden konnte. Die Umstände, welche in den angeführten Fällen das Entstehn der concen- — *) Medico-chirurg. Transaclions, Vol. XXI. p. 296. Lvin trischen Hypertrophie zu‘ begünstigen schienen, sind Krank- heiten der innern Haut der Arterien, Enge der Aorta, welche überhaupt Anlass zu Hypertrophie geben, Abmagerung und die Art des Todes, welcher in 4 Fällen unter den 8 durch Apo- plexie erfolgte. Verringerung der Blutmenge scheint am mei- sten dazu beizutragen, dass das Herz nach dem Tode eontra- hirt gefunden wird. Daraus erklärt auch der Verf. die con- eentrische Hypertrophie bei Euthaupteten (und Verbluteten) und bei Choleraleichen, wo sie nach Jackson und dem Verf. ebenfalls häufig vorkommen soll. In 6 andern Fällen war die concentrische Hyperirophie mit Klappenfehlern eomplieirt, und die Erscheinungen wäh- rend des Lebens verhielten sich nicht anders, als bei Klappen- fehlern überhaupt. ? Endlieh werden 5 Beobachtungen angeführt, in welchen die concentrische Hypertrophie mit Fehlern der ersten Bildung exislirte. In allen war die rechte Herzhöhle kleiner als gewöhnlich oder fast verschwunden, und die Oefinung der Pulmonalar- terien verschlossen; in allen existirte aber eine Communication zwischen beiden Ventrikeln oder Vorkammern, oder der Ductus arleriosus war oflen geblieben; in allen war der rechte Ven- irikel sehr erweitert. Der Verf. fügt dazu eine neue Beobach- tung von Sweatman. In einem Kinde, welches 9 Tage ge- lebt hatte, war der linke Ventrikel eine fast solide Fleisch- masse, die Aortenöflnung so lang, dass sie kaum eine Sonde durchliess. Die linke Vorkammer ebenfalls klein, ausgenommen die Aurieula, welehe erweitert war. Das Foramen ovale oflen. Der rechte Ventrikel schr weit, Wände nicht verdickt. Eine einfache, durchbohrte Membran statt der Valv. trieuspid. Du- etus arteriosus so weit, als die Aorta. In diesem Falle und allen übrigen ist es also fast allein Ein Ventrikel, welcher der Cireulation vorsteht. Diese lassen sich aber auch nicht wohl als coneentrische Ilypertrophie auffassen; es ist’ vielmehr die Verkleinerung einer Höhle Folge einer Verrückung der Schei- dewand des Herzens. Im vorigen Jahresbericht wurde der übereinstimmenden Untersuchungen von Carswell und Lombard gedacht, wo- nach das Lungenemphysem als Folge einer Atrophie der Wände der Lungenbläschen und eines Zusammenfliessens der lelztern erscheint. Dies bestätigt eine Beobachtung von Andermann'). Ein Thurmwächter litt viele Jahre lang an Husten, asthmali- schen Beschwerden, uud starb an Lungenentzündung. Die *) De pulmonum formae nee non voluminis aberrationibus, Diss, inaug. Wratisl, 4, ©. tab. lithogr. LIX rechte Lunge war oben hart, tubereulös, voll Geschwüren. Der untere Lappen blasig, durchsichtig, aus erweiterten Zel- len gebildet und mit 2 mit Luft gefüllten Divertikeln versehen. Es ist dem Verfasser wahrscheinlich, dass die Erweiterung der Zellen durch die bedeutenden Athembeschwerden, und dass die grossen Divertikel durch Riss und Verschmelzung mehrerer Zellen in eine entstanden seien. Aehnliche Erweiterungen der Lungenzellen kommen auch bei Thieren vor, welche schnell lau- fen oder viel und anhaltend fliegen. Andermann hat eine solche Lunge von Phalangista ursina abgebildet. Hier scheint mir der schicklichste Ort, um einer Krank- heit der Nabelschnur zu gedenken, welche zuerst von Bar- kow und Burchard beschrieben wurde, und von welcher Landsberger in seiner Dissertation **) eine Anzahl Fälle zu- sammenslellt; ich meine die Sirieiur des Nabelstranges oder den Zustand, wo an einer oder mehreren Stellen desselben Ein Gefäss oder alle mehr oder minder verengt sind; eine Miss- bildung, welche das Leben des Fötus in Gefahr bringt. Der Verf. hat 7 Krankheitsfälle dieser Art untersucht, welche ihm von Burcehard mitgetheilt wurden. Die Strieturen sind am häufigsten in der Nähe des Nabelrings. Die Krankheit scheint eniweder von den Gefässen zuerst auszugehn, oder von Krank- heiten der Wharton’schen Sulze, welche die Gefässe mecha- nisch comprimiren, vielleicht auch durch zu starke Windungen der Gefässe oder der ganzen Nabelschnur zu entstehen. Ein- mal schien Entzündung der Nabelgegend Anlass der Verengung der Gefässe zu sein, denn die Haut der Nabelgegend war zu- gleich mit Geschwüren bedeckt, und der Verf. ist geneigt an- zunehmen, dass in der Regel Gefässentzündung vorausgegan- gen sei, vielleicht durch Stockung des Blutes in dem Gelässe in Folge von Verengung des Nabelringes. Am häufigsten ist es allein die Nabelvene, welche leidet und deshalb auch ge- wöhnlich der Fötus sehr atrophisch, dagegen die Placenta slrolzend von Blut und grösser als gewöhnlich. Erweichung. Ueber die spontanen Zerreissungen der Aorta, welche Folge einer Texturveränderung, und namentlich einer Art Erweichung ihrer Häute ist, hat Rokitanski seine Beobachtungen mitge- *) De funieuli umbilicalis sticlura.. Wealis. 4. C, tab. lithogr. LX theilt *). Die Form des Risses ist bedingt durch die beson- dere Art der Veränderung des Gewebes. Die:Zellscheide ist diejenige Haut, welche der Arterie Festigkeit giebt, nach Ablö- sung derselben lässt sie ‚sich leicht quer durchreissen. In sämmtlichen Fällen von spontaner Querzerreissung muss man schliessen, dass eine Erkrankung und spontane Ablösung der Zellhaut von der mittlern Arterienhaut Statt gefunden habe; die Erkrankung derselben äussert sich durch Injection ihrer Gefässe, bläuliche Röthung, Infiltration und: Verdiekung, wie in 2 von den 8 angeführten Fällen. Von diesem Zustand der Zellhaut leidet die Ernährung der mittlern, welcher durch jene Gefässe zugeführt werden; sie wird mürbe, leicht abzublätlern. Der Längenriss der Aorta dagegen rührt von Veränderung der fibrösen Haut her, ‘Ablagerung von Knorpel- oder Knochen- masse, Erweichung, Atrophie. Dieser Riss erfolge ohne vorherige Ablösung der Zellscheide. Eine Disposition zu Zer- reissung scheint auch in bedeutender Verengerung der Aorta oder ihrer Aeste, und in besonderer Zartheit des Gewebes zu liegen. — In allen Fällen war das Herz, und besonders die linke Kammer, vergrössert und erweitert. Alle ereigneten sieh ohne vorausgegangene, merkliche Ineitation des Kreislaufs. Der Tod verzögert sich oft lange Zeit, wenn nach Zerreissung der innern Haut die Zellscheide verschlossen bleibt. In 2 Fällen stülpte sich das obere Rissende der Aorta ein Mal in den Ka- nal des Arcus aortae und der Subelavia sinistra, ein andres Mal in den Truncus anonymus. — Zerreissung der Aorta dicht über dem Herzen, ohne vorbergegangene aneurysmalische Er- weilerung. Emmert in v. Pommer’s sehweiz. Zeilschr. £ Natur- und Heilkunde. Bd. IL p. 125. Fuchs hat eine schr werthvolle Arbeit über Gehirnerwei- chung geliefert **), eine der sellnen deutschen Monographien, die auf selbstständigen Beobachtungen beruht, und aus den Beobaehlungen allein die Resultate ableitet. Er tritt der An- sicht von Lallemand und Rostan enigegen, dureh deren Einfluss die Gehirnerweichung nicht bloss in Frankreich, son- dern auch bei uns ziemlich allgemein als ein Ausgang der Ge- hirnentzündung, identisch mit Eiter - Infiltration, betrachtet wird. Er streitet dagegen mit Gründen, welche theils aus dem Verlauf und der Acliologie der Krankheit, theils aus dem Leichenbefund geschöpft sind. Nie, sagt Fuchs, sind in den erweichten Partien jene zahlreichen Gefässverästelungen, nie sind in ihnen Spuren neugebildeten Parenchyms oder der in- *) Oesterr. med. Jahrb. Bd. XVI. p. 24. 219. **) Beobacht. und Bemerk, über Gehirnerweichung. Leipz. 8. LXI Hlammatorischen Pseudoplasmata zu entdeeken, und wohl im- mer ‘ist das Blut, mit welchem sie tingirt sind, extravasitt, der destruirten Gehirnmasse beigemengt.. Die versehiedenen Farbennüaneen werden wohl durch die grössere oder gerin- gere Menge des beigemischten Blutes bewirkt, indem dies mit der Zeit ähnliche Veränderungen durchläuft, wie bei Eechy- mosen unter der Haut. Dem entspricht auch, dass in Fällen von Encephalomalacie, welche de tödtlich verlaufen, die er- weichte Substanz stets weiss, fahl, gelblich oder durch Blut tingirt, und nur in solehen, die erst spät letal enden, dunkel- gelb, bräunlich u. s. f. gefunden wird. Die graue Erweichung hält Fuchs für die einfache und primäre Form, die röthliche für eine complicirtere, wenn Erweichung mit Congeslion zu- sammentrifft oder an besonders blutreichen Stellen Statt findet, und er steht hierin in directem Widerspruch mit den genann- ten Beobachiern, welche Ramollissement rouge gleich Entzün- dung, und. Ramollissement gris gleich Eiterung setzen. Den Sitz der Krankheit betreffend, so war, wie auch Rostan fand, die rechte Hirnhälfte häufiger ergriffen, als die linke, das grosse Gehirn ungleich häufiger, als das kleine, die Cen- tralgebilde öfter als die Oberfläche, am häufigsten das Corpus siriatum (5 Mal unter 17). Die anatomischen Charactere der Krankheit sind bekannt. In der Mehrzahl sah Fuchs keinen ungewöhnlichen Blutreichthum der Gehirnhäute und der Mark- substanz, und sie waren zuweilen selbst blutleerer, als normal. Verknöcherung der Gehirnarterien fand der Verf. nur zwei mal, dagegen 5 Mal Verknöcherungen theils der Aorta, theils der Klappen des Herzens. Dreimal war das Herz weiss und zerreisslich, einmal hypertrophisch, einmal mit dem Herbeutel verklebt, zweimal in der rechten Hälfte erweitert. Fuchs ist daher geneigt, einen ätiologischen Zusammenhang zwischen Anomalien der Centralorgane und der Gehirnkrankheit zu sta- tuiren, indem durch jene der freie Zu- und Rückfluss des Blutes nach und aus dem Kopfe gehemmt werde. Einen Fall, in welchem Gehirnerweichung mit Hypertrophie des Herzens zusammen vorkam, beschreibt auch Nicolai °). In diesem schien aber die Erweichung Folge eines Blutergusses in die Ventrikel durch die Apoplexie, und also secundär bewirkt zu sein, Fuchs unterscheidet nämlich eine primäre, reine, und eine secundäre Form der Gehirnerweichung. Lelztere scheint überall entstehn zu können, wo Extravasate oder parasilische ) Encephalomalacia ex hypertrophia cordis. Disssertalio inaug. Region. 8, LXU Bildungen gleich fremden Körpern die Substanz des Gehirns drücken oder reizen, und sie erscheint in den Theilen des Hirns, welche mit den Ablagerungen in unmittelbarer Berüh- rung stehn. In manchen Fällen bildet sich im Umfang solcher Producte Verhärtung, die man als Ausgang von Entzündung ansehn muss, in andern Erweichung, und der Verf. lässt es unerklärt, warum bald das Eine, bald das Andere Statt finde. Ich glaube hierin einen Beweis zu sehn, dass die Erweichung wenigstens auch Ausgang der Entzündung sein könne. Auch in andern Theilen geht die Entzündung um Parasiten bald in Verhärtung über, indem nur wenig plastisches Exsudat in die Gewebe ergossen wird, bald in Eiterung, wenn das Exsudat minder gerinnbar und seine Menge grösser ist; der Unterschied liegt nur darin, dass in festern Theilen der Eiter das Paren- chym zusammendrängt, und sich in grössern, flüssigen Massen sammelt, während er die weiche Substanz des Gehirns gleich- mässig durchdringen und sich mit ihr mischen kann. Dies ist ein Punkt, welchen die mikroskopische Untersuchung entschei- den kann, denn ich glaube nicht, dass man Eiterkügelchen mit den Körnern zersetzter Gehirnsubstanz verwechseln wird, so ähnlich für das blosse Auge die zerllossne Hirnmasse dem consistentern Eiter ist. Blut- und Wassererguss können eben sowohl zur Gehirn- erweichung hinzukommen, als die veranlassende Ursache der leiztern sein. Bei der Erweichung mit Bluterguss ist Blut und erweichte Gehirnsubstanz mehr oder minder innig gemischt, mitten in dem ergossenen Blute findet man Stücke erweichter Gehirnsubstanz. Bei der Apoplexia sanguinea dagegen, wel- cher sich später erst Erweichung beigesellt, bildet eine reine Blutmasse den Kern der pathologischen Veränderung und die Erweichung, vom Extravasat aus nach innen abnehmend, um- giebt dasselbe gleichmässig von allen Seiten. So auch bei Wasserbildung; das secundär ergossene Serum bespült oft nicht einmal die erweichte Stelle; ist die seröse Ergiessung primär, so betrifft die Erweichung stets die vom Serum bespülten Ge- hirnpartien, erstreckt sich über eine grosse Fläche und über Theile beider Hemisphären, ist weiss und opalisirend, nie gelb oder roth gefärbt. Unter den Vorläufer-Symptomen der reinen Gehirnerwei- chung gedenkt der Verf. einer characteristischen Erseheinung; es versagen nämlich in mehreren Fällen von Zeit zu Zeit die Extremitäten einer Seite plötzlich ihren Dienst; die Kranken mussten sich niedersetzen oder fielen, ohne Störung des Be- wusstseins zu erleiden, zu Boden. Dies Unvermögen hielt immer uur wenige Stunden oder Minuten an, und ein Gefühl von Taubheit oder Schwere blieb noch einige Zeit zurück. LxIT Der Verf. zeichnet p. 115—4121. als Resultat seiner Untersu- chungen das Bild der reinen idiopalhischen Gehirnerweichung so bündig, dass wir es nur mit seinen eiguen Worlen wieder- geben könnten. Alle, welche Gehirnerweichung für Form oder Ausgang der Entzündung halten, berufen sich vorzugsweise auf die se- eundäre Malacie; der Verf. hält aber die Blut- und Wasser- ergüsse nnd die parasitischen Geschwülste nicht für besondere Entzündungsreize; er bemerkt, dass die Symptome derselben, wenn sie sich einmal gebildet haben, in der Regel auf Depres- sion der Gehirnthätigkeit deuten, dass die consecutive Hirn- erweichung meistens bei schwächlichen Subjecten vorkömml, dass das torpide Fieber und die Lähmung, durch welche sie sich kund giebt, nicht Hypersthenie verrathen, und hält nach alle dem sowohl die primäre als secundäre Malacie für eine eigenthümliche Krankheit, welche in den Erweichungen andrer Organe, des Herzens, Magens u. s. f., ihre Analoga finde, und auf dem Erlöschen des vegetativen Lebens einer Partie des Gehirns beruhe. Den Schmerz, die Krämpfe sieht er als Reaction der umgebenden, nicht degenerirten Theile an, die nicht mit erhöhter Gefässthätigkeit, höchstens mit venöser Stockung verbunden sei. Arnold *) beschreibt einen Fall von Entzündung und Erweichung des kleinen Gehirns. — Dechambre *') hat die Ausgänge der Gehirnerweichung zum Gegenstand seiner Un- tersuchungen gemacht, und bestätigt ihre Heilbarkeit Die Narbe ist hart, weiss oder grauweiss, zellig oder eine einfache Höhle. DieLücken sind leer und trocken oder mit einer kalk- milcharligen Flüssigkeit gefüllt. Nach der Heilung bleibt, wie nach Apoplexie, gewöhnlich die Lähmung der Bewegung con- stant; die Empfindung aber wird meistens wieder normal. Ein Fall von Noma, beschrieben und abgebildet von Kömm in Oesterr. Med. Jahrb. Bd. XII. p. 32. Fuchs, zwei Fälle von Entartung der Eierstöcke, in wel- chen dieselben dunkelroth, erweicht und vergrössert waren. Eins dieser Ovarien war geborsten, und hattedadurch den Tod herbeigeführt ***). *) Bemerkungen über den Bau des Hirns und Rückenmarks, *) Gaz. med. de Paris, No. 20. ”*) [lolscher’s Annalen. Heft 2. v- LXIV Dislocationen. Körner, de herniis generalim, praeparatorumque, quae in musco analomieo Gryphisw. exstant, descriplio suecincta. Diss. inaug. Gryphisw. 8. — Bruch des Foramen ovale, be- schrieben und abgebildet von R. Froriep. Chir. Kupfertaf. Heft LXXV. Taf. 402. — Darmverschlingung und innere Ein- klemmung durch Pseudomembranen, vermittelst welcher eine Extrauterinalfrucht mit den. Därmen zusammenhing. Hor- nung in Oecsterr. med. Jahrb. Bd. XVI. p. 353. Von R. Froriep haben wir über die Genesis des spon- tanen Gebärmuttervorfalls wichtige Ausfschlüsse erhalten *). Es ergiebt sich daraus, dass dieselbe keine primäre Krankheit ist, sondern secundär, Folge eines wahren Vaginalbruchs. Der Uterus wird nicht, wie bei den accidentellen Vorfällen nach der Geburt, aus seinem Peritonealüberzug gleichsam heraus-, oder dieser nur mit dem Uterus herabgezogen, sondern es reicht das Peritoneum zwischen Uterus und Mastdarm weiter herab, es erstreckt sich zu der hintern Wand der Scheide und kann selbst am Damm zwischen den Muskeln hervortve- ten. Zuerst bildet sich eine geringe Expansion des Bauchfells von den Douglassischen Falten aus, welche in die Lücke zwi- schen Uterus und Reetum herabsteigt. Sie schreitet allmählig weiter, zwischen Scheide und Reetum abwärts, und jetzt fühlt man an der hinteren Scheidenwand eine Geschwulst. Jetzt wird der Uterus durch den Zug der Hernia entweder ganz herabgedrängt, oder es wird anfangs nur sein Hals und die hintere Lippe des Muttermunds verlängert und endlich ver- strichen. Die erweiterte Bucht zwischen den Organen im Becken nimmt allmählig mehr und mehr Baucheingeweide auf, durch deren Gewicht wieder der Bruehsack immer mehr aus- gedehnt wird. Da dieser weder zur Seite noch nach hinten ausweichen kann, so begiebt er sich ganz in die hintere, Schei- denwand und drängt diese nach vorn und unten. Endlich zieht der Bruchsack und durch ihn die Haut der Scheide den Uterus herab zum Scheideneingang und gar vor denselben hin- aus. Zugleich wird die vordere Scheidenwand, die anfangs nur runzlich erschien, mit umgestülpt. Die Harnröhre, welche durch Zellgewebe an der Scheide haftet, geht nicht mehr schief *) Chirars. Kupfertafeln Heft LXXVII. Taf. 388. 389. Vergl. Hendriksz, descriptio historica et critica variarum uteri prolapsum curandi methodorum. Diss, inaug. Berol. 4. p. 51fl. LXV von unten nach oben, sondern fast gerade von vorn nach hinten, indem auch der Blasenlals und Grund mit nach hinten herabgezogen sind. Wird der Grund des Ulerus im obern Theil des Beckens durch eine Verwachsung oder eine bedeu- tende fibröse Geschwulst festgehalten, so zieht er sich, wie in dem von Cruveilhier beschriebenen Falle (Livr. XXVI. pl. 2.), durch das Gewicht der Hernie in der Scheide sehr bedeutend in dieLänge und verdünnt sich dabei beträchtlich. Fälle von Extrauterinalschwangerschaften v. Siebold in dessen Journal. Bd. XVII. St. 2. p. 245 ff. (Fäulniss des Fö- tus und Abgang der Knochen durch das Reetum). — Fleury Archives med. Janv. (Graviditas tubaria. Tod durch Ber- stung.) Gefässerweiterungen. Eine sehr ausführliche Arbeit über das Aneurisma des Herzens hat Thurnam geliefert *), nach einer grossen Menge eigner Beobachtungen (25), und mit Benutzung von früher beschriebenen Fällen, mit welchen die Zahl sich auf 84 be- läuft. Er bestätigt die von frühern Schriftstellern behauptete Immunität des rechten Herzens, und erklärt sie aus der min- der vollständigen Verschliessung seines Ostium arteriosum durch die Valvula trieuspidalis. Die gesammelten Fälle beziehn sich auf aneurysmalische Erweiterung des rechten Ventrikels, des rechten Vorhofs und Ausdehnung der Klappen im rechten Herzen. Der Verf. versteht aber unter Aneurysma eine Er- weiterung der Höhle mit Krankheit der Häute, und schliesst damit die einfache Dilatation und Hypertrophie des Herzens aus, die letztere, weil er sie für physiologisch hält, für eine stärkere Entwicklung der Musculatur zur Ueberwindung eines bedeutenden Hindernisses. Diese Ansicht ist meiner Ueberzeu- g nach nicht ganz richtig. Zwar nimmt das Herz, wie jeder Muskel, durch Uebung und Anstrengung an Masse zu, es giebt aber auch eine Vermehrung seines Volumens durch Vermehrung des Zellgewebes, oder durch Bildung eines acci- dentellen Gewebes zwischen den Muskelbündeln, wodurch das Herz nicht nur nicht stärker, sondern schwächer, weicher und zerreisslicher wird. Thurnam giebt beide Arten von Aneurysma des Herzens zu, das wahre, von Ausdehnung aller Häute, und das falsche, durch Riss oder Ulceralion einer oder *) Medico-chirurg. Transact. Vol, XXI. p. 187— 265. Müller's Archiv. 1839. E LXVI mehrerer Häute. Indem ich wegen der ausführlich erzählten Krankheitsfälle auf das Original verweise, beschränke ich mich ‚darauf, aus den nach numerischer Methode entwickeiten Re- :sultaten die wichtigsten auszuheben. Das seitliche Aneurysma des Ventrikels kömmt in 2 For- men vor, enlweder auf die Substauz der Wände beschränkt, ‘so dass äusserlich keine Deformität erscheint, oder in Gestalt einer aufsitzenden Geschwulst von der Grösse einer Nuss bis zu der des Herzens selbst. Wenn es einen gewissen Umfang erreicht hat, ‘so communieirt es gewöhnlich mit dem Herzen durch eine enge Oeflnung, deren Ränder, wie bei alten arte- tiellen Aneurismen, scharf und von dichtem, fibrösen Gewebe gebildet sind. Unter den 67 Aneurysmen, die an 58 kranken Uerzen beobachtet wurden, war der aneurysmalische Sack 45mal von Muskelfasern und Pericardium, A4mal von Endocar- dium und Pericardium, 25mal von sämmtlichen Wänden ge- bildet. In 23 Fällen war die Krankheit zu schr vorgeschritten oder sind die Data zu ungenau, um über das Verhalten der Häute zu entscheiden. Die Wände des Sacks erleiden man- ‘cherlei Streeturveränderungen; 2mal waren sie steatomatös, 3mal in Knorpel, 6mal theils in Knorpel, theils in Knochen umgewandelt. Sehr oft kommen Adhäsionen mit dem lerz- beutel vor, und diese bilden sich schon durch exsudative Ent- zündung, wenn das Aneurysma kaum über die Herzwand vor- ragt. Wenn die Mündung des Sacks eng ist, so finden sich gewöhnlich Schichten von Gerinnsel in demselben. Der häu- Aigste Sitz der Krankheit ist die Spitze des Herzens (27mal), doch kömmt sie an jeder andern Stelle vor, an der Basis (21), in den Seitenwänden (15) im Septum der Kammern (3). Die Aneurysmen der Basis stehn durch ihre Oelfnung zuwei- len auch mit der Aorta in Verbindung. In 52 Fällen fand sich nur Ein Aneurysma, 4mal kamen 2 an demselben llerzen vor, einmal 3 und einmal 4. Die Krankheit ist häufig complieirt mit andern Herzleiden, Herzbentelentzündung, Herzbeutelwassersucht, Verdiekung und Verknöcherung des Endocardium (12mal), Umbildung des Mus- kelgewebes in fibröszellige Substanz, Eiterung desselben (Ein Fall), Atrophie der Trabeeulae carneae, Verknöcherung der Klappen (5mal der Valvula mitralis, Gmal der Valv. semilu- naris). Es ist bemarkenswerth, sagt der Verf., dass fast alle begleitenden Veränderungen der Substanz des Herzens Aus- gänge von Entzündung sind (?). Nur in 3 Fällen ist ange- merkt, dass das Herz sonst normal gewesen sei, und in 10 ist einer Erweiterung oder Hypertrophie desselben nicht gedacht. Die Disposition betreffend, so sind unter 40 Kranken, deren Geschlecht erwähnt wird, 30 Männer und 10 Weiber; LXVII Die Hälfte, unter denjenigen, deren Beschäfligung angegeben wird, sind. Soldaten. Aus den anatomischen Data ergiebt sich, dass unter den Aneurysmen der Ventrikel 22 wahre sich ‚befanden, 6 von Zerreissung der innern und Muskelhaut, 30 unbestimmbar. Der erste Schritt zur Entstehung des wahren Aneurysma scheint eine Erweiterung oder Depression der verlieften Räume zwi- schen den stärkern Fleischbündeln zu sein. Die Aneurysmen der Vorkammer sind viel seliner. Sie scheinen sämmtlich diflus zu sein; zuweilen ist die Erweiterung auf das Herzohr beschränkt. Immer besteht sie gleichzeitig mit einer Verengerung der Ventriceularöffnung, und hängt also wohl ven dieser ab. Nicht selten sind die Klappen des Herzens theilweise aus- gedehnt, so dass sie eine Vertiefung zeigen, welche in die Vorkammer geht. Morand und Laennec haben solche Er- weiterung von der Valvula mitralis beobachtet. Thurnam beschreibt 2 an der V. mitralis und eine an der. V. tricuspi- dalis. Er giebt auch diesen Erweiterungen den Namen Aneu- rysmen, und hält sie für wahre, insofern nicht wahrscheinlich ist, dass eine Zerreissung der einen ‚oder andern ihrer Häute der Ausdehnung vorangegangen sei. _Der Ausgang kann Zer- reissung sein, woraus dieselben Nachtheile entspringen, wie von Unzulänglichkeit der Klappen. Diekson, Aneurysma der Aorta descendens in Medico- chirurg. transact. Vol. XXI. p. 401. — Aneurysma der Art. subelavia sinistra, welches mit dem Innern der Lunge com- munieirt. Neret. Arch. gen. Juin. — Lallemand, Aneu- rysma varicosum der Schenkelgefässe. Compte rendu de l’acad. des sc. 24. Sept. Hydrops. A. Magnus fand Faserstoff in einer hydropischen Flüssig- keit, welche dadurch von selbst gerann *). Der Fall scheint sehr selten zu sein. Eine einzige ähnliche Beobachtung findet sich im Edinb. med. and surg. Journ. 1837. Jan. von Mateer Eine Frau, welche an Ascites litt, wurde Einmal abgezapfi; dann geheilt: „a large quantity of fluid came off, which on cooling bekame gelatinouslike.“ achträglich zu seinen frühern Bemerkungen über Was- *) In diesem Arch, p. 95. LXVIU sersucht der Drüsengänge theilt Albers *) einen Fall von Verstopfung des Ureters und Atrophie der Niere durch Was- seransammlung mit. Die angesammelte Flüssigkeit bestand grösstentheils nur aus Wasser und Eiweiss, und enthielt weder Harnbenzo&säure noch Harnsalze. Bildung eines mit Serum gefüllten Kanals im Innern des Rückenmarks. Nonat, Arch. med. Mars, und Mohr, Bei- träge zur patholog. Anatomie p. 18. Concremente. Taylor giebt eine Beschreibung der Harnsteine im Mu- seum vom St. Bartholomevv’s-Hospital nebst einigen Bemer- kungen über die Analyse derselben. Lond. med. gaz. Apr. ..489. — Gries und Harnsteine bei Kindern. Ramisch in eitenweber’s Beiträgen. Bd. IH. Heft 1. Lassaigne **) untersuchte ein Gemisch aus 20 verschied- nen Harneonerementen von Ochsen, um zu ‘ermitteln, ob phos- phorsaurer Kalk in denselben vorkomme, Die Analyse ergab: Blasenschleim . . . . 20,20 kohlensaurer Kalk . . 7510 - _ Magnesia . 3,20 phosphors. Kalk . » . 1,50. 100,00. Der gesunde Urm ‘einer Kuh enthielt in 50 Grammen 0;015 Gramm. phosphorsauren Kalk. Den Blasenstein eines Schweins fand Lacrois zusam- . mengesetzt aus phosphors. und kohlens. Kalk, phosphors. Am- moniak und Chlornatrium. Es fand sich Eisenoxyd und thie- rische Materie spurweise ***) v. Bibra 7) analysirte menschliche Gallensteine, facettirt, von blättriger Structar, ‘gelblich weiss mit braunen Adern. Der Hauptbestandtiheil war Cholestearine 86%. Ausserdem fand sich Gallenschleim, Farbestoff, Thonerde, Kalkerde (kohlens.) und eine Spur ‘von Eiweiss, FÜ Beobachtungen aus dem Gebiete der Pathologie. Thl, I P- . **) Journ. de chim. med. p. 49. ***) Journ. de pharm. p. 127. 7) Erdmann’s Journ. XI. p. 315. LXIX Judo, kalk- und knochenartige Coneremente in den Lun- en. The lancet.. Mai. Einige derselben wurden in Salzsäure „elüst, es blieben eiweissarlige Körper von der Gestalt der neremente zurück. Tonsillenstein. Schütz in Casper’s Wochenschr. No. 45. Wallach °) untersuchte steinige Conerelionen aus Me- senlerialdrüsen. In zwei Fällen fand sich: Zellgewebe und Felt . . . . . . 26,51 18,75 phosphorsaurer Kalk . . . . . . 5675 61,30 kohlensaurer Kalk . - - . 2... 2320 2,50 eiweissarlige Materie -. » - » » .. 600 4,10 ED ee eo ee 11,40 Magnesia (spurweise) und Verlut . 2,34 1,95 100,00 100,00. In den Anatomical drawings, selected from the collection of morbi anatomy at Chatham, Lond. fase. III. findet sich auf Taf. IV. Fig. 3. die Abbildung eines Blutpfropfs aus einem Aneurysma im Anfang der Aorla, in welchem, ohne Zusam- menhang mit den Gelässwänden, ein Concrement steckt. Es bestand aus phosphorsaurem, kohlensaurem und Spuren von schwefelsaurem Kalk. Geschwülste. Auch für die Pathologie der Geschwülste haben sich die Entdeckungen über die Bedeutung der Zellen mit Kernen und ihre Umwandlung in andere Gewebe fruchthar gezeigt. Kör- ner, Zellen, geschwänzte Körperchen waren von J. Müller, Valentin u. A. in mancherlei Geschwülsten geschen worden. Nunmehr hat Müller *) die Entstehung der meisten parasili- schen. Geschwülste aus Zellen nachgewiesen, und in. vielen auch die Bildung neuer Zellen innerhalb der allen walırgenom- men, wie im Sarcom, Enchondrom,. Carcinom, Collonema; in andern entstehn neue Zellen unabhängig von den alten und ausserhalb derselben, wie unter den gesunden Geweben bei der Oberhaut (p.23.), Es giebt diesen Beobachtungen. zufolge EEE EHDEREEEREEN *) Holscher’s Annalen. Bd. II. Heft 4. **) Ueber den feinera Bau und die Formen der krankhaften Ge- schwülste. Aste Lieferung. Fol, mit 4. Tafeln. LXX keine andern mikroskopischen Elemente in Geschwülsten, als solche, die sich auf die verschiednen Entwicklungsformen der Zellen zurückführen lassen, und sich somit der äussern Form nach nicht von den normalen Gewebe-Elementen unterscheiden. In manchen eiweissarligen Geschwülsten kommen kleinere Kör- ner vor, die keine Höhle zu enthalten scheinen. Im Krebs er- scheinen sie zuweilen im Innern der Zellen, und lassen sich von den Kernen oder jungen Zellen wohl unterscheiden. In andern Geschwülsten sind sie frei, oft in grosser Menge. Mül- ler vermuthet, dass auch diese früher im Innern von Zellen gebildet sein möchten. Sie wären demnach dem körnigen In- halt der Pigmentzellen und den Zellen einiger Drüsen im ge- sunden Körper analog, so wie den gefüllten Zellen der Tuber- keln. Auch die chemische Constitulion der Geschwülste weicht nicht sehr von der der normalen Gewebe ab. Sie enthalten entweder Fette, oder Leimarten, oder eiweissartige Körper als Hauptbestandtheil, abgesehen von andern, minder wesentlichen thierischen Materien, wie Osmazom, Speichelstoff, Käsestoff u. A, Käsestoff kommt sehr regelmässig in eareinomatösen Geschwül- sten vor. Die Haup!bestandtheile finden sich meist gemischt in denselben, doch zeigt sich immer ein Vorwiegen, ja oft ein ausschliessliches Vorkommen eines derselben, und deshalb las- sen sich die Geschwülste wohl danach in Fettgeschwülste, leim- gebende und eiweisshaltige, eintheilen. Zu den Feltgeschwül- sten gehören das Lipom und Cholesteatom, zu den leimgebenden die Zellgewebefasergeschwulst, die sehnige Fasergeschwulst, das Enehondrom und Östoid, zu den eiweissarligen das Careinom, das Collonema, die scrophulöse Geschwulst und gewisse Sar- come und ÖOsteosarcome. Miller findet indess die Vortheile dieser Eintheilung nicht hinreichend, um sie im Einzelnen strenge durchzuführen. In allen Geschwülsten finden sich Gefässe, das Cholestea- tom ausgenommen, das sich auch in Cysten, ohne organische Verbindung mit denselben, bilden kann. Die Zellen bilden bald hauptsächl. dasGewebe der Geschwülste (Cholesteatom, Careinoma alveolare), bald sind sie in den Ma- schen eines fasrigen Gewebes abgesetzt (Carcinoma simplex, retieulare, alveolare). Der Kern desselben ist in den meisten Fällen deutlich, bei dem Cholesteatom ist er nicht wahrnehm- bar. Bald enthalten die Zellen kleinere in ihrem Innern (Car- einoma alveolare, Enchondrom), bald nicht (Cholesteatom). Spindelförmig oder in Fäden verlängert sind sie häufig im Mark- schwamm und in krebshaften Geschwülsten; bald ist nur das eine Ende in einen Faden ausgezogen, bald sind es beide, bald kommt aus der Seite einer Zelle noch ein dritter Faden. Zu- weilen spaltet sich der aus dem Ende des Körperchens austre- LXXI tende Faden, lauter Formen, die auch bei dem’ unreifen Zell- gewebe gesehen werden. Die Substanz der Zellen gehört bald unter die leimgeben- den Gewebe, und‘ schliesst sieh dadurch an den Knorpel an, bald unter die nicht leimgebenden, und zeigt sich mehr der Chorda dorsalis und der Decidua analog. Während die Geschwülste in der ersten Bildung meistens einander gleichen, treten in der weitern Entwicklung Verschie- denheilen auf. So wachsen beim Carcinoma alveolare die Mut- terzellen lange fort, und erhalten eine Grösse von 2, 3 und mehr Linien; die Zellen verwachsen mit ihren Wänden unter- einander, sobald sie eine Mutterzelle ausfüllen, und ebenso mit den Wänden der Mutterzellen. Bei dem C. simplex und reti- eulare dagegen bleiben die Zellen immer mikroskopisch, isolirt. So mannigfaltig aber auch diese Structuren sind, so kann doch eine die andre erselzen, nach Exslirpation eines C. simplex kann €. alveolare oder faseieulatum folgen, und oft bestehn mehrere Formen nebeneinander. : Dem Aufbruch geht Erweichung und Entzündung voraus, die aber nicht jedesmal im Innern zuerst entsteht (p. 23.). Beim €. alveolare z. B. erfolgt die Erweichung und Auflösung der Zellen oberflächlich, und die innerste Schichte ergiesst ihren gallerlartigen Inhalt in den Magen. Von den einzelnen palhologischen Geschwülsten sind. in diesem ersten Hefte die krebshaften, und von den gutarligen das Enchondrom, Cholesteatom und die zusammengesetzten Cy- sloiden und Cystosarcome abgehandelt. Der allgemeinste anatomische Character der krebshaften Geschwülste ist Verlust des Eigengewebes des befallenen Theils, Indess besteht nicht sogleich die erste Erscheinung des Krebses in Umwandlong der gesunden Gewebe in krebsige Degeneralion, sondern in der Entwieklung der Formelemente des Krebses zwi- selien den Gewebelheilen des Organs, welche sofort die nalür- liche Struclur verdrängen. So lagern sich beim Careinoma. al- veolare des Magens die Keimzellen des Krebses anfangs zwi- schen die Muskelbündel der Muskelhaut. Das allgemein che- mische Constituens der krebshaften Geschwülste ist ein eiweiss- arliger Körper. Als verschiedne Arten werden aufgezählt: 1). Carcinoma simplex (Synon. C. fibrosum). Harte, nicht gelappte Masse, fasrige Grundlage, unregelmässiges Maschengewebe bildend, da- zwischen weichere, graue Substanz aus primären Zellen, die zum Theil neue Generationen einschliessen, in der Mamma, dem Magen, Uterus, in der Haut. 2) Care. reliculare, die gewöhr- liehste Form des Brusikrebses, auch im Magen, in der Orbita elc+ Graue, weiche Grundmasse von Zellen in einem Mascheugewebe LXXI von Faserbündeln, mit unregelmässig netzförmigen oder den- dritischen weissen Figuren aus weissen, rundlichen oder längli- chen Körperchen, 2—4mal so gross, wie Blutkörperchen, die wie eia Conglomerat von undurchsichligen Körperchen erschei- nen (gefüllte primäre Zellen, wie in den Tuberkeln? Ref.), Bei fortschreitender Entwicklung confluiren die reliculirten Fi- guren zu unregelmässigen weissen Flecken. 3) C. alveolare. Am häufigsten im Magen, auch in andern Organen. Zellen mit neuen Generationen im Innern, die sich wie Knorpelzellen wei- ter entwickeln. 4) C. melanodes. Im Auge häufig zugleich mit C. reliculare. Fasriges Stroma, enthält in seinen Maschen die pigmenthaltigen Zellen, runde, ovale und in Fäden auslau- fende, von 0.0003— 0,001“ par. Durchmesser. Dazwischen freie Pigmentkörner vielleicht aus geplatzten Zellen, oder sämmt- liche Piemenlgrnchen frei. 5) C. medullare. Varietäten: a) Maschenwerk aus zarten Fasern. Vorwiegende Markmasse aus rundlichen Zellen. b) Hirnartige Masse aus spindelförmigen Zellen. c) Grundmasse aus ellipt. und geschwänzten Körper- chen, welche zuweilen in bestimmten Richtungen zu Fasern an- einander gereiht sind. 6) C. fascieulatum (früher hyalinum), Weich, wie Markschwamm, aber durch und durch faserig, leicht in der Richtung der Fasern zu zerreissen. Die Fasern sehr blass und durchsichtig (vgl. Archiv 1836, Jahresbericht p- COXXI.). Was das Enchondrom betrifft, so ergiebt sich aus den neneren Erfahrungen des Verf., dass ausser der früher beobach- teten centralen Form im Innern des Knochens mit blasiger Auf- treibung der Rinde auch eine zweite Entwicklungsform dessel- ben auf der Oberfläche der Knochen und ohne Auftreibung der Rinde vorkömmt. In diesen Fällen ist die Oberfläche weniger a und die Geschwulst nicht regelmässig sphäroidisch; die berfläche zeigt eine Agglomeration von rundlichen Körpern, von der Grösse einer Erbse oder mehr oder weniger. Die Structur des Gewebes ist in beiden Formen gleich. In den meisten Fällen ist das Enchondrom durch und durch zellig, und gleicht der embryonischen Bildung des Knorpels. An einer fe- sten und harten knorpeligen Geschwulst des Hoden war aber die intermediäre Knorpelmasse zwischen den Zellen ebenso aus- gebildet, wie an gesunden, ausgewachsenen Knorpeln. Diese Geschwulst ist am häufigsten in Knochen; unter 36 Fällen sind nur 4 von Enchondrom der Drüsen. Sie ergreift vorzugsweise das kindliche Alter. Obgleich ihr oft eine äussere Verletzung vorangeht, so beweisen doch mehrere Fälle, dass die Bildung des Enchondrom nicht allein von örtlichen Ursachen abhängt, indem dasselbe nicht einmal örtliche Krankheit einzelner Kno- chen ist; wie in einem dem Verf. von Pockels mitgetheilten LXXII Falle, wo die Geschwülste an beiden Händen und Füssen vor- kamen. Von Fellgeschwülsten giebt es 3 Arten: „Das eigentliche Lipom, von der gewöhnlichen Bildung des Fettgewebes. Die Varietäten desselben sind: a) Lipoma simplex; b) Lipoma mix- tum (Steatom. Arch. 1836. p. CCXVIIL.), in welchem das In- terstitialzellgewebe starke, häutige Schichten und Scheidewände bildet; ce) Lipoma arborescens, verzweigte Productionen in Ge- stalt ästiger Zotten; sie kommen in Gelenken vor und hängen, von der Synovialhaut überzogen, frei in die Gelenkhöhle hin- ein. 2) Die Fettcysten; das Feit ist frei, theils flüssig, theils in Kügelchen in einer grossen, diekwandigen Cyste enthalten. Am häufigsten im Eierstock. 3) Geschichtete Feltgeschwulst, Cholesteatom, bestehend aus perlmutterglänzenden Blättchen oder Schichten von polyedrischen Zellen, ohne Lappenbildung. Vgl. dieses Archiv. 1836. p. OCXVIll. Es scheint gewiss, dass diese Geschwulst gefässlos ist, und also ihre Bildung auf äbn- liche Weise erfolge, wie die Bildung der Oberhaut. Für die zusammengesetzten Cystoiden bestätigen Müller’s Beobachtungen in den meisten Puncten die Arbeit von Hodg- kin. Nur fand er, wie auch A. Cooper, bei den Cystoiden mit endogener Entwicklung die traubigen Vorsprünge der in- nern Wand oft ganz oder grösstentheils solid, theils fasrig, theils aus Zellchen gebildet, zwar weich aber ohne Höhlunz. Cystosarcome nennt Müller die Geschwülste, welche zum grössten Theil in einer mehr oder weniger festen, fasrigen, ge- fässreichen Masse bestehn, ia welchen aber regelmässig auch vereinzelte Oysten vorkommrn. Die fasrigen Massen bestelın grösstentheils aus einem eiweissartigen Körper, sie enthalten zwischen den Fasern zuweilen auch zerstreute Körnchen, Drei Formen werden beschrieben: 1) Das einfache Cyslosarcom, in welchem die innere Wand der Cysten einfach und glatt. 2) Cystosarcoma proliferum; die Cysten enthalten im Innern jüngere Cysten, welche durch Stiele an den Wänden der alten hängen. 3) Cystos. phyllodes, i.q. Carcinoma phyllodes. Ar- chiv 1836. p. COXXII. Aus Krankengeschichten, welche Mül- ler erst seitdem erhielt, geht die gularlige Tendez dieser Ge- schwülste hervor. In dieser wichtigen Arbeit, deren Schluss wir bald erwar- «fen dürfen, haben wir also eine physiologische Basis für die Pathologie der Geschwülste erhalten, wodurch nunmehr. die Identität der Entwicklung für alle organischen Bildungen, auch die krankhaften, vollständig nachgewiesen ist. Zugleich nölhigt uns aber die formelle Einheit aller organischen Elemente, an- zuerkennen, dass ausser dem mikroskopisch wahrnehmbaren Bau und der chemischen Composilion, so weil sie dem gegenwärtigen LXXIV Standpunkte der Chemie nach ermittelt werden kann, noch an- dere materielle Eigenschaften existiren, welche die verschieden- arlige Ausbildung anscheinend gleicher Zellen bedingen. Wenn das Ei eines Insects und eines Säugethiers, wenn die primäre Muskel- und Nervenzelle nieht wesentlich, wie man sagt, ver- schieden sind, so beweist dies eben, dass die wesentlichen Ver- schiedenheiten in etwas anderm liegen, als in der Form und in derjenigen Mischung, welche die Chemie unsrer Zeit nachweist. Aus diesem Grunde möchte ich nicht mitMüller die gangbare Eintheilung der Geschwülste in homologe und heterologe des wegen gänzlich verwerfen, weil die mikroskopischen und che- mischen Bestandtheile aller Geschwülste den Bestandtheilen nor- maler Gewebe entsprechen. Auf der andern Seite scheint die Grenze zwischen Induration und Seirrhus, zwischen Geschwür in indurirten Theilen und Careinom zu strenge gezogen zu sein, denn in der That enthält auch exsudirter Faserstofl nicht bloss Kügelchen, sondera wahre Zellen, nur nicht mit Keimen jun- ger Zellen. Müller führt selbst den Schornsteinfegerkrebs als Beweis an, dass Carcinom sich aus örtlicher Reizung, ohne nachweisbare allgemeine Disposilion, bilden könne, und die Te- leangieklasien und Nävi als Beweis, dass gutartige und örtliche Geschwülste unter gewissen Bedingungen sich zu krebshaften Schwämmen entwickeln. Mit Rücksicht auf das, was oben bei der Entzündung an« geführt wurde, darf man wohl die Exsudation als das Cen- trum ansehn, von welchem ausstrablend alle die verschieden- artigen Krankheitsprocesse sich entwickeln, anfangs einander ähnlich, später mehr und mehr divergirend. Der erste Unter- schied beruht in der Art, wie die Exsudalion erfolgt, ob durch einfache Congestion oder nach Entzündung. So ist die Hyper- trophie der Knochen nach Entzündung im Resultat, dem neu- gebildeten Knochen, nicht verschieden von der chronisch ent- standenen Exostose, sondern nur in der Weise der Bildung, Nimmt man allein Rücksicht auf den Process, der im exsudir- ten Stofle vor sich geht, wobei es also gleichgültig ist, ob die- ser durch einen acuten oder chronischen Krankheits- oder Ge- sundheitsprocess abgelagert worden, wobei ferner auch die theil- weise Umwandlung in Eiter ausser Acht gelassen werden kann, so kann man folgende 3 Richtungen unterscheiden: 4) Die Zellen des Exsudats werden in das Gewebe umgewandelt, wel-. cher Sitz der Exsudation ist: Dies ist der Process der Rege- neralion mit und ohne Entzündung und der Hypertrophie, durch ihn nehmen die Muskeln nach Uebung, die Oberhaut nach an- haltendem Druck, die Knochen und das Zellgewebe nach Ent- zündung an Masse zu. 2) Es bildet sich aus den primären Zellen ein Gewebe, welches zwar nicht demjenigen genau ent- LXxXV spricht, in welchem die Exsudation staltfindet, aber doch einem webe des thierischen Körpers. Hierher wäre die Verhärtung, die Bildung sogenannter accidenteller Gewebe, Verknorpelung, Verknöcherung ete. zu ziehn. Ein analoger Process im Zu- stande der Gesundheit ist die Entwicklung der Deeidua, der Geweihe u. s. f. 3) Aus den Zellen entstehn entweder von Anfang an (wenn das örtliche Leiden Folge eines allgemeinen) oder im Verlaufe der Krankheit Gebilde, die keinem normalen Gewebe entsprechen, dureh deren Wucherung selbst das nor- male Gewebe zersiört, unterdrückt wird, und deren Elemente wie Contagien wirken, d. h. an einer andern Stelle desselben Körpers (und milunter, wie es scheint, selbst in andern Indi- viduen).sich mit einer gewissen Selbstständigkeit weiter enl- wiekeln. Dahin gehören die krebshaften Geschwülste und die Tuberkeln. Da aber die verschiedenarligsten Gewebe anfangs einander ähnlich sehn können, und da selbst im erwachsenen Körper Mittelstufen vorkommen, wie z. B. zwischen Oberhaut und Zellgewebe, Koorpel und Zellgewebe, so ist auch zwischen den verschiedenen pathologischen Geweben und den Processen, in deren Folge sie entstehn, die Grenze anfangs, und selbst bei fertigen Gebilden, nicht scharf, und es kann z. B. im speciellen Falle unmöglich sein, zu entscheiden, ob die Zunahme des Vo- lumen eines Organs Hypertrophie oder Verhärtung zu nen- nen sei. Auch Valentin hat *) einige Abbildungen der Zellen und Fasern von Geschwülsten geliefert, deren ausführliche Beschrei- bung versprochen wird. Corrigan **) nennt Cirrhosis der Lunge eine Contraclion und Verdichtung ihres Zellgewebes, wodurch die feinsten Bron- ehien und deren Blutgefässe comprimirt werden, und dadurch die Lungensubstanz sich verdichtet, zugleich aber die grössern Bronchialstämme sich erweitern, Anfangs ist die Lunge nur fester, als im normalen Zustande, von weissen, festen Fasern durchzogen; die grösseren Bronchialröhren, erweitert, schwellen zu Sücken an, in deren Wänden man noch die Eingänge in die kleineren, unwegsam gewordenen Aeste erkennt. Endlich wird die eirrhotische Lunge im ganzen Umfang kleiner, eine fibro- carlilaginöse Masse, von einzelnen sackförmig erweiterten Ka- nälen durchzogen, (Der Zustand trifft also einigermaassen zu- sammen mit Laennec’s Erweilerung der Bronchien, doch soll diese von mechanischer Ausdehnung, durch den angesammelten eb *) Repert. für. Anat. und Phys. Taf, I. Fig. 10. 12. **) Dublin. Journ. Mai. p. 266. LXXYVI Schleim herrühren). Corrigan betrachtet als Grund der Krank- heit eine Entzündung des Zellgewebes mit Ausschwitzung von Lymphe, die sich später contrahirt, wie die Narben nach Ver- brennung u. A. Horn am Penis. Leonhard in Pr. Vereins-Ztg. No. 4. Mit dem Namen der Osteophyten, Periosteophylen, Chon- drophyten und Tenophyten bezeichnet Albers *) die gutarti- gen Auswüchse auf Knochen Knorpeln und Sehnen, welche der Struelur nach dem Knochen oder Knorpel gleichen, im letz- ten Falle aber durch einzelne Ossificationspunkte eine Neigung zeigen, in Knochensubstanz überzugehn. Von den Exostosen der Knochen unterscheidet er sie, indem sie nicht in Verdik- kung und Anschwellung des Knochens beruhen, sondern neue Bildungen sind, welche dem Knochen aufsitzen, oft nur durch einen dünnen Stiel mit ihm zusammenhängen. Die Exostose, bestehe am häufigsten aus porösem Gewebe, der Osteophit aus festem und compactem. Die Form betreffend, so gleichen die Osteophyten bald kleinen Körnern oder Warzen, bald brei- tern Schildchen, bald sind sie stielförmig, strahlig oder stachelig. Sie sind bald zellig, nur äusserlich mit dünnen Lamellen be- deckt, bald durchaus fest und gleichförmig, wie aus concentri- schen Schichten bestehend. Als Periosteophit beschreibt der Verf. eine pilzförmige, knorpelharte Geschwulst, welche durch einen Stiel mit der Beinbaut zusammenhing, während der Kno- chen gesund war, Zu den Chondrophyten rechnet er auch die Gelenkmäuse. — Exostose des Beckens. Labatt in Lond. med. gaz. Apr. p. 20. — Gurlt **) beschreibt mehrere Fälle von Exostose in der Schädelhöhle von Rindern und in der Ober- kieferhöhle von Pferden. — Verknöcherung der Pleura. Rösch im Würtemb. Correspondenzbl. No. 16- Ulrich, Casper’s Wochenschr. No. 9. — Verknöcherung der Falx cerebri. Mül- ler im Würtemb. Correspondenzbl. No. 30. — Bruni, osteosis dextri lobi jecoris singularis casus. Diss. inaug. Padua. Ein ähnlicher Fall in Anatom. drawings, selected from the collection of. morbid anatomy at Chatham. Lond. fase. Il. Taf. 1. — Morcau ***) fand in einer grossen Balggeschwulst des Eierstocks, die 8 Pfund Flüssigkeit enthielt, Haare und ein Knochenfrag- ment, welches 2” lang, 9" hoch war, und einen abgerundeten Condylus hatte, in dessen Nähe 3 Zähne, 2 Schneidezähne und ein Backzahn sich befanden. Beim Durchsägen des Knochens *) Beobachtungen auf dem Gebiete der Pathologie. p. 194. *) Gurlt u. Ilertwig. Magaz. für Thierheilkunde. p, 505. **) Tecueil des iravaux de la soc, roy. de med. de Bor- deaux. Feyr. LXXYIL fand sich noch ein anderer Zahn in einer Höhle eingeschlossen. Verf, hält das Knochenfragment für einen Unterkiefer, einen andern platten Knochen für die Schuppe des Schläfenbeins. Gluge *) untersuchte die Elemente .der in Fett verwandel- ten Gewebe. Bei der Fettentartung der Muskeln soll das Fett nur zwischen den Primitivbündeln in Cysten und nackt abge- lagert, die Elemente des Muskelgewebes aber nicht geschwun- den sein. Bei der Feltentartung der Leber sei Feit ohne Cysten abgelagert, untermischt mit gelblich-körniger Masse. Es sind seitdem genauere Untersuchungen über die Cirrhosis der Leber von Hallmann erschienen, über welche, im Zusammenhang mit denen von Gluge, im nächsten Jahre zu berichten sein wird. Auch die Zellgewebeverhärtung der Neugebornen hält Gluge für eine Erstarrung des Fettes durch Kälte. „Die Feltcysten zeigten nicht jene glatte, sondern eine mehr körnige Fläche, und durch Druck entleerten sie in hohen Graden gar keine, in geringern nur wenig Fettkügelchen.“ Den Inhalt der Meliceris beschreibt Gluge als Feitcysten, zwischen welchen eine gelbliche körnige Masse liege, und eine ähnliche lasse sich aus den Cysten ausdrücken. „Man sieht keine Fetikügelchen mehr, obgleich die Cysten unversehrt sind; es ist also nicht die Hülle des Fettes, sondern dieses selbst verändert.“ Die Unter- suchungen von Valentin *) und dem Ref. ***) über den In- halt der Acne punctata und der Balggeschwülste stimmen im Factischen ziemlich überein. Auch Valentin fand Blättchen, welche mit vertrockneten Epitheliumblättchen Aehnlichkeit ha- ben, und selbst hier und da einen Nucleus zeigen. Er gedenkt aber nicht der Feit- oder Pigmentablagerung in diesen Blält- chen, welche ich in kleinen Acnepusteln fast immer gefunden habe. Valentin giebt auch eine chemische Analyse des breiigen Inhalts einer alten Meliceris. Er enthielt: Cholestearine . » - 2... ° 0,352 Elain und ölsaures Natron . 3,216 Btearın mi Under 0,292 Eiweiss und Kali, Chlornatrium Kalk und Talk .: . . . 1572 Geronnenes Eiweiss . . » . 5,923 Massen nn zudtt hr ur ‚ 100,000. „ Eine grosse Balggeschwulst des Kopfes ist von R. Fro- riep beschrieben und abgebildet +), und zugleich die Entstehung + *) Anatomisch-mikroskopische Untersuchungen. p. 126 II- ”) Repertorium P- 307 Bi ***) Symbolae ad anatom. villor. . 6. +) Chirurg. Kupfert, Heft LUXXVII. Taf. 393. 394. LXXVINI dieser Geschwülste aus verstopften Hautfollikela erläutert. — Fettgeschwulst zwischen Dura mater und Arachnoidea des Rük- kenmarks in der Gegend des Aten Lendenwirbels. Albers in Beobachtnngen u. s. f. p, 188. Die Ansicht, dass Tuberkeln durch Ausschwitzung in die Lungenzellen in Folge acuter oder chronischer Entzündung ent- stehn, verlheidigt Home in einem Bericht über das Edinburger Krankenhaus *). Er theilt einen von Dr. Simpson beobachte- ten Fall mit, der bei einem Steinbrecher beide Lungen voller fester, dunkelgrauer Miliartuberkeln fand, deren jedes in seinem Centrum ein Steinkörnchen enthielt. Diese bestanden aus Kie- selerde und kohlensauram Kalk, und verhielten sich bei nähe- rer Untersuchung ganz identisch den Steinen in dem Craigleith- Bruch, in welchem der Mann gearbeitet halte, waren also ohne Zweifel von aussen aufgenommen, und Ursache der localen Ex- sudationen geworden. Die mikroskopische Structur der Tuberkeln wurde von Gluge, Vogel und dem Ref. untersucht. Der erste **) fand in tubereulösem Eiter ausser den gewöhnlichen Eiterkügelchen die von ihm sogenannten Entzündungskugeln, welche er als Reste der ersten Zeiträume der Entzündung ansieht, ferner eine granulirt aussehende, feste, unorganisirte Tuberkelsnbstanz. Fa- sern oder Körner von bestimmter Form sollen nicht vorkom- men. Die Membran, welche die rohen Tuberkeln einhülle, be- stehe nicht aus Fasern, sondern sei nur ein Exsudat; auch in ihr kommen sparsam die zusammengesetzten Kugeln vor. Die Tuberkelmasse schliesse meistens Rudimente von Fasern ein. Vogel **) schildert die Tuberkelsubstanz als eine Anhäufung von 555 grossen Körnchen, welche zusammengehäuft eine ziemlich dunkle, undurchsichlige, gekörnte Masse von schwärz- lichbrauner Farbe bilden. In Eiter von einem Hautabscess von Tuberkeln kamen grössere runde Körper von 75 — 55“ Durch- messer vor, welche granulirt und mit sehr dunkeln, schwarzen Körnern besetzt waren. Bei Zusatz von Essigsäure erblassten diese, und liessen sich zuletzt nicht mehr unterscheiden. Wahr- scheinlich sind sie identisch mit den vom Ref. -+) beschriebenen gefüllten Zellen der Tuberkeln. Diese werden durch Essigsäure so aufgelöst, dass die Schaale platzt, die kleinen im Innern enthaltnen Körnchen sich ergiessen, und ein blosser Zellenkern *) Edinb. med. and surg. Journ, Jan. p. Sf. *)2.2.0;,p 2 ie) Fiter un Piterung p. 112. 132. Prodromus disq. sput, p- 12. 7) Ueber Schleim- und Eiterbildung. p. 60. LXXIX mit Kernkörperchen zurückbleibt. Wahrscheinlich rührt die körnige Masse, welche man in Tuberkeln häufig findet, aus den Zellen her, welche eniweder zu einer gewissen Zeit sich auf- lösen, oder durch die Präparation zerstört werden. Im Um- fange der Tuberkeln findet sich fast immer eine sehr entwik- kelte Pseudomembran, welche aus unvollkommenen Zellgewebe- fasern besteht, d. h. aus Fasern, welche durch den Zellenkern stellenweise varicös angeschwollen sind. Nach Guillot*) soll sich in tuberculösen Lungen eine neue Cireulation etabliren. Er läugnet zuerst die von Haller, Sömmering u. A. behaupteten Anastomosen zwischen Lun- gen- und Bronchialarterien, indem Injectionen aus den letztern bei Gesunden nur in die Lungen- und Bronchialvenen übergehn. In tubereulösen Lungen dagegen verwischen sich diese bestimm- ten Grenzen, die Systeme der Bronchial- und Lungenarterien verdrängen einander gegenseilig, und beide treten auch mit dem Gelässsystem der Wände des Thorax mehr und mehr in Ver- bindung. Die Aeste der Lungenarterie obliteriren im Umfang der Tuberkelu bis zu einer geringen Entfernung von denselben, die um so mehr zunimmt, je grösser der Umfang der Tuberkel- masse selbst wird. Die auf diese Art gebildete, dem Lungen- arleriensystem unzugängliche Schale um die Tuberkeln kann die Dicke von einem Centimeter erreichen. Nach und nach verschwinden auch die grössern Aeste der Art. pulmonalis in der tubereulösen Lunge, und endlich, wie das pathologische Gewebe sich weiter ausdehnt, bleiben nur die Hauptstämme übrig, ohne Aeste und gleichfalls der Obliteralion nahe, denn man sieht in denselben (dans leurs interstices?) nur ein farb- loses Faserstoffgerinnsel. Der Grund dieser Obliteration ist nicht eine primäre Krankheit, namentlich nicht Entwicklung der Tu- berkelmasse in den Gefässen. Die Tuberkelmasse bildet sich nach G., wie auch die meisten neuern Beobachter annehmen, zuerst in den blinden Enden der Bronchien. In dem Maasse, wie die Aeste der Pulmonal-Arterie verschwinden, entstehn neue Gefässe zuerst in der oben erwähnten gefässlosen Schale um die Tuberkeln, von wo aus sie sich weiter dnrch die Lun- gensubstanz verbreiten. Sie entstehn, wie es scheint, früh, und fioden sich in den Schalen, sobald die Tuberkeln die Grösse eines Hanfkorns erreicht haben. Zu einer gewissen Zeit hän- gen sie deutlich mit Aesten der Bronchialarterien zusamınen, wenn sie im Innern der Lunge sich befinden, oder mit Aesten der Arterien der Brustwände, wenn sie an der Oberfläche unter der Pleura liegen, in welchem Falle Verwachsung der beiden Blätter der Pleura vorhergegangen ist. Diese Anastomosen schei- °) L’experience. No, 35. LXXX nen sich aber erst in späterer Zeit herzustellon, und die neuen Gefässe selbstständig sich zu entwickeln, da anfangs die In- jection aus der Aorta und Bronchialarterie sich nie bis in die neuen Gefässe treiben lässt, obgleich sie oft in viel feinere Aeste der Bronchialarterien geht. Die entsprechenden zurückführen- den Gelässe, wenn die Communication hergestellt ist, sind’ die Lunpgen- und Bronchialvenen. Die Gefässnelze des neugebilde- ten Cireulationsapparats dringen nicht in die Substanz der Tu- berkeln selbst ein; in den Excavationen bilden sie Büschel auf den Wänden, und geben der Membran, welche die Excayationen auskleidet, ein sammtartiges Ansehn. Ueber die Häufigkeit des Vorkommens der Tuberkeln nach dem Alter und den Körpertheilen, und über. die Complicationen der Lungentuberkeln haben Grant, Calder *) und Mohr *) geschrieben, und die von Louis ausgesprochnen Resultate be- släligt.. Der letztere beschreibt 3 Formen von Tuberkeln der Brunn’schen Drüsen: Die erste Form erscheint in Gestalt grau- lich weisser, hirsekorngrosser, rundlicher, praller, durch Abla- gerung von Tuberkelstoff gebildeter Erhabenheiten, welche von der Spitze aus exulceriren, und sich in grosse, rundliche Ge- schwüre mit aufgeworfenen Rändern verwandeln. Die 2te Form, von welcher es nicht ganz gewiss ist, ob sie mit Tuberkeln zusammenhängt, bildet rundliche, stecknadelkopfgrosse, mit grünlich gelbem Eiter gefüllte Erhabenheiten, welche sich in kleine, flache, hohle Geschwüre verwandeln. Die 3te Form stellt rundliche, von Tuberkelstoff bedingte Erhabenheiten dar, welche, wenn sie in Geschwüre übergehn, selten melr die runde Form beibehalten, sondern linienlörmig nach der Längs- richtung der Falten hinziabn. Sehr interessante Data liefert eine Abhandlung von Ro- kitansky ücer Combinalion und wechselseilige Ausschliessung verschiedner Krankheitsprocesse ***) auch in Beziehung auf Tu- berkelkrankheit. Der Verf. giebt an, dass Typhus und Ruhr bei Tuberkelkranken sehr sellne Erscheinungen seien. Die sämmt- lichen Formen der Tuberkelkrankheit und des Krebses scheinen sich gegenseitig auszuschliessen, so wie auch Tuberkeln und Hydatiden, während Krebs und Hydatidenbildung sehr häufig zusammen vorkommen. — Tuberkela der Nieren in Rayer, trail&E des maladies des reins, Livr. V.— Nach Clendinning+) ist bei Phthisischen, während der ganze Körper an Masse be- deutend abnimmt, das Gewicht der Eingeweide vermehrt, und *) Lond. med. gaz. Juli. p. 570. **) Beiträge z. path. Anat. p. 31. ***) Oesterr. med. Jahrb. Bd. XVII. P 220. 408. j) Medico-chirurg. Transact. Vol. XXI. p. 338. LXXNI zwar im Mittel aus einer Anzahl von Fällen das Gewicht des Herzens um +3, das der Leber um 53, der Nieren um 13, der Milz um 243, des Pancreas um 2 3, des Mageus um +2. — J. A. Müller, de habitu phthisico. Diss. inaug. Traject. 8. Die Flüssigkeit, welche in einem Markschwamm enthalte war, beschreibt Vogel folgendermaassen *): Man unterschied ganz kleine Körnchen , 1,5 — 1355“ gross und noch kleiner; runde oder elliptische Körperchen von „4; — z4;‘; zart gra- nulirt, manche mit einem kleinern, „5 — 1,57“ haltenden Kern in der Mitte. Die Körperchen waren scharf begrenzt, den Ei- terkörperchen nieht unähnlich, doch schienen sie zarler. Da- zwischen zeigten sich viele grössere, runde Körper, ,— 1, gross, schwärzlich, mit kleinen, dunkeln Körnchen besetzt; sie waren den oben erwähnten grossen, runden, dunkeln Körpern in den Hauttuberkeln ganz ähnlich. Gluge hat ebenfalls mi- kroskopische Untersuchungen von Fungus medullaris mitge- theilt *) Die weisse ausdrückbare Masse besteht nach ihm aus Kügelchen, die grösser und unregelmässiger als Eiterkügelchen sind, und auf der Oberfläche dunkle Windungen zeigen. Sie lösen sich nicht in Essigsäure, aber in Salpetersäure (?). Dag Gewebe, in welchem die weisse Masse abgelagert ist, zeigt Zellgewebefasern, welche aber keine gewundene Form mehr haben, und durch mässigen Druck zerstört werden, also wohl nicht Zellgewebefasern sind. Wo die Substanz sehr erweicht ist, finden sich auch die bekannten Entzündungskugeln. Was das Gewebe des Markschwammes betrifft, so erinnert der Verf. wiederholt, dass derselbe kein Gewebe besitze, das ihn’ consti- tuirt. Die Ablagerung der Markmasse geschehe frei zwischen den Geweben. Dennoch kann die ganze Geschwulst von Blut strotzen. und es zeigen sich alsdann neu entwickelte, dichte Netze von Capillargefässen in derselben. — C. Osius ***) hat einen Fall von Fungus eranii genau geschrieben, in welchem eine grosse Zahl von Geschwülsten, sowohl der äussern als der innern Knochenfläche, und zwar an entsprechenden Stellen, aufsassen, ohne dass die Diplo@ zwischen den kranken Kuo- chenlamellen affıeirt gewesen wäre. — Fungus durae matris. Müller im Würtemb. Correspondenzbl. VII. No. 32; Kratochwila, imago melanoseos oculi. Padua. Diss. inaug. — Melanose der Nieren, Rayer a. a. ©. Livr. V. — Ineystirte Melanose der Leber. Heyfelder, Studien im Ge- biete der Heilwissenschaft, p. 117. *) a.a. O. p. 133. ®) a. a. O. p. 101. **) Heidelb. klin. Ann. Heft 3. p. 377. Müllers Archiv. 1839. r LARXKU Bauperthuys und Adet de Roseville haben der Aca- demie des sciences angezeigt *), dass sie in allen Krebsschäden, vor und nach der Erweichung, mikroskopische Thierchen fin- den, welche sie deshalb als die Ursache des Krebses ansehn. — Hawkins unterscheidet 3 Formen von Hautkrebs des Gesichts **). Die gewöhnliche beginnt als kleiner, harter Tuberkel, in wel- chem eine Fissur oder ein kleines Geschwür sich bildet, welche sich anfangs von Zeit zu Zeit mit einer dünnen Kruste bedeckt und sich endlich in ein tiefes, hohles Geschwür verwandelt. Die 2te Form. das cancröse Geschwür, entsteht aus einem plat- ten, braunen Tuberkel, meistens in dem Winkel zwischen Wan- gen und Nasenflügel; er ist weicher, platter und dunkler, als der gewöhnliche, und scheint nur die oberste Lage der Cutis einzunehmen. Das Geschwür hat keine verdickten oder entzün- deten Ränder, ist nur wenig schmerzhaft und schreitet sehr langsam vorwärts. Die 3te Form soll cancröse Geschwulst oder fungöser Gesichtskrebs der Greise heissen. Sein erstes Auftre- ten bezeichnet eine kleine, runde oder ovale Geschwulst in der Haut, meistens in der Wange, über welcher die Haut die ge- wöhnliche Farbe hat, zuweilen auch blasser ist. Die Geschwulst ist fest, aber nicht sehr hart, von speckiger Consistenz. Sie bleibt sehr lange stationnär, wächst dann allmählig, ohne Schmerz, oft bis zur Grösse einer Wallnuss. Wenn sie auf- bricht, so erhebt sich eine Masse gesund aussehender Granula- tionen, welche sich auch über die Geschwulst hinaus auf die benachbarte Haut erstrecken, zu 1“ Höhe und mehr, und einen reichlichen Eiter absondern, ohne Geruch, ohne Blutung. Lange ist auch die Geschwulst an der Basis ohne Verwachsung mit den umgebenden Theilen, und kann mit Hoffnung auf Erfolg exstirpirt werden. Sie wächst zu einer bedeutenden Grösse, ehe sie ihren Character ändert und das Allgemeinbefinden stört. — Careinoma ventrieuli. Mohr in Beitr. p. 98. C. uteri ebendas, p. 108. Krebs der Nieren, Rayer a.a.0. Livr. V. Cruveilhier’s Cancer colloide besteht nach Gluge’s ***) mikroskop. Untersuchung aus sehr feinen Fasern, welche wenig elastisch und netzförmig vertheilt waren, ohne die Windungen der Zellgewebefasern, und aus zwischen den Fasern abgelager- ten unregelmässigen Kügelehen, mit unregelmässigen, zahlreichen, schwarzen Punkten bedeckt. Die mikroskopische Structur eines grossen Steatoms hat Jusefowitsch beschrieben }), Es war gebildet aus mannig- *) Compte rendu. 15. Janv. **) Medico-chirurg. transact. Vol. XXI. p. 72. *"*) a. a. O. p. 132. +) De adiposi praecipue locali. Diss. inaug. Berol. 8. LXXXII fallig gekrümmten, meist zu Bündeln zusammentretenden Fasern von der Dicke der Zellgewebefasern oder dicker, und aus kör- nigen Kügelchen von verschiedner Grösse. Hydatiden in den Beckenknochen. Fricke in dess. und Oppenheim’s Zeitschr. Bd. VII. p. 383. (die Hydatiden waren einfache Blasen mit heller durchsichtiger Flüssigkeit). — H Haliden der Leber. Cox in Medico-chirurg. transact. Vol. - pP 331. Ueber den Bau der Naevi, Curling in Lond. med. gaz. Aug. p. 791. — Dubigk, anatom.-physiol. Untersuchungen über maulbeerartige Condylume, in Fricke und Oppenh. Ztschr. Bd. VIII. p. 121. — Redlich, de elephantiasi scroli. Berol. 4. c. 4 tabb. Ia einer Dissertation, welche eine gute Zusammenstellung der organischen Nervenkrankheiten liefert, beschreibt van der Lith *) eine Geschwulst, welche in der Wirbelsäule in der end des 3ten bis 6ten Cervicalnerven lag, und nur an ihrer vordern Fläche mit der vordern Wurzel des 4ten Halsnerven unzerirennlich verbunden war, so dass sie von diesem ausge- gangen zu sein schien. Sie bestand aus einer dicken, weissen, gleichförmigen Hülle und einer weissen, pulpösen Materie. Meh- rere Fälle von Markschwamm, der aus dem Nerven selbst sei- nen Ursprung nahm, werden daselbst angeführt. p. 145ff. — Partielle Verbärtung und Anschwellung des Ganglion cervicale supremum, Hagenbach in diesem Archiv p. 90. — Fibröse Geschwulst der Pons varolii, Romberg, quaedam de Ponte varoli, Diss. inaug. Bonn. 8. Parasiten. Die Fälle von Durchbohrung des Darms durch Eingeweide- würmer und von Bildung von Abscessen in den Bauchwänden durch dieselben hat Mondiere zusammengestellt **). Die Ab- scesse entstehn am häufigsten in den Weichen und der Nabel- gegend. Es sind fast nur Ascariden, welche diese Zufälle ver- anlassen. Ein einziger Fall von Durchbohrung des Darms und der Bauchwände durch eine Tänia ist bekannt. — In den Ein- geweiden eines Pferdes hat Miescher **) kleine Fadenwürmer gefunden, welche er für die Jungen des Strongylus armatus *) De vitiis nervorum organieis. Amstel. 8. c, tab, ”) I ogfiener: No. 47. *"*) Verhandlongen der naturf. Gesellsch. in Basel 1838. Ann. des sciences natur. T. X. p. 191. . LAXXIV hält. Sie sassen in der Substanz der Darmschleimhaut, jeder in einer Hervorragung, einer Art von Nest, welche mit blossem Auge kaum von Darmdrüsen zu unterscheiden waren. Die Würmer waren 1— 15“ lang, eylindrisch, geringelt, mit einem dünnen Schwanz versehn, ohne Spur von Geschlechtsorganen. Bekanntlich kommen beim Pferde 2 Varietäten von Strongylus armatus vor, eine grössere und kleinere. Die eben beschrieb- nen Jungen hält Miescher für Embryonen der kleinern Va- rietät; er glaubt auch einmal einen Embryo der grössern ge- sehn zu haben, nämlich ein Bläschen in der Substanz der Schleim- haut, welches einen dunkelrothen, zusammengerollten Faden- wurm, ebenfalls ohne Geschlechtsorgane, enthielt. — Tricho- cephalus ist nach Bellingham *) beim Menschen sehr häufig, ohne schlimme Zufälle zu erregen. Baum bestätigt diese Be- merkung **). — Dass der Strongylus inllexus wirklich in den Blutgefässen lebt, bezeugt auch v. Siebold ***), welcher meh- rere Individuen dieses Wurms im Herzen eines erwachsenen Delphins angetroffen hat. Einige Arten geschlechtsloser Nema- toideen von Thieren sind von demselben sehr genau und voll- ständig beschrieben 7). Creplin ff) spricht es als allgemeines Gesetz aus, dass Nematoideen, welche iu einem ringsum geschloss- nen Balge einzeln für sich leben, niemals Geschlechtstheile be- sitzen. — In einer Monographie von Birkmeyer über die me- dinische Filaria 777) giebt R. Wagner eine Beschreibung die- ses Wurms nach 2 Exemplaren, von welchen das grössere 26” mass, und in der Mitte des Körpers kaum mehr als 1“ Durch- messer hatte. Um die Mundöffnung schienen 4 kleine Papillen zu stehn, der Schwanz endet in einen dünnen, selır krummen Haken. Körper, ähnlich wie bei Ascaris, geringelt. Beide Exemplare waren weiblich; ein weisses Eingeweide, welches längs des ganzen Körpers herablief, enthielt Junge. Miescher beschrieb einen Trematoden, welcher unter der Haut von Fringilla, am häufigsten Fringilla domestica lebt, und in seiner Lebensweise und Entwicklung manche merkwürdige Verhältnisse darbietet *). Seine Wohnung sind häulige Bälge in der Bauchhaut vor dem After, und in der Rückenhaut um die Steissdrüse, welche die Haut in kugligen Anschwellungen *) L’institut. No. 246. *) Wiegmann s Archiv. Bd. Il. p. 293. >**) Ebendas. p. 294, T) Ebendas. Bd. I. p. 302. ir) Ebendas. p. 373. Tri) De filaria medinensi commentatio. Onold. $. ) Beschreibung und Untersuchung des Monostoma bijugum. Basel. 4, LXXXV hervortreiben, und an der Spitze meistens eine grubenförmige Verliefung zeigen. Mit der Haut hängt der ganze Balg nur durch lockeres Zellgewebe zusammen, ausgenommen an der Spitze, wo er mit der äussern Haut fest verwachsen ist. Die grubenförmige Vertiefung führt in eine Oeflnung, welche Haut und Balg durchbohrt, wodurch also die Höhle des Balges nach aussen oflen ist. In jedem Balg liegen 2 Würmer, der Gattung Monostoma angehörig, mit der planen Bauchfläche ein- ander zugewandt, die Hinterleiber nach der äussern Oeflnung gerichtet, aus welcher öfters das hintere Ende des Monostomum mit der Oeflnung des Excretionsorgans hervorragt. In der Re- a werden beide Individuen im Copulationsact angetroffen, der erhus des einen ragt in die Vulva des andern, und aus der letztern ergiessen sich Eier,;* sobald man den Cirrhus aus der- selben entfernt hat. An einem Sperling, welchen der Verf. im Herbst erhielt, waren die Bälge zusammengeschrumpft, hart und höckerig, wie ineystirte Tuberkeln, mit dem umliegenden Zellgewebe genau verwachsen. Die Wände waren dick und deutlich concentrisch geschichtet, die Oeflnung bei den meisten verschwunden. Im Innern enthielt der Balg eine in unregel- mässigen Schichten abgelagerte Substanz, theils von weisser, theils von brauner und schwarzer Farbe, in welcher sich die Reste der frühern Bewohner imehr oder minder vollkommen erkennen liessen. Miescher ist der Ansicht, dass die Bälge, in welchen die Entozoen wohnen, Federbälge sind, von welchen sie Besitz ergreifen, ehe noch die Federn sich entwickelt haben. Dafür spricht, dass sie nur bei jungen Thieren vorkommen, Die Eier, welche in der fettigen, nach dem Absterben des Mo- nostoma den Balg ausfüllenden Materie liegen bleiben, mögen vielleicht bei der Brütung im folgenden Jahr zur Entwicklung kommen und in die Hautbälge der Jungen übergehn. Bemer- kenswerlth ist, dass sie immer nur an dem Hinterleib sich fin- den, also an Theilen, welche bei frisch ausgekrochenen Vögeln slels unbeweglich im Grunde des Nestes liegen. Ein interessantes Factum für die geographische Verbreitung der Bandwürmer theilt v. Haselberg wit‘). Er trieb einer Dame in Stralsund einen Bothriocephalus latus ab, eine Art, welche sonst in Pommern nicht beobachtet wird; es ergab sich, dass die Dame zwar in Stralsund geboren war, aber von 1811 bis 1832 ia Dorpat und von da bis 1834 in der Schweiz ge- lebt hatte, von wo sie nach Stralsund zurückkebrte. Cysticercus cellulosae auf der Sclerotica. Siebold in Vereinszig. No.16. Estlin in Lond. med. gaz. Aug. p. 839. *) Med. Vereinszig. 1837. No. 32. LXXXVI Nervenkrankheiten. Ueber die Alterationeu des Gehirns, die sich bei Wahnsin- nigen finden, hat Parchappe Untersuchungen mitgetheilt °). Die häufigsten sind Hyperämie und Ausgänge der Entzündung entweder des Gehirns oder der Häute, Verdickung und Adhä- sionen der letztern, Verhärtung, Erweichung, Infiltrationen des erstern, ferner Ecchymosen, Atrophie der Windungen, verän- derte Färbnng etc. Unter 131 Fällen war in 3 Fällen das Ge- hirn und seine Häute anscheinend normal. — Albers erinnert °°), dass der Druck des Blutes nicht das einzige Moment sein dürfe, um die Lähmung des Gehirns im Schlagfluss zu erklären; einen bedeutenden Antheil habe gewiss auch der Blutmangel in den- jenigen Theilen des Gehirns, aus welchen das Blut sich ent- leert hat. Den Schlagfluss, welcher sich zu Gehirngeschwül- sten gesellt, erklärt er theils aus der secundären Erweichung des Gehirns, theils durch Bersten der Geschwülste, wenn sie einen flüssigen Inhalt haben. In Bonn ist eine Reihe von Dissertationen erschienen, welche eine Zusammenstellung von Fällen organischer Hirnkrankheiten lie- fern, nach den einzelnen Theilen des Gehirns geordnet. Jede der- selben schliesst mit oder wird eingeleitet durch eine Aufzählung der Symptome. Es gehört dahin die oben erwähnte Dissertation von Romberg, de ponte Varolii, ferner Bonnenberg, de morbis ce- rebelli, und Erley, de morbis corporis callosi. Diese Arbeiten sind für Physiologie und Pathologie von gleichem Interesse, und man muss es dem verdienten Director der Bonner Klinik danken, dass er die Kräfte seiner Schüler, die sich literarischen Arbeiten unterziehn wollen, so wohl zu verwenden weiss. Ueber Reizung und erhöhte Reizbarkeit des Rückenmarks, Albers, a. a, ©. p. 123ff. — Tetanus, auf die linke Körper- hälfte beschränkt, beobachtete Barlow, Lond. med. gaz. May. p- 284. — Eine interessante Rückenmarkskrankheit beschreibt Malinckrodt **). Ein kräftiger und sonst gesunder Mans litt an wiederholten, convulsivischen Anfällen von Husten, wel- che zuweilen selbst in tetanische Krämpfe übergingen.. Der Hu- sten trat spontan auf, er wurde aber hervorgerufen durch di- recten Druck auf die Wirbelsäule (am 2ten bis 4ten Halswirbel), durch leises Berühren der linken Schultergegend und der Regio epigastrica (refleclirt), und jedesmal durch Lachen (Mitbewe- *) Sur l’encephale et ses dependences, Paris. 8. **) Beobachtungen u. s. f. p. 114. **) Observatio casus rarioris morbi medullae spinalis adjecta symptomatum epicrisi. Diss. inaug. Berol. 8. LXXXVI gung). — J. Wilson *) berichtet von einem eigenthümlichen hysterischen Leiden junger Frauenzimmer, einer plötzlichen Con- tractur der Muskeln einzelner Extremitäten, verbunden mit erhöh- ter oder verminderter Sensibilität, oft in Lähmung übergehend. Von der Sympathie, welche durch den Ramus aurieularis neryi vagi zwischen Ohr und Lungen besteht, erzählt Arnold einige Beispiele **). Ein Fall, welchen ihm Dr. Martini mit- theilt, betraf ein Mädchen, welches längere Zeit an starkem Husten und Auswarf litt, sich öfters erbrach, sehr abmagerte, und überhaupt in einem leidenden Zustande sich befand. Bei näherer Prüfung ergab es sich, dass ia jedem Ohr eine Bohne steckte. Das Ansziehn war mit heftigem Husten, Erbrechen und öfterm Niesen begleitet. Alsbald legten sich diese Erschei- nungen, und das Kind genass völlig. Hamilton hat einige Fälle von Nervenverwundung mit- etheilt**). Einer derselben ist deshalb von Interesse, weil die notzündung der Narbe 3 Monate lang alle 14 Tage, später alle 8 Tage sich erneuerte.e. Es begann Schmerz von der Wunde (des Arms), der aufwärts gegen den Kopf, abwärts gegen die Finger schoss. Die Hand wurde dabei hochroth, und schwoll in wenigen Minuten zu einem enorınen Umfang an, Schauer, der Gesichtsschmerz als Symptom. Casper’s Wochenschr, No. 25—29. — Gumbinner, de prosopalgia, observationes nonnullae nuper factae. Diss. inaug. Berol. 8. — Rowland, treatise on neuralgia. Lond, 8. (Compilation). König stellt, die Structurveränderungen der Relina zusam- men, welche als Grund der Amaurose derselben beobachtet wor- den sind 7). Einen Fall von Lähmung der [sensibeln Portion des drit- ten Asies des Quintus durch eine organische Veränderung seines Neurilems hat Romberg beschrieben Ff). Dieser Fall ist nicht nur durch die Genauigkeit, womit während des Le- bens die Diagnose gestellt wurde, und durch die Bemerkun- gen über die Paralyse, welche der Verf. daran knüpft, von hohem Interesse; er ist auch in einer physiologischen Frage von Wichtigkeit, welche in der letzten Zeit auf experi- mentellem Wege und noch ohne bestimmten Erfolg discu- tirt worden ist. Gleichzeitig mit dem Tastgefühl der Partien, zu welchen der Nerve sich verbreitet, namentlich der Zunge, *) Medico-chirurg. transact. Vol. XXI. p. 106. , **) Bemerkungen über den Bau des Hirns etc. p. 108. **), Dublin. Journ. No. 37. 7) De retinae ac partis anterioris neryi optici mutalionibus evi- dentibus in amaurosi. Diss. inaug. Bonn. 8. tr) In diesem Archiv. p. 305. LXXXVINI war auch der Sinn des Geschmacks auf der geiahu- völlig vernichtet, und es wird dadurch wahrscheinlich, die Einwendungen gegründet waren, welche in Kornfelu. Dissertation gegen Panizza erhoben worden sind. Nach Pa- nizza sollte der N. glossopharyngeus Geschmacksnerve sein, und der N. lingualis allein dem Tastgefühl der Zunge vorstehn. — Voisin, Fälle von Lähmung des Facialis, Trigeminus etc. I’ezperience. No. 35. — 2 Fälle von Lähmung des Facialis. Arnold a. a. ©. p.207. — Fälle von rheumatischer Gesichts- lähmung Kyll in v. Ammon’s Monatssehr. Bd. I. p. 637. — Kalt, de paralysi nervi facialis. Diss. inaug. Bonn. 8. Symptome des Asihma thymicum, veranlasst durch den Druck einer angeschwollenen Bronchialdrüse auf den Vagus. C. G. Günther in d. allg. med. Zeitg. No. 39. — Griffin*) hält den Laryngismus stridulus für krampfhaft. — Kerr, über Laryogismus stridulus. Edinb. med. and surg. Journ. Apr. p. 344, (gegen Ley). Pathologie der Flüssigkeiten. Einen interessanten Beitrag zur Pathologie des Blutes liefert €. H. Schultz **), indem er nachweist, wie vermehrter Salz- gehalt des Blutserum die Auflösung des Farbestofis der Blut- kügelchen hindert, und dem Blut mehr einen venösen Character ertheilt, wogegen übermässiger Reichthum des Blutes an wäss- rigen Bestandtheilen die Auflösung des Farbestoffs und der Blut- kügelchen befördern. Der Farbestoff der Blutkügelchen ist nicht absolut unlöslich im Serum, sondern nur um so weniger, je reicher das Serum an Salzen. Sehr oft ist daher dies gelblich, selbst rötblich gefärbt. Ein farbloses Blutserum erhielt der Verf. von Thieren, die lange vom Getränk abgehalten worden waren. Die Anwendung, welche der Verf. aus diesem Erfah- rungssatz auf die Genesis besondrer Krankheiten, besonders der Leber, macht, ist zwar ganz bypothetisch, weil sie auf seine hypothetische Lehre von der Bildung und Ausscheidung der Blut- körperchen gegründet ist; indess lässt sich wohl voraussetzen, dass der Einfluss eines übermässig wasserarmen oder wasser- reichen Blutes auf die Ernährung nicht unbedeutend sein muss, und es ist wichlig, diese Verschiedenheiten chemisch und mi- kroskopisch schätzen zu können. Manche Aufklärungen sind *) Dubl. Journ. Jan. p. 364. °*) Hufeland’s Journal. April. LXXKXIX davon zu erwarten, auch für die Aeliologie, z. B. die Wir- kung wässriger Nahrung, übermässig feuchter oder trokener Luft u. 8. £. Stannius hat zahlreiche Versuche über den Fasersloffge- halt des Blutes angestellt, indem er durch Schlagen den Faserstoff abschied und getrocknet wog. Die Menge desselben schwankte zwischen 1,034 und 7,083 in 1000 Theilen Blut; im Mittel 3,595. Die geringste Menge fand sich bei Menschen, deren Zustand am meisten dem der Gesundheit sich näherte, die grösste Menge bei solehen, welehe an Entzündung, besonders der Lunge, litten; auch bei Phthisikern war die Menge des Faserstofls beträchtlich. In der Regel ist bei geringem Faserstoflgehalt die Menge der festen Bestandtheile überhaupt gering, bei grossem Faserstofl- gehalt am grössten; doch kömmt grosser Reichthum an Faser- stoff auch in auffallend wässrigem Blat vor. — Nach James und Fremy *) ist das Blut Scorbutischer arm an Faserstoff, reagirt stärker als gewöhnlich alkalisch, und gerinnt daher nicht leicht. James vergleicht dieSymptome des Scorbuts mit den- jenigen, welche Magendie nach der von ihm sogenannten De- fibrination das Blutes beobachtete, und findet die Uebereinstim- mung vollkommen. Von spontaner Luftentwieklung im Blute, als einer Ur- sache plötzlicher Todesfälle, handelt Ollivier d’Angers '"), und führt einige Fälle an, wo nach plötzlich ohne andren nach- weisbaren Grund eingetretnem Tod das Herz von Luft ausge- dehnt war, nur wenig schaumiges Blut aus demselben floss, übrigens aber die Fäulniss nicht so weit vorgeschrilten schien, dass die Gasentwicklung als Folge derselben angesehn werden konnte, — Ueber Bluter, Dubois, Gaz. med. 1838. No. 3. Bouchardat **) behauptet, dass die Menge des Zuckers im diabet. Hara in gerader Proportion stehe mit der Menge von brod-, zucker- und slärkemehlhaltigen Substanzen, die der Kranke eniesst. Alle diabetischen Kranken haben eine entschiedene orliebe für solche Nahrungsstoffe. Der Durst derselben ist gleichfalls in geradem Verhältniss mit der Menge des Stärke- mehls, das sie zu sich nehmen, auf ein Pfund des letztern etwa 40 Pfund Wasser, ohngefähr soviel als nöthig ist, um Stärke- mehl unter dem Einfluss der Diastase in Zucker umzuwandeln. Ausser der Diastase wandeln aber auch Hefe, Leim, veränder- ter Eiweiss- und Faserstoff das Stärkemehl in Zucker um, und diese Substanzen können im Magen gegenwärtig sein. Vou den *) Gaz. m&d. de Paris. 1838. No. 2. ”) Archives gen. Janv. *"*) Compte rendu de l’acad, des sc. 42. Mars. xC beiden Arten des diabetischen Zuckers ist die eine vollkommen ähnlich dem Stärkemehlzucker, die andre, die sich nur durch Geschmacklosigkeit unterscheidet, kann durch Kochen mit ver- dünnter Schwefelsäure in süssen Zucker umgewandelt wer- den. Die Krankeit wird geheilt, wenn man den Genuss von Getränken und süssen oder stärkemehlhaltigen Nahrungsmitteln so viel als möglich beschränkt. Bei Gelegenheit einer Anzeige die- ser Arbeit inOmodei’s Annalen (Mai und Juni. p. 630.) theilt Polli die meist übereinstimmenden Resultate seiner eignen Un- tersuchungen mit. Nach ihm beginnt die Bildung des Zuckers im Magen, von da gelangt er ins Blut, und wird aus demsel- ben durch die Nieren ausgeschieden. Die Nahrungsmittel zei- gen sich, wenn sie einige Stunden nach der Mahlzeit ausgebro- chen werden, zum Theil in Deztrine verwandelt. Im Blute Diabetischer befinde sich eine zuckerarlige Materie, die mit Koch- salz krystallisire, und ein unkryslallisirbarer, syruparliger Stoff, ähnlich der Dextrine (?). Die nicht süsse und nicht kryatalli- sirbare Materie, welche Thenard u. A. bei Diabetes insipidus im Harne fanden, sei nichts Andres als Dextrine, die sich auch zuweilen beim Diabetes mellitus vorfinde, wenn die Umwand- lung in Zucker nicht vollständig erfolgt sei. Polli liess eine Kranke während der Mahlzeit gerbestoffhaltige Flüssigkeiten trin- ken. worauf Besserung eintrat, die Menge des Urins sich min- derte, unı die der Dextrioe analoge Materie in demselben er- schien. Die eigenthümliche Umwandlung des Chymus scheint herzurühren von einem krankhaften, der Diastase ähnlichen Se- cretionsproduct des Magens, vielleicht auch vom Uebermaass der Salzsäure im Magensaft. Die Pflanzenfresser sollen dem Diabetes häufig unterworfen sein, und auch in der Gesundheit eine zuckerige Substanz mit dem Urin absondern. Rees*) hat aus diabetischem Blut ebenfalls, wie Am- brosiani, den Zucker krystallinisch dargestellt. Seiner Ana- lyse nach enthält dasselbe: Wasser nad rrsmd nie: 4908,50 BiwerarwWil all lokanumaler aan BB BEIDKIREN a. He land ern 0,95 Zucker 1 ‚so Exstractivstoff in Alcohol lösl., Harnstoff 2.20 Albuminat von Natron . ». ».... 0,80 Salzs. und kohlens. Alkali mit Spuren von Phosphors. und Schwefels. . . 4.40 Verlust ST eTTE R & 1,00 1000,00. °) Guy’s Hospital Reports. No. V. xcl In dem Blute Cholerakranker, bei welchen bekanntlich oft mehrere Tage die Harnabsonderung stockt, ist durch Marchand die Gegenwart des Harnstofis nachgewiesen *). Die Sedimente des Harns hat Vigla mikroskopisch und chemisch untersucht ”*). Es finden sich die bekannten organi- schen Elemente des Epithelium, Schleims, Eiters, des Bluts, des Samens, Humor prostaticas und Ferment, endlich Fett und Milch (künstlich beigemischt), Die Darstetlungen, die der Verf. von diesen Substanzen giebt, sind ziemlich ungenau, und werden von Donn&*'') zum Theil durch eben so unrichtige Angaben widerlegt. Das Ferment, erkennbar an den mikro- skopischen Pilzen, kömmt im diabetischen Urin vor, worin es sich aber erst nach der Entleerung des Urins bilde. Quevenne hat dasselbe untersucht und mit dem Ferment des Biers etc. identisch gefunden. Vigla sah im Urin auch schwärzliche Kü- gelchen, die nach Quevenne’s Analyse zuerst für organische, mit Harnsäure und andern Harnsalzen inkruslirte Kügelchen ehalten, später als anorganische Niederschläge aus harnsaurer Fiaguesin erkannt wurden. Wasser löst die Substanz auf, wel- che den Kügelchen das schwärzliche Ansehn giebt, und diese bleiben in der Form von Schleimkügelehen oder noch kleineren zurück. Der Theil der Arbeit, welcher von den Krystallfor- men der anorganischen, mikroskopischen Elemente handelt, ist olne Abbildungen unverständlich. Wir müssen daher auf das Original verweisen. Dass das specifische Gewicht des Urins ein Kennzeichen von sehr geringem Wertbe sei, beweist d’Arcet f). Die Beobachtungen über chylösen (milchigen), fetthaltigen Urin hat Rayer gesammelt FF). i Donn& fr) hat sich mit mikroskopischen Untersuchun- gen der Milch beschäftigt, und darauf eine Diagnose der gesun- den und kranken oder wenig nahrhaften Milch gegründet. Das Colostram enthält wahre Milehkügelchen nur in geringer Quan- tität, unregelmässig gebildet. Löst man die Fettkügelchen durch Aether auf, so bleiben Schleimkörnchen übrig, die in guter Milch nicht vorkommen. Eigenthümlich siod ferner dem Co- lostrum granulirte Körperchen von verschiedener Grösse, die *) Poggendorf’s Annalen. Bd. XXXIX. p. 458. ”*) L’experience. No. 12. (1837) No. 13. 26. 27. **) Ebendas. No. 18. 7) Ebendas, No. 55. ++) Ebendas. No. 42. ” irr) Da lait et en particulier de celui des nourrices. Paris. 1837, xcll aus einer Menge kleiner, von einer durchsichtigen Schale ein- geschlossnen Körnchen zusammengesetzt scheinen. Im Mit- telpunkt der granulirten Körperchen befinde sich oft ein Kügel- chen, welches einem wahren Milchkügelehen gleiche. Wenn das Colostrum in gesunde Milch übergeht, ein Uebergang, der nicht vor dem 20sten Tage nach der Entbindung ganz vollendet sein soll, so verschwinden nach und nach die granulirten Kör- per, die, Milchkügelchen erhalten eine bestiimmtere Form, und während sie bisber durch eine zähe Substanz verbunden waren, trennen sie sich von einander, und schwimmen einzeln frei herum. Eine kranke, nieht nahrhafte Milch soll man daran erkennen, dass sie in spätern Zeiten der Schwangerschaft die mikrosko- pischen Charaelere des Colostrum behält, wobei sie äusserlich ganz das Ansehn gesunder Milch haben kann. Die Milch kann auch mit Eiter gemischt sein, und da Milch- und. Eiterkügel- chen mikroskopisch leicht unterschieden werden, so kann es wohl gelingen, einen tiefsitzenden Abscess der Mamma eher aus der Untersuchung der Milch zu erkennen, als er sich an der Brust selbst durch äussere Entzündungssymptome verrälh. — F.Simon *) hat dieMilch einer Frau untersucht, welche durch heftigen Aerger und Fieber so verändert war, dass der Säug- ling davon Krämpfe bekam. Sie gerann beim Abdampfen, was der Verf. bei andrer Frauenmilch nie beobachtet hat; die nicht zur Analyse verwendete hatte sich gegen Abend zersetzt, und reagirte sauer; schon am andern Morgen roch sie nach Schwe- felwasserstoff. Gesunde Milch soll nach 7— 8 Tagen noch nicht zerseizt sein. — Turpin hat Beobachtungen über die Milch- kügelchen in einer mit Eiter vermischten Milch angestellt **), und dieselben später selbst zum Theil widerrufen ***). Pathologie einzelner Organe. Soltsien, de tela ossea aegra et integra. Diss. inaug. Berol. 4. (Compilation.) Ueber die Krankheiten der Zirbeldrüse. Raikem in An- nales de med. belge. 1837. Novbre. Lebert, über die spontanen Lungenkrankheiten, welche plötzlichen Tod herbeiführen. (Congestion, Engouement, Apo- plexie, Entzündung ete.) Arch, gener. Avril. Mai. *) Die Frauenmilch nach ihrem chemischen und physiologischon Verhalten. Berlin. 8. **) Compte rendu, 26. Feyr. ***) Ebendas., 12. Mars. ACII Bright, Krankheiten der Milz, in Guy’s Hosp. Reports. No. V. Pathologisch-anatom. Untersuchungen über die Krankheiten der Nebennieren. Rayer in l’exp£rience. No. 2. 1837. (Apo- plexie, die häufgste Krankheit derselben. 6 Fälle. Tuberkeln und strumöse Geschwülste. Markschwamm. Verknorpelung und Verknöcherung. Steinbildung. Entzündung ist sehr selten.) Syme, on diseases of the rectum. Edinb. Lond. 8. Von v. Ammon’s ausgezeichnetem Werke, klinische Dar- stellungen der Krankheiten und Bildungsfehler des menschlichen Auges, sind‘2 Bäude erschienen, von welchen der erste die Krauk- heiten des Bulbus, der zweite die Krankheiten der Augenlider, der Augenhöhle und der Thränenwerkzeuge umfasst. Der drilte Band, die Bildungsfehler des Auges und der umgebenden Theile enthaltend, soll im Laufe dieses Jahres erscheinen, zugleich mit einer klinischen Schilderung der gesammten Ophthalmopatholo- gie. Mit dieser wird es leichter sein, die Fülle des hier ge sammelten, grössientheils neuen Materials zu übersehen, und Ref. enthält sich bis dahin einer ausführliceen Mittheilung. Handbücher. Stark, allgemeine Pathologie oder allgemeine Naturlehre der Krankheit. In 2 Abtheilungen. Lpz. Kraus, Allgemeine Nosologie und Therapie. Bd. I. Göt- tingen. Marx, Grundzüge zur Lehre von der Krankheit und Hei- lung. Karlsruhe und Baden. Otto, neues Verzeichniss der anatomischen Sammlung des königl. Anatomie-Instituts za Breslau. Breslau. 8. Seite LXV. - LAXIX. - LXXIV. - LXXVII. - LXXX. Berichtigungen Z. 17 u. 16 v. u. statt rechten lies linken. - 4v. o.st. Judo. 1. Judd. - 46 v. 0. st. morbi ]. morbid. - 7 v. u. st. *) setze **) - 6v. u. st. welcher |]. welches. - 4v. u. st. blosser |. blasser. - 44. v. o, st. Grant, Calder Il. Grant Calder 63 logon des Grenzstranges zu betrachten, sie liegen vor den un- tern Dornen, an vielen Stellen beträchtlich vor denselben, in den Zellgewebeplatten, welche von den untern Dornen zu den Eingeweiden gehen. Die Ganglien des Grenzstranges sind bei den grossen Pythonen doch sehr klein, aber sie sind am grös- sern, besonders mittlern und hintern Theil des Grenzstranges mit der Loupe sehr wohl wahrzunehmen. Bei den Klapperschlangen verhält sich der Kopftheil des Sympathicus im Wesentlichen ganz gleich, aber das Ganglion sphenopalatinum fand ich nicht, und das Ganglion cervicale su- premum ist ganz unkenntlich. Weitere Bemerkungen über die anderen Nerven der Schlan- gen scheinen mir nach der vorhergehenden Abhandlung ganz überflüssig, als dass alle Augenmuskelnerven vorhanden sind und dass der erste Ast des Trigeminus ein vom Ganglion des zwei- ten und dritten Astes weit entfernt liegendes besonderes Gan- glion innerhalb der Schädelhöhle hat, wie auch bei den Amei- ven. Der vagus geht bei den Schlangen am Darm bis über zwei Drittel der Rumpfhöhle. (Physiol. a.a. ©. 791. 803.) Der Kopftheil des Sympathicus der Eidechsen besteht in denselben Nervenverbindungen, aber der Halstheil der Ameiven oder Teguixin hat ein ganz eigenthümliches Verhalten. Die Crocodile haben den tiefen Halstheil des Sympathicus im Ca- nal der Querfortsätze, die Ameiven hingegen den oberflächli- chen, dieser ist ganz im Stamm des Vagus enthalten. Dieser theilt sich aber gegen den untern Theil des Halses in 2 Stämme, wovon jeder beim Eintritt in die Brusthöhle mit einem läng- lichen starken Knoten versehen ist. Der eine Stamm setzt sich als vagus fort, der andere geht in den Brustgrenzstrang über. Abbildungen dieser sympaihischen Systeme enthält die vergleichende Neurologie der Myxinoiden, Ueber die Empfindung, welche entsteht, wenn verschie- denfarbige Lichtstrahlen auf dieselben Stellen der Retina eines einzigen Auges fallen, Von Dr. Jos. MırEe zu Warschau. Dass verschiedenfarbige Liehtstrahlen, wenn sie auch aufiden- tische Stellen des einen und des andern Auges gleichzeitig fal- len, nicht die Empfindung einer gemischten Farbe geben, ist jetzt als ausgemacht anzusehen. Professor Volkmann sucht aber aus. Versuchen nachzuweisen, dass auch selbst dann, wenn verschiedenfarbige Lichtstrahlen nur auf eine Netzhauistelle eines ‘und desselben Auges fallen, keine Vermischung stalt- finde *). Wenn auch dieser Schluss aus den angeführlen Ver- suchen folgen sollte, so dürfte er doch nicht als allgemein gül- tig angesehen werden können, und man muss in besondern Umständen den Erfolg vielmehr suchen, denn er streitet zu sehr gegen die tägliche Beobachtung. Diese belehrt uns, dass verschiedenfarbig fein gestreifte Zeuge, in der Ferng, oder dem Auge zu nahe gerückt, wo die verschiedenartigen Lichtstrah- len der Nebenstreifen oder Punkte des Objects dieselben Re- *) Ueber die Empfindung, welche entsteht, wenn verschieden- farbige Lichtstrahlen auf identische Netzhautstellen fallen. Von A. W. Volkmann — dieses Archiv — 1838 H. IV. — S. 373 BERICHT . über die Fortschritte der menschlichen Anatomie im Jahre 1838. Von €. Krause Wenn gleich die Thätigkeit der Anatomen in den lelztera Jahren gebührender Maassen vorzüglich der mikroskopischen Anatomie sich zugewandt hat und auch neuerlichst, wie an einem andern Orte berichtet werden wird, die Anwendung des nieht genug zu schätzendeu Instruments unter dem leiblichen und geistigen Auge hochbegabter Forscher die folgenreichsten Aufschlüsse über die innerste Organisation und Entwickelung normaler und krankhafter Gewebe geliefert bat: so ist dennoch die wiederholte Untersuchung der gröberen Struclurverhältnisse längst bekannter Organe nicht ohne Ausbeute geblieben, welche die Wissenschaft als wahrhafte Erweiterungen sich aneignen kann. Es giebt so manche, nichts weniger als mikroskopische Gebilde, deren Bau und Bedeutung, ja sogar deren Existenz überhaupt zu verschiedenen Zeiten nicht gehörig erkannt und gewürdigt ist, und deren erneuerte Untersuchung noch immer den Fleissigen lolınt, sei es durch Auffindung ganz neuer For- men, Eigenschaften und Beziehungen, oder durch angebahnte Ausgleichung verschiedener Betrachtungs- und Darstellungsweise allgemein bekannter Theile. Im Allgemeinen zeigt sich aber die anatomische Forschung neuerer Zeit der früheren darin überlegen, dass sie bei der Untersuchuug grösserer und kleine- rer Theile nicht bei den gewöhnlichen Hülfsmitteln stehen bleibt, Müllers Aschir. 1839, G ACVI sondern auch das verbesserte Mikroskop und die chemische Ma- nipulation in Anwendung zu ziehen verpflichtet ist, ohne wel- che auf diesem Felde nichts Tüchtiges und Fruchibares geleistet werden kann. An Handbüchern sind im Jahre 1838 vollständig oder in Haupttheilen erschienen: Ph. I, Blandin nouveaux @l&mens d’anatomie deseriplive, Paris. 8. T. II. 2de partie, welche das Werk beschliesst. €. F. T. Krause Handbuch der menschlichen Anatomie, Hannover. 8. Bd. I. 3. Abth., mit welcher die allgemeine und specielle Anatomie des erwachsenen Körpers beendigt ist. €. E. Bock ilandbnch der Anatomie des Menschen mit Berücksichligang der Physiologie ünd chir. Anatomie. +Leipz. 2 Bde. 8. — Brauchbare Zusammenstellung aus den besten Schriftstellern, ohne auf eigene Forschung basirte kritische Aus- wahl, Die einzelnen Abtheilungen sind nieht mit gleicher Aus- führlichkeit behandelt und mehrere neuere Bereicherungen, vor- züglich der Lehre von den Geweben, theils nicht gehörig be- rücksichligt, theils unvollständig benutzt. M. J. Weber Vollständiges Handbuch der Anatomie des menschlichen Körpers. Bonn. 8. Bd. I. Enthält die specielle Knochen-, Bänder- und Muskellehre nebst Anweisungen zur Zergliederung, nach eigenen genauen Untersuchungen sorgfältig und ausführlich bearbeitet. Die eingestreuelen kritischen Be- merkungen und Berichtigungen der Angaben Anderer erscheinen nicht überall treflend. Nervensystem Centraltheil. Eine vortreflliche Darstellung des Baues des Hirns und Rückenmarks: haben wir in dem ersten llefte von’ F. Arnold: Ieones anatomicae, Turici, fol. max., erhalten, welche nicht nur das erste Studium der verwickelten anatomischen Ver- hältoisse dieses Organs ausserordentlich erleichtern muss, sondern auch von jedem genaueren Kenner derselben nicht ohne vielfache Belehrung sorgfältig zu benutzen ist. Hier ist nichts zu viel noch zu wenig gegeben: die Ansichten sind glücklich gewählt, vor- züglich die zahlreichen Durchschnitte sehr instrueliv und die Darstellung höchst getreu: nur hie und da möchte man die dem Kupferstiche: eigene grössere Schärfe und Beslimmtheit wün- schen, welche die Kreidemanier auf Stein nicht zu erreichen vermag, obgleich letztere für diese Gegenstände manche Vor- theile darbielet. : Als Commentar werden diese schönen Tafeln von einer besondern Schrift: Bemerkungen über den Ban des Hirns’ und Rückenmarks, auch unter dem Titel: Untersuchungen * “ XCVu im Gebiete der Anat. und Physiol. Bd.I. Zürich, 8. — beglei- tet, welche nicht eine ausführliche Beschreibung, aber viele werihvolle Erläuterungen, beachtungswerthe Ansichten und oft treffende Bemerkungen enthält. So interessant eine Vergleichung dieses Werkes mit der nur wenige Wochen früher erschienenen Beschreibung des Hirns in meinem Handbuche sein würde, da auch diese auf eigener, ganz unabhängiger Forschung beruhet und beide, bei verschiedener Anordnung und Betrachtungsweise, in den meisten wesentlichen Thalsachen barmoniren; kann solche dennoch hier nicht durchgeführt werden, und sollen nur die vorzüglichsten Eigenthümlichkeilen und von Andern abweichen- den Angaben des Verfassers hervorgehoben werden. Rückenmark. Eine bintere Spalte und einen in diese eindringenden Fortsatz der Pia mater findet er nur am obersten Theile des Rückenmarks, der Decussalion der Pyramiden ge- genüber, öfters auch an der Lendenanschwellung: an allen übri- gen Stellen stellt sie sich lediglich als eine Furche dar, die nur künstlich zu einer Spalte erweitert werden kann: indessen erkennt er sie als Spalte beim Fötus und zuweilen beim Neu- gebornen, (Es ist richtig, dass bei der Präparation von hinten nur eine seichle Furche, durch welche sich kurze, quere, com- missurarlige Bündel von einer Seile zur andern ziehen, und zahlreiche kleine, zwischen diesen Bündeln eindringende Ver- längerungen der Pia mater gefunden werden: vor jenen Quer- bündeln, also mehr in der Tiefe, ist aber die hintere schr enge Spalte vollständig gebildet, continuirlich von oben nach unlen sieh erstreckend und bis zur hintern Fläche der eigentlichen Commissur des Rückenmarks eindringend: hier wird sie auch von einem zusammenhbängenden, sehr dünnen Blätichen der Pia maler ausgefüllt.) Ausser der vorderen Miltelspalte und hin- teren Mittelfurche werden noch zwei Sulei lalerales und zwei intermedii, letztere nur am Halstheile, unterschieden, Die seit- lichen Knöpfchen am Conus medullaris sah er niemals. Bei Wei reicht das Rückenmark tiefer herab. Zahlreiche Durch- schnills- Darstellungen erläutern die Gestalt des grauen Kerns und seiner Schenkel etwas abweichend von Rolando und Bel- lingeri. Der Rückenmarkskanal ist auch beim Erwachsenen vorhanden: er erstreckt sich in dem grauen Kerne (graue Schieht der Commissur) von der Raufengrube an bis unter die Stelle der Pyramidenkreuzung. Die Blätter des Markes werden durch die in longiludinalen Linien eindringenden gefässführenden Fi- brillen der Pia maler gesondert, nicht durch Lamellen grauer Substanz geschieden: diese Fibrillen bilden auch die neurilema- tischen Röhrchen um die gröberen Fasern; die Primitivfasern sind aus Kügelchen von +4," bis 15" zusammengeselzt (?). Jede Hälfte des Rückenmarks ist vou der grauen Substanz aus (ie ACVIII fast seiner ganzen Länge nach in drei Markbündel zu trennen, welche der Verf. nicht Stränge genannt wissen will: der vor- dere und hintere derselben kann nochmals in der Richtung der Sulei intermedii gespalten werden. Die Medulla obl. erstreckt sich bis in den ersten Halswirbel; das untere Ende der Decus- sation der Pyramiden bezeichnet die Gränze zwischen verlän- gertem und Rückenmark. Zwischen den Pyramiden befindet sich zuweilen noch eine besondere Quercommissur. Am verlängerten Marke werden vier Theile, die Corp. pyramidalia, olivaria, restiformia und teretia (Reil’s und Bur- dach’s runde Stränge, in seiner Fortselzung. von Andern Crura medullae obl. ad eminentiam quadrig. genannt) unterschieden; das Corpus resliforme erhält hierdurch eine weilgreifende Be- deutung, indem der Seitenstrang, der Keilstrang, der zarte Strang mit der Clava und eine Masse grauer Substanz, Nucleus cine- reus, in diese Bezeichnung eingeschlossen werden. (Dieses ist zum Versländviss der Deutung anderer Theile des Encephalon, welche aus den Bündela des Rückenmarks sich hervorbilden, und der im Verfolg der Abhandlung an verschiedenen Stellen angeregten physiologischen Beziehungen, nicht zu übersehen. Das am Rückenmarke sehr richlig erkannte Seitenbündel — mittlerer Strang — gelangt hiernach nicht zu einer weiteren Entwickelung, sondern geht in der Pyramide und im Corpus restiforme auf. Die Olive mit den sie umgebenden Bündeln fällt dem vorderen Strange anheim. Mir scheint es dagegen naturgemässer, unter dem Namen Corpus restiforme nur die unmittelbar in das Crus cerebelli ad med. obl. oder den Pe- dunculus cerebelli eintretenden Bündel zu begreifen, nämlich den Keilstrang nebst einem oberflächlichen plalten Bündel von Burdach’s Seitensirange und den zarten Strang, welcher nach Bildung der Clava an der inneren Seite des ersteren genau an- liegend sich ausbreitet, und dessen Fortsetzung zum Infundi- bulum mir höchst problematisch scheint: also die bei Arnold Tab. IX. Fig. 5. f£ — Fig. 8. d. 3. bezeichneten Theile: — dagegen Burdach’s hinteren Hülsenstrang, Olivenkernbündel, vorderer tieferer Theil des Seitenstranges, Schleife und runden Strang = Arnold Tab. IX. Fig. 5. a. ce. r. s. £., Fig. 8. e. f. g. o. als Bündel des miltleren Rückenmarkstranges zu belrach- ten, welche zu der Emin. quadrigemina gehen und zum Theil in die sogenannte Haube ‘sich verfolgen lassen.) Die queren und bogenförmigen Fasern, welche vom Corp. restiforme aus sich über die Olive und die Pyramide hinziehen und in dem vorderen longitudinalen Einschnitte rückwärts bis zur Rauten- grube dringen, werden zusammen als Stratum zonale medullae obl., bestehend aus Fibrae transversae, arciformes und horizon- tales, bezeichnet und als eine für den Pons Varolii prototypische ACIX Commissur angesehen. Die Striae medullares der Rautengrube hängen mit jenen Fibrae horizontales zusammen; nur in einigen Gehirnen sah der Verf. eine der von Bergmann gegebenen Darstellung der Chorden entsprechende Anordnung der Striae medullares, so wie er überhaupt den sogenannten Chorden Bergmann’s eine nur geringe anatomische und physiologische Bedeutung beilegt (auch ich finde die meisten dieser Chorden, mit Ausnahme einiger regelmässig vorhandenen, schon früher bekannten kleinen Faserbündel, in ihrem Vorkonmen so wenig constant und, wo solche vorhanden sind, in dem Hiro ver- schiedener Menschen und in den beiden Hälften desselben Hirns, hinsichtlich ihrer Form so häufig abweichend, dass ich sie nur als Varieläten ansehen kann). Die Striae medullares hängen bestimmt mit dem Hörnerven zusammen. Die graue Substanz in der unteren Hälfte der Rautengrube wird als Alae cinereae, die der oberen Hälfte als Subst. ferruginea bezeichnel; die An- ordnung der grauen Substanz des verlängerten Markes ist über- haupt genau beschrieben. In den Pyramiden werden motori- sche und Empfindungseindrücke geleitet, weil ihre Fibrae de- eussalae von hinten nach vorn und zwar von den Seitenbün- deln kommen (es ist aber noch ungewiss, dass lelziere nur sensilive Fasern enthalten); übrigens gehen nach dem Verf, Fasern vom vordern Bündel (Strange) des Rückenmarks zum Peduneulus cerebelli und Fasern vom Seiten- und Keilbündel, auch das zarte Bündel, in den Stiel des grossen Gehirns über: so dass eine maunigfaltige Durchkreuzung zwischen der hintern und vordern Abtheilung des verlängerten Markes stattfindet. Kleines Gehirn. Burdach’s Wipfelblatt wird Lamina iransversa superior, der Klappenwulst Laminae transversales in- feriores genannt. Im Pons Varolii finden sich nicht drei, son- dern vier abwechselnde Schichten querer und longitudinaler Fasern. Die Crura cerebelli ad emin. quadrig, gehen gar nicht zu den Vierhügeln, sondern nur unler denselben zu den Pe- duneuli cerebri: das Velum medullare anterius bildet die ein- zige Verbindung zwischen kleinem Gehirn und Vierhügeln (?). Die Fasern des Markkörpers bilden sel'r dünne kapselförmige Lamellen um den Kern, welche von den drei Schenkeln aus- gehend, au der Peripherie des Kernes sich durchkreuzen und daher nicht so regelmässig, als Burdach angiebt, in be- slimmte peripherische Theile der Hemisphäre eindringen: bo- mie Maıkfasern, Belegungsmasse, füllen überall die Win- el zwischen den Ureprüngen der Blätter des Markbaums aus, überziehen diese und gehen von einem Blalte und einem Lap- pen zu anderen über. Das grosseGehirn besteht aus fünf Formationen: Stiele, Ganglien, Markstrahlung (Stabkranz), Commissuren (Balken c und Commissura anterior), Gewölbe. Der Hirnanhang ist die weilere Eutwiekelung des grauen Kerns des Rückenmarks, die Knospe desselben, so wie das grosse Gehirn die Blüthe der aus der Markmasse hervorgehenden Stiele ist (dadurch wird die Be- deutung dieses noch höchst rälhselhaften Organs so wenig auf- gebellt, als durch die vom Verf. über die Textur desselben an- gestellte Untersuchung, welche, ausser einem grossen Gefäss- reichthum, in der helleren Substanz nur eine sehr compacte fein- körnige Masse ohne Fasern noch Zellen nachwies). Die grös- seren Hirnlappen werden sehr passend Lobus frontalis, parie- talis, sphenoidalis und oceipitalis genannt; die Insel Lobus in- termedius oder Zwischenlappen. Die Haube des Hirnstiels er- hält ihre Fasern von der Olive vermittelst der Schleife, von dem Crus cerebelli ad emin. quadrigeminam, von dem runden und zarten Bündel und dem inneren Theile des seitlichen und keilförmigen Bündels: indessen wird anerkannt, dass die Schleife eigentlich den Vierhügeln zugehört. Die hintere Commissur enisteht theils aus der bogenarligen Verbindung der Schleife, theils fliesst sie, durch die Sehhügel tretend, mit den Fasern des Stabkranzes zusammen. Die zahlreichen Gebilde, die Berg- mann im Aquaeductus Sylvii gefunden hat, werden auf die Carina mit dem Sistrum und das Organon pneumalicum redu- cirt, und unnölhiger Weise erstere Plumula, letzteres Pectun- euli genannt, woza noch eine Lamina medullaris transversa kommt. — Zum vorderen Hirnganglion werden gerechnet der Nucleus caudatus, lenliformis und taeniaeformis (die Vormauer) und die Amygdala: diese Kerne den drei Kernen des Sehhügels gleich gestellt und Burdach’s Sonderung derselben verworfen. (Da indessen jene vier gangliösen Massen sehr bestimmt durch ansehnliche Markmassen von einander getrennt sind, und wir über ihre gemeinschaflliche oder getrennte physiologische Be- deulung gar nichts wissen, so wird es doch für jetzt nicht zu entscheiden sein, ob man sie anatomisch als selbstständige Ge- bilde, oder als Theile eines einzigen sehr grossen Ganglion be- trachten müsse. Der von Burdach u. A, gebrauchte Aus- druck: — äussere und innere Kapsel anstalt innere und äussere Wand der Kapsel des Linsenkernes — ist seiner Kürze wegen nicht so unangemessen, dass er ausgemerzt werden müsste.) Die Bündel des hinteren Theils des Stabkranzes kreuzen sich nicht mit denen des Balkens, beide legen sich hier nur anein- ander; niemals beugen sich Bündel des Stabkranzes in den Bal- ken um. Die Windungen der Insel, Gyri breves lobi inter- medii, erhalten keine Fasern vom Stabkranze. Der Sasciculus onigitudinalis inferior soll gänzlich dem Stabkranuz angehören lar erscheint Burdach’s Angabe richtiger, dass er grössten- cils ein accessorisches Markbündel oder eine Belegungsmasse cı sei). — Die Commissuren, nämlich der Balken und die vordere Commissur werden mit der Brücke und mit der Nabelvene und Pfortader verglichen. Die vom Balkenknie in den Vorderlappen ausstrahlenden Bündel werden die kleine oder vordere Balken- zange genannt, der Fascieulus areualus und die Kapsel (äussere Kapsel oder äussere Wand der Kapsel des Linsenkerns) als dem Balken angehörig betrachtet, doch ist letzteres Verhältniss sehr schwierig nachzuweisen. Die vordere Commissur wird nieht: vom Stabkranz gebildet, sie vereinigt nur die ‚unleren Lappen und steht weder mit den Sehhügeln, dem Gewölbe, den Hornstreifen und Zirbelstielen, noch mit den Riechstreifen in Verbindung (hierin muss man dem ‘Verf. durchaus beistimmen: indessen ersireckt sich diese Commissur allerdings zum Theil auch in die Insel). — Am Gewölbe unterscheidet der Verf. den centralen Theil, Fornix, und den peripherischen Theil, welchen er Gyrus Sornicalus nennt; zu letzterem rechnet er jederseits die Zwinge, das bedeekle Band oder die Stria longitudinalis lateralis corporis eallosi mit seiner grauen Leiste und der Fort- setzung derselben als Fascia dentala, und den von mir als Gyrus hippocanıpi bezeichneten Wulst, Burdach’s Subiculum cornu ammonis. Der Fornix entspringt mit seinen absteigen- den Wurzeln in den Tubercula ant. superiora der Sehlügel, biegt sich in den Corpora candicantia um (da diese eben so- wohl eine gangliöse Bildung haben, so kann man auch hier den Aufang der vorderen Säulen annehmen, und die sogenann- ten absteigenden Wurzeln als Ausstrahlungen der Bulbi fornieis betrachten) — und stehen mit den Hornstreifen und Markstrei- fen der Sehhügel (Peduneuli conarii) in Verbindung. Das Septum lueidum gehört zum Gewölbe, indem 'sein rechtes und livukes Markblatt aus Fasern besteht, die von den Säulen (Crura ant. fornieis) aus, divergirend sich verbreiten. Das äussere Ge- wölbe oder der Gyrus fornicatus fängt unter dem Balkenknie an und hängt hier mit dem Pedunculus septi und der inneren Wurzel des Riechstreifens zusammen; der mittlere Theil (Cin- er ist, oberhalb des Balkens verlaufeud, durch diesen vom ornix gelrennl; sein unlerer, wiederum nach vorn sich win- ° dender Theil (Gyras hippocampi) und dessen Ende steht theils durch die Fascia dentata, theils unmittelbar mit der Fimbria in Verbindung. (Diese Deutung eines inneren und äusseren Ge- wölbes hat wegen der unverkennbaren Formähnlichkeit der ge- nannten Theile viel Ansprechendes: jedoch wird noch auf an- deren, namentlich vergleichend-anatomischen Wegen zu ermit- teln sein, ob das sogenannte innere und äussere Gewölbe wirk- lich in weseutlicher Beziehung zu einander stehen.) Merkwür- dig ist, dass die gem Substanz des Gyrus hippocampi von einer nelzarlig durchbrochenen Marksubstanz, welche von Ar- cu nold Subslantia alba reticularis genannt wird, überzogen wird. Calcar avis soll auch vom innern Gewölbe (Forix) Fasern erhalten. Die Zusammensetzung des Cornu ammonis aus weis- sen und grauen Schichten ist sehr getreu und klar beschrieben. — Da der Faseiculus arceuatus zur Balkenstrahlung, der Fasc. longitudinalis inferior zum Stabkranz und die Zwinge zum Ge- wölbe gerechnet wird, so reduciren sich nach Arnold die von Burdach als Belegungsmassen aufgeführten Gebilde auf den Fasc. uneiformis und die bogenförmigen Fasern, die von einem Gyrus zum andern gehen. Von den Hüllen des Hirns und Rückenmarks handelt Ar- nold in einem Programm: Annolaliones anat. de velamentis cerebri et med. spin. Tur. 4. Die Dura maler des Hirns ist aus einer besondern fibrösen Haut und einem Periosteum zu- sammengeselzt, welche im Rückgrathskanale getreniat sind: im Fölus sind beide Häute durch eine weiche Zellstoflschicht ge- schieden. Daraus erklärt sich der grössere Gefässreichthum der Dura mater des Hirns und ihre grössere Geneigtheit zu krank- kaften Bildungsprocessen: der Fungus durae matris kommt am öftersten in der Nähe der Art. meningea media vor. Das Lig. dentieulatum gehört der Dura mater an, und zwar nicht allein die Zacken. sondern auch die Basis desselben. Die Tun. araclı- noidea des Rückenmarkes besteht nach dem Verfasser aus zwei Säcken, einem vorderen und einem hinteren, welche die Ner- venwurzela mit den Gefässen und die Zacken des Lig. denti- eulatum zwischen sich einschliessen und auch im Hirn, der erstere an der Basis, der leiziere an dem übrigen Theil seiner Oberfläche angenommen werden müssen. (Wenn man dagegen annimmt, dass der einfache äussere Sack so viele Einstülpun- gen bildet, als Nervenwurzeln und Zacken des gezahnten Ban- des vorhanden sind, und diese Eiostülpungen jene Theile nicht nur auf ihrer vordern und hintern Fläche, sondern ringsum ein- hüllen, wie es in der That der Fall ist: so harmonirt diese Ansicht besser mit der Anordnung der andern serösen Häute: nach des Verf. Ansicht müsste man überdies nach Eröffnung des vorderen oder des hinteren Sackes an vielen Stellen, na- mentlich in den Räumen zwischen den Nervenwurzeln und den Zacken des Lig. denticulatum, wirkliche von beiden Säcken gebildete Mediastina finden; man erkennt aber hier sehr leicht die unmittelbare Continuität der vordern und hintern Wand des nieht ‚doppelten innern Sackes der Arachnoidea.) Das Bi- » ehat’sche Loch oder der Eingang des die Vena cerebralis magna s. Galeni euthaltenden Kanals, mit welchem die Arach- noidea in die grosse Querspalte des Hirns eindringt, erkannte der Verf. stets beim Menschen und bei Thieren (worin man vollkommen beislimmen muss): es würde auch beim erwach- cl senen Menschen immer deutlich sich zeigen, wenn man aus ihm die mit seinem Umfange fest verwachsene Vene heraus- schälen könnte. Der Ueberzug der Hirnhöhlen ist aber nicht eine seröse Haut, sondern dieser scheint sich zur Hirnsubstanz zu verhalten, wie die Epidermis zum Corium (? dass eine Schieht von Epitheliumzellen sich hier befindet, ist gewiss, ob- gleich der Verf. derselben nicht gedenkt; es ist nur naclızuwei- sen, von welcher Beschaffenheit die zarte Haut ist, welche mit diesem Epilhelium belegt ist). Die Pia mater des Rückenmarks schickt keinen Processus vasculosus in die hintere Spalte, da diese nicht vorhanden sein soll, sondern nur einzelne zahlrei- che, in die ganze Peripherie des Rückenmarks eindringende Ge- fässe; nur an der Medulla oblongata, da wo die vordere Spalte durch die Decussation der Pyramidenbündel ausgefüllt wird, findet sich ein solcher Fortsatz, häufig auch an der Lenden- anschwellung. (Eine solche. plalte dünne Fortselzung der Pia maler zeigt sich allerdings an vielen Durchschnittsstellen auch des Hals- und Rückentheils und des untern Endes sehr deut- lieh; nur ist sie am Eingange der Spalte durch die kurzen com- missurarligen Bündel vielfach durchbrochen.) Das Filum ter- minale schliesst in einer Länge von meistens einem Zoll Ner- vensubsianz ein und zwar grösstentheils Mark, nicht Substantia gelalinosa, wie Remak gefunden hat; ausserdem nur die Fort- selzung der Art. spinalis anterior und die Venen, welche be- kavuntlich sämmtlich mit den Gefässen an der hintern Fläche des Steissbeins anastomosiren, daher diese Stelle zu localen Blut- enlziehungen sehr empfohlen wird. J. Cruveilbier hat eine umfassende bildliche Darstellung des ganzen Nervensystems begonnen — Anatomie du systeme nerveux de l’homme. Paris. fol. ire livr. — von welcher in- dessen nur erst zwei grosse Steindrucklafeln erschienen sind diese geben eine Ansicht des Hirns und Rückenmarks in seiner Lage mit den nächstbenachbarten Theilen von vorn und hinten. Neues und Eigenthümliches ist hier nicht zu finden, vielmehr an einigen Stellen die Darstellung mangelhaft. Jung — über die Structur des Ammonshorns, in diesem Archiv p.446. — beschreibt zwei in dem Innern des Ammons- horns, in seiner Längenrichtung verlaufende Lagen von grauen Zacken, 6 bis 11 an der Zahl, welche in einander greifen und durch eine dünne, wellenförmige Schicht Marksubstanz von einander getrennt werden. Sie erscheinen, wenn man die äus- sere convexe Seite des Ammonshorns einschneidet und die Schnitiflächen von einander entfernt. Dass die Fascia dentala mit dem oberen Zackenlager zwar zusammenhange, aber sich niebt in demselben enlfalle, wird ausdrücklich bemerkt. (Da der Verf. sich eine weitere Mittheilung vorbehalten hat, so mag = cıv es hier unerörtert bleiben, ob und wie die beschriebenen Theile mit der Substanz der gezahnten Leiste, mit der Lamina me- dullaris und der Lamina cinerea convoluta Burdach’s über- einstimmen.) a S. Solly beschreibt — in der London med..Gazette Febr. 1838. p. 851. — eine tiefere Schicht der Wurzel des Sehner- ven (Tractus oplieus) welche von den Corpora genieulata be- deekt mit zarten Fasern in der grauen Substanz des Sehhügels sich ausbreitet (dieses tiefere platte Bündel ist übrigens schon seit Santorini bekannt). } Peripherisches Nervensystem. Untersuchungen über den N. vagus und den innern Ast des N. accessorius sind von F. Arnold — Bemerkungen über den Bau des Hirns und Rük- kenmarks $. 106. — angestellt, zum Theil vermittelst Durch- schneidung des N. vagus am. Halse bei Hühnern und Tauben, nach’ welcher durch Zuzählung und Abwägung des Fulters die fortdauernde Thätigkeit des Verdauungsprocesses, auch die Ver- änderungen der thierischen Wärme und die Zahl der Athem- züge, vorzüglich genau beobachtet wurden. Aus diesen fort- geselzten Forschungen über das bekanntlich schon früher von ihm untersuchte Verhältniss beider Nerven schliesst der Verf., dass der N. vagus reiner Empfindungsnery mit specifischer Re- eeptivität sei, dagegen die Contraclionen der Speiseröhre, der Kehlkopfmuskeln und eine Einwirkung auf die Muskelhaut des Magens vom N. accessorius bestimmt werden, — Wenn es nun gleich sehr wahrscheinlich ist, ‘dass der N. vagus schon von seinem Ursprunge an seneilive Fasern beigemischt enthält, so erscheinen dennoch die von Arnold für seinen Ausspruch bei- gebrachten Gründe keinesweges geeignet, denselben in seinem ganzen Umfange streng zu erweisen. Vorerst beseitigt er den scheinbaren Gegengrund, welcher wegen der geringfügigen Sehmerzensäusserungen bei der Durchechneidung des N. vagus am Halse erhoben ‘werden könnte, dureh die Annahme einer specifischen Reizbarkeit; indessen wird die hiebei geäusserte Ansicht, dass die Existenz des Knotengeflechts die Ursache je- ner Erscheinung sei, durch die bekannte Thatsache, dass Gar- glien im Verlaufe sensitiver Nerven die Empfindlichkeit für schmerzliche Eindrücke nicht aufheben, keinesweges bestäligt. Folgende sind die vorzüglichsten Gründe, auf welche der hoelı- geschätzte Verf. sich stützt und die Bederken, welche sie erre- gen: 4) Ursprung des N. vagus vom Corpus restiforme: — welches nur insofern richtig ist, wenn man den ganzen hinter der Olive liegenden Theil des verlängerten Marks als Corpus restiforme betrachtet, dagegen Andere nur die Forlsetzungen des Keil- und zarten Strauges als wesentliche Elemente des Corp. restiforme anerkennen, von welchem die hintere Wurzel * cv des N. trigeminus entspringt. Die Wurzeln des N. vagus und glossophar. kommen als ein plattes Bündel nieht nur vor dem eigentlichen Corpus restiforme, sondern noch vor dem runden, zur Basis der Vierhügel und Haube gehenden Strange ans der Tiefe, stehen mit der grauen Substanz zwischen diesem und der Olive in Berührung, und werden daher von mir zum Sy- steme der miltleren Stränge gerechnet, welches, wenn nicht gänzlich, doch gewiss zum Theil ein motorischer Centraltheil, u. a. Boden des N. faeialis und accessorius ist. Soll dagegen der N. vagus vom Corpus restiforme im engeren Sinne, als einem sensitiven Üentrallheil entstehen, so muss dieses noch viel mehr von dem noch weiter rückwärts entspringenden N. accessorius gelten. 2) Vereinzelung der Wurzelfäden bis zur Vereinigung in einem Ganglion, wird von dem Verf. als ein characteristisches Merkmal sensitiver Wurzeln, wie der des N. Arigeminus und der N. spinales angesehen, dagegen die motori- schen Wurzeln schon in der Schädel- und Rückgrathshöhle zu runden Stämmen sich vereinigen sollen: — dieses scheint mir weder für die sensiliven noch motorischen Nerven allgemein gültig; auch am N. vagus sieht man hin und wieder Vereini- gungen melrerer Wurzelfäden desselben zu Stämmchen von der Dicke des N. glossopharyngeus. 3) Die Existenz eines Wur- zelganglion und eines Knotengeflechtes: — dieses kann man bei unserer jetzigen Kenntniss von den Ganglien nicht als ein Merkmal einer rein sensiliven Composilion eines Nerven gel- ten machen und würde auch der Theorie des Verf. entgegen- stelien, da der N. accessorius bei mehreren Thieren einen be- deutenden, und auch beim Menschen einen merklichen Antheil an der Bildung des Ganglion jugulare n. vagi nimmt, 4) Die Gefühle des Nahrungstriebes, namentlich der Hunger, werden dureh den N. vagus vermittelt: — dieses kann man theilweise oder unbedingt anerkennen, ohne zugleich jenem Nerven jegli- elien motorischen Einfluss abzusprechen. Uebrigens ist zu be- denken, dass der Hanger seinen Sitz nicht im Magen hat, und dass die Thiere, bei welchen der N. vagus durchschmitten war, so‘wie Kranke, bei welchen dieser Nerv nach dem Tode melır oder weniger affıcirt, nämlich verdünnt und erweicht, oder mit Knoten besetzt, durch Geschwülste gedrückt und ge- spannt gefunden wurde, sehr verschiedene Erscheinungen dar- oh einige hatten keinen Hunger, andere dagegen zeigten e Gefrüssigkeit uline Gefühl der Sättigung; bei einem Kran- ken war das Nalırangsbedürfniss normal, bei einem andern eine grosse Empfindlichkeit der Magengegend vorhanden. Die Ge- frässigkeit erläutert Arnold nun als nicht von dem Nährungs- bedürfniss, sondern vom Kitzel des Geschmackssinnes abhängig, welche Erklärung wohl nielit auf Vögel, an welchen die Be- er obachtungen angestellt wurden, passt. Die von Swan, Big- nardi, Johnson und Tilgen entlehnten Krankengeschichten weisen aber nicht ein reines Localleiden des N. vagus, sondern ' grosse, complieirte, zum Theil constitutionelle Uebel mit gleich- zeiligen Afleclionen anderer Nerven nach, in welchen die Deu- | tung der Ursache einzelner Symplome um so misslicher ist, “ wenn überdies die Seclionen der erforderlichen Vollständigkeit und Genauigkeit ermangeln. Der Mangel des Sättigungsgefühls liesse sich sogar mit einer Lähmung der Bewegungen des Ma- gens in Einklang bringen, wenn man annimmt, dass jenes Ge. fühl nicht sowohl von einer Berührung der Ingesta mit den sensiliven Nervenendigungen an der innern NMagenfläche abhange, als vielmehr auf der Perception der durch Ingeslion erregten Thätigkeit des Magens selbst, also auch seiner Museularcon- tractionen berule: eine Perception, die auch bei andern Mus- kelthätigkeiten stallfindet, und in denjenigen Fällen von Para- Iyse der Bewegung vermisst wird, in welchen der Kranke Be- rübrungen, Kneipen und Stechen des gelähmten Gliedes em- wre das Glied selbst aber nicht zu füllen versichert. 5) Die rfahrung von Retzius, nach welcher ein Anencephalus, dem grosses und kleines Gehirn und verlängerles Mark fehlten, und nur der N. accessorius noch einen erkennbaren Centraltheil hatte, dennoch während seines achtzehnstündigen Lebens ath- mete, schrie und schluchzte: wird als vollgülliger Beweis für die Ansicht, dass nur dieser Nerv Stimmnery sei, in Anspruch genommen. Sie beweiset aber durchaus nicht, dass eine Thä- tigkeit des N. vagus hier nicht staltfinden konnte. Die anato- mische Untersuchung wies für diesen Nerven so wenig, als für die Augenmuskelnerven einen Centraltheil nach, dennoch aber bewegte das Kind die Augen (ob vielleicht auch die Lippen und andere Theile des Gesichts, wird nicht gesagt). 6) Grös- sere Stärke des inneren Astes des N. accessorius bei den Ru- minanlien und wiederkäuenden Menschen, wie der Verf. in ei- nem Falle beobachlele, wird als Beweis der Abhängigkeit der Schland- und Magenbewegungen vom N, accessorius ange- nommen. Diese steht wohl mit dem stärkern Bau der Schling- organe bei den ein gröberes Futter verschluckenden Wieder- käuern im Einklange, hat aber schwerlich ihren Grund darin, dass ein doppelt so häufiger motorischer Einfluss durch diesen Nerven zum Schlunde und Magen geleitet werden müsse, da überhaupt die Zahl der Muskelbewegungen nicht von dem Durch- messer der Nerven abhängt: so wie man auch die hier ange- nommene Herrschaft des Willens auf die Eruclation beim Wie- derkäuen noch bezweifeln darf. Erörterungen über die Ganglien des N. vagus und glosso- pharyngeus, über den Ramus tympanicus des lelztern, den - ” E cv Ram. aurieularis n. vagi, das Ganglion olicum u. a. Gegen- stände der feineren Anatomie der Nerven, finden sich in der angeführten Schrift von F. Arnold S. 170. Sie enthalten in- dessen keine neuen, aus Beobachtungen gezogenen Thatsachen, sondern sind als Erwiderung gegen J. Müller’s historisch- anatomische Bemerkungen im Archiv f. d. J. 1837 gerichtet. Weder für den gegenwärtigen Standpunkt der Wissenschaft ist aus ihnen ein Gewinn zu ziehen, noch für die Geschichte der- selben, da sie um die Deutung mehrerer Angaben älterer Schrift- steller, vorzüglich Comparelti’s, sich bemühen, die zum Theil so dunkel sind, dass man nicht für jede verschiedene Auslegung derselben eine allgemein überzeugende Gültigkeit in Anspruch nehmen darf und sich dabei beruhigen kann, dass giosenthei durch des Verl. vortreffliche Untersuchungen eine re Kenntniss jener Theile des Nervensystems Gemeingut orden ist. Die jeden Unbefangenen verletzende Bitterkeit jener Erwiderung, welche nicht nur die wissenschaftlichen Lei- stungen Müller’s herabzuwürdigen, sondern sogar dessen Cha- rakter zu verdächtigen sucht, ist aber für andere Anatomen wenig einladend, nach dem von Arnold ausgedrückten Wun. sche eine neue Auslegung jener Stellen zu versuchen; vielmehr ist im Interesse der Wissenschaft eine Beendigung dieser Art von Discussionen zu wünschen. Gefässsystem. Durch F. Arnold’s schöne Untersuchungen in seinen Be- merkungen über den Bau des Hirns und Rückenmarks S. 93. und in Icon. anat. Fase. I. Tab. 1. 2. haben wir die erste voll- sländigere Kenntniss der Saugadern des Hirns erhalten. Zwar wurden in der Dura mater meistens nur Venen von der In- jeclionsmasse angefüllt, dagegen erhielt er sehr gelungene Queck- silbereinsprilzungen der gadern der Pia mater. Er unter- scheidet drei verschiedene Netze: 1) ein oberflächlicheres fei- neres, dessen Gefässe }'“ P. Dm. haben und dessen Maschen ausserordentlich eng sind, in dem Zellstofl, welcher die Arach- noidea mit der Pia mater verbindet: es scheint in der Arach- noidea selbst sich zu befinden; 2) ein tieferes gröberes, gleich- falls noch im subserösen Zellstoff der Spinnwebenhaut mit Ge- fässen von 4" Dm.; 3) ein noch gröberes von 4" dicken Ge- fässen und eo engen Zwischenräumen, dass nach der leicht zu beschaflenden Injection desselben die Hirnsubstanz völlig bedeckt erscheint: dieses findet sich in der Pia mater selbst und erstreckt sich mit seinen Geflechten in die Tiefe der Furchen zwischen den Windungen. Die Saugaderstämmchen an der Oberfläche “ » « ev des Hirns, welche diese Netze aufnehmen, halten den Verlauf der Venen, begleiten sie zum Theil genau und treten mit ihnen und :mit den Arterien durch die Löcher des Scehädels. In den Adergeflechten des dritten und der Seilen- Ventrikel finden sich Netze und kleige Stämmehen; diese sammeln sich zu einem ansehnlichen, die Vena magna Galeni begleitenden Stamme. Die Anfüllung der, Saugadern in der Hirosubstanz selbst, . wel- che wahrscheinlich die kleinen Venen der leizteren begleiten, gelang nieht, da sie stets unmittelbar an den Wandungen der Ventrikel zerrissen. Am Rückenmarke haben die Einspritzun- gen noch kein befriedigendes Resultat geliefert. _ J. Hyrtl macht ‘bei Mittheilung mehrerer interessanter Venenyarietäten in Med. Jahrbücher des Oesterr. Kaiserstaals, neue Folge Bd. 18. p. 3. — die treffende Bemerkung. dass sehr sonderbare Gefässvarieläten bei sehr geringfügigen Anoma- lien äusserer Theile und innerer Eingeweide vorzukommen pfle- gen, die nieht immer auf eine niedere Entwickelungsstufe und auf Thierähnlichkeiten zurückzuführen sind, und vielleicht mit abnormen Zuständen sehr entfernt liegender Organe zusammen- - hangen. Es wird daher rathsam sein, bei Operationen an Men- schen mit nur geringen äusseren Bildungsabweichungen auf solche Gelässvarietäten sich gefasst zu halten. — Mehrere sei- ner Beobachtungen wurden an Anencephalen gemacht: nämlich “ drei Fälle von doppelter V. cava inferior, welche rechterseits . „den Lauf der V. azygos zur V. caya superior, linkerseits den der V, hemiazygos und intercostalis suprema zur linken V. ano- oyma nahm; welche letztere in einem Falle abgesondert zum rechten Vorhofe sich begab, indem sie auch die V, coronaria magna vertrat. In zwei Fällen gingen ( wie hiebei gewöhnlich), die Lebervenen abgesondert in den rechten Vorhof; in einem Falle nahm die rechte V. cava inf. auch die ganze, nicht in die Leber eindringende Pfortader auf; in einem andern Falle zog die linke untere Hohiader auch die Milzvene ansich. Hieran schliesst sich ein Beispiel von Doppeltsein der unteren Hohl- vene bis zur Nierengegend aufwärts, wobei die linke Hohlvene mit der V. renalis .sinistra hinter der Aorla nach rechts lief; ein Fall des gänzlichen Ueberganges der linken Nierenvene in die V. hemiazygos, und ein Fall, in welchem die über der lin- ken Leistengegend in die Bauchhöhle tretende Nabelvene die linke V. eruralis, die übrigens noch mit der V. hypagastrica communieirte, aufoahm. (Man kann diese Anordnung als slär- kere Entwickelung auf der einen Seite der von Burow in die- sem Archiv 1838 $. 44. beschriebenen Communicalien der V. epigaslrica inf. mit der Nabelvene ansehen.) — Ferner wurde beobachtet: bei einem neugebornen Kinde mit tbeilweisem Man- gel der Schädelbedeekungen eine linke A. pulmonalis inf. aus cıX der Aorta: bei einem Monslrum mit verkrümmlen. obern-Extre- miläten und bei einem Erwachsenen, eine vor dem Sehlüssel- bein herabsteigende V. jugularis externa, welche in die V.ano- oyma übergeht oder mit der V. cephalica sich vereinigt (habe auch ich bei Kindern und: Erwächsenen gesehen, ist in chirur- giseher Beziehung wichtig): bei totalem Situs inversus der Ein- . geweide befand sich, gegen die Regel, die V..cava inferior auf der rechten Seite, und die Milz war nur' einfach vorhanden, dagegen der Verf. letztere bei Silus inversus stets in mehrere, bis zu 24 Milzen, zerfallen sah. Bei einem Fötus mit Exom- halos zwei Nabelvenen, die sich abgesondert in’ den linken Ast der Pfortader ergossen; aus dieser ging der Ductus ven: Aranlii hervor; von den Nabelarterien war nur die rechte vorhanden. (Doppeltsein der V.umbilicalis ist äusserst selten: die bei Missgeburten öfters vorkommende unpaare A. umbilicalis habe ich auch an dem Nabelstrange eines ganz wohlgebildeten, am Leben gebliebenen Kindes gesehen). Daneben Ursprung beider A. ihyreoideae inf. aus der Carotis communis wie bei den Af- fen, Myoxus glis und Vespertilio auritus. Bei einem Neuge- bornen mil Atresia vaginae flossen die V.subelavia (anonyma?) sinistra und die linke Lungenvene zusammen und in den linken Vorhof; zugleich eine doppelte V. cruralis dextra, — Bei Er- wachsenen fand der Verf. einen oflenen Ductus ven. Arantü (er ist in Gestalt einer Lebervene bei den meisten Menschen offen, und eine. oflene' Communication mit der Pforlader nielit selten): ‘offene, mit Blut gefüllte Nabelvene — vollständiger Uebergang der .V. eephalica in die V. mediana — starke Ana- siomose zwischen V.anonyma sin. und der linken oberen Lun- genvene ohne Spur von Blausueht. Endlich macht der Verf. nit Recht auf den vielfachen Zusammenhang des Pfortadersy- stems und der Beckenvenen durch die V. haemorrhoidäles int. und ext. aufmerksam, wobei Stahl, Fuchs und Retzius (welcher eigentlich etwas anderes beschrieben hat) allegirt:wer- den: (hiebei hätte besonders de Haen eine Erwälmung ver- dient; ein diese Verhältnisse erläuternder Aufsatz von mir- steht in Stieglitz pathol. Untersuchungen Bd. II. S. 149.) F. Arnold a. 2.0. S. 217. Varietät der A. laryngea sup. dextra, e. oben p. I. Bewegungsorgane ‚Eine sehr detaillirte Beschreibung des Knochensysiems, vor- züglich der Kopfknochen, mit vielen eigenen auf Osteogenie sich ‚beziehenden Beobaclitungen, ist in M. J. Weber’s Hand- buche (s. oben) enthalten. Nar weniges kann hier ausgehoben cx werden. Ein Os basilare anzunehmen scheint dem Verf. un- richtig und willkürlich: er findet bei jüngeren Individuen zwei Knochenscheiben und ein Lig. inlervertebrale zwischen dem Hinterhauptbein und Keilbein. (Gewiss entsteht das Grund- bein aus zwei verschiedenen Wirbeln; nach jener Ansicht müsste man aber in der Lehre vom ausgebildeten Koochensysteme auch das Os sacrum als fünf einzelne gesonderte Knochen betrach- ten.) Die Parse mastoidea des Schläfenbeins hat keinen abgeson- derten Knochenkern, sondern entwickelt sich aus drei, den Bo- gengängen angehörigen Schüppchen (vgl. E. Hallmann die vergl. Osteol. d. Schläfenbeins S. 6.). Die Lamina perpendi- eularis des Siebbeins hat eine doppelte Reihe von Knochenker- nen zur Grundlage. Ian der Mitte des Unterkiefers findet sich ein Paar kleiner Knochenstücke als Andeutung von Ossa inter- maxillaria inferiora. A.Hueck de craniis Estonum comment. anthropol. Dorp. 4. — giebt eine kurze interessante Characteristik eines, freilich durch Schönheit der Formen keineswegs ausgezeichneten, dem Finnischen Stamme angehörigen Menschenschlages, der Esthen, mit genauer Beschreibung und Abbildungen des Schädels. Die- ser ist meistens von der viereckigen Forın. Scheitel und Hin- terkopf breit, Stirn niedrig und platt, Schläfengrube gross aber nicht tief, die Crista zygomalica der Squama sehr hervorra- gend. Die Proc. condyloidei stark, der Proc. masloideus, wel- cher bei den Russen sehr stark ist, nur klein, auch die Her- vorragungen am Hinterbaupibein schwach, der Raum für das kleine Gehirn eng, das Foramen jugulare weit. Das Gesicht im Verhältniss zum Schädel klein, breit und kurz; die Breile wird nicht, wie bei den Mongolen, von dem stärkeren Joch- bein, sondern von den ansehnlichen Jochfortsätzen des Ober- kiefers bestimmt: Die Glabella breit und sehr hervorragend, die Lamina papyracea gewölbt und schräg nach aussen herabstei- gend; alle Nebenhöhlen der Nase weit. Vorzüglich characteri- stisch ist die durch stärkere Ausbildung der Proc. zygomalici des Stirn- und Oberkieferbeins, auch des oberen und unteren Au- genhöhlenrandes, sehr in die Breite gezogene, jedoch tiefe Au- genhöhle, in welcher die innere und untere Wand sehr all- mählig in_einander übergehen. Die Nasenwurzel ist breit und platt, der Proc. alveolaris geht allmählig und flach in den har- ten Gaumen über, worin der Verf. den Grund findet, dass die Esihen das in ihrer Sprache fehlende sch und Isch nur unvoll- kommen aussprechen können. Die Lamina ert. des Proc. pte- rygoideus sehr breit, die Spina angularis oss. sphenoidei lang. Die Proc. condyloidei des Unterkiefers klein, die Seitenbe- wegung erleichternd, die Zahukronen schleifen sich früh ab, die Proc. coronoidei kurz, der vordere Theil des Unterkiefers cäl ziemlich hoch, das Kinn meistens rund. Am meisten kommt der Schädel der Esthen mit dem der Lappen (abgebildet) über- ein: er unterscheidet sich zwar von dem der Caucasischen Va- rielät, jedoch mehr noch von dem der Mongolen (Schädel eines Tschuktschen ist abgebildet), bei welchem die schräge Rich- tung der Augenspalten von dem bedeulenden Herabsteigen des iunern Randes der Pars orbitalis des Stirnbeins und der tiefen Stellung des Thränenbeins abhängt, daher die Finnen als eine besondere, zwischen den Caucasiern und Mongolen stehende Varielät anzusehen sind. Alles dieses wird durch sorgfältige Messungen der Schädel verschiedener Racen und Nationen und durch gute Abbildungen erläutert. Flourens in Annales des sciences nat. T.X. p.35. paral- lelisirt, abweichend von Vieq d’Azyr und Cuvier, die Kno- chen der oberen und unteren Exiremilät derselben Seite: Scapula = Os ilium. Os coracoideum = Os ischii. Clavicula = Os pubis. Os brachii = Os femoris. Radius = Tibia. Ulna = Perone. Os lunatum = Talus. Os triquetrum u. pisiforme = Calcaneus. Os navieulare = Os scaphoideum. Os multang. majus, mult. minus u. eapilalum. = Ossa cuneiformia. Os bamatum = Os cuboideum. Die Kniescheibe ist nicht gleich dem Olecranon, sondern nur ein Sesambein. Wäre das Os lunatum vergrössert, so würde es das Os naviculare abwärts schieben und in dieselbe Stellung bringen wie das Os scaphoideum tarsi. G. Breschet — Considerations sur les 08 sus-sternaux chez ’homme, in Annales des sc. nat. T. X. p. 91. — fand zuweilen beim Menschen zwei kleine rundliche oder länglich rundliche Knochen, am oberen Rande des Brustbeins, nach innen und hinten vom innern Ende der Ineisura clavieularis, hinter dem Ursprunge des Muse. sternomastoideus; deren jedes entweder durch Synchondrose, oder öfter vermiltelst einer über- knorpelten Fläche und durch Ligamente mit einer besondern Gelenkfläche des Brustbeins vereinigt war. Die Grösse dieser Ossienla supra- oder episternalia übertraf zuweilen die der Ossa pisiformia carpi; bei einem jungen Subject, in welchem ie beiden Reihen der Knochenkerne des Corpus sterni noch entlich erschienen, waren sie knorpelig. Ererkennt sie, nebst der bekannten, oft selır verlängerten Epiphyse, aus welcher die Müller’s Archiv. 1839 n cxı1 vordere Wurzel des Querforisatzes des siebenten Halswirbels sich bildet, als Rudimente einer Rippe. (Sie werden den mei- sten Analomen schon vorgekommen sein: u. a. M. J. Weber i. s. Handbuch $. 352. bezeichnet sie als zwei rundliche Kno- cheukerne im Lig. interelaviculare von der Grösse einer Erbse.) Ueber das Kniegelenk des Menschen und vieler Thiere hat J. Hyrtl — Med. Jahıbücher des Oesterr. Kaiserst. Bd. XVII. S. 24. — lehrreiche Untersuchungen angestellt. Der Condylus in- ternus oss. femoris ragt 3“ tiefer abwärts als der äussere Knor- ren, bei Weibern noch etwas mehr. Die Zwischenknorpel ver- hüten nicht die Einklemmung der Synovialkapsel, sie selbst sind von einer doppelten Falte derselben eingehüllt; jenen Zweck er- füllen die das Gelenk umgebenden, mit der Kapsel verwach- senen Muskeln, vorzüglich der M,suberuralis. Ausser dem ge- wöhnlich vorkommenden M. suberuralis an der äussern vordern Seite findet sich öfters noch ein kleineres, an dem innern Rande der Kniescheibe sich inserirendes, selten noch ein mitlleres Bün- del. Auch der Sesamknochen oder Knorpel in den Köpfen der M. gastrocnemüi, vorzüglich des äusseren, wird gedacht; sie kommen bei Männern häufiger vor: ein ähnlicher findet sich im M. obturalor internus, da wo er um den absleigenden Ast des Sitzbeins sich windet. F. W. Theile hat selr interessante Betrachtungen und Beobachtungen über die Rückenmuskeln angestellt: Prog. de musculis rotatoribus dorsi in homine et animalibus a se de- tectis. Bern. 4. und in diesem Archiv 1839. S. 102. mite. Abb. Nach einigen osteologischen Bemerkungen, welche sich vorzüg- lich auf die durch alle Ordnungen der Säugelhiere verfolgten Processus accessorii der Rückenwirbel beziehen, giebt er eine Classification der Rückenmuskelo, nach welchen er nur die mit beiden Enden an Dornfortsälze geheftelen, nämlich Mm. reecti capilis posteriores, interspinales und spinales, als Strecker be- trachtet; die zwischen Querfortsätzen ausgespannten theils als Seitwärlsbenger — Mm. rectus capilis laleralis, interlransver- sarii, trachelomastoideus, longissimus nebst transversalis cervi- cis —.theils als Dreher — Mm. obliqui capilis, biventer und complexus (?), splenii, semispinales und multifidus — angese. hen werden, (Wenngleich der Verf. selbst zugesteht, dass auch diese Muskeln paarweise wirkend die Sireckung verrichten, so scheint es doch von einigen derselben unverkennbar, dass sie selbst einzeln wirkend in ausgezeichnetlem Grade und der Haupl- aclion nach strecken, andere schlechthin zu den Drehern ge- rechnete vorzugsweise strecken und nur in accessorischer Aclion rotiren.) Müller’s”in der Abhandlung über die Myxinoiden entwickelte Ansichten über einige Rückenmuskeln werden be- stäligl, und die Existenz und Bedeutung der Mm, interacces- CK sorii, die vorzüglich beim Kaninchen sehr ansehnlich sind, her- vorgehoben. Alsdann beschreibt er die von ihm entdeckten Mm. rotatores dorei beim Menschen und melıreren Säugelhie- ren. Diese kleinen Muskeln entspringen von den Querfortsälzen der Rückenwirbel, vom ersten oder zweiten an bis zum eilften oder zwölften, und heften sich in beinahe transversaler, sehr wenig schräg aufsteigender Richtung an den unteren Rand und die hintere Fläche des Bogens, auch an die Basis des Proc, spinosus des zunächst höher liegenden Wirbels, werden von den Bündeln des Mullifidus bedeckt, sind aber von ihm voll- sländig durch eine Zellstoflschicht getrennt und keineswegs Fas- eikel jenes Muskels. Alle ältern und neuern Anatomen haben sie nicht gekannt. (Diese Muskelbündel sind allerdings vor- handen, leicht aufzufinden, und weil sie von den eigentlichen Bündeln des Multiidus verdeckt werden, früher von Andern und von mir selbst gänzlich übersehen. Indessen habe ich nach neueren Untersuchungen noch zu bemerken, dass diese Mm. rotalores in der Rückengegend nur zuweilen von den mehr oberflächlichen längeren Bündeln des Multifidus gänzlich durch Zellstoff und Felt getrennt sind, viel häufiger aber mit den nächsten oberen und nächsten unteren Bündeln des Multifidus, und zwar nicht selten auf mehr als ein Drittheil ihrer Länge, so verwachsen sind, dass sie ohne Zerschneidung von Muskel- fasern nicht isolirt werden können, und dass auch an den Len- denwirbeln, welche nicht gedreht werden, ganz analoge tiefe Muskelbündel vorhanden sind, die vom Proc. accessorius zum Bogen und zur Wurzel des Proc. spinosus des zunächst höhe- ren Wirbels gehen, hieselbst nur wegen der Form der Wirbel eine mehr schräg aufsteigende Richtung haben, als die am Rük- ken, und mit den nächst benachbarten Bündeln des Multifidus oberwärls und unterwärts sehr ionig verwachsen sind. Erwägt man daneben, dass alle, auch die längeren und mehr aufstei- enden Bündel des Mullifidus zwei Verrichtungen, eine dre- ende und eine streckende, ausüben, und zwar letztere, wenn die entsrechendeu Bündel der rechten und linken Seite ge- meinschaftlich wirken: dass die einseitige Wirkung der Ro- tatores dorsi ilırer Richtung nach zwar fast ausschliesslich drehend sich äussern muss, dass aber, wenn sie rechter- und linkerseilts zugleich sich contrabiren, nur eine Strek- kung, freilich eine wenig kräftige und ausgedehnte, erfolgen kann: so wird der Verf. mit denjenigen Anatomen nicht sireng rechten dürfen, welche vielleicht diese von den Proc. accessorii und transversi zum Bogen und Proc. spinosus des nächst oberen Wirbels gehenden Bündel wirklich getrennt, aber als dem Multifidus angehörig betrachtet haben. Fänden nicht ao den Rückenmuskelo so häufige Verbindungen übrigens selbst- * CXIV ständiger Muskeln durch einzelne Bündel stalt, so würde man genöthigt sein, die letztere Ansicht festzuhalten. Dass Albin die als Mm. rotatores beschriebenen Bündel nicht gekannt habe, folgert der Verf. daraus, dass jener in der Hist. muse. das ne- ben dem Proc. obliquus des nächst oberen Wirbels sich anhef- tende Bündel des Multifidus als die kürzeste und ganz gerade — reclissima — Porlion dieses Muskels bezeichne, und bezieht diese Angabe auf die Mm. interaccessorii der Lendengegend. Wenn in Albin?’s Beschreibung des Multifidus im Allgemeinen, ohne Bezeichnung einzelner Strecken der Wirbelsäule, von Bündeln die Rede ist, die vom Proc. transversus oder accesso- rius zum Proc. spinosus des nächst oberen Wirbels neben des- sen Proc. obliquus, also wenigstens zwischen den Rückenwir- beln beinahe volikommen transversal verlaufen, so kann man an eine Longitudinalrichtung derselben, wie die Mm. interac- cessorii eine solche’ haben, nicht denken, sondern den Ausdruck „reclissima‘“ nur als Gegensatz zu der sehr schrägen, einen oder mehrere Wirbel vorbeigehenden Richtung der längeren Bündel verstehen, um so mehr, als die Mm. interaecessorii der Len- dengegend zu Ende der Beschreibung des Multifidus, von wel- chem man sie auch abgesondert betrachten könne, ganz be- stimmt bezeichnet werden.) Gegen die schon früher geltende und von Müller — Abh. über die Myxinoiden — begründete Ansicht, dass die Mm. transversalis cervicis und cervicalis adscendens unmiltelbare Fortsetzungen, in der That die Halstheile der Mm. longissimus dorsi und sacrolumbalis sind, macht M, J. Weber — Hand- buch S. 537. 542. — einige Einwendungen, welche sich be- sonders darauf gründen, dass die vorderen Wurzeln der Quer- fortsätze der Halswirbel den Rippen analog, diese Muskeln aber nur an die hinteren Querfortsätze geheftet sind, Einwärfe, wel- che nach genauer Erwägung und Vergleichung jene Ansicht nicht zu erschüttern vermögen. G. B. Günther giebt in seiner chirurgischen Muskellehre, Hamburg. 4., zahlreiche Darstellungen nach der Natur, etwas maoierirt uud grell colorirt; ausser dem Bekannten enthält sie _ einige Details über Form- und Gewichtsverhällnisse und ein- zelne Ansichten ganzer Muskelpartien in ungewöhnlichen Stel- lungen. ° Eine Beschreibung der Fascien im Becken und Perinäum von Ch. Denonvilliers in Archives gen. de Med. Sept. p- 108: und in Froriep’s neuen Notizen No. 123. enthält neben Annahme vielfacher Unterabtheilungen nichts Neues: was der Verf. im vordern Theile des Beckenausganges als Aponeu- rose pubioreclale, Lame pubioprostatigue und Couche proslalo- peritoneale bezeichnet, gehört der Fascia pelsis continuirlich an. CcXV Haut- und Hornsystem. Floureus giebt eine von seiner früheren Darstellung etwas abweichende Beschreibung der Oberhäute — R£cherches anat. sur les structures compardes de la membrane cutance et de la membrane muqueuse, in Annales des sc. nat. T. IX. p. 239. T. X. p. 343. Er unterscheidet bei der weissen Rage zwei Oberhäutehen, Epidermis externa und interna: letztere ist der Sitz der Färbung an den vom Sonnenbrand gebräunten Haut- stellen und am Hofe der Brustwarze. Das vermeintliche Cor- pus mucosum der Cutis ist nichts anderes als diese innere, durch zu anhaltende Maceration zerfliessende Epidermis. Hingegen au der Schleimhaut der Ingeslionsorgane findet sich nur die äus- sere Epidermis, und anslatt der inneren ein nicht netzförmiges, sondern conlinuirliches Corpus mucosum, welches die Färbung an den schwarzen Stellen der Zunge und des Gaumens enthält; es hängt am Lippenraude mit der inuern Epidermis ununter- brochen zusammen und erstreckt sich bis zum Ende der Speise- röhre, beim Rind bis in den Blältermagen, beim Pferde bis in den ersten Theil des Magens; von da an findet sich an seiner Statt ein anderes, vom Verf. noch nicht beschriebenes Gebilde. Diese Schichten sind grösstentheils durch methodische Macera- tion dargestellt; durch Ebullilion wird das Corp. mucosum com- pacler und weisser; eine genaue, namentlich mikroskopische Claraeteristik derselben wird vermisst. An der von der Cutis durch Maceration abgelösten Epi- dermis finden sich an der innern Fläche sehr schräg gerichtete Scheiden für die Haare, an der äussern Fläche dagegen Löcher. Beim sehr jungen Fölus fehlen diese, beide Flächen sind ganz glatt; bei älteren Fötus sieht man an der innern Fläche kleine urchbohrte Verläungerungen, an der äussern Fläche kleine ge- schlossene Erhabenheiten; diese sind die Scheiden der Haare, die bei dem Wachsen derselben nach aussen durchbrochen wer- den. Die Epidermis geht also nicht, den ganzen Haarbalg be- kleidend, unter dem Haare hinweg, sondern hört an der Basis des Haars auf, Dass die Epidermis beide Flächen des Nagels überziehe, hat Flourens bei den Fötus der Pachydermen, Wiederkäuer und Nager, ober noch nicht bei dem des Menschen gesehen. Die gereifte Matrix unter dem Nagel besitzt auch beim Men- schen zarte Filamente. ähnlich den Zotten am Kronenwulst des Hufes, welche in röhrenförmige Scheiden von Hornsubstanz ee sind. (Vergl. Gurlt in diesem Archiv 1836. . 4. CXVl Sinnesorgane Eine schr fleissige Darstellung des Gehörorgans von Whar- ton Jones, aus welcher man erkennt, dass der Verf. Alles selbst durchgearbeitet hat, s. in Todd’s Cyclopaedia of Anat. a. Phys. Vol. Il. p. 529. Den Nerv. auditorius findet er am Eingange des innern Gehörganges von den gewöhnlichen weis- sen Nervenfibrillen, nicht von sog. Gliederröhren zusammenge- selzt, so wie auch die Nn, sacculares; die von Breschet ab- gebildeten Schlingen in der Ausbreitung des N. cochleae konnte er nicht erkennen. An den Ampullen der häuligen Bogengänge fand er kleine Flecke von braunem Pigment. Die sog. Vitrine oder Endolymphe ist bei Menschen, Säugelhieren und Vögeln eben so dünnflüssig, als das übrige Labyrinthwasser oder Pe- rilymphe. Pappenbheim theilt in Froriep’s neuen Notizen No. 141, 494. 195. schätzbare Ergebnisse. schwieriger mikroskopischer Untersuchungen über die Textur der Theile des Gehörorgans mit, welche bei grösserer Klarheit der Darstellung noch lehr- reicher sein würden. In den Knorpeln des äussern Obrs fand er 745’ breite Knorpelkörper, oft zwei in einer Zelle, welche letztere nebst ihren Wänden ;“ im Dm. haben. Bei einem dreimonatlichen Kinde waren die Zellen im Helis „54“ lang (?), \t5“ breit; im Anthelix 2; lang, ;+5'” bis 144“ breit; im Tragus z'5‘” breit; die Knorpelkörperchen maassen 745" bis +15" zu 74,“ bisz45“. (Hinsichtlich der Knorpel des ganzen äus- seren Ohrs und der sog. spongiösen oder gelben Knorpel über- haupt bemerke ich, dass ich bei Erwachsenen keine andere Zelle finde, als Knorpel-Mutterzellen, welche eine, zwei bis vier innere Zellen, sogenannte Kuorpelkörperchen, jede mit einem Kerne und oft mit einem Nucleus versehen, einschliessen; diese Zellen liegen in einem Gewebe dicht verfilzter, gelber elastischer Fibrillen, aus dessen Maschen sie herausgedrückt werden können. Vielleicht bezieht sich die Angabe einer zel- ligen Bildung dieser Knorpel auf diese Maschen. Sie unler- scheiden sich daher von den anderen Knorpeln nur durch Ver- schiedenheit der Intercellularsubstanz, welche hier aus elasti- schem Gewebe besteht. Die meisten ovalen Multerzellen mes- sen 71;' bis „7 zu „7“ bis z1;, die Knorpelkörperehen oder innern Zellen 115“ bis „;' zu 145” bis 4", die Kerne 4; bis 745“, die Nucleoli 155“ und weniger: oder im Mittel aus vielen Messungen Mutterzellen 2; zu ;';“, innere Zellen 2,“ zu 745%, Kerme »45““: sie scheinen daher der ursprünglichen Primitivzellenbildung näher geblieben zu sein, und sind grösser als dieselben Tbeilchen in den Gelenk- und Rippeuknorpeln, — CXVI ia welchen die nur noch sparsam vorkommenden Mutterzellen im Mittel 2; zu „;, die innern Zellen z;‘ zu 47”, die Kerne zz“ Dm. haben. Die elastisch-faserige Zwischensub- stanuz zwischen zwei Mutterzellen misst wenigstens zz" bis 147“.) Die Angaben des Verf. über die Glandulae ceruminosae sind unverständlich: (wie Kohlrausch und ich sahen, bestelıt jede aus einem Kanal oder sehr langen Schlauch vou 71,‘ Dm., welcher in kurzen Windungen zusammengewickelt ein rundes, plattrundes oder längliches Knaul von 2“ Durchmesser im Mittel bildet, dieses liegt 4 bis 1” unter der Oberfläche des Gehörgangs in. einer Maselıe cellulös- fibrösen Gewebes; das peripherische Ende des Schlauchs geht als Ausführungsgang ziemlich gestreckt bis zur Epiderpis des Gehörganges, wo er neben oder zwischen den Haar- bälgen ausmündel; inwendig ist er mit Epitheliumzellen bekleidet. Die bei Weiten kleineren traubenförmigen Talgdrüsen münden meistens in die Hälse der Haarbälge- Dieses stimmt mit der neuer- liebst von R. Wagner gegebenen Abbildung in den Icones physiol. fast ganz überein). — Die äussere Haut des Trommel- fells ist lediglich (?) epidermal, durch sehnige Fasern an das leiztere geheftet: auf diese folgt Periosteum des äussern Ge- hörganges, alsdann die eigentliche Haut des Trommelfells, be- stehend aus concentrischen, centrifugalen und schrägen schni- en Fasern: alsdann das Periosteum der Paukenhöhle und die Schleimhaut derselben. Der ligamentöse Ring besteht ans klei- nen Körnern von der Grösse der Kerne der Blutkügelchen, wird als koorpelig angesehen, ist durch die Beinhaut und ei- gene sehnige und elaslische Fasern befestigt. In der Pauken- höhle findet sich das Periosteum und darüber eine maschige Haut aus Fasern, welche denen der gelben Knorpel ähnlich sind, gewebt; an diese Fasern sind rundlich eckige Körperchen von der Grösse der Eiterkörperchen geheftet, die für Drüsen gehalten werden. Diese Haut flimmert nicht. — Die Befesti- ng des Manubrium mallei wird durch sehnige Fasern und die allenarlig über ihn hinweggehende Schleimhaut vermittelt, Die Bänder = Hammers sind fibrös, das Kapselband elastisch. Der kurze Fortsalz des Ambos steckt in einer Gelenkkapsel und wird durch zwei elastische Bänder befestigt. Das Linsenknös chelehen ist ein besonderer Knochen und nur durch ein elasti- sches Band mit dem langen Fortsatze des Ambos verbunden, Die Membrana obturatoria stapedis besteht, ausser dem Schleim- hautüberzuge, aus einer eigenen schnigen, dem Trommelfell ähnlichen Haut, welche aus verschiedenen Lagen longiludinaler, bogenförmiger und trausversaler Fasern zusammengeselzt ist. Die Basis des Steigbügels wird vom Vorhofe aus von einer selnigen Haut überzogen. Das sogenannte secundäre Trommel- fell bat in seiner, der Paukenböhlenfläche zugewandten Fläche CXVIll eine nicht genau in der Mitte liegende Vertiefung: die Membrana propria desselben ist eehnip ihre stärksten Fasern parallel nach einer Richtung. In der Eustachischen Röhre fand der Verf. weisse und gelbe Knorpel mit Knorpelkörperchen. Die Schleim- haut flimmert nur auf dem Theile derselben, welcher zwischen den Knorpeln sich befindet. ‘Der Vorhof wird von innig verwachsener Bein- und Schleimhaut überzogen; letztere ist Fortsetzung der Schleim- haut der Paukenhöhle und bildet da, wo sie in die Bogengänge übergehen will, Duplicaturen, welche die Säckchen schwebend erhalten. Die häuligen Bogengänge bestehen aus folgenden Sehiehten in der Ordnung von aussen nach innen: 1) Aus- breitung der Blutgefässe, 2) kleine, vielleicht krystallisirte Kör- erchen von 7,45‘ Dm. auf einer aus feinen Fädchen, wahr- scheiolich Zellgewebefäden bestehenden Membran; 3) eine mem- branartige Schicht von Ganglienkugeln, welche „';“' im Dm. halten und mit Centralkernen versehen sind; 4) membranarlige Schicht von ovalen, „4; bis z45‘“ grossen Zellen, Epithelium; 5) Membran von maschigem Zellstoff mit Blutgefässen. — In den Ampullen findet sich 1) Epithelium und Blulgefässe, 2) ge- flechtartige Ausbreitung der varicösen Nervenfibrillen, theilweise von Krystallen bedeckt, mit denen des länglichen Säckchens verflochten, nicht an die Bogenröhren übergehend; 3) Zellstoft- schiebt; 4) Epitheliumschicht mit ovalen Zellen von „45“ bis z41, Dm; 5) eine Schicht von z}; bis 115“ messenden Zellen, mit excentrischen Kernen von „+7“ bis 71; Dm. und Kernkörperchen, welche nur die innere Fläche des Ner- venwulstes bedeckt und diesen in der Breite um 7/;'“, in der Länge nach den Bogenröhren hin um z'“ überragt: sie wird als Ganglienschicht angesehen. — Der gemeinschaftliche Schlauch „ und das runde Säckchen sind in folgender Ordnung zusammen- gesetzt aus 1) Blutgefässen, 2) Krystalle, 3) Ausstrahlung der Nerven nach der Längenaxe des Schlauchs und an die Ampul- len sich fortsetzend, 4) Schicht rhomboidaler Zellgewebema- schen, 5) Kugeln von z35' bis 75“ Dm., 6) Zellgewebe mit grösseren Maschen, 7) eine Schicht von Zellen oder Ganglien- kugeln von z35'“, gleich denen in den Ampullen. Hieran reihen sich noch Untersuchungen über die Beschaf- fenheit dieser Gebilde bei Embryonen vom Schwein und vom Menschen. - A. Römer sucht in den Med. Jahrhüchern d. Oesterr. Kaiserst. Bd. XVII. St. 3. S. 338. Krause’s Betrachtungs- weise der Schnecken, hiusichtlich des Scyphus und Seyphulus als unrichlig und sogar als unmöglich darzustellen, indem er die bekannte Beschreibung von Ilg nochmals wiederholt und Abbildungen von Präparaten der knöchernen Theile der Schnecke, cXIX an welchen der Scyphulus gar nicht mehr vorhanden, in Fig. 1. aber der Scyphus bis auf den stehen gebliebenen freien Rand _ der Lamina modioli durch die Art der Präparation zerstört ist, hinzufügt. — Die Beschreibung dieser Theile in meinem Hand- buche nebst der Erläuterung in diesem Archiv v. J. 1837 ist getreu nach der Natur und völlig klar, so dass sie, wenn man sie in ihrem ganzen Zusammenhange verfolgt, nicht zu Miss- verständnissen wird Anlass geben können. Es ist daselbst aus- drücklich gesagt, dass der innere Raum des Scyphus einen Theil der zweiten und die dritte halbe Windung des Schneckenka- nals enthält: zieht man es bei Bezeichnung der Gegenden der Schnecke vor, anstatt diese kurze, in die anatomische Termi- nologie längst eingeführte Benennung beizubehalten, immer zu sagen — ein Theil der zweiten und die dritte halbe Windung der Schnecke: so ist dieses sehr gleichgültig und kein Gegen- stand des Streites.. Es kommt alles darauf an, ob man, unbe- schadet des continuirlichen Zusammenhanges der Knochenmasse der Spindel und des Gehäuses der Schnecke, die Lamina mo- dioli als einen Theil des Modiolus, oder als Paries intermedius ri secundi et semitertii dem Gehäuse der Schnecke angehörig betrachten will. Ersteres scheint mir nalurgemässer, weil dieses Spindelblatt in seiner ganzen Ausdehnung unverkennbar aus dem Knochenblatte hervorgeht, welches den Umfang des mitt- leren walzenförmigen Theils des Modiolus bildet, mit diesem in seiner porösen, von Kanälchen durchzogenen Textur überein- stimmt, nach kaum vollendeter Verknöcherung dieser Theile sich leichter von dem Gehäuse als von der Walze der Spindel abtrennt, und selbst von den Gegnern dieser Ansicht der freie, mehr oder weniger umgerollte Endrand dieses Blaltes, unter dem Namen Apex modioli, Säulchen oder Columella, als dem Modiolus angehörig betrachtet wird: letztere Benennung passt vielmehr auf den mittleren walzenförmigen Theil der Spindel. Was die Gestalt des Seyphulus betrifft, darf ich nur auf die Abbildung ia Arnold’s Icon. anat. Fasc. II. Tab. VIl. Fig. 12, verweisen: in der Stellung des von Römer abgebildeten Durch- schniltes der Schnecke würde auch der freie concave Endrand der Lamina spiralis und die schmale, von der Anfügung des Hamulus epiralis bis gegen die Kuppel sich erstreckende Spalte sichtbar sein, durch welche in der drilten halben Windung der Schnecke ein Haar aus dem innero Raume des Scyphulus oder dem Ende der Vorhofstreppe, in die Paukentreppe geführt werden kann, wenn hier überhaupt auch der Scyphulus dar- gestellt worden wäre. Breschet’s Abbildung pl. 7, 8, 4., welche neben d die Enden des Spindelblaltes und des Spiral- blattes mit einander verwachsen darstellt, so dass die Scala Iympani der drilten Windung geschlossen erscheint und die CXX Scala vestibuli der dritten Wioduug und die Scala tympani der zweiten Windung durch ein rundes Loch mit einander commu- niciren, ist in dieser Beziehung unrichtig. Ein ansehnliches Coloboma des Glaskörpers sah Arnold. Bem. üb. d. Bau des Hirns und Rückenm. $. 215. Verdauungswerkzeuge. T. L.W. Bischoff hat die Magendrüsen beim Menschen und den höheren Thierklassen sorgfältig untersucht und abge- bildet; s. d. Archiv 1838. S. 503. Es sind ausserordentlich zahlreiche eylindrische Säckchen, welche senkrecht parallel ne- ben einander gestellt, mit dem einfachen oder etwas blasig trau- benarlig erweilerten Ende gegen die Zellschicht, mit der freien und offenen Mündung gegen das Innere des Magens gerichtet und mit einander nur durch Blutgefässe und feinen Zellstoff vereinigt sind. Im Fundus und der Portio pylorica stehen sie weiter auseinander und siod kürzer, mehr am Pylorus enger an einander gedrängt, oft in Häufchen gruppirt, und sind. nicht selten über 1“ lang. Zwischen ihnen dringen Blutgefässe ge- gen die Oberfläche der Schleimhaut und bilden hier ein regel- mässiges, fünf- bis sechseckiges Netz, in dessen Maschen sich die Ocfinungen der Drüseneylinder finden. Andere drüsige Or- gane finden sich im Magen des Menschen nicht: die scheinbaren grösseren Drüsen, die durch seichte Furchen von einander ge- trennt werden, sind nur Häufchen dieser eylindrischen Drüs- chen; nur bei einigen Thieren, nicht beim Menschen, finden sich stecknadelkopf- bis linsengrosse Säckchen, die eine Aehn- lichkeit mit den Peyerschen Drüsenbälgen zu haben scheinen, Das körnige Secret dieser Drüschen ist als Magensafl anzusehen, da dieselben bei den Wiederkäuern nur im vierten Magen vor- handen sind, In der Speiseröhre finden sich ausser einfachen Schleimbälgen auch traubige Drüsen mit einem längern Aus- führungsgange, als die erst im Duodenum auftretenden Brun- nersehen Drüsen einen solchen besilzen. (Diese vorläußg nur am menschlichen Magen, unter anderen bei einem während der Magenverdauung an Verblutung gestorbenen Manne, vergliebene Beschreibung ist sehr richtig: öfters habe ich diese Drüschen gefüllt und entleert viel deutlicher und schärfer begränzt gese- ben, als sie von dem Verf. abgebildet sind, und sie olıne an- gewandten Druck bequem messen können. Sie haben die eiu- fachste Follieularform und ihr weiteres blindes Ende ist, ob- gleich zuweilen etwas umgebogen, niemals traubenförmig; ihr schwach höckeriges Ansehen rührt, da sie keine deutliche häu- tige Wand wit doppelter Contur besitzen, sondern nur Einsen- CXXl kungen im Gewebe der Schleimhaut sind, lediglich von den Körnchen her, welche eng zusammen liegend ihre Innenfläche bekleiden. Die Länge der kleinen Drüsen beträgt im Mittel 4", wenigstens 4“, höchstens 4“; Drüsen von 1“ Länge habe ich nie geschen. Die Mündung und der Hals ist meistens „;'” bis -7” weit, der Fundus „4“ bis „;'; selten sieht man eiue in der Hälfte ihrer Länge gespaltene und in zwei bliude Enden auslaufende Drüse. An den meisten Stellen berühren die dik- keren Enden einander fast unmittelbar, und die Münduugen siod nur 145“ bis „'5 von einander entfernt: an anderen Stel- len sind sie weniger zahlreich in Abständen von z'5“ bis höch- stens 4“ vertheilt. Der Inhalt ist weisslich; die Körnchen las- sen sich, von einer durchsichtigen, wie es scheint dickflüssigen Substanz vereinigt, in Gestalt von Strängen herausdrücken: sie siod rundlich, haben einen Dm. von z!5‘ bis 145" und fast sämmtlich einen Kern von „i+‘“ bis „47'”, selten von „1; Dm.; wahrscheinlich sind sie Epitheliumzellen: diese Drüsen finden sich schon beim fünfmonatlichen Fötus völlig ausgebildet, nur sind sie kürzer und verhältnissmässig weiter.) F. Arnold — Bem. üb. d. Bau des Hirns und Rücken- marks S. 211. — beobachtete dreimal an dem Magen wieder- käuender Menschen ein Antrum cardiacum, nämlich eine über dem Zwerchfelle befindliche Erweiterung des unteren Endes der Speiseröhre, deren Umfang in dem einen Falle 8“ betrug. Ist auch abgebildet. Hake — PInslitut No. 258. p. 397. — hat gefunden, dass das Blut aus den Milzarterien auf dreierlei Weise in die Venen gelangt: 1) durch Reiser die sich auf den Milzkörperchen ver- breiten und durch Imbibition mit Gefässschlingen communieciren, welche in dickwandige sogenannte Milzgänge übergehen, die iu die Venenzellen münden; 2) durch Reiser, welche in die Ve- nen dringen, da wo diese in die Venenzellen, mit welchen sie endigen, übergehen; 3) durch Reiser für das Milzgewebe selbst. Die ren communieiren mit den Reisern der Ernäh- rungsarlerien nur durch Imbibition, und gehen in die Bud- Venenzellen über; letztere hängen unter einander und endlich mit den Hauptvenenstämmen in der Nähe?des Hilus zusammen. Die Milzgänge haben sehr dünnwandige Zweige, die in blinde Eoden übergehen. Das Arterienblut gelangt daher in die Milz- venen 1) modilieirt und durch Imbibition von den Milzkörper- n aus und durelı die Milzgänge, 2) unmittelbar, 3) durch bsorplion oder Imbibilion aus den ernährenden Gefässen. (Die Untersuehungen, durch welche der Verf. zu diesen sehr unklar dargestellten Resultaten gelangt ist, werden nicht mitgelheilt; vorläufig wird zu zweifeln geslallet sein, dass das Arlerienblut in der Milz auf auderen Wegen, als iu allen andereu Organen, CXXI nämlich durch direeten Uebergang in die capillaren Anfänge der Venen, oder hier auch in grössere Venen, übergehe.) M. Mareus — Diss. de funclione lienis. Gryph. 4. — findet mit seinem Lehrer $S.Schultze die Milzkörperchen auch in gesunden Milzen in grosser Anzahl, 4 bis +“ im Dm., weich, mit einer weisslichen Flüssigkeit, welche Körnchen von 1057 enthält, gefüllt; sie sind nicht von den Gelässscheiden ge- bildet: (ganz ähnliche Beobachtungen machte T. L. W. Bischoff, 8. d. Archiv 1838 S. 500, welcher die Körnchen ganz über- einstimmend mit den @Chyluskörnchen findet). Schultze schreibt der Milz einen Einfluss auf die Geschlechtsverrichtun- gen zu, weil Thiere nach der Exstirpalion dieses Organs starken Begallungstrieb äussern aber nicht zeugungsfäbig sein sollen. u ee, 2 — BERICHT über die Fortschritte der Physiologie rs Ss im Jahre 1838. Von Dr. Theod. Ludw. Wilhb. Bischoff, Professor in Heidelberg. I. Allgemeine Physiologie. Lehrbücher — Methoden — Hülfsmittel — Infusorienbildung — Ent- wicklung von Imponderabilien — Racen etc. ö Von Dr. Ignaz Rudolph Bischoff, Edlem von Allenstern, ist erschienen: Grundzüge der Naturlehre des Menschen in vier Abtheilungen. Wien, 1838 und 1839. Dieses Werk ist durch das Bedürfniss eines Handbuches bei den Vorlesungen über Phy- siologie an der Josephinischen Akademie hervorgernfen, welche der Verf jetzt gegen seine mehr als 25jährige praktische Lauf bahn vertauscht hat. Daher ist es wohl nicht zu erwarten, dass derselbe durch eigene Untersuchungen mit dem jetzigen Bestande unserer anatomisch- physiologischen Kenntnisse bekannt sein könnte, Doch hat er bei der Abfassung seines Werkes die neueren Forschungen in diesem Gebiete nicht unberücksich- ligt gelassen, mehr aber noch seine vieljährigen Erfahrungen aın Krankenbelte mit in die Physiologie hereinzuziehen gesucht. So sehr dieses die Physiologie wünschen muss, denn sie be- zweckt ja doch auch möglichste Anwendung auf Pathologie, s0 ist doch ‚gerade dazu die allergenaueste physiologische Si- eherheit nothwendig, und es möchte wohl sehr schwer halten, . in einem Lehrbuche jetzt schon der Physiologie ihr echt angedeihien zu lassen, indem man sie mit der Pathologie vereinigen will. Ein solches Lehrbuch wird immer etwas ver- altet erscheinen, CXXIV Auch von Carus haben wir ein: „System der Physiolo- gie“ eıhallen, von dem bisher der erste Theil, entlraltend das Allgemeine der Physiologie, die physiologische Geschichte der Menschheit und des Menschen, 1838, und der zweite Theil, enthaltend die physiologische Geschichte des Bildungslebens, Blut- und Lymphlebens, des Lebens der Alhmung, der Abson- derung, der Ernährung überhaupt, und insbesondere der Ver- dauung, 1839 erschienen sind, ieses Werk characlerisirt das Bestreben, die in den letzten zwei Decennien gewonnene Masse empirischer Fortschritte der Physiologie und feineren Anatomie, mit welchen der berühmte Verf. ganz bekannt ist, wieder aus und unter allgemeinen philosophischen Ansichten über Natur und Leben zusammenzufassen, und dadurch wieder auf das Endziel hinzuweisen, was die emsige empirische lorschung manchmal aus den Augen verlieren mag. Eine solche Leistung verdient gewiss die grösste Anerkennung, und ist ihres denken- den und geistreichen Urhebers würdig. Allein auch sie, da wir sie nur für eine abstraete, d.h. aus der Summe des er- fahrungsmässig Erforschten, abstrahirt halten können, muss deshalb nolhwendig ihre Gränzen und Mängel in sich enthalten. Ueber diese nun führt uns der poclisch-philosophische Geist des Verf. weg, indem er uns ein abgerundetes vollendetes Ganze zu geben scheint. Dabei ist der Verf. doch manchmal etwas ungerecht gegen die jetzige mehr empirische Richtung und Be- arbeitung der Physiologie, der er öfters so todte und mecha- nische Ansichten als allgemein unterlegt, wie sie sich doch wohl bei denen, die bier allein zu berücksichtigen sind, kaum finden dürften. Ferner ist erschienen: Elementa Physiologiae specialis cor- poris humani, auctore Aug. Arn. Sebastian, Gröningae. 1838. Dieser 316 Seiten starke, die ganze apecielle Physiolo- gie umfassende Band, kann natürlich auch wirklich nur die Elemente enthalten. Da indessen, wie man überall sieht, dem Verf. alle, auch die neuesten Forschungen, nicht unbekannt geblieben sind, und er manche eigene benutzen konnte, so ist dieses Werk als kurzer Abriss der gegenwärtigen Physiologie, namentlich bei Vorlesungen, gewiss mit Erfolg zu Grunde zu legen, und wäre sehr zu wünschen, dass die Bücher- Fabrikan- ten, die sich jetzt leider auch der P/@siologie zu bemächtigen anfangen, und für Examinanden und Malbwisser einbändige Phy- siologien zusammenstoppeln, lieber ein solches von einem tüch- tigen Manne geliefertes kurzes Werk übersetzten, und ihren Abnehmern, die doch wohl kein Latein verstehen, in die Hände äben. 3 Raspail'hat eine neue Auflage seines Nouveau Sysieme de Chimie organique, Paris 1838, Bruxelles 1839, herausgegeben, CXXV die, so wesentlich sie auch vermehrt und verändert sein mag, doch im Ganzen den früheren Character beibehalten hat, und eben so schr auch Histiologie und Physiologie als Chemie ist. Namentlich ist das Mikroskop sehr in Anwendung gezogen wor- den. Doch kann man nicht sagen, dass der Verf. sich au Niveau der Wissenschaft befände, wenn man dabei die Leistun- en der Deutschen auch im Auge hat. Mit se’nen Landsleuten liegt Raspail vielfach im Streite, und dadurch findet sich auch viel uninteressante Polemik neben manchem Interessanten, auf eigene Beobachtung Gegründeten. Während man in Deutschland die Verbindung der verglei- chenden Anatomie mit der Physiologie neuerdings in immer engere Schranken zu weisen, und beide als gesonderte Dis- eiplinen zu behandeln bemüht ist, tritt diese Vereinigung in sehr ausgebildelem Grade in des leider kürzlich verstorbenen Duges: Trail de Physiologie comparee de ’homme el des animaux, Montpellier 1838, auf. Der Verf. selbst erleble nur das Erscheinen des ersten Bandes, welcher nur die allgemeine Physiologie und die specielle des Gehirns und Nervensystems umfasst. Der zweite erschien nach seinem Tode und enthält die Entwickelung der Imponderabilien in der Thierwelt, die Physiologie der Bewegung, der Verdauung, der Absorption, des Kreislaufs und des Athmens. Der dritte noch zu erwar- tende Theil soll das Uebrige enthalten. Des Verf. vorherr- sehende Leistungen in dem Gebiete der vergleichenden Analomie haben auch den Character dieses Werkes bestimmt. Von die- ser Seite enthält dasselbe viel Interessantes und Neues. A. Bazin (de Bassenville): Essai sur la difference du degr& de certitude que presentent Pideologie et la physique Bene: et sur les proc&des intellectuels «qu’elles exigent, ’aris 1838. (Extrait des Annales france. et &trang. d’analomie et de physiologie.) Diese Abhandlung, zunächst hervorgerufen durch eine Schrift von Risuenno d’Amados: Sur le calcul des probabilit@s appliqu@ & la medeeine, hat zum Zweck dar- zulbun, wie die Medicin, gleich allen Naturwissenschaften, nur dureh ununuterbrochene, fleissige und treue Beobachtung, und durch, die aus einer möglichst grossen Zahl derselben gezogenen, ja berechneten Folgerungen und Schlüsse fortschreilen könne, so dass sie stalislisch in allen ihren Theilen werden und ver- fahren müsse. Göppert und Purkinje haben das Hydrooxygengas -Mi- kroskop in seiner Brauchbarkeit zu anatomisch - physiologischen Untersuchungen geprüft. Sie kamen zu dem Resultat, dass sich dasselbe nicht so schr zu speciellen Untersuchungen, als zu allgemein angenehm belehrenden Demonstrationen eignet, und sich hier besonders dadurch empfiehlt, dass man einer grossen CXXVI Zahl von Zuhörern mit ungleich geringerm Aufwande von Zeit eine hinreichend deutliche Anschauung verschaffen kann, als mit dem gewöhnlichen Mikroskop. Fror. Not. Nr. 120. Nachrichten über die nach dem Wahne des Hrn. Cross als blosses Product des Galvanismus erschienenen Thierchen, die sich als eine Milbenart ‚herausgestellt haben, finden sich in Froriep’s N. Not.,No. 77. 89. 98. Beobachtungen von Beauperthuy und Adet de Roze- ville über die Infusorienbildung bei der Fäulniss haben diesel- ben zu dem Schlusse geführt, dass, da die Bildung der Thier- chen der fauligen Zerseizung immer vorausgehe, und diese letz- tere erst dann stattfinde, wenn die Thierchen sich in zahlloser Menge in der Flüssigkeit finden, diese Thierchen die Fäulniss erzeugen, nicht aber die Fäulniss diese Thierchen hervorbringe, Gaz. med. 1838. März. No. 13. 31. p. 206. Versuche über die Infusorienbildung in Regenwasser hat Cagniard Latour angestellt. In reinem, mit almosphärischer Luft in Berührung stehendem, aber sogleich verschlossenem Re- genwasser erzeugten sich nach zwei Monaten keine Infusorien; wohl dagegen wenn demselben 0,0002 Alkohol von 43° zuge- seizt worden war; wurde letzteres Gemisch dagegen 4 St. im Wasserbade erhitzt, so bildeten sich keine Infusorien. L’institut No. 231. p. 178. Die organische Natur des Gährungsprozesses und seine Ab- hängigkeit. von der Eutwickelung niederer Pflanzen und zuwei- len auch Thierorganismen, welche Schwann im vorigen Jahre zuerst dargethan (Poggendorf’s Annalen Bd. 41. p. 184.), ist auch von anderen Beobachtern in diesem Jahre bestätigt worden. So von Cagniard Latour cf. L’institut. p. 143. u. 389., in Fror. N. Not. No. 148., und von Turpin L’institut p- 273. u. Fror. N. Not. No. 168. Ueber das Leuchten des Meeres sind verschiedene Mitthei- langen gemacht worden. Die eine rührt von Brandt her, aus den Papieren von Mertens. Derselbe erzählt, dass ein von ihm beobachtetes Leuchten durch Slabberia Oken veran- lasst wurde, welche höchst wahrscheinlich nichts Anderes als Noctiluca miliaris ist, der auch Ehrenberg in den meisten Fällen diese Erscheinung zuschreibt. Ausserdem schreibt Mer- tens auch noch den Callianiren und Calymna Trevirani die Eigenschaft, das Meer leuchten zu machen, zu, welche Eh- renberg nicht mit angeführt. L/institut No. 227. p. 147. — Eine andere Mittheilung macht Bennett. Er unterscheidet zwei Arten von Meeresleuchten. Bei dem einen erscheint das Meer von zahllosen leuchtenden Punkten übersäet; dieses wird von Myriaden ganz kleiner Thiere veranlasst, deren Leuchten Ben- nett dem celectrischen Zustande der Atmosphäre zuschreibt. CXXVU Bei der andern Art erstreckt sich das Leuchten auf einzelne Flecken und Züge, und wird von verschiedenen Arlen 'von Salpa, Bero&, Pyrosoma und anderen Mollusken veranlasst. Aus dem Umstande, dass dieses Leuchten vorzüglich zwischen dem 3ten und 4ten Grade nördlicher und südlicher Breite vom Aequalor beobachtet wird, findet Bennelt es walırscheinlich, dass hierhin durch die Meeresströmungen jene Mollusken in grösseren Massen zusammengeführt werden. Irgend ein Organ, von welchem das Leuchten abhing, konnte er nicht entdecken, auch wird es nieht von einer Stelle, sondern von der ganzen Oberfläche des Thieres aus verbreitet. Die leuchtende Abson- derung kann von einem Gegenstand ‚auf einen andern übertra- gen. werden. L’institut No. 235. p. 209. Auch an den Küsten von Norwegen hat Robert eine Beobachtung über das Leuchten des Meeres in einer Bucht ge- macht, in welcher das Wasser vollkommen stille stand. Er leitete hier die Erscheinung von der Zersetzung abgestorbener Medusen und anderer Seelhiere ab, welche sich in dem slagni- renden Wasser befanden. Linstitut No. 226. p, 129. In London hat man die spontane Phosphorescenz der Leiche eines 88jährigen Menschen beobachtet, und dieselbe ist von Daniel und Robert Cooper genau unlersucht worden. Das Leuchten zeigte sich an eine eigenthümliche Substanz geknüpft, durch welche sich dasselbe von einem Körper auf den andern übertragen liess. Unter dem Mikroskop zeigte es sich nicht an irgend welche belebte Wesen geknüpft, sondern man. beobach- tele nur eine höchst feinkörnigte Substanz, In Sauerstoff, Was- serstofl, Siickstoll,Kohlenoxyd und Phosphorwasserstoflgas danerle das Leuchten unverändert fort. In Kohlensäuregas wurde es schwächer. In Chlor und Schwefelwasserstoffgas hörte es nach 2 Minuten auf. Im luftleeren Raume erlosch das Leuchten in 15 Minuten fast ganz, fing indessen an der atmosphärischen Luft wieder von neuem an. In comprimirter Luft wurde es slärker. Unter Wasser und Milch bielt es 10 bis 15 Minuten, unler Oel 3 bis 4 Tage, im Alkohol nur 2 Minuten an. In ‚kochendem Wasser und erhitzter Luft erlosch die Phosphores- eenz augenblicklich; in einer Gefriermischung bemerkte man ia 30 Minuten keine Veränderung; in verdünnter Schwefelsäure, Ammonium und salzsaurem Natron erlosch dieselbe unmittelbar, in Salpetersäure, Salzsäure, Essigsäure, Weinsteinsäure, Klee- säure und Kali langsamer. The London and Edinb, philos. Magaz. Mai 1838. Fror. N. Not. 132. Beeguerel und Breschet haben ihre bekannten Ihermo- eleetrischen Beobachtungen über die Temperatur der organischen Gewebe des Körpers fortgesetzt. Diesmal suchten sie den Ein- Nuss der Erhöhung der äusseren Temperatur auf die innere der Müller's Archiv. 1839, 1 CXXVHl Muskeln za ermitteln, indem 'sie einen Menschen in ein warmes Bad und die Nadeln des Apparats in den Musculus biceps brach- ten. Sie fanden, dass, wenn der Körper des Menschen 2 Mi- nuten lang mit Wasser in Berührung ist, dessen Temperalar zwischen 0° und 49° liegt, die Temperatur der Muskeln sich nur wenig ändert. Bei einem Hunde indessen, der in ein Bad von 49° gebracht wurde, zeigte sich in den Muskeln und in der Brusthöhle binnen 5 Minuten eine allmählige Steigerung bis zu 2°. Da indessen die Hunde dabei sehr wülhend wurden, so lässt sich nicht sagen, in wie fern die Gemüthsbewegung auf das eben angeführte Resultat Einfluss hatte. — Als die Armvene eines 45jährigen Mannes geöffnet wurde, während die Nadel sich in dem M.supinator longus befand, zeigte sich wäh- rend und nach dem Ausfliessen des Blutes durchaus keine Ver- änderung. Eben so wenig variirte die Temperatur in den Schen- kelmuskeln eines Hundes, dessen Arteria cruralis abwechselnd unterbunden und wieder geöffnet wurde. Als aber die Art. il. primitiva unterbunden wurde, sank die Temperatur in 18 Minuten um etwa z°.- Nach Nachlassen der Compression stieg sie schnell wieder auf ihre normale Höhe. — Ausserdem erthei- len die Beobachter noch mehrere Vorsichtsmaassregeln in Betreff der Anstellung ihrer Versuche. — Comptes rendus hebdom. pr. sem. No. 15. 9. Avril 1838. Fror. N. Not. 130. Ann. des se. nat. T. IX. p. 271. Auf dem Schiff Bonite wurden von Eydoux und Sou- leyet während der Weltumsegelung vom April 1836 bis zum ‘6. Nov. 1837 täglich sehr sorgfältige Beobachtungen über die Temperatur von 10 Personen der Mannschaft angestellt. Es ergab sich daraus, dass die Temperatur des Menschen mit der der Luft steigt und fällt, und dass ein Temperaturunterschied von 40° in der Atmosphäre dazu gehört, um im Menschen einen solchen von 1° zu erzeugen. Bei dem Uebergange aus heissen in kalte Länder sinkt die Temperatur ziemlich langsam, während sie umgekehrt aus kalten in heisse Länder sehr schnell steigt. — Auch über die Temperatur mehrerer Seevögel und Haifische wurden Beobachtungen angestellt. Comptes rendus etc. 1838. 9. Avril. No. 15. Fror. N. Not. No. 148. Ann. des sc. nat. T. IX. p. 190. ‘ Untersuchungen von Fricke über die Temperatur derScheide und der Gebärmutter vor und während der Menstruation und über die Temperatur ‘der Scheide in der Schwangerschaft bei 24 jungen Personen ergaben die Temperatur der Scheide vor der Periode 304°, während derselben 30°; die des Uterus fast eonstaut 30°. Die Schwangerschaft war ohne allen Einfluss. Die Vergleichung mit der Temperatur der Achselhöhle ergab, dass auf diese die äussere Temperatur einigen Eiufluss hat, auf CXXIX die der Scheide nicht, so wie dass die Scheide immer wärmer ist als die Achselhöhle. Fricke Zeitschr, Bd. IX. p. 289. Auch in diesem Jahre sind wieder mebrere Bemühungen gemacht worden, elektrische Strömungen in den Nerven nachı- zuweisen. Vor Allen zeichnet sich hier Matteuei aus, der naclı seinen Untersuchungen über den Zitterrochen, dessen Elec- Arieilät er bekanntlich auch von den Nerven ableitet, nun über- all in den Nerven electrische Strömungen vorausselzt. Nament- lich will er dieselben bei dem Frosche durch das Geurjon- sche Galvanomeler nachgewiesen haben. Bibl. univers. 1838. May. Fror. N. Not. No. 145. Allein seine Versuche scheinen so wenig von einem bestiimmien Plane geleitet und ermangeln darach so selır der nothwendigen Klarheit, dass Ref. daraus keine Folgerungen ziehen möchte, und anderweitige Bestäligun- gen abzuwarten sind. Es scheint, dass Matteuci fortwährend die durch irgend eine Electricitätsquelle erregte Nerventhätigkeit mit dieser selbst verwechselt. Vorausgeselzt, dass auch wirk- lich electrische Ströme in den Nerven vorhanden sind, so schei- nen diese doch nicht durcli unsere Elecirometer angezeigt wer- den zu können, da, wie Matteuei früher selbst angab, sehr wahrscheinlich ‘die Nerven bessere Leiter für die Electrieität sind als Metalle. Cf. Ref. in Müller’s Archiv. 1838. p. 493. — Ebensowenig hat Valentin die schon im vorigen Jahres- bericht p. CLV. berichteten Versuche von Prevost bestäligen können, so viel diese auch auf den ersten Blick für sich hatten. Er fand, dass, wenn die durch den Muskel gestochene Nadel nach ihrem Austritle, um alle Erschütterungen zu verhindern, in Glas oder Kork fixirt, und von aller anhaftenden Feuchtigkeit gereinigt ist, sich weder mit freiem Auge noch unter.derL,oupe andere Bewegungen der noch so feinen und reinen Eisenfejl- späne, in welche die Nadelspitze ‚gesenkt ist, erkennen lassen, als die, welche durch die geringe Erschütterung bewirkt 'wer- den, wenn der Nerve mechanisch, chemisch oder selbst gal- vanisch gereizt wird. Valentin Repertor. Ill. p. 41. Eine Widerlegung haben auch die Angaben von Pre- vost durch Peltier erfahren. Er erklärt sich zuerst nach seinen mikroskopischen Untersuchungen dagegen, dass die Quer- sireifen der primitiven Muskelbündel spiralförmige Windun- gen der Nervenprimitiveylinder um die Muskeleylinder seien, wie Prevost angenommen. Er behauptet. diese Querstreifen ‚entsländen dadurch, dass die in der Scheide des Primitivmus- kelbündels eingeschlossenen Primitivfasern aus aneinander gereih- ten Kügelehen 'beständen, deren reihenweise Anordnung jenes Ansehn veranlassen. Sodann wiederholte er das ‚Experiment von Prevost mit aller Sorgfalt, sah aber nie die Kisenfeile sich an die Nadel ansetzen. Da er aber mit Recht diesen Ap- CKXX parat, wenn wirklich eleetrische Strömungen vorhanden wären, für viel zu unvollkommen hält, sie anzuzeigen, so bereitete er sich ein System von Nadeln, wie dasjenige, welches man zu eleetrischen Multiplicatoren anwendet, welche dem allergering- sten magnelischen Einfluss gehorchten. Aber auch auf diesen Apparät üble die durch den Muskel gesteckte Nadel nicht den geringsten Einfluss aus. Mit Recht erinnert Peltier endlich, dass, wenn auch die Nerven spiralförmige Windungen um die Muskeln machten, und in der That electrische Strömungen in ihnen vorhanden wären, dann doch noch immer bewiesen wer- den müsste, dass die Muskelfasern durch dieselben magnetisch würden. Ann. des sc. nat. Tom IX. p. 89. Linari hat seine Untersuchungen über den Zitterrochen fortgesetzt. Er hat nicht nur durch einen Nobili’schen Multi- plicator die eleetrischen Ströme bei den Entladungen des Thieres nachgewiesen, sondern auch ihre Intensität durch die electro- magnefische Wage von Becquerel gemessen, und ihre Fähig- keit, Wärme zu entwickeln, durch ein sehr empfindliches Les- lie’sches Luft- Thermometer aufgefunden. Die Richtung des eleetrischen Stromes bei der Eotladung erfolgt immer von dem Gehirn nach der unteren Fläche des eleelrischen Organes. Die Abweichung der Magnetnadel war am stärksten, wenn das vor- dere Paar der Nerven mit den Leitungsdräthen berührt wurde. Merkwürdig scheint es, dass auch ein todter Zitterrochen eine Abweichung von 5—12° gab. Endlich gelang es ihm auch, durch die Entladungen des Zitterrochens Farbenringe. auf Me- tallplalten hervorzurufen, die wenigstens anf Kupferplalten ziem- lich fest hafteten. Bibl. uoiv. Tom. XVII. p. 155.. Auch Matteueci hat seinen früheren Untersuchungen über den Zitterrochen noch einen Zusatz folgen lassen. Er berichtet darin zuerst über die grosse Entfernung, in welche sich eine elektrische Entladung des Fisches im Wasser fortpflanzt, indem dadnrch Frösche noch in einer Entfernung von 1 Meter zur Zusammenziehung gebracht wurden. Sodann bestätigt er aufs Neue die grosse Abhängigkeit der electrischen Kraft des Organes von der äusseren Temperatur, und umgekehrt die Unabhängig- ‚keit von dem Kreislauf und Blute. Er sah es ferner bestätigt, dass auch die Reizung der vom Gehirn getrennten Nerven eine electrische Entladung bewerkstelligt, und zwar genau in dem Gebiete des gereizten Nerven. Er legt ferner grosses Gewicht darauf, dass auch die Electrieität bei ihrer Application auf die Nerven des Fisches eine Entladung des Organes bewerkstelligt, selbst wenn alle anderen Reize nach dem eingetretenen Tode des Thieres hierzu nicht mehr im Stande sind. Er schliesst dann diese seine Untersuchungen mit dem Satze: Die in dem Nervensystem entwickelten Kräfte werden bei gewissen Thieren CXXAXL durch: eine bestimmte Organisation in Eleelrieität umgewandelt; der electrische Strom ist dasjenige Agens, welches am kräftig- sten die Entladung des electrischen Organes bewirkt, woraus folge, (dass auch zwischen jenem und. dem Nerven- Agens die grösste Analogie bestehe. Bibl. univ. Tom XVII. p. 373. Ueber die Electrieität im organischen Leibe und ihr Ver- hältniss und Zusammenhang mit den organischen Funelionen schrieb Dr. Kallmaon einen Aufsatz in der allgem. mediz, Zeitung. 1838. No. 19. u. 21., der eine Zusammenstellung des hierüber bisher Bekannten und Vermulheten enthält. James Blake hat durch einen sinnreichen Apparat die Beobachtung gemacht, dass während der Gährung_ elcetrische Strömungen in der gährenden Flüssigkeit eintreten, und zwar geräth die Hefe in einen negativ, die umgebende Flüssigkeit in einen positiv eleclrischen Zustand. —'Auch überzeugle er sich, dass während des Vegetationsprozesses durch die an der Ober- fläche der Blätter statlfindenden Zerselzungen electrische Ströme erzeugt werden, Lond. and Edinb. plilos. Mag. Jun. ‚1838. Fror. N. Not. No. 154. Ref. hat in Verbindung mit Dr. Jolly und Dr. Heer- mann bei einem Enthaupleten 38% Min. nach dem Sehwerdt- streich durch ein sehr empfindliches Nobili’'sches Galvanometer vergebens electrische Strömungen ‘in dem Rückenmarke oder deu Nerven aufzufinden versucht. Indessen schien aus.den Ver- suchen hervorzugehen, dass die Nerven bessere Leiter der Ble- elrieilät seien, als Metalldräthe, woraus sich also das Ausbleiben der Reaction des Galvanomelers, auch im Falle des Vorhbanden- seins solcher bypothelischen Ströme erklären würde. Dieses Archiv 1838. p. 493. Von einer elecirischen Dame, die während eines starken Nordlichles starke eleetrische Funken aus jedem Finger gab, findet sich eine Nachricht in Sillimans american. Journ. of scienee, Die Erscheinung dauerte mehrere Monate. Die Dame war 30 Jahre alt, führte eine sitzende Lebensart, ist von zar- ler Gesundheit und litt zwei Jahre an acuten Rheumatismen und neuialgischen Afleelionen. Fror. N. Not. No, 129. L’in- stitat No. 234. p. 204. — Bei dieser Gelegenheit mag auch noch ein neuerer Fall Erwähnung finden, der in dem Journ. deSmyrne vom 23. und 28. Mai 1839 milgelheilt wird. In Smyroa sollen sich nämlich zwei Mädchen von 16 und 20 Jahren befinden, die die Eigenthümlichkeil zeigen, dass, wenn sie beide einen Tisch berühren, olme sich unter einander zu berühren, sich längs des Holzes des Tisches zuerst ein Knarren und dann ein Geräusch, wie von der Detonalion einer Leidener Flasche, hören lässt. Ist Qer Tisch isolirt, so hört die Erschei- nung auf. Obgleich mehrere Aerzte die Thalsache bezeugen CKXXU so ist es doch wohl noch erlaubt, dieselbe misstrauisch zu be- trachten. Fror. N. Not. No. 216. Bei Gelegenheit des Antrittes seiner Professur am Jardin des Plantes macht Flourens einige seiner Ansichten über die Naturgeschichte des Menschen bekannt. Er betrachtet alle Men- schen als zu einer Species gehörig, weil sie sich fruchtbar unter einander fortpflanzen, der einzige bestimmende Oliaracter für eine Species, seiner Ansicht nach. Diese Species zerfällt in drei oder vielleicht vier Ragen, die weisse, die schwarze, die rothe und vielleicht die gelbe Rage, die sich nicht nur nach äusserlichen Formen, sondern nach anatomischen bestimmten Verschiedenheilen der Structur und der Haut von einander unter- scheiden. Diese 4 Ragen zerfallen dann wieder nach dem Cha- racler der äusseren Form u, dgl., die aber nur secundäre Cha- ractere sind, in 10 Unterabtheilungen, die caucasische, die mon- golische, die negerische, die americanische, die malaische oder javanische, die hottentottische, die buschmannische, die japani- sche, die alfourousche und die Zaländische, welche mit kurzen Worten geschildert werden. Ann. des sc. nat. T. X. p. 357. Seine Untersuchungen über die südamericanischen Men- schenragen hat D’Orbigny der Pariser Academie im Auszuge mitgelheilt. Indem er alle diejenigen Stämme, welche eine Sprache oder einen Dialeet reden, zu einer Nation rechnet, erkennt er 39 derselben an, welche er in 3Ragen und 7 Aeste derselben eintheilt. Auch die moralischen Verhältnisse dieser Nationen kommen dabei in Betrachtung. Fror. N. Notizen No. 168. Ueber die physische Constitution der Araber hat Larrey seine schon während des ägyptischen Feldzuges gemachten, und durch neuere, von ilim selbst und einigen Freunden noch er- weiterle Beobachtungen, jetzt der Academie mitgetheilt, wo- nach er die Araber als die Urrage des Menschengeschlechts be- trachtet. Comptes rendus. 4. Juin. 1838. No. 23. Fror. N, Not. No. 172. Casper beschreibt eine vierzigjährige Creline im Siechen- hause zu St, Johann im Pinzgau, mit dem höchsten Grade des Cretinismus. Er macht dabei darauf aufmerksam, dass die Ent- wickelung des Hinterkopfes weit mehr den Grad intelligenter Eutwiekelung bezeichne, als die gewöhnlich in dieser Hinsicht hervorgehobene Höhe des Vorderkopfes, Casper’s Wochen- schrift 1838. p. 313. Eine Zusammenstellung von vielen Fällen sehr hohen Alters aus Pirchard Researches in the physical history of mankind findet sich in dem Edinb. med. and surg. Journ. No. 133. p. 550. CAXALN IL Vegetative Processe. Mischung — Stoffwechsel — Verdauung — Lymphe — Blut — Kreislauf — Alhmung — Ernährung — Absonderung. In einem Aufsatze: Ueber einige Fragen des Tages in der organischen Chemie, sucht Berzelius seine schon früher auf- gestellte Ansicht, dass die organischen Substanzen aus Oxyden mit zusammengeselziem Radical bestehen, während in der un- organischen Nalur alle oxydirten Körper ein einfaches Radical besitzen, aufs Neue zu begründen. Die zusammengesetzten Ra- dieale sind entweder binäre und bestehen aus Kohle und Stick- stoff, und dieser giebt es nur wenige, wie Cyan, Melon und das Radical. der Parabansäure, oder aus Kohle und Wasserstoff, und ihre Zahl ist sehr ansehnlich; oder lernäre Radicale aus Kohle, Stiekstoff und Wasserstof. (Er stellt dabei überhaupt die Ansicht auf, dass die Erscheinungen der organischen Natur, so verschieden sie allerdings von denen der unorganischen seien, docli nur von dem Spiel derselben Naturkräfte abhingen, ge- stellt unter die Einwirkung einer Menge verschiedeuartiger Ver- hältnisse, welche die Verschiedenheit der Wirkung hervorrufen.) Rücksichtlich der Frage, was die höchste Anzahl von Sauer- stofl- Atomen sei, die in einem organischen Oxyde gefunden werde, so glaubt er dieselbe bis jetzt dahin beantworten zu können, dass sieben die höchste bis jetzt bekannte Anzahl sei, sie also nicht das Maximum der Anzahl der Sauerstoff- Atome der unorganischen Natur erreichen. In dieser Beziehung hält er die Versuche von Wöhler und Liebig für besonders wichlig, welche gezeigt, mit welcher ausserordentlichen Leich- tigkeit das Wasser bei der Behandlung organischer Körper in und aus Verbindungen geht, wonach schwerlich angenommen werden kann, dass hier das Wasser als solches, sondern viel- mehr in seinen Bestandtheilen Sauerstoff und Wasserstoif aus- und eingeht, und beide sich nur in dem Momente des Austriltes wieder zu Wasser vereinigen. Konigl. velensk. Acad. Handling. f. 1838. Poggend. Ann. Bd. 47. p. 289. Ganz in demselben Sinne spricht sich eine Abhandlung von Dumas, vorgelesen in der Academie der Wissenschaften zu Paris am 23. Oct. 1858, aus. Comples rendus V. Erdmann’s Joumal 1838. Bd. XIV. p. 298. OÖ. Rees hat Untersuchungen über das Verhältniss der thierischen und erdigen Bestandtlieile in den Knochen des Men- schen angestellt. Die langen Knochen der Extremitäten ent- halten mehr erdige Bestandtheile als die des Rumpfes, jene nämlich 63,02 bis 60,01 Proc., diese 58,79 bis 54,51. Die CAXXIV Knochen der obern Extremitäten enthalten etwas mehr erdige Stoffe, als die en!sprechenden Knochen der untern. Der Uu- merus enthält mehr als der Radius und die Ulna, das Femur mehr ‚als Tibia und Fibula. Die Kopfknochen etwas mehr als die Knochen des Rumpfes, die zelligen Theile der Knochen weniger als die massiven Porlionen derselben Knochen. Die- selben Gesetze gelten auch für den Fötus. Rücksichtlieh der Knochen von Erwachsenen und Embryonen ergab sich als Haupt- Unterschied, dass die langen Knochen und Kopfknochen der letzteren wicht die verhältnissmässig sehr grosse Quantität erdiger Stoffe enthalten, wie beim Erwachsenen. während das Verhält- niss bei den Rumpfknochen dasselbe ist. The London and Edinb. phil. mag. August 1838. Fror. N. Not. No. 157. Die Elementarzusammensetzung des von J. Müller .ent- deckten Chondrins ist von Mulder bestimmt worden. Das- selbe ist zusammengesetzt aus Kohlenstoff 49,96, Wasserstoff 6.63, Stickstoff 14,44, Sauerstofl 28,59, Schwefel 0,38. Bullet. de Neerlande 1838. p. 77. Erdmanu’s| Journal Bd. 15. . 190. ! £ Ein Hr. Grisentbwaite bekämpft die in der Physiologie angenommenen Ansichten über den beständigen Stoffwechsel der organischen Materie während des Lebens auf eine Weise, die eden Falls Aufmerksamkeit verdient. Er sagt zunächst, dass die Versuche mit färbenden Substanzen, Färberrölhe ete., in dieser Hinsicht nichts beweisen, da sie ganz für sich in die Organe übergingen und aus denselben wieder ausgeschieden würden, und nieht mit den organischen Materien verbunden. Sodann bemüht er sich vorzüglich darzuthun, dass die Aufnahme von Nahrungsmilteln nicht mit dem Wiederersatze des fälschlich vor- ausgeselzten Substanzverlustes der organischen Körper, sondern mit der Bildung der Excretionen, namentlich aber auch mit der Wärmeerzeugung im Zusammenhange stehe. In dieser Bezie- hung wendet er sich zunächst gegen die Resultate der Unter- suchungen über den Athemprocess, welche ergeben haben, dass durch denselben ein erwachsener Mensch ia 24 Stunden 114 3 Kohlenstoff ausscheiden soll, und berechnet zunächst daraus, welch eine erstaunliche Menge Nahrungsmittel ein Mensch zu sich nehmen müsste. um diese Menge Kohlenstoff zu liefern, woraus folgt (was übrigens auch schon Berzelius bemerkt hat Ref.), dass jene Angaben zu gross sind. Durch die ge- wöhnliche Menge Nahrungsmittel können höchstens 8 3 Koh- lenstoff geliefert werden, welche daher sämmtlich durch den Athemprocess wieder entfernt werden. Aufeine ähnliche Weise lässt es sich berechnen, dass durch die Harnausscheidung täglich 360 Gr. Stickslof! entfernt werden, die 12— 14 Unzen Fleisch- nahrung erfordern, so dass also auch dieser Antheil der Nah- CXXXV rungsmiltel sogleich vollständig wieder ausgeschieden wird. Von dem Sanersioll und Wasserstoff der Nahrungsmittel ‚nimmt er an, dass sie sich innerhalb des Organismus zu Wasser verbin- den, was schon dadurch bewiesen 'werde, dass offenbar durch den Urin, Haut und Lungen mehr Wasser entfernt werde, als schon gebildet als solches aufgenommen werde. Ueberdem ha- ben die Untersuchungen von Berzelius über die Fäces gezeigt, dass ihre Menge nur um 14 3 geringer ist, als die aufgenom- menen Nahrungsmittel. _ Wenn es sich daher so zeigt, dass die Nahrungsmittel, von denen man vorausgeselzt hat, dass sie zum Wiederersatz des Substanz- Verlustes dienen sollen, sämmtlich für die Exerelionen verwandt wurden, so ist auf der andern Seite eben so wenig einzusehen, wie das Material dieser Ex- erelionen von der zerselzten organischen Substanz herrühren sollte. Denn wenn z. B. der Kohlenstoff ein Zersetzungspro- duct der Organe wäre, wie sollte derselbe in die Lungen ge- langen um wieder ausgeschieden zu werden. Dieses könnte, meint der Verf., nur dadurch geschehen, dass er von den Lymph- gefässen aufgenommen und dem venösen Blute zugeführt we Dann aber müsste die Lymphe von der grossen Menge lenstoff schwarz gefärbt erscheinen. Dagegen zeigt die alte bekannte Thatsache, dass während des Essens mehr Sauerstoff absorbirt, und mehr Kohlenstofl ausgeathmet wird, offenbar, dass die Quelle des lelztern von den Nahrungsmitteln abzuleiten ist. — Der Verf. sucht sodann ferner darzulhun, wie auch das Wachsthum kein Beweis für den Uebergang der Nahrungsmittel in die feste Substanz abgebe, indem hierzu so ausserordentlich wenig erforderlich sei, nämlich für den Fötus kaum + 3 täglich und für den Geborenen ohngefähr 7 Pfund im Jahre, dass dar- auf gar nicht zu rechnen sei. In Krankheiten indessen, nament- lieh im Fieber, giebt der Verf. einen Substanzverlust zu, weil hier bei dem beschleunigten Kreislauf mehr Kohlenstoff entfernt, als durelı die Nahrungsmittel geliefert werde. Günstig für seine Ansicht findet der Verf. ferner den Umstand, dass bei erhöhter äusserer Temperatur, nicht wie man nach der gewöhn- lichen Meinung erwarten sollte, mehr, sondern weniger Koh- lenstoff durch die Lungen ausgeschieden wird. Diesem ganz entsprechend ist aber die Thatsache, dass die Bewohner der heissen Klimate weit weniger Nahrungsmittel zu sich »ehmen. — Wenn es nun daher der Verf. für ganz irrig hält, dass der Alhemprocess dazu diene, den Kohlenstoff als zersetzte orga- nische Materie aus dem Organismus zu entfernen, so erblickt er dögegen den Nulzen seiner Aufnahme durch die Nahrungs- mittel und die Wiederausscheidung durch die Lungen ganz in der Wärmeerzeugung erfüllt, welche er nach den Resultaten des Atliemprocesses berechnet, und mit der Erfahrung ganz CXXXVI übereinstimmend findet. Mit der äusserst geringen Temperalur- Erhöhung, die hiernach das Blut in den Lungen während eines einmaligen Kreislaufs erfährt, findet der Verf. dann auch die Geschwindigkeit des Blutlaufes übereinstimmend, indem durch die Geschwindigkeit des Wiederersatzes die Intensität desselben erselzt werde, was: ihm: viel wichtiger und wahrscheinlicher scheint, als dass 73 Gallonen: Blut alle Stunden durch die Lun- gen: kreisen sollten, um weniger als 5.Gr. zerselzler organischer Substanz aus dem Körper zu entfernen. Der Verf. berechnet dann noch den Wärmeverlust, den der Körper in einer be- stimmten Zeit erleidet, und findet denselben ganz übereinstim- mend mit der nach seiner Berechnung in derselben Zeit in den Lungen erzeugten Wärme. Endlich betrachtet der Verf. auch noeh den Winterschlaf nach seiner Ansicht. Den Stickstofl- gehalt des menschlichen Körpers glaubt der Verf. zuletzt noch ausserdem ganz aus der Almosphäre ableiten zu können, so dass also derselbe um so weniger in den Nahrungsmilleln zu suchen sei. Er schliesst mit einigen bei den Engländern so beliebten Anwendungen seiner Ansicht auf Moral und Mässigkeit. — Diese kurze Mittheilung möge hier hinreichen, den Leser von dem Inlialtg dieser Schrift zu unterrichten, die den Kundigen zwar nicht überzeugen, aber doch auf manchen vielleicht zu wenig beachteten Punkt aufmerksam machen wird. W. Gri- senthwaite anEssay an food, in which the received doctrine of modern physiologists respecting the waste of the body is exploded — the cause of animal heat is explained upon new principles — the sonrce whence Nitrogen is derived by herbi- vorous animals is established — general rales for the preseve- ralion of health are laid down ele. London 1838. p. 119. Die Gazette des Hopiteaux No. 62 u. fl. enthält einen Auf- satz von Milne Edwards über die Wirkung der Nahrungs- mittel auf die thierische Oekonomie, in welchem auf eine geist- reiche Weise das Bekannte über Nahrungsbedürfniss, Nahrungs- trieb und Nahrungsmittel, so wie deren elementare Zusammen- setzung abgehandelt wird, welcher indessen keines Auszuges fähig ist. Ausführlicher theilen denselben mit Fror. N. Nof. No. 136. u. 137. Bidder hat die Gelegenheit der Exstirpation eines in der Nasenhöhle und deren Nebenhöhlen wurzelnden Aftergewächses, wodurch die rechte Seitenwand der äussern und innern Nase mit den daran befestigten Muscheln weggenommen, die High- morshöhle geöffnet, und noch ein Theil der vorderen Plalte des Oberkiefers und das innere Ende des Jochbeines entfernt wurde, benutzt, um mehrere interessante Beobachlungen an den da- durch blossgelegten Theilen, namentlich über die Bewegungen des weichen Gaumens beim Schlingen, Almen und Sprechen, CXXXYIL so wie über den Geruchssinn anzustellen. Seine Resultate der ersteren Beobachtungen, die in mehrfacher Hinsicht von, den bisher angenommenen, namentlich Dzondi?schen und Mül- ler’schen, abweichen, stellt er selbst: in folgenden Punkten zu- sammen: 4) Der weiche Gaumen hat im Zustande der Ruhe nicht eine einfache herabhängende Stellung, sondern bildet viel- mehr eine nur ganz allmählig nach hinten herabsteigende Wöl- bung. Diese Stellung wird auf einer Tafel durch Abbildungen von Durchsehnitten gefrorner Köpfe versinnlicht. 2) Er wird in dem zweiten Stadium des Schlingens stark gehoben, so dass er den knöchernen Gaumen nach hinten gegen den Pharynx noeh in horizontaler Rielıtung fortsetzt, ja in seinem mittleren Theile sogar über dieselbe sich erhebt. 3) Der M. azygos uvulae krümmt das Zäpfchen nach hinten und verkürzt es, eine Aclion, die namentlich beim Erbrechen sich kund giebt. 4) Beim Ath- men durch die Nase, während der Mund geöffnet ist, nimmt das Gaumensegel, in Folge des Hebens der Zungenwurzel, äuch eine erhobene Stellung an. 5) Beim Atlımen durch den Mund aber wird keinesweges die hintere Nasenöffnung durch Schliessen der hinteren Gaumenbogen vor der heräustretenden Luft geschlossen, weil diese olınehin den näher gelegenen und weiteren Weg durch den Mund wählen muss. 6) Nicht allein bei hohen Tönen, sondern überhaupt bei jedem Ton wird das Gaumensegel in Folge von Mitbewegung gehoben. 7) Die so- genannte Nasenstimme hängt: nicht von der Resonanz in der Nase ab, sondern höchst wahrscheinlich. von dem aufgehobenen Antheil einer oder der anderen der beiden Ansatzröhren des Stimmorgans an der Modifiealion des Tones. 8) Bei der Aus- eprache der Vocaäle ist das Gaumensegel eben so wenig ruhig, sondern wird bei ilınen eben so wohl wie bei jedem articu- lirten Laute dureh Mitbewegung gehoben. — Die Untersuchun- gen über den Geruchssinn geben das interessante Resultat: dass die Atlembewegungen durchaus zur Erregung der Geruchsem- pfindung erforderlich sind, und wahrscheinlich eine Modification der der mit den Riechstoffen geschwängerten Luft, eine Art Schwingungen bedingen. Neue Beobachtungen über die Be- wegungen des weichen Gaumens und über den Geruchssinn. Dorpat 1838. . Leipzig bei O. Wigand. Nachdem Purkinje und Pappenheim sich, von dem ie der sogenannten Magenschleimhaut überzeugt und gesehen, ‚dieselbe aus lauter parallel neben einander gestellten Drüsen- nderehen zusammengesetzt ist, welche den eigentlichen Ver- ungsstofl, von ihnen Laab genannt, liefern; nachdem sie sich ferner überzeugt, dass dieses Laab allein für sich olıne Säure nich im Stande ist die Verdauung zu bewerkstelligen, sondern Fäulniss eintritt; ausser jenen das Laab lieferuden Drüsen aber OXXXVII keine besondern Organe ‘im Magen sich finden, welche die Säure absondern könnten, so geriethen sie auf den schon früher vor- ebrachten Gedanken, ob nicht ein dem .galvanischen ähnlicher rocess der Nerven diese Absonderung im Magen .vermitlle. Sie’ stellien daher Versuche sowohl mit dem Laab als auch mit den übrigen 'bei der ‚Verdauung coneurrirenden Materien,, Spei- chel, Eiweiss, Schleim, Blutserum und Blulfarbestoff an, und sahen, dass bei Verbindung derselben’ mit dem Sauerstoffpol einer galvanischen Säule aus allen’ Salzsäure entwickelt wurde, dieselben sodann auch die Verdauung des Eiweisses mehr oder minder vollständig, am meisten das Laab unter fortdauernder Einwirkung des Galvanismus, bewirken. Ist daher die Nerven- aclion im Magen mit der galvanischen identisch, oder mit ihr analog wirkend, so würde dieses hinreichend scheinen, die zur Verdauung nöthige Entwicklung der Salzsäure zu erklären, ohne einen besonderen Seeretionsact dafür annehmen zu dürfen. — Die Verf. theilen dann auch noch einige Versuche über den Einfluss einiger mechanischer Einwirkungen, der Zerlheilung der Speisen durch die Zähne, der Bewegungen und des Druckes durch die Magenwände auf die Verdauung mit, welche die unterstützende Wirksamkeit derselben darthun. (Müller’s Archiv 1838. p. 1.) Die Ansicht Hartmann’s, dass die Leber ausser ihrer Be- stimmung, Exeretions- und Secrelionsorgan der Galle zu sein, auch noch einen unmittelbaren assimilirenden Einfluss auf das Blut ausübe, sucht Löffler in einem eigenen Schriftchen: Ueber Hartmanns Hypothese, über die assimilativ blulberei- tende Funelion der Leber, Leipzig 1838, ausführlicher darzu- ihun. Die Gründe für diese Ansicht sind: 1) die bedeutende Grösse der Leber, 2) ihr grosser Gefässreichthum, 3) der Zu- sammenhang der Pfortader mit dem Darmkanale, 4) der Ueber- gang des Nabelvenenblutes in die Leber beim Fötus, 5) der erwiesene Uebergang von Stoffen aus dem Darmkanal in die Darmvenen, 6) die Störung des gesammten Vegetalionsprocesses bei Krankheiten der Leber, 7) die stärkere Gallenabsonderung bei Schwangern. Von Demargay ist eine unter den Augen von Liebig gearbeitele Untersuchung der Galle erschienen. Dieselbe sucht darzuthun, dass die alte Ansicht, nach welcher man die Galle als eine Natronseife betrachlete, die richtige ist, und die durch die späteren Analysen erhaltenen mannigfachen Stoffe Producte dieser Analysen sind. Die eigen!hümliche Säure der Galle nennt Demargay Choleinsäure, eine gelbe, poröse, zerreibliche, pul- verige Substanz, welche Feuchligkeit schuell absorbivt, bitler schmeckt, und für die Schleimhaut der Nase und Kehle sehr reizend ist, In Aether ist sie fast unlöslich, in Alkohol sehr, CXXXIX in Wasser ziemlich leicht löslich; sie ist nicht flüchtig, zersetzt sich ohne zu deslilliren, schmilzt indem sie sich aufbläht, ver- brennt mit russiger Flamme, und hinterlässt eine poröse, leicht verbrennliche Kohle; ihre Auflösungen röthen Lackmus stark, und zersetzen kohlensaure Salze leicht. Diese Säure ist er, welche durch ihre Zerselzung zwei wesentliche Substanzen der früheren Analysen Jiefert und eine neue Säure, nämlich das Taurin, die Cholsäure und die Choloidsäure. - Salzsäure, Schwe- felsäure und Phosphorsäure zersetzen die Choleinsäure nämlich in Choloidsäure und Taurin, die Aetzalkalien in Cholsäure und Ammoniak. Ann. de Chim. et Phys. 1838, Fevr. p. 177. Erdmann’s Journal Bd. 15. p. 193. Diese Resultate der Demargay’schen Arbeit sind von Pelouze und Dumas in ihrem Berichte an die Akademie grösstentheils bestäligt worden. Comple rendu p. 425. Erdm. Journ. Bd. 15. p. 411. Marchand und Colberg geben eine Analyse der mensch- lichen Lymphe, welche bei einem ganz ähnlichen Falle, wie dem von J. Müller und H. Nasse beschriebenen, aufgefangen wurde. In 12 Stunden wurden ungefähr 14 Grm. gesammelt, Das spee. Gewicht betrug 1,037, die Flüssigkeit gerann nach einiger Zeit von selbst, und reagirte schr stark alkalisch. Die Analyse gab folgende Bestandiheile: Wasser 96,926, Fa- serstoff 0,520, Eiweiss 0,434, Osmazom und Verlust 0.312, Feltes Oel und krystallinisches Fett 0,264, Chlornatrium, Chlor- kalium, kohlensaures und milchsaures Alkali, sehwefelsaure Kalkerde, phosphorsaure Kalkerde und Eisenoxyd 1,544. — Hier fand Ref. endlich auch einmal L. Gmelin’s Analyse der Pferdelymphe in A. Müller: Diss. experim. eirca chylom si- stens. Heidelberg 1819, erwähnt. J. Müller’s Archiv. 1838. p- 129. Trog. Diss. de Lympha. Nalae 1837. — Da sich in diesen Mittheilangen über die Lymphe keine mikroskopischen Untersuchungen derselben finden, so erlaubt sich Ref., denselben hier solche von der Hundelymphe, die er bei einem grossen Hunde aus zwei grossen Lymphgefässen am Halse aulfing, mit- zutheilen. Die Lymphe war ganz klar und wasserhell, gerann nach einiger Zeit, aber ohne dass der Kuchen eine rölhliche Farbe annalım. Unter dem Mikroskope zeigten sich in ihr nicht sehr grosse, im Mittel von 7 Messungen 17354 bis 17255 P. Z. grosse, elwas gelblich schimmernde Kügelchen, die grössten wären 7555, die kleinsten 44355 P. Z. gross. Es liess sich an ihnen kein Kern und Schale unterscheiden. Sie waren nicht alle genau rund, wie die Blutkörperchen, aber doch auch nicht köroig und höckerig. In Wasser, Essigsäure und Aelher ver- änderten sie sich nicht; in Kali caust. verschwanden sie so- gleich. Dieselben Kügelchen mit denselben’ Reactionen zeigten CKL sich neben unzähligen ganz kleinen Körnchen auch iu'dem weis- sen Inhalte des Ductus thorac. oder im Chylus. Ref. theilte eine Untersuchung des Inhaltes des Duct. tho- racicus bei einem Enthaupteten, und das Resultat seiner ‚Beob- achtungen über den Chylus der Hunde mit. Müller’s Archiv 1838. p. 497. Eine grössere Arbeit über das Blut ist von Denis geliefert worden: Essai sur l’applieation de la chimie ä l’&lude physio- logique du sang de ’homme cte. ‘Paris 1838. Das bemerkens- werlheste Resultat derselben möchte die Behauptung sein, dass Eiweiss und Faserstoff wesentlich identisch seien, und jenes nur durch die Salze und das Alkali des Blutes im aufgelösten Zu- stande erhalten werde. Den Beweis dafür findet er darin, dass Faserstoff 24—48 Stunden mit einer Auflösung von Neuträl- salzen und Alkali macerirt, sich in eine dem Serum ganz älın- liche und sich wie Eiweiss verhaltende Masse auflöset. Dabei wird indessen die Frage nicht beautwortet, warum, da doch die Menge der Salze sich gleiclhibleibt, der Faserstoff im leben- den Thierkörper aufgelöset ist, sobald er aber den thierischen Körper verlässt, gerinnt. Eine freie Gasart gestelit der Verf, im ’Blute nicht zu, obgleich er die Versuche von Magnus kennt; die des Ref. so wie vieler Anderen schienen ihm unbe- kannt. Er nimmt in dem Blute an: Wasser, Fasersloff (mo- difieirtes Eiweiss), Eiweiss, eine weisse Substanz der Kerne der Blutkörperchen, bestehend aus geronnenem Eiweiss, Hena- tosin, 'Galleofarbestofl, einen blauen Farbestoff, Cerebrine, Sero- line; Choleostearine, Feltsäure, mehrere Riechstofle, schwe- felsaures Kali und Natron, phosphorsaures Natron, 'salzsaures Natron, 'kaustisches Natron, phusphorsauren Kalk und Magnesia, reinen Kalk und Magnesia, Eisenoxyd und unterphosphorsaures Eisen. Cruorine und Osmazom siod nach ihm keine näheren Bestandtheile des Blutes. — Die physiologischen Anwendungen, die der Verf. aus dieser Zusammenselzung des Blutes zieht, seine Ansichten über die Blutbildung ete. möchten manchem Zweifel unterliegen. Rücksichtlich der pathologischen Verän- derungen hat er das entzündliche, ein heien- oder chocoladen- farbiges, das nicht gerinnende, das plethorische (epais), das ieterische, das wässerige, das weisse, das Blut mit farblosem Serum, und endlich das Blut der Cholera ‘untersucht, Auszüge dieses Werkes finden sich im Arch. gen, Jan. 14838. Journ. de chimie med. Avril 1838. p. 461. Fror. N. Not. No.124. €. 6. Mitscherlich hat einige Versuche über ‘die Verän- derungen, welche das Blut durch schwefelsaures Kupferoxyd und schwefelsaures Eisenoxyd erfährt, angestellt. Eine concen- trirte wässerige Lösung beider bewirkt eine Trübung des Blut- serums. Die Blutkügelchen nehmen durch Biegung in der Fläche CXLI eine unregelmässige Form an und werden so dünn, ‘dass man den Kern nicht mehr sehen kann. Im Organismus verbinden sieh diese Materien aber mit andern organischen, und um dann ihre Wirkung ermessen zu können, wandte der Verf, eine Ei- weissstoflverbindung mit beiden genannten Salzen an. Hier nun wurden die Blulkügelchen runder, etwas kleiner und schwollen an, so dass ilır Inhalt wohl das 2- bis 4fache des gewöhnlichen betrug. Lebende Frösche in Auflösungen von Kochsalz, Sal- peter, Salmiak|, schwefelsaurem Eisenoxyd Eiweissstoff gesetzt, starben nach einer oder mehreren Stunden. Die Blutkörperchen zeigten keine Veränderungen in der Form, wohl aber war die Färbung und das Verhalten des Blutserums verschieden. Mül- ler’s Archiv 1838. p. 55. F. Marehand hat das nach Angabe von O.Rees in dem Blute und den Nebennieren vorkommen sollende Titan in der Asche von 1 Pfund Blut nicht wiederfinden können. Pog- gendorf’s Annalen Bd. 45. p. 342. Marchand hat schätzenswerthe Nachträge zu seinen frü- heren Untersuchungen über das Vorkommen des Harnstoffes im Blute geliefert. Er hatte gezeigt, dass eine Hauptschwierigkeit, denselben nachzuweisen, darin liegt, dass man kein 'hinreichend empfindliches Reagens besass, um die vorhandene geringe Menge auch in einer schr grossen Quantität Blat aufzufinden. Er hat jetzt die Eigenschaft des Harnstofles, die Hexa@derform der Kochsalzkrystalle in Oclaöder zu verwandeln, die derselbe noch zu 75 — 5%; Grm. in 100—150 Grm. Wasser gelöst besitzt, be- nutz!, um auf diese Weise das Vorhandensein desselben in 22 .Pfd. Serum von Rindsblut wirklich nachzuweisen. Auch in der Flüssigkeit einer Hydrocele ist es ihm auf diese und aufdirecte Weise geglückt, den Harnstoff aufzufinden. Zugleich 'hat er neue Versuche unternommen um zu beweisen, dass der Harn- stoff nicht aus den unbrauchbaren Nahrungsstoflen, sondern aus schon gebildeter Thiersubstanz entsteht. Er hat nämlich einen Hund längere Zeit mit reinem Wasser und ganz reinem Zucker gefüllert und gesehen, dass der Harnstoff in dem Urine danach zwar wohl abnalım (was schon aus der gesunkenen Vitalität des Thieres abzuleiten ist. Ref.)‚aber doch nicht ganz verschwand. Auch nachdem er ihm darauf bei derselben Nahrung ‘die Nieren unterbunden, fand er in den nach 10 Tagen noch erhaltenen 3 Pid. Blut: 4,88 Grm. salpetersauren Harnstoff. ‘Hier wäre nur allein noch anzunehmen, dass der zur Bildung des Harn- stofles verwandte Stickstoff aus der Atmosphäre aufgenommen wäre, was Marchand nach den darüber vorliegenden Erfah- rungen für wahrscheinlich hält. Nebenbei ist es interessant, dass das Thier 20 Tage bei der slickstoflireien Nahrung 'aus- CXLUI hielt, ohne dass sich Geschwüre anf der Cornea zeigten, von denen Magendie spricht. Erdm. Journal Bd. 14. p. 500. Auch in den Nieren einer nach einem Falle gestorbenen jungen Frau fand Lecanu den Harnstoff, den Berzelius frü- her in denselben vergebens gesucht. Journ. de Pharmae: 1838. p- 352. Erdm. Journ. Bd. 14. p. 498. Dass sich der Haro- stoff in dem Urine mit Milchsäure verbunden, als milchsaurer Harnstoff finde, haben Cap und Henry zu beweisen gesucht. Comptes rend. VI. p. 336. Erdm. Jonwn. Bd. 14 p. 500. Bei der grossen Unsicherheit aller bisher bekannten Metlıo- den, die Blutmenge eines Thieres oder Menschen zu bestimmen, ist eine neue von Valentin angewandle sehr willkommen, die wenigstens noch das sicherste Resultat zu geben versprieht. Er lässt einem Thiere zur Ader, und bestimmt den procentigen Gehalt dieses so erhaltenen Blutes an festen Theilen. Sodann eprülzt er dem Thiere eine bestimmte Menge reinen Wassers in die Venen, stellt hierauf ein zweites Aderlass an, und be- stimmt auch den procenligen Gehalt dieses Blutes an festen Theilen. Aus den.so erhaltenen Dalen vermag er sodann die Blutmenge des Thieres zu berechnen, indem der Unterschied der procentigen Gehalte beider Blutarten an festen Theilen auf eine bestimmte Blutmenge schliessen lässt. — Hierbei wird. nur allerdings vorausgesetzt, erstens dass in der Zeit zwischen beiden Aderlässen der procentige Gehalt des Blutes an festen Theilen sich durch das Hinzukommen der Lymphe und des Chylus, durch die Ernährung, Absonderung und Resorption nicht ändern, welche Ungenauigkeit um so geringer ist, je kür- zer diese Zwischenzeit ist. Und zweitens, dass das einge- sprützte Wasser sich gleichmässig in der ganzen Blutmenge verbreite, was man, wie Versuche gelehrt haben, besonders bei Hunden annehmen darf. Zieht man nun bei diesen so an- gestellten Versuchen zugleich das Körpergewicht der angewand- ten Thiere mit in Betracht, und bringt dasselbe mit dem ge- fundenen Blutgewicht in Vergleich, so erhält man dadurch Re- sultate allgemeiner Anwendbarkeit, indem man sodann aus dem leicht zu bestimmenden Körpergewicht eines Thieres seine Blut- menge berechnen kann. Valentin erhielt aber aus seinen bei Iunden, Katzen, Kaninchen und Schaafen nach dieser Methode angestelllen Versuchen folgende allgemeine Resultate: 4) So sehr auch die absolute Blutmenge so wie das Körpergewicht eines Individuums nach den verschiedenen Lebenszuständen ver- schieden ist, so ist doch das Verhältniss des Blulgewichtes zu dem Körpergewicht bei derselben Säugethierart ein sehr constan- tes, wird aber bei grösserer Kleinheit der Thierart auch etwas kleiner. 2). Weibliche Thiere scheinen eine elwas geringere relative Blulmenge zu besitzen als männliche. 3) Endlich be- CXLIN sitzen kranke und gesunde Thiere dieselbe relative Blutmenge, so lange ihr Totalorganismus noch in sehr reger Thätigkeit ist. Eine directe Bestimmung der Blutmenge des Menschen nach die- ser Meihiode ist nun freilich noch nicht möglich gewesen. Wenn man indessen annimmt, dass sich das Blutgewicht zu dem Kör- pergewicht bei dem Menschen wie bei dem Hunde verhält, was nur vielleicht wegen der bedeutenderen Grösse etwas grösser ist, so lässt sich hiernach aus dem leicht zu ermitteloden Kör- pergewiclt eines Individuums dessen Blutmenge berechnen, Die- ses hat nun der Verf. in zwei Tabellen für das männliche und weibliche Geschlecht, in den verschiedenen Lebensaltern nach den von Quetelet gegebenen Körpergewichten in denselben berechnet. Es ergiebt sich daraus z. B., dass ein erwachsener Mann von 25 Jahren, bei einem Mittelgewicht von 145 Pfd., 33 Pfd. Blut besitzt, und eine Frau, die 127 Pfd. wiegt, 23 Pfd. Blut. Valentin Repertorium IH. p. 281. Nach einer Beobachtung von Mandl, welche durch Fr. Geoffroy St.Hilaire und Milne Edwards bestätigt wurde, besilzt das Dromedar und Alpaca elilptische Blutkügelchen, als einzige bis jetzt bekannte Ausnahme bei den Säugethieren. Sie sollen denen der Vögel gleichen. L’institut No. 260. p. 416. Nach Donn& finden sich in dem Blute ausser den gewöhn- lichen Blutkörperchen und Lympbkügelchen noch eine dritte Art von Elementargebilden, nämlich weisse, sphärische, an der Oberfläche leicht gekerbte Kügelchen, etwas grösser als die Blutkörperchen, ohne Kern. Sie bleiben an dem Glase kleben und sind unlöslich in Wasser, unterscheiden sieh daher hier- durch von den Blutkörperchen; sie sind sphärisch bei den Thie- ren mit runden, und rund bei den Thieren mit elliptischen Blut- körperehen; in einigen Krankheiten nimmt ihre Zahl sehr zu, z. B. in einem Fall von cachectischer Wassersucht. Arch. gen. 1838. Tom. I. p. 125. BR, Wagner hat seine früheren Untersuchungen über das Blut fortgesetzt. Nachträge zur vergleichenden Physiologie des Blutes. Leipzig 1838. »Sie betreflen: 1) Die Untersuchungs- methode, namentlich die Messungen. 2) Form und Grösse der Blutkörperchen. Er fand sie beim Neger und Weissen ganz gleich, Sie sind einigermaassen in den Ordnungen der Säuge- ihiere verschieden, und verhalten sich beim Menschen und Af- fen, bei den Hleischfressern und bei den Wiederkäuern wie 3, 4,5. Die Ziege hatte die kleinsten, 45". Bei den Vö- geln sind sie sehr gleichföormig, dagegen sehr verschieden bei den Amphibien. Proteus hat die grössten, z4;“. Unter den Fischen sind sie bei den Knochenfischen, Plagiostomen und Cy- elostomen verschieden, welche letztere merkwürdiger Weise zunde Blutkörperchen haben. (Hierbei erlaubt sich Ref. zu Müller's Archiv. 1839, K CXLIV bemerken, wie er auch bei Petromyzon flav. runde echeiben- förmige Blutkörperchen, 0,0004 bis 0,0005 Pariser Zoll gross, gefunden.) 3) Structur der Blutkörperchen. Verfasser be- streitet die Existenz und den Unterschied von Kera und Schale, während das Blut in den Adern kreiset; dagegen be- stätigt er die Angabe von Schulz, dass sich die Schale nicht in Wasser und Essigsäure sogleich auflöset, sondern nur ent- färbt. 4) Eigenschaften der Blutkörperchen. Sie sind elastisch, was man besonders leicht in dem Schwanze der Froschlarven sehen kann. Eigene Lebensbewegungen zeigen sie nicht. 5) Ei- nen Unterschied zwischen Blutkörperchen in den Arterien und Venen fand er nicht. 6) Bei lange hungernden Thieren schei- nen die Blutkörperchen sich etwas zu verkleinern. 7) Alle Blutarten enthalten ausser den Blutkörperchen noch eine zweite Art runder, glänzender, granulirter Körnchen, die sogenannten Lymphkügelchen; sie sind immer kleiner als die Blutkörperchen, und stehen bei den entsprechenden Thieren in geradem Ver- hältniss mit der Grösse der Blutkörperchen. In Wasser und Essigsäure verändern sie sich nicht sehr; sie sind viel zahlrei- cher bei wohlgenährten als bei hungernden Individuen. 8) Lym- phe und Chylus verschafft sich der Verf. durch Anschneiden und Ausdrücken einer Lymphdrüse (was derselbe jetzt wohl selbst für eine sehr unsichere Methode halten wird, da alle drüsigten Organe eine Masse von Kügelchen, Zellen und Zel- lenkernen enthalten). Lymph- und Chyluskörperchen sind übri- gens rundlich, fein granulirt, kleiner als Blutkörperchen, in Wasser, Essigsäure und Aether wenig veränderlich etc. 9) und 40) Lymphkörperchen der Vögel und Amphibien. 11) Körn- chen im Chylus (Chymus?) des Dünndarms. Der Verf. glaubte, dass sich schon hier die Elemente der Chyluskörperchen fänden, hält in einem Nachtrag aber selbst jetzt das Gesehene für Epi- theliumpartikelchen. 12) Kerne der Blutkörperchen. Diese sind immer beträchtlich kleiner als die Lymph- und Chy- luskörperchen, übrigens denselben in ihrem Verhalten sehr ähnlich. 13) Sichtbare Bewegung der Lymphe im Kreislauf in der durchsichtigen Schichte der Capillargefässe. Der Verf. schliesst sich hier Ascherson an. An den Lungencapillarge- fässen beobachtete er die durchsichtige Schichte nicht. 14) Bil- dung der Blutkörperchen bei Embryonen. Der Verf. widerruft seine früheren Angaben, dass die Blutkörperchen der Embryo- nen denen der Erwachsenen gleich seien. Er fand sie jetzt in der früheren Zeit durchgängig grösser und blasenartiger (was Ref. nur vollkommen bestätigen kann). 15) Blutkörperchen der wirbellosen Thiere. Auch hier scheinen sie allgemein zu sein, und der Verf. fand sie jetzt auch bei Dipterenlarven, Re- genwürmern, Blutegeln, Crustaceen, Krebsen ete. Sie sind meist CXLV rundlich granulirt. Merkwürdig enthalten sie bei den Blutegeln nicht den Farbestoff, sondern dieser ist in dem Lig. sang. auf- gelöset. 16) Sehr geeignet zur Beobachtung des Gerinnens des Faserslofles unter dem Mikroskop fand der Verf. das Blut von Anodonta. 17) Körnchen in Absonderungssäften. Sie sind mei- stens Epitheliumpartikeln, einige enthalten aber auch primäre Körperchen, mehrere Kryslalle. 18) Körnerbildung in patho- logischen Seereten, namentlich Eiterkugeln. — Ein zweiter Ab- schnitt enthält Reflexionen über diese Beobachtungen. Von die- sen interessirt zunächst Wagner’s Ansicht über die Bildung der Blutkörperchen beim Embryo und Erwachsenen. Bei jenem glaubt er nicht an eine unmittelbare Umwandlung der Dotter- körner in die Blulkörperehen. (Bei den Säugethier- Embryonen kann davon gar keine Rede sein. Alle Dotterkörner werden hier zur Bildung der Keimblase und des Primitivstreifens ver- wandt. Ref.). Beim Erwachsenen glaubt Wagner trotz des Nichtsiimmens der Messungen doch noch immer an eine Um- wandlung der Lymph- und Chyluskörperchen in die Blutkör- perehen. Eine besondere Aufmerksamkeit widmet Wagner den Blulkörperehen als zoologischem Character. Während Muskel, Nerven, Zellgewebe, Schleim, Elementartheile sich bei allen Thieren so ziemlich gleich sind, difleriren -Blutkörper- chen und Saamenthierchen so sehr, dass sie selbst in den ein- zelnen Ordnungen einer Klasse verschieden sind. Ueber Zweck und Bedeutung der Blutkörperchen kann der Verf. auch noch jetzt keinen näheren Aufschluss geben. J. Davy bat einige Versuche über das Verhalten des Blu- tes zu verschiedenen Gasarten angestellt. Das Blut mit Sauer- stoflgas oder almosphäriseher Luft geschültelt, absorbirt Sauer- stoffgas, Nach dem Schüileln mit atmosphärischer Luft enthält diese hierauf 1 Proc. Kohlensäure; nach dem Schütteln mit Sauerstoff keine Blut oder Serum mit Kohlensäuregas ge- schüttelt, absorbiren mehr als ihr Volumen; das Blut wird dun- kelrotlı und das Serum flüssiger. Serum absorbirt im gesunden Zustande keinen Sauerstoff, noch liefert es Koblenstofl um mit jenem Kohlensäure zu bilden. Wenn es Kohlensäure absorbiet al, so kann man durch Schütteln mit almosphärischer Luft oder Wasserstoflgas ibm wieder ohngefähr „; der absorbirten Kohlensäure entziehen. Gewöhnlich entzieht die Luftpumpe dem Blute eine Gasart, und zwar Kohlensäure; da dieses aber nicht immer geschieht, so ist wahrscheinlich die Menge dersel- ben in dem Blute verschieden. Sauerstoff ist ebenfalls, nament- lich in dem arteriellen Blute vorlianden, man kann denselben dem Blute aber nicht durch die Lufipumpe, sondern nur durch Schülteln mit Stickstoff entziehen. Bei der Absorplion des K* CXLVI Sauerstofles durch das Blut tritt eine Erhöhung der Temperatur ein. Philos. Transact. 1838. T. I. Aus seinen Beobachtungen über den Einfluss des Athem- processes auf die Blutbewegung zieht Hollard den Schluss, dass derselbe im gewöhnlichen ruhigen Zustande unbedeutend, bei allen Veränderungen der Athembewegungen aber sehr be- deutend ist. Er sucht dieses namentlich dadurch zu erweisen, dass die Veränderungen, welche in den Herzbewegungen auf Einflüsse vom Gehirn aus, auf Gemüthsbewegungen elc. ent- stehen, nicht direct, sondern indirect durch die durch sie ver- anlassten Modificationen der Athembewegungen hervorgerufen werden. Diese bedingen nämlich das Einströmen einer sehr verschiedenen Quantität von Blut in das Herz, und von dieser ist dessen Thätigkeit am meisten abhängig. (L’institut No. 251.) Ref. theilt einige weitere Resultate seiner Versuche über die Transfusion des Blutes mit. Er glaubt nämlich gefunden zu haben, dass nur das venöse Blut eines Säugelhieres einem Vogel tödtlich ist, nicht aber das arterielle, und dass es also auch in dieser Hinsicht bei Transfasions- Versuchen beim Men- schen räthlich ist das Blut zu schlagen, wodurch es wahrschein- - lich seine nachtheiligen Einflüsse verliert. Er kann diesen Ver- suchen jetzt noch hinzufügen, dass er das venöse Blut eines ‘Falken für einen Hund nicht nachtheilig gefunden. Müller’s Archiv 1838. p. 351. In der Acad&mie royale de Medecine sind die auf Veran- lassung von Amussat entstandenen heftigen Discussionen über den Einfluss des Eindringens von Luft in die Venen fortgesetzt worden. Es sprachen nach Amussat darüber Gerdy, Blan- din, Velpeau, Barthelemy, Roux, Scgalas u. A. Al- lein trotz der vielen bei dieser Gelegenheit angestellten Versu- che hat sich dennoch kein für alle Fälle zuverlässiges Resultat, weder in Beziehung auf die eigentliche Schädlichkeit dieses Lufteintrittes in die Venen, noch in Beziehung auf die Mittel herausgestellt, welche gegen einen solchen Zufall bei Operatio- nen in Anwendung zu selzen wären. Nur hat sich ergeben, dass weder die Schnelligkeit des Eintrittes der Luft noch die Nähe an dem Herzen , wie man früher geglaubt, die Entschei- dung über den Erfolg abgeben. Arch. gen. 1838, T. I. p. 112. 236. u. 372. Ref. hat ebenfalls mehrmals Versuche über diesen Gegenstand angestellt, und sich namentlich durch das Sthetos- cop, durch welches man sehr leicht die Gegenwart der Luft in dem Herzen erkennen kann, überzeugt, dass sehr grosse Quantitäten Luft in verhältnissmässig kurzer Zeit entweder von dem Blute absorbirt, oder ausgeschieden werden. Eine Mittheilung von mehreren Fällen, in welchen der Tod bei Operationen plötzlich durch Eindringen von Luft in eine CXLYU geöffnete Vene herbeigeführt worden sein soll, zugleich mit Reflexionen über die Ursache und Art, die Schädlichkeit und die Mittel gegen diesen Zufall giebt Warren zu Boston. Edinb. med. and. surg. Journ. No. 133. p. 552. Untersuchungen über den Einfluss der Körperstellung auf den Puls stellte Dr. Guy an. Gaz. med. 1837. Oct.28. Arch. gen. 1838. Tom. II. p. 461. Gorham theilt seine Beobachtungen über den Puls der Kinder mit. Lond. med. gaz. 1837. p. 321. Arch. gen. 1838. p- 96. Fror. N. Not. No. 119. Den Herzschlag des Fötus fand F. Nägel& jun; durch 600 Beobachtungen im Durchschnitt 135; nie weniger als 90, nie mehr als 180. Die Anzahl der Herzschläge der Mutter hat auf die des Fötus gar keinen Einfluss. Die geburtshülfliche Auscultalion. Mainz 1838. p. 35. Noch immer fehlte es bisher an hinlänglich zuverlässigen Beobachtungen über den Pulsus differens, insofern an einzelnen Arterien in derselben Zeit weniger Pulsschläge vorkommen sol- len, als an den übrigen. Jetzt theilt Albers in Bonn 3 Fälle der Art mit, in welchen der Puls der einen Art. rad. 4 bis 5 bis 6 Schläge weniger hatte als der der anderen. Der weniger zahlreiche Puls zeigte sich immer an durch irgend eine Krank- heit der geschwächten Glieder. Der Verf. sieht demnach auch nieht diese Fälle als einen Beweis der unmiltelbaren Selbstthä- tigkeit und Activilät der Arterien bei dem Blutlaufe und dem Pulse an, sondern erklärt, gewiss ganz richtig, die Erscheinung so, dass bei der beeinträchtigten Lebensintensität in dem be- treffenden Glied einzelne Schläge der Arterie so schwach wa- ren, dass man sie nicht fühlen konnte. In gelähmten Gliedern, wo die Erscheinung am öftersten beobachtet wird, mag der ge- slörte Nerveneinfluss der Grund derselben sein. Casper’s Wochenschr. 1838. p. 817. In Beziehung auf die Physiologie der Herztöne ist ein Auf- salz von Charcelay (Arch. gen. 1838. Tom III. p. 391.) in- teressant, weil er durch mehrere Fälle zeigt, dass man bei den Schlüssen von palhologischen Beobachtungen auf das physiolo- gische Verhältniss der Herzlöne und Herzbewegungen sehr vor- sichlig sein muss. Er hat nämlich Fälle gesammelt, in welchen der Synchronismus der Systole beider Vorkammern und beider Herzkammern untereinander gestört war, wodurch natürlich auch die Herzgeräusche, der Puls in den Venen und Arterien u. dergl. sehr verändert wurden. In der Lond. med. gaz. finden sich mehrere Aufsätze, wel- che die Untersuchung der den Kreislauf des Blutes bewirkenden ‚Kräfte zum Gegenstände haben. So sucht Graves in einem längeren Artikel, ausgehend von der bekannten Erweiterung CXLVII der Capillargefässe in dem zweiten Stadium der Entzündung durch alle Daten der Beobachtung, der vergleichenden und pa- thologischen Anatomie und Physiologie, der Entwickelungsge- schichte und Pflanzenphysiologie, die selbstlhälige Einwirkung der Capillargefässe auf den Kreislauf darzuthun. L. ec. 1838. Juni und Juli p. 530. 559. 605. und 632. — Dasselbe bezweckt Black in einer Erinnerung an die Resultate seiner früheren Untersuchungen: Short Inguiry into the capillary cireulation of the blood 1825, welche vorzüglich aus den Erscheinungen der Congestion und Entzündung den Capillargefässen selbst Muskel- wirkung, und dem Blute eine eigene Bewegungsthätigkeit vin- dieiren sollen. L. c. Juli p. 640. — Auf gleiche Weise sucht Fausset durch die localen Pulsationen, denen die Arterien zu- weilen krankhafter Weise ausgesetzt sind, so wie durch den grossen Reichthum der Arterien an Nerven den Beweis zu füh- ren, dass dieselben acliv an der Bewegung des Blutes mit An- theil nehmen, obgleich er zugiebt, dass sie keine Muskelfasern und keine Muskelirritabilität besitzen. Auch Congestion, Ent- zündung und Erection,- glaubt er, bewiesen eine solche 'Thä- tigkeit der Arterien. Ibid. Juli. p. 664. Bei den vielfachen Controversen, denen dieser Gegenstand auch in Deutschland unterworfen worden ist, glaube ich die einzelnen Facta, durch welche von den genannten Aerzten eine solche selbstständige Thätigkeit der Arterien und Capillargefässe bewiesen werden soll, und denen sie keine neuen hinzugefügt haben, hier nicht einzeln aufführen zu müssen. Mir scheint es, dass dieselben die Frage, ob die Gefässe überhaupt einen Einfluss, und nament- lich einen modifieirenden, auf die Blutbewegung ausüben kön- nen, nicht gehörig von der unterschieden haben, ob sie einen solchen auch bei dem normalen Kreislauf auch noch ausser durch ihre Elasticität besitzen? Bedenkt man, dass gewiss auch die Blutgefässwandungen eine vitale Einwirkung auf das in den Gefässen kreisende Blut ausüben, und dass sie ferner durch die ihnen, gleich allen Fasergebilden zukommende Contractilität, die auch durch die Nerven verschieden bestimmt werden kann, ihr Lumen verändern, und die Blutbewegung dadurch modifi- eiren können, so wird die erste Frage unstreitig bejaht werden müssen, und es können daraus, wie ich glaube, in Verbindung mit der Elastieität der Arlerien und der mannigfach wechseln- den Anziehung zwischen der Substanz der Organe und dem Blute, alle Erscheinungen genügend erklärt werden. Eine an- derweitige active Thäligkeit der Gefässe bei dem normalen ge- wöhnlichen Kreislaufe scheint mir aber durch nichts bewiesen zu sein und bewiesen werden zu können. Contraclilitäts- Be- wegungen treten niemals als rythmische oder continuirliche, sondern immer nur als momentane, durch einen momentanen CXLIX Reiz hervorgerufene auf. Solche können daher auch an den Gefässen nicht die continuirliche und rylhmische Blutbewegung unterhalten, obgleich sie dieselbe mannigfach modifieiren und verändert bestimmen können. In Bezielung auf die den Kreis- lauf normal unterhaltende Kraft glaube ich daher ganz Mad- den beistimmen zu müssen, welcher dieselbe einzig in der Stosskraft des linken Herzens erblickt. Auch die Saugkraft des rechten Herzens glaubt derselbe nach den Versuchen von El- lerby und Davies (The Cyclopaed. of Anat. and Physiol. Art. Circulation), so wie Maifadyn (Edinb. med. and surg. Journ. XXII, p. 246.) und Williams (Edinb. med. and surg. Journ. XXI. p. 270.), welche denen von Wedemayer ge- radezu widersprechen, durchaus nicht für bewiesen, und durch den Umstand, dass die Venen keine festen Röhren sind, höchst unwahrscheinlich. Dabei erkennt er indessen die Contractilität der Gefässe ebenfalls an, wodurch diese Kraft des Herzens Mo- difieationen in ihrer Wirkung erfahren kann. Ibid. Juli p. 580. Der schon im vorigen Jahre vou Ascherson gegebenen Erklärung der durchsichtigen Schichte des Blutstromes bei den Capillargefässen, welche sich der von Poissenille näherte, schliesst sich nun auch E. H. Weber gegen seine frühere An- sicht an, nach welcher er dieselbe als von einem das Blutge- fäss umgebenden Lympbgefäss abgeleitet hatte. Die Bewegung der Lymphe hat daher noch immer niemand ausser Poisseuille beobachtet. Weber hat bei seinen Beobachtungen über diesen Gegenstand die für Physiologie und Pathologie gleich wichtige Bemerkung gemacht, dass die in dem Blute enthaltenen runden Körperchen auch durch Veränderung der Blutkörperchen ent- stehen, welche ihre Farbestoffhülle ablegen und rund und klebe- rig, statt früher (bei Froschlarven) oval und schlüpfrig werden. Endlich theilt Weber bei dieser Gelegenheit auch noch seine und seines Bruders Messungen über die Geschwindigkeit der Blulbewegung in den Capillargefässen mit, welche man sich gewöhnlich zu gross vorstell. Denn wenn dieselbe scheinbar unter dem Mikroskop so gross ist, dass man die Blutkörper- chen einer Froschlarve noch eben verfolgen kann, so beträgt sie nach dem Mittel der Messungen doch nur 4 P. L. in der Secunde. Die Lymphkörnchen in der durchsichtigen Schichte fliessen noch 17 mal langsamer, nämlich ;; P. L. in der Sec, Müller’s Archiv 1838. p. 450. Auch Gluge theilt seine Beobachtungen über diese durch- sichlige Schichte um die Capillargefässe mit. Er schliesst sich der Ansicht Poisseuille’s und Ascherson’s an, dass sich dieselbe in ein und demselben Gefässe mit dem rothen Blut- strom befinde, und zwar auch aus denselben Gründen, weil man die runden Kügelchen aus der durchsichtigen Schichte in CL den rothen Blutstrom eintreten und aus demselben wieder aus- scheiden sieht. Indessen stellt er Zweifel auf, ob jene runden Kügelchen, wie man wegen ihrer Aehnlichkeit mit den Lymph- kügelchen allgemein geglaubt hat, wirklich solche seien. Er behauptet solche Kügelchen an der äusseren Seite der Capil- largefässe sich bilden, und mit dem Parenchym der Schwimm- haut des beobachteten Frosches verbinden gesehen zu haben, und glaubt daher, dass sie vielleicht die sich aus dem Liquor sanguinis zunächst als feste Körper ausscheidenden Kerne der zu allen organischen Bildungen den Grundtypus bildenden Zel- len seien. Er bringt es damit auch in Zusammenhang, dass man, wie schon Weber bemerkte, die Anzahl dieser Kügel- chen sich besonders bei stockendem Kreislauf mehren sieht. — Dann hätte also doch wieder Einer die Ernährung sinnlich wahrgenommen!? — Ausserdem hat Gluge die durchsichtige Schichte auch an den Capillargefässen der Lungen beobachtet, wo Wagner sie nicht sah. Bullet. de l’Acad. roy. de Bru- xzelles. 1838. No. 10. p. 664. Dass nicht das Blut unmittelbar, sondern nur ein von dem- selben gelieferter und auch unabhängig von demselben vorhan- dener Urbildungsstoff, Eistoff, das Material abgiebt, welcher alle thierisch organischen Theile tränkend, zur fortwährenden Neubildung derselben benutzt wird, ist der Hauptinhalt eines Aufsatzes von Carus: Ueber die Sphäre des Bildungslebens im Menschen, als vorläufige Mittheilung aus dem (nun bereits ebenfalls erschienenen) zweiten Bande des Systemes der Phy- siologie. Der geistreiche Verf. tadelt und betrachtet hier viel- leicht zu allgemein die Physivlogen Alle als solche, welche die Ernährung immer nur von Gefässen hälten abhängig sein lassen, und keine Ernährung ausser derselben gekannt hätten. Indessen war und ist doch immer das Streben lobenswerth und noth- wendig, die Gränze der Ausdehnung des Gefässsystems so weit als irgend möglich zu verfolgen, dena bei den höheren thieri- schen Organismen und dem Menschen wird doch nun einmal im erwachsenen Zustande zunächst immer von den Gefässen aus jener Urbildungsstoff geliefert, und es lässt sich gewiss im- mer die Frage aufwerfen, wie weit von dieser Quelle aus der- selbe bloss durch Tränkung die Ernährımg vermittelt, Dass die jetzige Physiologie gewiss nicht zu schr an der Vorstellung der Abhängigkeit der Ernährung von dem Gefässsystem hing, beweisen wohl nichts mehr als die Arbeiten Schwann’s, der doch ganz in den Lehren der neueren Physiologie gebildet wor- den. Müller’s Archiv 1838. p. 536. Ueber Virilescenz und Rejuvenescenz thierischer Körper, ein Beitrag zur Lehre von der regelwidrigen Metamorphose thierischer Körper, Leipzig 1838, hat Dr, Mehliss geschrieben. CLi Unter ersterem Ausdruck versteht er das Auftreten männlicher Geschlechtscharactere bei weiblichen Individuen. Dieselben wer- den beobachtet bei Vögeln in Veränderung des Gefieders, der Stimme, dem Hervorwachsen von Spornen etc., bei Säugethie- ren in Bildung von Geweihen, Veränderung der Behaarung elc., beim menschlichen Weibe in Hervorwachsen von Haaren an Theilen, wo sie sich sonst nur beim Manne finden, in Verän- derung des Tones der Stimme und des geschlechtlichen Betra- gens. Diese Veränderungen stellen sich immer erst nach Er- löschen des Zeugungsvermögens ein, welches früher gewöhnlich vollkommen entwickelt war; doch tritt dieses Erlöschen früher als normal ein. Die Umänderung erfolgt nur langsam und nach den Bildungsgesetzen der sich bildenden Theile im normalen Zustande, auch sind viele der sich bildenden männlichen Organe auch bei dem weiblichen Geschlechte rudimentär vorhanden, und entwickela sich daher nur stärker als gewöhnlich, andere bestehen nur in einer Umwandlung analoger Theile, die wenig- sten sind ganz neue Bildungen. Immer entwickeln sich diese Erscheinungen unter günstigen äusseren Lebensbedingungen, bei vollkommner Gesundheit und hohem Alter. Der Verf. betrach- tet danach die Viriiescenz „‚so wie viele anderen Degenerationen organischer Körper als ein Mittel zur Ausgleichung eines im Organismus bestehenden Missverhältnisses zwischen der Energie des vegelaliven Lebens überhaupt und der Energie des vegeta- tiven Lebens einzelner Organe, namentlich der Geschlechts- theile.“ — Zu den Erscheinungen der Rejuvenescenz im höheren Alter rechnet der Verf. die Wiederherstellung der Fähigkeit zu säugen bei alten Frauen, die Wiederkehr der Menses, das Zah- nen, die jugendliche Färbung der Haare und die Verschärfung der Sinne mit Wiederherstellung jugendlicher Frische im Alter. Wenngleich die Regeneration der Nerven, sowohl was die Wiederherstellung der Function als der Primiliveylinder betrifft, aus den bisherigen Versuchen als bewiesen betrachtet werden konnte, so kann doch eine sehr fleissige Arbeit von Stein- rück über diesen Gegenstand nicht anders als willkommen ge- nannt werden, welche dasselbe Resultat gegeben hat. De ner- vorum regeneratione. Berol. 1838. 4. Der Mechanismus, möchte man sagen, der Wiedervereinigung dieser Elementartheile, und zwar 80, dass die central leitenden wieder mit denen zu ihnen gehörigen, und ebenso die peripherisch leitenden mit den ihnen correspondirenden Oylindern zusammentreflen, was doch stalt- finden muss, bleibt immer höchst wunderbar. Noch wunder- barer sind indessen die Fälle von Wiederherstellung der Function, namentlich genau des Gefühls der Oertlichkeit bei transplantir- ten Haullappen. Dass diese wirklich stallfindet, wissen wir sehon durch Dieffeubach. Ref. kann diesem mehrere genaue cLu Beobachtungen hinzufügen, die von seinem Collegen Dr. Heer- mann in Paris bei Personen mit neugebildeten Nasen bei ver- bundenen Augen angestellt worden sind, welche ganz genau idie berührte Stelle der Nase angaben. Hier muss man doch fast an ein Hineinwachsen der durchschnittenen Nerven in die neue Nase denken, da von einer Wiedervereinigung ja gar keine Rede sein kann. Wieder einen neuen Verfechter hat die Ansicht, dass die Beinhaut das Bildungsorgan des Knochens sei, an Syme ge- funden. An einem amputirten necrotischen Knochen sah er nämlich, dass die Beinhaut mit vielen Knochenpunkten besetzt war. Er schnitt nun bei einem Hunde auf beiden Seiten ein zwei Zoll langes Stück der Tibia aus. Auf der einen Seite nahm er die Beinhaut mit weg, auf der anderen, schälte er das ausgeschnitlene Knochenstück- vorsichtig aus der Beinhaut her- aus. Nach sechs Wochen fand man auf jener Seite eine grosse Lücke, auf dieser dagegen war sie durch eine solide Knochen- masse ausgefüllt. Der Versuch wurde öfters wiederholt. Bei einem anderen Hunde wurde die Beinhaut sorgfältig von dem Radius losgelöset, und nur eine dünne Metallplatte zwischen den Knochen und die Beinhaut gebracht. Nach sechs Wochen war zwischen der Beinhaut und dem Metallblättchen eine Knochen- Schichte gebildet, zwischen dem Knochen und dem Metallblätt- chen aber nur eine membranöse Schichte. L’institat No. 248. p- 319. — Es ist zu verwundern, dass man sich noch immer nicht gewöhnen kann, Beinhaut und Knochen als die Theile zu betrachten, von deren Blutgefässen das Bildungsmaterial für den Knochen geliefert wird. Letzterer erhält seine Blutgefässe gröss- tentheils von der Beinhaut. Löset man diese daher von ihm ab und zerstört seine Blutgefässe, so kann er kein Material mehr liefern. Nach einer Angabe von Mandl sollen alle Secretionsor- gane, welche von Gehirn und Rückenmarksnerven versehen werden, ein alcalisches, alle mit Gangliennerven dagegen ein saures Secret liefern; da aber beide Arten überall vereint vor- kämen, so rührten die in von Cerebrospinalnerven abhängigen Secreten vorkommenden Säuren von seinen beigemischten or- ganischen Nerven; die in von letzieren beherrschten sauren Se- ereten vorkommenden Alcalien, von den ihnen beigeordneten Cerebrospinalnerven her. Das Uebergewicht der einen oder der anderen Art der Nerven entscheide aber über überwiegende al- calische und saure Natur. Für den Schweiss, der eine Aus- nahme machen würde, hoflt Mandl noch eine andere Erklärung geben zu können. (Liinstitut No. 251.) (Auch hier wird den armen Organen wieder ihr Recht genommen, und den über- reichen Nerven Alles aufgebürdet. Ber) cLill Von A. Carlisle sind erschienen: Plıysiological obser- valions upon glandular structures and their different secerning offices. Lond 1838. p. 24.; deren Tendenz dem Ref. durchaus unklar geblieben ist. Aufzählung mehrerer begründeter und un- begründeter Facta, deren Zusammenhang schwer zu entziflern sein möchte. Berthold hat die bekannten Versuche von Sanctorius u. Seeguin über die Aufsaugungsthäligkeit der Haut im Bade wie- derholt. Er fand, dass innerhalb einer Stunde ohngefähr 2 5 Wasser aufgenommen werden. In einem Dampfbade von 43° R. fand er innerhalb einer halben Stunde einen Gewichtsverlust von 4 Pfd. 6 5 ohngefähr. Müll. Arch. 1838. p. 176. III. Irritable Processe. Flimmerbewegungen — Muskelbewegungen — Stimme und Sprache. J. C. Mayer stellt nochmals in einem Schlussworte die Gründe für seine Ansicht zusammen, dass das Wesen der Flim- merbewegungen nicht in dem Vibriren von Wimperhaaren des Epitheliums, sondern in rotirenden Bewegungen der Kügelchen einer Flimmersubstanz bestehe. Froriep’s N. Not. No. 135. Völkers erklärt sich gegen die Ansicht, dass die Combi- nalion gewisser Muskeln zu gleicharligen Bewegungen durch das Verhalten ihrer Nerven angeboren sei, und durch eine angebo- rene Tendenz zu gleichzeitigen und gleichartigen Bewegungen bedingt sei. Er glaubt vielmehr, dass die Bedingungen zu al- len Arten von Bewegungen einerseits durch die Organisation, andererseits durch das Verhältniss des Individuums zur Aussen- welt bedingt sei, und alle scheinbar durch eine gewisse prästa- bilirtte Harmonie der Bewegungen hervorgebrachten Erscheinun- gen, sich aus diesem Verhältnisse zur Aussenwelt erklären lies- sen. Namentlich findet der Verf. die von Müller gegebene Er- klärung der gleichzeitigen Bewegung beider Augen unzulänglich und unbefriedigend, und erklärt dieselbe aus seinen Ansichten, ebenso auch die Mitlbewegungen der Iris. Müller’s Archiv 1838. p. 469. Zur Entscheidung der Frage, ob den Muskeln ihre Bewe- gungsthäligkeit immanent sei, oder ihnen nur von den Nerven milgelheilt werde, hat Alison eine Reihe von Versuchen bei Fröschen mit galvanischen, mechanischen und narcotischen Rei- zen angestellt. Seine Folgerungen sind: die Narcotica üben kei- nen zerslörenden Einfluss auf die Bewegungsthäligkeit, noch auf den Stamm der Nerven aus, noch bewirken sie eine Verände- CcLIY rung der Muskelfaser. Die Nerven hören lange Zeit vorher auf, bei ihrer Reizung Zusammenziehungen zu veranlassen, ehe der Muskel seine Bewegungsthätigkeit verliert; die Zahl und Stärke der Nerven steht in keinem Verhältaiss mit der Bewe- gungskraft der Muskeln, Mehrere Muskeln werden durch Rei- zung ihrer Nerven nicht zur Zusammenziehung veranlasst, und ein Muskel kann, obgleich sein Nerve durchschnitten ist, sehr bald seine Bewegungsthätigkeit wieder erhalten. Aus Allen die- sem folgt, dass leiztere dem Muskel unabhängig vom Nerven zukommt. Linst. No. 250. p: 336. Cagniard Latour hat seine Untersuchungen über die Stimmerzeugung, nach welchen er dieselbe mit der Tonerzeu- gung des Mundstückes eines Blaseinstrumentes (eines Zungen- werkes) vergleicht, fortgesetzt, und namentlich durch mehrere Apparate den Einfluss der Ventrieuli Morgagni zu ermitteln ge- sucht. Er legt auf dieselben, so wie auf die sogenannten obe- ren Stimmbänder, ein sehr grosses Gewicht. — Er hat aus- serdem auch noch an einer zweilen Person mit einer Luftröh- renfistel manometrische Versuche angestellt, und hier den Druck der Luft während des Stimmgebens gleich dem einer Wasser- säule von 13 Centimeter Höhe gefunden. Bei sehr leiser Stimme betrug derselbe nur 3 Cenlim. — Cagniard Latour suchte sich ferner durch Exploriren mittelst des Fingers von der Lage des Kehldeckels bei verschiedenen Tönen Auskunft zu verschaf- fen. Er ermiltelte dadurch, dass die Epiglottis während .des Ausstreichens der Stimme die Gestalt einer sich hinten an die Zunge anlegenden Rinne annimmt und sich zurückschlägt; dass der Kehlkopf bei sehr hohen Tönen sich gegen die Mundhöhle vorschiebt, und bei sehr tiefen nicht nur herab, sondern auch nach rückwärts tritt. Er versuchte auch durch Anbringung eines kleinen Spiegels in dem Hintergrunde des Rachens, sich Auskunft über die Epiglottis und Glottis zu verschaflen, was aber nicht gelang. — Liinslitut No. 222. 223. 225. 230. 238. und 244, Fror. N. Not. No. 110. 129. 138. 149. und 175. Von Dr. H. E. Bindseil sind Abhandlungen zur allge- meinen und vergleichenden Sprachlehre, Hamburg 1838, erschie- nen, deren erste die Physiologie der Stimme und Sprachlaute umfasst. In derselben sind weniger neue eigene Untersuchungen mitgetheilt, als eine sehr genaue umfassende und (vielleicht etwas zu schr) gegliederle kritische Darstellung aller, vorzüg- lich auch der neuesten Untersuchungen von J. Müller über diesen Gegenstand gegeben. Was die Stimmbildung betriflt, so schliesst er sich der Ansicht an, dass die Stimmbänder nach Art einer membranösen Zunge den Ton erzeugen, die Luft aber ebenfalls in mitlönende Schwingungen versetzt wird. Bück- sichtlich der Sprache beschäftigt er sich vorzüglich mit der Er- CLV zeugung der Sprachschälle bei dem leisen Sprechen, welche er durch alle Sprachen hindurch untersucht. Er geht dabei von dem Grundsatze aus, dass dieselben nach vorliegenden patho- logischen Erfahrungen ohne alle Mitwirkung des Kehlkopies er- . zeugt werden. : Eine historische Uebersicht der verschiedenen Versuche, die menschliche Stimme und Sprache durch mechanische Mittel nachzuahmen, findet sich im London and Westminster Review October 1837, und in Froriep’s N. Notizen No. 93. u. 94. Vorzüglich sind die Arbeiten von Kratzenstein, v. Kem- pelen, Willis und des Abbe Mical berücksichtigt. Nach v. Nordmann hat das Organ, mit welchem Sphinx alropos den bekannten klagenden Ton hervorbringt, nicht im 'Kopfe und Rüssel seinen Sitz, wie Passerini und noch neuer- lich R. Wagner angaben, sondern zu beiden Seiten des Hin- terleibes. Am ersten Bauchsegmente unterhalb des ersten Stigma liegt nämlich eine etwa 4 Linien lange Spalte, welche von den Rändern des ersten und zweiten Segmentes gebildet wird. Diese Spalte ist von einer langen schmalen weissen Membran, einem Trommelfell bedeckt, deren innere Seite nackt, die äussere mit dem den ganzen Körper des Schmetterlings bedeckenden Pelze bedeckt ist. Die innere Höhlung der Spalte bekleidet eine über- aus feine weisse nackte und elastische Haut, welche beim Her- aussirömen der Luft aus dem Luftloche als Resonanzboden dient, indem die Schwingungen des Trommelfells sich demsel- ben mittheilen. Ganz oben ia der Höhlung der Spalte um das Luftloch liegt ein Büschel langer und gelber Haare, vwrelche, wenn der Schmetterling sich sträubt und den Ton hören lässt, sieh trichterförmig über die Oberfläche der Segmente der Spalte erheben, sonst aber von dem Trommelfelle bedeckt liegen. In- nerhalb des Schmetterlings, gleich an der inneren Seite des Sligma, liegen ein Paar grosse Luftblasen, welche unzweifel- haft zur Hervorbringung und Verstärkung des Tones beitragen. Derselbe wird nur gehört, wenn der Schmellerling gereizt mit rösserem Kraftaufwand die Luft aus dem Athemloche ausstösst. ieser Stimmapparat gleicht also vollkommen dem von Tetti- gonia. Bullet. seientif. de ’acad. de St. Petersb. III. No. 11. et 12. 1837. p. 164. Fror. N. Not. No. 103. IV. Sensitive Processe, Leitung der Nerven — Reflexions-Erscheinungen — Function einzel- ner Nerven — Verrichtungen des Gehirns. Mile hat Einwendungen gegen die Richtigkeit der An- nalıme erlioben, dass die Centralenden der primitiven Nerven- CLVI fasern durch ihre relative Lage dem Empfindungsvermögen die relative Lage der Peripherieenden anzeigen sollen. Er sucht die Unrichtigkeit dieser Annahme, welche er vorzüglich Joh, Müller zuschreibt, sowohl aus anderen Gründen, als vorzüg- lich aus ihrer Unzulänglichkeit zur Erklärung des Doppeltem- pfindens eines einfachen Körpers mit gekreuzten Fingern, als des Einfachsehens mit doppeltem Auge zu erweisen. Beide Phä- nomene, glaubt er, seien nur Folge der Angewöhnung und Auf- merksamkeit; durch die Centralenden der Nerven würde den Centralorganen bloss die Empfindung des Daseins besonderer Körpertheile und Stellen als besonderer angezeigt, die Empfio- dung des räumlichen Verhaltens aber, der relativen Lage der Theile kommen theils durch die Muskelthätigkeit, theils durch die des Nervensystems im Allgemeinen zu Stande. Müller’s Archiv 1838. p. 387. So sehr Ref. dem Verf. in der Erklä- rung der gedachten Phänomene beistimmt, so wenig kann er doch an irgend einer Stelle der Müller’schen Physiologie obi- gen Satz ausgesprochen finden; vielmehr erklärt Müller die erste Erscheinung gerade aus der Stabilität der Centralenden bei der Ortsveränderung der peripherischen Nerven, und seine . Erklärung des Einfachsehens ist auch darauf gegründet, was Mile auch selbst anführt. Allerdings vermisst man aber in der gedachten Plıysiologie eine Angabe, wodurch denn Ortsverän- derungen der relativen Lage der peripherischen Enden der Ner- ° ven dem Bewusstsein angezeigt werden. Durch Versuche mit Fröschen ist es van Deen gelungen, nun auch für die Stränge des Rückenmarks den Beweis zu: lie- fern, dass die hinteren nur centripetal (Empfindungen bedin- gend), die vorderen centrifugal (Bewegungen hervorrufend) leiten. In Beziehung auf die Versuche selbst, die dieser wich- tige Satz darthut, muss ich auf die bis jetzt nur im Holländi- schen erschienene Arbeit verweisen. Tijdschrift voor natuurlijke geschiedenis en Physiologie. Tom V. Stück 3. p. 151. 1838. Das grosse Aufheben, welches man in der neuesten Zeit über die sogen, Reflexions- Erscheinungen, als einer ganz neuen physiologischen Entdeckung, gemacht, hat gauz natürlich auch historische Untersuchungen hervorgerufen, um zu ermilteln, wie neu denn diese Entdeckungen wirklich seien. Vorzüglich bemerkenswerth ist in dieser Hinsicht eine Mittheilung von John Duranc& George in der Lond. med gaz, -April 1838. p- 40. u. 93. In derselben weiset dieser nach, dass nicht nur die Erscheinungen jener reflectirenden Thätigkeit der Nerven uralt und längst bekannt waren, sondern auch schon die rich- tige und mit der neueren, namentlich von Marshall Hall gegebenen, ganz übereinstimmende Erklärung von mehreren äl- CLVIL teren Schriftstellern, namentlich von Robert Whytt und Prochaska gegeben worden. Besonders thut George dar, wie Prochaska in seinen Untersuchungen über die Function des Nervensystems schon 1784 die ganze Sache auf das Aus- führlichste und Genaueste behandelt hat, so dass hier wiederum ein Beispiel gegeben wird, wie merkwürdig die wichtigsten Be- obachtungen und Erkenntnisse unbeachtet bleiben können. Marshall Hall glaubt, dass das Brechen bei mechani- scher Reizung des Schlundes als eine Reflexbewegung nicht so- wohl durch die Nerven des Schlundes als durch den Trigeminus vermiltelt werde, indem dasselbe nicht sowohl durch die Be- rührung der hinteren Wand des Pharynx als des weichen Gau- mens und der Umgebung der Mandeln veranlasst werde. The Lancet 1838. Fror. N. Not. No. 144. Volkmann hat sehr interessante Versuche über die Re- flexbewegungen angestellt. Er hat gesehen, dass ein enthaup- teter Frosch, wenn man ihn nach dem Vorübersein der durch das Köpfen veranlassten allgemeinen krampfhaften Bewegungen jetzt in eine vollständig gestreckte Lage bringt, nach 5—10 Minuten ohne alle äussere Veranlassung plötzlich die Schenkel anzieht, und dann in dieser Stellung verbleibt. Er machte fer- ner die schon von Grainger und Ref. hervorgehobene Be- merkung, dass die bei geköpften Fröschen hervorgerufenen Re- flexbewegungen sehr oft den Character der Zweckmässigkeit, z. B. zum Entfernen des äusseren Reizes, an sich tragen. Er zieht aus beiden den Schluss, dass die vorhandenen Erfahrun- gen nicht ausreichend seien zu beweisen, dass alle Reilexbewe- ungen geköpfter Thiere, namentlich geköpfter Amphibien, ohne Mitwirkung der Seele erfolgten. So gerne man aber auch zu- geben kann, dass Marshall Hall’s Gründe für die entgegen- eselzte Ansicht nicht zureichend sind, so scheint doch der Satz, Ems das Gehirn das alleinige Organ der Seele sei, zu vielseilig bewiesen und zu wichtig, dass nicht auch die hier scheinbar das Gegentheil darthuenden Beobachtungen, anders zu erklären, Aufforderung vorhanden ist, So möchte deun der Uebergang eines geköpften Frosches aus der gestreckten in die silzende Stellung so zu erklären sein, dass erstere mil einer Dehnung der Nerven begleitet ist, welche nach einiger Zeit einen hin- reichenden Reizzustand erregt, um auf wahrhaft reflectorische, vielleielit aber auch directe Weise durch die Muskelnerven eine solche Zusammenziehung der Muskeln zu bewirken, wodurch der Frosch in seine normale Stellung zurückgeführt wird. Da- nach bleibt der Satz fest stehen, ohne äussere Reizung keine Bewegung mehr an einem geköpften Thiere. Die Zweckmäs- sigkeit gewisser reflectorisch hervorgerufenen Bewegungen liesse CLYIL sich aber so erklären, dass diese durch gewisse Anordnungen unter den Nerven in dem Rückenmarke bedingt ist, wodurch bei Reizung gewisser centripetal leitender Nerven dieselbe auf ganz bestimmte andere centrifugal leitende übertragen, und so ganz bestimmte Bewegungen hervorgerufen würden. Die com- binirten Bewegungen deuten schon auf etwas Aehnliches hin, und bei genauer Beachtung dieses Punktes würde sich vielleicht das Gebiet und die Bedeutung der Reflexionsbewegungen nur noch mehr ausdehnen, wenn wir erkennen müssten, dass viele Bewegungen, die wir wegen ihres Characters der Zweckmäs- sigkeit bisher für durch Seelenthätigkeit bedingte erachtet ha- ben, auf ganz andere Weise reflectorisch durch Anordnung der Nerven bedingt werden. Volkmann hat ferner Versuche mit Längentheilung des Rückenmarks angestellt und gefunden, dass dieselbe die Ausdehnung über alle Muskeln beider Körperhälften nicht hindern, so lange nur irgend ein Theil des eigentlichen Rückenmarks in der Mittellinie vorhanden bleibt. Hieraus und aus der Erfahrung, dass Reizung einer einzelnen Nervenfaser der Haut z. B. allgemeine Zuckungen in allen Muskeln hervor- rufen kann, schliesst er, dass die Leitung des Nervenprincips in den Centralorganen anderen Gesetzen folgen müsse, als in den Nerven, nämlich von einem Primiliveylinder auf den anderen überspringen. Den Grund, warum dieses bei den Re- flexbewegungen erfolge, während bei den gewöhnlichen Em- pfindungen und willkürlichen Bewegungen die Leitung auch in den Centralorganen isolirt bleibe, glaubt er in dem Willen und der Aufinerksamkeit suchen zu können, von denen letztere wahrscheinlich gewisse Nervenfasern zu um so viel besseren Leitern macht, so dass dadurch das Ueberspringen auf andere benach- barte verhütet werde; ersterer aber als stärkerer Reiz über den schwächeren, die Reflexbewegungen veranlassenden, den Sieg davon trage. Da man den Grund dieser Erscheinung aber auch, wie Marshall Hall gethan, darin suchen könnte, dass es ein besonderes System reflectorischer Nerven gäbe, welche in dem Rückenmarke mit einander in Verbindung ständen, wäh- rend andere die Leitung zum und vom Gehirn als Seelenorgan vermiltelten, so wendet sich der Verf. auch gegen dieses Sy- stem von Marshall Hall, und zeigt die Unwahrscheinlichkeit einer solchen Verschiedenheit der. Nerven. (Dem Ref, scheint es, als wenn man zur Erklärung dieser Erscheinungen noch zu wenig auf die graue Substanz des Rückenmarkes Rücksicht nähme, die doch auch eine Bestimmung haben muss.) Endlich stellt der Verf. gegen die jetzt ziemlich allgemein herrschende Ansicht, dass das Specifische der Empfindungen in dem Gehirn gesucht werden müsse, die andere auf, dass dasselbe von der . CLIX Verschiedenheit der Reaction der verschiedenen Nerven her- rühre, dass der Sehnerve z.B. die äusseren Reize, wie er sich ausdrückt, anders verarbeite als der Hörnerve, dieser anders als der Riechnerve. Er glaubt, dass diese seine Ansicht da- durch bewiesen werde, dass er bei seinen Reflexionsversuchen fand, wie Reizung der peripherischen Ausbreitung der Nerven viel wirksamer zur Hervorrufung der Reflexionsbewegungen ist, als Reizung der Stämme derselben Nerven, namentlich trete auch nur bei Reizung der Hautnerven das Zweckmässige in den darauf folgenden Reflexbewegungen hervor. Dieses sei nur da- durch erklärbar, dass die Nerven im Stande seien, eine quan- titative Modificalion der Reize zu bewirken, und gestatle die Annahme, dass in der Sphäre des Quailaliven etwas Aehn- liches vor sich gehe. Ref. gesteht hierin noch keine Beweis- kraft zu erblicken; denn es könnte diese Verschiedenheit auch eben so gut in einer verschiedenen Reizbarkeit z. B. der peri- pherischen Ausbreitungen der Primiliveylinder der Nerven, und ihrem ferneren Verlaufe beruhen. Nur in ihrer peripherischen Ausbreilung, wo sie ja die Reize im gesunden Zustande auch immer nur treffen, sind sie besonders so organisirt, dass durch die Reize leicht jene Strömungen oder Schwingungen erregt werden, die wir uns als die Reactionen der Nerven denken. — Auch durch Reizung der Fäden des sympathischen Nerven sah endlich der Verf. weitverbreilete Reflesbewegungen entstehen, — J. Müller’s Archiv 1838. p. 15. Volkmann hat Untersuchungen über den Bau und die Verriehlungen der Kopfnerven des Frosches angestellt. In Be- ziehung auf letztere land er, dass der Oculomotorius ein ge- mischler Nerve ist, Bewegungen und Empfindungen vermittelt. Der Verf. erinnert dabei im Allgemeinen sehr mit Recht, dass, wenn ein Muskel allein durch eineo Nerven versorgt wird, dieser Nerve nolhwendig ein gemischter sein muss, da ein Mus- kel nieht obne Empfindung ist, durch welche allein der Grad und die Richtung der Bewegung geleitet werden kann. Bel. erlaubt sich hier diesen Salz ganz besonders hervorzuheben, weil er in demselben einen seiner Gründe für die Ansicht fin- det, dass mit Ausnahme der drei höheren Sinnesnerven alle Nerven gemischte sind, sowohl central als peripherisch leitende, #0 gewiss auch die Verschiedenheit dieser Leitung an verschie- dene Primitivnervencylinder geknüpft ist. Wenn man nur nicht immer bloss an Empfindungen und Bewegungen veranlassende Leitungen, sondern auch solche dächte, welche veränderte Er- scheinungen der Ernährung und Absonderung, Reflexions- und sympathische Erscheinungen bedingen, so würde man bald er- kenven, dass alle Nerven in ihrem Verlauf gemischte sind, und Müller's Archiv. 1839, 1 CcLX der Streit und die Untersuchungen hierüber und eine darauf gebaute Eintheilung der Nerven würden ein Ende haben. Der Oculomotorius zeigte sich aber noch ausserdem bei dem Frosche dadurch als ein gemischter Nerve, dass bei seiner Reizung nicht alle Muskeln zucken, die er versorgt. Den Palhetieus hält Volkmann für einen rein motorischen Nerven, weil er sich mit einer Parlie des Nasalis vereinige, der die empfindenden Fasern enthalte. Der Abducens ist der wichligste Bewegungs- nerv des Auges, indem er nicht nur den Rectus exlernus, son- dern den Suspensorius und die Muskela der Niekhaut zu ihrer Zusammenziehung veranlasst, obgleich er offenbar keine Nerven zu diesen letzteren Muskeln schiekt. Diese Sonderbarkeit, mit der des Oculomotorius zusammengestellt, erklärt der Verf. da- durch, dass sich der Oculomotorius mit dem Nasenaste des Quintus verbindet, dieser aber den Abducens includirt, und daher bei Reizung des letzteren Muskeln zucken, die von er- sterem versorgt zu werden scheinen, während directe Reizung dieses ersteren keine Zuckungen in ihnen veranlasst. Der Tri- geminus zeigte sich ebenfalls als ein gemischter Haut- und Mus- kelnerv. Als Racialis betrachtet der Verf. den Trommelhöhlen- ast des Quinlus, der sich nachher in dem Kehlaste des Vagns forlselzt. Durch Reizung desselben ziehen sich die Kehlmus- keln zusammen, die beim Athmen wirksam sind, und der Fa- cialis ist daher auch hier Respiratorius des Kopfes. Der N, vagus repräsenlirt beim Frosche den 9ten, 10ten und 1iten Nerven. Sein ersier Ast scheint dem Glossopharyngeus zu ent- sprechen und Geschmacksnerve zn sein. Muskelnerve ist er wenigstens nicht. Die Bewegungen des Kehlkopfes werden durch den Ramus recurrens hervorgebracht. Sehr eigenthümlich war der Einfluss, den Galvanisiren des Vagus auf das Herz ausüble. Gewöhnlich brachte dieses Anfangs ein öfteres Aus- selzen der Herzeontractionen, dann eine Beschleunigung hervor. Der ausselzende Einfluss wurde indess zuletzt immer grösser. Der erste Halsnerve repräsentirt den Ilypoglossus, denn bei seiner Reizung contrahiren sich die Zungenmuskeln. Müller’s Archiv 1838. p. 80. Romberg hat einen Fall beobachtet, in welchem sich an dem dritten Aste der grossen Portion des Trigeminus, wo er in das Foramen ovale tritt, eine krankhafte Degeneralion sowohl in dem Nerven selbst, als in dem Neurilem entwickelt halte, In Folge davon war während des Lebens eine Anäsihesie im Gebiete der sensiblen Fasern des dritten Astes des Quintus vor- handen gevvesen, und daraus die Diagnose der Krankheit richtig vorherbestimmt worden. So wie dieser Fall also für die phy- siologische Bedeutung der sensiblen Natur des von der Portio CLXI major herrührenden Theiles des drilten Astes spricht, so war er auch noch besonders interessant für die Bedeutung des Lin- gualis, denn sowohl das Gefühl als der Geschmack war auf der betreflenden Seile der Zunge ganz verschwunden, während doch der Glossopharyngeus unverlelzt war. Letzteren, so wie die Papillae vallatae, an die er sich vorzugsweise verzweigt, hält der Verf. für den Nerven und die Organe des Ekels, durch deren Reizung reflectorisch Würgen hervorgerufen wird, wel- ehes man in den Versuchen mit Thieren häufig fälschlich für eine Geschmacks- Aeusserung erachtet hat. Er nennt den Glos- soph. den Instinetnerven der Nahrung, welcher bei den Thieren weit mehr das leitende Princip für die Nahrung sei, als der Geschmack. Ref. kann nicht umhin zu erklären, dass seine Bedenken doch noch nicht gehoben sind. Hat nicht Magendie aus älnlichen Beobachtungen den Schluss gezogen, dass der Quintus auch Sinnesnerv für die übrigen Sinne sei? Man kann bier nicht genug die übrigen Bedingungen zur Geschmacksem- pfindung ausser dem eigentlich sie vermiltelnden Nerven her- vorheben. Zwar sagt der Verf. die trophischen Verhältnisse der beireflfenden Hälfte, Dimensionen. Colorit, Temperatur ete. seien nicht beeinträchtigt gewesen. Wie leicht aber durch Anomalie dieser Bedingungen, z. B. durch Veränderungen in der Bildung des Epitheliums, die von den Einflüssen des Lingualis abhängig sein könnten, der Geschmack beeinträchtigt werden und verloren gehen kann, lehren viele katarrhalische Affecetionen. Jedenfalls zei- gen die neuesten Versuche ven John Reid, dass der Glossoph. auchTheil an den Geschmacksempfindungen hat. — Ein beständiges Niesen, welches in diesem Falle auch während des Lebens vor- handen war, hält der Verf. für eine Irradiation der Reizung auf die Nasaläste des Quintus, und knüpft zuletzt noch einige pliysiologische und pathologisch- diagnostische Bemerkungen an den Fall. Müller’s Archiv 1838. p. 305. In Beziehung auf Magendie?’s, freilich schon in sich ganz unhaltbare Ansicht des Quintus, dass er die Function der Sin- nesnerven übernehmen könne, ist ein von Pressat beschrie- beuer Fall von gänzlichem Mangel der Riechnerven bei einem 59jährigen Manne interessant. $. oben p. II. Mehrere Beobachtungen über Krankheiten des Facialis und Quintus mit daraus gezogenen physiologischen Folgerungen ha- ben Stöber (Gaz. med. T. VI. No. 17.) und Voisin (Lex- perience No. 35.) bekannt gemacht. Unter den Beobachtungen jenes ist besonders hervorzuheben, dass er bei Lähmung des Facialis das Gaumensegel und die Uyula nicht verzogen fand, unter den von Voisin gezogenen Schlüssen, dass der Quintus den Sccrelionen in seinem Gebiete vorsteht. L* ELXU Den schon aus vielen anderen Erfahrungen bekannten Ein- Nuss des Quintus auf den Ernährungszustand des Auges bewei- sen mehrere neue Beobachtungen von Dupuy bei Pferden, deren Augenleiden von Affectionen der Fäden des Quintus her- rührten. (Alle diese Fälle beweisen die centrifugale Leitung auch in den beiden ersten Aesten des Quintus, auf welche man, einzig Bewegung und Empfindung im Auge habend, bis jetzt so wenig achlet. Ref.) Fror. N. Not. No. 148. Von Arnold sind Beiträge zur Physiologie des Lungen- magennerven und des inneren Astes des Willis’schen Beiner- ven gegeben worden. S.oben p.LXXXVII. — Da Ref. bekanntlich durch eine frühere Arbeit an mehreren Punkten dieser Unter- suchungen Arnold’s Antheil hat, so sieht er sich veranlasst, hierbei zu erklären, dass er in Folge weiterer Untersuchungen und der Fortschritte der Nervenphysiologie überhaupt, in meh- reren Punkten nicht mehr der früheren Ansicht ist. Er hält jetzt den Vagus wie den Accessorius und wie jeden Hirnner- ven (mit Ausnahme der drei Sionesnerven) für einen gemisch- ten, d. h. centrifugal und centripetal leitenden. Allein unter den centrifugalen Leitungen des Vagus sind keine durch den Willen veranlassten motorischen, sondern nur reflectorische oder durch directe Reize hervorgerufene, wie sie an der Speiseröhre, dem Magen, vielleicht auch der Luftröhre und den Bronchien vorkommen. Der Accessorius Willisii vermittelt dagegen will- kürliche centrifugale molorische Leitungen, namentlich auf den Kehlkopf, und ist und bleibt daher wirklich Stimmnerve. Uebri- gens glaubt Ref., dass der Vagus reflectorischer Athemnerve ist, und auch seine Versuche haben ihn belehrt, dass der Tod nach der Durchschneidung beider Nerven unler allmähligem Nachlass der Alhembewegungen eintritt. Was den Einwurf von J. Müller betrifft, dass, wenn der Vagus reflectorisch die Athembewegungen unterhalte, dieselben nach der Durchschnei- dung sogleich aufhören müssten, so will ich hier nur erwähnen, dass derselbe Einwurf auch Müller’s Ansicht treffen würde, der diese Athembewegungen von dem Reiz des arteriellen Blu- tes ableitet. Denn ich sah bei einem durch Opium narcotisir- ten Hunde die Alhembewegungen auch nach Unterbindung bei- der Caroliden und Vertebralarlerien regelmässig fortdauern. Die Fortdauer der Athembewegungen muss also anders erklärt wer- den, und ich glaube aus einem Gesetz der Gewöhnung. Aus- serdem scheint die Müller’sche Ansicht in Betreff des ersten Athemzuges des Neugeborenen, wie mir deucht, eive Pelitio ptineipi zu enthalten. Eine weilere Auseinanderselzung dieses Gegenstandes gehört indessen nicht hierher. Derselbe hat übri- gens eine fernere sehr genaue Erörterung in den Arbeiten von CLXIN John Reid gefunden, die zum Theil schon im vorigen Jahres- bericht erwähnt, jetzt in dem Edinb. med. and surg. Journ. No. 134. p. 109. und No. 138. p. 274. vollständig mitgetheilt sind. Dieselben haben mannigfach verschiedene Resullate von den Arnold’schen gegeben. Indem Remak sich auf seine früheren mikroskopischen Untersuchungen der Nervenfäden des sogenannten sympathischen Nervensystems stülzt, welche dargelhan haben sollen, dass die- selben grösstentheils aus eigenthümlichen Elementartheilen be- stehen, bemüht er sich, den denselben beigelegten Namen als organische Nervenfasern, durch physiologische Gründe zu unter- stützen, indem er die Thatsachen aufführt, dass von diesen Nervenfasern Einsaugung, Absonderung, Ernährung und unwill- kürliche Bewegung, oder die sogenannten organischen Functio- nen der Thierorganismen, abhängig seien. In Beziehung auf die Bewegungen bezieht er sich vorzugsweise auf das Herz, des- sen Nervenfasern nicht nur zu den organischen gehören, son- dern auch noch in ihrem Verlauf, selbst in dem Herzmuskel, viele kleine Ganglien zeigen sollen. Indem diese aber überhaupt die Centra für die in dieser Abtheilung des Nervensystems ent- wickelte Kraft seien, so sei es daraus auch erklärlich, wie auch das ganz ausgeschniltene Herz noch eine Zeit lang forlschlagen könne, da in ihm selbst noch so viele Centralfäden für die diese Bewegungen unterhaltende Kraft sich befänden, Gegen alles dieses liesse sich nichts einwenden, wenn nur erst die organischen Nervenfasern sicher nachgewiesen wären. Allein Ref. muss sich in dieser Hinsicht Valentin anschliessen, der dieselben ganz bestreitet. Auch er kann in den Fäden des sym- pathischen Nervensystems nur gewöhnliche Nerveneylinder fin- den, die nur etwas feiner und weniger scharf von einander isolirt sind, als die übrigen Hirn- und Rückenmarksnervency- linder, und glaubt, dass Remak’s Angaben auf Verwechselung mit Epitheliumformationen, und mit in der Entwicklung begriffnen Elementartheilen, Nervencylindern, Zellgewebefasern etc. aus kernhaltigen Zellen beruhen. Damit zerfallen denn aber auch alle physiologischen Folgerungen, die man auf die Existenz dieser organischen Fasern gegründet, denen Ref. übrigens auch noch aus anderen Gründen nicht beistimmen kann. Froriep’s N. Not. No. 137. Einen Versuch einer neuen Theorie der Verrichtungen des Gehirns und Nervensystems, Leipzig 1838, giebt Dr. Mün- ter. Dieselbe soll dartlbun, dass Gehirn und Nervensystem ausser ihrer Beslimmung, als körperliches Substrat den geisti- gen Verrichtungen zu dienen, als Hervorbringungs- und Zeu- gungsorgan des eigenen Körpers erscheinen, indem in dem Ge- CLXIV hirne ein eigener Stoff abgesondert werde, der den Organen durch die Nerven zugeleitet, deren Bildung und Wachsthum bedinge. In dieser Hinsicht wird Gehirn und Nervensystem, auch seiner organischen Darstellung nach, mit den Zeugungs- organen parallelisirt, die für die Erhaltung der Gattung das seien, was das Nervensystem für den individuellen Organismus. Dass die Physiologie nach dem jetzigen Stande unserer Er- kenntniss der Verbindung zwischen Gehirn und Seelenthäligkeit, keinesweges, wie man gewöhnlich glaube, dem Materialismus huldige, sondern gerade als dessen Gegnerin auflrete, ist der Inhalt einer Rede. welche Volkmann an dem Namenstage der Kaiserin von Russland in Dorpat gehalten hat. Nachdem er nämlich die Thatsachen der vergleichenden Anatomie, der Entwicklungsgeschichte und Pathologie durchgegangen ‚ welche die vollkommene Uebereinstimmung der Entwicklung und In- tegrität der Scelenthätigkeiten mit der Entwicklung und Inte- grität des Gehirnes durthun, nachdem er ferner die Fälle, wel- che eine Theilbarkeit der Seele zu beweisen scheinen, namhaft gemacht, und endlich auch die theoretische Beweisführung des Materialismus in seiner Untersuchung des Verhältnisses von Kraft und Materie erörtert hat, sucht er zu zeigen, wie erstens jenen Thatsachen der vergleichenden Anatomie und Pathologie so viele andere, die Unabhängigkeit der Scelenthätigkeit von der Entwicklung und Integrität des Gehirnes beweisende, ent- gegenstehen, dass aus beiden keine irgend sichere Folgen ge- zogen werden können. Die Theilbarkeit der Seele bei der Thei- lung eines Thieres oder bei der Zeugung ist aber nur scheinbar, denn sie ist mit keiner Verminderung der Kraft verbunden. Das Räsonnement des Materialismus über Untrennbarkeit von Kraft und Materie ist falsch, weil sie eben nach obigem nicht für Körper und Seele bewiesen ist. Ausserdem characterisire die Spontaneität der Seele dieselbe auch noch als eine so besondere Kraft, dass für sie nieht einmal das gelten könne, was sonst -für andere Kräfte und Materien gelte. Wenn daher gleich die Physiologie nicht die Immaterialität der Seele beweisen kann, so beweiset sie doch wenigstens das Lückenhafte des Materia- lismus, und lässt daher anderen Forschungen Spielraum. Die geringe Empfindlichkeit des Gehirns gegen mechanische Reizungen scheint eine Beobachtung von Robert zu beweisen, der bei einer Kopfverletzung. mit einer Sonde in verschiedenen Richtungen in den grossen Hemisphären herumgefahren sein will, olıne dass der Patient, der bei vollkommener Besinnung war und ganz hergestellt wurde, irgend Schmerz dabei halte. The Lancet 1839. Jan. Fror. N. Not. No. 212. Ueber die Fortdauer des Bewusstseins in dem Kopfe eines Enlhauptelen haben Ref. und Heermann unmittelbar nach CLXV der Enthauplung Versuche mit möglichster Vermeidung aller Rellexions- Erscheinungen angestellt, welche indessen nur ein negalives Resultat abgaben. Dieses Archiv 1838. p. 486. In einer Preisschrift über die Localisation der Gehirnfun- elionen erklärt sich Lafargue aus Gründen der pathologischen und vergleichenden Anatomie so wie der Experimenlal- Physio- logie gegen die zeilige Möglichkeit derselben. Journal de la soeiel& de medceine de Bordeaux. Mai 1838. Arch. gen. 1838. Tum I. p. 265. et 416. Tom I. p. 129. Eben so widersprechend fallen Special- Untersuchungen ein- zelner Angaben Gall’s aus. Derselbe halte den Zerstörungs- trieb und Mordsinn an den seitlichen und unteren Theil der millleren Lappen des grossen Gehirns verlegt, welcher sich nach ibm auclı bei Mördern und reissenden Thieren besonders slark entwickelt finden, der Schädel daher bei ihnen im Ver- hältniss zu der Länge mehr in die Breite ausgebildet sein sollte. Diese Angabe hatte L&lut früher schon für den Menschen durch Ausmessungen der Schädel von Mördern widerlegt. Zu dem- selben Resultate haben ilın nun seine vergleichenden Untersu- chungen und Messungen von Gehirnen und Schädeln fleischfres- sender und pflanzenfressender Säugelhiere und Vögel geführt, und es fanden sich auch hier die Angaben Gall’s durchaus nicht bestätigt. Lelut de l’organe phrenologique de la destru- elion chez les animaux. Paris 1838. V. Productive Processe. Gesechlechtliche Funclionen — Saamen — Eier — Entwickelungs- Geschichte — Milch. G. Grimand de Caux et G. J. Martin St.-Ange, Physiologie de l&spece, histoire de la generation de ’homme, eomprenant l’etude comparalive de cette fonelion ete. Paris 1837. Ato, 432 S. und XII Kupfer. Ist dem Ref. nur aus Fricke?’s Zeitschrift VII. p. 416. bekannt, woselbst es nicht schr günstig als ein mehr populäres Buch bezeichnet wird. Von Dr. Numann, Director der Veterinärschule zu Ul- recht, findet sich ein interessanter Aufsatz über den periodischen Blulflass aus den Geschlechtstheilen bei einigen Hausthieren, besonders der Kuh, nebst Betrachtungen dieser Erscheinung in Bezug auf die weibliche Menstruation in der Tijdschrift voor Naturlijke Geschiedenis en Physiologie ete. 1838 T. Il, 4. Stück. Ausser dem Historischen über diesen Gegenstand, wodurch ein solcher Blutfluss beim Affen, beim Büflel und bei der Kulı sehon nachgewiesen wurde, sind besonders seine eigenen Un- CLXVI tersuchungen über die Kuh hervorzuheben. Sie weisen nach, dass die Kuh ohngefähr alle drei Wochen einen solchen Blut- abgang unter brünstiger Aufregung des Geschlechistriebes er- leidet. Die Section eines Thieres während dieser Zeit wies fer- ner nach, dass dieses Blut aus dem Uterus selbst herrührt, und zwar von den sogenannten Gebärmutterwärzchen, die später zur Anheftung der Cotyledonen des Eies dienen, abgesondert wurde. Das Blut war hier ganz rein, roth und in Klümpchen geronnen. (Leider scheint der Verf. die Beobachtungen von Retzius über die saure Reaclion des Menstrualblutes auch nicht gekannt zu haben, da sich in der Beziehung keine Angabe findet.) Die Vergleichung zwischen diesem periodischen Blutausflusse bei einigen Thieren und bei der Menstrualion enthält übrigens nichts Neues, und möchte sich viel erschöpfender bei Burdach fin- den, obgleich der hier hervorgehobene Unterschied der Blut- quelle nach den Beobachtungen des Verf. fortfällt. Fror. N. Not. No. 150. und 151. Einen Fall von früher Entwickelung der Brüste und Ge- nitalien mit regelmässig alle 4 Wochen wiederkehrender Men- siruation, wie bei einem Mädchen von 15—16 Jahren, bei ei- nem Kinde von 2+ Jahr, theilt Dr. Susewind mit. Cas- per’s Wochenschrift 1838. p. 280. — Einen andern Fall von Milchsecretion bei einem sechswöchentlichen Mädchen beschreibt Riberi. DieMilch wurde von Abbane analysirt. Gaz. med. 1838. Febr. 17. No. 7. Montgomery behauptet in seinem Werk über die Zei- chen der Schwangerschaft, dass die Corpora lulea im jungfräu- lichen Zustande bestimmt verschieden seien von den wahren gelben Körpern. Fror. N. Not, No. 443. Das Ovarium ist über ihnen nicht aufgelrieben und hervorragend, sie zeigen keine äussere Narbe, finden sich zu mehreren gleichzeitig in beiden Ovarien, zeigen keine Gefässe in ihrer Substanz, auch nicht die weiche lappige Structur, keine Höhle noch die von deren Verschliessung herrührende strahlige weisse Figur, wie die wah- ren Corpora lutea, sondern scheinen meistens nur Coagulum und zuweilen auch Tuberkelsubstanz zu sein. John Davy hat den Inhalt der Saamenkanäle und Saa- menbläschen von 20 Individuen zwischen 20—49 Jahren mi- kroskopisch untersucht. Er fand nur selten in den Tubulis seminiferis des Hodens Saamenthierchen, sondern Kügelchen von der Grösse der Blutkörperchen, und noch 10—12mal kleinere, die er für den Saamen der Saamenthierchen hält. Letztere fand er dagegen in dem Vas deferens und den Saamenbläschen. Er hält demnach letztere für Saamenbehälter, zugleich aber noch für Seeretionsorgane, indem ihr Inhalt doch noch von dem des Vas deferens verschieden sei. Unter den an diese Beob- CLXYH achlung angeknüpften Reflexionen ist Ref. die Angabe auffal- lend gewesen, dass, wenn der Mann dem Geschlechtstriebe nicht folge, der Saame beim Stuhlgange aus den Saumenbläs- chen herausgedrückt und abgeführt werde, die nach dem Stull- gange aus der Harnröhre ausgeleerte Flüssigkeit auch jedesmal Saamenthierchen enthalte. Ref. gesteht, hiervon bei einem ge- sunden Manne niemals etwas erlahren zu haben. In diagnosti- scher Hinsicht fand auch Davy, dass Saamenflecken in Leine- wand leicht zu erkennen sind, wenn man sie mit elwas Wasser tränkt, und die ausgedrückte Flüssigkeit unter dem Mikroskope untersucht; sie enthält dann deutliche Saamenthierchen, Edinb. med and surg. Journ. July 1838. Fror. N. Not. No. 144. Untersuchungen von Labat über den männlichen Saamen, namentlich in Beziehung auf an Saamenfluss leidende Personen, scheinen keinen besonderen Werth zu besitzen. Er giebt an, dass die Saamenthierchen in ihren Körpern einen leuchtenden Punkt besässen, dessen Leuchten er von Phosphor ableitet. Er bediente sich eines Sauerwasserstoffgas-Mikroskopes. Gaz. des Hopitaux 1839. 46. Mai. Fror, N. Not. No. 213. Die durch die Untersuchungen von Siebold, Wagner, Mayer und Valentin bekannten flimmernden Bewegungen der Saamenthierchen der Salamander sind auch von Dujardin, wie er sagt, unabhängig von jenen gesehen worden. Während aber Siebold und Wagner sich dahin vereinigt haben, dass dieselben durch die spiralige Umwickelung des Schwanzes um sich selbst hervorgerufen werden, giebt Dujardin zwar auch eine spiralige Umwicklung des Schwanzes zu, allein sie wird nach ihm nicht durch den um sich selbst zurückgeschlagenen Schwanz hervorgebracht, sondern es soll von der Uebergangs- stelle des Körpers in den Schwanz ein zweiter Faden seinen Ursprung nehmen, der sich spiralig um den Schwanz wickelt und sein besonderes Ende hat. Auch geben nach ihm die spi- raligen Drehungen immer von vorne nach hinten, und nicht umgekebrt wie v. Siebold angab. Auch meint Dujardin, sei es jelzt ausgemacht, dass die Saamenthierchen keine wirk- lichen selbstständigen Organismen, sondern nur ein Absonde- rungs-Product seien. Ann. des sc. nat. T. X. p. 21. Peltier erinnert an eine schon im Jahre 1831 von ihm emachte und 1834 mitgetheilte Beobachtung über die Entwick- ung der Saamenthierchen des Frosches, welche sehr mit denen von Wagner, besonders bei Vögeln angestellten, übereinkomm!. Es finden sich nämlich auch bei den Fröschen vor dem Er- scheinen der Saamenthierchen in dem Hoden Kugeln mit einem höckerigen Kerne. Bei weiterer Entwickelung verschwindet die Hülle dieses Kernes, der dann anfängt zu wachsen und sich birmförmig zu verlängern. Diese Verlängerung nimmt immer CLXVII mehr zu und erhält ein streifiges Ansehen; diese Streifen iso- liren sich immer mehr und nehmen von den einzelnen Punklen der ursprünglichen Kugel ihren Ursprung. Bringt man sie jetzt in irgend eine Flüssigkeit, Blut, Wasser u. dergl., so fangen sie an sich zu bewegen, lösen sich dann von der Kugel einzeln ab und sind nun vollkommen gebildete Saamenthierchen, die sich nun auf sehr verschiedene Weise bewegen und gestalten. L’institut No. 226. p. 132. Die Untersuchungen über das Eierstockei, namentlich der Säugethiere, und die Parallelisirung des letzteren mit dem der Oviparen sind auch noch in diesem Jahre fortgesetzt worden. Bei dem Bericht über die diesen Gegenstand betreffenden Ar- beiten des vorigen Jahres nimmt Valentin Gelegenheit, noch- mals seine Ansichten über den Folliculus Graaßanus und seinen Inhalt mitzulheilen. Nach im besteht jener 1) aus der Mem- brana folliculi, von Aussen mit Blutgefässen umgeben, von In- nen mit einem fadig aufgereihten Epithelium cellulosum besetzt. 2) Aus der Membrana cumuli, einer an der Innenfläche des Epitheliums der Memobr. folliculi sich befindenden Körnerlage, welche in der Cireumferenz des Eies, das in ihr eingela- gert ist, zu dem Cumulus (v. Baer’s discus proligerus des Säugethiereies) anschwillt, und an dem aus dem Follikel iso- lirten Eie verletzt gesehen wird. Das in dem Follikel enthal- tene Ei aber besteht 1) aus der Zona pellucida, jenem den Dotter umgebenden hellen Ringe, der aber keine dicke Mem- bran ist. 2) Der Membr. vitellina, einer den Dolter unmittel- bar innerhalb der Zona pellueida umgebenden dünnen, äusserst feinfaserigen Haut. 3) Aus dem Dolter. 4) Aus dem Keim- bläschen mit dem Keimfleck. Im Eierstocke hat das Eichen nach Valentin kein Chorion und kein Eiweiss, beide werden aber bei der ferneren Entwicklung nach der Befruchtung im Eileiter und Uterus um dasselbe herumgebildet, wie Wharton Jones und v. Baer angaben, und Valentin bei dem Eie eines Rindes in der Tuba gesehen haben will, bei welchem zwi- schen der Dolterhaut und dem höchst zarten Chorion eine ge- ringe Menge Eiweiss abgelagert war. Die Zona pellucida ist nach Valentin der analoge Theil des Gebildes, welches bei Vögeln das Keimbläschen umgiebt, aber weder Chorion noch Eiweiss. Repertorium III. p. 190. Eine andere umfassendere Arbeit über denselben Gegen- stand hat Dr. Barry geliefert, welcher in Deutschland nament- lich unter. R. Wagner Studien über die Entwickelungsge- schichte gemacht, und das Resultat derselben in dem zweilen Theile der Philos. Transactions for 1838, die aber erst in die- sem Jahre erschienen sind, mitgetheilt hat. Nach demselben ist das Erste, was sich von dem Eie bei Säugethieren und Vögeln CLXIX bildet, das Keimbläschen mit dem Keimfleck, wie v. Bär und R. Wagner dasselbe aus ihren Untersuchungen für Anneliden, Mollusken und Insecten folgern. Das Keimbläschen ist dann von einem anderen Bläschen eingeschlossen, welches Barry Eiersack (Ovisac) nennt, von einer feinen durchsichtigen Mem- bran gebildet wird, und in seinem Innern zahlreiche kleine kern- haltige Kügelchen oder Zellen, Felltröpfehen und eine durch- siehtige Flüssigkeit enthält. Die kleinsten dieser Eiersäcke, welche Barry beobachlele, waren —4; bis „; P. L. gross. Sie sind in ungeheurer Menge vorhanden, erreichen aber durch- aus nieht alle ihre Entwickelung, sondern verschwinden wieder, während neue sich bilden. Kommen sie zur weileren Ausbil- dung, so sammeln sich zunächst um das Keimbläschen kleine Körnchen oder Tröpfelen, welche den Dotter darstellen, um welchen sich sodann eine feine Membran, die Dotterhaut, bil- del. Der Eiersack aber erhält an seiner äusseren Fläche eine neue gefässreiche Hülle, mit welcher er sich bald innig verbin- det, und nur bei den Säugethieren den Folliculus Graafianus darstellt; bei den Vögeln wird diese Hülle dann noch unmiltel- bar oder nur durch eine geringe Menge des Siromas des Eier- stocks vermitlelt, von dem Bauchfelle überzogen, und stellt nun den sogenannten Kelch dar; bei den Amphibien und Fi- schen aber ist das bisher von Allen so genannte Chorion nichts Anderes, als eben derselbe Eiersack, der auch bei Säugelhieren und Vögeln Anfangs das Keimbläschen und den Dotler ein- schloss. Während aber bei Fischen und Vögeln das Ei auf dieser Stufe im Eierstocke stehen bleibt, und also eigentlich nur ein Dolter ist, wird derselbe bei den Säugetlieren zuletzt auch noch von einer zweiten Hülle, dem Chorion, der soge- nannten Zona pellueida, umgeben, und stellt daher schon im Eierstocke ein ganzesEi dar. Dieses Alles glaubt Barry durch unmittelbare Beobachtung der Stufenfolge in der Entwicklung der Säugelhier-, Vögel-, Amphibien- und Fischeier bewiesen zu haben. Bei dem Säugethierei geben seine Untersuchungen aber noch weiter. Die Körner oder Zellen nämlich, welche anfänglich Jen Eiersack anfüllten und das Keimbläschen umga- ben, entwickeln sich, während dieses Dotler, Dollerhaut und Chorion umgebildet erhält, dann auch noch zu drei anderen Gebilden, die bisher auch anders betrachtet worden, oder un- bekannt geblieben sind. Ein Theil jener Körner nämlich sam- melt sich um das Eichen, also zunächst um dessen Chorion, und indem sie sich hier zu einer dichteren Schichle vereinigen, bilden sie eine membranarlige Hülle um das Ei, die Barry Tunica granulosa nennt, und die nichts Anderes als v, Bär’s Discus proligerus ist, Ein anderer Theil legt sich an die In- nenlläche des Eiersacks (jelzt des Graal’schen Bläschens) au, CLXX und stellt hier eine Membran dar, welche auch schon v. Bär Membrana granulosa genannt hat. Endlich ein dritter Theil stellt band- oder strangartige Verbindungen zwischen dem An- faugs in der Mitte des Graaf’schen Bläschens schwebenden Eie und der Membrana granulosa dar, und Barry nennt sie Re- tinacula, eine Bildung, die bisher Niemand beobachtet. Diese Retinacula haben die Besliimmung: 4) das Ei in den früheren Zeiten, in der Mitte des Graaf’schen Bläschens schwebend zu erhalten; 2) dasselbe später an eine bestimmie Stelle der Pe- ripherie, nämlich an die freie Seite des Eierstocks zu leiten und es hier zu befestigen, und 3) später den Austritt des Eies aus dem Eierstock zu befördern. Barry vergleicht sie mit den Chalazen des Vogeleies. Auch die früheren Untersuchungen von Wharton Jones über das unbefruchtete Säugelhierei, deren Fortsetzungen be- reits in dem vorigen Jahresbericht sind berichtet worden, mö- gen hier noch nachträglich erwähnt werden, da sie ausser in Froriep‘s Nolizen in Deutschland grösstentheils unbekannt ge- blieben zu sein scheinen. Er trug seine Beobachtungen aber schon 1835 der Royal Society vor, und sie finden sich in dem Lond. and Edinb. philosoph. Magaz. Vol. VII. p.209.. und jetzt aufs Neue in der Lond. Med. Gaz. Wharton Jones tritt hier zu- nächst als selbstständiger Entdecker des Keimbläschens und selbst des Keimfleckes des Säugethiereies auf, obgleich er in einer Nachschrift auch der Coste’schen Entdeckung des Keim- bläschens erwähnt. Ausserdem nimmt er ausser der Zona pel- lucida, die er übrigens als eine dicke Membran betrachtet, auch noch eine eigene Dotterhaut an, ja er bildet sogar ein gespal- tenes Ei ab, aus welchem der Dotter in toto mit einer Dolter- haut heraustrilt, und ein anderes, in welchem der Dolter mit seiner Dolterhaut nicht den ganzen inneren Raum der Zona einnimmt, sondern von demselben an einer Seite zurückvveicht. Ausserdem war es mir interessant, dass er auch ein mensch- liches Ei aus dem Eierstock in einer oblongen, bisquilähnlichen Form abbildet, wie ich solche mehrere Male beim Hunde im Eierstock, und auch befruchtete Eier in den Tuben gesehen habe, Meine vielfachen Untersuchungen des unbefruchteten und befruchleten Säugethiereies, welche ich auch zum Theil in R. Wagner’s Lehrbuch der Physiologie mitgelheill habe, mö- gen es entschuldigen, wenn ich mir erlaube, hier auch meine Resullate, und zwar zum Theil in Widerspruch mit den oben genannten drei Beobachtern, zu denen auch noch Krause hin- zukommt, mitzutheilen. Zunächst unterliegt es keinem Zwei- fel, dass das Graaf’sche Bläschen innerlich noch mit einer Körner- oder besser Zellen-Membran ausgekleidet ist, welche die oben genannlen Autoren nach v. Bär Membrana granulosa CEXXI genannt haben, Wie Valentin noch ausser derselben ein in- neres Epilkelium der Membran des Graaf’schen Bläschens zu bemerken, gelang mir nicht. Diese Membrana granulosa habe ich oft ganz vollständig aus dem geöffneten Graaf’schen Bläs- chen heraustreten sehen. Der übrige Inhalt ist dann ganz was- serhell und enthält nur, wenn die Membr. gran. zerstört ist, Körner oder Zellen. An einer Stelle dieser Membr. granulosa, nämlich an der freien Seite des Eierstockes hin, liegt, bei ir- gend reiferen Graaf’schen Bläschen, das Eichen in einer dich- teren Masse von Körnern oder Zellen eingebettet. Die das Eichen zunächst umgebende Partie derselben haftet fester unter einander und an der Oberfläche des Eichens an, so dass sie nur durch geschickte Manipulation mit einer Nadel von dem- selben entfernt werden kann, Sie bilden v. Bär’s Diseus pro- ligerus, allein ich kann sie keinesweges für eine Körnermem- braun erachten, wie Barry, der sie Tunica granulosa nennt, denn sie hat keine bestimmten Gränzen, sondern ihre Körner gehen allmählich in die der Membr. granulosa des Graa£f’schen Bläschens über. Einmal sah ich diese Zellen des Discus bei dem Hunde nicht wie gewöhnlich rund, sondern sie bildeten kleine Cylinder, genau wie die des Cylinderepitheliums der Schleimhäute mit einem deutlichen Kern, und sassen mit ihren Spitzen an der Zona pellucida des Eies an. Diese lelztere muss ich nun ferner als eine eigenthümliche dieke und relativ ziem- lich feste Hülle des Eies erachten, und keinesweges wie Va- lentin als eine Gallert- oder Eiweissschichte, denn sie hal ganz scharfe innere und äussere Gränzen, wenn man die Zellen des Discus entfernt hat, und besitzt eine ziemlich bedeutende Elasli- eilät, da sie an irgend einer Stelle gespalten, immer weit von einander springt, wie es auch alle Beobachter abbilden. Man sieht immer nur die äussere und innere Gränze dieser Zona, und zwar letztere noch schärfer als erstere, weil diese von den Zellen des Discus bedeckt wird. Zerqueischen des Eies unter dem Compressorium, Spalten desselben mit einer Nadel unter der Loupe, wobei man die Fragmente und Bruchflächen der Zona auf das Deutlichste sieht, lassen mir keine andere An- sicht übrig. So würde nie eine zwischen zwei feinen Häuten befindliche Eiweissschichte erscheinen; auch die relative Festlig- keit dieser Hülle, die wirklich bedeutend ist, zeigt, dass sie eine einzige dicke Membran ist. Ausser dieser Zona besitzen äber die Dotterkörner sicherlich keine weitere Hülle mehr. Alle meine Mühe, eine solche auch noch so feine besondere Dotter- haut zu finden, war vergebens. Eine Ansicht, wie sie Whar- ton Jones giebt, wo der ganze Dolter aus der Zona eines gespallenen Kies austritt, sah ich nur bei dem Menschen. In der Kegel treten nach Spaltung oder Zerquetschung der Zona CLXXI die Dolterkörner unzusammenhängend heraus. Zuweilen aber, und namentlich bei dem menschlichen Eie, hängen sie fester zu- sammen, der Dolter stellt eine zähe Masse dar, und so kann es denn geschehen, dass, wenn er die Zona nicht ganz ausfüllt, derselbe an einer Stelle von der inneren Fläche der Zona zu- rückweicht, oder auch in tolo aus der Zona heraustritt, ohne dass er aber von einer besonderen Hülle umgeben ist. Man sieht dann die Gränzen der linear an einander sich anschliessen- den Dotterkörnchen, aber keine besondere Membran. Feiner als die Membran des Keimbläschens oder als eine andere noch feinere Zellmembran würde sie doch wohl nicht sein. und wie gut sieht man diese mit einem gulen Mikroskop, während mich die verschiedenartigste Manipulation des Dotlers mit einer Nadel immer von dem Fehlen einer Dolterhaut überzeugte. Dass die Zona pellueida die einzige Hülle des Säugethiereies, und also im Eierstock Dotterhaut ist, behaupte ich um so zuversichtlicher, weil ich die weitere Entwickelung des Eies wenigstens beim Hunde Schritt für Schritt verfolgt habe. Hier habe ich mich nun überzeugt: 1) dass die Körnerschichle des Diseus mit in den Eileiter herübergeht, allmählig verschwindet und in den Hörnern des Uterus nicht mehr vorhanden ist; 2) dass dem Ei- chen nie und nirgends eine Eiweissschiehte umgebildet wird, sondern die Zona, die allmählig, wie sie weiter wird, auch dünner wird, später Zotten treibt, und daher für das Ei im Eileiter und Uterus Chorion ist, Was v. Bär, Valentin und Wharton Jones vom Rinde, Schaafe,. Kaninchen und Schweine gesehen haben, weiss ich nicht. Vom Hunde giebt v. Bär selbst zu, dass er keine solehe Biweissbildung habe wahrneiimen kön- nen (Entwickelungs- Geschichte Bd. I. p. 187. und 188.). Wenn er aber der Analogie wegen seiner eigenen Beobachtung nicht traut, so traue ich meiner mit aller Aufmerksamkeit ge- machten Beobachtung beim Hunde so viel, dass ich nach der Analogie auch bei anderen Thieren keinen so wesentlichen Un- terschied für wahrscheinlich halte. Vielleicht glaubt man mei- ner Aussage um so mehr, weil ich nur der Einzige bin, der die Bildung einer zweiten Hülle innerhalb des Chorion wäh- rend der Entwickelung des Eies genau gesehen habe. Wenn nämlich das Eichen in dem Uterus angelangt und der Körner- discus verschwunden ist, so geht nun im Innern des Ries auf Ko- slen der Dotterkörner ein Zellenbildungsprocess vor sich. Die hier entstehenden Zellen schliessen sich an der inneren Fläche des Chorion (Zona pellueida) zur Bildung einer Membran an- einander, die nun die Keimblase und Bildungsstätte des Embryo ist, Das Eichen wächst während dessen bedeutend und wird ganz durchsichtig, während früher die Dotterkörner noch im- mer eine dichte Masse bildeten. Dieses zweite innere Bläschen CLXXII haben nun alle früheren und jelzigen Beobachter sehr wohl gesehen und gekannt. Da sie aber seine Bildungsgeschichte im Innern des Eies nicht kannten, so glaublen sie cher, es seien entweder von Anfang an zwei Bläschen vorhanden gewesen, oder das äussere habe sich um das Eichen herumgebildet, und daher die Angaben einer Bildung von Eiweiss und Chorion wäh- rend der Entwickelung. Besonders muss ich noch eines Argu- menles von v. Bär in dieser Beziehung erwähnen. Er meiat die bekannte Erscheinung, dass, wenn man ein schon im Uterus befindliches Eichen in Wasser bringe, dureh Endosmose die frü- her nicht unterscheidbaren beiden Bläschen sich von einander irennten, beweise, dass zwischen ihnen eine diehtere Flüssig- keit, ein Eiweiss vorhanden gewesen sei. Nun steht zwar an und für sich nach meiner Ansicht nichts auch der Erklärung entgegen, dass, nachdem sich die Keimblase innerhalb des Cho- rion gebildet, sich zwischen beiden in Folge der Aufnahme vom Ulerus ber eine dünne Schichte von Flüssigkeit sammelt, deren Austausch mit dem Wasser die Erscheinung veranlasst. In der That wird auch eine solche Ansammlung in der nächsten Zeit der Entwicklung immer deutlicher, und beide Bläschen sind dann, auch olıne in Wasser gebracht worden zu sein, deutlich. Allein das erwälnte Phänomen erklärt sich auch daraus, dass, wenn in Folge der Endosmose das Wasser durch das Chorion hindarehgedrungen, in Folge der Exosmose die in dem zweiten Bläschen enthaltene Flüssigkeit in grösserer Quantität in den Zwischenraum zwischen sie und das Chorion austritt. als Was- ser hinein, und das Bläschen zusammenfällt, also sich von der inneren Fläche des Chorion entfernt. Diese Erklärung beweiset aber der Augenschein, indem man deutlich das innere Bläschen zusammenfallen und sich verkleinern sieht, während der Durch- messer des Aeussern nicht zunimmt. Ich kann dieses Alles, wie gesagt, nur von dem Hunde mit Sicherheit aussagen. Meine Mittel und Gelegenheit haben mir noch nicht erlaubt, auch auf andere Thiere diese kostspieligen Untersuchungen aus- zudelinen. — Was Barry’s Angaben über die Entwiekelung des Follieulus des Eies betrifft, so kann ich darüber nach mei- nen bisherigen Erfahrungen noch kein bestimmtes Urtheil aus- sprechen. In der That sche ich auch beim Schweine und beson- ers beim Hunde auf feinen Durchschnitten oder in kleinen Partikeln des Eierstocks ausser den deutliche Ovula enthal- tenden Graaf’schen Bläschen noch sehr viele kleinere, deren Inhalt ieh aber nicht deutlich unterscheiden konnte. In Graaf- schen Bläschen von 74; bis z15 P. Z. im Durchmesser fand ich das Eichen schon vollkommen entwickelt mit seiner Zona. Keimbläschen und Dotterkörnern, Die Zahl der letzteren ist aber bei so jungen Eiern noch sehr gering, der Dotter ist noch CLXXIY fast ganz flüssig und durchsichtig, und daher übersieht man ihn mit der Zona um so leichter, da das Ei zu dieser Zeit relativ zu dem Graaf’schen Bläschen sehr gross ist und dessen Raum fast ganz ausfüllt. In den kleineren Säckchen des Eierstocks als „{; P.Z. wares mir, wie gesagt, nicht möglich, über den In- halt etwas zu ermitteln. Man kann sie nicht mehr für sich isoliren, und bei der Betrachlung in dem noch umhüllenden Stroma des Eierstocks werden sie selbst bei Druck zu sehr von den umgebenden Theilen bedeckt, als dass man mit Sicherheit etwas unterscheiden könnte. Zwar scheint auch aus den Un- tersuchungen von R. Wagner bei den Insecten hervorzugehen, dass das Keimbläsehen zuerst vorhanden ist. Allein ich halte es für um so nöthiger hieraus nicht so schnell mit der Avalo- gie weiter zu schreien, da Wagner seine Resultate selbst noch als nicht ganz entschieden hinstellt, andererseits aber be- reits vonSchwann wichtige Folgerungen daraus gezogen wor- den sind, die mir der Natur nicht entsprechend zu sein schei- nen. Ich glaube bis jetzt noch immer, dass das Keimbläschen entweder durch Zellenbildung in einer Multerzelle (dem Eie) entsteht, oder, was mir noch wahrscheinlicher ist, dass das Ei gar keine primäre Zelle darstellt, sondern eine secundäre Bildung ist, in welcher sich das Keimnbläschen als neue primäre Zelle entwickelt, oder welche um das Keimbläschen herum ge- bildet wird. Was übrigens die relative Lage des Keimbläschens im Dotter betrifft, so habe ich mich bei einer Beobachtung eines menschlichen Eies, wo der Dotter nach Spaltung der Zona mit einer Nadel unverlelzt heraustrat, überzeugt, dass dasselbe we- nigstens zu dieser Zeit nicht in der Milte des Dolters, sondern an einer Seite desselben lag. Nach Valentin sollen sich Hoden und Eierstöcke ur- eprünglich nach einem durchaus analogen Typus entwickeln, nämlich nach dem einer röhrigen Drüse, wobei in einem Bla- stem zuerst Leisten und dann blind endigende Röhren erschei- nen. Bei dem Hoden werden dieselben zu den Saamenröhren, bei dem Eierstocke entstehen in diesen Röhren die Follikel, mit deren Ausbildung erstere verschwinden. Beim Rind- und Schaaf- föülus von 3—5“ Länge sollen diese Röhren des Eierstocks sehr deutlich sein. Die Follikel sah Valentin bei Rindlölus von 8— 10" Länge schon zu Hunderten reihenweise in den Röhren. Sie sind mit Körnern angefüllt, die sich später zu der Mem- brana granulosa des Follikels weiter entwickeln. Die Eiern den Follikeln sah er bei einem 12“ langen Rindsfötus, über deren Entwicklung aber wegen des Körnerreichihums des Fol- likels noch Manches dunkel bleibt. Für alle Theile desselben gilt aber das Gesetz, dass jeder in früherer Zeit relativ zu der ihn unmiltelbar umgebenden Blase grösser ist und immer mehr CLXXV wird, je mehr er wächst, wenn er aber eine bestimmte Grösse erreicht bat, dann relativ immer kleiner wird. Weder bei Hunde-Embryonen aus allen Stadien, noch auch bei neugebor- nen menschlichen Embryonen und unreifen Früchten der spä- teren Monate konnte Ref. bis jetzt einen Röhrenbau der Eier- stöcke unterscheiden. Die Entwickelunug der Graaf’schen Bläs- chen scheint bei menschlichen Früchten sehr ungleich zu er- folgen. Denn während sich bei manchen Neugeborenen reifen Kindern deutliche und grosse Follieuli mit vollständigem Eie ele. finden, zeigten die Mehrzahl der von mir untersuchten Keine Spur davon. Müller’s Archiv 1838. p. 526. Belhn theilt einen freilich nicht von ihm selbst, aber doch unter hinlänglicher Glaubwürdigkeit beobachteten Fall von einem Ovum in ovo bei einem Hühnerei mit. Der Dotter des einge- schlossenen Eies hatte ungefähr die Grösse eines Hanfkornes, und war von Eiweiss umgeben. Die äussere Schaale war im Anfang weich, erhärtete aber später. Casper’s Wochenschr 1838. p. 733. { Einen wieder zweifelhaften Fall von Superfötalion theilt Pertus mit. Revue med. 1838. Mars. p. 425. Dabei erzählt er einen anderen von Dr. Berjaud bei einer Ziege beobach- teten, der mehr für sich hat. Dieselbe wurde in Zeit von 14 Tagen zweimal belegt, und gab in derselben Zwischenzeit zwei und drei ausgetragene Junge. Ueber das Zahlenverhällniss der Geschlechter bei den Ge- burten findet sich ein auf statistische Quellen gegründeler Auf- salz von Girou de Bozareingues in der Revue med. Juin. 1838. Fror. N. Not. No. 163. Moreau will gefunden haben, dass der Ansalz des Nabel- stranges nur im Ylen Monale in der Mitte der Körperlänge sich befindet, sonst immer 8—9 Linien unterhalb der Mitte. Lan- cette Francaise 140. Fror. N. Not. No. 96. Nach Burow findet sich beim menschlichen Fötus ein nach innen gehender Zweig der Vena epigastrica, welcher sich mit einem entsprechenden der ändern Seite verbindet und einen Lu et, der sich mit der Vena umbilicalis kurz vor ihrem i die Leber verbindet. Er hält dieses kleine Gefäss Jasselbe, welches von Carus bei Thieren ohne Nabelstrang die in der Linea alba verlaufende Vena umbilicalis genannt worden ist. Müller’s Archiv 1838, p. 44. Eine historisch litterarische Uebersicht über alle den Na- belsivang betreffenden Punkte, mit einigen eigenen Beobachtun- gen giebt Fleedwood Churchill in dem Edinb. med. and sürg. Journ. 4838. No, 147. p. 281. Nach Robert Lee befinden sich an der Uebergangsstelle der Decidua vera in dieDecidua reflexa, also in der Peripherie Müller's Archiv. 1839, M CLXXVI der Placenla, in der, Reflexa viele, rundliche Oeflinungen: mit zarten ‚Rändern, : welche die Membran schräg durchbohren und zu, den, Zwischenräumen. und Kanälen zwischen den in der Pla- centa enthaltenen Flocken des Chorions führen. Alle stehen mit einander in Verbindung, und Luft oder Quecksilber in eine Ocfl- nung injieirt, dringen sogleich zu den übrigen Oeflnungen heraus, und in jene Zwischenräume ein. Auch die innere Oberfläche der Decidua vera zeigt solche Oeflnungen, und sie führen zu Kanälen, welche in schräger Richtung durch die Membran ver- laufen, in grössere Behälter münden und mit den von Mont- gommery beobachteten blasigen Zotten der Decidua in Ver- biodung stehen. Indem Lee. nun vorausselzt, dass diese mit den Uterinvenen im Zusammenhang sländen, glaubt er, dass das mülterliche Blut durch die Uterinarterien in jene Zwischen- räume zwischen die Flocken des Chorions ia die Placenta ge- führt- werde, und von hier aus, nachdem es diese Flocken um- spült, durch die Kanäle und Oeflnungen der Decidua rellexa in den Zwischenraum zwischen Deeidua reflexa und vera er- gossen, von den Oellnungen in der Decidua vera sodann auf- genommen, und von hier nach den Uterinvenen abgeführt werde, (Lond. med. gaz. Dee., 1838. .p-.334.) Nachdem. wir durch. die Untersuchungen von. E. B, Weber..den Placentarkrei uf so genau. kennen, ist.es;nicht ‚schwer zu; bemerken, wod Lee zu dieser an und für sich schwer zu begreifenden Ansicht ge- kommen ist, Wie ex selbst sagt haben ihn dazu vorzüglich die bei Abortus so häufig zu beobachtenden Blulansammlungen zwischen Decidua reflesa und den Zotlten. des Chorions, und zwischen Deeidua rellexa und vera veranlasst, Allein es ist klar; dass ‚diese Blulergiessungen gerade so oft die. Ursache des Abortus sind. Die Eihäute des’ Menschen, Affen, Hundes und der Kuh sind von Breschet und -Gluge mikroskopisch untersucht wor- den, Chorion und Amnion, haben danach kein. faseriges Ge- webe, sondern gleichen in ihrem Baue sehr den, Epithelium- und Epidermis-Bildungen. In, der Wharton’schen. man Zellgewebefasern. Fror, N. Not. No. 106. - laubt sich hierbei zu bemerken, dass er wahrscheinli haltigen Zellen des Epilheliums des Amnion zuerst g ın abgebildet hat in seinen; Beiträgen zur Lehre von den Eihüllen des menschlichen Fölus’— freilich ohne sie als das, was sie sind, damals zu ‚erkennen. — Liinstitut No. 224. p. 43. Während uns ia Deutschland wohl schwerlich die Frage _ mehr beschäftigen wird, ob die Gefässe der Mutter und des Kindes in directer oder indirecler Verbindung mit einaı der in der Placenta stehen, streiten sich unsere Nachbaren in Frank- reich noch fortwährend darüber. Doch ist es erfreulich zu DD CLXXVIE schen, dass, während ein Mann wie Serres noch neulich den unmittelbaren Zusammenhang behaupten konnte, auch die ent- gegengeselzte Ansicht ihre Vertheidiger findet. Dieses geschieht in einem Aufsatz von Jaqgnemier. Arch. gener. 1838. T. IM. .165. Freilich kennt auch er wieder die deutschen Arbeiten nicht hinlänglich, pamentlich nicht die von Bär und Weber. Owen hat seine früheren Untersuchungen über das Ei der Beutelthiere (Philosoph. Transact. 1834. p. 342.) durch die eines Küngurueies aus dem Uterus vervollständigt. Wenn er damals ein mit dem Uterus in keiner Verbindung stehendes gefässloses Chorion, eine gefässreiche Nabelblase und ein Amnion, aber keine Allantois fand, und deren späteres Hervorkommen nur vermuthete, so hat er jetzt ausser ersteren auch letztere, als eine birnförmige, von den Nabelgefässen durehzogene und mit dem Cliorion in keiner Verbindung stehende Blase beobachtet, Es schliesst sich also auch das Ei dieser Thiere ganz an das aller übrigen Säugethiere an, nur dass hier die Bildungen lang- samer und bleibender sich entwickela, die bei anderen rasch vorübergelien, und daher so oft übersehen oder falsch gedeutet werden. L/institut No. 247. - Rees hat in vier Fällen den Liquor Amnii untersucht, der im $ten Monat mit möglichster Verhütung aller Beimischung durch ein nüle gesammelt wurde. Das speeifische Gewicht an 'h sehr constant 1007— 1008.6. Er reagirte entschie- d Bm Die Analyse gab in 1000 Theilen: MEUNEBHER LT ine on „ont. N IE Eiweiss und Spuren von Fett . - 5,9 Albuminat von Natron 61 Kochsalz 5 war Wo x Extractivstoff in Wasser und Alkohol löslich, Harnstoff und Kochsalz . 4,6 Spuren von Schwefelkalium. Uebrigens zeigte es sich, dass die Zusammensetzung bei ver- schiedenen Individuen verschieden ist. (Lond. med. Gaz, Dee. 2 aaa t darauf aufmerksam, dass sich die Knochen ung auf das ganze Skelett, als auf jeden ein- :Inen K en nicht von dem Centrum gegen die Circumfe- renz, sondern von dieser gegen jenes entwickeln. Zuerst sind die Wirbelbogen da, und dann erscheint der Wirbelkörper, bilden sich die Seil IE Schädels, und dann die le des Keilbeins ele. Er erklärt dann daraus man- che ' des Knochensystems als Bildungshemmungen, a auc ss das Gesetz der Symmetrie und Dualität des eleites darauf berulie, Gaz. med. 1838. No. 3. Fror. N. Not. No. 107. L’institat No. 223. p. 30. « M CLXXVIH Die Frage nach der Bedeutung der Bursa Fabricii 'bei den Vögeln hat Huschke durch die Ermittelung ihrer Bildungs- geschichte aufzuklären gesucht. ‘Er hat sich dadurch überzeugt, dass. die Bursa ebenso eine Ausstülpung der hinteren Wand der Kloake ist, wie die Allantois der vorderen. Auch fand er, dass im: Anfang die Ausführungsgänge der Welf’schen Körper in sie, einmünden, die sich später wieder ven ihr trennen. Er glaubt daher, dass die Bursa für die Wolf’schen Körper und ihr Secret, dieselbe Bedeutung habe, wie die Allaüteis und Harn- blase für die Nieren, dass jene ebenso eine hintere Harnblase sei, wie diese eine vordere, Er vergleicht sie daher mit der Harnblase der Fische, die ebenfalls hinter dem Darm liegt, so wie deren Nieren mit den. Wolf’schen Körpern. Die spätere Trennung der Ausführungsgänge der Wolf’schen Körper von der Bursa erklärt er nach Analogie der Trennung der Uretheren von der vorderen Harnblase bei den Amphibien. Im Ganzen gehört die Bursa zu denjenigen Gebilden, die bei einigen Thie- ren ‚für das ganze Leben bestimmt sind, bei den’ Fischen; bei anderen vorzugsweise im. Föluszuslande fungiren, bei den Vö- geln, wo sie auch bekannter Maassen mit dem Alter immer mehr verschwindet; bei anderen endlich gar nicht zur Ausbil- dung kommt, bei den Säugelhieren. Interessant ist bei dieser Untersuchung die Parallele, welche Huschke zwischen dem Sinus rhombeidalis als Erweiterung des Kanals zwischen den Rückenplatten, und der Kloake als Erweiterung zwischen den Visceralplatten macht. Ebenso ist seine Beobachtung bemer- kenswerlh, dass die Ausführungsgänge der Wolf’schen Körper, von denen die Bildung der ganzen Körper ausgelıt, im Anfang Halbkanäle zu beiden Seiten neben den Visceralplalten des Darmhalbkanales sind. De Bursae Fabricii origine. Jenae 1838. Rathke hat eine zwar nur kurze, aber gründliche Dar- stellung der Entwickelung des Venensystems der Wirbelthiere gegeben, die ein neuer Beweis des ausserordentlichen Talentes dieses Forschers für diese Untersuchungen ist. Es ist leider unmöglich, einen kurzen verständlichen Auszug dieser an That- sachen so reichen Arbeit zu geben, und ich muss mich auf eine kurze Darlegung des Inhaltes beschränken. Die Bildung aller Venen derjenigen Körpertbeile, welche aus dem serösen Blatte der Keimhaut ihren Ursprung nehmen, beginnt mit der Erschei- nung zweier oberer und zweier unterer Stämme aufjeder Seite, die, sich rechts und links in der Nähe des Herzens zu einem kurzen Stamme (Ductus Cuvieri) vereinigen, welche wieder zu einem noch kürzeren Stamme zusammentreten, der sich in die zu dieser Zeit noch einfache Vorkammer des Herzens senkt. Die beiden oberen Stämme werden bei der weiteren Eutwicke- lung die Venae jugulares, mit denen sich ‘die Venen der oberen’ CEXXIX Extremitäten vereinigen, und die Ductus Cuvieri werden: zu der doppelten oder ‚einfachen Vena cava superior. Die beiden un- teren Stämme (Cardinalvenen) bleiben entweder untere Hohl- venen, wie bei den Fischen, oder sie werden Venae renales advehentes, bei Amphibien; oder Schwanzvene bei den Vögeln und Säugelhieren, und der obere Theil bei letztern der obere Theil der Vena azygos und hemiazygos. Aus Anastomosen der Aeste, welche zu diesen beiden Urstämmen von der Wirbel- säule und ihrem Inhalte zusammentreten, entwickelt sich dann ferner ein System von Vertebralvenen bei Amphibien, Vögeln und Säugethieren, welches ursprünglich jederseits: ebenfalls aus zwei oberen und zwei unteren Stämmen besteht, die aber bei den verschiedener Thieren eine sehr verschiedene Metamorphose durchlaufen. . Bei, den Säugelhiereo werden die beiden unteren Vena azygos und hemiazygos, indem sie hier mit den genannten oberen Ueberresien der Gardinalvenen zusammentreten. Sodann verfolgt der Verf. die Entwickelung der Nabeigekrösvene, die von der Nabelblase herkommend anfangs der Hauptstamm, und die Vena mesenterica ein Ast von ihr ist, später aber umge- kehrt ein Ast dieser wird, welche sich bei der Entwieklung de» Leber zum Theil in diese als Vena portarum hineinbildet, mit ihrem oberen Ende aber zum obern Stück der V. eava: inferior wird. Diese, welche in früherer Zeit aus einem Stamme mit zwei in einen spitzen Winkel zusammenstossenden Aesten be- steht, hält der Verf. ursprünglich für einen Auswuchs aus dem vordersten Theile der Nabelgekrösvene; während diese sich aber mit ihrem hinteren Theile immer mehr zur Pfortader ausbildet, tritt die untere Hohlvene immer mehr mit ihrem vorderen in das Herz mündenden Theile in Verbindung, welcher: sich zu- letzt ganz von der Nabelgekrösvene ablöst, worauf die untere Hohblvene ganz von der Pfortader getrennt erscheint, und nur die Lebervenen noch in ihr oberes Ende einmünden. Bei den Schlangen ist die Entwickelung beider Gefässe anders. End- lich verfolgt der Verf. auch die Entwickelung der einfachen oder doppelten Babeivene; welehe von der Allantois ihren Ursprung nimmt, und sich bei verschiedenen Thieren sehr verschieden verhält. Bei Fischen fellt sie. bei der Natter und bei Vögeln iebt sie keine Aeste an die Leber, sondern mündet, an ilır worbeigehend, bei jener in die untere Hohlvene, bei dieser in das obere Ende der Nabelgekrösvene, welches ebenfalls zur un- teren Hohlvene wird. Bei beiden fehlt daher ein Ductus ve- nosus Arantii. Bei den Säugelhieren gelit die Nabelvene eben- falls in früher Zeit an der Leber vorbei, und mündet in den- nigen obero Theil der Nabelgekrösvene, welcher zum oberen de der unteren Hohlvene wird, bald aber bildet. sich zwi- CLXXX schen ihr und dem unteren Theile dieser Nabelgckrösvene, welcher Pfortader wird, eine Anastomose aus, durch welche also das Blut der Nabelvene ebenfalls in die Leber fliesst, wäh- rend ihr oberes Stück Ductus venosus wird. Die merkwürdige Verbindung der Venen der Allantois mit den Venen der vordersten Theile der Bauchhöhle, glaubt Rathke, werde durch Venenneize eingeleitet, welche er an beiden Seiten der Rumpfhöhle bei jun- gen Embryonen bemerkte, die später verschwinden, während die Nabelvene, als aus ihnen entstanden, immer stärker wird. (Dritter Bericht über das naturwissenschaftliche Seminar: der Universität zu Königsberg. 1838.) Auch für die vergleichende Anatomie des Venensystems der ausgebildeten Thiere ist übri- gens diese Arbeit sehr wichtig und inbaltsreich. Rathke hat an Embryonen von Schlangen, Vögeln und Säugetbieren bemerkt, dass, wenn durch Schliessung der Rük- kenplatien die Höhle für die Nervencentra, und durch Schlies- sung der Bauchplatten die Höhle für die Eingeweide provisorisch * geschlossen ist, die Bildung der bleibend diese Höhlen nachher einschliessenden Knochen und Muskeln nicht etwa durch Ver- diekung oder Ablagerung zwischen den Blättern jener Platten erfolgt, sondern dadurch, dass sie von ‘dem Primitivstreifen aus als neue Bildungen von beiden Seiten gegeneinander wachsen, und endlich auf der Mittellinie binten und vorne aufeinander stossen. Der früher vorne die Brust- und Bauchhöhle verschlies- sende häutige Theil der Bauchplatten, die er die untere Verei- »igungshaut. Membr. reuniens inferior, nennt, verschwindet da- bei durch Contraclion und Resorption. Der die Rückenplatten dagegen vereinigende häutige Theil, die obere Vereinigungshaut, Membr. reuniens superior, nimmt Anfangs, während sich von dem Primitivstreifen aus die Wirbelbogen entwickeln, weder ab noch zu, später scheint er aber wirklich mit indie Bil- dung der bleibenden Theile hereingezogen zu werden. Von diesem Verhalten der, Rücken- und Bauchplatten anfangs ver- einigenden Theile hat sich Rathke durch die Beobachtung des Verhaltens des Gefäss- und namentlich des Venensystems, und der Entwicklung der Wirbel, der Rippen und des Brusibeines; welches letztere aus zwei Slücken zusammenwächst, überzeugt Müller’s Archiv 1838. p. 361. Naeh Rathke bildet sich die Glandula pituitaria als-eine Ausstülpung ganz hinten aus der Mundhöhle unterhalb, der ©rundfläche des Schädels unter dem hintersten Theile des Hirn- trichters, -deingt durch das Bildungsgewebe schräg nach oben _ und etwas nach hinten, und stellt zu einer gewissen Zeil eine kurze blinde Röhre mit weitem Eingange dar. Später sehnürt sich das Röhrchen von der Mundhaut ab, und verwandelt sich, 'ELXXXE selbst in eia mässig diekwandiges Bläschen, welches zum Hirn- auhange wird. Müll. Arch. 1838. p. 482, Das äussere Ohr, die Trommelhöhle und die Eustachische Röhre entwickeln sich nach Günther übereinstimmend mib früheren Beobachtungen aus der ersten Kiemenspalte, welche sich schliesst und mit dieken Wänden umgiebt. Es zeigen sich. dann zunächst zwei Grübchen, ein inneres und eia äusseres. Leizteres wandelt sich in das äussere Ohr und den äusseren Gehörgang um, ersteres in die Trompele und Trommelhöhle. Die Gehörknöchelehen entwickeln sich aus dem ersten Kiemen- bogen, der sich zu einem Knorpelstreifen ausbildet, welchen. die Trommelhöhle in sich aufnimmt: Es theilt sich derselbe nämlich in drei Theile: der hinterste verschwindet, der mittlere wird zum Steigbügel und Ambos, der dritte zum Meckel’schen Fortsatze und Hammer. Die Geliörmuskeln, welche der Verf. mit den Zwischenrippenmuskeln vergleicht, will er schon im 40wöchentlichen Embryo erkannt haben. Der Trommeltellring soll sich aus einem sich ablösenden Fortsalz des zweiten Kie- menbogens bilden. Günther Diss. de cavitatis tympani eb parliom adhaerentium genesi in hominibus: Dresdae 1838. Reichert hat es unternommen, in einem grösseren Werke eine Deutung der Schädelknochen der Wirbelthiere nach den Entwickelungsgeselzen der Kopfknochen zu geben. Er hat zu diesem Zwecke zunächst die Entwickelung des Schädels bei ei- ner Wirbelthier- Abtheilung, nämlich "bei den nackten Amphi- bien, bei Frösehen und Tritonen verfolgt, und diese Untersu- ehüngen machen die erste Ablheilung seines Werkes aus. Aus den hier aufgefundenen Gesetzen, in Verbindung mit den be- kannten Verhältnissen der Entwickelung des Schädels der Vögel und Säugethiere, und mit den Daten’ der vergleichenden Unter- suchung der ausgebildeten Schädel aller vier Wirbelthierklasseny stellte er dann in der zweiten Abtheilang Deutungen dieser Sehädel.auf, die allerdings von den bisherigen in vielen Stücken bedeutend abweichen. , Indessen finde ich es unmöglich, auf eine diesem Orte angemessene kurze und verständliche Weise dieselben wiederzugeben, und muss daher auf das Werk selbst auweisen. Nur so viel sei erwälnt, dass auch Reichert den Wirbeltypus im Schädelbaue anerkennt, und drei Schädelwirbel in mit oberen und unteren Bogenstücken annimmt, Diese unteren Bogen bilden die sogenannten Kiemenbogen, seine Vis- eeralbogen, deren Metamorphose namentlich auch hier ‘wieder überall verfolgt ist. Die übrigen Knochen aber, welche nicht sireng in diesen Wirbellypus hineinpassen, erfahren eine von der bisherigen oft sche abweichende Deutung, zu deren Andeu- kung bier als Beispiel genügen mag, dass der Verf; einen 'gros- sen Theil der bisherigen sogenannten Kopfkuochen der Gräten- CLXXXU fische für zum Hautskelelle gehörig hält. Bedenkt man: aber, wie vergeblich bis jetzt die sorgfälligsten und scharfsinnigsten Bemühungen gewesen sind, auf andere Weise die Kopfknochen der verschiedenen. Wirbelthiere, trotz dem richlig erkannten Typus, auf eine genügende Weise zu deuten, so muss ‚dieser neue Weg des Verf. aus der Entwickelungsgeschichte. die -Auf- gabe zu lösen, alle Aufmerksamkeit und Anerkennung finden, Dr. C©.B. Reichert vergleichende Entwickelungsgeschichle des Kopfes der nackten Amphibien, nebst den Bildungsgesetzen des Wirbelthierkopfes im Allgemeinen ete, Königsberg 1838. 4to. Mit 3 Tafeln. Ueber Fortpflanzung und Entwicklung der Batrachier fin- det sich im Sten Bande der Histoire complete des Reptiles von Biberon und Dum£ril ein Kapitel, welches aber nur das " schon Bekannte enthält. Ausgezogen in den Comptes rendus 27. aout 1838. No. 9. und in Fror. N. Not. No, 164. u. 165. Dr. Fries hat eine interessante Beobachtung über die Jungen von Syngnalhus ophidium gemacht, nach welcher dieselben einer den Batrachiern ähnlichen Metamorphose unterliegen. Die Jun- | gen zeigen nämlich in den ersten Tagen nach dem Auskriechen | Brust- und Schwanzflossen, wovon die Alten keine Spur be- sitzen, die sie also im Verlaufe ihrer Entwickelung walırschein- lich verlieren, wie die ‚Froschlarven ihren Schwanz. Wieg- mann’s Archiv. 1838. p. 251. Von Herold’s mühevollem Werk: „Untersuchungen über die Bildungsgeschichte der wirbellosen Thiere im Eie“ ist die zweite Lieferung erschienen, mit Tafel 6, 7, 8, 9, 10 und 14. Tafel 6 und 7 stellen die Veränderungen dar, welche an dem Eie des Seidenwurmspinners, sowohl an dem befruchteten. als an vielen unbefruchtelen, von dem Momente des Legens an bis dahin, wo sie den ganzen Winter hindurch mehr oder weniger unverändert ‚bleiben, erfolgen, Dieselben stellen vorzüglich die Hervorbildung und verschiedene Gruppirung der Dotterkörner und die erste Entwickelung des Embryo dar. Es ist dem Ref. aber unmöglich, aus der Beschreibung der Figuren ein kurzes verständliches Resultat zu geben, da der Verf. selbst kein sol- ehes giebt, und eigene Erfahrungen ihm fehlen, um dasselbe aus den Abbildungen zu entnehmen. Die Bildung und. Ent- wicekelung einer Keimhaut und Darstellung eines Verhältnisses des Embryo zu derselben ist nirgends gegeben. Interessant ist es aber, dass auch die unbefruchteten Eier sich ebenso ent- wickeln, als die befruchteten, bis zum Auskriechen des Seiden- wurms, welches der unbefruchtele nicht vollbringt, sondern abslirbl; also eio neuer Beweis der wunderbaren Wirkung einer früheren Befruchtung durch eine zweile Generation hindurch. Die 8., 9. und 10, Tafel stellen die Bildung und Metamorphose CLXXXUL der Keimhaut von Sphinx ocellata dar, bis zum 'Aufirelen des Embryo, auf deren Entdeckung der Verf. einen sehr hohen Werth‘ legt. Das wichtigste Resultat ‚derselben möchte sein, dass der Embryo hier bei den Schmelterlingen nieht wie bei den Spiunen und Krabben dem Dotter den Rücken, sondern wie bei den Wirbeltbieren die Bauchseite zukehren soll. Aus- serdem sollen weder Keimhaut noch Embryo jemals mit dem Dotter in irgend einer anatomischen Verbindung mit einander stehen, sondern nur durch Contiguiläl aneinander gränzen. Auch über diese Darstellung kann sich übligens Ref, kein Urtheil er- lauben, da ihm eigene Erfahrungen fehlen; doch kann er nicht unterdrücken, dass er sowohl auf diesen Tafeln über das Ei von Sphbinx ocellata, ‚als auch auf den beiden vorhergehenden ein Gebilde dargestellt findet, welches auffallend einer Keim- scheibe und Keimschicht anderer Eier ähnlich sieht, aber nicht in die Entwickelung des von dem Verf. als Keimhaut darge- stelllen Gebildes mit eingeht, sondern von demselben nur kurz als ein Theil berührt wird, dessen Bedeutung unbekannt: sei! Endlich die 14. Tafel, deren Ausführung dem Verf, sehr grosse Mühe gekostet hat, die aber dennoch keinesweges zu den ge- lungenen zu rechnen ist, stellt die Fortsetzung der Entwicke- lung des Schmeissfliegeneies des ersten Heftes, von der dten bis zur 12ten Stunde nach dem Legen dar. Bei diesem soll umgekehrt wie bei dem Schmellerlingsei die Keimhaut. den Dolter einschliessen, derselbe also unmiltelbar io die Bildung des Embryo mit eingehen, analog anderen Thieren, bei denen der Dotter ebenfalls in den Darm übergeht. Die Zeit und fer- nere Untersuchungen werden lehren, in wielern diese wit eisernem Fleisse und Beharrlichkeit durchgeführten Beobachtun- gen des Verf,, von deren Unfehlbarkeit und Wichtigkeit er im Gefühle seiner Bemühungen durcehdrungen ist, richlig und zu irgend einem Ziele führend sind oder nicht, Mit Bedauern fin- det man aber überall eine sehr gehässige und persönliche Po- lemik gegen R. Wagner, der dieses io einer Kritik der ersten Lieferung bezweifelt hat, und gegen alle neueren feinereren Un- tersuchungen über Ovologie, die auf den Gebrauch des Mikros- kops gegründet sind, welches der Verf. zu diesen Gegensländen oz verwirft, und namentlich alle Forschungen über das Keim- und seine Bedeutung als Hirngespiunste und Nullitäten ch zurück weiset, het hat die interessante Beobachtung gemacht, dass der Dolter des Eies der Lymnäen in dem Augenblicke, wo das- selbe gelegt wird, aus 6 dicht aneinander liegenden Zellen zu- sammengeselzt ist, deren jede „4, bis r3, eines Millimeters im chmesser haben. Während der ferneren Entwickelung iso- sich diese Zellen vollständig von einander, und es. entsle- © CLXXXIV “ hen in den Zwischenräumen derselben bald neue Zellen, wo- durch der Dotter nach 24 Stunden die Form einer Erdbeere erhält, während auch der Durchmesser der Zellen sich bis auf 1°; bis 75% eines Millimeters vermehrt. Diese Zellen sollen dann auch die Leber, den Eierstock oder den Hoden bilden, lange vorher ehe noch der Darmkanal erscheint (?). Diese Beobachtung schliesst sich auf das vollständigste an ‘die von Schwann über die Zellenbildung der Keimhaut des Vogeleies und des Ref. über‘ die Entwickelung der Keimblase des Säuge- thiereies an. Fror. N. Not. No, 138. L’institut No. 222. Ann. des sc. nat. Tom. X. p. 69. Milne Edwards hat eine zur Entwickelungsgeschiebte des Limulus gehörige Beobachtung gemacht. Wenn dieselben nämlich schon reif zum Auskriechen aus den Eiern sind, so gleicht der Cephbalothorax ganz dem der Alten;‘ der Hinterleib aber trägt nur drei Paar Anhänge, und der bei den Erwachse- nen so ebaracteristische lange Schwanz fehlt noch ganz. L’in- stitut No. 258. p. 397. Ueber die Entwickelung der Scesterne hat Sars interes- sante Beobachtungen gemacht. Wigmann’s Archiv. II. p.404. Er hat nämlich junge, eben ausgekrochene Seesterne (Asterias sanguinolentus) beobachtet. Sie stellten sehr kleine rundlich flachgedrückte rothe Thierchen dar, die an ihrem vorderen Ende 4 kurze keulenförmige Arme besassen, welche wahrscheinlich mit Cilien besetzt, ibre Bewegungsorgane waren. Nach Verlaaf von 12 Tagen fingen die fünf'Strahlen an, aus dem bisher rund- lichen Körper hervorzuwachsen, und noch nach 8 Tagen zeig- ten sich an jedem derselben zwei Reihen der röhrenförmigen Füsse. Nach einem Monate verschwanden die 4 Arme, und das Tbier hatte nun seine bleibende Gestalt. Schon im Jahre 1836 halte v. Siebold Beobachtungen über die erste Entwickelung der Eier von Medusa aurita ge- macht (Fror. Not. Bd. L. No. 108t.). Es ging daraus hervor, dass auch in den Eiern dieser Thiere zunächst nach Verschwin- den des Keimbläschens die Furchungen des Dotters eiutrelen, die man zuerst an den Froschlarven kennen gelernt hat, und höchst wahrscheinlich mit dem Zellenbildungsprocess in Verbin- dung stehen. An der Oberfläche der Dotterkugel zeigen sieh dann Wimperhaare, das ganze Ei nimmt eine eylindrische Form an, und bewegt sich schnell und drehend im Wen, vo da es ganz den leucophrysarligen Infusorien gleichkommt »lzb nun hat v.Siebold die zweite Entwiekelungsstufe dieser Thiere beobachtet. Er sah nämlich, dass, nachdem die Eier in jenem ersten Zustande einige Tage frei umhergeschwoninen sind, sie sich dann mit ihrem dickeren, mit einer Grube versehenen Ende au einen Gegensland fesiselzen, und sich dann nach und nach CLXXXV in ein Sarmiges polypenarliges Thier ‘verwandeln. ' Die Arme wachsen nach und nach hervor, erst 2, dann 4, dann 8, sind mit Wimperhaaren besetzt, und dienen als Fangorgane für In- fusorien, von denen sich die Meduse nährt, indem sich auch an dem nicht festsitzenden Ende des Thieres ein Maul und eine Magenhöhle gebildet hat. Die weitere Entwickelung ist noch unbekannt; doch glaubt v. Siebold nicht, dass die von Sars aufgestellte Gattung Strobila octoradiata eine Ent wickelungsform der Medusa aurita sei. Fror. N. Not. No. 166. Einen Beitrag zur Entwickelungsgeschichte der Crustaceen hat Capitain Dunian gegeben. Er beobachtete nämlich Eier von Garneelenkrebsen (Crevetle commune), und salı aus den- selben kleine durchsichlige, von den Erwachsenen sehr ver- schiedene Thierchen auskriechen, die während der drei Tage, wo er sie am Leben erhielt, mehrere Veränderungen crlilten. Linstitut No. 245. p. 296. Dujardin hat einige Beobachtungen über die Eier und den sich in denselben bewegenden Embryo von Taenia eueum- merina und serrata gemacht, Der Embryo der ersteren besitzt sechs symmelrisch und paarweise gestellte Häkchen, die sich ke bewegen. Dujardin hält sie für eine Art chlandkiefer, die sich auch beim erwachsenen Thiere im Schlunde finden. Unterhalb der Haken befinden sich beim Embryo zwei drüsenartige Körperchen. Jedes Glied der Taenia enthält 4—22 Eier, welche durch eine eiweissartige Masse zusammengehalten werden. Die Eier von Taenia serrata dage- gen siod alle isolirt, in ungelieurer Menge vorhanden, und ha- ben eine so feste Hülle, dass Dujardin sie wohl für geeignet hält, nach aussen abgesetzt, alle Schicksale zu erfahren, um wieder in ein anderes Individaum zu gelangen. Ann...des sc, nat. T. X. p. 29. mit Abb. Linst. No. 240. p. 249. Der schon im vorigen Jahresbericht erwähnten Arbeit von Donne über die Fraueomilch sind mehrere neuere über den- selben Gegenstand gefolgt. So hielt zunächst Tarpin über die Milchkügelehen, ihre Organisation, Keimen und Umbildung einen Vortrag in der Pariser Akademie der Wissenschaften. Fror. N. Not. No. 96. Sie bestehen nach ilım aus zwei ineinander steckenden farblosen Bläschen, von denen das Innere den öl- tofl' enthält. “Jedes Kügelchen hat sein individuelles ‚delinen sich aus, keimen und verwandeln sich in wächse. Wenn man nämlich den Rahm sich selbst übe: ‚ so wachsen aus diesen Kügelehen kleine schönweisse Büschel eiver byssusartigen Vegetation, die bald Srucliheiren, stellenweise grün werden, und nun den gewöhnlichen Schim- mel darstellen. Bei dem Buttern werden die Hüllen der Kü- en mechauisch zerrissen, so dass die fetligen Bestandiheile CLXXAVI sich ‘oben untereinander verbiaden, während die übrigen in.den Molken niederfallen.. Turpin untersuchte auch noch die krank- haften Veränderungen, welche die .Milchkörperehen während ‚einer ‚Entzündung der Brustdrüse erfahren. Er fand es: zuerst auffallend, dass die grünlich ‘graue Flüssigkeit auch nachdem sie'14 Tage bei 20° an der Luft gestanden, noch keinen fau- ligen Geruch entwickelte. Von den Milchkügelchen waren man- che gesund, manche wie abgeslorben, an ihrer Oberfläche grün- lich und gleichsam welk geworden. Auch stellte sich an die- ser nicht die gewöhnliche Entwickelung zu Schimmel ein, son- dern sie schienen ihre Keimfähigkeit eingebüsst zu haben. Statt dessen erfolgte eine Ausstossung des inneren Bläschens, die aber auch zu keiner regelmässigen Entwickelung kamen. Fror. N. Not. No. 114. Le Temps 1838. 7. Mars. WIastitut No, 223..p: 8. N..225. p: 94: Eine andere umfassendere Arbeit lieferte Dr. Franz Si- mon: Die Frauenmilch nach ihrem chemischen und physiolo- gischen Verhalten dargestellt. Berlin 1838. Dieselbe zerfällt’ in zwei Abtheilungen, deren erste von dem chemischen Verlalten der wiehligsten Bestandtheile der Frauenmilch in Vergleich mit der Kuh- und ‚Hundemilch handelt. Die zweite handelt von den Veränderungen, welche die Milch durch die Natur des Er- nährungsprocesses, durch die Lebensweise, Krankheit der Mut- ter und den Genuss von besonderen Substanzen, namentlich Arzneimitteln erleidet. Die Resultate dieser Untersuchungen las- sen sich niebt in der hier nölhigen Kürze mittheilen. Von der in der ersten Abtheilung berührten mikroskopischen Analyse muss nur hervorgehoben werden, dass der Verf. die. von Donne& beschriebenen eigenihümlichen Körperchen in dem Co- lostrum, die sogenannten Corps granuleux nicht finden konnte, was derselbe auch noch in einem neueren Artikel in diesem Journal 1839 p. 10. besonders bestäligte. Unter den Resultaten des zweiten Abschniltes ist besonders auffallend, dass stark wir- kende mineralische Substanzen in die Milch nicht übergehen, dem Säugling aber auch nicht mitgelheilt werden können, in- sofern dieses früheren Angaben und daraus gezogenen pracli- schen Folgerungen widerspricht. Gegen die erstere Behauptung sind nun bereits mehrere, und wie es scheint, gegründete Ein- würfe gemacht worden. Zuerst hat nämlich Donne st seine Beobachtung aufs neue bestätigt (dies. Arch. 1839 p. 182.), und Güterbock durch sein Zeugniss bekräftigt (ebend. p. 184.). Dann hat sich auch Mandl (ebendas. p. 250.) für das Vor- handensein der Corps granuleux ausgesprochen, obgleich er sie nicht für wesentliche Elementartheile der Milch, sondern für zufällige Conglomerate kleiner in der Milch vorhandener Kü- gelcben hält. Endlich hat auch Simon selbst (ebendas. p. 187.) 7 CLXXXVI das Vorhandensein dieser Bestandtheile des Colostrum nach neueren Beobachtungen zugegeben. Zuletzt hat Henle die Milch ebenfalls mikroskopisch untersucht, dessen Resultate ich hier der Vollständigkeit wegen mit aufoehme, obgleich sie in das folgende Jahr gehören. - Nach ihm finden sich Donne’s Corps granuleux wirklich in dem Colostrum der Frauen 14 Tage vor und 7 Tage nach der Entbindung. Sie messen im Mittel 0.0111“, sind aus kleinen runden Kügelchen zusammengesetzt, die in eine weichere schwachkörnige Masse eingelagert sind. Letztere wird durch Zusalz einer hinreichenden Quantilät Es- sigsäure aufgelöset, wobei sich die kleinen Körnchen zerstreuen, man sich aber auf das Bestimmieste überzeugt, dass sie keine sie umhüllende Membran besitzen, also keine Zellen sind. Die Milchkügelchen sind dagegen nach Henle im Colostrum und in der Milch gleich gebildet; auch finden sich in der ge- sunden Milch keine Schleimkügelchen, wie Donne& angab. Essigsäure bringt an den Milchkügelchen die merkwürdige Ver- änderung hervor, dass sich an ihnen kleine Kügelchen bilden, so dass sie sich in eine kurze Perlenschnur verwandeln, welche nun die grösste Aehnlichkeit mit den Gährungspilzen des Biers und Weines hat. Er glaubt daher, dass Turpin hierdurch zu der Ansicht verleitet worden ist, dass die Milchkügelchen keim- ten und sich in Schimmel verwandelten, indem derselbe diese Veränderung der Milchkügelchen durch die sich in der Milch selbst entwickelnde Essigsäure beobachtet habe. Den sich wirk- lieh auf der Milch bildenden Schimmel leitet Henle aber von den die Schimmelbildung und Gährung überhaupt bedingenden Elementen ab, die durch die almosphärische Luft verbreitet: werden. Das Verhalten der Milchkügelchen zur Essigsäure be- weiset aber auch noch, dass sie eine eigene membranöse Hülle besitzen, welche die Essigsäure auflöset. Sie sind also nicht einfache Feltmolecule, sondern Zellen mit einem Inhalte. Die- beweiset auch noch ihr Verhalten zu Aether und Alkohol, :lche sie nicht auflösen, bis die Essigsäure die Hülle gelöset Leiztere scheint aber eben deswegen aus Käsesloff zu be- stellen. Fror. N. Not. No. 223. P A in besonderer Bericht über die neueren Leistungen in der logie der Sinne von Tourtual erscheint im Archiv 1840. “ ”n " «hl BERICHT über die Fortschritte der mikroskopischen Anatomie im Jahre 1838, Vom Herausgeber"). Es ist schon ım vorigen Bericht der neueren Beobachtungen über das Zellenleben und die Entwickelung der Zellen ge- dacht worden. Hier ist der Ort, sie im Zusammenhange anzuführen. Die neuere Physiologie der Pflanzen hatte be- reits zum Resultat, dass die verschiedenen Bildungen des Zell- gewebes, der Fasern, Gelässe und Spiralgefässe sich in der Ent- wickeJung auf Zellen reduciren lassen. Die Entstehung der Zellen ist nun durch eine wichtige Entdeckung von Schleiden (Müll. Arch. 1838 p. 137.) aufgeklärt, Sie geht vbn dem Zelleukern R. Brown’s aus, welchen Schleiden daher Cy- toblast nennt. Seine Farbe ist meist gelblich, seine innere Stru- etur'granulös, Schleiden hat im Innern des Cytoblasten noch einen Kern, das Kerakörperchen, entdeckt, welcher bald als Fleck, bald als holiles Kügelchen erscheint. Cytoblasten bilden sich frei innerhalb der Zellen in einer Masse von Schleimkörn- chen; sobald sie ihre völlige Grösse erreicht haben, erhebt sich auf ihnen ein feines durchsichtiges Bläschen, die junge Zelle, das auf dem flachen Cytoblasten wie ein Uhrglas auf einer Uhr *) Der bereits für die pathologische Anatomie stattgefundene, und nun auch auf andere Zweige der Anatomie und Physiologie ausge- dehnte Antheil ausgezeichneter Gelehrten an den Berichten gewährt mir wie eine erwünschte Erleichterung so auch eine grössere Beruhi- gung über die Ausführung derselben, und sichert ihnen eine grössere Vielseitigkeit. #*- CLXXKIX anfsitzt; indem es grösser wird, erscheint der Cyloblast als ein in einer der Seitenwände der jungen Zelle eingeschlossener Kör- ; seine Bedeckung an der innern Seite ist nur äusserst fein und gallertig, und nur sellen zu beobachten, wird auch bald resorbirt, zugleich mit dem Cyloblast. Die jungen Zellen lie- geu frei in der Multerzelle und nehmen, indem sie sich gegen einander abplalten, die polyädrische Form an. Schwann’s Entdeckungen *) über die Zellen der Thiere und Hie primitive Uebereinstimmung der Structur der Thiere und Pflanzen beste- hen nun in der Hauptsache in Folgendem. In derChorda dorsalis, deren zelligen Bau ich bereits vor längerer Zeit nachgewiesen, fand derselbe die Kerne der Zellen. Jede Zelle der Chorda dorsalis des Pelobales fuscus hat ilıren scheibenförmigen Cytoblasten, welcher an der inneren Wand der Zelle anliegt; in diesem Scheibehen sieht man einen, selten 2 öder 3 scharf umschriebene Flecke. Innerhalb der Zellen der Clorda dorsalis bilden sich frei liegende junge Zellen wie bei den Pflanzen. Die primilive Bildung der Knorpel ist nach Schwann’s Beobachtungen ganz zellig. An der Spitze des Knorpels der Kiemenstrahlen der Fische sieht man kleine polyädrische, dicht | aneinander liegende Zellenhöhlen mit äusserst dünnen Scheide- | änden. Diese Zellen haben einen runden, körnigen Kern. egen die Milte des Kiemenstrahls sieht man die Zwischen- “ wände der Zellenhöhlen allmählig dicker. Rückt man weiter | gegen die Wurzel des Strahles fort, so hört die Unterscheid- rkeit der besonderen Zellenwände auf, und es bleibt nur das Ansehen einer homogenen Substanz übrig, in der nur einzelne kleine Höhlen vorkommen; nur um einzelne Zellenhöhlen sieht an einen Ring als Spur der eigenthümlichen Zellenwand, so die ganze Zwischensubstanz der Zellenhöhlen nicht. von” elleuwänden gebildet sein kann, sondern die Intercellular- hier wesentlich zur Bildung der Knorpelsubstanz bei- Diese Intercellularsubstanz war schon zur Zeit, wo die enwände sich noclı berührten, hier und da als ein drei- ‚ckiger Zwischenraum dreier sich berührender Zellen wahrnehm- Die Knorpelbildung beruht hier theils auf der Verdiekung lenwände, theils auf der Intercellularsubstanz; bei den ‚der höheren Thiere wurde die Verdickung der Zel- ände nicht beobachtet, und die Haupimasse des späteren scheint der entstandenen Intercellularsubstanz anzuge- in die Kuorpelzellehen mit einigen Generationen liegen *) Fror. Not. 41838 Nr. 91. 103. 418. Schwann: Mikrosko- pische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Structur und dem Wachstum der Thiere und Pllanzen. Berlin, 1838. CXC bleiben. Die, Entwickelung der Zellen auf die Weise wie, bei den Pflanzen wurde ‘an den Kiemenknorpeln der Larve von Pelobates fuscas beobachlet, deren Zellen theils blosse Kerne, theils' kleinere Zellen mit einem gleichen Kern an der inneren Wand, und wenig grösser als der Kern selbst, theils noch grös- sere Zellen enthalten, so dass alle Uebergangsstufen ein voll- ständiges Bild der Entwickelung der Zellen lieferten. Der Pro- cess der Knörpelbildung geht, wie es scheint, ohne Antheil von Blutgefässen auf eine dem Pflanzenwachsthum analoge Weise vör sich. Was die nach der Össification siebibaren Corpuseula radiata der Knochen betrifft, so ist die Bildung ihrer Kanälchen noch nicht klar. Je nachdem die Knorpelkörperchen die Höh- len der Zellen sind, deren verdickte und unter einander mit der Intercellularsubstanz verschmolzene Wände die Knorpelsubstanz bilden; oder je nachdem die Knorpelkörperchen die ganzen Zel- len sind und die Zwischensubstanz der Zellenhöhlen nur die Intercellularsubstanz ist; wären diese Radien nach Schwann entweder Kanälchen, die von den Zellenhöhlen in die verdick- ten’ Zellenwäode eindringen, oder Verlängerungen der Zellen in die Intercellularsubstanz. Im 'erstern Falle würden diese Ka- nälchen mit den Porenkanälchen der Pflanzenzellen zu verglei- chen sein; im zweiten würden sie Verlängerungen der‘ Pilan- zenzellen entsprechen. Schwann ist das leiztere wahrschein- licher. Ausser der Bildung junger Zellen in schon vorhandenen Zellen unterscheidet Schwann bei den Thieren auch noch die Bildung neuer Zellen ausser schon vorhandenen Zellen in einer zur Zellenbildung geneigten siructurlosen Substanz, Oytoblastema. Gewöhnlich scheint sich dabei auch zuerst der Kern, und dann um diesen die Zelle zu bilden. Bei vielen thierischen Geweben "entstehen die neuen Zellen ausser den. schon vorhandenen. In dem einen Fall befindet sich das Cyloblastem in, in dem an- dern ausser den schon vorhandenen Zellen, i Ueber das Ovulum als Zelle lehren Schwann’s Beobach- tungen Folgendes: Das im Graaf’schen Follikel enthaltene Ovulum ist in einer Körnerschicht eiogebellet. Diese Körner sind Zellen mit einem Kerne an ihrer innern Wandfläche, mit ein oder zwei Kernkörperchen. Die Entstehung der Zellen er- folgt in der Flüssigkeit des Graaf’schen Follikels ali@fühemn Keimstoff. Bei dem’ selbstständigen Leben der Zellen ist es leicht ersichtlich, ‘wie diese Zellen, wenn sie mit dem Eichen in den Ulerus gelangen, sich zu anderen Gebilden, wie etwa das Chorion, weiter entwickeln können. Ueberall besitzt das Eichen eine äussere structurlose Haut, mag sie Chorion oder Dotterhaut sein, und immer ist deshalb das Eichen eine Zelle. Die Dollerzelle enthält als Zelleninhalt die Dottersubstanz, und CXcI » an ihrer innern Fläche das Keimbläschen mit dem Keimfleck: Ist das Keimbläschen eine junge, innerhalb der Dotterzelle ent- standene Zelle, so ist es wahrscheinlich die wesentlichste Grund- lage des Embryo, ist es aber Kern der Dotterzelle, so ist mit der Bildung der Dotterzelle seine Bedeutung erloschen, und nach der Analogie der meisten Zellenkerne muss es später ent- weder ganz resorbirt werden, oder nur rudimentär eine Zeit lang fortbestehen, ohne irgend etwas Wesentliches zu bilden. Die Entscheidung dieser Frage ist für jetzt noch nicht möglich. Die Dotterkugeln des Vogeleies sind Zellen von zweierlei Art. Die Dotterkugeln der Dotterhöhle, des Dotterkanals und des Kerns des Halnentritts enthalten in sich eine kleinere Kugel. Die übrigen Zellen sind grösser und haben einen körnigen Inhalt, sie zerplatzen vom Wasser und lassen ihren Inhalt aus. An- fangs enthält der junge Dotter nur die Dotterhöhle mit ihren Zellen, die eigentliche Dottersubstanz mit ihren Zellen existirt noch nicht. In etwas grösseren Eiern des Eierstocks liegt um die Zellen eine Lage gelber Dottersubstanz, und um diese wie- der eine Zellenschicht. Die gelbe Dottersubstanz hat sich da- , her zwischen einer äussern membranartigen Zellenschicht und - den inneren Zellen gebildet. Der scheibenförmige Keim besteht aus Kugeln von ungleicher Grösse mit körnigem Inhalt.. Der Keim eines 4 Stunden bebrületen Eies enthält auch noch solche Kugeln. Nach 8 Stunden wird die äusserste Schicht schon von äusserst blassen kernlosen Zellen gebildet. Darunter liegen ie Kugeln der unbebrülteten Keimhaut. An einem 16stüudigen i ist das seröse Blalt aus Zellen zum Theil mit Kern der Wand und ein oder zwei Kernkörperchen gebildet. Die Zellen enibalten ausserdem eine Flüssigkeit und kleine Köruchen mit eeularbewegung. Diese Zellen begränzen sich bald polye- drisch. Valentin kannte die Kerne dieser Zellen. Das Schleim- bi t besteht aus Zellen mit durchsichtiger Flüssigkeit und Körn- en, Fast in jeder zeichnet sich eine oder auch mehrere mit hr dunkela Conturen aus, wie in den Zellen der Dotterhölile. Diese Zellen liegen locker in einer structurlosen Intercellular- subslanz als ihrem Oytoblastem. Die ersten Rudimente des Eın- bryo bestehen theils aus kleinen kernlosen Zellen, theils aus bl Zellenkernen mit Kernkörperchen. ie Gewebe des thierischen Organismus theilt Schwann hung auf ihre Entstehung in 5 Klassen: 1) isolirte selbst- Zellen, die entweder in Flüssigkeiten sich befinden lose und beweglich nebeneinander liegen; 2) selbst- ständige Zellen, zu einem zusammenbängenden Gewebe Test an einander gelagert; 3) Gewebe, in denen die Zellenwände, nieht aber die llenhöhlen mit einander verschmolzen sind; 4) Faserzellen, wo selbstständige Zellen sich nach einer oder Müller's Archiv. 1839, N cxcu mehreren Seiten in Faserbündel verlängern; 5) Zellen, bei de- nen. die Zellenwände und Zellenhöhlen mit einander verschmol- zen sind. Zur ersten Klasse gehören die Blutkörperchen, deren bläs- chenartige Natur C. H. Schultz bewies, deren Kern. nach dem Aufschwellen von Wasser, wie Schwann bemerkt, an der innern Wand sitzen bleibt, und deren Zelleninhalt der rothe Färbestoff ist; ferner die Lymphkörpereben, die Schleimkörper- chen und Eiterkörperchen. . Alle diese sind Zellen mit. Kern. Zur zweiten Klasse gehört das Horngewebe, Pigmentge- webe und Gewebe der Crystalllinse. Die Zellen sind. selbst- sländig, wenn auch ihre Wände zuweilen verschmelzen. 4) Epithelium. Meist runde Zellen mit einem Kern, der an ihrer innern Fläche anliegt, mit ein oder zwei Kernkörper- chen. Im Zusammenhange werden sie polyedrisch; an der äus- sern Haut der Froschlarve sah Schwann auch 2 Kerne in der Zelle, und eine Epitheliumzelle mit Kern in einer grossen Zelle, was bei Säugelhieren nach Henle nicht vorkömmt. Von der kugeligen-Grundform aus erleiden die Epilheliumzellen Formver- änderungen nach zwei Richtungen, entweder die Zellen platten sich zu Tafeln ab, wo der Kern in der Mitte der\einen Fläche bleibt, zuweilen sind diese platten Zellen in die Länge gezo- gene Streifen, wie nach Henle am Epithelium der Gefässe; die jungen Zellen entstehen unter den alten und nehmen an Höhe ab, je mehr sie an die Oberfläche kommen, wie Henle zeigte, oder die Zellen verlängern sich in Cylinder, wie sie Henle in der Darmschleimhaut entdeckte. ö 2) Pigmentzellen. Sie haben an ihrer Wand einen Zel- lenkern, er veranlasst den in der Mitte der Pigmentzellen be- kannten weissen Fleck. Der Kern hat gewöhnlich noch ein oder zwei Kernkörperchen. Manche Pigmentzellen erleiden eine Verlängerung der Zelle in hohle Fasern nach mehreren Seiten. Sternförmige Zellen. . ....3) Nägel. Der Nagel eines reifen menschlichen. Fötus be- steht aus Schichten, die der Fläche nach aufeinander liegen. Die Schichten sind an der untern Fläche um so undeullicher, IR mehr man sich dem in der Hautfalte steckenden Theil: des agels nähert, und die hintere Hälfte dieses Stücks zeigt gar keine Schichten, sondern besteht aus polyedrischen Zellen ‚mit deutlichen ‚Zellenkernen. Lamellen des Nagels, mit Essigsäure behandelt, trennen sich in Plättchen, in denen man selten einen undeutlichen Kern bemerkt. Die polyedrischen Zellen day. zel müssen sich durch Abplattung io Plättchen verwandeln. Durch Abplattung der Zellen müssten die Nägel nach vorn dünner werden ; dies wird aber wahrscheinlich dadureh ausge- glichen, dass auch eine Bildung von Epitheliumblättchen an der * & Kir Ir CXent unteren Fläche des Nagels erfolgt. Auch das Horngewebe der Klauen besteht beim Fötus ganz. aus Pllanzenzellen, 4) Federn. ‘ Die Marksubstanz der Feder besteht aus po- lyedrischen Zellen. In der jungen Feder haben sie einen, Kern an der Wand. Anfangs ist eine feinkörnige Masse da, in wel- cher zahlreiche kleine Zellenkerne liegen, von: denen einige ein Kernkörperchen zeigen, um (diese bilden sich die Zellen, ‘Die Zellen bilden sich nicht in Mutterzellen, sondern in der Nähe der organisirten Materie der Feder, welche. das Cytoblastem liefert. Die Fasern der Rinde des Schaftes enistehen aus 'gros- sen plalten Epitheliumzellen wit Kern und Kernkörperchen. Es sind lange platte Streifen; aus jeder Zelle entstehen nun melrere Fasern, endlich verschwindet alle Spur der Zelle. . Die Strahlen der Feder sind eine Feder im Kleinen, . der secundäre Schaft hat die Structur des Hauptschaftes, die secundäre Kahne besteht anfangs wieder aus mit ihren Kauten aneinandergelegten Epitheliumzellen mit Kern, 5) Kırystalllinse. Die Fasern der Krystalllinse entsle- hen aus den von Werneck (vergl. Meyer Ahrens Ar- chiv 1838. 259.) zuerst ‚beobachteten Zellen. In der Linse eines 8 Tage bebrületen Hühnchens findet man noch keine Fasern, sondern nur runde blasse Zellen, wovon einige einen Kern entbalten. Bei’ älteren enthalten ‚einige grössere Zellen noch ein oder zwei kleinere in ihrem Innern. Bei Schweine- embryonen von 34“ Länge ist der grösste Theil der Fasern der Krystalllinse schon fertig gebildet; ein Theil ist noch un- vollendet; ausserdem sind noch viele runde | Zellen da,‘ die ihrer Umwandlung entgegensehen, Die vollendeten Fasern bilden eine Kugel im Centrum der Linse. Die nächsten Fasern sind Verlängeruugen von Kugeln. Hernach entstehen an diesen n gezähnelle Ränder wie bei den gezähnelten Pflanzenzellen. I. Klasse. 4) Knorpel. Siehe oben. 4 ) Zähne, Der Schmelz eines unreifen Zahnes hat nach der Behandlung mit verdünnter Säure noch..die vorherige Stru- elur. Die innere Fläche der die Zahnkrone umgebenden Schmelz- "membran . wird aus kurzen. sechseckigen Fasern gebildet, die sei ht stehlen, so dass jede Faser der Schmelzmembran einer faser entspricht; sie scheinen verlängerte Zellen zu sein, schen Zustande enthalten sie einen Kern mit Kernkörper- über ihnen an der Membran liegen runde Zellen; wahr- _ scheinlich der junge Zustand jener. Die eigentlichen Schmelz- fasern sind wahrscheinlich von der Schmelzimembran abgetrennt, mit dem schon gebildeten Schmelz verwachsen und verknöchert, Die Substantia propria der Zälme entsteht aus Fasern, zwi- sc welchen die Zalınkanälchen verlaufen. Die Pulpa des N Pr CXCV 2 ® Zahns besteht an der Oberfläche aus eylindrischen Zellen mit Zellenkern und Kernkörperchen, das Innere der Pulpa besteht aus runden Kernzellenr. Schwann vermuthet einen Uebergang der oberflächlichen Fasern in die Substanz des Zahnes. IV. Klasse. 1) Zellgewebe. Das Primäre des Zellgewebes ist das stru- eturlose Cytoblastem, darin entstehen runde Zellen mit Kern, sie verwandeln sich in Faserzellen von spindelförmiger Gestalt, mit einem runden oder ovalen Körperchen im Innern (Zellen- kern), worin wieder ein oder zwei dunkle Punkte, Der Kern liegt an der Wand an. Diese Zellen gehen durch Zuspitzung in Fasern über. Die Spitzen geben nämlich Fasern ab, die zuweilen Aeste abgeben und zuletzt in Bündel äusserst feiner Fasern zerfallen. Die weitere Entwickelung besteht darin, dass das Zerfallen der beiden vom Zellenkörper ausgehenden Haupt- faserno in ein Bündel feinerer Fasern immer mehr gegen den Zellenkörper fortrückt, so dass später vom Zellenkörper un- mittelbar ein Faserbündel ausgeht, dass die Zerfaserung noch späler unmittelbar am Zellenkerne beginnt, endlich der Zellen- körper ganz in Fasern zerfällt nnd der Kern nun bloss auf ei- nem Faserbündel liegt. Wahrscheinlich sind die Fasern hohl. Die im fötalen Zellgewebe auch vorkommenden Feltzellen be- sitzen anfangs auch einen sehr deütlichen Zellenkern an der Wand. Ist die Zellenmembran düun, so erhebt er sie in ein Hügelchen über den von der Zellenmembran umschlossenen Fetitropfen nach aussen; ist sie dick, so liegt er ganz in ihrer Dicke. Er enthält ein oder zwei Kernkörperchen. Die Felt- zellen im Schädel der jungen Plölze besitzen zuweilen zwei Zellenkerne, die sich ganz gleich zur Zellenmembran verhalten. Im Zellgewebe des Fölus kommt noch eine dritte Art von Zellen vor. Sie sind rund und blass, eulhalten einen Kern an der Wand mit ein oder zwei Kernkörperchen, verlängern sich nicht in Fasern, enthalten auch kein Fett, sondern füllen sich mit Körnchen; dieser körnige Niederschlag tritt zuerst in der Nähe des Kerns auf, Das Zellgewebe des Fötus giebt beim Kochen keinen Leim, das Decoct enthält eine dem Pyin ähn- liche Substanz, nur dass bei diesem die Trübung durch Salz- säure durch überschüssige Salzsäure wieder aufgehoben wurde. 2) Sehnengewebe. Die Sehnenfasern bilden sich auf die- selbe Weise wie die Zellgewebefasern aus Zellen. NER, 3) Elastisches Gewebe. Die mittlere Haut der Arterien enthält bei 6“ grossen Schweinembryonen viele isolirte Zellen, theils rund, theils länglich, theils in zwei oder mehrere Spitzen oder Fortsätze verlängert, die sich wieder theilen. Im nern liegt an der Wand der gewöhnliche Zellenkern mit einem oder zwei Kernkörperchen, Ausserdem sieht man schon gebildetes :s . CXCcV elaslisches Gewebe. Die ästigen Fasern des elastischen Gewe- bes, welche nach Purkinje hohl sind, scheinen sich aus jenen Zellen zu bilden. ; V. Klasse. Der Bildungstypus bei dieser Klasse ist: es sind anfangs selbstständige Zellen da, sie sind entweder a) rund oder eylindrisch, oder es sind b) sternförmige Zellen. Im ersten Fall legen sich die primären Zellen reihenweise aneinander, nun verwachsen die zusammenstossenden Stellen der Zellen- wände. Dann werden die Scheidewände resorbirt, so dass Statt primärer. Zellen eine secundäre entstanden ist. Diese wächst nun fort wie eine einfache Zelle. So:scheint es bei den Muskeln und Nerven zu sein. Im zweiten Fall stossen die ‚sternförmigen Zellen mit ihren Fortsetzuugen aufeinander, ver- wachsen, und die Scheidewände werden resorbirt, wodurch ein Netz von Kanälen entsteht. : 4) Muskeln. Nach Valentin’s Beobachtungen entstehen die primiliven Muskelbündel durch. Aneinanderreihen und Ver- sehmelzen von Körnchen, die Primilivfasern aber entstehen erst durch. Zerfallen des Bündels ia kleinere Fasern. Schwann bemerkte an den Cylindern der primitiven Bündel eines 34“ langen. Schweinsfötus einen ‚duukeln. Rand. und einen innera Theil, die wahrscheinliche Höhlung. In dem hellen Theile wa- ren ausser einigen kleinen Körnchen grössere ovale platte Kör- perchen zu erkennen, diese Zellenkerae enthalten oft ein oder zwei Kernkörperchen. Sie liegen in mehr oder weniger re- Imässiger Entfernung von einander, in der Dicke des Cy- inders abseit der Achse an der Wand. In ältern Muskeln sielit man keine Andeutung einer Höhle mehr, aber die Kerne bleiben noch lange sichtbar und liegen in der Dicke der Faser, obgleich sie oft’ als kleine Hügelchen nach aussen vorspringen. (Nach neuern Beobachtungen von Rosenthal sind die Kerne auch in den Muskeln des Erwachsenen nicht ganz verschwun- jen.)Die eigentliche Muskelsubstanz des Oylinders entsteht durch cundäre Ablagerung im Iunern des Kanals. (Die structurlose jeide der primitiven Muskelbündel, welche ich vor längerer Zeit bei den Insecten sah, scheint der Rest der secundären Zel- lenmembran.) (Nach Valentin’s neuern Untersuchungen (Müll. Arch. 484 0.) nimmt man im Blastem der Muskeln zuerst Kerne mit Kernkörperchen wahr, welche sich bald mit höchst zarteu hellen umgeben. Die Zellen werden länglich und reihen sich neinander, Oonfervenfäden ähnlich. An den sich verdickeuden Wandungen der secundären Zellenmembran entstehen longitudi- nale Faserungen, und. die Zwischenwände der Zellen werdeu resorbirt. Das Muskelbündel bildet dann ein Rohr, dessen veı hältuissmässig dieke Wandungen aus longitudinalen, glasbellen . CXCV Fäden bestehen, und in dessen Höhlen die Kerne der früheren Zellen enthalten sind.) | de, Jede Nervenfaser ist in ihrem ganzen Verlauf eine secun- däre Zelle, entstanden durch Verschmelzung primärer, mit ei- nem ‘Kern versehener Zellen. Schwann hat die Ansicht, dass: ‚die weisse Substanz der spälern weissen Nervenfasern, welche eine Röhre um Remak’s Band bildet, eine seeundäre Ablagerung der innern Fläche der Zellenmembran ist. Die weisse Substanz jeder Nervenfaser ist nämlich aussen mit einer structurlosen eigenthümlicheu Haut umgeben, wie die primiti- ven Muskelbündel. Diese Haut, welche hier zuerst beschrieben ist, erscheint als ein schmaler heller Saum, welcher sich deut- lich von ‘den dunklen Conturen der weissen Substanz unter- scheidet. « Die scharfe äussere Begränzung, sagt Schwann, spricht gegen eine Zusammenselzung dieser Membran aus Zell- gewebe.. An Nerven, deren weisse Substanz vollständig ent- wiekelt ist, sah er zuweilen seitwärts hier und da einen Zel- lenkern, der in dem blassen, von jener Membran gebildeten Saume liegt. . Bei den grauen Nervenfasern kommt es nicht zur Bildung der weissen Substanz. (Naeh Valentin bemerkt 'man in der Hirnsubstanz der jungen Embryonen in den Zellen an ihren Wandungen ausser einzelnen bald sich mehrenden Körnchen eine Umlagerungsmasse, Die’ anfängliche Zelle wird zum Nucleus, deren Kern zum Kern- körperchen, und die Umlagerungsmasse- zur Grundmasse der Ganglienkugel. 'An den aus Zellen entstandenen Nervenfasern lagern sich hernach Zellenkerne, Zellenfasern und Zellgewebe- fasern auf ihrer Oberfläche ab.) An den Wänden der Capillargefässe der Froschlarven kom- men von Stelle zu Stelle Zellenkerne vor. Sie liegen in der Dicke der Wand oder an der innern Fläche der Capillargefässe, so, dass sie oft an diesen einen Vorsprung bilden. Nach SMıwann’s Beobachtungen erfolgt die Bildung der Capillar- gefässe beim Embryo wahrscheinlich so, Unter den Zellen, wor- aus die Keimhaut besteht, bilden sich einige durch Verlängerun- gen zu sternförmigen Zellen. Die Verlängerungen verschiedener Zellen stossen aufeinander, verwachsen, die Scheidewände wer- resorbirt, und so entsteht ein Netz schr ungleichmässig dieker Ka- _ nälchen. Die Blutflüssigkeit ist der Inhalt sowohl der primären als seceundären oder verbundenen Zellen, (Nach Valentin entsteht die innere Haut der Qapillargefässe von verlinegei oder verästelten Zellen. Die nach aussen von dieser befindli- chen Fasera nebst dem fadig aufgreihten Epithelium entstehen durch äusserlich gebildete und angelagerte Zellenfasern,) Valentin unterscheidet bei der Bildung verschiedener Ge- webe die secundäre Umlagerung. Sie tritt bei den Ganglien- 3 CXCVu kugela ‘des Gehirns und den Nerven ein. Die. primäre Zelle entsteht mit ihrem Kerne, functionirt aber dann selbst wiederum als Kern, so dass ihr Nucleus in die Bedeutung des Nucleolus tritt, ihre früheren Nucleoli zu Nueleolis zweiter Potenz wer- den, Um die Zelle lagert sich eine körnige, durch ein helles Bindemittel zusammenhaltende. Masse, und um diese‘ eine ein- fache Zellenmembran. In dem Ei entstehen in der Umlage- rungsmasse neue Zellen, welche die Formation der Dotterku- geln veranlassen, und andere, welche eine höhere Bedeutung haben, und mit ihren Metamorphosen auf die Entwickelung der Theile des Embryo directer einwirken. Was bei der ein- einfachen Zellenbildung in erster Potenz geschieht, Umlagerung des Kerns von einer heterogenen Masse, geschieht hier in den Ganglienkugeln und im‘ Ei in zweiter Potenz. Vergl. in Hin- sicht Valentin’s Beobachtungen über die Genesis der Gewebe. R. Wagner’s Physiologie. 1839. 132. Schwann’s Entdeckungen gehören zu den wichtigsten Fortschritten, welche je in der Physiologie gemacht worden. Sie begründen erst eine bisher unmöglich gewesene Theorie der Vegetation und Organisation. Es hat an treflliehen Beobach- tungen und Entdeckungen in allen Theilen der Physiologie nicht gefehlt. Einige Zweige dieser Wissenschaft sind bereits in ho- hem Grade ausgebildet. Was aber die ersten Fundamente be- triflt, worauf das Ganze ruhen sollte, so waren sie, muss man gestehen, theils äusserst schwach, theils gar nicht vorhanden, und daher der geringe Zusammenhang zwischen verschiedenen einzelnen praegnanten Beobachtungen aus ausgebildeten Theilen der Wissenschaft. Diese Fundamente sind nun geliefert, ‚und bereits hat Schwann selbst in seinem Werke die allgemeinen Schlüsse aus den Beobachtungen von Schleiden und ihm selbst zu einer Theorie. der Organisation und Vegelalion der organischen Wesen mit eben so viel Klarheit als Schärfe ge- 0: Wir können hier nur die Hauplzüge seiner Gedanken n. s giebt ein gemeinsames Entwickelungsprineip für die ver- ensten Klementartheile der Organismen, der Thiere und Panzer, und dieses Prineip ist/die Zellenbildung. Es ist zus ‚erst eine siructurlose Substanz da, welche entweder innerhalb zwischen schon vorhandenen Zellen liegt. In dieser Sub- ilden sich nach ‚bestimmten Geselzen Zellen, und diese entwickeln sich auf mannigfache Weise zu den Elemen- 1 der Organismen. In jedem Gewebe. bilden sich die neuen Zellen nur da, wo zunächst der frische Nahrungsstofl in das Gewebe eindringt. Ilierauf beruht ‚der Unterschied zwischen elässhaltigen und gelässlosen Geweben. Bei den ersteren ist die ogsllüssigkeit, der Liquor sanguinis, durch das ganze Gewebe CXCVIl verbreitet,; daher entstehen hier die neuen Zellen in dem ganzen Gewebe. Bei den gefässlosen wird die Nahrungsflüssigkeit nur von unlen zugeführt, wie bei der Epidermis. So entstehen beim Knorpel zur Zeit, wo er noch gefässlos ist, die neuen Knorpelzellen nur ringsum an seiner Oberfläche oder in deren Nähe, weil bier Cyloblastem eindringt. Der Ausdruck Wachs- thum: dureh Apposition ist gut, wenn man ihn auf die Entstehung nener Zellen, nicht auf das Wachsthum der vorhandenen be- zieht. Die neuen Zellen der Epidermis entstehen nur unten. Bei den gefässhaltigen Geweben aber entstehen die neuen Zel- len in der ganzen Dicke des Gewebes. In beiden Fällen aber wachsen die Zellen durch Intussusception. Die Knochen befin- den sich gewissermaassen in einem Mittelzustande, ‘ Der Knor- pel ist anfangs gefässlos, und die neuen Zellen bilden sich da- her nur in der Nähe der äussern Oberfläche.‘ Nachdem die Gefässe in den Markkanälen entstanden sind, kann die Bildung von neuem Cytoblastem und neuen Zellen theils auf der Ober- fläche des Knochens, theils rings um diese -Markkanälchen Statt finden. Daraus erklärt sich die Structur, die Schichtung des Knochenknorpels in Lamellen, welche theils mit der Oberflä- che, theils mit den Markkanälchen concentrisch sind. Der Process der Zellenbildung ist aber folgender: In dem anfangs structurlosen oder feinkörnigen Cytoblastem zeigen sich nach einiger Zeit runde Körperchen. es sind Zellen- kerne, um die sich Zellen bilden. Der Zellenkern ist granulös und entweder solid oder hohl. Vom Kern entsteht zuerst das Kernkörperchen, ‘um dieses schlägt sich eine Schichte feinkör- niger Substanz nieder, der Kern wächst. Um den Kern bildet sich dann die Zelle, indem auf der äussern Oberfläche des Zel- lenkernes eine Schichte einer Substanz niedergeschlagen wird, die von dem umgebenden Cytoblastem verschieden ist. Diese Schichte ist anfangs noch nicht scharf begränzt. Hat sich die Zeilenmembran consolidirt, so dehnt sie sich durch fortdauernde Aufnahme neuer Molecule zwischen die vorhandenen aus, und entfernt sich dadurch von dem Zellenkern, wobei der Kern an einer Stelle der innern Fläche der Zellenmembran liegen bleibt. Die Zellenbildung ist nur eine Wiederholung desselben Processes um den Kern, durch den sich der Kern um das Kernkörper- ehen bildele, nur (ass dieser Process intensiver bei der Zellen- bildung als bei der Kernbildung vor sich geht. Die Zellen- membran ist bei verschiedenen Zellenarten chemisch verschie- den, selbst an denselben Zellen ist die chemische. Zusammen- setzung nach dem Alter der Zelle verschieden, die Zellenmem- bran der jüngsten Pflanzenzellen löst sich nach Schleiden iu Wasser, später nicht. Noch mehr ist der Inhalt der Zellen verschieden, Felt, Pigment u. a. In der anfangs wasserhellen » CXCIX Zelle kann allmählig ein körniger Niederschlag, zuerst um den Zellenkern entstehen; es kann auch umgekehrt ein körniger Inhalt der Zellen allmählig aufgelöst werden. Man sieht leicht ein, dass man esin den Zellen mit denjeni- gen Theilchen zu tlıun hat, in welchen die Kräfte residiren, welche die Resorption und Secretion zu Stande briogen. An allen Flä- chen, wo elwas resorbirt wird, trifft sich eine Lage solcher Zellen als Epithelium vor, von dieser werden die Zotten um- geben, die Zellen sind daher hier dasselbe, was die Zellen der pongiolen an den Wurzeln der Pflanzenzellen. Auch in den Drüsenkanälchen findet sich nach Henle’s und Purkinje’s Beobachtungen eine epitheliumartige Lage von Zellen, ja die Grundmasse der ganzen Leber ist aus Zellen mit Kernen for- mirt, aber auch die wesentliche Substanz der Drüsen ohne Ausführungsgänge, Thymusdrüse u, s. w. besteht aus Zellen mit Kernen. Alle Zellen haben nach Schwann eine metabolische che- mische Einwirkung auf das Cytoblastem, und durch diese kom- men daher auch die Secretionen zu Stande. Die Blutgefässe führen die Flüssigkeit zu. welche verändert wird. Die Zellen, elche die Drüsenkanälchen zusammensetzen, sind die verän- deroden Elemente. In Hinsicht der Theorie der Zellen, von welcher als Grund- lage einer Theorie der Vegetation und organischen Wesen Schwann bereits die Grundzüge geliefert, verweise ich auf die ‚Schrift selbst. Die verdienstvollen Untersuchungen von Henle über die Epithelien (Müll. Arch. 1838 p. 102.) sind eine Fortsetzung der in seinen Symbolae niedergelegten Beobachtungen. Keine Schleimhaut ist ohne Epithelium. Dieses setzt sich in die Aus- führungsgänge aller Drüsen und die Drüsenkanälchen, wie die Saamenkanälchen, Harnkanälchen fort, welche eine von Epi- tbeliumzellen mit Kernen gebildete Röhre enthalten. Das Epi- thelium der Schleimhaut der Nasenhöhle und ihrer Nebenhöhle ist Flimmerepithelium. Die Conjunctiva des Augapfels, auch ie Horohaut, ist von Pflasterepithelium bedeckt, welches an n Augenlidern in Cylinderepilhelium übergeht. Die Meibomi- hen Drüsen enthalten vieleckige Zellen, welche mit Feltkü- eben angefüllt sind; sie besitzen einen blassen ovalen Kern. em sie sich nach aussen drängen, machen sie wahrscheinlich en Theil des Absonderungsproductes aus. Im obern "Theil des Schlundes über dem Gaumensegel ist Flimmerepithelium, im unteren Theile des Schlundes Pflasterepitheliam. Das Flim- merepilhelium der Eustachischen Trompete geht an der Trom- melhöhle in Pflasterepitbelium über. Beim reifen Fötus hatte die hintere Fläche der Epiglottis schon Flimmerepithelium. Beim cc Erwachsenen fängt 'es an der Basis des Kelildeckels an, um sich in re rn ug der Alhemwerkzeuge fortzusetzen. Die Speicheldrüsen, Lippen- und Wangendrüsen haben eine aus. rundliehen. Zellen gebildete Schichte von Epithelium, wie die Thränendrüse. Die Tonsillen enthalten ausser einem ähnlichen Epithelium: eine. grosse Menge Körnchen, oft mit Kern, den Ei- terkörperchen -ähnlich, die sogenannten Schleimkörperchen der Sehriftsteller, welche vielleiclit veränderte Epitheliumzellen sind. Die Epitheliumzellen der männlichen Urogenitalschleimhaut sind | theils eyliodrisch oder conisch, theils mit rundlichen Zellen 'ge- mischt. Das Epitheliam der Urethra, der Gänge der Prostata, Saamenblasen, Cowper’schen Drüsen, besteht ganz aus 'Oy- lindern, dasjenige der Zellen der Prostata:und der Saamenbla- sen ist-plasterförmig, dasjenige des Vas deferens und der Ho- denkänälchen.' eylindsisch. Die äusseren Geschlechtstheile und die ganze Scheide des Weibes sind von Pflasterepithelum be- ww deckt, es erstreckt: sich in.den Muttermund bis ‚etwa zur Mitte des Mutterhalses; wo.es in Flimmerepithelium übergeht, wel» ches bis zum Abdominalende der Tuben geht; an der äussern Fläche der Franzen: der Tuben finden sich noch Flimmereylin- der. ‚Die: serösen Häute besitzen auch ein Epithelium aus platt rundlichen. Zellen mit Kern und Kerokörperchen. Die Zellen, welclhie die innere Fläche der Dura mater, die äussere Fläce des Gehirns und Rückenmarks und alle Nervenwurzeln bedek- ken; sind platt, elliptisch oder rhombisch. ‚ Sie sind: pflasterar- tig angeordnet. Die Maschen des Gefässnelzes der Pia mater sind von eben solchen Zellen ‚ausgefüllt, um die Gefässe liegen sie in mehreren Schichten herum und bilden die Tunica adven- titia. Indem die Gefässe tiefer-in die Hirnmasse' eindringen, be- halten sie ihre Epitheliumbülle, An den Schleimbeuteln und Sehnenscheiden ist kein Epithelium wahrzunehmen, wohl ‚aber an den Geleukkapseln. Ienle hat auch ein Epithelium auf der innern Wand des Herzens, der Blutgefässe und der Lymph: gefässe entdeckt, seine Zellen sind. ebenfalls rhombisch, und zu Längsreihen geordnet. i Eine Anwendung, der Zelleutheorie ist in der letzten! Ab- theilung der Physiologie gemacht, wo ich auch des Verdien. stes von C. Mayer gedacht habe, . welcher vor längerer Zeit sehon, ehe an die Entdeckungen gedacht werden konnte, die oben angeführt wurden, in seinen Supplementen eine theo- relische Ansicht des Organismus entwickelt, welche auf die Blutkörperchen und diesen ähnliche Theilchen als wirksame Mo- naden gegründet ist. In einem Werk über die Elementarorga- nisalion des Seelenorgans, Boun 1838, hat Mayer seinen Un- | tersuchungen über die Structur allgemeine iheorelische Bemer- | kungen über die Natur der Scele und des Lebenspriücips und ccı ihre Identität vorausgeschickt; die Stahl’sche Ansicht wird hier mit Glück vertheidigt und weiter begründet, und das be- wusste Seelenleben als abgezweigte und durch die Organisa- tion limilirte Funelion der allgemeinen Wirksamkeit der Seele im Organismus angesehen, welche die Endursache aller zweck- mässigen organischen Wirkungen: ist, und die Elemente der Stofle und die ihnen immanenten ‘physischen Kräfte zur Her- stellung der physischen Erscheinungen benutzt. Die Bemer- kungen über die Structur des: Nervensystems gehen von der Retina aus, ‘deren Stäbchen nach Mayer an der. äusseren Fläche liegen, wie es kürzlich auch von Bidder beobachtet ist. Nach Mayer werden diese Stäbchen wieder aus kleineren quadratischen Gliederchen zusammengeselzt, auch wurden unter dem Mikroskop Bewegungen daran walırgenommen, indem sie # sich’ (wahrscheinlich durch den Einfluss des Wassers) zum Theil umbogen.. Vergl: Remak und Henle in Müll. Archiv 1839 p- 165. Im Inhalt der Markröhren des Gehirns und Rücken- marks glaubt der Verf. auch eine ähnliche Gliederung beobach- « u haben, In Hinsicht ‚der weiteren Beobachtungen über die ’ Fe des Gehirns und Rückenmarkes verweise ich auf die lt, Das Rückenmark des Frosches übertrift nach Volkmann’s Untersuchungen (Müll. Arch. 1838 p. 274.) alle aus ihm ent- springenden Nerven zusammengenommen. Es besitzt einen eberschuss an Fasern, die auch feiner sind als in den davon abgehenden Nerven. Der Verf. sah einen unmittelbaren Ueber- gang von Rückenmarksfasern in Nervenfasern. ‘Dass alle Fa- sern des Rückenmarkes mit dem Hirn zusammenhängen, hält er für unerwiesen.. Der sympathische Nerve des Frosches ist aus Fasern doppelter Art zusammengeselzt, die einen gehören ihm eigenthümlich an, die andern kommen vom Rückenmarke. Der Sympathicus verstärkt ferner fast alle animalischen Nerven des Frosches und der Säugethiere. Volkmann glaubt auch.be- merkt zu haben, dass die vom Rückenmarke in den Sympathi- cus trelenden Fasern beim Frosch nicht bloss abwärts, sondern auch aufwärts sich wenden. Bei den Ganglien werden die hoh- "Ganglienkugeln und der Durchgang der Nervenfasern ‘durch die Ganglien zwischen den Ganglienkugeln beschrieben, ' Ana- en oder Verästelungen der Fasern in den Ganglien wur- u nie wahrgenommen, ud In Hinsicht der von Breschet beschriebenen Nervenendi- gungen in der Haut des Wallfisches ist Gluge durch mikros- kopisehe Untersuchungen zu dem Resultate gekommen, dass die- selben dem Nervengewebe fremd sind. L’institut No. 23% Von einer in der polnischen Zeitschrift Pamirtnik lekarski 4838 erschienenen Abhandlung: von Remak o Budowie ni- ce erwöwizwojow nerwowich, die ich in der Urschrift nicht zu lesen vermag, hat mir der Verf. einen deutschen Auszug mit- gelheilt, woraus das Folgende hervorzuheben ist. Sie enthält eine Beschreibung des mikroskopischen Baues der Primitivröh- ren der Nerven und der grauen oder sogenannten organischen Nervenfasern, über welche im vorigen Jahre berichtet wurde. Es wird dann darauf hingewiesen, dass man unter den orga- nischen Fasern theils breitere sieht, an denen die Zellenkerne seltener sind, theils feinere, an denen die letzteren häufiger vor- kommen, welche sich vielleicht physiologisch unterscheiden. Diese breiteren sind es, welche der Verfasser in seiner Disser- tation Tab. I. Fig. 2. abgebildet hat. Sodann beschreibt der Verf. den Bau der Ganglien, ihre Fortsätze, das Fehlen der grauen organischen Fasern in den Nervenwurzeln, ihr Erschei- nen am Ramus communicans der Spinalnerven und den Gan- glien des Gränzstranges, und im Sympathieus selbst, ihre Zu- nahme nach dem Durchtritt durch das Ganglion coeliacum, ihre zu beobachtende Zunahme in dem mikroskopischen Ganglien des Herzens, und es werden die Ganglien als Ursprungs - oder Vermehrungsstellen der organischen Fasern dargestellt. Die Spinalganglien werden hypothetisch für das organische Nerven- system des animalischen Thierleibes hingestellt. Es wird be- merkt, dass die Empfindung der von dem Gangliennerven ver- sehenen Organe von den Primitivröhren abhängen müsse, eben so wie die willkürliche Bewegung, wo sie in vorzugsweise un- willkürlichen Organen vorkommt (Iris), dass aber die unwill- kürliche Bewegung und die Secrelion vorzugsweise von dem grauen Fasersystem abhänge. Dass die unwillkürliche Bewegung und die Secretion von verschiedenen Fasern. abhinge, hält der Verf. für unwahrscheinlich, und begründet diese Ansicht. Die Wirkungen der Nerven sind überhaupt: centripetale und centri- fugale. Die erstere könne einfache Reizung oder Empfindung, die letztere Bewegung sein. Das organische Fasersystem bewirkt nach dem Verf. entweder sichtbare Zusammenziehung (unwillkürliche Muskeln), oder unsichtbare (Absonderungsorgane). Die Se- crelionen seien an und für sich unabhängig vom Nervensystem, und dem Nervensystem sei nur der Einfluss zugestanden wor- den, der auf Zusammenziehung der secernirenden Theile haben kann, also ein Einfluss auf die Quantität und mittelbar auf die Qualität durch Zusammenziehung der Gefässe. Wir erwähnen im Zusammenhange dieses Gegenslandes einiger neuern wichtigen Beiträge zur Kenntniss des grauen Fasersystems an den Nerven. Zufolge Valentin’s Untersu- chungen (Archiv 1839. 154.) fehlen die grauen Fasern in Ner- ven, welche zu absondernden Drüsen gehen; die Ganglienku- geln siod in faserigen Scheiden eingeschlossen, welche sie von Cell einander isoliren, während diese Scheiden unter einander zu- sammenhängend ein Netzwerk bilden, in dessen Maschen sich die Ganglienkugeln befinden. Die Scheide besteht aus Zellge- webefasern mit aufsilzenden länglichen Nuclei. Den äus- ten Theil der Scheide bilden eine Schicht von Pfasterku- ec Diese Scheiden verlängern sich in die Nerven, an wel- chen der Knoten ist, die Elemente dieser Scheidenfortselzun- gen sind wesentlich dieselben; ihre Hauptmasse besteht aus sehr feinen, eylindrischen Fäden, auf der Oberfläche jedes ge- sonderten Faserbündels befindet sich eine selir dünne Schicht von ziemlich breiten Zellenfasern mit dunkelo, der Essigsäure widerstehenden runden bis spindelförmigen Kernen, fadig auf- gereihtes Epithelium. Wo einzelne isolirte Primilivfasern von einem Knoten abgehen, wie vom Ganglion cervicale supremum, wird jede Primilivfaser von ihrer Scheide umgeben. Hier be- finden sich die Nervenprimitivfasern keinesweges stark bündel- weise beisammen, sondern verlaufen entweder ganz isolirt oder liegen nur in sehr geringer Zahl bei einander. Die Endäste der Nerven, welche aus dem Nervus sympathicus kommen und zahlreiche Ganglien durchsetzt haben, sind ganz wie andere Cerebrospinalnerven gebaut. Die grauen Fasern unterschei- den sich von andern Scheiden feinster Elementartheile nicht, da alle diese eine sehr feine Schicht wahrer Zellenfasern auf ihrer Oberfläche besitzen, und in der Tiefe aus Lagen sehr fei- ner cylindrischer Faden bestehen, die bündelweise beisammen liegen und der augenblicklichen Einwirkung der Essigsäure et- was mehr widersichen als die starken gewöhnlichen Zellgewebe- und Sehnenfasern, Ferner hat Rosenthal in einer unter Purkinje’s An- leitung verfassten sehr guten Inauguralschrift de formatione gra- nulosa in nervis aliisque partibus organismi animalis. Vratisl. 1839. 8, über diesen Gegenstand gehandelt. Die röhrigen Fa- sern der Cerebrospivalnerven bestehen nach Purkinje aus drei Theilen, das innerste ist der Cy!inder Axis, übereinstimmend mit Remak’s Band, er ist aber nicht abgeplatlet. Dieser Cylinder wird von einer weichen Markmasse umgeben, welche im warmen Wasser frisch noch durchsichtig ist, in kaltem Wasser aber er; so dass Sinuosiläten und Falten entstehen. Der Cy- linder axis und die Medullarscheide werden noch von einer äus- gt Tine structurlosen Scheide (der vonSchwann beschrie- ‚benen) umgeben. Die Nervenbündel des Sympathicus enthalten nach Rosenthal 2 Arten von Röhren: man unterscheidet Cere- brospioalröhren, die oft varicös und hier dünner sind, auch Röh- ren, die an Breite den Habitus der Cerebrospinalröhren erreichen oder übertreffen. Solcherlei Röhren bilden den kleineren Theil eines Bündelchens im Kopftheil des Sympathicus, Der viel S CcIV grössere Theil: ‚enthält die andere Art, Nervenfasern, ‚die sich durch ihre eigenthümliche gelbliche Farbe auszeichnen, 2—3 Mal dünner sind als die übrigen Primitivfasern. Ihre Ränder sind einfach, nicht doppelt wie in den Cerebrospinalnervenröh- ren, ihre Oberfläche granulirt. Rosenthal glaubt nicht, dass die äussere Scheide diesen Fasern fehle, aber die Markscheide fehlt. Auf der Oberfläche und an den Seiten dieser Nervenfa- sern liegen die von Remak beschriebenen Kerne. Aus Plexus von schr feinen, in Knötchen anschwellenden Fasern bestehen diese Fasern nicht. Der Verf. bestätigt Valentin’s Beobachtun- gen über die Scheiden der Ganglienkugeln und ihre Fortsetzung in. die grauen Bündel der sympathischen Nerven, und weicht darin von Remak ab, dagegen entfernt er sich von Valentin in Hinsicht der Deutung des organischen Fasersystems, und hält jes für eigenthümlich und nervöser Natur. Denn wären bloss die Cerebrospinalnervenfasern Nerven, so wäre die Zahl der Röhren in dem so grossen uud dicken Sympathicus sehr klein und hun- dertmal und mehr kleiner als die sehr grosse Zahl der Zellgewebe- fasern, was in den übrigen Nerven und in andern Theilen, die von Zellgewebe eingeschlossen sind, nicht vorkomme. Uebrigens seien die Zellgewebefäden sehr von den organischen Nerven ver- schieden. Die ersteren seien viel feiner, zeigen nicht: so häu- fige Kerne, und verhalten sich chemisch anders, z. B.. gegen Essigsäure, Kali wirke auf weisse und graue Nerven verschie- den, schon weil die verschiedenen Fasern ungleich dick; und ungleich geschichtet sind. © Ich habe mich über die Eigenthümlichkeit der fraglichen Bildung schon ausgesprochen, die mir bei Untersuchung des earotischen Theiles des Sympatliicus unabweisbar erschien, denn die ungeheure Menge der grauen Fasern, die diesen Strang bil- den, lassen sich nicht als Scheiden der wenigen Röhrenfasern ansehen, die hier und da darin vorkommen. "Was den. direclen Zusammenhang der Ganglienkugelu selbst mit den grauen Fasern betrifft, so bin ich davon nie überzeugt gewesen, obgleich mir Remak bei seinen Untersuchungen oft genug Fortsätze. der Gan- glienkugeln zeigte. Ein Conlinuum zur Wechselwirkung mit den Ganglienkugeln ist auch nicht nöthig, ‚da ‚schon die Cerebrospi- nalfasern ihnen äusserlich sind. Die physiologische Bedeutung des grauen Fasersystems mag wohl noch ganz dunkel sein. . Ich halte den directen Einfluss der Nerven auf Veränderung der Seere- tion selbst für unzweifelhaft, Ob diese Wirkungen aber von den Ganglien ausgehn, ob. sie durch die. röhrigen: oder grauen Fasern vermittelt ‚werden, 'mag sehr zweifelhaft sein. Die, Be- schaflenheit der Nerven der Milchdrüsen, die ich nur vom Sy- stem der Cerebrospinalnerven konımen salı, sche ich für einen a 4 > ccY wichtigen Grund gegen die eine, der Ansichlen über die Wir- kungen des grauen Fasersystems an. Dass das graue Fasersystem mit den Ganglien in der innigsten Wechselwirkung ist, daran zweille ich nicht. Aber die Frage ist jetzt zunächst zu untersu- en, ob dieses graue oder organische Fasersystem Wirkungen in ripherischer Richtung fortpilanzt, oder’ob es, da es überallin der Richtung der Verbindungen und Abzweigungen der Ganglien vorzukommen scheint, bestimmt ist, die verschiedenen Ganglien unter sich ebenso in Mittheilung zu setzen, wie es die Mittheilung zwischen den Ganglienkugeln eines einzelnen Ganglions vermilteln kann. Bei dieser Idee, wonach dieses ein Commissurensystem der Ganglien sein würde, würden die Verwickelungen der Fragen über die motorischen und sensoriellen Wirkungen des Sympatlıicus durchschnilten, man würde es bloss mit zweierlei, centripetalen und centrifugalen, Wirkungen uud Fasern zu thun haben, von wel- chen Empfindungen, Bewegungen, Secrelionen erregt werden. Ich kann diese Frage hier nur eben hinwerfen, und empfehle sie der Prüfung. Von Mandl’s Anatomie mieroscopique, Paris. Fol., sind im Jahre 1838 mehrere Lieferungen erschienen. Die Untersuchun- gen über das Blut enthalten eiue Zusammenstellung der früheren und der eigenen Beobachtungen des Verf., die zum Theil schon früher besprochen worden. Wichtig und neu ist die von Mandl entdeckte Thatsache, dass die Kamele und-Lama’s von allen Sängethieren durch. die elliptische Form: ihrer Blutkörperchen sich auszeichnen. Die Querstreifungen der Muskelbündel leitet der Verf. von einer aus Spiralfasera bestehenden Scheide ab. Es ist aber durch Schwann erwiesen, dass diese Streifungen der optische Ausdruck der neben einauder liegenden knotigen An- schwellungen der Primilivfasern sind. Die sogenannten erectilen Organe am Halse und Kopfe des Truthahns besitzen zufolge Hyrtl’s Beobachtungen eine schr inte- ressante Anordnung der Gefässe. Die Arterien, welche zu die- sen Theilen gehen, erzeugen, nachdem sie sich. mehrfach 'ver- ästelt, eine doppelte Galtung Seitenzweige; die einen gehen re- geimäeig in gleichförmige Venen über, die andern dagegen er- ben sich gegen die Oberfläche der ereclilen Carunkeln oder Kämme, sind schlangenförmig gekrümmt, sehr kurz, und endigen mit einer Erweiterung, deren Durchmesser „4; —r47'“ beträgt. Aus dieser Erweiterung entspringen keine Nebenäste mehr, eben #” wenig als Venen daraus ihren Ursprung nehmen. Sie liegen ' an der Oberfläche so dicht aneinander gedrängt, dass sie bei rang Injection ‚sogar eckig erscheinen, Prof. Hyrtl nimmt einen Anstand, in dieser Bildung der Gefässe die von uns zur ‚ Sprache gebrachten, von Krause bestätigten und von Valen- tin bestriltenen Arteriae helicinae zu ‚erkennen, welche er hier ccYvI deutlicher gelunden zu haben glaubt, als an den Corpora ca- vernosa des Menschen und des Pferdes. Von demselben ist auch das Gefässnetz der Schuppen der Amphibien beschrieben. Oesterr. Jahrb. XIX. 349. Die Untersuchungen von Owen über die Structar der Zähne (Fror. Not. No. 159.) sind für die Unterscheidung der fossilen Thiere wichtig geworden. Die Zähne des Mega- therium zeigen die grösste Abweichung von der gewöhnlichen Structur der Säugethierzähne, und nähern sich denen der nie- dern Wirbelthiere am meisten. Die dünne dichte Schicht zwi- schen der Crusia petrosa und der den Körper des Zahnes bil- denden innern Masse ist kein Schmelz, sondern eine Schicht feinröhriger Elfenbeinsubstanz. Der Körper des Zahnes besteht aus gröberem Elfenbein mit starken Röhren unter den feinen Röhren des feinen Elfenbeins. Sie anaslomosiren paarweise, Um die Endschlingen der Kanäle des gröberen Elfenbeins be- merkt man eine Menge winziger Zellen, aus denen viele der Röhren des feinen Elfenbeins entspringen. Die Kanäle des fei- nen Elfenbeins hängen mit denen des Cementes zusammen. Durch das Cement streichen starke Kanäle, und es besitzt die dieser Masse gewöhnlichen zahlreichen strahligen Knochenkör- perchen. Bei den Zähnen der Lamna unter den Haien laufen aus der kurzen und kleinen Cavitas bulbi an der Basis des Zahnes eine Anzahl starker Kanäle aus, welche sich verzwei- gen und anastomosiren, sie endigen zulelzt in einem flachen ‚Sinus, der sich dicht unter der Oberfläche um den ganzen Zahn hinzuziehen scheint. Dieser Raum wird durch winzige Röhren ausgefüllt, welche nach der Oberfläche ziehen, sich verästela und anastomosiren. Viele gehen in eine Schicht von Zellchen über, die sich zwischen dem Körper des Zahns und der äus- seren Lage des Schmelzes befindet. In dieser Schmelzlage er- kennt man deutliche Spuren eines Systems viel feinerer Röh- ren, welche beweisen, dass dieser Schmelz kein ächter ist. Die grösseren nelzarligen Kanäle des Zahnkörpers sind von concen- trischen Schichten umgeben, die von Röhrchen durchselzt. wer- den, welche überall von den grösseren Kanälen ausgehen. Diese Kanäle sind bei frischen Exemplaren des Fisches von einem blutführenden Marke ausgefüllt, welches demjenigen gleicht, das die Markzellen des groben Knochens füllt, mit dem die Basıs des Zahns verbunden ist, und mit dessen Zellen die nelzarligen Kanäle des Zahns direct communieiren. Die kalkführenden Röh- ren an der Oberfläche des Zahns sind in Gruppen geordnet, die sich als Bündel von Röhren mit Anastomosen ausweisen, Der um den Zahn ziehende Sinns, der immer mit der Oberfläche parallel streicht, giebt eine Unzahl winziger Röhren ab, welche ein Geflecht bilden, von diesem Geflecht gehen die vorhin er- CccVvII wälnten Röhren ab. Im Körper des Zahzs sind die Haupt- kanäle von concentrischen Blättern umgeben, die von strahlen- arlig gestellten und anastomosirenden kalkführenden Röhren durchsetzt werden, welche in dem Zwischenraume ein feines Netzwerk bilden. Die runden Gaumenzähne der Gattung Sphae- rodus sind mit einem zelligen Knochen anchylotisch verbun- den. Der Körper des Zahns besteht aus Röhren, die nach der Oberfläche ziehen. Diese liegen sehr dicht, geben bald kurze Aeste ab, der Stamm nimmt ab bis er 2 der Höhe des Zalıns durchsetzt hat. Dann löst er sich in Bündel von ausserordent- lich feinen Zweigen auf, welche sich verflechten und zu Kalk- zellen sich erweitern, mehrere kleine Aeste streichen bis in die schmelzarlige Schicht. In ähnlicher Weise wird die Structur _ der Zähne bei den Galtungen Acrodus, Piychodus, Psammodus beschrieben. Bei den Zäbnen der höheren Thiere bemerkt man keine Spur von Markkanälen mit deren concentrischen Lamel- len. Bei den Zähnen vieler niederen Thiere, und insbesondere denen der Acrodus, ist das Gewebe des Zahnes dem des Kno- chens um vieles ähnlicher, dass auch in jenem die ächten Mark- kanäle vorhanden sind. In vielen Fällen ist die Pulpa auf ihrer Oberfläche in viele Fortsätze getheilt, welche sich in’s Innere der Zahnsubstanz verlängern, wie bei den Barten der Wall- fische. Seine weiteren ausführlichen verdienstvollen- Untersu- chungen-hat der Verf. in einem besonderen Werk niedergelegt, wovon bereits der erste Theil erschienen ist. Odontography, a Irealise on Ihe comparalive analomy of the leeth. p.1. Lon- don 1840, welches für die Bestimmung der fossilen Zähne wich- tig und unentbehrlich ist. .J. Tomes Structur der Zähne. Fror, Not. N. 447. s er die spirale Stellung der Hautanhänge der Thiere, Mandl Ann. d. sc. nat. IX. 292. Zellen der Epidermis bei den Vögeln. Gluge Vinstitut . 172. Ann, d. sc. nat. IX. 62. C. de Bylandt disq. eirca telam cellulosam anat. physiol. et palb. Berol. 1838. 8. u % er k 4 2 3 e be) . Pr) . — VER PN :? 4 r rs . s » eu Nullers Archiv. 1939 o BERICHT über die Fortschritte der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere im Jahre 1838 Vom Herausgeber Die neuere Zeit hat uns mehrere Mittheilungen über Simia salyrus gebracht. Die Schrift von Heusinger: 4 Abbildun- gen des Schädels der Simia satyrus von verschiedenem Aller zur Aufklärung der Fabel vom Orang Utan, Marb. 1838. 4., stellt sich auf die Seite der Holländischen Naturforscher in Hin- sicht der Identität der Species, und diese Ansicht ist auch von Dumortier (Ann. d. se. nat. XI. 1839. p. 56.) auf die Untersu- chung von 16 Schädeln gegrüudet. Dumortier unterscheidet 6 Zustände, Im ersten ist der Schädel noch einfach gewölbt ohne Gräthen. Zur Zeit, wo die vierten Backenzähne hervorbrechen, verlängert sich der Schädel, noch ist nichls von Gräthe zu se- hen, obgleich eine Linie die Direction derselben auf den Schei- telbeinen und dem Hinterhauptsbein anzeigt. ‘Im dritten Zu- stande beginnen die Gräthen unter der Form einer leichten Her- vorragung zu erscheinen, es sind ursprünglich 4, 2 oceipilale und 2 frontovertlicale. Die Oceipitallinien entstehen hinter dem, Ohrgang und steigen zum Scheilel auf, die Frontoverlicallinien sind fast parallel; sie gehen vom äussern Orbitalrand aus und verbinden sich, Kinten genähert, mit.den Hinterhauptsgräthen, Im vierten Zustande bilden. die beiden Occipilalgräthen nur eine, das Hinterhaupt ist abgeplaltet. Die Stirnscheitelgräthen wer- den sehr hervorragend, sind auf dem Scheitel genähert,- obgleich CCIX immer noch geschieden. Der obere Augenhöhlenrand: bildet seine Geräthe aus, die sich an den Aussenrändern mit der Basis der Stirnscheitelgräthen confundirt. In diesem Zustande ist die Bezahnung vollständig. Im folgenden Stadium berühren sich die bisher ‘getrennten Slirnscheitelgräthen, olıne zu verschmelzen, welche Verschmelzung im letzten Stadium einlrilt. Zu dieser Zeit erweitert sich das Gesicht beträchtlich. _ Das Weibchen soll dieses letzte Stadium nicht erreichen. Owen hat (Ann. d. sc. nat. XI. 1839. 124.) erwidert, dass diese Beweisführang den von ilım in den Proceedings der Zoological society 1836 Oct. beschriebenen Simia morio nicht treffen kann, welchen Dumorlier in das Stadium mit 16 Back- zähnen einordnet, da die von Owen beschriebene Species be- reits 20 Backzähne und überhaupt alle Zähne hatte. Die Eck- zälne und Backzähne dieses Morio sind im Verhältuiss zu den Schneidezähnen kleiner. Nach Temminek (Monographie de mammalogie. XI.) sind die Eckzähne des erwachsenen Weibehens von Simia sa- tyrus kleiner als beim Männchen, wie auch Owen beobach- tele. - Gleichwohl hält Owen den Simia morio nicht für das Weibehen einer einzigen Species; denn die Eckzähne des Simia morio sind kleiner, die ganze Dimension des Schädels ist klei- ner, das Hinterhaupt abgerundet und convex, statt abgeplattet zu sein, wie bei Simia Wurmbii, die Oeceipitalgräthen sind ge- trenut stalt eich zu berühren. Nach Temminck gicbt es zwi- schen den Schädeln des männlichen und weiblichen Simia Wurm- bü im erwachsenen Zustande keinen andern Unterschied als die Dimension, die Form und Richtung der Eckzähne.” Zu Owen’s Simia morio rechuetSchwartze auch einen dem hiesigen Mu- seum zugekommenen Schädel, der von demselben beschrieben und abgebildet ist. Deseriptio osteologiea eapilis Simiae parum ad- lie nolae, Berol. 4839. Nach Schlegel und Sal. Mül- ler gehören die dem Simia morio zugeschriebenen Characlere einem gezälmten oder Weibchen an, und diese Naturforscher erklären sieh auch für die Existenz von nur einer Species. Verhandliogen over de naturlijke geschiedenis der Nederland- sche overzeesche bezitlingen. I, Aflev. Leiden 1839. ’ Das hiesige Museum erhielt kürzlich noch 2 Schädel, die zu dem Typus Simia morio gehören, und sich durch kleinere Dimensionen im Ganzen, auffallend kleinere Eek- und Schneide» zähne auszeielinen; obschon alle 32 bleibenden Zähne vorhan- Jen sind. Bei dem einen sind die Schädelgräthen noch nieht, bei dem zweilen ganz vereinigt, wie bei den ältesten Schädelu des grossen andern Typus, Nach Einsicht der von Dumortier, Heusinger, Owen, und der von den Holländischen Naturfor- o*’ CccX schern beigebrachten Thatsachen ‚würde ich den von Schwartzl beschriebenen und abgebildeten, und zu Morio gezogenen Schädee wegen seiner grossen Zähne nicht für Morio, sondern für eine Altersverschiedenheit des. grossen Typus mit grossen Zähnen betrachten, Ich erkenne es als sehr wahrscheinlich an, dass die beiden Typen Geschlechtsunterschiede sind, man kann es als eine sehr wahrscheinliche Erklärung, nicht als ein erwie- senes Factum ansehen, Eine vollständige Myologie des Affen, gegründet auf Un- tersuchung von Thieren der Gattungen Cercopitheeus, Cynoce- plıalus und Inuus lieferte E. Burdach in den Berichten der K. anatom. Anstalt zu Königsberg. 9. Bericht. Königsb. 1838. In einer ausführlichen Arbeit über das Gefässsystem der Robben von Burow (Müll. Arch. 253.), die keines Auszugs fähig ist, erhalten wir Kenniniss von einem merkwürdigen ei- genthümlichen Muskelapparat, das in dem venösen Blutbehälter unter dem Zwerchfell angesammelte Blut abzusperren. Die Umgebung der unteren Hohlvene im Diaphragma bestand aus sehnigem Gewebe, aber in der Wand des Gelässes befand sich oberhalb des Zwerchfells ein Ringmuskel, der die Breite eines Fingers und eine beträchtliche Dicke hatte. Ueber denselben Ge- genstand theilten Mayer und Weber ihre Beobachtungen in Mayer’s Analeclen zur vergl. Anatomie mit. 2. 1838. Ia9 un, tersuchten Herzen war das Foramen ovale 6 Mal offen; der Ductus arteriosus, an dessen Einmündung in die Aorta sich eine halbmondförmige Klappe befindet, war bald ganz, bald bis auf einen engen Kanal geschlossen, Tubereulum Loweri stark. Das Gefässg@llecht an der Wirbelsäule ist von Arterien und Venen gebildet. Mit diesen Geflechten sind besondere drüsige Körper verbunden, welche an der Seite der Aorta liegend sich bis in den Thorax erstrecken. Der Sack der untern Hoblvene am obern Rande der Leber mit 3 grösseren Taschen übertriflt den Iuhalt des rechten Sinus um das Doppelte. Die grosse bis zum Zwerchfell ausgebreitete Thymus ergiesst ihr Blut zufolge Weber’s Beobachtungen in den Brusttheil der Vena cava inf. zum kleineren Theil in die Vena subelavia sinistra. Von demselben Verf. erhalten wir bier noch weitere Bemerkungen über den Bau des Herzens, die Venennetze der Bauehwandungen und auf den Nieren und die beiden verbundenen unteren Hohlvenen, den Sack des Stammes der untern Hohlvene unter dem Zwerchfell. Ueber den Rıngmuskel des Zwerchfells siehe Weber io Müll. Arch. 1840. Die Pars tendinea beschränkt sich auf einen Ar- cus tendineus der Durchtrittsstelle der Vena cava inf., der seit- lich in sehuige Streifen ausläuft; aber vor und innerhalb dieses Bios befindet sich ein Ringmuskel, wodurch die Hohlvene zuasmmengedrückt werden kann. CCcKL Bei Untersuchung des Seehundsauges (Müll. Arelı. 1838. 575.) fand Eschricht eine über die ganze freie Fläche des Auges vorziehbare Nickhaut mit gabelförmigem Knorpel. Das Tapetum ist eine eigene Haut von milchweisser Farbe, siebför- mig durchlöchert. Die Löcher gehen durch die verschiedenen Schichten dieser Haut, sie verhalten sich eben so bei Ba- laena. Im Ochsenauge liegt zwischen der äusseren Gefässschicht der Choroidea und der innern Capillargefässschicht die aus Fasern bestehende Schicht des Tapetum, welche von den Ge- fässen durchbohrt wird, die von der äusseren Schicht aus- gehend sich in das Capillargefässnelz auflösen. Eschricht nennt die capillare Schicht Choriocapiliarmembran. Das See- hundsauge besitzt auch die Choriocapillarmembran, und die Lö- cherchen des Tapetum dienen den Blutgefässen zum Durchgang. Auf dieser Haut liegt noch eine eigene Membran, und beim Ochsenauge wird die Choriocapillarhaut, wo sie das Tapetum bedeckt, noch von der Haut der leeren Pigmentzellen überzo- gen. Diese Abhandlung, welche einen guten Forlschrilt io der Kenntniss des feineren Baues der Augenhäute liefert, enthält auch Bemerkungen über den feineren Bau der Strahlenfortsätze und der Zonula. Ueber die Eingeweide der Phoca vitulina siehe Mayer a. a. O©.; desgl. über das Ei der Seehunde mit gürtelförmiger Placenta, mit Allantois und Nabelbläschen in analoger Weise wie bei andern reissenden Thieren. Aus den anatomischon Bemerkungen von Owen über die Giraffe (Fror. Not. N. 175.) heben wir Folgendes hervor. Bei einem Individuum fand sich eine durch eine Scheidewand inner- lich in ganzer Länge getheilte Gallenblase, bei zwei anderen keine Spur dieses Behälters. Das Wundernetz der Carolis war weniger entwickelt als bei andern Wiederkäuern. Das Mus- kelpaar, welches die Functionen des Sternohyoideus und Ster- notlıyreoideus zugleich versieht, entspringt aus einer einzigen langen und dünnen fleischigen Portion vom vordern Ende des Brustbeins. Sie endigte in eine einzige runde Sehne; diese theilte sich in zwei Muskeln, jeder von diesen ward wieder sehnig und wieder fleischig, bevor er sich an den Schildknor- pel befestigte, von wo aus er sich in Gestalt einer Fascia bis zum Zuogenbeine fortsetzte. Das Ligamentum nuchae begann schon an den Sacralwirbeln. Vier Längsreihen flacher Fort- sälze raglen in das Jonere des Uterus hinein, zum Beweise, dass das Ei durch Cotyledonen mit dem Uterus zusammenhängt, und nicht dureh diflus verbreitete Cliorionszotteo, wie bei den Kameelen. Eschricht bemerkt, das das Orbital-- Wundernetz des Och- sen nach einer schon von Hovius angestellten Beobachtung CCXU einen arleriösen und venösen Theil besitzt. Dasselbe findet nach Eschricht?’s Beobachtungen an den Wundernelzen der Faul- thiere statt... Oversigt over det Kongelige Danske Videnskaber- nas Selskabs Forhandlinger. 1838. p. 16, Die Analekten von Mayer enthalten Beilräge zur Ana- tomie des Dromedars, Beobachtungen über die Gaumenfalte des- selben. den Nervus accessorius, der nur feiner und kürzer ist, über Klappen in der Vena cava sup., 4 Hautdrüsen am Hlinter- haupt, den Herz- und Zwerchfellknochen u, a. Beim Bären werden Bursae pharyngeae und ein Musculus phrenieo-oesopha- geus beschrieben. Die Bemerkungen über den Ai enthalten Beobachtungen über die Zusammenselzung der Schulter der Faulthiere, über die Wundernetze derselben, welche aus einem arteriösen und. venösen Theil bestehen, wie auch von Esch- richt beobachtet ist, und über die Eingeweide. Das Orificium uteri ist wirklich doppelt, aber der Vervix schon vorher in 2 Kanäle getrennt. Der Uterus der Myrmecophaga tetradaciyla und didactyla hat dagegen nur ein Orificium. E Aus einer von Owen angestellten Anatomie des Dugong, Proceedings of the zool. soe. March. 1838 heben wir Folgen- des hervor. Die Membrana nieclitans ist vorhanden, die Mam- mae sind pectoral oder vielmehr äxillar. Die ausserordentliche Zusammenziehung der Schlundöffnung gleicht derjenigen von Capybara. Zwei grosse Parotiden. Ueber den Bau des Ma- gens wurde schon in vorigen Berichten referirt. Die Gal- lenblase ist vorhanden, der Blinddarm 7 Zoll lang. Das Foramen ovale des Herzens war geschlossen, Keine Wunder nelze. Die Nieren sind ungetheilt; die Saamenblasen: vorhan- den; die Corpora cavernosa penis gelheilt; die geläugnelen Milch- stosszähne des Dugong wurden beobachtet. In dem frischen Schädel eines männlichen Dugong wurden sie mit den perma- nenten Stosszähnen coexistirend gefunden. Die permanenten Stosszähne des Weibchens werden in ihrem Wachsthum auf- ehalten, und bleiben in der Substanz des Zwischenkiefers und der Alveolarbedeckung. Die Höhle dieser Zähne wird ganz ausgefüllt. Bei dem Männchen zeigt die tiefe conische Cavität der Basis der Stosszähne die Persistenz ihres Keims und. ihres fortdauernden Wachksthums. Diese Stosszähne sind wegen ihrer Lage im Zwischenkiefer als ineisivi zu betrachten. Nur ‘in ei- nem von 7 Schädeln wurden untere Schneidezähne vorgefunden, sie gleichen den Zahnrudimenten der Wallfischfötus. Breschet lieferte eine Beschreibung ‘des Gehörorganes .des Delphins (ann. d. se. nat. X. p. 221.), dessen Tympanum hier- nach von einer Fortselzung des Sinus cavernosus ausgefüllt wird, so. dass die Gehörknöchelchen vom venösen Blule um- spült werden, und die Euslachische Trompete fehlen: soll. ccxi Rapp’s davon verschiedene Angaben wurden in früheren Be- richten angeführt. Berthold theilte seine Beobachtungen über das linsenför- mige Knöchelchen im Musculus stapedius mehrerer Säugethiere mit, von welchem Magendie Kenntniss halte. Müller’s Archiv. 16. Hyrtl lieferte ‚Beobachtungen über die vergleichende Ana- tomie des Kniegelenks. Bei vielen Säugethieren zeigen sich Knochenkerne in den Cartilagines interarticulares, entweder auf beiden Seiten, wie bei Mus decumanus, oder auf einer (inne- ren) Seite wie bei den Mustelen, Myozus, Dipus. Beim Luchs wurde noch ein Knochen in der fibrösen Kapsel des Knies be- obachtet, der an der Bildung des Gelenkes eben so wie die Kniescheibe Antheil nimmt, und die Form eines Os sesamoideum hat. Bei den Eulen befindet sich regelmässig ein Knochenkern im äussern Seitenband. Oesterr. Jahrb. XVII. 29. Carlisle Rudimente von Rippenstücken an der Verbin- dung des Os sacrum mit dem Darmbein. L/inst. 318. Beob- achtungen ähnlicher Art wie die in der vergl. Anatomie der My- xinoiden in den Abhandl. der Berl. Acad. von 1836 mitgelheilten. Flourens Beobachtungen über die Parallele der Extremi- täten des Mensehen und der Thiere. Ann. d. sc. nat. X. 35. Bemerkungen über die Altersverschiedenheiten von Lutra und Spalax erhielten wir von Nathusius. Wiegm. Arch. 1838. I. 130. - Suckow osteologische Beschreibung des Walls. Mannh. 4837. (Wir sahen dies Skelet seitdem.. Es ist Balaenoptera rostrata Rad.) "Suckow osteologische Beschreibung des Delphinschädels. Manonh. 1838. . ©. Mayer lieferte schätzbare Beiträge zur Analomie des Strausses, Naudu und Emeu {n seinen Analeeten für verglei- * chende Anatomie, 2. Bonn. 1838. Sie enthalten osteologische, "myologische, splanchnologische und neurologische Bemerkungen, und zum Theil Berichtigungen früherer Angaben. Prof. Weber b te beim Casuar einen Iymphatischen Sinus ganz nahe un- er Haut im Fellzellgewebe zwischen der Ursprungsstelle "Musculus semimembranosus und’ der des Muse. coceygeus erior, von der Grösse einer grossen Haselnuss. Der ganze ıs lag auf dem Processus transversus des zweiten Steissbein- bel. Dieser Sinus, aus einem dichten röthlichen Faserge- web: hend, könnte ein Lyınphherz sein, und wird auch von Mayer.dafür gehalten. Die Lage würde dafür sprechen, + da an dieser Stelle die Lymphherzen der Amphibien liegen. \ Tech untersuchte die Stelle am’ lebenden Huhbne, fand aber hier so wenig wie an audern Stellen ein Lymphherz. Es ist zu Cccxiv wünschen, dafs die Vögel mehrseitig im lebenden Zustand hier- auf untersucht werden. Wenn sich diese Organe nicht bei un- sern Hausvögeln finden sollten, so könnten sie immer noch wohl bei den Siraussen vorhanden sein; es ist schade, däss die mikroskopische Struetur nicht untersucht wurde, die Muskel- bündelchen mit Querstreifen würden auch im Tode eben eo sicheres Kennzeichen der Gegenwart geben, als ihr Fehlen ein Kennzeichen des Mangels eines Lymphherzens. Die osteologischen Pracktwerke der Herren D’Alton sind fortgesetzt worden. Die Skelete der Raubyögel von E. D’Al- ton d. A. und E. D’Alton d. J. Bonn 1838: Gattungen Vultur, Cathartes, Gypaetos, Falco, Gypogeranus, Sirix: M.J. Thuet disquisitiones anat. psillacorum. Turici 1838. 4. Knochen, Muskeln, Nerven. Ueber den Knochenring in der Sclerotica der Vögel. Allis, Tinstitut 1838. 302. Nach Van der Hoeven’s (Tidschr. voor naturl: geschied. IV. 1838. p. 90.) Mitiheilungen unterscheidet sich der giganti- sche Leidensche Salamander aus Japan von dem wahren Sala- mander dadurch, dass er stalt Augenlider eine durehsiehtige Fort- selzung der Haut über den Augen hat. Der Schädel ist mehr abgeplattet, breiter, die Stirnbeine verlängert endigen hinten durch eine schmale Spitze. Die Ossa pterygoidea sind sehr breit. Der vordere Rand des Vomer trägt eine Reihe Zähne. Vor dem Becken sind 20 Wirbel. Die Körper der Wirbel sind | fischarlig ausgehöhlt. CGarpus {und Tarsus sind durch Knor- pel gebildet. Ich theile ganz die Meinung, dass dieses Thier nicht zu den Salamandern gehört, und dass es eine grosse Ver- wandtschaft mit Cryptobranchus s, Menopoma hat; indessen wird man sie nicht wohl in demselbeu Genus vereinigen kön- nen; und Menopoma hat eine zu grosse Verwandtschaft mit Amphiuma. um seine Nähe zu verlassen. Der Leidensche Sa. lamander verhält sich zu den wahren Salamandern ohngefähr + wie die Frösche mit bedeckten Augen zu den Fröschen mit Augenlidern. Peters obs. ad anatomiam cheloniorum. Berol. 4838. Müll. Arch. 1839. Hydromedusa Maximiliani zeichnet sich vor. den übrigen Schildkröten durch gesonderte Nasenbeine aus. Das Quadratjochbein fehlt wie bei. Chelys. Diese Schild- kıöte besitzt kein Drehgelenk zwischen Epistropheus und Atlas. Fernere Beobachtungen über die Zusammenseizung des Meta. -_ thorax der Sehildkrötlen aus Hautkoochen sowohl als Knochen des innern Skelets. i es Zufolge Bischoff’s Untersuchungen (Müll. Arch. 1838. _ 353.) war das von Nitzsch bei den Covecilien für einen Penis . ‚ CccXY gehaltene Organ die umgeslülpte Abdominalblase oder Harublase. Ebendaselbst sind auch Bemerkungen zur Anatomie der Coc- eilien nach Coceilia annulata mitgetheilt. Eine Beschreibung der Aortenbogen und ihrer Zweige der Molche und der Lacerta viridis lieferte Hyrtl. Oesterr. Jahrb. XV. 1838. p. 379. Das Verhalten gleicht dem wie es von Rusconi bei den Tritonen, von mir bei den Laceren beschrie- ben ist. Hyrtl ‚beschrieb ebendaselbst ein Blutgefässneiz in der Conjunctiva palpebralis oder Conjuncliva der Augenkapsel der Schlangen. Ein eigenthümliches Gefässnetz entdeckte der Verf. ia der Hyaloidea der Schlangen, Kröten, Frösche; es entspringt aus einer langen Ciliar-Arlerie an der innern Ober- fläche der Choroidea, läuft bis zum Anfang der Strahlenfortsätze, und theilt sich hier in 2 Zweige, welche unter den Ciliarfortsätzen zwischen diesen und der Hyaloidea um den Rand der Linse einen Kranz bilden; aus diesem entspringen viele Zweige, wel- che an der Hyaloidea rückwärts bis zum Sehnerven verlaufen. Kein Zweig des Netzes geht in den Glaskörper und die Linse, obgleich die Arteria capsularis aus der Centralis relinae fehlt. Beim Gou beobachtete Hyrtl den Herzknochen in der Schei- dewand der Vorlöhe und beim Fuchs und Bären einen hinte- ren Circulus Willisii an der Vereinigungsstelle der beiden Ver- tebrales zur Basilaris. (Eigentlich ist hier auch beim Menschen immer ein solcher Cirkel von 4 Schenkeln vorhanden, gebildet aus den Arleriae vertebrales und spinales anteriores, welche letztere nur sehr klein sind.) Bei. den Kröten und Fröschen beschreibt der Verf. den von Burow beobachteten Verlauf der Arteria libialis durch die 'Tibia. Der Nervus lateralis der jüngsten Froschlarven verläuft nach Krohn (Fror. Not. N. 137.) genau über die Mitte des Seitenmuskels bis gegen die Hälfte des Schwanzes, und scheint sich von da gegen die Basis der Rückenflosse zu wenden, und längs ihr wahrscheinlich bis an das Schwanzende zu reichen. In späterer Zeit ist der Nerve von der. Mittellinie des Schwan- zes weggerückt, und verläuft an der Basis der Rückenflosse, von der Wurzel derselben bis zur Spitze. Von Volkmann haben wir eine genaue und dankens- werlhe Arbeit über die Hirnnerven des Frosches erhalten. Müll. Arch. 1838. 70. An dem Gehirn des Frosches finden sich nur 8 Nerven, indem Facialis, Glossopharyogeus, Acces- sorius Willisii und Uypoglossus keine eigenen Wurzeln zeigen. Der Facialis wird durch einen Ast des Acuslicus erselzt, das 9. und 41. Paar sind im 10. enthalten, ‚als Hypoglossus dient der erste Halsnerv. Der N. abducens entepringt gesondert, senkt sich aber vollsländig in das Ganglion des Trigeminus. Müller's Archir. 1839. r CCXVI Der Acustieus giebt nach seinem Ursprunge einen Ast, welcher sich ebenfalls in den Knoten des Trigeminus einsenkt. Das Ende des Abducens nach dem Durchgang dureh das Ganglion trigemioi wurde durch physiologische Versuche ermittelt, der Abducens versorgt den Musculus reetus externus, suspensorius und Nickhautmuskel, wie sich theils durch Reizung der Wurzel, theils durch Section der Wurzeln der andern Augennerven er- gab. Bei Reizung des N. facialis innerhalb der Schädelhöhle entstanden Zuckungen im Musculus vertebromaxillaris und tym- panomaxillaris, im Siylohyoideus anterior und bei Männchen in der musculösen Kehlblase, diese Muskeln werden vom Kehl- ast des Vagus versorgt, nachdem dieser den Trommelhöhlenast des Quintus aufgenommen. Dieser Ast ist daher die Fortsetzung des facialis. Der Zungenast des Vagus ist rein sensibel. Rei- zung der Wurzel des Vagus im Schädel bewirkte Zuckung im Levator scapulae inferioris, Stylohyoideus posterior, Stylopha- pharyngeus und den Muskeln des Kellkopfes. Der Zungen- schlundnerve des Vagus ist nicht motorisch, auch nieht der Kehlast dieses Zungenschlundnerven, bis er den Trommelhöh- lenast des Trigeminus aufgenommen. Noch haben wir eine verdienstliche, unter dem Präsidium von Leuckart erschienene Inaugural- Abhandlung über die Leber, die Milz und das Pancreas der Amphibien zu erwähnen. J. Brotz et ©. A. Wagenmann diss. de amphibiorum hepate liene ac panereäte. Friburgi Brisg. 1838. 4. beruht ausser einer Zusam- menstellung der zerstreuten Beobachtungen auf zahlreichen ei- genen Beobachtungen, Das Skelet des Gadus navaga enthält nach v. Bär?’s Beob- achtung in den sehr grossen Querfortsätzen der meisten Bauch- wirbel und der ersten Schwanzwirbel Höhlen, welche hohle Sei- tenverlängerungen der Schwimmblase aufuehmen. Bull, scientif. de l’acad. imp, de sc. de St. Petersb. T. III. N. 23. Die von Albers als Wundernetz gedeutete Choroidaldrüse der Knochenfische ist von Wharton Jones einer genauen Untersuchung unterworfen. Lond. med. gaz. 1838. An der Eintrittsstelle des Sehnerven verbinden sich 2 Blutgefässe mit dem Auge, das eine von diekeren Wänden, eine Arterie theilt sich nach dem Eintritt ios Auge in 2 Aeste, welche, am innern Rande des Organs hergehend, sich in Zweige theilen, welche durch weitere Theilung und Anastomosen. das Netzwerk am innern Rande des Organs erzeugen. Am äussern Rande treten aus dem feinen Plexus Zweige hervor, die sich zu grösseren Stämmen vereinigen und sich in der Choroidea verzweigen Die scheinbare fibröse Textur des Organs entsteht dureh lauter feine parallele Gefässe zwischen den Netzwerken von beiden CcXYll Rändern. Ueber den ganz gleich gebildeten venösen Theil des Rete mirabile siehe meine Beobachtungen im Monalsbericht der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1839. Dalrymple account of a peculiar structure in the eyes of fishes. Charlesworth mag. of nat. hist. 1838. 136. Be- schreibung der Campanula Halleri. Ueber Breschet’s Unsersuchungen über das Gehörorgan der Fische, wovon das besondere Werk recherches anat. et physiol. sur Porgane de l’ouie des poissons. Paris 1838. 4., hatten bereits Cuvier und Dumeril einen Bericht abgeslattet. Auch von J. Müller’s Arbeit über das Gehörorgan der Cyelostomen, Fortsetzung der vergl. Anat. der Myxin. (Abh. d. Akad. d. Wissensch. aus d. J. 1837), ist bereits im Archiv ein Auszug gegeben. Von Schlemm’s und D’Altons Untersuchungen über die Nerven der Petromyzon (Müll. Arch. 1838. 262.) wurde schon früher ebend. das Wesentlichste angezeigt. U. Ratlke über die weiblichen Geschlechtstheile des Aales. (Wiegm. Arch. 1838. 297.) Bestätigung seiner frühern Beob- achtungen. Die Eier gelangen durch 2 enge Oeflnungen der Bauchhöhle nach aussen. Eierleiter fehlen. Der Eierstock ent- hält ausser den Eiern von 7; vieles Felt innerhalb des zell- stolfigen Gewebes. Rathbke (Müll. Arch. 1838. 414.) beobachtete die Blut- drüsen der !Schwimmblase bei den Syngnathus, Crenilabrus, Corvioa nigra, Gobius ophiocephalus (Gob. batrachocephalus ued melsnostomus hallen keine Schwimmblase), Smaris vul- garis, Sargus annularis, Atherioa Boyeri, Gadus jubatus und Ophidium barbatum. Der Verf. giebt eine genaue Beschreibung des Verhaltens der Blulgefässe in diesen Drüsen. Die Blut- drüse der Syngnalhus besteht aus 2 Theilen, der eine ist aus den Gefässbüscheln gebildet, der andere besteht aus einer Menge niedriger Falten, die sich theils verzweigen, theils auch unler- einander verbinden, alle aber ziemlich dicht aneinanderliegen. In diesen Falten verlaufen die Blutgefässe, welche aus den Ge- fässbüscheln hervorgehen. Auch bei den andern Fischen be- stand die Drüse aus 2 verschiedenen Theilen, einem aus Blut- elässbüscheln gebildeten und einem Saum, in welchem sich die lutgefässe verzweigen, welche aus dem Büschel hervorgehen; aber die Falten felllen. Diese Abhandlung enthält noch lehr- reiche Bemerkungen über den Bau der Schwimmblase bei den genannten und andern Fischen, über ihre Entstehung mit Bezug auf v. Baer’s und des Verf, eigene Beobachtungen. Eine vergleichende Auatomie der Respiralionswerkzeuge der Wirbelthiere ımit Benulzung seiner eigenen Beobachtungen lie- CecxYvill ferte Lereboullet de l’appareil resp. des animaux verlebrös. Strassbourg, 1838. Handbücher: Wilbrand, Handb. der vergl. Anatomie. Giessen, 1838. Ueber die Fortschritte der vergl. Anatomie der Wirbellosen siehe den besondern Bericht von C. v. Siebold, welcher we- gen Mangel an Raum in den folgenden Jahrgang aufgenom- men wird. = Verzeichniss der Schriftsteller, deren Werke oder Abhandlungen im Jahresberichle genannt werden. (Die arabischen Zahlen des Registers beziehen sich auf die römischen des Textes.) Abbane. 166. et de Roseville. 82. 126, bers. 39. 68. 76. 78. 86. 147. Alison. 153. 3 Allis. 214. w) Alquie. 55. . d’Alton, E., d. A. 214. d’Alton, E., d. J. 214. 217. v. Ammon. 93 Amussat. 146. Andermann. 58. ie d’Arcet. 91. Arnold, Fr. 1. 63. 87. 88. 96 M. 102. 104 f. 107. 109. 120. 121. 162. Ascherson. 22. on. 49. nsky. 36. v. Bär. 216. Barlow. 86. Barry. 168 fl. Pr Barthe@lemy. 146. Baum. 84. Bauperthuys. 82. 126. B 125. DB 40. Beequerel. 127. hm. 3. Behn. 175. Bellingham. 84. Be 16. jaud. 175. Berthold. 153. 213. Berzelius. 133. Biberon. 182. Bibra. 69. Bidder. 136. 201. Bindseil. 154. Müllers Archiv. 1930 Birkmeyer, 84. Bischoff, J. R. 123. N Bischoff, T. 120. 129. 131. 140. 146. 164. 214. \ Black. 148. Blake. 131. Blandin. 96. 146, Bock. 96. Böhm. 41 ff, Bonnenberg. ‚86. Bouchardat. 89. Bouillaud. 35. Brandt. 126. Breschet. 111. 127. 176. 212. 217. Bright. 93, Brotz. 218. Bruni, 76, Budd. 57 ff. Bulard. 49 ff. Burdach, E. 210. Burow. 175. 210. Busch. 6. v. Bylandt. 207. Cagniard Latour. 126. 154, Cap. 142. Carlisle. 153. 213. Carus. 124. 150. Casper. 6. 132. Charcelay, 147. Charvet, 5. Ah Chomel. 35. Clendinning. 80. Cock. 2. * Colberg. 139. Cooper, R. 127. Corrigan. 75. Cox. 83. Creplin. 84. CCXX Cross. 126. Cruse. 17. Cruveilbier. 103. Curling. 83. Cuvier. 217. Dalrymple. 217. Daniel. 127. Davy, I. 145. 166. Dechambre. 63. v. Deen. 5. 156. Demargay. 138. Denis. 140. Da 114. Dickson. 6 Donne. 20. "a, 91 143. 186. Dubigk. 83. Dubeis d’Amiens. 52. 89, Duges. 125. Dujardin. 167. 185. Dumas. 133. 139. Dumenil. 182. 217. Dumortier 208. Dunian, 185. Duplay- 35. 37. Dupuy. 162. Durance, 156. Dutrochet. 56. Emmeit, er Erley. Eacicht 211. Estlin. 85. Eydoux. 128. Bausch Ars: Fiard. Hiecwond Churchill. 175. Fleury. 6 Flourens. im 115. 132. 213. Frem y. 89. Fricke. 83. 128, Friedländer, M. 39. Fries. 182. ‚Froriep, R. 64. 7. Fuchs. 60 if. 63. Gädechens. 4. Gerdy. 146. Girou de Bozareingues. 175. Gluge. 20. 24. 28. 33. 34. 77.78, 81. 82. 149. 176. 201. 207. Göppert, 125. Gorham. 147. Grant Calder. 80. Graves, 17. 147, Griffin. 88. Grimaud de Caux. 165. Grisenthwaite. 134 M. Guillot. 51. 79. Gulliver. 33. 34. Gumbinner. 87. Günther. 88. 114. Günther. 181. Güterbock. 186. Gurlt. 76. Guy. 147. A” Hagenbach. 83. Hake. 121. Hamilton. 87. v. Haselberg. 85. Hawkins. 82. Heermann. 131. 152 16 Heim. 51. : Henle, 18 ff. 77. 78. 187.199, 201, Henry. 142. er 18. Heusinger. 208. Heyfelder. 2. 81. v. d. Hoeven. 214, Hofer. “ Höfling. Hollard. 1aG, Hueck. 5. 110. Huschke. 178. Hyrul. 108. 112. 205. 213. 215. James. 89. c Iutenln 172. 9 Jolly. 131. Judd. 4. 69. Jung. 103. Juselowitsch. 82. Jütting. 3. Kallmann. 131, Kalt.‘ 88. Kerr. 88. Kirmsse. 4. Kohlrausch. 117. Kömm. 5. 63. & König. 87. Körner. 64. Kratochwila. 81. Kraus. 93. Krause. 96. Krohn. 215. Kyll. 88. Labat. 167. Labatt. 76. Laerois. 68. argue. 165. e and. 67. ndsberger. 59. Larrey. 35. 132. Lassaigne. 68. Lavini, 55. Lebert. 92. Lecanu. 142, Lee. 4. 175. Lecazz: 39. Lelut. 165. Leonhard. 76. Lereboullet. 217. Leuckhart. 216, Bau, 51. Macartney. 17. endie. 6 ff. ‚A. 67. y erodt. 86. 3 20. 28. 143. 152. 186, 205. 4 Mirehand, 9. 139, 141. Se Marens. 122. © Marshall Hall. 1 Martin St. Ange. 165. - Martini. 8 Martius. 18, 93. _ r. 67. eueci. 129, Mayer, ©. 153. 200. 210. 21. ® 212. 213. L Mehliss, 150. Mertens, 126. Meyer Ahrens, 193, “ COXXI Mischer. 83. 84. Mile. 155. Milne Edwards, 436. 184. Mitscherlich, C. G. 140. Mohr. 51. 68. 80. 82. Monditre. 83. Montault. 1. Tone 166. Moore. 4. Moreau. 76. 175. Mulder. 134, Müller, J. 69 ff. 217. Müller, J. A. S1. Müller, S. 209. ‚Müller. 81. Münter. 163. Nägele, F, 147. Nathusius. 213. Natorp. 3. Neret. 67. Nicolai. 61. Nivet. 57. Nonat. 68. v. Nordmann. 155. th. 37. _Numann. 165. Ollivier d’Angers, 89. d’Orbigny. 132, Otto. 35. 93, Ösius, 81. Owen. 177. 206. 209. 211. 212, Pappenheim. 116 ff, 137. Bahappe. 86. Pauli. 55. Pelouze. 139, Peltier. 129. 167. Pertus, 175. na 5 Polli. v. Ben. Esche. 39, Pouchet. 183. Pressat. 2. 161. Prichard. 132. Purkinje. 125. 137, ey Quevenne, 91, Raikem. 92. Ramisch, 68, % # CCoXXl Raspail. 124. Ratlıke. 178 ft. Rayer. 40. 55. Redlich. 83. Rees. 90. 133. Reichert. 181. Reid. 163. Remak. 163. 201. Retzius. 3. 41. Rey. 51: Riberi. 166. Ricord. 52 ft. rei Robert. 127. 164. a Rokitansky. 4. .6. 59. 80. Romberg, M. 87. 160. Romberg. 83. 86. Röner. 2. 118 ff, Rosbach. 5. Rösch, 76. Rosenthal. 195. 203. Rossi. 55 Roux. 146. Rowland. 87. Sars. 184. Schauer. 87. Schindler. 4. Schlegel. 209. Schleiden. 188. Schlemm. 217. Schöller. 2. Schönlein. 35. Schultz, €. H. 88. Schultze. 49, 122. Er Schupmann, 4, Schütz. 69. Schwann, 23. 126, 18$ fl. Schwartze. 209. Sebastian. 124. Segalas. 146. Semmola. 49, Serres. 177. v. Siebold. 65. v. Siebold, ©. Simon, F. 92. 186, Simpson. 78. Skuhersky. 2. Solly. 104. Soltsien. 92. 2. 177. 80. 81. 82.91.93, Th. 4. 84. 85.185. Souleyet, 128. Staberoh. 51. Stannius. 89. Stark. 93. Steinrück. 37. 151. Stöber. 161. Suckow. 213. Sundervall, 56. Susewind. 166. Sweatman. 58. Syme. 93. 152. Taylor. 68. Temminck. 209. Tessier. 37. Theile. 112 ff. Thierry. 2. Thuet. 214. Thurnam. 65 fi. Thursfield. 4. Tomes, 207. Tourdes. 39. Trog. 139. Turpin. 92. 126. 185. Ulrich. 76. Valentin. 18 ff. 34. 75. 77.129. # ee Rn 195. 196.202, elpeau. 146. Vigla. 33. 91. x 7" Vogel. 18 ff. 78. 81. Voisin. 88. 161. Völkers. 153. j Yaklnnın. 157 ff. 159. 164. ’ Vrolik. 1. ” nn nn & Wasner, R. 33. 84, 143 ff. N. > Warren. 147. Weatherhead. 17. Weber, E. H. 14. 24. 149. Weber, M. J. 96. 109. 114. 210. Wharton Jones. 41, 116,17: #® Wilbrand. 218. Wilson. 37. 87. Beitrag zur Physiologie der Ernährung. Von J. Franz Sımon. E; ist für die Physiologie der Ernährung gewiss von Wich- tigkeit zu wissen ob der Magen von Kindern eben so auf die Milch wirkt, wie der Kälbermagen. Bekannt ist, dass die ei- genthümliche Wirkung des Kälbermagens auf die Kuhmilch einer besonderen chemischen Thätigkeit, der Katalyse, zuge- hrieben wird, zu deren Annahme man durch eine Menge ähnlicher Erscheinungen in der Chemie genöthigt ist; ferner, dass Schwann die coagulirende Eigenschaft in einem zwar noch nicht isolirten Stoff, welcher. im Kälbermagen enthalten ist und den er Pepsin nennt, zu setzen geneigt ist. Auch ist es bekannt, dass Schübler den Theil Käsestoff, welcher durch Kälbermagen nicht gefällt wird, als eine eigenthümliche Materie, Zieger, betrachtet wissen will, dem aber Berysmai widerspricht, nach welchem dieser sogenannte Zieger nur durch freie Säure gelöst erhaltener Käsestofl ist. Dieser M inung schliesse ich mich gleichfalls an, doch werde ich in einer bald erscheinenden ausführlichen Arbeit über die Frauenmilch zei- gen, dass es nicht eine freie Säure ist, welche den Käsestofl gelöst erhält. Aus hiesiger Charit& erhielt ich 48 Stunden nach dem Tode den Magen eines neugebornen Kindes, welches bei der Geburt Müller's Archir. 1839. 1 2 noch einige mal Athem geschöpft hatte und dann verschieden war. Die Contenta waren darin nicht enthalten; die Schleim- haut reagirte stark alkalisch. Ein Stück dieses vorher in de- stillirtem Wasser mehrere Stunden gewässerten Magens legte ich in eine Schale mit unabgekochter Kuhmilch, in eine zweite Schale mit gleichviel Kuhmilch legte ich ein Stück gewässer- ten Kälbermagen, eine drilte Schale mit Kuhmilch erhielt keinen Zusatz. Sämmtliche Gefässe stellte ich in ein: Wasser- bad, welches 30° R. hatte. Nach 28 Minuten war die Milch mit dem Kälbermagen coagulirt, die in den beiden andern Schalen nicht, auch war nach einer Stunde in diesen noch keine Coagulation eingetreten. Ich liess nun diese beide Scha- len bei der gewöhnlichen Zimmertemperatur stehen (17° R.) und fand am nächsten Morgen die Milch, in welcher der Kin- dermagen lag, noch nicht geronnen, nicht sauer reagirend, die in der anderen Schale aber durch Säureerzeugung geronnen. Dieser Versuch mit dem Kindermagen wurde zwei Mal wie- derholt; das eine Mal gerann dieMilch nach 20 Stunden durch Säureerzeugung, das andere Mal nach 18 Stunden. Den ‚Magen eines Kindes, welches 5 Tage gelebt hatte, erhielt ich. 24 Stunden nach dem Tode. Oesophagus und Duo- . denum waren. unterbunden, gleichwohl fand ich in dem Ma- gen, welcher yon einer nach Schwefelkohlenstoff und Schwe- felwasserstoff riechenden Luft aufgetrieben war, ‚nur etwa 4 Serupel- eines. gelben Breies, ‚der ‚stark alkalisch reagirte, sich zum. Theil in Wasser löste, zum Theil als Schleimflocken abschied. Die Lösung wurde weder von Chlorwasserstoflsäure noch Essigsäure, die sauren Lösungen auch nicht durch Ka- liumeisencyanür getrübt. Neutrales essigsaures Blei erzeugte eine schwache, basisch essigsaures Blei eine starke Trübung und Fällung. Quecksilberchlorid und salpetersaures Silber fäll- ten die Lösung weiss, letzteres Präcipitat wurde sehr bald rothbraun. Gallustinetur bewirkte eine schwache Fällung. „Der Magen wurde wie früher eingewässert und mit dem bereits bekannten Erfolge noch einmal der Versuch mit der = 3 Kuhmilch wiederholt. Das Colostrum derselben Frau, welcher das Kind angehört hatte, vom 3ten und 4ten Tage nach der Geburt, hatte ich zugleich erhalten. Mit diesem und dem Kin- dermagen stellte ich folgende Versuche an. In drei Schalen wurde Colostrum, in jede etwa 6 Drachmen, vertheilt. In eine dieser Schalen legte ich ein Stück Kindermagen, in die andere ein Stück Kälbermagen, die Milch der dritten Schale erhielt keinen Zusatz. Sämmtliche Schalen wurden wieder einer Tem- peratur von 25—30° R. ausgesetzt. Nach 20 Minuten begann die Milch, welche den Kindermagen enthielt,. zu coaguliren; nach 30 Minuten war sie vollkommen geronnen. Der Käse- stoff lag als feines Gerinnsel, gemischt mit grössern und klei- nern Klümpchen, am Boden der Schale; das Serum war fast klar zu nennen und nicht viel weniger schleimig als das Co- lostrum selbst. Nach 20 Minuten war auch die Milch geron- nen, welche den Kälbermagen enthielt, aber hier war der Käse- stoff nur als feines Gerinnsel ausgeschieden, grössere Klümp- chen wurden nicht bemerkt; das Serum war viel trüber als das erstere. Das Colostrum in der dritten Schale war nicht geronnen. Derselbe Versuch wurde noch einmal wiederholt, wobei die Milch, welche den Kälbermagen enthielt, etwas früher zu gerinnen begann als die, welche den Kindermagen enthielt, im Uebrigen waren die Erscheinungen den früher er- wähnten gleich. Am folgenden Tage erhielt ich Colostrum von einer Person, die etwa vor 30 Stunden entbunden wor- den war; auch dieses wurde vom Kindermagen in 25 Minuten eoagulirt. Da sich das Colostrum der Frauen, abgerechnet eine grössere Menge fester Stofle, ganz so verhält wie die wirkliche Frauenmilch, was ich in meiner späteren Arbeit dar- legen werde, so gelten diese Versuche eben so, als wären sie mit wirklicher Frauenmilch angestellt. Aus diesen Versuchen glaube ich folgern zu dürfen, dass der Magen eines Säugethie- res nur die Milch der eigenen Gattung geeignet und dem Zwecke der Verdauung gemäss coagulivt und ich glaube, dass dieser Schluss durch das Experiment hinreichend motivirt ist. 4° 4 Hieraus aber folgt von selbst, dass nur die Milch der Gattung eine zweckmässige Nahrung für den Säugling sein kann. In drei Reagenzgläser vertheilte ich mit destillirtem Was- ser abgewaschenen und bis zur bröcklichen' Consistenz ausge- pressten, durch Kälberlab gefällten Kuhkäse. In zwei dieser Gläser bedeckte ich denselben mit gut gewässertem frischen Kälbermagen, den Käsestoff im dritten Glase mit einem Stück Kindermagen, immer so, dass die Schleimhaut den Käse be- rührte. In ein viertes Reagenzglas that ich durch Kinderma- gen coagulirten Käsestoff von Frauenmilch und bedeckte die- sen gleichfalls mit Kindermagen. In jedes dieser Gläser wurde alsdann so viel sehr schwach mit Chlorwasserstoffsäure *) an- gesäwertes destillirtes Wasser gelhan, dass die Magensubstanz überall oben bedeckt war. Diese 4 Gläser wurden zugleich mit. einem Thermometer in ‚ein mit Wasser gefülltes Becher- glas gestellt, und das Wasser gleichmässig bis 30° R. erwärmt gehalten. Schon nach 14 Stunden begann in allen diesen Glä- sern die künstliche Verdauung, welches an den entstehenden Luftblasen zu bemerken ist. Nach 49 Stunden war der Käse- stoff der Frauenmilch (vom Kindermagen bedeckt) bis auf wenige Flocken verschwunden, nach 23 Stunden der Käse- stoff der Kuhmilch, welcher mit Kälberlab bedeckt war, nach 25 Stunden der unter gleichen Umständen behandelte Käse- stoff ‘der Kuhmilch in dem andern Glase; nach 30 Stunden, wo ich den Versuch unterbrach, war der Käsestof! der Kuh- milch, welcher vom Kindermagen bedeckt war, noch nicht völlig gelöst *°). *) Ich that so viel Chlorwasserstoffsäure zu dem Magen, wie verhältnissmässig der Magensaft diese Säure nach Prout ent- halten soll, **) Frühere ähnliche Versuche, nn ich später mittheilen werde, gaben mir etwas abweichende Resultate, die ich später anführen werde und die ohne Zweifel ihren Grund in dem relativen Verhältniss der Käsestoffmenge zur Oberfläche der Schleimhaut des Magens, welche überhaupt in Wirkung treten kann, haben. 5 ‘Die schnelle Lösung des Frauenmilchkäsestofls dureh Kin- dermagen, die übrigens, was ich nicht unterlassen will zu be- merken, zum Theil mit' darin ihren Grund hat, dass die Quan- tität Käsestoff, welche hier behandelt wurde, nur etwa der Ste Theil von der Quantität des ähnlich behandelten Kuhmilch- käses ausmachte, aber auch wieder durch ein verhältnissmässig kleineres Stück Magensubstanz bedeckt wurde, so wie die sehr langsame Lösung des Kuhmilchkäses durch eben denselben Ma- gen, sind für die Ernährung des Kindes gewiss von Wich- tigkeit. Die Gasentwiekelung, welche sich bei der künstlichen Verdauung des Käsestofls beobachten lässt, macht es nicht un- wahrscheinlich, dass eine Veränderung in der chemischen Grund- mischung desselben vorgegangen sei. Ich goss die trübe, einem Seifenwasser ähnliche Flüssigkeit mit den Gläsern, worein Kuh- milchkäse behandelt worden war, durch ein sehr feines Mous- selintuch, und brachte etwas davon unter ein Mikroskop. Bei 500maliger Vergrösserung zeigte sich eine klare Flüssigkeit “ mit sparsam darin schwimmenden Fetikügelchen, einer unge- fähren Schätzung nach wohl 20mal weniger als in einer ge- wölhnlichen Milch beobachtet worden. Die Flüssigkeit reagirte sauer. Ich löste etwas Käsestofl in Wasser auf, brachte beide Flüssigkeiten auf einen gleichen Grad von Helligkeit und un- tersuchte die Wirkung der Reagentien. Gallustinetur erzeugte in beiden gleich copiöse Niederschläge. Essigsäure und Chlor- wasserstoflsäure schien beide nicht zu verändern; in solcher * sauren Lösung entstand bei der Käselösung durch Kaliumeisen- eyanür ein starker Niederschlag, bei der künstlich verdauten Flüssigkeit keine Fällung. Neutrale essigsaure Bleiauflösung trübte beide Flüssigkeiten. Quecksilberchlorid bewirkte in der künstlich verdauten Flüssigkeit eine weisse Fällung, welche in der Art, wie sie sich zeigte, lebhaft an die Fällung einer ver- dünnten Eiweisslösung durch Quecksilberchlorid erinnerte. Die Käsestofllösung zeigte diese Erscheinung nicht. Alkohol fällte die künstlich“ verdaute Flüssigkeit stark, es schied sich eine 6 weisse flockige Materie ab; die Käsestofllösung ‚wurde durch Alkohol nicht gefällt. Eine kleine Menge nicht verdünnter, künstlich verdauter Flüssigkeit erhilzte ich bis zum Kochen; es schied sich kein Eiweiss ab, aber die Flüssigkeit wurde unverkennbar trüber. Da es wichtig schien zu wissen, ob sich der Käsestoff durch die katalytische Kraft der Schleim- haut wirklich in Eiweiss umwandelt, so stellte ich später noch folgende Versuche an. Ein frischer Kälbermagen wurde meh- rere Stunden hindurch gewässert und dann so lange in de- stillirtem Wasser geschwenkt und abgespühlt, bis dieses voll- kommen klar blieb. In ein Cylinderglas von anderthalb Zoll Weite legte ich unten ein Stück dieses Labs, das den Boden bedeckte,; mit der Schleimhaut nach oben, auf dieses wurde mit destillirtem Wasser gewaschener und gepresster Kulıkäse, der durch Kälberlab koagulirt war, etwa + Zoll hoch geschich- tet und darauf wieder ein Stück Kälberlab gelegt, hierüber eine kleine Menge mit Chlorwasserstoflsäure angesäuertes Was- ser gegossen. So wurden 2 Cylinder gefüllt; in einen dritten legte ich ein Stück Kälberlab mit wenig Wasser befeuchtet. Diese Cylinder wurden gleichmässig bis 30° R. erwärmt. Nach 20 Stunden hatte ich etwa 6 Drachmen verdauter Flüssigkeit erhalten. Unter dem Mikroskop verhielt sie sich wie oben er- wähnt; sie roch und reagirle säuerlich, verhielt sich gegen Reagentien wie schon angeführt, aber aus der mit Essigsäure angesäuerten Flüssigkeit fällte Kaliumeiseneyanür einen geringen Niederschlag; die Fällung durch Quecksilberchlorid und Alko- hol war stärker und beim Erhitzen trübte sich diese Flüssig- keit stark und es schieden sich eine Menge weisser Flocken ab. Die Gegenwart von Eiweiss geht hieraus, glaube ich, hin- reichend klar hervor. Den Cylinder, worin sich das Kälber- lab allein mit Wasser befeuchtet befand, musste ich früher aus dem Wasserbad nehmen, weil die thierische Substanz einen Sauligen Geruch ausstiess; die geringe Flüssigkeit, welche ich abgoss, ‘gerann nicht beim Erhitzen. Eiweiss, durch Hitze eoagulirt, halte ich eben so wie Käsestoff behandelt, es hatte 7 sich verhältnissmässig viel weniger als von diesem gelöst. Die Lösung zeigte unter dem Mikroskop eine Menge unregelmässi- ger, nicht runder, sondern eckiger, zum Theil sich bewegen- der Körperchen, sie roch unangenehm nach Schwefelwasser- stoff und gerann zum Theil beim Erwärmen. Um mich zu überzeugen, ob nicht etwa der Kälbermagen beim längern Be- handeln mit schwach gesäuertem Wässer diesem einen Stofl mittheile, welcher Ursache der eiweissähnlichen Reaktion ist, wurden noch folgende Versuche angestellt. Es wurde mit Käl- bermagen, der ‚so lange im destillirten Wasser gewässert und geschwenkt war, bis er diesem keine Schleimtheile mehr mit- theilte, Kuhkähse, wie schon erwähnt, künstlich verdaut, und mehrere Gläser, in welchem nur Stücke von diesem Kälber- magen mit schwach gesäuertem Wasser übergossen waren, der- selben Temperatur während der ganzen Dauer des Verdauungs- processes aysgeselzt. Die hierbei gewonnene Flüssigkeit und die des künstlich verdauten Käses wurden filtrirt und geprüft; es ergab sich, dass der künstlich verdaute Käse die Gegen- wart des Eiweiss durelı Erhitzen, durch Alkohol und Sublimat unverkennbar zeigte, die andre Flüssigkeit aber durch Erhitzen sich weder trübte noch Flocken abschied, durch Alkohol nicht, durch Sublimat schwach und durch Gallustinktur "sehr stark gefällt wurde. Einen Theil der künstlich verdauten Käsestoflflüssigkeit schloss ich in einen, aus einem grossen Stück Kälberlab durch Zu- sammenziehung der Ränder bereiteten Beutel, gleichsam ein künstlicher Magen, ein und brachte durch die Zusammenschnü- rung ein dünnes Glasrohr. Das Ganze senkte ich in ein Be- cherglas mit Wasser von 30° R. und liess es darin 8 Stun- den lang bei derselben Temperatur. Es hatte die Flüssigkeit eine röthliche Farbe, etwa schmutzige Fleischfarbe, angenom- men und roch unangenehm; sie zeigte unter dem Mikroskop dieselben Körperchen, wie ich sie beim Eiweiss erwähnte, die durchaus keine Achnlichkeit mit Blutkügelehen oder Lymph- kügelchen haben; sie geraun nicht an der Luft, wie es die 8 Lymphe thut, sondern liess einen weissen geringen Bodensatz fallen, wie ich glaube aus jenen Körperchen bestehend. Er- hitzt coagulirte ein grosser Theil der Flüssigkeit, es schieden sich weisse Flocken aus. Es scheint mir sehr wahrscheinlich, dass die Umwandlung der verdauten Flüssigkeit zu Chylus und Lympbhe in den Bauch- gefässen und Drüsen durch eine ganz gleiche katalytische Kraft, wie wir sie bei der Schleimhaut des Magens beobach- ten, bewirkt werde. Noch eine andere nicht minder interessante Erscheinung knüpft sich hieran. Man bemerkt, wie ich es auch schon er- wähnt habe, wenn man den Kälbermagen auf Käsestoff wir- ken lässt und nur die obere Schicht des Magens immer feucht erhalten wird, dass derselbe 24 Stunden und länger einer Tem- peratur von 30° R. ausgesetzt sein kann, ohne einen putriden Geruch zu entwickeln, welcher sich indessen bald einstellt, wenn man Kälbermagen allein mit Wasser befeuchtet dieser Temperatur aussetzt, so dass also der wirkende organische Chemismus das Eintreten der Wirksamkeit des Anorganischen zu verhindern scheint. In einen Glaskolben mit weiter Oeffnung schichtete ich, wie früher Kälbermagen, ein Gemisch von Käsestoff und Ei- weiss und wieder Kälbermagen über einander. Der Kolben wurde dicht mit einem Kork, durch den ein gebogenes Glas- rohr ging, verschlossen, das Glasrohr mündete einige Linien in klares Kalkwasser; ein Papier mit Bleisolution getränkt wurde über dem Kalkwasser angebracht. Den Kolben stellte ich in ein Wasserbad von 30° R. Die Gasentwickelung ging sehr langsam vor sich, nur wenn der Kolben hin und her ge- wiegt wurde, entwichen einige Luftblasen durch das Kalk- wasser. Nach 8 Stunden zeigte sich an der inneren Seite des Glasrohrs, wo das Kalkwasser grenzte, ein geringer weisser Anflug von kohlensaurem Kalk, der sich in Verlauf von 24 Stunden noch vermehrte. Das Papier mit Bleilösung färbte sich nicht. Nach 24 Stunden, wo ich den Kolben öffnete, 9 war eine Entwickelung yon Schwefelkohlenstoff durch den Geruch ganz deutlich zu bemerken, ein mit Bleisolution ge- tränktes und in den Kolben gehaltenes Papier wurde augen- blicklich braun. Es ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen, dass die Kohlensäure, die an den Kalk getreten war, als Product der künstlichen Verdauung anzusehen sei, sie kann eben so gut von der atmosphärischen Luft, die im Kolben enthalten war, herkommen. Ueber die Corps granuleux von Donne. Von J. Franz Sımon. Donne hat bekanntlich in dem Colostrum der Frauen eigen- thümliche Körperchen, welche er corps granuleux nennt, mit dem Mikroskope entdeckt und giebt an, dass das Vorkommen dieser Körperchen. bis zum 20ten Tage nach der Niederkunft ihn zu dem Schluss berechtige, dass die Frauenmilch bis so lange mit Colostrum gemengt sei. Er sagt in seiner Schrift: du lait et en partieulier de celui des nourrices ete. Paris, 1837. p- 22.: dass diese Kügelchen sich durch Grösse, Form, über- haupt durch ihr äusseres Ansehen von den Buiterkügelchen unterscheiden. Sie sind nicht immer rund, sondern zeigen alle mögliche Verschiedenheit, sind wenig durchsichtig, von etwas gelber Farbe, und scheinen gewissermassen wie aus einer Menge kleiner Körnchen, von einer durchsichtigen Hülle umschlossen, zusammengesetzt. Er vermuthet sie seien aus einer felten Substanz und einer eigenthümlichen schleimigen Materie gebil- det; sie lösen sich in Aether und hinterlassen, nachdem dieser verdampft ist, kleine Büschelehen krystallinischer Nadeln. Wie 1t er sie von der sich zugleich im Aetherdösenden Butter getrenuf hat, ist nicht angegeben. ‚ Das erwähnte Colostrum von Frauen, welches ich aus hiesiger Charit& erhielt, und von dem die eine Parthie' am 3ten und 4ten Tage nach der Niederkunft, die andere 30 Stun- den nachher erhalten ‘worden war, untersuchte ich in Gegen- wart des Herrn Geh. Rath Prof. Liehtenstein mit’ dessen Mikroskop mit grösster Genauigkeit. Von Körperchen, die den Corps granuleux nach Donnd@s Beschreibung geglichen hätten, konnte unter keinen Umständen etwas entdeckt wer- den. Das Ergebniss der mikroskopischen Untersuchung war folgendes: In der klaren Flüssigkeit schwammen vollkommen runde durchscheinende Butterkügelchen von der verschieden- sten Grösse (die grössten etwa „4; Mill.). ' Sie glichen durch- aus den Butierkügelchen der gewöhnlichen Frauenmilch und ein Unterschied des Colostrum von der Frauenmilch kann nur dahin festgestellt werden, dass in der wahren Frauenmilch we- niger von diesen Kügelchen schwimmen, dass diese von ziemlich gleichmässiger Grösse sind und dass man selten mehrere Kü- gelehen zusammenhängend findet. Nun zeigt sich aber eine beachtungswerthe Veränderung in dem Objecte, wenn die geringe Menge Colostrum, welche man zur Untersuchung an- wenden darf, auf dem Glase anzutrocknen beginnt. Es neh- men an dem Rande der Flüssigkeit, wo das Antrocknen zu- erst Statt findet, die Butterkügelchen eine andere Färbung an; sie beginnen vom Mittelpunkte heraus an dunkler zu werden, indem die Butter, welche in der fliessenden Milch selbst flüs- sig ist, erslarrt, und diese Färbung nimmt bis zum tiefen Indig- blau zu; dabei verändert sich die Contour nicht, aber zwi- schen derselben und der blauen Färbung zeigt sich ein weis- ser Nimbus. Wenn das Antrocknen weiter fortschreitet, nel- men auch die auf der Oberfläche der Flüssigkeit nach der Mitte zu schwimmenden Kügelchen an dieser Färbung Theil. Die grössere Menge der gesammiten Kügelchen färbt sich aber nicht, wahrscheinlich weil sie, von einer trocknen Haut des gelösten 12 Käsestoffs und der Butter bedeckt, nicht erstarren können. So erscheint endlich ‘ein Moment, wo man zwischen einer grossen Menge ungefärbter Kügelchen viele dunkelblaue er- blickt und durch den Farbencontrast erscheinen dann, beson- ders beim längeren Beobachten, die-ungefärbten Kügelchen selbst schwach gelb gefärbt. Der Herr Geh. Rath Prof. Lich- tenstein hatte die Güte, diese Erscheinung in ihrem Verlaufe mit zu beobachten und bestätigt sie in ihrem ganzen Um- fange. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass diese Farbenerschei- nung bei Donn& die Meinung von der Gegenwart der Corps granuleux erzeugt hat. Das Colostrum, welches am 3ten und 4ten Tage nach der Niederkunft erhalten worden war, ver- hielt sich eben so, unterschied sich aber von dem andern durch einen weniger reichen Inhalt an Butterkügelchen. Etwas der gelben Butter, welche sich bei dem Colostrum, wenn dieses: einige Zeit steht, auf der Oberfläche absetzt, und in welcher die fraglichen granulösen Körperchen enthalten sein mussten, löste ich in Aether, sonderte den Aether-klar von den geringen Flocken abgeschiedenen Käsestofls und liess ihn in einem Uhrglase verdampfen. Es blieb Butter, theils in grös- seren Massen, theils in warzenartigen Anhäufungen zurück; von krystallinischen Büschelchen oder Nadeln konnte aber, selbst bei der genauesten Untersuchung, nichts entdeckt werden. . Ueber den Schädel einer Kuh mit einem über- zähligen Horne an der Stirne. v Von Dr. GEorG JAEGER. D;; Vorkomman von 3 Hörnern scheint nach der Angabe Gurlt’s (Lehrbuch der patlol. Anatomie der Haussäugethiere, 2.Bd. pag. 177.) bei Rindern überhaupt seltener zu sein und ich kenne wenigstens keine nähere Beschreibung einer solchen Missbildung, weshalb ich wegen Mittheilung der folgenden Beobachtung entschuldigt zu sein hoffe, der ich zugleich einige vergleichende Bemerkungen beifüge. Der fragliche Schädel war im Vebrigen vollkommen regelmässig gebildet, nur in der Mitte des Stirubeins ragte ein den beiden gleichfalls kleinen seitli- _ ehen Hörnern ähnliches Horn hervor. An der Wurzel des- „selben erhob sich aber noch ein Knochenauswuchs, der deutich als eine in verjüngtem Maasstabe ausgeführte Nachbildung der hohlen Rinne erschien, welche von dem seitlichen Horne an unter dem Dache des Stirnbeins zur Augenhöhle führt, ohne dass übrigens auch auf der Haut die Spur eines eigenthümli- chen Organs, z.B. eines Augenlides, sich gezeigt hätte. ‚So we- nig also auch hier von einem zweiten Kopfe entwickelt ist, so ‚scheint mir doch dies Wenige darauf gedeutet werden zu müs- 14 sen, so ungeeignet auch die Stelle und selbst das Organ ist, mit welchem die Duplieität begonnen hatte. Die fragliche Stelle scheint nämlich für die Entwiekelung eines 2ten Fötus oder für die Verschmelzung desselben mit dem ersten sehr we- nig geeignet, da man nur wenige Beispiele menschlicher Fötus kennt, welche auf ihrem Kopfe einen zweiten Kopf tragen, oder welche, wie in dem von Klein beschriebenen auf dem hie- sigen Naturaliencabinet befindlichen Exemplare, als zwei Fötus am Scheitel, also nur in der.Nähe der Stelle verwachsen sind, welche an dem Schädel der Kuh das dritte Horn trägt. — Diese Stelle entspricht auch nicht derjenigen, welche bei Schaa- fen und Ziegen die bei diesen Thieren nicht selten und so- gar als Eigenthümlichkeit einzelner Ragen vorkommenden über- zähligen Hörner trägt, welche gewöhnlich von einer zusammen- hängenden, nur in mehrere Abtheilungeu getrennten Hervor- ragung des Stirnknochens ausgehen, so dass die überzähligen Hörner innerhalb der an der normalen Stelle entwickelten oder nur wenig vorwärts von diesen stehen. Sie entspricht viel- mehr der Stelle, welche bei der Giraffe das dritte Horn oder Geweih trägt. Die Missbildung an dem Schädel der Kulı konnte also insofern als eine Nachbildung einer wenigstens zu derselben Ordnung gehörigen Thierform gelten, bei welcher jedoch die Hervorraguugen des Stirnknochens mehr dem Ro- senstock der Hirscharten zu vergleichen ist, ohne dass je ein Geweih sich darauf entwickelt. Bei den Hirscharten scheint die Entwickelung mehrerer Geweihe auf abgesonderten Rosen- ‚slöcken (wie z. B an einem Schädel eines Rehbockes in der Andraser Sammlung zu Wien, an welchem das dritte etwas _ kleinere Geweih vor dem linken Geweih steht) sehr selten zu sein und bis jetzt ist kein Beispiel eines überzähligen Horns bei den Antilopen bekannt, wenn diese Familie gleich das einzige normale Beispiel von 4 Hörnern bei der Antilope Chi- kara aufweist, bei welcher die zwei vorderen Hörner einan- der näher gerückt sind, als die hinteren und nur ohngefähr 9“ oberhalb der Nasenknochen stehen. Bei den ungehörnten 15 Ziegen und Schaafen ist die Stelle der Hörner gewöhnlich durch 2 Knochenhervorragungen bezeichnet, und also die An- lage zu dieser wenigstens im Knochensystem gegeben, wäh- rend bei der ungehörnten Varietät des Ochsen die-Stellen, an welehen gewöhnlich die Hornkerne hervorragen, vielmehr fla- eher geworden sind und die Mitte zwischen ihnen dagegen eine merkliche, jedoch abgerundete Erhöhung bilde. Man kann letztere nur uneigentlich als eine Verschmelzung der bei- den seitlich stehenden Hornkerne in der Mittellinie des Kör- pers ansehen und ‘es scheint bei dieser Varietät des Ochsen die Bildung dieser Waffe aus der Entwickelung des Knochen- und Hautsystems gleichsam verschwunden zu sein, ohne dass diese Rage deswegen durch besondere Zahmheit sich auszeich- nete. In seltenen Fällen, wie bei einem in der hiesigen Thier- arzneischule aufbewahrten Hautstücke vom Kopfe eines Zebu- sliers scheint dagegen die Bildung der Höruer zwar nicht in unmittelbarem Zusammenhange mit der Bildung der Schä- delknochen erfolgt zu sein, indem sich zu beiden Seiten des Kopfes ein mit der Haut zusammenhängendes Horn findet, das aber doch einen Kern von Knochensubstanz enthält. Dadurch wird einestheils die Gleichförmigkeit der Entwickelung der Hörner mit der Knochensubstanz nachgewiesen und zugleich die Analogie mit der Bildung der Hörner des Nashorns vermin- dert, welche bei diesem vielmehr dem Hautsystem als dem Knochensystem angehört, indem sich an der Stelle der Hörner des Nashorns nur eine flache Erhöhung der Knochen findet. Diese gewissermaassen nur in der Anlage vorhandene Bil- dung spricht sich auch bei andern Organen aus., z.B. bei der bloss dem Hautsystem angehörigen Brustwarze des Mannes gegenüber von der auf einer Drüse gleichsam als auf ihrem Kerne ruhenden und mit ihr in organischem Zusammenhange und in Functionsbeziehung stehenden Brustwarze des Weibes, bei welchem die Entwickelung der Brüste überhaupt zu der Entwickelung der Geschlechtsfunction und des Gesammtorganis- mus in einem Associalionsverhältnisse steht, das beim Manne viel 16 weniger ausgedrückt ist*). Wie die Vervielfachung der Brüste bei Weibern ihr Analogon bei vielen Säugethieren findet, so kön- nen die Fälle von Milchabsonderung bei Männern, deren mehrere in Nr. 33. der 6ten und in Nr. 14. des 7ten Bandes der medieini- schen Correspondenzblätter des ärztlichen Vereins in Würten- berg angeführt sind, den Monstris per excessum an die Seite gestellt werden, indem hier die Entwickelung der Drüse und ihre Function ebenso in Verbindung mit der Haut getreten ist, wie bei dem Weibe, indess das jetzt so häufige Unver- mögen zu säugen bei den Weibern nicht minder als eine der vielen Krankheiten oder Missbildungen in Absicht auf Function erscheint, welche den Missbildungen in Absicht auf Form füg- lich parallelisirt werden können und welche zugleich das Ver- hältniss bestätigt, in dem die organische Thätigkeit mit der Richtung der psychischen Thätigkeit in vielen Fällen steht. *) Wenn wir auch darauf kein Gewicht legen wollen, dass die abnorm beim Menschen vorkommenden Hörner verhältnissweise am häufigsten, wie es scheint, am Kopfe, namentlich an der Stirne be- obachtet worden sind (da die Analogie, die man darin mit den ge- hörnten Thieren finden wollte, doch als etwas gesucht erscheinen möchte, indem diese Hornbildung auch an andern Stellen, namentlich an den Schenkeln, öfter beobachtet wurde); so ergieb! sich darans doch eine weitere Analogie mit der Entwickelung der Brüste an ver- schiedenen Stellen des Körpers, indem Robert (Journal de physio- logie exper. et pathol, par Magendie. 1827. Heusinger's Zeitschrift für organische Physik) "sogar an dem linken Schenkel einer Frau eine Warze beobachtet hat, durch welche mehrere Kinder gesäugt wurden. Ueber die Structur der Condylome. Von Dr. Gustav Sımon, practischem Arzte in Berlin. (Hierzu Taf. I.) Di. Leichtigkeit, mit der man die Condylome an ihrer äus- sern Form von ähnlichen Exerescenzen unterscheidet und die geringe Gefahr, die sie im Vergleich mit vielen andern krank- haften Geschwülsten mit sich führen, möchten wohl als die Ursaehen anzusehen sein, weshalb man sich bisher mit der Ermittelung ihrer Stractur nur noch wenig beschäftigt hat. Man findet daher auch über diesen Punkt die Angaben der Schriftsteller zum Theil unbestimmt, zum Theil mit einander im Widerspruch. So sagt $. Cooper °) von den Condylomen nichts weiter, als dass es kleine, harte Geschwülste seien. Rayer *) erklärt sie für eine Hypertrophie des Coriums, der Hautpapillen, der Gefässneize, der Integumente und der Epi- dermis. Manche deutsche Schriftsteller ***) halten die breiten Condylome für ganz verschieden von den spitzen, und wäh- rend sie die erstern für eine durch chronische Entzündung zu Wege gebrachte Wucherung des Coriums ansehn, betrach- *) Handwörterbuch der Chirurgie, Art. Condylom. **) Traitt theorique et pratique des maladies de la peau. T. II. Paris, 1835, p 420. "*) Rust’s Handbuch der Chirurgie, Art: Condylomata. Müller's Archiv. 1839, 2 . 18 ten sie die letztern als eine eigenthümliche Afterorganisation oder eine Art von Parasiten. Andere °) dagegen sind der Meinung, dass es ganz unwesentlich sei, die breiten Condy- lome von den spitzen zu unterscheiden, indem beide aus gros- sen, sehr dünnhäutigen Gefässbündeln bestehen, die vorzüglich vom Rete vasculosum unter der Haut ausgehn. Otto *) er- wähnt der Condylome bei den schwammigen und sarcomatö- sen Auswüchsen der Haut. H. J. Johnson **) leitet die Entstehung der in Rede stehenden Geschwülste von einer nicht weiter bestimmten Ablagerung in die Cutis ab. Vossenf) hat die Unterschiede zwischen den Condylomen und einigen andern Excrescenzen der Haut, besonders den Warzen, der äussern Form nach festgestellt, über den innern Bau der Feigwarzen giebt er aber nichts an. Die einzige genauere Untersuchung über unsern Gegenstand ist von Remak ange- stellt worden, der seine Beobachtungen durch Gonzenbach fi) hat mittheilen. lassen. „Remak’s Beobachtungen 'zu Folge, wird gesagt, unterscheiden sich die spitzen Condylome, die äussere Form abgerechnet, von den übrigen besonders dadurch, dass jene mit einem dickeren, aus Lamellen bestehenden Ueber- zuge bedeckt sind, der bei der Betrachtung mit dem Mikros- kope sich wie die Epidermis verhält; bei den gestielten und traubenförmigen. Condylomen aber verliert sich allmälig die- ser Epidermisüberzug und statt dessen erhalten sie eine sehr feine Zellgewebehaut. Im Innern erkennt man unter dem Mikroskop Blutgefässe und ungleiche, rauhe Kügelchen, un- termischt mit wenigen Fasern.“ *) Pathologie und Therapie nach Schönlein’s Vorlesungen. Bd. IV. 1832. p. 305. **) Lehrbuch der pathologischen Anatomie. Berlin, 1830, Bd. 1.- p- 106. ***) Medico-chir. Review, London. Juli 1834. 7) Troschel in Rust’s Magazin. XXXIX. Bd, 3. Heft. 4833. ++). De careinomate penis. Dissert. inaug. auct. O. de Gonzen- bach. Berolini, 1837. p- 8: Not, 1 | 19 Da die meisten der oben angeführten Ansichten blosse Vermuthungen sind und da wir aus Remak’s Beobachtungen, vielleicht nur wegen der Kürze, mit der sie mitgethailt wor- den sind, nicht mit Zuvelrässigkeit auf die die Condylome zu- sammensetzenden Gewebe schliessen können, so schien mir ein erneuerter Versuch zur Ausfüllung dieser Lücke nichts ganz Unnützes. Ich werde die gewöhnliche Eintheilung der Condylome in breite und spilze beibehalten und mit ersteren beginnen, da sie in ihrer Structur etwas einfacher sind. 4) Breite Condylome. — Die breiten Condylome wer- den in der Regel als hügelförmige, eine bis einige Linien hohe Exerescenzen der äussern Haut beschrieben, deren Oberfläche glatt erscheint oder mit kleinen Erhöhungen und Vertiefungen versehen ist. Zur Untersuchung dieser Art habe ich Feigwarzen von zwei weiblichen Individuen benutzt, bei welchen eine Menge dieser Geschwülste, von denen fast alle schon seit Monaten bestanden, die Afteröffnung umgaben. Sie wurden mit der Scheere abgetragen und meistens frisch untersucht. Bei allen diesen Geschwülsten konnte man schon mit dem blossen Auge zwei verschiedene Substanzen unterschei- den, nämlich eine äussere, die als ein dünner Ueberzug die ganze Exerescenz bedeckte, und eine innere, die, dem An- scheine nach, aus einer homogenen Masse bestand (Fig. 1 u. 2.). Bei längere Zeit fortgeselzter Maceration oder durch die Ein- wirkung kochenden Wassers wurde jener Ueberzug gewöhn- lich locker, so dass er mit der Pincette stückweise abgehoben werden konnte, Die mikroskopische Untersuchung zeigte Folgendes: Der Ueberzug der erwähnten Condylome bestand aus mehreren Schiehten nebeneinander liegender, platter Epitheliumzellen. Diese Zellen waren von unregelmässiger Form, theils rundlich, theils winklich und bei den aus den tieferen Schichten er- kannte ınan deutlich einen Kern, der einen oder zwei kleinere ge 20 Kernchen enthielt. In den oberflächlicher gelegenen Zellen, die auch elwas grösser waren als die tiefer befindlichen, liess sich der Kern weniger gut unterscheiden. (Fig, 8. c.) Der Ueberzug der breiten Condylome gehört demnach der Form von Epithelium an, welche Henle*) Pflaster- epithelium genannt hat. h Unterhalb der eben beschriebenen plalten_Zellen lag eine Schieht kleinerer, theils rundlicher, theils polyedrischer, kern- haltiger 'Zellen (Fig. 10. a, 5). Der übrige tiefer gelegene Theil der Condylome, die innere Substanz derselben, be- stand aus sehr feinen Fasern, die hinsiehtlich ihrer Dicke und ihres ganzen Ansehns mit den Zellgewebefasern übereinstimm- ten. Diese Fasern waren zu Bündeln vereinigt, die ohne re- gelmässige Anordnung durcheinander lagen. Zwischen den Fasern fanden sich kleine rundliche Körperchen, die meistens einen oder zwei punktförmige Körnchen zeigten (Fig. 12.). Ausserdem bemerkte man in den der Peripherie zunächst lie- genden Schichten zwischen den Fasern noch Zellen, . von de- nen einige eine ovale Gestalt halten, andere an einem oder beiden Enden zugespitzt waren und in»feine Fäden ausliefen (Fig. 11.) Diese zugespitzien Zellen waren niemals in grosser Anzahl vorhanden und lagen nicht gruppenweise zusammen, sondern vereinzelt. In manchen breiten Condylomen schienen sie mir ganz zu fehlen, während ich sie in einem ziemlich neuen auch-in den tiefern Schichten wahrnahm. Mehrere Male endlich sah ieh in diesen Condylomen einige wenige dickere und mehr gestreckte Fasern, die völlig denen des elastischen Gewebes glichen. Fasst man nun die einzelnen, die innere Substanz der Condylome bildenden Elemente zusammen, nämlich rundliche, ovale und in feine Fäden auslaufende Zellen, zu Bündeln vereinigle, feine, geschwungene Fasern, mit dazwischen liegen- *) Symbolae ad analomiam villorum intestinalium. Berol. 1837, und Müller's Archiv 1838, No, 1. Pr, 2 [ Zu 7 21 den. rundlichen Körperchen, so hat man alle verschiedenen Entwicklungsstufen, welche das Zellgewebe von seiner ersten Bildung an durchläuft. Denn bekanntlich hat Schwann *) die‘ Entdeckung ge- macht, dass alle Gewebe des thierischen Körpers, gerade eben so wie die der Pflanzen, aus Zellen bestehen oder sich auf ver- schiedene Weise aus Zellen hervorbilden. Diese Zellen, welche Henle°°) primäre Zellen, Schwann’**) Elementar- oder Vegetationszellen nennt, enthalten in ihrem Innern einen Kern (Zellenkern), in welchem wieder ein oder zwei Kern- chen (Kernkörperchen) sich befinden. Durch Bildung von Elementarzellen erfolgt auch, nach Henle’s 7) Untersuchun- geh, die Regeneration der Gewebe durch Entzündung und Achnliches hat R. Froriep ff) bei der Entwickelung organi- sirter Pseudomembranen wahrgenommen. Dass nun auf gleiche Art, wie dies Sechwann für die Gewebe des Embryo nachgewiesen hat, die Bildung der krank- haften Geschwülste vor sich geht, hat J. Müller ff) in sei- nem kürzlich erschienenen Werke für die meisten derselben dargethan. Er hat gezeigt, dass sie ursprünglich immer aus kernhaltigen Zellen entstehn, die sich, je nach der verschiedenen Beschaffenheit der Geschwulst, auf verschiedene Weise umge- stalten, und dass diese Veränderungen der Zellen immer analogen Metamorphosen in den einzelnen Geweben des Embryo entspre- chen. So wiederholt sich, nach Müller’s Beobachtungen, im *) Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung - in der Structur und dem Wachsthume der Thiere und Pllanzen. Ber- lin, 4838; und Froriep’s Notizen 1838, Ne. 91. 403. 112. #*) Ueber Schleim- und Eiterbildung. Berlin, 1838. p. 54., und Hufeland’s Journ. Bd. LXXXVI. St. 5. ***) Mikroskopische Unters, p. 10. 7) Ueber Schleim- und Eiterbildung p. 54. ++) Klinische Kupfertafeln. 11. Lief. T. LXI. tr) Ueber den feinern Bau und die Formen der krankhaften Ge- schwülste. 4. Lief, Berlin, 1838, 22 Enchondrom die Entwicklung des Knorpels, im Careinoma melanodes fanden sich wahre Pigmentzellen vor und in den aus Fasern gebildeten Geschwülsten zeigten sich in feine Fa- sern auslaufende Zellen, wie sie in verschiedenen aus Fasern bestehenden Geweben des Embryo vorkommen. Was nun die breiten Condylome betrifft, so stimmen meine Angaben über die Bestandtheile der innern Masse derselben ganz mit den Beschreibungen überein, welche die oben ge- nannten Beobachter von der Entwicklung des Zellgewebes gegeben haben und es ist demnach wohl als ausgemacht an- zusehn, dass diese Condylome, den äussern Ueberzug abge- rechnet, aus Zellgewebe bestehn, das sich aber auf verschie- denen Stufen der Entwicklung befindet. Ein Theil der unterhalb der platten Epitheliumzellen be- firdlichen kleinen rundlichen Zellen sind nämlich ohne Zwvei- fel primäre Zellgewebezellen, die sich durch Verlängerung und Zuspitzung allmälig in Zellgewebefasern umwandeln; ein an- derer Theil dieser Zellen muss aber ‘wohl für primäre Epithe- liumzellen angesehen werden, denn höchst wahrscheinlich fin- det auf den Condylomen eine eben solche Abschilferung und Wiedererzeugung des Epitheliums statt, wie wir sie von der Epidermis und dem Epithelium der Schleimhäute kennen. Ein Beweis dafür möchte sein, dass, wenn man nur leicht mit dem Messerrücken über die Oberfläche eines Condyloms hin- fährt und das dadurch Abgelöste, in Wasser vertheilt, unter dem Mikroskope betrachtet, man grosse, platte Epitheliumzellen mit meist sehr undeutlichen Kernen wahrnimnt. Die zwischen den Fasern befindlichen rundlichen, mit ei- nem oder zwei Punkten versehenen Körperchen, von denen oben die Rede war, sind wohl die noch zurückgebliebenen Kerne schon verschwundener Zellen, was uns zeigt, dass in den untersuchten Condylomen das Zellgewebe seine völlige Reife noch nicht erreicht hatte. Vielleicht wird man in den unteren Schichten sehr alter Condylome diese Körperchen nicht mehr antreffen. rn Mi 23 Ob die elastischen Fasern, ‘die in: sehr geringer Anzahl in einigen breiten Condylomen bemerkt wurden, auch neu gebildet waren oder den im’ Normalzustande in der Gegend des Afters vorhandenen elastischen Fasern angehörten, muss ich unentschieden lassen. Daraus endlich, dass vorzüglich die oberflächlichen Schich- ten der Condylome Zellgewebezellen enthalten, während in den tieferen sich fast immer nur Fasern und Zellenkerne vor- finden, sieht man, dass das Wachsthum der Condylome, ebenso wie das der Granulationen, durch Bildung neuer Zellen an der Oberfläche vor sich geht. 2) Spitze Condylome. — Die Haupicharaklere der spitzen Condylome möchten folgende sein: Der Längendurch- messer ist bei ihnen beträchtlicher, als der Durchmesser der Grundfläche, mit welchen die Geschwulst aufsitzt, Der Gi- pfel dieser Condylome läuft entweder wirklich spitz aus oder der obere Theil ist mehr abgerundet. Häufig tritt die Ex- erescenz mit einem dünnen Stiele aus der Haut hervor und breitet sich seitlich von diesem weiter aus. Ausserdem haben die zu dieser Abtheilung gehörenden Condylome das Eigen- ihümliche, dass sie nicht nur, wie die breiten, kleine Un- ebenlieiten zeigen, sondern fast immer an ihrer Oberfläche vielfach gespallen sind, so dass sie dadurch ganz mit kleinen Höekern oder Zähnen besetzt erscheinen, wie dies besonders von Vossen °) genauer beschrieben worden ist, Diese Höcker ‚sitzen theils neben, theils übereinander und hängen an ihrer 2 mit einander zusammen. Sie sind gewöhnlich nur kurz m zugespitzt (Fig. 4, b.) oder abgerundet (Fig. 3, 2.), "zuweilen stellen sie aber auch längere, öfters oben kopflörmig angeschwollene Stämmchen dar, die sich auch wohl wieder in mehrere Arme theilen (Fig. 6), Häufig sah ich Höcker von verschiedener Gestalt an einem und demselben Condylom, Nach diesen Formverschiedepheiten hat man spitze Condylome ?)a.2.0. 24 im engeren Sinne, gestielte, trauben-, maulbeer-, blumenkohl- förmige u. s. w. unterschieden. Zuweilen findet man die spitzen Condylome ziemlich weich und etwas darchscheinend, andere Male härter und undurchsich- tig. Die Härte scheint mit dem Alter dieser Gewächse zuzu- nehmen. Abgesehen von diesen Unterschieden kommen diese Con- dylome, die ich in grosser Anzahl untersucht habe, in ihrer übrigen Structur ganz mit den breiten überein. Sie haben auch einen äussern Ueberzug, der aus eben solchen 'Zellen, wie bei den breiten, zusammengesetzt ist. Diese Oberhaut überzieht jeden Höcker bis zu dem Punkte, wo er an den benachbarten gränzt und geht dann auf diesen über. Sie scheint unmittelbar mit der gesunden Oberhaut der Fläche, auf welcher das Condylom sitzt, zusammenzuhängen. Ich habe diesen Ueberzug, der nach Remak bei den gestielten und trau- benförmigen Condylomen fehlt, bei allen Feigwarzen, welche Gestalt und welches Alter sie auch haben mochten, gesehn und man kann sich leicht von dem Vorhandensein der den- selben bildenden Zellen überzeugen, wenn man feine Stück- chen von der Oberfläche eines Condyloms abschabt oder dünne Scheiben abpräparirt, diese faltet, mittelst zweier Glasplatten zusammenpresst und den Rand der Falte unter dem Mikros- kope betrachtet. Fig. 8, a. d. c. ist nach den Zellen aus dem Ueberzuge eines gestiellen maulbeerförmigen Condyloms 'ge- zeichnet. N % Zunächst unter den platten Zellen der Oberhaut lagen kleinere, rundliche Zellen (Fig. 10., a. 2.) und unter diesen Fasern untermischt mit länglichen Zellen und solchen, die an den Enden zugespitzt waren. (Fig11). Die übrige Masse be- stand aus zu Bündeln vereinigten Zellgewebefasern und aus Zellenkernen (Fig. 12). Die Menge der einzelnen Bestandtheile war indess in ver- schiedenen Condylomen keinesweges gleich. Bald nämlich wa- ren sehr viele Zellen vorhanden, bald nur wenige; die zuge- 25 spitzien lagen zuweilen gruppenweise zusammen, andere Male vereinzelt und in manchen Condylomen fehlten diese ganz. Ebenso variirte auch die Menge der Fasern und Zellenkerne, denn mitunter fanden sich nur wenige Fasern vor, was auch in den von Remak untersuchten Condylomen der Fall war, öfters aber bestand die innere Masse der Feigwarzen fast nur aus Fasern und einer grösseren oder geringeren Menge von Zellenkernen. — Die von Remak beobachtelen Kügelchen sind wahrscheinlich die Körper, welche ich für Zellenkerne erklärt habe. Die spitzen Condylome dringen bis zu einer gewissen Tiefe in das Gewebe der Schleimhäute und des Coriums der äussern Haut ein, denn nach der Anwendung ätzender oder adstringirender Mittel lässt sieh zuweilen der in der Haut sitzende Tiheil mit hervorziehn. Wie tief diese sogenannte Wurzel sich in das Corium hineinerstreckt, habe ich indess nicht zu’ untersuchen Gelegenheit gehabt, doch würde sich dies wahrscheinlich an feinen, in perpendiceulärer Richtung ab- getragenen Hautschichten erkennen lassen, da die zwischen den Fasern der Condylome gewöhnlich noch vorhandenen Zel- lenkerne eine Unterscheidung der neugebildeten Substanz von dem eigentlichen Gewebe des Coriums möglich machen. Ueber den Verlauf der Blutgefässe in den Con- dylomen habe ich Folgendes beobachtet: Bei frisch abge- schnittenen breiten Condylomen sieht man an der Fläche, mit der sie aufgesessen halten, häufig einige Pankte aus denen Blut hervordringt und die ohne Zweifel durchsehnittene Blut- gefässe sind. Auch bemerkt man an dünnen Stückchen dieser Condylome unter dem Mikroskope öfters kleine Gefässzweige, doch konnte ich über den ganzen Verlauf der Blutgefässe bei dieser Art der Feigwarzen nichts Bestimmtes ermitteln. Bei den spitzen Condylomen salı ich mehrere Male ein schr deut- lich erkennbares Gefäss durch den Stiel verlaufen und sich dann in mehrere Zweige theilen, die in die Höcker dieser Con- 26 dylome eindrangen. In den Höckern selbst ging auf der einen Seite ein Gefässzweig in die Höhe, der sich in einiger. Ent- fernung von dem äussern Ueberzuge bogenförmig krümmte und an der andern Seite wieder hinablief (Fig. 9.). Einige Mal schien es mir, als lägen zwei Gefässe in dem Stiele, was auch wahrscheinlich immer der Fall ist. Bei durchscheinenden, maulbeerförmigen Condylomen liessen sich die Gefässe am be- sten wahrnehmen. Die Condylome sondern, wie allgemein bekannt, fast immer eine Flüssigkeit ab, von der mit ziemlicher Sicher- heit nachgewiesen ist, dass sie, auf gesunde Hautstellen ge- bracht, die Entstehung neuer Condylome veranlasst. Von den übrigen Eigenschaften dieser Flüssigkeit weiss ich nichts an- zugeben. Chemisches Verhalten der Condylome, — Wenn auch zu erwarten stand, dass. eine chemische Untersuchung der Condylome uns keine weiteren Aufschlüsse über die Bil- dungsweise derselben geben würde, so schien mir eine solche doch insofern nieht ohne Nutzen, als man hoffen konnte eine Bestätigung für die durch das Mikroskop erlangten Resultate dadurch zu erhalten. Da ich die innere Substanz der Con- dylome für Zellgewebe erklärt habe, so wäre allerdings der beste Beweis für die Richtigkeit dieser Behauptung der ge- wesen, dass sich die Condylome beim Kochen zu Leim auflö- sen. Hierbei war indess zu bedenken, dass sieh, wie oben gezeigt worden, in den Condylomen meistens noch kein völlig reifes Zellgewrebe vorfindet und dass andere aus unentwickel- tem Zellgewebe bestehende Gebilde keinen Leim geben, Denn aus den Granulationen eiternder Wunden erhielt Güterbock °) keinen Leim und auch die Haut des Schweinsfötus lässt sich durch lange fortgesetztes Kochen nicht in diese Substanz ver- wandeln, wie mir Herr Dr, Schwann, der diesen Versuch angestellt, mündlich mitgetheilt hat. Es war daher zu ver- *) De pure et granulatione. Berol., 1857. p. 28. i | ; r 27 muthen, dass die Condylome in dem Zustande der Entwick- lung, in welchem man sie in der Regel antriflt, hinsichtlich, ihrer ehemischen Eigenschaften mit den Granulationen und der Haut des Fötus übereinstimmen würden. Ich will nun zuerst das Verhalten der Condylome prüfen und hiermit dann das der Granulationen und der Cutis des menschlichen Fötus vergleichen. Ein, nur aus Zellgewebefasern und Zellenkernen beste- hendes, Stück von der inneren Masse eines grossen spitzen Condyloms, welches auf der Vorhaut gesessen hatte, wurde vierzig Stunden lang in Wasser gekocht. Nach dieser Zeit hatte sich die angewendete Condylommasse zum Theil aufge- löst, zum Theil in feine Fädchen zertheilt, die in grosser Menge in dem zum Kochen angewendeten Wasser umherschwammen und dasselbe trübten. Die Flüssigkeit wurde deshalb filtrirt und beinahe bis zur Trockenheit abgedampft. Beim Erkalten gerann sie nicht. Als sie darauf völlig bis zur Trockne ver- dunstet worden war, blieb ein bräunlich-gelber Rückstand, der sich durch Behandlung mit Alkohol in zwei Theile schei- den liess, nämlich a) in einen in Alkohol löslichen und b) in einen in diesem nicht löslichen. a) Der in Alkohol lösliche Theil, der nur in schr geringer Menge vorhanden war, löste sich auch in Wasser, und die wässrige Lösung wurde durch Galläpfelaufguss, essig- saures Bleioxyd und salpelersaures Silberoxyd, nicht aber durch schwefelsaures Kupferoxyd gefällt, verhielt sich also wie eine Auflösung von Osmazom. b) Der in Alkohol unlösliche Theil war wieder in Wasser löslich und diese Auflösung wurde “durch Galläpfel- aufguss stark gefällt, und Essigsäure löste diesen Niederschlag nicht wieder auf. Alaun und schwefelsaure Thonerde erzeug- ten starke Niederschläge, die durch überschüssig zugesetztes Fäl- lungsmitltel nicht wieder aufgelöst wurden. Essigsäure fällte ebenfalls und der Niederschlag war in überschüssiger Essig- säure nicht löslich. Salzsäure bewirkte eine ziemlich starke 28 weisse Trübung, die durch mehr zugesetzte Salzsäure zwar etwas vermindert, nicht aber ganz aufgehoben wurde. Selbst bei starkem Zusatze von Salzsäure selzte sich nach einiger Zeit ein weisser Niederschlag ab. Schwefelsaures Eisenoxyd brachte auf der Stelle einen starken Niederschlag zu Wege. Ausserdem wurde die Auflösung noch durch essigsaures Blei- oxyd, schwefelsaures Kupferoxyd, Quecksilberchlorid, salpe- tersaures Silberoxid und Platinchlorid gefällt. Diese Reactionen zeigen, dass die aus den Condylomen erhaltene, in Alkohol unlösliche Substanz kein Leim (colla) war, ‘denn eine Leimauflösung gerinnt bei gehöriger Concen- tralion, der durch Galläpfelaufguss in einer Leimauflösung be- wirkte Niederschlag ist in Essigsäure löslich °) und der Leim wird durch viele Reagentien nicht gefällt, die das Extract der Condylome niederschlagen. Auch von dem Chondrin, dem von J. Müller in den permanenten Knorpeln entdeckten leimarligen Stoffe, unterscheidet sich die Substanz aus den Condylomen, denn der in einer Chondrinauflösung durch Alaun hervorgebrachte Niederschlag ist iu überschüssig zugesetztem Alaun löslich. Vom Käsestoff weicht die in Rede stehende Substanz besonders durch ihr Verhalten gegen Essigsäure ab; Essigsäure ‘schlägt nämlich den Käsestoff nieder, ein Ueber- schuss von Essigsäure löst diesen Niederschlag aber wieder auf. Am meisten stimmt. die Substanz aus den Condylomen mit der Pyine, dem nach Güterbock’s **) Untersuchungen im Schleime und Eiter vorhandenen Stoffe, überein, nur ist das Verhalten gegen Salzsäure nicht bei beiden gleich. Salz- säure erzeugt nämlich, in kleiner Menge einer Auflösung von Pyine zugesetzt, eine gelbliche Trübung, die bei stärkerem Zusatze von Salzsäure wieder verschwindet. In der Auflö- sung des aus den Condylomen erhaltenen Stoffes bringt Salz- säure eine weissliche Trübung zu Wege, die durch mehr zu- *) Mikroskop. Unters. üb. die Uebereinstimmung u. s. w. p- 32. )öklerp: 12- i j 29 geselzie Salzsäure etwas vermindert, nicht aber ganz -aufgeho- ben wird. j Da das Condylom, welches zu diesem Experimente be- nutzt worden war, schon längere Zeit in Weingeist gelegen hatte, so wiederholte ich die Untersuchung auf gleiche Weise mit spitzen Condylomen, die in der Nähe des Afters gesessen hatten und an der Luft getrocknet worden waren, auch spä- ter noch mit ganz frischen, nur vier und zwanzig Stunden mit kaltem Wasser extrahirten, spitzen Condylomen, von der innern Fläche der grossen Schamlefzen, wobei das Kochen beide Male vier und zwanzig Stunden lang fortgesetzt wurde. Ich erhielt dabei genau dieselben Resultate. Auch einige breite Condylome aus der Umgegend des Aflers, die achtzehn Stun- den gekocht wurden, verhielten sich durchaus ebenso wie die spitzen. Was nun die Granulationen betrifft, so giebt Güter- bock *) über dieselben an, dass sie sich beim Kochen nicht in Leim verwandeln, dass das Wasser, in welchem sie ge- kocht worden sind, durch Essigsäure und Alaun gefällt wird und dass beide Niederschläge in einem Ueberschusse von Fäl- lungsmittel nicht löslich sind. Er schliesst hieraus, dass ‚die Granulationen Pyine enthalten. Ob die Auflösung sich aber auch gegen Salzsäure wie Pyine verhält, scheint Güterbock nicht geprüft zu haben, weshalb seine Versuche von mir wie- derholt worden sind. Zu dem Ende kochte ich wohl ausge- waschene Granulationen aus einer Wunde am Halse eines Pfer- des sechzehn Stunden lang, filtrirte das Wasser von dem un- gelöst gebliebenen ab und verfuhr übrigens ganz so, wie ich oben bei den Condylomen angegeben habe, - Ich erhielt auf diese Weise auch aus den Granulalionen zwei Substanzen; von denen die eine, nur in geringer Menge vorhandene, sich als Osmazom erwies und die andere, in Alkohol unlösliche, ganz mit der aus den Condylomen gewonnenen übereinslimmle, E ” *) Lc.p. 28. 30 also auch von der Pyine sich durch ihr Verhalten gegen Salz- säure unterschied. Die Haut des Fötus endlich habe ich bei einem drei und einen halben Monat alten menschlichen Fötus, der aber schon längere Zeit in Weingeist gelegen hatte, untersucht. Ich präparirte nämlich ein Stück der Cutis ab, kochte dieses zwölf Stunden lang in Wasser, filtrirte letzteres ab, und ver- dampfte es beinahe bis zur Trockenheit, doch erfolgte beim Erkalten keine Gerinnung. Aus dem nach der völligen Ver- dunstung des Wassers zurückgebliebenen Rückstande zog Al- kohol nur wenig aus, und der in Alkohol unlösliche Theil unterschied sich durch nichts von der auf gleiche Weise aus den Condylomen und den Granulationen erhaltenen Masse. Die Condylome stimmen also in ihrem chemischen Ver- halten genau mit zwei andern Gebilden überein, von welchen ausgemacht ist, dass sie aus noch nicht völlig reifem Zellge- gewebe bestehn. Denn aus allen dreien erhält man einen Stoff, der sich durch sein eigenthümliches Verhalten zu verschie- dehnen Reagentien von andern unterscheidet. Ob derselbe in- dess eine einfache orgaflische Substanz ist und ob er schon vor dem Kochen in dem unreifen Zellgewebe vorhanden, oder sich erst durch das Kochen aus demselben bildet, sind Fra- gen, die ich vorläufig unbeantwortet lassen muss. Ausserdem hat die chemische Untersuchung gelehrt, dass die Substanz der breiten Condylome von der der spitzen nicht wesentlich verschieden ist. A Den ganzen Hergang bei der Bildung eines Condyloms könnte man sich nun mit Hülfe der angegebenen Thatsachen etwa auf folgende Weise denken: Da alle Elementarzellen, nach Schwann’s Untersuchungen, in einer structurlosen Masse entstehn, so darf man annehmen, dass die Ablagerung oder Ausschwitzung einer solchen auch der Bildung der Condylome vorausgeht. Fand nun die Exsudation einer solchen Masse zwischen einer Schleimhaut und dem Epithelium derselben 31 oder zwischen dem Corium und der Epidermis statt, so stösst sich die Oberhaut, wie immer der Fall ist, wenn sie durch Exsudation in die Höhe gehoben wird, an der afficirten Stelle ab und während dies geschieht, bilden sich an der Oberfläche der exsudirten Masse Epitheliumzellen, welche den Ueberzug des neu entstehenden Gewächses darstellen. In den tieferen Schichten werden primäre Zellgewebezellen erzeugt, die dann die oben beschriebenen Entwickelungsstufen durchlaufen, bis sie zuletzt zu reifem Zellgewebe geworden sind. Durch Bil- dung neuer Elementarzellen in den oberflächlichen Schichten der Gesehwulst vergrössert sich” dieselbe allmälig. Geschah die Exsudation des Stofles, in welchem die Bildung der Ele- mentarzellen der Condylome vor sich geht, innerhalb des Ge- webes einer Schleimhaut oder des Coriums, so bleibt der Pro- cess derselbe, mit dem Unterschiede, dass der Theil der oben genannten Häute, welcher über dem sich entwickelnden Con- dylome liegt, beim Emporwachsen desselben seitlich wegge- drängt oder resorbirt wird. Es liesse sich auch wohl aus der Stelle, an welcher die Exsudation stattgefunden, die Formver- schiedenheit der Condylome einigermaassen erklären. Denn geschieht die Exsudation zwischen Oberhuat und Lederhaut, so wird, bei der Leichtigkeit, mit welcher erstere sich von letzterer trennt, die Geschwulst ohne grosse Hindernisse sich nach den Seiten hin entwickeln können, sie breitet sich des- halb mehr der Fläche nach ‘aus und erreicht eine geringere Höhe; es entsteht also ein breites Condylom. Ging die Ex- sudation dagegen innerhalb des Gewebes (des Coriums oder einer Schleimhaut) vor sich, so kann sich das entstehende Gewächs wegen der Festigkeit jener Häute nach den Seiten kin nicht frei entwickeln, es bleibt deshalb, so lange es in der Haut liegt, dünn, und wenn es die Oberfläche derselben überschritten hat, fährt es entweder in dieser Form zu wach- sen fort, oder es breitet sich seitlich weiter aus, wodurch dann die spitzen und gestielten Formen zu Wege gebracht 32 werden. Zu Gunsten dieser Annahme spricht noch der. Um- stand, dass die spitzen Condylome, wie oben erwähnt wurde, sich mit ihrem unteren Theile in das Gewebe des Coriums und der Schleimhäute hineinerstrecken, während es von den breiten besonders deswegen wahrscheinlich ist, dass sie nur auf der Oberfläche des Coriums aufliegen, weil nach dem Ver- schwinden eines breiten Condyloms niemals eine Vertiefung in der Haut zurückbleibt. Eine Entzündung leitet wahrscheinlich diesen Bildungs- prozess der Condylome ein, denn für die breiten wrenigstens ist es nachgewiesen, dass der Entwicklung eines solchen hef- tiges Jucken und Röthung der Hautstelle vorausgeht, auf wel- cher später die Exerescenz erscheint, Diese Entzündung ent- steht entweder von innen heraus,, als Folge allgemeiner Sy- philis, oder sie wird durch örtlich. auf die Haut wirkende Stoffe, wie Ausflüsse aus der Vagina, das Secret: der Condy- lome u. dgl., zu Wege gebracht. Dass manche syphilitische Exantheme sich ihrer Form nach unmittelbar an die Condylome anschliessen, ist allgemein anerkannt, und wahrscheinlich sind beide Krankheitsformen auch hinsichtlich ihres. Wesens nur in so fern von einander verschieden, als die Masse, ‚welche bei der' Bildung der Con- dylome ausgeschwitzt wird, die Fähigkeit besitzt sich in Zell- gewebe umzuwandeln, während dem Exsudat der Exantheme die Eigenschaft, auf diese Art organisirt zu werden, abgeht, Da ich indess vieles nicht auf Beobachtung Beruhende bei dieser Erklärung vorausgesetzt babe, so will ich dieselbe auch nur’ für eine nicht ganz unywahrscheinliche Hypothese ausgeben. Das aber glaube ich als erwiesen aussprechen zu dürfen, dass die Condylome verschiedenartig gestaltete Ge- schwülste sind, die einen aus Zellen bestehenden Ueberzug be- sitzen und deren innere Masse aus neu gebildetem Zellgewebe besteht, in welchem eigene Blutgefässe verlaufen. Ob das Zellgewebe der Condylome sich nur bis zu der Stufe der Ent- $ ’ } 33 wicklung, auf der ich es immer angetroffen habe, ausbildet, oder ob es, bei hinreichend langem Bestehn der Geschwulst, zur völligen Reife gelangen kann, wird die Untersuchung sehr alter Condylome lehren. Fände man in diesen völlig ausge- gebildetes Zellgewebe, so würde dasselbe sich auch gewiss beim Kochen in Leim verwandeln und man wäre dann be- rechtigt, die Condylome in die Klasse der leimgebentlen Ge- schwülste, nach der von J. Müller *) aufgestellten Einthei- lung, zu bringen. Erklärung der Kupfertafeln. Taf. I. Fig 4. Ein breites Condylom. a. Fläche mit der es aufgesessen hatte. (Natürliche Grösse. ) Fig. 2. Ein breites, in perpendiculärer Richtung durchschnilte- nes Condylom, an welchem man den Ueberzug und die innere, an- scheinend homogene Masse wahrnimmt. (Natürliche Grösse.) ig. 3a. Ein spitzes Condylom von der Vorhaut mit einem noch daran befindlichen Stücke der Epidermis. 5. Einzelne, oben abgerundete Höcker dieses Condyloms. (Durch die Loupe gesehn.) Fig. 4. a. Ein gestieltes Condylom, das in der Nähe der Al- teröffnung gesessen halle. 2. Einzelne, spitz zulaufende Höcker des- selben. (Durch die Loupe gesehn.) Fig. 5. Ein maulbeerförmiges Condylom aus der Umgegend des Alters. (Natürliche Grösse.) ig. 6. Die einzelnen Zweige eines maulbeerförmigen Condy- loms. (Natürliche Grösse.) Fig. 7. Ein gestieltes Condylom quer durchschnitten. (Durch die Loupe gesehn.) , Fig. 8. Die den Ueberzug der Condylome bildenden Zellen. a. Zellen mit deutlichen Kernen aus den tieferen Schichten der Ober- haut eines gestielten Condyloms. 5, ce. Zellen aus den oberllächli- chen Schichten der Oberhaut eines gestielten Condyloms. d. Noclı Sn zusammenhängende Zellen aus der Oberhaut eines breiten Con- loms. d Fig. 9. Ein Höcker eines blumenkohlförmigen Condyloms, wo das darin verlaufende und durch den äussern Ueherzng hindurchschim- mernde Blutgefäss bei der Betrachtung mit der Loupe deutlich zu sehen war. 'Yl.coP4 Müllers Archiv. 1839, 3 34 Fig 10. a, d. Kleine, rundliche, unterhalb des Ueberzuges der Condylome gelegene Zellen. i j Fig. 11. Längliche und zugespitzte Zellen aus der inneren Sub- stanz breiter und spitzer Condylome. \ Fig. 12. Zu Bündeln vereinigte. Zellgewebefasern . mit wenigen dazwischen liegenden Zellenkernen, aus der inneren Masse eines ziem- lich alten breiten Condyloms. (Wo die Vergrösserung nicht angegeben, ist die der Objeetive 4, 9, Bi: des Oculars 2 eines Schiek’schen Mikroskops angewendet worden. } kl EN 3 a ne an \ ra Er A Nachricht von einem weiblichen Hemicephalus, bei welchem ein Theil der Unterleibseingeweide - auf dem Rücken in einem Sacke zwischen dem Kopf und dem Rückgrat lag. Von Dr. Svırzer in Kopenhagen. (Hierzu Taf. 11.) Die merkwürdige und wie ich glaube noch nicht beobachtete Lage der Eingeweide veranlasste mich, von der vorliegenden Missgeburt eine Abbildung und Beschreibung mitzutheilen. Die ganze Frucht war 64 Zoll lang (von dem Scheitel - bis an den Steiss) und vom Scheitel bis an die Fersen 9 Zoll, wovon 2} Zoll vom Scheitel bis zur Brust, und 33 Zoll von der Brust bis zum Steiss. Die Breite über die Schultern war 4 Zoll und über den Unterleib 3+ Zoll. - Figur I. stellt die Missgeburt von der hinter- sten Fläche betrachtet dar. Man sieht hier den obersten Theil des Scheitels mit Haut überzogen, die mit schwarzen kurzen Haaren (a) besetzt ist, welche sich eine Strecke weit längs dem Rücken fast bis zur Mitte des geöffneten canalis vertebralis ausbreiteten. Unter diesem Theil beobachtet man einen Sack (5), der 2% Zoll breit war und dessen längliche Oeffnung (c) nach unten sicht. Dieser Sack war mit einem serösen purulenten Fluidum gefüllt. — In Beziehung auf die 3" 36 Structur halte dieser Sack grosse Aehnlichkeit mit einer serö- sen Membran. Innerlich schien er mit einer plastischen Mem- bran überzogen zu sein, von welcher wohl das eingeschlossene Fluidum seinen Ursprung halte. Unter diesem Sacke war ein knöcherner Theil (d) zu sehen, den ich für die Basis era- nii hielt und mit einer fibrösen Haut (der dura mater nicht unähnlich) überzogen. Etwas tiefer unter diesem knöchernen Theil (d) bemerkt man eine längliche Oeflnung, 14 Zoll breit, die zwischen die- sem und dem Rückgrat gelagert war. Durch diese war ein seröser Sack gedruugen, der, wie man nach der Eröffnung sah, eine Schlinge des Dünndarms einschloss. _Noch mehr nach unten war der Rückenmarks-Kanal zu sehen, oflen, weil die Arcus posteriores verlebrarum sowohl der Vertebrae colli als dorsi und lumborum und (des Os sacrum ganz und gar man- gelten. Dieser geöffnete Vertebralkanal war nach oben breiter, und verengte sich nach unten gegen das Becken hin. Der ganze Kanal war mit einer fibrösen Haut ausgekleidet. Nicht weit von der Mitte des Kanals waren mehrere Nervenwurzeln sichtbar, welche durch die Knochensubstanz und die fibröse Bekleidung heraustraten. Sie kamen paarweise heryor, und je tiefer sie nach abwärts in den canalis sacralis sliegen, desto mehr näherten sie sich einander und desto länger wurden sie auch. ; In Figur IL. ist die Missgeburt von, der vorderen Fläche abgebildet. ai Hier sah man die, wie gewöhnlich, hervorstehenden Au- gen (aa), die kleinen Ohren (55), die grosse Nase ‘(c) und den offenen Mund mit der hervorhängenden Zunge (4). ‘Der Hals schien, wie bei allen Hemicephalen, zu fehlen, wenig- stens war keine Vertiefung zwischen dem Kinne und dem vor- dersten Theil der Brust. Das Gesicht hatte beinahe den: drit- ten Theil der Länge des ganzen Körpers. . Mitten am Unter- leibe konnte man den Nabelstrang wahrnehmen, welcher seine drei gewöhnlichen Blutgefässe (e) einschloss. — Zwischen den 37 untern Extremitäten waren die weiblichen Geburtstheile sehr wohl gebildet, nur das Hymen nach unten sehr hervorragend (Fig. II). Figur IT. stellt die Höhle der Brust und des Unterleibes, _ dar, nachdem die Bauchbedeckungen weggenommen waren. Die Brusthöhle. Das Herz (a) hatte [ziemlich seine nor- male Lage und Grösse und war in seinem Sacke (5) (peri- eardium) eingeschlossen. Nur ist zu bemerken, dass es mehr als gewöhulich nach der linken Seite lag. Der linke Sack des Brustfelles war kleiner, als der rechte und schloss die linke Lunge (ce) ein, diese war zwar etwas zusammengedrückt, hatte aber doch ihre schräg laufende Inceisur und die zwei Lappen. Der rechte Sack des Brustfells war viel grösser als der linke und enthielt 4) nach innen und dem Herzen am nächsten die rechte Lunge (d), die mit ihrer doppelten Incisur und ihren drei Lappen versehen war; 2) einen Theil des Dünndarms in einem eigenen Sacke, (e) (wahrscheinlich von dem Peritonäum gebildet); 3) in dem obersten und hintersten Theil dieses Sackes war eine nieht kleine Oeffnung, welche zwischen dem Hinterhaupte und Rückgrad sieh endigte. Durel diese Oeffnung ging eine Schlinge des in dem rechten Sack - des Brusifells eingeschlossenen Darms, der ohne Zweifel , das Bauchfell nach hinten gedrückt hatte und auf diese "Weise seine Lage im Nacken (siehe Fig. I. g. h.) erhielt, wo er von einem kleinen serösen Sacke umgeben war. 4) Die Glandula thymus (/); welche ihre normale Lage halte, aber ziemlich gross war und aus zwei Lappen "bestand, von welchen der linke grösser war als der rechte, 7 4 - Das Zwergfell (gg) hatte seinen sehnigten und mus- kulösen Theil und war nach oben mit der Pleura, nach unten mit dem Peritonäum bekleidet. An dem rechten Lumbar-Theil 38 war ein, ovales Loch, so gross, dass die Spitze des Zeigefin- gers ohne Schwierigkeit eingebracht werden konnte. Es war von der Leber ganz bedeckt. Durch dieses Loch gingen das ganze Jejunum, Ileum, Colon abscendens und transversum an ihrem Mesenterium befestigt. Beim Durchgang der genannten Gedärme hatten sie das Bauchfell vor sich geschoben, wo- durch der Sack entstanden war, worin die Gedärme in dem rechten Brustsacke lagen. Die Unterleibshöhle. In dem Bauchfellsack fand ich die Leber, den Magen, die Milz, den Zwölffingerdarm, das Pancreas und Colon descendens mit dem S. romanum, welche Theile alle ziemlich ihre normale Lage hatten. An der Milz wurde ein Lien succenturiatus wahrgenommen. Die Leber be- deckte alle diese Theile (Fig. IH. h.). so dass dieses Organ erst zur Seite gelegt werden musste, ehe man die schon ge- nannten Theile sehen konnte. Wohl gebildet und normal ge- lagert waren das Rectum, der Uterus mit seinen Appendices und die Harnblase. Nachdem ich vorsichtig die hintere Wand des Bauchfells getrennt hatte, bemerkte ich die Nieren, die Nebennieren und die Harnleiter. In Beziehung auf das Nervensystem mangelten Gehirn und Rückenmark ganz und gar. Doch habe ich mehrere Ner- venwurzeln und Nerven wohlgebildet und normal laufend ge- sehen; namentlich: den Phrenicus, die Intercostales und Cru- ralis. Fiue genauere Untersuchung durfte ich nicht vorneh- men, weil der interessanteste Theil des Präparates, der Zwerg-- fell- und Darmbruch darunter gelitten würde. In den Armen und Beinen fand ich die Nerven. normal. i Das Gefässsystem fand ich mit Ausnahme des Theils, wel- cher dem Kopf und den.Gedärmen angehört, ziemlich normal. ch sah nämlich die Aorta, die Arteriae pulmonales, umbilicales, iliacae, erurales, hypogastrieae, die Vena caya superior, inferior, umbilicales und die Venae crurales, auf die gewöhnliche Weise verlaufen. Zur Neurologie von Python tigris. Von Carı Vocr in Bern. (Hierzu Taf. II. Fig. 1 —4.) Nachstehende Untersuchungen, welche nur die Kopfnerven betreffen, sind an einem 7 Fuss langen Exemplare angestellt, welches dem hiesigen anatomischen Museum angehört. Es ist dasselbe, dessen Lymphherz Prof. Valentin in seinem Re- pertorium näher beschrieben hat. Ihm, so wie den Herren Pro- fessoren Theile und Gerber, besonders aber Hr. Dr. Otth, welcher mir durch Mittheilung eines Skelettes derselben Spe- eies die grösste Unterstützung leistete, fühle ich mich verpflich- tet öffentlich meinen Dank abzustatten. Bei Anstellung der Untersuchungen selbst habe ich mir die grösste Genauigkeit zur Pflicht gemacht, Sehritt für Schritt und Lage für Lage die einzelnen Schichten abgelöst und so gleich nach der Präparation zu zeichnen und zu beschreiben versucht. Ich konnte aber bei aller Sorgfalt mehrere Lücken nieht vermeiden; ich durfte nur auf einer Seite in die Tiefe dringen, den Schädel nur halb öffnen, um das Skelett und die oberflächlichen Theile für die Vorlesungen über verglei- chende Anatomie zu erhalten; der Versuch die Blutgefässe einzusprilzen, gelang nur zum Theil, und zudem sind die Sehädelknochen so ausserordentlich spröde uni hart, dass man 40 einestheils grosse Gewalt anwenden muss um sie zu trennen, und sie anderntheils in sehr scharfe Stücke, zersplittern. Es ist demnach begreiflich, dass ich die nachfolgenden Beschrei- bungen nicht als apodictische Gewissheit hinstellen kann, be- sonders in den feineren Details, wo eine Verwechselung der kleinen Nervenstämme mit Blutgefässen so leicht möglich ist. Es wird genügen die Anatomen, welchen grösserer Reichthum an Material zu Gebote steht, auf die merkwürdigen Verhält- nisse der Kopfnerven der Schlangen aufmerksam zu machen. Ich habe den Versuch gemacht die Resultate, welche ich aus dieser einmaligen Präparation bei Python erhalten, an unseren kleineren Schlangen, besonders Coluber natrix, zu verifieiren, allein die Verhältnisse sind zu minutiös, als dass sie gewisse Resultate darbieten könnten, wenigstens wollte mir dies nicht gelingen. Was die Deutung der einzelnen Nerven betrifft, so konnte diese bei den meisten nicht zweifelhaft sein, Einwürfe dürften nur gegen den facialis und glossopharyngeus gemacht werden, besonders gegen: den ersteren, da sein Hirnursprung abgerissen, gegen letzteren: seines Verlaufes wegen. Ich will offen geste- hen, dass ich den Glossopharyngeus nur so genannt habe, weil ich mir nicht denken konnte. welcher andere Name ihm bei- . zulegen wäre und sein Verlauf noch am meisten für den bei- gelegten spricht. Sollte es der Nervus sympaihicus sein? Ich habe. diesen nicht finden können (wenn nicht der Verbin- dungsast zwischen Hypoglossus und erstem Halsnerven [siehe Fig. IV.] sein Anfang ist) und es wäre zu wünschen ,, dass die Gelehrten, welche neuerdings so bestimmt. den Sympathi- cus der Schlangen behauptet und sogar, wie. Valentin, seine Ganglien mikroskopisch untersucht haben, durch ‚eine Be- schreibung seines Verlaufes diese Lücke der vergleichenden Anatomie ausfüllten. - Die in der Beschreibung nicht angeführten Nerven: abdu- cens, accessorius und palheticus habe ich nicht finden können, ihre Existenz will ich deshalb nicht ableugnen. Die Wurzel 4 des Auditorius, nebst der des Facialis, war durch ein Stück Knochen durchschnitten worden, ausserdem habe ich auch nicht versucht, den Lauf des Auditorius zu verfolgen, und. diesen deshalb in der Beschreibung ganz übergangen. Die Knochen sind nach d’Alton, de Pythonis ac Boarum ossibus, Halle, 1836, und die Muskeln nach. desselben Abhandlung in Mül- ler’s Archiv v. J. 1834 benannt: Nervus olfactorius (Fig. I.1.) ist ‚die einfache Fortsetzung des Gehirns. Er tritt durch das für ihn bestimmte Loch des Stirnbeines zu der Nasenlıaut, und in diese ein. Weiter habe ich ihn nieht verfolgt. Optieus (Fig. 2. IL). Er liegt am tiefsten von allen aus dem Foramen opticum (welches bekanntlich vom Os frontale und parietale zugleich gebildet wird und die einzige Commu- nicalion zwischen Schädelhöhle und Augenhöhle darstellt) aus- treienden Gebilden, ist ganz von dem oberen graden Augen- muskel, welcher an der inneren Seite der oberen Wand des Loches entspringt, bedeckt. Er läuft etwas schief nach vorn, ist im Verlältniss zu seiner Dicke ziemlich lang, und tritt fast genau in der Axe des Augapfels in diesen ein. Oeulomotorius (Fig. I. II). Er wird neben den Vier- hügeln sichtbar (den Hirnursprung konnte ich. weder bei ihm noch bei einem andern Nerven bloslegen, da ich die Kopfkno- _ chen nicht so zerstören durfte, um die Basis des Gehirns an- sehen zu können). Er läuft zwischen dem äusseren Rande des Hirnstammes, von diesem und den Hemisphären grössten- theils bedeckt (in der Zeichnung ist er etwas nach aussen ge- zogen), und dem ersten Aste des fünften Paares, welcher zwi- schen ihm und der äusseren Schädelwand liegt, nach vorn zum Foramen opticum. Sobald er hier angelangt ist oder noch etwas früher im Schädel selbst, theilt er sich in drei Aeste, zwei oberllächliche und einen tieferen, die Fortsetzung des Hauptstammes. Der vordere der beiden oberen Aeste schlägt sich über den oberen graden Augenmuskel hinweg nach vorne zu ‚dem Jünteren Rand der ‚oberen Parthie der Thränendrüse, 42 läuft unter dieser weg zu dem vorderen, schiefen Augenmus- kel und dringt in diesen ein. Der zweite iritt zu dem oberen graden Augenmuskel, legt sich an dessen hinteren Rand, an welchem er entlang läuft und in welchem er sich verzweigl; der Hauptstamm tritt unter den oberen graden Augenmuskel und legt sich auf den Sehnerven, indem er ganz dessen Richtung annimmt. Hier werden beide von dem ersten Aste des Sten. Paares, ‘welcher über sie weg unter dem graden oberen Augenmuskel nach vorn läuft, ge- kreuzt, und dieser Nery giebt einen kleinen Verbindungszweig von der Länge einer Linie an den oculomotorius, welcher aber nur zum Theil in diesen überzugehen, grösstentheils dem hintersten der aus der Verbindungsstelle hervorgehenden Aeste anzugehören scheint. An'dem Punkte der Vereinigung mit diesem Verbindungszweige spaltet sich nämlich der‘ oculomo- torius in vier Acste; die beiden hinteren und äusseren dieser Aeste laufen über, die zwei inneren unter dem Sehnerven. Der hinterste der vier Zweige, welcher auch für ein Knie des Verbindungsfadens angesehen werden könnte, legt sich an den oberen Rand des hinteren, graden Augenmuskels und verzweigt sich in diesem Muskel. Der‘ zweite läuft etwas mehr nach vorn, legt sich auf das vordere Ende des Sehnerven, theilt sich in mehrere kurze Aöste, welche in den Augapfel, über der Eintrittsstelle des Sehnerven, eindringen. Die beiden. unteren Aeste des oeulomotorius habe ich nicht weiter verfolgt. Nervus trigeminus (Fig. II, V.). Sogleich an der Wur- zel, welche. übrigens kein Ganglion bemerken lässt, 'theilt er sich in drei Hauptstämme, ‘den ram. I. s. nasalis, ram. Il. s. infraorbitalis, ram. III. s. maxillaris inferior. Ram. I. nasalis (Fig. I, 1.). Er entspringt vor der un- tern Fläche der Wurzel, so dass er, von oben angesehen, gar nieht zu den beiden andern Aesten zu gehören scheint und läuft in der Schädelhöhle nach®vorne zum Foramen oplicum 43 zwischen den Schädelknochen, die-nach aussen und unten, dem oculomolorius, der nach innen und den Hemisphären und dem äasseren Hirnrande, welche ihn nach oben decken. (Er ist in der Zeichnung Fig. H,.1, etwas nach aussen gelegt.) Nachdem er in die Augenhöhle getreten, schickt er den schon beschriebenen Verbindungsast zum oculomotorius, ‚läuft über diesen und den opticus weg unter dem oberen graden Augen- _muskel durch, längs des. ‚oberen Randes des ‚oberen Thränen- drüsenlappens zu dem Loche zwischen os frontale, Jaerymale und palalinum im oberen, vorderen Winkel der Augenhöhle, verbindet sich hier mit einem Hauptaste des facialis und tritt dann durch. das Loch in die Nasenhöhle, von dem Riechner- ven, welcher über und! neben ihm .herläuft, durch das. os fron- tis getrennt. Seinen weiteren Verlauf konnte ich nicht ver- folgen (Fig. I, ! u. m, Fig. II, 2.). Ram. U. infraorbitalis. Er. bildet mit dem dritten Aste den von oben sichtbaren Theil der Wurzel, ist ‚bei weitem dicker als der ramus nasalis (von der Dicke eines mässigen Strickstocks), und iheilt sich noch innerhalb des Schädels in zwei Aeste, einen kleineren oberen und einen grösseren unte- ren, welche beide eng verbunden durch das vordere grosse Nervenloch des os petrosum hervorlreten, Der obere Ast theilt sich sogleich beim Austritte aus dem Nervenloche in zwei Stämme. Der kleinere obere. (Fig. I, m) dieser Stämme, steigt erst elwas nach oben. zwischen dem Kno- chen und der Vene, schlägt sich über diese hinweg nach Aus- sen, Aritt zwischen. den beiden Bäuchen des Beissmuskels (a u. 2 des Muskels A bei d’Alton), ohne Aeste abzugeben, nach aussen und tritt über dem Kieferband weg in die Haut am äusseren Mundwinkel, wo er sich verzweigt, In der Zeich- nung ist er nach oben zurückgeschlagen. (Bei Python tigris ‚sind ‚übrigens die vier Bäuche des Beissmuskels A, welchen d’Alton für einen einzigen compo- nirten Muskel erklärt, gänzlich von einänder "getrennt und stellen vier ganz gesonderte Muskeln dar, welche übrigens 44 von der Anordnung der Bäuche, wie sie d’A. beschreibt, nicht wesentlich differiren.) Der weit grössere, untere Stamm des Nerven (Fig. I, 2) läuft schief nach vorn und aussen, über den vierten Bauch des Beissmuskels (d) hinweg und theilt sich auf diesem in zwei Aeste, welche zwar die angedeutete Hauptrichtung ver- folgen, der hintere aber mehr senkrecht nach unten und aus- sen zum hintersten Theil der Oberkieferdrüse sich begiebt und dort verzweigt, bis auf einen Zweig, welcher über den Rand der Oberkieferdrüse nach innen sich umschlägt, hart auf ihm aufliegend, und sich mit dem facial. verbindet (s. diesen). Der vordere Ast läuft schief nach vorn, legt sich an den oberen Rand der Oberkieferdrüse, den er bis in die Hälfte seiner Länge begleitet, mit vielen Aesten in die Substanz der Drüse eindringend. J Der zweite Hauptstamm des ram. II. (der infraorbitalis im engeren Sinne, Fig: I, Z, u. Fig. II, 2) läuft nach seinem Austritte unter dem vorigen schief nach vorn und unten, eben- falls über den 4ten Bauch des Beissmuskels (d’A.) (Fig. I, %), wendet sich aber dann nicht, wie der vorige, nach aussen, sondern mehr nach innen, tritt unter die Thränenkapsel und unter dieser weg auf den Grund der Augenhöhle, wo er sich unmittelbar auf die obere elyvas concave Fläche des os ptery- goideum internum auflegt. Er erscheint hier nicht rund, son- dern ganz platt von oben nach unten zusammengedrückt und giebt, sobald er den Knochen erreicht hat, auf seiner unteren Fläche zwei Aeste ab, welche unter ihm in derselben Rich- tung, wie der Stamm, eiwa eine Linie weit verlaufen und dann den unten bei dem nervus facialis beschriebenen ersten Plexus bilden helfen. Der Hauptstamm läuft in der oberen Furche des inneren Gaumenbeines fort und giebt etwa eine halbe Linie von ‚dem vorderen Ende der hinteren Gaumenspalte entfernt, von dem inneren Rande seiner oberen Fläche einen zweiten Ast ab, 45 welcher schief nach innen zu dem aus dem zweiten Plexus hervortretenden Verbindungsaste läuft und mit diesem ver- schmilzt. (Siehe die Beschreibung dieses zweiten Plexus und seiner Aeste. bei dem nervus facialis.) Dieser Verbindungsast scheint aus zwei dünneren Zweigen zu bestehen und ver- schmilzt mit dem Hauptstamme; 'an den er unter einem sehr spitzen Winkel tritt. An der Verbindungsstelle, welche auf dem vorderen, knöchernen Rande der hinteren Gaumenspalte sich befindet, sendet der Haupistamm von seinem inneren Rande einen ziemlich bedeutenden. Ast ab, welcher längs des inneren Randes des Oberkieferknochens verläuft, durch eine feine Spalte zwischen diesem und dem Thränenbeine in die Rinne eintritt, welche Oberkiefer und Thränenbein durch ihre Aneinanderlagerung bilden, und in dieser Rinne bis zur Spitze der Schnautze verläuft, in. viele Aeste sich theilend, welche nach unten dringen und die innere Mundhaut und die äussere Seile der Nasenschleimhaut von der Spitze der Schnaulze bis zu der Mündung der Choanen versorgen. Der Hauptstamm wendet sich mehr nach'aussen, tritt in das für ihn bestimmte Loch des Oberkiefers, verläuft in dem Kanal dieses Knochens nach vorn, und schickt auf diesem ganzen Verlaufe durch die vielfachen im Oberkiefer befindli- chen Löcher und Kanäle Aeste nach aussen, in ieh vorderen Theil der Oberkieferdrüse der Haut, nach unten zu.den Zäh- nen und: der inneren Mundhaut. > Raınus tertius s. maxillaris inferior (Fig. I, n. Fig. II; 3). Ganz in der Nähe der Bifureation der Wurzel in den zweiten und dritten Ast entspringb-aus diesem ein sehr dünner Zweig auf der unteren Fläche, welcher in ein\eigenes Loch des Fel- sen= oder Keilbeines »(ich ‚konnte‘nicht/ unterscheiden in wel- chem Knochen die Schädelöffnung des für den Nerven -be- stimmten Knochenkanals ‚sich befindet) eintritt. Der Kanal öffnet sich mit einem feinen Loche unter dem processus arli- eularis ossis sphenoidei, zwischen diesem und dem os parietale, 46 der Nerv tritt hier aus ihm heryor und verzweigt sich, schief nach vorn und aussen laufend, in den inneren vorderen Flü- gelmuskel (H. d’A.) Der ganze Stamm tritt ntın, nach Abgabe dieses Zwei- ges, in das hintere, grosse 'Nervenloch des os petwosum und theiltsieb, noch ehe er nach aussen vortritt, in mehrere Aeste. Der vorderste dieser"Aeste, klein und dünn, läuft pa- rallel mit dem ersten Aste des ram, seeund. (Fig. I, m’) etwas nach vorn und aussen, über den 4ten Bauch des Beissmuskels weg, an dem hinteren Rande der Oberkieferdrüse vorbei, über das Kieferband in die äussere Haut des Mundwinkels, zum Theil auch in die Mundschleimhaut an der Mundecke und ver- theilt' sich hier. Der zweite Ast legt sich an den hinteren Rand des vierten Bauches des Beissmuskels an, läuft längs desselben hinab und vertheilt sich in dem Muskel. Der dritte, diekste Ast (maxillaris inferior im enge- ren Sinne. Fig. I, rn), läuft fast senkrecht nach unten über den vierten Bauch des Beissmuskels hinweg und tritt in das Loch des Unterkieferkanals. In diesem verlaufend, schickt er zuerst’aus dem hinteren, äusseren Loche des Unterkiefers viele Zweige, welche sich in die Unterkieferdrüse, bis zu ihrem vor- deren Ende laufend, vertheilen; dann aus ‚dem vorderen in- neren Loche mehrere Aeste, welche meist in die Mundhaut zwischen Unterkiefer und Glottis sich verzweigen, deren einer aber sich um den Unterkiefer herum nach aussen schlägt, etwa in der "halben Länge desselben am unteren Rande zum Vor- schein kommt, schief nach vorn und unten unter den Kreuz- muskeln des Unterkiefers weg gegen die Mundspitze zu ver- läuft und sich hier in der Unterzungendrüse und der Haut verzweigt. ’ . Der Rest des Unterkiefernerven tritt aus dem vorderen äusseren Unterkieferloche und vertheilt sich im vordersten Theile der Unterkieferdrüse, in der Haut zwischen den bei- den Unterkiefern. } ‘ 47 Der vierte Ast des ramus tertius theilt sich gleich beim Austritte aus dem Nervenloche in zwei Zweige. Der vordere derselben läuft parallel mit dem Unterkiefer- nerven nach unten über den vierten und dritten Bauch des Beissmuskels, wendet sich dann etwas. nach hinten und dringt von der äusseren Fläche aus in diesen Bauch des Beissmuskels ein, in welchem er sich verzweigt. Der hintere Zweig wendet sich mehr nach innen, tilt unter den dritten Bauch des Beissmuskels. läuft nach hinten gegen das Unterkiefergelenk zu über die äussere Fläche des inneren hinteren Flügelmuskels (@. d’A.) und des inneren Gau- menbeins, legt sich hart auf dessen äussere Fläche und ver- zweigt sich in dem äusseren Flügelmuskel (D. d’A.) Der fünfte Ast riss beim Aufmeisseln des Schädels ab, und ich kann daher nicht mit Bestimmtheit sagen, ob er wirk- lich von dem nerv. trigemin, entspringt, oder einen eigenen Ursprung im Gehirn oder von einem andern Nerven hat. Er läuft horizontal nach hinten sobald er aus dem Nervenloche aus- getreten ist, liegt hart auf dem Schädelknochen, schlägt sich, wo er zur Wurzel der colomella gelangt. über diese hinweg und tritt, nach Abgabe eines Zweiges, in das Ganglion, bei dessen Beschreibung er noch näher betrachtet werden wird. Nervus facialis. Seinen Hirnursprung konnte ich nicht ermitteln, er war, wie der des acustieus, beim Sprengen des Schädels abgerissen. Er tritt hinter der Wurzel des trigemi- nus ganz von dem Gehirne bedeckt in einen Kanal des Fel- senbeines. welcher sich an der Grundfläche des Schädels in einem kleinen runden Loche (dem hinteren der beiden klei- neren äusseren Löcher des Felsenbeines) nach aussen öffnet. Sobald der Nerv hier hervortritt, theilt er sich in zwei Aeste, deren hinterer etwas kleiner ist, horizontal nach hinten, hart anf den Schädelknochen anliegend, unter der Wurzel der co- lumella weg läuft und in das Ganglion tritt. (Siehe dessen Beschreibung.) Der Hauptstamm wendet sich nach vorn und etwas nach 48 unten und tritt hier in den Kanal ein, ‘welcher unter den pro- cessibus artienlar. oss. sphenoidei verläuft. Dieser Kanal hat nach vorn zwei Mündungen, aus der äusseren tritt der facia- lis, aus der inneren der 'oben beschriebene’erste Zweig des ram. III nerv. trigemin. Beim Austritte theilt er sich in drei Aeste, von welchen der mittlere, kleinere, die Richtung des Hauptstammes beibe- hält, während einer mehr nach innen, der grösste mehr nach aussen sich wendet. Der äussere Ast läuft gegen den hinteren Winkel der hinteren Gaumenspalte, wo sich os pterygoideum internum und externum mit einander verbinden, trifft mit einem ihm entge- gen kommenden Zweige des hintersten Oberkieferdrüsennerven (aus dem ram. III nerv. trigem.) zusammen, giebt einen Ast zu ‘dem ersten Plexus des Infraorbitalnerven aus der Vereini- gungssielle nach vorn und einen nach unten, welcher in die Gaumenspalte dringt und sich in die Haut des Rachens ver- zweigt. Der erste, hintere Plexus des Infraorbitaluerven ist nun auf folgende Weise gebildet. Ein kleiner Zweig des hintersten Oberkieferdrüsennerven dringt nicht in- die Drüse ein, sondern schlägt sich “über sie hinweg zu dem hinteren Winkel der hinteren. Gaumenspalte, wo er mit dem ersten Aste des facialis zusammentrifft., Er theilt sich, bevor dies geschieht, in zwei Zweige, deren hin- terer direet mit dem Aste des facialis zusammenfliesst, der vordere zu dem Verbindungsaste geht, welcher die beiden ver- einigten Nerven mit dem plexus verbindet. Aus der Vereini- gungsstelle nämlich geht nach hinten und unten ein Ast ab, welcher im hinteren Winkel der hinteren Gaumenspalte sich zu der ‚Mundhaut hinabsenkt und in. dieser verzweigt, nach vorn aber der Plexusast, welcher gleich den Zweig aus dem hinteren Oberkieferdrüsennerven aufnimmt und dann, elwa in der Länge einer halben Linie längs des oberen Randes des os pterygoid. intern. verlaufend, sich mit dem ersten Äste des 49 infraorbilalis verbindet. Die Verbindungsstelle wird breit, em- plängt den zweiten Ast des infraorbitalis und stellt nun einen dünnen, aber ziemlich breiten, kurzen (etwa 1 Linie langen) Nerven dar, welcher aber durchaus nichts Gangliöses bemer- ken lässt und sich sogleich wieder in drei Aeste theilt, von welchen die beiden äusseren, der eine mehr nach, vorne, der andere fast senkrecht nach unten dringen und sich in der Mundhaut, der Mitte der hinteren Gaumppapalte entsprechend, verzweigen. Der Plexus wird somit aus drei Aesten, einem hinteren, aus den vereinigten Aesten des Nerv. facialis und des hinteren Oberkieferdrüsennerven, und zwei oberen, aus dem infraorbi- talis entsprungen, gebildet, und giebt wieder drei Nerven ab, zwei äussere, welche zur inneren Mundhaut gehen, und einen inneren, welcher den ersten Plexus mit dem zweiten verbin- det, dessen Verlauf bei der Beschn reibung des zweiten Plexus eine Stelle finden wird. R Der mittlere Ast des Facialis dringt sogleich beim Aus- tritte aus dem Kanal, die Rightung des Hauptstammes beibe- haltend, in den Zurückzieher des Vomer (A. d’A.) und ver- zweigt sich in diesem. Der innere Ast läuft in der am Körper des Keilbeins befindlichen Rinne nach vorn, wendet sich, in die Augenhöhle getreten und elwa zur Mitte des Augapfels gelangt, mehr nach aussen und bildet hier den zweiten Plexus, welcher hart auf den Knochen des Augenhöhlgrundes, und zwar auf der Ver- bindung zwischen Os pterygoideum internum und Os palalinum aufliegt. An diesem Punkte trifft nämlich der innere Ast, welcher aus dem ersten Plexus entsprang und schief nach in- nen auf dem Os pterygoideum unter dem Stamm des infraor- bitalis weglief, mit ihm zusammen, und beide verschmelzen sehr innig mit einander. Aus dieser Vereinigung entspringen zwei Aeste, deren einer sich nach aussen wendet und so die Richtung des facialis einhält. Dieser äussere Ast läuft gegen das Oberkieferloch, in welches der infraorbitalis eintritt, em- Müller's Archir, 1839, A 50 pfängt einen dünnen kurzen Verbindungsast aus dem infra- orbilalis noch und scheint sich dann in zwei dünne Aeste zu theilen, welche grade an der Stelle, wo der innere Oberkie- ferast des infraorbitalis (s. S. 45.) abgeht, sich mit dem Stamme des infraorbitalis verbinden. Der innere, aus dem Plexus her- vorgehende Ast setzt die Richtung des aus dem ersten Plexus kommenden Astes fort (so dass der Plexus die Form eines schiefen Kreuzes erhält), läuft zu dem vorderen inneren Win- kel der Augenhöhle und verbindet sich dieht vor dem Loche, durch welches der Ramus nasalis nerv. trigemini aus der Au- genhöhle tritt, mit demselben. Ein ansehnlicher Nervenstamm, von der Dicke des infra- orbitalis, tritt hinter der Columella aus der Fissur zwischen Os petrosum und oceipitale hervor. An dem Gehirn wird er der hinteren Spitze der Rautengrube entsprechend, von oben sichtbar (Fig. 1, z). Sein Lauf ist schief nach hinten und unten, der Columella parallel, gerichtet. Noch innerhalb des Schädels trennt er sich in zwei Aeste, deren kleinerer beim Austritte aus der Fissur auf seiner vorderen Fläche, zwischen ihm und der Columella etwa in der Länge einer Linie verläuft und dann zu einem bedeutenden Ganglion anschwilit, dem einzigen, welches ich bei Python tigris finden konnte. Wel- chem Ganglion höherer Thiere, und ob es überhaupt einem bestimmten Ganglion zu vergleichen ist, wage ich nicht zu- entscheiden. Es ist eine sehr auflallende Anschwellung in der Grösse eines dicken Stecknadelknopfes und hat deutlich eine grauröthliche Farbe, doch heller, als die der Ganglien des Menschen. - Es hat eine ziemlich rundliche, doch etwas von oben nach unten abgeplatiete Form und der hintere Rand ist schärfer als der vordere, welcher gleichmässig abgerundet ist. Es scheint mehr auf der Seite des Nerven aufzusitzen, als gleich- mässig von seinen Fasern umsponnen zu werden, denn man sieht deutlich den Nerven an seinem hinteren schärferen Rande als hellen weissen Streifen sich forisetzen.. Wie schon oben 51 angeführt, hat es ausser dieser Gehirnwurzel noch zwei Ner- venwurzeln.. Die obere derselben entspringt wahrscheinlich aus dem trigeminus, läuft, sobald sie aus dem hinteren gros- sen Nervenloche des Os petrosum hervorgeireten, nach hinten, hart auf den Schädelknochen anliegend, über die Wurzel der Columella. Hier angelangt, giebt der Nerv, noch bevor er ins Ganglion eintritt, einen Ast ab, welcher längs der Colu- mella auf deren oberer Fläche hinabläuft, sich aber sogleich in zwei Zweige theilt,.deren vorderer sich in die Muskeln am hinteren Rande des Quadratbeins verzweigt, der hintere auf dem oberen Rande der Columella zur Befestigungsstelle der Columella am Quadratbeine‘läuft, sich um das Unterkieferge- lenk nach hinten schlägt und noch in der Membran des Kap- selgelenkes verfolgbar ist. Wo er sich verzweigt habe ic’ nicht auffinden können, es schien mir als dıinge er durch ein feines Loch in den Unterkiefer selbst ein. Die andere Nervenwurzel des Ganglion aus dem Nery. facialis läuft beim Austritte aus der Schädelhöhle sogleich nach hinten unter dem vorragenden Felsenbeine und der Wurzel der Columella durch und tritt, etwas nach aufwärts.sich wen- dend, in das Ganglion, welches auf der inneren Fläche der Columella, mehr gegen den hinteren Rand derselben, etwa eine halbe Linie von ihrer Wurzel entfernt liegt. Das Ganglion giebt nach hinten und unten einen bedeu- tenden Ast ab, dessen Verlauf weiter unten unter dem Na- men Glossopharyngeus beschrieben werden soll. Nach Abgabe des Ganglionastes theilt sich der Nerven- stamm bald in drei Aecste, deren zwei, etwa von gleicher Dicke, seine Richtung beibehalten, der dritte, mittlere aber, ein sehr feiner, dünner Zweig, sich schief über den ersten Ast zum Ganglionnerven schlägt, eine Länge von etwa zwei Linien erreicht und sich dann, der hinteren Spitze der Colu- mella entsprechend, mit dem Gangliounerven verbindet, ohne dass an der Verbindungsstelle eine Anschwellung bemerk- bar wäre. 4° 52 Der vordere Ast setzt, ohne einen Ast abzugeben, die Richtung des Hauptstammes fort, der hintere hingegen erhält eine bedeutende Verstärkung durch einen aus dem Gelenkloche des Hinterhauptbeines heran Nerven, setzt aber dann seinen Lauf nach hinten und unten in Gemeinschaft mit dem ersten Aste und dem Ganglionnerven fort. Diese drei Nerven, so wie die grosse Kopfarlerie und Vene, sind von einer ge- meinschaftlichen Zellscheide und grossen Lymphgefässen um- geben, und liegen in dem Raume zwischen den Muskeln, wel- che das Unterkiefergelenk, den Quadratknochen und das in- nere Flügelbein umgeben einerseits, und den vorderen An- sätzen der Rückenmuskeln andererseits. Sie werden erst sicht- bar, wenn man den Quadratknochen nebst den ihn umgeben- den Muskeln weggenommen hat, wo man dann diese Gebilde in folgender Ordnung bei einander liegend findet. Am wei- testen nach aussen, alle anderen deckend, die grosse Kopf- vene, unter ihr der hintere Hauptstamm, der hypoglossus, un- ter diesem, im Anfange mehr an seiner vorderen Seite, allein allmählig ganz unter ihn tretend, der Ganglienstamm, der glos- sopharyngeus, sodann die Kopfarterie, und unter dieser, der am meisten nach hinten sich wendende, mittlere Hauptstamm, der vagus. r Hypoglossus (Fig.U, XII) Etwa eine Linie hinter der hinteren Spitze der Rautengrube wird er unter dem verlän- serten Marke hervortretend, von oben siehtbar. Sogleich tritt er in das Gelenkloch des Hinterhauptbeines und durch dieses nach aussen, und giebt nur einen dünnen Zweig nach hinten ab, welcher, hart auf dem ersten Wirbel anliegend, grade nach hinten zu dem ersten Halsnervem läuft und sich bei dessen Austritt aus dem Wirbelloche mit ihm verbindet, ohne dass ieh an dieser Verbindungsstelle ein Ganglion hätte bemerken können. Einen ähnlichen, sehr dünnen Ast scheint er nach vorn zu entsenden. Der Stamm tritt zwischen den Ursprün- gender Rückenmuskeln durch nach aussen, ‘unten und vorn, bis er die anderen Nerven, den vagus und glossopharyngeus 93 erreicht und legt sich an diese an, indem er mit dem hinteren Aste des Multerslammes des vagus (s. o. S. 50.) zusammen- fliesst, welcher sogar weit dicker als seine Gehirnwurzel ist. Der durch diese beiden Wurzeln gebildete Zungenfleischnerv schlägt sich nun, während er in der gemeinschaftlichen zelli- gen Scheide sich befindet, allmählig über die beiden andern Nerven hinweg nach vorn und aussen, so dass er zuletzt am weitesten nach vorn und aussen liegt, nur von der grossen Kopfvene bedeckt. Sobald nun sämmtliche Nerven unter der Theilungsstelle der Kopfvene, wo diese in einen beträchtlichen Sack sich ausdehnt, angelangt sind (diese Anschwellung liegt grade unter dem hintersten Rande der Muskeln, welche das Unterkiefergelenk umgeben, no@h etwas weiter nach hinten, von den oberflächlichen Nacken- und Zungenmuskeln nur be- deckt), so giebt der hypoglossus einen ziemlich bedeutenden Ast nach hinten ab. Dieser Ast schlägt sich über die Zungenarterie hinweg nach hinten und vertheilt sich, in mehrere Zweige zerspalten, in den Zurückzieher des Quadratbeines, (welcher zugleich Vor- wärtszieher des Zungenbeines ist) (F. d’A.), den ersten und zweiten Nackenzungenbeinmuskel (Z. und Oo. d’A.) und den Kieferzungenbeinmuskel (O0. d’A.). Der Hauptstamm läuft nun von der Venenanschwellung, aus der Zellscheide heraustretend, nachdem er noch einen klei- nen Ast in den Kieferzungenbeinmuskel (©. d’A.), der ihn hier bedeckt, abgegeben hat, senkrecht nach unten zur hinte- ren Spitze der Unterzungendrüse, oder vielmehr zum hinteren Rande des Zungengestells, wo sich die Zungen-Zungenbein- muskeln beider Seiten vereinigen, über den Nervus glossopha- ryngeus und die Zungenarlerie hinweg, sonst aber hart auf der Mundhaut anliegend. Wo er die Arter. lingual. triflt, giebt er einen bedeutenden Ast ab, welcher sich an den oberen nach vorn gewandten Rand der Arterie anlegt und diese beharr- lich in ihrer Richtung gegen die Spitze des Maules zu beglei- tel. Eiwa 44 Zoll von der Maulspitze entfernt, theilt sich 54 dieser Ast in mehrere Zweige, welche sich in dem Vorwärts- zieher des Zungenbeins (M. d’A.) und des Kelilkopfs (P. d’A.) verzyweigen. Der Hauptstamm, sobald er in seinem sehr geschlängelten Verlaufe zu dem Zungen-Zungenbeinmuskel seiner Seite ge- langt ist, legt sich in die Rinne, welche dieser durch seine Zusammenfaltung bildet, fäuft darin bis zur Vereinigungsstelle der beiden Muskeln und strahlt hier in mehrere Zweige aus, welche theils rückwärts in den Zungen -Zungenbeinmuskel, theils vorwärts in die Zunge sich verfolgen lassen. Glossopharyngeus. Nachdem er den dünnen Zweig von dem vagus, kurz nach seinem Austritte aus dem Ganglion, erhalten und die Anschwellung der Kopfvene erreicht hat, wo der hypoglossus über ihn weggeht, erreicht er die Zun- genarterie, unter welcher er wegläuft, um sich an ihren un- teren, nach hinten gewandten Rand zu legen. Er begleitet “ sie nun ebenso, wie der Ast des hypoglossus längs ihres obe- ren Randes, so dass die Arterie von den beiden Nerven auf beiden Seiten eingeschlossen ist, bis er die Luftröhre an ihrem äusseren Rande erreicht hat, welches etwa in der Hälfte der Länge des drüsigen Zungenkörpers stattfindet. Hier stösst ein Ast des vagus zu dem Nerven, der bis dahin noch keinen Ast abgegeben hat, mit welchem er einen Plexus bildet, wie Fig. IV. zeigt. Aus diesem Plexus gehen zwei Aeste hervor, welche längs des äusseren Randes der Luftröhre gegen die Mundspitze verlaufend, sich in der Gegend um die Glottis und etwas nach hinten in die Mundhaut verästeln. Vagus. Es wurde schon.angeführt, wie er in der ge- meinschafllichen Scheide allmälig sich am weitesten nach in- nen und hinten und unter die Kopfarterie begiebt. An der Theilungsstelle, wo diese die Zungenarterie abgiebt, schlägt er. sich unter ihr weg auf ihre innere Seite gegen die Luft- röhre, und giebt hier einen dünnen Ast ab, welcher sich in einem spitzen Winkel nach vorn, fast unmittelbar auf der Oeso- phagealhaut liegend, gegen die hintere Spitze der Zungendrüse 39 wendet, hier an dem äusseren Rande der Lufiröhre anlangt, dort einen kleinen, zur Luftröhre sich verästelnden Zweig ab- giebt, längs des äusseren Randes der Luftröhre nach vorn läuft, und, etwa in der Mitte der Länge der Zungendrüse, dem glos- - sopharyngeus begegnet und mit diesem in dem oben berühr- ten Plexus verschmilzt. Der Hauptstamm des Vagus läuft nun längs der inneren Seite der Kopfarterie, zwischen dieser und der Luftröhre nach hinten. Der Verlauf des Vagus ist nun auf jeder Seite so eigenthümlich, dass beide Nerven besonders beschrieben werden müssen. Linker Nerv. vagus. Er ändert allmählig, vom Ende der sechsten Kopflänge an, seine Lage zu den umgebenden Theilen. (Das Herz hat genau eine Kopflänge, von der Spitze der Schnautze zum Hinterhauptstachel diese gerechnet, und liegt zur Hälfte in der siebenten, zur anderen in der achten Kopf- länge.) Die Luftröhre tritt mehr nach hinten, da das Herz vor ihr liegt, und der Nerv, welcher an ihrem linken äusse- ren Rande verlief, kommt dadurch mehr auf ihre vordere Flä- che, indem er neben der Kopfarterie seinen Lauf forlselzt, ge- gen welche er aber auch seine relative Lage ändert, indem er sich von ihrer inneren Seite mehr auf ihre obere Fläche und zugleich etwas nach aussen schlägt, so dass in der Nähe des Herzens die Theile in folgender Reihenfolge liegen: Am mei- sien nach unten vagus, nach innen und oben Kopfarlerie und ganz hinten zwischen Herz und Oesophagus die Luftröhre. Der Nerv gelangt nun zu dem Herzbeutel und der Stelle, wo die vordere Aorta diesen verlässt. Er läuft unter dieser weg in einer plötzlichen Umbiegung nach oben und vorn auf die den linken Rippen zugewandte Seite des Herzbeutels und scheint da, wo er unter der Aorta liegt, einen kleinen Zweig an diese gegen das Herz zu abzugeben, jedoch konnte ich ihn nicht genau verfolgen. Sodann trifft er auf die über der linken Seite des Herzbeutels weglaufende Arteria pulmonalis sinistra, geht schräg über sie hinweg, um sich an ihren oberen Rand anzulegen, schlägt sich aber bald, da diese mehr nach oben 56 zu den Lungen läuft, über sie hinweg zu ihrem vorderen, un- teren Rand, zur hintern Spitze des Herzbeutels, immer hart auf dessen äusserer Fläche anliegend. An der Spitze des Herz- beutels angelangt, liegt‘ er zwischen der vena cava ascendens nach unten und aussen und der vena pulmonalis nach innen und oben. Er giebt nun einen ziemlich bedeutenden Ast ab, welcher sich an die äussere Seite der Lungenvene anlegt, einen Zweig nach aufwärts zur Spitze der linken Lunge schickt und dann hauptsächlich nach unten in der linken Eunge sich verzweigt, während der Hauptstamm läugs der Lungenvene auf ihrer unteren Fläche anliegend, einen halben Zoll weit nach hinten verläuft und dann mit dem rechten nery. vagus sich wieder zu einem Stamme vereinigt. Rechter Nery. vagus. Er liegt auf der inneren Seite der rechten Kopfvene, zwischen ihr und der Luftröhre, und begleitet diese, wie der linke die linke Kopfarterie, bis zu ihrem Eintritt in den Herzbeutel. Auf diesem liegt nun der Nerve hart an, läuft unter der Aorta posterior durch über die Arter. pulmonal. dextra weg, legt sich an deren äusseren Rand und begleitet sie bis zur rechten Lunge, parallel mit dem lin- ken Nerven, aber einen Zoll weit von ihm entfernt, verlau- fend. Sobald er mit der Arterie an der Spitze der rechten Lunge angelangt ist, giebt er einen Ast ab, welcher den ersten Ast der rechten Lungenarterie begleitet, sich mit diesem in dem oberen Theile der rechten Lunge verzweigt; während der Haupt- stamm unter diesem Aste durch gegen die Lungenvene, so wie auch unter dieser. durch auf ihre untere Fläche sich schlägt und sich mit dem Nerven der andern Seite verbindet. Der vereinigte Stamm folgt nun dem Verlaufe der “ Vena pulmonalis, in der Rinne zwischen beiden Lungen auf ihrer unlern Fläche liegend, nach hinten, und giebt auf die- sem Verlaufe mehrere kleine Aeste in die beiden Lungen, be- sonders, dem Anfange der Leber entsprechend, zwei grös- sere Aeste ab, deren jeder eine der beiderseiligen arter. pul- mon. begleitet. Allmählig wendet sich aber der Nerv in seinem vu 97 Verlaufe mehr nach unten und verläuft in der oberen Rinne der Leber auf dem Peritonealüberzuge derselben, olıne Aeste abzugeben. An der hinteren Spitze der Leber theilt er sich in zwei Aeste; der äussere linke derselben geht auf der rech- ten Lunge unter dem Oesophagus durch auf die den Rippen der linken Seite zugewandte Fläche des Magens und verzweigt sich auf diesem, bis zur hinteren Spitze des Magens verfolg- bar; der zweite, vordere, rechte Ast geht von der rechten Lunge, auf deren unterer Fläche er ebenfalls eine kurze Strecke verläuft, am Anfange des Magens, wo viele Drüsen liegen, auf dessen, den rechten Rippen zugewandte Fläche über und lässt sich hier ebenfalls, mannigfach verzweigt, bis zur Spitze des Magens verfolgen. Erklärung der Figuren. Taf. Ill Fig.I. Ansicht des Kopfes von der linken Seite. Das Quadratbein mit den dasselbe umgebenden Muskeln ist weggenom- men, ebenso die Haut und die oberllächlichen Kaumuskeln, a. Unterkiefer. b. Kieferband, zurückgeschlagen. ce. c. Oberkieferdrüse. d. Nassaeinung. e. Umgebende Drüse.] f. Thränenbein, . Thränenkanal, . Das Auge, i. Columella. k. Vierter Bauch des Kaumuskels. 1. Nervus infraorbitalis. m. Ers'er Ast des ram. II, par. V. in den HHautast m’ und die bei- den Oberkieferdrüsennerven sich theilend. 0. Ganglienast des nerv. lacialis. p- Ganglienast des trigemin. g. Ganglion. r. Koplvene, nach oben gezogen. s. Oberkiefer, u. Kopfarterie. u. Ram. Ill, nerv, trigemin. % 38 Fig. II. Die Schädeldecke linker Seite ist gesprengt, das Thränen- bein so wie alle andere oberflächliche Theile entfernt, das Auge nach unten gezogen und der Thränenkanal durchschnilten. = © d, e, g, h, i, o, p, g haben dieselbe Bedeutung wie in ig. I. 7 Nasenhaut. le. Vorderer 7. Hinterer 1. Nerv. olfactorius, Lappen der Thränendrüse. I. - oplicus. II. - oculomotorius. V. - _trigeminus. IX. - glossopharyngeus X. - vyagus. Von einander gezogen. XI. - hypoglossus. 4.4. ramus nasalis nery. trigem. 2. ram. secund. 3. ram. tertius. av. Wurzel des hypoglossus. x. Grosse Hemisphäre. y. Rautengrube. 2. Gemeinschaftliche Wurzel von X u. XII. Fig III Ideale Darstellung der Plexusformationen am Schädel. a. Wurzel des trigeminus. .b. Nervus infraorbital. e. ram. III. neryi trigemini. d. Stamm des nery. facialis. e. Verbindungsast des nerv. facial. zum ‚f. Hinteren Oberkieferdrüsennerven, aus dem ram. II. par. V g. Gaumenast, aus der Verbindung dieser beiden entstehend. h. Erster Plexus. i. Ast daraus zum zweiten Plexus. %. Ast des Facialis zum 1. Zweiten Plexus. m. Innerer Nasenast, aus dem Plexus. n. Innerer Ast des infraorbitalis. o. Ast des Facialis zum Ganglion. p. Ast des trigemin. zum Ganglion. g. Dessen Muskel und Gelenkast, zurückgeschlagen, r. Hivnursprung des glossopharyng. vagus und hypogloss. 8. ee t. Vagus. u. Hinterer Hirnursprung des hypoglossus. v. Hypoglossus. w. Ast desselben zum x. Ersten Halsnerven. Fig. IV. Plexus zwischen Glossopharyng. und Vagus. a. Glossopharyngeus. d. Ast des Vagus. b.c. Die beiden aus dem Plexus entsprivgenden Aeste. Te 59 Anmerkung des Herausgebers über den Nervus sympathicus der Schlangen *). Dir Kopftheil des Sympathieus der Schlangen besteht in ei- nem an der Basis cranii verlaufenden Grenzstrange, welcher mit den Spinalnerven des Kopfes, dem N. trigeminus, glosso- pharyngeus, vagus, hypoglossus und auch mit dem N. facialis zusammenhängt und Nerven in verschiedenen Richtungen ab- giebt. Der vordere Theil dieses Kopf-Grenzstranges verbindet sich mit Aesten des trigeminus. Der mittlere Theil des Grenz- stranges liegt im Canalis vidianus und verbindet sich am hin- teren Ende desselben mit dem N. facialis, der hintere Theil des Kopfgrenzstranges „verbindet sieh mit dem glossopharyngeus, vagus und hypoglossus, und hängt sofort mit den Halsnerven zusammen. Die Oeflnungen des Schädels für den 2, und 3. Ast des trigeminus und facialis befinden sich im os petrosum. Die Durchgangsöffnung für den glossopharyngeus und vagus liegt in dem os oceipilale laterale, dahinter die sehr feine Oeffnung für den hypoglossus, dessen grösserer Theil durch den ersten Spi- nalnerven gebildet wird. Die Oeflnung zwischen os oceipitale basilare und laterale scheint einem Gefäss zu dienen. Bei den Python befindet sich an derjenigen vordern Por- tion des vagus, welche dem N. glossopharyngeus verglichen werden kann und als N, laryngeus endet, ein ansehnliches Kuöt- chen (s. oben p. 50.), einen halben Zoll unter dem Austritt die- ses Nerven aus der mit dem vagus gemeinschaftlichen Schädel- öffnung. Man kann dieses Knötchen als Aequivalent des Gan- *) Vorläufige Mittheilung aus der vergleichenden Neurologie der Myxinoiden. Vergl. Bericht über die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der K. Akademie der Wissensch. zu Berlin. 1838, Februar. 60 glion cervicale supremum betrachten, und wir gehen bei der Beschreibung des Kopftheils des Sympathieus des Python am bequemsten von ihm aus. In dieses Knötchen- treten von den Stämmen der umherliegenden Nerven folgende Zweige: 1) Zwei Aestchen vom Nervus facialis, wo. dieser an der Seite des Schädels über der Columella verläuft (vergl. ob. p. 51.); 2) ein Faden, welcher vom Anfang des als glossopharyngeus bezeich- neten Nerven herabsteigt, oben aber sowohl mit dem vagus bei dessen Austritt als auch mit dem in das hintere Bündel des va- gus sich fortsetzenden N. hypoglossus, so wie auch, bedeckt von den Muskeln der Wirbelsäule, mit den austretenden Spinalner- ven zusammenhängt. 3) Ein Nerv, der zum Canalis vidianus gehend, mit dem Anfang des facialis zusammenhängt und sich durch den Canalis vidianus in den Nervus vidianus forlsetzt (vergl. oben p. 47. 48.). Verfolgt man den letzteren Nerven vom Ganglion an der Basis eranii vorwärts, so sieht man zunächst seinen Eintritt in die hintere Oeflnung, des Canalis vidianus, wobei er von einer Arterie begleitet ist. Ehe erin diesen Kanal an der Wurzel der Apophysis pterygoidea des Keilbeins eintritt, nimmt er den Faden vom Anfang des Facialis auf, welcher durch ein nach aussen von der hintern Oeffnung des Canalis vi- dianus liegendes Knochenkanälchen aus der Austrittsöffnung des facialis zu ihm kömmt°). Im hinteren Theil des Canalis vidia- nus liegen eine Arterie und der genannte Nerv, vorn theilt sich indess dieser Canal in 2 Aeste, der eine dringt in die Schädel- höhle in die Sella tureica, dieser ist hauptsächlich für einen Ast des Gefässes bestimmt, der andere ist die eigentliche Fort- setzung des Canalis vidianus. Aus der vordern Oeflnung dieses Canals tritt der Nervus vidianus wieder hervor und theilt sich nun in mehrere Aeste. Einer verbindet sich schon sogleich über *) Die Oeffnung für den Austritt des facialis ist an der innern Seite des Schädels von der Austrittsöffnung für den trigeminus ge- trennt, aussen aber treten der drilte Ast des trigeminus und des facialis aus einem gemeinschaftlichen von der Oeffnuung für den zweiten Ast des trigeminus getrennten Loche. 61 ’ dem Ospterygoideum oder hintern Gaumenbein mit einem Zweige vom zweiten Ast des trigeminus, welcher zur Schleimhaut des Mundes geht. Fin zweiter, der mit dem ersten durch eine Schlinge zusammenhängt, verbindet sich weiter vorn mit der Forisetzung des zweiten Astes des trigeminus_ vor seinem Ein- tritt in den Canal des Gaumenbeins und weiter in den Canalis infraorbitalis des Oberkiefers. An dieser Stelle hat der N. vi- dianus ein Knötchen, von welchem aus Zweige auf den zwei- ten Ast des trigeminus, andere zur Thränendrüse, und andere zur Schleimhaut der Nase gehen. Gerade an der vordern Oeflnung de Canalis vidianus be- findet sich auch eine aus der Schädelhöhle führende Spalte. Durch diese kömmt ein feiner Muskelnery hervor, der, sich mit dem Neryus vidianus verbindend, in die zwischen dem obern Kieferapparat und der Basis eranii liegenden Gaumen- muskeln verbreitet, welche den oberen Kieferapparat nach in- nen anziehen. Aus dem Verhalten bei der Klapperschlange *), wo der Nervus vidianus Aeste an diese Muskeln abgiebt, wo aber die Portio motoria des N. irigeminus ein Zweigelchen durch ein besonderes Canälchen in den Canalis vidianus zum N. vidianus schickt, wird es wahrscheinlich, dass der genannte motorische Faden auch bei Python von der Portio motoria des trigeminus kömmt. (Vergl. oben p. 45.) Das vorher beschriebene sehr kleine Ganglion ist das Gan- glion sphenopalatinum. Der mit dem N. facialis sich verbin- dende Theil des N. vidianus gleicht dem N, petrosus superfieia- lis, die Fortsetzung des N. vidianus von dieser Stelle bis zum glossopharyngeus gleicht der Jacobson’schen Anastomose. Aus dem Ganglion cervieale supremum treten ausser den Verbindungen mit Zweigelchen des N. facialis, glossopharyn- geus, vagus, hypoglossus und den Spinalnerven, folgende Fä- *) Bericht über die zar Bekanntmachung geeigneten Verhandlun- gen der K. Akademie der Wissensch. zu Berlin. 1837. Febr. Phy- siologie. 1. Bd. 2. Abih. 3. Aull, p. 867. Vergl. 789, 62 , den, und zwar in peripherischer Richtung ab. Ein Zweig geht aus dem Ganglion .cervicale supremum zum Stamm der Kopfarterie herab, er begleitet diese, bildet Geflechte auf ihr, die sich einige Zoll abwärts verfolgen lassen; an diesem Ner- ven befand sich auf der linken Seile noch ein ganz kleines "Knötchen, 14 Zoll vom Ganglion cervicale supremum ent- fernt. Ein anderer Zweig geht aus dem Ganglion cervicale supremum zum hintern Winkel des Unterkiefers und tritt hier in eine sehr kleine Oeffnung, er verbindet sich wahr- scheinlich im Innern des Unterkiefers mit dem N. alveolaris inferior. (Vergl. oben p. 51.) Verfolgt man die Verbindung des Ganglion cervicale su- premum mit dem glossopharyngeus, nach aufwärts gegen den Stamm des glossopharyngeus mit der Loupe, so sieht man einen vom Knötehen kommenden organischen Faden, welcher mit dem Anfang des glossopharyngeus vereinigt ist, dicht am Hinterhaupt einen Faden zu dem Anfang des vagus geben, von wo er sich nach einer ganz kleinen Anschwellung jauf den Anfang des hypoglossus-und sofort auf die folgenden Spi- nalnerven schlägt, mit allen genannten Nerven geht dieser Faden Verbindungen dicht bei ihrem Austritte ein, es ist dies der Uebergang des Kopftheils des Sympathicus in den Hals- theil, alle diese Verbindungen sind von Muskeln bedeckt. Die- ser sehr feine Faden, welcher nach hinten abnimmt, liegt be- deckt von den Muskeln an der Wurzel der untern Dornen der Wirbelsäule. Er lässt sich einige Zoll weit mit der Loupe sehr gut verfolgen. Er ist das Analogon des tiefen Halstheils des n. sympathieus beim Menschen. Etwas vor der Gegend des Herzens und von da bis ans Ende des Bauches lässt sich dann der N. sympathieus bei den Python deutlich wahrnehmen. Jeder Rückenmarksnerv, am grössten Theil des Rumpfes, giebt nämlich einen Ramus visce- ralis, der an den unteren Dornen zum Vorschein kommt, zu den Eingeweiden. Diese rami viscerales bilden Schlingen, ehe sie zu den Eingeweiden gehen, diese Schlingen sind als das Ana- 63 logon des Grenzstranges zu betrachten, sie liegen vor den un- tern Dornen, an vielen Stellen beträchtlich vor denselben, in den Zellgewebeplatten, welche von den untern Dornen zu den Eingeweiden gehen. Die Ganglien des Grenzstranges sind bei den grossen Pytlonen doch sehr klein, aber sie sind am grös- sern, besonders mittlern und hintern Theil des Grenzstranges mit der Loupe schr wohl wahrzunehmen. Bei den Klapperschlangen verhält sich der Kopftheil des Sympathicus im Wesentlichen ganz gleich, aber das Ganglion sphenopalatinum fand ich nicht, und das Ganglion cervicale su- premum ist ganz unkenntlich. Weitere Bemerkungen über die anderen Nerven der Schlan- gen scheinen mir nach der vorhergehenden Abhandlung ganz überflüssig, als dass alle Augenmuskelnerven vorhanden sind und dass der erste Ast des Trigeminus ein vom Ganglion des zwei- ten und dritten Astes weit entfernt liegendes besonderes Gan- glion innerhalb der Schädelhöhle hat, wie auch bei den Amei- ven. Der vagus geht bei den Schlangen am Darm bis über zwei Drittel der Rumpfhöhle. (Physiol. a.a. 0. 791. 803.) Der Kopftheil des Sympathicus der Eidechsen besteht in denselben Nervenverbindungen, aber der Halstheil der Ameiven oder Teguixin hat ein ganz eigenthümliches Verhalten. Sie ha- ben den tiefen und oberflächlichen Halstheil, den tiefen im Ca- nal der Querfortsätze, der oberflächliche ist ganz im Stamm des vagus enthalten. Dieser theilt sich aber gegen den untern Theil des Halses in 2 Stämme, wovon jeder beim Eintritt in die Brusthöhle mit einem länglichen starken Knoten versehen ist. Der eine Stamm selzt sich als vagus fort, der andere geht in den Brustgrenzstrang über. Abbildungen dieser sympathi- schen Systeme enthält die vergleichende Neurologie der My- xinoiden. Ueber die Empfindung, welche entsteht, wenn verschie- denfarbige Lichtstrahlen auf dieselben Stellen der Retina eines einzigen Auges fallen. Von Dr. Jon. Mızz zu Warschau. Dass verschiedenfarbige Lichtstrahlen, wenn sie auch aufiden- tische Stellen des einen und des andern Auges gleichzeitig fal- len, nicht die Empfindung einer gemischten Farbe geben, ist jetzt als ausgemacht anzusehen. Professor Volkmann sucht aber aus Versuchen nachzuweisen, dass auch selbst dann, wenn verschiedenfarbige Lichtstrahlen nur auf eine Netzhautstelle eines und desselben Auges fallen, keine Vermischung statt- finde *). Wenn auch dieser Schluss aus den angeführten Ver- suchen folgen sollte, so dürfte er doch nicht als allgemein gül- tig angesehen werden können, und man muss in besondern Umständen den Erfolg vielmehr suchen, denn er streitet zu sehr gegen die tägliche Beobachtung. Diese belehrt uns, dass verschiedenfarbig fein gestreifte Zeuge, in der Ferne, oder dem Auge zu nahe gerückt, wo die verschiedenarligen Lichtstrah- len der Nebenstreifen oder Punkte des Objeets dieselben Re- *) Ueber die Empfindung, welche entsteht, wenn verschieden- farbige Lichtstrahlen auf identische Netzhautstellen fallen. Von A. W, Volkmann — dieses Archiv — 1838 H. IV. — S. 373. 65 tinastellen treffen, in der Mittelfarbe gesehen werden, und wir sie nur in der deutlichen ‚Sehweite, wo jedweder besondere Punkt des Objects seine Strahlen auf besondere Punkte der Retina eoncentrirt, als verschiedenfarbig erkennen. Füllt man ein kleines Viereck über ‘die Hälfte mit hell- blauen, ungefähr „; Linie breiten Streifen in eben so breiten Abständen, und dann wiederum die andere mit eben so brei- ten gelben Linien so an, dass diese in den mittlern Theil des Vierecks zwischen die blauen hineinreichen, so bekommt das Auge aus der nicht deutlichen Sehweite drei farbige Felder, an einem Ende blau, am andern gelb und in der Mitte grün zu sehen. Desgleichen werden so gezogene rothe und gelbe Streifen in der Mitte nicht als solche besondere, sondern in der einzigen gleichmässigen Orangefarbe gesehen. Um dem Einwurfe zu entgehen, dass hier etwa beim Auftragen die Far- ben ineinander fliessen, wickle man einen blauen Faden fast dieht um ein Täfelchen und dann dazwischen einen gelben, die Vermischung zur grünen findet doch statt. Eben so wer- den ‚verschiedenfarbige nicht einmal sehr feine Pulver, wenn sie mit einander trocken gemengt werden, in der Mittelfarbe gesehen. Ein nahes Nebeneinanderstellen verschiedener Far- ben ist also schon hinreichend, um in der Empfindung die mittlere Farbe zu geben. Selbst in dem Gemische der Far- ben auf nassem Wege, wie solches die Maler zurichten kann ja kein Durchdringen, sondern nur ein Nebeneinanderstellen der Partikeln, freilich ein ganz nahes und als solches nicht mehr zu unterscheidendes, stattfinden. In allen diesen Fällen werfen aber die verschiedenfarbigen Gegenstandspunkte, wenn die Entfernung vom Auge nicht die des deutlichen Sehens ist, ihre Strahlen statt auf Retinapunkte, auf übereinanderreichende Scheiben, wodurch besondere Retinapunkte von verschiedenen Farben zugleich getroffen werden müssen, und dadurch die Empfindung ‚einer Mittelfarbe entstehet. Je kleiner und näher an einander die verschiedenfarbigen Gegenstandspartieen ge- rückt sind, desto weiter reichen die ihnen auf der Netzhaut Müllers Archiv. 1839, 5 66 x entsprechenden: Scheiben über die andern hinaus, desto inni- ger wird die Vermengung ihrer Farben, desto gleichmässiger die daraus resultirende Mittelfarbe. Da aber Prof. Volkmann in seinen Versuchen keine Vermischung in der Empfindung bemerkte, so muss dieser Unter- schied in irgend einer Verschiedenheit der Umstände zu su- chen sein. In den eben von mir angeführten Beispielen der Farbenmengungen sind es immer viele verschiedene, zugleich aber kleine abwechselnd gestellte Farbenstellen eines Objects, die man betrachtet, wodurch auch eine grössere Zahl der über- einander reichenden verschiedenfarbigen Scheiben, also auch eine grössere Vertheilung, ein auf der Retina mehrfaches Durch- dringen, ein innigeres Mischen. der Farben, erreicht wird. In Volkmann’s Versuchen ist es aber ein einziger breiter ein- farbiger Streifen, der in einer Entfernung vor einem‘ andern andersfarbigen gehalten wird, wodurch aber nur zwei Reihen dergleichen Scheiben auf der Retina: entstehen, die nur in ihrer Mitte eine. etwas dichtere, am Rande aber eine geschwind ab- nehmende Färbung geben, sieh also nicht genug sättigen. Es scheint also dass nur dadurch keine vollkommene Farbenmi- schung erreicht werden kann. Auch spricht ja selbst in die- sen Fällen Prof. Volkmann den Farben eine gewisse Mi- schung nicht ab. Er fand nämlich oft eine Hinneiguhg in die Mittelfarbe, einen leichten Anflug davon, nur konnte er nicht gesättigte Mittelfarben ‘wie durch Mischung von Malerfarben auf diesem Wege erlangen. Dann findet noch der andere Umstand statt, dass in un- sern Beispielen: beide Farben, da sie an derselben Fläche haf- ten, vom Auge in jedweder Lage gleichweit entfernt sind, in den Volkmanin’schen Versuchen aber die eine dem Auge näher als die andere gebracht: wird. Dies kann aber unmög- lich ‚die Farbenvermischung vereiteln; denn man kann zwei verschiedenfarbige Gläser dicht übereinander legen, oder von- einander entfernen, eins dicht ans Auge bringen, das andere sehr weit davon entfernen, und doch bleibt die dahinter sich 67 vorfindende weisse Fläche immer ganz gleichmässig 'und gleich stark mit der Mittelfarbe gefärbt. Bloss in dem ersten Umstande, in dem nicht gleichen, nicht vervielfachten sich Durchdringen beider Farben; ist also das Ursächliche zu suchen, und, wie ich glaube, liefert folgen- der Versuch den Beweis dafür. Hält man statt eines einzigen farbigen breiten Streifens viele dergleichen schmalere, etwa ein so farbiges kleines Gitter oder ein feines Netz vor dem Auge, wozu man die durchsichtigen Zeuge, als Kannevas, Mousselin, Gaze u. dgl., ja selbst eine nicht zu dichte Leinwand anwen- den kann, und sieht dadurch auf eine andersfarbige davon ent- fernte Fläche, so kommt die Mischung wirklich zu Stande. Durch gelb gefärbtes Zeug erscheint eine rothe Fläche orange, eine blaue violet, eine himmelblaue grün, und umgekehrt, wobei die stärkere oder schwächere Beleuchtung des Netzes oder der hintern Fläche die Mischungsfarbe in der Empfindung mehr oder weniger steigert, sie aber in keine andere verwan- delt. Grün ist jedoch schwerer darzustellen als die andern Mittelfarben, doch gelingt es auch, nur muss das Blaue nicht zu dunkel, das durchsichtige Zeug nicht zu dünn und vor dem Auge nicht gar zu nahe sein. Man kann es auch durehs Zu- sammenlegen dichter machen, wodurch in der Mischung die nähere Farbe mehr hervortritt. Auch bleicht ein vor dem Auge gehaltener schmaler Streifen weissen Papiers, so ‘wie ein weisses feines Netz die hinter ihm gesehenen Farben, so wie ein Streifen schwarzen Papiers oder ein schwarzes Netz die Farben verdunkelt, was auch für die Mischung einen Beweis abgiebt. Wenn das Netz ganz fein, die Maschen gleich gross, die Farbe gleichmässig darauf vertheilt ist, so sieht man auch das hintere Feld mit der Farbe des vordern ganz gleich dünn über- zogen und damit anhaltend gefärbt, auch findet hier kein solches unaufhörliches Schwanken oder Fluctuiren der Farben, kein so abwechselndes Vergehen und wieder Auftauchen bald dieser bald jener Farbe statt, wie in den Versuchen, die man 5° 68 mit beiden schielenden Augen anstellt, um eine gesehene Far- benfläche an denselben Ort, wo die andere ist, scheinbar zu versetzen Den Fall,‘ wo verschiedenfarbige Lichtstrahlen im- mer nicht sowvrohl auf identische, sondern auf ganz dieselben Stellen eines einzigen Auges fallen, und nur ein einziges auf derselben Stelle der Retina unverrückbares Bild geben können, sollte man also, wie es mir scheint, nicht mit jenem verglei- chen, wo dergleichen verschiedenfarbige Lichtstrahlen auf zwei sogenannte identische Stellen zweier besonderen Augen fallend, immer zwei Bilder geben, und diese während des Auseinan- derschiebens der Augenaxen nicht unverrückbar auf denselben Stellen der Retina haften, sondern nach entgegengesetzten Sei- ten darauf sich hin und her bewegen. Denn während des Gebrauchs nur eines einzigen Auges ist die Empfindung noth- wendig immer, sowohl der Farbe als dem Orte des Gesehe- ‘“ nen nach, eine einfache, da ja auf derselben Stelle einer Re- tina nur ein Bild in demselben Augenblicke sein kann; die gleichzeitige Empfindung zweier Augen ist aber immer: in Hinsicht der Farben und Umrisse des Gesehenen eine doppelte, und nur dem Orte nach eine einfache. Dass wir aber nur durch Angewöhnung das doppelt Empfundene an einen einzi- gen Ort versetzen, und so zwei übereinander schwebende, nicht aber vermischte, eher sich abwechselnd verwischende Farben- bilder empfinden, suchte ich schon früher (dieses Archiv. 4838. p. 387.) auseinander zu selzen. Das abwechselnde Hervortreten bald dieser bald jener Farbe im Gesichtsfelde während der mit beiden Augen gleich- zeitig angestellten Versuche kann noch, wenn diese lange fortdauern, in den verschiedenen Retinastellen die Fähigkeit wecken, statt der eben betrachteten Farbe ihre complemen- täre zu empfinden und das Phänomen noch mehr verwirren. In diesem Falle könnte auch schon die Aufmerksamkeit Ein- fluss auf das Vorherrschen der einen oder der andern Farbe haben, und vielleicht der Wille die Netzhaut in der Art um- stimmen, dass dadurch die Wahrnehmung der einen ‚oder 69 der andern Farbe begünstigt werde, dann wären wir freilich schon zum Theil auf dem Boden der subjectiven Gesichtser- scheinungen. Dass aber, wie Professor Volkmann behaup- tet, dies während des Anstellens des Versuches nur mit einem einzigen Auge auch schon stattfinde, davon konnte ich mich nieht überzeugen. ‘Meine Ueberzeugung ist vielmehr, dass wir hier bloss mit einem gewöhnlichen Vorgang, mit einer von Aussen unveränderlich bestimmten, also objeetiven Farbenmi- schung zu thun haben. Neurologische Bemerkungen. Von F. FarseBeck in Braunschweig. (Aus brieflichen Mittheilungen an den Herausgeber. ) Der Zweck dieser Mittheilung ist, Ihnen von einem Nerven- präparate Nachricht zu geben, an dessen einer Hälfte ich den Nervus facialis mit allen seinen Verbindungen, und an der an- dern Seite die übrigen Gehirnnerven yon innen mit allen ihren Verzweigungen und Anastomosen ausgearbeitet habe. Dieser Kopf ist ziemlich mit dem Schlemm’sschen Arterien- kopfe zu vergleichen, und das Neue, was ich daran gefunden habe, ist in aller Kürze ungefähr Folgendes: Der Nervus faeialis bildet auf der ganzen Gesichtsfläche ein wahres Convolut von Nerven, die auf die mannigfachste Weise mit einander verkettet sind, so steht er mit dem Ra- mus massetericus, dem R. dentalis posterior superior, dentalis ant. superior, R. infratrochlearis, R. supratrochlearis, R. mylo- hyoideus in Verbindung, dann bildet er in dem Muse. fronta- lis ein förmliches Netz, welches sich zwischen den R. supra- trochlearis und supraorbitalis befindet, und mit diesen in Ver- bindung tritt, so dass der supraorbitalis in das Pericranium, und der supratrochlearis in die Haut geht. Ferner theilt sich noch der R. auricularis vom facialis in zwei Aeste, von denen der eine in die M. retrahentes und Haut 71 geht, der andere den Ohrknorpel durchbohrt und so Aeste zur inneren Fläche der Ohrmuschel giebt. Zuletzt noch durch- bohrt der R. digastricus den gleichnamigen Muskel, geht so aufwärts und nach innen, bildet das 'Ganglion petrosum theil- weise und geht dann in den Ramus Jacobsonii über. An der andern „Hälfte dieses Kopfes habe ich gefunden, dass der N. oculomotorius, trochlearis, der N. ophthalmicus,, so auch das ganglion ophthalmieum, N. vagus und hypoglossus je- der einen Ast vom N. sympathicus bekommen. Die Radix longa gauglii ciliaris steht mit einer andern aus dem N. oculomotorius in Verbindung, und diese gehen dann gemeinschaftlich in den obern graden Augenmuskel hinein. Fer- ner kommen Aeste aus dem Nerv. nasociliaris, welche in den levator palpebrae superioris hineingehen. Mit der grössten Sorgfalt arbeitete ich die Zunge aus und fand, dass der N.hypoglossus ganz so wie der N. facialis' zum N. trigeminus steht, indem er sich nicht allein in die Muskeln verbreitet, sondern bis zur Oberfläche der Zunge hingeht: und sich da mit den Endästen des N. lingualis in Verbindung setzt; so auch fand ich, dass sich die Gefässnerven des N. sympathi- eus mit dem N. hypoglossus und lingualis in Verbindung setzen. Zuletzt fand ich noch, dass nicht allein der N. glossopharyn- geus in die Papillae conicae vallatae hineingeht, sondern sich noch ‚weiter vorwärts in der Zunge verbreitet- So auch fand ich an drei verschiedenen andern Präpara- ten an der innern Seite des N. opticus ein zweites Ganglion ophthalmicum. Und endlich noch sah ich an einem andern Präparate in der Augenhöhle ein sehr kleines Ganglion, hin- gegen gab der N. oculomotorius fünf Ciliarnerven ab. Sie werden sich erinnern, dass Sie mir bei meiner neulichen Anwesenheit in Berlin den Aufirag ertheilten, zu untersuchen, ob sich ein Ganglion temporale *) auffinden und *) Es war das Gungliolum molle temporale von Andersch de: 72 darstellen lasse. Sobald ich zu Hause angekommen war, liess ich: es mir angelegen sein, mich von dem Vorhandensein oder Fehlen dieses Ganglions zu überzeugen, und es ist mir ange- nehm Ihnen berichten zu können, dass ich solches wirklich aufgefunden und dargestellt habe; ich nehme mir die Freiheit es Ihnen hierbei zu übersenden. Dieses Ganglion befindet sich an der Theilungsstelle der carotis externa in die Art. tempora- lis und maxillaris interna, und zwar mehr an der innern Seite der letztern, es wird gebildet von Ramis neryi sympathiei, N. facialis und N. auricularis s. temp. superficialis, aus diesem Ganglion kommen mehrere Zweige hervor, die theils zur Parotis, theils zur Art. temporalis, theils zur Art. transversa faciei, so wie auch einige Aeste mit der Art. maxillaris interna gehen. Der Nerv. auricularis s. temp. sup. giebt Aeste zum äussern Gehör- gange und zum Kinnbackengelenke. Wenn Sie die Gewogen- heit haben wollen und beikommendes Präparat nebst zweien Abbildungen in Augenschein zu nehmen, so werden Sie sich von der Wahrheit des oben Angeführten überzeugen. Sie erhalten hierbei ein Präparat zur Ansicht, woran. ich das Ganglion supramaxillare und nasopalalinum ausgearbeitet habe. Also nicht allein das Ganglion supramaxillare, so wie es Bochdalek schon dargestellt hat, ‘habe ich ausgearbeitet, sondern bin weiter gedrungen, und habe auch noch die Ver- bindung dieses Ganglion mit dem Ganglion nasopalatinum auf- gefunden. Da mir Bochdalek’s Aufsatz mit Abbildung nieht zur Hand war, wodurch ich leichter zu einer klaren Ansicht hätte gelangen können, so gewährte es mir ein um so grösseres Vergnügen, gleich an dem ersten, besten Oberkiefertheile, den script. nerv. cardiac. $. VI. gemeint. Es scheint mir mehr ein gan- gliöser Plexus zu sein. Dies thut übrigens wenig zur Sache, und die darges!ellten Zweige dieses Theils des Sympathicus und seine Ver- bindnngen, welche mit den Angaben von Andersch stimmen, sind jedenfalls sehr beachtenswerth. Anmerk, d. Herausgebers. e 73 ich zur Ausarbeitung wählte, dieses Ganglion aufzufinden, und mag die Schuld, warum ich es nicht schon früher gefunden habe, wohl ihren Grund darin haben, dass ich diesen Theil in jener Hinsicht noch keiner nähern Untersuchung unterwor- fen hatte. Es befindet sich das Ganglion supramasillare zwischen den Knochenplatten der Superficies faeialis ossis maxillaris su- perioris in der Gegend des Schneide- und Eckzahns oberhalb der Wurzeln, und bildet einen länglichen, platigedrückten Kno- ten, in welchem sich die Ram. dentales superiores, anterior, medius und posterior vom zweiten Aste des Trigeminus ver- einigen; es giebt folgende Aeste ab: 1) Aeste zu den Schneidezähnen, 2) Verbindungsäste zum Ganglion nasopalatinum, 3) Aeste zur Schleimhaut der Nasenhöhle, 4) einen Ast zum Gesichisnerven. Das Ganglion nasopalatinum wird dadurch gebildet, dass, indem beide Nervi nasopalatini Scarpae durch das Foramen ineisivum treten, sie Verbindungen mit Aesten aus: dem Gan- glion supramaxillare und Nerv. pterygopalatinis eingehen. Dies Ganglion giebt Aeste zum Gaumen und Zahnfleische ab. Ueber die Existenz dieser Ganglien dürfte,‘ meiner An- sicht nach, kein Zweifel mehr obwalten, und wenn auch Sie durch beikommende Präparation von dem Vorliandensein die- ser Ganglien überzeugt ‚werden ‘würden, so halte ich meine darauf verwandte Zeit und Mühe für völlig 'entschädigt und belohnt *). - *) Anmerkunng des Herausgebers. Der fragliche Knoten ist auch hier einigemal präparirt worden, aber wir haben uns bisher noch nicht überzeugen können, dass an jener Stelle ein wirkliches Ganglion ist, und sind auch durch die von Herrn Fäsebeck einge- sandte, ausgezeichnet schüne Präparation der obern Zahnnerven nicht von der gangliösen Natur der fraglichen Stelle überzeugt worden. Einige Bemerkungen über den Verdauungs-Ap- parat der Infusorien. Von J. Meyen. E, wird den Naturforschern bekannt sein, dass v: Gleichen schon am Jahre 1781 den Infusionsthierchen Carmin zu fressen gab und am darauf folgenden Tage die Bemerkung machte, dass dieselben mehrere rothe Kügelehen im Innern des Leibes zeigten, woraus er den Schluss zog, dass die Infusionsthier- chen den Farbestoff verschluckt hätten; ebenso bemerkte schon Gleichen, dass die gefärbten Kügelchen durch eine besondere Oeflnung wieder abgingen. Gleichen bildet diese aufgenom- menen rothen Kügelchen sehr regelmässig ab, und zwar je- des Kügelchen im Innern eines besondern Kreises, ohne sieh über die Bedeutung derselben auszusprechen. Später hat auch Hr. Ehrenberg diese Beobachtungen angestellt und daraus den Schluss gezogen, dass die eigentlichen Infusionsthierchen eine mehr oder weniger grosse Menge von Magen besitzen, welche bei der einen Gruppe darmlos, bei den übrigen aber durch besondere Darmenden mit einander in Verbindung ste- hen, ja mitunter noch seitlich anhängende Blinddärme aufzu- weisen haben. In Folge dieser Entdeckungen erhielten die In- fusionsthierchen den Namen der Magenthierchen, auch Poly- 75 gastrica. Hr. Ehrenberg glaubte bemerkt zu haben, dass sich jene Magen der Reihe nach anfüllen, und er hat selbst bei einer Menge von Thieren der Art die Darmkanäle mehr oder weniger vollständig abgebildet, welche zwischen den kugelför- migen Magen liegen und diese mit einander verbinden sollen. Diese Ansichten des Herrn Ehrenberg über den Ver- dauungsapparat der Infusorien sind schon von verschiedenen Seiten her in Zweifel gestellt worden; ich habe niemals jene Ansichten getheilt, einmal, weil ich jene Darmkanäle nicht sehen konnte, welche die verschiedenen Magen mit einander verbinden sollien, und zweitens, weil ich schon vor vielen Jahren bei Infusorien verschiedener Gattungen gesehen hatte, dass die angeblichen Magen im Innern derselben mit mehr oder weniger grosser Schnelligkeit umhergetrieben. wurden, ganz ähnlich, wie die Kügelchen bei der Rotationsströmung in den Charen-Zellen. Später sah ich öfters bei den Vorticellen, wenn dieselben 9 bis 15 grosse Indigoballen im Leibe hatten, dass sich diese anhaltend um einen gewissen Mittelpunkt dreh- ten und dadurch sehr bestimmt zeigten, dass, hier ein Darm- kanal, welcher dieMagen mit einander verbinde, mit dem einen Ende der Mund-, und mit dem andern Ende der After-Oefl- nung anhänge, gar nicht vorhanden sein könne. Indessen was sind denn jene ziemlich gleich. grossen Bla- sen und Kugeln, welche im iunern der Infasorien vorkommen und für die Magen derselben gehalten werden? Diese Frage wird man mir allgemein vorlegen, und ich habe mir dieselbe ebenfalls gestellt, bis ich durch anhaltende Beobachtung dieses Gegenstandes die Entstehung jener Kugeln und Blasen wahr- genommen habe. Die wahren Infusorien sind blasenartige Thiere, deren Höhle mit einer schleimigen, elwas sulziger Subslanz gefüllt isL; die Dicke der Membran, welche die Blase bildet, ist bei einigen dieser Thiere deutlich wahrzunehmen, und bei verschiedenen Gattungen habe ich in dieser Membran eine sehr deutlich zu 76 erkennende spirale Struktur beobachten können, so dass mir in dieser Hinsicht der Bau dieser Infusorien der Hauptsache nach demjenigen der Pflanzenzellen ähnlich erschien. Bei den grössern Infusorien verläuft, von der Mundöffnung aus, ein eylindrischer Kanal (Speisekanal) schräg durch die Membran, welche das Thier bildet; das unterste Ende dieses Kanals dehnt sich bei eingenommener Nahrung mehr oder weniger stark aus, gewöhnlich aber bis zu der Grösse der Kugeln, welche im Innern eben derselben Infusorien vorkommen. Die innere Fläche dieses Theiles des Speisekanals ist mit Cilien bekleidet, durch deren Bewegung die aufgenommenen Stoffe, ‚sowohl die Nah- rungssioffe als auch die fremdartigen, mit ausserordentlicher Schnelligkeit im Kreise umhergetrieben werden, bis sie zu einer regelmässigen Kugel zusammengeballt sind. Während dieser Bil- dung ‘der Kugel ist der Magen, denn dafür kann jenes Organ nur gehalten ‘werden, mit dem Speisekanal in offner Verbindung, und durch den äusseren Cilien- Apparat werden immer neue Stoffe in diesen Kanal und bis zum Magen hineingetrieben, ob aber auch der Speisekanal zwischen der Mundöffnung und dem Magen ebenfalls mit Cilien bekleidet ist, das habe ich nicht mit Bestimmtheit erkennen können. ‘Hat nun endlich die Ku- gel von den aufgenommenen Stoflen die Grösse des Magens erlangt, so wird sie am andern Ende desselben ausgestossen und 'in die Höhle des Thieres hineingetrieben, worauf sich so- gleich eine neue Kugel innerhalb des Magens bildet, wenn in der umgebenden Flüssigkeit feste Stoffe vorhanden sind; diese zweite Kugel wird ebenfalls in die Höhle des Thieres hinein- getrieben und schiebt nun die erstere Kugel mit dem dazwi- schen liegenden Schleime weiter vor sich hin, und so dauert die Bildung ähnlicher Kugeln aus den aufgenommenen Stoffen beständig fort. Diese Kugeln sind es, aus deren Anzahl Hr. Ehrenberg auf die grosse Zahl der Magen dieser Thiere schloss. Sind in der umgebenden Flüssigkeit nicht viele feste Stoffe enthalten, so werden diese Kugeln auch weniger fest, 77 und sie erscheinen dann in der Art, wie man sie bei den In- fusorien in gewöhnlichen, ungefärbten Infusionen bemerkt, wo eine solche Kugel zuweilen nur einzelne kleine Parlikelchen zeigt und grösstentheils aus einer Schleimmasse besteht, womit jene zusammengeballt sind. “ Zuweilen werden zwei solcher Kugeln im Innern des Leibes durch: die starken: Contractionen des Thieres so stark zusammengedrückt, dass sie in dieser Verbindung bleiben. Will man die Bildung dieser Kugeln recht deutlich beob- achten, so beginne man die Beobachtung gleich nachdem die Infusorien mit der gefärbten Flüssigkeit in Berührung treten; die Aufnahme der gefärbten Stoffe geschieht sehr schnell, oft schon nach einer halben Minute, und nun kann man verfol- gen, wie die eine gefärbte Kugel nach der andern aus dem Magen vollkommen gebildet hervortritt und, wie bei den Paramaecien, Keronien und Vorticellen, am innern Rande der Höhle des Thieres nach unten hinabgestossen wird, wie dann die neue Kugel die vorhergehende mit dem dazwischen liegen- den Schleime weiter vorschiebt, so dass die erstere bald auf der inneren Wand der entigegengesetzten Seite emporsteigt, sich am entgegengesetzten Ende der Höhle umdreht und auf der andern Seite wieder hinabgetrieben wird; und so häuft sich die Masse dieser Kugeln immer mehr an, bis wiederum einzelne zum After ausgesiossen werden. Die Menge dieser Kugeln wird zuweilen so gross, dass die ganze Höhle des In- fusionsthierchens damit gefüllt ist, und dass sie so nahe anein- ander liegen, dass alle zusammen gleichsam einen grossen Ballen bild@n, welcher sich oftmals, wie besonders bei den Vorticellen, langsam um seinen Mittelpunkt dreht. Diese Drehung erfolgt aber, wie ich mich vollständig versichert habe, durch die Ge- walt, mit welcher die im Magen neu gebildele Kugel in die Höhle hineingetrieben wird, und den untern ‚Rand des vorhan- denen Ballens anstösst. In andern Fällen dagegen, wo noclı nicht so viele solcher Kugeln. vorhanden sind, ‚da zeigt sich mitunter jene Kreisdiehung derselben, wovon ich schon im Fi 78 Anfange sprach; 'es ist mir aber nicht klar‘ geworden, durch welche äussere Ursache hier diese Bewegung erfolgt. Es werden also bei den wahren Infusorien die Stoffe, wel- che sie aufnehmen können, in: Form: von Kugeln in die Höhle (des Leibes gebracht und hier wird die nahrhafte Substanz aus diesen Kugeln ausgesaugt; das Unbrauchbare geht meistens in eben denselben Kugeln davon, in welchen es hineintrat, doch mitunter wird der dazwischen liegende Schleim resorbirt, und schon im Innern des Leibes trennen sich die Partikelchen der Kugel, was aber doch nur selten geschieht. Aber was sind denn jene’ blasenförmigen Höhlen, welche oft in so grosser Menge und auch von sehr verschiedener Grösse im Innern der Infusorien auftreten? Magen sind es sicherlich nicht, sie haben mit den aufgenommenen Kugeln, von denen vorhin dieRede war, gar nichts zu schaffen, obgleich mitunter jene Kugeln einzeln in. diese Höhlen hineingelangen, was aber nur als ein zufälliges Zusammentreffen anzusehen ist. Man kann die Entstehung dieser Höhlen, wie auch deren plötzliches und spurloses Verschwinden in der sulzigen Substanz, im Innern der Höhle des Infusoriums, eben so gut beobachten, als die Bildung jener Kugeln, ja man kann zuweilen sogar, die Bildung einer solchen Höhle rund um eine der aufgenom- menen Kugeln wahrnehmen, welche dann nach einiger Zeit wiederum verschwindet. Das Mikroskop zeigt, dass diese Höh- len keine besonderen häutigen Wände besitzen, sondern in blos- sen Aushöhlungen der sulzigen Substanz bestehen; auch treten sie meistens nahe der innern Fläche der Membran auf, welche die Haut des Thieres bildet, und zuweilen vergrössern sich einzelne derselben zu einem sehr bedeutenden Umfange, so dass die Höhle einer solchen Blase mitunter + und 3 von der Höhle des ganzen Thiers ausmacht. Dass diese Höhlen eine dünne und wässerigte Flüssigkeit enthalten und nicht 'etwa mit Luft gefüllt sind, das zeigt die auffallend geringe Strah- lenbrechung an ihren Rändern, und an den grössern Infuso- rien kann man auch ganz deutlich sehen, dass sie nicht nach 79 Aussen münden. Aehnliche Höhlen bilden sich auch in dem Schleime der Pflanzenzelleu, besonders häufig bei den im Was- ser wachsenden Fadenpilzen. Meine botanischen Arbeiten verhindern mich diesen Ge- genstand ausführlicher zu bearbeiten; diese wenigen Mittheilun- gen möchten aber hinreichend sein eine grössere Zahl von Naturforschern auf die fernere Beobachtung desselben zu leiten, welche allerdings eine grosse Ausdauer verlangt, denn die an- geführten Thatsachen sind nicht sogleich bei jedem Infusorium zu sehen, sie sind aber wichtig genug, denn schon sind die Polygastrica in alle neueren zoologischen Werke übergegangen. Auszug aus einem Vortrag über fossile und le- bende Infusorien, gehalten bei der Versammlung der englischen Naturforscher in Newcastle. von Prof. EHRENBERG. (Taylor’s Annals of natural history, Oct. 1838. p. 121 ff.) - Es erhob sich alsdann eine Diskussion zwischen Prof. Rymer Jones und mir. Prof. Jones bemerkte, dass er, ungeachtet er sich sehr darum bemüht, doch niemals im Stande gewesen sei, den Bau der innern Organisation zu sehen, wel- chen ich an dem Verdauungskanal der polygastrischen Infuso- rien beschrieben habe, obschon er gefunden, dass die äusseren Formen genau dieselben waren. Er habe niemals eine Spur von Verdauungskanal entdeckt, und bei Paramaeeium Aurelia und andern Arten habe er eine kreisförmige Bewegung der innern Zellen wahrgenommen, die sich nicht mit der von mir erkannten Bildung vertrüge. Ich erwiederte ihm, dass ‚solche Diskussionen nur dann zu einem Resultat führen könnten, wenn sie nicht allgemeine, sondern besondere Fälle betreffen. Die Masse der Organisationsverhältnisse, welche, allmählig fort- schreitend, durch viele Jahre der Beobachtung festgestellt wor- 81 den seien, dürften nicht zweifelhaft gemacht werden durch ein einziges zweifelhaftes Factum, Die vollkommne Organi- sation ‘der Räderthierchen ist ohne alle Frage bestimmt erkannt. Was Paramaecium Aurelia betrifft, so sei dies gerade eine für solche Beobachtungen weniger günstige Form, und ich habe es ausdrücklich bemerkt, dass ich selbst nicht in allen Arten der verschiedenen Gattungen den Darmkanal mit Bestimmt- heit erkannt habe; dagegen war er auch sehr deutlich in einer beträchtlichen Anzahl von Arten und Gattungen. Ich bemerkte, dass ich in meinem grossen Werke diesen Gegenstand im De- tail behandelt habe und absichtlich die Formen ‘ aufgezählt in welchen die Verhältnisse ganz evident sind. Ich theilte alsdann von einigen dieser Formen Zeichnungen mit und schloss mit der Bemerkung, dass die vom Prof. Jones beobachtete Kreisbewegung auch schon von andern Forschern, namentlich von Focke, erwähnt und natürlicherweise auch von mir selbst häufig gesehen worden sei. Die grosse Contractilität des Kör- pers dieser Thiere war für weniger geübte Beobachter nicht selten eine Ursache von räthselhaften Erscheinungen, deren wahre Erklärung durch fortgesetzte und geduldige Beobachtung des Gegenstandes nach und nach erkannt werden wird. So dehnt sich zuweilen der Darmkanal des Thieres auf Kosten der anhängenden Magensäcke so weit aus, dass er die ganze Körperhöhle ausfüllt, und dann scheinen die verschluckten Stoffe, die Magensäcken sehr ähnlich sehen, im ganzen Kör- per zu circuliren. Müller’s Archiv, 1839. 6 Zur Pathogenie der Impetigines. Ven Prof. ScHoernzein in Zürich. (Auszug aus einer brielichen Mittbeilung an den Herausgeber, ) (Hierzu Taf, III. Fig. 5.) Sie kennen ohne Zweifel Bassi’s schöne Entdeckung über die wahre Natur der Muscardine. Die Thatsache scheint mir von höchstem Interesse für die Pathogenie, obgleich meines Wissens auch nicht ein Arzt sie bisher seiner Aufmerksamkeit gewürdigt hatte. Ich liess mir deshalb zahlreiche Exemplare von Seidenwürmern, die an der Muscardine litten, von Mai« land kommen, und meine damit angestellten Versuche haben nicht bloss Bassi’s und Audouin’s Angaben bestätigt, son- dern noch einige andere nicht ganz unwichtige Resultate er- geben. Dadurch wurde ich denn wieder an meine Ansicht von der pflanzlichen Natur mancher Impetigines erinnert, eine Ansicht, die durch Unger’s schöne Arbeit über Pflanzen- Exantheme schon früher eine mächtige Unterstützung fand. Da ich gerade glücklicher Weise einige Exemplare von Porrigo lupinosa W. im Hospitale hatte, so machte ich mich an die nähere Untersuchung, und gleich die ersten Versuche liessen keinen Zweifel über die Pilz-Natur der sogenannten Pusteln. Anliegend eine mikroskopische Abbildung eines Pustelstückes. Zugleich sende ich einige mit der grössten Leichtigkeit aus der oberen Schichte der Lederhaut am Lebenden ausgeschälte Por- rigo-Pusteln bei. Ich bin eifrig mit weiteren Untersuehungen über diesen Gegenstand beschäftigt, deren Resultat ich bald zu veröffentlichen gedenke. Beiträge zur näheren Kenntniss unseres Süss- wasser-Schwammes (Spongilla lacustris). Von J. Meyen. D:. Spongien des süssen Wassers sind schon seit längerer Zeit den Naturforschern lästige Geschöpfe gewesen, indem man nicht wusste, ob sie zu den Thieren oder ob sie zu den Pflan- zen zu bringen wären; gegenwärlig glaube ich jedoch anneh- men zu können, dass sie alle dem Thierreiche angehören. Bei einer früheren Gelegenheit habe ich nachgewiesen, dass die Spongia friabilis des Lamarck und Esper nichts weiler, als das Gehäuse der Aleyonella stagnorum ist (siehe Isis von 1828, p- 12.), und gegenwärlig habe ich verschiedene Beobachtun- gen mitzutheilen, welche es vorläufig im höchsten Grade wahr- scheinlich machen, dass die Spongia lacustris ebenfalls ein Po- Iypen-Gehäuse ist; doch muss noch bemerkt werden, dass unter den Gebilden, welehe man mit dem Namen der Spon- gia lacustris bezeichnet, sicherlich mehrere, wenigstens speci- fisch verschiedene Sachen vermischt sind, deren nähere Be- stimmung sich gegenwärtig sehr bald ergeben wird. Gegen Ende des vergangenen Sommers fischte ich aus be- deutender Tiefe eines stehenden Gewässers eine Menge der Spongia lacustris, deren grüne und gallertartige Substanz schon grösstentheils zerstört war, so dass das Kiesel -Skelett, aus 6 * 84 den bekannten Spongillen-Nadeln bestehend, überall sehr gut zu übersehen war. In den einzelnen Maschen, welche die Nadeln dieses Skelettes bei ihrer Zusammenfügung bilden, la- gen die weissgelblichen runden Körperchen, welche man für die Sporangien dieser Spongia gehalten hat; sie wraren so gross wie die kleinsten Mohnsamen und traten allmälig aus den Maschen des Kiesel-Skelettes hervor, nachdem das ganze Ge- bilde einige Monate hindurch ruhig in meinem Zimmer aufbe- wahrt wurde. Die genauere Betrachtung dieser runden Kör- per zeigte, dass sie ganz verschieden gebaut sind von den Spo- rangien der Algen, dagegen aber mit den sogenannten Winter- Eiern der Polypen übereinstimmen; sie bestehen aus einer fe- sten und lederartigen Haut, welche bis auf eine kleine runde Stelle auf ihrer ganzen Oberfläche mit einer dicken Kruste überzogen ist, die aus sehr niedlich gebildeten Kieselkörpern und aus kohlensaurem Kalke besteht, welcher zwischen den regelmässig gestellten Kieselkörpern mit einem zellenartigen Ansehen abgelagert ist. Diese Kieselkörper haben einige Aehn- lichkeit mit denjenigen, welche auf den Polypen-Eiern vor- kommen; sie sind elwa -; Millimeter lang und bestehen aus einem Stäbchen von „1; bis z}; Millimeter Breite, an dessen Enden sehr niedlich geformte Scheiben von —; Millimeter Durch- messer aufsitzen.. Diese Scheibehen sind am Rande mehr oder weniger stark und im Allgemeinen nur wenig regelmässig aus- gezackt; wenn sie aber längere Zeit hindurch freiliegen, so verlängern sich einzelne Zacken aus dem Rande dieser Schei- ben in längere Spitzen, deren sich 4, 5, meistens aber 7 bis 8 ausbilden und sich zuletzt nach dem Stäbchen zu ziemlich regelmässig hackenförmig krümmen, Mit diesen so eben be- schriebenen Kieselkörpern ist die Oberfläche jener Eier der Spongilla bekleidet, und zwar sitzen sie mit der äussern Flä- che der einen Scheibe auf der Membran des Eies fest, wäh- rend ..die Scheibe am andern Ende des Stäbehens mehr oder weniger über die Oberfläche der dicken Kruste herausragt, und die Stäbchen selbst, welche alle vertical auf die Ober- 8 fläche gestellt sind, werden durch die Kalkmasse der Kruste umschlossen, sind aber um so weiter sichtbar, je dünner diese Kruste ist. Die Scheibe, womit die Stäbchen auf der Ober- fläche der Eihaut angeheftet sind, ist ganz platt, die Stäbchen stehen aber so dicht neben einander, dass sie fast immer mit den zackigen Rändern der Scheiben ineinander greifen, und auf einer Fläche von einem Quadrat-Millimeter Umfang kommen 2000 bis 2500 dergleichen Kieselkörper vor. Am leichtesten kann man die grosse Menge derselben zur freien Ansicht er- halten, wenn man die Eier vorher in mineralischer Säure kocht. Die Kalkmasse zwischen diesen Körpern zeigt über- aus kleine, 4-, 5- und 6seitige Bildungen, wie wenn darin eine ähnliche zellige Structur vorhanden wäre, wie ich sie frü- her auf den Winter-Eiern der Alcyonella stagnorum beschrie- ben habe. Ein jedes dieser Eier der Spongilla hat eine kleine runde Stelle, wo die Kruste fehlt und wo sich dasselbe wahrschein- lich öffnet, wenn der darin liegende Keim geboren wird, aber bis zu Anfang des Januars dieses Winters ist der Inhalt noch von der Art, dass man seine künftige Bestimmung noch nicht erkennen kann. Werden die Eier gedrückt, so kommt eine dicke weissliche Substanz zum Vorschein, welche aus kleinen hellen Kügelchen und grössern Ballen von gleichem Umfange und kugelrunder Form besteht; an diesen Ballen oder grössern Kügelchen erkennt man eine überaus zarte Schleimhaut, wel- che das ganze Häufchen von kleineren Kügelchen umschliesst, aber schon bei der leisesten Berührung zerstört wird. Hat man diese Ballen zwischen Glasplatten und zerdrückt sie lang- sam, so zerfallen die grösseren Kügelchen in noch viel klei- nere Moleküle, und diese zeigen eine überaus lebhafte Mole- kularbewegung. Was nun aber aus diesem Inhalte der Spon- gilla-Eier gebildet wird, das werden erst die Beobachtungen der künftigen Zeit lehren. In der weichen Substanz der Spongilla lacustris kommen ausser den gewöhnlichen Kiesel-Nadeln noch andere, äusserst 86 zierlich geformte Kiesel-Bildungen vor, welche ich von 7; bis 7; Millimeter Länge beobachtet habe; es sind ebenfalls Nadeln von besonderer Feinheit, welche auf ihrer Oberfläche mit ei- ner grossen Menge von kleinen spitzen Auswüchsen bekleidet sind, die mit zunehmendem Alter immer länger werden. Zu- weilen sind ähnliche Auswüchse auch auf den Stäbehen zu finden, welche auf der Oberfläche der Eier befestigt sind. Alle diese ausgezeichneten Formen der Kiesel-Bildungen werden sicherlich ein leichtes Mittel an die Hand geben, um künftig die Spongillen unserer Gewässer speeifisch zu unter- scheiden. Das Auftreten dieser Kieselbildungen auf den-Eiern und in der Substanz der Polypen-Gehäuse hat in neuerer Zeit be- sonderes Interesse erregt, nachdem Hr. Turpin das Vorkom- men von Polypen-Eiern mit ihren Kieselmassen in den Feuer- steinen von Bilin und Delitzsch sehr richtig entdeckt und mei- sterhaft abgebildet hat; er ward durch die Untersuchung le-. bender Cristatellen-Eier darauf geführt, deren auffallende Be- kleidung aber nicht durch Herrn Graham Dalzell im Jahre 4834 entdeckt ist, wie es Herr Ehrenberg mit Unrecht an- gegeben hat, sondern von mir schon 4828 neben den Aleyo- nellen-Biern beobachtet und 1830 beschrieben wurde (s’ Isis von 1830). & Schliesslich mache ich nur: noch darauf aufmerksam, dass äuch ‚die grossen Kieselnadeln der Spongillen an vielen Stellen durch eine gleichmässige, ebenfalls harte Kieselmasse umschlos- sen oder wenigstens mit einander verbunden sind, und dass sich sowohl diese Masse, als auch die Nadeln in Zeit von 4 bis 5 Jahren vollkommen in Wasser auflösen. Ueber pathologische Secretionen. im Allgemeinen. Von Dr. R. Marcnano. (Briefliche Mittheilung an den Herausgeber. ) So eben habe ich eine Untersuchung über pathologische Se- eretionen beendigt, deren allgemeinstes Resultat ich mich be- eile Ihnen hier mitzutheilen. Was zuerst die anorganischen Bestandtheile betrifft, so sind dies stels dieselben, wenn nicht durch äussere zufällige Einflüsse eine besondere Variation darin hervorgerufen wird. Eisen kehrt in allen wieder, nach Ku- pfer, Mangan und endlich Titan habe ich ganz vergeblich ge- sucht. Die Angabe, dass Titan ein Bestandtheil des Blutes und der Nebennieren sein sollte, habe ich durchaus ungegrün- det gefunden, und Herrn Prof, Poggendorff vor einiger Zeit eine kleine Notiz darüber milgetheilt. Kali ist in geringerer Menge als Natron vorhanden, Ammoniak fehlt niemals. Unter den Säuren ist die Phosphorsäure sehr häufig und selten in unbedeutender Menge; auch von der Flusssäure habe ich in zwei Fällen Spuren aufgefunden, einmal bei Ascites, einmal bei Hydrops ovarii. Es versteht sich von selbst, dass es keine Regel giebt, und namentlich. scheint das Verhalten der Harn- und Schweissseeretion bedeutenden Einfluss auszuüben, wie 88 ja auch vorher zu erwarten stand. Mit den Basen verbunden tritt stets Milchsäure auf, deren Bildung im thierischen Orga- nismus fast primär zu sein scheint. Dieser Theil der Unter- suchung war einfach und bot keine oder wenig Sclwierig- keiten dar. Verwickelter.und ziemlich schwierig ist die Schei- dung und Bestimmung der organischen Bestandtheile. Sie sind ebenfalls ziemlich constant, aber in der Quantität sehr verschie- den. So finde ich in der ascitischen Flüssigkeit zwischen 4 und 14% Eiweiss. Das letztere ist eine ungemein grosse und sehr selten vorkommende Menge. Wenn das Eiweiss in sol- cher Masse erscheint, so ist es höchst schwierig, die übri- gen Stoffe noch vollständig abzuscheiden. Die quantitati- ven Angaben, welche ich in den meisten Fällen für höchst unsicher, oft für ganz überflüssig erachte, werden dadurch noch viel schwankender. Für, den Harnstoff habe ich dies schon früher nachgewiesen; ich habe jetzt ähnliche Versuche über die einhüllende Kraft des Eiweisses hinsichtlich mehrerer anderen Stoffe, z. B. den verschiedenen Fettarten, den Farbe- stoffen u. dergl. gemacht. Bei dieser Gelegenheit habe ich die Verbindung, welche durch Sublimat und Eiweiss entsteht, nä her untersucht. Sie ist in keinem Falle aus Calomel und Ei- weiss zusammengesetzt, aber enthält auch keinen Sublimat, sondern Quecksilberoxyd. Die freie Säure, die sich in der abfiltrirten Flüssigkeit findet, und auf die Anwesenheit des Ca- lomels zu deuten schien, wird so viel einfacher erklärt. Fa- serstoff habe ich in keinem Falle aufgefunden; von der Aehn- lichkeit dieser beiden Substanzen werde ich mir 'später er- lauben noch mehr zu reden. Unter den feststehenden und unzweifelhaften Stoffen kann man verschiedene Fettarten zäh- len. Ich habe die Couerbe’schen Gehirnfette zuerst dargestellt, und die Angaben dieses Chemikers meist bestätigt gefunden, ohne jedoch Elementaranalysen angestellt zu haben, zu denen bis jetzt weder die Zeit noch das Material, das nur mühsam erlangt werden kann, ausreichte. Diese Fettarten finden sich ebenfalls im Rückenmark, ob in der Nervensubsianz? kann ich 89 noch nicht mit Sicherheit feststellen. Die meisten dieser Fett- arten haben keine bedeutende Verbreitung, obgleich im Mark- schwamm, den ich zweimal erst analysirt habe, ebenfalls phos- phorhaltige Fette erscheinen. Die Rolle, welche der Phosphor hier spielt, ist sehr merkwürdig, aber noch unerklärt. Da die Analysen alle ohne Hülfe des Mikroskops gemacht sind, so haben sie leider nur einen sehr einseitigen Werth, was ich ge- wiss am allermeisten fühle. Verbreiteter als die phosphorhal- tenden Feite ist das Cholesterin. Ich habe es dargestellt aus Gallensteinen der verschiedensten Art, aus einer Hydrocele, dem Menschengehirn, einem Hydrocephalus, dem Markschwamm, und Ochsengalle. Alle sind gleich zusammengesetzt und zwar wie es Chevreul gefunden hat. Ich glaube anneh- men zu müssen, dass es in dem Blute präexisirt. Die Aus- schejdungsorte sind zu mannigfaltig. Speichelstoft ist sehr sel- ten, Osmazom ein Stoff über den noch Weniges mit Sicher- heit feststeht. Farbestoffe sind sehr häufig, selten der der Galle, am meisten sich dem des Blutes nähernd, obwohl ohne Zwei- fel nicht selten wirkliches Blut sich dabei befindet. Dies wäre ungefähr das Wichtigste, was sich im Allgemeinen sagen lässt. Erscheinungen, wie Harnstoff, Gallenstoff ete. beruhen auf Spe- eialitäten. Von chemischer Seite lässt sich jedoch hierin al- lein nichts thun, die pathologische muss gleichzeitig aufgefasst werden. — Ich lasse übrigens keine Gelegenheit vorüber meine Erfahrungen so viel als möglich hierüber auszudehnen. Ueber die Bildung des Harnstoffs im thierischen Körper. Von Dr. R. Marcuann. (Briefliche Mittheilung an den Herausgeber.) Aus meinem‘ letzten Schreiben werden Sie ersehen haben, dass ich mich mit der Untersuchung und Bearbeitung der phy- siologischen Chemie, lebhaft beschäftige, Eine Stelle Ihrer Phy- siologie (Bd. I. p. 586.) gab mir Veranlassung, einen Gegen- stand, den ich früher schon einmal behandelt und über wel- chen ich Ihnen Bericht abzustatten früher schon die Ehre hatte, von Neuem aufzunehmen. Ich meine die Erzeugung des Harn- stoffs im thierischen Körper. Sie fordern zu dem Versuche- auf, Thiere hungern zu lassen und nach der Exstirpation der Nieren Harnstoff im Blute aufzusuchen. Ich habe mich mit Vergnügen diesem Experimente unterzogen, da mir Nichts will- kommner sein konnte, als meine Ansichten auf diese Weise entweder besläligt oder widerlegt zu sehen. Indessen stellte ich den Versuch mit einer geringen Modification an, theils um wo möglich das Leben der Thiere länger zu fristen, theils um nicht die Qual der zu opfernden Thiere unnütz zu erhöhen. Ich liess nämlich die Hunde, welche ich zu diesem Zwecke 91 verwendete, nicht ungern, sondern nährte sie mit völlig rei- nem Zucker, welcher, wie ich mich durch höchst genaue Ver- suche überzeugte, durchaus frei von Stickstoff war.. Wenn man nicht den schönen, durchsichtigen Candiszucker hiezu an- wendet, so ist man durchaus nicht sicher mit einer stickstofl- freien Substanz zu arbeiten. Indessen hinterlässt auch dieser Zucker stets etwas Asche, und zwar ungefähr 0,082, meist aus einem Kalksalze bestehend. Ich habe geglaubt, diese un- bedeutende Verunreinigung vernachlässigen zu können. Ma- gendie’s Versuche zeigen nun zwar, dass Hunde, welche mit Zucker ernährt werden, dennoch nicht viel länger leben kön- nen, als solche, die gar kein Futter erhalten, indessen glaubte ich dennoch, die Thiere würden im letztern Falle eine schwere Operation nicht so leicht überstehen. In der That bin ich von dem Erfolge des Verfahrens, das ich anwvendete, vollkom- men befriedigt. — Ich fülterte nämlich einen grossen, gesun- den, starken Schäferhund zuerst 14 Tage lang mit Milch, um zu sehen, eine wie grosse Menge Harnstoff der Urin des auf diese einfache Weise genährten Tlieres enthalten möchte; ich fand nach den ersten fünf Tagen 2,69 darin, in den folgenden fünf Tagen 3,03, eine Menge, die sich nun nicht mehr änderte. Jetzt wurde das Thier mit ganz reinem destillirten Wasser und fein gestossenem reinen Zucker ernährt. Täglich wurden gegen 10 Unzen Zucker genossen. Nach 6 Tagen, wo der Hund sich scheinbar sehr wohl’ befand, enthielt der Harn 2,88 Harnstoff. In den nächsten fünf Tagen nur 2,4%, und nach wieder fünf Tagen nur 1,83. Ich muss bemerken, dass jetzt das Thier sehr mager urd ziemlich schwach war; jedoch zeig- ten sich noch nicht die Geschwüre auf der Cornea, von de- nen Magendie spricht. Ich schreibe diese Ausdauer, welehe das Thier zeigte, einer kleinen Vorsicht zu, welche ich brauchte, indem ich nämlich dafür sorgte, dass es sich täglich in der frischen Luft bewegen konnte. — Jetzt wurde das Tier von Neuem mit Milch und Bouillon genährt, bei welcher Nahrung es sich schnell wieder erholte. Interessant war es mir zu se- 92 hen, dass der Gehalt an Harnstoff des Harns durchaus nicht gleichen Schritt hielt mit dem Steigen des Wohlbefindens des Hundes. Dieser hatte längst sein Enbonpoint wieder erlangt, während der Harn nur erst 2,4% Harnstoff enthielt. Ich er- kläre mir dies daraus, dass zuerst die resorbirte stickstoffhal- tige Substanz ersetzt wverden musste, ehe die normale Quan- tität Harnstoff ausgeschieden werden konnte. Nachdem der Hund 14 Tage wieder vollkommen wohl und fast muthwillig gewesen war, gleichsam als freute er sich einer drohenden Gefahr entronnen zu sein, wurde der eigentliche Versuch an-' gestellt. Der Harn enthielt jetzt 3,2 bis 3,352 Harnstoff. Die Ernährung mit Zucker und Wasser begann jetzt, ganz in der oben beschriebenen Art und Weise. Nach 8 Tagen war der Harnstoffgehalt auf 2% gesunken. Jetzt wurde dem Thiere das Abdomen geöffnet und die Unterbindung der Nierennerven ganz in der Art vorgenommen, wie ich es früher bei ähnli- chen Versuchen angestellt und beschrieben habe. (Erdm. Journ. B. XI. p.456.) Ich habe alle Ursache dieses Verfah- ren für viel zweckmässiger zu erklären, als die Exstirpation, aus Gründen, die ich a. a. O. auseinander gesetzt habe, und wirklich lehrte auch hier der Erfolg, dass ich mich nicht ge- täuscht hatte. Die Wunden heilten bald zu, da sie mit der möglichsten Schonung dem Thiere beigebracht waren. Dieses lebte zwar immer kränkelnd fort, doch verflossen 6 Tage ohne erhebliche Umstände. Jetzt stellte sich Erbrechen ein und Durchfall gesellte sich bald hinzu. Die erbrochene Substanz wurde mit Sorgfalt aufgesammelt, doch war sie so flüssig und unbedeutend, dass ich sie zu keiner Untersuchung benutzen konnte. Zehn Tage nach der Operation öffnete ich die Jugu- laris und fing 3 Pfund Blut ungefähr auf, worauf das Thier verschied. Das Blut war dünnflüssig, während das Thier selbst. fast skelettarlig abgemagert war. Die Untersuchung des Blu- tes geschah ebenfalls in derselben Weise, wie ich sie früher beschrieben habe, nur mit dem Unterschiede, dass ich mich zur Fällung des Eiweissstoffes nicht der Gerinnung, desselben k 93 durch Hitze bediente, sondern dazu Alkohol anwendete. Dieser schlägt das Eiweiss flockig nieder und verhindert die Einhül- lung des Harnstoffes, welche uns bei diesen Untersuchungen so feindlich entgegen tritt. Wie ich erwartet hatte, gelang es mir Harnstoff aus dem Blute auszuscheiden, und zwar be- trug die Menge der salpetersauren Verbindung 4,88 Gramme, welche sich als solche sehr deutlich zu erkennen gab. Ich denke diese Thatsache wird zum Belege dienen kön- nen, dass die Bildung des Harnstofls aus der schon gebildeten thierischen Substanz vor sich geht, und nicht, oder wenig- stens nicht allein aus unbrauchbaren und unverarbeiteten stick- stoffhaltigen Nahrungsmitteln. Indessen ist auch die Harnsäure niemals aus dem Harne des mit Zucker gefütterten Thieres gänzlich verschwunden, obwohl sie darin abgenommen ha- ben mag. “ Sie wissen, dass es mir nicht gelang bei meinen letzten Untersuchungen Harnstoff im gesunden Blute aufzufinden; nichts desto weniger war ich geneigt die Präexistenz desselben darin anzunehmen. Ich bin so glücklich, jetzt fast einen direeten Beweis dafür aufgefunden zu haben. Wenn derselbe auch nicht vollkommen ist, so hat er doch, wenigstens für mich, ein ausserordentliches Gewicht. Die höchst merkwürdige Ei- genschaft des Harnstofls, durch seine blosse Gegenwart dem Kochsalz eine andere, als die gewöhnliche Krystallform zu ver- leihen, benutzte ich als Reagenz für diesen Körper, den man bisher stets darstellen musste, um von seiner Existenz über- zeugt zu sein. Zunächst versicherte ich mich von der Em- pfindlichkeit dieses Mittels, und in der That fand ich dieselbe ganz erstaunlich. 7; bis z; Harnstoff, zu 100— 150 Theilen Wasser gesetzt, vermochten noch einigen Kochsalzkrystaller die octa@drische Form zu ertheilen. Ich vermischte gegen 20 Pfund Serum von Kuhblut mit absolutem Alkohol, filtrirte die Flüssigkeit vom Eiweiss ab, das mit Alkohol ausgewa- schen und stark ausgepresst wurde. Die Flüssigkeiten wur- den vereinigt, zur Trockne im Wasserbade abgeraucht, und 94 mit absolutem Alkohol vollkommen erschöpft; dieser ward ab- destillirt, der Rückstand in Wasser gelöst und mit etwas Kochsalz vermischt. Nach einigen Tagen waren in der That zu meiner grossen Freude einige octaödrische Krystalle ange- schossen, welche sich bei der genauen Untersuchnng als reine Kochsalzkrystalle erwiesen. Da bis jetzt kein anderer Stoff bekannt ist, welcher diese sonderbare Eigenschaft zeigt, die Kıystallform des Kochsalzes zu ändern, so nehme ich keinen Anstand, die Anwesenheit des Harnstoflfs im Blute als erwie- sen anzusehen. — Ehe die organische Chemie nicht mehrere Mit- tel der Art aufgefunden haben wird, Stoffe zu entdecken, wer- den die Schwierigkeiten, welche ihrer Ausdehnung sich ent- gegensetzen, fast unüberwindlich sein. Ich befinde mich lei- der in dem Falle, fast täglich diese Erfahrungen zu machen, Oft ist geradezu die Elementaranalyse die einzige Reaction, welche uns zu Gebote steht, und während man sonst durch das Hinzufügen von ein Paar Tropfen Schwefelsäure den Be- weis des Daseins eines Körpers hat, wird hier eine stunden- lange und mühsame Operation erfordert. Man darf daher den Chemikern den Vorwurf nicht machen, dass sie die Präcision, mit der sie in andern Zweigen ihrer Wissenschaft zu arbeiten im Stande sind, hier vernachlässigten. Ich erlaube mir selbst einen Einwand gegen meine oben aufgestellte Ansicht über die Bildung des Harnstoffes hinzuzu- fügen, und zwar einen Einwand, den, wenn ich ihn auch nicht für begründet halte, ich dennoch nicht zu entkräften vermag. Ich will ihn zunächst aus der Pflanzenphysiologie hernehmen. Boussingault, der mit so grossem Eifer die wichtigsten Fragen über die Ernährung der Pflanzen und ihrer Keinie verfolgt, hat im letzten Hefte der Annales de Chimie et Physique, T. 67. p. 5., Beobachtungen mitgetheilt, unter dem Titel: Recherches chimiques sur la v@getation, entreprises dans le: but‘ d’examiner si les plantes prennent de l’azote a Valmosphere, welche die‘ Fähigkeit der Pflanzen beweisen, Stickstoff aus der Luft aufzunehmen. ' Einen Auszug dieser 95 Abhandlung aus dem Compte rendu habe ich in Erdm. Journ. für praet. Chemie, B. XIV., abdrucken lassen. Ich übergehe die grosse Wichtigkeit dieser Frage, welche ein Interesse von so grosser Ausdehnung besitzt, und beschränke mich darauf dieselbe auch auf die Thiere auszudehnen. Ich weiss wohl, dass dieselbe schon gethan und verneint worden ist, und zwar von Autoritäten, an denen man nicht zu rütteln wagen sollte; aber ganz dasselbe findet auch in jenem Falle statt. Sie er- innern sich, dass zuletzt Hr. Herrmann in Moskau sich mit dieser Frage beschäftigt hat; seine Resultate sind unbeachtet geblieben, und wenn sie es vielleicht an sich auch nieht ver- dienen sollten, dennoch mit Recht, da sie einer Abhandlung einverleibt sind, worin das Gewicht der Seele erforscht wer- den soll. Nun könnte man freilich in der That sagen, die Erzeugung des Harnstofles beruhe auf =iner Absorption von Stickstoff, und es liesse sich nur durch ein Experiment antwor- ten, welches anzustellen ich nicht Gelegenheit finden konnte. Man müsste die Menge des resorbirten Stickstoffs mit der Menge des ausgesonderien Harnstofls vergleichen, während dem Thiere eine stickstoflfreie Nahrung gereicht würde. Zuvor in- dess müsste natürlich die Wirklichkeit einer bedeutenden Stick- stoflabsorption während einer solchen Ernährung constatirt werden. Es schliesst sich hieran unwillkürlich die Frage von der Nahrungsfähigkeit des Stickstoffes. Es ist eine unzweifelhaft feststehende Thatsache, dass Substanzen, welche keinen Stick- stoff enthalten, wirklich nur auf einige Zeit nähren. Irre ich nicht, so war es Magendie zuerst, welcher daraus den Schluss z0g, der Stickstoff bedinge die Nahrungsfähigkeit der Substan- zen. Boussingault ging darin noch weiter. Er nahm kei- nen Anstand, die Nahrungsmittel, ihrer Nahrungsfähigkeit nach, durch die chemische Analyse zu classifieiren. Er behauptet diese Classification, in der die stickstoflreichsten Substanzen obenan stehen, werde durch die Erfahrung bestätigt, Mag die- ses in der That statt finden, so ist dieser Grundsatz dennoch 96 durchaus falsch. Wenn man bedenkt, dass das Wesen eines Nahrungsmittels darauf beruht die ausgesonderten Stoffe wie- der zu ersetzen, so folgt schon daraus nothwendig, dass unter den 4 organischen Elementarstoffen keiner entbehrt werden kann. Dass aber diese nun auch nur als organische Verbin- dungen assimilirt werden können, ist eine Eigenthümlichkeit, welche gerade diesen vier Stoffen nur zukommt- Ich glaube nicht dass ein Mensch sich lange von kohlensaurem Ammo- niak wird nähren können. Um organische Stoffe im Thiere zu bilden, werden solche entweder von einem Thiere selbst, oder doch von einer Pflanze erfordert. Etwas anderes ist es bei den Pflanzen, diese vermögen unorganische Stoffe wirklich in sich aufzunehmen, und ein Ammoniaksalz ist dem Boden sehr zuträglich. Die Verschluk- kung der Gasarten steht auf der Grenze der Ernährung aus organischen und anorganischen Verbindungen. Die Pflanzen nehmen Stickstoff und Kohlensäure auf und organisiren sich daraus, während sie Sauerstoff aushauchen. Die Thiere neh- men diesen auf und vielleicht auch Stickstoff, während sie Kohlensäure aushauchen. Etwas Anderes ist es mit anorgani- schen Verbindungen. Auch diese sind noihwendig, um das Leben des Thieres zu erhalten; wollte man dasselbe von rein organischen, aller mineralischen Bestandtheile beraubten Sub- stanzen ernähren, so müsste es ebenfalls erkranken. Man könnte daher mit einer gewissen Art von Recht auch diese Stofle zum Maassstabe der Nahrungsfähigkeit nehmen. Diese indessen brau- chen nicht in organischen Verbindungen dem Individuum zu- geführt zu werden. Als Mineralien können sie assimilirt wer- den, wie viele und bekannte Beispiele zeigen. Ich bin über- zeugt, dass es schon hinreichen würde, wollte man ein Thier mit Zucker, Leim und einem Mineralwasser ernähren. .* Oz £ Mi 3 Br Aue ve : - a Pur 2 27 . ” y , er. ® % » 5 Pi w'..® # =? € ie * . “ . . e “,* v ir I ni - 5 ng 2 u °., . .. h v o u Ueber ‘ ' » - Nebennieren bei Knochenfischen. A 2 1 “. . a Wan a“ ig > ® Prof, Srkunins in Rostock. u... - (HierzumPale IV.) . „Bei Ulitesügimg ‚der Nieren einiger Fische hiesiger Gbsend . ah Ach an oder in denselben ein Paar Körper, deren regel- mässiges Vorkommen um so mehr meine Aufmerksamkeit auf sich zog, als sie'mir bisher von keinem Schriftsteller erwähnt ” Zu sein schienen. = ...% wit © Ich beo re te sie zuerst bei einem Schlei. Hier ‚liegen a zwei röthlich weisse, unregelmässig-runde Körper hinter den Nieren 3 an der Wirbelsäule, da wo der Canal für die grossen 2 $ mine in den unteren Wirbeldornen beginnt. Sie sind» in ‚Exemplaren ‚dieses Fisches immer paarig vorhanden ge- P} „wesen, lagen in in der Regel ‚symmetrisch, aber getrennt, manch- Er m das eine > dieser Körperchen höher als das andere. . gie _ erreicht die einer ' kleinen gelben Erbse; a das eine etwas rösser,” als das an- nsubstanz, s s ie in keiner‘ ‚Verbindung. 2 gt aber durch. se eine Gefässstäminchen bald Per ‚rengefässen, bald gi der Aorta zusammen. Die ich, bestehen aus einer anscheinend serös- ibrö- es Jdeinkörnigen weisslichen Paren- die ser And rn sich ver- ” » 98 r 2 zweigen. Die Körnchen zeigen sich, mikroskopiselt. betrach- tet, rundlich und sind"bedeutend kleiner als die Blulkö chen. Nirgend fand ich in diesen Gebilden‘ eine Höhle. Beim Brachsen haben sie, die ämliche Lage, sind au et- was röthlicher und mit zahlreicheren Gefässen versehen. Zu- gleich sind sie etwas grösser. Einmal fand ich drei solcher Körperchen bei einem Brachsen, ein anderes Mal gar ihrer’vier, "von denen je zwei und zwei mit einander verbunden waren. Bisweilen fand ich nur ein Körperchenvhinter. den Nieren, das andere aber in der Nierensubslanz; einmal sogar das eine hin- ter der Nierensubstanz an der. Wirbelsäule, das andere vor der Niere. Rücksichtlich des innern Baues stimmten die Körperchen mit denen des Schleies völlig überein. Ganz ähn- lich verhielten sie sich bei Cyprinus erythrophthalmus_ und Carassius, nur waren sie hier kleiner-als beim Brachsen. Beim Barsch fand ich sie in Betreff ihrer Lage und Struc- tur wieder ebenso wie beim‘ Schlei. Vergebens suchte ich, “ wie bei den Cyprinen, nach einer Höhle, ala "Ausführungs- gange oder einer etwa vorhändenen muskulösen Structur. Beim Dorsch liegen sie ebenfalls hinter den Nieren an den Gefässen, wo diese in. den Canal der unteren Wirbeldornen treten wollen. Sie fallen vor den Nieren durch ihre weiss, liche Farbe sogleich auf. Sie liegen am häufigsten paarig, « ein- ander seitlich gegenüber; einmal fand ich sie. beide linkerseits hinter einander liegend; ‚ausser ‚diesen beiden Körperchen fand ich bisweilen ein drittes viel kleineres. Sie haben eine rund- ‚liche Form, sind. aber. “an der einen Seite bisweilen concav, an der ‚andern ‚convex, nierenförmig. Sie haften an en Gefässen, dureh welche sie mit ‚den Nierengefässen in Verbin- dung s! stehen ; besonders in E Mitte "hinein verbreiten die Ge- fässe sich zahlreich. Sie bestehen wieder aus einer äussern Haut, an der ich, wie an der Bauchhaut der Fisehe, schwärz- liches Pigment fand, und ‚aus einem breiigen, weissen ( Conten- tum, das unter dem Mikroskope "sehr feinkörnig, erscheint. Die Kasthi sind.rund und ebenfalls sehr viel kleiner als die “”. . % 99 Blutkörperchen, — Jeder der beiden Körper hat bei grösseren "Dorschen etwa den Umfang ‚einer gvossen gelben Erbse. .. Cyelopterus lumpus verhalten sich‘ die Körper ganz . ° wie beim’ Dorsch. Nur fand Ach sie öfter in der Nierensub- stanz selbst. Sie liegen bisweilen hinter einander. Bei e einem sehr, kleinen Lump and ich nur ein Körperchen am äusser- sten Ende der-Nierensubstanz. n 5 Bei _ Pleuronectes Platessa liegen die 10) ane hinter den Nieren an der Wirbelsäule, etwas in der Nierensubstanz ein- gesenkt, gerade d da’ wo iese von oben nach unten im Dürch- * messer am dicksten ist Ich fand. sie hier'selten seitlich und symmetrisch, meistens vie ehr an der linken Seite liegend + und fast verschmolzen, ur ‚durch eine Furche getrennt, aus- ‚se end wie die Dotterkugel des Froscheies bei der ersten ne Sie hafteten wieder an | kleinen Gefässen. Sie be- „ stehen aus einer äussern Ha an deren Aussenfläche schvyar- zes „Pigment sich. findet‘ und a aus einer ‚breiarligen körnigen Masse . „Die äussere Haut zeigt sich faserig; die Fasern 'sind so fein ‚wie aiehaks Lellgewebes. Das Contentum besteht a Fündlichen, seh Meitien Körnchen, ‘welche eine weisse ‚Farbe haben und wieder viel kleiner sind, als Blutkörperchen. ’ Bei Pleuroneetes flesus sind sie kleiner, ; kaum umfängrei- E cher, als Stecknädelknöpfe. P" Wo “Bei Pleüzonectes n mäsimus- verhalten sie Ali ebenso; ein “ mal fand ieh nur einen dieser Körper. , © Bei Trigla Genartıs ‚sind sie ebenfalls hinter den Nieren an der Wirbelsäule gelegen, gleich gross; weisslieh grau, in ‚der Mittellinie durch Gefässstämme 'gelrenut,, eteckahdelknögt- 0 ..8ro88. . a: en > I Grösser sind sie bi bei Scombör Sodhbru und fe an der Rückseite der Nieren. _ Ich hatte,nur „Gelegenheit sie sie bei > einem Fxemplare dieses Fisches zu „untersuchen. Sie lagen x. nicht seitlich neben einander, sondern hinter einander. ‚Das hinterste: war viel gfösser als das vordere, ‚welches in die Nie- rerisubstanz eingösenkt war, Das hinterste war unregelotässig, _ A ed o 5 Pr) mt mehr platt, "all rund, nis oval, Farbe und Texlar wie gewöhnlieh. Noch grösser fand ich sie in einem untersuch- " „ten ‚Exemplare‘ ‚von Anarrhichas Tnpus, "Sie lagen hinten. an -der Rückseite der verschmolzenen Nieren, itlich' neben ein- ander. Waren "äusserlich ‚durch, Gelässe a de von einander getrennt, liessen Ähnen an einander, .olme sich_mit einander zu verbinden. Jedes TE grösser, wie, eine ‚gewö n- “ liche gelbe | Erhae- Farbe, ‚Gefässverbindun ‚© sistenz wie gewöhnlich. " Nachdem sie 3 Tage in Waser gelegen, fand “ich sie bestehend aus "einer festen Haut und einem Nlüssigen grauen Inhalt. a ya kr % % ? . Beim. Asle liegen diese: Körper weiter nach vorm as bei den bisher geschilderten Fischen, da wo die Schenkel der Nie ren sich verbinden. _Sie liegen mehr an der Bauchseile als an der 'Rückenseite der. Nieren, meist. in deren Substanz mehr . oder. minder eingesenkt, selten ganz an. der Bauchseite ı und auf der Nierensubstanz.. Sie sind paarig, ‚symmelrisch, getrennt, klein, rund, etwas platt, von graulich- - weisser Farbe und derb. * Sie bestehen aus. einer äussern Haut und einem feinkörnigen " Inhalt, in dem ich einmal auch einige Oeltropfen aulraf. Ge- füssanheftung wie gewöhnlich. “ Beim Hechte‘ liegen sie noch weiter nach vorn, etwa in der Mitte der Aörgerlinze, der Brustflosse näher als der Bauch- flosse. _ Sie sind in die dünne“ Nierensubstanz seitlich einge- senkt, von einander durch die Wirbelsäule und durch ‚die Ge- fässstämme weit gelremnt, Sie sind nicht gleichmässig rund oder oyal; sondern mehrfach eingeschnitten » gleichsam lappig. . Lire Färbung ist „weisslich grau, ihre Textur derber als bei _ allen ändern untersuchten Fischen; die äussere Haut ist fase- > rigs das‘ Contentum spärlich, feinkörnis, Gefässverbindung wie gewöhnlich. REN » ® r " Vergebens habe En nach ‚dieseh Obsaie: bei der Pricke und beim St ‚Stör mich umgesehen. nn fragt s sich. welche ‚Bedeutung sie Arab. ® Dem Upapt- oder t‚Blulgeliseyslorh g gehören sie, .als Behälter von Lymphe a. s “ ‘an. Von einer Höhlun von Muskelfasern, beim lebenden. Thiere keine Spur. ‘Ich möchte „amı ( ersten für ne ee halten. > 0 zZ er: Kupfektatel, a PR . el u, 1. a N ee ein. EN ’ ® ‚ m—n v er W rt ‘> : Lz; ar antse ’ tr x, 4 "ag . wr% > : Pr 17. F} Per . = h NIE. "RR am. fe > a * Die « > ” m ” I». 59 En TU nl en Gr “N ir Pr u # st a: s . PH 2 ” u u L ir . ® 4 24 se jr & ar Br, her hen, RR | m [4 % . & de‘ #% 7a E a 8 Pr ne AA Er And 7 I # j ad N en % ir u % ua" v 2 ’ . AR ” _ SP? | % a . 4 Ks “ - . x vr'ı 2 _ % ’ 5 ‘ r in “ = PN . A LLR" = er: * h Ed _ * » Fr ” Wr, ° % “ Mi “ ae = t Mn y u u .- ” _ Pr ? v = m ” “ “ ür > ö ® # - » « [2 ” a N nn Bar, von. Sc 5 wirbe! bel drehen to und den Siegethi Bemerk die Processus fransversi to liq f re al, . die Rückenmuskeln, $ “#-Von”" > F r Dr. Frıep, Win. Tyan Professor der „Anatomie 2 in. Bern j z, > (Hierzu Taf. vw) Br “Als ‚ich im Winter 1836 Geleg enbeit hatte, din braunen Bär zu zergliedern, untersuchte: ich mit besonderer, Son g aan . Muskeln. Um zu ı schen, wie sich die einzelnen Processus transversus Mimi Fascikel des M; Ba “ nae zu den Dornfortsätzen vertheilen, trennte ich. am Rückeh | ein. Eee Faseikelfäb,*und fand unter 7 demselben, u E gewebe geschieden, ein Muskelbündel, welche son Qu ar ‚satz bloss an den Bögen des nächstvordern Wie sie) Kr. - + tete, ohne «den Dornfortsatz zu erreichen. Ich se die Ablösung, ‚des Multifidus spinae | fort, und fand von en P ‚etrennte Muskeln, die in querer Richtung vom ep. 4 “eines hintern Wirbels an den Bogen des nächtsvordern tr Diese neuen Muskeln fehlten am. Hals- und Lendentheile Er Wirbelsäule; Jam Rücken-fanden sie sich zwischen je 2Wir- 4 . 103 + - ’ bein; untersten ausgenommen, an denen Processus acces- s rvorragen. An menschlichen Leichen fand ich die näm- lichen Muskeln sogleich bei der ersten Untersuchung, und als eo = die Untersuchung auf andere Thiere ausdehnte, zeigten sie ch ebenfalls 'bei verschiedenen Ordnungen. "de, 4 nahm Veranlassung, diese Entdeckung in dem latei- mischen Programme zu beschreiben, womit ich die Vorlesun- © gen unserer Universität für den Winter 183% ankündigte. We- gen der beschränkten Verbreitung einer solchen Gelegenheits- Peer es aber zweckmässig s sein, den Inhalt derselben in en mitzutheilen. Auch kann ich jetzt eine na we Abbildung FL Muskeln von einem 16jährigen chen beifügen. habe die Untersuchungen auf die Säu- gelte beschränkt, weil die unyollkommene ‚Kemntniss. der a wien bei den übrigen Thieren nicht erlaubt, sie eiteres mit diesen zu, parallelisiren. "So findet sich z.B. den Vögeln, er Meckel °) denselben am Rücken rn pisthotenar und Spinalis . zuschreibt, während sie u Curier *). auch den Multifidus spinae besitzen. eschreibung: der mir entdeekten Muskeln muss ich Manches ‚über. die Bear der Wirbelsäule, über die Processus transversi, obliqui und deesorti, über die Muskeln der Wirbelsäule im Ganzen und. über einzelne Muskeln der-. re theils ; Bekanntes, ein, Pen ? A L "Beweglichkeit Y Wirbelsäule des Mönschen, An- ordnung ihrer processus transversi. y . Die Wirbelsäule isb. aus einer Reihe knöcherner Ringe zu- müßngapecahs yon. den ‚das Rückenmark a en wird, d un ‚mittelst weicher Theile so- verbunden sind, ‚do je “ 2 Wirbel sieh innerhalb bestimmter ‚Grenzen auf einander be- wegen können. Alle an der’ ganzen Wirbelsäule oder an einem Absehmitte derselben vorkommenden’ Bewegungen lassen sich *) Vergleichende Anatomie.“ Th. II. S. 291. **) Anatomie comparte, Ed. 2. T..I. «p. 281. 104 j ” a % eine oder zwei, oder'alle drei in Anspruch genommen s , näm- lich: a) Beugung und Streckung, ” Seitrentichpubnn; O.Azen- drehung, a Ueber, den Umfang dieser dreifachen Beweglichkeit am Hals-, Rücken- und Lendentheile der Wirbelsäule hat E. H. Weber *) schon vor.längerer Zeit an Leichnamen. und a JIe-. "benden Menschen interessante Versuche angestellt und Fol- gendes gefunden: RN et ” * 4 auf 3 Richtungen der Beweglichkeit zur a, Re a a) Der Halstheil ist in ‚allen 3 Baipaeee an ı beweg- lichsten, nämlich zwischen d em 3. 4.5. 6. Halswirbel; ‚denn die Beugung und Streckung nimmt zwischen '6. u. 7.ab, zoch mehr zwischen dem 7. Halswirbel und ” Rückenwirbel und zwischen dem 2. u. 3. Halswirbel ist sie fast Null. jet b) Der Rückentheil ist im Ganzen weniger beweglich, als die beiden andern. Beugung "und Streekung sind n i schen 11. und 12. bedeutend. ‚Seitwärtsbeugung finde wi- schen den ‘6 bis 7 obern Wirbeln "fast: gar nicht ‚statt. Dagegen ist aber die Axendrehung recht ansehnlich, namentlich zwischen dem 8. 9 40. 11. Wirbel. az Ar " c) Am Lendeniheile findet. sich ‚Beugung. und Strek- kung, so wie Seitwärtsbeugung, aber keine Asendrehung, Bekanntlich ist. die Richtung. der Gelenkflächen an den Processus, ‚obliqui auf die Richtung der Beweglichkeit von gros- sem Einflusse ; allein nicht minder wichtig sind. dabei die Pro- cessus transversi, insofern sie den bewegenden Muskeln zur Anheftung dienen und durch ihre Richtung die Art der Be- wegung mit bestimmen werden. i =. Die Processus iransversi am Halstheil ‘des erwachsenen Menschen sind durch eine doppelte Wurzel mit dem’ Körper und mit dem Bogen der Wirbel verbunden. Die vordere Wur- zel fand Albinus°°) beim Fötus am 7. Halswirbel häufig, an *)-Meckel’s Archiv für Anat,ur Phys. 1827. 84240, **) Tcones ossium lnetus. P. 5. .-. a 105 den übrigen Halswirbeln bisweilen getrennt. J. Fr.Meckel*) beobachtete diese Trennung, ausser am 7. Halswirbel, auch ‚am 2.5. 6., Schlemm °°) am 2. und 3. Nach Cuvier ***) ist die vordere Wurzel am 7. Halswirbel regelmässig getrennt; an den übrigen Halswirbeln beobachtete er die Trennung nie- mals. Die regelmässige Trennung am 7. Halswirbel finde ich bestäligt; bei 9 Skeletien von 6monatlichen bis reifen Fötus, die ich deshalb verglich, sah ich die Trennung überall. Da nun ferner an den hintersten Halswirbeln der Vögel immer falsche Rippen sitzen, die mit dem Körper und dem Querfort- salze verbunden sind und ein Foramen vertebrale umschliessen, und da solche falsche. Rippen ebenfalls beim Croeodil, bei den Eidechsen, ja auch unter den Säugelhieren beim Faulthiere vorkommen, so darf man wohl mit B&clard und Andern annehmen, der Halstheil der Wirbelsäule sei ihrem Rücken- theile ganz analog; es enispreche nämlich die vordere Wurzel des (uerfortsatzes einer verwachsenen Rippe, die hintere Wur- zel des Querfortsatzes dem wahren Querfortsatze. Hat der Lendentheil der Wirbelsäule ebenfalls Rippen und Querfortsätze? J. Müller +) hat. dieses angenommen, und mit vollem Rechte. An den Querfortsätzen der Rückenwirbel kann man zweierlei Theile unterscheiden, einen für die Ver- bindung mit der Rippe, den andern für die Ansätze der Mus- keln. Diesen Rippen- und Muskeltheil des Querforisatzes finde ich beim Maulwurfe an den durch Maceration vollkommen gereiniglen Rückenwirbeln ganz von einander getrennt. Be- Irachlet man nämlich die Wirbel dieses Thieres von der Rük- kenfläche, so ragen in querer Riehlung lange Fortsätze her- vor, die man für die ganzen (Juerfortsälze zu halten ‚geneigt ist, an die sich die Rippenhöckerchen heften müssten. Allein *) Archiv für die Physiologie. Bd, I. S. 594. **) Müller, vergl. Anatomie der Myxinoiden.. I. S. 237. ”*) Anatomie eomparce. Ed. 2. T. I. p. 173. 1) Vergleichende Anatomie der Myxinoiden» 1, S. 237. 240. 106 mit Ausnahme der beiden ersten Rückenwirbel ist dies nicht der Fall. Unter diesem Fortsatze, d. h. der Bauchfläche nä- her, ragt nämlich ein zweiter kürzerer Fortsatz in querer Richtung ‚hervor; dieser ist bis zum Wirbelbogen, von dem er abgeht, von dem erstgenannten Fortsatze getrennt, undan seine Spitze heftet sich das Tubereulnm eostae. Wie nun der Rip- pen? und Muskeltheil der‘ Querforlsätze an den Rückenwirbeln der Säugethiere in der Regel zwar verschmolzen sind, beim Maulwurfe aber ganz von einander ‚getrennt gefunden werden, so sind diese beiden Theile am Lendentheile der Säugethiere immer getrennt vorhanden, als Processus transversi und acces- sorii, von denen die erstern dem Rippentheile, die letztern dem Muskeltheile oder dem eigentlichen Processus transversus ent- sprechen. - Dass die Entwickelung der’ Lendenwirbel, wenig- stens bei Einem Säugethiere, für die Bedeutung ihrer Quer- fortsätze als verwachsener Rippen spricht, hat J. Müller am genannten Orte .dargethan. Bei einem Schweinsfötus, ‚der 4 Zoll von der Schnauze bis zum Ende der Wirbelsäule maass, hatten nämlich. die Querfortsätze der Lendenwirbel deutlich getrennte Knochenkerne. An einem mir zugehörigen Skelet eines Schweinsfötus von 34 Pariser Zoll Länge von der Schnauze bis zurSchwanzspitze finde ich ebenfalls in den 3 hintern Len- denwirbeln jederseits einen platten, runden Knochenkern an der Stelle der Querfortsätze; ein kleinerer Knochenkern liegt zwischen dem ersten Heiligenbeine und dem ungenannten Beine; die 3 vordern Lendenwirbel haben noch keine Knochenkerne in dem Querfortsälzen.. Denn dass diese Knochenkerne von hinten nach vorn der Reihe nach entstehen, ergiebt sich auch daraus, dass am letzten Lendenwirbel rechter Seits der Kno- chenkern des ‘Querfortsatzes schon zu verwachsen anfıng. — Wenn aber diese Entwickelung der Querfortsätze der Len- denwirbel für ihre Bedeutung als Rippen spricht, so. lehrt die Anheftung der Muskeln an die Processus accessorii Jumborum eben so klar, dass diese den wahren Querfortsätzen. entspre- chen. ‘ Es entspringt ja aber z. B. der Multifidus spinae- bei Pr n iR 107 .% allen Säugethieren am Rücken von den Querfortsätzen, an den Ba von. den Precessus accessorii. > Dem etwanigen Einwurfe, dass die Rippen A. ‚an .die Wirbelkörper und nicht an die Querfortsätze geheftet 1 u sich durch die Bemerkung begegnen, dass bei den E ceen die ‚hinteren Rippen nur an die Querfortsätze gehef- . tet ind, ja bei Balaena longimana ‘Rud. keine Rippe an den _ Wirbelkörper tritt %); dass beim ‚Crocodil auf- gleiche ‚Weise inchrere hintere Rippen ‚sich nur an die Querfortsätze heften **); dass en endlich nach Morren***) bei Bufo obstetricans am 2. 3. - 4. Wirbel Rippen vorkommen, die aber nur mit den Quer- fottsätzen verbunden. sind. nn be 15 . Einen andern Beweisgrund für vis doppelte Vorhanden- - sein ‘von Fortsälzen, deren einer der Rippe, der andere dem ocessus. transversus entspricht, an allen Wirbeln, finde ich ( Symmetrie, die bei dieser Ansicht’ an der Wirbelsäule itt. Es ‚sind nämlich dann die wahren Querfortsätze, er er Stellung der Wirbelsäule, so gerichtet, dass sie i Lendengegend, nach, "hinten, am Rücken seitlich, am » Halse enfligh a ı und. ‚etwas nach vorn sehen. Die Ur- ieser ‚ ven: enen Richtung aber ist in. der Verbin- + dung Bogens mit dem Wirbelkörper zu suchen, Betrachtet * am nämlich die. Wirbelsäule; ‚ohne: die Rippen, vom Rücken aus, so | erscheint) sie fast in der ganzen Höhe gleich breit, a) obwohl die sogenannten Querforisätze am Halstheil weniger be. tend vorragen, als am Rücken und an den Lenden, und „obwohl die „Körper. der -Halswirbel von denen der ‘Lenden- wich 8 Mal ‚an Volumen VübeHtroffen werden. * Damit . nämlich. der Kanal für-die Aufnahme des Rückenmarks hin- er „Weite Mpaitzes ist-am Halstheile der Bogen am Sei- theile der kleinen Würbelkörper angeheftet, und wendet „Er *) Rapp, & Cetaceen. 1837. S. 71 j +) Meckel’s vergleichende Anatomie. Bd. IT. Abıh. 1.8. 432. ° ET ‚Observations ost£oloßiques sı sur Vappareil costal des batraciens. Bruxelles, 1836, Hr 108 sich zuerst quer nach aussen, dann nach hinten und ae " am Rückentheil geht der Bogen vom Winkel Ma t sic seitlichen und hintern Fläche des Körpers a zunächst nach hinten und hierauf ee Be a: theile ‚endlich wendet sich der Bogen na ‚hinte che, n des Körpers alsbald nach innen. Mit ‚dies ichtung er Vir- P die ächten Querfortsätze beider. Seiten in keinen parallel yer-, ® laufenden Linien liegen, sondern he nach ten einan- . der. ‚allmählig näher rücken. Pl mye Anl. Dass übrigens die ‚gewöhnlich ehe Quexforlsätze “ in der Lendengegend- nieht, schon längst, als Rippen von. den Anatomen erkannt wurden, erkläte Re > dar aranıs, rt vornehmlich das menschliche Skelet immer vor ‚Augen h wo diese: Forlsätze, gleich den ‚Quetfortsätzen . des, ‚Rücken und den wahren Querfortsätzen des Halses, vom-Boge Fr Wirbel abgehen. Bei..den übrigen Säugell hieren ind “ anders. So entstehen die Sogenann en Qu a den bei den Affen (Cebus, Papio maimon), den Fleischfressern (Ursus arctos, Canis, Felis, Pardus), d Nägern (Cuniculus, “ Hystris, Sciurus), ganz und gar Im Körper; bei den -, dermen und Wiederkäuern (Equus, Sus, Corvus, | ei a n der Gränze zwischen Körper und Bogen, oder, wie heim Rin an der Bäsis des Bogens. . Insbesondere giebt aber ‚das ‚Küns. ” belbögen steht es nun in vollkommenstem nr wenn. * " guruh i in dieser Beziehung Ädlschlies: s. Bei ihm nämlich ‚silzen h .. die Rippen, der Mittellinie sehr genähehty am Körper der Wir. bel, und das Nämliche ist mit den sogenannten Yucrie ätzen der Lendenwirbel der Fall. " Allein nur die vordern. nden- wirbel haben so befestigte Querfortsätze; an den hintern Len- - denwirbeln gehen . diese Querfortsätze, wie beim Menschen, vom ‚Bogen ab. ' ae‘ .# Schliesslich muss ich noch bemerken, dass der scharfsin- nige Cuvier *); der sonst dem Gesetze der Analogieen nicht >» ” - en % *) Anatomie comparce. Ed. 2. T. 1. 1835. Ze Ve SZ e rn 109 war, ‚doch .die Bedeutung der Fortsälze an den Lenden- mu: des Menschen ganz auf die nämliche Weise und eben- falls im Jahre 1835 ansäprach, wie J. Müller in seinem Werke über die Myxinoiden. Beweise führt Cuvier freilich nicht san; er sagt aber: . „Si Fon considere l’ensemble des protube- > ranees que presente P’&pine du dos, on voit qu’elles y forment „eing series longitudinales; savoir; une mitoyenne, celle des apophyses ‚&pineuses; deux intermediaires, celles des tubereules ‚places en dehors des facettes articulaires sup6rieures, ä laquelle - appartiennent les apophyses transverses des vertebres dorsales; et deux externes, celles des apophyses transverses des verte- bres eervicales, des cötes et-des apophyses transverses des’ver- tebres lombaires. Dans cette serie exlerieure les cötes sont en quelque sorte les vraies apophyses transverses, mais tres allongees, detachees et articuldes A artieulation mobile.“ — Son- derbarer Weise nimmt Ki. weder bei der Beschreibung "der Wirbelsäule der übrigen äugethiere, noch bei Beschrei- bung der Muskeln irgendwo auf diese Unterscheidung’Rück- ° sicht. Er sagt z.B. vom Multifidus spinae, dieser Muskel fülle die Furche zwischen ‚den Quer- und Dornfortsätzen aus, und eintrerke sich von den Querfortsätzen zu den Dornfor Isätzen >): % u ” % “ ie . IL Die Processus obliqui und accessorii am Rücken- a u theile der Wirbelsäule. t Beim Menschen haben die Gelenkfortsätze aller Rücken- ” guirbel die nämliche- Gestalt, und sind verschieden von denen der Lendenwirbel; nur der 12. Rückenwirbel unterscheidet sich” dureh die Richtung seiner untern ‚Gelenkfortsätze, und bildet die Uebergängsform zwischen Rückenwirbeln und Len- ” denwirbeln. Die Processus accessorii fehlen überall am Rük- ken, dası 12. Wirbel ausgenommen. Deshalb lässt’ sich jeder Rückenwirbel durch die Form seiner Gelenkfortsätze # *) Ebend, p, 267. ; ” = 110 - > von den Lendenwirbeln unterscheiden. Anders verhält es sich‘ bei den Säugelhieren, und zwar bei allen, so viel'mir bekannt. Bei ihnen hat eine bestimmte Anzahl der hintersten Rücken- wirbel die Processus obliqui und accessorii nach dem. Typus der Lendenwirbel ausgebildet, so dass diese Wirbel zwar we- gen der Verbindung mit den Rippen zu den Rückenwirbeln gezählt werden müssen, andererseits aber ganz zu den Len- denwirbeln gehören, ‘wenn man auf ihre Beziehung zur Be- wegung der Wirbelsäule Rücksicht ninimt. Diese Verschie-' denheit scheint nicht hinlänglich von den Zootomen gewür- digt worden zu sein, Meckel, Carus, Wagner, Gurlt erwähnen ihrer gar nicht, und Cuvier bemerkt. in der neuen Ausgabe nur im Allgemeinen, dass die hintersten Rückenwir- bel Pröcessus accessorü besitzen und dass ihre, Gelenkfortsätze wie an den Lendenwirbeln gerichtet sind. Ich habe die Ske- lette unserer Sammlung in digper Beziehung untersucht und Folgendes in verschiedenen Ordnungen gefunden: . e Quadrumana. . . * Cebus. Die Species. ist- nicht angegeben. 13 Rücken- “ wirbel;; davon sind der 13. und 12. hinsichtlich der Gelenk- fortsätze lendenartig, der 11. ist Uebergangswirbel von den wahren Rückenwirbeln. "Diese. 3 Wirbel haben Processus accessorüi. r Papio maimon. 12 Rückenwirbel; 12’und 11 lenden- arlig, 10 Uebergangsform. ‘ ” 1 Jnuus. 13 Rückenwirbel; von denen die-3 hintersten : "lendenartig zu sein scheinen. Es ist ein natürliches schleeht . präparivtes Skelet, weshalb ich nicht ganz ins Klare Kom- men kann. ir Ferae .% a) Chiroptera. A BE un Vespertilio (murinus? serofinus?) hat 11. Rückenwir- bel. Die hintersten scheinen lendenarlig zuisein, wenigstens Ni DT . Pr . =5 „ - “ . ’ u. « n, _ > 11t Ss sie Processus ee der‘ 8. Wirbel hat die Ueber. j u Pr eR, F n %* % ? ar > b) Insectivora. Rn ö nl m -Erinaceus europaeus, mit 15 5 Rückenwirbeln, von de- _ nen die 4 hintersten ganz lendenartig. ‚sind. ‚Die Processus accessorül "setzen sich von den Lendenwirbelu anf die Rücken- d zwar bis-zum ı dritten. 0% Ipa ee 3 Rüskenwirbel; der 13. lenden- der 12. " Vebergangsform. An den folgenden. Wirbeln, snahme des ersten und zweiten, ist der Rippen- und L * Musksliheil der Quexiortsätze ganz gesondert, und die Muskel- fortsätze. ocessus 1 ae Wen hier quer hervor. ‘ , %% 4 ey rnivora.. u. . . FLUT * Ursus arctos. 14 Rückenwirbel; der 3..bis 10. ächte 4 Rückenwirbel, der M« URS irhel, 12, 13, 14 lenden- arlig. Am ersten Wirbel stehen die Gelenklortsälze, wie an 4 den Halswirbeln;, di die vordern schen nach innen, die hintern nach » ‚aussen, wodurch die Aumdfrlung ‚dieses. Wirbels un- rr möglieh wird; ferner sind die Querfortsätze nach aussen und unten ‚gerichtet, so dass der Multifid W spinae kaum von ilirer »® Spitze hen. kann, son ndern ‚wahrscheinlich von den IIök- kern_nebe den Gear. kommt. Am zweilen Wirbel haben. die fortsätze. die Zr ämliche Richtung; hinsichtlich a der ‚Gelen fortsätze bildet ‚er den „Uebergang - zwischen den Mei ni BR Rückenwirbeln: 2 A. ekenwirbel. ‘Der erste ist halswir- ae nn, de: 3. bis 10, sind he der 41. Bi Uebe ie, die 4 sind lendenartig. #- Erainsdaperticns kenwirbel. Der erste ist “ha Bu ea Det 3. bis = iu geht u: 0. hat die Vebergangsform, Ne 4 lendenärtig. ‘D Processus accessorii ragen 13., wie an den Leud: oaegjräb in hervor. Fr a pardus 13. Rückenwirbel. Der erste ist hals- « Du | ta ee _ u r 112 = wirbelartig, der zweite hat in Des 3 bis Di ächte Rückehweirbel, u "hat die Uebergang Fl, 12 > sind lendenartig. % Felis 1 nx. 13 Rückenwirbel. Der erste ist halswir- belartig, der zweite hat die Uebergangsfor 3bis9 sindächte Rückenwirbel, 10 hat’die Uebergangsform, 14, 12 und 13 sind lendenartig. Am 43. und 42. Wirbel ee erf am 11: und am 4. Lendenwirbel sind sie sehr SE | eis ‘ aber die Processus accessorüi i der 3 hintersten Rückenwi ungemein gross. ö ” j Felis catus. 13 Rückenwirbel.. Der ‚erste ist ‚halswir- belartig, der zweite hat die Ulbergangsforn, 3 3 bin dei d ächte Rückenwirbel, der 10. hat die nn die 3 letzten sind Teugpnäge , vi nun ei Marsupialia. Pr Halmaturus giganteus hat 12 Rückenwirbel, von denen 2 bis 40 ächte Rückenwirbel darstellen. Die Gelenk- fortsälze dieses Thiers sind aber "eigenthümlich gebildet. „Der 7 - vordere nämlich sieht z r, wie sonst, gegen den Rücken; | “allein der hintere grössere Till ; seiner Gelenkfläche erhebt sich senkrecht gegen den Rücken, und es entsteht zwisehen beiden Abschnitten der GEegPNäche ein ausgehöhlter Winkel. Der hintere‘ Gelenkfortsatz sieht wie sonst ‚gegen den Bauch; > ailein der hintere” gtössere Theil seiner Gelenkfläche, erhebt sich ' senkrecht gegen den Rücken, ‚und es entsteht zwische: beiden, Abschnitten der" Gelenkfläche ein vorspringender Wi ry kel, der’ sich in den ausgehöhlten Winkel des vorder orte ” satzes legt. . Betrachtet man daher die Wirbelsäule auf be ' ” Rückenfläche, so scheinen die Fläc n der Gelenkfortsätze i in derselben Ebene zu liegen, wie Verbindungsflächen. d de * Wirbelkörper. Am 12. Rücken wirbel sehen die Gelen sälze, wie an den a innen und aussen; “ lein auch hier ist ein Theil der Fläche rechtwinklich. Br ‘ gen; so dass hier der vordere Forlsatz einen vorspringenden, x ” a 113 % tere einen ausgehöhlten Winkel bildet. Der 11. Rük- kenwirbel hat die Uebergansform. Ebenso hat der erste Rük- kenwirbel die Uebergangsform zwischen Halswirbeln und äch- ten Rückenwirbeln. Von den Lendenwirbeln haben der erste und zweite dieselbe Form der Gelenkfortsätze, wie der letzte ‚ Rückenwirbel; der dritte Lendenwirbel bildet den Uebergang r% ” - . .. zur gewöhnlichen Lendenwirbelform. Die Processus accessorii ‘der Lendenwirbel und des 12. Rückenwirbels sind sehr an- sehnlich. Rosores. Seiurus vulgaris. 12 Rückenwirbel, von denen, so weit ich es an dem natürlichen Skelette beurlheilen kann, die 3 hintersten lendenartig sind; wenigstens haben sie Processus accessorii, Cavia cobaia. 13 Rückenwirbel; der 13. und 12. Ien- denarlig. An den 3 hintersten Wirbeln sind die vorragenden processus accessorii von den Querfortsätzen getrennt; weiter nach vorn sind sie mit den Querfortsätzen vereinigt und in dieser Form bis zum 5. Rückenwirbel hin unterscheidbar. Hystrix (eristata?). 414 Rückenwirbel; der letzte ist lendenarlig, der vorletzte hat die Uebergangsform. An den hintersien Wirbeln ragen die Proc. accessorii gleichwie an den Lendenwirbeln vor; nach vorn werden sie immer kleiner, las- sen sich aber bis zum 4., wenn nicht selbst bis zum 2. Rük- kenwirbel | hin unterscheiden. Wenigstens haben die Querfort- a "nur am ersten Rückenwirbel die Richtung nach aussen gleich ‚nach unten. hepus cuniculus. 12 Rückenwirbel rechterseits, 13 lin- kerseits, der 42. und 11. sind lendenartig; der 40. hat die Ue . Processus accessorii finden sich noch am 9. Die Querfortsätze des ersten schen nach aussen und unten. „4 . Edentata Aus dieser Ordnung fehlt es mir an Skeletten. Bei Cu- vier findet sich aber die au Ta dass beim Faultbiere Müller's Archiv, 1830. 8 114 und beim Ameisenfresser die hintersten Rückenwvirbel und die vordersten Lendenwirbel nach demselben Typus gebaut sind : Pachydermata. Sus seropha. 15 Rückenwirbel. Der erste ist halswir- belartig, indem von den Gelenkfortsätzen die vordern etwas nach innen, die hintern etwas nach aussen sehen, und die Fortsätze beider Seiten weit von einander abstehen; der zweite Wirbel hat die Uebergangsform, 3—9 sind ächte Rückenwir- bel, 10 hat die Uebergangsform, 41—15 sind lendenarlig. Die Processus accessorii ragen nur wenig in der Lendengegend hervor; sie sind aber nach vorn bis zum 3. Rückenwirbel un- terscheidbar. Den beiden ersten Wirbeln, deren Querfortsätze nach aussen und unten sehen, fehlen die Processus accessorii. Equus caballus. 18 Rückenwirbel; der erste ist hals- wirbelartig, 2 hat die Uebergangsform, 3 bis 15 sind ächte Rückenwirbel, 16 hat die Uebergangsform, 17 und 18 sind lendenartig. Uebrigens haben der 11. bis 15. Wirbel die Pro- cessus obliquii so geformt, wie ich es beim Känguruh angab, nur mit dem Unterschiede, dass der Winkel zwischen den 2 umgebogenen Stücken der Gelenkfläche kein rechter, son- dern ein stumpfer ist. Betrachtet man die Wirbelsäule vom Rücken aus, so scheinen auch bier die Gelenkflächen in der- selben Ebene zu liegen, wie die Verbindungsflächen der Wir- belkörper. Die Processus accessorii sind an den Lendenwir- beln nur klein, an den hintern Rückenwirbeln ragen sie mehr hervor, und sie finden sich an allen Rückenwirbelo, mit Aus- nahme der. beiden ersten, deren Qperkonieätze stark nach un- ten sehen. 2 Equus asinus. An einem Skelett der Thierarzneischule finde ich 17 Rückenwirbel und 6 Lendenwirbel, während sich nach Cuvier gewöhnlich 18 Rückenwirbel und 5 Lenden- wirbel finden. Der erste Rückenwirbel ist halswirbelartig, *) Anatomie comparte. Ed. 2. T. I. p. 199. 115 2 hat die Uebergangsform, 3 bis 15 sind ächte Rückenwirbel, 16 hat die Uebergangsform, 17 ist lendenarlig. Die Gelenk- flächen der Processus obliqui sind beim Esel einfach dem Rük- ken und dem Bauche zugekehrt. Die Processus accessorü reichen bis zum 2. Rückenwirbel. Mulus. Dieses Skelet eines Maulthiers, von einer Esels- siute und einem Pferdehengste abstammend, steht ebenfalls in der Thierarzneischule. Die 18 Rückenwirbel sind nach dem Typus des Pferdes gebaut, aber doch nicht vollkommen in al- len Beziehungen. Nur der 13. bis 15. Wirbel haben hier jene Form der Gelenkfortsätze, die beim Pferde am 11. bis 15. ge- funden wird. Oflenbar ist hier die Bildung von Pferd und Esel getheilt. Ruminantia. €Cervus elaphus. 13 Rückenwirbel. Der erste hat die Vebergangsform zwischen den Halswirbeln und ächten Rücken- wirbeln, 2 bis 10 sind ächte Rückenwirbel, 11 hat die Ueber- gangsform, 12 und 13 sind lendenartig. Die Processus acces- sorii ragen zwar nur wenig vor, finden sich aber an allen, mit Ausnahme des ersten, dessen Querfortsätze nach unten sehen. Capra ibex. 13 Rückenwirbel, deren Gelenkfortsätze genau wie beim llirsche beschaffen sind. Die Processus acces- sorii ragen schon am 13. 12. und 11. Wirbel nur wenig her- vor; an den übrigen sind sie kaum zu unterscheiden. Bos taurus. 413 Rückenwirbel. Der erste hat die Ueber- gangsform zwischen Halswirbeln und ächten Rückenwirbeln, 2bis 11 sind ächte Rückenwirbel, 12 hat die Uebergangsform, 13 ist lendenarlig. Die Processus accessorii ragen nur wenig hervor, finden sich aber, mit Ausnahme des ersten Wirbels, überall. — An einem andern Skelett mit 14 Rückenwirbeln sind der 13. und 14, lendenartig geformt; offenbar ist also hier der 13. oder 14. Wirbel der überzählige, am wahrscheinlich- sten der 14. g* 116 Cetacea. ö Nach Rapp °) haben die hintersten Rückenwirbel, die Lendenwirbel und die vordern Schwanzwirbel der Cetaceen an der Stelle der vordern Processus obliqui gabelig; getheilte Hervorragungen, zur Anheftung des Spinalis dorsi. Nach die- ser Muskelinsertion scheinen diese Hervorragungen zum Pro- cessus spinosus zu gehören. Da sie aber neben der Basis der Dornfortsätze liegen, “so darf man wohl fragen, ‚ob sie nicht eher als Processus accessorii anzusehen sind. - IN. Die hinteren Processus accessorii. Nicht selten tragen die Wirbel der Säugethiere jederseits 2 Processus accessorii, ‚die man bei der horizontalen Stellung als vordere und hintere bezeichnen muss. . Der hintere findet sich meines Wissens niemals allein vor, wohl aber der vor- dere, wie es z. B. beim Menschen der Fall zu sein pflegt. Deshalb nenne ich den vordern den ächten oder primären, den hintern den secundären Processus accessorius. Dass beim Menschen an den Lendenwirbeln die vorderen (hier oberen) Processus aecessorii immer vorhanden sind, ge- ben Loder °*) und M. J. Weber”) mit vollem Rechte an. Meckel+) und Berres 47) kommen der Wahrheit wenig- stens nahe, wenn sie von einem gewöhnlichen oder nicht seltenen Vorkommen dieser Fortsätze reden. Nach Söm- merringfif) undE. H. Weber fiff) würden diese Fortsätze *) Rapp, die Cetäceen. 1837. S. 64. **) Anatomisches Handbuch. 1788. Bd. 4. S. 146. ***) Handbuch der Zergliederungskunde und Kunst. 1837. Bd. 1. S. 223. r) Handb..der Anatomie. Bd. 2. S. 37. ++) Anthropotomie, 2. Aufl. Bd. 1. S. 334. +++) Bau des menschlichen Körpers. Th.'1. S. 283. irrt) Hildebrandt’s Anatomie des Menschen. Bd. 2. S, 143. 117 nur bisweilen gefunden werden; Andere erwähnen derselben gar nicht. Dagegen finden sich die hintern (hier untern) Processus accessorli nur selten beim Menschen. Ich verglich An dieser Beziehang 6 Skelette, und fand sie nur an einem ein- zigen, wo sie noch dazu auf beiden Seiten nicht übereinstim- mend gebildet sind. Das Verhalten der vordern Processus accessorii bei den Säugethieren habe ich bereits besprochen. Die hintern sitzen da, wo sie sich finden, immer zur Seite der hintern Gelenk- fortsätze und sind nach hinten gewendet, so dass sie mit dem entsprechenden hintern Gelenkfortsatze eine Grube zur Auf- „nahme des wordern! Gelenkfortsatzes vom nächstfolgenden Wir- "bel, bilden. Den Viederkäuern fehlen Processus accessorii po- iores. ‘Das Känguruh und Stachelschwein tragen sehr an- 'sehnliche an den Lendenwirbeln. Bei den Vierhändern (Ce- bus, Papio) und den reissenden Thieren (Lynx, Catus, Ursus, Canis) sitzen sie nicht bloss an den Lendenwirbeln, sondern auch an den hintersten Rückenwirbeln; sie sind gross beim Bär, klein beim Hunde. Hinsichtlich der Vierhänder bemer- ken übrigens schon Cuvier und Meckel, dass die Processus accessorii posteriores bei ihnen vorkommen, ausgenommen Si- ınia satyrus und troglodytes, so wie die Genera Pilheeus, Hy- lobates und Stenops. Ich kann die Processus accessorii anteriores und posleriores für nichts anders halten, als zwei Spitzen der nämlichen Her- vorragung; die vordere Spitze ist für den Ursprung von Mus- kelbündeln bestimmt, die nach vorwärts gehen; die hintere Spitze dient zum Ansatz von Muskelbündeln der nämlichen oder ähn- _ licher Muskeln. IW. Eintheilung der Rückenmuskeln. Da die Wirbelsäule in 3 Richtungen beweglich ist, so werden auch die Muskeln derselben hinsichtlich ihrer Wirkung nalurgemäss in 3 Ordnungen zerfallen. Die Muskeln zwischen 118 den Wirbeln und analogen Kopfknochen könneu dabei zweck- mässig mit betrachtet werden. 4. Muskeln zur Beugung und Streckung. a. Beuger. b. Strecker. Rectus capitis anterior minor. Reetus capitis posterior minor, Rectus capilis anterior major. Rectus capitis posterior major. Longissimus colli. - Interspinales. Spinalis cervicis. Spinalis dorsi. 2. Muskeln zur Seitwärtsbeugung. Sie entsprechen einander auf der rechten und linken Seite der Wirbelsäule. ki Reelus capitis lateralis. Intertransversarii. Trachelomastoideus. Longissimus dorsi (cum Transversali cervicis). 3. Muskeln zur Axendrehung. Sie entsprechen einander ebenfalls auf beiden. Seiten der Wirbelsäule. Uebrigens finden sich jederseils hieher gehörige Muskeln, die in entgegengeselzter Richtung drehen, z. B..der Multifidus spinae und die Splenii, der Obliquus capilis infe- rior und superior. Man könnte daher hier eigentlich 2-Unter- abtheilungen festsetzen, ähnlich den Pronaloren und Supina- toren ‘des Vorderarmes; und in Ermangelung eines Namens‘ vielleicht die Bezeichnung Abwender oder Zuwender wählen. Obliquus capilis superior. j ö Obliquus capilis inferior. Biventer. Complexus. Splenius capilis. Splenius colli. Semispinalis cevvieis. 119 - Semispinalis dorsi. Multifidus spinae. Im Ganzen wird man diese Eintheilung als richtig aner- kennen, ausgenommen vielleicht den Longissimus dorsi und Multifidus spinae, von denen ich noch besonders reden werde. Denn der Transversalis cervieis, Trachelomastoideus, Biventer, Complexus wirken zwar unverkennbar als Strecker der Wir- belsäule, wenn sich die gleichnamigen Muskeln beider Seiten eontrahiren; allein die Anheftung derselben beweist deutlich, dass sie zu den Abtheilungen gehören, in die ich sie gestellt habe. Ferner würde nach Meckel*) der Obliquus capilis in- ferior zwar nicht zu den Axendrehern gehören, sondern zu den Seitwärtsbeugern, nämlich mit dem Rectus capitis late- ralis zusammen das oberste Paar der Intertransversarii darstel- ‚len; doch verglich er selbst ihn früher **) richtig mit den Er Den Longissimus dorsi zähle ich wegen der Anhef- R seiner Fascikel zu den Seitwärtsbeugern, wenngleich der- selbe ohne Zweifel kräftig als Streckmuskel wirkt, und davon „sogar, in Gemeinschaft mit dem Sacrolumbalis; den Namen Opisthothenar erhalten hat. Der Muskel entsteht mit einer er starken fasrigen Haut vom Os sacrum und innominaltum, so wie von den Dornfortsätzen der Lendenwirbel, und verläuft von hier zunächst zu den Querfortsätzen der Lendenwirbel. Hierdurch stimmt der untere Theil des Muskels mit der Rich- tung der Splenii überein; anders aber verhält sich sein oberer und mittlerer Theil. Am Halse nämlich ist der Transversalis eervicis, der sich bei den Säugelhieren kaum oder gar nicht von ilım trennen lässt, oben und unten an Querforlsätze ge- heftet, offenbar also zu den Seitwärtsbeugern gehörig. Die Rückenportion des Longissimus dorsi bat aber die nämliche Anordnung, wenn man auf einzelne Muskelbündel Rücksicht *) Vergl, Anatomie. Th, 3. S. 412. *) Handb. der Anatomie des Menschen. Bd. 2. S. 424. 120 nimmt, die von Querfortsätzen der Rückenwirbel entspringen, und nach aufwärts steigend mit dem Longissimus dorsi sich vereinigen.. Der sorgfältige Albinus erwähnt dieser Fascikel zuerst *). Er sah ein solches Faseikel vom Querforisatze des 10. oder 9. Rückenwirbels oder. des 1. Lendenwirbels entsprin- gen; er fand ‚aber auch 2, 3, selbst 5 solcher Fascikel. Hierauf beschrieb Loder ”*) diese Fascikel; sie kommen nach ihm gewöhnlich von den Querfortsätzen der 3 oder 4 unter- sten Rückenwirbel, und vereinigen sich mit dem Longissimus dorsi. Sömmerring ***) giebt nur genau dasjenige über diese Faseikel an, was: sich bei Albinus vorfand.. In den spätern Handbüchern geschieht derselben meines Wissens gar nicht mehr Erwähnung, bis J. Müller +) ihrer wiederum gedenkt. Ich habe diese Fascikel sehr häufig beim Menschen so ange- ordnet gefunden, wie sie Albinus beschreibt, wenngleich sie nicht immer vorhanden sind, auch einander nicht immer auf beiden Seiten entsprechen. An der Leiche eines 6ljährigen Schmiedes z. B. sah ich sie auf der einen Seite vom.12. bis 40., auf der andern vom 10. bis 8. Rückenwiibel entspringen. Wenn nun aber der obere uud mittlere Theil des Longissimus dorsi vermöge der Insertionen in die nämliche Abtheilung ge- hört, wie die Intertransversarüi, so darf man auch den untern Theil desselben zu dieser Abtheilung zählen. — Ich habe noch , einen andern Punkt in Betreff dieses Muskels zu erwähnen. Bekanntlich ist er in der Lendengegend so mit dem Sacrolum- balis verbunden, dass in den Handbüchern ein gemeinschaftli- cher Muskelbauch beschrieben wird, der sich erst in der Ge- gend der 12. Rippe in den innern Longissimus dorsi und den äusseren Saerolumbalis theilt. Vom gemeinsamen Bauche ge- hen nun Fascikel ab, die sich an die Processus transversi und *) Historia musculorum hominis. Ed.2. Francof. 1784. p. 329. - °*) Anatomisches Handbuch. 1788. S. 573. ***) Bau des menschlichen Körpers. 1791. Th. 3. S. 171. +) Bau der Myxinoiden. Th. 1. S. 244, 4 a 121 accessorii der Lendenwirbel heften; die an die Processus trans- versi gehefteten sollen dem Sacrolumbalis, die an die Proces- sus aecessorüi gehefteten dem Longissimus dorsi angehören. So spricht sich ‚wenigstens J. Müller *) aus. Allein beim Jac- chus penicillatus giebt der Longissimus dorsi allein beiderlei Fas- eikel an die Processus transversi und aceessorii, und die Fa- sern des Saerolumbalis, die von einer den Longissimus umhül- lenden Fascia aponeurotica und vorzüglich vom Darmbeinkamme entstehen, gehen an den Lendenwirbe!n vorbei, und der Mus- kel giebt die ersten Fascikel an die untersten Rippen. Dass dies aber das wirkliche Verhalten beider Muskeln in der Len- dengegend ist, ergiebt sich aus der hierdurch entstehenden Symmetrie des Longissimus dorsi am Rücken und an den Len- "den. Wie er sich nämlich am Rücken mit einer doppelten Reihe von Faseikeln an die Rippen und die Querfortsätze hef- ei, so tritt er auch in der Lendengegend mit einer Bündel- ® reihe an die Rippen (Processus transversi), mit der andern an die Querfortsätze (Processus accessorü). Den Multifidus spinae rechne ich zu den Axendrehern. Albi nus, Sömmer ring, Meckel und ®ndere lassen zwar die Wirbelsäule dureh ihn gestreckt werden, fügen aber hinzu, dass er auch die Wirbelsäule drehe oder nach der andern Seite wende. Wirken die beiderseitigen Muskeln oder alle Fascikel des Muskels der einen Seite, dann wird allerdings nur Sirek- „kung bewirkt; dagegen wirken einzelne Fascikel, die sich auf en Seite contrahiren, sicher als Dreher. _ Bemerkung „verdient übrigens die Anordnung vom Halstheile dieses Mus- ae kels; bier entspringt er nämlich nicht von den Querfortsätzen, sondern neben den Gelenkfortsätzen. Da nämlich die Quer- fortsätze der Halswirbel nach vorn (bei den Thieren nach un- ten) gerichtet sind, und Muskelbündel, die von ilmen entsprän- gen, nicht in gerader Richtung die Downforlsätze erreichen könnten, so scheinen die Ansätze mehr nach innen an die Ge- *) 2.2.0, 8.242, 122 » lenkfortsätze gerückt worden zu sein, um diese Faserkrüm- mung zu vermeiden. x Aus dem, was ich so eben über Eintheilung der Rücken: muskeln gesagt habe, ergiebt sich, dass der Analogie der Insertion nicht immer eine Analogie der Wirkung entspricht. Wenn nämlich der Halstheil des Longissimus dorsi (der Transversalis cervicis) sicher zur Seite beugt, und der Rückentheil ganz unzweifelhaft die nämliche Wirkung haben kann, so vermag der Lendentheil durch die an die Processus accessorii gehefle- ten Fascikel nur zu strecken. Das Nämliche lässt sich vom Multifidus spinae sagen, dessen Lendentheil nur streckt, weil sich die Lendenwirbel nicht drehen, dessen Rücken- und Hals- theil dreht, wenn sich ein einzelnes Fascikel contrahirt. Vor- züglich aber sieht man an den Intertransversarüis, dass analoge Muskeln nieht immer analoge Wirkungen zeigen. In der Len- dengegend sind die ächten Querfortsätze den Dornen näher, und nicht seitlich, sondern nach dem Rücken gekelirt; des- halb wirken auch die ächten Interlransversari lumbales nicht als Seitwärtsbeuger, sondern als Strecker. Diese Intertrans- versarii Jumbales genuini (sie heissen wohl am besten Interac- cessorii) werden bei Albinus und Sömmerring erwähnt, aber als Fascikel des Multifidus spinae angesehen; erst J. Mül- ler, in der mehr erwähnten Schrift über die Myxinoiden, hat die Besonderheit dieser Muskeln hervorgehoben. Beim Men- schen sind die Interaccessorii zwar immer vorhanden, aber klein, und sie hängen am Ursprunge genau mit dem Multifidus spi- nae zusammen, und deshalb wurden sie wohl so lange von den Anatomen übersehen. Auffallend ist es aber, dass sie auch bei den Säugelhieren übersehen wurden, wo sie biswei- len die ansehnlichste Muskelparthie in der Lendengegend bil- den. Beim Kaninchen z. B. findet man nach Wegnahme des Longissimus dorsi eine Muskelmasse, die. sich vom innern Theile des Hüftbeinkammes an den Processus accessorius des letzten Lendenwirbels heflet; eine andere geht vom Processus acces- sorius dieses Wirbels an den gleichnamigen Theil des vorlelz- 123 ten Lendenwirbels; und so fort an allen Lendenwirbeln und den letzten Rückenwirbeln. Die hintersten Muskeln sind sehr ansehnlich, die vordern werden allmählig dünner. Hinsichtlich der beschriebenen 3 Abtheilungen von Mus- keln der Wirbelsäule ergiebt sich ferner, dass mehrere von ihnen nur zwischen je 2 Wirbeln liegen, andere einen be- stimmten Abschnitt der Wirbelsäule einnehmen, endlich einige in der ganzen Länge der Wirbelsäule verlaufen, In dieser Hinsicht kann man wieder 3 Ordnungen unterscheiden, wofür ich die Bezeichnung specieller, localer und allgemeiner Muskeln der Wirbelsäule wähle. Specielle Muskeln sind; Alle Reeli capitis, die Interspinales, Intertransversarii, Interac- _ eessorüi, Obliqui capitis; die localen sind: Spinalis cervieis (wie ihn Henle °) neuerlich beschrieb), Spinalis dorsi, Lon- gissimus colli, Trachelomastoideus; Biventer c. Complexo, Splenius capitis et colli, Semispinalis dorsi et cevvieis; endlich die allgemeinen Muskeln sind der Longissimus dorsi (nebst Transversalis cervieis) und der Multifidus spinae. Vergleicht man nun /das Vorkommen dieser 3 Muskelordnungen an den verschiedenen Abschnitten der Wirbelsäule, so findet sich Fol- gendes: 1) Der Hals hat speeielle Muskeln für alle 3 Bewre- gungsrichtungen der Wirbelsäule, deren Volumen. mit dem Grade der Beweglichkeit harmonirt: die Recti anteriores beu- gen, die Recti posteriores und Interspinales strecken, die Obli- qui drehen, die Intertransversarii und der Reetus lateralis beu- gen seilwärts. Auch dreierlei locale Muskeln’ sind vorhan- den: der Longissimus colli und Spinalis cervieis beugen und strecken; der Trachelomastoideus beugt seitwärls; Biventer, Complexus, Semispinalis cervieis, Splenii drehen um die Axe. Die allgemeinen Muskeln sind natürlich auch da, nehmen aber doch nicht die ganze Länge ein, und werden im obersten Theile wohl durch die zahlreichen speciellen Muskeln ersetzt. *) Müller’s Archiv u. s. w. 1837. $, 297. 124 . u 2) AmRücken fehlen die speciellen Muskeln zum Beu- gen und Strecken, so wie zum Seitwärtsbeugen, oder sind sehr unmerklich, weil die Beweglichkeit in diesen 2 Richtun- gen nur unbedeutend ist. Aber auch für die Axendrehung, die doch am Rücken recht merklich von statten geht, finden sich keine speciellen Muskeln. Als locale Muskeln finden sich der Spinalis dorsi zum Strecken des untern Theiles vom Rücken, der Semispinalis dorsi zur Axendrehung. Die all- gemeinen Muskeln überwiegen im Ganzen am Rücken. 3) Am Lendentheile sind specielle Muskeln zum Strek- ken (Interspinales, Interaccessorii)- und Seitwärtsbeuger (In- tertransversarii) vorhanden; specielle Axendreher fehlen, weil sich die Lendenwirbel nicht drehen. Locale Muskeln felılen, wenn man nicht den Quadratus lumborum hierherrechnen will. Die allgemeinen Muskeln sind ansehnlich. Die Vergleichung der 3 Gegenden der Wirbelsäule lehrt daher, dass sich am Halse und an den Lenden für jene Be- wegung, die in diesen Gegenden besonders ausgebildet ist, speeielle Muskeln finden, die mit dem Grade der Beweg- lichkeit im graden Verhältniss der Entwickelung stehen. Sollte nun die Rückengegend für die Axendrehung, die hier vor den übrigen Bewegungsrichtungen ausgezeichnet ist, keine speciellen Axendreher besitzen? Der Analogie der übrigen Wirbelsäule nach darf man am R.ücken specielle Muskeln zum Drehen der einzelnen Wirbel erwarten. Das sind aber die von mir ent- deckten Rotatores dorsi, die ich nun beim Menschen und den Säugethieren beschreiben will. “ V. Die Museculi rotatores dorsi beim Menschen und den Säugethieren. Homo. Ich habe diese Muskeln beim Menschen sehr häufig ge- sucht und immer gefunden. Als ich wusste, dass sie stets vorhanden sind, unterliess ich es häufig mir das specielle 125 Vorkommen aufzuschreiben; in folgenden 6 Fällen habe ich es aber aufgeschrieben: 1) Das erste Mal suchte ich die Muskeln am 24. Januar 41837 bei einem muskulösen Manne, der sich erhenkt hatte. Ich fand unter dem Multifidus spinae jederseits 41 Muskeln, die auf beiden Seiten einander ganz gleich waren.‘ Mit Aus- nahme des ersten hatten sie einerlei Verlauf. Sie entsprangen nämlich von den Querfortsätzen des 2. bis 11. Rückenwirbels, und jeder heftete sich mit quer nach innen verlaufenden Fa- sern an den Bogen des nächstobern Wirbels. Jeder Muskel kam, vom Multifidus’spinae bedeckt, mit kurzen sehnigen Fa- sern vom obern Rande und der hintern Fläche des Querfort- salzes; mit fleischigen Fasern heftete er sich an den untern Rand und zum Theil an die hintere Fläche des Bogens, bis zur Basis des Dornfortsatzes hin. Die Muskeln hatlen nicht ganz einerlei Grösse; die unteren waren ansehnlicher, der 11. aber wieder kleiner. Der oberste Rotator dorsi, den ich we- gen ‚der Anheftung an einen Wirbelbogen mit dazu rechnen musste, war von den übrigen schr verschieden. Er entsprang nämlich, wie der Rotator secundus, vom Querfortsatze des zweiten Rückenwirbels, lief aber über den ersten Rückenwir- bel weg, und heftete sich an den Bogen des 7. Halswirbels. 2) Bei einem Schmied von 61 Jahren entfernte ich sorg- fällig die Fascikel des Multifidus spinae. Die tiefen Fascikel, ‚die von den Querfortsätzen kamen, übersprangen immer einen Wirbel, um sich an die Basis vom Dornfortsatze des vorher- gehenden Wirbels zu heften; der Fascikel vom 1. Rückenwir- bel ging nämlich an den 6. Halswirbel, der vom 2, Rücken- wirbel an den 7. Halswirbel und so fort. Uebrigens wurden diese tiefen Fascikel nach unten zu kleiner, und ihre Anhef- tung an die Dornfortsätze rückte dem Bogen näher. Nach Eutfernung aller Faseikel des Multifidus spinae erschienen 11 Rotatores dorsi, die von den Querfortsätzen des 4. bis 11. Rückenwirbels entsprangen; der 10. u. 11. waren die grössten, Die Anordaung war auf beiden Seiten ganz gleich. 126 3) Bei einer Frau fünden sich nur 10 Rotatores dorsi; sie kamen von den Querfortsätzen des 3—12. Wirbels. Zwi- schen dem 2 obersten Rückenwirbeln waren nur sehnige Fa- sern, mit einzelnen eingestreuten Muskelfasern, vorhanden. Die Bildung war auf beiden Seiten gleich. 4) Bei. einem Manne fanden sich’ auf beiden Seiten nur 9 Rotatores dorsi,.die vom 4— 12. Rückenwirbel entsprangen. Die 3 untersten Muskelpaare waren die stärksten. 5) Bei einem halbjährigen Mädchen präparirte ich die Muskeln sorgfältig, um sie zeiehnen zu lassen. Es waren 11 vorhanden, die vom 2—12. Rückenwirbel entsprangen. Der 41. hatte nur ein Paar Fasern, auch der erste war schwach; der 2—6. waren gleich gross, aber kleiner als der 7—10., die gleiche Grösse hatten. Die 6 obersten Muskeln hefteten sich nur an den Bogen der Wirbel; der 7—10. erreichten die Basis des Dornfortsatzes; der 41. trat wiederum nur an den Bogen. Uebrigens schienen mir die Muskeln beim Kinde ver- hältnissmässig grösser zu sein, als beim Erwachsenen. — Ich präparirte zugleich die Interaccessorüi sorgfältig; es fanden sich 6 zwischen dem Kreuzbeine und letzten Rückenwirbel, ein 7. kleinerer lag zwischen dem 11. und 12. Rückenwirbel. 6) Bei einem 46jährigen Mädchen waren. 10 Rotatores dorsi vorhanden, die einander auf beiden Seiten aufs Genaue- ste entsprachen. Sie kamen vom 2—11. Rückenwirbel. Die 5 obern waren gleich gross, eben so die 5 untern; die untern aber grösser als die obern. Zwischen dem 1. Rückenwirbel und 7. Halswirbel lagen kurze sehnige Fasern. — Die Inter- accessorii fanden sich zwischen allen Lendenwirbeln, nicht aber. zwischen: dem Heiligenbein und letzten Lendenwirbel. Von: den Intertransversariis dorsi war der oberste fleischig, die folgenden: sehnig; aber zwischen dem 10. und 11., so wie zwi- schen dem 11. und 12. Rückenwirbel' waren wieder fleischige Fascikel da, die sich zur Reihe der Interaccessorü fortsetzten. Aus einer Vergleichung dieser 6 Fälle ergiebt sich, dass beim Menschen die obersten und untersten Rotatores dorsi va- a‘ 127 u rüren.. Oben fehlen sie bisweilen zwischen 3 Wirbeln (4ter Fall); andere Male setzt sich aber aueh noch ein Muskel an „den Bogen des 7. Halswirbels, der vom 1. oder auch vom 2. Rückenwirbel (4ster Fall) kommt. Unten variirt nur der Mus- kel zwischen dem 12. und 11. Rückenwirbel, der sich bloss dann zu finden scheint, wenn oben ein Muskel oder mehrere Muskeln fehlen. Am unlern Theile des Rückens, wo die Axen- drehung bedeutender ish pflegen auch slärkere Rotatores dorsi vorzukommen. Ich will sogleich die = und Weise angeben, wie Kto Rotatores dorsi beim Menschen sich präpariren lassen. Hat man erst einen Muskel blossgelegt, und ist man mit ihnen be- kannt, so vereinfacht sich natürlich das Verfahren. Ich nehme an, der Muskel zwischen dem 4. und 3. Wirbel solle präpa- riet werden, Alle Muskeln bis zum Multifidus spinae werden weggeschnitten. Zunächst trennt man nun das Fascikel des Multifidus, das vom Querforisatze des 5. Rückenwirbels kommt, längs des obern Randes eine Strecke weit; hierauf das Fasei- kel, welches am Dornfortsatze des ersten Rückenwirbels sitzt, längs des untern Randes. Die Portion des Muskels, zwischen diesen 2 Schnitten wird quer durchschnitten. ' Jetzt erscheint ein Faseikel, das vom 5. Rückenwirbel zum 2. Rückenwirbel geht. Dieses trennt man längs des obern Randes vom Quer- fortsatze aus gegen den Dornfortsatz hin, und löst es am letzte- ren von der Basis gegen die Spitze hin ab, Jetzt erscheint ein Fascikel zwischen dem Querfortsatze des 4. und dem Dorn- Tortsatze des 2. Wirbels, dessen unterer Rand nicht mehr mit dem Multifidus zusammenhängt. Trennt man. dieses Fascikel längs des untern. Randes, und schneidet es vom Querfortsatze und Dornfortsatze ab, so erscheint der Rolator dorsi, zwischen dem.4. und. 3. Wirbel. — Bei diesem Verfahren kann man sich überzeugen, dass die. Rotatores dorsi keinesweges Fasci- kel des Multifidus spinae sind. Wer etwa meinen. sollte, man könne die Fascikel des Multifidus vom 4. zum 2. Wirbel, oder vom 3. zum 1. Wirbel eben, so gut für besondere Muskeln er- 123 5 u = klären, der versuche dieselben von jenen Faseikeln zu iren- nen, die vom 4. zum 4. Wirbel, und vom 3. Wirbel zum 7, Halswirbel gehen. Diese Trennung lässt sich nicht bewirken, " ohne Muskelfasern zu durchschneiden; zwischen den Rotatores dorsi und dem Multifidus dagegen liegt immer eine Zellgewe- beschicht. Besonders deutlich war dies bei dem 16jährigen Mädchen (6ter Fall), die wegen Caries mehrere Monate bett- lägerig gewesen war, und wo das Zellgewebe im Rücken ganz infiltrirt war. ae Haben die Anatomen bereits die Muskelfasern gekannt, welche die Rotatores dorsi bilden? Begreiflicher Weise kön- nen diese Fasern, wenn sie gesehen wurden, nur zum Multi- fidus spinae gerechnet worden sein. Vergleicht man die Be- schreibung dieses Muskels in den Handbüchern, so findet man, selbst in den neuesten, die irrigsten Angaben über die Fort- sätze, von denen er entspringen soll, so wie über die Reihen-, folge, in der sich seine Fascikel an die Dornfortsätze heften sollen; am auffallendsten aber ist es, dass fast alle den Multifi- dus spinae von den Querfortsätzen an die Dornfortsätze gehen lassen, ohne der Anheftung einzelner Fascikel an die Wirbelbö- gen mit einem Worte zu erwähnen. Daraus folgt aber, dass die Verfasser die Fasern der Rotatores dorsi nicht kannten. Eine Ausnahme scheint freilich der sorgfältige Albinus zu machen; er sagt über die Vertheilang der von den Querfort- sätzen kommenden Faseikel: „Prima eujusque portio, id est, quae maxime distat a spinis, ad vertebram proximam superio- rem (quam tamen aliquaudo praeterit) juxta processum ejus obliqguum pertinet: proxima ad alteram, proxima (in illis, quae ad plures pertinent) ad tertiam, proxima ad quartam, pro- xima ad quintam, eo quaeque propius extremam spinam, quo ad remotiorem vertebram“*). Die portio juxta proces- sum obliquum affixa scheint nichts anders zu sein, als der Rotator dorsi. Allein Albinus hat die queren Fasern der *) Historia musculorum. Ed. 2. 1784. p. 343. 129 Rotatores dorsi wirklich nicht gekannt; denn er fährt ganz falsch fort: „Unde prima (porlio) et brevissima et rectis- sima, proximae, ut sequuntur, et longiores et obliquiores.“ Sömmerring hat das Falsche in dieser Beschreibung aufge: nommen, das Richtige weggelassen; denn’ er nennt nur die Dornfortsätze als diejenigen Theile, an. welche sich der Multi- fidus heftet *).' (Die Beschreibung von’ Albinus würde eini- germaassen auf den Lendentheil des Multifidus passen, wenn man die Interaccessorii dazu rechnet). Nach Albinus finde ich nur noch bei Bichat und Broc angegeben, dass sich Fa- sern. des Multifidus an Wirbelbogen heflen. Bichat unter» scheidet oberflächliche und tiefe Fäaseikel des Multifidus und setzt hinzu: „Les faisceaux profonds, de plus en: plus courts, se portent d’une vertebre & la suivante, vers la base de l’apo- physe Epineuse, et m@me a la lJame“**). , Diese tiefen -Fasci- kel könnte man. auf die Rotatores dorsi beziehen wollen; al- lein diese heften sich regelmässig nur an den Bogen, während Bichat diese Anheftungsweise als etwas Ungewöhnliches zu bezeichnen scheint, Broc giebt an, die Fascikel des’ Multi- fidus gingen „des apophyses transverses et arliculaires aux apophyses £pineuses et aux James des verttbres“ °°*). 'Indessen lehrt dasjenige, was auf der nämlichen Seite über die Stru- etur des Muskels folgt, dass mit diesen Worten etwas bezeich- net wird, was am Rückentheile des Multifidus eben so wenig, als an den Rolatores vorkommt, dass nämlich diese, an Wir- belbogen gehefteten Fascikel Wirbel überspringen. Auch giebt Broc an einer andern Stelle (T.2..p.331.) nur die Anheftung des Multifidus an die Querfortsätze und Dorufortsälze an. *) Bau des menschl. Körpers. Th. 3. S. 176. **) Traite d’anatomie deseriptive. Paris. 1823. T. 2. p. 201. +), Praite ecomplet d’anatomie descriptiveeet raisonnce. Paris. 1836, T. 3. p. 204, Müllers Archir. 1839. 1] 130 Quadrumana. Nur bein Jaechus peniecillatus konnte ich nach den Mus- keln suchen. Von den Rückenmuskeln dieses Thieres haben Latissimus dorsi, Cueullaris, Serrati poslici, Splenius, Biventer, (er hat keine Zwischensehne), Complexus, Trachelomastoi- deus, Spinalis’ dorsi, den nämlichen Bau wie beim Menschen. — Die Rhomboidei sind ungeheuer gross; sie reichen vorn an’s Hinterhauptbein, hinten.bis zum 8. Rückenwirbel. — Der Le- vator 'scapulae kommt vom 2. 3. 4. Halswirbel zum Winkel des Schulterblattes. Vom Epistropheus ‘(auch wohl vom’ At- las) zum Acromion scapulae verläuft der Tracheloacromialis, den Cuvier früher zum Levator scapulae reehnete, in der neuen Ausgabe ‘der vergleichenden Anatomie aber als besondern Muskel beschreibt; doch sprach sich schon Meckel *) zweifel- haft über die Vereinigung des Muskels mit dem Levator sca- pulae aus. — Am Opisthotenar kann 'man schon in der Len- dengegend die beiden Theile, aus denen er besteht, unterschei- den. Der Lendentheil des Longissimus nämlich wird von einer aponenrotischen Scheide umhüllt, und der Sacrolumbalis ent- springt iheils von dieser Scheide, theils von der crista ilium. Der letztere giebt keime Fascikel an die Lendenwirbel ab; er ndigt am Querfortsatze des 7. Halswirbels, es fehlt also’ der Cervicalis (descendens. Der Longissimus dorsi giebt an den Lenden eben sowohl, wie am Rücken eine doppelte Reihe von Fascikeln ab; dort an die Processus transversi und accessorii, hier an die Rippen und die Processus transversi. Er wird, nach vorwärts steigend, kaum kleiner, und deshalb ist sein vorderster nicht trennbarer Theil, der sogenannte Transversalis cervieis, ungemein gross, — Der Semispinalis dorsi fehlt, der Semispinalis cervieis ist sehr gross. Der Multifidus spinae ist wie: beim Menschen. — Es fanden sich 9 ziemlich starke Ro- *) Vergleichende Anatomie. Th. 3. S. 480, - 131 tatores .dorsi, die sich an den 2. bis 10. Wirbel hefteten, und: zwär der letzte an den processus accessorits. Es haben also: nur die ächten wirklich rotirenden Rückenwirbel Rücken- dreher. Ferae. Von den’ Fledermäusen untersuchte ich Vespertilio mu- rinus: Alle Rückenmuskeln sind sehr klein; Rückendreher fand ich nicht. Unter den Insectenfressern : untersuchte ich den Maul» wurf. Die Interaccessorii lumbales sind sehr gross. ‚Ueber die Rotatores dorsi bin ich noch ungewiss, weil die Muskeln: an dem jungen Thiere, das ich‘ zergliedern: könnte, sehr klein waren: Als ich nämlich die Muskeln der einen Seite frisch untersuchte, glaubte ich zwischen allen Wirbeln, mit Ausnahme der 3 vordersten, ansehnliche Rückendreher zw‘ finden. » Als ich aber das Thier in Branntwein gelegt hatte, und nun die andere Seite untersuchte, fand ich, dass der Multifidus spinae zu einem Irrthume Veranlassung gegeben halte; denn die 'Fascikel ‘der muthmasslichen Rotatores übersprangen immer einen Wirbel. Indessen fand ich wenigstens an einer Stelle einen zwischen 2 Wirbeln mit queren Fasern gelegenen Muskel, und: ich glaube die Rotatores dorsi bei diesen Thieren annehmen zu dürfen. Beim braunen Bär sind die Rückendreher ungemein gross. Sie kommen von den Querfortsätzen aller Rückenwir- bel, die 3 hintersten ausgenommen. Zwischen den beiden er- sten Wirbeln vertritt ein sehniges Bündel die Stelle des Muskels. j ' Beim Hunde habe ich die Rückendreher zu wiederhölten Malen präparirt. Ich fand immer 9, vom 2. bis 10. Wirbel. Die vordersten und hintersten Muskeln, den ersten ausgenom- men, sind ansehnlich ; die mittlern etwas kleiner, ' Auch 9 In- teraccessorii finden sich zwischen den Lendenwirbeln und den 3 letzten Rückenwirbelm — Vom Multifidus 'spinae sondert 9° 132 man die Rotatores dorsi leicht. Die Faseikel des «Multifidus nämlich, ‚die von den Spitzen der Querfortsätze kommen, thei-: len sich immer für den zweiten und: dritten vorhergehenden Wirbel, und heften sich dergestalt an die Dornfortsätze, ‚dass die beiden an den nämlichen Dornfortsatz tretenden Partieen nicht von einander geschieden sind. Dagegen sind die Rota- tores ganz vom ‚Multifidus ‚geschieden ‚und heften sich an die obere Fläche der: Wirbelbogen. Der einzelne Rotator ist übri- gens im Ganzen so ansehnlich, wie ein Fascikel des Multifidus, das von einem Querfortsatze; abgeht. ' Aüs allem diesem ergiebt sich, dass «Hunde, ; sich‘. vorzüglich en die Rückendreher aufzusuchen, Bei der Katze fand: ich-jederseits 9: Rotatores ds sie sind 'ansehnlich 'und''besonders nach vorn deutlich vom: Mul- tifidus: gesondert. Sie kommen: vom 3. bis: 11. Rückenwirbel; zwischen‘ dem: zweiten und 'ersten Wirbel fehlt der Muskel. Da ich nur ein Thier untersuchte, so kann ich nicht unter- scheiden, ob: diese’ Differenz der Rückendreher bei Hund und Katze, deren Rückenwirbel ‘doch ganz übereinstimmen, ‚eine wesentliche oder eine zufällige ist. Es finden sich ‚also die Rotatores dorsi bei den Feris, aber nur an den ‚ächten Rückenwirbeln, die wirklich zotiren kön- nen; au, den hintern. lendenartigen Rückenwirbeln scheinen sich die Interaceessorü von den Lenden aus fortzusetzen und ihre Stelle zu 'vertrelen. Marsupialia. Ich konnte kein Thier dieser Ordnung untersuchen, 'ver- muthe aber die Anwesenheit’ der Rückendreher beim Känguruh. Rosores. Kaninchen. Ich suchte zuerst bei einem alten Thiere nach den Muskeln, und sah sie vom 4, bis 8. Wirbel quer zu den Bogen. der vorhergehenden Wirbel verlaufen. Später un- tersuchte ich 2 junge Kaninchen, und hier fand ich nur Spuren 133 dieser Muskeln.‘ ‘Die Weichheitider Muskelfasern, die'getinge Menge von’ Zellgewebe, endlich die Kleinheit .des'zu untersü- chenden Raumes erklären vielleicht diese abweichenden'-Beob- achtungen. ‘Denn ich glaube, dass 'die'Muskeln wirklich vor; handen» sihdy theils, 'weil>sie sich'beicandern Nagern finden, theils weil der Rückentheil’der Kaninchen wirbelsäule «wirk- lich bedeutend rotirt. Si Ratte. Ich habe bisher nur einmal nach den Rotatores dorsi bei diesen Thieren'gesuchti Der Longissiimas’dersi und Spinalis dorsi sind sehr gross, die Semispinales fehlen. Nach Wegnahme der beiden’erstgenännten Muskeln nämlich erscheint sogleich einedoppelte Muskelschicht,von der) die hinter& Wir- belfarche aısgefüllt: wurde.) Die! oberflächliche Schicht besteht aus Muskelbündeln, von.ıdenen das vorderste vom«-Querfort- satz des vierten Rückenwirbels!zum»Dornfortsatz des!zweiten Wirbels’ geht; "das zweite ‚Bündel geht vom’ fünften Wirbel zum dritten, und‘so ‘geht es'längs'.des. Rückens und der Len- Jen fort, nur\dass an den letztern die Processus ackessorü :zür Tusertion dienen. | Diese'Schicht «entspricht inun.:oflenbar -dem Multifidus 'spinae,' "wenngleich die von einem» ‘Querfortsatze kommenden 'Fascikel sich nieht än '3:Dorufortsätze verbreiten, ‚wie beim’ Menschen, 'auch' nielit !än 2}; wierbeim: Hunde:und ändern‘) sonderm nur an Einen -Dornfortsatz -treten.! Die Fas- eiket der'tiefen Muskelschicht sind ebenso’ ansehnlich; als die oberflächlichen; sie entspringen nur’ won’ den: Querfortsätzen des 2-41. Rückenwirbels; und heften sich: immer..an den Bo- gen des vorhergehenden Wirbels. Sie stellen also.die,Rota! tores dorsi vor. Die Interaccessorii in der Lendengegend und hintern Rückengegend sind’ wicht" ansehnlich. — Bemerken muss ich noch, dass ich am ‘Halse: bisızum dritten Rückehwir- bel herab keine Faseikel des Multifidus fand... Ob der Muskel hier wirklich fehlt; / wage ich nicht 'geradezu zu ‚belianpten, weil ich das Thier nur auf der.einen: Seite untersuchen konnie. Bei einem jungen Aguti waren die Rückendrehen schr deutlich. Zwischen dem 4. und 2. Rückenwirbel finden sich 134 nur'Spuren des Muskelss klein‘ist.ier, zwischen dem 2, und 3. Wirbel; gross|zwisclienidein 3—5:; zwischen den: folgenden Wirbel sind-die-Mnskelü wieder kleiner. ! Die Interaccessorii an dem’ Lenden und: iinten ami, Rücken sind gross. vo'Alsosauch beilden Nagern: finden ‚sich die Rotatores- ui aber nur.än'dew’ächten Rückenwirbeln. syrotsiofl. mh. d ‚Edentata., ar ı Sie Kommt ighe nicht untersuchen; - noegyib.dal-d Fa Be rn DE er 2 ER zn NE N 1" Bein P fer definden.'sieh' in der! Rückengegenil nirgends Muskelfäsern,; die»vomi ‚Querfortsatze: eines! Wnbels schief an den!-Bogenrdes nächstvordern gingen. ur . \n$ehwein. Ich untersuchte.ein eben shremniEhieh und Io verwündert;(“als lich Rückendreher zu finden, vermeinte, die, wie lich aus: der! Analogie |mit 'dem vorher untersuchten Pferde schloss,ı fehler! müssten}: Nach Entfernung «des: Multi- fidüs «spinaeonämlich;; dessen Fascikel»von' je einem Querfort- satze' zu 2: Dornfortsätzen gehen;erschienen. Muskelfasern, die sich van dies Wirbelbogeh (hefteten.: «Als ich-indess,tie, Leva- tores‘costarum /unid: d&n «Multifidus ‚spinae,'genauer.; von ‚den Knöchen lösteyı/sahr ich}; dass «diese Fasern: niclit: vom. Quer- fobtsatze;| sondern: vom: Rippenhöckerchen eier Isie, 8% hörten mithin) zund Intercostalissexternus, »' 19 > -o Die ER habewi älso wohl‘ allgchait beine Rük- kendrehier,o.l; ollo Sie “el i di r% ysialan nf j 1. Ruminantie. a. ‚Te häbe nu ‚beim- Kalbe nach dei -Rückendrehern ge kin aber vergellioli. «Bei der grossen'Aehnliehkeit der, Rük- keriwirbelpartiei beisden ! verschiedenen’ VE Sn ich} dass die) Rotätores' rich lu } la asdsıhuodsiisl-aib any iteryd lasia aobail lduirusasil hu 135 I aid Cetacea. rt „ Aus;Rapp’s.*) Beschreibung der Rückennnuskelu der Ce: laeeen ‚erliellt satlsam; ‚dass ‚die Celaceen keine, Rückendreher besitzen, } (uam si N Ich: glaube also Ben zu haben, dass an nn Wir, belsäule des Menschen (und vieler Säugetliere) ‚besondere Rük- kendreher nöthig sind ‚und, auch wirklich gefunden‘ werden; Da nun bloss Albinus mit ‚bestimmten Worten ‚als/einen Theil des Multifidus.'spinae ‚Muskelbündel. beschreibt, .die‘,von. ‚einem Querfortsatze. zum. Bogen ‚des vorhergehenden . Wirbels gehen, den Verlauf: .dexselben, aber, ganz anders angiebt, als er,an den Rückendrehern sich ‚findet; ‚da. ferner. in dem zootomischen Schriften nirgends Faseikel des Multifidus beschrieben‘ werden,, die’ in der Rückengegend von einem, Querfortsaize, zum.Bogen des, votliergehenden Wirbels ‚ gingen:; ‚so, glaube ich, dass. die von) mir..beschriebenen ; einzelnen Muskeln 'Fascikel 'sind,. die nicht .etwa.bisher als Theile des Multifidus' betrachtet, wurden, sondern‘,den Anatomen ‚bisher ganz unbekannt ‚waren, ‚und dass ich. diese an den Rückenwirbeln (des Menschen und meh- rerer Säugetliierordnungen vorkommenden Muskeln wegen ihrer. Wiikung mit vollem RechteRückendreher KBplebrce dorsi) genannt habe, ; 9b L:uio " Keen Ich Decie mich, 2: Punkte, in der nen Abhand- lung zu berichtigen: 1) Prof. Arnold halte die Gülg, mich ; in Freiburg; darauf, aufmerksam zu machen, dass die den Rolatores dorsi. zugehö- rigen Fasern bei Sabatier als Theile des Multißdus mit be- *): Die Cetaceen. ‚8. 80 136 schrieben werden. Ich verschaffte mir daher Sabatier’s Trait& complet d’Anatomie. 3me ed. 1791, und fand im ersten Bande Folgendes über den Multifidus spinae: Sabatier un- terscheidet einen Lenden-, Rücken- und Halstheil dieses Mus- kels (die Semispinales unterscheidet er nicht davon), und be- merkt von allen 3 Theilen, dass sie sich an die Dornfortsätze ansetzen et A'toute'la'longeur du bord inferieur de Pare posterieur des vert&bres. Obwohl nun Sabatier indem’ Abschnitte über Osteologie nirgends einen are’ poste- viear der Wirbel’ erwähnt, sondern 'nur immer von’ einer por- tion 'aniiulaire 'zur Bezeichnung des Bogens redet,'so kann die angeführte'Stelle ‘in der Myologie doch nur so’ verständen wer- den, dass’ die Anheftung der‘ Rotatores’ dorsi darunter 'begrif- fen ist" Die fraglichen‘ Fasern’ in 'der'Lendengegend können nur auf’ die Interaccessorü bezogen werden. 2)' Neuere Untersuchungen haben mich belehrt," dass ich ganz irtig- die Gegenwart’ des Multifidus spinae am Halse der Ratte in Frage stellte; der Muskel’ ist 'auch hier vorhanden. — Ich bemutze übrigens diese Gelegenheit, um 2 osteologische Nötizen "über (die Ratte mitzutheilen, die auf'mehrfacher Un- tersuchung 'berahen, und also 'besser begründetsind, als’die nur auf Einer’ Seite vorgenommene Untersuchung ‘des Multifidus: Am Processus spinosus des zweiten Rückenwirbels sitzt beweglich ein besonderes kleines Knöchelchen. Die Dornfort- sätze fehlen den untern Halswirbeln und dem ersten Rücken- wirbel. Am zweiten Rückenwirbel ragt plötzlich ein Dorn- fortsatz senkrecht hervor, der sich in Form und Grösse von den folgenden unterscheidet. Diese sind von beiden Seiten plätt" gedrückt, der des "zweiten Rütkenwirbels’ ist rundlich; jene endigen zugespitzt, dieser schwillt an der Spitze an, na.! ıientlich in querer Richtuiig, so’ dass der''ganze Fortsatz einem Röhteiiknochen"ähnelt. ‘An der angeschwollenen Spitze'sitzt nun vorn die Basis 'eines "dreiseitigen," platten‘ Knöchelehens von 14—24 Linien Länge; es liegt horizonlal, wendet nüm- lich seine Spitze dem Hinterhauptsbeine zu. " An seiner untern 137 Fläche sitzen 2 starke Sehnenstreifen, die sich mit dem an- dern Ende in der Mitte des ‚Bogens des ersten Rückenwirbels und des siebenten Halswirbels befestigen, also den Dornfort- sälzen ‚dieser Wirbel zu entsprechen scheinen und ausserdem in die Fasern ‘des Lig. nuchae' übergehen.''' Das’ Knöchelchen ist durch Fasern dergeslalt am Dornfortsatze befestigt, dass sieh seine Spitze‘ in geringem Grade aufwärts und niederwärts bewegen kann. Bei,:der Versammlung, der Naturforscher i in, Jena er- wähnte Schultze von Greifswalde kleiner Knöchelchen, die bei mehreren Säugethieren auf den Processus spinosi von Rückenwir- beln ‚sässen. Es ist mir nicht mehr erinnerlich, ob er die Ratte in dieser Beziehung genannt hat, wenigstens hat er keine abweichende Richtung dieser Knöchelchen von jener der Dornfortsätze erwähnt, und deshalb möchte ich vermu- then, dass ihm die Bildung der Ratte unbekannt war. Eine, so viel mir bekannt, bisher noch ganz unbekannte Verbindungsweise findet sich an der ersten Rippe der Ratte. Das stark vorspringende Tuberculum dieser Rippe ruht näm- lich in einer Gelenkhöhle, zu deren Bildung der Querfortsatz des siebenten Halswirbels und des ersten Rückenwirbels gleich- mässig beitragen. Der Querfortsatz des siebenten Halswirbels ist dünner aber länger als der des ersten Rückenwirbels, das Ende des letztern stösst an den hintern Rand des erstern, und das Tubereulum costae verbindet sich nach dem Rücken zu mit dem ersten Rückenwirbel, nach vorn mit dem siebenten Halswirbel. Ich bemerke zum Ueberfluss, dass ich zufällig noch keine weiblichen Rallen wegen dieser zwei Punkle untersuchen konnte, 133 ua ab Kamsalsiz ib: „ulertamuılsd Shin: Eike art a 24 ‚der Kuj Mill 2 ur-sburt wir ut ab a aa a Kupfertafe sodoie 20h bau Pal Ve" enthält’die Darstelläng\der Rotatores dörsi"bei 'einem {firheisen, Mädeben.„(Bter.‚Eallds uächoeinen: ıvogt,IHestp ‚Beuk» on oeimar ın na cher Grosse Zelerli n Zeichnung. . uglei 05 nterarensofn ulabalee TzaRliie." dena pünhe Mich & i Kae ee an ie Wirbelhue von hitten "nd Eakk Ini REN Ra Vo nen fen rd in ih „anlsladsön A anichl ablarrlisn) 107 Fall dot alınkiv ws 107 jzomigp anassortl ob Io srauhtogus® urıyıdun si 19 de walsikraueirs alone Ioir el Jar al > aaa load 3 Ih onnieginayr „ni Iusenos „znmlass veowih ni one To or oslarsönrd mei Suurtdank dbnarbsiswis nis. smmsr li shlsöm Hadeshb bie Aedöven sutianelundebssb ce Jansdaden vital ob znbil sib audi aanhb smıls shnelodns ae As Tode Anninzlodı sa beim oa id Sem mb sggihE meins nolr un ala tobuit seinvregenbeiden'/ mie Alm oygiik manib ulammdat abımmgnergandr Finlehenti stskwelnsut > ob uuhlil ornb ne „ahnen on et are ae en oh Ban die ade id Art Fon iron an oh ee ehe alias fa iso) kt buu „umotam zohthrnii test br Aero hn ie land Ka ae ia dobakkur onlenn menden Tran io wor denn sd ddl nor oh Jsdhiiveriali soluodasa ul nie leur Ir sanitnsdo/ uns sind nadlonasheın sidanl is zo 1nguwr ee ‚hut A “ 0» ge Ueber 7, die Scheiden der Gänglienkugeln und I deren . „Fortsetzungen. jr ' Von | ' »G, VALENTIN. | Mu En (Hierzu ' Taf. 'VI.)' ion In meiner; Abhandlung über den. Verlauf, und. die lelzien En- den der! Nerven. hatte ich ‚mitgetheilt, ‚dass, in den peripheri- schen‘ Ganglien die Ganglienkugeln. von; besonderen Scheiden eingeschlossen werden, wie, auch ‚die, Primitivfasern der peri- pherischen. Nerven «zellgewebige| Scheiden besitzen; , Remak, welcher. die Untersuchung \der Ganglien ;wiederholte,, ‚behaup- tele dagegen, dass. jene Scheiden .der Ganglieukugeln nieht exisliren *); ‚dass, aber von diesen selbst eigenthümliche, sehr durchsichtige, gleichsam gallertartige, feine Fasern, welche auf ihrer Oberfläche Längslinien ‚zeigen, ‘sich leicht in sehr feine Faden. 'auflösen, ‚sehr ‚oft mit ‚oyalen: Knötehen bedeckt sind und ‚runde oder ‚ovale; selten) unregelmässige, einfach oder mehrfach gekernte Körperchen, auf sich.haben, ausgehen. ; Der alten, besonders, Biehat’schen Theorie der ‚organischen Wir- kung des N. sympathicus gemäss, nannte er diese Fasern or- *) Obsery. anat. et microscop. de nervosi systemalis: struclura. Berol, 1838. 4. p. 10. 140 ganische*). Durch diese Angaben abermals angeregte specielle Untersuchungen belehrten mich aber bald, dass meine Beschrei- bung einer Scheide der Ganglienkugeln vollkommen richtig war, dass diese mit den von Remak beschriebenen organi- schen Fasern, welche mit den Ganglienkugeln in keinem un- mittelbaren Zusammenhange stehen, identisch ist, und dass die Knötchen für diese Scheidengebilde nichts weniger als cha- rakteristisch sind, da sie zu denjenigen Epithelialformationen gehören, welche ich horizontal fadig aufgereihte nenne, und die auf der Oberfläche aller Taserigen Gebilde des Körpers im ausgebildeten, ‚Zusfande ‚vorkommen **).,\, Nachdeni.,ich ‚dieses publieirt, erhielt ich die dritte ‚Auflage der zweiten Abtheilung des ersten Bandes des HWandbuches der Physiologie von J. Mül- ler. Ilier fand ich die von dem Verf. ***) gemachte Beobach- tung, dass die grauen Fäden; : welche von dem Ganglion su- premum N. sympathieijzu ‚dem ‚N. trigeminus und abducens bei dem Kalbe verlaufen, grösstentheils aus jenen angeblichen organischen Fasern und aus schr wenigeti Nervenpriimitivfasern bestehen. Ich wiederholte diese Beobachtung sogleich beileinem jungen Pferde und’ fand sie, )so''weit'die "angeführten Worte reichen, vollkommen’ bestätigt," erkannte ‚aber auf-derStelle jene 'ängeblichen organisellen Fasern "wieder (als dieselben, 'wel- che auch” die 'Scheiden der" Gänglienkugeln zusammensetzen. Ich "ging deshalb an eine abermalige, ‚systematisch verfolgte Untersuchung, deren zn mir ‘das ganze Verhältnis klar mächten. "mn ‚sihlaiakoumd Atısser den ‘durch die Knoten‘ des N. sympathieus! und>an: dere Körperganglien hitidurchgehenden * Nerveniprimitivfaserh bilden 'bekänntlich die "Gänglienkugeln''den ' wichtigsten Be 'Standtheil jener Anschwellungen‘ "Diese sind'überall von röthr lich gelber Farbe "und' erzengen'stels die 'röthliche Färbung *)l.cp. 9. **) Jkepert: II. 8.76: ” weorsiant 39 16 „rad +]. c S. 678. Org 14 der Knoten; so dass diese mit der Menge der enthaltenen Gan- glienkugeln in gleichem Verhältnisse steht *). Enthält aber ein Nervenstrang eine Menge derselben''so eingelagert, dass sie keine knotenarlige Anschwellung hervorrufen ,.'so machen sie sich schon dem freien Auge durch ihre: röthliche Farbe mehr oder minder keäntlich. Im ausgebildeten ‚Zustande: sind die peripherischen Belegungs- oder Ganglienkugeln im Allgemei- nen rund, oft mehr oder minder platt und selbst münzenartig zusammengedrückt. Doch zeigen sich auch manche abwei- chende Gestalten, wie z. B. tetra@drische, |unregelmässig. vier- eckige (Fig. 1. h i), polygonale, dreieckige, herzförmige (ce); räucherkerzenarlige (d e), nierenförmige, wurstförmige. (A) u.dgl., abgesehen davon dass die kreisformige,oder runde Grund, form die mannigfachsten Uebergänge in'das länglich runde (a), eiförmige: (5), und rundlich-eckige (8) -darbietef. ‚Die‘ 'ergie- bigste Quelle für solche Gestaltverschiedenheiten ‚der-Gäanglien- kugeln ist der Gasser’sche Knoten’ neugeborner ‚oder ‚junger Thiere, wie des Kalbes, des Schaafes, ‚Kaninchens,' ‚Hundes; und dergl. Längliche, nieren- bis ‚wurstförmige: Kugeln‘ finden sich auch fast. constant an dem freien 'lieryortretenden Rande der Ganglien der hinteren Wurzelu der'Spinaluerven des Schwrei- nes, des Hundes und des Kaninchens. . Dass 'viele-Formen mit der individuellen Entwickelung oder den ‘Lagenverhältnissen zusammenhängen, wird bald theils‘ angedeutet,'.theils in: einer anderen Abhandlung ausführlich erörtert werden. Die Hauptmasse der Ganglienkugeln- besteht 'auseineriröth- lichen körnigen Substanz, welche an und für sich einen nicht unbedeutenden Grad von Halt hat, ‚aber bei. irgend. starker Compression bald ‚zerdrückt wird. , Die. körnigen Elemente derselben werden durch ein helles, ‚zähes,.gelatinöses Binde- miltel- offenbar zusammengehalten. Jede Ganglienkugel zeigt *) Es versteht sich von selbst, dass Färbung durch Blut oder aufliegendes, in kleinen Massen ‚gräuröthlich' erscheiüendes Fett als accessorische Momente nicht in Betracht kommen. können; 142 in der Regel’ nur: einen sehr‘ scharfen, hellen, keimbläschen- artigen Nucleus und einen dem Keimflecke entsprechenden Nu- cleolus.: Allein nicht selten im Erwachsenen, und vorzüglich in neugeborenen ‘oder jungen Thieren finden sich mannigfache Ausnahmen von dieser Regel: 4) Der Nucleolus zeichnet sich durch besondere Grösse, verbunden ' mit!»gewöhnlicher,; 'verhältnissmässig bedeutender Dichtheit aus: (Fig. 4: 2) (Ganglion ophthalmieum des Men- schen). g 2) Innerhalb der frei schwimmenden, ‘durchaus nicht ge- drückten' Ganglienkugel zeigt sich ein sehr grosser Jänglicher Nucleus mit einem sehr grossen langen, elliptischen oder spin- delförmigen, diehten Nucleolus (Fig. 1. e) (Ganglia thoraeica N: sympathiei eines alten Hundes). 3)‘ Der ‚Nueleolus ‘ist mehrfach (Fig. 1. a) und zwar zwei- Dis vielfach, 'gleichwie auch der später einfache Keim- fleck' bei’ manchen’ Säugethieren (Katze, Kaninchen) in jünge- ren Stadien der‘ Entwickelung oft vielfach erscheint. 4): Ausser‘ dem Hauptnucleus, der auf der Stelle in die Augen fällt, finden 'sich noch ein oder mehrere keimbläschen- artige Kerne, meist mehr in der Tiefe und minder deutlich älsı der'Hauptnucleus gezeichnet *). '5) 'Zwei ‘oder mehrere Ganglienkugeln sind durch Com- missuren mit einander verbunden. Diese Varietät, welche auch Remak °°) beobachtete, kommt besonders stark ausgebildet bei jüngeren Thieren vor. ' "Wahrscheinlich ist sie ein Mittel- stadium, in welchem 'eine Trennung von der Mutterkugel statt- findet. Allein'auch in’ den erwachsenen Individuen findet man sölche‘ Commissuren'— ein Umstand, den wir weiter unten nochmals berüliren werden. Die Lagenverhältnisse haben auf die Formen der Gan: glienkugeln insofern Einfluss, als an freien hervorstehenden *) ‚Solche Kugeln hat auch Remak Tab. II. Fig. 45. abgebildet. “*) 1 enpid, 143 Rändern der Ganglien, wo, wie in den Ganglien der-hinteren Wurzeln de® Rückenmarksnerven nach einer Seite hin fast nur Ganglienkugeln mit deren Scheiden existiren;' sie fast im- mer rund, oval oder nierenförmig, wo sie von Primitivfasern "umsponnen werden, beinahe stets oval, eiförmig oder schwach tetraödrisch gefunden werden. Wo dagegen die Bündel durch- gehender Primitivfasern einen spitzen Winkel mit einander bilden, keilen sich nicht selten dreieckige oder räucherkerzehen- arlige mit: ihrem zugespitzten Ende in diesen spitzen Winkel lose ein. In jedem Ganglion, oder wo überhaupt Ganglienkugeln vorkommen, liegen diese nicht frei, sondern in faserigen Schei- den (Fig..3.) eingeschlossen. Diese Scheiden umgeben mit den Faserlagen, welche ihre Hauptmasse: ausmachen, jede einzelne Ganglienkugel rings herum, und isoliren sie daher,‘ so sehr es angeht, von jeder benachbarten Kugel sowohl, als von den durchgehenden und umspinnenden Neryenprimitivfasern. Sie stehen aber ‚zugleich unter einander in Verbindung, ‚so dass sich (nach Abstreifung der bald. zu erwähnenden Pllasterku- gelschieht) ein Netzwerk darstellt, in ‘dessen gen sich die Ganglienkugeln befinden: Die Scheide besteht zunächst aus vielen übereinander ge- lagerten Lamellen von Fasern. Die Fasern zeigen hier rück- sichtlich ihrer Schichten dasselbe. Verhalten in Betreff! ihrer successiven Entwickelungsformen, wie in den übrigen zellge- webigen Gebilden des Körpers. Hierunter verstehe ich näm- lich dasjenige Gesetz, nach welchem von aussen nach innen oder von der Peripherie nach dem Centrum hin verschiedene Entwickelungsstadien der Faser in einem Theile des ausgebil- delen Individuums auf einander folgen, nämlich zuerst granu- lirte, den Exsudatkörperchen sehr ähnliche (nur hier kleinere) (Fig. 3.4.a) Gebilde, dann diejenige Form, wo die fadig ver- längerten und verschmolzenen Zellenwandungen dunkele, körn- chenenthaltende, längliche Nuclei zeigen .(hovizontal.fadig auf- gereihte Epithelien), (dann bisweilen Fäden mit grösserer Be- 144 stimmtheit,'der. Umrisse. und sehr blassen oder schon ganz re- sorbirten Nucleis), dann: endlich eine sehr ‘grosse Zahl von eylindrischen Fäden, deren Menge so bedeutend .ist, dass die Schichten der Pflasterkugeln oder Zellenfasern *) nur als sehr dünne Lagen gegen sie erscheinen, daher leicht abgestreift und nur bei gewissen angewendeten Vorsichismassregeln zur An- schauung 'gebracht werden °). Was nun die Scheiden der *) Wie ich sehe, nennt Schwann in seiner mir eben gü- tigst zugesendeten Schrift (mikroskop. Untersuchungen über die Ueber- einslimmung in der Structar und dem Wachsthum der’ Thiere und Pflanzen. Heft 4. S. 74.) dieselben Gebilde Faserzellen. Ich glaubte aber, den Namen Zellenfasern beibehalten zu müssen, weil dasjenige, welches man in der Phytotomie Faserzellen nennt, etwas Heterogenes ist. Die Faserzellenbildung im Pflanzenreiche besteht darin, dass die Zelle sich nicht durch excessives Längenwachsthum zu einem soge- nannten Gefässe: ausdehnt, sondern regulär polyedrisch bleibt, dass ihre primäre Zellenwand an und für sich nicht, verändert wird, sich aber auf ihrer inneren Oberfläche mit ringförmigen, spiraligen oder netzförmigen Verholzungsschichten belegt. Je mehr die Verholzung vor- . schreitet, um so mehr wird hier, wie überall, der Nucleus aufgezehrt. Der Entwiekelungsgang der tbierischen Zellenfasern ist aber, wie das Studium des Embryo lehrt, eia anderer,, wie ihre Form 'auch eine andere. ist. . Die. primären Zellenwandungen bleiben nicht unyerän- dert, sondern verschmelzen longitudinal geordnet in benachbarten Zel- len mit einander und ziehen sich zu Fäden aus, während die gekörn- ten Nuclei länglich werden, anfangs bleiben, so eine Anschwellung der Zellenfaser hervorrufen, und erst, indem sie allmälig aufgesogen werden; die: Möglichkeit eines rein cylindrischen Fadens bedingen. Wahre Faserzellen mit ring- oder spirallörmiger Verholzung sind mir bis jetzt aus der Thierwelt noch nicht bekannt. Dagegen entspricht der netzförmigen Verholzung mit Porenkanälchen sehr genau die Röhr- chenmembran des Flusskrebses und wahrscheinlich auch die Schmelz- membran .des Zahnes. **) ‚Die oberflächlichste Schicht der Pflasterkugeln zeigt ‚hierbei nur die Alternative, dass sie entweder gar nicht oder in ihrer Pfla- sterorganisation deutlich beobachtet wird. In Betreff der Knötchenfa- sern muss man es sich durchaus zur Bedingung machen, sie nur dann anzunehmen, wenn man eine solche Zellenfaser isolirt sieht und diese die Probe mit Essigsäure besteht, d. h. dann ihre Zellenwand sehr 145 Ganglienkugeln betrifft, so besitzen sie auf ihrer äussersten Oberfläche eine dünne Schicht runder körniger Pflasterkugeln (Fig 3.4. a), in Gestalt, Farbe, Aussehen, nur nicht in Grösse den Exsudatkörperchen sehr ähnlich, ‚welche dicht bei einan- der liegen, nicht aber polyedrisch, sondern rund sind und in ihrem Innern einen oder mehrere kleinere Nucleoli enthalten. Ob sie Zellenkernen oder Zellen selbst entsprechen, dürfte kaum zu entscheiden sein, da sie zwar durch ein sehr durch- sichtiges, in geringer Menge vorhandenes Bindemittel zusam- mengehalten werden, dieses mir aber eine Abiheilung in Zel- len noch nicht zeigte; doch ist es aus Gründen, die an einem anderen Orte erörtert werden sollen, wahrscheinlicher, dass sie bloss die Bedeutung von Nucleis haben. Unter diesen Pfla- sterkugeln befindet sich eine Lage von Zellenfasern, deren Kerne sehr bestimmt, etwas länglich sind und Körnchen ent- halten, während die Zellenwandungen fadig verbunden wer- den. Die Kerne liegen auch oflenbar mehr gegen die eine (äussere?) Oberfläche hin und sind auf jeder Fläche der Gan- glienkugel concentrisch deren Mittelpunkt entsprechend gela- gert*). Den Hauptbestand der Ganglienkugelscheide, dagegen, welcher bei allen Arten von Behandlung derselben bald zu hell und durchsichtig wird, ihr meist oblonger Kern dagegen von sei- nen dunkelen Contouren Nichts verliert, und nach Anwendung der Essigsäure nur schärfer hervortrilt. Diese Cautel: ist deshall, uner- lässlich, weil die Schatten von wellenförmigen Biegungen feiner Fa- sern oder von Spalten zwischen denselben den Schein dunkeler Knöt- chen in gröberem und. besonders in feinerem Zellgewebe täuschend machahmen, so dass sie hierdurch ächten Nucleis von sehr unbeden- tender Grösse ähneln. Nur sehr dünne Schnitte, wie sie an den fein- sten Rändern sehr zarter Präparate sich darbielen, können bei diesen deliesten, eine 350—400malige Vergrösserung fordernden Objecten Aufschluss liefern. Die Noduli ovales von Remak sind wahrschein- lich grösstentheils Scheinknötchen; die corpuscula oyalia rotunda, raro irregularia Kerne der Zellenfasern. *) Eine Andentung hiervon findet sich in der Abbildung bei Re- mak ]. c; Tab. I. Fig. 11. Müller's Archiv. 1839. 40 146 Tage kommt, bilden 'concentrische Lagen von sehr feinen‘ ey- lindrischen Fäden, welche sich in Nichts, ‘sei es morpholo- gisch oder chemisch, von jenen feinen Fäden unterscheiden, die jede Muskelfaser, jede Nervenprimitivfaser etc. einhüllen. Um die Ganglienkugelscheiden nach allen ihren Beziehun- gen zu studiren, ist es durchaus notlıwendig, dass man sich mit einem einfachen oder einem Doppelmesser einen so feinen Horizontal- oder Perpendikularschnitt eines Ganglions bereitet, dass derselbe auch ohne allen angewendeten Druck schon durch- sichtig genug ist, um in allen seinen Elementen unter dem Mi- kroskope genau betrachtet zu werden. Der Reinheit der Be- obachtung wegen wähle man am Anfange der anzustellenden Untersuchungen einen Knoten, durch welchen verhältnissmäs- sig wenige Nervenprimitivfasern hindurchtreten. Hierzu eignet sich am besten das Ganglion colli supremum des Kaninehens, des Hundes, des Kalbes, minder das des Schaafes, und nur zum Theil des Schweines und des Pferdes, oder ein Ganglion, wo (die Ganglienkugeln vorzüglich nach einer Seite hin kuge- lig angehäuft sind, wie in den Spinalganglien besonders des Schweines oder des Kaninchens. TZerreisst man dagegen ein dickeres Stück eines Knotens mit zwei Nadeln oder mit an- dern spitzen Werkzeugen, so fallen viele Ganglienkugeln aus ihren Scheiden heraus, und diese stellen sich in ihren Frag- menten als scheinbar eigenthümliche Fasern dar, deren gegen- seitiges Verhältniss, so wie deren Beziehungen zu den ver- schiedenen Fasern der übrigen zellgewebigen Umhüllungen nicht klar werden kann. Da es ohne zweischneidiges Instrument oder ohne Dop- pelmesser nur selten gelingt, einen vollkommenen, in allen sei- nen Theilen hinreichend feinen Schnitt eines Ganglions zu :er- halten, so kann man bei etwas zu dick gerathenen Präparaten mit Essigsäure, die durch Wasser etwas verdünnt ist, füglich nachhelfen. Da dieses Reagens für die erste Zeit der Einwir- kung die.Ganglienkugeln in ‚Form und Lage ganz unverändert lässt, die Fasern der Scheide hingegen allmählig, im Ganzen 147 aber ziemlich rasch. angreift, so wird das Studium der Spe- eialverhältnisse auf diesem Wege möglichst erleichtert. Dass hierzu starke Vergrösserungen mit kurzer Focaldistanz noth- wendig seien, braucht kaum bemerkt zu werden. Bei meinem Schiek-Pistor’schen Mikroskope zeigt sich als die zu .die- sem Zwecke dienlichste Combination Oeular No. 2. und. Ob- jeetiv No, 3. 4. 5, Die netzförmigen Scheiden ‚hören. nun 'aber nicht plötzlich auf, sondern schicken nach den Seiten hin, wo der Knoten in den Nervenstamm übergeht, Fortsetzungen aus, wie ich diese schon aus dem Flusskrebse in meiner Nervenabhandlung ‚ab- gebildet habe*). Diese Processus vaginarum liegen da, wo in dem Nervenstrange Primitivfaserbündel: enthalten sind, zwi- schen diesen. Wo dagegen einzelne Prinitivfasern von einem Knoten zu einem andern verlaufen, wird jede derselben von einer Scheide eingehüllt, welche mit den Ganglienkugelscheiden des Knotens, von dem sie vereinzelt ausgehen, zusammenhängt — ein Umstand, der, wie wir bald sehen werden, die ächten N, molles erzeugt. Die Elemente dieser Scheidenfortsetzungen sind wesentlich dieselben, wie die der Ganglienkugelscheiden, von denen sie auch entspringen (Fig. 2. und 6.). Ihre Haupt- masse besteht aus sehr feinen eylindrischen Fäden, die parallel neben einander liegen, sich, ihrer Anheftungspunkte beraubt, wellenförmig biegen, und überhaupt in dieser Hinsicht analog, wie ‚die sehr feinen Fasern der Specialscheiden der einzelnen Muskelfasern und (der Nervenprimitivfasern verhalten... Auf der Oberfläche jedes gesonderten Faserbündels befindet sich eine sehr dünne Schicht von embryonalen Stadien, .d. h. relativ ziemlich breiten Zellenfasern mit ‘dunkelen, der Essigsäure widerstehenden, länglich runden bis spindelförmigen, im In- nern discrete runde Körnchen enthaltenden Kernen. (Horizontal fadig aufgereihtes Epithelium.) Sich von der unmittelbaren Continuität dieser Scheidenfortsätze, mit den: Scheiden selbst *) Tab. IX. Fig. 81. 10* 148 zu überzeugen, dienen sowohl Knoten des N. sympathicus, vorzüglich des Ganglion colli supremum frisch geschlachteter Haussäugethiere, als solche der Spinalganglien des Schweines, des Hundes und des Kaninchens. Hat man das Verhältniss hier kennen gelernt, so kann man es auch leicht an etwas älteren Leichen wiederfinden. Und so habe ich mich von der- selben Continuität beider Theile an dem Ganglion ophthalmi- cum, so wie an den Gangliüs thoracieis des N. sympathicus des Menschen überzeugt. Die Fasern, welche den Scheiden und deren Fortsetzun- gen.zukommen, befinden sich aber nach Maassgabe der benach- barten verschiedenen Nervenprimitivfasern zu diesen in zwei verschiedenen Verhältnissen. 1) Wo einzelne isolirte Primi- tivfasern von einem Knoten abgehen, oder vielmehr in densel- ben eintreten, wird jede Primitivfaser von ihrer Scheide um- geben, deren Hauptmasse Fasern mit feinen eylindrischen Fä- den bilden, während die äusserste Schicht Knötchenfasern ent- hält, deren Nuclei auf der alleräussersten Lage dunkeler, an der inneren heller, mehr resorbirt sind. Dieses ist der eigen- thümliche Fall, der bei den Verbindungsästen des Ganglion supremum N.. sympathiei mit‘den Hirnnerven eintritt. ; Hier nämlich befinden 'sich die Nervenprimitivfasern keinesweges stark bündelweise beisammen, ‚sondern verlaufen entweder ganz isolirt, oder liegen nur in sehr geringer Zahl bei einander, ehe sie in den obersten Halsknoten des sympathischen Nerven ein- treten. Jede Nervenprimitivfaser besitzt aber ihre eigene fase- rige Scheide mit allen ihren eben geschilderten Attributen, um so von den anderen Fasern gesondert zu werden. Daher ent- steht im Totaleflfeet für das freie Auge das graue Anschen, die Weichheit, die leichte Spaltbarkeit. Unter dem Mikroskope lassen sich die einzelnen Fasern sehr gut unterscheiden, a) durch ihre dunkelen Grenzlinien, und b) durch ihre äusserste Lage von Knötchen- oder Zellenfasern. 2). Der aus dem Ganglion hervor- oder in dasselbe eintretende Nery bildet Nervenprimi- tivfaserbündel. Hier, wie überall, steigert sich die Stärke der 149 Scheidenumhüllung in gleichem Grade wie die Aggregation stärker wird, d. h. die feinsten Scheiden mit feinsten Schei- denfäden haben die einzelnen Primitivfasern, stärkere die fei- neren Bündel u.s.f. Es ist bekannt, dass in gleichem Maasse als die Scheide, auch die Zellgewebefasern stärker, straffer und fester werden. Die mit ihren feinen Fäden versehenen Scheidenfortsätze gehen, wie man auf feinen Schnitten sehr deutlich sieht, zwischen den Nervenbündeln eine Strecke weit fort, und verschmelzen dann wahrscheinlich allmählig mit den Scheiden der feinsten Nervenprimitivfaserbündel, deren Fäden dieselben morphologischen-und chemischen Eigenschaften be- silzen. } Die mannigfachen Scheiden, welche sich in den Elemen- tartheilen des Nervengewebes vorfinden, und in ihren Elemen- ten um so feiner sind, je kleiner das Nervengebilde, welches sie einschliessen (also am feinsten an den einzelnen Nerven- primitivfasern, stärker um die aggregirten Ganglienkugeln und die feinsten Nervenbündel, stärker um die stärkeren, und end- lich dem gewöhnlichen verbindenden Zellgewebe gleich um die mit freiem Auge sichtbaren Nervenfaseikel), verdecken in vie- len Fällen, selbst bei feineren Schnitten, die in der Tiefe be- findlichen Primitivfasern so sehr, dass deren Erkenntniss un- möglich wird. Man glaubt daher auch bei noch so sorgfälti- gem Suchen zu dem Resultate zu kommen, dass man es nur mit einer Scheide zu tihun habe. Allein ehe man diesen Schluss zieht, ist eine Prüfung mit verdünntem kaustischen Kali durch- aus unerlässlich. Dieses Reagens nämlich macht alle Scheiden auf der Stelle so durchsichtig, dass der Inhalt der Nervenpri- mitivfasern augenblicklich sichtbar wird. Hier überzeugt man sich bald, wie viele Primilivfasern dem Blicke entzogen wur- den, und wie oft in den N. mollibus Scheidenfortsätze, die man nach noch so sorgfältiger Beobachtung für rein hielt, noch eine nicht unbedeutende Zahl von Primitivfasern enthalten. vorzüglich ist dieses Mittel da unerlässlich, wo einzelne Primilivfasern in ihren Scheiden fortlaufen, um auch hier 150 wiederum wahrzunehmen, wie jede derselben ihre dicke Scheide mit ihren bekannten Eigenschaften besitzt. Eben so wenig aber als die Scheiden der Nervenprimitiv- fasern mit deren Inhalte, eben so wenig stehen die der Gan- glienkugeln mit diesen in irgend einem conlinuirlichen Zusam- menhange. Dieses lässt sich durch eine Reihe von Thatsachen beweisen: 4) Die Substanz der Ganglienkugeln und die der Schei- den sind morphologisch verschieden. Die erstere besteht aus einer körnigen Masse, deren körnige Elemente durch ein helles zähes Bindemittel mit einander vereinigt werden. Die Schei- den und deren Fortsetzungen sind aus eylindrischen Fäden, welche bündelweise vereinigt sind, zusammengesetzt *). 2) Macht man einen so feinen Schnitt eines Knotens, dass er ohne Anwendung allen Druckes unter dem Mikroskope zu einer hinreichenden Untersuchung durchsichtig genug erscheint, so zeigt sich zwischen den Ganglienkugeln und deren Schei- den nieht nur keine unmittelbare Verbindung, sondern es exi- slirt auch zwischen beiden ein heller, schmaler (von oben ge- sehen, ringförmiger) Zwischenraum. Wird der Schnitt, wäh- rend man ihn unter dem Mikroskope hat, mit feinen Nadeln zerrissen, so fällt die Ganglienkugel lose heraus, und man überzeugt sich unmittelbar davon, wie frei sie in ihrer Scheide liegt. 3) Beide sind chemisch verschieden. Concentrirle Essig- säure macht binnen kurzer Zeit die Scheiden hell und durch- sichtig, während die Ganglienkugeln erst nach längerer Ein- wirkung heller und mit der Säure imprägnirt werden. Für die augenblickliche Einwirkung bildet wässeriges kauslisches *) Wie alle Zellgewebefasern der Nervenscheiden und die Sehnen- fasern der Sehnenbündel, sobald sie ihrer Anhaltspunkte berauht sind, durch ihre longitudinale wellenförmige Biegung die bekannten Quer- linien hervorbringen, so zeigen sich diese auch sowohl an den freien N. mollibus, als an den Scheidenfortsätzen der Ganglienkugela des N. sympathicus z. B. im Brusttheile des Pferdes, 151 Ammoniak ein schr gutes Prüfungsmittel. Die Ganglienkugeln behalten ihre bestimmte Gestalt, während die Scheiden und deren Fortsetzungen sogleich hell, durchsichtig und in ihren Formelementen weniger deutlich werden. Kauslisches Kali macht zwar auf der Stelle Ganglienkugeln und Scheiden un- kenntlich. Allein hieraus auf Identität ihrer chemischen Be- schaffenheit schliessen zu wollen, hiesse eben so viel ihun, als z.B. Schleim und Eiweiss für die gleichen Substanzen halten, weil beide auf der Stelle in einer Solutio kali caustlici sich auflösen. Von der heterogenen Einwirkung von Terpenthinöl auf die Ganglienkugeln und deren Scheiden wird weiter unten noch Jie Rede sein. Da jedoch Remak sowohl in dem Texte seiner Abhand- lung*), als in der Erklärung der Abbildungen °°) angiebt, dass seine organischen Fasern oder vielmehr die Ganglienkugelschei- den und deren Fortsälze von den Ganglienkugeln selbst aus- gehen, so muss ich hier auf eine Kritik der von dem Verf. gelieferten bildlichen Darstellungen selbst eingehen. Ein kur- zer Ueberblick muss hier ‚selbst den, welcher die Gegenstände in der Natur nicht geprüft hat, belehren, dass R. verschiedene Dinge für Gleiches gehalten. Tab. 1. Fig. 2. stellt einige hö- here Knotenfasern nebst tieferen eylindrischen Fasern der Schei- denfortsätze aus dem N. sympathicus des Ochsen dar. Ob hier ächte Zelleufasern der oberflächlichsten Schicht oder die oben in der Anmerkung berührten Pseudoknötchen gemeint seien, lässt sich nicht entscheiden. Dasselbe gilt von Fig. 3., während in Fig. 4.5 der Verf. offenbar schon ächte Zellenfa- sera vor sich halte. Fig. 6. zeigt einige Scheidenfasern aus den hinteren Wurzeln eines Spinalganglions mit offenbar auf- liegenden Nucleis der äussersten Zellenfaserschicht, wie diese auf jedem Forlsatz, auf jeder Scheide eines Nervenbündels als äusserste Lage zu beobachten ist. Bei Fig. 11.4 ist ollenbar na ") 1 ce. p. 34sg. 152 die Ganglienkugel noch in ihrer Scheide enthalten, da die ein- gezeichneten Knötchen auf der Oberfläche der Ganglienkugel- scheide undentlich concentrisch, die des Scheidenfortsatzes lon- gitudinal verlaufen. Ob D mit A durch eine wahre Commis- sur oder nur durch die oberflächliche Scheide, verbunden ist, lässt sich kaum bestimmen. Das letztere anzunehmen, wird deshalb wahrscheinlicher, weil auch auf dem Verbindungs- strange noch dunkele Knötchen angegeben sind. Was die übrigen Fortsätze der Ganglienkugeln betrifft (Fig. 7. 8. 9. 10.de 12. 13. 14.), so lässt sich im Allgemeinen nur so viel behaupten, dass die scharfen Contouren der Knötchen deutlich zeigen, dass diese ganz oberflächlich lagen. Ob aber die ge- zeichneten Ganglienkugelfortsätze solche seien oder nicht, kann aus den Abbildungen nicht ersehen werden. In Betreff dieses Punktes muss ich mir folgende Bemerkungen erlauben. Hat man einen Knotenschnitt oder ein dickeres Fragment eines Gan- glions mit Nadeln unter Wasser zerrupft, und untersucht nun die in diesem isolirten Ganglienkugeln, so zeigen sich nicht selten solche Fortsätze, wie sie R. abgebildet. Diese sind aber, wenn man weiter prüft, sehr heterogener Natur. 1) Ueberreste der verletzten äusseren oderinneren Schich- " E ten der Scheiden. Diese erkennt man sogleich daran, dass sie entweder Pseudoknötchen bilden, während die Nuclei äch- ter Zellenfasern, wenn diese noch daran sind, in der Höhe, eylindrische Fasern in der Tiefe (oder umgekehrt, wenn das Fragment umgevwendet liegt) sich befinden. Ein Tropfen Am- moniak macht den Pseudofortsatz hell und fast structurlos, während die Substanz der Ganglienkugel selbst scharf zurück- bleibt. Ohne dieses chemische Experiment anzuwenden, sieht man oft, wenn man die Ganglienkugel umkehrt, die Scheide auf einem Theile derselben noch aufsitzen, und den schein- baren Fortsatz noch sichtlich von jener ausgehen. 2) An der unteren, dem Blicke des Beobachters abge- wendeten Seite der Ganglienkugel haftet noch ein Stück der Scheide mit einem Fragmente des Scheidenfortsalzes oder einer I) 153 benachbarten Scheide, und hat sich so umgeschlagen, dass ein Stück des Feizens an dem anderen Rande der Ganglienkugel wieder hervortritt. Eine genaue Fixirung des Focus belehrt hier sogleich, abgesehen davon, dass Umkehrung des Objectes oder Application von Essigsäure oder kaustischem Ammoniak auf der Stelle jeden Zweifel heben kann. 3) Bei beginnender Maceration, welche hier, wie bei den übrigen Nervengebilden, vorzüglich dem Primitivfaserinhalte und anderen feinen Körpertheilen, schon 42—16 Stunden nach dem Tode eintritt, werden die feinen eylindrischen Fa- sern der Scheiden undeutlich, weich, schleimig, erscheinen in ihren Bündeln mehr gallertartig und theils mit feinen Molekü- len besetzt, theils durch Unebenheiten der Oberfläche und die verschiedenen Verhältnisse von Schatten und Licht, das täu- schende Ansehen von solchen hervorrufend. Vermöge ihrer mehr schleimigen Consistenz haften die Scheidenlagen den be- nachbarten Ganglienkugeln inniger an *), und zeigen sich da- her bei gewaltsamer Trennung mit Nadel und Messer frag- mentweise an und auf denselben. Essigsäure und Ammoniak helfen hier am Anfange, später aber nicht, wo dann das Ob- jeet sich zu einer richtigen Untersuchung des feinen Gegen- standes nieht mehr eignet. 4) Wahre Commissuren-Verbindungen erscheinen, vwrenn die andere Ganglienkugel getrennt ist, natürlicher Weise eben- falls als Fortsetzungen. Doch ist gerade dieser Fall unter den eintretenden der seltnere, Am ganz frischen Thiere unter- scheidet sich die ächte Commissur von der Pseudocommissur oder dem Pseudofortsatze, welcher einem Fetzen der Scheide *) Auch die Ganglienkugeln werden allmählig etwas weicher, ob- gleich sie gerade am längsten diesen feineren Einflüssen der Macera- tion widerstehen. Wie man bei vergleichenden Beobachtungen sieht, expandiren sich die Scheiden (durch Wassereinsaugung?) bei eintre- tender Maceration, so dass dann der helle Zwischenraum zwischen Ganglienkugel und innerer Oberfläche der Scheide immer kleiner wird und zuletzt verschwindet, 154 angehört, dadurch, dass jene, wie die Ganglienkugel selbst aus einer granulirten Masse mit einem schr hellen Bindemittel besteht, dass sie keine Nuclei irgend einer Art in sich ent- hält, dass, wenn diese an ihr beobachtet werden, sie auf der äussersten Oberfläche liegen, und dass die ächte Commissur durch Ammoniak eben so wenig wie die Ganglienkugel so- gleich angegriffen wird, dass sie kurz und breit ist, und sich oft an ihrem anderen Ende, wo sie in die zweile Ganglien- kugel übergeht, etwas erweitert zeigt. Die Pseudocömmissur dagegen besteht immer aus sehr feinen cylindrischen, mehr oder minder wellenförmig gebogenen Fasern, welche durch Es- sigsäure und Ammoniak heller werden, zeigt Pseudoknötchen und an der äussersten Oberfläche nicht selten Nuelei der äus- sersten wahren Zellenfasern. Die ächte Commissur wird in feinen Schnitten des Knotens theils frisch, theils nach Behand- lung mit Essigsäure deutlich erkannt. Nach diesen allen und anderen Gründen zeigt sich, dass die Scheidenfortsätze der Ganglienkugeln den von älteren Ner- ventheorieen geforderten Namen organischer Fasern nicht ver- dienen. Denn: 1) fehlen sie in Nerven, welche zu absondernden Drüsen verlaufen, durchaus. So dem R. internus R. laerymalis N. tri- gemini, den Nerven der Mamma ete. Auch lässt sich nach- weisen, dass nach dem, was wir über den Einfluss des Ner- vensystems auf die Ernährungsverhältnisse durch sichere Er- fahrungen wissen, kein Unterschied zwischen den einzelnen Körpernerven dargelhan werden kann *). *) Da ich mich hier auf dem rein anatomischen Standpunkte halte, so übergehe ich die weitere Ausführung dieses Gegenstandes, indem ich ihn überdies in einer anderen Abhandlung (de funclionibus sensoriis et motoriis N. N. cerebralium N. que sympathici), welche noch diesen Winter dem Publicum übergeben werden wird, ausführ- lich erörtere. Vorläufig möge nur die Bemerkung einen Platz finden, dass dort durch Versuche dargethan wird, dass der N. syınpallieus ein Cerebrospinalnerv ist, dessen Verlheilung nach dem von mir ge- 155 2) Giebt es kein Criterium, durch ‘welches sich jene an- geblichen organischen Fasern von anderen Scheiden feinster Elementartheile unterscheiden, da alle diese eine sehr feine Schicht wahrer Zellenfasern auf ihrer Oberfläche besitzen, und in der Tiefe aus Lagen sehr feiner eylindrischer Fäden beste- hen, die bündelweise beisammen liegen, und der augenblick- lichen Einwirkung der Essigsäure etwas mehr widerstehen, als die starken gewöhnlichen Zellgewebe- und Schnenfasern. 3) Stehen die Scheidenfasern der Ganglienkugeln mit diesen eben so wenig in continuirlichem Zusammenhange, als der Inhalt der Primitivfasern mit den feinen Scheiden der Letzteren. 4) Vermehren sich offenbar die Fasern, wenn sie als stär- kere Hüllen dienen sollen — eine Eigenschaft, welche zwar dem gewöhnlichen feineren und gröberen Zellgewebe, nicht aber einem Nervengebilde zukommt. Auch fehlt jedes Zeichen, um jene angeblichen organischen Fasern, sobald sie sich von den Ganglienkugeln entfernen, mit Sicherheit zu erkennen, da die eylindrischen Fasern gleicher Art jede Partialscheide eines feinsten Organtheiles besitzt, und jedes Faserbündel des Zellgewebes, jedes feinste Nervenbündel, jedes feinste Blulge- fäss etc. eine feine Schicht von Zellenfasern auf seiner äusser- sten Oberfläche hat. 5) Sind gerade die Endäste der Nerven, welche aus dem N. sympathieus kommen und grosse und zahlreiche gangliöse Geflechte durchsetzt haben, wie andere Cerebrospinalnerven gebaut. Am deutlichsten sieht man dieses in den zwischen den Platten des Mesenteriums zu dem Dünndarme verlaufen- den Nervenzweigen bei grösseren Thieren, z, B. dem Pferde. Die Primitivfasern liegen dieht beisammen. Auf der äussersten Oberfläche ihrer Bündel befindet sich eine feine Zellenfaser- schicht. Der ganze Bau dieses Nerven weicht aber in allen nannten Lex progressus vor sich geht, und dass die Ganglienkugeln überall, wo sie vorkommen, die gleichen Einflüsse auf die Leitungs- verhältnisse der Primitivfasern der Nerven ausüben, 156 Beziehungen nicht im geringsten von einem anderen Körper- nerven, z. B. dem einer Extremität, ab. Ich glaube daher nach allen angeführten Erfahrungen nicht zu weit zu gehen, wenn ich behaupte, dass die angeblichen organischen Fasern ein Product der Selbsttäuschung sind, her- vorgegangen aus dem Bemühen, die Bichat’sche Hypothese von der Selbstständigkeit des N. sympathieus und des Gan- gliensystemes desselben durch eine anatomische Thatsache zu stützen. Dass sie physiologisch unhaltbar sei, haben scharf- denkende Physiologen, wie Ch. Bell *), längst eingesehen, obgleich andere nicht minder ausgezeichnete Forscher nicht nur auf dem Gebiete der Theorie, sondern auch, wie Brachet, auf dem der Erfahrung sich, trotz aller Widersprüche, zu de- ren Vertheidigung verleiten liessen. Es geht hier, wie mit so vielen Hypothesen, welche dunkele Verhältnisse leicht zu er- klären scheinen, und deren factische Widerlegung unendlich schwieriger ist, als deren Vertheidigung, welche durch Schein- beweise oder nicht gehörig gewürdigte reelle Verhältnisse nur zu sehr unterstützt wird. Ein neuer Fortschritt macht ihren Grund unhaltbar. Aber nach diesem negativen Resultate fehlt zunächst ‚noch eine bessere Erklärung, und der ächte Fort- schritt erzeugt hier, wie überall, zwar sichere Ergebnisse, aber mehr Probleme und Fragen, an welche man früher nicht ge- dacht hat und nicht denken konnte. Wie schön erklärten sich nicht die meisten Sympathieen, als man noch annehmen zu können schien, dass alle Theile, welche grössere oder klei- nere Zweige eines grösseren Nerven erhalten, gleichzeitig in Thätigkeit gesetzt werden müssten, sobald ein peripherischer Zweig gereizt würde. Es zeigte sich, dass kein sensibler Reiz in der Peripherie einer motorischen Faser unmittelbar mitge- theilt, sondern dass diese nur durch Reflexion in Hirn und Rückenmark affieirt werde. Jene unmittelbare Erklärung fiel. *) Phys. u. path, Unters. d. Nervensyst. Uebers. v. Romberg. S. 6.7. 157 Die Anschauung der Reflexionsthätigkeit war gewonnen. Aber wie viele Probleme liegen eben durch diesen Fortschritt noch ungelöst und harren der endlichen Erklärung, bis wir die Fa- serungen, bis wir die Leitungsverhältnisse des centralen Ner- vensystemes kennen gelernt haben werden! Eben so ist es freilich leicht, dem N. sympathicus alles zuzuschreiben, was uns an den unbewussten Empfindungsreizen, den unwillkür- lichen Bewegungs-Aeusserungen und den ungekannten Ernäh- rungsverhältnissen unerklärlich scheint. Allein selbst eine ge- nauere theoretische Betrachtung zeigt uns das Ungenügende einer solchen Annahme. : Anatomische und physiologische That- sachen bestätigen dasselbe, und das Wie der mysteriösen Ein- wirkungen des angeblich selbstständigen Gangliennervencen- trums wagt selbst die Hypotlıese nicht speciell zu erörtern. Es sei mir noch schliesslich erlaubt, über das Gesetz der fortschreitenden Ausbildung, welches an allen Organtheilen des entwickelten Organismus so deutlich wahrgenommen wird, ei- nige Andeutungen hinzuzufügen. Es giebt drei Wege, durch welche. ein Organ oder ein Organtheil zu seinen näheren, entfernteren ‘oder 'entferntesten Organtheilen gelangt: a) Durch eoncentrische Superposition oder Einschachte- lung, d. h. dadurch, dass sich die verschiedenen Organtheile lamellenartig über oder in einander befinden. ' Diese Forma- tion ist entweder eoncentrische In- und Uebereinanderlage, wie in den Häuten des Darmes, der Blase, den Hüllen des centralen Nervensystemes, der Lungen u. dergl., oder sie stellt eine wahre Einschachtelung dar, wie im Auge, in den Eithei- len. Der letzteren Formation liegt die Uridee von Zelle, Nu- eleus und Nucleolus zu Grunde. Aber bei der Menge der ein- geschachtelten Theile, und bei der zeitlichen Verschiedenheit ihrer Bildungs- und Entwickelungsstadien, wird die Deutüng eines einzelnen Organtheiles als Zelle oder ‘als Nucleus oder als Nucleolus relativ, wie wir dieses unter den Geweben schon bei den ächten Knorpeln und zum Theil selbst den Ganglien- 158 kugeln schen. So bildet im ausgebildeten Stadium des Säuge- thier-Follikels, wenn man nur das Ei ins Auge fasst *), der Keimfleck den Nucleolus, das Keimbläschen den Nucleus und das übrige Ei die Zelle; wenn man dagegen den ganzen Fol- likel berücksichtigt, das Keimbläschen den Nucleolus, das Ei den Nucleus und der Follikel die Zelle. Am Auge liefert 'ge- rade dieses Bemühen, die eingeschachtelten Theile auf die Uri- deen von Zelle, Nueleus und: Nucleolus zn redueiren, einen schönen Anhaltpunkt, um die Entstehungsweise von Linse und Glaskörper anschaulicher zu machen. Bekanntlich entsteht die Linse innerhalb der von dem Gehirn ausgestülpten Augenblase als ein sehr grosser runder Körper, um den sich dann als ein schmaler Saum der Glaskörper herumlegt. Dieser wird dann relativ um so grösser, je mehr die Linse sich relativ (nicht aber absolut) verkleinert. Um beide geht eine Zellenschicht und ‚ein, Gefässblatt, welches auf dem Glaskörper mit der Bil- dung der Hyaloidea zusammenhängt, auf der Linse mit der der vorderen gefässreichen Linsenkapselwand oder der Pupillarhaut in, Verbindung 'steht. Diese Zellenschicht (später ‚hyaloidea) entspricht in ‚dem Linsensysteme der Zellenwand, der Glas- körper dem Zelleninhalte, die Linse dem Nucleus, der auch hier im frühesten Stadium der Bildung relativ excessiv gross ist, und später sowohl kleiner wird als der übrige Zellen-In- halt, als auch excentrisch in der Zelle liegt.. Dass diese Deu- tungen, wie die der Metamorphosen der Pflanzentheile, nur allgemeine ideelle Beziehung der Urideen der Formationsver- hältnisse ausdrücken, im frühesten Stadium der individuellen Entwvickelung realiter deutlich zur Anschauung gebracht, spä- ier dagegen nur idealiter dedueirt werden können, ergiebt sich von selbst. b):' Durch Arborisation, d. h.. der Organtheil verästelt sieh, und: setzt diese Verzweigung immer weiter fort, bis er zu seinen feinsten Organtheilen gelangt. Blutgefässe, Lymph- sl *)" Vol auch Schwann !.ve. S. 49. gefässe, mit Ausführungsgängen versehene Drüsen und drü- senarlige Organe. llier zeigt sich das Gesetz der successi- ven Ausbildung in zwei Richtungen im Allgemeinen realisirt: 4) Wie die Organtheile immer mehr durch ihre Verästelung den feinsten Organtheilen zugehen, werden auch ihre Ele- mente dünner oder feiner, und befinden sich auf einer gerin- geren Stufe der Entwickelung. In den Arterien z.B. liefern die elastischen Fasern ‘der Mittelhaut den deutlichsten Beleg für das eben Gesagte. Je mehr nach den Capillaren hin, um so feiner werden die Netze ‚derselben, und die in’ihren Ma- schen liegende granulirte Mittelhaut (Wandung ‚der primären, später abgeplatteten Zelle), um so stärker (unzweifelhaft re- lativ, und vielleicht auch absolut): _Je mehr die mit: Ausfüh- rungsgängen versehenen: Drüsen sich ihren Elementartheilen nähern, um so einfacher wird die Zahl der Schichten ihres Epitheliums, und statt der prachtvollen polygonen Epithelium- zellenlagen, welche wir z.B. noch. in den Kanälen der Mark- substanz der Nieren des Pferdes sehen, nehmen wir in denen der Rindensubstanz eine einfache Schicht von Pflasterkugeln, in deren Interstitien sich eine durchsichtige Masse befindet, wahr. Wie sehr aber dieses allen ausführenden Drüsen ge- meinsame Entwickelungsgesetz durch die 'specielle physiologi- sche Bestimmung modifieirt wird, ohne je ganz zu schwinden, iehren ‘vor Allem die Lungen. Das Epithelium: der Luftröh- renschleimhaut ist bekanntlich ein Flimmerepithelium. : Unter den Flimmereylindern, und senkrecht aufgereiht, stehen über- einander eine Menge von Zellen mit Kernen. Es ist nun’ ganz der allgemeinen Regel gemäss, dass mit fortgesetzter Veräste- lung der Bronchien die Zahl dieser senkrecht aufgereihten Zel- len abnimmt; aber noch in den Lungenbläschen steht ein’ Flim- mereylinder (und kein anderes Entwickelungsstadium der’/Zelle) auf einer oder sehr wenigen Zellen, so dass die Flimmerbe- wegung in den letzten Enden der Zellen noch fortdauert. Die Membran, welche z.B. in den ‘ausführenden Drüsen die Epi- Iheliumlagen einschliesst, besteht‘ aus um so feineren’und um 160 sö sparsameren eylindrischen Fasern, je weiter wir uns den blinden Enden des Drüsenorganes nähern. 2) An einem und demselben Organtheile erscheinen von aussen nach innen oder von innen nach aussen Progressionen 'suecessiver Ausbildungs- stadien. In einer grösseren Arterie, z. B. der Aorta, werden die elastischen Faserneize um so grösser und entwickelt, die in. den .Maschen der Fasernetze befindliche granulirte Haut ist um. so‘ dünner, je mehr wir von innen nach aussen in jeder Faserläge der Schlagader fortschreiten. In den Drüsenausfüh- rungsgängen z. B. der Luftröhre, dem Harnleiter u. dgl. wer- den die Epitheliumzellen ‚der einzelnen Lagen um so vollkomm- ner, je näher diese der inneren Oberfläche des Ductus exere- torius vorkommen, u. dgl. m. €) Durch Juxtaposition oder numerische Aggregation, d.h. dadurch, dass eine grössere oder geringere Zahl von entfern- testen Organtheilen einen entfernteren oder näheren Organ- theil ausmachen: Nerven, 'Ganglien, ‚alle faserigen Gebilde; Fett und Pigment. Hier ist: bei der Kleinheit'der Theile’ und bei der Höhe ihrer individuellen Bildungsstufe das: Gesetz ihrer successiven individuellen Ausbildung schwieriger nachzuweisen. Ob an der Oberfläche eines jeden Ganglienkugelhaufens etwas jüngere Stadien der Ganglienkugeln sich zeigen, als in der Tiefe, ob.die Nervenprimitivfasern, die Muskel- und Zellge- webefasern auf der Oberfläche der‘ Bündel eiwas schmäler seien, als:die in der Tiefe befindlichen, ist bis jetzt durch Un- tersuchung noch nicht: erörtert. Deutlich dagegen erkennen wir. aber das Gesetz an Felt und Pigment. Untersuchen: wir die feinste Fettschicht des Pännieulus adiposus, welche dicht unter der Lederhaut sich befindet, so erscheint sie in einem niederen Ausbildungsstadium. Es zeigen sich die. prachtvoll- sten\polyedrischen Zellen, deren runder, centrischer Kern in seiner Peripherie sehr. deutlich erkannt wird. Seiner ‘Mitte entsprechend, liegt eine grosse runde Fettkugel,: und: um. .diese concentrisch einzelne kleinere Fetikugeln ‘zerstreut. . In’ dem Pigmente,.der Choroidea sehen wir der Substanzlage dieser Haut 161 zunächst eine dünne Schicht, wo das schöne polygonale Epi- thelium celluloso-nucleatum sehr wenig Pigment zwischen Nucleus (Pigmentbläschen) und seitlicher Zellenwand zeigt. Alle individualisirten Organtheile, sie seien nähere oder entferntere oder entfernteste, werden durch Scheiden einge- hüllt, welche aus cylindrischen zellgewebigen Fasern bestehen. Die absolute Stärke der Fasern, welche diese Scheide zusam- mensetzen, richtet sich überall nach der Dignität des Organ- theiles, welchen sie einhüllen; d.h. die Fasern sind am stärk- sten in der Scheide der nächsten, und am schwächsten in der Scheide der entferntesten Organtheile. Für das erste Studium dieses Gesetzes eignen sich vor Allem die arborisirten Organ- theile. Man sieht leicht, wie z. B. die Fasern der Scheide des Ureter sehr zahlreich und gewöhnliches Zellgewebe sind, wie sie in den Nierenkelchen geringer und feiner, in den Me- dullarkanälchen noch feiner, und den Rindencanälchen am fein- sten und dünnsten sind. Selbst an den Schleimdrüsen der Schleimhaut der Luftröhre des Pferdes lässt sich noch diese Differenz der Stärke der Scheidenfasern beobachten. Bei den numerisch aggregirten Organen ist das Verhältniss durchaus dasselbe, nur etwas schwieriger zu beobachten. Die feinsten Fasern haben die Ganglienkugeln- und die Nervenprimitivfa- serscheiden, stärkere nächst höhere Aggregationen derselben, und die stärksten die Ganglien und die Nerven. Leichter als bei dem Nervensysteme lässt sich dieses Geselz an den Muskeln erkennen, wenn man die Scheiden der einzelnen Muskelfasern, kleinerer und grösserer Bündel, vergleichungsweise verfolgt u, dgl. Das eben ausgesprochene Gesetz macht uns das scheinbar so paradoxe Verhalten der N. molles erklärlich*). Wir haben *) Ich beziehe mich hier zunächst auf die Verbindungsfäden des N. sympathieus mit den Hirnnerven, welche wahrhaft diesen Namen verdienen und in frischem Zustande blass, rein grau und ohne Spur von röthlicher Farbe sich zeigen. Rein graue (nicht röthliche) Farbe, Weichheit, Spaltbarkeit sind Charaktere der N. molles. Was man bis Müller's Archiv. 1839, 11 162 oben gesehen; dass ihre Eigenthümlichkeit darin bestand, dass ihre Nervenprimilivfasern isolirt oder zu sehr wenigen verbun- den verliefen. Da sich nun die Stärke der Fasern der Scheide nach der Dignität des Organtheiles, welcher von ihr einge- hüllt ist, richtet, so müssen die, welche einen solchen Ner- venast, der nur aus einem oder einzelnen Primilivfasern be- steht, einschliessen, sehr fein sein, obgleich ihre Menge mehr oder minder’ bedeutend: zu sein vermag, Daher stimmen. sie in Feinheit mit ‚denen der Scheiden der: Nervenprimilivfasern und der Ganglienkugeln ‘überein. Für diese reine Scheiden- natur der N., molles, selbst wenn man ihren Zusammenhang mit den Ganglienkugelscheiden noch nicht dargelhan hat, spricht ausser dem. früher Angeführten noch ein Umstand, auf. den ich schon oben hingedeutet. Nach. den Erfahrungen von Ger- ber und mir dient, das Terpenthinöl gewissermaassen als In- jeetionsmasse für die Nerven. Legt man. verschiedene. Theile theils frisch, theils gekocht, aber vorher sorgfältig, abgetrock- net, in Terpenthinöl, so werden sie. binnen kurzer Zeit durch- sichtig, während die Nerven als, weisse undurchsichtige Stränge erscheinen. Mittelst dieser Methode hat Gerber die End- plexus und Endumbiegungsschlingen in der Haut des Menschen und der Säugethiere u. a. Thl, dargestellt, so wie ich mich derselben bediente, um die Nerven der Embryonen zu studiren. Legt man nun ein Ganglion cervicale supremum N. sympathici mit den von ihm nach oben ausgehenden N. mollibus in Ter- penthinöl, so bleiben die Ganglienkugeln unverändert. Die jetzt nach der Präparation mit freiem Auge als sogenannte weiche Nerven zusammengeworlfen, ist ohne sorgfältige mikroskopische Kritik nicht anzunehmen. Das röthliche Ansehen feiner Nervenfüden kann von A Ursachen herrühren: 4) von enthaltenen Blutgefässen, 2) von eingeschlossenen Ganglienkugeln, 3) von feinen Zellgewebefasern, und 4) vorzüglich, was am häufigsten das röthliche Ansehen hervoreuft, von eng anliegendem Feite, das, wie alle geringen Feltaggregationen. oder auch wie embryonale Fettablagerungen, röthlich aussieht. _ Dass bei Nichtbeachtung dieser Umstände bei feinen Präparalionen viele schein- bare N. N, molles herauskommen müssen, ergiebt sich von selbst. 163 Scheiden derselben so wie deren Fortsätze werden hell und durchsichtig, während die isolirien Primitivfasern in den N. mollibus als feine weisse Striche mit der Loupe oder von in der Nähe scharfsehenden Personen sogar schon mit freiem Auge wahrgenommen werden — ein accessorisches' Faclum zu den übrigen für die Scheidenfortsätze oben gelieferten Belegen. Auch an den Scheiden nehmen wir deutliche Spuren des Gesetzes der allmähligen Ausbildung wahr. Es sind dieses jene schon oft erwähnten Zellen- oder Knötchenfasern, welche sich auf der äussersten Oberfläche befinden und die bisweilen, wie in den Ganglienkugelscheiden, von einer Pflasterkugelschicht bedeckt werden. Wie im Embryo liegen auch hier die läng- lichen, ovalen oder spindelförmigen Nuclei isolirt und abwech- selnd (Fig. 4. 6.), während die Zellenwandungen entweder zu discreten Fasern linear verschmolzen und ausgezogen, oder mehr membranartig verbunden sind, wie wir dieses auch in der Membrana intima der Blutgefässe sehen. Diese beiden For- men finden wir an den Scheiden der Nerven, denen der quer. gestreiften Muskeln, der Organtheile der Drüsen mit Ausfüh- rungsgängen u. dgl. Auf jedem selbstständigen Zellgewebe- bündel befindet sich, es mag zur Verbindung oder zur Schei- deneinhüllung dienen, ein solches horizontal aufgereihtes Epi- thelium, eine solche Zellenfaserbildung. Die Rami minores et minimi der Blutgefässe und die kleineren Lymphgefässe zei- gen au ihrer äussersten Scheidenoberfläche ihre Knötchen oder Zellfasern mit den discreten und abwechselnden, longitudinal gestellten Nucleis sehr deutlich. Endlich werden die Bündel von einfachen Muskelfasern in dem Magen des Kaninchens auf ihrer äussersten (Scheiden-?) Oberfläche von einem prachtvol- len Epithelium celluloso-nucleatum mit Nueleis und Nucleolis eingehüllt, während man auf denen des Darmes nur einzelne Nuclei, wahrscheinlich Zellenfasern angehörend, wahrnimmt. Hierher gehören auch die Zellenfasern, ‘welche jedes selbst- sländige Bündel der N. molles einhüllen, und die milhin nichts weniger als characteristisch für jene Gebilde sind. 44° 164 Der Umstand, dass die zellgewebigen Scheidenfasern immer feiner werden, je entferntere Organtheile sie einhüllen, hängt ebenfalls mit’ Gesetzen der individuellen Entwickelung zusammen. Wenn nämlich die einzelnen Gewebe sich aus dem allgemei- nen Zellentypus individualisirt haben, besteht ihr fernerer Aus- bildungsgang darin, dass sie an Stärke zunehmen, wie wir an den Ganglienkugeln, dem Nervenprimitivfasern, den Muskelfa- sern und den Zellgewebefasern im Embryo deutlich sehen. Und so ist ein feinerer Zellgewebefaden ein niederes Entwik- kelungsstadium, als ein slarker. Erklärung der Kupfertafel, Fig. 4. Manniglache Formen der Ganglienkugeln oder der Ku- an der peripherischen Belegungsformation. a, b, c, d, f, 8; h, i, k. us dem Ganglion Gasseri des Kalbes. e Aus dem Ganglion thora- cicum IV. eines männlichen Hundes. Fig. 2. Feiner Schnitt aus dem Ganglion cervicale supremum N. sympathiei des Kalbes, um das Verhältniss der Ganglienkugelschei- den zu deren Fortsetzungen zu zeigen. Auf der Oberfläche der Gang- lienkugeln sind die Lamellen der Scheide der Deutlichkeit wegen in der Zeichnung hinweggelassen worden. a Die Ganglienkugel. 5 Eine durchgehende Nervenprimitivlaser. c Die Ganglienkugelscheide. d Die Fortsetzung derselben in einen N. mollis (unter dem Mikroskope in umgekehrter Lage erscheinend). Fig. 3. Feiner Schnilt aus dem Ganglion thoracicum II. N. sym- pathici des erwachsenen Schaafes. a Lamelle der Pflasterkugel.. 5 Durchtretende Primtivfasern. c Tiefe Lagen der netzlörmig verbundenen Ganglienkugelscheiden. Fig. 4. Aeusserstes Randstück eines Ganglion eines N. spinalis des erwachsenen Kaniuchens. a Die Ganglienkugeln in ihren Scheiden eingehüllt. 2 Die ab- gestreifte äusserste embryonale Schicht der allgemeinen Hülle des Kno- tens mit ihren Zellenfasern und deren Nucleis. Fig. 5. Schnitt aus einem N. mollis des Plexus maximus caro- ditis des Kalbes. h a Die isolirt durchtretenden Nervenprimitivfasern. 5 Deren dicke Scheiden. Fig. 6. Feiner Schnitt aus dem Ganglion thoracicum Ill. N. sym- pathici des Pferdes. a Ganglienkugel. 5 Scheide derselben. c Durchtretende Primi- tivfaseın. d Scheidenfortsatz. Zur mikroskopischen Anatomie der Relina. (Auszug aus einem Briefe an Herrn Prof. Dr. Carus vom 27. August 1838.) Von Dr. R. Remar. — — Es lässt sich die Frage über die Endigungsweise ‘der Primitivfasern des Selimerven am vordern Rande der. Retina *) nalürlich nicht cher lösen, als bis wir über den Bau der Re- tina selbst eine klare Vorstellung erlangt haben. Diese be- sitzen wir aber bis auf den heutigen Tag nieht. Nach Tre- viranus sollten die Nervenröhren nach innen gegen den Glas- körper umbiegen und dort mit Papillen endigen. Jenes Re- sultat berulte auf dem unbestreilbaren Factum, dass sich in der frischen Reliva aller Thiere stabförmige Körper mit mehr oder weniger starker einseitiger Anschwellung zeigen, welche ollenbar auf der innern Seite der Retina, dem Glaskörper zu- nächst, ihre Lage haben, und dass nach aussen von dieser Schicht von stabförmigen Körpern sieh die radial verlaufenden Nervenröhren unterscheiden lassen. Schon Müller "hat sich darüber ausgesprochen (Jahresbericht f. d. J. 1836. p. XIV. *) Ueber diesen Punkt nämlich halte He. Prof. Carus meine Ausicht zu hören gewüuscht, 166 und Phys. Bd. II. Abthlg. 2. p.316.), dass der Uebergang der einzelnen Nervenröhren in die stabförmigen Körper, und na- mentlich das Wie dieses Zusammenhangs noch zweifelhaft sei. Aus dem, was ich Ihnen hier mittheilen werde, wird Ihnen ohne Zweifel der Zusammenhang zwischen diesen Elementen, wenigstens in der bisher dargestellten Weise, durchaus’ un- wahrscheinlich werden. Abgesehen von der capillaren Ausbreitung der Blutgefässe, die mir keine streng gesonderte Schicht zu bilden scheinen, unterscheide ich, gleich Müller, drei Schichten, eine innerste, aus. den bekannten Stäben oder Cylindern bestehende (Cylin- derschicht), eine mittlere, aus Nervenröhren gebildete, und eine äussere Pflaster- oder Zellenschicht. Die innerste Schicht besteht allerdings aus den stabförmigen, zum Theil papillen- artig angeschwollenen Körpern; allein ein Umbiegen der Ner- venröhren in diese Stäbe habe ich bei aller Mühe nicht beob- achten können. Vielmehr sind diese Stäbe reihenweise der- gestalt an einander gelagert, dass sie sich gegenseitig mit ihren Enden berühren, und mehr oder weniger fest mit einander verwachsen sind. Wenn man ein vorsichtig ausgeschnittenes, mit humor aqueus befeuchtetes Stückchen der Retina eines jungen (wo möglich weissen) Kaninchens ohne allen Druck von der Innenseite betrachtet, so sieht man, wie überaus regelmässige schnurgrade Fasern, die in ihrem Verlaufe häufig Querspalten zeigen, von gemeinsamen Punkten oder Li- nien (wie von Riffen) nach allen Richtungen hin ausstrahlen. Solcher Ausstrablungspunkte oder Linien giebt es sehr viele*). *) Wie aus der Beschreibung hervorgeht, ist Gottsche’s Ver- gleich der innern Schicht mit einem Strohdache unstatthaft. Passender ist der Vergleich jedes einzelnen Feldes von ausstrahlenden Fasern mit einem eben in der Verknöcherung begriffenen Scheitelbeine eines menschlichen Fötus. (Ein genauer Vergleich mit Gottsche's trefl- lichen Beobachtungen, die nur leider wegen der Schwäche des ange- wandten Mikroskops zu keinem sichern Resultat führen konnten, lehrt mich, dass die von wir beschriebenen Ausstrahlungspunkte der Oylin- I 167 Zerstört man diese Schicht mit einer Nadel, so zertheilen sich die Fasern in ihre Elemente, d. h. in die bekannten stabför- migen Körper, die sich durch ihre Steifheit und Brüchigkeit von den Nervenröhren auffallend unterscheiden. Sehr oft sieht man längere Slücke dieser brüchigen Fasern, wie sie sich durch Anstossen an benachbarte Theile an den vorgebildeten Bruch- stellen in die ziemlich gleich langen Stäbe zerlegen. Diese Stäbe zeigen im ganz frischen Zustande (am besten bei Kaninchen) eine höchst auffallende, gewissermaassen willkür- liche Bewegung *), für welche ich nicht einmal in der Wim- perbewegung ein Analogon finde. Beobachtet man nämlich zwei noch mit einander verbundene Stäbe, so sieht man, wie oft plötzlich der eine von dem andern sich zu lösen anfängt, und nachdem er dies durch mehr seitliche "Bewegungen be: werkstelligt hat, schwimmt er unter wirbelnder oder schlän- gelnder Bewegung eine Strecke weit fort, bleibt auch dann wohl auf einer Stelle liegen und bewegt sich, "auf dieser ver- bleibend, pendelarlig hin und her. ' Alle diese Bewegungen sind, wie man sich leicht überzeugen kann, ganz unabhängig von der Bewegung des umgebenden Fluidums, stehen auch nicht, wie ich eine Zeit lang glaubte, in irgend einer Bezie- hung zu der Moleeularbewegurg der kleinen Pigmentkörper- chen, die sich gewöhnlich in der Flüssigkeit vorfinden (auch von weissen Kaninchen, nur sind - sie hier ganz blass); denn sonst müsste diese Bewegung beständig sein und viel’ häufiger vorkommen, während man sie nur an ganz frischen Stäben beobachtet. Diese Bewegung der Moleeularbewegung gleich- zustellen, haben wir gar keinen Grund, weil nicht abzusehen ist, warum nicht andere thierische Elemente von der Grösse der ınit seinen Wirbeln nicht identisch sind, dass diese vielmehr der zweiten Schieht' angehören, Jedoch hat er (offenbar auch jene Aus- strablungslinien gesehen, wie der Anblick seiner Fig. IV. zeigt.) *) Diese scheint auch, wie ich jelzt, im Jauuar 1839, sche, vonMayer bemerkt worden zu sein (die Elementar- Organisation des Seelenorgans. Bonn, 1836. p. 55.). 168 der Stäbe sich gleichfalls bewegen. Auch mit der Wimper- bewegung ist die Analogie nur sehr gering, weil, wenn abge- rissene Stücke von Wimperepithelium fortwimpern, dies nur eine Fortsetzung des früheren Lebensactes ist, bei unsern an- einander gelagerten und ‚verwachsenen Stäben aber an eine Bewegung während des Lebens doch schwer zu denken ist. Selbst aus der Pflanzenphysiologie ist mir kein ganz analoges Phänomen bekannt, denn‘ die Zellenkörperchen, die sich aus- serhalb der Zellen bewegen, thun es auch in ihnen. — Die stabförmigen Körper sind bei den. meisten Thieren an dem einen Ende mit mehr oder weniger starken Anschwellungen (der ‚sogenannten Papille) versehen. Bei den grösseren Säu- gethieren. (Ochs, Schwein) kann man sehen, dass diese Pa- pillen durch eine Querspalte von dem übrigen Stabe geschie- den sind, in welcher sie sich leicht von ihm lösen. Während dieser Lösung bemerkt man zuweilen, ‘wie ein sehr feines, blasses Fädchen aus dem Innern des Stabes in die Papille hin- eintritt. Daher scheinen sowohl die Stäbe als die Papillen, obwohl sie nicht, wie die Nervenröhren, doppelte Ränder zei- gen, doch einen zelligen Bau zu haben. Es wären demnach alle jene Stäbe nichts als reihenweise an einander: gelagerte Zellen, und die sogenannten Papillen mehr in die Breite ge- zogene Zwischenzellen. — Die strahlenförmige Ausbreitung der Fasern liess es vermuthen, und die Beobachtung bestätigt es, dass sich an den Stäben ziemlich oft eine Art von Verzvwvei- gung vorfindet: es sitzen nämlich unter sehr spitzen Winkeln andere mit ihnen locker zusammenhängende Stäbe von glei- eher Dicke auf ihnen auf. Nach‘ aussen vor ‚dieser Cylinderschicht, welche die ganze innere Fläche der Retina, die Eintrittsstelle des Sehnerven nicht ausgenommen, auskleidet (oder bildet), befindet sich die von den Nervenröhren gebildete zweite Schicht. Die Bündel des Sehnerven spreitzen sich nämlich plattgedrückt nach dessen Eintritt in den Augapfel strahlenförmig auseinander, und liegen deshalb je näher der Eintrittsstelle, desto dichter gedrängt. 169 Gegen das zweite Drittheil fangen sie an zwischen sich Ge- flechte zu bilden, indem sie einzelne oder mehrere Röhren un- ter einander austauschen. “Ich habe oft bei den Kaninchen die Nervenröhren bis nahe an den vordern Rand der Netzhaut verfolgen können, wo sie schon sehr vereinzelt verliefen. Wie sie sich aber sowohl in ihrem ganzen Verlaufe, als namentlich am vordern Rande der Netzhaut, endigen, darüber habe ich bisher kaum eine wahrscheinliche Vermuthung, geschweige denn eine sichere Beobachtung. Nur so viel scheint mir ziem- lich gewiss, dass die Nervenröhren nicht auf die von Mehre- ren angegebene Art in die Stäbe umbiegen. Dies geht klar aus der obigen Beschreibung der innern Schicht hervor, und wird schon aus einer Vergleichung der Grössenverhältnisse im verschiedenen Thieren sehr wahrscheinlich. So sind die Pri- mitivröhren der Netzhaut des Frosches vielleicht viermal dün- ner, als die des Kaninchens, und doch sind die Stäbe bei je- nem fast um eben so viel grösser, als bei diesem. Achnliche Widersprüche zeigen sich bei Vergleichung eines Fisch- und Vogelauges u. s. w. (Die nothwendige unmittelbare Beziehung der Cylinderschicht zum Sehen wurde mir beinahe zweifelhaft, als ich neulich bei der Untersuchung des Auges von Helix po- maceus die mit Pigment versehene Scheide, welche im Innern des Fühlers verläuft und sich an der Basis des Auges befe- stigt, aus ganz ähnlichen Cylindern, wie in der Retina der Wirbelthiere sich finden, zusammengesetzt fand; nur hatten die Stäbe keine Anschwellungen an ihren Verbindungsstellen.) — Die dritte Schicht endlich besteht aus grossen Zellen, über welchen die mit Pigmentkörperchen erfüllten (? mir scheinen sie auf der Oberfläche zu sitzen und sich mitunter wimperar- tig zu bewegen) und pflasterartig an einander gelagerten Zel- len der Choroidea liegen. Ich schweige absichtlich von einem feinen zellgewebigen Häutchen, das ich oft in der Zellenschicht beobaclitet, weil ich darüber keine klare Anschauung habe °). — *) In dem halben Jahre, das seit Abfassung dieses Schreibens 170 verflossen, ist über den mikroskopischen Bau der Retina ausser Hen le’s Beobachtungen über die Stäbe in ihrem vereinzelten Zustande nichts bekannt geworden. Die Details, die derselbe über diesen Punkt mitgetheilt hat, stimmen mit dem Obigen ganz überein, widersprechen auch nicht den weiteren Resultaten meiner Untersuchungen. Anmerkung zum vorigen Aufsatz, Von Dr. Hexıe. Meine Beobachtungen stimmen mit denen des Hrn. Remak so weit überein, als mit den Beobachtungen von Treviranus, Gottsche und Müller. Das einzige Neue, was ich aus mei- nen Untersuchungen, die im vorigen Herbste in Freiburg mit- getheilt wurden, an jener Stelle zur öffentlichen Kenntniss zu bringen mich beeilte, um andern Beobachtern nützlich zu sein, ist die Veränderung, welche die ganz geraden und glat- ten Stäbchen durch Wasser erleiden, namentlich ihr An- schwellen in Papillen. In diesem einzigen Punkte stimme ich also mit dem Verf. obigen Briefes nicht überein. Uebri- gens sind es verschiedene Dinge, die Remak als Papillen be- schreibt. Was diejenigen Papillen betrifft, die sich, nach mei- nen Beobachtungen, im Wasser sogleich und selbst im Humor aqueus in kurzer Zeit bilden, so entstehn sie dadurch, dass sich das eine Ende des Stäbchens, und zwar das freie, dem Glaskörper zugekehrte, hakenförmig umbiegt, und dass der umgebogene Theil sich an den geraden anlegt. In Wasser, welches viel Eiweiss aufgelöst hat, schreitet die Veränderung nicht weiter vor, und so sieht das Stäbchen ganz so aus, als ob es an dem einen Ende knopfartig angeschwollen wäre. Dies ist die Papille der älteren Beschreibungen; sie hängt mit dem Stäbchen conlinuirlich zusammen, und ich vermuthe, dass es diese Art von Papillen sind, an welchen Remak den que- ren Spalt, wodurch sie vom übrigen Stab getrennt sind, ver- misste. Wirkt das Wasser im reinen Zustande und rasch ein, so bleibt es nicht bei dem hakenförmigen Umbiegen, sondern das ganze Stäbchen rollt sich zu mehreren Spiralwindungen zusammen, die einander decken und eine durchlöcherte Scheibe vorstellen, wie ich dies a. a. O. bereits erwähnt habe *). *) Bekanntlich hat Ehrenberg eine Schichte von Markkügelchen in der Retina beschrieben, welche er mit den ilırer Farbestoffhülle be- raubten Kernen der Blutkügelchen verglich. Diese Markkügelchen sind eben die durch Wasser umgerollten Treviranus’schen Stäbchen (in den Abbildungen sind sie hier und da noch gemischt mit geraden, 171 Es giebt aber noch eine Art von Papillen, die von den oben beschriebenen wesentlich dadurch verschieden sind, dass sie nicht am freien Ende, sondern an demjenigen Ende der Stäbehen vorkommen, welches in der Substanz der Retina steckt. Man sieht dies deutlich, wenn man ein Stück Netz- haut so faltet, dass ihre dem Glaskörper aufliegende Fläche den Rand bildet, und sie dann leise und allmählig zusammen- presst. Es schieben sich dann die Stäbchen einzeln hervor, und zeigen an dem vorher verborgenen Ende die Bildung, die ich jetzt beschreiben will. Wenn das Auge ganz frisch und das Stäbchen wohl erhalten ist, so läuft dieses Ende konisch zu, zuweilen in eine ganz feine Spitze. So sieht man es meist beiFröschen. Zuweilen bei diesen, und fast immer bei Fischen, verlängert sich die Spitze in einen sehr feinen blassen Faden, der eben so lang oder länger als das Stäbchen selbst ist. Oft sieht man zwischen der conischen Spitze und dem geraden Theil des Stäbehens einen queren Strich, so dass die helle Substanz, die das Stäbchen füllt, hier gerade abgeschnitten zu sein scheint, zuweilen aber reicht sie auch noch ein wenig in die kegelför- mige Spitze hinein. Nach einiger Zeit, und im Wasser so- gleich, verändert diese Spitze ihre Form, der Faden, wenn einer da war, verschwindet, das Ganze verwandelt sich in ein blasses Kügelchen, das breiter ist, als das Stäbchen, und immer deutlich .durglı einen queren Einschnitt von letzierm etrennt. Es scheint also, als ob die Spitze sammt dem Fa- enin densie ausläuft, ‚sich ebenfalls kuglich zusammenrollten, wie das Stäbchen selbst. doch ist es mir bei der Feinheit des Gegenstandes noch nicht gelungen, den. Akt der Umbildung selbst aufzufassen. Dies ist die 2te Art der Remak’schen Pa- pillen. Sieht man die Stäbchen mit den aufsitzenden Kügel- chen frei herumschwimmen, so unterscheiden sie sich von den im Wasser umgebogenen Stäbehen nur durch den queren Ein- schnitt. Die Entstehung aber beweist deutlich, dass diese und jene Papillen ganz verschiedene Dinge sind, an verschiedenen Stellen vorkommen und daher nicht denselben Namen, und überhaupt nicht den Namen Papillen verdienen. Die Bewegung der Stäbchen, die Mayer und Remak beschrieben haben, kann ich für nichts, als Molecularbewegung nur kolbig angeschwollenen Körperchen), und zu der Annahme, dass die Blutkörperchen in den Capillargefässen ihre Schale ablegten, gaben die Zellenkerne Anlass, die in den Wänden der Capillargefisse fest- sitzen. Ich durfte dies nicht unerwähnt lassen, da auf diese Aebnlich- keit Ehrenberg die Theorie gründete, dass die Kerne der Blutkör- perchen selbst zu Nervenmark würden. Die Kügelchen der Thymus unterscheiden sich von den genannten ausserdem noch durch einen deutlichen Zellenkern mit Kernkörperchen. 172 halten. Schon die Form der Bewegung spricht dafür, am meisten aber der Umstand, dass dieselbe nicht bei Amphibien und Fischen, sondern nur bei solchen Thieren vorkömmt, de- ren Stäbchen aussererdentlich klein und fein sind. Allerdings ist die Bewegung um so lebhafter, je frischer das Präparat, aber dies ist mit jeder Molecularbewegung der Fall und lässt sich leieht erklären, da diese von Strömungen abhängt, die durch Verdunstung der Flüssigkeit erzeugt werden, und die Verdunstung um so rascher vor sich geht, je wässriger das Fluidum ist, also während der Betrachtung immer geringer wird. Dazu kömmt noch, dass zunehmende Dichtigkeit des Fluidums auch die Bewegung erschwert, und dass selbst im Humor aqueus die Stäbchen nach geringer Zeit auf die von mir angegebene Weise sich verändern. die Sförmigen Krüm- mungen, welche während der Bewegung die Stäbchen zuwei- len zeigen, vermehren allerdings den Anschein selbstständi- ger Contraction, wenn man, wie Remak, die Stäbchen für steif hält. Dies sind sie aber keineswe;.... Brüchig sind sie und haben dadurch den Anschein der Sprödigkeit, zugleich aber auch sehr weich, so dass sie, von der leisesten Strömung gegen einen Körper, z. B. ein Blutkörnchen, getrieben, sich um dasselbe herumbiegen, wobei sie gewöhnlich in der Quere brechen oder vielmehr durchreissen. Häufig sieht man bei die- ser Gelegenheit eine helle, wie ölige Substanz, die sich zwi- schen beiden Bruchstücken auf dem Objektträger erst ausdehnt, und dann an dem einen Stück hängen bleibt. ganz so, wie wenn sich ein Tropfen öliger oder schleimiger Flüssigkeit durch Druck oder eigne Schwere in zwei Tropfen trennt. Diese austreiende Substanz ist es wahrscheinlich, die Remak für ein feines, blasses Fädchen hielt, das aus dem Innern des Stabs in die Papille trete. Ich bitte jeden, der diesem Gegenstande seine Aufmerk- . samkeit schenken will, die Untersuchungen bei Frosch- oder Fischaugen anzufangen, Bei den Vögeln und Säugethieren sind die Objecte so klein, dass es schon schwierig genug ist, an iesen nur zu bestätigen, was man an jenen mit Sicherheit beobachtet hat. Was endlich das Verhältniss der Stäbchen zum Seliner- ven betrifft, so bin ich zu Schlüssen gekommen oder vielmehr auf dem Wege zu Schlüssen, die gleichfalls mit denen von Remak nicht übereinstimmen. Mir ist es immer wahrschein- licher geworden, dass die Ansicht von Treviranus, wonach die Stäbchen für Fortsetzungen der Nervenfasern gelten, rich- tig sei, obgleich der strenge Beweis dafür noch nicht geliefert ist. Es scheint fast unmöglich, durch Präparation den Zusam- menhang zwischen den Stäbchen der Retina und den Primi- 173 tivfasern des N. oplicus zu zeigen. Um so weniger stehe ich an, einige Thatsachen mitzutheilen, die, wenn auch indireet, für diesen Zusammenhang sprechen, und vielleicht auch andern, so wie mir, zur Aufforderung dienen, den Gegenstand weiter zu verfolgen. Ich habe schon erwähnt, dass die Stäbchen häufig nach hinten in eine Spitze ausgehn, die sich zuweilen in einen mehr oder minder langen Faden fortsetzt. Ich habe noch hinzuzu- fügen, dass die Spitze immer umgebogen ist und der Faden unter einem stumpfen Winkel von den Stäbchen abgeht. Bei den Fröschen gleicht die Krümmung der Spitze ungefähr der einer Langenbeck’schen Staarnadel. Dies würde mit der Annahme von Treviranus stimmen, dass die Enden der Ner- venfasern sieh zu den Stäben umbiegen, wenn man anders die Fäden für Nervenfasern halten darf. Man müsste sich vor- stellen, dass entweder die Nervenfasern fein sind, so lange sie durch die Schichten der Retina hindurch treten, und an der Oberfläche der letztern erst zu den Stäbchen anschwellen, vielleicht selbst nur in diese hineinträten; oder dass bei dem Abreissen der Stäbchen von der Substanz der Retina der hin- tere Theil derselben, vielleicht durch Austreten seines Inhalts, sich in den blassen Faden verwandle. Für die letztere Mei- nung spricht Folgendes: Man sieht unter den Stäbchen, die meistens von ziemlich gleicher Grösse sind, doch auch ein- zelue, die die übrigen an Länge 2— 3 Mal übertreffen. Es ist denkbar, dass dieselben gewöhnlich zwar an einer gewissen Stelle abreissen, dass aber auch zufällig dies Abreissen ver- mieden werden kann, und so statt des Stäbchens eine längere Faser erscheint; dies wird noch wahrscheinlicher durch den Erfolg der Behandlung mit Essigsäure. Diese macht die Stäb- chen de und kräuselt sie, ohne sie jedoch ganz in Scheiben zu verwandeln. Bringt man Essigsäure auf ein Stück Netz- haut und zerreisst dasselbe dann, so sieht man weder grade noch eingerollte Stäbchen unter den Fragmenten, sondern nur lange und regelmässig gekrümmte Stücke von Fasern, der Sub- stanz nach gauz ähnlich den Stäbchen, auf welche Essigsäure gewirkt hat. Darnach scheint es, dass entweder die Essig- säure die Substanz der Stäbehen minder brüchig macht, oder die Masse auflöst, durch welche sie hindurch treten und an deren Grenze sie abreissen; dass die Stäbchen nur Bruchstücke längerer Fasern sind, und dass die Fasern, wozu sie gehören, aus einer Hülle bestehn und einem hellen Inhalt, der sich beim Abreissen entleeren kann, worauf die Hülle als blasser Faden zurückbleibt. So verhalten sich aber auch, meiner An- sicht nach, die Primitivnervenfasern. Ich finde, wie Valen- tin, die sogenanuten animalisehen Primitivfasern, wenn ich sie 174 frisch und ohne Wasser untersuche, ganz hell und farblos, mit einfachen Rändern „ wie kristallen. Da die Fasern ohne Wasser sogleich vertrocknen, so kann man sie nur einen Mo- ment in diesem Zustande beobachten. Bringt man nun Was- ser hinzu, so bleibt die äussere, helle Contur kurze Zeit sicht- bar, im Innern aber bilden sich, offenbar durch eine chemi- sche Veränderung des Inhalts, zu jeder Seite des Randes dem- selben parallele, aber gekräuselte, dunklere Linien, und nach und nach wird der ganze Inhalt so verändert, dass er krüm- lich aussieht. _Comprimirt man nun ein Bündel von Nerven- fasern, so zeigen sich bald, indem die krümliche Masse hie und da hervortritt und sich zu Häufchen sammelt, an den En- den der Fasern, und als Fortsetzungen derselben platte, mehr oder minder breite, blasse und schwach ana Fäden. Diese Fäden hält Remak für den Inhalt der Primitivröhren, für die eigentliche Primitivfaser; mir scheinen sie die entlecr- ten Hüllen zu sein, aus denen der anfangs kristallhelle und später durch Wasser geronnene Inhalt ausgedrückt ist. Es fiel mir zuerst auf, dass Remak’s Primitivband nie lose sich im Wasser hin und her bewegt, sondern immer mit dem freien Ende an dem Glase klebt. Dies ist schwer zu begrei- fen, wenn man es für den durch Druck hervorgepressten In- halt nimmt, erklärt sich aber sehr leicht unter der Voraus- seizung, dass es die leere Hülle sei. Denn wenn man die durchgeschnittenen Primitivröhren zuerst auf den Objeetträger bringt, so erscheint das Ende zugespitzt, klebt in dieser Ge- stalt an das Glas an und bleibt haften, wenn man auch her- nach Wasser zusetzt nnd in demselben die Primitivfaser hin und her bewegt. Ich will indess nicht weiter auf indireete Beweise eingehen; das, worauf es zuletzt und allein ankömmt, ist: zu entscheiden, ob die Conturen des Remak’schen Ban- des in die äussern oder in die innern Conturen der Primitiv- röhren übergehn. Im ersten Falle kann das Band für nichts anders, als die zusammengefallene Hülle gehalten werden. Diese Frage ist nicht ganz leicht zu beantworten, denn in den meisten Fällen legt sich die ausgelretene, krümliche Masse um die. Stelle her, an welcher der Uebergang der Primiliv- röhre in das Band Statt findet. So ist in den meisten Abbil- dungen Remak’s gerade diese Stelle, von deren Untersuchung Alles abhängt, in der geronnenen Substanz versteckt (Obser- vationes anatomicae. Taf. 1. Fig 1.6. Taf. I. Fig. 18.). Indem ich zu meinen Untersuchungen die Nervenfasern so viel als möglich isolirte, und mit einiger Geduld den ausgepressten In- halt immer wieder mit Wasser wegspülte, habe ich Präparate erhalten, an denen der Uebergang der äussern Conturen der Primitivröhren in die Conturen des Remak’schen Bandes unzweifelhaft war. Ich habe dies nicht nur an den Schnitt- 175 enden gesehen, sondern auch oft an kürzern und längern Strek- ken im Verlauf der Fasern. Es wurde deutlich. dass. so wie an irgend einer Stelle (durch Riss der Röhre?) die krümliche Masse heraustrat, das blasse Band übrig blieb und nach bei- den Seiten hin sich wieder zur Röhre erweiterte, in deren Innerm die krümliche Substanz eingeschlossen war. Ich kann hier nur Behauptung gegen Behauptung setzen, und muss da- her Andern die Entscheidung überlassen. Ich bemerke noch, dass die Breite der leeren Hülle, die allerdings anfangs zusam- mengefallen und daher plalt und häulig erscheint, nach län- gerer Zeit allmählig abnimmt, und so das Band oft zu einer unregelmässigen Faser wird. Se war um so unvermeidlicher. dass Remak und ich in der Vergleichung der Treviranus’schen Stäbchen mit Ner- venfasern zu verschiedenen Urtheilen kommen mussten, da wir sowohl über jene, als über diese verschiedener Ansicht sind. Vergleicht man aber die Stäbchen nach meiner Beschreibung mit den animalischen Nervenfasern nach meiner Beschreibung, so wird die Identität beider sehr wahrscheinlich. Beide sind im frischen Zustande kristallinisch, gerade °), mit einfachen Conturen; beide zeigen im Wasser dieselbe. Art Gerinnung, runzeln und krümmen sich (das Zusammenrollen kommt bei den Nervenprimitivröhren nicht vor, aber auch bei den Stäb- chen der Retina nicht, wenn sie nicht ganz kurz sind), beide werden in Essigsäure blass, und ‘wenn ieh vorhin die Fäden an den Retinastäbchen der Fische richtig gedeutet habe. so sind die Stäbehen. wie die Nervenfasern. Röhren. die ihren Inhalt entleeren können. worauf die Hülle als blasses Band zurückbleibt. Ich erwähne noch, dass die längeren Stäbehen der Retina, z. B. bei Fischen, zuweilen auch sich knieförmig umbengen und an den Enden, oder auch an der Umbeugungs- stelle, variköse Anschwellungen entstehn, so wie es an den weichern Nervenfäden der Wurzeln innerhalb der Schädel. und Rückenmarkshöhle häufig beobachtet wird. - Schliesslich ist es vielleicht nieht ganz überflüssig, zu er- wähnen, dass auch Capillargefässe, von der Dicke der Primi- tivfasern, und selbst feinere, zwischen letzteren verlaufen. Sie sind hell und körnig, wie die leeren Primitivröhren, unterschei- den sich aber durch ihre Verästelung und die Zellenkerne in ihren Wänden. *) Die Varicositäten der animalischen Fasern scheinen mir nicht durch die Structur der Scheide, sondern durch die Natur des Inhalts veranlasst zu ‚werden, der, wenn eio Theil auszeflossen ist, sich in einzelne längliche Tropfen sondert. Bemerkungen über die Struktur der Lymphher- zen und der Lymphgefässe. Von Prof. VaLenrtiın. (Aus brieflicher Mittheilung an den Herausgeber.) Ihre interessante Mittheilung in Betreff der Lymphherzen der Krokodile erinnert mich an einige Erfahrungen, welche ich über dieselben Organe neulich zu machen Gelegenheit hatte. Bei der Klapperschlange sind die Lymphherzen im wesentli- chen wie bei Python beschaffen; nur auffallend dünner und zarter, obgleich die Weite des Innenraumes wenigstens eben so gross, wo nicht grösser ist. Dagegen dürfte es nicht un- interessant sein, dass die Grösse der Lymphherzen im reiferen Fötus verhältnissmässig sehr bedeutend ist. In einem unge- fähr 7" Pariser Maass langen Embryo der Brillenschlange be- trug seine Länge 1‘; seine grösste, etwas hinter die Mitte seiner Längenachse fallende Breite 4. Es hatte eine länglich runde, beinahe flaschenförmige Gestalt, war hinten bauchigter und abgerundeter, lief nach vorn schmaler zu und ging hier unmittelbar in das ausführende, ungefähr 4—+'' dicke Gefäss über. Sein Innenraum war vollkommen glatt und liess eben so wenig, als bei Python und Boa Querbalken, eine Art von Trabeculis carneis, erkennen. (Haben Sie solche bei den Or- 177 ganen des Crocodiles gefunden?) Seine Aussenfläche erschien schon dem freien Auge und mehr noch nach schwacher Ver- grösserung scheinbar uneben. Es zeigten sich nämlich eine Menge zerstreuter dunkeler Linien, wie Schatten, so dass ich im ersten Augenblicke glaubte, dass diese Erscheinung von abgerissenen Fäden herrührte, welche das Lymphherz mit der Innenwand des Nebenthorax verbänden. Allein eine genauere mi- kroskopische Betrachtung belehrte mich bald eines Bessern. Die Striche waren nämlich nichts, als in ziemlich. gleichen Distan- zen über die äussere Oberfläche des Organes verbreitete Pig- mentramificationen. Längs des äusseren Randes des Lymph- herzens traten in ziemlich gleicher Entfernung von ungefähr 24 drei relativ starke Lymphgefässstämme ein. An dem in- nern Rande zählte ich mit Bestimmtheit 4 stärkere und meh- rere feinere. An demIlinterrande befanden sich mehrere Fäd- chen, wahrscheinlich ebenfalls feine Lymphgefässstämme; doch konnte ich ihr Lumen nicht deutlich genug erkennen. Aus dem vorderen Rande trat der ungefähr 4" dicke Ausführungs- stamm hervor, um nach vorn und innen zu verlaufen un in die Schwanzvene einzutreten. Die beiden einander kreuzen- den Wauptlagen, so wie die Sphincterschichten um die Mün- dungsstellen der Gefässe, waren überaus deutlich, obgleich noch jüngere Muskelfasern sich neben und zwischen ihnen be- fanden. Es scheint auch hier dasselbe Entwickelungsgesetz, wie bei dem Blutgefässherzen, zu gelten, dass die Natur zuerst die Hauptlagen, diese aber ihrem ganzen Verlaufe nach anlegt, und sie später theils durch Interposition, theils durch Super- position von Muskelfasern vervollständigt. In den vollkommen ausgebildeten Muskelfasern des Lymphherzens waren schon die zierlichsten Querstreifen zu erkennen. Seine Lage ist dieselbe, wie in dem Erwachsenen, inner- halb eines knöchernen Nebenthorax. Der hintere Rand des Herzens befindet sich mit dem hinteren Rande der so bedeu- tend grossen und hervorragenden, runden, wie auf Stielen ste- henden Geschlechtsglieder in gleichem Niveau. Büller's Archiv. 1839 12 178 Bei 24” langen Embryonen von Python tigris, wo nach aussen von den grossen Geschlechtsgliedern kleine, aus Rumpf. und Endglied bestehende Extremitäten vollkommen frei liegen, fand ich über diesen letzteren ein Säckchen von 4'" Länge, und ungefähr 4 Breite, welches wahrscheinlich das Lymph- gefässherz war. Es lag in einer Art von Nebenthorax, des- sen innere Rippenwand sehr dicht, dessen äussere dagegen noch weich war. Es hatte eine prismatisch rundliche Form, war nach hinten breiter, nach vorn schmäler, und ging hier in den Ausführungsstamm über. Zu seinen beiden Seiten, so wie an dem hintern Rande, gingen dünne Fäden hinein. Diese bedeutende Ausbildung des Lymphgefässsystemes der Embryonen dieser Schlangen steht mit dem, was man bei dem Menschen und den Säugelhieren sieht, im Einklang. Schon bei Embryonen von 3—4“ Länge finden wir längs der gros- sen Gefässstämme des Halses, des Unterleibes u. dgl. Lymph- drüsen in reichlicher Menge, die unter dem Mikroskope die schönste Verknäuelung der Lymphgefässe, die man auch so im Erwachsenen vortrefllich sieht, zeigen. Sollte vielleicht das Lymphgefässsysiem bei den vielfachen Resorplionsprocessen, welche die Ausbildung der Embryonaltheile begleiten, eine wesentliche Rolle spielen. Nach der so frühen bedeutenden Ausbildung dieses Systemes im Embryo, wo man die grösse- ren Hauptstämme des Halses im Rinde bei einer Körperlänge von 5“ schon deutlich erkennt, dürfte diese Hypothese nicht unwahrscheinlich sein. Auch in Betreff der Lymph-, oder vielmehr der Chylus- gefüsse des Erwachsenen, wird mir eine von den gewöhnlichen Vorstellungsweisen etwas abweichende Annahme seit einiger Zeit immer wahrscheinlicher. Man denkt sich im Allgemeinen, dass der Chylus unmittelbar von den Lymphgefässen der Darm- zotien aufgenommen werde. Ja diese Vorstellung machte es noihwendig, dass man durch Versuche nachweisen musste, dass auch die Blutgefässe hier aufsaugen könnten. Allein eine ge- naue Betrachtung des Baues der Darmzotten dürfte die Sache 179 etwas anders stellen. Jede Darmzotte hat nach aussen ihr Epi- thelium, welches ein fadig aufgereihtes Cylinderepithelium ist, d. h. ganz an der Oberfläche liegt der Cylinder und unter ibm mehrere andere Epitheliumzellen fadig verbunden. Die innere Grenze des Epitheliums ist durchaus scharf und mit einer bestimmien Grenzlinie von der innern Darmzottensub- stanz gesondert. Diese besteht aus einem feinfaserigen Ge- webe, welches in sich zunächst nach aussen das bekannte so zierliche Blutgefässnetz enthält. In dem Centrum erst verlau- fen die Anfänge der Chylusgefässe und werden so nach aussen von den Blutgefässen umstrickt. Sehr schön gelingt dieses in den Darmzotten frisch getödteter und unmittelbar oder kurz vor dem Tode gefütterter Kaninchen zu sehen. Die gefüllten Chylusgefässe erscheinen als weisser Streif, der rund herum von den Blutgefässen umstriekt wird. Hier ist aber der An- fang der Chylusgefässe nicht deutlich zu beobachten, da der centrale weisse Sireifen nach oben gegen den Anfang der Darmzotte hin undeutlicher wird. Mehr scheint eine andere Beobachtungsmethode zu leisten. Werden ganz frische Darm- zotten eines eben gelödteten Thieres, vorzüglich des Pferdes, mit einer verdünnten Lösung von kaustischem Kali behandelt, so bleibt das Epithelium unverändert. In der Mitte der Darm- zottensubstanz selbst aber zeigt sich eine eigene Erscheinung. Man sieht auf den ersten Blick unter der Spitze einen grossen kolbigen Körper, von dem nach der Basis ein bis zwei Ge- fässe abgehen. Das Ganze ist sehr dunkel und mit trüben Körnchen dicht gefüllt. Betrachtet man den Kolben genauer, so sieht man, dass er nicht durch und durch fest, sondern ein Netzwerk ist, und entweder plötzlich oder allmählig in die nach der Basis der Zotte verlaufenden Gefässtämme übergeht, Es ist nicht anders möglich, als dass diese Theile Blut- oder Lymphgefässe seien. Gegen diese erstere Deutung spricht der Umstand, dass, wie man bestimmt sieht, die Darmzottensub- slanz nicht im mindesten einschrumpft, und dann doch bei dieser Aunalıme die Blutgefässe von der Peripherie der Darm- 12° 180 zoltensubstanz riach dem Centrum wandern müssten. Sind es vielleicht Lymphgefässe? Und wäre das genannte Verfahren ein Mittel, um die Anfangsnetze der Chylusgefässe in den Darm- zotten leicht zur Anschauung zu bringen? Wie dem aber auch sei, so steht das Factum fest, dass in der Darmzotte das Chy- lusgefüss bei seinem Anfange von einem feinsten Blutgefäss- netze eben 'so umstrickt wird, wie der blinde Anfang eines Drüsenganges. Ist nicht vielleieht aber der physiologische Her-, gang ein ähnlicher? Dringt das Aufgelöste des Chymus in die Blutgefässe, und sondern diese in der Darmzotte in die An- fänge der Milchgefässe den Chylus hinein ab, wie in die blin- den Enden der Speicheldrüsen den Speichel? Wie auch der Chymus beschaffen sei, so ist der Chylus immer dasselbe ei- genthümliche Product, und hat höchstens eine grössere oder geringere Zahl freier Oeltropfen in sich. Seine äusserst fei- nen, unter dem Mikroskope wahrnehmbaren Körnchen , seine weisse Farbe:u.: dergl. sind immer dieselben, welche Nahrung auch genommen worden. Stellen wir uns vor, dass die Chy- lusgefässe unmittelbar aufsaugten, so haben wir zur Auffassung dieses Herganges auch nicht den geringsten Fingerzeig. Den- ken wir uns, wie es anatomische und physiologische Facta unterstützen, den Milchsaft als ein Secret aus dem Blute nach Art der Drüsensecrete, so bringen wir das wunderbare Phä- nomen wenigstens auf die Desiderationstafel des inneren We- sens der Drüsenabsonderung und haben ‚so einige Analogie. Doch um wieder zu den Lymphherzen zurückzukehren, so machen ihre quergestreiften Muskelfasern in Belreff der Deutung keine Schwierigkeit. Vergleichen wir nämlich ‚das Vorkommen von quergestreiften Muskelfasern mit dem von einfachen, so scheinen die ersteren nur Theilen anzugehören, welche dem serösen, die letzteren solchen, welche dem Schleim- blatte angehören, wie Sie dieses -auch schon früher vermuthet haben. In ersterer Beziehung kann in Beireff der Muskelfa- sern der Muskeln des Kopfes, des Rumpfes und der Extremi- täten kein Zweifel sein. Auch die Augenmuskeln, der Cram- 181 pton’sche Muskel im Auge der Vögel, die M. tensor tympani und stapedius machen hier keine Schwierigkeit. Was das Herz betrifft, so kann man bei dem Hühnchen bestimmt se- hen, wie nur der innerste Herzschlauch der Gefässblattschicht angehört, wie aber sowohl die Lage der Muskelfasern als die des Herzbeutels sich von dem serösen Blatte aus hinüberschlägt. Die Lymphherzen fallen ganz in das Bereich des serösen Blat- tes. Auch die quergestreiften Muskelfasern der Zunge, des Schlundes, der Speiseröhre, so wie des unlersten Theiles der Muskulatur des Mastdarmes und der Blase lassen sich leicht er- klären, wenn man bedenkt, dass der aus-dem Schleimblatte entstehende Theil des Nahrungscanals zuerst nach vorn und hinten blind endigt, und dass durch Einstülpung des serösen Blattes in das Schleimblatt Schlund und Speiseröhre, so wie der Canalis urogenitalis entstehen. Die Grenze .von beiden dürfte im Erwachsenen durch die Grenzen zwischen einfachen und quergestreiften Muskelfasern bezeichnet sein. Doch muss hier ein Unterschied zwischen dem Menschen und den Säu- gethieren einerseits, und‘ den Vögeln und"Schlangen anderer- seits Statt finden, da bei den Ersteren die quergestreiften Mus- kelfasern bis zur Cardia hinabgehen, den Letzteren dagegen diese in der Speiseröhre fehlen. Rücksichtlich der einfachen Muskelfasern rühren die des Darmes, der Trompeten und: des Uterus, der Blase u. dgl! von dem Sehleimblalte her. Nur zwei mit einfachen Fasern versehene Muskeln widerstreiten noch dieser Theorie, nämlich die Iris. und der Retractor penis des Pferdes. Der Letztere dürfte sich bei genauer Verfolgung sei- ner Entwickelung im Fötus leicht erledigen lassen. Der Ere- etor penis hat bei Säugethieren und, wenn er im Menschen vorhanden ist, auch bei ihm quergestreifte Muskelfasern. Bern, d. 27. Jan, 1839. Ueber die mikroskopischen Körperchen im Colostrum. Von Dr. Auzx. Donne. (Aus brieflicher Mittheilang an den Herausgeber.) Ich lese in dem so eben erschienenen Hefte Ihres Archivs eine Beurtheilung meines Memoire über die Milch. Ich erlaube mir eine Reelamation in Betreff derselben, weniger in meinem In- teresse, als im Interesse der Wahrheit. Der Verf., Dr. Si- mon, behauptet, in der ersten Milch, 3 Tage nach der Ent- bindung, bei 3 Wöchnerinnen die Körperchen nicht gefunden zu haben, die ich als Corps granuleux des Colostrum be- schrieb, und schliesst daraus, dass meine Beobachtungen un- genau seien und dass ich einfache Agglomerationen von Milch- kügelchen für besondere Körperchen gehalten haben möchte. Die Existenz der Corps granuleux im Colostrum, wel- che von den eigentlichen Milchkügelchen durchaus verschieden sind, ist eine so begründete Thatsache und schon jetzt von so vielen Beobachtern bestätigt, dass ich es unterlassen dürfte, wegen eines, dazu so geringfügigen Gegenstandes mich zu ver- theidigen, wenn ich nicht fürchten müsste, durch Ihr vielge- lesenes Journal einen Irrtlum weiter verbreitet zu schn. Ich ersuche Sie daher, meine Beobachtungen aufs Neue prüfen zu lassen, die olıne Zweifel in Berlin dasselbe Resultat geben wer- 183 den, wie in Paris, unter den Augen vieler Gelehrten, unter denen die Professoren der Facullät und die berühmtesten Ge- burtshelfer, Herr P. Dubois, Herr Moreau und ausgezeich- nele Beobachter, wie Hr. Milne-Edwards, Hr. Biot, Hr, Peltier, Hr. Mandl sich befinden. Noch ganz vor Kurzem haben endlich alle Mitglieder der Section für Chemie des In- stituts die Thatsachen bestätigt, bei Gelegenheit meiner Beob- achtungen über die Veränderungen der Milch bei Kühen, die an der sogenannten Cocote, einer epidemischen Krankheit, lei- “den. Einer Ihrer Landsleute, Hr. Güterbock, dessen Arbei- ten ich sehr hoch schätze, hat bei seinem Aufenthalte in Paris meine Beobachtungen zu wiederholen die Güte gehabt, und wird bezeugen, dass die von mir angegebenen Charactere dem Colostrum nie fehlen, dass namentlich auch die Colostrum- körperchen in der wässrigen Jodlösung sich schön gelb färben, wie ich dies jetzt für alle stickstoffhalligen Substanzen gefun- den habe. Ucber die Donne’schen Corps granuleux des Colostrum. Von Dr. GvVETERBOocCK. Das erste Heft des diesjährigen Jahrganges dieses Archivs ent- hält einen Aufsatz, welcher eine Entdeckung des Ilm. Donng, die hierselbst von Gewährsmännern vielfach bestätigt worden und die, wie ich glaubte, schon als Thatsache feststand, als eine Täuschung des Beobachters darzustellen sucht. Obgleich das Zeugniss des Hrn. Geh. Rath Lichtenstein hinlänglich für Urn. Simon sprach, so schien es mir doch etwas gewagt, aus 2 bis 3 Beobachtungen auf eine Täuschung in wenigstens 400 Beobachtungen schliessen zu wollen, welche nicht von einem, sondern von vielen und geschätzten Beobachtern an- gestellt worden sind. Ich hielt es daher nicht für unpassend, den fraglichen Ge- genstand noch einmal einer genauen Untersuchung zu unler- werfen, und habe gemeinschaftlieh mit Hın. Donn& in der hiesigen Entbindungsanslalt einige Beobachtungen angestellt, de- ren Resultat ich mir die Freiheit nehme, Ihnen mitzutheilen. Die Milch wurde untersucht sogleich nachdem sie aus den Brüsten ausgedrückt worden, und zwar: 155 1) von einer Schwangern, wenige Wochen vor ihrer Nie- derkunft; 2) von 4 Wöchnerinnen, 2—5 Tage nach der Entbindung; 3) von 3 Ammen, von denen 2 vor 5 Wochen und eine vor 9 Monaten entbunden worden war. In der Milch der Schwangern waren neben den Fetikü- gelehen die Corps granuleux vorhanden, eben so in der Milch der Wöchnerinnen, von denen jedoch eine schon am 3ten Tage nach der Niederkunft eine Milch gab, welche auffallend arm an den erwälnten Körperchen war. In der Milch der drei Ammen wurden nur Feltkügelchen und keine Corps granuleux gesehen. Die Corps granuleux fand ich von verschiedener Grösse, bald von der eines Eiterkügelchens (selten), bald 2, 3—4 Mal so gross, sie sind bald kugelrund, bald oval, selten unregelmässig gestaltet. Sie sind etwas gelblich gefärbt, und lassen sich mit den Entzündungskügelchen von Gluge ver- gleichen. Sie stellen Zellen dar, welche mit kleinen, den Ker- nen der Eiterkügelchen nicht unähnlichen Kügelchen angefüllt sind, selten erblickt man in ihrem Innern einige grössere Kü- gelehen. Die Corps, granuleux wurden sehr gut beobachtet, ehe noch die Flüssigkeit zu verdampfen begann, was man durch das Auflegen einer kleinen Glasplatte zu verzögern suchte, Sie unterscheiden sich von den Convoluten zusammenhängender Fetikügelchen, welchen zuweilen einzelne Corps granuleux ähnlich sehen, besonders: 4) dadurch, dass durch einen auf die aufgelegte Glasplatte angebrachten Druck die zusammenhängenden Fetlkügel- chen sich trennen lassen, die Corps granuleux unverän- dert bleiben. 2) Die wässrige Jodtinetur (die aleoholische bringt sogleich eine Coagulation des Käsestofls der Milch hervor) färbt die Corps granuleux intensiv gelb, während die Fetlkü- gelchen ungefärbt bleiben. 3) Die Corps granuleux sind meiner Meinung nach von einer häuligen Hülle eingeschlossen, weun es bis jetzt auch 186 noch nicht gelungen ist, dieselbe isolirt darzustellen. Die Versuche, welche ich zu diesem Zwecke mit Essigsäure und Aether anstellte, waren ungenügend, da die Essig- säure den Käsestoff sogleich, und der Aether durch den Alkohol, welcher ihm fast immer beigemischt ist, in kur- zer Zeit coagulirt. Einmal kam es mir vor, als ob nach der Beimischung von Aether die Kerne der corps granu- leux sich auflösten und ein sehr durchsichtiges Häutchen zurückblieb. Nach diesen Untersuchungen scheinen mir die von Donn& beschriebenen Corps granuleux im Colostrum wirklich zu exi- sliren und glaube ich, dass dieselben bei einer genauen wie- derholten Untersuchung in Berlin wie in Paris werden gesehen werden. Ueber de Corps granuleux Donne's. Von Dr. J. Franz Sımon. Iu meiner Arbeit über Frauenmilch und in einer kleinen Be- merkung, welche das erste Heft dieses Archivs _enthält, führe ich an, dass ich in drei verschiedenen Arten Colostrum. die Corps granuleux nicht finden konnle. Ganz kürzlich war es mir möglich, aus hiesiger Charite wiederum verschiedene Ar- ien von Colostrum zu erhalten, die ich mikroskopisch unter- suchte und in dem Colostrum einer Erstgebärenden 6 Stunden nach der Geburt die Corps granuleux in grosser Menge, in dem Colostrum einer gleichfalls Erstgebärenden 42 Stunden nach der Geburt ebenfalls diese eigenthümlichen Körperchen vorfand. In dem Colostrum einer Person, die vor 18 Stunden entbunden war, waren im Verhältniss zu obigen viel weniger Corps granuleux zugegen; noch weuiger aber in dem einer Erst- gebärenden, welche vor 3 Tagen entbunden worden war. In einem Colostrum, das ich von einer Person, die vor 8 Tagen entbunden worden war, erhielt, fand ich, nachdem ich ver- schiedene Proben auf den Objectträger gebracht hatte, nur ein- mal ein solches Körperchen; bei dem Colostrum von einer an- dern Person, die auch seit acht Tagen entbunden worden war, 183 fand ich keine. Eben so wurden keine Corps granuleux in der Milch von Personen, die vor 10 bis 14 Tagen entbunden worden waren, beobachtet, wohl aber zeigten sich Stücke, die das Ansehn von Membran hatten. Das zuerst erwähnte, 6 Stunden nach der Geburt erhaltene Colostrum floss in theils wasserklaren, theils trüben Tropfen aus der Brust, und wurde, mit Ammoniak behandelt, zähe; das Colostrum, 3 Tage nach der Geburt mit Ammoniak behandelt, wurde nicht dickflüssig. Es stimmte dieses mit den Angaben Donn&’s vollkommen überein. Die Corps granuleux sind so gross und so eigenthüm- lich, dass ein Uebersehen derselben, wenn sie zugegen sind, gar nicht gut möglich ist. Wenn Donn& diese Körperchen, bis zum 20sten Tage nach der Geburt in der Milch beobachtet, so ist es sehr wahrscheinlich, dass das Vorkommen derselben bei verschiedenen Individuen eine verschiedene Zeitdauer hat. Ueber das Wesen dieser Körperchen habe ich noch keine Ver- suche anstellen können, doch hofle ich dieses später, wenn ich im Besitze einer hinreichenden Menge Colostrum bin, zu thun. Ueber die Tonsillen. Von W. v. Rapp, Professor zu Tübingen, (Hierzu Taf. VII. und VII.) Man vermisst bis jetzt in den Schriften über vergleichende Anatomie eine zusammenhängende Beschreibung der Tonsillen (Mandeln). Die Angabe der verschiedenen Formen derselben in der Reihe der Thiere wurde übergangen, ungeachtet diese Organe eine grössere Mannigfaltigkeit zeigen als man bisher vorauszuselzen schien. Die Tonsillen liegen an der rechten und linken Seite des Gaumensegels über dem Rücken der Zungenwurzel. Am stärk- sten entwickelt fand ich diese Organe bei den reissenden Thie- ren, am schwächsten bei den Nagelhieren. Die Tonsillen der Affen unterscheiden ‚sich auffallend von der Bildung, die man beim Menschen antrifft. Das Organ erscheint bei den Affen als eine halbkugelförmige oder oft als eine eylindrische Höhle mit einer einfachen, ziemlich weiten, rückwärts und aufwärts gerichteten Mündung. Auf die ange- gebene Weise fand ich die Tonsillen bei den zahlreichen Af- fen, die ich zergliederte; bei Cereopithecus aethiops, Cercop. fuliginosus, Cercop. sabaeus, Macacus cynomolgus, nemestrinus, 190 Inuus sylvanus, Cynocephalus sphinx, Cebus capueinus, Pi- thecia rufiventris. Bei einigen, z. B. bei Cercopithecus aethiops, findet sich in dem cylindrischen Sack der Tonsille eine co- nische, drüsichte Hervorragung. Bei Arctopithecus jaechus bil- den die Tonsillen nur eine längliche Hervorragung, die mit dem Zungenrande parallel läuft. Am obern Rande dieser Wulst, etwa in der Mitte, ist eine kleine Oeffnung, kaum weit genug, um eine feine Borste einzubringen. Wie bei denjenigen Affen, welche dem Menschen am nächsten stehen, z. B. bei Simia satyrus, die Tonsillen sich verhalten, kann ich nicht angeben. Camper in seiner Anatomie des Orang -Outang spricht nicht von diesen Organen, doch bemerkt Traill*) in. seiner ana- tomischeır Beschreibung dieses Thieres, die Mandeln zeigen nichts Besonderes. Man kann demnach vermuthen, sie glei- chen denen des Menschen, Bei den Maki bemerkt man auf jeder Seite eine mit dem Zungenrande fast parallel laufende Spalte, von zwei Lippen gebildet. Die untere Lippe ragt stark hervor; nur auf der Seite, auf welcher beide Lippen sich berühren, findet die Secrelion statt; denn das Uebrige ist mit einem dicken Epithelium bedeckt. Es findet sich kein Behäl- ter wie bei den Affen. Ich untersuchte die Tonsillen bei Le- mur nigrifrons und Lemur mongos. In der grossen Familie der Fledermäuse sind die Tonsillen sehr wenig ausgebildet und sie bilden keinen Behälter. Bei einem sehr grossen Pteropus aus Celebes (Pteropus phacops) fand ich statt der Mandeln zwischen dem Gaumensegel und dem Kelhldeckel eine kleine, runde Stelle, welche durch flache Vertiefungen, so wie durch ihre Färbung von der übrigen Schleimhaut sich unterscheidet. Bei Vespertilio pipistrellus haben die Tonsillen die Gestalt eines schmalen, hervorragen- den Streifens, der an beiden Enden sich zuspitzt und mit dem Zungenrande fast parallel läuft. Die Mandeln der insecten- *) Obseryations on the Anatomy of ihe Orang-Outang. Mem. of the Wernerian nat, hist. society. Vol. III. 1821. 191 fressenden, fleischfressenden Thiere sind wenig ausgebildet. Beim Maulwurf besteht dieses Organ in einer länglichen, mit dem Zungenrande fast parallel laufenden Hervorragung, auf deren Oberfläche man durch Hülfe des Mikroskops viele flache Vertiefungen unterscheidet, Ebenso fand ich es bei Erinaceus aurilus. Bei den Plantigraden erreichen die Mandeln eine viel grös- sere Entwickelung. Ich fand sie beim Eisbären zwei Zoll lang. Sie bestehen bei dem Bären *) aus vier bis fünf dicken Blät- tern oder Falten, welche mit dem Rande der Zunge fast pa- rallel laufen und von ungleicher Länge sind. Sie zeichnen sich durch dunkelrothe Färbung aus. Man erkennt auf der Oberfläche dieser Blätter beim Eisbären schon mit blossem Auge viele kleine, rundliche Löcher. Beim braunen Bären (Ursus aretos) sind die Tonsillen weniger voluminös, schma- ler, besonders sind die einzelnen Blätter nicht so breit als beim amerieanischen Bären (Ursus americanus) und beim Eisbären. Die Schleimhaut bildet am obern Rande der Mandeln eine starke Falte, durch welche diese Organe einem Theile nach bedeckt sind. Beim amerikanischen Bären fand ich, dass durch die Schleimhaut der Tonsillen hindurch beim Anspannen kleine Knötehen sichtbar wurden, nahm man die oberflächliche Lage der Tonsille hinweg, so kamen rundliche, mit einer dicken Flüssigkeit gefüllte Zellen zum Vorschein, die durch mem- *) Sowohl beim braunen Bären als beim Ursus americanus fand ich an der hinteren Wand des Pharynx unmittelbar unter der Schädel- basis eine Art Diverticulum, welches auch von Mayer (Bericht über das anatomische Institut zu Bonn, S. 18.) erwähnt wird. Es sind zwei nebeneinander liegende, dünnhäutige, von der Schleimhaut gebildete Beutel, einer fast von der Länge eines Fingers, der andere etwas kleiner. Sie sind dicker als ein Fjnger. Ich fand sie immer ganz leer. An der Schädelbasis hinter den Choanen war die Stelle, welche die Decke des Pharynx bildet, mit einer dicken, rothen, glan- dulosen Lage bedeckt, Sie zeigte aul der freien Oberfläche viele feine Oelfnungen, aus welchen man eine dicke, zähe Flüssigkeit aus- drücken konnte, 192 branöse Scheidewände von einander getrennt waren. Es war derselbe Bau den man findet, wenn man die oberflächliche Lage von den Peyer’schen Drüsenhaufen im Dünndarm hin- wegnimmt. Denselben innern Bau besitzen auch die Tonsillen bei Procyon lotor, doch zeigen sie nicht die Abtheilung in Blätter, wie ich es beim Eisbären und beim americanischen ‘ Bären beschrieben habe, vielmehr erscheint das Organ als ein hervorragender Streifen, der‘ mit dem Zungenrande fast paral- lel läuft. Eine ähnliche Gestalt zeigen die Tonsillen beim Dachs, die Ausführungsgänge öffnen sich mit zahlreichen klei- nen Löchern am obern und untern Rande der Tonsillen. Mit dem obern Rande parallel verläuft eine wenig hervorragende Falte der Schleimhaut. Eine eigenthünliche Einrichtung zeigen die Tonsillen bei einigen Digitigraden. Beim Löwen, beim Jaguar, beim Leo- pard bildet dieses Organ einen Sack, in welchem die abge- sonderte, zähe Flüssigkeit sich ansammelt. Die Tonsillen des Löwen erscheinen als eine fast eylindrische, dickwandige Höhle von der Dicke eines kleinen Fingers und von einer Länge von zwei und einem halben Zoll. Man erkennt durch Hülfe des Mikroskops auf der innern Oberfläche sehr zahlreiche, kleine, flache, runde Verliefungen. Das Organ öffnet sich in die Ra- chenhöhle durch eine elwas engere Mündung; das blinde Ende ist vorwärts gerichtet gegen die Mundhöhle. Die Tonsillen liegen an der innern Seite des Griffelzungenbeinmuskels; wenn durch ‘die Wirkung desselben beim Schlingen der hintere Theil der Zunge gegen den Bissen gedrückt wird, so muss dieses hohle Sekretionsorgan seinen Inhalt entleeren. Wir finden überhaupt, dass in den Fällen, in welchen die Mandeln so gebaut sind, dass ihr abgesonderter Saft in ihnen sich aufbe- wahren kann, die Mündung immer rückwärts gerichtet ist. Dadurch kann sich beim Schlingen durch den Druck des Bis- sens der Behälter leichter entleeren und die Oberfläche des Bissens wird schlüpfrig gemacht. Darin liegt ohne Zweifel die Hauptverrichtung der Tonsillen. Wie beim Löwen fand 191 ich die Tonsillen auch beim Leopard, doch beträgt ihre Länge nicht viel über einen Zoll. Die Mündung ist eng, so dass man eine gewöhnliche Fischbeinsonde einbringen kann. Der Ja- guar stimmt mit dem Leopard überein, nur ist der längliche Eingang in den Sack so geräumig, dass man fast den kleinen Finger einbringen kann. Bei der Ilyäne (Hyaena striata) sind die Mandeln über einen halben Zoll lang. Sie laufen fast pa- rallel mit dem Rande der Zunge. Es ist eine stark hervor- ragende Lippe, deren Oberfläche mit länglichen Vertiefungen bedeckt ist. Das vordere, gegen die Mundhöhle gerichtete Drittheil erscheint als ein aus drüsichten Wandungen gebilde- ter Kanal, der etwa die Hälfte der Dicke einer Schreibfeder hat, das vordere Ende desselben ist blind geschlossen. Beim Wolf sind die Tonsillen einen Zoll lang. Sie haben die Ge- stalt einer stark hervorragenden Lippe, die einige Längenfur- chen hat und fast parallel läuft mit dem Rande der Zunge, Ueber dieser Hervorragung liegt eine andere, kürzere Abthei- lung der Tonsillen von elliptischer Gestalt, und aus mehreren kleineren, wenig hervorragenden, unregelmässigen Lappen ge- bildet. Man erkennt auf der Oberfläche der Tonsillen kleine, flache Vertiefungen und am obern Rande des Organs öffnen sich einige kleine kurze Kanäle. Ueber den Tonsillen bildet die Schleimhaut eine Falte, wodurch, wie beim Bären, ein Theil der Tonsillen bedeckt wird *). Die Mustelen unterscheiden sich von den meisten der bis- her betrachteten fleischfressenden Thiere durch den einfachen Bau und die Kleinheit der Tonsillen. Es fehlt ein Behälter an diesen Absonderungswerkzeugen. Beim Marder (Mustela martes), bei Putorius zorilfa bilden die Mandeln eine längliche, mit dem Zungenrande fast parallel laufende Hervorragung, die *) Beim Wolf findet sich an den Schlingwerkzeugen ein anderes eigenthümliches Absonderungswerkzeug. An der Grenze zwischen dem Pharynx und der Speiseröhre liegt nämlich ein glanduloser Ring, dessen Breite den dritten Theil eines Zolls beträgt, Müller's Archiv. 1839. 13 194 an beiden Enden sich zuspilzt. Es findet sich nicht jene Falte der Schleimhaut, die beim Wolf, bei dem Bären und einigen andern Thieren angetroffen wird. Dieselbe Einrichtung wie beim Marder haben die Tonsillen bei der Fischotter. In der Abtheilung der amphibienarligen fleischfressenden Thiere fand ich folgende Einrichtung der Mandeln. Bei Cy- stophora borealis Nilss. erscheinen sie als eine fast kreisförmige Stelle, die ungefähr einen Zoll im Durchmesser hat, und auf welcher etwa 25 runde Oeffnungen- sich finden, weit genug, um eine gewöhnliche Sonde aufzunehmen. Jede Oeffnung führt in eine kleine Höhle, deren geschlossenes Ende vorwärts ge- gen die Mundhöhle gerichtet ist; übrigens ist die drüsichte Wandung dieser Höhle sehr dünn. Bei Phoca variegala um- giebt eine flache, fast ringförmige Hautfalte eine mit drei bis vier Lappen .hervorragende drüsichte Masse. Man. erkennt 'an derselben zahlreiche runde,, kleine Löcher, aus welchen ‚auf einen gelinden Druck eine zähe Flüssigkeit sich ergiesst.. Ein eigenthümliches Ansehen zeigen die Tonsillen beim Wallross (Trichechus rosmarus). Es ist eine längliche Grube, in wel- cher eine Reihe von 15 bis 18 Löchern sichtbar ist, oft mün- den zwei bis drei derselben in eine grössere Oeflnung. An der‘ obern Seite. dieser Reihe liegen zerstreut viele kleine Löcher. Bei den Beutelthieren konnte ich wenig Untersuchungen über die Mandeln anstellen, es wäre aber von besonderem Werthe; in dieser Ordnung der Säugethiere zahlreiche Beob- achtungen zu machen, da die Beutelthiere in Beziehung auf die Zähne, den Bau des Magens, in der Wahl der Nahrungs- mittel unter sich so grosse Verschiedenheiten darbieten. Bei „Halmaturus giganteus bilden die Mandeln eine eiförmige Her- vorragung, auf deren hinterer Hälfte eine Hautfalte der Länge nach verläuft. Unter dieser Falle entdeckt man vier bis fünf Oeflnungen, die weit genug sind, um eine Borste aufzuneh- men. Auch an der vordern Seite der Tonsillen sind einige kleine Oeffnungen. Uebrigens sind die Tonsillen klein, die 195 Länge beträgt ‚etwa vier Linien. Bei Didelphis’ opossum erscheinen die Tonsillen ebenfalls als eine kleine, eiförmige Hervorragung, auf deren Oberfläche einige kleine Erhabenhei- ten bemerkbar sind. Es findet also zwischen dem von Pflanzen lebenden Känguruh (Halmaturus giganteus) und dem fleisch- fressenden Didelphis opossum in Beziehung auf diese, Organe keine merkliche Verschiedenheit statt. Unter allen Säugethieren fand ich die Tonsillen bei den Nagethieren am wenigsten entwickelt, ja diese Absonderungs- werkzeuge fehlen bei dem Stachelschwein (Hystrix eris- iata). Dagegen fand ich bei diesem Thier eine andere Drüse, welche bisher übersehen worden ist und welche vielleicht die Stelle der Tonsillen ersetzt. Im Rande der'Zunge an der Zun- genwurzel hinter den parallelen Spalten *) liegt nur von der Schleimhaut bedeckt eine Drüse fast von der Grösse einer Bohne. Sie ist hart, körnig und öffnet sich am hintersten Theil des Zungenrandes durch 5 bis 6 dünne Ausführungs- gänge. Bei dem Meerschweinchen sind die Tonsillen kaum angedeutet, indem eine Stelle der Schleimhaut ein feinkörni- ges Ansehn zeigt mit flachen, sehr kleinen Verliefangen. Beim Biber findet man statt der Tonsillen einige wenig bemerkliche Vertiefungen, Beim Eichhorn bilden die Tonsillen eine kleine, halbkugelförmige, weissliche Hervorragung, an der man dureh Hülfe der Lupe einige kleine Oeflnungen wahrnehmen kann, aus welchen auf einen Druck eine zähe, farblose Flüssigkeit hervordringt. , Beim Kaninchen ‚haben die Tonsillen auf jeder Seite die Gestalt einer einfachen, eiförmigen, ungefähr zwei Linien tiefen Grube, deren geschlossenes Ende vorwärts und abwärts gerichlet ist. Der untere Rand der Oeflnung ragt als *) Bei vielen Säugethieren, z. B. bei den Affen, bei Lemur, bie der Hyäne, beim Kängurah, bei vielen Nagelhieren, beim Tapir, bei Hyrax findet man am hintern Theil des Zungenrandes eine Reihe senk- rechter Spalten, deren Verrichtung nicht mit Sicherheit angegeben wer- den kann; vielleicht sind es Absonderungswerkzeuge. 13° 196 eine dicke Lippe hervor. Bei der Wanderratte fehlen die Ton- sillen, ich fand sie auch nicht bei Dipus. In der kleinen Ordnung der zahnlosen Thiere untersuchte ich die Tonsillen nur bei Orycteropus capensis und bei Tatu novemeinetus. Sie erscheinen bei Orycteropus als eine Grube von der Grösse einer Erbse mit sehr weiter Mündung. Das blinde Ende der Grube ist vorwärts gerichtet gegen die Mund- höhle: Die Tonsillen des Gürtelthieres bilden eine eiförmige Höhle, die durch eine längliche Mündung sich öffnet. Der untere Rand der Mündung ragt 'als eine dicke Lippe hervor. Ueber die Tonsillen der Monotremen ist mir nichts bekannt. Meckel sagt in seinem grossen Werk über ‘das Schnabelthier nichts von diesen Organen. Vielleicht fehlen sie. Bei den Pachydermen zeigen die Mandeln folgende Ein- richtung. Bei dem Pekari erscheinen sie als eine grosse ellip- tische, wenig hervorragende Platte; der grösste Durchmesser belrägt’einen Zoll. Auf dieser Platte findet man viele Oel nungen, aus welchen auf einen Druck eine Flüssigkeit sich ergiesst. Jede Oeflnung verzweigt sich in der Drüse in einige kurze, blind geschlossene Gänge. So fand ich auch die Ton- sillen beim Schwein, nur sind die Oeffnungen noch zahlrei- cher als beim Pekari. Eine ganz verschiedene Bildung zeigt dieses Organ bei Hyrax capensis. Man erkennt nämlich an der Stelle der Tonsillen eine einfache, runde, kleine Oeffnung, welche in eine cylindrische Höhle führt, die vorwärts verläuft gegen die Mundhöhle. Die Länge dieses Ganges beträgt den dritten Theil eines Zolls. Beim Pferd erscheinen die Mandeln als eine ‘schmale, nicht merklich hervorragende, zwei Zoll lange Stelle, welche mit runden Oeffnungen von verschiedener Grösse bedeckt ist. Jede Oeflnung führt in eine kleine, läng- liche Höhle, die etwa 1—2 Linien weit vorwärts sich er- streckt und noch einige kleine Gänge nahe an ihrer Mündung aufnimmt. Die Tonsillen des Pferdes bestehen also ‚aus einer Anhäufung von vergrösserten, zahlreichen, etwas verästellen Schleimbälgen. 197 Die Ordnung der Wiederkäuer zeigte mir folgende, Ein- richtung; der Mandeln. Beim Kamel findet sich die Eigenthüm-, liehkeit, dass das Gaumensegel eine ausgezeichnete, Sexualver- schiedenheit darbietet. Beim erwachsenen, männlichen Thier hängt an der vordern Seite des Gaumensegels ein grosser, brei- ter Lappen, der dem Zäpfchen zu entsprechen scheint und der in Form einer rothen Blase zuweilen aus dem Munde her- vorgelrieben wird. Sowohl an der hintern' Seite ‚dieses ‘An: hangs als an der vordern Fläche des Gaumensegels sind sehr grosse Schleimhöhlen angebracht, einige derselben. erscheinen als Schläuche von der Länge eines halben Zolls: Die Tonsil- len werden hier deutlich dadureh gebildet, dass diese Schläu- che sich auf beiden Seiten gegen den hintern Theil des Zun- genrandes anlıäufen und: vergrössern. ‚Es finden sich aufjeder Seite zwei solcher Gruppen, die eine unmittelbar vor: dem,seit- lichen Theil des Kehldeckels, die. andere liegt ‚etwas. höher. Diese Schläuche liegen so gedrängt, dass: sie einander berüh- ven... Die Wandungen sind dick; und erscheinen. auch unter dem Mikroskop glatt. : Man: triflt auch’ einige zusammenge» setzie Schläuche, indem zwei bis drei zusammenmünden. ı Die Tonsillen des Schaafs bestehen aus ‚zwei: bis drei Iöhlen. von der Tiefe einiger Linien. Diese Höhlen sind. veräslelt,' indem vier bis fünf kleine Höhlen in:sie einmünden. ‚Die Wandun- gen sind: ziemlich diek. Mit «dieser Bildung stimmen aueh. die Tonsillen der Antilopen überein; ‚ich ‚untersuchte. diese Organe bei Antilope mergens.' Beim Reh bestehen die Tonsillen in einer länglichen Vertiefung, in welchen man’ etwa sechs. Oel; nungen wahrnimmt; sie sind so, weil «als. eine Rabenfeder; einige noch weiter. Jede Oecffnung führt in eine längliche, in einige Aeste gelheilte Höhle, Die hinterste hab eine Tiefe von einem halben Zoll, die übrigen sind kürzer. Auf .devin: nern. Oberfläche bemerkt man einige ‚sehr. kleine Löcher, in welche man eine feine Borste eine kurze Strecke weit 'einbrin: gen kann. Die Wandungen dieser‘ Höhle. sind, ziemlich‘ dick. Unter ‚den Cetaceen Sand ich "beim Delphin, .(Delphinus 198 delphis) einige längliche Drüsen von der Grösse einer Bohne. Jedes dieser Organe hat mehrere Oeffnungen, aus welchen auf einen gelinden Druck eine schleimichte Flüssigkeit sich ergiesst. Von den Tonsillen. der übrigen Säugethiere unterscheidet sich dieses Secrelionswerkzeug besonders durch seine Lage; es ist nämlich nicht seitlich ‘angebracht, sondern in der Mitte des weichen Gaumens vor dem Kehlkopf. Bei'Delphinus phocaena fand ich auf jeder Seite drei bis vier trichterförmige, ‘kleine Vertiefungen mit 'drüsichten Wandungen. Diese Gruben sind als Tonsillen zu betrachten. Es finden sich zwar in der gan- zen Umgegend noch ausserordentlich zahlreiche; ähnliche Ver- tiefungen, die aber viel kleiner, und nicht mit jenen dicken, glandulosen Wandungen versehen sind. Nur in der Klasse der'Säugethiere' kommen Tonsillen vor, bei den übrigen Thieren habe ich nichts gefunden, das man mit ihnen vergleichen könnte. | Nach den nun angeführten Untersuchungen über die Ton- sillen lassen sich‘ die Formen, unter denen diese Organe er- scheinen, auf folgende Haupttypen zurückführen. 4) Ein einfacher, mehr oder ‚weniger 'geräumiger Sack, der mit einer einfachen Oeffnung sich mündet, und dessen blin- des Ende vorwärts gerichtet ist’ gegen die Mundhöhle oder ab- wärts. So findet man die Tonsillen bei den Affen, bei dem Löwen, Leopard, Jaguar (ohne Zweifel auch bei den ver- wandten Arten), bei’ Orycteropus, bei Hyrax. 2) Die Tonsillen bestehen aus dicken, horizontalen Blät- tern mit sehr kleinen Oeffnungen, so bei dem Bären, bei‘ der Hyäne, die jedoch zu der vorhergehenden Bildung den Ueber- gang macht. 3) Die‘ Tonsillen erscheinen als eine einfache, längliche Hervorragung, z. B. bei Procyon lotor, beim Marder, 'Her- pestes, bei einigen Fledermäusen, beim Maulwurf, Igel, "bei Didelphis. 4) Viele, etwas'verästete, kurze Kanäle öffnen sich! ent- weder: in'imchrere elliptische Platten (beim gewöhnlichen Del- 199 phin), oder mit zerstreuten Löchern, so bei Cystophora, beim Wallross, bei den Wiederkäuern, beim Schwein, hei Dico- iyles, beim Pferd, beim Menschen. Beim Stachelschwein fand ich keine Tonsillen, dagegen im Zungenrande eine körnige Drüse mit einigen feinen Aus- führungsgängen. Auch bei der Ratte (Mus decumauus) fehlen die Tonsillen. Erklärung der Abbildungen. Taf. VII. Fig. 1. Die Mandeln der linken Seite von Ursus americanus. Man erkennt einen Theil der Zunge und den aufgeschnit- tenen Kehlkopf. Die Mandeln bestehen aus breiten Blättern.‘ Das Präparat ist von einem nicht ausgewachsenen Thier. Fig. 2. Tonsillen vom Wallross. Die Zeichnung ist nach einem Präparat gemacht, das ich von einem fast reifen Fötus genommen habe. Die Abbildung zeigt auch die Zunge, an welcher besonders zu bemerken ist, dass der Einschnitt an der Spitze fehlt, der an der Zunge der Seehunde, denen sonst das Wallross so ähnlich ist, vor- kommt. Auch fehlt dem Wallross der Kehldeckel fast vollständig. Die Abbildung ist in natürlicher Grösse, Taf. VIII. Tonsillen einer Löwin. Das Organ ist hohl und wurde der Länge nach aufgeschnitten, um das Innere der Höhle sicht- bar zu machen, Ueber den Zustand der Irritabilität in den Muskeln gelähmter Glieder. Von Dr. Marsuaız Ha, Arzt u. Mitglied der Königl. Gesellschaften der Wissensch. ia London "und Edinburgh. (Hierzu Taf. X, Fig. 1—4.) Aus der Menge von Gegenständen, die in der Pathologie des Nervensystems zur Untersuchung kommen, will ich in der vor- liegenden Mittheilung mich auf die Beantwortung der Frage beschränken: In welchem Zustande ist die Irritabili- tät der Muskeln in gelähmten Gliedern? Unter den Physiologen und Aerzten herrscht eine grosse Meinungsverschiedenheit in Bezug auf diesen Gegenstand. Pro- chaska, Nysten und Legallois behaupten, dass die Irrita- bilität der Muskelfaser in gelähmten Gliedern fortdauere, wäh- rend Prof. Müller und Dr. Sticker der entgegengesetzten Ansicht sind. Es ist kein Versuch gemacht worden, diesen auffallenden Widerspruch zu vereinigen. Sehen wir, ob dies möglich ist. Die eben von mir angeführten Schriftsteller‘ wurden durch die allgemeine Benennung und Begriff von Lähmung irre geführt, und unterschieden nicht genug zwischen ihren ver- schiedenen Arten. Und doch wird sich bei dem Verfolg un- serer Untersuchung ergeben, dass eine Unterscheidung in die- ser Beziehung von der grössten Wichtigkeit für die Erklärung 201 der Erscheinungen ist. Denn Gehirnlähmung, oder die, welche den Einfluss des Gehirns. aufhebt, und Rückenmarks- lähmung, oder die, welche den Einfluss des Rückenmarks vernichtet, sind in Bezug, auf die Imitabilität der, Muskelfaser in den‘ bei diesen Zuständen ergriffenen Gliedern: sich, durch- aus entgegengesetzt. Bevor ich zu meinen eigenen Untersuchungen übergehe, halte ich es für nöthig, einige ausführlichere Citate zu geben, um den gegenwärtigen Zustand unserer Kenntniss des vorlie- genden Gegenstandes zu zeigen. Die erste Notiz davon findet sich in dem folgenden Aus- zug aus den Opp. minor. von Prochaska °)., Er sagt: — „Vis.nervosa, quae in nervis a commereio cum cerebro sepa- ralis ‚superest, non, una alterave museuli contractione,. ‘quam irritati eient, exhauritur, sed millenis plane convulsionibus ex- eilandis par est, quod expertus sum in rana, cui medullam spi- nalem in dorso abseidi. Supervixit huic vulneri aliquot diebus, interim irritando. medullae spinalis partem 'eam, quae erat infra seclionem, convulsiones in: artubus inferioribus exeilavi. toto iempore, quo supervixit, plane innumeras, neque exiremilates inferiores prius morluae sunt, quam tola rana. , Dein, quod vis nervosa in nervis diu persistere possit ceitra cerebri auxilium, probare 'videntur musculi paralytiei, in quorum 'neryis ob com: pressionem aliquam praeternaturalem tolum commereium cum cerebro sublatum‘ est; nihilominus tamen a stimulo 'electricae seintillae longo jam tempore paralytiei museuli convelluntur.* Nysten spricht ausführlicher darüber, und da er sich auf bestimmte Versuche stülzte, nahm er die Aufmerksamkeit mehr in Anspruch. Dieser berühmte Physiologe bemerkt: — „Chez deux apoplecliques qui ayaient succomb& ‚au boub; de (quelques jours, Yun a la premiere allaque et l’autre & la seconde, le galvanisme a determine des contractions aussi fortes dans les nuscles du cölE sain que dans ceux du cold päralyse: les ivis *) Ed. 1500, p. 84. 202 des deux cölds’ sont &galement eontraeldes.“ „Celle propriele n’a &i€ 'completement aneantie dans les’ organes musculaires des deux 'sujeis qu’environ 12 heures apr&s la mort; et on n’a observ& aucune diflerence dans les museles paralyses“ *). Legallois ‘macht ähnliche auf Versuche gegründete Be- merkungen, Er sagt: — „Mr. Nysten a montre que’ dans les, paralysies les plus completes, Virritabilit@ se conserve dans les membres' paralys&s" tout aussi bien que daus ceux' qui ne le sont pas. J’ai obtenu un r&sultat semblable d’une experience que j’ai souvent r&petee. Elle eonsiste A detruire la moelle lombaire dans un lapin äge de moins de dix jours; il faut le choisir de cet äge, pour que la eirculation ne soil pas arr&lde; et qu’il puisse continuer de vivre. OQuoique dans cette expe- rience le train de derriere soit frappe de mort, eb que ses nerfs ne puissent plus recevoir 'aucune influence de la mioelle epiniere, Pirritabilite s®’y conserve, et Fon peut, pendant fort longtemps, faire contracter les cuisses, en irritant les nerfs scialiques. Il paroit done, qu'il se fait dans toute l’etendue des nerfs une sceretion d’an prineipe partieulier“ **). Diese Stellen aus Nysten und Legallois könnten uns zum Schlusse führen, dass die Muskeln gelähmter Glieder in allen Fällen ‘von Hemiplegie und Paraplegie ihre Irritabilität beibehalten. ‘Eine andere Reihe von Beobachtungen indessen, von’ Naturforschern angestellt, die gleichfalls unsers Vertrauens würdig sind‘, "möchte uns das Gegentheil folgern lassen. ' Wir meinen die‘ kürzlich von den Herren Prof. Müller und Dr. Sticker angestellten Versuche. Der erstere lässt sich darüber folgendermaässen aus **°): — „In’wiefern zur Erhaltung der Reiz- barkeit der Nerven ihre dauernde Communication mit dem Ge hirn und Rückenmärk nothwendig' sei, und ob die Muskeln *) Recherches Physiologiques;> 1811. 8. 369, , Vergl..8.377. und 419, und Cuvier, hisloire des sciences naturelles. T.4. S.213., #*) Oeuvres de Legallois. Ed. 1824. p. 23. u. 24. ***) Siehe Müller's Handbuch der Physiologie 1835. & 614 bis 616., und Grainger on Ihe spinal tord. p."96 — 97. 203 ohne die Communication ihrer Nerven mit den Centrälthei- len des Nervensystems ihre Reizbarkeit zu erhalten vermö- gen, diese Frage konnte: man sich bisher nicht mit Sicherheit beantworten, ja sie ist kaum einige Mal berührt worden. Man weiss zwar, dass die Nerven nach der Durchschneidung noch eine Zeit lang in dem dem Gehirneinfluss entzogenen Stücke ihre Reizbarkeit behalten, d. h. fähig sind, auf Reize, die auf sie angewandt werden, Zuckungen der Muskeln zu ‘bewirken; allein eine ganz andere Frage ist; ob die Nerven fähig sind, die Reizbarkeit für immer unabliängig vom Gehirn zn behal- ten. Nysten hatte behauptet, dass die Muskeln von kurze Zeit nach einem apoplectischen Anfalle Verstorbenen trotz der Hirnlähmung auf 'galvanischen Reiz sich zusammenzögen. Ny- sten recherches de physiol. et de chim. pathol. Ich hatte jedoch gute Gründe, zu glauben, ' dass die Nerven nur: kurz nachher noch ihre Kraft besässen, diese aber nach einem län- geren Zeitraume vollkommen untergehe,' so dass es scheinen sollte, älsıkämen den‘Nerven nur unter dem steten und un- versehrten Einflusse ‘des Gehirns eigenthümliche Kräfte zu, Denn einmal hatte ich bei Versuchen über Wiedererzeugung des Nervengewebes ‘an einem Kaninchen die Beobachtung ge- macht, dass der untere Theil des N. ischiadicus, ‘den ich ei- nige Monate vorher durchsehnitten hatte, fast alle Kraft, auf Reize zu reagiren, verloren hatte; und «Fowler hatte schon eine ähnliche Beobachtung gemacht. Ueber diesen Gegenstand habe ich“hernach‘ mit«Dr. Stieker neue‘ Versuche angestellt, welche jene Vermuthung vollkommen bestätigt haben. Siche Sticker in Müller’s Archiv für Anat. und Physiol. Bd.'1. Um: die Regeneration .der Nerven zu’ verhüten, und das untere Nervenstück sicherer dem Einflusse der Centraltheile des Ner- vensystems ‘zu entziehen, wurde den Thieren ein ganzes Stück aus dem N. ischiadieus ausgeschnitten.' Obgleich die Versuche nur ‚an melreren Phieren, nämlich »wei Kaninchen und einem Hund ‚angestellt worden; ‘so haben sie doch so übereinstim- 204 mende Resultate geliefert, dass man auf diese Versuche: bauen konnte. ) Zwei Monate und drei Wochen nach der Durchschnei- dung des N. ischiadieus geschah‘ der Versuch an dem ersten Kaninchen. ‘Sobald der Nerve in seinem Verlaufe zwischen dem Muse. biceps'und semitendinosus: blossgelegt war, zeigte sich wider Erwarten und zu grossem Leidwesen, dass die Con- iinuität der Nerven sich wieder hergestellt hatte. Der: Nerve wurde sofort von Neuem unterhalb der Narbe durchschnitten (wobei, was merkwürdig ist, zwar nicht die mindesten Zuk- kungen wahrgenommen wurden, das Thier aber laut aufschrie); und der untere Theil desselben durch Galvanismus in.der Form eines einfachen Plattenpaares, dann auch durch Einsehneiden und gewaltsame Zerrung auf die. verschiedenartigste Weise ge- reizt; ‚allein es trat keine Spur von Zuckungen ein. Vergleichungsweise ‘wurden darauf die Versuche, auf der andern Seite wiederholt. . "Bei‘der Durchschneidung des Ner- ven äusserte das Thier den :lebhaftesten Schmerz, und es’ ent- standen sehr heftige Zuckungen, und nach der Durehschnei- dung erregten selbst ganz geringe Irritationen, sei es, dass sie auf den Nerven allein »—: es ist: hier immer der untere Theil des durchschnittenen ‚Nerven gemeint‘ — oder bloss auf die Muskeln angewendet wurden, die kräftigsten Zuckungen, und selbst nach dem’ Tode: .boten. sich..dieselben: Erscheinungen noch dar. Ar . © Bei. dem Hunde‘ waren) zwei Monate und vierzehn Tage nach der Durchneidung des Nerven verflössen;'auch hier hat- ien sich die Enden wieder verbunden.. Die Untersuchung ge- schah ganz 'auf dieselbe Weise: wie bei: dem Kaninclien,) und ergab auch für den Nerven ganz dasselbe Resultat, 'd..i. ‚alle Reaclionslähigkeit desselben war erloschen; indessen zeigten die Muskeln immer noch eine Spur von Zusammenziehung, wenn man die Reize auf sie’ selbst applieirle; allein gleieh nachdem Tode war auch diese völlig verschwunden, während«in. dem - 205 Unterschenkel der andern Seite noch die kräftigsten Zuckun- gen hervorgerufen werden konnten. ' Fünf Wochen nach Durchschneidung der Nerven wurde das zweite Kaninchen vorgenommen, und nach einem so kur- zen Zeilraume musste man auf‘ diese Untersuchung sehr ge- spannt sein. Hier fehlte die Zwischensubstanz zwischen den Enden des durchschnittenen Nerven; beide waren etwas ange- schwollen und hingen mit dem anliegenden Zellgewebe zu- sammen. Es war jedoch hier ein Stück von 8 Linien aus- geschnitten worden, während bei den andern Versuchen das- selbe nur ungefähr 4 Linien betragen hatte. Auf keine Weise, weder auf mechanische, noch chemische — durch Kali cau- stieum — noch auch durch Galvanismus war es möglich, durch die Nerven Zusammenziehung der Muskeln zu erzeugen; eben so wenig gelang es bei diesem sonst sehr lebenskräftigen Ka- ninchen, auch durch direete Insultation der Muskeln Zuckun- gen hervorzubringen. Auf der linken Seite ergaben sich, wie dies natürlich, sowohl vor als nach dem Tode die schon oben angeführten Erscheinungen. Die gegenwärtigen Versuche erweisen jedenfalls, dass die Kräfte der Nerven, die Muskeln zu Bewegungen zu veranlas- sen, so wie die Reizbarkeit der Muskeln selbst, nach gänzli- cher Aufhebung der Communication der Nerven mit den Cen- traltheilen allmählig verloren gehen. Sie würden indess noch ein entscheidenderes Resultat geliefert haben, wenn man zur Prüfung der Reizbarkeit der Nerven und Muskeln nicht bloss ein einfaches Plattenpaar, sondern eine kleine galvanische Säule angewendet hätte. Nur dadurch hätte sich mit Bestimmtheit unterscheiden lassen, ob alle Kraft in den Muskeln in zweien der Fälle erloschen war. Indessen beweisen die Versuche schon deutlich genug, dass die Reizbarkeit der genannten Theile sich nach unterbrochener Communication der Nerven mit den Cen- traltheilen nicht erhält. Man kann aus diesen Versuchen auch schliessen, dass, wenn nach Durchschneidung eines Nerven sich hierauf wieder die Reizbarkeit des untern Nervenstücks 206 und der Muskeln hergestellt hat, der Nerye auch mit Herstel- lung der Leitungskraft in der Narbe vollkommen verheilt war, und: dass, wenn die Reizbarkeit sich nicht erhält, auch keine vollkommene Verheilung und Reproduction des Nerven: statt- gefunden "haben kann.“ Diese Ansichten weichen sehr von einander ab, wie kön- nen wir sie vereinigen oder erklären? Bevor ich mich dar- über auslasse, muss ich die Aufmerksamkeit für eine dritte Reihe von Beobachtungen und Versuchen in Anspruch neh- men, die in einer gewissen Hinsicht von beiden der oben angeführten abvreichen. Es ist eine den Aerzten wohlbekannte Thatsache, dass nach der Anwendung von Strychnin in Fällen von Lähmung häufig die gelähmten Gliedmaassen zuerst den eigenthümlichen Einfluss dieses mächtigen Heilmittels zeigen. Ich erinnere mich noch sehr wolil daran, als mir Louis am Belte eines solchen Kranken in- La Piti& diese Bemerkung machte. . Von diesem Augenblicke an lag mir die Frage im Kopfe, und ich dachte därüber nach, durch welche Beobachtungen und Versuche sie wohl am be- sten gelöst werden könnte. . Was Segalas D’Etchepare darüber gesagt, ist durchaus unbefriedigend. Der erstere be- merkt: „Ces experiences r&unies autorisent donc A conelure que le tetanos produit par la noix vomique a pour condition premiere de son. developpement la prösence du poison dans le sang et que les plıenomenes que l’aecompagnent: sont dus A Paction anormale de ce fluide sur le systeme nerveux,* „Cette maniere de considerer l’aclion de la noix vomique donne un moyen simple d’expliquer les eflets de cette sub- stance chez I’homme, et parlieulierement ce fait si remarquable de la contraetion des muscles paralyses plus prompte et plus Energique que celle des muscles sains, fait observ& d’abord par Mr. Fouquier, et conslal& depuis par tant de pratieiens du premier ordre. Il est facile, en eflet, de concevoir que les muscles sains, soumis A la fois & l’empire du ceryeau et ä Vaction du poison, resistent A celle-ci plus que les muscles 207 paralys&s, qui, soustraits ä Vinfluence eerebrale, ne sont plus commandes que par le poison“ *). Olivier entgegnet auf diese Bemerkungen von Scgalas folgendes: „Mais, s’il en est aussi, comment se rendre raison d’un fait observ& depuis long-lemps par tous les praliciens, et sur lequel je viens d’appeler l’altention, c’est que la noix vo- mique cause souvent de violentes douleurs dans les membres paralyses, sans apporter aucun trouble dans les parties saines? Pourquoi ceite action speciale sur les seules organes paralys6s? et d’un autre cöle, la- douleur pergue ne prouve-t;-elle pas, que les parties paralysces ne sont point isoldes entierement du centre nerveuxs, et qu’ainsi ce ne peut Elre,ä cetle circonstance qu’on doive altribuer la localisation singuliere des eflets de la sirychnine?“ *"). Es wird sich bald zeigen, dass diese‘Ansicht, wie eine frühere, bei weitem zu allgemein und unbeschränkt ist, dass nicht in jedem Falle, von Lähmung das Strychnin zuerst sci- nen Einfluss in den gelähmten Theilen äussert. Ich dachte mir unterdessen, dass das Strychnin auf das Rückenmark wirke und seine Thätigkeit gleiehmässig auf die Nerven, auf die rechte und auf die linke Hand, auf die von ihnen versehenen Muskeln verbreite, und fragte mich: Ist der in seiner Endwirkung auf diese Muskeln beobachtete Unter- schied, da die Kraft oflenbar dieselbe ist, von einem Unter- schiede in dem Grade der Reizbarkeit der Muskelfaser selbst abhängig? Wenn die Reizbarkeit dieser Faser wirklich ver- mehrt wäre? War dies der Fall, so konnten die Erscheinun- gen erklärt werden! Ich verlangte nach einer Gelegenheit, diese Frage der Ent- scheidung des Versuchs zu unterwerfen, und vertraute die- sen, in dem ersten Falle, meinem talentvollen Schüler, Herrn . *) Memoire sur l’emploi de la noix 'vomique dans les paralysces par M. Fouquier. 4815. ’*) Trait& de la Moölle Epiniere. 4827. p. 841. 208 / Dolmän. Das Resultat war, wie ich vorausgeschen. Ein zweijähriges Kind war vollkommen gelähmt am linken'Arm Ich verordnete den leichtesten Grad des Galvanismus anzu- wenden, der eine sichtbare Wirkung machen würde.‘ Es wurde durchgängig beobachtet, dass das gelähmte Glied von einem Grade des Galvanismus ergriffen wurde. der keine Wirkung auf das gesunde hatte. Ein ähnlicher Kranker, mit Lähmung eines Beines, wurde demselben Versuche von meinem Freunde und frühern Schü- ler, Herrn Barlom, unterworfen, und das Resultat war das- selbe. Ich wiederholte den Versuch in meinem Hause an meh- reren mit Paraplegie behaftelen Kranken mit demselben Er- folg. Die paralytischen Glieder wurden immer von einem geringeren Grade des Galvanismus erregt, als die gesunden Theile verlangten, oder, ‘wenn beide Gliedmaassen erregt wurden, wurden die gelähmten immer mehr erschültert, als die andern. | Ich wiederholte zunächst meine Beobachtungen in weite- rer Ausdehnung in den Krankenhäusern St. Mary-le-bone und St. Paneras. Hier fanden sich zwei Ausnahmen von der Re- gel; aber in einer beträchtlichen Anzahl wurden die beschrie- benen Erscheinungen’ bemerkt. Ueber diese Ausnahmsfälle werde ich mich späterhin aus- lassen. Ich bemerke nun, dass diese Beobachtungen von den Versuchen der Hrn. Prof. Müller und Dr. Sticker mehr abzuweichen scheinen, als die von Prochaska, Nysten und Legallois. Bevor ich indessen darüber rede, will ich einige von meinen eigenen Versuchen erzählen, die an sechs Fröschen angestellt wurden. Ich theilte das Rückenmark unmittelbar unter dem Ur- sprung des Armgeflechtes und schnitt ein Stück des rechten ischiadischen Nerven aus. Ich hatle unmittelbar darauf oder etwas später die folgenden interessanten Erscheinungen. 4) Die vordern Extremitäten. wurden allen willkühr- 209 lich bewegt; die beiden hintern Extremitäten blieben durch- aus bewegungslos, wenn das auf dem Rücken liegende 'Thier erfolglose Bewegungen machte, sich auf den Bauch zu wenden. 2) Obgleich die’linke hintere Extremität, welche noch im Verbindung mit dem Rückenmark stand, in Bezug auf will- kürliche Bewegung vollkommen gelähmt war, so bewegte sie sich doch sehr energisch, wenn sie durch Kneipen der Zehen mit der Pincette gereizt wurde. 8) Die rechte hintere Extremität, oder die, an welcher der ischiadische Nerv getheilt worden war, war durchaus ge- lähmt, sowohl in Bezug auf willkürliche als exeitirte Bewegung. 4) Nach Verlauf mehrerer Wochen, während die Muskel- irritabilität der linken hintern Extremität sich stufenweise vermehrte, wurde die der rechten stufenweise vermin- dert, welche Erscheinungen beobachtet wurden, wenn man das Thier in Wasser setzte, durch das ein leichter galvanischer Strom genau in der Richtung der Mittellinie geleitet wurde. 5) Als nun Strychnin angewendet wurde, wurden die vordern Extremitäten und die linke hintere Extremität, oder die, welche noch in Verbindung mit dem Rückenmark war, von Tetanus ergriffen; aber die rechte hintere Extremität oder die, welche von aller Nervenverbindung mit dem Rückenmarke getrennt war, blieb vollkommen schlaf. In diesem interessanten Versuche haben wir also: a) die Erscheinungen von Verlust der willkürlichen Be- wegung nach Entfernung des Gehirneinflusses und die Fort- dauer der excitirten Reflexactionen, und den Verlust dieser mit Entfernung des Einflusses des Rückenmarks; b) in dem Falle einer blossen Gehirnlähmung haben wir vermehrte Irritabilität, während wir bei Lähmung des Rücken- marks die stafenweise Verminderung dieser Eigenschaft haben. ce) Endlich wurde der Unterschied in dem Grade der Ir- ritabilität der Muskelfaser der beiden Glieder bemerkt. wenn sie gänzlich von dem Rest des Gliedes getrennt waren. Mäller's Archir. 1839. 14 210 Mit einem Worte, die Muskeln des gelähmten Gliedes hatten durch ihre Treüinung vom Gehirn und Rückenmark ihre Irritabilität verloren, während die Muskeln desjenigen Gliedes, das allein von seiner Verbindung mit dem Gehirn getrennt, aber in seiner Verbindung mit dem Rückenmark gelassen wor- den war, nicht nur ihre Irritabilität behielten, sondern sie wahr- scheinlich in einem vermehrten Grade besassen, — Die nächste Frage musste sein: finden diese Erscheinungen auch im mensch- lichen Körper statt? Ich besuchte einen mit Hemiplegie be- hafteten Kranken, bei dem auch Lähmung des Gesichts stalt fand, und leitete leichte galvanische Schläge durch zwei Me- tallstücke, von denen eins über jede Wange gelegt wurde, Die Muskeln der gelähmten Seite wurden am stärksten er- griffen. Ich. wiederholte diesen Versuch mit demselben Er- folge. Ich. verglich nun. hiermit zwei, Fälle von Verletzung des, Faeialnerven, wo ich den galvanischen Strom auf dieselbe Weise durch die Fasern des Orbicularis leitete. Es war jetzt der. Muskel der gesunden Seite, der von dem Galvanismus afficirt wurde, indem das Augenlid dieser Seite geschlossen wurde, während das der gelähmten Seite wie vorher offen stand. Ich verglich. demnächst die Wirkung des Galvanismus in zwei Fällen von vollständiger Lähmung des Arms, die eine von Hemiplegie, die andere die Folge von: Ausrenkung der Schulter. Die Muskeln des ersteren waren mehr, die des letzteren weniger reizbar, als die des gesunden Armes, Das letzte war auch. der Fall am Arm eines Kranken, der mit einer Lähmung in: Folge von Bleiwirkung behaftet war. Endlich verglich ich die Fälle von Lähmung der untern Extremitäten, von denen der eine nach Keuchhusten entstanden war und darum vom Gehirn ausging, der andere wahrscheinlich eine Folge von Krankheit der Lendenwirbel war; in dem ersteren war die Irritabilität vermehrt, in dem letzteren vermindert. Vermittelst dieser Versuche und Beobachtungen sind wir meiner Meinung nach im Stande, die bedeutenden Verschie- 211 denheiten zwischen den Angaben früherer Autoren, und zwi- sehen ihnen und den meinigen zu erklären. Die Beobachtungen von Nysten u. s. w. zeigten, dass die Irritabilität der Muskelfaser in gewöhnlicher Hemiplegie: fort- dauert; aber sie waren nicht hinreichend, den vergleichungs- weisen Grad der Irritabilität in dem: gelähmten und in dem gesunden. Gliede festzusetzen, oder die Frage, ob in dem er- steren die Irritabilität vermindert war, was man aller Wahr- scheinlichkeit nach erwarten musste, oder vermehrt, ein Re- sultat, woran: man wohl niemals dachte. Prochaska, Nysten und Legallois fehlten auch in ihren Versuchen, indem sie keine. Zeit für die Veränderung in dem Zustand der Irritabilität der Muskelfasern erlaubten. Hr. Prof. Müller und Dr. Sticker unterschieden auf der andern Seite nicht zwischen Lähmung, die von blosser Tren- nung vom Gehirn herrührte, und zwischen Lähmung, die von Trennung vom Rückenmark herrührte, eine Unterscheidung, die in jeder Beziehung von der höchsten Wichtigkeit ist, und die das fragliche Phänomen erklärt. Der Ausdruck Lähmung wurde von allen von mir angeführten Schriftstellern in einem zu allgemeinen Sinne gebraucht. Dieses ist so wahr, dass ich behaupte, in einer Art von Lähmung, in der, welche den Ein- fluss des Gehirns aufhebt, und wo deshalb Lähmung der frei- willigen oder willkürlichen Bewegung sich befindet, ist ver- mehrte Irritabilität vorhanden, während in der andern, wo der Einfluss des Rückenmarks abgeschnitten ist, eine Ver- minderung oder Vernichtung der Irritabilität eintritt. Wir mögen schliessen, dass in Gehirnlähmung die Irri- tabilität der Muskelfaser vermehrt wird, weil der Einfluss des vom Willen ausgehenden Reizes fehlt; in Lähmung, die von Krankheit der Nerven herrührt, ist diese Irritabilität ver- mindert und erlöscht zuletzt, weil ihre Quelle abgeschnit- ten ist, Aus den angegebenen Thalsachen können wir ferner fol- 14* 212 gern, dass das Rückenmark und nicht das Gehirn die besondere Quelle der in den Nerven vorhandenen Kraft ist, Zusammenziehung der Muskeln und Ihritabilität der Muskel- faser zu erzeugen; dass auf der andern Seite das Gehirn durch seine Willensthäligkeit eine Verminderung und Erschöpfung der Muskelirritabilität zu Wege bringt. Als weiteres Resultat aus denselben Thatsachen ergiebt sich die Diagnose zwischen Gehirn- und Rückenmarksläh- mung: blosse Gehirnlähmung ist von vermehrter Irritabilität begleitet, während sich in Rückenmarkslähmung verminderte Irritabilität findet. Diese Thatsache wird in manchen dunke- len Fällen von grossem Nutzen sein. Nachdem ich so die physiologische Frage beleuchtet habe, gehe ich zur Anwendung des Gesetzes auf die Pathologie über, und: will ‘hier ‚bemerken, dass eine ganze Reihe von Phäno- menen sich mit seiner Hülfe erklären lassen. ; “Und zwar zuerst die Ausnahme von der Regel, dass die Muskelirritabilität in gelähmten Gliedern vermehrt ist. Diese hängt offenbar davon ab, dass sie sich in Fällen von Lähmung findet, wo der Einfluss des Rückenmarkes beeinträchtigt ist, die sich von denen unterscheiden, die von dem aufgehobenen Einfluss des Gehirns allein herrühren. Zweitens wird es uns nun auf einmal klar, warum die Wirkung des Strychnins sich zuerst und am meisten in Ge- hirnläkmung in den paralylischen Gliedern äussert. Es giebt indessen noch einige andere Punkte, auf die die Aufmerksamkeit zu lenken ich hier nicht unterlassen kann. Der erste hiervon ist der Einfluss von Gemüthsbewegung in paralytischen Gliedern. Der zweite ist der ähnliche Einfluss gewisser Respira- tionsacte, wie Gähnen, Niesen, Husten u. s. w. Der dritte, der ähnliche Einfluss des Tonus. Es ist wohl vorgekommen, den Einfluss von Ueberra- schung oder Aufregung auf den Arm und die Hand, und viel- leicht auf das Bein eines Kranken zu bemerken, der lange an 213 Hemiplegie leidet, während die Gliedmassen der gesunden Seite nicht affieirt werden. In diesem Falle dehnt sich der Einfluss der Gemüthsbewegung gleichmässig auf die Gliedmassen beider Seiten aus, wie der Einfluss des Strychnins in dem früher be- sprochenen Falle; aber es sind: die Muskeln der leidenden Seite, welche am reizbarsten, am meisten für die Anregung empfäng- lich sind; diese Gliedmassen sind es deshalb, welche am mei- sten convulsivisch bewegt werden. Dasselbe Phänomen wird nicht in’ Paraplegie bemerkt, weil der Einfluss der Gemüthsbewegung von den afficirten Gliedmassen abgeschnitten ist. Erster Fall. Vor einiger Zeit wurde ich zu einem Kran- ken gerufen, der damals Bronchitis hatte. Er war 43 Jahre alt und war in seinem 24sten Jahre von Hemiplegie befallen ‚worden. Er genass von der unmittelbaren Gefahr des Anfalls, blieb aber halbseitig gelähmt, so dass er kaum den Gebrauch der Hand und des Armes, und nur theilweise den des Beines wieder. erlangte. Wenn der Kranke durch Gesellschaft, oder auf irgend eine andere Weise aufgeregt ist, so schielt er etwas, und Hand und Arm werden in merkwürdiger Weise zusammengezogen und verdreht; wenn er hustet, so wird das Bein unwillkür- lich aufwärts gezogen. Der Arm ist gleichsam vom Willen unabhängig, wird aber durch Gemüthsbewegung affieirt. Aehnliche Thatsachen wurden in Bezug auf den Einfluss gewisser Respirationsaete beobachtet, besonders aber von Gäh- nen, Niesen u. s. w. Dr. Abercerombie erzählt den folgenden interessanten Fall in einem Briefe an den verstorbenen Shaw: „Ich denke der folgende Fall wird Sie und Bell interes- siren. Ich hatte vor einiger Zeit einen Mann unter meiner Behandlung, der mit Hemiplegie der rechten Seite behaftet war. Die Lähmung war vollständig und nicht der geringste Versuch zu Bewegung vorhanden, ausser unter den folgenden Umständen: Er gähnte sehr oft, und jedesmal, wenn er gähnte, 214 wurde der rechte Arm mit einer festen und stätigen Bewe- gung emporgehoben, bis er in einem rechten Winkel zu sei- nem Körper stand (er lag im Bett auf dem Rücken); der Vorderarm war etwas nach Innen gebeugt, so dass seine Hand über der Stirn an ihrer grössten Wölbung stand. Der Arm wurde stätig während der Einathmung emporgehoben, und wenn die Ausathmung begann, schien er durch seine eigene Schwere und mit bedeutender Kraft herabzufallen. Er war dieser Affection durch eine beträchtliche Zeit unterworfen, und sie hörte allmählig auf, als er anfing, die natürliche Bewe- gung der Gliedmassen wieder zu erlangen.“ — Das heisst, wie ich schliesse, als der Zustand. vermehrter Irritabilität durch die wiederkehrenden Acte des Willens entfernt wurde. Von nicht geringem Interesse ist die Wirkung des Tonus. In Fällen von langedauernder Hemiplegie werden die paraly- tischen Glieder, aber besonders Arme und Hände, in einen Zustand chronischer, starrer Contraction gezogen. Diese Er- scheinung hängt davon ab, dass die Ursache des Tonus be- ständig auf Muskeln wirkt, die vermehrte Irritabilität besitzen, während sie niemals oder selten durch Willensacte erschlafft werden. Eine ähnliche Wirkung zeigt sich bei Blödsinnigen, die mit atrophischem Hirn geboren sind. Der Einfluss des Wil- lens fehlt; der des Rückenmarks, der Quelle des Tonus und der Irritabilität des Muskelsystems ist in beständiger Thätig- keit und bringt ehronische Contraction zu Wege, eine Wir- kung, die indessen von der des Krampfes unterschieden wer- den muss, welcher unmittelbar durch irgend eine Krankheit des Rückenmarks selbst erregt wird. Ich komme auf die Wirkung des Strychnins auf gelähmte Gliedmassen zurück. Es ist klar, dass der allgemeine Ausspruch von Fouquier, Segalas u. A., dass nämlich das Strychnin, auf die gelähmten Glieder eher als auf die gesunden wirkt, zu voreilig war. Esist dies nur in den Fällen von Lähmung der Fall, in wel- chen die Muskeln noch in einer Nervenverbindung mit dem Rük- 215 kenmarke verbleiben; das entgegengesetzte Resultat beobachtete man in den übrigen Fällen, in denen eine solche Verbindung zwischen den Muskeln und dem Rückenmark unterbrochen ist. Ich will noch eine andere Bemerkung hier machen. Die Arme und Hände sind, im Allgemeinen gesprochen, mehr un- ter dem Einflusse des Gehirns als die untern Extremitäten; und diese auf der andern Seite stehen mehr unter dem Ein- fluss des Rückenmarkes, als die Arme und Hände. Die obern Extremitäten werden stärker und häufiger von Hemiplegie be- fallen, als die unteren; diese werden stärker von Tetanus, von Strychnin u. s. w. ergriffen, als die ersteren, eine That- sache, die ich, was die letztere Ursache anbelangt, in einigen Fällen von Hemiplegie beobachtet habe. Wir müssen diese Thatsachen immer bei unserer Untersuchung vor Augen haben. Ein anderer Umstand verdient ebenfalls Erwähnung. Je vollkommner die Lähmung ist, desto mehr ist die Irritabilität der Muskelfaser gesteigert. In Hemiplegie ist der Arm ge- wöhnlich mehr gelähmt, und zugleich mehr reizbar, als das Bein. In chronischen Fällen wird indessen die Irritabililät zu- gleich mit der Ernährung beeinträchtigt. Ich erlaube mir nun, einige Fälle zu erzählen, die die vorhergehenden Bemerkungen erläutern und begründen. Zweiter Fall. Am 16. Januar 1839 besuchte ich einen Kranken, der neun Monate vorher von Hemiplegie befallen worden war; der Arm war vollkommen paralylisch, das Bein weniger und das Gesicht noch weniger, Indem ich den galvanischen Strom durch den Arın leitete, wurde der linke oder gelähmte Arm viel mehr aflieirt, als der rechte, und zwar von einem Grade, der durchaus keine Wirkung auf den rech- ten hatte. Die Sehnen hoben sich bei jeder Schliessung der Kette; man sah die Zusammenziehung der Gesichtsmuskeln der linken Seite in ihrer Wirkung auf die Züge, ebenso die des linken Gastrocnemius in ihrer Wirkung auf die Achillesschue, wenn keine Wirkung in der rechten Seite des Gesichts odeı iu dem rechten Beine sich erkennen liess. 216 Bei diesem Kranken wurden noch andere und sehr inte- ressante Erscheinungen beobachtet: 4) Der Arm war von Anfang an viel mehr gelähmt als das Bein oder das Gesicht. 2) Die Wirkung des Strychnins wurde nur in dem ge- lähmten Arme und Beine beobachtet, und zwar in dem letz- teren mehr als in dem ersiern. 3) Jedes plötzliche Geräusch oder andere Ursachen von Gemüthsbewegung afficiren nur die gelähmte Seite, das Bein indessen mehr als den Arm. 5) Gähnen und Niesen bewegen die gelähmten Glieder; das erstere vorzugsweise den Arm, das letztere das Bein, 5) Strecken und Erheben des rechten Armes über den Kopf verursachen bewusstlose Bewegungen des linken oder gelähmten Armes. 6) Während des Schlafes sind linker ‘oder gelähmter Arm und Hand beträchtlich zusammengezogen und schmerz- haft an die Seite gedrückt. j 7) Der gelähmte Arın schrumpft von der Anwendung der Kälte, wie der plötzlichen Berührung der kalten Hand. 8) Endlich befinden sich die gelähmte Hand und Arm in einem beständigen Zustand von Zusammenziehung. Ich wiederholte die Versuche mit den galvanischen Schlä- gen am 14. Februar mit demselben Erfolge. Dritter Fall. Am 15. und 22. Januar 1839 leitete ich einen leichten galvanischen Strom durch den Orbieularis auf jeder Seite des Gesichts in einem Kranken, der mit Lähmung des linken Faeialnerven nach Erkältung befallen worden war, und die sechs Wochen bestand. Hier wurde das rechte Au- genlid fest geschlossen, das linke oder gelähmte blieb durch- aus unafficirt. Vierter Fall. Am 13. Februar leitete ich galvanische Schläge durch die beiden Orbiculares in einem Kranken, den ich mit Mr. Burford besuchte, und in dem der Facialuerve 217 durch die Entfernung eines beträchtlichen Astes des Nerven zugleich mit einer in seinem Verlaufe längs der Wange gebil- deten Geschwulst, theilweise gelähmt war. Der so entfernte Nervenast ist in der 2. Fig. Taf. X. gezeigt. Der Muskel der pa- ralytischen Seite blieb unaffieirt, während der der gesunden Seite die Augenlider ‚bei jeder Anwendung des Galvanismus schloss. £ Fünfter Fall, Am 9.Februar verglich ich den Einfluss des Galvanismus bei zwei Kranken in 'St. Paneras: beide hat- ten vollständige Muskellähmung des Arms; der erste Fall ging vom Gehirne aus, und. war Hemiplegie. Der zweite war eine Verletzung des Armgeflechtes, von'Ausrenkung der Schulter herrührend; die Resultate waren, wie ich vorausgesehen. In dem Falle von Hemiplegie war die Iıritabilität der Muskeln der paralytischen Glieder grösser als. die der Muskeln des ge- sunden Gliedes; in dem Falle des verletzten Armgeflechtes beobachtete ich das Entgegengesetzte; die Irritabilität der Mus- keln der gelähmten Hand nnd des Vorderarms war sehr ver- mindert. Sechster Fall. Am 23. Januar 1839 leitete ich galva- nische Schläge durch die Hand eines Kranken, der ein Schrift- setzer war, und, durch die Wirkung der Bleitypen allmählig an der rechten Hand paralytisch geworden war. Hier wurden wiederum die gelähmten Muskeln nicht von einem Grade des Galvanismus ergriffen, der eine augenscheinliche Wirkung auf die Muskeln des gesunden Gliedes hatte. Siebenter und achter Fall. Am 10. Januar 1839 gal- vanisirte ich einen kleinen Knaben mit Lähmung des linken Beines. Die Muskeln waren reizbarer als die des gesunden Beines; der Fall war die Folge von Keuchhusten, und ich hielt ihn für ein Gehirnleiden. An demselben Tage versuchte ich den Galvanismus in einem Falle von theilweiser Paraplegie bei einem jungen Mädchen, einer Kranken des Hrn. Burford: in diesem Falle waren die Muskeln der gelähmten Glieder we- 218 niger reizbar, als die der gesunden. Ich schloss daraus, dass die Krankheit in dem Laufe der Nerven, und wahrschein- lich in den Lendenwirbeln ihren Sitz habe. Ich bemerke, dass ich sehr wohl weiss, wie skizzenhaft ich diese Fälle erzähle, halte aber dafür, dass das Nähere bes- ser für eine andere Mittheilung aufgespart bleibt. Inzwischen können wir den Schluss ziehen, dass wir in der Wirkung des Galvanismus ein Mittel besitzen, eine Dia- guose in den zur Frage kommenden Fällen aufzustellen. Krank- heit des Gehirns selbst, — Krankheit des Dorsaltheiles des Rückenmarkes, — verursacht Hirnlähmung, Hemiplegie und Paraplegie; Krankheit, die den Facialnerven oder die Cauda equina in der Lendengegend drückt oder zerstört, ist die Ur- sache sowohl von Gehirn- wie von Rückenmarkslähmung. In dem erstern Falle werden wir vermehrte, in dem letz- tern verminderte Irritabilität der Muskelfaser wahrnehmen. Dieser Schluss ist in der gegebenen Skizze schematisirt Taf.X. Fig. 1. In allen Fällen von Lähmung, die durch die Linien ab,cd,ef u.s. w. dargestellt sind, ist der Einfluss des Ge- hirns entfernt, der des Rückenmarks, der Quelle der exeitori- schen Kraft in den Nerven und der Irritabilität der Muskel- faser bleibt; wir haben deshalb gesteigerte Irritabililät. In al- len Fällen von Lähmung, dargestellt durch die Linien & 1, A i, ist der Einfluss des Rückenmarkes selbst entfernt; wir haben deshalb verminderte Irritabilität, Ich komme zu den Hauptpunkten dieses Aufsalzes zurück und bemerke: 4) Dass das Rückenmark mit Ausschluss des Gehirns die Quelle der Muskelirritabilität ist." 2) Dass das Gehirn in seinem Willensacte diese Irrilabi- lität erschöpft. 3) Dass wir in Muskeln, deren Nervenverbindung mit dem Gehirn aufgehoben ist, vermehrte Irvitabililät haben. 4) Dass wir dagegen in Muskeln, deren Nervenverbin- 219 dung mit dem Rückenmark aufgehoben ist, verminderte Irri- tabilität haben. 5) Dass der Grad der Irritabilität der Muskelfaser gelähm- ter Glieder, verglichen mit der der Muskeln gesunder Glieder, eine Quelle der Diagnose zwischen Gehirn- und Rückenmarks- lähmung darbietet, und vorzüglich zwischen 1. Hemiplegie des Gesichtes und r Paralyse des Facialnerven. 3. Hemiplegie des Armes oder Beines und f; Krankheit der Nerven dieser Glieder. 5. Krankheit des Rückenmarkes in der Dorsalgegend, und 6. Krankheit der Cauda equina in der Lendengegend etc. 6) Dass der grössere Einfluss von Gemüthsbewegung, ge- wisser Athmungsverrichtungen, des Tonus u. s. w. auf die Mus- keln paralytischer Glieder, im Vergleich zu dem auf gesunde Glieder, auf ihrer vermehrten Irritabilität beruht. 7) Dass dieselbe Ursache die grössere Empfänglichkeit der Muskeln in gewissen Fällen von gelähmten Gliedern für den Einfluss des Strychnins erklärt. 8) Dass in den Folgerungen von Fouquier, Hrn Prof. Müller u.a. keine hinreichende Unterscheidung zwischen dem Einflusse des Gehirns und des Rückenmarkes gemacht wurde, welche in dieser, wie in so manchen andern Hinsichten, solche verschiedenen Eigenschaften haben. 9) Aus diesen und andern Versuchen und Beobachtungen schliesse ich, dass der Schlaf die Irritabilität des Muskelsy- stems wiederherstellt, indem er die Handlungen des Willens aufhebt, durch die sie erschöpft oder vermindert wird; Mus- kelwirkung auf der andern Seite vermindern die Irritabilität und verursachen Ermüdung. Rhytis paradoxa Mayer ist kein Eingeweidewurm. Von Dr. A. Tscuupı, Dr. Miızscner und Dr. Norpmann. Als wir in Paris beschäftigt waren, gemeinschaftliche Unter- suchungen über einige Helminthenformen anzustellen, fiel uns das II. Heft der Analecten für vergleichende Anatomie in die Hände, in welchem Hr. Prof. Mayer einen angeblich neuen, 40 Fuss langen, einer. Kuh abgegangenen Eingeweidewurm unter dem Namen Rhytis paradoxa beschrieben, abgebildet und als Repräsentanten einer neuen Ordnung, Rhytelminthi, aufgestellt hat. Beim Durehlesen dieser Abhandlung haben wir über die Natur dieses sogenannten Helminthen einige Zweifel: nicht un- terdrücken können; es war uns daher sehr willkommen zu vernehmen, dass dieses in Weingeist aufbewahrte Gebilde sich in Paris befinde, und wir haben daher nieht unterlassen, sol- ches in Augenschein zu nehmen und einer Untersuchung zu unterwerfen. Diese Untersuchung gab uns die Ueberzeugung, dass der Gegenstand der Beschreibung des Hrn. Prof. Mayer durchaus nicht deu Character eines selbstständigen thierischen Wesens an sich trägt, und unstreitig für ein pathologisches Product 221 zu betrachten ist. Die Gründe, welche uns diese Erklärung abfordern, sind folgende: 4) Bei keinem uns bekannten Eingeweidewurm zeigt sich eine solche Unbestimmtheit der Contouren, da bei dem vor- liegenden Gebilde von allen Seiten kleine, ganz unregelmässige Flocken frei im Weingeist flottiren. 2) Einen wirklichen Darmkanal besitzt das Gebilde gar nicht. Der von Hrn. Mayer dafür angesprochene Theil zeigt kein Lumen, sondern besteht aus einer Masse concentrischer Schichten, die sich von denen des sie umgebenden Theiles gar nicht unterscheiden, auch hängt er mit dem letztern an den meisten Stellen so zusammen, dass nur das Messer des Zer- gliederers beliebige Trennung bewirken kann. 3) Von der Anwesenheit eines Kopfes und einer Anal- öffnung konnten wir uns durchaus nicht überzeugen. 4) Die mikroskopische Untersuchung einer Faser dieses Gebildes zeigte ein Gefüge, welches in jeder Beziehung ver- schieden war von demjenigen aller uns bekannten Eingevwreide- würmer. 5) Die von Hrn. Prof. Mayer ausgesprochene Vermu- thung, es sei der Tod dieses sogenannten Thieres durch ein in der Körpermasse steckendes Hälmchen verursacht worden, scheint durchaus nicht vereinbar zu sein mit dem bekannten Reproductionsvermögen und der geringen Empfänglichkeit ge- gen äussere Reize, die bei den Eingeweidewürmern überhaupt wahrgenommen werden. Beobachtung einer seltenern Abweichung des Ursprungs der grossen @efässe aus dem Herzen. Mitgetheilt. von Epvarnp Martin, Dr. und Prof. der Mediein, Subdireetor der Entbindungsanstalt za Jena. (Hierzu Taf. IX.) Zu den minder häufigen Anomalien in der Bildung der Or- gane des Kreislaufs gehört ohnstreitig diejenige, wo bei normaler Einmündung der Venen die Aorta aus dem: rechten, die Arteria pulmonalis hingegen aus dem linken Ventrikel entspringt *). Ich halte es daher nicht für überflüssig, eine. neue derartige Beob- achtung aus meiner Privatpraxis hier ausführlich mitzutheilen, und eine Abbildung des aufbewahrten Präparates beizufügen. B.N., das Töchterchen sehr reizbarer Aeltern, von denen die Matter namentlich im Anfange dieser ihrer zweiten Schwan- gerschaft äusserst heftigen Gemüthsbewegungen in Folge eines *) A. W. Otto führt in seinem Lehrbuche der pathologischen Anatomie. I. Bd. Berlin, 1830. S. 303. Anmerk. 13, nur 11 der- gleichen Beobachtungen an. Ein 42ter hierher gehöriger Fall, von G. Gumage beobachtet, findet sich in Horn, Nasse und Henke Archiv f. med. Erfahrung. 1818. Bd. II. S. 552. migetheilt. 223 Processes, in welchem sie von ihrer Mutter verflucht wurde, ausgesetzt war, zeigte sogleich nach der übrigens regelmässi- gen Geburt keine Anomalie; das Kind war wohlgenährt und gross, nur im Gesichte und an mehreren anderen Hautstellen ungewöhnlich behaart. Es wurde eben wegen der heftigen Gemüthsart der Mutter ohne Brust aufgezogen, verursachte aber schon in der dritten Woche seines Lebens Besorgniss, als die Ernährung mehr und mehr zurückging und Husten und Schwämmchen eintraten. Schon um diese Zeit fiel an dem. Kinde eine ungewöhnlich dunkle Hautfarbe auf, die im Ge- sicht besonders, wie es, schien durch die starke Behaarung, deutlicher als anderwärts hervortrat. Weiss gehackte und grünliche Durchfälle trugen dazu. bei, das Kind zu erschöpfen; doch gelang es durch passende arzneiliche Eingriffe in Kurzem Genesung von: den bezeichneten Schleimhautleiden herbeizufüh- ren, 80. dass sogar eine, bessere Ernährung wiederzukehren schien. Nur das öftere plötzliche heftige Schreien des Kin- des, zumal des Nachts, wobei der Athem wohl auch viele Sekunden lang ausblieb, erregte Verdacht eines tieferen. Feh- lers, ein Verdacht, der um so dringender ward, als das Kind 5 Wochen später von catarrhalischen Beschwerden mit Fieber ergriffen, nunmehr unverkennbare cyanotische Zufälle, bläu- liche Hautfärbung mit Erstickungserscheinungen wahrnehmen liess. Dennoch gelang es auch. dieses Mal noch, die Leiden zu mässigen und ein erträgliches Befinden zurückzuführen, so dass die Aeltern der Kleinen den besten Hoffnungen Raum gaben. Plötzlich aber, in der 10ten Lebenswoche, ward das Kind von Neuem durch Husten aus dem nächtlichen Schlafe erweckt, schrie ängstlich und verfiel in krampfhafte Zuckun- gen der Glieder; der Athem ward pfeifend, von Husten und Schreien unaufhörlich unterbrochen, und die Haut alsbald wie- der allgemein blau gefärbt. Nachmittags erfolgte zwar Ruhe, aber unter kaltem Schweisse; eine zähe Schleimflocke bedeckte die linke Hornhaut, und Abends 8 Uhr war das Kind ver- schieden. 224 Bei der 38 Stunden darauf angestellten Section fiel zu- nächst die ungewöhnliche Magerkeit, so wie die dauernde grau- blaue Hautfärbung in die Augen; das Fett schien aus dem Un- terhautzellgewebe fast gänzlich verschwunden. Der Thorax zeigte sich hoch gewölbt und geräumig, die Lungen waren verhältnissmässig gross, an ihrem vordern Rande hellroth, am hinteren blauroth gefärbt; ihr Gewebe zum Theil serös infil- trirt, stellenweise ödematös; die Schleimhaut der Luftröhre war injieirt, die Bronchien voll Schleim; der Herzbeutel ent- hielt mehr als gewöhnlich seröse Flüssigkeit; das Herz’ im Ganzen erschien sehr gross, die rechte Vorkammer war jedoch verhältnissmässig klein, enthielt aber ein zähes Faserstoffeoncre- ment, die anscheinend geräumige linke Vorkammer war von schwarzem Blutcoagulum stark ausgedehnt. Beide Vorkam- mern, in welche die Venen ganz regelmässig einmünden, ste- hen durch ein weit offenes Foramen ovale in Verbindung unter einander. Neben dieser eirunden Oeffnung findet sich auf der rechten Seite des Septi atriorum eine ungewöhnliche zweite, weitere Oeflnung, der Eingang zu der hinter der Aorta ascen- dens und dem Anfange der Arteria pulmonalis verlaufenden, unmittelbar neben dem linken Herzohre gelegenen rechten Au- ricula eordis. Die Herzkammern lassen zunächst hinsichtlich ihres Lumens ‘und der Stärke ihrer Wandungen eine unge- wöhnliche Verschiedenheit darin wahrnehmen, dass der linke Ventrikel geräumiger ist als der rechte, und dass letzterer stärkere Wandungen zeigt; sodann findet sich als eine fernere Anomalie der Kammern eine von einem sehnigten Ringe um- gebene, rundliehe Oeflnung von mehr als 2‘ Durchmesser in der Scheidewand der beiden Kammern an einer Stelle, welche im rechten Ventrikel neben dem Ostium venosum liegt, je- doch hier von einem Theile der Valvula tricuspidalis im er- schlafften Zustande zu 3 ihres Umfangs gedeckt wird, im lin- ken Ventrikel hingegen nächst dem Ostium arteriosum gesehen wird. ‘Einzelne Chordae tendineae gehen sogar von dem knor- pelig-sehnigten Ringe dieser Oeffnung zu der Valyula trieus- 225 pidalis, Am auffallendsten aber ist der Ursprung der grossen . Gefässe aus den Ventrikeln; die Arteria pulmonalis, welche sogleich eine ungewöhnliche Weite zeigt, entspringt aus dem innern hintern Winkel des linken Ventrikels, da wo die oben beschriebene Oeflnung im Septum ventrieulorum sich befindet; die Aorta hingegen nimmt ihren Ursprung aus dem vordern innern Winkel der rechten Herzkammer, und biegt sich, die Norm nur wenig verleugnend, über die Lungenarterie nach hinten; aus der Aorta entspringen gleich über den gehörig ge- bildeten Valvulae semilunares die beiden Kranzarterien des Herzens, weiterhin aus dem Bogen des Truncus anonymus die Arteria carotis und Subelavia sinistra; an ihrer untern Bie- gung nimmt sie hingegen ganz den Regeln gemäss den Ductus arteriosus Botalli auf. — Die Arteria pulmonalis, welche gleich über ihrem Ursprung einen wahren, auch durch festere Tex- tur ausgezeichneten Bulbus bildet, theilt sich in die beiden sehr starken Lungenzweige, und lässt an der Trennungsstelle beider den schon fast ganz obliterirten Ductus arteriosus zur Aorla gelangen. Erklärung der Kupfertafel, Taf. IX. Fig. I. Das Herz in seiner nalürlichen Lage, a. Der rechte Vorhof. 4. Mündung der Vena caya inferior. 2. Mündung der Vena cava superior. b. Der linke Vorhof. 3. und 4. Mündungen der linken Lungenvenen. 5. Rechtes Herzohr. 6. Linkes Herzohr. ec. Der rechte Ventrikel, 7. Aorta. d. Der linke Ventrikel. 8. Arteria pulmonalis. 9. Ductus arteriosus Botalli. 10. und 11. Zweige der Lungenarlerie, Müller’s Archir. 1830. 15 226 Fig. Il. Das Herz mit geöffneter rechler Kammer und Vor- kammer. 4. bis 11. Wie in der vorigen Figur. a. Der rechte Vorhof. 42. Foramen ovale. 13. Eingang zum rechten Herzohr. 44. Mündung der Vena coronaria magna cordis. b. Der rechte Ventrikel. 45. 15. Valvula trieuspidalis. 46. Die anomale Oeffaung im Septum ventriculorum. 47. Zugang zur Aorta. Nachträgliche Bemerkungen zu dem Aufsatze über die Entstehung der Glandula pituitaria (Jahrgang 1838, Heft V. dies. Arch.). Von Heınrıcn RATakE. iß Seit der Zeit, da jener Aufsatz, der auch einige Bemerkungen über die Entstehung des Schädels enthält, geschrieben worden war, habe ich Gelegenheit gehabt, die Untersuchungen über die erste Bildung und die Entwickelung des Schädels an ver- schiedenen Wirbelthieren fortzusetzen. Dabei aber habe ich gefunden, dass die in jenem Aufsalze vorkommende Angabe, es sende die Scheide der Chorda vertebralis innerhalb des Ko- pfes einige Fortsälze aus, auf einer unrichtigen Deutung be- ruht. Nicht die eigentliche und allbekannte Seheide selber ist es, die etliche Fortsätze ausschiekt, sondern eine Bekleidung derselben von einem Anfangs ziemlich grobkörnigen Blastem, welche Bekleidung jene Scheide vollständig einhüllt, und aus der sich namentlich, wie schon von Andern, und insbesondere von dem Herrn Herausgeber dieses Archivs dargethan worden ist *), die Wirbelbeine entwickeln. An der Wirbelsaite be- merkt man also zu einer gewissen Zeit des Fruchtlebens zwei *) Vergl. Anatomie der Myxinoiden. Th. I. S. 82. u. 83. 10: 223 Scheiden, von denen aber die äussere nicht als ein wesent- licher Theil derselben anzusehen ist. Diese äussere Scheide nun, die man die Belegungsmasse der Wirbelsaite nennen könnte, ist es eigentlich, welche über die Wirbelsaite, die nur bis zwi- schen die künftigen Gehörlabyrinthe reicht, noch eine kleine Strecke unter der Gestalt einer horizontalen Platte hinausgeht, und hierauf von ihrem vordern Rande 2 bis 3 Fortsätze aus- sendet. — Bei den Fischen und Batrachiern kommen nur zwei dergleichen Fortsätze vor, und diese haben dicht unter der er- sten Wirnzelle ihre Lage, sind auf die beiden Seitenhälften des Kopfes vertheilt und reichen bis an das vordere Ende des Kopfes hin. Bei den übrigen Wirbelthieren aber findet man Anfangs 3 solcher Fortsätze, und von ihnen verhalten 2 sich ähnlich, wie bei den Fischen und Batrachiern, indess der dritte, der jenen beiden an Länge nachsteht, nach oben in die Lücke eindringt, die das Anfangs stark zusammengekrümmte Gehirn der höhern Wirbelthiere an der untern Seite zwischen seiner ersten und dritten Zelle gewahr werden lässt. Von diesen verschiedenen Fortsätzen, die ich die Balken des Schädels nennen möchte, geht der unpaarige zwischen den beiden paarigen von der erwähnten Platte ab, bleibt jedoch nicht für immer bestehen, sondern verschwindet schon frühe sowohl bei den Vögeln und höhern Amphibien, als auch bei den Säugethieren. Die beiden paarigen aber bleiben bei einigen Thieren gänzlich, bei andern zum Theil durchs ganze Leben zurück, erleiden jedoch verschiedene Veränderungen in ihrer Form und ihrem Gewebe. Anfänglich bestehen sie aus einem köruigen Blastem, haben ungefähr die Form der beiden Arme oder Hörner einer Lyra, liegen zum grössern Theil mehr oder weniger weit auseinander, vorne dagegen, wo sie in die vordere Wandung des Kopfes übergehen, an der sich die Nase und die Na- senhöhlen ausbilden sollen, dicht neben einander, und biegen sich in dieser Wandung selbst nach aussen um, so dass sie in ihr ein Paar einander abgekehrte kleine Haken oder Hörner bilden. Dicht hinter und etwas oberhalb dieser Hörner, da wo 229 die beschriebenen Balken einander am nächsten sind, bilden sich seitwärts von ihnen ‚an der vordern Fläche des Kopfes 2 schüsselförmige Vertiefungen, deren häutige: Auskleidung zu den beiden Riechhäuten wird, ‚und die selber die ersten An- lagen der Nasenhöhlen bezeichnen. Schon frühe werden die beiden paarigen Balken knorpelig, und verschmelzen ungefähr ‚um eben ‚dieselbe Zeit, wo sie ein- ander am nächsten liegen, also. zwischen den beiden Nasen- höhlen, Darauf wächst dieser ihr verschmolzener Theil mehr oder weniger in die Länge und Höhe, je nachdem im Allge- meinen die Nasenhöhlen länger und höher werden, und bildet zwischen ihnen eine knorpelige Scheidewand. Ferner wächst gewöhnlich von dem obern Rande des erwähnten Theiles durch Wucherung “der Substanz desselben jederseits eine knorpelig werdende Platte aus, die immer mehr die Nasenhöhle ihrer Seite überwölbt, und gleichsam einen Boden vorstellt, auf des- sen oberer Fläche sich späterhin als eine besondere, ihr nur aufliegende Platte ein Nasenbein bildet. — Vor der Scheide- wand aber, zwischen den beiden Hörnern, in die sie nach vorne ausläuft, bilden sich die Zwischenkieferbeine. Dicht unter ihr endlich entsteht bei vielen Wirbelthieren, und zwar ebenfalls selbstständig, die Pflugschar. — Die Scheidewand selbst bleibt, je nach den verschiedenen Wirbelthieren, zum grössern oder kleinern Theil zeitlebens knorpelig; ein anderer Theil aber von ihr verknöchert, und erscheint dann als der mittlere oder perpendiculäre Theil des Riechbeines, Die Mu- scheln des Riechbeines entstehen dadurch, dass bei manchen Wirbelthieren seitwärts aus jener Scheidewand, wenn sie noch ganz knorpelig ist, etliche Leisten heryorwachsen, die sich all- mählig in Platten umwandeln. Hinter der Stelle der beiden paarigen Schädelbalken, aus der zunächst die Nasenscheidewand gebildet wurde, rücken diese Balken bei manehen Thieren nur wenig oder gar nicht zusammen; wohl aber wächst von ihnen aus Knorpelsubstanz in die Lücke hinein, die sie zwischen sich haben, und füllt 230 dieselbe zuletzt, eine dünnere Schichte darstellend, ganz aus. Dies ist namentlich der Fall bei den Batrachiern und manchen Fischen. Bei andern Thieren dagegen rücken sie von vorne nach hinten nicht bloss mehr oder weniger weit zusammen, sondern verschmelzen auch von der künftigen Nasenscheide- wand aus nach hinten in einer kürzern oder längern Strecke. Bei den Schlangen verschmelzen sie in einer nur kurzen, bei den Vögeln aber und den Eidechsen in einer viel längern Strecke, und bei den Säugethieren nach ihrer ganzen Länge. Erhalten die Augen einen bedeutendern Umfang, so wächst dieser hinter der Nasenscheidewand befindliche verschmolzene Theil der Schädelbalken ebenfalls, wie jene Wand, mehr oder weniger in die Höhe, und bildet zwischen den Augen eine zum grössern oder kleinern Theil knorpelige Scheidewand, in die sich dann die Scheidewand der Nasenhöhlen nach hinten geradesweges fortsetzt, und die späterhin nicht selten, entweder zum Theil, oder auch ganz verknöchert. Beispiele davon ge- ben die Blindschleichen, Eidechsen und Vögel. Zu demjenigen Abschnitte der paarigen Schädelbalken, welcher sich hinter der Nasenscheidewand befindet, steht der Körper des vordern Keilbeines hinsichtlich seines Ursprunges in einer innigen Beziehung. Bei der Natter entsteht er in der Lücke, die zwischen jenen Körpertheilen verblieben war: bei dem Blennius bildet er sich unter der aus Zellstoff, und bei den Batrochiern unter der aus Knorpelsubstanz beste- henden Füllung der zwischen jenen Theilen vorhandenen Lücke. Bei den Eidechsen und Vögeln, bei welchen Thieren die paarigen Schädelbalken schon sehr frühe fast nach ihrer ganzen Länge verschmelzen, bildet er sich, nachdem dies ge- schehen, unmittelbar unter denselben, wie die Pflugschar unter der Nasenscheidewand. Bei manchen Säugethieren aber, z.B. den Wiederkäuern und Schweinen, unterbleibt die Bildung eines vordern Keilbeinkörpers, indess bei andern, wie nament- lich den Nagern, ein solches Knochenstück in der Knorpel- substanz jener nach ihrer Länge verschmolzenen Theile selbst zu entstehen scheint, 231 Der Körper des hintern Keilbeins entsteht wohl ohne Ausnahme vor dem Kopfstücke der Wirbelsäule, und zwar in dem über diese vorspringenden und eine Tafel darstellenden Theile ihrer Belegungsmasse, von dem die Schädelbalken aus- gehen, also zwischen diesen Fortsätzen und der Wirbelsaite. Nicht selten jedoch kommt ein hinterer Keilbeinkörper gar nieht zum Auftreten, und dann wächst der vordere Keilbein- körper rasch so weit nach hinten, dass er auch jenen Theil der Belegungsmasse von unten deckt, und dadurch den feh- lenden hintern Keilbeinkörper ersetzt. Dies ist der Fall bei den Gräthenfischen, den Stören und den Batrachiern. Die Flügel der beiden Keilbeine entstehen nicht durch Ausstrahlung der Knorpelsubstanz ihrer Körper, sondern un- abhängig von diesen in einiger Entfernung von ihnen. Der Körper des Hinterhauptibeines bildet sich ganz so, wie ein Wirbelbeinkörper, um die Chorda vertebralis, und die Sei- tentheile desselben entspringen durch Ausstrahlung aus der Knorpelsubstanz des Körpers, wie in der Regel die Bogen- schenkel eines Wirbels aus dem Körper desselben. Bei den Batrachiern macht das Hinterhauptbein von dem gewöhnlichen Entwickelungsgange nur insofern eine Ausnahme, als nur al- lein seine Seitentheile verknöchern, der Körper aber knorpe- lig bleibt. Einen ausführlichern Beitrag zur Entwickelungsgeschiehte des Schädels werde ich später einmal geben, und dann auch die Ansieht, dass der Schädel aus einer Reihe modifieirter Wirbelbeine zusammengesetzt sei, durch die Entwickelungsge- schichte zu beleuehten suchen: hier habe ieh nur einen früher begangenen Irrthum möglichst bald beseitigen wollen. U. Den Hirnanhang im ausgebildeten Zustande habe ich bei inehreren Thieren untersueht, und glaube über ihn jetzt an- geben zu dürfen, dass er Nichts weiter, als eine Blutdrüse ist. Es fragt sich daher, ob nicht noch einige andere Blutdrüsen durch eine Ausstülpung aus dem Schleimblatte der Keimhaut 232 entstehen, der eine Abschnürung alsbald nachfolgt? Erinnere ich mich recht, so hat etwas der Art schon Arnold von der Schilddrüse angegeben, doch kann ich jetzt den Ort nicht wie- der finden, wo sich meines Bedünkens Arnold hierüber aus- gesprochen hat. Ein merkwürdiger pathologischer Fall von Prolapsus des Hirnanhanges, den Klinkosch beschrieben hat *), lässt sich wohl nur aus der sonderbaren Entstehungsweise dieses Gebil- des erklären. Bei einem neugebornen Kinde mit mehrfach mon- strösem Kopfe befand sich in der Mitte des Keilbeinkörpers da, wo sonst die Grube für den Hirnanhang vorhanden ist, eine Oefinung von solcher Weite, dass der Kiel einer Schreib- feder hätte hindurch geschoben werden können. Durch die- selbe war ein Theil der harten Hirnhaut vorgefallen, und bil- dete einen in der Mundhöhle liegenden Sack von der Grösse einer Haselnuss, der die Glandula pituitaria enthielt. Diese war übrigens hohl, und ihre Höhle stand mit einer widerna- türlichen, mit vielem Wasser angefüllten und durch Erweile- rung der Seitenventrikel und des dritten Ventrikels des Ge- hirns erzeugten Höhle in Verbindung. — Vielleicht lässt sich das Zustandekommen dieses Vorfalles des Hirnauhanges am naturgemässesten so erklären, dass die Oeflnung in der Basis eranii, durch welche ein Theil der Mundhaut, um die Glan- dula pituitaria zu bilden, gegen die Schädelhöhle hin sich aus- gestülpt halte, noch nieht geschlossen worden war, als die Hirnwassersucht entstand, und dass, wie sich das Wasser in dem Gehirn immer mehr anhäufte, ein Theil der harten Hirn- haut sammt der schon gebildeten Glandula pituitaria durch jene Oeffnung aus der Schädelhöhle herausgedrängt wurde. — Was übrigens aber die Höhle anbelangt, die Klinkosch in dem Hirnanhange bemerkt haben will, so fragt es sich noch, ob sie sich nicht eigentlich in dem Hirntrichter befunden habe, der von jener Drüse zum Theil umfasst wurde. *) Dissertaliones med. selecliores Pragenses Vol. I, No. 12. Erklärung einiger Gesichtsphänomene. Von A. W. VoLkmanm. Es ist irrig, wenn der Naturforscher den seltenen Erscheinun- gen einen unbedingten Vorzug vor den alltäglichen einräumt. Nicht die Erscheinung schlechthin, sondern das ihr zum Grunde liegende Wesen der Dinge ist das Betrachtungswerthe, und insofern nur die Erscheinungen, welche sich wiederholt und vielfach beobachten lassen, geeignet sind, uns Naturgesetze kennen zu lehren, insofern sind sie die richtigeren, und ver- dienen die Aufmerksamkeit des Denkers in höherem Grade, als Seltenheiten, welche die Neugier reizen ohne die Wissbe- gier zu befriedigen. In dieser Ueberzeugung wage ich es hier Beobachtungen zur Sprache zu bringen, welche unstreitig oft schon gemacht worden, die aber, so bekannt sie auch sein mögen, meines Wissens noch nicht erklärt sind. 4) Wenn man die Augen schliesst, so sieht man ein Schwarzes, welches ich mit Purkinje das Schattenfeld nen- nen werde. Dieses Schattenfeld liegt in der vordern Hälfte des Gesichtskreises, während die hintere Hälfte dieses Kreises im Bewusstlosen liegt. Das Schattenfeld wird in seinem Cen- trum am deutlichsten empfunden, und geht nach aussen hin allmählig in das Bewusstlose über, so dass seine Grenzen nicht mit Deutlielikeit empfunden werden. Demungeachtet ist es 234 nicht ganz formlos. Mir erscheint es als Ellipse, deren grös- serer Durchmesser der Quere nach vor den Augen liegt. An- dere sehen das Schattenfeld kreisrund, noch Andere bohnen- förmig. x 2) Wenn man die geschlossenen Augen willkürlich be- wegt, so bewegt sich gleichzeitig das Schattenfeld. Richtet man die Augen nach oben, so steigt es nach oben, und eben so lässt es sich durch entsprechende Augenbewregungen nach unten, rechts und links verfolgen. Bei Bewegung des Auges verändern sich also die Verhältnisse des Gesichtsfeldes in Be- zug auf Schatten und Bewusstlosigkeit. Stellen, die im Be- wusstlosen lagen, werden von Schatten überzogen, und wo Schalten war, findet sich Bewusstlosigkeit ein. 3) Bewegt man_die geschlossenen Augen dadurch, dass man sie durch Fingerdruck verschiebt, so bewegt sich das Schattenfeld nicht. 4) Wenn man durch Fixation eines blendenden Punktes ein Blendungsbild erzeugt und die Augen schliesst, bemerkt man Folgendes. Das Blendungsbild steht im Centrum des Schattenfeldes und bleibt in diesem auch, wenn es sich be- wegt. Es bewegt sich aber in Folge freiwilliger Augenbewe- gung, und wird gleichzeitig mit dem Auge nach oben und unten, nach rechts und links bewegt. 5) Wenn man mit beiden Augen nach innen schielt, so bewegt sich ungeachtet der freiwilligen Bewegung des Auges das Blendungsbild nicht. 6) Wenn man das geblendete Auge mittelst Fingerdrucks verschiebt, so bewegt sich das Blendungsbild ebenfalls nicht. 7) Oeflnet man das geblendete Auge und fixirt mit ihm eine Wand, so sieht man das Blendungsbild auf der fisirten Stelle der Wand. Das Bild folgt den Bewegungen des Auges, und zieht als Bewegtes über den ruhenden Hintergrund. 8) Oeffnet man das geblendete Auge, um eine Wand zu fixiren, und bewegt dieses Auge mittelst Fingerdrucks, so’ be- wegt sich das Blendungsbild nicht, wohl aber scheinbar die 235 Wand. Letztere verschiebt sich hinter dem ruhenden Blen- dungsbilde, wie etwa eine Wolke hinter einer Kirchthurm- spitze. 9) Ich stellte vor meinen Augen eine brennende Kerze auf, während ich einen Punkt, der ferner als die Kerze lag, fiirte. Die Flamme erschien daher im Doppelbilde und er- zeugte ein doppeltes Blendungsbild. Bewegte ich nun die ge- schlossenen Augen, so wurden durch ein Blicken nach links die Bilder nach links, durch ein Blicken nach rechts aber nach rechts bewegt. Wendete ich dagegen das rechte Auge nach links, und das linke Auge nach rechts, indem ich nach Innen schielte, so wurde weder das Bild des rechten Auges nach links, noch das des linken nach rechts bewegt, sondern beide Bilder blieben in Ruhe. Fortgesetzte Beobachtung lehrte, dass alle diejenigen Bewegungen der Augen auf den Stand der Dop- pelbilder ohne Einfluss blieben, bei welchen die beiden innern und die beiden äussern Augenmuskeln gleichzeitige und sich entsprechende Bewegungen ausführten. In den vorstehenden Beobachtungen zeigt sich eine Wech- selbezichung zwischen den Bewegungen der Augen und den Bewegungen der Blendungsbilder, welche auf den ersten An- blick wenigstens höchst räthselhaft ist. Namentlich drängen sich folgende Fragen auf: 1) Warum bewegt sich mit Ver- änderung der Augenstellung das Schattenfeld, oder, was das- selbe ist, das Blendungsbild? 2) Warum folgt das Blendungs- bild nur den selbstständigen Bewegungen des Auges, wie sie dessen Muskeln vermitteln, nicht aber den Bewegungen des Augapfels, welche durch andere Muskeln hervorgebracht wer- den? 3) Warum erzeugt selbstständige Bewegung der Augen in allen Fällen Bewegung des Blendungsbildes, den einen Fall ausgenommen, wo die inneren oder äusseren geraden Augen- muskeln gleichzeitige und sich entsprechende Bewegungen aus- führen? Um diese Fragen erschöpfend zu beantworten, ist es notlıwendig, zu untersuchen, auf welche Weise die Vorstel- lungen von Bewegung überhaupt zu Stande kommen, und da 236 die Vorstellungen von Bewegung selbst wieder von denen des Raumes abhängig sind, so müssen gegenwärtig.auch unsre Vor- stellungen vom Raume und die Art, wie sie sich bilden, einer nähern Prüfung unterworfen werden. Kant suchte zu zeigen, dass der Raum nicht ein an sich Exislirendes, sondern eine den Sinneswesen anhaftende An- schauungsweise sei, also nicht ein Objeetives, sondern ein Sub- jeclives.. Es muss der Metaphysik verbleiben zu untersuchen, ob der negative Theil dieser Behauptung, durch welchen alle Realität des Raumes bestritten wird, gehörig begründet sei, der positive Theil des Satzes, welcher das räumliche Anschauen als etwas von unsrer Sinnenthätigkeit Unzertrennliches dar- stellt, wird durch die empirische Physiologie vollkommen be- stätigt. Kant’s Darstellung lässt keinen Zweifel übrig, dass er sich diese Anschauungsform als a priori bestehend dachte, und hütet man sich nur, das Wort Raumanschauung mit Raum- begriff zu verwechseln, so wird man die Richtigkeit seiner Be- hauptung schwerlich leugnen können. Vom ersten Augen- blick an, wo wir empfinden, können wir das Empfundene nur als ein nebeneinander Befindliches wahrnehmen, und hierin liegt bereits räumliches Anschauen. Beim ersten Male, wo sich ein Bild auf der Netzhaut gestaltet, ist die reine Em- pfindung unstreitig dieselbe als später, nach jahrelanger Erfah- rung, d. h. die Einzelheiten des Bildes, mit ihren Farbenver- schiedenheiten und sonstigen Differenzen, werden als neben- einander befindlich angeschaut, obschon wir das Wahrgenom- mene von uns, als dem Wahrnehmenden, noch nicht sondern und noch nicht als Eigenschaft mit Aussendingen verbinden. Giebt es aber Raumanschauungen a priori, so muss es auch Bewegungsanschauungen a priori geben. Denn was als neben einander befindlich zur Anschauung kommt, kann nur in ge- wissen gegenseitigen Relationen zur Anschauung kommen, und sobald diese Relationen sich ändern, kann die Anschauung von Bewegung nicht ausbleiben. Untersucht man die physiologische Begründung solcher 237 Anschauungen, so stellt sich für das Sehorgan die Sache fol- gendermaassen, Die Schnervenfasern, welche durch das Netz- hautbildchen gereizt worden sind, leiten den Eindruck zu ge- wissen Punkten des Gehirns, in welchen es zur Wahrnehmung kommt, und zwar leitet jede Faser ihren empfangenen Reiz zu einem besonderen Punkte. Alle diese Punkte oder Ur- sprungsstellen der Selhnervenfasern consiruiren das Gesichts- feld, in welches sie ihre Anschauungen neben einander ein- tragen, und zwar in einer räumlichen Relation, welche durch organische Verhältnisse von vorn herein bestimmt und deshalb unveränderlich ist. Werden nun in der Folge der Zeit ver- schiedene Hirnpunkte gereizt, so müssen diese ihre besonderen Anschauungen nothwendig verschiedenen Stellen des Gesichts- feldes anweisen, und somit eine Anschauung von Bewegung begründen. Hier könnte man einwerfen wollen, wir sähen einen ru- henden Gegenstand nicht bewegt, wenn wir die Augen ver- wendeten, und doch reize das Netzhautbild auch in diesem Falle verschiedene Nervenenden und mithin verschiedene Hirn- punkte. Dieser Einwurf ist unpassend Haben wir einen ru- henden Gegenstand fisirt, und haben nochmals unsere Augen um beiläufig 30° seitlich gewendet, so steht das Object nicht mehr im Centrum des Gesichtsfeldes, sondern 30° seitlich. Diese Veränderung der räumlichen Relation des Empfundenen ist eben Bewegung, so weit diese nämlich durch reine An- schauung überhaupt fasslich ist. Unser Wissen von der Ruhe des Gegenstandes im erwähnten Falle beruht durchaus nicht auf reiner Anschauung, sondern auf einem Denkprocesse, in welchem wir, gestützt auf vorgängige Erfahrung, so ungefähr urtheilen: da das Auge sich um die 30° nach der einen Seite verdreht hat, um welche das Gesichtsobjeet sich aus dem Cen- trum des Gesichtsfeldes nach der entgegengeselzten Seite ent- fernte, so muss das Gesichtsobject in Ruhe verblieben sein. Denken wir uns ein Individuum, welches über seine Bewe- gungen noch keine Erfahrungen eingesammelt hat, so ist cs 235 nach physiologischen Gründen ganz undenkbar, dass dieses zwischen den beiden Fällen unterscheide, wo der Reiz des Netzhautbildes entweder in Folge der Augenwendung, oder in Folge einer Bewegung des Objectes selbst verschiedene Stellen des Sensoriums in Affect setzt. Unsere 8te Beobach- tung liefert den Beweis zu dieser Behauptung. Wenn man ein ruhendes Object, wie dort die Wand, fixirt, und das Auge durch Fingerdruck verschiebt, so scheint das Object in Bewe- gung. Hier verhält sich der Beobachter als ein Individuum, dem die Erfahrungen über Bewegung fehlen, denn nur mit den selbstständigen Augenbewegungen sind wir durch Uebung vertraut geworden. In dem Vorhergehenden schilderten wir das reine An- schauen von Raum und Bewegung, welches uns angeboren und in der Nalur unsrer Nerventhätigkeit organisch begrün- det ist, gegenwärtig ist nachzuweisen, wie wir bei dieser rein sinnlichen Auffassungsweise nicht stehen bleiben, sondern wie sich der Verstand der empfangenen Eindrücke bemächtigt, und aus ihnen Vorstellungen complicirterer Art zusammensetzt. In der That würden wir zu Vorstellungen einer ausserhalb unsers Organismus bestehenden Räumlichkeit gar nicht gelangen kön- nen, wenn wir auf der niedern Stufe sinnlicher Anschauung stehen blieben. Auf dieser Stufe nämlich haben sich Subject und Object überhaupt noch nicht gesondert, das Subject ver- liert sich noch in der Empfindung, und erst nachdem es Er- fahrungen über seine freiwilligen Bewegungen eingesammelt, kann es darauf verfallen, sich dem Object gegenüber zu stel- len. Die Erfahrung belehrt uns, dass gewisse Empfindungen, welche durch äussere Reize bedingt werden, ohne unser Zu- thun entstehn, während andre, nämlich unsre Muskelgefühle, desgleichen die Empfindungen, welche durch Selbstbetastung enistehn, von unsrer Willkür abhängen. So lernen wir all mählig Gefühle unterscheiden, die von uns selbst, und die nicht von uns selbst, also von einem Andern abhängen, und dieser Gegensatz zwischen uns selbst und dem Anderen gewährt die 239 erste auch noch unklare Unterscheidung von Subjeet und Ob- jeet. Vollständig entwickelt sich die Sonderung durch Selbst- betastung, welche uns lehrt die Empfindung auf das zu be- ziehn, was sie äusserlich veranlasste. Die Gleichzeiligkeit der beiden Empfindungen, sowohl im tastenden als im betasteten Theile, und die Willkühr, mit welcher wir sie produeciren, lässt keinen Zweifel übrig, dass beide uns angehörige Theile hinsichtlich der Empfindung in ursächlichem Wechselyerhält- niss stehn. Hiermit lernen wir zuerst erkennen, dass die Em- pfindung nicht bloss auf den immanenten Zustand des affieir- ten Organs, sondern auch auf die Thätigkeit eines Aeusserli- chen, diesen Zustand bedingenden, Beziehung habe. Indess kann es dahin nicht kommen, dass wir den tastenden Theil, der die Empfindung des Betasteten veranlasste, als absolut äus- sere betrachten. Denn da der tastende Theil gleichzeitig mit dem betasteien ebenfalls empfunden und willkürlich bewegt wird, so betrachten wir auch ihn als den unsern, daher die Selbstbelastung zum Mittel wird, die Grenze zwischen dem uns angehörigen Leibe und allen andern Körpern abzustecken. Wenn also ohne Zwischentreten von Erfahrungen, ins- besondre über unsre willkürliche Muskelthätigkeit, die Seele überhaupt unfähig ist, die a priori gegebenen Anschauungen auf Aussendinge überzutragen, so muss für die Anschauungen in der Sphäre des Gesichtssinnes nothwendig dasselbe gelten. Bedenken wir, dass beim Sehen der Process des Objectivirens allemal eintritt, indem das Sehorgan bei der Empfindung sei- nes leiblichen Zustandes nie stehn bleibt, so wird mit Rück- sicht auf das Vorausgeschickte kein Zweifel sein, dass die An- schauungen des Räumlichen und der Bewegung, welche wir durch das Auge gewinnen, sich mit dem Gefühle unsrer Mus- kelbewegung, nach dem Gesetze der Association der Vorstel- lungen, verbinden werden. Diese Verbindung lässt sich aber in ihrer Gesetzlichkeit noch näher nachweisen. Der Umstand, dass nur das Cen- rum unsrer Netzhaut vollkommen deutlich sieht, während von 240 ihm abwärts die Empfindung stufenweise an Lebhaftigkeit und Schärfe abnimmt, veranlasst uns von Kindheit an die Augen so zu stellen, dass die Netzhautbildehen des betrachteten Ge- genstandes auf die Centra der Netzhäute zu stehen kommen, und demnach die Augenaxen im Objecte sich kreuzen. Die Erfakrung aber belehrt uns, dass das Object in diesem Kreu- zungspunkte wirklich liegt, und so associiren sich sehr bald die Anschauungen des Sehorgans und das Gefühl der beweg- ten Augenmuskeln in der Art, dass die Vorstellung: es liege das Gesehene im Kreuzungspunkt der Sehachsen, ganz unab- weislich ist. Es mag, ehe wir weiter gehn, gestattet sein zw bemer- ken, dass jene wichtige Krenzung der Sehachsen im Objeete, welche wir durch freiwillige und für uns fühlbare Bewegun- gen der Augenmuskeln hervorbringen, noch durch einen an- dern Umstand, als die ungleiche Empfindlichkeit der Netzhaut bedingt wird, nämlich dadurch, dass nach organischen Bedin- gungen des Auges ein Object nur dann einfach gesehen wer- den kann, wenn es im Kreuzungspunkte der Sehachsen liegt, und demnach sein Bild auf identischen Stellen der Netzhaut darstellt. Diese von J. Müller mit so vieler Klarheit ent- wickelte Lehre ist mit Unrecht von Mile (dieses Archiv 1838. S. 387.) angegriffen worden, indem dieser die Behauptung auf- stellt, dass das Einfachsehn nur Folge der Angewöhnung sei. Die Theorie, dass identische Stellen beider Netzhäute noth- wendig einfach, differente Stellen dagegen doppelt sehen müs- sen, ist neuerlich durch die wichtigen Beobachtungen Huecks: Die Achsendrehung des Auges, Dorpat, 1838. 4., vollkommen bestätigt worden. H ueck giebt an, dass das Bild einer perpendi- eulären Linie sogleich in ein sich kreuzendes Doppelbild zerfalle, wenn man durch geeigneten Fingerdruck das eine Auge etwas verdrehe. Diese Angabe kann ich nach eignen Versuchen be- stätigen. Wenn nach Mile’s Dafürhalten (a. a. O. 397.) die Lehre von der Identität der Netzhäute schon darum unhaltbar ist, weil eine perpendieuläre Linie auch bei seitlich inelinirtem 241 Haupte einfach gesehen werde, da doch die Netzhautbilder auf differente Nervenenden fielen, so ist aus Hueck’s Dar- stellung ersichtlich, dass bei seitlicher Neigung des Kopfes die Netzhautbilder keinesweges auf differente, sondern auf iden- tische Punkte zu stehn kommen, indem die schiefen Augen- muskeln das Geschäft haben, bei jener Bewegung des Kopfes die ursprüngliche Stellung der Augen zu erhalten. Der von Mile projectirte Versuch, das eine Auge an jeder Bewegung zu hindern, und dann mit seitlich geneigtem Kopfe eine per- pendieulaire Linie zu betrachten, war von Hueck schon aus- geführt, und es hatte sich gefunden, dass die Linie dann wirk- lich im gekreuzten Doppelbilde gesehen wird. Dergleichen Kreuzung lässt sich aber gar nicht anders deuten, als dass das doppelte Netzhautbild, eben weil es differente Stellen der Netz- haut reizt, ein doppeltes Phänomen bedingt. Weil also einfach nur dann gesehen werden kann, wenn Objeet und Kreuzungspunkt der Sehachsen zusammenfällen, so gewöhnen wir uns sehr zeilig an das Fixiren der Objecte. Denn das Doppeltsehen einfacher Gegenstände lernen wir bald als störend erkennen, daher wir es durch passende Augenstel- lung zu vermeiden suchen. So wird denn auch auf diesem Wege der Erfahrung und Selbsterziehung die Vorstellung be- gründet, dass das Gesehene da liege, wo die Augenachsen sich kreuzen. Da nun das Blendungsbild nicht minder ein gesche- nes ist, als das Bild eines wirklichen Gegenstandes, so wird auch dieses von der Vorstellung in jenen Kreuzungspunkt ver- legt werden müssen. Mit dieser Annahme lassen sich die Schwierigkeiten und scheinbaren Widersprüche der von mir mitgetheilten Beobach- tungen vollkommen lösen. Es versteht sich dann von selbst, dass sich das Blendungsbild, so wie das ganze Schattenfeld zugleich mit den freiwilligen Bewegungen des Auges bewegen müsse, da uns das Muskelgefühl über die Verlegung des Kreu- zungspunkles nicht in Zweifel lässt. Es ist ferner begreiflich, weshalb nur die selbstständigen Bewegungen der Augen, nicht Müller's Archir. 1839. 416 242 deren Verschiebung durch Fingerdruck eine Bewegung der Blendungsbilder zur Folge hat. Denn das Blendungsbild folgt nur durch eine Association der Vorstellungen dem Kreuzungs- punkte, und die Bewegung des Kreuzungspunktes wird uns durch nichts vorstellig, als durch das Gefühl unsrer Augen- muskelbewegung. Selbst der scheinbare Widerspruch ist er- klärlich, dass freiwillige Bewegung der Augen dem Blendungs- bilde keine Bewegung mittheilt, wenn die Augen convergi- rend nach innen oder divergirend nach aussen in entgegenge- setzter Richtung eine Drehung beschreiben. Zunächst ist auf- fällig, dass diese Bewegungen genau dieselben sind, welche wir wachen, um unsre Augen auf ein ferneres oder näheres Ob- jeet einzustellen. Denkt man sich den Gesichtskreis nach Me- ridianen abgetheilt, so verlegen dergleichen Bewegungen den Kreuzungspunkt der Sehachsen nicht in verschiedene Meridiane des Gesichtskreises, sondern verschieben ihn nur in einem Radius desselben, welcher als normal auf unsrer Nasenwurzel stehend zu denken ist. Bekanntlich werden Bewegungen in dieser Linie (welche die Vorstellung von Annäherung und Entfernung begründen) nur dadurch wahrnehmbar, dass sich die Grösse oder Lichtintension des Gesichtsobjects ändert, und da das Blendungsbild in diesen Beziehungen keine Verände- rungen erleidet, so kann die Vorstellung von Bewegung durch- aus nicht zu Stande kommen. Wir haben demnach die Bewegung der Blendungsbilder aus Vorstellungen abgeleitet, welche sehr zusammengesetzter Natur waren, und welche, um entstehen zu können, vorgän- giger Erfahrungen bedurften. Consequenter Weise müssen wir nun behaupten, dass das neugeborne Kind die Bewegung der Blendungsbilder nieht wahrnehme, und diese Annahme hat auf den ersten Anbliek wenigstens etwas so Abschreckendes, dass man geneigt sein dürfte, die Richtigkeit der aufgestellten Theorie zu bezweifeln. Bemerken wir zuerst, dass die Annahme, dass auch das ungeübte Auge die Bewegung der Blendungsbilder wahrnehme, 243 nothwendig die zweite nach sich ziehe, dass solche Wahrneh- mungen in die Sphäre reiner Anschauung gehören. Um dieses zu rechtfertigen, könnte man vielleicht sagen wollen, unser Sehen sei nichts als Apperception eines Netzhautzustandes, und indem wir einerseits unsre Netzhaut in der Energie des Leuch- tens, andrerseits die Bewegung des Auges fühlten, so fühlten wir eine zugleich leuchtende und bewegte Netzhaut. Allein diese Auffassungsweise bewährt sich bei näherer Beirachtung nieht. Wir empfinden nieht die Netzhaut, sondern wir em- pfinden durch sie. Gäbe die Empfindung uns unmittelbar Nachricht von dem bewegten Netzhautbilde, so müsste sich das Blendungsbild auch beim Schielen nach Innen bewegen, was nach Beobachtung 5 und 9 nicht der Fall ist. Aber nicht bloss diese, sondern jede Erklärung ist falsch, welche die Bewe. gung der Blendungsbilder als a priori gegeben ansieht. Bewe- gung nämlich ist ohne den Gegensatz von Ruhe nicht wahr- nehmbar, und es fragt sich, wo den ruhenden Hintergrund finden, mit welchem die Bewegung des Blendungsbildes in Gegensatz träte? Das subjeclive Gesichtsfeld kann hier nicht in Anspruch genommen werden, denn es bewegt sich mit dem Blendungsbilde gleichzeitig, es bleibt also zum Vergleich nichts übrig als der ruhende Raum, den wir uns denken. In der That können wir unsre Bewegungen auch zu dem gedachten Raum in Beziehung stellen, aber der gedachte Raum ist eben Product eines Denkprocesses, welcher ohne vorgängige Erfah- rung gar nicht zu Stande kommen kann. Wenn wir demnach uns dennoch entschliessen müssen, anzunehmen, dass ein: Individuum vor aller Erziehung des Ge- sichtssinnes eine Bewegung von Blendungsbildern nicht wahr- nehmen könnte, so kann man die Frage nicht unterdrücken, was wird denn wahrgenommen, wenn ein Blendungsbild vor- handen ist, und das Auge sich freiwillig bewegt? Die Ant- wort ist die: es wird das Blendungsbild wahrgenommen, und auch die Bewegung, nicht aber das Blendungsbild als bewegt. denn die Gesichtsempfindung und die Muskelempfindung sind 16* 244 von vorn herein durchaus nicht verbundene Elemente unsrer Vorstellung, wie. abermals die Ruhe der Blendungsbilder bei Convergenz der Augen beweist. Jene Elemente associiren sich in der Vorstellung erst allmählig unter dem Einflusse von Er- fahrungen, welche oben nachgewiesen wurden. Noch eine Beobachtung bleibt zu erklären übrig, Wir sehen das Schattenfeld bei ruhendem Auge gerade vor uns, und man kann fragen, warum geben wir ihm diese Stellung im Raume, wenn die Stellung des Gesehenen von Erfahrun- gen abhängt, welche in der Sphäre freiwilliger Bewegungen gemacht werden. Es könnte scheinen die Muskelruhe, als Ne- gation aller Bewegung, sollte zur Vermittelung räumlicher Vor- stellungen ganz ungeeignet sein. Bei genauer Prüfung findet sich aber, dass die Ruhe der Muskeln nicht etwas rein Nega- tives, sondern insofern etwas Positives ist, als sie sich im Ge- fühl der Ruhe zu erkennen giebt. Eben dadurch wird sie be- fähigt auch Erfahrungen zu vermitteln. Wir haben gelernt, dass bei ruhenden Augen die Objecte, die wir sehn, gerade vor uns liegen, und indem diese Anschauung sich mit dem Gefühl der Muskelruhe associürt, verlegt nachmals die Vor- stellung das Schattenfeld gerade vor uns. Die mikroskopischen Bläschen der Hefe, eine schon von Leeuwenhoek gemachte Ent- deckung. Mitgetheilt von Hof- und Med.-Rath Dr. C. G. Carus in Dresden. Mit Recht haben die von mehreren neuern Beobachtern fast gleichzeitig gemachten Entdeckungen über die mikroskopischen Algenbildungen, welche die unzertrennlichen Begleiter weini- ger Gährungen sind, die allgemeine Aufmerksamkeit erregt, und die Verdienste, welche die Herren Kützing, Schwann und Cagniard Latour sich um deren genauere Beschreibung erworben haben, sind mit gebührendem Danke anerkannt wor- den. Mir selbst waren diese Erecheinungen, namentlich in ihrer Beziehung auf die Physiologie der thierischen Säfte höchst merkwürdig, und mehr darüber wird man im 2. Theile mei- nes Systems der Physiologie finden. Vorläufig wurde ich je- doch veranlasst, der französischen Akademie einige Bemerkun- gen, namentlich über die sehr gleichartige Bedeutung von Blut- bläschen und Gährungsbläschen vorzulegen, und einen Aus- zug davon in v, Ammon’s Zeitschrift für Mediein ete. (2. Bd. 4. Heft) mitzutbeilen, welcher vielleicht schon hinreicht zu zeigen, dass die Lehre von der Hämatose, von der Athmung, von der Wärmeerzeugung dabei-u. s. w. nur erst durch Zu- sammenstellung mit der Lehre von der auf innerer organischer 246 Produelion beruhenden Gährung seine weitere , Erläuterung findet, und eine Rückführung auf ein gemeinschaftliches Ur- phänomen (d. h. eben eine Erklärung) zulässt. Bei der wichtigen Bedeutung, welche sonach diese Ge- genstände für mich haben mussten, war es mir folglich um so merkvwvrürdiger, als mir einer der ältern Bände der Philosophi- cal transaetions zu Handen kam, in welchem mein geehrter College v. Ammon einen posthumen Brief von Leeuwen- hoek, überschrieben: „de globulis in sanguine et in vini fae- cibus“, gefunden hatte. — Dieser Brief steht p. 436. des Vol. 23. der Phil. Transact., welcher die Jahre 1722—23 umfasst, und ist an den Sekretair der Londoner Akademie gerichtet. Ich gebe hier die wesentlichste Stelle. „Multis abhine annis ad me asportari jussi vinum fermen- tans, quia hoc vinum globulos produeit fere sanguineis aequa- les, quos vini faeces vocamus: et quamyvis tale vinum micro- scopio apponerem, tamen nil aliud videbam, quam innumera- bilem multitudinem parvissimorum globulorum aereorum, sur- sum ad superficiem vini adscendentium, et secum illos globu- los, quos vini faeces nominamus, ducentium. Cum jam in su- perfieiem vini venerant, separabantur vini faeces a globulis aeris, et fundum repetebant, mihi non apparente, quomodo globuli, quos dieimus vini faeces, formabantur: et simulac, ni fallit memoria, globuli illi inferius descendissent, exibat ex glo- bulo quoque iterum globulus a@reus, et ita denuo ad super- ficiem vini devehebatur. Imaginor mihi, coagulationem illam, ac determinatam glo- bulorum sanguineorum magnitudinem a rerum primordiis esse creatas; nam si unus globulus altero major erat, suspieamur exinde inordinatam eirculationem fere secuturam, quoniam san- guinem per varia vascula sanguinea rapide transfluentem vidi, quae adeo exilia erant, ut simplex saltem globulus transire potuerit.‘‘ — Man sieht hieraus, dass, so wenig auch noch die ganze Folge der Phänomene dem scharfsichligen Forscher sich ent- 247 hüllt hatte, von ihm doch unbestreilbar 1) schon die Bläs- chenbildung in gährenden Flüssigkeiten wahrgenommen wor- den ist, und 2) schon die sehr verwandte Natur dieser Bläs- chenbildungen mit den inneren Bläschenbildungen des Blutes richtig aufgefasst wurde, als welches dann bemerkbar zu ma- chen eben nur der Zweck dieser kurzen Mittheilung sein sollte. “ Einige Notizen über ein menschliches Ei aus der frühesten Periode. Von A. W. VoLkmann. (Hierzu Taf. X. Fig. 3.) Im Februar wurde unserm Anatomicum die Leiche einer jun- gen, verunglückten Frau zugeschickt, welche schwanger ge- wesen war, ohne dass man Grund hatte es zu vermuthen. Der Körper blieb daher 12 Tage gefroren stehn, und wurde dann erst aufgethaut und geöffnet. Der Uterus war noch gar nicht vergrössert, doch zeigten sich beim Durchschneiden des- selben erweiterte Venen. Sobald die Höhle geöffnet war, quoll eine röthliche Flüssigkeit hervor, in welcher traubenförmige Flocken schwammen. Diese Flocken lösten sich im Verlaufe einiger Stunden in der erwähnten Flüssigkeit auf, Ein Ei von zottigem Aeussern war mit einem länglichen Stiele (a in Fig. 3. Tab. X.) an der Ausmündung der linken Muttertrompete befestigt, eine Tunica decidua vera schien ganz zu fehlen. In diesem Zustande war der Uterus in dünnen Branntwein gelegt worden, und nun zeigien sich an der innern Wand desselben Flocken, welche auch mit dem Stiele des Eies zusammenhän- gen. Nachdem das Ei 48 Stunden gelegen, öffnete ich es. Die äussere Hülle war jetzt weiss von Farbe, fasrig und ziem- lich fest von Gewebe, an der Aussenseite unregelmässig zottig, 249 nach Innen gegen die Höhle zu ziemlich platt. In der Höhle fand sich das Chorion, von 13“ Par. im Längendurchmesser. Die Zotten standen sehr einzeln, hatten das Ansehn kleiner Keulen, nur wenige waren gabelförmig, und hatten sich mit der äussern Hülle in Verbindung gesetzt. Diese Hülle konnte also nichts anders sein als Decidua reflexa, nur ist bemer- kenswerth, dass sie nicht im mindesten das Ansehn einer re- flectirten Haut hatte. Erstlich war keine Haut da, die umge- stülpt hätte werden können, denn die Substanz, welche wahr- scheinlich die Decidua vera vertrat, war flüssig, und erst nach- dem der Branntwein eingewirkt hatte, condensirte sich an den Wandungen des Uterus ein flockiger Stofl; zweitens war der Stiel, mit welchem das Ei aufgehangen war, zwar ziem- lich diek aber durchaus solid; drittens war die Reflexa nach aussen nicht glatt, wie bei: Einstülpung einer Membran vor- ausgesetzt werden sollte, sondern zottig. Vielmehr hat es ganz das Ansehn, als sei das Ei in einen halbflüssigen Stoff gera- then, welcher den Uterus an der Innenseite, das Ei aber an der Aussenseite überzog, dann aber zum Gerinnen kam, und zwar an den Wandungen des Eis zuerst. In der Hauptsache slimmt also diese Beobachtung sehr genau mit den Ansichten überein, welche E. H. Weber über die Bildung der Tunica reflexa aufgestellt hat. Ich öffnete das Chorion unter der Loupe mit äusserster Behutsamkeit, fand aber keinen Embryo. Statt dessen zeigle sich eine röthliche Substanz in der Form eines Sackes, welcher das Chorion vollkommen ausfüllte, und wie es mir schien, mit einer besondern, äusserst dünnen Membran überzogen war. Fand hier kein Irrthum statt, so hatte ich wahrscheinlich das Bär’sche Bläschen vor mir, und die Keim- haut hatte den Abschnürungsprocess, welcher Embryo und Nabelbläschen gestaltet, noch gar nieht begonnen. Jedenfalls dürfte das von mir beobachtete Ei zu den jüngsten gehören, welche untersucht worden sind, die Dauer der Schwanger- schaft war indess nicht zu ermitteln Ueber die Körperchen des Colostrum. Von Dr. Mınpr in Paris. (Hierzu Taf. X. Fig. 4. 5.) In dem Colostrum finden sich ausser den gewöhnlichen Milch- kügelchen (Fig. 1.) noch sehr viele, sehr kleine Kügelchen (Fig. 2«), die nach meiner Meinung sich manchmal anein- ander kleben, und nun die sogenannten Corps granuleux bil- den (Fig. 22, c). Ihre unregelmässige, unbestimmte Form spricht deutlich dafür, dass sie nicht als durch die organische Secretion entstandenes Product angesehen werden dürfen, denn alle diese haben regelmässige, bestimmte Formen. Uebrigens erkennt man in allen diesen Conglomeraten (Fig. 2c,5) die um selbe herumschwimmenden Molecular-Elemente (Fig. 2 a), und was noch mehr ihre spätere, erst in der Milch erfolgende Bildung zu beweisen scheint, ist ein in ihrer Mitte oft einge- schlossenes Milchkügelehen. Manchmal aber erkennt man nicht mehr die Elemente, sondern man sieht nur eine gleichsam ge- streifte Oberfläche (Fig. 2 d), ein Ansehn, welches die Beob- achter der Secretionen häufig gewohnt sind zu finden. Ich bin also weit entfernt, in diesen Körperchen eigne Gebilde, Corps granuleux, zu erkennen, sondern glaube nur, dass es 251 Conglomerate sind, die sich aus dem im Colostrum enistande- nen Präeipitate bilden; jedenfalls aber muss ich die Idee, als entständen sie durch Eintrocknen der Milch auf dem Glase und durch Refraction, heftig bekämpfen, da man diese Kör- perchen in der frischen Milch (Colostrum) in Menge herum- schwimmen sieht, und über die Beobachtung selbst nicht der mindeste Zweifel obwalten kann. Ueber das Elephantenblut. Von Prof. €. H. Scuuıtz. Vor einiger Zeit wurde in Potsdam ein Elephant durch Blau- säure getödtet, welchen der Besitzer an das hiesige Museum verkauft hatte, weil er an einer Brunstwuth litt, in welcher ihn seine Wärter nicht mehr bändigen konnten. Er wurde hierher gebracht, in der Thierarzneischule anatomirt, wo ich die Gelegenheit wahrnahm, das Blut genauer zu untersuchen. Ich konnte nur Venenblut rein erhalten. Dieses zeigte die merkwürdige Eigenthümlichkeit, dass darin weit mehr als bei den übrigen von mir untersuchten Säugethieren die verschie- denen Entwickelungsstufen der Blutbläschen neben einander gesehen werden, welche ich im System der Cireulation abge- bildet habe. Das Blut enthält ein wahres Gemenge der ver- schiedensten Bläschenformen von ihrer ersten Entstehung an bis zu ihrer höchsten Entwickeluug und Auflösung. Man sieht zuerst einige, deren Bläschenmembranen noch ganz farblos sind, und welche fast kugelrund und von allen Seiten aufge- schwollen sind, und grosse Kerne durch die helle Bläschen- membran durchscheinen lassen, also auf der frühesten Stufe der Entwickelung sich befinden. Andere zeigen sich mit we- nig gefärblen Membranen, die sich dann zusammenzuziehen 253 und erst auf einer Seite abzuplatten anfangen, während die andere Seite noch rund bleibt, wobei sich dann alle die fal- tigen Formen zeigen, welche ich zuerst bei Fröschen und Sa- lamandern in den Kaulquappen gesehen, und Tab. II. Fig. 5 und 9 abgebildet habe. Diese Formen in solchen deutlichen Abstufungen aller Uebergangsformen von der blasenförmig run- den zur abgeplatteten Form und von der völligen Farblosig- keit zur stärksten Färbung hatte ich bisher bei Säugethieren noch nicht beobachtet. Das Elephantenblut zeigt sich in die- sem Betracht als ein wahres Gemenge von Chylus und Blut, denn bei den übrigen Säugethieren sieht‘ man die farblosen Formen der Bläschen nur im Chylus neben den verschiedenen Formen der Chyluskügelchen, oder wenigstens kommen sie im Blute nicht in solcher Menge vor, wie beim Elephanten. Die mannigfachen Faltungen der Bläschenmembranen auf dem Ueber- gange zur abgeplatteten Form und stärkeren Färbung im Ele- phantenblut scheinen anzudeuten, dass die Sanguification hier sehr langsam vor sich geht, und die Bläschen lange im Zu- stande ihrer ersten Entwickelungsstufen bleiben. Die ganz abgeplatteten und slärker gefärbten Bläschen mit kleinen Ker- nen sind nicht überall ganz scheibenförmig rund, sondern viele auch mehr oder weniger halbmondförmig oder elliptisch. Noch mehr elliptische Formen finden sich unter den jüngern wenig gefärbten Bläschen im Beginn ihrer Faltung und Abplattung. Dies findet sich ähnlich auch bei andern herbivoren Säugethieren. Die elliptischen Formen gehören überall den ersten Entwickelungs- stufen bei den Säugethieren an, Für die Entwickelungsge- schichte der Blutbläschen ist das Elephantenblut von grosser Wichtigkeit, da man hier die verschiedenen Formen der Blut- bläschen von den Embryonen bis zum erwachsenen Thier, und deren Analogie in ihrer Entwickelung in dem Thierreiche von den Mollusken bis zu den Fischen, Amphibien und Säu- gellieren wieder durcheinander gemengt beisammen findet. Man sieht die kuglig aufgeblasenen farblosen Bläschen, wie sie permanent bei Mollusken und Articulaten sich finden; die 254 wenig gefärbten und faltig platten Bläschen, ähnlich denen der Fische und Kaulquappen; nicht minder die Analogieen der ganz platten, elliptischen Bläschen der erwachsenen Am- phibien mit den eigenthümlichen vollendeten Formen ausge- bildeter Säugethiere in den Entwickelungsstufen des Elephan- tenbluts bei demselben Thier nebeneinander. Beiträge zur Bildungsgeschichte verschiedener Pflanzentheile. Von J. Meyen. (Hierzu Taf. XI. X. XII.) Bei dem heutigen Zustande der Pflanzen-Physiologie werden specielle Beobachtungen über die Entwickelung der Structur einzelner Pflanzentheile stets von Nutzen sein, denn was die Wissenschaft sonst in allgemeinen Umrissen lehrt, das wird bei solchen speciellen Beobachtungen auf das Genaueste ge- prüft und bestätigt oder berichtigt, ja gewöhnlich stellen sich hiebei neue Thatsachen heraus, welche wieder zu ferneren Be- obachtungen auffordern. Aus diesen Gründen übergebe ich hier einige Beobachtungen über die Entwickelung der Structur des Blattes von Ficus elastica, und versuche dabei verschie- dene der auffallendsten Erscheinungen mit ähnlichen bei an- dern Gewächsen zu vergleichen. Die feste, lederartige Structur, welche den Blättern von Fieus elastica zukommt, wird durch die dickwandigen Zellen- schichten verursacht, welche die obere (Fig. 1aa und cc) und die untere Fläche (Fig. 100 und pp.) derselben einschliessen; die schöne grüne Farbe dieser Blätter wird wie gewöhnlich nur durch die grüngefärbten Zellensaft-Kügelchen dargestellt, welche in den Zellen des Diachyms (von ddbis gg in Fig. 1.) 256 in ungeheurer Menge enthalten sind, und durch die ungefärb- ten Membranen der Epidermisschichten durchscheinen. Wie bei den meisten immergrünenden Blättern, so auch hier, zeigt die obere Blattfläche ein dunkleres Grün, als die untere Fläche, was durch die Structur des Diachyms auf jedem Querschnitte des Blattes leicht erklärlich wird. Die oberen Schichten des grün- gefärbten Diachyms (dd Fig. 1.) haben eine dichtere und re- gelmässigere Zusammenreihung der Zellen als die tiefer liegen- den, und die Zellen sich mit ihrer Längenachse in verticaler Richtung auf die Fläche der Epidermisschicht gestellt. Ob- gleich nun diese verticalen Zellenschichten des Diachyms ge- wöhnlich nur eben so viel grüngefärbte Zellenkügelcheu ent- halten, wie die Zellen des liefer liegenden Diachyms, so wird das Grün derselben dennoch dunkler erscheinen, indem da- selbst weit mehr Zellen mit ihren Kügelchen in einem gleich- grossen Raume eingezwängt sind. Diese obere dichte Zellen- masse besteht in den Blättern von Ficus elastica gewöhnlich aus zwei übereinanderstehenden Reihen oder Schichten verti- caler Zellen, zuweilen aber auch aus drei Schichten, und dann zeigt die untere immer mehr oder weniger viele erweiterte Intercellulargänge, wie es z. B. in Fig. 1. hie und da zwi- schen rr zu sehen ist, Das übrige Diachym (Fig. 1 von rr bis gg.), welches das Innere des Blattes dieser Pflanze ausfüllt, ist in ausgebildeten Blättern ein sehr lockeres Gewebe, wel- ches mehr oder weniger reich an erweiterten Iniercellulargän- gen ist, die sämmtlich mit den Athemhöhlen (u, w, u, Fig. 1.) auf der unteren Blattläche communiciren, und von hier aus durch die Spaltöffnungen (f, t) der Hautdrüsen in unmiltel- barer Communication mit der atmosphärischen Luft stehen, und zur Respiration des Blattes dienen. Die vergleichenden Beobachtungen haben gelehrt, dass die untere Blattfläche in solchen Fällen um so hellgrüner erscheint, je mehr Luft in den erweiterten Intercellulargängen des Diachyms enthalten ist, ja die Blätter erhalten mitunter eine graugrüne Farbe, wenn diese mit Luft gefüllten Räume noch grösseren Umfang 257 erhalten; ein fausgezeichnetes Beispiel der Art zeigen die aus- gebildeten zarten Blätter einiger Aroideen, z. B. des Arum eseulentum u. s. w. Wenn man solche Blätter unter Wasser legt und vermittelst der Luftpumpe die Luft hinaustreibt, so werden die Intercellulargänge der Blätter mit dem Wasser ge- füllt, und die Blätter erhalten dann ein tieferes und schöne- res Grün. Die Blätter vom Fieus elastica und vieler anderer Feigen- arlen zeigen in ihrem Diachym sehr eigenthümliche Bildungen, welche uns bis jetzt noch bei keiner andern Pflanze vorge- kommen sind; ich entdeckte bereits im Jahre 1827 in diesen Blättern das Vorkommen grosser Krystalldrusen dicht unter der Epidermisschicht der obern Blattfläche, und später *) gab ich eine Abbildung über das Vorkommen dieser Krystalldru- sen, doch waren die mir damals zu Gebote stehenden Ver- grösserungen noch nicht stark genug, um über dieselben ge- nügende Auskunft geben zu können. Wenn man grosse und recht ausgewachsene alte Blätter von Ficus elastica langsam trocknen lässt, so wird man sehr bald sehen, dass sich kleine Höcker über die Oberfläche der obern Blattseite emporheben, und im Innern dieser Höcker finden sich harte Körnchen, welche zwischen den Zähnen knirschen und sich unter dem Mikroskop als länglich ellipsoidische Massen zeigen, welche auf ihrer ganzen Oberfläche mit einer Menge von zugespitzten Krystallen bekleidet sind; ja es scheint anfangs, als wenn die ganze Masse aus diesen Krystallen besteht. Die Untersuchung frischer Blätter auf Querschnitten zeigt sehr bald, dass diese Krystallmassen innerhalb besonderer Zellen eingeschlossen sind, die der Epidermisschicht angehören, sich zu einer ausseror- dentlichen Grösse entwickeln, und selbst bis zur Hälfte der vertiealen Zellenschichten und darüber noch hinaus in das Diachym des Blattes hineinreichen (Fig. 1- eeund ff.). Ferner wird man sich sehr bald überzeugen, dass diese Kryslallmassen °) S. Phytotomie. 1830, Tab. VII. Fig. A4de. Müllers Archiv. 1839. 17 258 nicht frei in den Zellenhöhlen umherliegen, sondern stets an einem eigenthümliehen Stiele befestigi sind, aber erst die Un- tersuchung jüngerer Blätter giebt über das Auftreten und die Natur dieser Gebilde hinreichenden Aufschluss. Es zeigt sich nämlich bei jüngern Blättern, dass in jeder einzelnen jener grossen Zellen der Epidermalschicht ein eigenthümlicher, keu- lenförmig gestalteter Körper (z. B. gh Fig. 1.) enthalten ist, der mit dem dünnen Ende (g) an der obern Grundfläche der Zelle befestigt ist, und nun mit seinem dieken, keulenförmig angeschwollenen Ende bis über die Mitte der grossen Zelle hinabragt und frei hängt. Wenn die jungen Blätter sich zu entfalten beginnen, ja schon früher, ehe die Scheide des After- blattes sich löst, findet man die ersten Spuren dieser eigen- ihümlichen Körper, aber noch etwas früher sieht man, dass die Zellen, worin diese Körper zur Ausbildung kommen, an- fangs ganz gewöhnliche Zellen der Epidermalschicht waren, doch sobald sich die Bildung jener Körper an der obern Zel- lenwand zeigt, tritt sogleich die Vergrösserung dieser Zellen ein, sie wachsen in die verlicale Zellenschicht hinab, was aber nicht etwa durch eine mechanische Ausdehnung zu erklären ist, die der sich in ihrem Innern vergrössernde Körper ver- anlassen könnte, denn dieser ragt, selbst bei ziemlich vollstän- diger Ausbildung des Blattes, nur etwas über die Hälfte der Zelle hinab. Bei dem ersten Erscheinen sind jene Körper noch sehr winzig; um die Zeit aber, wenn das scheidenförmige Af- ierblatt soeben abgefallen ist, erscheinen sie als ziemlich gleich, mässige spindelförmige Körper (Fig. 9. und 10.), die noch sehr schmal und am untern Ende keulenförmig angeschwollen sind; sie zeigen in ihrem Verlaufe mehr oder weniger deutliche Rin- lungen, wie wenn sich das ganze Gebilde durch aufeinander- gesetzte Schichten vergrössert hätte. Mit der vorschreitenden Vergrösserung des Blattes werden auch diese eigenthümlichen Körper immer grösser und grösser, ganz besonders stark schwillt das untee, frei hängende Ende an, wobei sich aber auch das festsitzende dünne Ende, welches man den Stiel 259 nennen kann, bedeutend verdickt (Fig. 2.). Auch in diesem Zustande zeigen sich auf der Oberfläche parallel verlaufende Quersireifen, welche man am leichtesten durch übereinander liegende Schichten erklären könnte, aus welchen der Körper zusammengesetzt ist, und also durch Anlagerung neuer Schich- ten gebildet wurde. Die Substanz dieser Körper ist im An- fange weich, und löst sich in kochendem Wasser allmählig auf, oder schwillt wenigstens bedeutend an; gegen Jodine rea- girt sie gelbbraun, und mineralische Säuren veranlassen eben- falls ein schnelles Aufquellen der Masse, so dass es scheint, als wenn sie aus Gummi oder einer gummiartigen Substanz besteht, weshalb ich diese Körper der Kürze wegen: Gum- mikeulen nennen will, da ihre Form auch gewöhnlich die der Keule ist. Diese Gummikeulen sind indessen nicht immer so regel- mässig gebildet, wie in Fig. 2., sondern sie zeigen mitunter sehr verschiedene Formen, hauptsächlich an dem keulenförmig angeschwollenen Ende, was sich leichter durch Abbildungen als durch Beschreibung mittheilen lässt. Man sehe z. B. die abweichenden Formen in gh Fig. 1. und in Fig. 3 und 4. Mitunter kommen monströse Formen vor, wo sich nämlich ast- arlige Seitenauswüchse gebildet haben (d Fig. 3. und c Fig. 4.), und mitunter wird der Stiel verhältnissmässig sehr dick, und die Keule bleibt klein, wie in Fig. 5. Von besonderem In- teresse wäre es, die Ursache aufzufinden, welche die Bildung dieser Gummikeulen in den einzelnen Zellen der Epidermal- schicht veranlasst, doch die Untersuchungen geben hierüber keinen genügenden Aufschluss. Betrachtet man die Epider- malschicht der obern Blattfläche von der äussern Fläche, so wird man an verschiedenen Stellen bemerken, dass die Zellen hie und da mehr oder wenig strahlig um einen gewissen Mit- telpunkt gestellt sind (Fig 12aaa.), und dieser Mittelpunkt Fig. 122.) ist gerade diejenige Stelle, unter welcher die vor- hin beschriebene Gummikeule befestigt ist. Macht man den Schnitt aus der Epidermalschicht der obern Blattfläche etwas 477 260 tiefer, und betrachtet man alsdann den dickern Schnitt von der untern Fläche, so wird man, je nachdem der Focus des Instruments verändert wird, auch zwei verschiedene Bilder wahrnehmen. Ist die Zellenschicht der wirklichen Epidermis im Focus (Fig. 11.25 und cc.), so wird man sehen, dass die Anheftung der Gummikeule nicht etwa in der Fläche einer Epidermiszelle geschieht, sondern stets sn solchen Stellen, wo mehrere Zellen der Epidermis mit ihren Knoten zusammen- stossen, wie bei @,a, Fig. 11. Wird nun aber die andere, ‚innere Schnittfläche des Objects in den Focus des Instruments gestellt, so sieht man, «dass die Höhle der durchschnittenen grossen ‘Zelle, worin sich die Gummikeule befindet, durch an- dere kleinere Zellen ringsherum ‘eingeschlossen ist, was in Fig. 11. bei ee und ff, dargestellt ist. Nachdem die Blätter ihre vollständige Ausbildung erlangt haben, gehen die Gummikeulen allmählig noch mannigfache Veränderungen ein; das untere keulenförmige Ende verdickt sich. dureh Anlegung neuer Gummimassen immer mehr und mehr, doch ist diese neue Masse weniger fest als die ältere, und so erhält endlich die Anschwellung eine Gestalt, die mehr eiförmig (Fig. 1. k%.) oder kugelförmig ist. Hierauf zeigen sich auf der Oberfläche der Anschwellung gleichzeitig eigenthüm- liche zackige Hervorragungen (Fig. 1. 214.), deren Zahl immer zunimmt, je grösser die Anschwellung wird. Diese: Zacken erscheinen meistens wie zugespitzte Kegel, selten zeigen sie wirkliche Kanten (Fig. 5.), und sie liegen mit ihren breiten Basen so genau unmittelbar neben einander, dass ihre Verei- nigung Fächer bildet, etwa wie die Umrisse nebeneinander liegender Zellen (Fig. 1.n.), in welchen dann, fast immer ge- rade in der Mitte, die Spitze des Kegels in Form eines Schat- tenkreises (Fig. 1. mm.) erscheint, wenn der Zacken gerade von Oben oder von seiner Spitze aus gesehen wird. Wenn diese Bildungen einmal erst begonnen haben, so gehen sie immer weiter; die eiförmige Masse vergrössert sich immer mehr und mehr, so dass endlich der Stiel fast ganz darin eingeschlossen "26 wird, und die Masse, mit Hunderten von Zacken bedeckt, fast den ganzen Raum der grossen Zelle (z. B. bei ee und ff Fig. 1.) einnimmt, in welcher diese eigenthümliche Bildung vorkommt. Wenn man nun diese Massen unter Glasplatten zerdrüekt. so zeigt es sich unter dem Mikroskope, dass die Zacken auf der Oberfläche grösstentheils aus krystallinischen Substanzen bestehen; Salpetersäure löst dieselben schnell und unter starkem Aufbrausen auf, und die Lösung reagirt gegen Oxalsäure in der Art, dass man jene krystallinischen Bildun- gen für kohlensauren Kalk erklären kann; es ist aber auflal- lend genug, dass dieselben nur sehr selten scharfe Kante zei- gen, und nach der Auflösung des Kalkes hinterlassen sie noch immer eine mehr oder weniger grosse Schleimmasse. . Sobald die krystallinischen Massen dieser Gummikeulen durch Säuren aufgelöst sind, wirkt die Säure auch.auf die darunter liegende weichere Gummimasse, welche alsbald anschwillt und endlich die ganze Höhle der grossen Zelle anfüllt. Das Vorkommen der Krystalle an den Zellen der Blätter ist gegenwärlig zwar eine sehr bekannte Erscheinung, ja selbst das Vorkommen von Krystallen in besonders grossen und selbst in besonders geformten Zellen ist bekannt (das erstere findet z. B. bei den langen nadelförmigen Krystallen statt, welche in der Blatisubstanz so vieler Monocotyledonen auftreten, wo man verfolgen kann, dass sich die Zellen mit der Vergrösse- rung der Krystalle ebenfalls verhälluissmässig vergrössern oder erweitern, und der letziere Fall zeigt sich im Diachym der Arum-Blätter, wo diese Zellen kürzlich den unpassenden Na- men der Biforines erhielten, in welchen das Bündel von na- delförmigen Krystallen ebenfalls mit einer Gummimasse um- schlossen auftritt), aber noch keinen Fall kennen wir bisher, wo Krystalle auf einen besondern Körper aufsilzend vorkom- men. Bei andern Pflanzen pflegen die Kıystalle in verschie- denen Zellen der Blätter, sowohl im Diachym wie in den Zellen der Epidermalschicht vorzukommen; hier in den Blät- tern des Ficus kommen dagegen dergleichen Krystalle nicht in 262 in den Diachymzellen vor, sondern immer nur auf der Ober- fläche der beschriebenen Gummikeulen, also im Innern der besonders grossen Zellen, oder auch in den die Blattnerven begleitenden länglichen Parenchymzellen, wo sie aber ganz so wie bei andern Pflanzen auftreten. In den Blättern von Ficus elastica kommen ähnliche Gummibildungen zwar auch auf der untern Blattfläche vor (Fig. 1%y.), aber sie sind da- selbst nur sehr selten, und zeigen auch in vieler Hinsicht be- deutende Verschiedenheiten von jenen unter der obern Blatt- fläche. Auch auf der untern Blattlläche treten jene Bildungen in besonders grossen Zellen auf, die sich sehr bedeutend aus- dehnen und grösstentheils in das lockere grüne Diachym hin- einragen, von dessen Zellen sie dann so genau umschlossen werden, dass es oftmals sehr schwer fällt, die Membran der eigenthümlichen Zelle von der Umgebung besonders zu unter- scheiden. An diesen Gummigebilden der untern Blattfläche bemerkt man ebenfalls den Stiel, und das Ende desselben, wel- ches ebenfalls keulenförmig angeschwollen ist, wird von einer grossen und fast kugelförmigen Masse umschlossen, welche gleichfalls von gummiartiger Natur ist, aber niemals habe ich auf der Oberfläche derselben dergleichen zackenförmige kry- stallinische Massen gesehen, wie sie sonst auf denen der obern Blattfläche vorkommen. In allen abstrebenden Blättern pflegt diese kugelförmige Masse eine bräunlich Farbe anzunehmen, und unter dem Mikroskope bemerkt man in derselben concen- trische Streifen, welche wiederum auf besondere Schichten schliessen lassen, woraus die Masse zusammengesetzt ist. Es war zu vermuthen, dass die vorhin beschriebenen Ge- bilde mit den krystallinischen Ablagerungen nicht allein in den Blättern von Ficus elastica, sondern auch in mehreren andern Ficus-Arten vorkommen, aber auch bei verschiedenen Arten auffallende Abweichungen zeigen würden. In den Blättern von Ficus pisiformis habe ich diese Gummigebilde noch nicht unter der oberen Blattfläche gefunden, dagegen. kommen sie auf der unteren Blattfläche dieser Ficus-Art überaus häufig 263 vor (Fig. 6. und Fig. 7.), und sind im Allgemeinen sehr ähn- lich denen von der untern Blattfläche von Fieus elastiea ge: staltet, doch sitzen die Zellen, worin sie vorkommen, gerade unmittelbar unter der Epidermis, ja es scheint sogar, dass es hier bei Ficus pisiformis eine der Epidermiszellen selbst ist, welche die Gummikeule enthält, und sich zu der ungeheuren Grösse ausgedehnt hat. In Fig. 6. zeigt nämlich aa die Cuti- eula; 5 sind zwei Zellen der Epidermis, zwischen welchen die grosse Zelle cc hineingelagert ist, und an ihrer Cuticularseite den Stiel (d) der Gummikeule trägt. In den schönen grossen Blättern von Ficus clusiaefolia kommen ganz ähnliche Bil- dungen auf beiden Blatiflächen vor, und zwar oben und un- ten in ziemlich gleicher Menge, und sie zeigen auch auf bei- den Blattflächen ähnliche Krystallmassen, wie bei Ficus ela- slica. In Eig. 8. ist eine Darstellung dieses Gebildes von der obern Blattlläche von Fieus clusiaefolia, über und über ist es mit jenen krystallinischen Kegeln bedeckt. In den Fig. 23., 24. und 25. sind diese Gummikeulen von der untern Fläche der Blätter ebenderselben Pflanze dargestellt. Unter der obern Blattfläche treten sie hier öfters mit ganz dieken Stielen und grossen morchelartigen Anschwellungen auf, und auch hier sieht man in abstrebenden Blättern, dass die gummiartlige Sub- « slanz, welche um das Ende des Stieles herumgelagert ist, eine gelbbräunliche, ja selbst eine braunrothe Farbe annimmt. Die niedlichsten Bildungen der Art fanden sich in den Blättern von Ficus bengahlensis (Hort. bot. Berol.), wo sie ver- hältnissmässmässig in sehr grosser Anzahl auftreten, aber auch nur auf der obern Blattfläche, und daselbst stets dicht. unter der Cutieula befestigt sind. In Fig. 26—33. sind die auflal- lendsten Formen jener Gebilde ans Ficus bengahlensis darge- stellt, und an diesen kann man deutlicher wahrnehmen, dass die Gummimasse selbst sich nicht nur traubenförmig anlagern kann, wie z, B. in Fig. 8, sondern auch Spitzen, Zacken u. s. w. hildet. Die Blätter von Fieus elastica entwickeln erst um die Zeit, 264 wenn sie aus den Blattscheiden hervortreten, ihre Hauldrüsen mit den Spaltöffnungen; bis dahin zeigt sich im Innern der Blattsubstanz ein ‚regelmässiges parenchymatisches Gewebe ohne alle Intercellulargänge und Lufthöhlen. Ja man sieht in dem frühesten Zustande, dass das durch Kügelchen grüngefärbie Diachym des jungen Blattes sowohl auf der obern als auf der untern Fläche von einer einzelnen Zellenschicht, welche die Epidermis bildet, bekleidet wird, und die fortgesetzte Beob. achtung der Entwickelung dieser Epidermis zeigt, dass sich aus dieser einzelnen Zellenschicht auch die beiden andern Schichten hervorbilden, welche, wie Fig. 1. zeigt, an ausge- bildeten Blättern mit der wirklichen Fpidermis verwachsen be- obachtet wird. Es hat demnach wohl Vieles für sich, wenn man alle diese Zellenschichten, die sich, wie die Anatomie schon längst gelehrt hat, durch viele gleiche Eigenschaften cha- vaclerisiren, zusammengenommen mit dem Namen der Epi- dermalschicht bezeichnet. Diese Epidermalschicht ist mit- unter ganz ausserordentlich dick, und alle die Fälle, in wel- chem man‘ von einer doppelten und dreifachen Epidermis ge- sprochen hat, sind hierzu zu zählen; es ist indessen wohl zu beachten, dass sich mitunter auch in solchen Epidermalschich- ten die wirkliche Epidermis, d. h. die oberste Zellenschicht, von den unmittelbar darunter liegenden Schichten sehr auffal- lend unterscheidet. Die schönen glänzenden Blätter von Ficus elaslica sind in frühester Zeit eben so mit kleinen Härchen bekleidet, wie es bei den Blättern der Dieotyledonen ziemlich allgemein vor- kommt, wenn sie auch im ausgebildeten Zrstande keine Spur von diesen Härchen zeigen. Bei der glänzenden Fläche der Blätter von Ficus elastica vermuthet man sicherlich nicht, dass auch diese Blälter im jüngern Zustande mehr oder weniger zahlreich mit Härchen bekleidet sind, aber diese Härchen blei- ben nur bis zu der Zeit, in welcher die Entwickelung der Spaltöffnung stattfindet; später, wenn erst die Blattscheide abgefallen ist, beginnen sie sich zu bräunen und fallen endlich 265 ganz ab. Bei einigen Feigenarten bleiben diese Haare wäh- rend der ganzen Lebensdauer, worunter sich wiederum einige Arten befinden, bei welchen diese Haare eine sehr bedeutende Grösse erreichen, und ein drüsenartiges Ansehen erlangen. Auf den Blättern von Ficus elastica treten die Härchen auf beiden Blattflächen in gleicher Anzahl auf, und zeigen im All- gemeinen folgende Entwickelung: Sie entstehen durch unmit- telbaren Auswuchs der obern Wand der Epidermiszellen; die Wand der Zelle erhebt sich zu einem Wärzchen, welches end- lich einen haarförmigen Auswuchs darstellt, wie es in Fig. 13. zu sehen ist. Später verlängert sich dieses Härchen wie in Fig. 14. und 15., und theilt sich durch Querwände in meh- rere Zellen ab, wovon die untere ihre frühere Grösse behält, während das andere Ende anschwillt, indem sich in demsel- ben immer mehr und mehr neue Zellen bilden (Fig. 15., 16., 17., 18. und 18*.), so dass das neue Gebilde endlich eine Form erhält, wie sie in Fig. 20. dargestellt ist. Ein solches Gebilde pflegt man nicht mehr zu den Haaren zu zählen, sondern mehr als Drüse zu bezeichnen; es besteht meistens aus 3 bis 4 mit einander verbundenen Zellenreihen, wovon nur 2 in der Darstellung von Fig. 20. zu sehen sind, während die beiden andern unmittelbar darunter liegen. Die Bildung solcher Zel- lenmassen aus einer einzelnen Zelle, worauf ich an einem an- dern Orte zuerst aufmerksam gemacht habe, hat vieles Beach- iungswerlhes. In dem jungen Härchen, wie in Fig. 13., findet sich ein Zellenkern, wenn aber dieses Härchen in seinem Wachsthume weiter vorschreitet, wie in Fig. 14. und 15., so sieht man, dass sich Querwände darin bilden, und zwar ganz in der Weise, wie die Querwände in den Conferven-Zellen u. s. w. Mitunter zerfällt der Zellenkern des jungen Här- chens in 2 gleichgrosse Theile, und die Querwand entsteht gerade zwischen diesen beiden Theilen; in andern Fällen wird die Substanz des Zellenkerns mehr oder weniger ganz llüssig gemacht, und aus dieser Substanz bilden sich die Wände der neuen Zellen, wie z. BD. in Fig. 18*., wo sich die Wände die- 266 ser jungen Zellen ähnlich dem Seifenschaume darstellen. In einigen Fällen schwillt das Ende eines solchen einfachen Här- ehens etwas an, es bildet sich in demselben eine consistente Masse, welche in mehrere Theile zerfällt, wie in Fig. 16., und zwischen diesen einzelnen Theilen bilden sich die Zwi- schenwände. Ich halte diese festen Körper im Innern der Zel- len für secernirte Substanzen und nicht für Zellenkerne, sie werden immer grösser, je grösser die Zellen dieser drüsenarti- gen Körper werden, wie es besonders Fig. 20. zeigt. Das Auftreten dieser Drüsen auf den jüngern Blättern von Fieus elastiea ist eine sehr beachtenswerthe Erscheinung, sie sind in ihrer vollkommensten Ausbildung, wenn das junge Blatt noch eingerollt und mit der Blattscheide fest umschlossen ist, und auch nur so lange, bis sich das Blatt entfaltet, stehen sie ihren Functionen vor. Sie scheinen eine gummiartige, 'et- was gelbliche, weiche Substanz abzusondern, denn eine solche findet man rund um die Oberfläche des ganzen jungen Blattes in ziemlich bedeutender Menge, und das Vorkommen dersel- ben, so ganz eingeschlossen und ohne alle Communication mit der Luft, deutet darauf hin, dass sie nicht zur Einsaugung von Feuchtigkeit dienen können. Die Substanz, welche von diesen drüsenarligen Körpern der jungen Blätter abgesondert wird, möchte vielleicht ein Vicariat für die Entfernung der grossen Menge von Kohlenstoff u. s. w. sein, welche später, gleich nach Entwickelung der Respirationsorgane, vor sich geht. So lange die-Respirationsorgane noch nicht ausgebildet sind, so lange scheinen jene gegliederten Drüsen der jungen Blätter in Function zu sein; sie fallen aber sogleich ab, oder vertrock- nen, sobald sich die Spaltöffnungen entwickelt haben. Wenn diese Organe abfallen, so bleibt in der Reihe der Epidermis- zellen eine Vertiefung zurück, welche bald sehr klein bleibt, wie z. B. bei tz Fig. 1. auf der untern Blattfläche, oder auch bedeutend grösser wird, wie bei «* Fig.1. auf der obern Blatt- fläche; ja diese Narben bilden selbst sehr verschieden geformte Vertiefungen, die man auf diesen Blättern, wie auf den Blät- 267 tern sehr vieler anderer Pflanzen mehr oder weniger häufig vorfindet. In Fig. 22. sieht man ungefähr die Entstehung die- ser Grübchen auf der obern Blattfläche; das hervorragende Här- chen hat sich von den beiden Seitenzellen getrennt, und hin- terlässt nach seinem Absterben ein regelmässiges conisches Grüb- chon, welches nach Innen tiefer werden kann, wenn sich die äussere Schicht der Epidermiszellen noch vergrössert. In den ganz jungen Blättchen von Ficus elastica erkennt man sehr bald, dass die Epidermalschicht, welche wir im aus- gebildeten Blatte, wie in Fig. 1., auf der oberen und unteren Fläche, als aus 3 Zellenschichten bestehend, kennen gelernt haben, anfangs nur eine einzelne Zellenschicht ist, welche das sehr stark grüngefärbte Diachym umschliesst; auch sieht man zu dieser Zeit noch in jeder Epidermiszelle ein ganz kleines Körnchen oder Kügelchen, dessen Substanz später wieder col- liqueseirt, und nun entstehen in den einzelnen Zellen Quer- wände, wodurch aus der einfachen Zellenschieht mehrere Schichten hervorgehen, und zwar wird gerade die äusserste oder dritte Zellenschicht, welche später die eigentliche Epider- mis mit ihrer Cuticula bildet, zuletzt dargestellt. So ist es denn nun auch erklärlich, dass die Epidermalschicht auf den Blättern einiger Ficus-Arlen nur aus 2 Zellenschichten be- steht, ja dass die der untern Blattfläche, wie z. B. bei Ficus bengahlensis, F. pisiformis u. s. w., sogar nur eine einzelne Zeilenschicht aufzuweisen hat, Wir sehen hiebei nämlich, dass der Typus der Bildung bei allen Arten einer Gattung derselbe ist, und dass die Modificationen, welche verschiedene Arten in ihrem Baue zeigen, nur durch mehr oder weniger vorge- schrittene Ausbildung zu erklären sind. Eben dasselbe sehen wir auch in Hinsicht der Haare und Drüsenhaare auf deu Blatteın der Ficus- Arten; bei einigen Arten bleiben sie für die ganze Lebensdauer, bei andern dagegen fallen sie mehr oder weniger früh ab. Eine specielle Betrachtung verdient die Bildung der Haut. drüsen mit ihren Spaltöffnungen, durch welche die Entwicke- 268 lung des Respiralionssystems in dem Diachym des Blattes an- gezeigt wird. An den alten ausgebildeten Blättern haben diese Organe folgende Structur: Sie liegen tief unter der Fläche der Epidermis; grösstentheils liegt die eigentliche Drüse, wel- che die Spaltöffnung bildet, zwischen den Zellen der 2ten und Sten Zellenschicht des Epidermalüberzuges, wie es die Abbil- dungen in Fig. 1. zeigen. «u bezeichnen die zwei vertical durchschnittenen Zellen der Hautdrüsen; ihre Wände sind so sehr verdickt, dass die Höhle in denselben nur 'noch als ein schmaler bräunlicher Streifen erscheint; zwischen diesen beiden Zellen ist die Spaltöffnung (t,1, 2), welche die offene Communi- calion zwischen der Luft der Grube (s,s,s) und der Luft der Aihemhöhle (v,w,w) vermittelt. Die Grube, ‚welche zu den Hautdrüsen führt, ist hier bei Fieus elastica, wie in den mei- sten Fällen, wo eine dicke, lederartige Epidermis vorhanden ist, höchst bedeutend; nach Aussen wird sie durch. den her- vorstehenden Rand, die sogenannte Wallöffnung £, 8 umschlos- sen, und auf der Basis ragt ein schmaler seitlicher Vorsprung selbst etwas über die Hautdrüse hinaus (y,9), ganz so wie ich es bei eben denselben Organen auf den Blättern der Aga- ven und Aloe-Arten beobachtet habe. Es sind demnach hier- selbst drei Oeflnungen zu unterscheiden; die äusserste ist die Wallöffnung (3,); sie ist, der Fläche nach gesehen, voll- kommen rund, dann kommt die Höhle der Grube, welche auf ihrer Basis ebenfalls eine kreisrunde Oeflnung zeigt (zwischen »,y), die man wohl die Grubenöffuung, im Gegensalze zur Wallöffnung, nennen könnte, und hierauf folgt die eigentliche Spaltöffnung (#,), welche zur Athemhöhle und dem ganzen Respirationssystem führt. Der Querschnitt, nach welchem die Abbildung in Fig. 1. gemacht ist, war so geführt, dass er die Seitenvenen des Blattes im rechten Winkel durchschnitt, und in dieser Richtung sieht man, dass die innersten Iauldrüsen so gestellt sind, dass ihre Spaltöffnung parallel dem Miltel- nerven, wie.es die beiden Bildungen in v,v Fig. 1. zeigen; 269 hier ist » die Grube, und w,w sind die einzelnen Zellen der Hautdrüsen, welche gerade der Schnilt traf. Diese so auffallenden Bildungen können an den Blättern ‘von Fieus elastiea in ihrer Entstehung ziemlich vollständig verfolgt werden; und dergleichen Beobachtungen lehren wie- der, dass bei dem Wachsthum und der Entwickelung einzel- ner Organe nicht nur die Bildung der neuen Zelle und deren Ausdehnung zu betrachten ist, sondern dass auch Veränderung in der Stellung, welche hierbei die schon gebildeten Elemen- tarorgane annehmen, zu den wichtigsten Gegenständen gehört. In der frühesten Zeit, wenn die jungen Blätter noch ganz eingerollt von der Blattscheide umschlossen sind, und auch die Bildung der Haare auf der Oberfläche derselben kaum zu beginnen scheint, dann ist auch keine Spur von allen je- nen auffallenden Formen zu sehen, welche die Hautdrüsen mit den dazu gehörigen Theilen später zeigen; dann sieht man die Zellen der Epidermis. auf Querschnitten noch regelmässig ne- ben einander liegen, wie die kleine Darstellung in Fig. 13. zeigt, aber etwas später, doch noch vor dem Aufbrechen der Blattscheide erhält die Epidermis der untern Blattfläche ein Ansehn wie das in Fig. 34. — Man erkennt in der Stellung dieser Zellen noch keine Regelmässigkeit, ja in vielen dersel- ben geschieht die Bildung von neuen Scheidewänden noch um diese Zeit, aber einzelne Zellchen, wie die bei 2,2, 5,3, zeigen einen trüberen Inhalt, als die daneben liegenden, und diese sind es, welche sich in der Folge zu den wirklichen Haut- ‚drüsen umgestalten, die endlich tief, bis zwischen der 2ten und 3ten Zellenschicht zu liegen kommen. Die Abbildungen in Fig.35. und 36. geben die Ansicht des Auftretens der Haul- drüsen in ihrem frühesten Zustande, in welchem sie aber nicht mehr zu verkennen sind. In Fig. 35. sieht man im Umfange die gewöhnlich ge- stellten Zellen der Epidermis, ebenso wie in Fig. 34. daselbst; die elliptische Zeichnung aa in der Mitte der Figur deutet die junge Hauldrüse an, welche schon der Länge nach einen dun- 270 keln Streifen zeigt, der künftig zur Spaltöffnung wird. Die Zellen, welche rund um die junge Hautdrüse gelagert sind, sind durch 5, 5,0,b bezeichnet, sie unterscheiden sich von den übrigen Zellen der Epidermis nicht nur durch ihre Grösse, son- dern auch durch die eigene Stellung. Im Allgemeinen kann man sagen, dass sich bei der Gattung Ficus die Zellen der Epidermis strahlenföormig um die Mutterzelle der Hautdrüse lagern; gewöhnlich sind deren 5, mitunter aber auch nur 4, zuweilen jedoch auch 6 Zellen, die dazu gehören. In Fig. 36. ist die Mittelzelle der Hautdrüse durch 55 bezeichnet, und sie zeigt eine viel schwächere Färbung, was dadurch zu erklären ist, dass diese Zelle schon in dieser frühen Zeit bedeutend tiefer liegt, als die Fläche der Epidermis, wie es auch auf den Querschnitten in Fig. 38. und 39. zu sehen ist. An den Blät- tern von Ficus elastica ist die Ausbildung der Hautdrüsen mit ihren Spaltöffnungen ebenfalls durchaus nicht gleichmässig; die einen sind noch im ersten Entstehen, während die andern schon mit ihren Spalten versehen sind. Die Abbildungen in Fig ‚35., 36. und 37 sind von einem und demselben Blatie gemacht, und diese Organe lagen fast dicht neben einander. Der Querschnitt in Fig. 38. ist von einem jüngern Blatte ge- macht, dessen Blattscheide sich erst kürzlich geöffnet hatte, und Fig. 39. nach einem Blatte, dessen Scheide schon abge- fallen war. Bei der Bildung der Hautdrüse sieht man zuerst die Füllung der Zellen, woraus sich dieselbe bildet, mit einer irüberen Masse, und hierauf erfolgt die Bildung der Scheide- wände mitten durch die Höhle der Zelle hiudurch, so dass dadurch aus der einen ursprünglich etwas elliptisch geformten Zelle plötzlich 2 halbmondförmige entstehen. Bald darauf tren- nen sich die beiden neu entstandenen Scheidewände in der Mitte ihrer Verbindungsfläche, so dass dadurch die Spaltöffnung entsteht, welche dann von den beiden halbmondförmigen Zel-- len eingefasst ist. Auffallend ist es hier bei Ficus elastica und auch bei allen andern Ficus-Arten mit lederarligen Blättern, a7L dass die Wände dieser Zellen sich so stark verdicken, dass endlich diese Zellen eine Form erhalten, wie sie auf den Dar- stellungen in Fig. 1. zu sehen ist, wo oft kaum noch eine Spur der Zellenhöhle übrig geblieben ist. Es hervscht eine Meinungsverschiedenheit über die Bildung der beiden Zellen der Hauidrüse aus der ursprünglichen Mutterzelle; es können diese Zellen nämlich durch 2 neue Zellen entstehen, die sich im Innern der alten bilden und dann mit den Wänden ver- wachsen, oder die beiden Zellen können durch blose Bildung einer Scheidewand entstehen, welche frei in die Höhle der Zelle hineinwächst, und endlich die Höhle in zwei gleich grosse Theile theilt. Hier an den Blättern vor Fieus elastica ist diese Frage schwerlich zu entscheiden, dagegen ist es nicht schwer an den jüngern Blättern von Hyaecinthus orientalis zu sehen, dass jene letztere Bildungsweise bei der Darstellung der Hautdrüse stattfindet, ziemlich ähnlich wie es kürzlich Herr Mohl dargestellt hat. In Fig. 39. sehen wir. deutlich eine solche Mutterzelle der Hautdrüse eines jungen Hya- einthen-Blattes (dieses ist die Zelle, welche ich schon 1823 entdeckt, und 1830 in der Phytotomie, Tab. IL, Fig. 10 2,2. beschrieben habe) dargestellt; eine feingekörnte Masse füllt zuerst die Zelle, und mitten durch diese Masse entsteht durch eine Art von Einfallung der Membran die Scheidewand, wel- che gleich ursprünglich aus 2 besondere Membranen besteht, wel- che die beiden Zellen der Hautdrüse schliesst, wie es in Fig. 60. zu sehen ist. Später treten diese beiden Zellenwände auseinan- der, und so entsteht die Spaltöffnung, wie sie in Fig. 61. dar- gestellt ist. Flierzuf zeigt sich sehr oft in jeder dieser beiden Zellen der Hautdrüse ein sogenannter Zellenkern, und dieses diene mit als Beweis, dass die Kerne, welche man so ganz gewöhnlich in den Zellen vorkommen sieht, nicht immer als die Ursache der Bildung der Zellen ansehen kann; nur zu oft bilden sie sich erst nach der Bildung der Zellen. Neuerlichst ist mir selbst bei einer phanerogamen Pilanze ein Fall bekannt geworden, wo die Entstehung von Zellen durch 272 Bildung von Querwände im Innern der älteren, grösseren Zelle ganz überaus deutlich zu sehen ist, und wobei auch keine Spur von einer Zellenkernbildung thätig ist, und zwar zeigt sich dieses im Embryosacke von Viscum album. Ausser der merkwürdigen Erscheinung, dass die Polyembryonie bei Viscum durch gleichzeitiges Auftreten von mehreren Embryo- säcken bedingt wird, welche sich bald gleichmässig ausbilden, und Veranlassung zu verwachsenen Embryonen geben, was neuerlichst von Herrn Decaisne, einem ausgezeichneten Be- obachter, entdeckt ist, bald einzeln unbefruchtet zurückbleiben, während die befruchteten sich entwickeln und die ersteren zu- rückdrängen. Ausser dieser interessanten Erscheinung ist noch zu bemerken, dass bei Viscum eine der einfachsten Einrich- tungen des weiblichen Fructificalionsorganes stattfindet. Es ist uämlich bei Viscum ein einfaches, nacktes, geradstehendes Eychen unmittelbar vom Kelche umschlossen, der sich später zu dem bekannten auffallenden Pericarpium umbildet, welches ebenfalls nach innen den nackten Saamen umschliesst. Das Mexkwürdigste hiebei ist aber, dass die Spitze des Eychens unmittelbar zur Narbe wird und den Pollen aufnimmt, dass hier also Mikropyle und Stygma in einem und demselben Or- gane zusammenfallen. Die Beobachtung über die Entwickelung des Eychens im Kelche spricht nur für diese Erklärungsweise; und wollte man dasjenige, was ich als nacktes Eichen erkenne, für ein volständiges Pistell anschen, so würde man sich, we- gen des fehlenden Nucleus und des ganz freien Embryosackes, in weit grössere Verwickelungen einlassen. Pollenschläuche, welche in den Embryosack eintreten, oder sich mit demselben verbinden, habe ich bei Viseum nicht zu sehen bekommen, obgleich ich mehrere Hundert Eychen zu allen Zeiten nach eingetretener Befruchtung beobachtet habe. Der überaus lange und diekhäutige Embryosack von Vis- cum ist spindelflörmig; das obere Ende ist mehr abgerundet, während das untere Chalaza-Ende ganz schmal zuläuft, und mit der Spitze zwischen den Zellen der Chalaza befestigt ist. 273 Die Chalaza zeigt hier bei Viseum keine besonders ausgezeich- nete Bildung, aber von ihm aus entwickelt sich der Embryo- sack, welchen ich schon mehrere Wochen früher fand, che noch irgend eine Spur als Folge der Befruchtung zu sehen war. Dieser grosse Embryosack theilt sich, bald nach erfolg- ter Befruchtung, durch Bildung von Querwänden in eine Menge von grossen Zellen, welche zuerst am Embryonal- Ende erscheinen, und endlich, d. h. nach Verlauf von 3—4 Wochen auch bis zur Chalaza-Spitze herab erscheinen. In diesen ein- zelnen grossen Zellen des Embryosackes bilden sich nun die Zellen des Eiweisskörpers ganz in gewöhnlicher Art, wie es für andere Pflanzen schon vollständig beobachtet ist. Wie verschiedenartig überhaupt die Bildung der Zellen bei den Pflanzen ist, das mögen die Beispiele zeigen, welche ich hier aufführen werde. Die Darstellungen in Fig.40— 50 sind aus der Frucht eines Laubmooses entnommen, welches nach meinen bisherigen Untersuchungen über dasselbe zu Corda’s merkwürdiger Gattung Trichostylium gehört, und von mir Tr. arenarium genannt ist. Bei dieser Gattung gehen die Schleu- derer sämmtlich von einem Säulchen aus, welches im Schei- tel der Sporenkapsel aufgehängt oder befestigt ist; wie es sich aber im reifen Zustande verhält, hat Herr Corda nicht gese- hen, und auch an meinen lebenden Exemplaren, welche schon elwas weiter in der Ausbildung gekommen waren, als die Corda’schen, konnte über das spätere Verhalten des Säul- chens nicht entschieden werden, da die noch übrigen Früchte durch Inseeten angegriffen waren und nicht zur Reife ka- men. Das Säulchen besteht aus ziemlich bedeutend grossen, etwas länglichen prismalischen Parenchymzellen, deren Zahl sich am untern Ende vergrössert, und dabei verlängern sie sich und hängen nach allen Richtungen hin in die Höhle der Kapsel hinein. Aus diesen langen Zellen, welche sich sehr bald von einander trennen und dann cylindrisch wer- den, entstehen sowohl die künftigen Schleuderer, als auch Müller's Archiv. 1839. 18 274 die klinftigen Sporen, und der Gang dieser merkwürdigen Bil- dung ist folgender: Im frühesten Zustande fanden sich nur sehr zarle läng- liche Zellen, die mit einem Schleime eingebettet waren; die Zellen vergrösserien sich und kamen unmittelbar dieht neben einander zu liegen, worauf es sich zeigte, dass sich aus die- sen, anfangs ganz gleichgeformten Zellen, sowohl die Schleu- derer als die Sporen bildeten; die eine Zelle wird später zum Schleuderer, und die andere geht eine Reihe von. Verände- zungen ein, bis aus derselben die Sporen hervorgehen, In Fig. 46. habe ich einen Theil von zwei solchen nebeneinander liegenden Zellen dargestellt; «ad ist die Zelle, welche sich spä- ter zum Schleuderer bildet, und in der Zelle cd haben sich Muttersporen gebildet; gewöhnlich bilden sich in einer jeden ursprünglichen Zelle 3, mitunter aber auch 4 und selbst 5 Muttersporen. Sobald die Mutterspore, bestehend in einem einfachen, kugelrunden Zellchen, gebildet ist (diese erste Bil- dung habe ich hier nicht schen können, indem mir nicht ge- nug Früchte zur Disposition standen), zeigt sich in ihrem Umfange die Bildung einer gallertartigen Zone (die bei der Multerspore e durch d bezeichnet ist), welche man die Mut- terzelle zu nennen pflegt, obgleich sie erst nach der Bildung der darin enthaltenen Zellen auftritt! Diese Bildungshülle (die Mutterzelle der Mutterspore) wurde immer grösser, zeigte aber ‚stets eine durchsichtige, gal- lertarlige oder ungefärbte Substanz, die alsdann mit der Aus- bildung derselben und der Wand der ursprünglich langen Zel- len, worin die Muttersporen entstanden, resorbirt wurde. In- dem sich nun die Muttersporen durch Ausdehnung vergrössern, legen ‚sich die Bildungshüllen unmittelbar an einander, und verwachsen meistens in der Art, wie es Fig. 42. und 45. zeigen, und diese liegen dann mit einander verwachsen ganz frei in der Kapsel zwischen den künftigen Schleudererzellen, wie es in Fig. 43. dargestellt ist. In Fig. 42. sieht man, dass das obere Ende des ursprünglichen Schlauches (a5) zurück- 275 geblieben ist, weil sich in demselben keine Mutterspore gebil- det hat, und dieses Ende hat sich dann unmittelbar an die Bildungshülle d der Mutterspore c angelegt, ein Fall, den ich bei Pellia epiphylla oft zu sehen Gelegenheit hatte, und an einem andern: Orte (Pflanzen-Phys. Taf. X. Fig. 35. u. 36.) abgebildet habe. Schon Fig. 43. zeigt, dass eine Theilung der Mutterspore im Innern der stark angeschwollenen Bildungs- hülle stattfindet; bei der Spore e ist nicht nur der Bogen der Selbsttheilung zu sehen, sondern man sieht auch schon wie- derum eine feine Haut, welche das Ganze umschliesst, und diese feine Haut wird zu einer neuen Bildungshülle, welche sich um so bedeutender ausbildet, je weiter die Selbsttheilung der Mutterspore vorschreitet, was besonders gut in Fig. 44. und 45. zu sehen ist. Es ist kaum noch nöthig hinzuzufügen, dass die Mutterspore durch die Selbsttheilung stets in 4 Spo- ren zerfällt, drei sind auf den Zeichnungen stets zu schen, die vierte Theilung liegt aber jedesmal dahinter. Diese Selbst- theilung geschieht durch Einschnürung oder durch Hineinwach- sen der äussern Membran, wie besonders leicht an den gros- sen Sporen der Jungermannia epiphylla zu sehen ist. Sobald nun 4Sporen aus jeder Mutterspore durch Selbsttheilung her- vorgewachsen sind, sieht man, dass noch jede einzelne Spore von einer Bildungshülle umschlossen wird, ganz wie es bei der Bildung der Pollenkörner bekannt geworden ist; später werden dann allmählig die äusseren oder gemeinsthaftlichen Bildungshüllen, und zuletzt noch die Specialbildungshüllen re- sorbirt, und dann liegen endlich die Sporen, wie Fig. 50. zeigt, als kugelrunde Blasen einzeln in der Höhle der Kapsel umher» und dazwischen verlaufen die langen Schleudererzellen, aus welchen sich erst sehr spät die Schleuderer bilden. Fig. 48. und 49. geben Darstellungen dieser Schleudererzellen aus eben derselben Zeit, in welcher schon die Sporen (Fig. 56.) aus- gebildet und freiliegend waren; man sieht eine Menge ziem- lich gleich grosser Kügelchen in denselben, welche durch eine schleimige, ungeformte und grüngefärbte Substanz angefüllt ; 18° 276 waren; viele der Kügelchen zeigen zu gewissen Zeiten ihre Zusammenselzung aus Stärke, oder enthalten davon wenigstens einen grossen Theil. Bei dem Trychostylium habe ich die ‘ Ausbildung der Spiralfasern oder Schleudererzellen nicht ver- folgen können, indem die Pflänzchen vor der Zeit abstarben, doch den Vorgang dabei habe ich in andern Fällen beobach- tet, und in meiner Pflzn.-Phys. (I. p. 119. und IIT. p. 390.) auseinandergesetzt. Die Fig. 46. zeigt eine monströs ausge- bildete Schleudererzelle, Einige Beachtung verdient auch die Bildung der Spiral- fasern in den Zellen der Kapselwände jenes Lebermooses; bis jetzt haben wir bei einigen Lebermoosen kennen gelernt, dass diejenige Wand der Zellenschicht der Kapseln, welche unmittelbar die äussere Oberfläche bildet, dass diese keine Spi- ralfasern zeigt, wie z. B. die Pellia epiphylla, wo die Spiral- fasern nur auf der untern und auf den Seitenwäuden der Zel- len der äussern Schicht vorkommen und dann stumpf enden; hier bei Trychostylium arenarium laufen diese Enden der Fa- sern noch etwas über die Seitenwände der Zellen hinaus, und kommen über dem Rande der Fläche der obern Zellenwand zum Vorschein, wo sie mit einer kleinen löffelartigen Aus- breitung enden; ganz so, wie es die Abbildung Fig. 47. zeigt. Diese eigenthümliche Bildung erklärt zugleich eine andere, welche ich früher in den Diachym-Zellen der Blätter von Pi- nus sylvestris gefunden, und in Fig. 17. Tab. VI. meiner Pflazn.- Phys. abgebildet habe. Eine andere Zellenbildung durch blosse Theilung, und zwar gleichsam durch ein Zerfallen in gleich grosse Stücke zeigt das niedliche Pflänzchen, welches in Fig. 51 abgebildet, und von mir mit dem Namen Merismopedia punetata belegt worden ist. Die regelmässige Stellung der kleinen ellipsoi- dischen Zellchen dieser Pflanze zu 4 und 4 wird sogleich in die Augen fallen; die Vermehrung dieser Zellen geschieht aber wieder durch regelmässiges Zerfallen derselben, was man an den untern Quadraten der Zeichnung sehen kann, wo sich 277 auf der einen Seite die 4 Zellehen schon wieder durch Thei- lung in 8 vermehrt haben, während in dem nebenan liegen- den Quadrate nur erst die beiden untern Zellchen zertheilt sind. Später dehnen sich diese kleinen Zellchen wieder aus, und stellen sich abermals zu 4 und 4 so regelmässig, wie sie in den ältern Quadraten dieser Pflanze zu sehen sind. Besonderes Interesse bietet in mehrerer anderer Hin- sicht die Zellenbildung in den Schläuchen des Mucor Mucedo dar, wozu die Abbildungen in Fig. 52—56. gegeben sind. Der Inhalt dieser Schläuche besteht gewöhnlich in einem schlei- migen und etwas gekörnten Safte, der fast immer ziemlich durehsichtig ist. Wenn man aber die Wände dieser ‘Schläu- che mit gehöriger Aufmerksamkeit betrachtet, so wird man sehen, dass sie ähnliche spiralförmige Bildungen nachzuweisen haben, wie die Spirogyren unter den Conferven; in.der Fig. 57. und 58. habe ich zwei verschiedene Zustände der Art dar- gestellt; die Zahl der Spiralfasern in diesen Schläuchen ist verschieden, ähnlich wie bei den genannten Conferven, nur mitunter laufen sie auch nicht überall so regelmässig, wie bei den Conferven. Es ist nieht selten an solchen Mucor -Schläu- chen zu sehen, dass sich ein Theil der spiralförmigen Abla- gerungen von der Wand abtrennt, colliqueseirt und sich zu einer Schleimblase bildet, welche anfangs, wie in Fig. 52, noch lose in der Höhle des Schlauches liegt, aber sich später ausdehnt, mit der Wand des Schlauches zusammenklebt und zum Theil wohl die Resorbtion derselben veranlasst, so dass endlich die neue Zelle, als eine ganz besondere Zelle, die an- grenzenden Enden des Schlauches verbindet, wie in Fig. 54. Ja mitunter, wie in Fig. 53., dehnen sich die neuen Zellen der Art nur nach einer Seite hin aus, wobei daselbst die umschliessende Membran ganz verschwindet, während sie noch auf der andern Seite zurückbleibt. Endlich geben die Dar- stellungen in Fig. 55. und 56 noch mehrere Beispiele, wo die Zellen, im Iunern des Schlauches entstanden, endlich mit der umgebenden Membran theils verschmelzen, theils dieselbe so 278 resorbiren, dass sie endlich als ganz besondere Zellen daste- hen. In den Fig.58. und 58. sind die Fruchtköpfe des Mucor Mucedo dargestellt, die in Hinsicht der Grösse und der Form, von der Kegelform bis zum Ellipsoidischen, sehr abweichen. ab sind die Schläuche, cd ist die eigentliche Frucht, welche in einer kolbigen Anschwellung besteht, die mit den Sporen gefüllt ist; später aber wächst die Blase ef, welche man als eine neu gebildete innere Haut des Schlauches ansehen kann, in die Mitte des Fruchtkopfes hinein, und diese enthält die grumöse Masse angehäuft, welche allmählig aus dem Schlau- che emporsteigt, und sich in diesen Köpfen deponirt. Bei eingetretener Sporenreife springt die Haut cd auf, die Sporen fallen heraus, die Membran verschwindet, und es bleibt nur ein becherförmiger Rest davon übrig, der, wie in Fig. 58. die Basis des innern Köpfchens (ef), welches sich dann sehr aus- dehnt, einschliesst. Sehr oft schlägt sich der Rand jener Mem- bran noch schirmförmig nach unten zurück, und in diesem Zustande finden wir die alten Mucor - Schläuche ganz ge- wöhnlich. Einige andere Beobachtungen über die Entwickelung des bekannten Ceranium diaphanum, wozu die Abbildungen von Fig. 52— 56 gehören, möchten ebenfalls von einigem Interesse sein, wenn auch diese Beobachtungen den Gegenstand noch nicht vollständig aufklären, indem die Entwickelung der jüng- sten Zustände noch nicht vollständig verfolgt werden konnte. Der stengelarlige Theil des Ceramium diaphanum, welcher in Fig. 52. dargestellt ist, besteht aus grössern und aus kleinern Zellen; die grössern (e,c,c) liegen, wie es die Zeichnung zeigt, in einer festen Gallerte gebettet, und sind mit einer feinkör- nigen Masse (2,,5) gefüllt, welche durch die Wände aa,aa begrenzt wird. Bei der Vereinigungsstelle zweier grossen Zellen findet sich jedesmal ein Ring von kleinen Zellen (dd, ee, ff), welche im Anfange oft mit einer grüngekörnten Sub- stanz gefüllt sind, die aber später rosenroth wird, und dann die schönen rothen Streifen bildet,- welche jenes Pflänzchen 279 quirlförmig einschliessen. Auch diese kleinen Zellen der Gür- tel sind ganz mit Gallerte umschlossen, und diese Gallerte ist in einem früheren Zuslande, wie z. B. in Fig. 66., verhältniss- mässig noch vorherrschender. Je mehr aber die grossen Zellen an Umfang zunehmen (c,c,e Fig. 62.), und jemehr sich die kleinen Zellchen der Gürtel durch Theilung vermehren, was man schon in der, dicht daneben stehenden Fig. 63. sehen kann, je mehr schwindet die Gallerte. Man vergleiche nur die Formen in den Fig. 62. und 63., und endlich mit Fig. 65., wo die umschliessende Gallerte rund um die grösseren Zellen schon gänzlich geschwunden ist; die Zellen der Gürtel aber, welche um die Enden der grossen Schläuche gelagert sind, haben sich sehr zahlreich vermehrt, und) wie es die Zellen- masse von ffff und. gggg zeigt, so findet sich um diese Zellen herum noch eine bedeutende Menge jener Gallerte, welehe aber später, wie in Fig. 64., ebenfalls noch mehr schwin- det. Schon in Fig. 65. haben sich die ursprünglich grösseren Zellen (gleichbedeutend mit c,c,c in Fig. 62.) mit ihren En- den so aufeinander gelegt, und die Gürtel sind so bedeutend geworden, dass es schon hier schr schwer ist zu erkennen, dass unter diesen Gürteln die grossen Zellen mit ihren hori- zontalen Grundflächen aufeinander liegen; aber in so alten Zu- ständen, wie in Fig. 64., da ist jeme ursprüngliche Struetar gar nicht mehr zu erkennen, wenn man die Schläuche nicht zerstückelt. Hier zeigt ff die Höhle, und ee die Dicke der Wände der einzelnen Zelle, die sich aus den frühern Zu- ständen, welche in Fig. 62., 63. und 65. dargestellt sind, bis zu dieser ausserordentlichen Grösse herausgebildet hat. Die Härchen, welche man bei 55 und dd Fig. 64. sieht, sind durch unmittelbaren Auswuchs der Zellen der Gürtel entstanden, wozn Fig. 65h. den ersten Anfang zeigt. Aus einzelnen die- ser Gürtel-Zellen bilden sich nun aber auch, wie es mir scheint, die Fruetificalionsorgane aus, wovon ein einzelnes bei ee Fig. 65. dargestellt ist, und wozu man wahrscheinlich in 5 Fig. 29. einen früheren Zustand sieht. Zur Osteologie der Hydromedusa Maximiliani. Von Dr. WırLurım Peters in Berlin. (Hierzu Taf. XIV. Fig. 1—4.) Familia: Testudinidae; subfamilia: Hydrospidina; genus: Che- lodina; subgenus: Hydromedusa. Hydromedusa Maximiliani. Emys Maximiliani Mik. Dia- gnosis. Emys collo elongato, pedibus palmatis: palmarum plan- tarumque digito quinto inermi: testa humili, antice depresso- plana, postice convexula, carinala: scutellis per lineas angu- lato-concentricas rugosis, areolalis: areolis parvis, excentrieis: margine medio revoluto, postice dilatato, serrato. Mikan*). Der Schädel dieser Schildkröte ist langgestreckt und sehr abgeplattet; am hinteren Theile desselben ragt jederseils das Os tympanicum trompeltenförmig hervor. Die Schläfen- gruben sind ganz unbedeckt, und nehmen fast zwei Drittel der obern Fläche des Schädels ein; ein Jochbogen fehlt ganz, dagegen verbindet sich das Hinterhaupt mit der Schläfe durch eine schmale Knochenleiste. Der Gesichtstheil hat durch seine grossen Augenhöhlen und den feinen Bau der Kieferknochen grosse Aehnlichkeit mit einem Frosschschädel, und derselbe lässt *) J.C.Mikan, delectus florae et faunae Brasiliensis. Vindobo- nae 1825. Fol. fascis quartus, 281 die Hydromedusa schon auf den ersten Blick von der Chelys, mit der sie sonst in der Anordnung der einzelnen Schädelkno- chen viele Aechnlichkeit hat, unterscheiden, indem letztere im Verhältniss zum übrigen Schädel kleine Augenhöhlen besitzt, welche zugleich mit dem spitzen Kiefer sie der Pipa ähnlicher machen. Die Basis des Schädels ist fach, und nur der äus- sere Rand der Ossa pterygoidea nebst dem Os oceipitale ex- ternum ragen fast senkrecht aus derselben hervor. Die Choa- nen entsprechen hinsichtlich ihrer Lage und Grösse den Au- genhöhlen. Os basilare et Ossa lateralia oceipitis. Diese drei Knochen sind hier so innig mit einander verbunden, dass sich ihre Grenzen, was sonst bei den Schildkröten sehr leicht ist, nicht genau bestimmen lassen. Der Condylus ist schr klein, und hat eine ziemlich flache Gelenkfläche. Die Basis bildet ein Viereck mit abgestumpften vorderen Winkeln, und istrauh von der Wirkung der hier sich ansetzenden Muskeln; an ihrem hintern Drittheil, nicht nach hinten, sondern nach unten ge- richtet, kommen die Foramina condyloidea zum Vorschein, Die Verbindung nach vorn findet Statt mit dem Os sphenoi- deum, basilare und den Felsenbeinen, seitlich legen sich die Ossa occipitalia lateralia an; eine Verbindung mit dem Os ple- rygoideum kommt hier aber nicht vor. Die Ossa oce, late- ralia bilden zu beiden Seiten neben dem Foramen magnum einen selır scharfen Rand, und vereinigen sich über demselben zu einer Schuppe, indem sie das Os oceipilis sqguamosum nach vorn drängen. Auf diese Art wird das Foramen magnum bloss von dem Os basilare und den Ossa-lateralia gebildet was bei keiner andern Schildkröte der Fall ist. Denn bei al- len übrigen Schildkröten so wie bei den Eidechsen lrägl noch das Os squamosum oce. zur Bildung des Hinterhauptloches bei, während die Hydromedusa in dieser Hinsicht wit den Krokodilen und den Schlangen übereinstimmt. Os squamosum oceipitis. Es hat dieser Knochen seine Lage in der Mitte der Gräte, welche die Scheidewand der 252 Schläfengruben bildet, und von ihm selbst, den Scheitelbeinen und den Ossa oce. lateralia gebildet wird. Er ist von den Sei- ten sehr zusammengedrückt, breitet sich aber oben in eine kleine herzförmige Platte aus, welche jederseits durch eine kleine Sutur mit dem erwähnten schmalen Fortsatz der Schlä- fenschuppe verbunden ist. Diese schmale Brücke ist offenbar eine Andeutung jenes bei den Seeschildkröten so ausgebildeten Schläfendaches, welches sich nur in geringerem Grade auch bei der Chelys zeigt. Auch die Verbindung der Schläfen- schuppe mit den Scheitelbeinen, welche bei den Eidechsen ge- funden wird, gehört hieher. Aber besonders merkwürdig ist es, dass bei der Hydromedusa diese Verbindung nicht mit den Scheitelbeinen, sondern mit der Hinterhauptsschuppe Statt fin- det, so dass diese, selbst aus ihrer Stellung von den Seiten- iheilen des Hinterhaupts verdrängt, wiederum die vor ihr lie- genden Scheitelbeine verdrängt, und ihre Funetionen über- nommen hat. Ossa oceipitalia externa s. Ossa mastoidea. Man kann sich jeden dieser Knochen als aus zwei Lamellen gebil- det denken, welche hinten zusammenhängen und dann diver- giren, indem die eine zur Bildung des Schädeldaches nach oben steigt, während die untere an die Basis eranii geht, sich hier ans Os tympanicum. und die Schläfenschuppen legt, und sich zuleizt in einen platten, langen Fortsatz verliert, den Hallmann sehr richtig mit dem Processus mastoideus der höhern Thiere verglichen hat. Das Os oceip. externum trägt zur Bildung zweier Höhlen bei; denn erstens umschliessen beide Lamellen gemeinschaftlich mit der Schläfenschuppe und dem Quadratbein eine grosse Höhle, deren Ausgang durch das Trom- melfell verschlossen wird, und dann trägt die obere Lamelle zur Bildung des Vestibulum bei; auch scheint die letztere einen kleinen Theil der Schädelhöhle zu verschliessen. Ossa quadrata s. Ossa tympanica. Wie bei der Chelys fimbriata ist dieser Knochen sehr gross, und ragt ebenso Lrompetenförmig hervor. An seinem untern Theile liegt eine 283 kleine Gelenkfläche zur Aufnahme des Gelenkkopfes des Un- terkiefers, welche nach aussen fast unmittelbar in den Rand, der zur Anheftung des Trommelfells dient, übergeht, indem sie durch einen eigenen Gelenkfortsatz gar nicht vom übrigen Knochen abgesetzt ist. Zwischen dem Os petrosum und der untern Lamelle des Os oceip. externum ist eine Oeflnung, wo- durch die Carotis hereintritt. Vor dieser Oeffnung liegt eine Furche, welche nach aussen in eine Ineisur übergeht, und zur Aufnalıme des langen Gehörknöchelchens dient. Das Gehör: knöchelchen liegt also hier wie bei der Chelys und den mei- sten übrigen Schildkröten unterhalb des Quadratbeins, wäh- rend es nur bei der Trionyx durch diesen Knochen hindurch- geht. Die Verbindung dieser Knochen ist nach vorn, wie ge- wöhnlich, mit dem Os pterygoideum, nach innen aber ver- bindet es sich nicht mit demselben, sondern mit dem Os pe- trosum und dem Os sphenoideum basilare; hinten legt es sich an die Schläfenschuppe und den Processus mastoideus. Von der Seite sieht man in die Trommelhöhle, die aus zwei Blind- säcken besteht, von denen die vordere kleine ganz, die hin- tere grössere zum grossen Theil im Os tympanicum liegt. Ossa squamosa temporum s. Ossa mastoidea Cuv. Von dem Fortsatze dieses Knochens ist schon bei der Hinter- hauptsschuppe die Rede gewesen. Sonst ist hinsichtlich seiner Lage und Verbindung nichts Abweichendes zu bemerken. Ossa petrosa. Das Felsenbein tritt durch die bedeu- tende Abflachung des Schädels mehr hervor, so dass seine vier- eckige Gestalt au der obern und unlern Fläche in gleicher Ausdehnung erscheint. Es bildet einen schief nach vorn und oben hingerichtelen Würfel, der von fast allen Knochen des Schädels, dem Sceheitelbein, den Hinterhauptbeinen, dem Qua- dratbein, dem Os mastoideum, sphenoideum und plerygoideum eingeschlossen ist. Das Foramen ovale liegt allein im Felseu- bein, das Vestibulum wird aber ausserdem noch von dem Os occip. laterale und dem Os squamosum oceipilis gebildet. Aus- serdem nimmt das Felsenbein Theil an der Bildung zweier 284 Löcher, nach aussen an der Bildung des Foramen für die Ar- teria carolis esterna; nach vorn zugleich mit dem Os parie- tale, pterygoideum und sphenoideum bildet es einen Durch- gang für den zweiten und dritten Ast des Trigeminus. An der Basis eranii umgiebt sein hinterer Winkel mit dem Os mastoideum und dem Os oceip. laterale das Foramen jugulare. Ossa parietalia. Die Scheitelbeine verlieren sich gröss- tentheils in die Schläfengruben, und nur ihr vorderer Theil bil- det mit den Stirnbeinen ein ebenes Dach für den vordern Theil der Schädelhöhle. Ossa frontalia media et posteriora. Diese Kno- chen bieten nichts Bemerkenswerthes dar. Ossa frontalia anteriora et Ossa nasi. Während bei den übrigen Schildkröten das Os frontale anterius aus dem vereinigten Stirn-, Thränen- und Nasenbein besteht, finden wir hier eine sehr merkwürdige Abweichung. Der Nasen- theil nämlich ist hier deutlich durch eine Naht von dem übri- gen Knochen getrennt, so dass die Hydromedusa besondere Nasenbeine besitzt. Die Ossa frontalia anteriora bilden zwischen den Augen- höhlen eine 2— 23“ breite Brücke, und senden jedes zwei Fortsätze ab: einen dünnen Thränenfortsatz, welcher an der äussern Seite des Processus nasalis des Oberkiefers in die Au- genhöhle herabsteigt, und einen zweiten sehr feinen Forlsatz, der an der innern Seite desselben Fortsatzes gerade nach vorn geht, und sich hier zwischen die kleinen, unregelmässig drei- eckigen Nasenbeine begiebt, ohne sich jedoch bis zur vordern Nasenapertur auszudehnen. So liegen nun diese Nasenbeine mit ihrem äussern Rande an dem Processus nasalis des Ober- kiefers, mit ihrem innern Rande hinten an die Processus na- sales des Stirnbeines, während sie vorn sich mit einander ver- binden; der vordere freie Rand begrenzt die Nasenapertur. Ich kann jedoch nicht umhin, zu bemerken, dass mir auch die kleinen Processus nasales des Stirnbeins getrennte Knochen zu sein scheinen, doch lässt sich dies selbst mit der Loupe nicht 235 ganz bestimmt entscheiden. Es wäre daher wohl möglich, dass eine, wenn auch sehr seltene Abnormität vorhanden wäre; um hierüber entscheiden zu können, wäre es noch nöthig, mehrere Skelelte dieses Thieres zu untersuchen. Os basilare sphenoideum. Die Gestalt dieses Kno- chens entspricht seinem Namen; die Spitze des Keils schiebt sich zwischen die Ossa pterygoidea hinein, während die Basis sich hinten an das Os basilare oceipitis, seitlich an die Felsen- beine anlegt. Diese Verbindung mit den Felsenbeinen findet sich nur noch bei der Chelys, während bei den übrigen Sehild- kröten die Ossa pterygoidea sich zu weit nach hinten ersirck- ken, um eine solche Vereinigung zuzulassen. Ossa pterygoidea. Obgleich bei weitem nicht so breit, als wie bei Chelys, nehmen sie doch einen bedeutenden Raum ein, indem sie mehr als die Hälfte der Basis cranii aus- machen. Sie gehen nicht so weit nach hinten, wie bei den übrigen Schildkröten, dehnen sich dagegen mehr nach vorn aus, wo sie einen grossen Theil der Choanen begrenzen. Zwi- sehen den Gaumenbeinen und dem vordern halbmondförmigen Rande des Os pterygoidenm tritt die Arteria palatina hervor. Man bemerkt hier zwei (Gaumen-) Fortsätze: einen äussern, der sich zwischen dem äussern Rand des Gaumenbeines und dem Os zygomaticum hineinschiebt, und einen innern, der, sich mit demselben Fortsatze der andern Seite vereinigend, nach vorn an den Vomer geht. Seitlich steigt dieser Knochen mit dem Os tympanicum fast senkrecht herab, und bildet so gleichsam die Tiefe der Schläfengrube. Vorn bildet der Sei- tentheil einen nach oben zurückgeschlagenen wulstigen Rand, der sich mit dem Os frontale posterius und dem Os zy- gomalicum verbindet, ganz ähnlich, wie bei Chelys fimbriata, wo Cuvier diesen Theil mit dem Os transversum der Kro- kodile und Eidechsen verglichen hat. Ossa palatina. Die Gaumenbeine sind nur sehr klein, und fast ganz von den Ossa pterygoidea aus ihrer Lage ver- drängt, indem sie nur nach aussen die Choanen begrenzen. 286 Sie sind halbmondförmig und verbinden sich durch ihren hin- tern convexen Rand mit dem Oberkiefer, dem Jochbein und dem Os pterygoideum, während ihr innerer concaver Rand frei ist. Vomer. Das Pfilugschaarbein: ist nur ein sehr dünnes, schmales Knochenblätichen, welches sich nach hinten nicht bis zum Gaumenbeine, sondern bis zu den Processus palatini der Ossa pterygoidea ausdehnt, während es sich vorn mit einem etwas breitern Ende an die Oberkiefer und die Zwischenkie- ferbeine anlegt. Ossa jugalia s. Ossa zygomatica Cuv. Das Joch- bein ist ebenfalls nicht gross; es hat seine Lage am hintern äussern Theile der Orbita, und sendet einen Processus fron- talis nach hinten und oben zum Os frontale' posterius, einen Processus temporalis nach unten und aussen zum Os pterygoi- deum; endlich geht noch der Processus masillaris nach vorn zum hintern Ende des Oberkiefers. Ossa artieulari-zygomatica Müll. s. Ossa juga- lia Cuyv. Dieser Knochen fehlt hier so wie bei der Chelys fimbriata gänzlich. Ausserdem fehlt er auch noch bei der Te- studo planiceps *), wenn man der Abbildung von Wagler trauen darf. Ossa intermaxillaria. Der Zwischenkiefer ist dop- pelt, wie bei den übrigen Schildkröten. Nur Chelys und Trio- nyx haben ein einfaches Os intermaxillare. Sie sind sehr klein und fast durchsichlig. Ossa maxillaria superiora. Die Oberkiefer bilden zusammen einen ziemlich convexen Bogen, und weichen so. in ihrer Gestalt namentlich von der Chelys sehr ab. Sie sind übrigens wie die übrigen Schädelknochen, nur zart gebaut, und spalten sich an ihrem hintern Ende in zwei schmale Fort- sätze, welche den Processus maxillaris des Jochbeins zwischen sich nehmen. Mit ihrem innern oder vordern Ende stossen sie *) Wagler, Syst. d. Amphib. Tab. IV., Fig. 6. u. 8. 287 wegen des kleinen Zwischenkiefers fast zusammen, und sen- den hier ihren Processus nasalis nach oben zwischen die Na- senbeine und die Processus lacrymales der Ossa frontalia ex- 1eriora. Maxilla inferior. Der Unterkiefer besteht jederseits aus 6 Knochen, weil das Os dentale doppelt ist. Dieses dop- pelte Os dentale findet man ausserdem nur bei Chelys, wie Cuvier schon bemerkt hat. Unrichtigerweise hat Wagler in seinen Abbildungen fast allen Schildkröten doppelte Ossa dentalia gegeben; denn selbst am Fötus der übrigen Thiere dieser Ordnung findet man nur ein einfaches Os dentale. Was die Osteologie des Stammes betrifft, so sind hier nur einige Bemerkungen über einige sehr beachtenswerthe Ab- weichungen der Wirbel hinzuzufügen, indem das Verhalten des übrigen Körpers nichts anatomisch Merkwürdiges darbie- tet, was nicht schon, wie z. B. das festgewachsene Becken, in dem Familien- oder Gattungscharacter enthalten wäre. Eine sehr genaue Beschreibung der Schilder hat Mikan in seinem oben angeführten Werke gegeben. Der Hals der Schildkröten wird bekanntlich aus 9 Wir- beln zusammengesetzt, nämlich 8 completen und dem Rudi- mente eines neunten — dem Os odonloideum, welches bei den Schildkröten steis einen gesonderten Knochen bildet. Der erste Halswirbel oder Atlas verbindet sich mit dem Os odon- toideum in einem Drehgelenk. Hier findet sich nun eine ganz merkwürdige Abweichung bei der Hydromedusa, wodurch sie sich nicht nur von den Schildkröten, sondern von allen beschuppten Amphibien über- haupt unterscheidet. Denn nicht allein fehlt das Os odontoi- deum ganz, sondern auch der erste Halswirbel ist nicht wie der Atlas gestaltet, und ist den übrigen Halswirbeln ganz ähnlich gebaut. Es ist hier nicht etwa ein Verwachsensein des Os odontoideum, oder sonst irgend eine Täuschung anzu- nehmen, denn alle übrigen 7 Halswirbel sind vollständig vor- handen, und die natürliche Verbindung ist an diesem 288 Skelet noch sehr gut erhalten. Der erste Halswirbel verbin- det sich mit dem Condylus oceipitis und dem 2ten Halswirbel ganz auf dieselbe Weise, wie die übrigen Halswirbel unter sich, so dass gar keine oder doch nur eine äusserst geringe Rotation möglich ist. . Ausserdem ist auch noch der Bau der Processus obliqui sowohl der Hals- als Schwanzwirbel merkwürdig; sie sind ganz kurz, und die hintersten jedes Wirbels sind in eine Platte zusammengewachsen, welche in ihrer Gestalt viele Achnlich- keit mit dem Nagelende der Finger eines menschlichen Ske- letts hat, und so jedesmal die vordern Processus obliqui des folgenden Wirbels vollkommen deckt. Auf diese Art ist der Wirbelcanal von oben vollkommen geschlossen, während man bei den übrigen Schildkröten hier stets grosse Zwischenräume zwischen den einzelnen Wirbeln findet. Durch diesen Um- stand ist anch die Bewegung des Halses in senkrechter Rich- tung vollkommen gehemmt, womit auch Construction der Ge- lenkköpfe der Wirbelkörper übereinstimmt. Es ist diese Ar- tieulation der Wirbelkörper bei den verschiedenen Gattungen manchen Veränderungen unterworfen, doch sind einzelne Ge- lenke oft so flach, dass am trocknen Skelett manches Mal schwer zu bestimmen ist, auf welcher Seite der Gelenkkopf liegt. Was ich hierüber an den Skeletten des hiesigen ana- tomischen Museums gefunden habe, ist in der folgenden Ta- belle zusammengestellt: 8. Halsw. 7. Halsw. 6. Halsw. 5.Halsw. 4. Halsw. vorn. bint. vorn. bint. vorn. bint. vorn. hint. vorn. hint. Emys. 1Kpf. 1 Kpf. I Gr. I 6Gr. U Gr. 1Gr. 16Gr. IGr. 1Kpf. I Kpf. Chelonia. - I Grubell Kpf. - - - - - - = Trionyx. - J1Kpf. I Gr. IKpf. 1Gr. IKpf. 16r.1Kpf. I6Gr. IKpf. Hydromedusa, - 1 Kpf. I Gr. IGr. IKpf.1Gr. IKpf.IKpf. - - Erklärung der Kupfertafel. Taf. XIV. Fig. 1. Schädel der Hydromedusa Maximiliani von oben. a, os maxillare; d, os intermaxillare; c, os nasale; d, os fron- tale anterius; d’, os frontale medium; d?, os frontale posterius; e, 0s 239 zygomalicum; „f, os plerygoideum; f', der callöse Rand desselben; , 08 parietale; h, os quadratum s. tympanicum; i, os petrosum; , os squamosum temporum; kt, der Fortsalz dieses Knochens zur Hinterhauptsschuppe; /, os oceipitale externum s. mastoideum; m, os squamosam oceipilis; rn, os laterale oceipitis. 4) Loch zum Durch- ang des 2ten und 3ten Astes des Nervus trigeminus. 2) Oeflnung für die arteria carotis, Fig. 2. Derselbe seitlich. a—n, s. Fig. 1. A', Eingang in die Trommelhöhle; Z!, processus mastoideus des os mastoideum; u, eondylus des Hinterhaupts. Fig. 3. Derselbe von unten. o, vomer; p, os palatinum; g, os sphenoideum basilare; r, Gelenkgrube des Quadratbeins; s, os basi- lare et ossa lateralia occipitis; ££, erster und zweiter Halswirbel. 3, fo- ramen condyloideum; A, foramen palatinum; 5, foramen jugulare; 6, foramen ovale des Felsenbeines; 7, Apertur des Canalis caroticus. Fig. 4. Unterkiefer der Hydromedusa Maximiliani. v, os den- tale; ww, os coronoideum; x, os vaginale; y, os laterale externum; =, os laterale internum; z', os condyloideum; 2°, äussere Oeflnung des foramen alveolare, Müller's Archir. 1839, 49 Ueber die Bildung des Schildkrötenskelets. Von Dr. Wıunneım Prters in Berlin. (Hierzu Taf. XIV. Fig. 5—7.) Obgleich Carus schon vor 11 Jahren in seinen „Urtheilen des Knochen- und Schaalengerüsts“ die Ansicht aufgestellt hatte, dass der Panzer der Chelonier als aus der Verwachsung des innern mit einem äussern Skelet entstanden zu betrachten sei, fand sie doch keinesweges die allgemeine Aufnahme, die sie verdiente. Denn die von Cuvier’s Ansicht unterstützte Theorie, nach welcher man alle Theile des Schildkrötenthorax auf das innere Skelet reducirte, indem man diese Bildung durch Ausdehnung und Verwachsung desselben erklärte, war schon zu sehr in Aufnahme gekommen, als dass sie so leicht wieder hätte verdrängt werden können. Vielleicht mochte auch die Vergleichung des Skelets eines Wirbelthieres mit der todten Schale eines Molluskums gegen eine Idee einnehmen, die sich auch durch die alleinige Betrachtung des erwachsenen Thieres nicht beweisen lies. Denn obgleich die Unregelmässigkeit und das ganze Verhalten der Randknochen sehr gegen ihre Deutung als Sternalrippen sprach, musste man sie doch den 291 Theilen analog halten, welche so deutlich nichts als erwei- terte Rippen zu sein schienen, und mit denen sie durch Näthe innig verbunden waren. Besonders wahrscheinlich er- scheint diese Vergleichung bei der Gattung der Flussschildkrö- len, welche durch Bojanus einer so genauen Untersuchung unterworfen wurde, weil hier durch das Verschwinden der Näthe und die innige Verwachsung des ganzen Thorax das ganze Gebilde nur als Eins erscheint, und die Randknochen wirklich ans Ende der Rippen sich ansetzen. Ganz anders verhält es sich dagegen bei der Gattung Chelonia: hier ver- schwinden die Näthe nie, so dass das Wachsthum des Thieres stets fortschreiten kann, und die Entwickelung des innern Skelets tritt im hohen Alter wieder selbstständiger hervor. Namentlich kann man dies deutlich an den Sternalenden der Rippen bemerken, welche dann sich nicht mehr mit den Mar- ginalknochen verbinden, sondern vielmehr unter denselben fort- wachsen, so dass die letziern fast ganz frei auf und nicht mehr vor ihnen liegen. Die vollkommenste Bestätigung der Idee von Carus gewährt aber die Untersuchung des Fötus und ganz junger Thiere. Herr Prof. J. Müller hatte Gele- genheit diese mehrfach zu machen, sowohl bei seinem Auf- enthalte in Paris im Jahre 1831, wie später an Exemplaren des hiesigen Museums, und veröffentlichte dieses bei Gelegen- heit seiner kritischen Untersuchung des Hautskelets (Vgl. Anat. der Myxinoiden p. 64.). Derselbe erlaubte mir, seine Abbil- dungen über diesen Gegenstand nebst den dazu gehörigen Prä- paraten des anatomischen Museums zur Ausarbeitung meiner Inauguraldissertation zu benutzen, welche jedoch nicht weiter verbreitet worden ist. Wir werden jetzt die einzelnen Punkte dieser Beobach- tungen durchgehn, und sehen, wie auf der einen Seite eine geistreiche Idee dureh die Erfahrung ihre vollkommene Bestä- tigung erhält, während auf der andern Seite das kunstvolle Gebäude einer sogenannten philosophischen Anatomie zusam- menstürzt. 19° 292 Betrachtet man den senkrechten Durchschnitt der Wirbel- säule einer jungen Chelonia Cauana (Tab. XIV. Fig. 5.), so erkennt man leicht die zu unterst liegenden Wirbelkörper mit ihren grossen Knochenzellen (55); über ihnen liegen alterni- rend ihre Bogentheile (cc) und der durchschnittene Wirbel- canal, von oben durch die sehr kurzen, nur an den Halswir- wirbeln etwas längeren Processus spinosi (dd) geschlossen. Somit wäre nun die knöcherne Wirbelsäule ganz ‘wie bei je- dem andern Wirbelthiere. Nun kommt aber noch eine neue Reihe von Knochen (a!—a'?) hinzu, welche sich an die Pro- cessus spinosi anschliesst, und zugleich die mittlere Reihe der Schilder des Rückenpanzers bildet. Diese nun wurden für eine blosse Abplattung und Ausbreitung der Dornfortsätze selbst erklärt °), indem man sich auf ein ähnliches Verhalten beim Krokodil und den Halswirbeln des Menschen berief. Die Schwierigkeit, welche die auch bei dem erwachsenen Thiere vollkommen getrennten Theile, nämlich das 1ste und die 3 letzten Stücke, für eine solche Erklärung herbeiführten, wurde dadurch beseitigt, dass man annahm, sie hätten sich erst spä- ter von den Dornfortsätzen getrennt. Dass hier aber keine spätere Trennung stalt findet, sondern dass man es mit einer Verwachsung ursprünglich verschiedener Theile zu thun habe, sieht man deutlich, wenn man diejenigen Stellen betrachtet, welche bei diesem jungen Thiere noch von einander abstehen (a!°—a”), während man sie bei ältern ‚Exemplaren stets vereinigt findet. Ausserdem ist auch die gleichmässig feinzel- lige Struclur dieser Hautknochen ganz verschieden von den Wirbeltheilen, welche eine deutliche Unterscheidung zwischen einer festen Rinden- und einer schwammigen Marksubstanz zulassen. Geht nun hieraus hervor, dass diese Reihe von Knochen nicht zum innern Skelet gehöre, so folgt dasselbe f *) Cuvier, recherches sur les oss, foss. Tom V. p. 198. — J. Wagler, Natürl. System der Amph. 1830. p. 212. 293 für. die Randknochen, weil das erste und letzte Glied jener Reihe auch zu diesen letzteren gehört. Schon aus dem Vorhergehenden liess sich vermuthen, dass die für blosse Erweiterungen der Rippen gehaltenen Theile nicht so einfacher Natur seien, als man hiebei' voraussetzte. Cuvier u. A. nahmen nämlich an,‘ dass das Vertebralende der. Rippen doppelt sei, indem das eine, das an der innern Seite sichtbare Capitulum sich an. die Wirbelkörper setze, das andere dagegen dem Tuberculum costae der höhern Thiere entspräche. und sich als solches mit den erweiterten Bogen- theilen der Wirbel (den mittleren Rückenschildern) verbinde. Wie wir aber gesehen haben, gehören diese Schilder gar nicht zur ‘Wirbelsäule, mithin lässt sich auch jener. Theil der Rip- pen, der sich mit ihnen verbindet, nicht mehr als Tuberculum costae betrachten. — Im einfachsten ‘Zustande erscheint das Skelet einer jungen Sphargis coriacea des Berliner Museums, welches so präparirt ist, dass die Theile noch an der umge- benden dieken Haut festhaften. Hier zeigt sich der nur aus einem Knochen bestehende Rückenschild noch in sehr gerin- ger Ausdehnung und ganz gelrennt gerade über dem Anhef- tungspunkte der Scapula, welche sich hier nicht unter, son- dern über der Wirbelsäule befestigt *). Die Wirbel erscheinen hier mit ihren unbedecklen Dornfortsätzen, und jederseits ge- hen 8 lange, schmale Rippen ab, welche, in ihrem ganzen Verlaufe ungefähr gleich breit (1—1;“‘), nirgends unter ein- ander zusammenhängen, und nur ein einfaches Vertebralende, das sogenannte Capitulum, besitzen, während das andere Ver- tebralende fehlt, was nicht gut möglich wäre, wenn es dem Tubereugım costae entspräche. ! Die Schildkröten haben aber wirklich einen dem Tuber- eulum costae analogen Theil, nur muss man es nicht in den Theilen suchen, welche man früher. dafür gehalten hat. Un- *) Ein neuer Beweis, wenn es noeh eines solchen bedürfte, dass dieser Knochen wirklich die Scapula sei! 294 tersuchen wir nämlich genauer die Verbindung des sogenann ten Rippenköpfchens, so finden wir, dass es sich nicht allein mit je zwei *) Wirbelkörpern, sondern auch mit dem entspre- chenden Wirbelbogen verbindet; offenbar ist also das Capitu- lum und Tubereulum costae der höhern Thiere in diesem Theile des Schildkrötenskelets vereinigt. Dass aber die breiten Rippen aus der Verwachsung der- selben mit den Hautknochen entstehen, kann man an Längs- durchschnitten, wie z. B. bei der Chelonia Cauana, sehr deut- lich sehen, indem man hier an der verschiedenen Substanz die Grenzen der Rippen und der Hautknochen leicht erkennt. Man sieht hier, wie die wahre Rippe den mittlern untern Theil einnimmt, ohne sich irgendwo auszubreiten, während die Hautknochen sich über und an die Seiten der Rippe an- kleben, sich erweitern und einander nähern, worauf sich spä- ter an ihrer Vereinigungsstelle Nähte bilden. Man kann selbst bei ziemlich grossen Thieren zuweilen mit dem Messer kleine Theile des Hautskelets absprengen, so dass die Rippe unver- letzt, wie der Kern aus seiner Hülle, zam Vorschein kommt. Sehr deutlich sieht man die Ossification der knorplichen Grund- lage des Hautskelets an einer jungen Chelonia (Fig. 6. ee.); man kaun hier bemerken, wie dieselbe theilweise an Stellen entsteht, wo die Rippen zu beiden Seiten ganz entfernt liegen. Ebenso schön bemerkt man die Ossification der Hautknochen über den Rippen in der Abbildung einer jungen Dosenschild- kröte (Fig. 7. 2.), welche Hr. Dr. Henle im Jahre 1831 in Paris für den Hrn. Prof. Müller verfertigte. Man beobachtet auch hier, wie die Ossifieationen, zwischen den Rippen fortschrei- tend, die einzelnen Rippenhautknochen vereinigen (Fig. 7. e.). Bemerkenswerth ist es, dass bei den Schildkröten mit ganz verwachsener Schale (ohne Nähte), die wahren Rippen *) Bei den Schildkröten mit verwachsener Schale, wie die Emys europaea, sind die lelzten Rippen nur mit Einem Wirbelkörper ver- bunden. 295 im hohen Alter fast ganz resorbirt werden, so dass dann an- statt der dicken Rippenköpfe ganz zarte Knochenzweigelchen von der Wirbelsäule an den Panzer gehen; ebenso hängt die Wirbelsäule auch oben nur durch sehr feine Lamellen mit den mittleren Rückenschildern zusammen. Bei den Seeschildkröten dagegen, z. B. bei der Gattung Chelonia, wo die einzelnen Hautknochen niemals verwachsen, und wo daher eine fort- währende Unterstützung der Wandungen nöthig ist, findet man stets eine zunehmende Ausbildung der Rippen, so dass bei ihnen die deutlichste Unterscheidung des innern und äussern Skelets im Fötus und im hohen Alter möglich ist. Auf dieselbe Weise nun, wie es vom Rückenschilde nach- gewiesen ist, bildet sich das Brustschild dieser merkwürdigen Thierklasse durch Verwachsung des innern mit dem Haut- skelet. In der Regel ist hier das Hautskelet in eben so viele Stücke zerfalleu, wie das Sternum selbst. In ihrer Zahl sehr abweichend findet man dieselben bei den Trionyx, wo sie zur Unterscheidung der einzelnen Species benutzt sind. —s. Erklärung der Kupfertafel. Tab. XIV. Fig. 5. Senkrechter.Längendurchschnitt der Wir- belsäule einer jungen Chelonia Cauana. a'— a!?, mittlere Reihe der Hautknochen des Rückenschildes; 55, Wirbelkörper; cc, Annular- theile derselben; dd, Dornlortsätze. Fig. 6. BRückenschild einer jungen Chelonia von der innern Seite. a, Randknochen; 5, Rippen; 5‘, Wirbelende derselben; ce, Wirbel- körper; d, ihre Ringtheile; e, Rippenhautknochen. Fig. 7. Rückenschild und Wirbelsäule einer jungen Dosenschild- kröte. Dieselbe Bezeichnung wie Fig. 6. Ueber die Bewegungen von Radius und Ulna am ‚Vogelflügel. Von Dr. BERGMANN in Göttingen. Beim Präpariren einiger vordern Extremitäten von Vögeln habe ich vor einiger Zeit eine Bemerkung über den Mecha- nismus des Ellenbogen- und Vorderarmhandgelenkes gemacht, welcher in den Werken"über vergleichende Anatomie von Meckel und Cuvier, in der Anatomie der Vögel von Tie- demann und in dem Handbuche von R. Wagner nicht be- schrieben worden ist, obgleich die Formen der Knochen, aus welchen derselbe sich ergiebt, bis auf einen kleinen Umstand, genau angegeben sind. Derselbe ist aber so eigenthümlich, dass jene Autoren, wenn sie ihn erkannt hätlen, gewiss dar- auf aufmerksam gemacht haben würden. Aus einer Stelle im 3, Thle. der Recherches sur les ossem. foss. scheint mir aber hervorzugehen, dass Cuvier die Bewegungsweise der Vorder- armknochen, welche aus den Formen und Verhältnissen der ihnen angehörigen Gelenkflächen des Humerus hervorgeht, miss- verstanden hat. Indem er aus diesen Gelenkflächen, nämlich daraus, dass die dem Radius bestimmte weiter auf die Vor- derfläche des Humerus hinaufgreift, schliesst, dass die Bewe- gung des Vorderarms nicht in einer auf die Vorderfläche des 297 Humerus perpendieulairen Ebene statt finde, setzt er voraus: 4) dass eine und dieselbe Axe durch beide Gelenkrollen. des Humerus hindurchgehe; dass daher 2) um diese, nun. nicht rechtwinklig die Längsaxe des Humerus schneidende Axe eine gleiche Bewegung beider Vorderarmknochen statt finde. Da- gegen glaube ich aus den im Folgenden anzuführenden Grün- den 4) dass die Axen der beiden Gelenkrollen des Humerus verschieden sind, dass daher 2) die beiden Knochen des Vor- derarms bei der Flexion und Extension sich an einander ver- schieben müssen, und dass 3) wenn die Axe des Gelenkkopfes für die Ulna wenig oder gar nicht (wie es mir zu sein scheint) von'einer gegen die Längsaxe des Humerus rechtwinkligen, mit seiner vordern und hintern Fläche aber parallelen Richtung abweicht, die Fläche, in welcher sich der Vorderarm bewegt, gegen Cuyier’s Ausspruch allerdings senkrecht auf die Vor- derfläche des Humerus gerichtet ist, indem die Bewegung des Vorderarms als Ganzen nur. von der Bewegung der Ulna abhängt. Eine Schwierigkeit für die Erkenntniss dieser Verhältnisse lag gewiss darin, dass an dem äussern Kopfe des Humerus sich der Radius zugleich mit einem seitlichen Fortsatze der Ulna einlenkt, so dass dieser Fortsatz der Ulna den hintern, die Endfläche des Radius den vordern Theil.der Gelenkhöhle für die Gelenkfläche des Humerus bildet. Beachtet man aber in der Natur die Art, wie:die beiden von den Vorderarmknochen hier gelieferten Gelenkflächen sich gegen einander verhalten, so sieht man die Möglichkeit der Verschiebung ein. Die Fläche des seitlichen Fortsatzes der Ulna schliesst nämlich mit ihrem vordern Rande nicht an den Humerus, sondern ist so abgerundet, dass ein spitzwiukliger, nach vorn geöffneter Raum übrig bleibt, in welehen der Ra- dius mit. dem hintern scharfen Rande seines obern Endes hin- eintritt, wenn derselbe, was bei der Extension der Fall ist, sich im Verhältniss zur Ulna nach hinten schiebt. Man wird sich davon leicht an einem frisch präparirten, von allen Mus- 298 keln befreiten, mit den Gelenkbändern aber versehenen Vogel- Nügel überzeugen, und wird dann bemerken, dass die hintere Fläche des Radius, wo sie am obern Ende mit der Endfläche zusammen jenen scharfen Rand bildet, ebenfalls als Gelenkfläche zu betrachten sei, welche sich bei dem eben genannten Rück- wärtsbewegen des Radius auf jenen abgerundeten vordern Rand des seitlichen Ulnarfortsatzes schiebt, so dass der Radius wie ein Keil zwischen den zwei Flächen steckt. — Sind die ge- genseitigen Bewegungen der Knochen auf diese Weise aufge- fasst, so wird auch die Function eines Bandes deutlich, wel- ches vom äussern hintern Winkel der Endfläche des Radius ausgeht, von da nach hinten und innen in einem Bogen läuft, welcher durch den äussern und hintern Rand der Gelenkfläche jenes seitlichen Ulnarfortsatzes bestimmt wird, und sich an die Ulna setzt, wo dieser Rand an das Hauptstück des Ulnar- kopfes übergeht. Dieses Band liegt auf dem Rande, also (we- nigstens nach hinten) zwischen demselben und der Gelenkfläche des Humerus, eben so wie nach vorn der scharfe Rand des Radius dazwischen tritt. Geschieht nun letzteres vorzugsweise bei der Extension, so ist ersteres (das Hineintreten des Ban- des zwischen die Gelenkflächen) bei der Flexion der Fall. Dadurch wird mit der complieirten Bewegung doch Festigkeit in jeder Lage verbunden. Dass die Verschiebung beider Vorderarmknochen an ein- ander in der Längsrichtung nun erfolgen müsse, geht, wie schon oben gesagt, daraus hervor, dass die Axen, um welche dieselben laufen, wenn man sich die eine derselben in der Richtung nach der andern hin verlängert denkt, sich nicht in einer geraden Linie vereinigen lassen, sondern neben einander (ob ganz parallel, wage ich nicht zu bestimmen) verlaufen. Das Verhältniss wird, wenn man die Knochen zur Hand hat, leicht deutlich, wenn man die Ulna fixirt und den Humerus Fle- xions- und Fxtensionsbewegungen gegen dieselbe machen lässt. Die Axe, um welche sich dann der Humerus dreht, ist dieselbe, 299 um welche sich sonst die Ulna bewegt, wenn der Humerus ruht. Bei beiden Bewegungen befindet sich die Axe im Zustande der Ruhe. Fiele die Axe für die Bewegungen des Radius mit der andern zusammen, so müsste sie ebenfalls ruhen, wenn die andere ruht. Statt dessen sieht man aber, wie sie bei je- der Flexion des Humerus in der Richtung nach dem Carpus sich vorschiebt, bei jeder Extension sich zurückzieht. Daraus folgen entsprechende Bewegungen des Radius. Diese Bewegungen erreichen ihren Zweck durch ihre Wir- kung auf den Carpus; und die Einlenkungsweise des Carpus am Antibrachium ist gänzlich unverständlich, so lange man nicht diese Bewegungen kennt. Denn diese Einlenkung ge- schieht durch zwei abgesonderte Gelenke, welche, wie man schon lange erkannt hat, einer eigentlichen Flexion und Extension unfähig sind, und nur Ab- und Adduction zulassen; diese wird aber nur vermittelst der Verschiebung von Ulna und Radius aneinander in der Längsrichtung möglich, weil ohne eine sol- che zwei feste Punkte in der Ebene liegen würden, in wel- cher die Bewegung geschehen soll, zwei feste Punkte aber eine Bewegung unmöglich machen, wenn sie nicht in der Axe liegen. Am leichtesten wird dieses Verhältniss verständlich, wenn man einen der beiden Vorderarmknochen als fixirt be- trachtet. Jede Bewegung des Carpus um den Gelenkkopf der Ulna zieht nothwendig den Radius nach sich, oder schiebt ihn gegen den Humerus hin. Da vermuthlich bei verschiedenen Arten des Fluges die Ausbildung dieser Beweglichkeit im Verhältniss zur Beweg- barkeit des Metacarpus am Carpus variiren wird, wäre es wünschenswerth, Beobachtungen, vielleicht besonders Verglei- chungen solcher Flügel, welche (wie bei Raubvögeln) zum Schweben gebraucht werden, und anderer, welche mehr einem behenden, in schnell veränderten Richtungen geschehenden Fluge dienen, anzustellen, wozu mir die Gelegenheit bis jetzt fehlte. 300 Der Carpus hat durch diese Einrichtung, ohne unbeweg- lich zu sein, doch. in jeder Stellung. eine bedeutende’ Festig- keit. Ausserdem gehört die Einrichtung zu den am Vogel- körper mehrfach angewandten, durch ‚welehe Muskeln von einem dem Centrum, gravitatis nähern Punkte aus. auf. ent- ferntere Theile wirken können, Notiz, die sogenannten Samenmaschinen des Octopus betreffend. Von Dr. Puırıppr. (Hierzu Taf. XV.) Die Kenntniss, die wir bis jetzt von der Zeugung der Ce- phalopoden haben, ist noch ziemlich mangelhaft, und es sei mir daher vergönnt, eine diesen Gegenstand betreffende Beob- achtung, so wie ich sie gemacht, hier mitzutheilen, um so mehr da es nicht immer in der Willkür steht, dieselbe zu wie- derholen und zu verfolgen, bis man zu einer klaren Ansicht darüber gelangt. Es sind nämlich die Männchen der Tinten- fische selten, und ihr Verhältniss zu den Weibchen beträgt nach Delle Chiaje (s. dessen Memorie vol. IV. p. 97.) eins zu zwanzig, bei Argonauta gar 1:34. Da nun die Ge- schlechtstheile verschiedene Entwickelungsperioden zeigen, so gehört eine schr grosse Menge von Thieren dazu, um diese Entwickelung von Anfang bis zn Ende verfolgen zu können, und hieraus erklären sich zum Theil wohl die verschiedenen Angaben der Beobachter, und das möge mich auch entschuldi- gen, wenn ich nur ein abgerissenes Factum vorlege. Da die Structur der Geschlechtstheile bei den Cephalo- poden von der Art ist, dass ein gegenseitiges Ineinanderdrin- gen derselben bei der Begaltung nicht wohl möglich ist, 302 so scheint die Natur den hieraus entspringenden Nachtheilen durch eine höchst eigenthümliche Bildung in den männlichen Geschlechtstheilen abgeholfen zu haben, von der mir bei an- dern Thieren nichts Aehnliches bekannt ist. Es sind dies die bekannten Samenmaschinen. Ich werde in möglichster Kürze und Vollständigkeit erst dasjenige vorausschicken, was über diesen Gegenstand von Cuvier und Denys Montfort gesagt ist, die einzigen Schriftsteller, die ich hier über diesen Ge- genstand zu Raihe ziehen kann, und von denen der Letztere nicht bloss die Beobachtungen seiner Vorgänger angiebt, son- dern auch durch eigene vervollständigt hat; der Leser wird hierdurch in den Stand gesetzt, sogleich zu beurtheilen, was an meinen Beobachtungen neu oder abweichend, und was schon bekannt und nur bestätigend ist. Cuvier scheint diese Or- gane in einer sehr frühen Periode ihrer Entwickelung beob- achtet zu haben, und sagt darüber in seinem Memoire sur Yanatomie du poulpe p. 33.: „Der musculöse Sack enthält die berühmten Filamente, Maschinen oder Thierchen, die Need- ham entdeckt hat, und die Einige für parasitische Wesen, Andere dagegen für Organe halten, die wesentlich zur Lebens- öconomie der Cephalopoden gehören. Ihr erster Anschein zeigt sie als 6—8 Linien lange Fäden, die parallel und schr regel- mässig an einander gedrängt sind. Es giebt ihrer drei oder vier Reihen über einander vom Grunde des Sackes bis zu sei- ner Oeflnung, und sie werden in dieser Lage durch eine spi- ralförmige Falte der Haut des Sackes erhalten, aber ohne im geringsten an dessen Wänden fest zu sitzen. Lange Zeit nach dem Tode haben sie noch das Vermögen zu platzen, und sich in verschiedenen Richtungen zu bewegen, sobald man sie an- feuchtet.“ b Ausführlicher spricht hierüber Denys Montfort in seiner hist. nat. gen. et part. des Moll. vol. I. p. 288.: „Man kann die ganze Substanz des Hoden in einen langen Saamenstrang entwirren ... . der von einem weissen Saamen erfüllt ist, der besonders gegen das Ende von tausenden von Fäden 303 wimmelt, die die Aufmerksamkeit von Swammerdam, Need- ham, Buffon, Bonnet verdient haben. Ich werde das Re- sultat ihrer Versuche wiedergeben, die ich wiederholt habe, und die mich dasselbe haben sehen lassen. — Swammerdam hatte mit blossem Auge bei der Zergliederung der Sepia kleine, weisse, sehr zarte Fädchen gesehn, die sich von selbst an der Oefinung des ausführenden Ganges zeigten (also mehr ent- wickelt als sie Cuvier sah) .... und wollte nicht entschei- den ob es parasitische oder zur Zeugung nothwendige Körper wären. Darauf fand Needham dieselben Körperchen in den Samengefässen von Loligo; aber die Gestalt der Fädchen des Kalmar, wenngleich denen der Sepia sehr ähnlich, ist nicht genau die gleiche, und ein anderer sehr merkwürdiger Unter- schied ist, dass Needham, der zu Lissabon beobachtete, sie nur im Januar in den Kalmar fand, während er den ganzen Sommer hindurch nichts der Art hatte entdecken können, und dass im Gegentheil Swammerdam im Mai in Holland die nämliehe Sepia in der Höhe der Zeugungskraft fand.“ „Diese Fädchen sind vollkommen weiss, an beiden Enden durchsichtig, und wimmeln in der Samenflüssigkeit, sie sind etwas gebogen, vollkommen rund, hinten frei, und enden vorn (ieh würde die Benennung vorn und hinten umgekehrt ge- brauchen) mit einem zarten Faden, der sie unter einander zu einem Knäul verbindet; dieser Faden ist zwei Mal so lang wie das Körperchen, und an der Luft wird er hart und fest wie der Faden des Seidenwurms, und bekommt eine gewisse Zä- higkeit. Wenn man aber diese Körper in ein Gefäss mit Was- ser wirft und einige Zeit darin lässt, so fangen sie bald an sich zu winden und zu bewegen, sie platzen hinten und zu- weilen auch vorn, und augenblicklich tritt die weisse Materie, welche in der Mitte enthalten ist, heraus, indem sie sich spi- ralförmig aufrollt, ohne dass die Scheide, die sie verlassen hat, sich darauf schliesst. — Untersucht man diesen schlangenför- migen Körper mit der Loupe, so sicht man deutlich Artieula- tionen oder Ringe in seiner ganzen Länge. Lässt man sie län- 304 gere Zeit im Wasser, so verlieren sie ihre Gestalt, ‘werden breiter und dehnen sich aus ....... — Bringt man die Fädchen unter das Mikroskop, so sieht: man, dass sie an ihrem hintern Theil durchsichtig sind, als wenn sie eine Luftblase enthielten (die Figur zeigt nichts einer Luftblase Aehnliches, auch ist D. M.’s Meinung wohl nicht gewesen, es sei eine wirkliche Luftblase darin); darauf kommt die weisse Substanz, die den dritten Theil einnimmt, und die man heraustreten gesehen hat; nach vorn werden sie wieder durchsichtig, lassen die Faden hereintreten, die immer 2 bis 3 Windungen machen, und aus- sen hervortreten, um sich an andere Körperchen, die sie um- geben, zu befestigen und mit ihnen zu verbinden.“ Man sieht Needham an der Existenz der Samenthier- chen zweifeln, sobald er diese Körperchen im Samen des Kalmars gefunden hatte, und er scheint alle Infusions- nnd Samenthierchen nur für Maschinen, denen des Kalmars ana- log, ansehn zu wollen, weil diese ihm nicht vollkommen mit thierischem Leben begabt erschienen waren. — Buf- fon wiederholte die Versuche der Holländischen Beobachter .... er bemerkt, dass Needham die Beobachtung kleiner Kügelchen versäumt hat, welche in der Mitte der serösen Flüssigkeit schwammen, die im Innern des Körperchens ent- halten ist. Diese von Needham vernachlässigten Kügelchen könnten leicht, wie Buffon meint, die wahren Saamenthier- chen des Kalmar sein; ich habe sie in voller Bewegung in der klebrigen Flüssigkeit gesehn, welche die beiden Enden der Körperchen durchsichtig macht, und in der serösen Saamen- flüssigkeit, die den mittlern Theil des Saamenstranges einnimmt. Die Körperchen trieben, als ich sie in laues Wasser geworfen hatte. ihren spiralförmigen Faden heraus, und das Wasser er- füllte sich ganz mit Thierchen. Ihre Gestalt zeigte einen ab- gerundeten Kopf, der, der Zusammenziehung fähig, zuweilen die Form eines spitzen Kleeblatts- annimmt; ihr Schwanz ist sehr verlängert, bewegt sich wellenförmig, wenn das Thier schwimmt, und da dies in allen Richtungen geschieht, so kann 305 man sich nicht täuschen, wenn man es den andern Samen- thierchen gleich stellt.“ Vergeblich habe ich in Delle Dhassea Abhandlung über die Anatomie der Cephalopoden Aufschluss über den fragli- chen Gegenstand gesucht. Das einzige, was er hierüber sagt, ist Folgendes: (Memorie etc. vol. IV. p.99.) „Im Innern die- ser Organe (bezieht sich auf sämmtliche männliche Ge- schlechtstheile) existiren immer Entozoen, wie schon p. 53. gesagt ist, und schon Swammerdam schrieb zu seiner Zeit: albi quidem styluli, qui extra vas deferens testiculi propen- dentes in Sepia cernebantur.“ Pag. 53. ist aber nur von ei- nem Seolex bilobatus die Rede, der in grosser Menge in dem Eierleiter der Sepia officinalis und der Loligo sepiola vor- komme, welcher doch wahrlich kein Vas deferens ist. Ferner sagt er p. 54. bei Gelegenheit seines Monostoma Octopodis, den er auch in den weiblichen Geschlechtstheilen des Octo- pus ruber oder macropus gefunden hat: „Ich habe den ge- gründeten Verdacht, dass die berühmten Aale des Needham, von denen Cuvier Mem. cit. p. 33. (ist die oben von mir an- gegebene Stelle) auf eine hinreichend präeise Weise spricht, und die das Ansehen von weissen Filamenten haben sollen, die Entozoen sind, von denen hier die Rede ist.“ Es geht hieraus ganz klar hervor, dass Delle Chiaje den Gegenstand, worüber er spricht, nicht recht gekannt hat. Sein Mono- stoma Octopodis, welchen er tab. 55. f. 8. höchst roh abbildet, und p.54. ungenügend beschreibt, ist übrigens wahrscheinlich der sogleich unten zu beschreibende und von mir fig. 1. ab- gebildete Körper, der allerdings leicht in die weiblichen Ge- schlechistheile gerathen kann, während sein Scolex bilobatus, so weit aus der Beschreibung und Figur geschlossen werden kann, ein wirklicher Eingeweidewurm ist. Den 24sten Sept. Nachmitlags bekam ich einen Octopus Aldrovandi, und bemerkte ziemlich spät in dem Wasser, wo- rin ich denselben hielt, Körperchen, die ich erst für Würmer hielt, aber bald für die sogenannten Samenmaschinen_ er- 20 306 kannte. Das eine, s. fig. 1., war ein 26“ langer, vorn beinahı 2“ dieker, vollkommen cylindrischer, hinten allmählig ver- dünnter Körper. Das vordere, abgerundete Ende und das hintere Drittheil waren vollkommen durchsichtig, der mittlere Theil enthielt einen milchweissen, vielfach aber unregelmässig und nicht spiralförmig gewundenen Faden oder Schlauch 2. Im hintern durchsichtigen Theil erkannte ich deutlich die gleich in der Folge beschriebene Maschine, a. Es war milt- lerweile dunkel geworden, und ich musste die weitere Unter- suchung auf den folgenden Morgen verschieben, indem ich den Körper im Meerwasser liegen liess. Als ich ihn aber den an- dern Tag vornehmen wollte, war er zerplatzt, und ich fand nichts als einen Klumpen Sperma. Dieser Körper ist offen- bar derselbe, welchen Denys Montfort, 1. c. T. 4. fig. 3., von der Sepia abgebildet hat, s. fig. 8.. und unterscheidet sich von demselben nur unwesentlich, indem er hinten schmaler wird, und indem der weisse Faden oder Schlauch nicht spi- ralförmig gewunden ist. Auch habe ich an demselben keine Gliederung bemerkt. Den hintern Theil hat Denys Mont- fort nicht erkannt, man sieht aber selbst an seiner etwas ro- hen Figur sehr deutlich, dass hier noch ein besonderes Organ steckt, das er nicht gesehen hat, s. fig. 8 a, vermuthlich, weil es noch wenig entwickelt war. Mein Körper endete ebenfalls mit einem Faden, allein dieser schien mir aussen befestigt und drang bestimmt nicht in das Innere ein. Das im hintern Theil des erwähnten Körpers steckende Organ, oder Maschine, oder wie man sonst will, fand ich stärker entwickelt und in verschiedenen Stufen ebenfalls frei im Wasser und zwar in fünffacher Zahl. Alle hatten an der hintern Spitze einen platten Faden, der unter dem Mikroskop durehaus keine Struktur zeigt, und aus einem erhärteten Se- kret, wie ein Spinnen- oder Raupen-Faden zu bestehen scheint. Er gabelte sich zuweilen, und 3 Stück waren mit demselben in einen Knoten verschlungen, der zum Theil aus einem flok- kigen Gewebe, dem Anschein nach Sperma mit etwas Tinte 307 aus dem Tintenbeutel befleckt, bestand, s. fig. 2. An diesen Fäden hing ein dieker Körper, der bei allen fünf Exemplaren dieselbe Gestalt zeigte, und einen Rüssel, einen kugelförmigen Kopf, einen Leib und einen Schwanz unterscheiden liess. Der dünne Rüssel endet vorn mit einer Spitze; und geht hinten plötzlich in den vollkommen kugelförmigen Kopf über; auf diesen folgt ein mässig dicker eylindrischer Theil der hinten wieder mit einer mehr oder weniger starken Anschwellung endet. Diese ist durch eine starke Einschnürung von dem Schwanz geschieden, der anfangs ein wenig verdickt ist, aber dann allmählig und mit einer etwas angeschwollenen Spitze endigt. Diese ist in einer durchsichtigen, gallertartigen, ey- lindrischen, nach vorn allmählig weiter werdenden Hülse be- festigt, welche etwa bis zur halben Länge des Körpers reicht und hier abgerissen ist, s. fig. 3.; sie ist die äussere Hülle des oben beschriebenen Körpers, die in einem früheren Stadium ausser dem oben erwähnten Organ oder Mäschinchen noch den vreissen Faden enthält, den Denys Montfort und an- dere allein darin gekannt haben. Die Dimensionen dieses meines Wissens von mir zuerst beobachteten Wesens sind bei dem grössten und am vollkommensten entwickelten folgende: Gesammte Länge 17’, Länge des Schwanzes 8“, des Kör- pers und Kopfes 14‘, des Rüssels 14“; Dicke des Kopfes 14, des Leibes 1‘, des Schwanzes +— +". Die Struktur ist sehr wunderbar, Der Rüssel und der ganze Körper zeigt eine spiralförmig gewundene Reihe von Zähnchen, die schwach gebogen, lang, schmal und nach hinten gerichtet sind. Am Rüssel zähle ich 10 bis 12, am Kopfe 8—10, am Leibe bis zur hintern Anschwellung 13 Windungen, die ziemlich ent- fernt von einander stehen, Jn der hintern Anschwellung stehen diese Zähne weit dichter und scheinen eine ganz an- dere Gestalt zu haben, nämlich ganz breit; kurz und vielzäh- nig zu sein. Im Schwanz haben sie das Ansehen eines spi- ralföormig gewundenen, sich mit den Rändern berührenden Bandes, s. fig. 5. Bei dem grossen, dabei milchweissen und 20* 308 undurchsichtigen Körperchen waren die Zähnchen am Rüssel, Kopf und Körper blos und freistehend, und schon mit unbe- wafinetem Auge leicht zu erkennen, bei den kleineren dage- gen noch in eine dünne durchsichtige Haut eingeschlossen, die jedoch die Stacheln darunter ganz deutlich erkennen liess. Der Schwanz zeigt nicht bei allen die gleiche Struktur, was wahrscheinlich vom verschiedenen Entwickelungsstadium der Körperchen abhängt. Bei einigen sieht man offenbar im In- nern ein spiralförmig gewundenes sich mit den Rändern be- rührendes Band, s. fig. 5., das in der Mitte gezähnt ist; ein andermal scheint der innere Theil mit lauter unregelmässigen Zähnen und Zacken besetzt, s. fig. 6., und oft scheinen die spiralförmigen Streifen an der innern Wand der äussern Haut festzusitzen, s. fig. 5. Was nun den Inhalt der eben beschriebenen Körperchen anbetrifft, ‚so enthielten die kleinern sämmtlich eine wasser- helle, vollkommen durchsichtige Flüssigkeit, denn wenn ich erst die obere Fläche derselben im Brennpunkt des Mikros- kops gehabt hatte, und dann die untere Fläche in denselben brachte, so konnte ich auf das deutlichste an dieser die Zähne sehen in umgekehrter Stellung und in den Zwischenlagen er- schien keine Spur von einem Organ. Das grösste, weisse und undurchsichtige Körperchen dagegen enthielt eine dickliche, milchweisse Flüssigkeit, die bei 240 und 820maliger Vergrös- serung aus kleinen linearischen, geraden oder doch nur schwach gebogenen Körperchen bestand, welche sogar bei der letzteren Vergrösserung kaum einen sichtbaren Durchmesser bekamen. Ich kann nicht anstehen, dieselben für Samen- thierchen anzusprechen, da sie denen vollkommen gleichen, die ich in dem Samen der Actinien und Aplysien finde, doch kann ich mir darüber kein bestimmtes Urtheil erlauben, weil ich mich mit dem Studium der Samenthierchen früher gar nicht beschäftigt habe, und hier keine einzige der in neuerer Zeit darüber erschienenen Arbeiten nachsehen kann. Ich be- merke nur noch, dass ich an (diesen Körperchen keine Bewe- 309 gung wahrgenommen habe, und dass ein Tropfen Alkohol die ergossene Flüssigkeit in eine zusammenhängende Masse ver- wandelte, was, wenn mein Gedächtniss mich nicht trügl, von Berzelius als ein Kennzeichen des Sperma angegeben wird. — Der Ausführungsgang ist ein äusserst feiner ein paar Mal lim und her gewundener Kanal, der die Spitze des Rüssels Jurchbohrt, s. fig. 4a. Ich glaube, es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, dass die beschriebenen Körper keine Eingeweidewürmer noch überhaupt selbstständige Thiere sind, man muss sie offenbar für blosse, höchst wunderbar und zweckmässig organisirte, ei- genthümliche Samenbehälter oder Maschinen erklären. Ge- langen sie in die weiblichen Geschlechtstheile, so ist es ihnen nicht allein wegen der nach rückwärts gekelirten Haken un- möglich sich wieder nach aussen zu bewegen, sondern die spiralförmige Stellung der Haken giebt ihnen eine ganz be- stimmte Bewegung nach vorn. Unstreitig entleeren sie ihren Inhalt in der Nähe der Ovarien, ob dieses aber rein mecha- nisch durch ein Zerdrücken und Zerplatzen geschieht, oder auf eine organische Weise durch den oben beschriebenen Aus- führungsgang in Folge des Reizes der weiblichen Geschlechts- theile mag wohl schwer zu entscheiden sein. Die Entwik- kelung dieser Saamenmaschinen zu verfolgen, wäre gewiss sehr der Mühe werth. Offenbar entstehen sie sämmtlich in dem Anfangs beschriebenen Schlauch, der wahrscheinlich aus- ser der Maschine allemal noch einen vielfach hin und her geschlungenen mit Sperma erfüllten Kanal enthält: anfangs sind die Saamenmaschinen nur mit einer durchsichtigen was- serhellen Flüssigkeit angefüllt, und eine äussere Haut, die erst später platzt, verhüllt ihre Haken. Wie gelangt das Sperma in sie hinein; etwa durch Aufsaugung vermittelst der Oeffnung im Rüssel? Dies scheint mir am wahrscheinlich- sten. Doch ich will das Feld der Hypothesen verlassen, und wünsche, dass die wenigen Beobachtungen, die der Zufall mich machen liess, geschicktere Beobachter veranlassen mögen, 310 das dunkle und doch so höchst interessante Feld ‘der Zeu- gung der Cephalopoden weiter zu untersuchen und aufzu- hellen. Erklärung der Kupfertafel, Taf. XV. Fig. 4. Ein Schlauch vom Octopus Aldrovandi Delle Ch. in natürlicher Grösse; er enthält im vordern Theil einen weissen unregelmässig aufgewundenen Faden 5, und ein unentwickel- tes Samenmaschinchen a. — Fig. 2a, ein ähnlicher aber leerer Schlauch; 5, ein Samenmaschinchen mit durchsichtigem Inhalt; ec, ein solches stark entwickelt und Sperma enthaltend, mit einander verbun- den. — Fig. 3. Ein mässig entwickeltes Samenmaschinchen 4mal vergrössert. — Fig. 4. Der Kopf von dem Fig. 2c gezeichneten Samenmaschinchen 15mal vergrössert; a, der Auslührungsgang, 5 ein Stück der äussern Haut. — Fig. 5. Ein Stück aus dem Schwanz 45mal vergrössert. — Fig. 6. Ein Stück aus dem Schwanz eines andern Individuums 60mal vergrössert. — Fig. 7. Mehrere Sa- menschläuche der Sepia officinalis in natürlicher Grösse. — Fig. 8. ein solcher Schlauch vergrössert; a, die eigentliche Samenmaschine (dieDenys Montfort nicht erwähnt); 6, der mit Sperma angefüllte Faden, ressort en boudin ou spirale. — Fig. 9. Dieser letzte aus seiner Scheide befreit. — Fig. 10. Samenthierchen der Sepia. — Die Figuren 7,8, 9 und 40 end Copien von Denys Montfort I.c. tab-4.. — Fig. 11. Sperma des Gap Aldrovandi 520mal ver- grössert. Untersuchungen über den Hirn- und. Schädelbau der sogenanu- ten Hollenhühner. Von Dı. E. Hacenwacu aus Basel. (Hierzu. Taf. XVI. u. XVII) Unter den zahlreichen Spiel- oder Abarten der höheren Thierklassen bieten die sogenannlen Hollenhühner ein ganz eigenthümliches Verhältniss dar. Während nämlich sonst die charaelerislischen Merkmale, welche die Spielart als solche be- zeichnen, sich meistens nur auf Abweichungen in der Grösse und Gestalt des Körpers und in der Färbung der äusseren Bedeckungen oder auf sonslige ausserwesentliche Zugaben be- ziehen, so ist bei den genannten Hühnern. diese Abweichung im Centralorgan des Nervensystems, im Gehirn. begrün- det, Alle ächlen Hollenhühner bieten nämlich ausser dem ei- genthümlichen Federbusche, den sie auf ihrem Kople tragen, eine deutlich hervorstehende Erhabenheit am Schädel dar, welche in Folge einer Missbildung des Gehirns zu entstehen pflegt. — Ich habe mich bemüht, die Art und Weise «dieses anatomischen Verhältnisses, besonders auch in Bezug auf die Entwickelung der betheiliglen Organe näher zu untersuchen, und erlaube mir hier die Hauptresullate dieser Untersuchungen 312 milzutheilen. — Doch vorerst schien es mir zweckmässig, zur Vervollständigung des Gegenstandes einige naturhistorische No- tizen vorauszuschicken. Was man in der deutschen Sprache „Hollenhühner“ (bei uns in der Volkssprache „Kobelhühner“) nennt, wird in den naturhistorischen Werken als eine besondere Spielart unter dem Namen Phasianus ceristatus, Gallus eristatus (coq huppe) aufgeführt. Das Charakteristische dieser Abart besteht nämlich in einem grossen, beinahe kugelförmig zusammenge- ballten Federbusche, welcher sich vom Scheitel erhebt und nach allen Richtungen, besonders aber nach den beiden Seiten, strotzend herabhängt. Er ist bei den ächten Hollenhühnern, welche aus England stammen sollen, und daher auch hie und da als englische Hühner bezeichnet werden, von ausgezeich- neter Grösse, so dass der ganze Kopf unter dieser Federhaube wie versleckt erscheint. Der Wuchs desselben nimmt oft so bedeutend zu, dass man ihn an den Rändern abstutzen muss, um den dadurch bedeckten Augen freien Spielraum zu ver- schaflen. Dieser Theil ist nicht selten anders gefärbt als der übrige Körper, oft von enigegengesetzler Farbe, so dass mau weisse Hollenhühner mit schwarzer Holle, und schwarze mit weisser besitzt, eine Eigenthümlichkeit, worauf die Hühner- liebhaber einen grossen Werth legen, wie denn überhaupt die englischen Hühner wegen ihres Kopfschmuckes in den Hühner- höfen gerne gehalten werden. Der englische Hahn besitzt ebenso wie die Henne einen Federbusch, doch ist dieser mei- stens aus schr schmalen und stracks nach oben und hinten ver- laufenden Federn zusammengeselzt, von welchen die letzteren oft bis zu dem Halse herunterreichen, während die Federn beim Huhne kürzer, fast keilförmig gestaltet sind, und vom Scheitel aus, wie von einem Centrum nach allen Richtungen divergiren. Die meisten Hollenhühner haben einen sehr unentwickel- ten Kamm, und es steht wirklich die Grösse des letzteren im umgekehrten Verhältnisse zur Grösse des Federbusches, so 313 dass also ein Theil auf Kosten des andern sich zu entwickeln scheint, was auch Buffon *) andeutet, indem er sagt: „Le cogq huppe ne differe du coq commun que par une toufle de plumes, qui s’eleve sur sa tete et il a ordinairement la crete plus pelite: vraisemblablement parceque la nourriture au lieu d’etre portee toute A la crete, est en partie employce a Vac- eroissement des plumes.“ — Der Kamm besteht nämlich hier gewöhnlich aus zwei am Rande mehrfach eingeschnittenen Läppchen; oft verschmelzen diese aber zu zwei fast kaum sichtbaren zugespitzten Fleischwärzchen, und verschwinden in seltenen Fällen gänzlich. Beim Hahne ist der Kamm eiwas abweichend gestaltet; er bietet zwei conisch zugespitzte Fleisch- lappen dar, welche in die Höhe gerichtet sind und je nach dem Alter und der Grösse des Individuums bald grösser, bald kleiner sind. (Siehe Fig. I., II. und III.) Bei mehreren Hol- lenhühnern fand ich an der Stelle, wo der Kamm hervorwächst, unter den allgemeinen Bedeckungen einen fibrös-häutigen, bald mehr oval, bald rundlich gestalteten Sack, welcher mit den unterliegenden Theilen nur durch Zellgewebe verbunden war, und eine gallertartige Flüssigkeit zu enthalten schien. Ob die- ses Gebilde in einem näheren genetischen Zusammenhange mit dem Kamme stehe, muss ich einstweilen dahin gestellt sein lassen **). Es giebt nun auch Hühner, welche, ohne das Gepräge eines ächten Hollenhuhnes an sich zu tragen, einen bald grös- seren, bald kleineren, hinter dem Kamme aufgeworfenen Fe- derbüschel tragen. Diese sind aus einem Gemische von eng- lischen und gewöhnlichen Hühnerracen hervorgegangen, und somit als ausgeartele Hollenhühner zu betrachten. In wie weit diese Bastardbildung für unsre Untersuchungen Interesse Jdarbieten, wird sich dann später zeigen. *) Histoire naturelle des oiseaux. T. II. Berne 1792. p. 129.. **) Ich wurde auf diesen Theil erst am Ende meiner Untersu- chungen näher aufmerksam, und hatte bis jetzt keine Gelegenheit mehr, denselben noch einmal genau zu untersuchen. 314 Um bei einer Brut durchgehends ächte Hollenhühner zu erhalten, ist ein Hollenhahn erforderlich. Wird den Hollen- hühnern ein gewöhnlicher Hahn, oder gewöhnlichen Hühnern ein. Hollenhahn beigesellt, so giebt es theils wirkliche Hol- lenhühner, theils ganz glatiköpfige, iheils mit einem nur schwa- chen Büschel versehene Hühner, welche sich in ihrem übrigen Habitus mehr den gewöhnlichen Hühnern annähern. Die Hollenhühner sind gewöhnlich grösser und überhaupt stattlicher als ‚die gemeinen Hühner; auch legen sie meistens grössere Eier, doch sollen sie nicht so häufig legen als diese. Nach diesen einleitenden allgemeinen Bemerkungen wollen wir nun zu unserm eigentlichen Gegenstande zurückkehren. Dass die meisten englischen Hühner mit einer starken Er- habenheit auf dem Schädel versehen sind, ist schon vielfach, nicht nur von Naturforschern, sondern auch von Laien beob- achtet worden; die Sache ist in der That zu auffallend, als dass sie auch einem nur oberflächlichen Beobachter entgehen könnte. Auch haben mehrere Anatomen bemerkt, dass; das Hivn ‚in Folge dieser Erhabenheit anders beschaflen sei, doch ist, so viel mir bewusst, über die Bedeutung dieser eigen- thümlichen Verbildung noch nichts Näheres bekannt. — Bo- rellus *) soll der erste gewesen sein, welcher überhaupt diese Abnormität erwähnt hat: „Felem bieipitem eliam servo ut et eranium gallinae, cui quasi aliud eranium informe adhaeret;* in diesen Worten liegt seine ganze Beschreibung. Etwas ge- nauer wird sie von Stobäus**) und Sandifort*°*) angegeben. Eısterer bemerkt über das von ihm untersuchte Hollenhuhn *) Petri Borelli Historiarum et Observationum medico - physi- ‚carum Centuriae IV. Francofurti. 1670. — Centuria 2. p. 157. *) Hilaei Stobaei, M. D. Phil. nat, prof. Lund. observatio de exostosi mira in cranio Gallinae crislatae. in: Act. literar. et scien- tiar. Sueciae anni 1730. p. 53. ***) Muscum analomiecum academiae Lugduno-Batavae, descript. ab Ed. Sandifort. Vol. 4. Lugd. Bat. 1793. — Series VII, Mon- sira. XLIl. p. 306. 315 Folgendes: „Erat autem hace (gallina) exotica, pennis nigris albisque elegantissime disposilis et mislis, alque insuper crisla supra modum ingenti in capile, ex plumis discoloribus super- biens; quae cum saepius in die verligine corriperelur et post aliquot corporis in gyrum eircumagilationes in terram epi- leptica concideret, mactata fuit. Omnia autem naturaliler se in illa habuerunt praeier caput; namque cranium, procul dubio a pondere tanti oneris in omnes partes tendenlis successive fuit dilatatum et elevatum in tuber rotundum, novum gemina- iumque cranium, ipsi vero magniludine non impar, sed carie hine inde perforatum fingens.“ — Sandifort’s Beschreibung lautetso: „Caput osseum gallinae communis monstrosum, quod Clar. Medico Veneto Aglietli debeo, cum subsequente descri- ptione.“ Os frontale, singulari modo expansum, ita confor- matum est, ut ab oceipite allius exsurgat in tuber hemisphae- ricum, in cujus anteriore parte hine inde a.linea ossea (quae a summilale hemisphaeriei praedicti in apophysin nasalem fron- talis ejusdem terminatur eique continua est) duobus amplis ovalibus foraminibus pertusum est, Limbus osseus, ‘qui fora- mina haee duas eirciter lineas lata et tres longa eircumambit, inaequalis hine inde est et paryis osseis prominenliis asper. — Auch Pallas gedenkt dieser Abnormilät in seineu_spici- legüis Zoologieis *) mit folgenden Worten: „At quibus (gal- livis) largior e verlice pluma enascitur, iis quidem bregmata jam insolito modo tumere incipiunt. Olla nempe_ cranii superne in testam hemisphaericam, varis foraminulis per- tusam et quasi e carie anliqua 'sanatam_ dilatata esse solet, quae, quo major, eo foraminulenlior magisque exesa esl, Ce- rebrum praeler morem luxurians hujus testae omnem cavitaleın explet. Foramina aulem et defectus ejusdem solum exlus pe- rieranium firmat et oceludit. Am ausführlichsten handelt Blumenbach über diesen Gegenstand in seiner Abhandlung über die mannigfachen Ver- *) Tom I. fasc. IV. p. 20 sq. 316 irrungen des Bildungstriebes *). Hier folgt seine Beschreibung: „At enimvero et easdem quas diximus vires in ossium figu- raliones agentes in ea quoque nisus formativi aberratione obser- vare licet, qua primitiva animantium stemmata in constantes et hereditarias varietates degenerant. Instar omnium ex his no- minare liceat memorabilem sane varietatem gallinarum dome- sticarum, quae crista verlicali plumosa densissima et inde pen- dente tubere bullato syneipitis insigniuntur. Postquam enim numerosa capita earum et variae «uidem aetatis anatomico sub- jeei cultro et curate invicem comparavi, deprehendisse mili videor causam mirae hujus deformationis principem in arcla transversali structura integumentorum capilis positam esse, qua quidem calvariae regio eidem subjeeta adco a normali suo in. cremento et quasi evolutione retinetur et impeditur, ut ipsum quoque cerebrum eo loco, quo cerebellum attingit arete con- siringatur, ila ut antrorsum pressum sursumque elevatum cal- variae anteriorem partem in osseam bullam hine inde pro ra- tione voluminis foraminulis diversimodo retusam, inflet quasi, oceipitalis vero ejus pars ob minus cerebelli incrementum de- pressa magis appareat; ipsa autem calvaria mire ita inflata te- nuior multo condat ac in aliis gallinis solet, quas quidem tam utriusque cerebri quam craniorum differentias binae icones longitudinalem et verticalem sectionem recentium binorum ca- pitum, altera nempe vulgaris gallinae (tab. I. Fig. 3.), altera vero varietatis de qua agimus cristatae (tab. I. Fig. 2.) lucu- lenter visendas exhibent.* — — Auch Bechstein *) macht einige Bemerkungen über diese Verbildung, doch sind sie gröss- tentheils eine Wiederholung dessen, was Pallas bereits be- merkt hat. Ebenso erwähnen dieselbe auch die neueren Zoo- *) J. Fried. Blumenbachii de anomalis et vitiosis quibusdam nisus formativi aberrationibus commentatio reeitata d. XI. Jul. 1812. p- 19. — in: Commentationes socielatis regiae scient. Gött. recen- tiores classis plysicae Vol. II. ad a. 1811— 13. **) Ockenom. Naturgeschichte. 3. Bd. 2. Abth. p. 1284. 317 tomen, wie Tiedemann, Otto u. s. w., ohne jedoch näher in den Gegenstand einzutreten. Die meisten Schriftsteller irren darin, dass sie diesen Kno. chenhügel von einer Auftreibung der Scheitelbeine herlei- ten, während dieselbe einzig und allein den Stirnbeinen angehört. — Betrachten wir die Schädelknochen bei einem frisch ausgebrüteten Hollenhühnchen, so sehen wir offenbar, dass hier nicht nur eine mangelhafte Ossification, sondern auch eine Abweichung in der Stellung dieser Knochen zu den übri- gen Theilen des Schädels stattfindet, welche zunächst in einer Hervorwucherung des Gehirns ihren Grund hat. Es liesse sich überhaupt eine so bedeutende Abweichung in der Gestalt des Schädels ohne gleichzeitige Formveränderung des Gehirns gar nicht denken, da die Bildung des ersteren sich genau an die des letzteren anschliesst. — Bei den Hollenhühnern ragen nänı- lich die Stirnbeine, statt mit den übrigen Kopfknochen eine Fläche darzustellen, in einer fast senkrechten Richtung in die Höhe, und lassen im Fötus-Zustande und einige Zeit nach der Geburt nach oben und vorn eine bald grössere, bald kleinere Lücke übrig, welche durch die Dura mater einerseits, und durch das Periosteum andererseits ausgefüllt wird. Erst nach und nach erscheinen dann in dieser durch das Gehirn sack- arlig hervorgelriebenen Membran einzelne Verknöcherungs- punkte, welche sich immer mehr an einander anschliessen und zuletzt einen knöchernen Hügel darstellen, der jedoch immer noch kleinere oder grössere Lücken enthält, so dass dieser Theil wie von-Caries angefressen aussieht (vgl. Fig. IV.). Nur selten geschieht es, dass er in seinem ganzen Umfange verknöchert. — Dieser Knochenhügel bietet nun rücksichtlich seiner Grösse und Ausdehnung sehr mannigfache Abstufungen dar; bald ist es mehr eine flachere Erhabenheit, bald eine stark hervorgetriebene, vom übrigen Schädel deutlich abgegrenzte Knochenblase, je nachdem eben das betreffende Huhn in einem schwächeren oder stärkeren Grade die Merkmale der ächten 318 Race an sich trägt. — Diese abnorme Schädelbildung ist nun nicht nur bei der Henne, sondern auch beim Hahne bemerk- bar, doch schien mir dieselbe bei ersterer immer deutliche ausgebildet. Die erwähnte Abweichung in der Construction der Stirn- beine wirkt nun auch auf die Bildung der vordern Fläche des Schädels zurück. Da nämlich die vorderen Fortsätze dieser Knochen bei den Hollenhühnern merklich breiter sind als bei den gewöhnlichen Hühnern, so gewinnt nun auch das Dach der Augenhöhle und der ganze Gesichtstheil (wenn ich mich so ausdrücken darf) zuschends an Breite *), was bei einem auch nur flüchtigen Vergleiche zwischen dem Sehädel eines normal gebildeten Huhnes und dem eines Hollenhuhnes in die Augen springt. Im Durchschnitt sind auch bei jenen die Thrä- nenbeine stärker ausgebildet, und stehen mehr seitwätts ab. — Besonders ist noch zu erwähnen, dass die nach hinten ver- laufenden schmalen Fortsätze der Zwischenkieferknochen knor- pelicht bleiben, während sie beim gemeinen Huhne schon im neugebornen Zustande fast ganz verknöchert sind. Die Ober- kieferbeine sind gewöhnlich unebener und nicht so fein aus- gewirkt, als beim gemeinen Huhne; überhaupt ist der ganze vordere Theil des Schädels massiver gebaut: — Der hintere Theil des Schädels zeichnet sich dadurch aus, dass er viel stärker von beiden Seiten zusammengedrückt ist, besonders ist die hinter der Grube für den Schläfenmuskel befindliche Ge- gend viel stärker eingedrückt. Auch ist die ganze Oberfläche unebener als beim normal beschaffenen Huhne. Wir haben bereits früher von ausgearteten Hollenhühnern gesprochen, welche, ohne weiter das Gepräge eines englischen Huhnes an sich zu tragen, ihren Ursprung von jener Race durch einen schwachen Federbusch auf dem Scheitel zu er- kennen geben. Bei diesen seien wir dann auch am Schädel *) Ich besitze einen Schädel von einem Hollenhuhne, dessen Ge- sichistheil noch einmal so breit ist als beim gemeinen Hulhne. 319 eine schwache Andeutung von der eben beschriebenen Ver- bildung der Stirnbeine. Es bleiben die letzteren zwar in glei- cher Fläche mit den übrigen Kopfknochen, wie dies beim ge- meinen Huhne der Fall ist, allein sie zeigen in noch ganz jun- gen Individuen nach vorn, da wo sie in den Nasenfortsatz übergehen, eine bald grössere, bald kleinere Lücke in der Ver- knöcherung. Dass diese Lücke nicht eine natürliche Folge der noch nicht vollständig beendigten Ossification sei, lässt sich dadurch beweisen, dass sie an Stirnbeinen von glatiköpfigen, ebenfalls noch jungen Hühnern völlig mangelt. Wir dürfen aber, nach dem, was bereits früher bemerkt worden; nicht bei der Verbildung der Knochen stehen bleiben, sondern weiterhin dem Gehirn unsere Aufmerksamkeit schen- ken, wenn wir uns von der Bedeutung dieser Abnormität nä- her in Kenntniss setzen wollen. Dieses weicht nun offenbar in seiner Gestalt von dem normal gebauten Hühnergehirn auf mehrfache Weise ab, Es ist dasselbe erstens im Ganzen be- trachtet, länglicher und schmaler als das gewöhnliche Hirn. In Bezug auf die einzelnen Theile ist zu bemerken, dass die- selben mehr auseinander gerückt sind. Die Hemisphären sind merklich schmaler, und nelımen statt nach hinten, wie dies der normale Fall ist, nach vorn an Masse zu, jedoch so, dass diese mehr in die Höhe als in die Breite aufgetragen ist. Sie sind ferner bei weitem nicht so symmetrisch gebaut als beim gewöhnlichen Hühnerhirn. Oft ist die linke, bisweilen aber auch die rechte Hemisphäre grösser, und die eine gewöhnlich mehr nach vorn gerückt als die andere. Auch ist die Mittel- linie, welche zum Balken führt, selten gerade, sondern mehr oder weniger im Zickzack verlaufend. Während also das grosse Gehirn, von oben betrachtet, beim gewöhnlichen Huhne wie bei den meisten Vögeln die Gestalt eines Kartenherzens darbietet, dessen Spitze nach vorn gerichtet ist, stellt es beim Hollenhuline ein längliches Oval dar. Dadurch wird nun auch das Verhältniss zu den hinter den Hemisphären gelegenen Cor- poribus quadrigeminis (oder den Schhügeln, wie sie von eini- 320 gen Analomen bezeichnet werden, ein anderes. Beim normal gebildeten Hirn liegen nämlich die Hemisphären ihrer ganzen Breite nach hart an jenen Körpern, und überragen sie selbst zum Theil in etwas; beim Hollenhuhn berühren sie dieselben kaum mit ihrem schmal zulaufenden hintern Ende. — Was nun die Corpora quadrigemina selbst betrifft, so sind sie in ihrer normalen Gestalt eiwas von vorn nach hinten zusam- mengedrückt, und laufen nach innen, da wo'sie gegen einan- der convergiren, etwas zugespitzt aus. Beim Hollenhuhne sind sie elwas rundlicher, und wie mir schien. verhältnissmässig kleiner. Das kleine Gehirn ist im Durchschnitt plattgedrück- ter, etwas schmaler und ebenfalls kleiner als beim gemeinen Huhne. Bei der Betrachtung der Basis des Gehirns bemerken wir, dass die Corpora quadrigemina beim englischen Huhne durch einen schmaleren Zwischenraum von einander getrennt sind als bei der gewöhnlichen Hühnerrace, was mit der eben beschriebenen Conformation des Gehirns zusammenhängt. Fer- ner ist das Chiasma nervorum opticorum beim Hollenhuhne mehr hervorragend; auch schienen mir die Sehnerven etwas stärker entwickelt zu sein. Das Gehirn des Hollenhahnes fand ich ungefähr so be- schaffen wie das der Hollenhenne. Bei dem untersuchten Exemplare war die linke Hemisphäre stärker entwickelt als die rechte, und ragte um ein Gutes mehr nach vorn. Die Mittellinie verlief ebenfalls in einer gekrümmten Richtung. Die Hemisphären waren nach hinten zu nicht so slark zugespitzt, wie dies an dem Hirn eines Hollenhuhnes der Fall war, das ich mit demselben verglich. Als ich die Hirnhäute (welche nach hinten zu mit den Hemisphären immer etwas zu ver- schmelzen scheinen) gänzlich entfernt hatte, stellten sich die beiden vorderen Hirnmassen von den Corporibus quadrigeminis als völlig getrennt dar, so dass man einen deutlichen Zwi- schenraum zwischen diesen beiden Hirntheilen beobachten konnte. Die beiden Corpora quadrigemina fand ich wie beim Gehirn des Hollenhuhnes rundlicher gestaltet als beim Gehirn 321 des gemeinen Hulınes. Das ganze Gehirn war übrigens merk- lich grösser als beim Hollenhuhne. Aus der gegebenen Beschreibung erhellt, dass das Gehirn des Hollenhuhnes keineswegs so voluminös ist, wie cs beim ersten Anblick erscheint; denn was es nach oben und vorn an Masse gewinnt, verliert es wieder nach hinten. Allerdings ist dasselbe seinem Umfange und seinem Gewichte *) nach im Durchschnitt etwas grösser, als das des gewöhnlichen Huhnes, allein wenn wir die Verschiedenheit in der Grösse des ganzen Körpers beider Hühnerarten berücksichtigen, so hebt sich die- ser Unterschied so ziemlich wieder auf. (Vergl. über die Bil- dung des Gehirns bei beiden Hühnerarten. Fig. V— XII) Es braucht wohl kaum noch besonders erwähnt zu wer- den, dass nun auch die innere Construction des Schädels, der beschriebenen Anordnung der einzelnen Hirntheile entsprechend, beim Hollemlıuhne eine merkliche Abweichung darbiete. Die Schädelhöhle wird nämlich in zwei Höhlen abgegränzt, wovon die grössere von den Hemisphären, die kleinere von den Cor- poribus quadrigeminis und dem kleinen Gehirn eingenommen wird. Am deutlichsten lässt sich dies an jüngeren Hollenhüh- nern nachweisen, bei welchen die oben beschriebene Lücke in der Ossification nach deutlich vorhanden ist, von wo aus man die Schädelhöhle nach allen Richtungen überblicken kann. Während also beim gemeinen Huhne die Höhle für das grosse Gehirn sich mehr nach beiden Seiten ausdehnt, erstreckt sich dieselbe beim Hollenhuhne mehr nach oben und vorn. In die einzelne kleineren Abweichungen einzugehen, finde ich um so mehr für überflüssig, als dieselben aus der vorausgegange- nen Vergleichung des Hirns, dem sich nun der Schädel voll- kommen anpasst, leicht zu entnehmen sind. Was nun die übrigen anatomischen Verhältnisse bei dieser *) Wenn wir das mittlere Gewicht eines gewöhnlichen Hühner- birns zu 36 Gran annehmen, so beträgt das des Hollenhuhns unge- führ 42. Müller's Archir, 1830. 21 322 MHühner-Spielart betrifft, so konnte ich bis jetzt keine ander- weilige constante Abnormität an derselben entdecken. Das ganze Knochensystem bietet allerdings der stärkeren Entwik- kelung des ganzen Individuums entsprechend grössere und zu- gleich schlankere Formen dar; doch von wirklichen Verbil- dungen konnte ich nichts wahrnehmen. Heussinger beschreibt zwar in Meckel’s Archiv (Bd. II. 1. Abthlg. p. 546.) eine Hühnerart, welche den hier in Rede stehenden ziemlich nahe kommt, an deren Flügelknochen er ein abgesondertes Knö- chelehen beobachtet hat. Es befindet sich dasselbe am Spei- chenaste das Mittelhandknochens, und zwar an dessen oberem Ende und inneren Rande, da wo sich im normalen Zustande ein etwas zugespitzter Fortsatz befindet, der zur Inserlion eines stark abducirenden Muskels dient. Mir ist es aber nicht ge- lungen, an den von mir untersuchten Hühnern das Knöchel- chen wieder zu finden. Um jedoch über die Bedeutung *) dieser Abwei- chung mehr Aufschluss zu erhalten, glaubte ich besonders eine vergleichende Beobachtung im Fötus- Zustande anstellen zu müssen. Zu diesem Ende verschaffte ich mir Eier von Hollen- und gemeinen Hühnern, welche gleichzeitig bebrü- tet wurden, und bemühte mich, die Unterschiedsmomente im Bau des ganzen Schädels und Gehirns, namentlich aber des lelztern, so genau als möglich aufzufassen. Die Resultate dieser Untersuchungen sind nun folgende: Am 6ten Tage der Bebrütung zeigte sich schon ein merk- °) Obgleich nicht zu läugnen ist, dass Blumenbach, wie aus dessen angeführter Beschreibung und den beigefügten Zeichnungen her- vorgeht, diesen abnormen Zustand des Gehirns und Schädels schon deutlich gekannt hat, so scheint er mir denselben dennoch nicht be- friedigend zu erklären, wenn er sagt, dass derselbe ursprünglich in einer iransversalen Einschnürung der Kopfbedeckungen bestehe, in Folge welcher das Gehirn ebenfalls an der bezeichneten Stelle zusam- mengeschnürt werde. Zudem ist nicht wohl anzunehmen, dass der Zustand des Gehirns von dem Zustande der äussern Bedeckungen ab hängig sei, sondern wohl eher das Gegentheil. 323 licher Unterschied zwischen dem Embryo des Hollenhuhnes und dem des gemeinen Huhns. Der ganze Körper des erste- ren war merklich grösser, besonders aber der Kopf, nament- lich in der Richtung nach oben und vorn. Auch war das Auge verhältnissmässig slärker entwickelt. (Vgl. Fig. XIV. und XV.) Am 43ten Tage der Bebrütung erschien das Hollenhühn- chen ebenfalls schon im Ganzen entwickelter als das ge- meine Hühnchen. Auch waren die Ansätze der Federn schon in einem grösseren Umfange vorhanden, namentlich am Rük- ken, an der Wurzel der Flügel und da, wo sich später die Holle befindet (beim gemeinen Hühnchen war an der lelzte- ren Stelle noch gar kein Anflug von Federn sichtbar). Besonders deutlich seigte sich die Hervorragung oben am Kopfe (vgl. Fig. XVI. und XV). Die beiden Hemisphären des grossen Gehirns lagen als zwei schmale, parallel neben ein- ander liegende, nach hinten etwas zugespitzte Blasen da. Die Corpora quadrigemina waren länglichrund und deutlich von den Hemisphären gelrennt. Durch diese mehr auseinander gerückte Lage der genannten Theile wird nun der zwischen- liegende Raum viel beträchtlicher als beim gemeinen Hühn- chen, und stellt gleichsam eine besondere, mit Wasser ange- füllte Höhle dar, von welcher selbst nach der Geburt noch Spuren sichtbar sind. Beim gemeinen Hühnchen convergirten die Hemisphären nach vorn, und zeigten schon eine der herz- förmigen sich annähernde Gestalt. Der hintere Theil dersel- ben bedeckte schon in etwas die Corpora quadrigemina, wel- che mehr in die Breite gezogen waren als bei jenem. (Vgl. Fig. XVII. und XIX.) Am 2islen Tage der Bebrütung zeigte das Gehirn schon ziemlich die Gestalt, welche dasselbe im ausgewachsenen Zu- stande besitzt, nur war der Raum zwischen den Hemisphären und den Corporibus quadrigeminis zum Theil noch mit Wasser angefüllt. Fassen wir nun jm Zusammenhange mit dem oben be- 21° 324 schriebenen Entwickelungsgange noch einmal die mangelhafte Ossification des Schädels, die auseinander gerückle Lage der einzelnen Hirntheile, die mangelnde Symmetrie der beiden Hemisphären und den Rückstand von Flüssigkeit in dem oben bezeichnelen Raume näher ins Auge; so können wir nicht umhin, an eine Hemmungsbildung zu denken, wie sie Meckel bei mehreren Vorgängen im Organismus nachge- gewiesen; und als ein Stehenbleiben auf einer frühern Bil- -dungsstufe characterisirt hat, Wollen wir diese Hemmungs- bildung genauer definiren, se können wir sie, wie ich glaube, als einen sich der Hemicephalie ”) ammähernden Zustand ‘bezeichnen. Um den Salz, dass hier eine Hemmungsbildung vorhanden sei, näher zu beweisen, dürfen wir nur die Beob- achtungen über die Entwickelung des Gehirns im bebrüteten Vogelei anführen, zufolge welcher alle einzelnen Hirntheile wie im Hirn der Fische ‘hinter einander gestellt sind, ein Ver- “hältniss, wie es im Durchschrilt beim Gehirn des ausge- wachsenen Hollenhuhnes vorzukonmen pflegt. Tiedemann z. B. beschreibt in seiner Anatomie «der Vögel die Gestalt ‚des Gehirns am 7ten Tage der Bebrütung folgendermaassen: „An ‚em Ilirn lassen sich deutlich die schmalen, nach vorn liegen- nen Lappen des grossen Hivns erkennen, und das noch nicht mit Furchen verschene kleine Gehirn. Alle diese Theile sind moch nicht zusammengetreten wie im Hirn der erwachsenen Vögel, sondern sie sind der Länge nach auseinander gerückt, so dass das Gehirn viel Achnlichkeil mil einem Fischgehirn hat.“ Was mich besonders noch zur Annahme einer hemicepha- lischen Bildung bestimmte, ist der Umstand, dass mir während meiner Untersuchungen ein noch im Ei befindliches, aber so viel als ausgebrütetes Hollenhühnchen in die Hände kam, *) Dass hier nicht von einer ausgesprochenen Hemicephalie die Rede sein könne, beweist der blosse Anblick des Gehirns, dessen ein- zelne Theile wie am gewöhnlichen Hühnerbirn deutlich ausgebildet sind. Doch glaube ich, dass die ursprüngliche Tendenz der Natur zu einer hemicephalischen Bildung hier nieht zu verkennen sei, 325 'eiches sieh durch ein ganz frei zu Tage liegendes Gehirn auffallend auszeichnete, und aus welchem ich gleichsam die ursprüngliche Tendenz der Natur bei der Bildung der Hollen- hulinrace entnehmen zu können glaubte.‘ Eine genauere Be- schreibung dieser Missbildung wird die Sache noch mehr er- läutern. Das Hehirn lag bei diesem Thierchen, wie gesagt, ganz frei und unbedeckt auf der Basis des Schädels, so dass ich nicht nur die äussere Haut, sondern selbst die Dura maler und die Tunica arachnoidea vermisste. Die äussere Haut, an der schon deutlich die Federn emporkeimten, legte sich dicht um den Rand des Gehirns, ohne denselben an irgend einer Stelle zu überschreiten. Die Form des Gehirns war nun folgende: Nach vorn waren zwei Massen bemerkbar, welche den beiden Hemisphären des grossen Gehirns entsprachen, wovon jedoch die rechte bedeutend breiter und kürzer, war als die linke, so dass von. der herzförmigen Gestalt, welche sonst als die Grundform des grossen Gehirns der Vögel kann angesehen werden, nichts Analoges zu finden war. Winter den‘ (soge- nannten); Hemisphären lag eine breite, plallgedrückte Masse, an der sich hie und da feinere Einkerbungen zeiglen, und welche wahrscheinlich das kleine Gehirn, wiewohl an Gestalt demselben sehr unähnlich, erselzen solle. An. dem hintern Raude dieser Masse fand sich zu beiden Seiten ein Ausschnitt, welcher dureh eine- kleine rundliche Erhabenheit ausgefüllt war; vielleicht eine Andeulung der Vierhügel, welche an der Stelle, wo. sie sonst vorzukommen pflegen, gänzlieh fehlten Die Basis des Gehirns war slark coneav und keinesweges glalt wie die Oberfläche, sondern körnig und raulı, so, dass ich durchaus keine einzelnen Parlhieen oder Massen an derselben bemerken konnte. Ueber die innere Beschaffenheit. des. Gehirns kauı ich nichts Näheres anführen, da ieh dasselbe gerne in seiner Integrität aufbewahrle. An dem Schädel fehlen die Stirnbeine mit Ausnahme der Naseulforsälze, welche sich, hier weiler als gewöhnlich nach hinten erstrecken, so dass sie den 326 ganzen obern Rand der Augenhöhle bilden. Ferner mangeln die Scheitelbeine und das obere Mittelstück des Hinterhaupt- beins bis auf ein schmales Querbälkchen, welches nach oben das Foramen oceipitale schliessen hilft. Es liegt somit die Basis des Schädels mit den Felsentheilen der Schläfenbeine unbedeckt da. Ausserdem ist eine Abnormität in der Bil- dung des Unterschnabels zu bemerken, indem nämlich derselbe um mehrere Linien über den Oberschnabel hinausragt, eine Missbildung, welche auch bisweilen am Unterkiefer der Säuge- thiere beobachtet wird. Endlich ist bei demselben Individuum die hintere Zehe gedoppelt vorhanden. (Vgl. Fig. XX., XXL und XXIII.) Will man die oben beschriebene Monstrosität genauer elas- sifieiren, so scheint sie mir als Anencephalie oder Microce- phalie bezeichnet werden zu müssen, wie sie Meckeli in einer Reihenfolge eigener und fremder Beobachtungen beim mensch- lichen Fötus ausführlich beschrieben hat (vergl. dessen Hand- buch der pathologischen Anatomie, Tom f. p. 195— 260.). Sie reiht sich den wenigen Fällen (von menschlichen Mon- strositäten) an, wo das Gehirn bei völlig mangelndem Schädel- dach schon ziemlich ausgebildet war (besonders dem von Zwingger beschriebenen Falle) *), nur mit dem Unterschiede, dass in jenen Fällen die äusseren Hautdecken sammt der har- ten Hirnhaut vorhanden waren, während sie hier völlig fehl- ten, was bei den menschlichen Acephalen nur dann der Fall ist, wenn statt des Gehirns nichts als eine fleischähnliche Masse oder ein Convolut von Hydatiden, oder die verdickten Hirn- häute anzutreffen sind. Die Verlängerung des Unterschnabels lässt sich mit den anderen Abnormitäten, welche beim Men- schen nicht selten in Begleitung der Microcephalie vorkommen, wie z.B. der Hasenscharte oder dem Wolfsrachen, einigermas- sen zusammenstellen **). *) Vergl. im oben angeführten Werke p. 230. **) In Otto’s seltenen Beobachtungen zur Anatomie, Physiolo- gie und Pathologie gehörig (1tesHelt, Breslau, 1816) fiodet sich eine 327 Es kommt noch ein Umstand hinzu, der uns auch von einer andern Seile auf einen unvollkommnen und zum Theil krankhaften Zustand des Gehirns schliessen lässt. Es wird nämlich den Hollenhühnern nachgesagt, dass sie dumm und sehwächlich seien. Ob nun die gewöhnlichen Hühner sich durch besondere Geisteseigenschaften auszeichnen, will ich da- hin gestellt sein lassen; doch soviel ist gewiss, dass mehrere Schriftsteller ein fast blödsinniges Benehmen bei diesen Hüh- nern wollen beobachtet haben. Pallas *) z. B. sagt: „No tabile est, et ad confirmandam meam opinionem facit, quod Gallinae omnes hacce eranii praelernaturali conformatione vi- tiatae stupidae quasi el ineptae esse videantur nce longae- vae sint, omnesque per domeslicam vilam summopere cor- ruplae conslitutionis nolas prae se ferre soleant.*“ — Ebenso schliesst Blumenbach seine oben angegebene Beschreibung mit folgender Bemerkung: „Nolus vero celeroquin efleelus, quem gravis haee cerebri deformatio in animae facultates harum gallinarum exserit, ulpote' quas tanlum non semper elsi vario gradu stupidas et quasi dementes esse conslal.“ Auch Bech- stein **) bemerkt, dass die Hollenhühner, wenn sie auch nicht gerade dümmer seien als die gewöhnlichen Hühner, doch eine schwächlichere Organisation hätten. Niebt selten wird ferner beobachtet, dass diese Hühner apopleetischen und epileptischen Zufällen unterworfen ähnliche Beobachtung bei einem frisch ausgebrüteten Enichen aulze- zeichnet, allein in diesem Falle waren, ungeachtet das Hirn noch un- entwickelter war, als in dem von mir beschriebenen, die äussern Be- deckungen und die Dura mater dennoch vorhanden, wiewohl auch diese ihre krankhafte Beschaffenheit dadurch zu erkennen gaben, dass sie viel dünner waren als im normalen Zustände. ») Lie *)l. e.: Ich habe, sagt er, auch sogar einmal eine ‚schwarze Henne mit einem sehr grossen, weissen Tederbusche gehabt, welche verrückt war, den ganzen Tag ängstlich herumlief und zuweilen gar nicht mit der Heerde frass. Sie lebte in diesem Zustande 4 Jahre und war ein vortreflliches Legehuhn 2 328 sind. Stobaeus *) bemerkt z.B. von dem Hulıne, das er un- tersuchte, dass es öfter ‘des Tages von Schwindel befallen wurde, und endlich, nachdem es sich mehrere Male im Kreise herumbewegt habe, unter epileptischen Zufällen zu Boden ge- stürzt sei. Auch erfuhr ich von Hühnerliebhabern, dass diese Todesart bei den Hollenhühnern öfter vorkomme. Es ist mir daher nicht unwahrscheinlich, dass der unsichere Gang der- selben, welcher gewöhnlich dem Umstande zugeschrieben wird, dass der Federbusch die Augen verdeckt, mit eben so vielem Grunde von diesem krankhaften Zustande hergeleitet werden könne. So wie nun der apoplectische Tod bei diesen Ge- schöpfen als eine unmittelbare Folge der krankhaften Organi- sation ihres Hirns einzutreten scheint, so lassen sich auch bei denselben im lebenden Zustande ähnliche vorübergehende Af- fectionen künstlich erzeugen. “Ich brachte nämlich öfter einen bald stärkeren, bald schwächeren Druck auf den Schä- del dieser Thiere an, und nahm darauf ohnmachtähnliche oder auch asphyetische Zustände wahr, welche sich beim Nachlasse des Druekes nach einer kurzen Zeit wieder verloren. Ich habe diese Versuche nicht öfter wiederholt, da ich überhaupt solche Experimente ungern vornehme, doch erkannte ich dar- aus, wie sehr das Gehirn dieser Thiere durch die lückenhafte Ossification des Schädeldaches mechanischen Beschädigungen ausgesetzt ist, Es verdient ebenfalls Berücksichtigung, dass bei den Hol- lenhühnern ausser dem fehlerhaften Bau des Gehirns auch noch andere Abnormitäten vorkommen, deren gewöhnlich auch bei den menschlichen Hemicephalen beobachtet werden. Ausser der Verlängerung des Unterschenkels, von der wir schon oben ein Beispiel angeführt haben, kömmt auch die Kreuzung des Schnabels öfter vor; ebenso legen die Hollenhühner bisweilen ungewöhnlich grosse Eier *). Auch beobachtete ich unlängst 0; **) Ich besitze ein solches in meiner Sammlung, das die Grösse 329 an einem ächten englischen Huhne eine bedeutende Verschie- bung des Beckens und eine sehr starke Verkrümmung des Rückgrathes, so dass die ersten Rückenwirbel in einem fast rechten Winkel von den Beckenwirbeln abgehen. Ich will nun auf diese Beobachtungen weiter keinen besondern Werth legen, zumal da sie sehr vereinzelt dastchen, und nicht als ausschliesslich nur den Hollenhühnern eigenthümlich betrachtet werden können, doch glaubte ich die Aufmerksamkeit darauf hinlenken zu müssen, indem vielleicht reichere Erfahrungen von andern Beobachtern zur Aufklärung dieses Gegenstandes etwas mehr beitragen könnten. Ob nun endlich der Federbusch in einem näheren ge- netischen Zusammenhange mit der Abnormität des Gehirns und Schädels stehe, oder ob er bloss zum Schutze des zum Theil durehlöcherten Schädelgewölbes dienen solle, wage ich nicht zu entscheiden. Nicht ohne Bedeutung scheint mir übri- gens eine auf die Hemicephalie bezügliche Beobachtung von Meckel*) zu sein, welche so lautet: „Sehr merkwürdig ist die häufig vorkommende regelwidrige starke Entwicklung von Haaren an ungewohnten Stellen. So finde ich bei einigen von denen, welche ich vor mir habe, und gerade bei denen, wo der Hauptmangel am grössten ist, fast den ganzen Körper, besonders aber den Rücken, die Hüften und die obern Extre- mitäten, mit Haaren von 6 Linien bedeckt“ **). eines Gänseeis hat; das Huhn, von welchem es herrührt, starb in Folge des erschwerten Legens. *) Vergl. das angeführte Werk. **) Es scheint mir hier nicht gerade auf den Ort anzukommen, wo diese Haare, welchen ich bei unsern Hühnern die Federn als gleichbedeutend gegenüber stelle, hervorwachsen; und wenn auch Meckel nicht gerade von einem vermehrten Wachsthum der Haare auf dem Kopfe spricht, wie dies bei den Federn der Hollenhühner der Fall ist, so glaube ich dennoch eine Analogie zwischen dieser vermehrten Haarbildung beim Menschen und der Federhaube der Hol- lenhühner annehmen zu dürfen. Uebrigens ist es keine so seltne Er- scheinung, dass auch an andern Theilen der Hollenhühner ungewöhn- 330 Ob nun die ausgesprochene Ansicht über die Bedeulung der in diesem Aufsalz näher beschriebenen Verbildung die richlige sei, wage ich keineswegs zu entscheiden, und stelle sie der Beurtheilung scharfsinnigerer Beobachter anleim. So viel glaube ich jedoch behaupten zu dürfen, dass dieser Ge- genstand besonders von der Seite einer genaueren Berücksich- tigung werlh sei, dass hier ein abnormer Zustand, welcher in der übrigen Thierwelt nur als zufällig vorkommt, in einen stehenden, sich durch alle Generationen forterbenden Typus übergegangen ist, und dadurch zur Begründung einer besondern Spielart Veranlassung gegeben hat. Schliesslich bemerke ich noch, dass ich gewünscht hätte, den Zustand des Gehirns und Schädels auch bei andern mit Federbüschen verschendn Vögeln, wie z. B. bei Enten, Tau- ben u. s. w., genauer zu untersuchen, dass mir aber bis jelzt fast gar keine Gelegenheit sich dazu darbot. Nur einmal ge- lang es mir, einen Canarienvogel dieser Art zu untersuchen, bei dem ich aber durchaus nichts Abnormes am Schädel be- merken konnte. Uebrigens sehe ich diesen Gegenstand nicht als abgeschlossen an, sondern werde mich bemühen, densel- ben, so oft sich eine Gelegenheit dazu darbieten. wird, zu er- gänzen oder zu berichligen, und das Resultat meiner ferneren Untersuchung, falls es der Mühe werth sein sollte, in dieses Archiv niederlegen. Erklärung der Kupfertafeln. Taf. XVI. u. XV. Fig. 1. stellt den Kamm eines alten eng- lischen Hahnes in seinem vollkommen ausgebildeten Zustande dar. Fig. It. stellt denselben bei einem jüngeren Individuum dar, wo er sich in seiner Grösse und Gestalt mehr dem Kamme des englischen Huhnes annähert. Fig. III. ist die vordere Ansicht des letzteren. licher Weise Federn. vorkommen, wie es denn eine besondere Va- rielät giebt, welche bis an die Fusszehen befiedert ist. 331 Fig. IV. Der Schädel eines ächten englischen Huhnes, Fig, V. Das Gehirn eines Hollenhuhns in seiner natürlichen Lage im Schädel. Fig. VI. Das Gehirn eines gewöhnlichen Huhnes, ebenfalls in seiner natürlichen Lage im Schädel, zur Vergleichung beigefügt. Fig. VII. Längendurchsehnitt eines frischen Hollenhuhnkopfes, woran das Verhältniss des Gelirns zum Schädel von innen sicht- bar wird. Fig. VII. Dieselbe Ansicht beim gewöhlichen Huhne. Fig. IX. Ansicht des Gehirns des Hollenhuhnes von oben. Fig. X. Ansicht desselben von unten. Fiz. XI. Das Gehirn des gemeinen Huhns von oben betrachtet. Fig. XII. Das Gehirn des gemeinen Huhns von unten betrachtet. Fig. XIIL Seitliche Ansicht des Gehirns des Hollenhuhnes. Fig. XIV. Ein Hollenhühnchen vom 6ten Tage der Bebrütung. Fig. XV. Ein gemeines Hühnchen vom 6ten Tage der Be- ig. XVI. Der Kopf eines Hollenhühnchens vom 43 Tage der Bebrütung. Fig. XVII. Der Kopf eines gemeinen Hühnchens vom 13ten Tage der Bebrütung. Fig. XVII. Das Gehirn des oben bezeichneten Hollenhühnchens. Fig. XIX. Das Gehirn des oben bezeichneten gemeinen Hühn- chens, — beide von oben betrachtet. Die beiden seitlich gelagerten Theile sind die verhältnissmässig sehr stark entwickelten Augen. Fig. XX. Das misszestaltete Hollenhühnchen, wovon in der Beschreibung ausführlicher die Rede ist. Fig. XXI. Das Gehirn desselben von oben betrachtet. Fig. XXI. Das Gehirn eines frisch ausgebrüteten Hollenhühn- chens, zur Vergleichung beigefügt. XXI. Der Schädel des obigen Hühnchens. Fernerer Beitrag zur Kenntniss des Schneckenauges. Von D. A. Kronm. (Hierzu Taf. X. Fig. 6—8. Wenngleich die seither veröffenllichten Beobachlungen über das Auge der Schnecken zu einer für den physiologischen Be- darf hinreichenden Einsicht in den Bau desselben geführt ha- ben, so blieb es, bei der Voraussetzung möglicher Abweichun- -chungen von dem allgemeiuen Bildungsplane, ein ferneres Be- dürfniss für den Morphologen, die daraus zu entnehmenden Resultate an möglichst vielen Schneckengatiungen zu prüfen und zu vervollständigen. Solche Anforderungen entstanden in mir nach Beendigung meiner frühern Arbeiten über diesen Gegenstand (s. dies. Arch. Jahrg. 1837). Die durch günstige Umstände mir neuerlich zu Theil gewordenen Ergebnisse mö- gen sich an jene früher bekannt gemachten anschliessen. Die Augen von Murex, Aplysia, Cypraea, Rostellaria, Buceinum, Littorina sind ihrer Organisation nach denen der Paludina im Wesentlichen so ähnlich, dass die geringen Un- terschiede auf einer slärkern oder mindern Hervorhebung der Cornea, ihrer und der Pupille mehr kreisförmigen oder in die Länge gezogenen Conlouren, auf den gegenseiligen Raumver- 333 hältnissen der Medien u.s. w. beruhen. Im Uebrigen bewährt sich die Abgeschlossenheit des Bulbus von den ihm angränzen- den Umgebungen an der Anwesenheit einer äussern Augen- haut (Selerotica), gleichwie auch die Schnerven durchgängig von den Fühlernerven getrennt, mit der obern mehr oder weniger knotenreichen Portion des Schlundringes, oder dem sogenann- ten Kopf- oder Hirnknoten, unmittelbar zusammenhängen. Sehr eigenthümlich gestaltet sind dagegen die ansehnlich entwickelten Augen der Heteropoden, namentlich der Ptero- trocheen und Carinarien. Ihre Umrisse erinnern auf den er- sten Anblick an die des Eulenauges; jedoch fehlt bei näherer Betrachtung der hintern, den Glaskörper beherbergenden Ab- iheilung jene regelmässige Rundung, die dem mit einem das Licht concentrirenden Brechungspunete versehenen Auge im ganzen Thierreiehe eigen ist. Die Augen der Pterotracheen liegen gleich hinter den wenig ausgewirkten Fühlern, in das innere glasarlig durchsichtige Gewebe ihres Körpers eingesenkt. Sie erleben sich, indem sie die allgemeine musculöse Umhül- lung durchbrechen, gegen die Körperoberfläche, wo sie einen Ueberzug von der äussern weichern, ebenfalls diaphanen Haut » decke erhalten. Ehe aber leiztere sehr verdünnt sich über die Cornea schlägt, bildet sie um diese herum einen wallartigen Vorsprung, so dass die Augen kaum auf der Oberfläche her- vorragen. Trotz ihres bedeutenden Umfanges sind doch die sie zu- sammenselzenden Häute sehr zart. Die Cornea ist über die Maassen gewölbt, und nimmt nahe gegen die Hälfte des Bul- bus in Anspruch. Die äusserlich von der Sclerotica üherzo- gene grössere Abiheilung ist von dem Umkreise der Cornea bis an den Hintergrund, auf den der Sehnerve stösst, com- primirt, und zwar in der Weise, dass die hierdurch gebilde- deten, einander gegenüber stehenden Flächen, eine vordere und hintere, allmählig bis zur Berührung sich nähern. Doch scheinen beide Flächen ausserdem noch, nach dem innern aus- geschweiften Rande des Bulbus zu, ebenfalls gegen einander 334 geneigt, so dass der äussere Rand eine grössere Breite erlangt. Die ausgeschweifte Gestalt des innern Randes wird durch eine in Form eines Horns hervorgezogene Ausstülpung am innern Winkel der kielartig zugeschärften Augenbasis zu Wege ge- bracht. Die sphärische, sehr weiche, im Centrum etwas härtere Linse ist nur zum kleinsten Theil von der Choroidea (deren Endrand den sogenannten Pigmentgürtel bildet) um- fasst. Die von der Cornea gebildete Höhlung würde fast gänz- lich von der Linse ausgefüllt, wenn nicht zwischen beiden ein Zwischenraum übrig bliebe, den eine dem Glaskörper an Con- sistenz ähnliche und fest mit der Linse verbundene Substanz einnimmt. Sehr wahrscheinlich ist diesemnach die Linse völ- lig von dem Glaskörper eingehüllt. Die Form des letzteren entspricht natürlich der des Bulbus; er stellt nämlich einen Kegel mit dem Augengrunde zugekehrter verschmälerter Basis ar. Höchst beachtenswerth ist ferner, dass der Gefässhaut, die von einer braunen, aus polygonalen Zellen bestehenden Pigmentschicht überkleidet ist, die letztere an einzelnen Stel- len ganz abgeht. Auf jeder der Bulbusflächen nämlich findet sich an der Choroidea eine solche pigmentlose Stelle, in Ge- stalt eines Halbmondes ungefähr. Beide scharf umschrieben, gehen vermöge eines schmalen, ebenfalls von Pigment ent- blössten Streifens, der quer über den äussern Bulbusrand ver- läuft, in einander über. Durch diese durchsichtigen Stellen sicht man bei gewissen günstigen Stellungen die Medien leb- haft entgegenglänzen. Jeder Sehnerve entspringt aus dem re- specliven seitlichen, aus sechs Ganglien zusammengesetzten Kopfknoten. Er tritt in querer Richtung ans Auge und reicht hier bis an den äussern Winkel der Augenbasis, längs welcher er, eine leistenförmige Ausbreitung bildend, sich inserirt. Am Auge der Carinaria mediterran. scheint die hintere Fläche vertieft, während die vordere gewölbt hervortritt. Die Augenbasis ist an ilıren beiden Winkeln in kleine, nach hin- ten gekrümmte Hömer ausgezogen, und nur auf der hintern Fläche wurde eine ansehnliche dreieckige Pigmentlücke be- 339 merkt. ‘Der letztern hat bereits der verdienstvolle Delle Chiaje in seinen Memorie sulla storia e notomia degli animali senza vertebre. Vol. I. p. 215. erwähnt *). - In einem entschiedenen Gegensatze zu den oben beschrie- benen Augen der Heteropoden stehen in Bezug auf die Grösse die einiger von mir untersuchten Nacktkiemer, der Thetys und mehrerer Doriden, gleichwie zweier zu Cuvier’s Acera gehörenden Arten, der Bulla lignaria und Bullaea aperta. Sie scheinen hier, wenn man die Angaben des Herın Professors Ehrenberg vom seinem Hexabranchus ausnimmt, gänzlich über- schen worden zu sein; was zum Theil auf Rechnung ihrer Kleinheit fällt, grösstentheils aber nicht geahneten Lagerungs- verhältnissen und abweichenden Beziehungen zu den allgemei. nen Bedeckungen, zugeschrieben werden muss. Während näm- lich bei den meisten Schnecken die Augen der Körperober- fläche genähert, unmittelbar unter der Hautdecke und inner- halb der unter dieser ausgebreiteten Muskelhülle lagern, und mit ihnen eine feste, unverrückbare Verbindung eingehen, so findet man sie hingegen bei den oben genannten vollständig von ihnen abgelöst, und als mehr oder weniger gestielte ku- gelförmige Gebilde, dem Kopfknoten aufsitzend. Um ihrer *) Ich kann nicht umhin, die Aufmerksamkeit der Naturforscher auf zwei merkwürdige Gebilde zu lenken, die ich bei den beiden in Rede stehenden Molluskengattungen antraf, und die vielleicht künftig- hin für die Nachweisung eines Hörorgans von Gewicht sein möchten. Es sind nämlich zwei kugelrunde, kleine, tief in der innern Körper- substanz und hinter den Augen gelagerte, und jedes verwiltelst eines ziemlich langen, starken Nerven mit dem Kopfknoten zusammenhän- gende Organe, Sie bestehen aus einer äussern, weichen, dünnen Hülle, welche einen krystallhellen, sphärischen, grossen Kern einschliesst. Der Kern lässt sich leicht berausspülen, ist steinhart und zeigt auf Queerdurchschnitten eine concentrische Schichtung. Er entliält koh- lensauren Kalk, wie man bei Anwendung von Säuren erlährt, worin er sich unter starker Luftentwickelung und mit Zurücklassung eines geringen organischen Veberbleibsels vollständig und in kurzer Zeit suflöst, 336 ansichtig zu werden, ist kein Mittel zweckmässiger, als die Thiere von der Sohle aus zu öffnen, den Kopfknoten nach Durchschneidung aller aus ihm hervorkommenden Nerven her- auszuheben, und seine obere Fläche zu untersuchen. Man ge- wahrt alsdann bei Thetys jederseits einen kleinen schwarzen Punkt, der, mit der Loupe oder dem Mikroskop betrachtet, unverkennbare Merkmale eines Sehorgans an sich trägt. Vor allen Dingen fällt die glänzende, sphärische Linse sogleich in die Augen, und so überzeugt man sich ferner, dass der mit einer äussern Bekleidung (Sclerotica und Cornea) versehene Bul- bus seine Lage auf der den Kopfknoten umhüllenden Scheide hat. Ein sehr kurzer Sehnerve scheint ihn mit dem letztern zu verbinden. Da nun die Muskelschicht der allgemeinen Um- hüllungen bei Thetys überall eine so ansehnliche Dicke hat, dass der Hirnknoten tief im Innern verborgen liegt, so ist das Sehen wohl nur unter der Bedingung möglich, dass die Augen während einer sehr starken Expansion des obern Mantellap- pens, durch die Maschen des vielfach verstrickten Fasergewe- bes hindurch, gegen die fast transparente Haut gedrängt, und ihr bis zur Berührung nahe gebracht werden. Nach Delle Chiaje’s mündlicher Versicherung, dem wir die erste Kennt- niss der oben berührten merkwürdigen Verhältnisse verdanken, und welcher sie an Thetys und den Doriden nachgewiesen hat (s. 1. c. Vol. II. p. 122. und 145.), schimmern die Augen auch in der That bei sehr lebenskräftigen Thieren häufig durch die ausgespannte Hautdecke hindurch. Die Augen der Doriden sind verhältnissmässig grösser als die der Thetys, auch scheinen ihre Sehnerven nur kurz, so dass sie als nicht sichtlich gestielte Knöpfe, über dem Kopf- knoten hervorragen. Deutlich gestielt zeigt sich das Auge der Bulla und Bullaca, indem die Sehnerven stärker aus der Hirn- knotenhülle hervortreten. Nach den oben mitgetheilten Beobachtungen ist also die Vermuthung wohl erlaubt, dass die Zahl der übrigen noch 337 jetzt fär augenlos geltenden Gattungen durch das Ergebniss künftiger Untersuchungen zusammenschmelzen werde. Erklärung der Kupfertafel. Das Auge der Pterotrachea ist in den Figuren in einer 8- bis 40maligen Vergrösserung dargestellt. Tat. X. Fig. 6. a Cornea, umgeben von der wallarligen Er- hebung der Haut 52, ce Linse. d Zwischenraum zwischen ihr und der Cornea, wahrscheinlich von der vordersten Portion des Glaskör- pers ausgefüllt. e Endrand der Choroidea (Pigmentgürtel). / horn- förmiger Vorsprung des innern Winkels der Augenbasis. & Sehnerve mit der leistenförmigen Ausbreitung A längs der Augenbasis. Fig. 7. Die aus dem Auge herausgelösten Medien, um die wahr- scheinlich stattfindende Einhüllung der Linse durch den Glaskörper zu zeigen. - Fig.8. Eine mehr schematisch gehaltene Seitenansicht des Bulbus, um darzustellen, wie er von seiner vordern Hälfte aus gsgen die Basis allmählig sich verengert. — a. f. g. h. wie bei Fig. 1. % Breiterer _- Rand des Bulbus, 2 schmälerer innerer ausgeschweilter Kand. Müller's Archiv. 1639. 223 Ucber eine conlagiöse Confervenbildung auf dem Wassersalamander. Von Apoupu Hanwover. Unsere Kenniniss vom Contagium hat in der letzteren Zeit einen bedeutenden Fortschritt dadurch gemacht, dass man die Natur und wahre Ursache desselben in mehreren Fällen sinn- lich nachgewiesen hat. Schon lange kannte man Epizoen, die Krankheiten verursachen, und ist durch directe Versuche da- von überzeugt worden. Dass auch pflanzliche Organismen Krankheitsursachen verbreiten können, haben die schönen Versuche, die man mit der Muscardine, einer contagiösen Krankheit der Seidenwürmer, angestellt hat, hinlänglich be- wiesen. Es betreffen alle diese Versuche solche Contagia, die in der Luft, d. h. auf dem Lande, sich entwickeln, es giebt aber auch Contagia, die im Wasser entstehen und nur in demsel- ben gedeihen. Zu dieser Categorie gehört die im Folgenden zu beschreibende Confervenbildung auf dem Wassersalamander, Triton punclatus. Ich hatte von diesem in der Umgegend von Copenhagen sehr gemeinen Thiere mehrere Exemplare in einem Glase mit Wasser; nachdem ich eins der Thiere in anderweiliger Absicht 339 anatomirt hatte, legte ich es, um es frisch zu erhalten, auf eine Tafel mit Nadeln befestigt in dasselbe Gefäss, worin die übrigen Thiere sich aufhielten. Nach Verlauf einiger Tage wurde das anatomirte Exemplar von einer confervenartigen Efflorescenz bedeckt, welche das Aussehen eines Schleimes darbot, wenn man sie ausserhalb des Wassers betrachtete; sie wucherte auch auf einem andern todten Exemplare so wie auf einer todten Fliege hervor. Einigen der lebenden Thiere hatte ich die Spitze des Schwanzes abgeschnitten, um ihre Repro- ductionsfähigkeit kennen zu lernen; ich machte diese Versuche, entweder indem ich die Spitze geradezu abschmilt, oder indem ich das Rückgrath durehsehnitt, so dass das durchschnittene Ende noch an den Rändern mit dem übrigen Theile des Schwanzes zusammenhing, und von diesem seine ernährenden Gefässe erhalten konnte. Wenn die Durchschneidung oder völlige Wegnahme des Schwanzes nicht zu nahe an der After- öffnung geschah, überlebten die Thiere gewöhnlich die Opera- tion, und es bedeckte sich alsdann nicht allein der durchschnit- tene Theil des Schwanzes, sondern auch die Schnitifläche, wenn nämlich das Ende gänzlich abgeschnitten war, mit der- selben Efflorescenz. Sie fing von der Schnittfläche an und sehritt vorwärts auf die Seitenflächen des übrigen Theiles des Schwanzes; erreichte sie die Afteröffnung, so starb das Thier immer. Die mit der Eflorescenz bedeckten Theile boten ein dunkleres Ansehen dar; bisweilen löste sich die Oberhaut, fiel ab und mit dieser zugleich die Efllorescenz. Anfangs konnte man sie sammt der Epidermis mit dem Messer abschaben: die unterliegende Haut war alsdann glatt, nur von dunklerem Aus- schen wegen eines anfangenden Brandes; ungefähr sechszehn Stunden später war die Efflorescenz wieder hervorgewuchert, sogar dichter als zuvor, liess sich aber jelzt mit dem Messer nicht abschaben, wahrscheinlich weil sie jetzt in der Haut selbst Wurzeln getrieben hatte; in jener kurzen Zeit hatte sie die Höhe einer halben Linie erreicht, acht Stunden später dig Höhe einer Linie; sechszehn Stunden später war sie eine halbe DD 340 Linie höher geworden, hatte die Afteröffnung erreicht, auch die eine hintere Extremität war davon bedeckt, und das Thier starb. — An andern Individuen, denen eine ganze Extremität oder Theile derselbeu abgeschnitten wurden, erschien die Ef- Jlorescenz ebenfalls auf der Wundfläche, breitete sich auf dieser aus und fiel nach einiger Zeit ab, ohne dass die Thiere das Leben einbüssten. Selbst eine geringe zufällige Läsion, z. B, durch die Nadeln, womit das präparirte Exemplar befestigt war, wurde ven denselben Phänomenen begleitet. Die angeführten Thatsachen betreffen solche Fälle, wo eine äussere Läsion -der Confervenbildung voranging; die Efflo- rescenz zeigte sich aber bisweilen auch, wo dies der Fall nicht gewesen war. So wurden namentlich die Zehen mehrmals der Sitz der Krankheit, ohne dass die Thiere verwundet wa- ren. Die Eflloreseenz schoss von den Zehen aus und hing als ein Büschel herab; nach kürzerer oder längerer Zeit, sehr oft erst nach Verlauf einer Woche, fiel der ganze Büschel ab, aber-mit Verlust der angegriffenen Zehen oder Phalangen, so dass eine eder mehrere Extremitäten, bald die vorderen, bald die hinteren, mehr oder weniger verslümmelt wurden. Dasselbe Thier konnte die Krankheit mehrmals durch- gehen, und es war gegen die fernere Entstehung der Krank- heit nicht dadurch geschützt, dass es zuvor davon angesteckt und. geheilt worden war; die Efflorescenz erschien oft an den Zehen solcher Individuen, denen zuvor das Ende des Schwan- ‚zes abgeschnitten, und von ihr bedeckt gewesen war. Sehr häufig zeigten die von der Krankheit ergriffenen ‚Thiere einen beständigen Trieb das Wasser, worin sie sich ‚aufhielten, zu verlassen; sie krochen an den Seiten des Ge- fässes hinauf, und blieben da mit vieler Anstrengung silzen, ‚gerade als ob sie ihren bevorstehenden Untergang bei einem forigesetzten Aufenthalte im Wasser alıneien und ihm zu ent- ‚gehen suchten. Ich konnte indessen hierüber keine weilern ersuche machen, denn die Tluiere hielten einen Aufenthalt in einem trockenen Gefässe nur einen oder zwei Tage aus; es ist 341 aber unwalırscheinlich, dass die Pflanze ohne hinlängliche Menge Wasser gedeihen würde. Ehe ich zu den folgenden Experimenten übergche, [ist es nothwendig, Einiges über das Wachsthum und den: Bau der Pflanze selbst zu erwähnen. Sie wächst, wie man aus- dem Obigen schon sehen kann, sehr schnell; in einem Zeitraum von 4—5 Tagen erreicht sie bisweilen eine. Höhe von fast einem halben Zoll, wächst alsdann nicht mehr und erhält ein weissliches Aussehen, während zuvor die ganze Masse durch- sichtiger war; die früher glatten Fäden sind jetzt wie mit Knos- pen besetzt. Ich werde in der Folge Conferven von diesem Aussehen der Kürze halber reife nennen. Wuchert sie von Neuem hervor, nachdem sie einmal mit der Epidermis abge: strichen worden, so wächst sie schneller als sonst. Kein Theil des Thierkörpers wird von ihr verschont. — Betrachtet man die Conferven mit Hülfe des zusammengesetzten Mikroskopes, so sieht man häutige, einfache, äusserst selten (ieh möchte fast sagen nie) verzweigte Röhren, die ein: körniges Conten- lum führen. Die in der Dicke bedeutend variirenden Röhren sind an der Spitze conisch, bisweilen angeschwollen und kol- big; sehr oft sieht man eine deutliche Zellenbildung entweder als in die Röhre vorspringende Wandung, oder als regelinäs- sige Einkerbung der Seiten. Das in den langgestreckten Zel- len enthaltene Contentum füllt den innern Raum mehr oder weniger aus; bald ist die ganze Röhre davon erfüllt, bald-sind die Röhren fast leer; mitunter sieht man Stellen, die sich durch ilire Dunkelheit, vor dem übrigen Inhalte auszeichnen. Haben die Conferven ihre Reife erreicht, so ist der körnige Inhalt der Röhre mehr oder minder entleert, und hängt an der Aussenseile der Röhre herab. Hat die Pflanze in Wein- geist gelegen, so tritt der Unterschied der häutigen Röhre und des körnigen Inhalts noch deutlicher hervor, weil das Con- lentum sich slärker zusammenzieht als die Röhre; die Ränder derselben, die sonst parallel laufen, werden durch den Wein- geist uuregelmässiger. — Die Conferve, die sich auf einer ia, 342 demselben Gefässe liegenden Fliege, besonders auf den her- ausgenommenen Eingeweiden, gebildet hatte, zeigte dieselbe Sitructur, nur schienen die einzelnen Körner des Inhalts gröber *). So weit waren meine Beobachtungen gediehen, als mir die schätzbaren Arbeiten des Herrn Audouin über die Mus- cardine der Seidenwürmer zu Händen kamen *). Ich war schon im Voraus von der Ansteckbarkeit der Krankheit über- zeugt, beschloss aber, um zu einem positiven Resultate zu ge- langen, an gesunden Individuen die Inoculation der Con- ferven vorzunehmen. Selbige wurde sowohl mit reifen als mit unreifen Pflanzen gemacht, endlich wurden auch Confer- ven angewendet, die auf der genannten Fliege hervorgewach- sen waren. Statt mehrerer Fälle, wo ich die Inoculation mil Erfolg vornahm, werde ich nur diejenigen beschreiben, welche mir die interessantesten scheinen, und welche den Gegenstand am besten erläutern. Ich inoeulirte noch unreife Conferven auf der Mitte des *) Rücksichtlich einer Benennung der von mir beobachteten Con- ferven beziehe ich mich auf eine von Gruithuisen in der 2ten Ab- theilung des zehnten Bandes der Verhandlungen der kaiserlichen leo- poldinisch -carolinischen Academie der Naturforscher p. 437. beschrie- bene Confervenbildung auf einer abgestorbenen faulenden Wasser- schnecke (Valvata branchiata), die Nees von Esenbeck mit dem Namen Saprolegnia belegt hat, und die, der Beschreibung nach, meiner Confervenbildung am nächsten kommt, Vergl. Carus, Bei- trag zur Geschichte der unter Wasser an verwesenden Thierkörpern sich erzeugenden Schimmel- oder Algenbildung, ibidem, Bd. XI. p. 2. Der von Carus in der citirten Abhandlung (worauf Herr Pro- fessor Müller die Güte gehabt hat mich aufmerksam zu machen) be- schriebene Schimmel auf todten Salamanderlarven stimmt weder in der Beschreibung noch ia der Abbildung (Tab. LVIII.) mit der meinigen überein. *) Audouin, recherches analomiques et physiologiques sur la maladie contagieuse qui attaque les vers ä soie et qu'on designe sous le nom de Muscardine, Annales des sciences, 4837, Tome 8, p.229. ei p. 257., 4836, Tome 9, p. 5. 343 Rückens eines gesunden Thieres in einer Länge von andert- halb Linien; nach Verlauf von 16 Stunden waren die Confer- ven hervorgewachsen, und hatten die Höhe einer Linie er- reicht; das Thier war heftig affieirt und schwamm fortwährend mit nach vorne gebogenem Rücken; (obgleich ich auf diese Stellung weiter keinen Werth lege, vergleiche man doch hie- mit die verschiedenen Stellungen der Seidenwürmer in der ge- nannten Abhandlung); sonst war das Thier ruhig und hielt sich grösstentheils auf dem Boden des Gefässes auf. 16 Stun- den später hatte die Efflorescenz sich über die ganze Wunde verbreitet, und eine Höhe von anderthalb Linien erreicht; 16 Stunden später war sie zwei Linien hoch, und an den Enden mit Knospen besetzt; die Ränder der Wunde legten sich wie ein Wulst um die Efflorescenz. Das Thier war jetzt im Be- güfl sich zu häuten, und die Efflorescenz fing 8 Stunden spä- ter an abzufallen, nur in einem Winkel blieb ein kleiner Theil sitzen, der endlich nach Verlauf von 64 Stunden auch abfiel; nachdem die Häutung, wodurch die Oberhaut in einzelnen Lappen abgestreift wurde, vollkommen beendet war. Die Oberfläche des Thieres war ganz glatt, die Wunde hatte die- selbe Länge wie anfangs, war aber fast eine Linie breit ge- worden, übrigens rein. — Sobald die Efflorescenz abzufallen anfing, zeigte das Thier eine ungewöhnliche Lebhaftigkeit, da es jetzt nämlich die Krankheit glücklich überstanden hatte; diese Lebhafligkeit zeigle es während der ganzen Häntung. Ich habe schon früher erwähnt, dass die Conferven auch an solehen Stellen hervorkamen, die nicht verwundet waren; dieses zeigle sich auch hier. Es erhob sich theils auf dem Rücken, von der Inoculationswunde entfernt, ein Wärzchen mit Conferven bedeckt; theils zeigten sich auf der .obern Fläche des Kopfes und dem vordern Theile des Rückens entlang ein- zelne isolirte Fäden, welche alle mit der Häutung verschwan- den. Ich glaube, dass man hieraus auf eine universelle, von der localen ausgegangenen, Ansteckung schliessen darf; doch will ich es mit vollkommener Gewissheit nicht behauplen, in+ 344 dem es möglich wäre, dass das Contagium auch von aussen eingedrungen sein könnte, weil das Tbier sich in einem Me- dium bewegte, das aller Wahrscheinlichkeit nach mit Conta- giumtheilchen (Keimen der Conferven) geschwängert war. Die Art und Weise indessen, ‘wie es auf den nichtinoculirten Stellen erschien, da sich zuerst ein Wärzchen und dann'die Efllorescenz bildete, macht es doch wahrscheinlicher, dass die Krankheit von innen entstanden sei. Nach Verlauf von drei Tagen impfte ich demselben Thiere Conferven ein, deren Enden, wie es mir vorkam, lancetför- mig angeschwollen waren. Die Inoeulation geschah in dem einen Winkel der noch nicht. geheilten Wunde. Nach Ver- lauf von 24 Stunden zeigte sich an der bezeichneten Stelle eine doch schwache Efllorescenz von der Höhe + Linie; das Thier war sehr lebhaft. 24 Stunden später hatte sie die Höhe einer Linie erreicht und die Enden fingen an lancetförmig an- zuschwellen. Der Winkel der Wunde war angeschwollen. 46 Stunden später des Morgens hatte das Thier sich gehäutet und mit der Häutung waren zugleich die Conferven abgefallen. Die Wunde war etwas grösser geworden. — Noch am Abende desselben Tages inoculirte ich zum dritten Male dasselbe Thier mit vollkommen reifen Conferven, und zwar an dem andern Theile der Seitenfläche des Schwanzes in einer Wunde von der Länge einer Linie. 16 Stunden nachher erhob sich die verwundelte Stelle, aber erst 48 Stunden später fing die Ef- florescenz an hervorzuwuchern, wollte ‘aber nicht recht gedei- hen. ‘24 Stunden später hatte das Thier sich gehäutet und die Effloreseenz abgeworfen; und ein kleines Wärzchen zeigte sich noch, während die ganze Oberfläche des Thieres übrigens glatt war; es hatte den hintern Theil der Epidermis zuerst abgeworfen, Drei Tage später häutete es sich abermals, jetzt aber fing die Häutung wie gewöhnlich vom Kopfe an. Einem sehr magern Thiere inoculirte ich ebenfalls reife Conferven auf dem Rücken in der Länge einer Linie. 24 Stun- den später halten sie die Höhe einer halben Linie. erreicht. 345 Das Thier, welches schon vor der Operation sehr malt war, verhielt sich ruhig auf dem Boden des Glases und starb kurze Zeit hernach; die Efflorescenz, die sich nicht allein in der Wunde, sondern auch auf dem Rücken verbreitet hatte,‘ er- reichte nach dem Tode des Thieres die Höhe von anderthalb Linien, und war schon reif. Einem andern magern Thiere inoeulirte ich Conferven, die auf einer todten Fliege wuchsen; die Inoculation geschah an dem vorderen Theile des Schwanzes; gleich nach der Opera- tion zeigte das Thier heftige Aeusserungen von Schmerz; es wälzte sich auf die Seite und schlug stark mit dem Schwanze. Es war im Begriff sich zu häuten. 24 Stunden nach der Ein- impfung hob sich die inoculirte Stelle warzenförmig empor; das Thier verhielt sich jetzt ruhig; 24 Stunden später hingen einzelne sehr kurze Fäden von der Wunde herab, welche das Aussehen der Conferven der Fliege hatte. Nach Verlauf von 24 Stunden fielen sie ab und die Oberfläche des Schwanzes war glatt. Die Inoculation, die von demselben Erfolge begleitet wurde, sowohl wenn die Conferven von todten, als wenn sie von le- benden Individuen genommen wurden, lässt sich also mit rei- fen und mit unreifen Conferven vornehmen. Doch wuchert; die Efflorescenz nach einer Inoculation mit unreifen Conferven weit schneller hervor, als nach einer Einimpfung von voll- kommen reifen. Es ist hier eine vollständige Uebereinstim- mung mit den Versuchen des Herrn Audouin. Wurde der Thallus der Bolrytis den Seidenwürmern inoculirt, wuchs der Schimmel ungleich schneller hervor und tödtete die Thiere in weit kürzerer Zeit, als wenn die Sporuli eingeimpft waren; der Tod erfolgte im ersteren Falle nach 18—24—48 Stun- den, im letzteren erst nach 4—7 Tagen. Es ist wahrschein- lich, dass nach der Impfung mit unreifen Confervenfäden diese sogleich in dem geimpften Boden Wurzel fassen, während nach der Impfung mit reifen die Keime längere Zeit nöthig haben, um zur Entwickelung zu gelangen. ' Dass in dem letzt- 346 erwähnten Falle, wo das Thier kurze Zeit nach der Einmi- schung starb, die Entwickelung der Pflanze schneller als ge- wöhnlich vor sich ging, rührte vielleicht daher, dass die ge- impften Fäden noch nicht dieselbe Reife als im oben beschrie- benen Falle erlangt hatten, so dass nach jener Inoculation eine Fortpflanzung durch Fäden und Keime zu gleicher Zeit Statt fand. Diese erwähnten Erscheinungen sind um so interessanter, als jetzt bewiesen ist, dass auch höhere Thiere denselben Ge- setzen rücksichtlich der Fortpflanzung einer Krankheitsursache unterworfen sind als niedere. ‚Ich machte diese Beobachtungen und Versuche im Som- mer 1838; das angewendete Wasser, welches fast täglich bei einer Lufttemperatur von gegen 15° C. erneuert wurde, war unser gewöhnliches Trinkwasser von den in der Umgegend von Kopenhagen sich befindenden Landseen. Als ich dieses Jahr nach Berlin kam, hatte ich das Ver- gnügen den Herrn Dr. Henle kennen zu lernen, und die Rede kam zufälligerweise auf diesen Gegenstand. Er hatte vor eini- ger Zeit beobachtet, dass die Zehen lebender Individuen des Triton cristatus in eine schleimige Substanz eingehüllt wur- den, die nach einiger Zeit abfiel, aber mit Verlust einer oder aller Phalangen; dieselbe Substsnz wucherte auch auf todten Thieren, die in demselben Wasser lagen, hervor. Durch Un- tersuchung mit dem zusammengesetzten Mikroskope, hatte er gefunden, dass die Masse aus Infusionsthierchen aus der Klasse der Vorticellen bestand. Ich glaubte anfangs, dass ich mich geirrt hätte, indem ich die von mir beobachtete Efflorescenz als Pflanze betrachtet und möglicherweise die an Stielen hän- genden Thierchen übersehen hätte. Eine genaue Vergleichung beider Bildungen zeigte aber auf das Bestimmteste, dass sie durchaus versehieden sind, und dass wir Beide, obgleich in dem fraglichen Gegenstande nicht übereinstimmend, Jeder für sich richtig observirt haben. Ich hatte glücklicherweise die Thiere, in Alcohol aufbewahrt, mit mir geführt, und wir wur- 347 den von der pflanzlichen Natur der auf den meinigen Indivi- duen noch haftenden Substanz ausser allem Zweifel gesetzt. Diese Nichtübereinstimmung ist nicht ohne Wichtigkeit; wel- cher Ursache sie aber zuzuschreiben sei, ist uns noch nicht klar. Zu bemerken ist, dass Dr. Henle seine Beobachtungen an einer anderen Species gemacht hat als ich, nämlich an dem Triton ceristatus; ob die verschiedenen Producte nuu der verschiedenen Species, oder dem verschiedenen Wasser, oder einer unbekannten Ursache angerechnet werden müssen, ist noch auszumitteln; es wollte uns, auch an verwundeten Stel- len der Thiere, nicht gelingen eine Pflanze hervorzubringen: immer erschienen Infusionsthierchen. Wir haben demnach Experimente, welche beweisen, dass Landcontagia, sowohl thierische (z. B, Krätzmilbe) als pflanz- liche einem lebenden Individuum mechanisch beigebracht wer- den können; wir haben ferner gesehen, dass ein Wassercon- tagium, eine Pflanze, mit Erfolg geimpft werden kann. Zur Vervollständigung der Versuche fehlt noch die mechanische Uebertragung eines thierischen Wassercontagiums; es unterliegt jedoch keinem Zweifel, dass auch hier der Erfolg ein ganz ähnlicher sein wird. Es war meine Absicht mich bei dieser Gelegenheit über die Natur des Contagiums im Allgemeinen näher auszusprechen, da indessen mein verehrter College in einem so eben erschie- nenen Werke die Miasmen und Contagien, so wie die mias- malisch - contagiösen Krankheiten ausführlich behandelt hat, kann ich es um so cher unterlassen, als ich seinen Ansichten geösstentheils beitrete, — Ueber das Nervensysiem des Sipunculus nudus. Von Dr. Ausust Kronn. Herr Dr. Grube hat in seiner Abhandlung über den Sipun- eulus nudus (in Müller’s Archiv f. 14837) die Existenz des von Delle Chiaje (Memorie su la storia e notomia degli animali senza verlebre. Vol. 1. p. 15.) theilweise schon in diesem Thiere nachgewiesenen Nervensystems in Zweifel ge- stellt. Diese Zweifel sind um so auffallender, als es nach meinen Erfahrungen keine grosse Anstrengung erfordert, die stark ausgewirkten Nerven bis in ihre feinern Verzweigungen zu verfolgen. Gleich hinter dem Tentakelkranze liegen auf der Speise- röhre zwei wenig erhobene, stark verschmolzene Ganglien, die schon Delle Chiaje beschrieben hat. Jedes Ganglion entlässt eine ziemlich lange Schlundeommissur, die jedoch so tief in den die Speiseröhre umgebenden Muskeln, den Rückwärtszie- hern des Rüssels, eingebettet liegt, dass es nur mit Mühe ge- lingt, sie ohne Verleizung zu entblössen. Jede Commissur krümmt sich um die Speiseröhre nach unten und hinten, wo 349 beide in einiger Entfernung vom Munde auf den Anfang eines ansehnlichen Nervenstranges stossen, der über die Mitte der Bauchwand bis an das hintere Körperende sich erstreckt. Der Sirang besteht aus zwei durch eine seichte Furche von ein- ander getrennten Seitenhälften, und ist, mit Ausnahme seines äussersten hintern Endes, ganz knotenlos. Er schickt während seines Verlaufes zahlreiche symmetrische Aeste zu beiden Sei- ten jaus, die sich vornehmlich in der Muskelhülle weiter ver- zweigen. Innerhalb des eichelförmigen Endgliedes, und zwar dieht vor der hintern, wahrscheinlich für den Eintritt des See- wassers in die Leibeshöhle bestimmten Körperöffnung, schwillt der Strang spindelförmig an. Aus dieser Anschvwellung strah- len zahlreiche feine Nerven jederseits hervor, die die Fleisch- schicht der Eichel mit Reisern versorgen. Ausserdem aber entspringen aus ihrer hintern Spitze zwei grössere Nerven, die, den Rand der hintern Körperöffnung umkreisend, sich mit ein- ander in der Art zu verbinden scheinen, dass ein Nervenring zu Stande kommt. Innerhalb des Rüssels steht der Nerven- strang, der sonst der Bauchwand überall ziemlich dicht anliegt, weit von ihr ab. Die symmetrisch aus dieser vordern Portion hiervorkommenden Aeste müssen daher, ehe sie die Bauchwand erreichen, noch eine Strecke frei in der Leibeshöhle verlaufen. In dieser gleichsam schwebenden Lage wird die vordere Por- tion durch zwei platte, schmale Muskelbündel unterstülzt, von denen je einer zu jeder Seite derselben lagert. Diese Bündel bilden das sechste Paar der Rückwärtszieher des Rüssels. Die Neryenäste jeder Seite gehen, nachdem jeder einzelne einen kleinen Querzweig für den respeeliven Muskel abgeschickt, dicht an ihm vorbei zur Bauchwand, um sich in diese gleich den übrigen erwähnten Aesten zu vertheilen. Delle Chiaje (1. e. p- 8. 13.) und Grube (]. e. p. 242.) haben diese Aeste der vordern Porlion für Theile der eben besprochenen Mus- keln angesehen. Daher die Benennung der kammarlig gezahn- ten oder geliederlen Muskeln (muscoli pellinali), unter wel- 350 cher sie Delle Chiaje in seiner Beschreibung anführt. Grube nennt sie die Muskeln des Hautgefässes. Obgleich nun der schon von Delle Chiaje entdeckte Kopfknoten einen Anhaltspunkt hätte abgeben könnon, von dem aus die Nachweisung des Nervenstranges nicht mehr fern lag, so ist von der andern Seite nicht zn läugnen, dass man hierbei allerdings auf eigenthümliche, zu Täuschungen Anlass gebende und nicht eben auf den ersten Blick zu erkennende Verhältnisse‘ stösst, die jene Nachweisung sehr erschweren. Es ist nämlich der Nervenstrang, so weit er sich erstreckt, von einer Scheide lose umgeben. An der spindelförmigen Anschwel- lung ist diese erweitert. Die Scheide erscheint häufig, und zwar nach Verschiedenheit der Umstände, bald in ihrer ganzen Ausdehnung gleichmässig, bald nur stellenweise röthlich ge- färbt. Am constantesten zeigt sich die Röthe an der erwei- ierten Stelle. Diese Farbe rührt offenbar von einem in ihr enthaltenen und durch sie hindurchschimmernden Safte, dem Blute her. Demnach kann diese Scheide nur ein Blutgefäss sein, das den Nervenstrang ganz in der Weise einhüllt, wie das Abdominalgefäss die Ganglienkette in einigen Anneliden, namentlich dem Blutegel. Diese von Delle Chiaje und Grube nicht geahneten Bildungsverhältnisse sind als Ursache anzuschuldigen, dass der Nervenstrang von ihnen übersehen und verkannt worden ist. Beide haben, wie aus dem Vorgetragenen sich ergiebt, darin einigermasser Recht, dass sie den auf der Bauchwand verlau- fenden Faden für ein Blutgefäss ansehen; doch irrten sie, in- dem sie ihn ausschliesslich dafür ansprachen, und den wichti- gen Antheil, den der Nervenstrang an seiner Bildung hat, gänzlich übersahen. Indess war Dr. Grube nahe daran, das walre Verhältniss aufzudecken, indem auch ihm die dem Bauchstrange lose anliegende Scheide nicht entgangen war. Jedoch entschlüpfte ihm die richtige Erkenntniss, so zu sagen unter der Hand, da er sich veranlasst fand, den Nervenstrang 351 für ein hohles Gebilde, für die mit dem Blute zunächst in Be- rährung stehende innere, die Scheide dagegen für die äussere Gefässhaut zu halten (v. 1. c. p. 250.). — Die Erweiterung des Abdominalgefässes wurde von Delle Chiaje (l. c. p. 14.) als Herz gedeutet; was aber insofern nicht zu rechtfertigen ist, als sie von der Anschwellung des Nervenstranges abzu- leiten ist. Nachdem nun einmal der Bauchfaden für einen Gefäss- slamm ausschliesslich galt, so ergab sich die nothwendige Folge, dass seine Seitenäste und die Schlundeommissuren eben- falls zum Gefässsystem gerechnet wurden. Der Kopfknoten ward für ein knorpeliges Gebilde, ein Rudimeet des bekann- ten knöchernen Ringes in den Holothurien, erklärt, während die aus ihm entspringenden Nerven wiederum die Rolle der Gefässe übernehmen mussten. — Man kann übrigens nicht anstehen, der Zeichnung, die Dr. Grube zur Versinnlichung der Anordnung der vermeintlichen Gefässe um den Oesopha- gus herum, entworfen hat, ein gerechtes Lob zu ertheilen (v. 1. e. Tab. X. Fig. 6.). Sie giebt einen anschaulichen Be- griff von dem Verlaufe der beiden Schlundeommissuren, ihrem Zusammenhange mit dem Kopfknoten und dem Ursprunge ihrer Aeste; Theile des Nervensystems, die Delle Chiaje unbekannt waren, und deren nähere Kenntniss wir Herrn Dr. Grube vorzugsweise verdanken. Es kann Niemandem entgehen, dass das Nervensystem des Sipuneulus nach dem Typus der Anneliden angeordnet ist. Dafür sprechen die Form und Lage des Kopfknotens, der Durchtritt der Speiseröhre durch die beiden Schlund- commissuren, die mit dem Kopfknoten in Verbindung stehen, und der Uebergang derselben in einen der Ganglienkette der Anneliden entsprechenden Bauchnervenstrang. Sucht man nun nach dem nähern Grunde dieser Analogie, so dürfte als solcher die nicht zu verkennende Gliederung dieses in an- derer Hinsicht den Holothurien nahe verwandten Thieres zu 352 bezeichnen sein. Noch bestimmter moltivirt erscheint diese Ansicht, wenn man die Structur der mit dem Nervensystem in vorzüglicher Beziehung stehenden Muskelhülle erwägt, deren äussere Schicht aus einzelnen, von einander abgeson« derten Faserbündelringen besieht. Die Gliederung der Lei- besoberfläche ist aber nur der Abdruck der Faserbündelringe, A Fr Zn Ueber das wasserführende System einiger Cephalopoden. Von Dr. Avcust Kronnm. Abgesehen von der bisher vielleicht mit Unrecht bestrittenen Existenz eines besondern Wassereirculationssystems, das Delle Chiaje bei so vielen Schnecken, v. Baer bei den Bivalven nachgewiesen haben, ist es nichts desto weniger sicher, dass schon in den niedrigsten Organismen Vorrichtungen getroffen sind, wodurch das Wasser Eingang in ihre Leibeshöhle ge- winnt, die innern Organe umspült, und sonach für die Un- lerhaltung ihrer Lebensprocesse von höchst wichtigem, wenn gleich nicht völlig in’s Klare gestelltem Einflusse ist. Eben so bekannt ist es, dass viele im Wasser sich aufhaltende Wirbel- ihiere besondere Oeflnungen zu ähnlichem Zwecke besitzen. Ich brauche nur in Betreff der Fische an die Plagiostomen, Störe, Aale und Lächse zu erinnern, bei denen zu jeder Seite des Afters eine Oeflnung angetroffen wird, die durch einen längern oder kürzern Kanal in die Bauchhöble führt. Ja bei Raja und Squalus ist am Herzbeutel eine Oeflnung angebracht, vermittelst welcher Pericardial- und Bauchhöhle mit einander communieiren. Es gehören ferner hierher die Spalten nnd Röhren, (Peritonealkanäle nach Geoffroy uud Martin), die Müllers Archiv. 1839. 23 354 bei einigen Schildkröten und dem Krokodil, aus der Bauch- höhle zur Kloake sich erstrecken, und an der Wurzel der Cli- toris und der Ruthe, nach aussen sich münden. In diese Ca- tegorie eigenthümlicher wasserführender Höhlen und Kanäle, gehören auch die grossen Räume bei den Cephalopoden, in denen mehrere Organe lagern, und die schon früher im All- gemeinen bekannt, einer nähern Erörterung jedoch bisher ent- behren mussten. Gehen wir zu den Thieren eines andern Elementes über, so bieten sich uns analoge Verhältnisse dar. Wir finden, dass auch hier, ausser den Lungen einzelne Or- gane mit demselben beständig in Berührung sind, oder selbst der ganze Körper davon durchdrungen ist. Die Luftsäcke der „Vögel, die in so mächtiger Ausdehnung und in so grosser An- zahl die lebenswichligsten Werkzeuge umgeben, und die pneu- matischen Knochen derselben, geben zu erkennen, dass. der Luft um jene und innerhalb dieser, eine eben so wichlige Rolle, wie dort dem Wasser zukomme. Bei den Insecten endlich bedingt die Nothwendigkeit des Contactes der Luft mit den kleinsten Körpermolekülen, die Ausbildung eines in dem ganzen Körper vertheilten, eigenthümlichen Röhrensystems. Dem mir vorgeschriebenen Zwecke gemäss beschränke ich mich auf die. Darstellung des wasserführenden Systems bei einigen Cephalopoden, und vorzüglich derjenigen Abtheilung desselben, die um und zwischen den Baucheingeweiden ausge- breitet ist, Zu jeder Seite des Enddarms und des Ausführungsganges des Tintenbeutels, nicht fern hinter der Afteröffnung, ragt bei Sepia offiein. ein kurzes, schon von Cuvier gekanntes Rohr aus der Ueberzugshaut der Eingeweide hervor. Beide Röhren sind ziemlich diekwandig, von aussen mit der ebengenannten Haut bekleidet, innen mit Längsfalten versehen. Jede führt in einen sehr ansehnlichen Raum oder eine Zelle, die man häufig leer und zusammengefallen, oft von Seewasser strotzend, zuweilen auch, und wie es mir scheint, nur dann mit Luft gefüllt findet, wenn das lebenskräftige Thier ausserhalb seines 255 Elements vom Tode betroffen ward. Diese beiden Zellen, die man bei Weibehen, wegen über ihnen gelagerter, wahrschein- lich zur Umhüllung der aus dem Eileiter tretenden Eier, mit besondern Secretionsstoffen dienender Organe (Nidamental- drüsen.) nicht sogleich wahrnimmt, stellen sich dagegen bei den Männchen leichter dar. Sie reichen, indem sie von den Röhren aus sich allmählig sackarlig erweitern, weit nach hinten. Ausser diesen grossen Seitenzellen, ist auch der Ma- gen und sein spiralförmig gewundener Anhang, jeder in einer besondern Zelle eingeschlossen. Es scheint sogar, dass über- dem noch eine kleinere Zelle, jederseits, das respeclive Kie- menherz in Form eines Herzbeutels umhüllt. Nicht nur die Zellen einer Seite, sondern alle insgesammt, stehen durch Ocffnungen mit einander in Höhlengemeinschaft, da man sie von einer einzelnen Röhre aus gleichzeitig aufzublasen vermag. Innerhalb der grossen Seitenzellen liegen die beiden, in den Hauptstamm des Venensystems sich einsenkenden, mit den schwammigen oder traubigen Anhängen besetzten Blutaderäste, und Kiemenvenenstämme. Die Nothwendigkeit einer fortwäh- renden Umspülung dieser schwammigen Gebilde vom Wasser stellt sich auch deutlich an den Magenzellen heraus. Nach meinen Untersuchungen nämlich verlaufen über den Magen, verzüglich aber über sein Diverlikel, anschnliche Venenzweige, die in die beiden Blutaderäste münden, und ebenfalls reich- lichst mit schwammigen Anhängen versehen sind. — Die Wände der Zeilen scheinen je nach der Grösse der Räume, die sie bilden, dicker oder dünner. Demnach liegen das milt- lere oder arterielle Herz, die Leber, der Oesophagus, der Darm und Tintenbeutel und die Zeugungsorgane ganz ausser dem Bereiche des wasserführenden Systems. Der Ein- und Austritt des Wassers ist nach der eben dargelegten Anordnung leicht begreiflich. Bei den Eledonen liegen die beiden Röhren mehr seit- wärts und entfernler von einander als bei den Sepien, jede vor dem Kiemenherzen ihrer Seite, neben denı respeeliven Ki- 23° 356 leiter, Sie gehen ebenfalls in schr geräumige Seitenzellen über, die aber insofern ein anderes Verhalten zeigen, als sie nicht beide zugleich von einem einzelnen Rohre ans mit Luft sieh füllen *). Ueber dem Magen und. dem spiralförmig gewunde- nen Blindsacke bemerkt man gleichfalls weit von ihren Wän- den abstchende derbe Hüllen. Diese mögen ebenfalls Wasser- zellen seyn, deren Communication mit den Seilenzellen aus- zumitieln, mir nicht nach Wunsch gelang. Die beiden Kie- menherzen hingegen sind nur durch lockern Zellstol? an ihre Umgebungen geheftet, während der knopfförmige Anhang jedes einzelnen, eine derbe Hülle über sich hat, die ihn herzbeutel- Törmig umgiebt, und oflenbar eine Wasserzelle ist, wie bald nachgewiesen werden sol. Sehr bemerkenswerlh ist es, dass während bei Sepien die Zeugungsorgane keine nähere Bezie- hung zum wasserführenden Systeme erkennen lassen, das letz- tere bei den Eledonen durch besondere Kanäle sich in diesel- ben erstreckt, und auf solche Art in ein wichtiges Verhältniss zur Samenbereitung und Entwickelung der Eier zu irelen scheint. Bevor ich jedoch zu einer specielleren Erörterung über diesen merkwürdigen Zusammenhang mich anschicke, wird es nöthig sein, Einiges über den Bau des Eierstockes milzu- theilen. Der Eierstock der Eledongn ist ein rundlicher hohler Sack, der gleich hinter dem mittleren Herzen seine Lage hat und aus zwei Häuten besteht. Die äussere zarte scheint auf der obern Fläche des Sackes von einem Plexus von Fleischfasern umspoanen. Die innere Haut ist in frühern Stadien der Träch- tigkeit, wo der Eierstock noch wenig ausgedehnt ist, in regel- mässige, sehr niedrige aber so dicht an einander gedrängte *) Unstreitig sind es diese Zellen, die Herr Prof. Mayer vom Octopus rugosus beschrieben, und für Harublasen angesprochen hat. Nach seiner Ansicht sollen die schwammigen Anhänge die Nieren seyn, deren Secret in die Blasen ergossen, und durch die Röhren, die er als Harnröhren deutet, ausgeworlen wird. (v. Analekten f. vergl- Anat. Bonn 1835. p. 54.) e 357 Falten zusammengelegt, dass die Wandungen des Sackes den Schein einer faserigen Textur erhalten. Unzweifelhaft liegt zwischen beiden Häuten noch das Bildungslager (stroma) der Eier, welches reichlich von Gefässen durchzogen ist. Die Eier hängen als traubenförmige, zerästelle Büschel tief in die Höhle des Ovariums hinein. Doch scheint das Stroma nur eine be- schränkte Stelle, namentlich die vordere Wand der llöhle, wo auch die Gefässstämme sich einsenken, einzunehmen, so dass in ihrer hintern Hälfte ein grosser, freier Raum übrig bleibt, in welchen sich die beiden Eileiter und die bald näher zu be- schreibenden Wasserröhren öffnen. Jeder Eileiter senkt sich als gleichmässig weiter, und nur in der Mitle seines Verlaufes mit einer runden Anschwellung (Drüse) versehener Kanal, gegen das Ovarium herab. Iier verläuft er auf der obern Wand desselben, und zwar zwischen seinen beiden Häuten eine kleine Streeke nach innen, indem er sich bogenförmig krümmt, und öffnet sich mit trichterförmig erweiterter Mün- dung in die Eierstockshöhle. Die Eileiter bestehen aus zwei Häuten, einer äussern von derbem Gefüge, die unzweifelhaft Muskelfasern enthält, und einer innern, längsgefaltelen, einer Fortsetzung der innern Eierstockshaut. Der eben beschriebe- sen Structur zufolge reiht sich der Eierstock der Eledonen dem der Mehrzahl der Gräthenfische zunächst an, da die Ova- rien der letztern gleichfalls hohle, in die Eileiter übergehende Säcke darstellen °). Hinter den einander sche nahe gerückten innern Oeflnun- gen der Eileiter nimmt man noch zwei grössere, weiler von einander absichende «wahr, welche die Mündungen der oben besprochenen Wasserkanäle sind. Es erstreckt sich jeder der- selben von der entsprechenden Mündung aus, zwischen den *) Das Ovarium der Sepia ollie. und Loligo vulg. hingegen ist dem Baue, und seinem Verhältnisse zu dem hier nur einfachen Eilei- ter nach, dem der Vögel und Reptilien (Schildkröten, Eidechsen, Schlangen) näher verwandt. Der Eileiter ist von dem Ovyarium ge- trennt 358 beiden Häuten des Eierstocks, anfangs nach aussen, indem er sich schleunig verengert, und eine irompelenförmige Gestalt annimmt. Nach seinem Austrilte aus dem Eierstocke legt er sich dem Eileiter dicht an, begleitet ihn bis zur Anschwellung, und biegt sich von dieser aus gegen das Kiemenherz, nachdem cr sich noch stärker verengert hat. Zuletzt mündet erin eine Wasserzelle, die den Anhang des Kiemenherzens, wie oben gezeigt, herzbeutelförmig einschliesst. Jede Wasserzelle aber steht mit dem Rohre für den Eintritt des Wassers ihrer Seite in Communication, indem sie vermiltelst eines lang ausgezo- genen Hälschens, das ihr eine flaschenförmige Gestalt verleiht, die innere Wand desselben durchbohrt. Innerhaib des Häls- chens nun befindet sich die feine Ausmündung des Wasser- kanal. Die Wasserkanäle bestehen aus zwei lWäulen, einer äussern derben und einer innern in Längenfalten erhobenen, und in die innere Haut des Eierstocks contlinuirlich überge- henden. Mit der zunehmenden Zahl und Reife der Eier ver- geössert sich nicht nur die liöhle des Eierstocks und das Lu- men der Eierleiter, sondern es erweilern sich auch die Was- serkanäle. Demnach liegt dem sackförmigen Bau des Oyariums ein doppelter Zweck zu Grunde, da es ausser seiner Beziehung zur Eutwickeluug der Eier noch als besondere Abtheilung dem wasserführenden System sich anschliesst. Aclwnliche Kanäle besitzt auch das Männchen der Ele- donen. Indess will ich sogleich gesichen, dass ich den linken nicht in seiner ganzen Ausdehnung zu verfolgen vermochte. In Betrefl des rechten Wasserkanals, so sieht man seine innere, viel engere Oellnung als im Weibchen, nur dann deutlich, wenn man die filröse, den Hoden überziehende Haut auf die Art umschlägt, dass ihre innere Fläche dem Beobachter zuge- kehrt ist. Der Kanal tritt, nachdem er schon während seines kurzen Verlaufes io der fibrösen Haut sich allmählig veren- gert halle, aus dieser hervor, erhebt sich, an der obern Fläche des Herzens und der letzten Krümmung des Darms vorbeige- hend, gegen das rechte Kiemenherz, in dessen Wasserzelle er 359 sich auf früher beschriebene Weise einsenkt. Ich sehe seine äussere Mündung hier ganz deutlich, und habe ihn von der Zelle aus mit Luft füllen können, so dass diese zum Theil auch zwischen den fibrösen Ueberzug und die innere, das Par- enchym des Hodens unmittelbar umhüllende Haut, einge- drungen war. Der fibröse Ueberzug wäre also ebenfalls eine Art Sack, der dem Hoden nicht überall fest anliegt, so dass in den freien Zwischenraum recht gut Wasser durch den Ka- nal einströmen kann. Der linke, neben dem Vas deferens verlaufende Kanal scheint, soviel aus einer bloss theilweise gelungenen Erkenntniss zu schliessen erlaubt ist, sich ähnlich zu verhalten; nur ist er weiter als der rechte. Seine innere erweiterle Mündung glaube ich deutlich erkannt zu haben. Im grossarmigen Achtfüssler (Octopus macrop.) bielet das wasserführende System keine erheblichen Abweichungen dar. Versuche über motorische und sensible Nerven- wurzeln. Von Dr. KronENBERG, pract. Arzte in Moskau. W ihrend meines Aufenthaltes in Paris im Monat Juni d. J. hatte Prof. Magendie die Güte, mir seine neueren Experi- mente an Nerven zu zeigen, die er eben im Berichte der Aca- demie mitgetheilt hatte. Ich will hier zuerst die Versuche an- geben, wie sie in meiner Gegenwart gemacht wurden, und dann die meinigen, die ich einige Zeit darauf anstellte. Prof. Magendie entblösste den Facialis eines Hundes nah an seinem Ursprunge, reckte ihn, und jedesmal erfolgte eine Schmerzens- Aeusserung; darauf durchschnitt er diesen Nerven nicht weit von der Vereinigung desselben mit dem fünften Nervenpaar. Das gereizte und gequetschte Ende, welches mit dem Gehirn in Zusammenhang stand, verlor gänzlich seine Sensibilität, die Quetschung hingegen des untern Endes ver- ursachte deutlich einen Schmerz. Daraus sieht man, dass die Sensibilität des Facialis, sowohl nach wie vor der Vereinigung mit dem fünften Paar, nur von dieser und nicht von einer an- deren Anastomose, oder gar direet vom Gehirn am Ursprünge des Facialis, abhängig ist. Hierauf entblösste er mit ungemei- ner Fertigkeit die Wurzeln der Lumbarnerven auch eines 361 Hundes. Die hintere Nervenwurzel war, wie gewöhnlich, sehr sensibel; die vordere Wurzel hingegen waren es zwar weniger, doch schrie der Hund und gab deutliche Zeichen des Schmer- zes jedesmal, sobald sie mit der Pincette gedrückt wurde. Nun zeigte er mir sein interessantes Experiment: er durch- schnitt die Bewegungswurzel, das Drücken des mit dem Rük- kenmarke in Zusammenhang stehenden Endstückes verursachte keinen Schmerz, sobald aber das untere Ende vor der Verei- nigung mit der Empfindungswurzel gedrückt wurde schrie der Hund laut auf. Die Versuche, die ich einige Wochen spä- ter an Kaninchen machte, fielen folgendermaassen aus. Der Facialis vor der Vereinigung mit dem fünften Paare war bald mehr bald minder sensibel; nach Durchschneidung des Facialis vor dieser Vereinigung brachte das Drücken des untern Endes, welches mit der Anastomose zusammenhing, Schmerzen hervor, doch war das nicht immer der Fall. Hierauf entblösste ich die Lumbargegend des Rückenmarks, und fand die Bewegungs- wurzel sensibel, wenn auch viel weniger als die Enpfindungs- wurzel. Dass aber die Sensibilität der Bewegungswurzel nicht von Fasern, die ihm direct vom Rückenmark kommen, sondern von der Empfindungswurzel abhängig ist, geht aus folgenden Versuchen hervor. Habe ich die Bewegungswurzel gereizt bei unverleizter Empfindungswurzel, so war Schmerz vorhanden, wurde letztere durchschnitten, so verlor die Bewegungswurzel ihre Sensibilität; auch beweist dieses der Versuch von Ma- gendie, den ich zu wiederholten Malen bestätigt fand. Nach Durchschneidung der vorderen Wurzel bei unverlelzter hinterer Wurzel war das unlere Ende immer sensibel, das obere nicht. Eben so verhält es sich mit der vordern Rückenmarksportion, sie erregle nur Schmerz bei unbeschädiglen hinteren Wurzeln. Um endlich diesen Gegenstand noch sicherer zu stellen, und über den Verlauf der Fasern Aufschluss zu bekommen, machte ich folgenden Versuch. Jch machte einen kleinen, eiwa über eine halbe Linie grossen Einschnitt am Vereinigungspunkt der beiden uuverlelzleun Wurzeln, so dass hiedurch der Vereini- 362 gungswinkel grösser wurde und siehe da alle oben genannten Erscheinungen verschwanden; die vordere Wurzel nämlich mit dem angrenzenden Rückenmarkstheil werden unempfindlich, nach dem Durchschneiden dieser Wurzel wird das untere wie das obere Ende unempfindlich. Dieser einfache und leichte Versuch beweist auf eine sichere Weise zuerst, dass ein Theil der Fasern der Empfindungswurzel zum Vereinigungspunkt an- gelangt, durch die Bewegungswurzel in die vordere Rücken- marksporlion zurückkehrt, und zweitens dass das Umkehren der Fasern nah an dem Vereinigungspunkt der beiden Wurzeln slaltfindet, und eben so verhält es sich mit der Vereinigung des Facialis mit dem fünften Paar, ein anatomisches Verhält- niss, welches ich in den zahlreichen Untersuchungen der Ana- stomosen, die ich in meinem Buche de Plexuum siruelura el virlulibus, angegeben, nie gefunden habe, zwar habe ich die Untersuchung der Anaslomose der beiden Wurzeln, als zu meinem Gegenslande nicht gehörig, nur beiläußg untersucht, —- Ueber ein eigenthümliches drüsenähnliches Organ des Hirsches. Von W. v. Rarp, Professor in Tübingen. Nach Aristoteles (Hist. auimal. IT. 11. 5.) „sollen die Achei- nischen Wirsche die Galle im Schwanze haben“; doch fügt Aristoteles bei: „das, was man so nenne, sei nur ein der Galle ähnlicher Saft in Beziehung auf die Farbe, aber nicht so flüssig, sondern nach innen mehr der Milz ähnlich“. Auch jelzt noch herrscht unter den Jägern die Meinung, der Hirsch habe die Galle im Schwanze *). In den Schriften über ver- gleichende Anatomie geschieht, so viel mir bekannt ist, des eigenlhümlichen Organs im Schwanze der Wirsche, das, wie aus dem Angeführten erhellet, schon dem Aristoteles be- kannt war, keine Erwähnung. Zu der falschen Meinung, dass es die Galle sei, mag bei Unkundigeu der Umstand beigetragen haben, dass dem Wirsch, wie dem ganzen Hirschgeschlecht, die Gallenblase fehlt. Sobald man die sehr dünne Haut des Schwanzes beim Hirsch hinweggenommen hat, kommt ein dunkelbraunes Organ *) Hartig, Lexicon für Jüger. 'S. 200, 364 zum Vorscheiu. Es umhüllt überall die Schwanz wirbel, doch zwi- schen ihnen und diesem drüsenähnlichen Organ liegen noch die kleinen Muskeln und Schnen, die zur Bewegung des Schwanzes dienen. Die Dicke dieses Organs beträgt von der Haut an bis auf den Knochen über einen halben Zoll, aber gegen die vordern Schwanzwirbel hin wird es dünner, und spaltet sich in zwei seitlich abgerundete Lappen. Nur die acht letzten Schwanz- wirbel werden von dem Organ umgeben (der Hirsch hat zehn Schwanzwirbel, Cuvier giebt 16 an). Die Länge des drü- senähnlichen Organs beträgt fünf Zoll. Von der Haut des Schwanzes aus gehen unzählige, von Zellgewebe gebildete Fort- selzungen in dieses Organ, die Haut ist daher innig mit dem- selben verbunden. Es besteht aus kleinen Läppchen oder Kör- nern, und erhält von den Blutgefässen, welche an den Schwanz- wirbeln verlaufen, zahlreiche Zweige. Nachdem ich die Schlag- ader, welche an der Beugeseite des Schwanzes verläuft, ausge- spritzt hatte, sah ich unter dem Mikroskop, dass zu jedem Korn des Organs ein kleiner Arlterienzweig geht, wobei die baumförmige Vertheilung der Capillargefässe sehr deutlich sich zeigte. Das Venenblut kommt durch eine mit der Arterie ver- laufende Blutader zurück, überdies ist auf jeder Seite noch eine grössere Blutader. Schneidet man das Oxgan ein, so kann man eine gelbbraune, etwas dicke, wässrichte Flüssigkeit aus- drücken; sie hat in der Farbe, aber nicht im Geschmack, Achn- lichkeit mit der Galle. Der Geschmack ist nicht bitter. Einen auffallenden Geruch habe ich nicht daran wahrgenommen. . Als ich die Flüssigkeit unter dem Mikroskop untersuchte, erkannle ich in ihr eine unzählige Menge von kugelförmigen, hellgelben Körnern: sie haben keinen Kern und sind kleiner als die Blut- körner dieses Thiers. Einen Ausführungsgang habe ich an die- sem drüsenähnlichen Organ nicht gefunden, aber in einem Fall sah ich einige Iymphalische Gefässe herauskommen, die eine gelbbraune Flüssigkeit enthielten. Wenn man die Haare des Sehwanzes ausgerissen hat, kann man wohl aus den Oeffnun- gen, in welchen die Haare befestigt waren, die eigenthümliche 365 Flüssigkeit dieses Organs herausdrücken, aber so lange die Haare noch an ihrem Platze stehen, gelingt dieses nicht. Die Haare des Schwanzes durchbohren die sehr dünne Hant, so dass, wenn man die Haare herausgezogen hat, kleine Oeflnun- gen enistehen, durch welche die Flüssigkeit herauskommt. Man findet übrigens unter der Haut des Schwanzes kleine Secretions - Werkzeuge; es sind kleine, gelbliche Körnchen (follieuli sebaeei), aus denen man eine dicke, fette Materie herausdrücken kann. Das eigenthümliche, drüsenähnliche Organ, wie ich es beim Hirsch beschrieben habe, kommt beiden Geschlechtern zu, fehlt aber nach meinen Untersuchungen beim Dammhirsch, beim Reh und beim Cervus virginianus. Sollte dieses Organ einer Iymphalischen Drüse zu vergleichen sein? sinige Aphorismen aus der Physiologie es Nervenlehens. 5 Von Dr. €. G. Carvs, Hof- u. Medieinalrath zu Dresden. 1. Bei der Belrachlung der Nervenfaser pflegte man bisher gewöhnlich zwischen sensibeln und motorischen Fasern zu unterscheiden. Dieser Unterschied ist aber weder logisch richlig noch nalurgemäss. In erslerer Beziehung ist zu bemer- ken, dass er auf keiner reinen Gegenselzung beruht, da man dem Sensibeln im Nervenleben nur das Reagirende überhaupt rein enigegenselzen kann, die Reaelion im Nervenleben aber keinesweges bloss auf Erregung von Zusammenziehung in der Muskelfaser beschränkt ist. In anderer Beziehung ist also jener Unterschied auch nicht naturgemäss, weil er die so vielfältige Einwirkung der Innervationsströmungen auf Absonderung, Hä- malose, Atlımung, Electvieitäts-Erregung u. s. w. ausschliesst, Am auffallendsten ist es, wenn man eben in Beziehung auf ERleetrieitäts-Erregung bei Eleetrischen Fischen findet, dass dieselbe Nervenreizung, welche an Muskelnerven Zuckung her- vorruft, bei den Nerven des eleetrischen Organes anstalt der Muskelzuckung Electrieitätsentladung zur Folge hat. Nach alle diesem müssen also richliger sensible und rea- girende Nervenprimilivfasern unterschieden werden, d. h. 367 Primitivfasern, an welchen Innervationsströmungen von der Peripherie gegen die Centralmassen des Nervensystems gehn (eentripetale Strömungen), und solche, an welchen Inner- valionsströmungen vom Centrum gegen die Peripherie gehen (centrifugale Strömungen). 2. Die Primitivfasern selbst sind als einfache durchaus unverästelte, höchst zarte Leitungsläden, welche durch alles, was Nerv heisst, sich fortsetzen, oder vielmehr die Nerven selbst zusammensetzen, hinreichend anerkannt, und wir wissen, dass das in ihnen Strömende an die Continuität und Immu- nität derselben ungefähr eben so gebunden ist, wie ein galva- nischer Strom an Integrität des Leitungsdrathes. Durchschnei- dung oder Druck der Primilivfaser unterbricht augenblicklich den Strom der Innervation, sei er eenlripetal oder centrifugal. (Nach Durchsehneidung eines Nerven kommt von der Reizung desselben unterhalb der Durchschneidung Nichts zum Gehirn und Bewusstsein, und Nichts von der Reaction des Hirnes zu der unterhalb des Schnittes gelegenen Partie desselben.) 3. Die genauesten Untersuchungen über Nervenendigung, d.h. über Endigung der Primilivfasern, welche wir Emmert, E. Burdach, vorzüglich aber Valentin (in seinem, in der Geschichte der Nervenlehre Epoche machenden Aufsalze im 48ten Vol. der Verhandlungen der Leopold. Academie) ver- danken, und womit auch meine eigene Untersuchungen voll- kommen übereinslimmen, — haben gezeigt, dass die Primiliv- fasern der Nerven in den verschiedensten peripherischen Or- ganen durchaus nicht mit freien Enden aufhören, wie sich die ältere Anatomie vorstellte, sondern dass sie sämmtlich dort in Schlingen sich umbiegen und zurücklaufen. (Am leichtesten ist dies zu schen theils in zarten Muskelblätt- chen theils im Saccus vestibuli der Fische, hinsichtlich der Verästung des Hörnerven. 4. Wieraus folgt mit unumslösslicher Gewissheit, dass in jedem Nervenslamme, und eben so im Rückenmarke (dessen Primitivfasern bekanntlich nichts Anderes sind als die zum Hirn 368 sich verlängernden Primitivfasern aller Rumpfnerven), stets je zwei und zwei Nervenprimitivfasern zusammen gchören müssen, indem je zwei und zwei allemal durch Umbiegung (wie Arterie und Vene) in einander übergehn. Es enthält also jeder Nervenstamm unter seinen Primitivfasern allemal zweierlei Gattungen derselben: einmal auslaufende, ein andermal zurücklaufende. Den äusseren peripheri- schen Bögen aber, durch welche dort je zwei Primitivfasern in einander übergehn, scheinen ferner überall im Hirn cen- trale Verbindungsbögen derselben schon peripherisch verbun- dener Primitivfasern, zu entsprechen, welche letztere centrale Verbindungsbogen von Valentiu zuerst nachgewiesen wur- den, und am kleinen Hirn an der Grenze zwischen weisser und grauer Substanz, in feinen Blättchen unter dem Mikroskop gesehn werden können. (Man wird wegen unendlicher Zart- heit dieser Gebilde zwar nie anatomisch nachweisen können, dass dieselben peripherisch in einander übergehenden Pri- mitivfasern auch eentral in einander übergehn; allein da auch im Hirn immer nur je zwei Primitivfasern sich verbinden, so bliebe nur die andere Möglichkeit, dass die beiden Fasern, welche sich peripherisch verbänden, immer sieh nicht, sondern dort allemal mit andern sich verbänden, welches jedoch des- halb völlig undenklich bleibt, weil dann nothwendig alle Primilivfasern nur eine einzige ungeheure in unermesslichen Spiralen gebogne darstellen müssten) Sonach würden also je zwei Primitivfasern immer eine sehr lang gezogne Ellipse bilden, deren eines Ende a zwischen der gekörnten Belegungs- masse des Hirnes (diese Masse ist als die idiospontane mit der psychischen Idee in unmittelbarster Wechselwirkung stehende anzuerkennen) deren anderes Ende 2 zwischen irgend einem Sinnes-, Bewegungs - oder Bildungs- Organe des Körpers liegt. BZ c GE ERBE — * 0: a d 369 5. Da es nun ausgemachte unläugbare Sache ist, dass jeder Nervenstamm zugleich Empfindung nach innen und Re- action (nicht bloss Anregung zur Bewegung) nach aussen leitet, dass also in jedem gesunden und unversehrten Nerven eine zwiefache Strömung der Innervation stattfindet, so darf man schon hiernach kaum zweifeln, dass, da jede Primitivfaser- Ellipse aus zwei Bogenhälften, ce d, besteht, immer ein Bogen, z. B. d, die reagirende, der andere, z. B. c, die sensible Strö- mung leiten werde. Noch bestimmter wird auf diese Verthei- lung dadurch hingewiesen, dass wir gewisse Nervenstämme bei ihrem Austritt aus dem Rückenmarke dergestalt getheilt finden, dass die Primitivfasern, welche sensible Strömungen leiten, in einem, und die, welche reagirende Strömungen lei- ten, in einem andern Wurzelbündel vereinigt sind. Es ist dies bekanntlich nach der schönen von Bell gemachten und von Magendie, so wie insbesondere durch viele sinnreiche Ex- perimente von J. Müller bestätigten Entdeckung, bei allen Rückenmarksnervenpaaren der Fall. Durchschneidet man näm- lich die obere Wurzel eines solchen Nerven, so hört in dem Theile, zu welchem er geht, sofort die Empfindung auf; — durchschneidet man dagegen die untere Wurzel, so ist die Reaction, also namentlich die Bewegungsfähigkeit dort geleguer Muskeln sofort gelähmt. Reizt man hingegen den obern, noch am Nerven haftenden Wurzeltheil, so erregt dies keine Zuckun- gen des Muskels, zu welchem der Nerv sich verbreitet, wäh- rend doch sogleich Zuckung erfolgt, wenn die untere, noch am Nery hängende Wurzel gereizt wird. Damit aber noch der volle Beweis gegeben werde, dass wirklich die Fasern von der obern Wurzel an-ihren peripherischen Enden regelmässig in die der untern Wurzel übergehn, so findet sich (eben nach einem schönen von J. Müller, jedoch nicht in diesem Sinne angestellten Experimente), dass, wenn man die vom Rückenmark abgeschuittene obere sensible (d. h. centripetale Primilivfasern enthaltende) Wurzel stark galvanisirt, sofort gleichsam durch eine gewallsame Umkehrung der Strömung, Mäller's Archiv. 1839 24 370 auch von hier aus Zuckungen erregt werden können, ein Phänomen, welches nicht denkbar wäre, wenn nicht beide Arten von Fasern in einander übergingen, und welches dem gar oft zu bemerkenden erzwungenen einzelnen Rückfliessen des Blutes in den Arterien und Vorwärtsfliessen des Blutes in den Venen vollkommen gleichzustellen ist. 6. Man sieht hieraus, dass diese merkwürdigen Faeta über die verschiedene Natur der untern und obern Wurzeln der Rückenmarknerven bisher durchaus falsch gedeutet worden sind, wenn man sie aufführt als Beweise dafür, dass es zweierlei Nervenfasern, motorische und sensible, gebe. Von einer solchen Verschiedenheit empfindender und bewegender Nervenfasern liess sich an und für sich schwer eine Vorstellung gewinnen, und noch weniger würde dann ein Begriff hierüber gefasst werden können, wenn wir diesel- ben wie bei Hirnnerven und dem Sympathiens niemals in ver- schiedene Bündel abgetheilt, sondern durchaus in einem Stamme verlaufend finden. Macht man sich hingegen den Begriff einer centrifugalen Innervalionsströmung in einer, und cenlripelalen solchen Strömung in der andern Bogenhälfte soleher Primi- tivfaserellipsen recht deutlich, so erklären sich alle Leitungs- phänomene im Nervenleben auf das einfachste, und wir sehen ein; wie wenig es nölhig sei, dass die Fasern der einen von der der andern Art sich irgend trennen. Alle weiteren wichtigen Folgerungen aus diesen Erkennt- nissen für Nervenlebeu überhaupt, namentlich wie nun ans den obigen Ergebnissen sich das Verstehen der schönen Unter- suchungen von Matteucci über Innervationsströmungen über- haupt naturgemäss eröffnet, und wie auch das, was man Re- flexion im Nervenleben genannt hat, nun ganz einfach den übrigen Phänomenen der Innervation sich anschliesst, behalte ich mir für den 3ten Theil meines Systems der Physiologie zu weiterer Darstellung vor. Zur Anatomie der Retina, insbesondene zur Wür- digung der stabförmigen Körper in derselben. Von Dr. F. Bıpver in Dorpat. Schon mehrere Autoren haben der Gegenwart eigenthümlicher färbender Elemente in der Retina Erwähnung gethan. So sagle Gottsche (Pfaff’s Mittheilungen 1836, Heft 9. u. 10, p. 10:), dass bei Vögeln neben dem schwarzen Pigment der Choroidea noch gelbe oder braune Farbemolecule, halb so gross als ein menschliches Blutkörperchen, auf der äussern Oberfläche der Retina eingestreut sich finden. Bei der Elster soll die Retina ein blaues äusserliches Blatt haben, und bei den Fischen soll häufig ein Pigment von ölartiger Beschaffenheit, dessen ein- zelne Körner (Tröpfehen) oft nicht wahrzunehmen sind, die äussere Fläche der Retina braun, grau, weissgelb färben. Auch Valentin (Repert. 1837 p. 257.) behauptet, dass die Aussen- fläche der Nervenhaut oft schwarz oder intensiv röthlich er- scheine, und fügt ausdrücklieh hinzu, dass dies nicht allein von dem nicht gehörig entfernten Pigment der Choroidea abhänge, sondern namentlich bei der Gans und Taube von rothen öligten Körnchen herrühre, die auf der Aussenfläche der Membrana Jacobi zerstreut liegen, und durch Pinsel, Pin- cette, Abwaschen leicht entfernt werden können. Michaelis 24° 264 (Müller’s Archiv 1837, Jahresb. XIIL.) endlich hat in der Retina des Reihers auch rothe und gelbe Kugeln gefuuden, von denen theils berichtet wird, dass sie der äussern Fläche der Jacobschen Haut angeklebt seien, theils aber auch gesagt wird, dass sie zu einer aus Cylindern bestehenden Schicht der Nervenhaut gehören, indem die Cylinder an ihren Enden solche Kugeln tragen. Noch ehe mir diese erst später gesammelten Bemerkungen bekannt waren, war ich bei Untersuchung der Retina des Haus- huhns auf denselben Gegenstand gekommen. Als ich nämlich zum ersten Mal ein Stück derselben unter dem Mikroskop be- trachtete, frappirte mich der Anblick einer grossen Menge 'gel- ber und rother Pünktchen, mit denen das ganze Object wie besäet erschien. Ich war Anfangs geneigt, dies für etwas Zu- fälliges zu halten, da schon Ehrenberg die Netzhäut dieses Thieres untersucht, und diese Eigenthümlichkeit gar nicht er- wähnt hatte. Indessen mit Blutkörperchen oder deren Ker- nen — und dies allein konnten sie doch sein, wenn sie elwas von Aussen an die Retina Herangekommenes waren — hatten diese Farbepünktchen gar keine Aehnlichkeit. Ihre gleichmäs- sige Verbreitung auf der Netzhaut trieb sogleich zu der Ueber- zeugung, dass sie ein wesentlicher Theil derselben seien, und wie spätere häufig wiederholte Untersuchungen dies bestätig- ten, so haben sie mich über das genauere Verhältniss dieser Theile Folgendes wahrnehmen lassen. Betrachtet man die Retina des Huhns im frischen, und durch vorherige Präparation möglichst wenig veränderten Zu- stande — was am besten wolıl dadurch erreicht wird, dass man am hintern Umfange des Bulbus sie in einer grössern oder kleinern Strecke vorsichtig frei legt, und dann die Cornea weg- schneidet, um das von unten kommende Licht durch Linse und Glaskörper zur Retina dringen lassen zu können — so erscheint die dem Auge des Beobachters zugewandte äussere Fläche der Retina von einer zahllosen Menge farbiger Pünkt- chen bedeckt. Sie haben alle eine kreisrunde Gestalt und 373 ziemlich gleichmässige Grösse, die, wie schon Gottsche be- merkt, etwa einem halben menschlichen Blutkörperchen gleich kommt. Sie werden alle von einer tiefdunkeln Kreislinie ein- geschlossen, innerhalb welcher sich die eigenthümliche Färbung zeigt. Diese ist entweder ein schönes Purpurroth, oder ein bald mehr bald weniger intensives Strohgelb. Die Zahl der rolhen Pünktchen ist aber bei weitem geringer, so dass sie von der der gelben wohl um das Vierfache übertroffen wird. Eine mathematische Regelmässigkeit findet in der Anordnung dieser Punkte wohl nicht statt; gleichmässig jedoch sind sie über die Netzhautfläche verbreitet sowohl in Bezug auf ihre Zalıl überhaupt, als auf das Verhältniss zwischen den rothen und gelben Pünktchen. Sie sind jedoch — wenigstens wo die Relina auf die erwähnte Weise zur Untersuchung vorbereitet wird — nicht so dicht an einander gedrängt, dass sie unmit- telbar einander berühren, sondern zwischen ihnen finden sich immer ziemlich gleich grosse Zwischenräume, deren Summe den von den Pünktchen eingenommenen Raum wenigstens uni das Doppelte übertrifft. Diese Zwischenräume erscheinen in eiuer schmutzig graugelben Farbe, und werden von schwach- dunkeln geraden Linien durchzogen, die sich bei aufmerksamer Betrachtung als die seitlichen Grenzen kurzer Fasern ergeben, deren jede an ihrem freien nach aussen gewandten Ende eine der erwähnten Kugeln trägt. Noch deutlicher wird dieses Ver- hältniss aber, wenn man ein Stück der Retina herausschnei- det, indem schon an dem geirennten Rande die Fasern einzeln und gesondert walırgenommen werden könneu, und noch bes- ser, wenn man durch vorsichtiges Zerrupfen jenes Stücks die Fasern von einander entfernt. Sie sind aber nichts anderes als die von mehreren Beobachtern so genannten stabförmigen Körper der Retina, hell und klar, durchsichtig eylindrisch, von zwei dunkeln seitlichen Linien eingeschlossen, mit einem dem Durchmesser der Faser gleichen stumpfen und freien Ende ver- sehen. An diesem befindet sich nun jedesmal ein farbiges Kü- gelehen, dem Durchmesser der Faser genau entsprechend, und 374 also das ganze freie Ende. einnehmend. Das Verhältniss der Fasern und freien Enden ist jetzt aber nicht mehr ein so re- gelmässiges wie bei der ersten Behandlungsweise. Sie haben sich vielmehr an einander verschoben, uud sind daher bald weiter von einander entfernt, bald so sehr genähert, dass die Farbepünktehen unmittelbar an einander stossen; sie scheinen dann ferner von einigen Punkten sich strahlenförmig nach allen Richtungen zu verbreiten, oder von einer mittlern Linie nach zwei entgegengesetzten Richtungen fortzugehn, wodurch die von mehreren Beobachtern beschriebenen Wirbel und Riffe entstehen, die aber sicherlich kein natürliches Lagerungsver- hältniss dieser Theile bezeichnen. Es schien mir im Anfange dieser Untersuchungen, dass zwischen der verschiedenen Färbung an dem freien Ende der Faser und einer Verschiedenheit in ihrer Form ein bestimmtes Verhältniss statifinde. Es zeigten mir nämlich viele Fasern unmittelbar vor ihrem freien Ende eine flaschenförmige Ver- breiterung, die ich für natürlich hielt, da sie bei einem einfach herausgeschnittenen Stück der Retina ohne vorhergegangenen Druck und ohne Befeuchtung mit irgend einer fremden Flüs- sigkeit sich zeigten; die flaschenförmigen Fasern nun schienen mir die gelben Pünktchen zu tragen; die eylindrischen hinge- gen die rolhen. Da aber nach Behandlung des Präparats mit Speichel oder Wasser diese flaschenförmigen Theile in entschie- den grösserer Menge hervortraten, konnten sie nur für ein Kunstproduct gelten; auch habe ich später neben ihnen oft genug eylindrische Fasern, die gelbe Färbung an ihrem Ende zeigen, gesehen, Ich bemerke noch, dass diese flaschenförmi- gen Körper auffallend ähnlich sind den keulenförmigen Körpern, die Ehrenberg in seinem bekannten Werk auf Tab. II. Fig. II. aus dem Auge der Gans abbildet. — Der Zusammen- hang dieser farbigen Kugeln mit den stabförmigen Körpern ist übrigens nicht sehr fest, indem man nicht selten losgetrennte Kügelchen allein für sich in der das Präparat umgebenden 375 Glasfeuchtigkeit schwimmen, und dann auch immer viele Cy- linder dieser Kügelchen beraubt sieht. Aufllallende Veränderungen erleiden die Kügelchen durch Behandlung des Präparats mit Aether. Namentlich werden die gelben schr bald verwischt, so dass man an dem Object nur mehrere grössere, ganz blassgelb gefärbte Stellen mit undeut- lichen Rändern wahrnimmt. Auch die rothen Pünktchen ver- lieren ihre intensive Farbe, dio nicht selten ins Gelbliche über- geht, und verändern ihre Form, indem einige beträchtlich grös- ser werden, und die kugelrunde Gestalt verlieren, andere in mehrere kleinere zu zerfallen scheinen. Diese Veränderungen durch Aelher scheinen allerdings darauf hinzudeuten, dass die Pünktchen Oeltröpfchen sind. Auch ohne Zuthun von Aether werden einzelne Pünktchen zuweilen grösser und verlieren ihre intensive Farbe, sie scheinen gleichsam auszufliessen, über eine grössere Fläche sich zu verbreiten; andere grössere, die ihre ursprüngliche Farbe behalten, scheinen aus dem Zusammen- fliessen zweier oder mehrerer entstanden zu sein. Zuweilen auch legen sich zwei Kügelchen unmittelbar an einander ohne zusammenzufliessen, vielleicht weil die umgebende Flüssigkeit um jedes Tröpfchen gleichsam eine isolirende Hülle gebildet hat. Ganz wie beim Haushuhn tragen auch im Auge von -Aquila fulva die stabförmigen Körper auf ihrem Ende gelb oder roth gefärbte Oelkügelchen. Ich muss dabei bemerken, dass bei diesem Thiere jene Cylinder so stark sind wie bei keinem an- dern von mir untersuchten Vogel, und denen im Froschauge ganz gleich kommen. Ueberhaupt, wenn gleich diese Gebilde aus dem Auge der Fische und Betrachier sich wegen ihrer be- trächtlichen Grösse leichter untersuchen lassen, so sind sie doch auch im Auge der Vögel entwickelt genug, um ihre Ver- hältnisse mit Leichtigkeit zu verfolgen, während allerdings ihre ausserordentliche Feinheit bei den Säugelhieren der Untersu- chung grosse Schwierigkeiten in den Weg stellte. Ich habe für diese Theile folgende Maasse gefunden: Beim Hecht be- 376 trägt ihre Dicke 0,00274 par., ihre Länge bis 0,04386'; beim Frosch die Dieke zwischen 0,00164'” bis 0,00338, die Länge bis 0,02632"; beim Huhn die Dicke zwischen 0,00154 bis 0,00219", die Länge bis 0,01315; bei mehreren Säugethie- ren (Kalb, Hund, Katze, Kaninchen cte.) die Dicke zwischen 0.000713‘ bis 0,00165'' par., das letztere Maass aber kaum überschreitend. Als ich die eben beschriebenen Verhältnisse im vorigen Herbst zuerst kennen lernte, galten auch mir die stabförmigen Körper für unzweifelhaft nervige Gebilde, und die Netzhaut des Huhns war mir daher Anfangs ein Organ, das vorzugs- weise geeignet schien, die freien Endigungen der Nervenfasern darzuthun, indem die Farbepünktehen an den freien Enden diese aueclı besonders deutlich und kenntlich hervortreten lies- sen. Freilich befremdete es mich nicht wenig, an dem zur Aufnahme des Lichtreizes bestimmten Nervenende ein wenn auch zartes und einigermaassen durchsichtiges, doch jedenfalls den Eindruck störendes und hemmendes Oeltröpfchen hinsetzen zu müssen. Indessen der Glaube, dass es Nerven seien, war so fest, dass dieser Umstand ihn nicht erschüttern konnte, son- dern nur als ein neues, der Lösung bedürftiges Problem da- stand. Ebenso war es mir allerdings auffallend, dass auch beim Betrachten der Retina von der äussern Seite die freien Enden der Cylinder mit ihren Farbekügelchen immer nach aussen gegen die Choroidea, und nicht gegen den Glaskörper gerichtet erschienen. Aber auch diesen Einwurf glaubte ich mit dem schon von mehreren Autoren geschilderten Durch- scheinen der sogenannten Papillen zurückweisen zu dürfen. So fest ich indessen auch an der Ansicht von Trevira- nus hielt, der so namhafte andere Autoritäten sich angeschlos- sen hatten, ich musste sie endlich doch aufgeben, und zunächst wiederum nach Untersuchungen des Hühnerauges. Die Retina des Huhns zeichnet sich bei dem ersten Blick durch ihre gelb- röthliche Färbung aus, die aus der Gegenwart so zahlreicher Farbepünktehen, die, wie ich glaubte, durch die übrige Masse 377 durchschienen, leicht erklärlich wurde. Bei dem Versuche aber, auch an diesem Auge etwas über die so verschieden an- gegebenen Schichten der Retina zu ermitteln, fand ich, dass sie sich leicht in zwei Lagen trennen lässt. Ohne anderwei- tige Vorbereitung nämlich kann man mit der Messerspitze oder dem Pinsel leicht eine äussere gelbröthliche Schicht entfernen, die eine Masse von butterartiger Consistenz darstellt, und unter der eine zweite innere von bläulich weisser Farbe und grös- serer Festigkeit als die äussere erscheint. Die äussere Schicht besteht bei mikroskopischer Untersuchung durchweg aus den bekannten Cylindern, von denen viele die keulenförmige Ge- stalt angenommen, und durch das Abschaben noch andere Veränderungen erlitten haben, auch oft ihrer Farbekügelchen beraubt sind, die ebenfalls angeschwollen oder sonst verändert in der Flüssigkeit umherschwimmen. Die innere Schicht da- gegen besteht aus überaus feinen, dicht aneinander liegenden, meist parallel verlaufenden, einzeln jedoch bisher von mir nicht deutlich erkannten und verfolgten Fasern, die ich jedoch theils wegen der angeführten Eigenschaften, theils auch wegen ihrer grossen Empfindlichkeit gegen jede mechanische Störung nicht für Zellgewebefasern, sondern für die eigentliche Nerven- schicht der Retina halte. Die stabförmigen Körper bilden also eine nach aussen ge- legene Schicht der Retina, die von dem Glaskörper, und also auch von dem zutretenden Licht durch eine andere Schicht geschieden ist. Dass ihre freien Enden nicht gegen den Glas- körper, sondern vielmehr gegen die Choroidea gerichtet sind, brauchte ich nun auch nicht länger für blossen Schein zu hal- ten; dass sie nicht nervige Gebilde sein könnten, war hiernach auch nicht länger zu bezweifeln, und es fragte sich nur, wo- hin man sie nun bringen solle. Hier musste zunächst an die an der Aussenfläche der eigentlichen Retina gelegene Jacob- sche Haut gedacht werden. Diese lässt sich bekanntlich nach Einwirkung des Wassers leicht als ein zartes zusammenhän- gendes Häutchen ablösen. Das Auge des Huhns mit der prä- 378 parirten Relina in Wasser gelegt, zeigte in dem von der letz- tern sich trennenden röthlich gelben Häutchen unter dem Mi- kroskop die stabförmigen Körper theils noch unversehrt, meh- reniheils aber der Farbekügelchen — die auch mit verändertem Ansehn in der Flüssigkeit nmherschwammen, beraubt und fla- schenförmig aufgetrieben, Veränderungen, dis schon das Ab- schaben dieser Schicht, wenngleich weniger auffallend, hervor- gebracht hatte, und die noch von andern weiter unten zu er- wähnenden Beobachtungen begleitet waren. Die so viel besprochene Schicht der stabförmigen Körper ist also nichts anderes als die Tunica Jacobi, bestehend aus jenen basallartig neben einander gestellten Cylindern, die mit ihrem freien Ende gegen die Choroidea gerichtet sind, mit dem andern aber an oder in einer Faserschicht locker haften. Ich war somit aber zu einew Retultat gekommen, das, wenn auch mit einigen Modificationen, wohl an die Beschreibung erinnert, die Valentin (Repert. 1837, p. 249.) von der Jacobschen Haut gegeben hatle. Nach ihm nämlich besteht diese Haut aus Wärzchen, welche mit ihrer Basis nach der Faserschicht der Retina gerichtet sind, und in eine stumpfe Spitze auslau- fen. Diese Wärzchen stehen reilhenweise, doch in Bezug auf die Höhe in mehreren Schichten; die Spitzen der am höclısten gestellten erschienen als Kügelchen, die tiefer liegenden wer- den gar nicht gesehn, und an ihrer Stelle kommen matte gelb- graue Maschen zum Vorschein u. s. w. An der Innenfläche der Jacobschen Haut finden sich eine oder mehrere Lagen von Zellgewebefaserbündeln, durch welche diese Haut mit der Re- lina vereinigt wird. Ich glaube, dass diese Beschreibung den durch Wasser oder andern Ursachen veränderten Elementen der Jacobschen Haut entnommen ist. Denn im natürlichen Zustande sind diese Cylinder, deren Länge ihre Breite so sehr übertrifft, nicht wohl Wärzchen zu nennen. Jedoch zu der flaschenförmigen oder keulenförmigen Verbreiterung derselben, die immer auch mit einem Verlust an Längenausdehnung verbunden ist, würde 379 diese Benennung recht gut passen. Valentin sagt auch am a. ©., dass die abgerundeten Spitzen der Wärzchen oft durch die Manipulation losgerissen werden, und dann als Kügelchen umherschwimmen. Darf hier nicht der Vermuthung Raum gegeben werden, dass auch bei andern Thieren diese Cylinder an ihrem freien Ende. Oelkügelchen, aber ungefärbte, tragen, die eben so wie die gefärbten beim Huhn leicht von ihrem Cylinder sich irennen. Ja darf nicht überhaupt für eine oder die andere Reihe der mamnigfaltigen kugelförmigen Elemente, die so viele Beobachter aus der Retina beschreiben, an solche Oeltröpfehen gedacht werden? Ich habe beim Frosch neben den Stäben zuweilen sehr zahlreiche runde helle, von einer dunkeln Linie eingeschlossene, in ihrer Grösse mit den Stäben übereinstimmende Körperchen bemeıkt, und auch beim Kanin- chen viele kreisrunde, sehr dunkel begrenzte, und in der Mitte schwach gelb gefärbte Kugeln gesehn, die nichts anders als Oeltröpfchen sein können (ich bemerke ausdrücklich, dass ich hier nicht etwa Luftbläschen vor mir gehabt habe), aber frei- lich weit grösser sind als die Dicke der Stäbe. Auch Henle (Schmidt’s Jahrb. d, ges. Medie. 1838, IX., p. 339.) spricht ven einer ganzen Schicht sehr kleiner Oelkügelchen, welche die Glashautfläche der Retina bedecken sollen. — Eben so lässt sich mit Valentin’s Beschreibung der Elemente der Jacobschen Haut recht wohl in Uebereinstimmung bringen eine andere Veränderung der stabförmigen Körper, auf die Henle (a. a. ©. und Müller’s Archiv 1839, p. 170.) besonders auf- merksam gemacht hat. Es biegt sich nämlich im Wasser das freie Ende des Stäbchens hakenförmig um, und legt sich an den geraden Theil an, oder bei rascher Einwirkung des Was- sers im reinen Zustande wird selbst das Stäbchen gebogen, so dass die Spitzen einander berühren, ja es wird sogar zu meh- reren Spiralwindungen zusammengerollt, die einander decken und eine durchlöcherte Scheibe darstellen. Ich muss hierzu nach meinen Beobachtungen noch bemerken, dass nicht bei jedem Auge die Cylinder alle diese Veränderungen erleiden, 380 und dass die Augen verschiedener Thierklassen sich hierin ver- schieden zu verhalten scheinen. So sah ich das hakenförmige oder spiralige Umrollen niemals bei Vögeln, 'sa lange die Cy- linder noch in ihrer natürlichen Lage und Verbindung waren, z. B. beim Huhn, Adler, Uhu u. a., sondern bemerkte hier als alleinige durch Wasser hervorgebrachte Veränderung jenes mehrerwähnte Anschwellen. Das hakenförmige Umbiegen eines Endes, sowie das völlige Zusammenbiegen"beider Ende sah ich dagegen sehr häufig beim Frosch und auch beim Hecht; bei dem letzten geschieht es nicht selten, dass die beiden Hälften des in der Mitte zusammengebogenen Cylinders sich der Länge nach an einander legen, wodurch, wie ich vermuthe, die Er- scheinung hervorgebracht wird, die Treviranus (Beiträge, Heft IL, Taf. V., Fig. 1.) als zwei in eine einzige Papille über- gehende Markeylinder aus dem Auge desselben Thieres darstellt. Bei Säugethieren endlich, z. B. beim Kalb, Hund, Katze, Ka- ninchen, salı ich jedesmal das spiralige Umrollen der Stäbehen, vielleicht besonders begünstigt durch die bei diesen Thieren so grosse Feinheit derselben. Wenn man nämlich an einem Auge dieser Thiere die Retina nach der erwähnten Weise von der äussern Seite her betrachtet, so gewahrt man die bekannten Cylinder, äusserst fein und zart, und gleichsam strohdachartlig aneinander gelagert. Durch Abschaben kann man sie auch hier von der äussern Fläche entfernen. Nach Einwirkung des Wassers aber erscheint in dem von der Aussenfläche sich ab- lösenden Häutchen keine Spur von Fasern mehr, sondern es zeigt dasselbe durchweg nur unregelmässig runde, zuweilen auch in dieLänge gezogene und dunkel granluirt erscheinende Körper, von denen die meisten in ilirer Milte einen ziemlich genau umschriebenen Kreis wahrnehmen lassen. Dieser kann nun entweder für einen Nucleus gehalten werden, wodurch wohl einige Achnlichkeit mit gekernten Zellen — Ganglien- kugeln, Belegungskugeln — entsteht (siehe Henle a. a. O.), oder scheint auch zuweilen ein auf dem runden Körper auf- silzendes kleineres Kügelechen zu sein, aber wohl nicht das, 381 was Valentin die als Kügelchen erscheinenden abgerundeten Spitzen der Wärzchen nannte, da er, wie erwähnt, von einem Lostrennen dieser Kügelchen spricht; sonst könnten diese zu- sammengerollten Stäbchen wohl mit Wärzchen verglichen werden. Nach diesem Allen glaubte ich nun keinen Augenblick länger daran zweifeln zu dürfen, dass die Retinastäbchen die natürlichen und unveränderten Elemente der Jacobschen Haut seien, dass man sie daher eben so wenig wie diese mit der Verrichtung des Sehens in unmittelbare Verbindung bringen, und für Nervengebilde halten dürfe. Es schien mir, dass ge- rade Valentin’s Darstellung der Retina hierauf aufmerksam machen müsse; denn da er der sonst so auffallenden stabför- migen Körper mit keinem Worte erwähnt, so mussten seine pallisadenartig neben einander gestellten Wärzchen der Jacob- schen Haut wohl an jene Cylinder erinnern, Ich hoffte daher ehestens von einer oder der andern Seite her von ähnlich ge- deuteten Beobachtungen wie die hier mitgetheilten zu hören. Auch brachte das zweite Heft dieses Jahrganges von Müller’s Archiv. die Arbeiten von Remak und Henle, die gerade die Deutung der stabförmigen Körper behandeln. Aber wenn gleich beide diese Beobachter hierüber verschiedener Ansicht sind, und namentlich Remak die Unwahrscheinlichkeit, dass diese Theile Fortsetzungen der Nervenfasern seien, darzuthun sucht, so hat doch keiner von beiden die Sache von der Seite dargestellt, wie sie mir erschienen war. Dies veranlasste mich, meine Untersuchungen in der Hauptsache nochmals durchzu- nehmen, und da ich dabei keinen Fehler in den frühern Be- obachtungen und ihrer Deutung finden konnte, hielt ich es für Pflicht, dieselben zu veröffentlichen. In Bezug auf'die An- gaben der genannten Forscher muss ich aber bemerken, dass, dem Mitgetheilten zufolge, ich Remak’s und Anderer Unter- scheidung der Schichten der Retina in eine äussere Pflaster- oder Zellenschicht, eine mittlere Faserschicht und innere Cylinderschicht nicht für richtig halten kann, dass ich über- 382 baupt, so lange ich nicht alle drei Schichten zugleich an einem und demselben Präparate gesehen habe, der Ueberzeu- gung sein muss, dass die Zellen- und Cylinderschicht dieselben Elemente, jedoch in verschiedenen Zuständen, enthalten, und leicht Täuschungen in Bezug auf ihre Lage nach Innen oder nach Aussen veranlassen, dass mir die schon von Gottsche erwähnten Wirbel und Riffe in der Lagerung der Cylinder auch nur ein Product der Verschiebung derselben an einander zu sein scheinen; dass ich von selbstständiger Bewegung der Stäbe mich nicht habe überzeugen können, und in dieser Be- ziehung den schon von Henle dagegen gemachten Einwürfen beistimmen muss, und eben so wenig auch nur eine Art von Verzweigung in jenen Cylindern zugeben kann, deren An- schein wohl auch nur durch ihre Verschiebung hervorgebracht werden mag. — Henle’s Bemerkungen zu dem Aufsatz von Remak, die an interessanten Beobachtungen so reichsind, und der Ansicht, dass die Stäbchen als Fortsetzungen der Nerven- faseru zu betrachten seien, neue Stützen darbieten sollen, müs- sen für Jeden, der diesen Gegenstand nicht aus eigener An- schauung kennt, eine grosse überzeugende Kraft haben. Eine neue Reihe von Untersuchungen, zu denen sie mich zunächst veranlassten, gab mir die volle Bestäligung der von Henle mitgetheilten Thatsachen, und hätte auch mich in meiner An- sicht unfehlbar wanken machen müssen, wenn ich nicht scbon früher und auch jetzt wiederum mich zu genau davon über- zeugt hätte, dass die Stäbe an der äussern Fläche der Retina liegen, und daher mit der Deutung jener Thatsachen nicht einverstanden sein konnte. Die von Henle angeführten Be- weise für die Identität der animalen Nervenprimitivfasern und stabförmigen Körper scheinen mir — abgesehen von der hiermit nicht übereinstimmenden Lage der letztern — nicht ganz hinreichend zu sein. Ich bin freilich auch der Meinung, dass wir in den dunkeln, mehr oder weniger unregelmässigen und gekräuselten, nur selten, und auch dann nur in kleinen Strecken der Begrenzungslinie parallel verlaufenden, ja unter 383 den Augen des Beobachters wechselnden innern Conturen der Primilivfasern der animalen Nerven, den Ausdruck eines na- türlichen und ursprünglichen Verhältnisses nicht haben; — aber auch an den frischesten und ohne Wasser untersuchlen Präparaten habe ich sie nie vermisst, und nie ‚ganz helle, von einfachen Rändern eingeschlossene Primitivfasern gesehen. Da ich aber die Richtigkeit von Henle’s Beobachtung nicht in Zweifel ziehen ‘mag, darf ich doch behaupten, dass seine primitiven Nervenfasern eine äusserst grosse Neigung haben, durch Zersetzung ihres Inhalts neben ihren ursprünglich ein- fachen, hellen Begrenzungslinien ein Paar innere, dunkle, un- regelmässig gekräuselte Conturen anzunehmen. Eine solche Veränderung findet aber an den Retinastähchen sicherlich nieht statt. Denn wenngleich Henle angiebt, dass die Stäbchen eine helle, ölige Substanz in ihrem Innern enthalten, so ist diese doch solchen Veränderungen wie der Inhalt der Nerven- röhren nicht unterworfen, also von letzterem verschieden. Da ferner dieser Inhalt aus den durchbrochenen Stäbchen heraus- fliessen muss, und diese dennoch cylindrisch bleiben und an den Enden nicht zusammenfallen, so muss man eine Festigkeit der äussern Hülle annehmen, von der bei andern Nervenpri- mitivfasern auch nichts zu finden ist. Mir scheint es, da ich einen öligen Inhalt bisher nicht wahrnehmen können oder vermuthen dürfen, auch jetzt noch richtiger den ganzen Oy- linder für solid zu halten, und mich hat in dieser Ansicht noch befestigt die Beobachtung einiger Erscheinungen, die das Krüm. men und Zusammenrollen der Stäbe im Wasser begleiten. Schon im Beginn dieser Veränderungen nämlich verliert der sonst helle Cylinder seine Durchsichtigkeit an der concaven Seite der Krümmung, indem von hier aus ziemlich gleichmäs- sig von einander entfernte dunkle Striche ausgehen, die quer über das Stäbchen hinlaufen, aber gegen die convexe Seite hin immer undeutlicher werden, und diesen Rand auch nicht erreichen; der Cylinder ist also quergestreift fast wie eine Mus- kelfiber. Wird die Krümmung stärker, so verschwinden melır 384 und mehr die hellen Zwischenräume zwischen den dunkeln Strichen oder Leisten, und das Stäbchen bekommt an einer oder mehreren Stellen seiner Concavität tiefe Einbiegungen, so dass es wie geknickt aussieht. Das sind alles Erscheinun- gen, die man beim Zusammenbiegen eines soliden, aber doch machgiebigen Stabes, von frischem Holz etwa, leicht wieder- erzeugen kann. — Die von Henle erwähnten varicösen An- schwellungen an den knieförmigen Umbiegungsstellen der Stäb- chen habe ich oft gesehn, glaube aber, gerade weil sie nur an solchen Biegungen vorkommen, und an geraden Fasern nie sich zeigen, sie um so, eher für einen Beweis der Solidität der Stäbchen halten zu dürfen. Auch die conische Spitze und den von ihr meist unter stumpfem Winkel, zuweilen aber auch in gerader Richtung ausgehenden Faden an dem in der Retina steckenden Ende der Stäbchen habe ich, durch Henle darauf aufmerksam gemacht, bei Esox lucius sehr schön und deutlich gesehen, eben so auch die vielleicht durch Zusammenrollen dieses Fadens entstehende eigenthümliche, von dem Stäbchen selbst scharf abgesetzte und häufig-auch etwas seitlich auf- sitzende Pseudopapille. Gegen das Entstehen dieses Fadens aber durch Austreten des Inhalts aus dem hintern abgerissenen Theil des Stäbehens und Zusammenfallen der übrigbleibenden Hülle — was bei der erwähnten Festigkeit der Hülle oder Solidität des ganzen Stabes eine wesentliche Verschiedenheit im Bau des hintern und vordern Theils dieses Organs voraus- selzen hiesse — habe ich auch das einzuwenden, dass der meist stumpfe Winkel, unter dem jener Faden abgeht, auch bei dem raschesten Umherschwimmen des Cylinders in der umgebenden Flüssigkeit und Anstossen an andere Gegenstände durchaus unveränderlich ist, und dass der Faden selbst bestän- dig in gerader Richtung bleibt, was zu der Annahme einer beträchtlichen Festigkeit desselben berechtigt, und also das Zusammenfallen sehr unwahrscheinlich macht. — So viel scheint mir nun hieraus hervorzugehen, dass die Identität zwischen primitiven Nervenfasern uud Retinastäbchen nicht dargethan ist, 355 wenngleich mehr oder weniger Achnlichkeit zwischen diesen faserigen Gebilden nicht geläugnet werden kann, aber auch zwischen stabförmigen Körpern und Zellgewebefasern in eben dem Grade bewiesen werden könnte. Schliesslich muss ich noch bemerken, dass ich die hier mitgetheilten Beobachtungen mit einem Schiek’schen Mikros- kop angestellt habe, dessen uneingeschränkte Benutzung ich der freundschaftlichen Güte und Liberalität des Herrn Prof. Volkmann verdanke, der überdies an mehreren derselben thätigen Antheil genommen hat, und dass zu der Mehrzahl der Untersuchungen eine 290malige Linearvergrösserung angewandt wurde, nämlich die Combination von Ocular No. 4. mit den Objecliven No. 4, 5 und 6. des Instruments No. 29. Anmerkung zum vorstehenden Aufsatz, Von Dr. HEnLe. Während die bisherigen Verhandlungen über die stabför- migen Körper nur den Zweck hatten, zu erörtern, ob sie der empflindende Theil der Netzhaut seien oder nicht, wird hier die Frage angeregt, welche allerdings die erste hätle sein sol- len, ob dieselben der Netzhaut wirklich angehören. Bidder entscheidet sich dagegen, weil sie der Netzhaut nur äusserlich aufliegen, und nach Entfernung derselben noch eine eigenlhüm- lich gebildete Membran zurückbleibe, welche als Retina zu be- trachten sei. Allein man hat immer auch nach dem, was die rohe Präparation nachweist, in der Retina 2 Schichten ange- nommen, ein Markblatt und ein Gefässblatt, und zwar wurde jenes immer als das äussere angesehen. Man weiss aus älleren Untersachungen, dass zwischen der Ausbreilung des Schnerven und dem Glaskörper eine Haut sich befindet, welche aus den Gelässen und feinem Zellgewebe besteht, und der Ausbreilung des Sehnerven gleichsam zum Gerüste dient, und auch diese Gefässhant ist, wie Valentin und ich nachgewiesen haben. bald von einer Lage feiner und etwas farbiger Kügelchen, bald von wasserhellen Zellen mit Kernen bedeckt. Nicht davon zu Müllers Archir, 1939. 05 386 reden, dass an frischen Augen selbst die Iyaloidea fest mit der Relina verbunden ist und als ein helles, struelurloses Stra- ium derselben erscheinen kann. Wenn also, nach Entfernung der Choroidea und des Pigments, die Schichte stablörmiger Körper die äussere Fläche der Relina einnimmt, wenn diese Sehichte nach einiger Maceration abgewischt werden kann, wenn unter ihr eine Lage zum Vorschein kommt, deren Fa- sern denen des Zellgewebes mehr oder minder gleichen, so sliimmt dies Alles mit den bisherigen Ansichten über die Zu- sammenselzung der Retina vollkommen überein, wonach die Schichte von Stäbchen der sogenannten Markschichte enispre- chen würde. Bidder hält sie für die Elemente der Jacob- schen Haut. Aber was ist Jacob’sche Haut? Die älteren Angaben über dieselbe sliimmen zu, wenig mit einander über- ein, und enlhalten zu wenig Characterislisches, denn man weiss nur, dass sie als ein zartes, oft nur in Lappen ablösbares Häut- chen bald auf der innern Fläche der Choroidea, bald auf der äussern der Natzhaut liegt. Die erste Beschreibung derselben, wonach man sie wiedererkennen kann, hat Valentin am oben angegebenen Orte gegeben. Sie besteht aus Fasern, und die Fasern derselben stehn senkrecht auf die Choroidea, mit den breitern Spilzeu der Relina zugekehrt; sie haben einen runden Kern in der Nähe der Spitze, mit einem Worie, sie gleichen vollkommen denjenigen Zellen, welche ich als Elemente des Cylinderepitheliums beschrieben habe. Ob sie die Bedeutung eines Epitheliams an dieser Stelle haben, will ich nicht wei- ter untersuchen. Von den stabförmigen Körperchen sind sie durch Lage, Grösse, Gestalt und chemische Eigenschaften ver- schieden genug, und beide Elemente dürfen tm so weniger für identisch genommen werden, da im Säugellhierauge beide ne- beneinander in verschiedenen Schichten existiren, wie auch Valentin angiebt, nur dass er die Stäbchen nach der Behand- lung mit Wasser im zusammengerollten Zustand und als Ku- geln sah. Die stablörmigen Körperchen im Auge der Vögel, Reptilien und Fische, von denen im vorstehenden Absatze die Rede ist. gehören also nicht der Jacob’schen Haut an, denn sie gleichen, wieBidder selbst zugeben wird, melr den stab- förmigen Körperchen der Retina der Säugethiere, als den Stäb- chen der Jacob’schen Haut derselben, selbst wenn ihnen das charactierislische Merkmal, sich in Wasser umzurollen, fehlen sollte. Ich darf aber versichern, dass auch im Auge der Vö- gel slabförmige Körperehen vorkommen, und zwar an der von Bidder bezeichneten Stelle, welche sich im Wasser erst um- biegen und später einrollen, welehe durch Behandlung mit Es- sigsäure blass werden und dann beim Zerreissen in längern Slücken erscheinen u.s.f Aber mit diesen gemischt erschei- 387 nen auch andere, deren Verhältniss zu den eigentlichen stab- förmigen Körperchen mir noch nieht deutlich geworden ist. Wenn ich das Auge eines Vogels so präparire, wie Bid- der angiebt, so erscheinen mir die farbigen Kugeln in ihrer Beziehung zu den Stäbchen ganz eben so, wie es von ihm be- schrieben, uod eben so finde ich am Rande einzelne in kurzer Strecke hervorragende Stäbchen, worauf Kugeln sitzen. Wenn ich dagegen die Membran zerreisse und ihre Elemente einzeln in der Feuchsigkeit des Glaskörpers herumschwimmend be- trachte, so sehe ich die farbigen Kugeln entweder isolirt oder in runden oder ovalen, wasserhellen Zellen eingeschlossen, oder auf der Spitze von länglichen hellen und spindelförmigen Kör- pern, welche sich von den Treviranus’schen Stäbchen in we- sentlichen Punkten unterscheiden. Jene nämlich sind nicht bloss, wie auch Bidder angiebt, an einem Ende flaschenför- mig angeschwollen, sie sind auch am andern Ende spitz, wäh- rend die Treviranus’schen Stäbchen immer gerade abgestutzt erscheinen; jene sind immer viel blasser und scheinen sich in Wasser lange Zeit unversehrt zu erhalten. Niemals habe ich eine der farbigen Kugeln auf einem Stäbehen gesehn, welches die Charaetere der Treviranus’schen unzweifelhaft an sich trug. Ich vermuthe daher, dass die farbigen Kugeln mit ihren Zellen und Stäbchen einer von der Schichte der Treviranus’schen Stäbehen verschiedenen Lage angehören, die mit jener nur sehr genau zusammenhängt und vielleicht nicht als isolirte Haut dar- zustellen ist. Ob sie mit dem Pigment in einer Beziehung stelm? In frischen Augen bleiben zuweilen eine Anzahl der- selben auf der Choroidea sitzen, doch würde ich dies nicht für einen Beweis halten, do oft auch eine ganze Lage schwarzes Pigment an der Retina haftet. Ein anderer Umstand, der für eine solche Beziehung spricht, ist die Form der- schwarzen, ei- gentlichen Pigmentzellen bei den Vögeln. Diese sind nämlich nur zum Theil rundlich oder sechseckig; andere haben die Gestalt von Kürbisflaschen, wie sie auch Valentin a. a. ©. abgebildet hat, und viele endlich sind langund dünn, an einem oder beiden Enden zugespitzt und der Länge nach nebeneinan- der gereiht. Vielleieht giebt die Vergleichung mit dem Auge der Fische einigen Aufschluss. Hier liegt z. B. beim Zander und Karpfen unler der Choroidea eine feste, milchweisse Haut, welche, wenn man sie zerreisst, in eine Menge sehr eigenthümlich ge- stäalleler Körperchen zerfällt; es sind blasse und körnige. im mer paarweis zusammenhängende ovale Zellen, die an einem Ende in einen dünnen Faden ausgehen. An der Stelle, wo der Körper in den Faden übergeht, befindet sich eine An- schwellung, in welcher ein Zellenkern sitzt. Gottsche hal 25° 388 dieselben gesehn und kemntlich abgebildet. Die innere Fläche dieser laut ist mit grössern und kleinern, grössientheils ganz kugelrunden und weissen Zellen beselzt; diese sind ganz von kleinen Körperchen erfüllt, welche schon im Innern der Zel- len Moleeularbewegung zeigen und die Ursache der weissen Farbe der Kugeln sind. Die Kugeln platzen in Wasser und ergiessen ihren Inhalt. Auf diese Kugelschieht folgt nach innen eine Reihe blasser länglicher Zellen, fast von der Gestalt der Tre- viranus’sehen Stäbchen, aber viel breiter, und unter diesen zeigt sich zuletzt die Lage von eigentlichen Stäbchen. Hier ist also zwischen der Choroidea und der eigentlichen Retina ausser dem schwarzen Pigment und nach innen von demselben eine eigenlhümliche Lage eines besondern, weissen Pigments, von der Markschicht der Retina (den Treviranus’schen Stäb- chen) leicht zu scheiden. Sollte es bei den Vögeln eben so und nur die Verbindung inniger sein? Einen Einwurf muss ich mir noch dagegen und zu Gunsten von Bidder’s Ansicht machen; es ist mir nämlich nie gelungen, die farbigen Kugeln von einer Stelle der Retina so zu entfernen, dass Stäbchen übrig geblieben wären. Fehlen an einzelnen Stellen der Re- tina die Kügelehen, so sind auch die Stäbchen entfernt und es erscheint sogleich die von Bidder angegebene, schwach fa- serige Schicht. Das Gewicht der Einwürfe, welche Bidder gegen die von mir vertheidigte Identität der Stäbehen und pri- mitiven Nervenfasern erhebt, fühle ich wohl; es kömmt noch dazu, dass bei den Vögeln der blasse Anhang, den ich als die zusammengefällene Scheide betrachtete, nicht selten breiter ist, als der solide Theil des Stäbehens. Auf der andern Seite habe ich mich immer mehr überzeugt, dass kleine Stücke von Ner- venfasern ganz das hygroscopische Verhalten zeigen, wie die Stäbehen der Retina, und auch Valentin hat ähnliche Er- fahrungen gemacht, wie ich in der Note p. 3. seines Werkes de functionibus nervotum finde (Fibrae nervosae primitivae [aus erweichter Nervensubstanz] aut iniegrae quidem adhue decurrunt, tamen fere sponte varicosilates parant et facile in fragmenla solvuntur aut in parles singulas, quarum aliae ita in se convolulae sunt, ut globulorum nuclealorum figuris faeile fallant, delabuntur. Beitrag zur Lehre von den Sympathien. Von Dr. Juzıus Bupse, prael. Arzle zu Altenkirchen. A. Sympalhie zwischen kleinem Gehirn und deu Hoden. Es ist eine bekannte Sache, dass Gall in das kleine Gehirn das Organ des Geschlechlstriebes verlegte. Die Aufmerksam- keit nachfolgender Acrzte wurde oft auf diesen Gegenstand gelenkt, ohne dass man bis auf den heuligen Tag zu einem bestimmten Resultate darüber gekommen wäre. — Denn stellt man auch alle bekannt gewordenen Fälle von Krankheiten des kleinen Gehirns zusammen, wie Burdach gellian hat, so findet man zwar, dass bei einer nicht ganz geringen Anzalıl solcher Fälle wirklich Leiden der Geschlechtstheile vorkommt; aber bei einer grossen, ja der grössten Anzahl derselben ist es nicht. Jedem beschäftiglen, aufmerksamen Arzte sind gewiss schon Fälle vorgekommen, welche für ein Verhältniss beider Theile sprechen, und wiederum ganz andere ähnliche, welche nicht dafür zeugten. — Es fehlte bis jelzt an einem sichern Beweise, dem nicht widersprochen werden konnte. Und einen solchen Reweis zu haben, war für die wissenschaflliche und praelische Mediein vom allerhöchsten Interesse. — Es ist mir endlich dureh Versuche an männlichen Thieren gelungen, jenen 330 Einfluss auf das sicherste, deutlichste und einfachste darzustel- len. — Zu diesen Versuchen eignen sich am besten alte Kater. Kaninchen verlieren nach dem Tode zu schnell ihre Reizbar- keit, und bei alten Iunden zeigen sich andere Schwierigkeilen in Hinsicht der raschen Eröffnung des Kopfes, welche noth- wendig ist. Ich habe es vorgezogen, diese Versuche gleich nach erfolgtem Tode des Thieres anzustellen, weil einmal das Thier dadurch sehr wenige Schmerzen erleidel, und dann “auch, weil dadurch die Beobachtung an Sicherheit und Ge- wissheit gewinnt. Ich habe aber auch an noch lebenden Thie- ren dieselben Versuche mit demselben Erfolge ausgeführt. Ich habe sie so oft wiederholt, dass kein Zweifel an der Wahr- heit und Richtigkeit obwalten kann. — Nur darin herrscht ein Unterschied, dass bei manchen Tbieren die Erscheinungen viel deullicher, viel intensiver hervorlraten, als bei andern; dass bei einigen die Reizbarkeit der Nerven nach dem Tode viel eher erlosch, als bei andern; dass bei jungen Thieren der Ein- luss des kleinen Gehirns sich nie so klar herausstellte, als bei ältern. Im wesentlichen aber war die Wirkung dieselbe, — Ich begnüge mich daher statt vieler nur einen Versuch zu ex- wähnen, um Wiederholungen zu vermeiden. Versuch. Einem zwölfjährigen Kater, der durch einen Stich ins Herz, gelödtet worden. war, wurde rasch mittelst einer scharfen Zange der ganze Schädel weggebrochen, sodann die Bauchhöhle er- öffnet, und beide Hoden nebst Saamensträngen und Ausfüh- rungsgängen hervorgelegt. Alles dies war innerhalb weniger Minuten geschehen. An den Hoden war nicht die geringste Bewegung wahrzunehmen. — Ich reizte nun mit der Spitze des Messers das kleine Gehirn; es dauerte nicht lange, kaum 3 Secunden, so richtete sich ein Hode auf und enlfernle sich von dem Saamenslrange, auf welchem er aufgelegen halle, so dass er nun mit demselben einen rechten Winkel bildete. Zugleich wurde er praller und 39 gespannter. Je mehr ieh stach, desto mehr bewegte sich der Hode. Ich reizte bald hier, bald dort am kleinen Gehirne; doch niemals bewegten sich beide Hoden zugleich; immer nur einer. — Bald erkannte ich den Grund dieser sonderbaren Er- scheinung. Reizte ich nämlich den rechten Lappen des klei- nen Gehirns und die rechte Hälfte der Commissur, so bewegle sieh jedesmal der linke Hode; reizte ich hingegen den linken Lappen des kleinen Gehirns und die linke Hälfte der Com- missur, so erigivte sich regelmässig der rechte Hode. Ich halte die Bewegung der Hoden also ganz in meiner Gewalt, so dass, wenn mir mein Gehülfe, der der Hodenbewegung zusah, sagte, ich möchte den rechten oder auch linken Hoden zur Bewe- gung bringen, ich ihm dies vom Gehirn aus auf der Stelle thun konnte, Ich trieb dieses Spiel eine gute halbe Stunde fort, und dann beendigte ich diesen interessanten Versuch. Das kleine Gehirn ist also die Stelle, au wel- cher die Nerven der Hoden ihren Endpunkt haben; auch sie kreuzen sich im Gehirn, wie alle Nerven des ganzen Körpers; sie müssen hier ziemlich oberflächlich liegen, weil eine tiefe Reizung nicht erforderlich ist, um die Hodenbewe- gung zu veranlassen. Es ist mir wahrscheinlich, dass die Ver- einigung der Nerven in der Gegend des ersten Halswirbels schon stalt findet, da eine Reizung an diesem Theile des Rük- kenmarkes sehr häufig mit Ereetionen und Saamenerguss ver- bunden ist. So bekanntlich bei Erhenkten durch den Druck des Seiles auf diese Stelle; so bei Wunden und Erschülterun- gen dieses Theiles, wor. s. Ollivier sur les malad. de la moelle ep. 3ieme cd. Par. 1838. Diese einfache Beobachtung ist von dem wichligsten Ein- Nlusse auf manche physiologische und pathologische Exschei- nung. So, um nur eins zu erwähnen, wird sich sus diesem Zusammenhange die bisher unerklärliche Sympalhie zwischen Hoden und Ohrspeicheldrüse durch Nervenverbindung deuten lassen. Vielleicht erklärt sich auch das Verhältniss der Hoden zum Wachsthum der Baarlhiaare durch diese Verbindung, in- 592 !em nämlich der N. trigeminus sich mit seinen leizten Wur- ;eln bis dahin verfolgen lässt, wo die Vereinigung der Nerven ler männlichen Geschlechtstheile muthmasslich stattfindet. Der N. irigeminus verbreitet sich aber bis ins Gesicht, und hat öchst wahrscheinlich organische Fasern, welche zur Haarbil- lung im Gesichte beitragen. Dies ist natürlich bis jetzt nur ne Hypothese; sollte es aber gelingen, sie zu erweisen, so verden die schönsten Facla sich hieraus ergeben. Es kann nicht auffallend sein, dass bei so vielen Krank- ıeilen des kleinen Gehirus dennoch nicht immer die Ge- chlechtstheile mit leiden. Denn einmal ist sicher nicht das ‚anze kleine Gehirn als Centralpunkt der Geschlechtsnerven ınzusehn, sondern nur ein Theil desselben; nnd wenn dieser Theil, den man wahrscheinlich auch anatomisch darlegen kaun, nicht leidet, so bleiben die Geschlechtstheile natürlich ver- schont; zweitens thut man Unrecht, zu glauben, jede Krank- heit des kleinen Gehirns müsse irgend wie auf die Geschlechts- theile so wirken, dass man deren Krankheit‘ deutlich wahr- nehmen könne. Man denke nur, die Centralstelle sei gedrückt, so wird wahrscheinlich Impotenz entstehen. Aber wie viele Menschen sind impotent und wissen es nicht einmal u.s. w. DB. Ueber die Abhängigkeit der Darmbewegung von den Centralorganen des Nervensystems. Wenn man den Bauch eines lebendigen Thieres aufschnei- det, so bemerkt man an den Gedärmen eine sehr langsame Bewegung. Lässt man sie einige Zeit der Luft ausgesetzt, so verstärkt sich dieselbe, wird dann recht intensiv und lässt endlich wieder nach. Dasselbe geschieht bei einem eben ge- tödlelen Thiere. Eine halbe bis eine ganze Stunde lang sieht man oft die Gedärme sich bewegen, die man nach dem Tode der Luft ausgeselzt oflen liegen lässt, ohne dass man irgend einen Reiz auf sie anwendet. Doch ist dies bei vielen Thieren sehr verschieden. 395 Ich habe mit folgenden Mitteln Versuche über die Bewe- gung des Darmes gemacht: Stechen, Zerren, Feuer, Kali cau- slieum, Liquor amm. caust., Lap. infernalis, Schwefelsäure, Ol. erot., Tart. stib., Extr. bellad. — Mechanische Reizungen durch Stechen und Zerren brachten am längsten nach dem Tode noch Bewegungen hervor. Kali caust. wirkt stärker als Amm. eaust., Schwefelsäure und Lap. infernalis. Feuer wirkt am allerschwächsten. Einige Tropfen von einer Mischung aus einem Serupel Croton- und einer Drachme Leinöl, sowohl auf die Oberfläche als auf die Schleimhaut des Darms gegossen, brachten sehr bedeutende Bewegungen hervor. Tart. stib. und Bellad. blieben ganz ohne Wirkung. Der gereizte Darm bewegt sich nieht nur, wenn er im Leibe, mithin in Verbindung mit den Nervenstämmen bleibt, sondern auch, wenn man ein Stück herausschneidet und dies dann reizt. Diese Bewegungskraft liegt aber dennoch weder in den Muskelfasern, noch auch in den im Darme selbst ver- laufenden Nerven ursprünglich; denn auch, wenn man das Ganglion eoeliacum reizt, mechanisch oder durch ein Aelzmit- tel, bewegen sich die Därme *). Nichts desto weniger wirken Reize, auf letztere selbst angebracht, noch fort, wenn sie auf jenes keinen Einfluss mehr haben. — Hieraus können wir schliessen, dass die Bewegungskraft der Nerven, welehe sich in der Muskelhaut des Darmkanals verzweigen, zwar keine ihnen eigenthümliche, sondern eine enllehnle, milgelheilte ist; die aber darin eine gewisse Unabhängigkeit erlangt hal, dass sie noch eine Zeit lang fortbesteht, wenn die Urkraft, von der sie entsprungen, schon erloschen ist. Das Gesetz, nach wel- chem von den Centralorganen des Nervensystems (wozu wir einstweilen den N. sympathieus noch reelnen) den einzelnen Nervenparthien mehr Kraft milgelheilt wird, als für sie jeiles- mal nolliwendig erforderlich ist, gilt nicht nur von der molo- rischen, sondern auch von der sogenannten organischen Ner- *) Vgl. 3. Müllers Pysiol. Bd. II Abil, I. p. 68. 394 venkraft. Ueber letzteres werde ich unten in einem Anhange Einiges beibringen. Eine gewisse Menge Kraft kann sich also ansammeln und eine Zeit lang entwickeln, ohne dass ein neuer Zufluss hinzutritt. Jenes Geselz hat in der Natur viele Ana- logieen, welche zu erörtern jedoch nicht hieher gehört. — (Vom Ganglion coeliaecum geht zunächst die Darmbewegung aus. Reizung desselben bringt sie auch noch eine Zeit lang nach dem Tode hervor. Stechen und Zerren wirken nicht so slark und so lange, als Kali caust. Das Ganglion eoeliacum erhält bekanntlich aus zwei Quellen seine Nerven, von dem Rückenmarke und von dem N. sympathicus. Man zählt es zu den wichtigsten Theilen des Gangliensystems, und hat ihm von jeher eine grosse Bedeutung beigelegt.) Es entsteht nun die Frage, ob die Bewegung des Darmes, die zunächst von jenem Ganglion auszugehen scheint, in ihm selbst liege. Ob sie vom aympalhischen Nerven herrühre, oder ob sie endlich vom Rük- kenmarke mitgetheilt sei. Um hierüber zur Gewissheit zu ge- langen, habe ich über zwanzig Versuche an Hunden, Katzen, Kaninchen, Tauben, Hühnern, Raben und Sperlingen ange- stellt. Sie haben mir immer dasselbe Resultat geliefert, wenn auch nicht in gleicher Deutlichkeit. Ich kann daher behaup- ten, dass es richtig. Ich erwähne einige davon, welche mir am interessantesten zu sein scheinen. Versuch 1. Ich machte einer Katze in der Gegend der ersten Lenden- wirbel einen Längenschnitt von einigen Zollen durch die Haut des Rückens, liess sodann den Vorderkörper des Thieres stark nach vorn beugen und machte einen Querschnitt durch die oberflächlichen Muskeln zwischen den zwei Doruforlsätzen des ersten und zweiten Lendenwirbels, stiess ein starkes, schmales Scalpell etwas nach der Richtung von aussen nach innen, und von unten nach oben in das Rückenmark ein. Schon. bei der Berührung desselben schrie das Thier schr heftig und zuckte. Ich führte das Messer genau bis zur uniern Fläche des Wir- 395 belkörpers her und zerschnitt, es mehrmals hin und her be- wegend, das Mark völlig. Das Thier entleerte dabei Kolh und Urin, dehnle sich, streckle seine Ilinterbeine, machte da- mit einige starke Stösse nach hinten, und war dann an allen Theilen hinter dem Schnitte völlig gelähmt; jede willkürliche Bewegung war dahin; wie todte Massen fielen die Hinterglie- der herab, und wurden vom Thiere wie ein fremdartiger Kör- per nachgeschleppt. Die ersten Tage nach der Operation war die Katze recht munter und frass und trank; von da an nicht mehr. Am vierten Tage war sie todt. Sie starb völlig er- schöpft, fast ohne Kraft einen Ton mehr von sieh zu geben. Gleich nach dem letzten Athemzuge eröffnete ich den Bauch. Ich erstaunte, die peristaltische Bewegung fast ganz erloschen zu schen. Es war zwar noch einige vorhanden, doch sehr geringe, bald hörte sie ganz auf; reizte ich den Darmkanal, so wurde sie zwar vermehrt, aber nie entstand die gewöhn- lich so lebhafte Bewegung desselben nach einem Reize. Das Ganglion coeliacum hatte allen Reiz verloren; Stechen, Zerren, Kali eaust. auf dasselbe angewandt, alles blieb ohne Erfolg; die Därme wie zuvor. Verguch 2 Einem Kaninchen wurde an derselben Stelle wie bei der Katze und auf dieselbe Weise durch einen einfachen Schnitt das Rückenmark getrennt, Kurz naelı der Operalion war das Thier ziemlich munter, es schleppte muthig seinen gelähmien Hiuterkörper wie eine angehängle Last mit sich fort. Den ersien Tag frass es noch ordentlich, in den folgenden wenig und endlich nichts mehr. Es starb am vierten Tage. Bis kurz vor dem Tode war noch Abgang von Koth und Urin, jedoch in sehr geringem Grade, erfolgt. Gleich nach erfolgtem Tode eröffnete ich die Bauchhöhle. Der Magen war ungeheuer mit Speisen angefällt, der Darm leer und durchsiehlig. Der Darın, welcher sich gewöhnlich bei diesen Thierchen so lange leb- haft bewegt, halle bis auf ein Minimum seine perislallische 396 Bewegung verloren; es dauerte gar nicht lange und sie war spurlos dahin; kalte Luft, Schneiden, Stechen, Berühren mit Kali caust., alles half nichts, der Darm blieb ruhig. Das Rei- zen des Ganglion coeliacum, auf welche Art man es auch ver- suchte, war vergeblich, es erfolgte keine Wirkung mehr. Bei Eröffnung des Rückenmarkes fand ich dasselbe durchschnit- ten, bis auf wenige Fasern, welche noch eine schwache Ver- bindung bildeten, Versuch 3. Einem sehr wilden, starken Hunde durchschmitt ich auf dieselbe Weise und an derselben Stelle das Rückenmark, nahm die unter der Durchschnittsstelle folgenden beiden Wirbel mit einer scharfen Zange hinweg, und zerstörte das Stück Mark unter der Durchsehniltsstelle vollständig. Das Thier lebte noch drei Wochen lang, es war im höchsten Grade erschöpft, an den hintern, viel kälter gewordenen Extremitäten sehr abge- magerl; es frass was man ihm darreichte, doch nur mit Be- gierde Fleisch, selten Brod, und dann nur wenig, selbst wenn ich es längere Zeit hatte fasten lassen. Hingegen war ihm Wasser eine sehr willkommene Gabe. In diesen drei Wochen hat der Hund nicht einmal Koth von sich gehen lassen. End- lich starb er an Erschöpfung. Ich öffnete sogleich nach dem Tode den Bauch. Der Magen war zu einer enormen Grösse ausgedehnt, und bedeckte einen grossen Theil der Gedärme, sein Inhalt war ganz in Chymus verwandelt. Die dünnen Därme ‚waren leer, ihre Wände ganz trocken. Die peristal- tische Bewegung war fast ganz erloschen, Reize vermehrten sie wenig; auch das Ganglion coeliacum war reizlos geworden. Im Dickdarm waren viele kolhige, trockne, wenig übelvie- chende Massen. Hieraus können wir den Schluss ziehen, dass nach Durch- schneidung des Rückenmarks die Bewegungskraft des Darm- kanals aufhört, dass also das Kückenmark, nicht das Ganglion eoveliacum, dem Darme die Bewegung 397 mittheilt. Noch bestimmter ist dies jedoch durch folgende Versuche erwiesen. Versuch 4. Während des Durchschneidens des Rückenmarkes einer Katze bemerkte ich, dass sich der Magen sehr bedeutend aus. dehnte. Ich hielt mit dem Weiterschneiden ein, trennte die Haut auf dem Bauche los und entfernte einige oberflächliche Muskelschichten, ohne die Bauchhöhle zu öffnen, um nicht durch den Zutritt der Luft Bewegungen zu veranlassen. Ich sliess nun wieder das Messer in die Rückenmarkshöhle ein, und deutlich konnte man durch die Bauchdecken hindurch wahrnehmen, wie bei jeder Reizung der Darm sich lebhaft bewegte, was sich immer wiederholte, so oft ich mit dem Messer an das Mark kam. — Das Thier starb nach 48 Stun- den an telanischen Krämpfen. Versuch >. Eine Katze wurde getödtet. Gleich darauf wurde der Bauch geöffnet, die Därme hervorgelegt, das Rückgrath zwi- schen dem ersten und zweiten Lendenwirbel mittelst einer scharfen Zange geöffnet und das Mark durchschnilten. Es hing ein ganzes Stück Mark zur Wunde heraus. Dies Stück wurde. mit einer spitzen Nadel gestochen. Durch jede Reizung vermehrte sich die Darmbewegung deutlich. Nun wartete ich ab, bis der Motus peristalticus, der durch den Zutritt der Luft noch unterhalten wurde, gänzlich aufgehört halte. Als sich kein Darm mehr schon eine Weile geregt hatte, stach ich mit einem spilzen Messer in die obere Fläche des Rückenmarks ein, noch erfolgte keine Bewegung. Ich wartete noch eine kurze Zeit, dann slach ich tiefer mit demselben Messer ein, und es dauerte nicht lange, so bewegte sich der Darm leb- haft. Ich wartete wieder ab bis völlige Ruhe eingelreten war, und legle ein Slückehen Kali eaust. auf das Rückenmark, und auch jetzt Arat alsbald von Neuem Bewegung ein. So oft ich 398 nur tief genug ins Rückenmark stach, so oft erfolgte auch die Darmbewegung. Sie wurde immer schwächer, bis sie endlich ganz erlosch. Ich konnte nicht wahrnehmen, dass die Reiz- barkeit des Ganglion coeliacum länger angehalten hätte, als die des Rückenmarks; wohl aber währle die der Gedärsie noch längere Zeit fort. Interessant war mir bei diesem Versuche noch, wie, wenn ich nach vorn in die Rückenmarkshöhle sliess, ich immer Magen- und keine Darmbewegung, wenn ich nach hinten stiess diese, aber nicht jene hervorzubringen vermochte. Versuch &. Einer anderen Katze wurden die N. vagi und sympathiei auf beiden Seiten des Halses blossgelegt, dann der Bauch ge- öffnet und sämmtliche Därme hervorgeholt. Als die peristal- tische Bewegung ziemlich nachgelassen halte, wurde ein Nerve nach dem andern auf alle Weise gereizt. Es erfolgte durch- aus nicht die geringste Vermehrung der Darmbewegung: So- dann wurde das Thier getödtet und abgewartet, bis jede Spur von Bewegung aufgehört halte; dann wiederum von Neuem Vagus und Sympathicus gereizt. Nie entstand die allergeringste Bewegung. Hierdurch ist also der bestimmte Beweis geliefert, dass weder der Sympathicus noch das Ganglion coeliacum die Quelle der Darmbewegung enthalten. Es ist vielmehr mit einer Si- eherheit, wie man es nur von einem physicalischen Experi- mente erwarten kann, erwiesen, dass vom Rückenmarke _ die Kraft der Bewegung dem Ganglion coeliacum und den Darmnerven mitgetheilt wird. Wahrschein- lich ist es nach obigen Versuchen, dass der vordere (bei Thie- ren der untere) Theil des Rückenmarks die Darmnerven in sich vereinigt; indem eine oberflächliche Reizung zur Bewe- gung nicht genügt. Anmerkung. Vielleicht hat das Ganglion eoeliacum ‚keine andere Bedeutung, als einen Druck auf die Nerven aus- 399 zuüben, und dadurch einen mechanischen Hemmungsapparat gegen die freie Thäligkeit der Empfindung und Bewegung dar- zuslellen. Es war nun noch die letzte Aufgabe übrig, nämlich den Endpunkt im Nervensystem aufzusuchen, von welchem die Darmbewegung ausginge, und über welchen hinaus keine Rei- zung mehr im Stande wäre, eine Bewegung zu veranlassen. Denn das war deutlich, im Rückenmarke selbst war die Ur- sache nieht zu suchen. Denn sonst hätte die Bewegung nach einem einfachen Durchschnitte nicht aufhören können. In den Centraltheilen, weiche innerhalb des Schädels liegen, musste die Quelle verborgen sein. Nach vielen Versuchen ist es mir endlich gelungen, auch diese Stelle zu finden. Die Vier- hügel und die gestreiften Körper bilden das (en- tralorgan für die Bewegung des Darmkanals. Versuch 7. Ich öffnete einem jungen, eben getödteten Hunde mit einer scharfen Zange schr rasch den Schädel. Das Gehirn lag auf der Schädelbasis; alle Seiten und die Oberfläche waren frei von Knochen. In wenigen Minuten war dies geschehon. In- dessen hatte mein Gehülfe die Bauchhöhle aufgeschnitten und die Gedärme hervorgelegt. Ich schnitt die Hemisphären des Gehirns weg, hob das Corpus callosum in die Höhe und reizle mit einer spitzen Nadel Seehügel, gestreifte Körper und Vier- hügel nach einander. Jedesmal brachte Reizung der gestreiften Körper und der Vierhügel vermehrte Darmbewegung hervor; die der Sechügel blieb ohne Wirkung. Als der Motus peri- staltieus gänzlich aufgehört hatte, konnte ich ihn immer wie- der von neuem hervorbringenz wenn’ ich jene Organe, beson- ders aber die Vierhügel, wieder reizte. Es dauerte aberkaum fünf Minuten, so war die Reizbarkeit gänzlich erloschen. Des- halb ist bei diesen Versuchen die grösste Eile nothwendig, weil bei vielen Thieren die Reizbarkeit so schnell untergeht. Ka- 400 ninchen passen zu diesen Versuchen gar nicht; am besten eig- nen sich dazu alte Katzen und Hunde. Somit ist also auch vom Darmkanal erwiesen, dass das Nervenprineip seiner Bewegung im Gehirne liegt; ja die Stelle ist genau ermittelt, von welcher sie ausgeht oder vielmehr an welcher sich die Nerven des Darmkanals vereinigen. Auch das Centralorgan der Magenbewegung haben mir meine Ver- suche gezeigt. Es liegt im rechten gestreiften Körper. Ich zweifle nicht, dass alle Nerven der Organe, deren Bewegungs- ursache man bisher dem N. sympathieus zutheilte, ihren Con- centralionspunkt im Gehirne haben. Auch von der Blase kann ich dies schon jetzt behaupten; nur kenne ich das Centralorgan ihrer Nerven noch nicht. Weitere Untersuchungen werden mehr Aufschluss über diesen interessanien Gegenstand geben. Ich zweifle auch nieht, dass bald ein Mittel gefunden werden wird, um die Nerven der einzelnen Organe bis ins Gehirn zu verfolgen. Doch wenden wir uns noch ein wenig zurück zu unserm Hauptthema. Sehr lehrreich ist obiges Resultat dadurch ge- worden, dass manche Sympathien, welche schwer erklärlich schienen, eine leichte Deutung nun erhalten. Dahin gehört vor allem die Sympathie zwischen Darm und Augen. So ist zum Beispiel die Erweiterung der Pupillen, die momentane Blindheit, eine bekannte Erscheinung der Wurmkrankheit. Nun weiss man aber durch Flourens (Vers. über d. Eigen- schaft des Nervensyst., überselzt von Becker. Leipzig 1824, p- 134.) „dass die Reizung eines Tuberkels die Zusammenzie- hung der enigegengesetzten Iris bewirkt, dass das Wegschnei- den eines Theiles desselben sie schwächt, und die gänzliche Vernichtung sie gänzlich vernichtet Vergl. auch J. Müller Physiol., zweite Aufl., Bd. 1. p. 759. u. 828. — Die Würmer bewirken aber bekanntlich eine grosse Unthäligkeit des Darm- kanals, seine Bewegungskraft ist in dieser Krankheit halb ge- lähmt. Es miuss also auch nolhwendig in dem Leben der Cen- - 401 tralorgane, d. h. an der Stelle, wo alle diese Bewegungsnerven neben einander liegen, derselbe Zustand obwalten, als wären dieselben gedrückt oder weggeschnitten; dadnrch mithin muss sich die Pupille erweitern, wie sie sich erweitert, wenn im sogenannten Hydrocephalus acutus inf. eine grosse Wassermenge gegen die Vierhügel drückt. Wie es kommen mag, dass in eben genannter Krankheit eine hartnäckige Verstopfung, das auffallende Einsinken des Bauches (s. Gölis pr. Abh. über Krankh. d. hindl. Alters. 2te Aufl., Wien 1820, Bd. 1. S. 32.), die unglaublich rasche Abmagerung sich einstellen, wird Niemanden mehr wunderbar scheinen, der das Verhältniss des Gehirns zum Darımkanal ken- nen gelernt hat; — wenn er bedenkt, dass die mitgelheilte Bewegungskraft in den Darmuerven bei jungen Kindern so bald erlischt. Und noch so unzählig viele andere Sympathien, zu deren Erklärung man bisher so ungenügend den N, sympathieus an- nahm, finden durch jene einfache Verbindung ihre Deutung. — Doch verkennen wir auch nicht, wie viel hier noch zu forschen ist! Anhang. Einige Versuche über den Einfluss des Rückenmarks auf Secrelionen. 4. Entzündung und Eiterung, Versuch 1. Ich durehschnitt' einem Kaninchen zwischen dem lelzien Brust- und dem ersten Lendenwirbel mit einem einfachen Schnille das Rückenmark. Jede Einpfindung und willkürliche Bewegung waren mit einem Male dahin. Ueber und unter der gelähmlen Stelle, und zwar zwischen beiden ‘Vorder- und in der Nähe beider Hinterbeine machte ich je 3 Schnitte von glei- Müller's Archiv, 1839, 26 402 cher Grösse, 2 gingen bloss durch die Haut, 2 durch Haut und Muskeln zum Theil mit Substanzverlust, endlich 2, in welche ich ein Stückchen Kali caustieum legte. Am vierten Tage, an welchem das Thier gestorben war, fand ich die einfache Haut- wunde an dem nicht gelähmten Körpertheil vereinigt, mit etwas geronnener Lymphkruste noch bedeckt; — am gelähm- ten Körpertheil hingegen fand ich die analoge Wunde dunkel- roh, nicht vereinigt und mit einer Schichte wässriger Lymphe bedeckt. ‘An der Muskelwunde des vordern Körpers war Ei- terung eingelreten, wo bei den Enden schon Vernarbung, in der Mitte vieler Eiter zugegen; die Muskelwunde des hintern Körpers klaffte sehr, sie war rolh wie roher Schinken, ihre Wände mit Blut vermischlem, dünnem Eiter umgeben. Die vordere Wunde, in welehe ieh Kali caust. gelegt hatte, war sehr tief, die Eiterung ungeheuer stark, die Umgegend sehr geschwollen; an der hintern entsprechenden Wunde war keine Geschwulst, Eiterung zwar vorhanden, aber viel weniger als vorn, ausserdem noch Zeichen von Verbrennung durch das Aetzmittel, nämlich schwarze Stellen wie am ersten Tage. Versuch 2. Einem Hunde, welcher lange Zeit nach Durchschneidung des Rückenmarks noch lebte, machte ich am vierten, am neun- ten und am vierzehnten Tage nach der Operation jedesmal drei Schnitte in einen Körpertheil vor, und eben so viel Schnitte in einen Körpertheil hinter der Durchschneidung des Rücken- marks, und zwar in denselben Abstufungen, wie in dem vo- rigen Versuch bei dem Kaninchen. Hiebei machte ich die in- teressante Erfahrung, dass bei den zuerst gemachten Wunden noch ein ziemlich hoher Grad von Entzündung, Lymphaus- schwitzung und Eiterbildung stattfand, wenn auch bei weitem nicht in dem Grade, wie es an den vorderen Wunden der Fall war. Bei den am neunten Tage gemachten Wunden war die Entzündung und die Eiterung an den gelähmten Theilen schon zu einem Minimum herabgesunken, statt Eiter war Lymphe 403 ergossen, die Wunden klafften und ihre Flächen hatten das Ansehen von geräuchertem Lachse, Die am vierzehnten Tage gemachten Wunden sahen am Tage nachher aus, als wenn sie eben entstanden wären, nur waren ihre Ränder etwas einge- schrumpft und ihre Flächen etwas röther. Es zeigte sich keine Lymphe und kein Eiter; die Wunden waren vielmehr trocken. Dieselben Erscheinungen sah ich bei anderen Hunden und Katzen. - Es steht sonach fest, dass, wenn der Einfluss des Rückenmarks aufgehoben ist, keine Entzündungoder Eiterung mehr stattfindet; dass aber das Aufhören der in den Nerven liegenden organische Kraft nicht plötzlich, sondern allmählig geschieht; dass dies also dieselbeBewandniss wie mit der motorischen Kraft hat. 2. Schleimsecretion im Darmkanal. In allen Versuchen mit Durchschneidung des Rückenmarks habe ich als beständige Erscheinung gefunden, dass die Schleim- haut des Darmkanals viel trockener, als im normaien Zustande war, daher auch ihr Inhalt viel fester. 3. Urinsecretion, Der Urin wird beständig heller, er verliert seinen eigen- thümlichen Geruch nach Durchschneidung des Rückenmarks, namentlich kann man dies an dem Katzenurin bemerken, der nach dieser Operation auch nicht den geringsten Geruch melır hat. Ich habe nicht gefunden, dass derselbe mehr Säure als früher enthielt, sondern gerade das Gegentheil. Doch habe ich hierüber noch zu wenig Versuche angestellt, um davon urlhei- len zu können. — Vergl. Krimer Physiologische Untersu- chungen. Leipz. 1820. 404 4. Endlich. gehört noch die Beobachtung hierher, dass man sehr häufig bei Reizungen und Entzündungen dos Rückenmarks gleichzeitig Entzündungen in andern Organen findet. — Vergl. Ollivier sur les mal. d. moell. ep. Par. 1838. T. II. p. 250.: Ces phlegmasies, qu’on rencontre alors fr&quemment sont evidem- ment Veffet de la reaction sympathique et des liaisons, si nom- breuses, qui unissent la moölle epiniere aux organes respira- toires et digestives. Ucber die Veränderungen der Nervenfasern nach ihrer Durchschneidung. Von Professor Nass£ in Marburg. Seit längerer Zeit habe ich mich mit Untersuchung der neu- gebildeten Nervensubstanz beschäftigt. Obgleich wir neuerdings von Steinrück (de nervorum regeneralione. Berolini 1838) eine interessante Arbeit über diesen Gegenstand erhalten haben, so glaube ich doch nieht, dass die Mittheilung meiner Unter- suchungen dadurch überflüssig geworden ist, sollie sie auch nur insofern nützen, als meine zahlreichen Messungen jener Schrift als passende Ergänzung dienen. Ausserdem habe ich übrigens bei diesen Beobachtungen auch auf einen bisher noch wenig beachteten Punkt meine Aufmerksamkeit gerichtet, der mir für die Erklärung mancher Verhältnisse nicht unwichtig schien, nämlich auf die Veränderungen, welche die Nervenfa- sern oberhalb und unterhalb der Durchschneidung erleiden. — Die Untersuchungen wurden von mir theils an Wasserfrösehen, theils an Kaninchen angestellt; überall ward der Nervus ischia- dieus durelischnitten. Die Zeit, welche die Thiere. hierauf noch loblen, war verschieden, In keinem Falle beobachtete ich eine Wiederkehr von Empfindung oder Bewegung in dem gelähmten Scheukel. 406 I. Untersuchungen an Fröschen. 1) Fünf Monate nach der Durchschneidung war hier die Regeneration sehr vollständig. Die Stelle, wo die Trennung geschehen, zeichnete sich bloss durch etwas Geschwulst, weni- ger weisse Farbe und grössere Festigkeit aus. — Zur Befeuch- tung des unter das Mikroskop gebrachten Nervenstückes wurde destillirtes Wasser genommen, da Serum nicht zur Hand war. Die Dicke der Fasern betrug: Messungs- Mittel. Mehrzahl. Gränzen, zuhl. a) im gesunden N. ischiad. 0,000466” 0,00045” 0,000275 —0,00066 41 b) im gesunden N. tibial. post. 0,000,476 0,000366 0,000275—0,00066 19 ce) im gesunden N. brach. 0,000394 0,0004 0,00033 — 0,00075 16 c) im durchschnit- tenen N. isch. oberhalb der “ Durchschnitts- stelle 0,000648 0,00066 0,00045 — 0,0005 25 d) unterhalb der- selben 0,000463 60,000455 0,00025 —- 0,00063 34 im N. tib. post. derselbenSeite 0,000406 0,0005 0,000,275—0,00051 30 e) in der neuge- bildeten Subst. 0,000401 0,0004 0,000275 — 0,0005 30 Die Primitivfasern von c) waren stärker gerunzelt, ge- kräuselt oder, wie man auch sagen kann, zusammengeschrumpft als die normalen; daher denn wohl die beträchtliche Dicke jener Fasern, von denen keine weniger als 0,00045‘ dick war, dieser Veränderung zuzuschreiben ist. Eine gleiche Kräuselung zeigten die Fasern unterhalb der Narbe; dabei waren sie sehr dunkel und stark körnig. Einige schienen ganz in Körner zer- fallen zu sein. Die grössern Körner maassen 0,0001— 0,0002". Im N.tibialis derselben Seite zeigte sich die Veränderung nieht so weit fortgeschritten. — Die neuen Fasern lagen zwischen 407 einer fein granulirten Masse, waren durch diese von einander getrennt, besassen eine eylindrische Form, einen graden Ver- lauf, und wurden ihrer blassen Beschaffenheit wegen nicht überall deutlich unterschieden. 2) Ein anderer eben so lange vorher operirter Frosch starb von selbst, nachdem sich ihm plötzlich der Magen aus dem Rachen hervorgestülpt hatte. Auf das unruhig sich bewegende Thier auf- merksam geworden, wollte ich den Vorfall reponiren, als das- selbe in meinen Händen starb. — Die Enden des durchsehnittenen Nerven lagen dicht an einander. Eine dünne blasse durchschei- nende feste Substanz verband den dicken Knoten des centvalen Theils mit dem andern wenig geschwollenen Ende des Ner- ven, und hing innig mit der unıgebenden Muskelsubstanz zu- sammen. Der oberhalb der Trennungsslelle abgehende Mys- kelast des N.ischiad. war nieht stärker entwickelt als der auf der entgegengeselzien Seile. Die mikroskopische Messung, welche 42 St. nach dem Tode geschah, ergab folgende Durch-, messer der Fasern: Messungs- Mittel. Mehrzahl. Gränzen. zalı a) im gesunden N. ischiad. _ 0,0044” 0,000385 0,000285—0,00071 78 im Muskelast desselben 0,000411 0,000433 60,000285—0,00Q52 30 b) oberhalb der Durchschnitts- stelle 0,0005 0,000433 0,00024 — 0,00067 74 im Muskelast d. N. isch. das. 0,00046 0,000525 0,00033 — 0,000675 23 e) im untern Ner- venslück 0,000445 0,000385 0,00024 — 0,00067 75 d) in der neuen Substanz 0,00042 0,000385 0,00028 — 0,00057 17 Bei der Untersuchung der Fasern des gesunden Nerven ist mir hier recht klar geworden, wie dieselben bündelweise verschieden sein können. Neben einem Bündelchen mit Fa- sern von 0,0007 witllerer Dicke lag ein auderes, dessen Uy- 408 linder bei derselben Behandlung mit Wasser eine Mittelzahl (aus 15 Messungen) von 0,00038* gaben. Ebenso fand ich im obern Stücke des durchschnittenen Nerven neben einer Anzahl dicker zusammengeschrumpfter Fasern eine andere dicht an ein- ander liegender, die blasser, dünner waren und wie leer aus- sahen. — Im untern Stücke desselben Nerven waren die Fa- sern meist körnig, einige aber gleichmässig "hell, ganz so, als ob sie ihren Inhalt vollständig verloren hätten. Im’ Wasser hin und her bewegt, ertheilte diese Nervenmasse demselben bald ein emulsives Aussehen. — Im Knoten und von dort aus in die neue Zwischensubstanz hinein verliefen die Fasern ganz gerade, nur im obern Theile fanden sich einige gekräuselle darunter; jene insgesammt waren viel blasser als die normalen. 3) Zwei Frösche starben bald hintereinander, beinahe fünf Monate nach der Durchschneidung des Nerven. Die Untersu- chung geschah unmittelbar nach dem Tode, zu einer Zeit, wo die Muskelreizbarkeit noch andauerte. — Bei dem einen Fro- sche war die Verbindung zwischen den beiden getrennten Ner- venenden viel vollständiger als bei dem andern. Hier bestand sie nur aus einem schmalen Streifen von etwas über 1“ Länge und röthlich gelblicher Farbe. Beide Enden so wie die Mit- telsubstanz waren mit den Umgebungen fest verwachsen, Am eentralen Theil befand sich ein Knoten, am peripherischen nur eine schwache Anschwellung. Von dieser an abwärts halte der Nerv eine gelbliche Farbe und eine grosse Mürbheit. Die Dicke der Fasern betrug bei dem erstern Frosche: Messungs- _ Mittel. Gräuzen zahl. a) oberhalb der Durchschnei- dungsstelle 0,000437 0,00035 — 0,00055' 30 b) unterhalb derselben, nahe am Ende 0,00081 0,00073 — 0,00087 6 unterhalb derselben, ober- halb der Kniekehle 0,000446 0,00035—0,00051 7 unterhalb derselben, im N. peronaeus 0,00035 0,00029 — 0,00045 28 e) in der neuen Substanz 0,000358 0,00029— 0,0004 30 409 Unter den Fasern a) zeichneten sich einige durch ihre äusserst blasse Beschaffenheit aus. — Die dicken Fasern aus dem untern Nervenstück, dicht unter der Narbe, waren slark gerunzelt, sehr dunkel, und enthielten kleine Felttröpfehen. Wahrscheinlich waren dies keine einfachen Fasern, sondern aus Zusammenschmelzung kleinerer entstanden. — Das Zerfal- len der Cylinder in Körner und kleine Klümpchen liess sich weiter unten nach der Kniekehle zu sehr deutlich walrneh- men. Alle Fasern, auch die noch am besten erhaltenen, wa- ren stark körnig; bei einigen hatten sich die kleinen Körner zu grössern länglichen vereinigt, die noch von einer äusserst blassen eylindrischen Hülle eingeschlossen schienen; bei andern fehlte diese Hülle, indem sie vermuthlich schon zersetzt war. Bei demjenigen Frosche, dessen Nerv am wenigsten sich rege- nerirt hatte, liess sich die Veränderung der Fasern am auffal- lendsten wahrnehmen. 4) Bei einem andern Frosche war die Durchschneidung erst vor 34 Monaten geschehen. Die Nervenenden berührten sich gar nicht und standen auch nicht mit einander in mil- telbarer Verbindung; eine bläulich weisse elastische feste Sub- slanz, welche aus dem Knoten des centralen Nervenstückes auslief, verband denselben nur mit den umgebenden Muskeln. In ihr waren jedoch blasse Fasern erkennbar. Die Messung ergab folgende Durchmesser: Mittel. Mehrzahl Grünzen. a) oberhalb der Durch- schneidungsstelle 0,000417 0,00045‘ 0,00035 — 0,000575// b) in d. neuen Substanz 0,00036 0,00032 — 0,0004 - (selten 0,00045) Die neugebildete Substanz halte einen feinkörnigen Bau, selbst die Fasern schienen noch eine solche Beschaffenheit zu haben, falls die kleinen Partikelchen nicht etwa bloss ausserhalb der Hülle gelegen haben. Im Uebrigen verhiellen sich die neuen Fasern ganz so wie in den schon beschriebenen Fröschen. 5) Zugleich mit dem Nerven war diesem Frosche achl 410 Wochen vor der Untersuchung die Art. eruralis durchschnilten worden. Die Wunde heilte bei dem kräftigen Thiere bald zu. — Beide Nervenenden fand ich 1— 14‘ von einander entfernt und nur durch ein festes Blutgerinnsel mit einander verbunden. Die Dicke der Fasern betrug: Mittel. Gränzeu, _ Mesa a) oberhalb der Durchschnei- dungsstelle 0,000375” 0,00028 —0,000434 50 * b) unterhalb derselben 0.000833 0.00028—0,00045 50 Hier war also die Auflösung der Nervenfasern im untern Slück noch nicht sehr beträchtlich vorgeschritten. 6) Drei andere Frösche, die ich eben so lange vorher wie den vorigen operirt hatte, starben von selbst. Bei jedem derselben war das angeschwollene Ende des obern Nerven- stücks fest mit den Umgebungen verwachsen, das untere da- gegen weniger. Bei einem Frosche war das untere Ende mit der Cutis verwachsen, stand aber doch durch eine durchschei- nende, weissliche, faserige, dem dichten Zellgewebe ähnliche Masse mit dem Knoten des andern Endes in Verbindung. — Die Substanz des Knotens war unter dem Mikroskop bei allen Fröschen fein granulirt, stellenweise gestreift. Die Streifen verloren sich nach unten zu immer mehr. Diejenigen neuen Fasern, welche darunter sich schon deütlich erkennen und messen liessen, hatten eine mittlere Breite von 0,00036" (0,00025 — 0,0004"). Die dicksten Fasern im untern Nerven- stück maassen 0,00045 — 0,0005“ und ‚enthielten schon zahl- reiche Körner. 7) Das Rückenmark war bei einem Frosche vor 10 Wo- chen etwas oberhalb der Theilung in die Nerven der hintern Gliedmassen durchschnitten worden. Die Reflexbewegungen, welehe anfänglich vorhanden gewesen waren, halten sich nach ihrem Verschwinden nieht wieder eingestellt. Der Tod er- folgte von selbst. Die Primitivfasern maassen: 411 Mittel, Gränzen. Messungszabl. a) im N. brachialis 0,000373“ 0,000275 —0,00043/ 11 b) im N. ischiadieus 0,000396 0,0003 —.0,000475 19 8) Es gelang mir, einen Frosch ein ganzes Jahr lang ohne Nahrung am Leben zu erhalten. Die Abmagerung war unge- mein gross. Die Nerven sahen nach dem Tode ganz norınal aus; die Fasern aus dem N. ischiadieus gaben als Mittel aus 35 Messungen 0,000367”, als Gränzen 0,00025—0,0005“ oder genauer 0,000325 — 0,0004". 9) Ein gesunder Frosch: ward mit jenem verglichen. Die Dieke der Primitivfasern war wenig von der angegebenen ab- weichend. Das Mittel aus 30 Messungen war 0,000,374* (0,00033 — 0,000415“, selten bis 0,00055). Bevor ich zu den Kaninchen übergehe, will ich die ein- zelnen beschriebenen Beobachtungen mit einander vergleichen. 4) Die normale mittlere Dicke der Nervenfasern des N. ischiadieus ist (nach Nr. 1, 2, 7, 9) bei den Wasserfröschen 0,000416“. Hier sind die durch Kräuselung zusammenge- schrumpften und dadurch dicker gewordenen Fasern mit in die Rechnung aufgenommen; die Mehrzahl besitzt einen viel dün- nern Durchmesser. Der N.brachialis hat etwas schmalere Fa- sern als der N. ischiadieus, im Durchschnitt nämlich von 0,0003835“ (nach Nr. 1 und 7); der N. tibialis post. (s. Nr. 4) unterscheidet sich aber weniger von jenem, Dagegen gaben die Fasern des Muskelastes für den Oberschenkel ein etwas geringeres Mittel. — Die niedrigste Gränzzahl 0,00027—0,00028” kommt unter meinen Messungen so oft vor, dass ich zu glau- ben geneigt bin, dies sei entweder der Durchmesser aller durch äussere Einwirkung unveränderter Fasern, oder der einer be- stimmten Art derselben. Die dicksten, 0,00071— 0,0008” im Durchmesser haltenden Fasern, welche ich in Nr. 2. gefunden habe, sind gewiss keine einfachen Fasern gewesen; ich muss hier die Zusammenselzung aus mehreren kleineren überschen haben, wenngleich es mir nicht möglich war, dieselbe zu er- kennen. — Als die engern Gränzen für die normale Dicke der 412 Primitivfasern sche ich 0,00028” bis höchstens 0,00045” an. Diejenigen, woraus der N. brachialis besteht, sind gleichmäs- siger in der Grösse als die des N. ischiadieus. Vielleicht kommt dies daher, dass sie eine festere Scheide haben und sich we- niger leicht kräuseln. 2) Die Vergleichung der Primitivfasern aus dem centralen Nervenstücke, dicht oberhalb des Knotens, mit denen. dersel- ben Stelle des gesunden Nerven der anderen Seite ergiebt als fast ganz constantes Resultat einen grössern Durchmesser für die erstern. Bei Nr. 2. gilt dies auch von dem Muskelast des Oberschenkels. Die Differenz beträgt bei diesem Frosche so- wohl für das Mittel als auch für die Mehrzahl 0,00005 bis 0.00006"; in Nr. 1. sind die Unterschiede für das Mittel, die Mehrzahl und die Gränzen zwischen der Dicke der Nerven- fasern beider Seiten 3—4 Mal grösser als in Nr. 2. Auch Nr. 3. und 4. einerseits und Nr. 7. und 9. andererseits geben eine kleine Differenz in demselben Sinne. Falls nun nicht schon während des Lebens die Fasern oberhalb der Narbe dieker sind als die der gesunden Seite, so muss man doch wenigslens annehmen, dass jene in Hinsicht der Leichtigkeit, womit sie sich kräuseln, von diesen abyveichen. 3) Die mittlere Dicke der Fasern des ausser Function ge- setzten Nervenstücks unterscheidet sich ‘wenig von der nor- malen. : Dicht unterhalb der Trennungsstelle fand ich zwar in Nr. 3. den Durchmesser der Fasern beträchtlich vermehrt, in- dessen waren dies höchst wahrscheinlich keine einfachen, wie die Messungen am unteren Theil des durchschniltenen Nerven beweisen. Aus Nr. 1. und 2. erhält man für die Fasern der gelähmten Seite ganz und gar dieselben Zalılen ‚des Mittels (0,00045‘) und der Mehrzahl (0,00041“) wie für die der gesun- den Seite. Da übrigens zwischen der Dicke der Nervenröhrehen des N. ischiadieus in der Mitte des Oberschenkels und denen des N. tibialis und peronaeus sich eine Diflerenz herausstellt (aus Nr. 4. und 3. ist für ewstere das Miltel 0,0004545*. für letztere 0,000387“), welche grösser ist als die auf der gesun- 413 den Seite, so folgt daraus, dass einige Monate nach der Durch- schneidung eines Nerven die Fasern desselben in dem am mei- sten vom Centrum entfernten Theile an Umfang schon etwas abgenommen haben, oder weniger leicht durch äussere Ein- wirkung sich verändern. 4) Da, wo der Nerv einer gelähmten Gliedmaasse noch mit einem Theile des durchschnittenen Rückenmarks zusam- menhängt, falls derselbe auch nicht gross genug ist, um die Reflexbewegungen zu unterhalten, vermindert sich nach eini- gen Monaten die Dicke der Fasern nur ganz unmerklich (s. Nr. 7.). Etwas erheblicher ist dagegen die Abnahme des Durch- messers in dem Falle, wo das Thier ganz atrophisch geworden ist (s. Nr. 8,), und am stärksten da, wo zugleich mit dem Nerv die Arteria eruralis durchschnitten und dadurch dem Schenkel der Zufluss des Blutes entzogen ist. 5) Die Veränderungen, welche der Nerv nach Aufhebung seines Zusammenhanges mit dem Rückenmark erleidet, bestehen in einer Auflösung der Primitivfasern. Dieselben verlieren zu- erst ihr eylindrisches Aussehn, bekommen querlaufende Strei- fen, durch welche sie in lauter kleine mehr oder weniger un- regelmässig eylindrische Stücke, deren Höhe dem Durchmesser der Faser ungefähr gleichkommt, getheilt zu sein scheinen. Diese Querlinien entstehen durch Kräuselung der Faser, indem die Wandung, sich nach innen stark einstülpend, sich zu einer schmalen Falte zusammenlegt, so dass man von aussen die Stelle der Einschnürung gar nicht bemerkt. Zweitens bilden sich kleine Fetlkügelchen im Nerven aus dem sich zersetzenden Mark; dadurch wird die Faser dunkler und undurchsichtiger. Späterhin vereinigen sich die kleinen Fettkügelchen zu grös- sern (mikroskopischen) Tröpfehen; dann verschwindet auch nach und nach die Wandung des Nervenröhrchens. — Merk- würdig ist, dass die Feltkügelchen sich reichlicher im cen- tralen Ende des untern Nervenstücks als gegen die Peripherie zu vorfinden, was verschiedene andere Gründe haben kann, 414 ohne dass man gerade gendthigt ist, eine Fortbewegung des Nerveninhalts von einer Stelle zur andern anzunehmen. Da im Unterschenkel das Fett zuerst verschwindet, so zeigen auch hier die Fasern am frühesten eine Abnahme des Volumens. 6) Dass die neugebildeten Fasern etwas schmaler sind als die alten, unterliegt meinen Messungen zufolge keinem Zwei- fel. Das Mittel für ihren Durchmesser aus Nr. 1, 2, 3, 4, 6. berechnet, ist 0,000374” (0,00025—0,0004“, höchstens 0;,00057*). Dass diese Fasern, besonders in der frühern Zeit, höchst wenig Neigung haben sich zu kräuseln, war ganz deutlich; sie be- hielten überall ihren geraden Verlauf und ihre ceylindrische Form. Dieser Unterschied an den Nervenfasern neugeborner Thiere beruht wahrscheinlich auf der dichten Beschaffenheit ihrer Wände und ihrer nächsten aus dem ergossenen Faser- stoff gebildeten Umgebungen. U. Untersuchungen an Kaninchen. An zwei Kaninchen ward der N. ichiadicus hoch ‚oben beim Austritt aus dem Becken durchschnitten. Das eine Thier (A) starb nach 5 Monaten an einer Vereiterung des Kniege- lenks der nicht gelähmten Seite, das andere (B) nach 54.Mo- nat an Pleurilis. Bei keinem war Empfindung oder Bewegung in den gelähmten Schenkel zurückgekehrt. Die Muskeln des- selben ‚befanden sich im höchsten ‚Grade der Atrophie. Die Enden des Nerven hatten sich bei A nicht vereinigt, sondern standen 1— 2" auseinander. Das obere zeigte einen aus zwei mit einander ‚fest verbundenen kleineren bestehenden festen Knoten, der ‚mit dem umgebenden Zellgewebe fest ver- wachsen war. Höher verhielt sich der Nerv ganz gesund. Das untere sehr wenig angeschwollene Ende hing noch fester als das obere mit der Umgebung zusammen. Von dort ab- wärts war der N. ischiadieus zur einen Hälfte (N. peronaeus und Muskelast des Oberschenkels) ganz'blass, mattweiss, durch- scheinend, schlaff, beim Zerreissen zähe, dicht; zur andern Hälfte aber (nämlich der zwischen den genannten Aesten ge- 445 legene-N. tibialis) bis zur Mitte des Oberschenkels ganz gelb, welk und so mürbe, dass er, in Wasser etwas gerieben, die- sem schnell ein milchähnliches Aussehn ertheilte. Bei dem zweiten Kaninchen (B) ging von den beiden mit einander verschmolzenen Knoten des dem Anschein nach etwas dicker gewordenen centralen Nervenstücks eine blasse durch- scheinende Mittelsubstanz von 3— 4" Länge und 1 — 14" Breite zu dem wenig geschwollenen Ende des peripherischen, atro- phisch, gelb und schlaff ausschenden Nerventheils. Dieselbe lag in ihrer ganzen Länge dicht auf dem Ligamentum sacro- ischiadieum, so dass sie gut isolirt werden konnte. Die mikroskopische Untersuchung der Nerven beider Thiere gab folgende Resultate: 1) Die Dieke der Fasern im N. ischiadieus des gesunden Schenkels anlangend fand ich: bei 4. bei B. Mittel 0,00034” 0,00031“ Mehrzahl 0,000275" 0,000275” Gränzen 0,0002—0,000525” 0,00019— 0,000475" Messungszahl 29 15. Die über 0,00038", so wie die unter 0,00021“ dieken Fasern gehörten zu den seltnern. Die gekräuselten, welche viel dik- ker sein können als die höchste angegebene Gränze, habe ich so viel als möglich von der Berechnung ausgeschlossen. 2) Der Durchmesser der Fasern des centralen Nerven- stückes dicht oberhalb des Knotens war: bei A. bei B. Mittel 0,000375" 0,000365” ° Medırzahl 0,000275 u. 0,000425” 0,00038” (seltener 0,000275“) Gränzen 0.0002 — 0,000575" 0,00025— 0,00052" Messungszalıl 43 28 Also waren auch hier gerade wie bei den Fröschen die Primilivfasern der Nerven oberhalb des Knotens zu einem Theil entweder an sich dicker oder leichter durch Zusammenschrum- 446 pfung veränderlich als die normalen. Im ersten Falle könnte man daran denken, die dieker gewordenen Fasern für motorische zu halten. Dass andere dünner gewordene (vergl. 1.u.2. bei B.) der Empfindung vorher gedient halten, ist-ohne eine so ge- wagte Hypothese glaublich, indem, wie ich sogar bei den Frö- schen nachgewiesen habe, die ausser Function getretenen Ner- ven elwas alrophisch werden. 3) Die durchscheinende blasse, dichte Portion des durch- schnittenen N. ischiadieus bei dem Kaninchen 4A verhielt sich auch unter dem Mikroskop ganz verschieden von der gelben mür- ben, ebenfalls unterhalb der Trennungsstelle gelegenen. Jene be- stand aus blassen Fasern, deren Mehrzahl weniger die Kennzeichen von Nerven- als von Zellgewebelasern an sich trug. Hin und wieder lagen zwischen denselben einzelne oder rosenkranzarlig an einander gereihete Fetttröpfehen. Die feinsten Fasern hat- ten einen Durchmesser von 0,0001—0,000125”, die dicksten von 0,00033”; jene sahen gar nicht, diese sahen mehr wie Nervencylinder aus. Die Mehrzahl von denen, welche eine Dicke von 0,00014— 0,00033” besassen, bot einen Darchmes- ser von 0,000275” dar. Die Mittelzahl belief sich auf 0,00025”, wenn man die feinsten Fasern ganz ausschliesst. Ausserdem bemerkte ich noch einzelne diekere sehr blasse Röhrchen von 0,0004 — 0,0005”, in denen dichte Reihen von Fettkügelchen lagen. Diese Kügelchen waren 0,00014— 0,00033", selbst 0,0004, meist aber 0,00025 — 0,00028” gross. — Die gelbe Nervensubstanz dagegen enthielt lauter Feltkörner, deren Mehr- zahl nieht in eylindrischen Röhren eingeschlossen schien. Von den Fasern war überhaupt wenig erkennbar; die messbaren halten eine theils »beträchtliche Dieke, nämlich von 0,00028 bis 0,00055“ im Durehschnitte und auch in der Mehrzahl von 0.000425”, theils waren sie sehr dünn, mitunter selbst noch dünner als die so eben angegebenen feinsten der übrigen blas- sen alrophischen Nervensubstanz. Die Fetlkügelchen 'massen 0.00005 — 0,0001” und 0,0002”; einige seltne hatien einen Durchmesser von 0,00036”, wenige längliche eine Länge von 417 0.00052". — Bei dem andern Kaninchen B. hielt die Auflösung des durchschnittenen Nerven die Mitte zwischen der der bei- den Portionen von A. Auch hier waren: drei Bestandtheile deutlich unterscheidbar: a) Dunkele Fasern mit mehr oder weniger feinen Fettkügelchen und von einer unter dem Normal befindlichen Dicke (Mittel 0,000225”, Mehrzahl 0,00024”, Grän- zen 0.00015—0,000285”); b) sehr blasse Fasern mit einzelnen grössern Fettkügelchen und yon einer das Normal übertreffen- den Dicke (0,00033 — 0.00045"); e) in Reihen gelagerte, aber sich nieht berührende Fettkügelchen, von denen die grössten den grössten noch in den Röhrchen eingeschlossenen ungefähr gleichkamen,und einige durch Zusammenfliessen mit denzunächst gelegenen noch eine beträchtliche Länge erhalten halten. So wie bei den warmblütigen Thieren die Ernährung der Gebilde überhaupt mehr unter dem Einfluss des Rückenmarks steht als bei den kaltblütigen, so sehn, wir auch hier, dass bei den Kaninchen in derselben Zeit die Zersetzung der durch- schniltenen Nerven grössere Fortschritte gemacht hat als bei den Fröschen. _Dort sind nämlich die Nerven weit mehr zu blossen Zellgewebefasern, und das Nervenmark weit mehr zu kleinen und dann zu grössern Fettkügelchen umgewandelt als hier. Weshalb bei dem einen Kaninchen die Veränderung des Nerven nicht in allen seinen Theilen gleichmässig war, weiss ich nicht zu sagen, obgleich es an Vermuthungen nicht fehlt. Wir sehn hier wieder und noch auffallender als bei den Frö- schen, vorzugsweise im obern Theile des peripherischen Ner- venstücks, die Feltkügelchen abgelagert, wahrscheinlich weil hier die Aufsaugung geringer. Deshalb mag auch wohl gerade der in der Mitte gelegene Ast daselbst am wenigsten seines In- halts verlustig gegangen sein. 4) Der Knoten am Ende des centralen Nervenstücks be- stand bei A. aus dicht an einander liegenden, ganz gerade ver- laufenden, schwer von einander trennbaren, 'blassen Fasern. Bei einigen derselben war am obern Theile der Uebergang in Müller's Archir. 4839, 27 418 diekere, vollere, körnige, gekräuselte ganz deutlich, Die Zwi- schensubstanz von B. war feingranulirt und stellenweise ge- streift mit einzelnen dazwischen gelagerten Fetikügelchen. Die gestreiften Stellen bestelin aus blassen: Fasern von 0,0001 bis 0;00028 (höchstens 0,00033°); davon war das Mittel 0,0002”, und die Zahlen 0,0001, 0,00024 und 0,00028” kamen gleich häufig darunter vor. Mehrmals beobachtete ich ausserdem 0.0005 — 0,0006“ dicke Cylinder, welche aus feinen Fasern von ungefähr 0,0001” zusammengesetzt waren. Sollten sich aus letzteren etwa erst die Nervenröhrchen bilden? Vergleichen wir auch hier die beiden zum Versuch be- nulzten Thierarten, so ist augenfällig, dass die Frösche unge- achtet ihres ununterbrochenen Hungerns und der für die Neu- bildung ungünstigen Monate (September bis Februar), doch noch mehr Regenerationskraft äusserten, als die gutgefütterten Kaninchen. Bei diesen wie bei jenen Thieren glichen übrigens die neugebildeten Fasern noch nicht vollständig den alten, we- der im Bau, noch im Durchmesser. Wenn Steinrück (a. a. ©. p. 76.) schon nach 10 Wochen bei einem Kaninchen die neugebildeten Fasern von dem normalen Durchmesser ge- funden zu haben versichert, so ist dies nur daraus erklärbar, dass in jenem Falle der durchschnittene-Nery ein sehr kleiner, und die Vereinigung der Enden genau war. Dass die Narbensubstanz zwischen den zwei Schnittflächen eines Nerven sich in Nervensubstanz umwandeln könne, davon zeugen auch meine Untersuchungen, dass aber damit jedesmal eine Rückkehr der Bewegung und Empfindung in die gelähm- ten Theile verbunden sei, möchte ich bezweifeln. Bin ich selbst auch so unglücklich gewesen, niemals nach der Durch- schneidung des N. ischiadicus, selbst wenn ich die Thiere drei Vierteljahr am Leben liess, eine Wiederherstellung der Fun- ction des Nerven beobachtet zu haben, so sprechen doch die Angaben anderer Physiologen dafür. In den Fällen, auf wel- che sich diese Angaben stülzen, müssen die örtlichen Verhält- nisse an der Durchschneidungsstelle so günstig gewesen sein, dass die genaue Verbindung der beiden Enden des Nerven eher 419 erfolgen konnte, als das untere Stück atrophisch wurde. Denn wenn die Primilivfasern sich aufgelöst, oder ihren öligen In- halt eingebüsst haben, wie dies bei den beiden oben erwähn- ten Kaninchen der Fall war, dann möchte wohl schwerlich die Rückkehr der Funclion noch möglich sein. Wie rasch diese Umwandlung aber schon ihren Anfang nimmt, das habe ich bei Fröschen erprobt; schon nach 8 Wochen war dieselbe er- kennbar. Und dass die geringste Veränderung in der Struetur hinreicht, um das Leitungsvermögen der Nerven aufzuheben, ist gewiss, denn wir sehn, dass die Eleetrieität auf einen sol- chen Nerven ihre Wirksamkeit verloren hat. Man prüfe nur einmal, wie bald es bei einem Frosche nicht mehr möglich ist, durch einen quer durch den abgeschnittenen Nerven des lebenden Thieres gehenden galyanischen Strom Zuckungen zu erregen; ja selbst für die Leitung eines schwachen Stroms in der Länge des. Nerven, indem man den Muskel und den Ner- venstamm unterhalb der Trennungsstelle armirt, wird man die Nervenfasern wenig mehr geeignet finden: An diesem Man- gel der Reaction sind nicht hauptsächlich die Muskeln Schuld, wie ich dies früher glaubte, denn diese behalten stels, oder wenigstens noch sehr lange nach der Aufhebung des vom Rük- kenmark auf sie einwirkenden Einflusses einen nicht unbeträcht- liehen Grad von Reizbarkeit. — Dieser Gegenstand ist: näherer Untersuchung wertli, da hier wohl der Schlüssel zu der viel besprochenen Controverse, ob die Muskelreizbarkeit von den Neryencentra abhänuge oder nicht, zu suchen sein möchte. Nachschrift. Jetzt, nachdem der vorstehende Aufsatz schon zur Absendung an den Herrn Herausgeber dieses Archivs bereit liegt, erhalte ich ‚erst Valentin’s neueste Schrift: de funetionibus nervorum cerebralium, Bernae 1839. Da dieser ausgezeichnete Beobachter, wie ich sche, ebenfalls auf die Ver- änderungen der durchschnittenen Nerven aufmerksam geworden ist, so halte ich es für meine Pllicht ‚dies noch schliesslich zu erwähnen. 27° Ucber den Triceps brachii und den Flexor Jigitorum sublimis des Menschen. Von Fr. Wırn. Tueıre. Seit beinahe einem Jahre bin ich fast täglich mit der Unter- suchung der Muskeln des menschlichen Körpers beschäftigt, zum Behuf der Ausarbeitung der Myologie für die neue Ausgabe von Soemmerring. Die grösseren Muskeln werden nun bei den Secirübungen unter den Augen der Anatomen jährlich so viele Male zergliedert, dass man glauben sollte, Unrichtig- keiten könnten in ihrer Beschreibung kaum vorkommen, und es müssten die wesentlichen Verhältnisse der einzelnen Mus- keln sattsam erkannt sein; indessen habe ich bei diesen an- haltenden genauen Untersuchungen, 'bei denen ich stets ein besonderes Augenmerk auf das Verhältniss der Sehnenfasern zu den Muskelfasern richtete, die Sache vielfach anders gefun- den. Zum Beweise dafür und als Prodromus der Myologie in Soemmerrings neuer Ausgabe will ich die Resultate meiner Untersuchungen über die beiden oben genannten Muskeln der obern Extremität mittheilen. ! Triceps brachii. Er entspringt bekanntlich mit 3 anfangs ganz getrennten Köpfen, die sich nach unten vereinigen und am Ellenbogen- 421 knorren anheften, dem Anconaeus longus, externus und in- ternus. Anconaeus longus. Er entspringt sehnig vom obern Theile des vordern Schulterblattraudes. Die Selme verläuft nicht nur über die vordere und hintere Fläche des anfangs platten Muskels nach unten, sondern auch über seine beiden Ränder; sie ist also trichterförmig. Auf der vordern Fläche des Muskels verläuft sie übrigens am weitesten nach unten. in der Höhle des Trichters entspringen die Muskelfasern, die längs des Oberarms nach unten laufen und sich bald an die Endsehne heflen. Diese ist breit, beginnt schon oberhalb der Mitte des Oberarmes im Innern, wo sie also die Muskelfasern auf beiden Flächen-aufnimmt. Bald aber treten sie nur noch an die hintere Fläche und den innern Rand der Sehne, und die untersten reichen am innern Rande bis nahe zum Olecra- non herab. Die Endsehne des Anconaeus longus hat mithin die längere freie Fläche (die freilich durch den Ansatz der Fa- sern der beiden andern Anconaei verdeckt ist) vorn. Da die Ursprungssehne auf der vordern Fläche stärker entwickelt ist, so sollte nach dem allgemeinen Typus der Muskeln die End- sehne auf der hintern Fläche in der längsten Strecke frei sein. Die Unregelmässigkeit ist aber auch, nur scheinbar, Der Mus- kel hat sich nämlich hoch oben halb um seine Axe. gedreht, dass die vorher hintere Fläche nach unten zur vordern ge- worden ist. Anconaeus externus. Dieser Kopf enispringt an der Aussenseile des Oberarmknochens längs einer Linie, die zwi- schen den Inserlionen der beiden runden Armmuskeln mehr nach hinten am Oberarme beginnt, und sich nach unten in den äussern Winkel des Knochens fortsetzt. Die Ausdehnung, in welcher der Anconaeus externus von dieser Linie entspringt, ist der Punkt, der einer genauen Feststellung bedarf. Der Ursprung reicht aber nur bis in die Mitte oder wenig unter dieMitte des Oberarmknochens, oder bestimmler, bis dahin, wo der Speicheunery und die tiefen Armgelässe von 422 EG der hintern Fläche des Oberarms über dessen äussern Rand nach vorn gelangen in eine rinnenförmige Vertiefung (gout- tiere de torsion bei Cruveilhier). Der Ursprung ist zum Theil fleischig, grösstentheils aber sehnig, indem theils eine schwache sehnige Ausbreitung auf der Aussenfläche des Mus- kels sich bemerklich macht, theils stärkere sehnige Fascikel in seinem Innern verlaufen. Die 3—4 Zoll langen Fleischfäsern verlaufen nach unten und etwas nach innen, und bilden einen platten, dünnen Muskel, an dem ein innerer oberer und ein äusserer unterer freier Rand unterschieden werden können. Am letztern findet sich meistens ein stärkerer sehniger Strei- fen. — Das Ende dieses Muskelkopfes ist folgendermassen be- schaffen: Die obersten Fleischfasern heften sich kurzsehnig oder fleischig oben an die vordere Fläche der Endsehne des Anconaeus longus; die folgenden bekommen ein eigenes sehni- ges Blatt, das anfangs im Innern der Muskelsubstanz versteckt ist, dann auf der hintern Fläche frei wird, und nahe dem Ole- eranon am äussern Rande die letzten Fleischfasern aufnimmt. Dieses Sehnenblatt vereinigt sich aber vollständig mit der End- sehne des Anconaeus longus an deren äusserem Rande. Das gemeinschaftliche, aus senkrechten Fasern bestehende Sehnen- blatt scheint sich, wenn der Triceps nach Wegnahme der Haut von hinten angesehen wird, zwischen den Muskelfasern des langen und des äussern Kopfes, vom Oleceranon aus dreiseitig nach oben zu erstrecken. Bekanntlich entspringen zum Triceps gehörige Muskelfa- sern längs des ganzen äussern Winkels des Oberarmknochens bis fast zum äussern Knorren herab. In den Beschreibungen des Anconaeus externus heisst es nun entweder geradezu, der Muskel entspringe von dem genannten Anfangspunkte an in der ganzen Länge des äussern Winkels, oder es wird mit Still- schweigen übergangen, wo das bestimmte Ende des Ursprungs ist. Im letztern Falle erhellt indess aus der elwa einfliessen- den Bemerkung, dass die untersten Fasern des Anconaeus ex- ternus sehr kurz seien und horizontal verlaufen, oder dass der 425 Anconaeus externus voluminöser sei als der internus, oder dass er vom Lig. intermusculare externum entspringe, dass man die vom äussern Oberarmwinkel kommenden Fasern wirklich als zu ihm ‘gehörig ansieht. Auch aus den Beschreibungen des Nervus radialis ersieht man, dass das Verhältniss zwischen Anconaeus externus und internus nicht genau erkannt ist. Es wird nämlich nicht angegeben, dass der Nerv zwischen diesen beiden Muskeln auf der hintern Fläche des Oberarms verläuft, und am untern Rande des externus nach vorn ‚gelangt; son- dern es heisst in den Beschreibungen gewöhnlich, der Nerv schlage sich zwischen Anc. longus und internus um den Ober- arm herum, oder man sagt geradezu, der Nerv durchbohre den Anconaeus externus. (Nur Einmal unter einer ziemlichen Aun- zahl untersuchter Fälle fand ich, dass wirklich noch .ein dün- ner, zum Anconaeus externus gehöriger Sehnenstreif unterhalb des Durchtritts des Speichennerven und der tiefen Armgelüsse am Oberarmknochen ansass.) Dass der Anconaeus exiernus nur an der obern Hälfte des Oberarms entspringt, und die vom äussern Winkel kommen- den Fleischfasern dem Anconaeus internus angehören, lässt sich bei einiger Vorsicht im Präpariren an jedem Arın naclı- weisen; wenngleich in der Gegend des äussern Randes des Anc. externus die Fasern beider Muskeln durch kurzes stirafles Zellgewebe eng auf einander liegen. Ist dieHaut vom untern Theile des Triceps entfernt worden, so erkennt man leicht den äussern Rand des Anc. externus daran, dass seine ziemlich ge- raden, nach unten verlaufenden Fasern sich mit den tiefer lie- genden und mehr schief verlaufenden des inlernus kreuzen. Hebt man diesen Rand von unten nach oben elwas auf, indem man das kurze Zellgewebe trennt, so findet man ihn nach deın Ursprunge hin sehnig. Wird dieser Rand immer mehr aul- gehoben, und irennt man zugleich von oben nach unten, mit- telst des Sealpellstiels oder des Fingers die Muskellasern, zwi- schen denen der Nervus vadialis herabläuft, ‚so gelangb man allmählig dazu, den Auconaeus externus von dem unterliegenden 424 internus abzuheben. Erleichtert wird diese Sonderung dadurch, dass man den obern und untern Rand des Muskels, so weit sie schon aufgehoben sind, nach der Breite desselben senkrecht durchschneidet, und dann das Durchschneiden der noch nicht auf- gehobenen Muskelpartie Faser für Faser vorsichtig fortsetzt. Hebt man dann die beiden Portionen des durchschnittenen Mus- kels nach dem Ursprunge und nach dem Ende hin ganz auf, so findet man eine deutliche umhüllende Zellgewebeschicht auf beiden Muskeln in ‚dieser Gegend; man findet beide Muskeln am Ursprunge durch den Nervus radialis ganz von einander gesondert; man überzeugt.sich endlich, dass alle übrigen noch am Oberarm sitzenden Muskelfasern des Triceps so an einan- der liegen, dass sie nur als ein einziger Muskel, als Anconaeus internus, angesehen werden können. Anconaeus internus. Der Ursprung dieses Kopfes er- giebt sich von selbst, wenn der Anconaeus externus bestimmt ist. Er beginnt oben am Körper des Oberarmknochens zwi- schen dem Ursprunge des Anconaeus externus nach aussen und dem Ansatz des Teres major nach innen. Der Ursprung zieht sich von hier aus längs des ganzen innern Winkels des Ober- armes und des innern Zwischenmuskelbandes bis zum innern Höcker herab, verbreitet sich aber ausserdem auf die hintere Fläche des Knochens. Hier nimmt die Breite des Ursprungs bis zur Mitte des Oberarmes, wo sie den äussern Rand er- reicht, immer mehr zu; von da an entspringt aber der Muskel in der ganzen Breite der hintern Fläche bis zu den Gelenk- knorren herab. Der Muskelkopf entspringt überall fleischig; nur an seinem innern Umfange finden sich einzelne starke Sehnenstreifen, die vom innern Oberarmwinkel aus zwischen den Muskelfasern eine Strecke weit verlaufen. Die Richtung der Muskelfasern ist nicht überall gleich: die innern verlaufen nach unten und etwas nach aussen, die miltlern nach unten, die vom äussern Oberarmwinkel kommenden gehen nach un- ten und innen, so dass die untersten eine sehr schiefe, fast quere Richtung bekommen. Auch die Länge ist nicht überall 425 gleich. Die obersten und überhaupt die innern haben 2 bis 3 ZellLänge; die äussern sind kürzer und haben in der Nähe des Olecranon sogar nur noeh 1 Zoll Länge. Die vom innern Winkel des Oberarms enisprungenen Fa- sern beginnen in der Mitte des Oberarmes sich an die vor- dere Fläche, den innern Rand, zum Theil auch an die hintere Fläche der Endsehne des Anconaeus longus zu heften; weiter unten treten sie an eine eigne sehnige Ausbreitung, die sich aber mit der Endschne des longus am innern Rande vollstän- dig vereinigt. Die mittlern und äussern Fasern heften sich unmittelbar fleischig an»die vordere Fläche der gemeinschaftli- chen Endsehne des longus und externus. Die breite gemeinschaftliche Endsehne aller 3 Anconaei heftet sich an den höckerigen Vorsprung des Olecranon. Nach aussen setzt sich aber eine blattarlige Verlängerung der Seh- nenmasse über den ganzen Anconaeus quarlus fort, und be- festigt sich am hintern Winkel der Ellenbogenröhre, an der Bandmasse am Köpfchen der Speiche, so wie am sehnigen Ursprunge des Ulnaris externus, wo dieser Muskel am Rande des Anconaeus quartus anliegt. Zwischen der Endsehne und der obern Fläche des Ole- eranon liegt stets ein Schleimbeutel. Der äussere und innere Kopf haben die gleiche und ein- zige Wirkung, den Vorderarm oder den Oberarm zu strecken, je nachdem der Ursprung oder das Ende des Muskels den fest- stehenden Punkt bildet. Der lange Kopf kann diese Wirkung unterstützen, wenn das Schultergelenk fest ist, er kann aber auch unabhängig von den beiden andern Köpfen wirken. Wird nämlich der Vorderarm in einem beliebigen Grade der Beugung fixirt, so kann er, je nach der Befestigung des obern oder des untern Endes, den gehobenen Arm herabziehen, (den hängen- den gegen den Rumpf drücken helfen, oder das Schulterblalt und mittelbar den Rumpf dem befestigten Arme nähern. Der Auconaeus externus und inlernus stimmen übrigens hinsichtlich des Ursprungs mit den beiden Vaslis am Ober- 426 schenkel überein. Es reicht nämlich der Västus externus auch nicht bis zum äussern Gelenkknorren herab, sondern nur bis zur Mitte des Oberschenkels; die weiterhin von der Aussen- seite entspringenden Fasern gehören zum Craralis. Die Son- derung des Vastus externus vom Cruralis ist schwieriger, als die Sonderung des Anconaeus externus, und wird durch das nämliche Verfahren erreicht. Ich fand das wahre Verhalten des Ursprungs des Vastus externus früher, und vermuthete dann ein analoges Verhalten des Anconaeus externus, dieses zeigle sich auch sogleich bei der ersten Untersuchung. Lässt. sich der Anconaeus internus vielleicht in 2 Köpfe zerlegen, die dem Vastus internus und Cruralis analog wären? Bis jetzt ist es mir noch nicht gelungen, die volle Analogie des Oberarms und Oberschenkels in dieser Beziehung nachzuweisen. ‘Sehr häufig findet man aber einige Faseikel des Anconaeus internus von den übrigen gesondert, die sich an der Kapsel des Ellenbogen- gelenkes verlieren, ganz wie der Suberuralis. Flexor digitorum sublimis. Dieser ansehnliche, oben breite Muskel entspringt vom innern Oberarmknöchel, vom innern Seitenbande des Ellen- bogengelenks, von der Ellenbogenröhre innen und vorn, vom sehnigen vordern Rande des Ulnaris internns, theils fleischig, theils sehnig. Die so entsprungene Muskelmasse kann man als den grösseren Kopf desselben betrachten. Ein zweiter, kleinerer Kopf, der oben durch den Mittelnerven vom ersten getrennt ist, entspringt mit einzelnen sehnigen Fascikeln am vordern Winkel der Speiche, vomHöcker an bis ungefähr zur Mitte ihrer Länge. So weit stimmen die Beschreibungen des Flexor digitorum sublimis mehr oder weniger überein. Ueber den Verlauf des so entstandenen Muskels heisst es dann weiter in den Beschrei- bungen: er theile sich unten am Vorderarme in 4 Porlionen, deren starke Sehnen sich spalten und weiterhin an den zwei- 427 ten Phalangen der 4 äusseren Finger befestigen; oder er theile sich in 3 Portionen, von denen die eine sich nochmals theilt; manchmal wird auch noch richtig bemerkt, dass diese 4 Por- tionen unten in 2 Schichten über einander liegen, von denen die oberflächliche an den Mittel- und Ringfinger, die tiefe an den Zeige- und Ohrfinger treten. Die Theilung des Muskels für die 4 Finger erfolgt aber sehr regelmässig und auf eine etwas complieirte Weise. 4) Zunächst zerfällt nämlich der obere grössere Kopf in zwei einander deckende Schichten, eine oberflächliche und eine tiefe: a) Die oberflächliche Schicht nimmt die ganze Breite die- ses Kopfes ein, ist aber verhältnissmässig dünn. Die zu ihr gehörenden Fasern theilen sich in der Mitte des Vorderarms, auch wohl etwas höher, in 2 Bäuche, deren Fasern stets an die Sehnen für den mittlern und den Ringfinger treten. (Vom Speichenrande dieser oberflächlichen Schicht trennt sich gleich unter dem Ellenbogengelenke ein aus der Tiefe kommendes Muskelbündel, das in eine dünne Sehne übergeht, und sich mit dem langen Daumenbeuger vereinigt, so dass seine Sehne’ den Anfang der Sehne dieses Muskels bildet. Dieses Fascikel, des- sen Volumen variirt, und das am Ursprunge durchaus zum Flexor sublimis gehört, findet sich so häufig, dass ich diese Verbindung des Flexor sublimis mit dem Flexor pollieis longus als die normale Anordnung anzusehen geneigt bin.) b) Die tiefe Schicht wird von der oberflächlichen schei- denförmig umschlossen, und bildet einen vollkommen zwei- bäuchigen Muskel. (Um beide Schichten zu sondern, hebt man von der Hand- wurzel aus die für den Mittel- und Ringfinger bestimmten Por- tionen so weit nach oben auf, als es ohne Verletzung von Fa- sern Ihunlich ist. Durchschneidet man dann die dünne Schicht des kleinen von der Speiche kommenden Kopfes, und fährt man am Radialrande des Muskels fort, die zum Mittelfinger gehende Portion immer mehr nach oben aufzuheben, so trifft 428 man gleich unter dem Ellenbogengelenke beide Schichten aufs Deutlichste gesondert.) Die tiefe Schicht bildet zunächst einen kurzen muskulö- sen Kegel, dessen Spitze nach unten gerichtet ist, und geht dann in eine starke plaltrunde Sehne über. Diese Sehne ist manchmal nur in der Länge. einiger Linien, andere Male aber auch in der Länge einiger Zolle vollkommen frei; dann aber entspringen wieder Muskelfasern von ihr, wodurch diese ganze Schicht einem zweibäuchigen Muskel gleicht: Die entsprin- genden Fasern bilden indess keinen einfachen Muskelbauch, sondern theilen sich gleich vom Ursprunge an in ein oberes und unteres Muskelbündel. Das obere Bündel besteht aus kurzen Fasern, die sich oben an die Sehne für den Ringfinger heften. Nur ausnahms- weise tritt eine schwächere, oder selbst eine gleich starke Por- tion dieses obern Bündels an die Sehne für den Mittelfinger. Das untere Bündel hat längere Fleischfasern.. Es theilt sich in einen kleineren Bauch für den fünften, einen grösse- ren für den Zeigefinger, die gleich vom Ursprunge an voll- kommen gelrennt sind, und alsbald ihre eigenen Sehnen .be- kommen. So liegen denn die Portionen für diese beiden Fin- ger unter denen für den Mittel- und Ringfinger. (Um diese Theilung des untern Bauchs der zweiköpfigen tiefen Schicht zu schen, hebt man von der Handwurzel aus die für den fünften und. den Zeigefinger bestimmten Portionen auf, trennt das zwischen ihnen liegende Zellgewebe, und ge- langt so auf die Zwischensehne, von der sie entspringen. Wird jetzt die oberflächliche Schicht gehoben, so ‚spannt sich ‚das obere Muskelbündel, das von der Zwischensehne an die Por- tion des Ringfingers tritt.) 2) Der kleinere äussere Kopf bildet eine dünne breite Muskelschicht, die sich vollständig mit der oberflächlichen Schieht des ‚grösseren Kopfes, und zwar mit der für. den Mittelfinger beslimmten .Porlion vereinigt. Kleinere Abweichungen in der beschriebenen Anordnung 429 des Flexor sublimis übergehe ich hier; bemerken willich aber, dass Meckel das richtige Verhalten des Muskels zum Theil ge- sehen, es aber als eine Abweichung desselben bezeichnet hat, indem er (Handb. d. Anat. Bd. 2. S. 526.) sagt: „Nicht sel- ten ist ein namentlich dem Zeigefinger bestimmter Bauch die- ses Muskels fast in seiner ganzen Länge von den übrigen Mus- keln getrennt, und ausserdem durch eine ansehnliche mittlere Sehne in einen obern und untern Bauch getheilt.“* Das Verhalten der Sehnen des Flexor sublimis zu den Schleimscheiden an der Handwurzel und’ an den Fingern ist bekannt. Die Sehnenrollen an den 3 Fingergelenken, die ent- weder gar nicht, oder als Bänder dieser Gelenke beschrieben werden, gehören nicht dem Flexor sublimis allein an, sondern zugleich dem profundus; ich übergehe sie deshalb ebenfalis. Der Flexor sublimis beugt das zweite Glied der 4 äussern Finger und drückt diese Finger an einander. Wirken die Sirek- ker nicht entgegen, so muss auch. das erste Glied der Beugung folgen. — Aus der beschriebenen Anordnung seiner Muskelfa- sern erklärt sich aber auch auf genügende Weise, weshalb sich einzelne Finger sehr leicht in der Bewegung combiniren, während bestimmte andere Combinalionen sehr schwer oder fast unmöglich sind. Dass anhaltende Uebung, z. B. Clavier- spielen, der isolirten Wirkung einzelner Portionen eine grös- sere Freiheit zu verschaffen im Stande ist, versteht sich von selbst. Nach Beobachtung an der eignen Hand und an 2 an- dern Personen (alle spielen Clavier) finden aber folgende Ver- hältnisse in der Beugung statt, vorausgesetzt, dass die Finger nicht gestützt werden, und dass die versuchte Beugung weder gar zw langsam, noch auch zu hastig ausgeführt wird; denn im erstern Falle ist die Isolirung leichter möglich, im letztern ist die Combination der Bewegungen nicht wohl zu vermeiden. Auch dürfen bei diesen Versuchen jene Finger, die nicht ge- beugt werden sollen, nicht an einander liegen, und dadurch dem Beugungsimpuls einen Widerstand entgegen setzen. a) Beugung Eines Fingers, Der Zeige-, Miltel- und 430 Ringfinger lassen’ sich einzeln beugen; dem Ohrfinger folgt aber immer der Ringfinger. Sehr wahrscheinlich rührt dies von dem obern Bündel her, das von der Zwischensehne der tiefen zweibäuchigen Schicht an die Sehne des Ringfingers tritt. b) Beugung von 2 Fingern. Der Mittel- und Ringfinger, von der oberflächlichen Schicht versorgt, beugen sich leicht ohne die beiden andern; dem Zeige- und Ohrfinger, die von der tiefen Schicht versorgt werden, folgt der Ringfinger. Dem Zeige- und Mittelfinger folgt meistens der Ringfinger etwas; eben so unbedeutend folgt dem Ring- und: Ohrfinger der Mit- telfinger. Der Zeige- und Ringfinger lassen sich ziemlich voll- kommen combiniren; dem Mittel- und Ohrfinger folgt der Ringfinger. ce) Beugung von 3 Fingern. Diese Combination gelingt vollkommen, wenn der Zeigefinger gestreckt bleibt; sie ist leicht, wenn der Ohrfinger gestreckt bleibt; schwerer bei Streckung des Mittelfingers; unausführbar bei Streckung des Ringfingers. Der Ringfinger ist also bei den Combinirungen fortwäh- rend ein Hinderniss, weil er beiden Schichten des Muskels, der oberflächlichen und tiefen, gleichmässig seine Muskelfasern verdankt. Wahrscheinlich wird bei solchen Personen, deren Mittelfingerportion als: Abweichung ein Muskelfascikel von der Zwischensehne der tiefen zweibäuchigen Schicht aufnimmt, der Mittelfinger eben so die freien Combinationen stören. Werden alle 4 Finger rasch in die Hohlhand geschlagen, so erfolgt zugleich eine geringe Beugung des Nagelgliedes des Daumens; wahrscheinlich wegen des kleinen Fascikels, das von der oberflächlichen Schicht des Flexor sublimis zum Fle- xor pollicis longus tritt. Bern, am 4. November 1839. > ae ae Ba Pe 7 TER Bere Muller. s Arch 1839. | | 7 Gumand re- Mäller's Archiv 1839. C Guinand #6, _ Taf. IV. Muller Archiv 1839. ; { DI» TA ea: Be x E x Ne: SEN. B a \ —f —— u Te - ERTITTESE WB. R | | / z x | | \ e© | | | | N IQ S Sn C Gudnand sc Muller Archir 1839: Taf: IA. C Gudrun 20 UT TERE Ta VAL. C. Guinand #6» Miller.s Archiv 1839. Taf VIE. C.Grimand ve JE a Yu 1830. Taf: IX. U Granund ze x (2 In Furaı unsre __ Taf | > b I, EL er iR \ — /ZYa Dera a SW 5 PLN NRLIRUDZTRT. U EN SE TIRTER I Miller Anviuv 1830. meh 183. Miellerse 4: 0, Guinand ve | S rg Müllers Archiv 1939. Taf! XVL. 4 S S S S = > < e Alles