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I

AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN IN WIEN

SCHRIFTEN DER BALKANKOMMISSION ANTIQUARISCHE ABTEILUNG HEFT VIII

ARCHÄOLOGISCHE FORSCHUNGEN IN ALBANIEN UND MONTENEGRO

VON

C. PRASCHNIKER und A. SCHOBER

EX'HEREDITATE lOSEPHI-TREITL

WIEN IN KOMMISSION BEI ALFRED HOLDER

BUCHHÄNDLER DER UNIVERSITÄT UND DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN IN WIEN

I9I9

ALLE RECHTE VORBEHALTEN.

m

JAN 2- 1968

DRUCK VON RUDOLF M. ROHRER IN BRUT

III

Seh, in in ilcn TiKicn, dt ilic l,\ ii. I:. Tiupiirn in sieiircirlinn Wirnnirsch nm ilrni monlcnciirinischrn lirniliindf siidirdris nach Allxuiirn riirilniniim und ihuiiil dm /aiilxTiidrlcl der Alxjcscidossrnliril, ilrr Ijis ror kurzem mich das Land unujnb, zerbrachen, reifle der I'lun, die neuert^cldossenen Gehiele wissenseh(i[llich :u dnrehjnrsehen. Ea id vor allem den liemi'ihun<ien der Urnen I 'n>lessnren: Jln/rai Dr. E. Ileiseh. des Direl.Inrs ,les I. . /, . r.slerreieliiselirn Insliliiles, llnjnd Dr. V. KiirahaeeL. des Direl.Inrs der /, , „. /, . I lajhildiidhel soirie lie.jieninijsnd J>r. M. Ihdierliindl zu (hniLcn. irenn <nn HK Mai lUlli rim- luuijilsurldirh tuis \'erlrelern der liisluriselien W issensi-liiil'len zns(nnmeniii'selzle l-^.iiiedilinn die I leielislKuipIsIddl n^rlassi-n l.annle. ^L L'indierlz verlrid in ihr die <dh(Ulisehe Siiraehii'issensehdjl, -\ . Ihdierlanill ilie \'nll,sl.iinile, E. Bnsridieel.- die neuere l\ inislieissi'nseluiil, /''■ Eidrie die Slaieislil:. Als Arehiiidniien nnhinen die beiden lerfasser des rarlieiienden lierieldes leil. mn denen sieh Sehaber lunijdsneldieh iiiil den Inschriflen, Prasehnil.er mil den HinidenLindlern besehtijlitjen snille. I)ie Easlen iler l-l.rjie' diliiin wurden zum Teil nun l.\ L\ M inislerium jiir h'nllus und I nierrichl, zum Teil eaii der kaiserlieiien ALudemie der \\ issrnsrliullen und dem I. . u. 1. . I )bersll,(inutierer(nnl ijelruijen.

Dem lieisejddne nueli snille ran ('.<dl(U'n <ius duri'h Mnnleneijrd und Alhiuiien siiilwürls gefiaiKjen werden bis Elbassan, ran dnrl dem Liuije der 1 /'/ h'.iinuliu usllieh idier dus (iebinje (jejdhjl und dann diireli All- und Neuserhien die Heimreise (Uiijelrelen werilen. I )a jedoeh sehließlieh die }-!eise auj dus von I;. u. I. . Truppen beselzle (ii'biel hesehrdnhl werden nni/.lle. wunle jiir den ll'iv/ nach Serbien der scliwieriue M(u-seh dureh die nordalbanitiehen Alpen (jewäldl. Eiir die 1 (v/a.s.scr kam dieser Teil der Heise niehl mehr in Belrachl, da Schober aus Berufsrücksichlcn schon früher die Reise halle unlerbrechen müssen und I'rasehniLer erkr(uikl im Epidemiespilal ron Skulari zurürkblieb.

Dies sowie auch rersehiedene aiulere l'utsidnde liej.len in der I-'idije für die Arehüidnuen eine zweile Heise <ds sehr wünschenswert erscheinen. Die ersle Heise war. u'ie (/eplanl, von allen Teilnehmern fasl inuner vereint zurück(jele(ft worden, uiul wenn das auch für die Heise selhsl belrdchlliehe Annehmliehl.eilen zur T'idije hidle. so ziviuuj es (uulerseils in bi'zuij (Uij /eileinleilumj und Houle zu ueyenseiliiien Zu;iestdndnissen. sndaj.l (Utj dem Cebiele der Arehnnlniiie cnii Schlüsse der Heise noch Belrächlliches zu dem alhiemeinen I brrldiel, jehlle. den sie uns rerniilleln sollle. Auch ludle die ivissenscliujlliehe V nrbereilumj nur reehl [luehlifi sein Lnnnrn. du uu'hrere iler Teihu'hmer die Heise unuiillelbar voti ihrer Truppe aus hallen anirelen uiiissen.

J. eider verziKierle sieh ilds / uslandeLdminen dieser zieeilen. aussridiefdieh nun I. . I. . Mini- sterium für Kultus und l'iüerricht veransidllelen Heise so sehr, dafJ die rtv/«s,srT Wien ersi zu einer Zeil verla.ssen konnten, da die günslirje Uerbslreiseperiode für Albanien bereits verstrichen wiu- und die Hegenzeil ein;jeselzl halte, die die Etüsse und Harlte zu unidierschreilbaren Hindernissen macht, ivcile Strecken des h'üsteidandes unter Wasser setzt und (junztich unireijsam werden laf.ll.

I*

IV

.So l.nnnlrn mir allen Anslrcnijumim ziilrolz viiu'n hrlrarlillirlirn Teil unseres l>niiir(niii)ies nicht zur Ausjiihrunii brinfjen. Besonders vermissen mir selinn'rzlieli die iiereisunii iler \'i<i lüjnalia nin Kiwajri bis zum OherUnij des Sl.undii, die mir das ersle Miil nur ijeselinillen hallen. \Mr Indien ddjür eine urs]a-ünijHeh nielil heahsiejdiijle Durehslreifunu Munlenefjrus mn fnibjorica nordivärls bis ^ihsie und von dnrl durch das einsmii Ixle KarsUfcbicl nordmesllieh vmi dienern Orle bis zur Heichsfirenze <nii Kaziinu'- (Uincseldossen. die leider aueli diueli die l'nijunsl der W il- lerunij sehr beeiniräeldiijl mar.

Wahrend sieh die Iteisen (Uij den V(a\ unseren Truinien in bestem Slande ijeliallenen Slral-Ien .Monleneiiras mil Hilfe der uns van den niilildrisehen Ktaitmmiden ininier bereihviliujsl zur \ erjuiiunq iieslelllen Kritjlmaiien rasch und ohne Schtvieriijl.eilen ijeslallelen, miu- in Alb<uuen mil (janz inuleren \'erhdllnissen zu rechnen. Die SIraßcn, ilie uihsere vorriicl, enden Trupiicn vur- j(nidcn, beschrüniden sich auj kurze, nicht miteinander in Verbindung siehende SIrecLcn, und menn auch der Ausbau eines weilverzmeiijlen Weg- und Straßennetzes eine der wichtigsten und sofort in Anf/rifi genommenen Aufgaben unserer Eiaiiiienlru])iien bilitele, so l.tamlc bei unserer ersten Heise nur mil den im ursprünglichslen yaturzustande befindlichen \'erl.ehrsici'gen di'r einheimischen Bevölla'rung gerechnet werden. An die Stctte des Kraftwagens Ind hier das Imigsame Tragtier. Bedeulend einfaelier geslallelen sich die V erhiillnisse auf unserer zmeilen Heise, auf der mir sclion mil versehiedeneit milllermeile eingerichlelen 'J'riuisiiorlmoglicid.cilcn rechnen l.onnlcn, aber damit aacli die r nablidiigigLi'H verloren, die uns (Uif der ersten Heise die eigene Tragtierhidonne ver- scliafft hatte. Sehr erleielderl murden die Reisen durch die zahlreichen mililärisclwn Fassungs- sletlcn, die uns immer wieder die Ergänzung unserer Vorräte ermöglichten, ivie es uns überhaupt selw zuslallen gehonnnen ist, daf.l mir in allen Fällen an die mililärischen Fomn>anden gewiesen ii'arcn und auch immer in der iveiteslgehenden Weise unh'rsliihl murden.

Es mar die Absield des h.L'. Ministeriums für Kultus und l'nlerrichl gewesen, luwii .Abselituf.) der E.cpedilion deren Ergebnisse in einem Uuclii', zus(nnnmngcselzl mis den Heilrägen der ein- zelne}! Teilnehmer, der Öffenilichl.eil zugänglicii zu nuichen. Da jedocli die in Diililäriseher Dienst- leislung stellenden Herren und das maren vier von sechs nach Beendigung der Heise wieder zu ihren Truppenhörpern zurüchkehren mußten, trat dieser Plan einstweilen in den Hinter- grund und mußte auf friedliche Zeilen verscludjcn werden. Der Umsland, daß der Ersatz- körper des Hcgiments, dem PrascJiniker angehört, in Wien stationiert ist. und das verständnisvolle Entgegenkommen seiner inititärischen Vorgesetzten ermöglichte es ihm, in ]'erein mit Schober in der Zeit von Jänner bis April 1917 den vorliegenden Bericht abzufassen, der ilas milgebrachte Tatsachenmalerial milleilen und für alle Fälle der Wissenschaft zugänglich macjten stdl, ohne daß daran gedacht wird, damit etwas Abschließendes und das Ahitcriat Erschöpfendes zu bieten. Nur in diesem Sinne will der vorliegende Bericht aufgefaßt werden. Leider ist die DriicLlegung des Manuskriptes, das in der vorliegenden Form bereits im Juli 1917 in die Druckerei abge- gangen war, sehr langsam von stallen gegangen, so daß ersl jetzt die Herausgabc des Heftes erfolgen kann. Hauptsächlich trugen die durch den Krieg verursachten Schwierighellen im Buchdruckereigewerbe die Schuld daran, zum Teil wohl (uich, daß Praschniker seit Herbst 1917 in militärischer Mission dauernd nach Albanien entsendet und damit für Korrekturen in der Beget schiver erreichbar war.

ll'a.s- die Arhrilsldlunij zwischen Schober und Pnischnil.rr helrijjl. so zeichnen sie für :iis(uiinirn durchreiste Strecken (lenieinsiun, irotjei im einzetnen l'nisehniticr die \'er(u)tirortunif

jitr die lldiiliesrlircilniniien, Scliolier für die epiiirtipltiselieu HritrHije träijt. Die im zireilen llericld entludtenen Ausfiilirumjen iitier die llömcrstrdj.le von SLutari nuntiriirts (jelien im leesenttictim auj Schotter zuriiel;.

hie Miliildinifii'n sind nucli Lichtbildern der beiden \'i'rl'iisser lienjesleHt. ilie l'täne tial bis (Ulf jene, liei denen dies nusdriieldicti anders eermertd irird, l'rtisetuiil.er tnijiienununen. Es sind in iee))iijen Stunden mit II ilie eiiws einl'dctien Mej.ltiselu's und einer llussutc zustiuide ijel.iinnnrne Skizzen, k'iir den lusprüngticlien l'lun von Miu-ijtie t.aiuüe eine ijeninw, (Uij \'er(ud(tssun!i des k. n. /,. < IIxTsIteutncnits C. \'eitti diu-eli den /, . n. /,. Fötuu-ictt Imienieur /. . Durst inistje- arlieilete h'iute (Uijijcninnmen werden. \\ ir lieniitzen die (ieleiienlieit, um lieiden Herren unseren wärmsten Dinil,- uuszuspreelwn.

Diis jür die Reise niiliiji' h'iu'lenmaleriut es war ulterdinijs für den iiroj.Uen 'l'ril itcs L(nules reeld unP(dtI.(onmen lialte uns das /, . u. I:. mililiinjeiKirujdiiselie Insliliil in rriclislmi Muße ,-(//■ Verjmiun<i ijesleltt. .\elien den enlsjireelieniten litdttern der Cenendl.urlc I : -.'(Hl. 0(111 Irinnen (uwli dw (dlerdiuijs (lejien Süden vorerst nur tiis Kruju reictienden lituller der Sficziid- karte 1 : 76.000 in Belnu-Id. \\ ir Indien im wesentlielien soieold die Xumeniirhunfi als (uwli die Bechlsclireibunii dieser l\(U-len iihi'rnonniwn.

\\ ir erfidten selitiefdieli eine luuienelnue l'jlietd, wenn wir un diesem Orte idicn Iti'rren, die sieli um das Zustandetnimmen und den Fortijium der E-riiedilian verdien! (jcnuielil Indien, unseren ergebensten Dank aussprechen, vor idlem Seiner E.rzettenz dem M inisler jiir l\ullus und I itlerrield Dr. V. C.wildinski. (hnjz besonders Indien wir dinni (dien mitibu-iselien h'duununden zu dmiken. die uns durch ihr beslündiijes verständnisvolles l''.nl<ie(ienknmnwn und die immer liereilwilliijsl darnebolene t lüerstützunii die Heisen einenttieli erst ernn>(ilielden . \\ ir sind leider (nij.!erslun<le, allen jenen Herren n(unentlich zu danbi-n, bei denen ivir mij unserer Heise freundliche Aufnahme und l nterstülzuwi (jefunden haben. l'!s würde dies eine Imnie Liste enieben. L>ie herzlii'he Kiiu^eradseluijtliehheiL mit der uns oft inif einsinnen l'nslen lälijie Offiziere emjijiniien und das wenige, das ihnen zur \' erfiniumj sliunl. in setbsiversländtieln'r (idstjreundtietd^eil mit inis leilten, wird nnrerriessen tdeiben.

Dankbar gedenl.cn wir endlieh liier der Herren Heifii'rungsrul Hr. ./. Xiinjerle. ]' izedireldars des /,'. /,-. ijsterreichisciwn urclundogisehen Histiluti's. smrie der Sid.i'etäri' desselben Hr. II. Hgger und Dr. J. Keil, die uns soivnlit bei der Abfussnng des lierieldes ids auch wälirend des Hruel.es oft mit Hat und Tat zur Seite standen. Hisbesondere muf.i hier <ler .\nleit 11. I'lggers iu\ der Ausarbeitung des inschrifllichen Ahilericdes Erwähnung finden.

IV i e n im September I'JIS.

C. PliASCH.MKEH A. SCHOHHH

Bericht über die erste Reise.

Das erste Ziel unserer Reise bildete Cetinje, das wir am 24. Mai über Sarajewo und Cattaro Cetinje. nach einer schönen Fahrt über den Lovcen erreichten. In Cetinje waren seinerzeit einige Fund- gegenstände aus Doclea und sonstige auf montenegrinischem Boden gefundene Antiken im Cetski dom vereinigt gewesen"). Die kleine Sammlung ist fast zur Gänze dem Kriege zum Opfer gefallen. Wir fanden von den Kleinfunden nur wenige Glas- und Tonscherben in den Glasschränken vor, von Altertümern aus Stein den Corneliussarkophag^), eines von den Merkurreliefs^) (Abb. i) und eine quadratische Aschenurne'').

Eine kurze Fahrt brachte uns dann aus dem von karstiger Einöde umgebenen Polje von Cetinje an Rijeka vorbei hinab ins fruchtbare breite Tal der Moraca, nach Podgorica. Hier wurden zunächst die aus Doclea stammenden, von Sticotti^) im serbischen Friedhof bei der Georgskirche aufgefundenen Denkmäler und die beiden Inschriften in der Citaonica^) revidiert. Bei der von uns des öfteren aufgesuchten Ruinenstätte von Doclea fanden wir die von Sticotti befürchtete Verwahrlosung und Aus- beutung der Ruinen in bedeutendem Grade fortgeschritten, wenn diese auch durch den Krieg selbst keinerlei Schaden erlitten haben. Sowohl bei den Inschriften als auch bei den Architekturresten ergab sich ein starker Abgang gegenüber dem von Sticotti und Ivekovic seinerzeit auf- genommenen Bestand. Auch die immer zunehmende Bebauung der Ruinen- stätte birgt eine Gefahr. Die bisherige Ausgrabung hat nur einen kleinen Teil des Stadtgebietes freigelegt und an verschiedenen Stellen sind im Gelände kleine Hügel erkennbar, die unter dem Erdreich gut erhaltene ' " -"

größere Gebäude bergen. Sind doch wichtige Bauten, wie der Haupttempel

der Stadt, das Theater usw., noch nicht aufgefunden. Auch von den i: Relief in Cetinje.

Privathäusern der Stadt ist nur ein einziges freigelegt worden, obwohl

im Südwestteil der Stadt die Grundrisse von solchen fast ohne Grabung aufzunehmen wären. Eine Weiterführung und Vollendung der Ausgrabung stellte sich uns unter diesen Umständen als wünschenswertes und aussichtsvolles Unternehmen dar.

An neuen Inschriften aus dem Gebiete von Doclea wuchsen zu:

I. Abb. 2. Grabstele aus weißem Kalkstein, unten abgebrochen, Höhe o'Sy'", Breite 0'46™, Dicke o"2o"'; die Buchstaben bis auf wenige Spuren abgescheuert. Dient als Trittstein vor dem Haus des Stanko Milacic in Podglavica am linken Ufer der Moraca.

') P. Sticotti, Die römische Stadt Doclea in Monte- 3) Sticotti a. a. O. S. 149 Fig. 89.

negro (Schriften der Balkankommission der kaiserlichen *) Sticotti a. a. O. S. 154.

Akademie der Wissenschaften, Antiquarische Abteilung VI) 5) A. a. O. S. 147.

S. 154; Patsch, Jahreshefte XI 1908 Beiblatt Sp. 103 f. ^) Sticotti a. a. O. S. 181 n. 61, S. 183 n. 65.

^) Sticotti a. a. O. S. 177 n. 48.

\ ^

Oberhalb des von einfachen Leisten eingerahmten Inschriftfeldes ist ein Giebel mit unge- gliederten Seitenakroterien ausgespart, als Schmuck des Giebelfeldes dient eine Rosette zwischen zwei

Blättern, die nur durch einige schwache Kerbungen angedeutet sind.

.F....M ----■>

Cap ______

mililii) l[eg(ionis) - -

s/i/)[r]/2[d;oni]7J3 5 -V [qui vi.T{ii) a(niu)f).. M 17/7

^ h{i() Is(ifus) f(.</)

i Die Grabinschrift ist vorderhand die erste aus Doclei, die

einem Legionssoldaten angehört; bisher wurde nur eine einzige Militärinschrift, die Votivara eines Konsularbenefiziariers der cohors VIII voluntariorum (Sticotti S. 185) gefunden. Auf unserer Inschrift wird wohl eine der dalmatinischen Legionen des ersten Jahrhunderts n. Chr., die VII. oder die XL, zu ergänzen sein, die ein vexillum nach Doclea abgegeben haben wird.

2. Abb. 3. Grabtitulus aus grauem Kalkstein, Höhe 0*25 ™,

'"■'' .o..i.^\K... Breite o"34 ""■, Dicke O'is""'. Rückseite oberflächlich behauen, zum

Einlassen hergerichtet. Dukla, im Hause des Prele Lazarevic. Der Verstorbene stanimt aus Lupiae (dem heutigen Lecce) in Kalabrien : zu Form Lypias vgl. CIL III 430 domo Volaterras.

Dieser Grabstein ähnelt in der Form, in den Maßen wie in der Schrift auffallend anderen docleatischen Grabtituli, z. B. Sticotti S. 172 n. 33, 174 n. 40, 182 n. 62. Sie werden wohl alle derselben späten Zeit angehören.

3. Abb. 4. Votivara aus weißem Marmor, oben und links alter Bruch, der rückwärtige Teil vonn Finder abgeschlagen. Gefunden knapp am linken Ufer derMoraca. unweit des Hauses Milo Stama- tovic, zusammen mit zahlrei- chem, von der römischen Brücke stammenden Steinmaterial. Höhe 0-67"', Breite 0^42 '^•. Dicke o-i4"'. Diese Weihung an die Diana Augusta Candaviensis steht augen- scheinlich mit der Candavia (Plin. III 145; Caesar b. c. III, 11 und 79; Cicero ad Att. III 7; Strabo VII 323) in Zusammenhang, dem Berglande zwischen Scampa (El- bassan) und Lychnidus (Ochrida), das heute die Namen Mali Polisit und Mali Brzesdes trägt. Der gleichnamige Paß. durch den die Via Egnatia führt, entspricht der

3: Inschrift aus Doclea,

D{is) M{anibm) [€{010)1 ^iarcio CUiä dcc{ririoni) Calabro d&-

/ec(ü).

lius) Marc-

4: Insciirif: aus Dociea.

Dian[ae] Avgusiae

Ccmdai'ie(n)i.i T{iius) Fl{ai'iiif:) Dionifsi- ns d{flTmm) p(osux7).

-.viiipMiilMli^l»»^;:

Btt:>

7 r. M. lai^en Strecke toc Kjuks aacn Baiä-a Han. - Peutingerisna ?»- = ---^ '-^'■'-=-^- '.-a ai Djacani (Kiepert. Ter. : - Tai. XVTj. Ari

tum der Diar.i : -'

4- Abt. j -' '^ite c"io'

n «Ses- Ta&aäa

-t wie SL t

K. Jirecdt*^ gesair:^:^ Geocg BrasJamc als ?'' es nur ein Turm m:: De^Miten, bald dar^ . : von Mourtmfgro. V.t : . ist M*"*"*» dön^ 1 bis in die jfln^;'- _- Platzes wird £ _ ; wieder gefonder ▼an Podgocic£ .- noch Im Terss^-;- -

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Oberhalb des von einfachen Leisten eingerahmten Inschriftfeldes ist ein Giebel mit unge- gliederten Seitenakroterien ausgespart, als Schmuck des Giebelfeldes dient eine Rosette zwischen zwei

Blättern, die nur durch einige schwache Kerbungen angedeutet sind.

.F....M - - - -? Cap __-_-_ iiiilil(i) l[f;i(ionis) - - slii)[r]n[diorii']i)i 5 A' [(iiii vi.r{il) a(nn()s) . .

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I i . - - ~ Die Grabinschrift ist vorderhand die erste aus Doclea, die

K? einem Legionssoldaten angehört; bisher wurde nur eine einzige

Militärinschrift, die Votivara eines Konsularbenefiziariers der cohors

VIII voluntariorum (Sticotti S. 185) gefunden. Auf unserer Inschrift

[ . » , . wird wohl eine der dalmatinischen Legionen des ersten Jahrhunderts

feiV . _;».-Ji "• Chr., die VII. oder die XL, zu ergänzen sein, die ein vexillum

nach Doclea abgegeben haben wird.

2. Abb. 3. Grabtitulus aus grauem Kalkstein, Höhe 0*25 "", '"^'"""' Breite o"34 ", Dicke o'i5'". Rückseite oberflächlich behauen, zum

Einlassen hergerichtet. Dukla, im Hause des Prele Lazarevic. Der Verstorbene stammt aus Lupiae (dem heutigen Lecce) in Kalabrien : zu Form Lypias vgl. CIL III 430 domo Volaterras.

Dieser Grabstein ähnelt in der Form, in den Maßen wie in der Schrift auffallend anderen docleatischen Grabtituli, z. B. Sticotti S. 172 n. :^^, 174 n. 40, 182 n. 62. Sie werden wohl alle derselben späten Zeit angehören.

3. Abb. 4. Votivara aus vv'eißem Marmor, oben und links alter Bruch, der rückwärtige Teil vom Finder abgeschlagen. Gefunden knapp am linken Ufer derMoraca, unweit des Hauses Milo Stama- tovic, zusammen mit zahlrei- chem, von der römischen Brücke stammenden Steinmaterial. Höhe 067"', Breite o'42'", Dicke 0'i4"'. Diese Weihung an die Diana Augusta Candaviensis steht augen- scheinlich mit der Candavia (Plin. III 145; Caesar b. c. III, 11 und 79; Cicero ad Att. III 7; Strabo VII 323) in Zusammenhang, dem Berglande zwischen Scampa (El- bassan) und Lychnidus (Ochrida), das heute die Namen Mali Polisit und Mali Brzesdes trägt. Der gleichnamige Paß, durch den die Via Egnatia führt, entspricht der

3: Inschrift aus Doclea.

D{is) M^anibüfi) [C^aw)] Marcio Cilici dec(urioiü) Calabro do- mo l.ypias vixil 5 an{nos) XX C'(aius) Marc- üis Firmiis jilio püssimo fec(it).

4: Inschrift aus Doclea.

Di<in[af] Aiujiiddi'

Candavie{n)si T{iius) Fl(aviii^) Dionjisi- iis (!((initi)i) p(osiiil).

M

NO

IVF

Bruchstück einer Inschrift aus Doclea.

7 r. M. langen Strecke von Kjuks nach Babii Han. Am Westende des Passes liegt die in der Tabula Peutingeriana genannte Straßenstation ad Dianam, die allgemein mit Babia Han gleichgesetzt wird (Kiepert, Text zu Form. orb. ant. Taf. XVI). Auf das in dieser Station vorauszusetzende Heilig- tum der Diana bezieht sich unsere Inschrift').

4. Abb. 5. Bruchstück aus Marmor, Breite o-io"\ rechts Rand. Fundort wie n. 3.

Den 29. und 30. Mai haben wir der Untersuchung von Medun- Medun gewidmet, wo Evans*) und Patsch') auf Grund der Meteon. Namensähnlichkeit die alte Illyrerstadt Meteon angenommen hatten. Zweimal spielt Meteon in der Geschichte des Altertums eine Rolle. Hier traf Pantauchus, der Gesandte des Königs Perseus von Make- donien, mit dem König Genthius zusammen, um mit letzterem ein Bündnis abzuschließen. Wenige Jahre später wurde hier nach dem Falle von Scodra und der Übergabe des Genthius dessen nach Meteon geflüchtete Familie von Perperna, dem Legaten des Anicius, gefangen genommen'"). Die einzige Erwähnung der Stadt in späterer Zeit finden wir bei dem Geographus Ra- vennas"). Die Nachrichten über das mittelalterliche Meteon hat K. Jirecek") gesammelt. Nach ihm wird die Burg in den Zeiten des serbischen Despoten Georg Brankovic als Medonum oder Modon erwähnt. Nach einer venetianischen Beschreibung war es nur ein Turm mit einer kleinen Burg. Noch 1456 befehligte in Medun Milos, ein Woiwode des Despoten, bald darauf aber gehört der Platz den Türken. Vergebens bemüht sich Stephan Cernojevic von Montenegro, Medun den Türken zu entreißen. Nach einer Beschreibung aus dem Jahre 1614 ist Medun damals ein sehr unzugänglicher, aber fast zerstörter Platz. Meduns Geschichte reicht bis in die jüngste Zeit; noch im letzten Balkankriege hat es eine Rolle gespielt. Die Bedeutung des Platzes wird aus seiner Lage vorausgeschickt sei, daß wir in Medun tatsächlich das alte Meteon wieder gefunden haben an einem der wenigen, leichter begehbaren Hochwege, die aus dem Becken von Podgorica in das obere Limtal und nach Altserbien hinüberführen, verständlich. So sah Medun noch im vergangenen Jahre nach der Eroberung Serbiens einen beträchtlichen Teil des geschlagenen Serbenheeres an seinen Mauern vorüber flüchten.

Medun liegt in Luftlinie 9 Kilometer in nordöstlicher Richtung von Podgorica. Ein schlechter Fahrweg führt am Rande der Kakaricka Gora entlang der Vrbica zu dem Fuße des Gebirgsstockes, genannt Doljani Vrh, der in einer steilen Wand gegen die Ebene von Podgorica abbrechend über- schritten werden muß, um aus dieser in das Hochtal von Medun zu gelangen. In den letzten Jahren hat man hier an einer neuen, nur erst zum Teil fertig gewordenen Straße gearbeitet, doch muß die schwierige Stelle durch die genannte Wand noch auf einem alten Pflasterwege erklommen werden, neben dem wir da und dort Spuren eines antiken, in den Fels gemeißelten Weges wahrgenommen haben. Das kleine Hochtal von Medun wird durch einen westöstlich quer zur Talrichtung laufenden Sförmig gekrümmten Felsrücken in zwei ungleiche Hälften geteilt (Abb. 6). In dem südlichen, abflußlosen kleinen Polje liegt das Dorf Donji Medun, das sich mit einem Dutzend Häuser an den Südabhang des Felsrückens anschmiegt. Nördlich von diesem, in einer etwas weiteren, aber

7) tJber die zahlreichen Kultstätten der Diana im Bereiche des alten Illyricum vgl. Schneider, A. E. M. IX 1885 S. 63; Szanto, ebenda XIV 1891 S. 113; Patsch, Wiss. Mitt. aus Bosnien und der Herzegowina (fortan zitiert mit W. M. B. H.) VI 1899 S. 223; Gerojannis, ebenda VIII 1902 S. 204 ff. Vgl. auch unten S. 75 Anm. 114.

*) Antiquarian Researches in Illyricum, Archaeologia XLVIII 1884 S. 84.

5) Patsch bei Pauly-Wissowa R. E. s. v. Birziminium.

'°) Livius XXXXIV 23, 3; Polyb. ed. Bekker 29, 2; Livius XXXXIV 32, 3.

") 211, 8 10: iuxta Burzumon est civitas quae dicitur Medione.

") Illyrisch-albanische Forschungen, zusammengestellt von L. V. Thallöczy (im folgenden zitiert mit I. A. F.) I S. 98.

Medun-Meteon von Süden.

noch mehr verkarsteten Landschaft die Häuser von Gorni Medun. Der erwähnte Felsrücken bildet gegen Westen zu eine etwas breitere Kuppe, senkt sich gegen die Mitte in einer flachen Ein- sattelung und steigt gegen Osten in einem gewaltigen schroffen Felskopf, der gegen drei Seiten in steilen, fast senkrechten Wänden abfällt, bis zu 586 "" über dem Meere an. An die höchste Erhebung schmiegen sich, kühn auf den allseits in schroffen Wänden abfallenden Grat gesetzt, die aus Bruch- stein erbauten Mauern einer kleinen Zitadelle. Der Hauptsache nach wird sie wohl mittelalterlich sein, wenn auch nach dem Grundriß vielleicht die ursprüngliche Anlage dem ausgehenden Alter- tum entstammen könnte.

Schon bei den Häusern von Donji Medun bemerkt man mehrfach große bearbeitete Quadern. Verläßt man die letzten am Südabhange liegenden Häuser und steigt gegen die Einsattelung empor (vgl. den Plan Abb. 7), so befindet man sich bald auf einem in den Fels eingearbeiteten antiken Weg, der in zwei Schleifen zur Höhe emporführt. Rund 2"" breit, überwindet er die Steile mit zahlreichen in den Fels gemeißelten, etwa cyo bis cgo"" tiefen Stufen. Spuren dieses Weges haben wir auch weiter oben beim Anstieg gegen die Zitadelle an der Südseite des Felsgrates wahr- genommen. Bei der ersten Schleife des Weges stößt man auch auf antike Mauerreste. Der Weg tritt hier in den das alte Meteon umgebenden Mauerring ein und es ist an seiner Südseite in zwei großen in situ befindlichen Blöcken noch die eine Wange eines Tores erhalten (Abb. 8). Folgt man von hier aus den südlichen Abstürzen des Felsrückens gegen Westen, so findet man am Rande desselben da und dort Felseinarbeitungen für die Mauer, an mehreren Stellen auch noch Reste derselben in ein bis zwei Quaderlagen. Das meiste ist jedoch mit den Felsen selbst abgestürzt. Die Mauer ging dann um die etwas geräumigere Westkuppe herum, die allein Raum für die Häuser der Stadt bot, doch sind auch hier nur wenige Spuren zu sehen. Dagegen steht an der Nordwest- und an der Nordseite, wo der Abhang weniger steil ist, der geschlossene Mauerlauf noch auf einer

längeren Strecke. Die Mauer beginnt hier an einer Stelle, wo jetzt der mittelalterliche, zur Zitadelle führende Pflasterweg eine Schleife macht, mit einem größeren Trümmerhaufen, der einen Turm oder vielleicht eine Toranlage in sich birgt. Diesem folgen dann, während die Mauer am Nordrand des Hügels läuft, in Abständen von durchschnittlich 24™ drei Türme, von der Hügelmitte an ist die Mauer wieder sehr zerstört, um bald ganz zu verschwinden.

antik, *^^- mittel alter!., °. modern.

7: Plan von Meteon-Medun.

In der östlichen Hälfte, auf dem schmalen Felsrücken der Zitadelle, sind, abgesehen von den schon erwähnten Wegspuren, nur an einer Stelle, links vor dem oben stehenden Kirchlein, Felseinarbeitungen für die Mauerbettung zu sehen, doch war die Zitadelle sicher auch im Alter- tum der Hauptteil der ganzen Anlage, die Akropolis. Jedenfalls war Akropolis und Unterstadt mit einer geschlossenen Mauer umgeben, innerhalb derer die Akropolis einen eigenen, abge- schlossenen, befestigten Raum dargestellt haben wird.

Eine weitere Unterteilung fand sich dann in der Gegend des erwähnten Sattels. Hier steht als besterhaltene, eindruckvollste Ruine von Medun eine antike Mauer (Abb. 9), die von dem erwähnten Tore quer über den Rücken läuft und diesen noch einmal absperrt, auf 7"^ Länge über

^

2"^ hoch aufrecht. Aus gewaltigen Steinen von bis zu i'So"* Länge, i'iS"^ Höhe erbaut, en- det sie gegen Süden in einer mit Randschlag versehenen Ecke, bog also längs des Weges gegen Osten um. Man kann annehmen, daß hier am Wege dann ein Tor kam, so daß man auf dem alten Weg zur Akropclis vermutlich drei Tore zu durch- schreiten hatte.

In technischer Be- ziehung geht die Mauer in jeglicher Hinsicht mit der weiter unten be- schriebenen Mauer von Lissos (S. 15 ff.) zusammen. Das Material ist der an Ort und Stelle anstehende Kalkstein. Erhalten sind in der Regel nur ein bis zwei Steinlagen, einmal deren fünf. Es ist dasselbe scheinpolygonale System in den Mauerstrecken, das bei Lissos charakterisiert werden wird, verbunden mit reinem Quaderwerk in den Türmen. Diese binden alle ein, springen 4 bis 5"" aus der Mauer vor und

^^\.

jSJ:

8; Antiker Weg und Si;dtor von Meteon.

haben eine Stirnbreite von geführtem Randschlag von + o"o8'^ Breite versehen.

Von Hausruinen im Innern der Mauer ist gar nichts mehr erhalten, auch für eine Grabung nicht viel zu erhoffen, da fast überall der nackte, abgewaschene Fels zutage liegt.

Zu erwähnen ist schließlich eine große, in den Fels eingearbeitete Vo- tivnische am Westabhang der Akropolis, rechts vom Wege, unterhalb des nord- westlichen Rundturmes der Zitadelle. Auf der glatten Bodenfläche sind fünf ovale Einarbeitungen zur Aufstel- lung von Votiven sichtbar.

Eine Datierung der Mauer von Meteon ergibt

durchschnittlich 9"" (Abb. 10). Alle Ecken sind mit sauber durch-

9; Mauer von Meteon und antiker Weg.

Turmecke von Meteon.

sich mittelbar durch den Vergleich mit der für uns einen festgelegten Ausgangspunkt bildenden Mauer von Lissos (vgl. S. 15 ff.). Danach wird auch die Mauer von Meteon dem vierten, spätestens dem dritten Jahrhundert V. Chr. angehören. Erbaut ist sie jedenfalls, wie ein Vergleich mit an- deren rein illyrischen Burgen, wie z.B. Gaitani (S. 86f.), lehrt, von griechischen Baumeistern. Die wenigen kerami- schen Reste, die wir zwischen den Mauern aufgelesen haben, im wesent- lichen Scherben von griechischer Im- portware mit noch gutem schwarzen Firnis, würden diese Datierung be- stätigen.

In dieselbe Zeit führen uns auch die Beigaben eines von Schober geöffneten Grabes. Am Nordfuß der Westkuppe breitet sich ein Gräberfeld aus, das nach den sonst von uns ge- machten Erfahrungen mittelalterlich und noch jünger sein kann. Die Gräber sind nämlich von regel- mäßigen Steinringen umgeben, oval oder annähernd rechteckig, die aus unbehauenen, kantig gestellten Felsstücken ziemlich roh zusammengelegt sind (Abb. 11). Ähnliche Grabanlagen haben wir ver- schiedentlich in den von uns bereisten Gebieten angetroffen und sowohl bei christlichen als auch bei mohammedanischen Einwohnern bis in die jüngste Zeit verwendet gefunden. Schober hat nun,

da sich die Be- wohner von Me- dun keine Erinne- rung an die Zeit der Benutzung dieser Nekropole bewahrt haben, eines dieser Grä- ber geöffnet, das durch einen wohl- erhaltenen Stein- ring seineLage be- sonders gut kenn- zeichnete. Der Steinring bestand aus vier großen hochkant gestell- ten Blöcken an den Langseiten und aus je drei Grab bei Meteon. kleineren Steinen

8

an den Schmalseiten. Überraschend war nun das Ergebnis. Es fand sich, nicht genau unter der Mitte des Ringes, sondern etwas gegen den südlichen Rand der Steinsetzung verschoben in einer Tiefe von cSo"" ein zerstörtes, durcheinander geschobenes Skelett, Kopf gegen Osten. Rechts vom Kopf lag ein dünnwandiger Skyphos aus feingeschlemmtem hellgelben Ton, leider von der Erd- feuchte so zerstört und zermürbt, daß eine Bergung nicht möglich war. Auf den Scherben ließen sich noch Spuren von schwarzem Firnis feststellen. Rechts neben den Füßen lag dann ein kleiner, dünnwandiger, tongrundiger Napf, beim linken Oberschenkel ein Fläschchen, ziemlich dickwandig und roh, mit kugeligem Körper und geradem schlanken Hals. Die Beigaben datieren das Skelett etwa ins dritte vorchristliche Jahrhundert, also in die Zeit der Burg von Meteon. In welchem Verhältnis steht nun das von Schober gefundene Grab zu der ganzen Nekropole ? Daß vielleicht diese selbst zur Gänze antik wäre, kann man nicht annehmen, bevor nicht die Öffnung der anderen Gräber einen Beweis dafür liefert. Jedenfalls wäre diese Bestattungsform in unseren Gegenden für das Altertum neu. Anderseits schließen die Fundumstände dieses einen Grabes eine jüngere Be- stattung oberhalb des von uns gefundenen Skeletts aus. So muß die Frage bis zu einer weiter- gehenden Grabung, die für uns außer dem Bereich der Möglichkeit lag, offen bleiben.

Den 2. Juni brachte uns ein Kraftwagen aus dem Becken von Podgorica auf der schnur- geraden Straße nach dem Umschlagplatz Plavnica am Skutarisee, der inmitten einer von unzähligem Wassergeflügel belebten Sumpflandschaft gelegen ist. Der See war ungnädig. Regenböen peitschten sein grünes Wasser, und während der mehrstündigen Fahrt überschütteten die Wellen das kleine Motorboot oft mit schäumendem Gischt, bis wir in die breite Bojana hineinglitten und unter den Türmen der Zitadelle von Skutari an Land gingen. Skutari- Die geschichtliche Entwicklung Skutaris hat Th. Ippen in einer Monographie'^) zusammen-

Scodra. fassend dargestellt. Wir verweisen daher auf seine Ausführungen und fügen nur einige neue Beobachtungen hinzu. Die Lage der alten illyrischen Stadt Scodra und der sich nachher auf ihrem Gebiete ausbreitenden römischen Kolonie (Plinius n. h. III 144) ist durch Livius XXXXIV 31 genau umschrieben. Sie lag an dem Zusammenfluß zweier Gewässer, der aus dem Palus Labeatis kom.menden Barbanna, der heutigen Bojana (Buna), und der östlich vorbeifließenden Clausula, des jetzigen Kiribaches. Hier im Flußdreieck erhebt sich ein nach drei Seiten schroff abfallender Kalkfels, in seiner Form der Akropolis von Athen besonders für den vom See Kommenden überraschend ähnlich. Er hat jedenfalls schon seit den frühesten Zeiten als von der Natur ungemein geschützter Punkt zur Besiedelung herausgefordert, wie auch Livius die Stadt als munitissima und difficilis aditu kennzeichnet. Das den Felsen krönende Hochplateau ist ziemlich ausgedehnt, sicher mehr als doppelt so groß als die Athener Akropolis, und man kann annehmen, daß es, von einer einfachen Mauer in der Art wie die von uns z. B. in Gaitani (S. 86 f.) vorgefundene umgeben, den Bewohnern lange Zeit genügt haben wird.

Erst später mag dann die sich vergrößernde Ansiedlung außerhalb dieses Raumes über den Südabhang der Akropolis hin sich ausgebreitet haben, so daß diese zur Burg geworden ist""), während sich die eigentliche Stadt unten an den Flußufern erstreckte. In der Zeit des Königs Genthius war die Akropolis nach unseren Beobachtungen schon mit mächtigen Befestigungen versehen, nicht von der primitiven Art, wie wir sie sonst bei alten illyrischen Burgen, wie bei

'3) Th. Ippen, Skutari und die nordalbanische Küsten- von Natur und Kunst sehr fest und liegt sehr hoch, ihr

ebene, Zur Kunde der Balkanhalbinsel I. Reisen und Be- Umfang ist jetzt gering. Bei der Gründung der Stadt

obachtungen, herausgegeben von Dr. C. Patsch, Heft 5. aber erstreckte sich der Umfang der Mauern" offenbar

'4) Wichtig ist dafür die Beschreibung der mittel- hat Barletius noch Reste davon gesehen, ,,wfelche mehr

alterlichen Stadt bei Barletius. Wir geben sie in der Hahn- als 2000 Schritte im Geviert hatten, bis in die Ebene. -

sehen Übersetzung (Hahn, Alb. Studien S. 95): ,,Sie liegt Der Stadtteil, welcher in der Ebene lag, wurde in der

auf einem felsigen Berge, welcher fast überall von einer Mitte von dem Drin durchschnitten usw." weiten fruchtbaren Ebene umgeben ist. Die Stadt ist

12: Plan des Tores der Burg von Skutari.

denen von Gaitani (S. 86 f.), Marsenjt (S. 89 f.) oder Samobor (S. 91 f.), gefunden haben. Wie in Me- teon, so dürften auch hier griechische Baumeister gearbeitet haben. Leider ist, da die Burg von Scodra durch die ganzen Jahrhunderte hindurch bis auf unsere Zeit ihre strategische Bedeutung als Schlüsselpunkt des ganzen Seebeckens nicht verloren hat, Byzantiner, Slawen, Venezianer und Türken einander hier oben abgelöst haben und jeder Besitz- wechsel der Burg Um- und Neubauten brachte, in dem fortwährenden Flusse das Alte fast vollständig verschwunden. Nur an zwei Stellen sind Reste der alten Burg erhalten. Die eine verzeichnet schon Evans '^) an der Südwestecke der Feste. Es sind die Spuren einer Mauer, erbaut aus riesigen Steinblöcken ohne

Mörtel, die ihn sehr an die Mauer von Lissos erinnerte. Wir konnten Evans noch ergänzen. Am entgegengesetzten Ende des Burgfelsens, im Osten, wo der sanfter ansteigende Fels den einzigen Zugang zur Burg vermittelt, erhebt sich noch gut erhalten das erste Tor der mittelalterlichen Feste, ob in der Anlage venezianisch oder türkisch, wagen wir nicht zu entscheiden (Bild bei Ippen, Skutari S. 19). Es besteht eigentlich aus zwei Toren (Plan Abb. 12), die durch einen kleinen länglichen

Hof getrennt sind. Die ganze linke Seitenwand dieses Ho- fes wird auf über 2 Höhe durch eine antike Mauer ge- bildet (Abb. 13), deren Fort- setzung sich auch in den Hinterwänden der südlichen Kasematten des ersten Tores feststellen ließ. Ebenso setzt sich die Mauer unter dem zweiten Tore fort und bildet hier die östliche Wange der Torgasse. Ihre schroffe Bie- gung zeigt, daß hier auch im Altertum schon ein Tor bestanden hat.

Die Steine der Mauer sind im allgemeinen wohl bearbeitet. Ebenso wie in Lissos und Meteon sind sie in den Mauerstrecken in dem S. 16 näher charakteri- sierten scheinpolygonalen System aneinander gefügt, das rationeller als regelmäßiges Quaderwerk auch die Verwendung ver- schieden großer Steine auszunützen gestattet. Beim Tore finden wir wie in Lissos bei Türmen und Toren reines Quaderwerk aus schön behauenen, regelmäßigen Quadern (Abb. 14).

13: Antike Mauerreste auf der Burg von Skutari.

■5) Archaeologia XLVIII 1884 S. 83.

Sehr bescheiden sind die antiken Reste der Unterstadt. Noch mehr wie oben auf der Burg haben hier spätere Kulturschichten das Antike fast ganz getilgt. Dazu kam noch die Ungunst der Natur. Ein großer Teil des an- tiken Stadtgebietes wird seit 1858 von der durch die Gabelung des Drin neuentstandenen Drinasa überflutet. Bis zu diesem Jahre hatte das ganze Wasser des Drin seinen Abfluß durch die südlich bei Alessio gelegene Mün- dung gefunden, doch entsprach dieser Zu- stand nicht den im Altertum bestandenen Verhältnissen. Die spätere Hauptmündung des Drin bei Alessio, wie sie auf allen mittel- alterlichen Karten und bis in die neueste Zeit hinein verzeichnet ist'*), war im Alter- tum nicht vorhanden (unten S. 17). Livius erwähnt bei Lissos überhaupt keinen Fluß, ebenso fehlt ein solcher bei Polybios, nach Diodor liegen die Gymnasien von Lissos am Anapos, offenbar einem die südliche Zadrima vor der Laufänderung des Drin entwässernden Flusse. Dagegen ist die Verbindung des Drin und der Bojana uns schon aus dem Altertum literarisch überliefert: sein Lauf muß größten- teils dem der jetzigen Drinasa entsprochen haben. Livius XXXXIV 31 läßt die durch die Clausula verstärkte Barbanna bald nach der Vereinigung in den Drin münden, Vibius Sequester (Geogr. lat. min. ed. Riese p. 148) den Drin an der Stadt Scodra vorbeifließen.

Die Mündung des Drin ins Meer scheint der jetzigen Bojanamündung im wesentlichen ent- sprochen zu haben, denn bei Ptolemaeus II 16, 5 wird sie genau in der Mitte zwischen Olcinium und Lissos angegeben.

Weniger bei unserem ersten Aufenthalte in Skutari als bei den späteren Fahrten von und nach Alessio haben wir die Zadrimaniederung kennen gelernt. Die zahlreichen Veränderungen, denen der Drin im Laufe der Zeit unterworfen war, haben hier ein ausgebreitetes Netz von alten, ver- sumpften oder ausgetrockneten Flußläufen geschaffen, deren zeitliche Folge im einzelnen kaum mehr nachzuweisen sein wird, das jedoch verschiedene Möglichkeiten ehemaliger Verbindungen zwischen Drin und Bojana bietet").

Der Kiri sowohl als auch der Drin bringen ganz gewaltige Massen von Geschiebe aus den Bergen. Nach Pech ist in der Drinasaniederung eine Erhöhung von 3" für den Zeitraum der letzten vier Jahrhunderte sicher. Das antike Niveau liegt infolgedessen tief unter der jetzigen Oberfläche. Ippen'') berichtet, daß in den Uferböschungen der Drinasa nach den Aussagen mehrerer glaub- würdiger Personen gut gearbeitete Steinmonumente von bedeutenden Dimensionen gesehen wurden, die dann wieder mit Sedimenten überlagert wurden. Heute sind hier am Flußufer nur vom Wasser

14: Antike Mauerreste im Tor der Burg von Skutari.

'*) Nopcsa, Zur Geschichte der Kartographie Nord- albaniens. Mitteilungen der geographischen Gesellschaft in Wien LIX 1916 S. 520 ff. Auch nach Cyriacus von Ancona

fließt der Drin an Lissos vorbei. '7) B. Pech, I. A. F. II S. 59. '^) Skutari S. 17.

IS a, b: Bronzefigur in Skutari.

überspülte Ruinen mittelalterlicher Häuser sichtbar. Die einzigen von uns beobachteten, sicher antiken Reste waren einige verstreute große Kalksteinquadern im Vororte Bakcelik, die mit ihren Anschlußflächen und Klammerlöchern den antiken Steinmetz bezeugen.

Die Stadt Skutsri hat sich im Laufe des letzten Jahrhunderts unter dem Einfluß der geschilderten geographischen Veränderungen aus dem Flußdreieck um den alten Burgberg zurück- gezogen und es ist etwa 3 Kilometer nördlich davon in der fruchtbaren Ebene eine blühende Neustadt entstanden.

Das im Mittelpunkt der Neustadt gelegene Jesuitenkollegium birgt in seinem „Museum", das ein sehr gemischtes Kun- terbunt von Raritäten enthält, auch eine kleine Antikensammlung, deren Bestand hier kurze Erwähnung finden soll.

Die Gegenstände stammen nur zum geringen Teil aus Albanien selbst. Neben den von Ippen veröffentlichten Gräberfunden von der Kalaja Dalmaces bei Komana'5) ist vor allem die in Abb. 15 a, b wiedergegebene Bronzefigur eines Kindes zu erwähnen. ODys"" hoch, bräunliche Patina, Fundort angeblich eine Bergspitze in der Mirdhita. Das

Kind hockt m.it untergeschlagenem rechten Bein und hebt beide Arme hoch empor. Auch der Kopf ist nach aufwärts gehoben. Die Figur stammt augenscheinlich von einer kleinen Bronze- gruppe der Lupa mit den säugenden zwei Knaben. Aus Durazzo stammt eine hübsche Terrakotta- karikatur eines betrunkenen Sklaven (Abb. 16), CoS"^ hoch, mit beweglichen, nun ver- lorenen Armen und Beinen. Die Figur ist nackt bis auf einen gedrehten Schurz um die Hüften, mit schief aufgesetztem Kopfe und schreiend aufgerissenem Mund^°). Ferner ein blattförmiger Lampengriff aus Ton (Abb. 17), cog"" lang, mit hübscher Palmette in Relief, einige ziemlich rohe Gebrauchsge- schirre aus Ton mit dünnem braunen Firnis- überzug, endlich zwei unbedeutende, in Kar- neol geschnittene Gemmen römischer Zeit.

Daneben dann Gegenstände von nicht albanischer Herkunft: Aus Aquileja stammen einige hübsche Glasgefäße, Proben von Bern- steinschmuck (Ring und Anhänger), große tönerne Spitzamphoren, Proben von Mosaikböden, zahlreiche Nadeln aus Bein sowie ein kleiner, als Grabfigur verwendeter Löwe aus Kalkstein. Aus Bronze einige Nadeln und ein Stilus und als das bedeutendste Stück die umstehend abgebildete

Antiken-

sammlung

im

Jesuiten. koUeg von

Skutari.

16: Terrakotta- figur in Skutari

17: Lampengriff in Skutari.

'9) Wissenschaftliche Mitteilungen aus Bosnien und der Herzegowina X igo7 S. 16 ff. Abb. 25 ff.

'°) Eine ähnliche männhche Puppe, allerdings be-

kleidet, bei Winter, Die Typen der figuralen Terrakotten I S. 172, 8.

stell von Vigu.

Bronzeapplike (Abb. i8), darstellend einen Pantherkopf, coss" hoch, 0^045 " breit. Hinten glatt abgeschnitten saß die Applike auf einem Gerät auf. In dem weit aufgerissenen Rachen die Reste eines eisernen Ringes. Das gefleckte Fell ist durch aus anderem Metall (Silber?) einge- setzte Kreise wiedergegeben. Aus dem Valsugana eine lebensgroße Hand aus Marmor, ziemlich mäßige römische Arbeit.

Ferner soll eine reiche Münzensammlung vorhanden sein, die uns jedoch unzugänglich blieb.

Am Abend des 7. Juni waren die Vorbereitungen für den Marsch nach dem Süden beendet, und während am nächsten Morgen der Großteil der Expedition mit der Tragtierkolonne die gerade Straße durch die Zadrima nach Alessio zog, verließen Haberlandt und wir zwei Archäologen Skutari in südöstlicher Richtung und überschritten auf einer Fähre den nach den Früh- jahrsregen noch wasserreichen Kiri. Wir wollten bei Vaudenjs den Drin überschreiten und dann das Gjadrital aufwärts reiten bis zu dem Dorfe Vigu, bei dem ein von Träger entdecktes römi- 18: Bronzeapplike in Skutari. g^j^^^ Kastell Unser vorläufiges Ziel bilden sollte. Der Ritt war

für uns in mehr als einer Hinsicht eine gute Schule. Vor allem lernten wir, daß die Länge eines Weges hier anders abgeschätzt werden müsse als unter den uns gewohnten Verhältnissen.

Der nächste Weg nach Vaudenjs erwies sich als ungangbar, da die Ebene am linken Ufer der Drinasa noch auf weite Strecken unter Wasser stand, und zwang uns zu einem weiten Umweg über die Dörfer Gurizi und Jubanj am Fuße des mächtigen Kalkstockes des gleichnamigen Berges. Endlich um Mittag standen wir am Drinufer gegenüber von Vaudenjs. Nur ein primitiver Einbaum vermittelt hier den Verkehr über den mächtigen Strom, der hier zum letzten Male, bevor er sich entfesselt in die Ebene ergießt, eingeengt zwischen mächtigen klotzigen Felsbergen dahinschießt. Erst nach zweistündiger Arbeit hatten wir Pferde und Gepäck drüben in dem von den Serben auf ihrem Rückzuge gänzlich niedergebrannten Dorfe. An Laci vorbei Tumuli zogen wir dann durch eine kleine sumpfige Ebene. Halbwegs zwischen diesem Orte und Naraci zwischen notierten wir eine Anzahl von kreisrunden, noch etwa 2"" hohen, durchschnittlich etwa 15 bis 20""

Laci und ti r j -r ,■ »^

Naraci. "■" Umiang messenden Tumuli. Knapp vor Naraci bogen wir ins Gjadrital ein. Ein Steig, erst hoch über dem Flusse in den Fels eingemeißelt, dann in spärlichen Spuren bald am rechten, bald am linken Ufer des Flusses führend, brachte uns gegen Abend zu den zerstreuten Häusern von Vigu. Das hoch über dem Tal gelegene Pfarrhaus, ein turmartiger Wehrbau wie alle anderen Häuser, nahm uns gastfreundlich für die Nacht auf. Am nächsten Morgen geleitete uns der Pfarrer Pater

Das Ka- A. Pashko Bardhi selbst hinab ins Tal zu der etwa 3 Kilometer weit entfernten Kastellruine. Sie liegt in dem mit weiten Schottermuren erfüllten Flußbette des Gjadri, dort, wo bei der Ein- mündung der Voma eine Art von Insel inmitten der Schotterwüste entsteht. Eine weite saftiggrüne Wiese, Livadhet e Gjytetes, ,, Stadtwiese" ^') genannt, führt zur Ruine, die sich als festumschlossenes, gestrüppbewachsenes Rechteck abhebt. Der Volksmund nennt sie Kalaja e Kastres, in welchem Namen sich das lateinische Wort Castrum erhahen hat.

Das Kastell") (Plan Abb. 19), das sich als Bau von regelmäßigem Grundriß darsteüt, ist in seiner von Türmen bewehrten Außenmauer zum Teil noch gut erhalten. Sie ist 2'6o"' dick und

") Mit dem Ausdruck Gjyted, der dem lateinischen '^) Träger, Ethnogr. Zeitschrift XXXIII 1901 S. (51);

civitas entspricht, bezeichnet der Volksmund in der Regel Nopcsa, W. M. B. H. XI 1909 S. 82 ff. Fig. i; Th. Ippen,

antike Ruinenstätten. Abh. d. k. k. geogr. Gesellschaft VII 1908 S. 54.

M

*

19: Plan des Kastells von Vigu.

besteht aus grobem Gußmauerwerk, das nach außen durch einen Mantel von großen Flußkieseln in dickem Mörtelverband verkleidet ist. An der vom Flusse freigespülten Nordseite (Abb. 20) ragt die Mauer noch 3 bis 4" hoch auf, während die übrigen drei Seiten mehr minder von den Schutt- massen verschüttet sind. Das Kastell bildet ein Rechteck von 96 und yi'" Seitenlänge. An den vier Ecken sind außen quadratische Türme an- gesetzt, die mittels schief durch die Mauer füh- render Eingänge von innen zugänglich sind. Die zwei Ecktürme der Nordseite sind bis auf wenige Steine zerstört, ebenso die hier angeordneten zwei rechteckigen Zwischentürme, die einander in Abständen von durchschnittlich 24™ folgen. Ganz entsprechend ist die Anordnung an der besser erhaltenen Südseite. An den Schmal- seiten sind die Zwischentürme bis auf S'so"^ zusammengeschoben und dienen zum Schutz der hier angebrachten Tore. Von den Innen- bauten ist nichts mehr wahrzunehmen, nur an den Tortürmen lassen sich deutlich nach innen abgehende Mauern feststellen, die jedoch ohne Grabung nicht weiter zu verfolgen sind. Hart

an der Südmauer, etwa 10™ von der Südwestecke, fanden wir eine seichte Einsenkung, die von einer kreisrunden Steinsetzung von 3 "' Durchmesser umgeben ist. Hier kann man den Brunnen der Anlage an- nehmen. Über den ganzen Grundriß des Kastells und die Zeit seiner Erbauung wird weiter unten S. 54 ff. in größerem Zusammenhange zu sprechen sein.

Ziemlich weglos stie- gen wir am Nachmittag des- selben Tages aus dem Gjadri- tale an der Kroni Skjaut vor- bei durch schönen Wald zum Livadhi Guribarz (530"'), genossen oben auf der Paß- höhe einen umfassenden Aus- blick auf die ganze Küsten- landschaft vom Lovcen her- ab bis zum Kap Rodhoni und stiegen jenseits auf bes- ^°- Nordmau. r ,1- K 1 1 1:

seren Wegen den steilen

Bergabfall zu der inmitten von üppigen Ölwäldern gelegenen bischöflichen Residenz Kalmeti hinab. Ein kurzer Ritt brachte uns dann am nächsten Morgen über Robostja durch kleine Auen und Wäldchen zum Drin und diesen abwärts angesichts der zinnenbekrönten Zitadelle von Alessio zu den elenden, schmutzigen, zerfallenen Häusern der Stadt, die das Erbe des alten Lissos angetreten hat.

14

21 : Alessio-Lissos mit Akropolis und Akrolissos von Westen.

Alessio- Lissos.

Nach Diodor XV 13 ist Lissos von Dionysios dem Älteren von Syrakus^^) in der Olympiade 98, 4 (385 V. Chr.), wie der Name^'') der Stadt schließen läßt, wohl an der Stelle einer älteren Siedelung, als fester Punkt zur Sicherung des Seeweges in die Adria und nach Nordgriechenland gegründet worden. Nach dem gleichen Gewährsmann umgab der Tyrann seine Neugründung mit einer Umfassungsmauer von solcher Mächtigkeit, daß sich die Stadt der größten Ummauerung unter allen Griechenstädten rühmen konnte. Er stattete sie auch mit großen Gymnasien am Anapos- flusse aus, schmückte sie mit Tempeln und tat alles Mögliche zur Hebung ihres Ruhmes und Glanzes. Die mächtigen Befestigungsanlagen müssen der Stadt einen besonderen Charakter ver- liehen haben, da sie sogar noch im Mittelalter die Bewunderung eines Cyriacus gefunden haben ^5)_ der bei seinem Besuche in Lissus ,,ingentia moenia magnis condita lapidibus et diversa architectorum arte conspicua" gesehen hat. Von den neueren Besuchern hat als erster Hahn^^) unter dem zer- borstenen Gemäuer der venezianisch-türkischen Zitadelle die letzten Reste des Werkes des Dionysios erkannt und auch zwei zum Drinflusse hinabstreichende Schenkelmauern vermutet. Ippen^^) fand dann auch die Mauerreste an der Nordwest- und Nordseite der jetzigen Stadt. Wir haben im Laufe

^3) Der Zweifel an die Begründung von Lissos durch Dionysios den Alteren, wie ihn Müller in seiner Ausgabe der Geogr. gr. min. I S. 30 zu Skylax 23 und Zippel (Die römische Herrschaft in lUyrien S. 23) erhoben haben, ist schon von Bauer, A. E. M. XVIII 1895 S..i33ff. beseitigt worden.

^t) Vgl. Patsch, Jahreshefte X 1907 S. 169; 1 Ippan, Skutari S. 55 ff. ^5) Vgl. CIL III 1704. ^^) Alb. Studien S. 121 ff. =7) A. a. O. S. 57; W. M. B. H. X 1907 S. 56.

IS

zweier längerer Aufenthalte in Alessio Gelegenheit gehabt, die leider seit Cyriacus sehr verringerten Ruinen gründlich zu untersuchen, und auch die arg zerstörten Reste haben uns noch ein Bild von Großartigkeit vermittelt, das die rühmenden Worte Diodors rechtfertigt, wenn auch gar manche griechische Städte noch weit mächtigere Ummauerungen aufzuweisen haben.

Der Gebirgsstock des für den Südabschluß der Zadrima in seiner klobigen Kegelform so charakteristischen Mali Veljs entsendet gegen Süden einen Kamm, der in zwei auffallenden, weithin sichtbaren Erhebungen über der Stadt Alessio endet, dem 410"" hohen Mali Selbuemit und dem durch einen in die Augen fallenden Sattel von ihm getrennten, ihm zu Füßen liegenden, i86"' hohen Burgberg, an dessen vom Drin umflossenen Westfuß die heutige Stadt Alessio (Les) sich zusammen-

0 50 100 150 200m

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22: Plan von Lissos.

drängt (Abb. 21). Auf dem letztgenannten Hügel und im Räume der heutigen Stadt liegen die von den früheren Besuchern gesehenen Ruinen. Sie beschränken sich fast ausschließlich auf die Reste der Be- festigungen, während von den Monumentalbauten der Stadt nur wenige Architekturglieder über der Erde geblieben sind. Die Befestigung umfaßt (vgl. den Plan Abb. 22) einheitlich die am Flusse liegende heutige Stadt sowie die den Hügel krönende Burg, die wir am besten Akropolis nennen, durch ein langes System von Mauern, die eine Art von dreifachem Mauerring bilden, indem das oberhalb der Stadt gelegene, sich der Akropolis vorlagernde Plateau durch eine eigene Quermauer versichert sowie die eigentliche Höhe der Akropolis von einem eigenen Mauerring umschlossen war. Der äußere Umfang der Mauer beträgt rund 2200'". Alle Anzeichen sprechen dafür, daß das ganze Mauersystem einheitlich in einem Zuge aufgeführt wurde.

Das Material der Mauern bildet der harte blaugraue Triaskalkstein, der den obersten Schichten der umliegenden Berge die schroffen Formen verleiht. Als Unterbau finden sich mehr-

i6

23: Mauer von Lissos.

fach besonders große Qua- dern aus dem harten Kon- glomeratgestein der unteren Schichten des Burgberges. Die Umfassungsmauer hat eine durchschnittUche Dicke von 3'5o"\ Außen- und Innenseite bestehen aus je einer Quaderwand, die in Abständen von 4 bis 5"" durch bindende Querlagen versichert sind, das Mauer- innere ist mit roh behauenen Blöcken und grobem Schle- gelschotter ausgefüllt. An der Bergseite der Mauer ist durch eine Steinpackung ein ebener Raum geschaffen.

Die Technik des Mauer- werks paßt sich der Be- schaffenheit des Geländes in bemerkenswerter Weise an. An Stellen, wo die Mauer starke Steigungen hinanklimmt, sind die Quadern nicht in regel- mäßigen Schichten übereinandergelegt, sondern es zeigen immer die unteren für die aufliegenden stufenförmige Einarbeitungen, und da die Vertikalfugen in der Regel schiefgestellt sind, kommt eine Art von Mauerwerk zustande, das zwar an altertümliches Polygonalwerk erinnert (Abb. 23) Hahn spricht von solchem , in Wirklichkeit aber von diesem sehr verschieden ist. Mit ab- nehmender Steigung des Terrains nähert sich die Mauertechnik immer mehr dem reinen Quader- system, die Schichtungen werden mehr minder wagrecht durchgeführt, nur die Vertikalfugen bleiben auch hier häufig schief geschnitten. Am regelmäßigsten ist das Mauerwerk der Türme (Abb. 24), die ausnahmslos durch ihr Einbinden in die Mauer ihre Gleichzeitigkeit mit dieser be- zeugen. Die mit einer einzigen Ausnahme rechteckigen Türme haben eine Stirnbreite von 8 bis 10" und springen je nach ihrer Stellung i'50 bis 8" aus dem Mauerzuge vor. Sie stehen ge- wöhnlich an Stellen, wo die Mauer ihre Richtung ändert. Soweit sie besser erhalten sind, läßt sich an ihnen im allgemeinen folgende Technik erkennen: Zu unterst liegt als eine Art von Euthynterie eine o"30 bis o'So"^ vorspringende, schief ablaufende Basisschicht manchmal vertritt sie auch das in dieser Form zurechtgehaui_ne natürliche Gestein , die auf ihrer oberen Fläche eine 0'05 bis o'io™ tiefe Einarbeitung für die unterste Quaderschicht trägt. Diese ist als eine Art von Sockel in der Regel etwas höher als die nächstfolgenden.

Alle Eckbildungen zeigen einen angearbeiteten Randschlag von durchschnittlich o'oS"" Breite^*). An manchen Türmen ist die ganze Mauerfläche glatt abgemeißelt.

Von Toren sind zwei, das eine an der Nordseite der Akropolis, das andere an deren Ostseite, erhalten, beziehungsweise gesichert, zumindesten zwei andere sind am Nord- und Südausgang der Stadt anzunehmen. Neben einem der Türme der Südseite ist eine schmale Pforte angeordnet, und es werden deren jedenfalls noch mehrere vorhanden gewesen sein.

^^) Die von Hahn a. a. 0. S. 121 hervorgehobene Besonderheit des Randschlages scheint nur auf starker Ver- witterung zu beruhen.

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24: Turm von Lissos.

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Die eingehende Beschreibung der Mauer sei mit der am jetzigen Drinflusse gelegenen West- front begonnen (vgl. Abb. 21). Sie setzt auch im Altertum den Schutz durch ein Gewässer voraus, und da der Drin im Altertum jedenfalls einen anderen Lauf genommen hat (über die Drinfrage vgl. oben S. 10), können wir entweder an die Möglichkeit denken, daß das Meer hier zwischen Stadt und dem gegenüberliegenden Hügel Rumeka eine schmale Bucht ins Land gesendet hat - Lissos war nach Caesar bell. civ. III 29, 3 und 40, 6 jedenfalls Seehafen oder, was mehr Wahrschein- lichkeit für sich hat, daß der den Südteil der Zadrima auch vor der Laufänderung des Drin ent- wässernde Fluß, nach Diodor können wir ihn Anapos nennen, sich hier in breiter Mündung ins nahe Meer ergoß und so eine Art von Flußhafen bildete. Das würde zu dem Umstand stimmen, daß Antonius hier nur flachgehende Schiffe, pontones, unterbringen konnte. Die Ausdehnung der Westfront ist durch die beiden Mauerecken im Norden und Süden gesichert, und wenn auch auf der dazwischen liegenden Strecke über der Erde jede Spur von antikem Mauerwerk fehlt, so lassen doch, besonders in der südlichen Hälfte, die in auffallender Regelmäßigkeit in 30 bis 40"^ weiten Abständen aus der übrigen Flucht vorspringenden modernen Häuser darauf schließen, daß sie auf antiken Turmfundamenten ruhen, während die ganze Häuserzeile der antiken Mauerfront folgt. Die Südwestecke der Stadt ist in der Wand eines modernen Hauses am Drin bis zu vier Quaderlagen hoch auf eine Strecke von fast 20 "^ erhalten. Eine an der Südseite in die Haustreppe eingemauerte, senkrecht aus der Mauerflucht verspringende Quader stellt den letzten Rest eines Turmes dar. Von der Ecke aus läßt sich die Mauer in östlicher Richtung durch den Bazar, insbesondere an Stellen, wo ihr Lauf jetzt von Gassen geschnitten wird, gut verfolgen. Besser erhalten ist sie in dem Untergeschosse des letzten größeren Hauses gegen den Berghang zu, wo sie auf eine Strecke von 4"^ bis zu fünf Quaderlagen hoch steht und sich auch der Rest eines Turmes erkennen läßt. Von diesem aus läuft die Mauer dann in südöstlicher Richtung den Berg hinauf, nur in einzelnen Spuren sichtbar bis zu einem Turm, der, von späterem Bruchsteinmauerwerk überbaut, durch die erhaltene Vorderkante der Euthynterie und die Südwestecke gesichert ist.

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25: Mauer von Lissos.

Es folgt ein sehr schlecht erhaltenes Stück bis zu einem weiteren Turm, der nur aus wenigen Resten erraten werden kann, aber auch wegen der hier eintretenden starken Richtungsänderung unbedingt anzunehmen ist. Die Mauer, die von da an in besserer Erhaltung den Berg bis zum Rande des vorgeschobenen Plateaus senkrecht hinanklettert, teilt sich dort in zwei Äste, die mittlere nach Norden laufende Zwischenmauer und die sich nun nach Südost um die vorspringende Plateau- nase ziehende Außenmauer. Die Einzelheiten der Anlage der Mauergabelung sind leider ohne Grabung nicht festzustellen. Gesichert ist am Rande des Plateaus ein Turm, doch bleibt ungewiß, ob dieser den Trennungspunkt bildete oder ob die Außenmauer bereits etv/as weiter unten abging, wo ebenfalls Mauerspuren zu sehen sind. Die Mauer folgt dann immer sicher kenntlich über einen nur wenig vorspringenden Turm (i"30"' an der Ostseite) dem Plateaurande bis zu einer scharfen Ecke. Das zerrissene, schroffe Gelände machte hier einen gewaltigen Unterbau aus riesigen bis zu 2"5o"' langen und i"3o"' hohen Konglome;atblöcken notwendig. Zum Teil ist auch das anstehende Gestein zu quaderertigen Formen zurechtgehauen (Abb. 25). An der Ecke fehlt der erwartete Turm, doch wird die Flankierung des folgenden Mauerstückes durch eine 5™ tiefe Einspringung der Mauer erreicht und war auch durch den nur 20"" entfernten nächsten Turm gesichert, dessen Reste etwas unklar sind und der in seiner Baugeschichte ohne Grabung es handelt sich hier augenscheinlich um zwei Bauperioden, deren Mauern in verschiedener Richtung laufen kaum geklärt werden kann. Bei einem weiteren, 8™ vorspringenden Turm schlägt die Mauer eine fast nördliche Richtung den Berg hinan ein. Sie ist hier stellenweise bis zu drei Quader- reihen hoch gut erhalten. Der Plateaurand wendet sich dann scharf nach Ost, die Mauer folgt ihm in spitzem Winkel. Merkwürdig ist die Lösung, die der alte Festungsbaumeister für die ein- springende Ecke gefunden hat. Er hat in den spitzen Winkel den Ausschnitt eines Rundturmes gesetzt, etwa 110° des Kreises begreifend, der so den toten Winkel zwischen den zwei Mauerschenkeln aufhebt. Der Turm (Abb. 26) ist in der Quadertechnik der anderen Türme erbaut, nur sind die großen Quadern dem Kreisumfang entsprechend zugehauen. Da der Rundturm in die Mauer ein-

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26: Rundturm der Mauer von Lissos.

bindet, ist er unbedingt dieser gleichzeitig. An seiner Nordseite springt die Innenkante der Mauer um i'4o"' vor und bildet nach innen einen Vorsprung (Treppe zum Wehrgang?).

Vom Rundturm läuft die Mauer in geradei Richtung eben bis zu einem Turm, der zu den besterhaltenen der ganzen Anlage gehört, weshalb bei ihm genauere Maße angegeben werden können. Er ist vorn 6'8o "" breit und springt an der Westseite 480"', an der Ostseite 3*30 aus der Mauerflucht vor ; seine ganze

Tiefe beträgt 7"8o"'. An der Ostecke stehen noch vier Quaderlagen aufrecht. Westlich, unmittel- bar neben dem Turm, durchbricht eine Pforte von i'4o"' Breite die Mauer, gesichert durch den Randschlag an den Mauerecken. Nach weiteren 40'" wendet sich die Mauer scharf nach Nord- osten und steigt den steilen Hang hinan. Hart an der Ecke folgt ein Turm, der nächste nach weiteren 50"". Zwischen beiden das am besten erhaltene Stück der ganzen Mauer (Abb. 23), noch bis zu 3"5o'^ aufrechtstehend. In der anschließenden starken Steigung fehlen die Türme ganz, die Mauer läuft en cremailliere, d. h. die Flankensicherung ist durch zweimaliges Einspringen um 6 bis 7"" erreicht. Die Erhaltung ist hier sehr schlecht, doch läßt sich die Stelle, wo die Mauer unter der mittelalterlichen Burgmauer verschwindet, feststellen.

Die Höhe der Akropolis wird jetzt durch eine mittelalterliche Befestigung gekrönt, die in ihrer Anlage venezianisch, von Sultan Selim I. wiederhergestellt und ausgebaut worden ist. Doch sprechen alle Anzeichen dafür, daß die äußere Mauer der Zitadelle im wesentlichen dem Laufe einer antiken Mauer folgt, die die Akropolis selbst zu einer festen Burg ausgestaltete. Es läßt sich nicht bloß fest- stellen, daß die Ostmauer der Zitadelle unmittelbar auf den unteren Schichten der antiken Mauer erbaut ist, sondern es sind auch südlich und nördlich des kleinen mittelalterlichen Westtores antike Mauerstücke in situ erhalten. Außerdem finden sich allenthalben im mittelalterlichen Mauerwerk antike Quadern in großer Zahl verbaut. Dem jetzigen Haupttore der Burg im Osten entsprach auch im Altertum eine Toranlage von ähnlichem Grundriß, die durch einen gut erhaltenen antiken Turm bezeugt wird (Abb. 24), der im Mauerwerk des südöstlichen mittelalterlichen Tor- turmes steckend bei 6"" Breite bis zu 2"5o™ aufrechtstehend durch sein Vortreten vor die übrigen Mauerreste der Ostseite das Tor gesichert erscheinen läßt. Ihm entsprechend ist dann unter dem westlichen Torturm ebenfalls ein antiker Turm anzunehmen. Die daran anschließende Mauer ist in ihrem Unterbau zu großen Teilen antik, es ist dies jenes besonders gut erhaltene Stück, das Hahn a. a. O. S. 121 f. beschrieben und gezeichnet hat. Hier ist auch der jetzt nicht überbaute Unter- bau eines vorspringenden antiken Turmes erhalten. Der große mittelalterliche Turm der Nordost- ecke ist größtenteils aus antiken Quadern erbaut, er wird über einem antiken Turm stehen. Etwa 50™ westlich der Ecke löst sich dann die äußere Umfassungsmauer von der Akropolisummauerung und läuft über drei schlecht erhaltene Türme den Nordabhang des Berges hinab zu einer kleinen vorspringenden Fläche, die zur Anlage eines Tores ausgenützt wurde. Zwei Türme, die mit ihrer Vorderfront in der Flucht der Mauer bleiben, bilden eine Torgasse von 9™ Länge und 4™ Breite. An der südlichen, drei Quaderreihen hoch erhaltenen Torwange diente eine 4'5o"' von der inneren Ecke entfernte lotrechte Einarbeitung von o'2o"' Breite und o'oy'" Tiefe zur Befestigung des Torpfostens.

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27: Turm der Mauer von Lissos.

Vom Tor an folgt die Mauer den zum Teil felsigen Ab- hängen der erwähnten Fläche in deutlich kenntlichen Spuren nach 50 "" ein Turm und biegt dann in stumpfem Winkel nach Südwest. Auch hier stellenweise Unterbau aus riesigen Konglomeratquadern. Nicht klar wurde die Anlage eines dann folgenden Turmes. Es waren hier anscheinend zwei Türme treppenförmig übereinander gesetzt, da in derselben Mauerlinie an zwei Stellen Quadern mit Rand- schlag in situ einander folgen. Das anschließende Mauerstück ist dann sehr schlecht zu ver- folgen, erst wenige Meter von der Stelle, an der sich die oben (S. 18) erwähnte mittlere Ver- bindungsmauer ablöst, läßt sich die Mauer wieder mit Außen- und Innenkante feststellen. Die Ver- bindungsmauer ist in ihrem ganzen Verlaufe deutlich zu erkennen. Auch sie war mit Türmen be- wehrt, von denen noch mindestens drei festgestellt werden konnten.

Das noch erübrigende Stück der Außenmauer, hinab bis zum Drin, ist zwar im Verlauf überall gesichert, doch zu sehr zerstört, um Einzelheiten erkennen zu lassen. Die hier im Plane ein- gezeichneten Türme sind nur aus den Richtungsänderungen und reichlicheren Trümmermassen erschlossen. Erst bei der großen Platane vor dem Nordausgang der Stadt ist wieder der Rest eines Turmes (Abb. 27), verbaut in eine spätere, anscheinend mittelalterliche Befestigungsmauer, die die Neustadt an ihrer Ostseite deckte (vgl. den Plan), und am Drinufer die Nordwestecke der Stadtmauer mit einem jetzt vom Wasser überspülten Turm kenntlich.

Die von uns beschriebenen Mauern bilden, wie schon festgestellt, ein einheitliches, gleich- zeitig entstandenes Ganzes. Nun sind uns an zwei Stellen Nachrichten von einer Wiederherstellung der Befestigungen von Lissos überliefert. Die eine verdankt die Stadt Julius Caesar, zu dessen Amtsgebiet sie seit 59 v. Chr. gehörte. Er berichtet bell. civ. III 29^'), daß er die Stadt für den in Lissos befindlichen conventus civum Romanorum, dem er die Stadt früher zugeteilt hatte, habe befestigen lassen. Eine zweite Wiederherstellung bezeugt eine von Cyriacus von Ancona in Lissos gesehene und überlieferte, jetzt leider verschwundene Bauinschrift 3°) aus früher Kaiserzeit. Von keiner dieser Restaurierungen konnten wir an den Resten irgend welche sichere Spuren feststellen. Höchstens käme der eine Turm der Südseite (vgl. oben S. 18) in Betracht. Jedenfalls mögen sich diese Nachrichten im wesentlichen nur auf Wiederherstellungen des Oberbaues beziehen.

Höchst gering sind die Überreste von antiken Anlagen im Innern der Stadt. Für die Topo- graphie der Stadt wäre allenfalls die schon oben herangezogene Nachricht von den großen Gym- nasien am Anaposflusse zu verwerten (vgl. S. 14). Da man dieselben doch innerhalb der Stadt-

"">) Th. A. Ippen, Skutari S. 58.

3°) CIL III n. 1704; J. W. Kubitschek, Imperium Romanum tributim discriptum S. 235.

28: Kapitell in Lissos

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mauer wird annehmen müssen, kommt für sie nur die heute von der modernen Stadt unten am Flusse eingenommene Fläche in Betracht. Der hier zur Verfügung stehende Platz ist im ganzen etwa 280"' lang und durchschnittlich 120™ breit, und es müßte daher der Hauptteil der Stadt am Akropolisabfall und wohl vor allem auf dem noch durch eine eigene Mauer geschützten Plateau gelegen haben. Hier finden sich auch noch da und dort jetzt nicht weiter zu deutende Mauer- spuren, und eine Grabung wäre sicher erfolg- reich, da auch die Verschüttung ziemlich hoch zu sein scheint. An Architekturresten hat sich

Lissos bisher auffallend arm erwiesen. Wir haben ein einziges spätes korinthisches Kapitell (Abb. 28) aus Kalkstein, 0*40"^ hoch, oberer Durchmesser o'ög"", in der der Bazarstraße östlich parallellaufenden Gasse am nördlichen Ende der Stadt verzeichnen können.

Ebenso arm war Lissos bisher an Inschriften und Kleinfunden. Außer der oben erwähnten, von

Cyriacus überlieferten CIL III n. 1704 war nur das von Patsch, Jahreshefte X 1907 Beiblatt Sp. 103 veröffentlichte Bruchstück einer Ehreninschrift un- bestimmter Herkunft bekannt. Durch einen Zufalls- fund der letzten Zeit ist nun eine weitere Inschrift an den Tag gekommen. Beim Bau der neuen großen Straße, die von Alessio nach dem Süden führen soll, hatte man am Südwestfuß des Akropolishügels, rund 300"" von der Stadtmauer entfernt, unter- halb der alten Straße die Böschung etwa 2"" tief angeschnitten und dabei kurz vor unserer Ankunft in Alessio einen Teil einer antiken Nekropole auf- gedeckt. Es kamen die Unterbauten von vier größeren Grabbauten und mehrere Einzelgräber zum Vorschein. Bevor diese Anlagen dem Straßen- bau zum Opfer fielen, konnten wir den in Abb. 29 wiedergegebenen Plan aufnehmen. Der am weitesten westlich liegende Bau I (Abb. 30, links) besteht aus einem dreistufigen Unterbau, dessen mit Kalk- steinquadern verkleidete Stufen auf drei Seiten herumgeführt sind, während die vierte gegen den Berg stößt und das also ältere, da- hinter liegende Grabmal III der Didier überschneidet. Auf dem Unterbau erhebt sich ein kreis- runder, zylindrischer Bau, oben mit einem Kuppelgewölbe abge- schlossen, das außen anscheinend nach oben zu glatt abschnitt. Doch dürfte dieser runde Körper nicht sichtbar gewesen sein. Wir möchten annehmen, daß er würfelförmig verkleidet war, da ein noch in situ liegender Stein der Verkleidung dies wahrscheinlich machte. Das Innere 30: Romische Grabbauten bei Lissos.

29: Römische Gräber bei Lissos.

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war von der Hinterseite aus zugänglich, wo ein o'6o "" weiter, nach unten geneigter Schacht die Wand durchbricht. Bei der Auffindung war diese Öffnung durch eine vorgelegte anpassende Stein- platte verschlossen. Nach den Mitteilungen der den Straßenbau leitenden Offiziere fanden sich im Innern des Baues mehrere tönerne Aschenurnen mit Knochenresten ohne weitere Beigaben.

Unmittelbar neben diesem Grabbau wurde die west- liche Stufenreihe drei Stufen eines zweiten ähnlichen II freigelegt, von dessen Oberbau nichts mehr vorhanden war. Hinter den zwei Bauten dann, anscheinend älter als diese, der schon erwähnte Grabbau III, der durch die dabei gefundene Inschrift als der Familie der Didier gehörig gekennzeichnet wird. Sichtbar wurden die aus Kalkstein auf gemauerte Vorderwand und Teile der anschließenden Seiten- wände. Am Fuße zwischen den Stufen der beiden südlichen Bauten wurde in Fallage der Grabstein Abb. 31 gefunden. Aus blaugrauem Kalkstein be- stehend, war er ursprünglich in eine Mauer ein- gelassen, da sowohl an der Rückseite wie an den Rändern Spuren von Mörtel bemerkbar sind. Höhe o"42'", Breite o'SS"", Dicke 007"".

Arbuscula ist als Name weiblicher Freige- lassener häufig, ein anderes Beispiel aus Dalmatien CIL III 8784 a; bekannt ist eine Schauspielerin gleichen Namens aus Ciceros Zeiten (Cic. ad Att. IV, 15, 6; Horat. sat. I 10, 76). Auca hängt ent- weder mit Auco, Aucalo (Holder, Altkeltischer Sprachschatz 283) oder mit den illyrischen Namen auf -uco(a), wie Zebuca, Amuca, zusammen. Ein vierter Grabbau IV war zu sehr zerstört und zu wenig freigelegt, um Genaueres über ihn fest- stellen zu können.

An Einzelgräbern wurden aufgedeckt ein Brandgrab und drei Kistengräber.

Das Brandgrab lag 5"" nordöstlich des östlichsten Grabgebäudes etwa 0-50'" tief unter der Erde. In der 0-35 "" hohen bauchigen Aschenurne aus rötlichem Ton fanden sich als Beigaben:

Gelbes Tonfläschchen (Abb. 32), o-io"" hoch;

Bronzefibel (Abb. 33), o'035™ lang;

kleine Bronzemünze, Avers: bärtiger Zeuskopf mit Eichenkranz nach rechts,

Revers: illyrische Galeere nach links, darunter ZKOAPEINriN darüber . . Mn -^ NOr

Von den Kistengräbern wurden zwei (a und b) nebeneinander (2"^ ; 0'7o'") nördlich vom östlichen Grabbau gefunden. Sie enthielten die Skelette ohne Beigaben. Ein drittes lag ungefähr 50"" weiter östlich, 075 "" unter der Oberfläche, sorgfältig aus Bruchsteinen gemauert. Stärke der Wände o"30 ", Öffnung im Lichten 1-85" X 0-65 "", Tiefe 0-85'". Der aus drei großen (0-08'" dicken) Stein- platten bestehende Deckel war eingedrückt, das Grab voll Erde und Geröll.

Beigaben des Skeletts (Abb. 34) :

Blaue und gelbe Glasperle; Ring, Ohrgehäng, zwei Riemenschnallen, Riemenzunge aus

31; Inschrift aus Lissos.

L(iiciiis) Didiiis L(uci) l{iberliis) Eros Didia L(iici) (libcrla) Arbiiscul{a) Didia L(iici) l(ihcrl(i) Auca havelc cl In.

33: Bronzefibel aus Lissos.

32: Ton- fläschchen aus Lissos.

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Bronze 3'); zwei Messer, Nagel, Ring, Reste von Beschlägen aus Eisen; Scherben von Gefäßen aus rötlichem Ton.

Was die Chronologie dieser Gräber betrifft, so ist zunächst das Brandgrab wegen seiner Beigaben nicht später als in die erste Zeit der römischen Okkupation zu datieren. Abgesehen von der Münze, die der autonomen Prägung der Stadt Scodra nach i68 v. Chr. angehört (Brunsmid, In- schriften und Münzen der griechischen Städte Dal- matiens, Abhandlungen des archäologisch-epigra- phischen Seminars XIII S. 71 f.) und die nur einen terminus post quem abgeben kann, zeigt die mit- gefundene Fibel eine Form, die deutlich von dem normalen Spät-La Tene-Typus abhängt 3^). Auch die zu einem der Grabgebäude gehörige Inschrift kann nach ihrem Charakter nicht zu tief in die erste Kaiserzeit herabgerückt werden.

Die Kistengräber ergeben zwar kein Material zu einer näheren Datierung, doch weisen Be- stattungsart. Beigaben und die höhere Lage auf die Spätzeit hin.

Die Gleichsetzung der im vorhergehenden 34: Grabfund aus Lisscs.

beschriebenen Ruinen mit dem alten I.issos würde

als selb.stverständlich gelten, wenn nicht eine andere Frage scheinbar Schwierigkeiten in den Weg stellte. Wir finden bei Strabo VII 316, Polybius VIII 15, 16 von Lissos geschieden ein Akrolissos und Akro- die Schilderung der Belagerung von Lissos durch Philipp von Makedonien im Jahre 213 v. Chr. bei '^^°-'- Polybios, der uns ein ganz außerordentlich plastisches Bild der Örtlichkeit vermittelt, läßt klar erkennen, daß Lissos und Akrolissos zwei räumlich getrennte, in keinem Fall durch Mauern ver- bundene Befestigungsanlagen darstellten. Sieht man nun mit Hahn und Ippen in dem heutigen Burgberg das alte Akrolissos, so kann das jetzige Alessio, das unbedingt innerhalb desselben alten Befestigungsringes liegt, keinesfalls mit Lissos identisch sein. So kam Hahn zu dem an sich wenig wahrscheinlichen Ausweg, das alte Lissos drinabwärts irgendwo gegen die jetzige Meeresküste gelegen anzunehmen, in einer Gegend, die sicherlich erst seit dem Altertum durch die Schwemm- tätigkeit der Flüsse dem Meere abgewonnen worden ist. Eine zweite Möglichkeit war die, Akrolissos irgendwo anders zu suchen und da bietet sich vor allem der die Gegend beherrschende Mali Sel- buemit dar. Ein spitzer Felskegel, nach allen Seiten steil, zum Teil in senkrechten Wänden ab- fallend, bildet er eine weithin sichtbare Warte, die der Reisende von den Berghöhen bei Durazzo bis zum Nordgestade des Skutarisees nicht aus den Augen verliert (Abb. 35). Von der Akropolis ist sein Gipfel in der Luftlinie etwa 1200"^ entfernt, mit seiner Höhe von 410 "^ überragt er sie um ein be- deutendes. Wenn irgendwo, so mußte auf ihm Akrolissos gesucht werden, und wir haben in der Tat auf seinem Gipfel die Reste einer Burganlage gefunden (Plan Abb. 36), die durch ihre völlig übereinstim- mende Bauart die Gleichzeitigkeit mit den vorhin beschriebenen Ruinen außer Zweifel stellt. Die Höhe des Mali Selbuemit bildet einen zweigipfeligen schmalen Felsrücken, der gegen Westen und Südwesten in fast senkrechten Wänden abfällt, gegen Osten sich sanfter abdacht. Der höhere südliche Gipfel besteht aus einem gewaltigen Felsklotz, den die Türbe des Dzumerd Kassab^^) krönt. Daneben weist

3') Ein gleiches Stück in Skutari bei Nopcsa, W. M. H. XII 1912 S. 193 Fig. 59. 3^) Vgl. O. Montelius, Die ältsren Kulturperioden im

Orient und in Europa I 49 Fig. 152. 33) Vgl. Ippen, W. M. B. H. X 1907

S. 52.

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Abb. 35: Lissos und Akrolissos von Südwest.

Plan von Akrolhsos.

eine kleine, nur in Funda- menten erhaltene Kirchen- ruine auf eine ältere kirch- liche Tradition hin.

Zwar haben Wind und Wetter auf weite Strecken jede Spur der antiken An- lage verwischt, doch ist das erhalten, was für die Er- kenntnis des Grundrisses wichtig ist. Auch läßt die Natur des Ortes wenige Möglichkeiten für den Ver- lauf von Befestigungs- mauern. Die Anlage umfaßt neben den eigentlichen zwei Gipfeln, die zu wenig Raum boten, einen Teil des östlichen Abfalles und umschließt einen länglichen, nach Norden und Süden spitz zulaufenden Raum von etwa 330"^ Länge und 80"^ größter Breite. An der Westseite folgte die Mauer überall dem Rande des Steilabfalles. Hier gibt es mehrfach Felsein- arbeitungen und im Sattel zwischen beiden Gipfeln sowie im südlichen Teil auch noch geringe Reste der Mauer. Am Nordende scheint die Anlage besonders stark gewesen zu sein. Wir fanden zu beiden Seiten der Nordspitze je einen vorspringen- den Turm, von denen besonders der östliche gut erhalten ist. 40"^ südlich von diesem schien uns an der Ostseite ein weiterer Turm nach ganz geringen Spuren wahrscheinlich. Von hier bis zu den Resten an der Südspitze fehlen zwar jegliche Spuren, doch ist die Mauerrichtung durch das Gelände und durch die wenigen Reste im Süden gesichert. Hier ist die Mauer in ihrer untersten Steinlage auf 100"^ Länge erhalten. Die Südspitze selbst besteht aus einem turmartigen Vorbau, von dem noch drei Reihen gewaltiger Quadern die unterste, auf dem geglätteten Fels liegende o'ös"^, die folgenden o"45"' und 0*40 hoch stehen. Leider läßt uns die Zerstörung über weitere Einzelheiten wie die Anlage der Tore im unklaren. Doch kann man für die Lage eines Tores einen Anhaltspunkt gewinnen durch eine merk- würdige Toranlage im Innern der Burg (Abb. 37). Es läuft nämlich hier in der südlichen Hälfte eine Quermauer, welche diesen Teil von dem Übrigen abtrennt. Leider bricht sie schon nach 25"^ ab. Sie wird durch eine Toranlage durchbrochen, deren Front unzweifelhaft gegen Süden gerichtet ist. Während an der Westseite ein einfacher quadratischer Turm von 5"^ Seitenlänge die 3"^ breite Torgasse begrenzt, schiebt sich die Mauer an der Ostseite des Tores um 8"" vor und gestattete da- durch die rechte, nicht vom Schilde bewehrte Seite des Gegners anzugreifen. Die hier beschriebene Toranlage setzt natürlich

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auch ein Tor in der Außenmauer südlich davon voraus. Da die Westm'auer über senkrechten Ab- stürzen steht, kommt nur die Ostseite in Betracht, wo sich allerdings kein Anhaltspunkt dafür ergab.

Das Material, aus dem die Burg von Akrolissos besteht, ist an der Südseite derselbe Trias- kalkstein, aus dem die Mauern von Lissos erbaut sind. Auch Zurichtung und Größe der Quadern ist dieselbe. An den Mauerecken findet sich regelmäßig Randschlag.- Im nördlichen Teil sind an Stelle des Kalksteins die Schieferplatten der unteren Schichten des Berges verwendet, die natur- gemäß Quadern von geringeren Abmessungen ergeben.

Durch die Auffindung von Akrolissos und die Gleichsetzung der Ruinen von Alessio mit Lissos fallen alle Schwierigkeiten, die sich bisher bei der Auslegung der von Polybios VIII 15, 16 gegebenen Schilderung der Belagerung von Lissos durch Philipp von Makedonien ergaben, weg. Nach Polybios erscheint Philipp nach einem Marsche von zwei Tagen |iurch Engpässe am Arda-

Die Einnahme von Lissos durch Philipp von Make- donien.

37; Toranlage von Akrolissos

xanosflusse, wo er unweit der Stadt Lissos, angesichts der starken Befestigungen der Stadt, sein Lager aufschlägt. Die Ereignisse legen es nahe, daß Philipp aus Makedonien, also von Südost kommt, und man kann mit Sicherheit, wie das Ippen, Skutari S. 62 getan hat, den Arda- xanos mit dem Mat identifizieren, der bei dem Orte Pezana, in engem Defile aus dem Berglande vorbrechend, die Küstenebene erreicht. Nicht weit von diesem Orte, in dessen Nähe wir die römische Grenzstadt Bassania vermuten (vgl. unten S. 84), mag sein Lager gestanden haben, von dem aus er die Gegend von Lissos gut überschauen konnte. Gegen das Meer zu sowohl als auch landwärts schon durch die Natur geschützt und überdies durch mächtige Befestigungsbauten gesichert, macht Lissos auf ihn einen gewaltigen Eindruck, insbesondere kann er sich des Gedankens nicht entschlagen, daß Akrolissos auf seinem unersteiglichen Felskegel mit Gewalt nicht zu nehmen sei. Er gibt daher zunächst jede Hoffnung auf Akrolissos auf und setzt sich nur die Einnahme von Lissos selbst zum Ziel. Die einzige Möglichkeit zu einem Erfolge scheint ihm die Einsattelung zwischen Lissos und Akrolissos zu bieten, also der Bergsattel zwischen der Akropolis und dem Mali Selbuemit. Er nimmt seine Zuflucht zu einer Kriegslist und verbirgt den größten Teil seiner Leicht-

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38: Blick von Akrolissos auf Alessio und die Akropoli

bewaffneten noch in der Nacht in waldige Bergschluchten im Landinnern jenseits des Bergsattels (vgl. die Karte Abb. 39). Der Weg dieser Truppe läßt sich deutlich verfolgen. Sie marschiert durch das jetzt Grüka, d. h. Schlucht, genannte Tal, das sich östlich und nordöstlich um Akrolissos herum- zieht, steigt dann über den Sattel zwischen dem Mali Mercinjs und dem Mali Selbuemit und legt sich in der Gegend des heutigen Dorfes Varos in den Hinterhalt, -sp^sÄy-wv xr^v -öÄ:v, wie es im folgenden heißt. Die Schwerbewaffneten mit dem übrigen Teil des leichten Fußvolks läßt er i-l %-äxEpoc, TTj; TtoXswg xa-ca thaXatxav, d. h. von Süden her längs der damals offenbar weiter ins Land einschneidenden Meeresküste, gegen die Stadt marschieren.

In Kenntnis von dem Heranmarsch Philipps hatten sich in der Stadt große Mengen von Illyrern versammelt. Akrolissos hatten sie im Vertrauen auf seine Festigkeit nur mit einer geringen Wach- mannschaft belegt. Zugleich mit dem Herannahen der Makedonier strömten nun auch die Verteidiger aus der Stadt, im Vertrauen auf ihre Menge sowohl als die Festigkeit des Platzes. Der König stellte unterdessen seine Schwerbewaffneten unten in der Küstenebene auf, während er dem Rest der Leichtbewaffneten befahl, -poj xo'j; Ä4-.fc<'JC, gegen die Hügel vorzugehen und den Feind kräftig an- zugreifen. Aus dem Ausdruck geht hervor, daß die Verteidiger, sich zunächst auf dem Südabhang der Akropolis unterhalb der Mauern haltend, den Feind erwarteten. Der Kampf entspinnt sich und bleibt zunächst unentschieden. Doch bald beginnen die Leichtbewaffneten Philipps, die steil auf- wärts zu stürmen hatten, zu weichen und ziehen sich hinab gegen die unten aufgestellten Schwer- bewaffneten. Dadurch lassen sich die Illyrer verlocken und drängen den Zurückweichenden in die Ebene nach, wo sie mit den Schwerbewaffneten in Kampf geraten, die sich ebenfalls abteilungs- weise zurückziehen. Das sieht die Besatzung von Akrolissos, meint, daß Philipp tatsächlich geschlagen und im Rückzuge sei, verläßt heimlich, bauend auf die natürliche Festigkeit von Akrolissos, truppweise den Platz und steigt xoclg ävooöat;, d. h. über den steilen Westabfall des Berges, in die Ebene hinab, um noch rechtzeitig zur Verteilung der Beute zu kommen.

Jetzt läßt Philipp die im Hinterhalt bei Varos verborgenen Leichtbewaffneten einen kräftigen Vorstoß machen, d. h. sie dringen über den Sattel zwischen Akropolis und Akrolissos vor und schneiden dadurch den Verteidigern des letzteren den Rückweg ab. Gleichzeitig stoßen auch die Schwerbe- bewaffneten mit Wucht vor und bringen die Illyrer in Verwirrung, die sich in zersprengten Haufen in die Stadt zurückziehen. Das verteidigerlose Akrolissos kann nun ohne jeden Widerstand besetzt werden, während die Stadt Lissos erst am nächsten Tage nach schweren Kämpfen in Philipps Hand fällt.

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Am 10. Juni zogen wir, zum Teil schon die neue Straße benützend, auf weite Strecken noch auf dem alten, in elendem Zustande befindlichen türkischen Pflasterweg südwärts, den Westabhang der bewaldeten Malcija Lesit entlang, zu dem breiten Flußbett des Mat, überschritten diesen bei Pezana und marschierten dann über Miloti und Laci durch das urwald- und sumpfbedeckte Land südlich des Mat bis zu dem anmutig in einer Waldlichtung gelegenen Dorfe Mamuras. Hier bogen wir dann östlich ab und erreichten aus den Urwäldern und Sümpfen den Westabfall des Mali Krujs hinansteigend, am Abend des I2. Juni die in üppige Ölhaine gebettete Bergstadt Kruja. Kruja.

Nach der fiebergeschwängerten Gluthitze von Alessio und den Anstrengungen des Marsches war der Aufenthalt hier oben in der kühleren Bergluft der an 600"' über dem Meere gelegenen

39: Karte der Umgebung von Lissos.

Stadt wie eine Erlösung. Zu diesem Eindruck kam noch der höchst eigenartige, reizvolle Anblick der Stadt, deren malerische Häuser und Kuppeln anmutig zwischen uralten Ölbäumen und dunklen Zypressen verstreut den Bergabhang hinanziehen. Einzig ist die Fernsicht von hier oben auf das ganze Küstengebiet Nord- und Mittelalbaniens von den Höhen Montenegros an bis zu den fernen Bergen der akrokeraunischen Halbinsel.

Kruja liegt in der Landschaft, an der schon seit dem Altertum der heutige Name des ganzen Landes haftet. In das Bergland südöstlich von Lissos verlegt Ptolemaeus HI 12, 17 den illyrischen Stamm der Albaner mit ihrem Vorort Albanopolis. Der Name Albanopolis ist auch weithin dem mittelalterlich-griechischen Bistum Arbanum (Albanon) verblieben, das bis ins dreizehnte Jahrhundert als mit dem von Kruja identisch angenommen wird^^). Dezdevizes (Geogr. anc. de Macedoine S. 228) wollte daher Kruja mit dem Albanopolis des Ptolemaeus identifizieren, ohne tatsächliche Anhalts-

34) V. Sufflay, Die Kirchenzustande im vorturkischen Albanien. I. A. F. I S. 188 ff.; v. Thallöczy-Jirecek, ebenda

S. 125 ff.

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punkte dafür zu haben. Wir selbst haben in Kruja keinerlei antike Reste vorgefunden. Mit Aus- nahme zweier Steine mit sehr ursprünglichen, anscheinend frühmittelalterlichen Löwendarstellungen am Brunnen vor dem Tore der Feste sind hier überhaupt keine vortürkischen Denkmäler vorhanden"). Und doch möchte man bei der günstigen Lage des Ortes, insbesondere des schon von Natur aus eine fast unbezwingliche Stellung bietenden, jetzt von mittelalterlichen Mauern und Bastionen gekrönten Burgfelsens, bei dem ganz einzigen Quellenreichtum nach ihm ist die Stadt benannt, da Kruje ,, Quellen" bedeutet eine antike Ansiedlung annehmen, deren Überreste dann spurlos in den späteren Mauern aufgegangen sein müßten. Einen Überrest derselben könnten wir in einigen Gräbern erblicken, die außerhalb der Burg zwischen den Häusern der Vorstadt geöffnet worden sind 3*) und nach den Grabfunden derselben Zeit angehörten wie das große Gräberfeld von Kalaja Dalmaces^'). Die Stadt- Eine andere Vermutung für die Lage von Albanopolis hat Hahn^^) aufgestellt, indem er die

ruine von '

Zgorzes. Stadt mit einer von ihm entdeckten Ruinenstätte bei Zgorzes, unweit von Kruja, identifizierte.

Praschniker hat die Ruinenstätte 39) am 13. Juni von Kruja aus aufgesucht und in etwa zwei Stunden Entfernung von Kruja gefunden. Sie liegt auf einem der Hügel am Westfuße des mäch- tigen Berges von Kruja, unweit des Kakarici genannten Gehöftes des Hosi Schefer, eine halbe Stunde von dem Dorfe Zgorzes.

Gegen Norden zu hängt der Hügel durch einen Sattel mit seinen höheren Nachbarn zusammen, gegen Osten fällt er steil in ein Waldtal hinab, das ein unweit entspringender Bach bewässert, gegen Süden und Westen senken sich die Abhänge sanfter in die Ebene hinab. Jetzt ist der Hügel mit dem allerdichtesten Buschurwald erfüllt, dessen dornenreiches Dickicht nicht nur jeden Überblick verhindert, sondern stellenweise geradezu undurchdringlich ist. Der beigegebene Plan (Abb. 40) kann unter diesen Umständen nicht mehr als eine vorläufige Skizze sein. Nur die Ostseite bot etwas freieres Terrain und gestattete ein Anvisieren der einzelnen Punkte, in den übrigen Teilen war auch ein Abschreiten nur an wenigen Stellen möglich, so daß die Distanzen geschätzt werden mußten und daher der Plan nur ein ungefähres Bild geben kann.

Der ganze Hügel wird durch eine sich von Nord nach Süd senkende Kalkplatte gebildet, deren Gestein an vielen Stellen unmittelbar zutage tritt und an der Ostseite den erwähnten steilen Abfall bildet. Umfassungsmauern umschließen die ganze Fläche dieser Platte von dem über dem erwähnten Sattel liegenden Gipfel des Hügels bis zu dessen südlichen Abfall in einem langgestreckten Räume von annähernd elliptischer Form bei etwa 300" Länge und 120" größter Breite. Innerhalb dieser Um- mauerung scheint nun der eigentliche Gipfel des Hügels durch eine eigene Befestigungslinie von dem übrigen abgetrennt gewesen zu sein. Es läuft südlich unterhalb des Gipfels in ostwestlicher Richtung eine Mauer von derselben Technik wie die äußere Mauer, die sich auf etwa 20"" deutlich verfolgen läßt. Ohne Grabung muß es allerdings dahingestellt bleiben, ob es sich nicht um eine Terrassenmauer handelt. Nach den Analogien, wie sie Apollonia und Lissos bieten, gewinnt die erstere Möglichkeit sehr an Wahrscheinlichkeit.

Sicher ist jedoch eine zweite Befestigungslinie im südlichen Teile der Stadt. Hier läuft etwa 70"^ hinter der äußeren Mauer eine zweite, mit Türmen bewehrte Linie, in der Mauertechnik von der äußeren in keiner Weise verschieden, so daß der mögliche Gedanke an eine später erfolgte Ver- größerung der Stadt nicht unmittelbar unterstützt wird.

35) Th. A. Ippen, Skutari S. 76; W. M. B. H. X 1907 3«) Reise durch die Gebiete des Drin und Vardar, Denk-

S- 62 ff. Schriften der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften

3^) Th. A. Ippen, W. M. B. H. X 1907 S. 20. XVI S.-A. S. 13 f.

37) Th. A. Ippena. a. O. S. i6ff.; Degrand, Souveniers 39) Hahn, Alb. Studien S. 120 f.; Reise durch die

de la Haute Albanie 8.258 ff.; Träger, Zeitschrift für Gebiete des Drin und Vardar S. 13 f.; Th. A. Ippen,

Ethnologie XVHI 1901 S. .(43). Skutari S. 79; v. Thallöczy- Jirecek, I. A. F. I S. 125.

29

Die Erhaltung ist am besten bei dem Rundturm am Nordende sowie im Südosten, während im westlichen Teile über der Erde oft nur zerstreute Quadern den Verlauf der Mauer erraten lassen. Das Material der Mauer bildet ebenso wie in Lissos der harte weißlichgraue Kalkstein, der an Ort und Stelle gebrochen sein mag. In der Mauertechnik erinnert die Mauer in jeder Beziehung an die von Lissos. Wie dort finden wir die eingebundenen Türme aus reinem Quadermauerwerk mit scharfem Randschlag an den Ecken, in den Mauerstrecken das bei Lissos charakterisierte Sohein- polygonalmauerwerk. Im ganzen macht die Mauer absolut den Ein- druck einheitlicher Schaffung. Die Mauerdicke hat sich leider nirgends genau messen lassen.

Der Rundturm an der Nord- ecke der Stadt steht noch sieben Quaderreihen hoch über der Erde, erbaut aus schön zugehauenen, der Krümmung angepaßten Quadern, unter ihnen solchen von i 'So '"Länge und o'QO'" Höhe. In seiner Festig- keit soll der Turm offenbar einen der schwachen Punkte der Stadt über dem wenig tiefer liegenden Sattel ver- stärken. Vielleicht hatte er auch die Aufgabe, ein südöstlich von ihm liegendes Tor schützen zu helfen (im Plan als Turm gezeichnet). Es sind da sehr undeutliche Reste, die so- wohl Turm als Tor sein können und deren Bedeutung ohne Grabung nicht festzustellen war. Doch ist in dieser Gegend einer der Zugänge zur Stadt sehr wahrscheinlich. Die Stadtmauer läuft von hier längs des steilen Ost- abfalles der Hochfläche, da und dort in einzelnen Steinen erhalten. Erst im südlichen Teile wird die Erhaltung wieder besser. Hier folgen in knappem Abstände zwei noch sicher erkenn- bare Türme und dann ein weiterer Turm {yso"" Stirnbreite, 3'6o"' vor- springend), bei dem sich die Mauer in zwei Äste gabelt. Der eine äußere

folgt der bisherigen Richtung am Plateaurand. Nach etwa 40"" ein Turm, bei dem die Mauer nach Süd- osten umbiegt, um nach wenigen Metern zu verschwinden. Von dem weiteren Verlauf dieser südlichen äußeren Mauer wurden nur noch an einer Stelle sichere Spuren angetroffen, die die ungefähre Richtung erraten lassen. Doch mag noch hie und da ein Rest in dem wirren Dickicht verborgen sein. Leider war auch die Stelle, an der dieser äußere Ring in die innere Mauer einmündet, nicht zu erkennen.

Verhältnismäßig besser ist der innere Ring erhalten, besonders in seinem östlichen Teil. Der hier stehende Turm gehört neben dem Rundturme zu den eindrucksvollsten Ruinen der Stadt und

20 W

II

40: Plan der Ruinen von Zgorzes.

30

sei daher als Beispiel eines solchen hervorgehoben. Der Turm (Abb. 41) bildet im Grundriß ein Rechteck von 6-50 " Stirnbreite und 8-20'" Tiefe. Mit 6-30™ springt er aus der Mauer vor. Er ruht unmittelbar auf dem Fels auf, der zu einer Art von Euthynterie zugemeißelt ist. Zunächst über diesem liegt eine niedrigere Quaderschicht von o'So"" Höhe, darauf als Sockel die höchste Schichte mit oöz"'. Als solche charakterisiert sie der Randschlag, mit dem fast alle Quadern dieser Schicht geziert sind. Die Blöcke zeichnen sich auch durch besondere Länge aus, ich habe solche bis i'ia"" gemessen. Darauf liegen dann die weiteren Schichten mit abnehmbarer Höhe von 0-53 bis 0-37 "\

Das unmittelbar westlich des Turmes folgende Mauerstück es steht noch bis 1-90 "" auf- recht — vermag in seiner pseudopolygonalen Technik recht gut den Unterschied in der Technik der Türme und der Mauerstrecken zu verdeutlichen. Die Mauer durchquert dann den ganzen Südabfall des Hügels und steigt an dessen westlichem Plateaurande hinan, folgt überall, nur in

wenigen vereinzelten Quadern erkennbar, den Krümmungen desselben, um endlich den Rund- turm am Nordende wieder zu erreichen. Archi- tektonische Einzelheiten, Türme usw. sind hier ohne Grabung nicht mehr festzustellen.

Von den Gebäuden im Innern der Stadt ist leider wenig zu sagen. Erst eine Grabung könnte Aufschluß geben. Für eine dichte Be- siedlung zeugen die großen Massen von Ziegel- scherben, an verschiedenen Stellen sind Fels- einarbeitungen für Häuser sichtbar. Auch liegen da und dort große Quadern, die nicht von der Stadtmauer zu stammen scheinen.

Über Tag steht eine einzige Ruine, un- gefähr in der Mitte des Westrandes der Stadt. Es sind die Reste eines kleinen, späten, recht- eckigen Baues, vielleicht eines Kirchleins, zu großen Teilen aus antiken Spolien erbaut.

Über das Alter der Stadt lassen sich nur mittelbare Schlüsse ziehen. Die Mauertechnik entspricht, wie wir sahen, der von Lissos; man könnte vielleicht aus dem nicht nur an Eckbildungen, sondern auch als Sockelverzierung vor- kommenden Randschlag auf eine wenig jüngere Zeit schließen. Über Einzelfunde ist leider nichts bekannt geworden. Einen Ersatz dafür bieten die keramischen Reste, die hier reichlich aufgelesen wurden. Als älteste Proben fanden sich Scherben von handgemachten Gefäßen aus ungeschlämmtem, sehr mit Glimmer durchsetztem Ton, außen schwarz geschmaucht und mit der Hand poliert. An Formen war eine flache Schüssel und ein Topf mit gerade angesetzter Mündung zu erkennen. Reichlich war importierte Ware vertreten: vor allem schwarzgefirnistes griechisches Gebrauchs- geschirr, unter dem die untere Hälfte einer hübsch geformten kleinen Hydria oder Kanne her- vorgehoben werden soll. Endlich fanden sich auch einzelne Scherben hellenistischer Reliefkeramik, darunter ein Stück in der Art der sogenannten megarischen Becher mit aufgelegtem Strickornament. Späteres war nicht vertreten, doch mag dies ein Zufall sein.

Ein angenehmer Marsch brachte uns am 15. Juni über Larusku nach Tirana. Der Weg führt großenteils durch Weideland mit hübschen, zerstreuten Baumgruppen. Drei Nebenflüsse des Ljumi Tirans müssen überschritten werden, dann erreichen wir unweit der ersten Häuser der Stadt die von langen Reihen hoher Pappeln eingefaßte, von Durazzo nach Tirana führende Straße. Tirana

41: Turmecke von Zgorzes.

31

ist eine junge türkische Gründung des siebzehnten Jahrhunderts, für uns Archäologen bedeutete daher der Aufenthalt in der anmutig gelegenen, reizvollen Stadt einen Rasttag. Von besonderem Interesse waren die hübschen, eine ganz eigenartige Beeinflussung türkischer Baukunst durch west- liches Rokoko zeigenden Moscheen.

;r-'^!ff

Am 17. Juni ritten Schober und Praschniker, während die übrige Ko- lonne den direkten Weg nach Elbassan einschlug, nach dem am linken Ufer des Arzen auf einem Bergsattel hoch über dem Flusse gelegenen Dorfe Per- trejla, in dessen Nähe Hahn die Ruinen einer alten Ansiedlung festgestellt haf"). Der Tag war leider für uns ein dies nefastus. Infolge einer irrtümlichen Auf- fassung der von Schober exzerpierten Hahnschen Beschreibung haben wir die Ruinen auf dem Felsgrat westlich des Ortes, der die Ruine eines späteren Kastells trägt, angenommen und natür- licherweise trotz stundenlangen Suchens in dornigem Dickicht nicht gefunden. Leidef wußten auch die uns begleiten- den Dorfbewohner von keinen anderen Ruinen, so daß wir schließlich einen Irr- tum Hahns annahmen. Nach Hahns Be- schreibung, auf deren Zuverlässigkeit wir nach unseren Erfahrungen vollständig bauen können, handelt es sich um eine ähnliche Anlage wie in Zgorzes. Aus Quadern erbaute Mauern würden auf griechische Zeit hinweisen. Natürlich ist auch hier wie anderenorts bei der be- herrschenden Lage eine Gründung in früherer Zeit möglich und wahrscheinlich. Von besonderem Interesse wäre die Untersuchung des von Hahn erwähnten großen Substruktionsbaues gewesen. Seine Beschreibung macht den Gedanken an einen Tempel überaus wahrscheinlich.

Unsere Untersuchung hat sich, wie erwähnt, auf den Felsgrat westlich des Dorfes und dessen Umgebung beschränkt. Das Kastell (Abb. 42), das den höchsten Gipfel des Grates krönt, ist ein Bau von geringem Umfange und schmiegt sich mit seinem dreieckigen Grundriß der Form der kleinen Gipfelfläche an. Runde Ecktürme verstärken die drei Ecken des Baues, eine gemauerte Rampe führt an der Nordostseite zu einer Toranlage. Gegen Nord und Ost liegt dem Kastell noch eine tiefer am Abhang laufende Mauer vor, die durch ein Tor von dem Dorfe Pertrejla aus zugänglich ist. Das aus Bruchstein erbaute Kastell erhebt sich über den Resten einer älteren Anlage, deren Mauern aus Gußwerk mit weißem, von zahlreichen Ziegelstückchen durchsetztem Mörtel erbaut ist. Ob diese Anlage, die im Grundriß ungefähr der späteren entspricht, noch dem Altertum angehört, läßt sich schwer feststellen. Doch wird dies wahrscheinlich gemacht durch zahlreiche keramische

:d^>6iSr>ätu^^tmiim

4J: Das Kaitcl; .^,

Pertrejla.

4°) Hahn, Alb. Studien S. 120; Boue, Die europäische Türkei S. 569; Th. A. Ippen, W. M. B. H. X 1907 S. 65 (f. Zur Geschichte der mittelalterl. Burg vgl. Tomaschek, Sitz.-Ber. Wiener .^kad., phil.-hist. Kl. 1886 S. 353.

32

0 250 500 ist} 1000 m

43: Plan von Durazzo und Umgebung.

Reste. Neben anderen dem späten Altertum angehörenden Scherben von rohem Gebrauchsgerät konnten wir eine Anzahl Bruchstücke von Terra sigillata auflesen. Auch haben uns hier vor wenigen Jahren angelegte Schützengräben, die im Balkankriege das den Eingang ins Becken von Tirana beherrschende Kastell wieder in verteidigungsfähigen Zustand gesetzt haben, an vielen Stellen Einblick ins Erdinnere tun lassen und im Bereiche des das Kastell tragenden Gipfels mehrfach antikes Ziegelmauerwerk angeschnitten. Eine Besiedelung dieses Gipfels im späten Altertum ist außer Zweifel. Über die Zeit des Kastells wird weiter unten S. 54 ff. in größerem Zusammenhang gesprochen werden.

Epi-

damnos- Dyrrha- chium.

In Pertrejla trennten sich nun unsere Wege, da Schober aus Berufsrücksichten anfangs Juli wieder in Wien zurück sein mußte und er den restlichen Teil seines Aufenthaltes in Albanien haupt- sächlich dem Studium der Topographie von Epidamnos-Dyrrhachium widmen wollte. Es sei daher Schobers Bericht über seine weitere Reise hier eingeschaltet.

Der wichtigste Stapelplatz des mittleren Albanien Durazzo (Durz) ist heute mit seinem Hinterlande durch eine moderne Fahrstraße verbunden, die es ermöglicht, die Stadt von Tirana aus mit einem Kraftwagen in wenigen Stunden zu erreichen. In einem sechstägigen Aufenthalt hatte ich

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genügend Gelegenheit, mich der Topographie und den erhaltenen Denkmälern der an dieser Stelle gelegenen griechischen Kolonie Epidamnos und der späteren wichtigen Handelsstadt Dyrrhachium zu widmen.

Über die Topographie der alten Stadt hat bisher nur Heuzey") aus eigener Anschauung und auf Grund selbständiger Beobachtungen gehandelt, die Späteren, die sich damit beschäftigten''^), haben ihre Ausführungen im wesentlichen auf die von Heuzey gegebenen topographischen Grund- lagen aufgebaut. Heuzey hat bei seinem Aufenthalt in Durazzo im Jahre 1861 keinen antiken Stein mehr in situ gefunden, seine topographischen Ausführungen stützen sich im wesentlichen auf eine genaue Auslegung der antiken Nachrichten und auf eine eingehende Untersuchung der heutigen Verhältnisse.

Die moderne Stadt hat sich seit dem Besuch von Heuzey stark verändert. Wie wir aus seiner Gesamtansicht von Osten her (a. a. 0. Plan 27) sehen, war zu seiner Zeit die die jetzige Stadt umgebende mittelalterliche Befestigungsmauer noch ziemlich intakt. Heute liegt die Nord- und Ostmauer zum großen Teil in Trümmern, nur die große Eckbastion (Plan Abb. 43 mit D bezeichnet) steht noch aufrecht (Abb. 44 rechts). Die Mauern mußten entweder modernen Häusern ganz Platz machen oder wurden von diesen überbaut. Die zahlreichen, im CIL als in der Nordmauer ein- gemauert verzeichneten Inschriften sind dadurch zum Teil verschwunden, zum Teil unzugänglich gpmacht. Nur die in der Porta grande steckenden Skulpturen sind sichtbar geblieben. In der Süd- ostmauer, die anschließend an den großen Eckturm noch heute in ihrer östlichen Hälfte aufrecht steht, bemerkte ich in zweiter Verwendung schmale, lange Quadern aus hellgelbem Tuff, deren Maße (eye X 0*30 X cso"") und Steinart deutlich an das bei archaischen Bauten in Athen oder Delphi verwendete Material erinnern. Sie können zur ältesten Stadtmauer gehört haben. Gleiche

■t') Heuzey und Daumet, Mission archeologique en Macedoine 5.349 ff.

t^) Philippson in Pauly-Wissowas Realenzyklopädie

unter Dyrrhachium; Jiredek, Die Lage und Vergangenheit der Stadt Durazzo, I. A. F. I S. 152.

34

Quadern liegen noch jetzt in größerer Anzahl am Ostufer der Bucht: woher sie stammen, habe ich nicht erfahren können.

Am besten erhalten ist die durch einen vorgelagerten Graben geschützte Südwestmauer der mittelalterlichen Burg, die der venetianischen Stadtbefestigung vom Jahre 1403 (Jirecek a. a. O. S. 164 f.) angehören wird. In ihr fanden sich, wie gewöhnlich bei venetianischen Anlagen, keine antiken Denkmäler verbaut. Nur der runde Westturm der Zitadelle, der anscheinend einem türkischen Umbau angehört, ist fast ganz aus römischen und byzantinischen Werkstücken errichtet. Unter diesen ist ein korinthisches Gebälkfragment bemerkenswert. Sonst stößt man in der Altstadt selbst, und zwar mehr in der Nord- als in der Südhälfte, allenthalben auf antike Überreste, Säulentronimeln und Quadern von oft ansehnlicher Größe, die als Eck- oder Trittsteine vor den Häusern dienen.

Die Stadt nahm in der by- zantinischen Zeit einen bedeutend größeren Raum ein als heute. Ihre Umfassungsmauer (Plan Abb. 43 AD GH) verfolgte Heuzey noch in zahlreichen und deutlichen Spuren. Davon ist heute auf- ragend allerdings nichts zu sehen als die in der späteren, venetiani- schen Südwestfront eingekapselten Mauerreste. Der byzantinische Rundturm, den Heuzey auf der Kote 98 noch gut sah, ist jetzt von einer kleinen, durch Essad Pascha errichteten Villa überbaut. Das an diesen Turm angeschlos- sene Stück der byzantinischen Südmauer ist bei dieser Gelegen- heit durch den Bau einer auf den Hügel führenden Fahrstraße frei- gelegt worden. Die Fortsetzung nach Osten hin bis zur heutigen Zitadelle läßt sich zwar am Rande des Plateaus vermuten, doch steht nichts davon zu Tage. Die byzantinische Nordmauer, die längs des Rückens von der Kote 98 bis zum Dorf Stani dahinläuft, ist im Gelände deutlich erkenn- bar, es steht jedoch nichts aufrecht, auch der Turm des Theodor Komnenos (Heuzey S. 357) ist nicht mehr vorhanden. Die Nord- und Ostseite der byzantinischen Umfassungsmauer, von Heuzey sogar noch in ihren Einzelheiten gesehen (Plan Abb. 43), ist heute in dem Häusergewirr der Vor- stadt Exo-Bazari verschwunden. Während in den Sechzigerjahren nur einige wenige Häusergruppen standen, haben sich diese durch die rege Bautätigkeit der letzten Jahre rasch zusammengeschlossen und weit nach Norden und Nordwesten ausgedehnt, so daß ein neues, die Altstadt an Ausdehnung bedeutend übertreffendes Stadtviertel entstand. Von den von Heuzey in Exo-Bazari aufgenommenen Inschriften habe ich nur CIL III 618 und 620 im türkischen Friedhof an Ort und Stelle wieder- gefunden. Zur Vervollständigung ihrer Beschreibung ist nachzutragen, daß beide Grabaren auf der linken Seitenfläche einen Spiegel, auf der rechten ein Kästchen zeigen. CIL III 624 liegt jetzt als Trog bei dem Hauptbrunnen der Neustadt (Abb. 45), der von vier antiken Säulen umstellt ist; die anderen Inschriften habe ich nicht mehr vorgefunden. Daneben liegen antike Werkstücke in den Straßen und Höfen in stattlicher Anzahl umher. Bemerkenswert ist nördlich der Porta grande ein an der Hauptstraße liegender, auf zwei anstoßenden Seiten mehrfach profilierter Gesimsbiock, der offenbar zu einem monumentalen Tor gehört, dann 50 Schritte weiter die Straße hinauf in

45: DurazTo, Brunnen.

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einem Garten ein korinthisches und dorisches Kapitell später Zeit. Im Hotel Durazzo bei der Porta grande sah ich als Basen von Holzpfeilern zwei ionische Kapitelle aus Marmor von recht guter Arbeit. Über die Fundumstände dieser Stücke konnte ich nichts Genaues ermitteln. Im allgemeinen werden als Fundorte von Antiken immer die Vorstadt Exo-Bazari und das nördlich und östlich anschließende Gelände angegeben. Nur zwei wichtige Fundstellen aus römischer Zeit konnten genauer festgestellt werden. Am Ostabfall des Hügels von Stann (Plan Abb. 43 beia), im Garten des A. C. Moissi, wurden vor einigen Jahren monolithe Säulen, ein dazugehöriges Kapitell und mehrere Fußbodenplatten aus Marmor gefunden. Die Säulenstümpfe und die Marmorplatten be- finden sich noch an Ort und Stelle, das Kapitell (Abb. 46) wurde in den Garten vor dem fürst- lichen Palast gebracht. Ebenfalls zu diesem Bau gehörig scheinen mir wenigstens zwei von jenen Säulen zu sein, die bei dem oben erwähnten, gerade unterhalb der Fundstelle liegenden Brunnen stehen, da sie denselben oberen Durchmesser von 0"52 zeigen. Die Mächtigkeit der Säulen lassen auf ein ansehnliches Gebäude, vielleicht auf einen Tempel, schließen. Der zweite, annähernd gesicherte Fundort ist jener der Ehrenbasis des L. Papius Fortunatus (S. 40 Abb. 48) außerhalb von Exo-Bazari neben der Straße nach Kavaja (Plan Abb. 43 bei c). Der durch diese Punkte gegebene Raum läßt sich durch weitere, schon von Heuzey mitgeteilte Beobachtungen näher umgrenzen. Die Wiesenflächen, die sich nördlich der jetzigen Stadt zwischen dem Abfall der Hügelkette und der Lagune hinziehen und sich in sanfter Neigung nach Osten herab- senken, zeigen durch zahlreiche Unebenheiten im Terrain und umherliegende Ziegelreste deutliche Spuren einer ehemaligen Be- siedlung. Auch die Begrenzung eines gewaltigen Viereckes, dessen zwei anstoßende Seiten Heuzey von den jetzt allerdings ver- schwundenen Windmühlen sowohl nach Westen gegen die Hügel hin wie nach Süden bis zur Nordostecke der byzantinischen Um- wallung verfolgte, läßt sich wenigstens in schwachen Spuren, ^' ;" " jedoch deutlich im Gelände erkennen. Die von Norden nach

Süden laufende Böschung hebt den Raum dieses Viereckes auffällig von den tiefer liegenden Marschen im Osten ab, die bereits zum Überschwemmungsgebiet der Lagune gehören und von der Bevölkerung zu Salinen verwendet werden. Die von Heuzey beobachtete Nordlinie ist zwar nicht mehr sichtbar, aber über diese Linie hinaus sind keinerlei Zeichen einer intensiven Besiedlung mehr vorhanden. Ebenso scheint die Talbucht zwischen dem Dorfe Stann und dem nördlich anschließen- den Hügel Kote 70 (Plan Abb. 43) nicht besiedelt gewesen zu sein, da die in jüngster Zeit dort er- folgten großen Erdbewegungen, die den Boden an vielen Stellen bis zu einer Tiefe von 2"' sichtbar machten, keine zusammenhängenden Kulturschichten zum Vorschein brachten. Alle diese An- zeichen sprechen daher dafür, daß wir in den von Heuzey beobachteten Trassen tatsächlich die nördliche und östliche Begrenzung des römischen Stadtgebietes zu erkennen haben. Wie weit dieses Gebiet nach Westen reichte, dafür haben wir nur einen Anhaltspunkt. Heuzey berichtet, daß man ihm als Fundort der Ehreninschrift CIL III 611 und dreier dekorativer Reliefs, von denen zwei offenbar Demeter und Köre (a. a. O. T. 27, 2, 3) darstellen, das kleine Plateau westlich der türkischen Zitadelle (Plan Abb. 43 bei B) bezeichnete. Daß tatsächlich hier die westliche Grenze des Weichbildes der römischen Stadt sich befand und daß einzelne Stadtteile sich nicht etwa auf den südlichen Abfall des Küstengebirges und auf die davor gelagerte Küstenebene ausgedehnt haben könnten, beweisen neben eigenen, später S. 36 mitgeteilten Beobachtungen die in diesen Räumen gefundenen römischen Grabdenkmäler (A. E. M. XVI 1893 S. 246 f.). Die römische Stadt hatte

s*

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danach die West- und Südgrenze der späteren byzantinischen, nur nach Osten und Norden griff sie weiter aus als diese. Wo lag nun die vorrömische Arisiedlung, die von den Griechen nach Thukydides I 24 ff. im Jahre 627 v. Chr. gegründete Kolonie Epidamnos ?

Heuzey, ausgehend von der bei Appian II 39 überlieferten Gründungssage, nimmt an, daß die älteste Besiedlung an zwei Orten erfolgte, auf der die Südspitze beherrschenden Höhe 98 als Akropolis und im Räume der heutigen Altstadt als Anlegeplatz, da beide Punkte als die geeignetsten für diese Zwecke erscheinen. Durch die Vereinigung dieser beiden Orte entwickelte sich allmählich die bei den Griechen bekannte Stadt Epidamnos, welche zur Zeit ihrer größten Machtentfaltung im fünften vorchristlichen Jahrhundert den Raum der heutigen Altstadt, die Südabhänge der Kote 98 und die davorgelagerte Küstenebene (Plan Abb. 43 BCDE) umfaßte. Im Verlauf ihrer weiteren Entwicklung wird sie vielleicht noch über die durch die Höhen 98, 59, 44 gekennzeichnete Hügel- kette nach Osten hinausgegriffen haben. Heuzey nimmt dann für den Beginn der römischen Kaiser- zeit infolge der Vermehrung der Bevölkerung durch die augusteische Veteranenkolonie (Cass. Dio 51, 4) und vielleicht infolge äußerer Einflüsse die Verlegung des Schwerpunktes der Stadt nach dem Osten hin an. Der Stadtteil um die Akropolis herum und auf der südlichen Küstenebene wurde allmählich verlassen, und die römische Stadt entwickelte sich in entgegengesetzter Richtung nach Norden und Nordosten über die jetzige Vorstadt Exo-Bazari hinaus. Danach hätte sich also in der späteren Kaiserzeit der Platz des alten Epidamnos deutlich von dem römischen Dyrrhachium unter- schieden und die darauf bezüglichen Nachrichten von Cass. Dio 41, 49 und Pausanias VI 10, 8 hätten einen tatsächlichen Zustand wiedergegeben.

Der von Heuzey für das alte Epidamnos beanspruchte Raum hat gleichwie der im Norden und Osten der Altstadt liegende in den letzten Jahrzehnten mannigfache Veränderungen erfahren. Es haben sich vor der Südwestmauer der mittelalterlichen Befestigung und an den Südabhängen des Hügelzuges mehrere Häuser, darunter in jüngster Zeit mehrere größere, wie die italienische Gesandtschaft, angesiedelt. Auf der Höhe 98, der Heuzeyschen Akropolis, hat Essad Pascha, wie schon erwähnt, ein kleines Wohnhaus errichtet. Die neue Fahrstraße, die dieses Haus mit der Stadt verbindet, führt längs des ganzen Hügelrückens die Höhe hinauf und ist bis zu 2"^ und mehr in den Abhang eingeschnitten. Da sie an zahlreichen Stellen den natürlichen Boden erreicht, gibt sie reiche Gelegenheit zur Beobachtung von Kulturschichten. Fast durchwegs tritt, durch den Straßen- einschnitt freigelegt, ungefähr einen halben Meter unter der jetzigen Oberfläche eine bis zu 0*40 " dicke Kulturschicht zutage, die nach Gefäß- und Ziegelscherben deutlich sich als byzantinisch dar- stellt. Unter dieser Schicht war überall nur jungfräulicher Boden zu bemerken. Auch in den für die Fundamentgruben des Hauses auf Kote 98 ausgeworfenen Erdmassen fanden sich nur byzan- tinische Scherben. Der jetzige Befund ergibt, soweit es ohne Grabung möglich ist, keinen einzigen Anhaltspunkt für eine griechische Befestigungsanlage auf der Kote 98 und ihren Abhängen. Ebenso ergebnislos verlief die Untersuchung der dem Hügelrücken vorgelagerten Küstenebene. Wie wir S. 35 bemerken konnten, war dieser Teil in der Kaiserzeit sicher nicht bewohnt, da er von römischen Grabanlagen besetzt war. Daß vorher hier ein bewohntes Quartier lag, wie es Heuzey (S. 356) aus ganz unsicheren Geländespuren in der Nähe der Quelle Civrile erschließen wollte, davon fand sich trotz eifrigsten Suchens keine Spur. Die Haus- und Gartenbesitzer dieser Gegend konnten sich nicht erinnern, bei Schürfungen in der Erde je auf Mauern gestoßen zu sein. Der intensiv bearbeitete Gartenboden hätte sicherlich im Falle, daß er eine antike Kulturschicht deckte, Ziegel- und Gefäß- scherben in größerer Menge auf die Oberfläche gebracht, dergleichen war aber durchaus nicht zu finden. All das spricht daher gegen den von Heuzey angenommenen Ansatz der griechischen Stadt in dieser Gegend.

Wir haben vielmehr gewichtige Zeugnisse dafür, daß die griechische Gründung ebenfalls im Osten des Hügelrückens erfolgte und. daß der antike Hafenplatz im Innersten der Bucht von Durazzo und nicht auf der Südspitze angelegt wurde. Ferner können wir annehmen, daß das Weichbild der

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griechischen Stadt sich nicht vollständig mit dem der späteren römischen Stadt deckte. Zu diesen Zeugnissen gehören die Festlegung einer wichtigen Fundstelle hellenistischer Denkmäler und die richtige Interpretation der antiken Nachrichten auf Grund der natürlichen Veränderungen, denen das Gelände von Durazzo im Laufe der Jahrhunderte unterworfen war. Was den Fundort betrifft, so wurden vor einigen Jahren in der Sumpfniederung, die sich östlich, also außerhalb der S. 36 als Ostgrenze der römischen Stadt angenommenen Böschungslinie entlang der Lagune hinzieht, vom Einwohner Spira Marko bei der Anlage einer Saline die S. 42 f. beschriebene und in Abb. 52 wieder- gegebene komische Maske und unweit davon nebst zahlreichen Steinquadern ein dorisches Kapitell ausgegraben. Das Kapitell hat einen unteren Durchmesser von 0'36"\ der Abakus mißt o"47"' im Quadrat, über den drei Einschnürungen erhebt sich ein steiler, kaum 0'05 "' hoher Echinus. Es gleicht sonst genau dem allerdings doppelt so großen hellenistisch-dorischen Kapitell aus Pala- tica in Makedonien, jetzt im Louvre (Heuzey S. 193 T. 9; Phot. Giraudon n. 1450), das einem hellenistischen Torbau angehört. Abgesehen davon, daß dieser Fundort außerhalb der oben ange- nommenen Ostfront der römischen Stadt liegt, führt uns die sicher hellenistische Herkunft der beiden Fundstücke auf die Vermutung, in diesem Räume nach der vorrömischen Ansiedlung zu suchen. Wenn jemand in einer so wichtigen topographischen Frage auf ein einzelnes Fundzeugnis kein allzugroßes Gewicht legen will, so findet er vielleicht die folgenden Ausführungen geeigneter, die Unmöglichkeit des Heuzeyschen Ansatzes und die zwingende Notwendigkeit des unsrigen dar- zutun. Wie uns antike Schriftsteller überliefern, war die Gestalt der Halbinsel und ihre beiden Ver- bindungen mit dem Festlande im Altertum im wesentlichen die gleichen wie heute. Nach Strabo (VII 316) und Eratosthenes (bei Steph. v. Byzanz unter Epidamnos) lag Epidamnos auf einer Halb- insel. Die nördliche Landverbindung meint Lucan (VI 26), wenn er sagt, daß nur ein Hügel die Stadt hindere, eine Insel zu sein. Thukydides (I 26) bezeichnet den Platz der Stadt treffend als Isthmus, nach Caesar (b. c. III 58) hatte die Stadt nur zwei schmale Zugänge und Cass. Die (XLI 50) erwähnt bei der Schilderung der Blockade durch Caesar ausdrücklich die schmale, zwischen Meer und Sumpf sich hinziehende Nehrung, die die Halbinsel im Süden mit dem Festlande verbindet. Wie uns dieser Gewährsmann an gleicher Stelle berichtet, dringt Caesar nur von einer kleinen Schar begleitet in diese Enge ein, um die Stadt, auf Verrat in ihrem Innern bauend, durch einen Handstreich zu nehmen, er muß aber unter schweren Verlusten und persönlicher Gefahr sich zurückziehen, da ihm, während er vorn mit den Verteidigern handgemein wird, durch heimlich in seinem Rücken gelandete Flottenmannschaften fast der Rückzug abgeschnitten wurde. Nach der Schilderung des gleichen Geschehnisses durch Appian II 60 gelangte Caesar dabei unmittelbar bis an die Tore der Stadt und an den Tempel der Artemis. Aus diesen beiden sich ergänzenden Nachrichten geht hervor, daß die Ostfront der Stadt im letzten vorchristlichen Jahrhundert bis unmittelbar an die Landenge vorgeschoben gewesen war. Da wir eine Kontinuität der Besiedlung mindestens vor der augusteischen Kolonie an ein und derselben Stelle voraussetzen müssen, so ist damit wohl ein neuer Anhaltspunkt für die Gründung des griechischen Anlegeplatzes an dem an die Landenge sich an- schließenden Teil der Bucht gegeben. Dies entspräche auch durchaus der Natur der Sache. Denn der Schutz des nächsten festen Zuganges zur Stadt mußte von allem Anfang an die Hauptsorge der Stadtverteidigung sein. Wenn wir mit Heuzey die Gründung der griechischen Stadt auf dem der Landenge abgekehrten Teil der Halbinsel annehmen würden, so würde zwischen der Stadt und ihrem wundestem Punkt ein ganz beträchtlicher Zwischenraum entstehen, der für die Verteidigung von größtem Nachteil gewesen wäre. Denn einmal im Besitze der Landenge fände der Feind in dem offenen Gelände vor der Stadt genug Raum zur vollen Entwicklung seiner Streitkräfte. Diese Erwägung allein läßt es als unzweifelhaft erscheinen, daß schon bei der ersten Anlage der Stadt auf die Beherrschung der wichtigen Landenge Bedacht genommen wurde. Wenn wir die Hafenstadt hier ansetzen, so kann die Kote 98 nicht mehr für die Akropolis in Betracht kommen. Sie beherrscht nur den westlichen Teil der Südspitze, vom östlichen und von der Landenge ist sie zu weit

entfernt. Für eine Akropolis in diesem Raum kommt nur der am weitesten nach Osten vorgeschobene Hügel des Dorfes Stann in Betracht, der sowohl in der römischen Zeit, wie die Funde S. 35 lehren, wie in der byzantinischen (Anna Komnena V 382 nennt hier das praetorium, den herzoglichen Palast), einen hervorragenden Platz einnimmt.

Was nun den auffälligen Wechsel in der Benennung der Stadt im Altertum und seine Ent- stehung betrifft, so ist bis zur Mitte des ersten Jahrhunderts v. Chr. in der griechischen und römischen Literatur ausschließlich die Bezeichnung Epidamnos für die Stadt gebräuchlich (Thukydides I 24 f.; Skyl. 26; Skym. 435; Eratosthenes von Kyrene und Alexander von Milet bei Steph. v. Byzanz unter Dyrrhachion; Polyb. II 9; Diodor XIX 67, 78; Plautus Menaechm. II 33), von da an erscheint nur mehr der Name Dyrrhachium (Plut. Cic. 32; Ptol. III 13, 3; VIII 12, 3; Appian b. c. 39, 56; Cass. Dio XLI 39; Paus. VI 10, 8; Stephan v. Byzanz; Suidas; CatuU 36, 15; Cicero ad fam. XIV I; Caesar b. c. III 43; Livius 43, 21; 44, 30; Tacit. hist. II 83), wobei mehrere (Plin. III 45; Pomp. Mela 11 56; Cass. Dio XLI 49; Etym. m.) den Namenswechsel rein äußerlich da- durch erklären, daß die Römer den ersten Namen infolge seines üblen Sinnes (damnum) durch den zweiten ersetzten ''3). Auch in den lateinischen Inschriften (CIL III 609,611,9741; VIII 3070; X 769) erscheint Dyrrhachium als offizielle Bezeichnung der römischen Kolonie'''').

Daß jedoch beide Namen schon von Anfang an nebeneinander in Gebrauch waren, beweisen, abgesehen von den Nachrichten von Eratosthenes und Alexander (bei Steph. v. Byzanz) und Strabo (VII 316), wonach die Korkyräer ihre Kolonie Epidamnos auf der Dyrrhachium genannten Halb- insel gegründet haben, vor allem die Münzen, die schon seit dem fünften Jahrhundert v. Chr. fast ausschließlich ■'5) die Legende Dyrrhachion zeigen, was Head Hist. Num. S. 315 damit erklärt, daß hier zwar der Name des Volkes, nicht aber der der Hauptstadt gemeint sei. Ohne Zweifel ist Dyrrhachium der ältere einheimische Name, der neben dem der griechischen Kolonie weiterbestand und schließlich diesen mit Beginn der römischen Kaiserzeit gänzlich verdrängte (vgl. Heuzey, Philippson a. a. O., Kiepert, Alte Geogr. S. 356).

Alle bisher besprochenen Überlieferungen lassen zunächst auf eine einzige einheitliche Stadt schließen, deren Name nur im Laufe der Zeiten sich geändert haf*"). Im zweiten nachchristlichen Jahrhundert jedoch tauchen Nachrichten auf, die eine lokale Trennung der beiden überlieferten

Städtenamen anzudeuten scheinen. Die Notiz des Cass. Dio XLI 49 xi ok Aop^oiyyy/ y.xl

i'jz'.v in'.y.7:.^Azy.zo'/, slV oOv ■// 'E7Li5a|ivo; r; -wv lv£py.'jpa;o)v sVts -/.ai iispa v.; oOcja fällt weniger ins Gewicht, weil dabei ebensogut eine zeitliche Abfolge der beiden Gründungen als eine lokale gemeint sein kann. Die bei Appian mitgeteilte Gründung einer Doppelstadt durch zwei mythische Herrscher, Epidamnus und Dyrrhachus, könnte vielleicht auf einen zu seiner Zeit tatsächlich bestehenden Zustand Bezug haben, wenn wir nicht wegen der sagenhaften Ausschmückung von der Erzählung vorsichtigen Gebrauch machen müßten.

^3) Appian 111. 7, der hier ein?r älteren Quelle folgt, gebraucht die Bezeichnung Epidamnos. In der Spätzeit taucht der alte Name literarisch wieder auf (Prckop. a. a. O. s. Index; Agathias [Hist. graec. min. ed. Dindorf] I 17), tatsächlich wird die Stadt auch in dieser Zeit Dyrrhachium genannt (Prokop III, I 16; Const. Porph. de adm. imp. 96, 99, 103 u. a. m.).

44) Der CIL III 611 vorkommende Name Epidamnus ist nach seiner Stellung in der Inschrift mit Heuzey eher als cognomen zu deuten, als auf die Angabe der Heimat (CIL III p. 117) zu beziehen.

45) Nur die korinthischen Kolonialmünzen des vierten Jahrhunderts zeigen teilweise auf d:r Rückseite ein E. das A. Maier, Num. Zeitschrift N. F. I 1908 S. 4 zu

EniAAMNiri.N ? ergänzt.

4^) Der Annahme einer Doppelgemeinde, worauf die Nennung der Tribus Quirina in CIL VIII 3079 hinzuweisen scheint, während sonst alle bisher bekannten Dyrrhachiner der tribus Aemilia angehören, tritt W. Kubitschek (Imp. rem. trib. discript. S. 242) mit der Erklärung entgegen, daß der in dieser Inschrift Genannte wohl in Dyrrhachium gebürtig, später aber in die tribus seiner langjährigen Aufenthaltsgemeinde Lambaesis aufgenommen wurde. Gegen Dessaus Annahme von Doppelgemeinden s. auch Kubitschek, Zur Geschichte von Städten des römischen Kaiserreiches, Sitzungsber. der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien 1916 Bd. 4, Abh. S. 105 f.

39

Deutlich zwischen zwei getrennten Örtlichkeiten unterscheidet nur Pausanias VI lo, 8:

"K-'.oäjivio: Zz X'''?*"' l"-^"' "7,v-ip y.xl sc äpyj]c. rd/.iv oO ti;-; ip.-/a;av £-^' rjniov £/0'Jt;'.v. r/.£;vr,; 5i ä-fca-yjXurav öX:ycv övoiia oi r?j -öÄci r(j vOv Ai)p.px/'.ov x-i toO oix'.a-oO, wobei die Gegenüberstellung von /(Opa und -o/,;; auszudrücken scheint, daß der erstgenannte Ort zu Pausanias Zeiten kein bewohnter Stadtteil mehr, sondern ein verlassener Platz gewesen sei. Besonders auf diese Nachrichten beruft sich Heuzey bei seiner Lokalisierung von Epidamnos, ohne aber für das Verlassen des von ihm angenommenen Bezirkes durch die Römer beweiskräftige Erklärungen zu geben. Wohl aber sind wir in der Lage, aus ganz natürlichen Gründen ein Aufgeben jenes Teiles der griechischen Stadt erklärlich zu machen, der der Landenge am nächsten lag. Denn die gleichen Gründe haben auch die Entwicklung der Stadt zu Beginn der Neuzeit wesentlich beeinflußt, wovon wir urkundliche Nachrichten haben. Sie liegen in der Verlandung des Ausflusses der Lagune und der dadurch verursachten, allmählich fortschreitenden Versumpfung des anliegenden Festlandes'"). Das kann man noch selbst beobachten, wenn man die Strecke längs der Küste vom Ostausgang der jetzigen Stadt bis zur Landenge abschreitet. Die Bucht ist zunehmender Versandung ausgesetzt, die Küstenlinie schiebt sich immer mehr vor. Dadurch wird auch der Sandwall, der die Halbinsel mit dem Festland verbindet, immer breiter, was an den einzelnen Schwemmschichten deutlich zu bemerken ist. Das Anwachsen dieser Nehrung bedingt eine fortschreitende Versandung des Aus- flusses der Lagune und damit eine wesentliche Erhöhung ihres Wasserspiegels. Da die besonders während der Winterregenperiode sich bedeutend vergrößernde Menge des Sumpfwassers nicht rasch genug abfließen kann, verursacht sie weite, vom Herbst bis zum Frühjahr andauernde Überschwem- mungen, die heute oft die äußersten Teile der Neustadt erreichen. Das Schicksal der allmählichen völligen Versandung des heutigen Ausflusses läßt sich an einem älteren erkennen, der näher der Stadt lag und heute nur durch einen schmalen Durchlaß unter der modernen Straße kenntlich ist (Plan Abb. 43). Auf einem Außerkraftsetzen dieses Abflusses hauptsächlich beruht die Ver- sumpfung und Anschwemmung des nördlich davon gelegenen Gebietes. Würde man die Verbindung wieder herstellen, so wäre das ganze östlich der heutigen Stadt liegende Marschenland völlig trocken gelegt. Man darf also zuversichtlich den Durchbruch des Haffs im Altertum in diesem alten Abfluß suchen. Durch seine beginnende Versandung, die vielleicht durch ein Seeheben be- schleunigt wurde''^), mußten in der Kaiserzeit die in der Nähe und nördlich gelegenen Stadtteile wegen Überschwemmungsgefahr allmählich geräumt werden, der Schwerpunkt der Stadt wurde mehr nach Westen verlegt und im zweiten Jahrhundert n. Chr. kann jener Zustand eingetreten sein, den uns Pausanias überliefert.

In spätantiker Zeit wurde abermals eine Verlegung der Stadt aus dem gleichen Grunde not- wendig. Die Stadt zog sich, vielleicht gezwungen durch die Folgen des katastrophalen Erdbebens vom Jahre 346 n. Chr. (Hieronym. Chron. ad an. VIII Const. imp., Cedren. ad Const. an. IX, Gecgr. graec. min. II 524), weiter von der Lagune nach Süden und Westen zurück und wahrscheinlich unter Anastasius II (491 bis 518) wurde jener Raum mit Mauern eingeschlossen, den wir oben als den der byzantinischen Stadt kennen gelernt haben. Vor ihren Mauern lagen ebenso verlassene Viertel der römischen ''5), wie ehemals vor dieser solche der griechischen Stadt.

Über die bauliche Ausgestaltung der antiken Stadt im einzelnen wissen wir wenig. Durch Funde lokalisiert ist bloß ein Gebäude aus römischer Zeit (S. 35), offenbar ein Tempel. Aus litera- rischen Nachrichten kennen wir folgende Baulichkeiten: ein Venusheiligtum (Catull 36, 15), einen

■»7; Der große Plan der Venetiansr, künstliche Ab- Ciceros überliefert uns Plutarch (Cicero 32). flüsse der Lagune an ihrem Nord- und Südende zu graben, «) Nach Anna Komnena III 12 (ed. Bonn) lagerte

hatte keinen anderen Zweck, als die drohende Vergrößerung Robert Guiscard 1081 in den Ruinen alter Hauser, die

des Sumpflandes zu verhindern (Jirecek a. a. O. S. 16.1). nördlich der byzantinischen Stadtmauer lagen. Man sah

48) Von einem katastrophalen Beben aus der Zeit sie als die Überreste des alten Epidamnos an.

40

47: Archaischer Torso in Durazzo.

Kunst- denkmäler und In- schriften

in Durazzo.

Artemistempel, der von Appian b. c. II 60 neben einem Tor der Stadtmauer erwähnt wird. Auf diesen Tempel hat Heuzey die Inschrift CIL III 602 Dia[ncic'] bezogen. Unter dem Tor ist, wie wir S. 37 gesehen haben, das Kaupttor der Stadt vor der Landenge zu verstehen, von dem aus

die Via Egnatia ihren Anfang nahm. Dasselbe Tor wird bei Polybios II 9 ff. gemeint sein. Der an gleicher Stelle von Polybios erwähnte Brunnen innerhalb der Stadtmauer wurde von Heuzey in Konsequenz seines Ansatzes der griechischen Stadt mit der Quelle am Südfuße der Kote 98 namens S. Lucia oder Civrile (Plan Abb. 43 bei C) identifiziert. Für unsere Lokali- sierung von Epidamnos kann der S. 34 erwähnte Brunnen (Abb. 45) in der Neustadt in Betracht kommen, der von der Landenge nicht allzuweit entfernt das ganze Mittelalter hin- durch die Hauptwasserstelle der Stadt und nach der letzten Stadtverkleinerung durch die Türken außerhalb der Umwallung geblieben war und deshalb von der Bevölkerung stark vermißt wurde (Jirecek a. a. O. S. 166). Aus Inschriften sind uns fol- gende Gebäude bekannt: eine Bibliothek CIL III 607, eine Wasserleitung CIL III 609, die von Hadrian erbaut, von Ale- xander Severus wiederhergestellt wurde und die auch bei Vibius Sequester (Geogr. lat. min. ed. Riese p. 152) erwähnt wird, und endlich aus der zuletzt gefundenen Inschrift (unten n. 4, Abb. 48) ein Tempel der Minerva.

Entscheidend für die Kenntnis der einzelnen Phasen der Stadtentwicklung wäre die Auf- findung der zeitlich aufeinanderfolgenden Torbauten nächst der Landenge, und falls der Spaten einmal in Durazzo angesetzt werden sollte, so müßte es in der Nähe des alten Abflusses geschehen, in einem Gebiet, das vorderhand wenig bebaut, einer Grabung keine nennenswerten Schwierig- keiten entgegensetzen würde.

Von neuen Kunstdenkmälern und Inschriften habe ich in Durazzo folgende notieren können:

In einem Zimmer des fürstlichen Palastes:

1. Abb. 47. Ein kleiner archaischer Apollotorso aus weißem Kalkstein, Höhe o'is""; das Haar fällt vorn in zwei Locken, hinten in breiten, oben zusammengefaßten Strähnen herab. Fundort angeblich in den Lagunen.

2. Oberarm einer römischen Gewandfigur aus Marmor. Fundort unbekannt.

3. Viereckige Aschenkiste aus grauem Kalkstein. Inhalt: Ring, Schnalle, Nadel aus Bronze, Scherben von Gläsern und tongrundigen Gefäßen. Fundort unbekannt.

Im Garten vor dem Palast:

4. Abb. 48. Im April 1914 im Exo-Bazari, unweit der Straße nach Kavaja (Plan Abb. 41 bei c) gefunden. Ära aus Marmor, Höhe i'23"', Breite csö"", Dicke o'45 ". Die obere Kante mit einer Epheuranke geschmückt, das von einem mehr- fach profilierten Rahmen eingefaßte Inschriftfeld hat unter dem Einfluß von Feuchtigkeit stark gelitten, mehrfach Sprünge und

Ära in Durazzo. Löcher, Schrift korrodiert.

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L{iicio) I'ai^in L(ud) l{ibcrU,) \ Forhnml(o) | m,,i{nslali) pcrin-lio \ hisi-lli{o) ex d(n-urio,uim) (l{ccfrlo)

hon(üralo) | ^ y,],)c Imtpliim Minnirar) \ solo ah r<- p{uhlica) ilulo s/[,jc | riami . ,il . . \

Hier wird zum erstenmal für Dyrrhachium die Institution der Augustalen, und zwar der einfachen Augustalen belegt. Damit fällt der Grund weg, dessenthalben Benndorf (A. E. M. XVI 1893 S. 245) in der Grabschrift des L. Vesullius Vitalis das Aug. in Auguri ergänzte, weil es in Dyrrhachium keine Augustalen gegeben habe. Unsere Inschrift gehört der frühen Kaiserzeit

49: Relief 111 Durazzo.

an, in der die einfachen Augustales von den sexviri Augustales noch streng geschieden sind und in der die Ehrung mit dem biselliufn den ersteren allein gebührt (v. Premerstein bei Ruggiero Diz. epigr. ; Neumann bei Pauly-Wissowa, R. E. unter augustales). Der von L. Papius aus eigenen Mitteln auf Gemeindegrund erbaute Tempel wird wohl nicht der der Athene angeglichenen Minerva der kapitolinischen Trias gewidmet gewesen sein, sondern der altitalischen Handwerksgöttin, in welcher Bedeutung sie in der Provinz überwiegend verehrt wurde (Wissowa, Religion und Kultus der Römer S. 204).

Nordmauer der Zitadelle:

5. In einem Hause eingemauert. Anfangsblock einer Bauinschrift aus Marmor, Höhe 0'24'", Breite 0"48'^, Dicke o'2o'''\ links Rand, rechts Bruch, oben und links profiliert, Höhe der Buch- staben oog"". . ,,, i\rii-

Haus der Brüder Bungi hinter dem fürstlichen Palaste:

6. Abb. 49, im Stiegenhaus eingemauert. Relief aus weißem Marmor, eingerahmt von Pilastern, deren Charakter durch die dicke Übertünchung nicht zu erkennen ist. Höhe 0"43'", Breite O'öo"'. Erwähnt A. E. M. XVI 1893 S. 247. Links Pan in Vorderansicht, die Syrinx blasend, von seinen Schultern fällt ein fellartiges, ungegliedertes Kleidungsstück, neben seinem rechten Fuß ist die Krümmung des pedum erkennbar; rechts von Pan drei schlanke Mädchengestalten in reich gefältelter Kleidung, von denen die ersten zwei im Tanzschritt sich nach rechts bewegen, während

6

42

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die dritte in ruhiger Haltung nach links sich den beiden anderen entgegen wendet. Die zwei tanzenden strecken den linken Arm nach vorn und halten in der gehöhlten Hand einen unkennt- lichen Gegenstand (Frucht, Blüte?), mit der Rechten heben sie den Gewandsaum hoch, die ruhig stehende trägt auf dem Kopf einen kalathosartigen Kopfputz und hält in der erhobenen Rechten einen ziemlich großen länglichen Gegenstand, vielleicht ein Füllhorn, mit der Linken rafft sie gleich den anderen ihren Kleidersaum. Die Darstellung erinnert zunächst an Pan und die Nymphen, zumal Hermes und das Achelooshaupt auch auf anderen Nymphenreliefs fehlen (Bloch in Roschers mythol. Lexikon unter Nymphen). Doch können die Attribute der Mädchen auf eine andere Vereinigung Pans mit einer Drei- heit von Naturgottheiten, nämlich auf die mit den Hören hinweisen. Denn genau die gleiche Anordnung wie unser Relief zeigen jene, auf denen Pan mit den Hören mit Sicherheit zu erkennen ist (Rapp bei Röscher a. a. 0. unter Hören). Das Relief stammt vielleicht noch aus dem vierten Jahrhundert v. Chr. Zum Stil seiner Gewandfiguren vgl. das Relief von Mantinea und einzelne Votivreliefs an Demeter und Köre im Nationalmuseum in Athen (z. B. Arndt-Amelung E. V. 1253). Porta grande:

7. Abb. 50. Relief aus Marmor, in die nördliche Tormauer ein- gelassen, jetzt mit weißer Tünche überzogen, Höhe 0'74'^, Breite O'ös'"; von Rahmen mit Strickornament umgeben ein Kentaur nach rechts, in der Rechten eine Lanze, mit der Linken einen kleinen Rundschild haltend.

8. Abb. 51. Relief aus Marmor, unten am Nordwestpfeiler eingemauert, Höhe o-So"^

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50: Relief in Durazzo.

190'

Breite An der linken unteren Ecke Panzer mit Lederbesatz und unkenntlichem Brustschmuck, darüber

in undeutlichen Spuren Signum, Helm und Köcher, rechts davon ein scutum, dessen Außenseite mit Kreis- und Palmettenmustern verziert ist, darunter ein clipeus von innen ebenfalls mit Palmetten- ornamenten, in der Mitte des Reliefs eine geflü- gelte Victoria nach rechts gewendet und auf einem mit einem Lorbeerzweig geschmückten clipeus schreibend, rechts davon wieder ein scutum mit Rankenornamenten und darunter der langhaarige Hinterkopf und Teile des Körpers eines knienden, gefesselten Barbaren, das übrige abgebrochen.

Haus, an die nördliche Außenmauer der Porta grande angebaut:

9. In der Höhe des ersten Stockwerkes eingemauert. Porträtkopf einer römischen Frau mit Melonenfrisur. Marmor.

IG. Rechts neben n. o. Torso einer Artemis-

s:. R.Oief m Dur.: ■.■ ).

Statuette im Typus der kurzbekleideten Jägerm Reinach Rep. II 310 f. Haus des Spira Marko beim türkischen Friedhof im Exo-Bazari:

II. Abb. 53. Oberhalb der Haustür eingemauert. Bärtige komische Maske aus gelblichem Kalkstein, rückwärts nach Angabe des Finders flach abgearbeitet und mit einem Dübelloch ver- sehen. Höhe 0-40™, Breite über den Augen 0-30". Scheitel des Kopfes in Zement ergänzt. Im Mund Spuren von roter, auf den in drei Wülsten gebildeten Wangen solche von gelber Farbe. Der Typus

43

mit der breitgedrückten Nase und dem weitaufgerissenen, zu einem Schalltrichter erweiterten Mund weist die Maske mit Sicherheit in den Kreis der neuattischen Komödie. Die vier gedrehten stili- sierten Bartlocken kehren in gleicher Weise auf dem Neapler Komödienrelief (B. B. Taf. 630 a)

52 a, b; Kopf aus Durazzo in Belgrad.

bei dem den Vater beruhigenden Nachbarn, bei der bärtigen Maske der ,,Menander"reliefs im Lateran und der Sammlung Stroganoff (B. B. Taf. 626) und bei der Maske in der Hand des „Menander" auf dem Berliner Relief aus Aquileia (Text zu B. B. 626 Fig. 3) wieder. Diesen Typus hat Robert (Die Masken der neueren attischen Komödie, 25. Hallesches Winckelmanns- progr. S. 63) auf den bei Pollux aufgeführten vjy£[wov -p£a,j'jtr,; bezogen. Was den Stil der hier angeführten Masken betrifft, so hat Sieveking (Text zu B. B. 626) die Menanderreliefs im Lateran und der Sammlung Stroganoff mit Recht in nahe Beziehung zu den Wiener Brunnenreliefs (B. B. Taf. 621) gebracht und damit ihre Da- tierung in augusteische Zeit wahrscheinlich gemacht, während ihm die Masken des Reliefs in Neapel wegen ihrer einfacheren technischen Ausführung viel älter erscheinen und ihn eher an die Maske des hellenistischen Menanderreliefs aus Aquileia (Katalog des Berliner Museums 951) erinnern. Unsere Maske weicht in der Auffassung und in der Ausführung jedenfalls stark von denen der augusteischen Menanderreliefs ab, sie ist nicht so streng wie die auf dem Relief von Aquileia, läßt sich aber ohne Zwang zwischen dieser und dem Neapler Relief einfügen.

Wie N. Vulic im Arch. Anzeiger XXIX 191 4 Sp. 412 mitgeteilt hat, haben die Serben, als sie im Balkankrieg Durazzo zeitweilig besetzt hielten, die Gelegenheit benutzt, um , .griechische und römische In- schriften, Steinreliefs und architektonische Stücke" ins Belgrader

Nationalmuseum zu überführen. Die im folgenden aufgezählten Denkmäler fand Praschniker im Lapidarium des Nationalmuseums vor. Ihre Herkunft aus Durazzo wurde ihm durch den in Belgrad verbliebenen Museumsdiener bezeugt. Bei einigen weiteren Stücken war die Provenienz sehr zweifel- haft, so daß sie hier unberücksichtigt bleiben.

6*

53: Maske in Durazzo.

Funde aus Durazzo in Belgrad.

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Relief aus Durazzo in Belgrad.

in Belgrad.

Unterlebensgroßer Kopf aus weißem Marmor (Abb. 52 a, b), Höhe 0-24 "\ Oben am Scheitel fehlt ein Abspalt, Augenlider, Nase und Mund sind bestoßen. Der Kopt war etwas nach der rechten Schulter hin geneigt. Die Arbeit ist in der Durchbildung des Gesichts, das durch die gesenkten Mundwinkel sowie durch die stark geschwungenen Augenbrauen und schräg gestellten Augen einen etwas fremdartigen Ausdruck erhält, recht fein. Das Haar ist unterhalb des den Schädel umspannenden Haarreifes und auch hier nur gegen vorn zu feiner durchgeführt, am Hinterkopf ober- halb des Haarbandes summarisch an- gegeben.

Der Kopf erinnert an den soge- nannten Eubuleus, mit dessen bester

Replik (Antike Denkmäler I S. 21 Taf. 34) er in den vollen runden Gesichtsformen, dem herabfallenden Lockenkranz und vor allem in dem charakteristischen Detail der beiden symmetrisch auseinander- fallenden Locken in der Stirnmitte unzweifelhafte Ähnlichkeit aufweist. An eine genaue Replik zu denken, verbieten die Verschiedenheiten im Gesichtstypus und die veränderte Anordnung der Locken an den Ohren, die nicht wie beim eleusinischen Kopf gerade herabfallen, sondern nach

vorn gestrichen sind.

Die beiden Gladiatorenreliefs (Abb. 54 und 55) sind bereits von Heuzey a. a. O. S. 383 Taf. XXX eingehend beschrieben und in Zeichnungen wiedergegeben worden. Nur die Maße seien hier nachgetragen. Das erste ist unten vollständig, oben ab- gebrochen, i-aS"" hoch, 0-62'" breit und 025"' dick. Das zweite zeigt unten und oben Bruch, sonst Rand, und ist 107"' hoch, o'sg"" breit und 0-24 "" dick. Beide Reliefs wölben schwach konvex vor, woraus man auf eine Verwendung an einem Rund- bau schließen könnte.

Von architektonischen Fragmenten sind zu eiwähnen ein

großes, sehr verstoßenes, als Pozzo zugerichtetes korinthisches

Kapitell, dann nicht sicher aus Durazzo stammend vier Pilaster-

kapitelle aus Sandstein, o-ös"" breit, 0-25"' hoch, o-ös"" tief, verziert

mit tragischen Masken, endlich ein Friesstück aus gelblichem

Kalkstein, 0-90'" lang, 0-37 ■" hoch, verziert mit aus Akanthosblatt

hervorkommender Akanthosranke mit wechselständigen Blüten.

Von den Inschriften ist die römische Grabstele (Abb. 56)

bereits bekannt. Sie ist in den Arch.-epigraph. Mitteilungen XVI

1893 S. 245, 2 (darnach CIL III 13701), wenn auch nicht ganz

56: Grabstein aus Durazzo richtig, veröffentlicht worden. Der Grabstein besteht aus weißem

in Belgrad. Kalkstein, o"78 "" hoch, o"43 breit, 0'i4'" dick, oben abge-

45

brochen. Der Stein stellt einen Türrahmen mit einer zweiflügeligen Türe dar, an den Flügeln je ein Türring. Im Felde oberhalb der Türe die Inschrift :

[-

-] I (:{aiiis) (Uu'siiis

Gral US

(•(imiuji

■ir irril.

Die Inschrift muß vorn noch durch den Namen der Verstorbenen vervollständigt werden.

Die Darstellung der Grabtür auf Grab- steinen ist im benachbarten Dalmatien in römi- scher Zeit ziemlich häufig. Hofmann (Militärgrab- steine der Donauländer S. 54 ff.) denkt bei dalma- tinischen Steinen an eine direkte Beeinflussung und Übertragung aus dem Osten, wo diese Dar- stellung, z. B. in Kleinasien, üblich ist. Doch findet sich der Typus schon auf stadtrömischen Denkmälern der frühesten Kaiserzeit (Altmann, Römische Grabaltäre S. 18 ff.), und wir haben gerade in Dalmatien selbst in einer griechischen Grabstele aus der vorrömischen Zeit 5°) ein Vor- bild für ihn.

Drei aneinander passende Bruchstücke der Vorderwand eines Sarkophags (Abb. 57 und 57 a) 5") aus Kalkstein, 065'" breit, o'57"' hoch, 0-06"' dick. Erhalten ist der größte Teil des Inschriftfeldes in Form einer Tabula ansata und rechts anschließend nur zur Hälfte die Darstellung eines Segelschiffes, eines Kauffahrers mit hoch an-

57: Sarkophagbruchstücke aus Durazzo in Belgrad.

. <T>]Aäߣ'.? Aov- Y]£f7o; :ö)7 ywXJTsaay.E'jxaa i- [loE] tr;v Xrjvöv •/.£ i- Tipajv XY; GuvlJct'ü) [lou

. . . .]V£ Tj-l? £^r;a£V VM-

A(T); ii]£t' £|ioö £Tr, XXVIII |iYjva]^ xiazpzi ^'■^^■'^~ V

aag "/.£] 7toX?>£; £^oua£i£^

Ü7c]r;p£TYjCag V.EI-

aa; IJTrj T£aa£px(v)

57 a: Sarkophagbruchstück aus Durazzo in Belgrad.

steigendem Hinterschiff, das anscheinend durch ein kurzes Verdeck geschlo.ssen wird. Das Steuer- ruder verläuft mit dem ganzen Schaft außenbordig und ist durch ein vorgelagertes Balkenstück, eine Art von Pfanne, geschützt 5^). An einem durch Wanten gestützten Mast hängt ein vom Wind

5°) Brunsmid, Inschriften und Münzen der griechischen Städte Dalmatiens S. 25.

5') Die Zusammengehörigkeit der drei Bruchstücke kam erst in Wien bei der Bearbeitung des Materials zu-

tage, weshalb das Ganze nur in einer Skizze wiedergegeben werden kann.

5') Vgl. Aßmann bei Baumeister, Denkmäler III unter ,, Seewesen" S. 1616.

46

geschwelltes mächtiges Segel, dessen Fläche schachbrettartig gefeldert erscheint. Gemeint sind der Höhe und Breite nach aufgenähte Lederstreifen 5^)^ welche das Segel verstärken sollen 5'').

Buchstabenhöhe in den ersten zwei Zeilen o'04"', in den folgenden durchschnittlich o'oas"". Die Breite der Inschrift ergibt sich einerseits aus der Form des Inschriftfeldes, anderseits aus dem Zusammenhang, insbesondere aus Zeile 7 und 8, in welchen jedesmal sicher vier Buchstaben fehlen.

Zeile 6: könnte Abkürzung für VEfoxspy, sein; es müßte dann allerdings ein kurzer Name von höchstens vier Buchstaben vorausgehen.

Zeile 9: Zu r.Epz'.Tz}.E'jay.; vgl. IG XII, IX 1240.

Zeile 10: ezo-j'ji'x hier im Sinne von magistratus.

Zeile 13: Zur Form xiacjipav als neutraler Akk. plur. mit parasitischem v vgl. E. Mayser, Grammatik der griechischen Papyri aus der Ptolemäerzeit, Laut- und Wortlehre S. 198.

Die

byzantini- sche Ruins e^enannt Perthes, am Kap Pali.

Sjak, Arapaj,

Ungefähr 7 Kilometer nördlich von der Stadt Durazzo ist die gleichnamige Halbinsel mit ihrem am weitesten nach Norden vorgeschobenen Punkt, dem Kap Pali, nur durch eine schmale Sanddüne verbunden. An ihrer engsten Stelle, am Abfall des nördlichsten Ausläufers des Mali Durzit, steht in stattlichen Trümmern eine Mauer (Abb. 58) aufrecht, die einstmals diesen nördlichen Zugang zum eigentlichen Stadtgebiet völlig abschloß. Die Mauer hat eine durchschnittliche Dicke von 2"" und ist an manchen Stellen noch 4"" hoch. Sie verläuft zunächst vom Gipfel des Hügels herab in gerade nördlicher Richtung bis zu der kleinen Bucht, die hier in das Land einschneidet, biegt nach Osten rechtwinklig um und verliert sich dann nach zirka 200"^, immer niedriger werdend, im Sumpf. Ungefähr 20™ von der Ecke ist die Mauer von einem Tor mit einem einfachen Ziegelbogen durch- brochen. Weiter östlich sind in gleichen Abständen rechteckige Türme vorgesetzt. Die Mauer besteht aus Bruchsteinlagen, die nach je o'So'" von drei bis vier Ziegelschichten unterbrochen sind. Die Gleichartigkeit in der Technik mit den ältesten Resten der byzantinischen Stadtmauer von Durazzo hat schon Heuzey (a. a. O. S. 361) erkannt. Daß unsere Ruine zu dem Befestigungssystem des Kaisers Anastasius I. gehört, und zwar zu dem äußersten seiner drei Mauerringe, wird durch diese Beziehung sehr wahrscheinlich (vgl. Jirecek a. a. O. S. 158).

Ein tiefer, jetzt stark verschlammter Kanal, der etwa 20"' nördlich der Mauer von der oben erwähnten Bucht in den Sumpf hineinführt und dadurch eine Verbindung des offenen Meeres mit der Lagune herstellt, scheint in seiner jetzigen Gestalt nicht gleichzeitig mit der Mauer angelegt worden zu sein, da er viel zu weit von ihr abliegt und dann im weiteren Verlauf von ihrer Richtung abweicht. Der Kanal ist wohl ein Überrest von jenem S. 39 Anm. 47 erwähnten Entwässerungsplan der Venetianer.

Auf der Rückreise von Durazzo nach Tirana besuchte ich Bazar Sjak und die in der Nähe liegenden, durch CIL III 609 und 610 bekannten Ortschaften Arapaj und Salmanaj. Die Inschriften sind verschwunden, andere Funde kamen hier nicht zum Vorschein. Nur einige römische Bronze- münzen spätrömischer Kaiser, die mir die Bewohner um Phantasiepreise zum Kauf anboten, weisen auf die durch den Meilenstein CIL III 710 vorauszusetzende, 8 m. p. von Dyrrhachium ent- fernte Straßenstation hin.

Von Tirana aus wendete ich mich wieder nordwärts und begab mich zunächst nach Ismi, da dieser Ort auf Kieperts Karte Form. orb. antiqu. XVI und wohl danach bei Miller (Itin. Rom. S. 471) mit der von der Peutingeriana überlieferten Straßenstation Pistum identifiziert wird. Pistum liegt nach der Tabula auf der Straße von Lissus nach Dyrrhachium, von ersterem 25 r. M., ungefähr

53) Aßmann n. a. O. S. 1620; Breusing, Die Nautik der Alten S. 57.

54) Eine ähnliche Schiffsdarstellung auf einem Grab- stein aus Salona, Buüc, BuU. Dalmato XXXVII 1914 S. 30

und S. 150 Abbildung, zu welchem Bulic ein Relief am Glockenturme der Pfarrkirche von Cittavecchia auf Lesina heranzieht, so daß wir vielleicht auf einen einheimischen Schiffstypus schließen dürfen.

47

36 Kilometer, von letzterem 30 r. M., ungefähr 44 Kilometer, entfernt. Ismi dagegen, über die Bregu Mats, von Alessio kaum 30 Kilometer, von Durazzo über Blaj, Salmanaj, wo wir die römische Route erwarten dürfen, kaum 35 Kilometer, also Zahlen, die schwer in Einklang zu bringen sind. Es sprechen jedoch auch andere ausschlaggebende Gründe gegen eine Gleich- setzung von Ismi und Pistum, auf die weiter unten S. 85 in größerem Zusammenhang ein- gegangen werden wird. Dazu ergab eine Untersuchung des Dorfes Ismi selbst, wie des unweit gelegenen dürftigen Kastells, keine Anhaltspunkte für eine antike Ansiedlung.

Als Abschluß meiner Reise in Albanien wollte ich das archäo- logisch wenig bekannte Küsten- gebiet von Antivari und Dulcigno in Montenegro besuchen und begab mich zu diesem Zweck zunächst nach Virpazar, von wo ich mit der Kleinbahn über den Sutorman nach dem neugegründeten Hafen Antivari (Bar) fuhr. In der Bucht von Bar ist uns für des Altertum kein antiker Ort überliefert, ob- wohl der günstige Anlegeplatz und die zwischen Meer und Gebirge liegende fruchtbare Ebene eine antike Ansiedlung mit Sicherheit voraussetzen lassen. In dem Hafenorte selbst und in seiner nächsten Umgebung fand ich keine antiken Reste. Auch in dem eine Stunde weit hinter einer Terrainfalte gelegenen Stari Bar, dem Antibaris des Mittelalters, sah ich nichts Älteres als einige spätbyzantinische und venetianische Denkmäler, Inschriften und Skulpturen, die jetzt die Treppenwangen eines Hauses gleich am Eingang des Ortes schmücken. Eine nähere Untersuchung des die Bucht umgebenden Geländes mußte aus militärischen Gründen unterbleiben, so daß ich von hier aus anfangs Juli die Heimrei.:.e antrat.

58; Perthes.

Im folgenden berichtet Praschniker über seine weitere Reise.

Während Schober von Pertrejla nach Tirana zurückkehrte, um von dort nach Durazzo zu fahren, schlug ich den Weg durch das prächtige waldreiche Tal des Arzen südostwärts ein. Bei Ipia wendet sich der Arzen in großem Bogen gegen Nordost, während der Weg mich im Tal des Murdar in derselben Richtung weiterführte. Es ist ein alter gepflasterter Türkenweg, arg verfallen, doch von unseren Truppen notdürftig instand gesetzt. Das Tal wird immer enger. Das rechte Ufer begleiten steil abfallende Sandsteinwände. Bald verläßt der Pfad den Fluß und klettert in zahlreichen steilen Serpentinen den Abhang gegen die Cafa Krabs hinan. In der Dämmerung holte ich die übrige Kolonne oben auf der Paßhöhe ein und wir bezogen jenseits derselben in einem engen Waldtale, wo unter uralten Eichen und Fichten ein eisiger Quell entspringt, ein kühles Nacht- lager. Um sc heißer war am nächsten Tage der Weitermarsch über die Südhänge des Passes, wo die abwechselnden Ton- und Schieferschichten des Gebirges vielfach nackt zutage liegen und die glühende Sonnenhitze wiederstrahlen. Über Singjonas erreichten wir den Grund des gegen den

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Das Ka- stell von Elbassan- Scampa.

Skumbi streichenden Kusatales, folgten jedoch nicht diesem, sondern kletterten einen steilen Pfad am östlichen Hang steil hinan und dann jenseits in der vollen Mittagsglut der südlichen Sonne sanfter hinab in das Tal des Pustakaf, das langsam abfallend in das weite Becken von Elbassan leitete. Dem Bette der Zeranika folgend erreichten wir Elbassan im Laufe des frühen Nachmittags.

Die Stadt Elbassan 5^), die eines der wichtigsten binnenländischen Handelszentren für einen großen Teil Mittelalbaniens darstellt, zeigt im Gegensatz zu Tirana, das in seiner ganzen Anlage mit

den regelmäßigen breiten Straßen die jüngere Grün- dung verrät, in allem die Merkmale einer altertüm- lichen Stadt. Die schmutz- starrenden Straßen sind eng und winkelig, die Moscheen merkwürdig armselig und verfallen. Nicht wenig tra- gen zu diesem Eindruck die mitten zwischen den Häusern der Stadt autragen- den, verfallenen Mauern und Turms eines alten Kastells (Abb. 5q) bei. Ähnlich wie in Spalato lehnen sich die Häuser und Hütten an die mächtigen altersgrauen Mauern, die ihnen oft eine Wand ersetzen müssen. Wer ihrem Laufe folgen will, muß d;i.rch hundert unsaubere Höfe und Gärten und manches Stück bleibt überhaupt unzugänglich. Auffällig war beim ersten Eindruck die Tatsache, daß der Hauptteil der modernen Stadt, der Bazar mit den ansehnlichsten Moscheen, außerhalb dieser Mauern gelegen ist. Schon Hahn hat diesen Befestigungen sein Inter- esse geschenkt, konnte aber, wie er sagt, an den Mauern nirgends Spuren zyklopischer Substruktionen oder antiker Reste entdecken. Auch spreche weder ihr Plan noch ihre Lage in der Ebene für ihr Altertum. Doch könne der Abstand zwischen der neuen Stadt und dem Scampa der Tabula Peutin- geriana der jetzige Namen des Flusses Skumbi bewahrt wohl denselben Stamm 5^) nicht groß gewesen sein. In der Tat wird Elbassan einstimmig Scampa 5') gleichgesetzt, und es ist auch im

59: Elbassan, links von der Mitte das Südtor.

55) A. Boue, Die europäische Türkei I S. 569; Hahn, Alb. Studien S. 79 f.; M. Kavcky, Österr. Monatschrift für den Orient. XXXXII 1916 S. 48 ff.; Heuzey-Daumet a. a. O. S. 347.

5^) Leake, Travels in northern Greece III S. 280; Hahn a. a. 0. S. 243 und 135 Anm. 65.

57) Über die Namensform wäre folgendes zu bemerken: Im It. Ant. 318 und 329 erscheint die Form Scampis als Ablativus pluralis gebraucht. Dieselbe Form dann in der Tabula Peutingeriana ; im It. Hier. 608 in dialek- tischer Verlängerung als. Hiscampis. Ptol. III 12, 23

(ed. Müller) hat die Form Scampis, wozu Wesseling ad Itin. 318 bemerkt, daß ein auch sonst zu bemerkender Irrtum des Ptolemaeus vorzuliegen scheine, der den Ablativ als Nominativ aufgefaßt habe. Der Nominativ Zy.d\m(x, er- scheint bei Hierokles S. 393 (Bonn) und dem ihn aus- schreibenden Constant. Porphyrog. de them. II 9. Die Not. dign. p. 30 (ed. Seeck) nennt pseudocomitatenses Scam- penses. Als Mitunterzeichner eines Briefes der Bischöfe von Neu-Epirus an Kaiser Leo (458 n. Chr.) erscheint auch ein Artemius episcopus Scampenus (dazu die Notiz SxäTtTia), Acta conciliorum et epistolae decretales ac con-

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Basar

Hasiu'

60: Plan des Kastells von Elbassan.

stitutiones summorum pontificum Paris 1714 II p. 767. Die letzte Erwähnung von Scampa abgesehen von Konst. Porph, scheinen zwei Stellen aus der Suggestio II

ad Hormisdam (Konzilsakten [ed. Mansi] Bd. 10 S. 515 f. und 521) zu bringen.

50

ganzen Oberlaufe des Skumbi kaum ein Punkt für eine befestigte Ansiedlung so geeignet als die Stelle von Elbassan, das in dem Dreieck zwischen den Flüssen Skumbi und Zeranika gelegen, den Mittelpunkt der Ebene am mittleren Skumbi bildet. Eine nähere Untersuchung der Kastellmauern die von Hahn gebrauchte Bezeichnung Zitadelle ist hier, wo Stadt und Befestigung, erstere um die letztere, beide in der Ebene liegen, weniger am Platze hat ergeben, daß die mittelalterlichen Mauern tatsächlich auf einem älteren Befestigungssystem stehen, das aller Wahrscheinlichkeit dem ausgehenden Altertum angehört.

Das ganze Kastell (vgl. den Plan Abb. 60) stellt einen mächtigen Bau von 327 "" vorderer Frontbreite wenn die Südfront als Hauptfront angesehen wird und 362" Tiefe dar, von, soviel

sich bei der eiligen Aufnahme feststellen ließ, rechtwinkeligem Grundriß. Die Mauerdicke be- trägt durchschnittlich 2'6o'", ein Maß, das der Mauerdicke des Kastells von Vigu entspricht. Am besten erhalten ist die Südmauer, wo man fast überall zweierlei Mauerwerk unterscheiden kann. Im unteren Teile Gußmauerwerk aus Bruchsteinen und Flußkieseln mit viel Mörtel, in den Ziegelstaub eingestreut ist, im Oberteil schlechteres Bruchsteinmauerwerk mit regel- mäßig durchgehenden, eingelegten, mehrreihigen Ziegelschichten. Hier im oberen Teile sind auch mehrfach antike Baureste eingemauert. Besonders klar lassen sich zwei Bauperioden an dem Tor, das die Mitte der Südfront durchbricht, erkennen, das jetzt neben seiner alten Be-timmung auch als Unterbau für eine darüber gesetzte Moschee zu dienen hat. Das Tor wird durch einen rechtwin- keligen Turm von i2'2o'" Tiefe und i2'5o'" Breite gebildet, der im Innern o'40™, außen 9*20'" aus der Mauer vorspringt. Zwei gewölbte Torbogen von 3'5o'" Weite führen von außen und innen in den quadratischen Innenraum. Die Aufnahme des Tores (Abb. 61) von außen zeigt deutlich die zwei verschiedenen Bauperioden. Die Grenze zwischen beiden läuft ungefähr in der Höhe der dort ein- gelassenen türkischen Inschriftplatte. Rechts und links vom Torturm führen an der Innenseite gemauerte schmale Treppen auf den Wehrgang, die in ihrem Grundriß ebenfalls der ursprünglichen Anlage zu entstammen scheinen. Östlich und westlich vom Tore folgen dann in Abständen von durchschnittlich 40"^ je zwei 8™ aus der Mauer vorspringende Türme mit halbkreisförmigem Abschluß (vgl. die Abb. 59) und darauf die mächtigen kreisrunden Ecktürme von lO'So'" innerem Durchmesser. Sie stehen in der mittel- alterlichen Erneuerung über ii™ hoch aufrecht, und es läßt sich insbesondere bei dem Südostturm Älteres und Jüngeres deutlich unterscheiden. Merkwürdig ist bei diesem Turme, daß er an der Westseite im Gegensatz zu den übrigen Ecktürmen nicht mit der Kreisrundung an die Mauer anstößt, sondern wie die Zwischentürme mit einer Geraden, an die sich erst die Rundung anschließt.

Weniger gut ist die Ostseite erhalten, die spätere Erneuerung ist hier fast ausnahmslos ver- schwunden und nur der unterste Teil überhaupt erhalten. Immerhin lassen sich auch hier in der südlichen Hälfte in 43"5o'" Abstand zwei Zwischentürme unterscheiden. In der Mitte dieser Seite

61: Tor des Kastells von Elbassan.

51

'^',

durchbricht ein Straßenzug die Mauer, doch stand hier nach Aussagen Elbassaner Gewährsmänner noch bis vor einiger Zeit ein Torbau gleich dem der Südseite. Die Fortsetzung der Ostmauer läuft durch mir nur zum Teil zugänglich gewordene Gärten, es scheint hier, abgesehen von einer Erhöhung im Gelände, nichts über der Erde erhalten zu sein. Erst den Unterbau des großen Rundturmes der Nordostecke konnte ich in den Fundamenten und Kellern zweier Häuser wiederfinden. Ähnlich ist es mit der Nordseite bestellt. Sie ist fast in ihrer ganzen Länge überbaut und nur an wenigen Stellen treten Überreste zutage, insbesondere dort, wo zwei aus der Stadt kommende Gassen sie überschreiten und an dem nach beiden Seiten laufenden Gefälle das Vorhandensein der Mauer er- kennen lassen. Von den Zwischentürmen ließ sich nur der eine neben dem nordöstlichen Eck- turm mit Sicherheit feststellen, doch wird man auch hier deren vier annehmen können. Eine Be- sonderheit bildet der gegen die Mitte zu stehende rechteckige Turm, der bei einer Breite von 12"" 9"50™ aus der Mauer vortritt. Eine an seiner Außenfront angelegte Kalkgrube gewährt hier einen Einblick in sonst unzugängliche Tiefe und läßt sehr deutlich die zwei Bauschichten unter- scheiden (Abb. 62). Der untere ältere Teil, der hier auf 4'7o'" Höhe zu sehen ist, ist viel besser gebaut; die Steine liegen in regelmäßigen Schichten aufeinander, nur wenige Ziegelbrocken sind eingestreut. Das obere Mauerwerk hier bis auf 7"^ aufrecht zeigt unregelmäßigere Mauertechnik mit geringer Beachtung der durch- gehenden Schichten und vielen mitverbauten Ziegeln.

Der besprochene Turm liegt östlich der Mittelachse des Kastells und man kann daher mit Sicherheit einen zweiten, ihm entsprechen- den annehmen. Die Frage, ob zvvischen ihnen ein Tor bestanden hat, kann eher in verneinen- dem Sinne beantwortet werden. Gerade an der in Betracht kommenden Stelle ist die Mauer bis in ziemliche Tiefe sichtbar, ohne etwas zu zeigen, das auf ein Tor hinwiese. Auch spricht der Plan des Straßennetzes der modernen Stadt, die gerade

hier keine gegen die Mauer zu führende Straße aufzuweisen hat, während die übrigen drei Tore sich zumindestens im Straßennetz der Stadt erkennen lassen, gegen ein Tor an dieser Stelle.

Der Eckturm der Nordwestseite ist nur in seinen unteren Schichten erhalten, ebenso die nördliche Hälfte der Westseite. Hier lagern große Schuttmassen vor der Mauer, und nur der zweite Zwischenturm verrät sich durch ein paar hervortretende Mauerreste. Die Mitte dieser Seite durch- bricht eine Gasse, und es hat hier wie an der Ostseite bis vor einigen Jahren ein nun abgerissener Torbau gestanden, der heute noch durch die alten Mauerkanten gesichert wird. Der restliche Teil der Westseite ist noch hoch erhalten, nur ist er mir leider unzugänglich geblieben, da der ganze Teil in den Besitz eines der Begs von Elbassan Hassan Bey einbezogen ist, der mir den Zutritt durchaus nicht gestatten wollte.

Die ganze Anlage war außen von einem Graben umgeben, von dem Boue noch berichtet.

62: Rechteckiger Turm von Elba

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Spuren einer Vertiefung lassen sich auch heute feststellen, besonders an der Nordseite, längs derer ein kleiner Bach dahinfließt.

Von den Innenbauten des Kastells ist leider gar nichts mehr über Tag erhalten. Vielleicht wäre noch manches in den Kellern der Häuser zu finden. Das Betreten derselben ist aber in einer orientalischen Stadt bei der Abgeschlossenheit der Häuser schon an sich sehr schwierig und in der beschränkten zur Verfügung stehenden Zeit schloß sich eine so weitgehende Untersuchung von selbst aus.

Wie die ganze Beschreibung der Ruine ersehen läßt, handelt es sich hier um die Wieder- herstellung eines alten Baues, die sich auch mit historischen Tatsachen in Verbindung bringen läßt. Um eine Stütze gegen Skanderbeg zu haben, hat Sultan Mohammed H. Elbassan im Jahre 1466 gegründet, an einer Stelle, an der er, wie uns sein Geschichtsschreiber Kritobulos von Imbros 5, 12, 4 (Fr. Hist. 5 p. 158) erzählt, sjps -aXa^ä; tiöäew; lyvri xac il-efieÄcoug. Ebenso wissen wir, wann dieser Bau in den gegenwärtigen Zustand gelangt ist. Die gründliche Zerstörung erfolgte im Jahre 1832, als der Großvesier Reschid Mechmet Pascha, nachdem er die Empörung des letzten Erbpaschas von Skutari unterdrückt hatte, die Mauern der Festung schleifen ließ.

liixir s<t{i'ii<')

(j{u<ic) r(i.iil) tin{iüs) AA

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Icr /{iliac) i)i(issiitiiir) siiiii(lcriiiu)

63 a b c: Grabara in Elbassan.

Schwieriger fällt es, ein Datum für die Herstellung der ursprünglichen Anlage zu gewinnen. Leider sagt uns keine Inschrift, keine antike Nachricht etwas über deren Entstehungszeit. Daß wir uns an einer Stelle befinden, an der im Altertum jedenfalls eine Niederlassung bestanden hat, zeigen hier gemachte Einzelfunde. Zu der bisher von Elbassan bekannten Inschrift CIL III 609 (7321) und dem von Hahn S. 119 erwähnten Grabstein im nahe gelegenen Weinberg des Selman Tscheraje kommen einige Steine aus Elbassan selbst hinzu. Zwei derselben werden jetzt im Beledije, dem Stadthaus, links vor dem Südtor, unter der Treppe aufbewahrt.

Der eine ist der untere Teil eines Grabaltars aus gelblichem Kalkstein (Abb. 63 a, b, c). Es fehlt die obere Hälfte, rückwärts ist gerauhte Fläche; 0*50 "^ hoch, vorn 0^43 '^. an den Schmalseiten o"3o™ breit. Unten Plinthe und darüber zwei glatte Ablaufwellen. An den Schmalseiten Dar- stellungen in Relief, und zwar auf der rechten Seite breites, kammartiges Gerät mit Stiel (Abb. 63 a), offenbar das zur Wollebearbeitung dienende, pecten genannte Werkzeug 5*).

Die linke Schmalseite (Abb. 63 c) enthält links eine Darstellung jenes sichelförmig gekrümmten, auf einen Stiel angesetzten Messers, welches die Albaner auch heute noch unter dem Namen ,,Kmes" zum Schneiden des Holzes im dornigen Buschwald benutzen und das man von Frauen und Männern oft getragen sieht. Der antike Namen hiefür wäre am ehesten ,,Falx", wenn auch

5 ) Blümner, Technologie und Terminologie der Gewerbe und Künste bei Griechen und Römern I (2. Aufl.)

S. iio; Daremberg-S?iglio, Dictionnaire des antiquitees s. V. pecten S. 364.

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dieser Name mehr einer regelrechten Sichel entspricht 5'')_ q^s zweite Gerät ist ein dünner Stab, der unten eine länglich runde Verdickung zeigt, eine Spindel.

Von der auf der Vorderseite angebrachten Inschrift sind die drei untersten Zeilen ganz, die vorhergehende zum Teil erhalten. Gute Buchstaben des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts. Interpunktion unregelmäßig durch- geführt.

Zeile I : Vom T ist nur die senkrechte Haste erhalten, doch kein anderer Buchstabe möglich. Rest des Namens der Herrin, etwa (^•csccn]lin<ic.

Zeile 3: Der Name der Mutter Dona begegnet hier zum erstenmal und scheint einheimischen illyrischen oder noch eher keltischen Ursprungs zu sein^°).

Ebenfalls im Beledije befindet sich das nebenstehend (Abb. 64) abgebildete Relief aus Kalkstein, i'43'" hoch, 0'54'" breit, O'iQ™ dick. Es ist im allgemeinen gut erhalten, nur dick mit Kalk verschmiert. Oben zum Teil Bruch, der Stein war anscheinend bogenförmig ab- geschlossen. Hier die recht gute Darstellung eines Löwens, der sich von rückwärts über einen unter ihm zusammenbrechenden Stier ge- stürzt hat. Die Hauptdarstellung in Aedicula mit korinthischen Säulen und bogenförmigem oberen Abschluß. Darüber ein gerader Balken auf eigenen glatten Pfeilern. In der Aedicula Jüngling von vorn, links Stand-, rechts Spielbein, in kurzem gegürteten Gewand mit Ärmeln und rückwärts halblang herabhängendem Mantel. Auf dem Lockenhaar eine phrygische Mütze. Der rechte Arm ist über den Kopf gelegt, der linke gesenkt und an die gesenkte Fackel ge- lehnt, auf die sich die Figur stützt.

Die Figur, die wir sonst als Darstellung des Attis, wie wir sie in ungezählten Fällen auf römischen Grabsteinen finden, an- sprechen würden, wird hier durch einen Halbmond, dessen beide Endeti hinter den Schultern der Figur zum Vorschein kommen,

als eine Darstellung des Gottes Men charakterisiert. Dazu paßt auch die Darstellung in dem oberen Felde, in manchen Fällen steht Men selbst auf einem zusammengebrochenen Stier und ebenso gehört der Löwe zu den ihm geläufigen Attributen^'). Es muß allerdings dabei darauf hingewiesen werden, daß Attis und Men sich in der Spätzeit sehr nähern ^^).

Für die Via Egnatia ist das Relief nicht das erste Anzeichen des Menkulter.. Wenn auch die Lesung der von Heuzey in Kavaja gesehenen Inschrift, in der er eine Weihung an Juppiter Men Augustus erkennen will ''3), zu unsicher und unwahrscheinlich ist, um in diesem Sinne verwendet

64: Relief in Elbassan.

59) Daremberg-Saglio, Dictionnaire s. v. Auf dein Grabaltar des Messerschmieds L. Cornelius Atimetus (Altmann, Römische Grabaltäre S. 172 f. Fig. 193 a) unter den Verkaufsgegenstanden im Laden neben der regel- rechten Sichel auch unser Messer. Ein Messer dieser Form ist auf albanischem Boden in einem der Gräber von Kalaja Dalmaces gefunden worden (Th. A. Ippen, W. M. B. H. X 1907 S. 17 Fig. 26, II).

^°) Vg'. keltische Namen mit demselben Stanm. wie Dono (CIL III 11579 aus Völkei markt in Kärnten), Dunus (CIL III 4949), Donnus (Name eines Königs liguri-

scher Völkerschaften in den cottischen Alpen ; Stein bei Pauly-Wissowa R. E. s. v. ; Holder, Altkeltischer Sprach- schatz s. V.).

^') Drexler bei Röscher, Lex. d. Myth. s. v. Men Sp. 2761.

''^) Drexler a. a. O. Sp. 2754 {.; dagegen P. Per- drizet, B. C. H. XX 1896 S. 55 ff.; Wissowa, Religion und Kultus der Römer, 2. Aufl. S. 326 f.; Gruppe Griech. Mythologie II - S. 1533 Anm. i.

^3) Heuzey-Daumet a. a. 0. S. 390 f., CIL III 603; da- gegen Drexler a. a. O. S. 2730 oben.

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werden zu können, scheint mir anderseits der von Drexler a. a. 0. S. 2730 ausgesprochene Zweifel an der Deutung des von Heuzey in PhiUppi aufgefundenen Felsenreliefs*'') unberechtigt zu sein. Daß der Menkultus auf dieser großen Verbindungsstraße zwischen Orient und Rom nach Westen gelangte und hier Spuren hinterlassen hat, ist ja an sich nicht unwahrscheinlich.

An der Außenfläche des Südwesteckturmes ist in etwa 4"^ Höhe ein Stück einer gewölbten Kassettendecke eingemauert, das beistehend in Zeichnung (Abb. 65) wiedergegeben wird. Aus gelblichem Kalkstein, 0'45'^ breit, o'56™ hoch. Von dem äußeren Rahmen leiten zwei Wellenprofile zu der vertieften Innenfläche über. Hier eine aus einem Akanthoskelche hervorsprossende Blüte. Das Stück bildete den Teil eines Tonnengewölbes, wie wir es z. B. an dem kleinen Tempel in Spalato*^) finden, doch ist dort der Schmuck der Kassetten viel reicher.

Schließlich kann noch erwähnt werden, daß an dem großen Brunnen auf

dem inmitten des Bazars gelegenen Platze einige antike glatte Säulen mit Wulst

wiederverwendet sind. Ähnliche sind auch sonst mehrfach in den Häusern und

Höfen anzutreffen.

Das Bestehen einer antiken Niederlassung an der Stelle von Elbassan steht somit außer Zweife'.

Daß auch das Kastell selbst noch dem ausgehenden Altertum angehört, glaube ich mit Sicherheit

annehmen zu dürfen. Es entspricht der ganze Aufbau der Umfassungsmauer einer Reihe von Be-

festigimgsbauten der antiken Welt.

Gerade in den von uns bereisten Gebieten ist diese Kastellform nicht allein durch Elbassan vertreten. Es finden sich hier mehrfach Bauten, deren Grundriß sich auf denselben Typus zurück- führen läßt. Am nächsten kommt Elbassan das von uns bereits S. 12 f. beschriebene Kastell von Vigu in der Mirdhita (Abb. 19). Wie in Elbassan, so sind auch hier die Türme außen an die Mauer angesetzt, was insbesondere bei den quadratischen Ecktürmen auffällt. Einen ähnlichen, nur einfacheren Grundriß verraten dann die geringen Reste des Kastells von Puka in der Mirdhita*^), das sich als quadratischer Bau mit Rundtürmen an den vier Ecken darstellt. Auch das ebenfalls von Nopcsa a. a. O. S. 186 beschriebene Kastell von Ibalja hatte dieselbe Grundrißform. Ferner muß in diesem Zusammenhang das von Hahn*') beschriebene Kastell von Bastowa an der Skumbimündung an- geführt werden, auch wenn Hahn dasselbe ohne weitere Begründung anscheinend der fränkischen Zeit zuweist und wir leider nicht in der Lage waren, es selbst untersuchen zu können. Er beschreibt es als einen viereckigen Bau von etwa 60"^ Länge und 90 "^ Breite mit vier runden Türmen an den Ecken und einem viereckigen Turme in der Mitte von drei Seiten. An der Westseite sei statt dessen ein Tor. Auf dem nahen Kirchhof befinde sich ein Stein mit gut gehauenen byzantinischen Ver- zierungen, vielleicht ein Pilasterkapitell und mehrere Säulenrudera, die das Aussehen antiker Grab- stelen haben.

Das von uns auf der zweiten Reise untersuchte Kastell von Niksic (vgl. S. 99 Abb. 116), in dem Evans eine spätantike Anlage erkannt hat, entspricht in der allgemeinen Verteilung der Tore an drei Seiten dem Kastell von Elbassan, unterscheidet sich von ihm durch die Art, wie die Türme nicht außen angesetzt sind, sondern die Mauer durchdringen.

Ferner sind hier zwei Bauten zu erwähnen, die zwar nicht denselben regelmäßigen Grundriß aufweisen, wie die bisher angeführten, die mir aber nichtsdestoweniger doch in dieselbe Gruppe zu

^4) Heuzey a. a. O. S. 83 f. und 459, T. IV 1 und Revue arch. n. s. XI 1865 S. 456 ff.; Perdrizet a. a. O. S. 94 Anm. und S. 76.

^5) Niemann, Diokletianspalast S. 80 ff.; Hebrard- Zeiller, Spalato Le palais de Diocletien S. 100 ff.

") Nopcsa, W. M. B. H. XII 1912 S. 185 Fig. 40;

M. Lambertz, Anzeiger der phil.-hist. Klasse der kaiser- lichen Akademie der Wissenschaften in Wien 1916 n. XX S. 23.

^^) Alb. Studien S. 118; K. Jirecek, I. A. F. I S. 153; Heuzey, Les Operations militaires de Jules Ctsar S. 41 setzt das Kastell in byzantinische Zeit.

55

gehören scheinen. Es sind Kastelle, die im Gegensatz zu den bisherigen nicht auf größeren Flächen, sondern auf Bergspitzen liegen und sich deshalb in ihrem Grundriß dem Gelände anschmiegen müssen, und zwar das im folgenden S. 8i beschriebene Kastell von Preza und das schon S. 31 f. erwähnte Kastell von Pertrejla.

Alle diese Kastelle zeigen trotz Verschiedenheiten im einzelnen doch einen mehr minder einheitlichen Charakter. Leider gibt uns keine dieser Bauten aus sich heraus einen Anhaltspunkt für eine sichere Datierung. Wir müssen daher nach ähnlichen zeitlich festgelegten Bauten Aus- schau halten, und da bietet sich in verhältnismäßiger Nähe der Diokletianische Kaiserpalast von Spalato dar, dessen Umfassungsmauer nach demselben System angelegt ist, ein großes Mauer- viereck mit den außen angefügten Ecktürmen, hier in Spalato quadratisch, mit rechteckigen Zwischentürmen also ähnlich wie Vigu und drei Toren an den Hauptseiten, während die vierte, in Elbassan anscheinend ganz verschlossene, von einer Pforte durchbrochen wird.

Dann das von Patsch ausgegrabene, bei Metkovic gelegene Kastell von Mogorjelo^'), das Hebrard^') als Analogie zum Palaste von Spalato herangezogen hat. Ein an den Ecken durch drei quadratische und einen Rundturm verstärktes Rechteck, drei Seiten durch Tore durchbrochen, an der vierten Seite eine Pforte. Patsch hat das Kastell von Mogorjelo in die erste Kaiserzeit datiert, wogegen Anthes a. a. 0. S. 152 f. Bedenken geltend machte. Doch kann da erst die von Patsch in Aussicht gestellte Veröffentlichung der Einzelfunde ein abschließendes Urteil erlauben.

Wir finden Verwandtes dann auf deutschem Boden und in der Schweiz. Im 122. Band (1912) der Bonner Jahrbücher S. 137 ff. haben E. Anthes und W. Unverzagt das Kastell Alzei, 30 Kilo- meter südwestlich von Mainz, ausführlich besprochen und auf die Verschiedenheit der Grundriß- gestaltung gegenüber den typischen Limeskastellen hingewiesen, die nie den Ursprung aus reinen Erd- und Holzwerken verleugnen. Bei diesen bildet die äußere Umwallung eine ungebrochene Linie, wenn Türme vorkommen, so treten sie nicht vor die Mauerlinie vor, sondern sind in dieselbe ein- gebunden. Das Kastell Alzei ist zwar etwa um die Hälfte kleiner als Elbassan (156 zu 156'"), doch ist die Ähnlichkeit der beiden Anlagen sofort in die Augen fallend. An den vier Ecken stehen wie in Elbassan kreisrunde Ecktürme, dazu kommen noch halbkreisförmige Zwischentürme, und zwar je drei an den zwei nicht von Toren durchbrochenen Fronten, zwei an den zwei gegenüberliegenden Fronten, die durch je ein Tor durchbrochen werden.

Das Kastell von Alzei ist, wie W. Unverzagt a. a. O. S. 154 ff. glaubwürdig dargelegt hat, um 330 n. Chr. angelegt worden. Es steht in dieser Zeit auf westlichem Boden nicht allein da. Zu dem gleichen Typus gehören die Kastelle von Kreuznach (Cruciniacum)'°), die von Stein (Tas- gaetium), Zurzach (Tenedo), Kaiserauxt'"), Irgenhausen'^) und Schaan'^), von denen die zwei letzt- genannten dem Kastell von Niksic besonders nahe stehen. Für Tasgaetium ist die Zeit des Diokletian und Maxim.in sowie ihrer Caesares bezeugt. Auch die übrigen dürften derselben Zeit angehören.

Damit ergäbe sich von diesen Bauten aus auch für das Kastell von Elbassan die Wende des dritten und vierten Jahrhunderts n. Chr. als ein terminus post quem. Auf orientalischem Boden finden wir ähnliche Kastellbauten allerdings schon im zweiten Jahrhundert n. Chr., und es muß hervorgehoben werden, daß wir zwei Besonderheiten von Elbassan gerade bei dreien dieser orien- talischen Kastelle wiederfinden. Die merkwürdige Form der Zwischentürme, die in ihrem Grundriß ein Rechteck mit angesetztem Halbkreis bilden, zeigen auch die Lager von el-Leggün''') , Odruh'^)

^') Patsch, Bosnien und die Herzegowina in römischer Biedermann a. a. 0. S. 139 ff. Zeit S. 15 ff. 73) Schulthes, Mitteilungen der anthr. Gesellschaft in

^9) A. a. 0. S. 157. Zürich 1915.

^°) Kohl, Bonner Jahrb. CXX 191 1 S. 286 ff. 74) Brünnow-v. Domaszewski, Die Provincia Arabia

7') Th. Burckhardt-Biedermann, Westdeutsche Zeit- II S. 24 ff. Teil XLII; Anthes a. a. 0. S. 149 Fig. i. Schrift XXV 1906 S. 129 ff.; Anthes a. a. O. S. 149 ff. 75) Briinnow-v. Domaszewski a. a. 0. I S. 433 ff.

72) Anthes a. a. 0. S. 150 Fig. 3; Th. Burckhardt- T. XXII.

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und ed-Dumer'^), ebenso kehrt die oben S. 50 hervorgehobene Eigentümlichkeit des südöstlichen Eckturmes von Elbassan an sämtlichen Ecktürmen dieser beiden Lager wieder. Anthes hat bei der Besprechung des Kastells von Alzei auch diese beiden Kastelle als früheste verwandte Typen heran- gezogen, ohne jedoch annehmen zu wollen, daß diese arabischen Kastelle die Vorbilder für die westlichen gebildet hätten. Was sie von den späten deutschen Kastellen unterscheidet, ist das Vor- handensein eines Prätoriums, das diesen fehlt. Leider wissen wir nicht, ob das Kastell von Elbassan je ein solches aufzuweisen hatte.

Die große Masse dieser orientalischen Kastelle gehört jedoch einer späteren Zeit an. Unter ihnen finden wir auch besonders Analogien zu den kleinen Kastellen von Niksic und Vigu.

Nur einige Beispiele seien hier genannt. Neben den von Anthes herangezogenen Kastellen von Muhäted el Hagg (Brünnow-v. Domaszewski a. a. O. I S. 44 Fig. 30) und dem Kasr Bser (ebenda II S. 49 Taf. XLIII), für die durch eine Inschrift die Zeit Diokletians bezeugt ist, dem von Da'ganiya (ebenda II S. 8 ff. Taf. XLI, Anthes Fig. 6, nach Dom.-Br. diokletianisch oder noch später) und dem von el-Kastal (ebenda II S. 95 ff. Taf. XLIV, Anthes Fig. 5) wäre noch zu erwähnen das kleine Kastellchen von Trayyä (ebenda II S. 63 Fig. 644), das Kastell von Salamije-Salaminias (Burck- hard-Biedermann a. a. O. S. 143 f.), dann der Koser il-Hallabät (Publications of the Princeton university, Archaeological expeditions to Syria Division III Sektion A, Part 2 S. 70 ff. Fig. 55), im Kern aus den Jahren 213 bis 217 n. Chr. stammend, und in einem Umbau des sechsten Jahr- hunderts erhalten. Dann das Kastell von id-Dyätheh (ebenda Div. II S. A. P. 5 S. 340 ff.) und das Kastell Der-il Kahf aus dem Jahre 306 n. Chr. (ebenda Div. II S. A. P. 2 S. 145 ff.). Bei diesen Kastellen finden sich sowohl runde als auch eckige Türme- die Türme sind fast immer quer durch die Mauer gesetzt.

Für alle ergibt sich, soweit sie datierbar sind, ein verhältnismäßig junges Alter. Der einzige Koser il-Halläbät entstammt der Bauinschrift nach wenigstens zum Teil noch dem dritten nach- christlichen Jahrhundert, doch ist es gerade hier nicht sicher, welcher Teil diesem ursprünglichen Bau angehört. Nach einer zweiten Inschrift wurde das Kastell nämlich in justinianischer Zeit wiederhergestellt.

Von den übrigen datierten scheint keines älter zu sein als Diokletian''), und sie führen uns somit zu demselben Datum als terminus post quem, zu dem wir von den westlichen Kastellen aus gekommen sind. Schwieriger wird es sein, einen terminus ante quem für unsere Kastelle festzulegen, da sich diese Kastellform im Orient noch lange Zeit erhalten hat'^).

Wir haben Nachricht über die Anlage von zahlreichen Befestigungsbauten in unseren Gegenden, und zwar in justinianischer Zeit. Prokop, der Geschichtsschreiber Justinians, hat in seinem Werke Ilspi twv toj AeckÖtou 'loj^T'.v.y.voO xTiaiii-'ov eine umfassende Übersicht über die gesamte Bautätigkeit während der Regierungszeit dieses Kaisers hinterlassen. Er berichtet von zahlreichen Städten, deren Wiederherstellung und Befestigung der Kaiser sich habe angelegen sein lassen, von zahllosen Kastellen, die der Kaiser zum Schutze und zur Festigung des Reiches gegen die heranbrausenden Stürme der Völkerwanderung teils aus Trümmern hatte wieder erstehen lassen, teils neu angelegt hatte. Wie ein solches Kastell ausgesehen hat, erfahren wir bei Prokop an mehreren Stellen '3), den einfachsten Typus lernen wir S. 266, 17 ff. (Bonn) kennen, wo das -.fpo'jpiov beschrieben wird, das Justinian an seinem Geburtsort Tauresium errichtet hat. Es war ein Mauerviereck mit Türmen an den vier Ecken, so daß es Tetrapyrgia genannt wurde, also die Grundrißform, die wir

'*■) Brünnow-v. Domaszewski a. a. O. III S. 192 S. 238 f.; Strzygowski, Jb. d. preuß. Kunstsammlungen

Plan LIII. XXV 1904 S. 225 ff.; derselbe, Studien aus Kunst und

77) Th. Burckhardt-Biedermann, Westdeutsche Zeit- Geschichte, F. Schneider gewidmet, S. 332 f. Schrift XXV 1906 S. 141 ff. 79) Ch. Diehl, l'Afrique Byzantine, Histoire de la

7^) Vgl. Thiersch, Pharos, Antike, Islam und Occident domination byzantine en Afrique S. 145 ff.

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in unseren Gebieten bei den Kastellen von Puka und Ibalja fanden. Es sind nun von Prokop er- wähnte Erneuerungsbauten Justinians am Balkan tatsächlich erhalten. Ich hebe nur zwei, beide im Gebiete der Dobrudscha liegend, hervor. Der eine, das befestigte Standlager von Troesmis'°), gehört nach Prokop de aed. 307, 48 zu den von Justinian wiederhergestellten Kastellen und ist uns in dieser Wiederherstellung erhalten. Wir finden hier in der Anlage der Umfassungsmauer auf- fallende Analogien zu Elbassan. Die Form der Zwischentürme ist dieselbe, ebenso die der Ecktürme. Dann das Kastell Ulmetum^'). Wie wir aus Prokop 293, 17 ff. erfahren, ist der Ort, nachdem sich die Slawen dort festgesetzt hatten, ganz verödet, so daß nur der Name allein noch übriggeblieben war. Dieses Kastell ließ dann Justinian von Grund aus wieder aufbauen. Das von Pärvan freigelegte Kastell hat zwar nicht die regelmäßige Grundrißform von Elbassan, weist aber doch die für Elbassan charak- teristischen Zwischentürme und die runden Ecktürme auf. Eine ganze Reihe justinianischer Be- festigungsbauten kennen wir dann aus Nordafrika, über welche zusammenfassend Ch. Diehl^^) gehandelt hat. Hier finden wir alle die Eigentümlichkeiten unserer albanischen Kastelle wieder, die bald quadratischen, bald runden Ecktürme, die hier fast immer rechteckigen Zwischentürme. Im allgemeinen scheinen sowohl Eck- als Zwischentürme immer außen angesetzt zu sein. Nur einige Beispiele seien aus der großen Zahl hervorgehoben. So steht inmitten der römischen Ruinen von Timgad ein justinianisches Kastell, das im wesentlichen dem von Vigu entspricht, Diehl a. a. O. S. 200 Abb. 37; einen ähnlichen Typus stellt das Kastell von Tobna dar, ebenda S. 216 Abb. 48, oder der Ksar-Belezma, ebenda S. 251 Abb. 52, die Zitadelle von Ras-el-Oued (Thamalla) S. 255 Abb. 55 usw.

Für das unserem Reisegebiete entspringende Neu-Epirus nennt Prokop 277 f. eine lange Reihe von durch Justinian teils erneuerten, teils neu errichteten Befestigungsbauten. Leider ist mit den meisten der 58 Namen, die Prokop hier bringt, nicht viel anzufangen. Viele sind sicherlich in veränderter Form auf uns gekommen, und wir vermögen nur die wenigsten mit sonst überlieferten Namen in Verbindung zu bringen. Nichtsdestoweniger bin ich der Meinung, daß wir die Namen der meisten unserer illyrischen Kastelle in Prokops Liste zu suchen haben, wenn es auch dermalen kaum möglich ist, den einzelnen ihren Namen wieder zu geben, daß also die Mehrzahl unter ihnen auf Justinian zurückgehen. Man möchte nun gern auch das Kastell Elbassan der Tätigkeit dieses Kaisers zuschreiben. Doch da läßt uns Prokop in Stich, der Name Scampa fehlt in seiner Liste.

Erwägen wir, daß uns die letzten Erwähnungen von Scampa spätestens in die ersten Regierungs- jahre Justinians führen (vgl. oben S. 48 Anm. 57) - Konstantinos Porphyrogennetos, der nicht die Verhältnisse seiner Zeit bringt, sondern den Hierokles ausgeschrieben hat, ist nicht zu zählen , daß der Name dann verschwindet und das Kastell nachher anscheinend kaum mehr eine Rolle gespielt hat, so würden wir als möglichen Zeitraum für die Entstehung desselben etwa die Zeit von 300 bis spätestens 530 n. Chr. annehmen können.

Am Nachmittag des 19. Juni ritten Buschbeck und ich durch die Fusa Mbretit nach dem eine gute Stunde westlich von Elbassan gelegenen Kloster des heiligen Johann Wladimir (Sin Jon). An der rechten Seitenwand der Kirche sind neben mittelalterlichen Inschriften *3) einige antike Steine eingemauert (Abb. 66). Es sind hauptsächlich wenig bedeutende architektonische Bruchstücke später Zeit. Unter ihnen seien die folgenden hervorgehoben:

Antike Denk- mäler in Sin Jon.

*°) J. Weiß, Die Dobrudscha im Altertum; Zur Kunde der Balkanhalbinsel, Reisen und Beobachtungen Heft 12 S. 49 ff., hier die Literatur; Plan bei Durm, Baukunst der Römer S. 433 Fig. 487.

*') A. Weiß a. a. 0. S. 47; Plan bei Pärvan, Arch. Anzeiger XXX 1915 S. 23 f. Plan i.

8^) a. a. O. S. 145 ff.

83) Hahn a.a.O. S. 82 ff. und 119 f.; Aristarchis 'EU. cftX. O'JXX. Xni 1879 S. 97 ff.; v. Thallöczy-Jirecek, I. A. F. S. 128; Heuzey-Daumet a. a. 0. S. 347 ; Ippen, W. M. B. H. X 1907 S. 67 ff.

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1. Stück der Seitenwand eines späten, einfach verzierten Sarkophags aus Kalkstein, o'47'" lang, 0'42'^ breit.

2. Sehr verstoßenes Stück Fries (?), o'3o'" hoch, o'22"' breit, allseitig Bruch. Unten schmales Akanthoskyma, darüber breiter Fries aus vertikal nebeneinander gestellten Akanthosblättern.

3. Reliefstück aus Kalkstein, o"28"' hoch, unten Rand, sonst Bruch. Links Rest von Mann mit Speer, dann Hund, der gegen Hirsch nach rechts anspringt.

4. Ornamental geschmückte Platte (Abb. 67), 0'32" hoch, allseitig Bruch. Rechts eine sehr hübsche Ranke, die aus Akanthoskelch hervorkommt und oben eine Palmette trägt, in der Mitte schiefgestellt und ganz abgestoßen stabartiger Gegen- stand. Links davon ein Akanthosblatt an Stengel, der aus einem Blattkelch hervor- kommt.

Schließlich ist an der Außenseite des Wirtschaftsgebäudes ein schon öfters be- sprochener Grabstein eingemauert. Leider ist meine photographische Aufnahme des recht guten Steines mißglückt. Doch hat die Revision der Inschrift*'') eine wesentlich verschiedene Lesung ergeben, so daß hier auf ihn eingegangen werden soll. Gelber Kalkstein, rechts und unten Bruch, sonst Rand und im wesent- lichen gut erhalten; o"89'" hoch, csS"" breit. Aedicula mit Giebel, daran Seitenakroterien mit Pal- metten, das Mittelakroter abgeschlagen. Im Giebel Gorgoneion. In der Aedicula Mann und Frau, beide von vorn, sie links, er rechts, in Unterkleid und togaartig umgenommenen Oberkleid, die rechte Hand am Togabausch, die linke der Frau hält ein Gerät, Spiegel oder Fächer. Auf dem Architrav die Inschrift (Abb. 68). Buchstabenhöhe durchschnitt- lich cas"".

68: Inschrift in Sin Jon.

M(arciix) Liciniiis M{<irci) I(ibrrlus) Plulor h(ic) siiliis) r(.<l) A[b']u[d]ia sibei d cu[n}iiiijci u[bil(i].

Das Cognomen Piator ist ein auf illyrischem Boden häufig vorkommender Name*5). ihn führt z. B. ein Bruder des Königs Genthius (Livius XXXXIV 30).

66; Antike Steine in §in Jon.

84) CIL III 627 und 7322; Hahn a. a. O. S. 119; Aristarchis a. a. 0. S. 92 f. n. 19; P. Träger, Arch. Anzeiger XVIII 1903 S. 118.

^5) W. Schulze, Zur Geschichte lateinischer Eigen- namen S. 30 Anm. 3 und S. 32; Deecke, Rhein. Museum XXXVI i88i S. 582 f.; Patsch, Jahreshefte X 1907 S. 174.

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Nach dem Namen geht ein Sprung quer durch die Inschrift und die ihm folgenden Buchstaben sind in beiden Zeilen sehr verrieben. Deutlich ist die erste senkrechte Haste des H.

Von dem Frauennamen in der zweiten Zeile ist sicher das erste A; der zweite Buchstabe kann P, B oder R sein, dann folgt ein sicheres V. Von dem vierten Buchstaben ist nur oben ein Rest sichtbar, er kann zu D, B, P oder R ergänzt werden. Sicher sind dann die letzten Buch- staben lA. Möglich ist ein Name wie Aburia (CIL III 13744) oder Abudia, der mehrfach und auch auf illyrischem Gebiet bezeugt ist^^).

In Sin Jon vermutet Müller Itin. Rom. S. 519 die nach dem Itin. Hieros. 608 6 r. M. von Scampa entfernte Mutatio ad Quintum der Via Egnatia. Wenn auch die Entfernung ungefähr über- einstimmt, so ist diese Gleichsetzung bei dem Umstände, als das Kloster nicht im Tale des Skumbi, sondern von diesem ziemlich weit entfernt im Kusatale gelegen ist, unmöglich. Die beschriebenen antiken Denkmäler mögen aus dem benachbarten Scampa stammen.

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69: Antike Brücke bei Elbassan.

In Elbassan teilte sich die Expedition. Während die übrigen Teilnehmer über Pekinj, Kavaja, Durazzo nach Skutari zurückkehrten, hatten Buschbeck und ich den Plan gefaßt, das ehemalige Sandschak Berat in unsere Reise- route miteinzuziehen, um vor allem die Orte Berat und Apollonia kennen zu lernen. Da diese Route um etwa 240 Kilometer weiter war und hiefür im wesentlichen keine län- gere Zeit zur Verfügung stand alle Teil- nehmer sollten sich in Skutari wieder treffen und dann gemeinsam den schwierigen Weg durch das nordalbanische Hochgebirge hin- über nach Altserbien antreten mußte

dieser Teil der Reise leider in recht beschleunigtem Tempo zurückgelegt werden, was unsere Aufenthalte an den einzelnen Orten mehr kürzte, als erwünscht war.

Am späten Nachmittag des 20. Juli verließen wir Elbassan und überschritten auf der langen Brücke des Kurd Pascha von Berat das breite, geröllbedeckte Bett des Skumbi. Am jenseitigen Ufer drängen die Berge an den Fluß heran, und man ist gezwungen, auf längere Strecken sich seinen Weg im Flußbett zu suchen. An einer Stelle, etwa 3 Kilometer unterhalb der erwähnten Brücke, sendet der Berg eine felsige Nase ins Flußbett vor, über die der Weg klettern muß. Die Stelle bietet einen sehr geeigneten Punkt für die Anlage einer Brücke, da hier das Flußbett zusammengedrängt wird. In der Tat finden sich hier die Reste einer mächtigen Brücke, die ich noch dem Altertum zuschreibe (Plan Abb. 69).

Einige Meter unterhalb des modernen Weges ist eine von Westen kommende, in den Fels eingemeißelte alte Straße kenntlich, die zur Brücke führt. Von dieser stehen noch beträchtliche Reste aufrecht. An den Uferfels selbst angemauert der Brückenkopf. Ihm folgen in Abständen von 12™ - der Achsenabstand beträgt 16™ vier einfache Pfeiler. Dann in gleichem Abstand ein größerer, merkwürdig gestalteter Doppelpfeiler, der der Brücke eine andere Richtung gibt (Abb. 70). Sie biegt hier in stumpfem Winkel um, und während sie vorher das Flußbett schief schneidet, läuft sie dann senkrecht zu diesem. Was diese Anlage verursacht haben mag, läßt sich vermuten. Wahrscheinlich steckt unter den das Flußbett deckenden Geröllmassen eine Felsinsel, die ein gutes Fundament für einen festen Brückenpfeiler bot. Der Architekt erreichte durch diese Anlage, daß die Brückenpfeiler es scheint der Fluß hier ebenso wie jetzt auch im Altertum in zwei Arme geteilt gewesen zu sein immer senkrecht zur Strömung standen, was bei den Wassermassen,

Antike Brücke bei Elbassan.

CIL III 2938 (Zara), V 216 (Pola), VI 9683. Vgl. Holder, Altkeltischer Sprachschatz I S. 11

6o

Alte Straße und Brücke bei Murikjani.

die der Skumbi während der Winterregen mit sich führt, für den ungestauten Abfluß derselben von Wichtigkeit war. Von den weiteren Brückenpfeilern konnte ich noch drei in großen Abständen erkennen, jedoch deren Entfernung nur schätzungsweise im Plan eintragen, da der Hauptarm des Skumbi ein Durchreiten an dieser Stelle nicht gestattete. Aus demselben Grunde konnte auch das jenseitige Ende der Brücke nicht untersucht werden. Die ganze Länge der Brücke mag rund etwa 300" betragen.

Die Pfeiler (Abb. 71) bestehen aus einem aus großen Flußkieseln hergestellten Kern aus Guß- mauerwerk, der an der Außenseite mit schön zugehauenen Quadern mit breitem Randschlag und

Rustika verkleidet ist. Ich habe bei keiner der zahlreichen mit- telalterlichen und modernen Brücken auf albanischem Boden

S:,v .««i(wn>_ -r^;^-. Ähnliches beobachten können,

inimer sind die Quadern ein- fach glatt zugeschnitten. Im Grundriß bilden die Pfeiler ein Rechteck von 3'4o'^ Breite und 4 '^ Dicke. Flußaufwärts ist ein Sporn in Form eines gleich- schenkeligen Dreieckes mit 2'8o " Seitenlänge angesetzt, flußabwärts ein Vorbau in poly- gonaler Form mit i'io'" Seiten- länge. Stellenweise lassen sich an den Pfeilern spätere Wieder- herstellungen und Ausbesse- rungen feststellen. Wie der Oberbau der Brücke beschaffen war, muß dahingestellt bleiben. Es sind an keinem der Pfeiler Ansätze von einer Gewölbe- konstruktion erhalten und man kann sich bei dem verhältnismäßig geringen Pfeilerabstand eine Konstruktion in Holz wohl denken. Die Sonne war im Untergehen gewesen, als wir an die Brücke herangekommen waren, und so war Buschbeck mit den langsamen Tragtieren vorausgezogen. In dem kleinen Dörfchen Jagodina sollten wir uns wieder treffen. Wir haben jedoch in der schnell hereingebrochenen Dunkelheit beide dieses Ziel verfehlt und getrennt eine feuchtkalte, moskitoumschwärmte Nacht in den breiten, sumpferfüllten Skumbiniederungen verbracht und hatten große Mühe, uns am nächsten Morgen wieder zu finden. Der Weiterweg führte uns aus dem Skumbital südlich heraus. Nur eine ganz niedrige, dem Auge unmerkliche Wasserscheide, Pusok genannt, trennt hier sein Stromgebiet von dem des Devoli, der durch die nördlichen Ausläufer des Tomorgebirges zu einem weiten Umweg nach Norden gezwungen sich dem Skumbi bis auf wenige Kilometer nähert, um dann plötzlich nach Süden umzubiegen und sich dem Semeni anzuschließen. Etwa 2 Kilometer südwestlich von Murikjani, dort, wo die Generalkarte eine Brücke verzeichnet, fand sich wieder eine Spur des alten, durch die große Skumbibrücke gegebenen Straßenzuges. Ein Bach mit weit versumpften Ufern wird jetzt von einer modernen türkischen Brücke überschritten. Neben dieser stecken im Sumpfe die Reste einer einbogigen, aus Gußmauerwerk hergestellten alten Brücke. Leider gestattete der Sumpf keine Annäherung an diese, doch ließ sich auch beiderseits derselben im Gelände auf einige hundert Meter

70: Antike Brijcke bei Elbassan.

6i

der Körper einer erhöhten, jetzt nicht mehr benutzten Dammstraße feststellen. Ich nehme an, daß die Straße nach Berat führte, obwohl ich weiter im Süden keine weiteren Andeutungen davon an- getroffen habe; allerdings sind wir nicht im Devolital selbst geritten, durch das sich die Trasse möglicherweise zog, sondern auf den das erstere westlich begleitenden Höhen.

In Gostima*^) verbrachten wir unter schattigen Feigenbäumen bei einer Quelle die glühend heißen Mittagsstunden, überschritten dann die jetzt nur wenig Wasser führende Gostima, einen von Norden kommenden Nebenfluß des Devoli, und kamen damit auf dessen rechtes Ufer. Schöner alter Eichen- und Buchenwald nahm uns für viele Stunden unter ein dichtes Dach, durch das die Sonnenglut nur gemildert durchzudringen vermochte. Wir ritten immer am Kamme der den Devoli westlich begleitenden Höhen. Die Ortschaften, die die Karte hier ver- zeichnet, blieben alle ungesehen im Waldesdickicht, und nur hie und da verriet Hundegebell ihre Nähe. Nach der Karte hatten wir uns die Ortschaft Velasuka als Nachtlager ausersehen, waren aber dann sehr froh, gegen Mitternacht endlich die Häuser von Kajani aus dem Dunkel auftauchen zu sehen. Velasuka ist näm- lich in der Generalkarte etwa um 10 Kilometer zu weit nörd- lich eingezeichnet. Wir pas- sierten das Dorf am nächsten Vormittag. Der Wald ist hier gelichtet und wechselt mit Wiesen und Feldern. Mittags erreichten wir Kozara, wo eine alte, viel geflickte Barke die Überfuhr über den Devoli besorgt. Ferne im Süden leuch- teten bereits auf einem schrof- fen Kalkkegel die weißen Häuser und Mauern der Zita- delle von Berat, doch erst bei Sonnenuntergang ritten wir durch den engen, tiefen Durchbruch des Ljumi Beratit

unter den verfallenden Mauern der Zitadelle in den Kessel von Berat, der eines der prächtigsten Landschaftsbilder ganz Albaniens darbietet. Anders als Patsch im Jahre 1900^^), der hier Schritt für Schritt überwacht wurde, konnten wir uns in Stadt und Umgebung frei bewegen. Während Patsch infolgedessen, abgesehen von einigen zerstreuten Antiken, keine Anzeichen einer antiken Nieder- lassung feststellen konnte, hat nun die Untersuchung der Hochstadt von Berat an mehreren Stellen, insbesondere in der Gegend des Tores, unzweifelhafte Überreste einer antiken Befestigungsanlage ergeben^'). Die Zitadelle von Berat'") hat eine recht beträchtliche Ausdehnung und umfaßt ein ganzes, noch jetzt bewohntes Stadtviertel mit zahlreichen frühen Kirchen in ihren hohen, zinnen- gekrönten Mauern, die durch 20 Türme verstärkt werden. Der südöstliche Teil bildet eine eigene Befestigungsanlage mit 4 Türmen. Die Zitadelle hat kein Quellwasser und die Einwohner sind

71: Pfeiler der antiken Brücke bei Elbassan.

Antike

Reste in

Berat.

*7) Bei Belis im Berglande westlich von Gostima hat Oberstleutnant G. Veith, wie er mir freundlichst mitteilte, auf einem isolierten Hügel die Ruinen einer antiken Hoch- stadt aufgefunden.

*') Sandschak Berat S. 125 ff.

°9) Auf dieselben hat schon Leake, Travels in northern Greece I S. 354 aufmerksam gemacht.

9°) Boue, a. a. O. I S. 547; M. Ekrem Bey Vlora, Aus Berat und vom Tomor; Zur Kunde der Balkanhalb- insel, Reisen und Beobachtungen, Heft 13 S. iii.

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gezwungen, sich dieses weither aus der Unterstadt heraufzuschaffen. Große gewölbte, vielleicht noch ins Altertum zurückgehende Zisternen auf der höchsten Erhebung der Zitadelle sind jetzt verfallen und nicht mehr benutzbar.

Antike Reste lassen sich an mehreren Stellen nachweisen. So sind in der Westmauer mehrfach antike Quadern wiederverwendet, ebenso an der Westseite der am weitesten nach Süden vor- springenden Bastion. Nicht minder sind in der Ostmauer da und dort alte Quadern vermauert. Ungefähr in der Mitte dieser Seite steht südlich des hier angeordneten runden Turmes ein Stück antikes Mauerwerk aus großen Quadern auf ö"' Länge aufrecht, ebenso bei dem nächstfolgenden eckigen Turme, hinter dem antikes Mauerwerk auf bedeutende Länge durchläuft. Es scheint also auch in Berat wie anderswo der mittelalterliche Mauerlauf einem antiken zu folgen. Die antiken Quadern häufen sich dann ganz

72: Skizze der Nordostecke der Zitadelle von Berat.

73: Tor der Zitadelle von Berat.

besonders in der Gegend des Tores (vgl. den Plan Abb. 72). Der große nordöstliche Eckturm der Zitadelle besteht in seinen unteren Partien zu großen Teilen aus antikem Material, ebenso die Mauer, die vor dem eigentlichen Tore noch einen Vorhof bildet. Doch sind hier auch antike Mauern in situ erhalten, so unter dem erwähnten großen Turm hervorkommend das Fundament des antiken Eckturmes, mit 4'5o'" Stirnbreite links 9'6o", rechts i'yo'" vorspringend. Es liegen hier noch fünf Schichten großer Quadern aufeinander. Unmittelbar rechts und links vom Tore ruht die mittel- alterliche Mauer auf längere Strecken auf den in situ befindlichen antiken Quadern auf, unter denen sich Stücke von o'48"' Höhe und i'os"" Länge befinden.

Das mittelalterliche Tor selbst überbaut eine noch gut erhaltene antike Toranlage (Plan Abb. 73). Überall scheidet sich deutlich Antikes und Späteres voneinander, so daß kein Zweifel möglich ist. Die ganze antike Torgasse hat eine Länge von rund 10"^, eine Breite von 3 '70"" und bildet zuerst einen Vorraum von 4™ Tiefe, der zu dem eigentlichen Tore leitet. Vorn scheint im Altertum kein Abschluß bestanden zu haben, die jetzt dort stehenden steinernen Torpfosten sind modern, hinter ihnen sind die antiken Ecken erhalten. In diesem Vorraum liegen rechts (Abb, 74) zum Teil noch vier Quaderschichten übereinander. Dabei ist besonders die charakteristische Ein-

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arbeitung der unteren Steine für die auf ihnen gelagerten hervorzuheben. Wir haben Ähnliches in Lissos und Zgorzes angetroffen.

Auf der linken Seite stehen hier noch fünf Quaderschichten aufrecht, und zwar zwei zu o"6o'", drei zu 0-36'" Höhe, einige Steine haben bis zu i^so"" Länge. Die dann die Torgasse einengenden antiken Torpfeiler sind nur in dem untersten Steine erhalten. Sie werden von der mittelalterlichen Anlage nicht benutzt und lassen einen Durchgang von 2-40™ frei. Im inneren Räume läuft die späte Mauer auf der rechten Seite in der Flucht der antiken, auf der linken Seite tritt sie nischenartig zurück, so daß die antiken Steine hier eine Art von Bank bilden.

Dem modernen zweiten Torabschluß gegen das Stadtinnere zu hat auch im Altertum ein zweiter Abschluß entsprochen An der Außenseite des nördlichen Torpfeilers steht das antike Mauerwerk noch bis zu 3"" Höhe aufrecht, aus großen Quadern bestehend, die an der Ecke mit sauberem Randschlag ausge- stattet sind.

Ein Vergleich der Reste von Alt-Berat mit anderen, von uns in Albanien gesehenen an- tiken Anlagen, wie mit den fest- datierten Mauern von Lissos oder denen von Zgorzes, er- gibt " auch für die Burg von Berat ein kaum sehr verschie- denes Alter. Auch sie gehören der Zeit an, da der griechische Einfluß sich am machtvollsten in Albanien bemerkbar machte. Als antiker Name ist für Berat mehrfach Antipatrea vorge- schlagen worden''), und die bei Livius (XXXI c. 27) ste- hende Angabe, die Stadt wäre in faucibus angustis gelegen, paßt in der Tat sehr gut auf die über dem Ljumidurchbruch thronende Hochstadt von Berat

Zu den von Patsch aufgefundenen antiken Einzeldenkmälern ist nur wenig Neues nachzutragen Ihre Zahl hat im Gegenteil abgenommen, da die von Patsch in der erzbischöflichen Residenz gesehenen Antiken, wie uns der Stellvertreter des nach Griechenland geflüchteten Erzbischofs er- zählte, während der letzten Wirren von den Anhängern Essad Paschas geraubt worden sein sollen. Wir haben allerdings mehr den Eindruck davongetragen, daß der Erzbischof diese ebenso wie die wert- vollen Handschriften mit sich nach Griechenland genommen hat. Die von Patsch an der griechischen Schule der Oberstadt eingemauert aufgefundenen fünf Köpfe schmücken dieses Gebäude noch immer. Der schöne Silenskopf'^) hat durch die Splitter einer in der Nähe niedergegangenen Granate ziemlich arg gelitten. Der Kopf ist ein ganz prächtiges, augenscheinlich hellenistisches Werk. Von seltener Schönheit ist das von Patsch auf S. 153 Fig. 119 abgebildete Köpfchen aus feinkörnigem Marmor.

Antike Mauer im Tor der ZitadtUe von Berat.

9") Patsch a. a. 0. S. 131; Leake a. a. 0. I S. 361 f.; Kiepert, Formae orbis antiqui XVII; Forbiger, Handbuch der alten Geographie III 2. Aufl. S. 565; dagegen To-

maschek bei Pauly-Wissowa s. v. Antipatrea. 9") Patsch a. a. 0. S. 153 Fig. 118.

64

75: Relief in Berat.

Es ist jedenfalls männlich, und zwar die Darstellung eines jugendlichen Epheben mit kurzgelocktem Haar. Der Kopf ist stark nach seiner linken Seite geneigt und da diese zudem ziemlich vernach- lässigt ist, wird der Kopf einem Relief, wohl einem Grabrelief noch des fünften Jahrhunderts, an- gehört haben. Merkwürdig ist die Darstellung des Haares; es sind kurze runde Löckchen, jedes um ein Bohrloch herumgewunden. Von geringerer Bedeutung sind die drei anderen Köpfe, ein bärtiger männlicher Porträtkopf des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts (Patsch S.159 Fig. 128), ein arg beschädigter männlicher Porträtkopf später Zeit (Patsch S. 160 Fig. 129) und ein glattrasierter männlicher Porträtkopf augusteischer Zeit (Patsch S. 159 Fig. 127).

Das zur Zeit Patsch' von A. Salabanda aufbewahrte Grabrelief mit Masken (Patsch S. 193 Fig. 177) ist von der türkischen Regierung mittler- weile konfisziert und zum Abtransport nach Konstantinopel verpackt in die türkische Schule gebracht worden, wo es sich noch befindet.

Der beistehend (Abb. 75) abgebildete Grabstein (?) ist über der rechten Apsis der kleinen Kirche unmittelbar links hinter dem Tore der Oberstadt eingemauert. Höhe etwa 070 "", Breite etwa o'45"', graublauer Kalkstein, oben Bruch. In vertieftem Feld ein abwärts gekehrter Kranz und innerhalb dessen eine getilgte Inschrift.

Das von Patsch a. a. O. S. 132 erwähnte, aus Apollonia stammende

Bruchstück einer etwas überlebensgroßen männlichen nackten Statue, das

über dem äußeren Säulengang der Kirche Sen Dimitri unten in der Neustadt eingemauert ist,

kann hier in der beistehenden Photographie wiedergegeben werden (Abb. 76). Das Bruchstück ist

o-öo"" hoch, besteht aus feinkörnigem Marmor und umfaßt Kopf und rechte Brust eines bärtigen

Mannes. Möglicherweise haben wir eine Büste vor uns, doch ist das dermalen nicht zu entscheiden. Der Kopf ist stark nach der rechten Seite gewendet, sein Scheitel von wirrem, üppigem Locken- haar bedeckt. Am Gesicht fallen die tiefliegenden, von den Brauen- muskeln beschatteten Augen auf, die ihm im Verein mit dem trotzig verschlossenen Mund einen finsteren Ausdruck verleihen. Die Augensterne sind durch Lunulae angegeben. Es handelt sich hier um eine gute Arbeit des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts und zwar läßt sich in dem Dargestellten mit Sicherheit der Kaiser Lucius Verus (161 169) erkennen. Der kurze, noch nicht voll entwickelte Schnurr- und Backenbart stellt das Bruchstück unter die Porträts, die den Kaiser in jüngeren Jahren darstellen, ähnlich wie die Wiener Büste '3). Daß der Kaiser in heroischer Nacktheit dargestellt war, stimmt zu der Tatsache, daß er sich anscheinend mit Vorliebe so wiedergeben ließ (Bernoulli a. a. O. S. 218).

Schließlich sei noch eine in der Vorstadt Gorica im griechischen Pfarrhaus befindliche Figur eines Löwen aus Kalkstein erwähnt. Höhe o'55'", bis auf die fehlenden Beine gut erhalten; handwerks- mäßige Arbeit, die wohl einst ein Grabdenkmal schmückte, wie dies in Apollonia sehr üblich gewesen zu sein scheint (Patsch a. a. O. S. 190). Am Nachmittag des 24. Juni verließen wir Berat und zogen wieder den Durchbruch des Ljumi hinaus. Unser nächstes Ziel war Fieri. Da unser Weg auf längere Strecken mit dem seinerzeit von

76: Mannliche Büste in Berat.

93) V. Sacken, Die antiken Skulpturen des k. k. Münz- und Antikenkabinetts T. 31 ; vgl. Bernoulli, Bildnisse der römischen Kaiser II S. 215 f.

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65

Patsch eingeschlagenen zusammenfällt, kann auf dessen Beschreibung verwiesen werden. Über die Ura Hassan Bejut, bis wohin eine verhältnismäßig gute Straße führt, gelangten wir auf das linke Flußufer und marschierten die Hügelkette westlich des Flusses hinan zu einem niedrigen Sattel und dann schon im Stockdunkeln jenseits sanfter hinab in die Muzakja, die große Ebene des Semeni. Diese steht noch bis in den Mai hinein zu großen Teilen unter Wasser, und Patsch war gezwungen gewesen, sich am Fuße der Randberge im Süden zu halten. Jetzt im Sommer war das Wasser fast ganz verschwunden und wir konnten daher den geraden Weg durch die Ebene einschlagen. Bei Cermasani erreichten wir den Semeni und zogen, allen seinen launischen Windungen folgend, an dem trüben, zwischen hohen Lehmwänden dahin- schleichenden Wasser entlang. Bei Metali biegt der Semeni nach Norden, wir verließen ihn und wendeten uns süd- wärts, dem Laufe der Gjanica folgend, die hier in den Semeni einmündet, zu dem in einer prächtigen Parkland- schaft gelegenen Fjeri, dem Hauptorte der Muzakja. In seiner jetzigen Form ist er eine Neugründung der hier an- sässigen Familie der Vrioni'''), deren schönes schloßartiges Landhaus den Mittelpunkt des ganzen Ortes bildet. In dem dazugehörigen, üppig verwachsenen Parke schlugen wir für drei Tage unser Lager auf.

Was sich an Antiken in Fjeri findet, ist von ApoUpnia hieher verschleppt worden. Da die Gegend sehr steinarm ist, bilden die Ruinen von ApoUonia überhaupt seit langer Zeit einen ergiebigen Steinbruch für die ganze Gegend, bis Berat '5) sogar, und in allen Ortschaften der näheren und ferneren Umgebung kann man mit ziemlicher Sicherheit, insbesondere bei den Kirchen, mit dem Vor- handensein von Antiken rechnen. Eine eingehendere Be- reisung der Gegend wird daher einmal eine dankbare Auf- gabe sein. Mir blieb sie leider infolge der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit verwehrt. Die von Patsch in Fjeri vorgefundenen antiken Denkmäler sind im wesent- lichen noch alle an Ort und Stelle. Ihre Zahl konnte um einige vermehrt werden.

Zu den von Patsch an der Kirche von Fjeri vermerkten kommt ein jetzt in seiner alten Be- stimmung wiederverwendeter antiker Grabstein im Friedhof der Kirche (Abb. 77). Grauer Kalk- stein, 078'^ hoch, 0-44'" breit, 0-17'" dick. Oben abgestoßener Giebel, darunter in vertieftem Felde Tabula ansata und unter dieser in Relief verschiedene Geräte. Auf den ersten Blick kenntlich Kamm und Rundspiegel mit Griff sowie eine Nadel mit Kopf, die wohl als Haarnadel, discerni- culum, aufzufassen ist. Das Gerät über dieser mit rechteckigem Hauptteil und angesetztem Griff erinnert sehr an das pecten genannte Werkzeug auf der Ära von Elbassan (vgl. oben S. 52). Nicht zu benennen weiß ich einstweilen das rechts vom Spiegel befindliche Gerät, ein Werkzeug mit gedrehtem Holzgriff, das einem modernen Stemmeisen gleich sieht«*^).

Antike Denk- mäler in Fjeri.

94) Näheres bei Patsch a. a. 0. S. 140 ff.

95) Leake a. a. 0. I S. 373.

9«) Vgl. F. Noack, Ath. Mitteilungen XIX 1894 S. 322, 329 f.; über die Sitte, Geräte des täglichen Lebens auf Grab-

steinen abzubilden, Keil-v. Premerstein, Bericht über erste Reise in Lydien S. 73 und Bericht über zweite Reise S. 65. In unseren Gegenden sind Geräte auf Grabsteinen ziemlich häufig, z. B. der Stein in Elbassan (S. 52), dazu

66

Grabstein in Fjeri.

Auf der Tabula und darüber die Inschrift:

Töyiz [tf; Iota]? | auv[it'o) | Netzea | sxiov ■/.£' | yalps. Tu/;: wohl unorthographisch für Tüyjjc, Nst/i« für Xr/.afa.

Ein Grabstein römischer Zeit (Abb. 78) ist an der Außenwand des Gebäudes der Mädchenschule eingemauert, leider so hoch, daß bei dem Mangel einer Leiter eine nähere Untersuchung nicht möglich war. Dazu kam eine starke Übertünchung, die Einzelheiten noch undeutlicher machte. Ungefähr o'So'" hoch, o'4o'^ breit. Naiskos mit kannelierten Pilastern und ionischen Kapitellen und Giebel. Dargestellt rechts ein Togatus von vorn, in der Linken eine Buchrolle. Links von ihm Frau in Unter- und Oberkleid, welcher der Mann die rechte Hand reicht, während sie ihre Linke auf seine rechte Schulter legt. Ob auf dem Architravbalken eine Inschrift vorhanden ist, war leider nicht zu erkennen. Im Giebel in der Mitte eine geöffnete Blüte, rechts und links davon je ein undeutlicher Gegenstand.

Schließlich wäre noch kurz der beistehend (Abb. 79) abgebildete Kopf

zu erwähnen, der an dem ersten großen Haus linker Hand in der Gasse, die vom Hauptplatz in

nördlicher Richtung führt, eingemauert ist. Aus Marmor, etwas überlebensgroß, leider ziemlich übel

zugerichtet, Nase, Mund und Kinn sind abgeschlagen, ebenso Teile des

Schädels und der Stirne. Kurzgeschnittener, anliegender Bart, gegen die

Wangen scharf abgesetzt. Lockiges Haar, die Pupillen eingerissen mit

Lunula. Der Kopf gehört ungefähr der Mitte des dritten nachchristlichen

Jahrhunderts an, der Zeit der letzten Blüte römischer Porträtkunst, für

die, um datiertes Ahnliches zu nennen, der Gallienuskopf im Thermen-

Jäät - '^'Cf museum'') mit ebenso kurzgeschnittenem Bart und gelocktem Haar ein

•Saät^^ ''^i charakteristisches Beispiel darstellt.

,^g^ ' Die Familie der Vrioni, in deren Eigentum auch der größte Teil

des Territoriums des alten Apollonia jetzt steht, hatte sich in Fjeri eine kleine Sammlung von dort gefundenen Architektur- und Skulpturresten an- gelegt, die größtenteils im Park ihres Landhauses aufgestellt war. Dort hat auch Patsch (a. a. O. S. 117) mehrere Säulenschäfte notiert. Leider hat der Krieg diese Sammlung nicht unberührt gelassen. Während die größeren Architekturstücke noch an Ort und Stelle verblieben, sind die kleineren Stücke größtenteils verschleppt worden. Kahriman Bey Vrioni hatte die Freundlichkeit, mir alles, was noch aufzutreiben war, zu- sammentragen zu lassen und auch Angaben über einzelne verschwundene Gegenstände zu machen. Unter den letzteren seien besonders zwei Reliefs von Bedeutung gewesen, beide nach seiner Be- schreibung Grabreliefs, auf dem einen, das etwa o" 50" hoch und 060™ breit gewesen sei, links die Darstellung einer bekleideten Frau auf Stuhl nach rechts sitzend, in der Rechten einen Fächer haltend, vor ihr stehend zwei langbekleidete Gestalten. Das zweite, etwa o'ös"^ hoch, zeigte die Darstellung einer bekleideten, stehenden Frau. Ein weiblicher überlebensgroßer Kopf, in Hekalj (Byllis) gefunden, ist von der Familie nach Berat gebracht worden.

Im folgenden bespreche ich in Kürze die in Fjeri verbliebenen Stücke der Sammlung. An erster Stelle ist das beistehend (Abb. 80) wiedergegebene Relief zu erwähnen. Aus hartem Kalkstein, o'50™ hoch, 0*50 breit, o'36™ dick; links Bruch, rechts und unten gerauhte Fläche.

-asac.

79: Marmorkopf m Fjeri

die zwei Grabaren in Durazzo CIL III 618, 620 (oben S. 34), aus Apollonia die Grabara des Gerbers Pardalas (Patsch a. a. 0. S. 182 f. Fig. i6o) und die Aschenkiste des Zimmer-

manns Lysimachos in Berat (Patsch a. a. O. S. 178 f.

F'g- 152)-

97) Hekler, Bildniskunst der Griechen und Römer T. 298.

67

Oben etwas abgemeißelt, doch sind auf Vor- und Rückseite die Reste einer oberen Leiste stehen geblieben. Das Innere des Blockes in späterer Zeit trogförmig ausgehöhlt. Auf der Vorderseite in hohem Relief eine männliche Maske, leider ziemlich arg verstoßen. Es fehlt das ganze Kinn mit dem Bart, die Nase ist abgeschlagen, ebenso das rechte Auge mit der darüber befindlichen Stirn- partie. Die Maske ist scharf charakterisiert als die eines älteren Mannes mit Glatze, über die ein- zelne spärliche Haarsträhne die Leere maskierend gelegt sind. Nur über die Schläfen fallen ein paar Locken herab. Ebenso hinter den Ohren beiderseits einige längere Locken. Drei parallele Runzeln durchfurchen

die Stirn, scharf eingegra- bene Linien betonen die Tränensäcke unter den Augenöffnungen. Kantig durchbrechen die Backen- knochen die Wangenfläche. Der Bart umrahmt ziem- lich tiefansetzend das Un- tergesicht und die Schall- öffnung des Mundes. Auch die Rückseite des Blockes war mit einer jetzt bis auf Spuren abgemeißelten bär- tigen Maske mit langem Lockenhaar geschmückt.

Reliefbruchstück (Abb. 8i) aus hellgelbem Kalk- stein, o'4o'" hoch, o'32"' breit, o"io'" dick. Links Gladiator, nach rechts ausfallend, mit vor- gesetztem linken Bein. Der Oberkörper anscheinend nackt, um die Mitte Schurz mit doppeltem, breiten Gürtel, am allein sichtbaren linken Bein die Beinschiene. Visierhelm mit runder Crista und breitvorstehender Krempe 5^). Die halbgesenkte rechte Hand hält ein kurzes Schwert, die Linke erhoben mit gestrecktem Zeigefinger. Vom Gegner sind nur geringe Reste vorhanden, ein Dreizack mit den Spuren einer ihn haltenden Hand gegen die Brust der linken Figur gestoßen, darüber undeutlicher Bruch, vielleicht von Netz. Der Dreizack charakterisiert die Figur als Retiarius. Sein Gegner, der die Linke erhebt, um das geworfene Netz zu parieren, ist der Secutor, als dessen Ausrüstung wir den großen Helm, das kurze Schwert, die Bein- schiene am linken Bein und den Gürtel mit dem subligaculum und schließ- lich den Schild kennen, der in unserem Falle vielleicht am Boden lag. Auf Gladiatorenkämpfe bezügliche Denkmäler wurden auch sonst in ApoUonia gefunden, so das von Patsch'^) gebrachte Relief mit Hoplomachus und Thraker von der Kirche in Fjeri sowie der Grabstein des Ursarius .\7.t/.i'.'jo;'°°).

Männlicher bärtiger Kopf (Abb. 82) aus Marmor, o'25"' hoch, o'23'" breit, sehr bestoßen und verrieben. Untergesicht von Mund an 82: Mannlicher Kopf in Fjeri.

Relief in Fjeri.

81 : Relief in Fjeri.

9^) Die merkwürdige Helmform kehrt anscheinend wieder bei der Elfenbeingruppe aus Aventicum: Reinach, Repertoire de la statuaire III S. 245; Pro Aventico VIII 1903 T. 5; ähnlich am Triester Gladiatorenrelief, Athen.

Mitteilungen XV S. 162 ff. Abb.; Reinach, Repertoire de Reliefs II S. 135; Daremberg-Saglio, Dictionnaire Fig. 3582.

99) Patsch a. a. 0. S. 157 Fig. 125.

'°°) A. a. 0. S. 158 Fig. 126.

9*

83 : Löwenkopf in Fjeri.

68

fehlt ganz, die Nase ist abgeschlagen. Dichtes lockiges Haar. An den Augen anscheinend Lunulae, was den Kopf in nachhadrianische Zeit datieren würde. Anderseits macht der Kopf nicht den Ein- druck eines Porträts und erinnert in der Haaranordnung eher an den gewöhnlichen Hermentypus.

Bruchstück eines Löwenkopfes (Abb. 83). Parischer Marmor, o'sö™ lang, o"32™ breit. Es fehlt der Unterkiefer. An der Rückseite glatt abgeschnitten und zum Einsetzen hergerichtet. Der Rachen war durchbohrt, es handelt sich also um einen von einer Tempelsima stammenden Wasser- speier. Eine dreifache Lockenmähne umgibt das Gesicht. Es ist nicht das erste derartige Stück, welches in Apollonia an den Tag gekommen ist. Schon Leake a. a. O. I S. 371 ver- zeichnet ein ähnliches, vielleicht identisch mit dem von Heuzey (a. a. O. S. 398 Taf. 33 Fig. 5) nach dem Louvre gebrachten'""). In unserem Falle handelt es sich um eine sehr schöne Arbeit der besten Zeit. Die in Details sehr sparsame starke Stilisierung stellt den Kopf den altertümlichen Typen vom olympischen Zeustempel nahe'°^).

Untersatz aus Kalkstein (Abb. 84). Oben Anschlußfläche mit Dübelloch, rückwärts Anschlußfläche mit glattem Rand und rauher Innenfläche, CSi"" breit, o"45"' hoch, o"3S'" dick. Auf der Vorderseite ein Rundschild, seitlich, diesen zum Teil deckend, je ein Ovalschild mit Längsrippe und länglichem Buckel. Der Stein stammt wohl von dem Schmucke eines Grabbaues, dessen Krönung er getragen haben mag.

Auf dem Rundschild Inschrift in Buchstabenformen des ersten oder zweiten nachchristlichen Jahrhunderts. Buchstabenhöhe der ersten Zeile o'04"'.

Auf die Tatsache, daß uns in den Inschriften Apollonias in großer Zahl lateinische Namen begegnen, hat schon Leake a. a. S. 0. 371 hingewiesen und sie mit Recht damit in Verbindung gebracht,

daß Apollonia von den Römern sehr gerne aufgesucht wurde, die hier ihre Einführung in griechische Literatur und Philosophie erhielten.

Von den zahlreichen architekto- nischen Stücken der Vrionischen Samm- lung seien nur einige wenige hier her- vorgehoben. Unter vielen Kapitellen neben einigen dorischen kleineren Maß- stabes und späterer Zeit mit glattem straffen Echinus ein schönes korinthi- sches Dreiviertelkapitell, das in den Maßen über den dortigen Durchschnitt hinausreicht, o"S9 "" hoch, o"53 "" tief, o'36'" breit. Dann ein ionisches Eck- kapitell aus hellem Sandstein mit Ro- setten innerhalb der Volutenflächen. Daneben zahlreiche Säulenschäfte, teils glatt, teils kanneliert, einige mit im unteren Teile gefüllten Kanneluren. Ein Stück eines Metopen-Triglyphen-Frieses aus Kalkstein, Metope und Triglyphon aus einem Stück, o'4i'^ hoch, i'07'" lang.

'Pwfiarc

84: Untersatz mit Inschrift in Fjeri.

°') Patsch a. a. O. S. 189 f.

2) Olympia I Taf. XVIL I.

69

Schließlich sind zu erwähnen zwei Fragmente eines hübschen Tischträgers (Abb. 85) mit Löwenfüßen. Auf der Innenseite wiederholt sich das Motiv der Außenseite. Oben glatt abgeschnitten, rückwärts Randschlag.

Den 27. Juni verbrachten wir auf der Ruinenstätte des alten ApoUonia. Der etwas mehr als 8 Kilometer lange Weg führt zuerst westwärts durch die noch Ende Juni sumpfige Ebene. Die Friedhöfe der Dörfer, die wir passieren, weisen zahlreiche antike Architekturglieder auf. Hinter Radostina steigt der Weg über eine kleine Paßhöhe hinauf, und jenseits eines schönen Waldtales liegt der doppelköpfige Hügel der Akropolis von Apollonia vor uns. Ein kurzer Ritt brachte uns über den steilen Ostabfall auf die ölbaumbewachsene Südkuppe. Wie an keinem anderen Orte mußten wir hier die Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit bedauern. Die Landschaft von Apollonia hinterläßt einen bleibenden Eindruck. Sie ist ganz griechisch in ihren Linien und Farben. Die sanft geschwungenen Hügelketten, die braune Ebene mit vereinzelten Baumgruppen und dahinter abschließend das dunkle Meer, darin der kahle ragende Fels der Insel Saseno und die blauenden Berge der akrokeraunischen Halbinsel. Zum Greifen nahe die Bucht von Valona, in der wir die italienischen Schiffe zählen können. Dazu dann der Reichtum an antiken Schätzen. Das Kloster Pojani allein birgt deren genügend, um ein kleines Museum zu füllen, und wieviel hat der Boden Apollonias bereits für die Fremde abgeben müssen. Hier hätte es tagelange Arbeit gegeben, und nur schweren Herzens beschränkte ich mich darauf, vor allem durch die Aufnahme eines Planes der Ruinen eine Grundlage zur Klärung der topographischen Verhält- nisse zu gewinnen '°3).

Nur der Rest der Zeit konnte in aller Eile den Einzeldenkmälern gewidmet werden und da auch nur den den bisherigen Besuchern entgangenen oder seither neu an den Tag gekommenen.

Die Stadt liegt an dem nordwestlichen Ende des Pestjan genannten Hügel- zuges. Ein doppelköpfiger Hügel erhebt sich etwa 100'" über den Meeresspiegel, durch das Tal von Krügjata von den Nachbarn getrennt. Während er gegen dieses steil abfällt, senkt er sich sanft nach Westen gegen das Meer zu.

Das Stadtgebiet (Plan Abb. 86) umfaßt diesen ganzen Westabfall des Hügels und -^ein Umfang ist durch den Zug der Stadtmauer'"'') gegeben, deren Reste uns schon beim Betreten der Akropolis aufgefallen waren. Leider legte der Erhaltungszustand der Aufnahme ziemliche Schwierigkeiten in den Weg. Nur an wenigen Stellen ragen noch einige Steine aus der Erde empor, wie besonders auf der Höhe der Akropolis. Sonst ist die Mauer in der Regel zu einem sich nur wenig aus dem Terrain abhebenden Walle geworden, der durch die Vegetation von den anliegenden Äckern und Weiden absticht. Dichtes Dornengestrüpp hat sich auf ihm angesiedelt und hebt durch seine silbergraue Farbe die Mauerlinie aus der übrigen Landschaft. Wo dieser Erdwall einen Einblick ins Innere gestattet, wie an den Stellen, an denen ihn tief eingeschnittene Wege kreuzen oder man in jüngster Zeit nach Stein gegraben hat, zeigt es sich, daß unter der schützenden Erde noch beträchtliche Reste der Mauer aufrecht stehen, die durch Steine suchende Umwohner von Jahr zu Jahr vermindert werden. Über architektonische

ApoUonia- Pojani.

85 : Tischträger in Fjeri.

'°3) Dieser ursprüngliche, in wenigen Stunden zu- standegekommene Plan wird in Abbildung 86 durch eine von dem k. u. k. Fhr. Nemedy verfertigte, in Einzelheiten allerdings nicht immer zuverlässige Aufnahme ersetzt. Eine frühere Aufnahme (falsch orientiert) bei A. Gillieron, Monuments grecs publies par l'association pour l'en- couragement des etudes grecques en France 1877 n. 6 S, II f. Abb. S, 13, wiederholt bei Heuzey, Les Operations

militaires de Jules Cesar, Paris 1886 S.30 PI. iii. Patsch a. a. O. S. 193 f. geht wenig auf die topographischen Fragen ein. Über Apollonia vgl.: Leake a. a. O. I S. 368 ff., Heuzey- Daumet a. a. 0. S. 393 ff. Die historischen Nachrichten zusam- mengefasst bei Hirschfeld, Pauly-Wissowa RE s. v. Apollonia. '°4) Kürzere Erwähnungen der Mauer, abgesehen von Gillieron, bei Heuzey S. 394 und bei Leake I S. 362 ff., der die große Zwischenmauer bereits richtig erkannt hat.

70

Einzelheiten kann unter diesen Umständen wenig gesagt werden. Das Material ist zum Teil harter Kalkstein, der offenbar von weither gebracht wurde, zum Teil ein weicher Sandstein, der leicht verwittert und das Zusammensinken der Mauer um so erklärlicher macht. An manchen der Quadern ist Randschlag sichtbar. Ich habe bis o-8o"' Höhe und 1-30 "" Länge gemessen.

Die Mauer umfaßt bei einem Umfang von rund 4500"^ ein langgestrecktes Gebiet von etwa isoo'" Länge. Sie beginnt am Südende der Stadt mit einem vorgeschobenen Rund- turm, von dem jetzt nur mehr wenige umherliegende Quadern zu sehen sind, und folgt dann auf der ganzen Ostseite dem Rande des Steilabfalles. Ihr Lauf läßt sich in der Regel noch an einzelnen aus der Erde hervorstehenden Quadern erkennen. Die Mauer steigt, sich den Krümmungen des Kammes anschmiegend, gegen den Hügel Kote 104 hinauf. In ihrem Laufe sind eine Reihe von viereckigen Türmen durch Reste gesichert, weitere werden bei den meisten Richtungs- änderungen anzunehmen sein. Die Ostmauer des Klosters Pojani ruht noch zur Gänze auf der alten Stadtmauer auf. Nordwestlich des Klosters ist ein Tor nach den Resten mög- lich. Die Mauer umgibt dann den Hügel Kote 104 an dessen Ostseite, senkt sich in den Sattel zwischen den beiden Hügeln hinab und umgibt den nördlichen Hügel, und zwar nicht dessen oberstem Rand, sondern einer tieferen Gelände- stufe folgend. Zwei große Rundtürme sind hier an den Ecken zu erkennen. Ein eben- solcher ist auch an der Nordspitze der Stadt anzunehmen, wenn auch nicht durch Reste gesichert. Die Mauer folgt auf der Westseite, sehr schlecht erhalten, derselben Geländestuie und steigt über eine Hügelnase in die Ebene gegen das Dorf Pojani hinab. Sie läuft dann auf der ganzen West- seite der Stadt längs einer niedrigen Stufe, die sie über das äußere Gelände erhebt. Auch hier sind drei rechteckige und ein Rundturm kenntlich. Manchmal ist die Flankierung der Mauer durch

NIA

Abb. 86.

71

Einspringungen erzielt. Östlich des Dorfes Sop biegt die Mauer mit einem großen Rundturm gegen Osten und vereinigt sich bei dem vorgeschobenen Rundturm mit der Ostmauer.

Ähnlich wie in Lissos und Zgorzes finden wir auch hier weitere Mauerlinien im Innern der Stadt. Die eine zieht quer durch die ganze südliche Hälfte der Stadt. Leider läßt sich bei dem Erhaltungszustand auch hier ist nur ein gestrüppbewachsener Wall zu sehen nicht fest- zustellen, in welchem zeitlichen Verhältnisse sie zu der Außenmauer steht, und dasselbe gilt auch für die weiteren Zwischenmauern, die die beiden Akropolishügel zu eigenen Verteidigungsbezirken machten. Die Krone des Nordhügels ist von einer starken Mauer umgeben. Zwischen den beiden Hügeln zieht sich eine weitere Mauer quer durch das nördliche Stadtgebiet. Dadurch, daß der südliche Hügel an seiner Westseite von einer Mauer eingefaßt wird, wird auch er zu einem ge- schlossenen Stützpunkt. Das ganze System dieser Mauern wird wohl erst durch eine Grabung geklärt werden können. Dann wird erst festzustellen sein, welcher von den beiden Hügeln oder ob vielleicht beide zusammen unter der arx zu verstehen sind, auf der sich L. Staberius gegen Caesar zur Wehr setzen wollte '°5).

Eine Grabung verspricht überhaupt für Apollonia viel Erfolg. Anders als Dyrrhachium, auf dessen Gebiet die Besiedelung nie unterbrochen war und die Spuren des Altertums fast vollkommen getilgt sind, ist Apollonia seit dem Ende des Altertums verödet'"*). Die Maisäcker der Bauern von Pojani und Sop erfüllen jetzt das weite Stadtgebiet. Dabei sind gerade hier bedeutende Baureste aller Epochen des Altertums zu erwarten, denn die Stadt hat seit ihrer Gründung durch die Korkyräer und Korinther im Jahre 588 v. Chr. das ganze Altertum hindurch eine bedeutende Rolle gespielt. Zur Zeit Ciceros ist sie eine magna urbs et gravis '°') und hat auch in der Kaiserzeit als eine Art von vielbesuchter Universitätsstadt der römischen Jugend weitergeblüht. Von allen den hier zu erwartenden Bauten steht jedoch fast nichts über der Erde. In der Umgebung des Klosters, südwestlich von ihm, schon seit Gillieron offen stehend, die Mauerzüge eines Gebäudes, anscheinend römischer Zeit, mit einfachem Mosaikboden. Im westlichen Teile der Stadt, nördlich der Zwischen- mauer eine größere Ruine, anscheinend eine Thermenanlage. Ob der Apollotempel an der Stelle des Klosters gelegen hat, wie Heuzey-Daumet S. 395 vermutet, muß dahingestellt bleiben. Eine dort in der Vorhalle der Kirche als Brunnenmündung verwendete dorische Säulentrommel von ungefähr 15'" Durchmesser sowie die großen, fein zurechtgearbeiteten Quadern, aus denen fast die ganze Kirche aufgebaut ist, können natürlich auch verschleppt sein.

Die 1400"^ südlich des Klosters auf einer Hügelspitze an der anderen Seite des Tales von Krügjata gelegene dorische Tempelruine von Stylassi, an deren traurigem Bestand sich seit Heuzey- Daumets Aufnahme (S. 394 Plan Taf. 31) kaum etwas geändert hat, liegt jedenfalls außerhalb der Stadt, ebenso wie ein zweiter, ionischer Tempel, von dem noch Leake S. 373 im Tale von Krügjata Überreste gesehen hat, der aber jetzt gänzlich verschwunden ist, da am Beginne des 19. Jahrhunderts von seiner Ruine mehr als 70 Karren Steinmaterial von Ibrahim Pascha zum Bau seines neuen Serails nach Berat gebracht worden waren.

Schließlich seien hier noch einige Einzeldenkmäler im Gebiete von Apollonia angereiht.

Oberer Teil einer großen Grabstele (Abb. 87), im Dorfe Pojani, Haus des Juan Mitri, rechts neben der Haustüre eingemauert. Heller Kalkstein, i'02"' hoch, o'ös"" breit, 0'22 "" dick, unten Bruch. Die Grabstele gliedert sich in drei Teile. Zu unterst ein glattes Feld zwischen korinthi- schen Säulen. Die Fläche ziemlich rauh mit stehengebliebenen Raspelstrichen. Zwei mit Blei ausgegossene Bohrlöcher dienten vielleicht zum Festhalten eines Tafelbildes.

Darüber Architrav mit Inschrift und ionischem Kyma, das zu einem breiten Fries überleitet, der fast überreichlich geschmückt ist. Zu unterst, eingerahmt rechts und links von zwei schlanken

'°5) Caesar bell. civ. III I2. der Hierokles S. 393 (Bonn).

'°^) Die letzte Erwähnung der Stadt im Stadtekatalog '°7) Cic. Phil. XI 26, nach Strabo VII 316 B[fio[iozdzrj.

72

henkellosen Gefäßen, die Darstellung zweier Löwen, die sich von beiden Seiten auf eine unter ihnen zusammengebrochene Hirschkuh gestürzt haben, eine fast symmetrische, offenbar für ein Giebelfeld komponierte Darstellung. Darüber dann zwischen zwei Rosetten, wie wir sie von

attischen Grabsteinen des vierten Jahrhunderts gewöhnt sind, auf einer Leiste eine Kylix mit hohem Fuß, auf ihrer Lippe zwei Tauben, die von dem Wein nippen, zwei weitere rechts und links des Bechers, eine der hellenistischen Kunst geläufige Darstellung'"*). Den oberen Rand des Frieses füllt eine Girlande, geflochten aus zwei Eichenzweigen, an denen Blätter und Eicheln gegenständig abwechseln. Über einem Zahnschnitt folgt dann ein Giebel, dessen Fläche mit einem Stierkopf zwischen zwei symmetrischen Greifen geschmückt ist. An den Seitenflächen je eine Rosette sowie die Fortsetzung des Eichenkranzes der Vorderseite.

Reich war auch der Akroterienschmuck, leider ist er aber nur zum Teil erhalten, vom Mittelakroter die Basis mit den vier Tatzen eines katzenartigen Tieres (Greif oder Löwe). Seitlich stand an jeder Ecke zunächst ein kleines Palmettenakroter der gewöhnlichen Form. Hinter diesem als figürliches Akroter je eine Grabsirene mit trauerndem Gestus der Hände, die der linken Seite fast ganz, die der rechten bis zu den Hüften erhalten.

Auf dem Architrav die Inschrift in Buchstaben- formen der Zeit etwa vom Beginne des zweiten Jahr- hunderts V. Chr. A hat bereits die späthellenistische Form mit der gebrochenen Querhaste, das i zeigt die ältere Form mit divergierenden Schenkeln neben der späteren mit parallelen. Buchstabenhöhe durchschnittlich o'02'^.

(})AAAKPAAY^lMAXOY- N f AffN H CTf ISI A AMOY XAlPfTf

87 : Grabstele in Pojani.

OaXazpÄ [A]yaL|ia/_ou XcXYev/;; T£La;5ä|io'j | /afpsis

Der Name der Frau ist bisher anscheinend noch nicht belegt, wohl aber sind die männlichen Namen desselben Stammes gerade in unseren Gegenden häufig. So begegnet uns der Name OaXaxpo; als Beamtenname auf Münzen von ApoUonia aus der Zeit der zweiten autonomen Prägung (229 bis 100 V. Chr.)'°3), ebenso die Weiterbildung OaXaxpfwv auf Münzen von Dyrrhachion derselben Zeit. Der zweite Name ist wohl für Aijaiiia/oj verschrieben. Auch dieser Name begegnet uns in derselben Periode auf den Münzen von Apollonia. Die Form Nsa^Evr^; ist bisher anscheinend noch nicht belegt. Wir kennen nur die Form Nsoyivyic; aus einer Inschrift von Keos (Fick, Die griechischen

io8j Vgl. das Mosaik im kapitolinischen Museum : Jones, The Sculptures of the Museo Capitolino S. 143 f. Taf. 34; Heibig, Führer I ^ n. 793 S. 438 f.

'°9) A. Maier, Die Silberprägung von Apollonia und Dyrrhachion, Numismat. Zeitschrift N. F. I 1908 S. 13.

73

Personennamen S. 214). Ebenso finden wir auch den Namen TsLai'oano: anscheinend zum ersten Male. Er entspricht dem sonst belegten Tsiat'Xao; (Fick a. a. 0. S. 261).

Der Grabstein gehört einer Gruppe von Denkmälern an, die vielleicht einer und derselben Werkstatt zuzuweisen sind. Dazu gehört vor allen Dingen die schöne Parmeniskosstele von Pojani"°). Ich habe die beiden Steine kurze Zeit nacheinander gesehen und unmittelbar den Eindruck ein und derselben Kijnstlerhand davongetragen. Neben der ganzen preziösen und dabei etwas trockenen Ausführung kehren da und dort dieselben oder eng verwandte Motive wieder, so die hübsche Eichengirlande, die Rosetten, die Sirenen, hier von den Giebelecken auf die Fläche übersetzt. Statt der Löwen-Hirsch- Gruppe auf der Parmeniskosstele an derselben Stelle zwei Greifen zu beiden Seiten eines Kraters, offenbar nach demselben Muster wie die im Giebel unseres Steines.

Als ähnliches Stück ist dann ein weiterer Stein (Abb. 88) aus Pojani zu erwähnen, eingemauert an der vorderen Außenwand der linken Seitenkapelle der Klosterkirche, leider so hoch angebracht, daß bei dem Fehlen einer Leiter eine nähere Untersuchung unmöglich war. Klar erkennbar sind auf der oben und unten durch ein Profil abgeschlossenen Platte ob und wie weit sich diese nach oben und unten weiter erstreckt, kann leider nicht gesagt werden, ebensowenig, ob unter der Mörtelschichte noch eine Inschrift sich findet zwei Rosetten und auf diesen stehend, genau wie auf dem Parmeniskossteine, zwei Sirenen in derselben trauernden Haltung. Das Material scheint dasselbe zu sein wie bei den zwei erwähnten Grabsteinen, ein sehr homogener, gelb- licher, weicher Kalkstein, dem der Glanz des Marmors abgeht.

Die Parmeniskosstele ist einst von Brückner als Vergleichsmaterial zu den zwei merk- würdigen Grabsteinen aus Chios'") herangezogen worden. Da ich es mir vorbehalte, an anderer Stelle ausführlicher über die Grabsteine von Apollonia zu sprechen, sei hier nur festgestellt, daß mir die Ähnlichkeit in der Komposition eine rein zufällige scheint. Dafür spricht der Umstand, daß an dem Stein der Phalakra dieselben Motive wenn auch in anderer Anordnung wiederkehren. Jedenfalls nehmen die Steine von Apollonia eine Sonderstellung ein. In der langen Reihe der attischen Grabsteine z. B. wird man vergebens nach Analogien zu ihnen suchen. Anderseits ist der Motivenschatz dieser Grabsteine ein der hellenistischen Kunst geläufiger, und Brückner hat mit Recht auf die Stempel der megarischen Becher verwiesen, die eine vollständige Samm- lung aller Motive enthielten, die uns auf der Parmeniskosstele begegnen. Dasselbe gilt dann auch für den Grabstein der Phalakra. Für die Anordnung selbst bieten die Nachbargebiete Apollonias Analogien. Es kann da besonders auf den Grabstein der Sasama, aus Zaverda und nun in Preveza ('E-^r,ii. ip/. 191 1 S. 191 ff.), verwiesen werden. Zu dem um den oberen Teil der Stelen gelegten Kranz vergleiche man den von Patsch a. a. 0. Sp. 44 Abb. 31 veröffentlichten Grabstein.

Grabara (Abb. 89) aus Kalkstein, im Kloster Pojani über einer der Bogennischen des Wohn- gebäudes eingemauert; eye"" hoch, 0*40 "" breit. Unten Leiste und darauf in rundbogiger Nische

i: Grabstele in Pojani.

"°) Patsch, Sandschak Berat S. 176 Fig. 151. Vor ihm A. Gillieron, Monuments grecs 1877 Taf. 3; J. Martha, Bull. Corr. Hell. I 1877 S. 118 {f.; A.Brückner, Ath. Mit- teilungen XIII 1888 S. 370 ff. Abb. S. 370. Leider war es infolge der hohen Aufstellung des Monumentes un- möglich, an Stelle der bisherigen Zeichnungen eine Photo- graphie zu bringen. Die Amazonomachie der Parmeniskos- stele ist in Apollonia ein sehr beliebter Stoff gewesen. Beispiele: Das schöne Reliefbruchstück einer Amazono- machie in Ardenica (unten S. 78), das nur in einer

Skizze bekannte Relief in Kolikondasi, Patsch a. a. O. S. 156 Fig. 123, das bei Heuzey-Daumet S. 399 T. 31 Fig. 5 abgebildete Reliefbruchstück. Dazu kommt noch ein mir kürzlich bekannt gewordenes halblebensgroßes Marmor- köpfchen einer sterbenden Amazone, ebenfalls aus einem Relief (Sarkophag?).

'") Brückner, Ath. Mitteilungen XIII 1888 S. 363 ff.; F. Studniczka, ebenda S. 195 ff., der eine jetzt in Berlin, Beschreibung der antiken Skulpturen S. 288 n. 766.

74

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Grabaltar in Pojaiü.

Knabe nach rechts, in der Rechten einen runden Gegenstand (Apfel oder Ball), in der Linken ein Insekt (Heuschrecke?) haltend. Links von ihm ein Hündchen, das an ihm in die Höhe springt"^).

Oben Gesimse und darüber Attika mit verwischtem Relief, anscheinend Palmettenfries.

Über der Nische die Inschrift.

In der Zeile i nach dem eine Verletzung des Steines, die den Steinmetzen dazu bewogen hat, hier eine Lücke zu lassen.

Zeile 2: H und P ligiert, ebenso in Zeile 3 in dem Worte \vi\\\.t^:, die Buchstaben N H M H.

Grabrelief (Abb. 90) aus hellem Kalkstein, i'ii"" hoch, o'48'^ breit, o'io" dick. Erhalten ist nur die linke Hälfte des Steines. Das Relief ist stark verrieben. Aedicula mit korinthischen Pilastern und einfachem Epistyl, innerhalb derselben Pfeiler mit Bogen darüber und davor eine Stufe. Auf dieser Frau nach rechts, auf Stuhl sitzend, in den vor- gestreckten Händen ein Kästchen, bekleidet mit Untergewand und Mantel, der schleierartig über

den Kopf gezogen ist. Rechts von ihr stehendes Mädchen, das die Rechte auf die linke Schulter der Frau, die Linke auf den linken Unterarm derselben legt. Links in der Ecke vor der Stufe steht ein nackter Knabe mit verschränkten Beinen, die Arme auf Stuhl aufgestützt, den Blick nach oben gegen die 4 f ^»''^'^ Frau gerichtet. Oben im Hintergrund ein Kranz.

" Das Relief erinnert in seiner Komposition an ein eben-

falls in ApoUonia gefundenes Relief, das Patsch "3) veröffent- licht hat. Während dieses, obwohl in der Komposition wie bei unserem Relief lauter Motive guter griechischer Grabkunst er- scheinen, sicherlich erst der Kaiserzeit angehört, wird man unser Relief wohl noch dem ersten Jahrhundert v. Chr. zuweisen dürfen.

Relief aus Kalkstein (Abb. 91), im Kloster Pojani rechts von der Treppe in das obere Stockwerk am Wohngebäude ein- gemauert; o"32"' hoch, ciS™ breit. Anscheinend überall Rand mit schmalem, das Relief umgebenden Rahmen.

Dargestellt ist Artemis von vorn, rechts Stand-, links Spielbein, in kurzem, doppelt gegürteten Chiton. In der her- abhängenden Linken anscheinend Bogen, in der Rechten un-

'") Der Stein mit verschieden gelesener Inschrift in 'AvS-iiiou Mexpo- -oXho'j B=X=-fpä5(!)v Züvxojioj ioxoptv.Yi Ttspt-fpa?'»! '%i Ms-poTtoXsü); BsAs-fpciSiov S. 33 (das Buch war mir leider unzugänglich), sowie bei Aristarchis 'EXX. cfiX. :;'JXX. XIII 1879 S. 92, der durch eine falsche Lesung des Alters des Knaben sowie des ersten Wortes der zweiten Zeile aus dem Kinde einen zwanzig- jährigen Faustkämpfer gemacht hat, was mit der Darstellung schlecht zu- sammengeht. 90: Grabrelief aus ApoUonia. "3) Patsch, Sandschak Berat S. 161 Fig. 133.

75

deutlicher Gegenstand, hinter der rechten Schulter der Köcher. An den Füßen Jagdstiefel.

Das Relief ist für ApoUonia nicht das erste Zeichen des Artemis- kultes. Ein anscheinend ganz ähnliches Relief mit Inschrift aus Apollonia hat Aristarchis a. a. 0. S. 86 f. beschrieben. Dazu kommen noch einige weitere Inschriften"'') sowie die Tatsache, daß Artemis auch auf den Münzen von Apollonia vorkommt "5) _ so daß Patsch wohl mit Recht für Apollonia einen ansehnlichen Tempel der Gottheit annimmt.

Grabaltar aus weißem Kalkstein (Abb. 92) im Dorfe Pojani, Haus des Dimitri Liako, links von der Hoftüre eingemauert; 0'64'" hoch, o'32'" breit. Links abgemeißelt, unten und rechts Rand, oben abgestoßen. Über einem Sockel, zwischen zwei Profilen, die Inschrift- fläche. Buchstabenhöhe 0'03 "", unter der Inschrift zwei Efeublätter.

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91 : Relief in Pojani.

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Dazu kommen dann noch einige Stücke, die ich mir aus der großen Menge der im Kloster Pojani befindlichen Bruchstücke no- tiert habe.

Vor dem Wohngebäude im Hofe liegend eine kopflose über- lebensgroße männliche Gewandstatue römischer Zeit. An der Außenseite des Wohngebäudes em- gemauert ein Bruchstück, darstellend nackten, weiblichen Busen in drei Viertel Lebensgröße; gute Arbeit. Reliefbruchstück mit Darstellung eines Mannes in Panzer mit Lorides; kleinerer Löwenkopf, durchbohrt, von Sima.

Im Korridor des Oberstockes eingemauert:

Unterteil einer weiblichen Gewandstatue, feingefälteltes Unter- gewand und Rest von Obergewand, an den Füßen Sandalen; mittlerer Teil von männlicher nackter Figur mit über dem vorgestreckten linken Unterarm, herabhängendem Mantel.

An der Außenseite des Glockenturmes eingemauert zwei Metopen mit Masken in Hochrelief aus Kalkstein. Die eine 0-51 "^ hoch, 0-40 "" breit; die Maske, bis auf geringe Reste ganz abgestoßen, war an- scheinend weiblich. Die zweite Metope 0-51'" hoch, 045 "^ breit, geziert mit weiblicher Maske. Gesicht ganz abgeschlagen, Haar gescheitelt mit Binde, die über der Stirn geknotet ist (vgl. S. 79 f.).

Eine bisher unbekannte Stadtruine fanden wir am Nachmittage des 28. Juni bei dem Dorfe Marglic. Der Weg führte südöstlich durch 92: Grabaltar in Pojani.

die Muzakja am Fuße der das Tal der Gjanica nach Patsch des alten

Argyas"^) nördlich begleitenden Hügelkette, vorbei an der weithin sichtbaren Kirche von Mueti. Über Dukasi stiegen wir einen langen Hügelkamm in die Höhe zu dem aus wenigen

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1

Antike Stadt- anlage von Marglic.

"4) Aristarchis a. a. O. S. 87; Patsch, Sandschak Berat S. 186 f. Hier auch die Literatur über den Kult dieser Gottheit auf der Westseite der Balkanhalbinsel. Dazu kommt jetzt noch die neue Inschrift aus Doclea

(oben S. 2) an die Diana Candavie(n)sis.

"5) Dazu A. Maier, Numism. Zeitschrift N. F. I 1908 S. I ff.; Barklay V. Head, Historia numorum ^ 5.313 f.

■■6) Vgl. Patsch a. a. O. S. 115.

76

Häusern bestehenden, an 300"" hoch gelegenen Dorfe MargHc. Gleich östlich hinter dem Dorfe fanden sich die Reste einer alten Mauer, die sich als Teil der Umfassung einer ziemlich aus- gedehnten Ansiedlung erwies.

Die Stadtanlage (Abb. 93) liegt auf einer auffallenden Erhebung der langen Hügelkette, die das Tal des Gjanica von dem des Proj Zarezit trennt. Der die Stadt tragende Hügel (Plan Abb. 94)

bildet eine längliche, etwa birnen- förmige Hochfläche mit steil ab- fallenden Rändern. Sein höchster Gipfel, der eine Art von Akro- polis bildet, liegt am südöst- lichen schmalen Ende. Von ihm aus senkt sich die Hochfläche in ziemlich sanftem Abfalle gegen Nordwest, gegen das Dorf Marglic.

Auch hier mußte sich die Untersuchung im wesentlichen auf die Reste der Umfassungs- mauer beschränken, da im In- neren der Ansiedlung keinerlei Ruinen über der Erde stehen. Die Mauer von Marglic ist un- einheitlich, sowohl dem Material als auch der Bauart nach. Das Material ist hier teils harter Kalkstein, teils ein ganz weicher Sandstein, der in seiner Vergänglichkeit das teilweise gänzliche Verschwinden der Mauer bewirkt hat. Zu den besten Teilen der Mauer gehört die Strecke gleich hinter dem Dorf Marglic, wo stellenweise noch drei Steinschichten über dem Boden stehen. Hier in diesem Teile besteht sie aus großen Kalksteinblöcken, die manchmal, aber nicht immer quaderartig zugerichtet sind und auch in ziemlich regelmäßiger Schichtung aufeinander liegen. Folgt man der Mauer gegen Nordwest, so kommt man in dem Dickicht bald zu einer Stelle, wo sie aus großen, bis zu 2™ langen, fast unbehauenen Blöcken besteht und ganz kyklopischen Charakter zeigt. Die Mauer biegt dann um und folgt dem nordöstlichen Plateaurande, aus Quadern gebaut und sich dicht den Krümmungen des Plateaurandes anschmiegend, auf längere Strecken ganz verschwindend, bis zur höchsten Erhebung. Hier, auf der Akropolis, ist die Mauer am Ostrande deutlich zu verfolgen. Fast imimer sehen noch die Steine zu mindestens einer Quaderlage aus dem Boden heraus und die weiche Erde birgt wahrscheinlich noch mehr. Am Südabfalle des Hügels ist das Stadtende deutlich kenntlich. Man kann hier zwei Bauperioden unterscheiden, die eigent- liche Mauer, hier in stumpfem Winkel U-förmig umbiegend, aus Quadern ohne Mörtel erbaut und ihr vorgelegt ein rechteckiger Turm aus kleinen Steinen mit Mörtelverband, im Mörtel reichliche Ziegelreste.

Auch an dem Südwestrand der Kuppe ist die Mauer überall mehr oder minder gut erhalten und zeigt neben Strecken reiner Quadertechnik solche der eben geschilderten Art. Im weiteren Ver- laufe der Südwestseite dienen die Reste der alten Mauer auf längere Strecken als Unterlage für die als Feldabgrenzung dienenden modernen Mauern.

Auch hier in Marglic ist die Akropolis durch eine Mauer von der übrigen Stadt getrennt gewesen, deren Reste sich ganz unzweifelhaft nachweisen lassen, sowohl dort, wo sie an die Ost-

MargUc von West.

77

mauer stößt, als auch in ihrem Verlaufe längs des Nordwestabfalles der Akropoliskuppe. Nord- westlich von ihr zieht eine zweite Mauer quer durch das schmale Stadtgebiet.

Von Baulichkeiten im Inneren der Stadt hat sich, wie bereits oben festgestellt, nichts mehr über der Erde erhalten. Die Felder des Dorfes Marglic und Dickicht nehmen nun ihre Stelle ein. Doch scheint eine zukünftige Grabung Erfolg zu versprechen. In dem Erdreich der Felder finden sich zahlreiche Ziegelstücke, da und dort kommen schönbehauene Quadern zum Vorschein. Auch haben die Bauern von Marglic vielfach antike Bearbeitung zeigende Steine in den Mauern ihrer Häuser verbaut. Sie zeigten mir zwei Schäfte ionischer Säulen von 0"45'" oberem Durchmesser, die sie in einem der Äcker auf dem Hügel gefunden hatten. Das Maß ließe auf einen Bau von min-

94 : Plan der Ruinen von Marglic, aufgenommen von Ing. Zoltan Durst.

destens der Größe des Athener Niketempels schließen ob Säulenhalle oder Tempel muß dahin- gestellt bleiben , für einen Privatbau scheinen die Maße zu groß zu sein.

Wenn wir nun den Versuch machen, aus den wenigen Resten der Stadt ihre Baugeschichte zu rekonstruieren, so läßt sich folgendes feststellen. Erbaut jedenfalls schon in vorgriechischer Zeit aus dieser stammt der Teil der Mauer im Nordwesten , hat die Stadt in der Folgezeit stark unter griechischem Einfluß gestanden, war wahrscheinlich die Nähe des in der Luftlinie i8 Kilometer entfernten Apollonia läßt neben anderen Gründen dies annehmen auch von Griechen besiedelt. Damals wurde der größere Teil der alten kyklopischen Mauer durch Quadermauerwerk verstärkt. Ich habe an einer Stelle am Ostrande des Plateaus, wo die Regen das Erdreich von diesem herunter- spülen, unter den reichlich zutage kommenden Scherben die verschiedensten Waren auflesen können. Solche mit bestem schwarzen Firnis, Reste von schwarzgefirnisten Tellern mit eingestanzten Pal- mettenkreisen, Stücke mit rotem Firnis bis herab zu Bruchstücken richtiger Terra sigillata, da- neben Proben einheimischer Keramik, ganz rohe aus reichlich mit Glimmer versetztem, schwarz- gebranntem Ton und auch bessere, doch ebenfalls handgemachte Ware mit handpolierter Oberfläche. Aus hellenistischer Zeit stammt ein jetzt in der Präfektur von Fjeri aufbewahrter Grabfund aus Marglic, bestehend aus einem schwarzgefirnisten Becher mit hohem Fuße sowie einem rohen Gebrauchskrug."')

In späterer, wahrscheinlich nachchristlicher Zeit ist dann die Befestigung noch einmal in- stand gesetzt und verstärkt worden.

"7) Einen in Marglic gefundenen und von dort nach Berat gebrachten Grabstein mit einer weiblichen Büste und

der Inschrift Kou]aXa xaif/S hat Aristarchis 'EXX. cfiX. o'JXX. XIII 1879 S. 86 veröffentlicht.

78

Sen Dimitri bei Fjeri.

Antiken

in Arde-

nica.

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95 : Marmorkopf in Ardenica.

Fjeri war unser südlichstes Standquartier gewesen. Am 29. Juni wandten wir uns wieder nach dem Norden, zunächst dem Semeni zu und an dessen linkem Ufer flußabwärts. Die dicht am Strom gelegene Kirche Sen Dimitri birgt ebenfalls einige aus Apollonia stammende Antiken, die Patsch a. a. O. S. 148 bereits verzeichnet hat. Das bemerkenswerteste Stück unter ihnen ist das von ihm S. 184 Fig. 171 abgebildete Bruchstück einer Traufsima aus Kalk- stein mit Löwenkopf als Wasserspeier, das jetzt an der Westseite der Kirche eingemauert ist. Im Kompositionsschema wie in den Einzelformen steht die Sima der des Leonidaions sowie der der Südhalle in Olympia 'S nahe, wäre also etwa in das dritte vorchristliche Jahrhundert zu datieren. ' 1 Das von mir hier notierte Bruchstück einer Herme mit Glied o'ys'"

■M hoch, o'3o"' breit, vorn, rechts und links zum Teil Fläche, sonst Bruch "^ " w*^ dürfte mit dem von Patsch S. 148 erwähnten Marmorfragment mit einem

Phallos identisch sein.

Bei Petova übersetzten wir auf einer Fähre den Fluß und stiegen dann zu dem auf der isolierten Hügelkette der Gureza 202 "^ hoch prächtig gelegenen Kloster Ardenica empor. Eine Allee uralter hoher Zypressen führte uns zum Kloster, das von der Ferne aus sich als ungemein statt- licher, burgähnlicher Bau dargestellt hatte; doch hielt der Eindruck einer Betrachtung aus der Nähe nicht statt, der Verfall und die Verwahrlosung ist groß und der Schmutz ganz unglaublich, so daß wir es vorzogen, draußen unter den Zypressen zu lagern. Fast ganz Mittelalbanien bietet sich von hier aus den Blicken dar. Die weite Muzakja liegt zu Füßen und erst der hohe Tomor schließt im Osten den Horizont. Im Westen folgt der Blick der ganzen langen Meeresküste vom Cap Durazzo bis zum Cap Linguetta.

Auch hier in Ardenica waren wir die Nachfolger von Patsch. Eine Revision der zahlreichen von Apollonia hieher verschleppten Skulptur- und Architekturreste ergab im wesentlichen deren Unversehrtheit. Nur zu einzelnen von ihnen seien hier ein paar Bemerkungen angefügt.

Der von Patsch S. 144 erwähnte, hoch oben am Glockenturm eingemauerte , .bartlose, mit einem Lorbeerkranze geschmückte Kopf eines Kaisers" kann hier in einer unter ziem- lichen Schwierigkeiten vom Kirchendach aus zustande gekommenen Aufnahme (Abb. 95) ge- bracht werden. Es ist ein etwa lebensgroßer Kopf aus parischem Marmor, 026"' hoch, die Nase fehlt zum Teil, Kinn und Lippen sind be- stoßen. Die ungünstige Aufstellung, die einer näheren Untersuchung große Schwierigkeiten in den Weg stellt, muß um so mehr bedauert werden, als es sich hier anscheinend um ein schönes Originalwerk griechischer Zeit, wie ich glauben möchte noch des vierten Jahrhunderts, handelt. Die stark vorwölbende Stirn wird von

kurzgelocktem Haar umrahmt, die Augen geben ziemlich tief liegend dem Gesicht durch ihre verschwimmenden weichen Formen einen etwas träumerischen Blick. Der Mund ist klein und zeigt leicht gesenkte Mundwinkel. Ein abschließendes Urteil über den Kopf ist leider dermalen unmöglich. Jedenfalls ist derselbe kein alltägliches Werk, das in seinen Formen Praxiteles und Skopas voraussetzt, dem letzteren näher steht als dem ersteren.

96: Maskenfries in Libovca.

79

Unter den übrigen in Ardenica befindlichen Skulpturen verdient das von Patsch a. a. O. S. 155 abgebildete Fragment einer Amazonomachie besondere Beachtung. Die Zeichnung bei Patsch wird der Schönheit des kleinen Stückes kaum gerecht, doch war eine photographische Aufnahme leider infolge der hohen Aufstellung unmöglich. Es ist

besonders reizvoll durch die noch reichlich erhalten geblie- I

benen Spuren der alten Bemalung, rot an den Schilden, gelb an den Gewändern.

Am nächsten Morgen wanderten wir von Ardenica in westlicher Richtung herab zu dem am Abhang der Gureza inmitten eines Zypressenhaines gelegenen Kloster Libovca. Auch hier war die Suche nach verschleppten Antiken erfolgreich. An der Apsiswand fanden sich neben einem hübsch gearbeiteten Bankfuß aus parischem Mar- mor. 0-30'" hoch, 0-29'" breit, mit der Darstellung eines Greifs"*) zwei dorische Friesstücke mit Maskendarstellungen an den Metopen.

Die rechts von der Apsis eingemauerte zeigt Abbildung 96. Das Material ist ein harter grauer Kalk- stein, die Höhe 052 ■", die Breite des Ganzen 078 ™, wovon auf die Triglyphe 0'30 "", auf die Metope o"48 "" entfallen, die Höhe der Kopfleiste o'oy "" Auf der Metope die Maske eines alten bärtigen Mannes mit hohem Lockenonkos, dessen oberstes Stück abgeschlagen ist. Von ihm fallen die Locken zu beiden Seiten des

Gesichtes in langen Strähnen herab. Das Gesicht zeigt sehr kräftig durchgebildete Formen, vorgewölbte faltige Stirne, zusammengezogene Augenbrauen, runzelige Wangen und herab- hängenden Schnurrbart. Die Nase und das Kinn fehlen.

Besser ist das zweite, links von der Apsis eingemauerte Stück (Abb. 97 a, b) erhalten. Auch hier Metope und Triglyphon, Material und Maße sind dieselben wie bei dem vorher beschriebenen. Die auf der Metope angebrachte Maske zeigt das bartlose Gesicht einer alten Frau, das kummer- volle Antlitz von zahlreichen Runzeln und Falten durchfurcht, die tiefliegenden Augen von kräf- tigen, schattengebenden Linien umgeben, die Wange mit den vorstehenden Backenknochen tief eingefallen. Das Haar ist kurz und anliegend, nur im Nacken ein paar längere Locken.

Zu diesen zwei Metopen gehören nach den Maßen die zwei in der Südmauer des Turmes von Kloster Pojani eingemauerten, die oben S. 75 erwähnt wurden. Was die ganze Ausführung der Masken betrifft, so zeigen sie deutlich, daß sie auf die Fern- wirkung berechnet sind und im einzelnen daher von der Nähe aus betrachtet recht hart und kräftig wirken. Immer ist durch tief eingerissene Linien auf eine kräftige Schattenwirkung hingearbeitet.

97 b: Maskenfries in Libovca,

97 a : Maskenfries in Libovca.

Antiken

in Libovca.

"*) Ähnlich in Berlin, Beschreibung der antiken Skulpturen n. 1087 und 1091.

8o

Relief in Divjaka.

Kavaja.

Dabei ist aber die Arbeit sehr gut, und ich glaube, diese Skulpturen noch hellenistischer Zeit zu- weisen zu dürfen.

Nicht zweifeln kann man an der Zugehörigkeit aller dieser Stücke zu einem Gebäude, und man wird vielleicht aus der Höhe des dorischen Frieses (0^2"") einen Schluß auf dasselbe ziehen können. Die naheliegende Bestimmung als Gebälk eines Theaterproskenions schließt sich aus, da der Fries hiefür viel zu hoch ist"'). Dagegen entsprechen die Maße denen eines kleinen Tempels"") oder einer mittelgroßen Halle"'). Als Schmuck einer solchen sind die Metopen recht wohl denkbar, und man möchte diese dann in irgend eine Beziehung zum Theater setzen.

Vor dem Haupteingang in die Kirche liegt ein Stück einer dorischen Säule, 052'^ hoch, o'3o'" unterer Durchmesser; am unteren Teile die Kanneluren in Mantel. In der rechten Seitenhalle im Untergeschoß ein ganz zerschlagener weiblicher Kopf, o'23'^ hoch, mit zum Einsetzen zugerich- tetem Halsteil. Als Träger des Taufbeckens ist ein ionischer Säulenschaft verwendet.

Der Unterlauf der beiden Flüsse Semeni und Skumbi wird durch den Hügelzug des Cokut getrennt, an dessen westlichen Fuß wir nordwärts wanderten. Der dem Meere zu vorliegende Liceni Kravasta läßt nur einen schmalen Raum kultivierbaren Landes übrig. Mühsam ist dann der

Weitermarsch durch den tiefen Sand der sich nördlich anschlie- ßenden Dünenlandschaft bis Divjaka. Hier birgt die Außenwand der Kirche des K'jy/fft'/j.'zii.b;. ^ly.y.xz links von der Apsis ein kleines Relief bruchstück aus Kalkstein'") (Abb. 98), o'25'^hoch, o"25" breit. Es ist der Teil eines Giebels, unten, rechts und links Bruch, oben Ansatz von Akroter. In Relief weiblicher Kopf von vorn, mit wirrem Lockenhaar. Efeublätter und Blüten in diesem charakterisieren den Kopf als den einer Bacchantin. Gute Arbeit hellenistischer Zeit.

Dann kamen wir in die Sumpfregion der Skumbimündung und erreichten im Abenddunkel die Hütten des Dorfes Nova. Am I. Juli überschritten wir den Skumbi und marschierten quer durch die Fusa Kavajs zu der von Pekinje nach Kavaja führen- den Straße, auf der wir mittags Kavaja erreichten. Der Ort zeigt im allgemeinen einen recht ländlichen Charakter, nur die sich um die Dschami Kubelit gruppierenden Bazarstraßen weisen ein etwas regeres Leben. Ob Kavaja einer antiken Ansiedelung entspricht, muß trotz hier gemachter Funde dahingestellt bleiben. Bei der Nähe des reichen Dyr- rhachium können die in Kavaja gefundenen Steine leicht von dort verschleppt sein. Es handelt sich um drei von Heuzey aufgenommene Inschriften '^3) und einen von Hahn'^'') gesehenen großen Grabstein mit Reliefdarstellung dreier stehender Figuren ohne Inschrift, sowie eine von Heuzey a. a. 0. S. 390 erwähnte Grabara ohne Inschrift. Von diesen habe ich nur die letztere wiedergefunden, wenn ein bei der am Nordende der Stadt gelegenen Kirche des heiligen Nikolaos eingemauertes, reichverziertes Postament mit dem Heuzeyschen Stücke identisch ist. Aus Kalkstein, x "" hoch, o'45™ breit, o'S4'"tief. Unten rechteckige Sockelplatte, darauf ein aus Wulst und zwei Kymatien bestehender Ablauf. Oben reiches Gesimse, bestehend aus lesbischem und ionischem Kymation und breiter, mit Akanthosblättern verzierter Welle. Auf der mittleren Fläche der Schmalseite eine

Relief in Divjaka.

"9) Maße, z.B. Eretria 0-312'^, Dionysostheater 0-386"', Priene 029 •".

'"°) Athenatempel in Pergamon o"52 "".

"') Attalosstoa in Athen 051 "", Osthalle der Agora in Ephesos 057 '".

"') Von Hahn a. a. O. S. 118 erwähnt und als Helios oder ApoUon aufgefaßt.

"3) Heuzey ,a. a. 0. S. 390 n. 175 CIL HI 603, (die schon oben S. 53 erwähnte Weihung an einen Men Augustus), eine Grabinschrift, Heuzey ebenda n. 176 CIL III 622) und eine griechische Grabinschrift justinianischer Zeit, ebenda n. 177.

'^'») Hahn a. a. O. S. 119.

Fruchtgirlande, von deren Enden Tänien sowohl außen herabflattern als auch ineinander verschlungen die Innenfläche füllen'^^) Ferner liegt vor der kleinen Moschee am Hauptplatz ein großer Steinbalken, augenscheinlich ein von einem antiken Bau stammender Architrav mit drei Faszien.

Leider hat mich schon in Kavaja eine plötzlich einsetzende schwere Erkrankung an inten- siverer Arbeit gehindert und im folgenden zu einer beschleunigten Rückkehr nach Skutari gezwungen. Zum Glück war an sich auf dem Heimweg wenig Arbeit zu tun. Durazzo, das wir am nächsten Vormittag erreichten, hatte bereits Schober in längerem Aufenthalte gründlich untersuchen können'^^), und dann kamen wir wieder in die auf dem Auswege durchzogenen Gebiete. Nur die alte Feste Kastell Preza, deren scharfe Silhouette uns schon in Kruja begrüßt hatte, sollte in jedem Falle noch auf- p^^^a gesucht werden. Hart war unter diesen Umständen am nächsten Tage der Marsch auf der schatten- losen Straße von Durazzo ostwärts dvirch Basar Sjak nach Vorra. Während wir hier unsere Trag- tiere den geraden Weg nach Larusku voraussandten, bogen wir nordwärts ins Gebirge ab. Das weiße Minareh von Preza hatte uns schon seit Stunden vom Berge herab entgegengeleuchtet und wir hofften in Kürze oben zu sein, ritten aber in dem weglosen Berglande irre und kamen erst am späten Abend in der Dämmerung an den lange gesuchten Ort.

Das malerische kleine Nest liegt 287" über dem Meer auf einem schmalen Bergkamm, der jäh gegen das Ismital abstürzt. Die Häuser gruppieren sich um die alters- grauen Mauern eines Kastells, dessen Grundriß in der beistehenden Planskizze (Abb. 99) wiedergegeben wird. Leider waren photographische Aufnahmen infolge der rasch einbrechenden Dunkelheit unmöglich. Der Bau sitzt ähn- lich wie das Kastell von Pertrejla der höchsten Erhebung des Grates auf und umschließt die ganze kleine Gipfel- fläche. Sein Grundriß zeigt ein etwas verzerrtes Recht- eck mit abgeschrägter Ecke, welche Form durch das hier abstürzende Terrain gegeben war. An vier Ecken große Runatürmc, in der Mitte der südwestlichen Langseite ein wenig vorspringender rechteckiger Turm. Zugänglich ist das Kastell durch ein Tor in der Mitte der Südseite, über das jetzt eine kleine Moschee gebaut ist. Ein kleiner, vor- gelegter, seitlich zugänglicher Hof schützt das eigent- liche Tor.

Über die Zeit der Anlage kann nur mittelbar geschlossen werden. Ähnlich wie in Elbassan sind auch hier zwei Bauperioden zu unterscheiden, und man erkennt insbesondere links vom Tor übereinander liegendes, in der Technik verschiedenes Mauerwerk. Die untere Schichte erinnert sehr an die entsprechende von Elbassan, es sind wenig Ziegel mitverwendet und heller weißer Mörtel, während im. Oberteil Bruchsteinmauerwerk mit Ziegelschichten abwechselt. Besonders deutlich ist die Scheidung von Älterem und Jüngerem am Ostturm, der im Unterbau die Rundform zeigt, während ein jüngerer viereckiger Turm auf ihn gesetzt ist. Über die Zeit des Kastells gilt das oben S. 55 f. Gesagte.

Die Dunkelheit war schon hereingebrochen, als wir die müden Pferde führend auf ver- schlungenen Pfaden den steilen Absturz ins Ismital herabkletterten. In tiefer Finsternis suchten wir

99 : Plan des Kastells von Preza.

■^5) Ähnlich am Grabaltar der Julia Panthea bei Alt- mann, Römische Grabaltäre S. 66 Fig. 59.

^) Vgl. seinen Bericht oben S. 32 ff.

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82

die Furten durch den Ljumi Tirans und die Terkusa und erst nach längerem Herumirren fanden wir nach Mitternacht in Larusku unsere Leute wieder. Ohne Schv/ierigkeiten vollzog sich dann auf bekannten Wegen über Mamuras, Miloti und Alessio der Rückweg nach Skutari, wo wir am 6. Juli wieder eintrafen. Im Epidemiespitale fand für mich hier die Expedition ein vorläufiges Ende, während die anderen Expeditionsteilnehnier nach ein paar Rasttagen auf selten begangenen Pfaden quer durch Hochalbanien hinüber nach Altserbien zogen.

Bericht über die zweite Reise.

Unser zweiter Aufenthalt in Albanien fiel infolge der Verzögerung des Reisebeginnes leider in die Zeit der stärksten Regenperiode, die nicht nur die Durchführung einzelner Aufgaben sehr erschwerte, sondern uns auch schließlich die Erreichung mancher Reiseziele ganz unmöglich machte und zu einer Änderung unseres Programmes zwang. Erst am 31. Oktober hatten wir Wien verlassen können und uns wieder über Sarajewo und Cattaro nach Cetinje begeben. Unsere erste Aufgabe war zunächst eine Fortsetzung der von Schober im Sommer abgebrochenen Bereisung der Küstenstrecke Bar-Bojanamündung. Über Rijeka-Virpasar kamen wir nach Antivari (vgl. oben S. 47) und dann auf der guten, prächtige Ausblicke auf die Adria bietenden Küstenstraße nach nium- Dulcigno (Ulcinj). Die malerisch um einen kleinen, runden, zwischen zwei felsigen Vorgebirgen

u cigno. ggjjQfggr^g,^ Hafen gelegene Stadt"') (Abb. ico) gehört zu dem landschaftlich Schönsten, das die Ostküste der Adria zu bieten hat. Auf der den Hafen gegen Nord schützenden, in hohen senkrechten Wänden ins Meer abfallenden Felshalbinsel liegt die Altstadt. Zerborstene venetianische Bastionen und Mauern umschließen sie, die meisten Häuser liegen in Ruinen, da und dort ragt noch die aus schön behauenem Stein aufgeführte Bogenfassade eines alten Palastes. Auf den Hügeln hinter dem Hafen die zerstreuten, in üppiges Grün gebetteten Häuser und Villen der Neustadt.

Unsere Nachrichten über die antike Stadt Olcinium'^^) sind leider sehr dürftig. Griechische Kolonie scheint hier keine bestanden zu haben, wenigstens fehlt jede Überlieferung darüber. Daß hier jedoch schon früh eine Ansiedlung bestanden haben muß, legen die günstigen Hafenverhält- nisse nahe. Die bei Plinius"') sich findende, auf die Kolcher zurückführende Gründungsnachricht ist offensichtlich aus der Namensähnlichkeit dieses Volksstammes mit dem alten epichorischen Namen / der Stadt entstanden '3°). Die Römer haben die Stadt für ihre Haltung im Kriege mit Genthius

L / zu einer civitas libera gemacht (jl'ivius XXXXV 26).

' Wir haben in den zwei Tagen unseres Aufenthaltes die ganze Umgebung der Stadt, ins-

besondere alle die für eine antike Niederlassung in Betracht kommenden nächstgelegenen Hügel nach antiken Resten durchsucht, ohne irgendwo Spuren einer solchen finden zu können. Die ein- zigen Reste haben wir im Räume der Altstadt notieren können, so daß wohl hier an dem dazu vor allem geeigneten Platz das alte Olcinium gestanden haben wird. Wir fanden auf dem freien Platz im westlichen Teile den Grundriß einer kleinen romanischen Kirche, in deren Fundamenten Quadern aus hellgelbem weichen Kalkstein in zweiter Verwendung stecken. Aus den gleichen Quadern ohne Mörtelverband besteht eine kaum aus dem Erdboden hervortretende Mauer neben

'^7) Th. A. Ippen, Skutari S. i ff.; Patsch, Sandschak Colchiniutn dictum est a Colcfiis conditum. Berat S. 7. '3°) Die Ableitung vom albanischen ulk, ulkisc

'^^) So bei Livius XLV 26; bei Plinius III 144 Ol- Wolf, Wölfin und andere verwandte Ortsnamen bei

chinium; bei Ptolem. II 17, 5 OüXxivt'iv; die Einwohner Tomaschek, Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft

bei Livius XLV 26 Olciniatae genannt. in Wien XXIII 1880 S. 550; Zur Kunde der Hämushalb-

"9) III 144 ab Epidauro sunt oppida civium Roma- insel II S. 62; G. Meyer bei Bauer, Arch.-epigr. Mitteilungen

norum Rhizinium, Acruvium, Butua, Olchinium quod antea XVII S. 139; Patsch, Sandschak Berat S. 7.

83

loo: Dulcigno.

der Kirche, die eine von dieser abweichende Orientierung zeigt. Sie scheint nach Bauart und Material einem vorrömischen Bau anzugehören.

Funde aus römischer Zeit beschränken sich bis jetzt auf zwei korinthische Säulenkapitelle, die als Postamente für die Holzpfeüer der Moschee in der Altstadt dienen, und auf zwei Simaplatten mit einem Akanthoskyma, die in die Treppe vor der Moschee eingelassen sind. Im Vorraum der Moschee befinden sich noch ein schöner byzantinischer Fries, bestehend aus einer doppelten Pal- mettenranke mit eingestreuten Vogeldarstellungen, und ebenfalls als Postamente von Holzpfeilern dienend zwei byzantinische Korbkapitelle.

Da der Weg von Dulcigno nach Skutari infolge der ausgebreiteten Überschwemmungen der Bojana ungangbar war, mußten wir auf dem gleichen Wege über Bar nach Virpazar zurückkehren, um von dort zu Schiff am 9. November Skutari zu erreichen.

Nach kurzem Aufenthalt fuhren wir durch die Zadrima nach Alessio. Hier hielten wir uns einige Tage auf, um die während des ersten kurzen Aufenthaltes nur flüchtig durchgeführten Aufnahmen und Untersuchungen zu vervollständigen. Einen Tag unseres Aufenthaltes benutzten wir, um den nahegelegenen Hafenplatz S. Giovanni di Medua (Senjin) zu besuchen. Die Fahrstraße von Alessio nach S. Giovanni geht den Gebirgsrand entlang. Das Gebiet zwischen Straße und Meer ist zum Teil Sumpf, zum Teil durch den Drin angeschwemmtes Neuland. Deutlich erkennt man, daß die Küstenlinie im Altertum viel tiefer landeinwärts, ungefähr entlang der heutigen Fahr- straße nach Lissus lief. Der nach Süden offene Hafen von S. Giovanni ist schon von Hahn '3')

San

Giovanni

di Medua-

Nym-

phaeum.

'3') Hahn, Alb. Studien S. 93; Heuzey, Les operat. militaires de Jules Cesar S. 39; Kiepert, Text zu Form. orb. ant. Taf. XVI.

84

auf Grund der Schilderung Caesars (bell. civ. III 26) mit dem Hafen Nymphaeum, der drei römische Meilen von Lissus ab lag, identifiziert worden. Hahn hat hier vergeblich nach Antiken gesucht. Auch unser Besuch blieb in dieser Hinsicht resultatlos. Der Hafenplatz war wohl auch im Altertum unbedeutend und wird wie heute nur aus wenigen Häusern bestanden haben.

Von Alessio aus fuhren wir am 14. November, diesmal schon zu Wagen, nach Süden. Auf der Fahrt zur ersten, südlich des Mati gelegenen Etappenstation Miloti besuchten wir die letzten Ausläufer der Hügelkette, die den Mati vor seinem Eintritt in die Ebene im Norden begleiten. Hier Bassania- liegt der einst stattliche, in den Wirren der letzten Jahre zerstörte Ort Pezana'^^). Die auffällige Ähnlichkeit dieser Ortsbezeichnung mit dem uns bei Livius XLIV 30 südlich von Lissus über- lieferten Bassania führte uns schon vorher auf die Annahme, Bassania hier zu suchen. Und in der Tat gelang es uns trotz der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit, auf einem Hügel westlich des Dorfes zahlreiche keramische Reste, Dachziegel und besonders einige charakteristische Scherben von Pithoi zu finden und dadurch zunächst die Besiedlung dieses Platzes in der Antike festzustellen. Doch auch andere Erwägungen sprechen für die Identifikation mit Bassania. Dieser Ort, der be- kanntlich als Grenzstadt des römischen Illyrien den ersten Angriff des Königs Genthius im Jahre 168 v. Chr. auszuhalten hatte, lag nach Livius XXXXIIII 30 fünf römische Meilen ; 7*5 Kilometer von Lissus entfernt. Die Entfernung Alessio Pezana von annähernd 9 Kilometern längs des Gebirgs- randes weicht nicht zu stark von der überlieferten ab. Auch die außerordentlich günstige Lage als Brückenkopf am Nordufer des Mat, dort wo er aus der Gebirgsenge in die Ebene tritt und leichtere Überschreitungsmöglichkeit bietet, spricht für den Ansatz der für die Römer wichtigen Stadt an dieser Stelle. Bisher hat man Bassania entweder mit der bei Laci voraussetzenden, aber viel zu weit von Lissus abliegenden römischen Ortschaft gleichgesetzt '33) oder wie Kiepert (Form. orb. ant. Taf. XVI) ohne Grund an den Unterlauf des Mat verwiesen. Nur Patsch und Ippen'^-i) vermuten Bassania auf Grund der bei Livius mitgeteilten Entfernungen in der Bergumrandung südöstlich von Alessio, also in dem von uns herangezogenen Räume.

Der letzte Ort, den wir auf der im Bau begriffenen Straße zu Wagen erreichen konnten, war Laci. das katholische Pfarrdorf Laci. Hier hat der Pfarrer P. Gjegov vor einigen Jahren unweit der Kirche mehrere römische Gräber geöffnet, deren Inventar von Träger (Zeitschr. f. Ethnol. XXXIII 1901 S. (51) f.) und von Nopcsa (a. a. O. S. 188 f.) veröffentlicht worden ist. Das Vorhandensein einer größeren Ansiedelung an dieser Stelle ist damit für die römische Zeit sehr wahrscheinlich gemacht. Wir haben, abgesehen von den von Träger verzeichneten Tumuli, in der Umgebung des Dorfes keine antiken Spuren über Tag gefunden.

Die Ansiedlungen von Pezana und Laci setzen einen Straßenzug voraus, der von Lissus längs des Gebirgsrandes nach dem Süden führte. Wie wir S. 47 festgestellt haben, konnte die in der Tabula Peutingeriana überlieferte römische Straße Lissus mit Dyrrhachium nicht auf dem kürzesten Wege verbunden haben, da die direkte Entfernung dieser beiden Städte voneinander stark hinter den Angaben der Peutingeriana zurückbleibt. Es stehen auch einer Verbindung mitten durch das mittel- albanische Sumpfland große Schwierigkeiten entgegen. Wir wissen obendrein nicht, was von dem Mündungsgebiet des Mat im Altertum schon bestanden hat. Gleich dem Drin schiebt der Mat seine Mündung immer weiter hinaus und das ganze Küstengebiet nördlich und südlich davon besteht aus Neuland, das aus der Ablagerung seiner Sedimente gebildet ist. Daher kann der antike Straßenzug kaum, wie Ippen meint (Skutari S. 65), mit dem nur für Tragtiere gangbaren Türkenweg zusammen- fallen, der über Slinza und Ismi laufend, die kürzeste Verbindung zwischen Skutari und Monastir

'3') So hörten wir den Ort nennen; Th. A. Ippen Wien i86g S. 200, s. Karte) Pedana. (Skutari und die nordalbanische Küstenebene S. 66) nennt '33) Nopcsa, W. M. B. H. XII 1912 S. 188 f., Mitt. d.

ihn Plana, die Generalkarte weist beide Namen auf; bei Geogr. Ges. in Wien LIX 1916 S. 521. Hahn (Reise durch die Gebiete des Drin und Vardar, '34) Th. A. Ippen, Skutari S. 66 f.

8s

herstellte. Die Straße Lissus Dyrrhachium muß vielmehr einen tiefer landeinwärts führenden Umweg gemacht haben ; sie führte von Lissus aus immer den Gebirgsrand entlang südwärts bis Bassania-Pezana, überschritt hier den Mat und ging dann weiter in südlicher Richtung bis Laci. Jede andere Route wäre im besten Falle einen großen Teil des Jahres ungangbar gewesen. Von Laci aus muß sie dem Gebirgsrand bis in die Gegend westlich von Kruja gefolgt haben. Ungefähr dort, wo die zahlreichen Quellbäche des Ismi sich zu einem einzigen Fluß vereinigen, nähern sich die Vor- berge des Höhenzuges von Kruja dem westlich des Ismi liegenden Küstengebirge. Hier als an der geeignetsten Stelle darf man den Übergang über den Fluß erwarten. In der Tat soll im nahe gelegenen Dorfe Bilanj (Blaj) ein römischer Grabstein gefunden worden sein (Ippen, Skutari S. 8i). Die Straße lief dann über den durch CIL III 710 sichergestellten Straßenpunkt am Arsen nach Dyrrhachium. Die schon S. 46 erwähnte Zwischenstation Pistum muß auf diesem Straßenzuge im Räume westlich von Kruja, ungefähr in der Nähe des Ismiüberganges gesucht werden.

Von Laci aus besuchten wir, durch den sonst in der Regel antike Ruinenstätten bezeichnenden Namen verleitet, die etwa 2 Stunden östlich im Gebirge gelegene, Kalaja e Gjytet genannte Ruine, in der wir nach dem Namen eine altillyrische Ansiedlung vermuteten.

Der Weg führte uns an der von Ippen (Skutari S. 68) erwähnten, einsam im Walde liegenden Franziskanerkirche Sna Noj vorüber. Westlich von dem Höhenrücken, auf dem die Kirche steht und durch eine Schlucht von ihr ge- trennt, erhebt sich eine dicht mit Gebüsch bewach- sene Bergkuppe, von der man eine weitreichende Aussicht über das mittelalbanische Tiefland bis ans Meer und bis an das mit Kap Rodhoni endigende Küstengebirge genießt. Um das Plateau dieser Kuppe zieht sich in wechselnder Erhaltung eine

Mauerlinie (Plan Abb. loi) herum, deren Außen- und Innenseite aus groben Bruchsteinen auf- gemauert ist; das Innere der i"4o'" breiten Mauer besteht aus kleineren Brocken in dickem Mörtel- verband. Ziegel sind keine verwendet. An der Südostecke steht ein viereckiger Turm bis zu 4"" hoch aufrecht. Von einem zweiten, ebenfalls auf der Südseite liegenden sind nur mehr geringe Reste vorhanden. Nähere Anhaltspunkte zur Datierung dieser Ruine haben wir keine gefunden. Wir halten sie für eine mittelalterliche Fluchtburg.

War schon bis dahin die Reise durch die regnerische Witterung teilweise unangenehm beeinträchtigt worden, so begann jetzt der für den albanischen Herbst charakteristische Dauerregen, der uns bis zum Schluß der Reise nicht mehr verlassen sollte und uns oft nur wenige Stunden des Tages gestattete, unseren Arbeiten nachzugehen. Im strömenden Regen marschierten wir, oft bis über die Knie im Schlamm versinkend, von Laci südwärts nach der kleinen Etappenstation Mamuras. Da wir hier trotz mehrtägigen Wartens nicht einmal Transportmittel für die Weiterbringung unseres Gepäcks erlangen konnten, und da in diesem Sumpfgebiet infolge des andauernden Regens auch für den Rückmarsch die Wegverhältnisse von Tag zu Tag schlechter wurden, so sahen wir uns genötigt, unsere Reise abzubrechen und unsere weiteren Pläne, den neuerlichen Besuch von Pertrejla und die das erstemal unterbliebene Bereisung der Strecke Elbassan Pekinj Kavaja aufzugeben und nach Skutari zurückzukehren.

Da die Straßenverhältnisse in Montenegro auch bei Regenwetter günstiger zu sein versprachen, beschlossen wir an die geplante Bereisung des Ostufers des Skutarisees eine Tour durch die der

m 3! W 50

Kalaja e Gjytet bei Laci,

86

lung Gaitan

Forschung bisher wenig bekannten Teile des nordwestlichen Montenegro zu schließen. Wir haben

unseren Plan auch im wesentlichen durchführen können. Antike Vor der endgültigen Abreise von Skutari wollten wir noch mehrere Punkte der weiteren

"^'t "■ Umgebung der Stadt, wie die Ruinen von Dristi und Surda, aufsuchen, doch ließen das andauernd

ungünstige Wetter und die stark an- geschwollenen Flüsse nur einen einzigen Ritt nach dem östlich von Skutari liegenden Gaitani zu, wo nach Ippen und Träger '35) ein felsiger Hügel Bau- reste tragen sollte, in denen häufig Münzen von Scodra gefunden wurden. Auch verzeichnete Träger [a. a. O. S. (51)] dort mehrere Tumuli. Der Hügel, der die auch hier wieder Gjytet genann- ten Ruinen trägt, erhebt sich ungefähr eine halbe Stunde nordöstlich von dem Dorfe Gaitani, er bildet den südlichsten 102: Ruinenhügel von Gaitani. Ausläufer des großen Bardanjolt und

sperrt die von Skutari zum Drinknie bei

Mskala führende Talsenke. Die auf allen Seiten steil, gegen Norden zum Teil fast senkrecht abfallende

Kuppe (vgl. Abb. 102) besteht aus zwei annähernd parallel streichenden Felsrücken, die eine dolinen-

artige Mulde einschließen. Dem Rand- abfall der Kuppe folgt eine Befestigungs- mauer (Plan Abb. 103), die am besten auf der Südwestseite, hier fast bis zu 2" hoch, erhalten ist, während sie im Osten, Norden und Westen großenteils ganz verschwunden, stellenweise in sehr ge- ringen Spuren nachzuweisen ist. Die Mauer (Abb. 104) ist S'So'" dick, ihre Außenkante besteht aus unbearbeiteten oder nur sehr roh behauenen, in ziem- lich regelmäßigen Schichten ohne eine Verbindung durch Erdmörtel über- einander gelegten Steinblöcken von ziemlicher Größe (biso"8o'^ breit, cöo"" hoch), deren Zwischenräume durch kleinere Bruchsteine ausgeflickt sind. Die Innenkante ist in gleicher Bauweise aus kleineren Blöcken aufgeführt, der Körper der Mauer mit grobem Schotter ausgefüllt. Die ganze Anlage war vom Westen her am leichtesten zugänglich; hier müssen wir das nun völlig ver- schwundene Haupttor annehmen. Sonst

103: Die Gjytet von Gaitani.

'35) w. M. B. H. VIII 1902 S. 210; Zeit- schrift für Ethnologie XXXIII 1901 S. (49).

87

ist noch ein i'4o" breiter Durchlaß in der Südostmauer erhalten. Der Grundriß der Mauer ist höchst einfach, ohne Türme schmiegt sie sich eng den Krümmungen und Vorsprüngen des Steilabfalles an. In der zwischen den beiden Hügelrücken eingesenkten Mulde ragen aus den Grasflächen deutliche Spuren von Mauern in gleicher Bauart heraus, die wohl zu stattlicheren Hausanlagen gehören werden. Auf dem ganzen Berg, besonders an der Westseite, wo ein Rinnsal sich in die rote Dolinenerde eingefressen hat, stößt man auf Scherben der mannigfachsten Art. Wir lasen auf: Scherben der auch sonst (Zgorzes, Marglic, Kalaja Samoborit) beobachteten handgemachten rohen, einheimischen Keramik aus schwarzem, ungeschlemmten, stark kristallhältigen Ton, dessen Oberfläche manchmal poliert erscheint, dann Gefäßteile und Böden von attischer Importware mit sehr feinem schwarzen Firnis und hellenistischer Reliefkeramik; endlich Scherben von römischen tongrundigen Gefäßen und Henkel großer römischer Vorratsamphoren, davon einen mit leider ganz verwaschenem Stempel. Wir sehen also, daß diese Ansiedlung etwa vom vierten Jahrhundert v. Chr. an bis in die römische Zeit hinein bewohnt gewesen ist. Unzweifelhaft geht die Bauanlage in die erste Zeit der Besiedelung zurück, sie unterscheidet sich in ihrer Unbeholfenheit deutlich von den entweder von Griechen gebauten oder zumindestens von griechi- scher Bauweise beeinflußten Mauern anderer der vorrömischen Zeit angehörender Ansiedlungen wie Meteon, den Ruinen von Zgorzes und Marglic, so daß wir in der Gjytet von Gaitani den ersten Vertreter einer altillyri- schen, von der griechischen Bau- weise unbeeinflußten Ansiedlung zu erkennen haben. Daß dieser Typus, von dem wir noch zwei Beispiele, die Ansiedlung von Marsenjt (S. 89) und die Kalaja

Samoborit (S. 91) ausführlicher zu beschreiben haben werden, nicht auf Nordalbanien allein be- schränkt ist, sondern auch in anderen von Illyrern bewohnten Ländern vorkommt, beweisen die gleichartigen Siedelungsanlagen in Dalmatien, während z. B. die prähistorischen Wallburgen in Bosnien '^^) oder die istrischen Kasteliiere '^''), deren Befestigungsringe, in der Regel den abgeflachten Gipfel eines Hügels umgebend, sich nicht als Mauern, sondern als Steinwälle darstellen, deutlich verschieden sind. Wir danken die Kenntnis der dalmatinischen Anlagen einem dem k. k. archäo- logischen Institute vorliegenden, noch ungedruckten Berichte von L. Jelic, welcher eine ganze Reihe von ihnen untersucht hat. Als Beispiel sei hier der Kartellier von Bak bei Vrana hervorgehoben. Er gleicht den nordalbanischen Hochstädten in der typischen Ummauerung eines zweigipfeligen, schwer zugänglichen Hügels mit einer geräumigen Einsenkung in der Mitte. Auch die Mauertechnik scheint nach den vorliegenden Aufnahmen dieselbe zu sein. Ahnliche Anlagen erwähnt Jelic für Modric bei Seline am Podgorsko More, Venac bei Ljuba, Prispa bei Posedarje, Trojangrad bei Tinj,

104: Mauer der Gjytet von Gaitani.

'36) Z. B. F. Fiala, W. M. B. H. IV 1896 S. 94 ff.; Radimsky, ebenda S. loi ff.

'37) z. B. die der typischen Kasteliiergruppe von Pizzughi bei Parenzo, Atti e memorie della societa istriana

di archeologia e di storia patria 1898 S. 225 ff.; Gnirs, Das Gebiet der Halbinsel Istrien in der antiken Über- lieferung S. I ff.

88

GRAD

Maja Balecit.

Samograd bei Vrana, Kostel bei Pakostane usw. Jelic unterscheidet nun zwischen diesen, wie er sie nennt, ,, prähistorischen" Burgen und den ,, vorrömischen" Akropolen, wobei das Hauptunterschei- dungsmerkmal der Umstand bildet, daß bei letzteren die Mauern aus regelmäßigem Quaderwerk bestehen. Wir haben in Albanien dasselbe Verhältnis angetroffen, nur sind hier beide Typen jeden- falls gleichzeitig, und neben den primitiven Anlagen von Gaitani, Samobor usw. haben wir die griechische Baumeister verratende Burgen von Meteon und Scodra, die sicher keine griechischen Kolonien darstellen. Es ist einleuchtend, daß sich dieser griechische Einfluß verstärkt, je weiter wir

nach dem Süden gelangen, wenn es v\ auch ein Zufall sein mag, daß wir

z. B. in Mittelalbanien keine rein illyrischen Stadtanlagen aufgefunden haben.

Nachdem wir uns in Skutari eine kleine Kolonne zusammengestellt hatten, setzten wir am 25. November unsere Reise längs des Ostufers des Skutarisees fort. Unser erstes Ziel war die kleine, seit dem Balkankriege größtenteils in Ruinen liegende Ansie- delung Kopliku. Aus der weit aus- gedehnten Gemeinde sollen nach Ippen römische Kleinfunde und nach Nopcsa'3*) zahlreiche Dyrrhachium- und Apolloniamünzen stammen, doch ist für Kopliku selbst kein einziger Fundort gesichert. Es wiesen vielmehr alle Anzeichen wie Auskünfte der Be- wohner auf die Ebene nördlich von Kopliku und auf die am Proni Sat gelegene Kodra Marsenjt als Fund- stellen der bekannt gewordenen an- tiken Gegenstände hin. Um unsere durch unaufhörlichen Regen ohne- hin beschränkte Arbeitszeit besser auszunützen, trennten wir uns hier. Praschniker wollte die von Ippen '33) beschriebene Ruinenstätte der mittelalterlichen Bischofstadt Balesium auf der Maja Balecit besuchen.

Über die Cafa Recit erreichte er den tief eingeschnittenen Kanon des Seu Rijolit, an dessen jenseitigem Ufer der von den Ruinen gekrönte Felshügel Maja Balecit in nächster Nähe sichtbar war. Leider fehlte jede Möglichkeit zur Überschreitung des durch die ohne Unterbrechung an- dauernden Regengüsse hochangeschwollenen schäumenden Gebirgsbaches und so war Praschniker gezwungen, dicht vor dem Ziele unverrichteter Dinge wieder umzukehren und den mühseligen Weg zurückzuwandern. Ein Besuch der Ruinenstätte wäre für uns von Wichtigkeit gewesen, da wir nach Ippens Beschreibung auch hier eine altillyrische Ansiedelung annehmen zu können glauben. Ippen spricht S. 8 von einer Steinumwallung, die das Gipfelplateau des Hügels umschließt. Sie ruht auf einer alten Grundmauer, die stellenweise noch bis zu Manneshöhe erhalten ist. Nach den Ippen-

105: Kodra Marsenjt (nach einer Skizze von A. Schober)

'38) Th. A. Ippen, W. M. B. H. VIII 1902 S. 2io. Nopcsa ebenda Xlf 1912 S. 180.

■39) Th. A. Ippen, W. M. B. H. X 1907 S. 6 ff.

89

sehen Aufnahmen Figur 9 und 10 erinnert uns diese Mauer außerordentlich an die Umfassungs- mauern anderer von uns in diesen Gebieten untersuchter aUillyrischer Ansiedelungen. Unter den gegebenen Umständen muß die Frage leider bis auf weiteres offen bleiben.

Unterdessen untersuchte Schober das kaum i Stunde nördlich von Kopliku entfernte Dorf Kodra Gradec, wo durch Gräberfunde "'°) eine römische Ansiedlung festgestellt worden ist, sowie die neben ^''^'^"J'- dem Dorfe aufragende Kodra Marsenjt, auf der Nopcsa"*') eine kleine Ruine gefunden hat, deren mit Ziegelstaub durchsetzter Mörtel auf römische Erbauung schließen ließ. Gleich hinter Kopliku fallen in der steinigen, mit kärglichem Gras bewachsenen Ebene große, aus Bruchsteinen ohne Erde aufgeschüttete Tumuli auf, die sich in der Nähe der Kodra Marsenjt in auffälliger Weise mehren. Weist schon der Name des Dorfes Gradec auf die Nähe einer alten Ansiedlung hin, so erheben es die zahlreichen Steintumuli, die den von Nopcsa"'^) in Trabojna und Kozan gefundenen, aus der Spät- La-Tene-Zeit stammenden gleichartig sind, zur Gewißheit, daß diese Ansiedlung noch in die illyrische Zeit zurückreicht. Für eine Stadt- anlage kommt in der ganzenGegend nur die Kodra Marsenjt in Betracht. In der Tat fanden sich auf ihr noch Überreste der Umfassungsmauer der frühen Ansiedelung (Plan Abb. 105).

Die Kodra Marsenjt ist der letzte Ausläufer des Gebirgszuges, der den Proni Sat am rechten Ufer begleitet und schiebt sich in das hier vom Proni Sat gebildete Fluß- knie hinein, so daß sie von dem tiefen Kanon des Flußes auf zwei Seiten geschützt wird. Sie besteht genau so wie der Hügel der Gjytet von Gaitani (S. 86) aus zwei par- allel laufenden Felsrücken, die durch zwei Einsattelungen mit- einander verbunden sind. Die da- durch entstehende dolinenartige

Mulde bot genug Raum für eine größere Ansiedlung, die sowohl durch den schroffen Abfall der Felsrücken wie durch künstliche Befestigungen in den Einsattelungen gesichert war. Von den letzteren ist nur mehr jene starke Mauer erhalten (Abb. 106), die den einzig möglichen Aufgang von der Nordwestseite zu sperren hatte. Hier befand sich auch der Haupteingang der Anlage, ein einfaches, die Mauer unterbrechendes Tor von 150'" Breite. Die über 3"" dicke Mauer besteht wie in Gaitani außen und innen aus großen, roh behauenen Blöcken, die ohne besondere Fügung übereinander getürmt sind, das Innere der Mauer aus grobem Schotter. Auf dem Nordwestsattel steht sie durchwegs noch i 2 "" aufrecht. Ihr Verlauf längs des Steilrandes des süd- lichen Felsrückens und über die südöstliche Einsattelung zum nördlichen Felsgrat hin ist zwar nicht mehr nachweisbar, wohl aber anzunehmen, da die locker aufgeführte Mauer leicht über den Steilabfall herabgestürzt sein kann.

Außer diesen Überresten befinden sich noch auf der höchsten Spitze der südlichen Erhebung die von Nopcsa gesehenen Spuren eines Mörtelbaues. Aus geringen Resten von Bruchsteinmauerwerk

106: Mauerreste auf der Kodra Marsenjt.

MO) Th. A. Ippen, W. M. B. H. VIII 1902 S. 209. '4") W. M. B. H. XII 1912 S. 181.

■t^) A. a. O. S. 171 f.

90

und Felseinarbeitungen mit Mörtelspuren ist die Anlage eines Rundturmes und einer nach Norden abgehenden Mauer zu erkennen. Ungefähr 30 Schritte unter dem Gipfel sieht man an den Felsen angebaut zwei rechtwinklig aneinanderstoßende Stützmauern von 8 und 4" Länge und 2"^ Höhe, die aus sorgfältig zurechtgehauenen Bruchsteinen aufgeführt sind. Auch hier ist stark mit Ziegel- staub durchsetzter Mörtel verwendet. Ziegelstücke und Scherben von tongrundigen Gefäßen konnten an den Abhängen aufgelesen werden. Auch auf den Äckern und Gärten des Dorfes Gradec zeigten sich Spuren ehemaliger römischer Besiedelung. Die Anlage einer altillyrischen Burg auf der Kodra Marsenjt erhält dadurch erhöhte Bedeutung, daß sie den Kreuzungspunkt des einzigen bequemeren, aus der Malcija führenden Talweges mit der längs des Ostufers des Sees führenden Verkehrsader beherrscht. Diese Bedeutung wird sie wohl auch in römischer Zeit beibehalten haben. Wir dürfen daher die Vermutung Ippens wohl bestimmter aussprechen, wenn wir am Fuße der Kodra Marsenjt die letzte Straßenstation der großen Transversalstraße Narona Scodra vor dem letzteren Ort, nämlich Cinna, ansetzen, zumal die Entfernungsangabe der Tabula Peutingeriana von 20 römischen Meilen mit der Strecke Skutari Gradec längs des Gebirgsrandes (rund 28 Kilometer) gut über- einstimmt "i^), wenn man annimmt, daß die alte Straße nicht wie die jetzige in der Nähe des Seeufers, sondern wohl durch Sümpfe abgedrängt, den Gebirgsrand entlang lief. Bei Marsenjt übersetzte sie den Proni Sat, da sich hier auf eine weite Strecke flußaufwärts und flußabwärts der geeignetste Übergang bietet. Ob die heute über die engste Stelle des bis zu 20"" tiefen Kanons führende einbogige Brücke (Ura Marsenjt) auf antiker Grundlage ruht, konnte nicht ausgemacht werden. Eine von Evans (Archaeologia XLVIII S. 84) am Westufer des Kiri von Skutari in nord- östlicher Richtung gegen Boksi hin verfolgte Straße muß einem anderen Straßenzuge angehört haben.

Über den weiteren Zug der römischen Straße von Marsenjt aus sind wir auf Mutmaßungen angewiesen. Es stehen dafür zwei Wegstrecken zur Verfügung. Die eine von uns verfolgte führt über Ivanaj um den tief in das Land einschneidenden Liceni Hotit herum, die andere auf einem kürzeren Weg über Kozan durch das jetzt versumpfte westliche Anland des Liceni Hotit in die Gegend von Nauheim''*''). Diese Strecke durch das jetzt im Winter eine zusammenhängende Wasserfläche bildende, im Sommer aber ziemlich trockene Sumpfland kann im Altertum möglich gewesen sein, da die ganzen Sumpfgebiete des nördlichen Seeufers erst in jüngerer Zeit durch die Erhöhung des Seespiegels, welcher durch den Durchbruch des Kiri und Drin entstanden ist, gebildet wurden'"*^). Für diese Trasse würde die von Nopcsa nachgewiesene römische Ansiedlung in Kozan und eine Überlieferung der Bewohner von Kozan sprechen, wonach in der Nähe dieses Ortes, am Grunde des Liceni Hotit ein 4"" breiter, gepflasterter Weg zu sehen sei'^^). Auf der weiteren Strecke um den Liceni Hotit herum läuft jetzt die moderne Fahrstraße, die einen älteren Fahrweg abgelöst hat. Die erste größere Ansiedelung an dieser Strecke ist das Pfarrdorf Ivanaj ; hier hielten wir uns einen Tag auf und suchten die umliegenden, merkwürdig geformten, isolierten Hügel auf, ohne auf antike Spuren zu stoßen.

Auf der Weiterfahrt besuchten wir zunächst die westlich der Nordspitze des Liceni Hotit auf einem steilen Hügel liegende, Kalaja Hotit genannte Ruine (Abb. 107), die bereits Nopcsa (a. a. O. S. 177) kurz beschrieben hat. Seinen Bemerkungen ist folgendes nachzutragen: Der 178""

'43) Die von Itin. Ant. 338 angegebene Entfernung von 12 r. M. scheint auf einen Irrtum zu beruhen, da das Itinerar in den übrigen Einzelstrecken mit der Tabula ziemlich übereinstimmt, in der Gesamtentfernung Scodra- Narona gerade um die Differenz dieser ersten Teilstrecke zurückbleibt. Evans (a. a. O. S. 84 Anm. a) nimmt daher eine Verschreibung für XXII m. p. an. Seine Identi- fikation von Cinna mit Nanhelm am Ostufer des Liceni Hotit beruht hauptsächlich auf einer Information des Franziskanerpriors in Skutari, wonach im Gebiete der

Hoti römische Inschriften und andere Denkmäler sich befänden. Daß darunter die in Trabojna und Vuksanlekaj noch heute vorhandenen Inschriften gemeint seien, nimmt Ippen (a. a. O. S. 209) wohl mit Recht an. tJber Cinna vgl. Patsch bei Pauly-Wissowa, R. E. s. v.

''f) Evans hat diese Route in seiner zweiten Karte (Archaeologia Bd. 49) eingezeichnet.

'45) B. Pech, I. A. F. II S. 65.

'46) Nopcsa, W. M. B. H. XII 1912 S 179.

9i

hohe Hügel bildet oben eine größere Einsenkung, die von vier Kuppen eingefaßt ist; auf dem öst- lichen steht die einen ellipsenförmigen Mauerring bildende Ruine. An der Nordfront springen drei rechteckige Türme aus der Mauer vor. Von einer nach Osten den Abhang herablaufenden Mauer steht ungefähr loo Schritte entfernt ein größerer Rest aufrecht. Die bis hoch hinauf erhaltenen Mauern bestehen außen und innen aus zurechtgehauenen Bruchsteinen in dickem Mörtelverband, das Innere aus kleineren Brocken. Anhaltspunkte für eine Datierung sind nicht vorhanden, doch ist die Anlage wohl kaum antik.

Während die neue Fahrstraße von Han Hotit aus längs des Seeufers über Bozaj nach Nauheim führt, geht der alte Reitweg über die Kalaja Hotit die kürzere Strecke durch das Drumaj genannte Hochland. Die bestechende Vermutung, daß die Bezeichnung Drumaj auf opönoc, zurückgehe und

107: Die Kalaja Hotit.

daß hierin eine Erinnerung an die alte Verkehrsstraße vorliege, haben wir leider durch Auffindung alter Wegspuren nicht stützen können.

Am Westufer des Liceni Hotit dringt ein im Sommer versumpfter und dann kaum passierbarer, fjordartiger Seitenarm des Sees bis tief in das Landinnere ein. An seinem Westufer ragt der isolierte und in seiner regelmäßigen Kegelform eine weithin sichtbare Landmarke bildende, 254"" hohe Helm empor. Gerade diesem gegenüber springt ein Hügel, der sich etwa 60 '" über den Seespiegel erhebt, in den Fjord vor (Abb. 108). Er trägt die Kalaja Samoborit genannte Ruine einer alt- illyrischen Stadtanlege.

Als Halbinsel auf drei Seiten vom Wasser umgeben, gegen das er steil, zum Teil in Felshängen abstürzt, auf der vierten Seite nur durch einen tiefer gelegenen Sattel mit dem Land verbunden, war der Hügel mit einfachen Mitteln zu einer festen Burg auszugestalten. Für seine Wahl war der Umstand maßgebend, daß er neben seiner geschützten Lage auch angenehme Wohnungsverhältnisse bot. Der Hügel hat (vgl. den Plan Abb. 109) einen höheren westlichen und einen etwas niederen östlichen Gipfel, die zwischen ihren Abhängen eine ziemlich ebene Mulde bergen und hier Platz für eine Ansiedlung bieten.

Nopcsa"") hat eine kurze Beschreibung der Ruine gegeben. Als wichtiges Beispiel einer illyrischen Burganlage soll sie hier eingehender besprochen werden. Erhalten ist im wesentlichen

Kalaja Samoborit.

'^y) W. M. B. H. XII 1912 S. 78. Die hier gegebene Abbildung 22 ist irrtümlicherweise der Kalaja Hotit zugeteilt.

92

Uie Kalaja barnobont von Westen.

nur die die Kalaja umgebende Ringmauer und auch diese ist auf weite Strecken zur Gänze ver- schwunden, doch ist ihr Verlauf immer klar. Sie umfaßt die beiden Gipfel und die zwischen ihnen liegende Mulde mit einem schützenden Mauerring von ungefähr elliptischem Grundriß. Wo steile Abhänge vorhanden waren, hält sie sich an deren oberem Rande, die Talmulde wird beiderseits von langen Geraden eingefaßt. In der ganzen Anlage verrät sich immerhin eine gewisse Kunst- fertigkeit, die sie höher stellt als die Burg von Gaitani. Sie hat eine Länge von rund 200"^, eine größte Breite von 90 100'".

Am besten erhalten ist die Südostecke der Burg, wo die Mauer auf ein kurzes Stück noch über 2"^ hoch aufrecht steht (Abb. iio). Hier läßt sich auch noch über die Mauertechnik einiges feststellen. Es sind ganz rohe, von Werkzeug nicht berührte Blöcke, bald quaderartige, ich habe bis i"6o™ Länge bei o'6o'" Höhe und i "^ Tiefe gemessen, bald würfelförmige von entsprechenden Maßen, die ziemlich kunstlos zu einem rauhen Ganzen übereinander getürmt sind. Kleinere Steine füllen die Zwischenräume. Von durchgehenden Schichten ist wenigstens in den erhaltenen Stücken, die naturgemäß nur die unteren Teile der Mauer bilden, kaum die Rede. So stellt sich die äußere Front der Mauer dar. Dahinter folgt nun eine Packung von kleineren Steinen mit Erdmörtel, die den Raum bergwärts füllt. Vom Oberbau ist nirgends mehr etwas erhalten. Stellenweise, wo die Mauer bereits ganz verschwunden ist, ist ihr Verlauf noch an den verstreuten, schotterartigen Steinen der Füllung kenntlich.

Von der beschriebenen Ecke weg ist die Mauer an der ganzen Südseite überall wenigstens in Spuren zu sehen. Etwa 25"" westlich der Ecke liegt ein Tor, anscheinend das Haupttor der An- siedelung. Hier mündet der schon von Nopcsa beschriebene, in Serpentinen den Südwesthang herauf- ziehende antike Weg, der vom Sattel heraufkommt und sich mit seiner Stützmauer bis zum Tor

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verfolgen läßt. Das Tor zeigt eine technisch gelungene Anlage. Es liegt an einem einspringenden Winkel der Mauer, die zur Linken des Angreifers durch ihr Zurücktreten eine Art von Turm bildet, der eine Flankierung des Tores gestattet. Über die Torbreite und dessen Ausgestaltung kann leider bei der Zerstörung nichts gesagt werden.

Die Mauer zieht sich im folgenden, sehr zerstört und nur hie und da in Spuren kenntlich, um die ganze Westkuppe herum, die jetzt von einem im letzten Balkankriege entstandenen primitiven Ringwalle gekrönt wird, dann an dessen Nordseite abwärts gegen die Mulde, in etwas besserer Erhaltung längs deren Nordwestrand um die Ostkuppe herum, um am Ostrande der Mulde in einer Geraden wieder zu der Mauerecke zurückzukehren. Hier an der Ostseite zeigt die Mauer anscheinend etwas anderen Charak- ter. Sie ist aus kleineren Steinen trocken aufgebaut und läßt daher Nopcsa zwei Bauperioden, eine ältere, wie wir sie vorhin beschrie- ben haben, und eine jüngere, der diese Mauer angehören würde, annehmen. Ich habe feststellen können, daß diese jüngere Mauer auf den Resten einer älteren, aus großen Steinen aufgebauten auf- sitzt. Sie dürfte nur eine dem Zuge der alten Mauer folgende, in jüngerer Zeit erbaute Stützmauer sein, die die Erde des jetzt die Mulde erfüllenden Ackerlandes fest- halten soll. Die alte Mauer hatte hier ungefähr in der Mitte der Lang- seite einen vorspringenden Turm, dessen Reste aus großen, rohen, quaderartigen Steinen unter der jüngeren Mauer hervortreten. Die lange Gerade der Ostseite mußte offenbar durch diesen Turm besser geschützt werden.

Erwähnt können ferner die Reste einer Zwischenmauer werden, die sich östlich des Tores von der äußeren Ringmauer ablöst, am Ostabhang der Westkuppe hinzieht und an deren Nordseite wieder in die äußere Mauer einbindet. Durch sie war also die höhere Westkuppe zu einem eigenen Befestigungsraum ausgestaltet.

Für die Zeit der ganzen Anlage sprechen die hier in großer Zahl gefundenen Münzen"*^) aus den Münzstätten von Korinth, Apollonia, Dyrrhachion und Scodra aus der Zeit von 225 100 v. Chr. Damit stimmen auch die von mir hier aufgelesenen keramischen Reste, neben groben Scherben von Amphoren und sonstigem Gebrauchsgeschirr auch einheimische handpolierte und geschmauchte

log; Plan der Kala ja Samoboril.

'48) Nopcsa a. a 0., derselbe Sala und Klementi S. 14; Th. A. Ippen, Gebirge des nordwestlichen Albaniens, Ab-

handlungen derGeographischenGesellsch., Wien 1908 S. 16; A. Maier, Numismatische Zeitschrift, Wien 1907 S. 20.

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iio: Mauer der Kalaja Samoborit.

Ware darunter ein paar Scherben von dünnwandigen Schüsseln und Bechern mit recht gutem, schwarzem Fir- nis, die die ganze Anlage im wesentlichen in dieselbe Zeit datieren wie die von Gaitani. Während Praschniker sich dieser Ruinenstätte wid- mete, bestieg Schober den über dem zerstörten Han von Nauheim hoch aufragenden Felskegel des Helm (Abb. 1 1 1) . Ein Serpentinenweg führt auf die Spitze, die von einer flüchtigen, aus zwei Stein- wällen bestehenden Felsbefe- stigung gekrönt wird, die im Balkankriege von den Türken verteidigt wurde.

Ähnliche Schanzen sieht man mehrfach auf der nördlich sich anschließenden Hügelkette. Antike Spuren fanden sich auf dem Helm keine, als Entschädigung bot das plötzlich sich aufklärende Wetter einen selten schönen Rundblick über den See und über die großen, von der Sonne beschienenen Randebenen dar. Die klare Aussicht gab Gelegenheit, von diesem die Gegend weithin beherrschenden Standpunkt die Möglichkeiten des antiken Straßenverlaufes zu erwägen. Über die Trasse bis Nanhelm, ob sie nun den Liceni Hotit über Drumaj umging oder ob sie direkt über das jetzige Sumpfland hieher lief, ließ sich auch von hier aus keine Klarheit gewinnen; über den weiteren Verlauf nach Norden konnte jedoch kein Zweifel ent- stehen. Die antike Straße führte nicht wie die heutige um den Helm herum, sondern überstieg den Einschnitt nördlich vom Helm, um auf kürzestem Wege Vuksan- die Gegend des Dorfes Vuksan- ^^' lekaj zu gewinnen. Dieses knapp unterhalb des östlichen Rand- gebirges in der Ebene liegende Dorf wurde wie so viele andere des Stammes Hoti ein Opfer der Balkankriege. Von den zwei bei Ippen"'^) das erstemal beschrie-

]«) Th. A. Ippen,^. M, B. H. VIII

1902 S. 208 f.; derselbe im Glasnik XI 1899 S. 767 f.

I

m : Nanhelm.

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benen römischen Inschriften CIL III 14600, i46o2"5°) fanden wir keine mehr an ihrem ehemaligen Aufbewahrungsorte, dem Hause des Prenn Macija, vor, da das Haus vollständig zerstört ist. Während CIL III 14602 gänzlich verloren zu sein scheint, ist CIL III 14600 jetzt in der ebenfalls

hart mitgenommenen Kirche am Südausgang des Dorfes eingemauert. Da weder Ippens noch Nopcsas'^') Lesung vollkommen genau ist, teilen wir die Inschrift noch- mals mit (Abb. 112).

CASSIAE C F AN NAE-C-CASSIVS- LON CINVS-CONTVBERNA LI-SVAE-BENE MERENTI

FECIT ET-SIBI-ET-SVIS

ddssiar ('{tii) [{ilidc IKIC (!((iills) diissiiis (jiniis ciinliihcrnii- ll siiiic lii'iir incrciüi

rl sihi cl suis.

Ln,

112: Inschrift in Vuksanlekaj.

Die Inschrift gehört nach Form der Buchstaben und Fassung an das Ende des ersten oder an den Anfang des zweiten Jahrhunderts n. Chr.

Die von Nopcsa (a. a. O.) mitgeteilten Architekturglieder waren nicht mehr auffindbar, wohl aber der von ihm hier gesehene Meilenstein, der am Nordausgang von Vuksanlekaj aufrechtsteht, i-go'" hoch, o'So"' breit, mit flüchtig behauenem Sockel. Ein zweiter liegt umgefallen nord- westnördlich vom ersten in einer Entfernung von genau einer römischen Meile, 300 Schritte süd- lich von dem Städtchen Tuzi, ein dritter (Nopcsa a. a. 0. S. 184) befindet sich in doppelter Ent- fernung vom zweiten nördlich von Tuzi, 200 Schritte östlich der neuen Straße zwischen Kilometer 8 und 9 von Podgorica. Daß bei Vuksanlekaj eine größere an der römischen Straße gelegene Ansiedlung vorauszusetzen ist, beweisen nicht bloß die schon von Ippen und Nopcsa veröffentlichten Denkmäler, sondern auch die in den Wiesen und Äckern, besonders in der Nähe der oben erwähnten Kirche sichtbaren Ziegelscherben und Geländespuren, die auf Mauerzüge unter der Erde schließen lassen. Die Gleichsetzung dieser antiken Ortschaft mit der in den Itinerarien verzeichneten Straßenstation Bersumnum (Tab. Peut.) oder Birziminium (Itin. Ant. p. 339)'^^), die zuerst Ippen ausgesprochen hat, würde sehr an Wahrscheinlichkeit gewinnen, wenn Cinna tatsächlich mit Marsenjt gleichzusetzen wäre. Denn die Entfernungsangaben der Itinerarien von 16 und 18 römischen Meilen würden ganz gut mit der Strecke Marsenjt - Vuksanlekaj, und zwar eher mit der längeren, um den Liceni Hotit herum (zirka 23 Kilometer), als mit der kürzeren über Kozan (zirka 20 Kilometer) übereinstimmen.

Außer den drei Meilensteinen hat die Römerstraße in der Ebene von Podgorica nur noch an der Übergangsstelle über den Cem (Cijevna) Wegspuren hinterlassen. Knapp neben der jetzigen großen Steinbrücke über den Cem bei Sabanovici gewahrt man in den Konglomeratbänken, durch die sich der Cem in mehreren Wasseradern durchgebissen hat, die i'öo™ abstehenden, in den Fels eingemeißelten Spurrillen der antiken Straße (Abb. 113). Während die jetzige Brücke die beiden Steilufer des Cem direkt verbindet, führte die alte Straße zunächst in einer Schleife die südliche Ufer- höhe herab bis zu dem eigentlichen Flußbett, überbrückte den nicht allzu breiten Hauptarm des Cem und erreichte mit einer weitausholenden Schleife die nördliche Uferhöhe. Hier und etwa 50 Schritte weiter in gerader Richtung gegen Podgorica zu ist der antike Straßenkörper im Terrain deutlich

Römische Meilen- steine zwischen Vuksan- lekaj und Podgorica.

Antike Straßen- spuren bei Sabano-

'5°) Dazu kommt noch die ebenfalls aus Vuksanlekaj stammende, im Pfarrhause von Trabojna eingemauerte Inschrift CIL III 14601; Ippen a. a. O. S. 208 n. i.

■5") W. M. B. H. XII 1912 S. 183. '5') Tomaschek bei Pauly-Wissowa, R. E. s. v. Bersuni num; Patsch, ebenda s. v. Birziminium.

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erkennbar, verliert sich jedoch bald vollkommen und sein weiterer Verlauf durch die Ebene ist nicht mehr sichtbar. Jedenfalls deutet nichts darauf hin, daß die Straße hier, wie dies Miller'^^) annimmt, plötzlich die Richtung geändert hätte und mehr westlich auf Ljeskopolje zugegangen wäre. Auch hat Sticotti '5'') die Übergangsstelle über die Moraca, die mit ihren bis zu 20"^ hohen senkrechten Uferwänden ein sehr schwer zu passierender Strom ist, am rechten Moracaufer, gegenüber der Ribnicamündung, in den Spuren einer 6 "" breiten, vom Volke Kolovoz (Wagenfurt) genannten Straßen- Podgorica. anläge aufgefunden. So hat die Straße jedenfalls das Weichbild der jetzigen Stadt Podgorica passiert.

Die durch die Vereinigung mehrerer

Flußtäler sich auszeichnende Lage von

Podgorica bewirkte sicherlich auch im

^ Altertum hier die Gründung einer Ansie-

delung, da sich hier einerseits die Straße

nach Doclea, anderseits die nach Meteon

von der Hauptstraße trennten. Sticotti

(a. a. O. S. 30) hat diesen Knotenpunkt

an Stelle des heutigen Alt-Podgorica in

die Flußgabel, die von der Moraca und

Ribnica gebildet wird, verlegt, da ihm

sowohl die Grundlage der mittelalterlichen

Befestigung wie die Fundamente der

Ribnicabrücke römische Herkunft ver-

Ifc.'^' *"♦■ •. ^^ ' -^'J^^^BL;;. JV A" ' '_'' "- ' rieten. Wenn auch in Podgorica selbst

"^ f_^^T^^^^ '- i^' ' >• i^'!:^ ^. bisher keine antiken Überreste zutage

kamen und wenn auch an der Burgruine und an der Ribnicabrücke von uns nichts als unzweifelhaft römisch nachgewiesen werden konnte, so spricht die überaus günstige Lage der Örtlichkeit dennoch sehr für den Ansatz Sticottis. Nur seine nach Evans (a. a. O. S. 85) Vorgang ver- suchte Identifikation des Ortes mit Ber- sumnum (Birziminium) läßt sich nicht aufrecht erhalten, da die Entfernung Skutari Podgorica auf der uns wahr- scheinlichen Trasse der antiken Straße von 68 Kilometern die Angaben der Itinerarien (Peut. 36 römische Meilen - 53*2 Kilometer; It. Ant. 30 römische Meilen = 44-4 Kilo- meter) um ein Bedeutendes übertrifft. Viel eher würde die Gleichsetzung Podgoricas mit der dritten Station von Scodra aus, Alata, passen, da die Strecke Scodra Alata nach der Peutingeriana 46 römische Meilen - 68 Kilometer mit der oben angegebenen Entfernung von 68 Kilometern sich genau deckt. Auch die auf der Peutingeriana und in dem Itin. Ant. gleichlautende Strecke Ber- sumnum Alata von 10 römischen Meilen - i4'8 Kilometer spricht dafür, falls Bersumnum tat- sächlich mit Vuksanlekaj identisch ist. Denn dieser Ort ist von Podgorica 13 Kilometer entfernt. Die Fortsetzung der alten Straße von Podgorica nordwestwärts hat Praschniker am 30. No- vember weiter verfolgt. Sie führt nicht wie die jetzige Straße dem Laufe der Zeta folgend talaufwärts, da sich hier, wo die neue Straße auf längere Strecken ganz in den Fels der steilen Ostabfälle des Malo

113: Römische Straße bei der Cembrucke

'53) Itineraria Romana Sp. 470.

'54) Sticotti, Doclea S. 20.

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und Velje berdo eingesprengt ist, zu viele Schwierigkeiten ergaben, die durch einen kleinen west- lichen Umweg leicht zu vermeiden waren.

Etwa I Kilometer westlich des Dorfes Momisici findet sich wieder die erste Spur der Straße in Form eines kleineren Straßensteines, der etwa i"2o"' aus der Erde hervorsieht. Ungefähr in der Mitte des Weges zwischen diesem Dorfe und Tolosi, südlich des Weges, ein etwa 3"" hoher Tumulus von 15"" Durchmesser. Am Friedhof der Kirche von Tolosi ein Säulenstumpf aus Kalkstein (0-80'" hoch, o"25'" dick) sowie mehrere antike Bearbeitung zeigende Steine. Von Tolosi an führt der Weg auf längere Strecken direkt über den Resten der alten Straße, deren gemauerter Unterbau in seinem zerstörten Zustande das Vorwärtskommen für Pferd und Reiter recht unleidlich macht, durch das Tresanicatal bis zu der Tresaniski most. Hier führt die Straße durch versumpftes Terrain und es ist

114: Römische Straße im Tr<--saiiiratal.

ein gegen 2"^ hoher Straßendamm aus Steinen aufgeführt mit mehreren niedrigen Bogendurchlässen für den Abfluß des Wassers (Abb. 114). Die Breite des Straßenkörpers beträgt hier 3"6o'", die Entfernung der gemauerten Spurrillen löo"". Bis hieher wird die Straße auch heute noch benutzt, von da an ist sie nur mehr als flache, von zwei seitlichen, kaum sichtbaren Gräben eingefaßte Erhebung des Wiesengrundes an manchen Stellen liegt auch hier der gemauerte Unterbau zutage bis zum Talabschluß immer deutlich zu verfolgen. Hier steigt die Straße in mehreren Windungen sich dem zerrissenen felsigen Abfall anpassend den Hang hinan zu den Häusern des nach den Straßenspuren benannten Dorfes Kolovoz. Im Gegensatz zu dem Talprofil ist sie hier größtenteils in den Fels eingesenkt, meistens gepflastert, an manchen Stellen sind die Spurrillen auch einfach in den Fels eingemeißelt (Abb. 115). Die Breite hier durchschnittlich 270"'. Die Straße geht dann westlich der türkischen Ruinen Gomila und Serdar über den Bergsattel und steigt jenseits in das Polje von Danilovgrad hinab, wo sie die moderne Straße unweit Spuz erreicht. Hier auf dem reichbearbeiteten Kulturboden des Polje verliert sich dann ihre Spur.

Die Richtigkeit der bisherigen Identifikationen angenommen, müßte die Alata folgende Station Danilov- Salluntum in das Polje von Danilovgrad fallen, das wie jetzt infolge seiner Größe und Fruchtbarkeit S^ad.

13

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auch in der Antike wohl mehrere größere Ortschaften beherbergt hat. Nach der Peutingeriana lag Salluntum i8 römische Meilen = ^ 26-6 Kilometer, nach dem Itinerar 17 römische Meilen ^ 25 Kilo- meter von Alata entfernt. Auf der von Praschniker begangenen Route kämen wir damit in die Gegend des Städtchens Danilovgrad. Ein zweitägiger Aufenthalt in Danilovgrad brachte uns jedoch keinen Anhalt, daß in dieser Gegend eine antike Ansiedlung bestand, hier sind bisher keine antiken Denkmäler zum Vorschein gekommen. Ebenso erfolglos blieb ein Besuch von Orjaluka am Nordende des Polje, das Miller (a. a. 0. Sp. 469) wohl auf Grund der hier in der Generalkarte verzeichneten Ruine mit Salluntum identifiziert hat. Der nordwestlich des Dorfes spitz aufragende Felskegel trägt eine stark zerfallene kleine Befestigung, deren Mauer aus flüchtig behauenen Bruchsteinen mit dicken Mörtelschichten besteht. Wir hatten den Eindruck, daß dieses augenscheinlich als Sperre gegen einen

115: Römische Straße bei Kolovoz,

Povje- Varis.

aus dem oberen Zetatal anrückenden Feind erbaute Kastell höchstens in das Mittelalter zurückgehen kann. In der Ortschaft Orjaluka selbst bekamen wir auf Fragen nach alten Münzen und Steinen überall eine verneinende Antwort.

Am 2. Dezember setzten wir unsere Fahrt durch die Zetafurche nordwärts fort. Die moderne Straße führt am rechten Zetaufer, während die Römerstraße anscheinend das linke berührte. Das erste sichere Zeichen ihres Bestandes haben wir in den beiden Meilensteinen von der Nahija Bijelo- pavlici bei Povje CIL III 8285, 8286'"). ihr Fundort legt die alte Straße am linken Ufer der Zeta fest. Der Uferwechsel muß wohl weiter südlich angenommen werden, da gleichwie die jetzige Straße am rechten Talhange, die antike am linken schon früh die nötige Höhe gewinnen mußte, um die Wasserscheide zwischen dem Polje von Niksic und dem von Danilovgrad in erträglicher Steigung zu erreichen. Der Fundort der beiden Meilensteine am Beginn des schwierigen Gebirgsüberganges würde für eine Straßenstation nicht ungünstig liegen. Falls das gleich zu beschreibende antike Kastell von Niksic tatsächlich mit dem in den Itinerarien überlieferten Anderba identisch ist, so ließe sich

'55) Vgl. auch CIL III S. 2328 "5; Patsch, W. M. B. H. VI 1899 S. 261.

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der von Sticotti zuerst ausgesprochene Ansatz von Varis, der nach der Peutingeriana von Anderba 6 römische Meilen 9 Kilometer entfernten Straßenstation, an der Fundstelle der Meilensteine rechtfertigen, da diese kaum 10 Kilometer von Niksic entfernt ist. Die moderne Straße biegt, um die Paßhöhe zu gewinnen, in einer weiten Serpentine nach Osten gegen das Kloster Ostrog zu aus, während die alte Straße ziemlich gerade gegangen zu sein scheint. Wir haben hier an verschiedenen Stellen Spuren des alten Straßenlaufes gesehen, zuletzt noch kurz bevor sich die neue Straße in ziemlichem Gefälle ins Polje von Niksic hinabsenkt, um auf einer schönen, von den Türken erbauten Brücke die Zeta zu überschreiten und dann das in der Mitte des Polje um einen kleinen Felshügel gruppierte Niksic zu erreichen (2. Dezember).

116: Plan des Kastells von Niksic.

Das zuerst von Evans a. a. O. S. 86 beschriebene Kastell von Niksic besteht aus zwei Teilen. Der westliche, von Evans Zitadelle genannte, liegt auf dem schmalen Felsrücken, der unvermittelt aus dem Polje hervorragt, der andere am Ostabhang desselben und in der Ebene östlich davon. Die Zitadelle selbst scheint späteren Ursprunges zu sein. Der Grundriß des östlichen Teiles geht jedoch, wenn auch der Aufbau größtenteils einer späteren Zeit angehören mag (Plan Abb. 116 nach Evans), unzweifelhaft auf eine antike Grundlage zurück. Über seine mutmaßliche Datierung ist schon oben S. 54 f. gesprochen worden.

Der jetzige Erhaltungszustand der Ruine ist leider bedeutend schlechter, als ihn Evans vor- gefunden hat. Im wesentlichen stehen nur noch die Türme in argem Zerfall aufrecht, der östliche Torturm ist in ein modernes Haus verwandelt, die Mauer zwischen den Türmen ist auf weite Strecken ganz verschwunden.

Auffallend ist die Tatsache, daß aus Niksic keine sonstigen antiken Denkmäler bekannt sind. Nach Evans werden hier Gemmen und Münzen vorgefunden, unser Forschen blieb leider erfolglos.

13*

Einzig die vielen Bogumilensteine mit ihrer reichen, starke antike Beeinflussung verratenden Orna- mentik erinnern an die alte Tradition.

Die oben angedeutete Identifikation von Niksic mit dem Sanderva der Tabula, dem Andarba des Itin. Anton., dem Anderba des Ravennaten, gewinnt dadurch an Wahrscheinlichkeit, daß die Totalstrecke Scodra Sanderva der Tabula von 8i römischen Meilen in auffallender Weise mit der von uns festgestellten Route Skutari Niksic von 120 Kilometer Länge übereinstimmt.

Nach zwrei Stationen von Anderba aus hatte die bisher verfolgte Straße Anschluß an die große Binnenstraße, die vom Meer (Epitaurum Ragusa vecchia) durch das Tal der Trebinjcica und der Drina an die Save (Sirmium Mitrovitz) führte. Der Kreuzungspunkt war die in der Peutin- geriana als solcher gekennzeichnete Station Ad Zizio. Der Zug der Straße von Niksic durch das nordwestliche Montenegro hängt von der Ansetzung dieses Knotenpunktes ab, der bisher ohne aus- schlaggebende Beweise bald mit Trebinje'^^), bald mit Bilek'"), bald mit Gacko'^^) identifiziert wurde. Bilek läge am Ausgangspunkt einer über Stolac im Zuge der modernen Straße führenden Route, für deren Existenz die zahlreichen Spuren in Stolac, Fatnica und Orahovica"'') anzuführen sind, Gacko am Ausgangspunkt einer durch das Tal der Zalomka und über Nevesinje führenden Straße, deren Verlauf von Narona bis Nevesinje von Ballif a. a. 0. S. 36 genau verfolgt wurde, und Trebinje endlich an einer Straße, deren Zug durch den Unterlauf der Trebinjcica und durch das Popovo polje bestimmt wird. Von diesen drei Ansätzen ist der mit Trebinje der zweifelhafteste, da einerseits nach den durch die Itinerarien überlieferten hohen Zahlen die Straße Narona Ad Zizio Epitaurum in einem weiten Bogen nach Norden abbog und anderseits die für Epitaurum Ad Zizio in der Peutingeriana verzeichneten 50 römischen Meilen in der Entfernung Ragusa vecchia Trebinje unmöglich unterzubringen sind'^°).

Die oben erwähnte, vom Meer an die Save ziehende Binnenstraße kann von Niksic aus nur auf einigen wenigen, für eine Hauptstraße in Betracht kommenden Routen erreicht werden. Die eine führt über die Dugasenke direkt in das Gackopolje, die Entfernung Niksic Gacko auf diesem Wege beträgt zirka 60 Kilometer, in der Peutingeriana erscheinen für die Strecke Sanderva Ad Zizio 37 römische Meilen 54-7 Kilometer. Der Ansatz von Ad Zizio im Gackopolje hat daher

viel für sich, zumal auch die Entfernung Ragusa vecchia Gacko zirka 75 Kilometer mit der Strecke der Peutingeriana Epitaurum. Ad Zizio 50 römische Meilen -- 74 Kilometer auffallend überein- stimmt. Funde jedoch, die auf den Bestand einer antiken Straße zwischen Niksic und Gacko hin- weisen würden, sind bisher nicht bekannt geworden. Ein anderer natürlicher Zugang von Niksic nach Bosnien ist der in ziemlich gerader nordwestlicher Richtung in einer Furche laufende Weg über Nikolici, Mila-Gora, Vrbica nach Plana nördlich von Bilek, wo sich heute die beiden modernen Hauptstraßen von Bilek nordwärts und von Stolac ostwärts kreuzen. Die Strecke Plana Niksic wäre die natürliche Fortsetzung der Straße Stolac Plana. Auf dieser Linie sollen bei Vrbica an der bosnisch-montenegrinischen Grenze nach Aussage des k. u. k. Zivilkommissärs in Niksic Dr. Blum Ziegelreste und andere Funde auf eine antike Ansiedlung schließen lassen. Bilek selbst erreicht man von Niksic am schnellsten, wenn man zuerst die neue Fahrstraße bis Podbozur und dann den Reitweg über Klenak benutzt. Auf dieser Strecke wurden nun im Rijecansko Groblje bei Rijecani zirka 7 Kilometer westlich von Podbozur zahlreiche antike Gegenstände, wie Inschriftsteine, Architektur- glieder, Tcngefäße, ausgegraben, von denen zwei Grabinschriften von Vulic (Österr. Jahreshefte XII 1909 Beiblatt 201 f.) mit falscher Angabe des Fundortes, Viljuse statt Rijecani, veröffentlicht wurden.

'56) Tomaschek, Mitt. d. Geograph. Gesellschaft in '59) Ballif-Patsch, Römische Straßen in Bosnien und

Wien 1880 S. 553; Miller, Itiner. Romana Sp. 468; Kiepert, Herzegowina 1 S. 38; Evans a. a. O. S. 92.

Form. orb. ant. Taf. XVII. '60^ Der von Miller gewählte Ausweg, die Straße von

'57) Evans a. a. O. S. 93. Trebinje (Ad Zizio) zurück nach Westen ans Meer bis Slano

'5°) v. Domaszewiki, Westdeutsche Zeitschr. XXI 1902 (Asamo) und dann längs der Küste bis Ragusa vecchia zu

S. 172; Patsch, W. M. B. H. VI 1899 S. 262. führen, beruht nur auf willkürlichen Vermutungen.

Wir haben keinen Grund, zu zweifeln, daß das in der einen Inschrift genannte Kastell Salthua mit der an der Fundstelle vorauszusetzenden antiken Ansiedlung auch identisch ist. Wenn wir nun in einer Gegend, in der wir möglicherweise den antiken Straßenzug Sanderva Ad Zizio zu suchen haben, ungefähr 27 Kilometer von Niksic entfernt, ein Kastell namens Salthua finden, so ist die Versuchung groß, diesen Namen mit der 17 römische Meilen 25 Kilometer westlich von Sanderva liegenden Station Salluntum II der Peutingeriana in Verbindung zu bringen, noch dazu, wenn eine Ver- schreibung in der Peutingeriana deswegen leicht möglich wäre, weil die zweite Station südlich von Sanderva im Polje von Danilovgrad (s. S. 98) ebenfalls Salluntum genannt wird und zwei Orte gleichen Namens, kaum 50 Kilometer voneinander entfernt, auffällig sind. Doch wird die Gleich- setzung Salthua Salluntum ebenso lange hypothetisch, wie das Suchen nach der Nachbarstation Leusinio, die von Domaszewski (a. a. O. S. 172) mit dem CIL III 10159 genannten Kastell der Daesi- tiaten identifiziert wurde, aussichtslos bleiben, bis nicht unzweifelhafte Funde für eine der beiden Straßenrouten die Entscheidung bringen werden.

Von der Verbindungsstraße Risinium (Risano) Anderva haben sich nach Tomaschek (a. a. O. S. 553) und Jirecek (Die mittelalterlichen Handelsstraßen S. 72) in der Bijelagora und im Grahovo- polje deutliche Spuren gefunden. Am Kastell Salthua (Rijecani) kann diese Straße jedoch nicht vorbeigeführt haben, da sie dabei unnötig weit nach Norden abbiegen würde. Das Kasttll kann nur entweder an der Hauptstraße Anderva Ad Zizio selbst oder an einer Seitenstraße liegen, die die Hauptstrecke mit jener Küstenstraße verbindet.

Für alle diese Fragen neues Material beizubringen, wurden wir leider durch das andauernd schlechte Wetter gehindert. Wir gelangten nur bis Viljuse, das jetzt durch eine neue Fahrstraße erreichbar ist. Hier konnten wir einerseits den oben erwähnten Irrtum betreffs der Lage des Kastells Salthua richtigstellen, anderseits hörten wir von dem hier stationierten k. u. k. Oberleutnant Schröder, daß anläßlich von Straßenbauten bei Nanove im Grahovopolje Spuren einer Römerstraße zum Vorschein kamen. Augenscheinlich gehören diese Reste dem Straßenzug Risinium- Anderva an. Wir haben übrigens Spuren dieser alten Straße an mehreren Stellen der von Niksic westwärts nach Risano führenden Straße wahrnehmen können.

Nachdem wir in Viljuse zwei Tage vergeblich auf ein Nachlassen des unaufhörlichen Regens gewartet hatten, marschierten wir am dritten über den Kosmac nach Trebinje, um von hier aus mit der Bahn in die Heimat zu gelangen.

Namen- und Sachverzeichnis.

Ad Dianam 2 f.

Ad Quintum 59

Ad Zizio 100

Akanthos auf Reliefs in Sin Jon bei Elbassan 58

Akrolissos 23 ff.

Alata (Podgorica) 96

Albanopolis 27

Alessio 14 ff.

Alzei, Kastell von 55

Amazonen auf Relief in Ardenica 78, in Pojani 73

Anderba (Niksic) 99

Antipatrea (Berat) 63

Antivari 47

,,Apollo"-Torso, archaischer, in Du- razzo 40

Apollonia 69 ff.

Arapaj 46

Aquileja, Antiken aus in Skutari II f.

Architektur auf Reliefs 53, 58, 71, 74

Ardenica 78

Artemis, Statuette in Durazzo 42, Re- lief in Pojani yy, Tempel der in Apollonia 75, in Dyrrhachium 40

Aschenurne in Cetinje l, in Durazzo 40

Augustalen in Dyrrhachium 41

Ausfluß der Lagune von Durazzo 39

Bacchantin auf einem Giebelrelief in

Divjaka 80 Balecit, Maja 88 Bankfuß in Libovca 78 Barbar, gefesselter, auf einem Relief

in Durazzo 42 Bassania (Pezana) 25, 84 Bastowa, Kastell von 54 Bauperioden, ältere und jüngere, in

Berat 62, Elbassan 50, 52; Marglic

77, Preza 81 Bazar Sjak 46 Befestigungsbauten des Justinian in

Albanien 56 Belgrad, Antiken aus Durazzo in 43 ff. Berat 61 ff.

Bersumnum (Vuksanlekaj) 95 Bibliothek in Durazzo 40 Bilek 100

Bogumilensteine in Niksic 100 Brücke, römische, bei Elbassan 59, bei Murikjani 60, Ura Marsenjt 90

Cetinje i

Cinna (Gradec bei Kopliku) 90

Clipeus auf einem Relief in Durazzo 42

Danilovgrad 98

Diana Augusta Candaviensis 2

Divjaka, Relief in 80

Doclea i ff.

Drinmündung 10 f.

Drumaj 91

Dyrrhachium (Durazzo) 32 ff., byzan- tinisches Stadtgebiet 34, griechisches 36 f., römisches 35; s. Epidamnos

Egnatia via 2, 59

Ehepaar auf einem Grabstein in Fjeri

66, in Sin Jon bei Elbassan 58 Ehrenbasis des L. Papius Fortunatus

in Durazzo 40 f. Elbassan 48 ff. Epidamnos 36 f., Trennung von

Dyrrhachium 38 f. Epitaurum loo

Familienszene auf einem Grabstein in Pojani 74

Farbspuren auf einem Relief in Arde- nica 78, auf einer Maske in Du- razzo 42

Fibel, frührömische, aus Bronze, Grab- fund in Alessio 22

Fjeri 65 ff.

Gacko 100 Gaitani 86 ff.

Gebäude, römisches, auf der Kodra Marsenjt 90, in Pojani 71

Gerätschaften auf Grabsteinen in Durazzo 34, Elbassan 52, Fjeri 65

S. Giovanni di Medua 83

Girlande aus zwei Eichenzweigen auf einem Grabstein in Pojani 72, aus Früchten mit Tänien in Kavaja 80

Gladiatoren auf Reliefs in Durazzo 44, Fjeri 67

Gorgoneicn auf einem Grabstein in Sin Jon bei Elbassan 58

Grabsteine in Alessio 22, Bilaj 85, D;clea 2, Durazzo 35, 44 f., Elbas- san 52, Fjeri 65 f., Kavaja 80, Marglic 77, Pojani 71 ff.. Sin Jon 58, Vuksanlekaj 95

Gräber in Alessio 21 f., Gradec 89, Laci 84, Medun 7 f.

Greifen auf einem Bankfuß in Libovca 79, auf einem Grabstein in Pojani 72

Haarnadel auf einem Grabstein in

Fjeri 65 Helm auf einem Relief in Durazzo 42 Hermenschaft in Sen Dimitri bei

Fjeri 78 Hören auf einem Relief in Durazzo

41 f. Hotit, Kalaja 91 Hund, einen Hirsch jagend, auf einem

Relief in Sin Jon bei Elbassan 58

Ibalja, Kastell von 54

Innenmauern der Stadtbefestigung von Apollonia 71, Lissos 18, Marglic 77, Kalaja Samoborit 93, Zgorzes 29

Inschriften in Alessio 22, Belgrad 44 f., Doclea 2, Durazzo 40 ff., Elbassan 52, Pojani 72 ff., Vuksanlekaj 95

Ismi 46

Ivanaj 90

Jünglingskopf, des vierten Jahrhun- derts vor Chr. in Ardenica 78,

103

freie Replik des sogenannten Eubu- leus aus Durazzo 44, in Berat 64

Kalaja e Gjytet bei Laci 85, Hotit 90 f., Samoborit 91 ff.

Kamm auf einem Grabstein in Fjeri 65

Kapitell in Alessio 21, Dulcigno 83, Durazzo 35, 37, Fjeri 68

Kassettendecke in Elbassan 54

Kastellformen im Westen 54 ff., im Orient 56 f.

Kastelle, spätrömische, bei Bastova 54, Elbassan 50 ff., Ibalja 54, Niksic 99, Pertrejla 31, Preza 81. Puka 54, Vigu 12 f.

Kästchen auf Grabsteinen in Durazzo 34, Pojani 74

Kavaja 80

Kentaur auf einem Relief in Durazzo 42

Kind, Bronzefigürchen in Skutari 11, auf Grabsteinen in Pojani 74

Köcher auf einem Relief in Durazzo 42

Kodra Marsen jt 88 f.

Kopliku 88 f.

Kozan, römische Ansiedlung in 90

Kranz auf einem Relief in Berat 64

Kruja 27 ff.

Kyklopische Mauern in Gaitani 86, Marglic 77, K. Marsenjt 89, Ka- laja Samoborit 91 ff.

Laci 84

Lampengriff in Skutari II

Lederstreifen als Segelversteifung 46

Libovca 78

Lissos 14 ff.

Löwen auf einem Relief in Kruja 28, einen Stier anfallend in Elbassan 53, als Grabbekrönung in Berat 64, eine Hirschkuh reißend in Pojani 72

Löwenkopf als Wasserspeier in Fjeri 68, Pojani 75, Sen Dimitri 78

Lucius Verus, Portratstatue in Berat 64

Lupa, Gruppe der 11

Marglic 75 ff.

Marsenjt. Kodra - 89 f.

Masken auf Kapitellen in Belgrad 44,

Berat 64, Durazzo 37, 42, Fjeri 67,

Libovca 79, Pojani 75 Meilensteine bei Durazzo 46, Povje 98,

zwischen Vuksanlekaj und Pod-

gorica 95 Men, Relief des in Elbassan 53

Meteon (Medun) 3 ff. Minerva, Tempel der in Dyrrhachium 41

Nanhelm 94 Niksic 54, 99 Nymphaeum bei Lissus 84

Olcinium (Dulcigno) 82 Orjaluka bei Danilovgrad 98

Pan auf einem Relief in Durazzo 41 f. Pantherkopf aus Bronze in Skutari 12 Panzer auf einem Relief in Durazzo 42 Parmeniskos, Grabstele des in Pojani

73

Pecten, Gerät zurWcllebearbeitung auf Grabstein in Elbassan 52, Fjeri 65

Pertrejla 31 f., 55

Pezana (Bassania) 25, 84

Pistum 46 f., 85

Podgorica i, 96

Pojani 69 ff.

Porthes, byzantinische Ruine bei Du- razzo 46

Porträtköpfe, römische, in Berat 64, Durazzo 42, Fjeri 66

Porträtstatue des Lucius Verus in Berat 64, römische in Pojani 75

Povje 98

Preza 55, 81

Quaderbau bei Türmen und Toren in Liüsos 16, Meteon 6, Scodra 9, Zgorzes 29

Randschlag an Mauerecken in Akro- lissos 25, Apollonia 70, Berat 63, Lissos 16, Meteon 6, Zgorzes 29

Riemenzunge aus Bronze aus einem Grab in Alessio 23

Ringe aus Bronze aus Gräbern in Alessio 22, Durazzo 40

R jedani (Kastell Salthua) 100

Salluntum (Danilovgrad) 98

Salmanaj bei Bazar Sjak 46

Salthua (Rijecani) 100

Samoborit, Kalaja 91

Sarkophag in Belgrad 45, Cetinje i, Sin Jon bei Elbassan 58

Scampa (Elbassan) 48 ff.

Scheinpolygonales Mauerwerk in Lis- sos 16, Meteon 6, Scodra 9, Zgor- zes 29

Schiff auf einem Sarkophag in Bel- grad aus Durazzo 45

Schilde, rund und oval, auf einem Relief in Durazzo 42, auf einem Untersatz in Fjeri 68

Schnallen aus Bronze aus Gräbern in Alessio 22.

Scodra (Skutari) 8 ff.

Scutum auf einem Relief in Durazzo

42 Sichelmesser (falx) auf einer Grabara

in Elbassan 52 Silen, Kopf des in Berat 63 Sirenen auf Grabsteinen in Pojani 72 Sklave, Terrakottafigur in Skutari 11 Spalato, Diokletianspalast 55 Spiegel auf römischen Grabsteinen in

Durazzo 34, Fjeri 65 Spindel auf einer Grabara in Elbassan

53

Stadtanlagen, illyrische: Gaitani 86, Kodra Marsenjt 89, Maja Balecit 88, Kalaja Samoborit 91, in Dal- matien 87; griechisch-illyrische: Marglic 75 f., Meteon 3 f., Scodra 8 f.; Zgorzes 28 f.; griechische: Apollonia 69 ff., Epidamnos- Dyrrhachium 33 ff., Lissos 14 ff.

Stierkopf auf einem Grabstein in Po- jani 72

Straßenrouten, römische, Lissus-Dyr- rhachium 84 f., Narcna-Scodra 90, 94 f., 98 ff., Epitaurum-Sirmium 100, Risinium-Anderba loi

Straßenspuren, römische, bei Murikj ani 61, Sabanovi i 95, im Tresanicatal bei Podgorica 97, im Grahovopolje i.n Montenegro loi

Stylassi, Tempel von 71

Tauben, aus einem Becher trinkend, auf einer Grabstele in Pojani 72

Tempel, in Apollonia: des Apollo 71, der Artemis 75, dorischer von Stylassi 71, ionischer im Krüg- jatatal 71 ; in Dyrrhachium : korin- thisch-römischer 34, 39, der Diana 37, 40, der Venus 39, der Minerva 40

Thermenanlage in Apollonia 71

Tirana 30

Tischträger in Fjeri 69

Tongefäße: schwarz gefirnißte Scher- ben in Gaitani 87, Marglic 77, Medun 7, Kalaja Samoborit 94, Zgcrzes 30; von hellenistischer Reliefkeramik : Gaitani 87, Marglic 77, Zgorzes 30; von einheimischer illyrischer Ware : Gaitani 87, Mar- glic 77, Kalaja Samoborit 94

104

Zgorzes 30; römisches tongrundiges Gpbrauchsgeschirr in Alessio 22, Durazzo 40, Gaitani 87, Pezana 84, Kalaja Samoborit 94 ; Terra sigillata in Marglic 77, Pertrejla32

Trebinje 100

Tür auf einem Grabstein in Belgrad aus Durazzo 44

Tumuli bei Naraci I2, bei Kopüku

Varis (Povje) 98

Venus, Tempel der in Dyrrhachium

40 Victoria auf einem Relief in Durazzo

42 Vigu, Kastell von 12 f., 54 Viljuse loi Votivara an die Diana Augusta Canda-

viensis in Doclea 2 Vuksanlekaj (Bersumnum) 95

Waffen, römische, auf einem Relief

in Durazzo 42 Wasserleitung in Durazzo 40

Zgorzes 28 ff.

Zisternen in Berat 62

Zwischentürme, halbkreisförmige, am Kastell von Elbassan 50, an Ka- stellen in Arabien 55

A[b]u[d]ia 58

C(aius) Caesius Gratus 45

Diana Augusta Candavie(n)sis 2 Didia L(uci) l(iberta) Arbuscula 22 Didia L(uci) l(iberta) Auca 22 L(ucius) Didius L(uci) l(ibertus) Eros 22 Dona 52 ipi-/.(üv 74

T(itus) Flavius Dionysius 2 .<I>]Xaßetg Aovvclvo; 45

Epigraphisches Register.

KopßdJÄ'c; 75

Atja£|iay/j; 72

M(arcus) Licinius M(arci) l(ibertus)

Piator 58 Lypias, domo 2

[C(aius)] Marcius Cilex 2 C(aius) Marcius Firmus 2

Nsa-fevifjj 72 Netxea (NiKaia) 66

L(uciu5) Papius L(uci) l(ibertuG)

Fortunatus 41 <PaXa.-/.fiy. 72

L(ucius) Quin[tiliu5 41

sipu(lcrum) 52

TE'a{5a|Ao; 72

. . Itinae 52

Mapy.os TülXirj- Mapxou u;i; Pto|iaE5 68

Tux'S (Tf)^;) 66

Nachtrag.

Der Besprechung O. Kerns in der B. Ph. W. XXXII 1912 S. 1037 ff. entnehme ich, daß in dem mir derzeit nicht erreichbaren kleinen Buche von "E. 'Pr/.xxTj;, Bepäiiov, Athen 19 10 drei der von mir gebrachten Inschriften, die der <t>o(.X(i.y.py. (S. 72), die des Apay.tov (S. 74) und die des M. TijAAio; (S. 68) bereits enthalten sind, allerdings in zum Teil unrichtigen Lesungen.

C. Praschniker.

Karte des bereisten Gebietes.

BINDir^G SECT. APR 9 - )969

DR Praschniker, Camillo

701 Archäologische Forschungen

S5P73 in Albanien und Montenegro

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