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Aus dem Schwarzwald.

Gedichte BEudwig Auerbach.

(Aus ſeinem Nachlaß.)

Herausgegeben

von

Friedrich Geſzler und Ernſt Scherenberg. 5

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Druck und Verlag von Moritz Schauenburg. 1889.

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Inhalt. Seite. Ludwig Auerbach VI Zueignung von Ernſt Scherenberg. Enzthal.

(1860 1878.) Schwarzwald gruß 3 Über dunkeln Schwarzwaldbergen 7 Schwarzwälder Zeimatlied. ... 9 D 12 aao 13 Wildſchützen laune 15 „„ 2] D 40 2 Erkennſt dein Bildnis dus 23 r 24 Herbſtblätter I.. VW. 27 In goldener Frühe 36 o 38 hh 39 Bomm, ſtille Nacht 4] Wädtlihe Wanderung 43

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Sonntags

Kirchenſtille nun im weiten Wald 46 Serz und Natur; 47 Lerißenlos a 48 Herz, unſterblich iſt die Freude.. 48 Gd! 51 O Voͤglein im duftigen Blütengezelt 52 Goldener Morgen 53 Nach Jahren 54 Wieder Fommt ihr füßen Träume 56 Weihnachten 59 Die junge Wohlthäterin . - - . » 62 Winterabendro tr. 67 Weihnachten im Irrenhauſe 68 Wer rief den Kriegs . 75 Nun dreißig Jahre 82 Vergiß mein Volk die treuen Toten

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7 Schutterthal. (1878 1882.) in Prolog =... Win 5 WER Ratferhymme .. 2.214 7 Da 1

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IV

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Mond am Morgen

Am Waldſauuum

Grämlidhes Menſchenkind, blick f 102 Sonnen zauber 104 Der Kranke im Herbſt 108 be verent . . . . .. . . » 197 r A 109 Blauduftig die Dogefen . . . . . III c 1J3 Unter den Ruinen von Allerheiligen IIS r 117 Freudige Jugend, du biſt nicht mehr JJ9 Grau der Himmel 121 Dichter Nebel hält im Thal . J22 D 124 eetreiben 126

= 5. * D 128

Von Friedrich Geßler.

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Ludwig Auerbach.

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—2 Herzen voll Liebe, dem Herzen voll Treu’.

Um alternd Gemäuer floß goldiger Strahl,

Umglühte die Wälder, die Berge, das Thal;

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Wir ſchwiegen in Andacht, da ſcholl's von den Hoͤh'n: „O Schwarzwald, o Heimat, wie biſt du fo ſchoͤn!“ t + nn ur *

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Dein Lied war's, gefungen in Jugend

und Glück,

Vom Munde des Volkes nun klang dir's zurück;

Für Jahre voll Täufhung und brennendem Hohn

Dem lauſchenden Dichter der köſtlichſte Lohn!

Wie ſchlürft' er fo durſtig den labenden Trank: f

„O Schwarzwald, o Heimat, wie bring' ich dir Dank!“

Wo fhäumend Gewaͤſſer die Tanne um⸗

rauſcht,

Da haben wir Seele um Seele getauſcht,

Da haft du dem Freunde dein Innres entrollt,

So klar wie KXryſtall und fo lauter wie Gold,

Dein Streben und Ringen in Jubel und Schmerz

O Schwarzwald, o Heimat, wie ſchlug dir dies Herz!

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Nun iſt es gebrochen in Fülle der Kraft, Das treu bis zum Tode geſorgt und geſchafft. Nun roſtet das Schwert und nun raſtet der Stab,

Wo du es erſehnteſt, dort ward dir dein Grab.

Draus weht es wie Frieden den Rämpfen- den zu: n

„O Schwarzwald, o Heimat, in dir fand ich Ruh'!“

Die Lippe verſtummte, doch lebet dein

Lied,

Solang noch den Schwarzwald ein Wand- rer durchzieht!

Es rauſcht in den Tannen, es klingt in der Luft,

Schwebt über des Sängers ſchweigende Gruft a

Empor aus den Thälern, herab von den Hoh'n:

„O Schwarzwald, o Heimat, wie biſt du fo ſchon!“

Elberfeld, im Herbſt 1888.

Ernſt Scherenberg.

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Schwarzwaldgruß.

Schwarzwald deiner Tannen Rauſchen JIpwingt mit ſüßem Heimatton, Wie das Mutterwort den Sohn, Immerdar mein Herz zum Lauſchen; Ob geweckt von Sturmesmädten Wie ein Schlachtenchor es klingt, Oder ob es ſtillen Nächten Friedensmelodieen ſingt. Deiner treuen Schattennacht Hab ich ſeit der Kindheit Tagen, mild gelenkt von deiner Macht, Schmerz und Freude zugetragen. Schon des Anaben heiß Verlangen Floh des Hauſes düftre Haft, Einen Hauch von deiner Kraft, Deiner Freiheit zu empfangen. Hoch auf deinen freien Höhn, Wo die finſtern Tannenrieſen Trotzig ernſt im Windes wehn Rauſchen um der Halde Wieſen,

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Y Wo das Auge überfliegt

A Stolzen Blicks die Welt im Thale, Wie der Weih, der ſich im Strahle, Goldnen Lichtes drüber wiegt;

f Und in deinen ſtillen Gründen, Im Revier verſchwiegner Klüfte, Wo bewegte Abendlüfte

2 Wunderbare Märchen künden, Wo des Bergs zerriſſnen Adern Cuſt'ge Quellen laut enttofen,

. Wo von ſtaͤrren Felſenquadern Fröhlich nicken wilde Roſen, Wo verſenkt faſt unter Ranken

4 Burgruinen düfter ragen,

ji Der Vergänglichkeit Gedanken Im zerſprengten Wappen tragen,

4 Wo die ftillen Schattenräume EN

ir Noch des Wildes Spur bewahren, Wuchſen als dein Offen baren

7 meiner Dichtung fhönfte Traume!

Aus des Waldſees Fluten riefen 4 Sie das Elfenkind der Sage, Dem der Nachklang alter Tage

Funkelt aus des Auges Tiefen.

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Einen Zug Unendlichkeit Tranfen ſie aus deinem RNauſchen,

i Daß ich über Raum und zeit ; Forſchend drang, dem Geift zu lauſchen, | Der in deiner Einſamkeit Zu mir ſprach in tauſend Jungen, i |

Bis ein Hauch der Söttlichkeit Weihevoll mein Herz durchdrungen.

5 Jo haft du mich feſtgekettet, h

Biſt du teuer mir geworden. Bi

Wie zu eines Eilands Borden

Sich im Sturm der Schiffer rettet,

Hat ſich müde, ſchmerzzerſchlagen

Dir mein Herz auch zugewandt,

Und du wurdeſt meinen Klagen

Oftmals ein Erlsſungsſtrand!

Wie die Stimmen edler Toten

Sprach dein Flüſtern mir ins Herz,

Wenn verzweifelt ich im Schmerz

Trutz dem Kampf der Zeit geboten. 1

Deiner Friſche einen Hauch

5 Gabſt du mir zum Troſt und Segen, h 1

Daß ich trug das Leben auch de Stark und friſch auf dunkeln Wegen.

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RR HE Immer hat dein Zauber bald Wieder mir das Herz bezwungen, Tief hat mich dein Geiſt durchdrungen, Wunderbarer ſchwarzer Wald!

Ernſt wie du ins Thal hernieder Schau ich auf des Lebens Bahn,

Doch im Innern jubeln Lieder Friſch und freudig himmelan! x 7, Le er -

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Über dunkeln Schwarzwald- beraen.

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ber dunkeln Schwarzwaldbergen

Flammt des Mondes Licht empor, Freundlich wie ein lieblich Antlitz Taucht es aus der Wolken Flor. Fröhlich baden ſich die ſchwarzen Tannen in dem goldnen Strahl, Schimmernd trägt des Stromes Welle Sein erheiternd Bild durchs Thal.

Wie fein füßer Friedenszauber Um des Dorfes Hütten fließt Und auf tagemüde Stirnen Seiner Träume Tau ergießt, Quillt aus meiner Seele Tiefen Auch empor ein ſtrahlend Licht, Aus vergangner Tage Dunkel Grüßt ein lieblich Angeſicht.

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Und ich fühle ſeinen Zauber Wunderbar in mir erneut; Wie er in mein dunkles Leben ich Seiner Wonnen Schimmer ſtreut Er Und die finfteren Dämonen meines Herzens wiegt zur Ruh O verfläre alle Nächte, mondlicht meiner Seele du!

Schwarzwälder Seimatlied.

G Schwarzwald, o Heimat, wie biſt du ſo ſchön! Wie locken das Herz deine ſchwarz⸗ dunkeln Hohn Zum fröhlichen Wandern in Hochſom⸗ merzeit, Zum Raſten in heimlicher Einſamkeit, Im traulichen Mühlgrund bei Guellen⸗ getön © Schwarzwald, o Heimat, wie bift du fo ſchoͤn!

O Schwarzwald, o Heimat, wohl hat mir die Welt mit köſtlichen Wundern die Seele ge- ſchwellt: Die lachende Ferne erſchloß ihre Pracht Doch hab’ ich in Liebe ſtets deiner gedacht, Im Traum ſah ich winken die ſchwarz⸗ dunkeln Höhn O Schwarzwald, o Heimat, wie biſt du fo ſchoͤn!

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* O Schwarzwald, o Heimat, dein Rauſchen erklang Ins Träumen des Kindes wie Wiegen geſang, Und fpäter, da gabſt du dein weites 9 Revier

Zum Tummelplatz fröhlichſter Spiele mir: Die lauſchigen Thäler, die ſchauenden

Höhn O Schwarzwald, o Heimat, wie biſt du fo ſchön!

O Schwarzwald, o Heimat, noch heut füllt die Bruſt Ein Nachklang der ſchwärmenden brau- ſenden Luft, mit der du die Stirn mir beim Mai- trank befränst, Wo Schönheit und Liebe den Becher

Fredenst,

Bei Tanz und bei Liedern und Walbd- horngetön

O Schwarzwald, o Heimat, wie bift du fo ſchoͤn!

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O Schwarzwald, dein Zauber bleibt

ewig und neu,

Drum lieb' ich dich innig, dich lieb' ich getreu!

Und kommt einſt mein Stündlein, bei dir nur allein

Von dir überwölbt will begraben ich ſein,

Wo Waldvogel jubeln von frühroten

fo ſchön!

Höhn, N O Schwarzwald, o Heimat, wie bift du

Tannenbluͤte.

Nun blüht die Tanne, doch du merkſt ees kaum, Unſichtbar faft ſind ihre Lenztrophäen, Und nur ihr Drängen zu dem Sonnen- lichte, Ihr leiſes Fluͤſtern in des Windes Wehen Verrat dir ihren ſel'gen Maientraum Und ihres Blühens duft'ge Lenzge⸗ ſchichte. Im ernſten Angeſichte Des reifen Mannes, dem ein Gott die Seele Noch einmal mit der Liebe Lenz geſegnet, Siehſt du auch kaum, welch! Wunder ihm begegnet, Denn ſorgſam ſucht er, daß er dir's verhehle. f Nur feines Auges Glanz, fein ruhlos Sinnen Auf Schöne Thaten kündet dir fein Minnen!

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Der Waldbach.

wie klar den Himmel tragend Ströͤmſt durchs Hochthal du dahin, Singſt durch grün bemooste Ufer Holde Friedensmelodien.

Aber dort, wo über Felſen Du dich ſtürzeſt toll und wild, Da zerſchellt in ſprühnde Funken, Kaum gegrüßt, der Sonne Bild.

Und durch ſchwarzen Tannenſchatten Eilſt dahin du ruhelos; Wiegeſtillter Sehnſucht Klage Gleicht der Waſſer dumpf Getos.

Wetter nähren deine Fluten, Sturmesfreudig ſpringſt du auf, Und zerſtörſt des Ufers Blumen Schonungslos in deinem Lauf.

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mögen ſie vergehn und fterben, Ach! dich zwingt's dämonenhaft, Todesfroh dich ſelbſt vernichtend, Auszuſtürmen deine Kraft!

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Vildſchüßenlaune.

Tecra, Walde 5 Abend⸗ * ſchein! In die Lichtung flutet er voll herein, Um das Jagdhaus, vor dem die Linde rauſcht Die heimlich durchs offne Fenſter lauſcht Wo der Förſter mit feinem Kinde ſitzt, Glorienhaft fein Leuchten blitzt.

Zitternd ſtiehlt ſich ein ſchwaches Licht Auch auf des Mannes Angeſicht, Der dort am Waldſaum lauernd ſteht, Finſtern Blickes um ſich ſpäht, Sorgſam prüfend von Zeit zu Jeit Den alten Stutzen, ſein treu Geleit.

„Dem Teufel mag ich verfallen ſein, Vergaͤß ich je der Schmach und Pein, Die du, Herr Förfter, auf mich gebracht, Als höhnend die Waiſe ihr verlacht, Die an der Leiche des Vaters geklagt, Dem du die Kugel durchs Herz gejagt!

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„Heut find es gerade fünfzehn Jahr!

Ich ſeh' noch den Alten mit blutigem Haar;

mit zerſchmetterter Bruſt und mit zuckendem Mund

Lag er im ſtillen Fohrengrund.

Und konnt' er nicht ſprechen, fein Leiden ſchrie:

„Junge, vergiß der Stunde nie!“

„Am Steinkreuz in der Felſenſchlucht Begrub ich den Vater, da hab' ich ver⸗ flucht mein jungfriſches Leben, bis daß ich gerächt, Was der Herr geſündigt am armen Knecht, Der nur für die hungernde Rinderſchar An fürſtlichem Überfluß Frevler war!

„Wer wagt's, uns zu eiten TE Kennt ihr die Not, Die tödlich das Leben der liebsten be⸗ droht? Der Hunger, der wie ein finſterer Geift Auch jegliche Freude von uns weiſt,

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hegt, Und das karge Mahl nur mit Thränen netzt?

„Und draußen da ladet der freie Wald Den Armen in ſeine Schatten bald Und zeigt ihm in feinem luft ' gen Gefild Das fröhlid ſich tummelnde Edelwild; Und wir ſollten hungern mit Weib und Kind,

Weil wir in Armut geboren ſind!?

„Ihr kennt das Geſetz des Mächtigern nur, Seid nicht barmherzig wie die Natur, Gönnt nicht mal den Abhub vom Über⸗ fluß! So leb denn die Rache und Schuß um Schuß! Ja, tändle nur, Graubart, mit deinem Rind: Ich weiß, wo die Wunden gefährlich find!

Den müden Fuß nur nach Nahrung

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„Ich hab' es erfahren!“ Und fiebernd empor Reißt er den Stutzen da trägt an ſein Ohr Ein Wort des Kindes die Abendluft, Wie zärtlich es „lieb Vater“ ruft: Und reglos ruht ſeine Hand am Hahn Lang ftarrt er Kind und Vater an.

Wie der immer finſtere Jaͤgersmann Heute fo huldreich lächeln kann! Auf des Kindes lieblichem Angeſicht, In der blauen Augen fonnigem Licht Ruhet fein Blick fo verklärt und mild, Als ſtimm' ihn zur Andacht das lieb⸗ liche Bild.

Sein Herz iſt heiliger Liebe voll: Des Haſſes Dämonen und jeglicher Groll zogen dahin wie Schatten der Nacht, Wann das Frührot über den Firnen lacht;

Seines Rindes trauliches Schmeichel⸗ wort,

Scherzen und Koſen trieb fie fort.

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Freudig in ſüßer Vaterluſt Zieht er das Kind an die wogende Bruſt, Kußt es in innigem Liebesdrang, Mochte für feinen Lebensgang In ſtummem Gebet ſeines leuchtenden Blicks Glühend erflehn alle Huld des Geſchicks.

Plötzlich ein Schuß! und ſieh! in die Wand, Nah an dem Förfter vorübergefandt, Schlägt eine Kugel pfeifend ein.

| Bleich wie im Sturme des Mondes Schein Springt er empor und birgt geſchwind zitternd am Herzen das teure Kind. „Vergebung, wenn ich dich aufgeſchreckt, Zu rauh dich aus deinem Spiel geweckt, Doch wir kennen uns ja heut jährt ſichs Mann! Daß du mir den Vater erſchoſſen im Tann! Als Knabe ſchon ſchwur ich dir gleichen N r

Tod, Und niemals hab ich vergeblich gedroht!

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„Wie zu treffen ich weiß, bewies ich im Scherz Doch hat dein Kind mir bezwungen das Herz. Leb wohl! ich vergebe die ſündige That, Frei wandelſt du künftig deinen Pfad, Hoch halte dein Kind dein Rind allein Beſchuͤtzte dein Leben und hieß mich ver- zeihn!“

Und eh' ſich der Förfter dem finftern

Traum

Entriſſen, war hinter Strauch und Baum

Der Wildſchütz entſchwunden, auf feiner Spur

Horte man Rauſchen des Waldes nur,

Wie Worte des Segens, für den, der im Drang

Brennenden Haſſes ſein Herz bezwang.

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Vorfrühling.

Hai und 55’ die weite Au Und der Himmel trüb und grau, Aber heimlich leiſe Unter Schnee und Eiſe Webt Natur für alles Land Schon ein duftig Lenzgewand.

Seele, du fragſt manchen Tag, Ob dir Glück noch werden mag, Siehſt du doch nur Sorgen Nahn mit jedem Morgen, Dennoch hoffe, müdes Herz, Dir auch reift ein Glück im Schmerz.

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Mürznacht.

8 Walo Raufchen, Raunen und Wogen Wan nan der nächtigen Flur! f Sind wach deine Geiſter alle,

Lenzbrütende Natur?

Haſt du dich befreit und ſchüttelſt Vom Haupte den Winterreſt

Und bereiteſt nachtverſchwiegen |

Dein bräutlich Frühlingsfeſt?

Wild rauſchen des Stromes Wogen, Ein ſehnſuchtsvoller Hauch Durchflutet die Nacht und löſet Die Anofpen an Baum und Strauch.

Walddroſſel hat es verkündet, Als die Sonne ging zur Ruh: Freue dich Erde, bald nun Grüßeſt den Frühling du!

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Lrkennſt dein Bildnis du?

Freiesvotter Frühlingsabend, Wie hold verflärft du die Welt! Der Himmel hat nach dem Sturme Sich freundlich aufgehellt.

Das Thal ſo ſtill, ſo ruhig, Nur Vogelrufen ſchallt,

Und leifes Schlummergeflüfter Weht durch den träumenden Wald. Der Strom doch wallet und brauſet, Kennt nicht des Abends Ruh t r

Du ruhlos ſtürmende Seele Erkennſt dein Bildnis du?

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Maigruß.

S ſonnenlichte Maienwelt Haſt du die ganze Erde Verwandelt in ein Blütenzelt, Daß ſie recht lieb uns werde? Am Strauch und Baum mit Liebesmacht Haſt Rofenflammen du entfacht, Die aus den grünen Zweigen Lenzfroh zum Himmel ſteigen.

Und droben in dem lichten Blau, Wie jauchzt da deine Seele Und ſtrömt den friſchen Kiedertau Aus heller Lerchenkehle. Und erſt im Wald giebt's luſt gen Klang, Der Amſel und der Droſſel Sang Zieht durch die grünen Räume Wie laute Jugendträume.

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Du märchenhafte Maienluſt, Du junges, kräft ges Leben! Wie rührſt du dich in meiner Bruſt Und willſt dich ſehnend heben, Um mit dem erſten Morgenſtrahl Raſch über Berg und tiefes Thal Bei Glockenſchall mit andern Mailuſtigen zu wandern.

Friſch wie der Strom das Thal durch⸗

rauſcht,

So geht es durch die Auen,

Und nimmermüd' die Seele lauſcht, Die fhöne Welt zu ſchauen.

Wo ſie entſchleiert ihre Pracht, mein Auge glutbegeiſtert lacht, Und Gottgedanken ſchweben Verklärend durch mein Leben!

Und kehren wir dann abends ein Beim Wirt der Frühlingsgeiſter, Dann opfern wir zum Maienwein Den duftigen Waldmeiſter.

In CLichtpokalen ſchäumt fein Blut! Schon perlt er an der Purpurglut Der ſchönſten Mädchenlippen,

Die ihn kredenzend nippen.

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Und die uns den Pokal kredenzt, Die Schöne laßt uns leben! Nun wird frohlockend noch bekränzt Der Hut mit jungen Reben. Dann feiern wir im Rundgeſang Bei Hörner- und bei Becherklang Bis Mitternacht im Freien Die gold'ne Luft des Maien!

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Herbſtblaͤtter.

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S diefer ſanfte milde Hauch, Der jetzt das ftille Thal durch⸗ ſchwebt, Die letzte Roſe weckt am Strauch,

+ | | ! Den letzten Falter noch belebt! |

© dieſer wunderbare Glanz

Wie Demantfunfeln auf den Höhn! Du ſchmückſt dich mit dem letzten Kranz, Natur, noch einmal ernſt und ſchön!

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II.

Die Sonne glüht, die Waſſer funkeln, Und von des Weges Bäumen lacht Des Herbſtes Frucht, die farbenſatte,

B Die Wälder blühn in Purpurpracht. Wie lieb' ich dieſe milden Tage Voll friſchen Hauchs, voll Sonnenduft, Die klar und rein, voll kraft'ger Schöne Sich lagern auf des Sommers Gruft.

Im Herzen welche heitre Stille, Und welche Fülle rüſt'ger Kraft! Gelöft in anſpruchlos Genießen Der wirre Traum der Leidenſchaft!

O laß mir doch den klaren Frieden, Der fonnig dieſen Tag verklärt, Laß mir ihn, Genius des Lebens, Der dir zu danken fromm mich lehrt!

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III.

\ Schwabenland, wie biſt du ſchön,

Wenn von den grünen Rebenhöhn Der Herbſtruf in die Thale ſchallt, Zur Leſe wandert Jung und Alt!

In Keltern ſchaͤumend Traubenblut Bezeugt des Jahres Sonnenglut; Ihr dankt der Winzer fröhlich Herz Im hellen Lied, im derben Scherz.

Welch regſam Leben iſt erwacht, Durchwogt den Tag, durchſchallt die Nacht: Des Böttchers Schlag, der Wagen Zug mit Glöckchenſchall und Bänderflug!

Und abends in des Mondes Glanz Flammt auf die Luft im Erntetanz. Wie ſtolz der Burſch fein Mädel ſchwingt, Wie füß das Wort der Liebe klingt!

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Ein Hauch von dieſer reichen Kuft, Strömt mir auch voll in meine Bruft. Des Volkes Kraft und Freudigkeit Empfind' ich mit zu dieſer Zeit.

Nach heißer Arbeit Sorg' und Haſt Der Ernte Glück, des Friedens Raſt Die jubeln heut auf dieſen Höhn:

O Schwabenland, wie biſt du ſchön!

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IV.

ch! Aus blauen Ätherhöhn Wandervögel jingen, Wollen, letzte Roſe, dir Sceidegrüße bringen. Traurig ſenkſt dein Köpfchen du: Rlanglos, ohne Lieder Blüht dir nun des Lebens Mai, Arme Blume, nieder.

Aber uns, mein holdes Lieb!

Fielen beſſre Looſe,

Blühſt du meinem Leben auch

Selbſt als letzte Roſe;

Frühlings zauber weckteſt du

Mir doch im Gemüte,

Einen vollen Lebensmai,

Duft und Strahl und Blüte! |

Und vertrauend darfſt dein Herz Du an meines legen; s iſt Fein ſchuͤchtern Jünglingsherz mit verzagten Schlägen!

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s ift getauft in Lebensglut,

Und in Wetterguͤſſen,

Hat der Schmerzen ſchweren Joll Früh ſchon opfern müſſen.

Doch es ward kein totes Land, Friſch iſt es geblieben, Wie ein feurig Jünglingsherz Dich, mein Rind, zu lieben; Doch auch ſtark mit Manneskraft Seine letzte Roſe Dich! zu ſchützen, ob um ſie Lebensſturm auch toſe!

Kann die Mannesſeele dir Jugendreiz nicht geben, Rlanglos nicht wird niederblühn Drum dein ſchönes Leben.

Was ein Gott in ſie gelegt Soll dein Dafein ſchmücken, Einen vollen Blütenkranz Auf die Stirn dir drücken!

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erbſtlich trübes Abenddüjtern HBullt in Nebel Wald und Flur. Alles ftille; Waldesflüftern, Stromesrauſchen hör' ich nur. Manchmal auch von Roß und Wagen, Wenn fie raſch am Bergabhang Schattenhaft vorüber jagen,

b Hör' ich dumpfen Donnerklang; f

Doch kein Lied, das ſonſt das Scheiden Eines Erdentags verſchönt

Und die ſchwer bekämpften Leiden meines Herzens mild verſöhnt.

Schöpfermüde ruht die Erde, Lautlos in ſich ſelbſt verſenkt, Seit von ihrem Gpferherde Sie die letzte Frucht geſchenkt. Und es lauſcht mein Herz vergebens, Ernſter Gramgedanken voll, Nach dem tiefen Ruf des Lebens,

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Der fo mächtig ihr entquoll: Wird's dereinſt auch im Gemüte, Das ſein friſcher Hauch noch ſchwellt, Wenn mein Sommertag verglühte, Still und tot wie rings die Welt?

Horch! da hör' ich Freudentöne: Glöcklein klingen durch die Nacht. 2 Durch die luſt'gen Winzerföhne Wird der erfte Wein gebracht. Lichter flammen auf im Thale, Lieder ſchallen! Fackelſchein Lockt mit düfter rotem Strahle Zu der Schenke mich hinein. Bald im Kreife froher Zecher, Wie verwandelt meine Welt! Fröhlich ſchäumt der Wein im Becher, freudig iſt mein Herz geſchwellt.

Aus des Weines duft'ger Süße

Und aus ſeiner milden Glut

Schlürf' ich ſtill des Sommers Grüße, Der gereift der Traube Blut.

Sein erloſchnes Sonnenfeuer

Sprüht in dieſem edlen Naß,

Weckt zu Lebensluſt, zu neuer, Freud'ge Liebe, ſtarken Haß.

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1 Allem Guten, allem Schönen Freud'ge Liebe thatbereit,

Aber allen die fie höhnen,

Starken Haſſes grimmer Streit. Jugend! ſterben kannſt du nimmer: Rettend wie der junge Wein Sonnenglut und Sonnenſchimmer Sog ich deine Gluten ein.

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In goldener Frühe.

E⸗ taucht der Morgen in Roſenglut

Die Wipfel der Tannenrieſen; Hellglänzende Lichter küſſen die Flut Des Waldbachs und tauige Wieſen.

Aus goldener Ferne Lerchenſang Und Stimmen aus jedem Strauche Und das erwachende Thal entlang Frühglocken im Morgenhauche!

Ich wandle dahin am Bergesfaum, mein Herz trinkt Strahlen und Töne, Den ganzen erquickenden Lebenstraum Aus dem Becher der Morgenſchöne.

Da fühlt ſich die Seele gut und rein, Da wachſen ihr Adlerſchwingen, Da möcht' in die lachende Welt hinein Sie edelſte Thaten bringen.

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Da wird die heiße Sehnſucht Gebet: © mög’ es ein Gott mir geben, Der Schönheit adelnde Majeftät Ju retten für mein Leben;

Daß wenn der Tag mich wieder um⸗ lärmt mit des Dafeins Wirrfal und Mühe, Ihr Glanz mein ſehnend Herz erwärmt Wie im Hauche goldener Frühe!

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G ſonnenreiner, klarer Morgen

Nach langer, trüber Regenzeit! Wie e falt dein Licht, das lang verborgen, Die Erde faft mit Trunkenheit.

Das iſt ein Gluͤhen und ein Glänzen Von Thal und Hohn, von Buſch und Kain. Das Dörflein an der Feldmark Grenzen Wie lacht's verklärt im goldnen Schein.

Wie anders ſelbſt die MRenſchenherzen! Verdroſſen geſtern, ſtumm und kalt; Heut hör' ich fingen, hör’ ich ſcherzen, man ruft mir zu von Feld und Wald.

Strahl auch in mein Herz deinen Segen, Du ſüßes ungewohntes Licht, Das endlich nun nach rauhen Wegen Sieghaft durch alle Schatten bricht!

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Dämmerung.

Dunkel wird es im Waldesthal,

Nun auch des Tages letzter Strahl Über des Bergjochs Tannen verglüht Und im Strome fein Bild verblüht.

Heimliche Stille allerwärts, Wur der Strom und mein banges Herz Pochen und rauſchen immerzu, Kennen die Raſt nicht nimmer die Ruh’.

Auf dem Waldfteg hab' ich gelauſcht, Wie die Waſſer dahingerauſcht. War’s nicht wie flehender Klagelaut, Rufe von Schmerzen, die mir vertraut?

Stürmende Wellen, wohin? woher? Wiege das Moos und Grab das Meer! Und dazwiſchen der ruhloſe Streit, Dunkel das Ziel, und der Weg fo weit!

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Nieder vom Himmel als funkelnder Tau, Aufwärts als ſtürmiſches Wolkengrau, Wieder zur Erde, wieder die Bahn Wie vordem auch zum Ocean.

Bild des Lebens, was ſollſt du nur Deuten und fagen der Kreatur, Die durch das ewige Einerlei Kämpft und ringt mit der Sehnſucht Schrei?

Aber wie lang ich lauſchen mag, Bis ſich in Nacht verloren der Tag Raſtlos brauſen die Waſſer fort, Bringen mir nicht das erlöfende Wort!

Bringen ſie's nicht es iſt doch kein

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Wahn: Einſtens nimmt uns ein Ocean a Ewigen Friedens nach dem Lauf Ruhlos wogenden Dafeins auf! u

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Komm ſtille Nacht!

Komm ſtille Nacht, mit deinen Schatten Und decke mild die Erde zu,

Auch über mir, dem Sturmesmatten, Laß ſchweben deine Friedensruh'! Gerungen hab' ich heiß am Tage Für Recht und Pflicht mit Mannesſinn, Nun küſſe mir vom Mund die Klage, Du aller Müden Tröfterin.

Führ mich vom Ölberg meines Lebens, Wo ich geſchlüͤrft den Kelch der Pein Und um Erlöſung bat vergebens,

Yun in des Friedens Patmos ein;

Da laß aus des Gefühls Verſteinung, Wie Moſes aus der Felſenbruſt,

Aus dürrer Öde der Verneinung

Mir quellen friſche Lebensluft!

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RM O hauch in deinem heil'gen Schauern

Ins Herz den Odem junger Kraft,

Daß ſtark es ſich aus Gram und Trauern

Zu friſcher Geiſtesthat errafft!

O laß nach wildem Tagesreigen,

Laß, wenn der Hände Werk voll bracht,

Die Seele zu den Sternen ſteigen,

Du tröſtungsreiche milde Nacht!

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Nächtliche Wanderung.

Danrte Nacht im weiten Forſt: Keines Sternes Schein Leuchtet in die Finſternis Holden Blicks herein.

Nur der Schnee erhellt den Pfad, Der unendlich weit Sich vor meinen Blicken dehnt

Durch die Einſamkeit.

Finſter drängen rechts und links Sich die Bäume her, Wie die Boten bangen Leids: Schweigend, trüb und ſchwer.

Fernab brauft der Waſſer Fall, Tönt unheimlich ſchrill Eines Käuzchens Klageruf Still ſonſt alles, ſtill!

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Wie verdoppelt ſich der Schritt: Wilde jähe Haſt Treibt mich, als ob Geiſterhand Kalt nach mir gefaßt.

Tru be Mare raunt ins Ohr mir der Sorge Pein, Furcht für meiner Lieben Wohl Schleicht ins Herz hinein.

A Gute Genien fhügt mein Haus, Stillen Glücks Afyl: Kinderaugen lieb und klar, meiner Wandrung Ziel!

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Sonntag.

Komme wieder, komme wieder, Sonnentag voll Licht und Glanz! Tauch in deine Feuerfreude meine müde Seele ganz!

Trag mit deinen Glockenklaͤngen Aus dem Staube ſie empor! Gie b ihr wieder, gieb ihr wieder, Was ſie Söttliches verlor!

Zu des Geiſtes Hochaltaren Gönn ihr fromm den Sehnſuchtsflug, Laß fie trinken, laß fie trinken Ew'ger Schönheit vollen Zug!

Caß fie ſchauen, laß lie fühlen Deinen milden Friedenshauch: Tag des Lichtes, Tag der Freude Deines Gottes bin ich auch!

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Kirchenſtille nun im weiten Wald.

Kircenſtle nun im weiten Wald, Seiner Vöglein Lieder find verhallt Und verſtummt der taufendfältige Laut Im Gebuͤſch und Heidekraut. Nur der Bach allein Mag nicht ſtille ſein, Singt bewegt, was ihm Natur vertraut.

Einſam auf des Ufers Felſen ruh' Sinnend ich und hör' den Waſſern zu; Ach verſtehen möcht' ich nur einmal, Was ſie ſingen durch das ſtille Thal,

Seit vom Mutterſchoß

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Sie ſich rangen los, Ungeftüm in wilder Sehnſucht Gual. 5 r 2

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Herz und Natur.

Dünere Wolfen Am Himmelszelt, Schatten der Schwermut Verhüllen die Welt!

Bang iſt die Seele Da plotzlich ein Strahl: Goldene Sonne Durchflutet das Thal!

Funkelnd und wogend Begrüßt fie der Fluß; Schauernd empfindet Das Herz ihren Kuß!

Ach, oft ein Lichtblick, Ein einziger nur: Siehe, verwandelt Iſt Herz und Natur!

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Lerchenlos.

S ſelige Lerche, o könnt' ich wie du Im Sonnenäther mich baden

Und jauchzen der Erde Schönheit zu Hoch über der Menſchheit Pfaden! Könnt’ ich den ganzen Jubel der Bruſt

In Liedern wie deine faſſen

0 Und ſie als ſprühende Funken der Cuſt Aufleuchten und ſterben laſſen! Nur einmal das heiße ſtuͤrmiſche Herz In deine Wonnen tauchen,

Dann würd' ich der letzten Stunde Schmerz In ſeligem Lächeln verhauchen!

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Herz, unſterblich iſt die Freude.

Eiferſuchtig deiner Sorgen Finſtrer Hüter willſt du fein, Doch an einem ſchönen Morgen

Kehrt der Lenz bei dir auch ein!

Aufwärts zu dem Born des Lichtes Lockt dich feiner Lerche Ruf, Und erhellten Angeſichtes Schauſt entzückt du, was er ſchuf!

Seiner Bäume Blütenflocken Leuchten feſtlich durchs Gefild, Und mit bligendem Frohlocken Tragt der Strom der Sonne Bild!

Wo du gehſt, auf allen Wegen Grüßt dich duft'ge Blumenpracht, Iſt des Frühlings Blütenfegen Zu lebend gem Reiz erwacht!

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Hell aus dunkelm Tannenwalde Bricht der Buchen junges Grün, Und das tauige Moos der Halde Funkelt in der Sonne Glühn.

Und aus allen Höhn und Gründen Ruft und lockt der Vögel Chor, Eine Botſchaft zu verkünden Jedes frommen LCauſchers Ohr.

Herz, unſterblich iſt die Freude,

Ob ſie auch verſchüttet lag,

Endlich doch nach ſchwerſtem Leide Kommt ihr Auferſtehungstag!

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Slüf.

träume nur des Glüdes Traum, | Wo ’s deine Seele grüßt; Und wenn es flücht'ge Stunden kaum

Das Weltleid dir verſuͤßt.

Iſt es ein Fremdling nur der Welt, Heg's dennoch liebevoll; Und wenn es auch nicht Treue hält, Verfolg es nicht mit Groll.

Beſeligend hat doch ſein Strahl Dein Haupt einmal berührt, Du haſt im Tiefſten doch einmal Das Götterfind gefpürt.

DI Bönlein im duftigen Bluͤtengezelt.

) Döglein im duftigen Blütengeselt, 7 Wie ift dir in diefen Tagen? Du trillerſt und jubelft, als müßteft der Welt Von ſeltenen Wundern du ſagen.

In Rofenflammen dein Apfel baum, Dein Neſt in Blüten begraben Wie follte dein kleines Herz da noch Raum Für all dieſe Wonnen haben?

Drum ſchmettert ſo machtvoll in jubelndem Klang Dein Lied aus den ſchauernden Zweigen, Als müßteſt ausftrömen der Freude Drang Du aufeinmal und ſelig dann ſchweigen!

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Goldner Morgen.

Gaiden lacht und glüht der Morgen

N Uber maiengrünen Höhn

| Und du, Seele, ſinnſt voll Sorgen, Und die Welt iſt doch fo ſchoͤn!

Glocken rufen, Vöglein ſchlagen,

Blütenlicht durchflammt das Land.

Wirf dein Jagen und dein Klagen, Herz, in dieſen Freudenbrand!

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Nach Jahren.

Du lieber Wald, wie lange

mied ich dein traut Revier; Nun klang wie fröhlich Grüßen Dein Rauſchen über mir.

mir war's, als müßt' ich ſchmiegen mich feſt an jeden Baum, mich mit den Wipfeln wiegen Und träumen alten Traum.

Be zaubert ſtand ich lange, Wo aus der Felſenbucht weißſchaäumend, freiheitsſelig Hinbrauſt der Waſſer Flucht.

Im ernſten Hochthal fühlt' ich Wie einſt in alter Zeit Durch meine Seele ſchauern Den Geiſt der Einſamkeit.

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Dann droben auf der Halde

Sah ich des Tags Verglühn, Um deine dunkeln Wipfel Sein goldnes Feuer ſprühn.

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Wieder kommt, ihr ſüßen Traͤume.

Wieder kommt, ihr ſüßen Träume, Die die Jugend mir beſeelt, mir ſo wunderbare Mären Von der weiten Welt erzählt.

Ach, ich hatte längſt vergeſſen Euch zu lauſchen andachts voll In dem wilden Kampf des Tages, Der ans Ohr mir dröhnend ſcholl.

In dem Wirrſal dieſer Stürme War die Sehnſucht bald erſtickt, Die mit frommen Kinderaugen Nach der Schönheit Blume blickt.

Hat ſie auch nach heißen Tagen Oft noch ſchüchtern angepocht, Ach ich hab' ſie ſtrengen Geiſtes Weltbefangen unterjocht.

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War ich doch mit allen Sinnen In des Nutzens harter Fron: Unbeliebter Arbeit Sklave, Sprach ich meinen Göttern Hohn.

Raſch erwerben, raſch genießen Schien auch mir ein klug Gebot, Doch in dem bacchant'ſchen Taumel Schrie oft wild des Herzens Not.

In dem Wettlauf nach dem Glücke Pries man oft als Sieger mich, Während mir ein bittres Weinen Heimlich durch die Seele ſchlich.

Heimatlos im eignen Herzen, Fand ich nirgends volle Ruh', Lachte mir vom Tiſch des Lebens Wie ein voll Behagen zu.

Wieder kommt, ihr ſüßen Träume Gottbeſeelter Jugendzeit, Mich von neuem zu beglücken, Seit das Herz in mir befreit.

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Treu will ich nun zu euch halten, Genien der Schönheit, lehrt Euren Gottesdienſt mich wieder Und des Herzens heil'gen Wert!

UÜberglänzt mein künftig Leben Wie ein ſanftes Sternenlicht Eurer würdig es zu formen,

Sei mir Wonne, Troſt und Pflicht!

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Weihnachten.

Komm, heil ge Nacht, mit deiner Sternenleuchte,

mit deiner Kerzen freudigem Gefunkel!

O komm brich aller Leiden truͤbes Dunkel,

Das gütig oft dein göttlich Licht ver⸗

| | ſcheuchte! | Noch währt dein Zauber ewig unver- | alter | Trotz aller Zweifel, kritiſchem Verneinen: ö Mit Jubel grüßt das Herz doch dein Erſcheinen | Und jeden Ort, wo deine Feier waltet; Zum Paradies geſtaltet N Dein Geiſt des Hauſes Herd auf kurze N Stunden: Wo Kinder jauchzen um den Weihnadts- baum, Rührt ſelbſt der Alten Herz ein Freuden⸗ traum, Wie reiner es noch keinen hat empfunden,

Daß tief und dankend es erkennt: noch immer

Iſt unſrer Welt ein Engelgruß dein Schimmer!

Ein Nachglaͤnz jenes Lichts, das um

die Hirten

Vor Bethlehem einſt wetterleuchtend flammte,

Prophetiſch ſprach von des Erlöfers Amte:

Das Heil des Lichts, der Liebe, der ver- irrten

Unſel'gen Menſchheit gnadenvoll zu ſpenden

Iſt deinem Leuchten, heil'ge Nacht! ver- blieben.

In deinen Sternen ſteht es hell geſchrieben:

Woch will den Heiland Gott euch allen ſenden,

Woch will die Not er wenden,

Die ſchwer bedrückt fo viele Erdenföhne,

Drum geht ſein Engel leis von Haus zu Haus,

Und teilt der Liebe fromme Gaben aus,

Daß Liebe bitt'rer Armut Leid verſöhne,

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Daß heute ſie nicht weint in Gram verloren: Nur uns iſt nicht der heil ge Chriſt geboren!

O doch, der Heiland echter Liebe wird

geboren,

Mag auch die Selbſtſucht taglich Sklaven werben,

Manch Hochgefühl in ihrem Gifthauch ſterben,

Mag ſie den Edlen werfen zu den Thoren;

Mag ſie des Geiſtes heißen Rampf ver- höhnen

Undeinen kurzen Tag das geld des Lebens

Beherrſchen und das Ziel des Menfchen- ſtrebens:

Der Sieg bleibt doch des Geiſtes treuen Söhnen!

Das klingt mit Engelstonen

In jedem Herzen nach als Troſt und Segen,

Dem du die Weihe gabft, hochheil ge Nacht!

O komm und übe deine Jaubermacht

In Hütten und Paläften allerwegen,

Daß Liebe wird zum Prieſtertum erkoren

Und jede Seele jauchzt: Chriſt iſt geboren!

*

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* N 2 CN . zes. 5 1 | Die junge Wohlthäterin.

Von Dome Feierabendglockenklang; | Dort aus den lichtdurchſtromten Sälen tönen 5 Bacchantiſche Muſik und luſtiger Geſang j Und helles Lachen ſiebzehnjähriger Schönen.

Wie ſchaukelt auf den Wellen der Muſik Die Seele ſich in wonnigem Behagen; Vom Lichtesglanz durchſonnt den frohen

Blick, Fühlt ſie ſich wohl von Genien getragen! 7

Wie blitzt das Auge! Wie die Lippe ſchwärmt! Wie rauſchen ſtolz die prangenden Ge- wandel Wie ift es möglich, daß ein Herz ſich harmt In dieſem wonneduft'gen Feenlande!

Es blitzt das Auge, doch es ſtrahlt nur Hohn! Die Lippe ſchwärmt, das kleine Ich zu Frönen; Die Lüge lauſcht im Wort wie ein Spion, Verrat zu üben an dem Hohen, Schönen!

Der Jungfrau Herz wird hier zu Markt gebracht, Um das die Tänzer, wie um Ware lofen Du reines Kind! der Froſthauch ſolcher Nacht Bricht oftmals deiner Seele ſchoͤnſte Roſen!

O komm mit mir fort aus dem lichten Saal! In dunkle Straßen führen unſre Pfade. Hier wohnt der Paria, der Not und Qual Sein Leben nennt, und Sterben Luſt und Gnade.

Sieh in dies Stübchen! Sieh die Gruppe dort Der Kinder Jubel um die junge Dame! Wie lauſchen fie mit Gier auf jedes Wort, DasfihvertrautverrätmitihremGrame!

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Sieh, wie fie jedem eine Gabe bringt,

Und wo die Gabe nicht vermag zu lindern,

Da iſt ihr Wort, dem Heilung oft gelingt,

Ein Engelgruß den Alten und den Kindern!

Und mit der Geberin ſtillſegnend gehn Die Genien des Friedens in die Hütte. Die arme Frau empfindet wohl ihr Wehn Und ordnet Hausgeräͤt und Lagerſchütte.

Die junge Dame, welcher Gott es gab, Um auch, wie du, recht fröhlich fein zu dürfen, Entfernt die Dornen von des Bettlers Stab Und nennet dies: des Lebens Wonne ſchluͤrfen.

Du, die noch nie in deiner Freuden Traum

Geahnt der Brüder ſchmerzliches Ent⸗ behren,

Und Not und Armut kennt als Sage kaum

Willſt du nicht auch ein dunkles Los verflären?

Anm

Willſt du nicht an der Menſchlichkeit Altar

Das Opfer bringen thatbereiter Güte?

Wicht für die Dulder pflegen immerdar

Des Mitleids keuſche heil ge Wunder⸗ blüte?

O lerne dieſe Luft, die nicht ein Rauſch Entſchwindet mit der Nacht, die ihn geboren Gewiß, du ſegneſt dieſen Freudentauſch Verachtend kalt den Hohn von ſeichten Thoren!

Doch wenn du von der Armen Segens- wort Begleitet und von heißen ſchoͤnen Thränen, Einſt ziehſt vorbei an jenem Freudenort Wird er nicht wecken dir geheimes Sehnen?

O nein! du traͤgſt im Herzen eine Welt, Die lichter ſtrahlt als dort die Flammen alle! Vom Licht der Liebe iſt dein Herz erhellt Und weiht es ein zur ſel gen Gotteshalle!

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Und wenn ſich andre müd und feelen-

wund

Enttäuſcht mit Thränen in die Kiffen ſchmiegen,

Wird ſelbſt im Traume noch auf deinem Mund

Des Friedens Kuß, ein ſelig Lächeln liegen!

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686

Vinterabendrot.

Wie ruhſt du auf der Winterflur h So bang verglühend, | Wie dich um einen einz gen Lie bes blick

Vergeblich mühend!

Du löfeft nicht den ſtarren Bann, Dem ſie verfallen; Dein Strahl weckt nur den ſeelenloſen Glanz In Eiskryſtallen.

Ob auch in deinem letzten Licht 1 Ihr Schneekleid flimmert, Der Leiche gleicht fie, drauf der Kerzen Strahl Wehmütig ſchimmert.

[91]

67

Iſt fie erſtarrt wie Niobe Zu Mutterſchmerzen, Als ihr der Herbſt die Blumenkinder riß Vom treuen Herzen?

| Dann laß fie ruhn: ihr Winter bann

Ward ihr zum Segen!

Wer will nicht, wenn ſein Liebſtes er verlor,

Sich ſchlafen legen?

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1 Weihnachten im Irrenhauſe.

9 Es iſt doch keine Hätte jo ſchlecht, \ Wo heut nicht Chriſtus wäre!

Hans Wachenhuſen.

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Weinnadrsabens! Der Glocken Ton Wogt durch die Lüfte feierlich ſchon; f

Freudig bewegte Menſchen ziehn Durch die beſchneiten Straßen hin. Da und dort in ihr myſtiſch Dunkel Bricht eines Chriſtbaums hell Gefunfel Tönt ein aufjauchzender Freudenſchrei Seliger Kinder aber vorbei

Unaufhaltſam zieht x Heute mein ſeltſam Weihnachtslied.

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Sieh! da hält es am ösdeſten Haus, Wo ihres heiligen Seelentau's Balſam die Freude ſelten ſchenkt, meiſt ſie den Flug vorüber lenkt; 7 Aber heut iſt ſie doch geladen, Dürftende Herzen zu begnaden. Tritt nur ein mit mir in den Saal, in Feſtlich erhellt von der Kerzen Strahl, Und ſieh! wie ſie heut Wonnen mit vollen Händen ſtreut!

je Mädtig erbrauft der Orgel Klang, Jubelt wie Siegsruf der Weihnadts- geſang: PN „Chriſt ift geboren! o felige Zeit! 8 Freue dich, freue dich, Chriſtenheit!“ Und doch grüßen die Weihnachtskerzen 4 In den Sängern verlorene Herzen, R Irre Geifter nur und es ſchallt Herzerſchütternd des Lieds Gewalt: „O ſelige Zeit! * Freue dich, freue dich, Chriſtenheit!“

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Sieh, wie der Andacht Sonnenlicht Leuchtet auf jedem Angeſicht, Als nun der freundliche Prieſtergreis Spricht von der Weihnacht Segen und Preis. Betend falten ſie ihre Hände Hat auch ihnen die Sonnenwende Ihres Geiſtes aus ſtarrer Nacht Finſtern Wahns das Lied gebracht, Das ſiegend durchbrach Geiſter erlöfend der MRenſchheit Schmach?

Als nun das prieſterwort verhallt, Silbernen Tons ein Glöckchen ſchallt, Und ein liebliches Chriſtkind tritt Unter die Irren mit leiſem Schritt. Wie ein ſegnender Engel der Freude Strahlt es in golddurchwobenem Kleide, Und es ruft ſie beim Namen all',

Leitet ſie unter des Glöckchens Schall Von Tiſch zu Tiſch, Spendend der Gaben buntes Gemiſch.

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Dort dem mann mit dem wirren Haar Düfter funkelt fein Augenpaar Reicht eine Geige das Kind und ſpricht: „Wackrer Maäftro! nun zögere nicht! Deine Freundin ſchenk' ich dir wieder, Gieb uns dafür bald neue Lieder!“ Zitternd der Meifter weint und lacht, Reißt die Geige an ſich mit Macht Und eilt davon,

Heimlich zu prüfen ihren Ton.

Horch! ein erſchütternder Jubelſchrei! Bebend ftürst dort ein Weib herbei, Fliegenden Haars mit wilder Haſt Hat es des Chriſtkinds Geſchenk erfaßt: Eine Puppe! mit lachenden Augen Hält es, als gält' es ein Leben zu

ſaugen, Küffe verſchwendend die Lippen feſt Auf die Lippen der Puppe gepreßt: „mein Kind! o mein Rind! Wie mir die Heiligen gnädig find!“

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72

Dort der Jüngling mit Scepter und Kron Träumt ſich zum mͤchtigen Rönigsfohn. Dort der Greis mit dem ſchwärmenden Blick KRündet prophetiſch der Welt Geſchick, Hält in der Rechten eine Wage: „So wird der Herr am jüngſten Tage Wagen die Sünden der argen Welt, Aber uns iſt ein Retter beftellt, Aus Davids Stamm, Preiſet, o preifet das Gotteslamm!“

Sieh! dort die Jungfrau der Kerzen Licht Zeigt dir das lieblichſte Angeſicht! Feſſelt dich nicht ihrer Schönheit Glanz, Nicht ihr wehmütiges Träumen ganz? Träumt fie vom Kranz in ihren Locken? Hort lie den Schall von Hochzeitglocken? Sinnend betrachtet fie einen Ring: „Ach, daß ſo weit er wandern ging! Doch übers Jahr

Führſt du dein Bräutchen zum Altar!“

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Und an die Lippen den Ring geſchwind Führt glückſelig das arme Kind, Singt dann mit leiſem, gebrochenem Laut Weiter das Lied der verlaſſnen Braut. Träume, Ophelia-Margarete,

Träume ſind ja die heilige Lethe, Die deines Lebens Nachtſtück begräbt, Daß ſich erlöft deine Seele hebt

Aus dem Abgrund voll Schmerz! Träume nur, träume, verlorenes Herz!

Wo du auch wandelft, rings um dich her, Ob dir Fauſt oder Ahasver, Hamlet erſcheint oder König Lear Freudige Herzen begegnen dir, Welche des Chriftfinds Gabe beglückt, Flüchtig in Träume des Lichts entrückt, Daß auch durch dein Herz mit Sieges

macht 8 | Jubelt der Hymnus der heiligen Nacht: O ſelige Zeit!

Freue dich, freue dich, Chriſtenheit!“

*

*

*

Ver rief den Krieg? 1870.)

Und wer ſeid ihr? Bethört von ſeinem Glüde Die Zwerge, die des Riejen Harniſch

tragen! . £udwig Seeger.

Serien des Tages, Föniglidde Sonne! Wie ftrömeft du aus deines Lichtes Born : Auf unſer Heimatland der Schönheit Wonne: Hier glänzt die Rebe, dort das goldne Korn!

Um Bergesſtirnen loht's wie Opfer:

brände, Und funkelnd blitzt der Strom durchs Thalgelände.

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Und dennoch reihft du an die alte Kette Des mMenſchenelends nur ein neues Glied: Statt Erntetanz des Krieges Schaͤdel⸗ Ir ftätte % Und Schlachtgeſänge ſtatt des Friedens Lied! gi Statt Freudenfeſte herbe Kummer: mahle ö Und Leidenskelche ſtatt des Frohſinns 9. Schale!

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gt Ja „Krieg!“ erſchallt's durch deinen heitern Frieden: Dort weint die Mutter, dort das Kind,

$ die Braut Dem Kämpfer nach, der trauervoll ge⸗

ſchieden

Vom trauten Heim, das einft fein Gluck geſchaut,

Von feiner Arbeit Feld, drauf er ver- gebens

Erhofft die Ernte ſeines treuen

Strebens!

.

.

Doch hat das Vaterland in ihm ge-

funden

Den Mann, der feine Thrane raſch zer⸗ drückt,

Der freudig opfert, gilt's auch Blut und Wunden!

Doch wer, wer hat zuerſt das Schwert gezückt?

Wer hat in Blut ihr Thränenkleid zu baden

Die Furien des Kriegs zu uns ge⸗ laden?

Im Babel an der Seine, wo ſich gatten In einem Bild der Erde Reiz und Glanz, Dort wo des großen Korfen kleiner Schatten Nachäffend taſtet nach des Ruhmes Kranz, Wo über einem wahnberauſchten Lande Das Scepter führer die gefrönte Schande.

Dort ift der ſchreckenvolle Ruf er- ſchollen Des wanfenden Cäfaren bleichem Rund.

weil über ihm des Aufruhrs Donner

rollen Beſchwört den Krieg er aus der Erde Grund, n N N Des eignen frech zertretnen Volks Emporen

In einem Völkerbrande zu zerſtören!

Unein'ge Söhne eines Mutter- landes _ Haft du gehofft, uns ewig zu ent- zwein

Doch ſieh! im Flammenſturm des volker

brandes

Siehſt du ganz Deutſchland als die

Wacht am Rhein, mit Blut und Eiſen jeden Schimpf zu rächen,

Bis deiner Herrſchſucht letzte Stützen

brechen!

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Drum hüte dich, der kalt du Millionen Mit frechem Hohn das Friedensglück

zerſtoͤrt:

Der Weltgeiſt bricht in Scherben auch die Kronen,

Wenn ſich zertretner Volker Herz em⸗ pört!

Noch immer ift der Rache Tag er- ſchienen

Auch du führſt deinen Baaltanz auf Ruinen!

zwar hoffſt du noch in deiner zwölften

Stunde Wie ein verlorner Spieler auf dein | Glück, N 3 Das mit dem Abenteurer einſt im | Bunde Sich kalt und feindlich zog von dir zuruck: Du wagſt den höͤchſten Einſatz, laß die Geiſter Des. Glücks ſich beugen ihrem Herrn und meiſter!

Doch nichts gewinnt! wohl haben dich erhoben

Zum Thron des Glückes Geifter toll gelaunt:

Doch deinen Purpur hat der Tod ge— woben,

Der leiſe jetzt aus jeder Falte raunt:

„Ich hole wieder, was ich einſt gegeben

Mein iſt dein Name, Stamm und

Thron und Leben!“

Drum friſch und drauf, mein Volk! Für

Deutſchlands Ehre

Setzſt du dein Heiligſtes und Höchſtes ein:

Vorwandelnd deinem ſieggewohnten Heere,

Wird dir dein heilig Recht Beſchützer ſein!

Du wirft das Heer der Knechtſchaft und der Lüge

3ertrümmern durch der Wahrheit Sie-

gesflüge!

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Und trinken Tauſende auch aus der Schale Des Opfertods dich ſchreckt es nimmer⸗ mehr: Berufen biſt du doch zum Siegesmahle, Unſichtbar ſchweben um dein Helden heer Die Geifter derer, die bei Leipzig ftarben Und die bei Waterloo uns Sieg er⸗ warben!

Erſt, wenn vernichtet des Tyrannen

Machte

Und er gefunden ſein St. Helena,

Erſt wenn mit Sieg erkannt ſind Deutſch⸗ lands Rechte,

Erſt dann, mein Volk, iſt auch dein Raſttag da:

Erſt wenn der Holle Dämon iſt zertreten,

Sollſt du für deiner Kampfer Heimkehr beten.

Stun dreißig Jahre!

(Am 5. September 1870).

5

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Nun dreißig Jahre! ach, ich faſſ es kaum,

Daß ſchon der Jugend Mai hinab⸗ geblüht!

Vorbei der Hoffnung blütenreichfter Traum,

Und bittrer Täufhung Froſt ſchon im Gemüt!

O Jugendzeit! in deinem Blütenhage

Kehrt die Erinnrung heute ſelig ein.

Mein Sommer kommt er bringt wohl heiße Tage

Dann wird erfriſchend mir dein Nach⸗ klang ſein!

N

Nun dreißig Jahre! heut vor einem

Jahr

Empfing ich noch des Herzens Feſtes⸗ gruß,

Das meiner Kindheit frommer Genius war

Empfing ich einer teuern Mutter Kuß.

O liebe Mutter du! ach, heute trage

Ich einen Kranz auf deines Grabes Stein;

Mein Sommer kommt, er bringt mir heiße Tage,

Doch wird dein Segen, Mutter! mit mir ſein.

Ihr meiner Jugend fröhliche Ge⸗

noſſen, N

Wo ſeid ihr? auf dem Erdenrund verſtreut!

Viel andre haben ſchon das Aug' ge⸗ ſchloſſen,

Das ſich mit mir am Spiel der welt erfreut.

Und andern ward der Freundſchaft Wort zur Sage

Doch einige noch nenn' ich freudig mein.

83

Nein Sommer Fommt er bringt mir heiße Tage

Ihr letzten noch ihr werdet treu mir ſein!

Und ſieh! was drängt ſich freudig auf

mein Knie?

mein Töchterlein der wilde Geiſt vom Haus!

mit Kuß und Schmeichel worten bietet fie

Zum Feſtgruß einen wahren Rieſen⸗ ſtrauß!

Da naht mein liebes Weib! Fort jede Klage! N

Iſt doch der Liebe traute Heimat mein!

mein Sommer kommt es nahen heiße Tage

Für euch, ihr Lieben, will ich ruͤſtig fein!

Horch, Glockenklang und lauter Jubel ton, Ein Hurra brauft dem andern ſtüͤrmiſch nach: „Gefangner Deutſchlands ward Napoleon Vor Sedan, wo des Frevlers Macht zerbrach!“

© welch ein Feſttagsgruß! mit Jubel trage

In meines Lebens Buch ich ſtolz dich ein:

mein Sommer kommt bringt er auch heiße Tage, a

Herr Gott! Welch Glück, ein deutſcher

88 6*

7 9

Vergiß, mein Volk, die treuen Toten nicht.

(J87J.)

A ga,» A die treuen Toten nicht und tüde

Auch ihre Urne mit dem Eichenkranz. Th. Körner.

Leu nur der Freude Becher bis zum ff Grunde,

Den deiner Helden Siegeslauf dir bot, gt Und ſonne dich in feiervoller Stunde

* In deines Ruhmes praͤcht' gem Rorgenrot. Laß Fahnen rauſchen, hohe Lieder 9 ſchallen * Dir ward die Freude ja zur EUR pflicht

Vergiß, mein Volk, die treuen Toten nicht!

$ Doch in des Jubels trunknem Über- | wallen ar

|

Erz

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Die Lebenden begrüßt dein Dank, dein Segen,

Der ſchoͤnſte winkt an ihrer Lieben Herz!

Und tauſend weiche Hande wollen pflegen

Und tröftend lindern wunder Krieger

Schmerz.

Die Toten aber ruhn in fremden Gauen Den Kranz der ihre bleiche Stirn umflicht, Kann nur des Himmels Thräne noch

betauen

Vergiß, mein Volk, die treuen Toten nicht Sie warfen ihre Bruſt dem Feind ent⸗

gegen,

Ein Schutzwall dem bedrohten Vater-

land!

Sie ftürmten vorwärts trotz Granaten-

regen,

Bis heißer Tod den weg zum Herzen fand!

Sie fragten nicht: wer wird die Lieben

fügen,

Wann des Beraters Aug’ im Tode bricht?

Sie riefen: Vorwärts! Deutſchland wird

fie ſchützen!

Vergiß, mein Volt die treuen Toten nicht!

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1

Was ſterbend doch als Sieger!

fie erwarben,

O fhüg es als ein unantaftbar Gut:

Der neue Bund, für den fie jauchzend ftarben,

Der Einheit Bund, getauft in Heldenblur!

Reizt Wahnwitz dich aufs neu’ zu innern Fehden,

Ruf ihre Geiſter auf zum Volksgericht

Daß zu den Lebenden die Toten reden!

vergiß, mein Volk, die treuen Toten nicht! !

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Scchutterthal.

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Lin Prolog.

Erfiuana ward des Volkes heißem Sehnen: Aufwuchs aus Blut und Thränen Groß und gewaltig unſer Vaterland; Und ſtrahlend leuchtet über Land und Meere Das Banner ſeiner Ehre, Von feinem Schwert geſchuͤtzt in ſtarker Hand.

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Und doch nach unfrer Adler kühnem

Fluge,

Nach unſrem Siegeszuge

Kein Frohgefuͤhl in unſres Volkes Kreis!

Ein kurzer RNauſch in nie geahnten Wonnen,

Der wie ein Traum zerronnen,

Nun allwärts Kampf und mühſal, ſchwer und heiß!

.

*

2

Händen An Heroſtratosbränden Schürt's heimlich und ein boͤſer Dämon

lacht.

Und ach! in unſres Glückes kurzen Tagen, Die ruheloſes Jagen Nur nach Gewinn und nach Genuß

Die Taube fehlt, die uns den Glzweig * brächte! Wer zählt die bangen Nächte, Die ſchlafentwöhnt fruchtloſer Fleiß durchwacht? Der Hammer raſtet in viel tauſend

gekannt, Verloren ging das Meiſterwort, das ſiegend Den Haß, den Neid bekriegend, 55 Den Daͤmon in der Bruſt der e heit bannt. f Y O nimmer wird der Waffe Blitz ihn ſchrecken, Ihr müßt das Herz erwecken Tief in euch ſelbſt und in der Armen Bruſt!

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Den Born erſchließt der Menfchheitsideale Und tränft aus voller Schale Die Leidenden mit hoher Liebesluſt!

Lernt jedes dunkle Renſchenlos ver-

klaren

Und lehrt, daß im Entbehren

Des äußern Glücks uns oft ein innres reift.

Das Herz iſt reich an Wundern und an Gnaden

Nrühfelig und beladen

Seid ihr nicht mehr, wenn ihr fie nur begreift!

So kommt, wenn nach des Tages

heißem Ringen

Die Feierglocken klingen,

Ein heimlich trauter Garten ladet ein.

Da grüßt verſöhnend euch der Schön— heit Blüte,

Da quillt in das Gemüte

Verjuͤngend ſtiller Freuden Sonnenſchein.

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Nicht Lieder, die entzweien und zerſtoͤren Und läuten zum Empören, Wicht Bilder einer kranken Phantaſie! An Bild und Klang ſoll euer Herz ſich freuen, Die Dichtung ſoll erneuen, Was Holdes euch das Leben je verlieh!

Doch nicht den Schlummermohn im

Kampf der Tage

Kredenze Lied und Sage,

Nein, einen friſchen vollen Lebenstranf!

Es ſoll die Kunft erheitern, doch auch ſtählen,

mit Kraft und Mut beſeelen

Nur dann zollt ihr das Leben freud'gen Dank.

4

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Kaiſerhgmne.

Deurſchland rief in dunkeln Tagen: 1

„Wann, o wann erſcheint der Mann, Der den alten Hader ſchlichten, Der das Reich errichten kann?“ 55 Du im Sturme wilder Schlachten Biſt gekommen, greiſer Held:

Baifer Wilhelm, Deutſchlands Stämme 2 Einteſt du im blut ' gen Feld! Nord und Süd verbrüdert ſtürmten Von Germanias wunder Stirne an

Deinem Schwerte jauchzend nach; Sank der Dornenkranz der Schmach. Frei und ſtolz im Rat der Völker Schlägt fie nun das Aug’ empor; Kaiſer Wilhelm, Deutſchlands Ehre Strahlt, ein Stern, wie nie zuvor!

Deutſchlands Schirmherr, Deutſch⸗

} J lands Führer, Wie du ftandeft im Orkan, Leuchte du der deutſchen Arbeit Auch im Frieden hell voran! Schirm, was deutſcher Geiſt geſchaffen, Was des Bürgers fleiß' ge Hand!

Raifer Wilhelm, ſegnend walte Lang noch über deutſches Land!

Mond am Horgen.

Was fäumft du noch,

Du bleicher Nachtgeſelle? Längft trat der junge Tag Auf feine Roſenſchwelle.

Die Erde glüht, 5 Berauſcht von ſeinem Schimmer: Des Freundes, der die Nacht Verklärte, denkt ſie nimmer.

Du blickſt ſie an Wie ein verfhmähter Freier, Der die verlorne Braut 5 Erblickt im Hochzeitsſchleier.

Du mußt es fehn, Wie an dein innig Lieben Auch nicht ein Hauch Erinnerung geblieben.

Und dennoch Fannft

Den Anblick du nicht meiden, Zu ſchon iſt fie: ihr Reiz

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Bezwingt dich noch beim Scheiden.

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Htundenlang bin ich im weichen Moos N Droben am Waldſaum gelegen, Schlürfte wie der atmende Wald Himmliſchen Sonnenſegen.

Jah in der Ferne dammerndem Blau * Himmel und Erde ſich einen: 2

© ein beglüdendes Paradies Wollte die Welt mir fcheinen.

0 0 % Am Wald ſaum.

Lachend in roſigen Blüten, Schien fie nur ein beſeligt Geſchlecht Liebend zu hegen, zu hüten!

1 Uberſchüttet mit Licht und Duft, N

Aber ich wußte: Tauſende dort Fluchen dem Weh des Lebens Sagt mir, ihr Glückverlaſſenen, grüßt Euch der Frühling vergebens?

Glaubt mir: den Becher bitterſten Wehs Hab' ich mit Thränen getrunken, Bin auch in mancher dunklen Nacht Zagend zur Erde geſunken;

Aber aus toſender Sturmflut hab' Eines ich mir gerettet, Was an dies ernſte Leben mich Freudigen Sinnes kettet:

Heute noch durch mein tiefſtes Herz Wogt ein bräutlich Entzücken,

Wenn die Wunder des Fruͤhlings aufs neu Himmel und Erde ſchmücken. .

Heute noch ſchenkt mir manchen Tag 55 Unſere Zauberin Sonne,

Wenn ſie erwacht, wenn fcheiden fie geht, Tief erquickende Wonne.

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Mag drum dich verklagen der Wahn Als die ſchlimmſte der Welten, mag die Armut des Herzens dich Gleißende Lügnerin ſchelten;

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mir doch bleibſt du fhön und groß, Mutter des Lebens, o Erde, Will mich deiner freuen, bis einſt Schlafen in dir ich werde!

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Grümliches Menſchenkind,

f blick auf! I Sränlices menſchenkind, blick auf:

Leuchtender Frühling zieht herauf!

Lange die Erde gefeſſelt lag, Endlich kam der erlöfende Tag. 4 ; F Funkelnd quillt's aus der Sonne Born, Weckt in der braunen Furche das Korn; N Weckt in den Änofpen der Buchen Grün, Gräfer ſproſſen und Veilchen blühn. 4 x Rieſelnde Quellen und Wildbachflut Stürzen zu Thal ſich in freudigem Mut. 1

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Amſeln und Droſſeln im Fichtenhain Flöten und jubeln im Abendſchein.

Feſtlich brauſet der Wald dazu: \ Keuchtender Frühling, gegrüßt feift du!

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Sonnenzauber.

Suberhelle Lichter flimmern

Durch die grüne Waldesnacht, Und die alten Stämme ſchimmern In geheimnisvoller Pracht.

. Blumen leuchten, Zweige funkeln Taufriſch in des Morgens Glut. In der Tiefe zwiſchen dunkeln Föhren glänzt des Baches Flut.

Falter blitzen und Libellen Um den ſonnenduft'gen Rain, Und des Lichtes goldne Wellen Zittern überm Felsgeſtein.

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Selbſt im Mooſe ſprüht's wie Funken, Und ein wonnig Schauern rinnt

Durch den Wald, der ſonnentrunken Sich in ſel ge Träume ſpinnt.

Seine Voglein auch verſtummen N Vom Gebüuſch am Bergeshang g Tönt ein Flüſtern, tönt ein Summen

Heimlich nur wie Wiegenſang.

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Der Kranke im Herbſt.

Du goldig ſchimmernd Laub am Buchenbaum,

Wie traͤumſt du ſelig deinen letzten Traum

Und ſpielſt bewegt im leiſen Windes wallen.

Hat dich berauſcht das warme, goldne Licht,

Und ahneſt du die nahe Stunde nicht,

Wo du mußt fallen?

Den milden Hauch trinkt meine kranke Bruſt

Wie einen letzten Traum der Lebensluſt:

Mir iſt ſo wohl im herbſtlich ſtillen Walde.

Vergeſſen will ich ſelig auch wie du,

Daß mir vielleicht zur letzten tiefen Ruh

Ein Glödlein ruft: wer weiß wie balde!

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5 Im Tode vereint.

€: hielt ihre fiebernden Hande, Sah unverwandt fie an, Bis ſie zum ewigen Schlummer Die Augen zugethan.

Er weinte nicht, wie die Leute Es fordern als Liebespflicht; Ein rührendes Lächeln ſelber Verflärte fein Angeſicht.

Die Freunde kamen am Abend, Der Toten Wachter zu ſein; Er dankte; er hieß ſie gehen: „Die heiligſte Nacht iſt mein!“

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Sie Famen am andern Morgen; Sie pochten; fie öffneten zag Da neben der toten Gattin Der Greis entſchlummert lag.

9 Er hielt ihre ſtarren Hände,

Die Lippen darauf gepreßt;

Nun läutete draußen die Glocke Ein zweites Vermählungsfeſt.

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i Abendtroſt. A A wie lang habt ihr verborgen,

Düftre Sorgen, mir des Maienabends Pracht. Plötzlich klang aus blüh'nden Zweigen In mein gramvoll duͤſtres Schweigen Eines Vögleins heller Jubel ) Und mein Herz iſt aufgewacht.

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i N Jah die letzten Sonnentraume Um die Säume

maiengrüner Waldeshohn, Junger Saaten üppig Wogen, Stromesfluten, überflogen

Von den abendroten Strahlen O wie war die Welt fo ſchon!

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In der Vöglein Feſtfrohlocken

Klang der Glocken 0

Feierlicher Abendchor; 7 $ Und ich rief: O Mutter Erde,

Reifſt du Pein auch und Beſchwerde, 1

Deiner Schönheit Zauber tragen Bi

Rettend aus dem Staub empor!

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Slauduftin die Vogeſen.

lauduftig die Vogeſen

Purpurner Abendſchein Guillt über ihre Stirnen Aufglühend in den Rhein.

Seltſame Wolkenbilder 3iehn durch die Himmelsaun Wie Träume meiner Sehnſucht,

Ich kann nicht ſatt mich ſchaun. 8

Mir iſt, als müßten ſich öffnen Die Wolkenthore weit N Und leis der Vorhang ſinken Vor der Unendlichkeit;

Als dürft’ ich einmal ſchauen Unnennbar hoch beglückt, Was meiner Seele Verlangen

mit brennenden Farben ſchmückt;

8 Nach langer Irrfahrt dürft’ ich Begrüßen erſehnten Strand

95 Und wie ein ſeliger Schiffer *Aufjubeln: endlich Land!

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Wohin.

We lautlos ſtill ſind Wald und Flur! Ihr Voͤglein all, wo ſeid ihr nur? Was leis durchs Herz der Erde klang, Das jauchzte laut in eurem Sang; Nun ſchweigt die müde Traumerin. Euch aber zog der Wanderdrang Wohin, Wohin?

Du Roſe, die voll Glut und Duft Erblüht in weicher Sommerluft, Nun hat der Nord mit ſcharfem Hauch Vernichtet deine Schönheit auch. Der Blumen holde Königin Riß gnadenlos der Herbſt vom Strauch Wohin, wohin?

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Ich wandre durch den Buchenhain, Wie leidverſunken ſtarrt er drein.

Was ihn verſchont, fein glänzend Laub, Bi,

Es ſank verwelft, verdorrt in Staub. |

Das oft erheitert Aug’ und Sinn, Im Wirbel treibt's, der Winde Raub Wohin, wohin?

Du meine Seele, heiß erregt, Haſt kühnes Hoffen einſt gehegt, a Den höchſten Zielen flogſt du zu. 2 Wie bald ertönt's auch dir: zur Ruh’! | Friedloſe Erdenpilgerin, Wie Lied und Blüte gehſt auch du $ Wohin, wohin?

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Unter den Ruinen von Allerheiligen.

Nu Ruinen ſaßen wir Träumend im Abendſcheine. Oftmals im Kreife ging der Pokal, Funkelnd von köſtlichem Weine.

Waldesduft und des Abends Licht Weckten uns fröhliche Lieder, Sangen von Liebe, Lenz und Wein, Echo ſang es uns wieder.

Aber mitten in all der Luft Faßte mich heimliches Trauern: Saßen nicht Tauſende fo wie wir Unter den brödelnden Mauern?

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Hing ihr Auge nicht auch verklärt An der verglühenden Sonne, Jog nicht durch ihr beſeligt Herz Schwärmende Lebenswonne?

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Wo nun ſind ſie? der Abendwind Flüſtert: begraben, vergeſſen! Wähnſt du, du dürfteſt unendlich den

Traum Irdiſchen Glückes ermeſſen?

Ach, vergangen iſt, was du kaum Eben noch glühend empfunden; Sehnſucht bleibt nach künftigem Glück,

Heimweh nach dem, was entſchwunden.

Eh' du's gedacht, iſt Abend und Tod Dir und den Freunden erſchienen. Wo du auch wandelft, grüßen dich ſtumm Welfendes Laub und Ruinen!

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Nachwinter.

Ne herrſcht der Winter auf der Flur, 5 Doch iſt dahin fein Schneegewand. Fi In graue Webelflöre nur Hüllt fröſtelnd ſich das öde Land.

Wie fleh'nde Arme ſtreckt der Baum Sein kahl und dürr Gezweig empor. Und wie ein ſchwerer dunkler Traum Fliegt dort ein Rabe übers Moor.

| weh dem, der glücklos und verwaiſt a Jetzt einſam ſeine Straße zieht! k Ihm ſingt der Schwermut finſtrer Geift Bethörend fein Sirenenlied.

Erſtarrend fährt der Wind ihn an Wie Grabesodem feucht und kalt, Und ſchaudernd fühlt er unterthan Sein Herz dämoniſcher Gewalt.

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Aufſteht vor ihm verjährte Schuld Und foltert ihn mit wilder Pein. Die Sorge drängt mit Ungeduld In der Verzweiflung Wacht hinein.

905 Verlockend rauſcht der Bach ihm zu: „Komm, komm, ich ende deine Not!

8 Was kämpfeſt und was duldeſt du? 995 Komm, komm! Erlöſung bringt der Tod!“

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Freudige Jugend, du biſt nicht mehr.

Feber über Stoppeln der Wind daher, Wird mir das Herz ſo bang, fo ſchwer. Wogte das Korn in goldenem Glanz, Blitzte darin der Cyanen Kranz, Jubelten Lerchen darüber her Zierde der Fluren, du biſt nicht mehr!

Roſen erwachen noch jeden Tag, Aber es welkt auch in Flur und Hag. Leis in den Lüften klingt ein Ton Will denn die Lerche ſüdwärts ſchon? Schleicht ſchon heimlich der Herbſt daher? Sprühender Sommer, du biſt nicht mehr!

Friſch noch das Herz, und das Auge Far, Troge dem Leben noch immerdar! Aber die ſeligſten Träume wie fern Aber mein Hoffen ein ſinkender Stern! Kämpfe ringsum und Sorgen ſchwer

* Freudige Jugend, du biſt nicht mehr!

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Grau der Himmel.

Grau der Himmel, grau die Berge,

Und es regnet ſtill und fahr Plöglih bricht herein von Weſten Abendliche Sonnenpracht.

Tief und machtvoll iſt ihr Gluͤhen, Überwältigend ihr Glanz, Um der Wolken Nacht verzehrend Schlingt fie ihrer Strahlen Kranz.

Von den Bäumen, von den Wegen Blitzt es auf wie Demantſchein Jubelnd ſchmettern von den Zweigen, Lichtgeküßt die Vögelein.

Und es glüht die Erde trunken In dem wunderbaren Licht, Wie ein Antlitz draus das Leuchten Plötzlichen Entzückens bricht.

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Dichter Nebel hält in Thal

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Dice Webel hält im Thal Wald und Flur umwoben, Doch ein zager Morgenſtrahl Dämmert ſchon von oben.

mühſam meinen Wanderpfad Mußt' ich fürbaß ſchreiten, Doch ich weiß, die Sonne naht, Wird ihr Feld erſtreiten.

Mälig aus dem finſtern Grau, Rörperlos wie Träume, Tauchen in der Wieſenau Sträucher auf und Bäume.

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Endlich auch des Dörfleins Bild Und des Fluſſes Wogen Plötzlich leuchtend durchs Gefild Kommt ein Blitz geflogen.

Geiſtern gleich zum Waldes ſaum Fliehn die Nebelſchatten, Flutet goldner Sonnentraum Auf die grünen Maten.

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Bac in grauen Nebeln Starb der Abendſtrahl, Und nun rieſelt's nieder Traumhaft leis ins Thal.

Weiße, duft'ge Flocken Glänzen durch die Nacht, Hüllen Wald und Fluren Weich in Silberpracht.

Seid willkommen, Boten Süßer Winterruh', Deckt der müden Erde Starres Antlitz zu.

Ihre Blütenrefte, Jeden Dornenkranz Überflute lin dernd Euer Friedensglanz.

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Laßt in ihm vergehen Rlagelos und ſtill Was, vom Herbſt gebrochen, Mus nun ſchlafen will.

Atmet duft ge Kühle Heißen Stirnen zu, Und in müde Herzen Süße Winterruh'!

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Schneetreiben.

Die Luft iſt grau, und es wirbelt In dichten Flocken der Schnee.

Und wie durch Nebelwallen

Ich Wald und Dörflein ſeh.

Die Straßen ſind verlaſſen, Nur ſelten ein Gefpann, Nur ſelten ein verſchneiter, Verdroſſner Wandersmann.

Ich bin wie auf einſamer Inſel, mitten im grauen Meer, Verſunken die Welt, vergeſſen, Was ſonſt ſich vergißt ſo ſchwer.

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Von keinem Traum des Glückes, Der Hoffnung mehr erregt, Blick in den Tanz der Flocken Ich kühl und unbewegt.

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Als drückten Geifterfinger Mir heimlich die Augen zu, Beſchleicht mich ſüßes Müdſein, Ein Ahnen unendlicher Ruh'.

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Memento.

60 ( ine anſehnliche Zahl guter Freunde —— hat es ſich angelegen ſein laſſen, dem heimgegangenen Dichter Ludwig Auer bach durch die Sammlung, Sichtung und Herausgabe feiner in Tagesblättern, Jeitſchriften, Almanachen u. ſ. w. zerſtreut erſchienenen lyriſchen Gedichte ein litte— rariſches Denkmal zu ſchaffen, ein Mal, damit fein Gedaͤchtnis in der Welt bleiben möge, wie es die Freunde in ſich tragen, ein Troſt für Frau und Kind, die er in jungen Mannesjahren verlaſſen mußte, um unter die Erde zu gehen. Ein begnadetes Dichter⸗ leben it in Cu dwig Wilhelm Auer⸗ bad erftanden, der nach feinem Taufſchein am 5. September 1840 in der Schwarzwald⸗ ſtadt Pforzheim zur Welt kam. Ein reiches

Gemüt, eine Geſinnung voll Adel und Hoheit, eine Seele voll Feuer und Lebens begier iſt mit ihm geworden, um nach kurzem aber heißem Kampfe mit den Mächten des Lebens, mit der firengen Realitat der irdiſchen Dinge des Kampfes müde von dannen zu gehen, ehe die reichen Anfäge ſeines dichteriſchen Gemütes ſich organiſch entfalten und nach allen Seiten Blüte und Frucht treiben konnten. Der Vater Ludwig Auerbachs war kleiner Bijouteriefabrikant in Pforz⸗ heim zu einer Zeit, da dieſer Induſtriezweig in der Enzſtadt noch nicht jene Dimenſionen angenommen hatte wie heute, da er noch auf der Grenze zwiſchen Haus- und Fabrik⸗ betrieb ſtand. Aber das Gold hatte ſchon damals, wie zu allen Zeiten, feine gleißende und berückende Nacht. Der Knabe Auer- bach mußte gegen feinen Willen in das väter- liche Geſchaft eintreten, gegen ſeine Neigung, die ihn auf einen Lebensberuf mit vor⸗ gängiger akademiſcher Bildung gewieſen. Auerbach hat ſeiner Familie das Opfer gebracht, wurde Kaufmann und Fabrikant, und ſelbſt das edelherzige Anerbieten des

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Großherzogs Friedrich von Baden, der durch ein Gedicht aufmerkſam gemacht, dem jugendlichen Autor die Mittel zum Univerſitätsſtudium bot, vermochte nicht, die Beſtimmung des geſtrengen Vaters zu ändern. b Die Bijouteriefabrikation ift ein haſtiger und nervöſer Induſtriezweig, das mußte der Dichter erfahren, der fie zum Lebens- beruf gewählt. Ruhe und Sammlung wurden ihm fpärlidy zuteil, nur dann, wenn er auf Stunden dem Pult Valet ſagen und hinauseilen konnte in den herrlichen Tannen⸗

wald, der bei Pforzheim gleichſam den

Eingang zum Schwarzwaldgebirge bildet. Die Natur wurde dem Dichter Tröſterin und Führerin in ſeinen Lebenstagen. An

ihrer Sprache bildete er die ſeinige, auf

ſie übertrug er die Regungen ſeiner Seele, ſie war ſeine vornehmſte, ſeine geliebteſte muſe.

Unſer Dichter hat die Wechſelfaͤlle zeit- lichen Glückes erfahren müffen. Der Dämon Gold hat ſich ihm gezeigt und iſt ihm ent⸗ ſchwunden: er war ja nicht geſchaffen, dieſen

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Dämon mit gieriger und eigennuͤtziger Hand zu faſſen und zu halten. Sein Reichtum lag darin, andere freudig und beglückt zu ſehen, und er lebte darnach.

Mitte der Siebziger Jahre forderte eine tiefgreifende geſchaftliche Kriſis nach hoch⸗ gehenden Wogen des Erfolgs auch bei Lud- wig Auerbach materielle Opfer wie bei ſo vielen in feiner Heimat. Er entfagte darauf feinem ſeitherigen Berufe, verließ im Jahre 1877 feine Heimatſtadt und ihr erregtes Leben, ſiedelte von dem rauſchenden Enz thal in das ſtillere Schutterthal im badi- ſchen Oberlande über, wo er erſt in Lahr, fpäter in Seelbach Wohnftätte nahm. Hier hat er als eifriger Geſchaͤftsmann in einem neuen Berufszweige neue Bahnen mit raſt— loſer Thätigkeit erſchloſſen und in ſtillen Stunden innerer Sammlung war ihm die Muſe mit vollendeten Gaben getreu. Nur das Glück warf ihm keine ſonnigen Blicke zu: harte Tage waren ihm auch da beſchie⸗ den, und als der Erfolg feines übermäßigen Ringens endlich anhub, ſich zu zeigen, da war's zu fpät, da ſchnitt die finſtere Schick⸗

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falsgöttin feinen Lebensfaden entzwei. Es war am 22. Juli 1882. Der Dichter war nicht volle 42 Jahre alt geworden. Eine Witwe, der nun die Lebensſtütze genom⸗ men, trauerte mit zwei unerwachſenen Rindern an der Bahre des geliebten Toten. In Pforzheim, feiner Vaterſtadt, hat der Dichter ſeine letzte Ruhe gefunden und treue Freunde, deren er ſo viele beſaß, haben feine Grabftätte mit einem Denkmal geſchmückt, das feine Züge in einem bron— zenen Reliefbildnis trägt. Ernſt Scheren berg, der Mitherausgeber diefer Samm- lung, ein naher Freund des Verſtorbenen, hat dem Grabdenkmal folgende Strophen als Inſchrift gewidmet:

Der Heimat ſchlug dein Herz, Erklang dein Wort,

Des Schwarzwalds Sänger Lebſt du in ihm fort.

Wo ift in einer Dichternatur, insbeſondere bei einem &yrifer, die Grenzlinie zu finden, wo der Menſch mit feinen allgemeinen

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Eigenſchaften aufhört und der Dichter anfängt? Nur der ganze Menſch iſt der Dichter und wenn hier zunächſt ein Wort über den Menſchen Auerbach folgt, ſo wird dasſelbe imſtande ſein, auch den Dichter erklären zu helfen. Selten hat wohl ein Renſch eine ſolche Anzahl guter und begeiſterter Freunde gefunden und auf Erden zurückgelaſſen, ſelten hat einer fo wenig Feinde und Widerſacher gehabt, als unſer Dichter. Nicht als ob ſein Charakter und ſeine Art von ſolch weicher An⸗ empfindungsfähigfeit geweſen wäre, daß er ſich jeder zeit willig andern anzuſchmiegen oder unter zuordnen gewußt hätte, im Gegen: teil, er blieb ſtets ſo und das, was er vor ſich zu bedeuten glaubte, allein ſein Gemüt war ſo ſehr von dem Sonnenlichte des Wohlwollens und der MRenſchenfreundlichkeit durchglüht und es war ihm gegeben, ſein edles Herz und ſeine Menſchenliebe ſtets vor feine wenn momentan auch entgegen ſtehende eigene Empfindungsrichtung zu ſtellen, daß fein Bild im Gedächtnis aller, die ihn kannten, ein mildes und liebewertes

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ſein wird. In ſeinem Naturell war der Ernſt ſchwäbiſchen Weſens, ein Erbteil von der Mutter her, übergoffen von der leben ſprühenden Beweglichkeit fränkiſcher Art, die ein väterliches Uberkommnis war. So kam ein fauftartiger Zug in fein Naturell, eine heiße Begier, alle Erſcheinungen geiſti⸗ ger, politiſcher und ſozialer Beſtrebungen feiner Zeit zu erfaſſen, zu ergründen und in ſich aufzulöfen, aber der lebhaft erregte Wille vergaß oft das Maß, das jeder menſchennatur zur Verfügung ſteht, und ſein Begehren, der Wahrheit näher zu kommen, nahm oft Schimmer und Schein für das Licht ſelber, und war das Er⸗ gebnis alsdann auch eine Taͤuſchung, fo blieb feine ſanguiniſche Seele doch weiter ohne Schaden.

Ludwig Auerbach war ein ſeelenguter und hilfreicher Renſch; fein Rat war die That und fein Können oft einzig das Maß ſeiner Hilfe. Es wurde ihm nicht immer gelohnt, wie er's verdient: das hat ihn nicht verdroſſen, weiter hilfreich und edel zu fein. Er trug angeborenes

Freimaurertum in ſich, und manche Saat, die er geſaͤet, keimt jetzt erſt zu feinem An⸗ denken auf.

Das lyriſche Gebiet war die dichteriſche Domäne Auerbachs. Er hat zwar mit einem kleinen Epos: „Bellrem von Weißen- ſtein debutiert, einem Werke, das dem Jechzehnjahrigen, als welcher Auerbach die kleine Dichtung geſchrieben, alle Ehre macht, allein fpäter hat er ſich nur zur Lyrik gefunden, und wenn er je einmal Gelegen heit nahm epiſches Gebiet zu ſtreifen, jo war zu erkennen, daß die ſtrengere Form, die objektive Haltung der erzählenden Dichtung zu der ſtark betonten Subjektivität ſeines Weſens wenig paßte. Seine Tugend war, daß er ſich in ſeinem dichteriſchen Schaffen auf das Gebiet beſchraͤnkte, welches er als das ſeinige richtig erkannt hatte. Natur und Neigung gingen in feinem Weſen bei- nahe entgegengeſetzt auseinander, aber er folgte der erſtern getreu und hat der letztern nur in jüngern Tagen Konzef: ſionen gemacht.

So fühlte er ſich mit inniger litterariſcher

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Neigung zu dem Dichter Rudolf von Gottſchall hingezogen. Die Grandiloquenz der dichteriſchen Sprache dieſes Mannes der ſtolze Gang ſeiner Strophen, feine kühnen und reichen Bilder wirkten mächtig auf Auerbachs Phantaſie, aber er hat trotz dieſer ſtets betonten Neigung, trotz⸗ dem ihm ein ähnlicher Ton zu Gebot war, ſelten einige Gedichte dieſer Samm⸗ lung aus jüngern Tagen geben Zeugnis von Neigung und Folge den Pfad verlaſſen, den ihm ſein innerſtes Weſen wies.

Wie ſchon oben erwähnt, war die Natur in ihren Wandelungen, waren Wald und Flur Auerbachs vornehmſte Mufe. Zu ihr flüchtete ſich der geplagte Geſchaftsmann nach den Tagesſtunden ſchwerer Arbeit, an ihr beruhigte er ſein erregtes Herz, auf ſie trug er über, was ihn bewegte, und er formte alsdann Gedanke, Empfindung und Bild nach den Schwingungen ſeiner Seele in leicht gebundene von keiner ſtrengen Regel gefeſſelte Rhythmen. So iſt er auch ſeltener auf den Ausdruck des Liedes gekommen und doch war er bedeutend auf

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dasſelbe veranlagt, wofür „O Schwarz wald, o Heimat“ Beweis iſt, ein Lied, das vielfach komponiert iſt und im Schwarz wald und am Oberrhein als Volkslied ge- ſungen wird.

Die idealen Kämpfe, an welchen Ludwig Auer bach teilnahm, die ſozialen, veligisfen und politiſchen Beſtrebungen feiner Zeit, welchen er mit feuriger Seele anhing, haben ihn als Dichter ſeltener beſchäf⸗ tigt. Er war ein glühender Vaterlands— freund, die großen Tage von 187071 haben ihn mit offenem Herzen und offener Hand getroffen und feine herrliche „Raifer- hymne“ iſt ein hervorragend ſangbaͤrer Ausdruck ſeines edlen Patriotismus und feiner verehrenden Liebe für des ehr— würdigen Raifers Wilhelms I. erhabene Heldengeſtalt.

In der poetiſchen Natur Auerbachs waren zwei Kräfte thätig: er war ebenſo ſinniger Dichter, der nur den Eingebungen feines Genius lauſchte, als glänzender Im— proviſator, der, vom Augenblicke erregt, dem Augenblick feine poetiſche Gabe in über-

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raſchender Form und Weiſe bot. Das im- proviſatoriſche Talent iſt dem des Dichters gefährlich: Der Improviſator hat die Form bereit und bildet nach ihr den Inhalt, der Dichter hat den Inhalt und ſucht die adaequate Form, wer aber in der Form Virtuos iſt, der wird leicht geneigt fein, fie über den Inhalt zu heben, und an die Stelle ſtrenger Runftübung, welche mit dem Auf⸗ wand aller Seelenkräfte dichtet, tritt der gewandte Formalismus, welcher leichthin Gedichte macht. Seinem formalen Talente hat auch unſer Dichter große Opfer gebracht. Die Geſelligkeit iſt begehrlich nach ſolchen Talenten und der Erfolg des Augenblickes für ſie verlockend: Auch Auerbach hat das Gelegenheitsgedicht im landläufigen, nicht im Goetheſchen Sinne gepflegt, fo oft der Anlaß kam, den feine heitere und gefell- ſchaftliche Natur, fein entgegenkommendes Weſen leicht gefunden.

Die vorliegende Sammlung, die nur den Dichter aufzeigen ſoll, hat auf das Gelegen heitsgedicht keinen Bedacht genommen und nur das Charafteriftifche aus feinem Werde⸗

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gang neben dem Beſten aus feinen reifern Jahren gewählt, ſo daß das daraus ent⸗ ſtandene Bändchen ein beſcheidenes geblie⸗ ben iſt. Dasſelbe wird jedoch ein Bild ſeines Schaffens geben aus den Tagen ungeftümer Jugendkraft und -Luft bis zu den Stun⸗ den, wo er die leiſen Schritte des nahenden frühen Todes verfpürte und im Gedicht an- ſagte. Beine gewaltige, aber eine ſympa⸗ thiſch blickende Dichterphyſiognomie ſchaut uns aus den Dichtungen entgegen, wie ſie uns aus feinem Porträt entgegenblickt, das der Direktor der Großh. Kunſtgewerbeſchule Karlsruhe. Hermann Götz, ein treuer Freund des Dichters, für dieſes Buch ge⸗ zeichnet hat.

Auf einer Anhöhe über feiner Vater⸗ ſtadt liegt der Kirchhof, in welchem Ludwig Auerbach feine letzte Ruheſtätte und das von Freundeshand errichtete Denkmal ge⸗ funden hat. Jenſeits erheben ſich die dunkeln Schwarzwaldberge, in der Tiefe lagern ſich die Tannenwälder, rauſchen die Schwarz waldfluͤſſe, die er in Lied und Leben fo innig geliebt.

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Dort ruft die Klage um den dahin⸗ gegangenen Freund:

Ich habe deinen Schatten oft geſucht Im wieſenthal, in kühler waldesſchlucht, wo wir in ſchoͤnen Stunden einſt gegangen, Auf Bergeshoͤh' wo du fo gern erſchaut, wie Abendfriede auf die Lande taut Ach, Fried' und Ruh' erſehnte deine Seele,

Zier iſt die Erde, die dich liebend deckt, Da unten ruhſt du! wie der Schlaf doch ſchmeckt Dem müden Mann, der ſchweres Los gu tragen. Es regt ſich nichts, nicht Blüte und nicht Blatt, Mir iſt, als ob die welt zu ſchweigen hat, wo die Gerechten und die Guten ſchlummern.

Auf jener Straße wandern viele hin; Ich mein’, da muͤßteſt du auch wieder ziehn, Und oftmals glaub' ich dich von fern zu ſehen Ich eil' beglückt, ich rufe ſchon; woher,

woher, mein Freund? Da iſt die Straße

leer Vielleicht haſt du dich mir erzeigen wollen!

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= Und treff ich dich auf Erden nirgends an, j Ich hab’ dich doch, es iſt nicht Traum und 5 wahn,

Ich hade dich und will nicht von dir laſſen! Oft hör’ ich, wie ein Lied fo ſeltſam klingt, 9 Weltfern, melodiſch, der von drüben ſingt, A O, das diſt du, ich kenne deine Stimme!

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Lahr, im Herbſt 1888.

Friedrich Geßler.

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