LEHRBUCH

DEK

PHYSIOLOGIE DES MENSCHEN

VON

C. LUDWIG,

PROFESSOR AN DER JOSEPHSAKADEMIE IN WIEN.

ZWEITER, BANTD.

AUFBAU UND VERFALL DER SÄFTE UND GEWEBE. THIERISCHE WÄRME.

LEIPZIG UND HEIDELBERG.

C. F. WINTERSCHE VERLAGSHÄNDLUNG.

1861.

Verfnssor und Voilogor bclinlten sich das Recht der Uebersetzung In ftemde Sprachen vor.

Inhalt des zweiten Bandes.

Sechster Abschnitt.

Seite.

Physiologie der Ernälirang i

I. Blut

Blutzusaminensetzung .1

Blutbewegung 44

II. Absonderungen 202

Epithelien 234

*Nägel 240

Haare 244

Elastisches Gewebe 249

Bindegewebe 251

Seröse Häute 256

Hornhaut 260

Augenwasser 264

Glaskörper 265

Linse 265

Knorpel 269

Knochen 272

Zähne 281

Fettzellen 284

Nervenröhren 289

Hirn und Rückenmark 291

Muskeln 294

Blutgefässwandungen 297

Milz 299

Thymus 306

Leber . . . . 308

Speicheldrüsen 33G

Schleimdrüsen . 348

Thräncndrüsen 349

•VT Inhalt

Bauchspeicheldrüse 350

Magendrüsen 355

Fettdrüsen - 365

Sch Weissdrüsen . . . ' 307

Nieren 373

Männliche Geschlechtswerkzeuge 434

^ Weibliche Geschlechtswerkzeuge 442

Milchdrüsen 448

Athmung 402

Besondere Athemwerkzeuge 479

Lungen . . . . " 541

Hautathmung 550

Umsetzung des Blutes in den Gefässen 560

III. Blutbildung 561

Aufsaugung aus den Geweben 561

Aufsaugung yon den Blutgefässen ^ 563

Aufsaugung durch die Lymi)hgefässe 567

Zufuhr durch die Speisen (Verdauung) 583

IV. Vergleichung dos Verlustes und Gewinnes an wägbaren Stoffen . .671

Siebenter Abschnitt.

Thierisclie Wärme 7i9

Sechster Abscliiiitt.

Physiologie der Ernährung.

I. Blut.

Zusammensetzung des Blutes.

Die Gefässröliven , die vom Herzen aus und zu ihm zurück- gehen, sind im Leben mit einem verwickelten Gemenge fester und flüssiger Stoffe, dem Blute, gefüllt, das nach Zusammensetzung und Eigenschaften, mit der Zeit und dem Orte seines Aufenthalts wechselt; um eine Uebersicht zu gewinnen, werden wir zuerst die am besten gekannte Blutart mögUchst genau beschreiben und dann die Ab- weichungen der übrigen angeben.

Hautaderblut der Erwachsenen.

Die anatomische ZergUederung zerlegt das Blut des Lebenden in eine Flüssigkeit , das Plasma , und in Festes , Aufgeschwemmtes, welches, je nach seiner Gestalt, Blut- und Lymphkörperchen, Elementarkörnchen, Faserstoffscholle u. s. w. genannt wird.

A. Blutflüssigkeit, Plasma.

Die bekannten Bestandtheile derselben sind: Faserstoff, Eiweiss, Casein, Oxyprotein, Lecithin, Cerebrin, Olein, Margarin, Cholestearin, Zucker, Margarin-, Oel-, Butter-, Milch-, Hippur- und Harn-Säure, Kroatin, Harnstoff, braune Farbstoffe, Kah, Natron, Kalk, Magnesia, Eisenoxyd, Wasser, Salz-, Schwefel-, Phosphor-, Kiesel- und Kohlen- säure, Fluor, Sauerstoff- und Stickgas.

1. Faserstoff Aus 100 Theilen Blut gewinnt man ungefähr 0,2 bis 0,3 TheU.

Beim Pferd enthält nach Lehmann das Blut der Vena jugularis 0,45 , das der Finger- und Sporader 0,04 Faserstoff. Daraus zu schliesson, dass das Blut während seines Laufes aus den kleinem in die grössem Venen Faserstolf einbüsst, entbehrt jeg- licher Grundlage, so lange nicht feststeht, ob der Pasorstoirgohalt der kleinen Venen, Ludwig, Physiologie II. % Aullngc. ^

2

Faserstoff.

aus denen sich das Drosseladerblut sammelt, sich gerade so verhält, wie jener der vor- hin erwähnten. Gesetzt aber, es sei dieses bewiesen, so würde diese Thatsache immer noch nicht aussagen, dass sich der Faserstoff vermindert hätte; denn wir müssen den Faserstoff als einen Bestandtheil des Plasmas ansehen , da aber Blut aus Plasma und Köi-perchen besteht, so könnte ein abweichendes Verhältniss des Faserstoffs auch auf eine Aenderung der Relation zwischen jenen beiden Gemengbestandtheilen bezogen werden.

Zur Qewichtsbestimmung wird der Faserstoff auf zwei "Weisen gewonnen. Ent- weder man lässt das aus der Ader getretene Blut ungestört gerinnen; da in diesem Falle das durch die ganze Masse des Bluts fest gewordene Fibrin die Blutflüssigkeit und Blutkörperchen in sich schliesst, indem sich der sog. Blutkuchen bildet, so muss man dasselbe nachträglich von diesen Beimengungen befreien. Zu diesem Behuf zer- schneidet man den Blutkuchen in kleine Stücke, füllt diese in ein leinenes oder sei- denes Tuch und spült sie so lange mit Wasser aus, als dieses noch eine Spur rother Farbe zeigt; durch Aufhängen des Beutels in destillirtes "Wasser sucht man endlich auch die letzten Spuren löslicher Stoffe zu entfernen, ein Unternehmen, das jedoch oft wegen der eintretenden Fäulniss des Faserstoffs nicht zum vollkommenen Ziele geführt werden kann. Oder man schlägt auch mit einem Glasstab das aus der Ader gelas- sene Blut, wobei sich der Faserstoff in Flocken ausscheidet. Das geschlagene Blut flltrirt man durch eine feine Leinwand und befreit den zurückbleibenden Faserstoff von den anhängenden übrigen Blutbestandtheilen wie oben. Den auf eine von beiden Arten gewonnenen Faserstoff spült man vorsichtig von der Leinwand ab, trocknet ihn bei 120" C. mit aller für hygroskopische Stoffe nöthigen Vorsicht. Darauf pulvert man denselben , zieht eine gewogene Menge mit Aether aus und trocknet von Neuem ; der Gewichtsunterschied vor und nach dem Aethcrauszug gibt den Fettgehalt des Faserstoffs. Schliesslich verbrennt man den entfetteten Anthcil, um seinen Aschen- gehalt festzustellen. Diese Methode selbst mit aller Sorgsamkeit ausgeführt, gibt nur ungenaue Ergebnisse, weil durch das Leinwandfilter feine Flocken dringen, und weil der Faserstoff, auf die eine oder andere Art gewonnen, immer Blut- und Lymphkör- perchen einschliesst, die durch das Waschen nicht entfernt werden können. Dieser Einschluss bedingt es, dass man aus demselben Blute verschiedene "Werthe des Faser- stoffgehaltes erhält, je nachdem man denselben durch Schlagen oder aus dem Blut- kuchen gewonnen (v. Gorup, Hintcrbeger, Moleschott) *).

"Wenn sich die Erfahrung von Marchai, dass das Blut in höherer Temperatur mehr Faserstoff ausscheidet als in niederer, bestätigte, so müsste man, was bisher nicht geschehen, auch Rücksicht auf die Qerinnungstemperatur nehmen. Lehmann bestreitet übrigens den Eiufluss der Temperatur auf die Menge des abgeschiedenen Faserstoffs.

Wenn das Blutplasma (oder auch das Gesammtblut) einige Zeit hindurch nicht mehr unter dem Einfluss der lebenden Wand eines Blutgefässes steht, fällt aus ihm ein Gemenge oder eine Ver- bindung eines Eiweissstofifes mit Kalk und Magnesiasalzen, der sog. Faserstoff nieder (Tackrah, Brücke**). Demnach wird Blut, ohne dass wir eine Veränderung an demselben wahrnehmen, ge-

•) y. Gorup, Vcrglelcheudo Untersuchungen etc. Erlnngen 1850 p. 8. - Molcschott, Phy- .lologlo des Stoffwecheel,. Erlangen 1851 p. 202 „. 236. - Lohmann, physiolog. Chemie I. 300.

l«RR p', . , "^"'"^ - Llstor Edinburgh medieal Journ. Apr.

1868. ^ Hiehardson the cause of tho Conguhuion of the Blood; London 1868.

Faserstoff.

3

rinnen, wenn es aus der Ader gelassen wird, oder in Gefässen von grossem Durehmesser vollkommen ruht, oder von Gefässen um- schlossen wird, dessen Wandungen die Eigenschaft einbUssten, welche man mit einem vorläufigen Ausdruck lebendige nennt; aber obwohl Blut unter diesen Umständen sich selbst Uberlassen sicher gerinnt, so geschieht diess doch nicht momentan und nicht unter allen Be- dingungen gleich rasch, auch können chemische Zusätze die Ge- rinnungsfähigkeit des Blutes ganz vernichten. Der Gerinnungs- beginn wird hinausgeschoben: durch die Entfernung des im Blute aufgelösten Sauerstoffs, eine niedere dem Nullpunkt nahe positive Temperatur, durch einen dem normalen Maximum sich annähernden Salzgehalt des Plasmas, ferner kann er auf Stunden hin verzögert werden durch einen Zusatz von einigen Neutralsalzen mit alkalischer Basis, von Zucker und Gummi, durch eine geringere Zugabe von kaustischem Kali und Ammoniak und endlich durch Eintröpfeln von soviel Essig-, Salpetersäure u. s. w., dass das Blut schwach sauer reagirt; durch Neutralisation des angesäuerten Blutes mit Ammoniak wird die Gerinnbarkeit vollkommen aufgehoben. (Brücke.) Der Gerinnungseintritt wird näher gerückt durch einen die Blutwärme um etwas übersteigenden Temperaturgrad, durch Berührung des Blutes mit mineralischen Stoffen Luft, Erden, Metall, durch Bewe- gung des aus der Ader gelassenen Blutes. Unabhängig ist dagegen der Gerinnungseintritt einer weit verbreiteten Ansicht entgegen von dem Gehalt des Blutes im Faserstoff (Brücke), wie nach dem Bestehen oder Verlust der Nerven- und Muskelerregbarkeit (Brücke, List er) und da zu diesen bekannten auch noch unbekannte in dem Blut selbst gelegene Gründe den Zeitpunkt der Gerinnung bestimmen, so lässt sich derselbe nicht allgemein gflltig festsetzen. Meist jedoch gerinnt jedoch das abgelassene Blut wenige Minuten nach der Entfernung aus der Ader, das in der Leiche zurück- bleibende aber hält sich stunden- und tagelang flüssig. Ebenso kann Pferdeblut eine Temperatur von bis -\- V ausgesetzt stundenlang flüssig bleiben.

Den Vollendeten Beweis für den durch Tackrah walirschoinlicli gemacliten Satz, dass die Gefässwandung die Blutgerinnung verhindere, erbrachte Brücke; er nahm Blut aus den Gefässen. bei einer Temperatui- von nahe 0", setzte es der atmosphärischen Luft ungefähr 15 Minuten lang aus, füllte dann das Blut in das Herz oder ein grosses Gefäss des eben getadteten Thiercs zurück, und hing das wohl zugebundene Gefäss in einen mit Wasserdampf gesilttigtcn Luftraum von mittlerer Zimmerwärme. Auf diese Welse erhält sich das Blut der Säugcthiore im Herzen derselben vier bis fünf Stunden hindurch d. h. so lange flüssig als das Herz seine En-egbarkeit behauptet,

1*

^ Faserstoff.

und es gerinnt mit dem Erlöschen des letzteren. Dasselbe leisten Venen und arterielle Blutgefässe. Lünger, bis zu acht Tagen bleibt das Blut der Kaltblüter im ausge- schnittenen Herzen flüssig, also länger als sich die Beweglichkeit des Herzens erliält. Den Unterschied der Gerinnungszeiten zwischen beiden Blutarten begründet ihr Tem- peraturunterschied und ihre verschiedene IJeigung zu gerinnen ; denn in dem auf 30» C. erwärmten Amphibienherzen erfolgt zwar die Gerinnung früher, aber immer noch um viele Stunden später als im Säugethierherzen, und anderseits ist auch das Amphibien- herz nicht befähigt die Gerinnung des in dasselbe eingefüllten Säugethierbluts aufzu- halten, obwohl das Herz einer Amphibienart alles andere Amphibienblut flüssig erhält. Die starke Neigung des Säugethierblutes zum Gerinnen wird auch dadurch bethätigt, dass es in dem Herzen sehr zählebiger Thiere wie z. B. des Igels schon um ein Kurzes früher fest geworden ist als- das Absterben der Muskeln vor sich gegangen. Dass nun aber bei dieser Aufbewahrungsniethode die Gerinnung in Polge einer Wirkung von Seiten der Waiid ausbleibt, ergiebt sich: weil ein jeder Tropfen Blut, der aus dem wie oben zubereiteten Qcfass genommen war, alsbald gerinnt; ferner bringt man Luft, Quecksilber u. s. w. zu dem Blut in das Gefdss, so geiinnt nur der kleine in der un- mittelbaren Nachbarschaft des fremden Körpers liegende Blutantheil ; schliesst man endlich einen Theil des im Gefäss enthaltenen Blutes dadurch ab , dass man in das Blut ein Glasrohr schiebt so findet man nur den Inhalt des (an beiden Seiten offenen) Glasrohrs geronnen. Diese letzteren Erfahrungen beweisen auch, dass man sich nicht etwa so ausdrücken dürfe : alle Stoffe, die Gefässwandung ausgenommen, erzeugen durch ihre Berührung mit dem Blut die Gerinnung, denn dann dürfte das um den fremden Körper vor sich gehende Festwerden nicht local bleiben und noch mehr es müsste in einem Gefäss voll ruhenden Blutes die Gerinnung nicht rascher erfolgen als in einem bewegten. Da dieses aber geschieht, so bedarf das Blut zum Flüssigbleiben der Waudberührung. Den Beweis hierfür hat List er noch durch die Thatsache ver- vollständigt, dass das gerinnbare Leichenblut in engen Gefässen länger flüssig bleibt als in den weitem. Eicha rdson, welcher die durch Athmungsversuche längst be- kannte Thatsache bestätigt fand, dass sich aus dem Blut bei einer Berührung mit Luft Ammoniak entwickelt, und sich ebenfalls davon überzeugt, dass eine Zumischung von einer sehr geringen Ammoniakmenge zum Blut, die Gerinnung desselben zu verzögern vermag, glaubt sich darum berechtigt, die Ursache der Gerinnung auf den Vorlust der äusserst geringen Menge von Ammoniakdunst schieben zu düi-fen, welchen das gelassene Blut erleidet. Wenn man auch die von ihm in den Vordergrund geschobenen That- sachen als richtig anerkennen muss. so darf man dennoch seiner Folgerung nicht bei- treten, weil es eine ebenfalls ganz bekannte Erscheinung ist, dass das mit Ausschluss aller Luft aus der Ader unter Quecksilber aufgefangene Blut dort gerinnt; hierzu kommt, dass Lister, der seinen eigenen Beobachtungen entgegen der Unterstellung von Kichard- son anhängt, das in dem Gefässe einer Leiche zurückgehaltene Blut flüssig erhielt, wenn er auch Luft mit ihm in Berührung brachte, oder wenn er eine blutgefüllte Veno eines eben getödteten Thieres der Luft so lange aussetzte, dass sich das dunkle Blut hellroth färbte. Im noch voUkoramneron Widerspruch mit liiehardson's Annahme steht endlich der von List er ausgeführte Versuch, dass das Blut in den Gefässen eines lebenden oder eben getödteten Thieres, deren Wandungen er mit kaustischen Ammoniak bestrich, gerann; dieses erläutert sich nach Brücke einfach daraus, dass die Lebenseigenschaften der Gefasswand zerstört worden sind.

Wie die der Blutgefässe wirkt auch die Wand der Lymphgcfässe der Gerinnung des Faserstoffs entgegen; die serösen Häute und die Darmschleimhaut thun es nicht.

■paserstoff. 5

Da der Faserstoff aus der Blutflüssigkeit und nicht aus den Körperchen ausfällt, (J. Müller*) so setzte man ihn auch schon im Plasma als einen besonderen Stoff, als flüssiges Fibrin voraus. Brücke zeigte jedoch, dass zu der letzteren Annahme kein Grund vorhanden sei, indem ein Blutplasma, welches durch Zusatz von Essigsäure und einen nachträglichen von Ammoniak am Gerinnen verkindert wurde, gerade so viel durch Hitze coagulabeles Eiweiss mehr enthält, als es, wenn es geronnen wäre, an Faserstofl aus- geschieden hätte. Demnach wäre es am wahrscheinlichsten, dass im flüssigen Blute der Faserstoff als Blutalbumin nie vorhanden ist. Als Grund dafür, dass ein Antheil des Bluteiweisses in der Form von Faserstoff zum Gerinnen kommt, würde sich dann am unge- zwungensten darbieten, dass ein Theil des Albumins nach seiner Entfernung aus dem Gefässe mit irgend einem anderen Stoffe des Plasmas eine natürliche Verbindung eingeht, deren Entstehen u. A. auch durch eine verdünnte Säure verhütet würde. Hierfür spricht einmal der negative Beweis, dass die Gerinnung nicht darum ge- schieht, weil das Blut mit Albumin übersättigt war, weil, wenn einmal die Faserstoffgerinnnng beendet ist, weder durch Abkühlen des Blutes, noch durch einen Wasserverlust eine neue Abscheidung bewerkstelligt werden kann, und positiv lässt sich für jene An- schauung von Brücke anführen, dass in dem niedergefallenen Gerinnsel immer noch basisch phosphorsaurer Kalk und Talk ent- halten ist.

Unter der soeben entwickelten Unterstellung lässt sich auch ein Mechanismus denken, dessen sich die Gefässwand zur Flüssigerhaltung des Blutes bedient; denn dann wäre es nur n'dthig anzunehmen , dass eins der chemischen Produkte , die sich fortwährend in der Gefässwand bilden, in das Blut diffundire, und dort das Ent- stehen dpr gerinnenden Eiweissverbindung verhüte ; dieser Stoff müsste aber selbst im Blute verändert werden, so dass nur in dem Maasse, in dem er sich umsetzt, auch die Gerinnung vor sich gehen könnte. Mit dieser freilich noch gewagten Hypothese steht es aber im Einklang, dass die Gerinnung nicht momentan, sondern erst einige Zeit nach der Trennung des Bluts von der Gefässwand beginnt, und dass sie verzögert wird durch die Bedingungen , welche den Blutumsatz mindern , also durch Tcm- peraturcmiedrigung , Salzlösungen , Sauerstoffmangel ; diese Hyi)othcse gibt auch einen Hinweis auf neue Untersuchungen über die Beziehungen der Gefässwand zur Blut- gerinnung. Die Versuche von Joh. Müller, auf die oben hingedeutet wurde, be- stehen darin, dass man zum Blute Zucker oder Glaubcrsalzlösung fügt, und es Rllrirl oder sich die Körperchen zu Boden senken lässt, die Gerinnung geht in der körper- chenfreien Flüssigkeit vor sich.

•) Handbuch der Physiologie 4. Aufl. I. Bd. p. 117.

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Albumin.

Nachdem sich der Faserstoif fest ausgeschieden hat, erfährt er einige Zeit hindurch noch fortlaufende Veränderungen, die sich augenfällig dadurch äussern, dass er aus einem lockern ein festes Gefüge annimmt, und dadurch, dass er sich aus einen grösseren auf ein kleineres Volumen zusammenzieht. Diese Erscheinung macht den Eindruck, als ob sich der QuellungscoefTizient des Faser- stoffs während des Zeitraums, der unmittelbar auf die Gerinnung folgt, ändere. Brücke verweistauf die Aehnlichkeit, die in dieser und in anderen Beziehungen der Faserstoflf mit dem Eiweissstoff besitzt, der durch Auswaschen des Kalialbuminats mit verdünnten Säuren erhalten werden kann. Von den elementaren Formen des Faserstoffgerinnsels handelt Bd. I. pag. 42.

2. Albumin. Das Eiweiss soll auf zweierlei Art in der Blut- flüssigkeit vorkommen, als freies und als neutrales Natron eiweiss. Als freies Eiweiss bezeichnet man dasjenige, welches durch Erhitzung der Blutflüssigkeit ohne vorgängigen Säurezusatz zum Gerinnen ge- bracht werden kann. Dieses Eiweiss enthält, nach den überein- stimmenden Angaben von Rüling und Mulder, 1,3 pCt. Schwefel und ist somit um 0,3 bis 0,4 pCt. schwefelärmer als das Hühner- eiweiss. Durch Erwärmen mit Kali ist aus dem Bluteiweiss die Hälfte des Schwefels abscheidbar, aus dem Hühnereiweisse dagegen kaum ein Viertel, so dass das letztere fast noch einmal so reich an festgebundenem Schwefel ist, als das erstere. Als Natron- albuminat (eiweisssaures Natron) sieht man die Eiweissmeuge an, welche aus dem Blutserum erst durch Erhitzung abscheidbar ist, nachdem man die alkalisch reagirende Blutflüssigkeit genau neu- tralisirt hat.

Die Behauptung von C. Schmidt*), dass das freie Eiweiss in der Blutflüssig- keit mit dem Chlornatrium iu einer Verbindung ähnlich dem Kochsalz-Zucker vorhan- den sei, stützt sich darauf, dass der geronnene Faserstoff in einer wässerigen Lösung von Kalisalpeter zu einer dem Bluteiweiss ähnlichen Substanz umgewandelt werde, und dass das Blut nach der beti'ächtlichen Entleerung seiner salzartigen Bestandtheile, welche es in der epidemischen Cholera erleidet, von seinem NaCl noch ungefähr so viel zurückhält, als nach gewissen wenig begründeten Annahmen nöthig ist, um mit dem Eiweiss die bezeichnete hypothetische Verbindung zu bilden.

Der Gehalt der Blutflüssigkeit an Eiweiss, freiem und an Natron gebundenem, schwankt zwischen 7,9 bis 9,8 pCt.

Das Eiweiss wird aus der Blutflüssigkeit entweder durch Gerinnung in der Hitze oder mittelst dos Polarisationsapparates quantitativ bestimmt. Bedient man sich der ersteren Methode , so muss das Blut , bevor es erhitzt wird , durch Essigsäure genau neutralisLrt werden (Scherer). Das Coagulum wird filtrirt, gewaschen und bei 120" C.

*) 1. c. p. 1.50.

Andere Eiweissstottb dor Blutflüssigkeit.

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getrocknet; darauf wird ein Antlieil gepulvert mit Aether ausgezogen, um seinen Fett- gehalt zu ermitteln, und endlich verbrannt, wodurch der Aschenrückstand gegeben wird. Die Anwendung dieser Vorsichtsmaassregeln schützt aber doch noch nicht vor Fehlern, weil das Eiweiss bei seiner Gerinnung, ausser Na Cl, 2NaO PO^ *) und Fetten, auch noch andere, von dem Gerinnsel nicht mehr zu sondernde Stoffe einschliesst, wie z. B. die Hüllen der Lymphkörperchen, organische Salze, Farbstoffe u. s. w. Die Ge- rinnungsmethode würde aber als ganz unsicher zu verlassen sein, wenn sich die An- gabe von Lieberkühn**) bestätigte, wonach nicht allein Albumin, sondern auch Casein aus neutralen oder sauren Salzlösungen durch Kochen gefällt wird. Das Ver- fahren von Becquerel die Drehung der Polarisationsebene zur quantitativen Eiweiss- bestimmung zu benutzen, ist von F. Hoppe ***) aufgenommen und verbessert worden. Statt des Apparates von So 1 eil wendet er den von Yentzke an, und bedient sich statt der sehr viel längeren Eiweissschicht von Becquerel einer von 100 Mm., bei gelbgefärbtem Serum sogar nur einer von 25 Mm. Dicke. Das flüssige Eiweiss dreht nach F. Hoppe ungefähr in dem Maasse links , in welchem der Eohrzucker rechts dreht.

Da der Zucker je nach der Spezies (Rohr-, Trauben-, Frucht-, Syrupzucker u. s. w.), der er angehört, der Zeit, während welcher er gelöst war, der Temperatur, in der er sich findet, und den Zusätzen, die zu seiner Lösung geschehen, bald rechts, bald links oder auch gar nicht dreht , so müsste das Eiweiss und seine Modifikationen , welche im Blut vorkommen, ebenfalls mit Rücksicht auf die bezeichneten Bedingungen geprüft werden. Einen Theil der hierher gehörigen Versuche hat Hopp e angestellt; nach diesen behauptet er, dass sich das Drehungsvermögen des gelösten Eiweisses in der Zeit, in- sofern keine Zersetzung eintrete , nicht ändere : trete eine solche ein , die sich durch Trübung der Lösung anzeigt, so mindere sich das Drehungsvermögen. Durch einen die Flüssigkeit aufhellenden Zusatz von Essigsäure kann die frühere Drehkraft wieder her- gestellt werden. Durch einen Zusatz von Natron zum Bluteiweiss wird sein Drehungs- vermögen vermehrt, durch Kochen mit demselben wird es anfangs vermindert, dann aber bleibe es constant. Zur Graduirung der Ablenkungen braucht er die Bestim- mung durch Ausfällung in der Hitze; er erklärt sich danach für berechtigt anzuneh- men, dass, wenn man die quantitative Genauigkeit nicht über 0,1 p. C. treiben wolle, das entgegengesetzte oder gleichgerichtete Drehungsbestreben anderer in dem Blutserum gelöster Stoffe nicht zu berücksichtigen sei. Er bestätigt dieses noch dadurch, dass er das Blut mit Aether und NaCOä schüttelt, wodurch das Eiweiss vollends abgeschie- den, die andern drehenden Bestandtheile des Serums aber in Lösung bleiben. Dieser flüssige Rückstand lenke die Polarisationsebene nur um ein Unbedeutendes ab.

3. Anderweite Eiweissstoff e der Blutflüssigkeitf). In der Flüssigkeit, aus der man noch so vorsichtig und vollkommen nach den angegebenen Verfahren Faserstoff und Eiweiss heraus- geschlagen, bleiben Stoffe zurück, die nach den Resultaten der Elementaranalyse und ihren ßeactionen zu der Gruppe der eiweiss-

♦) Roser, Liebigs Annaion. Bd. 73 p. 334. ") Poggendorf, Annalen. 86. Bd. p. 117 u. 298. •♦•) Vir c ho WS Archiv XI. Bd. p. 547.

t) Mulder, Versuch einer allg. phys. Chemie. Braunschwelg 1851 p. 1107. Molesohot t, Physiologie de» StoRwechsels. Erlangen 1861 p. 240. P a n u m , Archiv flir patholog. Anatomie. V. Virchow, III. Bd. 261.

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Fette und Extracto.

artigen gehören. Ueber die besondere Natur derselben bat man sehr verschiedene Meinungen aufgestellt, bald hält man sie für Natronalbuminat, bald ftir Käsestoff, bald für Proteinbioxyd und endlich erklärt man sie auch für ein Gemenge der genannten und noch anderer eiweissartiger Stoffe. Bei dem sich stets klarer heraus- stellenden Mangel an unterscheidenden Kennzeichen zwischen den einzelnen Gliedern der Eiweissgruppe und den wenigen genauen Untersuchungen über die fraglichen Körper scheint eine Entschei- dung zwischen den Tagesraeinungen sehr gewagt. Nach eigenen Untersuchungen kann ich versichern, dass zu allen Zeiten ein Stoff in der Blutflüssigkeit vorkommt von der prozentischen Zusammen- setzung, wie sie Bd. 1. p. 38. C. angegeben wurde. Der in diesem Stoffe enthaltene Schwefel ist gleich demjenigen des Proteins durch Erwärmen in Kaliaufiösung nicht abscheidbar.

4. Fette*), wahrscheinlich fette Säuren, werden nur in sehr geringer Menge aus der Blutflüssigkeit gewonnen; sie sind, wie man vermuthet, entweder an die Alkalien des Bluts, mit denen sie Seifen darstellen, gebunden gewesen, oder sie sind Zersetzungs- produkte der phosphorhaltigen Fette (Gobley). Man erhält sie, wenn man die Flüssigkeit, welche nach Gerinnung des Eiweisses durch die Hitze zurückbleibt, filtrirt, eindampft und mit Aether auszieht. Ausserdem enthalten, wie erwähnt, Faserstoff und Eiweiss, wenn sie niedergefallen sind, Fette, über deren Ursprung wir im Unklaren sind ; vielleicht waren sie in den Blut- und Lymph- körperchen eingeschlossen, welche jene Stoffe beim Coaguliren mit sich rissen.

5. Fett ähnliche Stoffe**). Das Cholestearin, welches in der Blutflüssigkeit vorkommt (Marcet), soll in den Seifen der- selben gelöst sein. Das Gemenge fettartiger, für sich in Wasser unlöslicher Körper, welchem Boudet den Namen Serolin gab, ist später häufig vriedergefunden; über seine Zusammensetzung und die Art, wie es im Blutwasser gelöst ist, fehlt eine Angabe. Gobley zählt unter die Bestandtheile des Serolin : Lecithin, Cerebrin, Olein, Margarin, eine Angabe, die eine weitere Bestätigung erwartet.

6. Der Zucker des Plasma's ist gährungsfähig, und wahr- scheinlich Traubenzucker. Nach der Nahrung, und den Zuständen der Leber kann sich der Zuckergehalt des Hautvenenblutes von

•) Marcet in Licbigs und Kopps Jahresbericht für 1851. 587. *») Verdoil und Marcet iu Liebigs und Kopps Jahresbericht ftir 1851, p. 588. loy ibid.

G ob.

Minerale.

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0,5 pCt bis zum gänzlichen Verschwinden ändern; für gewöhnlich scheint sein Prozentgehalt den Werth von 0,15 nicht zu übersteigen.

Die quantitative Bestimmung gescliieht entweder durch Titrireii mit Kupfcrlösung oder durch Gährung, beides nach vorgängiger Ausfällung der Eiweissttoffe mit Alkohol. Diese Methoden geben nur angenäherte Werthe. Die Sitzungen in den Pariser Aka- demien sind in den Jahren 1855 und 56 häufig durch Besprechungen über den Zucker- gehalt des Bluts ausgefüllt worden, an dem sich einerseits Longet, Collin, Figuier und anderseits Cl. Bernard, Lehmann, Poggiale, Moleschott, Leconte, Delore betheiligt haben. Bei dem Leberblut und der Leber werden wir auf diese meist unfruchtbare Diskussion zurückkommen.

7. Harnstoff. Nach Picard**) enthält das !Blut ganz gesunder Menschen von 0,014 bis 0,017 im Mittel 0,016 pCt. dieses Körpers; nach einer der Gesundheit nicht wesentlich beeinträchti- genden Unterdrückung der Regeln ohne bestehende Schwangerschaft steigt er bis zu 0,030 pCt. Diese Zahlen würden nach den Angaben V, Recklingbau sen's kein Zutrauen verdienen.

Picard fällt das Eiweiss des Bluts mit Alkohol , presst den schwach angesäuer- ten Niederschlag wiederholt aus und verdampft dann die filtrirten Flüssigkeiten. Der Rückstand wird mit Alkohol ausgezogen, noch einmal verdunstet und das Eesiduum abermals mit einem Gemenge von Aether und Alkohol extrahirt ; dieser Auszug wird abgedampft und sein Rückstand in Wasser gelöst; aus dieser Lösung werden die noch vorhandenen Extrakte mit Blei gefällt. Nachdem der Bleiüberschuss mit SH entfernt wurde, bestimmt er endlich den Harnstoff durch eine titrirte Lösung von salpetersaurem Quecksilberoxyd nach Lieb ig. Der Quecksilberniederschlag enthält keinen andern organischen Körper als Harnstoff. Trotz der vielen mit der Harnstofflösung vorgenom- menen Operationen soll, wie sich Picard überzeugte, bei der Arbeit kein nennens- werther Verlust vorkommen. Mit dieser Angabe steht eine Mittheilung von Reck- 11 ng hausen in grellem Widerspruch, welcher in dem durch die Lieb ig' sehe Flüssig- keit erzeugten Niederschlag des Blutextractes Ammoniak und Natron antraf, und der in den aus solchem Blut zum Titriren bereiteten Lösung noch ClNa vorfand.

8 12. Kreatin, Kreatinin, Harn-, Hippur-undMilch- säure enthält das Blutwasser in sehr geringer Menge. Die hier auf- gezählten Stoffe machen, den Zucker- und den Harnstoff einge- schlossen, wesentlich das aus, was man als den organischen Theil des Spirituosen Blutextractes bezeichnet, ein Namen, der darum aufzugeben ist, weil die einzelnen Glieder des Gemenges, weder

' quantitativ, noch qualitativ sich gleich bleiben.

13. Die mineralischen Bestandth eile der menschlichen

' Blutflüssigkeit hat man bis dahin meist aus der Asche ihres ein- getrockneten Rückstandes bestimmt, aus diesem Grunde müssen den Angaben Fehler anhaften über den Gehalt an Chlor, Schwefel- und Phosphorsäure; und da man bei der Aschendarstellung die

') Do la pr^sence de Vur^e dans lo gung. Strasbourg 1866. v. Reokllnghaii.sen, Vireliow.i ' Archiv 1868.

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Minerale.

Vorichtsmassregeln nicht in Anwendung brachte, welche nach den Versuchen von Er dm aun, Strecker*), H. Rose**), Mitscher- lich und Heintz***) nothwendig sind, so ist auch der Gehalt an Kalium und Natrium fehlerhaft bekannt geworden.

Die Veränderungen, welche mit den Blutmineralen bei der Aschenbereitung vor sich gehen, bestehen darin, dass die Menge der SO3 und unter Umständen die der PhsO^ vermehrt wird, in Folge einer Oxydation des Schwefels der eiweisshaltigen und des Phosphors der fettartigen Körper. Die überschüssige Schwefelsäure wird aber Cl austreiben, was auch schon durch die überschüssige Kohlen- und die bei der Verbrennung, sich bildende Cyansäure geschehen kann. In höheren Temperaturen ver- flüchtigen sich die Chloralkalien. Die vorhandenen phosphorsauren Salze, mit zwei Atomen fixer Basis, werden durch die neugebildete Schwefelsäure zum Theil in saure verwandelt , aus denen die Phosphorsäure durch die Kohle zu Phosphor reduzirt und dann verflüchtigt wird; oder es kann auch in höheren Temperaturen das erwähnte phosphorsaure Salz sich in ein solches mit 3 Atomen fixer Basis umwandeln, wenn nämlich gleichzeitig ein kohlensaures vorhanden ist.

Verfahrungsarten, die Salze ganz oder theilweise ohne Einäscherung zu bestimmen, geben Millon****) und Heintz t) an.

Aus der grossen Anzahl bekannt gewordener Aschenanalysen ,von Denis, Lecanu, Marcet, Marchand, Nasse, Weber, V erdeil und Schmidt ff) wählen wir die des letztern Beobach- ters aus ; sie kann , wie die übrigen , nur als eine Annäherung an die Wahrheit angesehen werden; denn die ihr zu Grunde liegende Asche ist nach einem Verfahren gewonnen, welches dem älteren R 0 s e 'sehen ttt) sehr ähnlich sieht. Immmerhin scheint sie aber doch die zuverlässigste.

Nach Schmidt gewinnt man aus lÜO Th. Blutflüssigkeit 0,85 Th. Asche; diese bestehen aus: Cl = 0,533, 803=0,013, PhO^ =0,032, CaO = 0,016, MgO = 0,0]0, Ka = 0,031, Na = 0,341, 0 = 0,045.

Diese Asche zählt nicht zu denjenigen, welche alle die mine- ralischen Bestandtheile enthält, die schon von andern Chemikern in der Blutflüssigkeit gefunden sind. Namentlich fehlen die häufig vorgefundenen: COj und Eisenoxyd und die seltener vorhandenen: Kieselsäure f ttt), Mangan, Kupfer, Blei, und endlich das von Mar- chand angegebene Ammoniak.

*) Liebigs Annalen. 73. Bd. **) Poggend. Annalen. 79. Bd. •»») Zoochemie, Berlin 1853. p. 868,

Annales de chimie et de physique 3ieme s^r. XIX. (de la pr^sencs normal etc.) t) 1. o. 858, tt) 1. c. p. 19. p. 31.

ttt) Poggendorfs Annalen 76. Bd. u. 81. Bd. 410.

tttt) Kieselsäure fand Weber im Ochsen -, Henneberg, Enderlin und G o r u p im Vogel- blut. Da unter die Bestandtheile des Menschenhaars Kieselsäure gehört (v. Laer), so mn«» sie auch im Menschenblut vorkommen.

Minorale. H

Diese Bestandtheile werden nun nach bekannten Prinzipien zu Salzen zusammengeordnet; man giebt nämlich der stärksten Säure die stärkste Base bei, und berechnet ausserdem die phosphor- sauren Salzen als solche mit 3 Atomen fixer Basis. So erhält man KOSO3 =0,028; KCL = 0,036 ; Na Cl = 0,554; SNaOPhO^ =0,032; SCaOPhOs =0,030; 3MgOPli05 0,022; NaO=0,093

Da diese Berechnung namentlich in Beziehung auf die Verbin- dungen der Phosphorsäure mit Alkalien ganz willkühiiich ist, so kann sie nicht in der Absicht angestellt worden sein, um den wahren Ausdruck des Salzgemenges in der Blutasche zu geben. Aber dennoch ist sie von Wichtigkeit, denn sie zeigt 1) dass die fixen Säuren SO3, PhOj, CIH nicht hinreichen, um alle Basen zu sättigen. Dieses Resultat ist nicht in Uebereinstimmung mit den Angaben anderer Aschenanalytiker ; denn wenn man auch niemals saure Blutaschen beobachtete, so fand man doch öfter auch solche, in denen die Basen grade zur Neutralisirung der angegebenen Säuren hinreichten. 2) Die Natronsalze überwiegen ausserordentlich, und unter diesen wieder das NaCl in der Art, dass die Summe aller übrigen sich zu dem Kochsalz wie 3 und 5 verhält. Auf dieses Verhalten hat, wie es scheint, Denis zuerst die Aufmerk- samkeit gelenkt.

Hiernächst entsteht nun die viel wichtigere Frage, in welcher Verbindung die in der Asche gefundenen Minerale in der Blut- flüssigkeit enthalten sind. Leider befinden wir uns nicht in der Lage, über diesen wesentlichsten Theil der Aufgabe Aufschluss zu geben; denn 1) wissen wir überhaupt nicht, in welchen gegenseiti- gen Anziehungen sich die Bestandtheile mehrerer Salze befinden, die neben einander gelöst sind, mit andern Worten, ob z. B. ClKa und 2NaOPh05, und wenn sie in ein und derselben Flüssigkeit gelöst werden, in dieser noch als solche befindlich sind, 2) kennen wir die Verbindungen der organischen Säuren des Blutes nicht, insbesondere ist uns die Stellung der eiweissartigen Stoffe, welche nach Wurtz und Lieberkühn schwache Säuren darstellen, zu den Basen unbekannt, 3) Ist bis jetzt noch keine Angabe geschehen, ob in der Blutflüssigkeit schwefelsaure Salze vorkommen und in welcher Menge. 4) Wie mehrt sich mit der Verbrennung die Menge der Phosphorsäure? Angesichts dieser Bedenken lässt sich nur Fol- gendes aussprechen.

Ein Theil des KO oder NaO ist mit den eiweissartigen Stoffen verbunden, da wie schon erwähnt, diese zum Theil durch Zusetzen

12 Minerale.

einer Sänre ziiui Serum und zwar entweder sogleich, oder nacii vorgängigem Kochen gelallt werden.

Die phosphorsaure Kalk- und Bittererde ist mit den Eiweiss- körpern verbunden, und zwar wahrscheinlich als dreibasisch phos- phorsaure. Diese Annahme gTündet sich darauf, dass in einer alkalisch reagirendcn Flüssigkeit, wie sie das Blut darstellt, die erwähnten Salze nur dann löslich sind, wenn sie mit Eiweissstoffen »verbunden vorkommen; die mit dem Eiweisstoffe des Blutserums verbundene phosphorsaure Kalk erde (und Magnesia?) ist aber nach Heintz dreibasische.

Die Blutflüssigkeit enthält wahrscheinlich kohlensaure Alkalien. ^ Denn w.eun man aus der Blutflüssigkeit durch Kochen und die Luftpumpe alle mechanisch eiugemengte CO, entfernt hat, kann durch eine zugesetzte Säure eine neue Quantität CO, unter der Luftpumpe aus ihr erhalten werden*).

Die Gründe, aus denen Lieb ig und Enderlin die Anwesenheit der kohlen- sauren Salze läugneten, scheinen wiederlegt zu sein. Jene Chemiker stützten sich, darauf, das.s die Blutasche des Menschen und der Fleischfresser j[wohl aber die der Grasfresser) mit Säuren Übergossen , nicht brausst. Wir haben schon angegeben , dass die kohlensäurehaltige oder kohlensäurenfreie Asche weder die Abwesenheit, noch Ani^- Wesenheit von kohlensauren Salzen in der Blutflüssigkeit beweisen kann. Lieb ig macht ausserdem geltend , dass die gekochte und filtrirte Blutflüssigkeit bei Einträui- fein von fixen Säuren keine CO2 entwickle. Diese Thatsache ist aber ebenfalls nicht schlagend, weil die COj - freie Flüssigkeit begierig die in ihr entwickelte CO2 absorbirt, wie Marc band und Mulder darthaten, indem sie zeigten, dass, selbst wenn ein. Zusatz von NaO OOj zum Blut gemacht war, starke Säuren keine Kohlensäure aus ilu4 frei machten.

Von dem phosphorsauren Natron der Blutflüssigkeit behauptet man bald, dass es zweibasisches (PhOj , 2NaO, HO), bald, dass es dreibasisches (PhO 5, 3NaO) sei. Für die letzte Meinung spricht die Asche, welche kein pyrophosphorsaures Natron enthält. Hiergegen lässt sich einwenden, dass das zweibasisch phosphörsaure NaO sich beim Glühen mit kohlensaurem Salze in dreibasisches umwandelt, woraus sich zur Genüge die Abwesenheit von phosphorsaurem Natron in der Asche erklärt, selbst wenn zweibasisches Salz in der Flüssigkeit vorkommt. Die Vertheidiger des zweibasisch phos- phorsauren Natrons behaupten noch dazu, dass im Blut, d. i. in einer mit Kohlensäure geschwängerten Flüssigkeit, gar kein drei-

*) Marchand, Journ. für pr. Chomio 37. Bd. p. 321. Deber die Controverse siehe aaaaSt der alten Literatur von Gmelin, Ticdemaiin , v. Ensehut u. s. w. Liehig, Annalen S". Bd. 126. L eh ma nn , Journal für pr. Chemie. 40. Bd. 133. Mulder, Schelk. Onderzoek. V. Deel. 435.

4

Kohlensäure.

13

basisch phosphorsaiires Natron bestehen könne, indem es augen- blicklich in zweibasisches und kohleusam-es Salz zerlalle. Da auch diese letztere Behauptung nicht durch unwidersprechliche That- sachen erwiesen ist, so muss die ganze Frage dahin gestellt bleiben.

Die Gegenwart von NaCl und KaCl ist wohl niemals geläugnet worden. Die Kieselsäure muss, wenn sie vorhanden, in Verbindung mit Alkalien vorkommen.

lieber die Art und Weise, wie die Metalle, namentlich die häufigen. Eisen und Mangan und die seltenen, Blei und Kupfer, ge- bunden sind, wissen wir nichts.

Den hier 'angezweifelten Beweis für die Zusammenorclnung der einfachen Bestand- theile zu complizirten glaubt C. Schmidt durch Vergleichung des beobachteten und des hypothetischen spezifischen Gewichtes der Flüssigkeit gegeben zu haben. Das hypothetische spezifische Gewicht der Blutflüssigkeit lässt sich aber nach seinen Vor- aussetzungen ableiten , wenn man weiss , um wie viel die bekannten Volumina des Wassers und eines löslichen festen Stoffs bei wirklich geschehener Lösung dieses letz- teren abnahmen, mit andern Worten: wenn man die Verdichtungscoefficienten kennt. Nachdem er diese letzteren bestimmt hat für alle die Stofi'e , welche seiner Voraus- setzung naeh in dem Blutwasser gelöst sind, macht er die weitere Annahme, die Ver- dichtung bleibe dieselbe selbst für den Fall, dass die einzelnen Stoffe, statt in Wasser, in einem solchen Salz - Gemenge , wie es die Blutflüssigkeit darstellt, gelöst seien. Diese 'Voraussetzung ist nun freilich willkührlich ; man könnte sie jedoch dicssmal eine glückliche nennen in Anbetracht der von ihm gefundenen Ueberstimmung zwischen dem hypothetischen und dem wirklich beobachteten spezifischen Gewichte. Bei ge- nauerer Ueberlegung ist aber gerade diese TJebereinstimmung geeignet. Misstrauen zu erregen. Denn es sind die von ihm angenommenen Stoße der Blutflüssigkeit : KO SO3 ; KaCl; NaCl; 2NaOPh05; NaO; SCaOPhOs; 2MgOPh05; Albumin, Pibrin. Wie man sogleich sieht, sind diese Stoffe zum Theil offenbar gar nicht im Blute vorhan- den, wie z. B. KOSO''; NaO, und andere übersehen wie das Albumin-Natron, die Fette u. 8. w. , Umstände, welche im günstigsten Falle beweisen, dass für die Salzbestand- theile die vorgeschlagene Controle nichts leistet.

14. Die Kohlensäure nimmt der Menge und ihres beson- deren Verhaltens wegen den ersten Platz unter den difl'usiblen Gasarten der Blutflüssigkeit ein. Auf die Menge schliessen wir in Ermangelung einer genügenden Analyse aus dem grossen Absorp- tionsvei-mögen (der faserstofffreien) Blutflüssigkeit*), welche unter denf Atmosphärendruck mit CO, gesperrt das anderthalbfache bis doppelte ihres Volumens von dem Gas aufninmit (Schcrcr **), Mul der )***). Da H. Nasse diese Beobachtung dahin erweitert hat, dass ein Blut um so mehr CÜj absorbirt, je reicher seine

') Nucliilcm Sic vorher durch Stehen rtn der tuft Ihre verdunstlmrc COa verloren f ••) Licbigs Annaion. 00. Bd. p. 30. ") Physlolof. Chemie, Brnnn.schwcig llS.'i.

14

Sauerstoff' und Serum.

Asche an NaOCO» ist; da nach der vollkommenen Sättigung mit CO5, die Flüssigkeit noch alkaliseh reagirt, und da die gesättigte Blutflüssigkeit mit fixen Säuren versetzt, die Hälfte ihrer CO4 selbst in einer kohlensäurehaltigen Atmosphäre verliert, so kann man nicht im Zweifel sein, dass dieser CO, Antheil durch eins der alkaUsch reagirenden Blutsalze NaOCO^ oder 2NaOPh05 auf- genommen und verdichtet wurde. Vergleiche die Gase des Ge- sammtblutes.

15. Die Gegenwart des Stick- und Sauerstoffs vermuthen wir, weil die Blutflüssigkeit als eine wässerige Lösung beide Luft- arteu in geringen Mengen aufnimmt. Wir haben keinen Grund, anzu- nehmen, dass die Gasarten anders als difFundirt darin enthalten seien,

16. Der Wassergehalt der Blutflüssigkeit ist im Mittel auf 90 bis 93 pCt. gefunden worden.

Serum. Derjenige Antheil der Blutflüssigkeit, welcher zurück- bleibt, nachdem der Faserstoff ausgeschieden ist, wird altem ärzt- lichem Herkommen gemäss Serum sanguinis genannt. Dieses Serurn ist von praktischer Bedeutung für die Blutaualytiker , weil nur diese, nicht aber das gesammte Plasma der Untersuchung so weit zugänglich ist, dass spez. Gewicht, Farbe, Consistenz u. s.iw. beobachtet werden können.

Da in der That die Menge des ausfallenden Faserstoffs sehr gering ist, und die Eigenschaften desselben, so lange er in Lösimg befindlich, soweit wir wissen, sich nicht von denjenigen der übrigen Eiweissstoffe unterscheiden, so Würde eine Uebereinstimmung in den physikalischen Verhältnissen von Plasma und Serum statuirt werden dürfen, wenn dieses letztere nur hinreichend rein erhalten werden könnte. Dies ist aber nur selten der Fall.

Das Serum gewinnt man entweder so , dass man das aus der Ader gelassene Blut sogleich gerinnen lässt. Der durch die ganze Masse des Blutes vertheilte Faserstoff sehliesst hei seiner Gerinnung sämmtliche Blutkörperchen sammt der Blutflüssigkeit ein, so dass unmittelbar nach derselben das Blut einen zusammenhängenden, sehr lockereu Kuchen bildet. Nach einiger Zeit aber beginnt die Zusammenziehung des Faserstoffs , so dass nun die Blutflüssigkeit aus dem Kuchen ausgetrieben wird , wäh- rend ein sehr grosser Theil der Körxierchen des Blutes, welcher auf dem Faserstoff"^ balken aufgelagert ist, den Bewegungen derselben folgt und in dem Kuchen einge- schlossen bleibt. So unternimmt das Blut selbst eine Filtration , die wir vergebena künstlich nachzuahmen versuchen. Begreiflich ist aber auch diese Filtration keine vollkommene und namentlich tritt ein aufgeschwemmter Bestandthoil, der dem Faser* stoiT weniger stark zu adhäriren scheint, die sog. Lymphkörperchen , mit dem Serum aus dem Kuchen. Diese Körperchen sind nun entweder spez. leichter als das Serum,' sie treten nach oben (und können zum Theil wenigstens abgehoben werden .>) oder sie

Blutscheiben.

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sind von gleicher Eigenschwere; diese verunreinigen also das Serum. Da das Filter, welches dem Blutserum noch den Durchtritt gestattet, sie nicht eufückhält, so werden sie nicht von der Blutflüssigkeit getrennt und bilden immer vorkommende Verunrei- nigungen derselben. Zuweilen zieht man es vor, das Blut nach dem Austritt aus der Ader sogleich zu schlagen zur Abscheidung des Faserstoffs und die zurückbleibende Flüssigkeit sich selbst zu überlassen ; bei vollkommener Euhe derselben senken sich dann die rothen Körperchen desselben allmählig zu Boden. Das auf die eine oder andere Art geschiedene Serum hebt man dann vorsichtig mit der Pipette vom Boden- satz oder dem Blutkuchen ab.

Das spez. Gewictt des meist gelblich gefärbten Serums wird im Mittel zu 1028, das des Wassers = 1000 gesetzt, angegeben.

B. Aufgeschwemmte Blutb estandtheile.

Zu ihnen gehören die Blutscheiben, die Lymphkörperchen, die Molekularkörnchen und FaserstotfschoUen.

a. Die Blutscheiben sind im Blute ungemein zahlreich vertreten, indem nach den Zählungen von Vierordt*) und H. Welker**) in einem Cubikmillimeter Blut 4 bis 5,5 Millionen Stück enthalten sind.

Die Zählung der Blutkörperchen in einem genau gemessenen Blutvolumen ist zu- erst von' Vierordt ausgeführt; diese mühsame Arbeit ist durch die "Welk er' sehen Verbesserungen der Technik wesentlich vereinfacht worden. Sie würde nach diesem letzteren Autor zu einer verhältnissmässig sehr leichten werden, wenn sich die An- nahme desselben bestätigte , dass die färbende Kraft des Bluts in einer festen Be- ziehung zu der Zahl seiner Körperchen stände. Wäre dieses der Fall so würden die Körperchen in einem C.-Mm. Blut gezählt, und zugleich ein anderes bestimmtes Volum desselben Bluts mit einem gemessenem Volum einer farblosen Flüssigkeit z. B. ver- dünntem Alkohol zu vermischen sein ; sollte nun der Blutkörperchengehalt einer andern Blutprobe ermittelt werden, so verdünnt man diese so lange mit derselben farblosen Flüssigkeit, bis sie die Farbe der ersten Mischung angenommen. Die Blutkörperehen- zahlen verhalten sich wie die Volumina der Zusatzflüssigkeiten.

1. Anatomisches Verhalten ***). Die Blutscheiben sind kleine Zellen, deren Inhalt roth oder grün (Brücke) gefärbt ist; obwohl ihre Form keineswegs als eine beständige anzusehen ist, so stellt doch die weitaus grösste Zahl derselben Rundscheiben dar, die auf der Fläche liegend, sich wie eine oben hohle Linse ausnehmen, während sie auf dem Rande stehend das Ansehen eines Biscuits darbieten. Auf eine Vertiefung der obern Fläche schliessen wir aus der Vertheilung, die hier das Licht eines Büschels erfährt, welches von der untem Fläche her mit parallelen Strahlen in die Blutscheiben eingedrungen ist; bekanntlich erscheint beim durch-

•) Archiv f. physlol. Hellkunde. XI. 20. 327. 854. Xm. 259. ••) Prager Vlerteljahrsclirlft. XLIV. 11. •••) Kölliker, Handbuch der Oowebol'ehrc. 5. 08. Vierordt, Archiv filr pliysiolog. Heil- kunde. XI. 864.

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Blutscheiben.

falleudeii Licht die helle Mitte des Blutköi-perchens von eine leichten Verdunklung umgeben, auf die nach aussen ein helle i Ring folgt; analysirt man aber den Gang der parallelen Strahlen

1234 Fig. I. durch die plancocavi Linse aa., so wird man sogleicli sehen, dass auf der oberen Fläche die Mitte hell, der ausgebogen« Theil lichtschwach, und der Kam wieder lichtstark erscheinen muss Die Biscuitform der auf dei Kante stehenden Blutscheiben be weist, dass der Rand nicht überall / i 3 s 2 / gleich breit ist, denn sonst mUsstt

diese Ansicht ein Rechteck darstellen. Ausser dieser häufigstei Gestalt kommen noch andere vor, zuweilen steht die Vei-tiefun;; excentrisch, oder die Seheibe ist auf beiden Flächen erhaben, oder die Ränder tragen Zacken.

Die Blutkörperchen der ersten Form kann man in ein kugeliges Gebüde verwan- deln, wenn man die Blutflüssigkeit, in der sie schwimmen, mit Wasser verdünnt, wo- durch wahrscheinlich in Folge einer Diifusionsströmung der Inhalt vermehrt wird. Die Zackenform erhalten die Körperohen, wenn sie in eine concentrirte Lösung von Glaubersalz, Zucker u. s. w. gebracht werden. Uebor andere Formveränderungen siehe bei Lind wurm *), D on ders, Mo 1 e s cho 1 1 **) , Stannius ***), Lehmann f)

Der Inhalt der Blutscheiben ist bald mehr, bald weniger tiel gefärbt, bald ist er klar, bald noch mit Körnchen und Krümeln gefüllt.

2. Chemische Beschaffenheit. Um das Blutkörperchen behufs seiner quantitativen Zerlegung vom Plasma zu sondern, hat F. Hoppe tt) einen schon von Z i m m e r m an n ff f) angedeuteten Wer eingeschlagen. Er ist ausführbar an Blut, dessen Körperchen sicli schon merklich gesenkt haben, bevor die Gerinnung des Faserl•toff^ eingetreten. Von einem solchen Blut schöi)ft man das über dem rothen Theil stehende Plasma ab, und bestimmt, nachdem die Ge rinnung in den beiden gewogenen Portionen (der farblosen und der gefärbten) eingetreten, den Faserstoff. Da man den Faserstofi als nur dem Plasma angehörig ansehen darf, so gewinnt man au^-

*) ZeitBohrlft v. Henle u. Pfouffor. VI. Bd. 2GG. *) Hol Und, Beiträge p. 3G0 ii. Illustr. med. Zcitg. III. 70. *»•) Bcolmclitg. Uber Vorjiingungsvorgängo. Rostock 1853. t) Pliysiolog. Chemie. II. 1G4. tt) Archiv fiir physlolog. Heilltundo. XI. 298. tft) Vircliows Archiv XII. Bd. 48.').

Blutscheiben.

17

der bekannten Verhältnisszalil zwischen Plasma und Faserstoff und dem bekannten Faserstoff des Blutkuchens, den Plasmagehalt des letztern durch Proportionsrechnung. Wäre nun der Blutkuchen und das reine Plasma weiter zerlegt, so würde man auch die Zusammen- setzung des im Blutkuchen enthaltenen Plasma's finden können, und es würde durch Subtraction der ihm angehörigen Stoffe von den entsprechenden im gesammten Blutkuchen gefundenen die Zu- sammensetzung der Blutkörperchen zu berechnen sein.

Diese Methode verlangt, was besonders zu betonen ist, dass die Scbeidung von Plasma und dem gefärbten Blutantheil vorgenommen wird , bevor die Gerinnung ein- trat; denn ohne diess würde man das wahre Verhältniss zwischen Plasma und Faser- stoff nicht finden, weil nach Ausscheidung des letztern augenblicklich das difFusive Gleichgewicht zwischen den rothen Scheiben und der umgebenden Flüssigkeit gestört sein würde. F. Hoppe fordert auch, und zwar mit Eecht , eine noch viel ge- nauere Bestimmung des Faserstoffs als die bisher gebräuchliche , bei der man weder die geformten Einschlüsse in das Gerinnsel, noch auch dieses selbst ohne Zersetzung auswaschen kann. Würde das Verfahren zu einem wirklich strengen erhoben, so müsste es als ein grosser Fortschritt begrüsst werden. Diese Hoffnung steigt um so mehr, als Brücke uns das Blut sehr langsam gerinnen lehrte. Alle andern Methoden, welche zur Sonderung der Blutkörperchen vorgeschlagen sind , beruhen entweder auf unrichtigen Voraussetzungen oder die an und für sich richtigen Vorschläge sind un- ausführbar. Sie sind der Eeihe nach aufgezählt:

1. Filtration. Versetzt man ein von Faserstoff befreites Blut mit seinem mehrfachen Volum einer concentrirten Glaubersalzlösung, und leitet durch dasselbe, nachdem es auf ein Papierfilter gebracht worden. Sauerstoffgas, so wird nicht allein die Mehrzahl der Körperchen zurückgehalten, sondern es lässt sich auch durch Glauber- salz der Rückstand so vollkommen auswaschen, dass die Waschflüssigkeit kein ClNa und keine organischen Bestandtheile, namentlich kein Eiweiss mehr enthält. (Berze- lius, Dumas*), Lecanu**)). Diesen ausgewaschenen Rückstand haben einzelne Chemiker für reine Blutkörperchen angesehen, eine Meinung, welche sowohl die phy- .sikalische Ueberlegung wie auch das optische Verhalten als unrichtig erweist, indem die Körperchen, wie wir schon erfuhren, unter dem Einfluss der Salzlösung ver- jchrurapfen und ihre Form ändern; diese Formänderung, namentlich das Schrumpfen lerselben, ist nothwendig, wenn man bedenkt, dass der Inhalt durch die für wässrige Lösungen durchgängige Membran auf diffusivem Wege der Glaubersalzlösung einen rheil seiner Bestandtheile abgeben und dafür andere empfangen muss. Einen weiteren

'Beweis für diese Behauptung wird man zu liefern im Stande sein, wenn man eine 'iolche mit Glaubersalzlösung gewaschene Blutkörperchenmasse einige Zeit in dieser jösung aufbewahren und diese letztere auf ihre Bestandtheile untersuchen würde. Diese üinwcndungen können natürlich dem Filtrations verfahren seinen grossen Werth für die ualitativc Untersuchung des Blutkörperchens nicht rauben.

2. Man behauptete zu verschiedenen Zeiten (Dumas-Prevost, C. Schmidt***), f-ass ein oder der andre Stoft" nur der Blutflüssigkeit oder dem Serum, nicht aber den

*) Compt. rend. XXTI. 900. ") ibid. XXV. 11. 1. c. p. 18.

hiiilwifr, l'liysiologiu 11. 2. Autlago, 2

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Blutscliciben.

Körperclieil eigen sei. So liiclten Dumas und 1' v c v n s t dafür , die Blutkörpcrclien seien mit Serum durchtränkte und gefüllte Säcke ; indem somit das Eigcnthümliche der Blutseheibe nur in ihrer Haut bestehen sollte, sprachen sie ihr allen Wassergehalt ab. Diese Annahme ist aber durch mancherlei Thatsachen, insbesondere durch die Untersuchung der filtrirten Blutkörper widerlegt. C. Schmidt*) nimmt an, dass das Chlor der Blutscheiben mit Kalium , das des Serums mit Natrium verbunden sei, so dass also dem einen Bestandtheil das Chlorkalium, dem andern das Kochsalz abgebe. Diese Annahme ist aber voUkomen willkürlich, weil selbst nach seinen Beob- achtungen neben NaCl und KaCl noch die Anwesenheit von NaO in den Blutscheiben und von KaO in dem Serum feststeht.

3. Zimmermann und Vierordt haben vorgeschlagen, ein Gemenge von Serum und Scheiben einem Stoff von beliebiger Zusammensetzung beizumischen , für welchen die Blutscheibeuhülle undurchdringlich sei und der, obwohl er sich im Wasser löse , weder Wasser , noch irgend einen andern Bestandtheil des Blutscheibeninhaltes au sich ziehe. Gäbe es einen solchen Körper, so würde die Aufgabe gelöst sein : den Gehalt einer beliebigen Blutmenge an Serum und Scheiben und daraus die Zusammen Setzung der letztern zu bestimmen. Denn man hätte zu einem bekannten Gewicht Blut eine gewogene Menge des fraglichen Stoffs zu setzen, aus diesem Blut Serum zu ge Winnen und den prozentischen Gehalt desselben an dem zugesetzten Stoff zu ermit teln; offenbar würde dann aus der eingetretenen Verdünnung die Masse des anwesen- den Serums gefolgert werden können. Dieser einfache Vorschlag scheitert aber daran dass es schwerlich einen Stoff von den verlangten Eigenschaften giebt ; nach den bis dahin vorliegenden Thatsachen über Diffusion, würde nur der Zusatz die verlangten Eigenschaften besitzen , dessen Zusammensetzung mit der des Serums zusammenfielen mit andern Worten : ein solcher , der sich schon diffusiv mit dem Dihalt der Blutkör- perchen ausgeglichen. Dieser Zusatz würde uns aber nichts helfen, denn damit würde die prozcntischo Zusammensetzung des Serums nicht umgeändert und auf dieser Um Wandlung beruht die Brauchbarkeit des Verfahrens.

4. Man hat auch den Versuch gemacht, das Volum der Blutkörperchen oder de Serums zu bestimmen, entweder, indem man die Blutkörperchen eines bekannten Volum Blut zählte und die Zahl mit dem Volum eines Blutkörperchens multiplizirte , desse Durclimesser man unter dem Mikroskop bestimmt hatte, oder indem man Scheiben a dem Blutkuchen schnitt und die Zwischenräume zwischen den einzelnen Blutkörperche zu messen suchte u. s. w. Man kann kaum der Meinung sein, dass es mit diese Vorhaben Emst gewesen sei.

Von quantitativen Bestimmungen liegt nur die des Wassergehal der Blutkörperchen vor. Er betrug im Blute eines Pferdes, desse Serum in 100 Theilen = 90,824 Wasser enthielt = 56,5 pC (F. Hoppe) **).

An andern bis dahin nur qualitativ bestimmten StofiFen sind di Blutscheiben eigen:

») 1. c. p. 18.

•») Hoppe rechnet nach seinen Beobaohtungszahlen 02,98 pCt. Wasser aus , wozu slo ab uicht fUUrcu.

Bliitschoibon.

19

Eiweissstoffe*) und zwar als Hülle der Blutkörperchen in fester und im Inhalt derselben in flüssiger Fonn (Globulin). Die chemischen Eigenschaften und die Zusammensetzung lässt sich nicht angeben, da keiner von beiden rein genug dargestellt ist.

Haematin. Der rothe Stofl", gewonnen nach dem Verfahren von Lecanu, Gmelin und Wittich**) scheint weder rein noch un- verändert zu sein, doch steht er den unveränderten mindestens sehr nahe, denn er kann wie der Blutfarbstoif den dichroitischen Zustand annehmen, d. h. er erscheint bei aulfallendem Lichte roth und bei durchfallendem grün, wenn seine ammoniakalische AlkohoUösung mit viel Wasser, oder mit Kali, Natron, NaoCO,, KOCO^, Amo. COj oder CO 2 versetzt wird (Brücke)***). Ausserdem theilt er mit dem frischen Blutfarbstoff die Eigenschaft, die Guajactinktur blau zu färben, wenn er ihr gemeinsam mit altem Terpenthinöl oder Wasserstoffsuperoxyd zugesetzt wird. Dieses Verhalten stellt ihn in die Reihe der Körper, welche den gewöhnlichen Sauerstoff in Ozon umwandeln (His ****), Schönbein).

Haematin und Globulin im Gemenge (Haemin und Hacmatocrystallin) sind neuer- dings vielfach auf ihre Krystallisationserscheinungen untersucht worden von Kunde, Funke, Lehmann f)» Teichmann ff), M e c k e 1 ftt)- Diese ungemein interes- santen Thatsachen sind leider noch von keiner tüchtigen chemischen Hand benutzt worden, ma uns Aufklärung über die chemische Natur der genannten Stoffe zu ver- schaffen. — WesentUiche Fehler in den Eesultaten der Lecanu' sehen f-l-ft) Unter- suchung über die Eigenschaften desselben Gemenges weist "Wittich nach; dem ent- sprechend verlieren auch die Dumas 'sehen Elementaranalysen der filtrirten und ge- trockneten Körperchen ihren letzten Werth.

Ein phospho rhaltiges Fett; der ätherische fettartige Aus- zug der mit Glaubersalz* filtrirten Scheiben hinterlässt 22pCt. einer sauren phosphorsauren Kalkasche.

Die Asche der Blutkörperchen ist reicher an Eisenoxyd und phosphorsauren Alkalien und reicher an Kali (H. Nasse §), Schmidt §§), Weber§§§) und die Summe der Kalien und Erden

•) Oondcm und Mcleschott in den U o 1 n d i sc ho ii Beitrügen p. 10 und ebendaselbst p. 360. Lehmann, physiolog. Chemie. 11. Bd. 1G&.

»•) Journ. f. prakt. Chemie. 61. Bd. 11. Pharmaz. Centrulbl. 1854. Nr. 22. ••*) SitznnBBberlcht der Wiener Akademie. XI. Bd. 1070. Pharninz. Centralbl. 1854. Nr. 14. ••*•) Vir che Archiv X. Bd. 499.

t) Leipziger akadcm. Berichte. 18r)2 p. 23 und 28. 1053 p. III. Ausgezogen im Journal für prakt. Chemie.

tt) Zeitschrift, Hcnlc und Pfenffor N. F. UI. 375. ttt) Ueber Uacmatoglobulln , Deutsche Klinik 1862. tttt) l'harmaz. Centralbl. 1852. 708.

§) Wagners Handwörterbuch. 1. Bd. 177 u. 180. SS) 1. c. p. 30.

HS) Pogg. Annal. 81. Bd. 9).

'2*

20

Blutscheiben.

ist in gleichen Gewichtstheilen Blutkörperchen geringer als in dem Serum,

Die Blutkörperchen enthalten endlich auch auf mechanischem Wege abscheidbare Gase, insbesondere Sauerstoffgas, da die Volum- einheit eines Gemenges von Körperchen und Serum mehr Sauerstoff zu absorbiren vermag als die des Serums. (J. Davy, H. Nasse*) Da die Volümeinheit des Gesammtbluts noch weniger CO^ aufnimmt als die des Serums, so beweist diess, dass die Körperchen wenig oder gar keine COj aufsaugen. Leitet man Sauerstoffgas durch Blut, so nimmt es eine hellrothe Farbe an ; fügt man während, die Einleitung von 0 fortdauert, dem Blute Rohrzucker, Weinstein oder essigsäurefreien Alkohol, oder ameisensäurefreien Methylalkohol oder ölsaures Natron oder kohlensaures Ammoniak zu, so findet man nach 21 bis 22 Stunden den Rohrzucker und Weinstein gar nicht die Oelseife nur theilweise wieder, statt des Alkohols und Essigsäure und statt des Methyls Ameisensäure und statt des Am moniaks Salpetersäure. Trägt man unter gleichen Bedingungen die oben erwähnten Stoffe in das Serum ein, so findet man sie unverändert (K e t z i n s k y **). Hieran schliesst sich die Betrachtung von Schönbein***), dass eine mit Terpenthiuöl oder Wasserstoff- superoxyd vermengte Guajactinktur durch einen Zusatz von Blut, nicht aber durch Serum blau gefärbt wird. Diese Eigenschaft ist vom Eisengehalt der Körperchen abhängig, da weder Fäulniss noch Siedehitze, wohl aber Entziehung des Eisens die Erscheinung aufhebt. Nach Lothar Meyer f) kann der in das Blut aufge- nommene Sauerstoff durch Kochen leicht wieder aus ihm entfernt werden; setzt man aber dem Blut bis zum schwachen Ansäuren Weinsteinsäure zu, so wird der Ostoff zum grössten Theil so fest gebunden, dass er nicht wieder ausgetrieben werden kann. Endlich beobachtete Harlayff) dass, wenn man mit geschla- genem Blut atmosphärische Luft 24 Stunden hindurch in Berührung lässt, dieses Ostoff bindet und CO, in mehr als doppelt so grosser Quantität ausgiebt, als das Serum unter gleichen Umständen Alle diese Thatsachen zeigen, dass die Blutkörperchen nicht allein eine ausgesprochene Verwandschaft zum Sauerstoff besitzen, son-

•) 1. c. 177.

*•) Scherer' s Jahresbericht für physiolog. Chemie für 1854. p. 104. **•) Münchner aluidemische Denkschriften und Schriften der naturforgchenden Gesellschaft Ilnsel 1858. II. 9.

t) Henle's und Pfeuffer's Zeitsclirlft. N. F. VUI. Bd. •jt) Scher er, Jnhresberidit für physiolog. Clieniio nir IHW; p. 1.')7.

Lymphkorperchen.

21

dem noch mehr, dass sie dieses Element auch befähigen, chemische Verbindungen einzugehen, die ohne ihre Vermittelung nicht zu Stande gekommen wären.

Schüttelt man das Blut einige Minuten lang mit CO^, so nimmt es eine dunkle Farbe an, und wird dichi'oitisch. Diese Doppel- farbigkeit kann ihm durch Berührung mit Ogas wieder entzogen werden (Brücke). Schüttelt man das stark mit Wasser verdünnte Blut dagegen ]0 15 Minuten lang mit CO,, so wird das Blut braun und die rothe Färbung kann ihm durch Zufuhr von Sauer- stoffgas nicht wieder gegeben werden (Heidenhain)*).

Kohlenoxyd treibt das mit den Körperchen verbundene Ogas aus und färbt die- selben kirschroth, diese Färbung kann durch 0, COi, Kochen und das Vacuum nicht ent- fernt werden, woraus in Verbindung mit der allbekannten Erfahrung, dass das Athmen dieses Gases zur Erstickung führt, zu schliessen ist, dass die Verbindung des Blut- roths mit CO die Aufnahme von 0 verhindert. (F. Hoppe)**), Gl. Bernard, L.Meyer.)

b d. Lymphkorperchen, Molekularkörnchen, Fa- serstoffschollen finden sich neben den farbigen Körperchen im Blut aufgeschwemmt; da weder über die chemische Zusammen- setzung und noch weniger über die physiologischen Beziehungen dieser Stoffe etwas bekannt geworden, so unterlassen wir es hier, ihre Form darzustellen, welche ausfühi'lich in den Lehrbüchern

;der mikroskopischen Anatomie behandelt wird. Diese Gebilde zeigen***) (Wharton, Jones, Robin, Lebert, Lieber-

;ktihn, Ecker, Häckel) sehr langsame Bewegungen, in Folge

i deren sie aus der Kugel- in die Stern- und noch manche andere

Formen übergehen.

Die Zahl der farblosen Körperchen ist viel geringer als die

der farbigen ; nach den Zählungen von W e 1 k e r f) sind in 1 Cubikmillimeter Blut zwischen 8000 bis 13000 enthalten, so dass

|nach zwei vergleichenden Zählungen auf 350 bis 500 rothe 1 farb-

I loses kam. lieber die wechselnden Mengenverhältnisse der Lymph- korperchen sind die Artikel: Milz, Leberblut, Blut während der

j Verdauung nach gewissen Nahrungsmitteln , und über die Bezie-

, hung zwischen Blut und Lymphkorperchen ist der Abschnitt über

' Lymphe nachzusehen.

•) DIsqaisItiones criticae et o.^pcrinieiitaloa ilo snnguiiiis r]uaiititnto. IlaUe 1857. p. 32. '•) Virchow» Archiv XI. Bd. 288.

'*) Müllers Archiv 1857. 610. Wiirzbnrifer Vorhandlungen Dezember 1886. t) 1. c. p. 34.

22

Blutanalyso.

C. Gesamratblut.

1. Eine erschöpfende quantitative Analyse des Gesammtbluts kann erst dann zur Ausführung Icommen, wenn es gelungen ist, die Blutkörperchen von der Blutflüssigkeit scharf zu trennen und vi^enn uns nicht allein alle Blutbestandtheile, sondern auch eine- quantitative Bestiraraungsmethode jedes einzelnen bekannt ist. In Ermangelung einer solchen begnügt man sich mit der annährend richtigen Bestimmung einzelner Bestandtheile des Bluts, und nament- lich ermittelt man den Wassergehalt, die Summe der im kochenden Wasser unlöslichen Bestandtheile (Hüllen der Blutkörperchen, Eiweiss- stoffe der Körperchen und der Flüssigkeit mit eingeschlossenen Salzen), der in Aether, in kochendem Alkohol und in Wasser lös liehen und der unverbrennlichen Bestandtheile, sowie ferner des Wassergehaltes der Blutkörperchen. Obwohl man auf der von Hoppe verfolgten Bahn noch weiter vordringen könnte, so kann doch aus diesen Beobachtungen niemals die ganze Bedeutung des Bluts und seiner Veränderungen gefunden werden. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass die gewonnenen Erfahrungen über diesen odei jenen Punkt Aufschluss gewähren.

Unter den Methoden, welche Phisma und Blutkörperchen bestimmen wollen, ist nac! Princip und Ausführung zugleich die einzig richtige schon erwähnte, welche Zimmer man i vorschlug ; allen übrigen gelingt es nur die Bestandtheile im G-anzen zu bestimmen ohne dass sie auf das Plasma oder die Körperchen bezogen werden könnten. Untt : diesen beschränkteron Vorfahrungsarten zeichet sich, nach übereinstimmenden Angaben die von Prevost und Dumas, welche Scherer*) verbessert hat, aus. Letzterei fängt zwei Portionen Blut, jede von Tingefähr 60 Gr. gesondert auf. Aus einer der selben gewinnt er Serum und bestimmt in diesem das Wasser, das Eiweiss, die Ex- trakte und die in Wasser löslichen Bestandtheile der Asche,' aus der andern das Wasser den Faserstoff, das Gemenge -der in kochendem Wasser unlöslichen Bestandtheile dc- Blutkörperchen und des Serums, die Extrakte, das Pett und die in Wasser löslichei Bestandtheile der Asche im Gesammtblut. Indem er dann der Annahme von Pre VC st und Dumas folgt, dass die Blutkörperchen aus unlöslichen Stoffen bestehen welche von Serum durchdrungen in dem Blute schwimmen, berechnet er aus dem bekanntet Wassergehalt des gesammten Bluts und des Serums die sogenannten trocknen Blutkörperehen Obwohl schon dargethan ist, dass diese letztere Berechnung nicht mehr zulässig ist so wollen wir doch noch einmal in ganz populärer Eorm unsem Gegenbeweis wieder holen. Wenn die Flüssigkeit, welche die Blutscheiben durchtränkt, eine andere Zu sammensetzung als die des Serums besitzt, so kann aus dem bekannten Wassergehnl des Serums und des Blutes derjenige der Blutkörperchen nicht abgeleitet wcrdei Offenbar nämlich kann z. B. ein Blut, das in 100 Theilen 20 Theile Rückstand im dessen Serum in 100 Theilen 10 Theile Rückstand lässt, auf million-fache Weise zu

•) Sohorer, patliolog. chemische Unteisiichiingcn. llacsers Archiv 184S. A. Otto Bei trag zu den Analysen des gesunden Bluts. WUrzburg 1848. Gorup-Besanez. Vorpleichentl Untersuchungen etc. Erlangen 1850.

Blutanalyso.

23

saramengosetzt gedacht werden und so u. A. einmal in der Art, dass 100 Theile aus 25 Theilen Serum und 75 Theilen Blutkörperchen mit 23,33 pCt. Kückstand oder aus 75 Theilen Serum und 25 Theilen Blutkörperchen mit 54,0 pCt. Kückstand bestehen. In beiden Fällen würde aber das Serum 10 pCt. und das Gesammtblut 20 pCt. Rück- stand gegeben haben. Dieser Einwurf behauptet also , dass innerhalb eines Serums von gleicher Zusammensetzung Blutkörperchen des allerverschiedenartigsten Wasserge— - haltes schwimmen können. Dieser Einwurf ist aber nicht im Entfenitesten unwahr- scheinlich, einmal, weil ein und dasselbe Blutkörperchen von seinem Auftreten in dem Blut bis zu seinem Verschwinden wahrscheinlich mancherlei Umänderungen in seiner Zusammensetzung erfährt und dann, weil selbst unter der Voraussetzung, dass alle gleichzeitig vorhandenen Blutkörperchen mit einer wässrigen Flüssigkeit von derselben Zusammensetzung durchtränkt wären, doch das Verhältniss dieser Flüssigkeit zu den Fetten und der Hülle sehr veränderlich sein kann. Darum gilt auch die Ausflucht nicht, welche man zur Festhaltung der Dumas-P r ev os t' sehen Berechnung benutzt hat, die nämlich: dass wenn das Serum gleich zusammengesetzt wäi-e, so müsste auch jedes Blutkörperchen gleiche Zusammensetzung tragen und demgemäss könnten , wenn die Eückstandsprozente zweier Blutarten mit gleich zusammengesetztem Serum ver- schieden ausfallen, die Unterschiede nur bedingt sein durch die ungleiche Zahl der Blutkörperchen. Dies vorausgesetzt, geben die Analysen allerdings keinen Aufschluss über die absolute Quantität dieser letztem, wohl aber über das Verhältniss derselben zwischen den beiden Blutai'ten , und som^t sei die Berechnung auch von relativem Werth. Diese erst noch zu beweisende Annahme wird aber ganz willkührlich, wenn wie gewöhnlich gar auch noch Blutarten verglichen werden , deren Serum von ungleicher Znsammensetzung ist. In diesem Fall kann unbezweifelbar die Auslegung auf verschiedene Weise geschehen, auf die nämlich, dass bei gleicher Zusammensetzung die Zahl, oder bei gleicher Zahl die Zusammensetzung^ oder Zahl und Zusammen- setzung der Scheiben in den beiden Blutarten abweiche.

Dem Vorschlag von Vierordt*) folgen wir, da er unausführbar ist, nicbt in seinen vielfältigen Verwicklungen , sondern begnügen uns, die theoretische Grundlage desselben an einem Beispiel klar zu machen; der Einfachheit wegen denken wir uns statt des Serums reines Wasser und statt der Blutkörperchen eine mit Wasser gefüllte Seifenblase in ihm schwimmend, von so zarter Constitution, dass sie ohne zu zerreissen nicht aus dem umgebenden Wasser genommen werden könnte. Um zu bestimmen, wie viel Wasser ausser - und innerhalb der Seifenblase gelegen wäre, hatte man nach Vier- ordt 80 zu verfahren, dass man einen beliebigen Stoff in dem äussern Wasser auflöste, der die Eigenthümlichkeit besässe, weder durch die Seifenhaut hindurch in das innere Wasser zu dringen , noch auch durch diese Wasser an sich zu ziehen. Gäbe es einen solchen Stoff, so würde dies Verfahren einfach zum Ziele führen; denn hätte man z.B. 1 Gr. des Stoffs in die äussere Flüssigkeit geworfen und nähme man , nachdem dieses Gramm gelöst und gleichmässig vertheilt wäre, einen gewissen Antheil, z. B. 20 Gr. aus der Flüssigkeit heraus und fände bei der Untersuchung derselben 0,25 Gr. des Satzes darin, so müsste die ganze Menge der Flüssigkeit 79 Gr. betragen haben. Nttn ist aber sogleich ersichtlich, dass es aus bekannten Gründen der Diffusion einen golchen Stoff nicht geben kann, vorausgesetzt, dass er nicht mit der umgebenden Flüs- sigkeit gleich zusammengesetzt wäre. Ein solcher Ötoff müsste nämlich die Eigen-

•) Archiv fUr physlolog. Heilkunde. XI. 24 u. 547.

24

Blutanalyse.

Schaft haben , zu dem Wasser der Blase keine , zu dem der flüssigen Umgebung aber Verwandtschaft zu zeigen.

Wem es anliegt eine voUkonimeno Einsicht in die Unzugänglichkeit der bis dahin aufgozfthlten Methoden zu gewinnen, den verweisen wir auf die gediegene Diskussion unseres Gegenstandes, welchen P. du Bois*) vom ganz allgemeinen Standimnkt an- gestellt hat.

Parchappo**) und Zimmermann***) versuchen die Blutkörperchen einfach durch Filtration, resp. durch Abtropfen des Blutserums von den Blutkügelchen zu sondern. Natürlich wird Niemand glauben , dass das auf dem Leinwandfiltor liegende Blutkör- perchen bis zur ehem. Reinheit von Serum befreit werde. Die Analyse kann also nur in der Hoffnung unternommen sein, dass bei verschiedenen Blutarten immer ein relativ gleicher Antheil von Serum an dem Kuchen zurückbleibe. Diese etwas unwahrschein- liche Unterstellung kann nicht bewiesen werden.

"Wir fühlen uns ausserdem noch veranlasst zu bemerken, dass auf die Arbeiten von Becquerel und Kodier keine Rücksicht genommen wurde. Den Grund dafür findet man auf Seite 4 ihrer neuen Untersuchung, übersetzt von Eisenmann. Er- langen 1847.

a) Zusammensetzung des Gesammtblutes. Nach F. Hoppef) enthielt das Blut eines Pferdes in 100 Theilen:

Gesamratblut. Körperchen. Plasma 67,38 Festen Rtickstand 43,50 Körperchen 32,62 Wasser . . . 56,50 Diese Zahlen betrachtet Hoppe selbst nur als Annäherungen an die Wahrheit.

Plasma.

Faserstoff Albumin Fette Extracte lösl. Salze unlösl. Salze 0,17 Wasser 90,84 Für das Menschenblut fanden Sc her er und Otto folgende Zahlen.

1,01 7,76 0,12 0,40 0,64

Sc

her er:

Serum.

Gesammtblut.

, 91,04

78,31

. 7,41

Fibrin

0,23

. 0,59

In kochendem Wasser)

20,32

0,51 0,88 0,17

Lösliche \Salze . .

. 0,87

unlösliche Bestandtheile)

Lösliche Salze . . . Fett

») Henle und Pfeuffors Zeitschrift. N. Folge IV. Bd. ••) Gazotto medlcalo 1856. p. 273. *»•) Die Methode der Blutanalyse. Hamm 1866. i-) V 1 rc h 0 w 8 Archiv XII. 485.

Blutanalyse.

25

Otto:

Serum. Gesammtblut.

I.

II.

I.

II.

Wasser . . .

90,36

91,64

80,57

80,34

Albumin . .

8,03-

6,77

Fibrin

0,15

0,21

Extracte . .

0,45

0/4

In kochendem Wasser)

17,83

18,01

Lösliche Salze

1,16-

0,95

unlösl. Bestandtheile)

Extracte ....

0,54

0,67

Lösliche Salze . .

0,78

0,80

Als Mittelzahlen der Wägungen von Scher er und Otto be-

rechnen sich:

Serum. Gesammtblut.

Wasser ...... 90,66 Wasser 79,06

Albimiin 7,76 Fibrin 0,20

Extracte . . . . . 0,51 In kochendem Wasser) -iq aa

Lösliche Salze . . . 0,94 unlösliche Theile S '

Extracte 0,48

Lösliche Salze .... 0,83

Diese Beobachtungen lassen erkennen, dass das Gesammtblut in 100 l'heilen sehr viel mehr feste Bestandtheile enthält, als das Serum, dass diese Vermehrung aber nicht gleichmässig für alle Stoffe gilt, und dass namentlich das Blut relativ weniger lösliche Salze und Extracte enthalte, als das Serum.

Bei der geringen Ausbeute, die diese Thatsachen für die Phy- siologen liefern, übergehen wir die ähnlichen Arbeiten von Popp, Andral u. s. w. u. s. w. Eine Zusammenstellung der älteren Beobachtungen findet sich in He nie 's rationeller Pathologie II. Bd. und eine solche der neueren in den Jahresberichten von Scher er für physiolog. Chemie.

b. Die Asche des Gesammtblutes hat Verdeil*) nach einer nicht vollkommen tadelfreien Methode dargestellt und analysirt. 100 Theile Asche bestehen nach ihm aus:

I.

n.

I.

II:

KO

12,70

11,24

Fe.Og -8,06

8,68

Na

24,49

21,87

Gl 37,50

33,70

NaO

2,03

6,27

SO3 1,70

1,64

MgO

0,99

1,26

PhO^ 9,35

11,10

CaO

1,68

1,85

CO," 1,43

0,95

") Lieblgs Annalen. 69. Bd. 89.

26

Blutanalyse.

Die Asche 1. war aus dem Blute eines Mannes, die II. aus dem eines Mädchens bereitet.

Verdeil hat, um die Asche darzustellen, das Blut bei nicht zu hoher Tempe- ratur an der Luft verkohlt , die Kohle in der Muffel geglüht und den Eest derselben endlich durch Zufügen von salpetersaurem Ammoniak verbrannt.

c. Die Gasarten des Gesammtblutes. Ausser den ziemlich aphoristischen Angaben*) über den Gehalt und die Beziehung von gasförmigem Sauerstoff, Kohlensäure und Stickstoff zu dem Plasma und den Körperchen haben wii- noch sehr gründlichen Aufschluss über das Verhalten dieser Gase zum Gesammtblut von M a gn u s **) und Lothar Meyer***) erhalten. Ihre Angaben, gleichviel, ob sie sich auf venöses oder arterielles Blut beziehen, sind hier zusam- mengestellt.

Nach Magnus und Meyer konnte aus 100 Vol. arteriellen Bluts durch Schütteln mit CO^ oder durch Kochen im luftleeren Raum mit und ohne Zusatz von Weinsäure ausgetrieben werden

Beobachtungsthiere.

freies Gas.

N.

o o

cm

CD

o §

o

3 t!-

ganzes Gas.

Beobachter.

Carotidenblut eines alten Hundes

Carotidenblut eines jungen Hundes

Defibrinirtes Kalbs- 5 blut

6

Arterielles Pferde- - blut

20,88 25,50

28,24 17,04

12,43

14,29 (3,79)

18,42 11,55

(5,81)

10,5 bis 10,2

2,83

5,04 (2,94)

4,55 4,40

(4,12)

2,0 bis 3,3

5,62 6,17

5,28 1,09

28,61 28,58

20,97 18,12

34,23

34,75 (27,10)

26,25 19,21

(21,56)

49,49

54,08 (33,84)

49,21 35,16

(31,94)

L. Meyer

Magnus.

Die Gasvolumina sind auf 0" und 0,76 M. Druck berechnet, bei 1, 2, 4, 5 wurde das Blut erst durch mechanische Mittel luft- leer gemacht, und dann erst durch Weinsäure von seiner gebun denen CO, befreit.

L. Meyer liess das Blut der Hunde aus der A. Carotis direkt in das 10 bis 20 fache Volum luftfreien Wassers fliessen, setzte über die Mischung von Wasser einen luftleeren llaum. und erwännte das Blut gelind, aber bis zum Kochen f) so lange, als bis aus ihm reiner Wasserdamijf emporstieg, also bis alle Gase aus ihm verdrängt

*) J. Müller, Lehrbuch dor Physiologie. IV. Aufl. I. 'MS. *») Po Egendorf, Annalcn. 40. Bd. p. 588. und 66. Bd. p. 177. •»») Ilenle's und Pfeuffor's Zeitschrift. N.F. f) Was bei dem geringen Druck in einer Temperatur unter dorn Coaguliitionigrad de» Eiwelssos geschehen kann.

Gasarten des Bluts.

27

sind; darauf setzte er mit besondern Vorsichtsmassregeln einige grosse Krystallo von Weinsäure au dem Blut, legte ein neues luftleeres Gefäss vor, und kochte von Neuem. Die erhaltenen Gase werden nach der Methode von Bunsen analysirt. Die genauere Darstellung des Verfahrens ist in der Abhandlung von L. Moyer nachzusehen.

Von den Blutgasen ist der Stickstoff wahrscheinlich nur absor- birt, von der CO, und dem 0 ist dagegen ein Theil absorbirt und ein anderer chemisch gebunden, und zwar ist von der durch Kochen abscheidbaren Kohlensäure der kleinste Theil gebunden, der grössere diftundirt, während es sich umgekehrt mit dem Sauerstoffgas ver- hält. Den Beweis dafür liefern Absorptionsversuche mit unver-- mischtem gasfrei gemachtem Blut ; die von denselben aufgenommenen Sauerstoff - und Kohlensäuremengen wachsen nämlich mit dem Druck, unter dem die Aufnahme vor sieh geht, aber nicht in dem Maass, in welchem der Druck ansteigt, was dem Dalton-Bun- sen' sehen Gesetz gemäss geschehen müsste, wenn die Gase nur als solche im Blut aufgelöst wären. Bei Absorptionsversuchen unter variablem Druck steigt aber die aufgenommene CO^ rascher an, als der Sauerstoff, woraus sich auf das angegebene Verhalten schliessen lässt (Magnus). L. Meyer hat in einer eignen Ver- suchsreihe den Antheil der gebundenen und freien Gase be- stimmt.

Machen wir die Unterstellung, dass von der in der gesanimten, in der Volura- einheit Blut aufgenommenen Gasmenge (A) ein Theil durch chemische Verwandtschaft gebunden werde, dass ein anderer dagegen diffundirt sei, so wird die Menge des ersten Antheils x, weil sie nur von der chemischen Verwandtschaft bedingt ist, unabhängig von dem Luftdruck sein , unter welchem das Gas absorbirt wurde ; die Menge der zweiten wird aber mit dem Druck wachsen ; wäre also y der Absorptionscoeffizient des Bluts für das zu betrachtende Gas, so wih'de die absorbirto Menge yP sein, wenn P den Absorptionsdruck darstellt. Demnach wäre also A = x-j-yP. Führt man bei verändertem Druck mehrere Absorptionsversuche aus, so wird man so viel verschiedene Gleichungen erhalten, als man Beobachtungen anstellt, und daraus x und y mit grosser Genauigkeit berechnen können. Dieses ist von L. Meyer für COj und 0 geschehen.

Verhalten der CO, zum Blut. Die Volumeinheit frischen, unver- mischten, von seinen Gasen befreiten Kalbs - oder Rindsblutes nahm in einer Atmosphäre von reiner CO, bei einer Temperatur von 11" bis 120 C. und 0,76 M. Druck = 1,783 Vol. CO, auf; hiervdn waren einfach diffundirt 1,151 Vol. nud gebunden 0,630 Vol. Merkwürdiger Weise ist der Absorptionscoeffizient des Blutes für CO, (1,151) bei 12o ganz derselbe, welchem Bunsen für reines Wasser bei dieser Temperatur gefunden. Es würde nun interessant sein zu wissen, wie sich dieser Coeffizient mit der Temperatur ändert. Diese Frage hat Meyer nicht direkt erledigt.

28

ßasarton des Blutn.

Wenn das aus der Ader genommene Blut vollkommen mit CO, gesättigt wird, so kann der chemisch gebundene Antheil der aufgenommenen CO, nicht allein zur Umwandlung des etwa vor- handenen einfach kohlensauren Natrons in doppelt kohlensaures ver- wendet worden sein. Wahrscheinlich hat sich ein Theil mit dem 2 NaO PhOg vereinigt, welches bekanntlich CO, chemisch verbinden kann.

Den vorstehenden Satz beweist L. Meyer folgendermassen. Nachdem er Blut in luftleerem Raum von Gase befreit hatte, thoiltc er dasselbe in zwei Portionen. Aus der ersten trieb er durch Weinsäure die ehemisch gebundene COs aus; dieselbe betrug auf 1 Vol. Blut = 0,338 Vol. Die zweite Portion sättigte er in einer reinen COi- Atmosphäre mit diesem Gas und bestimiute dann mittelst des auf der vorigen Seite geschilderten Verfahrens, wieviel von dieser CO« chemisch gebunden war; er fand dabei, dass noch 0,630 Yol. COj mit Blut sich verbunden hatte. Wäre nun alle vor der Ab- sori)tion chemisch gebunden vorhandene COj mit dem Natron zu einfach kohlensaurem Salz vereinigt gewesen, so hätte das Blut nur noch einmal 0,338 Vol. COj binden können ; da dasselbe aber in der That viel mehr in chemischen Verband überführte, so folgt daraus die Richtigkeit der obigen Schlussfolge.

So eben Avurde vorausgesetzt, dass die gebundene CO , im lebenden Blut als NaO CO^ vorkomme; dieses lässt sich nicht beweisen, wohl aber lässt sich wider alles Erwarten darthun, dass kein Na02C0j vorkommt. Wir sagen wider alles Erwarten, weil L. Meyer gezeigt hat, dass eine Lösung von Soda aus einer Atmosphäre, welche mehr als 1 pCt. COj enthält, so lange dieses Gas anzieht, bis die ganze Sodamenge der Lösung in doppelt kohlensaures Salz verwandelt ist. Nun enthält aber die Lungenluft immer mehr als 1 pCt. des genannten Gases, also hätte man allerdings das Na02C0s im Blut emarten sollen. Seine Abwesenheit in demselben geht aber daraus hervor, dass das für sich gekochte frische Blut, nachdem es einmal rasch die vorhin erwähnte CO , -Menge abgegeben, selbst während darauf folgenden Sstündigen Kochens keine CO» mehr fahren lässt. Diese Thatsache ist aber darum mit der Anwesenheit des NaO 200, unvereinbar, weil dieses Salz ein Atom CO» der Art gebunden hält, dass es zwar durch Kochen von ihm getrennt werden kann, aber nicht durch ein vorübergehendes Aufwallen, sondern erst durch ein längeres Kochen abzuspalten ist.

Verhalten gegen Sauerstoffgas. 1 Volum defibrinirtes gasfreies Kalbsblut nahm aus reinem Sauerstoff bei 21,50C. = 0,092 bis 0,095 Vol. dieses Gases auf, wenn der Druck des Gases auch zwischen 0,835 und 0,587 M. schwankt. Die aufgenommene Menge war also innerhalb der Fehlergrenzen unabhängig vom Druck. Wenn L.Meyer dennoch aussagt, dass neben dem gebundenen auch noch absor- birtes Sauerstoffgas im Blute vorhanden sei, so geschieht dieses

Spezifisches Gewicht u. Wärme des Blutes.

29

einmal darmn, weil das Wasser des Blutes einen Absorbenten dar- stellt, und dann auch -weil das mit Wasser verdünnte Blut in der That Sauerstoff absorbirt, obwohl es daneben noch immer die Menge von Sauerstoff bindet, die der mit Wasser vermischte Blutantheil fllr sich allein verschlingen würde. Wie der Sauerstöff im Blute gebunden ist, bleibt unbekannt, man kann sich ebensowohl denken, dass er auf den Oberflächen der Blutkörperchen verdichtet ist, als dass er irgendwie anders aufgehoben wird, etwa wie das Chlor im Wasser, welches nach Roscoe darin ebenfalls theilweise gebunden und theilweise diäundirt ist, , Sehr auffallend ist es, dass ein Zusatz von Weinsäure zum Blut den sonst so locker gebundenen Sauerstoff' soweit befestigt, dass er nun zum grössten Theil durch Kochen nicht mehr auszutreiben ist. Siehe die Tafel Seite (26) Beobachtung 3 und 6, in welchen die unter der Rubrik 0 eingeklammerten Zahlen diejenigen 0-Volumina bedeuten, welche nach Zusatz von Weinsäure ausgetrieben werden konnten. Hierbei entsteht aber, wie sich L. Meyer überzeugte, keine COj.

Der Absorptionscoeffizient des Stickgases, der am wenigsten genau bestimmbar, beträgt nach L. Meyer etwa 0,02 Vol. für die Volumeinheit Blut.

lieber den Unterschied im Gasgehalt des venösen und arteriellen Blutes versuchte sich Magnus zu unterrichten durch Analyse eines nur geringen Antheils der ganzen Blutluft. Zu dem Ende fing er Blut über Quecksilber auf, defibrinirte es dort, schraubte eine luftleere Flasche über das Blut und analysirte den in diese Flasche gedrungenen Gasantheil. Indem er vermuthete, dass die Luft in diesem Vacuum ungefähr die- selbe prozentische Zusammensetzung habe, wie die des Bluts, konnte er hoffen, den Unterschied in der prozentischen Zusammensetzung der Venen - und Arteriengase zu finden. Diese Annahme hat sich aber nicht bestätigt ; nichts destoweniger dürfte sich die Mittheilung der voti Magnus gefundenen Zahlen rechtfertigen, weil sie zeigen, dass

< die COi weniger fest als der Sauerstoff am Blute hafte. Die Luftblase aus venösem Blut des Kalbes enthielt in 100 Theilen = 76,7 COj; 13,6 0 und 9,7 N. aus

' arteriellem Blute 72,1 COj; 18,8 0; 9,1 N.

Das spezifische Gewicht des Bluts giebt man imMittel zu ^ 1055 (das des Wassers = 1000) an. Die Bestimmung dieser Eigen- Schaft ist bei einem so complizirten Gemenge wie das Blut im Allge- meinen von untergeordnetem Werth, da bei gleichem spez. Gewicht eine bedeutende Variation in der chemischen Zusammensetzung eintreten kann, je nachdem sich spez. leichte und spez. schwere Bestandtheile mit einander ausgleichen ; demnach kann ein Ab- oder Zunehmen des Eigengewichtes zahlreiche Auslegungen erfahren.

Der Wärraegrad des Blutes in den Hautvenen schwankt um Unehre Grade- der hunderttheiligen Scala; der Abschnitt von der

30

Vorgleichuiig der Blutarten.

thicrischeii Wilrmc wird darauf eingehen, der auch die Wärme der andern Blutarten behandelt. Die Wämiekapazität des Blutes ist von J. Davy*) nach der Miscliungs- und Abkühlung-sniethode be- stimmt worden und nach der ersteren zu 0,83 und nach der zweiten zu 0,93 gefunden. Die Versuche scheinen aber kaum mit der nöthigen Vorsicht ausgeführt zu sein.

Die cliemischen Pathologen bescliäftigen sich vielfach noch mit einigen Erschei- nungen, z. B. wie fest und wie rasch der Blutkuchen geronnen sei, auf welclies Volum er sich zusammenzieht, wie rasch die Blutkörperclien sinken u. s. w. Unzweifelhaft deuten diese Erscheinungen auf besondere Zustände des Bluts; aber es gewähren uns die bis dahin gewonnenen Erfahrungen keine Einsicht in das Innere des Blutes. Henle**) und Lehmann***) sind hierüber nachzusehen.

Vergleicbung anderer Blutarten.

Um festzustellen, ob die Abweichungen, welche das Blut von dem so eben geschilderten, je nach den verschiedenen Gefässen, Altersstufen, Geschlechtern u. s. w. bietet, in Wahrheit abhängig sind von dem Fundort und den andern so eben berührten Verhältnissen, niUssten begreiflich entweder alle übrigen Bedingungen, die auf die Blutzusammensetzuug Einfluss üben, gleich gemacht werden, oder es niüsste das Mittel so zahlreicher Analysen verglichen werden, dass man mit Wahrscheinlichkeit die Annahme machen könnte, es sei die jeder Blutart unwesentliche Eigenthümlichkeit durch gegen- seitige Compensation eliminirt worden. Diese Forderungen sind nicht überall erfüllt und es bleibt schon aus diesem Grunde in den folgenden Mittheilungen manches Schwankende. Noch mehr aber aus einem andern. Das Blut ist ein Gemenge aus aufgeschwemmten und flüssigen Theilen die nicht alle in ein und demselben Behälter sorgfältig gemischt werden können, bevor die Probe zur Analyse herausgenommen wird. Also liegt von vorneherein der Verdacht nahe, dass sich die Mischung von Plasma und Scheiben in ein und demselben Gefäss in sehr kurz aufeinander folgenden Zeiten merk- lich geändert hat. Bedenkt mau dazu, dass sich in dem Strom des Blutes der Flüssigkeit ganz andi-e Widerstände entgegensetzen als den Körperchen, so muss sogar die so eben gemachte Unter- stellung eintreten, und es muss sich oft genug ereignen, dass das aus einer beliebigen Arterie ausgegangene und dort gleichmässig gemengte Blutvolum in den Venen ungleichgemischt anlange, indem je nach der Geschwindigkeit des Stroms, aus dem das Blut ge-

*) Sc hw e i gg er's Journal für Clioiuie und Phys. XV. 462. Rationolle Pathologie II. 15. •»•) Physlolog. Chem. II. U7.

Arterienblut.

31

uoramen, dieses bald reicher und bald ärmer au Blutkörpercbeu, also in der Veue uud Arterie constant verschieden sein muss ; daraus folgt, dass die zu denselben Zeiten an verschiedenen Orten oder zu verschiedenen Zeiten an demselben Ort aufgefangenen ßlutmengen sehr verschieden an Zusammensetzung sind, ohne dass irgend welche chemische Alteration mit dem Plasma oder den Scheiben und Lymph- körperchen vorgegangen ist. Da nun aber die zur Vergleichung benutzten Analysen des Gesammtblutes die Scheiben und Plasma nicht gesondert zerlegt haben, so ist aus der ungleichen procentischen Zusammensetzung des Bluts nicht zu entscheiden, ob ein Unterschied an Faserstotf, Salzen, Fetten, Wasser auf Kosten der veränderten chemischen Constitution eines oder beider Mischtheile oder auf ein anderes Verhältniss zwischen den Gemengtheilen zu schieben sei. Die Erfahrung, dass verschiedene Portionen an ein und demselben Ort unmittelbar hintereinander gelassenen Bluts ungleich zusammen- gesetzt sind, giebt von Seiten der Erfahrung den vorgebrachten Bedenken Gewicht.

Der den vergleichenden Blutanalysen gemachte Einwand gilt aber nicht mehr den vergleichenden Zerlegungen des Serums; hier lassen sich die etwa vorgefundenen Unterschiede nur auf eine Aenderung der chemischen Constitution beziehen. Dieser Aufschlusg ist mchtig, aber er lässt sich, wenn nicht noch andere Hilfsmittel aufklärend eintreten, nicht benutzen, um die Ursache der Ver- änderung aufzufinden; denn so lange die Menge und die Zusammen- setzung der Blutkörperchen unbekannt bleibt, kann man jene che- mische Umfoi-mung ableiten aus dem Eintritt oder Austritt von Fltissigkeit oder aus dem Gefäss oder aber aus einer veränderten Zusammensetzung der Körperchen.

A rterienblut.

Das in den Ai-terien enthaltene Blut des Menschen kann nur selten gewonnen werden; alle ausführlichen Untersuchungen sind darum am Thiere unternommen worden. Die Vergleichungen be- ziehen sich auf dieselbe Spezies und womöglich dasselbe oder die- selben Individuen.

Das Blut der Arterien*) ist in 100 Theilen reicher an Fibrin als das Blut der Vena jugularis (Pferd) und Vena renalis (Hund)

•)Nagsc, Arlikel Blut, Wagners Handwörterbuch. I. Bil. Iü8. Lehmann, physlolog. Chemie. II. Bd. 228. Pharmazeutisches Centraiblatt 185«. p. 43a. Wiss, Virchow, Archiv. I. Bd. 256. Funke, Henles und Pfeuffers Zeltschrift, Neue Folge I. Bd. 172. Cle- ment compt. rend. XXI. 289.

32

Artorienblut.

ärmer dagegen als das Blut der Yen. abdominal, externa, digitalis und cephalica (Pferd). Das venöse Fibrin ist durch seine Löslich- keit in Salpeterlösung vor dem arteriellen ausgezeichnet. Die arte- rielle Blutflüssigkeit enthält etwas mehr Wasser, Extracte und Salze als die venöse, an Albumin ist es bald weniger und bald ebenso reich.

Diese Angaben stützen sich vorzugsweise auf die Untersuchungen von Nasse, von Lehmann, (das Blut der Verzweigung der A. carotis und der Vonae jugularis, cephalica, digitalis, abdominalis externa des Pferdes) und von Wiss (das Blut der A. carotis und Vena renalis vom Hunde). Die Unterschiede in den einzelnen Be- standtheilen sind wie folgend gefunden worden: 100 Theile des Blutes der Arterien vom Pferde enthalten im Mittel 0,57 pCt., aus der Drosselvene aber 0,49 pCt. Paser- stoff (Lehmann), das Blut der Venae abdominalis, cephalica und basilica enthielt im Mittel 0,53 pCt., das der Art. carotis derselben Thiere im Mittel nur 0,35 pCt.; 100 Theile des Bluts vom Hunde, (Carotiden) , enthalten 0,20 bis 0,22 pCt. und das der Nierenvene 0,16 Paserstoff (W i s s). Dasselbe bestätigt Nasse aus Untersuchungen am Menschen. 100 Theile Serum vom Pferdeblut gaben Eiweiss aus der Arterie 9,22 pCt., aus der Vene 11,42 pCt. (Lehmann); in neuern Beobachtungen findet derselbe Blutanalytiker im »Serum aus den Venae jugularis, abdominalis, digitalis und cephalica im Mittel 7,02 pCt. , in den Carotiden der entsprechenden Thiere im Mittel 7,01 pCt. Die Extrakte fi.nden sich im Mittel im Serum der Venae jugularis, cepha- lica, digitalis und abdominalis 0,71 pCt. , im arteriellen aber 0,91 (Lehmann). Salze gab das Serum der genannten Venen 0,83, das der Arterien 0,86, Fette, das erstcrc 0,26, das letztere 0,39 pCt. (Lehmann). Derselbe Chemiker fand früher 'im Serum der jugularis 86,82, in dem der Art. teniporalis 89,33 pCt. Wasser; nimmt man das Qeneralmittel aus seinen neuern Versuchen so stellt es sich für das Serum aller oben aufgezählten Versuche zu 91,428, in dem der Arterien zu 91,205. Es un- terscheidet sich also nur der Gehalt um wenige Zehntheile eines Prozentes. Werden nach Lehmann die Verhältnisse verglichen, in welchen Albumin, Salze und Extracte: Sei-um der Venen (jugularis, abdom. externa, cephalica, digitalis) und Arterien vor- kommen, so ergeben sie in 100 Theilen trocknen Rückstands der

Arterien Venen Der Eiweissgehalt hat sich nach dem Durchgang

Album. 78,47 . . . 82,11 durch die Capillaren relativ erhöht, der Salz-

Salze 9,94 . . . 9,39 gehalt um ein Geringes, die Extracte um ein

Extr. 11,73 . . . 8,89 Bedeutendes vermehrt. Da auf dem bezeichneten

Wege schwerlich Eiweiss in das Serum gekommen ist, so würde diese Zusammenstel- lung auf einen absoluten Verlust an Extracten hindeuten. Natürlich lässt es diese Zu- sammenstellung ungewiss, ob nicht auch Eiweiss und Salze aus dem Serum getreten sind.

Das Resultat, welches aus dem Gesammtmittel aller Beobachtungen gezogen ist, stimmt übrigens nicht durchweg mit dem Ergebniss der Eüizclbeobachtuugen , in dem unter ihnen auch Pälle erscheinen, in welchen die Eiweissprozentc des festen llück- standes aus dem Veuenserum niedriger, und die Extractprozente höher sind als im Serum der entsprechenden Arterie.

Die Behauptung, dass die arteriellen und venösen Blutkörper- chen sich rücksichtlich ihrer Zusammensetzung von einander unter- scheiden, ist nicht erwiesen, da noch niemals ein reines Blutkör- perchen untersucht werden konnte.

Milzaderblut.

33

Angaben Uber die vergleichende Zusammensetzung des Ge- samratblutes giebt Lehmann; wegen des zweifelhaften Werthes solcher Bestimmungen müssen wir den Leser auf die Abhandlung selbst verweisen.

Beispielsweise erwähnen wir, dass der feste Eückstand des Gesammtblutes der Vena abdoni. externa im Mittel um 3,C pCt., der digitalis u. cephal. im Mittel um 7,0 pCt. ' geringer war als der der A. carotis ; die festen Stoffe des Blutes der Vena jugularis waren einmal ura 6,0 pCt. niedriger, und ein andermal um 1,4 pCt. höher als in dem Carotidenblut

Die arteriellen Blutkörperchen sind im Gegensatz zu den venösen hellroth und entbehren des Dichroismus. Diese Veränderung ihrer Farbe verdanken sie dem vermehrten Gehalt an Sauerstoff und dem veiminderten an COj , da man das Blut eben so wohl durch Zusatz von COa als durch Auspumpen des Sauerstoffs dunkel und dich- roitisch machen kann. Wie im ungemischten Blut verhält sich auch das Roth eines stark mit Wasser versetzten Blutes. Bruch*).

Die Volumeinheit des aus der Ven. jugularis genommenen Blutes giebt mit Wasser vermischt eine tiefere rothe Farbe als die Volum- einheit des Carotiden- Blutes mit derselben Wassermenge. Dieser Unterschied besteht auch dann noch, wenn das venöse Blut durch Schütteln vorher hellroth gemacht wurde. H e i d e n h a i n **) schliesst daraus auf einen grossen Gehalt des venösen Bluts an Haematin, respective an Blutkörperchen.

Picard fand im arteriellen Blut des Pferdes = 0,029 pCt. Harnstoff, im venösen desselben Thieres 0,035 pCt.

Blut der Milzader***).

Die zahlreichen Untersuchungen über diese Blutgattung sind ^an dem Inhalt der Milzgef ässe eben getödteter Thiere, insbesondere der Pferde angestellt.

Die rothen Scheiben des Milzvenenblutes sind kleiner als die Mes Milzarterienblutes (Funke), oft nicht mehr rund sondern zackig und oft sehr hellroth bis zum Verschwinden aller Färbung (Gray). Ihr Inhalt krystallisirt vorzugsweise leicht. An farblosen, kugeligen [ Elementen (Lymphkörperchen, Körachenzellen) ist das Milzvenen- blut sehr reich, namentlich im Verhältniss zu den rothen Zellen.

Hirt zählt im Milzarterienblut auf 1 farbloses 2179 gefärbte, 'in den Milzvenen aber auf 1 der erstem iiur 70 der letztern. In

•) Zeitschrift für wissciiscliaftllcho Zoologie. IV. 878. ••) DIsqiiisitlones critlcae u. s. w. Ilallo 1857. '

•■*) Funke, Henle's und PfeulTcrs Zeltschrift. N. F. I. 172. Beolard, Annales do chlm. et >hyg. 3. Bör. XXI. 606. H. G r a y , on the strncturo and use of thc splcon ; Londonl864. p 13» sq. - lirt, Müllers Archiv 1850. - Vlorordt, Ileiilo's Jahresbericht für 18M p. 4.'). Ludwig, Pliysiologle II, 3

34

Milzadnrblut.

dem ans der Milz gedrückten Blut eines Hingerichteten fand V i e r- ordt gar nur auf 4,9 gefärbte 1 farbloses. Weiter weist das Mikroskop hier auch dunkelroth bis schwarz gefärbte Pigmentkör- perchen nach, die frei und dann entweder einzeln oder zu KlUmpchen geballt oder auch in Zellen eingeschlossen vorkommen. Auch er- scheinen Epithelialzellen (Faserstoffschollen) in dem Milzvenenblute.

Das Serum des Milzvenenblutes unterscheidet sich in seiner Zusammensetzung den nachstehenden Zahlen gemäss wenig oder gar nicht vou den andern Blutarten. Die Beobachtungsthiere sind Pferde:

Arterien.

Wasser.

Eiweiss.

Extracte.

Fette.

Salze.

Beobachter.

Arterialienalis

91,3

6,7

1, 0

0,8

1 Funke.

Vena lienalis

91,4

6,1

1, 3

1,0

Aorta

90,5

8,3

1,0 '

0,03

0,8

Vena jugularis

90,9

7,7

1,2

0,05

0,7

1 Gray.

Vena lienalis

90,7

7,9

1,1

0,10

0,7

Den einzigen ([ualitativen Unterschied begründet Gray durch die tiefrothbraune Färbung des eingedampften Serumrückstandes. Sehr auifallend weicht dagegen das Gesammtblut von dem

anderer Gefässe ab. Zuerst durch einen höheren Faserstoffgehalt (F unke, Gray); denn während er in dem Aorten- und Milzarterien- blut »wischen 0,17 bis 0,49, in der Vena jugularis zwischen 0,23 bis 0,62 schwankte, bewegte er sich im Blut der Milzvenen zwischen 0,28 bis 1,15 pCt. In ähnlicher Weise wie der Gehalt des Faser- stoffs zeigte sich auch der des Wassers höher (Beclard, Gray). Denn während er im Aortenblut zwischen 71,9 bis 83,0 pCt. lag, steigt er in der Vena splenica auf 88,0 pCt. Als Mittel aus zahl- reichen Bestimmungen giebt Gray folgende:

Aorta. V. jugidar. V. splenica.

0,22

0,41

0,65

In kochendem Wasser unlöslich

19,9

19,8

15,1

Fette und Extracte

1,0

1,1

1,0

78,9

79,3

83,0

Die einfachste Erklärung, welche dieser Thatsache zu Grund gelegt werden kann, namentlich unter Berücksichtigung d(?r gleich zeitigen Vermehrung d'es Wassers und des dem Plasma augehöri gen Faserstoffs ist die, dass in Folge des im Sterbeakt veränderte Blutsti-oms die rothen Blutkörperchen in der Milz zurückgehalte werden, während das Plasma und die farblosen Körperchen noc

Pfortaderblut.

35

anstreten konnten. Andere ErkUirangsweisen dieser jedenfalls be- aclitenswerthen Thatsachen sind bei der Milz emähnt.

Eine bestimmte Beziehung zwischen der Zeit, in welcher die Nahrung aufgenom- men wurde, und der Zusammensetzung des Bluts ist von Gray nicht aufgefunden worden. Wenn man bis dahin im Extrakt keinen Zucker, Harnstofi', noch Harn- und Gallcn- säure fand, so wird dieses zum Theil wenigstens mit "Wahrscheinlichkeit daher rühren, dass die zur Prüfung angewendeten Bliitmengen zu gering waren. Das Beobachtungs - ergebniss zeigt aber wenigstens, dass jene Stoffe nicht in sehr reichlichem Maasse ver- treten sind.

Blut der Pfort- und Leberader*).

An Faserstoff enthält nach Lehmann das Pfortaderblut der Pferde 0,42 bis 0,59 pCt. , das der Hunde 0,45 pCt., während das der Lebervene beider Thierspezies ganz frei davon sein soll. Das Serum beider Blutarten verglichen, ergab für das Pferd:

Pferd 5 Stunden nach der Fütterung getödtet.

Pferd 10 Stunden nach der Fütterung getödtet.

Pfortader.

Leberader.

Pfortader.

Leberader.

Salze

Extracte und Fette

Die Zusammen! des war:

Fett

Extracte u. lösl. Salze

Für den Hund

92,26

6,20

0,78 0,76

äetzung von

3,61 14,50 81,96

89,30 7,47 0,70 2,53

100 Theilei

2,68 25,95 71,37

92,17 6,01

0,83 0,98

1 festen Ser

3,76 13,50 82,73

89,42 7,70 0,88 2,00

umrückstan-

2,50 22,33 75,12

In 100 Theilen Serum.

In 100 Theil. Serumrückstand.

Pfortader.

Leberader.

Pfortader.

Leberader.

Extracte und Fette .

Die Extracte d

89,86 8,29 0,97 0,92

er Pfortader

^7,48 8,83 0,87 3,17

enthalten ,

81,21 9,51 9,28

wie Cl. Be

70,52 6,90 23,54

rnard ent-

> während die der Leberader sehr reich daran sind. So fand Leh- mann in 100 Theilen trockenen Rückstandes vom Pfortaderblut der Pferde höchstens 0,01 bis 0,05 pCt. Zucker, wälnend die gleiche

•) Lehmann, Leipziger BcrlclUe ; niallienint. pliysik. Kinase. III. Iilatt 185C. 433.

I.'ll.

Plinnimzeut. Central-

36

Düiindarmadorblut.

Menge trockenen Rückstandes der Leberader 0,63 bis 0,89 pCt. gaben. Bei Hunden fand er nach 48 stündigem Hungera im Leber- venen-Blut 0,7 pCt., nach 2tägiger Fleischfüttening 0,8 pCt. und nach 2tägiger Kartotfelkost 0,8 pCt. Zucker. In allen Fällen ent- hielt die Pfortader nichts oder nur Spuren von diesem Stoffe. Dieser Punkt findet noch einmal eine ausführlichere Berücksich- tigung bei der Leber,

Die farbigen Zellen des Lebervenenblutes sind kleiner und mehr kugelig, als die der Pfortader; sie werden vom Wasser weniger leicht ausgedehnt. Neben diesen veränderten farbigen kommen im Leberaderblut sehr viele farblose Zellen vor. Nach Hirt kommen auf ein farbloses Körperchen in der Pfortader 524 farbige, in der Leberader aber 136.

Das Gesammtblut der Thiere, von denen die Serumanalyse mitgetheilt wurde, enthielt in 100 Theilen:

L n.

Pfortader. Leberader. Pfortader. Leberader. Pferd. Wasser 76,92 68,64 86,23 74,31

Hund. 79,24 71,55 13,76 25,69

Der Eisengehalt in 100 Theilen Rückstand des Gesammtbluts schwankte bei Pferden in der Pfortader zwischen 0,213 bisO,164pCt., in der Leberader zwischen 0,140 und 0,112. Der Fettgehalt des- ' selben Rückstandes betrug im Mittel aus der Pfortader 3,4 pCt., aus der Leberader 2,1 pCt. Beim Hunde in der Pfortader 5,0 in der Leberader 3,0 pCt.

Das Blut aus der Pfortader wurde schon öfter aus dem Blutstrora, meist aber dem eben getödteten Thier genommen; das der Leberader wurde immer dem todten Thier entzogen, in welchem also die diffusive Ausgleichung zwischen den Flüssigkeiten der Leber und des Blutes weiter als im Leben vorgeschritten sein dürfte. Namentlich beziehen sich die angegebenen Untersuchungen von Lehmann auf das Blut getödteter Thiere. Um die Vermischung der Blutarten in den Gefässen während des Auffangens zu hindern, muss man nach C'l. Beriiard, vor dem Auslassen des Pfortaderblutes erst ihre in die Leber gehenden Zweige, und vor dem Entleeren der Leberader die Vena cava ober- und unterhalb der Vena hepatica unterbinden. Rein wird dann das Lebervenenblut immer noch nicht sein.

Blut der Dtinndarmader*).

Vergleichende Bestimmungen des Hundebluts aus der Vena jugularis und mesaraica gaben (Wiss):

») Virchow's Arcliiv. I. 250.

Niercnaderblut Veränderung der Blutzusaramenseteung mit der Nahrung. 37

Serum.

Gesammtblut.

Darmader.

Halsader.

Darmader.

Halsader.

91,65

92,23

78,71

78,79

Eückstand ....

8,35

7,77

21,28

21,20

Blut der Nierenader.

Der Wasser- und Faserstoffgehalt des Blutes der Nierenader (beim Hunde), verglichen mit dem der Carotis und der Nierenarterie gaben (Wiss):

Gesammtblut.

Serum.

Carotis.

Nierenader.

Carotis.

Nierenader.

91,38

91,17

79,15

78,43

Feste Bestandtheile. .

8,62

8,83

20,08

21,57

Faserstoff ....

0,25

0,16

Nierenarterie.

Nierenader.

Nierenarterie.

Nierenader.

92,68 ^

92,25

77,97

78,45

Feste Bestandtheile .

7,34

7,75

22,02

21,54

Faserstoff ....

0,15

0,15

Picard traf beim Hunde in der Nierenarterie 0,036 und 0,040, in der Nierenvene 0,018 und 0,02 Harnstoff. Blut der untern Hohlvene.

Nach Lehmann enthalten 100 Theile Serum vom Pferde:

1 Wasser.

Albumin.

Salze.

Extracte.

Der Hohlvene . .

{ 90,56

7,42

0,82

Ijl6

Der Arterie . . .

1 90,51

T,17

0,84

1,13

Das Verhalten des Gesammtblutes dieser Vene belegt Lehmann am citirten Orte ebenfalls mit Zahlen.

Die Veränderung der Blutzusammensetzung mit der Nahrung**).

Bei den Worten Vermehrung und Verminderung ist fortlaufend ider procentische Werth zu suppliren.

Der F a s e r s 1 0 f f g eh a 1 1 des Hundeblutes nimmt nach Fleisch- genuss in den ersten sieben Stunden eher ab als zu (Andral, ^Nasse). Nach anhaltender Fleischnahrung wird der Faserstoff beträchtlich vermehrt (Lehmann, Nasse), rein vegetabilische

•)Niissc, üebcr den Elnfluss der Nntirnngsiiiittül auf tlns Blut. 1880. Pogglnlo, compt. renil. XXV. IIU. Vardeil, Lieblgg Annaion. C9. Bd. p. 89, Thomson, London medical. Ciazetto WT).

38 Verändüruug der Blutzusamnicnsetzun^ mit der Nahrung.

vermindert ihn (Lehmann). Hungern soll nach Andral ihn ver- mehren, nach Nasse vermindern; der letztere Autor leitet den Widerspruch zwischen diesen Beobachtungen aus den häufigen (Faserstoffvermehrung bewirkenden) Aderlässen her, welche Andral an seinen Thieren behufs der Untersuchung ausführte.

Der Serumrückstand (Eiweiss, Salze und Fett) nimmt einige Zeit nach der Anfüllung des Magens mit verdaulichen Stoffen zu. Nach anhaltender vegetabilischer Nahrung und besonders nach Zucker ist er höher, als nach ausschliesslicher Fleischnahrung; durch Hunger vermindert (Nasse).

Nach Fleischnahrung enthält das Serum den aus dem ver- dünnten Blut durch Essigsäure fällbaren Eiweisstoff in grösserer Menge (Nasse).

Der Fettgehalt des Serums steigert sich vorzugsweise nach dem Genuss von Schweinefett, Knochenmark und Butter; weniger nach Oel, Seife, Talg. Schliesst man aus der Trübung des Serums durch Fettpartikelchen (Serum -Rahm) auf vennehrten Fettgehalt, so beginnt die Vermehrung des Fettes eine halbe Stunde nach der fettreichen Mahlzeit; nach 12 Stunden ist das Ansehen des Serums meder zu seiner normalen Beschaffenheit zurückge- kehrt. Zusatz von Mineralsäuren und kohlensaurem Natron ver- spätet, von phosphorsaurem Natron beschleunigt den Eintritt der Seramtrtibung nach fettreicher Nahrung. Das klare Serum kann aber auch fettreich sein; das Fett des trüben ist flüssiger und ver- seifbarer, als das des klaren Serums.

Nach Genuss von Brod erscheint im Blute Traubenzucker; kurze Zeit nach dem Essen ist Zucker deutlicher nachweisbar, als sonst (Thomson).

Die Zahl der Lymphkörperchen nimmt bei hungernden Fröschen im Verhältniss zu den rothen Blutkörperchen ab (Wagner, D 0 n d e r s und Mole schott); ebenso bei Kaninchen. Beim Men- schen steigert sich die Zahl nach der Mahlzeit und nimmt wenige Stunden nach derselben beträchtlich ab (Harting, Kölliker). Hirt giebt folgende Verhältuisszahlen zwischen weissen und rotheu Körperchen, die Zahl der ersteren als Einheit gesetzt:

Fi^, nüchtern 10 bis 12 Stunden nach dem Abendessen 716; V2 Stunde nach dem Frühstück 347; 2'/2 bis 3 Stunden nach dem Frlihstück 1514; 10 Minuten nach dem Mittagessen 1592; 7-2 Stunde nach dem Mittagessen 429; 27-2 bis 4 Stunden nach dem Mittag-

Veräiiilorunj; der JUutzusaiumensotzung mit der Nalnung.

39

essen 1481 ; '/i Stande nach dem Abendessen 544; 2'/)bis3'/2 Stunde nach dem Abendessen 1227.

Das allgemeine Kesiiltat dieser Zählungen bestätigen Mar- fels*) und L orange**).

In der TabeUe von Hirt fällt es auf, dass nach dem Schlafe die Verhältnisszahl eine kleinere ist als vor demselben, daraus würde folgen, dass die Zeit, welche seit der letzten Mahlzeit verstrich , nicht allein über die Verhältnisszahl entscheidet. üeber die Veränderung der Verhältnisszahl nach dorn Gebrauch von China, Myrrhe, Eisen und Quecksilber siehe die citirten Abhandlungen, über die Veränderungen der absoluten Zahl rother Körperchen S töl zi n g***).

Der Wassergehalt des Ge sammtbluts ist nach Fleischkost geringer, als nach Brod- und Kartoffelnahrung. Im Mittel betrug der Wassergehalt nach Fleischdiät 78,4 pCt. und nach Pflanzen- kost 79,2 pCt. Entziehung jeglicher (fester und flüssiger) Nahrung vermindert in den ersten Tagen den Wassergehalt. Entziehung der festen Nahrung bei Wassergenuss vermehrt in den ersten Tagen den Wassergehalt, später aber vermindert er sich bei dieser Lebens- weise ebenfalls (Simon, H. Nasse).' Vermehrung des Wasser- genusses bei gleichbleibender Menge fester Nahrungsstoffe ist ohne Einfluss auf den Wassergehalt des Blutes, Durch Vermehrung der festen Nahrungsbestandtheile soll der Wassergehalt des Bluts zu Vennindern sein. In den ersten acht bis neun Stunden nach der Mahlzeit soll der Wassergehalt im Abnehmen und dann wieder im Zunehmen begriffen sein (H.Nasse). Nach Poggiale undPlou- vier soll durch reichlichen Kochsalzgenuss der Wassergehalt bei den Wiederkäuern und dem Menschen abnehmen, eine Thatsache welche Nasse für das Hundeblut ungültig fand.

Der Fettgehalt des Gesammtbluts verhielt sich der Nahrung entsprechend folgendermassen beim Hunde: nach 4tägigem Hungern 0,26; nach Brodnahrung 0,31; nach Fleisch 0,38; nach Schmalz und Stärkemehl 0,41 (H. Nasse). Diese Angaben findet Bous- singault bei Vögeln nicht bestätigt. Nach Pflanzenkost ist das Blutfett fester und weisser, als nacTi Fettnahrung (Nasse).

. Das Kochsalz vermehrt sich nach Kochsalzgenuss ; dieser Salz- überschuss verschwindet b;ild wieder (Poggiale, Nasse); die Phosphorsäure ist reichlicher nach Fleischkost, als nach Pflanzen- nahrung (Verdeil, Nasse); Magnesia und Kalk mehr nach Pflanzen-, als nach Fleischkost. Durch Hunger werden der Kalk

•) Molcschott, Dntersiicliungen zur Naturlohro I. 61. *•) Virchows Archiv XII. Bd. 117. •'•) Valentins Jahresbericht für 1856. p. 102.

40

Blut verschicdoncr GeBclilechtcr und Lobeiisalter. Bhitmengo.

und die kohlensaureu Alkalien nicht geändert. Der Salzgehalt im Ganzen ist bei der Fleischnahrung grösser als bei Pflanzen- nahmng. Ueber relative Veränderungen des Salzgehaltes in der Asche siehe Verdeil 1. c.

Das Blut der nüchteren und einige Stunden vorher gespeisten Menschen ist gleich reich an Harnstoff (Picard).

Die Angaben von H. Nasse beziehen sieb, sämmtlich auf das Hundeblut ; die Vorsichtsmassregeln, die bei den Untersuchungen über die Variation der Blutzusammen- setzung mit der Nahrung zu nehmen sind, siehe bei diesem Schriftsteller.

Die Veränderungen, welche das Blut durch einen Aderlass erfährt, sind hier noch namentlich der Untersuchungsraethoden des Bluts wegen zu erwähnen. Das Serum des Bluts in den verschiedenen Partien eines Aderlasses zeigt ungefähr dieselbe Zu- sammensetzung; um ein geringes mehrt sich sein procentisches Wasser und dafür min- dern sich Eiwciss und Extracte (Loh mann). Im Gesammtblut soll der Wasser- und i'aserstofTgehalt des Bluts vermehrt werden. (Zimmermann, Nasse, Poppe, Lehmann*). Im Gegensatz hierzu findet Brücke**), dass der Procentgehalt des Bluts an Paserstoff in 4 bis 5 hintereinander aufgefangenen Blutproben eines verblu- tenden Hundes von 0,224 pCt. bis 0,068 pCt. abnahm. Die Lymphkörperchen sollen sich im Verhältniss zu den fai'bigen JCörperchen sehr vermehren (Remak) und die Zahl der farbigen absolut abnehmen ( V ierordt***). Was mit der Angabe der unver- änderten Zusammensetzung des Serums .bei -steigendem Wassergehalt des Gesammtblutes übereinstimmt.

Blut verschiedener Geschlechter und Lebensalter.

Das Blut im kindlichen Alter soll am reichsten, das im höhern Alter am ärmsten an festen Bestandtheileu sein.

Das Blut der Frauen fand man im Allgemeinen reicher an Wasser und Fett und änner an löslichen Salzen, als das der Männer.

In der Schwangerschaft soll- das Blut faserstoff- und wasser- reicher, dagegen eiweissärmer als gewöhnlich sein.

Blutmengef).

Die Blutmenge des Menschen wird sich im Allgemeinen mit dem Gewicht des letztern verändern; fraglich bleibt es aber, ob selbst innerhalb der Grenzen der Gesimdheit die Verhältnisszahl zwischen Blut- und Körpergewicht eine constante bleibt, da offen- bar die verschiedenen Organe des Menschen sich einer sehr ungleichen Blutfillle erfreuen und die verschiedenen Individuen sich von ein-

•) Pharmazeut. Centralblatt 1856. 444. »») Vircliows Archiv XII. 179. »*») Archiv f. pliysiol. Heilkunde. XIII. 459. I) Welltor, Prager Viertcljahrscluift 1854. 4. Bd. Dcrsolbe, Heiile's ii PfoufTer's Zcltschr. 3. R. IV. Bd. 146. Heiden haln, Dlsqiiisitlones criticae de sanguinis quantitatc 1857. Valen- tin, Physiologie. 2. Aufl. I. 494. Veit, Obsorvattonum de sanguinis quantitatc rccensio 1848.

Blutiiiengc.

41

ander abheben durch ein ungleiches Verhältniss der einzelnen Organe zu einander.

Nach den vorliegenden Beobachtungen am erwachsenen Men- schen selbst enthalten 100 Gr, desselben 12,5 Gr. (Ed. Weber» und Lehmann) bis 7,7 Gr. (Bisch off), der Neugebornen aber 5,2 Gr. (Welker) Blut. Nach ausgiebigeren Bestimmungen von Säugethieren enthielten 100 Theile der folgenden Thiere die bei- geschriebenen Blutmengen. Maus 7,2 8,0 (Welker); Kanineben 6^08 4,81, im Mittel 5,5; ein schwangeres Thier ohne Junge 6,7 (Heidenhain); die junge Katze 6,2 (Welker); Hund 6,6 bis 8,1, im Mittel 7,4 (Heidenhain). Bei Hunden, welche durch anhaltende Nahrungsentziehung 20 bis 30 pCt. von ihrem ursprüng- lichen Gewicht eingebiisst hatten, blieb die Verhältnisszahl zwischen Blut und Gesammtkörper dieselbe, nämlich 8,1 bis 7,8 (Heiden- hain). Wesentlich abweichende Zahlen giebt Valentin, indem er den 100 Theilen Hund 20 bis 25 Theile Blut zuschreibt.

Zur Bestimmung der Blutmenge giebt es drei Methoden : 1) Verfahren von "Welker mit Verbesserungen von Heidenhain, Sie benutzt die Färbekraft des Bluts, d. h. den Farbenton, den eine bestimmte Menge von Blut einer bestimmten Menge von Wasser ertheilen kann. Sind zwei verschiedene Blutvolumiua a u. u. a' desselben Individuums mit bekannten Wassermengen b u. b' so gemischt, dass beide Mischungen denselben Farbenton geben, so werden sich vorausgesetzt, dass die Färbekraft der beiden Blutproben dieselbe war, in beiden Mischungen gleiche Verhältnisse zwischen

a a'

Blut und Wasser finden, also sein. Sind drei Werthe dieser Gleichung be-

a

kannt, z. B. a, b u. b', so wird a'=^b' sein. In der Ausführung wird sich also

die Welker'sche Blutbestimmung so gestalten, dass man ein gegebenes. Gewicht reinen Bluts mit einer gegebenen Wassermenge vermischt, dann den gesammten Blut- farbstoff des Individuums (durch Verbluten , Ausspritzen und. Auspressen desselben) sich verschafft, und diesen so lange mit Wasser verdünnt, bis sein Farbenton der zuerst bereiteten Blutmischung gleich ist. Die Sicherheit, welche dieses Verfahren bietet, wird abhängig sein : a* von der Genauigkeit, mit welcher die Messungen der Vo- lumina anzustellen sind; diese können durch Anwendung genau graduirter Maassge- fässe, respektive einer guten Waage die Grenzen wissenschaftlicher Genauigkeit über- haupt erreichen ; b" von der Befähigung des Auges , den Farbenunterschied aufzu- 1 decken; diese ist zwar eine sehr grosse, aber nach Heidenhain selbst nach erlangter I Uebung unter Anwendung möglichst günstig ausgewählter Bedingungen (nämlich im Verhältniss des Bluts zum Wasser = 1:500 und 1 : 1 000 ; eine Dicke der 7,5 CM. Lösungs- schicht; eine Yergleichung der Farben, während die mit den Blutlösungen gefüllten Flaschen vor eine weisse Fläche gehalten werden) eine beschränkte. Unter diesen Voraussetzungen konnte sich der Fehler belaufen nuf 2,5 bis 4 pCt., d. h. es wurde •eine Lösung, welche auf 100,000 Wasser 100 Theile Blut enthielt, gleichgefärbt ■erachtet mit einer solchen von 102,5, resp. 104,0 Tlieilon Blut. c". Es fragt sich, ob die beiden verglichenen Blutproben gleiclie Färbekraft besitzen. Dieses würde unzwei-

42

Dlutniengi

telhatt der i'all sein, wenn man das gan^se Blut des Tliieres, vor der Vermischung mit Wasser gleichinässig mengen könnte , so dass Uberall das Verliältniss zwischen Piasraa und Xörperchen dasselbe wäre. Statt dessen muss man sich begnügen, aus einem oder dem andern Gofäss eine Blutprobe zur Vergleichung mit dem ausge- 'waschenen Blut zu nehmen. Hier erscheint es nun bekannte Thatsache und einer cigends ausgeführten Bestimmung von Heidenhain gegenüber nicht gleichgültig, ob man das Blut aus der Vena jugularis oder aus der Arteria carotis wählte; das letztere besass weniger färbende Kraft als das erstere. Da nun jedes Gefäss Blut von spczif. Eärbokraft besitzen wird, so würde zu verlangen sein eine Kcnntniss der Färbekraft aller einzelnen Blutarten, namentlich der Venen (Vena hepatica, lienalis, renalis u. s. w.) und zugleich der Blutmengen in den einzelnen Gefässab- schnitten. Stattdessen begjiügtc sich Heidenhain mit dem Mittel aus dem Färbungs- vermögen des Venen- und Arterienbluts am Halse, zur Vergleichung mit dem des ent- leerten Blutes. Durch dieses Verfahren ist der Fehler vermindert, aber nicht aufgehoben, namentlich weil das venöse Blut viel reichlicher vorhanden ist als das arterielle. Heiden Ii ain, der mit Sorgfalt diese Fehler in Betracht zieht , giebt an , dass er die Blutmenge des Thieres, wenn er sie auf Grundlage der arteriellen Probe bestimmte, bis zu 13 pCt. höher fand, als wenn dieses mittelst der venösen geschah. d" Das Blut muss immer möglichst auf das gleiche Both zurückgebracht werden, durch Schütteln mit Luft. e" Das zum Mischen angewendete Wasser muss immer gleiche Eigenschaften besitzen , also dostillirtes sein. f Die Blutproben müssen wegen der raschen Veränderung ihres Farbstoft's, die um so eher eintritt, wenn das Blut schon mit Wasser verdünnt war, möglichst bald nach der Entleerung aus den Gefässen ver- glichen werden. g" Zur Erschöpfung des Leichnams von Blutfarbstoff lässt man das Thier erst wie gewöhnlich verbluten, dann spritzt man rasch, und zwar möglichst vor der Blutgerinnung, die Gefässe mit Wasser durch, und nun erst zerkleinert man das Thier und laugt es in der Presse mit Wasser aus. Die durchgespritzten und ausge- pressten Flüssigkeiten werden filtrirt. Dieser Theil des Verfahrens würde die Angaben über Blutmenge eher zu gross als zu gering machen , da dabei ein Verlust an Blut- farbstoff kaum zu fürchten- ist, während andere thiorische Farbstoffe sicher in die Lösung übergehen. Die Umständlichkeit dieser Operation erschwert die Anwendung auf grosse Individuen, so dass nur Welker und Bischoff die Beobachtungen auf den Menschen ausdehnen konnten. Aus diesen Bemerkungen wäre zu schliessen, dass sich allerdings Welkers Methode um eine noch nicht genau angebbare Zahl von Pro- zenten ii-ren könne, dass sie aber dennoch eine grössere Genauigkeit gibt, als die andern bis dahin angewendeten.

2) Valentin geht bei der Blutbestimmung von folgender Betrachtung aus: Ge- setzt, es sei X die Menge des Rückstandes, welchen das gesammte eingetrocknete Bl eines Thieres hinterlassen würde , und Y das Wasser dieses Bluts , so würde Y -\- die Blutmasso dieses Thieres darstellen. 100 Theile dieses Bluts würden eingctroekn ,

hinterlassen R = (1). Fügt man nun zu der Blutmasse X-|-Y ein bekannt" X-f- Y

Gewicht destillirten Wassers a, so wird die in den Blutgefässen vorhandene Flüssigk jetzt= X + Y + a. u. R' = ^^y^^ (2).

a R R' ^ ^ (100 R) R'a . „. . ,

Wii- iintfnTi sntiiit X = und Y = ' r-, ZW« Gleichuii

Wir Jiatten somu a jqO (R R') 100'

gen, welche zu lösen sind, wenn R und R' bekannt geworden; um sie bekannt

BlutllltMlgO.

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machen, entzieht man einem Thiere eine kleine Blutmenge, injizirt darauf in die geöff- nete Vene ein bekanntes Gewicht destillirtou Wassers und entzieht nach einiger Zeit abermals Blut. Dann bestimmt man durch Eintrocknen den Gehalt beider Blutarten , an festen Bestiuidtheilen. Valentin und Veit*) führten eine Keilic solcher Unter- |y suchungen an Hunden , Katzen , Schafen , Ziegen und Kaninchen aus. Da sich die !? Blutmengen der Hunde ziemlich übereinstimmend zu '/4 bis Y5 des Körpergewichts berechneten, so hielt man das Eesultat für ein richtiges. Statt dessen könnte man »aber sagen, die Fehler der Methode sind constant, ohne dass man über ihre Grösse r Etwas auszusagen im Staude wäre. Die Fehler , welche man ihr vorwirft , sind fol- , gende: Einmal glaubt man, dass das blutverdünuende Wasser in den Gefässen nicht ii zurückgehalten werde, sondern durch die Nieren, Speicheldrüsen, serösen Häute u. s. w. austrete. Dieser Vorwurf ist nicht so gegründet, wie er auf den ersten Blick erscheint-, 1 mindestens geht in der ersten halben Stunde nach der Wassereinspritzung keine Stei- ; gerung der Conzentration des Blutes vor sich , selbst wenn das Blut bedeutend ver- i dünnt worden war (Veit, Kierulf). Dann kann sich das verdünnte Blut durch [Diffusion in das Gleichgewicht setzen mit der UrÄgebung , also wird es auch feste «Stoffe aufnehmen (Donders). Wichtiger erscheint der Einwand, dass die Mischung von Blut und Wasser nicht gleichmässig sein könne , da das Wasser nicht auf einmal mit dem ganzen Blute durchgeschüttelt werde. Endlich aber, und dieses dürfte bei Bestimmungen des Wassergehaltes vom Gesammtblut am schwersten iu die Wag- schale fallen, sind wegen der ungleichen Mischung von Körperchen und Plasma alle > Wasserbestimmungen am Gesammtblut illusorisch. Irgend welche Geschwindigkeits- : änderung im Strom des Gefässes , aus dem der Aderlass kam , kann hier grössere Ab- i weichungen erzeugen als die Wasserinjoction.

3. Ed. Weber Hess Verbrecher vor und nach der Enthauptung wägen. Den Unterschied gab das nach der Enthauptung entleerte Blut und zu gleicher Zeit be- tstimmte er den prozentigen Werth des festen Kückstandes in dem ausgeflossenen Blut, i Ausserdem spritzte er so lange in die Arterien des Kopfs und Rumpfs Wasser , als iius den Venen noch eine rothgefärbte Flüssigkeit drang. Diese Flüssigkeit vordampfte rer zur Trockne und wog ihren Rückstand. Aus dem Gewicht dieses letztern und dem bekannten Gehalt des Bluts an festen Bestandtheilen konnte berechnet werden, wie ;riel Blut durch das eingespritzte Wasser ausgespült war.

Heidenhain hat später gefunden, dass selbst ein vorsichtiges Ausspritzen' lamentlich in den Knochen , Nieren , Leber u. s. w. Blut zurücklässt ; und ausserdem .st längst bekannt, dass durch Wasserinjection Oedem eintritt, dass also ein Theil, der nit fester Masse geschwängerten Flüssigkeit in die Gefässe tritt. Man hätte also er- warten sollen, dass diese Methode weniger Blut als die Welker 'sehe haben würde ind doch verhält es sich umgekehrt.

Andere Methoden zur Ermittelung des Blutgchaltes sind entweder sichtlich un- ■follkoramen, oder sie führen zu etwas ganz Anderem, als beabsichtigt. Dahin ge- rt die Wägung einer erstarrenden Masse , welche in das Qofässsystem eingespritzt i ; man erhält hieraus begreiflich nur eine Aussage über die Räumlichkeit der Ge- isse bei einer bestimmten Spannung der Wände.

•) Obuorvationum de »angainlg-quantltAte rccciisio. Hallo 1848.

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Blutbeweguiig. Einleitung.

Blutbeioegung .

Einleitung *).

1. Physikalischer Begriff des Wassers. Die Beobachtung lehrt: dass, wenn wir eine Wassermasse zusammendrücken das Volum desselben sich mindert und zwar in dem Maasse, in welchen der Druck steigt. Der relative Worth dieser Volumvermin-

derung , wo v' die Volumverminderung, v das Volum des Wassers vor der Zusam- menpressung bedeutet, ist aber ein so geringer, dass man ihn mit einer für das all- tägliche Leben genügenden Genauigkeit vernachlässigen, also das Wasser als unzusam- mendrückbar ansehen kann. Auch nimmt die Flüssigkeit ihr früheres Volum wieder ein, wenn sie dem Druck, der auf ihr lastete, entzogen wird. Die Erfahrung lehrt ferner , dass der einer ruhenden Wassermasse beigebrachte Druck , wenn er auch nur einseitig wirkt, sich nach allen Richtungen hin gleichmässig fortpflanzt, so dass, wenn z. B. ein Druck senkrecht auf das Wasser erfolgte, er sich in diesem auch nach der wagrechten Richtung ausbreitet. Ferner steht es fest, dass die Flüssigkeit durch eine Zunahme ihrer Temperatur sich allseitig gleichmässig ausdehnt und umgekehrt, dass sie bei Abnahme derselben sich allseitig gleichmässig zusammenzieht. Die verschie- denen Querschnitte einer Wassermasse hängen mit einer beträchtlichen, und dazu mit einer nach allen Richtungen gleichgrossen Kraft zusammen , dabei sind aber die ver- schiedenen Schichten im Innern der Wassermasse mit Leichtigkeit aneinander verschieb- bar. Endlich kann, wie die Lehre von der Lösung und Diffusion zeigt, in dem Raum, der scheinbar schon vollkommen vom Wasser erfüllt war, noch ein anderer flüssiger Körper eingeführt werden, so dass eine solche Lösung angesehen werden muss als eine nach allen Richtungen gleich beschaffene Schichtung von Wasser mit dem aufgelösten Stofl^. Alle Erfahrungen , welche sich auf die allgemeinen physikalischen Eigen- schaften des Wassers beziehen , gelten auch für die Lösung nur mit dem Unterschied, dass die Coeffizienten der Verdichtung, der Ausdehnbarkeit, der Temperatur und der Cohäsion andere sind, und dass die Ausgleichung des Druckes im Innern des Flüssig- keitsvolums in einzelnen Lösungen z. B. bei der des Eiweisses, des Zuckers, Gummis u. s. w. nicht momentan erfolgt, sondern dass eine unter Umständen merkliche Zeit dazu gehört, bis diese Lösungen die Form angenommen haben, welche der Bedingung einer allseitigen Druckausgleichung entsprechen. Solche Lösungen nennt man zäh oder dickflüssig.

Diese unbestreitbaren Thatsachen führen ungezwungen zu einer Vorstellung über die mechanische Anordnung des Wassers und der wässerigen Lösungen. Nach ihr be^ steht das Wasser aus kleinsten Theilchen, welche sich nicht unmittelbar berühren, sondern in einem gewissen Abstand voneinander stehen ; der mittlere senkrechte Ab- stand zweier Nachbartheile ist nach allen Richtungen derselbe, und bei gegebener Tem- peratur und gegebenem Druck ein. fest bestimmter, er mindert sich dagegen mit der abnehmenden Temperatur und dem steigenden Druck, dagegen bleibt der Ort, oder

») Franken heim, Dio Cohäsion. 1835. Krystalllsation und Amorphie. Breslau, ohne Jahr- xahl (1851). Dove, Reportorium. I. Bd. 85. 98. 112 u. f. , ibid. VII. Bd. Berliner Berichto. II. Jahrg. p. 14 u. f. Poisson, ^quntions ge'ne'ralea de l'dqnillbre et du mouvomcnt etc. Jour- nal de l'(!cole polytechuique. 20. Iloft. Weissbach, Ingenieur und Maschincnmochanil«, 3. Aufl. 1866. Darcy, sur le mouvoment» des fluides dans tuyaux. Paris 1857. C Lnd-n-ig und Stefan. Wiener akadem. Berichte. April 1858. Magnus, Poggondorfs Amialen 80. Bd.

Spannung des Wassers.

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anders ausgedrückt die Eichtung, in welcher sich, ein Theilchen zum andern stellt, un- bestimmt, so dass das eine relativ zum andern unzählige Lagen annehmen kann, wenii nur der immer gleiche Abstand zwischen beiden gewahrt wird.

Man verlässt dagegen das Gehiet der Thatsachen und begiebt sich auf das der Hypothese, wenn man bestimmte Yoi-stellungen über die Bedingungen ausspricht, von welche die allseitige gleiche Elastizität des Wassers abhängig ist. Solcher Hypothesen lassen sich mehrere bilden ; wir wählen, als für unsere Zwecke genügend, die von ihnen, welche sich am leichtesten aussprechen lässt, ohwohl sie gerade nicht die wahrschein- ! liebste ist; nach ihr sind die Theilchen mit anziehenden und abstossenden Kräften begabt, welche bei einer bestimmten Entfernung der Theilchen im Gleichgewicht stehen. Aendert sich der Zwischenraum, so kann dieses nur geschehen, indem anziehende oder sabstossende Kräfte frei werden.

2. Spannung des AV assers. Ueberlassen wir die Flüssigkeit den Anziehungen lund Abstossungen , welche zwischen ihr-en Theilchen wirken, so ordnet sich dieselbe SSO an, dass ein Gleichgewichtszustand zwischen jenen Kräften eintritt; vermindern oder vemehren wir den Abstand der Theilchen, den sie in dieser Gleichgewichtslage einnehmen, so werden wir in ihnen das Bestreben hervorrufen, sich wieder bis auf die frühere Lage zu nähern oder zu entfernen ; dieses Bestreben nennen wir Spannung. Die Grösse dieser Spannung wächst mit der Entfernung von der Gleichgewichtslage, und es müsste somit die Spannung durch diese Entfernung gemessen werden. Da dieses aus technischen Gründen unthunlich ist, so benützen wir statt dessen das Höhenmaass einer M''assersäule, welche auf die Flüssigkeitsschieht gesetzt werden muss, um dieser letzten die verlangte Zusammenpressung zu ertheilen» Die Berechtigung hierfür erweisst sich folgendemiassen : Die zwischen den Theilchen des Wassers ent- ivickelte Kraft kann man natürlich durch jede andre messen, welche derselben das Gleichgewicht hält, also auch dm-ch das Gewicht P, mit welcher man die Flächenein- leit der Wasserschicht belasten muss, damit zwischen den Theilchen die verlangte Spannung geweckt werde. Als Gewicht kann man nun oifenbar ein Wasservolum Hufgesetzt denken, dessen Basis gleich ist der Flächen- jinheit (Q), und dessen Höhe (H) unter Berücksichtigung ties spezifischen Gewichts (S) des Wassers so hoch ge- •ommen werden muss, dass P = QHS wird. Gesetzt wir lätten dieses gethan, und wir hätten ferner das spezi- >.sche Gewicht des Wassers wie gewöhnlich = 1 ange- lommen, so würden wir jetzt auch von dem Faktor Q, Ubsehen können, und nur die Höhe des drückenden Was- t ervolums als Spannungsmaass in Betracht zu ziehen haben. 3ie Hechtfertigung hierfür liegt in der Eigenschaft des Vassers, den von einer Seite empfangenen Druck allseitig ortzupflanzen. Gesetzt, es laste auf der sehr dünnen Vasserschicht ab cd (Fig. 2.) das Gewicht des prismati- chen Wasservolums abcdcfgh. Ueberlcgen wir nun, /eiche Wirkung ein beliebiges Längenstück dieses Volums, twa a e i k 1 m , in der unmittelbar unter ihm liegenden btheilung der Wasserschicht erzeugen werde, so finden wir, «88 es die dort befindlichen Theilchen einander nähern •ird, so lange bis ihre Spannungen jenem Druck das Gleichgewicht halten werden, le hierdurch erzeugte Spannung theilt sich nun aber sogleich auch allen übrigen in

4G

Druckmaass des 'Wasacrs. Arbcitsmaoss der Spannung.

ab cd enthaltenen Thcilchen mit, gerade so als ob auch noch der Best des drückenden Prisma's efghabcd gewirkt hätte. Wenn wir sie uns also noch wirksam denken, so wird dadurch keine Spannungsverraehrung einti-eten. Nun können wir aber die Grund- fläche des wirksam gedachten Trisnia aeiklm so klein annehmen, als wir wollen, ohne an dem spannenden Effekt desselben etwas zu ändern, d. h. also, es ist die Spannung des Wassers in der gedrückten Schicht hur abhängig von der Höhe der Säule und dem spezifischen Gewichte ihres Inhalts, dagegen unabhängig vom absoluten Gewichte derselben.

3. DruckmaassderSpannung. Von dem Spannungsmaass des Wassers müssen wir unterscheiden das Druckmaass desselben. Ist eine gespannte Flüssigkeit in einem Behälter mit unnachgiebigen Wänden eingeschlossen, so wird sie vermöge ihrer Elasti- zität auf die letzteren einen Druck ausüben. Dieser aber wird wachsen mit der Höhe, der die Spannung ausdrückenden Wassersäule H und der Fläche F, welche das Wasser benetzt. Also ist der Dnick D = HP d. h. gleich dem Gewicht eines Was- servolums, dessen Grundfläche durch die Ausdehnung der gedrückten W.mi und dessen Höhe durch die spannende Säule bestimmt ist. Demnach ist auch der Druck unab- hängig von dem Gewicht des Wassers welches in der That auf die Wände geschichtet ist; dieses kann gleich, grösser oder kleiner als das Produkt HP sein.

4. Arbeits maass der Spannung. Die Arbeit, welche eine gehobene Wasser- säule liervorbringen kann, ist gleich dem Gewicht des gehobenen Wassers (p) multipli- zirt mit der Höhe (h") , auf welche dieses Gewicht gehoben wurde , also = ph oder, da das Gewicht gleich ist der Masse (ni) multiplizirt mit der Beschleunigung der

Die Rechtfertigung für die Einführung dieser Werthe in das wenn man bedenkt, dass die Arbeit das Produkt einer con- stanton Xraft mit dem Weg ist, den ihr Angrifia- punkt im Sinne der Kraft während einer beliebigen Zeit zmilcklcgt. Es kann also von der Arbeit der Spannung nur insofern die Hede sein , als sie sich in Geschwindigkeit umwandelt. Indem sie dieses thut ist aber ersichtlich, dass die Wirkung, die sie dabei ausübt, proportional sein muss der Anzahl ■von schweren Theilchen, also der Masse (m), dann aber auch die Grösse des Zuges, welchen die Schwere (g) auf jedes einzelne Theilchen ausübt und endlich der Anzahl von Elemementarzügen , resp. der Zeit- dauer, während welcher die beschleunigende Kraft wirkte, bevor wir sie in Betracht zogen, also der Höhe (h), aus welcher die Flüssigkeit herabge* fallen ist. Dieser Auseinandersetzung entsprechen"* würde die Flüssigkeit zweier Behälter A und (Fig. 3.), die wir uns gefüllt denken , zwar an de Boden gleiche Spannung besitzen , und auf dies gleichen Druck ausüben , aber dennoch eine gan« verschiedene Arbeit leisten. ' Denn zur Gleichheit des Dnickes und der Spannung ist nur nöthig, dass A und B einen Boden von gleicher Grundfläche und eine Seiten- wand von gleicher Höhe darbieten. Daneben kann sie aber, wie die Figuren zeigen, ganz verschiedene Wassermassen beherbergen, Nehmen wir nun an, es werde am Boden beider Behälter eine glcichgrossc Oeffnung angebracht, so worden aus beiden

Schwere (g) auch = mgh. Arbeitsmaass ergiobt sich, Fig. 3.

A

Beziehung zwischen Spannung und Geschivindigkeit.

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Gefiissen die ersten ausfliessenden Tropfen mit gleicher Geschwindigkeit hervorgehen und also auch gleiche Arbeit leisten, aber bald wird die Höhe in beiden Gefiissen merklich verschieden sein, weil sich der schmale Hals des Gefässes A rascher entleert als der weite Bauch von B, und nun wird aus dieser letztern mehr und zugleich dies3fe Mehr mit einer grössern Geschwindigkeit ausfliessen als aus A. Also leistet A von jetzt an mehr Arbeit als B.

5. Beziehung zwischen Spannung und Geschwindigkeit. Eine ge- ( drückte Flüssigkeit kann in Spannung oder in Bewegung kommen ; ob das eine oder 1 das andere geschieht, ist nicht vom Druck, sondern davon abhängig, ob die Plüssig- I keit dem Druck ausweichen oder nicht ausweichen kann. Findet eine gedrückte Flüs- sigkeit gar keinen Widerstand, so geräth sie in Bewegung, und zwar in der Art, dass i die bisher vorhandene Spannung verschwindet und die ganze drückende Kraft zur Er- zeugung von Geschwindigkeit verwendet wird. Die Geschwindigkeit v, welche eine i Flüssigkeit unter dem Drucke einer Säule von der Höhe h erlangt, ist bekanntlich v= j/2gh, 1 wo g wieder die Schwerkraft bedeutet. Diese Beziehung zwischen Druckhöhe, Schwere und ' Geschwindigkeit ergiebt sich aus den bekannten Fallgesetzen, die ihre Anwendung finden,

weil die bewegende Kraft auch hier die Schwere ist, und weil die Höhe , die in dem ; freien Fall in Betracht kommt, wegen der Zeit, während welcher der Körper herabsinkt,

hier bei der unter einem Druck bewegten Flüssigkeit als die Zahl der gleichzeitig von ; der Schwere angegriffenen Theilchen zu nehmen ist. Im physikalischen Vorgang be- ? steht also der Unterschied, dass schwere Körper beim Fall die Orte successiv erreichen, « welche in der drückenden Säule gleichzeitig von schweren Massen erfüllt sind, und C dass im fallenden Körper die vorhergegangenen Anziehungen sich als Geschwindig- Ikeiten zu den folgenden addiren, während die in der drückenden Flüssigkeit über- f einandergeschichteten schweren Massen der Eeihe nach ihre Spannungen zu einander a addiren. Bei einer somit gleichhäufigen Wirkung einer gleichstarken Kraft muss ein uund dasselbe Endergebniss zum Vorschein kommen.

Bei einer gedrückten Flüssigkeit muss es auch vorkommen können, dass der V Widerstand, welcher dem Druck entgegensteht, zwar geringer als dieser, aber doch »immer noch merklich vorhanden ist, so dass sich die in Bewegung gesetzte Flüssig- tkeit selbst noch in einem Spannungszustand befindet. In diesem Fall hat sich also Rein Theü , der durch die drückende Säule hervorgebrachten Spannung in Geschwin- idigkcit umgesetzt, während ein anderer noch der Spannung verblieb. Die ursprüng- liliche Spannung h ist somit als eine Summe zweier anderer Zustände vorhanden, deren IKräfte im Spannungsmaass , also durch drückende Säulen h' und h" ausgedrückt rwerden können. Zwischen den Höhen der ganzen Säule und ihren Antheilen, die als /Geschwindigkeit h' und Spannung h" der geschwinden Masse vorhanden sind, muss -natürlich die Beziehung bestehen, dass h = h' + h" ist. Mit andern Worten der izur Geschwindigkeit verbrauchte Kraftantheü der ursprünglichen Spannung (die Gc- tschwindigkeitsliöhe) und der noch als Spannung übrig gebliebene (die Widerstands- höhe) sind gleich der ursprünglichen Druckhöhe. Daraus folgt auch, dass h— h" = h'.

0. Arbeitsmaass für die bewegte Masse; lebendige Kraft. Wenn ;3in Gewicht p = mg unter dem Druck h in Bewegung kommt, so dass die Masse ihre ganze Spannung in Geschwindigkeit v umsetzt, so muss die Arbeit, welche die •jespannte Masse ausführen kann, gleich sein der, welche von der bewegten zu ver-

lachten ist. Dieses führt zu dem Ausdruck mgh = ^ ; diese Gleichung leitet sich

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Die bewegte Flüssigkeit.

daraus ab , dass v = j/2 gh also = ^ is* J setzt man ^ statt das Ii in nigh , so

göht dieses über in -— oder in . Also ist in den beiden Gliedern der obigen

Gleichung derselbe Kraftwerfch durch verschiedene Zeichen, entsprechend den verän- derten physikalischen Bedingungen ausgedrückt.

7. Die bewegte Flüssigkeit. Die Bahnen, welche die einzelnen Thcilchen einer bewegten Flüssigkeitsraasse beschreiben, sind entweder geradlinig oder krumm- linig fortschreitende; im letzten Fall können die Bahnen in sich zurücklaufen; solche' Bahnen, die entweder geschlossen oder nahezu geschlossen sind, nennt man Kreis-, Wirbel-, unter Umständen Wellenbahn.

Die Geschwindigkeit des einzelnen Theilchens kann mit der Zeit und dem Orte der Bahn veränderlich oder nicht veränderlich sein. Ist sie unabhängig von der Zeit, so dass die während der ganzen Stromdauer an ein und demselben Orte befind- lichen Theilchen dieselbe Geschwindigkeit haben, so gehört die Bewegung einem Strome an, der in den Beharrungszustand getreten. Dieses kann sich nur dann ereignen , wenn die auf die Bewegung der Thcilchen wirkenden Beschleunigungen und Hemmungen gleich gross sind. Denn nähmen mit wachsender Zeit die Beschleu- j nigungon zu , so müsste die Geschwindigkeit der durch den betrachteten Ort gehen- den Thcilchen steigen , und nähmen umgekehrt die Hemmungen zu , so müsste die j Geschwindigkeit mit der Zeit sinken. Verändert sich dagegen die Geschwindig- j keit der Theilchen, die durch ein und denselben Querschnitt des Stromes, oder den-), selben Stromfaden zu verschiedenen Zeiten gehen und zwar in der Art, dass die Ge-i schwindigkeit nach einer regelmässigen Periode steigt und fällt, so nennt man die Be- wegung eine wellenförmige.

Die bewegende Kraft, welche die Masseneinheit der bewegten Flüssigkei besitzt , kann auf der Bahn gleich bleiben, zu oder abnehmen. Bleibt die bewegende Kraft constant, so kann dennoch die Geschwindigkeit, oder die Spannung in einem Zu- oder Abnehmen begriffen sein. Denn da die ganze bewegende Kraft durch k = p

(ySv h -j ~J gemessen wird, wo p die Gewichtseinheit, h ihre Spannung, g die Schwer^

(also die Masse m) und v die Geschwindigkeit bedeutet, so kann die ganze bew g

gende Kraft der Masseneinheit dieselbe bleiben, selbst wenn z. B. v abnimmt, vorausgeset nur dass so viel Kraft, als die Geschwindigkeit verlor, verwendet wurde zur Erhöhun ' der Spannung. Ein solcher Austausch von Spannung und Geschwindigkeit kann sich sowo'^ bei donstantem als beim wellenförmigen Strom ereignen; hei einer stehenden Welle z. B in der Art, dass die Summe der bewegenden Kräfte eines jeden in einem bestiramto^ Bahnschnitte befindlichen Theilchens zu allen Zeiten dieselbe bleibt, so dass, wenn na" einer gewissen Periode die Geschwindigkeit desselben abnimmt, die Spannung n' derselben Periode wächst und umgekehrt. Bei einem gleichförmigen Strom, desse Merkmal in einer zu allen Zeiten stets gleichen Geschwindigkeit auf einem gewiss" Bahnabschnitt besteht, kann die Bedingung gleicher Kräfte trotz ungleicher Geschwin digkeit nur für jedes Theilchen bestehen, während dasselbe verschiedene Orte der Ba durchläuft. Betrachten wir z. B. als Masseneinheit einen Gubikraillimeter und denke wir uns, dass dieselbe beim Durchgang durch die Strombahn bald einen Quersohnit von einem und bald von zwei Quadratmillimotern auszufüllen habe, so wird die Ge schwindigkeit eines joden Theilchens in dem Maasse abnehmen, in welcher der Quer

Mittheilung der Bewegung des Stromes über seine Grenzen.

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schnitt der Strombahn zunimmt; dieses aber wegen der Bedingung, dass diB Flüssig- keitsraenge, welche in derselben Zeit durch die verschiedenen Querschnitte eines con- itanten Stromes hindurchgeht dieselbe sein muss ; eine Bedingung , welche sich durch lie Cohäsion und Unzusammendrückbarkeit des Wassers begründet. Bleiben also der ^obersten Forderung gemäss die bewegenden Kräfte des Theüchens auf dem Quer- schnitt von 1 und 2 M.M. gleich , so muss in dem Maasse , in welcher die öe- Hchwindigkeitshöhe abnimmt, die Spannung zunehmen.

Aus der soeben geführten Erörterung lässt sich für den Fall, wobei die Ki-äfte uuf der Strombahn in Abnahme begriffen sind, ableiten, dass, wenn die Geschwindig- it auf allen Orten eines Stromfadens dieselbe ist, die Abnahme der Kräfte durch Abnahme an den Spannungen gemessen wird , so dass , wenn der Spannungsunter- ihied, der zwischen zwei auf einander folgenden Querschnitten besteht, bekannt ist, lieser den Kraftverlust der Flüssigkeit von einem zum andern Querschnitt ausdrückt. iVSre umgekehrt die Spannung auf allen Orten eines Stromfadens dieselbe , so kann ilie Abnahme der Kräfte durch den Geschwindigkeitsunterschied zweier auf einander bigenden Querschnitte ausgedrückt werden. "Wenn dagegen Spannung und Geschwin- ;ligkeit von Querschnitt zu Querschnitt wechseln, so kann der Kraftunterschied nur ilann hervorgehen, wenn man aus den in jedem Querschnitt vorhandenen lebendigen f ind spannenden Kräften eine Summe bildet und die eine von der andern abzieht. Der Unterschied bildet jetzt den Kraftverlust, welchen der Strom vom einem Querschnitt ; iuni andern erlitten hat.

Zieht man statt der Geschwindigkeit nur ehies Theüchens oder der eines sehr' 1 einen Fadens, die eines Stroms von endlicher Ausdehnung in Beti'acht, auf dem alle :. ■'heile gleiche Eichtung verfolgen, so findet man für gewöhnlich, dass die Geschwin-' iligkeit an verschiedenen Orten eines Stromquerschnittes, der senkrecht gegen die Strom-- iichtung geht, ungleich ist. Der Grund für die ungleiche Geschwindigkeit kann ent- ■'cder darin liegen, dass die Flüssigkeit in die verschiedenen Orte des ersten Strom- . uerschnitts mit ungleicher Geschwindigkeit einströmte , oder darin , dass sich beim 'ortgang des Stroms den verschiedenen Fäden ungleiche Widerstände entgegensetzten, . rodurch ungleiche Kraftverluste erzeugt wurden. In solchen Fällen hat es also keinen 'inn mehr, von einer einzigen Geschwindigkeit auf diesem Querschnitt zu sprechep, : enn man damit nicht den besondem Begriff der mittlem Geschwindigkeit verbindet, . h. derjenigen, welche, wenn sie allen vorhandenen Fäden untergelegt würde, durch en Querschnitt gerade so viel Flüssigkeit fördern würde, als es in der That beim iestehen der besondem Geschwindigkeit jedes einzelnen Fadens geschieht. Da diese littlere Geschwindigkeit sehr viel leichter zu messen ist, als die Geschwindigkeit der inzelnen Stromfäden , und ihre Bestimmung zm- Lösung vieler hydraulischer Aufgaben enttgt, 80 ist dieser Ausdruck sehr in Gebrauch gekommen.

8. Mittheilung der Bewegung des Stromes über seine Grenzen. . Geht der Strom in ein gleichartiges Mittel von andern Bewegungszuständen, z. B Q eine ruhende Flüssigkeit, so höhlt sich der Strom in dieser, nicht etwa durch Fort- chieben der vor ihm liegenden Theile ein Bett aus, dessen Querschnitt mit dem des •tromes übereinkommt, sondern er verändert sein Bett, seine Geschwindigkeit und 3ine Masse. Die Massenveränderang des Stroms kommt dadurch zu Stande, dass ein .■heil des letztem in die mhende Flüssigkeit und umgekehrt Theile dieser in den ■trom dringen (Magnus). Die Nothwendigkeit dieser Erscheinung leitet sich aus 'er Cohäsion, und der Unzusammendrückbarkeit der Flüssigkeit ab. Aus der Massen 'inahme des Stromes folgt dann, dnss seine Geschwindigkeit proportional der Voi'- Lndwig, Pliysiologie II. 2. Anfinge. 4

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Mittheilung der Bewegung des Stromes über seine Grenzen.

grösserung des Stromquersehnittes abnimmt. Was nun für den Strom in eine rubende Flüssigkeit gilt, findet auch seine Anwendung auf zwei sich berührende Stromfäden von gleicher Richtung aber ungleicher Geschwindigkeit.

jijg 4 Nehmen wir an , es seien in

Fig. 4 AA' BB' CC drei y4' flüssige Fäden, jede enthalte drei Molekeln in dem gegensei- tigen Abstand, welchen die gerade vorhandene Spannung verlangt.

Denken wir nun, es seien A und C ^, eine gleiche und B eine doppelt so grosse Geschwindigkeit er- theilt, so wird z. B. das Theil- chen 5 nach 6' gehen, während im obern Faden 1 und 2 zu 1' und 2', und im untern 7 und 8 zu 7' und 8' gelangen. Damit wird sieh aber der Abstand von 6 zu 1' und 7' vergrössert und zu 2' und 8' vermindert haben; träte dieses aber ein, so würde vermöge der allgemeinen Eigenschaften der Flüssigkeit 6 an 1' und 7' ziehen, auf 3 und 9 aber drücken; mit andern Worten, es wird ein Theil der Ge- schwindigkeit von 6' auf die Nachbarn übergehen. Ueberlegt man sich unter Voraus- setzung dieses Annahme den Gang der Flüssigkeit noch weiter, so müsste man erwarten, dass eine ungleiche Geschwindigkeit zweier benachbarter Fäden überhaupt gar nicht bestehen könnte, weil, wenn ein gradliniger Weg aller Schichten verlangt wird , die in ihr entlialtenen Thcilchcn nur dann bei der Bewegung in gleichem Ab- stand bleiben, wenn sie alle dieselbe Verschiebung erleiden. Da aber ungleiche Ge- schwindigkeiten benachbarter Schichten in der That vorkommen, so muss eine der Bedingungen , die wir in unserm Beispiel unterlegt haben , die Gradlinigkeit des Wegs, als unverträglich mit der Unzusammendrückbarkeit der Flüssigkeit für den wirklich vorkommenden Strom keine Geltung haben, dann aber muss das Theil- chcn eines Fadens bei dem Fortschreiten um die Achse des Fadens hin lind her schwingen, wodurch Abweichungen von der geraden Linie des Wegs vorkommen, die allerdings entsprechend dem geringen Abstand der Nachbartheilchen für unsere Beob- achtungsmittel unmerklich sind. Jedenfalls geht aus unsem Betrachtungen hervor, dass durch eine ungleiche Geschwindigkeit benachbarter Fäden eine andere Vertheilung der bisher bestandenen Spannungen und damit eine TJebertragung von Kräften ein- treten muss.

Eine andre, mit der eben erörterten innig zusammenhängenden Frage ist die, ob bei dieser Gegenwirkung ungleich geschwinder Stromfäden auf einander bewegende Kraft verloren geht. Wäre die Flüssigkeit vollkommen elastisch und ihre Theilchen vollkommen aneinander verschiebbar, so könnte kein Kraftverlust eintreten, indem dann jedesmal die Einbusse an Kraft, welche das eine Theilchen erleidet, dem andern zu Gute kommt. Da es aber Lösungen, wie z. B. die des Eiweisses, Schleims, Zuckers ü. s. w. giebt, welche unzweifelhaft diesen Bedingungen nicht entsprechen, so ist die Möglichkeit eines Kraftverlustes durch die sogenannte innere Reibung nicht zu be- streiten. Die Erfährung hat ihn jedoch noch zu bestätigen.

b. Bewegt sich die Flüssigkeit gegen einen festen ruhenden Körper, so über- trägt sie auf diesen, insofern er der Richtung des Stroms entgegensteht, immer Ge- Bchwindigkeiti Diese letzte wird entweder in Spannung der Flüssigkeit oder auch des festen Körpers umgesetzt, welche unter veränderten Umständen der Bewegung der Flüs-

Constanter Strom in Röhren;

öl

igkeit wieder zu gute kommen kann. Dass die verlorne ßeschwindigkeitsliöhe sich uf die bezeichnete Weise umsetzen kann , ist aus der Elasticität der Flüssigkeit und r er Widerstand leistenden Körper begreiflieh ; daraus folgt auch, dass die herbeigeführte ;pannung auf den Strom wieder übertragbar ist. Um der Anschauung zu Hilfe zu ommen, wollen wir uns vorstellen, dass ein Strom in einen schon mit Flüssigkeit er- iillten, aber durch diese nicht ausgedehnten elastischen Beutel geschehe. Der Strom rird in diesen Beutel also nur insofern eindringen können als er ihn ausdehnt und aarum nur so lange, bis die Wandspannung desselben den Sti-omkräften das Gleich- r'Bwicht hält. Würde, nachdem dieses geschehn, der einfliessende Strom unterbrochen, I ) würde nun aus der Oefiilung des elastischen Sackes ein Flüssigkeitsvolum austreten, e.elches gleich wäre dem Eäumlichkeitsunterschied des Beutels bei gespannten und iflgespannten Wandungen. Vorausgesetzt, dass die Elasticität des Beutels vollkommen iäre, würde dieses Flüssigkeitsvolum auch den ganzen Werth der Kräfte mitnehmen, fsn es früher als Strom besass, und dann als Spannung in die elastischen Wände eiederlegte. In Wirklichkeit erleidet aber der Strom beim Anstoss an feste Körper »ne wirkliche Einbusse an Kraft, indem sich die Bewegung der wägbaren Masse ent^ »eder in Wärme umsetzt, die beim Zusammendrücken der festen und flüssigen Massen titwickelt wird; oder der Kraftverlust geschieht dadurch, dass die auf den festen •Örper übertragene Geschwindigkeit diesem verbleibt oder durch ihn hindurch auf adre Massen übergeht. Dieser ganze Verlust oder, wie man gewöhnlich sagt, die iissere Reibung, ist abhängig von der Geschwindigkeit des Stroms, nicht aber von rjr Spannung desselben, von dem Winkel, unter welchen die Stromrichtung die wie- rirstehende Fläche trifl't, von der Berührungsfläche zwischen Strom und festem Kör- rr, von der Elasticität und 0berilächenbe8chafi"enheit der letzten (die Benetzbarkeit Ilageschlossen), von der Temperatur und chemischen Zusammensetzung der Flüssigkeit.

Die Beziehungen zwischen dem festen Körper und der Flüssigkeit müssen sich aber Ksentlich ändern, wenn die bisherigen Annahmen dahin umgestaltet werden , dass der ite Körper sich mit der Flüssigkeit bewegt. Denn dann machen sich ausser den schon [rfgezählten Umständen noch die Eigenbewegungen des schwimmenden Körpers gel- ad. Diese können sich darstellen als Drehungen, die von asymetrischer Vertheilung r Dimensionen um den Schwerpunkt des schwimmenden Körpers, oder von unglei- «r Geschwindigkeit der auf seine Oberfläche treffenden Stromfäden bedingt sind, «r als ein Auf- oder Niederstreben des Körpers, bedingt durch ein von der srigkeit abweichendes Eigengewicht.

9. Constanter Strom in Rohren. Ausser den schon hervorgehobenen allge* inen Eigenschaften eines jeden Stromes, kommen bei einem solchen in Röhren noch iiige besondere zum Vorschein, die durch die Gestalt und die Oberflächenbeschaffen- .t der Wand bedingt sind. Die Spannung eines jeden in dem cylindrischen Sti-om thaltenen Fadens, ändert sich mit der Entfernung des In ihm betrachteten Punktes n Ursprung des Stroms; je nachdem die Spannung mit dem wachsenden Weg ab- ramt, wird der Unterschied der Spannung, zweier auf einander folgender Punkte ein oder abnehmender genannt, und zwar ist der Spannungsunterschied nach dem ge-" 'fanlichen Sprachgebrauch abnehmend, wenn die Spannung mit dem wachsenden Wog 1 mindert, im umgekehrten Falle ist er zunehmend. Denkt man sich die auf ein^ 1er folgenden Spannungen eines Stromfadens ausgedrückt durch Flüssigkeitssäulen, l errichtet man dann Fig. 5 auf dem Stromfaden A E als Abszisse, die jedem kikt desselben angehörige Spannung als Ordinate, h ä' /<" A"' so stellt die Ver» dungslinie aller obem Endpunkte dieser Ofdinatcn die Curve der Spannungen dar.

4*

52

Constanter Strom in Eöhren.

Diese Curvc kann entweder eine gerade Linie sein; in diesem Fall bleibt der vor handene Spanimngsunterschied für die Längeneinheit des Stromes also ha, hib der selbe, oder es kann die Curve eine gebogene Linie sein, wo also der Spannungsnnter

Fig. 5.

schied in zwei auf einander folgenden Längeneinheiten der Strombahn ab oder zunimm wie bei /»"c hP^d, Endlich kann die Curve sogenannte ausgezeichnete Punkte b sitzen, wo, wie bei und A'", der Spannungswerth sich plötzlich ändert; obwo' auch hier zwischen zwei auf einander folgenden Punkten des Stromfadens ein albnäh. liger Uebergang in der Spannung stattfinden wird, so sieht man doch für gewöhnlio" die Spannungsänderung als eine plötzliche an.

Betrachtet man, statt der mit der Länge veränderlichen Spannung eines Strom fadons, diejenige der vielen Fäden, welche auf einem Querschnitt enthalten sind der senkrocht gegen die Stromrichtung geführt wurde, so gewahrt man, dass di Spannung auf einer solchen Normalfläche selbst wieder veränderlich ist. So kommt e z. B. vor, dass die der Eöhrenachse näher gelegenen Stromfäden mit einer geringe Spannung behaftet sind, als die gegen die Wand hirigelegenen. Demnach wird m" die Spannungscurve der Normalfläche einzustellen haben, welche man erhält, wenn m" sich auf einem beliebigen Eadius derselben als Abszisse, alle Spannungen der Stro^ fäden als Ordinaten aufgerichtet denkt, welche der Eadius bei seinem Hingang' vo Mittelpunkte nach der Peripherie hin schneidet. Die Spannungsfläche des Norm" Schnittes wird man aber erhalten, wenn man sich die Spannungscurve desselben um d" Mittelpunkt der Röhre im Kreis bewegen lässt. Dieses Verhalten der Spann auf dem Querschnitt verlangt die Sonderung der Begriffe von Theü- und Gesamm Spannung. Unter der ersten versteht man die Spannung eines einzelnen Fadens, d in einem gegebenen gradlinigen Abstand vom Mittelpunkte die Normalfläche schneide Bei vollkommener Symmetrie des Stroms werden die auf einer Kreislinie einschne denden Stromfäden, die mit demselben Radius aus dem Mittelpunkte des Stromquerschni beschrieben wurde , unter einander gleich sein. Der Gesammtschnitt kann also in zählige Kreise gleicher Spannung zerlegt werden. Centraispannung würde die gena werden, wo der Radius den Werth 0, Wandspannnng die, welche in dem Kre' herrscht, dessen Radius gleich dem des Röhrenlumens wäre. Die Gesammtspann" oder mittlere Spannung der Norraalfläche würde man erhalten, wenn man alle auf d Normalfläche vorhandenen Einzel - oder Theilspannungen addirte und die Summe d- den Flächeninhalt dividirte.

Die Geschwindigkeit eines jeden Stromfadens in seinem Verlauf durch die Röhre tat, alles Uebrige gleich gesetzt, mit dem Flächeninhalt des Querschnitt.<i veränderlich

Constanter Strom in Röhren.

53

oleibt dieser gleich, so Terhält sich auch die Geschwindigkeit durch den ganzen Strom- K'aden hindurch unverändert, wächst aber der Querschnitt, so soll in demselben Maass lüe Geschwindigkeit abnehmen. Die umgekehrte Behauptung spricht man bei der Ver- kleinerung des Querschnitts aus.

Die Geschwindigkeit der Fäden, welche gleichzeitig eine beliebige Normalfläche ■nrehsetzen, ist immer ungleich, die Centraifäden sind immer geschwinder als die rVandfäden. Man unterscheidet also auch hier die Theil- und die Gesammtgeschwin- ifigkeit. Unter Gesammt- oder mittlerer Geschwindigkeit würde man aber dem Frühern gemäss die zu verstehen haben, welche, wenn sie allen Fäden des Normalschnitts gleich- seitig mitgetheilt würde, durch diese in der Zeiteinheit gerade soviel Flüssigkeit führte, sls durch ihn vermöge der wirklich vorhandenen Theilgeschwindigkeit getrieben wird.

Methoden zur Bestimmung der Spannung und Geschwindigkeit lines ßöhrenstroms.

Die Spannung misst man mit dem Druckmesser (Mano - oder Piezometer) , d. h. korch Eöhren, deren Lumen mit dem der Stromröhre communizirt und die senkrecht KCgen die Achse der Stromröhre aufsitzen; ihrer Form nach sind sie entweder gerade lider heberförmig gebogen; gerade, wenn man eine positive Spannung des Stroms durch ansteigen der in sie eingehenden Flüssigkeit messen will; heberförmige Instrumente iber gebraucht man entweder, v^enn man negative Spannung durch gleichartige oder die ♦■osilive eines Wasserstroms durch eine Quecksilbersäule messen will. Um die Mano- meteröffnung mit jedem beliebigen Faden des Querschnitts, auf dem er steht, in Berüh- long bringen zu können, muss der Druckmesser an seiner Durchbruchsstelle durch die tVaad der Stromröhre verschiebbar sein.

Zur Auswerthung der Geschwindigkeit wird benutzt 1' das Flüssigkeitsvolum, wel- i'hes in der Zeiteinheit aus einem Eohr von bekanntem Querschnitt ausfliesst. Da ofFen- uar das ausgeflossene Volum v = c q ist, wenn c die mittlere Geschwindigkeit in dem

y

s.uerschnitt q ist, so wird die mittlere Geschwindigkeit c = . 2* Man misst den

(feg, welchen ein sichtbar gemachter Abschnitt des Stroms in der Zeiteinheit durch- iinÜ. Dieses geschieht, indem man die Geschwindigkeit eines im Strom schwim- menden festen Körpers misst. Durch diese Methode kann nach Umständen die iirtielle oder auch die mittlere Geschwindigkeit gefunden werden, vorausgesetzt, Jiss der Körper rücksichtlich seiher Bewegung angesehen werden darf wie ein Theil- len des Stromfadens, in dem er schwimmt, wenn er also dasselbe specifische Gewicht, id dieselbe Adhäsion an den Flüssigkeitstheilchen besitzt, die diesen unter einander iikommt, und endlich wenn er ohne Drehbewegungen auszuführen im Strom fort- uhreitet. Diese Bedingungen werden entweder nur von Flüssigkeit selbst erfüllt oder von »munetrisch geformten Körperchen, welche sich nur über Stromfäden von möglichst rieicher Geschwindigkeit erstrocken und dabei aus einem Stoff bestehen, der möglichst iinig von der Flüssigkeit des Stromes durchtränkt wird. Benutzt man als Index ■ix die Geschwindigkeit des Stromfadens ein in ihm schwimmendes festes Körperchon, ) genügt es den Weg zu bestimmen, welchen dieses in der Zeiteinheit zurücklegt, (edient man sich dagegen zur Geschwindigkeitsmessung einer in den Strom gebrachten Uttasigkeit, so muss man vor Allem auf ein Mittel denken, um diese Flüssigkeit sicht- :ir zu machen und zwar entweder während der ganzen oder zu Endo der Beobach- «ngszeit. Hering verfährt auf die letztere Weise; er bringt an einen bestimmten "tromort zu einer gegebenen Zeit einen Tropfen aufgelösten Blutlaugonsalzcs , und aprägnirt einen andern Stromort, mit der Lösung eines ISisonialzes, welches mit Cyau-

54

Constanter Strom in llöhrcn.

cisoiikaliuin einen blauen Niederschlag giebt. Leobachtet man nun den Zeitjiunkt, in wel- phom der Niederschlag eintritt, und kennt man den Abstand zwischen den Applicaüons- orten von Blutlaugen- und Eisensalz, so hat man damit die Grundlagen für die ver- langte Messung. Yolkmann schaltet dagegen in den Strom eine gefärbte Flüssigkeit, z. B. in den rotten Blutstrom eine farblose Wassersäule von beträchtlicher Länge und von einem dem Strom möglichst gleichen Querschnitt ein. Indem der Stroni die Säule vor sich her schiebt, ist man im Stande das Fortschreiten der Grenze von gefärbter und farbloser Flüssigkeit zu beobachten. Die Methode von Volkmann hat hierbei mit dem Uebelstand zu kämpfen, dass sich die Grenze nicht scharf erhält, theils we- gen des ungleichen specifischen Gewichts der F'lüssigkeit , theils wegen des unglei- chen Fortschreitens der Wand- und Mitteifadon. 3* Zur Goschwindigkeitsbestimmung benutzt man femer das Gewicht, mit dem man eine gegen den Strom gestellte Fläche belasten muss, um sie in einer senkrecht zur Stromrichtung gehenden Lage zu erhal- ten; oder man hängt ein constantes Gewicht von bestimmter Gestalt derartig in den Strom, dass es vom Strom um einen gegebenen Mittelpunkt gedreht werden kann und bestimmt aus dem Ablenkungswinkel, den es durch den constanten Strom erfährt, die Geschwindigkeit des letztern. Von diesen beiden erwähnten Verfahrungsarten hat nur die letztere eine Anwendung in der physiologischen Hydraulik gefunden, und zwar unter der Form des sogenannten Stromquadranten, dem in der Wasserbaukunde be- sonders Eytelwein und Gerstner*) Eingang verschafft haben. Der Stromquadrant oder Stronipcndcl besteht, wie die Fig. 6 zeigt, aus dem Viertel einer Kreisfläche, die

Fig. ß.

an dem Umfang in Grade gethcilt ist; an einem im Mit- telpunkt geschlagenen Stift hängt ein steifer Faden, {a b), der an seinem entgegengesetzten Ende eine Kugel hält. Will man das Instrument anwenden , so bringt man es zuerst in eine solche Stellung, dass der Faden desselben auf der Null der Theilung einspielt; über- giebt man nun die Kugel dem Strom, so wird sie, etwa nach c abgelenkt; die Theorie verlangt, dass die 'Tangente des Ablenkungswinkels (bac) sich verhalten solle wie die Stosskräfte, und da diese sich verhalten, wie die Quadrate der Geschwindigkeit, so würden diese letzteren, wie die Wurzel aus der Tangente des Ablenkungswinkels wachsen, vorausgesetzt, dass immer dieselbe Kugel in Anwendung gekommen ist. Diese Voraussage bestätigt die Erfah- rung nicht und es sind somit von der Theorie nicht alle Bedingungen in Rechnung

Fig. 7.

gebracht; das Instrument verlangt also, brauchbar zu werden, einer empirischen Gradui- rung, und es misst mit dieser die durch die eingesetzte Kugel veränderte Geschwindigkeit der Stromfäden , in welche sie gehalten wird. Vierordt, der den Apparat in der Physio logie einführte, mit der Absicht, die mittlere Geschwindigkeit auf dem Sti-omquerschnitt z erhalten, brachte das Pendel p (Fig. 7.) in ei kubisches Kästchen K K; auf ungleichen Höhe

») Aninnerkugen Uber dss liydromctr. Pendel. Prag 1819.

Constanter Strom in Köhren.

55

zweier gegenüberstehender Seiten desselben öffnen sich zwei cylindrische Köhren Bit. Dieses Instrument nennt Vierordt Tachometer; die Figur giebt es in natür- licher Grösse wieder. Seinen Apparat aicht er dadurch, dass er die cylindrischen Ansätze Bit in einen Strom von gegebenem Querschnitt einschaltet und einerseits die Ablenkung des Pendels, andererseits aber die Ausflussmenge aus dem Ende des Stromrohrs und damit die mittlere Geschwindigkeit in dem letzteren bestimmt. Hier- iiirch gewinnt er eine Beziehung zwischen der mittleren Geschwindigkeit, die im Kohr besteht, während das Instrument eingeschaltet ist, und der Pendelablenkung. Fraglich bleibt nur, was durch Versuche entschieden werden könnte, ob Ströme von ungleichen Durchmessern, aber gleichen mittleren Geschwindigkeiten dieselbe Ablenkung erzeugen, ■".eil es zweifelhaft ist, ob die Störung, die der Apparat veranlasst, nur sich ändert mit der mittleren Geschwindigkeit, nicht aber mit dem Querschnitt, in welchen er eingefügt ist. Ein anderes Bedenken bieten Ströme , deren mittlere Querschnittsge- schwindigkeit mit der Zeit sich fortwährend ändert, so dass dem Pendel dann niemals eine Kuhelage vergönnt wird, sondern hin und her schwankt. Denn in diesem Fall kommt ^ser der Schwere auch noch die Geschwindigkeit der Pendellinse in Betracht. Vier- 'irdt glaubt für den arteriellen Blutstrom, welcher mit einer veränderlichen Geschwin- digkeit begabt ist, jenes Bedenken beseitigt zu haben. Siehe die Geschwindigkeit des Blutstroms. 4* Die Geschwindigkeitsmessung wurde auch durch das Kohr von ntot versucht. Dieses ist, wie ^Fig. 8 zeigt, eine mit einer rechtwinkligen Biegung versehene Glasröhre; die Schenkel derselben sind ungleich lang; der kürzere wird, wenn die Messung ausgeführt werden soll, der Art in das Stromrohr gesetzt, dass die Fläche sei- r;er Mündung senkrecht auf der Stromrich- '.ung steht. "Wenn die in diesen Schenkel mündenden Fäden des Stroms vollkommen zur Ruhe gebracht würden, so müsste nach der B ernoulli'schen Theorie die Flüssigkeit in ni langen Schenkel zu einer Höhe (H) emporsteigen, welche dem Druck entspräche» ri die botreffenden Fäden vermöge ihrer Spannung (h) und ihrer Geschwindigkeit (h') ausüben können; es wäre also H: = h-|-h'. Aus dieser Gleichung ist h' oder die Ge- L hwindigkeitshöhe zu finden, wennh oder die Spannungshöhe bekannt ist ; diese letztere sann aber auch durch ein senkrecht auf den betreffenden Stromfaden gesetztes Ma- aometer gefunden werden. So oft bis dahin dieses Verfahren für den Strom in Köhren lin Anwendung kam, wie z. B. in der ausgedehnten Arbeit von Darcy, hat man die Pitot'sche und das Manometerrohr nicht in dieselben, sondern in verschiedene Strom- föden gesetzt und die an beiden Instrumenten gefundene Druckdifferenz als Geschwindig- -fceitshöhe angesehen; diese Unterstellung ist aber den neueren Untersuchungen gemäss nicht mehr annehmbar, somit sind die bis dahin erworbenen Kesultate nicht zu ge- brauchen. Aber selbst eine Verbesserung dieses Fehlers würde immer noch nicht zum Ziel fuhren, da die Bedingung, dass die in den kurzen Schenkel derKöhre eindringen- den Fäden vollkommen ruhen sollen, sich nicht herstellen lässt und namentlich bei gleicher Stromgeschwindigkeit, aber ungleicher Form der Mündung die Höhe des An- Uteigens sich ändert. Aus diesem Grunde haben die Wassorbaumeister schon seit du IBuat, das Verfahren entweder bei Seite gesetzt, oder sie graduircn jedes Kohr be- sonders. Zweckmässige Formen des Rohrs siehe bei Weissbach und Darcy.

56

Geschwindigkeit in geraden Cylinderrohr.

Die Ersclioinungon dos constanton Stromes in Röhren sind aber wiederum verän- derlich mit der Form und Ecschaflenheit der letztern. In Folgendem sind die wich- tigsten Fälle behandelt.

10. Wagorechto, gerade, überall gleichweite Röhren. Die Regeln, nach welchen der Strom in geraden Röhren verläuft, haben dis dahin nur unter der Bedingung er- mittelt werden können , dass ein bestimmtes Verhältniss zwischen der Länge und dem Durchmesser der Röhre bestand. Insbesondere musste die Länge der Röhre in Verhält- niss zu ihrem Durchmesser um so beträchtlicher werden, je bedeutender der letztere war. (Girard, Poiseuille)*). Mengt man der strömenden Flüssigkeit sichtbare Theilchen bei, so bemerkt man in Röhren von genügender Länge, dass die Theilchen nahezu geradlinig und mit den Wandungen parallel gehen, während sie geschlängelt in den zu kurzen Röhren verlaufen. Dem entsprechend hält man dafür, dass der Strom in langen Röhren aus gera- den Fäden bestehe. Für diesen geradlinigen Strom gelten die folgenden Ermittlungen.

Geschwindigkeit. Die mittlere Geschwindigkeit ist auf allen Querschnitten die senkrecht zur Röhrenachse gelegt werden können dieselbe, dieses folgt mit Noth- wendigkeit aus der Cohäsion und Unzusammendrückbarkeit der Flüssigkeit. Die Ge- schwindigkeit der Fäden aber, welche auf einem (.Querschnitt senkrecht stehen, ist mit ihrem Abstand vom Mittelpunkt veränderlich. Zerlegt man den Querschnitt in unzäh- lige concentrische Kreise, die sämmtlich vom Mittelpunkt der Röhre aus mit Radien beschrieben sind, die , von Null an bis zum ganzen Werth des Röhrendurchmessers wachsen, so wird ein jeder solcher Kreis von Stromfäden gleicher Geschwindigkeit durchsetzt, und zwar nehmen die Geschwindigkeiten von den kleinen nach den grossen Kreisen oder vom Centrum nach dem Umfang hin ab. Das Gesotz, nach welchem diese Geschwindigkeiten in der bezeichneten Richtung abnehmen, ist unbekannt. Namentlich verdient es der Erwähnung, dass die Beobachtungen von Darcy**) nicht zu dem gewünschten Ziel geführt haben. Dagegen ist es wahrscheinlich , dass die über einen Röhrendurchmesser aufgetragene Curve der Theilgesehwindigkeitcn veränderlich ist mit der Weite und WaudbeschafTenheit der Röhre, ferner mit der mittleren Geschwindig- keit, der chemischen Eigenschaft, und der Temperatur der strömenden Flüssigkeit. In ein und demselben Strom soll jedoch die Curve der Geschwindigkeiten, bezogen auf den Durchmesser der Röhre für alle Querschnitte dieselbe sein , d. h. es soll die Geschwindigkeit eines Stromfadens vom Beginn bis zu seinem Ende unveränderlich bleiben ; demnach würde der gradlinige Strom, welcher ein cyUndrisches Rohr ausfüllt, zusammengesetzt sein aus zahlreichen in einander steckenden Cylinderraänteln , von denen jeder einzeln eine constante Geschmndigkeit besitzen würde.

Von der mittlem Geschwindigkeit gilt erfahrungsgemäss folgendes: l" die Ge- schwindigkeit steigt, wie die Druckhöhen, welche auf den Flüssigkeiten lasten, so dass entgegen dem Ausfluss aus Mündungen durch dünne Platten bei einem Aufsteigen der Druckhöhen von 1 zu 4 zu 9 zu 16 u. s. w. , die Geschwindigkeiten wie diese Zahlen und nicht wie 1, 2, 3, 4 u. s. w. anwachsen. 2" Alles andere gleichgesetzt, nimmt die mittlere Geschwindigkeit ab, wie die Längen der Röhren zunehmen. 30 Weniger einfach ist die Beziehung der mittleren Geschwindigkeit zu dem Durch- messer; im Allgemeinen ist durch mannigfache hydraulische Beobachtungen, insbeson- dere durch die von Gerstner, Young, Girard, Poiseuille und Volkmann

») M^moires de l'Institut 1813—16. 285. Poegendorf, Annnlon 1. c. ••) Rocherchoa oxpdrlmontHlcs relatives nu niouvemcnt etc. Par, 1857. (XV. Bd. der Memoiren der Pariser Altudcmie.)

Spannung in geraden Cylindcrröhren.

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festgestellt, dass in weiten Eöhren die Geschwindigkeit geradezu abnimmt wie der Durchmesser, in sehr engen aber wie das Quadrat des Durchmessers ; in Eöhren mitt- eten Kalibers nimmt die Geschwindigkeit nach irgend einer andern Potenz des Durch- nessers, die in der Mitte zwischen den erwähnten liegt, ab. Die Grenzen der Durch- nesser, für welche die eine oder andere Angabe giltig ist, sind nicht ermittelt worden. Die Geschwindigkeit nimmt zu, wenn die Temperatur der Flüssigkeit wächst, und -.war in engen Röhren beträchtlicher, als in weiten. Diese Beobachtung Gerstners*) ist von Girard, insbesondere aber für sehr enge Eöhren von Hagen und Poi- ieuille erweitert worden, welche für Wasser, in Glas und Kupfer strömend, den jmpirischen Coefflzienten des TVachsthums gefunden haben. Dieser letztere kann jedoch lur auf die erwähnten Stoffe und nur für sehr enge Eöhren angewendet werden, da lach Girard mit der Flüssigkeit und bei weiten Eöhren mit dem Durchmesser sich uuch der von der Temperatur abhängige Geschwindigkeitsverlust ändert. 5" Die Ge- chwindigkeit ist ferner veränderlich mit der Zusammensetzung der Flüssigkeit; Du- iiuat, Girard**), Poiseuille***). Wesentlich unterscheiden sich die Flüssigkeiten, e nachdem sie die Eöhxenwand benetzen, oder dieses nicht thun. Wir berücksichtigen lur die ersteren. Für sie ist festgestellt; a) die Geschwindigkeit in jeder Flüssigkeit unter Voraussetzung gleicher Druckhöhen und Eöhrenweiten) ist unabhängig von dem UoiF, aus dem die Eöhrenwand besteht; namentlich hat Poiseuille Glas, Metall ind die Membranen der Blutgefässe hierauf untersucht. b) Die verzögernde Kraft ider, wie man gewöhnlich sagt, die Eeibung einer Flüssigkeit ist unabhängig von dem pezifischen Gewicht, der Dünnflüssigkeit, der Capillarattraction u. s. w. c) Die teibung des Wassers oder Blutserums wird wesentlich geändert durch geringe Bei- aengung von Salzen, Basen oder Säuren. Von den besonderen Bestimmungen Poi- eeuille's heben wir hervor: das Serum des Ochsenbluts fliesst, alles Uebrige gleich- i-esetzt, nahebei noch einmal so langsam, als reines Wasser, und faserstofffreies (Blut- örperchen haltendes) Ochsenblut fliesst dreimal langsamer, als Serum. Im Allge- leinen erniedrigt ein Zusatz von Neutralsalzen zum Wasser die Eeibung, wahrend sie lurch Zusätze von Basen und von Säuren (eine Ausnahme machen unter letztem nur lausäure und Schwefelwasserstofl) erhöht wird ; ein Zusatz von Ammoniak zum Serum erniedrigt dagegen die Eeibung desselben.

Spannung. Man hatte bis dahin angenommen, dass der . Seitendruck aller der tromfäden gleich sei , welche einen und denselben senkrecht zur Strorarichtung ge- ihrten Querschnitt ausfüllen; diese Annahme hat sich jedoch als fehlerhaft erwiesen; enn wenn man ein Manometer, dessen dem Strom zugekehrte Mündung senkrecht gegen ie Eichtung desselben steht, von der Wand aus gegen die Stromachse führt, so sinkt er Druck hiebei sehr auffallend (Darcy, C. Ludwig und Stefan) f); ebenso kann uan durch ein Eohr, welches die Wand - und Achsenfäden eines und desselben Strom- bhnittes verbindet, wie es die Fig. 9 (s. folg. Seite) angiebt, ein Fliessen des Wassers on der Wand zum Eöhren-Centrum, in der Eichtung des Pfeiles erzielen, und endlich ann man auf zwei diametral entgegengesetzten Wandstellen verschiedene hoho Wasser- läulen aufsetzen, ohne dass sich der Druck durch den Strom hindurch ausgleicht, Ludwig und Stefan).

•) Gilberts Annalen <lcr Physik. V. üd. 100, Die Uoboroinstimmung zwisclicii dorn Coeffl- enton von Hagen und Po i s e u 1 11 e ist dargelegt in Dovos Kepcrtorium. V. Ud, p. 135. •*) M^inoires de l'Institiit. 1816. ••) Annalcs de clilm. et piiysifiun. III. S^r. Hd. 7. t) Wiener Sitzungsbericlito XXXU. Bd. 1858.

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Spannung.

Bis dahin ist es noch nicht gelungen, das Gesetz der Druckabnahme von der Wand gegen das Centrum in ihrer Abhängigkeit von den Dimensionen und Geschwin- digkeiten des Stroms hinzustellen, weil die in den Strom geführten Manometer in diesem selbst den wahren Druck sehr merklich ändern ; nur ganz im Allgemeinen lässt

Pig. 9.

sich sagen: bei gleichem Stromdurchmesser wächst der Unterschied des Seitendrucks zwischen "Wand und Achsenfaden mit der mittlem Geschwindigkeit; denkt man sich ferner den Durchmesser der Köhre in beliebig viele, aber unter einander gleiche Stücke zerlegt, so ist immer das der Wand zunächst gelegene Ende eines solchen Abschnitts mit einem hohem Drack versehen, als das dem Centrura zugewendete, und der Unterschied des Drucks, den beide Enden gewahren lassen, ist um so grösser, je näher sich das in Betracht gezogene Stück an der Wand befindet, d. h. es fällt der Druck in der Nähe der Wand rascher als gegen die Röhrenachse hin ab ; femer ist OS wahrscheinlich, dass die Curve der Seitendrücke, aufgetragen auf die Eöhrenläng« als Abszissenachse, in ein und demselben Strom für alle Plüssigkeitsfäden parallel bleibt, oder anders ausgedrückt, dass, wie entfernt auch der Querschnitt eines Stromes, den man beobachtet, von der Einflussmündung sein mag, doch immer der Unter- schied des Seitendrucks zwischen Wand und Achsenstrom gleich gross ist. Da nun der Wanddruck , mag er an der Einflussmündung noch so hoch gewesen sein , an der Ausfiussmündung Null wird, der Unterschied zwischen Achsen und Wanddruck aber, je nach der mittlem Geschwindigkeit, auf hunderte von Millimeter steigete kann, so muss es im. Verlauf des Stroms immer einen Punkt geben, an welchem der bis dahin positive Seitendruck des Achsenfadens durch Null hinduroh zu einem nega- tiven Werth gelangt, der um so mächtiger anschwillt, je mehr sich der Strom seineiü Ende nähert.

Da man bisher allgemein annahm, dass die einen und denselben Querschnitt durch- setzenden Stromfäden gleiche Spannung besässen, so hat man sich in allen altem Beob" achtungen begnügt, dem Seitendruck des Wandfadens, den man sicher und leicht be^ stimmen konnte, zu messen und seine Veränderungen aufzusuchen; aus den bis dahin gewonnenen Messungen ergiebt sich nun : l* die Spannungen des Wandfadens nehmen vom Anfang bis zum Ende des Stromes nach einer geraden Linie ab; graphisch würd sich dieses folgendennassen ausdrücken lassen: gesetzt es läge (Fig. 10) bei A der An fang und bei E das Ende des gradlinigen Wandstroms A E und man errichtete auf ih-l hei A, a, a' , a" und ^Manometer, so würde z. B. die den Druck messende Plüssigkeits- säule in yl bis 3, in a bis b, in a' bis b', in a" bis b" und in ^ um eine nicht mehr messbare Höhe steigen. Verbindet man die obem Enden aller dieser Höhen durch eine Linie, so würde man finden, dass dieselbe eine gerade wäre. Hätte man, wie es hier geschehen, die Manometer in gleiche Abstände gestellt, so würden also die Höhen'

Spaimimg.

59

unterschiede des Wasserstandes in je zwei auf einander folgenden Manometern BC, bc, b'e', b"c" einander gleich sein. Es bedarf nach diesem kaum der Erinnerung, dass

rig. 10.

C

h

c'

a'

der Spannungsunterschied zwischen den Manometern am Anfang und Ende geradezu vächst, wie die Länge der letztern. 2" Die Steilheit des Abfalls dieser Graden, oder, was dasselbe sagt, der Spannungsunterschied für die Längeneinheit wächst mit der mitt- fieren Geschwindigkeit des Stroms. Nennen wir den Spannungsunterschied auf der Längen- iiinheit w und die mittlere Geschwindigkeit v, so lässt sich rücksichtlich der Beziehung fler beiden Grössen noch aussagen : Wenn die Geschwindigkeit des Stromes von 0 bis löO M.M. in der Sekunde wächst, so ist der Spannungsunterschied w = ar, d. h. leich der mittleren Geschwindigkeit multiplizirt mit einem empirisch zu bestimmenden Koeffizienten, der kleiner als die Einheit ist. Wenn dagegen die Geschwindigkeit über 00 M. M. anwächst, so ist der Spannungsunterschied w = av -)- bv^, d. h. gleich der jeschwindigkeit multiplizirt mit dem frühem Coeffizienten mehr dem Producte aus lern Quadrate der Geschwindigkeit in eine andere ebenfalls empirisch zu bestim- nende Zahl, die kleiner als die Einheit ist. Der Spannungsunterschied lindert sich femer mit der mechanischen Beschaffenheit der Wandfläche , an der der l>trom hingeht. Wenn ein Strom von mehr als 100 M.M. Geschwindigkeit an einer inebenen Wand hingeht, so verschwindet aus der Gleichung für w das erste Glied der echten Seite, so dass w = bv^ wird. Diese Erfahrung scheint zu bedeuten, dass der /'oef&zient, welcher mit dem Quadrat der Geschwindigkeit multiplizirt in die Gleichung bür w eintritt, abhängig ist von den Stössen, welche die Flüssigkeit gegen die Her- orragung in der Wand ausführt. Das Verschwinden von av oder das von bv- aus er Gleichung für w will natürlich nichts anderes sagen, als dass in dem einen oder ndem Fall der Coeffizient a oder b gegen den andern so klein wird, dass das ihn nthaltendc Glied in der Rechnung ohne Schaden gegen das andere vernachlässigt wer- ben kann. 4" Von der chemischen Beschaffenheit der Röhrenwand, vorausgesetzt, asB nur ihre Glätte gleich ist, ist der Spannungsunterschied unabhängig. 5" Der pipannungsunterschied wächst, alles andere gleich gesetzt, wenn der Durchmesser der •löhre, in welcher der Strom geht, abnimmt.. Die ältere Foi-mel von Prony erörternd, aat Darcy, nach seinen ausgedehnten Untersuchungen für dieses Abhängigkeitsvorliält- iss, folgende Regel aufgestellt ; bezeichnet R den Halbmesser der Röhre und ist in dem

lusdruck av das a = a-f und ^,y2 b = a' -j- , wo «, /S, a' und /9' em-

R

R'

t irisch zu bestimmende Zahlen bedeuten, so gestaltet sich das Abhängigkeitsvorhält-

iss zwischen w, R und v so, dass Rw = -j- 0 v + + v* wird.

Aus dieser Regel lässt sich auch eine physiologisch wichtige Ableitung machon. lena wenn der Strom langsam durch eine glatte Röhro läuft, so ist dem obigen (2»)

60

Verlust des Stromes an Arbeit.

entsprechend Rw = -|- y. Wird nun die Röhre eng also R sehr klein, wie

dieses z. B. in den Capillargefässen des Menschen geschieht, so gewinnt in der Rech- ß

nung das ein solches Uebergewicht über «, dass das letztere ohne Schaden ver- nachlässigt werden kann; es geht also die Gleichung in Rw = |- v über, oder es

R

ß

wird w = ^ V. Das heisst in Worten , der Spannungsunterschied wächst in engen

glatten Röhren und bei Strömen geringerer Geschwindigkeit umgekehrt, wie das Qua- drat des Röhrendurchmessers, ein Ausdruck, welchen die Erfahrungen von Girard, Hagen und Poiseuille bestätigt haben. Wird dagegen die Röhre weit und der Strom rasch, so verschwindet (nach 2") das erste Glied der rechten Seite und es ist

(ß'\ ß' «' "H ^7 ) Da nun aber, wenn R gross wird ^ gegen a' zum Verschwin-

der Spannungsunterschied umgekehrt wie der einfache Durchmesser. 6" Der Span- nungsunterschied ist endlich von der Temperatur und der chemischen und mechanischen Zusamraonaetzung der Flüssigkeit abhängig und zwar wächst er mit den die Reibung befördernden Eigenschaften der Flüssigkeit, worüber die bei der Geschwindigkeit des Stroms in geraden Röhren unter 5" mitgetheilten Erfahrungen zu vergleichen sind.

Verlust des Stroms an Arbeit. Der Strom erleidet beim Durchgang durch die Röhre einen Vorlust an Kräften; die Grösse dieses Verlustes auf der Längenein- heit ergiebt sich aus dem Unterschied der Ki'äfte, welche die den Querschnitt erfül- lende Masse &vx Beginn und am Ende der Längeneinheit besitzt. Um den Werth der Arbeit an beideu Orten zu finden inuss man daselbst die Masse, die mittlere Geschwin- digkeit und die mittlere Spannung des Stroms kennen. Setzen wir die Masse, welche wegen der Gleichheit des Querschnitts an beiden Orten dieselbe ist, = m, die mittlere Geschwindigkeit am Anfangsquerschnitt und am Endquerschnitt, welche ebenfalls dieselben sein müssen, gleich v, unij, nennen wir die Spannung des Anfangschnitts h und die des Endschnitts h' und endlich die Beschleunigung der Schwere g, so wird der Verlust an

Arbeit x = m -\- gh^ m [- gh'^ = mg (h h') sein, oder in

Worten, es war die Einbusse an Arbeit gerade zu durch den Unterschied der mittleren Spannungen auf beiden Querschnitten gegeben. Wollte man nun aber dazu schreiten, für einen bestimmten Fall den Kraftverlust auszuwerthen, so würde ein solches Unter- nehmen daran scheitern, dass wir die mittlere Spannung auf einem Querschnitt nich anzugeben vermöchten.

Die Anordnung der Masse im Innern eines Stromes hat man sich nach den g machten Mittheilungen so verwickelt zu denken, dass man vorerst darauf verzichte muss, nähere Angaben über dieselbe zu machen. Die am meisten auffallende Thatsach dass der Strom nicht durchweg von den Orten höheren zu denen niederen Druck gerichtet ist, kann wie es scheint ihre Erklärung nur in der Trägheit der die Flüssi keit zusammensetzenden Massen finden.

2. Gleichweite, gebogene Röhren. Zu den bei geraden Röhren betrachte ten Hemmungen der Geschwindigkeit kommen noch die Stösse, welche der Stro gegen die Wandungen ausübt und die von der Centrifugalki-aft herrührenden Pressun

den kommt, so ist hier Rw = «

' v^ und w = ^ V* d. h. es wächst in weiten Röhren

Gleichwoite, gobogeno Röhren.

61

;eTi. Der Einfluss dieses letztern Momentes wächst bekanntlich wie das Quadrat der Jeschwindigkeit, und umgekehrt, wie der Durchmesser des durchlaufenen Ki-eisbogens. .)ie Grösse der Hemmung aber, welche von dem Stoss gegen die winklig gebogene Tandung abhängt, ist veränderlich a) mit der Gradzahl des Winkels, in der Art, dass, . eiin er von 0" auf 1800 steigt, der Widerstand von einem Maximum auf ein Mini- lum abfällt. Mit welcher Funktion des Winkels dieses aber geschieht, ist unbe- annt •) ; b) zum zweiten wächst aber die Stromhemmung in der Winkelbiegung mit lern Quadrat der Geschwindigkeit, was nach dem Frühem keiner Erörterung bedarf. )iä Hemmung ist eine beträchtlich geringere, wenn die Biegung statt eine plötzliche u sein, sehr allmählig geschieht. Der Grund für diese Erscheinung liegt darin, dass lei plötzlichen Biegungen (2 3 in der Eöhre A E Fig 11.) hinter der vorspringenden

Fig. 11.

.ante eine wirbelnde Stelle entsteht, die an der Strömung keinen Antheil nimmt; es rerengert sich demnach das Sti'omrohr gleichsam.

Dieser verlangsamten Bewegung entsprechend wird die Flüssigkeit in den auf die Öhre gesetzten Manometern ansteigen und zwar werden, wenn man die Manometer ifsetzen würde in 1, 2, 3, 4 die Steigungen nach dem Gesetz der unter der Eöhre Bzeichneten Curve geschehen. Beginnen wir vom Ende des Eohrs (^), so würde von nach 3 dem Frühem gemäss, je nach der Eöhrenweite und Stromgeschwindigkeit, Aufsteigen mehr oder weniger allmählig auf der geraden Linie a h erfolgen, dann L-ürde plötzlich in der Winkelbiegung von h nach c ein sehr rasches Aufsteigen ge- ühehen, in Folge der besondem Widerstände, die sich hier häufen, und hinter dieser legung, wenn das Rohr wieder gerade fortläuft, wird sich auch das allmählige Auf- »igen c d wieder einstellen. In dem Gang der Linie, welche die Nivoaux der Flüs- fcgkeit in den verschiedenen Manometern verbindet, findet sich also ein plötzlicher mick, oder wie man auch sagt, ein ausgezeichneter Punkt.

•) Siehe hierüber fUr einzelne Fälle empirischer Gesetze: Ton du Bunt, bei Eytelwoin, »«ndbnch der Meclinnik und Hydraulik. 3. Aufl. 1843. 172. Volkmiinn, Hnemodyimmlk. p. 61. ^WeisHbach, Lehrbuch der Ingenieur - und Mnschinenmochnnlk. 1. Bd. 18.50. 548.

62

Unglcichwoito Röhren.

3. Ungloicli w oite llöhreu. Wir beaclirttiikeii uus auf die Betrachtung der beiden Fälle, wo eine Erweitung in eine Verengung übergeht, und wo eine Erweite- rung von zwei verengten Stellen eingeschlossen wird.

a. Die Erweiterung mit darauffolgender Enge (Fig. 12). Die mittlere Geschwin- digkeit im KohrstUck £ wird zu der in A in dem umgekehrten Verhältniss ihrer Quer-

Fig. 12.

a

schnitte stehen. Diese verhalten sich aber wie die Quadrate der Durch- messer. Beim Ueber- gang aus dem weiten in das enge Bohr schiessen die Flüssigkeitsstrahlen allseitig zusammen ; wo- bei sich die Strömung in den Ecken des gros- sen Rohrs in Wirbel d umsetzt. Die Curvc

b d e

der Spannung aufgetragen auf die Eöhrenachse wird in JB von e bis d gleichmässig aufsteigen, von d bis b ungleichmässig , aber rascher als in d e, wegen des erwähnten Zusammenstosses der Theilchen und von b bis a gradlinig, aber viel allmähliger, als in e d. Der absolute Werth, welchen die Spannung in dem Abschnitt d b gewinnt, ist abhängig von der Triebkraft der Flüssigkeit und von dem Verhältniss der Quer- schnitte von A und B.

b. Erweiterung zwischen zwei Verengerungen (Fig. 13.)- Die Bahnen, welche die flüssigen Theilchen, so weit man darauf schliessen kann, aus den in dem Strom ge- worfenen Bärlappsamen, sind in der Fig. 13. durch die getüpfelten Linien angedeutet; nachdem die Stromfäden im Rohr A parallel der Achse verliefen, erweitert der fort- schreitende Strom nur allmählig sein Bett bis er das ganze Rohr ausfüllt; in dem

Fig. 13.

d

e

, 1

5

Trichter, der zwischen der Einflussmündimg in das weite Rohr bis zum Anschluss d Sti-oms an die Wandungen der letztern liegt, bewegen sich die Theilchen nicht bloss in, sondei-n auch senkreht gegen die Richtung des Stroms, indem sie annähernd senk- recht zur Eöhrenachse auf und abschwingen. Zwischen dem Trichter und der Wand liegen aber stehende Wirbel, deren Längenschnitt bimförinig nach Art der gezeichne- ten Figuren w w' sich darstellt. Am Uebergang der Erweiterung in die Verengung

Verzweigte llöliren.

63

erhalten sich die Bewegungsrichtungen, wie sie auch schon in der vorigen Figur an- ägeben wurden. An der Grenze des engen und weiten Rohrs, bis zur grössten r rweiterung des Stromtrichters , gestaltet sich der Druck in einer zur Eöhrenachse i: nkrechten Eichtung so, dass er innerhalb der beiden Grenzwirbel beträchtlich höher (,3 im Stronitrichter ist. Setzt man aber fortlaufend auf die Wand den Manometer a •defg, so erhält man Druck, welcher nach dem in der Curve 1, 2, 3 ... 7 darge- '.?Uten Gesetz sich ändert. Eine Theorie für dieselbe läset sich nicht geben.

Aus diesen Mittheilungen lassen sich mancherlei Folgerungen ziehen, von denen rir zwei wegen ihrer praktischen Bedeutung hervorheben. Sie beziehen sich auf die 'aränderungen , welche ein Strom in einer Eöhre erfährt, dessen Aus- oder Einfluss- uiindung verengert worden ist.

Setzen wir also, es sei in einem überall gleichweiten Eohr Spannung und mittlere rtschwindigkeit bestimmt worden, und es werde nun plötzlich die Ausflussmünduug s Eohrs verengert, während die am Einfluss desselben wirksamen Kräfte unverändert toalten würden , so wird offenbar in dem Eohr die Stromgeschwindigkeit abnehmen dd dafür sich die Spannung erhöhen. In der verengten Ausflussmündung muss da- IS|en die Geschwindigkeit steigen, jedoch nicht in dem Verhältniss, in welchem der Me^sohnitt abgenommen hat , so dass der nun raschere Strom aus der engen OelFnung kiht soviel Flüssigkeit fördert, als dieses der langsamere aus der weiten vermochte. 6 Nothwendigkeit dieses letztern Ergebnisses sieht man gleich daraus ein , weil in 1 m. Theil der Eöhre , dessen Durchmesser unverändert erhalten wurde , die Strorage- nwindigkeit abgenommen hat. Der physikalische Grund hierfür ist aber darin zu sjhen, dass die Flüssigkeit in der engen Mündung durch Eeibung mehr an ihrer elendigen Kraft einbüsst, als dieses in der weiten geschah. Verengert man aber, uhrend in dem Eohr von den bezeichneten Eigenschaften die Ausflussmündung un- iiändert erhalten wurde, die Einflussmündung, so wird in dem unveränderten Stück unnung und Geschwindigkeit abnehmen, und zwar darum, weil die lebendigen Kräfte jbs einzelnen eintretenden Theilchens durch Eeibung mehr, als früher abgeschwächt cfden, und weil zugleich die Masse der Flüssigkeit, welche an der Einflussmündung fragt wird, abnimmt.

4. Verzweigte Eöhre n. Von den zahlreichen Formen, welche durch die fzweigung der Ströme hergestellt werden können, berücksichtigen wir nur diejeni- , , bei denen ein ursprünglich einfaches Eohr sich theilt und wieder in ein ein- «es Busammenläuft. Die mitgetheilten Thatsachen sind von Volk mann beobachtet.

Vergleicht man die Erscheinungen eines Stroms im verzweigten Eohr mit denen 1 unterzweigten , so kann man behaupten, dass ein und dieselbe Menge Flüssigkeit, tehe mit gleichen lebendigen Kräften begabt, an der Einflussmündung anlangte, auf um Lauf durch ein gleich langes Wegstück des verzweigten Eohrs mehr von ihren wndigcn Kräften einbüsst, als in einem uuverzweigten. Dieses ergiebt sich sogleich, I Iii man bedenkt, dass im verzweigten Eohr im Verhältniss zum Inhalt eine grössere dodflächc vorhanden ist, als im unverzweigten, und ferner, dass im verzweigten ir nothwendig Winkelbiegungen vorhanden sein müssen, die dem unverzweigten t.en können. Dieser einfachen Betrachtung entsprechend wird die Hemmung in um Eöhrensystem von gleichem Querschnitt und gleicher Länge in einem raschen Mltniss steigen mit der Anzahl der Einzelröhron , auf welchen dieser Querschnitt «heilt ist. /

f Eücksichtlich des Verhältnissos der Geschwindigkeit gilt in einem verzweigten ►rensystcm allen das, was fUr das un verzweigte behauptet wurde, d. h. es nimmt in

64

Verzweigte Röhren.

dem Strom die Geschwindigkeit ab, wenn der Querschnitt zunimmt und un gekehrt.

a. Ebenmässig verzweigte Köhren (Fig. 14). Wir nehmen an, dass die einzelnen Stromglieder ABOB von tiberall gleichem Querschnitt seien und dass die Schenkel B und C gleiche Krümmung und gleiche Länge besitzen. Da der Strom

grosses Bett, als in A oder B hat, so wird er in dem

in BC ein noch einmal so

letzten Abschnitt doppelt so geschwind wie in B und C laufen. Ver- folgen wir die Curve der Spannung , indem wir hierbei vom Ende di - Stückes B ausgehci. so werden wir finden dass sie in B aUmählig i anwächst (von / bis e), 1 dann hinter der Müii dungsstelle beider KöL ren in dem einfachei Hohr (bei d e) plötzlich ansteigt, weil hier die Ströme zusammenstossen ; durch C und das gleichartige B wächst sie aUmählig wegen der geringen Geschwindigkeit {d bis c). Bei b c kreuzen sich nun die Einflüsse; ein- mal nämlich stösst sich der aus A kommende Sti-om an die entgegenstehende Wanduni und darum muss die Spannung hier steigen, dann aber erweitert sich auch der Strou plötzlich und darum muss an diesem Orte die Spannung sinken ; je nach dem Ueber-i gewicht des einen oder andern Momentes muss also hier eine Steigerung oder eiii Sinken der Spannung resultiren. In der gezeichneten Curve ist darum dieser Abschnit] mit einer horizontalen Linie dargestellt. In dem Stücke A endlich muss die Spannu wieder wie in B anwachsen.

b. Asymetrische Eöhren Verzweigung (Fig. 15 und Fig. 16). In den ersten Fall geben wir allen Eöhrenstücken gleiche "Weite. Um Wiederholungen zu ver

meiden, betrachten nun das verzweigt^ Stück von dem Punkt < bis zu b, d. h. von ded Stellen, wo sich di^ Ströme trennen, bis dem, wo sie aufeinanl derstossen. An de beiden Enden de| Schlinge ist offenba die Spannung der aui beiden Köhren komme: den Flüssigkeitsmassel ausgeglichen. Geset es sei uns der Werth dieser Spannung bei a und b gegeben, so würden wir zwei Abszissenachsen von der Länge der Röhren B und C = ab und ab' legen, un

Verzweigte [{öliren.

65

uf Jen Endpunkten a, b, b' die gegebenen Spannungen auftragen. Eine Verbin- ungslinie von b und b' nach a würde eine ungefähre Vorstellung von dem Ver- ruf der Spannung auf dem langen und kurzen Rohrstück geben. Wir sagen eine ifigenäherte Vorstellung, weilin dieser Curve einige besondere Punkte nicht berück- chtigt sind, welche sich durch Zusaramenstoss und Auseinanderweichen der Flüssig- eiten u. s. w. bilden. Das Verhältniss der Geschwindigkeit in den beiden Armen it dadui-ch bestimmt, dass die Curve der Spannung in dem Röhrenstück C steiler aus- illt , als in B ; sie muss in C grösser sein , als in B , weil im Rohre von gleichem uuerschnitt die Steilheit der Spannungs-Curve wächst mit der Geschwindigkeit.

in dem andeni Fall (Fig. 15.) ist den verzweigten Stücken gleiche Länge, aber n ungleicher Durchmesser gegeben worden.

Bei einer ähnlichen Anordnung, welche Volk mann beobachtete, fiel die Curve er Seitendrücke von a nach d in B zuerst (zwischen a und e) allmählig und gegen HS Ende (zwischen c und d) Rohrs sehr steil ab ; C fiel sie zuerst sehr feil, dann langsamer als . B und schliesslich wie- \vc sehr steil , aber aber- als weniger rasch als in ir entsprechenden Stelle )n B ab.

Die vorliegenden Beob- htungen genügen , um zuleiten , was eintritt, nun man in einem ver- 'feigten Rohr plötzlich neu Ast verstopft, oder neu bis dahin verstopften öffnet; vorausgesetzt, dass die Kräfte, welche an der Ein- issstelle wirksam sind, unverändert bleiben. Wir wollen zur beispielsweisen Betrach- ng ein symmetrisches pjg )hr (Fig. 17.) wählen, f enn dem Strome beide ihren geöffnet sind, so .rd die Curve der «annung bekanntlich Fig. 14.) das durch ■» e d dargestellte Ge- iz, inne halten, wobei .8 Stück bc gleich- ässig für die beiden t38te B und C gilt. ■3rschlie88t man dar- f den Anfang von 0 i Z, so muss der rom nun durch B

hen und die Flüssigkeit in O zur Ruhe kommen ; in diesem letztern Schenkel wird mnach die Spannung überall einen gleichen Werth annehmen und zwar denjenigen, Ludwig, Physiologie II. 2. Aiiilnge. 6

66

Elastische Röhren.

welchen der Strom ABB & n der Stelle besitzt wo der todte Schenkel 6' in ihn mündet; pr wird sich ganz wie ein Manometer verhalten. In dem Rohr ABL wird nun der Strom, da er in einem überall gleichweiten Bett fliegst, eine Spannung an- nehmen, die annähernd vom Anfang bis zu Ende nach einer geraden Linie etwa wie ad abfällt; das einzige unbestimmte , welches nun noch bleibt, liegt in der Steilheit, mit welcher a d absteigt. Die Erfahrung hat nun dafür entschieden (Volkmann), dass, wenn im unverstopften Rohr die Spannungscurve wie a bc d, sie im verstopften wie aed läuft, d.h. es ist nach der Verstopfung die Spannung in allen den Röhren-| atflcken, die zwischen der Einflussmündung und dem verstopften Orte liegen, erhöht,] und es erstreckt sich diese Erhöhung auch noch ein Stück jenseits der letzten Stelle;! von da ab fällt dann die Spannung unter diejenige, welche der Strom im unverstopf-l ten Rohr besass. Die theoretische Rechtfertigung hierfür ist dadurch gegeben, dassl die Stromgeschwindigkeit in dem unverstopften Rohr wegen der relativ geringeren! Menge von Hemmungen grösser als in dem verstopften ist. Bleiben sich aber in bei-l den Fällen die an der Einflussmündung wirkenden Kräfte gleich , so muss der Kraft-l antheil, der zuerst auf die Geschwindigkeit verwendet wurde , nun als Spannung auf-j treten.

Bei einigem Nachdenken dürfte es nun gelingen , auch andere verwickelte PällS abzuleiten, wenn die Bedingungen derselben mit hinreichender Genauigkeit gegeH ben sind.

5. Ströme durch elastische, leicht dehnbare Röhren*). Bis dahinl sind nur Ströme durch Röhren in Betracht gezogen, deren Wandungen, wenn ausU elastisch, doch so wenig ausdehnbar angenommen werden konnten, dass die VeränH derung des Durchmessers, welche sie durch die Spannung der strömenden PlüssigkeiS erfuhren , vernachlässigt werden konnte. Anders verhalten sich die Ströme, welche im Rohr mit ausdehnbaren Wandungen verlaufen. Indem wir zu diesen letztem übew gehen, werden wir aber nicht, wie bisher, unsere Untersuchung beschränken aiu Ströme von einer während der Beobachtungsdauer gleichbleibenden Spannung und Qe-j schwindigkeit , sondern zugleich Ströme, in denen diese beiden Eigenschaften verätt] derlich sind, in Betracht ziehen.

a. Gleichmässige Ströme in ausdehnbaren Röhren. Wenn wir vorJ aussetzen, dass das elastische Rohr vor Beginn des Stroms in Ruhe gewesen sei, mil andern Worten , dass es den Durchmesser und die Länge angenommen habe , welchJ ihm in Folge seiner elastischen Kräfte zukonunen, so muss mit dem Beginn des StioJ mes sich der Dnrchmesser und die Länge des Rohrs ändern , und zwar in Folge dei Spannung, welche sich jedesmal in einer Flüssigkeit entwickelt, die sich in eine von Wandungen umgebenen Raum bewegt. Der Umfang dieser Ausdehnung wird ab« abhängen von der Grösse der Spannung, der Ausdehnung der Wandung und dem Wen ihres Elastizitätscoefflzienten.

Die Grösse der Spannung in der Flüssigkeit ist , wie wir wissen , zu bemesse nach den Triebkräften , welche die Flüssigkeit in Bewegung setzen , ihrer Reibungl ihrem Anstoss gegen die Röhrenwand u. s. w. - Die Ausdehnung der Röhrenfläche Icommt aber in Betracht, weil hierdurch die Summe der Drücke, oder anders ausgej ''

iji,' *)>E. H^mnd.W. Weber, Wellenlelire nncli Versuche». Leipzig 1825. H. Frey ' einer ./lliÄfi^aS'äWellenb^ ........ u....

;"SS*p''?80. i^^H.iAV e b e'i'"'{^^ Anwendung der Wellenlehre

*■ oische Cla3He™K

Versucl

MUllers Archiv. 1845. Volk mann, HaemodynamU Leipziger Berichte. Matheniat. phJ

Ungleichinässiger Strom in dehnbaren Eöhren.

67

drückt, das Gevricht bestimmt wird, welches die Röhrenwand nach Länge und Quere zieht; denn es ist dieses Gewicht gleich dem Produkt der Spannung in der Flächen- j ausdehnung , auf welche der Druck wirkt. Dass schliesslich die Ausdehnbarkeit in i Betracht gezogen werden muss , versteht sich von selbst. Insbesondere ist aber auch

noch Rücksicht zu nehmen auf die Veränderlichkeit derselben mit der wachsenden Spannung (siehe Bd. I. p. 53.) und auf die Ungleichheit der Ausdehnbarkeit nach ver-

sschiedenen Richtungen (der Länge und dem Umfang des Rohrs), wie sie sich in un- V gleich angeordneten, festen Massen immer vorfindet. Die Gestalt, welche die ge-

spannte Röhre annimmt und die Ausdehnung, welche sie unter einer gegebenen Span- :!nung erfährt, hat Ad. Fick*) unter besonderen Bedingungen in Erwägung gezogen.

Von dem Augenblick an, in welchem der Strom in dem ausdehnbaren Rohr zu «seinem Beharrungszustand , d. h. zu der Spannung und Geschwindigkeit gelangt ist, «welche ihm während seiner Dauer gleichmässig eigen sein soll, wird er sich nun ver- bhalten wie in einem festen Rohr von gleichen Dimensionen und gleichem Reibungs- i'.coeffizienten. Der Unterschied zwischen einem Strom in der ausdehnbaren und micht ausdehnbaren Röhre bezieht sich also wesentlich auf die dem Strom sich anpas- iisende Ausdehnung des Rohrs. Dieses schliesst die Folge in sich, dass das Ausströmen iaus dem Röhrenende nicht in dem Momente erfolgt, in dem das Einströmen in den »Röhrenanfang geschah, und ebenso, dass nicht in dem Augenblick das Ausströmen aus l«dem Röhrenende aufhört, in dem das Einströmen in den Röhrenanfang unterbrochen rwird. Man sieht den letzten für uns bemerkenswerthen Erfolg sogleich ein, wenn man rerwägt , dass der Strom aus der Röhre auch nach geschlossener Einflussmündung erst kdann aufhören kann, wenn sich dasselbe wieder um soviel verkürzt und verengert hat, Iiis es durch den von der Einflu.ssmündung her erregten Strom erweitert und verlängert t worden war.

b. Ungleichmässiger Strom in ausdehnbaren Röhren. Ein Strom lin leicht dehnbaren Röhren kann aus vielerlei Gründen und auf mannigfache Art un- : gleichförmig werden. Indem wir uns vom physiologischen Bedürfniss leiten lassen, "beschränken wir uns auf die Betrachtung der Fälle, in denen eine rhythmisch wieder- i'kehrende Steigerung oder Minderung der an der Ein- oder Ausflussmündung des IRohrs wirkenden Kräfte, die Geschwindigkeit, Spannung und den Querschnitt des iJJtroms nach einer regelmässigen, wiederkehrenden Zeitfolge ändern. Unsere etwas 'f erwickelte Betrachtung zergliedern wir in der Art, dass wir die Erscheinungen, rwelche an der Wandung beobachtet werden, gesondert schildern von denen, welche Ider Flüssigkeit eigen sind. Hierbei behandeln wir jedesmal gesondert die Vorgänge, welche in zeitlicher Reihenfolge in ein und demselben Wandumfang oder Stromquer- «jchnitt auftreten und darauf diejenige, welche gleichzeitig an verschiedenen Orten des ötromrohrs sich geltend machen.

«. Die Voraussetzungen, die wir zuerst als erfüllt annehmen, bestehen darin, «dasB in die Einflussmündung eines am Ausflussende stets offenen Rohrs eine mit der iwachsendcn Zeit veränderliche Flüssigkcitsmengo einströme. Insbesondere soll die ein- atrömende Menge mit der Zeit so veränderlich gedacht werden, dass während der be- liebigen Zeiteinheiten, in welche die ganze Stromdauer zerfällt werden kann, die in das Rohr gelangende Flüssigkeitsmenge mit dem Beginn einer jeden Zeiteinheit Null ist, von da bis zur Hälfte der Zeiteinheit zu einem Maximum anwächst, und dann in der zweiten Hälfte der Zeiteinheit wieder bis zu Null abnimmt. Die Kraft, welche

•) Med. Hiyitik |i. 7«.

5*

68

Wellenbewegung im elastischen Kohr.

während dieser Zeit jeder in das Kohr geworfenen Masseneiuheit zukommt, soll , wenn nicht das Gegentheil angegeben, als gleich gross angesehen werden. Die hier ver- langten Bedingungen würden u. A. verwirklicht sein, wenn man einen horizontalen Schlauch aus vulkanisirtem Xautschouk au eine steife Eöhre gebunden hätte, welche in einen grossen Wasserbehälter mündete. Das Verbindungsstück zwischen dem Was- serbehälter und dem Kautschouk müsste noch mit einem Hahn versehen sein, der in regelmässiger Zeitfolge geöfiriet und geschlossen würde , während das Niveau der Flüs- sigkeit in dem Behälter unveränderlich bliebe.

Erfahrungsgemäss erweitern und verlängern sich die der Eiuüussmündung zunächst gelegenen Röhrenabschnitte, während ein solches Einströmen geschieht, mit dem Ansteigen der eingeworfenen Flüssigkeitsmenge; sie verkürzen und verengem sich da- gegen wiederum bis zu ihrem ursprünglichen Umfang, wenn in der zweiten Hälfte der Zeiteinheit das eingeworfene Wasserquantuni wieder abnimmt. Auf dieser letztem Lage verharren sie ruliig, vorausgesetzt, dass sie nicht durch einen neuen Stoss aus derselben getrieben werden. In Folge dieser Bewegung der Wandtheilchen von dem Ort, den sie bisher einnahmen, zu einem andern und ihrer Rückkehr zu der alten Stelle, verändert sich zugleich die Spannung zwischen zwei zunächst gelegenen Theil- chen, entsprechend der Ausdehnung und dem Ausdehnbarkeitsmaass der erweiterten Wandungen. Die so eben geschilderte Bewegung in den Wandtheilchen, welche der Einflussmündung zunächst gelogen sind, pflanzt sich nun allmählig durch das ganze Rohr hindurch fort in der Art, dass die von der Eiuflussmündung entfernten Theil- chen immer etwas später gerade dio Wegrichtung einschlagen , in welcher kurz vorher die vor ihnen liegenden gingen , so dass nach der Ausflussmündung hin die Wand immer noch in Bewegung begriffen ist, wenn sie au der Eiuflussmündung schon zur Ruhe kam. Bekanntlich nennt man eine solche Bewegung eines jeden Punktes eine Schwingung, die Gesamnitheit aller durch einen Stoss von bestimmter Dauer gleich-, zeitig in Bewegung gesetzter Theilchen aber eine Welle. Die Länge des Wegs (der Schwingungsumfang) , welchen jeder einzelne Wandtheil bei einer Wellenbewegung zu- rücklegt , wächst mit der Nachgiebigkeit der Röhrenwand , mit der Geschwindigkeit^ und dem Volum der eingestosscnen Flüssigkeit (d. h. der Stärke des Stesses, den dasi Theilchen empfangen kann) und den Widerständen für die Fortbewegung der letztere!« im Rohre. Obwohl sich nun , wie wir erfuhren , die Schwingung , vTelche ein ein-S /.eines Theilchen ausführt , mit der Zeit verbreitet über alle übrigen , so erreicht sie« doch nicht überall denselben Umfang; insbesondere steht fest, dass die Röhrenstücke,! welche von der Flüssigkeit zuerst gestossen werden , eine grössere Ausdehnung erfah- I ren, als diejenigen, welche gegen die Ausflussmündung liegen ; oder anders ausgedrückt, es nimmt die Excursion der Welle von der Einfluss- zur Ausflussmündung des Rohrs allmählig ab. Diese Abflachung der Welle bei ihrem Fortschreiten ist in engen und gespannten Bohren merklicher, als in weiten (E. H. Weber). Die Zeit, welche vergeht zwischen dem Auftreten der Bewegung an einem gegebenen Orte und einem andern von bekannter Entfernung (Fortpflanzungsgeschwindigkeit) scheint nur innerhalb enger Grenzen abhängig zu sein von der Spannung der Wandung. Man schliesst hier- auf aus den Beobachtungen von E. H. Weber, wonach in einem vulkauisirten Kaut- schoukrohr von 27,5 MM. Durchmesser der von der Wellenbewegung in der Sekunde durchlaufene Weg 11,470 Meter betrug, gleichgiltig , ob das Rohr unter dem Dmck einer 3,5 oder 0,008 Meter hohen Wassersäule gespannt war. In einem Schaafdann fand er dagegen dio Fortpflanzungsgeschwindigkeit so gering, dass der Wcitergaiig der Welle mit dorn Auge beobachtet werden konnte; ähnlich wie im letzteren Fall vorhält

Bewegung der Wassertheilchen in den Schlauchwellen. 69

sich auch die Sache in einer weiten, dünnwandigen Kautschoukröhrc. . Die Fort- pflanzungsgeschwindigkeit ist, wie besonders hervorzuheben, an den dickwandigen Kaut- .schoukröhren unabhängig von dem Volum und der Geschwindigkeit der in das Eohr ;-?estossenen Flüssigkeit. Die Länge der Welle, oder der Abstand jener Wandtheil- .:hen, welche genau in derselben Bewegungsphase, z. B. auf dem Maximum ihrer Er- loebung , begriflen sind, ist abhängig von der Zeitdauer, während welcher der Stoss iffirksara ist, und der Fortpflanzungsgeschwindigkeit.

Die Kichtung, nach welcher sich die Wassertheilchen in Folge des wellen- nrzeugenden Stesses in der Röhre bewegen, kann niemals der Längenachse dieser letz- eeren parallel laufen , weil sich die Eöhre erweitert und verengert, indem die Flüssig- keit in sie und aus ihr dringt; die Abweichung der Bewegungsrichtung von der grad- r.inigen wird aber nur in dem besondern Fall bedeutend sein, wenn die Widerstände, riirelche die Flüssigkeit nach der Längenachse des Eohrs findet , auffallend sind , wäh- rend zugleich die Wand sehr nachgiebig ist. Die Geschwindigkeit, welche dem ninzelnen Theilchen , während es in einer Welle schwingt, zukommt, ist eine mit der lieit veränderliche. In allen Fällen nimmt die Geschwindigkeit der Wassertheilchen an «ler Grenze zwischen dem elastischen und dem steifen Zuflussrohr mit der steigenden Oeffnung des Hahns zu und mit der beginnenden Schliessung wieder ab. Diese von "füll zu einem Maximum aufsteigende und von da wieder zu Null abfallende Geschwin- .ligkeit verbreitet sich nun allmählig durch den Inhalt des Rohrs und zwar den Ge- setzen der Stossübertragung entsprechend , so dass in dem Maasse , in welchem neue «fassen nach der Seite der Ausflussmiindung hin -in die Bewegung eintreten , andere a)isher in ihr begrifiene zur Ruhe kommen. Indem sich nun die Bewegung vom An- fang zum Ende des Wellenrohrs fortpflanzt, ändern sich aber die Unterschiede in der iJesch windigkeit, welche dem einzelnen Theilchen zu verschiedenen Zeiten zukommen, End zwar beobachtungsgemäss in der Art, dass mit dem Fortschreiten der Bewegung tas Maximum der erreichten Geschwindigkeit geringer wird , mit andern Worten , es i ähert sich die ungleichförmige Bewegung mehr und mehr der gleichförmigen an ; äese Umwandlung der Bewegungsart geschieht, sovveit wir wissen, in engen Röhren oUkommener , als in weiten. Die Grösse des Wegs , welchen ein Theilchen nach er Längenachse des Rohrs zurücklegt , ist abhängig von dem Verhältniss des einge- worfenen Flüssigkeitsvolums zu der Räumlichkeit des Röhrenquerschnitts. Da nun das 'ber die Wellenlänge und der Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Wandtheilchen Aus- esagte zusammenfällt mit demjenigen des Röhreninhalts , indem die betrefi'enden Ver- lältnisse der letzteren die der ersteren .bedingen, so ist es klar, dass die einzelnen Ittssigkeitstheilchen in der Zeiteinheit einen viel kürzeren Weg zurücklegen, als die Teile selbst. So wird z. B. , wenn wir annehmen , es sei in einer Sekunde so viel lüssigkeit in das Rohr, wie es Weber benutzte, geworfen, dass sein Inhalt um 1,1 M. vorwärts geschoben worden wäre, in dieser Zeit die Bewegung durch Mitthei- tmg des Stesses von einem zum andern Querschnitt um Ii, 7 M. fortgeschritten sein. - Mit der Bewegung der Flüssigkcitstheilchen findet sich aber zugleich auch eine -pannung zwischen ihnen ein , die aus bekannten Grundsätzen mit der steigenden Ge- ;jhwindigkeit zunimmt. Somit wandert auch durch die Flüssigkeit allmählig eine zu- •nd abnehmende Spannung, wenn eine Wellenbewegung durch dieselbe läuft.

Nachdem wir uns das Wesentlichste des Thatsächlichen bemerkt haben, welches 1 einem möglichst einfachen Wellenschlauch vorgeht, wenn er von einer sog. Berg- elle durchlaufen wird, wollen wir den inneren Zusammenhang der Erscheinungen, isofem er für die Welle des Schlauchs ein besonderer ist, klar zu machen suchen.

70

Theorie der Schlauchwcllcn.

Die erste Frage, welche wir uns vorlegen, besteht darin, warum und wie erweitert sich durch die eingeworfene Flüssigkeit der Schlauch , und auf welchem Wege kommt das Fortschreiten der Erweiterung zu Stande, während die zuerst bewegten Stellen annähernd in ihre erste Lage zurückkehren, um dort in Kuhe zu verharren.

Nehmen wir an, es sei in die schon angefüllte Röhre aa' kk' (Fig. 18.) von Neuem Flüssigkeit eingcstosscn , welche im Beginn des Einflusses über den ersten, in Fig- 18. horizontaler Richtung nicht

verschiebbaren Querschnitt aa' hinaus nach e e' gedrungen sei, so muss sich aus bekann- ten Gründen eine von e nach a zunehmende Spannung ent- wickeln. Dem entsprechend wird sich das Wandtheilchen a auf den Weg nach c hin O begehen und nach Beendigung des ersten Augenblicks etwa in b angelangt sein. Dringt nun im zweiten Augenblick abermals ein Strom durch den Querschnitt 66' so muss sieh zwischen 6 und e die Flüssigkeit beträchtlich mehr spannen, als dieses im ersten Augenblick der Fall war. Denn einmal bestehen alle frühem Gründe für das Entstehen der Spannung und dann aber ist auch jetzt die Wand schräg gegen die Stromrichtung gestellt. Indem also 6 wiederum gegen c auf- steigt, wird es während derselben Zeit- in dieser Richtung einen grossem Weg zurück- legen, als vorher; wie wollen annehmen es gelange auf ec'. Die nothwendige Folge dos andauernden Einströmens von a her ist aber die , dass sich die Flüssigkeit über ec' etwa nach hh' hin verbreitet; auch in diesem Abschnitt des Stroms wird sich eine Spannung einstellen, welcher im zweiten Augenblick des Stroms ungefähr der Werth zukommen wird, den 66' ec' im ersten bosass.

,„ Gesetzt, wir hätten nun aber, als das

Flg. 19. '

Bohr in Fig. 19. die Gestalt cf/i cfh

angenommen hatte, die Einflussmündung bei cc geschlossen, so ist es zunächst klar, dass ein Strom in der Richtung des Pfeils statt finden muss , da bei c c eine be- trächtliche, bei hh aber gar keine Span- nung stattfindet. Ueberlegt man sich aber genauer, wie sich die Kräfte verhalten in den Querschnitten, die man durch die Punkte c c, ff, h h, des Rohrs legen kann, sieht man ein, dass die Unterschiede der Spannungen zwischen //' und cc' grösser, aU zwischen Jih' und //' sind. Da sich nun auch zugleich das Rohr von o nach /* ver- engt, so ist auch die Mündung, durch welche die Flüssigkeit von c nach / strömt^ weiter als die, durch welche sie von / nach i ausfliesst. Es sind also hinreichende Gründe dafür vorhanden, dass mehr Wasser nach /hin-, als von / wegströmt.

Wenn sich somit die Flüssigkeit in / anhäuft, so muss auch der Punkt / nach g hin steigen, während c gegen a hin zurückgeht. Dieses Zurückgehen des Punktes von c nach a und das Aufsteigen des Punktes / nach g hin muss aber so lange dauern, bis in dem Querschnitt / / die in der Richtung von a c wirksamen Kräfte denen

Theorie der Schlauchwellen.

71

ler Richtung e h thätigen das Geichgewicht halten. Dieses ist aber offenbar noch tcht eingetreten, wenn die elastische Spannung des Kreisumfangs, auf dem // liegen, leioh ist derjenigen, welcher c c angehören. Denn es haben dann noch die Punkte c c ime Geschwindigkeit nach der Köhrenachse hin , während die Punkte // eine solche ach g g hin besitzen, so dass demnach wegen der Beharrung beide Stücke noch eine «itlang in entgegengesetzter Eichtung gehen. Dem entsprechend wird sich die Röhre ' Form a g i annähern. Hat nun aber einmal das Rohr diese Stellung (Pig. 20.) <igenommen, so wird die Yertheilung der Kräfte in ihm etwa folgende sein. Auf lam Querschnitt b b kommt der Flüssigkeit Pig. 20.

qegen des ursprünglich empfangenen Stesses

»ne Geschwindigkeit zu in der Richtung -A.

S38 Pfeils, und ausserdem hat sie eine Span-

nng , Tennögen deren sie ebensowohl nach a a,

s nach cc getrieben wird. Die Strömung nach ^

% wird gehemmt durch die in entgegengesetzter äCZ --^^c

dehtung wirkende Geschwindigkeit, die Strö-

;nng nach cc wird dagegen durch dieselbe Ge- ^

k.h.windigkeit unterstützt und es wird somit ein

-jschleunigter Strom nach cc gehen, während die Flüssigkeit in «« zur Ruhe kommt. ie an diesem Ort beruhigte Flüssigkeit wird jedoch einen merklichen Grad von Span- ang mehr besitzen, als er ihr vor Einleitung des Stroms eigen war, und darum wird cach das Rohr hier um etwas weiter bleiben, wenn auch die Bewegung von da nach ■em Eöhrenende weiter fortgeschritten ist.

Eine zweite Erscheinung, auffallend für eine Beugungswelle des Wassers, besteht nrin, dass die Fortleitungsgeschwindigkeit unabhängig von dem Volum der einge* NOBsenen Flüssigkeit, von der Geschwindigkeit des einzelnen Flüssigkeitstheilchen, und weiten Grenzen auch unabhängig von der Wandspannung ist. Wir sind hiermit Rzwnngen, das Rohr und seinen Inhalt als ein zusammengehöriges Stück aufzufassen, dem die Welle nach Art der Schallwellen fortschreitet. Wie man sich das Zustande- HHunen dieser Erscheinung aber zu denken habe, ist schon früher Bd. 1. p. 355 aus- knandergelegt. Wenn aber das Rohr sehr nachgiebig wird, sodass gleichsam das in m enthaltene Wasser mit einer freien Oberfläche versehen ist, so müssen nun auch tf das Fortschreiten der Welle im Wasser die Gesetze giltig sein, welche E. H. und '. Weber in ihrer Wellenlehre*) dafür entwickelt haben.

Die Gründe, weshalb sich die Welle während ihres Fortgangs durch das überall eichgestaltete Rohr abflacht, können allgemein nur darin liegen, dass die Geschwin- gkeit der Wassertheilchen , welche sich jeweilig an einer Welle betheiligen, in einer bnahme begriffen ist, denn nur hiervon kann eine Aenderung in der Spannung ab- »ingig sein. Diese Verminderung der Geschwindigkeit kann und wird, wie es scheint, Iif zweifache Weise zu Stande gebracht werden. Einmal verlangsamt sich das schwin- mde Theilchen darum, weil sich wegen der Aenderung des Röhrenquerschnitts das olum der Welle beim Fortgang durch das Rohr vergrössert; da nun aber die Welle tir über ein bestimmtes Kraftmaass disponirt, so muss nothwendig die Geschwindig- rit des einzelnen Theilchens abnehmen, wenn die Zahl der bewegten zunimmt. Neben ■esem Grunde, der auf einer andern Yertheilung der lebendigen Kräfte beruht, steht n anderer, der sich von einem Verlust an Kräften herschreibt. Dass bei der Bewe-

•) p. 166.

72

Mittlere Spannung und Geschwindigkeit der Schlauchwelle.

gung des Wassers in einem Wcllensclilauch Verlust an Kraft stattfinden iiiuss, ergiebt sich daraus, weil auch hier eine Forthewegung dos Wassers an den Wandungen, also Reibung, statt findet, Aveil sich die einzelnen Wassertheilchen im Innern des Rohrs mit ungleicher Geschwindigkeit bewegen, sich also von einander losreissen müssen und endlich, weil sich die Theilchen der Wandung gegeneinander bewegen, wobei ebenfalls Kräfte durch innere Reibung verbraucht werden. In Ermangelung einer Theorie hat Volk mann Versuche angestellt, um die Beziehungen zu ermitteln, welche bestehen zwischen der mittleren Spaminung und der mittleren Geschwindigkeit. Zu diesen bediente er sich der in Fig. 21. dargestellten Einrichtung. K stellt einen

Fig. 21.

Wasserbehälter vor, in dessen einer Seitenwand nahe über dem Boden ein mit ei Hahn verschliessbares Rohr H eingefügt ist; an dieses Rohr ist ein Damistück I) ein- gebunden, in dessen Seitenwand eine senkrechte Glasröhre angebracht ist, deren Lumen sich in der Darmhöhle öffnet. An das Ende des Danns S ist ein messingenes Ausflussrohr eingefügt. Nachdem der Behälter bis zu einer beliebigen, aber genau bekannten Höhe mit Wasser gefüllt ist, öffnet und schlicsst man in regelmässiger Wiederkehr den Hahn, sodass das Wasser in steigender und abnehmender Menge in den Darm eindringt Wenn der Spiegel des Wassers auf gleicher Höhe erhalten wird und die Umdrehung des Hahns nach einer sich gleichbleibenden Regel geschieht, so geht durch den Schlauch eine Reihe gleichgearteter Wellen, und in Folge dessen wird die Spannung, welche in H abgelesen werden kann , und der Äusfluss aus der Mündung S innerhalb bestimmter Grenzen schwanken. Kennt man nun das Flüssigkeitsvolum, welches in der Zeiteinheit aus dem Rohr strömt, so erhält man daraus auch sogleich die mittlere Ge- schwindigkeit der Flüssigkeit in der OefFnung. Indem man die Mitte nimmt aus dem

Thalwellcn.

73

sten und niedersten Stand der i'lüssigkeit in der spaunungsanzeigenden ülasröhre, hilt man auch zugleich die mittlere Spannung in dem Darm an der Stelle, in wel- ilie Glasröhre eingefügt war. Indem Volkmann diese beiden mittleren Warthe . erschiedonen mittleren Geschwindigkeiten, oder was dasselbe bedeutet, für ungleich ■!,■ AVasserstände in dem Xasten verglich, kam er zu der Regel, dass sich für jedes iiohr zwei Cocffizienten a und b finden lassen, welche die Spannung in diesem lien, wenn man den einen von ihnen mit der einfachen Geschwindigkeit und den li rn mit dem Quadrat derselben multiplizirt. Mit Zeichen ausgedrückt war also, ■nn ü) den mittleren Spannungsunterschied in der Längeneinheit und v die mittlere liwiudigkeit bedeutet, oj = a v -|- b v*. Es kann demnach, wie man sieht, der iimenhang z'wischen Spannung und Geschwindigkeit auf scheinbar denselben :-druck gebracht werden, welcher ihn auch für steife Röhren und parallele 1 'ine darstellte. Diese Uebereinstimmung hat insofern nichts Auffallendes, als ! wie dort die hemmenden Ursachen (Reibung und Stösse) zugleich in dem ein- n und dem quadratischen Verhältniss der Geschwindigkeit steigen. Der ' schied zwischen beiden Vorgängen' rauss dagegen in dem Coeffizienten gele- . sein.

ß. Die zweite Bedingungsreihe, durch welche wir eine Flüssigkeitsbewegung in lem dehnbaren Schlauche ungleichmässig zu machen gedachten, würde z. B. erfüllt in : durch die Anwesenheit eines durch Flüssigkeit ausgedehnten elastischen Schlauchs, r an beiden Enden verschlossen wäre, aber an einem von beiden auf beliebige Weise, B. durch einen eingesetzten Hahn, vorübergehend geöffnet werden könnte; oder 'ch dadurch, dass man an der Ausflussmündung eines elastischen Rohres, welches n einem constanten Strom durchflössen wird, wechselnd eine Erweiterung oder Ver- gärung von beträchtlichem Umfang anbringt. Der Einfachheit wegen wenden wir s zu dem Apparat mit ursprünglich ruhender, aber gespannter Flüssigkeit. Gesetzt, ^ sei das bis dahin geschlossene Rohr AA, BB (Fig. 22.) bei 5 JS plötzlich geöffnet,

Fig. 22.

11

Fig. 23.

id nachdem eine kleine F^üsssig

itsmenge ausgeflossen sei, wieder

schlössen worden, so nimmt das bihr erfahrungsgemäss während der

irzen Zeit des Ausfliessens die Form

Ä, C'C an. Nach dem Schluss der

indung strömt nun aus dem nächst

.egenen Stück des Rohrs, welches

her als das Ende gespannt ist,

assigkeit in dieses abgespannte

ide, sodass, während sich dieses

■ztere wieder anfüllt, das erstere

sammenfällt. Es geht somit, wie ! Flg. 23. dargestellt ist, die Abspannung in der Richtung des Pfeils AA durch die

hrenwand fort , während die Flüssigkeit durch das Rohr in der entgegengesetzten fcchtung nach der des Pfeils B weiter bewegt wird. Diese Welle, welche im Gegon-

a zu der früher beschriebenen mit einer Einbiegung des Rohrs verbunden ist, nennt

.n die negative oder die Thalwelle. Die Erscheinungen, welche diese Welle aussor-

m noch bietet , und somit auch die Theorie derselben , treffen ganz zusammen mit men der Bergwelle, wie man nach einer kurzen Uebcrlegung einsehen wird.

74

E. H. Webers Schema des Blutkreislaufs.

Da auf die Wellen des Schlauches alle allgemeinen tirundsätüc, nach welchen die Wellenbewegung zu beurthoilen ist, anwendbar sind, so müssen nothwendig auch die Eeflexion, die Beugung und das Durcheinanderschreiten beobachtet werden. In dem letztem Fall wird eine Steigerung oder Verminderung des Bergs oder des Thals ein- treten können, je nachdem durch das Jlohr gleichartige oder ungleichartige (Berg- und Thalwellen) laufen.

E. H. Webers Schema des Blutkreislaufs.

Nach allem diesen wird es, bevor wir die Erscheinungen des Blutlaufs selbst schildern, noch von Nutzen sein, das lehrreiche Schema desselben, welches E. H. Weber gegeben hat, zu erklären. Dieses (Fig. 24.) setzt sich aus zwei elastischen Röhren zu-

Fig. 25.

sammen, einer kürzeren a e und einer längeren Ärfe. Jede dieser beiden Köhren ist an dem einen ihrer Enden mit einem Röhrenventil versehen, dessen Einrichtung durch Fig. 25. dargestellt wird. Ein solches Ventil wird hergestollt, indem man zwei steife Röhren a und b ineinander steckt; an die innerste derselben tia ist ein Darmstück c angebunden, von dessen freiem Rand die Fäden ausgehen, die an der äussern Röhre angeknüpft sind; verläuft in den

Fig. 24.

4

Röhren ein Wasserstrom, so wird er je nach seiner Richtung das Ventil cc schliessen oder öffnen, und zwar wird das letztere geschehen, wenn der Strom nach der Rich- tung des Pfeiles /, das erstere , wenn er in umgekehrter Richtung geht. Damit bei diesen verschiedenen Strömen der Rand des Ventils nicht in b eingestülpt, oder genau an angepresst werde, sind die Fäden an Ränder angeknüpft, welche dem Spielraum der Bewegung gewisse Grenzen anweisen. Kehren wir nun zurück zu Fig. 24. Die beiden Darmstücke, das kürzere und das längere, werden so in einander gesteckt, dass die Ventile einen fortlaufenden Strom durch den in sich zurücklaufenden Bogen acd gestatten , wie ihn in unserer Figur die kleinen Pfeile anzeigen. Darauf wird durch eine verschliessbare Seitenöffinung , z. B. den Trichter bei a , der Darm bis zu einem bestimmten Grade mit Wasser gefüllt. Drückt man, nachdem dieses geschehen ist, das freiliegende Stück v der kurzen Darmabtheilung zusammen, so wird sein Inhalt, da er nach e hin nicht ausweichen kann, durch c in die grosse Röhre treten und in dieser eine fortschreitende Bergwelle erzeugen, welche in der Richtung des Pfeils nach a hin laufend, successiv die Flüssigkeit in dieser Richtung weiter führt. Löst man nun aber den Druck, welchen man auf v angebracht hatte, plötzlich, so wird die Flüssig- in diesen Raum von der gosammten Umgebung eingedrängt; dieses wird aber, wegen der Ventile, nur von a nach e gelingen, und dadurch wird eine Beugungswelle erzengt, die von a durch d nach e fortschreitet und demnach die Flüssigkeit in der Richtung

E. H. Webers Schema des Blutkreislaufs.

75

i, c nach -rt fortführt; d. h. in derselben, in welcher sie auch durch die Bergwelle, von e nach a lief, getrieben wurde. So kann also durch eine Wellenbewegung die esigkeit in einer in sich geschlossenen Köhre herumgeführt werden. Vorausgesetzt

, dass das Lumen des Darmrohrs überall von normaler Weite sei , so werden sich . in ihm erregten Wellen sehr rasch durch das ganze Eohr hindurch verbreiten und

. somit auch die Ungleichheit in der Spannung, welche durch das Zusammenpressen V eingetreten war, ausgleichen. Bringt man dagegen irgendwo im Lichten eine Hcngerung an, z. B. dadurch, dass man bei d einen Badeschwamm einlegt, so wird ' Ton e herkommende Flüssigkeit nur sehr allmählig über die verengerte OefFnung OTsdringen ; die Welle aber wird, wenn die Oeflhungcn in dem Badeschwamm eng

. wenig zahlreich sind, sich gar nicht über d fortpflanzen. Wenn aber die Flüssig- ssmenge, welche in das Eöhrenstück e d geworfen ist, sich nicht sogleich wieder . üun entleeren kann, so muss sie sich in seinem Eaum vertheüen und die Spannung e.er Wand erhöhen. Umgekehrt muss dagegen in dem Stück de die Spannung ab- nnen, weil dieses einen Theil seines Inhalts in das vorhin entleerte « geworfen hat. ■nöge dieses Spannungsunterschiedes wird nun auch ein Strom durch d hindurch, < ed nach de gehen und zwar so lange, bis die Spannung beider gleich geworden i ein Strom, der somit auch noch fortdauert, wenn längst die Welle verschwunden ist.

In dem Kohr besteht, bevor irgend eine Welle darin erregt worden ist, durch die LniUung desselben eine Spannung, die in jedem Ort der Köhre und somit auch »rall in der AVandung gleich ist, Die Summe dieser Spannungen, welche auf der .nd lastet, wird demnach zu finden sein, wenn der auf ihrer Flächeneinheit ausgeübte

ick (p) multiplizirt wird mit der Anzahl der Flächeneinheiten (q), die sie enthält.

rd nun eine Welle erregt dadurch, dass die Wand an einer Stelle zusammengepresst id, so muss sich diese an andern erweitem; und weil eine Ausdehnung oder ein Lammendrücken der Wand gleichbedeutend ist mit einer Ent-, resp. einer Belastung, nmüssen nun die Spannungen, die auf verschiedenen Orten der Wandung liegen, ileich werden. Belegen wir nun die verschiedenen Spannungen mit p', p" u. s. w.

die Wandflächen, auf denen die bezeichneten Spannungen vorkommen, mit q', q" . i. w. so wird die Summe der veränderten Spannungen gleich sein der Summe

+ q" P" 1. s. w. Es ist nun die Frage, ob q' p' + q" p" = p q sei,

<

•f mit Worten, ob die Summe der Spannungen in dem Rohre nach der eingeleiteten llenbewegung im Vergleich zur früher bestandenen sich unverändert erhalten, ver- •äsert oder verkleinert habe. Diese Frage ist leicht zu entscheiden. Da die wässe- '!n Flüssigkeiten sich nicht merklich zusammendrücken lassen, so wird das Volum selben vor und nach ihrer Lagen Veränderung unverändert geblieben sein. Setzen also voraus, dass R der mittlere Durchmesser des Kohrs vor der Umlagerung der •ssigkeit gewesen sei, und dass L die Länge desselben sei, dass aber R + r und 1 gleichen Bedeutungen für das durch die Umlagerung erweiterte; R (> und 1' r dieselben Eigenschaften des abgespannten Stückes besitzen, so muss (R p)* n V -\- -f-r)*™ 1 = R* n L sein. Nehmen wir nun der Einfachheit wogen an, dass 1 = 1'*) i somit L =21 sei, so ändert sich nach Weglassung von 1 und n, welche allen Glie- n zukommen, die Gleichung in (R p«) -]- (R -)- r)2 = 2 R". Setzt man in

•) Eine Unterstellung, die wegen der annähernd gloiclicn Liingo des Venen- und Aitorien- «enw für das Schema des monschliclicii Kroislnufs gemacht werden darf.

76

Inhalt der Herzkammern.

diesem Ausdruck q = r, so führt derselbe zu der widersinnigen Behauptung, das« o = 2 r- sei. Daraus geht also hervor, dass die Zunahme der Peripherie in der ge- spannteren Seite nicht so gross sein kann als die Abnahme in dem abgespanntem Führt man nun die Betrachtung in ähnlicher Weise weiter , so kommt man auf die Folgerung, dass wenn die Radien der beiden Stücke von Anfang an ungleich gewesen sind, und dann aus dem engern Eohr Flüssigkeit in das weitere geworfen wird, ij diesem letzteren eine absolut geringere Zunahme des Umfangs stattfindet, als die Ahr nähme des engem Rohrs beträgt, während im \imgekehrten Fall (bei grossen Unteri schieden) natürlich das Umgekehrte Statt finden kann. Setzt man nun die Elastizitäts- coeffizienten der Wandung des engern und weiteren Rohrs einander gleich, so würde daraus folgen, dass beim Uebertritt der Flüssigkeit aus dem engen in das weite Rohr jedenfalls weniger spannende Kräfte verbaucht wurden, als im umgekehrten Fall. Aui dieser Betrachtung werden wir demnächst ableiten, dass beim Uebertritt des Bluts aui dem weitern Venensystem in das engere arterielle ein beträchtlicher Antheil der Hcra- kraft zur Spannung des Bluts verbraucht werden muss.

In den zunächst folgenden Stücken werden im Gegensatz zu einer natürlichen Anordnung des Stoffs, das Herz und die Gefässe vorab, losgetrennt aus dem logischen Zusammenhang behandelt Da dieses ohne Eintrag für das Verständniss geschehen kann, so mögen Gründe der Zweckmässigkeit die Inconsequenz entschuldigen.

Das Herz und seine Bewegungen.

1. Inhalt der Herzkammern. Das Blut, welches die bei den Herzkammern eines Erwachsenen im erschlaiften Zustand faf? sen kann, schätzt man nach den genauesten Messungen von Krause*) auf 170 Gr. Volkmann**) bestimmt die Blutmenge, welche durch eine Zusammenziehung von mittlerem Umfang aus einem Ventrikel von mittlerer Räumlichkeit in die Gefässe entleert wird, bis zu 188 Gr., Vi er or dt***) zu 180 Gr. In Anbetracht dessen, dass es sich hier nur um Mittelzahlen handelt, ist die Uebei- einstimmuug derselben um so bemerkenswerther , als die drei ge nannten Beobachter auf wesentlich verschiedenen Wegen zu ihrem Ziele gelangten. In welchen Grenzen dieses Verhältniss zwi sehen dem mittlem Kammerinhalt und dem Körpergewicht schwan ken und in wieweit der Kammerinhalt vom sogenannten mittlem, ohne die Gesundheit zu gefährden, abweichen kann, bleibt nocli zu ermitteln.

Den Inhalt der Kammer bestimmt man meistentheils durch AnfüUung derselben mit Flüssigkeit. Da das Herz einen elastischen Beutel darstellt, so wird sein Inhal' veränderlich sein mit dem Druck, unter dem es gefüllt ist, der Ausdehnung, der Dicke dem Elastizitätscoeffizienten seiner Wandung und endlich mit dem Widerstand seiner

•) Krause, Hnndbuch der mensdilichen Anatomie, i. Aufl. I. 787. •») Hnemodynamik nacli Versuclien. Leipzig 1850. p. 206. •»•) Die Erscheinungen und Gesetze der Stromgescliwlndlgkeiten. 1858. p. 1Ü3.

Inhalt dor Herzkammern.

77

iTL-bung. Sollten also die Ausmessungen des Cubikinhaltes seiner Höhle werthvoll 1 1, so mUssten sie am todteu aber noch nicht todtenstarreii Herzen als eine Funktion ser Umstände bestimmt werden und darauf müsste man zu ermitteln versuchen, er welchem Druck u. s. w, das lebende Herz gefüllt wird , wenn man die Er- ;nisse des todten auf das lebende Herz übertragen wollte. Dieses ist bis i'in nicht geschehen, somit geben die Beobachtungen nur angenäherte Werthe. Ikmann*), der, wie wir erfahren werden, die mittlere Geschwindigkeit des ites in der Aorta schätzen lehrte, benutzte diese Beobachtung zui- Erledigung der ;htigeren Frage, wieviel Blut mittelst eines jeden Herzschlags aus der linken Kam- getrieben wird. Kennt man nun die Weite der Aorta, die Geschwindigkeit, mit eher sich das Blut in ihr bewegt, so weiss man natürlich, wie viel Blut das Herz äiner gegebenen Zeit, z.B. in der Minute, entleert; daraus berechnet sich nun auch .:ch die Menge, welche jeder einzelne Herzschlag liefert, wenn man die Zahl der ;'zschläge in dieser Minute gezählt iat. Nachdem er eine grössere Zahl von solchen bachtungen an Hunden, Schafen , Ziegen und Pferden ausgeführt hatte , verglich er I Gewicht einer Yentrikelentleerung mit dem eigends ermittelten Gesammtgewicht

Beobachtungsthiere. Diese Vcrgleichung führte zu dem Ergebniss , dass mit Aus- me von zwei ganz abweichenden Fällen das aus dem linken Ventrikel entleerte -tgewicht den 0,003 bis 0,002ten im Mittel also den 0,0025ten Theil vom Gesammt- icht des Thiers ausmachte. Erlaubt mau sich nun diese Verhältnisszahl auf den mitt- . erwachsenen Menschen zu übertragen, dessen Gewicht zu 75 Kilogramm angenommen ■den kann, so gelangt man zu obiger Annahme. Vierordt legt seiner Schätzung Grunde die von ihm bestimmte mittlere Geschwindigkeit der Carotis, und die von luse und ihm gemessenen Querschnitte der Art. carotis, subclavia, anonyma und

.iArc. aortae, des Menschen und die Voraussetzung, dass sich die mittleren Geschwin- cieiten umgekehrt wie die Querschnitte verhalten.

Ueber das Verhältniss des Rauminhaltes der beiden Kammern 'es und desselben Herzens lässt sich mit Wahrscheinlichkeit aus- ren, dass die rechte Kammer etwas mehr Blut zu fassen ver- ;ge, als die linke. Hierfür sprechen wenigstens die Ausmessun- . des todten Herzens, denn wenn die beiden Herzhälften selbst er Wasser, also mit Vermeidung alles Druckes, gefüllt wurden, ergab sich doch constant ein Ueb ergewicht des rechten Inhaltes IT den linken. Dagegen muss der Theil des Inhalts, welcher larend des Lebens in das Gefässsystem strömt, für beide Ventrikel

selbe sein; denn es entleert sich ja mit mancherlei Umwegen iliesslich der eine Ventrikel in den andern, und somit würde eine aäufung des Bluts rechts oder links geschehen, wenn nicht fort- brend aus beiden Höhlen gleichviel ausgestossen würde.

2. Anordnung und Wirkung der Muskelröhren**). I Vorhöfe werden bekanntlich von einer dünnen, nicht überall

) Haemodynamlk nach Vorsuchen. Leipzig 185U. p. 206.

') C. Ludwig, Ilenle u. Pfouffcrs Zeitschrift. VII. 189. Donders Pliysiologle des choii I. Bd. I. png. II. h. f. K ii 1 1 1 p r , iniluo.tkopisclie Aii.ilninic. II. »d. 48:!. Cli a-

78

Anordnung und Wirkung der Muskolröhrcn des Herzens.

vollständigen Lage von Muskelmasse umzogen, die an keinem Orii in die Muskeln der Kammern übergeht (Donders); an einzelne) Stellen läuft die Faserung annähernd parallel, an andern senki-ecli: mit der Längenachse des Herzens, nur an wenigen Orten kommeiii- gleichzeitig Fasern von beiden Richtungen vor. Die Fasern beidenl Vorhöfe gehen an der vordem Fläche ineinander über. An deil Venenmündungen finden sich Ringfasern. Nach allen diesen müslr sen bei der Muskelverkürzung die Vorhöfe zusammengezogen wer ' den; die Höhle eines jeden einzelnen Vorhofs kann nicht überal: in zwei aufeijiander senkrechten Ebenen verengert werden; de Durchmesser der Venenmündungen wird verkleinert, derjenige de« In arteriellen (ostia atrioventricularia) bleibt dagegen unverändert. p

Die Kammern, a. Ihre Fasern gehen nur in Sehnen überiL entweder geradezu in dem fibrösen Kranze, welcher die an de: Kammerbasis gelegenen Oeffnungen umgiebt, oder in solche, welcli in diesem Kranze ein Ende nehmen. Zwischen diesem Anfang um Ende umspannen sie jedesmal eine, öfter auch zwei Kammern, si bilden also Schleifen, die, wie die freilich unvollkommene Her/ präparation wahrscheinlich macht, häufig sogar in sich zurücklaufei

Fig. 26 A. Fig. 26 S.

indem Ursprung und Ende einer Faser an demselben Ort zu lit gen scheinen. b. Für sehr viele Fasern ist es sehr wahrscheii lieh, dass sie nicht blos mit einfacher, sondern mit doppelte Schlinge den Herzkegel umschliessen, indem sie einen 8 förmige

veauu. Falvre. Gazette mMicnle de Paris 1856. 407. H a ni m e r n i l{ , das Herz u. wegungen. Prag 18ö8.

Anordnung und Wirkung der Muskelröhren des Herzens.

79

lugang machen wie dieses die schematischen Figuren 26 A. und B. iideuten. Die von links nach rechts gehenden Richtungen dieser asern liegen im Allgemeinen näher gegen die äussere Herzober- iche, die umgekehrt laufenden aber näher gegen die Höhlenober- lehe. Zu dem scheint noch die Anordnung zu gelten, dass die

erflächlichsten Fasern, welche rings an der Herzbasis (gleichgil- j , ob von dem Rand des Ostiura venosum dextrum, oder sinistrum) uspringen, durch den an der Spitze des linken Herzens gelegenen

iibel hindurch auf die innere Oberfläche des linken Ventrikels iiigen, und an dieser emporlaufen. c. Die zunächst den Herz- )erflächen gelegenen Fasern laufen am meisten steil, und sie sind e einzigen, welche die Herzspitze erreichen, die Fasern aber, eiche mehr im Innern der an der Basis dickern Herzwand liegen, ver- uf'en weniger steil. d. Aus dem sher angegebenen Verhalten folgt, \ss an allen Orten der Kammer- andung sich Fasern von der ver- ■hiedensten Richtung finden, wie eses an dem in Fig. 27. dargestellten •hema durch die gezeichnete Faser IS versinnlicht wird. Die Fasern n der Richtung, welche a enthält, rlaufen zunächst unter dem Pericar- Luii, diejenigen, welche dem Zuge l'olgen, grenzen an das Endocardium 1. e. Ein grosser Theil von den |.'isem, welche der Herzhöhle zu- gehst laufen, erreicht sein Ende in ihnen, welche erst durch die Klap- Bn hindurch zu den sehnigen Rän- ra der venösen Kammermtindungen «langen. Mehrere solcher auf der •nern Herzfläche frei hervorragender •Qskelenden (Papillarmuskeln), deren •isammenhang mit den äussern Fa- 'rn Fig. 28. erläutert, convergiren •geneinander (a 6). Sie können somit } Stücke eines unvollkommen vor- ndenen inneren Herzkegels angesehen werden, der seine Spitze ch der Basis des äussern kehrt. Die Sehnen dieser Muskeln

/

Fig. 28.

80

Aiiordmiiig und Wirkung der Muskel röliren des Herzens.

welche in die Klappen dringen, fahren nach verschiedenen Rieh tungen hin auseinander und enden niemals säuimtlich in einei sondern jedesmal in zwei benachbarten Klappen, wie dieses durch Fig. 29. dargestellt ist. Jeder Hauptlappen einer Klappe empfänK*

durch die Betrachtung der gegenseitigen Lagerung beider Herz höhlen; auf einem zur Längenachse des Herzens senkrechtei Querschnitt erscheint nemlich die rechte um die linke herum gt krümmt. Die auf der zur rechten Herzhöhle zugewendeten Scheide wandfläche verlaufenden Fasern verhalten sich aber zum linkei Herzen wie diejenigen, welche auf der Herzoberfläche verlaufen.

Ein System so verwickelter Muskelröhren, wie das beschric bene, wird bei seiner Zusammenziehung je nach der Vertheiluii; seiner Masse, der relativen Verkürzung einzelner Theile u. s. w die mannigfachsten Erscheinungen bieten, die sich bis in ihre Ein zelheiten in keinem Falle werden voraussagen lassen, theils wei die Verflechtung der Fasern zu complizirt, theils auch noch t wenig bekannt ist, um sie mittelst der mechanischen Theorie z behandeln. Wir sind darum auf die Beobachtung des lebende Herzens angewiesen, wenn wir erfahren wollen, wie es sich, ^viil rend es im Kreislauf thätig ist, bewegt. Die Beobachtung di Bewegung wird aber, weil die Untersuchung rein im technif^i in

Fig. 29.

somit aus zwei Papilla: muskeln seine Chorden auf denen er im ausgi spannten Zustand wie au einem Kniegebälke rulii (Fig. 29. a a im Durcli schnitt). f. Der bei wei tem grösste Theil der Fa Sern, welche sich in dei freien Wand des rechte i Ventrikels vorfinden, i> schon einmal Bestandthei der freien Wand des lin ken Ventrikels gewesen sodass die Muskelschleifei; welche sich um die rechtt Kammer begeben, auch di' linke einschliessen. Diese Verhalten wird schon kla

Anordnung und Wirkung der Muskelröhren des Herzens.

i;iteresse uuternommen wird, nur dann werthvoll sein, wenn sie iater den mittleren Bedingungen des normalen Lebens angestellt t. Dahin zählen wir aber: einen ungestörten Kreislauf des Bluts, me ungeschwächte Muskelkraft und eine der Norm möglichst an- cnäherte Lage.

Die Erscheinungen, die das bewegte Herz für sich, abgesehen i>n .'der Veränderung seiner Gesammtlage, bietet, sind: a. die ?erzkammer übt bei ihrer Zusammenziehung auf ihren Inhalt derall, ausgenommen von der arteriellen Mündung her, einen iruck aus. Die Möglichkeit, dass das zusammengezogene Herz üch von seiner venösen Mündung her gegen den Inhalt drückt, ; durch die PapiUarmuskeln und deren Anheftung an die venösen sappen gegeben. Denn da der Papillarmuskel frei in die Herz- bhle ragt, so wird er bei seiner Verkürzung sich gegen die Wand rrückziehen und somit einen Zug von innen und oben nach •■tssen und unten gegen die Klappen üben. Da aber jede Klappe t?ei PapiUarmuskeln besitzt, welche einander gegenüberstehen, so rd der aus beiden Zügen resultirende Weg der Klappe gerade :gen die Mitte der Herzhöhle fallen. Wenn z. B. in Fig. 30. AA iien freien Klappenrand der linken venösen Herzmündung dar- lillt, so werden sich die beiden PapiUarmuskeln mit zwei einan- rr entsprechenden Sehnen nach dem Schema a b und c an ihn Usetzen. Ziehen sich die PapiUarmuskeln Fig. 30.

isammen, in der Ai-t, dass sie ihren Sehnen der Richtung von b nach a und d nach c «en Zug ertheilen, so wird die Klappe in •r Piichtung des PfeUs p gehen, wie dieses r Grundsatz vom ParaUelogramm der Kräfte Hangt. Das, was hier für die zugehörigen ihnen zweier PapiUarmuskeln bewiesen rjde, gilt bei dem symmetrischen Ansatz tfselben auch für aUe übrigen. Die Papil- muskeln werden aber durch ihre Sehnen Q Klappen nur dann einen Zug mittheilen können, wenn diese Izteren in einer annähernd senkrechten Richtung zur Längen- i-ise des Herzens stehen, wenn also, um mit den Aerzten zu den, die Klappen gestellt sind. Denn nur in diesem Falle span- 1 sich die winklig abgehenden Sehnen (zweiter und dritter Ord- 41g) zwischen Klappe und Papilhiramskel aus. b. Indem sich ) Ilcrz allseitig verkürzt und verschmälert, sucht es dabei

Ludwig, Thyolologie II. 2. Auflage, (J

Anordnung und Wirkung der Muskelröliren dos Herzens.

zugleich eine ganz bestimmte Form auzunebraen. Die Basis des Herzens wird nemlicii auf dem Querschnitt annähernd kreislomig, und die Spitze sucht sich dem Mittelpunkt dieses Kreises in einem ganz bestimmten Abstand gegenüber zu stellen, mit einem Worte, das Herz zieht, sich selbst überlassen, sich zu einem regelmässigen Kegel zusammen. Hierbei wird das Herz zugleich sehr hart, so dass nur durch beträchtliche Drücke die Form des zusammengezogenen Herzens merklich geändert werden kann. Der Grund fUr die Erhärtung des zusammengezogenen Herzens liegt in der besonde- ren Muskelanordnung, vermöge deren die einzelnen Fasern sich nach einer Richtung hin unterstützen, nach der andern aber hem- men, oder anders ausgedrückt, sich gegenseitig spannen. Diess ist ohne weitere Auseinandersetzung sogleich einleuchtend, wenn man die Wirkungen zweier oder mehrer nebeneinanderliegender Fasern des Schemas (Fig. 27.) zergliedert. Die Kegelgestalt des zusammengezogenen Herzens wird wahrscheinlich dadurch veranlasst, dass vom ganzen Umfang der Herzbasis Fasern gegen die Spitze, zusammenlaufen, welche durch ihre Gegenwirkungen dieser letzteren eine bestimmte Stellung zu der ersteren anweisen müssen. Zugleich darf im Allgemeinen vorausgesetzt werden, dass die mehr gegen die Spitze liegenden Muskelmassen das Herz ver- kürzen, während die an der Basis gelegenen seinen Umfang min- dern; denn dort läuft die überwiegende Zahl .annähernd parallel und hier annähernd senkrecht gegen die Längenachse des Her- zens. — Die Zusammenziehung beengt, soweit aus der Beobachtung ersichtlich, die arteriellen Mündungen nicht; es ist noch nicht klar, wie diess geschieht.

Da die Bewegungen des Herzens sehr rasch erfolgen und der zusammengezot; Zustand desselben nur sehr kurze Zeit anhält, so ist es unmöglich, die Form des samraengozogenen Säugethierherzens anders aufzufassen, als mittelst Einrichtungen, welche alle oder einige Punkte desselben graphisch fixiren. Eine der vielen möglichen solcher Einrichtungen ist von mir zur Bestellung der obigen Thatsachen benutzt wor- den. Ein ungefähi-es Bild des Hergangs kann man sich auch an einem frisch heraus»! geschnittenen , noch schlagenden Säugethierherzen verschaffen. Hebt man ein solche»! .scliwebend, indem man es mit der Pinzette an dem Vorhofe oder den grossen Gefässe^ fasst, so sieht man, wie sich die Spitze der Basis nähert; legt man es dagegen au die Basis, so dass die Spitze der erschlafften Kammern herabfällt, so entfernt sici jedesmal bei der Zusammenziehung die Spitze von der Basis, sodass sie sich steit| emporstellt. Legt man es aber auf eine ebene Unterlage, wobei in der Erschlaffung' die Wandungen an der Peripherie zusammenfallen, sodass sich der Durchmesser def.'l Basis nach der einen Ilichtung verlängert und nach der andern verschmälert, währeudj die SpitM schief gegen die Unterlage fällt, dann wölbt sich wäJirend der ZusammeiiVl y.u']nms die zusaramongefallene Wand an der Basis, indem ihr Querschnitt aus

Herzstoss.

83

.lliptischen Form in die runde übergeht und zugleich hebt sich die Spitze um etwas on der Unterlage ab. Die Angaben, welche das blutleere, aus der Bi-usthöhle ge- rhnittene oder auf besondere Weise in ihr befestigte Herz über die Form macht, reiche es in der Zusamraenziehung annimmt, sind brauchbar auch für das normal lelagerte und gefüllte Herz, weil sich bei der Zusammenziehung die Herzfasem gegen- ■oitig spannen und somit ihre Form selbst bestimmen. Die einzige Voraussetzung, •elohe von den oben verlangten hier bestehen muss, ist also die, dass die Erregbar- tüit des Herzens auf einer normalen Stufe steht.

Herzstoss. Während der Zusammenziehung verändert das terz seine Lage und drückt dabei auf die Theile seiner Umgebung, reiche sieh dieser Lagenveränderung entgegensetzen, und nameut- ceh übt es einen flihlbaren Stoss gegen die Brustwandung aus. üeser letztere, der sogenannte Herzstoss, wird unter sonst gleichen Bedingungen mit der Ausgiebigkeit der Herzzusanunenziehung und i der Exspirationsstellung des Brustkorbes stärker empfunden. i»ie Bewegungen, welche das Herz hierbei ausführt, werden bald als nrtschreitende und bald als drehende geschildert. Wenn das Fort- bhreiten gleichzeitig alle Theile des Herzens ergreift, so soll es üon oben und hinten nach vorn und unten geschehen; beschränkt »ch die Bewegung nur auf einzelne Herzstücke, so soll sie bald iir die Spitze gegen die feststehende Basis hinaufführen oder um- fekehrt, es soll die Basis gegen die Spitze wandern, oder es sollen jdi an der Basis die beiden Wände von einander entfernen. Bei

Drehbewegungen liegt die Achse entweder in dem Längen- oder

iem Querschnitt des Ventrikels, im letztern Fall kreuzt sie die e, welche die Centra der beiden arteriellen Mündungen verbindet. Vergegenwärtigt man sich, dass die Masse, (wegen der ver- srlichen Anfüllung der Höhlen), die Lage des Schwerpunkts, die tizität und die Unterstützungsflächen des Herzens fortwährenden inderungen unterworfen sind, so versteht es sich von selbst, die Lagenverschiebungen dieses Organs unzähhge sein kön- , so dass es hier, wie es scheint, nur von Interesse ist, ganz jmein die Bediogungen aufzusuchen, von welchen die Verschiebung ängig sein kann. Wären sie allseitig erkannt, so würde man n vielleicht die einzelne, gerade beobachtete Veränderung auf Q wahren Grund beziehen können. In dieser Richtung sind ende Fortschritte gemacht worden: 1" als eine Verschiebungs- ,che sind anzusehen die Form und Elastizitätsänderung, welche Herz durch die Verkürzung und Ausdehnung der Muskeln er- t. Wenn das Herz an der Brustwandung nicht insgesanunt fort- eilet, sondern nur theilweise Verschiebungen und Drehungen

\

- . HerzstoKS. J

erfährt so lässt sich aus dem ebengenannten Umstand sein An schlagen an die Brustwand leicht erklären. Nun findet aber be' Säugethieren, namentlich bei Kaninchen, das eben Angeführte statt wie dieses nach dem Vorgang von Kiwis eh dadurch zu beweise ist dass man lange Nadeln durch die am kräftigsten gestossene Stelle der Brustwand in das Herz einsticht, ihre Bewegung wäh- rend des Herzschlags beobachtet und nach dem Tod den Ort des Herzens aufsucht, in welchen die Nadel eingedrungen ist. Die; Nadel trifft entweder den Umfang der Basis oder die Spitze. Ist! das Letzte geschehen,- so beschreibt das freie Ende der senkrech eingestochenen Nadel weder einen Bogen nach oben oder unten, so» dern bleibt senkrecht, also hat die Spitze während des Herzstosse sich an der Brustwand nicht verschoben. Ein ähnliches Verhalten wie' wenn auch nicht mit derselben Sicherheit Jos. Meyer*) am Me schenherzen nach; bei sterbenden Menschen färbte er die vo Herzstoss emporgehobene Stelle und nach dem Tode senkte durch den markirten Ort eine Nadel in das Herz; dieses Verfahre leidet darum an einer gewissen Unsicherheit, weil sich nach gäbe einer im Leben eingestochenen Nadel die Lage des Herze" beim Kaninchen wenigstens mit dem Tode ändert. Lässt man di von Ki wisch gewonnenen Voraussetzungen gelten und erw" man, dass die schlaffen und weichen Wandungen der nicht zusa" mengezogenen Kammern innerhalb weiter Grenzen formverände den Einflüssen folgen, und dass die Kammern insbesondere in de menschlichen Brustraum geformt werden durch den Dnick des e' strömenden Bluts, die eigene Schwere und die drückenden u ziehenden Wirkungen der umgebenden Brustwand, so dtii-ften der Diastole die Herztheile eine andere Lage zu einander ann men, als sie ihnen durch die Zusammenziehung des Herzens geh ten wird. Stellen sich danach die Brustwandungen den Formv änderungen entgegen, welche das Herz in Folge seiner Zusamm Ziehung anzunehmen strebt, so wird letzteres bei seiner Verk zung, wenn es sonst nicht ausweichen kann, die Brustwand Vi sich hertreiben. Dieser Druck gegen den Zwischenrippenraum vr \ alles Uebrige gleichgesetzt, um so fühlbarer sein, je inniger sich Herz an die Brust anlegt. Aus diesem Grunde wird in der Insj^ ration (wobei die Lungen die vordere Herzfläche zum grossd Theil von der Brustwand trennen), der Stoss diese letzteren weil

*) Virchows Aicliiv III. 2r,r,.

■6

Horzstoss.

85

Fig. 31.

r.r heftig treflfen, als in der Exspiration. Nach den von Ki- isch, Jos. Meyer ii. A. gemachten Angaben und aus der be- mnten Form des zusammengezogenen Herzens muss man sich SS Zustandekommen des srzstosses nun auf fol- mde Art denken. Stoss durch die lammerbasis. Das ihlafiFe Herz wird durch P3 Brustwandung (Fig. 31.) :B so zusammengedrückt, Gtss seine Peripherie eine ijpse H H darstellt, de- II kleiner Durchmesser rrzer ist, als derjenige Kreises K, welchen r Kammergrund bei seiner Zusammenziehung einzunehmen ibt; es muss dieser also die Brustwand aufwölben. Auf diese t hat Fr. Arnold zuerst den Herzstoss erklärt. b. Spitz en- 3 SS. Drückt dagegen (Fig. 32.) die Brustwandung die Herz- ;ze während der Erschlaffung nach unten und hinten, so dass nicht mehr senki'echt über dem Mittelpunkt der Kammerbasis t, so wird, indem bei der Zusammenziehung die Herzfoiiji aus IH S in HRP überzugehen sucht, die Spitze sich gegen die instwand mit Gewalt andrängen (C. Ludwig). Gegen diese »einandersetzung wendet Hammernik*) ein, dass die Herz- ize an der menschlichen Brustwand nie anschlagen könne, weil II zwischen beide immer Lungengewebe einschiebe.

Zur Aenderung der Herzlage kommt weiter in Betracht der ick, welchen die den Arterienmündungen gegenüber liegenden Hidflächen zu ertragen haben, wenn das gespannte Blut aus ihren pnungen ausfliesst Rückstoss (Gutbrod, Scoda,Hiffels- im). Aus der physikalischen Anschauung heraus hat man die ^lichkeit eines solchen Rttckstosses bestritten, weil es undenkbar dass die hinter dem Blutstrom herschreitende und ihn eben veranlassende Herzwand zugleich vom Blut in entgegenge- ter Richtung bewegt werden solle; dieser Einwurf würde richtig i, wenn die den Ostia arteriosa gegenübergelegenen Wandflächen

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Hurastoss.

gerade so rasch ibrtschrittcn wie das Blut in der Mündung; da, die- ses aber nicht eintrifft, also in der Arterienmlindung die Spannung immer niederer sein muss als zwischen dem Blut und der Herz-

Fig. 32.

wand, so wird auch der Rückstoss nicht ausbleiben können; Hi fei s heim ■=) der das Herz durch einen unter Druck gefilUten Gumm schlauch und die Aorta durch ein aus ihm heiTorgehendes Gum rohr ersetzte, zeigte denn auch in der That sein Bestehen nnt diesen den Herzbewegungen sehr analogen Bedingungen. Bei d Bewegungen, welche das Herz vom Rückstoss getrieben ausfü" mussen also die gesammten Herzkammern in einem dem Blutstro^, entgegengesetzten Sinne fortschreiten ; S c o d a und D o n d e r s habeÄ m der That an freiliegenden Herzen des Menschen und Hundes dieatf

•) Compt. rend. D^comb. 1854. AoQt. 1855.

Reihenfolge der Herzbewegung.

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pewegung gesehen; am Kaninchen konnte ich bis dahin keine lolche Bewegung darstellen, selbst wenn das Herz nach Eröffnung [iBmes Beutels auf einer sehr leicht beweglichen an langen Fäden Bängenden Unterlage ruhte, und seine Spitze auf passende Weise mit mem Fiihlhebel in Verbindung stand. Ebenso vermissten sie iaivre und Chauveau*) beim Pferde. Wenn nun aber bei fldern Thieren als dem Kaninchen die Wirkung des Rückstosses «cht bestritten werden kann, so darf man aber auch nicht ver- »ennen, dass füi- gewöhnlich das Herz nicht einmal vorzugsweise, US diesem Grunde gegen die Brustwand stösst, da es auch blut- ser diesen Druck kräftig ausführt. c. Das Verlängerungsbestreben »r dm'ch die Systole gefüllten grossen Arterienstämme, die aus iem Herzen hervorgehen, soll die Ventrikel nach unten verschie- «n (Bamberger**). Da die Art. pulmonalis und Aorta auch »iralig gewunden sind um eine Achse, die annähernd mit dem Dngsten Durchmesser der Ventrikel parallel läuft, so sollen sie bei nrer An- und Abschwellung auch das Herz um seine Längsachse relien, vorausgesetzt, dass die Zahl der Winkelgrade, welche die ipiralwindungen einschliessen bei der Anfüllung vennehrt werden, idt andern Worten, dass sich die Spirale bei der Herzsystole zu- «d bei der Diastole abwickelt (Kornitzer***), Diese Achsen- «dingung bedarf vor Allem einer genauem Untersuchung, ehe sie i& berechtigt aufgenommen wii'd. Gegen die alleinige Abhängig- «it des Herzstosses von diesen Bedingungen gilt abermals der aus wn blutleeren Herzen hergenommene Einwand. d. Neben diesen m dem Herzen und seinen Gefässen abgeleiteten Verschiebungs- »sachen ist genaue Rücksicht zu nehmen auf den Zustand der ungen, der Brustwand und des Zwerchfells, weil diese die Lage «8 Herzens wesentlich mit bestimmen; es ist hierauf um so mehr dringen, als dasselbe Verschiebungsmoment dem Herzstoss eine inz verschiedene Stärke ertheilen kann, je nach der Lage, in rr sich das Herz befindet ; und dieser Umstand scheint gerade für «ztliche Zwecke von Bedeutung.

3. Rhythmus der Herzbewegungf). Die Muskeln des »öenden Herzens gerathen nach einer ganz bestimmten, örtlichen

•) Gazette m^d. de Paris 1866. 469.

Vlrchow'g Archiv. IX. Bd. .•J28. ^ "••) Wiener Akad. Hltzungsbcrlclite XXIV. Bd. 12(1.

tt) Volkmann, Hacmodynnmlk. p. 369. Ludwig und Hoff a, H c n I e u. Pf e u f f er's »faichrift, IX. Bd. 102. Stsnnins, Mililers Archiv. 1862. p. 85. Bidder, ibidem. 1852. 168 Wagner, Handwörterbuch d. Physiologie. HI. Bd. 1. Abtholl. 407. Holdonhaiii,

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Reihenfolgo dor Herzbowegung.

und zeitlichen Keihenfolge in Zusammenziebungen , welche von Zeiten der Erschlaffung unterbrochen werden.

a. Reihenfolge der Bewegungen. Der Schlag des Herzens von einem vollkommen lebenskräftigen Thiere beginnt nach voraus- gegangener Ruhe aller seiner Theile mit der gleichzeitigen Zusara- menziehung beider Vorhöfe; nach der Beendigung oder kurz vor der Beendigung ihrer Bewegung tritt dann jedesmal die Zusammen- ziehung beider Kammern ein. Diese verlassen darauf ebenfalls nach kurzer Zeit den verkürzten Zustand, so dass schliesslich wie- der ein Zeitraum besteht, in welchem alle Theile des Herzens, Vor- höfe und Kammern, sich in Ruhe befinden. Den Akt der Zusam- menziehung belegt man gewöhnlich mit dem Namen der Systole (Vorhof- und Kammersystole), den der ErschlaflFung mit dem der Diastole oder Pause. Diese ebengeschilderte Reihenfolge der Be- wegungen ist jedoch keine nothwendige; denn es können erfah- rungsgemäss, namentlich wenn das Herz im Absterben begriffen ist, entweder mehrere Bewegungen der Vorhöfe hintereinander fol- gen, ohne von einer Bewegung der Kammern unterbrochen zu wer- den, so dass in gleichen Zeiten die Vorhöfe zwei-, drei- und mehr- ' mal so viel schlagen, als die Kammern; oder es kann gar auch vorkommen, wie namentlich nach Einträufeln von Opiumtinktur in : die Höhlen, dass nach der Ruhe des ganzen Herzens zuerst die Herzkammeni und dann erst die Vorhöfe in Zusammenziehung kom- men, so dass sich die Reihenfolge der Bewegungen umkehrt (Hoffa, C. Ludwig). Die Gründe sind nicht anzugeben, aus welchen die Nothwendigkeit der einen oder andern Reihenfolge der | geschilderten Bewegungen hervorginge. ' |

b. Relative Dauer der Bewegung und Ruhe von Kammer und i Vorhof. Da das Herz in der Minute eine beträchtliche Zahl von Schlägen ausführt, so wird die Dauer eines jeden einzelnen Be- wegungsaktes sehr kurz ausfallen, und offenbar im Allgemeinen um so kürzer, je häufiger die Herzbewegung in der Zeiteinheit vdeder- kehrt. Wegen der so sehr verschiedenen Zahl der Herzschläge in der Zeiteinheit, ist es unmöglich, eine allgemein giltige Angabe über die absolute Dauer der Zusammenziehung und der Erschlaf- fung zu machen. Es hat dagegen einen Sinn, die relative Bewe-

Disquisitiones de nervis etc. centrallb. cordis. Berlin 1854. Eckhard. Beiträge zur Anatomie u. Physiologie, Glessen 1858. p. 145. -t. Bezold, Vlrchow's Archiv XIV. Bd. - A r n o 1 d , di« physiol. Anitalt der Universität Heidelberg 1858. p. 98,

Erregbarkeit des Herzons.

89

unngs- und Ruhezeit der einzelnen Herzabtheilungen zu messen. \ olkmann, der in dieser Richtung genaue Beobachtungen am Menschen angestellt hat, giebt an, dass die Zeit, während welcher lic Ventrikel im zusammengezogenen Zustand verharren, genau so rioss ist, als diejenige, welche die Zusammenziehung der Vorhöfe nd die Erschlaffung des ganzen Herzens umfasst. Diesem Be- l)achtungsresultat dürfte jedoch, wenn die hier in Betracht kom; iienden Erscheinungen bei Menschen und Säugethieren an- uihernd sich gleich verhalten, keine allgemeine Giltigkeit zuzu- i'hreiben sein, da sich bei letztern mit einem Wechsel in der '.eschleunigung des Herzschlags dieses Verhältniss ändert, indem lei langsamem Herzschlag die Zeit der Herzpause beträchtlich iberwiegt über die der Ventrikularkontraktion, während umgekehrt, lei sehr beschleunigter Herzbewegung auch die Zeit der Kammer- usammenziehung die der Herzpause übertreffen kann (C. Lud- vig). Mit andern Worten, es schwankt, wenn sich die Zahl der lerzschläge beträchtlich ändert, der Zeitraum der Diastole viel be- leutender, als derjenige der Kammernsystole. Die Dauer der v'orhofssystole ist immer nur ein kleiner Bruchtheil von derjenigen , ler Kammerzusammenziehung.

Volkmann benutzte zu seinen Messungen die Töne, welche das Herz bei seinen Bewegungen hervorbringt, ein anwendbares Verfahren, da der erste beim Herzschlag ».örbare Ton gerade so lange anhält, als die Kammersystole. Die Dauer des ersten

i. 'ons maass er aber dadurch, dass er einen Pendel mit verschiebbarer Linse so lange einstellte, bis seine Schwingungszeit gerade so lang war, als die des (mit dem Ste- (tioskop) gehörten Tons. Eine andere Methode (Fühlhebel und rotirender CyUnder), e'elche am blossgelegten Herzen des Thieres angewendet wurde, s. bei Ludwig*).

c. Erregbarkeit des Herzens. Man pflegt sie zu schätzen :

ii. iirch die Zahl der Schläge in der Zeiteinheit, durch den Umfang luf den sich der Herzmuskel zusammenzieht, und zwar entweder mrch jeden der beiden Umstände für sich allein oder durch Combi- «lation beider, so dass ein Herz, welches schnell und wenig aus- giebig schlägt, ftir ebenso, wenn nicht für weniger erregbar l^ilt, als ein solches, welches seltener, aber jedesmal kräftiger Ichlägt. Man beraisst die Erregbarkeit ferner nach der Intensität '.er Erreger, die nothwendig, um ein schon zur Ruhe gekommenes flerz wieder in Bewegung zu setzen, und endlich nach der Zeit- i.auer, während welcher ein Herz seine Schlagfähigkeit zubewahren

•) 1. c. p. 108.

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Erregbarkeit dos Herzens.

vermag unter Umständen, die seinen Lebenseigenschaften erfahrungs- gemäss entgegenwirken.

Da ein ausgeschnittenes Herz, auch ohne dass es von aussen her gereizt wird, fortführt zu schlagen mit andern Worten, da es also ausser erregbaren Nerven und Muskeln auch noch reizende (automatische) Einrichtungen besitzt, so umfasst nach den obigen Auseinandersetzungen der Begriff der Erregbarkeit die Arbeits- fähigkeit der automatischen und reflektorischen Organe gleich- zeitig mit denen der Nerven und Muskelröhren. Die Aufgabe, die Erregbarkeit eines jeden dieser Organe gesondert zu schätzen, ge- lingt nur für den Fall, dass die Nerven und Muskeln ihre Erreg- barkeit behaupten, während sie die automatischen Massen einbüssen, denn nur hier, nicht aber beim umgekehrten Verhalten giebt es Prüfungsmittel für die erregbar zurückgebliebenen Bestandtheile.

Viele der Bedingungen, durch welche die Erregbarkeit der cerebrospinalen Muskeln und Nervenmassen erhalten wird, wirken in gleicherweise auf das Herz; so verlang-t das letztere namentlich sauerstoffhaltiges Blut, gewisse Temperaturgrenzen, eine gewisse Andauer der Ruhezeiten zwischen den vollführten Anstrengungen; das ausgeschnittene Herz schlägt in einem mit Wasser gesättigten Räume länger als in trocken erhaltener Luft u. s. w.

Ein ausgeschnittenes oder das in der Brusthöhle befindliehe Herz eines Säuge- thiers, dessen Hirn und Rückenmark abgestorben ist, schlägt, sich selbst überlassen, nur noch kurze Zeit fort; die Zeitdauer seiner Bewegungen kann aber beträchtlich vergrössert werden, wenn man entweder in die Lungen des getödteten Thieres Luft einbläst, oder aber wenn man durch die Kranzgefässe des ausgeschnittenen Herzens einen arteriellen Blutstrom leitet (C. Ludwig)*). Ein ausgeschnittenes Proschherz erhält dagegen seine Bewegungen stundenlang nur mit Zuthun des Bluts oder der Ernährungsflüssigkeit, welche in seinem Gewebe enthalten ist. Bringt man ein sol- ches Herz in eine reine Sauerstoflatmosphäre, so schlägt es um viele Stunden länger und kräftiger, als in der atmosphärischen Luft (Gas teil), führt man es dagegen in den luftleeren Raum (Pontana, Ti e d e m an n **), Pickford)***), in Wasserstoffgaa (Schulzf), Castell)tt), Stickgas, Kohlensäure, Schwefelwasserstoff und luftleeres' Wasser (Gas teil), so hört das Herz früher zu schlagen auf. Während seines Auf- enthaltes in den beruhigenden Mitteln haben die gewöhnlichen Erreger der Nerven ihre Wirkungskräfte verloren; bringt man aber dann das Herz, dessen automatisch»' Erregung und dessen Erregbarkeit ganz verloren, wieder an die atmosphärische Luf^' so beginnt die selbstständige Bewegung von Neuem. Beiläufig ist iier noch zu be-

*) Henlo u, Pfeufer. 1. Heihc. V. Bd. p. 76. *») Müllers Archiv. 1847, 490. '*•) Henle u, Pfeufer. Neue Folge. I. Bd. 240.

■f) De motu coidis ranao. Berlin 1849. tt) Müllers Arcliiv. 1854. 226.

Eigenthüiiilichkeiton der Herzerregbarkeit.

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merken, dass die erwähnten Umstände und Gase nicht in gleichen Zeiten die Bew6- .gung unterbrechen. Länger dauert der Herzschlag in Stick- und Wasserstoffgas, kür- zer in Kohlensäure und Schwefelwasserstoff; ebenso schlägt das Herz länger unter der ILuftpumpe, wenn in den Eezipienten noch ein Behälter mit ausgekochtem Wasser ■steht ; kürzer wenn ein Gefäss mit CaCl darin enthalten ist. (Arnold). Das ausge- ichnittene Herz eines Frosches, welches zwischen zwei aufeinandergepassten Uhrglä- iem liegt, verlangsamt seine Schlagfolgo um ein Beträchtliches , wenn man es auf Eis letat, während es umgekelu't dieselbe sehr beschleunigt, wenn man es auf einen er- nränuten Gegenstand bringt. Aus ähnlichen Gründen hat auch Bezold einen durch aus der Vergessenheit gezogenen Versuch Humboldts zu erklären gewusst. (in Herz, das an den zugebundenen Arterien aufgehängt ist, schlägt rascher und läiger, ein solches, das unter gleichen Bedingungen auf eine Glastafel so gelegt wird, ass seine Sinus mit den Unterlagen in Berührung sind. Die Ursache dieses verschie- enen Verhaltens liegt in der Ansammlung schädlicher Flüssigkeiten in der Nähe der Sinus und nicht in der Lage als solcher, wie Bezold durch verschiedene Versuche .arthut. Verlängert man die Herzpausen durch Erregung der NN. vagi und leitet arauf durch Berührung des Herzens eine Bewegung ein , so ist diese dem Anschein ,ch kräftiger als vor der Vagusreizung, wo die Herzschläge schneller aufeinander- 'olgten. Wenn man aber umgekehrt mittelst des Elektromotors die Herzschläge sehr iOBchleunigt, so wird jeder einzelne derselben so schwach, dass sich trotz seiner un- lählbaren Schlagfolge das Herz immer weiter ausdehnt, bis es endlich stillsteht. Auf diese Weise gelingt es leicht ein Thier zu tödten. ( C. Ludwig.) Ein andres eispiel hierfür giebt Bezold; wenn ein Herz im Absterben begriffen ist, so schlägt 'emeinigUoh der Ventrikel seltener als die Vorkammern ; werden nun durch Vagus- eizung beide Herzabtheilungen für einige Zeit zur Buhe gebracht, so kommt beim iederbeginn der Schläge auf jeden Vorhof auch eine Kammerzuckung, und zugleich Igen jetzt die Schläge des ganzen Herzens so rasch aufeinander wie vor der Vagus- ;nng die der Vorhöfe ; während der längeren durch Vagusreizung eingeleiteten .uhezeit hat sich also die Erregbarkeit der Vorkammer erhöht. Hierher scheint saeh die Beobachtung von Czermak u. Piotrowsky*) zu gehören, welche fanden, ass das ausgeschnittene Herz des Kaninchens seine Schläge später einstellt, wenn cor dem Tode des Thieres die NN. vagi gereizt, früher, wenn sie vorher durchschnitten aren. In welchem Verhältniss mit der Ruhezeit die Erregbarkeit steigt, ist unbe- lannt; unter günstigen Verhältnissen genügen zur Wiederherstellung der letztern sehr nrze Pausen, wie z. B. nach Durchschneidung der NN. vagi sehr kräftige Schläge der sehr rasch folgen.

d. Eigenthümlichkeiten der Herzerregbarkeit. Neben en genannten Uebereinstimmungen bietet aber die En'egbarkeit es Herzens aucb viel Abweichungen von andern Nerven und Mus- ieln. Dahin gehört; 1) die Schläge eines Induktionsapparats, welche enügend sind, jeden andern Nerven und Muskel in Starrkrampf zu ersetzen, vermögen das lebende noch vom nomalen Blut durch- ömte Herz nur zu beschleunigten Bewegungen zu veranlassen. 0 verhindern die Erregbarkeitszustände des Herzens, dass es

•) wiener Akäd. 8itzong»berlchte XXV. 431.

gg Erregung des Herzons.

in Tetanus kommen könne. Diese Erscheinung ist um so auffal- lender; als man durch heftige Induktionsschläge an einzelnen Ab- schnitten des Herzens weisse wulstförmige Hervorhebungen erzeugen kann, welche anscheinend grosse Aehnlichkeit mit dem lokalen Te- tanus der Rumpf- und Darm-Muskeln darbieten. 2) Ein constan- ter elektrischer Strom, gleichgiltig in welcher Richtung er durch das Herz fliesst, vermag den bestehenden Herzschlag nicht zu be- ruhigen ; im Gegentheil regt er das durch Ausschneidung der Vor- hofsscheidewand beruhigte Herz wieder zu Bewegungen an (Eck- hard*). Da das Herz in seiner Gesammtheit durch ein anhalten- des Erregen nicht tetanisch wird, und da anderseits Pflüg er nachgewiesen, dass auch ein constanter Strom von sehr geringer Intensität einen Rückenmarksnerven und zwar tetanisch erregt, so könnte man geneigt sein, statt eines Gegensatzes durch diese That- sache eine Uebereinstimmung zwischen den Erregbarkeiten des Her- zens und anderer Nerven zu finden. Hierbei wäre nur zu bedenken, dass jene Ströme, welche das ruhende Herz erregen, zu den kräf- tigen gehören, welche auch die Rückenraarksnerven vollkommen in Ruhe lassen, resp. je nach ihrer Richtung die Wirkungen an- derer Erreger herabsetzen. 3) Curare, welches die motorischen Nerven der Skeletmuskeln lähmt, geht an dem des Herzens ohne alle Wirkung vorüber (Kölliker, Bernard.) '

d. Erregung des Herzens. «. Die Zahl der Herzschläge in der Zeiteinheit ändert sich mit den Zuständen der Selbsterreger im Herzen. Unzweifelhaft geht überhaupt von einer im Herzen ent- haltenen an besondern Orten eingebetteten Vorrichtung die Anre- gung zur Bewegung aus, da einerseits das ausgeschnittene, blut- leere, den von aussen her dringenden Reizen entzogene Herz noch in regelmässiger Zeitfolge schlägt und da anderseits ein aus- geschnittenes Herz oft bis zum vollkommenen Absterben in Ruhe bleibt, aber augenblicklich einen regelrechten Schlag ausführt, wenn irgend ein Theil seiner Oberfläche mit einer Nadel berührt wird. Wie der erstere Erfahrungssatz den Beweis dafür liefert, dass im Herzen selbst alle Bedingungen für das Eintreten seiner Bewegungen enthalten sind, so thut der zweite dar, dass das Bestehen der Nerven- und Muskelerregbarkeit für sich noch nicht gentigt, um die rhythmische Bewegung einzuleiten.

•) Beiträge zur Anatomie u. Physiologie I. Bd. p. 146.

Erregung des Herzens. 93

lieber den erregenden Vorgang selbst sind wir vollkommen im lünklaren; den Ort, an denen er sich entwickelt, verlegen dagegen odie meisten Physiologen in die GangHenhaufen des Herzens, na- imentlich in die am Beginn der Arterien und Kammern gelegeneu. ((Bidder, Bezold.)

Nach den vorliegenden Beobachtungen am Proschherzen sind vorzugsweise ;lie Ganglienhaufen am Beginne der Scheidewand des Vorhofs und an der Furche ii<wisch9n letzterm und dem Ventrikel als die Stätten des selbsteri'egenden Vorganges [anzusehen. Denn ein Ventrikel, der unterhalb der letzten Grenze abgeschnitten ist, ibleibt, wenn er nicht von aussen her gereizt wird, meist bewegungslos bis zum Tod Stiegen. Diese Erscheinung erleidet jedoch zahlreiche Ausnahmen ; wii-d ein solcher •Stumpf in Froschblut zwischen zwei luftdicht schliessenden Ulirgläseni aufgehoben und dann etwa bis Vi Stunde nach seiner Trennung von den Ganglienhaufen mit •einer Nadel bestrichen, so kehrt sehr häufig rhythmische Bewegung durch längere Zeit Hindurch wieder (Hoffa). Obwohl diese Erfahrung darthut, dass die abgeschnittenen uonglien nicht allein die automatischen Organe sind, so bleibt es doch immer bemer- Kenswerth, 1" dass sehr viele Herzen ohne Zuthun äusserer Eeize bewegungslos ab- sterben, wenn man die Ganglien an den obem Theil der Scheidewand durch einen umgelegten Faden gequetscht (Stannius), oder ausgeschnitten (Bidder), oder galva- 'lokaustisch (Eckhard) zerstört hat; dass aber nach Unterbindung der Scheide- \andganglien die Bewegung für längere Zeit wiederkehrt, wenn man einen Faden um lie Gegend von Vorhof und Herzkammer schnürt (Stannius). Siehe hierüber noch ! leidenhain und Eckhard 1. c.

I ß. Die Zahl der Herzschläge mindert sich, wenn der n. vagus, .foevor er in das Herz tiitt, erregt wird (Ed. Weber).

Hier sind die Thatsachen zusammenzustellen, welche sich auf bine Veränderung des Herzschlags durch Erregung des Vagus be- |ii iehen. 1) Die Bewegungen des Herzens werden um so anhal- iit ender unterbrochen, je intensiver die Erregungen des n. vagus iiind. Diese Behauptung begiUndet sich dadurch, weil ein Erre- ; Lr ungsmittel von sehr geringer Stärke, das, auf den ungeschwächten ' ;i . vagus angewendet , noch eine Verlängerung der Pause erzeugt, jiiich in dem ennüdeten nicht mehr als wirksam erweist; weil inner- halb enger Grenzen je nach der Stärke des Erregers eine kürzere i der länger dauenide Pause erzeugt wird, weil dasselbe Erreguugs- i littel von immer gleicher Intensität, wie z. B. die elektrischen ^ ichläge, zuerst, so lange das zwischen den Drahtenden liegende ! [ervenstück noch unversehrt ist, die Pause des Herzens beträchtlich i erlängert, während mit andauernder Erregung, d. h. mit steigen- er Veränderang des durchströmten Nervenstückes die Herzpause lehr und mehr an Dauer abnimmt u. s. w. Demnach kann man •i einer passenden Anordnung der Erregungsmittel die Herzpause IS zur Dauer vieler Sekunden verlängern, z. B. wenn man an

Erregung des Herzens.

einem langhaJsigen Hunde den nerv, vagus dermaassen in den Kreis eines Induktionsstroms bringt, dass man das vom Strom durehfiossene Stück ganz allmäblig und stetig verlängert, so dass fortwälirend neue von der durchströmenden Elektrizität noch nicht umgewandelte Nervenelemente in den Kreis aufgenommen werden. 2) Die gleichzeitige Erregung der beiden n. vagi scheint, alles Andere (Stärke des En-egers, der Erregbarkeit und die Länge des erregten Nervensttickes) gleichgesetzt, die Zusamraenziehung des Herzens anhaltender zu unterbrechen, als die eines einzigen. Zur Bestätigung dieses Satzes bedarf es jedoch noch genauerer Ver- suche. 3) Hat man die n. vagi eines Säugethiers 6 bis 15 Mi- nuten mittelst des elektrischen Induktionsstromes erregt, so hört mit der Entfernung der stromführenden Drahtenden nicht momentan die in Folge der Erregung vorhandene Verlangsamung des Herz- schlages auf, sondern es verbleibt noch eine mehrere Minuten an- dauernde Nachwirkung, so dass erst nach Verfluss derselben die Herzschläge wieder mit derselben Geschwindigkeit einander folgen, die sie vor aller Erregung besassen (Hoffa). 4) Hieran reiht sich, dass eine Anzahl von elektrischen Schlägen, die viel zu selten- aufeinander folgen, um in einem gewöhnlichen Muskelnerven Teta- nus zu veranlassen, einen dauernden (tetanischen) Ruhezustand des Herzens durch den n. vagus einleiten können; 70 120 einfache Oeifnungs- und Schliessungsschläge in der Minute brachten ein Froschherz auf mehre Minuten zur Ruhe. Diese letztere tritt jedoch nicht plötzlich ein, sondern mit dem Beginn und dem Fortschritte der Reizung werden zunächst die Pausen zwischen je zwei Herz- schlägen länger und länger. Daraus folgt nicht allein, dass ein je- der einzelne Reiz eine Nachwirkung hiuterlässt, die sich noch jen- seits einer ausgeführten Herzbewegung erstreckt, sondern auch, dass sich die von mehrern aufeinander folgenden Reizen heiTührenden Nachwirkungen summiren. (Bezold). Für die Zwecke des Ex- perimeutirens folgt aus dieser Beobachtung, dass man den n. vagus am schonendsten durch solche seltener aufeinander folgende Schläge reizt. 5) Die Anzahl der einzelnen elektrischen Schläge, welche in der Zeiteinheit nothwendig ist, um die Pause auf Minutenlänge zu steigern, sinkt, wenn die Elektrizitätsmenge, die sich durch jeden Schlag ausgleicht, wächst. Die Anzahl der Reizungen muss sich mehren in dem Maasse, in welchem die natürlich vorhan- denen Thiere Zusammenziehung erweckenden Vorgänge des Her- zens überwiegen über die beruhigenden; ^ilso ist beim Bestehen

Erregung des Herzens.

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üner grossen Zahl energischer Herzkontraktionen eine grössere Zahl «ra Einzelreizen in der Zeiteinheit nöthig, als bei einem im Absterben legriltenen Herzen. (Bezold). 6) Erregt man mittelst des Induk- lonsstroms den Vagus nach seinem Eintritt in das Herz, so ver- lingert sich nicht die Pause aller Öerztheile. In unveränderter teschwindigkeit schlagen nemlich die Theile, welche ihre Nerven HS dem Stücke des u. vagus erhalten, das oberhalb des erregten nrtes liegt, während die Pausen aller der Herzabtheilungen sich BrlängeiTi, deren Nerven erst unterhalb des erregten Ortes aus dem tamme treten (Hoffa). 7) Wenn man während einer durch te Erregung des n. vagus verlängerten Pause die Herzoberfläche tOckt, elektrisch schlägt u. s. w., so erfolgt jedesmal eine Systole, «araus folg-t auch, dass, wenn man durch die Oberfläche des lerzens elektrische Schläge dringen lässt, die hierdurch hervorge- hen en Bewegungen durch Vaguserregung nicht beruhigt werden tonen. 8) Im gewöhnlichen Verlauf des Lebens ist bei Hun- Vt, Pferden u. s. w. innerhalb des Hirns der n. vagus einer ge- iden EiTCgung ausgesetzt. Wir schliessen hierauf, . weil bei den irwähnten Thieren nach Durchschneidung des n. vagus, oder eJoh Einleitung eines lähmenden Stroms (Heidenhain) der srzschlag plötzlich ausserordentlich viel rascher wird, als vor •rselben. Nach der soeben (ß. 4) mitgetheilten Erfahrung, «BS zeitlich gesonderte Erregungen des Vagus den Zustand des »rzens dauernd ändern können, ist es erlaubt zu vermuthen, ass auch vom verlängerten Mark nicht stetige, sondern durch «rkliche Zeiträume unterbrochene Erregungen in den n. va- ?s gelangen. (Bezold). 9) Einen besondem Abschnitt ver- »nen die Eeizungs- und Durchschnei dungsversu che am Frosch- rrzen. Zu ihrem Verständniss diene, dass die NN. vagi die einzigen «rvenstämme sind, die von aussen her in das Froschherz verfolgt irden können ; sie laufen auf den Ingularvenen bis zu den Stamm ff venae pulmonales, durchbohren neben diesen den Venensack, id gelangen dann auf die linke Fläche der Vorhofsscheidewand, iler tauschen sie neben der Einmlindungsstelle der vena pulmonalis isern aus und gehen von da in zwei gesonderten Strängen zum iheftnngsort der Scheidewand in die Kammerbasis, um dort in 13 Kammei-fleisch Itberzutreten. Auf diesem Wege geben sie zuerst Bte an den Venensack, die mit einzelneu Ganglienkugeln belegt dd; neben der Lungenadermllndung in den Winkeln, ans denen Fasern zum Plexus hervorgehen, treten dngegen zuerst massen-

gg Erregung des Herzens.

I

hafte Gaiiglieiuinliäul'u ugeu auf und ebenso sind die Stämme auf der Herzscheidewand, wie die Zweige, welche von hieraus in Vorhofs- muskehi gehen, reichlich mit Ganglienkörpern versehen, die endlich wieder zu grösseni Haufen vereinigt in der Furche zwischen Kammer und Vorhof aufti-eten, wo die Stämme der Vagi aus der Scheide- wand in das Kammerfleisch Ubergehen; auch sind die Aeste für das letzte am Beginn wenigstens mit Ganglien versehen.

Eine festzugeschnürte Schleife um die obersten Vorhofgang- lien (Stannius) oder ein Ausschneiden derselben (Bidder) be- dingt einen 5 10 Minuten langen Stillstand des ganzen Herzens. Schneidet man statt auf einmal successiv den Venengack ab, so verlangsamt sich mit dem Fortschreiten des Schnittes die Herzbe- wegung, aber erst, wenn man die Grenze zwischen Venensack und Vorhof überschiitten hat, tritt plötzlich der Stillstand ein (Bezold). Wenn nach Austilgung der obern Vorhofsganglienl und während des dadurch erzeugten Stillstandes eine Schnur um die Grenze zwischen Kammer und Vorhof gebunden wird (Stannius) oder wenn in der Begrenzungsfm-che die Kammer abgeti-agen wird, so beginnt die Kammer von Neuem zu schlagen, während der Vor hof ruht. Wird dagegen unter denselben Umständen der Schnitt! unterhalb der Trennungsfurche im Kammerfleisch selbst geführt,] so beginnen meist der mit dem Vorhof in Verbindung gebliebem Fleischring der Kammer und der Vorhof ihre Bewegungen wiedei und zwar in solcher Reihenfolge, dass zuerst der Kammerrest um gleich nachher der Vorhof schlägt. Ein Reiz, der das Herz trifft, während es in Folge eines Schnittes unterhalb der obern Vorhofs ganglien stillsteht, bedingt eine totale Zusammenziehung, die meisj an der Herzabtheilung beginnt, welche vom Reiz (einen Nadelstich' getroffen wurde. Die ganze Reihe der Erscheinungen lässt sich a; dem Herzen eines Frosches hervorbringen, der mit Curare vergiftet is'

y. Die Zahl der Herzschläge mehrt sich, wenn diejenige] Einflüsse, welche früher als nervenerregende bezeichnet wurden, wenn auch beschränkt, auf das Herz wirken, also nach elektrischen, mechanischen, einer bestimmten Zahl chemischer Eingriffe, Temp raturerhöhungen u. s. w.

Der Beweis, dass die angegebenen Mittel das Herz zur B wegung anregen, ist entweder nur so zu geben, dass sie zu einer Zeit ihre Wirksamkeit für das Herz entfalten, in der das Her ohne ihre Gegenwart still stehen würde (z. B. in der langen Pausi während der Vaguserregung, oder kurz vor dem vollkommene!

Erregung des Herzens.

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^Absterben des Herzens), oder dass sie die Zahl der Herzschläge ifHr längere Zeit beträchtlich zu vermehren im Stande sind. Mit ißücksicht auf die Wirkung der genannten Erreger ist noch zu be- uiierken: 1) Der Werth ihrer erregenden Wirkung wechselt mit lern Ort, auf den sie angewendet werden; so erzeugt, namentlich jach ßidder, ein Nadelstich sicherer eine Herzbewegung, wenn i-r auf die äussere Fläche der Ventrikel, als auf die der Vorhöfe ingewendet wird; im Allgemeinen erweckt ein Erregungsmittel, auf lie inneren Flächen des Herzens gebracht, leichter Bewegung, als iou den äussern her. 2) Eine einmalige, sehr vorübergehende lurreguug des Herzens (auch wenn es ausgeschnitten und blutleer «t) ist nicht allein im Stande eine einmalige Zusammenziehung desselben zu erregen, sondern auch längere Zeit hindurch die Pause iiu verkürzen, mit andern Worten, die Zahl der Herzschläge in der t'eiteinheit zu vermehren. Diese Erscheinung tritt in sehr auffallen- eier Weise öfter an dem Ventrikel des Froschherzens auf, der in ler Querfurche von den .Vorhöfen getrennt ist. Ohne Zuthun eines nlrregers liegt derselbe meist vollkommen ruhig ; bestreicht man ihn ■>,ber mit der Spitze einer Nadel, so geräth er in viele rasch auf- linander folgende Zusammenziehungen. Wie hier ein rasch vortiber- ^ehender Erreger eine Nachwirkung hinterliess, so kommt diese le mter andern Umständen erst zum Vorschein, wenn der Erreger, ir las Herz längere Zeit hindurch angegriffen. So muss ein möglichst IC libenskräftiges Herz anhaltend, mehrere Sekunden hindurch von ■en Schlägen eines starken Induktionsstromes getroffen werden, 's- eenn auch das Herz nach der Entfernung desselben die ausser- lät ordentliche Zahl von Schlägen (bis zu 600 in der Minute) zeigen Dil, die der Strom bei seiner Anwesenheit erweckt. 3) Eine u iidauernde elektrische Erregung, die in allen andern Muskeln teta- •ische Krämpfe erzeugt, bringt das Herz im Ganzen nur zu schnel- fj nren Bewegungen, aber nicht in eine tetanische Zusammenziehung. jB dagegen wird die Muskelsubstanz in einem beschränkten Umfang n den BerUhrungsstellen des Herzens mit den Poldrähten zu einer '.tanischen Zusammenziehung veranlasst, welche sich noch viele Mi- mten nach Entfernung des Erregungsmittels erhält. 4) DieAuflö- ung vieler chemischer Stoffe, namentlich des Opiums, Strychnins, des Ukohols u. 8. w., welche in die Herzhöhle gebracht wurden, be- |Ähleunigt für kürzere Zeit den Herzschlag, verlangsamt ilm aber üi^^P' endlich das vollkommene Absterben des Herzens

Aedingt. Ein Froschherz > welches in eine reine Sauerstoff'atmo-

Ludwig, Physiologie H. 2. Annage, 7

gg Krrcgung (los Iferüens.

Sphäre gebracht wird, schlägt rascher (C asteil). Ein Gemenge von Ct)j nnd atmosphärischer Luft soll den Herzschlag kräftigen (Brown-S6quard).

Aus den niitgetheilten Beobachtungen sind einige Ableitungen über die Abhängigkeit der rhythmischen Herzzusamrnenziehung von den in ihm eingebetteten Nerven hervorgegangen, welche wenigstens als Ausgangspunkte neuer Untersuchungen erwähnenswerth sind. -

f)'. Die Ruhe sowohl wie die Zuckung des lebenden Herzens sind Folgen einer im Herzen stattfindenden Erregung; beide Er regungsarten sind an räumlich getrennte Organe geknüpft, welche wahrscheinlich durch die Ganglienkörper dargestellt werden. Im Froschherzen, das aus Venensack, Vorhof imd Kammer besteht, überwiegen die Organe, welche Zuckung erregen; in der Combi nation, die nur noch aus Vorhof und Kammer besteht, halten sich die bewegenden und beruhigenden das Gleichgewicht; in der los- getrennten Kammer endlich überwiegen wieder die bewegenden Kräfte. Dieses folgert man : weil ein Reiz , der das gesammte Herz trifft, nicht tetanus, sondern wechselnde Bewegung erzeugt, obwohl die einzelnen Muskelfasern tetanisirt werden können; weil der Anschnitt der obern Vorhofsganglien Ruhe, und das Ab- schneiden des Vorhofs wieder Erregung erzeugt. Setzt man hinJ zu, dass durch einen starken constanten elektrischen Strom niJj die beruhigenden Nervenmassen in ihrer Erregbarkeit beeinträclM tigt werden, so würde es auch begreiflich, warum ein solchdj Zuckungen einleitet. jl

Die Eigenthümlichkeit, dass ein vorübergehender Reiz ava das Herz Avie auf den n. vagus in grösserer Zahl aufeinander fol-j gender Bewegungen oder die eine längere dauernde Ruhe erzeugt! soll sich ableiten aus der Verbindung jener Nerven mit den GangJ lien, da es gegen die Analogie verstösst, dem Nervenrohr diesel Eigenthümlichkeit zuzuweisen. Das Nähere geben die angezogeneJ Schriften von Bidd er, Eckhard, Bezold, Hoffa, Heidenhainl

£. Eine auffallende Beschleunigung des Herzschlags soll erJ zeugt werden durch Erregung der in das Herz tretenden ZweigJ des n. sympathicus, oder seiner Ursprünge in dem Hirn un/ Rückenmark. Diese Behauptung scheint nicht für alle Thiere in gleicher Weise zu gelten. Mit Sicherheit lässt sich behaupten, dass eme Erregung des Grenzstrangs am Halse und in der obern Brustgegend beim Kaninchen den Herzschlag nicht beschleunig'

Erregung des. .Herzens.

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- (Weinniann). Henle*) hat beim Menschen und Cl. Ber- nard**) beim Hunde nach Reizung des ersten Brustganglions eine Beschleunigung gefunden. Budge endlich konnte beim Frosch die im Erlöschen begriffene Herzbewegung wieder anregen durch Reizung des vom Schwanzbein bis in die Nähe des Herzens verlaufenden Grenzstranges, vorausgesetzt dass vorher die vagi dunihschnitten oder die med. oblongata zerstört war. Don- ders***) bestätigt diese sehr merkwürdige Erscheinung. Die entgegengesetzte Ansicht, welche R. Wagnerf) vertritt, die nem- lich, dass die Erregung des Sympathicus eine Verlangsamung er- zeugen kann, ist weder durch Wein mann, noch durch Heiden- hain auf dem Wege des Versuchs bestätigt worden.

Die älteren Versuche, welche in der Absicht angestellt wur- den, um den Beweis zu liefern, dass mit der Bewegung des Hiras, Rückenmarkes oder des sympathischen Grenzstranges die Herzbe- wegung beschleunigt, oder mit Zerstörung der emähnten Theile verlangsamt, resp. vernichtet werde, leiden an so vielfachen Feh- 1 lern, dass es vollkommen unmöglich ist, ihnen noch irgend wel- « eben Einfluss auf die Bildung eines Urtheils zu gestatten. Zu- I nächst übersah man meist, dass das blossgelegte Herz eines : absterbenden, mangelhaft oder gar nicht mehr athmenden Thieres aus Gründen, die zunächst in der veränderten Zusammensetzung des einströmenden Blutes liegen, in sehr unregelmässiger Weise schlägt. Volkmannft) hat hierauf zuerst die Aufmerksamkeit gelenkt. Da nun auch ausserdem den Vivisectoren bis auf Ed. Weber und Budge die besondere Art des Einflusses, welche der n. vagus auf das Herz übt, entgangen war, so befanden sie sich ausser Stande, zu entscheiden: ob die Veränderung, welche nach Erregung oder Zerstörung einzelner Theile des Hirns, Rücken- markes oder des peripherischen Nervensystems eintritt, die Folge einer directen Beziehung zwischen jenen Theilen und dem Herzen waren, oder ob sie es nur mit einer Veränderung zu thun hatten, welche an den Ursprungsstellen des n. vagus auf irgend welchem Umweg erzeugt war.

•) Henle In seiner und Pfeufers Zeitsclirlft. Neue Folge. II. Bd. p. 300. ••) Le^ona de Physiologie exporlmentale II. 430. •") Physiologie dos Menschen. Lcipüig 185U. p. 55. ■f) Güttinger gelehrte Anzeigen. IKSl. 5121. tt) MUllers Archiv. 1845.

7*

]f)0 U"!""' Häufigkoit (IcR Herzschlags beim Mcnsolicii.

Eine ausftihrlicliere Bespreclnmg der älteren Versuche von Humboldt., Legallois, Brächet u. s. w. siehe bei Johann Müller und Longet*).

TJeber die Häufigkeit des Herzschlags beim Men- ge jjen. Da die Orte des Hirns, 'aus welchen der n. vagus sei- neu Ursprung nimmt, durch Seelenzustände, Reflexe oder N'erän- derungen in der BlutzusammensetzAing in vielfach abgestufte Erre- gung kommen können, da die wechselnde Zusammensetzung des Bluts, die Bewegung des Brustkastens, der verschiedene Wider- stand des vom und zum Herzen strömendeu Blutes u. s. w. man- nigfache Grade der Erregung und Erregbarkeit des Herzens selbst bedingen können, so lässt sich voraussehen, dass die Zahl der Schläge, welche das Herz des lebenden Menschen in gegebener Zeit vollführt, keine sich gleichbleibende sein wird. Eine sorg- samere Beobachtung der Herzschläge des lebenden Menschen hat nun in der That nicht allein die Schwankungen in den Zahlen der Pulsschläge erwiesen, sondern auch diese zu gewissen Lebensver- hältnissen in Beziehungen zu bringen gewusst, so namentlich, dass die Beschleunigung des Pulses veränderlich sei mit dem Genuss der Nahrungsmittel, der Muskelbewegungen, dem Alter, Geschlecht, der Körpergrösse, dem Blutgehalt u. s. f. Nach dem Mechanis- mus, durch den diese Umstände den Herzschlag umändern, hat man bis dahin nicht weiter gesucht, und es ist dämm nicht zu entscheiden, durch welche der eben bezeichneten Weisen sie wirk- sam sind und ob dieselben die einzigen sind, welche den Herz- schlag eines lebenden Menschen umändern können.

Da der Pulsschlag für den Arzt von grosser Bedeutung ist, so wird die Angabe der Regeln, nach welchen die Pulsverändenuig zu beurtheilen ist, nothwendig sein.

1. Die Zahl der Pulse in der Minute ändert sieh mit der Tageszeit, und zwar unabhängig von der Nahrung und den Körperbewegungen. Fröhlich und Lichten- fels*) fanden, dass frühmorgens, 10 Stunden nach dem letzten Essen, die Pulszahl der Minute 69,3 betrug, 16 Stunden nach dem letzten Essen war sie auf 50 gesunken und 20 Stunden nach dem bezeichneten Zeitpunkt, war sie wieder auf 53,.3 gestiegen. Die genauere Veränderlichkeit der Pulszahl mit der Zeit an dem Hungertage giebt die beistehende Curve (Fig. 33); auf die y sind die Pulszahlen, auf die x die Zeiten in Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme verzeichnet.

du »"v,,t?^"' deux. p. 192. 211. 347. - Anatomie et ptn-siologie

uu systftme nerveux. II. 597. ^

*•) Wiener Ak«dcm. Denkschriften. III. 121.

Uebor die Häufigkeit des Herzschlags beim Menschen.

101

Fig. 33.

2. Die Zahl der l'ulsschläge ändert sich mit dorn Genuss der Nahrungsmittel. Fröhlich und Lichtenfels geben an, dass nach dem Genuss eines Frühstücks aus

Kaffee der Puls rasch ansteige, dann allmäh- lig bis zum Mittagsessen sinke, von hier wieder, jedoch nicht so hoch wie früher, ansteige, bis zum Abendbrot falle, nach die- sem abermals steige u. s. f. Dieser Gang wird durch die Curye (Fig. 34.) genauer dar- gestellt. In dieser Curve sind auf der Achse X die Zeiten nach Stunden aufgetragen, in der Art, dass zugleich die Zeitendes Essens angegeben sind ; auf die erste 0 fällt das Frühstück , auf die zweite das Mittagsessen auf die dritte der Abendkaffee und auf die letzte das Nachtessen ; unter diesen die Essens- stunde bezeichnenden Zahlen sind die fortlau- fenden Tagesstunden aufgetragen von 7,5 Uhr Morgens bis 11,5 Uhr Abends. Auf der Achse y ist die Anzahl der Schläge aufge- zeichnet, um welche sich in der Minute der Puls zu der bezeichneten Zeit vermehrt oder rermindert hatte. Um die ganze Zahl der Pulsschläge zu finden, muss man also je- desmal die in der Curve verzeichneten zufügen oder abziehen zu oder von denen, welche sich nach lOstündigem Enthalten von aller Nahrung vorfanden. In dem vor- gezeichneten Beispiel betrug dieselbe aber 69,3 Schläge. Aehnliche Beobachtungen giebt Vierordt*).

Fig. 34.

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Mit einer Verlegung der Mahlzeiten muss diese Curve natürlich sehr verschiedene Gestalten annehmen. Ein jedes Nahrungsmittel wirkt aber nicht auf gleiche Weise.

•) Vierordt, Physiologlo d. Atlimons. 1845. p. 6«.

102

Ucber dio Ilnufigkeit des Herzschlags beim Menschen.

Bei Fleischnahrung soll der Puls rascher sein, als bei vegetabilischer (öuy). - Nach dorn Goimss von Alkohol (Bier, Wein, Branntwein) steigt in den ersten Minuten die Zahl der Pulsschläge weit unter diejenige vor dem Genuss dieser Mittel, in den darauf folgenden aber erhebt sie sich hoch über die ursprüngliche Zahl, sinkt und steigt wieder, und kehrt so allmählich mit Schwankungen zu der alten Zahl zurück. Koh- lensäure (nach Genuss von Brausepulver) bringt den Puls gegen 20 Minuten lang zum Sinken, ebenso kaltes Wasser, während warmes Getränk, namentlicli Kaffee, umgekehrt ihn zunächst steigen macht u. s. w. Weitere Beobachtungen über Arzneistoffe siehe bei Lichtenfels und Fröhlich, Blacke*), Stannius**), Lenz**»), Brun- ner t) und Traubett)- Indem wir die ausführliche Erwähnung dieser Beobachtungen den Lehrbüchern der Heilkunde überlassen müssen, können wir uns nicht versagen, hervorzuheben, dass durch die genauen Versuche von Traube dem Digitalin eine eigenthümliche Stellung angewiesen ist. Dieses Gift erzeugt, wenn es in kleinen Dosen in den Kreislauf eingebracht wird, eine Verlangsamung, wenn es aber in grossen Dosen gegeben, so bedingt es eine Beschleunigung des Herzschlags; Traube erläutert diese Erscheinung daraus, dass das Digitalin vermöge seiner besondern Verwandtschaften auf die Hirnabtheilung wirkt, von welcher die Herzzweige des n. vagus erregt werden. In kleinen Mengen soll nun , nach Analogie vieler chemischer Erregungsmittel , das Gift erregend, in grossen Gaben vernichtend wirken, so dass das Herz im erstem Fall unter dem Einfluss des erregten , im letztem unter dem Einfluss des Vagus schlüge, der seiner normalen Erregung entzogen wäre. Diese Erklärang wird bestätigt durch die Erfahrung, dass die den Puls verlangsamende Wirkung des Digitalins meistentheils augenblicklich aufgehoben wird nach einer Durchschneidung der n. vagi. Neben dieser Wirkung durch den n. vagus hindurch besitzt das Gift noch eine zweite, direkt ge- gen das Herz gehende, wie uns dieses die Versuche von Stannius und Traube bestätigen.

3. Die Zahl der Pulsschläge ändert sich mit den Zustäden aller übrigen Muskcl- masscn des zugehörigen Individuums, resp. mit ihrer Ruhe, Zusammenziehung, Emiü- dung. Fröhlich und Lichtenfels geben an, dass, wenn die Muskelmasse des Armes durch das Anhängen eines Gewichtes von 10 Pfund ausgedehnt worden, der Puls um ein weniges steigt; um mehr, wenn man den Arm bis zur Ermüdung ge- streckt hält; und noch beträchtlicher, wenn man ein schweres Gewicht möglichst rasch hin- und hcrsehwingt. Diese Steigerungen erhalten sich nur kurze Zeit, minutenlang, während sie stundenlang andauern nach starken Ermüdungen der Muskulatur des Geh- apparates. Daraus ergiebt sich, dass der Puls im Stehen ein anderer ist, als im Sitzen und hier ein anderer, als im Liegen. Bei vielen Menschen wird schon durch Kiefer- bewegung der Pulsschlag beschleunigt. ~ Nach Guy*) soll mit passiven Bewegun- gen des Körpers die Zahl der Pulsschlägo wachsen und durch Niederhängen des Kopfes abnehmen. Im Schlaf nimmt aus hier zum Theil entwickelten Gründen die •Zahl der Pulsschläge ab.

•) Archive gene'ral. 1839. VI. Bd. •») Arcliir f. pliysiolog. Heilkunde. X. Bd.

•»•) Experimentu de raüono intor piilsus froriucntiam otc. Dorpat, 1853. t) Ueber mittlere Spannung im Gcfässsystcm. Ziiricli 185i. tt) Annalen des Charitc'ltrnnkenhausos. 1851 u. 1852. ttt) Valentins Jalircsbcricht Uber Physiologie. 1848. p. 123.

lieber die Häutigkeit des HerzschlaRs beim Menschen.

103

4. Ein Sturz- oder Kcgenbad von -f- 4 3o bis 23» C. u. von kurzer Dauer än- rt den Puls nicht; in einem solclien von kurzer Dauer mit Wasser von -)- 8" C. 1 I ii der Puls klein, aber er ändert seine Zahl nicht. Bei einem anhaltend wirken- n Sturzbad von -|- llo bis 21» wird der Puls zunächst schwach, langsam und unre- liiiässig; tritt in Folge des Bades allgemeines Zittern ein, so wird der Puls schwach, -setzend und zuweilen unfiihlbar. Diese Erscheinungen bleiben aus, oder mit andern irten der Puls bleibt nach Zahl und Stärke unverändert, wenn statt der allgemeinen

uchc nur der Arm gespritzt oder gebadet wird, wie auch die Temperatur des Was- , » beschaffen sein mag (Bence Jones und D i c k i n s o n) *).

5. Bei höhern Temperaturen der Umgebung wird die Pulsfolge rascher als bei lern.

(). Nach Yolkmann**) und Guy nimmt in den ersten Jahren die mittlere ilszahl rasch ab, dann aber allmählig bis zur Zeit der Pubertät zu, von da an er- It sie sich constant bis in das höhere Greisenalter, wo sie sich wieder um etwas l't. Die Beobachtungen, welche diesen Behauptungen zu Grunde liegen, sind sämmt- h im Sitzen vor dem Mittagsmahl genommen ; wie lange nach dem Genuss von ihrung oder nach Bewegungen , ist nicht angegeben. Ueber den Puls Neugebomer he Seux«**).

7. Mit der Körperlänge nimmt der Puls ab, so dass namentlich das grössere !»or zwei gleich alten Individuen einen langsameren Puls hat, als das kleinere. Ver- i he , Pulszahl und Körperlänge durch eine empirische Formel in Zusammenhang zu ingen, siehe bei Volkmannf), Rameaux und Serrusft) etc.

8. Der Puls der Frauen ist im Allgemeinen schneller, als der der Männer bei iihheit des Alters, der Lebensart und KÖrpergrösse. Im Kindesalter tritt die Dif- nz weniger zu Tage, als im spätem.

9. Nach einem voluminösen Aderlasse belebt sich die Schlagfolge des Herzens 1 1km an n) tt+)-

lieber die Beziehungen zwischen Athemzügen und Pulsschlägen, siehe die Athem- wegungen.

4. Ueber die Gleichzeitigkeit der Bewegung in i n Elementartheilen der einzelnen Abtheilungen des erzen 8. Da das Herz aus einer grossen Zahl getrennter nur Berührung befindlicher nervöser und muskulöser Elementartheile steht, so kann die gleichzeitige Bewegung der beiden Vorhöfe id der beiden Kammern sich nur erläutern aus einer gegensei- ien Mittheilung der inneren Zustände der Elementartheile, aus ' Ichen sich die erwähnten Abtheilungen zusammensetzen. Die > (lingungen, welche zum Zustandekommen dieser gegenseitigen

•) Brown Sdquard, Journal de la Physiologie. I. Bd. 72. •) Haemodynnmik. p. 433.

") Valentina Jahresbericht Uber Physiologie für 1855. p. 89. ^) I. c. p. 4.10.

^) Bulletin de l'academie dcBruxcllea, 1839. tt) 1. c. p. 371.

, , Herztöne. 104

Mittheilung gehören, bestehen: a. In der unmittelbaren Berührung der einzelnen Theile. Schneidet man nemlich ein schlagendes Froschherz in mehrere Theile, so pulsirt jeder derselben zwar fort, aber die einzelnen Stücke bewegen sich nicht mehr gleichzeitig,, (Volkmann*)). b. Die einzelnen Abtheilungen müssen sich in annähernd gleichem Erregungsznstande befinden, denn es verlieren auch an dem unversehrten Herzen die einzelnen Muskelbündel der Kammern die Gleichzeitigkeit ihrer Bewegung, wenn man schäd liehe Einflüsse in beschränkter Ausdehnung auf sie wirken Hess Namentlich geschieht dieses, wenn man anhaltend elektrisches Schläge durch die Kammern sendet; hierdurch zieht sieh bald die- ser und bay jener Theil der letztern zusammen, ohne Betheiligung der übrigen. c. Die Orte, an denen diese Uebertragung statt- findet, lassen sich nicht angeben; es ist nur zu behaupten, dass sie sehr verbreitet im Herzen vorhanden sein müssen, da jedes Stück eines zerschnittenen Herzens in Folge einer beschränkten Berührung, z. B. eines Nadelstichs, noch in eine totale Zusammen- ziehung gerathen kann.

Herztöne**). Das mit Blut erfüllte, noch in normaler Verbindung mit seinen Arterien befindliche Herz erzeugt bei sei'- ner Zusammenziehung zwei Töne, welche ebensowohl bei unver- sehrter Brustwandung gehört werden, wenn man das Ohr in der Nähe des Herzens auf die Brustwand legt, als auch, wenn man nach eröffneter Brusthöhle das Ohr mit dem freigelegten Herzen in Berührung bringt.

Der erste dieser Töne, von dumpfem Klang, hält gerade so. lange an, als die Zusammenziehung der Kammern währt, der zweite aber ist höher und kürzer, und erscheint als ein heller Nachschlag zum ersten, also gerade nach Schluss der Kammer- systole. Die beiden Töne ändern sich, wenn die venösen und arteriellen Klappen der Ventrikel irgend welche Umwandlung ihrer Form oder ihrer Elastizität erfahren haben, und namentlich soll der erste mit der Veränderung der venösen, der zweite mit derjenigen der arteriösen (Semilunar-) Klappe nach Klang und Höhe wechseln. Daraus schliesst man, dass der erste Ton ent-

•) Müllers Archiv. 1844. - Biddcr, Ibitlem. 1852. p. 163. ••) Kiwiscli T. Rotternu, Würzburger Berichte. I. Bd. 9. nlss n. a. w. Breslau 1852.

NegB, Beiträge zur Kennt-

Blutgefässe.

105

tehe durch Wellenbewegungen, die das strömende Blut in den >v läppen und Chorden einleitet, welche die venösen Mündungen lecken, der zweite aber durch das plötzliche Zusammenschlagen 1er arteriellen Klappen, die, wie wir später erfahren werden,

I der That am Ende der Systole entfaltet werden. Diese Annah- len werden auf excUisivem Wege bestätigt durch die Erfahrung, ass sich innernalb eines Stroms tropfbarer Flüssigkeit, der in teifen Wänden durch unebene Oetfnungen dahin geht, nur sehr chwer Töne erzeugen; im Herzen liegt somit gar keine andere lögUchkeit des Tönens vor. Zudem finden sich, wie es scheint, iie Sehnen und Klappen in einer zum Tönen hinreichenden >pannung.

Blutgefässe.

Vom hydraulischen Gesichtspunkte aus sind die Wandungen lud die Binnenräume der Gefässe bedeutungsvoll.

1. Bau der Wandungen. Sie sind, wenn ihr Bau die iTösste Complikation zeigt, ein Geftige aus elastischem, zelligen md muskulösem Gewebe, das auf der dem Lumen zugekehrten 'lache mit Epithelien versehen ist (Henle). a. Das ela- tische Gewebe ist insofern der Grundtheil der Gefässwandun- ,en, als es keiner Abtheilung desselben fehlt und einzelne wie . B. die meisten Capillaren, nur aus demselben gebildet sind. )ieses Gewebe zeichnet sich durch seine Dichtheit, Dehnbarkeit ind seine Fähigkeit aus, sowohl in Faser- als in Plattenform er- cheinen zu können. Unter Dichtheit (oder Porosität) verstehen vir den Widerstand, den es dem Durchritt von Flüssigkeit ent- egenstellt, welche auf dem Wege der Filtration, also in Folge ines beliebigen Druckes, durch das Gewebe getrieben werden ollen. Rticksichtlich dieser wichtigen Eigenschaft ist es noch nie-

II als einer genauen Untersuchung unterworfen worden, die mit be- ondern Schwierigkeiten verknüpft ist, weil wir bis jetzt noch vcinen Fundort eiinittelt haben, an dem man grössere Stücke ho- iiogener, nicht von groben Löchern durchbrochener Platten gewin- icn konnte. Wir wissen nur, dass selbst sehr dünne Platten der ogenannten innersten Arterienhaut einen nicht unbeträchtlichen Jruck einer überstehenden Wassersäule vertragen, bevor Wasser iiit einer merklichen Geschwindigkeit durch sie dringt, und dass )ci gleichen Drücken die Durchgangsfähigkeit der Membran mit 1er chemischen Zusammensetzung der Flüssigkeit wechselt und

I^^ß Blutgefässe.

dass namentlich Salz- und Eiweisslösungen schwieriger filtriren, als reines Wasser. Die elastischen Eigenschaften des homogenen Gewebes haben ebenfalls aus Mangel desselben noch nicht unter- sucht werden konneu. Aus Versuchen, die mit möglichst reinen Fasernetzen angestellt worden sind, darf man schliessen, dass das durchfeuch'tete elastische Gewebe Theil nimmt an den bemerkens- werthen Eigenthümlichkeiten vieler durchtränkter thierischer Sub- stanzen, die auf p. 109 dieses Bandes erörtert sind. Mit der Abnahme des Wassergehalts, oder der Gegenwart von Salzlösung in seinen Poren ist der absolute Werth der Coeffizienten in einer Zunahme begriffen. Bei der Beurtheilung der elastischen Eigen- schaften eines besondern Stückes unseres Gewebes kommt es natürlich auch darauf an, ob dasselbe aus einer homogenen Platte, oder aus Fasern besteht; in dem letzten, dem häufigst vorkommenden Falle, Avird namentlich zu berücksichtigen sein, nach welchen Richtungen die Fasern verlaufen, und wie die Unterbrechungen angeordnet sind. Da endlich das elastische Gewebe ebensowohl als eine vollkommen gleichartige Platte wie auch als ein Netz von Fasern der verschiedenartigsten Feinheit erscheinen kann, so ist dasselbe geeignet, einerseits vollkommen geschlossene Röhren von beliebigem Durchmesser und andrerseits auch ein die Wandungen derselben verstärkendes Netzwerk dar- zustellen.

ß. Die Muskel sc hiebt*) der Gefässe besteht überall aus der muskulösen Faserzelle; da die Eigenschaften derselben schon abgehandelt sind (I. Bd. p. 474.), so werden wir uns hier zu be- schränken haben auf die' Folgen, welche aus der besondern An- ordnung derselben an den Gefässen hervorgehen. Zunächst ist hervorzuheben, dass die Muskeln nicht an allen Gefässen vor- kommen; namentlich fehlen sie vielen Venen und durchgreifend den allerfeinsten Röhren. Wo sie erscheinen, kommen sie ent- weder nur als Ringlagen, wie in den Arterien (Henle), oder nur als Längsschicht, wie in den Venen, oder zugleich in beiden Lagerungen vor, wie in den meisten mitteldicken Venen (Köl- liker).

Das Bindegewebe und die Epithelien der Gefässe geben zu keiner weitern Betrachtung Veranlassung.

•) KöUikcr, lliindbucli der Gewebelehre. 18D2. p. 555. u. f.

Verknüpfung der Gewebe unter einander.

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Verknüpfung der Gewebe unter einander. Auf de schwierige Frage, wie diese Baumittel in der Gefässwand zu- lammengefiigt sind, hat zuerst Henle*) Antwort gegeben.

Alle Gefiisse, weite wie enge, Arterien und Venen, enthalten ine Lage gleichartiger elastischer Substanz, welche an das Lumen 'sr Röhre entweder unmittelbar angrenzt, z. B. in den Arterien fsten Ranges, oder nur durch das Epithelium von ihm geschieden It ; sie stellt gleichsam das Grundrohr dar, an welches sich die iodera StotFe anlehnen. Zu diesen kommen in den Arterien öch weitere Lagen von elastischen Netzen und Muskeln. Die jastischen Netze enthalten um so breitere Fasern und demnach m so geringere Mengen von Oeffnungen, je weiter nach dem anern sie liegen; diese dichten Lagen sind im Ganzen als innere sefässhaut beschrieben und ihre einzelnen Blätter hat man als 'jensterhäute u. s. w. bezeichnet. Je grösser der Durchmesser der tefässe, um so stärker ist auch im Allgemeinen diese Haut, tfeiter gegen den Umfang hin finden sich weitmaschige Faser- tetze, welche zuerst von Muskeln und dann weiter nach aussen lon Bindegewebe durchzogen sind. Bekanntlich nennt man die me dieser Schichten die mittlere Arterienhaut, oder auch t. mus- hlo-elastica ; die andere aber die Zellhaut oder auch t. elastico- »njunctiva. Die Mächtigkeit dieser beiden letztern Gewebeabthei- mgen zusammengenommen wächst im Allgemeinen mit dem ixirchmesser der Arterienhöhle, eine Regel, die nur dann eine aisnahme erleidet, wenn das Gefäss, statt wie gewöhnlich in naer Umgebung von lockerem Bindegewebe, durch steife, wider- landleistende Substanzen, z. B. durch Knochen dahin läuft. Im mzelnen soll dagegen die Dicke der beiden Schichten im umge- fehrten Verhältniss stehen, so dass, wenn die mittlere Haut ab- ■nmt, die äussere im Zunehmen begriffen ist '(Kölliker).

8. Menge der Muskeln. Schliesslich sind die Schwankungen ' den relativen Mengen der Muskeln und elastischen Substanz zu Rwähnen. Im Allgemeinen überwiegt in den Arterien geringsten nrchmessers in der mittlem Haut die Muskelsubstanz in einem sieben Grade, dass man, ohne merklichen Fehler, sie geradezu i eine Muskelhaut bezeichnen kann, während in den stärkeren

Allgemeine Aimtomlc. Leipzig 1841. p. 4yO u. f. - Doiiders und Jansen, Arcliiv für Wolog. Hellknnde. VI. p. 361.

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rhysikalischo Eigonschafton der Gcfässwand.

Geissen f^'c elastische Schicht ebenfalls beträchtlich vertreten ist. In den letzten Gelassen, den sogen. Arterienstämmen und Zweigen erster Ordnung finden sich jedoch mannigfache Verschiedenheiten; nach Don der s und Jansen Uberwiegt in den aa. aorta, ano- nyraa, carotides, subclaviae, axillares und iliacae die elastische, in den aa. vertebrales, radiales, ulnares, coeliaca, mesaraicae, re nales, crurales, popliteae die muskulöse Substanz.

Die feinsten Gefässe, oder Capillaren enthalten in der Grundhaut noch eine Kernschicht.*)

In den Venen**) sind die elastischen und muskulösen Be- standtheile in viel geringerer Menge enthalten, als in den Arterien von entsprechendem Durchmesser; aber auch hier gilt die Regel, dass die Wandungsdicke im Zunehmen begriffen ist, wenn der Durchmesser des Lumens wächst. Zudem sind die Wandungen der Venen in der unteren Körperhälfte im Allgemeinen denen in der obern überlegen. Die weiten Venen enthalten auch verhält- nissmässig weniger Muskeln, als die engern; nach Wahlgren haben in allen grössern Venen die nach der Länge des Gefässes laufenden Muskeln das Uebergewicht, in der Art, dass nur die vena portarum, pulmonalis und die grösseren Extremitätenvenen merkliche Lagen von Quermuskeln tragen. Alle Venen unter 1 MM. Durchmesser sind dagegen von Längsmuskeln vollkommen entblösst.

Muskelfrei sind nach KöUiker die Venen und Sinus der Retina und der Schädelhöhle, der corpora cavernosa penis lind der Milz. Der Bau der Klappen, av eiche allen Venen zukommen, mit Ausnahme der in den Lungen, dem Darm und dem Hirn vorhan- denen, kann als bekannt vorausgesetzt werden.

2. Physikalische Eigenschaften der Gefässwand. Da die Ableitung der Eigenschaften des Gemenges aus denen der einzelnen Bestandtheile nicht geschehen kann, so hat man zuweilen versucht, die der Gefässhaut insgesammt zu bestimmen und na-

•)Herr Prof. Meissner hat in seinem danlvcnswertiien Jahresbcriclit fiir 185C. p. 305 gcgtjn den in der ersten Anfinge des Werkes [frUlier molir als jetzt] gebraucliten Aiisdrnck Epitlielial- 8 Olli cht fiir Zellen oder Kerne, welche durch eine elastische Platte oder Faser verschmolzen sind, lebhaft protestirt. Die Form seines Auftretens wird er mindestens bedauern, wenn er S. 76, Zeile W von unten in der 1. Auflage dieses Werkes gelesen.

•) Schrant, ovcr do aderligko blootv.itcn u. s. w. Wahlgren, frainstäUning af Voncn- systenis alltnUnna anntomie. Beide in Ilonle's Jahresbericht für 1851. p. 31. u. as.

Elastizittttscoefüzieiit.

109

ontlich - den Reibinigscoeffizienten, der zwischen der iiern Membran und einer vorUbergleitenden Flüssigkeit bestellt, an vermutliet, dass er bei der Glätte und der vollkommenen Dehnbarkeit derselben nicht beträchtlich sei. Die Cohäsion der lenen fand Werth he im viel beträchtlicher, als die der Arterien, Mch hat er beim Menschen nur die vena saphena und arteria Hnoralis verglichen; da er die Untersuchung begann, als dieMus- sln schon in Fäulniss begriffen waren, so möchten seine Angaben «rade nicht sehr werthvoll sein. Seinen Beobachtungen wider- «richt auch Volkmann*).

Elastizitätscoeffizient. Bei einem Gewebe, dessen Ela- izität, weil es vorzugsweise durch diese Eigenschaft wirksam ist, dederholt der Gegenstand eigner Untersuchungen geworden, dürfte 1 erlaubt sein, die neuen Angaben von Wundt**) über die Ela- lizität der thierischen Stoffe überhaupt einzuschalten.

Wenn ein bis dahin unbelastetes Gewebe durch ein angebängtes Gewicht ver- Qgert wird, so nimmt es die Länge, welche ihm unter dem Einfluss des Gewichtes .kommt, nicht augenblicklich, sondern nur allmählig an, wie schon Bd. I. p. 430 für n Muskel erörtert wurde. Demnach unterscheidet man eine augenblickliche (Anfangs-), e eine nachträgliche (Schluss-) Dehnung. Dieser Ausdruck darf jedoch nicht zu r Annahme TerfUhren, dass die Bewegung, welche in der elastischen Masse die rmreränderung bedingt , in zwei zeitlicli getrennten Absätzen geschehe ; da im gentheil die Bewegung eine fortlaufende ist, deren Geschwindigkeit mit der fort- nreitenden Zeit ungemein rasch abnimmt, offenbar darum, weil die Widerstände, liehe sich in der Masse der Form Veränderung entgegensetzen , mit der steigenden hnung sehr rasch zunehmen. Entlastet man die gedehnte elastische Masse , so irebt sie ihrer alten Form wieder zu, und erreicht dieselbe auch, vorausgesetzt, dass die .sdehnung , welche die Längenheit der Masse erfuhr , nicht allzu beträchtlich ge- gen, oder wenn, wie man sich gewöhnlich ausdrückt, die Elastizitätsgrenze durch die sdehnung nicht überschritten wurde. lieber den zeitlichen Verlauf dieser Dehnung ;ilt Wundt mit: 1. Wird eine eingeleitete aber noch nicht vollendete elastische wegung durch einen Einfluss unterbrochen, der in einem zur bestehenden Bewegung igegengesetzten Sinne wirkt, wird also z. B. die Belastung entfernt, bevor der Kör- die Länge angenommen, welche dem Gewicht entspricht, und umgekehrt, so ändert I in Folge des vorher vorhandenen Einflusses bestehende Bewegungsbestreben i Gang der neuen Bewegung nach einem noch unbekannten Gesetz ab. 2. Der thche Verlauf der hin- und der rückgehenden Bewegung entspricht sich nnr dann iiau, wenn von dem belasteten Körper erst das Gewicht abgenommen wurde, als er Gleichgewichtslage vollkommen erreicht liatte , welche ihm in Folge der Last zu- n. Im andern Fall Uberdauert die Zeit der Verkürzung die der Ausdehnung. Die Geschwindigkeit, mit welcher die Pormveränderung fortschreitet, ist nicht pro-

I* •) Haemodynamik. 289 u. 290.

110

Elastiüitätscot'ffiiciont.

portional doii Unterschied der Längen, welche der ausgedehnte Körper schon ange- nommen und derjenigen, welche er dem angehängten Gewicht gemäss annehmen sollte. 4. Die Geschwindigkeit ist abhängig von der schon vorhandenen Dehiiung, so dass, wenn zwei gleiche Gewichtszusätze dieselbe schliessliche Ausdehnung erzeugen , diesi IVilher erreicht wird, wenn die Bewegung vom Ruhezustand, später, wenn sie von der Dehnung durch ein schon vorhandenes Gewicht ausgeht.

Soll also der Elastizitätscoeffizient , d. h. das Gewicht gefunden werden, weichet die Querschnittseinheit eines Köi-pers zu seiner doppelten Länge ausdehnen würde, so muss die gesammte Dehnung abgewartet werden. Da dieses bei thierischen Geweben wegen ihrer grossen Veränderlichkeit nicht angeht, so hat man sich mit einem Kähe- runicsverfahren zu begnUgeu, indem man den Schluss der Dehnung, dann als einge- treten ansieht, wenn sich während fünf Minuten selbst durch das Mikroskop kein Längenzuwachs mehr nachweisen lässt; dieses Mittel ist aber nur unter der Voraus- setzung anwendbar, dass bei jeder Belastung von demselben Euliezustand ausgegangen

yifiri, Ausserdem ist bei der grossen Ausdehnbarkeit der thierischen Gewebe noch

zu bedenken, dass man, um ein Elastizitätsmaass innerhalb der Elastizitätsgrenze zu finden, sich nur kleiner Belastungen zu bedienen hat. Denn die Elastizitätsgrenze kann nur innegehalten werden innerhalb gewisser Formveränderungen ; sie ist also allgemein nicht von der Grösse des Gewichts, sondern von der Ausdehnbarkeit abhängig. lieber die Einzelnheiten der Methode ist auf die Abhandlung von Wundt zu verweisen.

Die von AVundt den feuchten thierischen Geweben allgemein zugeschriebeneu elastischen Eigenschaften sind: Innerhalb ge- wisser Grenzen ist die Verlängerung den dehnenden Gewichten proportional. Dieser Satz widerspricht den von "Werthheini (1. Bd. p. 52.) aufgestellten; der Widerspruch scheint wesentlich darin begründet, dass der letztre Physiker nur die augenblickliehe Dehnung gemessen und wahrscheinlich nicht jedesmal von der- selben Ruhelage aus gemessen hat. Als Beispiel flir das Ela- stizitätsmaass für 1 M. M. Querschnitt giebt Wundt für die Ar- terienhaut 72 Gr., für die Sehne 1669 Gr., den Nerven 1090 Gr., den todtenstarren Muskel 273 Gr., die drei ersten dieser Zahlen be- ziehen sich auf Theile des frischgetödteteu Kalbes, die letzten auf einen Muskel des Rindes. 2" die Elastizitätsgrenzen sind flir ver- schiedene Gewebe verschieden, gross fth- Sehne und Venenhaut, klein für den Muskel. 3" Alle Gewebe sind durch eine grosse Dehnbarkeit und eine beträchtliche elastische Nachwirkung und zugleich durch die grosse Veränderlichkeit derselben ausgezeich- net. — 40 Jenseits dfer Elastizitätsgrenzen nimmt wie bei allen Stoffen, die Ausdehnbarkeit mit den wachsenden Gewichten ab.

Die für den quergestreiften Muskel insbesondere geltenden Gesetze würden für unsern Fall von Belang sein, wenn die Gleichartigkeit des Verhaltens zwischen ihm und dem glatten Muskel feststünde. In Ermangelung dieses Nachweisses dürfte es ge- rathcn sein , nur den einen Umstand hervorzuheben , dass der vom Blut durchstriJmte

Einüuss der Muskeln.

III

t'roschmuskel ein geringes Elastizitätsmaoss besitzt , als das vom Blut befreite , wenn auch noch reizbai-e Fleisch. Diese Thatsache muss gegen den Werth aller vorliegen- :.n Bestimmungen den ElastizitütscoL'flizienten der gcsainmten Gcfiisshaut Zweifel er- logen. Die Ausdehnbarkeit der Ärterienhaut und insbesondere der Aorta fand Har- le ss*) nach Länge und Breite gleich gross, während andere Beobachter und nanient- iih Yolkmann die Arterienhaut nach der Länge ausdehnbarer antrafen, als nach 'icT Quere. Von der Menge, welche ein Gefäss unter steigendem Druck fassen kann, liandeln Donders**) u, öunning.

Sichere Angaben über die Ausdehnbarkeit der freien Gefäss- wand würden übrigens noch nicht hinreichen, um einen Schluss auf ihre Wideratandsfähigkeit innerhalb des Körpers zu ermög liehen, da offenbar diese ebenso durch die mehr oder weniger i;rosse Nachgiebigkeit der Umgebung des Gefässes wie durch den zeitweiligen Verkürzungsgrad der Muskeln in der Gefässwand be- ilingt ist.

Aus allen vorliegenden Thatsachen kann aber mindestens (las abgeleitet werden, dass die Arterien von grösserem Quer- schnitt, bevor sie zerreissen, einen stärkern Druck zu ertragen vermögen, als alle übrigen Gefässe, und zugleich werden sie den rtltrirenden Flüssigkeiten den bedeutendsten Widerstand entgegen- setzen.

3. Einfluss der Muskeln. Eine von dem Druck des In- li altes und der Umgebung unabhängige Veränderung ihres Durch- messers werden nur die Gefässe erleiden können, welche mit Muskeln versehen sind***). Dem anatomischen Befunde entspre- ' hend, verengern sich nun in der That unter dem Einfluss der elektrischen Schläge eines Induktionsapparates die Capillaren gar nicht (vorausgesetzt, dass sie nicht in muskelhaltigem Gewebe sich verbreiten), wenig die Venen und grossen Arterienstämme, im meisten aber die engeren und engsten Arterienstämme, welche ich bis zum vollkommenen Verschwinden ihres Lumens con- lahiren können (E. H. und Ed. Weber). Diese Zusammen- 'iehungen der Gefässe treten, den Eigenschaften der Muskeln eut- prechend, in Folge der erregenden Einwirkungen nur sehr allmäh- iig ein und erhalten sich auch noch lange Zeit nach Entfernung les EiTegers. Die Muskeln sind übrigens nicht allein von Be-

•) Valentins Jahresbericht für 1858. p. ^M.

"*l "olliiiKlischen von Tlieile. Leipzig J85ß.

) Hilrto brau (Iis Anatomie, Ansgabc von E. H. Weber. UI. Bd. 7». - E. II. «. Ed l ; *,'.!! 'T' - KUlUker n. Vlrchow in den Wilrzbnrgor Verband-

112

Nerven der GefiisswanduTiK.

deutung durch ihre Fälligkeit, sich zu verkürzen, sondera auch durch ihre elastischen Kräfte; denn die vorzugsweise muskelhal- ti"-en Gefässe werden durch denselben Blutdruck in ganz verschie- dener Weise ausgedehnt, je nachdem ihre Muskeln in Folge einer heftigen und anhaltenden Zusammenziehung ermüdet waren, oder je nachdem sie im vollkommen erregbaren Zustand sich befanden. Entsprechend der Beobachtung, dass der Elastizitätscoeffizient der ermüdeten Muskeln niedriger ist, als der erregbaren, dehnt sich in den erstem der bezeichneten Fälle das Gefäss durch denselben Druck viel weiter aus, als in letzteren (E. H. und Ed. Weber). Diese Thatsache könnte allerdings neben dieser auch noch die andere Auslegung erfahren, dass die Nerven desselben für ge- wöhnlich eine tonische Erregung in die Muskeln senden; ja es wird diese letztere Annahme sehr viel wahrscheinlicher in Anbe- tracht des Umstandes, dass Gefässe deren Nerven durchschnitten sind, sich auf die Dauer ausweiten. Indem aber die Muskeln zeitweise in den Zustand einer stärkeren Zusammenziehung treten, werden sie zugleich die bleibende Verlängerung oder Reckung auflieben, welche in allen elastischen Stoffen vorkommt, die einem Constanten Druck ausgesetzt sind; denn während einer Zusammen- ziehung der Muskeln werden die elastischen Gewebe gleichsam entlastet, und es wird ihnen somit Zeit gegeben, sich wieder auf ihre wahre Länge zu verkürzen. Alle Gefässe, deren Muskeln, resp. Nerven, den natürlichen Erregern entzogen sind, werden darum sich allmählig erweitern.

4. Die Nerven der Gefäss wand ung*). Die cerebrospi- nalen Bahnen derselben sind: die n. n. trigeminus, facialis ('?), va- gus (■?), spinales, sympathicus. Aus dem Trigeminus giebt es Aeste für die Gefässe der conjunct. bulbi und Iris, vielleicht auch für die der Schleimhautdecke des Oberkiefers (Magendie). Aus dem facialis für die Haut des Ohrs (?) (Bernard). Aus dem Va- gus für Ohr (Schiff) und Lungengefässe (?) Aus dem plex. cervicalis zuweilen Haut des Ohrs und Hinterhaupts (Schiff). -' Aus dem plex. brachialis für die Gefässe von Haut und Muskeln

•) Günther, Untersuchungen und Erfuhrungen im Gebiete der Anatomie etc. Hannover 1837. Cl. Beruard Recherches experimentalos sur le grand Sympntliique. Paris 1884. Pflliger, Allgemeine mediz. Centralzcitung 1855. Stiicli. 68 u. 76. 1856. StUcl«. 32. Schiff ncurolog. Untersucliungen. Frnnitfnrt 1855. Sn eilen, Archiv flir hoüünd. Beiträge. Utrech 18D7. I.Bd. 20«. Gunning, ibid. 305. - Bernard, Gazette niddicale 1858. p.428.— v.Bezold Ueber die gckreutzten Wirltungen des Rückenmarks. Zeitsclirift für wl,s. Zoologie 1858.

Nerven der Qefässwandung.

113

ider obern Extremität (Schiff). Aus den Dorsal- und Lumbal- nerven die Gefässc der Eumpfhaut (?) Aus denen der plex. inbalis und sacralis die Gefässe der untern Extremität (Pf lii- er, Schiff). Aus dem Sympathieus und zwar dem Hals- strang fiir die Gefässe: der Hirnhaut (Donders) der Conjunctiva and Chorioidea bulbi, (Sn eilen) der Iris (?), der Kopf- und Ge- ichtshaut (Budge, Bernard, Waller), der Speicheldrüsen Bernard). Aus dem Bruststrang für die Gefässe der obern xtremität (Schiff) und die Zweige der a. coeliaca. Aus dem endenstrang für die Darm-, (Pflüger) Nieren-, Leber-, Milz-, enisgefässe (Günther). Aus dem Kreuzbeinstrang für die etasse der untern Extremitäten.

Die in den spinalen und sympathischen Bahnen enthaltenen efässnerven lassen sich durch das Rückenmark hindurch bis in as verlängerte Mark hinein, aber nicht darüber hinaus verfolgen Nasse, Budge, Br o wn - Sequard, Schiff, Pflüger, Be- old) ; denn nur eine Durchschneidung des Rückenmarkes trennt sie on ihren natürlichen Erregern. Schiff giebt an, dass die Gefäss- leiTcn der Füsse und Unterschenkel in das Rückenmark eintreten nd dort auf derselben Seite bis in das verlängerte Mark lau- n; die füi- den Oberschenkel sollen wahrscheinlich erst in das liiTistmark eingehen; die Gefässnerven für den Kopf und die bere Extremität treten in das obere Brust- und das untere Hals- aark. (Budge). Im verlängerten Mark selbst sollen sie nach chiff so liegen, dass die des Kopfs, des Vorderarms und Unter- chenkels, der Vorder- und Hinterfüsse auf der gleichnamigen, die es Rumpfes, der Schultern des Oberarms und Unterschenkels ber auf der entgegengesetzten Markhälfte zu finden seien. Be- old bestreitet, dass es nöthig sei, eine gekreuzte Lage der zu- tzt genannten Gefässnerven im Mark anzunehmen.

Als Kennzeichen für die Abhängigkeit eines Gefässbezii-ks vom betreffenden Ner- n diente die mit blossem Auge oder durch das Mikroskop sichtbare Verengung der efiissstämme , oder die Entleerung des aus jenen Stämmen gespeisten Capillarbezirkes Irblassen), Beides in l'olgc einer bestehenden En-egung der zugehörigen Nerven (Budge, er). Abgesehen von den allgemeinen Vorsieh tsmaassregeln gegen die bei der lg sich einschleichenden Fehler ist hier noch für besondere Fälle, namentlich die xtremitäten zu beachten, dass auch ein zusammengezogener Skelet-Muskel einen grossen ifiisastamm zusammendrücken und dadurch das Erblassen des von jenem Stamm ab- ngigen Gefässgaues erzeugen könnte. Man muss sich also zu vergewissern suchen, SS in solchen Fällen das Erblassen auch noch eintritt, ohne dass eine Zusammon- hung solcher Muskeln ins Spiel kommt (T flüger). Als Merkmal der Abhängig- it dient femer, dass einige Zeit nach erfolgter Durchschncidung die feinsten Aeste •Ludwig, Physiologie II. 2. Annage. 8

114

Nerven der Gefässwandung.

des zugoMrigen Gefässbaumes sich strotzend füllen (Hausmann), so dass ihre Ge- biete nach kleinen Verletzungen (Nadelstichen) stark bluten (Türck), und diese letz- tern auch das Blut warm erhalten trotz solcher EinflUsse, die in wie gewöhnlich durch- strömten Bezirken eine merkliche Abkühlung erzeugen (Bernard). Letzte beiden Hilfsmittel gewähren bei undurchsichtiger Oberhaut scliätzbare Auskunft. Mit der Steigerung der Temperatur in den Provinzen, deren Qefässnerven durch den Schnitt gelähmt sind, geht meist eine Abkühlung der gleichnamigen in der entgegengesetzten Körperseite Hand in Hand. Versorgen gleichzeitig zwei Qefässnerven ein Körperstück, und sind dessen Gefässe der unmittelbaren Anschauung zugängig, so soll man dadurch ein Resultat gewinnen, dass die beiden Nerven nicht unmittelbar nacheinander, son- dern nach einer grossem Zwischenzeit durchschnitten werden ; die Gefässcrwciterung und ihre Folgen, welche nach der Durchschneidung des ersten Nerven eintreten, ver- schwinden nämlich unter dem Einfluss des noch vorhandenen und kommen nun erst wieder nach Durchschneidung des zweiten und zwar verstärkt und dauernd zum Ver- schwinden (Schiff). Eine eigenthümliche Verwicklung bietet die Durchschneidung des obersten Halsmarkes; sie ist begleitet von dem Steigen der Temperatur in den End- theilen der gleichseitigen Gliedmaassen , während die Temperatur des Eumpfs , des Oberarms und der Oberschenkel auf der verletzten Seite etwas unter die der ent- gegengesetzten sinkt. Schiff schloss hieraus sogleich, dass alle wärmern Theile ihre Gefässnerven aus der durchschnittenen Markhälfte empfingen, die kälteni aber aus der entgegengesetzten. B e z o 1 d giebt mit Recht zu bedenken , dass die abgekühlte Haut über Muskeln sich ausbreite, welche durch den Markschnitt gelähmt und somit niedri- ger temperirt sind , so dass sich die Tcmperatureniiedrigung der Haut auch aus der Berührung mit der kühlem Unterlage erklären lasse.

Die Erregungen welche die Gefässnerven im gewöhnlichen Verlauf des Lebens empfangen, sind ihrem zeitlichen Verlaufe nach tonische oder vorttbergehende. Dafür dass der Durchmesser der Gefässe, wie er beim mittleren Stand des Lebens erhalten wird, in der That von einer dauernden Nervenerregung abhäug-t, spricht unwiderleglich die Thatsache, dass nach Durchschneiduiig eines Gefässnerven die von ihm abhängigen Gefässe sich erweiten), ohne dass etwas Aehnliches in andern Gefässen mit unverletzten Nerven vorgeht. Die Veranlassung zur tonischen Erregung geht in allen uns bekannten Fällen vom centralen Mark und nicht von den in die Gefässnerven eingesti-euten Ganglien aus, da sich der Erfolg der Lähmung gleichbleibt, ob man das verlängerte Mark, oder die Nerven unmittelbar nach dem Austritt aus letzterem, oder nach ihrem Durchgang durch die Ganglien durchschneidet. Die tonische Erregung der Nerven für die Gefässe der Cutis macht Dondei^ abhängig von der Temperatur des Bluts; mit der steigenden Wäi-me desselben sinkt und mit der abnehmenden steigt die Zu- sammenziehung der Gefässmuskeln. Aber dieser Erfolg ist kein nothwendiger; denn im Kältestadium des Wechselfiebers ist die Blutwärme gestiegen und zugleich ein heftiger Krampf in den

Nerven der Gefässwandung.

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lUutgefiissen der Haut zugegen. Die voriibergeliende Reizung »der Mindernng der tonischen Erregung kommt zu Stande ent- weder «) automatiscli; das deutlichste Beispiel liefert hierfür das il>hr des Kaninchens, in welchem die Gefässe nach einer sehr un- jgelmässigen Zeitfolge sich verengern oder erweitern; diese rhyth- mische Erregung findet sich am leichtesten ein, wenn die, Gefäss- nuskelu in einem mittleren Grad von Zusammenziehung sind, also iicht am blassen und auch nicht am gepurpurten Ohr (Schiff); ) durch leidenschaftliche Erregung, wie Jedennann z. B. die Angst- ässe bekannt ist; y) durch Mitbewegung, d. h., wenn die t'erven willktihrhcher Muskeln erregt werden, so ziehen sich auch iie Gefässe zusammen, deren Nerven in einem gemeinsamen ;amme mit denen jener Muskeln laufen. Diese Zusammenziehung schieht au Orten, an welchen sie nicht durch ein Zusammen- cken von Seiten der Muskeln erklärbar wird, z, B. nach Be- egung der Schenkelmuskeln ip der Schwimmhaut des Frosches iGunning). Siehe hierüber noch: Muskelernährung. ß) Auf iflektorischem "Wege nach Erregung der sensiblen Nerven, welche i der Nähe eines Gefässbaums enden. So z. B. die Gefässe im ihr des Kaninchens nach vorgängigem Kneifen dieses Organs 3 n eilen); es würde vielleicht für den Praktiker von Belang sein, e reflektorischen Beziehungen der einzelnen Gefässgauen festzu- üen.

Die bisher geschilderten Erregungen erzeugen sämmtlich eine rengerung der Gefässe wie sie die Zusammenziehung ihrer ring- igen Muskeln verlangt. Wenn diese Zusammenziehung längere feit hindurch in hohem Grade bestand, so folgt gewöhnlich eine üdung der Nerven und Muskeln und in Folge dessen eine über Iis gewöhnliche Maas hinausgehende Erweiterung der Gefässe.

Im Gegensatz zu dieser nachträglichen beschreibt Gl. Ber- ard auch eine ursprüngliche Erweiterung der Gefässe unter dem usse der Nervenreizung. Sie ereignet sich, wenn die vom m ling. trigemini zur Unterkieferspeicheldrüse veriaufenden rven gereizt werden, und äussert sich durch ein rascheres Aus- ömen von Blut aus den Speichelvenen. Wenn diese Erschei- ,ng eine unmittelbare Folge der Nervenreizung ist, so konnte sie ir durch die Erschlaffung der gewöhnlich tonisch angespann- Q Muskeln nach Analogie der Vaguswirkung auf das Herz erklärt rden. Unter diesem Gesichtspunkt kommen viele Gefässerwei- ngen, wie z. B. die Schaamröthe, die Röthung des Pankreas

116

Gefiissräumlichkoit.

während seiner Absonderungszeit, die Hautreithungen bei Neural- gien u. s. w. in ein neues Licht.

Ausser den durch Vermittlung des Hirn- und Rückenmarkes erzeugten Gefässveränderungen treten viele in Folge örtlicher Ein- wirkungen auf; die Zuriickflihrung derselben auf ihre wahre Ur- sache ist oft schwierig, weil sich neben der unmittelbaren Betbei- ligung der Nerven und Muskeln auch noch die Wirkungen des , veränderten Blutstroms einstellen; dieser letztere kann aber durch Umstände alterirt werden, welche zugleich Nerven- und Muskel- reize sind, wie z. B. durch Wärme, die den Reiz mindert; durch | Salze, welche die Blutflüssigkeit verdicken (Virchow); durch i Säuren und Alkali, welche die Gefässwand tödten und das Blut j gerinnen u. s. w. Es ist daher für unsere Zwecke nothwendig, i( bei örtlicher Anwendung der Reize zuerst den Blutstrom durch Un- terbindung grösserer Gefässe zu beseitigen, wie dieses von H. We- ber und Gunning geschehen. Von den auf diesem Gebiete ge- wonnenen noch spärlichen Erfahrungen heben wir hervor, dass nach örtlicher Anwendung der Electrizität die Zusammenziehung der Gefässe öfter peristaltisch weiterschreitet, und nach Entfernung des Reizes oft noch länger als eine halbe Stunde stehen bleibt (Wharton, Jones, Gunning).

Eine ganz eigenthümliche zeitweise wiederkehrende Bewegung bemerkte Gunning in der Schwimmhaut junger Frösche; sie er- regt dadurch unsre Aufmerksamkeit, dass sie auch in einem Thiere beobachtet wurde, welchem 14 Tage vorher der plex. ischiadicus und die sympathischen Zweige durchschnitten waren.

5. Gefässräumlichkeit. So wenig es von Belang sein würde, den mittleren Gesammtraum, der von den Gefässwänden umschlossen wird, und die Veränderungen desselben durch den steigenden Druck des Inhalts oder die Zusammenziehung der Wand anzugeben, ebenso wichtig dürften die Fragen sein: wie verhält sich der Inhalt der einzelnen Gefässarten zu einander, der Arterien zu den C.apillaren, zu den Venen; oder wie stellt sieb zueinander die Räumlichkeit der einzelnen Abtheilungen des Ge- fässsystems, z. B. der Lungen- zu den Körpergefässen, zu den Darm-, den Nieren-, Leber-, Hirn- u. s. av. Gefässen; in welchem Verhältniss variirt die Räumlichkeit der einzelnen Gefässarten und Abtheilungen mit dem veränderlichen Drucke der einströmenden j Flüssigkeit u. s. w.

Lumenve'rändorung mit der Gofässyörtheilung.

117

Die hier berührten Fragen sind wiederholt aufgeworfen, num Theil ist sogar ihre l.(isuug versucht, aber mit nicht hinreichenden Hilfsmitteln. Namentlich hat man er die Gofiisse mit erstarrenden Massen ausgespritzt und aus der Menge und dem /ifischen Gewicht dos hierzu verbrauchten Materials das erfüllte Volum berechnet. >ieso Versuche, die man meist zu andern Zwecken angestellt hat, würden für den Inliegenden brauchbar sein, wenn man darauf bedacht gewesen wäre, entweder das anzo , oder nur eine bestimmte Abtheilung des Gefässsystems vollkommen zu füllen lul wenn man den Druck, unter dem die Füllung geschehen wäre, gemessen hätte *).

Dem Augenschein nach ist im Körperkreislauf ganz unzwei- elhaft das Gesammthimen der venösen Gefässe dem der Arterien usserordentlich überlegen, da die Länge der den beiden Abtheilun- ,en zukommenden Gefässe mindestens gleich, die Stämme und veste im Venenbereich aber zahlreicher vorhanden und zugleich i>n grösserem Durchmesser sind; da die Venen, mit den Arterien erglichen, dünnwandiger sind, und da ein sehr beträchtlicher rheil derselben in der Haut, d. h. in ein sehr nachgiebiges Ge- vebe eingebettet ist, so werden hydrostatische Drücke von glei- hem Werth die Venen weiter ausdehnen, als die Arterien. Im jingenkreislauf sind dem Augenschein nach die Unterschiede zwi- chen dem Venen- und Arterieninhalt nicht so beträchtlich; nach !en Messungen von Ahegg soll hier sogar die venöse Abtheilung . eniger räumlich, als die arterielle sein.

Wie sich die Räumlichkeiten der Capillaren verhalten mögen,

I gt ganz im Unklaren. Jedenfalls muss die Veränderlichkeit der- Iben in der innigsten Beziehung stehen zu der Nachgiebigkeit i s Gewebes, in dem sie verlaufen, da sie sich an das Lager eng ischliessen, in das sie eingebettet sind.

Veränderung des Lumens mit der. Vertheilung der c fasse. Eine dem Hydrauliker ntttzUche Beschreibung der Ge- sslumina fehlt noch gänzlich; es lassen sich nur wenige wichti- ■le Bemerkungen aus den bis dahin gelieferten Beschreibungen ( hen. a. Die mittlere Länge eines Gefässes ist im Allgemeinen

II so geringer, je kleiner sein mittlerer Durchmesser ist. Aus t'sem Gesetz folgt, dass die Capillaren nach beiden Seiten hin

kurze Stämmchen zusammenlaufen, welche möglichst rasch zu iiner weitern und längern sich vereinigen; die relative Länge der nzelnen Stücke ist noch nicht gemessen worden. ß. Bei der

rästclung der Arterien gilt die Regel, dass jeder Zweig, der aus

') Lilcrntiir siehe bi-i Valentin, Lehrbuch. I. Bd. U. Aull. ji. VH u, iWo. iiiul Abbog in Icntlns Jahresbericht Uber Physiologie fUr 1848, p. l'^O,

118

Lumonveränderung mit der Gcfdssvcrtheilung.

einem Stamme hervortritt, einen geringeren Durchmesser besitzt, als dieser. Zählt man dagegen die Querschnitte sämmtlicher Aeste zusammen, welche von einem Stamme abgehen, so ist die hieraus hervorgehende Summe grösser, als der Querschnitt des Stammes vor der Verästelung. Von dieser Regel sollen nach Paget, Ben- ders und Jansen*) nur eine Ausnahme machen: das Aortaende und die iliacae, indem von dem erstem zu den iiiacis, und von den iliac. commun. zur externa und interna das Lumen enger werden soll. Die Zahlen der folgenden Tabelle, welche das Verhältniss der Querschnitte ausdrücken, verdeutlichen dieses.

Bogen der Aorta

zu

den Aesten

= 1

1,055

Carotis communis

= 1

1,013

Subclavia

»

)}

= 1

1,055

Hiaca commun.

= 1

0,982

Innominata

= 1

1,147

Carotis extern.

= 1

1,190

Aorta abdominalis)

V

= 1

0,893

über den Iliacae)

Hiaca extern.

))

= 1

: 1,150

Das erwähnte verhalten des Strombettes an der Gabel der Bauchaorta fand auch Polmer**) ausnahmslos bestätigt; er be- streitet dagegen, dass bei allen andern Theilungen ebenso aus nahmslos die Erweiterung gelte; so fand er

das Plussbett der anonyma in 9 Fällen durch Theilung nur 8 mal vergrössert „' carotis comm. in 14 4 ,,

iliaca comm. in 18 3

cruralis in 12 _ „10 II coeliaca u. renalis in allen untersuchten Fällen vergrössert.

Der Gesammtquerschnitt der Capillaren übertrifft höclist wahr- scheinUch den des Arteriensystems im Beginn um ein sehr Be- trächtliches. In den verschiedenen Körpertheilen stellt sich aber offenbar das Verhältniss der Querschnitte zwischen den zuführett- den Arterien und den aus ihnen hervorgehenden Capillaren sehr verschieden. Innerhalb des Capillarsystems selbst, d. h. so lange jedes einzelne Gefäss seinen mittleren Durchmesser nicht verändert, finden sich, wie später im Einzelnen dargethan werden soll, offenbar ebenfalls Schwankungen im Gesammtquerschnitt. Bei der Sammlung der vielen Einzelquerschnitte in die wenigen

•) Dondors u. Baiidiiin, Handlciding tot do natuurkundc. II. a. p. 91. '•) Valentina Jahresbericht für 185C. etc.

Lumenveränderung mit der Qefassyertheilung.

119

der grössern Venen sollen sich die Verhältnisse gestalten wie in den Arterien, d. h. es sollen in der Richtung nach den grössern \'enenstämmen hin die Gesammtquerschnitte in einer Abnahme be- !;iiften sein.

Den Gefassquerschnitt findet man am todten oder mindestens am blossgelegten lefäss entweder aus dem Umfang des aufgeschnittenen oder aus dem Durchmesser des , I schlossenen durch Blut ausgedehnten oder mit einer Pinzette plattgedrückten Gefässes. Im letztem Fall zieht man von der Bruttozahl die doppelte "Wanddicke ab. Zur Krmittlung der letztem bedient sich Vierordt einiger besonderer Hülfsmittel. t'denfalls würden solche Messungen der Wissenschaft noch nützlicher sein, wenn sie Uitt eines die verschiedenen Werthe des Durchmessers angäben, welchen das Gefäss hei wechselndem Druck und bei gleichem Erregungszustand der Muskeln oder bei jjleichem und wechselndem Zusammenziehungsbestreben der letztern annimmt. Den Durchmesser der lebenden und zugleich bedeckten Gefässe sucht Vierordt*) durch Rechnung und Messung auf. Im erstem Fall setzt er auf eine Schlagader, die über einen Knochen hingeht, ein leichtes Plättchen mit einem senkrecht gehaltenen Stab auf, und bestimmt, um wieviel sich das obere Ende des letzteren senkt, wenn nun das Plättchen soweit belastet wird, dass sich die innern Gefässwandungen berühren. Obwohl dieses Verfahren vom Erfinder selbst nur als Schätzung bezeichnet wird , ist PS doch unzweifelhaft namentlich als Fingerzeig von Werth. Die zweite Methode zieht den Satz zu Hilfe , dass sich innerhalb eines Köhrensystems von veränderlicher Weite an den verschiedenen Abschnitten desselben die Geschwindigkeiten eines sie ilurchkreisenden Stromes umgekehrt verhalten müssen, wie die Querschnitte. Würde also die mittlere Geschwindigkeit in der Aorta oder einem beliebigen Arterienstamm bekannt sein, und ferner der Durchmesser, der ihr während der beobachteten Strora- ;,-eschwindigkeit zukommt , und zugleich die Geschwindigkeit eines Stroms, welcher zu derselben Zeit in allen Aesten. der Aorta oder des beliebigen Stammes vorkäme, so könnte man daraus die Gesammtquerschnitte dieser Aeste berechnen. Alle diese Vor- kenntnisse, so weit sie vorhanden, sind aber mit so grossen Fehlern behaftet, dass faktisch die Methode nicht anwendbar ist.

Die kleinern Abtheilungen des thierischen Körpers (Organe und Gliedstücke) erhalten aus verschiedenen Stämmen oder Aesten der Arterien gleichzeitig Gefässe; diese Gefässe verbinden sich nun entweder (wie im Hirn, der Hand, den Mesenterien), bevor sie zur Capillarvertheilung schreiten, so dass aus den grossen Ver- bindungsbogen erst die Arterien der letztern Ordnungen ausgehen, oder es verästeln sich die einzelnen Arterien isolirt bis zu den letzten Zweigen, die dann erst unmittelbar vor oder innerhalb des Capillarsystems sich verbinden. In der ausgedehntesten Weise l)ilden sich dagegen Capillar- und Venennetze. Ö. Da der Blut- stroni nur vDn einem Ort ausgeht und wieder zu ihm zurück- kehrt, da die Aeste auf ihrem Wege noch anastomosiren , so müs-

•) Die Erscheinungen u. Gcaetzo der Stromgcschwindlglieit. Frankf. 1858. 64. ti, 1. c. p.G5. u. f.

120

Von dorn Vorhalten des Blutes in den Gofasscn.

seil in dem Geflisssystem unzählige Bogen und Winkel liegen, deren Wcrthc veränderlich werden mit den Körperstellungen und den Spannungen innerhalb des Gefässsystems. Man rnuss sich darüber verständigen, dass diese Bogen und Winkel und deren Variationen unter den bezeichneten Verhältnissen mit wenigen Aus- nahmen nicht messbar sind, dass aber die Bestimmung dieser we- nigen zu keinen für die physiologische Hydraulik wichtigen Auf- schlüssen führen kann.

Von dem Verhalten des Blutes in den Gefässen,

1. Spannung des ruhenden Blutes in den Gefässen. Wenn alle Bewegungsursachen des für gewöhnlich bestehenden Blutstroms ausser Wirksamkeit gesetzt sind, so muss nach Verfluss einer gewissen Zeit unzweifelhaft im Gefässsystem ein Zustand der Ruhe eintreten, der sich dadurch markirt, dass die Spannung des Blutes, insofern sie nicht von der Schwere abhängig ist, überall die gleiche ist. Es fragt sich nun, ob nach dem Eintritt dieser Ruhe sich das Blut an jedem beliebigen Ort in der Spannung be- finde, welche ihm vermöge der Schwere, resp. der auf ihm lasten- den Blutsäule, zukommt, oder ob diese Spannung eine höhere oder niedrigere sei. Diese wichtige Frage, welche E. H. Weber angeregt hat, kann einer bestimmten Erledigung am lebenden Thier entgegen gehen, wenn man im Stande ist, die Spannung des Bluts zu messen, während man die Bewegung des Brustkastens, des Herzens und der Gliedmassen zum Stillstand gebracht hat. An- nähernd gelingt dieses wenn man die unteren Enden der durch- schnittenen nervi vagi mittelst elektrischer Schläge erregt, während die Thiere durch Opium oder Chloroform in den Schlaf versetzt worden sind.

Die Ausführung dieses Versuchs lässt erkennen, dass das Blut auch in der Ruhe noch einer Spannung unterworfen ist, welche aber nach den Ergebnissen der Beobachtung und der Ueberlegung keineswegs für ein und dasselbe Thier von gleichem Werthe ist (Brunner)*). Der Grund dieser Spannung ist nemlich nur darin zu suchen, dass der Cubikinhalt des inneren Gcfässraumes, vorausgesetzt, dass seine Wandungen in elastischem Gleichgewicht sind, kleiner ist als das in Wirklichkeit in ihnen enthaltene Blutvolum, so dass dieses letztere nur nach einer vorausgegangenen Ausdehnung der Gefässwand im Gefässraum

•) Debcr ilio mittlere Spannung Im Gefässsystem. Zürich 1851.

Spannung des ruhenden Blutes.

121

Hund von mitt- lerer Grösse

Platz linden Itann. Unter dieser Voraussetzung ist die Grösse der Spannung in den Gcfässen abhängig a) von dem Verhältniss des Gefässraums und des Blutvoluniens, und insbesondere muss bei ein und demselben Tliier die Spannung mit seiner Blutmenge abnehmen. Die Beobachtung ergab folgende Spannungen des Bluts in der Carotis von Hunden, deren Vagi erregt M^urden, wäh- rend sie mit Opium narkotisirt waren:

Spannungen des Bluts Tliier. in MM., Quecks. Bemerkungen.

110,4 Unveränderte Blutmenge.

19,0 Nach Injektion von 280 Gr. Blut.

8,5 Nach Entziehung von 256 Gr. Blut.

15,2 Unveränderte Blutmenge.

22,0 Nach Injektion von 487 Gr. Blut.

12,5 Nach Entziehung von 609 Gr. Blut.

Die Blutmenge, die das Gefässsystem aber beherbergt, muss in der Zeit veränderlich sein, weil zu dem vorhandenen Blute mittelst der Ernährung stets neue Massen zugeführt und aus ihm auf dem \ Wege der Absonderung andere entfernt werden. Je nach dem l Uebergewicht des einen oder andern Hergangs wird also auch die I Blutmenge zu- oder abnehmen. b. Die Spannung in der Ruhe ist kbei gleicher Anordnung der Gefässröhren von der Ausdehnbarkeit der Röhrenwand abhängig , indem sich nach dieser die für die verlangte Ausdehnung nöthigen Drücke bestimmen. Weil nun die Gefäss Wandung im engern und weitern Wortsinn wegen ihres Ge- haltes an Muskeln die verschiedenartigste Dehnbarkeit darbietet, je nachdem diese letzteren zusammengezogen oder erschlafft sind, nnd je nachdem wir den Gliedmassen diese oder jene Stellung ge- geben haben, so kann die Spannung des Bluts bei unveränderter Menge derselben sich nicht unverändert erhalten. Die Aufgabe des Versuchs mit Rücksicht auf diese Fakten stellt sich also dahin, die Spannung zu bestimmen, einmal während die Gefässhöhlen durch Muskehvirkung, soweit als dieses überhaupt möglich, beengt und zugleich die Wandungen möglichst Aviderstandsfähig sind, und das anderenial während gerade das Gegentheil beider Umstände vor- handen ist, weil mit diesen Angaben die Grenzen der möglichen Spannung gegeben wären. Die Bedingungen für diesen Versuch ind aber nicht mit genügender Schärfe zu erhalten und zudem irdc sein Ergebniss doch nur individuelle Giltigkeit haben. US diesen und ähnlichen Gründen müssen wir es ableiten, wenn

122

Spannung dos ruhenden Blutes.

bei ein tind demselben Thier, während seine Blutmasse ungeän- dert bleibt, der Werth der Spannung wechselt^ je nachdem es nur mit Opium, welches die Nerven nicht lähmt, oder mit Chloroform in den Schlaf gebracht, oder, durch letzteres Mittel getödtet, dem Versuch unterworfen würde.

Thier.

Spannung in MM. Quecks. Carotis.

Hund

Bemerkungen.

Mit Opium eingeschläfert. Chloroforminhalation, Im Augenblick des Todes.

Wir müssen wegen der Einzelheiten des Verfahrens auf die Brunner' sehe Ar- beit verweisen. Hier soll nur der allgemeinen Wichtigkeit wegen die Bestimmung

27,5 21,8 2,8

Fig. 35.

des Blutdrucks über- haupt angegeben wer- den. — Haies, wel- cher den Blutdruck zu- erst bestimmte, bediente sich des Verfahrens, welches die Hydrauli- ker bei Wasserströmen gewöhnlich anwenden , einer einfachen, geraden Glasröhre. Diese etwas gröbliche Methode wurde von Poiseuille zu- erst dahin verbessert, dass er die in das Ge- fäss eingefügte Glas- röhre (a b c Fig. 35.), deren Schenkel ab und b c gleichen Durchmes- ser besassen , hebertor- mig bog. In die Schen- kel füllte er, etwa so- weit der schwarzbe- zeichilcte Inhalt des Eohres geht, Quecksil- ber, und auf dieses in dem kürzern , dessen Ende mit einem Mes- singhahn versehen ist, kohlensaures Natron. Darauf fügt er die Dille d, während der Hahn geschlossen ist, in das BlutgefEiss, in dem er die Spannung messen will , stellt das Rohr senkrecht

Eichtung eines dauernden Blutstroms.

123

und öffnet nun den Hahn, so dass das Lumen des Gefässes und des gebogenen Rohres communiziren. Iif'diesem Moment suchen sich auch die Spannungen der Flüssigkei- ten in beiden Eöhrensystemen in das Gleichgewicht zu setzen , so dass, wenn die Spannung des Blutes höher als die des Röhreninhaltes ist, Blut aus dem Gefäss in das gebogene Messrohr eindringt, und das Quecksilber aus dem kurzen in den langen Schenkel eintreibt. Man erhält dann, mit Hilfe einiger Correkturen, aus dem Niveau- unterschied des Quecksilbers in beiden Schenkeln den Druck, den das Blut ausübt. Da nun aber der Blutdruck im Verlaufe der Zeit oft so beträchtliche Veränderungen erfährt , dass das Auge der auf- und absteigenden Quecksilbersäule nicht zu folgen vermag, so verband C. Ludwig mit den Messröhren ein Schreibzeug, vermöge ' dessen die in der Zeit veränderlichen Quecksilberdrüeke sich selbst aufzeichneten. Diese Einrichtung beruht auf einem Prinzip, welches der berühmte Mechaniker ..Watt zuerst in Anwendung gebracht haben soll. Man setzt nämlich auf den Spiegel des im Schenkel h 'c vorhandenen Quecksilbers einen schwimmenden Stab cf auf, dessen freies Ende an einem Querholz einen Pinsel g trägt , der sich sanft gegen einen Cylinder A anlegt; dieser wird mittelst des Uhrwerkes ii in gleichmässiger und bekannter Ge- schwindigkeit herumgedreht. Da der mit Papier überzogene Cylinder während des Umgangs fortlaufend andere Orte mit dem Pinsel in Berührung bringt, so schreibt dieser seine etwaigen auf- und absteigenden Bewegungen in Form einer Curve auf. Das Genauere dieses Verfahrens, das in seinen Einzelheiten zahlreicher Modificationen fähig ist, siehe bei Volkmann*), der einige wesentliche Verbesserungen in der ersten Angabe angebracht hat. Inwiefern der Apparat zur Messung rasch veränderlicher Spannungen dient, siehe bei den absoluten "Werthen der veränderlichen Spannungen des Blutstroms.

Bei der besonderen Anwendung füi- die Spannung der Ruhe muss man annehmen, dass das Gleichgewicht im Gefässsysteme hergestellt ist, wenn entweder der Pinsel längere Zeit hindurch eine horizontale Linie auf das Papier des Cylinders anschreibt, oder, was wegen der langsamen Ausgleichung niederer Drücke durch die Capillaren hindurch sicherer ist, wenn der Druck in einer Vene und Arterie, die beide dem Herzen möglichst nahe liegen (carotis und vena jugularis), derselbe geworden ist.

2. Von der Eichtung, welche ein dauernder Strom im Gefässsystem nehmen muss. Das Gleichgewicht der Spannung, von dem soeben die Rede war, besteht im Blute des Lebenden niemals, da fortlaufend Umstände auf dasselbe einwir- ken, welche seine Spannung an verschiedenen Orten ungleich machen. Diese Ungleichheiten, wie und wo sie auch entstanden sein mögen, können zur Ausgleichung gelangen durch einen Strom von nur einer Richtung, eine Richtung, die demgemäss ein jeder in dem Gefässsystem erregte Strom einschlägt. Diese Erschei- nung ist begründet in der Anwesenheit von Klappen, welche sämmtUch so gestellt sind, dass sie durch den Stoss nach der einen Richtung geöffnet und durch den entgegengesetzten zuge- schlagen werden. Diese Richtung geht nun, wenn wir von der

') Hacmodynamik. p. 148.

J;24 Störungen dos Gleichgewiclits der Spannung.

linken Herzkammer « (Fig. 36.) beginnen, durch die grosse Blulr bahn, d. h. die Capillarcn und Venen des Körpers, zu dem rech- ten Vorhof b und tritt dann in die kleine Blutbahn über, indem sie in die rechte Kammer c und von dort durch Arterien, Capil- pjg 3^ laren, Venen der Lungen zurück in

den linken Vorhof d kommt. In- dem man das beistehende Schema betrachtet, in welchem der Einfach- heit wegen die Venenklappen weg- geblieben und nur die gleichgerich- ten Ventile der Herzmündung yS dargestellt sind, sieht man, dass sich diese letztern sämmtlich nach der Richtung des Pfeils öffnen. Würde also durch irgend welchen Umstand ein Strom in der entgegengesetzten Richtung eingeleitet, so würde sich dieser nur bis zur nächsten Klappe erstrecken können, da durch diese Strömung jene geschlossen würde. Der Strom würde dann von dieser Klappe reflektirt wer- den und in umgekehrter Richtung, durch nichts gehindert, weiter schreiten, so lange noch eine Strömungsursache vorläge.

Gewöhnliche Veranlassungen zur Störung des Gleichgewichts der Spannung. Zu den wichtigeren zählt man die Bewegungen des Herzens, der Brust- und Bauchwandun- gen, zu den untergeordneteren die Bejveguugen der Gliedmaassen und der Gefässwaudungen, die Schwere des Bluts, den Lymph- strom aus dem ductus thoracicus und die Absonderung in den Drüsen.

3. H e r z b e w e g u n g. Indem wir die Bedeutung des Herzens für den Blutsti-om erläutern, gehen wir von den Voraussetzungen des lebenden Zustandes aus. Dieser verlangt aber, dass ein ste- tiger Strom von Seiten der Venen gegen die Vorhöfe gehe und dass die Aorta stets mit Blut gefüllt sei.

a. Vorkammern. Die Erscheinungen, welche sich während des Blutkreislaufs innerhalb der Vorhöfe ereignen, sind für beide nur bis zu einem gewissen Punkte dieselben. Nachdem sie während ihrer Diastole durch den Venenstrom strotzend mit Blut gefüllt sind, ziehen sie sich in der früher beschriebenen Weise zu- sammen und treiben damit ihren Inhalt sowohl gegen die venösen

Störungen des Gleichgowiclits dov Spannxiiig.

125

wie gegen die ventrikiilfiren Mündungen. Dieser Stoss erzielt an ; beiden Orten verscliiedene Effekte. In den venösen Mündungen ; trifft unser neuer Strom, der vom Vorhof gegen die Venen dringt, Ii auf den alten entgegengesetzt verlaufenden, und es wird darum j; jedenfalls die Flüssigkeit am äussersten Ende der Venen in eine Lgesteigerte Spannung gerathen. Zu gleicher Zeit wird auch ihre Htrömung verändert und zwar jedenfalls in der Geschwindigkeit, ( vielleicht auch in der Richtung. Denn es wird, selbst wenn der i'Vorhofsstoss unbedeutend ist, jedenfalls die Geschwindigheit des [■alten Venenstroms vermindert; sind dagegen die Kräfte des Vor- I liofs bedeutend, so wird das Blut in die Venen zurückgeschleudert iiuud es kehrt sich also die alte Stromrichtung um. Erfahrungs- [-gemäss dürfte häufiger das letztere als das erstere eintreten, und es würde sich für gewöhnlich der Rückstrom des Bluts bedeutend , geltend machen, wenn sein Querschnitt an der Venen-Vorhofsgrenze nicht beschränkt würde. Dieses besorgen aber die muskulösen ( Ringe der Venen, welche, indem sie sich mit den Vorhofsmuskeln [ gleichzeitig zusammenziehen, die Mündungen jener verengen. Die 1 Wü-kung dieser Verengerung, also die Hemmung des Rückstroms, ; wird an dem rechten Herzen durch die Klappen unterstützt, [ welche entweder, wie in der vena cava superior, etwas entfernt j vom Herzen in dem Venenlumen liegen , oder, wie an der vena ! cava inferior und coronaria cordis, unmittelbar im Herzen sitzen.

Diese letzteren beiden Klappen sind namentlich darauf berechnet, i die Mündungen der erwähnten Venen zu schliessen, wenn die- selben schon um einen gewissen Antheil ihrer Weite verengt -sind, und ausserdem sind sie mit kleinen Haftfäden versehen (ge- vwöhnlich beschreibt man sie als durchlöchert), welche es verhüten, I dass der Vorhofstoss die Falten in die Venenöffnung hereiutreibt. ! Wir schreiten zur Beti-achtung der Vorgänge, welche die Vor- j hofszusammenziehung gegen die Ventrikularmündungen veranlasst. I Die Kammern sind, wenn die Zusammenziehung des Vorhofs be- 1 ginnt, ebenfalls schon mit Blut angefüllt, und zwar muss das Blut I aus naheliegenden Gründen in den Vorhöfen und Herzkammern I dieselbe oder wenigstens annähernd dieselbe Spannung besitzen. I Wenn nun plötzlich das Blut in den Vorhöfen eine höhere Pres- { sung erleidet, so wird ein Strom von diesem gegen die Hcrzkam- i mer geschehen, der eine merkliche Dauer haben wird, weil die 1 Kamnierwandungen ausdehnbar sind. Er kann also so lange an ! halten, bis die elastische Spannung, welche diese Wandungen

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Zusammonziehung der Vorhöfe.

vermöge ihrer Ausdehnung annahmen, gleich dem Druck ist, den die Muskehl des Vorhofs dem Blute mittheilen. Da aber die Ausdehnbarkeit mit der Dicke der Wandung abnimmt und umge- kehrt mit dem Querschnitt des Muskels die von seiner Zusammen- ziehung ausgehende mechanische Leistung wächst, so ist es von Be- deutung , dass der linke Vorhof, der den dickwandigem linken Ventrikel auszudehnen hat, auch stärkere Muskelmassen besitzt, als der rechte Vorhof, der auf die dünnwandige rechte Kammer wirkt. Die Zusauimenziehung der Vorhöfe wird nun, entspre- chend allen uns bekannten Muskelwirkungen, nicht während der ganzen Dauer ihres Bestehens mit einer gleichen Kraft geschehen; sie wird im Gegentheil allmählig gegen ein Maximum anwachsen und ebenso allmählig von diesem Maximum absinken; demgemäss wird sie ihrem Inhalt eine allmählig steigende und dann auch wieder abnehmende Spannung mittheilen, und somit wird zuerst das Blut in den Ventrikel einströmen, dann wird, wenn die Vor- hofskontraktion nachlässt, die elastische Spannung des Ventrikels das Blut wieder gegen den Vorhof zurücktreiben, wobei sich aber die Zipfelklappen der Ventrikelmündungen schliessen werden (A. Baumgarten)*). Hierbei wird also ein geringer Theil des Blutes, der aus dem Vorhofe in die Herzkammer getrieben wurde, wieder in sie zurückgehen. Die Bedeutung, welche den Vorhöfen gegenüber den Herzkammern zukommt, wird also eine zweifache sein. Sie machen nemlich einmal den Füllungsgrad dieser letz- tern unabhängig von der bald grössern oder geringem Geschwin- digkeit und Spannung, welche dem Strom zukommt, der von den Venen in das Herz hinein geschieht, so dass von diesem Ge- sichtspunkte aus mit E. H. Weber die Vorhöfe als Regulatoren der KammerfUllung angesehen werden dürfen. Zum andern aber besorgen sie den Klappenschluss an der Venenseite der Ventrikel, so dass sogleich mit dem Beginn der Ventrikularzusammenziehung sein Inhalt auch eine Pressung von Seiten dieser Mündung er- fahren kann.

Wenn nun die Zusammenziehung der Vorhöfe ganz nachlässt, so wird sich wegen der Entleerung eines Theils von ihrem Inhalt auch ihre elastische Spannung erniedrigt haben, so dass dann die in den Venen gespannte Flüssigkeit mit Leichtigkeit in den Vor- hot einströmt. Diese plötzliche Entleerung wird aber eine Beu«

') Commentntio de meelianismo, quo Talvulae vcnosne etc. Marbnrgi J843.

Zusammonziehung der Herzkammern.

127

imgswelle in den Venen erzeugen, die sich von dem Herzen ge- eii die Peripherie fortpflanzt. Diese Beugungswelle soll später ühaudelt werden.

b. Herzkammern. Die Betrachtung der Ventrikel beginnen ir mit der Zeit, in welcher ihre Höhle noch auf dem Maas der usdehnung beharrt, die sie durch die eben beendigte Zusammen- chung der Vorhöfe erhalten ; dann decken auch gerade die venö- ■n Klappen ihre zugehörigen Mündungen der Art, dass die win- L'lförmig gebogenen Sehnen, welche ans den Papillarmuskeln in ie Klappensegel treten, ausgespannt sind. In diesem Augenblick nd während des Lebens auch die halbmondförmigen Klappen schlössen, da von der Arterienseite her noch ein stärkerer 'l uck auf ihnen lastet, als von der Herzseite. So wie dieser Zu- and eingetreten ist, beginnt aber sogleich auch die Zusammen- lehung der Kammermuskeln, welche dem Inhalt von überall her, lit Ausnahme der arteriellen Mündung, einen erhöhten Druck mit- leilt. Diese Pressung schleudert den Inhalt in die Arterie nach »efirrnng der halbmondförmigen Klappen und drückt sie zugleich egen die Wand der Sinus Valsalvae, wodurch in der Regel die [ündungen der aus den Sinus entspringenden Art. coronariae eschlossen werden. Dieser letztere Umstand gewährt den mecha- i sehen Vorth eil, dass die Muskelfasern während ihrer Bewegung egen die Höhle hin nicht zugleich durch die vom Blutdruck aus- espannten Herzcapillaren nach entgegengesetzter Richtung hin ge- ■rrt werden. Ob sich bei seiner Systole der Ventrikel ganz entleert, ird abhängig sein einerseits von dem Umfang oder der Kraft seiner iisammenziehung und andrerseits von dem Widerstand, den das Blut i der Ai-terienmündung findet. Wenn dann die Zusammenziehung achlässt, so werden, weil in den Arterien jetzt die Spannung des Bluts lösser, als in den Ventrikelhöhlen ist, die Semilunarklappen sich or die ostia arteriosa der Vorkammer legen, so dass aus den rterien kein Rückfluss in den Ventrikel geschieht. Hiermit wer- en aber die Mündungen der Coronararterien sich öffnen, und sich un ein Strom durch sie bis in die Capillaren ergiessen. Von (iiten der Vorhöfe wird dagegen mit dem Eintritt der Er- •lilaff"ung des Ventrikels ein Strom in dieselben gelangen; denn nmal haben sich die Zipfelklappen, nachdem das ausspannende, , " .11 den Ventrikeln gegen die Vorhöfe drängende Blut entfernt ist, ■öffnet, und dann hat sich das Blut in den Vorhöfeu während er Ventrikulaikontraktion angesammelt, so dass jene nun im

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Zusammenziehuiig der HerzkaniTncni.

Maximüm ihrer Ftilluug sich hefinden. Die ausgedehnten Vorhöfe treiben somit das Blut in den schlafi^n, widerstandslosen Ventrikel, dessen Erweiterung noch begünstigt wird durch die gerade jetzt stattfindende Ausdehnung der Blutcapillaren (Marshall Hall, Brücke)*).

Die Annalmie, flass sich die Klappen während der Kammersystole in den Sinus Valsalvae bis zum Verschluss der Kranzai-teric einlegen , hat man aus mehrern Grün- den bestritten. Zuerst sollte der Urspning der art. coronariae aus dem Sinus nicht tief genug erfolgen , um noch von den Klappen gedeckt werden zu können. Nun er- giebt sich aber, dass nur bei vier bis fünf pC. aller bisher untersuchten Aorten jene Gefässe über den Sinus Valsalvae entspringen , eine Beobachtung , die gerade zcigt^ dass in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle, die Klappe hoch genug hinaufreicht. ~ Aber selbst, wenn die Arterie den gewöhnlichen tiefen Ursprung nehmen, kann die Klappe am todtenstarrcn Herzen nicht bis über die MünduTig der Kranzarterie hin- aufgezogen werden ; hierauf dient zur Antwort, dass dieses nur bei den Klappen nicht gelingt, wo der Grund ganz oder halb an das Herziieisch angewachsen ist, während mit den freien dieses leicht auszuführen ist. Solcher angewachsener Klappen haben nur einzelne Säugethiere , wie z. B. das Schwein nur eine, andere wie der Hund zwei. Hier ist nun leicht einzusehen , dass das weiche lebende Fleisch der Klappen eine Beweglichkeit erlaubt, die das todtenstaiTC unmöglich macht, so dass, eine Nachgiebig- keit dos Fleischgrundcs vorausgesetzt, auch hier die Deckung möglich wird. Auch sollte die Klappenfläche nicht genügen, um sich dem durch den systolischen Blutdruck ausgedehnten Sinus überall anzupassen, und namentlich sollte der freie Klappenrand nach Art einer Chorda durch den ausgedehnten Sinus hergezogen sein (Hyrtl, Ru- dingo r). Die Entscheidung hierfür kann nur durch eine .Messung des Längenver- hiiltnisscs zwischen den freien lländcrn und dem Sinusumfange gegeben werden während

einer Stellung , wie sie durch eine hohe Spannung verlangt wird. Zu dem Zwecke füllte Brücke in menschliche Aorten flüssigen Gyps unter Dräcken von 0,18 bis 3,17 M. und zwar so, dass sich die Taschen entfalten muss- ten. Nachdem der Gyps erhärtet war, lösste er die Ärtericuhaut vorsichtig ab , und schnitt am Bulbus der Aorta eine dreiseitige Pyramide an, deren Kanten gebildet wurden durch die Be- rührungslinie je zweier Klappen, de- ren Flächen bestimmt waren durch die Ebenen, in welcher die fi-eien Ränder je einer Klappe lagen , und deren Spitze endlich am Vereinigungspunkt der drei Klappen lag; die Fig. 37 giebt eine Anleitung zur Führung der Schnitte.

») E. B r ii ck e; Verschluss der Krnnzsclilng.idoni rtiircli il. Aortcuklnppen. Wien 1855; J. H yrtl Hb. a. Selbststeuerung il. Herzens. Wien 1855. W i tt ich ; Posners Allg. med. Centrnlztg. 1857. 5. Stck.

Verschluss dnr Kranzarterien durch die Semiluiiar-Klappen.

129

Fig. 38 (welche die Pyramide von der Spitze gesehen darstellt) muss also c -|- c b grösser oder so gross wie a b sein , wenn der freie Klappenrand die Sinus- ncht ausfüllen soll. Diese Länge wird jener Rand aber nur dann erreichen, wenn lie Spitze c über der Ebene des Sinusringes a b her- orsteht, und zwar natürlich um so eher, je weiter sie unaustlillt; in dorn Maasse , in dem dieses geschieht, ird aber auch der Winkel ach kleiner werden. Nach- lem Brücke durch Rechnung gefunden, dass der Winkel cb nicht über 111 112" steigen dürfe, wenn a c -|- b gleich lang mit a b bleiben soll, fand er, dass in der nter so verschiedenem Druck gefüllten Aorta der .Vinkel sich zwischen 92 100" bewegte und diesen rCerth niemals überschritt. Hierbei stellte sich auch och heraus, dass der Winkel keineswegs in den be- leiehneten Grenzen mit dem Füllungsdruck wuchs, sondern dass er öfter kleiner ar bei geringerem als bei grösserem Druck. Somit genügt auch die Ausdehnung der iLlappen von rechts nach links, um den Sinus auszukleiden.

Diese aus dem Bau hergenommenen Beweise für die Möglichkeit des Klappen- chlnsses hat Wittich durch einen einfachen Versuch vervollständigt, in welchem der trom des Blutes aus der Kammer in die Aorta möglichst nachgeahmt wird. Ich ehme mir die Erlaubniss , den Versuch so zu beschreiben , wie ich ihn wiederholt in orlesungen und Cursen mit günstigem Erfolg ausgefühi't habe.

An einem (absichtlich zu gross gezeichneten) ßchweineh erzen in Fig. 39 bindet man 16 art. coron. destra zu und setzt ein Röhrchen (b) in die linke ein , vor welcher ine freie Klappe steht. Hierauf -fügt man ,an das Ende des Bogens der Aorta*) m Gummirohr (c) etwa von der Weite der Aorta und in den linken Vorhof endlich jtzt man ein Rohr (d), das durch einen Hahn verschliessbar ist. Derselbe hat eine aderthalb fache Bohrung, vermöge welcher bald ein Strom nach der Längenrichtung des ohres und bald ein solcher senkrecht auf dieselbe durch die freien Mündungen e e der Seitenwand des Rohres gehen kann. Es soll hier gleich bemerkt werden, dass lese letztere Einrichtung dazu dient, bald um das Herz durch den Strom aus einem asserbehälter zu füllen, bald um den vom Wasserbehälter abgeschlossenen Vorhof ieder theilweise zu entleeren, weil dieses wegen des Schlusses der Semilunarklappen die Aorta nicht möglich ist. Dieses so vorgerichtete Herz stellt man dann nach An- litung der Fig. 39 auf; in dieser bedeutet f ein kleines Holzgefäss zur Aufnahme s Ventrikels, g einen Halter zur Fixirung des Aortenstumpfs, h h ein (mit Einschluss 8 Hahnrohres) 1,9 M. langes Zuflussrohr, das aus einem obem Behälter gespeisst rden kann , und i einen Wasserzuber, der um einen halben Meter über dem Aorten- fang erhaben ist und auf dessen Boden sich eine Schicht Wasser befindet, unter dches das Rohr c mündet. Oeffnet man nun, nachdem alles mit Wasser gefüllt ist, tn Hahn d, so dass der volle Strom das Herz durchsetzt und rasch aus dem Kaut- «oukrohr in den Wasserzuber fliesst, so tritt nichts aus dem Röhrchen b, welches 8 der Kranzarterie hervorgeht, während, wenn man den Hahn schliesst, plötzlich ein Strahl 8 der Coronaria hervorgeht, der durch den Druck des erhobenen Kautchoukrohres ■igcleitet wird, ein Druck, unter dem sich auch die Aortenklappen entfallen. Dieser

•) Wird die Aorta nicht am Bogen sondern kürzer nbgcsclniittcn, so gelingt der Versucli meist ibt.

Ludwig, Physiologie II. 2. Aullago. 9

130

Verschluss der Kranzarterien durch die Klappen.

sehr schlagende Versuch gelingt jedoch nicht immer und zwar versagt er, was heson- ders zu erwiihuen, zuweilen an einem Herzen, an dem er so eben noch gelungen war uud nn dem er sich dann auch später wieder erfolgreicli lierstellen lässt. Eg Fig. 39. scheint, als ob kleine Verän-

derungen in der Klappenstel- lung durcli ZeiTcn, Zusam- menschieben u. s. w. die Schuld an dem Misslingen tragen. Dieser Versuch be- seitigt auch die wiederholt ausgesprochene Bcilirchtuiir;, als ob die an den Sinus- rand angelegte Klappe durch den Rückstoss des Bluts aus der Aorta nicht ■wieder her- vorgeholt werden könnte.

Eine Hindeutung darauf, dass sich auch während des Lehens die Klappen an die obeni Begrenzungen der Si- nus anlegen, findet Brücke endlich in den Klnppenspuren, kleinen linearen Eindrücken an der Innern Fläche jener Si- nus , in welche die Klappen- ränder mit ihren kleinen Vertiefungen und Erhaben- heiten oft auf das genaueste hineinpassen, die also ver- muthlich durch das An- sclilagen der Klappen an die Sinuswand entstanden sind.

Das einzige Unbestimmte, was dem beschriebenen Vor- gang noch anklebt, be- zieht sich auf die Zeit, in welcher das Anlegen der Klappen an die Sinus vollen- det ist und die Vorgänge, welche in dieser Schliessungszeit eintreten. Denn wenn diese Zeit eine merkliche ist, so bleibt in dieser dem Blut, welches zwischen Klappe und Sinus steht, ausser dem Weg in die Aorta, auch noch ein andrer in die a. coronaria übrig. Ganz in TJcbereinstimmung mit dieser Unterstellung sieht man zuweilen bei dem Versuch mit dem todten Herzen, dass in dem Moment des beginnenden Stroms durch die Aorta nicht auch sogleich der Strahl aus der art. coronaria, sondcni merk- lich später unterbrochen wird. In andern Fällen hört dagegen momentan mit der Drehung des Hahnes d der Strahl aus der coronaria auf, woraus hervorgeht, dass die zum Anlegen nöthigo Zeit sich merklich verschieden stellen rauss.

Folgen der Herzbewegung in den Gefiissen.

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Nach allen diesen Beweisen und Einsichten halte ich die Bestätigung oder "Wider- •'.jung der Annahme von Marshall und Brücke durch die Vivisektion nicht allein r unnöthig, sondern sogar für unthunlich, da schon die geringsten Verzerrungen I lud Verschiebungen des blosgelegten Herzens den Erfolg gefährden können. ii Die Annahme, dass sich die Höhle der Hcrzventrikel, bevor diese in die Todton- itarre übergegangen sind, beim Eintritt der Diastole auch ohne Beihilfe des einströ- (iwnden Bluts , etwa in Folge der Elastizität ihrer Wandungen , erweitern kann , ist im bündigsten durch L. Fick*) widerlegt. Im wahren Wortsinn genommen, giebt s also keine Aspiration der Vorhöfe. Die Erscheinung, welche zu ihrer Annahme ihrt, und die neuerdings genauer von Wey rieh und Bidder untersucht wurde, Irird insofern dieses nicht schon bei der Betrachtung des Stroms durch die a. coronaria :eschehen, noch Bei-ücksiehtigung finden. Das tuberculum Loweri, ein Muskelhöcker, er an der Scheidewandsilnche zwischen vena cava superior und inferior liegt, soll .ureh Ablenkung des ursprünglich senkrechten Stroms beider Venen aufeinander be- eutsam sein ; er soll verhüten , dass wenn , wie wahrscheinlich , eine Ungleichheit in .er Geschwindigkeit und Spannung des Bluts in den beiden Strömen besteht, die itesultante ihrer Geschwindigkeiten nicht in eins der beiden Venenlumina, sondern ge- ^en den Vorhof gerichtet ist. Diese Annahme steht auf zweifelhafter Basis.

c. Folgen der Herzbewegiing in den Gefässröhren. Die Blut- mengen, welche der Ventrikel in die grossen Arterien wirft, wer- den dort einen Strom erzeugen, der die in Fig. gegebene Ülichtung einhält. Da sich die beiden Herzkammern immer gleich- leitig zusammenziehen, so erscheint die stromerzeugende Ur- lache innerhalb des Gefässsystems immer zugleich an zwei Orten, lemlich dem Anfang der grossen und kleinen Blutbahn. Bei einer lolchen Anordnung stellt sich, abgesehen von allen übrigen Eigen- Ichaften, die Forderung, dass aus jeder Herzhälfte immer gleich- riel Blut ausströmen müsse, weil der eine Ventrikel dem andern (üe Flüssigkeit zusendet, so dass, wenn dem nicht Genüge ge- "teistet würde, sehr bald die eine Abtheilung ihren Gesammtinhalt 1 die andere entleert haben würde.

Der Strom, welcher vom Herzen aus erregt wird, pflanzt sich i der entsprechenden Gefässabtheilung bis zum Herzen zurück turch Wellenbewegungen, Spannungsunterschiede und las Beharrungsvermögen fort. Obwohl diese Vorgänge ■amentlich in den Arterien, durcheinander greifen, so müssen sie och gesondert behandelt werden. Zunächst wenden wir uns zu ;en Wellen.

Da an der Grenze des Herzens und der grossen Gefässe die ledmgungcn für die Wellenbewegungen vorhanden sind, welche rfe theoretische Auseinandersetzung (p. G7.) für ihre Entstehung

•) L. Fick, MUllcrg Archiv. 1849. p. 283.

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BlutrwcUen, Simnnungsunterschiedo.

verlangte, so mllssen sie auch entstehen. Und zwar hildet sich eine Bergwelle in den Arterien gegen die Capillareu, hinter der im Arteriensystem keine Thalwelle herschreitet; in den Venen da- gegen bildet sich eine Thalwelle, die wiederum, ohne dass eine Spannuugswelle auf sie folgte, gegen die Capillaren hinschreitet. Der Grund, aus dem die Thalwelle nach der Arterienseite hin ausbleibt, liegt darin, dass die Semiluuarklappe die Höhlung der Arterien und des Herzeus abschliesst, sodass keine Entleerung dt i Arterien gegen das Herz hin stattfinden kann; nach der Venen- seite kann aber vom Herzen aus keine Bergwelle erregt werden, weil das in die Ventrikel eingestürzte Blut wegen des Schlusses der Zipfelklappen nicht wieder direkt in die Vene zuriickgeschlcu- dert werden kann. Das Hervorstechende für die Bewegung der Flüssigkeit in einer solchen Welle bestand darin, dass jedes m dem elastischen Rohr enthaltene Theilchen in der Richtung der Längenachse des Rohrs eine Geschwindigkeit erhielt, die vou einem Minimum zu einem Maximum anwuchs und dann wieder absank. Diese verschiedenen Stadien der Geschwindigkeit erlang- ten nun aber die Theilchen nicht sämmtlich gleichzeitig, sondeni successive, sodass, wenn z. B. die dem Herzen zunächst gelegeneu FlUssigkeitsabschnitte eine erhöhte Geschwindigkeit empfangen haben, diese den entfernteren noch nicht zukommt, und umge- kehrt, dass, wenn die vom Herzen entfernteren noch mit irgend welcher geringem oder grossem Geschwindigkeit begabt sind, die dem Herzen näher liegenden schon zur Ruhe gekommen waren. Durch eine solche Welle rücken nun alle Theilchen um eine ge- wisse Wegstrecke in dem Lumen der Gefässe weiter, und zwar ge- langen sie durch die Bergwelle in den Arterien von dem Herzen gegen die Capillaren, durch die Thalwelle in den Venen von den Capillaren gegen das Herz hin. Obwohl demnach beide Wel- len eine Bewegung der Flüssigkeit in gleichem Sinne erzeugen, reichen sie doch erfahrungsgemäss nicht zur Erhaltung des Stromes in den Gefässröhren hin, da sie auf ihrem Wege durch dieselben vernichtet werden. Der Grund dieser Vernichtung liegt in dem Kraftverlust, der durch den kraftübertragenden Stoss und die Rei- ; bung an den Wandungen bedingt wird. Da in unserem Röhren- | werke aber die Biegungen, Theilungeu und der Umfang der Wand- ] flächen selbst gegen die Capillaren hin in ausserordentlicher Zu- | nähme begriffen sind, so müssen auch die in der Welle vorhandenen : Bewegungen der Flüssigkeit in den unmittelbar an die Capillaren

Blutwellen, Spannungsuntorschiede.

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grenzenden Arterienstttcken auf gleich langen Stücken viel be- I iichtlicber abnehmen, als in den grossem Gefässen. Und weil ie Kräfte, welche die Welle in der Arterie erzeugen, sehr viel cdeutendev sind, als die, welche das Zusammenfallen der Venen- ufänge erzeugt, so wird die arterielle Welle kräftiger sein, als ie venöse, und diese somit auch eher (d. h. entfernter von den apillaren) schwinden, als die erstere.

Wenn die Wellenbewegung, welche den Theilchen des Inhalts 1 den grossen Arterien eigen war, gegen die Capillaren hin er- seht, so müsste offenbar, wenn die Blutbewegung allein abhängig ,iire von der Wellenbewegung, der Herzinhalt nur bis zu den apillaren, aber nicht durch sie hindurchdringen; und aus dem- Ahen Grunde könnte die Beugungswelle das Blut, welches sie ihliesslich in das Herz wirft, nicht aus den Capillaren beziehen, leides trifft nun aber nicht ein, indem thatsächlich in den Capil- ueu ein ruhiger und gleichmässiger (nur unter ganz besondern - luständen ungleichförmig beschleunigter) Strom von den Arterien u den Venen dringt. Die erste Veranlassung dieses Stroms liegt 1 den Spannungsunterschieden, Avelche den Flüssigkeitsth eil eben uf den verschiedenen Abschnitten der Bahn vom Herzen aus bis urück zu ihm zukommen. Dieselben entstehen aber folgender- laassen: Durch die Herzmiindung dringt mit jeder Zusammen- iehung der Kammermuskeln in einem kurzen Zeitraum, also mit osser Geschwindigkeit, der Herzinhalt ein, und da dieser auf einem Wege bis zu den Capillaren, seine Geschwindigkeit einbtisst, 0 muss er sich in dem arteriellen System anhäufen. Dieses kann uu aber nur durch eine Ausdehnung des Plohlraums der Arterien, Iso durch eine Ausspannung ihrer Wandungen geschehen, welche ■Tztere aber relativ eine sehr beträchtliche sein muss, da der In- alt der Arterien im Verhältniss zu dem der Ventrikel nicht gerade edeutend ist; bedenkt man noch, dass der bedeutendste Theil der rteriellen Gefässwandung wegen ihrer Dicke weniger ausdehnbar 't, so ist ersichtlich, dass Kräfte von einem nicht unbedeutenden G erthe dazu gehören, um die arterielle Gefässhöhle bis zu dem mfang zu enveitern, dass sie zu ihrem normalen Inhalt auch nch den des Herzens aufnehmen kann. Mit andern Worten, es erden die ausgedehnten Membranen, weil sie nach der Ausdeh- iing wieder ihren ursprünglichen Flächenranm einzunehmen stre- cn, einen Druck auf ihren Inhalt ausüben, der den Druck im i'.lienden Blut beträchtlich tibersteigt. Im umgekehrten Verhält-

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Spannungen dos strömenden Bluts.

nisse finden sich nun gerade die Venen. Durch die l^lntmenge, welche nach der Ilerzkontraktion aus ihnen strömt, wird ihre ur- sprüngliche Spannung vermindert, eine Verminderung, die nach einer einmaligen Zusnmmenziehung allerdings nicht sehr auffällig sein kann, da der Inhalt des Herzens im Vergleich zu dem der Venen sehr unbeträchtlich ist.

Nun kann aber in der sonst gleichbeschaffenen Flüssigkeit innerhalb eines zusammenhängenden Röhrenwerks kein ungleicher Druck bestehen, ohne das Bestreben einer Ausgleichung zu wek- ken, d. h. ohne dass die gespanntere Flüssigkeit gegen die minder gespannte hinsrömte, und somit muss von den Arterien durch die Capillaren hindurch eine Strömung eintreten, welche auch dann noch fortdauert, wenn schon die Herzkontraktion beendet ist.

Der einmal eingeleitete Strom verfolgt aber seine ursprüng- liche Richtung der Trägheit wegen weiter, selbst wenn die Drücke in den Stromrichtungen zunehmen, statt abzunehmen, wie dieses in der allgemeinen Einleitung gezeigt wurde (p. 60). Dieser Umstand muss sich also auch im Kreislauf geltend machen, wie wir noch sehen werden. Da nun aber die vorhandene Ge- schvdndigkeit im Blutstrom immer vorher als Spannungsunter- schied bestand, so können wir diese im Allgemeinen auch als die wesentliche Bedingung des Stroms ansehen.

d. Spannungen des strömenden Blutes. Was von ihnen bekannt ist, bezieht sich immer nur auf die Wandspannung, da man bis dahin noch nicht daran denken konnte, die mit dem Querschnittsort veränderliche Spannung zu bestimmen. Obwohl diese Lücke vom theoretischen Gesichtspunkte aus zu beklagen ist, so ist sie doch für den praktischen Physiologen weniger fühl- bar. Die wichtigsten Folgen des Drucks, die Berührangsfläche des Bluts mit den Geweben (Ausdehnung der Gefässwände und ihrer Poren), und der Einfluss der Spannung auf die Bewegungen der Flüssigkeit innerhalb der Poren sind von dem Wanddruck ab- hängig.

Die Spannung, die in einem jeglichen Gefässabschnitt herrscht, ist unzweifelhaft abhängig von der Ausdehnbarkeit seiner Wandung und der Ausdehnung, die seine Wandung wirklich erfahren, mit andern Worten: bei gegebenem Elastizitätscoeffizienten von dem Flüssigkeitsvolum, das er mehr enthält, als er im Ruhezu- stand fassen kann. Die Ausdehnbarkeit wechselt an demsel- ben Gefässquerschnitt mit dem Zustand (der Erschlaffung oder

Spannung in dem Anfang des Artorionwerkes.

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^iisammenzielmug) der Waudmuskelu und noch mehr in dem Ver- ;iaf des Systems von einem Ort zum andern. Das Volum des 'liissig'keitszuvvacLses ist abhängig von dem Vcrhältniss zwischen 'lufhiss und Abfluss. Der Zufluss ist bedingt durch die Zahl md den Umfang der llerzzusammenziehungen, der Abfluss durch lie Widerstände in dem betreffenden Abschnitt und an den Gren- cn desselben, das will sagen: durch die Spannungsunterschiede, velche bestehen an der Einfluss- und Ausflussmündung des betrach- ten Abschnitts und das Verhältniss der Ein- und Ausflussöffnung. Aus allem diesen, in Combiuation mit dem, was schon über ion Bau des Gefässsystems, die Herzschläge und deren Variation itigebracht ist, ergiebt sich, dass die Mannigfaltigkeit der Span- lungeu, welche in dem Gefässsystem eines Menschen entweder deichzeitig an verschiedenen Orten, oder an demselben Orte zu verschiedenen Zeiten erzeugbar sind, unendlich sein kann; zu- ;leich ist ersichtlich, dass eine theoretische Voraussicht der ein- zelnen Fälle unmöglich ist.

Sehr zahlreiche Erfahrungen, die über die durch den Herz- ^ehlag veränderten Spannungserscheinungen vorliegen, erlauben iber dennoch einige allgemeine Bemerkungen von praktischer Wichtigkeit; wir werden bei ihrer Aufzählung den Weg einschla- en, dass wir an verschiedenen Orten der Keihe nach die mit den icrzzuständen wechselnden Spannungen in das Auge fassen, Die Thatsachen werden in der anschaulichen Form, in der sie ge- -vonnen sind, der Betrachtung zu Grunde gelegt, nemlich als Cur- v eu, wie sie der in Fig. 35. dargestellte Spannungszeichner He- erte. Die Achse der X von dem Coordinatensystem, in dass sie ■iugetragen sind, giebt die Zeit, die der Y dagegen die Spannun- gen an, gemessen durch die in Millimetern ausgedi-ückte Höhe iner Quecksilbersäule.

A. Anfang des arteriellen Systems; insbesondere Ja. carotis oder a. cruralis. Zuerst werden wir den Fall be- (handeln, in welchem sehr kräftige Herzschläge in langen Pausen leinander folgen, wie man sie erhält, wenn man die nervi vagi in eine gelinde En-egung versetzt; und zwar darum, weil die Folgen tder Herzwirkung an ihnen am deutlichsten hervortreten. Mässigt iman, nachdem die n. vagi so anhaltend und kräftig erregt sind, dass das Herz längere Zeit vollkommen stillstand und das Quck- lailber des Manometers endlich auf einer Höhe, die sich für längere *Zeit constant erhielt, anlangte, die Schläge des Induktionsappa-

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Spannungswechsol boi verschiedener Schlagfolge des Herzens

rates, so schreibt der Druckzeicliner die Curven von beistehender Foiin. Mit dem Eintritt des ersten Herzschlags erhebt sich der Druck, von dem der Kuhe (Fig. 40.) y', und zw^ar zuerst sehr

rasch, dann aber allmähli- ger, bis er auf das Maxi- mum seines Werthes ange- langt ist; von hier fällt er dann, und zwar zuerst rasch, dann aber immer langsamer, je näher er der Höhe kommt, von vyelcher der Druck bei Beginn des Herzschlags ausging , wie dieses an den Unterschie- den der Ordinaten ah cd. efrj in den gleichen Zeitabstäuden 1234567 zu sehen ist. Folgen nun die Herzschläge in nicht gar zu langen Pausen aufeinander, so werden, bevor die Einwirkungen des ersten von ihnen ver- schwunden sind, die des zweiten eintreten und das Ansteigen, das der zweite veranlasst, somit von einem höhern Druck beginnen. Bleibt sich nun der Umfang und der zeitliche Abstand dieser und der folgenden Zusammenziehungen gleich, so wird dieses auch mit den im zeitlichen Verlauf erscheinenden Drücken der Fall sein. Genauer ausgedrlickt wird also die constante Gefässspannung von ?/o bis y'" vorhanden sein, so dass sie unter diesen Werth zu keiner Zeit herabsinkt; ausserdem aber wird in constanten Gren- zen von y" bis y"" ein variabler Ueberdruck vorhanden sein, des- sen Maximum und Minimum für jeden Pulsschlag dasselbe bleibt, und endlich wird die mittlere Spannung*) y" y'", die sich aus den Spannungsschwankungen von einem zum andern Herz- schlag berechnen lässt, für alle Herzschläge o t, t t" u. s. w. gleich sein.

Wenn sich nun die Herzschläge statt des bisher innegehalte- nen Rhythmus sehr beträchthch beschleunigen (was jedesmal ein- tritt, wenn man nach den vorigen Versuchen die Erregung des

*) Mittlere Siiannung bedeutet also hier die Spiinnung, welche man erhalten würde, wenn niBii die in den einzelnen Zeittheilchon bestchehcndc Spannung addirte und durch die Summe der Zelt- thellchen dividirte.

in den grossem Arturien.

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. vagus beendet), so erscheint die Ciirve, welche Fig. 41. wiedcr- liebt. Bei einer Vergleichung- derselben mit der vorhergehenden it sogleich einleuchtend, dass der constante Druck ?/o 7/" ganz Hisserordeutlich gewachsen ist im Ver- Jeich zum variablen; die Folge davon t u. A. auch die, dass die Werthe des itteldrucks und des constanten Drucks

¥ig. 41.

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ch sehr nahe kommen, indem die

i renzen des schwankenden Ueberdrucks

' berhaupt sehr nahe bei einander lie-

: sn. Was die Form der Curven- iicke, die während je eines Herz- •hlags erzeugt werden, anlangt, so be- erkt man, dass sie sich sehr derjeni- en des Gipfels in Fig. 40. annähert; enn der kurze aufsteigende Theil Avird 'gleich stark convex nach oben und cY absteigende besitzt nur den steil ab- illenden Abschnitt.

Die zwischen- diesen beiden Exti-emen liegenden Pulszahlen ■zeugen Curven, welche sich mehr und mehr von der letztern u- erstem Form annähern, so dass man, wenn die Zahl Üer nlsschläge gegeben, ungefähr die Keihenfolge der in der Zeit chselnden Spannungen angeben kann.

Wir haben demnach die, allgemeine Form der zeitlichen Span- ingscuiTe abhängig gefunden von der Zahl der Herzzusammen- .'hungen. Anders verhält es sich mit den absoluten Werthen der )annnngen und namentlich derjenigen, welche wir mit dem Na- en der mittleren belegt haben; sie wechseln an demselben Thier )tz einer gleichen Zahl von Herzschlägen. Mit Sicherheit lässt ch angeben, dass der Werth der mittlem Spannung, alles übrige cichgesetzt, steige, wenn sich die AufüUung des Gefässsystems it Flüssigkeit überhaupt mehrt; wenn die Widerstände zwischen r beobachteten Stelle und den Capillaren zunehmen; wenn der iiifang oder die Intensität der Herzzusammenziehungen sich stei- ■ra. Den Nachweis für diese Behauptungen kann man sehr icht führen, weil man mittelst einer vorsichtig geleiteten Erre- lug der n. vagi die Zahl der Schläge annähernd auf einer he- mmten Zahl festhalten, zugleich aber durch Ablassen oder Ein- llen des Bluts aus den Gelassen, duich Unterbindung einiger

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Spannungswechsol bei verschiedener Schlagfolgc^ dos Herzens.

Artcrienstämrae u. s. av. die Normalspannung und den Widersland in- einem Tliier verändern kann. Weil nun aber trotz gleichblei- bendem Widerstaude und unverändertem Normaldruck und gleicher Zahl der Herzschläge die mittlere Spannung steigt, so schliessen wir daraus, dass auch der Umfang der Zusammenziehung des Herzens wechselvoll sein möge.

Wenn ein Mitteldruck von bestimmtem Werth, welcher wäh- rend einer gewissen Zeit hindurch unverändert bestand, übergeht in einen solchen von anderm Werth, so muss nothwendig während dieser Uebergangszeit der Mitteldruck von einem Herzschlag zum andern in einer Schwankung begriffen sein; dieser Uebergang, mj mannigfaltig er auch sein kann, führt aber doch jedesmal zu einem neuen Zustand dynamischen Gleichgewichts, bei dem nemlich der Mitteldruck für die Zeit eines jeden Herzschlags gleich ist; dem- nach darf man behaupten, es bestehe für eine jede Combination von Herzzusammenziehungen, Widerständen und Gefässfüllungen ein Zustand, in dem die Menge der in der Zeiteinheit zu den Ar- terien strömenden Masse das Gleichgewicht hält der ausströmen- den, so dass mit der Geschwindigkeit des Zuflusses auch die des Abflusses steigt.

B. Ende des arteriellen Systems. Wie sich in den feinen Arterien während der einzelnen Phasen des Herzschlags die Spaunungscurve gestaltet, hat noch nicht untersucht werden kön- nen. — Mit Sicherheit ist dagegen ermittelt, dass die der Systole Kg- 42. und Diastole des Her-

zens entsprechenden Mar xima und Minima der Spannungswerthe sich ein- ander immer mehr nähern, je enger die Arterien sind, in welche der Strom eindringt, bis end- lich in den Capillar- netzen die Unterschiede ganz schwinden, so dass an diesem Ort während der ganzen Herzschlags- dauer die Spannung im- \ verändert dieselbe bleibt. Um eine Vorstellung von dieser Tliatsachc zu erhalten, hat Volkmanu die nebenstehende Cm've (Fig. 42.)

Aufhören dos Pulses in den kleinsten Arterien.

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«ntworfen. Es ist dieselbe in ein Coordinatensystem eingetragen lassen Abszissenachse A x die Achse eines Gefässrohrs von sei- 1 cm Beginn am Herzen bis zu den Capillareu hin darstellt, so dass ;. I>. bei A der Wandi)unkt des Durchmessers von einem beliebi- gen Stück Aorta, bei D derjenige eines kleinsten Arterienastes elegen wäre. Die Ordinaten Y bedeuten die Wandspannungen ach der schon früher festgestellten Uebereinkunft. Wenn nun ic Spannung in der Aorta in Folge einer Herzzusammenziehung Ulf A Y gestiegen wäre, so würde sie in einem Aste ersterer »idnung hierdurch etwa auf B Y, in einem Aste dritter Ordnung (her nur auf C Y und in einem Aste letzter Ordnung endlich nur Ulf D Y kommen. Während der darauf folgenden Herzpause vürde in A die Spannung bis auf A y herab gehen, in den Aesten ister Ordnung schon um weniger und in den darauf folgenden loch weniger, bis endlich bei V die Spannungen der Systole und Diastole zusammenfallen. Mit dieser Abnahme der Spaunungs- lifferenzen nimmt aber zugleich die mittlere Spannung ab. Die ingefahre Lage dieser Mittelspannung ist durch die Ordinaten. \ M, BM, CM angedeutet.

Mit Eücksicht auf diese Thatsacheu wäre nun zuerst zu tiber- egen: Woher rührt dieses Verschwinden der Spannungsunter- '■liiede, oder anders ausgedrückt, warum strömt in den Quer- chnitt bei D zu jeder Zeit so viel ein als aus, obwohl am Röhren- uifang ein unterbrochenes Einströmen stattfindet. Wenn die ^pannungsunterschiede daher rühren, einmal, das plötzlich alle l'lieilchen eines Querschnitts einen Stoss bekommen, der sie gegen liejenigen eines nächstgelegenen hineinzudrängen suchte, und usserdem daher, dass in einen Querschnitt plötzlich mehr Flüs- igkeit eingeschoben werden konnte, als aus ihm austreten konnte, ') wird unsere Erscheinung erklärt sein, wenn sich zeigen lässt, l;iss die Wellenbewegung, d. h. die von Molekel auf Molekel ortgepflanzten Stösse im Verlauf des Röhrensystems verschwin- Icn, und wenn ausserdem nachgewiesen wird, wie sich das tu- iinltuarische Einströmen der Flüssigkeit in den Beginn des Arte- icnsystems in diesem allmählig in einen gleichförmigen Strom uiiwandclt, Beides ist aber in der allgemeinen Betrachtung der "lüssigkeitsbewegung durch elastische Röhren geschehen (vergl. ). 60 u. f.). Denn es ergab sich dort schon, dass die lebendige xraft, welche die Welle besass, von Beginn gegen das Ende des Johres hin abnehmen musste, weil die Welle mit einer Bewegung

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Die Abnahme der mittleren Spannung.

der in ihr enthaltenen Theilchen verknüpft war, so dass eine Rei- bung und damit ein Vcrhist an Kräften entstand. Zugleich ist aber auch ersichtlich, dass eine jede Geschwindigkeit, bevor sie in dem Rohr eine constante geworden ist, sich beim Verlauf der Flüssigkeit durch die Röhrenlänge verlangsamen muss; dieses Avürde also die nothwendige Folgerung in sich schliessen, dass, wenn ein und dasselbe Flüssigkeitsquantum durch denselben Querschnitt strömt, es am Ende des Rohrs hierzu längere Zeit nö- thig hat, als am Beginn desselben. Wendet man diese Betrach- tung auf die arteriellen Röhren an, so würde die eben vorgelegte Thatsache nichts anderes sagen, als: Es ist die Geschwindigkeit der Flüssigkeit am Ende des Arteriensystems so verlangsamt, dass vom Beginn eines Herzschlags zum andern durch den viel grössern Gesaramtquerschuitt gerade so viel strömt, als während der Dauer einer Herzzusammenziehung durch die AortcnmUndung floss. In- dem dieses geschieht, muss aber endlich eine Geschwindigkeit der in einen beliebigen Querschnitt einströmenden Flüssigkeit erreicht .werden, welche gerade so gross ist, als die der ausströmenden. Der Ort im Gefässystem, an Avelchem sich der Strom mit steigen- der und fallender Spannung umsetzt in einen solchen mit gleich- förmiger, hat erfahruugsgemäss keine feste Lage; er rückt unter Umständen nicht allein weiter hinaus, z. B. in das Capillarensy- stem hinein, sondern es kommt zuweilen ein Ort gleichförmiger Spannung gar nicht zu Stande. Die Theorie behauptet, es müsse das liinausrücken des Ortes von gleichmässiger Spannung ge- schehen entweder, wenn bei gleichbleibenden Verhältnissen an der Herzraündung die Widerstände, die sich dem Abfluss in die Ca- pillaren und Venen entgegensetzen, vermehrt werden, oder wenn bei gleichbleibenden Widerständen an letzterer Stelle der Umfang und die Geschwindigkeit der Herzschläge in der Weise sich än- dern, dass in gleichen Zeiten mehr Flüssigkeit in die Aorta dringt. In der That wird dieses von der Erfahrung bestätigt, insofern z. B. Arterien plötzlich zu pulsiren beginnen, die es vorher nicht thaten, wenn entweder ihre Abflussröhren verstopft sind (bei sog. Entzündungen), oder wenn das Herz in grosser Aufregung sich bewegt. Die Erscheinung, dass irgendwo im Gefässrohr ein Ort gleichbleibender Spannung zum Vorschein kommt, muss dage- gen ganz ausbleiben, wenn die Herzschläge so spärlich aufeinan- der folgen, dass es Zeiten giebt, in denen überhaupt keine Bewe- gung im Gefässrohr mehr stattfindet. Dieses tritt aber gewöhnlich

Folgen der Herzbewegung. Spannung in den Capillarcn und Venen.

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■ist beim Absterben eines Thieres ein, weshalb auch dort noch

in wenn auch schwaclier Puls in den Capillarcn beobachtet wird.

Die Curve (Fig. 42.) thut demnächst dar, dass die mittlere ■Spannung in den Arterien von der Aorta nach den Capillarcn in Vbnahme begriffen sei. Diese Thatsache ist sogleicli begreiflich,

enn man erwägt, dass die mittlere Spannung nichts anderes ist, Is ein Ausdruck für das Maass der spannenden Kräfte, welche in

■m gerade betrachteten Querschnitt von einer zur andern Zeit \ irksam sind. Dass sie dieses aber bedeutet, geht aus der Deli- ition der mittleren Kraft selbst hei-vor. Denn sie wird gefunden, > enn man alle die verschiedenen Spannungen addirt, welche an inem Ort während einer bestimmten Summe von Zeiteinheiten be- toheii, und die hieraus gebildete Gesammtzahl dividirt durch die 'umme der genannten Zeiteinheiten. Nun sind aber alle Ordina- en unserer Curve aus gleichlangen Zeiten abgeleitet, d. h. es sind ille die Spannungssummen dividirt worden durch dieselbe Zahl; las Verhältniss zwischen den mittleren Spannungen verschiedener 'rte ist also gleich demjenigen der Spannungssummen. In einem eden Strom nehmen aber die bewegenden und damit auch die span- rnden Ki-äfte von dem Anfang zum Ende hin ab, wegen des

erlustes durch Keibung u. s. w. Der Verlauf dieser mittleren urve bedeutet also, dass der Strom im Arteriensystem unter die- i;s allgemeine Gesetz fällt. Wir kommen hierauf bei einer andern Gelegenheit noch zurück.

Unsere Curve lässt endlich schliessen, dass es Zeiten geben liisse, in welchen die Spannung in den vom Herzen entfernter i'genden Gefässabschnitten eine höhere sei, als diejenige, welche leichzeitig in den dem Herzen näher liegenden Theilen vorkom- itn. Wir brauchen nur anzudeuten, dass diese Erscheinung mit ■r Wellenbewegung und der Trägheit in Verbindung steht, indem <■ die Folge einer raschen, durch das System fortschreitenden ■••wegung ist.

C. In den Capillarcn und den Venen, wenn letztere nicht 11 zu nahe amHerzen liegen, leitet die Herzbewegung einen gleich- ässigen Strom ein, der nach allgemeingiltigen Regeln in seinem I laufe mehr oder weniger rasch an Spannung verliert, je nach '11 Widerständen, die er in den einzelnen Abtheilungen findet. '<.r absolute Werth der Spannung in jedem Querschnitt wird na- 11 lieh bestimmt durch die bewegenden Kräfte des Stroms am Be- nin des Capillarsystems. In den Venen dagegen, welche nahe

142 Folgen der Hcrzliowoguiig. Spannung in den Capillaren und Venen.

am Herzen gelegen sind, wird jedesmal während der beginnenden Herzerschlaffimg eine Tlialwelle erregt, welche nach der Peripherie hin fortschreitet. Sie wird, offenbar weil ihre lebendigen Kräfte ge- ring sind, rasch zerstört, so dass sie selbst mit feinen Mitteln nicht jenseits der grossen Kopf- und Armvenen sichtbar zu machen ist Diese Thalwelle hat man früher davon ableiten wollen, dass sich das Organ nach seiner Zusammenziehung vermöge seiner elastischen Kräfte erweitere. Diese Eigenschaft kommt aber in der That dem Herzen nicht zu, und zudem liegen andere Erklärungen auch nalie. Während der Vorhofszusaramenziehung sind die Venen, weil sie sich nicht entleeren können, bedeutender gespannt worden. Löst sich nun die Zusammenziehung des Vorhofs und rasch hinterher die der Kammern, so wird die gespannte Flüssigkeit in den wenig Widerstand bietenden Raum plötzlich herausstürzen, wodurch in hydraulischer Beziehung dasselbe erzielt wird, als ob sich das Herz erweitert habe.

In allen Fällen, in welchen die Semilunar-Klappeu die Mün- dungen der Kranzarterien während der Systole des Herzens ver- schlicssen, kann nach Beendigung der letztern eine plötzliclie Ausdehnung der Herzhöhle entstellen durch das Blut, welches nach Entfaltung der Klappen plötzlich in die kleinen Aeste der Kranz- arterien eindringt. Diese Wirkung des Stroms lässt sich an einem todten schlaifen Herzen nachahmen in dessen Coronararte- rien Flüssigkeit unter einem Drucke gefüllt wurde, der dem ge- wöhnlichen der Aorta gleichkommt. (Brücke).

Wie sich die Geschwindigkeit des Blutstroms imter dem Einflüsse des Herzens allein gestalten würde ist uns unbekannt.

2. Bewegungen des Brustkastens und seiner Ein- geweide*). Da das Herz und die grossen Gefässe von den Lungen und demnächst von den Brustwandungen umschlossen werden, so müssen deren Spannungen und Bewegungen von einem wesentlichen Einfluss auf den Blutlauf sein.

a. Die Beziehung der elastischen Kräfte der Luugensubstanz auf den Blutstrom erläuterten wir zunächst für den Zustand des Brustkastens, in welchem er sich findet, nach der Ex- und vor der Inspiration, in welchem er also die Stellung eingenommen hat, die

*) Dondorg, Honlo's und Pfeufor's Zeifsclirift. N. P. HI. 287. und dessen wichtige Ab- handlung, ibid. IV. Bd. 241. Ilnndlelding. II. Cd. a. .SOG. C. Ludwig, Müllers Archiv. 1847. p. 242. Ed. Weber, Lcipz. Berichte; mnthemat. physik. Clnsse. 1850. p. 29.

Einfluss der Brustbewegung auf den Bliitstrom.

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hm vermöge der elastischen Kräfte seiner Bestandtbeile zukommt. In dieser Zeit wiril auf die Lungenoberfiäcbc von Seiten der Brust- \and kein Druck ausgeübt; denn es feblt jede selbstständige Be- vegung des Brustkastens, und es ist ausserdem die Wandung des- t'lben steif genug, um nicbt bewegt zu werden von einem mässi- on Unterschied des Luitdrucks, der auf der innern und äussern lache der Brustwand etwa vorhanden wäre. Die Lungenober- (iiche, welche an der Brustwand anruht, ist darum nur zwei Kräf- L'U ausgesetzt : dem Luftdruck und den elastischen Spannungen 1er Lungensubstanz. Diese beiden Kräfte wirken aber in entge- ceugesetzter Kichtung. Die Luft neralich, die nur durch die Trachea, nicht aber von Seiten der innern Brustfläche drückt, ent- erut die Oberfläche von der Wurzel der Lunge, indem sie die junge entfaltet. Die elastischen Kräfte der Lungensubstanz wir- ken dagegen von der Oberfläche der Lunge gegen die Wurzel lin; sie suchen die entfaltete Lunge zusammenzudrücken. Der leweis dafür, dass diese Kraft, und zwar in der angegebenen ;ichtung, vpirkt, liegt darin, dass eine möglichst gesunde Lunge, velche man aus der Brusthöhle herausgenommen und zu dem Vo- nm aufgeblasen hat, das sie in der Brusthöhle einnimmt, augen- )licklich zusammenfällt, sowie man die Trachea öffnet, d. h. den .utldruck aller Orten gleichmacht. Die Lunge kann in ihrer na- iirliohen Lage also nur darum ausgespannt erhalten werden, weil 1er Luftdruck das Uebergewicht besitzt über die elastischen Kräfte 1er Lunge. Dieses Uebergewicht ist durch Messungen nachge- wiesen, indem Donders durch ein besonderes Verfahren ermit- clte, dass, im hydrostatischen Maasse ausgedrückt, die elastischen vi äfte der Lunge im Maximum 30 MM. Quecksilber betragen, wäh- end der Luftdioick in den bewohnten Gegenden sich meist über '00 MM. hält. Aus allem diesen folgt nun, dass die Theile, velche innerhalb des Brustkastens an der von der Pleura umklei- leten Lungenfläche anliegen, einen geringem als den Luftdruck zu ■itragen haben, und zwar einen um das Maas der elastischen >ungenkräfte veiminderten Luftdruck. Diese Verminderung des Druckes vnrd sich an der Grenze zwischen Brustwand und Lunge inr als Spannung äussern können, da jene, wie erwähnt, zu steif st, um durch einen Druckunterschied von wenigen MM. Hg. be- vegt zu werden. Anders gestalten sich dagegen die Dinge an Icr Grenze zwischen den Lungen und dem Herzen mit seinen Ge- assausläufern. Der Inhalt dieser hohlen Organe steht nemlich

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Einathiiiungsbewogunu.

unter dem Luftdruck, da er in unmittelbarer Berührung steht mit dem Blut, welches sich in den Geiassen ausserhalb des Brustka- stens findet, die diesem Drucke zugänglich sind, und ausserdem ist er noch in einer Spannung, welche von der Ueberflillung der Gefilssröhren mit Blut herrührt. Von diesen Kräften wirkt nun der Luftdruck demjenigen entgegen, welclier von der LängenoberfläcLe her auf das Herz trifft; sie würden sich also aufheben, vorausge- setzt, dass beide Drücke gleichen Werth besässen. Da nun aber der von der Lunge her treibende Luftdruck vermindert ist um den Werth der elastischen lü-aft in der Lunge, so gewinnt der von dem Blutbehälter her wirkende Druck das Uebergewicht. Er sucht somit diese letztern auszudehnen. Da zu diesen ausdehnen- den Kräften sich auch noch die hinzuzählen, welche von der Spannung des Bluts in den Gefässen herrühren, so müssen unzwei- felhaft die in den Lungen eingebetteten Blutbehälter ein Ausdeh- nungsbesü-eben besitzen. Diesem Bestreben kann aber in diesem Falle Folge geleistet werden, da die Wandungen der Herz- und Ge- fässhöhleu in der That sehr nachgiebig sind. Der Bewegung, welche durch diese Mittel eingeleitet wird, ist erst dann eine Grenze ge- setzt, wenn unsere Gefässe so weit durch Blut . ausgedehnt sind, dass die elastische Spannung, in die ihre Wandungen treten, den ausdehnenden Kräften das Gleichgewicht hält. Zu diesem Grade der Spannung scheinen aber die venösen Wandungen der Gefässe niemals zu kommen, indem aus ihnen nach jeder Herzbewegung schon wieder Blut entleert wird, bevor es sich in dem verlangten Maasse aufgehäuft hat. Wir schliessen hierauf, weil im Leben immer Luft durch die vena jugularis in das Herz eindringt, wenn man sie biosgelegt und ihre Wand so durchschnitten hat, dass die Oeffnung klaffen kann; es muss also die Spannung, welche ihrem Inhalt zukommt, niedriger sein, als die der Luft. Um diese für den Kreislauf bedeutungsvolle Einrichtung zur Anschauung zu brin- gen, ist die Fig. 43. gezeichnet worden, welche ohne weitere Er- klärung verständlich sein muss. Die Pfeile in der Herzhöhle und auf der Lunge deuten die Richtung an, nach welcher die ela- stischen Kräfte der Lunge wirksam sind, den Lungeninhalt pres- sen und den Herzinhalt auseinanderziehen.

Diese Saugkraft der Lunge muss aber den Blutstrom, welcher schon in Folge der Herzthätigkeit besteht, modifiziren, und zwar dadurch, dass sie alle Strömungen aus dem Brustkasten hemmt, indem sie die Zusammenziehung der Aorta hindert, dagegen alle

Bedeutung der Einathmuug für den Blutatrom.

Fig. 43.

-Strömung nach dem Brustkasten fördert, indem sie in die Venen lesselben den Ort der niedrigsten Spannung legt, wohin selbst lanu noch Flüssigkeit läuft, wenn auch die vom Stoss des Her- /.cns und der Spannung der Gefässwände herrührenden Kräfte ver- zehrt sind. Nun ist aber nicht zu verkennen, dass der letztere Kflect seinem Werth nach das Ueb ergewicht über den ersteren hat; denn da die Venen eine grössere Flächenausdehnung haben, als die Arterien, so muss ihr Hohlraum durch dieselben Zugkräfte, die III mehreren Orten wirken, offenbar vielmehr erweitert werden, als 1er der Arterien; zudem sind die Ai'terienwandungen auch viel 4(;ifer, als die der Venen. Man kann also sagen, es werde die l'.lutströmung durch diese Einrichtung unterstützt.

Ludwig, Physiologie II. 2. Anfinge. 10

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BedoutuDK der Aiisatlimutig für den Blutstroiii.

b. Einathmungsbewegung. Diese Bewegung verbreitert und verlängert den Brustrauni; sie wird auf verBchiedene Weise ftlr die grossen Blutbehälter in der Brust wirksam. 1) Da das Herz und die Gefässe an der Brustwand selbst angewachsen sind, so werden sie geradezu durch die Bewegungen ausgespannt. 2) Die Lungenoberfläche folgt der innern Brustfläche, und damit mindert sich noch der Widerhalt, den die Lunge den grossen Gefässen bie- tet. Diese Verminderung des Widerhalts rührt nun nicht etwa daher', dass während der Einathmung eine merkliche Differenz der Dichtigkeit in der äussern und innern Luft vorhanden wäre. Denn in der That ist die Verbindung der äussern mit der Lungenluft ergiebig genug, um es dahin zu bringen, dass in dem Moment, in welchem eine Luftverdünnung in den Lungen einti-itt, sie auch durch Nachströmen aus der Atmosphäre ausgeglichen wird. J'^s rührt die Verminderung des Widerstandes, welche die äussere Gefässfläche erfährt, vielmehr von der grössern Ausdehnung der Lunge her. Denn in Folge dieser Ausdehnung wird auch ihre zusammenziehende Kraft vermehrt und darum vernichtet sie einen grössern Antheil des Luftdruckes, der durch ihre Oberfläche hin durch auf die äussern Gefässflächen wirkt. Diese beiden Gründe vereinigen sich somit wiederum, den Strom des Bluts aus der Brust zu hemmen und den nach der Brusthöhle hin zu för- dern. — Donders hat darauf aufmerksam gemacht, dass diese Folge ebenso giltig ist ftir den kleinen, als für den grossen Kreis lauf, da in beiden Fällen die Capillaren desselben in Flächen lau fen, die unmittelbar dem Luftdruck ausgesetzt sind. Von be- sonderer Wichtigkeit wird aber die Inspirationsbewegung ftir den Kreislauf in der Unterleibshöhle, weil mit der Erweiterung der Brusthöhle der Inhalt der Unterleibshöhle zusammengepresst und hierdurch vorzugsweise die Enleerung der Bauchvenen be- günstigt wird.

c. Ausathmungsbewegnng. Da diese Bewegung im Gegensatz zur Inspiration den Brustkasten zusammendrückt, so wird sie auch für die grossen Blutbehälter der Brust im entgegengesetzten Sinne wii'ken, indem sie nicht allein die Ausdehnungsfähigkeit derselben beschränkt, sondern auch geradezu dieselben auspresst. In Folge davon wird das Blut durch die Arterien mit gesteigerter Kraft aus dem Brustkasten geworfen und zugleich auch in die Venen zu- rückgeschleudert, resp. wegen der anwesenden Klappen gestaut werden. Unter günstigen Umständen kann durch diese Stauung

Einwirkung der Bauchwiindc und der Schwere auf den Blutstrom. 147

iine so vollkommene Unterbrechung des Einströmens von Blut in ne Brusthöhle stattfinden, dass dadurch für längere Zeit eine voll- ommene Unterbrechung des Kreislaufs bedingt vs^ird. Dieses tritt i«ch Ed. Weber ein, w^enn man tief inspirirt, die Stimmritze fehliesst und dann eine kräftige Ausathmungsbewegung ausführt, we comprimirte Luft kann die Venen vollkommen zuschliessen. lan wird nach diesen Auseinandersetzungen erkennen, dass die Bewegungen des Brustkastens im Ganzen und Grossen ganz das- felbe leisten, was auch die Herzbewegung vermag, denn auch sie pmpen das Blut aus den grossen Stämmen gegen die Peripherie, ■eben dem unwesentlichen Unterschied, dass für gewöhnlich die irustbewegungen länger anhalten und seltener wiederkehren, als lie des Herzens, besteht aber noch der eingreifendere, dass sie an En Arterien und Venen jedesmal in gleichem Sinn die Spannung mdem; denn die Inspiration minderte, die Exspiration mehrte sie i beiden, während das Herz für beide gerade im ungleichen änne wirksam war. Die besondern Hergänge, welche die ■nrch die Brustbewegung veränderten Spannungen in dem Blut- crom einleiten, sind nach den früher mitgetheilten Regeln zu be- Hheilen. Versuche, die den Einfluss der Respirationsbewegung fif das Blut, gesondert von der des Herzens, bestimmen, sind icht ausgeführt.

3. Die Verkürzung oder Erschlaffung der Bauchmus- ßln, wodurch der Inhalt der Unterleibshöhle sehr verschiedene |)annungen erfährt, muss natürlich auch unterstützend oder limmend auf den Blutstrom wirken, da in der Unterleibshöhle rosse Gefässe eingeschlossen sind. Die Beurtheilung der Ver- Ütaisse bietet keine Schwierigkeit. Auf einige kleine Besonder- sten werden wir noch später die Rede bringen, z. B. bei der feher.

4. Die Schwerkraft. Man sollte auf den ersten Blick Bnken, dass durch eine Lagenveränderung einzelner Theile eines Öhrenwerks von den Eigenschaften des Blutgefässsystems gar eine Bewegung erzeugt werden könnte. Betrachten wir in der ihat ein System (Fig. 44.), welches sich dadurch hervorhebt, dass m demselben Punkte , dem Herzen II aus, Röhren ausgelin und i ihm zurückkehren, so kann, vorausgesetzt, dass die Wandungen nnachgiebig sind, keine Bewegung dadurch eingeleitet werden, asK die einzehien oder die Gesammtzalil der Röhren in eine kdere Lage übergeht. Setzen wir z. B., dass der Röhrenbogeu

10*

148

Jiliit.strömniiKcii in Folge der Schwerkraft.

Fig. 44.

A V aus der gehobenen Lage / in die gesenkte II tibergellt, so wird nun allerdings die Flüssigkeit der Spitzen bei II, die vdr her keine Last von Seiten der Schwere zu ertragen hatte, ge- drückt werden durch eine Säule von der senkrechten Höhe o q. Aber dieser Druck wird mit gleichem Werth ebensowohl durch den Zweig A als durch den von V hindurch auf die Spitze ausge- übt, und somit ist die Bewegung unmöglich. Wenn aber, wie in unserm Röhrensystem, die Wandungen ausdehnbar sind, so muss beim Uebergang aus der einen in die andere Stellung unzweifel- haft eine Bewegung auftreten; denn in der ersten Stellung lastete auf der Spitze des Röhrensystems kein Druck, wohl aber auf dem Beginn desselben ein solcher von dem Warthe o p. Gerade umge- kehrt verhält sich die Sache bei der Stellung von II, wo die Spitze unter dem grössern und der Anfang der Schlinge unter dem geringeren Druck steht; somit wird sich in dem erstem Fall der Anfang, in dem letztern die Spitze erweitera, und dieses geschieht dadurch, dass beim Uebergang aus / in II ein Strom von dem Anfang gegen das Ende der Schlinge und bei Ueberragung aus

Blutstlönie durch Wirkung der Gefässmuskeln.

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/ in I das umgekehrte eintritt. Dieser Strom kann jedoch nur

0 lange andauern, bis die beta-effende Stelle zu einer dem Druck iitsprechenden Erweiterung oder Verengerung gekommen ist. ibensowenig kann, wenn die neue Vertheihmg des Inhalts einmal eschehen ist, durch den eben betrachteten Uebergang aus einer

1 die andere Stellung einer andern Bewegungsursache, die an der liindung eines ßohrs wirkt, eine Hemmung oder Begünstigung iigefiigt Averden, da die Schwere immer nur gerade so viel die ndern treibenden Kräfte in dem absteigenden Röhrenstück Stei- erl, als sie dieselben in dem aufsteigenden mindert.

5. Verkürzung der Muskeln in der Gefäs s wan d und 11 den Umgebungen der Gefässe. Diese Muskeln können . lotz ihrer verschiedenen Lagerung ihrer Wirkung nach doch ge- neinsam behandelt werden, wegen der zahlreichen Analogien in lieser Richtung. Die Zusammenziehung dieser Muskeln erzeugt unächst in allen Fällen eine Verengerung des Gefässlumens, und nsofern müssen durch dieselbe, vorausgesetzt, dass sie sich nicht il)er das ganze, sondern nur über einen grössern oder kleinern rheil der Gefässe erstrecken, Blutbewegungen eingeleitet werden, reiche ganz den Charakter der durch die Herzbewegung einge- iteten tragen. Denn es ist ersichtlich, dass durch eine mehr oder veniger plötzliche Verengerung, die die Gefässe in beschränkter Vusdehnung erleiden, eine Welle entstehen muss, dass ferner we- ren eintretender Spanuungsungleichheit ein Strömen beginnt, und nidlich dass wegen der Ventile, die in das Röhrenwerk gelegt ind, der Strom die der Blutbewegung allgemein zukommende Rich- ung annehmen muss. Trotz alle dem muss aber doch dem ■^trom aus diesen Gründen eine nur untergeordnete Bedeutung zu- rcschrieben werden. Denn einmal erfolgen diese Bewegungen zu -inregelmässig, und namentlich fehlen sie oft lange Zeit, wie z. B. iin Schlaf u. s. w. Dann aber erfolgen die Bewegungen der I befasse, da sie von glatten Muskeln ausgeführt werden, sehr all- luählig, und noch mehr die einmal eingetretene Verkürzung bleibt, wie die nun schon sehr zahlreichen Erfahrungen an theils l)los8gelegten, theils durch die Haut sichtbaren Gefässen erwei- sen, sehr lange stabil, so dass eine dauernde Veränderung des l>nmens besteht. Endlich aber, und dieses ist besonders zu beto- nen, hemmen die verengerten Stellen den von dem Herzen aus- -xhenden Strom, so dass die Zusammenziehungen eher als Be- ^chränkungs-, denn als Förderungsmittel des Blutstroms anzusehen

150 Strömung wegen ilos AuBtritU v<iii Flüssigkeiten durcli die Gefasswand.

siud. Diese Beuierkuugen schliessen den bekannten Satz nicht aus, dass die Gefässmuskeln von Wichtigkeit für die Blutver- theilung sind.

6, Ein- und Austritt von Flüssigkeiten in die 6e- fässlumina. Während des Lebens treten ununterbrochen in die Gefässröhren Flüssigkeiten; am hervorragendsten geschieht diese« durch einen bald stärkern, bald schwächern Einfluss in die venae jugulares aus den Lymphgängen, und durch Diffussion in die Darmvenen während der Verdauung. Nicht minder entlässt auch, insbesondere durch Verdunstung auf Lungen und Haut und durcli flüssige Entleerung in den Nieren-, Speichel-, SchweissdrUsen u. s. 1., das Gefässlumen einen merklichen Theil seines Inhalts. Durch den Eintritt wird unzweifelhaft an dem einen Orte die Spannung erhöht und durch den Austritt an dem andern erniedrigt, und so- mit mtlsste auch ohne Zuthun anderer Hilfsmittel ein Sti'om von den ersteren zu den letzteren Stellen gehen. Diese Strömungen können aber neben den andern intensiven Störungen des Gleich- _gewichts nur von untergeordneter Bedeutung werden, um so mehr, als der Zu- und Abfluss, den sie veranlassen, nur sehr allmählig geschieht. Sie sind dagegen, wie schon oben bemerkt wurde, entscheidend für die Erhaltung der Gesammtspannung der Strom- röhren, resp. ftir die Anftillung derselben mit Flüssigkeit über- haupt.

Ausser diesen Hilfsmitteln , welche mit messbaren Kräften zur Erhaltung des Kreislaufs beitragen , glauben viele Schriftsteller älterer und neuerer Zeit noch zu der Annahme anderer gezwungen zu sein. Sie begründen diese Forderung entweder mit einem physikalischen Missverständniss , oder durch meist sehr verwickelte, zum Theil pathologische Vorgänge. Ein physikalisches Missverständniss, auf welches hier ange- spielt wird, liegt der Behauptung zu Grunde: dass die Kräfte des Herzens und des Brustkastens niclit hinreichen, um die Keibungs- und sonstigen Widerstände zu über- winden, welche sich dem Blutstrom in den kleinsten Gefässen entgegensetzen. Indem man dieses aussprach , bedachte man nicht , dass alle Widerstände , welche sich in einer beliebigen Röhre am Strom entgegenstemmen, mit den lebendigen Kräften dieses letztern steigen und fallen, so dass ein langsam und mit geringer Spannung fliesscnder Strom auch geringe Widerstände zu überwinden hat. Dorum kann behauptet werden, dass die Bewegungen der Herz- und Bmstmuskeln, auch wenn sie tausendmal weniger Kraft entwickelten , als sie in der That ausüben , doch einen Strom vom Herzen bis zurück zu ihm erzeugen würden, vorausgesetzt nur, dass diese Bewegungen hinreichten, um einen Spannungsunterschied der Flüssigkeit im arteriellen und venösen System hervorzurufen. Der ßtrom wüi-de dann freilich mit einer viel geringeren Geschwindig- keit und Spannung dahin gehen. Eine andere Reihe von Autoren giebt jenen Grund preis , beruft sich aber auf den reiclilicheren Zufluss von Blut , welcher zu den Körpertheilen zu Stande kommt, in denen eine vermehrte Absonderung von Flüssig-

Uebcr aiidero Strömiingsursachoii. 1 51

kuit, eine gestoigorte Neubildung von Gewcbsbestandthoilen , oder eine Entzündung vorkommt. Man glaubt diese Steigerung der Blutzufuhr erklären zu müssen aus einer Anziehung, welche sich entweder zwischen dem thätigern Gewebe und dem Blute neu entwickelt hat, oder aus der Steigerung einer schon bis dahin nur im schwächeren Grade bestehenden Verwandtschaft. Wenn man nicht in ganz -willkührliche Annahmen \ orfallen will, so kann man mit dieser Verwandtschaft entweder nur eine partielle Stockung des Blutstroms erklären, oder eine sehr unbedeutende Vermehrung des Stroms von den Arterien zu den Capillaren, verbunden mit einer Schwächung dessel- ben von den letztern Gefässen zu den Venen. Das erstere würde eintreten, wenn die auf das Blut wirkende Anziehung ihren Sitz an der inneni Wandfläche des Gefässes besässe; sie würde die unmessbar dünne Wandschicht des Stromes hemmen, die Mittel- schicht desselbeli dagegen ungestört strömen lassen, da alle chemischen Anziehungen nur in unmessbar kleinen Entfernungen wirken. Der andere I'all aber wüi-de ein- iroten, wenn die anziehende Substanz an der äussern Wandfläohe gelegen wäre; sie würde dann aus der Wand die betretfenden , in sie eingedrungenen Blutbestandtheile anziehen , und ihre Wand würde sich dann wieder aus dem Blute mit Flüssigkeit tränken und somit einen Zweigstrom durch die Wand hindurch bedingen. Hierdurch würde die Spannung des strömejulen Bluts an der Stelle des Eohrs erniedrigt, an welcher der Austritt von Flüssigkeit stattgefunden, und somit auch der Widerstand, welcher sich dem vom Herzen nachdrückenden Blut entgegensetzt. Zugleich aber wür- den mit der Wegnahme bewegter Flüssigkeit aus dem Eohr die lebendigen Kräfte der Müssigkeit innerhalb der absondernden Eöhren vermindert und damit die Triebkraft für <len Strom von dieser Stelle aus geschwächt. Wollte man beides, einen gesteigerten Zu - und Abfluss erklären mit Hilfe solcher Kräfte , die au und in der Wand thätig sind, so wäre man genöthigt, anziehende und abstossende Wirkungen in kurz aufeinan- derfolgenden Zeiten abAvechselnd von demselben Orte ausgehen zu lassen. Bevor man nun die einfacheren Wege , welche zu einer Erklärung führen , verlässt und sich zu dunklern wendet , wäre , wie billig, der Hergang, der zu solchen Annahmen führte, Rcnauer zu untersuchen gewesen. Da man diese Bedingung bis dahin nur sehr mangel- liaft befriedigt hat, so lässt sich der einen nur die andere Hypothese entgegenstellen. Indem man sich hierzu versteht, kann man wahrscheinlich machen, dass die An- ziehungen^ (ihr Bestehen vorausgesetzt) gar nicht im Stande sind, den Blutstrom in der iiuffallenden Weise zu verändern, in der dies raeist in entzündeten, hypertropischen, -tark absondernden Organen gcscliehen ist. Zuerst übersehen wir, indem wir die Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Stromwandung und anziehenden Kräften überlegen, 'liiss der Strom in den Arterien in dem Maasse an Geschwindigkeit zunehmen musste, in welchem durch die Anziehung Flüssigkeit aus dem Gefässlumen herausgezogen wird- Wir sehen nun aber sogleich, dass in den meisten Fällen, besonders in allen Ent- zündungen fester Theile , die aus der Gefäs.shöhle gefülu-te Flüssigkeitsmenge nur sehr .;enng .sein kann und dass sie unter allen Umständen verschwindet gegen das Flüssig- kcitsvolum, was aus andern Gründen durch das Stromrohr geführt wird. Also muss auch die beschleunigende Wirkung der Anziehung verschwinden. Dann aber ist ersichtlich, dass die Spannung in der zufülirenden Arterie in den erwähnten Fällen immer niedriger als im' Normalzustände sein müsste, wenn in Folge der An- ziehung Blutflüssigkeit aus den Capillaren ontleei-t würde , und dass sie nur um ein iinmessbarcs erhöht sein dürfte, wenn durch die Anziehung die stockende Wandschicht des Stroms an Durchmesser zunähme. Nun sehen -wir aber, dass auch Absonderungen insofern sie von einer Aenderung dos Blutstroms begleitet sind, immer eine erhöhte

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Wesentliche und unwesentliche Triebkräfte.

Spannung in dun zviführcndon Artorion mit sich bringen. Diese Erscheinung macht also sogleich die Anziehungshypothose unwahrscheinlich, indem sie ihren Folgerungen / widovspricht. Viel annehmbarer erscheint darum die Behauptung, dass die Ver- änderung des Stroms sich erst einfindet, wenn aus irgend welchen Gründen eine Ver- engerung oder Erweiterung der leicht beweglichen Gefässröhren des entzündeten oder absondernden Organos eingetreten ist. Dass aber hieraus wesentliche Veränderungen dos gewöhnlichen Stromes entstehen können, werden wir, soweit dieses nicht schon geschehen ist, demnächst noch zu sehen Gelegenheit haben.

Wir haben einem alten Gebrauch zufolge*) wesentliche und un- wesentliche Triebkräfte des Blutstroms unterschieden. Nach unserer! Mittheiluugen kann sich diese Trennung nur beziehen auf den An theil, welchen die einzelneu Bewegungsursachen an der Gesammt- kraft des Stromes besitzen , so dass wir die Kräfte , denen der Sti-om den grössten Theil seiner Spannung und Geschwindigkeit verdankt, die wesentlichen nennen. Als wesentliche wurden aber bezeichnet die Herz - und Brustbewegung, weil erfahrungsgemäss der Blutstrom den bei weitem grössten Theil seiner Spannung und Gcsclnvindig- keit verliert, so wie diese bewegenden Kräfte ausfallen. Die Ver- suche, auf welche sich dieser Ausspruch stützt, sind vollkommen beweisend, wenn sie auch nicht bis zu dem Grade von Genauig- keit geführt werden können, um den Einfluss eines jeden einzelnen- Einflusses in scharfem Maasse anzugeben. Denn wenn man z. B. durch Vaguserregung das Herz zum Stillstand zwingt, so sinkt alsbald die Spannung in den Arterien fast bis zur Spannung ' der Ruhe, der Strom in den Capillaren wird so, langsam, dass in ihnen keine Bewegung zu sehen, selbst wenn die etwa bestehende Geschwindigkeit durch das Miki-oskop um mehrhundertfach ver- grössert wird, und die Spannung in den Venen mehrt sich in der Ruhe, Spannuugsunterschiede und Geschwindigkeiten kelu-en aber wieder zurück in dem Maasse , in welchem die Herzschläge wieder- kehren. Nichts ähnliches tritt ein, wenn wir die Gliederbeweguug aussetzen, die Diffussionen und Absonderungen beschränken, wäh- rend das Herz schlägt. Nächst dem Herzen setzen wir den Brustkorb, einmal darum, weil für gewöhnlich dieses Gebilde in die Gefässbahn einen Ort von sehr niederer Spannung bringt, dann aber auch, weil die Bewegungen des Brustkastens, wenn sie ener- gisch sind, dem Blut sehr kräftige Stösse zu geben im Stande sind, wie uns das die Messungen noch zeigen werden. Wir sind leider nicht im Stande, die kräftigen einander rasch folgenden Brustbe-

') Volkmnnn, Haomodynamik. p. 292.

Absolute Wcrthe dor Stroitispaiinmig. 153

\ eg-ung-cn herbeiznftiliren, wenn der Herzsehlag steht. Aehnliclie, !l)cr schon untergeordnete Wirkungen zeigen die Bewegungen der Iiiskeln am Bauch, den Gliedmaassen und den Gefässwänden. \'enig einflussreich können der Natur der Sache nacli auch die j-ätte sein, welclie durch die Gcfässwandungen hindurch Flüssig- (it aus dem Gefässsystem ausziehen oder in dasselbe treiben, ic gross diese Kräfte auch an und für sich sein mögen, sie sind r den Blutstrom nm- in so fern von Bedeutung, als sie im Stande id, den Inhalt der Gefässröhren zu mehren oder zu mindern, oder iiders ausgedrückt, durch die Geschwindigkeit und den Umfang OS Stroms, welchen sie durch die Gefässwand führen, denn es lan von den übrigen Gefässproviuzen in die absondernden nur 1 viel einfliessen, als aus diesen letzteren durch die Absonderung itfernt wird. Nun treten in der That aus den Nieren oder den iingen täglich nur einige Tausend Cubikcentimeter Flüssigkeit US, der Blutstrom führt durch diese Organe, wie uns eine über- •hlägliche Rechnung zeigt, aber täglich Millionen von Cubikcenti- .>ter Blut; es verschwindet also der Sekretionsstrom gegen den,

I iehen die andeni Kräfte erzeugen.

Man bat zuweilen neben diesem hier hervorgehobenen Unterschied die erzeugen-

II Kräfte des Blutstroms auch danach geschieden , ob sie im Stande wären , den m nur durch einzelne, z. B. die Arterien, Venen u. dgl. , oder auch sämmtliche

-Lhnitte des Gefässtystems zu führen. Dieser Unterscheidung ist aber kein Werth izulegen, da jede Kraft, welche zwei Orten, die durch eine Klappe getrennt, eine -leichc Spannung zu ertheilen vermag, auch einen Strom durch das ganue System lieiführen muss. Es würde hierzu also eben so wohl die Saugkraft der Brust als

Stosskraft des Herzens hinreichen, weil im kommunizirenden Eöhrensystem sich

ungleichen Spannungen des Inhalts ausgleichen.

Die absoluten Werthe der Spannungen im Blutstrom. Die Versuche, welche die Spannungen im Blutstrom und die •ränderungen in der Zeit zu messen oder zu schätzen trachteten, id meist so angestellt worden, dass der Autheil, den die ein- Inen stromerzeugenden Kräfte an ihnen nehmen, nicht gesondert bemessen ist. Die Hilfsmittel, welche man beim Menschen Rathe ziehen kann, um den Werth der bestehenden Spannung messen , sind so imvoUkommen , dass sie niemals mehr als ganz )be Unterschiede zweier verschiedenen Werthe erkennen lassen; er die absoluten Werthe der verglichenen Spannungen erhalten r aber durch .sie gar keinen Aufschluss. Genaue aber weitaus ht überall genügende Messungen dieser Verhältnisse lassen sich ich das Manometer bei Thieren gewinnen. Gewisse Eigen- '

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MoKsuiit; der Stromspannung; Sphygmograpli.

thiiniliclikcitcn der zeitlichen Veränderungen in den Drücken sind dagegen beim Mensclien und in noch ausgedehnterem Maasse bei Thieren scharf zu bestimmen.

Ueber die Spannung des menscbliclien Blutes kann man, seltene Ausnahmen abgc- i-uchnet, nur Erfahrungen sammeln durch die Veränderungen, welche in Folge dessel

FiR. 15.

ben die Gefässwandungen erleiden. Hierzu bedient man sich am schmucklosesten des Fingers , welcher den Widerstand schätzt, den ein Gefäss der Zusammenpressung entgegenstellt , oder auch der sichtbaren Ausdehnung und Farbenveränderung gewisser Gefassregionen. Diese Beob- achtungsweise hat man zu vervollkommnen getrachtet durcli die Auwendung eines Glasröhrchens, . das an seinem obern Ende zu einer offenen Capillare ausgezogen, an seinem untern aber mit einer nachgiebigen Blase geschlossen war. Man soll dieses Gefäss mit Flüssigkeit füllen, die Blase auf die Haut setzen, welche über eine Arterie weg- läuft, andrücken, und das Spiel der Flüssigkeit, welches durch das Klopfen der Arterie herbeigeführt wird, in dem engen Ausläufer vergrössert beobachten (Herls son). Weit vollkommener als hierdurch gelingt die Nachweisung wesentlicher Eigenschaften des Pulses durch den schreiben- den Fühlhcbel, dem Vierordt*) als Sphygmograph (Fig. 45) folgende Einrichtung gegeben hat. Auf die Haut, welche eine leicht zugängliche Arterie bedeckt, legt er ein Plättchen («), von dem ein Stäbchen senkrecht zu dem Ende des kurzen Arms eines Fühlhobels bc aufsteigt, an dem es sich befestigt. Der lange Arm des Hobels de, der die Ausschläge dos kurzen 10 bis 30 mal vergrössert, ist am freien Ende mit einer der zarter gehenden Vorrich- tungen in Vorbindung, welche die Kreisbewegung die- ses Endes in eine gradlinige übersetzen ; diese Einrichtung trägt ein Menschenhaar c, das die Auf- und Abgänge des Hebels auf ein bcrusstes Papier fixirt , welclies über den b'infang eines mit bekannter Geschwindigkeit sich drehen- den Cylinders gespannt ist.

Um den Gang des Hebels von mancherlei andern Bewegungsursachen unabhängig zu machen, die sich hier einmischen könnten, gicbt Vierordt zahlreiche Vorschrif- ten; so stellt er die Gliedmaasse fest, welche die Arterie trägt, und überzeugt sich durch ein sicheres Verfahren, dass ihm dieses gelungen; die Schwingungen in Folge der Trägheit beseitigt er dadurch, dass er sowohl die üesammtmasse des Hebels durch Auflegen von Gewichten als auch den Druck, welche dieselbe auf das Gefäss ausübt, so lange (durch Ac,|«iUvriren des entgegengesetzten Armes) regelt, bis der Hebel mit der gewünschten Geschwindigkeit aufgehoben wird. Nicht mindere Aufmerksamkeit

*) Dio Loliiu vom Ailciieniiuls. Braunsuliweib' IBü».

Uebcr die Messung durch das registrirendc Manometer.

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schenkt er der Verbindung zwischen Haut und Plättchen, um die erste so nachgiebig zu machen, dass das letztere jeder Pulslage auch wii-klich folgen könne. Eine Ein- richtung ist Vierer dt jedoch noch nicht gelungen, nämlich die Herstellung einer solchen Verbindung, dass in zwei verschiedenen Versuchen aus der Grösse des Hebel- Ausschlages die Durchmesser- Vermehrung der Arterien abgeleitet werden könnte. Unter vorsichtiger Benutzung in sachverständigen Händen wird dieses Instrument ebensowohl den Zeitraum bestimmen, der zur Vollendung sei es einer ganzen oder nur der auf- oder absteigenden Pulsbewegung verbraucht wird, und unter Umständen auch die Abhängigkeit darstellen, in welcher das AVachsthum des Arterien-Durchmessers zur Zeit steht. Dieses ist natüi-lich niclit gleiclibedeutend mit dem Wachsthum des Blut- drucks, wegen der bekannten Eigenschaft der Arterienwand, sich nicht direkt proportinal mit der steigenden Belastung auszudehnen, vorausgesetzt, dass diese letztere nur kürzere Zeit hindurch einwirkt. Aus diesen und andern Gründen ist das Instrument auch nicht geeignet, relative oder absolute Angaben über den Blutdruck zu machen, voraus- gesetzt, man wollte über die Angaben hinausgehen, dass einem grösseren Durchmesser der Arterie eine höhere Blutspannung entspreche als einem geringeren.

In einzelnen Fällen ist es* auch vortheilhaft gewesen, das Metronom zu ge- brauchen, um ein ungefähres Maass für den zeitlichen Abstand zweier Pulsschläge °zu erhalten. Donders stellt das Instrument so ein, dass die Schläge desselben mit denen des Pulses zusammenfallen. Wird nun durch irgend welchen Umstand die Schlagfolge des Herzens vorübergehend geändert, so ist aus der Vergleichung mit dem Metronom leicht anzugeben, ob die Herzpausen verlängert oder verkürzt sind.

Zur Messung der Spannungen bei Thieren bedient man sich auch hier des Druck- zeichners (Fig. 35). Er hat vor allen übrigen denkbaren Instmmenten den Vorzug dass die Blutspannung durch eine Flüssigkeit gemessen wird, so dass die Angaben de.s Messinstruments sogleich brauchbar sind, ohne irgend welchen Umsatz in ein anderes Maass erfahren zu müssen.

Wenn nun aber das registrirende Manometer dazu benutzt wer- den soll, um Drücke zu messen und aufzuschreiben, die mit der steigenden Zeit in sehr auffallendem Grade wachsen und sinken so ist eme besondere Betrachtung nöthig, ob die vom Instrument gegebene Curve das wahre Spiegelbild des Vorgangs in dem Ge- fasse ist, mit andern Worten ob in der That der in jedem Augen- bhck aufgezeichnete Druck auch im Gefäss als solcher vorhanden ist. Diese Voraussetzung würde erfüllt sein, wenn der Druck im Blute und im Glasgefäss sich momentan ausgleichen könnte und wenn das Quecksilber sich nur unter dem Einfluss des jeweilig vorhandenen Blutdruckes bewegte.

Indem wir zuerst den letzten Punkt ins Auge fassen, leuchtet sogleich em, dass das Quecksilber, welches bisher unter dem Ein- tluss cler stets geänderten Blutdrücke auf- und abgeht, vermöge semer iragheit auch noch dann mit seiner bisherigen Geschwindig- keit tortschreiten würde, selbst wenn es dem Einflüsse des Blut- druckes entzogen wäre. Demnach würde also die wahre Bewegung

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Das registrirondo Manometer.

die das Quecksilber in jedem Augenblick annimmt, abhängen von dem Stoss, den es in ihm empfäng-t und dem Bewegungsbestreben, welches ihm seiner Trägheit wegen noch anklebt. Hieraus leuchtet sogleich weiter ein , dass die Bewegung des Quecksilbers nur dann dem Gange des Blutdruckes entspricht, wenn es gelingt, den ihm Avegen der Trägheit anhaftenden Stoss der bewegenden Kräfte ver- schwindend klein zu machen gegen denjenigen, der hervorgeht aus dem in jedem Augenblicke neu hinzukommenden positiven oder negativen Spannungszuwachs. Diese Forderung lässt sich aber auf genügende Weise befriedigen. Zu dem Ende rauss die Masse des im Manometer aufgehäuften Quecksilbers möglichst gering ge- nommen werden; eine Älaassregel, die jedoch bald darin ihre Grenze findet, dass die Länge der Quecksilbersäule nicht unter einen be- stimmten Werth herabsinken darf, soll sie anders dem Blutdrucke noch das Gleichgewicht halten, und dass sich der Anwendung des zeichnenden Schwimmers . Schwierigkeiten in den Weg setzen, wenn ihr Querschnitt unter 2 4 Mm. Durchmesser absteigt. Daraus folgt, dass in die Röhre 25 bis 50 Gr. Quecksilber gefüllt werden müssen. In der That kann aber au(;h bis zur letzten Gewichtsmenge gestiegen werden, vorausgesetzt, dass man den Blutdi-uck einer grösseren Arterie bei Hunden von mittlerem Körpergewicht messen will. Zweitens müssen die Wandungen der Verbindungsröhre zwischen Blut und Quecksilber aus steifen Stoffen (Messing, Blei oder Zinn) gebaut und ihr Hohlraum, durchaus nur mit tropfbarer Flüssigkeit gefüllt und somit alle Luftblasen veimieden sein. Der Vortheil , welchen diese Verbindungsart bietet , besteht darin , dass [ sich dann das Quecksilber nur in so weit bewegen kann, als Blut aus den Gefässröhren nachdringt oder dorthin ausweicht. Hierdurch vsard aber offenbar die Bewegung des Quecksilbers mit allen den bewegungsverzelii-enden Widerständen behaftet, welche sich dem Blutstrom selbst entgegen stellen. Es würde darum sehr fehlerhaft sein , wenn man Luftblasen in dem Instrument dulden oder gar das Blutgefäss mit dem Glasrohr durch einen leicht in Schwingungen i zu versetzenden Kautschoukschlauch verbinden wollte. Endlich \ muss in das Verbindungsrohr zwischen Blut und Quecksilber ein Hahn eingesetzt werden, um die Ausgleichungsgeschwindigkeit desi Drucks zwischen den beiden genannten Flüssigkeiten gewisse Gren- zen nicht Ubersteigen zu lassen; denn offenbar ist es eine Be- dingung für die brauchbare Messung, dass die Geschwindigkeit, | mit der das Quecksilber im Glasrohr ansteigt oder absinkt, niemal-1

Beseitigung der Einwände gegen den Druckzeichnor. 157

einen allzubeti-ächtlichen Werth annimmt. Die Erfahrung hat ge- lehrt, dass eine Spiegeländerung von 20 40 Mm. in 0,3 bis 0,4 Secd. unschäcUich ist; man könnte aber durch Stellung der Hahnötfnung das Ansteigen und Absinken noch weit langsamer geschehen lassen.

AVendet man diese selbstverständlichen Vorsichtsmaassregeln an, so wird man sicher sein, dass sich das Quecksilber im Mano- meter und der Druck in den Arterien immer im gleichen Sinne ändern, und dass namentlich, wie man behauptet, im Manometer niemals mehr Wendepunkte des Drucks, als Pulsschläge geschehe;! sind, vorkommen. Um mich zu überzeugen, dass diese Vorsichts- maassregeln genügen, um den Gang des Quecksilber- und Blut- iruckes in zeitliclie Uebereinstimmung zu bringen , wendete ich in Heiner vor 12 Jahren erschienenen Arbeit über den Druckzeichuer mehrere Prüfuugsmittel au. So legte ich zwischen die innere Bi-ust- wandfläche und das Herz des Thieres, dessen Blutdruck untersucht «Verden sollte, ein kleines mit Wasser gefülltes Bläschen luftdicht ein, führte aus demselben ein steifes Rohr in ein mit Quecksilber eftilltes Manometer, dessen Schwimmer auf die rotirende Trommel schreiben konnte. 'Da sich das Herz bei der Systole der Brustwand lähert, bei der Diastole von ihr entfernt, so wird das Bläschen lazu dienen können, Senkungen und Erhebungen des Quecksilbers m Manometer zu veranlassen, die gleichzeitig mit dem Steigen und -fallen des Druckes in der Arterie gehen. Hat man nun gleich- '.eitig aus dem Bläschen und einer Arterie zwei Curven schreiben assen, und legt man dann die zu einander gehörigen Stücke der )eiden Curven übereinander*), so ist die Zeit, welche zur Vollendung äner Herzbewegung gehört, in der Herz- und Arteriencurve ganz dieselbe. Es finden sich dagegen Unterschiede rUcksichtlich der lüittheilung dieser Gesammtzcit auf den auf- und absteigenden fheil einer jeden Herzcurve, was nicht anders sein kann~ da sich n dem arteriellen Blut noch die Respirationsstösse ausprägen, die n dem auf das Herz gelegten Beutelchen nicht ganz fehlen, aber I loch weniger merklich sind. Da nun aber die Excursionen der om Herzen geradaus gezeichneten Curve oft um das neunfache ■••'ngcr smd, als die des arteriellen Manometers, so folgt eben n-aus, dass die Vollendungszeit einer Schwankung unabhängig ■ir von der Elongation, die sie besass. Eine andere Probe 'vvanu ich dadurch, dnss ich gleichzeitig auf Carotis und

•) I. <■. In Mllll,.r.ArHMv 1«.(7. p. -im. Die Znhlen ,lor Tnl.oll,. XIII. Kl«. 21 ,,. T.if. XT. Fip. l:).

158

Tlieorie des Druckzeichners.

Cruralis oder zwei Carotiden u. s. vv. zwei Manometer mit ungleichen Quecksilbermeng-en und Hahnöifiiungen einsetzte; hierdurch erhielt ich Curveii, deren variable Ordinaten sehr ungleich hoch waren, und doch deckten sich beide zeitlich vollkommen*).

Diesen aus der Erfahrung geschöpften Beweis flir die Be- hauptung, dass der Druck des Blutes und des Quecksilbers gleich- viel Hebungen und Senkungen macht, hat Redtenbacher **) auf theoretische Betrachtungen gestiizt, angezweifelt. Die N'oraus Setzungen seiner Rechnung fallen aber mit denen des Manometei.s nicht zusammen. Denn während das Insti-ument gerade auf einer vorsichtigen Benutzung der Reibung des Bluts im Gefässsystem und auf der Regelung der Ausgleichungszeiten der Drücke in dem Gefäss und Glasrohr beruht, wendet er auf dasselbe die elementaren Sätze an, welche ftir die ^Verflechtung zweier Schwingungsursachen giltig sind. Demgemäss muss er zu Folgerungen kommen, die ein passeud eingerichtetes Manometer niemals bestätigen kann. Ad. Fick ***) hat das Versehen von Redten ba eher in so fern verbessert, als er in seine Formel einen die Reibung bezeichnenden Ausdruck ein- setzt, wodurch sich, wenige Umformungen abgerechnet, die Betrach- tung gerade so gestaltet, wie sieSeebeckf) für die Trommelfell- bewegung gegeben hat. Unter dieser ganz allgemeinen Voraus- setzung stimmt nun auch schon Erfahrung und Rechnung besser. Vom praktischen Standpunkt aus hat V i e r o r d t und nach ihm Va 1 en- tin Bedenken gegen das Manometer erhoben; unbestreitbar giebt es Einrichtungen, die nicht das Gewünschte leisten, obwohl sie nach dem Schema der Manometer gebaut sind. Bevor also eine Besprechung jener Bedenken fruchtbar werden könnte, müsste der Bau und die Anwendungsweise ihrer Instrumente bekannt seiu. Vi er or dt gebührt jedoch das Verdienst, gezeigt zu haben, dass das Manometer nicht in Jedennanns Hand ntitzlich werden muss; er hat damit hoifentlich den Gebrauch des Instruments heilsam eingeschränkt.

Die bisherigen Betrachtungen haben ungesucht den Beweis ge- liefert, dass die Quecksilberdrücke den jeweilig vorhandenen Blut- drücken nicht entsprechen, weil absichtlich die Ausgleichung der

») 1. c Taf. 14. FIp. 2C.

Vicrorilt, Lelire fmw Arterlenpuls p. 11, ^ ***) Med. Physik p. 4C8. 1) Dieses Lehrbiicli I. Ril. p. 3G3.

Beobachtete Spannungen in den Arterien.

159

)rtlaufencl sich ändernden Bhitditicke gehemmt wurde; es wird Iso die Hg-säule im Manometer nie so hoch steigen und sinken, Is der Bhitdruck fordert. Dieser Umstand verhindert es aber nicht, ass aus den forthiufend veränderten Höhen, welche das Queck- Iber erreicht, der wahre Mitteldruck des Bhits gefunden werden ann , weil nämlich die Einflüsse, welche die Ausgleichung hindeini, ch in ganz derselben Weise für das Auf- wie das Absteigen gel- ind machen.

Aus der gelieferten Curve findet man nun den Mitteldruck ent- eder durch Wäguug des Papierstückes, welches die Curve um- grenzt oder durch das Planimeter, Avorüber auf die medicinische ihysik von Ad. Fick*) zu vei-weisen ist.

Ueber die Verbindungen des Manometers mit dem Gefäss je nach der Messung 3 Seiten- oder Achsendrueks und je nach der Messung in Arterien und Venen siehe Ludwig und Volkmann**).

Beobachtete Spannungen in der grossen Blutbahn. Arterien.

1. Puls. Jede Zusammenziehung des Herzens bedingt in den «rterien eine rasch vorübergehende, durch das ganze System fort- iufende Erweiterung, welche als Folge der Welle angesehen wer- üu muss, die vom Herzen erregt wird. Die Ausdehnung der terie geschieht, wie dieses namentlich an einem blos gelegten ■tässe sichtbar wird, eben so wohl nach der Länge als nach dem u chmesser. Die Auswellung nach der letztern Richtung ist jedoch 'uiger augenfällig, .als die Verlängerung, welche sich durch eine w egung der bisher gestreckten Gefässe besonders einleuchtend >sert. Dieser Unterschied ist einmal begründet in der meist ge- .i^ern Dehnbarkeit nach der queren Richtung und nächstdem 'lurch, dass das blossgelegte Gefäss nach der Länge hin in isserer Ausdehnung sichtbar ist, als sie der Peripherie der Ar- ie zukommt; wenn also die Ausdehnung, welche die Arterien- iid nach beiden Richtungen hin erfährt, relativ gleich gross ist, wird doch die nach der Länge absolut bedeutender sein.

I'oiseuille***) hat in einigen Fällen bei Thieren die Vermehrung der Rüumlicli- gemessen, welche ein aliquoter Absclinitt einer Arterie erführt ; leider iehlen gleich- ige Druckbestimraungen , so dass das Rosultat auf kein allgemeines Interes.se An- xli maclien kann. Ueber den Streit, ob die Ausdehnung noch der Länge allein nach beiden liichtungen erfolge, siehe E. H. Weberf).

) p. 464.

•) M.igk, Henlc u. Pfcufer'« Zeitschrift. III. 11,1. ^- HucmodynR.i.lk. 14.').

Valentin, Lchrbiicli iler Physiologie. 2. Aull. I. p. HH. > llililebrBnil'» Annlonile. III. Bd. p. 73.

160

Beobachtete Spannungen in den Arterien der grossen Blutbahn.

Wenn die Erweiterung der Arterien beim Pols die Folge der fortschreitenden Wellenbewegung ist, so muss derselbe, wie dieses auch thatsächlich der Fall, in jedem dem Herzen näher gelegenen Arterienabschnitt früher erscheinen, als in den entfernteren. Kennt man nun die Zeit, welche nothweudig, damit das Maximum der Erweiterung von einem Ort zu einem andern von bekannter Ent- fernung fortschreitet, so ist damit die Geschwindigkeit des Fort- schreitens der Welle im Arteriensystem gegeben. E. H. Weber*) hat mit der Tertienuhr eine solche Bestimmung an sicli ausge- lülirt und gefunden, dass die Welle in 1 Sekunde um 11,250 Me- ter = 34,5 Fuss fortschreitet. Bemerkenswerther Weise stimmt diese Fortleitungsgeschwindigkeit mit der von ihm am Kautschouk- rohr beobachteten ilberein, Macht rann nun die Annahme, dass in einer Arterie die Wellen von einem zum andern Herzschlag an- dauern, so muss die Wellenlänge gefunden werden, wenn man diese Zeit mit der Fortleitungsgeschwindigkeit multiplizirt. Aus einer solchen Bechnung geht hervor, dass selbst bei einem sehr rasch auf einander folgenden Herzschlag die Länge der Arte- rienwelle die des menschlichen Körpers weit übertrifft.

2. An einer und derselben Gelassstelle erscheint die Wider- standsfähigkeit der pulsirenden Arterie dem drückenden Finger veränderlich mit der Blutfülle des ganzen Gefässsystems, mit der Zahl und Kraft der Athem- und Herzbewegungen, mit dem Ein- tritt von Stromhemmnissen im Allgemeinen, oder solchen, die dies- seits und jenseits der untersuchten Stelle gelegen sind.

Den genauen Ausdruck für diese Thatsachen liefert der Druck- 1 Zeichner; die folgenden Beobachtungen beziehen sich auf die ait ! carotis, wenn nicht das Gegentheil bemerkt wird.

a. Veränderlichkeit des Mitteldrucks eines Blut- stroms mit der Blutfülle**). Nach einer Injection von er- wärmtem und geschlagenem Blut eines Thiers in die Adern eines gleichartigen andern pflegt, wie Volkmann, Göll u. A. erwiesen haben, die mittlere Spannung des Stroms in der Carotis zu stei- gen, während sie abnimmt nach grossen Aderlässen. Dieser Er- lbig muss jedoch nicht nothwendig eintreten, da eine Vermehrung oder Verminderung in der Beschleunigung und in dem Umfang der

*) Leipziger Berichte. Mnthemntisch-pliysischo Clnsso. 1861. lOG u. 118. »•) V (1 1 It Hin 11 11 , IlneiiiiKlyiiaiiiilc. p. 4M. Göll, H o ii 1 c ii. Pfc u fcr ' s Zeitschrift. IV. p. 78. Bruiinor, I. c,

I

Veränderlichkeit der Stromspannung mit der Athcmhewegiin,!?.

161

Herzscliläge corapensirend auftreten kann. Diese Compensation mnss jedoch innerhalb gewisser Grenzen eingeschlossen sein, die ich aber vorerst nicht näher bezeichnen lassen. Während eines Vderlasses mnss nach den Versuchen, welche Volkmann an tarren Eöhren anstellte, die Spanmingsabnahme am gross- en sein in den Gefässen, welche der Oeffnung zunächst liegen, and namentlich in denjenigen, welche zwischen diesen letzfern und en Capillaren sich befinden.

Nach einer merkwürdigen Beobachtung von |Vierordt und \.berle*)hat die a. radialis der lebenden Menschen vor dem Mittags- kissen einen geringeren Durchmesser als nach demselben ; das bela- itete Stäbchen (p. 154) fand im Mittel den Durchmesser der Arterie lach Tisch = 2,9 MM.; vor Tisch aber = 2,3 MM. Dieses Span- mngswachsthum des Bluts kann abgeleitet werden aus einem urch die Verdauung vermehrten Inhalt des Gefässsystems , aus 1er Stammg, welche die zu jener Zeit zahlreich vorhandenen arblosen Blutkörperchen in den Capillaren erzeugen, oder sie Kann Folge einer Mischung beider Ursachen sein.

b. Wie sich unter dem Einfluss der veränderten Herz- »ewegung die Spannung ändert, ist schon früher mitgetheilt worden, siehe pag. 131.

c. Veränderlichkeit der Spannij^ng mit den Athem- ewegungen**). Der Einfluss der Athembewegung auf die Span- ung des arteriellen Blutes fällt bei verschiedenen Thiergattungen nd bei denselben Individuen unter abweichenden Umständen sehr erschieden aus. Wii- betrachten hier als Prototype die Erschei- ungen beim Hund und dem Pferd.

Hund. Hier ist zu unterscheiden: a. Jeder einzelne Akt einer .tbembewegung (eine In- und eine Exspiration) besitzt die Dauer lehrer Herzschläge; die Zahl dieser letztern in der Minute ist ine mittlere (keine beschleunigte). In diesem Fall gewinnt die ipannungscun e das in Fig. 46. wiedergegebene Ansehen. Mit der ■eginnenden Exspiration folgen die Zusammenziehungen des Her- ens einander sehr rasch (1 bis 6). In dieser Zeit (^E bis K) teigt die mittlere Spannung sehr beträchtlich, so dass selbst wäh- 8nd der zwischen zwei Zusammenziehungen gelegenen Erschlaf- mg des Herzens entweder gar kein oder ein nur sehr nnbedeu-

Die Messung .Ics Artfirlcii.Iurclimesscr. Tlibingun 185«. *•) C. Lu.lwig, MUllei's Archiv. 1847. üoiiilors nn den nugefülirton Orten. Ludwig, Physiologie II. 2. Auflnge. 11

1()2 EinihiBs der Atheinbeweguiig beim Iluud.

tencles Sinken der Spannung zu Stande kommt. Jeder neue Herz- sclilag trifft also eine höhere Spannung an, als der vorhergehende. Mit Vollendung der Exspirationsbewegung (R), wenn der verengte Thorax zu seiner normalen Weite zurückkehrt, tritt nun plötzlich eine lange Herzpause ein, während welcher die Spannung sehr he- i'ig. 46 beträchtlich herabsinkt; auf

diese folgen dann die Herz- schläge seltener. In der dar- auf eintretenden Inspiration ( 7") ereignet es sich nun, dass während jeder Herzsystole die Spannung weniger steigt, als sie in der zugehörigen Dia- stole sinkt, so dass jeder fol- gende Herzschlag die Span- nung auf einem niederen ^ 7 Grade antrifft, als der vorher-

gehende. ■ Um eine Vor- stellung davon zu erhalten, wie sich der Mitteldruck von eineiu Herzschlage zum andern in einer vollendeten Respirationsbewegung ändert, ist es notliwendig, die Curve MM aus der unmittelbar ge- wonnenen dadurch zu construiren, dass man aus den während- einer Ilerzzusammenzieliung bestehenden Spannungen das Mittel nimmt, diese mittleren Werthe auf die halbe Zeit zwischen Anfang und Ende der Ilerzbewegung aufträgt und darauf die Punkte durch eine Linie verbindet.

Diese Werthänderungen der mittleren Si)annung hängen nach- weisslich von zwei Umständen ab, einmal von den Herzkräften und dann von dem Spannungszuwachse, welchen das Blut in der Brusthöhle durch die Bewegungen der Brustwandungen erhält. Der Beweis für die Behauptung, dass den Bewegungen der Brustwan- dung ein Antheil an den Veränderungen der mittleren Spannung zugeschrieben werden müsse, liegt schon darin, dass eine Propor- tionalität besteht zwischen den Spaunungsveränderungen des In- halts der Brust und der Arterien; denn erfahrnngsgemäss steig' die arterielle Spannungscurve gerade so lange an, als die Exspi- rationsbewegung anhält, und nicht minder steigt und sinkt dieselbe um so beträchtlicher, je umfänglicher die Aus- oder Einathmniig geschieht. Den Zuwaclis, welchen die mittlere Spannung des Bluts während der Dauer einer Ausathmung erfährt, kann man

Einfluss dor Athcmbo-wegung beim Pferd.

163

^ sich aber nicht allein abhiingig denken von dem Druck der zu- [• sammenfallenden Brust. Dieses vorausgesetzt, mflsste offenbar die |- Spannung, welche vt^ährend der Exspiration zwischen Brust und der äussern Fläche der Gefässwand besteht, gleich sein dem Zu- wachs der Spannung in den Binnenräumen der Gefässe. Dieses 'ist aber nicht der Fall; denn eine Messung dieser Spannung in dem verschlossenen Brustkasten ergab, dass diese immer geringer lals der Spanmmgszuwachs in den Arterien war (C. Ludwig). Die Veränderung in der Zahl der Herzschläge kann bedingt sein entweder von einem erregenden Einfluss, welchen der zusammen- fallende Brustraum auf das ausgedehnte Herz übt, oder von Erre- :gnngen des n. vagus. Die Annahme, dass der zuletzt erwähnte ^Nen- hierbei im Spiel sei, wird durch die Thatsachen des folgen- den Satzes bestätigt.

ß. Jeder einzelne Akt einer Athembewegung besitzt die Dauer mehrerer Herzschläge, die Zahl der letzteren ist eine beschleunigte. Diesen Fall kann man künstlich erzeugen, Fig. 47.

wenn man die n, vagi durchschneidet. »Die Erscheinungen, welche in Fig. 47. ;dargestellt sind, unterscheiden sich von den vorhergehenden dadurch, dass die "Dauer und die Intensität der einzelnen Serzschläge in der Ausathmung von denen n der Einathmung nicht abweichen; der jpannungszuwachs ist somit nur abhängig von dem Druck der Si-ustwandung, was die direkten Messungen bestätigen.

y. Die Athem- und Herzbewegungen sind ungefähr gleich an 'nhl; bei dieser Combination sind an der arteriellen Spannungs- urve die einzelnen Phasen der Athembewegung nicht mehr zu er- vcnnen, obwohl ihr Einfluss offenbar noch vorhanden sein muss.

Pferd. Bei diesem Thiere gestalten sich die Erscheinungen larum sehr viel einfacher, weil die regelmässige Wiederkehr des Icrzschlags durch die Bedingungen, welche die Athembcwegungen ■inleiten, nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Es bezichen sich lenmach die durch die letzteren erzeugten Veränderungen in der i tencllen Spanmmgscurve nur auf eine Steigerung oder Minderung 'T durch die Hcr/kräftc erzeugten Dilicke, so dass während der lerzpaiise die Spannung beträchtlich abnimmt, wenn sie sich zu iner Inspirationsbewegung gesellt, während keine oder nur eine

11*

104

Eiiifluss dor Athcimbcwegimg Iioiiii Monsclicn.

geringe Abnahme bemcrklicla ist, wenn eine Herzpause und eine Exspirationsbewegung zusammentreffen. Das Umgekehrte aber gilt von dem Steigen während der Herzzusammenziehung. Diese Alteration der arteriellen Spannungscurve ist nun aber bemerkens- werther Weise nur dann wahrzunehmen, wenn die Herzzusammen- ziehungen wenig umfangreich sind und rasch aufeinander folgen und zugleich die Athembewegungen sehr intensiv werden. Im an- dern Falle ist ein Eiufluss der Bewegungen der Brustwandung nicht bemerklich.

Mensch. Bei ruhigem ungehemmtem Athmen sind die am Puls zu beobachtenden Aenderun^en, wenn sie vorkommen, was aber nicht immer geschieht, so geringfügig, dass sie nur der schreibende Fühl- hebel darthun kann. Sie beziehen sich auf die Pulsdauer (die Geschwindigkeit der Pulsfolge), auf die Pulsschnelle (das Verhält- niss Zöschen Ausdehnungs- und Verengerungszeit des Gefässes),- und auf die Pulsgrösse (Durchmessoründerung). - Verändert sich die Pulsfolgc, so beschleunigt sie sich in der beginnenden Exspi- ration am meisten, wälirend sich mit der beginnenden Inspiration das Gegentheil ereignet, und es fallen die Unterschiede bei lana sanier Athemfolge mehr in das Auge als bei rascherer. In den extremsten Fällen ist die kürzeste exspiratorische Pulsdauer 97, wenn die längste inspiratorische 100 ist. Erleidet die Aüsdeh- nungsgeschwindigkeit des Pulses eine Aenderung, so geschiebt dieses immer so, dass sie in der ersten Hälfte der Exspiration am grössten und in der gleichen Hälfte der Inspirationsdauer am ge- ringsten ist. Benutzt man als Maass der PulsschneUe den Bruch, der aus der Division der Ausdehnungszeit in die Verengerungszeit der Arterie hervorgeht, so verhalten sich die beobachteten Extreme der Pulsschnelle wie 1,00: 1,05 Was endlich die Umfangsänderung des Pulses anlangt, so ist sie in der In- spiration grösser als in der Exspiration. Diese von Vier- ordt*) hingestellten Thatsachen sind, soweit eine Vergleichuug ^ulässig ist , in voller Uebereinstimmung mit den am Hund beobachteten. Bei sehr tiefer und angehaltener Athmung stel- len sich die Erscheinungen nach den Erfahrungen und Erör- terungen von Donders und Ed. Weber merklich anders. Bei sehr tiefer Inspiration wird der Puls langsamer und weniger ftihl-

♦) Die Lehre vom Ai-lci ieiipuls. Brnunschwelg 1ST>!>, p. lUd,

I

Einfluss der angehalteneu Einathmunf?-

165

bar, indem häufig der Herzschlag so schwach wird, dass man seine Töne mittelst des aufgelegten Ohrs nicht mehr zu hören ver- mag. Diese Erscheinungsreihe wird beobachtet, gleichgültig, ob iMund und Nase während der Erweiterung des Brustkorbs ge- schlossen oder geöffnet war. Geht nun eine Inspiration in eine Exspiration über, so wird der Pulsschlag schneller und voller, vor- lausgesetzt, dass aus dem verengten Brustkorb die Luft ent- (weichen konnte. Schliesst man dagegen nach einer tiefen In- .spiration Mund und Nase, und presst dann die Luft in der ^ Brusthöhle mittelst einer Exspirationsbewegung zusammen, ohne ida^s sie entweichen kann, so wird der Puls zwar ebenfalls •schneller, aber die Herzschläge werden dabei so schwach, idass bei vielen Individuen Puls und Herztöne gänzlich zum Ver- schwinden kommen. Der innere Zusammenhang, der den zuletzt mitgetheilten Thatsachen gemäss zwischen Athem- und Herzbe- iwegungen besteht, ist noch nicht überall klar; so viel scheint je- doch festzustehen, dass er zum grossen Theil bedingt wird durch die veränderten Pressungen, unter welche die Blutbehälter des ; Brustkastens gesetzt werden, In der tiefen Inspiration werden die Saugkräfte der Lungen vermehrt; indem sich nun das Herz izusammenzieht, muss der linke Ventritel nicht allein die Gewalt überwinden, mit welcher das in der Aorta gespannte Blut die ar- terielle Mündung zupresst, sondern auch noch den Unterschied des .Luftdrucks, welchem die äussern Herzflächen und der Aorteninhalt ausgesetzt sind. Es ist denkbar, dass die Summe dieser beiden 'Drücke gross genug wird, um die Entleerung des Plerzens unmög- lich zu machen. In der Exspiration, und insbesondere wenn die Zusammenziehung des Brustkastens energisch ist, während die Stimmritze geschlossen und die Lungen mit Luft erfüllt sind, wird eine so starke Pressung auf die grossen Körpervenen in dem Brust- und Bauchraum ausgeübt, dass es denjenigen des Bluts in den grossen Kopf- und Extremitätenvenen übertrifft; das Blut wird also aus ihnen nicht mehr nachströmen können, und wenn dann das Herz den Vorrath an Blut, den es in der Brusthöhle findet, erschöpft hat, so wird es bei weiteren Zusammenziehungen kein Blut mehr aus der Brusthöhle entleeren können, so dass dann der *Puls8chIag verschwinden muss.

Die Beschleunigung, welche die Herzschläge erfahren, kann kman sich abhängig denken zum Theil von den Erregungen, welche Idas Herz durch das Zusammendrücken des Brustkastens empfängt,

166

Spannungsänderuiig nach Artcricnuntorbindung.

zum Tlieil aber auch von den Reflexen, welche der n. vagus iu Folge der veränderten Erregungsverhältnisse seiner peripheren Enden auslösst. ^

d. Der Verschluss*) einer oder mehrerer Arterien ändert, selbst wenn alle andern Strombedingungen dieselben bleiben den Mitteldruck im ganzen Arterienbereich. Im Allgemei- nen wird in der unterbundenen Arterie zwischen Herz und der Unterbindungsstelle und ebenso in allen andern nicht unterbundenen Ai-terien der Wanddruck steigen, während er in der geschlossenen Arterie und ihren Aesten zwischen der Ligatur und Capillarver- theilung abnehmen wird. Die einfachste ~ Ueberlegung lässt erwarten, dass in der Aorta und ihren Zweigen die Druckvermeh- rung wachsen werde mit der Zahl und dem Umfang der geschlos- senen Arterien d. h. mit der Ausdehnung der verödeten Abzugs- röhren. Magendie und-Goll haben diese Voraussicht thatsäch- lich bestätigt; so fand u. A. der Letztere, dass in der Art. carotis' des Hundes der Druck von 122 MM. zu 157 MM. aufstieg, als gleichzeitig beiderseits die Carotiden, die Schenkelarterie, die linke Unterschllisselbeinarterie und die rechte quere Halsarterie unter: bunden Avurden; nach Lösung aller dieser Ligaturen ging der Druck auf 129 MM. zurtick. Da bestätigende Versuche fehlen, so lässt sich weiterhin nur als wahrscheinUch aussagen, dass der di'ucksteigernde Einfluss der Unterbindung um so grösser sein wird, je näher der in Beziehung hierauf untersuchte Stromort dem geschlossenen Querschnitt liegt; so dass z. B. nach Unterbindung der Carotis die Spannung in dieser höher gebracht wird als iu der andern a. carotis oder gar in der a. cruralis ; denn es ist wohl an- zunehmen, dass sich der Blutüberschuss welcher der Aorta wegen VerSchliessung einer Abzugsröhre verbleibt sich vorzüglich auf die der letztem nahestehenden und noch offen verbliebenen Arterien vertheilt. Fragen wir noch etwas näher nach der Druckver- mehi-ung, welche im geschlossenen Gefäss vor dem Unterbindungs- faden eintritt, so wird man im Allgemeinen behaupten dürfen, dass sie um so grösser ausfalle, je geschwinder der Strom war, der durch die Unterbindung zum Stillstand gebracht Avurde, und je grösser bei noch bestehendem Strom der Druckunterschied zwischen dem nun unterbundenen Gefäss und demjenigen ist, aus welchem es gespeist wurde. Die erste Position gilt darum, weil sich in der

•) Spengler, Milllor's Archiv. 1844. Volkmnnn, 1. c. p. 44Ü. Göll, 1. c. p.

Spannungsänderuiig in clor gescMossenen Ärtorie.

167

Unterbindung- die Kraft, welche sieh bis daliin in Geschwindig- . keit äusserte, in Spannung umsetzt, und die andere desshalb, weil das unterbundene Gefäss ein todter Anhang der nächst höherge- legenen wu-d, so dass seine Spannung nun gleich wird dem in : dem ersteren Gefäss A^orhandenen Seitendruck. Die bis dahin vor- liegenden Beobachtungen machten es wahrscheinlich, dass die Un- terbindung in kleineren Arterien eine beträchtlichere Druckstei- , gerung hervorbrächten als in grösseren; weil man nämlich voraus- . setzen nmste, dass der Druckunterschied zwischen dem Strom in ' einer Arterie erster und zweiter Ordnung geringer sei, als zwi- schen dem in Arterien zweiter imd dritter, dritter und vierter u. s. w. und weil der geringe aus der Geschwindigkeitsunterdrückung her- vorgehende Spannungszuwachs überhaupt der Messung nicht mehr zugänglich sei. Den thatsächlichen BcAveis für diese Unterstellung fand man darin, dass kleine Arterien, wenn sie durch Schnürfaden oder Blutpfröpfe verstopft waren viel lebhafter als früher pulsirten, während Spengler ausgesagt hatte, dass der Mitteldruck in dem Herzende der Carotis sich nicht änderte, mochte sie unterbunden oder offen sein. Diese letztere Angabe scheint aber auf der mangelhaften noch ohne Schreibschwimmer ausgeführten Manometer- beobachtung zu beruhen, da der Druckzeichner jedesmal angiebt, dass die Spannung merklich steigt, wenn man die bis dahin offene Carotis gegen die Capillaren hin abschliesst. In einer von W. Müller und mir gemeinsam ausgeführten Beobachtung stieg der ' i Mitteldruck der Carotis des Hundes beim Schliessen von 105 Mll, auf 128 MM. und bei demselben Hund ein anderes Mal von 115 MM. auf 131, also um 23 resp. 16 MM. Bei einem zweiten Hund än- derte sich unter denselben Bedingungen der Mitteldruck von 124 MM. auf 135, also um 11 JIM. Dieses Resultat ist in der That so constant und auffällig, dass ich seit mehren Jahren den Versuch unter die in der Vorlesung aufzeigbaren aufgenommen habe. Die Entscheidung der obigen Alternative muss also einst- weilen dahingestellt bleiben.

Im Gegensatz zum bisherigen nimmt dagegen der Druck un- terhalb der Unterbindungsstelle, d. h. zwischen dieser und den Capillaren ab. Diese Druckminderung wird abhängen von dem Spannungswerth, welchen der Strom in dem Gefäss vor der Unter- bindung besass, und von dem Querschnitt und der Spannung der arteriellen Strömungen, welche unterhalb der Unterbindung aus dem noch wegsamen in den verödeten Bezirk fülu-en. Ein gutes

168

Veränderung des Mittoldrucks mit der Entfernung vom Herzen.

Beispiel für dieses Vorkommen liefert das Hchlagaderwerk des Kopfes, welches aus den beiden Carotiden und einem Antheil der Subclavien gespeist wird. Aus einer mit W. Müller angestellten Versuchsweise führe ich an, dass: der Seitendruck in der a. caro- tis des Hundes vor der Unterbindung 108 MM. betrug, unmittel- bar nach Anbringung der Ligatur in einem dem Herzen näher ge- legeneu Ort sank der Druck auf 88 MM. und nach Unterbindung der entgegengesetzten Carotis auf 78 MM. Bei einem andern Hund ergab sich: Seitendruck der wegsamen Carotis = 120 ÄIM., nach Unterbindung des Herzendes derselben 76; nach Schlies- sung der entgegengesetzten carotis = 71 MM. Unterbindet man nach Schliessung einer oder beider Carotiden derKeilie nach noch die Aeste, welche aus der Carotis hervorgehen, deren Druck beob- achtet wurde, so steigt nach der Ligatur der einen der Druck wieder an und nach der der andern mindert er sich wieder. Die- ser Gegensatz kann wohl nur dadurch bedingt sein, dass die Aeste, deren Verschluss das Steigen im Carotidenstumpf erzeugt, vorzugsweise Blut nach den Capillaren hin abführen, während die sich entgegengesetzt verhaltenden überwiegend Verbindungs- zweige mit den lebendigem Stromarmen sind.

e. Veränderlichkeit des Mitteldrucks mit der Ent- fernung des Arterienquerschnitts vom Herzen*). Die Versuche, durch welche man festzustellen sucht, welche Spannun- gen gleichzeitig in verschiedenen Arterien bestehen, gehören zu den schwierigem; nach eigenen vielfachen Erfahrungen ist nur denjenigen Resultaten ein Werth beizulegen, welche mittels des Druckzeichners gewonnen sind, und, wie sich von selbst A^ersteht, nur denjenigen, bei welchen die untersuchten Arterien in gleichem Niveau gelegen sind, so dass die von der Schwere des Bluts her- rührenden Spannungsungleichheiten als eliminirt anzusehen sind. Die unter diesen Bedingungen gewonnenen Erfahrungen sind noch sehr wenig zahlreich. Aus ihnen scheint aber mit Sicherheit hervorzugehen, dass in den grossen Arterien mit der wachsenden Entfernung vom Herzen die Spannung sehr wenig abnimmt, wäh- rend in den Arterien kleinen Kalibers dieselbe sehr merklich ab- nimmt im Vergleich zu der in den grössern. Insbesondere ist festgestellt, dass die Spannung in der art. cruralis trotz ihrer be- trächtlichen Entfernung vom Herzen doch eben so gross ist, als in

•) C. Ludwig, 1. c. p. 224 und 300. Volkmnnn, Hncmodynaniik. p. 173 u. f.

Schlüsse über Spannung aus dem Pulsfühlen. 169

er art. carotis. Die Erläuterung dieser Erscheinung hat keine ehwierigkeit, wenn man erwägt, dass der Strom in den Arterien eder sehr rasch ist, noch auch, dass die Stösse und die Reibun- en in der Aorta bis zur art. cruralis hin sehr beträchtlich sind, i Anbetracht der Thatsache, dass das Blutgefässwerk ein sehr jrwickeltes Zweigsystem darstellt, lässt es sich sogar denken, ass der Druck in der Cruralis noch höher als in der Carotis sei, ie dieses in der That wiederholt beobachtet wurde. In den kiel- en Arterien findet sich dagegen nach Volk mann die Spannung )nstaut sehr viel niedriger als in den grössern; aber auch hier illt sie keineswegs in dem Maasse, in welchem der Abstand des efässes vom Herzen zunimmt. Beispielsweise führen wir an, dass ;i einem Kalb der Mitteldruck in der a. carotis 165,5 MM. und eichzeitig in der a. metatarsi 146 MM. Quecksilber betrug.

f. Ueber die Ergebnisse des Pulsfiihlens. Ein ge- tbter Beobachter soll mit dem Finger ausser der Häufigkeit der iederkehr an dem Puls unterscheiden: ob er rasch oder allmäh- ; anschwillt (p. celer und tardus); wie weit dabei die Arterie jsgedehnt sei (plenus und vacuus) und in welchem Grade von t'ttlerer Spannung sich hierbei das Gefäss befindet (p. moUis und irus). Wenn der Arzt das Zugeständniss macht, dass selbst ein iir feiner Finger nur grobe Unterschiede feststellen kann, so wird jrjenige, welcher den Strom mit scharfen Mitteln zu messen ge- nhnt ist, in der That nichts einwenden gegen die Glaub wüi'dig- it der Behauptung; um so weniger, weil die obigen Angaben Zeichnungen wirklich vorkommender Zustände enthalten. Denn er oder tardus kann der Puls werden, wie die Curven des uckzeichners darthun; der ansteigende oder absteigende Curven- ; braucht zu einer gleichen Erhebung oder Senkung oft sehr rschiedene Zeit. Der Puls muss aber darum celer oder tardus ;rden können, weil z. B. das Herz erfahrungsgemäss einen glei- 3n Umfang der Verkürzung zu verschiedenen Zeiten in ungleich Igen Zeiten durchläuft. Dass die pulsirende Arterie bald ge- I It und bald leer sein kann, versteht sich nach einer ganzen ? ihe von Mittheilungen Uber den Puls von selbst. Dass aber die •x terien in gefülltem Zustande auch weich und im leeren auch i -t sein können, lässt sich nicht bestreiten, weil der Spannungs- f. id, abgesehen von der Füllung, auch abhängig ist von dem I. .stizitätscoeffizientcn der Wandung, so dass, wenn die Getass-

170

Untorsucliuiig des Pulsos durph den Sphygraograph.

Wandung schon an und für sich steif ist, auch die wenig gefüllte Arterie sich sehr hart anfühlen kann.

Der Pulshebel von Vierordt*) hat unser empirisches Wissen über den Puls beträchtlich bereichert; er lieferte darüber Nach- weise, 1) dass unter scheinbar gleichen Verhältnissen die Dauer der einzelnen unmittelbar aufeinander folgenden Schläge eine merk- lich ungleiche sein kann; 2) dass das Verhältuiss zwischen der Ausdehnungs- und Zusammenziehungszeit zweier Pulse wesentlich von einander abweichen kann, selbst wenn ihre Gesammtdauer die- selbe war; 3) dass er annähernd das Gesetz entwickelte, nach wel- chem sich die Ausdehnung sowohl wie die Zusammenziehung der Ar- terienwand mit der wachsenden Zeit ändert. Endlich lehrte er 4) auch Beziehungen kennen zwischen der Dauer der Celerität und dem Wachsthumsgesetz des Pulses, worüber die Abhandlung von Vierordt nachzusehen.

Aus Yierordts Werk haben wir folgende den Gesunden betreffende Zahlen: Setzt man die Dauer des kürzesten Pulses = 1, so ist die des längsten im Mittel zu 1,37, in den Extremen zu 1,17 und zu 1,62 gefunden worden. In einer jeden vom Puls- hebel geschriebenen Curvo liegen Unregelmässigkeiten der Pulse vor; sie scheinen aber bei raschem Puls, z. B. nach Tisch, sich in engere Grenzen einzuschliessen, als bei lang- samem Puls. Die Yorgleichung aller Erweiterungszeiten' und andererseits aller Ver- cngerungszoiten einer Pulsroiho unter einander ergiebt, dass die ersten grösseren Un- regelmässigkeiten unterworfen sind als die letzteren. Die relative Schlagfertigkeit des Pulses (Celeritas) drückt Vierordt so aus , dass er die Erweiterangszeit immer = 100 setzt, also drückt er die Variation der relativen Geschwindigkeit, mit weichet die Erweiterung vollendet wird, durch die Veränderung der Verengungszeit aus, woraus folgt, dass mit der wachsenden Verhältnisszahl die relative Erweiterungsgeschwindigkeit zunimmt. Verfolgt man nun die Resultate, so stellt sich heraus , dass im Allgemeinen die Erweiterungszeit kürzer dauert als die Verkürzungszeit, dass aber auch das umge- kehrte Verhältniss eintreten kann. Die Mittelzahl für die Schlagfcrtigkeit ist 106; ihre Grenzen liegen von 86 bis 143 ; während der Verdauung und des angestrengten Athmens ist die relative Pulsschnelle am grössten. Je kürzer die ganze Pulsdauer, um so grösser ist auch die relative Schnellkraft des Pulses, d.h. es nimmt bei rascher Pulsfolge die Dauer der Verengung weniger ab als die der Erweiterung. Vierordt theilt die Erwcitcrungs- und Verengerungszeiten der Pulse (die Abszissen der Curven) in je 5 Theile und misst den positiven oder negativen Durchnicsserzuwachs der Arterion in einem solchen Zeitraum. Die hier gefundenen Werthe zeigen, dass die positive und negative Aus- dehnungsgcschwindigkeit bis zu jenen 3 Zeiträumen wächst, dann aber abnimmt. jn diesem letzten Gebiet dürfte der Sphygmograph an die Grenze seiner Leistungsfähig- keit gelangt sein. ^

g. lieber die zeitliche Abhängigkeit der Herz- und Puls Schläge; pulsus dicrotus. Alle Betrachtungen, die wir

•) Dio Loliio vom Ailcrionpiils. Braiinschwcig 1855.

Tulsus dicrotus.

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bis daliiu anstellten, führten darauf, dass in bestimmten Zeitab- schnitten die grössern Ai-terien mindestens so vielmal piilsiren müssen, als während derselben das Herz geschlagen hat. Diese Behauptung wird so sehr durch die Erfahrung bestätigt, dass Alles, was früher über die Schlagfolge des Herzens angemerkt ist, auch für die Pulsfolge der Aiierien gilt. Diese Behauptung schliesst aber die Möglichkeit nicht aus, dass auf einen Herzschlag mehrere Pulsschläge fallen, eine Möglichkeit, die erfahrungsgemäss besteht, indem sehr häufig bei einzelneu Thieren (z. B. beim Pferd) und zuweilen wenigstens beim Menschen auf je einen Herzschlag zwei Pulsschläge beobachtet werden, von denen der eine gewöhnlich weniger kräftig und kürzer dauernd ist, als der andere. Diese Erscheinung ist unter dem Namen des pulsus dicrotus berühmt. Diejenigen Eigenthümlichkeiten dieses Doppelschlags, welche be- kannt sein müssten, wenn der Mechanismus ihres Zustandekom- mens erklärt werden sollte, sind leider noch nicht beobachtet. Es bleibt also nichts übrig, als einige Möglichkeiten zu erörtern und daraus abzuleiten , auf welche Eigenthümlichkeiten sich künftighin die Aufmerksamkeit zu richten hat.

Mit Hilfe des Apparats, der Seite 72 abgebildet wurde, lassen sich für eine •Hahnöffnung auf verschiedene Weise Doppelschläge in dem pulsirenden Rohr tiervorbringen. 1) Die zweite Erhebung des Doppelschlags ist die Folge der elastischen ^Xachwirkung des ersten. Diese Nachschwingung ereignet sich jedesmal in einer aus- [' geprägten Weise, wenn man den Wasserbehälter bis zu der Höhe von ungefähr 1 Meter i nit Wasser gefüllt, das elastische Eohr und den Wasserbehälter mittelst eines Hahns l roxi weiter OefFnung in Verbindung gebracht und diesen letzteren sehr rasch geöffnet hat. «Oer Lehre von der Erhaltung der lebendigen Kräfte und der Trägheit gemäss muss die Flüssigkeit in der Schlauchwelle zu einer höhern Spannung als in dem Wasserbehälter ' fclangen. In Folge hiervon wird sich die Schlauchwand mit einer grossen Geschwindig- > leit ausdehnen- und ebenso rasch wieder zusammenfallen ; wenn nun die Schlauchwand lach der einen Seite hin vermöge der Beharrung sich über den Grad von Ausdehnung ipannte, der ihr vermöge des Drucks aus dem Wasserbehälter her zukam, so fällt sie luch bei dem Eückgang aus dieser Spannung beträchtlicher zusammen, als es ihr, ohne lic grosse Geschwindigkeit ihrer Bewegung, die Widerstände der umliegenden Wand- ;hcile möglich machen würden. Hat sich aber die Geschwindigkeit eben in Folge lieser Widerstünde erschöpft, so wird sie durch die Spanuung der Umgebung nun vieder aufwärts getrieben; dann erst entleert sich das liöhrenstück, vorausgesetzt, dass Icr Hahn geschlossen bleibt, allmählig. Der zweite Schlag ist also jedesmal weniger ncrgisch, als der erste. Würde nach Analogie dieses Vorgangs der pulsus dicrotus aftretcn, so müsston: die Herzschläge nicht allzurasch einander folgen, damit sich die irteric während der Herzpause bedeutend abspannen könnte, so dass die BoAvcgung er Artcrienwand vom Boginn bis zum Ende des Herzschlags eine grosse Goschwindig- oit zu erlangen vermöchte ; die Herzzusammenziehung selbst niüsste aber sehr umfänglich Jid dabei rasch vollendet sein; der zweite Schlag müsste dorn ersten an Kraft nach-

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Pulsus dicrotus.

stelioii und in den vom Herzen entfernteren Ärlcriensliicken suLwächer als in den iliin nülioren gefühlt werden. 2) In dem elastischen llolir erfolgt ein Doppelschlag, wenn die Geschwindigkeit, mit welcher der Hahn geöffnet wird, eine ungleichförmige ist. Also z. B. wenn man die erste Hälfte der Hahnmündung geschwind öffnet, dann sclir kurze Zeit langsamer weiter dreht und darauf zur frühem Umdrehungsgeschwindigkeit zurück kehrt. In Folge dieser Art zu drehen, steigt die Spannung in dem Köhrun- umfang in kurzer Zeit zuerst sehr bedeutend , dann vermindert sich die Plötzlichkeit derselben, um beim letiten Akt der Halmdrcliung wieder rasch zu steigen. Damit er- hält der Sohlauchpuls eine fühlbare Einbiegung , die unter günstigen Umständen einen deutlichen Doppclschlag zum Vorschein bringt. Wenn sich im menschlichen Kreislauf dieses ereignen sollte, so müsste die Zusammenzichung der Kammern mit einer während ihrer Dauer variablen Geschwindigkeit erfolgen ; die Erscheinung würde wahrscheinlich sehr deutlich hervortreten. Man würde auf diesen Mechanismus des pulsus dicrotus schliossen dürfen, wenn der erste Schlag desselben die Arterien zu einer geringem Spannung führte, als der zweite, so dass er gleichsam als ein Vorschlag des ersten er- schien. Eine Bestätigung für die Annahme, dass der pulsus dicrotus auf diese Wii - erzeugt sei , würde darin liegen , dass der erste Herzton , der durch die Zusammeu- ziehung der Kammern ensteht, sehr anhaltend und mit schwankender Intensität gehört würde. 3) Endlich kann man durch Wellenreflexion einen Doppelschlag hervorbringen, vorausgesetzt nämlich, dass man in das Eohr einen Widerstand, z. B. einen das Lumen desselben zum grossen Theil erfüllenden und zugleich feststehenden Körper einfügt, der die Bcrgwellen zurückzuwerfen vermag. Auch in diesem Fall ist der zweite Schlag schwächer, als der erste, er folgt aber diesem um so rascher, je näher das Eöhrcn- stück an dem rcflcktircndon Widerstand liegt. Durch diese letztere Eigenschaft, durch den Nachweis dos roüektironden Widerstandes, und schliesslich dadurch, dass der pulsus dicrotus nur einzelnen, nicht aber allen Arterien zukäme, würde sich im Leben diese Art von Entstehung eines Doppelpulses erkennen lassen. Volkmann*) hat die unter den Bedingungen l)und 2) entstehenden Doppelschläge verrauthungsweise abgeleitet aus Interferenzen zweier ungleich rasch fortgepflanzter W ellensysteme, deren Vorhanden- sein er -im Schlauehe statuirte. Der eine von diesen Wellenzügcn sollte in der Schlauch- wand y der andere in der Flüssigkeit fortschreiten. Abgesehen davon, dass überhaupt kein Grund zur Annahme gesonderter Wellensystemo vorliegt, bleibt dieselbe immer ^ noch die Erklärung dafür schuldig , warum nur unter den geschilderten Bedingungen die Welle des Schlauchs und der Flüssigkeit unabhängig von einander werden. Die älteren Pathologen , welche der Ansicht zuneigten , dass die Muskeln der Gefässwand sifh ebenso rythmisch contrahirten , wie die des Herzens, erklärten den pulsus dicrotus aus einem eigenthümlichen Ilythmus der Gefässbewegung. Diese Annahme bedarf keiner Widerlegung mehr, seitdem die BcAvegungen, welche in der arteriellen Gefässwand vor- kommen können, genauer untersucht worden sind.

2. Mittelzahlen für die Spannung des Bluts in den gros Sern Arterien**). Aus zahlreichen Beobachtun- gen , welche sich meist auf eine minutenlange Beobachtmigs- zeit beziehen, geht hervor, dass der Mitteldruck schwankte beim

*) Hacmodyiiiimik. 118 ii, f.

*») Volk mu n n , 1. c. p. 177. II o ii t n or , Hcn 1 o und Pfouf er's Zdtscliria. Neiio Folge. II. Blind.

Zahlenangaben über mittlere Spannung.

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Pferd zwischen 321 bis 110 MM. Hg., beim Schaaf zwischen 20ß bis 98 MM., beim Hund von 172 bis 88 MM. Hg., bei der Katze von 150 bis 71 MM. Hg, beim Kaninchen von 90 bis 50 MM. Hg.*). Diese Erfahrungen lehren, dass zwar im Allgemeinen die Grösse des Thiers und der mittlere Blutdruck in der a. carotis abnehmen, aber keineswegs so, dass das bei einer kleinern Thier- art beobachtete Maximum unter das bei dem grösseren gefundene Minimum herabsinkt. Die auf den ersten Blick auffallende Er- scheinung, dass Thiere von sehr verschiedener Grösse, wie Katzen und Pferde, einen so annähernd gleichen Blutdruck darbieten, be- Aveist, dass in ihnen die den Blutdruck bestimmenden Umstände: Herzkraft, Blutmenge, Gesammtblut der Arterien, Wandungsdicke im Verhältuiss zum Lumen, Widerstände u. s. w. in den Kreis- laufsapparaten der einzelnen Thiere jedesmal in der Weise gegen- einander geordnet sind, dass aus ihnen ein annähernd gleicher Werth des mittleren Druckes resultirt.

Es darf nun als wahrscheinlich angenommen werden, dass der absolute Werth des Mitteldrucks in der a. carotis des Menschen ebenfalls in die für die Säugethiere festgestellten Grenzen fällt; ndem man dieses anerkennt, wird man aber zugleich die Unmög- ichkeit des schon öfter unternommenen Beginnens einsehen, eine Wir den Menschen allgemein giltige Zahlenangabe zu machen; !Ienn offenbar wird beim Menschen gerade wie in den einzelnen rhiergattungen der Spannuugswerth innerhalb sehr weiter Gren- zen schwanken können. Um sich unmittelbar von der Rich- i igkeit jener Voraussetzungen zu überzeugen, führte Faivre**) nit Zustimmung der Aerzte des Hotel-Dieu in Lyon Versuche an Irei amputirteu Männern aus. Die arter, brachialis eines hinfäl- igen Alten von 60 Jahren und die a. femoral, eines muskelkräf- :igen Mannes von 30 Jahren zeigen übereinstimmend einen unge- ahren Mitteldruck von 120 MM. mit Respiration sschAvankungen /on 10 bis 20 MM. u. Herzschwankungen von 2 bis 3 MM. An ler Annarterie eines 23jährigen durch tumor albus herabgekom- nenen Mannes erhob sich die Säule auf etwa 110 MM. Wie gross lier Blutverlust vor der Einfügung des Instrumentes gewesen, ob,

*) Dem weniger . Oclibleii wird iler betriielitliclio Wertli der Drücke, iiin die es sicli linndcll, iellciclit lebhafter werden, wenn er sich den Quecksilber- in den Wasserdruck tibersetzt, was in idem Fall geschieht, wenn er die obigen Zahlen mit VJ,l, IMM. multipMzirt. ••) Oaüetlc nu'dicnic 185« p. 727. u f.

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Spannung in den Haargcfässcn.

wie doch wahrscheinlich, Chloroforainarkose verbanden gewesen ist nicht angegeben.

lieber Spannungsminderungen nach dem Einfuhren von Arz- neistoffen (Neutralsalzen, Digitalin, Chloroform, Brechweinstein) geben die schon erwähnten Arbeiten von Blake, Brunner und Lenz Aufschluss.

Spannung in den Haargefässen.

Ihre durch Gesicht und Gefühl bestimmbare Ausdehnung, oder, was dasselbe sagt, die Spannung ihres Inhalts in ein und der- selben Provinz wechselt mit dem Blutdruck in den Arterien und Venen, mit dem Durchmesser der Arterien und Venen und nament- lich der zu- und abführenden, mit der Widerstandsfähigkeit und den Bewegungen der sie umschliessenden Gewebe. Dem ent- sprechend strömt wahrscheinlich für gewöhnlich das Blut in den verschiedenen Abtheilnngen des Capillarsystems unter verschiede- nen Spannungen.

a. Wenn die Spannung in den Arterien steigt, so ist damit zugleich die Kraft gewachsen, welche den Einfluss in die Capil- laren bestimmt, und damit nach bekannten Grundsätzen die Span- nung des Bluts in diesen selbst. Bestätigungen hierfür finden wir an leicht ausdehnbaren Gefässregionen ; so dehnen sie sich aus, d. h. die von ihnen versorgten Hautstücke röthen sich, wenn das Herz rascher und intensiver schlägt, oder wenn in anderen als den zu- führenden Arterien der Strom unterbrochen ist; nach einem Ader- lass dagegen werden die Capillarprovinzen blass u. s. av. Gestützt auf die Theorie , dürfen wir vermuthen, dass die Spannung in den Capillaren nicht direkt proportional mit derjenigen in den grösse- ren Arterien steige, sondern immer weit hinter derselben zurück- bleibe. Denn wenn in Folge eines Spannungszuwachses in den. Arterien das Einströmen in die Capillaren auch beschleunigt wird, so kann dieses doch nicht in dem Maasse geschehen, in dem der Druck gestiegen ist, da in den engen und gebogenen Zuleitungs- röhren (den feinsten Arterien) der Widerstand mit der steigenden Stromgeschwindigkeit ungeheuer wächst.

b. Steigt dagegen die Spannung in den Venen, so muss in demselben Verhältuiss auch diejenige in den Capillaren wachsen, welche die betreffenden Venen als Abflussröhren benutzen. Dieses ist sogleich einleuchtend für den Fall, dass alle Venen, die den Abfluss aus einem Capillarengau besorgen, verstopft sind, denn Mti dann werden offenbar die Capillaren ein blindes Anhängsel an den 1m\

Spannung in den Haargofässen.

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zuflilircnden Arterien darstellen mid es rauss darum hier die "Spannung so hocli steigen, als sie in der Arterie selbst stebt. Da wir nun aus der Tbeorie scbliessen dürfen, dass im nonnalen Zn- sstand in den Capillaren die Spannung eine viel niedrigere sei, als sselbst in den letzten Arterieuästen , so muss unter den bezeichne- iten Umständen die Spannung in den erstem sehr beträchtlich an- wachsen. In vollkommener Uebereinstimmung hiermit sehen wir .denn auch, dass", wenn einigermaassen beträchtliche Hemmungen in den abführenden Venen eines " Capillarcusystems eintreten, die Spannung in diesem ungemein ansteigt; so schwellen z. B. die l-Fiuger nach Umlegung einer Ligatur um dieselben sehr beträcht- lich an.

c. Mit der Verengerung des Durchmessers der kleinen in das Capillarensystem führenden Arterien muss unzweifelhaft die Span- nung in den erstem niedriger werden, weil unter diesen Umstän- den die in dasselbe strömende Blutmasse abnimmt; der Grund hierfür liegt in der bekannten Thatsache, dass eine strömende Flüssigkeit beim Durchgang durch enge Röhren an ihren leben- digen Kräften mehr einbüsst, als beim Fliessen durch weite. Diese theoretische Folgerung hat man gewöhnlich bestritten unter An- iführung der ebenfalls feststehenden Beobachtung, dass, wenn man innerhalb eines Röhrensystems statt eines vorher vorhandenen wei- lten Stückes ein enges einfügt, während man die Kräfte, welche Idie Flüssigkeit in den Anfang des Röhrensystems eintreiben, un- i^erändert erhält, in dem engen Stück die Flüssigkeit nun ge- schwinder fliesst. Die obige Behauptung steht aber in gar keinem 'Widerspruch mit dieser letzten Thatsache; denn die aus dem engen •Stück hervorti-etende Flüssigkeitsmenge ist ein Produkt aus dem .Querschnitt der Röhre in die Geschwindigkeit des in ihnen vor- gehenden Stroms, und sie behauptet darum nur, dass die Ge- schwindigkeit nicht in dem Maasse steigt, wie der Röhrenquerschnitt abnahm, eine Annahme, welche durch die hydraulischen Untei'- f suchungen als vollkommen feststehend anzusehen ist. Hieraus mUsste man nun folgern, dass, wenn eine Verengerung in den kleinen Arterien einträte, die zu ihnen gehörigen Capillaren leerer ind die von ihnen durchsetzten Gewebe somit blasser werden iiüssten. Dieser Erfolg würde unmöglich ausblcil)cn können, wenn las Blut statt eines Gemenges aus flüssigen lind festen Stoffen .'on ungleicher Figenschwere eine homogene Flüssigkeit darstellte. 3ei der berührten mechanischen Zusammensetzung kann aber eine

176 Spannungen nacli Ypriinderungen im Durchmesser kleiner Arterien und Venen.

verminderte Spannung, selbst wenn sich die Zuflussrühren veren- engert haben, nur kurze Zeit bestehen, und zwar bis zu einem gewissen Grad um so kürzere Zeit, je beträchtlicher die kleinen Arterien verengert sind. Denn in dem langsamen Strom, der dann durch das Capillarsystem geht, müssen sich die schweren Blutköi- perchen anhäufen und zusammendrängen, also muss wegen des gesteigerten Widerstandes die Spannung wieder steigen. Diese Folgerung ist zuerst von Brücke*) gezogen worden, obwoli! schon Poiseuille**) den Hergang mit dem Mikroskop beobach- tet hat, als er künstlich den Zufluss in ein Capillarsystem minderte.

Mit der Erweiterung der kleinen Arterien muss dagegen die Spannung des Bluts der Capillaren zunehmen, da hiermit sich die Menge der in sie einströmenden Flüssigkeit mehrt. Diese Stei- gerung der Spannung scheint beträchtlich werden zu können, wie man dieses z. B. nach Durchschneiduug der Gefässnerven sieht. Verbinden sich Arterienerweiterungen und ein kräftiger Herzschlag, wie dieses bei Uebernährung des Herzens beobachtet wird, so ereignet es sich zuweilen, dass sich der Pulsschlag noch bis in die Capillaren fortsetzt, so dass jedesmal unmittelbar nach einer Herzzusammenziehung eine vermehrte Röthuug derjenigen llautstellen eintritt, in welche sich die Capillaren mit erweiterten Zuflussröhren begeben.

Die Erscheinungen werden sich nun, wie ohne weiteres klar sein wird, gerade in umgekehrter Weise einfinden müssen, wenn sich die kleinen Venen, in die die Capillaren übergehen, verengern oder erweitern; denn oifeubar wird in dem erstem Fall der Ab- fluss beschränkt, in dem letztern begünstigt und somit die Span- nung in dem einen steigen, in dem andern aber sinken müssen.

Bei den wichtigen Folgen, die eine veränderte Spannung des Bluts in den Capillaren für die Absonderungserscheinungen und den Wärmeverlust mit sich führt, ist es von Bedeutung, dass ge- rade die den Capillaren zunächst gelegenen Arterien und Venen mit Muskelfasern begabt sind, mit deren Zusammenziehuug und Erschlaffung der Durchmesser dieser Gefässe beträchtlichen Schwankungen unterworfen ist; hierdurch ist ein regulatorischer Apparat gegeben, der den Stromlauf in der einen oder andern

») Uebor die Mechanik des EntzUndungsprozesscs. ArcliiT f. pliysiolog. Heilkunde. IX. Bd. 493. •*) Reoherclics sur lea causes du mouvoment du snng ilnns les viilsseaux caplllaires. Purls. 1835.

Spannung in der vena jugularis.

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Capillareuabtlieilimg bis zu einem gewissen Grade unabhängig- von allen übrigen erhalten kann; und in Wirklichkeit deuten viele Er- scheinungen, die p. III bis 115 schon erwähnt wurden, darauf hin, dass er diese Aufgabe auch erfüllt.

d. Die steigende oder abnehmende Widerstandsfähigkeit der Gewebe, in welchen die Capillaren verlaufen, ändert nothwendig I den Durchmesser ihres Querschnitts und dem entsprechend nach ' bekannten Gnindsätzen ihren Strom. Beispiele für dieses Verhal- ;ten hefert die Gänsehaut, Verlust der Epidermis, Erschlaffungen der Haut, Wasserergüsse in das Bindegewebe u, s. w.

Die Annahme, dass an den verschiedenen Orten desselben i Capillarensystems, und noch mehr, dass in verschiedenen Capilla- rrensystemen die Spannungen wechseln, gründet sich weniger auf messende oder schätzende Versuche am Strom selbst, als auf die Vergleichung der Formen der Capillaren und auf die Anwendung- hydraulischer Prinzipien für diese; bei den einzelnen Organen wer- den wir des genauem hierauf eingehen.

Zu Messungen über den wahren Werth der Spannung des Blutes in den Haargefässen fehlt es bis dahin an einer Methode. Beobachtete Spannung in den Venen. Die Spannung in den Venen ist erfahrungsgemäss veränder- lich mit der Blutfülle, der mittleren Spannung im arteriellen System lund ausserdem noch mit den Herzschlägen, den Respirationsbe- wegimgen, den Bewegungen und Stellungen der GHeder; da aber i diese Umstände nicht in jeder Vene sich gleich geltend machen, so werden wü- ihre Folgen zunächst in einer derselben, der vena 1 ugularis externa angeben und darauf die Variation der Erschei- :aung, so weit sie an andern Venen beobachtet ist, folgen lassen. Wir bemerken im Voraus, dass über die Folgen der veränderlichen ;Blntftüle zu den wiederhx)lt mitgeth eilten Bemerkungen nichts Wei- teres zuzufügen ist.

Vena jugularis. a. Wenn die vena jugularis sich in Mittlerer Fülle befindet und die Herzschläge kräftig sind, so ist iin ihr jede Vorhofsbewegung sichtbar, indem die Vene mit 1er beginnenden Zusammenziehung an- und mit der eintretenden Diastole abschwillt; in allen, selbst in den günstigsten Fäl- en, ist die sichtbare Veränderung in dem Gefässdurchmesser ^dcht eben beträchtlich. Wey rieh*) fand, dass die Spannungs-

•) De cordio adspirutlono cxperlmontn. Doipnt. 1853. LndwlB, Physiologie U. 2. Auflngo.

12

178

Spannung in der v. jugularis.

abnähme, welche während der Diastole des Herzens eintritt, höch- stens einigen MM. Quecksilber entspricht. Hammernik*) giebt an, dass die Erweiterung der Venen bei der Vorhofszusammen- ziehung am Halse des Menschen niemals merklich sei, vorausge- setzt, dass die Klappen in den Gefässen hinreichend schliessen.

b. Die analogen Wirkungen der Brustbewegungen treten be- deutsamer hervor, indem die Vene bei kräftiger Exspiration jedes- mal deutlich anschwillt, während sie in der vorhergehenden Inspi- ration ebenso bedeutend zusammenfällt. Das Uebergewicht dieser Schwankungen über die vorhergehenden prägt sich nun auch in dem mit dem Lumen der Venen communizirenden Manometer aus. Es schwankt nemlich bei einer gewöhnlichen Einathmung der Druck um das doppelte und bei einer tiefen Inspiration um mehr als das vierfache von dem, um welches ihn die Herzbewegung ver- änderte. Schwerlich dltrfte es jedoch gelingen, den absoluten Werth der Druckschwankungen zu erhalten, da sie meist in zu rascher Folge wechseln, als dass eine vollständige Ausgleichung der Spannung im Manometer und in der Vene erreicht werden könnte.

c. Die eben erwähnten Wirkungen des Herzschlags und der Athembewegung geschehen offenbar unmittelbar durch die hohlen und ungenannten Venenstämme auf die Drosselvene. Von der anderen Seite her durch die Capillaren und die Venenzweige nie- derer Ordnung müssen sich dagegen beide Bewegungen geltend machen, insofern sie die Spannung in den Arterien bestimmen. Auf diesem Wege erzeugen sie allerdings ebenfalls Druckverän- derungen in dem Blute der Jugularvene, jedoch keineswegs solche, welche zeitlich oder der Grösse nach genau den in den Arterien bedingten entsprechen, so dass man noch die einzelnen Herz- schläge und Respirationsbewegungen unterscheiden könnte. Im Allgemeinen ändert sich nur, wenn während längerer Zeit hindurch eine mittlere Spannung in der Ai-terie constant bleibt, auch die- jenige der Vene. Als eine im Wesentlichen richtige Regel kann hier nach den Untersuchungen von Brunn er angegeben werden, dass, wenn längere Zeit hindurch 'die Spannung in den Arterien herabsinkt, sie in der Jugularvene zunimmt und umgekehrt; der absolute Werth, um welchen die Spannung in den Venen hierbei ge- ändert wird, ist immer sehr gering gegen den, um welchen sie in

•) Prager Vlcrteljahrsclirlft.. 1863. III. Bd. p. 08.

Einfluss der Brust- und Herzbewegung auf dieselbe.

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den Arterien schwankt. So wurde z. B. der mittlere Druck in der art. carotis eines Hundes, dessen n. vagi durchschnitten waren, auf 122,4 MIVI. Quecksilber, der gleichzeitige in der Vene über dem Stenium zu 1 bis 1,9 MM. Quecksilber bestimmt. Als nun die mit den Herzen in Verbindung stehenden Enden der n. vagi ungefähr 30 Sekimden hindm-ch erregt wurden, so dass in dieser Zeit gar keine Herz- (und auch keine Athem-) Bewegung zu Staude kam, fiel der Druck in der Arterie auf 13,3 MM., in der Vene stieg er aber auf 3,8 ÄIM. Während er also in der Carotis um 109,1 MM. gesunken, hatte er sich in der Vene nur um 2,8 bis 1,9 MM. er- hoben. Diese Erscheinung ist daraus erklärlich, dass die Anfül- lung des arteriellen Hohlraums nur auf Kosten des venösen ge- schehen kann und umgekehrt; es muss also, wenn der Druck in dem einen System sinkt, nothwendig im andern ein Steigen eintre- ten (Ed. Weber). Dieser Verlust der einen Seite kann aber dem Gewinn auf der andern nicht gleich sein, weil das arterielle Ge- sämmtlumen im Vergleich zum venösen enger ist, so dass, was dort eine beträchtliche Quote des Gesammtinhalts darstellt, hier nur als eine geringe beti-achtet werden muss, und weil eine Ausdehnung ides arteriellen Lumens wegen seiner starken elastischen Wandun- :gen mehr Kraft erfordert, als die dünne Venenwand verbraucht.

d. Die Bewegungen der Muskeln in den Fortsätzen des i Rumpfs, dem Hals, Arm u. s. w. bringen eine merkliche Steigerung 'der Spannung in der Jugularvene hei-vor; diese ist um so bedeu- ::ender, je gefüllter die Venen der bewegten Körpertheile sind, und 'ie rascher und je mehr ihre Lumina durch die Bewegungen zu- i'jammengedrückt werden.

Die Spannungserscheinungen in den übrigen Ve- len. Die mittlere Spannung nimmt in den Venen von den Zwei- i;en gegen die Stämme hin nach Versuchen an Pferden, Kälbern, Ziegen und Hunden ab.

In der Hohlvene des Hundes selbst ist die mittlere Spannung ;ermger als der Luftdruck gefunden worden (Volkmann, C. -.udwig)*), eine Thatsache, die in vollkommener Uebereinstim- nung steht mit der von Donders gegebenen Entwickeluug über •lie Spannung in der Brusthöhle ausserhalb der Lungen (p. 143.); •teim Hunde schwankt nach zahlreichen Versuchen der Mitteldruck •a der vena jugularis von 2 bis zu 15 MM. Hg, in den venae

') Haemodynamik. p. 356.

12»

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Spannungen anderer Körpervencn.

brachialis und cruralis von 10 bis zu 30 MM. Hg Mogk*); Volk- mann**) fand ihn in der ven. facialis der Ziege zu 41 MM. Hg und gleichzeitig in der vena jugularis desselben Thiers aber zu 18 MM. Hg.

Die Wellen, welche der Herzschlag von den Vorhöfen her er- zeugt, erstrecken sich beobachtungsgemäss niemals weit in die Zweige der obern Hohlader hinein; sie sind z. B. nur in seltenen Fällen bis in die vena axillaris zu verfolgen. In grösserer Aus- dehnung sind aber die von den Brustbewegungen abhängigen Spannungen nachweisslich , namentlich beobachtet man sie noch in den Hirnvenen (Ecker***), Donders)!) und in der vena cruralis, auf welche wahrscheinlich die mit dem Ath- men zusammenhängenden Bewegungen der Baueheingeweide ver- mittelnd wirken. Dass ihre Wh-ksamkeit sich beim Menschen nicht weniger weit erstreckt, geht daraus hervor, dass die Kopf- und Halsvenen bei tiefer Exspiration anschwellen und bei tiefer Inspiration zusammenfallen. Das Volum des Arms soll ebenfalls bei tiefer Inspiration geringer werden. Hammernik ff). Zu- samnienpressungen der Venen durch die Muskeln der Glieder, in welchen sich dieselben verbreiten, mtissen selbstverständlich vor zugsweise in den Venen der Extremitäten und der Rumpfwandun- gen vorkommen. Diese Pressungen werden nun offenbar den Röhreninhalt zugleich nach dem Herzen und den Capillaren hin- treiben; dieser letzte Weg wird dem Strom aber durch die Klap- pen abgeschnitten, die in den erwähnten Venen besonders zahl- reich vorkommen.

Beobachtete Spannungen innerhalb der kleinen Blutbahn.

1. Die Spannungswerthe des arteriellen Blutes in den Lungen können gemessen werden: a) nachdem der Brustkasten vorher er- öffnet ist und der zum Leben nothwendige Luftwechsel in den Lungen durch einen in die Luftröhre eingesetzten Blasebalg (künst- liche Athmung) erhalten wird (Beutner) fff), b) Ein Troicart wird durch die sonst unverletzte Brustwandung in die art. pul-

») Honle und Pfeufor. m. Bd. p. 73. ••) 1, c. p. 173.

•»•) physiologlscho Untersuchungen über dlo Bowogungen des Gehirns etc. Stuttg. 1845. t) Do bowegingen der horsenen. Noderl. lancct 2- Serie. 1850. tt) 1. c. p. 57.

ttt) Ilonlo's und Pfoufor's Zeitschrift. N. F. II. Bd.

Spannungen in der kleinen Blutbahn.

181

monalis gestochen; nach Entfernung des Stichels wird in die lie- . gengebliebene Scheide der Druckmesser eingesetzt (Chaveau). tc) Durch die vena jugularis dextra schiebt man einen mettallenen iCatheter in das ost. venosum des rechten Ventrikels (Faivre*). . d) an einem Thier, dessen Herz in Folge eines Bildungsfehlers wor der Brustwand liegt, konnte das Verbindungsrohr zwischen IBlut und Messwerkzeug unmittelbar durch das Herzfleisch in die Wentrikelhöhle gebracht werden (Hering**). Vermöge der be- ssondern An wen dungs weise des Druckmessers im erstem und letz- ttern Verfahren erhalten wir keinen Aufschluss über die span- rnenden Wii'kungen des Brustkastens, sondern nur über die des i Herzens. Nicht minder liegt ausser besondern Fehlern in allen [Fällen der Verdacht nahe, dass wesentliche Störungen in der Herz- thätigkeit eingeführt werden; darum muss jedesmal gleichzeitig mit dem Druck in den Lungenkreislaufe der in der Carotis be- stimmt werden, so dass die Spannungen beider mit einander ver- glichen werden können.

Als Beutner den Dnickmesser gleichzeitig in die artt. pul- monahs und carotis einsetzte, fand er das Verhältniss des Mittel- idi'ucks in der a. pulmonalis zur a. carotis bei Kaninchen wie, 1:4, »bei Katzen wie 1 : 5, bei Hunden wie 1:3. In diesen Ver- suchen näherte sich die Spannung in der a. carotis deijenigen sehr lan, welche man auch bei unerötFneter Brusthöhle erhält; darum 'darf angenommen werden, dass mindestens die Herzkräfte keine ; Schwächung erlitten hatten; dagegen war durch Einsetzung der Ganüle in einen grossen Ast der Pulmonalarterie offenbar die •Spannung in dieser weit jenseits der normalen Grenzen gesteigert. Demnach kann man wohl, ohne einen zu grossen Fehler zu be- gehen, 'behaupten, dass eine über das gewöhnliche Mittel gestei- gerte Spannung in der Lungenarterie, so weit diese von der Herz- kraft abhängig ist, sich verglichen habe mit der annähernd nor- malen in der Carotis.

Die für den Mitteldruck gefundenen Zahlen beti-ugen an Kanin- chen 22 MM., an Katzen 17 MM., an Hunden 29 MM. Queck- silber.

Beutner hat auch für einen Fall die Spannung in den Luu- ?envenen der Katzen untersucht und sie zu 10 MM. Hg. ge- unden.

•) Gazette mddicale de Piiris 1856. p. 729. ••) Archiv für phyglolog. Heilkunde. IX. Bd.

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Siiannnngcn in der kloinen Blutbalin.

Hering, welcbev seine Beobachtungen an einem Kalbe an- stellte, das die angegebene Bildungsbemmung (ectopia cordis) zeigte, brachte seine Messröhren unmittelbar in die linke und rechte Herzkammer. In diesen Röhren, welche wasserdicht von der Muskelsubstanz umschlossen wurden, stieg die Flüssigkeit in einem Verhältniss von 1 : 1,7, die grössere Zahl gehörte dem linken Ven- trikel an.

Faivre, der sich der Methode vonChaveau bediente, giebt an, dass beim Pferd der Druck in der a. pulmonalis etwa ein Drittheil von dem in der a. carotis betragen habe.

Da nun der Einfluss der Brustbewegung auf den Lauf des Lun- genblutes dem Versuch noch nicht zugängig gewesen ist, so können Avir zur Aufhellung dieser wichtigen Verhältnisse nur gelangen durch theoretische Schlüsse über die Verändeiningen , welche die Athembewegungen an dem Verhalten der Gefässe erzeugen. Mit Rücksicht hierauf ist zweierlei zu unterscheiden. Einmal nemlich ändert sich die Länge der Gefässe und insbesondere der Capillaren dadurch, dass sich die Lungenbläschen bei der Inspi- ration ausdehnen, während sie bei der Exspiration zusammen- fallen; die wesentliche Frage, ob sich hierbei die Widerstände än- dern, indem mit der Ausdehnung der Lungenbläschen sich die Capillaren verlängern und verengen, hat Pols euille auf verschie- dene Art zu erledigen gesucht. Zuerst injicirte er mit einer in der Kälte erstarrenden Masse die erwärmten Lungengefässe, dann bües er einen Lappen der Lunge durch den Bronchus auf und unterband den letztern; die andern blieben im zusammengefallenen Zustand. Die mikroskopische Messung der Capillaren in der erkalteten Lunge ergab einen grösseren Durchmesser für die zusammenge- fallenen, einen kleineren für die aufgeblasenen Lungenmassen. Dann bestimmte er die Ausflussgeschwindigkeit eines Sti-omes, der unter constantem Druck in die Lungenarterie ein- und durch die Lungenvene ausging. In der zusammengefallenen Lunge war der Strom geschwinder als in der massig aufgeblasenen und m dieser wiederum rascher als in der stark aufgeblasenen. Auf diese That- sachen kommt die Respirationslehre noch einmal zurück. Nächst- dem ändert sich aber auch mit der Brustbewegung die Spannung der grossen Lungengefässe, welche ausserhalb des Pleurasackes gelegen sind. Auf sie ist nemlich offenbar alles das anwendbar, welches für die grossen Gefässe des Aortenwerkes innerhalb der Brusthöhle galt, so dass in den Venen und Arterien der Lungen

Geschwindigkeit des Blutstroms.

183

die Spannung mit der Exspiration steigt, mit der Inspiration aber abnimmt.

2. Verbindung zwischen Lungen und Körperkreislauf. Eine besondere HeiTorhebung verdient schliesslich noch die eigenthtim- liche Verbindung, welche zwischen dem Aorten- und Lungenwerk durch die a. bronchialis besteht ; diese bezieht, wie bekannt, ihr Blut aus der Aorta und liefert es theilweise wenigstens unmittelbar in die V. pulmonalis. Diese Gefasse dürften vielleicht angesehen wer- den als Mittel, durch welche relative Ueberfüllungen der einen oder andern Abtheilung ausgeglichen werden können. Die G-eschwindigkeit des Blutstroms. Die Geschwindigkeit, welche den einzelnen im Blutsti-om krei- senden Theüchen zukommt, wechselt mit der Zeit und dem Ort und dem Aggregatzustand des Strömenden. Zunächst ist es offenbar, dass von den Theilchen, welche gleichzeitig in einem und demselben Sti*omquerschnitte enthalten sind, diejenigen, welche an der Köhrenwand laufen, sich langsamer bewegen, als die in der Mitte gelegenen, weil ausnahmslos in allen Röhren die Wand-

! Schicht an Geschwindigkeit der Mittelschicht unterlegen ist. Zu- dem ist die Anwendbarkeit dieses Grundsatzes auf den Blutlauf

< erfahi-ungsgemäss festgestellt. Ein und dasselbe Theüchen wird aber eine verschiedene Geschwindigkeit empfangen, je nachdem es in den Stämmen oder Aesten der Arterien und Venen, oder in den Capillaren sich bewegt, und dieses wird selbst noch gelten, wenn auch das Theilchen immer in derselben relativen Stellung

: zu der Wand, z. B. in der Mittelschicht, bleibt. Denn da die Querschnitte der gesammten Blutbahn auf ihrem Verlauf bald grösser und bald kleiner werden, da trotzdem durch jeden Quer- schnitt der Gesammtbahn immer gleich viel Blut sti-ömmen muss, 80 wird in den grössern Querschnitten die Geschwindigkeit sich vermindern müssen. Mit der Zeit verändert sich aber die Ge-

> sehwindigkeit, weil die treibenden Kräfte, oder anders ausgedrückt, die Spannungsunterschiede zweier unmittelbar aufeinanderfolgender

' Querschnitte mit der Zeit wechseln. Dieser Wechsel ist nun aber tür die einzelnen Gefässabtheilungen, wie wir wissen, nicht gleich. Im normalen Blutstrom sind diese Unterschiede in merklicher Weise und zwar ununterbrochen vorhanden in den grossen Arterien, insbe-

> sondere des Aortensystems, dann in den grossen Körpei-venen, am wenigsten ausgesprochen sind dagegen die erwähnten zeitlichen

I Veränderungen in den Capillaren.

184 Goscbwindiiikeitsmcssujig nach E. II. Weber, Viorordt, Wagner, Woller.

Wenn man also die Blutströmuug messen will, so muss man sich vor .Allem darüber verständigen, ob man eine Partialgeschwin- digkeit, d. h. die an einem Ort und zu einer begi'enzten Zeit be- stehende, oder ein Mittel aus den zeitlichen und örtlichen Varia- tionen zu bestimmen gedenkt. Dieses hervorzuheben ist um so weniger unnütz, als in der That die verschiedenen bis dahin be- kannt gewordenen Methoden bald das eine und bald das andere Ziel verfolgen.

a. Die Ceiitralgeschwindigkoit des Capillarenstroms *) kann durch, die sichtbare Bewegung der Blutkörperchen gemessen ■werden. Dieses geschieht 1. nach E. H.Weber durch mikroskopische Ausmessung der Wegstrecke, welche ein Blutkörperchen in der Zeiteinheit zurücklegt. Um aus diesen Daten die wahre Geschwindigkeit zu finden, muss man den durchlaufenen Weg durch die Vergrösserungszahl des Mikroskops di«- diron, wie sich von selbst versteht. Als vorzügliche Beobachtungsorte empfehlen sich die Schwimmhaut, und das Mesenterium der Frösche (E. H. Weber), das Mesenterium junger Siiugothiüre (Volkmann, 11. Wagner), das luxirte pigmentfreie Auge kleiner Nage- Ihiere (Waller). Die Beobachtung selbst ist schwer; auf die AufsteUung der zu beobachtenden Theile unter das Mikroskop ist die grössto Sorgfalt zu verwenden, damit die Beobachtung nicht durch örtliche Störungen vereitelt werde. 2. Ein anderes am Menschen anwendbares Verfahren, auf welches schon in der ersten Auflage dieses Lehr- buches hingewiesen wurde, konnte Vierordt ausführen, weil er, wie Seite 353 des I. Bandes erwähnt wurde, sich den eigenen lletinalkreislauf sichtbar machen kann. Um diesen Versuch zu dem vorliegenden Zwecke zu benutzen, projizirt er die Gefäss- figur auf eine von hinten stark erleuchtete Milchglasscheibe, die in genau gekannter Entfernung vom Auge steht; dann notirt er die Zeit, in welcher ein Körperchen eine gradlinige Bahn von gemessener LÜTige durchläuft. Ist a der Abstand der Müch- glasebene vom vordem Knotenpunkt des Auges, b der der Retina von hintern und c die vom Blutkörperchen auf der Milehglasscheibe durchlaufene Wegstrecke, so ist die

b e

auf der Retina durchlaufene = . 3. Vierordt schlägt endlich auch die rotiren-

a

den Scheiben von Plateau und Doppler als Mittel für die Messung an durchsichtigen thierischen Theilen vor.

Da nun bekanntlich die rothen Körperchen im Centraistrom der Capülaren lau- fen und da des geringen speciflsehen Gewichtsunterschieds wegen ihre Geschwindigkeit mit der der Blutflüssigkeit übereinstimmt, so leistet die Messung ihrer Geschwindigkeit wahrscheinlich mit hoher Vollkommenheit das Verlangte.

b. Das Dromometer von Volkmann**) findet seinem Bau gemäss einen Mittel-; Werth aus den auf dem Querschnitt eines grösseren Gefässes nach Zeit und Raum ver- änderlichen Geschwindigkeiten. Mit andern AVorten, es misst die Geschwindigkeit, welche, wenn sie während der ganzen Beobachtungsdauer auf allen Orten des Gefäss- schnittes gleich wäre, gerade soviel Blut durch den letzten fördern würde, als in der

•) Müller« Archiv. 1838. Viororilt. Die Gesetze der Stromgoschwiiidigkciton. Frankfurt 1858. p. 33 11. f. W aller Compt. rcnd. Ud. 43. p. 659. n. Wag n er in Valentins Jaluesbe- rloht fUr 185«. p. 78.

•») Hacmodynnmik. p. 185. Lenz, expcrimouttt do raliono intcr pulsus frequcntnm ii''- Dnrpat 1853. p. 11. Vierordt 1. c. p. 7.

Geschwindigkoitsmessung nach Vierordt und Volkmaiin.

185

That durch ihn läuft, während die Geschwindigkeit von der Wand gegen das Röhren- centrum und in jedem einzelnen Faden wiedoruni mit dem Schlag und der Ruhe des Herzens veränderlich ist. l)io besondere Anwendung dos Dronioraoters für den Blut- stroiu erläutert die Fig. (48). In ihr bezcichuen aa die Enden des durchschnittenen Gefiisses , in welche das Haomodromometer b c ä c h eingebunden ist. Dieses letztere hat einen geraden Schenkel b c o b aus Messing und einen gebogenen cd c aus Glas. An den Orten c c , wo die Arme des gläsernen Eohrs in das gerade münden , sind zwei Hähne mit anderthalbfacher Durchbohrung angebracht, die in der Zeichnung im Grundriss dargestellt sind; [die durchbohrten Gänge sind schwarz schraffirt. Man erkennt, dass, wenn die durchbohrten Theile der tHähne die gezeichnete Stellung einnehmen, das Blut laus dem Gefässe a unmittelbar durch den geboge- nen Schenkel c d c dringt , während der gerade abge- schlossen ist; werden dagegen die Hähne um 90" gedreht, so ist umgekehrt der gerade Schenkel für den Blutsfcrom eröffnet und der gebogene ihm verschlos- sen. An diesen Hähnen ist endlich noch die hier nicht angegebene Einrichtung angebracht, dass immer mit [dem einen Hahne sich der andere zugleich umdrehen niuss, so dass in sehr kurzen Zeiten der Strom b c o b ! in den von b e d c b umgesetzt werden kann. Will »man eine Messung ausführen, so füllt man das Haema- Liromometer mit Wasser und bringt einen seiner Hähne cji eine solche Stellung, dass das einströmende Blut durch l«ien geraden Schenkel b c cb dringen muss. Hierauf (ireht man zu einer genau bestimmten Zeit die [i lähne plötzlich um , so dass nun das Blut nur üurch den gläsernen Schenkel einen Ausweg £ndet. Das in ihn eindringende Blut r-Teibt das Wasser vor sich her. Dieses geschieht jedoch nicht in der Weise, dass un- nittelbar die dunkle Farbe des Bluts sich absetzte gegen die helle des Wassers, son- dern es mischen sich beide , so dass hierdurch auf einer Wegstrecke alle Aöglichen Abstufungen des Blutroths vom Wasser bis zum reinen Blut hin vorkommen. Da die Längenausdehnung dieser Mischung keineswegs verschwindet gegen die von dem Blut während der Beobachtungszeit durchlaufene Bahn, so muss man sich darüber verstän- digen, welche Tinte man als Marke wählen wül, oder anders ausgedrückt, wie tief die Farbe der am Ende des Eohrs ankommenden Mischung sein muss, wenn mau die Be- jbachtung für geschlossen erklären will; Volkmann wartete jedesmal so lauge, bis die tiefste Farbe, die des ungemischten Blutes, an dem Grenzstrich angelangt war. Er versichert, dass unter Berücksichtigung dieses Umstandes und bei der von ihm gewählten Art, die Zeit zu bestimmen, die Geschwindigkeit in der Köhro bis auf 0,9 ihres :rahien Werthcs genau gemessen werden kann, so dass von dieser Seite der Fehler in (lie Grenzen + eines Zchntheils vom ganzen Werth eingeschlossen sei.

Einige Willkührlichkeiten , die in dieser Annahme liegen, sucht Vierordt zu beseitigen, indem er vorschlägt, die Zeit zu messen, welche jedesmal zur Vollendung rler Hahnumdrehung verbraucht wird, und indem er darauf dringt, den Blutanthcil zu

186

Qeschwindigkoitsmossung nach Yolkmann und Yierordt.

bestimmen , Avelchor auf joder beliebigen Strecke der gebogenen Köhrc in das Wasser eingedrungen ist. Ebenso maclit er darauf aufmerksam, dass das Dromometer in An- betracht der kurzen Beobachtungsdauer, die es zulässt, nur bei rascher Pulsfolgc brauch- bar sei, da es natürlich nicht möglich sei, die Beobachtung mit der Phase der Herzbewegung zu schliessen, mit welcher sie begonnen. Die etwas schwierige Zeit^ raessung Volkmanns hat Bidder vereinfacht und zugleich verschärft.

Gesetzt nun aber, es sei die Geschwindigkeit, welche im Dromometer während der Beobachtung bestand, mit hinreichender Schärfe gemessen worden, so bleibt noch zu erforschen, in welchem Verhältniss die Geschwindigkeit des Blutstroms in der Glas- röhre zu derjenigen steht, welche in dem Blutgefäss vorhanden gewesen wäre, ohne dass die Einführung des Instruments stattgefunden hätte. Gleich kann die Geschwin- digkeit in beiden Umständen nicht sein, da das Verhältniss zwischen Widerstand und Triebkraft nicht dasselbe geblieben ist. Die Triebkraft des Bluts ist nämlich für beide Fälle gleich ; denn in ihr würden nur dann Veränderungen eingetreten sein, wenn sich durch das Instrument zwischen dem Herzen und seinem EinfUgungsorte etwas um gestaltet hätte, was aber nicht geschehen ist. Dagegen sind die Widerstände, die der Strom findet, vermehrt ; denn es hat sich mit der Einsetzung des Instruments die Blut bahn nach den Capillaren hin verlängert und auch verengert, weil unter allen Um ständen das Lumen der eingebundenen Glasröhre dem der Arterien nicht gleich kommen kann ; demgemäss muss die Flüssigkeit langsamer strömen. Zu dieser Betrachtung fügt nun aber Volkmann die Behauptung, dass die Verlangsamung des Stroms nicht sehr bedeutend sei, weil der Widerstand aus den Capillaren her in beiden Fällen gemeinsam soiund gegen diesen der in der Glasröhre verschwinde. Zur Kräftigung seiner Annahme *) hat er den Widerstand ermittelt , der sich in einem Dromometer entwickelt , welches in eine Arterie eingefügt ist; dieses geschah auf die gebräuchliche Weise, indem er einen Druckmesser am Beginn und am Ende des Droraometers einsetzt. In der Thai bestätigt sich seine Ansicht durch den Versuch mindestens in so weit, dass der Wider- stand im Dromometer gering ist gegen den jenseits desselben. Zu gleicher Zeit gfr winnt man aber auch bei diesen Beobachtungen die Ueberzeugung, dass die Eöhren des Dromometers nicht wohl länger und enger hätten sein dürfen.

Aus den Erläuterungen Volkmann's zu seinem Verfahren geht hervor, dass das Mittel, welches er aus den verschiedenen zeitKchen und örtlichen Geschwindigkeitei findet, um einen nicht näher anzugebenden Bruchtheil niedriger ist, als das wahre

c. Das Tachometer von Vierordt bestimmt nach den Erörterungen, welch^l ihm auf Seite 54 zu Theil geworden sind, das Mittel aus den verschiedenen Geschwind digkeiten eines grossem Gefässquerschnitts, und durch eine besondere Einrichtung, die ihni| gegeben wurde, auch noch die Variationen, die diese mittlere Geschwindigkeit während, des Schlags und der Kuhe des Herzens erfahrt. Denn das Pendelehen, welches in demj Blutstrome hängt, entfernt sich während der Systole des Herzens um einen grösseren Winkel aus seiner Ruhelage, als während der Diastole. Um die Vermuthung abzu- schneiden, dass die Geschwindigkeit, welche der Pendel bei diesen Bewegungen em- pfange, in die Geschwindigkeitsbestimmung des Stroms störend eingreife, erwähnt Vierordt, dass die Zahl und Zeit der Pendelschwingungen genau denen des Herz- schlages entsprechen. Um diese raschen veränderlichen Stellungen des Pendels aufzu- fassen, setzt Vierordt auf die äussere Seite des Qlaskästchens, in welchem der Pendel geht, einen beweglichen Zeiger, der um eine Achse mit der Hand so hin und her g«'

•) 1, c. p. 233 u. f.

Geschwindigkoitsmossung nacli Hering.

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dreht werden kann, dass er mit dem Pendel immer genau gleick geht. Mit diesem Zeiger ist schliesslich ein leicht beweglicher Eahmen verbunden, der mittelst eines an seinem freien Ende befindlichen Pinsels die Ausschläge auf eine rotirende Trommel schreibt. Bei den Vorzügen, welche das Tachometer in der vorliegenden Einrichtung ibesitzt und in Anbetracht der Sorgfalt, vrelche ihm Vierördt zugewendet hat, würden inoch einige Prüfungen auf den Umfang seiner Brauchbarkeit wünschenswerth sein. Um aufzuhellen, in wie weit der Widerstand von Bedeutung sei, den das Instrument indem G^lass erzeugt, in welches man es setzt, hätte man sich ein verzweigtes Eöhrensystem herstellen können , in welchem der Strom bei ähnlicher Druckkraft mit änhnlichen Widerständen wie im Gefässsysteme zu kämpfen gehabt hätte ; dann würde aus einem der Zweige die mittlere Geschwindigkeit zu bestimmen gewesen sein, bevor und nach- dem das Pendelkästchen in ihn eingeschaltet gewesen. Ein anderer Zweifel Hesse sich dadurch beseitigen, dass man in einen Strom, der das Pendelchen trifft, die mittlere Geschwindigkeit rasch und in bekannter Weise änderte und dann nachsähe, ob der Pendel bei jeder Geschwindigkeitsänderung die verlangte Stellung einnähme.

d. Vierordt benutzt auch die aus einer künstlichen Gefässmündung fliessende Blutmenge zur Messung der mittleren Geschwindigkeit. Um die letztere durch die künstliche Ausflussöffiiuug nicht zu erhöhen, setzt er in das an seiner Capillarenseite zugebundene Gefäss ein Manometer und lässt durch die Gefässöfihung nur so viel Blut strömen , dass die Spannung im Gefäss immer der normalen angenähert bleibt. Der ^Erfinder betrachtet diese Methode einstweilen noch als eine solche, die wesentlicher Terbesserungen fähig sei.

e. Hering erdachte einen sinnreichen und praktisch wichtigen Versuch, dessen iErfolg aufs Innigste an die Stromgeschwindigkeit gebunden ist; der Versuch beab- sichtigt , die Zeit festzustellen , welche verstreicht zwischen der Einspritzung einer •ialzlösung in einen bestimmten G'tfässort und dem Erscheinen der ersten nachweisbaren ':5puren der Lösung in dem Blute eines andern Gefässortes. Da diesem Versuche die i> iVeglänge unbekannt bleibt, so bestimmt er nicht die Geschwindigkeit, sondern nur die .' Jebertragungszeit der eingespritzten Masse von einem Gefässquerschnitt zu einem andern; u'uid insofern er den Zeitwerth misst , welcher zum Hinüberschaffen der ersten Spuren ijehört, bestimmt er die Uebertragungszeit, welche nahebei aus der mittleren Centralge-

ch windigkeit *) zwischen den beiden Gefässorten hervorgeht. Die Ausführung des Ver- suchs verlangt einmal die Anwendung eines Salzes, welches ohne Schaden in denKreis- ; auf gebracht und doch in der geringsten Menge schon mit Sicherheit nachgewiesen

werden kann; als solches führt Hering eine verdünnte Lösung blausäurefreien Bin tlau- tjensalzes ein. Zweitens verlangt der Versuch eine genaue Bestimmung des Zeitraumes 'swischen den Einführungen des Salzes an den einen und dem Erscheinen an den andern rOrte. Diesem Erfordemiss hat Vierordt mit grosser Genauigkeit dadurch Genüge

jeleistet, dass er die zum Auffangen des entleerten Blutes bestimmten Töpfchen auf den iümfang einer rotirenden Scheibe stellt, welche letztere in 0,6 See. je eins der orsteren

■) Ver>achc, die Schnelligkeit des Blutlaufs zu bestimmen. Zoitsclirlft fUr Physiologie von Tio- temann und Trcviranus. III. Bd. Ibidem. V. Bd. Archiv fUr physiolog, Heilkunde. 511. Bd. p. 112. Vierordt, Stromgoschv/indigkciten des Blutes, p. 18.

••) d. h. eine Geschwindigkeit welche dasselbe leistet, wie die mit Zeit und Kaum vcräiulcr- Iche Geschwindigkeit in der Achse der Röhronströmo, welche den Einsprizungs- und AufTnngungs- »rt nrit einander verbinden.

188

Goscliwimligkoitsmossung nach Hering.

vor der Gefiissöffiiung voriiberfükrte, und dass er die Naohweisung des Blutlaugensalzes verscliärfto. Mit diesen Mitteln geht nun der Versuch so vor sich : Man legt zwei Gefässo bloss; in das eine dorselton setzt man nach der Richtung des Stromes eine Spritze mit der nöthigen Salzlösung gefüllt ; in das andere setzt man ein mit einem Hahne versehenes Köhrchcn; die Mündung dieses Eöhrchens steht über dem llande der Scheibe , so dass das aus ihm strömende Blut sich in das gerade vorübergeführte Xiistchen crgicsst. Nachdem man die Scheibe in Bewegung gesetzt, spritzt man die Lösung ein und öfEnet gleichzeitig den Hahn des Ausflussröhrchens , dessen Strahl nun die gewünschte Zahl von Töpfchen füllt, worauf man den Hahn wieder schliesst. Hierauf prüft man der EeUie nach den Inhalt der Töpfe auf ihren Blutlaugensalz- gehalt. Aus der Zahl der Töpfchen, die vom Beginn des Versuchs bis zu dem, welches die erste Spur des Salzes enthält, gefüllt sind, ergiebt sich die gesuchte Zeit, indem man 0,6 See. mit jener Töpfchenzahl multiplizirt.

Diesem Versuch hat man die Einwendung gemacht, er gebe nicht die wahre Ueber- tragungszeit an, einmal weil durch die Oefifuung im Gcfässsystomc der normale Druck- unterschied zwischen dem Zu- und Abflussort und also auch die Geschwindigkeit zwischen beiden geändert werde (Volk mann). Dieser Einwurf verliert erfahrungsgemäss indem Maasso an Gewicht, als man aus der Gefässöifnung ungefähr nur soviel ausströmen lässt, als für gcwölmlich durch den Querschnitt des ungeöffneten abströmen würde (Hering). Poiseuillc stützt eine Einsprache gegen die Anwendbarkeit des Ver- fahrens auf die Aenderungcn , welche nachweislich ein Salzzusatz in der Blutreibung hervorbringt. Diese Ausstelluiig scheint aber allerdings bedeutungslos zu werden, wenn dorn Blute so wenig Salz zugefügt wird, wie dies neuerlichst Vierordt gethan. Vielleicht Hesse sich die Frage durch den Versuch entscheiden, ob sich proportional dem vermehrten Zusatz die Uebertragungszoit verkürzte oder verlängerte.

Im Gegensatz zu iler vorliegenden Betrachtungsweise sehen Hering und Vierordt die Uebertragungszoit nielit als eine Funktion der grössten Geschwindigkeit in der Bahn, sondern als eine der mittleren an. Der Versuch würde zu ihrem Gunsten entscheiden, wenn die aufgefangene Blutprobe ungefähr so viel Salzprozente enthielt, als ihr zu- kommen würde unter der Voraussetzung , dass eine gleichmässige Mischung des einge- spritzten Salzgowichtes mit der Blutmenge stattgefunden hätte , die in den Gefässen enthalten war, durch welche das Salz strömte. So müsste z.B., wenn das Salz in di linke v.jugularis eingespritzt wurde und von da zum rechten Herzen, zur Lunge und dem linken Herzen, durch den Kopf zur Ven. jugul. dcxtr. gekommen wäre , die Blutprobe eine so intensiv gefärbte Eeaktion geben , als sie sich von einer gleichgrossen Probe erzielen lässt , die einem Gemenge entnommen würde , das aus ebensoviel Blut und Blutlaugensalz besteht, wie im Versuchsthiere enthalten war. Da dieser oder ein ähn- licher Beweis noch nicht geliefert ist, so wurde der ersten Anschauungsweise der Vorrang gestattet, und zwar darum, weil das Blut gerade in den Gefässen am läng- sten verweilt, in welchen die Wand die mittlere Geschwindigkeit am meisten ernie- drigt, und in welchen keine Pulsbewegu^ die centralen und die wandständigen Schich- ten des Inhalts mischt.

Für die Berechnung der mittleren Geschwindigkeiten in verschiedenen Blutgefässen und einiger daraus ableitbaren Werthe bedient man sich einiger Voraussetzungen, welche jedoch nm* da zulässig sind , wo es sich nicht um eine grosse Genauigkeit handelt. Wollte man z. B. die mittlere Geschwindigkeit in der aufsteigenden Aorta berechnen, so würde dieses thunlich sein, wenn Gefässquerschnitto und Stromgeschwindigkeiten der Acste also der Carotiden, Subelavicn und der absteigenden Aorta bekannt wären.

Sondergescilwindigkeit auf demselben Querschnitt.

189

IDa aber nur die Geschwindigkeit in der Carotis bestimmt ist, so macht man die An- nnahme, in allen andern Aesten sei die Geschwindigkeit dieselbe. Hierauf misst man dden Querschnitt aller in Betracht konxmenden Bahnen und findet daraus die Menge von FFlüssigkeit, welche in der Zeiteinheit dieselbe durchsetzt. Da nun aber dieses Blutvolum iin derselben Zeit durch die aufsteigende Aorta gegangen sein muss, und da man auch ilihren Querschnitt annähernd messen kann, so ergiebt sich nun auch die mittlere Ge- ^sch windigkeit in ihr. Auf diese Art hat man nicht allein (s. p. 76.) das mit jedem tHerzschlag entleerte Blutvolum geschätzt, sondern man hat auch, indem man auf die »angegebene Weise zu schliessen fortfuhr, die Geschwindigkeit des Stroms in den Aesten -der absteigenden Aorta und endlich auch mit Zuhülfenahme anderer Daten die Quer- ^.ächnitte einzelner nicht mehr messbarer Gefässabtheilungen berechnet. Siehe über idiese Art von Betrachtungen in Yierordt's Gesetzen der Stromgescbwindigkeiten, pp. 69. 103. 112.

1. Von den Sondergeschwindigkeiten auf demselben ,Querschnitt.

a. Die Centraifäden des Sti-öms in den Blutgefässen bewegen sich rascher als die Wandfäden, gerade so wie dieses in allen cjlindrischen Strömen vorkommt. Den Beweis hierfür liefert die mikroskopische Erfahrung, dass die im Centrum kleiner Gefässe hingehenden Körperchen viel rascher laufen, als die unmittelbar ;an der Wand hinstreichenden. Da sich die letztern rollend be- megen, so giebt die bekannte Geschwindigkeit ihres Fortschreitens ikeinen Aufschluss über die Geschvsdndigkeit der Flüssigkeitsschicht, bin der sie einhergehen. b. Die Lymphkügelchen, Blutscheiben lund das Plasma des Blutes sind in dem Blutstrom nicht überall gleich- imässig vertheilt, und die in analogen Querschnittsorten verschiedener ; Gefässe enthaltenen flüssigen Massen bewegen sich nicht gleich ^geschwind. Die Erfahrung sagt hierüber Folgendes aus: 1" Das i Venenblut enthält in 100 Theilen im Allgemeinen mehr Körperchen lals das der Arterien (Heidenhain, Vierordt); wahrscheinlich ist das Pfortaderblut am reichsten an aufgeschwemmten Theilen. Drückt man diese Erfahrung mit Rücksicht auf die Strömung und auf den selbstverständlichen Grundsatz aus, dass in die Arterie soviel Köi-perchen eintreten müssen, als aus den Venen hervor- ;8trömen, so heist sie: die Blutscheiben nahmen in der Arterie die ■relativ geschwinder, in den Venen dagegen die relativ lang- samer strömenden Orte des Querschnitts ein. 2 " In den kleinsten dem Mikroskop zugänglichen Arterien des Aortenwerks schwimmen, wenn die Stromgeschwindigkeit sich über einer nicht näher zu be- zeichnenden Grenze hält, die rothen Körperchen immer nur in der centralen, niemals in der Wandschicht, so dass ein solches Gefäss in der Projektion auf die Ebene aus einem rothen Centralfadcn,

190

Vertheilung der Körperchen im Blutstrom.

der von zwei farblosen Streifen umgeben ist, zusammengesetzt er- scheint. In dem Theile der farblosen Schicht, welcher die Wand unmittelbar bertihrt, bewegen sich die Lyraphkügelchen theils foi-tr schreitend und theils rollend (E. H. Weber, Acherson). Nimmt die Geschwindigkeit ab, so wird der rothe Centralfaden breiter und die Lymphkügelchen häufen sich in der farblosen Schicht an ("Acherson); sinkt endlich die Geschwindigkeit noch mehr, so dringen auch die rothen Scheiben in den Wandsaum, mit an- dern Worten, das Gefäss scheint durchweg mit rothen Massen er- füllt, so dass der farblose Raum verschwindet. 3" In den kleinen Venen des Aortenwerks verhalten sich die Dinge wie in den kleinen Ai-terien, nur ist im Allgemeinen in den erstem der rothe Mittel- faden im Verhältniss zur farblosen Wandschicht breiter als in den letztem (Acherson). In den kleinen Arterien und Venen des Lungenwerkes schwimmen unter Umständen im centralen Theile Blutscheiben und Lymphkügelchen unter einander vertheilt, so dass der farblose Wandsaum ganz frei von Körperchen ist (R.Wagner), unter andern verhalten sie sich wie im Aortencapillaren (Gunning). 5" In den Capillaren nehmen Blut- und Lymphkörperchen den mittlem Theil des Sti'oms ein, die letztern schreiten jedoch lang- samer vorwärts als die erstem; die Dichtigkeit, mit welcher die Körperchen einander folgen, ist mit der Zeit sehr veränderlich. Die Erklärung dieser Thatsachen ist enthalten in der beson- dern Vertheilung der Stromkräfte auf dem Gefässquerschnitt, in dem spezifischen Gewicht, der Form und der Masse der Körper- chen. — Insofern das spezifische Gewicht der Flüssigkeit und des in ihr schwimmenden Körperchens ungleich ist, vrird das letztere von dem Stosse der Sti-omfäden und daneben auch noch von dein, Zuge der Schwere angegriffen werden. In einem horizontal ver^ laufenden Strome wird also das Körperchen, je nachdem es spe^ zifisch leichter oder schwerer als die Blutflüssigkeit ist, gegen die obere oder untere Wand hinstreben , und zwar mit um so grösserer Geschwindigkeit, je merklicher jener Gewichtsunterschied ist. Dem Zuge der positiven oder negativen Schwere wirkt direkt entgegen der Unterschied der Seitendrücke, welchen die einzelnen Stromfäden ausüben. Denn je näher der Peripherie ein Stromfäden liegt, um so grösser ist sein Seitendruck, also treibt dieser ein aus dem Centrum. sich bewegendes Körperchen wieder dahin zurück, und zwar mit; um so grösserer Kraft, je geschwinder der Strom fliesst, weil hier- mit auch die Unterschiede der genannten Seitendrücke wachsen.

Ursachen der besondem Vertheilung und Bewegung der Körperclien. 191

Die Unterschiede der Geschwindigkeit, welche die Stromfäden «eigen, je nachdem sie im Centrum oder an der Wand fliessen, bedingen, insofern das Körperchen sich nicht im Centrum bewegt, mgleiche starke Stösse diesseits und jenseits seines Schwei-punktes md hiennit eigenthiimliche Bewegungsformen der schwimmenden Masse.

Diese Erörterungen machen es begreiflich, warum sich die ,j}'Tnphkörperchen rascher aus dem centralen Strom ausscheiden, äis die Blutscheiben, und warum erst der Strom sich sehr ver- langsamt haben muss, bevor auch die letztern in die Wandschicht -reten.

Ebenso erklärlich ist es, dass jede rothe Scheibe sish mit hi-em schmalen Rand gegen die Stromrichtung stellt und zwar so, 3ass ihr Schwerpunkt womöglich in die Stromachse fällt, so dass üe dem Stoss ausgesetzten Flächen des Körperchens sich symme- risch um die Achse vertheilen. Denn befände sich die Scheibe lusserhalb der Stromachse und zugleich so gelagert, dass ihre ijrundfläche senkrecht gegen die Stromrichtung läge, so würde iae von den raschern mehr gegen das Centrum gelegenen Strom- laden stärker als von den Wandfäden gestossen werden, weshalb iich die Scheibe so lange drehen würde, bis sie ihren schmalen iland gegen den Strom kekrt; denn dann wäre der Unterschied i'ler Stosskraft auf die Flächen diesseits und jenseits der Schwer- iiiunktsebene ein Minimum. Liegt nun die Scheibe einmal mit ihrer :!;rösseni Fläche parallel der Stromrichtung, aber so, dass ihr i'Chwerpunkt ausserhalb des Centralfadens fällt, so wird sie i vegen des von der Achse gegen die Wand wachsenden Seiten- Iruckes von der letzteren Seite her einen gTössern Druck als von ler ersteren her auszuhalten haben, und darum muss sie gegen las Centrum geführt werden, wo sie fortan, ohne sich zu drehen, I veiter schwimmt.

i Kugelige Körperchen, wie es die farblosen sind, müssen, wenn l'iie einmal aus der Wandschicht ausgeschieden wurden, sich drehen Jvegen der ungleich starken Stösse, die sie in der Stromrichtung ^jmpfangen (Don der s), und sich langsamer als die Flüssigkeit be- i vegen, weil durch die Drehung immer ein Theil der Kugelmasse ! intgegengesetzt der Stromrichtung geht. Desshalb mlissen auchfort- chreitend verlaufende Blutscheiben an ihnen vortiberstreichen, selbst ^enn sie in denselben Stromfäden vorhanden sind, und es werden,

192 Mittloro Quersclinittsgoscliwindigkoit und ihre Aondcrungen.

wie G uiming'*) aiisfiiiirliclier entwickelt, auch darum die KUgel- cheu au die Wand angedrückt.

2. Die mittlere Quersclinittsgeschwindigkeit ändert sich in weiten Grenzen mit den Phasen der Bewegungen des Herzens (Systole und Diastole), mit dem Umfang und der Folge seiner Zu- sammenziehung, mit der Tiefe und der Zahl der Athemzüge, mit der Blutmenge, dem Orte des betrachteten Querschnitts, dem Spannuugs- unterschiede auf der Läugeneinheit, mit der Temi^eratur u. s. w.

a. Die Mittel- und Grenzwerthe der bis dahin gefundenen mittleren Querschnittsgeschwindigkeit zählt die nachstehende Ta- belle auf; die Zahlen bedeuten die MM., welche in der Secunde durchlaufen wurden.

Gefäss.

Geschwindigkeit, geringste. | grösstö. | mittlere.

Beobachter.

Carotis des Hundes .

106

342

264

Yolkmann, Lenz, Vierordi

Pferdes .

220

431

303

der Zioge . .

240

358

203

1 Volkniann

des Schaafs .

241

. 350

280

,, ,, Kalbs . .

02

431

295

Volkmann, Lenz

Cruralis des Hundes .

114

237

162

Vierordt, Lenz

Maxillaris d. Pferdes .

99

232

165

1 Volkmann

Metatarsca d. Pferdes .

56

Die mittlere Querschnittsgeschwindigkeit in der carotis ver- schiedener Thiere steht sich demnach ungefähr in ähnlicher Weise' nahe, wie es daselbst mit den Wanddriicken der Fall war.

Die Geschwindigkeit mit welcher die Blutkörperchen in detf Capillaren laufen ist:

Ort geringste

Retina der Menschen Schwanz der Froschlarve Schwimmhaut d. Frosches Mesenterium d. Hundes

Diese letztern auf die Capillaren drücken offenbar nicht die mittlere Geschwindigkeit des Strom- aus; nach welcher Richtung sie abweichen, ist unbekannt.

b. Ueber Geschwindigkeitsunterschiede zur Zeit der voUeude- ten Systole und Diastole in Carotis und Cruralis des Hundes er- hielten wir durch Vierordt**) Aufschluss; so war:

0, 6 0,45 0,17

größste mittlere

0,9 0,75

0,67 Oj57

1,11 0,51

Beobachter

Vierordt E. H. Weber Valentin ' 0,80 (?) Volkmann. sich beziehenden Zahlen

») Archiv fUr hoUänd. Roitiiigo. I. Bd. 320. Slromgescliwindigkeit ji. 144 ii. SOG.

Die Geschwindigkeitsändorung des Blutstroms mit dem HerzscWag.

193

Carotis, zu Ende der zu Endo der Cruralis zu Ende der zu Ende der Diastole Systole Diastole Systole

215 297 140 239

Der systolische Zuwachs zur diastolischen Geschwindigkeit etrug im ersten Falle 39 p. c, im zweiten 70 p. c. In fünf an- eru Fällen lag der systolische Zuwachs zwischen 1 4 bis 25 p. c. iese in den grossen Arterien so sichtbare Geschwindigkeitsän- erung verliert sich allmälig gegen die kleinen Gefässe hin und end- ch vollständig da, wo auch die aus gleichen Gründen herrührenden •ruckschwankungen unsichtbar werden, also in den kleinsten Ar- irien. Eine Ausnahme machen hiervon die kleinsten Gefässe der etina*) deren Arterien (Ed. Jaeger) und Venen (v. Tright, occius) sehr häufig wenigstens pulsiren.

c. Eine der wesentlichsten Bedingungen für die Strombe- 3hleuniguug ist gegeben durch die Menge und die Geschwindig- eit des Zuflusses in das arterielle System, also durch Zahl, Umfang id Schnelligkeit (Kraft) der Herzzusammenziehungen. In der That ürde die mittlere Geschwindigkeit eines jeden Gesammtquer- Lhnitts des Gefässsystems geradezu mit jenen Vorgängen wach- en, wenn nicht mit ihnen zugleich die Blutspannung und die Di- mensionen der Gefässe in einer Zunahme begriffen wären, so wss der dem vermehrten Zufluss entsprechende Abfluss durch eine l eigerung der Geschwindigkeit und des Querschnitts zugleich er- licht wii'd.

, Eine andere Seite gewinnt unsere Frage durch die Betrach- lüg, ob vielleicht zwischen der Folge, dem Umfang und der Ge- ihwindigkeit der Zusammenziehungen gewisse Beziehungen be- bhen, so dass z. B. jedesmal mit der beschleunigten Schlagfolge 5 Stromgeschwindigkeiten zu- oder abnehmen. Aus den hierher /.hörigen Versuchen von Lenz geht hervor, dass allerdings häufig it der Pulszahl die Geschwindigkeit in einem freilich ganz unbe- (Jumbaren Verhältniss zunimmt, dass aber dieses keineswegs noth- endig ist, namentlich bei Variationen der Schlagzahl in den mitt- cm Grenzen, indem hier oft genug der Fall eintritt, dass die Ge- 'hwindigkeit mit sinkender Pulszahl sich mehrt oder umgekehrt

it steigender sich mindert.

Leni Tariirte die Schlagfolge mittelst Durchschneidung und Heizung dos n. vagus. I zu vergleichen, musstcn jedesmal an demselben. Thiere mehrere Gescliwindigkoits- ssTingen hinter einander angestellt werden ; vor jeder derselben führte er eiue dem Inhalt

'•)Donders, Ondcrzooklngen in hct laborntor oto. UtrooM 1864—56. p. 90. Ludwig, Phygiologlo II. 2. Auflage.

Dio Qoscliwindigkeit des Blutstroms steigt mit dem Druckunterechied.

des Volkmannschen Dromometers entsprechende Natronmonge in das Blut und in Folge dessen wurde, wie bekannt, die Kraft der Hcrzzusammonziehungen sehr gemindert. Da nun demnacli in den Versuchen ausser der aufzufindenden Zahl der Herzschläge noch zwei andere unbestimmbare Variable (Umfang und Intensität der Zusammenziehung) enthalten sind, so ist die Auskunft, welche sie geben, selbst eine unbestimmte. Dass mit der steigenden Beschleunigung in der Schlagfolge der Umfang jeder einzelnen Herz- zusammenziehung abnimmt, ist einleuchtend aus der geringen Geschwindigkeit des Stroms in den zum Herzen führenden Venen, welcher immer einer gewissen Zeit bedarf, um das Herz anzufüllen. Mit Berücksichtigung dieses Umstandes lässt sich einsehen, dass bis zu einem gewissen Grad mit der Beschleunigung des Herzschlages auch die Stromgeschwindigkeit zunehmen muss, während sie bei noch weiter zunehmender Schlagzahl in der Zeiteinheit wieder abnimmt. Eine besondere Berücksichtigung verdient die Energie der Vorhofszuckung, weil auch von ihr die Menge des Bluts abhängt, dio in die Kammer eingeworfen wird.

d. Die Atliembewegung muss in ihrem Einfluss auf die Strom- geschwindigkeit ähnlich beurtheilt werden wie die Herzbewegung, was sich schon daraus ergiebt, dass sie vor Allem den Blut- reichthum der grossen zum Herzen führenden Venenstämme be- stimmt.

6. Die mittlere Querschnittsgeschwindigkeit steigt nicht mit der Spannung auf einem Querschnitt, wohl aber mit Unterschied der Spannung zweier auf einander folgender Querschnitte. Für den ersten Theil dieser Behauptung sind mancherlei Belege beizubringen. Wir haben gesehen, dass mit der steigenden BlutfuUe des ge- sammten Gefässwerks die Spannung des Bluts stieg, denn ein Aderlass mindert den Druck des Bluts, gleichgiltig ob dieses in' der Ruhe oder in der Bewegung war, und eine Einspritzung von Blut in das Getässsystem mehrte ihn; unter diesen Umständen mehrt oder mindert sich aber nach Volkmann und Hering die Geschwindigkeit nicht. Eine kurze Ueberlegung zeigt sogar, dass die GeschvTindigkeit des Stroms Null werden müsse, wenn die An- füUung der gesammten Gefässhöhlen mit Blut zu einem gewissen Werthe angestiegen wäre. Dieser Werth würde erreicht sein, wenn das Gefässsystem so weit durch seinen Inhalt ausge- dehnt wäre, dass die aus dieser Auhdehnung hervorgehende Span- nung der Gefässwände hinreichend wäre, um allen den Drückea das Gegengewicht zu halten, welche vom Herzen, dem Brustkaste u. s. w. ausgehend dieselben noch weiter auszudehnen oder zu sammenzupressen strebten. Lenz hat eine grosse Zahl vo Beobachtungen gesammelt, in welchen der Druck und die Ge schwindigkeit mit einem Dromometer bestimmt wurden; er bestätigte ebenfalls die oben ausgesprochene Behauptung.

Gleich- und ungleichförmige Geschwindigkeit im Blutstrom. 195

Das auffallendste Beispiel für die Unabhängigkeit der Ge- schwindigkeit von dem absoluten Werthe der Spannungen eines oder des andern Querschnitts eines Gefässes gewährt die Betrach- tung des Lungen- oder Körperkreislaufs. In den Anfängen beider, in der a. pulmonalis und der a. aorta, muss die Geschwindigkeit gleich sein, weil der Durchmesser beider Gefässe nicht wesentlich von einander abweicht und beide gleich viel Blut aus dem Herzen befördeni müssen. Und dennoch sind die Spannungen in beiden Gefässen so ungemein verschieden.

Anders aber verhält sich die Geschwindigkeit, wenn man die Spannungsunterschiede in zwei aufeinander folgenden Gefässab- schnitten zu ändern versteht. So sinkt bekannthch die Spannung in den Ai-terien nach einer EiTCgung der nervi vagi sehr bedeu- tend, und sie nimmt in den grossen Venen zu, während nach Durchschneidung der erwähnten Nerven das Umgekehrte eintritt. Dem entsprechend fand Lenz die Geschwindigkeit in der Carotis verlangsamt im ersten und erhöht im zweiten Fall. Augenschein- hch beschleunigt jede Zusammenpressung einer oberflächlichen i Vene den Strom aus derselben und umgekehrt strömt mit grosser I' Geschwindigkeit das anliegende Blut in eine entleerte Vene. Mit Rücksicht auf den Spannungsunterschied zweier aufeinander- |i folgender Querschnitte verhalten sich nun, wie bekannt, die Ge- 1 fasse unseres Körpers sehr verschieden. In den grossen Arterien

und Venen ist dieser nemlich mit der Zeit ununterbrochen verän- ' derlich , in den Röhren kleinern und kleinsten Lumens kommt

es dagegen vor, dass die Spannungsunterschiede, die nach 'der Länge derselben bestehen, unabhängig von der Zeit sind.

Dieses Avurde schon früher ausführlicher auseinandergesetzt. Un- •sere Behauptung verlangt also, dass in den Gefässen grössern i Durchmessers auch die Geschwindigkeit einem stetigen Wechsel 1 unterworfen ist, während sie in den' kleinsten Gefässen eine gleich- f förmige sein muss. So verhält sich die Sache auch in der That, ^wie die angeführten Beobachtungen von Vierordt in Arterien-

Stämmen und die mikroskopische Betrachtung kleiner Gefässe ;j r darthut.

|i Diese Erfahrungen eröffnen, wie es scheint, die Aussicht, auch jl im Blutstrora die gesetzmässige Beziehung zwischen der Geschwin- \ digkeit und dem Spannungsunterschiedc zweier Querschnitte fest- :) l' zustellen ; aber leider triibt sich dieselbe sogleich, wenn man be- I denkt, dass mit einer veränderten Spannung auch alle andern

13*

196

Qeschwindigkeitsändorung mit dem Querschnitt, der Ecibung etc.

Verhältnisse, die auf die Geschwindigkeit einen Einfluss üben, sich umgestalten, und so insbesondere die Weite und Länge der Röh- ren. So lange man nun weder die Grösse dieser Umgestaltung noch den Einfluss derselben auf den Widerstand festzustellen ver- mag, wird es unmöglich sein, die soeben hingestellte Aufgabe zu lösen.

f. Die Geschwindigkeiten in verschiedenen Durchschnitten der gesammten Strombahn verhalten sich umgekehrt wie die Flächen- inhalte der Querschnitte. Wenn also ein Querschnitt durch den Aortenbeginn einen geringeren Flächeninhalt besitzt als ein sol- cher durch alle Aeste des Aortenstammes, so muss die mittlere Ge- schwindigkeit in diesem letzteren um so viel geringer sein, als ihr Flächeninhalt den des erwähnten Aortenquerschnitts übertrifft. Diese Behauptung findet ihre Bestätigung in den Beobachtungen von Volkmann, welcher die Geschwindigkeit bedeutender in der a. carotis als in der a. facialis, und in dieser wieder grösser als in der a. metatarsea fand; in der vena jugularis, wo sich das Strombett wieder verengt hat, war auch die Geschwindigkeit wieder gestiegen. Ein ähnliches Resultat, wie diese Versuche mit dem Dromometer, giebt auch die mikroskopische Untersuchung der kleinsten Arterien und Capillaren. Man erkennt sogleich auch ohne genaue Messungen, dass der Achsenstrom, dem die rothen Blutkörperchen folgen, sich in den kleinen Arterien viel rascher als in den Haargefässen bewegt. Alles dieses ist aber die noth- wendige Folge der allgemeinen Bewegungsgesetze, wonach bei demselben Vorrath an lebendiger Kraft die Geschwindigkeit ab- nimmt, wenn die bewegte Masse zugenommen hat.

g. Mit einer Veränderung in den Bedingungen, welche die Reibung bestimmen, verändert sich auch die Geschwindigkeit des Blutstroms. Zu den Beweisen ..für diesen Satz wären zu zählen die Erfahrungen von Poiseuille, wonach in erkalteten Gefässen die Geschwindigkeit viel geringer ausfällt, als in denjenigen von nor- maler Temperatur. Diese Erscheinung muss nach demselben Be- obachter*) abgeleitet werden aus der bekannten Erfahrung, dass eine kalte Flüssigkeit sich bedeutender reibt als eine wanne; zu dieser Erklärung muss man sich hier darum wenden, weil wäh- , rend der durch die Abkühlung eines beschi-änkten Gefässreviers

*} Sur les CAUS08 etc. p. 68. u. f.

Abhängigkeit der Stronizweigo von einander.

197

erzeugten Stromhemmung nicht auch gleichzeitig eine Veränderung im Durchmesser der beobachteten Gefässe zu Stande kam. Cl. Bernard verdanken wir ebenfalls einige hierher einschlagende Bemerkungen. Er fand, dass das Venenblut, welches aus den Capillaren der Gesichtshaut zurückkommt, deren zuführende Arte- : rien in Folge der Durchschneidung des sympathischen Grenz- : Stranges erweitert sind, noch arterielle Eigenschaften besitzt; es : scheint demnach , als ob das Blut so rasch durch die erweiterten ' Gefässe geflossen sei , dass ihm die Zeit zu seiner Umwandlung j gefehlt habe. Dasselbe ereignet sich an den Venen der Speichel- ( di'üsen, Nieren u. s. w., wenn diese letztern Drüsen in der Abson- ( deruug begriifeu sind. Hier lässt sich zugleich durch Messung 1 nachweisen, dass das Blut während der Absonderung rascher (•strömt (Cl. Bernard).*)

h. In einem so vielfach verzweigten System, wie das der 1 Blutgefässe , müssen, gleiche Ausflussmengen aus dem Herzen vor- aausgesetzt, zwischen den Geschwindigkeiten der einzelnen Abthei- llungen Compensationen bestehen, so dass, wenn dieselbe in einem !- oder einigen Aesten der Aorta sinkt, sie in andern zunimmt, und kaingekehrt. Andeutungen für das Bestehen solcher Verhältnisse »besitzen wii' in der That ; so bleibt z.' B. bei einem Kaninchen, an Mem einseitig der Grenzstrang des Halses durchschnitten ist, der Druck in beiden Carotiden derselbe, trotzdem nimmt die Anfüllung Ider Gefässe auf der Seite des durchschnittenen Nerven zu und in iden der andern ab. Diese Erscheinung ist nur daraus erklärbar, Idass durch die Verbindungsäste beider Gesichtshälften der Strom von ider Seite des unverletzten auf diejenige des verletzten Nerven rgeht (Cl. Bernard). In gleicher Weise kann man die Gefäss- tfülle aUer übrigen Theile mindern, wenn man durch Anlegung siner Saugpumpe um ein Glied, z. B. durch Anbringung des soge- nannten Schröpfstiefels, den Luftdruck auf dieses Glied herabsetzt, indem sich damit die Gefässe des Gliedes erweitern, nimmt der Widerstand in den Strombahnen desselben ab , und darum be- schleunigt sich der Strom hier, während er anderswo sich verlang- samt. — Es würde »unbezweifelhaft von grosser Wichtigkeit sein, das Verhältniss der mittleren Geschwindigkeit in den einzelnen grösse- ?*en Gefässabtheilungen , z. B. den Darm-, Nieren-, Hirn-, Muskel- nrterien zu kennen, weil uns mit Pjerücksichtigung des Quer-

•) B r o w II - S c q u ar cl , Journel du la riiyslolORic 1. 23:1,

198

Uobcrtragungs/iCit von Salzlösungen

Schnitts daraus mannigfaclie Aiifscbltisse erwachsen würden über den Stoffwechsel in den von diesen Gefässen versorgten Organen. Leider sind wir aber hierüber noch vollkommen im Unklaren. Siehe einige Annahmen hierüber bei Vierordt. *)

2. Die Versuche nach dem Verfahren von Hering geben allerdings weder geradezu die mittlere Längengeschwindigkeit, noch auch nur eine proportionale für den Mittelwerth aus den ver- schiedenen mittleren Längengeschwindigkeiten, welche zwischen den salzempfangenden und salzabgebenden Querschnitt vorkom- men; aber sie erbringen doch jedenfalls eine Angabe, die aufs innigste zusammenhängt, mit irgend einer der wirklich vorkom- menden mittleren Längengeschvsdndigkeiten. Indem man die frei- lich nicht zu beweisende Voraussetzung macht, dass in den ver- schiedenen Gefässabtheilungen desselben Thiers oder in derselben Abtheüung verschiedener Thiere immer dieselbe Beziehung zwischen der gemessenen und dem Mittelwerth der mittlem Längengeschwin- digkeit bestehe, liefert die Uebertragungszeit des Salzes Angaben über die Aenderung der mittlem Längengeschwindigkeit mit Zeit und Ort.

a. Die folgende Tabelle verzeichnet die Zeit in Sekunden, welche das Salz verbraucht um aus der vena jugularis durch das rechte und linke Herz in das in der zweiten Columne verzeichnete Gefäss zu gelangen.

Thier.

Bahn.

Mittel- •werth.

geringster Werth.

gröster Werth.

Beobachten

Pferd

zur Vena jugularis later.opp.

28,8

17,5

32,5

i 't

Vena thorac. externa.

26,5

ven, saph. magna.

17,5

^ Hering ■),

»

Vena masseter.

22,5

15,0

30,0

vena maxill. externa.

17,5

12,5

22,5

arter. metatars.

30,0

20,0

40,0

)>

Vena metatars.

32,0

20,0

45,0 /

Hund

vena jugular. later.opp.

15,2

10,4

19,8 1

))

Vena cruralis

18,1

13,5

23,3 ^

. Vierordt

Kaninchen

vonajugular.later.opp.

6,9

6,8

, 7.2

Diese Tabelle sagt nun aus dass das Salz zum Uebergang aus den Arterien in die Venen des Fusses niemals mehi- als

*) Gosct/.e der Stromgeschwindigkeit p. 103. ••) Die unter dioKem Nnnmn citirtcn Zahlen sind mit Ausnahme der beiden letzten Reihen ao» dem Werke von Vi erord l genommen, der sie mit einer CoiTection von 2,5 See. versehen hat.

aus einem Gefäss in ein anderes.

199

6 Sekunden, zuweilen aber auch eine so kurze Zeit braucht, dass sie der etwas unvollkommenen Zeitbestimmung von Hering ent- geht; femer dass der Weg zur Schenkelvene meist etwas längere Zeit in Anspruch nimmt als der zur entgegengesetzten Drossel- ader; der Quotient beider Zeiten nähert sich zwar der Einheit, aber er ist kein constanter; dieses führt eine Reihe von Vier or dt noch weiter aus.

Zur ven. jugular. arter. crural. = Quotient 18,9 21,8 0,87

18,0 20,5 0,88

15,0 16,7 0,90

13,5 13,5 1,00

Der geringe absolute Zeitunterschied für den Durchgang durch Bahnen von so wesentlich verschiedenen Längenunterschieden be- . greift sich aus Folgendem. Die mittlere um wie viel mehr die . centrale Geschwindigkeit in den grösseren Arterien ist im Verhält- iniss zu ihrer Länge eine beträchtliche, d. h. es werden Arterien- ! strecken von der Länge des menschlichen Körpers in wenigen Se- ikunden durchlaufen. Daraus folgt unmittelbar, dass wenn ein glei- a chen Widerstand leistendes Capillarensystem am Herzen und an den Füssen bestände und man die Zeit bestimmen wollte, welche zwei gleichzeitig vom Herzen ausgehende Bluttheilchen verbrauchten, um dm'ch das eine und das andere in die Venenanfänge zu gelangen, die durch die entferntem Systeme laufenden Theilchen nur um we- nige Sekunden später dort anlangen würden, als das durch die inähern gehenden. Aehnliches wie von den Arterien dürfte von den {;grossen Venenstämmen gelten.

Die obigen Erfahrungen bedeuteten also auch, dass das Blut ■in allen Fällen den grössten Antheil der Uebertragungszeit in den iGefässen geringerer und geringster Lichtung zubringt.

So gering die absoluten Zeitunterschiede sind, so merklich weichen die Quotienten der Geschwindigkeit von der Einheit ab innd Vi er or dt vermuthet mit Recht, dass dieses in noch höherm IlMaasse geschehen sein würde, wenn man das aus der untern Ex- tremität kommende Blut statt aus der cruralis so nahe am Herzen aufgefangen hätte, wie an der entgegengesetzten jugularis. Da aber gerade bei der Vergleichung der Leistungsfähigkeit zweier Organe Was Verhältniss, in welchem ihr Blut emeuert wird, in Betracht kom- anen dürfte, so ist es eine nicht zu vernachlässigende Aufgabe des Ver- •SUchs, noch so kleine Geschwindigkeitsunterschiede sicher zu stellen

200

Uobor einige Constante dos Blutstroms.

b. Zieht ni;iii bei Berücksichtigung der Uebertragungszeit noch andere Umstände in dem sich die Thiere finden in Betracht, so ergiebt sich: 1°. In erwachsenen Thieren gleicher Gattung nimmt mit dem Gewicht auch die Uebertragungszeit zu. V i e r o r d t giebt hierfür folgende Zahlen vom Hund.

Körpergewicht. Uebertragungszeit zur ven. jugular. 1,8 Kilo 10,4" 6,8 14,3 8,8 15,7 22,5 19,4

2" Von Einfluss, doch nicht von immer gleichem ist auch die Schlagfolge des Herzens; namentlich fand Hering an denselben Pferd, welches bis dahin geruht hatte, 36 Pulsschläge mit der Ueber- tragungszeit von 22 See. War das Thier im Trab herumgetrieben, so erhob sich die Pulszahl auf 100 in der Minute und die Ueber- tragungszeit sank auf 17,5 See. 3" Aderlässe mehren und min- dern die Uebertragungszeit entsprechend dem bei der mittleren Querschnittsgeschwindigkeit Erörterten. 4" Poiseuille giebt an, dass ein Zusatz von essigsauren Ammoniak und salpetersaurem Kali in sehr verdünnter Lösung dem Blut zugesetzt, die Ueber- tragungszeit des Salzes aus einer in die andere jugularis des Pfer- des kürzt, ein Zusatz von Alkohol sie verlängert. Diesen Erfolg sah er aus seinen Versuchen über Aenderung der Reibung eines Wasserstroms in Röhren voraus.

Den Einfluss der Athmung, des Alters und Geschlechts bespricht ebenfalls Vierer dt; die zu Grunde gelegten Versuche sind an Zahl zu gering, um zu allgemein gihigen Resultaten zu führen.

I. Ueber die Beziehungen der Constanten des Blut- stroms zum Körpergewicht.

Vierordt benutzt die von ihm, Hering, Volkmann u. A. gefundenen ZaMon zur Bildung von Mittel werthen für das Körpergewicht (k), die Blutmenge (b), die Dauer (t) und den Umfang (v) eines Herzschlags und die Uebertragungszeit (T) des Salzes von einem dem rechten Herzen nahen Orte bis zurück zu ihm, nachdem es den kleinen und grossen Kreislauf durchwandert hat. Indem er den derart beobachteten

2

Werth der zuletzt genannten Zeit nach einer ihm annehmbaren Ueberlegung um

erhöht hat, betrachtet er dieselbe als das Maass für die Zeit, welche nothwendig ist, um ein der Gesammtracnge des Blutes gleiches Volum durch das Herz zn führen. Die Mittelzahlen und Beziehungen, die sich darnach orgeben, sind für den J[cnschen, den Hund, das Ziegenböckchen und Kaninchen folgende: k=13,5b; b = 2(},5 v; k = 353 v;

Tv T T b

T = 26,5 t. Demnach ist ^ = = 13,3; = - = 26,5, und somit TT=bt.

Bezeichnet man für ein Thier die Werthe mit T, t, t, k und für ein anderes

Ii

Verfügbare und verlorne Arbeitskräfte im Blutstrora.

201

Tv Tv T'v'

mit T', v', t', k', so muss, weil eine Constante ist, = sein; deshalb ist

t K t K t &

Tvk' rv'k

auch = 7— n > also vk' = v k u. s. vr.

t t

Die Zahl der Betrachtungen, aus welchen jene Mittel berechnet wurden, ist eine sehr geringe, was um so mehr ins Gewicht fällt, als die wirklich beobachteten Wertho in sehr weiten Grenzen auseinander liegen.

II. Von den verfügbaren und verlornen Arbeitskräften im Blutstrom*).

Um eine Summe aus den Kräften zu bilden, die zu irgend einem Zeitmoment 1 dem bekannten Inhalt eines beliebigen Gefässabsclinitts zukommt, muss man die Kraft . dieses Blutvolums erst unter gleiche Benennung bringen. Dieses geschieht, wenn man I nach den schon früher (p. 47) entwickelten Regeln die der Masse zukommende mittlere I Geschwindigkeit in die entsprechende Spannung umsetzt. Diese Spannung addirt mau dann zu derjenigen, welche als solche schon in jenem Blutgewicht enthalten ist, und I mnltiplizirt endlich das letztere mit jener Spannungssumme.

Geht man mit diesen einfachen Regeln an die thatsächliche Auswerthung, so stellt

* sich seihst in den am genauesten untersuchten Gefässabtheilungen überall ein Mangel i an empirischen Daten heraus. Denn wenn es auch annähernd möglich ist, den Inhalt 1 eines jeden Gefässrohrs anzugeben, und ebenso nach Yierordt sogar annähernd die 1 mittlere Geschwindigkeit für jede einzelne Herzphase gegeben werden kann , so gilt

dieses doch nicht mehr für die Spannungen, da uns in einem jeden Gefässe nur die ^ Wand-, nicht aber die Centraispannung bekannt ist ; wir können also nicht das Mittel aaus allen Spannungen in einem solchen Blutvolum bilden; und dieses müsste doch

offenbar der Rechnung zu Grunde gelegt werden. Dieser Ausfall ist aber nicht zu ver- nachlässigen, weil gerade in der Spannung die grösstcn Kraftantheile liegen, wie man s. sogleich sieht , wenn man z. B. den in der Carotis - oder Jugularengeschwindigkeit ver- grabenen Kraftantheil mit der dort vorhandenen Wandspanmmg vergleicht. Setzt man !z. B. als mittleren Werth für die Geschwindigkeit in der Carotis 292 Mm. in der >Secde , so wird die daraus berechnete Geschwindigkeitshöhe = 0,44 Mm. Hg. Diese '/.Zahl ist aber nur der 0,004. Theil von HO Mm. Hg., wodurch die mittlere Wand- ■. Spannung an jenem Orte ausgedrückt wird. Aber selbst in der vena jugularis, wo doch 1; die Wandspannung sehr abgenommen , stellt sich das Verhältniss für praktische Be- i diirfnisse auch nicht wesentlich anders. Nach einer Bestimmung von Volkmann ist idagelbst die mittlere Geschwindigkeit = 225 Mm. Dieses giebt eine Geschwindig- keitshöhe von 0,26 Mm. Hg.; dieses ist der 0,030. Theil der mittleren 8,5 Mm. be- rtragendcn Wandspannung.

Beabsichtigt man statt der lebendigen Kräfte der Blutmassen, die in einem Zeit- momcnt in einem Gefässabschnitt enthalten sind, diejenigen festzustellen, welche durch einen Querschnitt in einer beliebigen Zeit, z. B. während der Dauer einer Herz- bowegung, fliessen, so würde man das Mittel aus den zeitlichen und räumlichen >Dmck- und Geschwindigkeitswerthen zugleich zu verwenden haben. Nun ist uns ein »solches Mittel zwar für die Geschwindigkeit und die Waudspannung in einzelnen Fällen gegeben, aber dieses genügt nach dem schon Erwähnten nicht. Früher, als man noch

*) Diose« Lehrbuch 2. Ud. ]. Aii/I. p. 138. J. 1(. Mayor, Aicliiv ftir iiliysiol. Ilellkuntla aX; und X. Bd. Ad. Fick Mcdlcliiische Physik p. 13»,

202

Die Absonderungen.

unbekannt war mit der Vcränderliclikeit des Drucks auf demselben Stromquerscbnitt, setzte man nach dem Vorgang von J. E. Mayer die während einer Herübewegung durch die Aorta strömende Blutmengo etwa = 0,175 Kilogramm, die mittlere Ge- schwindigkeit ungefähr = 0,4 Meter und das Mittel aus den zeitlichen Spannungg- änderungen = 2,24 Meter; hieraus berechnen sich 0,406 Kilogrammeter als ungefährer Schätzungswerth für die disponible Arbeitskraft der Blutmenge, welche während der Dauer eines ganzen Herzschlages (systole und diastolo) durch den Aortabogen geht.

Um endlich den Kraftverlust oder iraftgewinn auf irgend einer Wegstrecke zu erfahren, muss der Unterschied der an jedem Orte zur Verfügung stehenden Arbeits- kraft bekannt sein. Wäre also z. B. die Summe der Qeschwindigkeits- und Spannungs- höhe des in der Zeiteinheit durch die Yorhofsmündung strömenden Blutvolums bekannt und dasselbe von der in der Zeiteinheit durch die Aortamündung fliessenden Blutmasse, so ..würde aus dem Unterschiede beider die Arbeit hervorgehen, welche das Herz in das Blut gelegt hat (A. Pick). Man kann in diesem letzten Falle vor und hinter dem Herzen wiederum den auf die Geschwindigkeit entfallenden Antheil als verschwindend gegen den durch die Spannung dargestellten ansehen, und dann ergiebt sich, dass der Gewinn an Arbeitskraft durch das Herz für gleiche Volumina mit dem Unterschied zwi- schen der mittleren Wandspannung des Yorhofs und der Aorta proportional geht.

II. Von den Absonderungen.

Die Bewegungen der flüssigen Bestandtheile des Blutes be- schränken sich nicht blos auf die Bahnen, welche ihnen durch die Gefässröhren vorgezeichnet sind, sondern sie durchbrechen auch die unverletzte Gefässwand. Diesem Vorgang, den man als Ab- sonderung (secretio) bezeichnet, steht ein anderer, die Auf- saugung (resorptio), entgegen, welcher Flüssigkeiten, die die Ge- fässröhren umspülen, in diese selbst hineinführt. Diese beiden Bewegungen von entgegengesetzter Kichtung erscheinen häufig gleichzeitig an demselben Orte, häufig auch getrennt von einander. Die Vermischung und Sonderung derselben ist wohl Veranlassung geworden, dass man diese Prozesse zum Theil vereint, zum Theil getrennt, gerade wie sie im Organismus erscheinen, abgehandelt hat. Wir werden im Nachfolgenden, dem Gebrauch der physio- logischen Lehrer folgend, zwar vorzugsweise die Hergänge be- sprechen, welche mit einer Bewegung der flüssigen Blutbestand- theile von der Innern auf die äussere Gefässwand verbunden sind; dabei beschränken wir uns aber nicht auf diese Betrachtung, son- dern wir verfolgen auch die ausgetretenen Säfte in ihren weiteren Schicksalen und nehmen zugleich die Untersuchung einer umge-

Die bei der Absonderung thätigcn Bedingungen.

203

kehrten Saftbewegimg, einer Aufsaugimg mit auf, wenn sie innig mit der Absonderung verbunden sein sollte. Allgemeiner Theil.

Die allgemeinsten Forderungen, welche nach gewonnener Ein- ; sieht in die Eigenschaften des Gefässinhalts gestellt werden müs- sen, wenn wir die Absonderungserscheinungen begreifen sollen, verlangen : dass wir zu erfahren trachten die Eigenschaften der Flüssigkeit (Säfte, Sekrete), welche auf der äussern Gefässwand l'zum Vorschein kommen, die Beschaffenheit der Wege, auf welchen I die Säfte durch die Gefässwand dringen , und endlich die Wir- ' kungsweise der Kräfte , welche die Säfte aus den Gef ässröhren 1 herausbefördern, lieber die Eigenschaften der Säfte lässt sich, hwie es scheint, nichts allgemein Gütiges sagen, vorausgesetzt, es

wollte die Aussage darüber hinausgehen, dass dieselben tropfbar

oder gasförmig sein mtissten. Anders verhält es sich dagegen mit den beiden andern Punkten.

1. Die Häute, durch welche die Absonderung stattfinden soll, 1 müssen unzweifelhaft von Oeffnungen durchbrochen sein, weil sonst (der Durchgang einer Flüssigkeit geradezu unmöglich sein würde. liDie Umstände, dm-ch welche die Häute auf die Absonderung von ] Einfluss werden, lassen sich somit zurückführen auf die Eigenschaf- tten der Poren.

Gestützt auf unsere bisherigen Erfahrungen über die mecha- inische Zusammensetzung einer endlichen festen Masse überhaupt innd die der thierischen Scheidewände insbesondere, wird man ge- I neigt sein, zu unterscheiden zwischen wesentlichen und zu- ffälligen Poren. Unter wesentlichen würden diejenigen zu ver- BStehen seien, welche mit jedem Stoffe an und für sich gegeben »wären; sie würden also die Zwischenräume darstellen, welche die ^Molekülen einer jeden endlichen festen, noch so gleichartigen Masse ttrennen. Die zufälligen Poren würden dagegen da zu finden sein, i-wo sich einzelne Stücke gleichartiger oder ungleichartiger Massen ■berühren. Während also die Form und Grösse der wesentlichen Poren nur abhängig wäre von den Molekularkräften innerhalb ider gleichartigen Masse, würden die zufälligen bedingt sein durch idie Gestalt der gleichartigen oder ungleichartigen Massenhäufchen, innd den Druck, unter dem sie zusammengeballt wären. Die tmikroskopischen Aufschlüsse die wir über die meisten tliicrischen fHäute und die der Gefässe insbesondere besitzen, deuten dar- »auf hin, dass die zufälligen Poren sehr verbreitet vorkommeu,

204

Die bei der Absonderung thätigen Bedingungen.

weil sie in Platten, Fasern, Kerne, Zellen u. s. w. zerlegt werden können.

Daneben wäre es aber inöglicli, dass in Hauttheilen, die uns unsern optischen Hilfsmitteln nach gleichartig erscheinen , namentlich insofern sie aus eiwoissartigen und leimgebenden Stoffen zusammengesetzt sind , noch zufällige Poren vorkommen. Diese Annahme liegt dai-um nahe, weil es immer noch zweifelhaft ist, ob die sogenannten Lösungen jener Stoffe aus einer bis zur Spaltung des chemischen Atoms gehenden Ver- theilung im Lösungsmittel oder aus einer Aufseh%yemmung sehr feiner Klümpchen jener Stoffe bestehen. Wäre, wie oft behauptet wird, das letztere der Fall, so wäre es auch fraglich, ob ein Niederschlag aus dieser in Wasser fein zertheüten Masse zur Darstellung einer homogenen Haut führen könnte.

Ein Flüssigkeitsstrom durch jede Art von Poren wird sich aber regeln nach der Form und den Ausmessungen der Porenlichte und nach dem Werth und der Richtung der Kräfte, welche von der Porenwand in die Lichtung hineinwirken; wobei es vorerst noch gleichgiltig ist, ob wir uns die Waudmolekulen bewegt oder ruhig denken. Die Untersuchungen hätten also die ganze oder wenig- stens die relative Veränderung jener Grössea mit den variablen Bedingungen zu bestimmen.

Die Mittel, welche uns über die vorgenannten Eigenschaften unterrichten sollen, bestehen, insofern die Porosität dem Mikroskop unzugänglich ist , in dem polarisirten Licht, der Qucllung, der Filtration, der Diffussiou, und insbesondere werden alle diese Mittel bei verschiedenen Zuständen der Haut, als da sind Spannung, Volumsänderung, Temperatur u. s. w. , angewendet.

Das polarisirto Licht giebt den Nachweis , ob die Häute ganz oder theilweise doppelt oder cinfachbrechende Substanzen enthalten ; es entdeckt also noch dort Un- gleichartigkeiten , wo uns die Betrachtung mit gewöhnlichem Licht im Stich lässt. Dasselbe Mittel bei verschiedenem Quellungsgrad in Anwendung gebracht, zeigt unter Voraussetzung einer gemischten Struktiu", ob die durch die Quellung erzeugte Aus- dehnung sich vorzugsweise auf die einfach oder doppeltbrechendon Stoffe erstreckt u. s. w. Dieses Mittel ist noch zu wenig benutzt worden. Das Flüssigkeitsvolum, welches bei der Filtration dxirch die Flächeneinheit einer Membran strömt, giebt Andeutungen über die relative Porenweite, Porenlänge und den Eeibungscoeffizienten, insofern bei gleichem Druck und gleicher Temperatur die durchgehende Menge nur von jenen Bedingungen abhängt; ändert man die Temperatur der durchgehenden Flüssig- keit, die Quellung und den Spannungsgrad der Haut, so giebt sie auch Aufklärungen über die Veränderlichkeit jener Poreneigenschaften mit den erwähnten Variablen. Da insbesondere der Zustand der Poren von der Quellung abhängig ist, und diese letztre mit der Temperatur und der Zusammensetzung der filtrirteu Flüssigkeit Hand in Hand geht, so sind die beim FUtratlons versuch gewonnenen Thatsaehen nur dann zur Erklärung der Lebenseigenschaften zu verwenden, wenn sie sich rücksichtlich der erwähnten Be- dingungen aufs genaueste den im Leben vorkommenden angeschlossen haben. Die Flüssigkeitsbewegung, welche die Diffussion einleitet, unterscheidet sich von der durch dun hydrostatischen Druck (Filtration) erzeugten dadurch, dass sie sich auph noch in Porcnräunie erstreckt, in welchen bei der letztem die Flüssigkeiten in Kuhe bleiben. Sie vervollständigt somit die Angaben der Filtration. Da der Grad der

Poren der Häute.

205

Quellung endlich einerseits von den Verwandtschaften der eingedrungenen Flüssigkeit in die Porenwand und andrerseits von der Cohäsion der festen Massentheilchen zu einander abhängt, so lassen ihre Ergebnisse Schlüsse über die Eigenschaften der Haut zu.

Die kurze Auseinandersetzung dessen, was die genannten Mittel leisten, lässt erkennen, dass sie mit einziger Ausnahme des polarisirten Lichtes nur sehr indirekte Aufschlüsse, die grössten Theils dazu noch mehrdeutig sind, über die Poreneigenschaften i geben. Sie sind also mehr von praktischer als von theoretischer i Bedeutung. Sollte aber die Verwicklung der Bedingungen auch i hier die Theorie für immer illusorisch machen, so vv^ürde es um so I dringender nothwendig sein , auf dem Wege des Versuchs vorzu- >■ schreiten, da ohne eine genaue Kenntniss dessen, was der Porus 7 zur Absonderung beiträgt, das Eindringen in die letztere unmög- llich ist.

Da unsre gegenwärtigen Vorstellungen über die thierischen ,1 Poren vorzugsweise aus der Diffusions- und Filtrationslehre ge- schöpft sind, so würde es im allgemeinen Theil zu Wiederholungen

Ehren, wenn man die Thatsache mit Rücksicht auf die Porosität er zusammenstellen wollte. Wir gehen also sogleich zu den räften über, welche Absonderung erzeugen. RUcksichtlich einiger fEinzelheiten verweisen wir auf die besondern Häute, die Epi-

[demis, Gefäss-, Darmschleimhaut u. s. w. 2. Die Kräfte, welche die Flüssigkeiten und Gase des Bluts liurch die Poren treiben, bestehen nachweislich in Spannungsunter- wchieden der Flüssigkeit auf den beiden Seiten der Gefässhaut TFiltration und Gasdiffusion), in Anziehungen zwischen den Stof- een, die ausserhalb und innerhalb der Gefasse liegen (Hydrodif- tiision), und endlich in eigenthtimlichen Wirkungen der erregten iiJerven auf den Gefässinhalt.

Daraus, dass uns keine weiteren Absonderungskräfte bekannt i'.ind, schliessen wir natürlich nicht, dass ihre Aufzählung mit die- een dreien erschöpft sei.

a. Filtration.*) Unter diesem Vorgang versteht man einen t5trom von Flüssigkeit, welchen ein hydrostatischer Druck durch

•) Lieblg, Untersuchungen Uber einige Ursachen der Siiftbowogung. 1848. G. Wisting- '•niien, cxperimcnta quacd. endosmotica. Dorp. 1861. C. II off m n n n , über die Aufnahme \t» Quecksilbers und der Fette. WUrzburg 1854. W. Schmidt Poggendorfs Annalcn

Bd. 337. Eclchard, Beiträge zur Anatomie und Physiologie 1858. p. 07. Valentin, 'lehrbnch der Phyhiologie 2. Auflage. 1847. I. Bd. p. 69. Wittich, Virchow's Archiv

I. Bd. 337.

206

Absonderung durch Druckunterschied.

die capillaren Porenräumc der Membran hindurchtreibt. Mit Sicherheit sind solche Ströme bis dahin nur an Häuten beobachtet worden, welche aus gesondert unterscheidbaren anatomischen Ele- menten gewebt sind, wie die Harnblase, der Herzbeutel, das Bauch- fell u. s. w. Der Nachweis wäre darum noch zu Uefern, ob auch durch homogene Häute Filtration eingeleitet werden könnte und ob dies namentlich möglich wäre mittelst der verhältnissmässig niedrigen Drücke, deren Anwendung die thierischen Massen we- gen ihrer geringen Festigkeit gestatten.

Am Filti-ationstrom kann gegenwärtig nur zweierlei Gegen- stand der Untersuchung sein, nämlich die chemische Zusammen- setzung der strömenden Flüssigkeit vor und nach ihrem Durch- gang durch die Membran und das Flüssigkeitsmaas, welches in der Zeiteinheit durch die Flächeneinheit der Membran geht.

statt des letzteren Ausdruckes kann deijenige der relativen mittlem Geschwindig- keit darum nicht gewählt werden, weil die Ausmaase der Poren sich mit den Be- dingungen selbst ändern, die auf die Geschwindigkeit von Einfluss sind; denn wegen der unvollkommenen Elastizität der Haut ändern sich die Poreneigenschaften mit dem Wertho und der Dauer des wirksamen Druckes, wegen der Quellbarkeit geschieht dasselbe mit der Zusammensetzung und der Temperatur der Flüssigkeit u. s. w.

Aber selbst wenn man nur beabsichtigt, das Volum der filtrirten Flüssigkeit als Folge der gleichzeitigen Aenderung in der Stromgeschwindigkeit und der Porendimension- zu messen, ist es sehr schwer, vergleichbare Versuche zu erhalten, weil ausser der willkührlich und raessbar eingeführten Aenderung im Druck, der Temperatur, der Zu- sammensetzung der Flüssigkeit u. s. w. und der davon abhängenden nicht weiter zu bestimmenden , aber gesetzmässig erfolgenden Porenänderung auch noch ganz andere Umstände, die sich weder bewältigen, noch ermessen lassen, auftreten und einen Ein- fluss auf das Beobachtungsresultat erhalten. Dahin gehört die Selbstzersetzung det, Häute , das Löslich - oder Unlöslichwerdcn einzelner Bestandtheile derselben durch die strömende Flüssigkeit, ferner die Umänderung, welche die Haut in den physikalischen Zuständen erfährt, je nachdem sie vor dem Versuch kürzere oder längere Zeit einge^ trocknet war u. s. w. '

Wir stellen hier die Thatsachen zusammen, welche bei künst- lich eingeleiteter Filtration beobachtet sind. w

1" Bei gleichem Druck und gleicher Membran nimmt die durchfliessende Menge' von einem zum andern Versuche ab, wenn zwischen den beiden die Membran einige Zeit hindurch im eingetrockneten Zustand verweilt hatte. "War sie dagegen in der Zwischenzeit feucht erhalten worden, und war sie vor Beginn des zweiten Versuchs einem hohen Druck ausgesetzt gewesen , so nimmt die durchgehende Menge zu. 2" Bei gleichem Druck und gleichem Quellungszustand nimmt bei einem über längere Zeit sich erstreckenden Filtrationsversuch die durchgehende Menge mit der Zeit zu. (Liebig, Wist i ng shaus en, Schmidt.) Im Qegentheil fand Eckhard, der wie Schmidt mit destillirtem Wasser arbeitete , dass in der ersten Zeit eines solchen Filtrationsversuchs mit einer vollkommen aufgequollenen Membran die durchgehende

Filtration duixli todte Häute.

207

Menge wechselnd steigt und fällt ; bei der weiteren Dauer des Versuchs nimmt aber dann die durchgehende Menge mit der Zeit ab. Entlastet man, nachdem die Wegsam- koit der Membram merklich gesunken, diese fiii- einige Zeit und bewahrt sie im ge- quollenen Zustand auf und beginnt dann den Versuch von Neuem, so ist die durchgegangene Menge wieder gestiegen, wenn auch nicht zu dem ursprünglichen

■^gj-tjie. Für andere Flüssigkeit als destillirtes Wasser dürfte nach Analogie der

Vorgänge an Papierflltem mit der dauernden Filtration sich immer eine Verminderung , der Wegsamkeit einfinden. 3" Alles andere gleich, wächst das durchgehende Volum 1 mit der Spannung, die man der Haut beim Aufbinden gegeben (Schmidt). 4" Nicht in allen, wohl aber in einzelnen Fällen verändert sich die durchgehende Menge mit der Seite, welche die Membran gegen die Druckrichtung wendet ; so z. B. bei dem Eischaalenhäutchen (Meckel). 5" Mit der Temperaturerhöhung der Membran, also 1 auch deijenigen der durch letzti-e wandernden Flüssigkeit, steigert sich die Durchfluss- ! menge. Das Gesetz, nach welchem die letztere wächst, lässt sich in einen empii-ischen .Ausdruck fassen, der dem ähnlich ist, welchen Poiseuille und Hagen für die . unter gleichen Umständen eintretende Geschwindigkeitssteigerung in Capillan-öhren ent- 1 werfen haben (Schmidt). 6" Mit dem steigenden Druck wachsen die durchlaufenden ' Mengen jedoch nicht so , wie es für Capillan-öhren gilt, dass sich die bei verschiedenen : Drücken durchgehenden Volumina verhalten wie diese ; sondern so, dass, wenn der Druck .um dieselben Unterschiede wächst, auch die Ausflussmengen jedesmal um einen constanten 1 Unterschied wachsen. Daraus folgt, dass , wenn man die durchfliessenden Volumina als l Ordinalen auf die als Abszissen geltenden Drücke aufrichtet, die Abhängigkeit zwischen bbeiden durch eine gerade Linie dargestellt wird. Die gegenwärtigen Versuche machen ees ausserdem wahrscheinlich, dass der Druck erst zu einem gewissen Werthe ange- » wachsen sein muss, bevor er ein Durchfliessen einleiten kann (Schmidt). Ueber die »sorgsame Methode, durch -svelche dieses Ergebniss gefunden wurde, ist die Abhand- lüung von Schmidt nachzusehen. 7" Ueber den Einfluss der Zusammensetzung der Sfiltrirenden Flüssigkeit gilt Folgendes : Bei Anwendung verschiedener gehaltvoller Lö- üaungen desselben Salzes sinkt in allen Fällen die durchgehende Menge , wenn die CConcentration von 0 bis 5 pCt. steigt; jenseits dieser Grenze steigt die Menge bei ^Anwendung von KONO5 und NaOSOa, sie sinkt noch weiter aber langsamer bei NaONOs uand Na Cl. (Schmidt). Diese Ergebnisse weichen in wesentlichen Punkten ab von Wen durch Poiseuille an steifen Capillarröhren gefundenen. Aus einem Gemenge »jener Salze gehen Eesultate hervor, die im Allgemeinen zwar in der Mitte zwischen Idenen liegen, welche die Componenten hervorgebracht haben wüi'den; aber sie lassen ifflich nicht mit Genauigkeit im Voraus berechnen (Schmidt). Rücksichtlich einiger anderer Flüssigkeiten stellt Wi stin gsh aus en die Eegel auf, dass der Druck, welcher naothwendig sei , um in gleichen Zeiten eine merkliche Menge von Flüssigkeit durch Bine Haut zu treiben, in dem Maasse abnehme, in welchem das Quellungsverhältniss Kimehme. In der That ist es eine bekannte Erfahrung, dass man den Druck der lleihe nach steigern muss, wenn man durch Harnblasenwand oder Peritonäalhaut in gleichen leiten annähernd gleich viel "Wasser, Salzlösung, Gel, Alkohol (Quecksilber?) hindurch CTMben will. Wie aber Wasser zur Filtration den niedrigsten, Alkohol den höchsten Oinck verlangt, so quellen auch die erwähnten Membranen viel mehr in Wasser als in ÄJkohol auf. 8" Durch die Anwesenheit einer Flüssigkeit in den Poren kann der öurchtritt einer andern erschwert oder erleichtert werden; so giebt z.B. die Auweson- Weit von Gel in einer Hamblasenwand eine Hemmung für den Durchgang von Wasser, ttUd umgekehrt hindert das eingedrungene Wasser den Durchtritt des Gels. Der

208

Cheinisclie Sclieidung durch Filtration

Grund dieser Erscheinung wird zum Thoil wenigstens abhängig sein von der Spannung, in welche die einander zugekehrton Oberflächen zweier sich berührenden, aber nicht mischenden Flüssigkeiten gerathen müssen, weil die auf der Berührungefläche gelegenen Theilchcn von Seiten der gleichartigen einen starkem Zug empfangen, als von Seiten der ungleichartigen. Diese Spannung drängt die Theilchen der Oberfläche zusammen, so dass jede derselben gleichsam mit einer Haut überzogen ist, welche ihr den Eintritt in den Perus verwehrt. Die Festigkeit dieser Haut wird sieh aber steigern mit dem Unterschied der Züge nach der einen und der andern Richtung , indem diese alle mög- lichen Werthe zwischen einem Maximum und einem Minimum annehmen kann ; je nach- dem die beiden Flüssigkeiten entweder gar keine oder eine merkliche Anziehung zu einander zeigen , wird auch die Oberflächenspannung sehr verschiedenartig ausfallen. Es scheint nun, als ob auf diesem Wege eine Veränderung in der Dichtigkeit der einander berührenden Oberflächen zweier sich nicht mischender Flüssigkeiten, z. B. des Oels und Wassers, dadurch erzeugt werden könnte, dass man in dem Wasser gewisse Salze , z. B. gallensaures Natron , auflöst. Denn es sollen Fette durch eine mit einer wässerigen Lösung dieses Salzes getränkte Haut hindurchtreten können (Ochlenowitz, Hoffmann).

Die Frage, ob mittelst der Filtration durch eine thierische Haut in einer homogenen Flüssigkeit eine chemische Scheidung veranlasst werden könne, ist durch die bisherigen Versuche je nach der Natur der aufgegossenen Flüssigkeit verschieden beant- wortet. — Wird eine leichtflüssige Lösung wie z. B. der neutralen Salze und des Zuckers auf das Filter gebracht, so zeigte die durch das letztere gedrungene Flüssigkeit die Zusammensetzung der aufgegossenen. Diese Erscheinung ist besonders dann auf- fallend, wenn man die Flüssigkeiten auf die Membran bringt, welche von dieser scheinbar gar nicht unverändert aufgenommen werden können, wie z. B. conzentrirte Lösungen von Glauber- und Kochsalz. Diese Thatsache scheint in Verbindung mit anderen einmal zu erweisen (Bd. I. p. 72.), dass die in die Poren der auf- quellenden Häute eingedrungenen Flüssigkeiten dort auf eine ver- schiedene Weise angeordnet sind, und dann, dass die Drücke, welche man zur Erzeugung des Filtrationsstromes angewendet hat, gerade nur hinreichen, um die Mittelschicht, nicht aber die Wand- schicht der eingedrungeneu Lösung zu bewegen. Sollte sich in der That ein allgemeiner Beweis für die Behauptung erbringen lassen, dass die Drücke, welche thierische Häute, ohne zu zerrei- sen ertragen können, nicht genügten, um die Wandschicht in Be- wegung zu setzen, so würde damit dargethan sein, dass die Fil- tration durch eine thierische Haut keine chemische Scheidung in einer wahren Lösung veranlassen könnte. Jedenfalls müssen wir, so lange ein empirischer Gegenbeweis fehlt, an diesem Grundsatz

Filtration; chemisolie Scheidung durch dieselbe.

209

festhalten. Mit dieser Vorsicht ist man freilich nicht immer zu Werke gegangen, indem man sich auf die Ergebnisse der Filtra- tion durch Kohle, Ziegelsteine u. s. w. berief, bei denen in der That die Zusammensetzung der durchgegangenen und der aufge- gossenen Lösung verschieden sein können. Man übersah aber hierbei, dass die Kohle nur durch ihre Vemandtschaft zu den im Filtrat fehlenden Bestandtheilen jene Scheidung erzeugt. Denn der Stoff, welcher der durchgelaufenen Flüssigkeit fehlt, ist, wie die chemische Untersuchung des Kohlenfilters erweist, in ihm zu- rückgehalten worden. Aus diesem Grunde ist eine beliebige Menge von Kohle auch nur so lange als Scheidungsmittel brauch- bar, als sie sich nicht mit jenem Stoff gesättigt hat; so wie dieses geschehen, geht auch die aufgegossene Flüssigkeit unverändert durch dieselbe. Käme nun in der That den thierischen Häuten, d^m Blut oder andern Flüssigkeiten gegenüber, eine ähnliche Eigenschaft zu, so würde dadurch doch keine chemische Scheidung bewirkt werden können. Denn die thierischen Häute, welche sich an der Sekretion betheiligen, sind sehr dünn, und die Filtrations- ströme gehen in gleicher Weise sehr lange Zeit durch sie hin- ' durch, so dass der Stoff ihrer Poren Wandungen sehr bald mit dem Blutbestandtheüe, den sie zurückhalten könnten, gesättigt sein würde, j Dauerad würden sie nur dann als chemisches Scheidungsmittel zu benutzen sein, wenn ihnen die Eigenschaft zukäme, gewissen Bc- ; standtheilen einer aufgegossenen Flüssigkeit geradezu den Eintritt in ihre Poren zu vemehren.

Anders soll sich der Erfolg gestalten, wenn durch Papier filtrirte I Lösungen von Gummi und Eiweiss noch einmal durch eine thierische Haut geti-ieben werden. Valentin und Schmidt stimmen (im •Gegensatz zu Wittich?) darin überein, dass die durchgegangene 1 weniger Eiweiss enthalte als die aufgegossene Flüssigkeit. Valen- 'tin giebt beispielsweise an, dass Hühnereiweiss , welches mit dem ^6 bis 7 fachen Volum Wasser verdünnt war, auf dem Filter 1,027, t unter ihm aber 1,023 specifischen Gewichtes besass. Die beiden Autoren widersprechen sich aber insofern, als Valentin behauptet, i'dass der Dichtigkeitsunterschied l)eider Flüssigkeiten mit dem stci- igendenDruck abnehme, während Schmidt das Umgekehrte aussagt; «nach ihm soll auch der Unterschied mit der Temperatur wachsen.

Die physiologische Bedeutung des Filtrationsstroms über- »haupt erhellt, wenn man bedenkt, dass innerhalb des Thicrleibs -sehr häufig Flüs.sigkciten von einem merklich verschiedenen

Ludwig, I'liyHi'ilofc-ie U. 2. Aulliigp. 14

210

Physiologisclios Vorkommen der Filh-fttion.

Spannungsgrad durch oft äusserst dünne Scheidewände getrennt sind. Als ein naheliegendes Beispiel hierfür dient die Blutflüssig- keit im Gegensatz zu den die Gefässe umsi)ülenden Säften; denn für gewöhnlich überwiegt die Spannung der erstem die der letz- tern; darum sehen wir sehr häufig eine Absonderung lebhafter werden, wenn der Unterschied der Drücke zwischen beiden er- wähnten Flüssigkeiten im Steigen begriffen ist. Diese mit einiger Wahrscheinlichkeit der Filtration zugeschriebene Flüssigkeitsbewe- gung tritt den Voraussetzungen entsprechend ein, wenn bei gleich- bleibender Spannung des Bluts diejenige erniedrigt wird, welche den Lösungen ausserhalb der Gefässe zukommt, wie z. B. nach Ent- leerung der vordem Augenkaramer, dem Abzapfen der Cerebro- spinalflüssigkeit, der Entfernung oder Lockerung des Epitheliums, der Minderung des Luftdrucks u. s. f. Dasselbe ereignet sich, wenn bei gleichbleibender Spannung in der Umgebung der Ge- fässe die des Bluts sich steigert, sei es durch Vennehrung des ge- sammten Blutvolums oder durch Einführung von Stromhemranissen u. s. w. Von nicht geringer Bedeutung würde bei dem häu- figen Vorkommen von Eiweisslösungen die Thatsache sein, dass diese, selbst wenn noch so sehr der Anschein des Gegentheils vor- liegt, doch keine wahren Lösungen sind, so dass seine in dem Wasser schwimmende und durch dasselbe aufgelockerte Molekular- haufen zum Theil zu gross wären, um sich durch die engen Poren der thierischen Gewebe durchzwängen zu können. Denn damit würde je nach der Porendimension und der Vertheilung des Ei- weisses ein sehr einfaches Mittel gegeben sein, um Flüssigkeiten mit ganz verschiedenem Prozentgehnlt an Eiweiss aus derselben Mutterlösung zu erhalten und in den Gewebssäften zu vertheilen.

b. Diffusion. Die Theorie der HydrodifFusion und insbe- sondere der Endosmose hat seit dem Erscheinen des entsprechen- den Abschnittes im 1. Bd. nennenswerthe Fortschritte gemacht.*)

Die Veränderlichkeit der thierischen Haut, welche das Ge- winnen gesetzmässiger Erscheinungen erschwert, die Ueberzcugnng, dass die Diifussion durch Poren gleichartiger Häute (wir nannten sie die wesentlichen) sich anders gestalten müsse, als durch die zufälligen Poren solcher Stoffe, die aus sichtbar verschiedeneu Ge-

•) A. FIck hl Molescholtts ünlcrauchungen III. 2!t4. W. Schmidt, Popgpiidorfs Aiiiialen B. 102. p. 122. Eckhard, HeitiÜRc zur Anatomie uiui Pliysiolngic. 2 lieft. 18r)8. 112. E. Hoff mun n,' das ctidosniot. Aequiv. des Glauborsalzes. Gicssen 1858. Meissner, .Inliresbc- richt nir 1867. 196.

Diffusion durch Thon - Collodium - Herzbeutclplatton.

211

\ve))stbeilen zusammengesetzt waren, führte theils zur Anwendung \oi\ ScLcitlcwänden nxis gebranntem Thon im Gegensatz zu sol- chen aus Collodium (Buchheim, A. Fick), theils zur Anwen- ;lung der Linsenkapsel als einer möglichst gleichartigen thierischen laut (Witt ich, Vir che w, Meissner), ferner zur Aufsuchung 1er Veränderungen, welche verwickelter gebaute Häute, wie z. B. der Herzbeutel selbst unter solchen Umständen erfahren, die man :)isher für einflnsslos gehalten hatte (Eckhard, W. Schmidt.)

Die sehr feinen Collodiumhäute , welche A. Fick zu seinen A*^ ersuchen brauchte, impfehlen sich dadurch, dass sich an ihnen höchst wahrscheinlich nur ein Strom durch i(ie wesentlichen Poren geltend macht ; immerhin kann aber, wenn man ihre Enstehung lilurch Verdunstung berücksichtigt, nicht geleugnet werden, dass sie auch zufällige Poren mthalten möchten, dargestellt durch feine Spalten , welche bei ungleichmässigem und vngleichzeitigera Eintrocknen im Innern der Haut entstehen müssen, während das äusserste . latt schon fest geworden ist. Für das Vorhandensein dieser oder ähnlicher Unregelmässig- Heiten spricht insbesondere der Umstand, dass der Widerstand, welchen sie dem Diffus- . onsstrom bieten , nicht mit der Dicke wächst. Unerwarteter als diese Erfahrung ist lie andere, dass beim Aufenthalt in SaMö,sungen (Na Cl) sich ihre Durchgängigkeit Ar das Salz mehrte (A. Pick), während sie sich für das Wasser unverändert erhält. iiie Veränderungen, welche der Herzbeutel mit der Versuchszeit eingeht, bewirken eine i ivli rung der Quellungsfähigkeit, der Wegsamkeit für den Salzstrom imd die Aenderung i ndosmotischen Aequivalents.- Wendet man ein frisches , nur mit Wasser ausge- laschenes, aber vor Beginn des Versuchs nicht getrocknetes Stück an, so gewinnt man vit ihm (für NaCl und NaO SO3) sehr übereinstimmende endosmotische Aequivalente, I lbst wenn man die Häute aus ganz verschiedenen Thicren benutzt hat. Eingctrock- t:te und wieder aufgeweichte Häute geben ein höhers endosmotisches Aequivalent Eckhard), was wahrscheinlich von einer Vermehrung des Widerstandes für den Salz- rrom abhängt (Schmidt). Gerade wie bei Uollodiumhaut wird aber auch hier durch engeren Aufenthalt in der Lösung eines Salzes die Wegsamkeit für das letztere erhöht-

Statt dem bisherigen Gebrauch gemäss nur das Verhältniss er Ströme, die von den beiden Grenzflächen ausgehen (das en- osmot. Aequivalent), zu messen, haben die neuereu Arbeiten indem t-e Zeitbestimmungen mit aufnahmen, die absolute Geschwindigkeit •er einzelnen Ströme festgestellt. Solche Ge^chwindigkeitsmessun- 'sn sind ausgeführt an Strömen, die nach der einen Richtung /asser, nach der andern Kochsalz, Glaubersalz, Chlorkalcium und rackcr mitnahmen.

Der Wasser Strom gewinnt an Geschwindigkeit 1" mit er Temperatur der diflundirenden Massen (Fick, l^ckhard) und var am Herzbeutel nach einem Gesetze, welches durch dieselben togffizienten dargestellt wird, das den Filtrationsstrom durch ieselbe Haut regelt. Seine Geschwindigkeit wächst mit ein Unterschied des Gehaltes an den Stoflen in den beider-

14»

212

Diffusion; Geschwindigkeit des Salz - und Wasserstroms.

seitigen Flüssigkeiten. Versteht man unter Gehalt den Bruch aus dem Gewicht des aufgelösten Salzes (s) durch das Gewicht der gesammten in der Lösung vorhandenen Einzelgewichte des Was

sers (w) und des Salzes s also so gilt für Collodiumhaut und

V / s+ w ' °

Na Cl Lösung, dass der Wasserstrom um ein weniges langsamer steigt

als der Gehalt (A. F i c k) ; für Herzbeutel und Na 0 SO:i-Lösunf;

steigt die Geschwindigkeit des Wasserstroms, wenn der Gehalt dei

Lösung von 0 bis zu etwa 1 p. c. anwächst, dann sinkt sie rascli

und wächst bei weiter steigendem Gehalt abermals und zwar bis

zum möglichen Maximum des Salzgehaltes proportional der Dich

tigkeit. Befindet sich ungelöstes Glaubersalz auf der Membran.

so steigt abermals die Geschwindigkeit plötzlich (W. Schmidt).

Riicksichtlich der niedern Conzentration verhält sich der Wasser

Strom, der durch eine Thonseheidewand zum NaCl geht, ähnlicli,

indem die Geschwindigkeit bei dem Wachsen der Conzentration von

0 bis 0,2 p. c. sehr rasch zunimmt, von da bis 1,0 p. c. wieder

rasch abnimmt und von da ab wieder bis zu 26,5 p. c. stetig mit

der Conzentration steigt (A. Fick, Graham). 3" Wenn der

Wasserstrom welcher durch eine Collodiumhaut zum Kochsalz

geht==l gesetzt wird, so ist, gleicher Prozeutgehalt der entgegen

stehenden Lösung vorausgesetzt, die Geschwindigkeit des Stroms

zum Zucker = 0,15 und zum Chlorkalciura = 0,7. (A. Fick).

Die Geschwindigkeit des Salzstroms steigt 1" mit der Tem peratur genau wie der Wasserstrom (Schmidt); 2" mit dem Ge halte der Lösung und zwar bei Anwendung von Na Cl und Thor Scheidewand oder NaOSOn und Herzbeutel direkt wie das Wachs thum des Gehaltes (A. Fick, W. Schmidt); 3" bei frischen Collodiurahäuteu und getrockneten Herzbeuteln mit der Aufenthalts zeit in der betreffenden Lösung.

Aus diesen Erfahrungen leitet sich ab 1" dass das endosmot. Aequivalent von der Temperatur unabhängig ist; dass es sicli für Koch- und Glaubersalz mit der Conzentration ändert und zwar für Glaubersalz und Herzbeutel ganz nach der von C. Lud wig angegebenen Weise (Schmidt); 3o dass die Aequivalentc beil Anwendung getrockneter Herzbeutel und frischer Collodiumhaut) höher sind als bei langer Zeit in der betreffenden L<)sung aufirc weichten; hierzu fügt Eckhard, dass es für den Werth der endi's motischen Aequivalentes gleichgültig sei, ob mnn die freie oder di'' I angewnchsene Fläche des Pericardiums gegen die Salzlösung wcnd*

1

Physiologischus Vorkoiumon der Diffusion.

213

i iuul ebenso ob der Salzstrom nuf- oder absteigend durch die Mem- bran gehe.

Auf dem Wege der Diffussion müssen unzweifelhaft Bkitbe- staudtheile aus den Gefässröhren in die umgebenden Gewebe ge- ! tlilu-t werden, weil diese letztern mit wässerigen Flüssigkeiten er- rftillt sind, deren Zusammensetzung von der Blutflüssigkeit abweicht, l lieber diese Strömungen lässt sich im Allgemeinen angeben: 1) Sie l^werden nach den Prinzipien für die endosmotischen Strömungen zu Ihbeurtheilen sein, weil die beiden Flüssigkeiten durch eine thie- (rische Haut getrennt sind. 2) Die Ströme werden während der uganzen Lebensdauer ununterbrochen fortbestehen, weil nemlich «zahlreiche Einrichtungen angebracht sind, welche es verhüten, dass Idie Flüssigkeiten an den beiden Seiten der Membran eine gleiche /Zusammensetzung erlangen. Diese ununterbrochene Dauer des ^Stroms schliesst aber natürlich ein Steigen oder Fallen seiner Ge- «schwindigkeit nicht aus , im Gegentheil, es wechselt aus verschiede- iinen Gründen die mittlere Geschwindigkeit der Diifusionsströme mit ider Zeit sehr merklich. 3) Die Flüssigkeit, welche sich in Idem Strom bewegt, kann niemals die Zusammensetzung des Blu- tites haben; denn es besitzen die einzelnen Blutbestandtheile eine >ganz ausserordentlich ungleiche Difhisionsgeschwindigkeit, ein Un- te'schied, der namentlich zu gross zu sein scheint, als dass er lidurch die ungleichen Prozentgehalte wieder compensirt werden kkönnte. 4) Die Ströme, welche an verschiedenen Orten des 'ihierischen Körpers vorkommen , werden Flüssigkeiten von ganz labweichender Zusammensetzung führen. Dieses geschieht nach- wcisslich darum, weil die auf der äussern Gefässfiäche dem Blute .entgegengesetzten Stoife nicht überall dieselben sind. So ist z. B. »an dem einen Orte das Gefäss von Luft, an dem andern aber von wässeriger Feuchtigkeit umgeben und demnach tritt dort eine Gas- end hier eine Hydro ditfusion ein. Dabei bleibt aber der Unter- tschied nicht bestehen, sondern es finden sich auch bedeutende Ab weichungen in den die Gefässhaut umgebenden wässerigen Lösun- :gen. Je nachdem also der eine oder andere Stoif in der Lösung vorkonmit, wird auch bald dieser oder jener Blutbestandtheil leb- ihaftcr angezogen werden oder auf seinem Wege durch die Haut imehr oder weniger Widerstand finden. Zu diesen nachweis- ;lichen Gründen für eine grosse Mannigfaltigkeit in der Zusanmicn- "Setzung der aus dem Blute tretenden Säfte fügt man vermuthungs- »weisc noch einen andern, den ncmlicli, dass die verschiedenen

214

Absondorung durch Norvonerregung.

thieriscben Häute wegen der ursprünglichen Abweichung in ilirer Zusammensetzung oder in ihrer sonstigen molckubiren Anordnung eine ungleiche Durchgangsfähigkeit für dieselben Flüssigkeiten be- sitzen sollen. Diese Vermuthung stützt man auf die im I. Bd. p. 79. 3 angeführten Versuche, welche allerdings noch einer wei- tern Bestätigung bedürfen, die Meissner*) zu geben verspricht. 5) Die auf Diffusion beruhenden Absonderungen sind jedesmal mit einem Strom im umgekehrten Sinn, mit einer Eesorption, verbun- bunden.

c. Nervenerregung **). Eine beschränkte Zahl von Drü- sen (und dieLympbgefässanfänge?) bringen die Absonderung ihrer Säfte zu Stande unter Mitwirkung der in sie eintretenden Nerven. Der Mechanismus, durch welchen der erregte Nerv die Abson- derung einleitet, ist unbekannt; keines Falls aber ist der Nerv dadurch wirksam, dass er den Blutdruck innerhalb der Gefässe, welche die Drüse durchsetzen, partiell steigert, indem er die Durchmesser jener Gefässe verändert. Dieses wird darum zur Ge- wissheit, weil der Druck, unter welchem der abgesonderte Saft in den Diüsengang einströmt, weit grösser ist, als der, unter welchem gleichzeitig der Inhalt der Blutgefässe gespannt ist; ja noch mehr, es kann der erregte Nerv auch noch zu einer Zeit die Abson- derung hervorrufen, in welcher das in der Drüse enthaltene Blut weder strömt, noch überhaupt gespannt ist.

l'ig. 49. Dej. Absonderungsdruck wird dadurch gemessen,

dass man in den Ausführungsgang einer Drüse A (in der schematiscben Fig. 49.) ein Manometer B einbin- det. Dringt riüssigkoit durcb die Poren der Drüsen- wand }ih in das Innere des Drüsenbläscbeus, so wird sie allmählig auch in das den Äusführungsgang ver- schliessende Manometer dringen und das Quecksilbeit desselben so lange emporheben, bis der Druck, den die Quecksilbersäule ausübt, gross genug ist, um der Qe^ walt, mit welcher der Drüsensaft durch die Poräi ß strömt, das Gleichgewicht zu halten. Der Abso'ü- derungsdruck ist also nichts anderes, als die in cintÄr beliebigen Flüssigkeit ausgedrückte Druckhöhe, untet welcher die abgesondurteii Säfte in die Diü-se gepresst werden.

Obwohl die Absonderung unabhängig yom Blutstrom eintreten kann , so veniiaff sie sich doch nicht ohne Zuthun desselben auf die Dauer zu erhalten. So hat

*) Jnhrcsbericlit Uber Physiologie für l.V>7. •*) C. Ludwipr in Honle's und Pfcufei's ZeitBclirift. N. F. I. Bd. - Czcrmnk, Wiener Sitzungsbericlite Bd. XXV. C. Ludwig und A. Splcss, Wiener Sitzungsberichte.

Eigenschaften dur nervösen Absonderung.

215

iCzermak gefunden, dass die Erregung der zur gl. submaxillaris gehenden synipathi- - sehen Zweige die Speichelabsonderung, Tv-elche durch die gleichzeitige Erregung des ' Astes von ll&m. lingualis eingeleitet war, ziemlich rasch zu unterdrücken vermag ; die ' Beizung des Sympathicus bringt aber auch zugleich eine auffallende Verlangsamung, jtt eine vollständige Stockung des Blutstroms lierA'or. Umgekehrt pflegt sieh zu jeder ira gesunden Tliier einti'etenden Absonderung auch eine raschere Blutströmung durch i:die Drüsen zu gesellen. (Gl. B ern a rd). Die von Czermak gefundene Thatsache lässt f freilich auch noch andere Erklärungen zu.

Den Eigenschaften der Nerven entsprechend wird die von i ihnen abhängige Absonderung keine stetige, sondern eine durch (längere oder kürzere Zeiten unterbrochene sein, sie wird nur ein- ttreten können, wenn der Nerv erregbar ist. In der That tritt sie saber, die Erregbarkeit der Nerven vorausgesetzt, nur dann ein, vwenn der Drüsennerv wirklich erregt wird; dieses geschieht aber, ^soweit wir wissen, ganz unter denselben Umständen, unter denen •auch der Muskelnerv zur Erregung kommt; und es wächst dann die Geschwindigkeit der Absonderung, alles andere gleichgesetzt, pmit der Intensität der Erregung.

Mit dem Eintritt der Absonderung erhöht sich jedesmal die ITemperatur der Drüse, denn es sind die aus ihr hervorkommen- (iden Speichel- und Blutmassen höher erwärmt als das eintretende ilBlut. Dieser Wärmezuwachs scheint mit dem Erregungswerth der IDrüsen zuzunehmen (C. Ludwig, A. Spiess).

Die Säfte, welche durch dieses Hilfsmittel dem Blute entzogen pwerden, sind erfahrungsgemäss durchaus anders zusammengesetzt, aals die Blutflüssigkeit. Ob sie aber in allen dem Nerveneinfluss Quntenvorfenen Drüsen gleich oder ungleich sind, lässt sich nicht ;iangeben. Allerdings weicht die Zusammensetzung der einzelnen ^Nel•vensekrete, wie z. B. Thränen und Speichel, von einander ab, laber es kann diese Thatsache nicht als ein Beweis dafür ange- >8ehen werden, dass durch Vermittelung des Nerven in die beiden Drüsen verschiedenartige Säfte geführt worden seien, und zwar idarum nicht, weil es sich nicht darthun lässt, ob nicht noch an- idere Sekretionsursachen, z. B. eine Diffusion, sich an der Bildung tvon Thränen oder Speichel betheiligt haben.

Um den Einfluss der Nerven auf die Absonderung zu erklären , hat man die ■Führung der Flüssigkeit durch den elektrischen Strom zu Hilfe genommen. Obwohl sich sehr viele Wahrscheinlichkeitsgründe zur Unterstützung dieser Annahme zusammen- finden lassen, so fehlt doch noch viel, bevor es erlaubt sein dürfte, dieses ganz neue Er- klärungsprinzip in einem Lehrbuch zu erörtern.

3. Weitere Veränderungen der abgeschiedenen Säfte. Die Pllissigkeiten , welche durch irgend eine der bezeichneten Kräfte

21(5 Clicmischo Uniscteung der ausgeschiedenen Säfte.

aus dem Blutstroiu auf die äussere Fläche der Gefässbaut beför- dert sind, gelangen dort, je nach dem Organ, in welchem die Ab- sonderung vor sich ging, unter besondere Bedingungen, welche bei aller sonstigen Verschiedenheit doch darin tibereinstimmen, dass sie eine Veränderung der ausgeschiedenen Säfte anbahnen und vollenden ; diese Veränderungen betreffen ebensowohl die chemische Zusammensetzung, als auch den Aggregatzustand derselben.

a. Chemische Umsetzungen der ausgeschiedenen Stoffe. Die Thatsachen, ai;f welche eine theoretische Uebersicht derselben gebaut werden könnte, sind gegenwärtig noch in keinem Falle mit genügender Schärfe festzustellen. Hierzu gehörte vor Allem eine genaue Einsicht in die Zusammensetzung ebensowohl der ursprünglich ausgeschiedenen als auch der später veränderten Flüssigkeiten, und nicht minder eine Kenntniss aller der Umstände, durch welche der jedesmal in Betracht gezogene Ort eine che- mische Umwandlung einzuleiten vermöchte. Der organischen Chemie kann es nicht zum Vorwurf gereichen, dass sie die Schwie- rigkeiten, welche sich der Lösung einer solchen Aufgabe entgegen- stellen, bis dahin nicht zu heben vermochte.

Wir vermuthen mit einem hohen Grade von Wahrscheinlich- keit, dass die chemischen Umsetzungen, welche in den ausge- schiedenen Blutbestandtheilen vor sich gehen, sich erstens vorzugs- weise beziehen auf die organischen Substanzen derselben und insbesondere auf die eiweiss- und fettartigen Stoffe. Diese Vermu- thung entspringt aus der nicht unbeträchtlichen Zahl von Erfah- rungen über die Zusammensetzung einzelner in den thierischen Geweben vorkommender Stoffe; diese letztern bestehen nemlich fast sämmtlich aus Atomen, welche nur mittels des Eiweisses oder der Fette in die Gewebe gelangt sein können. Die einzigen Aus- nahmen von dieser Regel bilden, so weit wir wissen, die Salzsäure des Magens und einige Verbindungen organischer Säuren mit Na- tron, welche durch die Zersetzung des Chlornatriums imd des kohlensauren Natrons entstanden sein müssen.

Wir geben sogleich ein Verzeichniss derjenigen Stoffe, welche aus einer Umsetzung des Eiweisses und der Fette abgeleitet wer- den müssen. Aus dieser Aufzählung schliessen wir jedoch alle diejenigen Produkte aus, die uns, wie das Lecithin, Excretin, Xau- thoglobulin, einige Farbestoffe u. s. w., nur nach ihren Verwandt- schafts- oder Crystallisationseigenschaften , nicht aber nach ihrer Zusammensetzung l)ekannt sind.

Abköiumliiit'o dor Fotto und dos Eiwcisscs.

217

Die in die Tabelle aufgenommenen Stolfe sind in zwei Spalten :geordnet, von denen die eine alle diejenigen Atomgruppen enthält, \'welclie man mit Gemssheit oder Wahrscheinlichkeit als Abkömra- !'Iinge des Eiweisses ansieht, während die andere die AbkömmHnge der Fette enthält. Die Atoragruppen der ersten Spalte sind !:iüit wenigen Ausnahmen nach ihrem relativen Gehalt an Stickstoff iiin der Art geordnet, dass die an diesem Elemente ärmeren voran- [igestellt wurden.

Zersetzungsprodukte, an deren Bildung betlieiligt Zersetzungsprodukte, an deren Bil- war Ei weiss = €74 Hgc Ni) Oa? S| (Lieber- dung bctboiligt wird Stearin = kübn), Verhältuiss des C : N = 8 : 1. CiuHiu Oiu u. Olein = C42 HmOs.

tCfiiiucn der Abkümmliiige.

Zusammensetzung.

Verliält- nissznhl zwischen C- und N- atoiTiGii * N-=l.'

Niimcn der Abkömmlinge.

Zusammen Setzung.

r " "

tZucker (Amylon)

C12 H|j O12

Margarinsäure

C34H34O4

ifilchsiiure

CeHe Oe

Palmitinsäure

C32 H32 O4

' l^henylsäurc

CijH? O2

Capronsäure

Cl2H,2 04

ruurylsäuro

Cu Oj

Buttersäure

C8H8O4

lalursäure

Ct4Hl2 04

Propionsäure

GiUi O4

iDC'bolsäurc

C52 H45 Ni 0,4 S2

52

Ameisensäure

C2H2O1

.lilycoc holsäure

C52 H43 N| O12

52

Oxalsäure

C2O3

llndican

C52H35Ni03ü

52

Bernsteinsäure

C4 H3 0,

y'Oercbrin (Müller)

C34H33N1OC

34

Glyccrin

CjHgO«

ri'yrosin

CisHiiNiO«

18

Cbolestcarin

C28 H24 0

ädippursKure

Cl< Hg N, 0,i

18

Kohlensäure

CO2

j'JUiverdin

CioHgNiOs

IG

Wasser

HO

niliphain

CsäHigNaOo

16

( Müller

CgHqN, O4

8

nieucinrcibe < Qorup

C12H13N1 O4

12

( gewöhnl.

CoHuNi O4

10

' lydrotsäure

CioHgNiOi,

10

ndrigen

C32H2(iN4 0|4S(?)

8

.uislischer Stoff

C52H40N7O14

7,4

iJoUa

C13H10N2O5

G,5

Oystin

CßHcNi O4S2

0

Paurin

CiHTN.OnSa

4

t.nosinsäure

CioIItNjOh

5

iircatin

C8HgN3 04

2,G

itrcatinin

C8H-N3O2

2,G

1 lypoxantliin (Sarkin)

C5H2N2O

2,5

1 Janisäuru

CnH^NjOs

2,5

Vlan toin

C8ll(;N4 0c,

2

l.lamstoff

C4H4N2 02

1

rriiiictbylaminin

G

Ammoniak

II3N,

'Hickgas

N

'khwcfelsäurü

SO3

tolilcnHÜurc

CO.

iV asscr

HO

218

Abkömmlinge erster und zweiter Ordnung.

Die Arbeiten der Chemiker haben uns die wichtige Aul kUlrung verschafft, dass zwisclicn den verschiedenen Gliedern die ser c,'rossen Reihe eine eigenthündiche Beziehung besteht, die darin liegt, dass alle Abkömmlinge des Eiweisses innerhalb des thic riseheu Leibes, so verschieden sie auch ursprünglich gewesen sein | mögen, sich doch schliesslich verwandeln in Harnstoff, Ammoniak Stickgas, Schwefelsäure, Kohlensäure und Wasser, und diejenigen i der Fette in Kohlensäure und Wasser. Diese eben erwähnteuj Stoffe haben die eine physiologische Eigenthündichkeit gemein, dass sie sämmtlich in die Organe (Lunge, Haut, Niere) abge- sondert werden, deren Inhalt im regelmässigen Verlaufe des Lebens aus dem thierischen Körper wieder entleert wird. Darum ist man auch übereingekommen , sie mit dem Namen der Auswürf- linge zu bezeichnen.

Zwischen den Fetten und dem Eiweiss einerseits und den Auswürflingen oder den letzten Produkten des thierischen Stoff- wechsels anderseits liegt somit eine grosse Zahl von Atomgruppen in der Mitte, welche man als die allmähligen Uebergänge der we sentlichen Bestandtheile des Bluts in die des Harns, der Lungei und des Hautdunstes ansehen kann. Diese Mittelprodukte ver dienen hier noch einige Aufmerksamkeit.

Rücksichtlich ihrer Entstehung kann als gewiss angesehei werden, dass die Bedingungen für diese Umsetzungen erster Ord nung, wie wir sie nennen wollen, sich nicht gleichmässig dm-cl den ganzen Körper hindurch vertheüt finden, so dass in einem je den Organe ein jedes dieser Produkte zum Vorschein kommer könnte, im Gegentheil, es knüpfen sich an bestimmte Organe aucl ganz bestimmte Umsetzungsprozesse. In diesem Sinne kann alsc ein jedes Organ als ein specifischer chemischer Herd betrachte werden. So wird u. A. gebildet im Hirn : Cerebrin, Lecithin, Krea tin, Milchsäure, flüchtige Fettsäuren aus der Gruppe CiuHonOj Cholestearin (?) (Frem, Gobley, W. Müller); in den Muskeln die niedern Glieder der Fettsäurenreihe von der Buttersäure ab wärts ; Milchsäure, Inosinsäure, Hypoxanthin, Kroatin, Kreatinin un( Muskelzucker (Liebig und Scher er); in der Leber: Biliphain un( Biliverdin (Heintz), Haematoidin (Valentin er), Gl3'C0- um Taurocholsäure (Strecker), Tyrosin und Leucin (Frerichs un( S t a e d e 1 e r), Amylon , Traubenzucker (B e r n a r d) ; Inosit (Ol o e tt a) in der Milz und dem Pankreas: Leucin (Frerichs, Staedelcr V i r c h 0 w), Hypoxanthin, Harnsäure (S c h e r e r) und Inosit (C 1 o e 1 1 a)

Oxydation der Mittolproducte.

219

in der Lunge: Tanrin Harnsäure, Inosit(CloetJ;a); in den Synovial- . Säcken, Schleim- und Speiclieldrüsen : Sclileimstoff ; in den Milch- drüsen : Casein und Milchzucker ; in dem Bindegewebe und den Knochen ( Collagen; in dem elastischen Gewebe: elastischer StolF; in den Knor- peln: Chondrin (J.Müller); in den Epithelialzellen und den Haa- ;ren: eine sehr schwefelreiche Atomgruppe (Mulder) u. s. w.

Der Mechanismus, durch welchen in den bezeichneten Orten idie Umsetzung eingeleitet wird, ist nun freilich noch in Finsterniss •gehüllt, welche, so tief sie auch sein mag, uns doch wenigstens t erkennen last, dass die aufgezählten Produkte aus Fetten und l Eiweiss gebildet wurden, entweder mittelst einer blossen Umlegung i ihrer Atome ohne gleichzeitige Veränderung ihrer Zahl, oder durch eeine einfache Spaltung, oder durch eine Spaltung mit nachfolgen- tlder Wiedervereinigung einzelner Spaltungsprodukte, oder endlich i durch eine Spaltung, welche von einer theilweisen Oxydation be- -gleitet wurde. Es wird erst die Aufgabe der besondern Abson- i dernngslehre sein können, im einzelnen Fall auf die wahrschein- Uichste Entstehungsweise der einzelnen Produkte hin zu deuten; iim Allgemeinen lässt sich aber hier gleich einsehen, dass das ' ichzeitige Erscheinen von stickstofffreien und stickstoffreichen ndcr schwefelfreien und schwefelreichen Atomgruppen in einem iml demselben Organe sich am einfachsten erklärt durch eine ^|Kiltung der Eiweissatome.

Die Zusammensetzung der Auswürflinge oder derjenigen vStoffe, welche als Abkömmlinge aus der ersten Umsetzung anzu- wehen sind, deutet auf eine einfachere Entstehungsweise. Sie nragcn nemlich sämmtlich den Stempel des Oxydationsprozesses, lindem sie entweder , wie das HO, CO2, SO3 und Harnstoff, selbst ^iehr sauerstoffreiche Atome darstellen , oder , wie H3N und N gas, lÄU den Produkten gehören, welche bei einer energischen Oxy- liation der eiweissartigen Stoffe immer auftreten. Da nun die :i;esammteu aus dem Blut ergossenen und dem Umsatz anheim- :'5egebenen Eiweiss- und Fettstoffe schliesslich in diese Verbren- mungsproduktc übergehen, so ist es erlaubt, den thierischen 'Stoffunisatz im Ganzen mit einem Verbrennungsprozess zu ver- ;;Ieichen; dieser Oxydation muss aber immer erst eine anderweite ^ierlegung der wesentlichen Blutbestandthcile vorausgegangen sein, ■welche ihr die Brennstoffe liefert.

Dieser letzte Akt des thierischen Stoffumsatzes, die Verbren- nung, findet seine Bedingungen deumach auch im tliierisohen Körjier

220

Oxydation der Mitlelproduktc.

häufiger vor als der, welcher die Bildung jedes einzelnen der Zer- setzungsprodukte erster Ordnung veranlasst, denn es muss überall, wo überhaupt eine Zersetzung statt findet, auch die Verbrennung sich einfinden, vorausgesetzt nur, dass dem mit Sauerstoff ge- schwängerten Blutstrom Zutritt zu dem Herde der Umsetzung ge- stattet ist. Aber selbst die erstere der eben aufgestellten Be- dingungen braucht nicht einmal erfüllt zu sein. Denn es werden auch Zersetzungsprodukte nach den Orten, welche selbst keine er- zeugen konnten, hingeführt werden müssen; viele derselben sind nicht allein löslich, sondern sie diflfundiren auch leicht durch die Gefässliäute, so dass sie mit dem Blute tiberall hindringen. Mög- licher Weise stellen sich sogar in diesen Orten die Bedingungen für die weitere Umsetzung günstiger als in den Ursprungsstätten, so dass man sagen kann, es führe das zweite Organ die Zersetzung weiter, welche das erste eingeleitet hatte.

Diese allgemeinen Betrachtungen können vielleicht zu zwei irrthlimlichen Schlussfolgerungen verleiten ; man könnte erstens zu der Annahme verführt werden, dass erst dann eine Zer- setzung der wesentlichen Blutbestandtheile möglich sei, nachdem sie ausserhalb des Gefässraums getreten wären. Dieses ist aber weder zu beweisen, noch auch wahrscheinlich; denn, wenn man auch von allen andern Grltnden absieht, die erst später verständ- lich sind, so ist doch mindestens sogleich einleuchtend, dass im Blute die leicht oxydablen Abkömmlinge der Fette und des Ei- weisses eben so gut der Verwesung anheimfallen müssen, als in diesem oder jenem Organe um so mehr als das Blut ein nach- weissliches Ferment enthält. Im Gegensatz hierzu könnten die obigen Bemerkungen zu der Behauptung veranlassen, dass alles Eiweiss und alle Fette, welche einmnl die Blutgefässe verlassen hätten, auch nothwendig eine Beute des Umsatzes würden, so dass die Atome, welche dieses Eiweiss zusammensetzten, nicht eher wieder in das Blut zurückkehren könnten, bis sie sich zu Zer- setzungsprodukten erster oder zweiter Ordnung umgestaltet hätten. Diese Annahme würde aber mit der Erfahrung nicht übereinstim- men, dass aus allen Organen, und insbesondere aus deren Binde- gewebsräumen, eigenthümliche Kanäle, die Lymphgefässe, entsprin- gen, welche neben andern Stolfen auch Eiweiss und Fett aus deu Geweben in das Blut zurückleiten.

b. Veränderungen im Aggregatzustandc der aus- geschiedenen Säfte. Die flüssigen Bestandtthcilc der Säfte

VcriinJerunt;en dos Aggrogatzustandoa in den Säften.

221

iicliiiien Je nach ilircr Natur und den Umständen, in die sie s^- lanf;en, den gasloi niigen oder den festen Aggregatxustand an. Die erstere Uniforinung erfolgt unter den einfachen Bedingungen, die wir jedesmal bei einer Verdunstung auftreten sehen. Da diese aller Orten und namentlich auch wiederholt schon in diesem Werke niitgetheilt sind und noch mitgctheilt werden sollen, soweit sie sich cigenthümlich gestalten, so wird ihnen hier keine weitere ^Aufmerksamkeit geschenkt. Anders verhält es sich aber mit dem f Festwerden des Flüssigen.

Der feste Aggregatzustand, wo er auch entstehen mag, führt lim thierischen Körper jedesmal zur Bildung eigenthümlicher For- :men. So weit diesell)en mit unseren Vcrgriisserungsgläscrn zerlegt iv werden können, sind dieselben so beschaffen, dass sie aus allge- r raein wiederkehrenden Massenanordnungen, die man gemeinhin als \ Korn, Faser und Haut bezeichnet, aufgebaut sind. Körner, Fasern und Häute sind nemlich, entweder jedes für sich oder in Verbin- dung mit einander und zugleich mit Flüssigkeit, benutzt zur Her- iätellung eigenthündich begrenzter Gebilde, der Zellen, Köhren Fa- -äcrnetze u. s. w., welche immer noch von mikroskopischer Grösse ■von den Anatomen als Elementarformen der Organe oder als Ge- *webselemcnte bezeichnet werden. Solche Elementarformen grup- ipiren sich endlich in sehr verschiedenartiger Weise zu Organen.

Wir wenden unsere Blicke zuerst zu den Elementarformen ; lifiier gewahren wir zunächst, dass einer jeden derselben eine bc- 'Sondcre Lebensgeschichtc zukommt, deren sichtbarster Inhalt zu- nächst darin besteht, dass sich ein jedes Gewebsclement aus der nUssigkeit allmählig hervorbildct x\nd dann unter stetiger, yvenn anch oft sehr langsamer, Veränderung seiner Form wieder zu 'crrunde geht; mit der letztem verändert sich auch zugleich die chemische und physikalische Beschaffenheit der Stoffe, aus wel- chen sie gebaut ist.

Belegt man die gesammte Summe dieser Veränderungen mit 'lern Namen der Entwickelungsgeschichte, so muss zur vollendeten I Herstellung derselben nicht blos die Formfolge, sondern auch die Umgestaltung der andern Eigenthümlichkciten gegeben sein. Sehen svie zu, was in dieser IJeziehung unsere gegenwärtigen Methoden zu eisten vermiigen.

Form folge. Die Darlegung des Formwechscls, den ein Ge- lilde während seiner Lebensdauer erfährt, setzt voraus, dass die ■i'stalt eines mikroskoi)ischen Gegenstandes Uberhaupt erkannt sei.

222

Festor Aggregatzustand , l'"onn folge.

Insofern man hierbei, wie es gewöhnlich geschieht, zugleich ermit- teln will, wovon das verschiedene Lichtbrechungsvermögen der ein- zelnen Stücke eines solchen Gebildes abhängig ist, ob yon der Anordnung des Aggregatzustandes, der chemischen Zusammensetzung, der besondern Gestalt der Oberflächen, genügt die einfach mikros- kopische Betrachtung der nach verschiedenen Richtungen gefüluien Durchschnitte des Gegenstandes nicht, sondern sie ist mit beson- dern Hilfsmitteln zu verbinden , wie z. B. mit der Prüfung auf die Cohäsion, durch Druck oder Zerrung mit der Anwendung schrum- pfender und quellender, theilweise lösender, färbender die Unterschiede der Lichtbrechung steigernder oder mindernder Reageutien. Seitdem diese Einsicht einen praktischen Einfluss gewonnen, hat sich das Urtheil über viele Formen anders gestellt, imd manchem dürfte noch ein ähnliches Schicksal bevorstehen. Nach einer, wie es meist geschehen, genügenden Lösung dieses Problems, erhebt sich die zweite, viel schwieriger zu befriedigende Forderung, die Reihen- folge der Gestalten, welche ein Gebilde während seiner ganzen oder eines Thcils seiner Lebenszeit erfährt, auszumitteln. Da man beim Thier auf die bei einzelneu Pflanzen anwendbare Methode verzichten muss, die verschiedenen durch das steigende Alter be- stimmten Forraunterschiede eines und desselben Objekts zu er- kennen, so ist man genöthigt die verlangte Reihenfolge dadurch zu gewinnen, dass man sie aus der Formen verschiedener Indivi- duen zusammenreimt, deren Alter durch irgend ein Kennzeichen mehr oder weniger genau festgestellt ist.

Bei diesem Verfahren kommt es also durchaus noch darauf an, unverfängliche Kennzeichen für das Alter der betrachteten Ge- genstände zu gewinnen, ferner die Beobachtungen ihrer zeitlichen Reihenfolge nach möglichst zu häufen, und endlich dafür zu sor- gen, dass die verschiedenen Formen, welche man als zueinander gehörige ansieht, auch wirklich dieser Bedingung entsprechen.

Als Kennzeichen für die Lebensdauer dient einmal das be- kannte Alter des Thieres aus dem das mikroskopische Objekt ge- nommen ist, oder die Lagerungsstätte, welche eine Elementarfoim einnimmt; so namentlich die Entfernung, um welche die letztere von dem Orte der ersten Erzeugung durch neu gebildete Formen verschoben ist; dieses gilt u. A. für die Zellen in den verschie- denen Lagen des Pflasterepithels; oder der Abstand, in wel- chem ein Gebilde von dem Ausgangspunkt eines formgestaltenden' Vorgangs liegt, der sich nach dieser oder jener Richtung fort-

Mischungsfolgc.

223

pflanzt; liierlicr gehören z. B. die Formen, welche wllhreiid der Verknöcherung vom Orte schon vollendeter Knochenbiklung bis zimi innveränderten Bindegewebe oder Knorpel hingestreckt sind. Die aus dieser Betrachtung hervorgehenden Schlüsse sind so lange un- i-erfänglich, als auf demselben Orte nur die verschiedene Umbil- iluugsstufe ein- nnd derselben Formate vorfindig sind. Sie hören öS auf zu sein, wenn wie es meist der Fall, gleichzeitig und klurcheinander verschiedene in auf- und absteigender Ordnung wach- tjende Gebilde vorkommen. Der Beweis, dass eine im spätem .jcbensalter beobachtete Form wirklich die weitere Umwaudlungs- t5tufe einer andern früher gesehenen ist, kann dann nur durch be- tioudere Hilfsmittel geführt werden, wie z. B. dadurch, dass sich üine chemische oder funktionelle Identität herstellen lässt, oder l;lass das Zahlenverhältniss der verschiedenen Formen in aufeinan- i.lerfolgender Alterstufe dasselbe geblieben ist, oder dass man so iele und rücksichtlich des Zeitabstandes einander so nahe ge- jgene Formstufen untersucht hat , dass sich durch sehr uahe- aegende Uebergäuge der Stammbaum entwickeln lässt u. s. w. ))a diesen letztern Bedingungen in zahkeichen Fällen nicht genügt ri^urde oder nicht werden, konnte, so haftet vielen sogenannten Ent- fdckelungsvorgängen ein solcher Grad von Unsicherheit an, dass sach dem Ausspruch He nies der unermüdlichsten und überlegen- sten kritischen Autorität auf diesem Gebiete die Veröffentlichung wn Beobachtungsresultaten über Formfolge nur noch die Geltung iiiner Abstimmung hat.*)

Mischungsfolge. Obwohl mm dem Mikroskop noch viel 1 1 thun übrig bleibt, so sind doch noch immer seine Aufklärungen eit voraus denen, die uns die chemische und physikalische Durch- '•»rschung leisten müssen. Wir haben in keinem Falle eine klare 'orstellung von der ganzen chemischen Zusammensetzung der l'lementarformen zu irgend einer Zeit, geschweige denn von der uemischen Entwickelung der Gewebe, ebenso ist uns nur sehr fieilweise Ijekannt der atomistische Bau der Flüssigkeiten , in wei- nen jene Elementargebildc wachsen oder vergehen, und noch weniger (ie Dehnbarkeit, Festigkeit, die (iuelhmgsfähigkcit, die Spannung, m Lichtbrechungsvermögen und deren Aenderungen in der Zeit.

Da aber mindestens alle diese Fragen beantwortet sein müssten, m auch nur den Versuch einer Theorie der Gewebsentwickelungen

•) Aiiiitoinlsclicr .Inlircsbnricht fiir ISöC. Leipzig u. Ilclilollicrg IHM. p. 1.

224

Entstehung (los tosten Aggregatzustandes.

möglicli zu machen, so folgt sogleich, dass uns fUr jetzt nichts übrig bleibt, als nach neuen Angriffspunkten für die Beobachtung zu suchen. Hierher dürfte Folgendes zu rechnen sein.

«. Zur Entstehung eines jeden Formelements ist zunächst die i Umwandlung des flüssigen in den festen Aggregatzustand nötliig, also wird auch zuerst zu fragen sein aus welchen Gründen ent steht in den Flüssigkeiten des thierischen Leibes ein Niederschlag? Indem wir zur Aufzählung der Hülfsmittel schreiten, welche der Organismus besitzt, um den flüssigen Aggregatzustand seiner Be standtheile in den festen zu verkehren, darf die Bemerkung nicht unterdrückt werden, dass sie uns, so weit wir sie kennen, nicht etwa durch besondere auf diesen Punkt gerichtete Untersuchungen aufgeschlossen wurden. Sie sind im Gegentheil nur ein beiläufiger Erwerb anderer Beobachtungsreihen, die mit den chemischen Bc standtheilen des Thierleibes inner- und ausserhalb dieses letzteren angestellt wurden. Diese Mittheilung bürgt hinlänglich dafth-, dass die folgenden Angaben nur einen sehr kleinen Theil der wirklich vorhandenen Mittel umgreifen.

Die Salze mit alkalischer und ammonikalischer Basis, ferner Ca Gl, Mg Gl, Zucker, Milchsäure, Harnstoff, Kroatin, die niedem Glieder der Fettsäurenreihe, sind immer flüssig im thierischen Or- ganismus vorhanden; dieses steht in Uebereinstinimung mit unse- ren Einsichten in die chemischen Eigenschaften der aufgezählten Körper, da wir in der That keine Veranlassung anzugeben wüss- ten, warum das überall vorhandene Wasser sein Vermögen, sie zu lösen, einbüssen sollte.

Da die freien kohlensauren und phosphorsauren Kalksalze nur in Säuren lösUch sind, so müssen sie aus ihren Lösungen auSr fallen, so wie die fi-eie Säure neutralisirt oder gar übersättigt wird. Die gewöhnliche Verbindung mit eiweissartigen Stoffen, in der die phosphorsaure Kalkerde in den thierischen Säften ge- löst vorkommt, ist nur flüssig mit Hülfe eines alkalischen oder| schwaohsauren Zusatzes. Um sie zu fällen, genügt also eine Neil: tralisation der einen oder andern Reaktion.

Die Fette und ihre Säuren werden entweder fest, indem aus einem Gemenge derselben die leichtschmelzbaren Tbeile (die Oel- fette) entfernt werden, so dass nur noch die zurückbleiben, welche bei der Temperatur des thierischen Körpers erstarren; oder es werden durch stärkere Säuren die löslichen Kali- und Natrouver-

Entstehung dos festen Aggregatzustandes und der Coliäsion.

225

bindungen der an und für sich unslöslichen fetten Säuren zersetzt, -iso dass nun diese letztern ausgeschieden werden.

Die Eiweisskörper, welche vorzugsweise iu Betracht kommen, . da aus ihnen und ihren Zersetzungsprodukten die meisten thie- i rischen Fonnen zum weitaus grössten Theil bestehen, können auf ssehr vielfältige Art fest werden und Festes erzeugen. Einmal er- t eignet sich dieses, wenn sie in unlösliche Modificationen verwan- i-delt werden, in Folge der Umsetzungsprozesse, welche sie in dem 1 Lebenshergang erfahren. Als Beispiele hierfür sind vorzuführen ; die Entstehung des Faserstoffs aus dem flüssigen Bluteiweiss, dieUm- V Wandelung des letztern in Proteinbioxyd, in die leimgebenden und iin den elastischen Stoff. Dann kann die Fällung geschehen durch ceine Veränderung in den Eigenschaften der lösenden Flüssigkeit. 1 Hierher wäre zu rechnen die Ausfällung des Eiweisses aus alka- f lisch oder schwach sauer reagirenden Flüssigkeiten durch Neutra- lisation, durch Zusatz von conzentrirten Salzlösungen oder auch (durch sehr reichliche Verdünnung mit Wasser, So wird z. B. idurch Zusatz einer beliebigen verdünnten Säure zu Lösungen von iCasein und Natronalbuminat, durch Zusatz von fetten Säuren zu IHühnereiweiss und Blutserum (Witt ich)*) ein Niederschlag ge- 't bildet; fernerhin erzeugt ein reichlicher Zusatz von Kochsalz zu 1 Blutserum und zu dem Inhalt seröser Säcke eine Fällung (Vir- cchow)**), endlich trübt eine reichliche Beimengung reinen Wassers Odas Blutserum (Scher er) und den Inhalt der Furchungskugelu ((Bisch off). Drittens ifet es möglich, die eiweiss artigen Stoffe Bonlöslich zu machen durch Herbeiführung einer Verbindung der- Helben mit andern chemischen Körpern. Fälle, welche unter dieser »letzten Rubrik aufzuzählen wären, sind uns in den Vorkommnissen ßdes thierischen Lebens nicht bekannt. Sie könnten sich möglicher Weise ereignen durch Elektrolyse des Na Cl in der Verbindung des ifreigewordenen Chlors mit dem Eiweiss.

ß. Eine zweite Frage von nicht minderem Interesse würde zu wissen verlangen, wovon der Grad der Cohäsion in dem Nieder- wchlag abhängig sei. Beim Mangel aller einschlagenden Unter- isuchungen wäre nur an die bekannte Thatsache zu erinnern, dass sein und derselbe Eiweisskörper je nach der Dichtigkeit, der sauren »oder alkalischen Reaktion seiner Lösung beim Niederfallen in

•) L ieblgs Aniinlcn. 01. Rd. 3ni.

>*) Do hyiuenügenhi albuminis. Rcglomontii 18&0.

Ludwig, Physiologie II. 2. Auflage.

15

226

Ki-ystallinisches und amorphes Gefüge.

festzusarameuliängeutleu oder in ki-Umlichen Niederschlägen er scheint.

Wovon sind die Gestalten der primären Niederschläge ali hängig? Die geometrischen Eigenschaften der Flächen, welcli einen Niederschlag begrenzen, müssen entweder hervorgerufen seil | von Kräften, welche innerhalb seiner Masse thätig sind, also vo Innern, oder von Umständen, welche mit Rücksicht auf die Mas.si aus welcher der Niederschlag besteht, äussere zu nennen sind Da im ersten Fall der Niederschlag, wie gross oder klein er au( t erscheinen mag, immer mit einer bestimmten Form auftreten mus weil diese ja von den Eigenschaften seiner (wäg- und unwägbare) Substanz abhängig ist, so nennt man alle Massen, zwischen derc Molekeln formbestimmende Kräfte sich geltend macheu, geformt ^ alle andern dagegen, deren Gestalt sich nach den Umständi richtet, die von aussen her auf ihre Grenzen wirken, formlo.se Die Erfahrung hat nun längst Kennzeichen aufgestellt, aus wcl chen entschieden werden kann, ob eine Masse zu der einen odr andern Kategorie zu stellen sei. Die Richtkräfte nemlich, welcL die Molekeln der geformten Masse anordnen, führen jedesmal zi Bildung von Krystalleu, d. h. zu Figuren, die von Ebenen, welcli unter bestimmten Winkeln zusammenstossen , begrenzt sind; zi gleich sind die Molekeln innerhalb der Krystalle mindestens i zwei aufeinander senkrechten Richtungen, welche dm-ch die so: Krystallachsen bestimmt werden, in einer ungleichen Anordnuii enthalten, vermöge deren die Widerstände für den Durchgang de Lichtes, der Wärme und Elektiizität und ebenso die Cohäsion uii Elastizität nach der einen der bezeichneten Richtungen grössi sind, als nach der andern. Gerade umgekehrt verhalten sir , die formlosen StotFe; in ihnen findet Licht, Wärme imd Elektrizitii I den Weg nach allen Richtungen hin auf gleiche Weise gebahnl und ebensowenig ist die eine Dimension vor der andern diuT Elastizität und Cohäsion bevorzugt.

Der Versuch, das GefUge der festen Massen des menschliche Körpers unter die beiden grossen Gruppen zu vertheilen, sieht si( gezwungen zu unterscheiden zwischen den Formen der nicht mel sichtbaren Molekeln und denjenigen der sichtbaren Molekula häufen.

Unzweifelhafte Krystallmolekeln kommen sehr verbreitet vo Wir dürfen ihre Anwesenheit voraussetzen in den als solchen sich: ^ baren Kiystallindividueu des kohlensauren Kalks, der neutrale

GefUge der sichtbaren und unsichtbaren Formen.

227

und sauren Fette, des jCholestearins , der Harnsäure. Nächstdem deckt uns das polarisirte Licht krystallinische Molekeln auf, die zwischen andere amorphe Stoffe eingestreut sind in mannigfachen im Allgemeinen nicht krystallinischen Elementarformen, so in den •Muskelrohren, Bindegewebsfasern u. s. w. *) (Boek, Erlach, Brücke, His). An einem andern nicht minder reichlich vertre- (tenen Antheil der thierischen festen Masse kann dagegen bis idahin durch kein Hilfsmittel eine krystallinische Molekularstruktur ■erkannt werden. Man wird sie also einstweilen aus kleinsten iTheilchen von unbestimmter Form zusammengesetzt ansehen, dabei laber nicht vergessen, dass aber auch das Gegentheil möglich ist. Für eine krystallinische Struktur einzelner unter ihnen würde z. B. liie Befähigung des Fibrins sprechen, beim Festwerden in Fasern tKU gerinnen, was darauf hindeutet, dass die in der Masse wirk- i;3amen Anziehungskräfte nach der einen Richtung hin bevorzugt 1 >ind. In allen übrigen könnte man auch mit Frankenheim**) jin sehr inniges Gemenge von unregelmässig gelagerten und sehr verschiedenartigen Krystallmolekeln mit gleicherEigenschwere und [»rosser gegenseitiger Adhäsion voraussetzen.

Die Kräfte, welche sich an der Formung der sichtbaren Mo- sekularhaufen betheiligen, sind in einigen seltenen Fällen dieselben, welche die krystaUinischen Molekeln gestalteten. Denn diese sicht- «aren Gruppen stellten selbst wieder Krystalle vor wie z. B. die Wehörsteine, der krystallinische Inhalt der Fettzellen, das Chole- btearin in serösen Flüssigkeiten u. s. w. Für weitaus die grösste Mehrzahl der Elementarfonnen gilt dieses jedoch nicht, da die Be- rrenzungsflächen der hier zusammengeballten Molekeln, mögen sie plbst krystallinisch oder nicht krystallinisch sein, nicht mehr die iücnschaften der krystallartigen ti-agen. Der Grund dafiir, dass I ie Kräfte , welche den Aufbau der Molekeln besorgen , nicht mehr ( laassgebend sind für die Bildung der sichtbaren Gestalten von der I itzteren Art, ist mit Wahrscheinlichkeit in den Eigenschaften der i usammengefligten Stoffe selbst zu suchen; denn erfahningsgemäss 1 irken auf die gröbern Gestaltungen welche das Eiweiss, der Faser- I toff, der Leim u. s. w. beim Gerinnen annehmen, Bedingungen ein, I eiche die sichtbaren Krystallgestalten entweder gar nicht oder enigstens nicht in der Weise beeinflussen.

■) MUllors Archiv 1847. 313. Donkschriften der k. Akademie der Wissenschaften XV. Bd. 'a(<c znr Histologie der Hornhaut v. W. Hls IfiSG. •> Cryatallisntion und Amorphie. Ureslau 1851.

15*

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Prägung der formlosen Massen.

Zur Erläuterung des Gesagten diene, dass die Krystall- formen des Margarins, Stearins, des kohlensauren Kalkes u. s. w. in keinem Fall sicli ändern mit den Gestalten des Tropfens oder der Dichtigkeit der Lösung, aus der sie herauskrystallisirten ; alles dieses hat aber Einfluss auf die Gestalt, welche das Eiweiss oder der Faserstoff beim Gerinnen annimmt; aus verdünnten Lösungen fallen Flocken, aus conzentrirten compakte Massen heraus; sie ge- rinnen hautartig oder zu mannigfach geformten Gebilden, je nach der Zahl, der Anordnung und dem zeitlichen Wirken der Be- rührungspunkte des Eiweisses mit einer andern Flüssigkeit, welche die Gerinnung erzeugt; Eiweiss und Faserstoif nehmen beim Ge- rinnen die Gestalt der Gefässe an, in der dasselbe vor sich ging u. s. w.

Daraus folgt mit Nothwendigkeit, dass auch die besondeni Gestalten, welche jene Stoife beim Festwerden im Thierleib an- nehmen, die Folgen einer gestaltgebenden Einrichtung, wir wollen kurz sagen, einer Prägung, sein müssen.

Um diesen Satz, der von den Eigenschaften der Stoffe herge- leitet ist, welche vorzugsweise zu dem Aufbau der thierischeu Formen verwendet sind, aus dem Bereich der Probabilität zu be- heben, müssten wir im Stande sein, die besondern prägenden Ein- richtungen, die bei der Gewebsbildung thätig sind, nachzuweisen. Dieses ist freilich bis dahin nicht möglich. Die folgende Dar- stellung muss sich deshalb darauf beschränken, den Begriff der Prägung in den aüerallgemeinsten Zügen hinzustellen, und die Möglichkeit ihres Bestehens aus den Einrichtungen des thierischen Körpers nachzuweisen.

Da die einfachsten Formen des thierischen Körpers, die Platte, die Faser, das Korn sich nur durch ihre Dimensionen unterscheiden, so werden die Bedingungen, ob die eine oder andere Form erscheint, sich im Allgemeinen leicht zusammen lassen. Zunächst kommt in Betracht, ob die Niederschläge, welche aus der Berührung zweier Flüssigkeiten hervorgehen, cohärent sind oder nicht, ein Umstand, der wohl von der chemischen Natur der Flüssigkeit abhängt. Bei Gleichheit der chemischen Natur der Niederschläge, resp. der erzeu- genden Flüssigkeiten vrird die Ausdehnung der Berührungsflächen zwischen 'den beiden sich niederschlagenden Lösungen in Betracht j kommen , und endlich bei Gleichheit der beiden genannten Beding- ungen Avird die Zeitdauer, Avährend welcher die Fällung geschieht, und der Umstand, ob die Flüssigkeiten ruhen oder in Bewegung sind,

Prägung besonderer Gestalten.

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bestimmend wirken. Diese einfachen Bedingungen, deren Folgen

i iicli von selbst verstehen, werden oft genug erfüllt sein in dem formen- veichen Organismus, der mit ruhenden und bewegten und zugleich

ii erschiedenartig zusammengesetzten Flüssigkeiten durchtränkt ist. sl^icht minder lassen sich, wenn einmal irgend welche Formen ge- :^eben sind, aus den tiberall gebotenen Einrichtungen Gründe (ibleiten, welche den Häuten oder Fasern noch besondere Gestal- een geben, oder die schon vorhandenen verändern. Hier bieten [lieh zu beliebiger und mannigfaltiger Verwendung die Quellungs- ti-'ähigkeit, die Elastizität, die ungleiche Spannung, die Zersetzung llurch den elektrischen Strom, die Vorgänge der Gährung, die ITropfenspannung, die ungleiche Cohäsion der festen Theile dar. Je nachdem man tiber diese Bedingungen disponii-t, können Ver- dickungen, Auflösungen, ein- oder allseitiges Wachsthum, Spaltun- '?en eines festen Körpers herbeigeführt werden, und es kann hier- bei noch die Aufgabe gelöst werden auf sehr beschränkten Räu- unen ganz betrogene Vorgänge einzuleiten. Obwohl ganz unzwei- felhaft mit der Aufzählung der obigen Bedingungen die der wirk- lich vorhandenen noch nicht erschöpft ist, so geben sie doch iüchon, wie ein km-zes Nachdenken zeigt, unzählige prägende Ein- iichtungen an die Hand. Die Versuchung, die Tragweite dieser ausserordentlich biegsamen Principien für die Gestaltungen des hhierischen Körpers weiter zu verfolgen, liegt in der That so nahe, dass sie nur durch die Befürchtung tiberwunden werden kann, hier- ii'ci in eben so nahe liegende Willktihrlichkeiten und in Ausein- undersetzungen zu verfallen, die der Natur nicht entsprechen DQöchten.

Wir kehren nach dieser nur auf Wahrscheinlichkeiten beruhen- den Auseinandersetzung zu denThatsachen zurtick. Dieselehren, dass lie Platten, Fasern, und Körnchen von eigenthtimlicher Form nicht I ogleich vollkommen fertig aus der Fltissigkeit hervorgehen, sondern l;lass den Kugel- und Cylindermänteln, denBtindeln und Netzen aus ^faser u. s. w. erst Gestalten vorausgehen, welche für jene genannten obmigebend wirken. Zu diesen ursprtinglichen, formgebenden Werk- «eugen zählt die anatomische Beobachtung vor allen die Zelle.

Die Gestalten welche man wegen ihres prägenden oder fornibil- •lenden Einflusses unter dem Namen der Zellen zusammenstellt, zeigen «war rücksichtlich ihrer Form gewisse Aehnlichkeitcn , aber auch i'eichliche Unterschiede. So lassen sich namentlich, abgesehen von den Abweichungen in den Grössen, in den Verhältnissen der Durch-

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Bedingungen für die Zellenbildunt;.

messer nach verschiedenen Richtungen, der Durclisichtigkeit u. s.w. als besondere Zellenarten hinstellen die freien Kerne, kernhaltige Zeilen und Furchungskugeln ; diese letztere Gattung ist nach der Angabe vieler Embrologen insofern von dem Typus der Schwann sehen Zeih sehr abweichend, als weder der Kern, noch die äussere Begrenzung mit einer Haut umzogen ist.

Ueber die chemische Anordnung der thierischen Bildungszelle sind wir nur durch einige mikrochemische Reaktionen unterrichtet; diesen entsprechend kommt ihr mindestens ein Vertreter aus einer jeden der grössern chemischen Gruppen zu, welche im Blute des Menschen vorkommen, also Eiweissstoffe, Fette, Salze, Wasser, und ausser diesen in der Hülle und im Kern noch andere dem Blut wahrscheinlich nicht angehörende Köi-per. Ausserdem ist bekannt, dass die festen eiweissartigen Stoffe der äusseren Hülle und des Kerns nicht dieselben Reaktionen darbieten und dass in einzelnen Zellen für die verschiedenen Schichten der äusseren Hülle sogar ein Gleiches gilt. Von sonstigen physikalischen Eigenthümlich keiten ist uns nur bekannt, dass die Hülle quellungsfähig, elastisch und meist durch den Inhalt gespannt ist. Zudem sind an einzel- nen rhythmische Bewegungen des Inhalts erkannt worden, was vielleicht nocif allgemeiner geschehen sein würde, wenn man die Objekte genügend frisch und uiiter möglichst normalen Bedingun- gen hätte untersuchen können.

Die Entsehung einer solchen Zelle setzt eine bestimmt zusammengesetzte Flüssigkeit und gewisse nicht sehr weit ge- zogene Temperaturgrenzen voraus ; ausserdem aber muss diese' Flüssigkeit nach den Angaben von Remack, Virchow, Ley-If dig u. A. jedesmal in einer andern Zelle enthalten sein, während Schwann, Hehle u. A. nur verlangen, dass in der Mutterlauge der Zellen andere schon fertige enthalten sind. Den Gegensatz dieser Meinungen bezeichnet man gewöhnlich durch die Ausdrücke der innem und der freien Zellenbildung.

Die Entstehung der Zellen aus einer andern schon vorgebil- deten geschieht dm-ch Theilung, Knospenbildung oder Eiuschach- telung. In jedem dieser Fälle zergeht zunächst der Kern in zwei oder mehrere kleinere, die sich, in dem sie sich von einander ent- fernen vergrössern. Ist dieses bis zu einem gewissen Grade voll- filhrt, so faltet sich bei der Knospenbildung die Haut um einen jeden Kern, so dass die alte Zelle unmittelbar vor dem Abfall der neuen das Ansehen einer Traube bekommt, deren einzelne Beeren

Innere und freie Zollonbildung.

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11 1 sehr feinen Stielen sitzen. Bei der Theilung wächst zwischen 011 neuen Kernen eine Scheidewand, welche sich von der äussern laut durch die ganze Zelle hindurch erstreckt; indem die Scheide- ivand zerfällt, gehen aus der alten zwei oder mehrere neue her- tor. Bei der endogenen Bildung endlich umhüllt sich jeder Kern lüt einem Antheil des zähen Zelleninhalts , und dieser wieder mit iiner eigenen rings geschlossenen Haut. Hiernach kann die Haut eer alten die neu entstandene umschUessenden Zelle entweder fort- eestehen oder sich auflösen.

Die freie Zellenbildung soll entweder um einen schon vorhan- eenen in einer fertigen Zelle vorgebildeten Kern geschehen, oder es »11 sieh auch dieser selbstständig entwickeln. Bei dem Wachsthum

ier Zellen um den vorgebildeten Kern geht der Aufbau derselben wesentlich nach den Regeln, die iür die endogene Entstehung hin- •estellt wurden, nur dass hier die umschliessende Mutterhaut fehlt; 3t der Kern nicht vorgebildet, so soll entweder der Ausgangspunkt .er Zellenentwickelung durch einen freien Tropfen gegeben sein, der 1 einer homogenen Flüssigkeit schwimmt, indem sich die Be- Üiührungsfläche der beiden Flüssigkeiten durch einen hautartigen Me- li erschlag abgrenzt, ist der Tropfen zu einer Zelle umgewandelt, kder es soU auch eine kleine oder grosse Menge von Körnchen iie in einer Flüssigkeit schwimmen, sich zu einem Klümpchen zu- äammenballen und auf der Oberfläche entweder durch einen nen- otstandenen Niederschlag oder durch Verschmelzung der Grenz- iieilchen eine Zellenhaut entstehen.

Auch ohne eine tiefer gehende Kritik leuchtet ein, dass die inhänger der Innern Zellenbildung nicht im Stande sind, die Un- tatthaftigkeit der freien zu beweisen. Andererseits ist es auch klar, »ass die Vertreter der letztern Meinung so lange nicht auf allge- iieine Zustimmung rechnen können, als sie nicht die Neubildung [lon Zellen in einer vollkommen zellenfreien Flüssigkeit darthun, Jder so lange sie nicht den scharfen Beweis beibringen, dass die jorhandenen Zellen sich zu keiner Zeit ihres Bestehens mit ihrer (orm an der Neubildung betheiligten.

Gesetzt, wir Hessen nun, wie es neuerlichst bei den Ana- »men Brauch geworden, die Zeugung der neuen nur in alten oben vorhandenen Zellen zu, so würde sich sogleich fragen las- en wie und warum mehrt sich die Masse des Kerns, warum und i'ie zerfällt sie in zwei andre Massen von kleinerem Umfang, warum ("eichen diese beiden auseinander u. s. w. Würde man den Ver-

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Einfluss der Zelle auf ilire Umgebung.

such machen, wie weit man sich clei- Lösung jedes einzelnen Ilei- ganges nähern könne, so würde man dabei dann auch erfaliren, wie,* weit sich die Zellen und wie weit sich die in ihrer Umgebung vorhandenen Bedingungen an jenen Vorgängen betheiligten. Dagg diese letzteren nicht gleicligültig sind, kann nicht bezweifelt werden^ denn, wenn auch dem Begriff der innern Zellenzeugung gemäss selbst die Stoffe und die Wärrae, welche zum Erscheinen der Zeu- gung nöthig sind, der ältern Zelle angehört haben müssen, so wird die letztere nicht jedes Rohmaterial für einen gleich brauchbaren Baustein erachten und noch weniger wird sie sich die nöthige Wärme selbst erzeugen. Die kürzeste Umschau in diesem Gebiete zeigt gleich, dass auch hier dem Chemiker und Physiker der grösste Arbeitsantheil zufällt und dass, wenn ihr Licht tiefer diingt, erst mit den Versuchen begonnen werden kann, welche die Vollen- dung der Theorie versprechen. Wären wir erst Herr der Bedingungen, durch welche wir Eiweis in diesen oder jenen beliebigen Fennent körper umwandeln, oder überhaupt derjenigen, durch welche wir das Eiweiss in jedes abgeleitete und zum Zellenwachsthum brauchbare Atom umsetzen, könnten, durch welche wir elek- trische Gegensätze in ihnen zu entwickeln im Stande wären u. s.w., so würde aucli die künstliche Bildung und Entwickelung der Zella nicht lange auf sich warten lassen; dann aber erst würde man diq nöthigen Bedingungen so veränderlich machen können, dass man den Einfluss aller einzelnen Bildungsvorgänge genau ermitteln könnte, eine Aufgabe, die die blosse Beobachtung voraussichtlict B nie lösen kann. I

Die soeben angestellte Betrachtung sucht also den verwickelter i Begriffen Zellenfunktion, Zellenfortpflanzung u. s. w. die einfacher Erklärungsgründe unterzuschieben, so dass man am Ende der Un tersuchuug sagen könnte, so weit betheiligt sich an der NeubiU dung Haut, Kern und Flüssigkeit der Zelle, und die Haut wiedei so weit mit ihrer Elastizität, ihrer Durch dringlichkeit, ihrer cheniii sehen Anregung, die Flüssigkeit aber durch diese oder jene ihrei Stoffe, durch ihren Zähigkeitsgrad; und noch weiter diese un( jene Eigenschaft vdrd gesteigert oder gemindert durch die Ein flüsse des Aufenthaltsortes.

Eine fertige Zelle ist aber nicht bloss die Mutter neuer, son dem sie selbst verändert sich weiter. Diese Eigenschaft führt ü unserer Betrachtung begreiflich keine neue prinzipielle Schwierigkeit ein, da wir die Zelle einmal als einen in Bewegung begriffenen Me

Einfluss der Umgebung auf die Zelle.

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lianismus kennen gelenit haben. Diese Bewegung muss je nacli- cni sie zu einem bestimmten Gleichgewichtszustand gelegt oder 111 zu erreichen gehindert wird, zu den verschiedenartigsten Fol- eii führen. Allgemein lässt sich wohl aussagen , dass bei den teschränkten Mitteln der Zelle imd bei ihrer Berührung mit Bödern bcAveglichen Theilen ihre Bewegungen bald zur Euhe kom- men würden, wenn sie nicht von aussen neue Anregungen em- tfing, Anregungen die nachweisslich zum grossen Theil durch die ns der Umgebung eintretende Wärme und durch die Diffusion ü.s.siger und luftförmiger Stoffe bewerkstelligt werden. Anders irasgedrUckt würde dies heissen, dass die Entwickelung von der fmgebung wesentlich bestimmt werde.

So gefasst, wird man es nun ebenso begreiflich finden, warum rrsprünglich gleichartige Zellen wie die Bildungszellen des Eies ich zu verschiedenen Geweben entwickeln ; denn dazu gehört nur, rass sie in räumlich geti'ennte Gruppen geschieden werden, wo- rurch die Möglichkeit gegeben ist, sie mit ungleichen Wärmemengen rad verschiedenartig zusammengesetzter Flüssigkeit in Berührung m bringen u. s. w. Andrerseits können aber auch unmittelbar an- iinander grenzende Zellen einen ungleichen Bildungsgang einschla- fen, da schon in der ersten Einrichtung, die sie mitbringen, der mmd liegen kann, warum zwei Zellen von denselben Einflüssen ua ganz verschiedenen Aeusserungen bestimmt werden.

Wie endlich die Zellen von ihren Umgebungen Masse und Bewegungen empfangen, so geben sie offenbar diesen auch beides imd zwar durch die innere Arbeit der Zelle umgeändert zurück lüd aus diesem Grunde kann man sagen, wirke die Zelle auch iildend auf ihre Umgebung ; wie und inwieweit sie dieses vermag, fegt jedoch noch ganz im Dunkeln, so viel man auch schon von > ellenregion, Aneignung der Nachbarschaft u. s. w. u. s. w. [ge- prochen hat.

Es würde nicht schwer sein, an der Hand allgemein mecha- iischer Betrachtung noch Mancherlei zu sagen, aber Alles wtirde foch unbefriedigend bleiben, so lange nicht von speziellen Mecha- bismen ausgegangen werden kann; dazu gehört aber erst die ntthsame Spezialforschung. Ob und wann diese in Angriff genom- •len wird, dies wird von dem Talente der Arbeitskräfte abhängen, welche das Geschick unserer Wissenschaft besonders und zunächst Juf dem chemischen Gebiete zufühi-en wird.

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Geschichtete Bpithelien.

Spccieller Theil. Oberhäute, Epithelien.

Die anatomischen Elemente der Oberhäute sind Zellen, deren Form sich der kugeligen, cylindrischen oder plattenartigen annähert.

Geschichtete Pflasterhäute. Sie bedecken die CutisjO und die Fortsetzungen derselben in die Mund-, After-, Harn und Geschlechtsötfnung.

1. Anatomische Eigenschaften*). Um ihre Aufhellung hat sich He nie besondere Verdienste erworben. Die geschichteten Pflasterhäute enthalten längliche, kugelige und platt enförmige Zel-^ len. Die zuerst genannte Formation, welche meist mit länglichen Kernen versehen ist, sitzt mit einer ihrer schmalen Flächen un- mittelbar auf der Cutis auf (Kölliker) ihre Anwesenheit ist am i Gaumen (Szontagh) an der Vaginalportion des Uterus (Wag-ii ner) und an der Cutis (Leydig) bestätigt. Reichert erklärt ti sie jedoch überall für eine durch die Präparation erzeugte Täu- ^ schung. Ueber dieser finden sich mehrere Lagen von kleinen Ku- f gelzellen, die immer einen relativ grossen Kern einschliessen, wel eher nahebei den ganzen Binnenraum der Zellen ausflillt; in den || noch weiter nach aussen gelegenen Schichten trifft man dann grössere Zellen, deren Form zwischen der Kugel und Platte die Mitte hält, und endlich sind die äussersten Lagen aus Plättchen gebildet; der geringe Binnenraum in diesen platten Zellen ist durch einen Kern ausgefüllt, welcher an Grösse den der kugeligen kaum übertrifft. In den äussersten Zellenlagen der Epidermis scheint jedoch der Kern zu fehlen (Moleschott). Zwischen den Zellen der tieferen Schichten findet sich noch etwas Flüssig- . keit ergossen, die zwischen den oberflächlicheren fehlt.

Die Gesammtzahl der Zellen, welche in einem senkrecht ge- gen die Cutis geführten Schnitte übereinander liegen (oder die Dicke der Epidermis), und ebenso die Verhältnisszahl zwischen cylindrischen und kugeligen einerseits und plattenförmigen ande-^ rerseits ist veränderlich mit den Hautstellen, deren Bedeckung sie bilden. Diese mit dem Standort veränderlichen Verhältnisse prSn gen sich schon im fötalen Leben aus (Alb in, Krause), so dass sie als eine Folge der eingeborenen Bildungsmechanismeu angea sehen werden mlissen. Die Messungen von Krause, Kölliker

•) Kiaiise, „Hiiut" inWagncr's llRiidwürtorbucli. H. Bd. Harting, Bcchorches niicro- ra'etriqucs. Utrecht 1845. p. 47. KöUikor, Mikroskop. Anatomie. II. Bd. I. Abthcil. p. 15. Uonlc, Jahresbericht Uber alldem. Anatomie für 1850. p. 20.

Ajiatomischer niul chemischer Bau der Epithelicn.

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md Wen dt stellen heraus, dass die Dicke der gesammten Ober- jaut am mächtigsten in der Fusssohle und den Handtellern, am >3ringsten an dem Kinn, den Lippen, der Stirn, den Wangen, den migenlidern und dem äussern Gehörgang ist. In einzelnen Fällen nertriflft die Zahl der über einander geschichteten Cylinder und lugelzellen (rete Malpighi) diejenige der plattenförmigen (Horn- bhicht) ; für gcM^öhnhch gilt jedoch das umgekehrte.

Die Grösse der einzelnen Zellen ist unabhängig vom Lebens- tter ihres Trägers; diejenigen des Neugeborenen sind eben so •oss wie die des Erwachsenen (Harting).

2. Chemische Zusammensetzung*). Die bisherigen Unter- iiichungen scheinen zu ergeben, dass die verschiedenen morpholo- sschen Bestandtheile, die Kerne, die Zellenwand und der die Zel- v.n mit einander verbindende Stoff aus irgend wie verschieden '•3schaffenen Atomen gebaut sind. Denn der verklebende Stoff ist -slich in Ammoniak, Kupferoxydammoniak und in einer Kalilauge, telche 25 bis 35 p. c. KOHO enthält; -vaelleicht auch beim Kochen 11 Papinschen Topf. Die Kerne der Honischicht sind löslich in p. C. und die Zellenwäude endlich in 5 p. C. Kalihydratlösung. US der letztren Lösung kann durcli Essigsäure ein Körper der ■■•oteingruppe gefällt werden (Donders Moleschott). Die 'jllenwand besitzt in verschiedenen Altersstufen nicht dieselben ?3aktionen ; die der Schleimschicht ist im Gegensatz zu der in der 9)rnschicht in Essigsäure löslich (Henle).

TJeber die Hornschicht ini Ganzen ist noch Folgendes bekannt: Kaltes Wasser bht aus derselben eine salzhaltige, sauer reagircnde Flüssigkeit aus, welche nach ' E3m Analysen aus Verbindungen von Ammoniak, Natron, Kali, Eisenoxyd mit Essig- ii.re, Milchsäure, Phosphorsäure und Chlor bestehen soll (Berzelius). Kochendes iissor löst unter Schwefelwasserstoffentwicklung einen leimartigen Körper auf (John);

hlossberger erhielt dagegen aus lehthyosisschuppen durch dreistündiges Kochen einem Druck von 3 Atmosphären ■\vohl\ ein Extract, aber keinen Leim. Alkohol ii Aether entziehen ihm Ectt. Das nach dieser Behandlung zurückbleibende Ge- ingc (der sog. Hornstoff) gab bei der Verbrennungsanalyse von Scher er und Mul- rr in 100 Theilen: C50,3; H6,7; Nn,2; 027,0; S0,7. Mit Salpetersäure gc- innt man die sog. Xanthoproteinsäuro aus derselben ; bei der Auflösung der Epidermi- ■len in Kali bildet sich SH und NH3 neben dem schon erwähnten, dem Protein nach '•zcntischcr Zusammensetzung und llcaktionon ähnlichen Stoff. Beim Verbrennen ont- iikeln sie den Geruch eiwcissartiger Stoffe. Die verbrannten Hornzellen hinter-

äen eine Asche, welche bis zu 2 p. C. der trockenen Substanz ausmacht und aus

* *) Haider, Versuoli einer allgemolnon phystolog. Ohomlo. Brnunsohwelg. p. 548. S c h 1 o k s- rger: allgemeine Thiorchemie, Leipzig 186G. 265. Moluschott In dessen Untersucliiingon Naturlohre IV. 97.

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Quollungserscheinungen der Epithclien.

SCaOPOä und FojOs besteht. In der Asche der IcMhyosisschuppen fand SchlosB- b orger NaO, KCl, CaOSOa, SiOs, und 3 (Mgo, CaO, Fei O3) PhOs.

3. Quellungsei'sclieiriungen*). Reines Wasser dringt sehr schwer in die Epidermis ein; legt man dickere Stücke derselben in Wasser, so findet man selbst nach tagelanger Einwirkung nur die obersten Lagen der Hornschicht aufgeweicht. In einer aul diese Weise behandelten Deckhaut ist der Zusammenhang zwi sehen den Zellen gelöst, der Umfang dieser letzteren selbst aber nur um ein Unbedeutendes vergrössert. Bindet man einen mit Epidermis bedeckten Hautlappen über die eine Mündung eines Glasrohrs und füllt dieses letztere bis zu beträchtHcher Höhe mit Wasser an, so dringt dieses durch die Lederhaut und hebt die Epidermis von derselben ab, so dass sich die letztere in Form einer Blase auftreibt. Als endosmotische Scheidewand aufge stellt, verwehrt die Epidermis, so weit wir wissen, durchgreifend die Ausgleichung zwischen Wasser und wässerigen Salzlösungen: sie erlaubt dieselbe dagegen zwischen Wasser und verdünnten Säuren; wie zwischen Alkohol, alkoholischen oder ätherischen Salzlösungen und Wasser; in beiden Fällen geht der stärkere Strom y(fm Wasser zum Alkohol (Krause).

Die Epidermis ist im trocknen und feuchten Zustand für Grase jeder Art durchgängig.

Krause reinigt die als Filtrations- oder Düfusionsmembran angewendete Epider- mis mit Wasser, Seife und Aether ; es könnte auffallend erscheinen, dass die Schweiss- kanülchen (die von ihm angewendeten Stücke waren aus dem Handteller genommen) sich nicht eröffnet und einen raschen und beliebigen Diffusionstrom erlaubt haben Dieses geschah wahrscheinlich darum nicht, weil Krause den Flüssigkeitsdruck auf der einen Seite höher, als auf der andern machte, wodurch die schieflaufenden Gänge sammengepresst werden.

Ueber den Durchgang der tropfbaren und gasaiügen Flüssig- keiten durch die unverletzte Epidermis des lebenden Menschen in die Flüssigkeiten resp. die Blutgefässe der Cutis, sind zahlreiche Versuche von Aerzten**) angestellt. Der Unterschied zwischen diesen und den erwähnten Versuchen von Krause leuchtet einl

*) Krause, 1. c. 153. KöUiker, I. 0. p. 69. •*) Die älteren Beobachtungen von Young, Madden, Collard, Emmert u. s. iv. sieh» bei Krause 1. c. Ausserdem Oesterlen in Hcnlo's und Pfeufor's Zeltschrift. T. Bd. 484. Gossel in, Gazette niddicale 1850. Nr. 20. K. Volt Pliysiolog.-chemische üntcrsuchungen 1867. p. 45. Braune, De cutis fnciiltato jodum rcsorbondi. Archiv Tür patholog. Anatomie XI. Bd. 295. Klclz Insky, Wochenblatt der 'Wiener Aoizto. 1864. Nr. 28. und 1855. Nr. 21. Du- riauj llecherches oxpferimentales sur 1' «bsorptlon eto, Paris 185(i. (E. Meissners Jahresbericht 243.) Poulet Compt. rond. Bd. 42. S. 435.

Durchdringbarkcit der Epidennis am Lebenden.

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-enn man bedenkt, dass die endosmotische Scheidewand zwischen eil auf die Körperoberfliiche gebrachten Stoffen und den in der .eilerhaut enthaltenen Flüssigkeiten offenbar durch die Epidermis icht mehr allein dargestellt wird, sondern dass auch durch die lit Schweiss und andern Flüssigkeiten erfüllten Schweisskanälchen i'ie Ausgleichung erfolgen muss. Die hierhergehörigen Versuche iieten meist so grosse Schwierigkeiten, dass man sich für ge- wöhnlich mit einer qualitativen Antwort befriedigen musste, w^elche rwohl etwas tiber das Zustandekommen, nichts aber über die Ge- cchwindigkeit des Dm'chgangs der betreffenden Substanzen aus- jagte. — Aus den vorliegenden Beobachtungen scheint sich zu rrgeben, dass von aussen nach innen eindringt: Wasser, und zwar uues besser als heisses, die in der Fleischbrühe und Milch ge- gasten Stoffe (?), verdünnte Schwefel-, Salz-, Salpetersäure, ver- dünnte Lösungen von Chlorbaryum, Brechweinstein, Quecksilber- hlorid; Blutlaugensalz, Jodkalium, Crotonöl, aromatische Oele, i/antharidin, unter Umstihiden Jod und Quecksilber. Umgekehrt teht aus der Haut Kochsalz in ein Wasserbad über; nach Barrai iatte ein Bad aus 174 Kilogr. von 37" C während einer Stunde Gr. dieses leztern Salzes aus der Haut ausgewaschen.

Dem Durchtritt der Gasarten stellt die mit der lebenden Haut 11 Verbindung stehende Epidennis ebensowenig einen Widerstand mtgegen, als die von ihr losgelöste.

Der Uebergang eines Stoffes durch, die Epidermis des lebenden Menschen lässt tch jedesmal leicht feststellen , wenn er im Beginn des Versuchs entweder im Or- lanismus oder in dem die Oberhaut umgebenden Bade fehlte. Hierzu bietet die che- iische Eeaktion meist genügende Hilfsmittel, und wo diese nicht mehr anwendbar, ■litt oft eine physiologische an ihre Stelle; dieses gilt z. B. unter den oben angeführ- i-n Stoffen für Crotonöl, Cantharidin u. A., welche im Blute anwesend eigenthümliche rrzneiwirkungen bedingen. Schwieriger ist der Nachweis für den Uebertritt solcher t toffe, welche schon im Organismus vorkommen, oder gar die genaue qauantitative Bc- 1 immung der übergetretenen Mengen. Um diese zu gewinnen, wie z. B. die des über- ihondcn Wassers, muss man entweder den Gewichtsverhist des Bades oder die Qe- iclitszunahrae des thierisehen Körpers feststellen. Beide Wägungen sind aber inso- wn der ganze Körper gebadet wurde, mit zahlreichen Fehlerquellen behaftet; denn umnal nimmt der menschliche Körper während des Bades auch an Gewicht ab durch 'ie Lungen ausdünstung, diese müsste also während dos Bades bestimmt werden, weil t.e mit der Temperatur des Bades veränderlich ist. Nächstdera möchte man einem ■[cnscben die Haut nicht gerade soweit wieder abtrocknen können, wie sie vor dem Badi: 'ar. Hie Wägung des Bades führt Unsichcrlieit ein wegen der Verdunstung der i-'lüssig- eit während des Abtrocknens , des Hängenbleibens derselben an der Haut u. s. w. !-lrössere Sicherheit kann bei localen Bädern bewirkt worden, siehe hierüber Kl et-

238

Ernährung der Bpidarmis.

zinsky 1. c. Den Eintritt yon QuecksilberkUgelchen nach Einreiben von grau« : Salbe beweist Yoit durch das Mikroskop nach dem Tode.

4. Auch ohne dass eine besondere Untersuchung vorliegi kann die Epidermis ein schlechter Wärmeleiter genannt werden Dem elektrischen Strom setzt sie einen beti'ächtlichen Widerstam entgegen; dieser verringert sich mit ihrer Dicke, ihrer Dui-cli feuchtung mit gut leitenden Flüssigkeiten, ihrer Erwärmung (Kit ter, Ed. Weber, du Bois)*)

Ueber die Methode den Widerstand für den galvanischen Strom zu bestiinmei; siehe du Bois 1. c.

5. Von der Ernährung der Epidermis. Den Muttersaft dci Pflasterzcllen liefern die oberflächlichsten Gefässe der Cutis. Au ihm entstehen zunächst die Zellen, welche in den tiefsten Schiel i ten der Oberhaut enthalten sind. Der Beweis hierfür liegt in dc i bekannten Erfahrung, dass eine Lücke, die man in die Epidermi geschnitten, sich nicht dadurch ausfüllt, dass auf der freien Obei fläche der Lücke neue Zellenlagen entstehen, sondern in der Weis, dass sich der Boden derselben allmählig erhebt, durch einen voi der Cutisoberfläche her erfolgenden Nachschub von Zellen. « Die Ursachen *der Absonderung jenes Bildungssaftes sind uns un bekannt, und nicht minder die Zusammensetzung der ursprünglic ergossenen Flüssigkeit. Zwischen der Absonderuugsgeschwin digkeit des Muttersaftes und der Zellenbildung scheint das Ab hängigkeitsverhältniss zu bestehen, dass sich nur bis zu einem ge- wissen Grade die Bildung neuer Zellen mehrt mit der Menge dei abgesonderten Flüssigkeit; steigert sich die Absonderuugsgeschwin- digkeit noch weiter, so hört alle Bildung von Epidermis auf. - Diesen Satz stützen wir damit, dass eine Erweiterung der Capil largefässe in der Cutis, also eine vermehrte Spannung des Blut in ihnen, wie wir sie nach gelindem Druck, höheren Erwärmimge u. dgl. gewahren, die Epidermisbildung mehrt (Schwielen de< Hand- und Feuerarbeiter); eine weiter getiiebeue Ausdehnung deit Gefässe, die in kurzer Zeit den Austritt grösserer Mengen voi Flüssigkeit zur Folge hat, hebt dagegen die Epidermis ab, und ir der Blasenfltissigkeit entstehen keine Epithelien; ihre Bildung b<' ginnt erst wieder mit dem Austrocknen der Blase. In der Tha' scheint ein grosser Theil der oberhautbildenden Mittel der Acrzti

*) Ed. Webor, Qunestiones physiologlcae do phaeuom. otc. 1836. duBoisKeyinon>l Beiliiicr nkadem. Monatsberichte. 1852, t5. Mürz,

Ernährung der Epidermis.

239

Äe Aufgabe zu haben, das Maass der Absonderung- zu regeln, in- eni sie entweder auf die Erböliung des Elastizitätscoeffizienten er Getusshäute (Blei-, Silbersalpeter) oder auf die Verringerung •as Gefässdurchmessers (Einwickelungen) hinzielen. Der che- iische und mechanische Vorgang, der die Ueberführung der Fltis- ^gkeit in die Zelle bedingt, ist unbekannt. Man behauptete mit iiticksicht auf den letztern früherhin, dass in dem Muttersaft zuerst IIS irgend welchem Grunde Zellenkerne entstünden, welche sich •it einer Haut umhüllten (He nie). Neuerlichst bestreitet man eses und setzt an die Stelle der alten Hypothese eine andere, tonach die tiefsten, cylindrisch geformten Zellen sich an ihrem eeien, von der Cutis abgewendeten Ende abschnüren und damit iiir Entstehung der kleinen Kugelzellen Veranlassung geben sollen ^CöUiker). Billroth*) der die Epithelialbildung auf vernar- «nden Wunden studirte, stellt sogar die Möglichkeit hin, das die eilen aus einer Zerspaltung der amorphen Schicht hervorgehen, welche die Granulation vor beginnender Vernarbung zu bedecken liegt. Die Zellen der Hornschicht gehen unzweifelhaft aus de- !3n der Kugelschicht hervor, was sich ohne Weiteres durch die aagerungsverhältnisse beweisen lässt. Man stellt sich das Zu. aandekommen der Abplattung in der Weise vor, dass die im Zel- inraume enthaltenen löslichen Bestandtheile allmählig unlöslich iürden, worauf das Wasser durch Diffusion oder Verdunstung Hitfernt wiii'de. Gesetzt, diese Meinung wäre bewiessen, so müsste im noch gezeigt werden, warum das Zusammenfallen der Wand der Richtung des Dickendurchmessers der Oberhaut erfolgt. naerklärt ist es ferner, womit sich der Zusammenhang der Zellen hidert; nachweisslich schuppen sich (durch Verlust dieses Zusam- tenhangs) unter gewissen, nicht näher bestimmten Umständen die werflächlichsten Lagen leichter ab. Aus dem Verhältniss zwisclien feubilduug und Abschuppung ist natürlich auch die Dicke der ipidermis an den verschiedenen Körperregionen zu erklären. In Besem Sinne ist es bemerkenswerth, dass aller Orten eine Grenze rr die Dicke der Epidermis besteht, und dass eine über das Nor- >ale gehende Dicke derselben, wie wir sie bei SchAvielenbildung 'Jobachten, meder auf den gewöhnlichen Werth herabsinkt, wenn e Ursachen verschwinden, welche eine reichlichere Absonderung >i» Muttersaftes veranlassten. Ob in der ausgewachsenen

') Untersuchungen Uber Entwlckelnng der Blutgefässe. Berlin 18DG. p. 34.

240

Nägol.

Plattenzelle ein Stoffumsatz geschiebt, wissen wir nicht; flir einen solchen spricht das Verschwinden der Kerne, gegen ihn die Wider Standsfähigkeit der Plättchen gegen die chemischen Angriffe, wel chen sie im normalen Leben ausgesetzt sind. Nägel.

•1. Anatomische Eigenschaften. Der Nagel ist ein Gebildt aus Zellen von derselben Form und Anordnung wie in den g( schichteten Pflasterhäuten. Vor diesen ist er ausgezeichnet eiiinia dadurch, dass alle Zellen Kerne enthalten, ferner durch das Vei hältniss zwischen der Dicke der Horn- und Schleimschicht, Inden an den Nägeln die erstere ganz ausserordentlich die letztere über trifft, und endlich dadurch, dass die Zellen in der Hornschicht de> Nagels noch trockner, fester und inniger mit einander vereinig! sind. )

2. Chemische Eigenschaften. Am Nagel ist bis dahin nur di« Hornschicht untersucht; ihre Eigentbümlichkeiten stimmen im All gemeinen mit denen der Pflasterhaut tiberein.

Der sogenannte Homstoff des Nagels besteht nach S c h e r e r und M u 1 d e r ii 100 Theilen aus C51,0; H6,9 ; Nn,5; 021,7; S2,8. Sein Sgehalt ist also dem da Epidermis überlegen; verbrannt hinterlässt er 1 pCt. Asche aus 3CaOPO. '

3. Von der Ernährung. Die Bildung des Nagels geht nm dann vor sich, wenn ein besonders geformter Boden der Cutis, da Nagelfalz und das Nagelbett, vorhanden ist. Diese Einrichtung worin auch sonst noch ihre Wirkungen bestehen mögen, hat jeden falls die Folge, dass die neugebildeten Zellen sich durch das Ent gegenwachsen von zwei verschiedenen Seiten her zusammen pressen. Durch die Aufschichtung von Zellen im Falz wird dii Längenzunahme und durch diejenige im Nagelbett zum Theil miä destens das Wachsthum nach der Dicke bestimmt (E. H. Wej ber). Nach Berthold*) wachsen die Nägel in der Jugen( und im Sommer rascher als im Winter, an der rechten Hant mehr als an der linken; unter allen Fingern geht am mittlerei das Wachsthum am raschesten und in abnehmender ReihenfolgJ am Ring-, Zeige-, Ohrfinger und Daumen vor sich. Schneiden Nägel befördert die Zellenneubildung; wenn man dieselben nie mals verklirztj so erreichen sie eine bestimmte, nicht weiter veü änderliche Länge.

•) A. Bcrtliold, Beobachtungen Uber das quantitative Verhältnisa der Nagel- und HaattH dung. Göttingen 1860. J

Eilifacliere Deckhäuto. Pliinmerliaaro.

24]

Beispielsweise sei erwähnt, dass sich nach Berthold der Nagel in 11 Tagen m etwa 1 MM. verlängert.

Einfachere Deck häute. An diese Pflasterepithelien voll- onimenster Ausbildung schliessen sich nun eine Reihe anderer Ober- läute an , welche entweder nur aus einer oder aus mehreren der be- jhriebenen Zellenformen zusammengesetzt sind. Die einfachsten l'berhäute sind die einschichtigen ; sie bestehen immer nur aus einer sage und zwar entweder aus platten, wie z. B. in den serösen läuten, oder aus cylindrischen Zellen, wie im Darmkanal u. s. w. - Die comphzirteren enthalten dagegen entweder kugelige und ylindrische (Bronchialschleimhaut) oder cylindrische, kugelige und ilatte (Mundschleimhaut). Die letztern, welche der Epidermis am iichsten stehen, unterscheiden sich jedoch meist wesentlich dadurch, iiss ihre platten Zellen nur stellenweise und zwar im Ueberzug ':3r pap. filiformes als dünne Hornschtippchen erscheinen.

Diese Gebilde bieten unter dem Mikroskop annähernd dieselben rrscheinungen, wie die Epidermiszellen.

Nach Gorup*) enthält das Plattenepithelium der Mundschleimhaut der Wall- fßhe 2,5 pCt. Schwefel , also so viel wie die Nägel des Menschen ; ob dieses auch rf die Oberhaut unserer Mundschleimhaut gilt?

Die Durchdringlichkeit der weniger ausgebildeten Oberhäute rr gasförmige und namentlich flüssige Stoffe ist Adel beträchtlicher ?3 die der Epidermis; am leichtesten durchgängig sind diejenigen, eslche nur aus einer Zellenlage bestehen; zum Theil mag dieses ilher rühren, dass in den Zwischenräumen zwischen je zwei Zellen )iiren gelegen sind, die der Diffusion weniger Widerstand bieten, rm Theil aber sind die Zellen selbst leichter durchgängig. Ueber e3 "Wachsthumserscheinungen der einfachen Epithelien ist nur be- ■,nnt, dass sich auch hier Uebergangsstufen zwischen den kugeligen 'd den cylindrischen Zellen finden finden. Die kugeligen Zellen lllen sich durch Theilung fortpflanzen**).

Flimmerhaare.

Auf einzelnen Standorten tragen die Cylinderzellen gegen ihre feie, von Flüssigkeit oder Luft begrenzte Fläche feine weiche, aarförmige Anhänge, die Wimper- oder Flimmerhaare.

Diese Haare sind unter gewissen Umständen, und namentlich Ehrend ihres Aufenthaltes im lebenden Körper in einer Bewegung, i der ihre Spitze ungefähr ein Viertel von der Peripherie eines s'eises zurücklegt, welcher mit der ganzen Länge als Radius be-

•) Joarn. für prnkt. Chemie. 39. Bd. p. 244.

'*•) Kölllker, Handbuch der Gowcbclohre. 1852. p. 34S.

L Ludwig, Physiologie U. 2. Auflage.

242

Fliniraerhaare ; Beschleunigung ihrer Bewegung.

schrieben wird. Genauer betrachtet, verhält sich nun diese Be- wegung so, dass ein Haar, welches soeben gegen den Boden, auf dem es eingepflanzt ist, senkrecht stand, plötzlich zusammen- knickt und sich dabei mit seiner Spitze gegen den Boden biegt, kaum hier angelangt, wieder aufsteht, um von Neuem die eben vollendete Bahn umgekehrt zu durchlaufen. Diese Bewegungen folgen sehr rasch aufeinander, so dass namenthch an den Wende punkten keine Zeiten des Stillstandes zu beobachten sind, und nicht minder werden die Bewegungen rasch vollendet, indem nach dei Messungen von Valentin und Krause ein Haar zu einem Auf und Niedergang 0,2 bis 0,8 See. nöthig hat. Die Kraft, mit welcher die Schwingung geschieht, ist nicht nach beiden Richtungen gleich, sondern nach der einen bedeutender als nach der andern. Dieses erkennt man aus der einseitigen Strömung, welche das flim mernde Haar in einer sie bedeckenden Flüssigkeit zu erzeugen vermag, eine Strömung, welche statt einer einseitigen offenbar eben- falls eine pendelnde sein mtisste, wenn die Stösse, welche ihr von dem Haar nach den verschiedenen Richtungen hin mitgetheilt werden, an Kraft einander gleich kämen. Die Richtung der Schwingun ist zwar nicht auf den Zellen verschiedenen, wohl aber auf denen desselben Standortes gleich, sodass alle Haare der Bronchial-, de Tubenschleimhaut u. s. w. immer nach derselben Seite hin zusam= menfallen und somit auch aufstehen.

Von den Haaren auf den Epithelien der Muschelkiemen behauptet Valenti jedoch das Qegcntheil, sie sollen unter Umständen plötzlich ihre Schwingungsrichtu ändeni.

Die Beschleunigung der Bewegung ist nach den Beobachtungc" von Purkinje, Valentin, Sharpey, Galliburces und Vir^ chow *) abhängig 1) von der chemischen und mechanischen Unj versehrheit des einzelnen Wimperhaars ; ist diese erhalten, so kan: die Zelle von ihrem natürlichen Standort entfernt, oder gar bis z"' Zerstörung der benachbarten Haare verstümmelt sein, ohne das die Bewegung erlischt. Wird dagegen das Haar durch conzeD trirte Säuren, Alkalien, Salze, durch Eintrocknen u. s. w. zerstört so ist die Befähigung zur Bewegung verloren; sie kehrt namen' lieh auch nicht wieder, wenn man das einmal eingetrocknete Haa wieder aufweicht. 2) Die Schlagfähigkeit der Haare auf solche Zellen, welche aus ihrem natürlichen Standort entfenit sind, wir

•) Valoutin, Lehrb. der Pliyslol. Hl. a. 19 ii. b. 611. Virchow's Arohiv. VI. Bd.

Fliramerhaare ; Beschleunigung ihrer Bewegung.

243

Fig. 50.

verlängert, wenn sie in Lymphe, Blutserum oder in verdünntem iiühnereiweiss aufgehoben werden. 3) Die verlangsamte oder „luch kurze Zeit erloschene Bewegung kann wieder belebt werden imch verdünnte Kalilauge. (Virchow). Auch soll die verlang- ,;amte Bewegung wieder beschleunigt werden können durch mecha- nische Erschütterungen (Valentin und Purkinje). 4) Die Be- fvegung erhält sich nur zwischen bestimmten Temperaturgrenzen, kvelche nach Valentin durch + 6" und -f-^ 81 C. gegeben sind, iahl (und Intensität) der Schläge in der Zeiteinheit wird bedeutend termehrt durch die steigende Temperatur. (Calliburces) *).

Um die Veränderlichkeit der Wimperbewegung durch die Temperatur zu beweisen, sendet Calliburces den Apparat an, von dem Fig. 50 ein Schema giebt. Zwei Punkte oon zwei gegenüberliegenden Seiten iiines cubischen Glasgefässes ABC »erbindet er durch die leicht dreh- oare Achse aus Aluminium , die in :inen sehr leichten hohlen Glascylin- :er eingeschmolzen ist iS M. Die

.chse trägt auf der Seite, an welcher ee über die Wand des kubischen Ge- iiisses hervorragt, einen Zeiger / /, reicher auf einen in der Glaswand Jügeätzten getheüten Kreis zeigt ; der Ipunkt des Kreises liegt im Be- . i ungspunkt der Achse mit der Glas-

anJ. Gegen die im Ganzen 73 Mgr. i iegende Eolle lasst sich mittelst einer ii-.er nicht gezeichneten Mikrometer- Lhraube eine ebene Platte P F be- legen, und somit auf immer gleichen Ibstand von der Eolle einstellen. Auf

:eser Platte ist ein Stück Schleim- iint S S des Froschrachens aufge-

lannt, so dass die Cilien derselben gegen den Cylinder schlagen und ihn drehen.

ist ein Thermometer, welcher den hermetisch schliessenden Deckel des Gefässes durch- jhrt. Die Zeit, welche der Cylinder zu einer ganzen Umdrehung verbrauchte, war im 1 Ittel ans 52 Versuchen bei 12 bis -|- 19» C. = 22 Min. 3 See, bei + 28" C.

Min. 7 See.

5) Inhalation von Aether hebt die Bewegungen der Haare so nnge auf, als die Aethernarkose andauert (Clemens, Gosselin**); - 6) Je nach dem Standorte erlischt die Bewegung mehr oder 'eniger rasch nach dem Tode des Individuums oder in Folge der

•) Compt. rend. 47. Bil. ß. Oktbr.

•*) Cl, Bernard, gur les effcU des subatADcei loxiquos 1857. 42.3.

lü'

244

Anatomische und chemischo Eigenschaften des Haars.

veränderten Temperatur. Am empfindlichsten sind die Haare in den Geschlechtstheilen. 7) Als negative Charakteristik , den Muskel- und Nervenmassen gegenüber, ist bemerkenswerth , dass durch verdünnte Lösungen von Blausäure, Opium, Strychnin, Kreosot u. s. w. und durch elektrische Ströme die Bewegungen weder be- schleunigt, noch verlangsamt werden.

Von den Emährungserscheinungen der Flimmerhaare ist nichts bekannt.

Haare.

1. Anatomische Eigenschaften *). Der Haarknopf, oder der Theil des Haars, welcher unmittelbar an die Warze grenzt, be- steht durchweg aus kugeligen, kernhaltigen Zellen und freien Kernen (?), ähnlich denen, welche in der Oberhaut auf den Cylin- derenden ruhen. Im Haarschaft treten dagegen drei wesentlich verschiedene Formen auf; die Oberfläche desselben wird rings um- kleidet von einer mehrfachen Lage , dachziegelfönnig übereinander- geschichteter kernloser Hornschlippchen , welche durch quellende Flüssigkeiten bis jetzt nicht in Bläschen umgewandelt werden konnten; dieses Haarepithelium schliesst eine mehrfache Schicht bandartiger Fasern ein, von denen jede einzelne aus länglichen kernhaltigen Hornschuppen besteht, welche an ihren schmalen Seiten mit einander verwachsen sind; die auf einer Peripherie des Haars liegenden Fasern sind jedoch ebenfalls untereinander zu Cylinder- mänteln verklebt; im Centrum der Faserschicht endlich liegt das Haarmark. In dieses ragen, so weit das Haar noch in dem Balg versteckt liegt, Fortsätze aus der Haarwarze, die auch häufig noch eine Blutgefässschlinge in sich fassen, und ausserdem ist es aus kugeligen Zellen gebildet, die jedoch an dem freistehenden Theile des Haars vertrocknen und somit zur Bildung lufthaltiger Lücken Veranlassung geben. Zur Einsicht in den Bau des Haars rmd seines gleich zu erwähnenden Säckchens haben uns vor Allem die Arbeiten von Heusinger, E. H. Weber, Gurlt, Henle, H. Meyer, Steinlin und Kölliker verholfen. ' x

2. Chemische Zusammensetzung **). Die festen Theile des Haars sind innerhalb des Balgs mit wässerigen und ausserhalb desselben mit öligen Flüssigkeiten durchtränkt. Diese letztem sind ein Gemenge aus Olein und Margarin, Olein- und Margarin-

•) Iii kor, Handbuch der Geweboleliro. 8. Anfluge, Leipzig 1859. p. 12!). •*) Muldor, pliysiol. Uliemio. BrauuScliwcig. p. 570. Loyer u. Kölliker, Licbig's Annaien. 83. Bd. p. 332. Gorup, ibid. CG. Bd. p, 321.

1

Physikalische Eigenschaften und Ernährung des Haars. 245

säure. Die geformten Bestandtheile des Markes, der Rinde und 1er Deckschicht sind von ungleichartiger Zusammensetzung und ■3henso sind die Zellenindividuen einer jeden Formation ein Ge- iinenge mehrerer Substanzen; man schliesst dieses aus dem Ver- nähen jener Fomen gegen Kali, Schwefel und Essigsäure. Eine F^ilemeutaranalyse des mit Wasser, Alkohol und Aether ausgekochten [Haars gab nach v. Laer und Scher er in 100 Theilen: C 50,6; fl 6,4; N 17,1; 0 20,8; S 5,0. Da die diesen Zerlegungen unter- flvorfenen Haare aus ganz verschiedenen Orten stammten, so deutet kene Uebereinstimmung darauf hin, dass das Haar ein constantes B^emenge aus den verschiedenen Stoffen darstelle. Die Zersetzungs- Dirodukte des Haars mit Schwefel-, Salpetersäure und Kali stellen fe'est, dass dasselbe Substanzen enthalte, welche zur Gruppe der üiweissartigen Körper gehören.

Durch Behandlung mit wanner verdünnter Kalilauge gewinnt man aus ihm sog. 't'rotein und Proteinbioxyd unter Abscheidung von S und NH3 (M u 1 d e r). Durch SO3 ^;ann man Tyrosin und Leucin aus dem Haar gewinnen (Leyer und Koller), und s'^Os verwandelt sie zum Theil in Xanthoproteinsäure (Mulder). Es bedarf kaum des Hinweises auf den grossen S-gehalt, am den Unterschied zwischen Haar und Epider- läis deutlich zu machen. Nach Chovreul*) soll das Haar seinen Schwefel, ohne itStrukturänderungen zu erleiden, verlieren können.

Der Gehalt des Haares an Asche wechselt zwischen 0,5 bis ,8 pCt. Sie besteht aus Eisenoxyd, Kieselsäure, phosphorsaurem LLalk und Magnesia (v. Laer und Gorup).

3. Physikahsche Eigenschaften. Im trocknen Zustand zieht das Haar begierig Wasserdampf an und condensirt ihn ; in Wasser gelegt lifuillt es ein wenig auf. Mit Fetten durchtränkt sich das trockene Haar ebenfalls leicht. In welchem Verhältniss seine Adhäsions- ;Lräfte zum Fett und Wasser stehen, ist unbekannt. Das durch "'""ett und Wasser getränkte Haar ist sehr- dehnbar, und dehnbarer ÜB im trocknen Zustand. Die wenigen über Elastizität und Cohä- i ion des Haars vorliegenden Beobachtungen **) geniigen nicht, um fcine Vorstellung Uber die hierauf bezüglichen Kräfte desselben zu [gewinnen. Das Haar ist ein schlechter Leiter der Wärme und iiin Isolator der Elektricität.

4. Ernährung des Haares. Die Anordnung der Zellen in der Form des Haars geschieht für gewöhnlich mit Hilfe einer eigen- ihtlmlichen in die Cutis eingelagerten Vorrichtung, die Haarwarze nnd den Haarbalg. Die Warze ist ein kugelförmiger Auswuchs

•) Schlossbergor, allgemeina Thier -Chomie; Horngowcbo 281. ••) E. H. Weber, Allgemeine Anatomie. Stuttgart 1844. p. 216.

246

Ernährung des Haars. Säckchen.

auf dem Boden des Haarsäckcliens, in welchen eine Gefässschlinge einkehrt; aus ihrer Oberfläche dringt der Saft, welchen die Zellen des Haarknopfs verbrauchen. Die Höhle des Haarsäckchens stellt einen kolbenförmigen Raum dar, der sich überall auf das innigste an das Haar anlegt, so dass es entsprechend den Durchmessern dieses letztern unten am Knopf desselben weiter und oben gegen den Schaft hin enger wird. Die Wfind, welche den engern, dem Kolbenhals entsprechenden Theil der Höhle umschliesst, ist aus sechs Schichten gebaut; zählt man von aussen nach innen, so trifft man zuerst auf eine Lage von dem anatomischen Bau der Cutis, nemlich auf ein Gemenge von elastischem und Bindegewebe; dann folgt eine einfache Lage von kerntragenden Fasern, welche die kreisförmige Peripherie des Balgs umschlingen. Diese Fasern schliessen eine strukturlose Haut ein, auf welcher zuweilen fein- streifige Netzformen aufsitzen ; sie wird wiederum bedeckt von einer Lage kugeliger Zellen, welche an der Mündung des Säckchens in die Schleim Schicht der Oberhaut übergehen und darum als tiefste Lage vom Epithelium angesehen werden; auf sie folgen mehrere Schichten innig mit einander verbundener Hornschüppchen und schliesslich eine Lage von Platten, welche denen vollkommen glei- chen, die als sog. Oberhaut des Haars die Faserschicht der- selben einschliessen. Nahe an der Ausmündung des Haarbalgs öffnen sich in denselben die Gänge kleiner Fettdrüsen, welche auf der äussern Seite des Balgs gelegen sind. An den Grund des Sackes geht ein kleiner, aus Faserzellen zusammengesetzter Mus- kelstreifen, der in den oberflächlichen Schichten der zunächst ge- legenen Cutis entspringt.

Der Hergang, durch den die Kugelzellen des Knopfs aus der Flüssigkeit entstehen, welche sich aus den Gefässen der Warze ergiesst, ist hier wie überall unbekannt; es ist sogar noch zweifel- haft, wie die Form beschaffen sei, welche ursprünglich auftritt. Einige Autoren, namentlich He nie, stellen die Behauptung auf, dass in den die Warze unmittelbar begrenzenden Schichten des Haarknopfs nur Gebilde von der Form der Kel-ne jener Kugelzellen enthalten seien; sie sind geneigt, aus dieser Beobachtung abzu- leiten, dass zuerst diese Kerne und mit Beihilfe derselben dann erst die fertigen Zellen entstehen. Andere Mikroskopiker, nament- lich Kölliker, läugnen aber die beständige Anwesenheit dieser Kerne. Unzweifelhaft gehen aber die ausgebildeten Zellen des Haarknopfs in die Hornschüppchen der Faserschicht und die ver-

Ernährung des Haars, Spitzenwachsthum.

247

lü'ockneten Markzellen Uber, während die Plättclien des Oberhäut- chens aus der oberfiäcblicbsten Epitbelienlage des Haarbalgs ab- istammen, die das emporwachsende Haar an sieh klebt und mit iäieh emporschiebt. Rinde und Mark des Haares ist somit nichts anderes, als ein Epithelialübergang der Warze, der insofern eigen- bhümlich ist, als nur die Rindenzelleu verhornen, während die Mark- Lzellen, ehe sie zu dieser Umwandlung gekommen sind, vertrocknen, i30 dass sich in den Epithelialfortsatz die mumifizirten Zellen der iSchleimschicht hinein erstrecken. Aus den Eigenschaften der Warze ist es begreiflich, dass das Haar, gleich ihr, an seinem' matürlichen Ende zugespitzt ist; aus dem für die Blutflüssigkeit landm-chdriuglichen Epithelialübergang des Haarbalgs, im Gegen- isatz zu der für sie durchgängigen Warzenoberfläche, wird es er- iklärlich, dass das Haar nur von der letzteren aus neue Zellen an- isetzen kann, und endlich ist einleuchtend, dass der Hals des Balges iden am Knopfe breitern Querdurchschuitt des Haars beim Ueber- ;gang desselben in den Schaft zusammenpresst und soweit wenig- istens mit dazu beiti-ägt, dass die Kugelzellen in längliche Schüpp- chen umgewandelt werden. Die Stärke des Haarschaftes muss fiarum bestimmt sein von dem Durchmesser des Hohlraums, wel- cchen der Balg umschliesst.

Neben der so eben geschilderten stellt Engel*) nach seinen Beobachtungen noch raine andere Entstehung des Haars hin, die von der Schnittfläche eines abgeschnitte- laen Haars ausgeht. Da dieselbe bis dahin noch keinem andern Beobachter zu Gesicht gekommen, so würde daraus folgen, dass sie nicht allen Haaren gemein ist. Den Be- meis , dass die Haare Tom Schnittende auswachsen , findet Engel, Tora mikroskopi- Kächen Verhalten abgesehen, darin, dass sich an der Schnittfläche oft eine knopfrditaige i4nschwellung bildet, auf welcher eine Spitze anwächst ; schneidet man die neue Spitze ' -IS über jenem Kolben weg, so entsteht ein zweiter Knopf und von da aus erhebt 1 u abemjals eine Spitze u. s. f. Hier dient also die mit blossem Auge sicht^jare erste liAnschwellung als Markt dafür, dass die neue Spitze in der That aus der Haarwunde ' prungen ist. Diese neugebildete , oft linienlange Haarspitze enthält alle Elemente aus dem Säckchen gebildeten Haarschaftes. Ueber die hierbei auftretende Form- lolge verweisen wir auf die Abhandlung; begreiflich würde eine Bestätigung der von tE n g e 1 mitgetheilten Thatsachen von grosser Wichtigkeit für die Zellentheorie sein.

Nach Donders**) hat jedes Haar nur eine gewisse Lebens- ildauer, hat es diese erreicht, so stirbt es ab und wird durch ein nneues ersetzt. So lange es lebt, wächst es aber mit ungleicher I Geschwindigkeit.

*) Wiener akad. Monatsberichte 1856. Februarheft. Henle's Jahresbericht fUr 1866. p. 61.— Förster , Vlrcho w'g Archiv XII. 569.

*•) Archiv flir Ophthalmologie von Arlt, Dondere, Grnefe, IV. Bd. J. Abthlg.

248

Lebensdauer des Uaars.

Die Cilien, deren Wachstlmm von Donders genauer verfolgt wurde, verhalten sich nach folgenden Angaben. Das Lebensalter ist von dem Zeitpunkt an gerechnet, wo die erste Spur des Haars aus dem Balg hervortrat.

Lebensalter in Tagen.

Tägl. Waohsth, in Mm.

0—21 0,21 22—28 0,18 29—52,55 1 0,12

Gesammtlänge in Mm.

4,50 5,75 8,75

53—140 I 0,02 ! 11,0 Diese Zahlen zeigen, dass die Geschwindigkeit des Wachs- thums mit dem steigenden Alter abnimmt. Kürzere Cilien en-eichten auch nur eine kürzere Lebensdauer. Insofern man diese schönen Beobachtungen verallgemeinern darf, wofür das stete Ausfallen der Kopf- und Barthaare genügende Berechtigung zu geben scheint (Langer), so würde sich die typische Länge, welche die Haare auf den verschiedenen Körperorten (Kopf-, Lippenhaut u. s. w.) erreichen, dadurch erklären, dass jedem eine bestimmte Lebens- dauer gegönnt wäre.

Auf die Geschwindigkeit des Haarwachsthums soll einen Ein- fluss üben : das Abschneiden , was Donders an den Cilien nicht bestätigt fand; ferner das Lebensalter der Individuen und die Tages- und Jahreszeit, indem bei jugendlichen Menschen, bei Tag und im Sommer die Längenzunahme in der Zeiteinheit grösser sei, als im Alter, bei Nacht und im Winter (Berthold).

, Der Stoffwechsel in dem fertigen Haar ist gering, aber nicht immer gänzlich fehlend. Einmal nemlich wird das Haar durch die Säfte, welche aus den Fettdrüsen der Haarbälge austreten, eingeölt; dieses Oel muss natürlich in dem der Luft ausgesetzten Schafte verwesen, und der daraus erfolgende Abgang wird wenigstens in allen fetten Haaren durch neues aus dem Balge nachdringendes ersetzt. Auf eine Umwandlung der Stoffe des fertigen Haares deutet das Ergrauen derselben; dieses kommt durch eine Vermeh- rung seines Luftgehaltes zu Stande, indem sich derselbe nicht mehr auf das Mark beschränkt, sondern auch auf die Rinde ausdehnt. Diese merkwürdige Lückenbildung in der Rinde tritt nemlich häufig auch in den Theilen des Haares ein, welche den Balg schon ver- lassen haben (Ergrauen der Spitzen). Ueber pathologische Lufil^ bildung in den Haaren handelt A. Spiess *).

•) Henlc's und Pfcufer's Zeitschrift. 3. Roilic. V. Bd. 1.

Elastisches Gewebe.

249

Uebor den periodischen Haarwechsel der Thiero und insbesondere über das anato- loische Verhalten der Warze und der aus ihren Flüssigkeiten herrührenden Zellen hat äteinlin*) sehr genaue Beobachtungen mitgetheilt. Siehe hierüber auch Kölliker und Langer.

^ Die Bewegungen des Haars (das Haarsträuben) bestehen, wie SS die Lagerung des Balgmuskels emarten lässt, in einem Auf- iichten des schiefgeiegten Haares.

Elastisches Gewebe.

1. Seine elementare anatomische Anordnung**) ist mannig- aaltig; bald erscheint es als homogene oder auch als durchlöcherte Haut, bald in schmalen oder breiten Fasern, die einfach geschlängelt lind verästelt oder mit nebenliegenden zu Netzen verbunden sind, iiind endlich soll es auch in feinen, einfachen oder verästelten ^vöhren, die mit den anliegenden zu einem feinen Gefässwerk ver- « chmolzen sind, auftreten (Virchow, Donders).

2. Chemische Beschaffenheit. Die Zusammensetzung der Flüssig- keit, welche die festen Theile des elastischen Gewebes durchtränkt (der zwischen den Lücken und Höhlen desselben enthalten ist, tennen wir nicht. Die feste Masse selbst zeichnet sich aus durch ure LTnlöslichkeit in kalten verdünnten Mineralsäuren und ihre «chwerlöslichkeit in Kalilauge. Mit Säuren, Kali, Aether, Alkohol ind Wasser gereinigt, zeigt der Stoff die im L Bd. p. 56 ange- ilhrte prozentische Zusammensetzung.

3. Physikalische Eigenschaften, a) Im durchfeuchteten Zustand it seine Elasticität sehr vollkommen und sein Elasticitätscoeffizient iin niedriger. Seine Cohäsion ist unter allen Umständen beträcht- csh, sie scheint dabei jedoch nach verschiedenen Richtungen hin licht gleichmässig zu sein. Seine endosmotischen Eigenschaften ind sehr unvollkommen bekannt. Es zieht begierig "Wasser an, aaillt in kaltem Wasser bedeutender als in heissem auf ; im Gegen- utz zum Bindegewebe wird es durch Essigsäure nicht aufgeschwellt. Us Scheidewand zwischen diffundirende Flüssigkeit aufgestellt, ferhält es sich unter Umständen eigenthümlich ; so verwehrt z. B. nach I rücke das aus elastischem Stoff bestehende Schaalenhäutchen !e8 Hühnereies dem flüssigen Eiweiss den Durchgang; dasselbe

•) Henle'B und Pfeufer's ZeiUchrlft. I. Reihe. IX. Hd. ■•») Kölliker, Oowebelchre. 3. Aiinngo. p. 68. Virchow, WUrzburgor Verhandlungen, l Bd. p. 150. He nie, Im Jahresbericht Uber nllgem. Anatomie für 1861 p. 28 und 1862 20.

250

ElastiBches Gewebe.

leistet die innere Avterienliant , wenn sie vorher in einer zweipro- zeutig-en Kochsalzlösung gelegen (C. Ludwig). Eine genauere Untersuchung der hier einschlagenden Eigenschaften wäre insbe- sondere wtinschenswerth , wenn sich die Vemuthung rechtfertigt, dass die Haut der Blutgefässcapillaren und die der feinsten Drüsen- gänge aus elastischem Gewebe gebildet ist.

4. Ernährung, a) Die Zusammensetzung des festen Stoffs be- weist, dass er aus eiweissartigen Atomen hervorgegangen sein muss; eine Hindeutung auf die hierbei vorkommende chemische Umsetzung ^ gewährt die (Bd. 1. p. 56) mitgetheilte Erfahrung von ZoUikofer, welche darthut, dass aus dem Eiweiss, indem es in elastisches t Gewebe übergegangen, die Atomgruppe entfernt wurde, aus derl Tyrosin bei der durch Schwefelsäure eingeleiteten Zersetzung her- II vorgehen kann. Die Formfolge, welche bei der Hervorbildung J des elastischen Stoffs aus der Flüssigkeit aufti-itt , ist bis dahin noch Gegenstand des Streites; einige Anatomen, unter ihnen Schwann,! Kölliker, Virchow und Donders, behaupten, dass es ein' Umwandlungsprodukt vorgängig entstandener Zellen sei, während H e n 1 6 *) aus der Untersuchung des Nackeubrandes die Berechti- gung für eine solche Annahme bestreitet. Bei der bekannten Gründ- lichkeit beider Parteien kann die Ursache der AbAveichung nur in der noch mangelhaften Methodik gefunden werden. Die elasti-i sehen Gewebsformen gehören zu denjenigen, welche sich auch im ausgewachsenen Organismus neu bilden können. b) Von den Veränderungen des einmal aufgebauten Gewebes ist wenig bekannt. Seine Armuth an Blutgefässen lässt schliessen, dass sein Umsatz während des Lebens gering sei ; hiermit in Uebereinstimmung steht die Thatsache, dass es bei Abmagerung aller übrigen Körper- bestandtheile an Gewicht und Umfang nicht beträchtlich abnimmt. Von einer jeglichen Veränderung während des Lebens ist es jedoch nicht ausgeschlossen, denn es kann an einzelnen Orten unter gün' stigen Umständen schwinden, wie dieses thatsächlich an den Wandungen solcher Gefässe feststeht, deren Lumen verschlossea wurde. Einen besondern Weg würde die sich in ihm verbreitende Flüssigkeit finden , wenn die Röhrennatur der sog. Kernfasern fesir gestellt würde ; in diesem kleinen geschlossenen Canalsystem würde sich die Flüssigkeit, nachdem sie in dasselbe auf endosmotischem Wege eingedrungen wäre, weiter verbreiten können.

») L. c. 1851. p. 29.

II

Bindegewebe.

251

Bindegewebe.

1. Das Mikroskop in Verbindung*) mit der chemischen Zer- e^ung weist in dem Bindegewebe nach: leimgebende Fasern und ''ibrillen, einen eiweissartigen Zwischenstoflf , elastische Fasern und iellenartige Gebilde (Jordan, Henle, Baur, Rollet). Die eeimgebenden Faserzlige, welche den weitaus grössten Theil des Bindegewebes ausmachen, können entweder (in Sehnen, Aponeurosen, Bänden! , der Selerotica) sogleich in sehr feine Fäden auseinander- l^ezerrt werden, oder die mechanischen Hilfsmittel zerlegen sie (in ier Lederhaut, im formlosen Bindegewebe, in der tunica con- üunctiva, advcntitia, submucosa) vorerst nur in breite Fasera, welche i,ich durch Kalk- oder Barytwasser schliesslich ebenfalls in Fibrillen ipalten lassen. Die breitern und feinern Fasern sind zu Bündeln yereinigt, indem eine grössere Zahl paralleler Fasern durch eiweiss- artigen Bindestoff verklebt ist. Diese Bündel werden von einander ijeschieden durch strukturlose Scheiden (Reichert, Henle) oder iiuch durch umspinnende und zum Theil in die Bündel eindringende ifaserzüge (Rollet, Henle). In und zwischen diese leimgebenden ' i'aserzüge sind eingebettet feine, oft zu Netzen verbundene elastische ' i'asern und eine besondere Art von Körperchen , welche zusammen- ;i;efallenen Zellen ähnlich sehen , die nach zwei Seiten hin in feine ' ''äden auslaufen. Ausser diesen allgemein anerkannten Einlagerungen Banden sich Virchow und nach ihm Leydig u. A. veranlasst, iiind zwar in Folge der Bilder, welche ein senkrecht gegen die Ilichtung der Faserbündel geführter Schnitt zum Vorschein bringt, iioch sternförmig verästelte Zellen zwischen den Bündeln anzu- itrehmen. Da diese sternförmig verästelten Zellen bis dahin noch iiicht gesondert dargestellt werden konnten, so lassen andere imatomen (Henle, Rollet) die sternförmigen Figuren, welche lie Annahme von Zellen hervorriefen, nur als einen Ausdruck für üe Lücken gelten, welche zwischen den Bündeln übrig blieben. ))ie Bündel sind mannigfach angeordnet, bald verlaufen sie an- läherad parallel, bald durchfleehten sie sich nach den verschieden- tten Richtungen und zuweilen so innig, dass wie z. B. an der Ober- iläche des Coriums und der Cornea der Anschein einer strukturlosen ochicht entstehen kann (Rollet). Die molekulare Struktur der '^''asern scheint eine sehr eigenthümliche zu sein, denn die Fasern

■) Siehe die Literatur des olastisclien Gewebes und ausserdem Henle, Jaliresbericlit für 1857 .35. Roliet, Wiener altad. Sitzungsberiolite. XXX. Bd. p. 37. Alb, Baur, die Ent- ^cklung der Bindesabstanz. Tübingen 1858.

252

Chemische Eigenschaften des Bindegewebes.

brechen das Licht doppelt, eine Eigenschaft, die sie im gequollenen Zustand entweder aufgeben oder beibehalten (W. Müller). Dem' entsprechend ist die Formänderung, welche die Fasern bei der Quellung annehmen, eine verschiedene, indem sie durch gewisse Mittel nur nach einer, und durch andere nach verschiedenen Seiten sich ausdehnen. So dehnen sie sich durch Essigsäure allseitig (?), durch ClCa nur nach der Breite aus, durch kochendes Wasser werden sie verkürzt u. s. w.

2) Chemische Beschaffenheit. Die Formbestandtheile des Bindet gewebes sind im Leben mit einer Feuchtigkeit durchtränkt, und ausserdem liegt in den Lücken zwischen den Blättern und Faser- bündeln Feuchtigkeit eingeschlossen. Ihre Zusammensetzung ist unbekannt. Die festen organischen Bestandtheile bieten, mit Alkohol, Aether und Wasser gereinigt, die prozentische Zusammen- setzung des Leims dar (Scher er und Winkler). Wenn man aus dieser Thatsache schliesst, dass sich das Bindegewebe beim Kochen ohne Veränderung seiner Zusammensetzung in Leim auf- löse, so ist damit nur ausgesprochen, dass die Analyse dieses Körpers nur in sehr weiter Fehlergrenze das Richtige trifft. Ohne dieses mUsste man nemlich gerade das Entgegengesetzte behaupten, weil Bindegewebe selbst da, wo es am reinsten vorkommt, einen in Kalk- und Barytwasser löslichen Eiweissstoff (Rollet) und zudem immer noch bedeutende Mengen von solchen Geweben en^ hält, welche sich beim Kochen nicht auflösen. Zellinsky*) fand den unlöslichen Rückstand der 4 6 Tage lang gekochten Sehnen zu 4 5 pCt.

Man hat sich erlaubt, auf die chemische Beschaffenheit der Bindegewebsflüssigkeit, zu schliessen aus deijenigen , welche beim Zellgewebsödem das Bindegewebe erfüllt oder gar aus dem Safte, welcher in Folge von Entzündungen aus den Gefässen des Bindegewebes austritt**). Diese letzte Annahme verdient keine Berücksichtigung. Die Oedem erzeugende Flüssigkeit, vrelche nach Schmidt stark alkalisch reagirt, besteht in 100 Theilen aus 0,36 pCt. organischer Bestandtheile (die vorzugsweise Eiweiss, aber keinen Faserstoff enthalten), aus 0,77 Salzen und 98,87 Wasser. Die Annahme einer Uebereinstimmung zwischen dieser und der normalen Zellgewebsfeuchtigkeit dürfte darum gewagt erscheinen, weil, so weit wir wissen, ein Oedem nur eintritt, wenn eine wesentliche Veränderung in der Zusammensetzung des Bluts vor sich gegangen, oder wenn der Strom in den Blutgefässen des Bindegewebes in Folge einer Hemmung desselben in den Venen unter einer erhöhten Spannung fliesst. Viel wahrscheinlicher ist es , dass die Lymphgefässe , und namentlich ehe sie in die Drüse eintreten , den Saft der Zellgewebslücken enthalten, welchem wir, gestüzt auf die Quellungserschei-

») Henle's Jahresbericht fllr nllgem. Anatomie für 1853. p. 28. •») C. Schmidt, Charakteristik der epidem. Cholera. MItau 1850. 123.

Eniähning des Bindegowobcs.

253

.ungen, nicht ohne Weiteres dieselbe Zusammensetzung zuschreiben dürfen mit dem- •migen , der die feste Masse selbst durchfeuchtet.

3. Ernäln-uugserscheinungen. Das leimgebende Bindegewebe intsteht unzweifelhaft aus eiweissartigen Stoffen, denn es enthalten !8lut und Eier keinen oder wenigstens nur sehr sehr selten Leim, iind die Analogie in der Zusammensetzung und der chemischen ;Jonstitution bürgt dafür, dass der Leim ein umgewandeltes Eiweiss }8t. Hiermit befindet sich die Thatsache nicht im Widerspruch, kass die sog. Granulationsgebilde, welche im Begriff stehen, zu iiindegeweben zu werden, und ebensowenig das in der Bildung itegriffene schon deutliche Faserung zeigende Bindegewebe beim fCochen keinen Leun liefern (Güterbock, Schwann, Drum- piond) *). Wie diese Umwandlung des Eiweisses in Leim vor itich geht, kann nicht einmal veiiuuthungsweise ausgesprochen hyerden; der gewöhnliche Ausdruck, dass dieser Vorgang zu den Oxydationsprozessen zähle, begi-ündet sich dadurch, dass 100 Theile i/cim mehr Sauerstoff, als das Eiweiss enthalten.

Das Bindegewebe**) gehört zu den festen Bestandtheilen des Thierkörpers, welche sich während des Wachsthums und auch in rrwachsenem Zustande sehr leicht neu bilden. Die Formen, welche aan an den Orten findet, an welchen neues Bindegewebe entsteht, iind mannigfache, und zwar: 1) eine gedrängte Masse von rund- ichen Zellen, deren Wand in Essigsäure unlöslich ist und die im Qinem eine durchsichtige Flüssigkeit und eine oder zwei stark cchtbrechende Kügelchen enthalten ; 2) zwischen diesen Zellen oder, !i.emen ist eine gallertartige, formlose Substanz eingebettet , 3) oder iine homogene zähe Masse, in der einzelne Zellen liegen, deren iVandungen mit jener Masse verschmolzen sind; 4) kernhaltige eilen, von deren Wand Ausläufer abgehen, die mit den ent- prechenden Verlängerungen der benachbarten Zellen verschmelzen md somit Zellennctze darstellen; in dem Raum, den diese Netze nottschliessen, ist eine formlose Masse eingebettet; 5) eine gedrängte lasse von platten, oblongen oder aber von spindelförmigen Kör- eerchen , die einen sog. Zellenkern enthalten. Die schmalen Enden

•) J. Vogel, Pathol. Anatomie, p. 143. Sclilossberger, Allgemeine Thierchemie, i^ndegewebe 120.

•*) He nie, Rationelle Pathologie. II. 1. Abth. p. 7IC ii. f. ii. 821. Reichert, Bcmcr- 'ingen zur vergl. Natiirforschnng. Wir>. p. lüG. Köllil«or, Handbuch der Gewebelelire. 2. Aiif- f-ge. p. 71. Henle'9 Jahresbericht Uber allgem. Anatomie für 1852. p. 20. Kcmak, Mill- •«i'a Archiv. 1862. p. 63. Thierfolder, Do regeneratlono tendluum. Misonae 1852. Meyer, Annalcn der Charltö. IV. Bd. A. Baur, die Entwicltlimg der Bindesubstanz, äbtngen 1858.

254

Forrafolge dos Bindogowebes.

dieses Gebildes sind öfter mit den entsprechenden Rändern anstossenden verwachsen.

Je nachdem man diese Thatsachen verknüpft, lassen sich vei schiedene Vorstellungen bilden Uber die Formfolge des entstehende Bindegewebes. Man hat u. A. nachstehende Zusammenstellungci versucht: 1) Das Bindegewebe geht hervor aus den vergrössertii und verschmolzenen Zellhäuten. 2) Die freien Kerne, welche ! der formlosen Grundmasse liegen, bestimmen ihre nächste Uu. gebung dahin, sich loszureissen von den Nachbarorten, so das^j damit die Grundmasse in einzelne Plättchen oder Fasern zerfällt a 3) Die Auslaufer der verästelten Zellenhäute verwandeln sich ii | Bindegewebsstränge. 4) Die ursprünglich strukturlose gallertartig! Masse wird zähe, faltet oder fasert sich aus, die eingesprengte Kerne verschmelzen mit derselben. 5) Die strukturlose Masse vei ändert sich, wie unter 4. angegeben wurde, und die verästelte; Zellen stellen die V i r c h o w ' sehen Bindegewebskörper dar. 6) Au den Zellen gehen Formen hervor, welche mit dem Bindegeweb im engern Wortsinn nichts gemein haben, wie z. B. Gefäss elastische Fasern u. dergl. Es dürfte kaum anzugeben se welche Meinung das Uebergewicht über die andere hat, oder o gleichzeitig mehrere oder vielleicht keine von ihnen berechtigt is

Rücksichtlich der übrigen Erfordernisse für die Neubildung voi Bindegewebe steht fest, dass sich dasselbe nur in denjenigei flüssigen Absonderungen bildet, welche sich in geringer Meng zwischen den festen Theilen des thierischen Körpers finden; das sich aber niemals die festen Massen, welche frei in einer Flüssi keit schwimmen , zu Bindegewebe umformen. So tintt z. B. an di Stelle eines Blutpfropfs, der sich in einer unterbundenen Arteri findet, mit der Zeit eine Bindegewebsmasse, während eine Floc von Faserstoff, die in einer Flüssigkeit schwimmt, welche in einei serösen Sacke ausgetreten ist, niemals zu Bindegewebe wird, un ebenso bilden sich auf dem Boden einer eiternden Fläche Bindi gewebsmassen , aber die Eiterkörperchen selbst, welche im Eitej serum suspendirt sind, wandeln sich nicht darin um. Eine and Frage, die man öfter erhoben, aber niemals mit Sicherheit bea; wertet hat, besteht darin, ob die Flüssigkeit Faserstoff enthalt müsse, wenn sie zur Entstehung neuen Bindegewebes Veranlassu; geben solle.

lieber den Umsatz des einmal fertigen Bindegewebes ist bekannt. Die gewöhnliche Annahme geht dahin, dass es sich

Bindegewebe ; Narbenscbrumpfung.

255

irerändert erhalte oder mindestens sehr wenig verändere. Die ■Gründe daflir findet man darin, dass dasselbe nach dem Tode iangsamer als die Muskeln und Nerven fault; darin, dass bei einer iintretenden Abmagerung die vorzugsweise aus Bindegewebe be- ttehenden Theile, wie z. B. die Sehnen, wenig an ihrem Umfang terlieren; und endlich darin, dass viele der Bindegewebsorgane jßehnen, Unterhautzellgewebe, seröse Häute) mit nicht sehr zahl- eeichen Gefässen versehen sind. Chirurgischen Erfahrungen zu- lolge verhält sich das neugebildete, in Narben eingelagerte Binde- gewebe oft eigenthümlich, da es häufig nicht für die Dauer besteht, Dondern kaum gebildet , auch wieder verschwindet. Auf diese Weise tleutet Eos er*), und wie es scheint mit Recht, die bekannte That- aache der Narbenschrumpfung, die darin besteht, dass die Narben- laasse, welche die mit Gewebsverlust verbundenen Wunden aus- ilillt, allmählig wieder und zwar so weit aufgelöst wird, dass sich ilie Ränder der unverletzten Haut, welche bis dahin auseinander- ;;ehalten wurden , wieder aneinander legen. Diese Verschrumpfung rrfolgt nach Roser nur dann, wenn die Haut bis zum Unterhaut- liiindegewebe zerstört war, und unter diesen Bedingungen am eeichtesen bei kräftig constituirten Menschen und da, wo die Narbe (on einer leicht dehnbaren und nachgiebigen Haut umgeben wii'd. ^Vo sie aber auch eintritt, erfolgt sie nach gewissen Richtungen ?3ichter, als nach andern, so am Hals, am Penis, der hintern Wand der Scheide, vorzugsweise nach der Längenachse jener »rgane. Die grosse Bedeutung dieses Vorgangs als Heilmittel hat tioser wiederholt heiTorgehoben.

Die Anordnung des Bindegewebes aus verschieden gerichteten mgleich starken FaserzUgen müssen die Entstehung vieler Lücken veranlassen, welche, insofern sie nicht zusammengepresst werden, iich mit Flüssigkeit füllen können, wie diess in ungewöhnlich reich- cchem Maasse beim sog. Oedem beobachtet wird. Diese besondere struktur wird also unter allen Umständen der aus dem Blut in aas Bindegewebe eingetretenen Flüssigkeit die Bewegung erleich- lern. Ausser diesen durch die zufälligen Poren vorgezeichneten iVegen weisen einige Physiologen der Bindegcwebsflüssigkeit noch einen andern an, nemlich durch die unterstellten Höhlungen der netzföi-mig vei-flochtencn , feinen elastischen Fasern in dem mit feinen Ausläufern versehenen zellenartigen Gebilde; diese An-

•) Schriften der Gesellschaft der Natunvlssenschaften zu Marburg. VIII. Bd. 1857. 281.

I

256 Gemenge aus elastischem und Bindegewebe. Seröse Häute.

Ii

sieht wird von dem Tage an sehr belangreich werden, wo die behauptete anatomische Thatsache sicher gestellt ist.

Gemenge aus elastischem und Bindegewebe.

Aus einer Verbindung des elastischen und des Bindegewebes bei der bald das eine und bald das andere überwiegt, sind sehi zahlreiche Platten, Stränge, Beutel, Falten u. s. w. aufgebaut. Wii erinnern hier nur an die Cutis mit dem panniculus, die Schleim häute mit der tunica nervea, die Faszien, die weiten und engei Gefäss-, Muskel- und Sehnenscheiden, die Sehnen, die seröser Häute, die Sclerotica, Cornea u. s. w. Woher die auffallender Abweichungen, die sich beziehen auf das Uebergewicht entweder des Binde- oder des elastischen Gewebes, die Anordnung und Ge drängtheit der Bindegewebsbündel u. s. w. , rühren, ist unbekannt, Je nach dem Gefässreichthum und ihrer Einordnung in andere Gewebe und Flüssigkeiten werden ihre Lebenseigenschaften mannig- fach verschieden sein, Verschiedenheiten, die wir an mancherlei Orten hervorgehoben haben und noch hervorheben werden.

Die Rolle, welche die auf diese Art zusammengesetzten Ge- bilde spielen, ist, so weit wir wissen, meist bedingt durch ihre cohäsiven und elastischen Eigenschaften. Unter diesem Gesichts- punkte haben wir Sehnen und Faszien schon erwähnt; wir weisen noch hin auf die Cutis, welche einmal ein elastischer Ueberzug-j über alle andern tiefer gelegenen Organe darstellt, und dann als Lager der Haarbälge, der Gefässe flir die Absonderung der Ober- haut, der Schvveiss- und Fettdrüsen und endlich als ein Hilfswerk- zeug tür den Tastsinn hervorragt.

In anderer Weise als die bisher aufgezählten Gebilde sind die serösen Häute, die Sehnenscheiden und die Cornea wichtig.

Seröse Häute.

1. Anatomische Beschaffenheit. Die serösen Häute bestehen bekanntlich aus elastischem und Bindegewebe, auf ihrer freien' Fläche sind sie meistentheils mit einem Epithelium besetzt, das I bald ein einschichtiges und bald ein mehrschichtiges ist. Die Zellen S selbst gleichen denen in der mittleren Lage der Epidermis. Nach einzelnen Autoren (Todd und Bowmann) sitzen diese nicht mi mittelbar auf dem Bindegewebe, sondern auf einer sehr dünnen glashellen, strukturlosen Membran, die sich zwischen die Deck Zellen und das Bindegewebe einschiebt. Hier wie an der Cutis und Cornea dürfte diese Strukturlosigkeit nur eine scheinbare sein und das Bindegewebe bis zum Epithelium reichen.

Hirnwasser.

257

2. Seröse Flüssigkeiten. In der Höhle der serösen Säcke ist uine Flüssigkeit enthalten, die an den verschiedenen Orten nach liusammensetzung und Menge Abweichungen bietet. Die Beding- i-isse dieser Abweichungen, insbesondere die von dem Ort, der Ibsonderungsfläche, dem Druckunterschied in dem serösen Sack and dem Blntstrom, der Aufenhaltsdauer im Körper u. s. w. könnte licht Gegenstand genauer Versuche an Thieren werden.

a. Hirnwasser*). In den Lücken zwischen Arachnoidea iid der Hirn- und Eückenmarksfläche, wenn man will in den saschen der oberflächlichsten Gefässhautschichten, liegt eine Flüssig- 'äit, welche aus Eiweiss, Extraktivstoffen und den Salzen des iluts besteht. Die quantitative Zusammensetzung derselben Iheint bei verschiedenen Individuen und selbst dann, wenn sie in •ankhaft vermehrter Menge abgesondert wird, wenig Verschieden- st zu bieten.

Nach den Analysen von Tennant, Bestock, Marcet, »assaigne, L'höritier, Barruel, Haldat, Berzelius, lulder. Landerer, C. Schmidt und Schlossberger liegt ihr Vassergehalt zwischen 98,0 und 99,1 pCt. Unter den festen Be- landtlieileu findet sich 1,3 bis 0,05 Eiweiss, 0,4 bis 0,2 Extrakte; eesen kommt ein Bestandtheil zu, welcher CuO reduzirt (Bussy), 1, er jedoch mit Fermenten keine CO2 liefert, so kann es kein Kcker sein (Turner); Gl. Bernard **) findet dagegen in allen tt genährten Thieren das Hirnwasser zuckerhaltig; verschwindet in illge von Nahrungsentziehung der Zucker aus der Leber, so ist er (ch an unserm Ort nicht mehr zu finden. Endlich enthält das Hirn- iiisser 1,0 bis 0,5 pCt. Salze; unter ihnen ist das Na Gl vorwiegend. !3 Beispiel geben wir eine vollkommene Analyse von G. Schmidt: »asser = 98,67; organ. Subst. = 0,37; 2 NaOPOs = 0,06; KOSO3 0,01; NaO = 0,18; KaGl = 0,22; NaGl = 0,44; SGaOPOö' äd SMgOPOö = 0,03. Nach den Beobachtungen von Schmidt III ein wesentlicher Unterschied zwischen den in der Hirnhöhle lid den auf der Hinioberfläche enthaltenen Flüssigkeiten bestehen. :e erstere soll constant nm- Spuren von Eiweiss zeigen, während ! letztere ciwcisshaltiger ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese »sammeusetzung den Flüssigkeiten während des Lebens angehöre

'*)BcrzoHns, Handbuch d. Chemie. IX. Bd. p. 198.— L' h(Srlt I er, chlmio pnthol. p. 578. ndercr, Bnchner's Hcpcrtorium. 25. Bd. Tennant, Journnl do chlmie mddic. 1838.— imldt, Charakteristik der epidemischen Cholera, p. 110 n. f. Valentin, Lehrbuch I. Bd.

•26. Schlossberger, allgemeine Thlerchcmle. Nervensystem p. 140.

' Lepons de Phyniologie 1855. 1. Hd. p. Iii).

Ludwig, Phyglologle II. 2. Auüagc. 17

258

Herz-, Brust-, Bauchwasser.

und namentlich nicht in der Leiche wesentliche Veränderungen ei i fahren habe, wird begründet durch die gleichlautende Analyse dt Hirnwassers, was man durch Punktion von lebenden Wasserköpfe ; (Landerer, Schmidt, Schlossberger) oder aus lebendei. Thieren gewonnen (Lasseigne, Schmidt). Wenn die Flüssig keit durch Punktion entleert wird, so bildet sie sich rasch voi Neuem, und es zeigt die neue Flüssigkeit die Zusammensetzuni der frühern (Schmidt).

b. Herz Wasser *). Der flüssige Inhalt des Herzbeutels isi bei gesunden Enthaupteten von Lehmann undGorup untersucht In 100 Theilen wechselte das Wasser zwischen 95,51 bis 99,2, dai Eiweiss zwischen 2,47 bis 0,1, die Salze zwischen 0,73 bis 0,1 Ein faserstofiTialtiges Gerinnsel fiel unter den drei Beobachtungei nur einmal aus die Flüssigkeit.

Krankhafte Ansammlungen sind häufiger und mit sehr wechselnden Besul taten untei sucht worden; sie erwiesen sich ebenfalls bald faserstoffhaltig und bald faserstofFfre: Unter den Salzen überwog immer das Kochsalz.

c. Brustwasser **). Der Inhalt der Pleura ist noch nich aus dem lebenden gesunden Menschen oder Thier untersucht worden.— Wenn das Brustwasser krankhaft vennehrt ist und dann abgelassei wird, so ersetzt es sich rasch wieder, vorausgesetzt, dass sich dii Lunge nicht mehr bis zur vollständigen Ausfüllung des Brustraumi ausdehnen kann. Wird dann die Flüssigkeit wiederholt abgelassen so besitzt sie jedesmal annähernd dieselbe Zusammensetzung (Vogel Scherer, Schmidt).

d. B a u ch w a s s e r. Dasselbe ist nur dann untersuch! wenn es in krankhafter Menge abgeschieden war. Man fand i ihm constant Eiweiss, Extrakte und die Blutsalze; in einzelne! Fällen Faserstoif, Harnstoff (bei Nierenleiden?), Zucker, Fette un( Gallenpigment. Wird die Flüssigkeit entleert, so entsteht si meist rasch vneder und behält die Zusammensetzung, die sie uij sprünglich besass (Schmidt, J. Vogel).

Vergleichung der Flüssigkeiten aus der Hirn-, Brust- und Bauchhöhle. Aus ein( grösseren Zahl von Beobachtungen des Hirn-, Brust- und Bauch wassers an Terschii denen Individuen und einer gleichzeitigen an den drei Flüssigkeiten desselben Mensel zieht Schmidt einige allgemeine Schlüsse. a. Der Eiweissgehalt der wässrii Ergtisse in den genannten Höhlen erreicht niemals den des Blutserums. b. Findi gleichzeitig in einem Individuum eine vermehrte Absonderung in den drei Hö!

•) L'hdrltier, 1. c. Lehmann, Lehrbuch der physiol. Chemie. II- Bd. 309. Gort Jahresbericht von So her er für 1861. p. 97.

»•) L'hiSritier, I.e. J. Vogel, Patholog. Anatomie, p. 26. Scherer, Cheraisd Untorsuchungen zur Patliologie. 1843. IOC u. f. Schmidt, 1. c. p. 12J.

llodenwassor , öelenisciiraiere.

tfttt, so ist in dem Hirnwasser am wenigsten und in dem Brustwasser am meisten üweiss. F. Hoppe*) bestätigt diesen Satz mit dem Beifügen, dass die wässerige ..nsammlung im Bindegewebe (Oedem) ärmer au Albumin als das Brust- und Bauch.- /asser sei. Damit sich jedoch die Flüssigkeiten der genannten Eeihenfolge v. Schmidt :',nfiigen, müssen sie ungefähr zu gleicher Zeit gebildet sein und gleich lange an der iatürlichen Lagerungsstätte verweilt haben.

e. Hodenwasser. Die Flüssigkeit der vagina testis propria, iiie mir bei krankhafter Vermehrung derselben untersucht wurde, tnthält ausser den wiederholt aufgezählten Bestandtheilen der übrigen serösen Säfte meist noch Cholestearin in reichlicher Menge und JJernsteinsäure (W. Müller) "■'•*). Die Verhältnisse, in denen die [genannten Stoffe gemischt sind, und namentlich die Menge des Ijiweisses und Cholestearins wechselt ohne bekannte Veranlassung 90 ausserordentlich, dass die Zusammenstellung von Zahlenwerthen iür Flüssigkeiten, die aus verschiedenen Menschen genommen wurden, hne Bedeutung ist.

W. M ü 1 1 e r fand in einer Hydroceleflüssigkeit, die zu vier verschiedenen Zeiten dem- alben Menschen entzogen wurde, Folgendes (die Zusammensetzung ist in Proz. ausgedrückt) :

lilntleerung.

1. 2. 3. 4.

Anwesenheitsdauer in der Scheidenhaut.

Menge d. Flüs- sigkeit.

210 CG. 180 CG. 215 G.G. Ueber 250 G.G.

Eiweiss.

4,87 4,38 4,79 5,17

Salze.

Wasser.

f.

0,97 0,82 0,85 0,92

sind

93,56 94,01 93,65 93,40

diejenigen,

unbestimmt. 18 Tage. 33 52

Gelenkschmiere. Ihre Bestandtheile i 'eiche den serösen Flüssigkeiten überhaupt zukommen, und ausser- dem noch Schleimstoff und unter aUen Umständen abgestossene i',pithelialzellen. Die quantitative Zusammensetzung soll nach Fre- iichs***) mit dem Alter und dem Bewegungszustande des Gelenkes ■wechseln; er stützt sich hierbei auf die Untersuchung je eines Falles. Nach Frerichs enthält die Synovia:

Im Stall gemästeter Ochse.

96,99

Kalb.

¥asser 96,56

chleim und Epithelien .

►'ett

iiiweiss und Exti-akte . ^aOCl, KOSOa, CaOC02, phosphorsaure Salze

0,32 0,06 ],99

1,06

0,24 0,06 1,57

1,13

») Vlrchow'g Archiv. IX. Bd. 245. ••) Henlo'g und Pfeufei's Zeitüclii-lft. N. F. Vm. Bd. 130. ••') Wagncr's Haudwörterb. III. 5. p. 4G8.

Ochse, der auf der Weide zugebracht hatte.

94,85 0,56 0,08 3,51

1,00

17-

260

Sehnonscheiden und Schleimbeutel, Hornhaut.

Die Gelenke des jungen und des ruhenden Thiers enthielten mehr Flüssigkeit als die des sich bewegenden. Die abgestossenen Epithelialschuppen sollen sich nach Frerichs mit Hinterlassung der Zellenkerne in der alkalisch reagirenden Gelenks cluniere auf- lösen , und diese Auflösung soll die Quelle des Schleims sein. Nach Luschka *) dagegen ' soll sich die Höhlung der Zellen mit Fett flillen, worauf diese selbst allmählig zu Grunde gehen.

Sehnenscheiden und Schleimbeutel. Die Wand dieser Höhlungen schliesst sich den serösen Säcken insofern an, als sie aus einer Grundlag.e von Bindegewebe und einer diesem aufsitzenden, nach der Höhlung gerichteten einfachen Pflasteroberhaut besteht; die vollkommene Uebereinstimmung wird aber getrübt, einmal da- durch, dass die Bindegewebshaut der meisten Schleimbeutel und alle Sehnenscheiden keinen vollkommenen Sack von den anliegenden Bindegewebsräumen abschliesst, und nächstdem auch durch die unvollkommene Ueberkleidung der vorhandenen Wände mittelst Oberhaut. Die schleimige, nach dem äussern Ansehen der Ge- lenkschmiere ähnliche Flüssigkeit, welche in diesen Höhlen ent- halten ist, hat noch keine Untersuchung erfahren. In ihr setzen sich häutig durchscheinende, gelbliche Klümpchen eines stark mit Flüssigkeiten durchtränkten Stoffes ab. Nach Virchow **) reagiren sie stark alkalisch, lösen sich nur theilweise in Wasser, hinter- lassen verbrannt eine stark alkalische Asche und stellen sich durch ihre Reaktion unter die eiweissartigen Stoffe. Mit Schleim sind sie nicht identisch.

Hornhaut.

Die anatomischen Elemente ***) der Hornhaut im engern Wort- sinn sind Fasern und zellenartige Gebilde. Die erstem sind platt und lassen sich nicht in Fibrillen zerspalten; indem sich eine grosse, Zahl derselben mit je ihrer breitern Fläche zusammenlegt, entstehen aus ihnen bandartige Bündel, in denen also die breite Seite der Fasern senkrecht auf der breitern Fläche des Bündels steht. In den mittlem und innern Schichten des Hornhautkörpers laufen diö Bündel parallel der Hornhautwölbung, wobei sich die in derselben Ebene liegenden nach Art einer Matte verflechten. Hiernach besteht' der genannte Theil der Cornea aus vielen conzentrischen Lagen, von denen jede einzeln wieder aus jenem Fasergeflecht hervorgeht.

•) Structur der serösen Häute. Tübingen 1851. p. 13. "•) Würzburger Verhandlungen. IX. Bd. p. 281. •••) His, Beiträge zur Histologie der Hornhuut. Basel 1850. Henle's Jaliroabericbte TOB 1852 an. Rollet, Wiener akiid. Sitzungsbericlite. XXXllI. 516.

I

Hornhaut.

261

■^Nahe der vordem Grenze der Cornea neigen sich die Bündel auch .^egen die Honihnutfläche, so dass hier wegen allseitiger Faserndurch- ;krenzTing eine innige Verfilzung zu Stande kommt, welche den An- kichein einer homogenen Platte, die sog. vordere Glaslage der Hom- laaut erzeugt (Rollet). Zwischen den Netzplatten der Hornhaut ittind zellenartige Gebilde eingelagert, welche nach mehreren Seiten iiin Fortsätze schicken (Toynbee, Virchow, His). Der hintern •'Häche der Hornhaut schliesst sich eine wahre Glashaut (membrana ilescemetii), der vordem ein Epithelium an , welches in den gleich- namigen Theil der conjunctiva übergeht. Blutgefässe besitzt die [Hornhaut' nur am äussersten Rande. Ihre Nerven empfängt sie ittum Theil aus dem hintern Ciliarnerven, zum Theil aus dem der

I ionjunctiva ; sie verbreiten sich vorzugsweise in den vordem Lagen der Hornhaut; Lymphgefässe sind nicht mit Sicherheit beobachtet.

Die Formen der Hornhaut im engem Sinne gewinnen je nach der Präparations- rveise ein verschiedenes Ansehen. Die obige Schilderung ist nach den Angaben von

I I o 11 e t entworfen , welcher sich des übermangansauren Kalis als Zerlegungsmittel be- liente, in welchem die Hornhaut, ohne wesentlich zu quellen und zu schrumpfen, in wne Fasern zerfallt. He nie trocknet die Hornhaut und weicht ihre feinen Schnitte Frieder auf; Virchow und His härteten sie in Holzessig.

2. Chemische Eigenschaften. Das Fasergewebe giebt beim [Lochen einen Leim, der sich den Reaktionen nach dem Chondrin iinnähert (J. Müller), ohne mit ihm identisch zu sein (His). ))ie eingelagerten Zellen und ihr Inhalt geben die Reaktionen auf ^iiweisskörper ; die Flüssigkeit, welche die Hornhaut durchtränkt, iit nach Funke eiweiss- und caseinhaltig. Durch längeres Liegen an übermangansaurem Kali werden ihr alle Bestandtheile entzogen, rrelche die Reaktionen des Eiweiss zeigen (Rollet). Die tunica ilescemetii zeigt im Wesentlichen die Reaktionen des Elastins. ))ie epitheliumfreie Hornhaut des Ochsen enthält nach His in «00 Theilen 78 bis 74 TheUe Wasser, 20,4 Chondrigen; 2,8 Zell- .'.nd Glashaut, 1,0 Salze.

Quantitative Analysen der menschlichen Augenkapsel (Cornea und Sclerotica) theilt tchneyder*) mit.

3. Physikalische Eigenschaften **). Für humor aqueus ist sie .0 durchgängig, dass derselbe unter einem Druck von 200 300 Mm. dg tropfenweise durch sie tritt (His). Die Hornhaut schrumpft IQ Lösungen von Koch- und Glaubersalz ein, und zwar so, dass

•) Cliem. Untersuchungen vergclileiletior Augen. Froiburg Im 13. 1855. ■•) Archiv nir Ophthalraolngio 1857. III. Bd. 1. 16«.

262

Quellung der Hornhaut.

mit der steigenden Dichtiglieit das Volum abnimmt. Hierbei ii^i es bemerkenswerth, dass ein schon sehr geringer Salzgehalt da^ Schrumpfen sehr merklich machen kann. In Essigsäure schrunipit dagegen die Hornhaut zuerst mit steigendem Säuregehalt und dann quillt sie wieder auf mit noch weiterer Zunahme des prozeutischen Gehaltes an Säure. In Salzsäure erreicht sie dagegen mit stei gendem Prozentgehalt zwei Ausdehnungsminima , zwischen denen ein Ausdehnungsmaximum gelegen ist (Donders).

Folgende Tabellen sind der Abhandlung von Donders entnommen. Die Aus-I dehnung wurde bestimmt durch Messung einer Dimension eines feinen Hornhau Schnittes, der in die betreffende Flüssigkeit gelegt war; die Angaben ühex die Ausdeh-J nung sind Verhältnisszahlen.

Best. Wasser.

Na Cl Lösung inProz.

Dest. Wasser.

NaO SO3 Lösung inProz.

118

0,003

0,030

0,300

129

0,0037

0,0370

0,3700

102

78,5

72,5

118,5

109

70,5

Dest. Wasser.

22,5

Essigsäure in Prozenten.

0,005 I 0,020

22,5 10,0

1,0 1 100,0

59,0 66,5

Dest. Wasser.

21,0

CIH in Prozenten.

0,025 10,005

26,5

0,020

82,0

1,0 20,(1

17

Die herausgeschnittene epithelienfreie Hornhaut quillt merk würdiger Weise auch im Augenwasser auf; so nahm eine solche^ als sie 90 Stunden im humor aqueus lag, um nahe das öfachtBi Gewicht zu (His)*) Bei der Quellung ereignet es sich auch ail diesem Gewebe, dass es bald nach der Fläche und bald nach deij Dicke an Ausdehnung zunimmt.

Die lebende Hornhaut ist durchgängig für Jodkali, Aetzkalk^, der in ihr theilweise als kohlensfiurer Kalk niedergeschlagen wird^j salpetersaures Silber, das als Chlorsilber niederfällt und dann re-| duzirt wird, für verdünnte Säuren, Atropin und Farbstofflösuugei^ (Coccius, His, Gosselin) **).

Die Durchsichtigkeit der Cornea ist bedingt sowohl durch dei Quellungszustand als auch durch die Natur der quellenden Flüssig keit; denn sie vdrd durch Trocknen und durch ein jedes Schrumpfung erzeugende Mittel ti'üb; bei einer über das Normale gehender Quelluug kann sie dagegen durchsichtig bleiben (Essigsäure) odöi sich trüben (Wasser). Ihre Fasern brechen das Licht doppelt.

•) L. 0. 1). 24. •*) Meissners Jahresbericht für 1856. p. 190.

Ernälirungsorscheinungen der Hornhaut.

263

die optische Achse derselben scheint mit der Längenachse der Fasern /usammenzufallen. So hinge in der Fötalperiode der Cornea die l'asening fehlt, bricht sie einfach (His). Ueber den Brechimgs- üoeffizienten siehe Bd. 1. 262,

4. Ernährimgserscheiniingen. Die Hornhaut sehr junger Em- )bryonen scheint aus ovalen und rundlichen Kernen zu bestehen. LDurch Zerzupfen soll sie sich in runde oder spindelförmige Zellen jzerlegen lassen, welche jene Kerne einschliessen. In einem etwas »spätem Zeitraum des Embryonallebens finden sich die Kerne in ^deutlichen Zellen, diese sind abgeflacht und in Schichten gelegt, nand obwohl noch klein, doch schon mit Ausläufern versehen ; hieraus pgeht hervor, dass schon ZwischenzellstoflF vorhanden. In der zzweiten Hälfte des fötalen Lebens wird der letztere aber erst doppelt ibrechend (also faserig), die Zellen und ihre Ausläufer sind grösser ^geworden. Im Neugeborenen ist die Cornea immer noch relativ •zellenreicher als im Erwachsenen, und die Ausläufer, von je einer -Zelle meist vier, bilden ein dichtes Maschenwerk (His). Die ttunica descemetii nimmt mit den steigenden Jahren an Dicke zu ((H. Müller, Donders).

Im ausgewachsenen Kaninchen kann sich ein aus der Cornea lausgeschnittenes Stück wieder vollkommen herstellen. Auf der ^verletzten Oberfläche erscheinen zuerst kleine Fetttröpfchen, dann Ikugelige Kernzellen, die sich nach wenigen Tagen schon in ein (deutliches Epithelium umgewandelt haben. Von der kugeligen /Zellenschicht aus sieht man dann die Entstehung neuer Hornhaut- fschicbten vor sich gehen, die genau das optische Verhältniss der iälteren darbieten. Gefässbüdung wurde hierbei nicht beobachtet ((Donders) *).

Die Art und der Umfang der Stoffbewegung in der fertigen Horn- Ihaut ist unbekannt. Die zu einer solchen nöthigen Zu- und "Wegfuhr UässtmaninErmangehmg anderer Wege durch die Lücken oderZellfort- ^sätze geschehen, welche zwischen denFasenietzen der Hornhautblätter Iiiegen. Die Flüssigkeit, die sich hier bewegt, kann ihren Ursprung ! nehmen aus den Thränen, dem humor aqueus und dem Blut, welches iin den Randgefässen der Hornhaut strömt. Je nach dem Druck, runter dem das Augen- und Blutwasser liegt, der Verdunstung auf ' der freien Oberfläche der Cornea oder der nachweislich veränder- ' liehen Zusammensetzung des humor aqueus kann der Strom bald

•) HoUändl»ohe Beiträge. 1848. p. 387.

264

Augenwasser.

nach dieser, bald nach jener Seite ins Uebergewicht kommen. Wie es sich aber im Einzelnen gestaltet und welche Folgen sie für das normale Bestehen der Hornhaut haben, bleiljt unbekannt. So viel ist nur einleuchtend bei der Wegsamkeit der Hornhaut für filtrirende und ditfundirende Flüssigkeiten und bei ihrer grossen Quellungsempfindlichkeit, dass jede wesentliche Abweichung in der Zusammensetzung der einen oder andern Flüssigkeit sogleich eine Aenderung der Durchsichtigkeit und des Volums der Hornhaut er- zeugen muss.

Eine eigen thümli che Rollo sollen die Zellen der Hornhaut dadurch gewinnen, dass sie mit eigenthümlichem, an die Reizbarkeit von Muskeln und Nerven erinnerndem Vermögen begabt seien, wonach sie jede Art von Störung, die ihren normalen Zustand betrifft, mit derselben Aeusscrung beantworten (Virchow, His). Bevor man sich zu dieser Annahme verstehen kann , muss ermittelt sein , ob nicht darum die pathologi- schen Veränderungen, die nach dem Einziehen eines Fadens, dem Brennen und Aetzen einti'eten, sich gleich bleiben, weil alle diese Eingriffe zn demselben nächsten Erfolg führen , neralich zur Bildung eines fremden Körpers (Brand und Aetzschorf) mit Auf- hebung des Hornhautzusammenhangs.

Au gen Wasser. Diese Flüssigkeit enthält Eiweiss, Harn- stoff*), Extrakte, Chlornatrium und geringe Mengen der andern Blutsalze in Auflösung. Nach einer Analyse von Berzelius **) und zwölfen von Lohmeyer ***) schwanken in Kalbsaugen ihre festen Bestandtheile zwischen 1,07 und 1,50 pCt., der organische Antheil derselben bewegt sich zwischen 0,38 und 0,59 (= 28,1 bis 45,4 pCt. des Rückstandes). Zieht man aus allen Analysen Loh m eye r 's das Mittel, so erhält man: Wasser = 98,60; feste Bestandtheile = 1,31; davon organische = 0,467; unorganische = 0,846; Natronalb. = 0,122; Extrakte = 0,421 ; NaCl = 0,689; KaCL = 0,011; KOSO3 = 0,022; phosphorsaure Erden = 0,021; Kalkerde == 0,026.

Die Untersuchungen von Schneyder beziehen sich, insofern sie Mensehenaugen betreffen, auf Solche, welche mehr als 48 Stunden nach dem Tode ausgeschnitten wurden. Sie stimmen jedoch annähernd mit den Angaben Lohmeyer' s.

Wenn das Augenwasser durch Punktion der Hornhaut entleert wird, so sammelt es sieh rasch wieder an; die neu entstandene Flüssigkeit enthält häufig so viel Faserstoff, dass sie nach der Entleerung durchweg gerinnt. Die Gefässe, aus denen sie aus-

•) Millen, Compt. rend. XXVI. 121. Schneyder, Chem. üntersuchungcn Terschiedcner Angen. 1855.

*•) Handbuch der Chemie. IX. Bd. p. 530.

«••)Henle's und Pfeufer's ZeiHchr. V. Bd. Doncan, ondorzockingen etc. üir. 1850—54. 171.

Glaskörper. Linso.

265

«geschieden wii'd, gehören wahrscheinlich der Iris und den Ciliar- ortsätzen an, weil mit einer Stockung des Blutlaufs in denselben idch die Zusammensetzung der Flüssigkeit so weit ändern kann, jlass in ihr Eiterkörperchen entstehen. Nach Gosselin nehmen euch die Thrähen an ihrer Bildung Antheil.

Glaskörper.

In Chromsäure gehärtet, zeigt er auf äquatorialen Durch- ochnitten eine Streifung, welche von der Glashaut gegen den von rem nach hinten gezogenen Durchmesser (die Glaskörperachse) rasammenläuft (Hannover). Häute, die in dieser Richtung eerlanfen, können nicht aufgefunden werden (Donders). Da- eegen erkennt man in ihm Fasernetze, unregelmässig gelegene, trukturlose Hautstückchen, Zellen mit und ohne Ausläufer, die aald einzeln laufen und bald zu Gruiipen vereinigt sind (Bow- lan, Virchow, Doncan). In den Zwischenräumen , welche idese feste Masse einschliessen, liegt eine wässerige Lösung von iiweiss, Harnstoff (Millon, Wöhler, Marchand), Extrakten und Salzen. Nach den Beobachtungen von Berzelius, Frerichs md Lohmeyer schwankt der Wassergehalt des Glaskörpers (wischen 98,23 und 98,86 pCt. ; der feste Rückstand, welcher im littel 1,36 pCt. beträgt, enthielt von 0,39 bis 0,48 pCt. organische testandtheile. Aus seinen Analysen leitet Lohmeyer die mitt- rre Zusammensetzung des Glaskörpers ab: Wasser = 98,64; iäute = 0,02; Natronalbuminat == 0,14; Fettspuren; Extrakte - 0,32; NaCl = 0,77; KaCl = 0,06; KaSOa = 0,01; 3 (MgO, aaO, Fe203)P05 = 0,02; CaO = 0,01.

Die Schwankungen in der Zusammensetzung lassen die endos- otischen Beziehungen zwischen der Blut- und der Glasflüssigkeit Vkennen; eine Erklärung, welche durch die Erfahrung bestätigt wird, 088 die mit Krapproth gefütterten Thiere eine gefärbte Glasflüssig- ;3it besitzen. Wird der Glaskörper nach der Geburt zerstört, |> bildet er sich nicht wieder.

Virchow giebt an, dass der Glaskörper Schleim enthalte; eine Thatsache, die !n verschiedenen Seiten, u. A. von Schlossbergcr bestritten wird. Nach Loh- Jeyer enthält derselbe nicht immer Harnstoff. lieber den Brechungsindex siehe IBd. p. 262.

Linse.

1. Anatomische Eigenschaften. Die strukturlose Linsenkapsel ijägt auf der Innenfläche ihrer Vorderwand eine Decke von kern-

266

Zusammensetzung der Linse.

I

haltigen Pflasterzellen (He nie) *), an der sich noch weiter nacli Innen unmittelbar die Linsenröhren mit ihren feinen Wandungen und sehr durchsichtigem Inhalt anschliessen. An dem Rand zwischen hinterer und vorderer Fläche befinden sich nach Kölliker**) Uebergänge zwischen den Epithelialzellen und Linsenröhren. Dei Kern enthält keine deutlichen Röhrenelemente mehr. Die Schich- tung der Linsenfaserung führt zu Blättern, welche der Kapselwand gleich laufen.

2. Chemische Zusammensetzung. Von der Kapselhaut wehh man bis dahin nur, dass sie sich bei anhaltendem Kochen in zwei durch ihre Reaktionen verschiedene, in Wasser lösliche Stoffe um setzt (Strahl). Die Wand der Linsenröhre besteht aus einem im Wasser unlöslichen Stoff. Der Röhreninhalt hält einen Stoff ii Auflösung, der nach Mulder 's Analyse zu den eiweisshaltigei mit locker gebundenem Schwefel gehört; seiner Reaktion nach stelli ihn Berzelius zum Globulin. Vintschgau***) zeigte jedoch dass er mit Albumin identisch sei. Fällt man denselben durch Er hitzen aus der Fltissigkeit , so soll, wie Berzelius berichtet, ein^ saure Exti-aktflüssigkeit zurückbleiben, welche in ihren Eigenschafter an die Fleischflüssigkeit (?) erinnert. Nach Lohmeyer kommt ir der Linse ziemlich viel Cholestearin vor. Die Menge der in Wassci unlöslichen Linsenbestandtheile (der Röhrenwand) ist sehr gering fügig. Der Wassergehalt der Linse nimmt von aussen nach inneni ab. Rayen f) giebt folgende prozent. Zusammensetzung für dit Linse der Ochsen:

Aeussere Schicht. Mittlere Schicht. Innere Schich;

Wasser 70,50, 54,88, 45,74.

In Wasser unlösl. Faser . 0,002, 0,033, 0,027.

Sie. enthält 0,35 pCt. Asche, also nur etwa halb so viel, a^ im humor aqueus vorhanden ist.

Fremy und Valenciennesft) behaupten eine Verschiedenheit des im Kern ent haltenen Albumins von dem in den äussern Schichten vorkommenden. Diese Angab ■widerlegt Payen. Eine viel grössere Zahl = 3,5 pCt. giebt Schneyderftt den Röhrenwänden der Menschenlinsen ; vielleicht darum, weil er die Linse vor Begin' der Analyse trocknet.

*) Hcnle's nnd Pfcufer's Zeitschrift. N. F. V. Bd. *») Handbach der Gewebelehre. II. Bd. 731. »»«) Wiener nkad. Sitzungsberichte. XXIV. 493. ■{■) Gazette m^dicale. 1857. tt) Compt. rend, 44. Bd. Juni, ttt) h. c. p. 35.

Wachstliunx der Linse.

267

3. Physikalische Eigenthtimlichkeiten. Die Kapselhaut ist sehr histisch, aber nicht sehr fest, sie ist für Wasser und NaCl leicht liuchgängig. Das spez. Gewicht der Faserung beträgt an dem

/jinsenumfiing = 1,076 und im Linsenkern = 1,194 (Chevenix). 'Zu den brechenden und polarisirenden Eigenschaften der Linse, die «chon früher erwähnt sind, fügt Valentin*), dass jedes aus mehreren Lagen zusammengesetzte Linsenstück sich wie ein Hiegativ einachsiger Krystall verhalte ; die doppeltbrechenden Eigen- 4jchaften treten in frischen Linsen weniger hervor als in getrübten »der getrockneten. Die Füllung der Linsenröhren mit einer con- «entrirten Eiweisslösung kommt unzweifelhaft der Durchsichtigkeit iKU Gute. Diese Flüssigkeit wirkt hier ganz nach demselben Prinzip, nach welchem Brücke mit einer ähnlichen die Darmhaut zu mikroskopischen Untersuchungen durchsichtig machte. Die Gegen- iwart des Eiweissstoflfes hebt nemlich den Unterschied der Brechungs- 3oeffizienten zwischen Wasser und den Häuten der Linsenröhren auf.

4, Die Linsenernährung. Bei der Vergrösserung der Linse während des Wachsthums nimmt die Zahl, nicht aber der Umfang Her Röhren zu (Harting). Die Linsenröhren bilden sich nur unter Beihülfe der Kapsel, wie von Valentin**) durch Versuche Jim Kaninchen, von Sömmering und T e x t ö r durch Beobachtungen um Menschen erwiesen ist. Die Formfolge, welche bei ihrer Ent- iStehung vorkommt, beschreibt H. Meyer***) in der Art, dass Li'.unächst Epithelialzellen auftreten, welche allmählig zu Röhren aus- wachsen und sich dabei über die vordere und hintere Linsenfläche rjleichzeitig hinüberschlagen. Die jüngsten Schichten der Linse sind llemnach auf der vorderen mit Epithelien bedeckten Wand zu liiuchen, während die ältesten den Kern einschliessen. Die Kapsel- 'vand ist also die Form, in welche die Linse gegossen. Daraus "olgt, wie Valentin bestätigt, dass die Schichtung der Linse, welche sich in einer entleerten Kapsel neu bildete, Unregelmässig- lieiten zeigen muss, da die Vorderwand der letztern durch den ■Einschnitt theilweise zerstört und jedenfalls verbögen ist. Die chemischen Umsetzungen, welche diese Entstehung begleiten, sind unbekannt; der zur Bildung führende Stoff wird bei dem ersten \A.ut"treten aus einem Blutgefässnetz geliefert, welches in der Fötal-

•) Graefc's Archiv fUr Ophthalmologie. III. 2. p. 227. »•) Honlc's nnd Pfeufer'n ZelUchrlft. U. Bd. •»») M U 1 1 e r ' g Archiv. 1852.

268 Ernährung der Linse.

periode bis zu der Kapsel reicht. Bei der Regeneration der aus gesclinittenen Linse rauss er durch die wässerige Feuchtigkeit hin durchwandern. Verwundungen der Kapsel heilen beim Thierc leicht, schwerer beim Menschen (Dieter ich), aber sehr voll kommen (Benders)*). Die ausgebildete Linse soll während dei Lebensdauer in Umsetzungen begriffen sein. Für diese Behauptung fehlt allerdings das beweisende Maass, aber sie ist sehr wahr scheinlich. Denn einmal ist die Natin- der flüssigen Linsensubstan^^ zur Umsetzung geneigt , und die von Berzelius, wenn auch nocl so unvollkommen beobachteten Extrakte deuten auf das Bestehei einer solchen Umsetzung hin. Dabei braucht man aber nicht noth wendig an ein stetiges Auflösen und Neubilden von Linsenröhrei zu denken , obwohl dieser Vorgang vorkommen könnte. Man fühl sich sogar veranlasst, an ihn zu denken, weil nur die Vorderfläche der Linsenzellen und der Linsenränder Mittelstufen zmschen dies^ und ausgebildeten Röhren tragen. Analog der Epithelienlagei kommen also die Jüngern Formen an der Seite vor, wo die Linsi mit einer Gefässschicht, in unserm Fall mit den hintern Irisgefässei und den Ciliarfortsätzen, in Berührung ist. Die eigenthümlicht Lagerung der Linse scheint auch eine Regeneration der Eiweiss- stoflPe zu verlangen; denn es sind diese in dem Wasser der vor- dem Augenkammer und in der Glasfeuchtigkeit löslich (Auflösung der Linse bei der Zerstückelung), die Kapselhaut erlaubt ihr^D Durchgang, also müssen sie in diese Flüssigkeiten diffundiren, un( weil sie hier nicht vorkommen, so müssen sie auch wieder von daB entfernt werden, so dass die Diffusion zwischen Linseniuhalt und umgebenden Flüssigkeiten unverändert fortdauert. Vergiftet man nach Kunde einen im Trocknen aufbewahrten Frosch mit Kochsalz, so trübt sich die Linse , wobei das Eiweiss in den Röhren niederge- schlagen wird und die lösende Flüssigkeit als durchsichtige Tropfen Inden Röhi-en zurückbleibt. Diese Trübung schwindet, Avenn sich der Frosch wieder erholt. Dieselbe Erscheinung lässt sich erzeugen, wenn man einen Frosch unter 0" aufbewahrt, wobei er gefriert; lebt das Thier in höherer Temperatur wieder auf, so kehrt die Durchsichtigkeit wieder. An der ausgeschnittenen Linse der! Säugethiere lassen sich durch Kochsalz und Gefrieren die gleichen j Resultate erzielen (Kunde) **). i

*) Onderzoekingen in het physiologisch Laboratorium. Juar VII. (1855 56.) p. 173. ••) Würzburger Verhandlungen. VII. Bd. 1866. Archir für Ophthalmologie. III. Bd- 3. 375.

Knorpel.

269

Knorpel.

1. Die anatomische Beschreibung*) theilt dem Knorpel Zellen ad eine Grundmasse zu; durch die Besonderheit dieser letztern ;iterscheidet sieh der durchscheinende (hyaline) und der Netz- oder laserknorpel. Die Grundmasse des hyalinen Knorpels ist durch- iiheiueud gleichartig, elastisch härtlich; in sie sind Höhlen ein- agraben, welche in frischem Zustande vollkommen erfüllt werden m einer zartwandigen Zelle , die einen Kern und eine bald klare, üld mit Körnchen oder Fetttröpfchen getrübte Flüssigkeit ein- i;hliesst. Ausser diesem Befund lä«st zuweilen der frische oder !Br mit Schwefelsäure behandelte Knorpel in der Grundmasse >och einen Umriss sehen, der in geringer Entfernung von der morpelhöhle läuft. Daraus schliesst man, dass die Knorpelhöhlen, lelche die Zelle einschliesst , selbst wieder eine von der Grund- nasse gesonderte, aus dem chemischen Stoff dieser letztern ge- ildete dicke Hülle, die Knorpelkapsel, besitzt. In häufigen allen ist aber die Grundmasse des hyalinen Knorpels nicht gleich- ttig, sondern von Krümeln (Kalkerde) durchsetzt, welche bis in ee Knorpelkapsel reichen, oder es sind unregelmässige Höhlen in rr vorhanden, welche mit Fettzellen und Blutgefässen (Knorpel- äark) erfüllt sind. Im Faserknorpel finden sich die Kjiorpel- lUen und Knorpelkapseln eingebettet in eine faserige Grundlage, rre Fasern können bald steif und geradlinig begrenzt, bald aus in fein gewellten Bindegewebsfibrillen , bald endlich aus den netz- rrmigen, elastischen Fasern gebildet sein. An den Orten, an ;jlchen die Grundsubstanz durch elastisches Gewebe gebildet wird, lllen von der Wand der umschliessenden Zellen feine Fasern fslaufen.

2. Chemische Zusammensetzung**). Die durchscheinende, i»rnige oder glattfaserige Zwischenmasse ist vorzugsweise Chon-

' •) Henle, Allgemeine Anatomie. Leipzig 1842.— Mulder, Physiologische Chemie, p. 597.— »Meyer, Der Knorpel und seine Verknöcherung. Müller 's Archiv. 1849. Donders, r.ro8kopi9Che und mikrochemische Untersuchungen thier. Gewebe. Holländische Beiträge. 2G0. irgelbe, Zeitschrift fUr wissenschaftliche Zoologie. III. Bd. .348. Virchow, Verhandlungen ■physlkal. mediz. Gesellschaft in Würzburg. II. Bd. p. 162. Remak, Ueber extracellulare •atehung thlorlscher Zollen. - Müller 's Archiv. 1852, 53 u. 65; Entstehung des Binrtcgcwebos

1 Knorpels, ibid. 58. Rh ein er, Beiträge zur Histologie des Kehlkopfs. Würzburg 1852. 'rgmann, DIsqnlsitlones microscop. de cartilaginibus. Dorp. 1850. Bruch, Boitriige zur •cwickeluiigsgeschlchto des Knochensystems. Basel 1851. p. 29 u. f. Brandt, DIsquisitionos > osiificationis processu. Dorpat 1852. KöUiker, Handbuch der Gewebelehre. 3. Aufl.

9. 63.— Aeby, Göttinger Nachrichten. 1867. FUrstonberg, MÜIIer's Archiv. 1867.— •eund. Beitrüge zur Histologie der RIpponknorpel. Breslau 1858.

"•^ Simon, medizinische Chemie. II. Bd. 510. Mulder, pliysiolog. Chemie. 697. Bibra, Chem. üntersucliiingen über Knochen und ZUlino des Menschen. Schwciufurt 1844.

270

Knorpel.

drigeii. Denu es wird beim Kochen nur die Grundsubstanz auf- gelöst, während die Zellen ungelösst zurückbleiben (Mulder, Douders). Die Wand der Knorpelzellen soll annähernd die Reaktionen des elastischen Gewebes und der Eiweisskörper dar- bieten; der Inhalt der Knorpelzellen führt Fett. Der hyaline Knorpel hinterlässt beim Verbrennen eine Asche, die aus Gl, SO3, PO5, CO2, MgO, CaO, NaO besteht, sie enthält also kein KO. Von diesen Mineralbestandtheilen bildet sich die SO3 zum Theil aus dem Schwefel der Chondrigens ; die ganze Menge dieser Säure soll jedoch zu gross sein, als dass sie aus dem Schwefel des ge- nannten Körpers abgeleitet werden könnte (Schlossberger). Die PO5, welche mit CaO verbunden ist, scheint in dem Chondrigeu' enthalten zu sein; denn jede Chondrinlösung führt phosphorsaurfr Kalkerde. Die prozentische Zusammensetzung des Knorpels ist sehr variabel, wie es schon die mikroskopischen Ansichten desselben' erwarten lassen. Bibra fand in 100 Theilen menschlichen Knoi-pels' festen Rückstand 30 bis 46, und in diesem Asche 2 bis 7 Theile. Der Knorpel mit einer Grundmasse aus Bindegewebe liefert beim^ Kochen Colla; ob auch Chondriu, ist zweifelhaft. Man erhält dieses' letztere dagegen aus elastischem Knorpel; da sich hierbei di Knorpelzellen erhalten und nur insofern sich verändern , als ihr Wand sich verdünnt (Mulder, Donders, Hoppe), so muss Chondrigen in den Verdickungsschichten enthalten sein. Das Zwischengewebe der zuletzt erwähnten Knorpelart ist elastischer Stoff.

Zu den über Chondrin mitgetheilten Thatsachen (Bd. V. p. 56) ist nach neuem Beobachtungen noch hinzuzufügen, dass Rochleder und Mayr*) das Chondrin aus Albumin dargestellt haben , welches in einer saucrstofl'freien Atmosphäre mit Salzsäure oder Baryt warm behandelt wurde.

3, Wachsthum und Ernährung. In der Fötalperiode werden die einfachen Bilduugszellen an den Orten, die späterhin Knorpel enthalten, allmählig grösser und nehmen statt der kugeligen eine Eiform an, dabei verdickt sich die Wand und es mehi-t sich die Zwischenmasse. Zugleich nimmt die Zahl der Zellen in der Weise zu, dass sie nach vorgängiger Spaltung des Kerns sich theilen, worauf dann ein Fortsatz der Zwischenmasse zwischen die beiden ursprünglich zusammengehörigen Gebilde sich einschiebt (Virchow,

Hoppe, Viroll GW 's Archiv. V. Bd. Derselbe, Journal für prakt. Chemie. 56, Bd. 159.— Zellineky in Henle's Jahresbericht für 1863. p. 67. Scheter, Llobig's Annalen. 40. Bd. p. 49. Schlossberger, allgemeine Thierchemie. I. Bd. •) Wiener Akud. Sitzungsberichte. XXiV. 39.

Waclisthuiu des Knorpels.

271

Aeby). Die Veränderungen im wachsenden Knorpel der Gebo- tenen sind nicht an allen Oertlichkeiten tibereinstimrnend. Ver- ijleicht man die Eippenknorpel eines Neugeborenen und Erwachsenen, 00 zeigt sich, dass die Gesammtsumme der Höhlen im erwachsenen ivDorpel abgenommen, die Höhlungen selbst grösser geworden und iurch eine stärkere Einlagerung von Grundgewebe auseinander gedrängt sind (Harting)*). Fügt man zu diesen Erfahrungen ^ilie allerdings noch zu beweisende Voraussetzung, dass die einmal h;ebildete Knorpelzelle während der ganzen Lebensdauer Bestand faat, so würde gefolgert werden müssen, dass Zellenraum und prundgewebe gleichzeitig an Ausdehnung zunehmen; zugleich aber Warf die Einlagerung auf der einen und die Auflösung auf der andern Seite nicht gleichen Schritt halten; namentlich muss die iV.uflösung öfter so weit sich erstrecken, dass zwei Knorpelhöhlen miteinander verschmelzen, weil sonst die Zahl derselben im Er- .vachsenen nicht geringer als in der Jugend sein könnte. Neben len geschilderten Wachsthumserscheinungen ti-eten in den hyalinen ivnorpeln noch andere sichtbare Veränderungen auf. Insbesondere rvird die Grundsubstanz körnig, faserig, zuweilen auch so erweicht, lass sich kleinere unregelmässige Höhlen bilden , die sich mit Fett- rröpfchen, Blutgefässen, Bindegewebe füllen (H. Meyer, Don- lers). — In den Faserknorpeln dagegen, namentlich in der lig- mtervertebralia und den Synchondrosen sind ausnahmslos die Zellen- öhlen des spätem Lebens kleiner als die des frühern; da die iltere Wand aus conzentrischen Schichten besteht, so scheint es aast , als sei die Zellenhöhle durch periodisch auf die innere Wand- äÄche erfolgende Absätze verengert Avorden (Donders).

Der Knorpel gehört zu den Formbestandtheilen, welche sich :,uch im Erwachsenen neu bilden können. Um so auffallender «ät es, dass Knorpelwunden durch Bindegev^ebe heilen (Red- .ern)**).

Da der Knorpel nur äusserst selten mit Gefässen durchzogen >st, so müssen die Flüssigkeiten durch Diffusion fortschreiten, welche lie Atome ein- und ausführen zum Vortheil des Stoffumsatzes, iler nach den anatomischen Beobachtungen imzweifelhaft vor- aanden ist.

Das Wenige, was wir über physikalische Eigenschaften kennen, ist schon früher emähnt (Bd. I. p. 492).

") Rcchcrches micrometr. p. 76.

'•) Henle'B Jahresbericht fUr 18ßl. p. 52.

272

Knochen.

Knochen. { 1. Anatomische Beschaffenheit*). Die Knochenmasse setzt sich aus dünnen mit einander verwachsenen Platten zusammen, welche in conzentrischeu Lagen um die mikroskopischen Röhren geschichtet sind, die als Leitungsröhren der Blutgefässcapillaren den Knochen netzförmig durchziehen. Die Substanz der Knochen- plättchen (also die knöchernen Wandungen der Gefassröhren), welche öfter optisch homogen, zuweilen aber auch gekörnt erscheint, ist abermals von einem besondern Höhlensystem, den Knochen- oder Strahlenkörperchen und ihren Ausläufern, durchbrochen. Ein jedes dieser Strahlenkörperchen ist nemlich nichts anderes, als eine ei- förmige Lücke in der Knochensubstanz, von welcher eine grössere oder geringere Zahl hohler Ausläufer ausstrahlt; die Ausläufer be- nachbarter Knoehenkörperchen anastomisiren mit einander, und diejenigen, welche unmittelbar an die Gefassröhren und an die Knochenoberfläche grenzen, münden frei in die ersteren und unter das Periost, so dass durch jeden Knochen ausser dem Netz der Gefässröhren noch ein zweites ausserordentlich viel feineres, aber dafür dichteres und verbreiteteres , herläuft. Da die Knochen- körperchen in den Knochenschichten in ziemlich regelmässigen Ab- ständen gelagert sind, so bilden die Verbindungslinien derjenigen von ihnen, welche in einer Horizontalebene liegen und zu einem' der conzentrisch gelagerten Knochenplättchen gehören, eine ähn- liche Form wie die Coutur der Knochenplättchen selbst, d. h. die Zellenhöhlen liegen abermals in mehreren Lagen conzentiisch um die Gefässröhren. Zu den beiden eben beschriebenen Lücken- systemen kommt endlich noch ein drittes sehr unregelmässig ge- staltetes, welches vorzugsweise das Innere des Knochens durch- zieht, wo es als Markhöhle, diploetisches oder spongiöses Gewebe t bekannt ist. Jede der drei Höhlenarten schliesst nun auch be- t sondere WeichgebUde ein. Die strahlenförmigen Höhlen sind bis ii in ihre letzten Zweige nach Virchow **) ausgekleidet mit einem ij ihren Wandungen eng anliegenden Häutchen; fasst man also die Haut der eiförmigen Höhle als einen Zellenkörper und die der Aus- läufer als Zellenstrahlen auf, so kann man sich auch dahin aus- drücken, dass der Knochen von einem Netz strahlig verästelter,

•) H. Meyer, der Knorpel und seine Vcrknocliung. Müll er 's Archiv. 1849. Köllikcf, mikroskopische Anntomie. II. Bd. 1. Abthl.

••) Würzburger Verhandlungen. IT. Bd. 150. Hoppe, Vlrchow's Archiv. V. Bd. 174.— Virchow, ibid. p. 440.

Chemische ZusammensetzuTig der Knochen.

273

tnastomisirender Zellen durchzogen sei. Jedes Körperclien schliesst Lusserdem noch ein anderes kleines Zellengebilde, einen sog'. Kern, md Flüssigkeiten in sich. Die Gefässkanäle umschliessen die Blut- :efässe, Bindegewebe, Nerven, und in den Marklücken ist ein lemenge von Bindegewebe, Fetttropfen, Fett- und Markzellen, »lutgefässen und wässerigen Feuchtigkeiten enthalten. Die Knochen- berfläche ist schliesslich von einer Bindegewebshaut, dem Periost, herzogen, in welcher die Gefässe und Nerven laufen, bevor sie 1 die Gefässkanälchen des Knochens eindringen.

2. Chemische Zusammensetzung*). Der Analytiker bereitet (ich das Knochengewebe so vor, dass er einen Knochen pulvert, aas Flockige durch Schlemmen wegschafft, den schweren Boden- latz mit Wasser und Alkohol und Aether vollkommen erschöpft, iiieser Rest ist meist frei von Bindegewebe, Zell - und Gefässhäuten, :nd das Wasser hat offenbar manche dem Knochengewebe ange- örige Bestandtheile entfernt. Dieses sog. Knochengewebe enthält DQ organischen Bestandtheilen solche, die leicht in Säure löslich sind tFremy) und andere darin schwer lösliche; diese letztere nennt ian Knochenknorp el, sie geben bei der Verbrennungsanalyse te prozentische Zusammensetzung der CoUa, nemlich 050,1;

7,1: N18,4; 0 und S 24,3 (v. Bibra). Die Knocheuerde, eelche durch Einäscherung eines Knochen dargestellt wird, besteht US Fluorcalcium, CaOC02, SCaOFOs, SMgOPOs (Heintz). dem Waschwasser des Knochens oder in der Asche nicht voll- )')mmen ausgewaschener Knochen ist noch enthalten Na Gl, NaO CO2, ^Ns, Fe2 03. Nach den Analysen von Heintz, den genauesten, fälche wir besitzen, bestehen 100 Theile Knochenerde aus CaO CO2 9,1; aCaOPOs = 85,7; SMgOPOö = 1,7; Ca Fl = 3,0. Alle wigen Analysen, welche Ausstellungen man auch sonst an ihnen achen kann, bestätigen doch, dass immer die phosphorsaure Kalk- ide weit überwiegt, und dass das Verhältniss zwischen den ein- ilnen Erdsalzen durchaus kein gleichbleibendes ist. Nur wenn man !ijh mit einem Ungefähr befriedigt, kann die Annahme vonFremy istehen, dass auf 1 Aeq. Kohlensäure 3 Aeq. Phosphorsäure nmmen. Der Knorpel und die Erden sind innig nebeneinander-

••) Berzelius, Lehrbuch der Chemie. IX. Bd. 1840. Marchand, physiolog. Chemie. Berlin 2. 81. V. Blbni, ehem. Untersuchungen etc. Schweinfurt 1844. Heintz, Uber die Zu-

nmensetzung der Knochenerde. Berliner Monatsberichte. 1849, I.Heft. Regnauld und

.»»elin, Archiv, gtfn^rul. de m^d. 1849. Jullheft. Mulder, physiolog. Chemie, p. 010. emy, Annales de chlmic et physique 1855. Bd. 43. p. 47. v. Ree kll n gb a u s on , Archiv

■■ p«tholog. Chemie. XUI. Bd.

i Ludwig, Physiologie II. 2. Auflage.

274

Veränderlichkeit der Knochenssusammensotzung.

gelegt, aber nicht nach Aequivalenten verbunden. Man kann bc kanntlich aus dem Knochen die Erde durch Säuren und den Knorpel durch Kalieu ausziehen, ohne dass die anatomische Elementar- straktur verloren geht.

Das Verhältniss, in dem die organischen (Knochenknorpel, Bindegev^ebs - und Gefässreste) und unorganischen Stoffe im Knochen enthalten sind, ist nicht constant. a) Ordnet man die substantia dura der trockenen Knochen der Erwachsenen nach ihrem Gehalt , an Erde, so erhält man folgende Reihe: os temporum, humerus, l femur, ulua, radius, tibia, fibula, os ilium, clavicula, vertebrac costae, sternum, os metatarsi, scapula. Das os tempor. enthiel 63,5, die scapula 54,5 pCt. Knochenerde (Kees)*). Bibra fand beim Weib eine etwas andere Reihenfolge: humerus, femur, tibia,, fibula, ulna, radius, metacarpus, os occipitis, clavicula, scapula,, Costa, 08 ilium, vertebrae, sternum; in dem ersten Glied 69 undi in dem letzten 51 pCt. Knochenerde. Diese Unterschiede sind, wie* wohl zu merken, nur giltig füi* die Knochen des Geborenen, nichti aber für die des Foetus (v. Bibra). b) Die spougiöse Knochen-^ Substanz enthält einige Prozente feuerfilichtiger Bestandtheile mehn als die compakte (Rees, Fremy). Theilt man willkiuiich eiuea Röhrenknochen seiner Dicke nach (vom Periost zur Markhaut) in» mehrere Schichten, so hinterlässt die äussere zuweilen um 1 bis 2 Prozent weniger Asche, als die innere, zuweilen ist der Knocheal auch durchweg gleich zusammengesetzt (Fremy). Der Unterschiedl| zwischen schwammigen und festen Knochen verschwindet unBj so mehi-, je sorgsamer die anhängenden Gefässe und Bindegewebs-^ theile entfernt werden (Reckling hausen). c) An einer undlL derselben Knochenstelle soll der Gehalt an Kalkerde mit dem AlteÄ zunehmen; so betrag er z. B. in dem Femur männlicher IndividueA beim Foetus = 59 pCt. , beim dreivierteljährigen Kinde = 56,4« beim fiinfjähr. 67 pCt. und endlich beim 25 jähr. Indiv. 68 pCt. —4, Das Steigen des Kalkgehaltes geht nun aber keinesweges in allöÄi Knochen gleich rasch vor sich. So nähert sich u. A. die KuochenÄ Substanz in den obern Gliedmaassen früher ihrem höchsten WertlM, als in den untern (v. Bibra). Im Gegensatz hierzu führteA die Beobachtungen von Fremy und ReckliughaUsen über« haupt zu keinem Altersunterschied. Die Knochenpunkte am FemuÄ

•)Berz8lius vermuthet , dnss die von Re es untersuchten Knochen nicht volll^onimen trocknet gewesen seien.

Ernährung dor Knochen.

275

les Foetus und den gleichnamigen Knochen des Erwachsenen und Preises fand Fremy annähernd gleich reich an Erden. d) Ein )emerkenswei"ther Unterschied zwischen dem prozentischen Erd- ,-ehalt in den gleichnamigen Knochen des Mannes und des Weibes »at sich nicht herausgestellt.

Das Knochenmark unterscheidet man seinem Ansehen nach in in fettes und ein gelatinöses. Das erstere besteht vorzugsweise i;us einem sehr oleinhaltigen Fett und daneben aus einer eiweiss- lud salzhaltigen Flüssigkeit, den Hüllensubstanzen der Mark- und t ettzelleu , aus Gefässen und Bindegewebe. Das gelatinöse enthält aagegen überwiegend die salz - und eiweisshaltige Lösung und sehr teringe Mengen von Fett; die beiden Markarten scheinen also Ge- nenge derselben Stoffe in verschiedenen Verhältnissen zu sein. •as Periost enthält die Bestandtheile des Bindegewebes und der lastischen Faser. Die Flüssigkeit, welche neben den Gefässen i(ie Gefässröhren und die Zellenräume füllt, ist unbekannt. Einige lingaben, die über den Gehalt des Gesammtknochens an Wasser lorliegen, sind ohne Bedeutung, da dieser mit zahlreichen, zu- Llligen Umständen, z. B. dem Markgehalt, der Menge der Zellen iid Gefässröhren u, s. w., wechseln muss.

3. Das Wenige, was von den physikalischen Eigenschaften des mochens bekannt ist, wurde schon Bd. I. p. 491 mitgetheilt.

4. Ernährung*). Wo sich wahres Knochengewebe bilden will, ti entsteht jedesmal zuerst in der Nähe oder im Umfang eines Blut- ?3fässes eine homogene oder faserige, wahrscheinlich coUagene rrandlage, in welche sich sternförmig verästelte Zellen einbetten, arauf schlägt sich in der Grundlage Knochenerde, und zwar so eeder, dass sie ein homogenes, in feinen Schnitten durchschei- ;ndes Ansehen annimmt. Die Zellenhöhle und ilu-e Wände teiben dagegen nicht allein von der Inkrustation verschont, son- ism es wachsen sich sogar die Fortsätze der benachbarten Zellen "weit entgegen, bis sie mit einander in Verbindung treten iharpey, Virchow, H. Müller, A. Baur).

Die besondern Gestalten, die das Knochengewebe in den celettheilen den sog. Knochen der Osteographen annimmt, rrd dennoch abhängig sein von den Formen, in welchen die weiche irundlage des Knochens auftritt. Diese letztere wird aber hingelegt

? •) Köllikor, Handbuch der Gewebelohre. 3. Auflage, p. 83. Baur, die Bliulcsubutanz «Ingen 1858. H. Müller, Zeitschr. fllr wis». Zoologie. IX. Bd. Bruch, BciträRe zur Ent- -keluDg3ge»chiulite de« Knochensystoms. UenkscUrlfleu der achwelzer. uaturf. Gesellschaft. II. Bd.

18*

276

Entstellung der Knochenform.

unter dem Einfluss von bestimmt begrenzten und gebauten Gebilden, nemlich dem fötalen Knorpelskelet mit seinem Perichondrium und der faserbäutigen Vorstufe der meisten Gesicbtsknocben und dci Schädeldecke. Wo die Knochenbildung unter dem Einfluss de,-- knorpeligen Skelets vor sich geht, da entwickelt sich zugleich dit verknöchernde Grundlage im Innern des Knorpels und an seinei Obei-fläche, zwischen ihm und dem Perichondrium. Hiebei hat mai Folgendes beobachtet: Wenn die Bildung des Knochens im Innen eines Knorpels stattfinden soll, so vergrössern sich zuerst an einei beschi-änkten Stelle die Knorpelhöhlen und ordnen sich in Reihei oder Strahlen an, je nachdem der Knorpel eine röhrige oder ge ballte Form besitzt; es mehren sich ferner die in den Höhlen eut i haltenen Zellen und darauf lagert sich eine erdige Masse in das-t Knorpelgrundgewebe ab (Knorpelverkalkung). Zu derselben Zeiii oder etwas früher haben sich auch im Knorpel Kanäle gebildet . welche von der Knorpeloberfläche, resp. dem Perichondrium zi den verkalkten Stellen hinziehen. Diese Kanäle enthalten Zellen die denen des Knorpels ähneln, in einer mehr oder weniger sti-ei figen Grundlage, dann weiche markähnliche Zellen mit bindegeweb^ artiger Zwischenmasse, und endlich Blutgefässe, welche mitdencLt des Perichondrium in Verbindung stehen. Die Knorpelcanälal leiten die Auflösung des Knorpels und die Entstehung des Knochenflli ein. Sie dringen nemlich in den Knorpel bis an und durch die VerB kalkungsstelle, verflüssigen die feste Grundmasse, welche öim Knorpelhöhlen scheidet, und bewerkstelligen es somit, däss die8a| letztern Höhlen zu einem mannichfach ausgebuchteten Systeme volÄ Lücken zusammenfliessen. Ein Theil dieser Lücken wird mit BindeÄ gewebe, Fett, Markzellen und Gefässen ausgefüllt und stellt damn die spätem Markräume dar, in einem andern werden dagege» sti-ahlige Zellen und die gleichartige Grundlage, welche sich wm wirklichen Knochen umwandeln, eingelegt. Der Knorpel wände» sich also nicht in Knochen um, sondern er |wird zerstört nwm seinen Ort nimmt die Knochenmasse ein (A. Baur, H. MülleF« Das neugebildete Knochengewebe bleibt nun aber auch nicht immei bestehen, sondern es löst sich oft von Neuem auf, und dann erSÄ findet sich statt seiner der bleibende Knochen ein. Dieser ebeiÄ geschilderte Vorgang geht nun im Knorpel nicht überall gleichzeitigH vor sich, sondern er beginnt, wie schon erwähnt, an einem - mehreren Punkten; um diese sind alle Uebergangs stufen rotfH vollendeten Knochen bis zum hyalinen Knorpel zu finden. Eifl

Wachsthum der Knochen nach der Geburt.

277

«eher als im Innern ist die Entstehimg des Knochens zwischen der Oberfläche des Knorpels und dem Perichondrium; denn hier lagert «ich gleich in conzentrischen Schichten um die Gefässe eine weiche •leichartige oder gestreifte Schicht ab, welche verästelte Zellen mschliesst und darauf inkrustirt. Mit dem Vorgang im Peri- ihondrium stimmt auch der überein, welcher in der häutigen Grund- lage der Schädel- und Gesichtsknochen beobachtet wird.

Das Fortwachsen der Skeletstticke nach der Geburt geschieht Bon zwei Orten aus, nemlich von den knorpeligen Rändern (inso- fern diese nicht an Synovialflächen stossen) und von dem Periost Dus. Die erste Art des Wachsthums ereignet sich also an den Röhrenknochen in den Epiphysen, an den Schädelknochen zvrischen cen Nähten. Diese Ai-t der Vergrösserung bedingt immer die An- iiildung neuer Knochenschichten, die den Knorpelflächen gleichläufig egen, mit einem Worte das Längenwachsthum, während die vom erlöst aus eingeleitete Verknöcherung die Verdickung bedingt. Um een Vorgang zu verdeutlichen, hat zuerst H. Meyer ^.^ aas Schema eines sich vergrössernden Röhren- mochens (in Fig. 51) entworfen. Wenn 12 2 1 imen Röhrenknochen der Neugeborenen und darin 2 das Mittelstück , 12. und 2 1 die Endstücke, in II I dagegen den gleichnamigen Knochen des rmachsenen darstellt, so ist 2 11 durch Wachs- am und Verknöcherung des Knorpels, aa hh durch Dttflagerung aus dem Periost entstanden. DieNeubü- iingimKnoi-pel sowohl wie die von der Knochenhaut IIS geschieht ganz nach denselben Regeln, die auch ir das fötale Leben giltig waren, also in den Sähten und Epiphysen dadurch, dass fort und fort inorpelzellen und Zwischenmasse entstehen, dass tese letztere verkalkt, dass dann von den blut- fässführenden Kanälen des Knochens der ver- ulkte Knoi-pel wieder angefressen wird , dass sich die Knorpelhöhlen sternfönnige Zellen und eine rmkturlose Grundlage hinlegen, welche letztere adlich von Knochenerde durchsetzt wird. Auf '3r Grenze zwischen Knochen und Periost erscheinen agegen, ohne dass Knorpel vorausgeht, die stern- )nnigen Zellen und die verknöchernde Zwischen- t^asse.

278

Bedingungen dea Knochenwachsthum

Ueber die Bedingungen *), welche dem Knochenwachsthum eini Ende setzen und zugleich die Stoffbewegung in den Räumen des fertigen Knochens regeln, ist Folgendes bekannt: 1) Die Knochen hören meist auf nach der Länge zu wachsen, wenn ihre knor peligen Verbindungsstücke verknöchert sind, also: die Eöhren nacl vollkommener Verknöcherung der Epiphysen, die Schädeldecken nach Verwachsung der Nähte (H. Weber). Ob diese Regel ein( ausnahmslose ist, steht dahin, und ebenso darf sie keinenfall dahin verstanden werden, dass das Wachsthum nicht eher aufhöre i kann, bevor nicht jene Verknöcherungen zu Stande kamen, d. die Röhrenknochen der Zwerge z. B. trotz bestehenden Empiphysei ihr Wachsthum einstellen (Virchow). 2) Schneidet man bc jungen Thieren die Kaumuskeln aus oder entleert mau die Augen flüssigkeit, so verdicken sich die Knochen, welche die Höhlen bc grenzen, nach diesen letztern hin, nicht aber gegen die Schädel-il höhle. Dieselbe Operation führt bei erwachsenen Thieren zu keine« Knocheuwucherung (L. Eick). 3) Nach einer einseitigen Zer|li Störung der Kieferschliesser wird der Kieferast derselben Seit(j kürzer und sein Gelenkkopf dicker (L. Eick). 4) Wenn die Muskeln einer Extremität vor der Pubertät gelähmt werden, S( bleibt der Knochen derselben kürzer und dünner. 5) Wenn siel die Muskeln vor oder nach der Pubertät kräftig entwickeln, 8( nimmt der Knochen und namentlich an den Muskelansätzen ai Masse zu. 6) In dem Maasse, in welchem die vom Schäde umschlossenen Weichtheile (Hirnfaser, Ganglienkörper, Blutgefässe! Hirnwasser) wachsen, dehnen sich auch die Schädelknochen meh^ oder weniger aus. Hierbei geschieht jedoch das Wachsthum nich in allen Nähten gleichmässig, sondern bald in der einen und bali in der andern mehr, so dass der Schädel verschiedener Individue trotz gleichen Hirnvolums doch ganz verschiedene Formen darbietet, weil nemlich das geringere Wachsthum in einer Naht durch eiij grösseres in einer andern ausgeghchen wird (H. Meyer, Virchow). 7) Nimmt das Markfett zu, wie dieses bei künstlicher Mästung de; Thiere vorkommt , so vergrössern sich unter Abnahme der Knochei

») Virchow, Entwickeluiig des ScUädelgundcs. Berlin 1S57. L. Fick, Ueber die Sache der Kpochonformen. Göttingen 1857. Derselbe, Neue Beiträge. Marburg 1858, H.Meyer, Henlo's Zeitschrift. N. F. III. Ud. 105.— Schiff, Neurolog. Untersuchung« Frankfurt 1855. I. p. 122. Freund, Hiatoiogic der RIppcnknorpel. Breslau 185S. Hein« Graofo's und Walthor's Journal. 1836. B o u ssi nga « 1 1 , Aunnlos de chimie et physiqi(i 3. Sor. XIV. Bd. 419. Olli er, Compt. rend. De'combre 1SÖ8. Die ältere Literatur Ubi Koochenornährung siehe bei S ch 1 o s s b e r gor Dp. citat. Knochen u. Knorpel.

L Bedingungen des Knochcnwachsthums. 279 sse die centralen Markhöhlen (Boussinga ult). 8) Jeder Druck, der anhaltend auf eine bestimmte Stelle der Knochenober- fläche wirkt, bringt hier den Knochen zum Schwinden. Dieses ereignet sich z. B. wenn Weichtheile gegen die innere Schädel- Uäche wachsen, wo Arterien den Knochen aufliegen, wenn man Aletallplatten zwischen den Knochen und das Periost legt u. s. w. j) Einer Lähmung der Gefässnerven folgt an den Stellen, welche von jenen Gefässen versorgt werden, eine Knochenwucherung iSchiff). 10) Reizungen des Periosts, die eine Erweiterung tieiner Blutkapillaren zur Folge haben, bedingen Knochenwucherung. .1) Umgekehrt führt eine Zerstörung des Periosts zu einem Ab- Gterben des zugehörigen Knochens. 12) Nach einer Zerstörung loder Entfernung des Knochens mit Erhaltung des Periosts bildet iiich der Knochen von Neuem (Knochenbrüche, Ausschälung der tRippen aus dem Periost). (Heine.) 13) Ueberpflanzt man das r* erlöst eines jungen ^hieres aus seiner normalen Lage in eine »oeliebige andere, gleichgiltig ob dabei die Gefässe desselben in i7erbindung mit den alten bleiben oder mit neuen sich ^usammen- iinden, so wird immer an einer seiner Flächen eine Knochen- iieubildung eingeleitet. Bei schon erwachsenen Thieren gelingt der i7 ersuch ebenfalls , doch ist die neugebildete Knochenmasse weniger reichlich (Ollier). 14) Bei Mangel an Kalksalzen in der Nah- rang erweichen die schon gebildeten Knochen, und umgekehrt be- (chfeunigt ein reichlicher Kalkzusatz zur Nahrung nach einem [oiochenbruch die Knochenneubildung (Milne Edwards).

Aus diesen Thatsachen scheint sich ableiten zu lassen, dass He Ausdehnung, welche der Knochen einnimmt, die Resultirende Sit einerseits aus einer Summe von Bedingungen, die wii- kurzhin ie knochenbildenden nennen wollen, und andererseits aus den Wider- ttänden, die sich an seinen Grenzen einfinden.

Daraus folgt, dass die Knoclienraasse die Augenhöhle nicht ausfüllt, so lange der rnrch die gespannten Augenmuskeln in die Höhle gezogene Bulbus wie ein Presskegel .•irkt, und weiter, dass die Muskeln, welche nicht mehr wachsen, durch ihre senk-

jcht auf die Epiphysen wirkenden Zugkräfte das Längenwachsthum der Röhren hin- ■em, oder dass die Knochennoubildung in der Markhöhle gehemmt wird, wenn die

larkmassc reichlich wächst, und umgekehrt werden die Weichtheile verdrängt bei l ebhafter Knochcncntwickelung, wie bei Exostenbildung u. s. w.

, Und ferner, dass obwohl uns weitaus die meisten Faktoren i^mbekannt sind, welche die Knochenbildung fördern und hemmen, ■u ihnen doch zu zählen ist: der Zustand der Capillargefässe in flen Knochenkanälen und im Periost, indem alle Umstände, welche

i

280

Bedingungen dea Ejiochenwachstbumi

die Erweiteruug derselben begünstigen, die Knochenentwickelung fördern und die entgegengesetzten sie hemmen.

Darauf führen hin die Erfahrungen über gesteigertes Knochenwachsthum: bi Reizungszustand des Periosts, der von Gefässerweiterung begleitet ist, ebenso in Folg kräftigeren Zuges der Muskeln an den Ansatzpunkten, und ferner bei' Ausspannung de Schädelnähte durch das wachsende Hirn und nach Durchschneidung der Gefässnervea Die umgekehrten Fälle finden sich aus den obenstehenden Nummern leicht heraus.

Weiter wird das Knoehenwachsthum begünstigt durch die Eigen Schäften, welche gewisse Lebensalter mit sich führen.

Dieses crgiebt sich daraus, dass der jugendliche Knochen in die von "Weich theilei befreiten Gruben hineinwächst, während der ausgewachsene dieses unterlägst.

Ferner wird bei sonst günstigen Verhältnissen die Knochen bildung durch reichliche Anwesenheit der Kalksalze im Blut ge fördert, so wie durch das Gegentheil gehemmt, und endlich folgt aui Allem, dass, weil der Knochen von Geweben durchzogen und um geben ist, die einen veränderlichen und dazu an verschiedenen Ortei von einanander unabhängig veränderlichen Druck ausüben können sich in dem Räume, den er einnimmt, abwechselnd Aufsaugung und Neubildung einstellen muss , so oft sich solche Druckvariationen einfinden. Daraus wird es wahrscheinlich, dass während des ganzeij Lebens nicht bloss ein intermolekularer, sondern ein auf gross« Strecken ausgedehnter Knochenwechsel besteht.

Die chemischen Vorgänge bei der Entstehung, Auflösung und der Erhaltung des Knochens sind uns fast durchweg unbekannt' Durch die Untersuchungen von Baur und Müller über die Um Wandlung des vorgebildeten Knorpels im Knochen ist festgesteUt]! dass hierbei nicht wie man früher annahm, das Chondrigen icl collagenes Gewebe umgewandelt wird, sondern dass sich das letzterdf sogleich als solches hinlegt.

Die Knochenkörperchen und ihre Ausläufer führen einen Safti man betrachtet sie darum als Vermittler des Stoflfaustausches zwischec Blut und Knochenmasse. ;

Die Markumbildung soll nach Freund unterstützt werden durch Verseifung de kohlensauren Kalkerde, welche diu-ch das Knochenfett unter ßeihülfe des kohlensaurei Natrons und Amnfoniaks der Knochen eingeleitet würde.

Nach Krapp fütterung färbt sich der Knochen, und zwar zumeist um die Gefäss röhren; die Hoffnung, dass man durch solche Färbungen dem Knochenumsatz nähe kommen kann, hat sich nicht bestätigt.

Der Knochen gehört zu denjenigen Geweben, welche sieh in Erwachsenen neu bilden, und zwar auch an solchen Stellen, di( ursprünglich keine Knochenaulagen enthalten, wie H. Meyer

Zähne.

281

Wagner, Wittich u. A. nachweisen, welche wahre Knochen- oildung in der Haut, der Linse, dem Glaskörper aufdeckten.

Der Fettgehalt des Knochenmarkes schwankt sichtlich mit dem ides ganzen Körpers.

Zähne.

1. Die anatomische Beschreibung*) unterscheidet an ihnen die ^chmelzoberhaut , den Schmelz, das Zahnbein, den Kitt und das der Zahnhöhle liegende Mark. Das Schmelzoberhäutchen ist fttiü dünner, sehr harter und strukturloser üeberzug des Schmelzes; lilieser selbst setzt sich aus kurzen und breiten auf dem Querschnitt ,t echseckigen Fasern zusammen, die dichtgedrängt ohne verbinden- den Stofif an einander und nahezu senkrecht auf der Oberfläche der Krone des Zahnbeins aufstehen. Das Zahnbein, welches den weitaus grössten Theil von Wurzel und Krone einnimmt, ist aus einem homogenen Grundgewebe aufgeführt, welches von zahl- t eichen feinen Röhren, den Zahnröhrchen , durchzogen wird. Diese [löhrchen beginnen mit einer offenen Mündung in der Zahnhöhle jind laufen von ihr nach allen Seiten gegen die äussere Begrenzung tes Zahnbeins ; auf diesem Wege theilen sie sich unter sehr spitzen tVinkeln in einige Hauptäste, und aus diesen Aesten gehen zahl- eeiche Zweige ab, welche theils mit den Nachbarn, theils auch iiit den Ausläufern der Knochenhöhlen des Kitts anastomisiren. lieben den Zahnröhren finden sich auch noch spärliche kugelige Hohlräume in dem Zahnbein. Der Kitt endlich ist ein feines ^Cnochenlager, welches die Wurzel überzieht. Der Kern des iiiahnmarkes , in dem sich Gefässe und Nerven verbreiten, ist aus mdeutlichen Fasern mit eingestreuten Kernen gewebt und an seiner eegen die Höhlenwand gekehrten Oberfläche mit einer mehrfachen fchicht cylindrischer , kernhaltiger Zellen überzogen, die von dem Jiahnbein durch ein strukturloses Häutchen abgegrenzt werden, so lass die Mündungen der Zahnröhren nicht direkt auf die Zellen- lbei*fläche treffen. Zur Befestigung des Zahns in den knöchernen /iahnfächern dient das Periost dieses letztern und das Zahnfleisch.

2. Chemische Zusammensetzung**). Schmelzoberhaut, Schmelz, »lahnbein nnd Kitt besitzen eine weiche Grundlage, in welche ilrden eingelagert sind. Die von letzteren befreite Schmelzober- laut nähert sich ihrer Reaktion nach dem elastischen Gewebe; die

•) KöUikcr, Hanilbuch der Gewebelehre. 2. Aufl. 388.

Berzclius, Chemie. 1840. IX. Bd. 551 v. Bibra, Chemische üntorsuolningcn Uber hnoehen nnd Zähne. 1844. Hoppe, Vlrchow'a Archiv. V. Bd. 185.

282

Chemische Zusammensetzung der Zähne.

der Schmelzprismen aber den Epithelialstoffen (Hoppe); das erl weichte Zwischengewebe im Zahnbein und Kitt ist Collagen, dir- nächste Umgebung der Röhren , Kugelräume und Knochenkörperchei aber eine besondere in kochendem Wasser unlösliche Stubstaii/ (Hoppe). Die in diesen Substanzen eingelagerten Salze ent halten nach Berzelius phosphorsauren Kalk und Talk, kohlen sauren Kalk, Fluorcalcium und Talk; die phosphorsaure Kalkerd« tiberwiegt hier in derselben Weise wie im Knochen. Die Verhält nisse , in welchen die organischen und unorganischen Bestandtheil< in den einzelnen der erwähnten Gebilde enthalten sind, wechseln In der Oberhaut und den Prismen des getrockneten Schmelzei fand V. Bibra zwischen 3,6 bis 6,0 pCt. organische und 94,0 bi« 96,4 pCt. unorganische, in dem Zahnbein 21,0 bis 29,4 pCt. or ganische und 79,0 bis 70,6 unorganische Bestandtheüe. Aus dei Flüssigkeit, welche das Zahnmark durchti-änkt , kann durch Essig säure ein schleimartiger Körper gefällt werden ; das Streifengeweb( desselben reagirt dem Bindegewebe nicht in allen Stücken ähnlich

3. Ernährung. Der Entstehung des Zahns muss der Aufbaw eines besondern Werkzeugs vorausgehen, das aus einem SäckchenJ den Zahn- und Schmelzkeimen besteht. Das Säckchen ist ein» Aushöhlung in den Zahnrändern des Kiefers, die, von einer derb enl Haut umgeben, nach der einen Seite von dem Knochen und nacnl der andern von dem knorpelharten Zahnfleisch begrenzt wird. Ailf

den entgegengesetzten Wandungen des Säckchens treten die beideiji Keime in die Höhle hervor und zwar der Zahnkeim von der Al l veolarseite und der des Schmelzes von der Zahnfleischseite defäl Säckchens. Damit ist zugleich ausgedrückt, dass der erste nuwi einen kleinen Theil von der Wandung des Zahnsacks bedecktÄ während der zweite dem weitaus grössten Theil der Innern Wand« fläche anliegt. Umgekehrt wie der Querschnitt verhält sich ditfi Höhe beider Auswüchse, denn während der Zahnkeim wie einm starke an dem freistehenden Theil verbreiterte Warze in den Zahn<i sack hineinragt, bildet der Schmelzkeim nur eine niedrige Lage. jl Beide Keime liegen in dem Sack so, dass sie mit ihren freien inll die Höhle schauenden Oberflächen unmittelbar wider einander liegenB Sie füllen ihn jedoch nicht vollkommen aus, indem zwischendem UitjH fang der Zahn- und Schmelzgrenze ein kleiner mit Eiweiss- uifl Salzlösung gefüllter Hohlraum übrig bleibt (Meissner, Magitot)*»

*) Archivcs g^ne'ralos do Mddicino 1868. 1. Bd. p. 48flgdc.

Formfolge bei der Entstehung der Zähne.

283

Oer Scbmelzkeim besteht nun, vom Zahnsäckchen aus gerech- laet, aus einer Schicht Bindegewebe mit Gefässen, dann einer ptärkera Lage schwammigen Gewebes, das von verästelten •md communizirenden Zellen durchzogen und mit einer eiweiss- tialtigen Flüssigkeit durchtränkt ist, auf diesem sitzt ein Cylinder- [ ;pithelium, dessen Oberfläche von einer strukturlosen Haut bedeckt kvird, auf der endlich die Schmelzprismen stehen. Der Zahn- xeim ist an die Wand des Säckchens geheftet durch eine faserige ►bindegewebsartige Masse , welche von Blutgefässen durchzogen ist ; auf ihm sitzt ein Zellenlager, welches gegen den Schmelz hin in Hange Aeste auswächst, zwischen denen eine strukturlose Aus- iäillungsmasse liegt. Diese Ausläufer stossen unmittelbar an die wchmelzprismen. Zahnbein und Schmelz wachsen sich somit ent- ■i^egen und werden zusammengepresst durch den Druck, welchen ilie Blutgefässe und die aus ihnen geschiedenen Stoffe in dem ge- schlossenen Säckchen erzeugen. An der Grenze von Schmelzfasern imd Zahnröhren beginnt nun auch jedesmal die Verkalkung und p.war gleichzeitig in beiden Gebilden; Wachsthum der Grundlagen imd Verknöcherung derselben schreitet dann in dem Schmelz und

ii^ahnbein nach entgegengesetzten Richtungen fort. Da das Säckchen linen starken Widerstand leistet, so muss die in dasselbe abge- londerte Masse allmählig die eintretenden Gefässe zusammendrücken; üeses wird aber zuerst denen des Schmelzkeims begegnen, weil ibire zuftihrenden Arterien enger und darum auch der Strom in lünen schwächer ist; die Schmelzbildung ist dann natürlich ge- (chlossen. Wenn dieses geschehen ist, so verlängert sich das Üäckchen gegen die Alveolarhöhle aus unbekannten Gründen; das liiahnbein, welches in dieser Verlängerung entsteht, kann aber na- törlich nicht mehr mit Schmelz überzogen sein, es stellt die spätere ^Vurzel dar; da die ihn umkleidende Wand des Säckchens zum "eriost der Alveolarhöhle wird, so scheidet dieses nun nach zwei leiten Knochensubstanz aus, nemlich auf den Zahn als Kitt und ausserdem in den Alveolarrand. So wie nun der Wurzeltheil des -Jahns gegen den Kieferknochen sich andrängt, muss bei noch '(reiterm Wachsen das nachgiebigere Zahnfleisch ausgespannt nnd Peine Gefässe zusammengedrückt werden, und darum wird der i'ahn dasselbe durchbrechen, wobei die zuerst gebildete Krone tlurch die allmählich sich entwickelnde Wurzel vorgeschoben wird. ..fiin grösserer Theil der zuerst hervorbrechenden Zähne, die Milch- itähne, fallen bekanntlich in der Kindheit wieder aus, um durch

284

Fettzellen.

neue ersetzt zu werden. Die neuen Zähne entstehen aber genau wie die Milchzähne in Säckchen, welche schon in der Fötalperiode gebaut wurden. Indem sie sich entwickeln, schieben sie nicht einfach den alten Zahn vor sich her, sondern sie leiten eine Auf- lösung der Wurzel ein.

Von den Milchzähnen brechen zuerst die Innern und dann die äussern Schneidezähne durch, hierauf die ersten Back-, dann die Eck- und schliesslich die zweiten Backzähne. Der erste von diesen Zähnen pflegt gegen den 7., der letzte gegen den 30. Monat nach der Geburt hervorzukommen. Von den bleibenden Zähnen erscheint zuerst der dritte Backzahn, darauf die Innern Schneidezähne und die übrigen in einer ähnlichen Reihenfolge wie die Milchzähne Das zweite Zahnen beginnt mit dem 7. und endet mit dem 18. Jahre

Die Veränderungen, welche die ausgewachsenen Zähne dar-, bieten, sind äusserst unbedeutend. Sie beschränken sich, abgör sehen von Krankheiten , auf eine Abnutzung der Krone beim Kauen und die Einlagerung von Kalksalzen in die Zahnhöhle, die im hohen Alter oft sehr verengt angetroffen wird. Die Zahnröhren fähren, wie es danach scheint, keine Flüssigkeit, die umsetzend auf das Zahnbein wirkt; ihre Wirksamkeit beschränkt sich wahr' scheinlich darauf, das Zahnbein gleichmässig zu durchfeuchten, wodurch die Sprödigkeit desselben vermindert wü-d.

Das Periost des Zahnfächers kann dagegen mancherlei Ver* änderungen in der Zahnstellung herbeiführen. Namentlich kann es einen locker gewordenen oder gar schon einmal ausgezogenen Zahn wieder befestigen durch Anlagerung von neuem Kitt; mit seiner Hilfe sollen sich sogar die Nerven und Blutgefässe des Zahns wieder herstellen. Das Periost kann aber auch schwinden, so dass der Zahn in dem Fächer gelockert wird, oder aber es kann von ihm die Knochenbildung in den Fächer hinein so weit vorschreiten, dass der Zahn ausgedrängt wird.

Die Caries der Zähne wird durch den deutschen Namen Fäule gut bezeichnet, da sie in einem der Fäulniss ähnliehen yon Pilzbildung begleiteten chemischen Pf?? zess besteht.

Fettzellen.

Geraenge von neutralen und saureu Fetten sind im mensch- lichen Körper sehr verbreitet, sie durchtränken die Hornstoffe, schwimmen als Tröpfchen oder Kügelcheu in wässerigen Flüssig-- keiten , die entweder frei (seröse Säfte , Galle , Speichel n. s. w.) vorkommen, oder die, mit eiweissartigen Stoffen gemengt oder veß

Anatomische und chemische Zusammensetzung der Fettzellen. 285

lounden, Nerven und Muskelröhren füllen. Ausserdem aber sind ;}ie abgelagert in zahlreichen Zellen, welche von den Anatomen als Fettzellen bezeichnet, in dem lockern Bindegewebe zu grossen oder kleinen Haufen vereinigt vorkommen; diese sollen hier be- sprochen werden.

1. Anatomische Beschaffenheit*). In die strukturlose Zellen- laaut soll immer ein wandständiger Kerne ingelagert sein , der aber ge- vvöhnlich nur dann sichtbar wird , wenn die Zelle durch Entfernung hhres trüben Inhalts durchsichtig gemacht wird. Der Binnenraum ist mtweder strotzend mit Fett erfüllt, das bei der Normaltemperatur [lies Menschen (36'^ bis 39*^ C.) halb und auch ganz flüssig ist, oder er enthält neben einer wässerigen Flüssigkeit Tropfen oder iQ-ystaUe eines Fettes, oder endlich die zusammengefallene Zelle lichliesst nur wässerige Flüssigkeit in sich. Die Zellen sind an Grösse war sehr variabel sowohl an den gleichen als an verschiedenartigen -jagerungstätten; aber an einzelnen Orten doch durch dieselbe ans- :<;ezeichnet ; so enthält z. B. das Bindegewebe in den Markhöhlen l'les Knochens constant eine kleine Art von Fettzellen (Markzellen) iKölliker, Eobin). Die einzelnen Zellen eines Fettklümpchens iind gewöhnlich durch eine strukturlose Haut zusammengekettet; m dieser verlaufen Blutgefässe.

2. Chemische Zusammensetzung**). Die Membran, welche ide Zellen zu einem Träubchen vereinigt, zeigt die Eigenschaften «es Bindegewebes. Die Haut der Zelle selbst nähert sich, so iveit dieses aus ihrer chemischen Reaktion geschlossen werden .;.ann, dem elastischen Stoff (Mulder). Der fette Antheil des nnhalts besteht aus Tristearin, Palmitin, Olein und einem andern Uartigen Fette (Chevreul, Heintz). Das Verhältniss, in ivelchem die einzelnen Bestandtheile dieses Gemenges zu einander itehen, bewegt sich in weiten Grenzen. Lassaigne giebt nach iiner allerdings ungenauen Methode an, dass z. B. beim Rind das l^etzfett das der Nierenkapsel und dieses das der Kreuzbeingegend i-n Stearingehalt übertreffe. Aus der Erfahrung von Berzelius, lass das Nierenfett des Menschen bei 25", das Zellgewebsfett und «las der Wade aber erst bei 15" C. erstarrt, würde man auf einen

") KöIUker, Handbuch der aewebclelirc. 3. Audago. 1859. p. 103 u. 223. •*) Mnldcr, Physlolog. Chemie. Braunschweig. p. 019. Ileintz, Lehrbuch der Zoochemie. •crllD 1853. p. 386 und 436. Derselbe, Berichte der Berliner Aliademie. 1854. p. 207 und 484. >ld. 1857. p. 417. Derselbe, Journ. für priikt. Chemie. 66. Bd. I. R e d t e n b acha r, L le- Ig'g Annalen. 50. Bd. 41. Lassaigne, Pharmaz. Ceutr. 1851. 701. Berzelius, 1. c. t. Bd. 060.

286

■Wachsthum der Zollenhaut.

grössern Oelgehalt des letztem schliessen dürfen, wenn Heintzit nicht dargethan hätte, dass die Fette ihi'e Schmelzbarkeit voll- kommen ändern nach dem Verhältniss ihrer Gemengtheile.

Seit Chevreul wurde auch noch die Anwesenheit des Margarins im Mcnschen- fctt als feststehend angesehn. Heintz, welcher die Margarinsäure künstlich darstellti', konnte nachweisen, dass die aus dem sog. Märgarin des Menschenfetts gewonnene Säure ein Gemisch aus Palmitin und Stearinsäure sei) welches wohl hinsichtlich seineslH Schmelzpunktes, nicht aber seiner andern Eigenschaften mit der reinen Margarinsäure übereinstimmt.

Die Zusammensetzung der Flüssigkeit, welche entweder nur die Zellenhaut durchtränkt, oder auch einen Theil des Inhalts aus- macht, ist noch nicht untersucht; in strotzend mit Fett gefüllten' Zellen ist sie nur in sehr geringer Menge vorhanden (Berzelius).

Von den wesentlichen physikalischen Eigenschaften der in den Fett- zellen enthaltenen Fettgemenge ist schon früher (Bd. Lp. 30) gehandelt.

3. Ernährung*). Die Fettzellen entwickeln sich aus Bildungs-j| Zeilen. Beim Wachsthum des Kindes scheint der Umfang des Fett- gewebes weniger durch eine Neubildung von Zellen als vielmehi-* durch ein Wachsthum der vorhandenen zuzunehmen (Harting). Wahrscheinlich kann jedoch im spätem Leben eine Neubildung derselben vor sich gehen.

Der Fettgehalt des Zellenraums , der sich bekanntlich während des Lebens beträchtlich ändert, wechselt a) mit der Nahrung. Ein Futter, welches die Thiere mästen soll, muss enthalten: Eiweiss- körper, Amylon und Fette; fehlt einer dieser Bestandtheile und namentlich der letztere, so lagert sich kein Fett ab (Bous- singault); zudem müssen aber auch die aufgezählten Nahrungs- mittel in einem gewissen Verhältniss gereicht werden, wenn die Mästung überhaupt oder wenigstens auf die vortheilhafteste Weise gelingen soll. So bedingt ein überreichlicher Fettzusatz zur Nah-t rung eine Abmagerung aller Fettzellen, der des Netzes ausge- nommen (Emanuel). Aehnliches gilt für Amylacea. Wenn die eiw eissartigen Stoffe Ys der Amylacea ausmachen, so gelingt die Mast am besten, sinken sie bis auf Ys, so misslingt die Feistung, wiee reichlich man auch das Futter geben mag (Fürstenberg).

») Harting, Kecherches micrometr. UtrechtlS45. 51. Cliossat, Recherchos exp^riment. sorH rinanition. Paris 1843. Schuchardt, Quaedam de effectu, quem privatio etc. Marburg 1847. unflH Valentin 's Jaliresbericlit für 1848. Emanuel, Quaedam de effectu , quem olea etc. Mar-H bürg 1847. und Valentin's Jahresbericht für 1848. Liebig in seinen Annaleu. 41. Bd. 278.H 46. Bd. 112. 48. Bd. 126. Dumas, Annales de chimie et physique. ,VIII. Bd. ß3. und XI. B*-— H Letollier, Observation sur i'aetlon du euere, ibid.— Person, L'institut. 1844. N. 673.— Bons'H singttult, Roohorches expdrlmeatales sur le ddveloppement de graisse. Annales de chimie etH de physique. XIV. Hoppe, Archiv für pathol. Anatomie. X. Bd. 144. H

Füllung der Fettzellen.

287

Oie Fettmenge, um welche die Thiere zunehmen, übersteigt den Fettge- aalt der Nahrungmittel (Gundlach, Liebig, Boussingault). liei gänzlicher Entziehung der Nahrung schwindet, das Wasser ausgenommen, kein Bestandtheil unseres Körpers so rasch, als :ias Fett (Chossat, Schuchardt). b) Unter sonst günstigen Tmständen häuft körperliche Ruhe das Fett, während es durch lluskelanstrengung verzehrt wird. c) Das Auftreten neuer oder jie Steigerung bestehender fetthaltender Absonderungen (Eiter, llilch u. s. w.) bedingt ein Schwinden des fettigen Zelleninhalts. , ) Das spätere Lebensalter, insbesondere bei Frauen die Zeit jen- peits der Menstrualperiode, sind der Fettablagerung günstig.

Um den Einfluss irgend einer Bedingung auf die Fetterzeugung zu bestimmen, iählt man nach. Chossat und Boussingault möglichst gleiche Exemplare eines und csselben Wurfs oder derselben Brut heraus, in denen man denselben Fettgehalt voraus- ;)tzen darf. Tödtet man ein Thier vor Beginn und das andere nach Vollendung der f^ersnchsreihe , so stellt der absolute Unterschied des Fettgehaltes beider Thiere, der . enigstens annähernd zu finden ist , die Zu - oder Abnahme des Fettes in dem der Versuchsreihe unterworfenen Thiere dar. Dieser Unterschied stellt nun aber offenbar t.cht die ganze Monge des Fetts dar, welches von Beginn bis zu Ende des Versuchs den Fettzollen niedergelegt wurde; denn der zuletzt gefundene Grad ihrer FüUung blrfte nichts anderes sein, als der Unterschied der während der Versuchszeit in ihnen an- und ausgetretenen Mengen. Auf die Gegenwart eines solchen stetigen Verkehrs «Uten nemlich obige Thatsaclien von selbst hin.

Die Anhäufung des Fetts in den Zellen geht gewissermaassen iiit einer Auswahl des Orts von Statten. Die meiste Anziehung lun Fett haben die Zellen der Augenhöhle, die Wangenlücken, lanniculus adiposus der Fusssohle und der Fingerspitzen und die .arkhöhlen , welche selbst in der äussersten Abzehrung nie fettleer fäfunden werden. Mehrt sich das Fett, so tritt es zuerst im pan- kculus der Hinterbacken, dem Baueh, den Waden, der Brust und •leichzeitig oder noch früher in der Umgebung des Kniegelenks iid in den spongiösen Gelenkenden auf; erst wenn hier die Fül- ing einen gewissen Grad erreicht hat, schwellen auch die Zellen 138 Bauchfells und der Nierengegend.

Nach den Erfahrungen von Lieb ig und Gundlach, welche «oussingault bestätigt hat, kann kein Zweifel darüber sein, lass das Fett des Zelleninhaltes nicht unter allen Umständen seinen rrsprung dem mit der Nahrung eingeführten Fett verdanken kann ; ■18 welchen Atomen es nun aber entspringt, ob aus Amylon oder •weissartige nStoffen, lässt sich nicht angeben. Nochw eniger ent- tjhieden ist die Frage, ob das Fett in die Zellen aus- und eingeführt 'erde, oder ob es in ihnen selbst entstehe und vergehe. Nach-

288 Mechanismus zur Füllung der Fettzellen. ;

dem nemlich einmal die Möglichkeit der Entstehung des Fettes auH andern in Wasser löslichen Atomgruppen des Thierleibes nicht mehr bestritten werden kann, so gewinnt die Annahme, dass dieselbe innerhalb der Fettzellen vor sich gehe, an Wahrscheinlichkeit, na- mentlich wenn man die Schwierigkeiten erwägt, welche sich dem Uebergang des Fettes aus den Nahrungsmitteln in die Fettzellen entgegenstellen; kaum ist es nemlich aus dem Darmrohr auf einem wie es scheint, bequemen Weg in die Lyraphgefässe eingegangen, so wird jedes kleinste Tröpfchen mit einer von Wasser geti-änkten Haut umgeben. Um aus dem Blut in seine neue Lagerstätte zu kommen, muss das Fett die Hülle der Lymphkörperchen, die Wan- dung der Capillargefässe und die Häute der Fettzellen durch- brechen. Dazu kommt noch, dass in der That bei einer reich- lichen Fettnahrung nur die Zellen des Netzes , wohin das Fett un- mittelbar aus den Lymphgefässen gedi'ungen sein könnte, sich mit Fett füllen. Hiergegen lässt sich allerdings einwenden, dass es Stoffe giebt, welche dem Fette auch den Durchgang durch Wasser erleichtern, wohin namentlich die Seifen und die Galle zählen. Ausserdem könnte man für die Hypothese von der ein- fachen Ueberführung auch noch die Thatsache anführen, dass die Steigerung der Butterausscheidung u. dergl. die Fettablagerung in dem Bindegewebe hemme; bei genauerer Ueberlegung zeigt sich aber sogleich, dass diese Beobachtung nur dafür einsteht, dass das Fett der Butter und des Eiters einerseits und des Bindegewebes anderseits ihr Bildungsmaterial aus einer Quelle ziehen. Zur Entscheidung können auch nicht die Versuche von R. Wagner*), , Burda eh und Witt ich**) dienen, aus denen hervorgeht, dass ^ eine Gry stalllinse, Muskelstücke, HoUundermark u. dergl, welche in die Unterleibshöhle geschoben werden, nach einiger Zeit sich, in Fette umgewandelt oder damit durchtränkt haben. Denn selbst das Fett, welches in das HoUundermark abgesetzt war, kann aus Stoffen abstammen, welche in wässerigen Lösungen in dasselbe^ eingedi'ungen und dort erst verändert sind. Siehe hierüber noch Michaelis***).

Das Schwinden des Fettes in den Zellen lässt sich ebenfalls nach Analogie bekannter Fettzersetzungen wohl erklären, aber es' fehlt uns ein Beweis für das Bestehen eines solchen Prozesses in

•) Mlttheilungon einer einfachen Methode etc. Göttinger gelehrte Anzeigen 1851. •») W. Burdach, experimenta quaedam de commutatione etc. Königsberg 1863. «*•) Präger Vierteljahrschilft. 1853. m. Bd.

Chemischo 2itsaniinelisetzung der Nervcnrülireu.

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1er Fettzelle. Man könnte nemlicb veraussetzen, dass in dieser etztern nach Art der oxydirenden Fettgährung die neutralen Fette irst in Glycerin und fette Säuren und diese dann wieder durch •Jhuählige Abspaltung in C2H2 und C0>, HO und eine fette Säure iiiederer Ordnung zerfelen. Um dieser Hypothese Eingang zu ver- ebaffen, fehlt selbst der Nachweis von Capron-, Capryl-, Baldrian-, ijuttersäure u. s. w. in dem Fettgewebe. Nervenröhren.

1. Die anatomischen Eigenschaften derselben sind schon früher r8d. I. p. 85) auseinandergesetzt.

2. Chemische Zusammensetzung*). Die mikrochemische Unter- iichung, deren Ergebnisse ebenfalls schon früher erwähnt sind, lisst die Scheide des Rohrs aus elastischem Gewebe und den In- iialt desselben aus einem Gemenge von Fetten, Eiweissstoffen, »alzen und Wasser bestehen, v. Bibra hat die Fette und Salze ;er Nerven und ebenso einige quantitative Verhältnisse derselben m Grossen untersucht; die Fette bestehen nach ihm aus Olein 3Qd Margarin, Cerebrinsäure , Cholestearin und einigen andern «cht näher bestimmbaren festen und flüssigen Fettarten; die Asche iithielt Eisen, Kochsalz und Verbindungen der Phosphorsäure mit sali, Natron, Kalk- und .Talkerde.

Die quantitative Schärfe wird beeinträchtigt durch den Mangel an Reinheit des (twebes, welches nur mit Bindegewebe und u. s. w. vermischt, der Zerlegung zu- nngig ist. Quantitativ sind bestimmt worden die in Aether löslichen und unlös- Ihen Bestandtheile , das Wasser und die Aschen am nerv, opticus , brachialis , cru- iis, ein oberer und unterer Abschnitt des ischiadicus bei Menschen von 3 bis 93 Jahren, ^nnlichen und weiblichen Geschlechts. Diese Beobachtungen lassen erkennen , dass 13 analytische Object von sehr variabler Natur ist und in keiner Abhängigkeit zum Wer des Menschen und der Localität des Nerven steht. So schwankt z. B. der Aether- Bzug in 100 Theilen des n. cruralis zwischen 13 und 38 pCt. , im n. brach, zwischen lund 30 pCt. , im obem Stück des n. ischiadicus zwischen 18 und 26 pCt. und im itern zwischen 11 und 24 pCt. An Wasser enthielt ein Hingerichteter im n. ischia- i;us oberer Hälfte rechter Seite 72,4 pCt., linker Seite 68,2 pCt., unterer Hüfte rechter lite 69,7 pCt., linker Seite 68,6 pCt. In einer andern auf gleiche Weise dargestellten «che gab der n. crualis linker Seite 63,6 pCt. , rechterseits 64,0 pCt. Wasser (Birk- rr). Aehnliehe Unterschiede zeigt der Gehalt der in Aether unlöslichen Bestand- iiile. Dabei kommt auch kein bestimmtes Verhältniss zwischen dem Wassergehalt Ii dem Aetherauszug heraus; die Nerven mit der geringsten Menge Aetherexti-act er- äaen sich allerdings am wasserreichsten, aber sehr häufig ist der Wassergehalt fiier Nerven annähernd einander gleich, während ihr Gehalt an Aetherextract weit i einander abweicht. Die prozentische Aschenmenge steigt dagogegen mit der-

Bibra, Llcblgs

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Ernäliruiig der Nen'enröhren.

I

jenigen der in Aether unlöslichen Stoffe. Sie wechselt zwischen 1,2 bis 0,6 des feuchten Nerven. Die Zusamniensetzung der Fette ist ebenfalls qualitativ und quantitatiN wechselvoll; gewöhnlich überwiegt Margarin und Olein, das bis zu 94,9 pCt. d. trockenen ätherischen Auszugs sich erhebt. Die Asche besteht wesentlich aus pho phorsauren Salzen, unter denen bald die phosphorsauren Alkalien und bald die Erdti überwiegen. In 100 Theilen Asche hält sich das Chlornatrium zwischen 18 und 27 pCt und das Eisen zwischen 1 und 2 pCt. Der n. cruralis und ischiadicus einer eii seitig gelähmten 78jährigen Frau waren beiderseits selir fettreich, der n. brachiali- welcher nur auf der gelähmten Seite untersucht wurde, dagegen keineswegs.

3. Ernährung. Die entstehenden Nervenröhren sollen aus ver- 1 längerten und mit einander verwachsenen Bildungszellen hervorgehen.^ Eine vollkommene Neubildung ist auch im erwachsenen Menschen^ möglich fVirchow)*), obwohl sie selten vorzukommen scheint. fc Der Wiederersatz eines ausgeschnittenen Stücks Nervenrohr mit| der Wiederherstellung eines Kanals ist dagegen sehr häufig be-? obachtet und tritt, obwohl sehr langsam, im gesunden Individuun jedesmal ein, vorausgesetzt, dass die beiden zugehörigen Enden det durchschnittenen Nerven dm-ch einen Zwischenraum von nicht mehi als höchstens 3 12 Linien getrennt und mit ihren Schnittflächen einander zugekehrt sind. Diese Thatsachen in Verbindung mil den Ergebnissen, welche die mikroskopischen Beobachtungen von Kölliker und Valentin**) lieferten, lassen darauf schHesseni dass die beiden Enden wieder mit einander verwachsen. Im Gegen satz hierzu behauptet Walther***), dass das peripherische voi seiner Verbindung mit Hirn oder Rückenmark getrennte Stück gana| absterbe und sich an der Stelle desselben ganz neue NeiTenröhrei entwickelten, die mit denen im centralen Stumpf enthaltenen siclj verbinden. Hierzu würden die Erfahrungen in der Rhinoplast stimmen, welche zeigen, das ein aus der Stirnhaut auf die Nas^ gesetzter Lappen nach Jahren wieder als ein Theil der Nase er pfunden, also von den Nervenstämmchen der letzteren aa versorgt wird (Dieffenbach)f). Die Zahl der Röhren, welch von gleichnamigen Nervenstämmen eines Kindes und eines Ei wachsenen eingeschlossen werden, ist annähernd gleich, der mittler Querschnitt der kindlichen Nervenröhren ist dagegen viel geringei als im spätem Lebensalter (Harting). Daraus darf wohl gefo gert werden, dass sich beim Wachsthum des Körpers nicht die Zal len, sondern nur die Dimensionen der Nervenröhren vergrössen

•) Würzburger Verhandlungen II. Bd. 141. ••) Lehrbuch der Physiologie. 2. Aufl. p. 716. »»•) Kölliker, Handbuch der Gewebelehre. 2. Aud. 386.

t) Romberg, Lehrbuch der Nervenkrankheiten. I. 1. Aufl. 213.

Hirn und Rückenmark.

291

Im ausgewachsenen Nerven setzt man einen lebhaften Stoff- rvechsel voraus; dieses gründet man in Ermangelung chemischer Ideweise darauf, dass ein Nerv seine Fähigkeit, lebendige Kräfte BU entwickeln, rasch einbüsst, wenn ihm die Blutzufuhr abgeschnitten rvii'd, und sie ebenso rasch nach dem Zutritt von Blut wieder ge- rvinnt. Die einzigen sicheren Erfahrungen über die inneren Um- eetzungen des Nerven , hat die mikroskopische Anschauung geliefert. •Sie lehrt, dass ein Nerv der längere Zeit den Zustand der Erre- i;ung entbehrt hat, blass und zusammengefallen ist nnd zuweilen ^.it kleinen kernhaltigen in Aether unlöslichen Zellen (Marfels)*) der kleinen Fetttröpfchen gefüllt ist (L. Fick, Kölliker, Vir- 1 how). Diese Veränderung kann aber, so lange als die Verbin- lung des Nei"ven mit dem Hirn nnd Rückenmark noch besteht, nieder aufgehoben werden; denn ohne diese Annahme würde es r.nerklärlich sein , dass die atrophischen Muskeln und Nerven eines jlumpfusses wieder in normale Funktion treten, nachdem durch eine fassende orthopädische Behandlung die Beweglichkeit des Gliedes fergestellt ist. lieber Nervenhypertrophie berichtet H. Müller**). »ie mikroskopische Untersuchung thut ausserdem dar, dass ein (on den nervösen Centren getrennter Nei*v rasch seine Struktur iinbüsst, indem namentlich das Mark gerinnt und die doppelten tlontouren verloren gehen. Diese Beobachtungen zeigen, dass der Verv, um seine chemische Zusammensetzung zu behaupten, eben- [owohl der Beihilfe des Blutes , als auch der Einwirkungen bedarf, 'reiche vom Hirn- und Rückenmark aus auf sie zu geschehen flflegen. Ob diese in noch etwas anderm, als in der von dort aus- eehenden Erregung bestehen, ist nicht bekannt.

Von den Eraährungsverhältnissen der übrigen nervösen Ele- r.entarfonnen , z. B. der Ganglienkugel, der Stäbchenschicht u. s.w.,

eiss die Physiologie noch nichts dem betreffenden Inhalt der istologischen Lehrbücher zuzusetzen.

Hirn und Rückenmark.

1. Chemische Zusammensetzung***). Der wässerige Auszug «8 Hims enthält mehrere Eiweisstoffe, Kreatin, Mensch (W. Mtil- jr), Hund, Taube (StaedSler), nicht aber das Rind (W. Mül- jr), viel Milchsäure (Bibra, W. Müller) und geringe Menge

^ •) Archiv (Hr patholog. Anatomie. XI. Bd. 200.

*•) 0 r a e f e ' s Archiv fUr Ophthahnologlo.

•"•) Fremy, Annales de chlm. et phyg. 8 slime s^r. 2. Bd. 463. Berzolius, Lohrb. d. ••«nie. IX. Bd. v. B 1 b r a . Vergleichende Untersuchungen Uber das Gehirn des Menschen, 'innh. 1854. Derselbe In Llebig'g Anuulcn. 'Jl. Bd. Hauff u. Walther, Archiv fUr

19«

292

Chornische Zuaammensetzimg von Hirn und Ilückcnmark.

flüchtiger Fettsäuren von der allgemeinen Formel Can H2n O4 (W. Mül 1er), phosphorsaure neben Spuren von scliwefel- und Salzsäuren Alkalien (Bibra). Im Hirn einer Choleraleiche fand Voit Harn- stoff. Im Aetherauszug hat man gefunden: einen indifferentent Körper, das Cerebrin = C34H33NOß (W. Müller), das also den ältc sten Angaben entgegen weder" Ph. enthält, noch eine Säure ist, Gly cerinphosphorsäure (?), viel Cholestearin , Olein, Margarin (?) und ein Gemenge anderer nicht näher untersuchter, fettartiger Stoffe. Der nach Behandlung mit Wasser und Aether verbleibende Rück stand enthält unlösliche Eiweisskörper , die Bestandtheile der Ge fasse und des Bindegewebes Eisen, Kieselsäure, phosphorsauren Kalk und Talk. Das Verhältniss, in welchem diese Stoffe in den verschiedenen Hirntheileu vorkommen, ist nicht gleich. John und Lassaigne hatten schon gefunden , dass die weisse, nur au> Nervenröhren zusammengesetzte Substanz viel reicher an in Aether löslichen Stoffen und dagegen viel ärmnr an Wasser sei, als die graue. Diese Beobachtung ist durch eine ausgedehnte Versuchs reihe von Hauff, Walther und v. Bibra bestätigt worden welche in der weissen Substanz 69,9 bis 70,6 pCt., in der grauei: dagegen nur 84,8 bis 86,4 pCt. Wasser fanden, während die er stere 14,9 bis 17,0 pCt., die letztere dagegen 4,8 bis 5,1 pCt. Aether exti-act enthielt. Schlossberge r fügt hierzu die Erfahrung, dass diese Unterschiede zwischen weisser und grauer Substanz in deu) Hirn von Neugeborenen noch nicht bestehen , indem beide zwischen 88,5- und 89,8 pCt. Wasser und ;-i,5 bis S,S ätherisches Extraci enthalten. Die KUckstände der ätherischen Auszüge aus beiden Substanzen unterscheiden sich dadurch, dass in der weissen dat- Cerebrin , in der grauen dagegen die Fettarten überwiegen. Chole Stearin scheint in beiden ungefähr gleich viel zu sein (v. Bibra). Die Asche der beiden Hirnmassen ist weder eine gleich reichliche noch eine gleich zusammengesetzte. Die weisse Substanz liefert um 95 pCt. weniger Asche, diese ist stark sauer, während die der grauen alkalisch reagirt (Lassaigne, Schlossberger). Der Grund tlir die saure Beschaffenheit der Asche des Markstoffes ist gelegen in dem starken Gehalt des letzteren an phosphor- (?) und phosphorsäurehaltigen Fetten.

physlolog. Helkunde. 1853. 100. Schlossberger, Llebigs Annalin. 8G. Bd. 119 und ibid. 90. Bd. 381. Breed, ibid. 80. Bd. 124. W. Müller, ibid. 103. p. 131 und 106. Bd. 361.- Staedeler, Chem. Centralblott. 1868. 112. Schlossberger, allgemeine Thierchemie. I. Bd. Nervengewebe.

Capillaren im Hirn und Kückenraark.

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Beliebige Stücke der Hirnsubstanz, die man ohne Sonderung ^er weissen und grauen Masse ausgeschnitten hatte, sind demnach begreiflich nicht überall gleich zusammengesetzt. Vauquelin k-eobachtete , dass medulla spinalis und oblongataram meisten Aether- \xtract liefern, und Bibra; der dieses bestätigt, setzt hinzu, dass ^•on den aus weisser und grauer Masse gemischten Hirntheilen mit Abnehmendem Gehalt an jenem Extract der Reihe nach folgen: die ikosshirnhemisphären , cerebellum und pons, crura cerebri, corpora iiriata und thalami optici. Diese Reihe ist nach Schlossberger leeine constante. Der ätherische Exti-actgehalt ist bei Embryonen und jungen Kindeni geringer, späterhin, namentlich jenseits der nubertät ist er unabhängig vom Alter; vielleicht dass im Greisen- nmm der Gehalt an in Aether löslichen Stoffen ab-, und der an Yasser wieder zunimmt; dieselbe Unabhängigkeit gilt von dem e'etti-eichthum des übrigen Körpers, indem magere und fette Per- onen ganz dieselbe Menge von Aetherextract bieten (v. Bibra). 'm einen Begriff von der Zusammensetzung der mineraHschen limbestandtheile zu geben, fügen wir eine Analyse derselben von ireed bei. 100 Theile frischen Hiras hinterliessen 0,027 Asche, reiche in 100 Theilen aus 55,24 pyrophosphorsaurem Kali; 22,93 jyroph. Natron; 1,23 pyro.ph. Eisen; 1,62 pyroph. Kalk; 3,4 pyroph. iagnesia; 4,74 Chlornatrium ; 1,64 schwefelsaurem Kali ; 9,15 Phos- üorsäure und 0,42 Kieselsäure bestanden. Analysen der ent ttteten Hii'nmasse theilt v. Bibra*) mit.

Der Reichthum der Nervencentren an Capillargefässen ist mit ejr Elementarstruktur des versorgten Orts veränderlich; die weisse rasse enthielt weite nach der Länge des Faserverlaufs gestreckte laschen, die Körnerschicht, die dichtesten und engsten Netze, t'.e Zellenschicht steht an Gefässreichthum in der Mitte zwischen örner- und Zellenschicht; die äusserste Oberfläche des Kleinge- rjns ist frei von Capillargefässen (0 e g g , G e r 1 a c h) **). Die grosse eenge von Gefässen in der grauen Substanz emeckt die Ver- r.uthung, dass dort eine lebhafte chemische Thätigkeit stattfinden 'öge; diese Anschauung wird unterstützt durch die bekannte Er- hhrung, dass das Hirn rasch abstirbt, wenn der Strom des ar- rriellen Blutes zum Hirn oder Rückenmark nur kurze Zeit unter- i.'ochen ist. Gegen die obige Annahme spricht scheinbar die mehr- r.ch bestätigte Erfahrung Chossat's; dass das Hirn verhungerter

•) Yergl. UntorauchnngOD u. s. w. p. 75. ' •*) Oer lach, Mikroskop. Studion, Erlangen 1868. p. J8.

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Ernährung des Hirns und Kückenmarks.

Thiere im Gegensatz zu Fett, Muskeln u. s. w. einen nur unbe- deutenden Gewichtsverlust erlitten hat; eine kurze Ueberlegung fuhrt uns aber sogleich noch eine andere Erklärung dieser Er- scheinung zu; denn es steht uns nichts entgegen, anzunehmen, es sei das Hirn mit so energischer Verwandtschaft zu den Blut- bestandth eilen begabt, dass es auch noch aus dem Blut des hun- gernden Thiers, gleichsam auf Kosten der übrigen Organe, den Verlust ersetze, welchen es während seines Bestehens fortdauernd erleidet. Wie das Hirn nach der Geburt sein Wachsthum fortsetzt, ist unbekannt. Ob alle Elemente vor derselben schon angelegt sind, oder ob nach der Geburt noch neue entstehen, bleibt unermittelt. Für die letztere Annahme könnte man geltend machen, dass sich in seltenen Fällen graue Hirnmasse an solchen Stellen und unter solchen Umständen gefunden hat, die aut eine patho- logische Neubildung schliessen lassen (Virchow)*). Da die chemische Zusammensetzung des Hirns nicht überall dieselbe ist. so wird es daraus wenigstens ganz im Groben erklärlich, warum Gifte, insbesondere Kohlensäure und Narkotika nicht alle Orte desselben gleichmässig angreifen, so dass z. B. Digitalin die Ur* Sprünge des n. vagus, Opium die mit dem Bewusstsein in Ver- bindung stehenden Stellen, Strychnin die reflector. Apparate ab* tödtet, resp. aufregt. Dabei könnten allerdings noch ändert Bedingungen als die ehem. Zusammensetzung in Frage kommen, wie dieses zu vermuthen ist aus einer merkwürdigen Versuchsreihe von Kunde**): über den Einfluss der Temperatur auf die Entwicklung des Strychnintetanus. *

Er bringt frisch eingefangne Frösche in Strychninlösung und lägst sie hier 86 lange verweilen bis die allerersten Spuren erhöhter Eeflexthätigkeit eintreten. Setsrt er sie dann in warmes Wasser (SS^C), so stellt sich Tetanus ein. Hierauf entfernt er sie aus dem warmen Wasser und hält sie in feuchtem Eaume bei gewöhnlicher Zimmerr temperatur, wo sie sich vollkommen erholen und nach 24 Stunden ohne Zeichen der Vergiftung herumhüpfen. Sie gerathen dagegen alsbald in Tetanus, wenn man sie reji dem Bücken auf ein Eisstück legt.

Muskeln.

Der anatomische und chemische Bau der glatten und gestreiften Muskelröhre ist schon abgehandelt***). Zu den dort gegebenen Mit^ theilungen über chemische Zusammensetzung hat Kühnef) die

•) Gesammelte Abhandlnngen. 1856. Nr. 998. •*) Würzburger Verhandlungen. VIII. 1857. *»•) I. Bd. p. 421. f) Posnor, Mediz. Contralzeitung. 1858.

Formfolge der Muskeln.

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Jßeobachtung gefügt, dass aus einem in Zuckerwasser aufbewahrten Troschmuskel der lange gesuchte, flüssige und erst später gerin- laende Faserstoff ausgepresst werden kann; Bloxam*) hat aus der Ocbsenfleischbrühe eine neue stickstoffhaltige Säure und eine Kieue Base =Ci3HiiN3 05 aufgefunden. Das Vorkommen der Butter- jiäure hat er bestätigt. Scher er**) erklärt sein Hypoxanthin dir identisch mit Streckers Sarcin. Bei der Quellung nimmt der eebende, noch unter dem Nerveneinfluss stehende, aber seines Blut- Btroms beraubte Muskel 20 pCt. Wasser weniger auf als der todte ■Arnold)***).

Der letztere Versuch, gestaltet sich so, dass mau die Gefässe des Froschgastrocnemius ajiterbindet und das Thier nach aufgeschlitzter Wadenhaut in Wasser setzt. Nach- dem voraussichtlich die Gewichtszunahme des Wadenmuskels aufgehört hat (nach 24 Stun- den) schneidet man denselben aus, wägt und legt ihn von Neuem in Wasser. lieber an- dere Eigenthiimlichkeiten der Muskelquellung siehe a. a. 0.

1. Ernährun gsersch einungen t). An der ersten Formung der Mus- iielröhre betheiligt sich nach übereinstimmenden Aussagen die Bil- liungszelle; das "Wie ist dagegen streitig. Nach der einfachsten Si^imahme verlängert sich nach einer Richtung hin die Zelle, ihr Kem theilt sich mehrmals und der Hohlraum füllt sich von der 'f*eripherie nach dem Centrum mit dem Inhalt. Eine andere An- schauung lässt die Muskelröhre aus verlängerten und mit ihrer iiichmalen Seite verwachsenen Zellen hervorgehen. Eine dritte An- nahme lässt den Inhalt der Muskelröhre und zwar jede sog. Fi- »rille aus einer Zelle heiTorgehen, mehrere solcher vereinigen sich üur Bildung eines Bündels, das dann mit einer Haut umlagert ^vird. In der Fötalperiode entsteht ein Muskelrohr nur dann, wenn die ihm zugehörigen Nerven vorhanden sind (E. H. und Ed.

•) Kopp's Jahresbericht für 1857. p. 658. ••) Scherer, Jahresbericht für 1857. p. 173. •••) Die physiolog. Anst. d. Univ. Heidelberg. 1858. 104. t) Ans einer während des Druckes dieses Bogens erschienenen wichtigen Abhandlung Uber Bau nnd Entwicklung der Muskeln von Marge (Wiener Sitzungsberichte XXV. Bd.) hebe ich Folgendes lus. Das Sarcoleinma ist keine Zelleiunerabran imd auch nicht durch Verschmelzung von Zellen- snembranen entstanden; es bildet sich aus dem homogenen, fibrilliiren Bindestofif in Gestalt eines ^dastischenBegrenznngshäutchens. Die contraktile Substanz ist das Product eigenthlimlicher Zollen, "reiche sich durch Theilnng der Kerne und Endogenese vermehren. Ihr Inhalt wandelt sich inFleisch- •tofTum; dieses geschieht so, dass sich im homogenen Inhalt der Zelle anfangs sehr kleine, stark ichtbrechonde Körperchen hervorheben, die sich allmälilig in Querroihen längs der Zellenwaud ab- lagern; dieses Letztere wiederholt sich so oft, bis derlnhnlt vollkommen mit Floischmnsse erfüllt ist. n diesem Zustand stellen die öarcoplustcn mehr oder weniger abgestutzte und gebogene Cyiinder- iplndeln dar mit deutlicher Querstreifung; sie enthalten oft 1 2 hello Bläschen; Zcllenhaut ist so 'ollständig mit dem Inhalt verwachsen , dass sie nicht gesondert nachgewiesen worden kann. Die äarcoplasten können Fortsätze treiben in einfachen Reihen (mit der schmalen) oder in mehrfaciien [mit der schmalen und langen Wand) mit einander verwachsenen. Die ursprlingliclio Längen- and Dickenzunuhme der Mnskeirolire geschieht durch Anfügung von Sarooplastcn.

296

Ernährung der Muskeln.

i

Weber) *). Im erwachsenen Menschen gehört ihre Neubildung ebenso wie die Verheilung eines durchschnittenen Ilohres mit Muskelsubstanz zu den höchsten Seltenheiten; sie ist nur wenigemal von Roki-j tansky, Virchow und Bill roth**) beobachtet worden; ob sich mit ihr gleichzeitig Nerven entwickelten? Bei dem Wachs- thum der menschlichen Muskeln nimmt nicht die Zahl, sondern der Umfang der in ihnen enthaltenen Röhren zu (Harting, Hepp)***). Damit in Uebereinstimmung fand Lieb ig, dass verdünnte Salz- säure, welche die Röhrenwände und Scheiden zurlicklässt, das Röhren- mark aber löst, aus den Muskeln alter Thiere einen grössern proportio- nalen Antheil auflöst, als aus denen junger. Bei den Wirbelthiereu gestaltet sich die Sache anders, indem beim Auswachsen des jungen Thiers sich auch die Zahl der Röhren mehrt (Budge, Margo)t).

Im Gastrocncmius eines Thiercs, dessen ßumpflängo = 13,0 M. M. gefunden ■ffurde, betrug die Zahl der Köhren 1053 und in einem andern dagegen, dessen Eumpflängt 80,0 M. M. betrug, war die Kölu-enzahl = 5710. Auch bei Abmagern der Prösche soll die Köhrenzahl sich mindern und bei der Fütterung sich wieder mehren; dabei ändert sich aber auch gleichzeitig der Rölirenumpfang (Budge).

Die glatte Muskelz eile entsteht durch Auswachsen der Bil- dungszelle; im spätem Leben bildet sie sich sehr leicht nach ihre^ Zerstörung wieder, ohne dass die gleichzeitige Entwickelung voe Nerven beobachtet wird.

Der Inhalt des lebenden Muskelrohrs kommt niemals zu einem chemischen Gleichgewicht, wie aus den früheren Mittheilungen hierüber hervorgeht. Ueber die Geschwindigkeit des Stoffwechsels fehlen Angaben ; etwas weniges ist uns nur bekannt über das Ver- hältniss der zu- und abgehenden Strömung. Die Zufuhr überwiegt den Abfluss, Avenn bei hinreichender und insbesondere bei fleisch- haltiger Nahrung die Muskeln häufig und angestrengt in Verkür- zung gerathen. In diesem Falle nehmen nemlich die Muskeln an Umfang zu. Umgekehrt verhalten sich die Dinge bei Entziehung der Nahi'ung; namentlich verdünnen sich die Muskelröhren auch, wenn die Thiere nur mit Eiweiss gefüttert werden, so dass sie aus Mangel an Fett oder Amylon verhungeni. Doch ist die Ab- nahme derselben dann geringer, als wenn sie umgekehrt durch Entziehung des Ei weisses verhungern (Schuchardt) ff). Die Mus- i

•) Leipziger Berichte. 1849. p. 130. " ••) Hilter, Handbuch der Gewebelehre. 3. Aull. p. 200.

»»•) Harting, i. c. Hepp, Honle's und Pfcufer'n Zeitschrift. N. F. IV. 257. I) Compt. rond. 47. Bd. 587. |j) Quaedam de effectu quem prlvatio etc. Marburg 1847.

Blutgefdsswände.

297

;eln nehmen auch an Gewicht ab, wenn sie bei noch so guter rlrnähnmg lange Zeit in dem verlängerten Zustand verharren, hierbei tst es gleichgiltig, ob dasselbe bedingt war durch Abwesenheit der [ervenerregung, Zerstörung eines Gelenkes u. s. w. Die Um- etzung der Stoffe im Rohr wird damit auch qualitativ geändert, da iiie verkümmerten Muskeln sehr reich an Fett werden, was jedoch '.f. Weber bestreitet und Böttcher wenigstens nicht bestätigt.

Die Lückensysteme, welche im Innern des Muskelrohres peobachtet sind, müssen für die Leichtigkeit der Zufuhr vom Muskel nm Blut jedenfalls bedeutungsvoll sein, gleichgiltig, ob die Lücken, .'ie Böttcher*) will, Ausläufer sogen. Bindegewebskörper sind dder nicht. Für den Zusammenhang zwischen Muskelernäh- nng und Muskelzusammenziehung sind die Angaben von Gun- iing**) belangreich; Nach ihm zieht sich in Folge einer gleich- zeitigen Nervenerregung mit dem Muskel auch die Wand der Blut- tefässe in demselben zusammen, so dass der verkürzte Muskel Ii eniger Blut erhält. Nach beendigter Zusammenziehung des Muskels vschlafft auch gleichzeitig die Gefässwand, so dass nun die Berührung wischen Blut und Muskel eine ausgedehntere und zugleich der Blut- rrom ein rascherer wird. Hiermit stimmt es, dass Gl. Bernard ***) las Blut, welches aus dem zusammengezogenen Muskel kommt, unkler findet, als das aus dem ruhenden zurückkehrende.

Die Muskeln sind öfter auch im Ganzen analysirt worden f); bei einem Mangel genügenden Hilfsmitteln, um Bindegewebe, Gefässe, Pett, Muskelröhren , Blut und 1 iskelsäfte zu scheiden , sind diese Beobachtungen natürlich unvollkommen ; für die niysiologie der Muskelemährung sind sie auch noch nicht yon Bedeutung geworden; f^egen nehmen sie ihren wahren Platz ein in den Verzeichnissen der Nahrungs- t-ttel. Das einzige , was vielleicht schon hier bemerkt werden musste , ist die 'obachtung von Schottin, nach welcher das Blutserum eines Thiers 10 pCt. Wasser tihr enthält, als die Muskeln, welche möglichst von Fett und Bindegewebe befreit ' d. Damit kommt nun allerdings die Erfahrung von Schlossberger und Bibra ::ht tiberein, wonach die Muskeln junger Thiere um 2 pCt. wasserhaltiger sind, als ! der altern. Foetale Muskeln sind sehr viel wasserreicher (Schlossberger).

Blutgefässwandungen.

Die anatomischen Eigenschaften der ausgebildeten Gefässwan- iingen sind auf Seite 105 u. f. dieses Bandes beschrieben.

2. Die chemische Zusammensetzung ff) der Gefässhaut wechselt tit ihrer anatomischen Struktur; je nach dieser bietet sie bald die

•)Vircho-w'g Archiv. XIII. Bd. "••) Archiv für holländ. Beiträge. I. 334. "•*) Lc^on» snr les propri(5t(Ss de» liquides. 1859. 1. p. 816. ' t) .SchloBsberger, allgem. a. verg. Thlcrcheinie. I. Bd. Muskelgewebe, •tt) Schultze, Liebig's Annalen. 71. Bd. 277.— Lehmann, physiolog. Chcralo. 3. Bd. p. 64.

298

ErnShrung der Blutgofdsswiindo.

I

Eigen thümlichkeiten des elastischen oder eines Gemenges aus elastischem, Muskel- und Bindegewebe dar. Die Flüssigkeit, welchf die grossen Ai-terien durchti-änkt , reagirt alkalisch und enthäh | ausser den Bestandtheilen der Fleischflüssigkeit einen eiweiss- | artigen Körper, welcher seiner Reaktionen wegen für Casein an- gesprochen wird (Schulze, Lehmann).

3. Ernährungserscheinungen. Die ersten Anlagen der Gefässe*) bestehen nachKölliker und Eemak aus trüben Strängen, welche sich aus Zellen zusammensetzen, von denen jedesmal mindestens drei auf dem Querschnitt eines Stranges liegen. Die auf der Aussen fläche des Stranges gelegenen Zellen verwachsen, die gegen das Centrum liegenden werden aufgelöst. Die primitive Röhrenwand ist also immer nur aus Zellen zusammengesetzt; ihren spätem Platten, Fasern, Zellen sollen zeUige Auflagerungen auf die äussere Fläche der primitiven Wand vorausgehen. Beim Auftreten aller spätem Gefässe im Fötus und Gehörnen und namentlich auch de^ jenigen, welche sich bei der Vernarbung von Wunden u. dgL bilden, zeigt sich dagegen eine ganz andere Formfolge. Die fe^ tigen Gefässröhren werden nach Remak und J. Meyer da, wo eine Neubildung im Werke . ist , verbunden durch sehr- feine und solide Faden, welche von einem stumpfen Ende eines bestehenden Gefässes ihren Anfang nehmen; der Faden wird breiter und za^ gleich erweicht sich sein Inhalt, so dass eine Höhle in ihm ent- steht, welche sich in die anfänglich noch viel weiteren Gefässröhren öffnet, und dann sich bis dahin ausweitet, dass ihr Binnenraui^ Blutkörperchen aufnehmen kann. Schwann und nach ibm Kölliker u. A. beschreiben im Gegensatz zu diesen Erfahrungen an den Orten, wo neue Gefässe auftreten, sternförmig verästelte Zellen ; die benachbarten Aeste der Zellen en-eichen sich zum Thefl und verschmelzen vollkommen, so dass die Höhlungen derselben sich einander öffnen ; andere Ausläufer treffen dagegen auf die Wal- dungen schon fertiger Capillargefässe, mit denen sie verwachsen; an diesen Verwachsungsstellen verschwindet endlich auch die Scheidewand zwischen Zellen und Gefässhöhlen , so dass nun die Blutflüssigkeit aus der letztern in die erstere eindringt und den Binnenraum derselben erweitern kann. Ausser diesen Bildungen, die er sämmtlich gelten lässt, beschreibt Billroth noch zwei andere;

•) Kölliker, mikroskopische Anatomie. U. 2. Abtheilg. Remak, Untersuchungen ilb^ Entwickeluiig der Wirbelthicre. Berlin 1851. 13. Jos. Meyer, Annaion der Berliner CharltSj IV. Bd. p. 41. Billroth, Untersuohunifen über Entwlckelung der BlutgeflUse. Berlin 1866. m

Milz.

299

;iiich der eiAen sollen reihenweise aneinander gelagerte Zellen an hrenBertÜiungsstellen verwachsen, die ihre Höhle trennende Scheide- ivaud soll verschwinden und der Inhalt der Zellen sich in Blut um- vaudeln. Nach der andern verwachsen zwei Reihen spindelförmiger 'eilen erst untereinander und dann die eine Reihe mit der andern, edoch so, dass eine, der Längenrichtung der Reihe parallele Höh- iiüg (also ein Zwischenzellenraum) übrig bleibt. Die fertigen kapillaren wandeln sich nun unter gewissen Bedingungen in Ge- Kisse höherer Ordnung um, indem sich ihre Höhle ausweitet «nd ihre "Wand durch Auflagerung von elastischem und musku- [iösem Gewebe verdickt. Dem Anschein nach spielt hierbei der Blutdiiick selbst eine Rolle, in der Art, dass wenn derselbe zu- nimmt , auch die Höhle und "Wandung umfänglicher werden. Diese Meinung gi-tindet sich auf die Erfahrung, dass sich die Aeste eines «tammes erweitem, wenn dieser letztere unterbunden wurde, eine iCrscheinung, welche bei den Chirurgen unter dem Namen derEnt- rnckelung des Collateralkreislaufes bekannt ist.

Die eiweissartigen Bestandtheile der Gefässwand und wahr- (cheinhch diejenigen der Muskelzellen setzen sich während des .iSbens in andere Atome um, wie dieses aus der Untersuchung der iie durchti-änkenden Flüssigkeit hervorgeht. Unter welchen Be- iingungen dieser Stoffwechsel steigt und fällt und wie umfangreich rr überhaupt ist, wissen wir nicht. Man könnte vermuthen, dass er iicht unbedeutend wäre , wenn man die zahlreichen Capillaren, welche lieh in der Wand der grössern Arterien verbreiten, bedenkt. DieAn- rfesenheit dervasavasorum gewährt ausserdem noch Interesse, weil sie feigt, dass die tunica elastica der grösseren Gefässe die Stoffe, welche iiur Muskelernährung nothwendig sind, nicht in genügender Menge Lurchlässt , obwohl das Blut unter einem hohen Druck in ihnen strömt.

Die Neubildung Ton Gefässen in Geborenen ist von Bruch, Eokitansky' 'Tedl*) u. A. abweichend von den gegebenen Mittheilungen dargestellt worden, 'orüber die untenstehende Literatur und die auf sehr genaue Untersuchungen ge- •'.ützten Gegenbemerkungen von J. Meyer und He nie nachzusehen sind.

Die Milz,

1. Anatomische Zusammensetzung**). In den Bau der Milz eehen ein : die Kapsel mit ihren Fortsätzen (die sog. Balken), Blut-

•) Bruch, Diagnose der bösnrtigon GesoliwUlsto. Mainz 1847. Ko It i tan s y , patliolog. iJiatomie. l.Bd. Wien 1846. p 271. Wedl, Zcltsclir. d. Wiener Aerzto. IX. Jalirg. I. Bd. 4i35. ngel, Zcitschr. d. Wiener Aerzte. IV. Jahrg. I. Bd. 1. Hcnle, Jahresbericht für 18B1. p. 41. ••) Eclcer, Wagn er' g Handwörterbuch. IV. Bd. 130.— Köililtor, Handbuch der Go- ' .ebelehre. 3. Aufl. 1859. 454. Derseibe, WUrzburgor Verhandlungen. VII. Bd. Hlasak , ä itroctur« llonla. Dorpat 1852. Gray, on thc stracture and use of the spieen. 1854.

300

Bau der Milz.

und Lymphgefässe, Nerven, die Milzbläschen und das Mark. Kapsel und Balken sind aus den Elementen des Bindegewebes ge- formt. Die Kapsel, welche die übrigen anatomischen Bestandtheile der Milz einschliesst , sendet von ihrer Innern Fläche zahlreiche Fortsätze aus, die sich vielfach verästeln und sich untereinander verbinden, so dass im Hohhaum der Kapsel ein Netzwerk mit weitern und engern Maschen entsteht. Die Blutgefässe stülpen an ihren Eintiittsstellen die Kapselwand in den Hohlraum , oder mit andern Worten, sie überziehen sich mit einer Scheide, welche letztere die grossen Stämme der Venen und Arterien nebst Lymphgefässen und Nerven umkleidet, und schliesslich, indem sie den feinen Arterienzweigen folgt, mit eingeht in das Balkenwerk der Milz. Die Arterien zerfallen nach ihrem Eintritt in den Milzraum sehr rasch und vertheilen sich schliessUch, ohne dass ihre Aeste vorher communiziren in Capillaren. Diese letztern gehen zum Theil in die Kapsel, zum Theil auf und in die Milzbläschen (KöUiker, Gray) und die übrigen endlich unter Verlust ihrer selbsständigen Wandungen in die Räume, welche zwischen der zu Häufchen ge- ballten Pulpa verbleiben (Gray). Die Venen entspringen theils aus den Capillaren der Kapsel, theils sammeln sie sich in reich- lichen Netzen auf der Oberfläche der Milzbläschen und endlich gehen auch feine Aeste aus den Räumen hervor, in welche die Pulpa ein- gelagert ist (Hlasek, Gray). Mit Rücksicht auf die letzteren Ge- fässe wäre es erlaubt, die von den Balken umschlossenen Räume als sehr erweiterte Gefässhöhlen anzusehen, die mit Milzmark gefüllt und mit feinen Ein- und Ausmündungen von Gefässen begabt wären.

Die Wandungen der Blutgefässe sind im Allgemeinen dünn; auf ihrer innem Fläche mit einer Oberhaut aus Spindelzellen be- kleidet und in ihrer Media mit Muskelzellen versehen. Die grössern Lymphgetässstämme folgen den Blutgefässen; über ihre Anfänge steht nur so viel fest, dass ein Theil derselben aus dem Mark und ein anderer von der Milzoberfläche sich sammelt. Die Nerven, zum kleinsten Theil aus doppeltrandigen Röhren, zuiä' grössten aus Remak' sehen Fasern zusammengesetzt, folgen den Arterien, an deren feinsten Zweigen sie noch aufzufinden sind ; Avie und wo sie enden, ist noch aufzudecken. Die Milzbläschen smd kleine kugelartige Kapseln, welche vorzugsweise von L}Tnph- körperchen, freien Kernen und einer geringen Menge von Flüssig- keit ausgefüllt sind, zwischen denen sich ein Capillarnetz aus Blut- gefässen ausbreitet; dieses zieht seinen Ursprung aus einem be-

Chemische Zusammensetzung der Milz.

301

sondern kleinen Arterienästchen , welches die Kapsel des Bläschens durchbohrt. Das Blut sammelt sich dann wieder in dem schon oben erwähnten Venennetz, Die Milzbläschen, welche ihre Lagerungs- stätte in den Scheiden an den Aesten der Arterienpinsel haben, sollen ihren Hohlraum in die Lymphgefässe öffnen. Diese An- lahme, welche aus ihrem, den Lymphdrüsen analogen Bau hervor- :;egangen ist, würde, wie es scheint, bewiesen sein, wenn sich die Beobachtung von Gerlach bestätigte, welcher die in ihre Arterien mjizirte Leimmasse in die Lymphgefässe übergehen sah, wenn die 'Brsteren in Folge des injektionsdruckes gerissen waren. Das Mark, welches mit vorsichtiger Vermeidung der Milzbläschen heraus- t^enommen wurde, enthält ausser Gefässen undBälkchen: die Deck- Mellen der Gefässwand, Lymphköi-perehen , freie Kerne (?) , kleinere mnd grössere farblose Zellen entweder mit einem und mehr Kernen toder auch nur mit Körnchen im Inhalt, in reichlicher Menge sehr meinen Molekularstaub ; ausser den bis dahin aufgezählteii farblosen pormbestandtheilen kommen noch vor: reichlich rothe Blutscheibe, imregelmässig geformte, an umgewandelte Blutkörperchen erinnernde Zellen, bräunliche und rothbräunliche, einzeln oder geballt lie- rende Körnchen von sehi- ungleicher Grösse entweder frei oder m Zellen eingeschlossen, und endlich auch zmveilen bei Menschen Blutkörperchen haltende Zellen. Ob die Hülle, welche^ ein solches Häufchen von Blutkörperchen umgiebt, eine wohlorganisirte Zellen- faut, oder nur ein verbindendes Faserstoffgerinnsel ist, lassen einige i^natomen dahingestellt sein.

In dem Mark einiger sehr junger TMere fand Kölliker noch kleine, gelbliche, een Blutkörperchen sehr ähnlich geformte Zellen, dann fein granulirte Zellen mit 4 bis l'O Kernen und bisquitförmige Zellen mit zwei Kernen.

Die farblosen Gestalten machen meist und namentlich in wohl- venährten Thieren die Hälfte bis bei zwei Dritttheile des Milzgewebes ms (Gray). Wenn, vne es in solchen Fällen meist vorkommt, zu- Ueich das Gesammtgewicht der Milz gewachsen ist, so kann daraus Ihne Weiteres auf eine Vermehrung der farblosen Gebilde geschlossen 'Verden. Im hungeraden Thier nimmt mit dem Milzgewicht zugleich de Verhält nisszahl der farblosen zu den farbigen ab (Gray).

2. Chemische Zusammensetzung*). Die Zusammensetzung des iiilzblutes ist schon S. 33 abgehandelt; dort wurde auch auf den

*) Sclierer, AVUrzbnrger VcrlinndUmgeii. Bd. II. 208. Gray, on tlie slruclure etc. 1864.— Idtmann, die anorganischen BeatanUtlioilc der Lober und Milz. Linnich 1868.— Gorup, Lie- fg's Annalen. 98. Bd. 1. Cioettn, ibid. »9. Bd. Frerichs und Staodeler, Vorhand- *ngen der natur . Gescliscliari in Zlirirb. IV. Bd.

302

Eigenthlimlicho Stoffe der Milz, Milzasche.

Einfluss des Blutstroms auf die Zusammensetzung hingewiesen. Das Milzmark, wie es der Chemiker untersucht, stellt ein Gemenge aus Blutgefässwandungen, Balken, dem Inhalt der Blut-, der Lymph- gefässe und der Milzbläschen und endlich aus Pulpa im anato- mischen Sinne dar. Diesem entsprechend kann es nur von Belang sein, ob in ihm ausser den bekannten Bestandtheilen des Blutes u.s.w. noch andere, der Lymphe, dem Blut u. s. w. gar nicht, oder wenigstens nicht in solcher Menge zukommende Stoffe enthalten sind. In der Thal wurden als solche aufgefunden: Inosit (Cloetta), Milch-, Butter-, Essig-, Ameisen-, Harnsäure, Sarcin (Scherer), Leucin (Fre- richs und Staedeler), ein Homologon des Leucins (Gorup), einige andere noch unbestimmbare stickstoffhaltige Krystalle (Cloetta), Cholestearin , ein eisenreicher eiweissartiger Körper (Scher er), mancherlei Farbstoffe. Die Milzasche fand Oidt- mann in 100 Theilen bestehend aus:

Mann.

Weib.

Neugeborner.

Cl

0,55

1,31

33,03

PhOs

27,11

18,87

9,53

SO3

2,54

1,43

0,50

SiOs

0,07

0,72

0,95

KO

9,19

17,41

j 43,87

NaO

43,30

35,12

CaO

7,50

7,26

3,35

MgO

0,39

1,02

0,20

Fe2 03

7,27

16,20

MgO

0,08

0,04

CuO

0,01

0,40

PbO

0,03

«

Bemerkenswerth ist der geringe Gehalt an Cl und der grosse an Phosphorsäure und Eisenoxyd. Dieses Verhalten geht auch aus einer schon früher angestellten Analyse von Gray hervor, welche insofern abweicht, als sie mehr Kali als Natron findet.

Ueber quantitative Bestimmungen des Wassers, der Extrakte, der Eiweisskörppr, des Aschegehaltes der frischen Milz siehe Gray und zum Theil Oidtmann.

In den Milzbläschen beobachteten Virchow*) und Meckel einen Stoff, welcher nach Zusatz yon Schwefelsäure und Jod hellroth oder blassblau, nach Zusatz von Schwefelsäure und Jod schön blau, ähnlich wie die Stärke, gefärbt wird; er wider-

») Virchow, Archiv f. patholog. Anat. VI. Bd. p. 135. 2G8. 416. Luschka, Ibid. 27: Do Uders, Nederlnnd. Laucet. 1863. p. 278. H.Meckel, Änmilen der Berliner Charit^, p. 2G4.

Blutstroin in der Milz.

303

steht der Fäulniss viel längere Zeit, als die meisten eiweissai-tigen Körper , und ist in tvether unlöslich (Naegeli). Dieser Körper, den man für Cholestearin oder einen

tärkeartigen Stoff ansah, ist von Kokule durch die Elementaranalyse in die Eiweiss-

äihe gewiesen worden.

Die Milzlymphe unterscheidet sich, so weit bekannt, dadurch lon anderer, dass sie häufiger, und zwar ebensowohl während der ("erdauungsperiode (Tiedemann, Gmelin), als auch während ees Hungers (H. Nasse) Blutkörpel-chen enthält.

3. Der Blutstrom in der Milz*). Das Sti-ombett des Milzblutes mdert sich mit der Erregung, welche die Muskelnerven in der llilz trifft; denn unter der Voraussetzung, dass der Blutstrom un- eerändert vor sich geht, zieht sich die Milz nach Reizung ihrer [(erven zusammen und nach Durchschneidung vergrössert sie sich lUaschko wiz). Die Zusammenziehungen geschehen jedoch so lUmählig, dass die Zunahmen der Geschwindigkeit, welche das Blut iiurch die Muskelbewegung als solche erfährt, kaum in Betracht lOmmen können. Ausser der hierdurch gebotenen Veränderung i der Spannung und Geschwindigkeit des Blutstroms wird auch ine solche eintreten je nach der Gestaltung der Widerstände in ien Capillargefässen des Magens , Darms und des Pankreas. Denn fas Blut , welches aus allgemeinen im Kreislauf überhaupt gelegenen rründen in die Arteria coeliaca eindringt, muss durch die Capillaren esr Milz und der so eben genannten Organe abfliessen. Es wird cch also die Spannung und Geschwindigkeit des Blutes und damit j)r Umfang der Milz mehren, wenn die Durchgängigkeit der andern ns der A. coeliaca hervorgegangenen Capillaren verringert ist, üährend sich im umgekehrten Falle die Milz verkleinern wird. iiese Bemerkung verdient deshalb eine Berücksichtigung, weil te Milz in den Verdauungszeiten Veränderungen ihi-es Volums «igt ; bliebe der Erregungszustand der Milznerven, also die Wider- sandsfähigkeit der Milz sich gleich, so müsste sie während der «steigerten Absonderung des Magensaftes und Bauchspeichels zu- iimmenfallen , denn zu dieser Zeit sind die kleinen Arterien, resp. te Capillaren am Magen und Pankreas erweitert; nach dem Ver- lass der genannten Zeit müsste sie dagegen schwellen. Ob und wie weit diese Bedingung den Umfangsveränderungen der Milz i Grunde liegt, ist unbekannt. Die in die Milz wirklich ein- »etende Blutmenge vertheilt sich auf ihre drei verschiedenen Capillar-

•) MUUer's Handbuch der Phygiologio. 4. Auflage. 488. tehlT. XI. Bd. 235. L. F 1 o k , Archiv fUr Phyg. 18B9. .

Jas hkowitz, Vlrchow'g

304

Stoffbowogung in der Milz.

Systeme. Gehen immer dieselben Bruchtheile des Blutes durcl^ jedes der drei Gefässarten? Höchst eigenthUmlich muss dei Strom in den Lücken der Pulpa sein, insofern er hier wirklich ohm besondere Wände verläuft; denn dann werden Blut- und Lympli körperchen des Blutsstroms hängen bleiben und dafür Zellen de^ Markes ausgesplilt werden. Darauf deuten nun allerdings die Ei fahrungen, dass in dem Milzaderblut Formbestandtheile der Pulj);! vorkommen. Je nach der Fonn der Lücken und dem Gehalt de- Blutes an aufgeschwemmten Theilen müssen verschiedene Mengen der letzten hängen bleiben, wodurch ebenfalls eine Schwellung de- ganzen Organs möglich wäre, ebenso wie nach Ausschwemmung der Pulpa in die Arterien und einer davon abhängigen Wegräumung der Stromhindernisse die Milz zusammenfallen müsste.

4. Stoffbewegungen im Milzparenchym.

a) Der Inhalt der Bläschen ist unzweifelhaft in einer chemi- schen Bewegung, veränderlich nach Art und Grösse, begriffen. Be Thieren findet man dieselben nemlich bald prall und bald nur wenig gefüllt. Gray fand sie bei Thieren zuweilen so ausgedehnt, dass sie nach ungefährer Schätzung ein Viertel des Milzvolums ein- nahmen ; in andern Fällen sind sie kaum oder gar nicht mit blossem Auge sichtbar; ihr Volum beträgt dann kaum die Hälfte von dem eben erwähnten. Dieser Unterschied stellt sich nach Ecker aucli dann noch heraus, wenn man die Gefässe, welche aus dem Hilus der Milz austreten, nach dem Tode sogleich unterbunden hat. Da sich der Inhalt der Bläschen immer rasch minderte, wenn diese Vorsichtsmaassregel unterlassen wurde, so sind nur die Beobach tungen brauchbar , bei welchen die Grösse der Bläschen unter ähn- lichen Bedingungen mit einander verglichen wurde. Unter die Um stände, welche den Bläschenumfang verändern, zählt Gray 1) den allgemeinen Ernährungszustand des Körpers; je günstiger derselbe, um so grösser sind sie. Bei abgemagerten Thieren werden sie dem blossen Auge unsichtbar. Ecker fand im Gegentheil bei hungernden Katzen die Bläschen auffallend deutlich. 2) Die Art des Futters; bei einer Nahrung aus Fett und Fleisch, Milch und Brod, gekochtem Eiweiss waren die Körperchen gross und bei reichlichem Wassergenuss (eingeweichtem Brod) zerfliesslich. Klein waren sie dagegen nach Genuss von trockenem Brod, Fett und Gelatine oder Faserstoff. Die Grösse und Zerfliesslichkeit der Bläschen nach reichlichem Wassergenuss behauptet auch Spring.— 3) Die Verdauungsperiode ; einige Stunden nach vollendeter Magen-

Stolfbewegung in der Milz.

305

erdauung (15 Stunden nach eingenommener Nahi'ung) sollen sie m geschwollensten sein Dieses gilt jedoch nur für gut ernährte hiere; bei bedeutend abgemagerten zeigt sich kein Einfluss der .erdauungszeit. Auf eine Verschiedenartigkeit des chemischen [msatzes weist die wechselnde Consistenz und Färbung des Bläscheri- ihaltes hin; Ecker und Giesker fanden ihn zuweilen zu einem Ilümpchen geronnen, Spring und Ecker zuweilen röthlich oder '3lb, während er von den tibrigen Beobachtern als farblos an- !.3geben wird. In menschlichen Leichen ist das Milzbläschen ge- röhnlich nur dann deutlich sichtbar, wenn der Tod plötzlich oder iiährend der Verdauung erfolgte (v. Hessling); seine häufige Ab- eesenheit erklärt sich entweder aus einer rasch eintretenden Fäul- sss, oder aus der dem Tod vorangegangenen Abmagerung.

b) Das Mark der Milz im engern Sinne scheint ein Ort zu i)in,. in welchem flir gewöhnlich eine Neubildung und unter Um- bänden auch eine Zerstörung von Blutkörperchen angebahnt und lUendet wü-d. Für die Neubildung spricht (nach Ger lach,

Funke u. A.) die reichliche Anwesenheit farbloser Zellen im ilzvenenblut. Bedenken gegen diesen Grund wurden schon bei der tisammensetzung des Milzbluts erwähnt. Ferner enthält das Milz- ark alle möglichen Formübergänge von den farblosen zu den rothen ♦rperchen, und endlich spricht füi- eine Zellenneubildung auch das BsserordentlicheUebergewicht der farblosen BlutzeUen und dasZurüek- f;ten der farbigen, welches nach Virchow mit einer eigenthüm- hhen Krankheit der Milz, dem Tumor derselben, Hand in Hand bht. In der That ist nach den Beobachtungen unseres berühmten tthologen das Missverhältniss beider Blutzellenarten so gross, dass »•3 Blut statt der normalen rothen eine weisse Farbe annimmt. ir die Zerstörung der Blutkörperchen in der Milz führen Ecker ci KöUiker die häufig gefundenen verschrumpften Körperchen,

i Pigmenthäufchen und die reichliche Anwesenheit eines eisen- ttigen Aschenbestandtheils an. Beide Behauptungen könnten in

That bei den Eigenthümlichkeiten des Blutstroms in der Milz

ii der Bildung des Milzmarkes , das einer Lymphdrüse nicht ganz iihnlich ist, wohl neben einander bestehen.

c) Milz im Ganzen. Ueber die Bedingungen und den Ort der eenthümlichen ehem. Umsetzungen in der Milz, von deren Gegen- rrt Scherer, Cloetta, Frerichs und Staedeler Zeuguiss eegen, ist man ganz im Unklaren. Da das Blut, welches aus

an Milchsäure reichen Milz zurückkehrt, alkalisch reagirt, so

Ludwig, Physiologie II. 2. AuHage. ' '^^

306

Milz, Thymus.

kann wenigstens mit Bestimmtheit behauptet werden, dass dif Säure entweder in den Zellen des Marks oder in der Flüssigkeit ( Balkengewebes entsteht.

d) Die ganze Milz eines wohlgefütterten (nicht aber des magci i Thieres soll nach Gray 10 bis 15, nach Schönfeld*) ai 5 Stunden nach der letzten Fütterung am schwersten sein. D diese Schwellung, welche durch Wägen der ausgeschnittenen i\i ermittelt wurde, nicht von einem Mehrgehalt an Blut überhau > herrühre, scheint sich aus dem geringen Cl-Gehalt der Milzas^ zu ergeben.

e) VergHchen mit dem Körpergewicht, nimmt sievomNeugeborii i (1 : 350) bis zum Erwachsenen (1 : 320 bis 400) nicht wesentli zu oder ab, im höheren Alter soll sie relativ klein werden (1 : 70 (Gray).

Die Ausschneidung der ganzen Milz erzeugt keine merklic' Folgen, wie schon im Alterthum Plinius wusste und in neu Zeit Czermak, Quittenbaum, Bardeleben u. A. genai beobachteten. Die Erfahning, dass nach dieser Operation die weiss Blutkörperchen sich mehren und die Lymphdrüsen anschwellen, nicht constant. Bemerkenswerth scheint es, dass die Thiere Operation schwieriger überstehen, wenn ihnen vorher die Schi} drüse genommen war. Siehe noch Thymus.

Die Literatur giebt Simon •*). lieber eigenthümliche Folgen der ld| eistirpation bei Fröschen, welche Q erlach und Eberhard ausführten, siehe letzteren.

Thymus.

1. Ein Gertist ***) aus Bindegewebssträngen fasst zahlrei ringsum abgeschlossene Säckchen in sich. In dem Gerüst laufen NeiTen, Lymph- und Blutgefässe; der Hohhaum der S chen ist gefüllt mit einem Capillarnetz von Blutgefässen , in des Zwischenräumen neben wenig Flüssigkeit Fettmoleküle, fr Kerne oder Kernzellen und conzentiisch geschichtete kugelige Kör gelegen sind. In den um die grössera Gewebe hegenden Bin gewebssti'ängen sind nicht immer, aber doch häufig grosse cai artige Lücken enthalten, die entweder nm* den, die beiden Drüi

») Meissner' s Jahresbericht für 18B6. p. 235. •*) Die Exstirpntion der Milz am Menschen. Giessoii 1857. Eberhard, Beiträge zur Hol und Funltt. d. Milz. Erlangen 1855.

»**) K ii 1 Ii Ic e r , Handbuch der Gewebelohre. 8. Aufl. 1859. p. 488. - Jendrassil5,'W| alcad. Sitzungsberichte. XXIl. 70. Ecker, Handwörterb. d. Physiologie. IV. Bd. Ber' Arohiv fUr HoUBnd. Beiträge. 1867. 1. Bd. 232.

Chemische ßestandtheilo der Thymus.

307

iiälften verbindenden Bindegewebsstrang, oder auch die seitlichen iSindegewebsäste aushöhlen. In diesen sog. Centi-al- und Neben- iiöhlen, die weder durch eine eigene Haut, noch durch ein Epithelium ibgegrenzt sind, kommen dieselben Elementartheile wie in den »Bläschen vor (Simon, Ecker, Kölliker, Jendrassik). Die i'Jerven stammen nach Durchschneidungsversuchen aus dem Ganglion oervicale infim. und thorac. 1. (Friedleben).

Eestelli und nach ihm Friedleben fanden in dem Blut der vena thymica iiie Kerne aus dem Inhalt der Thymussäckchen. Daraus würde zu schliessen sein, dass fde Gefässhöhlen mit denen der Säckchen in offener Verbindung standen.

2. Ausser dem Collagen*), Elastin u. s. w. des Gerüstes und |ter Gefässe, den Eiweisskörpera und Fetten des Bläscheninhaltes rrurde gefunden Ammoniak, Leucin (Frerichs und Staedeler), llypoxanthin, Bernstein-, Milch-, Essig-, Ameisensäure (Gorup), fiiUcker (Friedleben). Die lösliche Asche enthält vorzugs- yesie Kali, weniger Natron, Basen, die meist an PhOs, zum ge- lingeni Theile an Cl und nur in sehr kleinen Mengen an SO3 ge- lunden sind (Staedeler und Frerichs, Gorup). Fried- eeben fand in 100 Theilen der gesammten Asche

KO

NaO

CaO

MgO

Cl

Ph05

SO3

32,8 32,3

16,6 23,7

10,4 6,7

4,3 2,4

5,4 2,0

30,0 32,4

0,6 0,6

ialb von 3 Wochen ündvon 12 Monaten

Die ganz frische Thymus reagirt nach Staedeler und Frerichs neutral; löäter reagirt sie sauer; dieser Widerspruch lösst sich vielleicht dadurch, dass der iicker der Thymus in Milchsäuregahrung übergeht. Die Ausstellungen, welche iriedleben an den Beobachtungen von Staedeler, Frerichs und Gorup macht, Bad unverständlich ; selbst durch Kochen mit Kali konnte er aus der Drüse keine Ak hhalten ; eben so wenig fand er Leucin , dessen Entstehung er durch Fäulniss eines kkoholischen Auszugs erklärt u. s. w. Quantitative Analysen der gesammten Thymus kben Morin, Dowler, Miller, Friedleben, die bei dem letzten nachzusehen, rerselbe handelt auch über die Aenderung der Asche mit dem Alter.

3. Emährungserscheinungen. Ihre Elementarformen entstehen jof die dem Bindegewebe, den Gefässen und den Zellen eigene Teise; über die Formfolge der geschichteten Körper ist man im inklaren. Nach der Geburt mehren sich anfänglich noch die Bälge ittd ihr Inhalt, etwa bis zum zweiten Jahr, von da wächst zwar »ie Thymus noch bis zur vollendeten Pubertät, aber es mindert c.ch die Füllung der Bälge und es tritt statt ihrer mehr Binde- ewebe auf, so dass trotz zunehmender Länge das absolute Ge-

. "*) Prietlloben, Die Physiologie d. Tliymiisdrlise. Franlcfurt 1858. Frerichs und •laedeler, Züricher Mittheliungen. IV. Bd. 1856. Gorup, Lloblg's Anniiloii. 98. Bd.

20*

308

Thymus, Nebenniere, Thyreoidea, Leber.

wicht uamentlich zwischen dem 15. bis 25. Jahre sehr abnii (Friedleben). Nach vollendetem Wachsthum des Gesamr körpers schwindet sie vollständig, indem ihr Gewebe derber, fet und bindegewebsreicher wird, die Arterien obliteriren und die Nerve in fettige Umwandlung eingehen. In wohlgenährten Thieren si Kapseln der Thymus gespannter und reicher an Zellen. Das iu| Blut übergeführte Ferrocyankalium soll nicht in der Drüse zu finde sein (Haugsted). Um ihren Eingriff in das Gesammtieben d( Thiere zu finden, hat man die Thjmus exstirpirt (Rest eil: Friedleben). Diese Versuche bestätigen das Ergebniss einig( zufälliger Beobachtungen an Menschen, welchen dia Thymus fehlte ohne dass ihr Mangel während des Lebens bemerklich gewese wäre (Bischoff, Friedleben).

Ins Genauere suchte Fried leb en zu dringen, indem er an Thieren, deren Thymi allein oder Thymus und Milz exstirpirt war, die Menge des ausgeschiedenen COj, d Harnstoffs, die Temperatur, Blutzusammensetzung u. s. w bestimmte, worüber diesem Autor nachzusehen.

Die physiologischen Nachrichten über die Nebenniere un die Thyreoidea lauten noch sehr unbefriedigend. Die Structi und das Wenige, was über ihre Zusammensetzung bekannt is geben die Lehrbücher der mikroskopischen Anatomie.

Leber.

Der anatomische Bau*) der Leber ist vorzugsweise aufgehell durch die Untersuchungen von Kiernan, E.H.Weber, Schrö der V. d. Kolk, Henle, Kölliker und Beale. In die Lebe strömt das Blut durch den Stamm der vena portarum, durch einl kleine gesonderte Vene, welche aus Zweigen der pyloricae un< pancreaticae entspringt, neben dem Gallengang herläuft und endlic in die Pfortader übergeht (Devalez) und durch die Arteri hepatica. Alles dieses Blut wird durch die vena hepatica ausg< geführt. Das durch die Venen eingehende Blut vertheilt sie ohne Ausnahme sogleich in das Capillarsystem der Leberinseh oder anders ausgedrückt in dasjenige, welches die Anfänge de gallenbereitenden Wandungen umfasst; es gelangt hierhin auf di Weise , dass sich die vena portarum und ihre Aeste zunächst bäum förmig verzweigen und schliesslich in kleine bogenfönnig auseinande

•) Kölliker, Handbuch der Gewebelohre. 3. Aufl. 1859. p. 435. H. E. Weber, ZatSik Ka seinen Untersuchungen. Leipziger Berichte; mathemat.-physische Klasse. 1849. p. 151. Der selbe, ibid. 1850. p. 15. Gerlach, Handbuch der Gewebelehre. Mainz 1849. Beale Philosophlcnl Transactlons. 1856. I. Bd. Vir oh o w, dessen Archiv. XI. 574.

Anatomischer Bau der Leber.

309

anfende Aestchen enden; mehrere solche Aestcben (die Ring- oder vlwischenlappenvenen), welche in ein und derselben Ebene liegen, umschliessen einen Raum, die Leberinseln, welcher von eng- laaschigen Capillarnetzen durchzogen wird, die aus den Ringvenen eervorgehen. In der Mitte eines solchen Raumes sammeln sich lann wieder ziemlich plötzlich die feinen Lumina zu einem grossem, eer Mittelvene (vena centralis), welche nach der vollbrachten Ver- ündung mit den benachbarten als vena hepatica auf dem kürzesten [7ege gegen den Ort der vena cava zu dringen sucht, wo sie sich liit dem Zwerchfell kreuzt. Die Art. hepatica geht zum Theil lait seinen Aestchen, welche der vena portarum bis zu den Ring- P3nen folgen, geradezu in das Gefässnetz der Leberinseln über, pim Theil versorgt sie, ehe sie ihr Blut dorthin schickt, vorerst die 7andung der Gallen- und Blutgefässe , die Kapsel und den serösen (r'eberzug der Leber. Das auf diese Weise in Capillaren über- '3flihrte Blut sammelt sich, und zwar theilweise durch eigene Venen, 11 der vena portarum, um dann durch die Capillaren der Leber- Kseln zu den Mittelvenen zu gelangen.

Die Lücken, welche zwischen den Capillaren der Leberinseln orig bleiben, werden ausgefüllt durch ein anderes netzförmig ver- undenes Höhlensystem, das umschlossen wii'd von einer sti'uktur- ssen Haut, die meist untrennbar mit der der Blutcapillarehwand !3rwachsen ist und die nur an den Umgrenzungen der Insel ge- ändert dargestellt werden kann. Der Hohlraum dieses Anfang- ützes der Gallengänge ist ausgefüllt mit den Leberzellen, grossen Jimhaltigen, von Flüssigkeit strotzenden Zellen. Wenn diese eben- «schilderten netzförmigen Gänge gegen die Umgrenzung der Leber- Bseln gekommen sind, so lagert sich auf ihrer nun selbstständig «wordenen, bis dahin strukturlosen Haut eine Epithelialschicht f); da, wo dieses geschieht, verengert sich ihr Hohlraum sehr be- achtlich und zugleich verschwinden aus ihm die Leberzellen. Da lan die letztern als die Stätte ansehen muss, in welcher die Galle Breitet wird, so unterscheidet man die Gänge innerhalb der Leber- «seln als gallenbereitende von den gallenausflihrenden, ausserhalb der aseln verlaufenden. Die ausführenden, ursprünglich sehr engen, hben den Ringvenen gelegenen Gallengänge vereinigen sich, indem le immer neben den Pfortaderästen laufen, zu grössern; in die iTandung der letztern lagert sich zu den vorhergehenden Bestand- ieilen ein streifiges Bindegewebe, elastische Fasern, einzelne raskulöse Faserzellen, und endlich ist die, innere Fläche statt des

310

Förment und Amyloid der Leber.

frühern mit einem deutlichen Cylinderepithelium überzogen. I ähnlicher Weise ist auch die Wand der Gallenblase gebaut, m dem Unterschied jedoch, dass die Muskelmassen eine vollkomraei) Haut um die Gallenblase bilden, und dass ihr Epithelium dem d Darmschleimhaut gleicht.

In die grössern Ausführungsgänge [die Gallenblase mit eii gerechnet? ) münden noch andere Oeifnungen, die theils in kleii traubenförmige Drüschen (Schleimdrüsen), theils in längere ne' förmig verbundene cylindrische Kanäle (abortive Zellengänge) führe

Aus der Leber, und zwar an der Oberfläche sowohl als aus d Porta, ti-eten zahlreiche Lymphgefässe hervor.

In die Leber gelangen aus dem plex. coeliac. NeiTcnzweig] die nach angestellten Vivisectionen zunächst aus dem n. splanchnici und in letzter Instanz vom Boden der vierten Himhöhle kommq und in die Gefässe der Leber eingehen (Gl. Bernard, Graef Hensen).

2. Chemischer Bau der Leber. Das Gerüst der Leber, in besondere die Häute der Blut- und Gallengefässe, besteht aus d gewöhnlichen Stoffen dieser Formelemente. Die Flüssigkeit, welcl aus der zerquetzschten Leber erhalten wird, ist ein Gemenge d( Inhaltes der Blutgefässe, der Leberzellen, Lymphgefässe und Schleii drUsen. Ausser den zu erwartenden Bestandtheilen jener Flüssi keiten kann der Lebersaft noch enthalten : a) Einen wahrscheinli< eiweissartigen Fermentkörper, welcher Amylon in Zucker umwa delt (Bernard, Hensen). Nach einer längern Entziehung v( Nahrung scheint das Fennent zu schwinden. b) Einen de Amylon ähnlichen, in Wasser löslichen Stoff (Bernard)*). Na Kekulö*) hat er die Zusammensetzung C12H10O10, nach E. Pelou: C12H12O12. Derselbe verwandelt sich durch kochende Mineralsäun und durch das Ferment der Leber, des Bluts, des Kopf- ui Bauchspeichels in Zucker um. Der Gehalt der Leber an diese Stoff steht in Beziehung zu dem allgemeinen Emährungsstand ä Thiers, und namentlich wächst er mit demselben; gleichgiltig ( derselbe mittelst eines von Zucker und Amylon befi-eiten oder d mit behafteten Futters erzeugt wurde, er scheint jedoch im letzten Falle reichlicher vorhanden zu sein. Die Menge des Amylons nimi dagegen um so mehr ab, je rascher seine Umwandlung in Zuck erfolgt. c) Einen in Wasser unlöslichen, Zucker bildenden Stc

•) Ol. Bernard, Le90u3 aur les propridt€B des fluides. 1859. n. [). 89 ff. »») Chemisches Centralblntt, 1858. p. 300.

Traubenzucker der Leber.

311

7011 unbekannten Eigenschaften. Auf seine Anwesenheit schliesst Jensen*) aus der Beobachtung, dass auch solche Lebern mit ^'erment oder Salzsäure behandelt Zucker geben, aus welchen durch (Wasser weder Zucker noch Amylon ausgezogen werden kann.

Nach Schiff**) soll bei Fröschen der Zucker gebende Stoff als Körnchen in iwn Leberzellen zu. finden sein.

d) Traubenzucker***). Ueber seine Menge im Leber- t^ewebe giebt ausser der Zerlegung dieses letzteren auch noch der liuckergehalt des Leberblutes und des Harns Aufschluss, voraus- t-esetzt, dass man im ersten Falle weiss, wie viel Zucker die Pfort- i'.der führte, und im zweiten Falle nachweisen kann, dass der Uarnzucker nur aus der Leber entsprungen ist. 1) Ein gesundes Individuum, das hinreichende Nahrung erhält, gleichgiltig , ob die ■etztere aus Fleisch allein oder neben diesem auch aus Amylaceen (esteht, hat eine zuckerhaltige Leber. Wird die Fütterung unvoll- ständig, so kann der Zuckerreichthum der Leber gleich bleiben, 'ich mindern oder auch ganz verschwinden. Das letztere kann lintreten, wenn man den Thieren alles Futter entzieht, so dass •ie auf ihr eigenes Fleisch und Blut angewiesen sind. In den rrsten Tagen der Hungerzeit findet sich jedoch immer noch Zucker, 10 dass erst in einem spätem Zeitpunkt, der dem vollkommenen iiungertode sich jedoch bis auf Stunden nähern kann, der Zucker rollständig verschwindet (Bernard, Stokvis). Füttert man DQSschliesslich mit Wasser und Leim oder Wasser und Amylon, so i.nkt der Zucker kaum unter die Nonnalmenge; durch alleinige :fahrung von Fett und Wasser sinkt der Zucker beträchtlich. )) Einige Stunden nach einer reichlichen Mahlzeit steht derZucker- Eehalt der Leber am höchsten (Bernard). 3) Nach einer lunktförmigen Verletzung in der Mittelfurche der vierten Himhöhle zwischen dem Ursprung des n. acusticus und n. vagus, selbst wenn orgängig der n. vagus am Hals durchschnitten wurde, mehrt sich f er Zuckergehalt (Cl. Bernard). Dasselbe geschieht nach Durch- •shneidung der n. splanchnici (Graefe, Hensen). In beiden i 'allen sind die Gefässe der Unterleibshöhle erweitert. 4) Wenn tei Fröschen das Rückenmark gereizt wird, so wird der Harn

•) Vlrchow's Archiv. XI. Bd. 39G.

••) Schiff in Melasner's Jahresbericht fUr 1857. p. 258. ' »*•) 01. Bernard, Le9ons de Physiologie. 1854—1856. Paris 1855. Moos, Pharmaz. Central- Intt. 1858. 273. Stoltvis, Wiener med. Wochenschrift. 1857. 285.— Sanson, Journal de 'Physiologie par Brown-SdqOard. 1. Bd. p. 244. D e r sei b o, Pogglalo otc. ibidem 549'

312

Traubenziiolccr der Leber.

zuckerhaltig, eine Ersclieiuung, welche ausbleibt, wenn vorgäug die Blutgefässe der Leber unterbunden waren (Schiff, Moos). 5) Nach der Durchschneidung des Rückenmarks unterhalb d4j Halsanschwellung verschwindet der Zucker, aber das Amyloid i noch nachweisbar. Da die Temperatur des Säugethieres nach dies^ Operation sehr beträchtlich (auf 24 "C.) herabsinkt, so war Bernai- geneigt, den Gnind für die Abwesenheit des Zuckers darin /. finden, dass die Te&peratur nicht genügt, um eine reichliche Uii Wandlung des Glycogens in Zucker unter dem Einfluss der Gäl rung zu ennöglichen. Dieser Erklärung widerspricht die Erfahruu, dass in der todten Säugethierleber auch noch bei einer viel niedi geren Temperatur die Umsetzung vor sich geht und dass ein gleiche Erfolg nach Durchschneidung des Froschrückenmarkes von Moo beobachtet wurde. Nach Durchschneidung des Rückenmarkes üb( der Halsanschwellung verschwinden Zucker und Amyloid aus de Leber (Bernard). 6) Nach Durchschneidung des n. vagus ai Halse mindert sich der Leberzucker sehr auffallend (Bernard] jedoch nicht immer bis zum vollkommenen Verschwinden , wen der Tod ungefähr 29 Stunden nach der Vervsoindung eintrat (Moos ' Der letzte Beobachter ist geneigt, die Ursache der Abnahme i dem Allgemeinleiden zu suchen, welches die Durchschneidun mit sich führte. Durchschneidung der vagus unter der Brusthöhl soll den Leberzucker unverändert lassen; Reizung des centrale! Stumpfes eines am Hals durchschnittenen vagus ihn mehrei (Bernard). 7) In fieberhaften Krankheiten verliert sich, voraus gesetzt, dass die Thiere sich der Nahrung enthalten, der Zucke vollkommen. Nehmen die fieberkranken Thiere Futter zu sich, wi( dieses z. B. die Pferde thun, so verschwindet zwar der glycogen« Stoff aus der Leber, nicht aber der Zucker (Bernard). 8) Di( Leber eines Thieres, das bis zur Todeskälte (18 20 C.) abgektihl ist, verliert den Zucker, behält aber das Amyloid. Wird das Thiei wieder erwärmt, so kehrt der Zucker wieder. Ein auf 50 60* erwärmtes Thier büsst das Amyloid und den Zucker ein (Bernard).— 9) Zur Zeit der bestehenden Milchabsonderung in den Brüsten sol der Leberzucker nach Moos vermehrt, nach Bernard in Menge unverändert sein. 10) In dem sog. Diabetes mellitus ist der Zuckergehalt der Leber vermehrt (Bernard, Stokvis). 11) Der Leberzucker ist reichlicher vorhanden nach Vergiftung mit Curare, vorausgesetzt, dass eine künstliche Athmung eingeleitet wurde (Bernard). Dasselbe geschieht nach Einspritzung von

Traubenzucker der Leber.

313

Aether und verdünnter Ammoniaklösung in die Pfortader (Harley) und nach Einathmung von Aetherdämpfen (Reynoso).

Für die ausgesprochenen Behauptungen stehen die Thatsachen der folgenden Tabelle (wenigstens theilweise) ein :

Beobachtnngs- ^egenstand.

Mensch.

Hund.

iln diesen Be- '')bachtiingen »wurden die rrhiere gleich

nach der ; Fütterung

getödtet.

Hund.

/l. 2. [3. 14.

je. [7.

8.

ö"

10.

11.

12. 13.

Bemerkungen.

Plötzl.Tod; nüchtern.

im Magen Speisen.

2 Tage nach dem Tode untersucht. Magen leer.

Diabet.mell

,, Diabet.mell.

Magen voll Speisen. 40 Stund, nach dem Tode untersucht.

Verdauungs- zeit.

Fleischnahmng.

») >j Brod und Fleisch.

Drei Tage nur mit Mehl

und Zucker. Sechs Tage allein mit Mehl.

Nahrung aus ungesalz. Speck. aus Schweine

schmalz. aus Leim. aus HammelS' füssenfett. Mehl. Kartoffeln , Amylon,

Zucker. Stägiger Hunger. Nach 8 tägig. Hunger Fleisch.

Prozentgehalt an Zucker

in dem Leber- gewebe.

Kaninchen.

0,79 2,14

1.1

2,3 1,79

1,55

1,9 1,4 1,7 1,3 1,3 1,9

1,5

0,9

0,6

1,33 1,65

1,25 1,88

0

1,3

in der Pfort- ader.

in der Leber- ader.

Beobachter.

'Bemard.

' Stokvis.

>C1. Bemard

> Stokvis.

2,17 2,70

Nach Moos gaben 500 6r. Kaninchen normal 0,7 Gr. Zucker, milchgebend 5,3 Gr., nach Vagus Durchschnitt (Tod nach 23 Stunden) im Mittel 0, l Gr.— 500 Gr. innd unter den letzten Bedingungen (Tod nach 29,75 Stunden) 0,09 Gr. Zucker.

e) Ino8it(Cloetta)*). f) Milchsäure (v. Bibra)**).— ) h) i) Olein, Margarin (Stearin und Palraitin), Chole-

•) LIebig's Annalcn. 99. Bd. 289.

**) V. Bibra, Cbemlacho Fragmente Uber Leber und Galle. Brannuchw. 1849.

314

Fette und andere Bestandtheile der Leber.

I

Stearin. Der Gehalt der Leber an Fetten kann sehr veränd' lieh sein. In der gesunden Leber scheint er mit dem allgemein Fettreichthum des Körpers zu wachsen; jedenfalls mehrt er sii mit dem Fetti-eichthum der Nahrung. Diesen letzten, schon vo Magendie, Gray, Laue u. A. behaupteten Satz beweist Fr« richs*) dadurch, dass er Hunde, denen er ein Stückchen Leb< ausgeschnitten, mit fettreicher Nahrung füttert; 22 Stunden naq Beginn der letztem steigt schon der Fettgehalt der Leber merklich ai und nach 8 X 24 Stunden ist die Leber mit Fetten aufs Reicl liebste erfüllt. Wh-d dann umgekehrt fettarme Nahrung gereich so schwinden nach einiger Zeit die Leberfette wieder. Die Fet werden in das Innere der Leberzellen, welche sich dabei vergrössei als Körnchen und Tröpfchen, zuweilen auch als Krystalle abi^ lagert. Wenn die Füllung der Leber mit Fett im Steigen begrifit ist, so scheinen sich zuerst die Zellen, welche in der Nähe d( Ringvenen liegen, und dann erst die Nachbarn der Mittelvenen nj, Fett zu sättigen. Ausser in den Zellen soll auch das Fett den Gallengängen frei vorkommen (Vogel, Wedl), ein Verhalte das wegen des Fettgehaltes der Galle schwerlich bestritten werdi kann. Krankhafter Weise häuft sich auch bei sonst abgemagerfc Individuen Fett in der Leber an. k) Gallensäuren**). S finden sich jeder Zeit in der Leberflüssigkeit; da sie im Pfortad( und Lebervenenblut der Säugethiere fehlen (Lehmann) und l Fröschen im Blut auch nach Ausschneidung 'der Leber nie beobachtet werden (Kunde), selbst dann nicht, wenn jeneThie die Ausschneidung ihrer Leber 21 Tage überlebt haben (Mol Schott), so sind sie unzweifelhaft als eine chemische Neubilduj der Leber anzusehen. Die mikrochemische Reaktion hat sie i einen Bestandtheü des Leberzelleninhaltes nachgewiesen. 1) Ein' in Chloroform löslichen und daraus in rothen KrystaUen ai schiessenden Farbstoff (Valentiner ***). Nach dem Entdeck dieses Verhaltens mit Haematoidin, nach Brücke sicher ii Gallenbraun identisch. m) Andere im Weiteren unbekani Farbstoffe; die letztern insgesammt werden in den Leberzellen i getroffen n) Harnsäure (Cloetta). o) Xanthogl bulin (Scherer) t). In kranken Lebern, insbesondere 1

*) Klinik der Leberlirankheiten. I. Bd. 285 ff.

*•) Kunde, De liepatis ranarum exstlrpatlone. Berlin 1850. Moleschott, Arch. für pl Heilkunde. XI. Bd. 479. Honle's Allgom. Anatomie. 1841. 903. ••») GUnsburg's Zcitsclirift. Dezember 1858. Wiener akad. Berichte. März 188». t) Würzburger Verhandlungen. VII. Bd. 262.

Salze der Leber.

315

Typhus, Pyaemie, bösartigen Wechselfiebern u. s. w. Leu ein, Tyrosin (Freriehs, Staedeler) *), Sarkin und zuweilen Cystin (Scher er). Wenn diese letzteren vier Körper reichlich auftreten, so ist meist die Zucker- und Gallenbildung beeinträchtigt. p) Die Leberasche **) ist von Oidtmann zerlegt; die folgenden :Zahlen sind von denselben Individuen hergenommen, welche schon idie Milzasche lieferten (p. 302). In 100 Theilen enthält die Leber . imd die Leberasche:

Mann.

Kind.

Wasser ....

74,0

82,50

Anorgan. Stoße . .

1,1

0,91

Chlor

2,50

4,21

PhOs

49,37

42,75

SO3

0,91

0,91

SiOs

0,27

0,18

KO

25,17

34,72

NaO

14,47

11,27

CaO

3,02

0,33

MgO

0,19

0,07

FeaOs

2,75

2Mn03 . .• . .

0,10

CuO

0,05

1 5,45

Pb

0,01

Phosphorsaure Erde

Die Asche reiht sich an die der Blutkörperchen, Milz, Muskeln I urch ihren Gehalt an KO und PhOa. Eigen ist ihr Reicbthum an

und Pb. Nach Ftitterung mit unschädlichen Kupfersalzen •Stearin und margarinsaures CuO) kann das CuO zu 0,02 pCt. der ' Buchten Leber steigen (Staedeler). Im jugendlichen Individuum inthält die Leber weniger Cu als im Erwachsenen (Devergie, llunk).

Quantitative Analysen der ganzen Leber siehe bei Bibra.

3. Vergleichung des Blutes in der Pfort- und Leberader. Das ^'fortaderblut ist bis dahin in seiner qualitativen Zusammensetzung yenig abweichend von dem der andern Venen gefunden worden.

■) Fre rieh g, Klinik der Leberkrnnkhelten 181. ' ••) Oidtmann, die anorgan. Beatandthelle der Leber und Milz, Linnich 1858.— Bibra, ' e- Lan gen beck und Staedeler, Ucbcr die Wirkung der Verbindungen dos Kupferoxyds itt fetten Säuren. ZUricher Mltthellnngen. 1865. Münk , De onpro In organlca etc. obvlo. 1856.

316

Blut der Pfort- und Loberader.

Dieses gilt selbst für das Blut, welches zur Zeit der Verdauung l| den ausgedehnten Wurzeln der Pfortader vom Darminhalt umspi worden ist. Wenn man diese Erfahrungen nicht auf die Mang' haftigkeit der analytischen Hilfsmittel schieben will, so bleibt nii die Annahme übrig, dass, ganz günstige Fälle ausgenommen, dl Menge von Flüssigkeit , welche durch den Dififusionsstrom aus de \ Darmkanal in die Gefässröhren gefördert wird, verschwindet geg< die, welche der Blutstrom selbst in sie führt. Mit dieser letzt<) Annahme stimmt auch die quantitative Zusammensetzung des Serum welches 5 und 10 Stunden nach der Fütterung analysirt, gleicl Zusammensetzung bot (Lehmann). Auffallender Weise gab d; gegen diesem letztern Beobachter das gesammte Pfortaderblut Pferde 10 Stunden nach der Fütterung 0,4 pCt. Extrakte und di ungeheure Quantität von 8,6 pCt. Wasser mehr als 5 Stunden na^ derselben. Diese Abweichung, welche bei gleicher Zusamme Setzung des Serums nur bedingt sein könnte durch eine Veränd rung in der Menge der Blutkörperchen, verdient mit Zuhilfenahi der Färbekraft bestätigt zu werden. Unter Hinweisung a p. 33 d. B. dürfte hier noch Folgendes hervorzuheben sei a) Die rothen Scheiben im Blut der Lebervenen sollen, wie 1. schon geschildert wurde , in Gestalt und ehem. Reaktion von deiii des Pfortaderinhaltes abweichen; ebenso sei auch ihre Zahl i Verhältniss zu den farblosen geringer. Daraus hat man theils ai eine Neubildung, theils auf eine Entfärbung vorhandener Körpc eben schliessen wollen. Seitdem man jedoch die durch den Blr sti-om selbst herbeigeführte Vertheilung der Körperchen in den V( schiedenen Gefässstücken genauer berücksichtigte, ist man geneii jene Thatsachen dahin zu deuten, dass sich wegen des langsami Stroms .in der Leberader die rothen und weissen Körperchen dort a häufen möchten. Eine Unterstützung hierfür zieht man aus den Beobac tungen von Lehmann, nach welchen der Wassergehalt des Pfoi aderblutes den des Leberblutes um 8 bis 9 pCt. übertriflft. "Dei nähme man in der That an, dass in der Leberader die Körperchi gerade so rasch strömten, als in der Pfortader, so würde d Unterschied des Wassergehaltes nur aus einem Verlust an Was* in der Leber abgeleitet werden können, und wohin sollte es si( dort verloren haben? (p. 31.) b) Früher glaubte man, gestüt auf die Angaben von Bernard, dass unter allen Umständen, m selbst nach reichlichem Genuss von Zucker nur ausnahmsweii dieser Stoff" im Pfortaderblut gefunden werde. In dieser Ausde

Blut der Pfort- und Leborader.

317

nung ist jedoch die Sache nicht bestätigt worden. Allerdings finden Leconte, Lehmann und Poggiale nach Hunger und Fleisch- nahrung für gewöhnlich keinen Zucker in der Pfortader , aber nach Fütterung niit Amylon und Zucker ist der letztere Körper von allen Beobachtern übereinstimmend gefunden worden, und dazu ist von Sansou nicht allein im Blut überhaupt, sondern auch in den Muskeln, der Lunge u. s. w. ein dextrinartiger Körper nachge- wiesen , welcher durch Gährung in Zucker verwandelt wird. Dieses bestätigten Bensen, Bernard und Poggiale für den Fall, dass die Thiere kurz vor dem Tode reichlich mit Amylon gefüttert wurden. Das Amyloid fehlt dagegen sowohl im Blut, als auch in allen andern Organen, die Leber ausgenommen, wenn die Thiere allein mit Fleisch oder einer schwach amylonhaltigen Nahrung ge- gittert werden (Bernard, Poggiale, Sanson). Endlich ist auch gefunden worden , dass das arterielle Blut meist mehr Zucker untbält, als das der Haut- und Muskelvenen (Harley, Chaveau), i!0 dass möglicher Weise auch das der Arteria hepatica noch Zucker flihrt, wenn er selbst dem Blut der Vena portarum fehlt. Fasst man Alles zusammen, so ergiebt sich, dass es Fälle giebt, in welchen ;las zur letzteren strömende Blut vollkommen frei an Kohlenhydrat }8t, während das aus ihr hervorgehende zuckerhaltig ist, und dass Da andern Fällen der Leber zwar Kohlenhydrate zugeführt werden^ liass diese aber an Menge dem Traubenzucker nachstehen, welche ii;urch das Lebervenenblut abströmen. Die Kohlenhydrate und aasbesondere Rohrzucker, welcher durch die vena portarum ein- ttrömt, soll in der Leber in Traubenzucker umgewandelt werden, i'idem die Lebervene nur diesen letztern enthält (Bernard). )) Brown-Sequard *) bestätigt dieAngabevon Lehmann, dass >.as Lebervenenblut des Hundes , wenn es am lebenden , gallen- Öt.bsondeniden Thier aufgefangen wird, nicht mehr von selbst ge- [linnt. Zuweilen gerinnt es jedoch noch, und zwar dann, wenn me Brown-Sequard venmuthet, die Gallenabsonderung unter- rrückt ist. Das aus dem todten Thier gewonnene Blut ist meist ;eronnen.

Ueber die Zusammensetzung des Bluts in der Leberarterie und ttsbesondere über seine Veränderungen beim Durchgang durch die »eher ist nichts bekannt.

4. Von dem Strom des Leberblutes. Die Richtung des Stroms 1 den Blutgefässen der Leber wird für gewöhnlich von der Porta

*) Journal de la Physiologie. I. p. 2U8.

318

BlutstrojD in der Leber.

ZU der Lebervene gehen ; doch ist wegen der Abwesenheit aller Klapi) i in den Leber- und Pfortadei*venen und der leichten Ausdehnbark^ der Darmgefässe auch das Umgekehi-te möglich. Die Geschwind! keit des Stroms in der Pfortader muss unter Voraussetzung gleich Widerstände in und jenseits der Leber veränderlich sein; d< einmal sind die Durchmesser der Blutgefäss capiUaren in den W düngen der Unterleibsdrüsen veränderHch, wie die in diesen Orgau vor sich gehende Saftbildung, die insbesondere zunimmt zur Z der Verdauung; da nun in den weiteren Röhren die Reibung lativ zur durchgehenden Blutmasse geringer ist, als in den engei so muss während der Verdauungsperiode das Blut mit grosse Kraft in die Pfortader einsti'ömen, als in anderen Zeiten. Da vnrd aber auch bei jeder nicht allzutiefen Inspiration die schln Masse des Bauchinhaltes zusammengedi-ückt , entsprechend lü'aft, mit welcher das Zwerchfell sich zusammenzieht, und die Druck muss nothwendig das Blut in der Pfortader beschleunig* das dm-ch die steife Leber seinen ungehemmten Ausweg findet. Aber auch bei gleicher Triebkraft muss die Geschwindigkeit v änderlich sein, weil die Lebergefässe selbst unter dem Einfli ihrer ungleich erregten Nerven verschiedene Durchmesser annelm und weU die Widerstände namentlich jenseits der Leber in ( Brusthöhle gar nicht unbeträchtUch variabel sind. Bei jeder spiration mindert und bei jeder Exspiration mehrt er sich bekan lieh. So deuten also alle Umstände darauf hin, dass in der wöhnlichen Ausathmung das Fliessen langsamer und in der E athmung rascher ist. Aehnliches gilt auch für den Strom in ( Leberarterie. Ueber das Verhältniss der .Geschwindigkeiten den beiden Gefässen pflegt man sich gewöhnlich dahin aus dx'ücken, dass die Strömung in der Leberarterie viel rascher in der Pfortader sei, weil die lebendige Ki-aft des frisch aus d Herzen dringenden Arterienblutes weit bedeutender sei , als die ( Pfortaderblutes, das aus den Darmcapillaren zurückkehrt, währe die Hemmungen, welche beiden in der Leber bevorstehen, vi kommen gleich seien. Man bedenkt dabei nicht, dass auch grosser Theil des Blutes der a. hepatica durch zwei Capillar netze, die beide in der Leber liegen, wandern muss. Zudem es fraglich , ob das Blut in den Damcapillaren sehr bedeutend , hemmt wird; denn das Bett der Darmarterien erweitert sich d Anschein nach beim Uebergang in das Capillarensystem der.Dai und Drüsenwände viel beträchtUcher, als das der Leberarterie

Blutstrom in der Leber.

319

ihrer Vertheilung in vasa vasorum. Unter dieser Voraussetzung würde aber nach bekannten hydraulischen Grundsätzen der Theil des Leberarterienblutes, welcher durch die vasa vasorum ginge, mehr gehemmt , als das Blut in den Darmcapillaren. Endlich wirkt i auch das Blut der Pfortader hemmend auf das der Leberarterien, 1 denn beide münden in dasselbe Capillarnetz.

Die absoluten Werthe der Geschwindigkeit sind nicht bekannt; iman vermuthet, dass der Strom in der vena portae sehi' langsam ; sein möchte. Dafüi- spricht aber nicht einmal die Theorie ; denn : gesetzt , es besässe das Pfortaderblut nur schwache lebendige Kräfte , so würden sie doch hinreichen , um bei geringen Wider-

ständen in der Leber immer noch eine Geschwindigkeit zu erzeugen, idie, verglichen mit der des Kreislaufes überhaupt, beti-ächtlich ge- jnannt werden könnte. Nun spricht die enorme Zahl der Leber- icapillaren und demnach der langsame Strom in ihnen sehr dafür, idass das Blut in der Leber wenig Hindernisse erfährt, und die

Einfügung der Lebervene in die untere Hohlvene geschieht an einer iso günstigen Stelle, dass jenseits der Leber dem Strom die mög- 1 liehst geringe Hemmung entgegensteht. Mit dieser Anschauung r stimmt die Erfahrung von Volk mann, welcher den Centi-alstrom lin den Mesenterialcapillaren eines Hundes gerade so geschwind Ifand, als Vierordt den der Retinacapillaren.

In den Capillaren der Leberinseln wird der Strom jedenfalls 1 langsam sein aus schon angeführten Gründen, aber trotzdem wird

dennoch durch die Gesammtsumme derselben sehr viel Blut gehen, ida die Räumlichkeit eines Durchschnittes durch ihr Gesammtlumen 'den grössten Querschnitt der Leber um Vieles übertreffen muss; •denn von der Fläche eines jeden Partialschnitts derselben gehört

den Gefässöffnungen mindestens ein Dritttheil zu; und wie oft kann Mich bei dem geringen Durchmesser und dem kurzen Längsverlauf (der Capillaren dieser Antheil in der dicken Leber wiederholen.

Die Spannung des Blutstroms muss dem Vorstehenden gemäss

gewiss ebenfalls variiren; unter Umständen steigert sich diefselbe iin den Lebercapillaren so beträchtlich, dass eine sehr merkliche »-Ausdehnung der Leber erzeugt wird (Anschoppungen der Leber). lUeber ihren absoluten Werth ist nichts bekannt.

5. Galle im engern Wortsinn. Die Flüssigkeit in den gi-össern l Lebergängen und der Gallenblase ist ein Gemisch des Absonde- f rungsproduktes der Leberzellen und der Schleimdrüsen. Aus diesem ' Gemenge lassen sich zum Theil nur vermuthungsweise die Bestand-

320

Leber; öalle.

theile ausscheiden, welche aus dem Inhalt der Leberzellen au getreten sind. Wir zählen zu ihnen : taurocholsaures (und glycocho saures) Natron, Lecithin (Gobley)*), Cholestearin , Olein, Mai garin, Biliphain und Biliverdin, Traubenzucker**) (Stokvis, Frerichs), Chlornatrium, kohlensaure und phosphorsaure Kalk und Talkerde, Eisenoxyd, zuweilen Kupferoxyd, Wasser. Diesi Lösungsgemenge reagirt, vorausgesetzt, dass ihm kein Schlei i beigemengt ist, neutral.

Gorup ***) spricht der Menschengalle die Glycocholsäure ab, weil er unter dui Zersetznngsprodukten der Galle kein Glycin fand. Strecker f) zeigte schon frühi' dasselbe Verhalten für die Hundegalle. Unter dieser Voraussetzung würde das Au treten von Hippursäure im Harn schwer begreiflich sein , da sich diese im Blut unti Zuhilfenahme des Glycins der Glycocholsäure bildet (Kühne und Hallwachs). - Galle , welche unmittelbar aus den Lebergängen oder nur nach kurzer Anwesenheit i der Blase aufgefangen wird, enthält nur Gallenbraun, aber kein Gallengrün. D( letztere Farbstoff geht also erst während des Aufenthalts der Galle in der Blase ai dem erstem hervor, eine Umwandlung, welche nach den Untersuchungen von Heintzf- auf einer Oxydation beruht, indem l Atom Gallenbraun (CajHigNsOo) unter Aufnahn von 1 Atom Sauerstoff in 2 Atome Gallengrün (CioHgNOs) zerfällt.

In der frischen Galle des Hundes findet Bernard keinen Zucker; Mösl er bi merkte ihn hier erst dann, wenn grössere Mengen in das Blut eingespritzt waren. W: in den Harn, so geht auch in die GaUe der Eohrzucker leichter über als der Traube) Zucker, d. h. es müssen grössere Mengen von der letzteren Zuckerart, als von di ersteren im Blut vorhanden sein, wenn er in der Galle gefunden werden soll. 1 der Menschengalle, selbst in der möglichst frischen, bemerkten Zucker Stokvis un Frerichs; Bernard vermuthet, dass er durch eine nach dem Tod eingetretei Diffusion aus der Leber dorthin gekommen sei. Aus dem Blut gehen ausserdei wenn sie dort vorhanden sind, in die Galle über: KJ und CuOSOs; es treten dageg( nicht über : E.0 NOs , 2 Hg Gl , Chinin ; Benzoesäure erscheint in der Galle nicht a Hippursäure (Mosler).

a. Die Zusammensetzung der Galle f ff) ist veränderlich : 1) mi der Nahrung. Ein reichlicher Zusatz von Wasser zu einer hi: reichenden Brot- oder Fleischkost, und ebenso Entziehung d( Nahrung mindert den Prozentgehalt der festen Bestandtheil (Bidder, Schmidt, H. Nasse, Arnold). 2) Bei genügende] Nahrung aus Fleisch ist die Galle reicher an festem Rückstanc

•) Chemisches Centraiblatt 1856. p. 879.

*») Stokvis, Wiener med. Wochenschrift. 1857. p. 238. Frerichs, Klinik der Lebe krankheiten. I. Bd. 90. Mosler, Deber den üebergang von Stoffen aus dem Blut in die GaUi Glessen 1867. Bernard, Legons. I. Bd. 1857. p. 94. •»») Prager Vierteljahrsschrift. 1851. HI. Bd. 86. t) Liebig's Annalen. 70. Bd. 149. tt) Lehrbuch der Zoochemie. Berlin 1853. p. 791. ttt) Bidder und Schmidt, Die Verdauungssäfto. Leipzig 1852. p. 125 und 212. H. Nasse Commentatio de bilis quotidie a cane »ecreta etc. Marb. 1851. Arnold, Die physiologlseh Anstalt Heidelbergs. 1858. p. 91.

Leber; Galle, Voräiulerlichkeit der Zusammensctzimg.

321

als bei genügender Brodualming (Arnold). Hierbei versteht man unter gentigender Nahrung eine solche, bei welcher das mittlere Körpergewicht sich gleich bleibt. 3) Die Galle verliert dm-ch einen längern . Aufenthalt in der Blase Wasser, und zwar in einem solchen Grade, dass die Blasengalle in 100 Theilen meist doppelt }0 viel festen Rückstand enthält, als die aus den Lebergängen auf- lufgefaugene. In der Blase ändert sich die braune Farbe der Galle n die grüne (Bidder, Schmidt). Auch soll sich in ihr die Grallensäure in harzige Produkte umsetzen (Mulder). 4) Der ff'assergehalt der Galle, welche bei Nacht abgesondert wird, ist itwas niedriger, als der am Tage gelieferte (H. Nasse). 5) Die ochwankungen , welche die Prozente des festen Rückstandes be- reffen, rühi-en vorzugsweise von einer Veränderlichkeit der organi- chen Bestandtheile her, während der Prozentgehalt an Salzen sich imnähernd gleich bleibt (H. Nasse). 6) Der Gehalt der Galle i.n festen Bestandtheilen steht in keiner nothwendigen Beziehung m der Geschwindigkeit der Absonderug, so dass z. B. der erstere II dem Grade abnimmt, in welchem der letztere zunimmt.

Die Schwankungen des Prozentgehalts der Galle an festen tiestandth eilen wechseln nach Bidder und Schmidt bei Säuge- niereu zwischen 1,2 bis 11,0 pCt.

Ueber die quantitative Zusammensetzung der schleimhaltigen lenschengallen besitzen wir Untersuchungen von Frerichs*) und ' orup **). Das Beobachtuugsmaterial bezog Gorup aus den (eichen zweier Hingerichteten.

Gallensaures Natron

Margarin und Olein . . Schleim- und Farbstoff

3MgO 3 CaO

POö

h

FeiO\i Spuren,

Frerichs.

Gorup.

85,92

89,81—82,27

. 9,14

5,65—10,79

0,26) . 0,92)

3,09— 4,73

. 2,98

1,45— 2,21

0,20\

0,25i

0,28> 0,77

0,63— 1,08

0,04]

' •) Schercr's Jnliresbericlit für physiologische Chemi« für 1846, p. HS. ") L. c.

Lnüwlg, Physiologie II. ü. Auflage. 2^

322 Geschwindigkeit der Gallenabsondorung. j

Diese Zahlen deuten zwar auf kein festes Verhältniss zwiscl den einzelnen- Stoffen der festen Bestandtheile hin, doch schein)! die Salze ungefähr wie die Gallensäuren zuzunehmen. Die an;i'l tische Methode der Galle, welche von Frerichs herrührt, sie bei Heintz *).

b. Geschwindigkeit der Gallenabsonderung. Wir verstel hierunter den Quotienten aus dem Lebergewicht in die Gall menge, welche während einer beliebigen (aber jedesmal fest setzten) Zeiteinheit aufgefangen wurde; dieser Ausdi-uck ist ai, auch gleichbedeutend mit der Galleubildung in der Einheit d| Leb erge wich ts. Wenn man nach einem Mittel sucht, um die verschiedenen Thieren gewonnenen Beobachtungen vergleichbar machen, so verdient der soeben aufgestellte allgemeine Maasssi jedenfalls den Vorzug vor dem gebräuchlichen Quotienten der Galla menge in das Körpergewicht. Denn es bildet sich nicht, wie z. B. mit der Kohlensäure der Fall, an allen Orten des Organ mus Galle , sondern nur in der Leber. Darum dürfte statt des G wichts der Leber nur dann da des Gesammtkörpers substituirt werde wenn ein bestimmtes Verhältniss zwischen diesen beiden letzt Gewichten nachgewiesen wäre; bekanntlich ist dieses, wie zu < warten, nicht der Fall**). Da nun aber gerade in den grün liebsten und ausführlichsten Beobachtungen über Gallenmenge, welc Bidder und Schmidt angestellt haben, das Lebergewicht fei und selbst da, wo es bestimmt wurde, dieses nach ihrer eigen Aussage nicht mit allen Cautelen geschah, so ist man für c meisten Fälle beschränkt auf den Vergleich zwischen den versch denen Absonderungsmengen eines und desselben Thieres.

Die Galle gehört zu denjenigen Säften, welche während c ganzen Dauer des Lebens gebildet werden, so lange die norn gebaute Leber vom Blut durchströmt ist. Sehr zu beachten ist « dass nach Abschliessung des Pfortaderblutes die Absonderung nie aufhört, vorausgesetzt, dass die Leberarterie noch wegsam (Gintrac, Ore, Andral, Frerichs)***). In den beobachtet Fällen bleibt es freilich wegen der von Devalez beschrieben Verbindung der Pfort- und Zwölffingerdannader ungewiss, ob all Pfortaderblut von der Leber abgeschnitten war. Die ünterbi

•) L. c. p. 930.

•*) Bidder und Schmidt, 1. c. p. 152.

***) Frerichs, Klinik der Leberliranliheiteli. 257. Ot6, Conipt. relid. 43. Bd. Sept. 1856. Bornard, Levons sur les liquides. II. Bd. 1859. 196.

Abhängigkeit der Gallenabsondoriing von der Nahrung.

323

dnng der Leberarterie bei Kaninchen scheint dagegen die Abson- derung Zinn Stillstand zu bringen (Kottmeyer)*). Für das Gegen- thcil wird Ledieu citirt, welcher nach Obliteration der Arterie beim Menschen die Absonderung fortdauern sah.

Die Absonderungsgeschwindigkeit der Galle ist jedoch beträcht- lichen Aenderungen untemorfen. 1) Fester Rückstand der Galle. ^ la) Nach gänzlicher Entziehung der Nahrung nimmt die Menge der- selben beti'ächtlich ab; aber selbst Katzen, die 10 Tage lang ge- hungert hatten, entleerten noch Galle. Arnold**), der am Hund die Gallenabsonderung von der 18. bis 42. Stunde der Hungerzeit ■Stunde um Stunde verfolgte, fand, dass der feste Rückstand auf- und »abschwankte; namentlich erreichte Morgens und Abends die Menge der festen Galle ein Maximum und Mittag und Mitternacht ein Minimum. b) Der Einfluss der genossenen Nahrung macht sich in der Weise >geltend, dass einige Zeit nach derselben die Absonderung der festen ! Gallenstoffe steigt und nach Verfluss von einer (Arnold) ***), von izwei bis vier (Voit) oder gar bis zu 14 Stunden (Bidder und •Schmidt) ihr Maximum erreicht und von da zuerst rascherund dann langsamer absinkt. Diese Unbestimmtheit für die Zeit des eintretenden k>faximums ist wahrscheinlicher Weise bedingt durch die Verdau- ilichkeit der Speisen und die Energie der Verdauungsorgane. Der iWerth des beobachteten Maximums steig-t mit der Menge der ge- onossenen Nahningsmittel, woraus diese auch bestehen mögen, rrorausgesetzt nur, dass sie befähigt sind, das Leben zu unter- hhalten (H. Nasse). Von einem sehr eingreifenden Einfluss er- weisst sich endlich die Art der Nahrung. Ganz unwirksam auf Ilie Steigening der Abscheidung ist der ausschliessliche Genuss von i't'etten (Bidder und Schmidt), so dass sich hierbei die Gallen- mbsonderung verhält, wie bei gänzlichem Nahrungsmangel; eine ivrein vegetabilische Nahrung (Brod und Kartoffeln) steigert die Ab- ■onderung weniger, als eine reine Fleischkost (Schmidt, Bidder,

i. Nasse, Arnold), mageres Fleisch weniger als fetthaltiges, Jnd ein Zusatz von Leber zur Nahrung scheint noch eingreifender

ils der von Fetten zu wirken (Bidder und Schmidt). Zusatz I 'On kohlensaurem Nntron (H. Nasse) oder Quecksilberchlorür

II. Nasse, Kölliker und H. Müller) f) zur Nahrung mindern

•) Zur Kenntniss der Leber. Wtirzbnrg 1867. Ledieu bei F r e r i c h a , 1. c. "*) Das physiologische Institut Heidelbergs. 1868.

"*) Zur Physiologie der Galle. Mannheim 1854. Volt, Physlolog.-cliom. Untersuchungen. ■Iburg 1857. p. 41.

t) Würzburger Verhandlangen. V. Bd. 231.

21

324

AbsonderungsgCBchwindigkeit des Gallenwassers.

den günstigen Einfluss anderer Speisen, Beim Uebergang v einer Kost zur andern tritt die entsprechende Wirkung dersclb nicht sogleich , sondern erst einen Tag nach dem Nahrungswechl hervor. 2) Die Absonderungsgeschwindigkeit des Wassers c| Galle ändert sich in dem Versuche von Arnold mit vollkommeri Entziehung der Nahrung ungefähr ähnlich, wie die der fest' Gallenbestandtheile. Nach dem Genuss von Wasser mehrt si auch das der Galle; der Zeitraum, welcher verfliesst zwischen d Eindringen des Wassers in den Magen und dem Erscheinen in d< Lebergang ist sehr wechselnd befunden worden. Ein Zusatz a anderthalbfach kohlensaurem Natron zum Wasser vermindert d| Ausscheidung dieses letztern durch die Galle (H. Nasse).

Hiermit ist die Aufzählung der Bedingungen für die GeschAMi digkeit des Absonderungsstroms der Leber zwar noch nicht beend«! aber sie kann nur durch die unbefriedigenden Worte weiter f gesetzt werden, dass entweder die Individualität des Gesami Organismus oder die der Leber ihn bestimmen helfe. Dass d erste nothwendig, ergiebt sich schon aus einer Ueberlegung d mitgetheilten Thatsachen ; denn die Nahrung wird, theilw eise wen i stens, dadurch von Bedeutung für die Gallenabsonderung werdi dass sie zunächst die Blutzusammensetzung ändert. Diese ist at nicht blos eine Funktion der Nahrung, sondern sie ist auch s hängig von den Zusätzen und den Verlusten, die dem Göfässinh: in den verschiedenartigen Organen des Körpers zugefügt werd« Insofern nun nicht in jedem Thier die Massen und Kräfte der V( schiedenen Organe in demselben Verhältniss zu einander steht muss auch das Resultat aus ihren Wirkungen verschieden ausfalle d. h. trotz gleicher Nahrung wird die Zusammensetzung des Blut und damit auch die Gallenabsonderung in verschiedenen Thier abweichen. Aus einer ähnlichen Betrachtung könnte nun aber au die Individualität des Lebergewebes abgeleitet werden, und ( unter dessen Einfluss die Gallenabsonderung vor sich geht, muss sich die Geschwindigkeit derselben auch mit den Besond( heiten der Leber verändern.

Um die Galle um enge zu erfahren, -welclie in der Zeiteinheit abgesondert wi legt man nach dem Vorgang von Schwann meist permanente Fisteln der Qallenljli an, nachdem man den gemeinschaftlichen Gallengang unterbunden hat. Die Beob« tung beginnt man erst dann , wenn die Wunde vollkommen veniarbt und die in Fol des operativen Eingriffs eingeti-etene Bauchfellentzündung gelioben ist. Bei Anwendp dieses allerdings unschätzbaren Verfahrens hat man zu berücksichtigen: 1) Der J schluss der Galle von dem Darmrohr verändert die Verdauung insofern, als sie <

t

Gallenfisteln; Bestimmung des LeborgowicLts.

325

Aufnalime der genossenen Fette iu das Bhit hindert oder mindestens erschwert ; zu- gleich aber wird die Galle , welche unter nonnalen Verhältnissen in den Darmkana^ ergossen und von dort wieder in das Blut zurückgeführt worden wäre, jetzt aus dem Itrcislauf des Lebens entfernt. Aus beiden Gründen magern die Thiore, vorausgesetzt^ dass man ihnen das Maass der im gewöhnlichen Leben hinreichenden Kost giebt, so beträchtlich ab, dass sie in Folge davon zu Grunde gehen. Man muss also, um diesen Ausfall zu decken, das Gewicht ihrer Nahrung steigern; aber eine einfache Deckung desselben scheint nach den Beobachtungen von Arnold nicht zu genügen , sondern es ,muss ein sehr beträchtlicher Ueberschuss gegeben werden. Wenn sich diese interessante ;Entdeckung bestätigt, so kann sie nur durch die Annahme erklärt werden, dass bei •der Anwesenheit der Gallenbestandtheüe im Blut der Stoffumsatz im thierischen Körper ilangsamer als bei ihrer Abwesenheit vor sieh geht. Daraus resultirt aber, dass die quantitativen Verhältnisse der Gallenabsondening nicht die normalen sein können. Arnold ist geneigt anzunehmen , dass sie wegen der reichlichen Fütterung gesteigert isein möchte. 2) Die Zustände der Leber oder des Körpers überhaupt scheinen sich sich während des Bestehens der Fistel allmählig dahin zu ändern, dass aus denselben ijine Verminderung der Gallenabsonderung resultirt; es ist also die Gallenabsonderung oei ein und demselben Thier zu Anfang und zu Ende einer länger dauernden Beobach- eungsreihe nicht vergleichbar (H. Nasse).

Diesen Uebelständen suchten Bidder und Schmidt dadurch aus dem Wege zu ^ehen, dass sie temporäre Gallenfisteln benutzten, indem sie einige Stunden nach der linlegung derselben, und namentlich bevor entzündlinhe Erscheinungen im Unterleibe iiingetreten , die Galle auffingen. So sehr es nach den vorliegenden Beobachtungen iilen Anschein hat, als ob dieses freilich nur für kurze Zeiträume verwendbare Ver- jähren die obigen Bedenken ausschliesst, so wäre es doch wünschenswerth , an einem iiind demselben Thiere beide Methoden zu benutzen, um sich von ihrem relativen \iVerthe zu überzeugen. 3) Der Ableitung und dem Auffangen der Galle aus der L-'istelöffnung muss endlich die grösste Aufmerksamkeit geschenkt werden. Wird sie dächt sorgsam entleert, und verstopft sich namentlich die Fistelölfnung , so dass der

ilt der Gallengefässe unter eine erhöhte Spannung kommt, so tritt ein Theil und . r Umständen die ganze Galle in das Blut zurück (Kölliker und Müller), so ilass aus der Fistel, selbst wenn sie nun eröffnet wird, gar keine Galle zum Vorschein r.ommt. Um diesen Ausfluss zu reguliren, sind verschiedene Canülen angegeben, unter ■'Tinn die von Arnold empfehlenswerth zu sein scheint, indem ihre Anwendung

\ ortheil gewährt, dass die ausgetretene Galle in einen vor Verdunstung geschützten

zu liegen kommt. Ein ganz eigenthümlicher Fehler wird in die Gallenbestim-

Ä noch dadurch eingeführt, dass der unterbundene und durchschnittene Gallengang häufig wieder herstellt, so dass sich dann die Galle ganz oder theilweise wieder n Darmkanal ergiessen kann. Im zweifelhaften Fall kann am lebenden Thier die \ K lierherstellung des Gallengangs ermittelt worden durch eine Injektion der Gallen- ' läse mit Wasser, in dem gefärbte Partikolchen aufgeschwemmt sind. Erscheinen

im Koth wieder, so war dfcr Gang natürlich wieder hergestellt; meistentheils i.stet den Dienst des eben vorgeschlagenen Mittels schon der Qallenfarbstofl'. ; Das Lebergewicht wissen wir bis dahin noch auf keine sichere Weise zu i iiaerm Zweck zu bestimmen ; es würde natürlich für die Bildung dos vorhin erwähnten |luotienton eigentlich nothwendig sein, entweder das Gewicht der Lebcrzellen für sich ' 1 kennen, oder die Leber jedesmal vor der Wägung in einen solchen Zustand zu ver-

';n, dass das Gewicht derselben jenen Zollen proportional wäre. Da nun aber aller

I

326

Zahlen über die Qallenmcngen

Wahrscheinlichkeit nach die Gewichte der Qallengäng - und Blutgefässhäuto mit detn der Leberzellen proportional steigen, so wäre nur dafür zu sorgen, dass der Inha. der Gallengänge und Blutgefässe yor der Wägung bis auf ein Minimum entfernt wird.]

Um eine Anschauung von dem Umfang der Absonderungs-Schwankungen zu ver- schaffen , welche oben erwähnt wurden , geben wir einige Zahlen ; wir beschränken uns, bei der Auswahl unter den vorhandenen auf die Beobachtungsresultate an Hunden und Katzen , weil nachweislich die Galle der Grasfresser anders zusammengesetzt ist , als die des Menschen.

Die folgende Tabelle ist nach Bidder und Schmidt entworfen; die Beobach- tungsthiere sind Katzen , die Fisteln temporäre , die Beobachtungszeit immer drei Stunden.

Citat

Termin der letzten

Beobachtete Menge.

Leber- gewicht.

Quotient des festen Rückst, in das Leber- gewicht.

Quotient de! Wassers in dos Leber- gewlcht.

des . Versuchs.

Fütterung v, dem Versuch.

Fester Rückstand.

Wasser.

2

2,5 St.

0,190 Gr.

2,751 Gr.

52,66 Gr.

0,0036

0,0522

A

4

iJ,U

0,364

6,893

a9,i

u^uuou

u,uoyo

5

2,0 St. V. Beginn d. Versuchs 100 Gr. Wasser ein- genommen.

0,362

3,574

85,6

0,0042

0,0417

7

12 St.

0,432

6,806

97,0

0,0044

0,0701

8

12

0,306

5,125

61,5

0,0050

0,0833

9

14

0,323

6,463

120,2

0.0027

0,0537

10

14

0,591

7,238

97,5

0,0060

0,0742

12

24

0,277

6,606

151,6

0,0018

0,0436

14

24

0,168

1,574

67,86

0,0025

0,0232

15

48

0,171

2,729

112,0

0,0019

0,0243

16

48

0,209

2,063

109,8

. 0,0019

0,0188

18

168

0,131

1,293

65,65

0,0023

0,0197

19

168 St. Thier schwanger.

0,081

1,415

120,0

0,0008

0,0139

20

240 St.

0,094

1,033

83,97

0,0010

0,0123

Sehen wir von Versuch 9 ab, welcher stark aus der Reihe fäUt, so führen di Eesultate dieser Beobachtungen auf die Behauptung, dass die Absonderungsgeschwin( keit der festen Gallenbestandtheile von der 2. bis zur 14., ja 17. Stunde nach der Essenszf im Waohsthum begriffen ist , dass sie von da ab aber absinkt und sich von der 24. bi 168. Stunde in annähernd gleichem Werthe erhält und von da bis zur 240. Stun« sich sehr allmählig erniedigt. Die Absonderung des Wassers geschieht dagegen nacl einem sehr unregelmäasigen Modus.

Die folgenden Beobachtungen sind (die vier ersten von H. Nasse, die letatc von Arnold) an Hunden mit permanenten Fisteln gewonnen; die Beobachtungszc. ist 24 Stunden.

nach Bidder, Schmidt, Arnold, Nasse.

327

Gewicht des Hundes.

f utter.

Rückstand

Wasser

Leb er- gewicht.

Quotient aus festem

UUCKStO, U.

Quotient aus dem Wasser u.

der Galle.

Leber- gewicht.

Lober- gewicht.

3,08 Kilo.

1,75 Kilo Fleisch.

6,74-2 Gr.

174,258 Gr.

299,5

0,0225

0,5818

3,54

Brod und Kartoffeln nach Belieben.

6,252 ,,

164,548

,, ,,

0,0209

0,5494

p

1,4 Kilo Fleisch.

6,168

167,234

0,0206

0,5583

3,89

0,78 Küo Brod.

4,490

104,110

0,0150

0,3476

J,75

0,75 Kilo Fleisch und 0,340 Kilo Wasser.

2,89

88,03

460,0

0,0063

0,1914

j,00

0,47 Kilo Brod und 0,45 Kilo Wasser.

2,64

60,38 ,,

,, ,,

0,0057

0,1313

Eine Vergleichung dieser Beobachtungen ergiebt ausser den im Text mitgetheilten lesultaten, dass die Absonderungsgeschwindigkeit in dem Hunde, ■welchen Nasse i-eobachtete , um das 3 bis 4 fache diejenige in dem von Arnold beobachteten Hunde Lbertraf. Der Grund ist theilweise wenigstens darin zu suchen, dass der erste Hund m einem Zustand starb, der mit grosser Magerkeit und Blutleere verbunden war, in ■'olge dessen wohl das Gewicht der Leber geringer ausgefallen ist; wahrscheinlich war »as Lebergewicht zur Beobachtungszeit, welche zu Beginn der ganzen Versuchsreihe f.el, beträchtlich höher gewesen*). Vergleichen wir nun aber auch den Arnold - [•eben Hund mit den von Katzen gelieferten Zahlen, so finden wis, dass die mittlere iigliche Absonderungsgeschwindigkeit der festen Bestandtheile bei Hunden das tägliche llaximum derselben bei den Katzen erreicht und übertrifft. Es muss dahin gestellt 1 leiben , ob dieses eine Folge der Verschiedenheit der Thiere oder der grossem re- iitiven Futtermenge ist, welche bei Anwesenheit permanenter Fisteln verzehrt wird, li'ie Geschwindigkeit der Wasserabsonderung ist bei Hunden sehr viel bedeutender, als «ei den Katzen.

Aus den neueren Mittheilungen von Arnold ist femer hervorzuheben, dass Kilogr. Hund täglich gab :

bei 58 Gr. Brodnahrung (auf den Kilo Thier) 9 Gr. Galle mit 0,26 Gr. Rückstand, bei 96 Gr. Kindfleisch 11,6,, 0,54 bei Eiemahrung . . . - 9 0,26

Berechnet man den festen Eückstand der Galle auf 100 Theile fester Nahrung, I) ergab sich, dass von 100 Theilen trockenem Eindfleisch 1,99 trockene Galle und >on 100 Theilen getrockneten Brodes 0,87 trockene Galle hervorgeht.

Der Versuch , aus den vorliegenden Beobachtungen an Thieren ÜB Geschwindigkeit für die Gallenabsonderung des Menschen ab- ixileiten, möchte freilich gewagt erscheinen; behält man aber im lUge, dass das Tagesmittel derselben auch bei Menschen, je nach

'•) Bidder u. Schmidt beobachteten n.A. unter sehr verschiedenen Bedingungen und zu den nrschiedcnsten Tageszeiten einen Hund 8 Woclien hindurch. Aus dem Vorsucli leiten sie ab, dass tir Hund im Mittel täglich 8,45 Rlicltgtand und 155,30 Wasser - entleert habe. Die Lober des "^90 Gr. schweren Thieros wog 278 Gr. Dieses würde einer AbsonderungsgeBchwindIgkeit von gar HOZW fUr die festen Stoffe und von 0,5625 filr das Wasser entsprociien.

328

Chemisoho Vorgänge in der Lebcrzello.

iE

i

Individualität und Lebensart, bedeutend schwanken mag, so kam man immerhin die bei Hunden beobaehteten Grenzfälle, welchi für die Absonderungsgeschwindigkeit der festen Bestandtheil == 0,0225 und 0,0057 waren, auch für solche annehmen, die ein mal beim Menschen vorkommen können. Um mit Hilfe derselbe] den absoluten Werth der täglichen Gallenmengc des Menschen ab zuleiten, hat man darauf nur nöthig, die obigen Zahlen mit de: mittleren Lebergewicht des Menschen (nach Huschke, offenba zu hoch, = 2500 Gr.) zu multipliciren. Das Ergebniss diese Operation würde sein, dass aus der Menschenleber täglich zwische . 13 bis 45 Gr. fester Substanz austreten. Da nun die Mensche gallen nach Frerichs und Gorup (nach Abrechnung von 1 bi bis 2 pCt. Schleim) zwischen 8 und 16 Procent fester Bestandtheil] enthalten, so würde die angenommene Menge des festen RUe Standes entsprechen einem Gallengewicht, das zwischen 80 un 600 Gr. liegt. Da nun aber die Galle, welche jene Analytiker zei legten, Blaseugalle war und diese nach Nasse ungefähr noc einmal so conzentiürt ist, als die Galle des Lebergangs, so würd man diese Gewichte verdoppeln können u. s. w. So schwanken unsere Grundlagen aber auch sind, sie flihren jedenfalls zu dej Ueberzeugung , dass die Masse von Flüssigkeit, welche aus de Lebergängen ausgeflihrt wird, keine sehr beträchtUche ist.

6. Chemische Vorgänge in der Leberzelle. Die Leberzell darf als eine chemische Werkstätte angesehen werden, dere Thätigkeit nicht allein an Umfang, sondern auch an. Art vei schieden ausfallen kann. Insofern man die Art der Umsetzun, in's Auge fasst, gewinnt es den Anschein, als ob sich zwei gan verschiedene , gegenseitig ausschliessende Vorgänge hier entwickel j könnten. Wollte man dieselben durch ihre Endproducte kenr zeichnen, so könnte man den einen Bildungsakt den von Galleun Zucker, den andern den von Leucin, Tyi-osin und Cystin nenner Diese Unterscheidung rechtfertigt sich durch die Erfahrung, dass i: dem Maasse, in welchem die ersten Stoffe in der Leber gefunde; werden, die zweiten darin fehlen und umgekehrt. Da der erst Vorgang der gesunde ist, so werden sich die folgenden Betracl tungen vorzugsweise auf ihn beziehen.

Die oft behandelte Frage, ob in der That die Galleusäure der Gallenfarbstoff, das Amyloid oder der Traubenzucker in de» Leber aus andern in sie eingeführten Atomen ihren Ursprun,:j nehmen, scheint tinbedingt bejaht werden zu müssen. FürdieEnfl

Chornische Vorgänge in der Loberzello.

329

itehmig der Gallensänre in unserm Organ erheben sich der Mangel m Gallensänre in dem zuströmenden Blut, und vor Allem das von {nnde entdeckte und von Moleschott bestätigte gänzliche Ver- chwinden der Gallenstoffe aus dem thierischen Körper, welcher lit ausgeschnittener Leber längere Zeit fortlebt. Für die Neubil- .ung von Gallenfarbstoff insbesondere spricht ausserdem noch die ilinische Erfahrung, dass nach einer chronischen Verödung der icberzellen die Darmentleerungen wenig braun gefärbt sind, ohne lass sich Gelbsucht einfindet (Frerichs). Die Entstehung der Kohlenhydrate (der löslichen und unlöslichen Amyloider, des Trauben- lückers, des Inosits und der Milchsäure) wird bezeugt durch die (enge von Traubenzucker, welche mit dem Lebervenenblut fort- i;römt, ohne dass überhaupt eine Zufuhr, oder wenigstens keine an (enge entsprechende, von Kohlenhydraten stattfände. Da nun ie zuckerreiche und gallenbildende Leber noch andere Stoffe , ins- !esondere Harnsäure, das der Zusammensetzung nach so nahe- tehende Hypoxanthin und auch Cholestearin enthält, so erscheint u annehmbar, dass auch diese Atomgruppen in der Leber rren Ursprung nehmen. Unzweifelhaft erschöpft diese Aufzäh- ing (Gallensäure, Gallenfarbstoff, Kohlenhydrate, Harnsäure, Hy- )3xanthin, Cholestearin (?) noch nicht die Reihe von Neubildungen ; ?;nn einmal haben wir Andeutungen dafür, dass der Leber ein eirmentkörper eigenthümlich sei , dann spricht die Erfahrung, dass Iis Lebei-venenblut wärmer als alles übrige ist, dafür, dass hier ssydationen irgendwelcher Art vor sich gehen, und endlich ist das !jrhalten der Fette in der Leber eigenthümlich genug, um es min- '.'Stens fraglich erscheinen zu lassen, ob sich nicht dort etwas beson- rres mit ihnen ereignet. Man könnte allerdings die Erfahrung, .sss nach dem Genuss von Fetten die Leber sich strotzend mit Besem Stoff füllt, darauf deuten, dass der feinkörnige Rahm des ttreichen Blutes in die Leberzellen filtrire, um so mehr, als be- inntei-maassen die Galle ein Beförderungsmittel für den Durch- rng der Fette durch wassergetränkte Häute ist; aber dieser Deu- ing stehen doch auch Hindernisse entgegen, denn das Fett er- iheint im Blut nicht in freien Tropfen, sondern umschlossen von wer mit Wasser durchfeuchteten Haut ; durch sie hindurch gelangt nicht in Anfänge der gallenführenden Kanäle, sondern in die m diesen eingeschlossenen Lebcrzellcn, und zwar dort in eine üssigkeit, mit welcher es sich nicht mischt, sondern gegen die es 'Opfenspannung entwickelt. Dazu kommt endlicli, dass das Fett

330

Chemische Vorgänge in der Leberzelle.

dort so mächtig werden kann, dass die ausgedehnten Zelici die kleinen Blutgefässe bis zum Verschwinden ihres Hohlraum zusammendrücken. Diese Thatsachen insgesammt thun dai dass hier zum mindesten kein Durchsickern des Fettes in Fol^ höheren Druckes von Seiten des Inhaltes der Blutgefässe stat; finden kann.

Zu den Stammatomen, aus welchen Taurocholsäure, Hanisäui und Zucker hervorgehen, müssen unzweifelhaft die Eiweisskörpei .gehören, da nur sie von allen Blutbestandtheilen Schwefel und s viel Sticktoff mitbringen, als zur Darstellung der Gallen- und Harr säure nöthig ist. Die Kohlenhydrate führen allerdings jene Ui Sprungszeugen nicht mit sich, aber statt dessen lässt sich gelten^ raachen, dass beim Fleischfresser kein anderes Atom reichlic genug vorhanden ist, um zur Entstehung von so viel Zucker Vei anlassung zu geben. Dann ist auch die Entstehung der Gallei säure an die des Leberzuckers sehr innig geknüpft, indem, wi wir schon sahen, Gallensäuren und Zucker zu derselben Zeit un in immer proportionaler Menge auftreten; so steigerte namentlic ein reichliclies Mahl aus Fleisch die Bildung des Zuckers und dt Galle zugleich. Woher der Gallenfarbstoff kommt, bleibt ungewiss man hat ihn aus dem Blutfarbstoff (Kühne) oder auch aus de GallensUuren (Frerichs und Staedeler) abzuleiten gesucht. Di Thatsachen, welche man zum Beweis bringt, werden bei der Au Scheidung des Farbstoffs und der Säure der Galle durch den Har besprochen werden. Wenn nun auch feststeht, dass die Eiweis; Stoffe in den vorliegenden Zersetzungsprozess eingehen, so bleil natürlich die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass sich nicht noc andere Atomgruppen, wie z. B. die Fette, an der Neubildung bi theiligen. Ob und wie dieses geschieht, wird sich erst darthu lassen , wenn einmal die Zusammensetzung sämmtlicher neuer Atom und das Mengenverhältniss , in dem sie auftreten, bekannt is Dann erst wird sich eine chemische Gleichung von wahrem AVerl entwickeln lassen. Um einen Fingerzeig für ihre Auffindung 2 gewinnen, wird es am nächsten liegen, annähernd die Menge vo Harnsäure und Hypoxanthin der Leber im Vergleich zu den nei gebildeten Kohlenhydraten zu bestimmen.

Selbstverständlich kann man nicht über Vermuthungen hinaul? gehen, wenn man Rechenschaft geben will von den Bedingungei|i welche jenen Umsetzungsprozess einleiten. Unter diesen dürfto*' aber wohl eine Kolle spielen die Fermente, welche in dem Gewel

Chemische Vorgänge in der Leberzclle. 331

ind dem Blut der Leber beobachtet wurden; diese Annahme geht üsotern über die blosse Wahrscheinlichkeit hinaus , als die Betbei- .gung der Fermente an der Umwandlung des Amyloids in Zucker rwiesen ist. Neben den Fermenten mischt sich unzweifelhaft der <auerstoffgehalt des Blutes ein , weil ohne ihn die durch die Wärme- dldung erwiesene Oxydation nicht möglich wäre; in der That ist mch, wenn man aus der Farbe schliessen darf, das Lebervenen- jlut sauerstofffrei. Unter diesem Gesichtspunkt gewinnt einmal das ilinströmen von arteriellem Blut in die Gefässe der Leberinseln tedeutung, und zugleich wäre es möglich, daraus zu erklären, rarum zur Verdauungszeit , wo das Blut in den Darm- und Drüsen- lapillaren des Unterleibs rascher und demnach noch sauerstoff- altiger in die Pfortader fliesst, die Gallen- und Zuckerbildung, issp. der Umsetzungsprozess in der Leber mächtiger wird. Diese mschauung scheint unterstützt zu werden durch die ganz ähnlichen lolgen, welche nach Durchschneidung der Gefässnerven eintreten.

Die Steigerung der Umsetzungen nach einer reichlichen Mahl- sit könnte 'man, wie es wiederholt geschehen, aber auch äarauf zurückführen, dass zu dieser Zeit die fermentirenden Säfte der Kopf- und Bauchspeicheldrüsen im Pfortaderblut reich- :cher vertreten seien. Keben den Wirkungen , die man aus der üufuhr des Sauerstoffs und des Fermentes ableitet, steht es aber roch fest, das der Blutstrom während der Verdauung geradezu och Stoffe in die Leber, die sich zur Gallenbildung zu eignen scheinen, ablagert, da nach Bidder und Schmidt sich zu dieser eeit das Gewicht der Leber mehrt; diese Gewichtserhöhung stellt (ch schon eine bis mehrere Stunden vor dem Eintritt der gestei- eerten Absonderung ein. Für einen in der Leber auftretenden i ährungsvorgang führt Bernard auch das von ihm beobachtete perschwinden bald nur des Zuckers und bald des Zuckers und imylons an, wenn die Temperatur des Thieres um mehr als 10 ^ ^ach oben oder unten von der normalen abweicht. Es wäre sehr ItrÜTischenswerth, auch das Verhalten der andern Leberbestandtheile iQter diesen Umständen zu untersuchen. Ob ausser der schon lagedeuteten Wirkung auf den Blutstrom die Nerven noch ander- feit in die chemischen Vorgänge der Leber eingreifen, ist unbe- lannt. Die Annahme, dass das Pfortaderblut sich noch durch i-ndere als Fermentstoffe an der Gallenbildung betheilige, />. B. durch ^estandtheile, die es aus der Milz u. s. w. mitführe, empfangt min- •estens keine Bestätigung durch die Erfahrung, dass nach langsam

332 Lcborlymphc.

voi'schreitender Verstopfung der Pfortader die normalen chemische Umsetzungen sogar bis zum Erscheinen des Diabetes melliti (Andral) bestehen können.

Seit wir durch die abschliessenden Versuche von Strecker über die Zusamme Setzung und Atomgliederung der Gallensäure aufgeklärt worden sind, hat man Versuche gemacht , die Atomgruppen genauer zu bezeichnen, welche sich an ihrer Ei stehung betheiligen. Man scheint mit Beziehung darauf allgemein der Ansicht zu se dass jede der beiden Säuren aus zwei Gruppen, die vorher getrennt waren, herv( gehen, einerseits aus der Cholsäure und anderseits aus Taurin oder Glycin. Die Cholsäure glaubt Lehmann *) aus der Oelsäure ableiten zu können , welc einen andern Atomcomplex (CiiHßOe) aufgenommen habe. In der That ist Oelsät (C3oH3303 + HO) + (Ci2H806) = CholsSure (CwKsflOa -j- HO) ; diese Annahme begr dete er durch die Beobachtung von Redtenbacher, welcher durch NO5 aus Cholsäure , gerade so wie aus der Oelsäure , alle Glieder der Reihe (C|,Hj) n04 von c Caprinsäure abwärts und daneben andere Produkte erhielt, die sich nicht aus d Oelsäure ableiten lassen, und u. A. auch ein solches, in welchem C, H und 0 ähnlichem Verhältniss stehen, wie in dem oben supponirten Paarling ; er macht aussi dem geltend, dass ein Zusatz von Fett zu den Nahrungsmitteln die gallenbilden Kraft derselben erhöht. Frerichs und Staedeler scheinen zu vennuthen , di das Glycin aus Tyrosin, dem bekannten Zersetzungsprodukto des Eiweisses, entstel Tyrosin (CisHtiNO«) = (C4H5NO4 + 2H0+ C14H8O4) ; Tyrosin haben sie aber, wie sch erwähnt, in solchen Lebern aufgefunden, deren Gallenbildung gehemmt war; scheinen zu vermuthen, dass der Abfall des Tyrosius in das Blut übergehe, denn sind Verbindungen der Salicylgruppe im Harn mit Sicherheit nachgewiesen.

7. Leberlymphe. Sie ist eine vollkommen wasserhelle Flüssij keit, welche gar keine Körperchen enthält (Kölliker) **). ist zuckerhaltig (Bernard), ob mehr als andere Lymphe, ist u bekannt. Dem Anschein nach sind die Gefässe zur Zeit der le haften Gallenabsonderungen strotzender gefüllt als sonst. Woh die Lymphe ihren Ursprung nimmt, ob aus dem Blut oder aus d Flüssigkeit der Leberzelle, ist nicht bekannt.

8. Ausfuhr der neugebildeten Stoife aus der Leber. Der Inhf der Leberzellen entleert sich mindestens nach zwei Seiten hi nach der einen, dem Blut, geht der Zucker und die sticksto reichen Bestandtheile, nach der andern, den Lebergängen Galle. Diese Scheidung erfolgt jedoch nicht zu allen Zeiten. Wei die Gallengänge gegen den Darm hin unwegsam sind, so tritt aul die Galle in's Blut über, und wenn das Blut sehr zuckerreich ijj so enthält auch die frische Galle Zucker. Der Uebergang Galle in die Gallengänge könnte durch Filtration geschehen. Uebergang des Zuckers in das Blut kann weder durch Filtratic

•) Physiolog. Chemio. 2. Aull I. Bd. 131.

Zeitschrift für wissenscliaftl. Zoologie. Vn. Bd.

Ausfuhr der neugebildeten Stoffe aus der Leber.

333

locli durch gewöhnliche Diifusion vor sich gehen. Denn nach ilossler ist selbst dann noch die Galle zuckerfrei, wenn selbst licht imbeträchtliche Mengen von Zucker in dem gesammten Blut mthalten sind. Verbreitete er sich auf dem Wege der Diffusion der Filti-ation , so müsste er gleichzeitig in das Blut und die Galle ingehen. Einmal in die letztere Flüssigkeit gelangt, könnte er icht aus ihr bis zum vollständigen Verschwinden in das Blut lurückkehren , denn dann würde er in den von Mo ss 1er beobach- Bten Fällen aus der verdünnteren in die dichtere Lösung diffun- iiren. Man sieht sich also genöthigt, an eine Anziehung zu denken, Ae auf irgend eine Weise vom Blut ausgeht.

Der Zucker tritt mit dem Lebervenenblut in das Herz und von :oi*t in die Lungen. Auf diesem Wege verschwindet er rasch, so ass oft schon in dem linken Herzen nur noch Spuren desselben »achweisbar sind, wenn nicht grosse Mengen von Zucker aus der teber ti-aten (Cl. Bernard, Pavy).

Die Galle kommt in die Lebergänge und wird in diesen reiter befördert durch die Kräfte, welche sie in den Anfang der- jjlben einpressten. Wir sind zu dieser Vermuthung gedrängt durch iie AbAvesenheit von Muskelfasern in den Wänden der Gänge , oder iit andern Worten durch die Unmöglichkeit, den Strom durch die iänge anders zu erklären. Anders verhält es sich mit dem llaseninhalt; er kann nicht durch die von den Wurzeln der Leber- fifässe herrührenden Drücke aus ihr gepresst werden. Man ist äirum geneigt, ihrer Muskelschicht die Austreibung der Galle zu- Mschreiben, und zwar um so mehr, als man zuweilen wenig- ceus Zusammenziehungen derselben gesehen hat (H. Meyer*), .. Brücke)**). Jedenfalls geschieht aber diese Zusammen- Eehung in grossen Intervallen, ähnlich den Darmmuskeln. Wie ) scheint, fallen die Zeiten lebhafter Gallenabsonderung zusammen iit denen der erhöhten Erregbarkeit in den Blasenniuskelu; denn i fanden Bidder und Schmidt***) die Blase bei hungernden ihieren immer gefüllt, bei gefütterten dagegen leer. Auch kann tn heftiger Druck auf die Bauchmuskeln die Gallenblase entleeren, ^rerichs fand sie bei Hunden, die an Erbrechen gelitten. Ilaer leer.

•) De imisculln In ductn effer. glanduliir. Herollnl 1837. p. 2!) *) Sitzungsberichte der Wiener AknUeinie. IHfil. 420. '*) L. c. p. 2U».

384

Lobersohleim.

Die Galle gelangt nun weiter aus den Gängen in den Da kanal. Hier geht abermals eine Scheidung mit ihr vor; die gall sauren Salze, die Fette, zum Theil der Farbstoff, die alkaliscl Mineralsalze und das Wasser gehen in das Blut über, der and Theil des Farbstoffs, das Cholestearin (?) und die mit dem Schleim verbundenen Erdsalze werden mit dem Faeces entleert. 1 in das Blut tibergegangene Theil unserer Flüssigkeit tritt zum Th(J im Hanl aus, insbesondere begegnet dieses dem Farbstoff und > Gallensäure, wenn sie sehi- reichlich im Blut vorhanden sind, z. B. bei Gelbsucht und nach Einspritzung einer Lösung krystallinischer Galle. Für gewöhnlich werden sie im Blut rat zerlegt, so dass es nicht gelingt, sie dort aufzufinden. Dage, finden sich Producte dieses Umsetzungsprozesses , und zwar Tau in dem Lungen- und Nierengewebe (Cloetta)*) und Hippursä im Harn, welche dadurch entstand, dass sich das aus der G cocholsäure abgespaltene Glycin mit der vorhandenen Benzoesäi paarte (Ure, Wöhler, Frerichs, Kühne, Hallwachs)'' Wenn die Benzoesäure in nicht genügender Menge vorhanden, so m das Glycin auf einem andern uns unbekannten Wege verschwind Die aus der Tauro- und Glycocholsäure abgespaltene Cholsä bleibt wahrscheinlich in Verbindung mit dem Natron und geht kohlensaures Natron Uber (Kühne) ***). Eine andere l Setzung der Gallensäuren vermuthen Frerichs f) undStaedel sie sollen sich zu Gallenfarbstoff umwandeln, der mit dem H (siehe diesen) austritt.

8. Der Leberschleim. Der Saft, welchen die Schleimdrü in die Lebergänge und Gallenblase ergiessen, mengt sich für wohnlich mit der Galle, und somit ist es bis dahin unmöglich wesen , seine Zusammensetzung und seine Absonderungsverhältn: zu ergründen. Um Beides mögUch zu machen, wäre es nöthig, den Blasengang zu unterbinden und darauf eine Blas fistel anzulegen; es dürfte sich dann leicht herausstellen, ( mancherlei Veränderungen in der Absonderung, die man jetzt die Vorgänge in den Leberzellen schiebt, in den Schleimdrü begründet sind; namentlich deutet die stärkere Anschwell der Blasenblutgefässe zur Zeit der Verdauung (Bidder

•) Journal für prakt. Chemie. G6. Bd. Archiv für patholog. Anatomie. XII. Bd. •••) Ibidem. XIV. Bd. t) Klinik der Leberkrankheiteii, I. Bd. 404.

Ernähi'ung der Leber.

335

Schmidt) darauf hin, dass auch dann diese Drüsen rascher ab- sondern.

Das Wenige, was wir von dem Schleimsaft wissen, beschränkt sich darauf, dass er, wie die ihm verwandten Säfte, einen Körper enthält, der alkalisch reagirt (Bidder und Schmidt*) und die Eigenschaften und die Zusammensetzung des Mucins (Gorup)**) rägt. Da er mit der Galle in den Darm entleert wird, so theilt :;r doit die Schicksale des übrigen Darmschleims.

9. Ernährung der Leber. Beim Fötus nimmt den Ort der [.päteren Leber zuerst ein kleines, mit dem Darmrohr communi- i;ii-endes Hohlgebilde ein, dessen Wandungen aus verschiedenen ^ellenlagen bestehen, von denen die eine in die Epithelialschicht jnd die andere in die Zellenfaserschicht der Damwandung über- seht ; an der einander zugekehrten Grenze beider Lagen treten mit uem steigenden Alter des Fötus aus der Epithelialschicht neue ilellen auf, welche, indem sie sich zu netzförmig verbundenen i.{älkchen anordnen , die ebenfalls an Zahl zunehmenden Zellen der ?aserschicht vor sich hertreiben, so dass diese letztem immer die lusseren Flächen der Epithelialschicht umkleiden. Aus den Bälkchen vehen die Gallengänge und Leberzellen, aus den umkleidenden Mellen die Nerven, Gefässe und das Bindegewebe der Leber hervor IBischoff, Remak), Beim Wachsthum der Leber verhalten iich die Gefässe und das Bindegewebe derselben, so weit be- ;annt, wie an allen anderen Orten; wie sich dagegen die Um- ungszunahme der Leberzellenregionen gestaltet, ist noch nicht hin- ejichend klar; am wahrscheinlichsten ist es nach den Messungen (on Harting allerdings, dass nicht die Zahl, sondern der Umfang fer Zellen zunimmt. Denn es verhalten sich nach ihm die Durch- ^.lesser der Leberzellen des 4 monatlichen Fötus zu denen des Er- rrachsenen wie 1 : 4.

Die Veränderungen, welche die festen Bestandtheile der aus- gewachsenen Leber und namentlich die Wandungen der Gefässe Weiden, scheinen, in Anbetracht des reichlichen Capillarnetzes laf ihnen, nicht unbeträchtlich zu sein. Dieser Schluss ist aller- rings gewagt, da das arterielle Blut der Leber auch in die Capillaren »er Schleimdrüsen eingeht. Der Umfang der Leber wechselt bei linem und demselben Erwachsenen, wie es scheint, nicht unbe-

' •) L. c. p. 214. « '••) Lieblg, Aonaleii. 69. Bd. 102.

33ß EmäliruTig der Leber. SpeicheldrüBen.

trächtlicli ; namentlich nimmt sie beim Hungeiu ab und bei Mästung sehr zu.

Hierüber giebt folgende Zusammenstellung Aufschluss:

Beobaclittingsgogenstnnd.

Mann von 27 Jahren . .

,, 36

>) )> 25 ,, . .

Frau 33

Katzci

11

»j

)>

Bei chronischem Hunger, wie ihn Strioturen des Oesophagus mit sich bring nähert sich nach Frerichs das Yerhältniss mehr wieder der Norm; er fand im Mit von 4 Fällen = 1 : 29,5.

Der Zusammenhang zwischen der Umfangsänderung und d G-allenbildung ist schon erwähnt; ebenso dass bei einer Auhäufu des Fettes im thierischen Körper der Inhalt der Leberzellen si beträchtlich mästet*), und zwar so weit, dass die durch F weit ausgedehnten Zellen die Blutgefässe zudrücken. D öfter ausgesprochene Annahme, dass die Lebei-zellen, welche die Gallengänge grenzen, aufgelöst und an ihrer Stelle neue gebild werden, entbehrt vorerst noch der Begründung, die um so me uöthig, als die Leberzellen der Säugethiere in Galle unlösli sind (Kühne).

Speicheldrüsen.

1. Anatomischer Bau. Ein Abguss der Speicheldi-üsenhöhl besitzt bekanntlich eine grosse Aehnlichkeit mit einer sehr die und feinbeerigen Weintraube (E. H. Weber, Joh. Müller). Grösse derselben, oder was dasselbe bedeutet, die Zahl der Beer und die der Nebenstiele, welche in den Hauptstiel einmünden, sehr veränderlich. Die Röhrenwände bestehen in den Endbläsch aus einer sehr feinen, durchsichtigen Grundhaut und einem E thelium. Die Zellen des letztern , welche man Speichelzellen nenn könnte, sitzen dicht gedrängt und sind liberall kugelig, kernhal" Sie füllen die Höhle des Blächens fast vollkommen aus. In

Zeit nach der I. Mahlzelt In Stunden.

Verhältnisszahl zwischen Leber- und

Körpergewicht.

Xurz nach der Mahlzeit.

1 : 26,5

)j ») )) jt

1 : 37

72 Stunden.

1 : 40

168 .

1 : 50

3

1 : 30

12—15 Stunden.

1 : 25

24-48

1 : 31

168 Stunden.

1 : 37

Beobachter

Frerichs.

Bidder

und Schmidt.

*) Loreboullct, Mdmoiro sur la structure intime do la foio etc. Paris 18G3.

niut und Blutstrora in der Speichel-, insbesondere der Unterkieferdrüse. 337

'arotis weicht ihr Inhalt von dem in den übrigen Speicheldrüsen ttwas ab, es fehlt ihm das körnige, getrübte Ansehen, und er FÜ-d durch Wasser und Essigsäurezusatz nicht gefällt (D o n d er s ) *). n den grössern Drüsengängen ist die Grundmasse der Wand aus lastischem Bindegewebe gebildet, in das meist sehr sparsame und ar in den ünterkieferdrüsengängen häufigere Muskelzellen ein- estreut sind (Kölliker). Die Epithelialzellen der grossen Gänge esitzen einen viel geringeren Durchmesser als diejenigen der End- iäschen. Man könnte die letztern Speichel bellen nennen. i»ie Arterien der Speicheldrüsen verästeln sich auf den Bläschen ar Bildung eines weitmaschigen Netzes. Die kleinsten zuführenden rterien sind mit sehr kräftigen Muskellagen versehen. Nerven- dden erhalten die Speicheldrüsen aus den nn. trigeminus, facialis, vmpathicus ; in ihrem Verlauf durch die Drüse sind sie mit Ganglien- lageln belegt; die Primitivröhren verästeln sich auf ihi-em Verlauf lie in den Skeletmuskeln (Donders). Ihre Enden sind der ana- I mischen Zerghederung noch unbekannt; der physiologischen Er- Ihrung zufolge verzweigt sich der Sympathicus in den Gefässmuskeln Ozermak, Cl. Bernard).

Die chemische Kenntniss der Speicheldrüsen beschränkt sich rif die Notiz, dass das Gewebe Leucin und Schleimstoffe enthält Btaedeler).

2. Blut der Speichel-, insbesondere der Unterkieferspeicheldrüse. Tährend der bestehenden Speichelabsonderung wurde Blut aus den iiiträchtlichsten Diüsenvenen und zugleich aus einem den Drüsen- tterien benachbarten Zweig der Carotis aufgesammelt. Das erste nthielt 74,6, das zweite 78,0 pCt. Wasser. Das Blut kam aus

vVene hellroth hervor; es hatte also sehr rasch die Drüse durch- It, C. Bernard**). Während der Absonderung des Speichels |:eigt die Temperatur des Venenblutes (,C. Ludwig).

I Der Unterschied von 3,4 pCt. Wasser im arteriellen und venösen Blut dürfte rr aus einem ungleichen Köri)erchengehalt beider Blutadern zu erklären sein.

3. Der Blutstrom durch die Speichel-, insbesondere die ünter- .cferdrüse. Ueber die Veränderungen des Strombettes von den ^•terien durch die Capillaren zu den Venen und von dem absoluten ;'erthe der Geschwindigkeit Und Spannung in den einzelnen Ab- I eilungen ist nichts bekannt. Die starken Muskellagcn der kleinen ['rterien können Veranlassung zu wesentlichen Aenderungen des

'j Onderzooklngcn gedan In het pliyslol. laborat. Utrecht 1852—53. p. 61. '•) Le^ong 8Ur Ic» liquides. I. Bd. 362. - Lndwig, Pliysiologie II. 2. Auflage.

338

Speichelbestandtheilo der Untcrkieferdrüsc.

Stromquerschnittes geben , welcher die Capillaren speisst. NameJI lieh weist CI. Bernard nach, dass während der Reizung M Sympathicus das Blut aus den Hauptdrlisenvenen nur sehr langsÄ und dunkelroth, nach Durchschneidung jenes Nerven aber rasi und hellroth kommt. Bei Reizung des ram, lingualis strörpt dl Blut rasch und hellroth, und, wenn noch gleichzeitig der n. sympalp durchschnitten ist, oft selbst pulsirend aus der Vene.

Beispielsweise füti-t Bernard*) an, dass während der Reizung des n. lingi das Blut aus der Drüasnvene um 4 mal rascher ausgeflossen sei, als bei Buhe selben. Die Erscheinungen bei Reizung und nach Durchschneidung des n. sympathii erklären sich auf_ bekannte Weise. Die Gcfässerweiterung auf Reizung des n. lingu ist schwieriger z erklären . weil uns eine Muskulatur , welche vermöge ihrer Zusamm Ziehung die Gefasse erweitert, unbekannt ist; die Erklärungsgründe können also nur Erschlaffung der Kreismuskulatur berücksichtigen ; diese aber könnte eingeleitet wer entweder durch eine ähnliche Beziehung des ram. lingualis zu den Circularmusk wie sie der Vagus zum Herzen besitzt, oder durch die Temperaturerhöhung, wel nach Reizung der Nerven im Blut und in der Drüse eintritt (?). Bernard, die erste Erklärung hinstellt , glaubt , dass ununterbrochen von beiden Nerven T kungen auf die Gefässe ausgehen und dass in Folge dessen ein Gleichgewicht eintr welches jedoch zu Gunsten bald dieses und bald jenes Nerven aufgehoben werde.

4. Speichel. Er gehört, wie im Voraus zu bemerken, den Säften, welche nur dann fliessen, wenn die zur Drüse gehenc Nerven geradaus oder reflectorisch gereizt werden (C. Ludwig Die qualitative chemische Zusammensetzung des Speichels aus c verschiedenen Speicheldrüsen stimmt allerdings zwar in den meist aber nicht in allen Stücken überein.

a. Der Speichel der Unterkieferdrüse**) enthält unter al Umständen Wasser, Mucin, einen eiw eissartigen Extraktivstoff, desE Eigenschaften von der Darstellungsart (nach Berzelius, Gme oder G. Mitsclierlich) abhängig sind***), einen in Alkohol 1 liehen Exti-aktivstolf, eine Kaliseife, Chlorkalium, Kochsalz, phosph saure Salze, Rhodankalium und Wasser, zuweilen fiihrt er ai schwefelsaures Kali. Die quantitative Mischung f) des Speich ist veränderlich: 1) mit der Zeitdauer der Reizung, resp. ( Speichelabsonderung. Beginnt nach einer längern Ruhe die Speiet absonderung wieder, so ist jedesmal der erste Tropfen dui Molekularkörnchen getrübt. Hält man die Absonderung eine Stui und mehr im Gange und fängt den in je 10 oder 15 Minuten a

») Le90ns sUr Ies liquides, n. Bd 270. *») B 1 (1 d e r und .Schmidt, Verdanungssüfte. p, *•») Lehmann, pliysiolog. Chemie. U. Bd. 17. t) Ilcintz, Zoochemie, p. 827.

Veränderung der Speichelbestandtheilo der Unterkieferdrüse. 339

retendeu Speichel gesondei-t auf, so findet sich, dass der im Be- !;inn einer solchen Speichelungsperiode austretende Saft reicher an «steu Bestandtheilen ist, als der später erscheinende ; es nimmt also oit der Dauer der Speichelung der prozentische Gehalt an festen {estaudtheilen ab. Diese Verdünnung unseres Saftes ist vorzugs- weise bedingt durch die Verminderung der organischen Bestand- üeüe; denn diese werden in einer langen Speichelungszeit bis zur lälfte oder zum Viertel des ursprünglichen Gehaltes herabgedrückt, /ährend der Salzgehalt sich entAveder gar nicht, oder jedenfalls im viel weniger als die Hälfte, verändert (C. Ludwig, Becher)*). ) Diese Erscheinung muss abhängen von irgend einer Aenderung, reiche in der Drüse durch die Absonderungsdauer eingeleitet wird, t'cnn wenn man erst die Drüse einer Seite so lange reizt, bis der msfliessende Saft arm an organischen Bestandtheilen geworden ist lad dann mit der Reizung der Drüse an der andern Seite beginnt, ') gewinnt man dort anfänglich einen Speichel , der eben so reich II organischen Bestandtheilen ist,, wie es der Anfangsspeichel der aerst gereizten Drüse war, und es nimmt mit dauernder Reizung isr verbrennliche Rückstand gerade so ab, wie vorher an der bsten Drüse (Setschenow, C. Ludwig). 3) Die Zusammen- rtzuug ändert sich mit dem gereizten Nerven**). Nach Bernard, (ckhard und Adrian ist Speichel, der nach Reizung des Sym- lathicus abgesetzt wird, zäher als der, den die Reizung des ucialis und Trigeminus hervorbringt. Der auf Geschmacks- Iflexe ausfliessende Speichel soll weniger zäh sein als der durch ee direkte Reizung des ram. lingualis ausfliessende (B er nard) ***). Mit einer bedeutenden Steigerung des Kochsalzgehaltes im Blut PBhrt sich der Salzgehalt des Speichels um ein Geringes ; die tganischen Bestandtheile erhalten sich unverändert. Auffallender ''eise erleidet dagegen die Zusammensetzung des Speichels keine merkliche Veränderung durch eine beträchtliche Vermehrung der K'ozentischen Menge des Blutwassers, welche man durch eine Ein- »■iritzung von Wasser in die Venen erzeugt hat (E. Becher, I Ludwig). 6) Ebenso unabhängig ist auch die Zusammen- ftzung von der Absonderungsgeschwindigkeit; der in der spätem niit der Speichelungsperiode gewonnene Speichel ist immer äimer

*) E. Becher und C. Ludwig, Hcnle's Und Pfcüfer'a ZelUchrift. N 1- Bd. 278. ■*•) Bernard, Le(;oii« sür les liquide». 1859. II. Bd. 276.— Eckhard, BeitrBgo zur Anatomlü J Physiologie, n. Bd. p. 86. *•**) 1. c. p. 261.

22*

340

Ohr-, Uiitei'zungen - und Munddrüsenspoichel.

an festen Theilen als der früher abgesonderte, gleichgiltig ob der eine oder der andere rasch oder langsam, also bei grosserer oder geringerer Nervenerregung abgesondert wurde (C. Ludwig, Setscheno w).

Nach den bis dahin bekannt gewordenen Bestimmungen schwanken beim Hunde in 100 Theilen: der Rückstand von 1,98 zu 0,39, die Salze von 0,79 bis 0,24, die organischen Bestandtheil« von 1,26 zu 0,15. Ein Speichel von annähernd mittlerer Zu- sammensetzung enthielt nach C. Schmidt: Wasser = 91,14; organische Stoffe = 0,29; Ka und Na Gl = 0,45; Kalksalze = 0,12,

b. Der Speichel der Ohrdrüse unterscheidet sich von dem vor- hergehenden nur dadurch, dass er Harnstoff (Poiseuille und Gobley) *) und kohlensauren Kalk enthält, während er di Mucin entbehrt (Gurlt); darum fehlt ihm der fadenziehend Aggregatzustand; seine quantitative Zusammensetzung zeigt ebei falls grosse Variationen; eine derselben besteht darin, dass durd dauernde Absonderung das spezifische Gewicht erniedrigt, durd Ruhe aber erhöht wird (Lehmann) **). Nach Mitscherlic bewegt sich beim Menschen der Prozentgehalt der festen Stoffe voi 1,6 zu 1,4, von diesen letzteren waren 0,9 verbrennlich und 0,5 ui< verbrennlich ; beim Hunde schwankt nachGmelin und Mits eher; lieh der Rückstand zwischen 2,6 bis 0,5 pCt. lieber das ur*' gefähre Verhältniss der Salze zu einander giebt die nachstehend' Analyse von C. Schmidt Rechenschaft: Wasser = 99,53; orgai Stoffe = 0,14; Ka und Na Gl = 0,21; GaOG02 = 0,12.

c. Der Speichel der Unterzungeudrüse enthält, wenn er durd Druck entleert wird, die sogen. Speichelkörperchen, kleine, kugelig( gekörnte, kernhaltige Zellen (D onders) ***).

d. Mundspeichel. Der Speichel der Sublingual-, Lingual Lippen- und Backendrüsen ist noch nicht gesondert untersucl worden. Trotzdem lässt sich aussagen, dass seine Zusammei Setzung nicht wesentlich abweiche von derjenigen der untersuchte] Speichelsorten, weil nämlich der Mundspeichel, oder das Gemen] aus den Säften aller Speicheldrüsen, wie es aus der Muudhö' gewonnen werden kann, annähernd gleich mit jenen constituirt is| Die einzigen wesentlichen Unterschiede, die sich finden, besteh« nach Berzelius, Gmelin, Schmidt, Frerichs, L'h6ritie|

•) Compt. rend. Bd. 49. p. 164. ••) Physlolog. Chemie, n. Bd. p. 12. »•) Physiologie des Meuschen. Leipzig 185C, 1. 181.

Ungewöhnliche Speichelbostandtheile , Speichelwärme.

341

id Lehm ann darin, dass der Mundspeichel losgestossene Epithelial- illcn der Mundschleimhaut (Speichelzellen) und phosphorsaures a,tron enthält.

Der Mundspeichel, welchen man zu A^erschiedenen Zeiten auf- ngt, kann nach den schon mitgetheilten Erfahrungen nicht gleich- ■tig zusammengesetzt sein; dieses haben in der That Cl. Bernard, Schmidt, Wright und Donders bestätigt. Donders*) it den Speichel der Mundhöhle vor und nach dem Fressen auf- äfangen und aus der Analyse desselben das unerwartete Resultat halten, dass der erstere weniger feste Bestandtheile enthielt als ür letztere. Ebenso giebt Wright an, dass der menschliche «eichel nach dem Essen specifisch schwerer sei als vor demselben.

In 100 Theilen wechselt sein fester Rückstand zwischen 1,35 15 0,35.

Ungewöhnliche Speichelb estandtheile. Wenn man in das Blut Jodkalium bringt, zeigt sieh dieses im Speichel wieder, und zwar sehr bald (Cl. Bernard)**). itlaugensalz kommt unter gleichen Bedingungen nicht in ihm vor (Saugst edt***), Bernard). Wurde das Blutlaugeusalz in die Höhlung der Speicheldrüse selbst ([gespritzt, so verschT^;and es nach kurzer Zeit (Cl. Bernard). Zucker geht nie- lis in den Speichel über, selbst nicht bei Diabetes (Cl. Bernard).

5. Speichelwärme. Der nach Reizung des ram. lingualis aus rr Unterkieferdrüse fliessende Speichel ist mit dem Thermometer !) zu 1,5'' C. wärmer gefunden worden als das im Ursprung der (derseitigen Carotis fliessende Blut; der Temperaturunterschied zu unsten des Speichels war um so grösser, je rascher derselbe aus ^ Gange floss (C. Ludwig, A. Spiess).

I Bei der Messung der Temperaturen wurde auf folgende Weise verfahren (siehe istehend Fig. 52):

'•) Onderzockingen gedan in het physiologish laboratoriam. Utrecht. 1852—53. p. 66. •"•) Le^ons 8ur les liquides etc. II. 250.

Friedleben, die Physiologie der Thymusdrüse. 1858. 98,

342 Bestimmung der Speichelwärme ; Absonderungsgeschwindigkeit des Speichels.

Fig. 52.

Der Hg -Behälter ein feinen, in Vio" getheili Thermometers a wird den senkrechten Schenkel des X förmigen Röhrchei eingesetzt. In den voj Thermometergefäss freigc lassen en fast capilläre Baum dieses Schenkel dringt der Speichel au dem Arm c, der in da Drüsenende des Ganges ga bunden ist, und er fliess aus dem gebogenen Ann weiter. Der Arm e de horizontalen Schenkels ia ein solider Stift, der i das Mundende des Speiche] ganges eingebunden wird um die Lage der Canül zu sichern. Ein zweitei genau mit dem Speichel thermometer verglichena Wärmemesser wird in di Carotis bis zum Brustbeil eingeschoben und dort eii| gebunden. Die zahlreicheji Vorsichtsmaassregeln , dj| dieser Versuch verlangl werden an einem ander ^' Orte TeröfTentlicht werdei ;

6. Absonderuüga geschwindigkeit Speichels. Der Spe chel fliesst aus de Drüsen -Bläschen dieAusfiihrungsgän nicht zu allen, so: dern nur zu gewissei Zeiten über. Insofern darf man die Absoii derung eine periodi sehe nennen. Ei könnte jedoch auc^.

Absonderungsgescliwindigkeit des Speichels.

343

öglich sein, dass während der sogen. Speiclielruhe ein oder ehrere Stoife aus dem Blut in den Driisenraum abgesetzt würden, te dort so lange venveilten, bis sie von dort mit Hülfe derjenigen loeichelbestandtheile ausgewaschen würden, welche nur zeitweise ds dem Blut abgeschieden werden. Dann würde man sagen, die )bsonderung einzelner Speichelstoffe ist eine zwar langsame, aber ;etige, diejenige anderer eine raschere, aber nur zeitweilige. Ist fese letztere Unterscheidung begründet, so müssen alle oder !3nigstens Antheile der organischen Stoflfe zu jenen gehören, welche >stig abgesondert werden, während das Wasser und die alkalischen ;entralsalze die zeitweilig erscheinenden Stoffe sind. Die so eben cngestellte Annahme findet ihren bedeutendsten Rechtfertigungsgrund

der Thatsache, dass die beim Beginn des periodisch eintretenden Deichelausflusses hervortretende Flüssigkeitsmenge in 100 Theilen tcher an organischem Rückstände sind, als die später hervor- Ihenden; somit könnte man annehmen, dass die zu jener Zeit in ;e Drüse tretende Salzlösung den schon früher vorhandenen lös- ihen organischen Stoff ausgewaschen hätte. Dabei bleibt es aber odenklich, dass die Ausflussgeschwindigkeit des Speichels aus den iingen, oder anders ausgedrückt, dass die Zeit des Verweilens ]ier Lösung in den Drüsenbläschen ohne Einfluss auf die Zu- immensetzung ist. Jedenfalls ergiebt sich aber aus dem Vor- ühenden, dass die Ausscheidung der organischen Stoffe einerseits id die der Salze und des Wassers anderseits nicht mit gleicher !;sch windigkeit erfolgt und dass uns nur über die Absonderungs- sschwindigkeit der letzteren etwas auszusagen möglich ist.

Die Absonderungsgeschwindigkeit des Wassers und der Salze

abhängig von einer bestimmten, aber noch nicht näher be- i .nnten Anordnung der Dräsenelemente, der Zusammensetzung des rats und der EiTegung gewisser Nerven (C.Ludwig)*), a) Die s^rven, deren Ei-regung die Absonderung beeinflusst, verlaufen im m. III. n. trigemini (ram. lingualis, auriculo-temporalis (?) Hahn) **) und mylohyoideus (Gl. Ber n ard) ***); ferner im

facialis (chorda tympani, rami parotidei posteriores) (Rahn)

•) Henic's und Pfeufor's Zeitachrlft. Zweite Folge. I. Ü56. "») ibidem. 285.

Le^ons gur ll'uiides. II. Bd. 303. Der l)OrUlimte Pariser Akademiker boschreibt seit Jahren -suche, welche längst vor Ihm von Dr. Rahn in meinem Laboratorium ausgeführt sind. T Bernard, wie er wiederholt gezeigt, einen feinen Sinn fUr literarisches Eigenthum besitzt,

l««nn «ein Stillschweigen Uber die waliren Urheber jener Versuche nur aus «einer Unbekannt-

aft mit jenen Beobachtungen abgeleitet werden.

344

Absondoruiigsgoschwindigkcit des Speichels.

und im Halsstrang des n. sympathicus (C. Ludwig, Czermak ; im nervus glossopharyngeus (Kahn). b) Von diesen Nerven wirki einige geradezu auf die Drüse , d. h, die Absonderung wird hei-vr. gerufen, auch wenn ihr vom Hirn oder RUclcenmark getrennl Stamm gereizt wird; die hier gehörigen Nerven verlaufen in d Bahn des n. trigeminus, facialis und sympathicus und enden den Drüsen selbst. Ein anderer Theil der vorhin genannten Nervi wirkt reflectorisch , es sind die in der Mundschleimhaut sich V( breitenden sensiblen Aeste des n. trigeminus und glossopharyngeus. -t

c) Wird einer der geradaus wirkenden Nerven durch den tetan sirenden Induktionsstrom gereizt, so beginnt nicht sogleich mit d^ Reizung die Absonderung, und nach Schluss der Reizung hört sj nicht immer alsbald auf. Die Dauer der Nachwirkung scheint ni dem Erregbarkeitsgrade der Drüsen zu wachsen (C. Ludwig).-

d) Gleichstarke Induktionsschläge erzeugen nicht von allen Nerve aus gleichstarke Absonderung. Am mächtigsten wirkt durch di Unterkieferdrüse der n. facialis, am schwächsten der n. sympathicu (C. Ludwig). e) Werden gleichzeitig der ram. lingualis und ddl n. sympathicus gereizt, so wird zuerst die Absonderung in Unterkieferdrüse rascher, alsbald aber viel weniger rasch als nac Reizung jedes einzelnen Nerven (Czermak). f) Die normalf Erregungen der Speichelnerven treten willkürlich zugleich mit de Kaubewegungen und reflectorisch nach Geschmacksempfindung« ein. Die Kaubewegungen sollen vorzugsweise die gl. parotis, d Geschmacksreflexe die gl. submaxillaris zur Absonderung verai lassen (Gl. Bernard). g) Elekti-ische Schläge, die geradez in die Drüsen eintreffen, erzeugen keine Absonderung. h) Thier die mit Curare vergiftet sind und durch künstliche Respiration ai Leben erhalten werden, speicheln ununterbrochen (Bernard Kölliker**) fand dieses nicht bestätigt. i) Die Anwesenhe von sauerstoffhaltigem Blute unterstützt die Absonderung; hält ma die stärkste der Venen, welche aus der gl. submaxillaris hervo gehen, zu, und erregt gleichzeitig den ram. lingualis, so hört äJ mählig die Speichelabsonderung auf ; öffnet man die Vene, so fließ ein schwarzes (also sauerstofffreies) Blut aus; hat sich dieses en leert und ist durch anderes, aus der Arterie nachrückendes ersetz so lockt die Nervenreizung den Speichel wieder hervor. Aus diese Gründen kann die Beschleunigung des Blutstroms, namentlich de

•) Wiener akadem. Sitzungsbexiohte. XXV. 8. *•) Virchow's Arcliiv. X. Bd. 20.

Absondcrungsgeschwindigkeit dos Speichels; Speichelbereitung. 345

ladurch herbeigeführte Bhitwechsel, die Absonderungsgeschwindig- /.eit steigern.

Die Absondorungsgeschwindigkcit bestimmte man eiit-weder durch Wägen des in er Zeiteinheit abfliesscnden Speichels, oder durch Messung des ausfliessenden Volums corch ein getheiltes Kohr, das man an die Speichelcanüle setzt. Genauer endlich misst «an die Aenderungen der Absonderungsgeschwindigkeit durch den in Fig. 52 gezeich- fieten Apparat. Der Speichel entleert sich aus dem Ilöhrehen c d in den Kaut- ■bhukschlauch / und von da gegen die Decke des umgestürzten Glases ff. Das Glas iblbst ist mit Quecksilber gefüllt; dieses wird durch den eintretenden Speichel ver- rirängt und fliesst durch das Röhrchen h aus. Die ausfallenden Tropfen gelangen lurch den Trichter i in das Kölbchen k. Dieses Kölbchen, welches in einer senk- «chten Führung {II) geht, hängt an einer Spiralfeder aus Messing m m. In dem [faasse, wie Speichel ausfliesst, mehrt sich also das Gewicht des Kölbchens und damit iiie Ausdehnung der Feder; die Verlängerung der Feder misst also das Speichelvolumen, )3rausgesetzt , dass man das Verhältniss zwischen Federausdehnung und Gewichtsver- iiehrung kennt. Die zur Fixirung der Absonderungsgeschwindigkeit nöthige Zeitbestim- mung giebt die kreisende Trommel, auf welche die Kielfeder o schreibt; sie ist am ölbchen befestigt. Alle auf dem einen oder andern "Wege gefundenen Zahlen sind inr vergleichbar, insofern sie aus einer Drüse genommen sind. Der Versuch, all- (Bmein vergleichbare Zahlen zu erhalten, indem man die jeweilig ausgeflossene Menge larch das Gewicht der nach dem Tode gewogenen Speicheldrüse dividirt hätte, ist las leicht begreiflichen Gründen unterblieben.

Die mittlere tägliche Speichelmenge ist unzweifelhaft ?ehr verschieden nach der Festigkeit, Schmackhaftigkeit, Menge der l'peisen u. s. w. Um ungefähre Anhaltepunkte zu gewinnen, dient ias Folgende:

Mitscherlich konnte aus einer Fistel des duct. stenonianus eines kränklichen, i)hr mässig lebenden Mannes täglich ungefähr 100 Gr. auffangen. Bidder und ichmidt waren im Stande, in einer Stunde, während welcher sie •rf'eder schmeckten voch kauten, 100 120 Gr. aus dem Munde zu entleeren. Wenn während der ganzen seit des Wachens (17 Stunden) ihre Speichelabsonderung mit derselben Geschwindig- •eit vor sich geht, so würden sie täglich mindestens 1700 bis 2000 Gr. Speichel ab- gesondert haben. In welchem Maasse die Bewegungen der Kiefer-, Zungen- und iiippenmußkeln erhöhend auf die Absonderung wirkten, wie sich die Absonderung wäh- ßnd des Essens steigert, ist nicht zu ermitteln.

4. Speichelbereitung. Die organischen Bestandtheile und ins- esondere das Mucin des Speichels sind nicht im Blute vorgebildet, lau muss sie darum als eine Neubildung im Innern des Drüsen- lanms ansehen. Da man nun das Mucin in den Epithelialzellen [•.er Drüsenbläschen aufgefunden hat, so ist Donders *) geneigt -nzunehmen, dass sich das Mucin durch Auflösung der Zcllenwan- tung in dem alkalisch reagirenden Speichel bilde; er stützt seine

•) 1. C. p. 67.

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346 Speicholbereitung.

Meinung durch eine Beobachtung von Fr er Ichs, wonach verdünni alkalische Lösungen im Stande sind, die Epithelien zu einer schli migen Flüssigkeit zu lösen; ferner darauf, dass frischer Speicl bei 370 C. in 24 Stunden die in ihn gebrachten Epithelialzellei aus den Bläschen der Speicheldrüsen vollständig löse, währen mit Essigsäure neutralisii'ter Speichel sie unberührt lasse; für sein Ansicht spricht auch die Erfahrung von Staedeler*), dass b der Zersetzung mit SO3 kein Körper der Eiweissgruppe so vii Tyrosin liefert, als die Epithelialzellen und der gereinigte Schlei Stoff. Hiergegen wäre das Bedenken zu erheben, dass di^ Parotis kein Mucin liefert, obwohl die Wandung ihrer Epithelial Zellen und die aus ihr hervortretende Salzlösung, so weit wir ei wissen, nicht abweicht von der Mucin liefernden Submaxillaris. Die alkalisch reagirende Salzlösung des Speichels wird offenbar direkt aus dem Blute bezogen. Der Uebertritt derselben aus de: Blutgefässen in die Drüsenräume wkd angeregt durch die Nerven] und zwar muss man annehmen, dass sie eine Veränderung di Drüsensubstanz bewirken, welche einen Flüssigkeitsstrom aus de: Blute in den Drüsenanfang zu bewerkstelligen vermag. Diese Bi hauptung gründet sich darauf, dass bei anhaltender Nervenerregung aus den Ausführungsgängen in ununterbrochenem Strom ein die Drüse weit übertreffendes Volum von Speichel ausfliesst (E. Becher , C. Ludwig), also kann der etwa in der Drüse enthaltene Safl nicht ausgedrückt worden sein. Und ferner ist auch der Druck, unter dem die Flüssigkeit in die Drüse geliefert wird, oft sehi* viel höher als derjenige, welcher zur Zeit in der a. carotis besteht, und noch mehr, es kann selbst, die Erregbarkeit der Nerven voraus-» gesetzt, Speichel abgesondert werden aus der Parotis eines ab-> geschnittenen Kaninchenkopfes, also wenn der Blutstromll vollkommen still steht (C. Ludwig). Daraus geht heiTor, dasi der Blutdruck nicht die Ursache der Flüssigkeitsströmung in dii Drtisenanfänge sein kann. Zu diesem Vorgang steht vielleicht näherer Beziehung die chemische Umsetzung, welche in der Dill» zugleich mit der Speichelabsonderung auftritt, eine Umsetzung, di sich dui'ch die gesteigerte Wärmebildung als eine Oxydation an kündigt. Diese letztere wird wahrscheinlich begünstigt durch diel Beschleunigung des Blutstroms, welche ebenfalls zugleich mit der Speichelabsonderung eingeleitet wird. Sie versorgt die Drüset

•) Cliemisolies Centralblatt. 186Ü. p. 710.

Speichelboroitung ; Ausstossung des Speichels.

347

llets mit so viel arteriellem Blut, class trotz des gesteigerten Lauerstolfverbraucbs das Blut noch hellroth aus der Vene fliesst, ^eides, der vennehrte SauerstoliVerbrauch und die arterielle Farbe, l'lso ein vermehrter Sauerstofifgehalt des Venenblutes, ist möglich, [tenn während der Absouderungszeit die Geschwindigkeit des Blut- teroms rascher zunimmt als der Sauerstoflfverbrauch.

Nehmen wir, um den letztem Satz zu erläutern, an, es ströme zu allen Zeiten r. die Drüse ein Blut mit 15 pCt. Sauerstoff. Nehmen wir nun den von Bernard wobaehteten Fall als Paradigma an , wonach während der Drüsenruhe aus der Drüsen- itne 5 C. C, während der Speichelabsonderung aber 20 C, C. Blut ausflössen. Nehmen iiir weiter an, das langsam strömende Blut komme mit 0,0 pCt. 0 in die Vene, iihrend der Absonderungszeit aber noch mit 8 pCt., wobei das Blut noch arteriell issieht. Im ersten Fall würden dann in der Drüse 0,75 C. C, im letzten dagegen 44 C. C. 0 verbraucht sein. JedenfalU würde es in Anbetracht der gesteigerten Wärme 'wagt sein, die helle Farbe des Venenblutes von einem verminderten Sauerstoff- rrbrauch abzuleiten.

Dass die von Bernard beobachtete Aenderung des Blutstroms i.cht wesentlich für die Speichelbildung ist, geht, abgesehen von llem Uebrigen, daraus hervor, dass die Reizung des Sympathicus iie des Lingualis die Speichelung hervorrufen, obwohl die eine !3n Blutstrom verlangsamt, die andere ihn belebt.

Die von Czermak beobachtete Thatsache, dass gleichzeitige feizung des r. lingualis und n. sj'mpathicus die Absonderung still eellt, erklärt man durch Interferenz der Nervenerregung, oder durch Lockung des Blutstroms und endlich durch Verstopfung der Speichel- iinge mittelst des zähen Saftes nach der Sympathicusreizung. wischen diesen Probabilitäten kann noch nicht entschieden werden. nhne jeglichen Erklärungsversuch sind bis dahin die behaupteten ihatsachen geblieben, dass Curarevergiftung die Speichelabson- irung beschleunigt und dass sich mit der Art des gereizten Nerven ee chemische Zusammensetzung des Speichels ändern soll.

5. Die Austreibung des Speichels aus den Bläschen und Gängen ird unzweifelhaft besorgt durch die Kräfte, welche ihn in erstere ntreiben; denn einmal fehlt den Drüsenelementen jede selbst- ändige Beweglichkeit, und dann genügt der Absonderungsdruck er Aufgabe vollkommen, da er unter Umständen einer Säule von ehr als 200 M.M. Hg-Druck das Gleichgewicht hält.

Nachdem der Speichel in die Mundhöhle getreten, wird er arch Schlingbewegungen in den Magen niedergebracht, wo er 'össtentheils in das Blut zurücktritt. Wir Averden ihn bei der erdauungslehre auf diesem Wege wieder aufsuchen.

348 Eniährungsersolieinungcn des Drliscngewcbos ; Schleimdrüsen.

ß. Die Ernährungserscheinungen des fertigen Drüsengeweb^B bieten die Aehnlichkeit mit denen der Muskeln, dass dasselbe bS einer dauernden Hemmung der Absonderung, wie sie z. B. in FolgB der Unterbindung der Ausführungsgänge auftritt, allmählig zu GrundÄ geht; namentlich wird ihm die Fähigkeit geraubt, Speichel zw liefern. Etwas weiteres ist nicht bekannt. |

Schleimdrüsen. .

Zu ihnen zählt man die Schleimdrüsen der Mundhöhle, de| Rachens, der Speiseröhre, der Gallengänge, die Brunn 'schei Drüsen;- die Drüsen der Schneid er' sehen Haut, des Kehlkopfea der Bronchien, der Harnblase, der Harnröhre (Cowper'sche unc Littre'sche) und der Scheide.

1. Diese Gebilde haben in der Anordnung ihrer Höhlen wedei etwas Gemeinsames, noch etwas Charakteristisches. Eine grossen Zahl derselben gehört nämlich zu den traubigen Drüsen, die danr auch in allen Stücken den Speicheldrüsen gleichen; ein anderei Theil, wie die der Harnblase, sind einfache Schlauchdrüsen, unc die Littre' sehen endlich nähern sich in ihrer Form, durch di« Weite und den gezogenen Verlauf der Endbläschen den Samen drüsen an. Die Struktur der Wandungen ist dagegen bei alle« diesen Drüsen diejenige, welche den Speicheldrüsen zukommt! Diesen Mangel an anatomischer Charakteristik ersetzte bis voi Kurzem scheinbar ein gemeinsames physiologisches Merkmal, die Absonderung eines eigenthümlichen Stoffes, des Schleims; dieses ist aber ebenfalls durch genauere Beobachtungen aufgehoben. Alle diese Drüsen sondern allerdings Schleimstotf ab, aber diese Eigen- schaft theilen sie mit noch andern , z. B. der gl. submaxillaris, unc sogar mit Flächen, welche gar keine Drüsen enthalten, wie die Synovialhaut.

2. Schleimsaft*). In den Absonderungen der erwähnten Drüsen hat man constant gefunden: Schleimstofif, Exti-akte, sämmt liehe Salze des Bluts und Wasser, zuweilen auch Eiweiss. Die quantitative Zusammensetzung der einzelnen Säfte ist aber zu wenig untersucht, um bestimmen zu können, wie sie sich zu verschiedenen Zeiten verhalten und ob oder wie die verschiedenen Drüsensäfle von einander abweichen.

•) Berzelius, Chemie. IX. Bd. 534. L'hdritier, 1. c. 581 und 642. Scliorer. Chemische Untersuchungen, p. 93. Tilanus, De saliva et muco. Amst. 1840. p. 86. Leh- mann, Physiol. Chemie. U. Bd. 354. Nasse, Journal f. prakt. Chemie. XXLX. 59. »

ThränendrUsen,

349

Die Schwierigkeiten , dio sich der Untersuchung entgegenstellen , sind ausser den .Igemcinen noch vorzugsweise darin zu suchen , dass es thoils nicht gelingt, dio Säfte •in zu erhalten. Der Nasenschleim mischt sich z. B. mit den Thränen, der des ;undcs mit dem Speichel u. s. w. ; theils aber wird der Schleim in zu geringer Menge ^gesondert , um fiir Analysen hinzureichen , so namentlich in der Scheide. Wir ver- lebten darum auf weitere Angaben und verweisen auf die Analysen von Berzelius, lasse, Scherer und L'heritier.

Thränendrüsen,

1. Anatomischer Bau *). Zu dieser Drüsen gattung zählt man ie über der äussern Seite des bulbus oculi gelegenen Drüsen, reiche das obere Augenlid durchbohren und sich auf der Con- mctiva ölfnen, und die Krause 'sehen Drüsen, welche unter der conjunctiva, und zwar an ihrer Umbiegungsstelle vom Bulbus auf lie Lider liegen, Sie gleichen in ihrem Bau den Speicheldrüsen ollkommen. Ihre Nerven empfangen sie aus dem ersten (und weiten?) Aste des Trigeminus und dem n. patheticus (Curie)**).

2. Thränen***). Sie bestehen aus einem eiweissartigen Stoff, chleim, Spuren von Fett (welches aus den Epithelien der Drüsenröhre ;.ammt), NaCl, phosphorsaureu Erden und Alkalien und aus Wasser, iie Reaktion der Flüssigkeit ist alkalisch. Nach Frerichs ent- ielten Thränen, welche in reichlicher Menge abgesondert wurden, wischen 0,8 und 0,9 feste Bestaudtheile in Lösung; die Asehen- rcozente varihien zwischen 0,42 und 0,54, welche vorzugsweise aus iaCl und aus sehr geringen Mengen phosphorsauren Alkalien be- tehen (Vauquelin, Fourcroy, Frerichs). Die Erdphosphate laren an den eiweiss'artigen Stoff gebunden. In 100 Theilen einer US der Thi-änendrüse von Arlt f) aufgefangenen Flüssigkeit fand terch 98,2 Wasser; 1,3 NaCl; 0,02 NaOC02, CaOS03 und [OaOPOs; 0,5 Albumin.

3. Die Absonderungsgeschwindigkeit der Thränen variirt mit iidenschaftlichen Erregungen der Seele und reflektorischen Er- 'igungen, die von der Oberfläche der Conjunctiva, der Innern

asenfläche und dem Opticus (?) ausgehen. Sie ist vermehrt bei mfällen von Trigeminusschmerz , während des Absterbens der Ihiere nach Curarevergiftung (Cl. Bernard) oder nach dem aackenstich; letzteres besonders bei Pferden.

•) W. Krause, Henle's und Pfenfer's Zeitschrift. N. F. IV. Bd. 337. ' **) B r o wn-.Sßqnn rd , Journ. de phys. I. 8U5.

•••*») Frerichs, Wa(?ncr's Ilaiidwürterbuch der Physiologie, m. Bd. 1. Ahthl. Cl". Ar •chiv für Ophthalmologie. I. 2. 137. t) Archiv für Ophthalmologie. I. 2. 13C.

350

ThränendiÜBcn ; Pankreas.

Da die Drüse analog der Speicheldrüse gebaut ist, da di Thränen wesentlich mit dem Parotisspeichel übereinstimmen unf die gesteigerte Absonderung unter denselben Bedingungen wie i: der Speicheldrüse auftritt, so kann man nicht anstehen, imser Drüsen für eine Modifikation der Speicheldrüsen zu halten.

4. Die aus den Ausführungsgängen getretenen Thränen ''I verbreiten sich über die Gonjunctiva, gelangen in den sogen. Thränet see und von da durch die Thränenpunkte in den Thränensack.

Heber die Weise, wie sie zu den letztern kommen und von ihnen gehen, 1 Bd. I. p. 347 nachzusehen. Zu dem dort Gemeldeten ist noch nachzutragen eine aorj same Arbeit von H o n k e , welche nachweist , dass das ligam. palpcbrale intern, in d( Euhelage des m. orbicular. palpebar. der Grube des Thränenbeins ausfüllt und dam zugleich die Höhle des Thränensacks zum Verschwinden bringt. Diese Lage kann de: Ligamentum angewiesen werden durch die Elastizität des Bandes, oder durch die Z\ sammenziehung des Horner' scheu Muskels, der bekanntlich Ton dem Kamm des Thräncij beins entspringt und an der hintern Fläche des Sacks theils zum lig. palpeb. intern., thei: auf die hintere und vordere Fläche des Tarsus läuft, so dass seine Fasern die Thräner röhrchen zwischen sich aufnehmen. Aufnahme und Ausstossung der Thränen in un aus dem Sack stellt man sich denigemäss so vor: bei der Zusammenziehung de m. orbicularis , wie sie beim Lidschlag erfolgt , liebt sich das innere Augenlidbändchel aus der Thrünengnibe nach vorn und aussen hervor, und damit auch die vorder Fläahe des Thränensacks , die mit dem Bändchen verwachsen ist. Dadurch öffnet gicl die Höhle dos Sacks und saugt die Thränen an (Kos er). Dieser Satz, den die anato mische Anordnung verlangt, wird noch bewiesen durch die Erfahrung, dass de Tropfen, welcher in einer Thränenflstol steht, gegen die Höhle des Sacks emporsteigi wenn das Lid geschlossen wird (Eos er), und dass bei sonst ganz normalen VerhäM nissen Thränenträufeln eintritt, wenn der m. orbicularis gelähmt ist (Avlt). JJ. Thränen, welche in den Sack gelangt sind, werden von dort wieder weggeschafft, st wie sich die vordere Wand des Sackes der hintern nähert. Dieses soll geschehen, wij Henke will, durch eine Zusammenziehung dos Horner'schen Muskels, die jedcsras nach Lösung der Verkürzung des m. orbicular. palpebrar. eintreten soll ; fUr diese Kn nähme liegt jedoch kein Beweis vor; ebenso, wenn nicht wahrscheinlicher, ist es an zunehmen, dass das bei der Zusammenziehung des Augenlidschliessens gespannt| Bändchen nach dem Nachlass des letztern durch seine Elastizität wieder in die Höhl^ zuräckschnappt und die Thränen in die Nase schiebt. Dort verdunsten sie in de« Luft , welche bei der Einathmung durch die Nase strömt.

Ein Eindringen von Nasenschleim in den Thränencaual wiri verhütet durch eine Klappe , die sich an der Mündung des letzterei in der Nase vorfindet.

Bauchspeicheldrüse.

1. Der anatomische Bau des Pankreas gleicht im Wesentlichen dem der Kopfspeicheldrüsen ; unterschieden ist er dadurch, dass dia!

») Henke in -Graefe's Archiv für Oplitlmlmologie. IV. Bii. Abth. II. Henle, Miiskel-t« lehre. 140. Maier, Ueber den Bau der Thränenorgnne. 1866. Ärlt, Arohiv für Oiihth«!-*^ mologie. I. 2. 18C.

1

Chemische Zusammensetzung des Pankreas; Bauchspeichel. 351

eiden Aiisflihrungsgänge der Drüsen vor ihrer Ausinlindung com- inniziren (Verneuil). Die Nerven erhält es aus den plex. Deliaciis, hepaticiis, lienalis, mesenteric. superior. (Verneuil)*).

2. Chemische Zusammensetzung der Drüse**). Aus dem wäs- ■erigen Auszug derselben wird gewonnen: Ty rosin, Leu ein (Fre- tchs, Staedeler, Virchow), ein Homologon des Leucins DioHu NO4, Gorup), Guanin (C10H5N5O2, Scherer), flüchtige otte Säuren und Milchsäure (Gorup).

In dem während eines bis zu mehren Tagen sich selbst überlassenen Auszug kommt ii Körper vor, der ausser andeim Beaktionen sich mit Chlorwasser oder salpetriger liure roth färbt. Einen Stoff mit ganz denselben Eigenschaften stellte B ö d e k e r is Eiter und Exsudatflüssigkeiten dar; er erklärt diesen Körper, den er seiner sauren pgensehaften wegen Chlorrhodinsäure nennt, für identisch mit dem des Pankreas und mes Saftes.

3. B a u c h s p e i c h e 1 ***). Seiner chemischen Zusammensetzung uch besteht er aus einem besondern eiweissartigen Fermentkörper, ;3r gekochtes Amylon in Dexti-in umwandelt und aus Butyrin luttersäure. darstellt, einem butterartigen Fett, Leucin, Chlor, •jhwefelsäure, Phosphorsäure, Kohlensäure, Kali, Natron, Kalk, itsenoxyd und Wasser. Er stellt eine klare, klebrige, alkaliseh lagirende, mit Säuren brausende Flüssigkeit dar. Die quan- :;;ative Zusammensetzung des Bauchspeichels ist, so weit wii' wissen, KS zu einem gewissen Punkte veränderlich mit der Absonderungs- üschwindigkeit; die Veränderungen betreffen vorzugsweise das ejrhältniss zwischen dem Wasser und den organischen Stoffen, ler prozentisclie Gehalt an Wasser nimmt innerhalb gewisser 1 reuzen mit der Absonderungsgeschwindigkeit zu, jenseits derselben iilt er sich aber unverändert, wie auch die Saftmenge anwachsen sag. So fiel beim Hunde der prozentische Wassergehalt von 98 iif 94, als die in der Minute abgesonderte Saftmenge von 0,5 Gr. >s zu 0,05 Gr. abnahm; und es hielt sich dagegen der Wasser- ühalt unverändert auf 98, als das Gewicht des in der Minute ab-

^razette m^dicalo. 1851. No. 26 und 2C. •') Frerichs und Staedeler, Zlirlchcr Veilinndlungcn. IV. Bd. 1855.— Virchow, dessen fchU: VII. Bd. Gornp, Cliom. Ccntrnlblatt. 1856. 385. Schcrer, Virchow'd Arohiv. Gl. Bernard, L09ons de phyniologle. II. Bd. 186C. p. 245 sqq. und 362. Biidoker, 's und Pfcufcr's Zeitschrift. N. F. VI. Bd. 198. ••j Bldder und Schmidt, die Verdnuungssüfte , Mitau 1862. 240. Frerichs, Artilcol ridaunng InWngner's Handwörterbuch. UI. a. 842. Bcrzelius, Handbuch der Chemie. .Bd.— Wcinmann, Henlc*» und Pfcufcr's Zeitschrift. N F.HI.Bd. 247.— C. Schmidt, ■ebig's Annalen. 92. Bd. 33. Kröger, de succo pancrcatioo. Dorpat. 1864. KöUikor [a Müller, zweiter Bericht Uber die physiologische Anstalt. WUizbnrg. 185C. Iloppo» Iiow's Archiv. XI. Bd. 06. Cl. Bcrnard, M(<müiro siir Ic pnncrcas et sur lo rolc du ' r($atiqiie etc. Paria. 1856.

352

Panlcreos ; Bauchspcichel.

gesonderten Saftes von 0,5 auf 2,2 Gr. wuchs (Weinmann). Aebnlich den beim Kopfspeichel beobachteten Verhältnissen komnj auch hier die Veränderlichkeit des Rückstandes vorzugsweise au Rechnung der organischen Bestandtbeile. Denn in den von Gm elin Frerichs und Schmidt veröffentlichten Analj^sen des Saftes vo| Hund, Schaaf und Esel wechselte der Gehalt an organischen Rticlj Standsprozenten von 9,0 bis zu 1,3, und derjenige der Salzmasis nur zwischen 1,0 bis 0,7. Die Zusammensetzung gestaltet sicj in den Grenzfällen nach Schmidt (beim Hunde I. und H.) un nach Frerichs (beim Esel HI.) folgendermaassen :

0,0 0,8 0,1

I.

n.

in.

Wasser . . =

90,08

98,04

Organ. Stoffe =

9,04

1,27

Organ. Stoffe. . =

Mit ( Natron . . . =

0,06

0,33

Lösliche Salze . =

d. Ferment < CaO . . . . =

0,03

Unlösliche Salze =

verbunden. ( MgO .... =

0,01

NaCl . . . =

0,74

0,21

KaO . . . . =

Spuren

0,07

3CaOP05 . =

0,01

0,04

SMgOPOs . =

Spuren

0,01

3NaOP05 . =

Spuren

Aus dem stark erweiterten Gang der Pankreas einer stark ikterischen Perso sammelte F. Hoppe 5,6 Gr. Saft, der in 100 Theilen 2,6 pCt. festen Rückstand un darunter 0,12 pCt. Harnstoff enthielt. Hoppe wirft die Frage auf, ob der letzte! nicht beständig im Pankreassaft vorkomme.

4. Die Absonderungsgeschwindigkeit des Bauchspeichels is a) von der Nahrung abhängig, jedoch nicht in dem Grade, di sie bei vollkommener Entziehung derselben Null ■^vtirde. Wei mann beobachtete, dass ein Hund in der ersten Stunde nach eina| reichlichen Nahrung = 97,8 Gr. Pankreassaft, nach 45stündigeE Hungern aber in derselben Zeit nur 0,48 Gr. lieferte. Kroege fand die Saftmenge des Hundes für je eine Stunde in der erstet Stunde nach der Nahrung = 24,9 Gr.; in der 2ten = 17,58; i der 3ten bis 6ten = 14,6; in der 7ten bis 9ten = 11,43; in de lOten bis 14ten = 10,7; in der 19ten bis 24sten = 6,66. 9i Beschleunigung der Absonderung macht sich so rasch geltend, das V4 bis y-i Stunde nach dem Genuss von fester Nahrung und einig Minuten nach dem Genuss von Wasser (Weinmann) schon dai^ Maximum der Geschwindigkeit erreicht ist; der absolute Werth de erzeugten Geschwindigkeitserhöhung scheint der Menge der genossene!

Pankreas; Absonderungsgescliwindigkeit des Saftes.

353

fabi ung proportional zu gehen und ist nach dem Fressen bedeutender, Is nach dem Saufen. In Folge dieser Erfahrungen statnirten Bidder nd Schmidt die Beziehungen zwischen der Absonderung des iikalischen Bauchspeichels und des sauren Magensaftes, dass mit er steigenden Bildung des letzteren auch die des ersteren zu- ehme. b) Während der Brechbewegung stockt die Abson- erung des Bauchspeichels (Weinmann, Cl. Bernard). c) Die ;bsonderungsgeschwindigkeit wird weiterhin bestimmt durch ge- iisse, nicht näher gekannte Zustände der die Bauchspeicheldrüse mgebenden Organe, wie sie insbesondere erzeugt werden durch ■röffnung der Unterleibshöhle; nach einer solchen Operation stockt le Absonderung fast vollständig.

Zur Gewinnung des Saftes legt man entweder temporäre (Tiedemann, Leuret ad Lassaigne, Frerichs u. s. w.) oder dauernde (C. Ludwig) Fisteln des rirsung'sclien Ganges an. Uujp.ttelbar nach der Operation erliält man nur bei ■.•asfressem reichliche Saftmengen. Bei Hunden fliesst in den ersten Tagen nach der- Iben nur sehi;' wenig eines an ^ganischen Bestandtheilen sehr reichen Saftes aus, und "it später wird der Ausfluss reichlicher. Darum eignen sich temporäre Fisteln gar iiht zur Untersuchung der Absonderungserscheinungen. Das ümgekchi-te behaupten urnard und Longet, indem sie dauernde Fisteln für ungeeignet halten ; sie nehmen tmlich an, dass der Saft, welcher einige Tage nach der Operation ausfliesst, von wer kranken Drüse abgesondert werde. Hierfür liegen jedoch keine Beweise Tor, Uli aber für das Gegcntheil ihrer Meinung. Von vorne herein ist es schon viel J.hrscheinlicher , dass die üntcrleibsorgane des Hundes unmittelbar nach der Operation SMtprt sind, und dafür bürgt auch die zu jener Zeit ganz erloschene Fresslust. Dafür, der später^ abgesonderte Saft aus einer gesunden Drüse komme und normal sei, ^■echen zunächst die Beobachtungen von C. Schmidt, denen gemäss der aus per- i nc Ilten Fisteln fliessende Saft seiner qualitativen Zusammensetzung nach als ein nor- k r ßauchspeichel angesehen werden muss, denn er emulsionirt und zerlegt neutrale |Hte und verdaut Amylon , wie ich bestätigen kann. Das Bedenken der französischen ' ilogen wird ferner widerlegt durch die Beobachtung (Weinmann), dass der- llund je nach dem Fiillungszustande seines Magens bald mehr, und zwar verdünnten, )«.d weniger, und zwar conzentrirten Saft absondert. Zudem findet sich bei der Sektion (■\\i'.v Hunde, die dauernde Fisteln getragen, auch nicht eine Spur von anatomischer i weichung im Pankreas , und ebenso beseitigt die Fresslust und die normale Koth- idung, welche Hunde mit Pankreasfisteln darbieten, die Annahme, dass eine Krank- :.t der Verdauungsorgane bestehe. Auch ist die Menge des Abgesonderten in gar tnem Missverhältniss zum Umfang der Drüse.

Ein absoluter Werth für die Geschwindigkeit der Absonderung (Quotient aus dem «wicht des Pankreas 'und des in der Zeiteinheit abgesonderten Bauchspeiehels) lan nicht gegeben werden. Statt dessen substituirt man etwas willkürlich den ioticnt aus dem Gewiclit des ganzen Thieres in das Gewicht des in der Zeiteinheit Llieferten Saftes.-. Nimmt man nach Schmidt unter Anwendung dieser Berechnungs- tise das Mittel aus sämmtlidicn zu verschiedenen Zeiten und bei verschiedenen Lndwig, Physiologie II. 2. Auflage.

354

Pankreas ; Bereitung dos Bauchspeichclü.

Fütterungsarten angestellten Beobachtungen oiuos und desselben Thieres, so erhält für die drei Hunde, deren Saft er aus permanenten Fisteln auffing:

Nr. des Versuchs.

Körper- gewicht.

Mittlere Saftmongo in der Stunde.

pCt.-Gehaltdes Saftes

1 Kilogr. Thier liefert stiindlicli

an festen Stoffen.

an Organ. Stoffen.

Saft.

RUckstd.

Organ. Stoffe.

^lnorga Stofft

1. Hund.

8 Kilogr.

40,24

2,16

1,27

5,03 Gr.

0,106

0,063

0,04

2.

18

55,98

1,99

1,11

3,1 i

0,061

0,035

0,02

3.

20

67,74

2,45

1,58

2,99

0,730

0,047

0,08

Ans dieser Zusammenstellung geht hervor, dass ein Thier von geringem Korj' gewicht verhältnissmässig mehr Wasser durch das Pankreas ausgiebt, als ein solcl von grossem , und dass diese Beziehung zwischen den festen Bestandtheilcn nicht 1 steht. Unter diesen Umständen möchte es gewagt sein , die Beobachtungen am Th auf den Menschen zu übertragen. (Siehe auch Müller und Kölliker 1. c.)

5. Die Bereitung des Bauchspeicliels. Der fermentartige Kör]; dürfte in den Zellen des Epitbeliums entstehen; wenigstens ist durch mikrochemische Eeaktion in diesem, bis dahin aber no nicht im arteriellen Blut nachgewiesen. Zu den vielfachen Aeh lichkeiten zwischen der Absonderung des Kopf- und Bauchspeiche welche schon erwähnt sind, kommt noch die fernere, da in den Zeiten, in welchen die Ausscheidung des paukreatisch^ Saftes lebhaft ist, die Drüse von den erweiterten Capillaren röthli gefärbt ist, Avähreud zur Zeit der Absonderungsruhe die Färbuij eine blasse ist. Aber auch hier führt die Gefässei-weiterung nie nothwendig zur Saftbildung; denn wenn man die Drüse ein Thieres, das in der Magenverdauung begriften ist, blosslegt, findet mau sie wohl roth , aber es fliessen kaum einige Tropf von Saft aus ihrem Gange.

Alle diese Uebereinstimmungen machen es wahrscheinlich, da die Absonderung im Pankreas auf ähnliche Weise wie in der Ko] Speicheldrüse geschieht, und dass sich namentlich die Schleimha des Magens, resp. die seines Pförtnertheils, ähnlich zum Paukre verhält, wie die der Mundhöhle zu den Kopfspeicheldi-üsen. Ein Grund gegen diese Annahme könnte man schwerlich daraus nehm wollen, dass es bisher noch nicht gelaug, die Absonderungsnerv des Pankres aufzufinden. Denn es setzen sich der Lösung dies Aufgabe darum besondere Schwierigkeiten entgegen, weil na Erötfnung der Bauchhöhle die Absonderung aus noch unbekannti Gründen überhaupt stockt. Uebrigens ist Grund zur Vermuthu vorhanden, dass die Reizung des n. vagus hierbei eine Rolle spi denn wenn man an einem Thier, das eine pankreatische Fi

Aiisstossung des Bauchspeichels ; Eniahrung der Drüsen ; Magendrüsen. 355

ägt, den centralen Stumpf des dmclisehnittenen n. A^agiis durch idiiktionsschläge reizt, so stockt sogleich der Ausfluss des Saftes.

6. Ausstossung des Bauchspeichels. Den Gängen fehlen Muskeln, so muss die Austreibung des Saftes durch die Kräfte geschehen, eiche ihn in die Drüsen führen, welche oft stark genug sind, um II in einem Strahl austreten 7A\ lassen. In dem Duodenum mengt

sich mit dem sauren Magensaft, wird neutralisift und wirkt ver- demd auf die Speisen. Da dem Koth der Fermentkörper fehlt,

muss dieser in das Blut zurückkehren, zugleich mit den reich- hen Wassermengen, welche er mit führt ; indem sich das Ferment m Blut der Pfortader beimengt, soll es in der Leber verändernd f die Amyloide derselben wirken ; diese Anschauung ist noch hypo- Btisch. Die Bedeutung, welche er für die Verdauung gewinnt,

später zu behandeln.

7. Ueber die Ernährung der Drüsen ist ausser der Formfolge . der ersten Entwickelung wenig bekannt. Die unterbundenen ii durchschnittenen Drüsengänge stellen sich leicht wieder her.

Magendrüsen.

In die Magenwände sind zwei Drüsenarten eingebettet, die Ih durch ihre Form wenig, durch ihre absondernden Kräfte aber Ueutend imterscheiden (Wassmanu).

A. Labdrüsen.

1. Anatomischer Bau*). Die Labdrüsen erstrecken sich von

Cardia bis zum Pförtner. In dieser Ausdehnung ist die Schleim- et des Magens ausgehöhlt von so dichtgedrängten Drüsen-

'äiichen, dass von der Substanz nur äussert wenig übrig bleibt.

Lichtung dieser Drüsen ist nahe an der Innern Mageuoberfläche ! ndrisch; gegen die Bindegewebshaut des Magens hin, wo die nie blind endigt, ist sie seitlich mit rundlichen Ausbuchtungen Heben (Sprott Boyd, 'Henle). Meist sind die Höhlen vom tnd bis zur Mündung hin einfach, und nur zuweilen, namentlich öder unmittelbaren Nähe der Cardia, münden mehrere solcher ssenschläuche durch eine Oeffnung in den Magen aus (Bisch off,

Iliker). Die Wand ist durchweg durch eine strukturlose at dargestellt, deren innere Fläche nahe an der Drüsenmündung

) Henlc, in »eiuer und Pfcnfer'« ZoiUclirift. N. V. U. Bd. 290. - E. Brllokc, Bericlito Viener Akudcmle. 1851. II. Frey, Hcnlc's und Pfeufcr's Zeitschrift. IX. Ud, 8ir). ilkcr, Handbuch der Gcwcbelelire. 3. Aull. 423. Doudors, Ondcrzoeltingen in lict phya. »«Hot. to Utrcclit. 1852—53. p. 70.

23*

356

Labdrüsen ; Labsaft.

von einem Cylinderepithelium und von da ab bis zum blinden En mit einer kugeligen Zellenformation, den Labzellen, bedeckt i Der Binnenraum dieser letztern ist ausgefüllt durch einen Kern u: und eine tilibe Flüssigkeit. In dem Grunde der Drüsen findet si statt der Labzellen öfter auch nur eine körnige Masse mit e gestreuten kleinen Zellen, welche dem Ansehen nach den Kern der Labzellen vollkommen gleichen (SprottBoyd, Frerichs) Um die Drüsen ist in der Schleim- und Zellhaut des Magens langer, glatter Muskel geschlagen; er besteht aus einem Geflec von Muskelzellen , welche theils nach der Längen- und theils na der Querrichtung der Drtisenschläuche verlaufen und, unmittell an die strukturlose Haut derselben sich anschliessend, sie bis die Schleimhaut hinein verfolgen (E. Brücke). Die Blutgefä beziehen ihr Blut 'aus den Arterien, welche in die Zellhaut t Magens eindringen; aus dieser treten feine Aestchen empor mit ( allgemeinen Eiohtung gegen die Magenoberfläche. Indem sie s an die Drüsen anschmiegen, zerfallen sie in feine Capillaren, welc netzförmig sich verbiudend, die Drüsenschläuche umspinnen. Di( Netze schicken darauf stärkere Zweige gegen die Schleimhautob fläche, wo sich dieselben von neuem zu grössern Maschen anordn aus denen endlich die Venen hervorgehen (H. Frey).

2. Labsaft*). Obwohl die Gewinnung des reinen Labsaftes grösserem Maasstab bis dahin nicht gelungen ist, so hat man de vermocht, einige chemische Eigenthümlichkeiten desselben na zuweisen.

Den Labsaft, resp. einzelne seiner Bestandtheile gewinnt man auf zwei scMedene Weisen. 1) Man sclineidet die Stellen der Magenschleimbaut , in we die Labdrüson eingebettet sind, aus, spült sie mit Wasser und presst dann weder die Flüssigkeit ab, oder man zieht die Stücke mit Wasser aus; oder knetet unter Wasser die letztem zwischen Leinwand, durch die Maschen gehen Labzellen hindurch ; diese setzen sich im Wasser zu Boden und können dann w( behandelt werden. Auf diesen Wegen erhält man vorzugsweise das Pepsin (Schwa Brücke). 2) Man legte hei Thieren Magcnfisteln an (Blondlot) oder benii die seltenen Fülle, in denen bei Menschen Magenfisteln vorkommen (Beaumo Smith, Schmidt). Da nun aber in dem Magen enthalten sind : Speisereste, Speii Schleim aus den Drüsen des Oesophagus und des Magens selbst, so gewinnt man i

i.

•) Berzelius, Lehrbuch der Chemie. IX. Bd. 1840. 205. Frerichs, Artikel Verdai In Wagncr's Haudwiirterlmch. III. Bd.— Lehmann, Physiol. Chemie. II. Bd. p. 39. Bid und Schmidt, Vcrdaunngssäfte. p, 29. Schmidt, Licbig's Annalen 92. Bd. 42 Urünewaldt, Succi gastrici liumani indoles. Dorp. 1853. p. 42. Schröder, Succi gai humani vis digestiva. Dorp. 1853. p. 34. F. Smith, Journal de Physiologie par Bro! S(!(inard, I. HC. E. Brücke, Wiener akadem. Sitzungsberichte. 27. Bd. 131. Bu Virchow's Archiv. XIV. Bd.

Labsaft.

357

;uf diesem Wege den Labsaft iiic)it rein. Um ihm aber wenigstens das Uebergewicht bber die andern Gemengtheile zu verschaffen, hat man den Inhalt des Magens bei lungernden Thieren aufgefangen, nachdem man Torgängig von der Fistelöffnung aus ten Magen mit Wasser ausgespült hatte. Dadurch sicherte man sich vor allzugröb- cchen Verunreinigungen mit Speisen (Bidder und Schmidt, Hointz). Um den ^peichel ganz oder theil weise zu eliminiren, legte Bardelebon neben der Magen- ntel auch noch eine Speiseröhrenfistel an, durch welche der verschlungene Speichel Mch aussen abfloss , oder es wurden die Ausführungsgänge der wesentlichen Speichel- trüsen unterbunden (Bidder und Schaidt). Eine Ausschliessung des Magen- snd Spciserphrenschleims aus dem Labsaft ist also noch nicht versucht worden. In «ainemFall genügt daher die gewonnene Saftart, um alle Eigenschaften der Labflüssig- eeit festzustellen, aber sie reicht hin, um diejenigen derselben aufzudecken, welche uun vor dem Schleim und Speichel zukommen , und zwar so weit , als uns die Zu- iiunmensetzung dieser letztem bekannt ist.

Dem Labsaft kommen als eigenthlimliche Stoffe zu: ein beson- eerer Körper, das Pepsin, welches in Ermangelung anderer Kenn- eeichen dadurch Charakter isirt wird, dass es unter Betheiligung ver- ilinnter Säuren feste Eiweisskörper sehr rasch löst (Eberle, ichwann); der Labsaft enthält ferner Salmiak, Chlorcalcium und feie Säuren, namentlich Salz-, Milch- und Buttersäure; Salzsäure lit entweder allein oder mit wenig Milchsäure vermischt gefunden Vörden in dem Saft, der aus dem seit vielen Stunden nüchternen Ifagen genommen wurde (Gmelin, Prout, Schmidt). War aagegen der Saft aus dem gefüllten Magen gewonnen, so ist immer [[ilchsäure, zuweilen mit Buttersäure vermischt, vorhanden; die ;alzsäure fehlte dann entweder ganz, oder es waren nur Spuren terselben vorhanden (Lehmann, Schmidt, Heintz, Bernard ind Barreswil, Smith). Dieser Befund blieb nun derselbe, lleichgültig ob der Magen mit entfetteten Knochen, Amylaceen oder ileisch geftillt war; auch blieb der Erfolg unabhängig von der •attung des untersuchten Individuums. Man könnte sich ent- ■shliessen , den Unterschied der Säure des gefüllten und nüchternen l[agens dadurch zu erklären, dass man annähme, es werde ur- iiprünglich immer nur Salzsäure abgesondert, dass diese aber nur aann als solche erscheinen könnte, wenn nicht zufällig andere nalze im Magen vorhanden seien, die von der Salzsäure nicht an- fegriflFen würden. Da nun nach dem Genuss von Fleisch und 'fehlspciscn milchsaure Salze im Magen nothwendig vorkommen iiUssen, so würde sich aus ihrer Zersetzung durch das CHI die i'Cständige Anwesenheit der Milchsäure erklären lassen. Woher r-ommt aber diese Säure bei der Nahrung aus entfetteten Knochen ? »ieser Gegenstand verlangt also eine neue Untersuchung.

358

Labdrüson ; Absonderungsgoschwiudigkeit des Saftes.

Das Pepsin ist geradezu in dorn Inhalt der Labzellen aufgefunden wo|H (Frerichs), und zwar in neutralem Zustande (Brücke). Um eine Vorstel^H von dorn relativen Gehalt eines beliebigen Saftes an Pepsin zu gewinnen, verf^B Brücke folgenderraaassen. Er ermittelt die Zeit, welche die Volumseinheit dl sehr verdünnten Lösung mit dem Säuregehalt von 0,1 pCt. bedarf, um einen WhB aus geronnenem Eiweiss von bekannten Dimensionen zu lösen. Diese Pepsin-Lösi betrachtet er als Normalflüssigkeit , er setzt ihren Pepsingehalt gleich dem der Einh Um nun zu bestimmen , um wie viel reicher eine andere Flüssigkeit an Pepsin verdünnte er ein bekanntes Maass derselben so lange mit Säure von 0,1 pCt. , bis Volumeinheit den bekannten Eiweisswürfel wieder gerade so geschwind .auflöst, die Normallösung. Das Volum verdünnter Säure , welches er zur Volumeinheit verglichenen Lösung setzen musste, um ihre Verdauungskraft auf diejenige der Nom lösung herabzudrücken , giebt an , um wie vielmal der Pepsingehalt der ersten Löst den der Normallösung übertrifft. Ueber die häufige Anwesenheit der Salzsäure in c Labsaft der Menschen und Thiere kann nach den Versuchen von C. Schmidt k Zweifel mehr bestehen; er bestimmte nämlich aus der frischen Flüssigkeit die Me des Chlors und Ammoniaks und aus der Asche des eingetrockneten Saftes die Me der Basen. Es reichte der Gehalt an Ammoniak und festen Basen nicht hin, um ganze Gewichts des Chlors zu sättigen; er zeigt zugleich, dass gewöhnlich keine and freie Säure vorhanden gewesen sein konnte, indem zur Neutralisation des frisc' sauren Saftes, dessen Gehalt an freier Salzsäure er kannte, gerade so viel Basis nöt war, als die freie Salzsäure zur Darstellung eines neutralen Salzes bedurfte. Li mann dagegen fand Milchsäure im Magen von Hunden, die er nach vorgängid Hungern mit entfetteten Knochen gefüttert und 10 bis 15 Minuten danach getöc hatte. Ueber die Natur der von ihm gefundenen Säure kann kein Zweifel besteh weil sie durch die Elementaranalyse festgestellt wurde. Ebenso traf Heintz in ei erbrochenen Flüssigkeit Milchsäure an, und Schmidt selbst konnte in dem mit Zucl Eiweiss u. s. w. verunreinigten Magensaft, welcher aus der von ihm beobachte Magenfistel eines Menschen genommen war, keine freie Salzsäure, wohl aber Buttll und Milchsäure auffinden; Smith fand Milchsäure und Spuren von Salzsäure. I

Ob und wie die ZusammensetzuDg des reinen Labsaftes vil änderlich ist, mnss dahingestellt bleiben; die Thatsache, dass cl Mageninhalt bald sauer und bald alkalisch reagirt, kann ihr Grund begreiflich eben so gut finden in einer veränderlichen 2 sammensetzung des Labsaftes, als auch in einer ungleich rei( liehen Absonderung der verschiedenen (alkalischen und saure Säft;e, welche in den Magen entleert werden.

3. Absonderungsgeschwindigkeit. Da man zu allen Zeiten dem Magen Pepsin und nur zeitweise eine fi-eie Säure anti-iift, wäre es möglich, dass sich das erstere fortwährend bildet ; die A sonderung der Säure geschieht dagegen offenbar nur periodisc Die Menge von saurer und pepsinhaltiger Flüssigkeit, welche der Zeiteinheit, und zwar sichtlich aus den zu Tage gelegten inne Wandflächen des Magens ausgestossen wird, ist sehr veränderlic Zur Zeit, in welcher der Magen leer oder nur mit verschluckte

Labdrüsen ; Bereitung des Saftes.

359

■jpeichel gefüllt ist, wird gar kein Saft aus den Drüsenmündungen >;eliefert. Dieses geschieht aber sogleich, wenn in den leeren Ilagen beliebige feste oder flüssige nervenerregende Stoffe (Speisen, öteine, Pfeffer, Kochsalz u. s. w.) eingebracht werden, ja nach llidder und Schmidt *) selbst dann, wenn man hungrigen Thieren iideren Speichelgänge unterbunden waren) Nahrungsmittel vorhält, Ihne sie ihnen zum Fressen zu geben. Daraus schliessen wir nun, iiass die Absondernngsgeschwindigkeit mit der bestehenden Nerven- rrregung des Magens steigt..

Wenn man dagegen statt der sanften mechanischen Erregung iine heftigere eintreten lässt (Beaumont), oder noch mehr, wenn iian den Cardiatheil des Magens durch elektrische Schläge dahin n-ingt, dass er Erbrechen einleitet, so hört augenblicklich eine iis dahin bestandene Absonderung des Magensaftes auf ; also scheint iie Drüse auch ihre Hemmungsnerven zu besitzen.

Die täglich ausgeschiedene Menge von Pepsin und Säure ist licht einmal schätzungsweise zu bestimmen.

Der von Bidder und Sctmidt ausgegangene Vorschlag, aus dem verdauenden rarmögen von Pepsin und Säure und der Menge der wirklicli im Magen verdauten »)eisen auf die Menge des täglich abgesonderten Saftes zu schliessen, ist im Prinzip iihaltbar (vid. 1. Aufl. II. Bd. 248). Denn es ist indess von Brücke erwiesen, dass »c verdauende Kraft des Magensaftes nicht bloss von seinem Gehalt an Pepsin und i'iure, sondern auch noch von andern Beimengungen, z. B. der des löslichen Ei- 'isses, abhängig ist.

4. Bereitung des Labsaftes, a) Das Pepsin geht aus den Lab- iöllen hervor; denn dort finden wii' es schon reichlich, und zwar !>s neutralen Körper vor (Frerichs, Brücke). Ausserdem aber ■"••scheint es in keinem Körpertheil mehr, ausgenommen in den Ilüssigkeiten des Magens, welche, bevor sie auf die Magenober- iiche gelangen, die Drüsen durchsetzten. Der Vorrath von Pepsin, f elcher in der Drüse angehäuft liegt, ist ein relativ sehr bedeutender Brücke); denn es kann ein geschlemmter Magen, oder statt dessen

aus ihm ausgeknetete Zellenmasse einer sehr grossen Menge von liltissigkeit verdauende Fähigkeiten verleihen. In schwach an- wsäuertem "Wasser (mit 0,1 pCt. Säure) ist es reichlicher löslich i».8 in reinem Wasser (Brücke). Da das reine Pepsin uns un- '3kannt ist, so verhält es sich natlirlich gerade so mit der Mehr- ihl seiner chemischen Beziehungen und seiner Zusammensetzung.

1. c. p. 32.

360

Bereitung dos Pepsins und der Magensäuren.

Dennoch hat man sich angewöhnt, es als ein Glied oder wenia stens als einen Abkömmling der Eiweissgruppe anzusehen, un zwar nur darum, weil viele Fermente, und für ein solches man auch das Pepsin, aus den EiweissstolFen hervorgehen.

II

Man hat behauptet, dass Pepsin, welches, mit verdünnter Salzsäure versets längere Zeit hindurch mit einem Eiweisskörper in Berührung blieb , diesen letzte] allmälig in Pepsin umwandle. Wäre dieses der I'all, so müsste man, wie dieses mit d Hefe möglich ist, im Stande sein, in's Endlose Pepsin zu erzeugen mit Hülfe ein geringen Menge , die ursprunglich aus dem Magen genommen wurde. Brücke zeig jedoch, dass diess nicht der Fall ist; denn indem er Pepsin mit Fibrin und verdünnt Säure mischte und dann nach einiger Zeit einen Theil dieses ersten Gemisches wicd( zu Fibrin und verdünnter Säure brachte , und darauf wieder einen Theil dieses zweitt zum drittenmal zu einer sauren Flüssigkeit mit den Fibrinflocken goss u. s. f., sah e dass in der zweiten Uebergiessung schon viel langsamer verdaut wurde als in di ersten, und in der dritten langsamer als in der zweiten, und dass endlich ein Gl späterer Ordnung gefunden wurde, in welchem die Säure das Fibrin gar nicht mel gelöst hatte.

b) Magensäure. Wenn der Labsaft freie Salzsäure enthält, s kann diese nur aus der Zerlegung einer neutralen Chlorverbindun hervorgegangen sein; wie, bleibt problematisch, da die verschi( deutlich ausgesprochene Annahme, es finde eine elektrolj'^tisch Zerlegung eines Chlorsalzes im Magen statt, doch immer nur ein wahrscheinliche Unterstellung ist. Eine andere Säure, welch Brücke nach dem Tode in den bis dahin neutralen Drüsen en stehen sah, ist vielleicht Michsäure; denn es bildet sich die g nannte Säure an sehr vielen Orten des todten und lebenden Thieres also gehört sie zu denen, auf welche zu achten wäre. Dringendel macht sich Folgendes geltend: als Brücke den wohl ausgewaschc nen DrUsenmagen der Vögel mit verdünnter Schwefelsäure kocht i gewann er aus ihm einen Stoff, der sich in seinen reduzirendt Eigenschaften ganzi wie Zücker verhielt; damit wäre also im Magei? ein Körper aufgedeckt, der zur Bildung von Milchsäure Veran| lassung geben könnte.

Der Ort, an welchem sich die freie Säure des Magens während d Lebens meist und ausschUesslich aufhält, ist die Magen Oberfläche (Gl Bernard, Brücke). Dieses wird einfach dadurch bewiesen, da^^ die vorsichtig ausgeschnittenen Drüsenkörner des selbst mit saun Flüssigkeit gefüllten Magens neutral oder sehr schwach sauer reagirc (Brücke). Es kommt jedoch auch der Fall vor, dass die Drüsen körner stark sauer sind, trotzdem dass die Magenoberfläche, wu z. B. nach Injection von Magnesiamilch, vollkommen neutral is(

i

Wo bildet sich die Säure? Nervencinfluss auf die Absonderung des Saftes. 361

emnach muss die Säure entweder nur auf der Magenoberfläche äbildet werden, oder wenn dieses im Innern der Drüse geschieht, . muss sie nach ihrer Bildung rasch aus der Drüse gestossen, oder £6 dort verbleibende muss durch die Alkalien des Blutes wieder •seh neutralisirt werden. Die Säure, welche man einige Zeit nach fm Tode in den Drüsen der in Verdauung begriffenen Thiere idet, ist also dahingekommen entAveder in Folge von Leicheninfil- iition, oder in Folge einer Neubildung nach dem Tode, und sie itt jetzt dort frei auf, weil die neutralisirenden Alkalien fehlen.

Die Absonderung des Labsaftes ist eine periodische; sie wird jgeregt, oder, wenn sie vorhanden war, unterdrückt durch Um- iinde, welche wir als Nervenreize kennen. Daraus schliessen wir, iss die Absonderung von" irgendwelchen Nerven aus eingeleitet '3rde;' wo diese Nerven verlaufen, ist unbekannt. Nach Durch- ihneidung der n. vagi am Hals hat man allerdings öfter Gelegen- iiit, Verdauungsstörungen zu beobachten; aber es steht aus zahl- cchen Versuchen auch fest, dass beiThieren, welche jene Operation iiger überlebten, der Mageninhalt noch sauer reagirt, und dass !3 in den Magen eingebrachten Speisen verdaut werden. Panum*) Ih auch durch die Magenfistel die Absonderung 10 Stunden nach iirch schneidung des n. vagus wiederkommen.

Während der Absonderung des Saftes füllen sich die Blut- ffässe des Magens, so dass sich die neutrale Oberfläche des zztera schön roth färbt; diese Füllung kann als ein Förderungs- tttel, nicht aber als die Ursache der Absonderung betrachtet wurden, denn es ist oft der Magen stark roth gefärbt, ohne dass ilbsaft abgesondert wird.

i 5. Die Ausstossung des Saftes aus den Drüsen kann min- f5tens unter dem Einfluss der Brücke 'sehen Muskelschicht ge- liehen. Frerichs hat die Meinung ausgesprochen, dass bei der !tleerung des Saftes die Labzellen in den Magen gespült würden ; rrch die Untersuchungen von Kölliker und Donders ist die- Ibe dahin beschränkt worden, dass die Ausführung der ganzen Kien nicht zu den nothwendigen Ereignissen gehöre, da nach i^chlossener Verdauung, also zu einer Zeit, in welcher die reich- iistcn Ausleerungen aus den Drüsen stattgefunden haben raüssten, Drüsen noch durchweg mit Zellen gefüllt sind. Der Saft, •Icher in den Magen gelangte, wird dort mit den andern Säften

'*) Moissner's Jahresbericht fUr 186C. 361.

362 Schleimdrüsen des Magens; Magensaft.

und den durch ihn veränderten Speisen in den Zwölffingerda; geführt. ,

B. Schleimdrüsen des Magens. Der anatomische Bau dieser Drüsen nähert sich sehr dem v

her beschriebenen an; der wesentlichste Unterschied zwisch Beiden besteht einmal in dem Mangel seitlicher Ausbuchtungen t schlauchförmigen Höhle und der Epithelialbildung auf der Gru haut; in den Schleimdrüsen ist sie nämlich mit einem Cylind epithelium belegt, welches dem in der Innern Magenfläche v( kommen gleicht (Wassmann). Gegen den Pylorus ist der e fache Schlauch öfter getheilt, d. h. es münden durch eme Oetfnu mehrere Drüsenröhren in den Magen;, diese Anordnung bildet c allmähgen Uebergang zu den Brunn' sehen Drüsen des Duo.denu (Douders).

Der Saft, welchen sie absondern, enthält Mucin, das na Sehr an t und Donders aus den sich allmälig auflösenden £ thelialzellen hervorgeht; Pepsin sondern sie nicht ab (Wassman Göll) und wahi'scheinlich auch keine freie Säure.

C. Der Magensaft.

Das Gemenge aus dem Speichel, dem Schleim und dem L saft, welche sich in den Magen ergiessen, verdient als ein wi^ tiges Verdauungsmittel noch der Erwähnung.

Die chemische Zusammensetzung desselben ist natürlich mannigfach veränderlich, je nachdem der Erguss des einen o( andern Drüsensaftes überwiegt, dass sich allgemeine Regeln ü): dieselbe selbst dann nicht aufstellen lassen, wenn auch eine Ve: reinigung durch Speisen fern gehalten worden ist. Das Einzi was man constant beobachtet hat, besteht darin (Schmie Bidder und Grünewaldt), dass nach längerem Entbehren v Nahrung, beim Menschen also jedesmal nach dem Erwachen d|s dem Schlafe, der Magen eine stark schleimhaltige , alkalis reagirende Flüssigkeit in sich fasst, während nach dem Gern von Speisen oder irgendwelchen andern festen Körpern eine sai Flüssigkeit in ihm vorkommt. Schmidt hat bei der schon i wähnten Frau mit einer Magenfistel die Flüssigkeit aufgefanj und zerlegt, welche in dem Magen enthalten war, nachdem Frau Morgens nüchtern einige Erbsen verschlungen hatte. Mittel aus zwei wenig von einander abweichenden Analysen ergj sich : Wasser == 9i^,44 ; Fennent mit Spuren von Ammoniak = 0,.

i

Menge des stündlichen Magensaftes.

363

Eilzsäiire=0,02; Chlorcalcium = 0,01 ; Kochsalz = 0,15; pl^osphor- lure Erden == 0,06.

Die mittlere Menge des Saftes, welche stündlich im Magen )gesondei-t wird, schätzt G.rünewaldt bei der vorgenannten, J Kilo schweren Frau auf 0,584 Kilo, und somit in 24 Stunden if 14,0 Kilo. Zu dieser Zahl, die ihrer Grösse wegen Aufsehen ■regte, gelangt er folgendermaassen. Er führte durch die Fistel- Fnung 62 mal in A^erschiedenen, von dem zuletzt genommenen Mahl igleich weit abstehenden Zeiten ein Röhrchen ein, liesS dieses ährend ungleich langer, aber jedesmal bekannter Zeit liegen, wog IS Ausgeflossene, berechnete dann aus jeder Beobachtung unter )raussetzung, dass das Ausströmen gleichmässig angedauert haben iiirde, die stün'dliche Ausflussmenge und zog endlich aus den berechneten Stunden das stündliche Endmittel. Von diesem zog 65 Gr. ab , weil es ihm aus anderm Grunde wahrscheinlich war, fss die Frau in der Stunde so viel Speichel gebildet und ver- oluckt hatte. Die verbleibenden 0,584 Kilo hält er nun eher ein zu geringes, als für ein zu hohes Maass des stündlichen tftes; denn wenn auch das während der Beobachtungszeit Aus- tflossene nicht sämmtlich während derselben abgesondert wäre, RQdern zum Theil aus dein Vorrath stamme, der von frühem Ab- Qiderungen und von den genossenen Speisen herrühre, so werde e3h das hieraus abzuleitende Mehr weithin dadurch ausgeglichen, dem Mageninhalt zum Ausfliessen neben der engen ^Mündung )\ Röhrchens noch die Aveite Oeflfhung des Pylorus übrig bleibe;

viel fremde Zumischung zu dem Magensaft durch das Röhrchen «yachse, so viel reiner Magensaft werde also auch mindestens vch den Pfortnermund davongehen.

Diese Betrachtungen werden aber widerlegt durch die Beobach- ^gszahlen von Grünewal dt selbst. Unter 54 seiner Beobach- (gen (die andern sind nicht zur Erörterung geeignet) finden sich Mit einer Beobachtungszeit von 5 Minuten; 5 mit einer solchen

10 Min.; 14 von 15 Min.; 27 von 30 Min. Berechnet man für [■3 der genannten Zeit die mittlere stündliche Ausflussmenge, so tt hervor aus der 5 Minuten langen Reihe = 2,20 Kilo, aus

lOrainutlichen = 0,91 Kilo, aus der 15min. = 0,52 Kilo, aus

30 min. = 0,30 Kilo, Die einzige Erklärung für dieses Ver- <;en, dass das Stundcnmittel mit der abnehmenden Beobachtungs-

wächst, liegt darin, dass die aus dem aufgehäuften Vorrath ezapftc Flüssigkeitsmenge das während der Beobachtung wirk-

«

364 Kritik der Annahmen über die mittlere Magensaftmenge.

lieh Abgesonderte weitaus übertrolfen habe. Jedenfalls müssen aus der kurzen Beobachtungszeit berechneten Werthe bei der dung des Gesammtmittels ganz vernachlässigt werden. VerwencJ man demnach nur die 30 Minuten langen Beobachtungen zur A leitung der täglichen Saftmenge, so gewinnt man unter Beibeh tung der Grünewaldt' sehen Speichel-Correction in 24 Stund 5,6 Kilo, also etwa ^'a seines Tagesmittels. Aber auch die Zahl ist noch viel zu gross, und zwar, abgesehen von andern, a folgendem Grunde: Busch hatte Gelegenheit, eine Frau beobachten, die im obersten Theil des Dünndanns eine Fistel v solcher Art besass, dass das, was den Magen verlassen hat sammt der Galle und dem Bauchspeichel durch sie entleert wurc In diesem Fall konnte man dasselbe gewahren,* was vom Hun schon längst bekannt ist, dass nämlich der Ausfluss aus dem Mag viele Stunden, namentlich aber in der Nacht ganz unterbroch war. Also darf man zur Herstellung des täglichen Mittels nicht verfahren , dass man das während der Absonderungszeit gefunde Stundenmittel mit 24 vervielfacht. Aus alle dem folgt, dass m die tägliche Magensaftmenge selbst bei der von Grüne wal beobachteten Frau nicht kennt und sie auch nicht einmal, seit wenn man sehr gewagte Voraussetzungen machen wollte, leiten kann.

Analysen von möglichst speichelfreiem und von stark speichelhaltigem Magena des Hundes gaben Bidder nnd Schmidt.

1. Mittel aus 9 Analysen; die Hunde waren in 8 Fällen mit Meisch gefütt* die wesentlichsten Speichelgänge unterbunden ; der Saft wurde aus dem leeren Maj nach vorgängiger Erregung des Magens durch mechanische Mittel aufgefangen.

2. Bei einem wie vorher behandelten Hund, dessen n. vagi durchschnitten war

3. Mittel aus 3 Analysen bei Fleisch- und Pflanzendiät; Speichelgänge ni- unterbunden.

4. Spcichelgänge nicht unterbunden; 12 bis 24 Stunden vorher die n. t' durchschnitten. i

Wasser Ferment Cm KaCl NaCl CaCl NH.,C1 aCaOPOa MgOPOs Fe-iOaf

1. 97,30 1,71 0,31 0,11 0,25 0,06 0,05 0,17 0,02 0,Olif

2. 97,18 1,57 0,20 0,08 0,14 0,01 0,45 0,30 0,04 0,03{

3. 97,12 1,73 0,23 0,11 0,31 0,17 0,05 0,23 0,03 0,0|^

4. 97,11 1,72 0,19 0,13 0,49 0,04 0,07 0,23 0,04 0,01^ Die mittlere Menge des stündlich aus dem Hundemagen zu erhaltenden Bat schätzen Bidder und Schmidt zu 4,6 Gr. für ein Kilogr. Thier, indem sie, "< es scheint, voraussetzen, dass Nahrungsbedürfniss und Drüsenoberfläche anwachi wie das Körpergewicht,

ScHauclifdnnige Darmdrüsen ; Fettdrüsen.

365

Schlauchförmige Darmdrüsen.

Ihrem Bau nach stimmen sie ganz über ein mit der einfacheren Foi-m nr Magenschleimdi-lisen. In die Dünndarmhöhle des Menschen i«d Hundes , die für die Säfte des Magens und der grossen Bauch- iüsen unzugängig gemacht waren, wird eine zähe, dem Nasenschleim mliche Flüssigkeit in geringer Menge ergossen; sie reagirt alkalisch Nidder und Schmidt) und soll in 100 Theilen zwischen 7,4 nd 3,8 Theile festen Rückstand enthalten (Busch). Man darf rnnuthen, dass die schleimigen Antheile dieses Saftes aus dem thalt des Epithelialcylinders des Darms und vorzugsweise der bhlauchfönnigen Drüsen kommt, da diese mit Schleim gefüllt sind.

Busch gewann das Object seiner Untersuchung dadurch, dass er in eine Fistel : menschlichen Darms einen bei 100" C. getrockneten, wohlgereinigten Badeschwamm II bekanntem Gewicht einführte ; die Gewichtszunahme desselben bestimmte er nach cn Herausziehen vor und nach dem Trocknen. Die Fistel besass einen Bau, der den ttritt der Säfte aus dem obern Theil des Dünndarms in den untern verhinderte, iilcher den Schwamm aufgenommen hatte. Biddor und Schmidt suchten den irmsaft zu gewinnen aus einer Darmfistel des Hundes , nachdem sie vorher Gallen- II Pankreasgänge unterbunden hatten. Sie erhielten jedoch auch auf diesem Wege fc so geringe Menge einer alkalisch reagirenden Flüssigkeit, dass sie nicht hin- :3hte, um eine Analyse damit anstellen zu können. Aus dem Dickdarm erhielten . auch nicht einmal dieses geringe Quantum. Frerichs untersuchte eine Flüssigkeit, er für ein normales Absonderungsprodukt jener Drüsen hält, aus dem Katzendarm. , i sie aufzufangen , hatte er ein Darmstück durch zwei Ligaturen von den benach- tten Stellen abgeschnürt, nachdem dasselbe vorher von seinem Inhalt durch Streichen ; ; den Fingern möglichst befreit worden. Die Flüssigkeit reagü-te stark alkalisch und ent- lit in 100 Theilen: Wasser = 97,6; unaufgelösto Stoffe 0,9; löslichen Schleim = 0,5; U = 0,2 ; Salze = 0,8. Die Flüssigkeiten des Dünn - und Dickdarms waren gleich lommengesetzt. Bidder und Schmidt konnten auf diesem Wege keinen Darmsaft idlten.

Nach Bidder und Schmidt soll sich immittelbar nach dem ftassertrinken die Absonderung etwas veraiehrt haben.

Fettdrüsen.

Zu dieser Drüsengattung rechnet man die HautfoUikel (Haar- llgdrüsen), die Meibom 'sehen Bälge und die Ohrenschmalz- ösen. Die Berechtigung für die Zusammenstellung dieser in vielen 7ziehungen von einander abweichenden Werkzeuge findet man in um grossen Fettgehalt des von ihnen abgesonderten Saftes, iiwohl dieser Grund mehr als nichtssagend ist, wollen wir doch i>8 Wenige, welches von diesen Drüsen bekannt ist, hier zu- (mmenstellen.

366 Haarbalg-, Meiboia'sche und OhrenschraabsdrÜBcn.

1. Haarbalgdrtlsen*). Ihre Höhle besitzt entweder d Gestalt eines einfachen birnförmigen oder die eines verästelte Schlauchs. Die Wand besteht nach aussen aus Bindegewebe, d auf ihrer inneren Pläche ein Epithelium trägt, dessen einzeh Zellen einen grossen oder mehrere kleinere Fetttröpfchen ui schliessen. Gegen das Centrum des Drüsenbalges folgen dai Zellen, die reichlicher mit Fett gefüllt sind, vermischt mit frei( Oeltröpfchen, welche letzteren gegen die Mündung des Balges hin di Uebergewicht bekommen. Die freie Oeffnung des Schlauchs g schiebt immer in einen Haarbalg hinein, und der einzige Untc schied, der in dieser Beziehung zwischen den verschiedenen Tal drUsen besteht, liegt darin, dass bald der Haarbalg an Grösse d Fettdrüse und umgekehi-t bald die letztere den erstem übertrifft. - Das Fett, welches aus den Drüsen zum Vorschein kommt, ist e Gemenge von Elain und Margarin. Ausserdem kommt in ihre Sekret vor: ein eiweissartiger Stoff, Cholestearin , Margarin- ui Elainseifen, Kochsalz, Salmiak, etwas phosphorsaures Nati-on ur Wasser. Der fettige Antheil geht raeist in die Haare über.

2. Meibom 'sehe DvUsen**). Sie schliessen sich rüc' sichtlich ihrer Form und des Baues von Wandung und Höhle a die Talgdrüsen an. Ihr Sekret ist noch nicht untersucht; sieliefei dasselbe auf die Augendlidränder, welche, mit dem fettigen Sa bestrichen, den Thränen den Uebertritt auf die Wangen erschwere]

3. Ohrenschmalzdrüsen. In dem äussern Gehörgan kommen zwei Drüsenarten vor, die eine, welche in die Haarbälg mündet und somit den Talgdrüsen vollkommen gleichartig gebai ist, und eine andere, die OhrenschmAlzdrtisen im engern Wortsini welche dem Bau ihrer Höhlung und Wandung nach den m Muskeln versehenen Schweissdrüsen sehr ähnlich ist. Der einzig Unterschied, welcher zwischen Schweiss- und Ohrenschmalzdrüse besteht, wird durch das Epithelium gegeben, welches in den letzter durch seinen fetthaltigen Inhalt ausgezeichnet ist (Kölliker) ***

Die Bestandtheile des Ohrenschmalzes f), das vorzugsweise de zuletzt erAvähnten Drüse seinen Ursprung verdanken möchte, sin« Olem, Margarin , eine eiweisshaltige Materie, ein in Wasser löm licher, gelbgefärbter, bitterschmeckender Köi-per und die gewöhi n

•) KöUiker, Gewebelohre. 2. Auflnge, p.l75.— Lehmann, Physiologische Chemie. U.B« p. 372.

*») K ä Ui It e r , 1. c. p. 053. *•») 1. c. p. 171. t) BerzeliuB, Lehrbuch der Chemie. IX. Bd. 637.

Schweissdrüsen ; Schweiss.

367

hen Blutsalze. Die quantitative Zusammensetzung des Ohren- imalzes ist unzweifelhaft sehr variabel, da es einmal dunkel und ;t, das auderemal sehr hell und mehr wasserhaltig abgesondert wird.

Schweissdrüsen.

1. Anatomischer Bau*), Das röhrenförmige Lumen der Schweiss- Isen mündet auf der EpidermisoberflächC; dringt spiralig durch 1 Epidermis zur Cutis, verengert sich innerhalb derselben und it dann gestreckt bis in die tiefsten Schichten der Haut, wo es h abermals etwas erweitert, dann knaulförmig aufwindet, um iliesslich blind zu enden. An den grösseren Schweissdrüsen, IB. denen der Achselhöhle, theilt sich das Rohr in mehrere Aeste, ii denen ein jeder sich verhält wie eine einfache Drüse. Die ind der Drüse besteht, wo sie auch vorkommen mag, so lange

durch die Cutis läuft, aus einer strukturlosen Grundhaut iircbow). Diese fehlt aber, wenn das Drüsenlumen die Epi- ™is erreicht hat, so dass sich der Canal zwischen den Zellen sselben hinzieht. Auf der Innern Fläche der Grundhaut sitzt ein ithelium, das in den Drüsen von mittlerer und geringerer Grösse

einer einfachen Lage rundlicher Zellen besteht, deren Binnen- im ausser dem Kern meist auch Fettti'öpfchen enthält. In den iTweissdrüsen der Achselhöhle, der Peniswurzel und der Schäm- ten kommt dazu eine trübe, fettige Masse, welche Körnchen, iinere und grössere Zellen in sich schliesst. Auf der äussern Kche der Grundhaut tragen die zuletzt erwähnten Drüsen eine licht längs verlaufender Muskelzellen, und an diese schliesst n. eine streifige Bindegewebshülle an, welche in allen andern ■isen, denen die Muskeln fehlen, sich unmittelbar an die Grund- tt anlegt. Das dichte Netz von Blutgefässen, welches den .senknäuel umspinnt, entsteht aus den Arterien des Unterhaut- ilegewebes und geht durch Verbindungszweige, welche dem iführungsgang entlang laufen, in das Netzwerk der Cutis- iisse über.

Nerven hat man in die Schweissdrüsen noch nicht verfolgen inen.

2. Schweiss**). Der Saft der Schweissdrüsen ist im voU- iimeü reinen Zustande vielleicht noch keinmal Gegenstand einer

') Kiilli kcr, Handbuch der Ocwcbcleliro. 2. Aufl. 1856. 1G2.

) An »el in ino (u. L. Gmelin), Zeitschrift von Tiedcman n und Ti cv ir iinus. U.13d. ■'ttin, Zeitschrift fflr physlolog. Ilcilluiiidi). XI. Ud. I''iv v r o , eompt. rend. XXXV. 721.

368

Schweissdrüsen ; Aufsammluiig des Schweisses.

Untersuchung gewesen; vielleicht ist ihm verdichteter Hautdui jedenfalls aber immer Hautschmiere und Epidermisschuppenextrs» beigemengt gewesen ; zuweilen hat man sich auch mit der Analy des festen Rückstandes jenes Flüssigkeitsgemenges begnügt.

Je nachdem man alle oder nur einzelne Theile des Schweisses auffangen w verfährt man auf verschiedene Weise. Im ersten Falle wird entweder der nac Mensch im Dunstbad auf eine metallene Wanne gelegt und der abfliessende Schw« gesammelt, oder es wird nur eine Qliedmaasse (Arm oder Bein) in einen luftdich Beutel eingebunden. Die aufgefangene Flüssigkeit wird zwar als reiner Schweiss gesehen; sie kann verunreinigt sein mit dem Wasserauszug der Oberhautschuppen, Hautschmiere und mit verdichtetem Hautdunst, d. h. mit Wasser, das sich an < Wänden des Sackes aus dem Dunst niedergeschlagen hat, der emporgestiegen ist der Epidermis zwischen den Schweissdrüsenmündungen. Die erstem Verunreinigun; können durch vorsichtiges Reinigen der Haut vor Beginn des Versuchs sehr vermind werden , und die letztere ist ganz zu beseitigen , wenn man der Wand des x schliesscnden Sacks die Temperatur der Haut zu geben versteht. Uebrigens dürfte auch ohnodiess veniachlässigt werden , wenn die Schweissabsonderung lebhaft gei ist , um die ganze Oboriläche des eingeschlossenen Gliedes mit einer Flüssigkeitsschi zu überziehen. Mittelst dieses Verfahrens würden zahlreiche Aufschlüsse gewon: werden können ; z. B. über die Abhängigkeit der Zusammensetzung des Schweisses der Absonderungsgeschwindigkeit desselben, und ferner über die Abhängigkeit beit Veränderlichkeiten von der Ernährung , der Tcnipcratui' , der Muskelbewegung des > sammtkörpers , der Blutfülle, der elektrischen EiTegung, dem Luftdruck von und die absondernde Hautstelle selbst, der Abso7\dcrungsdauer des Schweisses u. s. w. Um über einzelne Eigenschaften des Scliweisses Nachricht zu bekommen, hat man e weder nur einzelne wenige Tropfen des gewöhnlich abgesonderten Schweisses c gefangen, oder , war es nur um den Schweissrückstand zu thun , so umhüllte man schwitzenden Glieder mit gereinigter Leinwand , die später mit destillirtem Was ausgelaugt wurde, oder man spülte auch nur die Haut ab, auf welcher ein Schwe rückstand sass.

Der Schweiss, welcher aus dem gesunden Blut abgeschiet wird, scheint nach den vorliegenden Betrachtungen beständige v unbeständige Stoffe zu enthalten. Zu den ersten zählen : ein eiwei artiger Körper, ein ölartiges Fett, Cholestearin , Harnstoff, Mil und Schweissäui-e (Hydi-otsäure, Cio, NHs, On; HO), Kali, Natn Kalk, Eisenoxyd, Chlor, Schwefelsäure, Phosphorsäure, Kohl säure (Anselmino , Favre, Schottin, O.Funke). Die neue! Untersuchung des Schweisses von Funke ignorirt die Schwei i säure und bestreitet die Milchsäure ; wohl nur darum, weil sie si auf viel geringere Saftmengen bezieht als die Arbeit von Favr

und Ai-chiv. g£n6r. Juillet 1853. Gillibert d'Hercourt, Valpntin's Jahresbericht i [ Physiologie für 1853. p. 168. 0. Fiinlce, Meies chott's Untersuchungen zur Nftturlc^ IV. Bil. 36. Schiff, neurolog. Unter.suehuiigen, I. Bd. p. 105 und 189. Schnh, Wocll blatt der Gesellschaft der Wiener Aerztc. 1857. 321. V i ale und L a t i n I, 8 eher er 's Jahti bericht für 1855. 202.

Aondorung des Schweisses mit der Absonderungsgeschwindigkeit.

369

la den imbeständigen gehören: Ammonicak, feste Fette und flilch- ^ge Säuren, namentlich Butter-, Essig- undAmeisensäure (S chottin, lunke, Gillibert).

Die Aenderungen in der Schweisszusammensetzung, welche HS dahin beobachtet wurden, scheinen abzuhängen von der Ab- lunderungsgeschwindigkeit, der Absonderungsdauer, der Lage der bhweisserzeugenden Fläche, vielleicht auch von der Menge des ßnossenen Getränkes und der Individualität des Schwitzenden.

a) Mit der Absonderungsgeschwindigkeit ändert sich die Zu- »mmensetzung in der Art, dass der Gehalt des Schweisses an rrgani sehen Stoffen ujn ein Weniges abnimmt, wenn die Schweiss- eenge von einem Minimum bis zu einem gewissen, nicht allzu- »hen Werth anwächst; dass aber, wenn dieser letztere erreicht t, die Zusammensetzung des Schweisses unverändert bleibt, wie i«ch von diesem Grenzwerth an die in der Zeiteinheit abgesonderte uftmenge wachsen mag. Dieses Gesetz scheint sich aus den tthlen von 0. Funke ableiten zu lassen.

Beobachtuugsort und

Versuchsnammer.

Uiann A.

Vorderarm :70 aCtra. Fläche.

1. 2. 3.

4. '

5. ^ 6. 7.

IMann B.

Vorderarm.

MMann C.

Vorderarm.

Schweissgewicht in Gr. auf die . Stunde.

Rückstand in

Prozenten.

Asclie in

Prozenten.

Harnstoff.

4,46

1,44

5,99

1,36

0,24

12,65

0,79

0,199

17,68

1,17

30,20

0,84

0,31

33,04

0,70

1,112

36,41

0,82

47,96

0,86

0,36

3,12

2,56

0,63

6,80

1,13

6,90

1,17

10,62

0,84

Für den Theil unseres Satzes, dass von einer gewissen Grenze jigefangen die Zusammensetzung des Schweisses unabhängig von niner Absonderungsgeschwindigkeit sei, sprechen auch die Zahlen »n Favre. Der Schweiss, auf den sie sich beziehen, ist ge- (onnen von der Gesammthaut eines Mannes, der in einem Dunst- auf einer Metallrinne lag. Die Beobachtungszeit scheint aller-

24

' Ludwig, Pliyniologie II. 2. AufInge.

370 Aonderung des Schwoisses mit der Absonderuiigs-Daucr , -Fläclie etc.

cliiigs niclit in allen Beobachtungen gleich lang gewesen zu scii sie wird annähernd auf IV2 Stunde angegeben. In 8 versclii' denen Tagen schwankte die in V/2 Stunde aufgefangene Schwei menge zwischen 2559 und 1521 Gr. Die RUckstandprozente wardä in beiden Fällen gleich 0,5. Unter diesen Umständen mag ffl erlaubt sein, die Zahlen einer vollkommenen Schweissaualyse «n F a V r e ' s Abhandlung auszuschreiben. Sie ist mit 14 Liter Schwei . 1 angestellt und auf 1000 berechnet,

Na Gl 2,230 Natronphosphat KaCl 0,244 Erdpliosphat KOSO,i 0,011 KalialbuTuiTiat . 0,005

b) Der erste Schweiss, welcher nach einer längern Drüsenrul hervortritt, ist sauer, dauert die Absonderung längere Zeit, so wi: sie neutral und alsbald alkalisch ; die zuerst ausströmende Flüssigk< enthält auch mehr flüchtige Fettsäure und mehr des eiweissartig( Körpers (?) als die spätere (Gillibert, Favre). Der letzte Beobachter spaltete die in IV2 Stunde abgeflossene Menge 3 Theile, von denen jeder in je 72 Stunde aufgefangen wa 100 Theile enthielten:

Spuren

Milchsaurcs K.0 0,317 Schweissaures KO 1,502 Harnstoff .... 0,044

l'ettc . AVasser

. . 0,0

995,5

Wasser

In absolut. Alkohol lösliche Best. In absolut. Alkohol unlösliche Best.

Aus dci' ersten >|2 Stunde.

99,66 0,17 0,16

Aus der zweiten 1/2 Stunde.

99,53 0,11 0,29

Aus der dritten ','2 Stunde.

99,08 0,15 0,22

Demnach waren in der ersten Masse die mineralischen Sah am geringsten vertreten.

c) Auf eine Veränderung des Schweisses mit der erzeugende Fläche deutet der Geruch hin, den der Schweiss aus einzelne Oertlichkeiten vor dem anderer voraus hat. Auch scheinen die Salz| sich zu ändern. So liefert u. A. das Individuum, welches Funk untersuchte, einen Fussschweiss mit 1,37 Rückstand, darunter wal 0,40 Asche ; ein Armschweiss von gleichen Rückstaudsprozenten g;i nur 0,24 pCt. Asche. Nach einer Angabe von Schottin wa i wenn das Na der Asche == 100 gesetzt wird, das Ka im Arn schweiss = 39 und im Fussschweiss = 57.

d) Der Schweiss, welchen Favre sammelte, enthielt, wi: schon erwähnt, nie mehr als 0,68 pCt. Rückstand; der von Funk nie weniger als 0,70. Hier war verschieden der Ort des Aut fangens, die Individualität und die Diät; und die letztere \m

Absondorungsgeschwiiidigkoit dos Schwcisses.

371

besondere darin, dass der Mann, welcher Favre den Schweiss -erzeugte, während des Dunstbades etwa 2 Liter Wasser trank.

Innerlich genommen gelin in den Schweiss über : Bernstein-, Weinstein Benzoe- säure; es erscheinen dagegen nicht: Jod, Chinin, Salicin (Schottin).

3. Abson'derungsgeschwindigkeit. Der Schweiss wird nur zeit- ivweise abgesondert; bekanntlich kann seine Bildung Monate lang amterdrückt sein. Die Bedingungen, von 'denen sein Eintritt und ^die Lebhaftigkeit seines Fliessens abhängen, sind, so weit bekannt, tffolgeude: 1) die Haut beginnt zu schwitzen, wenn die Temperatur derselben über eine noch näher zu bestimmende Grenze steigt, iiiorauf dürfte zurückzuführen sein der Eintritt des Schweisses nach ')Muskelanstrenguugen ; bei Anfällen von Hyperästhesie, die mit llRöthimg der Haut verbunden sind ; nach Durchschneidung von Ge- ffässnerven, namentlich bei Pferden (Dupuy, Mayer, Colin); ibei Aufenthalt in warmer, mit Wasserdunst gesättigter Luft. B) Der Schweiss fliesst, alles Andere gleich gesetzt, stärker nach [Genuss von warmen wässerigen Getränken und einigen flüchtigen ^zneistoflfen (?). Die Anwesenheit der bis dahin aufgezählten Bedingungen genügt jedoch nur dann, wenn noch andere unbe- iiannte Bestimmungen schon vorhanden sind. Dieses geht aus den lirztlichen Erfahrungen hervor, dass öfters von einer sehr warmen, mit Blut gefüllten Haut trotz des reichlichsten Genusses von warmem IWasser kein Schweiss erzielt werden kann. Umgekehrt schwitzt auch oft ein Individuum mit relativ kalter Haut, und zu Zeiten, m denen es sich längere Zeit des Trinkens enthalten hat. 3) Die .ujebhaftigkeit der Absonderung sinkt mit der Absonderungsdauer Gillibert, Eunice). Nach den Angaben des erstem Beob.ach- eers hört der Schweiss, wenn er während einer gewissen Zeit ab- ;<;esondert wurde, zu sti-ömen auf, selbst wenn das Individuum unter leichlichem Wassertrinken im Dunstbad verbleibt. 4) Einzelne Oertlichkeiten der Haut sind vor andern bevorzugt durch ihre Be- »"ähigung in Schweiss zu gerathen und bei gleichen schweisstreibendeu Jrsachen mehr Flüssigkeit als andere zu liefern; es scheint, als »b hierzu die Orte gehörten, die sich entweder durch zahlreichere )der durch grössere Drüsen vor andern auszeichnen (Stirn, Hand- eller, Achselhöhle u. s. w.).

Ausser einigen Angaben von Favre, Gillib ert und Funk e , in denen gloich- .eitig die Muskelbewegungcn , die Temperatur und die Diilt verändert wurden, liegen ■ür die soeben ausgesprochenen Sätze keine i;ahlenbeispicle vor ; i" der Unbestimmtheit, n der sie hingesteUt sind, genügen jedoch auch zu7n Beweis derselben die Thatsachen "ler tägUchen Erfahrung.

24*

372

Statistik des Scliweiascs ; Schweissbildung.

Die Statistik des Scli weisses, d. h. die Frage, wie viel dieser Flüssigkeit von der gesummten Haut unter gewissen Umständen abgesondert werde, konnte noch nicht in Angriff genommen werden, da es an einem HUlfsmittel fehlt, um unter gewöhnliche) Verhältnissen den Schweiss gesondert vom Hautdunst aufzufangen Eine Aussicht hierzu würde sich bieten, wenn es sich herausstellte,! dass innerhalb gewisser Grenzen der Absondenmgsgeschwindigkeit, das Verhältniss zAvischen festen und flüssigen Bestandtheilen un- veränderlich und aller Orten dasselbe Aväre; dann würde mau aus dem auf der Haut, beziehungsweise ihren Bedeckungen verblei- benden Rückstand, auf die Menge der abgesonderten Flüssigkeit schliessen, und also auch Versuche über Schweissmengen bei ge- wöhnlicher Bekleidung anstellen können. Sollten die Thatsachen diese Unterstellung widerlegen, so müsste sich die Statistik auf die Bestimmung der festen Stoffe beschränken. Um einen Maass- stab zu gewinnen, wie hoch unter günstigen Umständen die Schweiss- menge der gesammten Haut anwachsen kann, dienen die Erfah- rungen von Favre. Er gewann in l'/2 Stunde bis zu 2560 Gr. Schweiss ; bei einer so reichlichen Erzeugung erschöpft sich jedoch die Absonderung nach einiger Zeit (Gillibert).

4. Schweissbereitung. Die fetten und die flüchtigen Säuren gehen unzweifelhaft aus den Epithclicn hervor, da namentlich die Drüsen , welche einen starkriechenden Schweiss hervorbringen, reichlich mit Fett gefüllte Zellen bergen. Die Absonderung der Flüssigkeit würde man wegen ihres periodischen Aufti'ctens, und auch darum, weil leidenschaftliche Erregungen öfter mit Schweiss- bildung gepaart sind, wohl bereitwillig von "^einer Beihülfe dei Nerven ableiten, wenn nur irgend eine Art von Nerv zu den Drüsen verfolgt werden könnte. Da die von Blut strotzende Haut leicht und die zusammengezogene nicht schmtzt, so wäre daran zu denken, dass eine Erschlaffung der Gefassmuskeln und die darausB entspringende Erweiterung des Gefässlumens eine nothwendige Be- dingung zur Einleitung der Schweissbildung sei. Damit ist es aber nicht zu vereinigen, dass die Absonderung, welche schon einge- treten war, auch wieder zurücktritt, trotz der noch bestehendem Blutflille. Sollte etwa die Haut der Schweissdrtisen sich unab- hängig von Nerven und Muskeln verändern?

Der 'Widersprueli*) gegen ^ie gangbare Ansicht, wonach der Schweiss aus deni Driisen und nicht aus der zwischen ihnen gelegenen Oberhaut hervorkomme , wird sichj

•) Meisau er's Jahresbericht fiir 1866. j). 285.

Hnrnwerkzouge ; anatomischer Bau der Nieren.

373

, hwerlich Gelhing verschaffen ; denn es gelingt dem mit der Loupo bewaffneten Auge licht, den Tropfen aus den Driisenmündungen hervorkommen zu sehen.

5. Aus den Drüsen, Avelcben Muskeln fehlen, kann der Inhalt nur durch die absondernden Kräfte selbst ausgetrieben werden ; die Muskeln in den grössern Drüsen sind vielleicht geeignet, den zäh- tliissigen Inhalt, der auf ihrem Grund sitzt, zu entleerren. Der auf die Hautoberfläche ergossene Saft wird uns bei der thierischen Wärme noch einmal Veranlassung zu Bemerkungen geben.

Harnwerkzeuge. A. Nieren.

1. Anatomischer Bau. Ein jedes Harnkanälchen beginnt in der Nierenrinde mit einem kugeligen Säckchen und geht dann in einen engen Schlauch über, der gewunden durch die Rinde, gestreckt durch das Nierenmark hinläuft. Auf diesem Wege verbindet sich vorerst ein jedes unter einem spitzigen Winkel mit einem benach- barten Röhrchen , und der aus beiden zusammengeflossene Schlauch läuft wieder mit einem ähnlich entstandenen Nachbar zusammen. Diese Verbindungen wiederholen sich öfter, so dass schliesslich eine grosse Anzahl von Röhren in eine einzige zusammenmündet, die auf der Papille sich öffnet. Das Gesammtlumen der Harnröhren nimmt auf dem Wege von der Rinde zur Papille zuerst sehr rasch und dann allmäliger ab, da die aus den ersten Zusammenflüssen entstandenen Röhren von demselben, die durch die spätem Ver- einigungen entstandenen von nicht sehr bedeutend grösserem Durch- messer sind, als jede der einzelnen vor der Vereinigung. Die Wandung des Harncanälchens ist aus einer strukturlosen, sehr feinen, aber festen Haut gebildet, auf deren Innenfläche eine ein- fache Lage von Kernzellen aufsitzt, die mit Flüssigkeit mässig ge- füllt sind. Witt ich'*) beschreibt das Element der Deckhaut als ein kugeliges Häufchen feinkörnigen Stoffes mit einem Kern in der Mitte; eine umkleidende Haut soll ihnen fehlen. Die Papille, auf welche das bis dahin beschriebene Harncanälchen zu- gleich mit vielen andern aus der Niere in den Kelch tritt, ist eine kegelförmige Warze, die mit der Basis an den Nieren festsitzt und mit der Spitze frei in den Kelchraum ragt.

Die art. renalis zerfällt in Zweige für die Capsel, die Rinde, das Mark. Die weitaus grösste Menge der Aeste gebt in die Rinde

•) Vlrchow'8 Archiv. X. Bei. 927.

374

Hamwerkzeiigo ; Blutgefässe der Nieren.

und läuft dort in kurze Arterien von schon mikroskopischem Durch- messer aus. Diese durchbrechen nis sogen, vasa afferentia die Wand des sackartigen Anfangs der Harngänge und zerfahren inner- halb dieser Höhle in ein Bändel von feinsten Gefässen (glomerulus). Diese sammeln sich wieder in ein grösseres Gefäss, das vas efferens, welches den Hohlraum des Harnganges alsbald verlässt, indem es seine Wand abermals durchbricht. Der Blutstrom biegt also in die Höhlung des Harncanälchens ein und aus (Bowmann). Die Gefässe des Nierenkorns (glomerulus) sind unter einander durch eine strukturlose Masse verklebt, und auf seiner freien Oberfläche hat man oft eine Lage zellenartiger Gebilde gefunden. Wenn das ausführende Blutgefäss wieder zwischen die Harncanälchen ge- treten ist, so zerspaltet es sich noch einmal zu einem weitmaschigen Netze, das in Verbindung mit den Verästelungen der umliegenden vasa eflPerentia die Harncanälchen auf ihren gewundenen Und geraden Wegen umspinnt und aus dem die Wurzeln der Nierenvenen ihren Ursprung nehmen. Dieser Beschreibung entsprechend, würde das für die Rinde bestimmte Blut der a. renalis durch ein doppeltes Capillarensystem laufen, von denen das erste in das Lumen des Harncanälchens ragt und das zweite ausserhalb auf der Wandung desselben liegt. Die Veränderung des Lumens, welche die Gefässe in der Binde und insbesondere von den zuführenden Gefässen des Nierenkorns nach abwärts erfahren, verhält sich sehr wahrschein- lich in der Art, dass der Querschnitt in dem zuführenden und ab- führenden Gefässe sehr viel kleiner ist, als derjenige, welcher von der Summe der Gefässe des Knäuels dargestellt wird; die Summe der Querschnitte sämmtlicher Capillaren des zweiten Netzes dürfte

Fig. 53.

grösser sein, als diejenige des ausführenden Gefässcs. Das Schema dieser Anordnung des Lumens drückt Fig. 53 aus; a entspricht

Hftmwerkzeugo ; Gofässo des Marks \mi der Rinde der Nieren.

375

i iii vas afferens, p sind die vereinigten Querschnitte der einzelnen (.tlisse im Glomerulus, e passt auf das vas efferens und v auf zweite Netz und die Venenwurzeln.

Die Capillaren flir das Mark gelien zum Theil aus den Maschen «s zweiten Netzes der Rindengefässe hervor, zum Theil entstehen fe selbstständig aus den grösseren Aesten der Nierenarterie Virchow)*). In welchem Verhältniss die Summe ihrer Lich- tngen zu der der vasa afferentia in den Knäueln steht, ist un- bkannt, aber jedenfalls überlegt die Gesammtlichtung der vasa FFerentia jene um das Vielfache. Ein kleiner Rest der Arterien- rveige endlich, welche, von dem Mark zur Rinde aufsteigend, die Asa afferentia abgegeben haben, gelangt schliesslich auf die Ober- iiche der Niere, wo sie sogleich in ein Netz zerfallen, das die upsel auskleidet. Die Venen dieser Gefässe, verstärkt durch Zu- Hsse ans der Fettcapsel, bilden den Anfang der Stämme, welche üis Blut ans der Niere fortführen.

Von dem Bau der Häute ist hervorzuheben, dass das vas af- und Pferens Muskelzellen tragen, ferner, dass die äusserste Wandschicht US Nierenvenenstammes mit einer starken Muskellage ausgestattet tt nnd dass in ihre Höhlung öfter eine Klappe ragen soll. Aus !3r Niere ti-itt eine nicht sehr beträchtliche Zahl von dünnen Lymph- lifässen aus, die ebensowohl aus der Tiefe wie von der Ober- iiche ihren Zufluss beziehen. In die Niere, und zwar längs der nrterie gehen Nerven ein, welche aus dem plex. coeliacus stammen ; sind aus wenigen breiten und vielen Remak 'sehen Fasern Lisammengestellt und werden auf ihrem Wege mit kleinen Ganglien- laufen belegt; die Anordnung ihrer anatomischen Elemente inner- lilb der Nieren ist noch nicht dargelegt. Der Ursprung derselben t th eilweise wenigstens unzweifelhaft in dem Hirn zu suchen, da f e Verletzung derselben sehr schmerzhaft empfunden wird. Alle rese Gebilde sind in der Niere selbst eingebettet in eine geringe eenge sturkturloser Zwischenmasse und umschlossen von einer fsten Bindegewebscapsel.

2. Chemischer Bau der Nieren**). Die strukturlose ?embran der Harncanälchen nähert sich nach ihren chemischen

•) Dessen Archiv. XII. 310.

•*)Slnioii, Mcdiz. Chemie. Berlin 18«. II. lld. 5:1.1.— 0. Lang, Do ndipe in urina cl libu». Dorpnt 1852. Frerlchs, Bright'Hche Kranlchoit. Brnunschw. 1851. 42. Cloötta,

«hlg's Annalcn. 80. Bd. 280.— O. Beckmann, Virchow's Archiv. XI. Bd. 127. Hor- » n n , Wiener altadcm. Sitznngsbcrlchto, XXXVI. 349.

)

376 Chemischer Bau und Blut der Niere.

i

Reaktionen dem elastischen Gewebe. Der Inlialt der Deckzelle; i besteht aus Eiweiss (?), zuweilen, namentlich bei Vögeln, atj-' Harnsäure, aus Fetten (vorzugsweise nach Fett- und Fleischnalia rung). Die Gefässhäute zeigen die bekannten Eigenschaften. - Aus dem wässerigen Ausziug der Niere ist bis dahin ausser deji Bestandtheilen des Bluts und Harns dargestellt worden: Inosi« Taurin, Cystin (Cloetta), Sarkin (?) (Cloetta, 0. Bechl mann), Leucin und Tyrosin (Beckmann), Kreatin (He^ mann). Alle diese Stoffe kommen jedoch nicht immer zusammd vor. In der frischen , bis zum Tod thätigen Niere des Menschq und Ochsen wurde Inosit, und in der gleichbeschaffenen Niere d^ letzten Thieres ein dem Xanthin oder Sarkin ähnlicher Körper nx\ entweder Cystin oder statt dessen Taurin gefunden. Aus d^ menschlichen Niere (wie lange nach dem Tode?) wurde Sarkij Zucker, Leucin und daneben zuweilen auch Tyrosin gewonnen. -| In der Niere von Hunden, deren Ureter 2 bis 24 Stunden untej bunden war, fand sich Kreatin. Blieb der Ureter mehrere Ta^ lang geschlossen, so war das Kreatin verschwunden und statt dessei trat neben andern krystallinischen, auch ein dem Leucin ähnliq sehender Körper auf. Welches die natürlichen Bildungs- od^ Lagerstätten dieser Verbindung sind, bleibt unentschieden; in welchJ Beziehung sie zu einander stehen, lässt sich um so weniger sageil als ausser den genannten gewiss auch noch andere eigenthümlichl Stoffe vorkommen. 1 3. Das Blut*), welches aus der absondernden Niere fliessil ist hellroth, dem arteriellen ähnlich, gefärbt; es enthält mehr 0 unl weniger COj als das dunkle venöse (Bernard); auch ist es frei vol Faserstoff, oder wenigstens arm daran (Simon). Aus der ruher den Niere kommt das Blut dunkel (Bern ard) und faserstoffhalti, (Brown-Söquard). Das Blut derNierenarterie soll mehr (0,038 pCt, Harnstoff enthalten als das venöse (0,010 pCt.) Picard; nach der Angriff auf Picards Methode (v. Recklinghausen) dtirfte dieseJ Satz weniger durch die aufgeführten Zahlen als vielmehr durch di " Erfahrung bewiesen sein: dass nach Ausrottung der Niere (Dürnast Prout) oder Unterdrückung der Harnabsonderung (Babington der Harnstoffgehalt des Bluts überhaupt zunimmt; also hat si( ' das arterielle Blut beim Durchgang durch die Niere eines Theili seines Harnstoffes entledigt.

^) CI. Bernard, Le<;ons sur les liquides de rorganisme. Paris 1859. II. Bd. U~ u. f- Poiseuille und Gubler, Compt. rend. 49. Bd. 164.

Blut und Blutstrora der Niere.

377

Die 25ahlen, -welche Bernard über den Gasgehalt des hell- und dunkelrothen Iiiisen und arteriellen Blutes mittheilt, sind nicht genau vergleichbar, da über das altniss ihres Körperchengehaltes nichts hekannt ist, und noch mehr, weil Bernard ' lewinnungsmethode des Gases selbst als eine provisorische bezeichnet. Beispiels- mögen gelten-:

Arteria

■Vena renalis

hellroth.

dunlcelroth.

0

19,4

17,2

6,4

COj

3,0

3,13

6,4

Die Zahlen bedeuten Volumen-Prozente eines Gases von unbekannter Dichtigkeit.

Das Blut oder überhaupt die Körpermasse eines Thieres, dem man die Nieren ■iiraen hat, enthält nach den Angaben von Bernard, Barreswill*) und Stan- s **) immer auffallend viel -weniger Harnstoff, als in der Zeit, -während welcher p Xieren fehlten, durch diese ausgesondert sein -würde. Dieses wird erklärlich, nn man annimmt, dass der zurückgehaltene Harnstoff sich in kohlensaures Ammoniak ■- 'tzt, das durch an dere Secretionen, z. B. die des Magens und Darms, ausge- len wird. In der That hat sich in dem Magen der entnierten Hunde eine .imoniakalische Flüssigkeit gefunden (Bernard). Der Angabe von Picard tjtgegen geben Gubler und Poiseuille an, dass das Blut der Nierenvene öfter sbhr Harnstoff enthält, als das der Nierenarterie. Da ihr analytisches " Verfahren von ^ttrz erfunden und erprobt ist, so dürfte es wohl von den Fehlem des Picard 'sehen «i sein ; aber nicht weniger sicher ist es auch , dass das von ihnen gefundene »rhalten der beiden Blutarten zu einander nicht das normale ist, denn die Nieren lud im "Wesentlichen die einzigen Organe, welche Harnstoff entleeren, und durch sie rrd im Allgemeinen fast sämmtlicher durch die Nahrung eingebrachte Stickstoff wieder $8 dem thierischen Körper entfernt.

4. Blutstrom durch die Niere***). Wie viel Blut überhaupt in :3r Zeiteinheit durch die Niere geht, wird bei unveränderlichem )3annungsunterschied zwischen dem Inhalt der Arterie und Vene »hängig von den Widerständen in der Niere. Diese sind aber .atsächlich veränderlieh; denn es durchsetzt meist während der !3Stehenden Harnabsonderung und nach Durchschneidung der Ge- Rssnerven das Blut die Niere so rasch, dass es in den Venen noch !3llroth anlangt, während es umgekehrt dort dunkel ankommt, penn die Absonderung ruht oder die Nierennerven gereitzt werden iBernard). Bei dem grossen Durchmesser der Nierenarterie •od dem jedenfalls nicht unbedeutenden Spaunungsunterschiede

•) Archivea gdnrfrnles. 1847. Scheven, üeber die Ausschncidung der Niere und deren -Wirkung. Rostock 1848.

C. Ludwig, Artikel Hnrnabsondcrnng in -Wagner's Handwörterbuch der Physiologie. Virchow, in dessen Archiv. XII. Bd. 310. Cl. Bernard, Lccfons sur los liquides de »rg«nisme. Pari« 1869. p. 147 u. ff.

378

Blutstroni der Nicro ; Harn.

zwischen der Arterie und Vene kann bei geringem Widerstan sehr viel Blut durch die Niere gehen. Wenn aber der Wida stand bedeutend geworden, so kann auch die Blutmenge gerin werden.

Das Blut kann durch die Niere auf drei Wegen in die Veu zurückgehen. Der Antheil, den jede Abtheilung von der Gesamrn heit durchlässt, wird abhängen von dem Verhiiltniss der Qua schnitte und Bahnlängen zu einander. Offenbar kann man soglei( sagen, dass das Netz der Capsel immer sehr wenig Flüssigk abführt. Es kommen also nur die Verhältnisse zwischen dem Au maass au den Rinden- und Markgefässen in Betracht. Diese sind ab( wegen der Muskeln au den kleinen Arterien (vasa af- und efferenti des Niereukornes und die arteriolae rectae des Marks) nicht unveräi derlich , und somit wird der Antheil des durch das Mark gehende Blutes auf Kosten des flindenstroms wachsen , wenn die Muskel der Gefässe des Nierenkorns zusammengezogen und die des Mart unverändert oder umgekehrt die Durchmesser der letzten Zuflusi röhren erweitert und die der Rinde unverändert sind. Wie viel Bh aber hierdurch von der Riode abgeleitet werden kann, ist wege der Unbekanntschaft mit den in Frage kommenden Ausmaasse nicht einmal schätzungsweise anzugeben.

Das ungefähre Gesetz ftir die Fo men der Spannungscurve innerha der beiden aufeinanderfolgenden Ci pillarnetze in der Rinde kann nac den Angaben über die fortlaufend Veränderung des Lumens (Fig. 53 hingestellt werden. Sie muss, en) sprechend den Grundsätzen, welchi Seite 64 u. f entwickelt sind, die i\ Fig. 54 angegebene annehmen.

Cl. Bernard giebt an, dass man die von ihm beobachteten Erscheinungeil welche die Veränderlichkeit des Blutstroras durch die Niere beweisen , am besten all Thieren sehen kann, die mit Curare vergiftet und durch künstliche Respiration anj Leben erhalten worden. '

5. Harn. Die Flüssigkeit, welche aus den Harncanälchi ausgeschieden wird, enthält sehr verschiedene Stoffe in Lösung, ; nach der Lebensart, den Nahrungsmitteln und besonderen allg^ meinen körperlichen Zuständen. Man hat darum bestimmt, den), jenigen Harn als den normalen anzusehen, welcher entleert wir»»

Harn ; HnmstofF.

379

gänzlichem Enthalten von Nahrang oder bei Aufnahme einer ihen, welche wesentlich aus eiweissartigen Körpern, Fetten, Amy- , den gewöhnlichen Blutsalzen und Wasser besteht. Unter dieser laussctzung erscheinen im Harn : Harnstotf, Kreatinin, Harnsäure, ipm-säure, Farbstoffe, Zucker, Fette, Ammoniak, NaO, KO, , MgO, CIH, CO2, PO5, SO3, dazu eine geringe Menge orga- ^hev Stoffe von unbekannter Zusammensetzung (Extrakte) und Ixasform aufgelöst N, 0, CO2.

Je nach dem Ziel, das der Harnanalytiker verfolgt, hat man rreder allen Harn, der in 24 Stunden gelassen wurde, in ein üss vereinigt, gewogen und ein oder mehr Proben dieses Durch- «ittsharns zerlegt; oder es wurde von einer zur andern und rr jedesmal bekannten Zeit der Harn besonders entleert, ge- een und zerlegt. Die erste Beobachtung giebt die Menge der ch entleerten Hamb estandth eile ; die zweite giebt die mit der eeszeit veränderliche Menge der letztern. Um die von ver- öden schweren Individuen ausgegebenen Gewichte an Harn- Bndtheilen vergleichbar zu machen, hat man die letztern durch Körpergewicht dividirt, d. h. man hat die von der Einheit des wergewichts gelieferten Harnbestandtheile aufgesucht. Die in her Zeit und von gleichem Thiergewicht gelieferte Stoffmenge 1 man als Maass ftir die Bildungs-, resp. Absonderungsgeschwin- feit ansehen. Dieser Berechnung Hegt die wahrscheinliche ussetzung zu Grunde, dass, alles Andre gleichgenommen, die lichte des bildenden Thierleibes und der gebildeten Harnbestand- ini geraden Verhältniss miteinander wachsen. Harnstoff*). Er kommt im Harn frei, vielleicht auch mit NaCl AmCl verbunden vor. Die Bedingungen für die Harnstoflfaus- dung durch den Harn dürften gelegen sein : in dem Umfang und xeschAvindigkeit, in und mit welcher er gebildet und auch wieder er zerlegt wird (z. B. in AmO u. s. w.) , ferner in der Thätigkeit, ihe Haut und Niere entwickeln, um ihn aus dem Körper zu

I Lehmann, Physiolog. Chemie. H. Bd. 107. Frorich's, MüUer's Archiv. 1818. 4(i7.— Ir nnd S ch mldt , Die Verdauungssäftc nnd der Stoffwechsel. 1852. p. 292 u. f. Schorer, LMger Verhandlungen. II. Bd. 180. Bise hoff, Der Harnstoff als Maass des Stoffwechsels, i 1853. Barrai, Statique chlm. des anlmftn.x. Paris 1850. 437. H. Becher, Studien •espiration. Ztlrlch 1855. J. Lehmann, Liobig's Annalcn. 87. Bd. 205. Bise ho ff, rg*8 Annalen. 88. Bd. 102.— Hoppe, Virchow's Archiv. X. Bd. 144. Kaupp- rar phys. Heilkunde. 1866. p. 385. u. 1850. p. 125. Voit, Physiol.-chem. Untersuchungen. in 1857. Bei gel, Untersucliungen Uber Harn nnd Harnstoffmengen, nova acta. Hd. XXV. ■ltdruck.). - Hermann, Wiener akad. Bericlite. Bd. XXXVI. 349. Gcnth, Unlersuchungen 3n Einnuss des Wassertrinkons. Wiesbaden 1868. .Schirks, Valontin's Jahrcsljcricht T. p. 84. Botkln, Vlrchow'g Archiv. XV. 380.

380 Vorändorlichkeit do.s täglichen Harnstoffs von der Gewichtseinheit Thier.

schaffen. Dieses Alles ist an sich klar, weil nur üherhaupt f Harnstoff ausgeführt werden kann, der im thierischen Körper bildet und dort nicht auch sogleich weiter zerlegt ist. Von die Harnstoff kann aber nur der dem Harne zu Gute kommen, welJ nicht durch die Haut abströmt; der noch übrige Rest muss i nicht nothwendig durch die Niere abfliessen, denn dieses schiebt nur so weit, als es dieses Werkzeug gestattet; was ef Harnstoff zurücklässt, vertheilt sich in den Säften des thieris( Körpers. .

Täglicher Harnstoff von der Gewichtseinheit Thier. Ni lieh war es bis dahin unthunlich , auch nur den Versuch zu wa den Harnstoff des täglichen Harns aus dem mittleren Harnstoffge unserer Säfte und der Arbeitskraft der Niere herzuleiten. Man statt dessen die Abhängigkeit desselben von andern Umstän untersucht, welche in jedem Fall aus mehrfachen Gründen, je x den Zuständen des thierischen Körpers aber sogar in entgej gesetzter Richtung auf die Harnstoffausseheidung wirken kön Nach diesen vorläufigen Bemerkungen zählen wir auf:

1) die Harnstoffausscheidung bei Entziehung aller Nahr^ die Ausscheidung . des genannten Stoffes durch den Harn geht zum eintretenden Hungertode des Thieres fort; sie geschieht ; aus dem Inhalt des hungernden Thieres (Lassaigne, Schej Becher, Schmidt, Frerichs, Bischoff). Da nun der H Stoff offenbar nur aus den Leim- und Eiweissköi-pern hei gehen kann , so wird sich seine Menge richten nach der Zusami Setzung des hungernden Thiers (seinem Fett-, Fleisch-, Bind webe-, Knochengehalt), nach seiner Lebensweise, der Temperi seiner Umgebung etc. Andeutungen für solche Variationen li< darin, dass gemästete Thiere mehr Harnstoff liefern als ma, (Bischoff); dass mit der Dauer des Hungers sich die Ham!| abscheidung ändert. Das Gesetz, nach welchem dieses letztere geschj zeigt im Allgemeinen ein Abfallen des Harnstoffs ; wie dieses ' aber im Einzelnen gestaltet, wird von mannigfachen Umstä| abhängen. I

2) Veränderlichkeit der Harnstoffausscheidung mit der Art f Menge der festen Nahrung. Man suchte natürlich meist die ' Ziehungen zwischen der chemischen Zusammensetzung der Nalu' und den ausgeschiedenen Harnstoff auf. Soll hierbei die wirH' in die thierische Umsetzung eingegangene Nahrung in Betil* kommen, so kann dieselbe nur dann für übereinstimmend mith

Harnstoffabsonderung abhängig von der Nahrung.

381

;vnommeuen angesehen werden, wenn bei ilirem Genuss durch aie Zeit nicht allein das Körpergewicht, sondern auch die Ge-

"icit unverändert geblieben; denn dann wird wohl auch die utische Zusammensetzung des Thierkörpers sich gleich geblie-

>ein. Wenn dagegen bei der Nahrung das Körpergewicht zu- r abnimmt, so bleibt die Zusammensetzung des Stoffgemenges iin die thierische Zersetzung einging, unbekannt. Aber auch wehen der mit bekannter Zusammensetzung in die lebendige Um- Hung eingehenden Nahrung und dem ausgeschiedenen Harnstoflf ;ceine feste Beziehung zu erwarten; denn Eiweiss- und Leimatome »allen nicht sogleich in Harnstoff, sondern zunächst in Produkte, : als solche entleerbar sind, wie in Harnsäure und Kreatin u.s. w jaer gehen sie th eilweise gar nicht in Harnstoff über , sondern in teusäure, Farbstoffe und vielleicht auch geradezu oder mindestens (dem Harnstoff nur als Durchgangspunkt in andre gasförmig oder lüig entleerte stickstoffhaltige Atome. Ob und wie viel von N der irung zur Harnstoff bildung verwendet wird, ist demnach ab- ^ig von der Arbeit mannichfacher Körperstücke. Aus diesem End können die Versuche an Thieren mehr dazu dienen, die eenthümlichkeiten des inneren Zersetzungsganges bei denselben umstellen, als dazu um aus ihnen einen Schluss auf die Harn- fabscheidung des Menschen zu ziehen. Da aber die Versuche Ihrt haben, dass nicht bloss der Eiweiss- und Leimgehalt der irung, sondern auch der Antheil an Wasser, Fetten, Zucker,

Salzen die Art der Umsetzung bedingt , so dürfte es bei zukünf- Versuchen unerlässlich sein, diese genau zu bestimmen, was

bekanntem Grunde nur dann möglich wäre, wenn man die i/sen aus künstlichen Gemengen chemisch reiner Nahrungsmittel itellte.

Aus den bekannt gewordenen Beobachtungen geht hervor: Fett und Amylon mindern die Harnstoffabscheidung , so dass i-jelbe Thier weniger Harnstoflf liefert beim ausschliesslichen Ge- m von Wasser und Fett, oder selbst bei einem reichli(;hen i:er aus Amylon und Fett mit einem schwachen Zusatz eiweiss- :'?er Stoffe, als bei vollständiger Nahrungsentziehung. Eine aus I I, Fett und Fleisch gemischte Nahrung erzeugt,, gleiche Nieren- jgkeit vorausgesetzt, weniger Harnstoff, als dieselbe Menge von •8ch für sich allein genommen hervorbringt (Bisch off, Hoppe, •tkin). b) Eine Nahrung von Eiern, Muskelfleisch, leimgeben- < Gewebe steigert die Harnstoflfbildung (Bisch off, Lehmann),

382 Bo:jiGliung dos Harustoffu zum N- und Wassorgehalt der Nahrung.

und zwar nimmt das tägliclie Ilarnstoffgewicht annähernd in d Maasse zu, in dem die Menge jener Nährstoffe wächst, gleichgi. ob unter dem Einfluss der Fütterung das Körioergewieht des T| res zunimmt oder sich gleich bleibt. Nach Voit kann bei H den nahezu der ganze N-GehaltderNahrung mit Abzug dessen, welc( im Koth verbleibt , also der N des Futters , welches wirklich ins ü überging, durch den Harnstoff entleert werden; dieses gilt natUrlj nur für den Fall, dass sich das Gewicht des Thieres während i Versuchszeit unverändert hielt. Diese Erscheinung trifft jedoch i der allgemein für den Hund, noch weniger aber für den Mensel •ein, denn für gewöhnlich enthält der ausgeschiedene Harnstoff 1 neswegs den ganzen Stickstoff, welcher mit der Nahrung einge wurde (Boussin gault, Lehmann, Barrai, Bischoffj, sei dann nicht , wenn sich das Körpergewicht durch die Nahrung ni mehrt. Der Unterschied zwischen den Stickstoffmengen, welq mit der Nahrung ein- und durch den Harnstoff' ausgeführt werdj ist nach Bischoff beim Hund in weiten Grenzen unabhängig | funden worden von dem Nahrungsmaasse , so dass er bei eiij kärglichen und übermässig reichlichen Fleischfütterung sich glei blieb. Dieses würde daraufhindeuten, dass in den von Bische beobachteten Thieren neben einer mit der Fleischmasse veränd liehen Harnstoffbildung eine andere von dem Fleischgenuss un» hängige, immer gleichmächtige Umsetzung des Eiweisses stattfäu« Diese nicht in Harnstoff ausmündende oder über ihn hinausgehe) Umwandlung des Eiweisses wird aber beschränkt, wenn dem Flei^ noch Kochsalz, Fett oder Wasser so zugesetzt werden, dass si das Volum des täglichen Gesammtharns mehrt; denn dann ste der Harnstoff und nähert sich der Grenze, die ihm durch den Sti Stoffgehalt der Nahrung gezogen ist. c) Der Wassergehalt Nahrung beeinflusst, gleichbeschaffene und gleichviel feste Spc vorausgesetzt, die Harnstoffausscheidung; seine Wirkung ist änderlich mit der Wassermenge, welche aus dem Getränk den Harn übergeht, mit der Tageszeit, in welcher sie geno und mit dem Wasser, das in der vorhergegangenen Zeit in Nahrung vorhanden war. Die vorliegenden Untersuchungen gen, dass bei gleichbleibender Nahrung und Muskelanstrengö der tägliche Werth des Harnstoffs zunimmt, wenn sich das Hai. maass mehrt CBisch off, Becher, Kaupp, Genth u. s. w.). D reichlicher gelassene, an Harnprodukten ärmere Harn entführt ine Harnstoff als der sparsamer ausgeschiedene, aber an Harnstoffp»

*

Beziehung des Harnstoffs zum Harnvolum.

383

|ukten reichere Harn. Dieses gilt selbst füi- den Harn, der zu jerselbeu Zeit aus den beiden Nieren desselben Thiers bervorge- iingeu ist fHermannJ. Legt man den Ureter beiderseits bloss lüd laugt den Harn auf, so zeigt sich, dass die Nieren zu gleichen weiten ungleiche Harnvolumina absondern (Göll) und zwar wech- \]sxd bald die eine und bald die andere mehr. Wenn eine der ißiten merklich mehr Harn entleert , so fördert sie dann auch mehr Birnstoff zu Tage. Aus der Beobachtung, dass der prozeutische larnstoffgehalt mit dem abnehmenden Harnmaass und zwar un- ggelmässig wächst, geht jedoch hervor, dass kein festes Verhältniss mschen den beiden genannten Werthen besteht. Diese Vorbe- t«rkung zeigt, dass der Genuss von Wasser nur dann die Harn- vjffabscheidung mehrt , wenn das Wasser nicht durch Dann, Haut, unge, sondern durch den Harn entleert wird. Nur insofern, als II Allgemeinen bei einem grösseren Wassergehalt der Nahrung i4ch das tägliche Harnvolum wächst und zwar meist in dem Maasse, welchem die Wassernahrung zunimmt, ist es auch erlaubt, ge- idezu die Steigerung des Harnstoifes von der des Getränkes ab- ingig hinzustellen.

Aber gleiche Mengen fester und flüssiger Nahrung erzeugen tter sonst gleichen Bedingungen nicht gleichviel Harnstoff. War J3 Nahrung zuerst relativ trocken gewesen und wurde sie dann tt Wasser versetzt, so wirkt dieselbe Menge Wasser viel mehr ;;igernd, als wenn längere Zeit hindurch die Nahrung schon iisserreich war (Mösl er). Darausfolgt, dass wenn nach einem !i)bergang von wenig zu mehr Wasser die letzte Lebensweise an- lltend eingehalten wird, der Gang des Harnstoffes sich folgender- liiassen stellt: seine Menge erhebt sich von ihrem niedern, der "ckenen Nahrung entsprechenden Werth plötzlich beträchtlich, und wie der Nahrungswechsel eintritt, dann sinkt sie während einiger ■fge langsam herab und schwankt nun während der Zeit, in ilcher das Getränk sich gleich blieb, in engeren Grenzen um einen Ctleren Werth (Genth), der jedoch höher ist, als er ohne den )-mehi-ten Wasscrgenuss sein würde. Geht der Versuch umge- lart von der wasserreichen zur trockenen Diät über, so erniedrigt ih die HaiTistoffmenge an dem Tage des Nahrungswechsels unter 1 Werth, welcher sonst der trockenen Diät zukommt; während 4ger Tage erhebt sich dann der Harnstoff wieder auf den Durch- unitt, welcher vor der Wasservermehrung in der Nahrung vorhanden r (Becher). Wird das Wasser, welches man der Nahrung

384 Harnstoff im Harn und KONOB,NaCl, Harnstoff und Harnsäure in der Nahrung. [

zusetzt, auf eiumal mit deu trockenen Speisen genommen; so Ii:' dasselbe für die Harnstoftaussclieidung einen grossem Erfolg, : wenn es erst nach der Verdauung der festen Speisen getrimk^ wird (Genth). t Wie das reichliche Trinken einerseits durch Anregung d«| Nierenthätigkeit die Ausscheidung des Hamstofis mehrt, so steige i sie anderseits auch die Harnstoff bilduug. Dafür sprechen folgen Aussagen: bei vielem Trinken von Wasser verschwindet aus äi Harn die Harnsäure (Genth); es nimmt während länger Wassergebrauchs das Körpergewicht trotz einer unveränderte festen Nahrung ab; es genügt zur Stillung des Hungers die Na rung nicht mehr, welche ohne die Wasserdiät hinreichte; i nimmt das Körpergewicht nach Aussetzung des Wassergebraucl durch die unveränderte Menge fester Speisen zu (Beneek< Genth, Mosler).

In Folge von Kalt - und Wamiwasserbädern kann sich die tägliche Hamsto ausscheidung mehren und mindern (Neubauer, Genth, J. Lehmann)*), nachdem das Bad auf die Absonderungen durch die Haut gewirkt hat.

d) Ein Salpeter- und Kochsalz -Mehr in der Nahrung erhöh] den Harnstoff (Boussingault, Barrai, Bischoff, Kaupi Schirks). Diese Wirkung des Kochsalzes schlägt in das Gege theil um, wenn die Kochsalz-Nahrung ohne Vermehrung des Trin Wasser längere Zeit andauert (Botkin).

Als hamstoömindernd sieht man auch den Kaffeeaufguss an (Bock er, J. Lei mann). Die Hamstotfabscheidung wird noch geändert dnrch Darreichung eini{ chemischer Präparate, und zwar wird sie vermehrt durch die Einnahme von Har Stoff (Wöhle r,J"rerichs**), Gallois***), vorausgesetzt, dass er nicht in sf beträclitlicher Menge gegeben wird, denn dann ist er ein Gift. Schon 30 bis 40 Minuil nach Einführung von 5 Gr. Harnstoff in den Kaninchenmagen beginnt die vemiehi Abscheidung; sie ist erst nach 60 bis 70 Stunden beendigt. Vepnehrend wirkt art Harnsäure (Wöhler, J'rerichs, Neubauer f). Die Art ihrer Wirkung ven Bchaulicht der folgende Versuch von Neubauer. Ein Kaninchen gab mit der bestii Menge Kübenfutter täglich 1,34 Gr. Urin. Als es daneben in 2 Tagen 24 Gr. Har säure empfing, lieferte es nun in 3 aufeinander folgenden Tagen 5,3, 8,5, 6,2 Gr. i Am 4. Tag kam es erst wieder zu 1,33 Gr. In jenen 3 Tagen waren also 16,0 ( Harnstoff mehr, als die Kühen liefern, ausgeschieden ; die Harnsäure hatte 1 7, l Gr. Hai Stoff geben können. Gallois fand dagegen nach Einverleibung von harnsaun

•) Meissner' s Jahresbericht für 185G. 300 und 326, *•) Liebig's Aiiiialen. 65. Bd. 335. •••) Gazette m^dicale de Paris. Juin 1857. t) Liebig's Aimalen. 99. Bd.

*

Aonderung der Hamstoffausscheidung mit der Temperatur, Körperbewegung etc. 385

i keine HanistofFvermehrung. Vid. Oxalsäure des Harns. Aehnlich wirken Bjiin (Kerner)*), wclclies sicli jedoch nicht so vollständig wie Harnsäure in Harn-

f umzusetzen scheint; Thein und Theobroniin (Frerichs, Wühler, Lehmann); lebeu und Cantharidentinktur (Sigmund)**), wobei sich jedoch nach Beckmann \ Verhältnisse sehr .verwickeln ; Ol. terebinth. aether. (Beckmann), Digitalis sollen 1 Hamstoffausscheidung mindern (Sigmund, Becher).

2) Gleiche Lebensart führt bei höherer Lufttemperatur zu et- 53 weniger Harastoflf als bei niederer (Kaupp).

3) Alles Andere gleich, wii-d die tägliche Hanistoffmeuge i*as geringer, wenn die Blase selten, grösser, wenn sie ö^ers ieert wii-d (Kaupp). Bei den unter 2 und 3 hei-vorge- loenen Umständen änderte sich das Harnvolum durch Hebung der 'Weissbildung und Minderung des Harnwassers.

4) Muskelansü'engung mehrt die Harnstoifausscheidung, wenn für die genossene Nahi-ung erreichbare Maximum noch nicht

r/onnen ist, selbst dann, wenn sich das Harnvolum nicht ändert; 1) bei einer Kost von mittlerem Wassergehalt wird die Harn- [fausscheidung reichlicher, wenn die Muskeln anhaltend gebraucht (den; ist dagegen die Kost sehr wasserreich, so mindert die [!;ukommende Bewegung den Harnstoff eher, als dass sie ihn mehrt. i:nth, Mösl er). Da sich zugleich das Hamvolum bei der rregung gemindert hat, so würde die Beobachtung sagen, dass Muskelbewegung die Harnstoflfausscheidungen nicht so weit ge- Igert habe, dass der durch die Schweissbildung erzeugte Ver- habe gedeckt werden können.

5) In allen bis dahin beobachteten Individuen, wie sehr auch Lebensweise mit Rücksicht auf den Genuss von festen und flüssi- Speisen, Körperbewegung und Temperatur geregelt war, stellte die tägliche Harnstofiinenge nicht von einem zum andern Tage

kommen gleich her, sondern sie schwankte auf und ab in mehr weniger regelmässigen Perioden und Abständen. Diese Thai- len fordern die Annahme, dass die an der Bildung oder Aus- flidung des llanistoflfes betheiligten Vorgänge aus inneren in demthie- hen Haushalt begründeten Einrichtungen veränderliche Werthe sind.

Bei gel fand in zweiFäUen wahrend der Menstruation weniger Harnstoff , als un- Abar vor und nachher; da vor der Menstruation weniger Harn (mit mehr Harnstoff), während derselben geliefert wurde, so wäre daraus zu schliesscn, dass bei diesem »nd die Hamstoffbildung vermindert sei. Auch in einigen Krankheiten, z. B. dem iU8, ist die Hamstoffausscheidung vormehrt, in anderen, z. B. der Bright'schen

) Vlrchow' 8 Archiv. VI. Bd. 24S.

) Meimincr's Jahresbericht für 1857. 313.

■ndwlg, Physiologie II. 2. Anfinge.

i

386 Einfluss der Tageszeiten auf die Hanistoffansscheidung.

Nierendegeneration und dem gelben Fieber, mindert sich die Menge dos ausgegi denen Harns sehr merklich. In dem ersten Fall (Nierendegeneration) häuft er siel Blute an; der Grund der Verminderung liegt darum nur in dem ausscheidenden Appi

Eine Vergleichung der täglichen AbsonderungsgeschwindigJ des Harnstoffs in verschiedenen Lebensaltern und Geschlecht] hat Thatsachen ergeben, welche, wie es scheint, in vollkomme Uebereinstimmung mit den Ableitungrn aus dem bis dahin Mii theilten sind, insofern im Allgemeinen Männer und Kinder essen und sich bewegen, als Frauen und Greise. 1) Bei I derii ist die Bildung des Hanistoffs lebhafter, als bei Erwachsei sehr bedeutend gehemmt ist sie im Greiscnalter (Lee am Scher er**), Bischoff). 2) Beim männlichen Geschlecht soll Allgemeinen die Harnstoff bildung in gTösserem Maassstab vor f gehen, als beim weiblichen ( B e c q u e r e 1 ***) Lecanu, Bischo lieber die Harnstoffabscheidung schwangerer Frauen s. Bücke]

B. Aenderung des Harnstoffs mit den Tageszeiten. 1) ruhenden und hungernden Individuum bleibt die Geschwindig der Harnstoffausscheidung nicht fortwährend gleich. In einer Becher an sich selbst gewonnenen Beobachtung ging Harn Harnstoffmenge vom Morgen bis in die späteren Nachmittagsstun unter Auf- und Abschwankungen der höchsten Erhebung zu sank von da wieder. Diese Erscheinung schliesst sich ähnlichen der Gallen- und COi-Ausscheidung durch Leber und Lu an, und zeugt für den schaukehiden Gang der Umsetzungen Ausscheidungen aus einem uns unbekannten Grunde. 2) B speisenden Individuum macht sich die Zeit, in der feste und flüsi Speise genommen wird, merklich. Fig. 55 und 56(unastehend). Speisezeit ist in dem Abrisse durch einen Strich angedeutet; Mahl hatte einen beträchtlichen Fleischantheil. Die erste Curve nach Becher 's, die zweite nach Voit's Angabe entwor Kurze Zeit nach der Fleischmahlzeit steigt der Hai-nstoffgelj erreicht etwa nach sechs Stunden seinen Höhepunkt und s: dann wieder. Sinken und Steigen geht mit Schwankungen eine mittlere Linie vor sich. Auch der blosse Genuss von Was steigert nach Mosler die Harnstoffmenge. Legt man glet zeitig die Curve der stündlichen Aenderung des Gesammtharns

*) Journal de pharmncie. XXV. Bd. 1839. •») Würzburger Verhandlungen. Ifl. Bd. 180. •••) Der Urin. Leipzig 1842. 2fi. t) Sclierer's Jahresbericht für 1848. 93.

Einfluss der Tageszeiten auf die Harnstoffausscbeidung. Vig. 55 und 56.

387

Harnvolum inC.C.

Utas Essen,

e3 des Harnstoffes, so ist ersiclitlich , dass beide Linien, unter- lordnete Ausnahmen abgerechnet, gleichzeitig zu steigen und zu den beginnen. Dabei ist jedoch der Gang durchaus Itein pro- nrtionaler. Dieses erklärt sich insbesondere bei den Curven der "eisetage sehr leicht, wenn man sich erinnert, dass der asser- und Harnstoffgehalt des thierischen Körpers nicht in einem stimmten Verhältniss stehe; wäre also nach Tische das Wasser sr Organe und des Blutes rascher vennehi-t als ihr Harnstoff, so ttrde, gleiche Nierenthätigkeit vorausgesetzt, jetzt mehr Wasser, Bniger Harnstoff, später mehr Harnstoff" und weniger Wasser aus- «schieden.

Einige Mittelzahlen aus Beobachtungen am Menschen sind Ilm Beleg der aufgestellten Regeln in der folgenden Tafel ver- iichnet.

25«

388

Mittelzahlon der Harnstoffaueschcidung.

Geschlecht und Alter.

Männl. 35 J.

Männl. 24 J.

Männl. 45 J. Weibl. 43 J. Männl. 16 J. Weibl. 18J. Männl.3, 5J. 7J.

22 J.

38 J.

Körper- gewicht i. laio.

108

89,75

48,5

65,6

38,6 135,0

Nahrung.

[Fleisch u.Eier

^gemischte

jPflanzenkost

[Zucker

/gemischte

ohne Nahrung

[gemischt mit 10,8Lt.Was8.

fl Tag nachher dieselbeKost ohne Wasser,

'2 Tage nach- her idem

^reichl.höherer Stände

> gemischt

Ilarnmgo. in C.C. whd.24St.

1662,7

951,2 741,6 723,3

71,16 40,36

47,79

37,7

25,3

19,9

20,9

12,98

18,29

27,00

29,82

Harnsttr f. 1 Kilo Krprgw.

0,35 0,28 0,41 0,32

0,81 0,42

Bemerkungen,

Beobacliii^

»Lehmai

•Becher

Bischol

»Scherei

In den nun folgenden Versuchen war die Kost eine geregelte, gemischte; jede Beobachtete genoss zwar eine von der andern Terschiedenc, aber während de Versuchsdauer immer dieselbe.

Männl. 39 J.

74,40 74.56

|u. ohne Wass.

1252 1259

40,21 44,99

0,54 0,60

mit vermehrter Körperbeweg.

74,04

/und 2 Liter

3251

46,60

0,62

d. Wasser auss.

74,19

( Wasser

3175

50,12

0,68

der Mahlzeit

73,99

/und 4 Liter

5514

54,26

0,73

währ. d. Mahlz.

73,68

j Wasser

5075

52,13

0,71

ohne Bewegung

74,35

und 1 Liter

2325

46,38

0,62

mit Bewegung

Wasser Dieselbe Kost

u. 33,6 Gr.NaCl

2309,6

35.80

0,53

67,0

u. 1,5 Gr. NaCl

2162,0

33,50

0,50

gemischte \

1369,1

37,77

0,56

12 ( Harnentl.

Kost )

1348,6

34,75

0,52

2jin24Std.

65,0

gemischte ) Kost 1

898 954 997

27,17 24,70 28,39

0,42 0,38 0,44

jfd. Men- wahrd) . , , 1 struat. nach )

geraischt.Kost

4723

41,0

0,85

ruhig zu Hause

u. 2500 kalt.

3977

46,17

0,95

Beweg. i.Freien

44,5

Wasser.

gemischt.Kost

4943

52,25

1,08

ruhig zu Hause

u.2500warm.

3663

54,0

1,12

Beweg. i.Freien

Wasser.

^Kaupp.

>Beigel.

Männl. 26 J.

WeibL 30 J.

Männl. 20 J.

Zur quantitativen Bestimmung des Harnstoffs dürften von nun an nur noch Methoden von Liebig, Bunsen oder Heintz angewendet werden, da die alt Verfahrungsarten zu Verlusten führen. Die Zahlen von Bischoff, Scherer Becher, welche nach Liebig's Vorschrift analysirten, sind dämm nicht vergleiohl mit den Lohmann'schen.

■Genth.

Kreatin; Harnsäure.

389

Kreatin*) und Kreatinin können fast immer aus dem larn dargestellt werden (Heintz, Pettenhofer, Liebig). Da as letztere sich sehr leicht in das erstere umwandelt, so ist man eneigt, alles Kreatin aus dem Kreatinin abzuleiten. Seine Menge sechselt; es ist reichlicher im Harn Fleisch- (resp. Milch-) fressender iiiere, z. B. der Kälber (Socoloff), der Hunde (Lieb ig), »orzugsweise reich ist der Harn an Kreatin, welcher nach ein- bis eehrstündiger Unterbindung eines Ureters aus der bis dahin ruhen- sn Niere ausgeschieden wird (Hermann).

Dessaignes fand in 100 C. C. Menschenham 0,2 Gr. Kreatinin.

Harnsäure*). Das 2NaO, HO, POs des Urins soll sie flüssig 1-halten, indem dieses Salz durch freie Harnsäure in NaO, 2H0, PO5 und «a02Ur verwandelt wird (Lieb ig); auch sollen die Harnfarbstoffe ur Lösung der Harnsäure beitragen (Duvernoy). Hierdurch er- lärt es sich, warum der Harn so viel mehr Harnsäure gelöst ent- iilt als das Wasser von gleicher Temperatur.

Die Harnsänre-NiederscMäge im gelassenen Harn sind veranlasst entweder durch, ibkühlung der aus der Blase entleerten Flüssigkeit oder durch eine in Folge der lamgährung eintretende Säurebildung, die die Löslichkeit der Harnsäure um so mehr leeinträchtigt , -fffnn sie auch die lösenden Farbstoffe zerstört.

Das Maximum der täglichen Harnsäureausscheidung, zu welchem, !? der gesunde Mensch bringt, ist nach absolutem Maass immer Dor ein geringes; die Schwankungen aber, die jene Absonderung i ihren (engen) Grenzen erleidet, sind verhältnissmässig bedeutend; idese Schwankungen treten zum Theil scheinbar unbegründet, d.h. i'ährend ganz unveränderter Lebensumstände auf; diese Unregel- iiässigkeiten werden aber geringer, wenn man statt der täghchen lusscheidungen mehrtägige miteinander vergleicht (Ranke). Eine ».enderung der Ausscheidung bewirkt die Ernährungsweise; der ifungernde entleert wenig Harnsäure und zwar mit der steigernden t'astenzeit weniger (Ranke). Fleischnahrung giebt am meisten, '•/eniger Pflanzenspeise, »och weniger eine Kost aus Zucker (Leh- iiann, Ranke). Ganz verschwindet sie nach sehr reichlichem 4enuss von "Wasser (Genth), dagegen sollen alkoholische Ge- iränke sie vennehren. Geringe Körperbewegungen sollen sie mindern,

•) Heintz, Zooohcmie 1863. 192. Lieblg, dessen Annalen. Bd. 108. Dessaignes, Messen. Jahresber. 18.57. 543. Hermann, Wiener akadem. Berichte. 1. o.

") Llcblg, Annalen. 50. Bd. IGl. Bcncc Jones, rhllosopliical trangactions. 1849. 250.— ;anke, Vcber die Ausscheidung der Harnsäure. München 1868.— Hocker, Virch ow's Archiv. ' a. 226.

390

Harnsäure ; Xantliin.

kräftige sie mehren (RankeJ; das Letztere soll auch durch MinqB^, rung der Hautausdünstung erreicht werden, vorausgesetzt, dass <]K Harnmaass dadurch entsprechend gesteigert ist (Marcet), S<l| tionen von Kindern, die innerhalb einiger Wochen nach der Gebil gestorben sind, zeigen öfters Nieren, deren Canälchen mit Hail, säm-ekrystallen gefüllt sind (Cless). Ob dieses allen gesund! Neugebornen eigen ist, wann nach der Geburt die Harnsäure | scheint und wie lange sie besteht, ob dabei eine Vermehrung tl Harnsäure eintritt, ob die Harnsäure die Nieren als solche verläit oder dort vorher verändert wird, darüber geben, wenn auch noBT unbestimmte Aufklärung, die Beobachtungen von Virchow, H dann, Hecker. ,

In Krankheiten, namentlich in fieberhaften, ist die tägliche Harnsäuremcnge ungewöhnlich vermehrt ; auch im Icterus ist sie reichlicher vorhanden ( K U h n ( l" ebenso in der Leukämie (Virchow, Ranke). Vermindert soll sie werden m fBi Chiningobrauch (Ranke).

Das Mittel der täglichen Menge setzt Becquerel auf 0,. 5

Bence Jones von 0,4 bis 0,6 Gr. Lehmann fand bei Fleisc ];i kost 1,5 Gr., bei gemischter Kost 1,2 Gr., bei Pflanzennahi-ung 1,0 G

bei Zuckerftitterung 0,74 Gr. Ranke bei Pflanzennahrung i jr

Mittel 0,7 Gr., bei Fleischnahrung 0,9 Gr. je

Die Veränderung der Harnsäureausscheidung mit der Tag€ i

zeit wird bestimmt durch die Vertheilung des Essens; bei ein jf

täglichen Hauptmahlzeit fällt das Maximum der stündlichen Au f!

Scheidung einige Stunden hinter dieselbe, das Minimum aber u i^, mittelbar vor sie.

Vielen Thieren, z. B. den Hunden, den Katzen, den Wiederkäuern, fehlt t Harnsäure zwar nicht immer, aber doch meist; andere, wie Vögel, Schlangen u. s. \ .. entleeren sie massenhaft. Die Lagening der Harnsäure bei Vögeln und Schnecken i ^ Innern der Zellen, welche die Hamcanälchen auskleiden (Busch, TVittich), hat d Aufmerksamkeit erregt.

Man unterstellt eine enge Beziehung zwischen Harnsäure un " Harnstoff, indem man die erste als eine Webergangsstufe zum Han Stoff bei der Zersetzung von Leim und Eiweiss ansieht. Ausser de Wahrscheinlichkeitsgründen, welche die chemischen Formeln i die bekannten Zerfällungsprodukte der Harnsäure darbieten, ii anzuführen, dass die eingenommene Harnsäure als Harnstoff auf tritt, und dass sie in den Geweben auch solcher Thiere zu finde ist, deren Harn frei von unserer oder einer ihr älmUchen Säure isi

Xanthin. In sehr geringer Menge (Strahl, Lieberkühn Strecker; zuweilen als Harnstein (Marcet, Liebig, Wöhler)

Hippursäure.

391

k Hippursäure*). Sie wird durch das 2NaO, HO, PO5 des f larns gelöst erhalten. Sie bildet einen meist noch geringem An- ,^ ?eil des Menschen -Harns als die Harnsäure; nach Ranke, Du- .[j. 11 ek u, A. soll sie häufig ganz fehlen. Vermehrt wh-d ihre täg- j bhe Menge in, erster Linie durch den Genuss von Benzoesäure ittd solchen Nahrungs- und Arzneimitteln, die sie und ihre Salze, Her solche Benzoylverbindungen enthalten, die sich leicht zu Ben- loesäure oxydiren. Ihr mehrender Einfluss ist jedoch in enge jlrrenzen geschlossen (Ure, Wöhler, Frerichs). Nimmt ein rMaiin von mittlerer Grösse täglich mehr als 2 Gr. Benzoesäure, so ijs-scheint ein Theil der letztern als solche, und nicht zu Hippur- liure vei-wandelt, im Harn (Duchek). Vermehrt wird die Hippur- iiure ferner durch den Genuss von Zimmtsäure (CisHsOiJ (Mar- lhand), Bernsteinsäure, wie Buch he im und Kühne behaupten, eenen jedoch Hall wachs entgegentritt, und endlich durch den renuss von Gräsern, Gemüsen, Früchten, die nur sehr wenig oder rach gar keine Benzoylverbindungen enthalten fH allwachs, Weiss- iiann, Duchek). Vermindert wird sie dei Grasfressern durch irodnahrung (Weissmann), beim Menschen, Hunden, Kälbern lurch Fleischnahruug; Ranke", Wurtz und K ü h n e sahen sie nach üeser Kost ganz schwinden. Bei der Harai-uhr kommt sie jedoch luch während ausschliesslicher Fleischkost vor. Nach der Beobach- isingen von Roussin, die Hallwachs im Allgemeinen bestätigt, ;^eben Arbeitspferde mehr Hippursäure als Luxuspferde. Die beiden JJeobachter legen den Grund für das Mehr in die stärkere Mus- [;elanstrengung; ob ihn nicht das Futter bedingt?

Hallwachs fand bei gemischter Diät bis zu 1 Gr. Hippursäure täglicli; "Weiss- iiaann nach einer weniger genauen Scheidungsart bei gemischter Kost zu 2,4 bis 3,4,

Da die Hippursäure aus der Summe der Atome der Benzoe- iääure und des Glycins weniger 2 At. Wasser besteht, da sich ^aus den genannten Stoffen die Hippursäure darstellen und diese «sich auch wieder in Benzoesäure und Glycin zerlegen lässt (Des- "Saignes), so darf man wohl behaupten, dass sich die genossene [Benzoesäure mit dem im thierischen Körper voi-findigen Glycin

•) H. Ranke, Physlolog. - chemische Untersuchungen etc. Erlniigon 1851. Roussin, Compt. rend. 42. Bd. 683. Hall wachs, Ucber den Ursprung der Hippursäure Im Harn der Pflanzenfresser. 1857. Welssraann, Ueber den Ursprung der Hipp, im Harn der Pflanzen- fresser. 1857. Klihne und Hallwach«, Archiv fiir pathol. Anatomie. XIl. Bd. 38G. KUhne, Ibid. 396. Mcissnor's Jahresbericht für 1866. 271. Duchek, Chemisohos Centrai- blatt 18.%. 300. ^

392

Hippursäure; Kohlenliydrato.

paare. Dieses letzte liefert die Leber in der Glycocholsäure und Paarung geht im Blute vor sicli (Kühne, Hall wachs).

K. und H. geben in einer durchdachten Arbeit folgende Gründe für ihre hauptung. Benzoesäure allein in das Blut gespritzt geht alsbald wieder als solcht den Harn über, die plötzliche Mehrung dieses Atoms im Blut entspricht keiner gleie! des Glycins; spritzt man aber Benzoesäure und zugleich eine entsprechende Me: glyoocholsaures Natron ein, so wird der Harn entsprechend hippursäurehaltig. Bringt man Benzoesäure in den Magen, - so entsteht, weil sie nur langsam, und z der Glycinbildung in der Leber gemäss, zum Blut kommt, auch Hippursäure, sei dann noch, wenn man eine Gallenfistel anlegt, die alle Galle, welche zur Blase ki nach aussen führt ; also geht die Paarung nicht im Darm , sondern im Blut vor Die Bildung der Hippursäure steht aber still, wenn man nach dem Eingeben Benzoesäure die Gallen- und Blutgefässe im Hüus der Leber unterbindet; also lie: die Leber das Glycin. Dunkel ist es noch , woher die Benzoesäure kommt , wi im Futter keine Benzoylverbindungen enthalten sind. Man hat verschiedene T muthungen über ihren Ursprung festgestellt; so glaubte man sie u. A. ableiten können aus der lebendigen Umsetzung des Eiweisses und Leimatome, weil sie d Oxydation der letztem künstlich dargestellt werden kann. Wenn es sich bestätigt, die Hippursäure mit Hülfe der Bernsteinsäure entstehen könnte, so würde um so e. die letzte Ursache ihrer Bildung im thierischen Stoffwechsel gesucht werden müss^B^' als Bernstoinsäure schon im lebenden Körper gefunden wurde. Auf denselben Urspru deutet auch die Beobachtung von L e hm a n n , dass diabetische Kranke nach vi( tägiger Fleischkost noch Hippursäure ausharnen.

Die Bedingungen, welche die Entstehung der Hippursäure aus ihren Comp nenten veranlassen, sind unbekannt. Durch gleichzeitige Digestion von Blut, Lebe: Galle und Benzoesäure bei der normalen Säugothierwärme kann sie nicht erzeu] worden, auch dann nicht, wenn durch jenes Gemenge ein SauerstolFstrom geleitet wi (Kühne).

Nach einer belangreichen Beobachtung von Kühne geht be gelbsüchtigen Menschen oder Hunden, deren duct. choledochu allein unterbunden war, die eingegebene Benzoesäui'e als solch in den Harn über, obwohl dieser letztere dann Cholalsäure enthält Also muss bei der in jenem Falle bestehenden Gallenstauung di^ Bildung des Glycins in d^r Leber unterbrochen sein.

Kohlenhydrate. Im Ham sind aus dieser Classe beobach- tet worden: Trauben-, Rohr-, Milchzucker, ein nicht krystallisü-endecl gährungsfähiger, die Polarisationsebene links di'ehender Zucker*), Ino- Sit, Mannit, Milchsäure.

Der Trauben- oder Leberzucker**). Gl. Bernard hält die beiden nicht für gleichartig wegen ihres ungleichen Widerstandes

•) Löwig, Chemie dor orgnn. Verbindungen. 1846. I. 422. *•) E. Brüclce, Wiener alcart. Ritziingsber. 28. u.'29.Bcl. 286. Bl o t , Compt.rend. 48. Bd. p. G76.— Leconte, iliid. 44. Bd. Juin. Wie de r Ii ol d , Chcm. Ccutnai)!. 1857. Meissner, Ilonle's

Traubon - oder Lcborzucker.

393

,gen die zersetzenden Einflüsse des thierischen Körpers. Dieser Zucker ümmt fast regelmässig, jedoch in sehr veränderlichen Mengen, im im vor; er scheint in dem Maasse durch die Niere zu treten, in üilchem er im arteriellen Blut enthalten ist. Im Harn eines auf «wohnliche Weise ernährten Menschen fand ihn Brücke jedoch SSO geringer Menge , dass das durch ihn bei der Trommerschen )obe zu Oxydul reducirte Oxyd sich im Ammoniak des Harns löste; iem man diese Wirkung des Ammoniaks nicht beachtete, tiber- n man bisher, dass der gesunde Harn Zucker enthält. In ver- ehrter Menge wii'd er nach einer reichlichen Mahlzeit beobachtet, mentlich wenn diese viel Zucker führt und genossen vrurde, nach- DQ ein 24 bis 36sttindiges Fasten vorausgegangen wa,r (Gl. Ber- ird). Vermehrt ist er ferner bei Säugenden (Blot), was von (conte, Meissner u. A. jedoch ohne genügenden Gegenbeweis ttritten wii'd; namentlich vennehrt ist er bei Säugenden nachUnter- ( ckung derMilchabsondening. Ferner, Avenn die Bildung des Zuckers Jier Leber lebhafter ist, also beim diabetes mellitus, nach einem ;}h in die Mittellinie des verlängerten Markes, nach der Durch- meidung des nervus splanchnicus in der ünterleibshöhle ; die in fge der beiden letzten Verwundungen gesteigerte Zuckerausschei- i^g verschwindet, wenn das Thier sonst gesund bleibt, nach iireren Stunden wieder (Gl. Bernard). Der Harnzucker ver- iirt sich ferner nach Gurare -Vergiftung, wenn das Leben durch istliche Respiration erhalten wird (Gl. Bernard), ferner nach sspritzung von Aether und verdünnter Ammoniaklösung in die rrtader (Harley), nach Einathmunng von Aetherdämpfen (Rey- no). Endlich erscheint er reichlicher, wenn eine Traubenzucker- 11 ng in das Blut gespritzt wird. Um eine deutliche Vermehrung

Harnzuckers zu erzielen, mussten Hunden von etwa 6700 Gr, rncht 10 bis 13 Gr. Zucker injicirt werden; es gingen dann in

Harn etwa 1,4 bis 0,2 Gr. Zucker über; die Ausscheidung ge- ah in den ersten flinf auf die lünspritzung folgenden Stunden, ■nur 5 bis 7 Gr. Zucker injicirt waren, hatte sich der des ras nicht merklich vermehrt (Falk, Limpert). Aehnliche Er- ningen machten am Kaninchen Gl. Bernard, Lehmann, le, Becker.

'Pfeufer'B Zeitschrift. Boedckcr, Ibid. 3. R. Vn. Bd. Llmport tind Falk In how'a Archiv. 9. Bd. 60, wo auch die Literatur Uber Zuckereinsprltziingen zu tlnden. ■ernard, L09ong sur Ic» liquides, n. Bd. 74 ff. Heynsius, Archiv flir liolländ. Bel- 1857. I. Bd. 243. S. auch die Literatur auf S. 311 dieses Bandes unter »•*).

394

ßolirzucker; Inosit; Milchsäure.

Ausser dor im Text erwälinton verdeckenden Eigenschaft des Ammoniaks entl der Harn noch zwei andere Vorbindungen , welche zu Fehlern in der ZuckerbeB)|| mung, und zwar nach der entgegengesetzten Richtung hin, führen können. Der Sohunck im Hanl aufgefundene indigobildende Stoff giebt sehr leicht den mit gepaarten Zucker ab und die Harnsäure reducirt ebenfalls das Kupferoxyd. Um die Täuschungen zu entgehen, stellte Brücke aus dem frischen, nicht eingedamp Harn durch Zusatz von viel Alkohol und von etwas reinem Kali Zuckerkali dar; die in alkoholischen Flüssigkeit unlöslichen Krystalle löste er in Wasser auf; dann bei er die Abwesenheit der Harnsäure durch den negativen Erfolg der Murexidprobe die Anwesenheit des Zuckers durch die nun gelingende Trommer' sehe Reaktion durch die Reduktion des basisch salpetersauren Wismuthoxyds. Nach diesen neu Erfahrungen verlieren ebensowohl die quantitativen Zuckerbestimmungen des H: durch die Fehling 'sehe Flüssigkeit ihren Werth, als auch die Angabe, die gemacht hat über die Grenzen, innerhalb deren sich der Zuckergehalt des Blutes wegen könne, bevor der Harn zuckerhaltig werde. Die Angabe von Blot, Säugende häufig zuckerreichen Urin entleeren, wird von den Fehlern, welche so erwähnt wurden, nicht berührt, weil er ausser der Tromme r'schen auch noch Probe durch Gährung in Anwendung brachte.

Rohrzucker findet man im Ham öfter aber nicht imi nach reichlichem Genuss desselben, und dann nach Injektion ( selben ins Blut. Unter den letzten Umständen gilt das Glei vom Milchzucker. Doch besteht nach Gl. Bernard, Fj und Limpert zwischen den Erfolgen, die das Einspritzen Rohr- und Milchzucker nach sich ziehen, der Unterschied, c ^ mehr Milchzucker dem Blut zugesetzt werden muss, wenn ei||j, den Harn übergehen soll, und dass von gleicher, in das Blut gefUhrten Menge Rohr- und Milchzuckers von letzterem ein geringe Antheil in den Harn übergeht. Es steht also der Milchzucker rt sichtlich seiner Ueberftxhrbarkeit in den Harn und seiner Zers barkeit in dem Blut in der Mitte zwischen Trauben- und Rf zucker.

Inosit, der in der Niere selbst enthalten ist, wurde nur mal von Cloetta im Harn bei Brightscher Entartung beobach im gesunden Harn fehlt er. Mannit geht aus dem Mager den Harn über, aber nur zunj kleinen Theil, zum grössern, w| ., er in das Blut gespritzt wird. Der Unterschied soll davon hängen, dass das Mannit im Darmkanal schon in Milchsäure i umsetzt (Bidder, Witte)*).

Milchsäure fehlt dem Harn füi- gewöhnlich , sie soll zuwe nach zuckerhaltiger Kost zugleich mit oxalsaurem Kalk vorko: (Lehmann). In dem aus der Niere getretenen , in der Blase Ijti^

K!

irr

36 Wt

•) M ei 8 Sil er' s Jahresbericht für 1856. 273.

HarnfarbstofFe ; Urhaematin; Gallenfarbstotl'.

395

Wenden oder in schon gelassenem Hara entsteht sie bei der sauern »hrung desselben.

Farbstoffe*). Der Harn kann roth, gelb, grün, blau, uun, schwarz gefilrbt sein. Von den diese Färbungen bedingenden bffen sind uns bekannt

a) der Urhaematin, Haruroth; es enthält Eisen (Harley) !iN(Scherer) und zeigt auch Aehnlichkeit in seinen Reaktionen ; Blutroth ; vielleicht stimmt es vollkommen mit ihm überein. Im rm mehrt es sich, wenn im Blute das Roth von den Körperchen ' das Plasma übertragen wird, z. B, nach Einspritzungen in die utgefässe und zwar von Gallensäuren fDusch, Frerichs), die

Blutkörperchen lösen (Hünefeld, Kühne), oder von Wasser, ilches die Blutkörperchen auswäscht (Kieruli, Hartner).

b) Brauner Gallenfarbstoff, welcher mit NO5 Übergossen Ii bekannte Farbenspiel giebt, erscheint im Hai'n, wenn er aus

Galle in das Blut tiitt, z. B. nach Hemmungen des Gallen- llusses; ferner wenn farblose Galle in das Blut gespritzt wird rrerichs); seine Anwesenheit im Harn ist dann constant, aber ne Menge nicht im Verhältniss zu der der eingesprizten Gallen- iren ; es erscheint am meisten Farbstoff, wenn mit sehr geringen ragen von Galle zugleich eine Lösung von Haematoglobulin ein- ipritzt wird. Ebenso entleeren Hunde, die durch Unterbindung

Gallengänge ikterisch wurden, einen ungewöhnlich gallenfarb- ffreichen Harn, wenn man in ihr Blut eine Auflösung des Blut- jpercheninhalts einspritzt (Kühne).

Die Erklärungen für das Auftreten des Farbstoffs nach, der Einspritzung von eensäure in das Blut sind doppelt. Prcrichs und Staedeler lassen aus den cen genannten Säuren selbst enthaltenen Atomen die Farbstoffe entstehen. Denn es II nach Staedeler durch SO3 aus der Glycocholsäure ein Körper hergestellt werden, an der Luft ein ähnliches Farbenspiel zeigt , wie der Gallenfarbstoff mit NO5. rieh 8 unterstützt seine Meinung noch dadurch, dass er im Harn von Hunden I Gallensäure nicht wiederfinden konnte , wenn er diese letztere dem Blut der ge- lten Thiere beigemischt hatte. Mit dem genauen Verfahren von F. Hoppe ist es :ch Kühne gelungen, im berogten Fall immer Gallensäure im Harn nachzuweisen. ; man damit zusammen, dass niemals ein der eingespritzten Gallenmcnge auch nur 'srnt sich annäherndes Farbstoffgewicht im Harn vorkommt, ja dass Frerichs 35 pCt. seiner Beobachtungen gar keinen Farbstoff fand, so muss man, um die lahmo des Letzteren zu halten, sagen, dass es noch besonderer, nicht immer gloich-

') Harley, WUrzbnrger Berichte. V. Bd. April. Fr«richs, Klinik der Leberkrankheiton. nnd 404. KUhne, VIrchow's Archiv. XIV. 310. Scliuiick, Chcni. Contrnlblatt.

957.— Virchow, Wlirzb. Berichte. II. Bd. 303.— Simon, BcitrUge. I. Bd. 118. «al, Pharmazeut. Centraiblatt. 1854. 256 und 768. Schorcr, Liobig's Annalen. id. 131.

396 Hamfarbstoffe ; Indigo; Ammoniak.

massig erfüllter Bedingungen bedürfe, damit die Gallensäure zum Farbstoff we; könne. Kühne sieht dagegen das Blutroth als den Stamm des Gallenfarbsto: und betrachtet die Galle nur insofern an der FarbstoflTbildung betheiligt, als sie Blutroth aus den Körperchen befreie. Wollte man dieser Unterstellung auch crli zu erklären , warum das Blutroth erst die Körperchen verlassen müsse , um sich zugestalten , so würde sie doch immer noch angeben müssen , warum fast immer I roth unverändert in den Harn übergeht, ohne dass der Harn für gewöhnlich Gal färbst, enthält, warum, wie Kühne selbst gefunden, eine Lösung von Haematoglob für sich dem Harn keine Gallenfarbe bringt, und warum dieses erst geschieht, dem der einzufüllenden Masse Gallensäure zugefügt wird.

c) Im Harn kommt öfter Indigo vor (Prout, Martin, scher lieh u. A.). Dieser entsteht aus einem andern indigobilc den Stoff, den Schunck im Harn gesucht und auch häufig ( gefunden hat. Dieser Stoff" zerlegt sich durch Säuren (und Gährun in Zucker und Indigo; der Harn wii'd also nui" dann blau, w jener Indigopaaiiing zerlegt ist.

III itri

Ii:

Sollte jener Indigobildner mit dem Indican von Schunck gleich sein, so sieh aus seiner Zersetzung noch andere Verbindungen im Harn herleiten lassen, die auch schon dort gefunden hat , namentlich Harze , Leucin , Ameisen -, Essig -, Proj säure, und das Indiggluzin (CiäHioO«) würde sich durch Gährung in Essigsäure wandeln können , ohne vorher Alkohol gewesen zu sein.

In Ermangelung einer Abscheidungsmethode bedient sich J. Vogel*) der benden Kraft des Urins, um die relativen Mengen von Farbstoff zu finden, welch ^ zwei Hamen vorhanden sind. Da nach seinen Beobachtungen die dunkeln von hellen Harnen sich nicht durch eine besondere Art, sondern durch eine stärkere zentration des Farbstoffs unterscheiden , so stellte er Normalfärbungen (Farbensl her und zugleich die Verdünnung fest, welche die tieferen Farben erfahren mm um in die helleren überzugehen.

Ammoniak. Der frische Harn entwickelt immer Ammoni selbst bei Anwendung eines analytischen Verfahrens, welches Harnstoffzersetzung vermeidet (Boussingault, Neubauer)' Je nach Umständen scheint es als AmO, CO2 oder als Am Gl ^ zukommen. Da auch Ammoniak ausgeathmet wird, so kann k Zweifel sein, dass ein Theil des Harnammoniaks schon aus d Blute der Niere abgeschieden wird; unzweifelhaft bildet sich ai^ auch unter Umständen im Harn Ammoniak.

Neubauer und Genth fanden die Ammoniakmengen ^ Tag zu Tag veränderlich; die Grenzen lagen zwischen 0,3 1,2 Gr. Arn. = 1,4 bis 3,8 Salmiak. Nach Genth scheint es

•) Arohiv des Vereins für wissenscli. Arbeiten. I. Bd. p. 9G. ••) Annales do chimie et pliysique. XXIX. 472. (1851). Ptiarmazeut. Ccntrnlbi. 18.55. 257 u. 28| Genth, Ueber den Einüuss des Wassertrinkens. 1856. ^Dessaigln es , Compt. rcnd. 43. Bd

Harze; Extrakte; Chlor.

397

viel Wasser in der Nahrung die Ammoniakmengen mehi-e. Sal- ak geht aus den Speisen leicht und vollständig in den Harn er. Im Harn ist auch dreifach Methyl-Ammoniak (Trimethyl- •iiin) gefunden worden (Dessaignes).

Harze*) (Omychmyl); sie erinnern nach Scharling durch ihre zentische Zusammensetzung an die Körper der Salicylgruppe ; im und wie ihre Menge im Harn steigt und fällt, ist noch un- iaunt.

Extrakte. Farbstoff, Harnharze, die Spuren der flüchtigen uien des Harns**) (Staedeler) und wahrscheinlich noch einige kre Körper, die man nicht von einander scheiden kann, be- ut man gewöhnlich zusammen und nennt dann dieses Gemenge trakte. Nach Lehmann sollen die täglich entleerten Mengen limen bei vegetabilischer Kost; Scher er fand relativ zum i [) ergewicht im Harn zweier Kinder (3 und 7 Jahi-e) weniger trakte, als bei Erwachsenen.

Das Chlor des Harns ist an mehrere Basen gebunden; man rnn es je nach seiner und der Menge der letzteren zutheilen dem ittrium, Kalium, Calcium, Ammonium. Die alte Annahme, das BS Na geniige, um alles Cl zu binden, hat Genth für den Haro cßh gewöhnlicher Kost nicht bestätigt gefimden.

Wie viel Chlor täglich aus der Niere fliesst, wird bestimmt rrch den Sättigungsgrad der thierischen Säfte mit Chlorsalzen dd durch das Maass der Nierenthätigkeit, oder, was dasselbe sagt, rrch die Grösse der Zufuhr mit Abzug dessen, was durch Koth od Schweiss austiitt.

Das Chlor ist nicht in dem Sinne Auswürfling wie Harnstoif, Hippur-, Sehwefel- tire u. 8. w. Was über seine Ausscheidung und seine Stellung im Thierleib bekannt ist, rrt ungezwungen zu der Annahme, . dass der gesammte Chlorbesitz desselben seiner lleutung nach zerfalle in einen das Leben erhaltenden, sesshaften, und in einen dem ">en nicht nothwendigen , fliegenden Antheil. Haut und Niere sind also in erster iie angewiesen auf das fliegende Chlor mit der besondem Aufgabe , dahin zu Iken, dass sich das Chlor nicht bis zu einem die Gesundheit stö*enden Maasse an- Jife. Die Grenze, welche hiermit dem ausscheidbaren Chlor gezogen wird, ist jedoch »ne feste, indem es scheint, als ob der sesshafte Antheil desselben keine im Ver- »tniss zum Körpergewicht unveränderliche Grösse sei, sondern dass er je nach der

••) Lleblg's Annalen. 42. Bd. 296, "*) I. Bd. p. 32.

Bischoff, Der Harnstoff als Maass des Stoffwechsels. Oiessea 1863. Derselbe, Lic- r'» Annalen. 88. Bd. 109. Biddcr und Schmidt, Vordnuungssäfte. 1862. 312. llcgar, lerer's Jahresbericht Uber physiolog. Chemie Hlr 1862. p. 121. Wundt, Ibid. fUr 1853. 135.— Htnkelbeln, Uebergang des NaCl In den Harn. Marburg 1869.— Ausserdem Genth; ■npp, Mosler, Veit J. clt.

398

Voründorlichkeit der OMorausschoidung mit der Zufuhr.

Chlorzufuhr innerhalb gewisser Grenzen steige und sinke. Man würde die hie: Frage kommenden JErachoinungcn auch so erklären können: wenn der Chlorgehalt Säfte unter eine gewisse Grenze sinkt, so setzt sich seiner Ausscheidung durch Niere ein Widerstand entgegen, der mit der Verminderung des Chlorgehaltes im wächst. Als Maass für die Grosso dieses Widerstandes kann aber nicht der Quotient aus dem Chlor und dem Körpergewicht gelten, weil auch eine Chlonnäs stattfinden kann. Nach allem Diesen wäre es zunächst wünschcnswcrth , die St der Chlorausschoidung mit dem Chlorgehalt des Blutes zu vergleichen.

1) Veränderlichkeit mit der Zufuhr. Wird der Katze alle Nahri entzogen , so verschwindet nach einigen Tagen das Cl voUkomn aus dem Harn (C. S chmidt). Nach Genuss einer zumLebensun halt sonst genügenden, aber von Chlor vollkommen befreiten (?) N i'ung blieb beim Menschen bis zu dem am 5. Tage erfolgten Sehl der Versuche der Harn chlorhaltig; seine tägliche Menge mind( sich jedoch von Tag zu Tag, erst rasch, dann langsamer. V Abend des 3. Tages an enthielt der Harn Eiweiss (Wundt). Bei einer bestehenden Chlorzufuhr ändert sich der Chlorgehalt < Hains im Allgemeinen wie der der Nahrung, doch ist die tägU^ Menge ausgeschiedenen Cl's, nicht gleich der verspeisten. Diese TI Sachen sind von Bischoff und Barrai, am genauesten aber Kaupp verfolgt worden. Aus einer 68 Tage umfassenden Beobaj tungsreihe des Letzteren sind die folgenden Zahlen ausgeschrieb Zu dieser Tabelle ist zu bemerken: Alles Cl ist als NaCl bere net, wie es auch im Harn enthalten sein mochte ; die auf' 24 St den bezüglichen Zahlen sind das Mittel aus einer je zwölf Tj dauernden Versuchsreihe; die Zahlen der letzten Columuc stel den Unterschied dar, der nach Verlauf von zwölf Tagen zwiscl der Einnahme von Kochsalz und der Ausgabe desselben durch ( Harn stattfand; der Unterschied wurde als positiv bezeichnet, w( die Einfuhr, als negativ, wenn die Ausgabe überwog. Die J nähme konnte ohne Störung der Kothbildung nicht über 33 ' täglich gesteigert werden. Die Versuche wurden in der Eeih folge angestellt, in der sie hier niedergeschrieben wurden.

1^

Mittlere Temperatur.

THgl. Na Cl-Aufnahme,

+ 8,25 0 9,8 16,5 16,1 12,5 16,5 14,2

33.6 Gr.

28.7 19,0 14,2

9,3

1,5

23,9 ,,

Tägl.

Tiigliclies

Verliältniss zwi-

Unterschic

schen Ein- ii.Aus-

der Na Cl-Aui

Na Cl-Au3sohei-

Harnvolumen

fulir desNaCl.

Einfuhr >

dung.

in C. C.

Zufuiir=l.

in

12 Tage|

27,3

2309

0,76

-75,6g|

24,06

2278

0,79

-56,4 ,,

17,05

2455

0,89

-24,0 ,1

13,57 10,08

2056

0,96

- 7,2 ,

2534

1,06

- 9,6 ,

3,77

2162

2,46

27,6 ,

+ 75,6

17,63

2384

0,72

Veränderlichkeit der Chloransscheidung mit der Zufuhr. 399

Diese Zahlen ergeben; dass im Allgemeinen mit der Aufnahme rch die Ausscheidung des Chlors ansteigt, jedoch nicht so, dass umer gerade so viel entleert wird, als verzehrt war. Geht man m den grössten Chlormengen abwärts, so ergiebt sich, dass an- iQglich die Auinahme die Ausscheidung überwiegt, dass dann 'ein ankt kommt, in welchem sich beide das Gleichgewicht halten und sss bei noch weiter vermindertem Chlorgehalt der Nahrung der SS Harns tiberwiegt. Betrachtet man dann das Verhältniss, in iblchem das Cl der Nahrung und des Harns zu einander stehen lol. 6), so zeigt sich, dass relativ zur Nahrung um so weniger

durch die Niere 'geht, je reichlicher es in den Speisen vertreten nr. Inwieweit das beträchtliche Missverhältniss, welches die erste srsuchsreihe zwischen dem Cl der Nahrung und des Harns auf- !3ist, abhängig ist von einer Anhäufung des Chlors in den Säften 4er von einer vermehi*ten Ausgabe durch Schweiss und Koth, diess aiss wegen mangelnder Beobachtung unentschieden bleiben. Jeden- Os wird ein Theil des nichterscheinenden Chlors dazu verwendet, IQ den Gehalt der Säfte an Chlor zu steigern. Denn es ist die eenge des Harnchlors, welche an einem beliebigen Tage beobach- tt wird, nicht aliein abhängig von der Chlormenge der Nahrung, i diesem Tag, sondern auch von der in den vorhergehenden ge- »ssenen. Dieses zeigt sich am klarsten, wenn man von einer wchsalzarmen Kost zu einer kochsalzreichen übergeht. Dann wird

den ersten Tagen nach dem Wechsel weniger entleert als später, eenn die neue Kost einige Tage hindurch gleichbleibend inne- lähalten wurde. Das Umgekehrte gilt bei einer umgekehrten An- »dnung des Versuchs. Da diese merkwürdige Erscheinung aus un Mittelzahlen der obigen Tabelle nich^ zur Genüge einleuchtet, I) dient das folgende Beispiel aus den Zahlen von Kaupp zur eeitem Erläuterung.

Nachdem 12 Tage lang je 28 Gr. NaCl genossen wurden, wurden larauf 12 Tage lang nur je 19 Gr. verzehrt. In den ersten Tagen !3r letzten Reihe wurden 21,38 Gr., in den letzten derselben Reihe *i,79 Gr. NaCl entleert. Und als 12 Tage hindurch 1,5 Gr. NaCl !3nossen waren und dann während der 12 folgenden Tage auf !5,9 gestiegen wurde, entleerte der Harn am ersten Tage der letzten feihe 13,2 Gr., am letzten Tage derselben Reihe 18,6 Gr. NaCl.

Für eine festere Bindung eines Theils des thierischon Chlors, wie sie oben -iangprucht wurde, tritt ein das ungemein rasche Absinken dos Chlors im Harn nach ■Jier an diesem Element magern Nahrung. Da die meisten thierischon Säfte mehr

400

Vcrändorlichkoit der Chloraussclieidung aus andern Gründen.

als 0,5 pCt. CMorsalzo enthalten, so kann in ihnen glicht in dem J^aause wie im das Chlor abgenommen haben ; also mindert sich die Ausscheidung nicht dirukl i portional dem Cl-Gehalt des Thieres. IHir irgendwelche Verwandtschaft Chlors zum Blut spricht auch die Beobachtung, dass der Harn, der mehrere Stunc in dem zugebundenen Ureter eingefangen blieb, einen viel geringeren prozentischen Gel an Chlor besass, als dem Blut gewöhnlich eigen ist; dieses ist aus den bekann Kegeln über Diffusion unerklärlich (Hermann).

2) Bei gleichbleibender Kochsalzkost gelten dieselben Rege welche flir die Harnstoffausscheidung entwickelt sind. Es mel ^ sich das NaCl mit dem ausgeschiedenen Harnvolum, mit der a nehmenden Wärme der Atmosphäre, mit der Häufigkeit der Hai entleerungen aus der Blase, und es macht sich auch hier die dividualität der Niere geltend. Körperbewegungen machen, nachdem sie Schweiss oder keinen bedingen, die Ausscheidui geringer oder stärker. Die Tabelle giebt hierliber einige Mitt' zahlen.

1 i

Nahrung.

Harnmonge in CO.

Ol in Gr.

Bemerlrangen.

Beobachte

Dieselbe ohne Wasser .

( 1252

7,78

Gemischte o

( 1259

7,68

mit Bewegung.

Nahrung mit 2000 CG.

( 3251

9,01

Wasser ausser) der Mahl-

'Genth.

Wasser . . .

1 3175

9,48

während) zeit.

mit 4000 C. C.

j 5514

9,48

Wasser . . .

\ 5070

8,33

mit Bewegrung.

Der Veränderung des Harnchlors mit den Tageszeiten ist no( wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden. Hegar giebt an, dai er bei gewöhnlicher Kost in je einer Stunde abschied: Nacl e mittags von 1 bis 10 Uhr = 0,807 Gr., Nachts von 10 bis 7 Ul = 0,280 Gr. und Morgens von 7 bis 1 Uhr = 0,783 Gr. Yoi hat den Kochsalzgehalt seines Harns von Stunde zu Stunde an dem Tag bestimmt, an welchem er dasselbe für den Harnstoff unternahm (p. 386 Construirt man aus einer Zahl die Curve der Kochsalzschwankunj so sieht man sie ungefähr der des Haruvolums gleichlaufen, uanien lieh zeigt sich, dass wenige Stunden nach dem Essen schon eil grosser Theil des damals aufgenommenen Kochsalzes wieder aiv tritt. Aehnliches fand Hinkelbein; die Steigerung der stiinu j liehen Entleerung nimmt nach dem letztern Beobachter auch mii dem Salz der Nahrung zu, doch nicht in dem Maasse wie dai| letztere.

Schwefelsäure; ihre Beziehung zum Harnstoff.

401

Die Schwefelsäure*) des Harns ist an Alkalien gebunden, ae Scliwefelsäure, welche dem Blut zugebracht wird, geht ohne iiifeuthalt von dort wieder weiter , denn man findet daselbst immer rr sehr wenig aufgehäuft; dabei steht jedoch nicht Zeit um Zeit rr Zu- und Abgang im Gleichgewicht, sondern es übemiegt er- ^rungsgemäss in engen Grenzen bald der Zu- und bald der Ab- 58S. Das Blut wird in Folge zweier Vorgänge mit SO3 ge- isist, nämlich durch Umsetzung der Leimbildner und der Eiweiss- ten, oder durch Aufnahme von kahschen Verbindungen des Schwefels ?3r der Schwefelsäure aus dem Inhalt des Darmes. Was den tten Hergang betrifft, so wird nicht aller, sondern nur der grösste teil des eingewachsenen Schwefels in SO3 umgesetzt; ein andrer llt mit den Haaren und Hautschuppen ab, ein noch andrer geht 'Taurin durch den Darmkanal fort. Trotzdem kann man den Satz tten lassen, dass die SO3 dem Blut in dem Maasse zuwächst, in Uchem Eiweiss aus Leimbildnern zersetzt werden. Mit der Nah- ig nehmen wir zwar S- und SOs-Verbindungen nicht absichtlich, ihl aber in zufälliger Beimischung auf; da auch ausserdem die iannten Stoffe zu den Arzneimitteln zählen, so könnte der Zu- lag der Schwefelsäm-e zum Blut nicht allein sehr veränderlich,, (dem er würde auch unter Umständen sehr, gross sein, wenn sie

I ihre Verbindungen ohne merkliche Hindernisse die Darmwand fchdringen könnten. Diese letztern bedingen es, dass der grösste ;}il der genossenen SO3 aus dem After wieder austritt. Die uwefelsäure , die durch das Blut hindurch auswandert , thut dieses

II gi-össten Theil durch die Niere , zum kleinsten durch die Haut. Der Inhalt der vorstehenden Einleitung verlangt , dass die täg-

ce Menge der SO3 1) mit der Harnstoffausscheidung wachse und ee und dass das entleerte SO3- und Hamstoffgewicht ein be- lamtes Verhältniss zu einander einhalten, vorausgesetzt, dass 11 die Nahning unverändert erhält. Die Gleichläufigkeit von SO3 [ Harnstoff ist aber nur dann zu erkennen , wenn man den Harn mehreren, statt aus nur einem Tage zur Bildung von Mitteln tutzt. Denn Eiweiss- und Leimbildner zerfallen nicht gleich so, >8 ihr S und N in SO3 und Harnstoff eingehen, sondern sie bethei-

I) Simon, Mediz. Chemie. H. Bd. p. 474. Dumas, Clilmle pliysiologlque. Paris 1840. 19.— Ornner in Sc Ii er er' s Jaliresb. fUr pliysiolog. Chemie, f. 1862. p. 122.— Buch-

n, ibid. 1854. 109. Bence Jones, Philosophlcal transiicticms. 1849. n. Tlil. p. 262 und . 1850. p. «61. Bldder und Schmidt, Veidaiiiingssiifto. p. 290 und 313. Ciarc,

entin's Jahresbericht fUr 1865. 103.— Ausserdem die öfter genannten Abhandlungen von

Ith und M Osler.

iliudwig, Physiologie Ii. 2. Auflage.

402

Schwefelsäure ; ihre Beziehung sium 8-Qehalt der Nahrung.

ligen sich erst noch an der Bildung von andern Atomgruppen , unabhängig von einander das letzte Ziel erreichen. Also k; trotz gleichen Ausgangspunktes wechselnd bald die SO3 und b der Harnstoff den Vorsprung im Laufe zu den Nieren haben.

Je nach der Nahrung, dem Tauringehalt des Kothes u. s. w. wird sich die hältuisszahl zwischen dem HamstofF und der Schwefelsäure ändern; bei Genth sie in 5 miteinander vergleichbaren Keihcn zwischen 14,5 bis 16,5; bei Mos 1er in längeren Reihen der Versuchspersonen 10. 11. 12. zwischen 13,3 und 14,1. Die weichungen sind in Anbetracht der grossen Schwierigkeit und der geringen Aus nung der Untersuchung wenig beträchtlich. Vergleicht man das Verhältniss srwischen N und dem S in den genannten Stoffen des Harns mit dem in dem Eiweiss und Leimbildnern, so sieht man, dass es etwa dem des Caseins gleichkommt; es liegt in der Mitte zwischen der Verhältnisszahl der genannteil Stoffe in Albumin und 1 wie zu erwarten war.

Da die Ausscheidungsmittel von SOs und Harnstoff um so nauer einander parallel laufen, je mehr sich die Beobachtungszai den wahren Mitteln annähern, so kann rücksichtlich der Aenderun^ die die tägliche Schwefelsäuremenge des Harns erfährt, durch auf den Harnstoff hingewiesen werden. Ausgenommen sind na lieh die Fälle, in welchen der Harnstoff nach dem Verspeisen S-freien Atomen auftritt. Die Uebereinstimmung ist dm-ch 'Beobachtungen von^ B. Jones, Gruner, Lecanu, Gen Mosler, Cläre u. A. bewiesen. 2) Die Zunahme der SO; dem Harn nach der Zumischung einer löslichen Salzverbind^jj] zu den Speisen ist grösser, wenn MgO und NaOSOs, als w verdünnte S03,KaS, oder reiner Schwefel genommen wird (B. nes). Ihre Menge mehrt sich, wenn die Aufenthaltsdauer Salze im Darmkanal verlängert wird; durch das wülkürUche halten des Stuhls oder durch Opium, welches die laxii-ende Wirki des NaOSOs aufhebt (Buch he im).

Die folgenden Mittelzahlen sind aus der Abhandlung von Gei genommen, die feste Nahrung war immer dieselbe gemischte K<

111.1

äc

ll

W %

Wasserzusatz

Tägl.

zur

Körperbeweg.

Harnvolumen

Schwefelsaure

Nahrung in C. C.

in C.C.

in Gr.

geringer

1252

2,5

stärker

1259

3,1

4000

geringer

5514

3,3

Itl

i

zeigt, dass erst einige Stunden nach dem Genuss von schwej sauren Salzen sowohl, wie dem des Eiweisses der SOa-Gehalt i Harns sich mehrt (Bence Jones); dasselbe geschieht in Foj

Phosphorsäuro ; Einleitung.

403

i Körperbewegungen. Nach G runer ist Nachmittags (das Haupt- een zwischen 2 und 1 Uhr vorausgesetzt) die Abscheidung in der iteiuheit am stärkten, schwächer in der Nacht, am schwächsten rmittags.

Phosphorsäure*). Mit Kali, Natron, Kalk und Magnesia dt sie im Harn basische, neutrale und saure Salze dar. Der Thierleib beherbergt einen grossen und ständigen Vorrath POö und dazu wird täglich mit der Nahrung neue eingeführt; (vird es möglich , dass das Maass der Ausscheidung und der Zu- sich während einer längeren Zeit nicht zu entsprechen brauchen, rohl diess fiir gewöhnlich der Fall ist. Die mit Kalk und Bitter- verbundene Phosphorsäure kann nur geschöpft werden aus den mbildnera und Eiweissstoffen entweder unserer Nahrung oder esres Leibes, denn diese Erdsalze können erfahrungsgemäss aus II Darmkanal nur dann in das Blut kommen, wenn sie mit den Bannten organischen Körpern in Verbindung sind. Demnach hat 'line gewisse Wahrscheinlichkeit füi- sich, dass die täglich aus- ibhiedenen phosphorsauren Erden den Leim- und Eiweissstoffen eshört haben, welche zur Zeit zerstört worden sind; somit würde Entleerung durch die Niere ungefähr nach den bei der SO3 Harns aufgestellten Grundsätzen zu beurtheilen sein. Anders liält es sich mit den phosphorsauren Alkalien; sie sind gelöst ßlute, namentlich in dessen Körperchen, im Muskelsaft u. s. w., .•sie überall für das Leben thätig sind, und ausserdem gehen lleicht aus dem Dann in das Blut über. Auf sie würde also beim Na Cl Gesagte anwendbar sein; es besteht nur der Unter- eed, dass die aus der Nahrung in Verbindung mit Alkalien (iefühi'te Phosphorsäure sich vollständig durch den Harn entleert, sti ist die Steigerung, welche das phosphorsaure Natron des iQS in Folge eines vermehi'ten Genusses erfahren kann, enger ibei NaCl begrenzt, indem es stärker abführend wirkt; die mwand scheint nicht befähigt, den Tag über mehr als 4 bis 8 Gr. krystallwasserfreien) 2NaOHOP05 zum Blute durchzulassen. Im Einzelnen lässt sich über die tägliche Mengen sagen: l)wenn veder gar keine feste Nahrung oder eine Nahrung von gleicher idtativer Zusammensetzung in ungleichen Mengen denselben oder i verschiedenen Individuen gegeben wird, so ändert sich zwar

iri^i7räe8»enl.nnalcn. 60. Bfl. p. 180. - Bencc Jones, Phllosophical transnctlons. .p. 335. - Winter, In Scherer'B Jahresberiobt fUr 1662. p. 322, - Moaler, ibid. für

p. 134. lirecd, L ie big '8 Anualeii. 78 Bd. p. 150. - DunlUcnbcrg, Ibid. 98. Bd.

K 1 c 1 7. 1 n 8 ]<. y , in S c Ii er e r' s Jnlu-esberlcht Uber pbyslol. Clicftile. 1862. 125.

'26*

404

Tägliche Menge der Phosphorsäuro im Harn.

die absolute Menge der PO5, aber ihr Verhältniss zum Harns bleibt annähernd dasselbe. Diese Regel findet jedoch nur d ihre Bestätigung, wenn man die Mittelzahlen aus verschiede Beobachtungsreihen, von denen jede mehrere Tage umfasst, einander vergleichen kann. Demnach finden alle für Haras ausscheidung entwickelten Regeln auch hier ihi-e volle Anwendi den Fall nattirlich ausgeschlossen, in welchem der Harnstoff phosphorsäurefreiem Rohstoff gebildet wird.

Bei verschiedener Nahrung muss die Verhältnisszahl zwischen POs und '. Stoff noch viel mehr sich ändern, als unter den gleichen Umständen bei SO3, w der grossen Abweichungen der Eiweiss- und Leimstoffe an phosphorsauren mengungen. Beseitigt man in der Beobachtungsreihe von C. Schmidt*) die bi ersten Tage, weil sie noch die Nachwirkung der Pütterung enthalten, und theil' übrige Zeit bis zum Hungertode in 3 Theile und zieht aus jedem das Mittel, so hält sich in den zwei ersten 5 Tagen der Harnstoff zur PO5 = 17:1, und in letzten 5 Tagen = 19:1. In 5 mit einander vergleichbaren Eeihen von ß e schwanken die Verhältnisse zwischen 1:10,8 bis 13,5; bei den Mosler'schen sonen 10. 11. 12. zur Zeit des reichlichen Wassertrinkens zwischen 1:7,2 bis 7,7.

2) Das mit der Nahrung in das Blut aufgenommene phosp saure Natron wird in dem Maasse durch den Harn ausgeschiei in dem es aufgenommen wurde; nur dann tritt in der vom N und von derSOs her schon bekannten Weise ein Defizit oder ein üe schuss ein, wenn von einer bisher an PO5 armen Nalu-ung zu e daran reichen oder umgekehrt übergegangen wird, indem sich Folgen einer Kost auch noch einige Tage hindurch geltend mac wenn man sie auch schon verlassen hat, weil unter ihrem Einl^, der VoiTath des thierischen Körpers an Phosphorsäure sich änd(

Tägl. PO5 des Harns in Gr.

3,7 3,6 3,8 4,0 5,1 4,5

Feste Nahrung.

dieselbe gemischte Kost

reichlich mässig

Wasser.

2000 C.C. 4000

Körperbewg.

weniger

mehr

weniger

weniger

mehr

weniger

Tägl. Harn- menge in C.C.

1252 1259 3175 5514 3000 1700

Körpergew. in Kilo.

74,5

67

Beobac

Genth

Mösle:

In den nun folgenden Beobachtungen wurde der Nahrung 2NaOP05 zugesetzt j,

3,0 4,1 5,3 6,1

dieselbe

"iGr.POsin „>dem tägl. 3i2NaO,P05

> dieselbe

2774 2988 3010 3058

58

Sick.

Nach Kaupp und Sick soll Nacht und Tag die PO5 Scheidung gleichmässig vor sich gehen; nach Mos 1er, Vo; Winter wächst nach der Hauptmahlzeit das stündhche Mittel

») Biddtr und Schmidt, Verdainnigsgiifte. p. 310.

Verhältniss der phosphorsauren Erden zu den gleichnam. Alkalien ; Oxalsäure. 405

icht wenige Stunden nach demselben seinen Gipfel und fällt in wieder durch Nacht und Morgen bis zum Mittagsessen. Die 1 Vogel aufgeführten Zahlen widersprechen eben so oft seiner •ol, als sie dieselbe bestätigen.

Vach Dunklenberg giebt die Methode von Liebig, nach welcher die mit- fon Bestimmungen geschehen sind, zu hohe Werthe.

, lieber das Verhältniss der phosphorsauren Erden zu den gleich- migen Alkalien sagen die vorliegenden Untersuchungen aus , dass ri die letztern gradezu mehren, wie der Gehalt der Speisen an fön zunimmt (Sick), und zwar soll sich das phosphorsaure Kali Harns mehren nach dem Genuss von phosphorsaurem Natron (öcker). Die phosphorsauren Erden des Harns nehmen zu, nn sich das Leben auf Kosten der Eiweissstoffe erhält, also Ih Fleischkost (Bence Jones, Lehmann) und nach Muskel- ttrengungen ( M o s 1 e r ). Unter sonst gleicher Nahrung und Muskel- Regung nehmen die erdigen Phosphorverbindungen im Harn ein Geringes ab, wenn die alkalischen daselbst zunehmen ick). Das Verhältniss zwischen der Magnesia und dem Kalk fsehr wechselnd.

Als Beispiele für das Vorstehende können dienen: Lehmann entleerte bei iihnlicher Kost täglich 1,1 Gr., bei Fleischkost 3,6 Gr. phosphorsaure Erde. Als Harn Ton Sick 2,1 Gr. HO, 2NaO, PO5 enthielt, kamen 0,69 phosphorsaure len darin vor; als das erstere 6,1 Gr. betrug, sanken die Erden auf 0,41. N eil- te r fand , dass im Mttel auf l Aeq. 3 CaO PO5 etwa 3 Aeq. 2 MgO PO5 entleert Men. Im einzelnen Fall weicht jedoch das Verhältniss sehr bedeutend von dem hhnten ab. '

Kieselsäure in geringer Menge (Berzelius, Dunklenberg).

Oxalsäure*). Mit Kalk in Lösung zwar häufig, aber in ge- ;';er Menge; das Salz ist im sauren phosphorsauren Natron des ^•ns gelöst; dann mit Kalk in fester Form und zuweilen auch mit aalien verbunden.

Man leitet die Säure ab aus der Verwesung der Eiweisskörper . insbesondere aus der eines ihrer Abkömmlinge, der Harnsäure. "dein beständigen und häufigen Vorkommen dieser letztern Säure in

Geweben mUsste demnach die Oxalsäure sehr reichlich im Hai-n imden werden, wenn sich nicht noch besondere Bedingungen ;Kufinden hätten, vermöge welcher die bei der Oxydation der msäure entstehende Oxalsäure in CO2 umgewandelt wurde. IQ behauptet, dass die Erscheinung der Oxalsäure im Harn begünstigt

") C. Schmidt, 1^.0. 388. Lehmann, Phys. Chem. I. Bd. 47. Noubnuor, Analyse lirtam«. 3. Auflage. 104. Plotrowsky, Meissncr's Jahresber. für 1866. 269.

406

Kohlensäure; feuerbeständige Basen des Harns.

3(1

werde durch den Genuss kohlensäurehaltiger Getränke (Dnn i Wilson, Lehmann). Man führt 2. die Oxalsäure des II:, zurück auf die oxalsauren Salze der Nahrung (Piotrowsky)

Wöhle r, Frerichs, Neubauer, Galloie haben bei ihren schon crwäl Fütterungen mit Harnsäure nur zuweilen eine Vermehrung der Oxalsäurebildung gewöhnlich aber keine solche gefunden ; also muss auch die auf diesem Wege gedrungene Säure in Harnstoff und CO2 zerfallen.

Kohlensäure*). Der Harn enthält verdunstbare und ge dene CO2; über beide siehe bei den Gasarten des Harns.

Die feuerbeständigen Basen**) des Harns (Kali, Nat Kalk, Magnesia). Ohne genauere Untersuchungen, als sie bi erfahren, lässt sich über ihre Aenderung im Harn wenig allget Gültiges sagen. 1) Die SO3, CIH, Oxalsäure kommen im Harn im mit Basen und zwar zu neutralen Salzen verbunden vor; mehren sich, vorausgesetzt, dass der Ammoniakgehalt des H ungeändert bleibt, mit jenen Säuren auch die Basen. Für PO5 gilt aber auch dieses nicht einmal, da sie in neutralen sauren Verbindungen auftritt. . 2) Die Säuren können mit a fixen Basen verbunden sein, also sagen die bekannten Verhältn der erstem zueinander nichts aus über diejenigen der Basen. Hiervon macht vielleicht die SO3 eine Ausnahme, die man bi noch nicht mit CaO vereinigt fand, aber wohl nur darum, wei Verhältniss zur Menge der Basen immer nur wenig SO3 in den E übergeht. 3) Im Allgemeinen wird zwar jede der Basen in ^laasse aiisgeschieden , in welchem sie in das Blut geführt v und soweit wir wissen, gilt dieses ausnahmslos für die Erden Auch soll durch eine Vermehrung des löslichen Kalks in der 1 rung sich die Magnesia des Harns und durch eine Steigening Magnesia die des CaO nicht mehren (Wagner). Andres in dieser Beziehung von den fixen Alkalien, denn es soll di einen vermehrten Genuss von Natronsalzen das Kali (Böck und nach einem gleichen von Ammoniaksalzen das Natron und vermehrt ausgeschieden werden , daraus könnte man folgern wo dass eine lebhaftere Bildung von Ammoniak im Thierleibe s aus diesen alle oder wenigstens den grössten Antheil seiner fl| Kalien austreiben könnte. Hiergegen spricht freilich der sta Gehalt vieler Gewebe nicht allein an fixen Alkalien, sond sogar an Kali oder Natron. Also muss jener Tausch nur in

Di'

tni

•) Marchand, Journal für prakt. Chemie. 44. Bd. 250, •») Wilde, Va! entin's Jahreaber. für 185C. p. 97. W « gn c r , ibid. p. 08. DaiM

bei den Säuren angezogenen Schriften.

Verhältniss zwischen Säuren und Basen des Harns.

407

läränkten Grenzen möglicli sein. 4) Man sollte erwarten, dass Boh dem gesteigerten Eindringen von solchen Säuren in den Thier- ib, deren Salze dort keine bleibende Stätte finden, die Alkalien, fclche aus dem stetigen Vorratli des thierischen Körpers zur Bin- mg derselben benutzt wurden, auch vermehrt ausgeschieden würden, jigegen erheben sich aber Versuchsreihen von Buchheim» (bei iilde), der nach Genuss von SO3, PO5, Oxal- und Weinstein- aare, so wie nach dem von MgO SO3, welche ebenfalls die SO3 des nrns mehrte, keine Steigerung der Harnalkalien gewahr wurde.

Das Verhältniss der Säure zu den Basen*). Die An- tben über -das Uebergewicht der Säure oder Alkalien im Harn fcen natürlich keine Auskunft über das tägliche oder stündliche ihren des einen oder des andern Atoms; denn es konnte ebenso tt im sauren wie im alkalischen Harn die tägliche Säuremenge Tmehrt oder vermindert sein. Die Resultate der Untersuchung eer die Reaktionen des Harns sind nichtsdestoweniger und beson- rrs für den Arzt von Belang.

Die saure Reaktion des Harns rührt vorzugsweise von sauren Uzen, insbesondere von saurem phosphorsauren Natron her, sie mn aber auch von ungebundenen Säuren abhängen. Da die iiwachen Säuren des Harns, namentlich die Hippur-, Harn-, Wüensäure, aus dem neutralen phosphorsauren Natron ein Atom tsis abspalten und saures phosphorsaures Natron zurücklassen, kommt es auf das Verhältniss jener Säm-en zum phosphorsauren ttron an, ob die saure Reaktion von dem letztern Salz oder von DQ genannten oder auch vielleicht von andern Säuren, z.B. derMilch- mre abhänge. Der saure Har;i wird beobachtet nach dem Ge- m von freien Säuren, namentlich der SO3, PO5, NO5, CIH, Ci- men-, Weinstein-, Bernstein-, Benzoesäure, dann nach der Ein- iirung von Ammoniaksalzen, selbst nach AmO CO2, aber nur dann, «nn der Ammoniak sich im thierischen Körper in NO5 umwandelt . Jones); ferner nach dem Genuss von Brod, Obst, Gemüse, (cker, insofern sie die Bildung von Milch- und Hippursäure ver- llassen, femer nach einer Fleischkost. Aus diesen letzten Mit- üilungen geht hervor, dass der Harn des gutgenährten Menschen »ist sauer ist. Die saure Reaktion kann ferner bedingt sein rrch die sogen, saure Gährung des Harns, welche schon in der

•) Phllosophlcal trannactions. 1849. p. 2^7, nnd 1860. 669.— .7. Vogel, in Neubauor's ilytc des Harns. 3. Aufl. 289. Eylnndt, Cläre und C. Wagner, In Valentln'a resberioht Uber Physiolog. fUr 1855.

408 Rcaction des Harns.

bei

Blase ihren Anfang nimmt, und endlich soll sie ein Zeichen fl die Güte der Muskelkraft und der Grösse der Muskelanstrengun des Menschen sein (J. Vogel). Die tägliche Schwankung di freien Säure im Harn soll nach gemischter Kost so geschehen, dai sie kurz vor Tische ein Minimum erreicht, nach Tische anstei( und in der Nacht den höchsten Werth erreicht (J. Vogel). Da entgegen fand B. Jones bei einer immer regelmässigen Diät at Fleisch und Kaffee oder aus Fleisch, Eiern, Kartoffeln und Kaffe( dass die freie Säure ihr Maximum vor dem Essen erreicht, währen zur Zeit der lebhaftesten Magen -Verdauung der Harn alkalisch wa Die alkalische Reaktion des Harns kann abhängen von a kaiisch reagirenden Natron- oder Ammoniaksalzen. Sie tritt ei nach dem Genuss von kaustischen und kohlensauren Alkalien. Ui sie zu erzeugen, werden für verschiedene Menschen ungleich Mengen jener Stoffe erfordert; zuweilen sind ihre Wirkungen sei anhaltend, so dass sich die alkalische Reaktion einen Tag uni e mehr nach dem Wiederaufhören des Natrongebrauehs noch fori li erhält. Auch tritt die Wirkung schnell ein, so dass z. B. eini s Stunde nach der Einnahme von NaO CO2 der Harn alkalisch ist 1 : Sie tritt ferner ein nach dem Genuss von essig-, äpfel-, Weinstein - cii citronensaurem und andern pflanzensauren Natronsalzen; ferner nacl ( dem Gebrauch solcher Stoffe, die in thierische Körper in pflanzen ir saure und dann in kohlensaure Alkalien übergeführt werdej >- können ; aus diesem Grunde entleeren die gut gefütterten Pflanzen 1 fresser einen alkalischen Harn. Doch erzeugt die Pflanzennah runsl diesen Erfolg nicht nothwendig, namentlich kommt das Gegenthei zum Vorschein, wenn sie nicht die nothwendigen Alkalien mit bringt, oder wenn sich aus ihr Säuren erzeugen, welche nicli ) in CO2 tibergeflihrt werden können. Die alkalische Reaktior kann ferner bedingt sein durch die alkalische Gährung des Hain^ in der Blase; sie soll endlich muskel- und nervenschwachen Indi viduen eigen sein.

Don Gehalt an freier Säure bestimmte B. Jones und Winter nach der Meng« von Kali, welche zur Neutralisation des Harns nothwendig war.

Wasser*). Seine tägliche Menge ist sehr veränderlich. 1) Die ' Niere regelt vorzugsweise den Abfluss des Wassers aus den Thier leib, sie bestimmt so zu sagen den mittlem Prozentgehalt des Ge-

») J. Vogel, Archiv für gemeinschaftliche Arbeiten. I. Bd. p. 9G. Scheffcr, Valentin'« Jahresbericht fiir 1853. p. 1B7.— Falle, Archiv für physiologische Hcillcnndc. XI. Bd. 126 n. 754.-' Derselbe, ibid. Xn. Bd. ISO. Klerulf, Henle's und Pfeufor's ZeiUohrift. N. F. III. 273-

Wasser des Harns.

409

imtthieres an Wasser. Demnach wird das Maass ihrer Wasser-

i heidrmg in erster Linie bestimmt durch den Flüssigkeitsrest, Ii er bleibt, wenn man von dem Wasser der Getränke und iten Speisen dasjenige abzieht, was durch Haut, Lunge und

"1 weggeht. Dieser Rest und somit das Haravolum kann lieh umfangreich sein trotz einer grossen Thätigkeit der andern

-<erausscheider, er kann klein sein trotz einer Ruhe der letztern;

kann sich endlich im quantitativen Gegensatz zu dem durch e und Haut austretenden Wasser befinden. Indem nicht alle

liehen, sondern nur die zuletzt erwähnten Fälle berücksichtigt 1 den, kam man dazu einen sog. Antagonismus zwischen Lungen- . Hautthätigkeit einerseits und der Nierenarbeit anderseits hin- ttellen. Dieser Ausdruck entspricht nicht den Thatsachen , wenn Ibedeuten soll, dass Haut, Lunge und Niere nicht gleichzeitig iag sein könnten; es ist dagegen nichts gegen ihn einzuwenden, im er nur sagen will, dass die genannten Werkzeuge ihr Wasser

derselben Quelle beziehen, so dass sich ihre Ausgaben gegen- iig beschränken. Obwohl sich nun das Maass von Wasser, iches durch die Niere wandert, im Allgemeinen anpasst dem Ifang, in dem Wasser genossen und an andern Orten aus- [ohieden wird, so geschieht dieses doch nicht so, dass man sagen mte, es sei wie in einem mit Zu- und Abflussrohr versehenem ssserbehälter Eintritt oder die Anwesenheit von Wasser auch die aache des Austritts , mit einem Wort , beide Vorgänge entsprechen einander nicht mit Rücksicht auf die Zeit. Denn bald entleert

. in Stunden oder Tagen mehr und bald weniger als aufgenommen de; so dass der Wassergehalt des Gesammthieres um einen be- iimten Mittelwerth von einer zur andern Zeit auf - und abschwankt, rrdurch werden aber offenbar selbst wieder Kräfte rege gemacht,

zhe den Einfluss des genossenen Wassers verstärken oder ab- wächen, so dass z. B. ein reichlicher Trunk, den ein relativ i-serarraes Individuum thut, weniger auf den Harn wirkt, als m er in ein wasserreicheres einging. Kurz es kommt hier auf die- een Regeln hinaus , die wir für die Ausscheidung von Na Cl u. s. w. m kennen lernten. 2) Wie di& Menge der täglichen festen Harn- «andtheile mit demWassergenuss wuchs, so bestimmt umgekehrt die iige der festen löslichen Stoffe die täglich aus der Niere gehen , das TichtdesHaniwassers; dieses beweist sich dadurch, dass die Menge Jgelösten Stoffe, die täglich abgesondert werden, sich richtet nach

i Maasse, in welchem sie der Niere geboten werden, und dass

410 Wasser des EarsB.

dabei der prozentische Gehalt des Harns an festen Stoffen obere Grenze nicht llbersteigt; so wurde namentlich beim Mensel noch iiein Harn, der über 9 pCt, feste Stoffe in Lösung Tjeobachtet ; dieses Verhältniss würde also verlangen , dass fUr ei Gewichtstheil Festes mehr, mindestens täglich 9 flüssige mehr geschieden würden. Damit scheint jedoch die obere Grenze festen Prozentgehaltes noch nicht gegeben zu sein, da man sc aus dem filtrirten Hundehara bis zu 15 pCt. Rückstand gewaj Zudem haben wir Ursache zu vermuthen, dass die Mengen Wasser, welche zur Entleerung der Gewichtseinheit des Festen n il wendig ist, mit der chemischen Natur des letztern sich ändert, dass namentlich dieselbe Menge Wasser mehr Harnstoff als Zuc^lsi Na Gl, 2NaOP05 u. s. w. entleeren könnte. Beispiele für Abhängigkeit des HarnAvassers von den harnfähigen festen Sto: liegen darin vor, dass nach Entziehung aller Flüssigkeit doch n Harn abgeschieden wird , dass nach Salzkost oder nach vermeh Bildung des Leberzuckers eine Harnruhr eintritt. In diesen Fa wecken die bei der Ausscheidimg des Festen thätigen Vorgä eine lü'aft, die genügend ist, um den Geweben ihr Stammwail« zu entziehen, mit andern Worten, der ^arn führt so viel und solchen Orten Wasser mit sich , dass er einen lebhaften Durst her ruft; wie auch umgekehrt das durch Trinken hervorgebrachte \ harnen Hunger erzeugte.

Viele Diuretica sollen vorzugsweise dadurch wirken , dass sie den Hamrüeks und damit das Wasser mehren (Krämer). Insofern die festen Bestandtheile Harns ungelöst ausgeschieden werden (wenn z. B. in Krankheiten die Harnsäurf jj, die Stelle des Harnstoffs tritt) , geht nur wenig Wasser aus der Niere fort.

3) Um die schon erwähnte Erscheinung zu erklären , dass o' einen in den äusseren Umständen nachweissbaren Grund sich Tag zu Tag die Wasserausscheidung ändert, hat man schon lange eine Veränderlichkeit der in der Niere selbst liegenden dingungen vorausgesetzt. Dass auch in der That jene dingungen, sagen wir kurzweg die veränderliche Nierenthätigi bestimmend auf die Wasserausscheidung eingreifen kann, dj)| sprechen verschiedene Erscheinungen. Wird die Blutflüssigkeit dünnt entweder dadurch, dass der nüchterne Magen mit Wi angefüllt wird (Falk) oder noch besser durch mehrere in 10 15 Minuten aufeinander folgende Einspritzungen von massig Wassermengen (Westphal), so wird nicht alsogleich, sondl erst nachdem ein Stunde und mehr seit der ersten EinspritzU

lei ler

Wasser des Harns. 4U

rrflossen, die Haraausseheidung gesteigert; das nun folgende i'iwachsen gestaltet sich aber nicht etwa so, dass die Harn- ssouderung sich steigend bis zu einem Maximum und dann wieder tmählig sinkend bis auf den Werth vor der Einspritzung sich be- ugte, bis. die gesammte Menge des neuhinzugekommenen Wassers Beert ist; im Gegentheil es steigt die Absonderung regellos auf cd ab. Hat man sich gleichzeitig beide Ureteren blosgelegt cd fäng-t den Harn jeder Niere gesondert auf, so sieht man bald ibhts nnd bald links mehr Harn hervortreten; hier war aber das mt, welches durch beide Drüsen strömt, gleich zusammengesetzt, cd die Ungleicheit der Absonderung konnte auch nicht in einem ttstehenden Unterschied der einen von der andern Seite begründet in, weil dieselbe auf den beiden Nieren in der Zeit wechselte 'oll, Hermann). Versuche von Hermann lehrten auch die eerenthätigkeit willkührlich anzuregen. Wenn man nach ihm den eeter der einen Seite unterbindet, ihn längere Zeit, etwa 1 bis •Stunden geschlossen lässt und ihn dann öfinet, so beginnt nun rreh längere Zeit hindurch eine profuse Absonderung eines sehr Asserhaltigen Harns, während die Niere der andern Seite den im in gewöhnlicher Weise ausströmen lässt. Die innern in der eere für die Hamabsonderung wirksamen Bedingungen sind uns m allerdings wesentlich unbekannt; wir haben jedoch die Wahr- weinlichkeit in hohem Grade für uns, wenn wir zu ihnen zählen lerseits den von den Nerven abhängigen Zustand der Gefäss- fskeln, wodurch der Querschnitt des in die Capillaren führenden iitstroms, also auch der Druck desselben auf seine Wandungen dd die Berühnmgsfläche desselben mit den Harnkanälchen geändert Yd , und anderseits dürfen wir dazu rechnen den Widerstand, den

in die Harnkanälchen ergossene Harn beim Abfliessen findet. iäre der erste Theil unserer Voraussetzung richtig, so würde die asserausscheidung steigen mit der Erschlaffung der Gefässmuskeln. ^8 dem zweiten Theil würde sich dann vielleicht die von Kaupp ■obachtete Thatsache erläutern, dass die tägliche Wasseraus- iieidung sich mindert, wenn der in der Harnblase angehäufte Jim seltener entleert wird.

4) Bei Krampfkrankheiten soll zuweilen die Wasserausschei- r:ng durch die Nieren vennehrt werden. 5) Cl. Berard fand a vermehrt, wenn er das verlängerte Mark etwas unter der •eile verletzte, von welcher aus die Zuckerbildung der Leber an- »regt werden kann.

'1

412

Gase des Harns.

Bei gewöhnlicher Lebensweise ist die Wasserabsonderung Harns am niedrigsten während der Nacht, sie steigt des Morgi an und erreicht nach dem Mittagsessen ein Maximum. Grenzen, innerhalb der bei gesunden Erwaehsenen das tägli Harnwasser variirt, liegen zwischen 500 und 25,000 Gr. N; Becquerel und Vogel liegt bei jungen Männern das Tagesmi' zwischen 1200 und 1600 Gr.

Gase des Harns*). Die Bestimmungsstücke ftir den ( halt des Hanis an Gasen werden sein : die Absorptionscoeffizienl des Harns ftir jede einzelne der in ihm vorkommenden Gasait der Druck, unter welchem jede derselben in der Blutflüssigkj|"^' steht, aus welcher der Harn abgesondert wurde , die Veränderungi welche der Harn an seinen Gasen anbringt durch seine eigei chemischen Umsetzungen und diejenigen, welche an ihnen v kommen, vermöge der Diffusion zwischen den Gasen des Bin n und des in der Blase verweilenden Harns. Alles dieses sind wechselnde Grössen, dass sich namentlich in Beti-acht der wei zahlreichen Untersuchungen über die hier in Frage kommenc Elemente nichts im Voraus wird aussagen lassen.

Die Thatsachen, die über den Gehalt des Harns an Gasen v liegen, beschränken sich auf einige schätzenswerthe Angaben v Planer. Sie sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.

ei-.

Harngattung.

Fünf Stunden nach, dem Früh- stück

Vierzehn Stund, nach der letzten Mahlzeit Wasser genommen

Zwei Stunden nach dem Mittags- mahl

Nachdem 4 Stunden vorher

13,1 Gr. KO 2Tä u. 500 Gr.

HO genommen Nachdem 5 Stunden vorher

8,7 Gr. KO und 500 Gr.

HO genommen

Spezlf. Gew. des Harns.

Harnstoff- Prozente.

1,0154 1,0113 1,0213 1,0132

1,0093

1,54 1,37 2,43 1,44

0,68

100 Theile Harn enthalten an Gast von C. und 0,7fi Meter Drnck

N.

0,87 0,80 0,78 1,09

1,28

0.

0,06 0,02 0,05 0,08

0,04

freie CO2.

4,54 4,41 9,96 12,5

6,22

gebui CO,

i,

2,0 IM

5,2! 8 2,7(

keini

Aus diesen Beobachtungen geht hervor: Die verdunstbare CO2 ist im Harn des* Menschen weniger rei( lieber vertreten als ini Blut, vorausgesetzt, dass das letztere

•) Planer, Zeitclirift der Gesellschaft der Aerzte zn Wien. 1859. 466. Cl- Bernard, les liquides de Torgan. X. 347.

t

Gase des Harns.

413

(h an dieser Gasart ist, wie Setsclienow das der Hunde 1(1. Dieser Unterschied hat aber selbst bei der Gültigkeit der /tereu Unterstellung nichts Auffallendes. Denn der grösste Theü \ erdunstbaren CO2 des Bluts ist nicht im engern Wortsinn ge- . sondern an alkalische Salze gebunden. In so fern also dem 111 diese alkalisch reagirenden Salze fehlen, kommt für ihn •h nur die vom Blute wahrhaft absorbirte CO2 in Betracht, scheint aber in der That, wie beim Athmen weiter erläutert en soll, sich in den Grenzen zu bewegen, die auch der Harn- . gesteckt sind. Eine andere mögliche Erklärung flir den Unter- \wd hat Planer widerlegt. Man konnte es nämlich für wahr- K iulich halten, dass der Harn als eine harnstoff- nnd salz- rhere Flüssigkeit wie das Blut einen niederem Absorptionscoeffizien- : für CO2 besässe, als die letztere. Nach den Untersuchungen n Planer nimmt aber der Harn ungefähr ebensoviel CO2 auf ee Wasser, resp. wie Blut.

Der Gehalt des Harns an verdunstbarer CO2 ist grösser wäh- itd der Verdauungszeit; dieses entspricht dem, was wir über das rrhalten des Bluts unter gleichen Umständen wissen. Die rdunstbare CO2 mehrt sich auch noch durch Genuss von doppelt- iinsteinsaurem Kali, nicht aber nach dem von einfachwein- urem.

Der Harn ist arm an fixer CO2 gefunden worden; wenn der iir untersuchte Harn sauer reagirt, so hat die Thatsache nichts fffallendes. Nach Genuss von einigen pflanzensauren und nach hhlensauren Alkalien soll er reich an fixer CO2 sein (Wohl er, i'hmann.).

Der Gehalt des Harns an Sauerstoff ist sehr gering; dieses mnte auffallend sein, weil während der Harnabsonderung selbst 88 aus der Niere kommende Blut noch reich an 0 war IL Bernard). Aber auch der Sauerstoff ist sowohl in den Blut- rrperchen (L. Meyer) wie in der Blutflüssigkeit (Fern et) ge- mden, so dass nur ein sehr kleiner Theil des Blutsauerstoffs ii der Diffusion in Frage kommt; es steht also die in der ;ere abgesonderte Flüssigkeit unter einem sehr niedern Sauer, fcffdruck.

AehnUches gilt für das N-gas.

Cl. Bernard hat noch die Zusammensetzung eines Gasgemengos veröffentlicht, . aus dem Harn gewonnen war; es enthielt in 100 Theilen: COj 78,8; N 18,ö ; .2,5.

414 Gesammtliarn.

Gesammtharn*). Nach den eingehenden Betrachtnngi die jedem einzelnen Bestandtheile gewidmet wm-den, ist über ( chemische Zusammensetzung des Harns im Ganzen nur noch wer zu ergänzen. Die tägliche Menge jedes einzelnen Bestandthei oder was ganz auf dasselbe hinausläuft, die prozentische ZusamnK Setzung des täglichen Gesammtharns kann von einem Tag zi andern sehi- verschieden sein ; Beides gilt in noch erhöhterem Maat vom Stundenharn. Diese Voraussetzung bestätigt die Erfahrung sehr ausgedehnter Weise. Daraus folgt, dass es keinen Norm harn, d. h. einen solchen giebt, welcher dem Gesunden überhai eigen sein müsse; da es eben eine Eigenschaft der Gesundheit w dass sie den Harn den Lebensbedingungen anpasste.

Verlangt man also zu beliebigen Zwecken einen Musterha: so muss man hinzufügen, wie die Umstände beschalfen waren, derselbe gebildet wurde, und dann lässt sich aus den gegeben ?f' Mittheilungen über die Abscheidungsgesch windigkeit jedes einzeln Harnbestandtheils unter diesen Bedingungen eine ungefähre Anga über den Musterharu machen. Unter diesen Geschichtspunkt j^, kann man denn auch viel weiter ins Einzelne gehen und die Mitt zahlen für noch andere Kategorien angeben als für Morgen-, Mitta Nacht-, Sommer- und Winter - Haisn , oder für den Harn armer u; reicher, junger und alter, männlicher und weiblicher Individuf Denn wenn die Zunahme des Körpergewichts (ob sie null oc merklich sein soll) und die Beschaffenheit der Getränke u: festen Speisen, die Anordnung der Essensstunden, die Art u:ln Menge der Haut- und Darmausscheidungen bekannt ist, so kai danach der zu den gegebenen Bedingungen gehörige Harn ej wickelt Vierden. Für ärztliche Zwecke wären hier allerdings shi gemeine Regeln und auch Mittelzablen für besondere Fälle wünschet i. Werth, um so mehr, weil es vielleicht möglich wäre, Harnmenge 11 die nicht den ganzen Tag, sondern nur in bestimmten Tagesa gel schnitten gelassen sind, zur Diagnose zu benutzen.

Beispielsweise fiita-en wir an: der Harn der Säuglinge ist immer sehr reich ^ Wasser, weil sie stets eine flüssige Nahrung geniessen ; von den festen Theilen der Ni rung wird aber ein merklicher Theil zum Aufbau der Organe benutzt. Hcidenhai

•) J. Vogel, Archiv filr gemeinsame Arbeiten. I. Bd. p. 79.— Becqnercl, Der Urin, üb setzt von Nouber. Millon, Compt. rend. XXVI. 120.— Trapp, Beiträge zur Kenntniss u.s, ^ Qiessen 1850. Hacser und Vogel, Aichiv f. gem. Arbeiten. I. Bd. p. 267. Heubotil» und Vogel, Analyse des Harns. 3. Aufl. 1858.

Physikalische Eigenschaften des Harns. 415

fppe, Hecker fanden in ihm 0,8pCt. feste Bestandtheile überhaupt.— Nach dem auss von Fleisch wird sich Harnstoff, SO3 und PO5 zugleich mehren, war das ,sch gesalzen, auch das Na Cl ; und insofern es frisch und wasserreich war, oder gar > Getränk versetzt wurde , auch die Wassermenge. Aber diese Stoffe werden nicht -hzeitig aus der Niere gehen; zuerst läuft überwiegend das Wasser und mit ihm ids NaCl ab, dann kommen SO3 und Harnstoff an die Reihe und am spätesten die wphorsäure. Nimmt ein Bettlägeriger den Tag über öfter nnd jedesmal wenig Nah- ;j, so wird die Absonderung ziemlich gleichmässig von Stunde zu Stunde gehen »sen, oder ist sie die eine Stunde erniedrigt, so muss sie in der andern ent- cchend erhöht werden u. s. w.

Die Färbung des Hains ist im normalen Zustand zwischen ihgelb und hellgelb der Vogel' sehen Farbenskala. Die dunk- ln Nuancen sind im Allgemeinen dem sparsam gelassenen Harn een; darum ist der Morgenharn (während der Nacht bereitet) iikler als der Getränk- und Mittagsharn. Kinderharn ist im j?emeinen heller, als der der Erwachsenen,

Durchsichtigkeit. Schwachsaurer und schwachalkalischer rm ist meist klar ; eine starke Reaktion nach der einen oder der lleiTi Seite ist meist von Niederschlägen begleitet. Diese bestehen alkalischen Harn meist aus phosphorsaurer Kalkerde und Mag- iia; im sauren aus harnsaurem Ammoniak oder Natron, zuweilen slh aus reiner Harnsäure.

Das spezifische Gewicht des mittleren täglichen Harns p;t bei 1020 (Vogel). Da es in inniger Beziehung zu den gelösten tflfen steht, so muss es natürlich sehr variiren, und namentlich td bei reichlicher Harnentleerung das spez. Gewicht niedriger als

sparsamer Ausscheidung des Harns sein. Man hat, um den i^ammenhang zwischen spez. Gewicht und dem Gehalt an festen 'ffen festzustellen, empirische Regeln aufgestellt (Becquerel, lUon, Trapp, Haeser). Wir erwähnen hier nur dieTrapp'sche rjel, wobei wir die von ihm selbst gegebene Bemerkung wiederholen, «8 sie nur eine Annäherung an die Wahrheit gebe. Setzt man

Einheit des spezifischen Gewichts (die des Wasser) = 1000,

soll man von dem gefundenen spez. Gewicht des Harns diese ihheit abziehen; die hintere Zahl des Restes soll man durch ein Mnma abschneiden von der vordem und dann den Rest verdoppeln. !} hier ausgefundene Zahl drückt den Prozentgehalt des Harns

festen Stoffen aus; wäre also z. B. das gefundene spezifische iwicht eines Harns == 1020, so würde sein prozentischer Rtick- and == 4,0 sein.

*

416

Seltenere Bestandtheile des Harnü.

Seltenere Harnbestandtheile.

Eiweissartigo Stoffe *). Die Abwesenheit von Blutungen vorauBge gehen öfter in den Harn über :

Faserstoff wird bald flüssig (gerinnbarer Harn) und bald schon geronnen leert. Sein Vorkommen scheint meist durch Nierenleiden bedingt zu sein.

Albumin kommt im Harn vor sowohl weil der Strom und die Zusarar Setzung des Bluts , als auch weil die Nieren verändert sind Es findet sich nach jection von verdünntem Hühnereiweiss in das Blut. Cl. Bernard sah es ausblci wenn er das Eiweiss statt in die v. jugularis , in die v. portarum , und zwar sehr mälig einbrachte; nach Injeotion von Serum desselben oder eines andern Säugethi (Ol. Bernard); häufig bleibt es jedoch nach dem Einbringen dieser Eiweissart (Cl. Bernard, Bouchardat, Sandras, Schiff). Ausbleiben soll es auch i der Einspritzung von etwas wenigen künstlich verdünnten Eiweisses und von Flei albumin (Corvisart, Schiff). Der Harn wird ferner eiweisshaltig nach A lässen (Hayden), noch mehr , wenn nach vorgängigem Aderlass das zurückbleibi Blut durch ein grosses Volum Wasser verdünnt wird (Kierulf); die eiweisstreib( Wirkung des blutverdünnenden Wassers bleibt aus , wenn ihm Na Cl zugefügt ' (H artner). Der Harn enthält femer Eiweiss : nach Injection von gallensaurem Na in's Blut, und zwar häufig, aber nicht immer (Frerichs); nach Einathmung ArsenikwasserstofT (J. Vogel); nach mehrtägigem Kochsalzhunger (Wundt), je( nicht immer (üaupp); nach Athembeschwerden (Köhler); zuweilen nach Ur drückung der Milchsekretion , nach Escessen im Essen. Im Harn erscheint i Eiweiss bei bestehender Herzhyperti-ophie , nach Unterbindung der Nierenvene Hohlader (H. Meyer); nach leidenschaftlichen Aufregungen mit lebhaftem H schlag; bei besondern Veränderungen des Nierenbaues, Losstossung des Epitheliums et( Ferner nach einer selbst vorübergehenden Störung des Blutlaufes in den Nii (Brächet, Peipers, Müller), und endlich nach Verletzung des vierten H Ventrikels, etwas über dem Ort des sogen. Zuckerstichs (Bernard). Das Pankr ferment geht in das Blut eingespritzt mit allen seinen Eigenschaften in den I über (01. Bernard).

Fette **). Menschen und Säugethiere , welche anhaltend mit fettreicher 1 rung gefüttert werden, entleeren fetthaltigen Harn (Lang).

Gallensäuren ***). Nach Inj cction von gly cocholsaurem Natron erscheint Gl cholsäure; nach Unterbindung des Gallengangs und bei Gelbsucht Cholsäure (Kühl

Eisensalzet) sind zuweilen nach vermehrtem Genuss derselben gefui worden; häufig aber fehlten sie auch dann (Wöhler, Aldrige, H. Müller KöUiker); nach Injection von Wasser in das Blut (Hartner).

Leucin, Tyrosin fanden Frerichs und Staedeler im Harn der Hi und Menschen, z. B. bei gelber Lebererweichung, in welcher jene Stoffe reichlicl der Leber u. s. w. vorkommen.

») Frerichs, Die Bright'scheNierenkninklieit. BraunschweiglSSl. 180 n. 276.— H.Me Zeitschrift für physiologische Heilkunde. 1844. p. 114. Hartner, Beiträge zur Phys. der absondcrung. 1358. Vogel u. Neubauer, Analyse des Harns. 3. Aufl. 1858. Cl. Bern Sur les liquides. I. 136. 386.

Lang, De adipe in urlna et renibus. Dorpat 1852. ••») Kühne, Virchow's Archiv. XTV. Bd. 460. t),Seherer, Jahresber. für physiolog. Chemie. 1844. p. 125. Hartner, Beiträge Physiologie etc. Erlangen 1858.— MUH er und Kölliker, zweiter Bericht der physiolog. Ans 1856. Resorption von Eisensalzen.

Seltenere Bestandtheile des Harns.

417

.Ällantoin*). Wenn einem erwachsenen Hunde so viel Oel in die Lunge ein- ipritzt wurde , üooo «inp. beti-ächtliche Atliemnoth entstand , oder auch nach anhal- idem Einathmen von Chlor wurde Allanioin im Harn gefunden (Staedeler, bhler).

Cystin **) zuweilen als Harnstein, öfter auch gelöst.

Veränderung des Harns durch einen ungewöhnlichen Speisezusatz.

Von den löslichen, mit Blut überführbaren Stoffen erscheinen einige im Harn nicht

solche wieder, wenn sie verschlungen wurden. Die Veränderungen, die sie er- «en , geschahen entweder schon im Darmcanal , oder in dem Gesammtblut , oder nur üBlut einzelner Organe ; wie und wieviel von den einzelnen Stoffen zersetzt wurde, [Igt ab von der Verbindung und der Menge , in der sie aufgenommen wurden , von

Aufenthaltsdauer im thierischen Körper und von dem jeweiligen Zustand des iteren. Andere Stoffe erscheinen unverändert im Harn wieder. Es ist von Wichtig- diesen Untersuchungen nachzugehen, weil ihre Ergebnisse das chemische Leben Organe und die absondernden Eigenschaften der Nierenhäute beleuchten.

A. Umgewandelt erscheinen:

Salicin***) = CsßHigOii, es liefert spiroylige Säure = üinRuOt (M il 1 o n und Le - »an). Diese Säure ist hervorgegangen aus einer Spaltung des Salicins, die schon .Speichel bewirkt (Staedeler); unter Aufnahme von 2 At. Wasser = CjeHaoOio iällt es in Zucker = CiäHisOia und Saligenin = C11H8O4, welches letztere nach btritt von 2H in spiroylige Säure übergeht.

Gerbsäuret) = CisHgOia erscheint im Harn als Gallussäure = ChHcOio und uizgallussäure = CisHeOe (Wöhler und Prerichs). Diese Umwandlung ist die- te, welche Gerbsäui-e u. A. in schwach alkalischen Lösungen erleidet; sie geschieht, man sieht, unter Abscheidung nur von C4H2O2, oder gleichzeitig von 2CO2.

Harnsäure ft) = CsHaNsO.i bewirkt das Erscheinen von CO2, etwas Oxalsäure C2O Harnstoff C4H4Nj0s (Wöhler und Frerichs); um in diese Stoffe zerfallen zu Man, muss, abgesehen von der Bildung anderer Zwischenproducte , die Harnsäure User und 0 aufnehmen.

Guanin = C10H5N5O2, AUantoin = C1H3N2O3 , AUoxanthin = CgHsNsOio er- iiiinen nicht als solche; jedesmal mehren sie dagegen den Harnstoff; AUantoin mehrt

nicht, wie man erwartete, die Oxalsäure.

Thiosinammin = NjCgHsS-i gab Rhodanamraonium = N2C2H4S2; aus Hera ersten i also C4H4 ausgeschieden worden.

Eine Reihe-ttt) von Säuren: Benzoe-, Zimmet-, Toluyl-, Salicyl-, Nitrobenzoe- ce, paaren sich mit dem Glycin der Galle; Benzoesäure geht in Giycobenzoesäure ■•opnrsäure) über; Zimmetsäure (C18H8O4), welche unter Aufnahme von HO in Essig- Benzoesäure zerfällt, bildet ebenfalls Hippursäure (Marchand, Chiozza, Ber- ::nini). Salicylsäure = CnHeOe bildet Salieylursäure = CigHnN Ob (Ber- , *

'«) Staedelernnd Frerichs, Miiller's Archiv. 1854.— H e r m n 11 11 K U h 1 0 r . Je allan o , illgscrtatio. 1857.

' ")Nenbaucr, Harnanalyse. 3. Aufl. 108.

'•*) Mulder, 1. c. 1279. Staedeler, Ghemlgchos Centralblatt. ISiiS. 10!).

t) L 1 e 1) i (f ' 8 Annalen. «5. Bd.

' tt) Siehe die Literatur bei HamstofTmehrung p. 384.

■H) AutHcr der Literatur l)ei llippurstture p. 391 noch: Neubauer, Harnanalyse, p. 121. ••tagnlni.Cmpt. rcml. XXXL 490. _ U e r s e I bo , Li 0 h i t?' h Annalen. ISMi. Fd.ruar.

27

Lad w ig, Pliyniologie U. 2. Auflage.

418

Seltenere Bestandtheilo des Harns ; Hambercitung.

tagnini). Toluylsäure = C10H8O4 bildet Tolursäure == CjoHnNOs (Kraut) Nitrobenzocsüure geht in Nitrohippursäure = CigHgNiOio Uber <BoTt agnin i).

Essigsäure (C4H4O4) , AoDfclsäuro (0411305), Weinsäure (C4n30o), Citronenai (CoH407), Oxalsäure (CjH04), frei oder in Verbindungen gegeben, gehen je nach genossenen Menge ganz oder theilweise in den Hiirn über; erscheinen sie gar nicht nur theilweise als solche, so enthält der Harn kohlensaure Verbindungen (Wohl Buchheim, Millon). Die Umwandlung der essig-, äpfel -, Weinstein-, citronensai Salze geht schon im Darmcanal vor sich durch Gährung (Buchner, Buchheim). Bemsteinsäure (C4H3O4) ist bald gar nicht, bald in COj, bald in Hippursäure v wandelt wiedergefunden worden (Buchheim, Kühne, Hallwachs, Wühler)

Ammoniakvcrbinduiigen *) mit organischen Säuren kommen im Harn als wieder (Bence Jones); Salmiak als solcher (Neubauer).

Schwefelkalien theils als Schwefelsäure, theils unverändert.

Ferrocyanid kommt im Harn als Ferrocyanür wieder, in Folge einer von ( Harnsäure ausgeübten Desoxydation (Buch heim) **).

Nach dem Verschlingen von Amygdalin fand Eanke Ameisensäure, nach g spritzungen in das Blut fanden Kölliker und Müller den unveränderten Stoff wied

Thein, Tlieobromin, Anilin, Alcoholaether und mehrere Farbstoffe treten Harn nicht unverändert auf. Ihre Schicksale sind zweifelhaft.

B. Unverändert erscheinen im Harn : Chinin , Morphin , Strychnin , Leucin (i Blut injicirt), Campher-, Anis-, Amrainsäure (Bertagnini, W. Hoffmann), Be4 steinsäure (?), Arsen, Gold, bor-, chlor- und salpetersaure Alkalien, Jod, Hhodi kalien, Quecksilber, Wismuth, Blei, Zinn, Blutlaugensalz und viele Färbst» z. B. der des Ehabarbers , des Lakmus , der Cochenille u. s. w.

Harnbereitung. Thatsächlich scheint Folgendes zu sei 1) zur Herstellung des Harns entnimmt die Niere dem Blute ri der wässerigen Salzlösung zugleich auch den Harnstoff, das Ki'a tin und Kreatinin, die Harn- und Hippursäure, die Zuckerart und die Farbstoffe; sie führt also die genannten Blutbestandthe unverändert in den Harn tiber***).

Bewiesen soll dieses sein: 1) durch die Erfolge der Nierenausrottung; wäre der That die Niere nicht, an der Bildung, sondern nur an der Ausscheidung der nannten Stoffe betheiligt , so müsstc sich nach der Nierenausrottung so viel von ihil im thierischen Körper anhäufen , als das unverletzte Thier in der entsprechenden Z durch den Harn entleert hätte (Prevost und Dumas). Der Versuch hat ergeh dass nach jener Operation mehr, aber auch weniger Harnstoff im Blut vorkommt, man in dem Blut des gesunden Thieres findet, ja dass er auch ganz fehlen kl (Stannius, Bernard, Barreswil). Wegen der mit einem namhaften Verl verknüpften Bestimmungsweise des Harnstoffs haben die Resultate allerdings kci: vollgiltigen Werth, aber immerhin haben alle Beobachter den Eindruck empfangen ob die Anhäufung keineswegs der hypothetischen Entleerung entspräche. Um trotzd^i

1

») Procedlngs of thc royal Society. Vol. VU. 1)4. Licbig'8 Annalen. 78. Bd. 251. Ne b a uor , 1. 0. p. 120.

•») Mayer, De ratione qua forrum rautetur in corpore. Uorp. 1850.

••») Stannius, Arcliiv für physiologisclie Heilicunde. IX. Bd. 201. Bernard und reswil, Arctiiv. gdncSr. 1847. 449.— Stralil und Licbericlilin, Harnsäure im Blut. Berlin 18- t

Folgen der Nierenausrottung und des Nierenumsatises.

419

L luibhängigkeit der HamstoflFbildung von der Niere festzuhalten , muss man an- ■1 , die JieuDllOung soi entweder durcli die zuinickgehaltenen Hambestandtheüe uiter der Norm gehalten, oder der nicht ausgeschiedene Harnstoff sei weiter worden. Bernard und Barreswil finden das Letztere dämm wahrscheinlich, niercnlosen Hunde mehr Magensaft als sonst abscheiden, der, obwohl er sauer eil viel Ammoniaksalüo enthält. Dass eine Anhäufung von Harnstoff im Blut in den Gewebsflüssigkeiten nach gänzlicher oder theilweise aufgehobener Ham- lung beim Menschen nichts für die Frage beweist, ist sogleich ersichtlich, weil Xiere noch anwesend ist. Ausser dem Harnstoff ist nur noch die Harnsäure I nierenfreier Thiere, und zwar mit einem der vorstehenden Hypothesen gün- Krfolg gesucht worden (Strahl, Lieberkühn). 2) Durch die Yer- iiS des Nierenvenenblutes mit .dem der Arterie. Nach Picard soll das erstere n Harnstoff sein als das letztere. Solche Vergleiche sagen aber dai-um nichts» gegenübergestellten Blutmassen niemals denselben Gehalt an Plasma und Kör- 1 ICH haben und der Hanistoff doch wohl nicht über beide gleich vertheilt ist. fsrdem warnt Recklinghausen vor der Methode von Picard, und Gubler rPoiseuille geben an , dass oft gerade das Gegentheil von dem , was Picard , statt hat. 3) Einen andern Beweis für die blosse Ausscheidungsthätigkeit der tsn erbringt man , indem man die Entstehungsorte der ausgeharnten Stoffe auf- .;. Dieses gelingt für Kreatin (Muskeln , Hii-n) , Zucker (Magen , Leber) , Ham- 1 (Milz, Lunge, Leber), Hippiu'säiu'e (Leber und Blut), die Farbstoffe (Leber, Aber immer bleiben noch Bedenken , ob die Entstehung an jenen Orten die i'ildung einiger der aufgezählten Stoffe in der Niere ausschliesst ; so verdient es iAufmerksamkeit , dass sich in einer Niere , deren Ureter unterbunden ist , viel •Ereatin anhäuft, als während der Unterbindungszeit entleert worden wäre ; ferner, ' die Nieren Inosit enthalten. In den seltenen Fällen also, in welchen jene Zucker- r.m Harn vorkommt, ist ihr Ursprung ungewiss. Dem Harnstoff endlich kann keinen Erzeugungsort mit Sicherheit zuweisen; wahrscheinlich ist es, dass iin = C10N5H5O, Sarkin == CsNsHaO, Xanthin = CsNiHaOi, Harnsäure s'sNoHaOa zu seiner Bildung beitragen; ob diess aber die einzigen Uebergangs- nn von dem Eiweiss und Leim zu ihm sind, und ob sie an dem Orte, wo sie landen, auch zu Harnstoff umgeformt werden, ist nicht einmal der Vermuthung i.iglich. Jedenfalls steht es fest, dass die in die Niere gelangte Harnsäure sich weiter dort zerlegen kann, Avenn sie in Folge der Uretcrenunterbindung längere dort festgehalten wird (Beckmann). 4) Weil so viele Stoffe, die mit den iTUigsmitteln in den Thierleib gelangen , verändert oder unverändert dureh^ die 3 auatreten, so war man geneigt, die Nieren überhaupt nur als Ausscheidungs- ie anzusehen; diese Unterstellung ist aber nicht mehr in dem alten Umfang fest- Iten, seit man mancherlei der Niere eigenthümliche Umsetzungsprodukte kennen ' e.

2) Das Nierengewebe oder die an einzelnen Orten desselben »geschlossenen Flüssigkeiten erfahren eigenthümliche chemische "Setzungen. Daftir spricht die Anwesenheit des Tanrins oder iJtins und des Inosits (Cloetta), Stoffe, welche trotz ihrer fjenwart im Nierengewebe nur selten in den Harn übergehen; ler die Farbenänderung, welche das Blut in der Niere erfährt;

420

Einfluss des Spannungsunterschiedes zwischen Blut und Harn.

ferner die Umsetzung, welche der Harn erleidet, der durch Ui bindung des Ureters in der Niere zurückgehalten wird. Wo Flüssigkeiten gelegen sind, welche die emähnten nicht in Harn übergehenden Stoffe enthalten, ob in der Masse zwiscl den Gelassmaschen der glomeruli oder in den Zellen der Canäld ist ebenso unbekannt, wie es die Vorgänge sind, welche die chi Umsetzung einleiten und die Stammatome, welche davon erg: werden.

Der chemische Vorgang in der Niere kann übrigens ebensowl dazu dienen, die Bestandtheile des Harns zu mehren, wie die Scheidung des Harns aus dem Blut zu unterstützen.

Zerlegt sich unter Zutritt des dem Blut entzogenen Sauerstoffs das Taurin weiter, so würden endlich die beiden Hambestandtheile SO3 und AmO zuraVorscl |, kommen. Aus Inosit könnte man Milchsäure ableiten und sich so erklären , wa: «: der saure Harn aus dem alkalischen Blut kommt, aber in dem Harn ist diese Si eine Seltenheit.

3) Mit dem Unterschied der Spannung, welche Blut und Hi in der Niere besitzen, ändert sich die Absonderung; innerhalb wisser Grenzen ändert sich mit dem Druckunterschied nur 4 Menge des abgeschiedenen Harns, jenseits dieser aber auch Art der Stoffe, welche in ihn übergehen, a) Bei ungehindert^ Abfluss mindert sich die Geschwindigkeit, mit welcher ein gesun( Harn ausgeschieden wird, während der Reizung der n. vagi u nach einem Aderlass; sie steigt dagegen nach Durchschneidung der vagi; ebenso, wenn die Blutmasse eines Thiers dadurch gerne wird, dass man in den Blutgefässraum desselben das aus derAi gelassene Blut eines gleichartigen Thieres einfüllt; endlich ai dadurch, dass man in der Nierenarterie den Druck erhöht v mittelst des Verschliessens einiger grösserer Abzugsröhren aus c Aorta, so z. B. nach Unterbindung der aa. carotides, subcla' crurales. Eine Blutdiaicksteigerung jenseits gewisser Grenz] bedingt aber auch den Uebergang von Eiweiss in den Harn; diese Weise erklärt man sich wenigstens das Aufti-eten genannten Stoffes nach Unterbindung der Aorta unterhalb Nierenarterien, b) Bei unverändertem Blutdruck wird die schwindigkeit des Harnabflusses aus der Niere wesentlich beschr durch Hindernisse, welche in den Ureter eingebracht werden. Lo hell gab an, dass, wenn der Druck der im Ureter angesammelt

») OoU, Hcnle's und Pfeufer's Zelteclirift. 2. Reihe. III. Bd. »») Vnlcutln's Jaliresbericht für 1849. 157.

Nerveneinfluss auf die Harnbereitung.

421

igkeit während der Miiskelriihe dieses Rohrs auf 7 bis 10 Mm Hg. tiegen sei, so höre das Nachfliessen von Harn schon auf. In That kann man sich leicht davon überzeugen, dass ein Hg- mmeter, das in den Harnleiter mündet, in den ersten Mi- 11 rasch auf den genannten Werth oder auch um einige M.-M. ; steigt und dann viel Minuten hindurch immer wieder auf -t lbe Höhe herunteifallt, nachdem es während der sich häufiger ulen Ureterenbewegungen bedeutend emporgedrtickt war. L o e - 1 schloss daraus, dass ein Gegendruck von dem genannten rill die Harnabsouderung zum Stocken bringen könne. Als nuann mit besonderen Vorsichtsmaasregeln ein Manometer . Icn Ureter brachte, der zwei Stunden lang geschlossen gewesen ■•, so trieb sein Inhalt das Quecksilber um 40 M.-M. empor, rraus würde man folgern dürfen , dass der Harn auch noch trotz ;3S viel höhern Gegendrucks, als Loebell meinte, abgesondert vde, wenn in der That der Inhalt der ausgedehnten Nieren- liiälchen ein Harn im gewöhnlichen Wortsinn gewesen wäre, sses schien aber nicht der Fall zu sein, denn die Flüssigkeit ihielt keinen Harnstoff, sondern relativ viel Kreatiu. Demnach also die Harnbildung jedenfalls aufgehört bei einem Gegen- eck , der unter 40 M. M. lag. Die hohe Lage , welche der Niere thierischen Körper über der Harnblase gegeben ist, wodurch HaiTiabfluss so sehr begünstigt wird, ist jedenfalls vortheilhaft das ungestörte Bestehen der Absonderung. 4) Veränderungen in der Harnabsondening wurden beobachtet )h Verletzung des vierten Ventrikels (vermehrte Wasser-, Zucker-, freissabscheidung), nach Reizung und Durchschneidung der n. lanchnici und renales, nach Einsetzung der Enden einer thätigen uuctionsroUe in die Nierengegend, nach allgemeinen Krämpfen. '5 allem Diesen muss man schliessen, dass die Nerven die Ab- (iderung beeinflussen. Theilweise geschieht dieses^ wie z. B. bei Zuckerausscheidung , auf bekannten Umwegen , zum Theil viel- hht dadurch, dass die Strömung des Bluts in der Niere geändert cd. Die letztere Vermuthung gründet sich darauf, dass sich ; dem Blutdrücke die Harnabsouderung ändert, dass sich der iitstrora in der Niere unabhängig von dem Gesammtkreislauf lllen kann, weil die kleinsten Arterien der Niere stark niuskel- itig sind. Mit diesem allgemeinen Nachweise schliesst sich aber •3h unsere Kenntniss; denn bis dahin sind alle Versuche über die irliegende Frage noch sehr mangelhaft.

422 Einüuss der Blutzusammensetzung auf die Harnbereitung.

Bei neuen Keizungsversuclien über die Abhängigkeit der Hamabsonderung f den Nerven ist zu beachten, dass für sie Zeit und Umstäudo zu wählen sind, in dttj die aus unbekannten Gründen eintretenden Schwankungen der Harnabsonderun gar zu gross sind ; dann müssen als unbrauclibar alle die Versuche ''ei Seit' werden, die einen blutigen oder eiweisshaltigen Harn liefern; die Fehler, wcl' der ungleichen Füllung und Bewegungsfolge der Uretoren hervorgehen, smu meiden und die Reizmittel selbst sind mit den allgemein bekannten Vorsichten ai wenden. Auch die hoffnungsvollen Versuche der Nervendurchschneidung am spUi ki nicus und plex. renalis sind bis dahin wegen der Abkühlung der Nieren, der ; J[ rungen und Zusammenpressungen der Gefasse, des darauf eintretenden Blutharncns u.f noch unbrauchbar. Von dem Einfluss der Nervenreizung auf Verminderung der H; absonderung kann man sich leicht überzeugen , wenn man durch eine feine Oeffn in den Bauchdecken inducii'bare Drähte bis in die Nähe der Nierengefasse schiebt den Harn in getheilte Köhren fliessen lässt, welche in den Ureter gebunden wa Mit dem Beginn der Schläge stockt oder verlangsamt sich der Hamstrom.

5) Die Zusammensetzung des Blutes greift unzweifelhaft bestj s raend in die Art und in das Maass des Harns ein ; aber das Genau« ' des Abhängigkeitsverhältnisses ist fast vollkommen dunkel; die< gilt namentlich auch für die Geschwindigkeit, mit welcher sich Blutänderung im Harn zeigt; denn wenn auch einige Stoffe f1 augenblicklich, nachdem sie in das Blut gekommen sind, im Hai :if wieder erscheinen, so rufen andere erst längere Zeit, nachdem dem Blute beigemengt waren, in der Niere den ihn zukommend! Erfolg hervor. Dieses letztere gilt z. B. für das in das Blut e gespritzte Wasser, welches häufig nicht allsogleich, sondern e nach einer Stunde die Harnausscheidung vermehrt; hier scheint also fast, als ob erst vorgängig Blut oder Niere vorbereitet wer müssten, damit die Harnbildung lebhafter werden könne.

Eine andere Betrachtung knüpft sich an das Verhalten Eiweissstoffe zum Harn. Olfenbar kann die Niere nicht dem weiss überhaupt den Eingang in den Harn wehren; sondern vermag es nur so lange, als das Blut seine normale Zusammi Setzung beha^iptet. Denn der Harn wird sogleich eiweisshall wenn das Blut j)lötzlich mit viel Wasser verdünnt vnrd, wenn weiss- oder solche Stoffe, wie z. B. gallensaures Natron, ei gespritzt werden, welche die Blutkörperchen auflösen. Fast sollte mi denken, dass hier die Kochsalzverdünnung von Einfluss sei ; denn ä| eingespritzte Wasser treibt kein Eiweiss mehr aus , wenn ihm N* beigemengt wird (Hartner) und nach NaCl-hunger sah Wun^ seinen Harn mit Eiweiss beladen. Muss nun die Niere oder d; Eiweiss geändert werden, damit das Letztere ein Harnbestandtho werden könne?

I:

Beziehung zwischen Abflugs und Zusammensetzung des Harns.

423

fi) Beziehung zwischen der Zusammensetzung des Harns und Gescliwindigkeit seines Abströmens aus der Niere. Fängt man ! Harn jeder Niere gesondert auf, so gewahrt man für gewöhn- , dass bald aus dem einen und bald aus dem andern Ureter Abfliiss beschleunigter wird. Obwohl diessmal der Harn aus •selben Blut hervortrat, so weicht doch die beiderseitige Zu- iimensetzung noch beträchtlich von einander ab und zwar um so hl-, je grösser der Unterschied des gleichzeitig entleerten Harn- iinis ist. So weit bekannt, bezieht sich die chemische Ver- ledenheit der beiden Harnsorten vorzüglich auf die Verhält- zwischen den einzelnen Harnbestandtheüen. Namentlich ist in 11 langsam austretenden Harn der Quotient aus Wasser in dem nistoff" grösser als bei rascher hervorgehendem, umgekehrt ver- t es sich vielleicht mit dem Verhältniss zwischen Wasser und Ii; sicher ist dagegen der Quotient aus Na Gl in den Harnstoff m rascher gelassenen Harn kleiner als in dem andern. Man te die Annahme machen, dass der Harn ursprünglich, wie er n aus dem Blut in die Canälchen trat, sich in beide Nieren Ii verhalten habe, und dass die verschiedene Aufenthaltsdauer Jen Canälchen ihn geändert habe; dann müsste also aus dem -pi iinglichen Harn mehr Wasser und Na Gl als Harnstoff ver- bunden sein. Folgt man dieser Voraussetzung, so muss an der ^.jtretenen Veränderung die Diffusion einen Antheil haben; aber kann dieselbe, vorliegenden Thatsachen entsprechend, nicht eein bedingen. Anderseits Hesse sich aber auch behaupten, fss auch schon im Augenblick der ersten Bildung der beiderseitige iftm ungleich gewesen sei, weil die Möglichkeit nicht bestritten mlen kann, dass jeder Werth der absondernden Kräfte an und sich ein anderes Verhältniss zwischen den Harnbestandtheilen rdere.

i Die Diffusion wurde , abgesehen davon , dass sie die einfachste Erklärung der »'Ogten Erscheinung giebt, in Betracht gezogen, weil sie erklärt, warum der Gehalt I i Harns an festen Bestandtheilen gewisse Grenzen nicht übersteigt und in dem k sungsgemenge ein Stoff den andern zu ersetzen venuag und weshalb der Harn fast "ckcn wird, wenn die festen Bestandtheile des Harns unlöslich sind, wie es z. B. ge- i lieht, wenn der auszuwerfende N statt durch Harnstoff, durch Harnsäure aus- i-schieden wird. Die Zurücknahme des Wassers, welches die Harnsäure durch die mt der Gefässe überführte, wurde natürlich zur Nothwendigkeit, so wie diese in r Niere aus dem gelösten in den ungelösten Zustand übergegangen war.

Andere Erfahrungen scheinen jedoch zu zeigen, dass die Diffusion nicht mehr r Erklärung ausrciclit. Denn der Harn, welcher sich nach einstündiger ünterbin- mg des Ureter» in diesem letztem anhäuft, enthält in 100 Theilen weniger Na Ol

424

Eigenthätigkeit der Niere.

als das Blut und als der Harn, wolcher vor und nach der Unterbindung auf dcrBtiLi, Niere und gleichzeitig auf der entgegengesetzten abgesondert wurde ; ja öfter ist dem zurückgehaltenen Harn daa Na Ol nur noch spurweise enthalten. Dieses verstoß aber gegen die Grundgesetze aller DLffusion. J.Hoppe hat noch auf einen zweit Umstand hingewiesen; nähme 'man an, meint er, dass der Harn auf dem Wege Diffusion von Blutserum conzentrirt werde , so müsse , wenn man einen gesättigt Harn durch eine Scheidewand vom Blutserum desselben Thieres trennte , kein Wasi aus dem Serum zum Ham übergehen; dieses geschah jedoch, als er den Versuch führte. Bevor diese Thatsache mit den Erscheinungen in der Niere verglichen wer4 darf, raüsste man wissen, ob die Haut, welche Hoppe anwendete, gleiche end« motische Eigenschaften wie jene der Nierencanälchen besass; würde die todte Ha für Eiweiss und Harnstofi' durchgängiger gewesen sein , so müsste auch eine ande Vertheilung der Stoffe auf beiden Seiten eintreten. Der Grund , warum in Beobachtung das Harnvolum zunahm, könnte also erst nach einer genaueren Zergliederui des Vorgangs begriffen werden.

7) Die nach Maass und Art ungleiche Absondening, welcl in derselben Zeit die gleichscliweren Nieren desselben Thiers da bieten, könnte man yvohl erklären aus Ungleichheiten des Blutstrom, die veranlasst vi^ären durch den jeweiligen Zustand der Muske in den kleinsten Arterien, oder auch durch die veränderliche Leic' tigkeit des Harnabflusses ; abei- man kann sie zum Theil wenigsteijin: auch andern in der Niere vorkonmienden mit der Zeit veränderliche Umständen zuschreiben. Das Vorkommen dieser letztern wird wah; scheinlich gemacht dadurch, dass bei sonst gesunden Hunden o Stunden, Ja Tage lang gar kein Harn abgesondert wird, dass Opium di llarnabsonderung öfter wenigstens verlangsamt, Curare (Kölliker Terpenthin, Canthariden u. s. w. sie beschleunigen. Zur Gewisshe «- wird diese Vermuthung durch die Beobachtung von Hermann dass nach Lösung einer Unterbindung des Ureters, die wenigsten eine Stunde lang bestanden, der Harn so ungemein reichlich zunT Vorschein kommt. Untersucht man eine solche Niere bevor da)* Unterband geöffnet wurde, so findet man sie sehr angeschwolleB so dass sie an Maass und Gewicht die entgegengesetzte bedeuten« übertrifft; die Canälchen sind mit Flüssigkeit geftillt, die Epithel ausgedehnt, die Venen beengt, was daraus hervorgeht, dass dii auf der Kapsel verlaufenden, durch die Niere zur ven. ren. treten] den Zweige beträchtlich ausgedehnt sind, und in der Umgeba; der Niere Oedem veranlasst haben.

Hartner fand die Epithelien solcher Nieren, die in Eolge von Wasserein-tl spritzungen in das Blut reichlich abgesondert hatten , eben^Us beträchtlich aus-( : gedehnt; ob dieses Folge oder Ursache der gesteigerten Hambildung war, ist un-. bekannt.

Hypothesen zur Erklärung der Hambereitung.

425

Da sich die Thatsachen noch nicht ziisammenreihen zur Er- irnng der Harnabsonderung:, so hat man sich bemüht, das Feh- de durch Hypothesen zu ergänzen, in der Absicht, um durch zu neuen Versuchen geflihrt zu werden. Die Anforderungen , die n an ein solches Unternehmen mit Recht stellen darf, bestehen in, Rechenschaft zu geben, wodurch die dem Harn eigenthüm- ' len Bestandtheile aus denen des Bluts ausgelesen werden, weiter, durch sie in die Canälchen tibergefUhrt werden , ob sie dort sich I ider verändern und wodurch dieses geschieht, denn es erscheint Li vorneherein und insbesondere im Hinblick auf den eigenthüm- iien Bau der Nieren unmöglich, dass ein so verwickeltes und so •■änderliches Lösungsgemenge wie der Harn ohne Zuthun viel- her Bedingungen bereitet würde.

1) Da nach Toriibergehender Unterbindung der Nierengefässe und Nierennerven Harn blutig und oft sogar die Niere zerstört •wurde (Brächet, Müller,

iipers)*), so war man geneigt, die Hambildung den Nerven zuzuschreiben. So rr es zu wünschen wäre, dass der Grund, warum nach jener Operation die Niere lötört wird , einer neuen Untersuchung unterworfen würde , so wenig berechtigt die tannte Thatsache zu der Annahme, dass die Nerven in der unverletzten Niere die iiwahl des Harns aus dem Blut und seine Ueberführung in die Canälchen besorgen.

ist im Gegentheil wahrscheinlicher, dass durch die Quetschung, welche Vene und terie erleiden, der Blutstrom in der Niere, wenn auch nicht plötzlich, so doch all- i lig verändert werde und dann Nierenbrand eintrete , der durch die besondern chemi- fen Einrichtungen der Niere eine besondere Gestalt annimmt. Die letztere Unter- i.lung ist darum die wahrscheinlichere, weil die Zerstörung der Nieren noch nicht Ibaehtet ist, wenn die Nerven ohne Quetschung der Blutgefässe durchschnitten rrden.

Andere Beziehungen, die man zwischen der Nervenerregung und der Harn- ilung beobachtete, lassen darauf schliessen, dass die erstere den Blutstrom regelt; im sich der Einfluss der Nerven darauf beschränkt, so würde mau sagen können, sei befähigt, den Gang der Ahsonderungsmechanik einzuleiten und zu ver- rkcn, aber nicht in den innem Zusammenhang der letztern einzugreifen. Dafür, t.s der Nerv in die chemischen Hergänge eingerechnet sei, welche zur Hambildung lören , liegt kein Beweis vor. Donders deutet , indem er die Möglichkeit des ätem vor Augen hat, auf die Analogie zwischen Magen und Niere hin, die beide i e saure Flüssigkeit abscheiden.

2) Die Epithclialzellcn der Harncanälchen ziehen die festen Bestandtheile des Harns ) dem Blut an, und diese werden ausgewaschen durch das Wasser, welches aus den Omerulis abgeschieden wird (Bowman). In dieser Form befriedigt die Hypo- ►588 nicht und die Thatsachen sprechen nicht für und nicht wider sie. Nachdem isch in den Zellen der Hamorgane bei Schnecken und AVittich in dem der Vögel imsäure aufgefunden, gab der letzte Physiolog der genannten Hypothese folgende

•) Milller's Handbuch der Physiologie. 4. Aufl. Hd. 1. )). 37C u. f. 0. Ludwig, t'b Handwörterbuch. U. 628. Schultz, Valentin 's Jahresbcr. fUr 1861. p. 134.

426

Hyptheso von Bowman-Wittich.

Gestalt: die Zellen der Yogelniuro ziehen aus dem Blut neutrales hanisaures Kuli dieses wird in den Zellen durch die anwesenden Eiweisakörpor oder die vorhandfi^ Kohlensäure in saures harns. Kali zerlogt, welches in fester Form niederfällt. Dus In j gewordene, mit dem Eiweiss oder der CO» in Verbindung gekommene Kali ncrsl die Zolle, so dass die feste hamsaure Vorbindung in die Höhle des Canälchens langt und durch don Strom von Flüssigkeit ausgespült wird, welcher sich in Glomerulis absondert. Diese Flüssigkeit ist aber ursprünglich dem Blutserum glei zusammengesetzt ; sie kann durch die Diffusion verändert werden , aber immer wird ciweisshaltig bleiben. Da der Harn der Säugethicre kein Eiweiss enthält, wei stens nicht in merklichen Mengen, so kann die letzte Unterstellung überhaupt ni für sie gelten. Nehmen wir sie aber in der Grenze , in der sie aufgestellt wiui nämlich für die Vögel an , so lässt sich Folgendes für und wider sagen : Der Bew| dafür, dass die Zellen die harnsauron Salze anziehen, soll darin liegen, dass sie di gefunden werden ; offenbar ist mit diesem Vorkommen noch nicht bewiesen , dass aus dem Blut zunächst in die Zellen dringen und von da erst dann in die ßö lichtung gelangen, wenn sich die Zellen damit überfüllt haben. Eben so gut köi die hanisauren Salze in verdünnter Lösung aus den Glomerulis in die Canälcl kommen; sie können dort die Zellen durchtränken, sich in ihrem Verlauf durch Röhrchen sowohl in der Lichtung der letzteren, wie in den Zcllenhöhlen verdichi und niederfallen. Da die in den Zellen enthaltenen Niederschläge durch diese letzl selbst festgehalten werden , so kann es sich auch ereignen , dass die in der Lichl enthaltenen harnsauren Verbindungen ausgeschwemmt werden , während die ersi liegen bleiben. Diese Erklärung gewinnt im Gegensatz zu der von Wittich gegebefi] an Gewicht durch die Beobachtung, dass die zugebundenen Vogelnieren , statt sich Harnsäure zu füllen, sie im Gegentheil verlieren (Beckmann). Jedenfalls tritt Thatsache sehr entschieden gegen die Harnsäureanziehung der Zellen auf. Um Uebergang der Harnsäure in die Eöhrenhöhlung zu erläutei-n, nimmt Wittich dass die Zellen zerstört würden. In dieser Annahme liegt insofern etwas Logis^ als sich entweder das Anziehende oder das Angezogene verändert haben muss , wi die aus dem Blut stammende, in der Hamröhrenlichtung enthaltene Flüssigkeit Stoffe wieder aus den Zellen an sich nehmen soll , die ihr so eben , als sie noch Blut war, durch die Zellen entzogen wurde; dieses gilt um so mehr, als Wittich jene Flüssigkeit Blutserum sein soll. Denn dächte man sich in den Zi anziehende Wirkungen und die von ihnen angezogenen Stoffe unverändert , so köniii die letzteren nicht wieder aus den Zellen entfernt worden durch die Flüssigkeit, sei denn , man wolle annehmen , dass die anziehenden Kräfte der Flüssigkeit grösser und bald kleiner als die der Zellen seien , je nachdem sie in den Blutgeßil oder in den Harncanälchen gelegen sei. Nimmt man nun an, dass die Zelle ze; wird, so müsste sich dieses bei der grossen Menge von Harnsäure im Vogelbarn oft ereignen , und demnach müssten sich auch sehr viele Zellen neu bilden ; fit» sich nun in der Niere Formstufen , die auf einen solchen Vorgang hinweisen ? Flüssigkeit, welche die festen Bestandtheile des Vogelharns entfernt, soll Wittich darum aus den Glomerulis ausgeschieden werden, einmal weil die Gi schlingen unter Berücksichtigung des Druckes doch etwas aussondern müssen , das gesonderte könne aber keine Harnsäure sein, weil die Gefässe nicht mit Zellen S kleidet seien und weil die Zellen in der Nähe der Müll er' sehen Capsel keine hsn sauren Niederschläge enthalten; ferner auch darum nicht, weil hier der Druck »1 Absonderungsursache wirken müsse, der, da ihm keine chemische Kraft innenwohne;

Hypothese toh 0. Ludwig.

427

lindertes Sorum zum Vorschein bringen werde. Begreiflich lässt sich aber auch Vbwesenheit clor Niederschläge in den Zellen nahe an den Glomerulis dadurch be- n , dass hier die Harnsäure führende Flüssigkeit noch nicht die Dichtigkeit oder aupt noch nicht die Veränderungen erlitten hatte, die zum Pestwerden jener Ver- .adungen nöthig sind. Aus allem Diesen geht hervor, dass die thatsächlichc Nöthi- rflg, sich der B o wm an - W i t ti ch' sehen Annahme anzuschliessen , noch sehr iring ist.

Die Gründe, aus welchen man so allgemein die Anziehungshypothese festhält, »ssen also tiefer liegen ; vorzugsweise scheint darauf zu wirken die Erfahrung, dass an so den Orten, namentlich in der Leber, in den Speichel-, Schleim-, Samendrüsen u.s.w., frühere Zelleninhalt einen wesentlichen Theil des späteren Drüsensaftes ausmacht, m setzte also auch Gleiches in der Niere voraus, indem man stillschweigend unter- lUte, es sei der allgemeine Charakter der Zellen, eine lebhafte chemische Thätigkeit .entwickeln; eine kurze Umschau über die verschiedenen Zellenarten lässt aber bald nennen, dass statt dieser nicht allgemein gültigen, eine andere allgemeine Leistung ggestellt werden muss, die nämlich, dass die Zelle einen eigenthümlichen chemischen rgang abgrenzen kann, wo ihr ein solcher gegeben ist. Indem man nun die Nieren tt den andern Drüsen verglich, konnte man nicht übersehen, dass die Nieren nicht raugsweise bilden, sondern nur ausscheiden, also wurde hier der Zelle statt eines r«eugungs- ein Anziehungsvermögen zugetheilt. Hierdurch entstehen aber neue nwierigkeiten , denn was soll das für ein Stoft' in der Zelle sein, der Säuren, Basen, isi und indifferente Körper aus allen Naturreichen gleich gnt anzieht. Und wenn es f.en solchen gäbe, wie würden die von ihm angezogenen Körper wieder frei.' Für Ii Letztere lägen zwei Möglichkeiten vor, entweder die angezogenen Stoffe änderten th und btissten dann ihre Verwandtschaften ein , oder der anziehende Stoff ginge zu sonde. Beides müsste eine Folge zurücklassen, die im Harn sichtbar wäre. Zählt tai hinzu, dass nach Unterbindung der Niere bei Säugethieren (Hermann) und ggeln (Beckmann) die Niere frei von Hambestandtheilen wird, so ist man schwer- 11 geneigt, die Zellen als Sammler der letzteren anzusehen.

Wenn man die Zelle als eine Einrichtung ansieht, die in ihrem geschlossenen lanenraum einen chemischen Vorgang isoliren kann , so wird man leicht zu der Be- Duptung kommen, dass wo ein Binnenraum sei, auch ein eigenthümlicher chemischer rrgang stattfinde , weil das Erstere ohne das Letztere unnütz sei. Jeder Kenner der [janischen Natur wird diesen Grund, obwohl er kein strenger ist, gelten lassen; mit würde aber auch die Zelle einen Antheil an der Harnbildung gewinnen, der ihr •inzipiell auch nie abgesprochen wurde, der aber factisch unbekannt ist. Man sagt etwas Selbstverständliches aus, wenn man hervorhebt, dass die Haut des Harn- laälchens ohne die Zelllage andere endosmotische Eigenschaften haben würde, als sie ' t derselben hat, und dass, wenn chemische Neubildungen in dem Zelleninhalt statt- '.den, diese den durch die Eöhre wandernden Harn ändern würden.

3) Eine andere Hypothese zieht in Betracht die eigenthümliche Art des Blut- '.•oms durch die Nieren und die Erscheinung, dass die Wandung zahlreicher Capillar- ■steme des thierischen Körpers für eiweissartige Stoffe und Fette endosmotisch undurch- inglich ist. Von diesem Boden ausgehend, stellt sie nun die Vermutliung auf, es ichte der Blutdruck, welcher auf der innern Fläche der Gofässe des Glomerulus ht, das gesamrate Blutserum, weniger Eiweissstoffe , Fette und die mit denselben rbnndenen Salze durch die Blntgefässwandungen in das Lumen der Hamcanälchen 'ntrciben. Die hier angelangte Flüssigkeit würde allmälig durch die Hamcanälchen

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Hypothese von C. Ludwig.

treten und auf diesem Wege in endosmotisohe Beziehung kommen zu dem conzentHrt»/ Blut, welches in den Capillaren läuft, die jenseits der Glomeruli die Hamcanälohij umspinnen (C. Ludwig). Im Einklang mit dieser Hypothese ist zuerst die Beobacll tung, dass die Geschwindigkeit der Harnabsonderung in einer unbezweifclbaren Ji»» Ziehung zum Spannungsunterschied zwischen dem Inhalt der Harn- und Bluti.' steht; sie wird unterstützt durch die Thatsachen, welche das Eingreifen der Dill um in die Hambildung darthun; weiter dadurch, dass wenn von zwei Nieren, die gleii jseitig, und somit aus demselben Blut Harn erzeugen, die eine mehr Wasser abgo! dert als die andere, sie auch mehr Harnstoff aus dem Blut nimmt; die Hypothese ei klärt endlich ohne Schwierigkeit, warum das Blut so vielerlei und so verschied« Stoffe durch die Nieren entlässt und nur wenige zurückhält.

Um zu erklären , warum die in den Harn übergehenden Bestandtheile in ihm einem ganz andern Verhältniss vorkommen als im Blut, giebt es verschiedene Wi Setzt man voraus, dass die in den Glomerulis ausgeschiedene Flüssigkeit Plasma, weni| Ei weiss und die damit verbundenen Salze sei, so muss, da auch die Häute der canälchen in ihrem weitem Verlaufe für Eiweiss undurchgängig sind, zunächst Bestreben entstehen, das Wasser aus dorn daran sehr reichen Harn in das Blut führen, und zwar so lange, bis die Kraft, mit welcher das Wasser diesseits und ji seits der Haut festgehalten wird, gleich wäre, vorausgesetzt, dass der Harn lan{ genug in den Canälchen verweilte. Indein dieses geschieht, werden aber auch sehr bi die Harnstoffe und Salzprozente dos Harns höher sein, als die des Blutes, und wird also die endosmotische Ausgleichung auch durch den Uebergang jener Stoffe werkstelligt. Die Menge jedes einzelnen dieser Stoffe , die in den Canälchen zurü( bleibt, würde dann abhängig sein von dem Unterschiede ihrer Dichtigkeit im H( und Blut und von der DifTusionsgeschwindigkcit , die ihr zukommt in Anbetracht d{ besondern Uebergangswiderstandes , den die trennende Haut entgegensetzt. Da nun bi kanntlich durch die bis dahin untersuchten Häute das Na Cl viel rascher geht als KO Kjl und 2NaOHOP05, so würde es damit in Ueboreinstimmung sein, dass trotz grossem Dichtigkoitsunterschiedes der beiden letzten Salze , sie sich doch im VerhSIl niss zum NaCl viel reichlicher im Harn als im Blut finden können. Anders beim HartI stoff; nach Hoffmann diffundirt durch den Herzbeutel eine 50 (r)prozentige Harnstoff lösung noch einmal so geschwind als eine 2(3,5 proz. Kochsalzlösung ; also dürften bei4i Stoffe bei gleicher Dichtigkeit etwa gleiches Diffusionsvevmögen besitzen , und sonÄj würde man bei dem geringem Harnstoff- als NaCl-Gehalt des Blutes vorausse' müssen, dass der Harnstoff im Harn sich nie wesentlich anhäufen dürfe. Soi bleibt unter Aufrechterhaltung der andern Bedingungen entweder nur übrig , eine sondere Struktur in der Canälchenwandung anzunehmen , die die Diffusionsgeschwim keit herabsetzt , oder zu unterstellen , dass das Na Cl unter Umständen duixh der chemischen analoge Kraft in das Blut zurückgenommen werde.

Aus den oben hingestellten Annahmen lässt sich auch ersehen, warum das in das Blut eingespritzte Wasser nicht sogleich die Absoheidung desselben durch den Ham mehrt das Wasser wurde nämlich , insofern sich nicht auch gleichzeitig der Gehalt des In- halts der Canälchen an festen Bestandtheilen gemehrt hatte , wieder in das Blut zurück- genommen. Es wüi'de die Mehrausscheidung von Harn also erst dann beginnen können wenn sich durch eine von dem Wasser eingeleitete Diffusion zwischen Geweben unJ Blut die Salze des letzteren vermehrt hätten.

Eine Frage von besonderer Art, die durch die vorstehenden Hypothesen gsr nicht gelöst wird, ist die, warum wird das Eiweiss nicht in die Hamcanälchen über

Ausstossung des Harns aus der Niere; Ernährung der Niere.

429

it? Dcim wenn auch nach Valentin und Schmidt bei der Filtration von isslösungen die durchgegangene Flüssigkeit weniger Albumin enthält, als die auf-

^sL'ue, so enthält sie doch Albumin, und ebenso enthält bei einer möglichst bald sh dem Tode angestellten Filtration von Blut durch die Niere in die Harncanälchen -rgehende Flüssigkeit Eiweiss (Loebcll). Zur Aufhellung dieser dunkeln Seite ; eres Vorgangs dienen vielleicht die neuerlichst entdeckten chemischen Vorgänge im tiern der Niere, durch welche möglicher Weise das Eiweiss ausgeschlossen werden imte. Heynsius glaubt in der That den Umstand, der dieses ausführt, schon ge- dden zu haben, und zwar in der Säure, welche das Nierengewebe immer und nament- i auch das solcher Thiere enthält, deren Harn schon imCalyx alkalisch reagirt. Die aeidekraft der Säm-en hält er aber darum für feststehend, weil diffundirendes und virendes Blut durch eine Amnios-Haut mehr Eiweiss entlässt in destillirtes isser, als in Harn oder in ein durch Essigsäure angesäuertes Wasser. Es wäre zu uischen, dass diese wichtige Beobachtung zu Gunsten der Harnabsondeining noch mrch erweitert würde, dass sie wo möglich mit der Säure, welche der Niere eigen- ■mlich, angestellt würde, wobei zugleich zu bestimmen wäre, ob diese Säure in rer so grossen Verdünnung , wie sie in der Niere vorkommt , noch wirksam wäre.

Wahrscheinlichkeit aber, dass der chemische Vorgang in der Niere sich an der «Schliessung des Eiweisses betheiligt , wird noch dadurch erhöht , dass einige im jsser lösliche Bestandtheile des Nierenextraktes nicht in den Harn übergehen ; sollten vielleicht ähnlich wie in der Leber auch hier in das Blut eintreten Die Epithelial- le ist hier wie überall zu Hülfe genommen, um die Abwesenheit des Eiweisses zu Wären. Dieser Satz wird dadurch gestützt , dass im Eiweissharn zuweilen Epithelial- fen der Harncanälchen gefunden werden; er bedarf keiner Widerlegung.

Die Ausstossung. des Harns aus der Niere ge- uielit unzweifelhaft durch den aus den Blutgefässen nachdringen- rn Harn; ist er einmal aus der Papille, oder besser gesagt, ?3 der leicht zusammendriickbaren Verlängerung der Harnkanälchen eer die Nierenoberfiäche getreten, so kann er in die Niere nicht eeder zurückkehren ; denn die Papille wirkt genau wie ein Röhreu- mtil (E. H. Weber).

Ernährung der Niere. In der fertigen Niere geht ein ;bsständiger Stoffwechsel vor sich , wie die beim chemischen Bau örterten Thatsachen beweisen. Nach reichlicher Fettnahrung l len sich namentlich bei der Katze die Zellen der Harnkanälchen mit ttt (Lang). Krankhafter Weise schuppt sich häufig das Epi- ijlium ab und es mehrt sich der formlose Bindestoif zwischen am- und Blutgefässen. Nach Unterbindung der Nierenarterie ibwinden unter vorgängiger Erweichung (Brand) die Nieren häufig rasch, dass 36 Stunden nach vollendeter Operation keine Spur bhr von denselben aufzufinden ist (Schultz). Die Erweichung .ginnt in der Cortikalsubstanz und ergreift zuerst die Gefässhaut r Glomeruli. In der fertigen Niere bilden sich zerstörte Hara- ld Blutkauäle nicht wieder.

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Ureter; Harnblase.

Beckenneigung.

Horizont.

llarnröliro .

B. Ureteren und Blase*).

1) Das untere Ende des Ureters durchbohrt die Blasen wai schief, so dass er auf einer kurzen Strecke zwischen Schleim- Muskelhaut hingeht. Die nothweudige Folge dieser so oft Organismus wiederkehrenden Verbindungsart von Canal und Bj

hälter besteht darin, dass bei eine jeden Druck, der von der innei] Blasenfläche hei- wii'kt, der Uret geschlossen wird ; mit eiuemWor es ist dadurch ein Ventil gegebeij welches den Sti-om des Harns w vom Ureter zur Blase möglic macht. Au dem Uebergang Blase in die Harnröhre A (Fig. 5'i faltet sich die vordere Blasenwag j B zu einer Grube ein. Daraif würde folgen, dass bei gefölltd Blase die Harnröhre ohne Zuth" eines Muskels geschlossen werde kann (Kohlrausch).

2) Die Muskeln des Ureters sind bekanntlich quer- und län laufende; ihre Nerven treten aus dem Lendengrenzstraug ; der Sprung derselben soll nach Valentin und Kilian bis in die S hügel hinauf verfolgt werden können. Die Bewegungen, welch sie einleiten,, sind immer peristaltische , nie antiperistaltische, d. es laufen dieselben immer in der Richtung von der Niere zur Bla Wenn man, während eine Bewegung im Fortschreiten begriffen i ein beliebiges Stlick Muskelsubstanz an der Zusammenziehun z. B. durch einen Druck auf dieselbe, hemmt, so steht die wegung an der gedrückten Stelle still; durchschneidet man d" Ureter des Hundes, so geht die Bewegung nur bis zum Sei (Vulpian). Im normalen Verlaufe des Lebens kommen die N ven nur zeitweise in Erregung; die Pausen zwischen den Zeit der Erregung verkürzen sich, wenn aus der Niere viel Haru er leert wird; aber selbst wenn gar kein Harn entleert wird, komm doch dann und wann fortlaufende Zusammenziehungen zu Staude. Die Zusammenziehungen erfolgen nicht nothwendiger Weise gleic zeitig in den beiderseitigen Ureteren , so dass die Nerven eines jede- von besonderen Orten aus erregt werden müssen. Ein aiis-l

") K 0 Ii I r 11 u sch, Anfttomic uiul l'liysiologie der ÜCikenoigmic. 18S4.

Bewegung der Harnblase.

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i liiiittener Ureter bewegt sieb niclit mebr, weder peri- noch L listaltisch (Donders)*).

Am todtcn Thier ist die Urctcreiibewcgung sichtbar, wenn künstliche Athiiuing »leitet wird (Yulpian); auch ohne diese ist sie am Meerschwein zu beobachten.

Die Muskeln der Blase, der Detrasor und Spliincter, stehen ih Kohl rausch in der Beziehung zu einander, dass sich die den des ersteren in die Züge des letzteren einflechten; es ver- ; sich also der die Blase verengende Detrusor zugleich als ein Blasenmündung umgebender Radialmuskel, der bei seiner Zu- iimenziehung die Harnröhrenöffnung erweitert. Die Nerven der i^enmuskeln treten aus dem Grenzstrang der Lenden (und des Buzbeins?); ihre Ursprünge sind nacbBudge**) mit Leichtigkeit lin das Lendenmark nachzuweisen, nach Kilian und Valen- sollen sie durch das Rückenmark hindurch bis in das Hirn >';in zu verfolgen sein. Die Erregungen des m. detrusor treten .dllkührlich und wahrscheinlich auf reflectorischem Wege ein, Hientlich immer nach Anfülluilg der Blase, öfter auch nach ver- tteten Hauterregungeu , z. B. nach allgemeinen Bädern. Durch iahrung der Blasenschleimhaut in der Nähe der Ureterenmün- igen kann nach Ch. Bell***) am leichtesten die Zusaramen- nung des Detrusor ausgelöst werden ; man vermuthet darum, dass Druck, welcher bei gleichzeitiger Anfüllung der Blase und der iteren auf jene 8chleimh autnerven ausgeübt werde, die gewöhnliche sinlassung zur reflectorischen Erregung abgebe. Wenn die Ner- des Detrusor einmal erregt sind, so veranlassen sie einige hindurch Harndrang; dieser verschwindet jedoch allraählig üer, selbst wenn die Blase nicht entleert wurde. Die harnaus- oende Wirkung des m. detrusor kann durch die Zusammenziehung Bauchmuskeln unterstützt werden. Der Sphinctcr des Blase willkührlich beweglich. Reflectorisch erregbar ist er von der lleimhaut in der Blasenmündung und in dem Beginn der Harn- •e (Cl. Bell). Die Ursache, warum der Harn nicht stetig •äufelt, sondern in der Blase zurückgehalten wird, soll liegen in schon erwähnten ventilartigen Hervorragung der Blasenmündung 'Ohlrausch), in der Elastizität des Sphincters und der Prostata iittich)t) und endlich nach einer verbreiteten Ansicht in der

) Onderzoekingen etc. Jaar h. p. 62. ) Virchow'n Archiv. XV. Bd.

') Romberi;, Lehrbuch der Nervenkrankheiten. I. Bd. 40«. •) Medizin. Jahrbucli. Bd. II. 12.

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Veränderung dos Harns in der Blase.

tonischen Zusammenziehung des letztern Muskels. Da die todi Blase den in ihr augehäuften Harn zurückhält, so ist unzweifelh; auch ohne Muskelhilfe der Blasenschluss möglich. Der Druck, die Oeffnung der todten Blase erzwingen soll, muss nach WittichJ und Rosenthal bis zu 900 M.-M. Wasser ansteigen, nach Heideil hain**) und Colberg bei weiblichen Hunden auf ] 30 M.-M., männlichen auf 380 M.-M. Die letzteren Beobachter beweia auch, dass die lebende Blase einen viel höhern Druck als die to ertragen kann , bevor sie sich entleert. Wie hoch der Druck unter dem im unversehrten Thier der Harn für gewöhnlich stell ist unbekannt. Also bleibt es ungewiss , ob eine tonische Erregt des Sphincters zum Schliessen der Blase nothwendig ; noch wenig ist entschieden, ob eine solche besteht. «i

Die Schleimhaut der Ureteren und der Blase ist mit eine geschichteten, aus cylindrischen und platten Zellen zusamme] gefügten Epithelium bekleidet. In der Umgebung der Blasenmt dung sind in die Schleimhaut einfach traubige Drüsen eingebettd welche einen schleimhaltigen Saft absondern. .jj

Veränderung des Harns in der Blase, a) Harngi rung. Während des Aufenthaltes in und nach seiner Entfernung der Blase verändert der Harn durch Selbstzersetzung seine Reaktijj entweder zu einer stark alkalischen oder zu einer stark sauren.

Die alkalische Reaktion ist abhängig von einer Umwandln des Harnstoifs, welcher unter Aufnahme von Wasser in kohle saures Ammoniak übergeht. In Folge dieser Ammoniakbilduäp wird der Harn durch einen Niederschlag von phosphorsaurem Ki getrübt. Sie ereignet sich in der Blase selten und scheint vorzu^ weise bei Rtickenmarkslähmungen , bei denen sich auch eine rei^ liehe Blasenschleimabsonderung einstellt, beobachtet zu werdi^ In. diesen Fällen geht die Umsetzung des Harnstoffs so rasch sich, dass sie selbst eintritt, wenn der Harn nur kurze Zeit in Blase verweilte, nachdem diese vorher mit lauem Wasser wie4| holt ausgespült worden war (Smith)***). Im gelassenen kommt zu einer gewissen Zeitperiode diese Umsetzung immer vOi|

Die saure Gährungf) wird eingeleitet durch den Harnblase schleim und durch Luftzutritt, wie daraus hervorgeht, dass sie|l

•) Rosenthal, de tono musonloniin imprimis sphinctenim. Königsberg 1857. •»)Müller's Archiv. 1858. 437. •**) Uomberg, 1. c. p. 73.5.

t) Scherer, Liebig's Annslen. 42. Bd^ 171.— Liebig, ibid. 50. Bd. Ifil. Virclionf Archiv fiir |)iithol. Anatomie. VI. Bd. 25!). Lehmnnn, Pliysiolog. Chemie. II. Bd. 401.

Veränderung des Harns in der Blase durch Diffusion.

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tax gelassenen Harn unterbrochen werden kann, wenn er vor m Luftzutritt bewahrt und der Schleim von ihm abfilträt wird, .den späteren Stadien derselben entstehen aber auch Gährungs- ize ( S c h e r e r , V i r c h o w , Lehmann). Ihre hervoiTagendsten M)dukte sind Essig-, Benzoe-, Oxal- und Milchsäure. An der dung der ersten betheiligt sich wahrscheinlich der Farbstoff ich er er, Lieb ig), während die Benzoesäure aus der Zer- rung der Hippursäure , die Milchsäure wahrscheinlich aus dem räker hervorgeht. Ist die saure Gährung ausgeprägt vorhanden,

I trübt sich der Harn duüch Ausscheidung von Harnsäure oder irem harnsauren Natron. Scher er macht darauf aufmerksam, *s dieser Prozess Veranlassung zu Harnsäureconisretionen geben un. Im diabetischen Harn entsteht durch Gährung Buttersäure Dönberg, Scherer) und . Essigsäure neben CO2 und Am ceubauer *).

b) Veränderung durch Diffusion **). Bei den Nummern, welche Harnstoff, Na Gl, Wasser u. s. w. handeln, wurde schon be- Ikt, dass nach Kaupp der tägliche Harn eines auf gleiche iise lebenden Menschen, wenn er zwölf Mal des Tags entleert (de, mehr von den genannten Stoffen enthält, als wenn er nur iiimal täglich aus der Blase gelassen wurde.

Um die Unterschiede, die hier eintreten, ersichtlicher zu machen, ten wir folgende Zahlenreihe hin, welche durch die grosse, wissenschaftlicher Begeisterung geleitete Untersuchung Kaupp's ■onnen ist. Die Zahlen bedeuten das mittlere Uebergewicht, }jhes die verzeichneten Werthe in dem in 12 Stunden 12 Mal eeerten Harn über den nur 2 Mal entleerten gewonnen hatten. Wasser . 87,3 C. C. PO5 . . . . 0,17 Gr. Harnstoff. 0,93 Gr. SO3 .... 0,06 Na Gl. . . 0,79 Feste Best. 2,12 Dieser Verlust, welchen der Harn bei längerem Aufenthalt in Blase erleidet, kann abhängen von einer Diffusion, welche lächen dem Blut- und dem Blaseninhalt eintritt, aber er kann

II bedingt sein dadurch, dass die gefüllte Blase den Ab'fluss Harns aus dem Ureter hindert. Um diese Alteraative zu ent-

eiden, würden die Versuche fortzuführen sein, welche Kaupp tHunden begonnen, denen "er Harn von bekannter Zusammen-

) Llebig'B Annalen. Fcbrunr 1856. I Archiv fllr phy». Heilkunde. 1856.

ndwig, Pliygiologlo II. 2, Aulloge.

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Miiimlicho Geschlechtswerkzeugn ; ftnatomischcr Bau der ITodcn.

Setzung in die leere Blase einspritzte, während die Ureteren bunden waren.

Männliche Geschlechtswerkzeuge.

A. Hoden. •» 1. Anatomischer Bau. Das Charakteristische der Samenk chen besteht darin, dass ein jedes sich ununterbrochen schlän und oft anastomosirt , bevor es in das vas deferens ausläuft dass jedes einzelne der zahlreich . vorhandenen von verhäl mässig weitem Lumen ist, während ^er Gang, in dem alle R chen ausmünden, ein verhältnissmässig sehr schwaches Kaliber sitzt; es verengert- sich also das Gesammtlumen der Samenrö' vom Anfang zum Ende des Hodens. Diese Verengung scheint keineswegs eine stetig fortschreitende, sondern eher eine auf- absteigende zu sein; so hat es offenbar den Anschein, als ob in den ductus efferentes so ungemein verschmälerte Bett der (~ einigt gedachten) Samenröhrchen in den coni vasculosi sich wi erweiterte und gegen das vas deferens wieder verengere. Wand der Samenkanälchen ist aus elastischen muskelfreien B"' geweben gebildet, dessen innere Fläche mit kugeligen D Zellen belegt ist; ebenso sind die Wände der ductuli efferefi gebaut, mit der Ausnahme jedoch, dass das Epithel ans e" Lage konischer Zellen besteht, welche zu allen Zeiten, also a im unreifen Hoden, Wimperfäden tragen. Die Haut der S: kegel und die des Nebenhodenkanals enthält ausser dem elastis Bindegewebe auch noch Muskelzellen und ihr Epithel ist aus . mehrfachen Lage von cylindrischen und dünnwandigen Zellen' baut, die sich zur Zeit der Geschlechtsreife mit sehr langen pem versehen (0. Becker)*). Die Wand der Nebenhoden steht, von aussen nach innen gezählt, aus einer elastischen B' gewebshaut, aus drei Lagen von Muskelzellen, nämlich einer leren Kreis- und einer äusseren und einer inneren Längenschi ferner aus einer Schleimhaut mit zahlreichen Grübchen und en aus einer Lage von Plattenepithelium. Die Capillargefässe' Hodens, welche aus der langen und engen art. spermat. entsp gen, sind nicht zahlreich; sie sammeln sich in ein vielfach an mosirendes Netz von weiten Venen.' Aus den Hoden gehen se

*) Moleschott, üntersnchüngeii. II. Bd. 71.— KBllikcr, Handbuch der Geweb«" lU. Auflage. 514.

Samen.

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aminöse Lymphgefässe hervor. Die Nerven des Hodens und Desondere des vas deferens, welche aus dem Lenden- und Sa- dtheil des Grenzstraugs hervortreten, sollen ebenfalls bis in Hirn zu verfolgen sein. Auf der inuern Fläche der tunica vagi- ss communis, wo sie den Hoden mid Nebenhoden umschliesst, zwischen ihm und der tunica propria findet sich eine Lage von ibkelzellen (Kölliker) ; von diesen aus sollen sich Muskeläste rrecken gegen die tunica albuginea und in die Scheidewand ischen die Läppchen des Hodens (Kouget).

lieber die cliemischen Eigcnthümlichkeiten des Hodens liegen nur Notizen vor. ?odeler gewann aus den Hoden des Hundes Krystalle, die dem Kreatin ähnlicli u; Berthelot giebt an, dass das Hodengewebe rascher als Caseiu, Fibrin und ,1 das Glycerin und den Mannit in Zucker umwandelt.

2. Samen*). Eine mechanische Scheidung zerlegt den von II Hoden abgesonderten Saft in einen flüssigen und in einen aufge- iwemmten Theil. Dieser letztere enthält bestimmt geformte Gebilde,

zwar entweder Samenfäden und Samenzellen zugleich oder auch

Samenzellen. Das zuletzt erwähnte Vorkommen f Anwesenheit

Samenzellen bei Mangel an Samenfäden) findet sich ganz all- i*ein vor den Pubertätsjahren (in dem sogen, unreifen Samen)

häufig, aber keineswegs immer, in sehr hohem Alter und zu- ken in chronischen Krankheiten (Duplay).

Aus den Canälen des reifen Hodens ist meist das Epithelium iiichwunden und statt dessen findet sich der Hohlraum der Röhr- [iQ ausgefüllt mit Samenzellen , die von 1 bis zu 10 und 20 Kerne r;eu; geht man in denCanälchen weiter gegen die ductus eflferentes, ;'.ommen neben den genannten auch Samenzellen vor, welche statt

rundlichen, verlängerte Kerne enthalten und noch weiter sieht II den Kera birnfönnig, an dem spitzen Ende mit einem inen Ausläufer versehen , der endlich zum Schwanz des Samen- 'ins auswächst, während der Kern vollkommen die Form des laenfadenkörpers annimmt, worauf sich die Sam'enfäden in

Höhle der Zellen zu regelmässigen Bündeln zusammenlegen, langen die so veränderten Zellen in die ductus efferentes , so platzt

Haut derselben und es werden die Samenfäden frei, so

) Külliker, Handbuch der Gewebelehre. 3.Aufl. 620. Duplay, Archives g(Sn(frnles. Ddo.

Valentin, Lehrbuch der Physiologie. 2. Aufl. II. Dd. 1. Abthlg. p. 41. Leukart •Frerichs), Todd, Cyklopnedia. IV. I3d. p. 540. - M o 1 osch o tt und Ulohe ttl. Wiener

Jinlache Wochenschrift. IHr,!,. 274.- Ankermann, Zeitschrift für Wissenscham. Zoologie, i Bd. Kölliker, ibidem. Vn. Bd.

28*

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Bewegung der Samcnfiidcji.

dass im Schwanz des Nebenhodens und im vas deferens sich diese letzteren neben geringen Beimengungen von Körnchen u Zellen finden (Kölliker).

In dem frischen, aus dem lebenden Thier genommenen Ho< zeigen alle die Fäden Bewegungen, welche sich jenseits der vi efferentia befinden , keineswegs aber die , welche in den Canälcl und den genannten Gängen enthalten sind (0. Becker). Es körn jedoch alle Fäden, also auch diejenigen, welche an ihrer nat liehen Lagerstätte ruhig sind, durch passende Mittel zu Bewegung veranlasst werden , in günstigen Fällen selbst noch am diitten Ta nach dem Tode des Thiers, dem der untersuchte Hoden angehöi Diese Bewegungen gehen ursprünglich von dem Schwanz, nii aber vom Kopf aus, denn Kölliker hat gefunden, dass der getrennte Schwanz sich noch bewegt, der abgetrennte Kopf alJ ruht. Der von dem platten, nach vorn etwas zugespitzten Ko| ausgehende lange fadenförmige Schwanz krümmt sich bei die«! Bewegungen ohne regelmässige Folge bald da, bald dort hin her und streckt sich rasch wieder; hierbei entwickelt derselbe hj'^' reichende Stosslu'äfte, um eine Ortsbewegung des ganzen Fadi zu veranlassen , welche denselben in einer Sekunde um 0,27 MM. gerader Linie weiterschieben kann (He nie). Bei diesen Be gungen weichen die Fäden Hindernissen aus, die ihnen eutge^*^ treten, so dass es den Anschein gewinnt, als ginge in den wegungsakt eine sinnliche Wahrnehmung und eine Schätzung bevorstehenden Hemmung ein.

Die Bewegungen können für längere Zeit erlöschen und daj unter günstigen Bedingungen wieder kommen; sie scheinen möglich zu sein in den Temperaturgrenzen von 12 bis 46" C, fe^ nur so lange, als die Samenfäden sich in einem gewissen Grad ^^i- Quellung und in einer bestimmten, nicht näher zu bezeichnend» chemischen Verfassung befinden. Die Bedingungen, unter dem die ruhenden Fäden wieder zur Bewegung gebracht werden a die bewegten beruhigt werden, sind nicht überall mit denen gl durch welche der reizbare Nerv und Muskel erregt werden fc oder seine Erregbarkeit einbüsst.

Die Bewegung erhält sich unverändert in allen thierischen Flüssigkeiten yon lerer Conzentration und schwach alkalischer Reaktion; sie verschwindet dagegen, die Säfte sauer oder durch ammoniakalische Beimischungen stark alkalisch sind. Bewegung erhält sich ferner in 1 prozentigen Lösungen von NaCl, KCl, AmCl, NaO KONO5, und in 5— 10 prozentigen Lösungen von 2NaOHOP05, NaOCGj, NaOS' MgOSOs, BaCl; ferner in mittelstarken Lösungen von Zucker, essigsaurem Morphii

Absonderungsgeschwindigkeit des Samens.

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lium und Stryohnin (Valentin, E. Wagner, Krämer, Ankermann, .chott, KölUker). Alle, die genannten Lösungen heben dagegen die Be- ;en auf, entweder wenn sie so wässerig sind, dass die Samenfäden darin stark ion, oder so conzentrirt, dass sie schrumpfen. Im ersten Fall kann ein Zusatz z, im letzten Fall ein Zusatz von Wasser die Bewegung wieder hervorrufen ■vc-rmann). Sind die Bewegungen in den günstig wirkenden Lösungen der Hinten Stoffe erloschen, so können sie oft noch vorübergehend durch Aetzkali her- »rufen werden. Die Bewegung sowohl wie die Fähigkeit dazu erlischt un- rerbringlich entweder augenblicklich, oder nach wenigen Minuten in Lösungen von rroz. CIH, in sehr verdünnten Lösungen von Metallsalzen (z. B. Sublimat von pCt.) und allen Säuren , in Chloroform , Alkohol , Aether , foeosot u. s. w. ingen von Gummi und Dextrin verhalten sich wie reines Wasser (Ankermann Iliker). Elektrische Schläge haben keinen Einfluss auf die Bewegungen, ein tanter Strom wirkt nur durch seine elektrolytischen Ausscheidungen. Die Be- i.chkeit der Samenfäden von Vögeln, Amphibien und Fischen verhalten sich zu den unten Eeagentien nicht immer wie die der Säugethiere und der Menschen. Siehe . hber KS Iliker 1. c.

Ueber die chemisclien Eigenschaften des Inhaltes des Hodens des vas deferens ist Folgendes bekannt: Die Samenfäden

Säugethiere können nicht vollständig gelöst werden durch con- mrte SO3, NO5, Ac; sie sind ferner unlöslich in kohlensaurem rron; in kalter Lauge von 50 pCt. KO quellen sie stark auf, in. imer lösen sie sich (Kölliker). Die mit Wasser ausgewasche-

Samenzellen des Hodens enthalten einen eiweissartigen Körper,

Samenfäden auf gleiche Weise behandelt, einen in Kali lös- nu Eiweissstoff, ein butterartiges Fett und phosphorsauren Kalk..

Die Samenflüssigkeit ist im Inhalt des Hodens nur in geringer :ge da, sie ist klebrig, reagirt alkalisch und enthält einen in ■5ser löslichen, durch Kochen nicht gerinnenden Eiweisskörper iilliker) oder Schleim und NaCl (Frerichs).

Sperma aus den Nebenhoden und vas deferens des reifen Ochsen gab Kölliker

00 Theilen: 82,09 Wasser, 15,26 organische Stoffe (darunter 2,16 Fett) und Salze. Das Sperma des unreifen Stieres gab 88 pCt. Wasser.

3. Die Absonderungsgeschwindigkeit des Samens. Vor der lertät geht die Bildung des unreifen Samens zuerst äusserst ■jsam vor sich; denn in dieser Zeit wird, so weit wir wissen,

kein Saft aus dem Hoden entleert. Nachdem mit den Puber- iahren die Absonderung eines vollkommenen Samens zu Stande ommen, kann sie bis in das hohe Alter bestehen; Duplay

1 in den Hoden SOjähriger Greise noch Samenfäden; übrigens l nach demselben Beobachter bei Hochbejahrten di^ Samenfäden «t spärlicher vorhanden, und fehlen auch nicht selten gänzlich,

438 Samon-Borcitung und -Entleerung; Beiwerkzeuge des Hodens.

oder sie sind mindestens missgestaltet. Man vermuthet, dass ei öftere Entleerung des Samens die Neubildung desselben beschli nige. Bei Individuen mittleren Alters fehlen zuweilen die Sann Täden; die Beziehungen, welche man zwischen gewissen krai haften Störungen der allgemeinen Ernährungsprozesse und der ai bleibenden Bildung von Samenfäden vermuthet, haben sich dur die Untersuchungen von Duplay nicht bestätigt.

4. Samenbereitung. Die Formfolge bei der Entmcklung t Samenfäden ist schon soeben nach der Angabe von Kölliker { schildert worden. Danach ist ihre Bildungsstätte die Samenze) Die gekrümmten und langen Wege, die häutigen Anastomosen U endlich die Enge des vas deferens bedingen eine hinreichend Isü same Bewegung des Samens von den Anfängen zu den Enden ( Hodens, um die zur Formentwicklung nothwendige Zeit zu { Winnen. Die Bedingungen für die Entstehung des Samenfade müssen theils in der Blutzusammensetzung und theils in Zustand des Hodens selbst gesucht werden. Für den letzteren Satz spi-9 vor Allem die Beobachtung von Duplay, dass bei demselben dividuum in dem einen Hoden der Samen fadenhaltig und •andern fadenfrei sein kann. Worin diese Bedingungen liegen, ^ unbekannt, sicherlich nicht in dem Säftereichthum desselben üb haupt, da Hoden, welche einen normalen Samen erzeugen, Mittel nicht schwerer sind, als diejenigen, welche dieses nicht v mögen (Duplay).

5. Die Entleerung des Hodens kann möglicher Weise vera lasst werden durch die in der tunica vaginalis comm. vorhanden» Muskeln; die Anwesenheit eines serösen Sackes (tunica vaginä propria) deutet mindestens auf eine Verschiebung der beiden Bläi 'desselben, also auf selbstständige Hodeubewegungen hin. Die A treibung des Sperma aus den Nebenhoden muss dagegen begüu werden durch die von Becker nachgewiesenen Cilien, welil einen Strom vom Hoden zum vas deferens einleiten. Der in vas deferens entleerte Samen vdrd durch die Muskelbeweguni dieses Schlauchs , nicht aber durch die Zusammenziehungen, d m. cremaster (L. Fick) gegen die Samenbläschen hin ausgestossi wo er mit andern Drüsensäften vermischt und endlich in die Hi röhre entleert wird. Seinen weiteren Weg verfolgt die Zeugungsiel

B. Beiwerkzeuge des Hodens.

Das* Weliige, was über die Absonderungserscheinuiigen d< serösen Hodenhaut bekannt ist, wurde schon S. 259 erwähnt. -

iiii'

Accessorische Samendrüson ; Erektion des männlichen Gliedes.

439

Muskel des Samenstranges (Cremastei) ist ein unwillkürlich

veglicher.— Die tunica dartos, welche aus einer Lage gekreuzter skelzellen besteht, verkürzt sich meist nur dann, wenn sie ab- kühlt oder mit Elektrizität geschlagen wird. Zuweilen auch unter

Einwirkung eines Druckes auf dieselbe, lieber eine Art von tbmischer Bewegung in derselben siehe Betz*).

C. Accessorische Samendrüsen (vas deferens, Samen- sen, Prostata.)

lieber ihre Ernährung und die in ihnen vorgehende Säftebildung so gut wie nichts bekannt. Die beiden ersten Gebilde sondern

e den Hodensaft verdünnende Flü^igkeit ab (E. H. Weber) **); m es ist, wie das Mikroskop lehrt, die Zahl der Samenfäden ^^•leichen Portionen Inhalts der vasa deferentia viel bedeutender, als

denjenigen der vesiculae seminales. Da man keinen Grund hat uiuehmen, dass sich Samenfäden in den Bläschen auflösen, so in die Erscheinung nur aus einer Verdünnung des Hodensaftes ■ch Zusatz neuer Flüssigkeit erklärt werden.

D. Das männliche Glied.

Nachdem schon an verschiedenen Stellen von den Schweiss- 11 Schleimdrüsen des Penis gehandelt wurde, beschränken wir hier auf die Erektion und die Betheiligung des Gliedes an men- und Harnentleerung.

1. Die Erektion***) ist abhängig von einer Veränderung des itstr^ms im Penis , die durch die Nerven des letzteren eingeleitet d. Die Lumina der Gefässröhi-en sind nämlich in dem Penis angeordnet, dass sehr enge spiralig gewundene Arterien in itiv weite, von Balken durchzogene Säcke (corpora cavernosa) nden, welche wieder in enge Venen übergehen. In diesem iirenwerk strömt das Blut nun entweder in der Art, dass sein tendruck nicht genügt, um die Cavernen auszuspannen, oder ■is er beträchtlich genug wird, um sie stratf zu pressen gegen die •Ösen Häute bis zur vollkommenen Steifung des Gliedes. Der (äammenhang dieser Strömungsänderungen und der Penisnerven

') Ilenle's und Pfenfer's Zeitschrift. N. F. I. Bd. 331.

) Zusätze zur Lehre vom Bnuo und den Vorrichtungen der Geschlechtsorgnne. Leipzig 1846. 397. !••) Krause, MUllcr'g ArcliiT. 1837. p. 1. Günther, Untersuclmngen und Erfahningen ■jebiete der Anatomie u.s.w. Hannover 1837.— Arnold, Anatomie acsMcn.schen. Kobelt, Wollustorgan. Frcihurg 1844. Kohlrausch, Zur Anatomie und Physiologie der Bcckcn- inc. Leipzig 18!H. Kölliker, Würzburger Verhandlungen. II. Bd. N. 8 u. a. Ilaus- nn, Heber die Zeugung und Entstehung dos wahren woiblichen Eies u.s.w. Hannover 1840.— Iget, Rechcrclies sur les organes ereotilcs de femmo In Brow n - Sdiiuard's Journal de Biologie. I. Bd. p. 32ü.

440

Mechanismen der Erektion.

ist dui'ch die Folgen ihrer Zerschneidung bei Pferden erwiej worden (Günther); diese Operation beschränkt nämlich eba sowohl die vollkommene Steifung, als die vollkommene ErschlaflFa' -des Gliedes. Der Strom scheint eine mittlere Spannung anz nehmen.

Der Mechanismus, welcher diese Stromveränderung einleitet, wird verschied artig aufgefasat. a) Die StromMndernisse in den Arterien werden vermind- (Hausmann) z. B. durch Erschlaffung ihrer Wandung; daraus würde natürlich e' Erweiterung ihres Querschnitts entstehen. Gründe für diese oft ausgesprochene Behau tung giebt es keine. Als einen Gegengrund für dieselbe .könnte man den Erfolg Nervendurchschneidung am Penis selbst ansehen; denn indem die Gefässnerven hier mit verletzt und somit die zuführende» Arterien ausgedehnt werden, müsste nach i. Operation Erektion eintreten. Dieses geschieht aber, nicht. b) Steigerung d Stromhemmnisse in den ausführenden Röhren. Die Vertheidiger dieser Ansicht ha'_ zwei Möglichkeiten aufgestellt. Entweder es werden zusammengepresst die Yen Stämme (dorsalis, bulbosae, plexus venosus santorini) durch die musc. ischio- bulbocavemosus und adductor prostatae) *). Abgesehen davon, dass diese Muskeln erwähnten Venen zu comprimiren vermögen, führt diese Vermuthung für sich an: Anwesenheit tonischer, oder klonischer Krämpfe in den Muskeln während der Erek'" und nächstdem die Beobachtung, dass bei einer Injection dünnflüssiger Massen in d' todten Penis die Stoifung desselben erst dann zu Wege gebracht werden kann , wen man die Venen desselben ganz oder theilweise zuschnürt (Krause). So annehmt; von disser Seite diese Vorstellung ist, so darf andererseits nicht verkannt werd dass man willkürlich die erwähnten Muskeln zusammenziehen kann, ohne damit Erektion zu Stande zu bringen. Im Anschluss an diese Annahme steht die and dass sich die Oeffnungen, welche die Cavemen und die ausführenden Venen verbind selbst verengern und bei einer weit gediehenen Anfüllung des Penis sogar ganz v.7_ schliessen möchten. Diese Hypothese wird für die corpora cavemosa penis sehr wah scheinlich angesichts der leicht zu constatirenden Thatsache , dass die Injectionsm- oder Luft, die man durch eine künstliche Oeffnung geradezu in die Hohlräume spritzt, nicht in die ausführenden Venen übergeht, selbst wenn man einen bedeutend Druck anwendet, ünläugbar verlangt dieses Verhalten die Anwesenheit von Her nissen an der Grenze von Cavemen und Venen , wenn sich die letztern ausgeda'^ haben , obwohl noch der anatomische Nachweis derselben fehlt (Kobelt, Koh- rausch). Die Schwierigkeiten, welche diese Erklärungsart der Erektion mit führt, liegen nun aber darin, dass sie einmal nicht feststellt, wodurch die Cave zuerst zu dem Grade von Anfüllung kommen, der nöthig ist, damit die klapp' ähnlichen Apparate in Wirksamkeit treten können ; dann aber lässt sie uuerörtert , der Penis wieder abschwillt, da seine Klappen ununterbrochen wirken, wie man der Leiche sieht. Auf keinen Fall können aber, wie schon erwähnt wurde, ähn- liche Vorrichtungen wirksam sein bei der Anschwellung der corp. cavernos. urethral und der Eichel, da die in ihre Höhlen eingeblasene Luft den Ausweg leicht durcli die Venen findet. c) Die dritte Annahme , welche KÖUiker in weitester Ausdeh- nung vertritt, behauptet, dass die Mündungen der zu und von den Caverncn füh-

•) Das ist der vordere Theil des muskulösen Bcckenzworchfells,

Ausstossung von Harn und Samen aus der Harnröhre.

441

denGefässe wesentlicli unrerändert bleiben, dass aber die Uaverncnwandungen nach- jiger würden, so dass sie von dem einströmenden Blute leichter als früher zu er- ,;ern wären. Die Ursache der Erschlaflfung finden Kölliker und Kohlrausch der Erregung der Penisnerven, welche zu ihren Muskeln in einem ähnlichen Ver- rniss stehen sollen , wie die nn. vagi zum Herzmuskel. Mit Gewissheit kann allor- 5 8 die Behauptung ausgesprochen werden, dass eine kräftige Zusammenziehung der

Kölliker und Valentin in den corpora cavemosa entdeckten .Muskeln die iition gerade unmöglich machen , weil sie so angelegt sind , dass ihre Verkürzung \Volum des Penis minderte; so sah es Kölliker, als er den, Penis eines Hin- ibhteten mit elektrischen Schlägen behandelte, und so ist das abgekühlte Glied, wn Muskeln zusammengezogen sind, immer sehr klein und derb. Damit ist aber trlich nicht die Behauptung erwiesen , dass die Muskeln des Penis ein dem Lis und Herzmuskel analoges Verhalten zeigen. Kücksichtlich des letztern Punktes um so grössere Vorsicht nöthig, als es sehr wahrscheinlich ist, dass der jis nicht geradezu den Herzmuskel erschlafft, sondern andere auf ihn wirkende jgungsursachen ausser Wirksamkeit setzt ; zudem widerspricht der Annahme von

liker der Umstand, dass eine Injection von Flüssigkeit in den todten, voll- 'nen schlaffen Penis erst dann die Steifung erzeugt, wenn der Abfluss der Flüssig-

durch Verengerung der Venen gehemmt ist. d) Arnold weist endlich auf die lichkeit hin, dass das Strombett des Blutes in dem gesteiften Penis ein ganz rres sei , als in dem schlaffen ; er glaubt sich nämlich überzeugt zu haben , dass BBlut auf zwei Wegen aus den Arterien in die Venen gelangen könne; einmal durch Haren , welche auf den Wänden der Cavernen verlaufend in die Venen einmünden, rdann durch Zweige, welche direkt in die Cavemen übergehen. Diese Möglichkeit

80 lange bestritten werden müssen, bis diese beiden Wege genauer dargestellt sind. Ueber die vorübergehende Erektion der Eichel und die mannichfachen Erregungs- t!)l der Erektion handeln Kobelt und Valentin ausführlich.

2. Ausstossung von Harn und Samen aus der Harnröhre. Da üe Urethra die Ausführungsgänge der Samen - und Hanibehälter ( den , ohne dass die eine der beiden Flüssigkeiten in die Wege

andern eindringt, so müssen Vorrichtungen bestehen, welche

beiden Säften immer nur einen Weg anweisen. Als Schutz- fei der Samenwege, welches den Eintritt des Harns in dieselben i.indert, ist anzusehen der schiefe Gang, welchen die samen-' Öhrenden Röhren durch die Wand der Urethra nehmen. Als Hemmung für den Weg des Samens in die Harnblase be- ihtet Kobelt das caput gallinaginis , welches ebenfalls, mit wellkörpern versehen , zur Zeit der Erektion die Blasenmtindung 'topft. Da nun aber auch bei abwesender Schwellung der Pen nicht in die Harnblase gelangt, so muss schon der normale renschluss als Hinderaiss genügen. Der Harn wird schon in

Urethra mit hinreichender Kraft getrieben, um aus der Mün- derselben in einem Strahl befördert zu werden. Anders ver- es sich mit dem Samen, der durch die schwachen Muskeln

I

442 Woiblicho GoBchlcchtsorgano; anatomischor Bau des Eierstocks.

der Samenbläschen nur bis in die Harnröhre getrieben wird; ai dieser befördern ihn die Ziisammenziehungen des m. bulbocavt nosus. Bei der Steifung des Gliedes ist das Eindringen d Samens in die Harnröhre noch besonders erleichtert, da diese ; jener Zeit in Folge der Ausspannung ihrer Wände ein geöffnet Lumen besitzt. Der Harn findet aber zu dieser Zeit an dem g schwollen en Schnepfenkopf ein Hinderniss, so dass er durch de gesteiften Penis nur schwach abfliesst.

Weibliche Geschlechtswerkzeuge. * A. Eierstock.

1. Anatomischer Bau. Das Stroma des Eierstocks besteht a Bindegewebe, glatten Muskelfasern (?) und Blutgefässen; in di§ Massen sind eingebettet unreife, reife und zerstörte Eikapseln, t| das Ganze (Stroma und Eitheile) ist umzogen von einer fibrös Hlille. Die Blutgefässe des Eierstocks haben an derjenigen sein langen Seiten, welche von der Trompete abgewendet ist, einen Ba wie er in Schwellkörpern gefunden wird. Zwischen diese Gefä| treten Muskeln in das Ovarium, welche in Verbindung stehen den Muskelztigen , die im Kg. uteri latum verlaufen und von da das lig. uteri rotuudum, den Uterus und die Tuben übergelfi (Rouget)*) Die reife Eikapsel ist ein kugeliger Sack, dern Flüssigkeit (Eiwasser) geflült ist. Die Wand dieses Sackes best( nach aussen hin aus Bindegewebe, dann folgt eine strukturlö Haut und auf diese eine mehrfache Lage von Zellen (Körnerhai und in dieser liegt das Eichen, Die Elemente der Körnerhaut, i sammengedrückte, getrübte, kernhaltige Zellen, liegen zum gröss| Theil in einer nur mehrfachen Schicht auf der strukturlosen des Sackes an, an einer Stelle aber sammeln sie sich so zahlreid dass sie einen kleinen Hügel bilden (Keimhügel), und in dimj ruht das Eichen eingebettet. Dieses selbst besteht, vom Gen an gerechnet, aus einer hellen Zelle mit dunklen Pünktchen (K bläschen und Keimfleck), diese liegt in einem trüben Tröpfol (Dotterkugel), welches endlich von einer breiten, durchsichtig! zähen Schaale (Dotterhaut, Eiweissschicht) umgeben wird.

2. Chemische Beschaffenheit **). Die Grundmasse des Stocks besitzt wahrscheinlich die Zusammensetzung des elastisdi«

•) Journal elc Physiologie par Brown -Sdq II ard. 1. 320. *•) Gobley, rharmazcut. Centrallilatt 1S47. Dersclhc, Journal rto pliarmacie. ""^J XVn. und XVni. Bd. Fremy und Valonoionncs, Journal de pharmacie. 3me Se'r. XXW

Chemische Beschaffenheit des Eierstocks; Eibildung.

443

ulegewebes. Die Eigenschaften der strukturlosen Eikapsel, der iiibrana granulosa und des Eiwassers sind ganz unbekannt. Die iiuraensetzung des menschlicbeu Eies können wir seiner Klein- wegen nicht durch direkte Untersuchung in's Klare bringen, die Bestandtheile des reifen menschUchen Eies schliessen wir um nur aus der Untersuchung des thierischen. Unter Be- iakungen halten wir uns hierzu berechtigt, weil die Unter- hungen von GQ,bley, Valenciennes und Eremy gezeigt )eu, dass wenigstens analoge Bestandtheile das Ei sehr ver- icdener Thiere. zusammensetzen. Die quantitative Zusammen- hang ist in den verschiedenen Eiern durchaus ungleich.

Nach Gobley, Valenciennes und Premy findet sich in den Eiem aller hbelthiere Albumin, Margarin, Olein, phosphorhaltige Fette und die gewöhnlichen •;salze. Dazu kommt bei den Vögeln ein eigenthümlicher eiweissartiger Körper, das I Hin , welches bei den Knochenfischen durch Ichtidin und bei den Knorpelfischen ■.:h lehthin vertreten wird. Um eine Vorstellung von der grossen Complikation Zusammensetzung des Hühnereies zu geben, zählen wir seine Bestandtheile auf: umin, ViteHn (C 52,8, H 7,2, N 15,1, 0 26,16), Margarin, Olein, Cholestearin, tthin, Cerebrin, Zucker, Na Gl, KCl, NH4CI, KOSO3, SCaOPOs, SMgOPOs, NaOCOa, ,., ein rother eisenhaltiger und ein gelber Farbstoff, Wasser.

3. Bildung und Ausstossung des Eies *). Ueber die Form- ;je des entstehenden Eies ist uns Einiges bekannt. Zuerst tritt fauf als eine grosse, durchsichtige, kernhaltige Zelle , welche im iitrum eines Haufens kleiner, mit trüblichem Inhalt gefüllter Ren liegt (Steinlin). Diese letztern Zellen gleichen schon uz denen der spätem membrana granulosa. In einer zweiten imstufe umgiebt eine strukturlose Haut die Zellenmasse; auf die >sere Fläche dieser Hüllenanlage setzt sich später das Binde- f,'ebe an, auf die innere die membrana granulosa.

Die Bedingungen zur Bildung von Eiern können während des iizen Lebens, vielleicht mit Ausnahme einiger Krankheiten (z. B. der i Ichsucht) und der des höheren Alters, vorhanden sein, denn es 'len sich selbst in den Eierstöcken der Embryonen schon An- ;en von Eikapseln. Ihi-e vollkommene Ausbildung erlangen aber

)Cr, Poggcndorf's Annalen. 7!). Bd. 308. Barroswill, Schcror's Jalircsbcricht Uber .Chemie fUrl849. p. 100. Winkler, Glossener Jahresbericht über Chemie. 18-17 u. 48. 868.— SC, Llebig's Annalen. Bd. «4. p. 127.

■)BiHchoff, Entwiolteliingsgeschichtc der .Säugetliiorc und des Menschen. Leipzig 18-12. ^ selbe, Beweis der von der Begattung unabliiingigcn Losstossung der Eier. Oicsson 1844. ckart, Zeugung in Wagncr's Handwörterbuch. VX. Bd. Bisohoff, lienlo's und ufer'B Zeitaclirifl. N. F. IV. Band. 129. StelnUn, ZUrlcher Mltthollungon. 1849.— llfcer, Gewebelehre. 3. Aufl. 63«.

I

444 Ausstossung dos Eies ; Eileiter.

die Eier nur während eines bestimmten Lebensabschnittes Frauen, der in unsern Gegenden mit dem 14. bis 15. Jahre begini und nach dem 40. schliesst. Einzig während dieser Periode werde: auch die Eier aus dem Ovarium ausgestossen ; dieses geschieli dadurch, dass in den Binnenraum der Kapsel mehr und raeh Flüssigkeit eindringt, so dass diese endlich, nachdem sie das m gebende Gewebe verdrängt und sich über der Oberfläche des Ei^ Stockes erhoben hat, platzt. Die aus der Kapsel hervorstürzend Flüssigkeit spült dabei das locker angeheftete Eichen auf die frd Fläche des Eierstockes. Dieser Hergang erfolgt bei Thieren, vri Bischoff nachgewiesen, nur zur Zeit der Brunst und beim Mensch« nur zur Zeit der Menstruation ; er bleibt beim Menschen wahrscheia lieh jedesmal nur auf ein oder mehrere Eier beschränkt. WähreiiS der Dauer der Schwangerschaft ist die Ausstossung der Eier unt^ brochen. Nachdem das Säckchen das Ei ausgestossen, schrum|| es unter Faltenbildung zusammen, ohne dass jedoch dadurch de ganze Hohlraum zum Verschwinden kommt. Dieser letztere fllli sich anfänglich mit Blut und allmälig mit einer von der Haut aw gehenden Zell- und BindegewebsAvucherung. Diese Rückbildui^ geht langsamer zur Zeit der Schwangerschaft vor sich, als olm( dieselbe. Darum findet man eine mit mehr oder weniger weit zßx setztem Blut gefüllte Capsel (corpus luteum) deutlich bei den wäh rend der Schwangerschaft gestorbenen Individuen (Meckel Bischoff.)

B. Eileiter.

Der Eileiter empfängt seine physiologische Bedeutung daduri dass er die Eier aus dem Ovarium in den Uterus überführt. Di Wenige, was wir über seine Lebenserscheinungen wissen, beziel sich auf diesen Vorgang, beziehungsweise auf die dabei stattfifl' denden Bewegungen. Diese letzteren werden entweder duri Muskeln oder durch ein Flimmerepithelium ausgeführt.

Die Muskeln gehören zu den glatten ; die Nerven , unter de! Einfluss sie stehen, verlaufen in den unteren Partien des Gr Strangs. Die Muskeln bedingen je nach ihrer Anordnung einen v( schiedenen Erfolg. Diejenigen, welche sich vom freien Ende d^J Tuben zu den Ovarien erstrecken, nähern bei ihrer ZusammeD-j Ziehung die beiden genannten Theile. Rouget vermuthet, di sie sich in Folge reflektorischer Anregung zusammenziehen, wenni das Eichen reif und sein Sack zu platzen im BegrilF ist. Es würde dann durch sie das Anlegen der Fimbrien an den Eierstock nnJ

L irii w

Eileiter; Fruohthälter ; Mensti-uation. 445

s Eindringen des Eies in die TubenhöMe ermöglicht. Die Hskeln, welche die Höhlung der Tuben selbst umschliessen, werden

Stande sein, sie zu ändern. Die Bewegungen, die man an ften beobachtet, sind immer fortschreitende; das Weiterschreiten im ebensowohl A'Om Eileiter zum Fruchthälter als in der um- kehrten Kichtung geschehen. Diese Bewegungen, welche durch wanische und mechanische Erregungsmittel hervorgerufen werden Qunen, ti'eten häufig auch ohne nachweisliche Veranlassung f, und zwar geschieht dieses Letztere ebensowohl, wenn der eeiter noch in seinen normalen Verbindungen sich vorfindet,

wenn er gemeinschaftlich mit dem Uterus ausgeschnitten ist. !j eigenen Muskeln des Eileiters verhalten sich also ähnlich denen i! Darms.

Die Flimmerzellen der Eierstöcke, deren Faden in der Art lawingen, dass sie einen Strom von dem Ovarium nach dem ;3rus hin veranlassen, zeichnen sich vor allen übrigen durch ihre yserordentliche Empfindlichkeit gegen schädliche Einflüsse aus.

Die Fortbewegung der Eier durch die Tuben geschieht nach 11 Beobachtungen von Bischoff und Hyrtl ausserordentlich fgsam, indem 5 bis 8 Tage (beim Menschen und Hund) nöthig (d, um sie durch den Eileiter hindurchzufördern. Dm'ch welche urichtungen die Bewegung so verlangsamt wird, ist nicht be- unt; denn sie müsste rascher vor sich gehen, wenn das Ei dem oam der Flimmerhaare oder der peristaltischen Bewegung der sskeln folgte.

C. Fruchthälter.

Die Wand des Uterus ist zusammengesetzt aus Muskelfasern, »Iche so laufen, dass die Höhle des Fruchthälters allseitig zu- nmengepresst werden kann; ferner besteht sie aus Blutgefässen, tlche sich im Körper des Uterus zu einem wahren Schwellgewebe »talten (Rouget), und aus einer Schleimhaut, die im Cervix

Pflaster-, im Fundus mit Flimmerepithelium besetzt i^. Die mpem sind jedoch erst in der mannbaren, nicht aber in der eeifen Gebärmutter vorhanden.

Menstruation. Vor der Pubertät macht sich der Uterus »oig bemerklich, und nach derselben auch nur zur Zeit der uwangerschaft und der Regeln. Unter diesen letztern versteht ■n bekanntlich eine in vierwöchentlichen Zwischenräumen wieder- irende blutige Ausscheidung aus der Gebärmutterhöhle.

446 Chemischo Zusammonsetzung dor MonstrualflUssigkeit; Erscheinen derselben.

1. Chemische Zusammensetzung der Menstrualflüssigkeit *) & stellt ein Gemenge von flüssigen und festen Körpern dar. Die geschwemmten Massen bestehen aus Blut- und Lymphkörperchs Epitheliumzellen ; die flüssigen enthalten "Wasser, Eiweiss, Fas' stofiV Fette und alkalisch reagirende Salze. ,4

Ueber den Faserstoifgehalt bestehen Controyersen ; Simon, Vogel und f auch Denis fanden das Blut, welches aus dem Uterus ausgetreten, weder gerin" noch enthielt es Paserstoifflocken. Nach E. H. Weber**), der in dem Uterus 8" Person, die wähi-end der Menstruation gestorben war, Faaerstoifgerinnsel fand, dieses nur darum der Fall, weil das Blut kurz nach seinem Austi-itt auf die Ute- fläche gerinnt und aus diesem Gerinnsel Blutkörperchen und Serum austreten, währ* der Pasertolf wenigstens zeitweilig zurückgehalten wird. Mit dieser Anna stimmen neue Untersftchungen von Denis und He nie überein, welche im Menstr"

blut Gerinnung beobachteten.

Ueber die quantitative Zusammensetzung des Mensti-ualblu besitzen wir Angaben von Simon, Denis und J. Vogel; Mittheilungen des letztem Autors dürften darum am zuverlässigs sein, weil er die Flüssigkeit unmittelbar aus der vorgefaUenen bärmutter sammelte. Nach ihm enthielten zwei Portionen des A ' flusses, von denen die eine zu Beginn und die andere zu Ende Menstruation aufgefangen war, in 100 Theilen gleich viel Wass" nämlich 83,9 pCt.; ein Serum, das aus diesem Ausfluss gewonn' war, enthielt in 100 Theilen 93,5 Wasser; unter 6,5 pCt. fes Bestandtheilen befanden sich 0,65 pCt. feuerbeständiger Salze. Di wenigen Thatsachen scheinen doch hinzureichen zu dem Schlu" dass die untersuchte Flüssigkeit kein reines Blut gewesen sei. i

2. Das Erscheinen der Menstruation***) ist von verschiede' Umständen abhängig, a) Die Menstruation kommt nur dann Stande, wenn sich aus dem Ovarium ein Ei ablöst. Der Be für diese Behauptung liegt darin, dass man jedesmal, so oft- möglich war, die Leiche einer während der Menstruation vers^ benen Person zu untersuchen , in dem Eierstock entweder eine r oder so eben geplatzte Eikapsel fand, und ferner darin, dass ket Frau menstruirt ist, der in Folge einer Operation oder der sprünglichen Entwickelung die Eierstöcke fehlten. Die Verknüpf beider Vorgänge ist jedoch insofern keine nothwendige, als es gekehrt beobachtungsgemäss möglich ist, dass ein Eiaustritt

•) Litzmann, Artikel Soliwangerschaft inWagner's Handwörterb. Ill.l.— Lcuckart,'Ii *•) 1. c. p. il8.

*•») Tilt, Valentin's JiihiesbericlitUberPhysiol. für 1860. 132. Hannover, ibid. 1851.189' S z u k i t s , Zeitschrift der Wiener Aerzte. 1857.

Dauer und Geschwindigkeit dos Mensti'ualflusses.

447

;onkann, ohne dass die Regeln in merklicher Weise eintreten. Die Regeln können nur erscheinen, wenn ein gewisses Lebens- '3r erreicht und' ein anderes nicht überschritten ist. Das Alter, feh dessen Vollendung die Menses auftreten, wechselt mit dem ma und der Lebensweise. Nach statistischen Beobachtungen tt der mittlere Eintritt derselben im nördlichen Deutschland in

I 16., im südlichen Frankreich in das 13. und in den ti-opischen iddern in das 11. bis 9. Jahr. Die Städterin soll im Durchschnitt

ein Jahr früher menstruii't sein, als die Bewohnerin des Landes. her das Alter, in dem die Menstruation verschwindet, sind We- ier allgemeine Regeln festgestellt; in unsern Gegenden hört die msti-ualblutung gewöhnlich mit dem 40. bis 45. Jahre auf oder tt von da an nur sehr unregelmässig ein. c) Wenn eine Men- iialblutuug stattgefunden hat, so muss ein gewisser Zeitraum -streichen, bevor eine neue eintreten kann. Die Zeit, welche •ischen je zwei Reinigungen liegt, beträgt gewöhnlich 4 bis 4

II eine halbe Woche. Abgesehen davon, dass sich hier indivi- 'jlle Verschiedenheiten finden, soll sich auch der ünteiischied der imate geltend machen, und namentlich giebt man an, dass in «dlichen Gegenden die Menstruationen seltener aufeinander folgen,

in südlichen. d) Endlich ist es eine Regel, die nur seltene ^nahmen erleidet, dass nur das ungeschwängerte Weib der tnatlichen Reinigung unterworfen ist.

3. Die Dauer und die Geschwindigkeit des Blutflusses sind rr variablen Werthes , indem namentlich die Dauer des Ausflusses

den verschiedenen Fi-auen zwischen einem bis zu acht Tagen 'wankt. Im Allgemeinen soll bei magern, lebhaften und süd- idisciien Frauen die Geschwindigkeit des Ausflusses grösser sein,

bei fetten, trägen und denen des Nordens.

Zahlenangaben wie die, dass die norddeutschen Prauen und die Engländerinnen !ois 105 Gr., die süddeutschen 240 Gr., die Italienerinnen und Spanierinnen 360 Gr. die Frauen der Tropen 600 Gr. Flüssigkeit verliefen sollen, müssen mit einem enommen werden.

4. Die Veränderungen, welche man in dem Uterus während Dauer der Menstruation beobachtet hat, bestehen in einer An-

*'wellung seiner Wand ; diese soll bedingt sein durch eine Füllung Bchwellgewebes , welche gleichzeitig mit der eintritt, die in iD Ovarium bei Loslüsung eines Eies aus demselben beobachtet u'd. Die Steifung beider Schwellkörper findet aber ihren nach-

448 Mochanismus des Blutflussos ; anatomischer Bau der Brustdrüse.

sten Grund in der Hemmung des Blutstroms ihrer abführenden VeUijE welcher veranlasst wird durch die Zusammenziehung der die lezteri umgebenden, im lig. latum verlaufenden Muskeln. In Folge dies Steifling mehrt sich auch die Spannung des Bluts im Uterus lu zwar soweit, dass sie den Eintritt des Blutflusses bedingt (Rouge Neben diesen im Innern der Wand stattfindenden Vorgängen änd( sich auch die Schleimhaut; namentlich fällt das Flimmerepitheliu ab, und ihre Masse selbst schwillt an, so dass sich häufig, auch nicht immer (Bischoff), die Uterindrüsen vergrössern. Q schiebt dieses letzte, so schwitzt auf die gesammte innere fläche des Uterus eine weiche weisse Haut aus, die Decidua.

5. Die Ausstossung der in die Gebärmutterhöhle ausgeti'eteiK Flüssigkeit wird wahrscheinlich auf verschiedenen Wegen besorg Zum Theil mag die Flüssigkeit einfach ausfliessen , zum Theil ab wird sie sicher durch die Bewegungen des Uterus, die als wehe artige Schmerzen empfunden werden, in die Scheide befördai auf dem letztern Wege muss* offenbar auch die Entfernung d festen Masse (des Faserstoffgerinsels und der etwa gebildeten Q cidua) geschehen, Bemerkenswerther Weise bleiben diese letzta oft sehr lange in der Gebärmutter liegen, so dass sie mehre Wochen nach Beendigung der Regeln, in der sogeu. weissen M.^ struation, mit Schleim vermischt entleert werden.

Ueber die Erektion der Scheide siehe Kobelt in dessen Wfi lustorgan und die Gegenbemerkungen dazu bei Rouget; die F^ und Schleimdrüsen der Vagina sind schon früher emähnt.

Milchdrtisen.

1. Anatomische Beschaffenheit der weiblichen Brustdrüse Ihre Höhlen sind im Allgemeinen angeordnet wie die einer tn bigen Drüse mit mehreren Ausführungsgängen, z. B. der Thräna drüse; der Milchdrüse eigenthümlich sind die länglichen E terungen in den- grösseren Ausfuhrungsgängen kurz vor deren M dung. Die Wandung enthält durchweg eine strukturlose Groi läge, auf der Innern Seite derselben liegt in den Endbläschen vieleckiges und in den grössern Gängen ein cylindrisches Epithi lium. Auf der äussern Seite ist die strukturlose Wandschicht in d stärkeren Gängen mit einer Lage glatter Längsmuskeln belegt, dii

■4

*) Kölliker, Handbuch der Gewebelehre. 2. Aufl. 550.— He nie, Jahresbericht über skoplsche Anatomie für 1850. 31. - Reinhardt im Arohiv fUr pathol. Anatomie. I. Bd- Eckhardt, Beitrüge zur Anatomie und Physiogielo. 1855. 1.

Milch. Muttermilch.

449

K)ch nicht bis in die Brustwarze hinreichen. Die Gefässe um- iinen mit den gewöhnlichen Maschen in traubigen Drüsen die jcheu; in der Milchperiode nimmt der Durchmesser derselben ^klieh zu. Die Nerven , welche in das Innere der Drüsen '3n, sind nicht sehr zahlreich; sie kommen zum Theil aus dem ten bis sechsten Intercostalnerven ; ein anderer Theil unbekann- l Ursprungs geht mit den Blutgefässen. Die erstem enden theil- «je in den Muskelmassen der Drüse (Ekhard). Die ganze jse ist in einen muskulösen Hautbeutel eingeftillt; die Muskeln tielben ziehen sich zwischen den Läppchen der Drüsen durch :.as Bindegewebe, welches die Läppchen scheidet. : Die männliche Brustdrüse gleicht der weiblichen , ausgenommen ii ihre Endbläschen viel weiter und dafür sparsamer vorhanden und dass den Ausführungsgängen die Erweiterung kurz vor Mündung abgeht.

2. Milch*). Die Drüse liefert ihren Saft gewöhnlich nur bei jjebornen beiderlei Geschlechts und bei schwangern und nieder- »ammenen Frauen , sehr selten auch bei Männern. Wir schildern sist die Eigenschaften der Muttermilch, d. i. deijenigeh, welche IFrauen und Mutterthieren kurz vor oder nach dem Gebären ".sondert wird.

IDie Muttermilch ist ein bläulich weisser Saft, der schwach rr oder neutral oder auch schwach alkalisch reagirt, sein spez. licht schwankt zwischen 1018 und 1045. Das Mikroskop erkennen, dass er aus aufgeschwemmten Stoffen (Milchkügel- ., Colostrumkörperchen und Epithelialzellen) und aus einer säigkeit besteht. Eine Scheidung beider Bestandtheile behufs ' chemischen Untersuchung hat noch nicht gelingen wollen.

.Der reichlichste Theil der aufgeschwemmten Bestandtheile, die Milchkügelchen i-ettreich, die Flüssigkeit ist eine wässerige Lösung von Salzen und Eiweissstoffen ; lollte demnach erwarten, dass sich das Serum und die Kügelchen der Milch in ihres spezifischen Gewichtsunterschiedes trennton. Dieses geschieht aber selbst ■monatelangem Stehen nicht vollkommen; die grösseren der Milchkügelchen gehen ■nach oben (Oberes, Eahm), aber die kleineren und kleinsten bleiben inmitten Iflüasigkeit. Nicht viel weiter fühi-t die Filtration der frischen Milch durch

>Schcrcr, Milch in W ag n er' s Handwörterbuch. II Ud.— Clemm, Inquisitlonea chemlcae •;ro8cop. etc. Göttingen 1840.— Bensch, Llebig's Annnlen. Gl. Bd. 221.— Gornp,

nir pliyslolog. Heilltundc. VlU. 717. Griffith, Chem. Gozette. ISiS. 1Ü2. Wilson, •860. See. A. BccquerelctVernois.Do lait chesi la femme. Paris 1850. Wilden-

, Jonmnl ftir prakt. Clicmic. 68. Bd. 28. v. Eueren, Ondcrüookingca gedaaii in hot i»og. Laborator. 1848—49. 91. Dumas, Compt. rend. XXI. Bd.— F. Hoppe, Vlrchow'i

. XVH. 417.— Ausserdem die LehrhHcher von Dumas, Simon, Lehmann, L'höritler.

idwig, Physiologie II. 2. Auüagc. 29

450

Muttermilch; Milch- und Colostrumkügelchen.

d

starkes Papier (Quevenne); auf dem Filter bleiben keine reisen Milchkugeln durch dasselbe gehen noch immer sehr viele Molekularkörnchen. Dio letateren sollen Hoppe im Filtrat vermieden werden, wenn man die frische Milch durch eine thie Haut presst. Die gewonnene Flüssigkeit soll aber ärmer an gelösten Eiweisss sein , als das unfiltrirte Milchserum. Ausser der Analogie liegt hierfür kein Bei vor. Versetzt man die Milch mit conzentrirter NaCl-Lösung, so lässt sie leichter filtriren, und die E.ügelchen, welche auf dem Filter zurückbleiben, lassenk mit Na Gl- Wasser auswaschen (Dumas); es ist wahrscheinlich, dass diese Kügen von der normalen Zusammensetzung abweichen; aber wie weit, ist unbekannt.

Die Milchkligelchen sind kugelige Körperchen ; der Durchm der kleinsten ist unmessbar, der der grössten = 0,025 M.M sind Fettti-opfen , welche von einer Hülle umzogen werden, nach seinen Reaktionen aus einem dem Casein nahe stehenden weisskörper gebildet ist (Henle, E. Mitscherlich, Dums Die Kügelchenhiille soll in der frischen Milch schwächer sein in der seit Längerem entleerten (Filhol und Joly)*).' fettige Inhalt der Kügelchen (Butter) aus der Kuhmilch (also wi scheinlich auch aus der Frauenmilch) kann zerlegt werden in 0^ und andere neutrale Fette. Aus diesen geht durch Verseifung I vor: Eutin- (C.10H40O4) (?), Stearin - (C36H36O4), Palmitin- (C32H32jjä^ Myristin- (C2SH28O4), Caprin- (C20H20O4), Capryl- (C16H16O4), pron- (C12H12O4) und Buttersäure (CsHs04) (L er ch, Heintz). I gegebenen Formeln nach gehören diese Säm-en s'ämmtlich zur Gru der Fettsäuren von dem Typus 2{CJi^)0i, von welchen abefl der Butter nur die Glieder vertreten sind, deren Kohlen Wasserstoffatomzahl durch 4 theilbar ist. Dem Gewicht nach steht die Butter vorzugsweise aus Olein und Palmitin.

Da die Milchkügelchen aus zwei StoiTen bestehen , von denen der eine (0 ein grösseres und der andere (Fette) ein geringeres spezifisches Gewicht hat Milchsäure, so erklärt es sich, dass ein Theil jener Kügelchen über das letzterei während ein anderer in ihm schweben bleibt. In den Rahm müssen nämlid Kügelchen gehen, welche im Verhältniss zum Casein das meiste Fett enthalten^jj wahrscheinlich die grösseren. Demnach wird die Rahmbildung nicht allein vom', gehalt der Milch überhaupt, sondern auch von der Art der Fettvertheilung abhffiu

Die Colostrumktigelchen bestehen wesentlich aus einem/] sammengeballten Häufchen sehr kleiner freier Fetttropfen; sammengehalten werden die Tröpfchen entweder durch die Hi einer Zelle, in deren Hohlraum das Häufchen eingelagert, " ^ durch eine die Tröpfchen verklebende (caseinhaltige ?) Zwisch"

* Melsuner's Jahresbericht ftir 1857. 325.

Milchscrura ; chemische Zusanimflnsetzung.

451

östauz, so dass sie auch dann noch zusammenhalten, wenn die lUiaut v erschwunden ist.

Das Milchsemm enthält in Lösung einen oder mehrere eiweiss- [tige Körper, das Casem und das Albumin. Weil aus der tchen Milch nur ein Theil der gelösten Eiweissstoflfe durch Er- nten auf 750 C. und ebenso auch nur ein Theil durch Lab ge- tt wii-d, so ist man geneigt, anzunehmen, dass der erste Eiweiss II letzterer Casein sei. Das Verhältniss, in welchem die auf die eine «r andere Weise gefällten Mengen zu den nicht gefällten stehen, iert sieh in derselben Milch , aber mannigfach. So wird aus der iten frischen Milch durch Lab weniger gefällt als aus der ge- ihten (Heynsius); und aus der neuti-alisirten oder schwach [gesäuerten Milch wird durch Kochen mehr gefällt als aus der, Lche schwach alkalisch reagirt (Scher er). War die frische ich durch Lab in der Kälte gefällt, so wird aus der abfiltrirten llke ein weiter Theil abgeschieden, wenn sie über 40 bis zu 80*' iltzt wü-d (Schübler, Scherer), der ganz die Eigenschaften Caseins besitzt. Aus der frischen Milch wird durch CO2 nichts Sällt, wohl aber aus der gekochten oder aus der, welche einige tt gestanden (Hoppe). Lieberkühn*) giebt sogar an, dass kalte wässrige Auszug . eines Milchrückstandes , der darch Ab- oQpfen der Milch bei der Siedehitze bereitet wurde, einen Eiweiss- ff enthält, welcher beim Erhitzen gerinnt. Aus alledem geht wor, dass die eine oder die andere Abscheidungsweise keine aarfen Trennungszeichen giebt. Zudem stehen sich Albumin und !«ein , wenn sie möglichst von ihren Beimischungen befreit wurden, nahe, dass es unthunlich ist, sie zu unterscheiden. Trotzdem wer-

wir in Folgendem den Sprachgebrauch Albumin und Casein jehalten, um durch ein Wort andeuten zu können, ob die Siede- le einen grössern oder geringem Antheil der gelösten Eiweiss- ife aus der Milch ausfällt. Das Milchserum enthält ferner ßhzucker, öfter Milchsäure , Extrakte, Kali, Natron, Kalk, Mag- iia, Eisenoxyd, Salz-, Phosphor-, Kohlensäure, Spuren von Kie- - nnd Flusssäure. Der phosphorsaurc Kalk und die phosphoi- rre Magnesia sind an die Eiweisskörper gebunden.

Picard theilt der Milch auch Harnstoff zu; Hoppe fand denselben nicht.

Von den Veränderungen, welche die Zusammensetzung der ch darbietet, hat man bis dahin vorzugsweise nur die prozen-

') Poggendorf 8 Annnlen. Pfi. Idl. 117.

29*

452 Veränderungsbediiigungen der Milch.

tische berücksichtigt; man suchte und fand dieselbe verändcili mit folgenden Bedingungen : dem Alter, der Constitution, der Ha: färbe, den Gemtithszuständcn , der Nahrung der Mutter, femi ob die letztere während der Milchabsonderung schwanger, oder ( wann sie niedergekommenen ; ob sie menstrualfahig oder nicht wenn ersteres, ob sie menstruirt oder nicht raenstruirt war, ob eine Erst- oder Mehrgebärende, wie entwickelt die Brustdrüse s'e endlich untersuchte man die Milch je nach der verschieden lauj Aufenthaltszeit in der Brustdrüse, und ob die in verschiede! Orten des Brustdrüsenraumes enthaltene anders zusammengeSi sei. Die bei diesen Untersuchungen gewonnenen Zahlen hat gewöhnlich nur zur Ausrechnung der prozentischen Zusammi Setzung der Gesammtmilch benutzt. Da die Fette nur aufgeschwe und unabhängig von den flüssigen Stoffen, veränderlich sind, würde es nöthig sein, auch die prozentische Zusammensetzung Milchserums anzugeben; denn ohne diese ist die Vergleichung di gelösten Bestandtheile zweier Milcharten von gleichem Bu gehalt untbunlich. Weil aber das Serum nicht abscheidbar würde es vielleicht angemessen sein, CaseYn, Zucker, Salze Wasser mit Ausschluss der Fette auf 100 zu berechnen, und ds das Verhältuiss der Fette zudem einen oder andern Bestandtheile oi der Gesammtmilch anzugeben. So wichtig die Kenntniss der zentischen Zusammensetzung ist, so ist es doch zur Entscheidq vieler Fragen nicht genügend, zu wissen, wie die Milch zusaram( gesetzt sei, die man ein oder mehrmals am Tage entnommen Denn da sich unter Tags die Milchzusamraensetzung bald n massig und bald unregelmässig ändert, so muss man selbstversti lieh die ganze tägliche Milch sammeln und eine Portion dersell zerlegen, wenn es sich darum handelt, den Einfluss einer steti, tagelang fortwirkenden Bedingung auf die Absonderung hiuzuste Dieses ist nur wenige Male geschehen. Zur Zerlegung hat jeder Beobachter ein anderes analystisches Verfahren gewählt, sämmtlich mit spezifischen Fehlern behaftet sind; somit sind Zahlen von verschiedenen Beobachtern nicht miteinander vergleiJ bar. Bedenkt man zu Allem, dass die obigen Fragen mehr die Milchzucht und Ammenwahl als für Aufklärung des Absonderungs Vorgangs von Belang sind, so wird man von den folgenden Aaf Zählungen nicht allzuviel erwarten. ^- Wir berücksichtigen zuerst die Milch, welche nach dem öe bären geliefert wird.

Äenderung des KHsogehalts der Milch mit der Nahrung eto.

453

'a. Die aufgeschwemmten Bestandtheile der- Milch erscheinen Iden ersten Tagen nach der Geburt vorzugsweise unter der Form ( Colostrumkörpercheu und erstspäter als Milchkügelchen (Donn6, lutrepont); die Colostrumkörperchen kehren mehr oder we- '?.r zahlreich wieder; wenn sich fieberhafte Zustände des ganzen j-pers einstellen.

b. Der Gehalt der Frauenmilch an Ei weiss st off im Allge- raen und an Käse insbesondere ist unter gewöhnlichen Ver- missen von den frühern Beobachtern zwischen 1,0 und 7,1 pCt. linden worden; nach Vernois und Becquerel liegt er im fiel bei 3,92 pCt. Filhol nnd Joly, die eine andere analy- ihe Methode befolgten, legen die physiologische Schwankung Ilie Grenzen von 0,6 bis 2,3 pCt. und das Mittel auf 0,98 pCt. tte in der That der Unterschied nur in der Methode begründet sein, würden alle folgenden Angaben von sehr geringem Werth sein.

Veränderung mit der Nahrung. Hier wäre zu scheiden der iiuss der Menge und der Art derselben. Beim Menschen zeigte .Art derselben eine nur untergeordnete Bedeutung. Simon sah h dem Uebergang von einer nothdürftigen vegetabilischen zu ir reichlichen fleischhaltigen Kost den Caseingehalt der Milch

3,5, resp. 3,9 pCt. auf 3,7, resp. 4,0 pCt. steigen. Becquerel

Vernois geben den mittleren Gehalt an Casein und Extrakten :21 Beobachtungen bei mangelhaft gespeisten Frauen zu 3,7 pCt., ;gut gefütterten aber (aus 61 Beobachtungen) zu 4,0 pCt. an.

sich die tägliche Milchmenge mit der reichlichen Kost mehrt, vvürde auch die tägliche Caseinmenge damit wachsen.

Nach Peligot stieg der Caseingehalt der zu derselben Tageszeit entleerten . einer Eselin von 1,2, resp. 1,6 auf 2,3, als sie, statt mit Hafer, Kartoffeln oder :n Eüben, mit rothen Rüben gefüttert wurde. .Bei Kühen bemerkte Boussin- '.t keinen Unterschied weder an Menge, noch an -prozentischer Zusammensetzung, iten sie mit grünem oder trockenem Futter, mit Eüben, Kartoffeln (?) oder Hafer äst werden. Beim Hunde fand Young, dass die Milch der mit Fleisch ge- •ten Thiere durch Stehen nicht gerann, und Dumas, dass sie beim Kochen ge- ; diese letztere Eigenschaft verschwindet, wenn statt dos Fleisches Brod gegeben

(Filhol, Joly). Beim Kostwechsel ändert sich auch der Prozentgelialt der ilemilch an Eiweisskörpern ; es sanken Eiweissstoffo und Salze von 16,8 pCt. auf i herab, als von Fleisch zu Brod und Fettsuppen übergegangen wurde (Dumas).

In dem ersten Monat nach dem Gebärakt soll die Milch etwa -pCt. weniger Casein enthalten , als später (Simon). Hiergegen bben sich die Beobachtungen von Griffith, Vernois und squerel.

454 Voränderung dos Käsegohalts mit dor Häufigkeit dor Entleerung^ etc.

Wird die Frau während der Milchabsonderung geschwängei ^ so nimmt der Käsegehalt um etwa 0,5 pCt, gegen den frühem a (Becquerel und Vernois^. ,

Die Wiederkehr der Menstrualpcriode hat keinen oder eia gering steigernden Eiufluss in den Zeiten, in welchen sie ni^ gerade eingetreten ist; während der bestehenden Menstrualblutig ist dagegen der Caseingehalt immer verändert, aber bald in aq und bald in absteigender Linie.

Wird die Brustdi-üse rascher hintereinander entleert, so ist ^ Milch, die sie liefert, reicher an Casein, als wenn sie lange Z( in der Brustdrüse verweilte (Peligot, L'h^ritier). Eine Prj welche wähi-end mehrmaliger Entleerung des Tags über eine mit 1,4 pCt. gegeben hatte, lieferte, als 40 Stunden lang 4 Brustdrüseninhalt zurückgehalten war , eine Flüssigkeit mit 0,2 |J|

Bei der Eselin fand Peligot folgende Zahlen: 1,5 Stunde nach dem vofii gegangenen Melken = 3,5 pCt. Casein; 6 Stunden nach demselben = 1,5 pCL 4 24 Stunden nachher = 1,0 pCt. Die Milch derselben Kühe enthielt bei ^ maligem Melken des Tags 4,5, bei zweimaligem 4,4 pCt. Casein (Trommer).

Wird die gefüllte Mutterbrust in einer Sitzung entleert, so ist^ Milch, die in den verschiedenen Abschnitten der Mahlzeit entlfl| wird, ungleich reich an Casel'n, und zwar ist bald die anfäng]| und bald die später ausgestrichene die caseiureichere (Rei^ Vernois und Becquerel), Die Unterschiede sind gering, 0,2 pCt. ; vielleicht in Fehlern der Methode begründet (Heynsiui Stark entwickelte Brustdrüsen liefern im Durchschnitt eine mit 0,3 pCt. mehr Casein, als schwach ausgebildete. Damit Zusammenhang steht vielleicht die Erfahrung, dass, wenn die lere tägliche Absonderung reichlich und leicht von statten geht,. Milch um etwa 0,4 pCt. reicher an Casein sei, als wenn das gentheil stattfindet. Fiü- ein und dasselbe Individuum hat dieses, es scheint, keine Geltung, vorausgesetzt, dass die Drüse gleich' entleert wurde. Boussing ault fand nämlich die Milch der ß gleich reich an Casein , gleichgiltig ob sie täglich 3 oder 12 K Milch gaben.

Die Milch der Kuh, welche während der Nacht abgesondert wird, soll Casein halten , als die Tagesmilch (Plaifayr). Diess bestreitet Go rup, und Str mann findet sogar umgekehrt in der den Morgen entleerten Milch um 0,1 W weniger als in der am" Abend entleerten Milch. Diese Unterschiede konnte WiC an dor Ziege nicht bestätigen.

Variabel wurde der Caseingehalt femer gefunden mit dem Alter der Säugendi insofern bei 15- bis 20juhrigeu die Milch durchschnittlich 5,5 pCt., also mehr al«

Veränderung im Buttorgehalt mit der Nahrung etc.

455

il, enthielt, jenseits dieses Termins zeigt sich, keine Beziehung zwischen dem uud dem Casei'ngehalt (Becquerel und Vernois).

Constitution. NachBecquerel und Vernois sollen blonde oder othhaarige 3n mit weisser Haut und schlaffer Musculatur (schwache Constitution) eine Milch 3,9 pCt. Casein und Frauen mit dunklem Haar, brauner Haut und lebhaftem oeraraent (starke Constitution) eine solche von 2,9 pCt. Casem liefern. Bei n und Schafen prägt sich trotz gleichen Futters u. s. w. der Unterschied der in dem Caseingehalt der Milch sehr bedeutend aus (Becquerel, Vernois, lol, Joly). Frauen, die bei sonst gleich kräftigem Aussehen blondhaarig sollen Milch mit 1,61 pCt. liefern, dunkelhaarige dagegen 2,56 pCt. (L'he- •:er). Dieses fanden Becquerel und Vernois nicht bestätigt.

c. Der Buttergehalt beläuft sich im Mittel auf 2,66 pCt.;

Minimum wurde zu 0,6; sein Maximum zu 8,9 gefunden.

Reichliche Nahrung, gleichgiltig ob sie aus Fleisch oder Brod i;eht, mehrt die Butter und kärgliche setzt sie herab; die Unter- tede betragen 2 bis 3 pCt. (Dumas, Simon, Becquerel

Vernois). Die Folge der bessern Nahrung macht sich schon

ersten Tage nach dem Genuss derselben geltend (Simon).

Mütter zwischen 15 und 20 Jahren geben im Allgemeinen etwas butterreichere lii als ältere (Becquerel und Vernois).

In den ersten 5 Tagen nach dem Gebärakt ist die Milch ärmer an It, als in den folgenden 10 Tagen; der Unterschied liegt in der ue von 0,5 pCt. In den spätem Monaten zeigt sich kein Ab- igigkeitsverhältniss zwischen dem Buttergehalt und der Zeit seit 11 Beginn der Absonderung, im Allgemeinen ist aber der Butter- : alt geringer , als in den ersten 5 Tagen.

Wird die Frau während der bestehenden Milchabsonderung ge- wvängert, so wird der Buttergehalt gesteigert, in den untersuchten llen betrug im 3. Schwangerschaftsmonat das Mehr gegen früher

pCt.

Nicht menstruirte Frauen liefern Milch mit demselben Butter- iialt, wie menstrualfähige in den Zeiten, die zwischen der Blu- l-g liegen; während des Bestehens der letztern wird der Butter- iialt bald auf- und bald absteigend alterirt, die positiven Ver- llerungen stiegen bis zu 4,5 pCt. (Becquerel und Vernois).

War bei Thieren das Euter seit mindestens 4 Stunden nicht lleert worden, und wurde dann der ausgestrichene Inhalt der- ben absatzweise aufgefangen , so ist der zuletzt abgezogene Theil

zum lOfachen reicher an Fett, wie der zuerst gewonnene (Pe- ;ot, Reiset). Man erklärt sich dieses aus dem Aufsteigen des •ttes in den Höhlen des herabhängenden Euters. Beim Menschen den sich nicht immer (Vernois und Becquerel), aber, häufig

456

Vorändorungen im Zuckor- und Salzgehalt.

ähnliche, wenn auch geringere Unterschiede (Reis et, Heynsingj Der zuletzt genannte Beobachter erklärt sich dieses durch die nähme, dass in den engern Gängen der Drüse die butterreicl Flüssigkeit aufbewahrt sei.

Die am Abend entzogene Milch ist bis zum Doppelten reici an Butter, als die Morgenmilch (Gor up, Struckmann, Wie]

Eine Frau, welche dm-ch den plötzlichen Tod ihres Kindes eine lebhafte müthserregung erlitt, sonderte alsbald eine viel butterrcichere Milch ab. Schw^ und starke Constitutionen in dem unter b. genannten Sinne zeigten sich einflussj blonde Frauen gaben nach L'häritier eine Milch, die etwa 2 pCt. Butter führen soll, als die Milch dunkelhaariger Mütter. Vornois und Be'cquerel laug dieses. Die Eace der Schafe und Kühe hat einen sehr grossen Einfluss auf ' Buttergehalt (Becquerel, Vernois, Filhol, Joly).

d. Die Grenzwerthe des Zuckergehaltes fallen auf 1,2 6,0 pCt. ; das Mittel liegt bei 4,3. Bei Hunden ist nach Fütterung i einer reinen Fleischkost der Zuckei-gehalt zwar sehr verändert (D ums Heynsius), aber nicht gänzlich verschwunden (Bensch). den ersten 14 Tagen nach dem Gebären ist die Milch nach Sim( zuckerreicher, eine Thatsache, welche Vernois und Becquer( nicht bestätigt fanden.

Ob die Frau menstrualfähig sei oder nicht, ist gleichgült während der fliessenden Regeln ändert sich der Zuckerwerth und ab um je ein Prozent.

Bei absatzweiser Entleerung der Brustdrüsen findet sich in di^ ersten Portion der ausgesogenen Flüssigkeit 0,2 pCt. Zucker weni^ als in der zweiten. Wenn die tägliche Menge der ausgeschiedene Milch grösser wird, so nimmt der Zuckergehalt zu.

Ohne Einfluss auf den Zuckergehalt ist das Alter der milchgebenden Frau, wiederkehrende Schwangerschaft, der Umfang der Brustdrüse. Die Milch von Fran mit schwacher Constitution enthielt im Durchschnitt 4,3 pCt. , diejenige von Frau mit starker 3,2 pCt. Zucker. Dunkelhaarige Frauen geben zuckerreichere Milch ab blonde (L' he riti er ). Dieses läugnen Vernois und Becquerel.

e. Salze. Nach einer von Wildenstein ausgeführten Analj'sc der menschlichen Milchasche besteht dieselbe in 100 Tb eilen aus: Na = 4,2; Ka = 31,6; CaO = 18,8; MgO = 0,9; FeaOs = 0,1; Gl = 19,1; PO5 = 19,1; SO3 = 2,6 und einer Spur von Kiesel- säure. Eine ähnliche Zusammensetzung trägt nach R. Weber*) und Hai dien auch die Milchasche der Kuh, so dass namentlich der grosse Gehalt an Kalium im Gegensatz zum Natrium ein con-

•) Pogpendorf's Annalen. 81. Bd. 1U2.

■Wassergehalt der Milch; Qesammtmilch.

457

uter zu sein scheint. Kohlensäure, welche in der obigen alyse fehlt und wahrscheinlich durch die während der Verbren- ni;- entstandene SO3 ausgetrieben wurde, ist in der frischen Milch lumden (Lehmann), und zwar kann sie, ähnlich wie im Blut, ihveise durch- Aenderung des Drucks und theils durch stärkere cn abgeschieden werden, Der mittlere Gehalt der Milch an" lie variirt zwischen 0,05 und 0,3 pCt., so dass sie ungetähr f 't. des trockenen Milchrückstandes ausmacht. Die Abhängig- ,[ der Veränderungen von den früher aufgezählten Bedingungen noch nicht genügend festgestellt, oder es verdienen wenigstens i mitgetheilten Zahlen noch geringes Zutrauen.

f. Wassergehalt. Er schwankt zwischen 80,9 und 94,8^pCt. SS Mittel fällt auf 88,9 pCt. Die vorliegenden Mittheilungen ssen schon erkennen, dass der Wassergehalt der Milch unter i Mittel fällt bei Fi'auen zwischen 15 und 20 Jahren, bei iwacher Constitution, in den ersten Tagen nach dem Gebärakt, eingetretener Schwangerschaft, bei braunhaarigen Frauen (?), sehr guter Nahrung, bei reichlicher Milchabsonderung, und dass umgekehrt über das Mittel fällt bei starker Constitution, bei »ndhaarigen (?), schlechter Nahrung, beschränkter Milchabson- Tung, und dass er während der ausfliessenden Regeln bald über Ii bald unter den Mittelwerth geht.

Feste Beziehungen im prozentischen Gehalt zwischen den ein- raen Bestandtheüen der Milch sind noch nicht aufgefunden, was ;rnois und Becquerel dadurch ausdi'ücken, dass sie die von fen untersuchten Ammen in Casein- und Butterammen ein- iilen.

Die Zusammensetzung . der mittlem Frauenmilch in lOOTheilen rrde sich nachVernois und Becquerel folgendermaassen aus- iimen: Wasser = 88,91; Zucker = 4,36; Käse und Extrakte 3,92; Butter = 2,67; Asche = 0,14. Nach Scher er und pcmm aber: Wasser = 89,10; Zucker und Extrakte = 3,85; »e = 3,37 ; Butter = 3,71 ; Asche = 0,17.

'Um zu bestimmen, ob die Milch, welche kranke Säuglinge genossen, an dem tel dieser letzteren schuldig oder unschuldig sei, analysirtcn Becquerel undVer- ■8 die betreffende Milch und fanden eben so häufig Abweichungen von dem Mittel, 'ein Bestehen desselben. Daraus wird es allerdings wahrscheinlich, dass etwas ■r oder weniger des einen oder andern Bestandtheils nicht die Ursache des Leidens

Säuglinge war. Viel eher dürften die nicht untersuchten und bis dahin auch ••it untersuchbaren qualitativen Unterschiede der einzelnen Bestandtheile anzu- t;eii sein.

Drüsensaft der Schwängern.

Aus der Nahrung gehen in die Milch über die ätherischen Oeli des Knoblauchs, des Anis und der Cruciferen, der Bitterstoff ii Absynth etc. ; von mineralischen Bestandtheilen Jod (sehr langsam aber es haftet lange) (Lewald), Wismuth, Arsenik, Antimon, Blei Zink, Eisen, Quecksilber, Siehe hierüber Lewald und H a r n i e r

Nach Wasserinjectionen in das Blut enthält die Milch Eiweiss (Eckhard).

Die Milch **), oder besser gesagt der DrUsensaft, welcher wi rend der Schwangerschaft, also vor der Geburt, abgesondert muss den Angaben von Lassaigne, Simon, Clemm V. Eueren zufolge im Ansehen und der Zusammensetzung in schiedenen Fällen sich sehr abweichend verhalten. Wir wiedi holen hier zuerst den Inhalt der Beobachtungen von Scher er Clemm und lassen die abweichenden Angaben folgen. Ni diesen ist die aus der menschlichen Brustdrüse gewonnene Flüssl keit von seifenwasserartigem oder gelblichem Ansehen, zuwei mit Blutstreifeu durchzogen, klebrig, reagirt fast neuti-al und beim Stehen an freier Luft bald sauer. Das Mikroskop m. ColostrumkUgelchen und Fetttropfen , zuweilen veränderte Epithelii Zellen nach, Casein fehlt , seine Stelle wurde durch Eiweiss yi treten. Die Zerlegung ergab bei derselben Schwangern:

28 Tage vor der Geburt.

18 Tage vor der Geburt.

11 Tage vor der Geburt.

4 Tage vor der Geburt.

ITag V. der Geb.*»«).

85,20

85,17

85,18

85,85

87,05

4,13

3,02

2,35

3,10

Milchzucker u. Woingelst-

3,94 6,79

4,37 7,37

3,64 7,91

> 14,81

4,83 5,16

In Wasser lösliche Salze

0,33

0,34

0,38

In Wasser unlösliche Salze

0,11

0,11

0,16

1 Tag! derGeU

84,2

} 15j(

Am zweiten Tage nach der Geburt war erst das Eiweiss vös schwunden und der Saft hatte" die Eigenschaften der Milch ang nommen. Eine Vergleichung der einzelnen Tage lehrt, dass zui- Geburt, den letzten wegen der Nahrung nicht mehr vergleich-

•) Harnier, quaedam de transitu medicamentornm in lac. Marburg 1847. Lew'i Untersuchungen Uber den Uebergang von Arzneimitteln in die Milcli. Breslau 1857. Späth i Schauenstein. Zeitschrift der Wiener Aerzte 1859.

*•) Simon, Mediz. Chemie. II. Bd. 280. Clemm, 1. c. v. Eueren, Ondcrzoeklngf gedaau In het physiologisch Laboratorinm etc. 1818—49. 166.— M o 1 e s ch o tt , Archiv für pV' siolog. Heilkunde. XI. Bd. 696. , "*) Die gewöhnliche Kost war am Tage vorher mit einer vegetabilischen vertauscht worden«»

Drilsensaft der Sch'VTangern.

459

en Tag ausgenommen, die Butter im Abnehmen und dasEiweiss steigen begriffen war; Zucker, Salze und Wasser variirten da- on wenig, oder mindestens ohne Regel. Van Eueren fand Drüsensaft stark alkalisch, gelblich, eiweissfrei und dafür .11- und stark fetthaltig, und neben den Colostrumkügelchen feinkörnigem Fett erfüllte Epithelialzellen. Simon, welcher 1 Drüsetisaft der Eselinnen untersuchte, erhielt 14 und 8 Tage der Geburt eine Flüssigkeit, welche Albumin, Casein, Butter

I nur Spuren von Zucker enthielt. Die Säfte des Kuheuters lliessen sich nach den Beobachtungen von Lassaigne, Mole- ii'ott und Clemm an die der menschlichen Brustdrüsen, inso-

II sie nur Eiweiss und kein Casein führen, dagegen waren sie rr rahmh altig.

Fast alle Neugeborenen*), männliche und -weibliche, sondern aus der Brustdrüse r^e Tage nach der Geburt einen Saft , die Hexenmilch , ab. Sie erscheint meist am 'ag nach der Geburt, erreicht am 8. ihr Maximum und ist nur noch selten nach 'iuss eines Monats zu finden. Die Hexenmilch enthält nach Schlossberger und iL Hot Müchkügelchen und nach Donne auch Colostrumkörperchen. Schloss- ,ger, der ein solches Produkt analysirte, fand in 100 Theilen Wasser = 96,75;

= 0,82; Casein, Extrakte und Zucker = 2,38; Asche = 0,3. Sie verhält sich II diesem Analytiker wie gewässerte Milch. Quevenne zerlegte ein Produkt, das ner an festen StoiFen war.

Bei erwachsenen Männern**) und männlichen Säugethieren stellt sich in sehr inen Fällen ohne nachweisbare Ursachen Milchabsonderang ein. Schlossberger fegte die Müch eines Bockes; diese war um einige Prozent reicher an Casein und * so ärmer an Milchzucker und Butter, als es die Ziegenmilch nach den vorliegenden tersuohungen von Chevalier, Clemm und Henry ist.

3. Die Absohderungsgeschwindigkeit der einzelnen MilchstofFe unabhängig von einander, wie sie sich aus der relativen Zu- iiamensetzung der Milch ergiebt. Das Maass der täglich abge- lederten Gesammtmilch nimmt bei Kühen bekanntlich von der ■iderkunft an bis zum ersten Monate nach derselben zu und von an in den folgenden Monaten ab bis unter das Quantum, welches <i Thier unmittelbar nach dem Gebären gab. Zahlenbelege für -se alte Erfahrung giebt Boussin gault. Es scheint ferner,

ob die Menge der Absonderung in Beziehung stehe zur Häufig- tit der Brustentleerung. Jedenfalls wird der Milchfluss bei Frauen <ter drückt, wenn das Kind aufhört zu saugen. Dazu behauptet

••) Scnnzoni, Wilrzbnrger Verhandlungen. U. Bd. p. 300. Schlossborger, Lleblg's •alen. 87. Bd. 324. - Natalis Gtilllot, Gazotto mddloale 1863. p. 686. - Van Eueren, p. 15.3.

•••) Schlossberger, Lleblg's Annalcn. 51. Bd. - Donder», Ondcrzockingon godaan In ' Uboratorinm etc. 1848-4». p. 15-3. Todd, Cyclopnedea. Artikel Sooretio. IV, 405.

460

Absonderungsgosoli-wiiidigkoit dor MilchstolTo ; Milchbercitung.

man auch, dass die Milch reichlicher werde, wenn das Kind h figer sauge. Das Saugen könnte übrigens auch durch etwas Ander als die blosse Entleerung der Drüse wirken, was wahrscheinli wird im Hinblick auf die Fälle, in welchen die monatelang un' drückte Absonderung durch Saugen wieder erweckt werden konn Gubler)*). Die stockende Absonderung kann feiner wieder Gang gebracht werden , wenn man öfter durch feuchte oder trocke Elektroden mehrere Minuten hindurch die Schläge eines Induction apparates auf die Drüse wirken lässt (Auber, Becquerel)**). Die Milch bleibt weiter aus, wenn die Dntse durch einen Druc vert)and zusammengepresst wird. Eine genaue Zergliederu verdient auch der Fall von plötzlicher Milchstockung in fieberhaft Krankheiten u. s. w.

Nach Bestimmungen mit einer Saugpumpe schätzt La periörre***) die tägliche mittlere Milchmenge aus beiden Brüst auf 1350 Gr.

4. Milchbereitung. Ueber die Formfolge f) bei der Entwick lung der Milchkügelchen ist uns Einiges durch Henle, Nass Will, H. Meyer, van Eueren und Reinhardt bekannt g worden. Macht man die Voraussetzung, dass die Bildung all geformten Massen nur von der Drüsenwand ausgeht, so ist a' feststehend anzusehen, dass die C ol ostrumkörper eben a dem umgewandelten Inhalt der Deckzellen des Drüsenbläsehen he vorgehen. Denn an der strukturlosen Wand derselben liegen z" Zeit der Colosti-umabscheidung zunächst kleine Zellen an, welch« nach der Terminologie der Cytoblastenhypothese als Kerne b zeichnet werden; auf diesen ruhen grössere kernhaltige Zellen a deren Binnenraum zum Theil mit durchsichtigen, zum Theil m Fetttröpfchen gefüllt ist; diese letzteren sind in eine kömi| Zwischensubstanz eingebettet und um den Kern herum grupp' Noch weiter gegen das Centrum des Drüsenbläschens liegen Häufche von Fettti-öpfchen, welche, zusammengehalten durch eine körnig Zwischensubstanz und von keiner gemeinsamen Zellenhaut me'' umgeben , ganz das Ansehen der Colostrumkörperehen tragen. Zti weilen soll sich in der Mitte eines solchen Häufchens noch'e'

*) Valentin, Jahresbericht filr 1852. 221.

*•) Meissncr's Jahresbericht fdr 1856 p. 359 und fUr 1857 p. 383. •»«) Lohmann, Physiologische Chemie, n. Bd. p. 338 und 32G. t) H. Moycr, Züricher Mitthellungcn. 1819. I. Bd. 2. Hea. p. 70. Will, Ueber Ifflcb absondprung. Erlangen 1850. Van Eueren, I. o. Reinhardt, Virchow's Archiv. I. Bd p. 52 u. f.

Milchbereitung.

461

bilde mit den optischen Eigenschaften des Zellenkerns vorfinden; ! den grösseren Gängen endlich, wohin die Drüsenbläschen ihren alt entleert haben, sind die Häufchen zerfallen, und es liegen >■ einzelnen Fetttröpfchen oder Milchkügelchen frei in der Flüssig- :t. Diese Reihenfolge von Formen findet sich aber nur zur Zeit Colostrumabsonderung und in den Brüsten der Neugeborenen, liiieswegs aber in der milchgebenden Frauenbrust (Reinhardt)**), I dass es daraus wahrscheinlich wird , es möchten die Milchkügel- K'u auch noch unter einer andern Formfolge entstehen.

Eine Vergleichung der Blut- und Milchstoffe zeigt sogleich, ISS der Milchzucker in der Drüse entstanden sein muss,, weil er lljst dann noch, obwohl vermindert, in der Milch beobachtet nd, wenn sich die Säugenden jeder Art von Zucker- und Mehl-

iilirung enthalten, und weil auch in den an andern Orten des hierleibes (Leber, Muskeln) bereiteten Zuckerarten kein Milch-

ncker vorhanden ist. Jedenfalls wird jedoch seine Entstehung be- instigt durch den Genuss von Amylaceen. Ob das Casein und le Fette aus dem Blut abgesetzt oder in den Drüsen enstanden nd, muss einstweilen dahin gestellt bleiben. Geschähe das erstere, I würden in der Drüse jedenfalls auch noch andere chemische rodukte bei der Umsetzung der Blutbestandtheile in Fette u. s. w. ^fallen, die dann in das Blut zurückkehrten. Für einen innigeren

iusammenhang zwischen der Fettbildung im Gesammtkörper und ;r Butterausscheidung spricht die den Landwirthen bekannte That-

iiche, dass Kühe, welche eine butterreiche Milch liefern; trotz Ilten Futters mager bleiben, und umgekehrt, dass die Milch bei

I : ntretender Mästung mager bleibt.

\ Die Milchbildung kann ungestört vor sich gehen, auch ohne I uthun der Intercostalnerven, wie die Durchschneidungsv ersuche ! jn Eckhard beweisen. Da aber die Absonderung beschleunigt I ird durch elektrische Schläge auf die Brust selbst (und durch das I ;flektorisch wh-kende Saugen?), so ist die Betheiligung von con- aktilen Elementen nicht zu bestreiten. Ihr Antheil an der Milch- ildung könnte sich aber beschränken auf die Erzeugung von pannungsunterschieden zwischen dem Blutstrom und dem Drüseu- lialt, eine Vermuthung, die man auszusprechen wagt, weil die Ii Häufung der Milch in der Drüse, resp. die steigende Spannung Inhalts ihrer Gänge einen störenden Einfluss auf die Abson- i iing übt.

'> 1. C. J). Cl.

462 Ausstossung der Milch; Ernälirung der Brustdrüse; Athmung; Einleitung.

5. Die Ausstossung der Milch kann geschehen durch . Kräfte, welche sie in die Gänge treiben, und sie kann beschleu- werden durch die Muskeln, welche in der Haut und dem Bin gewebe der Brustdrüse liegen. Meist geschieht dieses aber nie so dass nur durch Aussaugen die Entleerung zu Stande kommt.

6. Die Milchdrüse des Neugeborenen ist aus mehre flaschenförmigen Höhlen zusammengesetzt, die sich nach aussen dieBrustwarze öffnen ; die einzelnen Flaschen entsprechen den späte grösseren Ausführungsgängen. Bis zur eintretenden Pubertät ge' beim weiblichen Geschlecht aus den blinden Enden allmählig ersten Anlagen der Drüsenbläschen hervor, die wähi-end der e getretenen Pubertät , namentlich aber zur Zeit der ersten Schwan Schaft, ihre- volle Ausbildung erlangen. Nach dem Schluss Menstruationsfähigkeit schwinden die Drüsenbläschen wieder, dass in dem höheren Alter an ihre Stelle ein fetthaltiges Bin gewebe getreten ist (Langer)*). Die Ausbildung der Drüse u der andern weiblichen Geschlechtswerkzeuge muss aber bekanntii nicht nothwendig gleichläufig sein, da Mütter mit mangelhaft e wickelten Brustdrüsen gerade nicht zu den Seltenheiten zählen.

Athmung. Einleitung.

AUe thierischen Flüssigkeiten enthalten Luftarten, und Grenzen des thierischen Körpers sind entweder dauernd und üb all (Haut und Lungen) oder nur zeit- und theilweise (Darmkan mit Luft umzogen. Zwischen den -Gasen der einzelnen Flüs keiten sowohl als auch zwischen ihnen und der umgebenden Ii' findet ein steter Austausch statt. Diesen Luftwechsel zwischen d thierischen Flüssigkeiten nennt man die innere, den zwisch den letzteren und der Umgebung die äussere Athmung. Bei Vorgänge sind so innig mit einander verknüpft, dass der mittle Umfang des Verkehrs an permanenten Gasen in beiden, wenn au nicht immer gleich, doch wenigstens immer propoi-tional ist. Dies rührt daher, weil das Gas, welches die äussere Athmung in d Blut führt, und von dort in die beim inneren Gasaustausch betheiligt Flüssigkeiten geht, hier sich verändert und dann ganz oder theilwei wieder in den äusseren Luftraum zurückkehrt. Die so eben g schilderte Beziehung erklärt und verlang-t die Eigenthümlichke

•) Denkschriften der k. Akndemle der Wissenschaften in Wien. ITt. Bd.

Aeussere Athmung; Luftkreis.

463

;iss an allen athmenden Orten zwei Gassti-öme in entgegengesetzten ;iclitnngen gehen, einer aus der Luft in das Gewebe und ein an- eier von dem letztern zu der erstem. Wegen der geringen Kennt- iss der Innern Athmung lohnt es sich nicht, ihr einen eigenen Ab- iniitt zu widmen; die wenigen auf sie bezüglichen Erfahrungen >llen an passenderem Orte eingepflochten werden.

Aeussere Athmung.

Die Gase, welche im normalen thierischen Leben durch die lachen , welche Blut und Luft trennen (durch die Athmungsflächen) tröraen, sind Sauerstoff, Kohlensäure, Stickstoff, Wasserdampf in sehr geringen Mengen Wasserstoff und Ammoniakdampf. )ic Bewegung der CO2 und des Wasserdampfes ist vom Blut zur !ift, die des Sauerstoffs umgekehrt gerichtet; das N-gas kann je h Umständen bald nach der einen und bald nach der andern K-htung gehen.

Diese Luftsti-ömungen von und zu dem Blut bestehen während er ganzen Lebensdauer; daraus entspringt die Forderung eines :etigen Vorraths und eines stetigen Vergehens der Gasarten in em einen und dem andern Räume; in der That sind auch hiezu [ittel genug vorhanden; dahin zählen: die ungeheure Ausdehnung er irdischen Luft und die stetige Reinigung derselben von CO2 lul Wasserdampf, die stets fortgehende Entstehung von COj in en thierischen Geweben aus dem C der Nahrungsmittel und dem ' der Luft, der wiederkehrende Genuss von Wasser, der Unter- hied der Temperatur und der Wechsel von Luft und Blut in und uf den Athmungsflächen.

Da diese Bedingungen für die Beschleunigung der Luftsti-ömung lUen verschiedenen Athmungs- oder Respirationswerkzeugen gleich- lässig zu Gute kommen, so werden wir hier sogleich im All- t'emeinen auf sie eingehen.

Der Luftkreis.

Bis zu einer endlichen, wenn auch nicht gemessenen Höhe, iFird der Raum um unsere Erde, wie bekannt, ausgefüllt durch »in Gemenge permanenter und corapressibler Gasarten, unter sleoen für unsern Zweck N, 0, CO2, HO -gas zu nennen sind. Oiese Gasarten äussern unter den Bedingungen ihres Aufenthaltes n der Atmosphäre keine Verwandschaft zu einander, und somit 'Iben sie, wenn sie in den statischen Zustand gelangt sind, auch

464

Stickstoff- und Sauerstoffatmosphäre.

keinen gegenseitigen Druclc aus*); man könnte sagen, jeder ei zelnen Gasart- sei die Gegenwart der andern vollkommen gleichg: Wir würden also in der Luft mehrere vollständig von einander abhängige Atmosphären zu betrachten haben. Wir- behandeln ab des mannigfach Uebereinstimmenden wegen die Luftkreise vi Stick- und Sauerstoff gemeinsam, die von CO2 und Wasserda; dagegen gesondert.

1. Stickstoff- und Sauerstoffatmosphäre. Die aus diesen beidi Luftarten gebildeten Atmosphären können gemeinsam betrachl werden, weil sie sich in ihren gegenseitigen quantitativen Verhäl nissen- kaum ändern. Der Sauerstoffgehelt der Luft ist allerdinj nach Regnaul t**) und Bunsen veränderlich; aber die Schwai kungen seines prozentischen Werthes sind für unsere Bedürfnis nicht in Anschlag zu bringen ; sie liegen zwischen 21,0 und 20,9 Der atmosphärische Sauerstoff erfährt dagegen sehr häufig ei quantitative Veränderung, indem er sich in Ozon umwandelt (Schö bein). Diese Veränderung erstreckt sich allerdings auf einen ni sehr kleinen Antheil der Luft, denn es kommen in 100 Ltr. L nur zwischen 0,01 bis 0,002 Milligramm Ozon vor (Pless, Pierr Z eng er)***), aber dennoch ist sie von Bedeutung für das Wo befinden des Menschen.

l)a die quantitative Bestimmung des Ozons sehr umständlich ist, so hat mi sich zunächst begnügt , sein Wachsen und Sinken in der Atmosphäre zn schätzei Hierzu bedient sich Schönbein eines mit Jodkalium getränkten Stärkepapierchens. tiefer sich dieses der freien Luft ausgesetzte Probepapierchen in der Zeiteinheit färb um so reicher ist die Luft an Ozon. Nach Beobachtungen, welche auf den Sten warten Ton Bern, Kremsmünster und Krakau durch "Wolff, Relshuber und Kaj I i n s k i unternommen sind , ist man über den relativen Ozongehalt zu folgenden Säte gelangt: bei östlichen Winden ist er kleiner, als bei westlichen; im Winter ist er b( östlichen Winden grösser, als im Sommer; umgekehrt verhält es sich mit westliche Winden , die im Sommer mehr Ozon erzeugen , als im Winter. Bei hohem Barometei stand ist der Ozongehalt kleiner, als bei niederem, bei hoher Temperatur kleiner, bei tiefer; an feuchten und trüben Tagen grösser, als an trockenen und heitern fl) Eegenwolken grösser, als bei Cimis und Circocumulus ; in der Nacht höher, als b Tag. Während Schneefalls erreicht er sein Maximum. Der Werth dieser Angab wird sehr beschränkt durch die übereinstimmenden Veraicherungen von Cloe« Houzeau, Borigny, Pierre, Pless, Zenger u. s. w., dass die Jodstärke papierchen ein sehr unsicheres Prüfungsmittel seien. Dagegen scheinen sich glück lieber Weise die Angaben von Cloez nicht bestätigt zu haben, weicherden Angaben de Jodstärkepapierchens alle Glaubwürdigkeit absprach. Siehe hierüber Bineau, Bechanip

•) 1. BU. p. CO.

•*) Annales de chimie et physiqne. 3me Sdrie. 3G. Bd. (t862). ••») Wiener nkadem. Berichte. XX& 211. nnd XXIV. 78.

Stickstoff- und Sauerstoffatmosphäre.

465

Scoutteten *). Andere die Stärkepapierchen ersetzende Methoden haben vor- jesclilagen Ploss, Ho uze au u. s. w. Die einfachste besteht darin, dass man ein

iiaures Lakmuspapier mit Jodkalium tränkt; das mit Hilfe des Ozons freigemachte KO

.jläut das Papierchen **).

Die Stick- und SauerstofFantlieile der Gesammtluft machen den cröösten Theil derselben aus und tiberwiegen namentlich die an- ileru permanenten Gase des Luftraums in einem solchen Grade, [i&ss man den Stick- und Sauerstoff mit der trockenen Atmosphäre für il;leichbedeutend erklären kann. Unter dieser letztern versteht man bor den Theil der Luft, welcher übrig bleibt, wenn man den

I V'asserdampf von der Gesammtluft abgezogen hat,

Spannung und Wärme der trockenen Atmosphäre erfahren mit eleit und Ort mancherlei Veränderungen, die beide für uns nicht ihne alle Bedeutung sind. Da wir aber die Temperatijrverhält- idsse der gemässigten Zone nach ihren wesentlichen Charakteren As bekannt voraussetzen können , so gehen wir nur auf die Druck- mderungen der trockenen Luft ein, welche das Barometer sicht- lar macht.

Der Barometerdruck der gemässigten Zone ist veränderlich***): 1) mit den jigeszeiten (täglicher Sonnengang). D o v e zeigte , dass sich der Druck der trockenen jtmosphäre zwischen einem täglichen Maximum und Minimum bewegt , deren Eintritt um Gang der Sonne abhängig ist. Das Minimum ercheint in Folge der Erwärmung »usdehnung und seitliches Abströmen), das Maximum in Folge der Abkühlung der Mt (Verdichtung und seitliches Zuströmen). Der Werth des Unterschiedes ist mit rr Breite, den Jahreszeiten u. ,s. w. verschieden; da er in der gemässigten Zone cchstens nur wenige Zehntheile einer Linie beträgt, so gehen wir nicht weiter auf

II ein. .2) Mit den Jahreszeiten (jährlicher Sonnongang) ; im Sommer ist der :ttlere Barometerstand etwas niederer als im Winter, entsprechend den Wärme- : terscliieden und den daraus folgenden Verdichtungen und Verdünnungen der Luft.

unserem Klima fällt das Maximum auf den Januar , das Minimum auf den August, t r Unterschied beträgt etwa 3 MM. 3) Mit den Winden (Temperaturunterschiede i Erdballs); diese Schwankungen sind bei uns weitaus die bedeutendsten, Südwest i'.ngt den niedrigsten , Nord den höchsten Barometerstand. Da die Temperatur - und tinabcwegungen im Winter viel unruhiger als im Sommer sind, so kommen dort ich die grössten Schwankungen des Barometerstandes vor; in unsern Gegenden geht

r Unterschied höchsten und niedrigsten Standes im Winter. bis zu 29 MM., im •mmer aber nur bis zu 13 MM. 4) EndHch ist der Druck variabel mit der senk- i-hten Höhe des Beobachtungsortes über dem Meeresspiegel ; wir brauchen nur an

i bekannte Faktum zu erinnern, dass der Druck mit dem Aufsteigen in einer geo- ftrischen Proportion abnimmt.

;■ •> Compt. rend. Bd. 43. p. 38 p. 102 p. 388 p. 21 ü. ••») Compt. rend. Bd 45. p. 873. Bd. 40. p. 070.

■**) K ä m t z , LchrbucU der Meteorologie. 2. Bd. p. 230. D o v e , Rcportor. IV. Bd. p. 232. •Imtz Im Handwörterbuch der Physik vom August u. s. w. Berlin 1842. I. Bd. 246. LLndwig, PliyBiologie II. 2. Auflage. 30

466

Kotlensäure und Wassordampf des Luftkreises.

2. Kohlensäure*). Der geringe Gehalt des Luftraums ad Kohlensäure soll nach Saussure Schwankungen untemorfen semj so soll insbesondere auf hohen Berggipfeln, in der Nacht, übej| gefrorenem Boden mehr CO2 vorkommen, als in der Ebene, be Tag und über feuchtem Boden. Boussingault bestreitet deJ Unterschied in der Tag- und Nachtluft. Eine Bestimmung der C( m den bevölkertsten Strassen von Paris, in welchem täglich ui gefähr 3 Millionen Cubikmeter CO2 entwickelt werden,' gab 100 Theile Luft im Mittel = 0,032 pCt. und gleichzeitige Beobacl tungen auf dem Lande 0,030 pCt., also keinen Unterschied. DiJ Grenzen, in welche Saussure und Boussingault den prozer tischen Gehalt eingeschlossen fanden , liegen zwischen 0,03 und 0,05

3. Wasserdampf. Der in der Atmosphäre zerstreute Wasse) dampf muss den Forderungen der Theorie gemäss mit Zeit un Ort sehr beträchtlich wechseln, theils wegen der ungleichen Vei theilung des Wassers Uber die Erdoberfläche, aus welcher de ' Wasserdunst seineu Ursprung nimmt, theils auch wegen der ve: änderlichen Temperatur, welche das Fassungsvermögen des Luf raums für den Wasserdunst bestimmt. Das erstere ist an und ft sich klar, wir wenden uns also sogleich zur Abhängigkeit df Dunstraenge von der Wärme.

Der Wasserdampf kann wie alle Gasarten durch, einen Druck, Tvelclier Tlieilclicn desselben zusammenpresst, zu einer Flüssigkeit verdichtet werden, und di Druck, der hierzu nöthig ist, muss grösser und grösser werden, wenn die Temperati des Dampfes ansteigt. Dasselbe kann man auch so aussprechen , dass die Dichtigkel des Wassordunstes (die Zahl seiner Theilchen in der Raumeinheit) um so grössa werden könne, je wärmer derselbe sei. Und weil mit der Dichtigkeit des Wasse^ darapfes auch die abstossenden Kräfte zunehmen, welche zwischen seinen Theilche wirksam sind , also die Drücke steigen , welche er auf seine feste oder flüssige Un gebung auszuüben vermag , so drückt man die vorgeführte Erfahrung gemeiniglic| dahin aus, dass die Spannkräfte (Tensionen) des Wasserdampfes durch die Wärme vermeh werden. Zieht man nun den andern bekannten Satz zu Hülfe, dass von mehreren einem beliebigen Räume zerstreuten Gasarten nur die gleichartigen Theilchen einel Druck auf einander ausüben, so kommt man sogleich zu der Ableitung, dass mit da Temperatür (oder den Spannkräften) die in der Rauiueinheit enthaltene Dampfmeng (die Dichtigkeit des Dampfes) steigen müsse. Denn in dem Luftraum sind ja ke andern zusammenpressenden Kräfte zur Umwimdelung des Dampfes in Wasser TO banden, als diejenigen, welche durch die anwesenden Wasserdünstc eingeführt wurded

Demnach würde man mit Hülfe . der in den Lehrbüchern del Physik gegebenen Spannungstabellen des Wasserdampfs **) für jedj

») Th. de Saussure, Poggendorf's Annnlen. 19. Bd. Bonssingnult, Annales "J chtmle et physlque. 3me Sdrie. X. Bd. 4.56. BonssingnuU und Lcwy, Ibid. 470. ••) J. Müller, Lohrbuch der Physik. 4. Aufl. II. Bd. p. 490 H. f.

lieber den Wechsel des atmosphärischon Wasserdainpfs. 467

I liebige Temperatur der Luft den Dampfgehalt der letztern an- 1 geben im Stande sein, wenn in der That die, Luft immer mit W assel" gesättig-t wilre. Dieses ist aber niclit der Fall, tlieils weil lic Verdunstung des "Wasser langsam vor sieb gebt, ^nd tbeils ,\ eil Winde häufig die feuchte Luft wegführen (z. B. in die höhern

'cgionen) und durch trockene ersetzen. Aus diesem Grunde müssen .vir rücksichtlich des Dampfgehaltes der Luft unterscheiden: lie absolute und die relative Dampfmenge. Unter der letztern ver-

hen wir das Verhältniss zwischen dem wirklich vorhandenen Miust und demjenigen, welchen die Luft bei der gegebenen Tem- ifiatur zu fassen vermöchte.

a) Die absolute Menge des atmospharisclien Wasserdampfs wechselt mit der lesnähe, der Bodenerhebung, der Tages- und Jahreszeit und den Winden. 1) Am resufer steigt dieselbe von der kältesten Stunde des Tages allmälig bis zu der nisten Stunde und senkt sich von da an wieder ab (Dove). 2) Im ebenen uenland steigt sie dagegen von Sonnenaufgang an bis gegen Mittag , dann nimmt bis zum Abend hin ab , steigt abermals im Beginn der Nacht und sinkt dann bis i Sonnenuntergang. Der Gnind der Verschiedenheit beider Lokalitäten ist darin

vu suchen , dass , wenn am Mittag die erwärmten untern Luftschichten aufsteigen , in tler Meeresnähe die weggehenden feuchten Luftmassen ersetzt werden durch andere t'enchte , welche vom Meere her eindringen, während in den Binnenländern statt ihrer r.Tockene Luft eingeschoben wird. Darum kann am Nachmittag der Wasserdampf erst

rieder zunehmen, wenn der aufsteigende Luftstrom an Mächtigkeit verloren hat. {) Auf hohen Bergen fehlt desshalb wieder das Sinken um Mittag, weil zu dieser Zeit •ler aufsteigende Strom die 'Feuchtigkeit aus der Ebene emporführt. (Kämtz, IJaussure). 4) Im Juli ist die mittlere tägliche Dampfmenge während des Jahres i.ra höchsten , im Januar am niedrigsten. Dieser Unterschied ist in der Nähe der iiCüsten hervortretender, als im Innern der Continente. 5) Bei Ostwinden im Winter ^st die Dampfmenge am niedrigsten, bei Südwestwinden im Sommer am höchsten. Die ' Jnterschiede , die der Nord- und Südwestwind herbeiführen, sind im Winter weniger ledcutend gefunden worden , als im Sommer (Daniel).

b) Die relative Menge des Dampfs. 1) Das stündliche Mittel der relativen IVIenge des Wasserdampfs in der Ebene ist Mittags am geringsten, bei Sonnenaufgang Mm grössten ; diese Unterschiede treten weniger im Winter als im Sommer hervor. l) Die relative Dunstmenge ist auf hohen Bergen meist geringer als in der Ebene 'Käratz). 3) Im Juli und August ist die Luft relativ trockener, als im Januar. ,1) Bei Nord- und bei allen Ostwinden (Süd- bis Nordost) ist die relative Feuchtigkeit ^5e^inger, als bei Süd- und Westwinden.

Vergleicht man , wo und wann die absolute und relative Luftfeuchtigkeit am fjrSssten und kleinsten sei, so findet man sogleich, dass meist die Luft relativ um to trockener ist, 'je mehr Wassergas (nach absolutem Maass gemessen) sie enthält. Diese Bemerkung wird uns mehrfach von Wichtigkeit seip. Beispielsweise geben «Tr noch einige Tabellen, welche dem Werke von Kiimtz entnommen sind; in ihnen 'ist der prozentische Wassergehalt der Luft durch eine nach MM. gemessene Qucck'silbcr- »sänle, also durch die Spannung ausgedrückt, die der in ilir entlialtonc Wasserdunst

30*

468

Absolute und relative Dampfmenge in der Luft.

ausübt. Um aus diesem Angabe das Gewicht des Wasserdarapfs zn finden , welcher der Eauiüoinhcit Luft enthalten ist, dienen die an vielen Orten mitgetheilten l'eucL keitstabcllen *). Die unter der Colunmo „relative Dampfmenge" stehenden Zahlen g( t die Prozent^ an, welche die wirklich vorhandene Dampfmenge von der ausma' welche bei der bestehenden Temperatur hätte vorhanden sein können.

I. Tabelle.

Zürich.

F aulhorn.

Tageszelt.

Absolute

Relative

Absolute

Relative

Dampfmenge.

Dampfmenge.

Dampfmenge.

Dampfmenge.

Mittag

10,92 MM.

58,9 «/o

4,88 MM.

73,40/0

4h

10,97

60,9

4,94

80,8

8h

11,35

76,3

4,01

76,1

Mitternacht

10,94

85,3

3,72

73,7

4h

10,56

90,0

3,50

72,1

SU

11,12

76,9

3,79

69,8

II. Tabelle. Beobachtungsort Halle.

Monat.

Absolute Dampönenge,

Relative Dampfmenge.

4,51 MM.

85,0 0/0

4,75

79,9

5,11

76,4

6,25

71,4

7,84

69,1

10,84

69,7 .,

Juli '

11,62

66,5

10,70

66,1

September

9,56

72,8

7,87

78,9

November '.

5,64

85,3

Dezember

5,60

86,2

III. Tabelle. Beobachtungsort London.

Winde.

Absolute Dampfmenge.

Winter.

Frühjahr.

Sommer.

Herbst.

NO

5,01 MM.

7, 10 MM.

10,36MM.

8,53 MM.

SO

6,86

9,77

13,76

10,79

sw

8,17

9,37

13,83

11,67

NW

6,14

7,56

11,45

8,67

4. Der Einfluss, den diese Veränderungen auf die Atlimuugei , im Allgemeinen üben, gestaltet sich folgendermaassen. a) Der' Druckschwankungen' der trockenen Atmosphäre (nicht aber des

•) MUller's Lehrbuch der Physik. •!. Aull. 2. Bd. p. U09.

Einfluss der Luftveränderungen auf das Atlimen.

469

iWasserdcampfs) entsprechend , wird die Dichtigkeit des im Blut Üiflfiindirten Sauerstoff- und Stickstoffgases sich mehren oder min- dern nach dem bekannten Grundsatz, dass sich der Druck aus- l^leicht zwischen zwei Antheilen eines gleichartigen Gases, von fienen der eine in der Flüssigkeit absprbirt ist und der andere frei darüber steht. Ob diese geringen atmosphärischen Dichtigkeits- inderungen für die Athmung des N-gases von namhafter Bedeutung lind, ist zweifelhaft. Für den absorbirten 0 könnte sie es nur insofern >ein, als dadurch die Geschwindigkeit beeinflusst wird, mit welcher derselbe aus dem Luftkreis zu den Blutkörperchen kommt. )i) Da in der freien Luft die CO2 nur unwesentliche Veränderungen ■irfährt, so wird die Dichtigkeit der atmosphärischen die der im Ülut diffundirten CO2 nicht wesentlich ändern. Da nun aber mzweifelhaft ein grosser Theil der verdunstbaren CO2 des Blutes iicht bloss diffimdirt, sondern durch irgendwelche andre Hilfen eerdichtet ist, so wäre es wenigstens denkbar, dass der Barometer- rmck der Gesammtluft von Bedeutung ist für die Geschwindigkeit, liiit der diese CO2 verdunstet. c) Der Wasserdampfgehalt, die Temperatur und die Gesammtspannung (Barometerstand) der At- mosphäre werden sich sämmtlich geltend machen für die Verdun- 4üng des Wassers. Was zunächst den Dampfgehalt der Atmo- iphäre anlangt, so ist seine Bedeutung für den Wasserverlust bei eer Athmung verschieden, je nachdem die Luft, in welcher die Verdunstung geschieht bei der Athmung auf die Normaltemperatur ees menschlichen Körpers gebracht wird, oder ob sie diejenige eer Atmosphäre behält. Im ersten Fall, der sich z. B. mit der in ide Lungen aufgenommenen Luft ereignet, wird um so mehr ver- tnnsten können, je geringer der absolute Wassergehalt der ein- fenommenen Luft ist, also ceteris paribus am meisten im Winter, eei Sonnnnaufgang , auf hohen Bergen, bei Nordostwind. Dieses pedarf keiner Erläuterung; weil die Luft in der Lunge auf etwa C. erwärmt und nahezu für diese Temperatur mit Wasserdampf fesättigt wird, also muss die vorher trockenere Luft mehr Wasser rasführen, als die fi-tiher feuchtere. Gerade umgekehrt verhält «eh dagegen der Wasserverlust beim Hautathmen ; dieser wird um ^0 bedeutender sein, je gi-össer die Capazität der umgebenden Luft Hr Wasserdampf ist und je entfernter diese Luft von ihrem Sät- igungspunkt steht (bei niedrigem relativen Dampfgehalt). Da sich axra beide Zustände erfahrungsgemäss zur Mittagszeit und im hohen 'jommer ereignen, während im Winter die Luft fast vollkommen

Eiufluss des Darapfgohaltes und Baroraetordruckcs auf die Athmung.

mit Waäserdampf gesättigt ist, so finden sich die Verdunsturi: gescliwindigkeiten von Lunge und Haut in einem zeitlichen Gegi satz. Der Barometerstand, selbst wenn er auch durch eine V.| änderung eines Druckes der trockenen Atmosphäre bei gleichbl bender Spannung des Waaserdanipfes gesteigert oder erniedi wird , übt immer einen Einfluss auf die Verdunstung. Denn drückt auf das Wasser als solches jede Luftärt, und dieser Drr bestimmt, wie wir wissen, die Geschwindigkeit der Verdunstiu Erniedrigt sich also der Barometerstand , so wird die DampfbildiU| beschleunigt, und umgekehrt wird sie bei steigendem Luftdniii verlangsamt. Indem man diese Regel auf die wirklich a kommenden Verhältnisse anzuwenden versucht, darf man natürli niemals vergessen, neben dem Barometerstand die gleichzeitig \ handene relative Dampfmenge der Luft mit in Rechnung zu bringr i So ist z. B. auf hohen Bergen die Geschwindigkeit der Dam) I bildung A-^ermehrt wegen des niederen Luftdruckes und gemind< wegen der dort öfter vorhandenen, relativ grösseren Dampfmen so dass das Resultat dieser zusammenwirkenden Umstände m lieber Weise doch dem in der Ebene vorhandenen gleich sein kai, wo die relative Dampfmenge gering und der Barometerdruck gross 15

Lieber den Gewinn und Verlust des Bluts an Gase durch die Oxydation der lebendigen Atome und den Austausch d verbrennenden und verbrannten Produkte zwischen Blut und Gewebe

Wie in der Atmosphäre, so müssen auch im Blute Umstäm wirken, die die Zusammensetzung seiner Luft gleich zu erhalt« trachten. Denn wenn der schon geschilderte Gasstrom ununte brochen von und zu dem Blute geben soll, so muss der eingetretei Sauerstofi" fortwährend wieder verschwinden und die ausgeschiedei CO2 ebenfalls wieder ersetzt werden, denn sonst würde das Bli bald vollkommen frei von CO2 und statt dessen bis zur SättiguD mit 0 beladen sein, womit denn der Gasaustausch zwischen Ln und Blut sein Ende erreicht hätte. H

Beides, die Neubildung von CO2 und das Verschwinden vo 0, geschieht nun in der Regel durch die sogen, thierische Ve brennung. Hierunter versteht man aber einen Vorgang, bei welchei die organischen Atome des thierischen Körpers mit Hülfe des sa der Luft aufgenommenen Sauerstoffs umgewandelt werden in C0s N, HO und in die festen organischen Bestandtheile des. Harns um Schweisses. Von der Lebhaftigkeit dieser Oxydation hängt es also in letzten Ende ab, welchen Umfang der Gasaustausch auf den Athmungs

1

lieber den Gewinn und Verlust des Blutes an Gasen.

471

I liehen uuter sonst günstigen Umständen annehmen kann. Betrach- ci man nun dieselbe mit Rücksicht auf die Grösse des Gasstromes? len sie einleitet, so ist bald Zweierlei ersichtlich; zuerst, dass die ilenge des in der Zeiteinheit hin- und hergeführten Gases sich mit lern Verlauf der Umstände bedeutend ändert, und zweitens, dass 'ir gleiche Mengen eingebrachten Sauerstoffs sehr ungleiche Mengen •on CO2 ausgeführt werden.

Was zuerst den letztern Punkt anlangt, so ist aus der che- uischen Zusammensetzung der verbrennlichen Atome einleuchtend, lass 100 Vol.-Th. Sauerstoff, die zum Verbrennen von Zucker be- mtzt werden, wieder 100 Vol.-Th. CO2 liefern, während aus ihnen mr etwa 70 Vol. CO2 enstanden wären, wenn sie Tristearin oxy- t. lirt hätten. Denn der Zucker (Ci2Hi2 0i2) besitzt bekanntlich ge- ;iug 0, um allen seinen H vollkommen zu Wasser zu verbrennen, ivährend bei der Verbrennung des Tristearin's (Ciu H104 O12) immer . loch ein grosser Theil des atmosphärischen Sauerstoffs zur Oxy- dation des Wassers verwandt werden muss.

Wie bei der Umsetzung des Fettes mehr 0 eingenommen war, als in der ausgeschiedenen CO2 von diesem Element enthalten, ist, ;o könnte möglicher Weise auch in beschränkten Zeiträumen mehr /JO2 ausgeschieden werden, als Sauerstoff absorbirt war. Denn es '.verfallen die thierischen Atome, so weit wir wissen, nicht beim irsten Angriff in CO2, HO u. s. w. , sondern vorerst in noch ver- i,nckeltere Verbindungen; zur Herstellung derselben ist Sauerstoff uöthig, welcher der CO2 -Bildung erst dann zu Gute kommt, wenn !:lie genannten Spaltungsprodukte vollkommen verbrennen; also ist iler Sauerstoff, der schon früher aufgenommen wurde, erst später mit der CO2 wieder fortgegangen. Aehnlich kann auch die Ver- änderlichkeit der Reaktion einzelner Gewebe, wie namentlich der so sehr verbreiteten Muskeln , wirken. Denn wenn die saure Reak- tion durch das eintretende Uebergewicht einfachkohlensauren oder basischphosphorsauren Natrons in das basische überschlägt, so muss ein Theil der damals in den Muskeln gebildeten CO2 zurück- halten werden, welcher erst dann, wenn die saure Reaktion lederkehrt, ausgetrieben wird. Dieses Ueberwiegen des ausgeschie- denen CO2- Volums über das eingeführte 0 kann aber immer nur auf kurze, niemals auf längere Zeit bestehen. Denn wir ge- messen in der Regel keine sauerstoffhaltigere Nahrung als den Zucker, und diesen niemals Mllein, sondern gemischt mit andern, viel sauerstoffärmeren Verbindungen. Bei der Verbrennung des

472

Innere Respiration.

Zuckers, ist, wie schon erwähnt, das Volumen der gehildeten COH gerade dem des verbrauchten Sauerstoffs gleich; bei der VerbreiH nung aller andern Atome ist aber immer das erstere kleiner afl das letztere. Weil nun im Lebenden Zucker, Fette und AlbumiB zugleich verbrannt werden, so muss auch ein grösseres VolumeB an Sauerstoff ein-, als an CO2 ausgeathmet werden. m

Mehr noch als das Verhältniss zwischen aus- und eingehende^ Gasen ändert sich der Gesammtverkehr derselben in der ZeiteiJ heit. Denn die thierische Verbrennung geht nicht zu allen ZeiteÄ gleich lebhaft vor sich; dieses ergiebt sich schon daraus, dasi nicht in jeder Zeiteinheit des Tags gleichviel Wärme und gleich vieB Harnstoff entsteht, zwei Produkte, die unzweifelhaft eine Folg« der thierischen Verbrennung sind. Der letzte Grund dieser YsM riation ist darin zu suchen, dass die Oxydation nicht so langÄ gleichmässig fortschreitet, als 0 und brennbare Stoffe vorbände« sind, sondern dass die Blut- oder Organbestandtheile erst eine« Vorbereitung bedürfen , bevor sie den Angriffen des O's zugängi J sind. Diese wird ihnen aber zu Theil entweder in Folge der Teml peratur der Luft oder einer veränderten Mischung unserer SäfteJ z. B. nach der Nahrungsaufnahme, oder auch durch die Erregungl der Nerven, Muskeln, Drtisen, wobei wahrscheinlich eine Spaltung! von chemisch trägen in leicht veränderliche Atome eintritt. !|

Zwischen dem Gasverkehr auf den Athemflächen und der Um- setzung der Gase in der thierischen Oxydation liegt aber noch einji Vorgang in der Mitte, den man als die innere Kespiration be-[ zeichnen könnte. Ihm fällt die Aufgabe zu, den 0 aus dem Blute an den Ort der Verbrennung, und umgekehrt, die bei der letztem gebildeten Gase in die Blutflüssigkeit zurückzuführen. Da wir nun aber nicht einmal mit Sicherheit den Ort kennen, wo die Verbren- nung geschieht, so können wii* auch nicht den Mangel an empi- rischen Daten ersetzen durch Ableitungen aus bekannten Eigen- schaften der hier in Betracht kommenden Flüssigkeiten und Gase. Wir wissen nur so viel mit Sicherheit, dass das mit 0 durchtränkte Blut sehr viel länger hellroth, d. h. sauerstoffreich bleibt, wenn es für sich bei der Temperatur des thierischen Körpers aufgehoben wird, als wenn es durch die Capillaren des lebenden oder des so eben getödteten Thiers läuft. Also begünstigt die Berührung des Blutes mit den Wandungen der Capillaren beziehungsweise mit den sie umgebenden Flüssigkeiten und Geweben, die Umwandlung des. 0- Stoffs. Ob nun aber aus den Capillaren der Sauerstoff in die

Wo wird die CO« gebildet? 473

ijvehe tritt, dort CO) bildet und dann erst wieder in das Blut (iekkehrt, oder ob sich der 0- Stoff in den Capillaren in Ozon

. wandelt oder ob leicht oxydable Körper aus den Geweben durcb * Capillarenwand in das Blut übertreten , die sich dort sogleich ' 0- Stoff verbinden, ist vollkommen unbekannt. Hier ist also ih ein ganz neuer Abschnitt der Athmungslehre zu schaffen.

Einige wenige Thatsachen, die sich auf die innere Athmung beziehen, sollen hier immengestellt werden, mehr um Fragen aufzuwerfen, als zu lösen. Ausgeschnittene, (creie , noch reizbare Muskeln fahren fort , CO» zu bilden , wenn sie in einer sauer- taaltigen Atmosphäre aufgehängt sind. Daraus könnte man schliessen , dass der «el auch ohne Zuthun des Blutes verbrennt , oder mit Eücksicht auf das Vor- itnde, dass der Ort, an dem die COj gebildet wird, in dem Muskel und nicht in in Blutgefässen zu suchen ist. Da ferner die Muskeln und Nerven nur so lange car sein sollen , als sie freien 0 enthalten , so müsste man auf die Anwesenheit des nm, also auch auf die COa-Bildung in Nerv und Muskel schliessen aus einer KBohtung von Set'schenow. Diese besteht darin, dass Thiere noch Athem- fgungen und Herzschläge . erkerinen lassen , wenn selbst ihr Blut vollkommen frei 'rardunstbarem 0 ist. Diese Thatsache würde unter der obigen Voraussetzung noch »anz besondern Betrachtungen Veranlassung geben über das Verhältniss der Ver- ctschaften der Muskelstoffe und der Blutkörperchen zu freiem Sauerstoff. Aber >;enaueres Eingehen in den Gegenstand erscheint nicht gerathen , so lange die ifjchtung von Bernard aufrecht steht, dass das Blut, welches aus den Venen der ädernden Speicheldrüse hellroth zurückkommt, sehr viel rascher dunkelt, als das feile, vorausgesetzt, dass beide bei gleicher Temperatur aufbewahrt wurden. Denn

Thatsache verlangt im Gegensatz zu den frühem die Annahme, dass ein leicht (lannlicher Stoff dem Blute in der Drüse beigemengt wurde.

' Wenn die COj in den Geweben gebildet wird und von dort in das Blut tritt, •MS die Spannung der CO2 in der erstem grösser als in der letztern sein. Da tiinn aber Grund haben zu vermuthen , dass der Absorptionscoeffizient für CO2 in Gewebsflüssigkeit und im Blut derselbe ist (vom Harn wissen wir dieses gewiss durch

ier), so müsste demnach auch der Gehalt an freier CO2 in den Gewebsflüssig-

i höher als im Blut sein, insofern das Gas von dort hierher treten sollte. In-

1 man den Ham als einen Gewebesaft der Niere ansieht, müsste also auch dasselbe i'in gelten. Dieses scheint aber wenigstens nach den Beobachtungen von Planer

12) nicht der Fall zu sein, da er unter Umständen nur 4,4 pCt. COa in dem Ham d. h. so wenig, wie noch niemals im arteriellen Blut beobachtet wurde. iMit der Zeit und mit den Gewebsarten ändert sich das Sauerstoffbedürfniss.

8 ist eine Thatsaehe , die sieh vor Allem aus der chemischen Zusammensetzung, 'Värmebildung und der physiologischen Arbeit verschiedener Gewebe ergiebt. ' Zahlcnwerthe für den 0 -Verbrauch in den verschiedenen Geweben würde man i'üch finden , wenn man die Blutmengo kennte , welche ein Gewebe in der mitt- ' Zeiteinheit durchsetzte, und den mittlem Sauerstoft'gehalt des venösen und

eilen Blutes. Zu einer proportionalen Messung dos Sauorstoff'verbrauchs in der •nheit würde die Bestimmung des Saucrstoffgchnltes zweier Venonblutartcn genügen,

oit gleicher Geschwindigkeit durch ihre zugehörigen Capillaren gegangen sind, 'War darum, weil man voraussetzen darf, dass das artoriollo Blut überall und zu

474:

Berührung clor Luft inner- und aussorhall) des Blutes.

allen Zeiten ungefähr gleichviel Sauerstoff mitbrachte. Bestände die Bodn gleicher Geschwindigkeit und enthielten die verglichenen Venenblutartcn gleic Körporchon, so würde man zu dem vorgesetzten Ziel auch dadurch gelangen, man, statt den Sauerstoffgelialt der verschiedenen Venenblutarten zu messen, mittclte, wie weit eine jede Art der letztern von ihrer vollkommenen Sättigung 0 entfernt wäre; es würde offenbar der SauerstoftVcrbrauch auf einer beliebigen um so grösser gewesen sein, je mehr Sauerstoff dem aus ihr hervortretenden wieder zugesetzt werden müsste, um dasselbe vollkommen mit jenem Gas zu sättigt Gl. Bernard hat einige der zuletzt erwähnten Bestimmungen ausgeführt und fol( Zahlen erhalten:

100 Volum Blut bedurften zur vollen Sättigung

aus Volumina 0

der Pfortader . . . 23,0 Vol. 19,3 Vol. 30,0 Vol. dem rechten Herzen . 21,0 17,6 21,1 der vena jugul. . . . 16,0 14,0 16,6 Diese Zahlen sagen natürlich nichts aus über den relativen 0 -Verbrauch ii Darm- und Kopfgefässen , da weder der Umfang und die Geschwindigkeit des Stroms in ihnen, noch auch der Körperchengehalt jener Blutarten bekannt isl Einen andern ähnlichen Versuch hat Bernard angestellt, in welchem er bestii wie riel 0 zur Sättigung das Blut in der vena jugularis brauche, bevor und währenc nerv, syrapathicus gereizt war, also je nachdem Blut sich kürzer oder länger in denCapil! aufgehalten hatte. 100 Theile Blut, welches ausströmte, bevor der Nerv gereizt wurde durften 5,7 Vol. 0; das, welches ausfloss, während der Nerv gereizt wurde, verlangte 7,' Wenn nun einmal das verschiedene Sauorstoflfbedürfniss in verschiedenen 2l und Orten feststeht, so ist es auch nothwendig, dass die Geschwindigkeit undi Ausbreitung des Blutstroms und namentlich seiner Körperchen mit jenen Umstä wechsele, damit immer den veränderlichen Anforderungen genügt wird. Hierfür Ii wir nun zahlreiche Andeutungen , indem die Drüsenadern während ihrer Absende: und die Muskeln nach ihrer Zusammenziehung von mehr Blut durchsti'ömt werde sonst; ferner darin, dass das Blut der vena portar. reicher an Körperchen ist, all der V. jugularis u. s. w. Mit Rücksicht auf diese i'rage verdient der Blutstrom eine genauere Untersuchung.

Wir brauclien kaum zu erwähnen, dass das abdunstende Wa mit den Speisen geradewegs wieder eingefülirt wird, dass es i auch, zum freilich geringsten Theil, durch Oxydation wassera haltiger Atomcomplexe entsteht.

Berührung zwischen den Luftärten der Erd- i Blutatmosphäre.

Die Geschwindigkeit und der Umfang des Austausches Gasarten hängt, alles Andere gleichgesetzt, ab von der Fläche, welcher, und von der Zeit, während welcher die Berührung schiebt. Der Einfluss der ersten Bedingungen bedarf gar ke Erwägung ; rüeksichtlich des letzteren erwähnen wir dagegen, i es zur Unterhaltung der Athmung keineswegs genügt, Luft' Blut überhaupt in Berlihrung zu halten, sondern dass ftir ei

Uerülirung der Luft innor- und ausserhalb dos Blutes. 475

(^ebenen und constanten 0- und COa-Gehalt des Luftkreises und Gewebsflüssigkeiten das mögliche Maximum in der Austau- jinngsgesch windigkeit der Gase nur dann zu erreichen ist, wenn

in Berührung befindlichen Theile des Bhites und der Luft mög- est genau so viel und so wenig 0 und CO2 besitzen, als einer- »s die Flüssigkeit der Gewebe, aus denen das Blut hervorging, l anderseits die nicht mit dem Körper in Bertihung stehende, ►p. nicht in seinen Höhlungen eingefangene Luft. Diese Be- rgung ist aber nur dann befriedigt, wenn ein möglichst rascher tt- und Gaswechsel eingeleitet wird, wenn also das Blut aus I Athemflächen , mit Sauerstoff geschwängert, rasch durch die ■2-Region dringt und von dort, bevor noch sein Sauerstofifgehalt iächtlich gesunken , wie derin eine möglichst rein eatmosphärische Ii zurückeilt. Venveilen dieselben Bluttheilchen längere Zeit (demselben Orte in den Geweben, so wdrd der Unterschied der sarten des Blutes und der Gewebe sich ausgleichen und damit bh der Gasstrom zwischen beiden Lokalitäten immer langsamer fden. Dasselbe gilt natürlich auch für den Gasstrom zVischen n Blut und der Luft, wenn der Antheil dieser letztern, welcher .Athmungsflächen berührt, nicht im Wechsel begriffen ist ; daraus i;em wir, dass mit der Geschwindigkeit des Blutstroms, der der e.emzüge und der die äussere Körperoberfläche berührenden Winde l'h die Geschwindigkeit des Gasaustausches wächst.

Von dem hier berührten Prinzip macht der Athmungsmechanis- 16 jedesmal Gebrauch, wenn das Blut mit CO2 überladen ist; die sstbewegungen folgen rasch aufeinander; er benutzt es ferner, lim lokale Nöthigungen zu grösserem Sauerstoffverbrauch ein- fen; dann wird, wie in den Speicheldrüsen während der :retion u. s. w., der Blutstrom durch den thätigern Ort leb- tter. Die uothwendige Folge dieses vermehrten Zuströmens 1 Luft oder Blut ist die, dass der prozentische Gehalt an CO2 ider abströmenden Flüssigkeit geringer wird, obwohl die Summe

in der Zeiteinheit ausgeführten COa-Menge gemehrt ist. Der md für das Letztere liegt darin, dass die Geschwindigkeit des

1- oder Blutstroms mehr gewachsen ist, als die des ausführenden

2- Stroms.

Die Absorptionsfähigkeit des Blutes. _ Diese greift endlich als eine allgemeine Bedingung in die imung ein, weil das Blut die Uebertragung des Sauerstoffs aus

Luft in die Gewebe und diejenige der Kohlensäure in der um-

476

Absorptionsfiihigkdit des Blutes nach iSctschenow und Fernet.

gekehrten Richtung vermittelt. Die Mittheilungen Uber Absorpli fähigkeit des Blutes (p. 13 und 26 d. Bd.) sind noch weseni von Setschenow*) vervollständigt. 1) Aus arteriellem Blut ig wickelt ein neues Abscheidungsverfahren der Gase mehr SauerBjl als man bisher daraus erhalten. Der möglichen Erklärung, cl dieses Sau erstoif- Mehr abhängig sei von einem reichlichen Gern des Blutes an Körperchen, kann entgegnet werden, dass jedesiB wenn Blut aus der gleichnamigen Arterie verschiedener IndividÄ derselben Thiergattung untersucht wurde, es mit dem neuen « fahren mehr 0 gab als mit dem alten. 2) Das Blut enthält ml CO2 als man bisher glaubte, insbesondere aber' gilt dieses für Verhältnisszahl zwischen der verdunstbaren und der chemisch bundenen, d. h. der nur durch fixe Säuren austreibbaren CO2; d( während es bisher galt, dass das Maass gebundener CO-2 etwa ; das vier- bis sechsfache grösser sei als das der verdunstbaren, stej sich umgekehrt heraus, dass auf 10 Theile freie 1 Theil gebundi kommt. Also enthält auch das Blut der Hunde jedenfalls nur wenig liohlensaures Natron. Da aber nach Meyer ein Tl der verdunstbaren CO2 in einer Salz Verbindung enthalten ist, bleibt zur Herstellung einer solchen nur noch das HO, 2NaOI übrig, welches nach Fernet bei Gegenwart überschüssiger ( für je 1 Atom Salz 2 Atome CO2 aufnehmen kann; daraus wlii man folgern müssen, dass der nicht zusammendrückbare Antl der verdunstungsfähigeu CO2 vorzugsweise an den Bhitkörpercl hafte , da diese vorzüglich die phosphorsauren Natronsalze enthali sollen. Dieser Folgerung sind die Beobachtungen von -Fern et' über die freie CO2 des Serums und des Gesammtblutes vom Oehf nicht günstig, aber sie widerlegen sie auch nicht; denn er fsu dass gleiche Maasse von Serum und von Gcsammtblut ungefS ebensoviel CO2 im strengen "Wortsinn absorbiren, wie das Wa8S( der anderweitig gebundene Antheil der freien CO2 war im Gesami blut nur um ein weniges grösser als im Serum. 3) Das ( sammtblut enthält etwas mehr N- Gas als ein gleich grosses Wasßl volum absorbiren kann. ' |

Nach den Beobachtungen von Setschenow gewinnt ml aus 100 Theilen arteriellen Hundebluts im Mittel Vol. 0 = I5,7l Vol. N = 1,19; Vol. freie CO2 = 29,46; Vol. gebundene CO2 = 2,4| Die Gase sind auf 0" und 1 Meter Hg-Druck berechnet. .

») Wiener akart. Sitzungsberichte XXXVI. 293 .

'*) Annales tlcs sclences naturelles. Tom. VlU. 1867.

Methode der Gasgewinnung von C. Ludwig.

477

Nach Fern et bedürfen 100 Theile gasfreien Serums oder Bluts Rindes folgende Gasmengen zur vollen Sättigung:

Luperatur mm . . . t . . . .

0

absorbirt, anderw. gbdn.

16,80 C.

2,9

0,1

CO2

absorbirt, anderw. gbdn.

16,0» C. 98,9 47,1 96,4 49,1

N

15,8" C. 1,41

Fig. 58.

2,9 9,5

Die Gase sind auf 760 Millimeter Druck und 0" C. berechnet. Nach Setschenow absorbiren 100 Theile gasfreien Bluts des ödes 18,87 Vol. 0.

Das Verfahren, welches Setschenow benutzte, um aus dem frischen Blut die zu gewinnen, gründet sich auf die Anwendung der Toriz eUi'schen Leere; der ■jst ist von C. Ludwig construirt; er ist laatisch in Fig. 58 dargestellt. Er besteht hinem U-förmigen Eohr ABB, welches bei ( C D offen ist. Auf die Oeffnung bei A ist üurch eine Klemme verschliessbares Kautschuk- ■f gesetzt ; aus B geht hervor ein senkrechtes, 800 MM. langes Glasrohr B F, dessen untere liung F ebenfalls mit einem verschliessbaren ochukrohr versehen ist; das Ende F taucht a mit Quecksüber gefülltes Gefäss. An der ong C sitzt mittelst Kautschuk der Blut- tter. Auch diese Kautschukverbindung ist i eine Klemme verschliessbar. Auf der Mün- jD endlich sitzt mittelst Kautschuk und »me ein oben' geschlossenes und graduirtes airohr. Zur Ausführung des Versuchs wird t das Blutgefäss gefüllt, und zwar aus der des Thieres unter Quecksilber mit Ausschluss Luft; nachdem sein Kautschukansatz unter «über durch die Kiemrae geschlossen ist, es an C gesetzt. Darauf werden alle Rohrs .uftfreiem Quecksilber gefüllt , während die me bei F geschlossen ist, und hierauf werden andern Klemmen geschlossen und die bei F '■ Quecksilber geöffnet. Indem dieses letztere esst, entsteht zwischen G und B ein luftleerer ; ist das Quecksilber unter die Mündung C Igt, so wird F wieder geschlossen und die une bei ü geöffnet und das Blut in einem »erbad von 40 "bis 50 " C. erwärmt. Augen- ich kocht das Blut in dem luftleeren Räume, nan dieses Kochen einige Zeit unterhalten, hliesst man wieder C, füllt durch A Queck- ' nach und presst somit das in dem Räume

478

Veränderungen der Absorptionsfähigkeit des Blutes.

C J) enthaltene Gas zusammen. Wenn es nahezu auf die normale barometrischift ; nung gekommen , ööuet man die Klemme bei D, worauf das Gas in das Sammt übertritt. Nachdem man L geschlossen , wiederholt man den Versuch, und zw oft, bis man aus dem Blut keine Luft mehr erhalten kann.

Pernet nimmt an, dass das von ihm zu Absorptionsbeohachtungen benutzte an Prozenten enthalten habe: 0,25 NaO CO2 und 0,03 2NaOP05. 100 Theilc auf "Weise zusammengesetzte Lösung absorbiren unabhängig vom Druck 47,1 Vol. COj nahe zusammentrifft mit der von ihm am Serum wirklich beobachteten Zahl ; Unterstellung gilt aber nicht für das von Setschenow untersuchte Blut, w( seiner geringen Menge fixirter CO2 nach noch nicht 0,01 pCt. NaCOj enthalten k( Da das Blutserum ebenfalls ein wenig 0 unabhängig vom Druck absorbirt, was Lösung der Blutsalze nicht thut , so glaubt F e r n e t den Eiweisskörpcrn des S( eine Verwandtschaft zum Sauerstoff zuschreiben zu müssen. War das von ihn gewendete Serum frei von Blut- und Lymphkörperchen ? Auf die abweid Eigenschaft des Blutes , so viel CO2 und 0 im wahren Wortsinn zu absorbirei besonders aufmerksam zu machen. 100 Vol. Th. .Blut (von 1055 spez. Gew. und 8( Wasser) enthalten nur etwa 84 Vol. Th. Wasser und absorbiren doch so viel wie 10 Wasser; entweder erhöhen also die Eiweisskörper den Absorptionscoeffizienten desWa oder sie verhalten sich^im flüssigen Zustande selbst wie Wasser. Die NaCl-Ai rungcn, welche dem gesunden Blut eigen sind, scheinen keinen Einfluss auf' Absorption zu üben , was trotz der gegenthoiligen Versicherungen aus F e r n I Beobachtungen hervorzugehen scheint. 1

Ganz besonders müssto noch untersucht werden, wie sich die Geschwindig mit welcher die COj das Blut vcrlässt, änderte mit dem variablen Unterschied de Blut absorbirten und der in der darüber stehenden Luft enthaltenen COj-M Namentlich wäre es wissenswürdig, wie tief der COj-Druck der Umgebung gest sein muss , bis die vom phosphorsauren Nati'on aufgenommene COj entlassen werden

Untevsueliungen über Veränderungen der Absorptionsfällig und ihren Einfluss auf die Atbmung liegen nicht vor. Voraussi lieh wird mit der Abnahme der rothen Körperchen der Sauersi austausch beschränkt (Aderlass, Bleichsucht, Leukämie?). das Serum zwischen dem Sauerstoff der Gewebe oder 4 der Luft und demjenigen der Blutkörperchen den Vermittler sp so müssen Veränderungen in seiner Zusammensetzung, welche Aufnahme des Sauerstoffs beeinflussen, auch die Geschwindig fernerer Uebertragung von und zu den Körperchen bestimmen. Für den Austausch der CO2 dürfte ihr in der Flüssigkeit gelö Antheil genügen, und noch mehr, er dürfte sich allein an demsel betheiligen. Einen teleologischen Beweis könnte man dafür fin wollen in der Leichtigkeit, mit welcher das Na02C02 und 2NaO in den Harn tibergehen ; noch mehr dürfte die Ueberlegung me^ dass die an die Salze gebundene CO2 erst dann austreten ks wenn die leichter gebundene und absorbirte erschöpft ist; wii'd aber niemals eintreten. Von Wichtigkeit füi' die innere i

I

Besondere Athemwerkzeuge ; Lungonatlimung ; Lüftungswerkzouge. 479

Ii;; könneu die Salzverbinduugen dann werden, wenn plötzlich CO) entsteht. Dann entlasten sie die Gewebe von der freiem

misch wirksamem CO2. Besondere, Athemwerkzeuge.

Rlicksichtlich des in den Vordergrund gestellten Gasaustausches iilen sich die Athenrorgane durch die Ausbreitung der Bertih- usHächen zwischen Luft und Blut, durch die chemische Zu- iinensetzung und die Mächtigkeit der flüssigen Schicht, welche lUut, resp. dessen Körperchen von der Luft trennt, und end- liirch die Geschwindigkeit des Blut- und Luftwechsels in den iLuflächen.

A. Lungenathmung.

Die an ihr betheiligten Werkzeuge zerfallen wir in lüftende l luft verändernde ; zu den ersteren gehören Brust- und Bauch- ladungen, Nase, MundöfFuung, Kehlkopf, Luftröhre bis in ihre Jisten Verzweigungen. Zu den letzteren zählen wir die Häute

Lungenbläschen und der Blutgefässe, welche auf und in den ttern liegen, und die Flüssigkeiten, welche diese Häute durch- laken oder von diesen umschlossen sind.

Ltiftungs Werkzeuge.

Da wir schon zu wiederholten Malen auf diese Organe die imerksamkeit gelenkt haben, so heben wir hier nur noch die uiehungen derselben zum Luftstrom in den Lungen hervor.

1. lieber die Mittel, welche den Luftstrom erzeugen*). Der rtwechsel innerhalb der Lungen wird dadurch bewerkstelligt, dass

Wandungen des Brustkastens, indem sie sich ausdehnen und sammcnziehen, das Volum der Brusthöhle mindern (Exspiration) i'-r mehren (Inspu-ation). Bei dem gesunden Menschen ist aber :e Veränderung in dem Durchmesser der Brust gleichbedeutend

derjenigen der Lungenhöhle, weil die äussern Oberflächen der liht ausdehnbaren Lungen innig angeschlossen sind an die Innern '-chen der Brustwand und den Bewegungen dieser Folge leisten issen. Da dieser Anschluss aber nur so lange besteht, als die urahöhle luftleer ist, so kann er nur abhängig sein von dem ack , welchen die Luft in dem Binnenraum der Lunge gegen die

•) T r a u b e , in dessen Beitrügen siur cxperlinentnl. Pothologte. 1810. !)1. II u t c h 1 n s 0 n , opaedia by Todd. IV. Bd. ITiorax. Beau etMaissiat, Archiv, gdntfr. D(Sc. 1842. »»ner, dessen Jahresbericht tUr 1856. p. 485 (Helmholtz) und fiir 1857. 501. Srb, ner med. Woehensclirift. .Januar 1859. IT e nie, Anatomie des Menschen eto. Brauusclnveig —68. Arnold, I'hyslolögische Atistalt zu Heidelberg. 1858. 140.

480

Einzieliung der Luft in die Lunge.

ausdehnbaren Lungenliäute ausübt, ein Druck, der im nonn;i Zustand kein Gegengewicht in dem Pleurasack findet. Demii können wir bis auf Weiteres fingiren, die äuseern Lungen- i die innern Brustflächen seien mit einander verwachsen, welches dem oft genug wirklich vorkommt. Unter dieser Voraussetz; leuchtet ein, dass bei einer jeden Erweiterung der Brusthöhle Luftstrom in die Lungen gehen muss, so lange ihr Hohlraum die Atmosphäre in offener Verbindung stehen. Denn mit der Weiterung der Brusthöhle wird auch die in ihr enthaltene Luft dünnt, so dass sie nicht mehr im Stande ist, dem Druck deri mosphärischen das Gleichgewicht zu halten; der Strom wird a so lange andauern, bis die Spannung der Luft inner- und ausf halb der Lungen wieder gleich geworden ist. ümgekehi-t m aber ein Luftsti-om aus den Lungen dringen, wenn der Brustra verengert wird. Es ist, wie man danach sieht, der Apparat Einleitung des Luftwechsels ganz nach dem Grundsatze eines wohnlichen Blasebalgs gebaut.

Zu den Umständen, welche den Brustkasten erweitern, also die E athmung einleiten, gehören die Zusammenziehungen des Zwerchfells,! mm. scaleni, intercostales externi, beziehungsweise interni, levatores starum, serrati postici superiores, sternocleidomastoidei, pectorales : nores, serrati antici majores (?), und endlich der Wirbelsäulstrecker, a) Die Wirbelsäulstrecker sind, wenn man sich so ausdilicken dj weniger von dü'ekter als indirekter Bedeutung; eine Streckung u Beugung der Wirbelsäule ändert zwar, aber keineswegs in eil hervorragenden Weise die Räumlichkeiten der Brusthöhle ; sie üti dagegen einen bedeutenden Eiufluss auf den Umfang, den die '. wegungen der Rippen gewinnen können. Nach Hutchinsjj ist bei gestreckter Wii'belsäule das Luftvolum, welches durch ^1 Maximum der Brusterweiterung und Verengerung eingezogen 01 ausgestossen werden kann, am grössten und in der That streckl wir uns auch unwillkührlich, wenn wir möglichst tief einathml wollen. b) Bei der Zusammenziehung des Zwerchfells flachjj sich die gewöhnlich an den Rippen unmittelbar anliegenden (Doli ders) rothen Seitentheile des Zwerchfellgewölbes ab und steig in die Bauchhöhle hinunter, während die mit dem Herzen in Vi bindung stehenden Abschnitte des centr. tendineum ihre Lagen l haupten (Hyrtl). Der Bogen, den ein von rechts nach lin durch das Zwerchfell geführter Schnitt während der Ruhe desselbi darstellt, flacht sich also ab und nähert sich einem Winkel, dess<

Einziehung der Luft ; Wirkung der m. intercostales.

481

pgestumpfte Spitze unter dem Herzen liegt. Der Brustraum wii*d emnach dadurch erweitert , dass er sich an seinem breitesten iJieil verlängert. c) Um die Wii-kung der viel besprochenen

intercostales ersichtlich zu machen, ist es nothwendig sich zu ■innern, dass die Rippe sich nur um eine annähernd horizontale iihse drehen kann , welche von innen und vorn schief nach hinten ad aussen läuft; die Richtung derselben ändert sich von Rippe ! Rippe und zwar so, dass der Winkel, den sie mit der Stirn ebene idet, um so spitzer ist, je höher die Rippe liegt, so dass er sich

den untern einem rechten nähert. Daraus folgt, dass, wenn i Rippe sich aus ihrer gesenkten Lage erhebt, sich zugleich der ihrer Punkte nach aussen bewegt, und dass für gleichen bbungswinkel die Auswärtsbeugung um so grösser sein wird, je ifer unten die bewegte Rippe liegt. Erfahrungsgemäss werden 5 Rippen bei der Einathmung gehoben, und zwarnur so weit, jss jeder Zwischenrippenraum sich vergrössert, hiezu wirken, je ebenfalls die Erfahrung lehrt, die Intercostalmuskelu ins- wondere bei kräftigen Athemzügen mit. Insoweit aber das Iben von den m. intercostales ausgeführt werden soll, kann es rr geschehen an den knöchernen Rippentheilen durch die inter- ifltales externl und an den knorpeligen durch die intercostales ierni (Hamberger).

Um dieses einzusehen, betrachte man Fig. 59 eine beliebige Intercostalfaser als Diagonale eines Parallelogramms, dessen Seiten gegeben sind durch die [»penstücke a b und d c , nämlich , welche abge- ritten werden durch die «den a d und b c, wel- Tom obem , resp. untern »atzpunkt der Fasern aus- ran. Gesetzt nun, es seien Eippen a b und d c Idei gesenkten (ruhenden), und c ^ in der er- lenBn Lage , so ergiebt so- .'ch die Anschauung , dass i der Richtung a c entspre- ide Diagonale sich verkürzt, die entgegengesetzte sich Bilängcrt hat. Da nun

B : bekanntermaasscn der Muskel, wenn er sich zusammenzieht, seine Ansatzpunkte I nähern kann, so wird der musc. extern, die Kippen nur erheben, der rausc. Bsrn. aber, so weit er auf dem knöchernen Rippentheil entspringt, die Rippe nur

Laclwig, riiyniologio II. 2. Aunage.

482 Gleichzeitige Zusammenziehung fler mm, intercnst. interni und extcmi.

senken können. Die zuletzt genannte Muskelabtheilung wtirdenur dann hebend wii können, wenn, wie Meissner voraussetzt, sich während der Drehung der ui Ansatzpunkt des m. intercost. intern, vor den obern schöbe, so dass er in der J den Verlauf eines extern, annähme.

Eine andere Frage ist die, ob sich während der Einathmi die an den knöchernen Rippen vorhandenen m. interco,^ales ext« nicht ebenfalls zusammenziehen, und welcher Erfolg daraus hen gehe. Das Bestehen der Zusammenziehung hat man aus verscl denen Gründen behauptet. Der vornehmste darunter ist hergenomn aus der Beobachtung, dass sich bei der Einathmung die Zwisch rippenräume nicht gegen die Brusthöhle einziehen (?). Die mlissten sie aber, wenn ihre Wände nicht gesteift wären; mit folg kann diese Steifung aber nur durch die gleichzeitige Zusamm Ziehung der Faserkreuzung (der musc. externi und intenii) schehen (Henle). Die Annahme, dass die Steifung wirklich die genannte Weise stattfindet, erhält ihre Bekräftigung dadur dass die senkend wirkenden intercostales da fehlen, wo andi Muskeln die Brustwaud verstärken, und dass sie gleichzeitig i den m. externi, und zwar beide in kräftiger Ausbildung, gefund werden in den häufig vorkommenden Rippenfenstern, welche, vj sie rings von Knochen umgeben sind , gar keine VeVänderung ih Durchmessers zulassen. Wären die Muskeln während des Leb4 dort nicht öfter in wirksame Zusaramenziehung versetzt, so wä| sie wohl atrophirt (Srb).

Ziehen sich die mm. intercostales intern. , welche von den knöchernen Rip entspringen, gleichzeitig mit den m. extern, zusammen, so müssen sie die hebe* Wirkung der letztern mindern. Dieser nicht wegzuläugnende Widerspruch sollte n durch gemildert werden, dass man annahm, es werde jede Rippe nicht durch die j| zukommenden, sondern durch die der nächst höher gelegenen Rippen, uiid an letw Stelle durch die m. scaleni gehoben (M e issn er). Diese Annahme ist widerlegt ddft die bekannte Erfahrung , dass sich die unteren Rippen noch heben , wenn sie diA einen Querschnitt der Brust von den höheren getrennt sind.— Arnold hat beobachM' dass sich bei Hunden und Kaninchen einzelne Zwischenrippenräume während der athmung verengern. Hier waren also sicher die nun. interni gleichzeitig in ThätigaP

Aus dem Vorhergehenden versteht es sich von selbst, d^J der untere Rand der erhobenen Rippe sich weiter nach v(i stellen muss, und nicht minder, dass bei tiefer Inspiration unteren Rippen stark nach auswärts treten müssen. Für d Gewinnen von Raum leuchtet es als Vortheil ein, dass der Bru theil, welcher durch das Zwerchfell verlängert, zugleich durch ^ A Rippen ansehnlich verbreitert werden kann. Dass diese letzte!«

Ausstossimg der Luft; Elastizität der Lungen.

483

scheinung- auf einer Eigenschaft der Rippenbewegung an und r sich und nicht von den durch das Zwerchfell gepressten Ein- «weiden abhängt, ergiebt sich daraus, dass sie auch nach geöflFneter hterleibshöhle beobachtet' wird (Duchenne). d) M. scaleni, »atores costarum, serratus posticus, sternocleidomastoideus wirken »f'h bekannter Weise. e) Die Eumpfschulterblatt- und Rumpf- rnmuskeln können erst nach Feststellung des Schulterblattes und aines für die Auseinanderziehung des Thorax wirksam werden; nn könnte darum geneigt sein, ihnen hierbei eine Rolle zu tibertragen, ]Qwü- bei tiefen und namentlich krampfhaften Inspirationen Arm und ittulterblatt durch Anstemmen des Arms feststellen. Aber auch lan sollen, wie der Verlauf beweist, nur die drei obern Zacken

serratus anticus major rippenhebend wirken können (Cöster).

' iTihigen Einathmen betheiligen sich die genannten Muskeln fviss nicht.

Die Zusammenpressung der Brusthöhle wird bedingt durch die «tischen Kräfte der Brust-, der Lungen- oder Bauchwand und Danninhalts und durch die Zusammenziehungen der mm. inter- iales interni, so weit sie vom Knochen entspringen, mm. trans- ms und obliqui abdominis, seiTati postici inferiores, sternocostalis der Beuger der Wirbelsäule, vor Allem des rectus abdominis. iSchon früher (p. 144) wurde erwähnt, däss die Wandungen der iBnden Lungen durch den auf ihre inneren Flächen wirkenden Luft- !:)k immer ausgedehnt sind. Dieses wird einfach dadurch bewiesen, ij die Lungen auf einen kleineren Umfang zusammenfallen , wenn II während des Lebens oder kurz nach dem Tode den Luft- !i*/k auf den beiden Wandflächen gleich macht, z. B. dadurch, (3 man, während die Stimmritze offen steht, den Pleurasack i Luftzutritt bloslegt. Die Spannung, welche die ausgedehnte ^genwand der in ihr vorhandenen Luft mittheilen kann, wenn 1 die Trachea luftdicht geschlossen und die äussere Lungenfläche i Zutritt der Luft geöffnet, ist veränderlich mit dem Elastizitäts- ffizienten der Wandung, den Zuständen der kleinen Lungen- ikeln und der Ausdehnung der Lunge (Carson, Donders).

Donders*) maass die Spannung der Lungonluft (die Federkraft der Lungon- ') dadurch, dass er in die Luftröhre einer sonst unversehrten Leiche ein ge- 'les, mit Quecksilber gefülltes Manometer einsetzte und dann die Pleurahöhle i Anschneiden eines Intorcostalraums öffnete. In diesem Fall, wo sich die Lunge

» Handleldlng. H. Bd. 393.

31*

^34 Ausstossung der Luft; Elastizität der Brustwand.

im Zustande einer tiefsten Exspiration, also in der geringsten Ausdelinung fand! sie während des Lebens einnimmt, trieb sie das Hg in dem Manometer um 6 die Höhe. Als die Lunge darauf annähernd bis zu dem Umfang aufgeblasen der ihi' während der Inspiration zukommt, hielt die durch die AVand erzeugte nung der Lungonluft 30 MM. Hg das Gleichgewicht.

Aus dieser Thatsaclie geht hervor, dass die elastischen bilde des Lungengewebes der Inspiration eine Hemmung entged setzen und die Exspiration befördern. b) Die Wände der Bjj besitzen (I. Band 512) wegen der Steifigkeit und Befestigung! der Rippen eine bestimmte Gleichgewichtslage, in die sie ii wieder zurückzukehren streben, gleichgiltig nach welcher Bicht hin sie auch daraus entfernt wurden. Durch diese elastisc Kräfte sind sie befähigt, die Ausathmung zu hemmen und för( Das erstere, wenn der Brustkasten durch eine energische Wirl der Ausathmungsmuskeln auf ein geringeres Volum zusammengepr werden soll , als er es vermöge seiner elastischen Ki-äfte einnehij würde; der Widerstand, den die Brustwandung der Zusami Ziehung der Muskeln entgegensetzt, wächst mit der steigei Verengung der Brusthöhle so rasch, dass er für jene bald unii windlich wird. Die Elastizität des Brustkastens hemmt dage die Eiuathmung und befördert also die Exspii'ation , jedesmal diesselbe von der Gleichgewichtslage an ausgedehnt werden Dieser Widerstand wächst ebenfalls rasch mit der steigenden dehnung der Brusthöhle. Die durch die Inspiration bedingte SjJ nung der Wandung führt also, wenn die Zusammeuziehung Einathmungsmuskeln nachlässt , die Exspirationsbewegungen ausjj c) Die Baucheingeweide sind innerhalb ihrer elastischen Dec (Haut, Muskeln, Fascien, Rippen) mit einer gewissen Spam eingeschlossen, welche variirt mit den Eigenschaften dieser Deel] mit der Menge und Art des (festen, flüssigen, gasförmigen) Da Inhaltes. Da Brust- und Bauchhöhle nur durch eine leicht bCT liehe, sehr ausgedehnte Scheidewand (diaphragma) von einai getrennt sind, so muss der jeweilige Spannungsgrad in der Ba' höhle sich gegen die Brusthöhle hin geltend machen, und es das Zwerchfell so weit gegen die Brusthöhle emporsteigen , bis rückwirkende Spannung , welche sich in seiner Substanz entwici gleich ist derjenigen, die den Baucheingeweiden zukommt. Dar folgt, dass die AnfüUung der Unterleibshöhle und die Zustä ihrer Wandung bestimmend wirken auf die Ausdehnung des Br raums während der Ruhe der äussern Brastwand und des Zwei

Ausstossung dor Luft; Leitungsröhren für den Lüftstrom in die Lunge. 485

i|s, indem das letztere bei gefüllten Eingeweiden, in der Schwanger- uaft u. s. f. höher emporsteigt, und insofern als die Inspiration? liehe durch das Zwerchfell ausgeführt wird, au der Spannung Baucheingeweide eine Hemmung erleidet, während der Kück- jig des diaphragma nach der Esspiratiousstellung hin hierdurch perstützt wird. d) Die Wirkungen der aufgezählten Muskeln izen wir als bekannt voraus. Wir erlauben uns nur daran zu nnern , dass der m. transversus abdominis ein wahrer Antagonist 1 Zwerchfells ist, welcher ohne irgend eine andere Nebenwirkung den lachinhalt zusammenpresst und damit das Zwerchfell empordrängt.

2. Leitungsröhren für den Luftstrom in die Lunge. Die Luft lagt aus der Atmosphäre nicht unmittelbar in die Lunge , sondern

der letztern zunächst in ein Rohr (Trachea) , das mit zwei ladungen (durch Mund und Nase) in das Freie und mit sehr dreichen Aesten in die Lungenenden Ubergeht. Alle Abthei- f?en dieses Rohres sind hinreichend gesteift, um nicht durch m Unterschied des Luftdrucks auf ihrer äussern oder Innern Seite,

ihn der Athemsti-om erzeugen kann, zusammengedrückt zu liden. An der weicheren Nase ist die Scheidewand aufgestellt, (die sich jederseits ein spiraliger Knorpel legt, und hinter diesem tt der Knochen. Wird die Mundhöhle als Athemöffhung benutzt, iBteifen sich durch die Conti-aktion des m. orbicularis die Lippen- lier, oder sie werden auch unter und über die Zahnränder ge- tt Die knorpeligen Halbringe der Luftröhre greifen weit ge- ., um den Theil der letzteren, welcher nicht schon von der Ibelsäule geschützt ist, zu festigen, und die Knorpelplättchen in

Bronchien dienen dazu, dass die Drücke der Brustwand die ire gar nicht oder mindestens nicht auf die Dauer zusammen- ;ken können; denn wäre ihr Lumen auch einmal geschlossen, i'Wlirde es beim Nachlass des Drucks durch die elastischen nrpelplättchen wieder geöffnet werden. Die Muskeln, welche .las Rohr eingelagert sind , glosso- und pharyngopalatini, levator

tensor palati, die grossen und kleinen Kehlkopfmuskeln u. s.w. iihrer Wirkung nach theils schon besprochen (LBd. 566), theils er- F'en sie bei dem Artikel Schlingeij noch weitere Aufmerksamkeit.

langen Muskeln des Kehlkopfs, namentlich sternohyoidei und mothyreodei, und die Muskeln zwischen den Ringen der Trachea, iiliren die Dimensionen und die Lage der letztern, welche ohne es durch häufige Zerrungen nach Länge und Quere bei jedem «n Athemzug alterirt würden.

486

Verkiiüijfuiig der bewegenden Elemente.

3. Verkntipfuug der bewegenden Elemente zuAthembewegung Bei der grossen Zahl willkülirlicb erregbarer Muskeln, die an d Atbemapparat angebracht sind, können begreiflich unzählige A von Combinationen derselben sowohl unter einander, als auch den elastischen Einrichtungen hervorgebracht werden. Die Ath Werkzeuge sind aber auch unwillkührUch erfolgenden Erregun unterthan, wie wir schon früher sahen (I. Bd. 212). Da die automatischen Apparat ein genau vorgezeichneter Mechanismus herrscht, so sind die aus ihm hervorgehenden Combinationen schränkt. a) Die unvsdllktihrliche Erregung ordnet jedesmal den Brustkasten bewegenden Kräfte so an, dass auf eine Ziehung der Luft unmittelbar ein Ausstossen derselben folgt, dass dann längere Zeit der Brustkasten in Ruhe verharrt, wel die eben vollendete Exspiration von der folgenden Inspiration tre Die Einathmnng dauert gemeiniglich etwas länger als die Aus mung, und die Pause nimmt mehr Zeit ein als beide Bewegun zusammengenommen.

Das liier angedeutete Yerhältniss zwischen Ein - und Ausathmungsdauer k sich manniohfach ändern. Sehen wir von den willkürlich angebrachten Modifikatio ab, so seheint es, als ob besondere Zustände der Nerven, des Bluts u. s. w. sich a ausprägten durch einen bestimmten Quotienten der Aus - und Einathmungszeit. ersten Anfänge zur Aufhellung dieser auch wichtigen Erscheinungen geben Anwendung genauer Methoden Vierordt*), G.Ludwig, Liebmann und Heg m a i 0 r.

b) Die Zahl der gleichzeitig zur Athmung in Bewegung gesetz Muskelnist veränderlich. In Rücksicht darauf hat man mit einig aber für praktische Zwecke gerechtfertigten Willkühr ei~" Typen der Athembewegung ausgeschieden, das leichte das tie und das krampfhafte A t h m e n. a) Beim ruhi Athmen ziehen sich während der Inspiration in den Leitungsrohr zusammen die Heber des Gaumens. Die Stimmritze bleibt (bei und Exspiration) weit offen ; ihre Mündung wird nur gedeckt dur den nach hinten geschlageneu Kehldeckel (Czermak)**). Die Stellung scheint nicht die elastische Gleichgewichtslage der Stimmrit zu bezeichnen , weil nach Durchschneidung der n. vagi die Band zusammenfallen. An den Brustwandungen aber zieht sich entwe' nur das Zwerchfell, oder die mm. scaleni und intercostales zusamme Die Erweiterung des Brustkastens geschieht namentlich bei Mann

*) Archiv für physiolog. Heilkunde. 1855 und 185G. Ilegelmaier (Vierordt), Athembewegung bei Hirndrnclc. Heilbronn 1859. »*) Der KelilkopfBpiogel. Leipz. 1860. png. 37.

Leichtes, tiefes, krampfhaftes Athmen.

487

lieh das Zwerchfell., bei Franen diu-cli die mm. scaieni und tercostales (Traube). Die ausserordentliche Wichtigkeit des rchfells leuchtet daraus ein, dass nach Durchschneidung beider I )hrenici der Tod eintritt ( B u d g e - E u 1 e n k a m p ) An der ::en Exspiration betheiligt sich keine Zusammenziehung eines kels; die Entleerung des Brustkastens geschieht durch die i^tischeu Wii-kungen der Lungen, der Brust- und Bauchwand, Darms. Diese Art der Bewegung pflegt die gewöhnliche zu III . wenn das Blut und die Luft normale Zusammensetzung tragen, ■im die Berührung zwischen beiden ungehindert vor sich geht, im die übrigen Partien des Nervensystems, insbesondere des Mzens und der den Leidenschaften untergebenen Hirntheile in um mittleren Grad von Erregung stehen. ß) Beim tiefen hmen ziehen sich in der Einathung die bei der leichten Inspi- u erwäh^iten Muskeln kräftiger zusammen, so dass z. B. das rchfell, wenn im erstem Falle gewöhnlich bis zur 6. und 7. Rippe, tiefer Inspiration bis zur 11. hinuntergeht, wobei sich das inuensegel hoch hebt und die Stimmritze weit öffnet u. s. w. -^erdem treten noch hinzu in den Leitungsröhren die Zusammen- uugen der levatores alae nasi, öfter auch der arytaenoidei po- i bei der Einathmung und der arytaenoidei laterales bei der Aus- iiiung, so dass die cartil. arytaenoideae in ein den Nasenflügeln l igesHin- und Hergehen gerathen (Czermak); am Bnistkasten iiien hinzu die levatores costarum, serrati postici, sternocleido- oidei. Durch die Zusammenziehung der zahlreichen Muskeln, It he den Brustkasten auseinander ziehen, wird unter den Hy- ' liondrien für die Baucheingeweide ein so bedeutender Raum ge- imen, dass trotz des herunter steigenden Zwerchfells der Bauch lit vorgetrieben wird, sondern zusammenfällt (Hutchinson). ;s Unterschiede, welche die leichte Inspiration des Mannes und r Frau darbot, verschwinden bei der tieferen. Leidenschaftliche :er plötzliche sensible Erregungen oder Mangel an 0 im Blut sind 5 gewöhnlichen Bedingungen, unter denen das tiefe Athmen sich KStellt. y) der krampfhaften Einathmung treten die bis ihin als Einathmungsmuskeln bezeichneten in eine ganz intensive »sammenziehung und zugleich die hyo - und thyreosternalis , so «8 die Luftröhre weit herunter gezogen und dadurch möglichst itit wird. Am Brustkasten greifen noch an die Strecker der

•) Valentin's Jiilircsljeiiclil für 1866. p. VM.

^gg Athomfolgo.

Wirbelsäule und die Rumpfscliulterblatt - und Rurapfarmmuskel! so dass u. A. der Arm unwillkührlich emporgeschleudert wrd. Di Ausathmung wird durch möglichst viele Muskeln besorgt. Krampi haft wird die Athmung bei der Erstickungsnoth. Vergleiche Ar| nold*) über die Betheiligung verschiedener Muskeln an der tiefei und leichten Athmung von Hunden und Kaninchen.

Der Meclianismus einiger besonderer Arteij unwillkürlicher Athcmbewegung« des Messens, Hustens, Gähnens, Lachens, Seufzens, Schluchzens, kann bei einigi Nachdenken leicht abgeleitet werden.

4. Athem folge. Die Zahl der Athemzüge in der Zeiteinhei wird durch sehr mannigfache Umstände geändert, namentlich durc ^' den Willen, durch Leidenschaften, durch Erregungszustände de fc" n. vagus und der meisten andern Gefühlsnerven, durch Hirndruct P durch die Grösse der Hindernisse für den Luftsrom in den Athei wegen, die Eigenschaften der Lungenwand, die chemische Zi i'^ sammensetzung und die Temperatur der Luft, Ai-t und Menge dfe Nahrungsmittel, Zustände der Verdauungswerkzeuge und Muskeli Blutmenge, Gehalt des Bluts an Körperchen, die Zahl und Stärk der Herzschläge, Tageszeiten, Körpergrösse, Alter, Geschlecht u.s.^ Alle diese Bedingungen lassen sich, wie es scheint, zusammenfasse! unter die Nummern : Seeleneinwirkungen , Erregungszuständ der Geftthlsnerven , insbesondere des n. vagus, Gehalt des Blut an leicht abscheidbaren Gasen, Erregbarkeit (Ermüdungsgrad) d:4 verlängerten Markes.

Die Einwirkung jener Bedingungen äussert sich nun entwedl an der gesammten Athembewegung und zwar ebensowohl durd Förderung wie durch Hemmung anderer die Bewegung einleitende! Umstände, oder auch durch einen Eingriff in die Beweglichk^ nur einzelner an der Athembewegung betheiligter Muskeln. a) Von den leicht abscheidbaren Blutgasen können nur CO2 0 berücksichtigt werden. Mit dem Sauerstoff - Gehalt dj Blutes ändert sich die Athembewegung so, dass sie seltener weniger tief wird, wenn das Blut reich an diesem Gas ist; ni dasselbe ab, so wird der Athem beschleunigter und tiefer, B6i noch weiterem Sinken des 0- Gehalts wird die Bewegung wiedi seltener und tiefer, und endlich, wenn alles absorbirte 0-gas ver- schwindet, wird die Athmung sehr viel seltener und krampfhaft] (W. Müller, Setschenow). Wird von da an kein neues 0-Gas

*) Die physiologische Anstalt In Heidelberg, p. I IG.

, Aenderuhg der Athemfolgo mit dem 0- und COj-Gchalt. 489

Hgefiihrt, so wird die Pause zwischen den Athenizügen immer i'össer und die Bewegung- zugleich schAvächer, bis sie endlich anz aufhört. Diese Erscheinung beobachtet man bei der ge- öhnlichen Erstickung, bei sehr reichlicher Zuführung von Luft uf dem Wege künstlicher Respiration, nach Einführung von Hem- inngen in die Athemwege, auch z. B. nach Lähmung des Kecur- ms, Zuhalten des Mundes und der Nasönöffnung (Aubert), nach iistreibung des Sauerstoffs aus den Blutkörperchen durch Kohlen- xyd, bei einer Aenderung des 0-Verbrauchs in Folge der vermehrten «ler venninderten Nahrung, der gesteigerten Wärmebildung, leb- tfter Muskelbewegung. Die Thatsache, dass auch noch nach Mlkommenem Verschwinden des 0 aus dem Blut die Athmung nige Zeit fortdauert, beweist, wie es scheint, die Anwesenheit eeses Gases in den Flüssigkeiten des verlängerten Markes selbst, tie Kohlensäure des Blutes kann, vorausgesetzt, es fehlt dem rate nicht an Sauerstoff, sehr beträchtlich anwachsen, ohne dass fe Athembewegungen dadurch verändert werden; erst wenn das rat fast vollkommen mit CO2 gesättigt ist, wird die Athmung fccher und seltener, und sie erlischt endlich unter dem dauernden influss des so beschaifenen Bluts, selbst bei Anwesenheit von viel in der Athmungsluft (W. Müller). b) Erregungszustand der ;iftihlsnerven*J. In einer besondern Beziehung steht der n. vagus der Athembewegung. Wird der Halsstamm desselben durch- ihnitten, so werden die Athemzüge tiefer und seltener; die Ver- üQgsamung ist geringer, wenn ein, bedeutender, wenn beide ?3i'ven verletzt sind.

In letzterm Fall mischen sich erfahrungsgemäss zwei verlangsamende Einflüsse ein, n denen einer sicher darauf beruht, dass die Lähmung des n. recurrens, heziehungs- i ise die Verengerung der Stimmritze , dem Luftstrom .ein Hindemiss setzt ; denn die ihl der Züge, welche nach Durchschneidung der beiden Vagi sehr gesunken war, >ot sich wieder nach Anlegung einer ergiebigen Luftröhrenfistel, aber durchaus nicht .' den Punkt, den sie vor der Nervendurchschneidung einnahm. Da die länger- iiemde Zurückhaltung der Luft bekanntlich mit einem unangenehmen Gefühl verbunden . , 80 darf der zweite Grund , aus dem die Durclxschneidung der n. vagi die Athcm- rge seltener macht, mit Wahrscheinlichkeit gesucht werden in der Beseitigung von tflexen, welche die Lungenluft durch die n. vagi auslöst; durcli welchen Umstand dieses vormag, ist unbekannt; wahrscheinlich jedoch nicht durch ihren COj-Gehalt, der Aufenthalt in einer Luft, die zugleich an 0 und COs reich ist, keine Beschleu-

■' •) Li« 1) m n n n , 1. c. Tr a n b c . Prenss. VcreinszcHiiiig, 1S47. Hol 1110 It, Uober die ector. Beziehung des n vagus etc. Giesson 185G. Au bort und Tsohisohwitz in Molo- hotl'a Untersuchungen. III. nd. 272. Valentin, Die EinflUsHC der Viiguslälimung. 1857.

490 Aendening der Athem folge durch Keflexe.

nigung der Athembewogung nach sich zieht. Ueborlebt das Thier die Durchschnri. S"' dung einige Zeit, so nimmt die Athembewegung offenbar aus andern Gründen evcm bosondern Charakter an(Liobmann). ^

I

Die elektrische Reizung der centralen, noch mit dem Hinii verbundenen Enden des durchschnittenen n. vagus ist je nach Stärke der Schläge und der Erregbarkeit der Nervenmasse vep- änderlich. Während der Einwirkung von Schlägen, die im Ver- hältniss zur Erregbarkeit sehi' schwach sind , folgen sich die wegungen rascher und werden oft auch tiefer; wird die Reizung stärker, so steht die Athmung still, jedoch so, dass das Zwerchfell in einen dauernden Krampf geräth (Traube, Aubert). Wie sich dabei die andern Athmungsmuskeln verhalten, ist leider unbekannt Bei noch weiter gesteigerter Erregung bleibt die Athmung ebe% falls stehen, aber nun verharrt das Zwerchfell in der ExspirationS- stellung (Eckhard, Aubert), oder auch in einer solchen, wi» sie einer schwachen Zusammenziehung jenes Muskels entsprich^ so dass nach dem Aufhören der Schläge das Zwerchfell sich bal<i nach der Exspirations -, bald aber auch nach der Inspirationslage hin bewegt. Alle diese Erscheinungen kommen sowohl bei ein-r, als doppelseitiger Vagusreizung vor.

Aus allem Dem kann man folgern , dass der n. vagus sowohl auf das Orgm wirkt, welches geordnete Bewegungen anregt, wie auch auf die Bahnen des n. ph^ nicus selbst. Beide nn. phronici müssen immer zugleich jedem Vagus zugänglich si da einseitige Heizung der letztern von doppeltseitiger Zusammenziehung oder Erschlai des Zwerchfells gefolgt ist, während einseitige Reizung des n. phrenicus nur die j gehörige Zwerchfellshälfte verkürzt (Budgc). ^

. .1

jtai

Durch Erregung der sensiblen Rückenmarksnerven und n. quintus kann die Folge und Tiefe des Athraens verändert werde||

c) Die Erregbarkeit des verlängerten Markes. Ihrer Veränderung kann man zuschreiben: die Folgen der Stiychniu -Vergiftung, welche sich darin zeigen, dass die Brustmuskeln in einen tetanischen Krampf verfallen nach Anregungen , die sonst eine geordnete Atheift- bewegung auslösen ; ferner die Vergiftung durch Chloroform, welcKe die Befähigung des verlängerten Marks zur Entwicklung von Ath- mungsreitzen vermindert und auch ganz aufhebt. Ferner die Ver- änderungen, welche in der Athmung eintreten, nachdem dieselben längere Zeit mit einer bestimmten Beschleunigung und Tiefe aus- geführt wurden, mit einem Wort die Erholung und Ermüdung der reizerzeugenden Einrichtungen. Auch ist es vielleicht hier nicht mehr gewagt, wie am Herzen, wenn man annimmt, dass in der ^

IVi}

Aendorung der Athorafolge durch die med. oblong, und den Willen. 491

eiteinheit nur eine gewisse Summe von reizender Kraft entwickelt (erde, die entweder verwandt werden kann zu einer grössern »hl von flachen oder zu einer kleinern von tiefen Athemzügen. seraer kann man es aus veränderter Erregbarkeit des verlängerten liarks ableiten, wenn in Folge eines Druckes auf das Hirn die ihemzüge seltener und tiefer werden, namentlich wenn der Hirn- rnck einen solchen Grad erreicht hat, dass davon auch die Puls- hhläge voller und seltener werden (Hegelmaier).

d) Die Einwirkungen des Willens können sich in den Athem- ??wegungen mannigfach äussern, denn sie können durch ihn sowohl »schleunigt , als verlangsamt werden; aber alles dieses ist nicht ime Beschi'änkung möglich. So kann der Wille die Athembewe- imgen nicht bis ins Endlose hemmen, da er im Kampf mit den iidern Anregungen, die auf das reiz entwickelnde Organ oder in im wirken, bald unterliegt. Umgekehrt kann er die Athemfolge auch i.cht über ein gewisses Maass beschleunigen, schon nicht wegen 'is Widerstandes der Bewegungswerkzeuge. Je nach der Tiefe '3r Athemzüge liegen die Grenzen höher oder niedriger. Noch teniger kann der Wille die Bewegungen einzelner Abtheilungen 'ischleunigen und anderer zugleich verlangsamen , sondern er muss utweder die gesammte Keihe der Athemmuskeln im engern Wort- ran in Bewegung- setzen, oder, will er sie beschränken, so kann

es nur in der Ordnung thun, welche auch dem automatischen rrgan des verlängerten Marks vorgeschrieben ist. So kann er B. die flache Einathmung nicht mit einzelnen Intercostalmuskeln, mdern nur mit dem Zwerchfell ausführen; und will er die Inter- ■stalmuskeln in Bewegung setzen, so muss auch vorher oder fcichzeitig das Zwerchfell sich zusammenziehen. Daraus scheint •jrvorzugehen, dass der Wille auf den Ort wirkt, wo sich die mo- rischen Athemnerven schon verknüpft haben, nicht aber auf jeden mzelnen jener Nerven für sich. Diese Punkte bedürfen einer ge- uuen Untersuchung; dasselbe verlangt den Einfluss der Leiden- hhaften auf die Athemfolge.

Die Uebereinstimmung, welche zwischen den Beschleunigungen er Zug- und Schlagfolge der Brust und des Herzens besteht, ist

die Augen fallend. Quetelet*) und Guy**) geben an, dass 1 Allgemeinen die Zahl der Herzschläge 4mal so gross bleibe.

•) Der Mensch, Ubersetzt von Rlocke. 1838. 394. Donder« nnd Banduln, Hnndleidinif. II. Bd. 372.

492

Zusammenhang zwischen Athem- und Herzbewegung.

als die der Athemzlige. Diese Zahl , die , weil sie so ungefähr z triflPt, für praktische Zwecke verwendbar wäre, gilt jedoch nur engen Grenzen. Bei Thieren, deren Athem- und Pulsfolge in vi grösserra Umfang als beim Menschen schwankt, ist dieses name~ lieh deutlich. Sinkt bei Hunden die Zahl der Athemzüge unt 12 bis 15 in der Minute herab, so übertrifft sie die der Pulsschl" um mehr als das 4fache, ja selbst um mehr als das öfache. W dagegen umgekehrt ihr Athem lechzend, so ist die Zahl der Pul schlage gleich der der Athemzüge. Das Ausgesprochene wir dur ein Zahlenbeispiel, welches Arnold gesammelt hat, belegt; a ein Hund, der sich ruhig verhielt und fastete, 27mal in der Ä nute athmete, schlug sein Puls 83,7mal, also 3,lmal häufiger, u als der Hund 13mal in der Minute Athem holte, sank der Her schlag auf 59,3, er blieb also 4,6ma] beschleunigter. Die Ersch nung, dass nach Durchschneidung der n. vagi die Beziehung zwischen Athem- und Pulszahl, wenn auch nicht vollkommen g löst, so doch sehr beträchtlich gelockert sind, beweist, dass d Regelung jener Verhältnisse vorzugsweise dem verlängerten Mar übertragen ist. Da die Reizung des verlängerten Markes d Athembewegungen auslöst und zugleich den Herzschlag hemm so könnte es paradox erscheinen, dass mit der Beschleunigung i der Athemfolge auch eine gleiche des Herzschlags einti-eten sol Diese Ungereimtheit verschwindet jedoch, so wie man die Ve änderung des Herzschlags nicht mehr als eine Mitbewegung a sieht, die der Athemreiz einleitet. Dächte man sich statt desse die Beziehung hergestellt durch Aenderungen in der Vertheilun und in dem Drucke des Bluts in der Brust und in dem Hirn, s würde es nicht schwer sein, eine Theorie des Zusammenhangs z geben.

Die Zahl der unwUlkührlichen Athemzüge variirt in der Minut bei Neugeborenen von 23 zu 70 (Quetelet), bei Erwachsene von 9 zu 40 (Hutchinson). Unter 1897 Personen fand de letzte Beobachter die überwiegende Zahl mit 16 24 Athemzüge begabt.

5. Luftströmung in den Athemwegen. a.) Die Triebkräfte de Luftstroms, nämlich der Dichtigkeitsunterschied der Luft in un ausser den Lungen ist in jedem Moment der In- und Exspiratio gering, so lange die Zuleitungsröhren offen stehen. Nach niano metrischen Beobachtungen von C. Ludwig, Krahmer, Valen

Luftströmung in den Athemwegen ; Volum des Brustraums. 493

i 11 *) beträgt er mir einige MM Quecksilber ; dieses ist bei der oichtbeweglichkeit der Luft nothwendig, da sieb ein Minimum nes bestehenden Spannungsuntersebieds augenblicklich ausgleicht ; mm ist auch der durch den Brustkasten eingeleitete In- und \spirationsstrom momentan mit der Brustbewegung beendet, wenn if Nase und Stimmritze geöflnet sind.

Bei einer so beti-ächtliclien Verengerung, dass sie die plötzliche Ausgleichung orhindert, oder bei vollkommenem Verschluss der zu der Lunge führenden Köhren asmn die Differenz des äussern und innern Luftdrucks bedeutend gesteigert werden; iier "Werth derselben ist aber selbst bei demselben Menschen sehr veränderlich, was cch erklärt, wenn man bedenkt, von wie vielen Umständen er abhängig ist. Nehmen i'ir z. B. an, es sei das Athmungsrohr vollkommen geschlossen, so muss bei der Ein- khmimg die Spannung der Luft um so mehr sinken, je vollkommener die Lunge ent- nert war, als die Einathmung begann, femer je geringer die Widerstände sind, welche tie Wandungen und Eingeweide der Brust und des Bauchs der ausdehnenden Wirkung rer Muskeln entgegensetzen, und endlich, je grösser die ausdehnenden Muskelkräfte Idbst sind. Unter denselben Bedingungen (Verschluss der Stimmritze etc.) muss loer die Spannung in der Brusthöhle bei der Exspiration um so mehr wachsen, je lehr die Brust bei der beginnenden Ausathmung mit Luft gefüllt war, je höher der I lastizitätsco effizient der Bauch- und Brusttheile ist und je kräftiger die Ausathmungs- i.uskeln wirken. Bei diesen Variationen kann einer absoluten Bestimmung dieser fpannungsdifferenzen wenig Werth beigelegt werden.

b) Die Geschwindigkeit des Luftstrom ist natürhch variabel nit der Längenachse und dem Durchmesser der Athemwege. Da fer Querschnitt der letztern mit der Längenachse wesentlich sich i.ndert, und namentlich auch zuweilen ganz plötzlich, wie am aus- t;eprägtesten am Uebergang der Bronchioli in die Infundibula , so ian'n von einem regelmässig angeordneten Luftstrom keine Rede eein. Die mittlere Querschnittsgeschwindigkeit ist natürlich gegen itie Lungenbläschen hin wegen des bedeutend grössern Durch- iQBssers der Athemwege an jener Stelle viel geringer, als in der .juftröhre.

6. Volum des veränderlichen und unveränderlichen Brusti'aums. i) Der Mensch entleert selbst durch die tiefste Ausathmung, welche ihm möglich ist, nicht alle Luft aus seiner Brusthöhle ; das Volum, ■velches zurückbleibt (residual air von Hutchinson), giebt den unveränderlichen Brustraum. Dieser ist natürlich mit der Beweg- •ichkeit und dem Umfang des Brustkastens (seiner Jlöhe und Tiefe)

•) Müller" 9 Archiv. 1847. Hncser's Archiv. IX. Uil. .121. 'hyglologie. 2. Aufl. I. Hil. 5'.'9.

Villen tili, Lehrbnch der

Constanter und veränderlicher Brustraura.

sehr veränderlich. Nach einigen Untersuchungen an den Leiche Erwachsener von Goodwin wechselt derselbe zwischen 1500 ui 2000 CG.

Eine Methode , um das Volum dos unveränderlichen Brustraums bei lebend Menschen zu bestimmen, giebt Harless*) an. Er lässt eine möglichst tiefe I spiration vollziehen , nach deren Vollendung Lungenraura und Atmosphäre durch c offen gehaltenen Lippen und Stimmritze in Verbindung bleiben müssen. Die'unb kannte Räumlichkeit der Lungenhöhle (x) steht dann unter bekanntem Baromet« druck (b). Darauf bringt er mit dem geöffneten Mund in luftdichte Berührung ein Kasten , dessen Hohlraum mit einem bekannten Luftvolura (v) unter dem dep atmospi rischen übertreffenden Drucke b' gefüllt ist. Dann wird durch eine bis dahin yt (( schlossene Oeffaung des Kastens die Luft dieses letztern und der Lunge in Verbindu- ^ j

V

gebracht , so dass sich die Drücke in beiden Höhlungen ausgleichen zu einem mii leren (b"), beiden Käumen gemeinsamen ; dieser kann an einem Manometer des Kaste abgelesen werden. Bekanntlich ist aber das in einem Volum enthaltene LuftgewicB''' gleich diesem Volum, multiplizirt mit dem Druck, unter welchem die Luft in ii Iii steht; demnach war das Luftgewicht der Lunge und das in dem Kasten vor d Kommunikation dieser beiden Räume = x b -|- v b' ; dieses Luftgewicht muss ab auch = (x -j- v) b" sein , d. h. gleich der Luft , welche unter dem Druck b" in und V nach ihrer Verbindung enthalten ist. Aus der Gleichung x b 4- Tb' = (x-f-v) 1 lässt sich nun x finden. Vorausgesetzt, es sei die Temperatur im Kasten und d ^' Lungenluft vollkommen ausgeglichen oder die Temperatur beider Orte genau bcstim: wie die Notiz von Harless in Aussicht stellt, so würde sich gegen diese sinnreic' Bestimmungsart doch noch der Einwand erheben, dass das Volum des Lungenraum vor und nach der Verbindung mit dem Kasten nicht dasselbe geblieben wäre. Dei . der Brustkasten ist von beweglichen. "Wänden und von Blut umschlossen, und son muss das Volum seines Hohlraums sich ändern mit der Spannung der in ihm enthf tenen Luft. Ist dieses der Pall, so geht die obige Gleichung über in x b -)- v = (y "t" !>"> *1. h. in eine Gleichung mit zwei Unbekannten , und es ist weder noch y aus ihr zu finden. Wir müssen erwarten, ob Harless diesen Umstand b: rücksichtigt und den aus ihm hervorgehenden Fehler in enge oder bestimmbare Qrenz( eingeschlossen hat.

b) Der Raum der Brust kann zwar bei demselben Menscb je nach der Tiefe der Athembewegung sehr beträchtlich und unendlich fielen Abstufungen wechseln, aber er ist doch in b stimmte Grenzen eingeschlossen, welche gegeben sind durch d Unterschied der Brustfassuug während mögliehst tiefer Ex- Inspiration; das durch diesen Unterschied dargestellte Luftvolu: (vital eapacity von Hutchinson) wollen wir die grösste Athmungi tiefe, Athmungsgrösse nennen. Ihrer bedient sich bekanntli der Mensch bei gewöhnlichem unvnllkührlichem Athmen nicht, wo

it>:

ii

*) MUnchener gelelirto Anzeigen. Sept. 1854. 93.

Atheragrösse.

495

)er, wie wahrscheinlich, immer nur einer annähernd gleichen Luft- enge, indem er jedesmal ungefähr gleich tief ein- und ausathmet; ( ir wollen dieses Volum als das des mittleren Athmens bezeichnen, de Bestimmung beider Werthe ist von Interesse.

Der Umfang des tiefsten Athemzugs (die Athemgrösse) t technisch wichtig geworden als ein Mittel, um die Gesundheit Er Brust zu prüfen. Denn es ist von vornherein wahrscheinlich, äss im gesunden Menschen ein bestimmtes Verhältniss besteht rrischen den sauerstoffverbrauchenden Leibestheilen oder einer imit in Verbindung stehenden Funktion und dem Raum der ruhen- m Brust, und dass eben ein solches besteht zwischen dem Urn- ing d^r ruhenden Brust und ihrer Beweglichkeit. Gesetzt, es gäbe dche Relationen, und gesetzt, sie sollten dazu benutzt werden, 13 zu unterscheiden, ob dieser oder jener Mensch gesunde Lungen ssitze, so mtisste die Körpereigenschaft, mit welcher die Brust rrglichen wird, zu den relativ unveränderlichsten des Menschen bhören , und in einer so lockern Beziehung zum Brustkorb stehen, fcss sie keinenfalls durch erworbene Fehler des letztern verändert Idrde. Denn wenn der Forderung nicht gentigt ist, dass die Eigen- ihaft, mit welcher der kranke Brustkorb vergUchen wurde, noch mselben Werth besässe, der ihm beim Vergleichen mit der ge- mden Brust zukam, so wtirde natürlich der erste Quotient eine mz andere sachliche Bedeutung haben als der letztere. Aus einer ißitern Ueberlegung geht aber hervor, dass, wenn das obengenannte ürhältniss gefunden wtirde, dieses nicht durch eine einzige Zahl, radem nur durch einen Zahlenraum ausdrtickbar wäre, da bis gewissen Grenzen die Brust ihren Mangel an Umfang und Be- pglichkeit durch die Häufigkeit ihrer Bewegungen ersetzen könnte, lar ausserdem, wie verlangt, ein durch das Leben relativ un- ■Tänderter Vergleichungspunkt für die Brust genommen, so mussden- fch das Verhältniss in den Grenzen der Gesundheit beträchtliche ihwankungen erfahren, weil die Eigenschaften der Brust mit tter, Gewerbe u. s. w. sich ändern.

Hutchinson, der zuerst auf den Gedanken kam, die Brust auf die ange- l'itete Weise zn prüfen , wählte zu dem von der Athmung hergenommenen Verglei- MDgspunkt das Luftvolum, welches die tiefste Exspiration nach der tiefsten Inspiration nathmet. Diese Grösse ist abgeleitet aus dem Umfang der ruhenden Bnist, der Be- Iglichkeit der Rippen, der Lunge, der Eingeweide, der Bauchdecken und aus 1 Kräften der Athmungsmuskeln ; sie will also, wenn sie über die Lungcneigen- '.atten Aufschluss geben soll, vorsichtig benutzt sein. Um das Luftvolum zu

496

Spirometrie.

Fig. 60.

messen , bedient er sich eines Gasometers , dep er Spirometer nannte ; die Fig. 60 gii ilin nach den Einrichtungen von Win tr ich *). Eine graduirte Glasglocke^, oben

einer schliessbaren Oeffnung (zum Auslassen der Luft) uj einem Haken (zum Aufhängen) versehen , wird durch Gewicht C, welches über die EoUe B zieht, äquilii Die Glocke taucht in den äussern Wasserbehälter Blech B, der oben mit einem Glasfenster versehen ij Nahe am Boden wird der Behälter B durchbohrt zwei Köhren ; F dient zum Auslassen des Wassers B ; das andere Rohr G erstreckt sich innen bis unter die Gl glocke A. Nach aussen geht es in einen mit dem Mui stück (?" versehenen Schlauch über. Beim Gebrau wird die Glocke A bis zu einem gewissen Theilstri ihrer Scala herabgelassen, dann G" in den Mund nommen und durch G in die' Glocke A ausgeathnJj Weitere Vorsichtsmaassregeln siehe bei Arnold. And« Spirometer, die, statt des Athemvolums direkt, e: davon abhängige Grösse messen, siehe in den ange: genen Schriften **). Sie empfehlen sich durch ihre Kle heit als Taschenspironieter. Als zweiten Vergleichun punkt wählte Hutchinson die Körperlänge (das Körp« gewicht ist ganz unbrauchbar) und statt dessen Fabi die Kumpflänge. Nach Arnold sollen die ersten ] rallelen wenigstens eben so gut sein als die letzten. Vergleich zwischen diesem Luft - und Körpermaass wui durchgeführt bei vielen Personen, verschieden an All Geschlecht, Grösse, Gewerbe u. s. w. Neben dies hat man auch mit der Athemgrösse verglichen den 11 fang der ruhenden Brust (über die Brustwarze gemessen), oder den Unterschied di( Urafangs bei tiefster Ein- und Ausathmung, oder das Produkt dieses TJmfangs und Brusthöhe. Selbstredend bedeuten die hierbei gewonnenen Quotienten etwas anderes als der zuerst erwähnte , welcher aus dem geathmeten Körpervolum he: ging. Da der Brustumfang bei Lungeukrankheiten auffallend sich ändert, so gel sie auch keinen Aufschluss über die Athmungsgrösse , die dem untersuchten Mensi in gesunden Tagen zukommen müsste (Donders) ***).

, Im Folgenden sind die wesentlichen Resultate der spirometrischen Ai-beiten Hutchinson, Fabius, Wintrich, Schneevogt, J. Vogel, Arnold u. aufgezählt, wie sie Arnold f) zusammengestellt hat. Die Athmungsgrösse Männern: 1) Sie ändert sich mit der Körperlänge. Schliesst man von der gleichung die Körperlängen, die unter 150 Ctm. liegen, aus und hält sich das Mittel aus einer grössern Reihe von Beobachtungen , so darf man sagen , dass einer Längenzunahme von je 2,5 Ctm. die Athmungsgrösse um je 150C.-Cm. wäcl

") Arnold, Athmungsgrösse des Menschen. 1855. p. 9.

«») Bonn et, Gazette mdd. de Paris. 185G. Hniless, Theorie und Anwendung des Sei^ drnck-Spirometers. München 185B. •»*) Henlc's nnd Pfcufer's Zeltschrift. N.F. IV. Bd. 304. t) Physiolog. Anstalt, p. 1.32.

Spirometrie; mittleres Athemvolum.

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i Mittel beträgt der tiefste Atliomzug bei Männern von 155 Ctm. Höbe = 2700C.-Ctm., i ISO Ctm. Höhe aber = 4200. Diese Eegol tiifft nicht mehr ein, wenn man ein- ne wenige Individuen mit einander vergleicht. 2) Im Verhältniss zur Eumpfhöhe nmt die Athmungsgrösse nicht regelmässiger zu, als im Verhältniss zur ganzen -rperlänge. 3) Zwischen Athmungsgrösse und Körpergewicht besteht keine all- oein gültige Eelation. 4) Athmungsgrösse und Brustumfang stehen im Mittel in f Proportion, dass, wenn von 65 Ctm. an der Brustumfang nm 2,5 Ctm. wächst, die iimungsgrösse um je 150 C. M.M. zugenommen hat; doch gilt dieses Verhältniss nur, lOn man annähernd gleich rauskelstarke und fettreiche Männer vergleicht. 5) Mit Ii Unterschied des Brustumfangs in der In- und Exspiration steigt die Athmungs- öse. 6) Derselbe Umfangsunterschied in den genannten Stellungen erhöht bei »ssem Brustumfang das ausgeathmete Lnftvolum mehr, als bei kleinem Brustmaass. ^Beweglichkeit und Umfang der Brust nehmen nicht nothwendig mit einander zu. [Die Athemgrösse steigt bis zum 35. Jahre und sinkt von da an wieder; die Zu- tme erfolgt am raschesten vom 20. bis zum 25. Jahre und sinkt am raschesten lachen 45 und 50 J. 9) Individuen höherer Stände und Arme haben das niedrigste, iteutc das höchste Athmungsniaass. 10) Singende und blasende Musikanten haben grosse, Ringer und eifrige Turner eine geringe Athemgrösse. 11) Starke Pett- tigkeit, Anfüllung des Unterleibs mit Speisen oder Koth mindern den Athmungs- lang.

Bei Frauen gelten dieselben Eegeln, nur mit der Beschränkung, dass für je tCtm. Länge das Athemvolum nur um 100 C. M. M. wächst. Schwangere Frauen ün dasselbe oder öfter ein grösseres Athemmaajs, als vor der Empfängniss ichenmeister).

Folgende Krankheiten mindern in absteigender Ordnung das Athemmaass : lerkulose, pleuritische Ergüsse, Emphysem, chronische Bronchitis, Asthma, Scoliose, nnung der Athemmuskeln , Ascites, Leber- und Müzanscfiwellungen, Katarrhe, all- iiine Körperschwäche.

Das Volum des mittleren Athems ist schwer zu be- mmen, weil sich beim Messen desselben sogleich willkührliche «atze und Abzüge einfinden. Unzweifelhaft variirt es aber auch Iwerschiedenen Menschen und steht wahrscheinlich in Beziehungen I Häufigkeit des Athmens. da es offenbar abnimmt, wenn diese »r einen gewissen Werth zunimmt. Vierordt, der in Folge M;er Uebung die Fähigkeit gewonnen hatte, das Volum eines liillkührlichen Athemzugs ungestört zu messen, fand es bei sich »Jchen 500 und 600 CC.

,1 7. Mischung der zurückbleibenden und der wechselnden Luft*). «6n wir beispielsweise das Volum des unveränderlichen Brust- ma» = 2000 CC. und das des mittleren Athems == 500, so sieht I sogleich, dass beim Athmen nur ein kleiner Theil der ganzen .«enluft im Wechsel begriffen ist. Demnach wird die neu ein-

i Bergmann, MUllcr's Archiv. 184S. 296. l odwi g, Physiologie. H. 2. Auflage.

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Luftmisckiing ; luftvoränderndD Werksieuge.

eintretende und die restirende Luft und zwar durch den Athemstr selbst rasch gemischt, wie daraus hervorgeht, dass die Luft, weh unmittelbar nach dem Einathmen auch wieder ausgeathmet w schon so wesentlich ihre Zusammensetzung geändert hat, dass die den langsamer wirkenden Diffussiousströmen nicht zugeschrie werden kann. Die wesenthchsten Hilfsmittel zur Erzeugung diei wir wollen sagen, mechanischen Mischung scheinen zu liegen zu in der grossen Nachgiebigkeit der Lungenbläschen, neben der lativen Steifigkeit der Bronchialröhren. Dieser Umstand he es natürlich, dass jede Veränderung des Lungem*aums zusa: fällt mit der der Bläschen, so dass nur bei sehr bedeutenden lumsveränderuugen der Brust neben den Lungenenden auch Lungenwurzeln ausgedehnt werden. Bei jeder Einathmung, sei auch noch so wenig tief, bewegt sich dagegen die Luugenoberflä^ und zwar immer von dem unbeweglichen Ort de^ Brustraums (S; und Rückenwand) gegen den beweghcheren (Basis und Brustb (Do Uders)*). Darum strömt bei jeder Inspiration Luft aus Bronchiohs in die weiten Trichter, und stösst dort gegen die z reich vorhandenen Vorsprünge, welche die sogen. Lubgenz hegrenzen, so dass deV fein eindringende Strom rasch vert] wird. Im ähnlichen Sinne muss die enge Stimmritze, müssen vielen Winkelbiegungen der Bronchi wirken, imd endlich um des Kleinsten zu erwähnen, die Mischung auch dui'ch Flimmerbewegung unterstützt werden.

Luftverändernde Werkzeuge.

Damit der bis dahin eingehaltene Gang nicht unterbroi werde, verfolgen wir die Schicksale der eingeathmeten Duft gleich weiter.

Heber die Eesttellung ihrer Veränderungen**). Die TemperaturTerändeni| welche die ausgeathmete Luft erlitten, misst man nach Valentin und Brunne einer hinreichenden Genauigkeit, wenn man ein empfindliches Thermometer mi eines Korkes in ein längeres Glasrohr befestigt. Eine der Oeffnungen des Eo! bis zur Capillarenweite verengert sein. Die weitere führt man vor den Muni

») Henle's und Pfeufer'e Zeitschrift. N. F. m. 39.

••) Valentin, Lehrbuch der Pliysiologie. I. Bd. 2. Auflage. 634 u. f. Handwörterbw Chemie von Liebig u. s. w. II. Bd. 1050. Frnnkland, Liebig's Annnlen. SS. Bd. p. Moleschott, HoUäudische Beitrage. I. Bd. p. 86. Scharling, Liebig's Annaleii. 4S. Derselbe, Jourual fiir jirnkt. Chemie. 3(i. Bd. Andrnl und Gavarret, Ueber diei die Limgeii auseeathmete C02-Mcnee. Wiesbaden ISl.'i. Allen und Pcpys, Schweig Jourual für Chemie uud Physik. I. Bd. 19G. Vierordt, Physiologie des Athraens. Kar| 1845. Prout, Sch WC i ggo r' s Journal f9r Cliemie etc. 15. Bd. Becher, Studi* Respiration. Züricher Mittlieiluugcn. 1855. W. Müller, Beitrüge zur Theorie der Res] Wiener akad. Berichte. XXXUI. Bd. p. 99.

Luftveränderung; analytiscio Methoden.

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raet durch dieselbe mehrere Minuten hindurch aus, bis die Temperatur desTherrao- ters constant geworden ist.

Mit einer Untersuchung der chemischen Veränderungen der Luft verbindet man schicdene Absichten. Entweder man will nur erkennen, wie sich ihre prozentische j:animenset2üng zu einer beliebigen Zeit gestaltet habe, oder man will auch wissen, gross die Gesammtmenge der Gase ist, welche während eines bestimmten Zeit- Dins von der Lunge verzehrt und geliefert wurde.

Wenn es sich niu- um den prozentischen Gehalt der Ausathmungsluft an 0, OOj, ■aandelt, so genügt es, eine beliebige Menge der Ausathmungsluft aufzufangen und 1 bekannten eudiometrischen Methoden zu anaJysiren, welche seit Bunsen, i,änault, Frankland einen so hohen Grad von Vollkommenheit und Einfachheit

I damit ein sicheres Uebergewicht über die mühseligen Gewichtsbestimmungen ge- jtjien haben. Man hat sieh dieser vervollkommneten eudiometrischen Methoden

II nicht in allen vorliegenden Untersuchungen bedient; namentlich hat man, wie .1. in der ausgedehnten Versuchsreihe von Vierer dt, versäumt, die ßasvolumina

I und nach der Bestimmung eines ihrer Bestandtheüe auf gleichen oder auf be- inten Gehalt an Wassergas zu bringen, und auch oft nicht die nöthige Sorgfalt auf ITemperaturbestimmung gewendet, so dass die in dem Volum des analysirten Gases •Pachteten Veränderungen fälschlich alle auf Mehrung eines aus der Luft entfernten KandtheUs geschoben werden. Die hieraus erwachsenden Fehler sind um so merk- »r, wenn, wie es bei den Athemgasen gewöhnlich geschieht, aus den Analysen uer Mengen auf die Veränderungen sehr grosser zurückgeschlosseu wird, weil sich

II der Fehler in demselben Verhältniss mehrt, in welchem die analysirten zu den tchneten Voluminibus stehen. Den Prozentgehalt der Ausathmungsluft an Wasser- ^pf ermittelte man bis dahin dadurch, dass man durch ein Eohr ausathmete, welches iAsbest von SO3 befeuchtet gefüllt war. Das vom Mund abgewendete Ende dieses res stand in Verbindung mit einem Ballon, der vor Beginn des Versuchs mit Salz- ser oder Oel gefüllt war. Die in's Eohr gelassene Ausathmungsluft gab an die ; ihren Wassergehalt ab und stieg dann über die Sperrflüssigkeit. Die Gewichts- iome des Asbestrohres giebt den Wassergehalt des Luftvolums , welches in den nn eingetreten ist (Valentin, Moleschott). Bei solchen Versuchen muss die « cht gebraucht werden , zwischen den Mund und die Schwefelsäure kein kühles, la Erniedrigung der Temperatur wasserausfällendes Mittelstück einzuschalten. Dieses Ii umständliche und durch die nothwendigen Volumbestimmungen der Luft und IReduktion des beobachteten Volums auf die höher erwärmte der Lunge immer un- rre Verfahren könnte vielleicht mit Vortheil ersetzt werden durch das Thermo- t'Psychrometer , mit deren Hülfe die Temperatur und der Sättigungsgrad der Luft Laden sind.

Viel komplizirtere Versuche sind nothwendig, wenn man den ganzen Gewinn ^Verlust eines oder aller am Gasaustausch betheiligten Stoffe während einer be- teten Zeit feststellen will. In einem solchen Fall muss natürlich das Gewicht titlicher Luft, welche in die Lunge ein- und ausgeht, bekannt sein, und da dieses, - grössten Theil wenigstens , nur mit Hülfe eines llaummaasses gewonnen werden

, so sieht man sogleich die Schwierigkeiten ein, welche sich einer längeru Fert- ig des Versuchs entgegenstellen, wegen der Isolation der grossen Luftmengen, nt aufgefangen werden müssen.

i Am relativ einfachsten gestaltet sich der Versuch , wenn man nur die aus- wuete COj zu wägen beabsichtigt, indem dann die cingcathmete Luft wogen ihres

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Sammlung der ausgoathmeteii Gasvoluniina.

geringen COj-Gohaltes unberücksichtigt bleiben kann. Diese Aufgabe hat man' vielleicht darum auch am häufigsten gestellt. Die in Anwendung gebrachten Mcthol die ganze Menge der CO2 zu fangen, sind folgende gewesen: 1) Man brachte Mu und Nasonöffnung des zu beobachtenden Menschen in einen geschlossenen z. Bi in eine mit einem Fenster versehene Kautschukmasse, leitete durch diesen ei Luftstrom, dessen einseitige Ilichtung durch Ventile gesichert war; die Luft, well in die Maske eindrang , kam dorthin aus der Atmosphäre , und die , welche ausdrl] wurde entweder durch eine Keihe von Eöhren geführt, deren Inhalt COj nnd Wa^ dampf absorbirte (Scharling), oder in einen luftverdünnten Raum (Andral Gavarret). Die Gewichtszunahme der Köhren, welche die CO2 absorbirt hatten, | im ersten Fall die während der Versuehszeit ausgestossene CGj ; im zweiten Fall nach Beendigung des "Versuchs Druck, Temperatur und Volum der durchgetret^ Luft gemessen und eine Probe derselben oder die ganze Masse analysirt. Der ström, welcher durch die Maske hindurchgeht, wurde bei Andral und Gavai unterhalten durch die Unterschiede des Luftdruckes, indem nach der einen Seite | aus der Maske eine Röhre in die Atmosphäre und nach der andern in einen mehrere grosse, bei Beginn des Versuchs luftleere Ballons ging. Scharling zogl Luft mittelst eines Aspirators durch, d. h. er legte hinter die Absorptionsröhren | grosses, mit Wasser gefülltes Fass, welches während des Versuchs seine Flüssig entleerte und sich dafür mit Luft füllte , welche es aus der Maske bezog. W^esentliche dieser Einrichtung giebt Fig. 70 wieder. 2) Die Personen athml ungehindert durch die Nase Luft ein und stiessen dieselbe, nachdem sie in der Li] verweilt hatte , aus durch ein Rohr, das bei geschlossener Nase in einen geschlossejj ursprünglich luftfreien Raum mündete. Man bestimmte zu Ende des Versuchs Vol Temperatur und Druck des mit Athenigasen gefüllten Raumes und analysirte eine P| der wohlgemengten Luft. Indem man also den prozentischen COs- Gehalt der geathmeten Luft und das Gesammtgewicht dieser letztem kannte, konnte man das Gesammtgewicht der ausgehauchten CO2 berechnen. 3) Zu besondern Zwei wendete W. Müller den durch Fig. 61 versinnlichten Apparat an. Der' Zweig j4|

Fig. 61.

dreischenkeligen Rohrs ^ JB C ist in die blossgelegte Luftrölire eines Thieres gebunden , die Zweige £ und C münden in zwei Quecksilber-Ventile Hl und JI2, wel die Luft in entgegengesetzter Richtung , und zwar nach Angabe der Pfeile durchlasi ^, Aus jedem Ventile geht das ausfülirende Rohr D 1 und D2 in die Glocke (KJ, wolch»

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Sammlung der ausgoathmetou Gasvolumina.

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Quocksilbergefäss / J eintaucht und in die es bis zu joder beliebigen Tiefe vor- ikt werden icann. Aus der genannten Glocke, und zwar nahe von ihrer untern II Mündung an führt ein Eohr G zu dem mit Quecksilber oder Wasser gesperrten .iiuter Z. Ausserdem führt aus dem Ventil 112 noch ein drittes Rohr (die Eohro und M können, durch Quetschhähne verschlossen werden), dessen in die Luft ende freie Mündung durch Wasser gesperrt ist. Der Zusammensetzung des inarats liegt die Absieht zu Grunde, den Athmungshergang mit vorzugsweiser Be- iksichtigung der Gas-Absorption durch das Blut zu untersuchen, und zwar mit oder ne Gegenwart des N. Im letztern Falle wird der Gasometer und die Glocke mit gefüllt, die Glocke so weit aus dem Hg gezogen, dass das untere Ende des oires G frei bleibt; das Eohr D2 wird zugeklemmt und M geöffnet. Beginnt in Hier Stellung die Athmung, so geht der 0 aus Z in jST, von da durch Hl in die lage und aus ihr durch das Ventil 112 in das Eohr M zur freien Luft. Ist auf ae Weise der Strom so lange geführt worden, bis aller N aus der Lunge entfernt so klemmt man M zu , öffnet J) 2 und senk< die Glocke so tief in Quecksilber, 1 das untere Ende von G eintaucht. Dann athmet das Thier in die mit 0 gefüllte wcke Jl aus uad ein.

Die Methoden, die Luft aufzufangen, waren verschiedenartige. Prout bläst die t in eine durch vorgängiges Zusammendrücken entleerte, luftdichte Blase ; Vierordt inen Ballon , der ursprünglich mit Salzwasser gefüllt war ; Allen, Pepys und eher in ein mit Quecksilber gesperrtes Gasometer. Um die Versuche mit einer laältnissraässig geringem Menge des Iheuren und schwer zu handhabenden Queek- eers möglich zu machen, bedienten sich Allen und Pepys zwei kleiner Gaso- er, deren jeder nur wenige Athemzüge fassen konnte. Diese wurden abwechselnd atzt. War einer derselben mit Luft gefüllt , so wurde aus ihm , nachdem der In- durchgeschüttelt und auf sein Volum bestimmt war, eine Probe Luft in ein imes Eöhrchen zur späteren Analyse zurückgestellt und dann wieder mit Quecksilber Jlt. Unterdess war in das andere Gaso- är geathmet und dieses dadurch mit Luft ii'dlt worden; man kehrte alsdann zu dem en zurück, und während dess wurde aus . aweiten eine Luftprobe entnommen u. s. f. her gebrauchte dagegen das Gasometer Despretz oder Döberciner, dessen richtung durch Fig. 62 erläutert wird, das Brett (E F) ist ein Hohlcylinder Eisenblech B C DJ und ein wohl- misster solider Holzcylindor (ZJ aufge- rauht, so dass der Hohlraum des Blech- nders bis auf eine schmale Eiune und p.n über dem Holzcylinder stehenden Eand ibfüllt ist. In diese Rinne passt möglichst eine cylindrische tubulirte Glasglocke EH; wenn also die Glocke über den zpflock möglichst tief eingeschoben ist, so der Hohlraum des Cylinders fast voll- men ansgefüllt; in den übrig bleibenden ; desselben wird Quecksilber gegossen, das

Fig. 62.

I!]

gQ2 Temperatur der Ausathmungsluft.

bei möglichst tiefem Eintauchen der Glocke bis in den Tubulus derselben (M) hini reichen muss; bläst man darauf Luft in den mit einem Hahn versehenen Sehl« (M Nj , so erhebt sich die Glocke , das Quecksilber sinkt in die Kinne zwischen und AB C T>, und die Luft wird immer gesperrt sein , wenn auch nur so viel Que Silber vorhanden ist, um die Einne so weit zu füllen, dass das abgerundete ob Ende des Holzpflockes bedeckt bleibt. Bei 0 ist in den Blecheylindcr ein ebenes G eingesetzt, um den Stand des Quecksilbers und die Erhebung der graduirten Gl glocko abzulesen. Die Resultate der Versuche, welche sich des Quecksilberg Sperrraittel bedienten, verdienen ceteris paribus natürlich den Vorzug vor denen, welchen man zu gleichem Zwecke Kochsalzlösung anwendete. Denn diese letzt absorbirt merkliche Mengen von CO2 , und es wü-d diese Absorption um so weni zu vernachlässigen sein, als die Ausathmungsluft in einzelnen Blasen durch das Spi wasser hindurchdringt und dann über dem letztern stehend, es in einer beträohtlicl '\ Ausdehnung berührt. Der daraus erwachsende Fehler ist auch kein constanter, die vom Sperrwasser aufy;enommeue CO^-Menge variirt mit der Berührungsdauer iHt2 dem OOä-Gehalt der Ausathmungsluft. So lange nicht durch direkte Versuche Grenzen dieses Fehlers dargethan sind, muss man, dem Ausspruch der bessern G analytiker gemäss , behaupten , dass die auf diesem Wege angestellten Versuche brauchbar sind, um bedeutende Unterschiede im Kohlensäuregehalt der Ausathmuu luft aufzudecken. Alle Versuche aber, welche bis dahin nach der unter Numme; aufgeführten Methode angestellt wurden, leiden an dem gemeinsamen Uebelstande, 4t / sie sich über einen nur kurzen Zeitraum erstrecken. Sie erlauben also bei der gemeinen Veränderlichkeit in der Absonderungsgeschwindigkeit der COj keinen Sehl auf andere, nicht untersuchte Zeitabschnitte.

Geht man endlieh darauf aus, geradewegs zu bestimmen, wie viel 0-Gas in Lungen verschluckt, wie viel HO-Gas dort abgedunstet und wie viel N-Gas einJJ^ nommen oder ausgegeben sei, so muss mau Menge und Zusammensetzung der in Versuchszeit ein - und ausgeathmeten Luft kennen. Denn diese Gase sind in bei( Luftarten enthalten und sie können somit nur aus dem Unterschied ihrer Gewicht« den Ein - und Ausathmungsprodukten aufgefunden werden. Bis dahin sind am Mensel solche Versuche nicht angestellt worden. Bei Thieren ist dagegen die Sehwierigk die sie darbieten, überwunden, wie wir mittheilen werden, wenn wir auf die staune werthe Versuchsreihe eingehen, welche der grosse Physiker Regnault in Verbind! mit Reiset ausgeführt hat. Dort werden wif auch einige indirekte Methoden wähnen, welche sich das oben bezeichnete Ziel gesteckt haben.

1. Temperatur der Ausathmungsluft. Die in die Li gen aufgenommene Luft muss ihre Temperatur ausgleichen b deijenigen der Lungenwand, resp. des in ihr strömenden Blut Die Zeit, die zu dieser Ausgleichung nothwendig, wächst mit d( Temperaturunterschied zwischen Blut und Luft und dem aufgenoi menen Volum der letzteren. So fand z. B. Valentin (gleiche Za und Tiefe der Athembewegung vorausgesetzt), dass bei eiuer Lu temperatur von 6,3" C. die ausgeathmete Luft auf +29,8" C, einer Lufttemperatur von +19,5"C. die ausgeathmetei Luft + 37,25" C, bei einer Luftemperatur von +41,9" C. die Ausa*|

Wassergehalt der Ausathmnngsluft.

503

iiiigsliift auf H-38,1"C. erwärmt oder abgekühlt war. Die zur -deichung der Temperatur nöthige Zeitdauer kann keinesfalls . SS sein bei den zahlreichen Bertihrungen zwischen Luft und I Ilgenwand.

2. Vermehrung des Wassergehaltes. Die Luft, welche die Athemwege geführt wird, ist meist niederer temperirt, und mit jedenfalls trockener, als die Ausathmungsluft, welche in den 1 Ilgen erwärmt und in vielfache Berührung mit feuchten Flächen ■i nacht wurde. Die Luft, welche in die Lungen aufgenommen, iid sich darum rasch mit Wasser sättigen; der Zeitraum, welcher cizu nothwendig, wechselt mit dem Volum, der Trockenheit und 1 Wärme der Einathmungsluft. Ueber den absoluten Zeitwerth, 1 zur Sättigung nöthig, bestehen bedeutende Widersprüche; Va- iitin behauptet, dass selbst bei rascher Athemfolge die Sättigung 1 die bestehende Temperatur beendet sei; Moleschott traf sie

lim kaum zur Hälfte satt. Das Gewicht des Lungendampfes, li bes wir in der Zeiteinheit ausstossen, variirt nachweislich mit 1 Zahl der Athemzüge. Hierüber giebt Valentin*) folgende ilielle, aus welcher hervorgeht, dass das Gewicht des Wasser-

imstes sich mindert, wenn die Zahl der Athemzüge in der Minute

»er sechs steigt.

Zahl tr Athemzüge in der Minute.

Mittleres Gewicht des ausgeschiedenen Wassers in Gr. für die Minute.

Mittleres Gewicht des ausgeschiedenen Waasers in Gr. für einen Athemzug.

Zahl der Beobachtungen.

5

0,287

0,057

6

6

0,297

0,049

30

12

0,246

0,021

30

24

0,261

0,010

30

36

0,197

0,005

3

40

0,205

0,005

2

Wünschenswerth würde es sein, zu wissen, wie die Aufent- laltszeit und das Volum der aufgenommenen Luft mit der Athem- iilge gewechselt habe. Auch mit der Temperatur der Atmosphäre ladet Valentin das Gewicht des ausgestossenen Dampfes ver- uderlich. In der Kälte sollen gleichviel Athemzüge weniger Dunst itt Tage fördern, als in der Wärme.

Als tägliches Mittel des von ihm ausgehauchten Wassers giebt 'al entin (54 Kgr. schwer) 375 Gr. an. Nach einer geringeren aiahl von Beobachtungen fand er es bei 8 Studenten zu 540 Gr.

•) 1. c. p. 538.

KohlonsäurcgehaU der Ausathmungsluft.

täglich. Diese Menge repräsentirt natlirlich nicht den Wasse Verlust, den das Blut durch die Athmung erleidet; um ihn finden, würde man von den gegebenen Zahlen die unbekanni Menge des Wasserdunstes abzuziehen haben, welche in der Ei athmungsluft enthalten war.

Uober indirekte SohätzungsraetlLodon siehe tkierischo Wärme und Vergleich' der Ausgabe und Einnahme des Blutes.

3. Veränderung der Kohlensäure. Das Gewicht d täglich entleerten CO2 ist wesentlich bestimmt von der Menge d täglich gebildeten, weil der thierische Körper dieses Gas, fast rasch wie es entstand, auch wieder und zwar vorzüglich durch dil Lunge entlässt. Die Mittel, durch welche sich die Ausstossung d Neubildung anpasst, sind gegeben durch Veränderungen des U: terschiedes der C02spannung in der Luft, des Blutes und d Lunge, des Wärmeunterschiedes zwischen dem Blut und der Lungeq luft, durch Veränderungen des Blutdrucks und der Berührung fläche zwischen Luft und Blut.

Theoretische Einleitung. Um die Bedeutimg der Bedingungen richtig fassen, ■welche die Absonderungsgesohwindigkeit der COj beherrschen, dienen folgeAdl Erfahrungssätze. Wie bei den entsprechenden Betrachtungen über Wasserbewegim| sollen die eingeflochtenen theoretischen Ausdrücke nur Mittel zur leichteren Fasslich keit sein.

1) Die Kräfte (Spannungen), mit welchen sich die Theilchen eines Gases ab Stessen, verringern sich mit der abnehmenden Dichtigkeit des Gases (Mariotte'schtj Gesetz) ; diese abstossenden ICräfte können ganz in derselben Weise, wie es p. 44 das Wasser entwickelt wurde , dazu dienen , Geschwindigkeit oder Spannungen del Gases zu erzeugen, und hier wie dort ist die Geschwindigkeit , welche der GewichtsI einheit Gas mitgetheilt werden kann, proportional dem Unterschied der Spanmingenjj welche auf den entgegengesetzten Grenzflächen der bewegten Gasart herrschen.

2) Nur die gleichartigen (aus denselben chemischen Atomen und Atomzahlen be-j stehenden) Gastheilchen üben eine Abstossung gegen einander, oder besser ausge'j drückt: in einem Geraenge aus verschiedenen Gasen ist die schliessliche Anordnund jedes einzelnen Theilchens in der Gleichgewichtslage nur abhängig von den Kräftwjj welche von den ihm gleichartigen Theilchen ausgehen. Während des Uebergangs aus eiaa Stellung in die andere, also während der Bewegung wirkt dagegen die Anwesenhe^ anderer Gase hömmend auf die Geschwindigkeit, mit welcher die neue Lage eing?*i nommen wird. 'ff

3) Die Geschwindigkeit, mit welcher ein ohne Hinderniss bewegliches Gasthail^ chen ein anderes fixirtes flieht, wächst mit der Zeit, so dass es in der ersten Zeitein-[ heit einen kleineren Weg zurücklegt, als in der zweiten, in dieser einen kleineren in der dritten u. s. f. Die Unterschiede der Geschwindigkeiten in den Zeiteinheiten (die beschleunigenden Kräfte) nehmen dagegen ab mit der steigenden Zeit. Dieses folgt aus dem Beharrungsvermögen und aus dem ersten Satz, dass die Intensität der abstossenden Kraft sich mit der Diohtigkeitsabnahme mindert. Denn das Gastheilohen

%

Kohlonsäuroausschoidung ; theoretische Einleitung.

505

Ki die im ersten Augenblick empfangene Geschwindigkeit auch noch in allen folgen- behaupten; dieselbe wird aber in jedem folgenden Augenblick vermehrt durch um neuen Druck der sich abstossenden Gasmolekoln. Die Anzahl der Stösse, welche .in Bewegung gesetzte Gastheilchen empfangen hat, wächst also mit der Zeit und in derselben Weise die Geschwindigkeit. Die Kraft der Stösse nimmt aber von ' zum andern Zeittheilchen ab, weil die Entfernung der beiden Molekeln mit der . ;er Bewegung steigt, und darum verringert sich mit der steigenden Zeit die fchleunigung, welche von jenen Stessen abhängt.

4) Die Gesetze, welche für die Bewegung tropfbarer Flüssigkeiten durch Eöhren en, finden auch ihre Anwendung auf Gase, welche sich im Düfusionsstrom durch wen bewegen. Tauchte z. B. die eine Mündung eines Eohrs in einen Behälter voll offgas und die andere Eöhrenöffnung in eine Atmosphäre von Kohlensäure, so Iden unabhängig von einander zwei Gasströme in entgegengesetzten Kichtungen Lh das Eöhrenlumen laufen, und zwar darum ohne gegenseitige Störung, weil die rrstofiftheilohen nicht von der COj und diese nicht von jener ihre Anregung zur sjBgung empfangen. Die. Bewegungsanregung eines jeden dieser Ströme würde ein- äund allein begründet sein in der Abstossung der gleichartigen Gastheilchen, oder, dasselbe bedeutet, von dem Dichtigkeits - (Spannungs-) unterschied, welcher zwi- i den gleichartigen Gastheilchen an den beiden Enden der Eöhre besteht. Die nwart der fremden Gasart würde nur insoweit die Strömung beeinflussen, als sie Art eines Eeibungswiderstandes die Geschwindigkeit behinderte. Vorausgesetzt, bewerkstelligte es nun durch irgend welche Vorrichtung, dass der Spannungs- yschied am Ende und am Anfang des Eohrs während der ganzen Versuchsdauer rändert bliebe, so würde sich auch die Geschwindigkeit eines jeden Stroms in rr Zeit constant erhalten, und es müsste, weil eine Bewegung materieller Theil- vor sich geht, die Geschwindigkeit abhängig sein einerseits von dem Spannungs- »schied, und andererseits von den Eeibungen und dem Widerstande, welche die iinung der Eöhre mit sich bringt. Da es den Anschein hat, als ob diese Be- dungen der Theorie an sich klar wären, so betonen wir der physiologischen Wich- tt wegen nur, dass die Dimensionen des Eohrs von Einfiuss sind auf die Ge- imdigkeit des Diffusionsstroms nach der Eöhrenlänge. Nehmen wir an, es sei uns inchtor förmiges Eohr A B Fig. 63 gegeben, in welcher ein Sauerstoffstrom von B Ä und ein Kohlensäurestrom von A B gehe. Gesetzt, es sei der Unter- l der grösseren Kohlensäuredichtigkeit ( und der geringere bei B gleich dem- »n für den Sauerstoff bei B (der im) und A (der geringem), so wür- .ie Triebkräfte , welche den COsstrom i;en, doch grösser sein, als diejenigen, e die Sauerstoffbewegung einleiten ilarum auch die Geschwindigkeit des iieu über die des letzteren überwiegen. ) ist ohne weiteren Beweis einleuch-

iweil bei gleicher Spannung in den Gasflächen die Zahl der COathcilchen, welche l nach B hin drücken, grösser ist, als die der SauerstoiTtheilchen, welche von •h A hin drängen. Wir machen im Voraus darauf aufmerksam, das der COjstrom it Ton der Lungenoberflächc , welche eine Ausbreitung von vielen Quadratfussen

506

Kolilensäurcausscheidujig ; Ihoorotischo Einlfiitung.

besitzt, und in der engen Luftröhre mündet, während umgekehrt der SauersUif ii von den Wurzeln gegen die Enden der Lunge streichen muss.

5) Setzen wir voraus, es wäre uns ein geschlossener Kaum gegeben, welcher i einer beliebigen Gasart, z. B. mit atmosphärischer Luft, gefüllt sei, und es eine beliebige Grenze dieses Baums in Verbindung gebracht mit einer andern Gags z. B. OOi, deren Dichtigkeit unveränderlich gedacht wird, Bedingungen, wie sie nähernd in der Lunge verwirklicht sind , so werden wir behaupten dürfen : a) Geschwindigkeit des Diffusionsstroms aus der CO? in die Luft nimmt ab , wenn Zeit des bestehenden Diffusionsstroms zunimmt, und insbesondere wird sich die schwindigkeitsabnahme so gestalten , dass sie im Beginn des Diffusionsstroms und mit der wachsenden Dauer desselben langsamer und langsamer absinkt. Abni men muss die Geschwindigkeit überhaupt, weil die treibenden Kräfte, oder der Di tigkeitsunterschied der CO2, zwischen der angenommenen Grenzfläche und dem schlossenen Raum mit dem Eindringen von COj in den letztern geringer werden mi Jm Beginn der Zeit, wo der geschlossene Eaum vollkommen COjfrei war, wird Strom unter der ganzen Spannung der angrenzenden COä eintreten ; im nächsten Äug' blick wird der Strom schon gehemmt durch die zuerst eingetretene CO4 u. s. f., x\ die Geschwindigkeit muss also immer langsamer werden. Daraus geht auch her^ dass die Geschwindigkcitsabnahmo nicht im geraden Verhältniss zum Wachsthum Zeit erfolgen kann. Die Geschwindigkeit wird auf Null herabsinken, wenn die C Spannung im geschlossenen Raum und an der angenommenen Grenzfläche gleich gew den ist. b) Der Zeitraum, welcher verfliesst, bis die Dichtigkeit der CO» in geschlossenen Raum und der Grenzfläche gleichwerthig ist, wächst (bei gleicher rührungsfläche und gleicher ursprünglichen Spannung der COs) mit dem Cubikinl des Raumes ; er nimmt dagegen ab (bei gleicher Spannung und gleichem Cubikinl des Raumes) mit der Berührungsfläche, und (bei gleicher Berührungsfläche und gleicl Cubikinhalt) mit abnehmender Anfangsspannung. c) Das Maxiraum des Dichtigke Unterschiedes, welches die CO2 während der Stromdauer in deu verschiedenen Qi schnitten des geschlossenen Raumes darbietet, nimmt mit der Zeit ab ; mit der näl Bestimmung, dass die Abnahme während gleicher Zeiten um so geringer wird , je^ t fernter die Zeit vom Beginn des Stromes liegt. Zur Verdeutlichung dieses Sa Fig. 64. ziehen wir die Pig. 64 herbei. Stellen wir

ihr entsprechend den geschlossenen Luftn als einen Hohlcylinder vor, der mit einer se: Grundflächen A B in ein Kohlensäuremeer constanter Dichtigkeit taucht, so wird der der höchsten Spannung immer auf der Pll AB und der der niedrigsten auf der entge{ gesetzten Grundfläche CD zu finden sein. D es ist das Fortschreiten des Difi\isionsstromes eine Folge der fortlaufend verändfl Dichtigkeit (nicht etwa einer Wellenbewegung) und es muss demnach, wenn dia wegung von einem m AB näheren zu einem von A B entfernteren Ort gehen die Spannung an dem erstem höher als an dem letztern sein. Das Maximum Dichtigkeitsuntersohiedes wird also immer gefunden, wenn man die auf der Fli CD bestehende Spannung abzieht von der constanten in AS. Wir wollen uiiS' der Einfachheit wegen die Dichtigkeit der COj an beiden Orten gemessen denken di die gleichen Längeneinheiten der Linien CD und AB. Die vorhin ausgesproi Behauptung würde demnach , auf den Fall in Pig. 64 übergetragen, so lauton, dass

KohlensKureaussoheidung ; theoi-etische Einleitung. 507

hshtigkeit der COj auf der Fläche CD in kürzerer Zeit von Null auf halb BG (von t auf B) ansteigt , als von halb D 0 auf ganz B G. Dieses rechtfertigt sich aber da- ^roh, dass die absoluten Mengen von COs, welche zur Herbeiführung eines gleichen iwachses von Dichtigkeit auf CB noth wendig sind, gleich sein müssen. Die Menge COi aber, welche ein Strom unter Voraussetzung gleichen Querschnitts in der

i. teinheit mit sich führt, ist natüi-lich proportional dem Spannungsunterschiede der ,1 am Beginn und Ende der Strombahn (= der Geschwindigkeit derselben). Nun rvegt sich aber, wenn die Dichtigkeit in CB von Null ^i)^ auf ^kBG fJEJ anwächst,

Spannungsunterschied zwischen ganz und halb B G (sein arithmetisches Mittel in isen Grenzen ist = ^/iBG), während er sich bei dem Ansteigen der Spannung von 'CB fEJ auf ganz B G (C) zwischen ein halb B C und Null bewegt (sein arithme- bhes Mittel ist = ^jtBG). Die Stromgeschwindigkeit wird also zwischen E und B th viel grösser sein, als zwischen E und G. Die soeben gewonnene Erfahrung rrt uns weiter zu der Behauptung : d) Die Curve der Dichtigkeit , besehrieben über

Achse des geschlossenen Baumes, nimmt mit der wachsenden Stromdauer an Steü- tt ab. Zum Verständniss dieses Satzes ist zunächst die Erläuterung einiger Aus- coke nothwendig. Achse des geschlossenen Baumes nennen wir die gerade Linie, cche einen Punkt höchster mit dem zunächst gelegenen niedrigster Spannung ver- ddet. In dem Beispiel, welches Fig. 64 darstellt, würden also alle Linien, welche

Cylinderachse parallel laufen , als Achsen des geschlossenen Baumes zu bezeichnen u. Dächten wir ujxs nun auf eine dieser Achsen der Eeihe nach die verschiedenen Ihtigkeiten der CO» und zwar als Ordinaten aufgetragen, die in den Orten enthalten II, welche die Achse durchschneidet, so würden wir die Curve der Dichtigkeit er- ;4en. Die Curve der Dichtigkeit giebt also nichts anderes als einen Ausdruck für

Yertheilung der CO2 nach einfer bestimmten Eichtung des geschlossenen Baumes, . darum will die obige Behauptung nichts anderes sagen , als dass die Spannungs- eerschiede, welche die Längeneinheit des Stromes an einer beliebigen, aber bestiram-

Stelle desselben darbietet, mit der Stromdauer abnimmt, und ferner, dass die Zeit, tche zur gleichwerthigen Verminderung dieser Unterschiede nothwendig ist, mit der

ii. er des DifiFusionsstromes wächst. Die Nothwendigkeit dieses Satzes leuchtet gleich

wenn man, wie dieses in Fig. 64 geschehen, annimmt, dass die Dichtigkeit auf Achse (BBJ abnehme proportional der Entfernung ihrer Punkte von dem Anfangs- höchster Spannung B. Unter dieser Voraussetzung geht bekanntlich die Steilheit Spannungscurve AJE und AB an jedem beliebigen Abschnitte der Achse propor- lal dem Maximum des Spannungsunterschiedes, welches in dem Baume enthalten ist. fser letzte Zusatz gilt nun allerdings nicht mehr, wenn die Curve der Spannung im gekrümmten Verlauf angenommen hat , indem dann nicht überall die Spannungs- f erschiede proportional dem Maximum desselben abgenommen haben werden, aber nerhin muss sich auch hier die Abnahme des grössten Unterschiedes vertheüon auf Verlauf der Curve und diese somit im Allgemeinen an Steilheit abnehmen. der praktischen Bedeutung, welche der Curve der Dichtigkeit zukommt, wäre es 'ischenswerth , ihre allgemeine Form zu entwickeln in einem geschlossenen Baume der Gestalt der Lungenhöhle. Bei der Complikation dieser letzteren ist dieses r unmöglich; wir müssen uns also mit dem gegebenen ungefähren Ausdruck bc- idigen.

. 6) Die Temperaturunterschiede der Orte, von und zu denen die Strömung geht, 1 bedeutungsvoll, weil sie bei gleicher Dichtigkeit des Gases einen Spannungsunter- «ied desselben erzeugen; denn mit der steigenden Tcmpqratur mehrt sich die

5Qg KoMensiiurcabdunstung aus Flüssigkeiten.

abstossonde Kraft der Gastheilchcn. Eine gleiclimässige Erhöhung oder Erniedrige der Teiuporatur an allen Orten des Diffusionsstroms könnte auf diesen nur einflussrei sein durch Voränderung einer etwa bestehenden Reibung.

7) Bis dahin verfolgten wir den Gang der COj-Diffusion im freien oder nur lu: erfüllten Kaum ; wir werden nun betrachten, wie sich die Spannung und Geschwindi ^ keit jenes Diffusionsstroms an der Grenze zwischen Flüssigkeit und Luft, oder i Kücksicht auf die Athmung ausgedrückt, wie sie sich an der Grenze zwischen Bl' und Luftröhren der Lunge verhalten. Die hier in Frage kommenden Gesetze sind v Stefan*) einer mathematischen Untersuchung unterworfen worden, deren Ergebnif mit der Erfahrung vollkommen übereinstimmen. Nach seinen Annahmen wird, ^ beim Uebergang der Gase aus einer Luftschicht in eine andere , auch in der Grci schiebt zwischen Flüssigkeit und Luft die Geschwindigkeit des Stroms bestimmt dur den Spannungsunterschied der Gase diesseits und jenseits jener Schicht. Die Abwi chung der Vorgänge an den beiden verschiedenen Orten besteht nur darin, dass c Spannung der Gase in der Flüssigkeit in anderer Vfoise von der Dichtigkeit dersclb abhängt, als im freien Luftraum, und dass den Gasen beim Durchgang durch die Flii äigkeit ein anderer Eeibungswiderstand entgegensteht, als fn der Luft. Von dem E; flnss des letzteren Umstandes müssen wir einstweilen noch ganz absehen , da er kev praktische Erledigung gefunden. Von der Spannung der Gase lässt sich dagegen ai sagen, dass sie in der Luft wie in der Flüssigkeit unter Voraussetzung gleicher Tei peratur mit der Dichtigkeit wächst; aber wenn in dem Luftvolum V die Gasmenge

zerstreut ist, so ist der Druck p , den sie erzeugt, = , d. h. die Spannung ist n u:

abhängig von dem Vorhältniss des Luftvolums zu der in ihm vorhandenen Gasmeng wenn dagegen das in dem gleichgrosscn Flüssigkeitsraum V absorbirte Gas denselb

Druck erzeugen soll, so muss die Menge dieses Gases = «A sein, so dass p = - sJ-i

ist. Hier bezeichnet a den Absorptionsooeffizienten oder das Volum Gas, welches t der angenommenen Temperatur von der Raumeinheit der Flüssigkeiten aüfgenomm werden kann. Um den Inhalt dieser Gleichungen durch ein Zahlenbeispiel aufzuklän nehmen wir an V, d. i. das gleiche Volum von Flüssigkeit und Gas, sei =10. der Druck p, welcher nach vollendeter Absorption dem Gas in Luftraum und in 6 Flüssigkeit zukomme, sei = 1,0 Meti-., und der Absorptionscoefflzient sei = 0,8, wird die Menge des Gases in dem freien Raum =1,0 und in der Flüssigb = 0,8 sein.

Stefan hat mit Zuhilfenahme der angedeuteten Grundlagen das Verschlucl; und Abdunsten von Gas unter sehr verschiedenen Bedingungen untersucht ; von sein Erörterungen sind für die Athmung namentlich folgende von Wichtigkeit: Wiet Gas ist aus der Luft in ein gegebenes Volum von Flüssigkeit eingetreten nach Ai gleichung des Druckes in beiden, und zwar wenn entweder der Luftraum unbeschrän war, 80 dass der Druck des freien Gases durch den Absorptionsvorgang selbst nie geändert wird, oder wenn auch der Luftraum von beschränkter Ausdehnung war, dass sich der Druck des freien Gases durch die Absorption selbst änderte. Unter de selben Bedingungen hat er weiterhin untersucht, wie sich die Geschwindigkeit d Strömung in der Grenzfläche zwischem freiem Gas und Flüssigkeit ändert mit d

i;

m

titi

•) Wiener akademische Sitzungsberichte XXVIl. 375.

Zohlensäureausschoiduug, abhängig von der Athembewegung. 509

laehsenden Zeit, und demnach auch die Gasmenge bestimmt, die in jedem Zeitabschnitte iiihrend der bestehenden Absorption in die Flüssigkeit übergeht. Ausser der Ab- tion hat er auch die Abdunstung von Gas bei-ücksichtigt und namentlich unter- .1, wie sich das letztere verhält, wenn eine Flüssigkeit ihi- Gas von constantem ; uck in einen beschränkten Kaum entlässt; auch' hier hat er die mit der Zeit abneh- I nde Geschwindigkeit und die in jedem Zeitintervall austretende Gasmenge festge- I ilt. So wichtig dieser Inhaltsanzeige nach die Resultate seiner Untersuchung, die I .rall von der Erfahrung bestätigt werden, für die Athmungslehre sind, so können I hier doch nicht mitgetheilt werden, weil die gefundenen Formeln ohne Anwendung ä höhern Calcüls nicht verständlich sind.

8) Da die verdunstbare CO-2 des Blutes nicht allein gelöst, sondern zum Theil iih anderweitig gebunden ist, so könnte es fraglich sein, ob die Gesetze, welche für

! Abdunstung des einfach absorbirteu Gases gelten, auch für die Athmung in Be- ccht kommen. Nach zahlreichen Erfahrungen kann es keinem Zweifel unterliegen, äs der Theil der verdunstbaren CO4, welcher nicht gebanden, sondern nur gelöst ist, «de so abdunstet, wie wenn der gebundene Antheil des Gases gar nicht vorhanden rre. Der Unterschied zwischen dem Blut und einer anderen von gebundener CO2 iden Flüssigkeit würde also günstigsten Falles darin bestehen, dass bei der Abdun- tjag aus dem Blut neben der Spannung der aufgelösten auch noch die der gebun- iien COä in Betracht käme. Aber auch dieser Unterschied scheint nicht zu bestehen iier den Bedingungen des normalen Lebens; es scheint nämlich, als ob nur der kker gebundene Gasantheil an der Athmung Theil hätte. Wir schliesseu dieses dar-

(, weil bei den gewöhnlichen Absorptionsversuchen mit Blut erst unterhalb sehr idriger Druckgrenzen sich die Anwesenheit der gebundenen CO2 bemerklich macht, Ii aus der Aehnlichkeit (nicht Uebereinstimmung) des Verhaltens der im Blut ge- iidenen CO2 mit derjenigen, welche aus einer Lösung von 2Na0CO2 entweicht. Wenn Dulich bei einer Temperatur von 23'',6C. in Wasser so viel 2NaOC02 enthalten ist, >s die Menge der gebundenen, aber verdunstbaren CO2 so viel wie im Blut beträgt, genügt die Anwesenheit von 1,0 pCt. COj in dem darüber stehenden Luftraum, die Verdunstung dieses Gases aus der Flüssigkeit zu verhindern (L. Meyer*). Leben sinkt aber der COi-Gehalt der Lungenluft nie auf jenen Werth, sondern er iiält sieh immer weit darüber. Demnach würde man sich für berechtigt halten, die I )undene CO4 des Blutes von der Betheiligung an der Athmung auszuschliessen, wenn tu wüsste, ob die an 2ITaoPh05 gebundene COj sich eben so verhalte, wie die an jOCGi geknüpfte. Es wäre wünschenswerth, dieses durch besondere Versuche zu er- i*eln.

Die folgende Darstellung der Schwankungen in der COa-Aus- )lieidung untersucht der Reihe nach den Einfluss der Athem- und mtbewegung, der Luft- und Blutzusammensetzung und endlich der rrschiedenen Zustände der Lungenwand.

Athembewegung. Im Ruhezustand des Brustkastens ist i Lungenraum mit Luft gefüllt, welche, in feine Bläschen ver-

' ■)• Gase des Bloteg p. 42.

dp

gj;Q Änderung der COj mit dem Lungonort und

theilt, durch Wandungen von einer sehr grossen Ausdehnung begren: wh-d; diese letzteren sind durchzogen, man könnte sagen, gehild von einem dichten Blutgefässuetze, dessen Inhalt verdunstbare 0 fuhrt. Insofern also die Luft in dem Lungenraum jemals COi-fr war, wird sie sogleich einen Antheil dieses Gases empfangen, ui dieser Antheil wird, alles Andere gleich gesetzt, mit der Zeit iltti Verweilens in der Lunge so lange wachsen, bis sie die Spannui der CO2 im Blute angenommen hat. Bevor jedoch diese Ausgle chung eintritt, geschieht eine Einathmung, durch welche COa-fre Luft theils mit der bis dahin vorhandenen vermengt und thei liber die bis dahin vorhandene geschichtet wird. Das erstere g schiebt, wenn die Einathmung zu umfänglich ist, um nach Ve drängung der Luft aus den Bronchien in diesen Platz zu finde so dass ein Theil der eingeathmeten noch in die Bläschen gelang der in den Bronchien zurückbleibende Theil der neu eingetretem Luft ist die aufgeschichtete. Nach längerem oder kiü-zerem Ve weilen wird sämmtliche mit der Einathmung aufgenommene Lu wieder ausgestossen, nachdem sie natürlich durch Diffusion un Mischung CO2 empfangen, und es bleibt nach dieser Exspü-atio ein Gasgemenge zurück , welches weniger CO2 enthält , als das la mittelbar vor der Inspiration vorhandene. Der C02-Gehalt desselb^ steigt von Neuem, und es wiederholt sich dann der frühere V^: gang u. s. f. Bei einer solchen Einrichtung unseres Apparate dürfen wir, alles Uebrige gleichgesetzt, erwarten:

a) Nach vollendeter Einathmung wird die Dichtigkeit der C' in den Lungen (oder der Prozentgehalt ihrer Luft an CO2) .ahm men von den Lungenwänden hin gegen das Centrum der einzelne] Höhlenabtheilungeu und von den engeren Röhren (den Infundibulii gegen die weiteren (die Bronchien). Der Unterschied der Dich keit an diesen verschiedenen Orten wird abnehmen mit der Auf< haltszeit der Luft in der Lunge. Allen, Pepys und Vieroricl welche bei ihren Versuchen auf diesen Umstand Rücksicht nähme fanden in der That, dass die Luft, welche in dem Beginn der Am athmung ausgestossen wird, ärmer an CO2 ist, als diejenige, wel(iL#^ am Ende der Ausathmung erscheint. Der grössere Theil ersterf Luftquantums kommt aber unzweifelhaft aus den Bronchien, cl< letztere ursprünglich aus den Lungenbläschen. Dieser Unterschied des C02-Gehaltes verschwindet jedoch nach Vier or dt*), wenn di'

•) I. c. p. 171.

mit der Aufontlialtszeit der Luft in der Lunge.

511

ugeathmete Luft 40 See. lang- in der Lunge verweilte^, bevor sie oder aiisgestosseu wurde. Da zu dieser Zeit, wie wir sehen rden, der CO-i-Strom von dem Blut zu der Luft noch nicht ge- ilossen ist, so muss man annehmen, dass auch dann noch Un- I liiede bestehen, die aber durch den Versuch nicht nachweisbar eu (siehe die theoretischen Betrachtungen 5. c und d). b) Die mittlere Dichtigkeit (der Prozentgehalt) der CO2 in der ,eathmeten Luft wh'd um so mehr zugenommen haben, je län-

I die eingeathmete Luft in der Lunge verweilte und je kleiner > eingeathmete Luftvolum gewesen war (Vierordt). Um den ;teren Theil dieses Satzes festzustellen, genügt es, in kurz auf- laiider folgenden Zeiten Ein- und Ausathmungen von immer glei- eiii Volum auszuführen und die aufgenommene Luft der Reihe

Ii kürzere und längere Zeit zurückzuhalten, bevor sie wieder ^-;estossen wird. Als Beispiel für den Gang der Sättigung füh-

II wii" eine mit genauen Hilfsmitteln angestellte Versuchsreihe von Becher an. In dieser wurden im Mittel 4560 CG. Luft ein-

(:d ausgeathmet; die Dauer der Einathmung betrag 2 bis 3 See, 3 Zeit des Zurückhaltens der Reihe nach 0, 20, 40, 60, 80, (0 See. Der mittlere Prozentgehalt der Ausathmungsluft an GO2 ttrug nach 0 See. = 3,6 pCt., nach 20 See. = 5,6 pCt., auch 40 See. 6,3 pGi, nach 60 See. = 7,2 pGt, nach 80 See. = 7,3 pCt., ch 100 See. = 7,5 pCt. Werden diese Zahlen in ein Goordina- nsystem eingetragen 65. iig. 65), dessen Ab- co-^ proxenu. " isse die Zeit, dessen dinate die COj-Pro- rate misst, so gelten 'jselben die einlie- inde Curve, welche >!S zeigt, dass die 5,6 MWüchse, welche die cchtigkeit der CO2 , gleichen Zeiten em- längt, rasch abneh- en, wenn die Zeit-

3,6

20

40

60 80 lOOSecumJen.

nuer des Zurückhal-

108 der Luft wächst. In Zahlen ausgedrückt, wuchs nemlich von i bis 20 See. der Gehalt um 2,0 ; zwischen 20 und 40 See. um

512 Kohlensäureausscheidung, abhängig von dem geathmeten Luftvolum.

0,7; zwischen 40 und 60 um 0,9; zwischen 60 und 80 um ( und zwischen 80 und 100 um 0,2 pCt. Die einzige Zahl di. Reihe, welche freilich innerhalb der Fehlergrenzen von dem dm die Theorie verlangten Gange abweicht, ist wahrscheinlich dritte zwischen 40 und 60 See. gelegene.

Stefan*) hat diese Erfahrungen mit seiner Theorie verglichen, indem er sei Gleichungen eigends für diesen 2weck umformte; dann hat er drei Zahlen von SechHüp benutzt, um daraus die Constanten zu finden, und für die anderen 3 folgeilq "Werthe berechnet.

COa-Procente ^ , . ,

Zeit , , , ,1 Unterschiede

beobachtet bereclinet

Nach 0 See. 3,6 3,0 —0,6

Nach 40 - 6,3 6,7 +0,4

Nach 80 - 7,3 7,4 -)- 0,1

Diese Uebcreinstimmung ist als eine sehr gute anzusehen, da Becher selbst bei zt

unter ganz gleichen Umständen ausgeführten Vorsuchen Fehler von 0,2 pCt. erhii

Sollte sich bei weiteren Versuchen diese Uebcreinstimmung bestätigen , so würde ei

Tortsetzung der Beobachtungen nach dem vorliegenden Plane sehr wünschei

Werth sein.

Setzt man die Eechnung mittelst der Gleichung von Stefan fort, so zeigt dass das Maximum, welches die CGj-Prozente in der Lungenluft bei der vorliegend Versuchsreihe annehmen konnten, = 7,57 pCt. war. Demnach dürfte mit einer i praktische Zwecke genügenden Genauigkeit angenommen werden, dass nach 1 00 Seen den die Äxisgleichuug zwischen der COs-Spannung in der Lungenluft und in dem Bit erfolgt wäre. Unter diesen Voraussetzungen könnte man, wenn Druck und Temperat der Lungenluft bekannt wäre , aus obigen Versuchen den Absorptionscoeffizienten d lobenden Blutes für CO.^ ableiten. Auch liesse sich aus den Versuchen finden, if gross das Luftvolum ist, welches vor der Inspiration in der Lunge noch vorband war; dasjenige, welches wir früher den unveränderlichen Brustraum nannten (p. 49;

Vierordt giebt eine Beobachtungsreihe, aus der hervorgeh dass ein kleines Volum eiugeathmeter Luft kürzere Zeit in d( Lunge zu verweilen braucht, um den C02-Gehalt zu gewinnen, w^ chen ein bedeutenderes in längerer Zeit erreicht. Als er nemli§ 500 bis 600 CC. Luft mit je einer Einathmung einzog und 1800 C( ausstiess und in einer andern Eeihe möglichst tief insph-irte m jedesmal etwa 3600 CC. ausathmete, so gab er in der ersten Rei^ nach 20 See. Zurückhaltens eine Luft mit 6,5 pCt. CO2; uao 40 See. = 7,2 pCt. und nach 60 See. = 7,4 pCt. In der zweite Reihe enthielt dagegen die Luft nach 20 See. = 4,8 pCt., nag' 40 See. = 5,2 und nach 60 See. = 6,0 pCt. CO2. Allerding

fr

*) Wiener akademische Sitzungsberichte. 27. Bd. 39G.

Kohlensäureaiisscheidung , abhäugig von der Athembewegung. 513

Id beide Reilieu nicht ganz vergleichbar; in dieser Beobachtung . londers nicht, weil in der ersten Reihe die ausgeathmete Luft überwiegender Menge aus solcher bestehen musste, welche län-

als die bezeichneten Zeiten in der Lunge zurückgeblieben war. ttte man aber auch diese Ungleichheit beseitigt, so würden sich imoch die beiden Versuchsreihen durch mehr als durch blosse liamunterschiede der aufgenommenen Luft unterscheiden. Das >ssere Volum dringt tiefer in die Bläschen und mischt sich dort i|iger, und, um es aufzunehmen, müssen sich die Lungenwände

ihi'en Gefässen, d. h. die Berührungsflächen zwischen der Luft l den CO2 - abdunstenden Häuten weiter ausdehnen. Dieser uind kürzt die zur Sättigung nöthige Zeit wieder ab, während sie

Volumvermehrung für sich allein verlängert.

c) Die mittlere Geschwindigkeit der C02-Strömung in den Lun- uraum hinein steigt mit dem Volum der in der Zeiteinheit (Minute) weathmeten Luft und mit der Geschwindigkeit des Luftwechsels iierordt). Dieses geschieht darum, weil durch die Ventilation

Dichtigkeit der CO2 in der Lungenluft vermindert und der Linnungsunterschied zwischen der CO2 im Blut und in der Luft iöht wird. Man könnte also auch sagen, die Geschwindigkeit

C02-Strömung und damit die absolute Menge von CO2, welche üer Zeiteinheit durch die Lunge entleert wird, steigt, wenn der zzentische C02-Gehalt in der ausgestossenen Luft abnimmt. Der teinbare Widerspruch, dass die absolute Menge der COi in der wathmungsluft wächst mit der abnehmenden Dichtigkeit derselben, ; sich, wie begreiflich, leicht; denn wenn der prozentische CO2- iialt der Luft abgenommen, so hat sich in ungemein reichlicherer i ise die Menge der in der Zeiteinheit ausgestossenen Luft ge- bart. — Die Athembewegungen sind nun im Stande, dasselbe iitvolum auf zwei verschiedene Arten in die Lunge zu führen, weder durch zahkeichere und flachere oder durch seltenere und _ i'ere Züge. Bei gleichem Volum der wechselnden Luft wird der ■itere Respirationsmodus' die Menge der ausgeführten CO2 mehr ^.gem, als der erstere, denn es begünstigt derselbe die mecha- ahe Mischung der zurückbleibenden und der eingeathmeten Ift, und er vergi-össert auch die Berührungsfläche zwischen der i'.teren und dem Blute. Die Versuche v^i Vierordt geben fol- tide Zahlen:

Ludwig, Physiologie II. 2. Auflage.

33

514

Kohlensiiuroausscheiduiig , abhängig von der Athembcwegung.

Zahl d. Athomzüge COi-Gehalt d. Luft Luftvolum, in d. Minute COj-Yolum, in d. Min

in der Minute.

Keihe. 6 12 24 48 96 12 12 12 12

Reihe.

in Prozcnton.

5,1

4,1 3,3

3,0 2,7 5,4 4,5 4,0 3,4

ausgeathmiet, in CC.

3000

6000 12000 24000- 48000

3000

6000 12000 24000

ausgeaihmet, inC

168 246 372 720 1296 162 270 480 816

Vergleicht man die Zahlen je einer dieser Reihen, so si man sogleich, dass, wenn die absolute Menge der ausgehauch Luft wächst, der Prozentgehalt der CO2 ab- und die absol Menge derselben zunimmt. Vergleicht man aber die Zahl beider Tabellen, und namentlich die absoluten Mengen und Prozente der CO2 bei gleichem Volum der Exspirationsluft, so si man, dass die C02-Prozente bei langsamer Athemfolge (ausgeno: men sind nur die beiden ersten Beobachtungen in der erst [6 Züge] und in der zweiten [12 Züge] Reihe) höher sind, als rascher. Daraus würde man den Beobachtungen zuwider folge können, dass die mittlere Geschwindigkeit des C02-Sti-oms in Lungenluft bei langsamer Athemfolge und voluminöseren Luftzü geringer sein möchte, als bei dem entgegengesetzten Modus athmen; wenn trotzdem mehr CO2 geliefert wird, so kann dies seinen Grund nur in der grössern Strombreite (wegen venneh" Berührungsfläche) odet in der Ausgiebigkeit der mechanisch Mischung haben. Natürlich sind diese Erklärungsgründe n giltig, wenn, was aus dem Versuche nicht hervorgeht, die während welcher die eingeathmete Luft in der Lunge verblieb,' gleiche Luftvolumina dieselbe war, und wenn zur Zeit der beid' Reihen gleiche Spannungen der CO2 des Blutes bestanden.

d) Die mittlere Geschwindigkeit, mit welcher die CO2 in Lungenluft strömt während eines ganzen Athemzugs (Ein-, athmungi Pause), wird, alles Uebrige gleichgesetzt, wachsen der Zeit, während welcher der Brustkorb in der Einathmungss" lung verweilt. ^

Die Wirksamkeit des Athemzugs für die Ausscheidung der CO» würde jedenftU gesteigert werden, wenn die Brust, statt nach vollendeter Einathmung sogleich wiSil in die Exspirationsstellung überzugehen , in erweitertem Zustand verharrte. Aber

Kohlensäureausscheidung, abhängig von der Athenibewegung.

515

i.iUniss zur Anstrengung würde der Erfolg doch, immer nur ein sehr untergeord- r sein, wie die auf p. 511 gezeichnete Curve von Becher einsehen lässt, da mit über ein gewisses Maass dauernden Inspirationszeit die CO2 nur um ein Geringes ;igert wird (Stefan).

Bei grösserem Umfang des Brustkastens wird die Dichtigkeit CO2 in dem Lungenraum langsamer ansteigen, als bei geringem ; mach wird im ersten Fall längere Zeit ein grosser Spannungs- 3rschied bestehen. Versuche, welche diese Angabe der Theorie l;ätigen, fehlen.

Eine Untersuchung, welche die oben aufgestellten theoretischen »aussetzungen auf ihre Richtigkeit prüfen" wollte, müsste, ausser

schon angegebenen, mindestens noch folgende Bedingungen lllen: 1) Sie hätte herzustellen die Gleichheit: in derZusammen- uung der eingeathmeten Luft, in der Menge und Zusammen- Dung der in der Lunge restirenden Luft, in der Zusammen- lung und Stromgeschwindigkeit des Blutes. Dieses Alles ist ääherad zu erreichen, theils dadurch, dass man die zu verglei- laden Versuche unmittelbar hinter einander anstellt, theils dass ! den Brustkasten auf einem bestimmten Umfang hält. 2) Sie ee zu verändern die Zeit, wähi-end welcher das eingesogene ^;volum in dem Brustkastien zurückgehalten wird, und gleich zu een: das gesammte' Volum des Luftwechsels in der Zeiteinheit, Berührungsflächen zwischen Blut und Luft und den Umfang

mechanischen Mischung neuer und restirender Luft in der ^ge. Dieses wäre zu erreichen, wenn man gleich viel Luft, ter gleich rasch eingezogen, mehr oder weniger rasch wieder r3mte, so dass die Athempause kürzer oder länger würde. •jie hätte zu verändern das in der Zeiteinheit gewechselte Luft- im und dabei gleich zu erhalten die mechanische Mischung, den rrschnitt des Diffusionsstroms, die Anwesenheitsdauer der inspi- ün Luft; um dieses zu erfüllen, würde man eine ungleiche Zahl '3h tiefer Athemzüge machen, von denen jeder einzelne um so i;er gehalten werden müsste, je seltener die Athemzüge erfolg-

4) Sie hätte zu verändern die mechanische Vermischung i neuen und restirenden Luft und die Berührungsflächen zwischen ; und Blut und dabei gleich zu machen: das in der Zeiteinheit techselte Luftvolum, die Zeitdauer der Einathmungsstellung, »äes würde geschehen, entweder wie wir schon oben unter c er- iinten, oder auch durch Bewegungen des Brustkorbes nach ge-

bhener Einathmung und bei geschlossener Stimmritze.

33

516

Kohlonsäureaussoheidung, abhängig vom Blutstrom

Blutstrom. Bei der Frage, wie eine Verändening des B Stroms in der Lunge die Ausscheidung der Kohlensäure veimeh oder vermindern könne, ist wesentlich aus einander zu hal der Einfluss variabler Spannung und variabler Geschwindig" des Stroms.

Eine vermehrte Spannung des Blutstroms muss, alles An gleichgesetzt, unzweifelhaft die Ausscheidung der CO2 mehren, u zwar auf zweierlei Art. Zunächst wird durch sie die Berührün fläche zwischen Blut und Luft vergrössert ; da sich die Gefässe, denen das Blut unter einem höheren Druck sti-ömt, ausdehn Mit dem Druck des Gesammtblutes mehrt sich aber auch Druck seiner CO2, und dieser stellt demnach eine zu den gewö' liehen neu hinzukommende Bewegungsursache dar, vorausgese dass die gashaltige Flüssigkeit mit einem Raum von niederer Sp nung in Berührung kommt, wie dieses in der That zwischen B und Lungenluft geschieht. Ob diese Umstände von praktisc' Bedeutung sind, ist noch niemals untersucht worden.

Der veränderten Geschwindigkeit des Blutstroms würde ein Einfluss auf die COi-Abscheidung zuzuschreiben sein, wenn feststünde, dass der Unterschied der C02-Spannung in dem ar riellen und venösem Lungenblut merklich stiege, wenn die schwindigkeit des Stroms in den Grenzen des normalen Leb abnimmt. Man könnte in der That geneigt sein, dieses in Abre zu stellen, weil jedenfalls die Zeit, während welcher ein Blutth chen in den Lungencapillaren verweilt, nicht merkhch grösser a fällt, je nachdem es das eine Mal langsamer als das andere ' die ungemein kurze Wegstrecke durch die Limgenbläschen zui-tt legt. Die Möglichkeit kann, freilich nicht besti'itten werden. S ten wir also fest, das langsam strömende Blut führe beim Aus aus der Bläschenwand CO2 von niederer Spannung (weil es längerem Aufenthalt in der Lxmge mehr abgegeben), als das ras fliessende, und geben wir in beiden Fällen dem arteriellen Bl gleiche Spannung, so würde die mittlere C02-Dichtigkeit des Bl während des Aufenthaltes in der Lunge beim langsamen Str geringer als beim raschen sein. Der rasche Strom beschleuni also die Abscheidung. Beobachtungen über die hier besprochen Probabilitäten sind nicht angestellt.

Luftveränderungen, a. Die Zusammensetzung d eingeathmeten Luft kann, insofern sie von der gewöhnlich atmosphärischen abweicht, aus allgemeinen physiologischen Gesich

und von der Zusammonsetzung der Einatliniungsluft. 517

iikten betrachtet, auf zweierlei Weise verändernd in die Ab- loidnng der CO2 eingreifen. Einmal, indem sie ein Material in Lungen und von da in das Blut führt, welches die Bildung

i CO) innerhalb aller oder einzelner Organe fördert oder hemmt; einem Wort dadurch, dass sie die Zusammensetzung des Bluts rt; wir werden die Betrachtung dieser Einflüsse einstweilen L hieben. Dann aber greift möglicher Weise die in ihrer

malen Zusemmensetzuug veränderte Luft auch dadurch ^auf die vheidung der Kohlensäure ein, dass sie die Entleerung der al in dem Blute vorhandenen beschleunigt oder verlangsamt. -L' letztere Weise der Einwirkung, die wir hier abhandeln, hebt

ii vor der ersteren sogleich dadurch ab, dass sie sich nicht erst

dem Verlauf von mehreren, vielleicht von vielen Einathmungen, ud macht, sondern schon mit dem ersten Athemzug aus der iidert zusammengesetzten Luft.

Der Physiolog muss nun mit Rücksicht auf die Veränderung der Zusammensetzung der Einathmungsluft den Unterschied als i ^entlieh festhalten, ob der C02-freie oder der C02-haltige Theil rr Atmosphäre alterirt worden ist.

1) Bei der Athmung in kohlensäurefreien Gasen muss ■• Theorie entsprechend die CO2- Ausscheidung überall dieselbe tiben, wenn auch die Zusammensetzung der eingenommenen Luft ust noch so sehr wechselt. Diese Behauptung ist die nothwen- ;';e Folge aus dem feststehenden Grundsatz, dass nur die Molekeln ■• gleichartigen Gasarten im Stande sind, sich gegenseitig in ihrer >sdehnung, oder wie man sich gewöhnlich ausdrückt, in ihrer !3usion zu hemmen. Versuche, die zur Bestätigung dieses Satzes "men könnten, lassen sich nur mit wenigen Gasarten ausführen. :nn einmal sind viele Gasarten, deren Aufzählung in der Toxiko- :jie gesucht werden muss, geradezu Gifte, und dann sind von m nichtgiftigen nur solche zu gebrauchen, welche Sauerstoff in lier oder locker gebundener Form enthalten, da die Gegenwart •eses Gases im Blute, wie wir schon früher ausführten, durchaus tthwendig ist, um die Lebenseigenschaft der Muskel- und Nerven- 'bstanz zu erhalten. Es bleibt somit nur übrig reines 0-Gas, lallluft (Sauerstoff und Wasserstoff) , Gemenge von Stickstoflf mit lAierstoff in einem Verhältniss , das von dem atmosphärischen ab- wicht, und endlich Stiekoxydul (Lustgas). Mit diesen Gasarten id nun auch schon Versuche angestellt, jedoch meist in einer eise, die keinen Vergleich zulässt mit der C02-Abschcidung in

518

Kolilonsäuroaussclieidung, abhängig von der Luftwämc.

gewöhnlicher Luft. Ein solcher Vergleich würde nemlich nur da zulässig sein, wenn man Rücksicht genommen hätte auf die schwindigkeit des Luftwechsels, oder wenn man die Versuche früll beendet hätte, bevor die Folgen der verändert zusammengesetzt Luft auf die Blutmischung eingetreten waren.

In einem Widerspruch mit den theoretischen Ableitungen scheinen sich die gebnisse der Untersuchung von Allen und Pepys zu befinden. Denn als der ihnen beobachtete Mann in 5,3 Athemzügen, die er wälirend der Minute ausfilhHI'S 5332 CO. atmosphärische Luft aufgenommen, entleerte er eine Luft, welche 8*) CO2 enthielt; als derselbe Mensch auf dieselbe Weise 5800 CG. eines Gasgeraiscl aus 98 pCt. Sauerstoff und 2 pCt. COj einathmete und den Versuch 9,5 Minuten setzte, athmete er eine Luft mit 1 1 pCt. Kohlensäure aus. In der zweiten Beobal tungszeit war im Gegensatz zur ersten der Zustand des Menschen aber nicht dersi geblieben; die Zahl der Pulsschläge war vcyi 72 auf 88 in der Minute emporgega; und es hatte sich ein Gefühl von Wärme und zugleich eine gelinde Hautausdünsi eingestellt. Die Vermuthung liegt damit nahe , dass sich schon in den ersten Minn nach der Sauerstoffathmung die Zusammensetzung des Bluts änderte ; diese Annahi gewinnt eine Bestätigung durch den 17. Versuch der erwähnten Autoren, in welch) von demselben Manne 56099 CO. eines Gemenges von 98 pCt. 0 und 2 pCt. N rend 7,55 Minuten (7480 CO. in der Minute) eingeathmet wurden. Die während ser Zeit ausgeathmeten Luftmassen wurden von halber zu halber Minute gesondi aufgefangen und untersucht. Hierbei ergab sich , dass die in den ersten 30 Secuni gelieferte Luft 9 pCt. COs, die in den darauf folgenden 60 Secunden entleerte 10,5 pi CO2, die in den letzten 30 Secunden ausgeathmete endlich 12,5 pCt. CO2 enthii Auch bei diesem Versuch war schliesslich die Zahl der Pulsschläge von 86 auf Ifptr gestiegen und gegen Ende desselben eine Schweissbildung eingetreten. Diese Bed| ken gewinnen um so mehr an Kraft, als ähnliche Beobachtungen von W. Mill die Theorie für die Lungenathmung und dfe Versuche von Reiset und Eegnau sie für den Gesammtgasweohsel bestätigen.

Ein Zusatz von CO2 zur Athmungsluft wird jedesmal die Scheidung dieses Gases aus dem Blute hemmen; der Werth, df die Hemmung erreicht, wird steigen mit dem C02-Gehalte der Ln and zwar so , dass schliesslich eine Stromumkehr stattfindet. S vfie nemlich dieses Gas in der Luft höher gespannt ist als ii Blut, so muss es nun aus dem ersteren in das letztere di-ingö Dieses hat zuerst Legallois**) beobachtet, als er Katzen un Kaninchen in eine Atmosphäre brachte, welche mehr als 21 pi? CO2 enthielt. W. Müller hat die hierher gehörigen Erscheinunge _ ~ 'itJ

•) Wir erlauben uns, die Beobachtungen von Allen und Pepys noch anzuführen, obwot die CO.j-Bestimmungen sicher mit einem Fehler behaftet sind. Dieser Fehler ist aber in iUä Beobachtungen derselbe geblieben , und somit geben die Zahlen immer noch ein vergleichlMflS] MansR ab.

, *•) Annales de chlmle et physique. IV. Bd. (1817) p. 126.

Kohlensäureausscheidung, abhängig von der Luftwärme.

519

irer verfolgt. Er befreite die Lunge des Thieres möglichst von ein Stickstoff, indem er 0 durch dieselbe leitete; dann setzte er

Lunge in Verbindung mit einem Kaum von 150 bis 250 CC. alt, der mit, reinem 0-Gas geflillt war. Wenn das Thier (Ka- rhen) in diesem mit Hg gesperrten Raum (siehe Fig. 61) aus- ' einathmet und der Luftdruck in demselben immer dem atmo- liulschen gleich bleibt, so verschwindet sein gasartiger Inhalt 1 kommen; das Thier saugt den ganzen Inhalt der Glocke auf. 1 Grund hierfür lieg-t darin, dass im Anfang der 0 vom Blut :;euommen imd statt dessen CO2 ausgeschieden wird. Indem h nun der Gasraum durch Entfernung des 0-Stoffs mindert, meh- 1 sich die C02-Prozente desselben und also auch der- Druckan- il der letzten Luftart; sowie der letzte gleich dem der CO2 im it geworden, wird keine C02-Ausscheidung aus letzterem mehr ntinden, sondern aUe neugebildete CO2 im Thier verbleiben;

> wird, wenn die 0- Absorption fortschreitet, auch die ur- anglich ausgeschiedene CO2 zurückgenommen werden, und da ii der 0 bis zum vollkommenen Verschwinden mindert, so wird

s auch mit der CO2 geschehen. Dieses kann jedoch nur so

fortdauern, bis das Thier vollkommen mit CO2 gesättigt ist.

?nt man sich also eines Raumes, der den Umfang des Thieres I trifft, so hört bei fortschreitendem Athmen allmählich die Ver- hierung des Luftraums auf, iridem nunmehr so viel CO2 aus- iilirt als 0 aufgesogen wird. Dieses tritt ein, wenn das Thier

■< mehr CO2 , als die Hälfte seines Volums beträgt , zum Ver- iw Inden gebracht hat. Aber dann stirbt auch das Thier, obgleich

geathmete Luft noch viel mehr 0 enthält, alö die atmosphä- che; also ist es nicht aus Mangel an Sauerstoff, sondern durch ! Giftwirkungen der CO2 gestorben; dem entsprechend tritt der (d nicht unter den Erscheinungen der Erstickung, sondern unter iQen der Narcose ein. Die prozentige C02-Menge, welche die t.ft enthalten muss, um dieses Gas an das Blut abzugeben, statt von ihm zu empfangen, wird begi-eiflich variabel sein, da die- } aiy;h mit der Spannung der CO2 im Blute der Fall ist.

Wenn der Wasserdunst in der atmosphärischen Luft zunimmt, soll auch das sricht der ausgeathmoten CO2 steigen (Lehmann)*).

b. Physikalische Luftveränderung. Mit der Erniedri- ng der Temperatur steigt die ausgeschiedene Kohlensäure

•) Valentin'» Jahresbericht fUr 184«. p. UIO.

520

KohlonsSureaussclieidung , abhängig vom Luftdruck.

(Lavoisier, Letellier, Vierordt); dieser Einfluss der emi drigten Lufttemperatur raaclit sich ebenso rasch als dauernd g[ tend. So giebt z. B. der letztere ßeobacliter aus einer groBßi Versuchsreihe an sich selbst folgende Mittelzahlen:

Mittlere Lufttemperatur.

Mittel in der Mnute.

UntcrscUodJ

80,47 C.

19'',40 C.

1

72,93

71,29

1,64

12,16

11,57

0,59

Ausgeathmetes Luftvolum

6672 CG.

6106 CG.

656

299,3

257,8

41,5

Prozent. CO2 - Gehalt der ausgcathmeten

Luft

4,28

4,0

0,28

itli;

Letellier*) stellte dagegen fest, dass kleine Säugethiere l einem Vastündigen Aufenthalt in einer Temperatur von 5" l + 3" C. um das Doppelte mehr CO2 aushauchten, als bei eine gleich langem Verweilen in einer Wärme von + 28" bis + 43" Das Ansteigen der CO2- Ausscheidung bei abnehmender Ln temperatur muss wesentlich bedingt sein von der beschleunigt Oxydation der kohlenstoffhaltigen Verbindungen. Zum kleine Theil könnte sie aber auch darin begründet sein, dass der CC Gehalt des Organismus im Winter herabgedrückt wird, in Fol^ ^' der zu jener Zeit beschleunigten Ausfuhr-. Dieses letztere könii eingeleitet sein durch eine lebhaftere Athemfolge, welche reflefct risch von der abgekühlten Haut und Lunge erweckt würde, auch durch die gesteigerte Diflfusionsgeschwindigkeit aus dem imm gleich warmen Blut in die kältere Lungenluft, da nach Valentil (p. 502) bei niedrigerer Temperatur der Atmosphäre die ausgeaf mete Luft noch um einige Grade kälter ist, als bei warmer Ui gebung. Die ungemeine Abnahme der CO2, welche Letelli in verhältnissmässig so hohen Wärmegraden beobachtete, wahi-scheinüch zusammen mit der Herabstimmung der Erregbark^ aller Nerven und Muskeln und insbesondere derjenigen des Brn|1 korbes.

Die Erklärung, welche Lavoisier**) und Seguin davon geben, dass in i ter Luft mehr C'Oa ausgeathmet werde, kann trotzdem, dass sie in verschiedenen Sfol difikationen häufig wiederholt wurde, mit Stillschweigen übergangen werden. G^el*dl

•) Annnies de chlmle et physlque. Xm. Bd. 478 (1845). *•) Memolres de raondemie. 1790. 602. Liebig, Thierchemic.

Kohlensüureansschoidung, abhängig von dor Blutmischung. 521

' kchi-t wie die Warmblüter verhalten sich die Frösche, die bei hoher Temperatur COi bilden (Moleschott)*).

Uit der Steigerung des Luftdruckes soll sich auch die CO2- ^eheidung mehren (St. Sage und Hervier), eine Thatsache, he Vi er or dt in freilich sehr engen Grenzen des wechselnden uneterstandes nicht bestätigt fand. Aber auch er bemerkte, bei hohen Barometerständen der Luftwechsel rascher und nach der prozentige C02-Gehalt der Lungenluft geringer wird. " Theorie wüi-de also auch in seinen Beobachtungen Vennehrung

absoluten Menge der ausgeschiedenen CO2 verlangen. Da sich :y im Allgemeinen niedere Temperaturen und hohe Barometerstände iihiniren, so ist es schwer zu entscheiden, was dem einen oder leren nach gleicher Richtung hin wirkenden Einfluss zuzuschrei- ,1 ist.

Die bei dieser Veranlassung öfter citirten Versuche von Legallois sind mit ■übrigen nicht vergleichbar, weil seine Beobachtungsthiere eine stark kohlensäure- iige Luft einathmeten.

Blutmischung. Die Theorie verlangt, dass, alles Andere idchgesetzt, die Ausscheidung der CO2 in die Lungenluft beschleu- T^; werden muss, wenn sich dieses Gas im Blute anhäuft in Folge ter gesteigerten Kohlensäurebildung in den Geweben. Die Er- urung ist bis dahin nicht befähigt, auf geradem Wege diese frei- 11 an sich gerechtfertigte Annahme zu bestätigen, weil ihr jedes ttel fehlt, um den COo-Gehalt des lebenden Bluts auch mit nur ]aähenider Schärfe festzustellen; sie ist darum genöthigt, mit in- tekten Beweisen vorzuschreiten, die jedoch um so werthvoller id, weil die dabei zur Sprache kommenden Thatsachen uns :fschluss geben Uber einige die Oxj^dation der thierischen Kohlen-

ffverbindungen beschleunigende Bedingungen.

Die Beweise, dass die beschleunigte Ausscheidung von CO2 begründet sei in einer mehrten Bildung oder einer vermehrten Anhäufung derselben im Blute, sind auf li verschiedenen Wegen erbracht worden. E. Becher bemitzt als ein proportionales 188 für die Anhäufung der CO2 im Blute den prozentischen COsGehalt, welchen ein i.ch grosses Luftvolum annehmen kann, das zu verschiedenen Zeiten von demselben iividuum eingeathmet und gleich lange in der Lunge zurückgehalten wurde, nach- 1 der Brustkorb jedesmal vor dor Einathmung durch eine tiefe Exspiration auf das jlichst gleiche und geringste Maass seines Inhaltes zurück gebracht wurde. Durch ■se Maassregeln werden für jede der zu vergleichenden Einathmungen, die Einflüsse mechanischen Mischung, der Borührungszoit , der Berührungsfläche und des ur-

' •) Untersnchnngen znr Nalurlehre. n. Bd. 1857.

522 KohlensäureauBsoheidung, abhängig von der Blutmischung.

1

sprünglicli 00-2-freien Luftvoluma gleich gemacht; ändert sich also in der auggi metcn Luft die prozentige Menge der CO^, so kann dieses nur daher rühren, weil Kraft, mit welcher dieses Gas aus dem Blute gestossen wird , veränderlich war. Allgemeinen wird nun die Behauptung richtig sein, dass die Spannkräfte der COi Blutes wachsen mit ihrer Anhäufung daselbst; also wird auch zu schliessen sein, d eine Vermehrung der CO^-Prozente in der Ausathmungsluft unter den gegebenen ständen auf einen gesteigerten COa-Gehalt des Blutes hinweist. Andere Expeiin» tatoren suchen dagegen die Beschleunigung der COa-Bildung zu messen, ohne EUckti zu nehmen, wie sich dabei die Anhäufung dieser Gasart im Blute gestaltet. Das Angriff genommene Problem löst Vierordt dadurch , dass er die in gleichen Zei ausgehauchten COa-Gewichte (die absoluten Mengen) bestimmte. Stellt sich nun h aus, dass während eines gewissen Zeitraums das in der Zeiteinheit gegebene Ci Gewicht vermehrt oder vermindert, der COj-Gehalt des Individuums aber zu Beg und Ende des erwähnten Zeitraums gleich geblieben ist, so ist selbstverständlich Oxydation des Kohlenstoffe zeitweise verändert gewesen. Die letztere Bedingung, d. ein gleicher COj-Qehalt des Individuums an den Grenzen des Zeitraums, ist aber erfüllt anzusehen, wenn die Lunge in je zwei Zeiteinheiten, von denen die eine Beginn und die andere zu Ende des Zeitraums liegt, gleiche CGj-Menge ausgie während die Folge und der Umfang der Athembewegungen dieselben sind. Wöi nemlich unter diesen Umständen der Gehalt des Blutes, resp. des Individuums an C variabel geworden sein , so müsste dieses , den feststehenden allgemeinen Grundsäfa zufolge, auch zu einer Abweichung in den Gewichtsmengen der CO2 führen. Y ziehtet man auf kurz vorübergehende Schwankungen der COi-Absonderung, wiuuK man z. B. nur das Tagesmittel der COa-Abscheidung zu vergleichen , so erhält mit Regnault, Scharling, C. Schmidt Aufschluss durch Vergleichung laii| Zeiträume , während welcher so grosse Kohlensäuregewichte ausgeschieden wurd< dass dagegen die Unterschiede der gesammten zu verschiedenen Zeiten auf einmal Thierkörper enthaltenen CO2- Mengen verschwinden. Ueber indirekte Method siehe später.

a) Die Abhängigkeit der Bildung der CO2 von dem Kohlei Stoffgehalt der Nahrung. Da die CO2 ein Produkt der leben| nothwendigen chemischen Prozesse ist, so geht ihre Bildung destens bis zum Tod (und meist auch über ihn hinaus); sie darum durch die Lungen auch dann noch ausgeschieden, we selbst keine kohlenstoffhaltige Nahrung genossen wird, wobei sie natürlich das Gewicht der kohlenstoffhaltigen Körperbestandthe mindert. Vom Beginn des Hungerns bis zum Tode nimmt zueE die tägliche Menge der ausgeschiedenen Kohle sehr wenig, in de letzten Tagen des Lebens sehr rasch ab (Schmidt)*). einer Nahrungsaufnahme in solchen Grenzen, dass dabei das miti lere tägliche Körpergewicht unverändert erhalten wird, stellt sie ein dynamisches Gleichgewicht her, indem sich die Menge de

*) Verdauungssäfte. p. 310,

K ohlensäureausscheidung, abhängig von der Blutmiscliung. 523

_,o hauchten CO2 genau nach dem mit der Nahrung aufgenom- iieii Kohlenstoff richtet, so dass durch die Lunge jedesmal an- lernd die ganze Menge von Kohlenstoff wieder entleert wird, che aus dem Darmkanal in das Blut übergegangen war. Das liehe Mittel steht also bei dem Genuss von vegetabilischer Nah- - mit viel Kohlenhydi-aten höher, als bei dem von Fleisch mit viel r. Die Steigerung, welche der Genuss verdaulicher Nahrungs- rel mit sich führt, beginnt kurze Zeit nach der Aufnahme der- Li und scheint mit ihrem vollendeten Uebertritt in das Blut -3 Stunden nach dem Essen) das Maximum zu erreichen, und vt dann wieder ab. Vi er or dt stellt für die einzelnen Tages- ulen die Minutenmittel der von ihm ausgehauchten CO2 in der Lüden Tabelle zusammen, zu welcher zu bemerken ist, das vor ein Frühstück und um l*" 30' ein Mittagsessen genossen wird.

lade d. Beobachtg. 9 10 1 1 12 1 2 3 4 5 6 7 5ge der in 1 Min.l

[jeathmeten CO2- } 261 251 276 241 276 291 276 261 251 236 -226 Menge in CG. J

Sthm'^LufM^Cc'} ^^^^ ^^^^ ^^'^^ ^^^'^ ^'^^^ ^^^^ ^^^^ ^^^^

^?M^T™^i 73 69 69 69 81 83 81 77 75 75 73 jia l Minute. j

Diese Zahlen sind dazu benutzt, um zwei Curven (Fig. 66)

cconstruiren ; auf die Abscisse sind die Zeiten, auf die Ordinate

Kg. 66. ' Volumina.

TT Werthe aufgetragen, die proportional*) sind den zu den he- lfenden Zeiten ausgehauchten CO2- (a) und Luftvolumina (b). ' machen einstweilen darauf aufmerksam, dass die Volumina Ausathmungsluft und der CO2 einander sehr nahezu gleich

) Die in der Cnrve benutzten Ordlnatenwerthe sind die Quotienten , welclie durch Division 'geringsten CCj- und Lnftvolums In die anderen grösseren der Reihe nsch erhalten wurden.

524 Kohlonsiiuwaiisschciihnig , nbhKnKiff von der BhitmischunR.

stohon. Uamus könuto man t'olicorn, dass dio Tiolo und HRb der Atlioiuzügo wächst, wio die aus der Luii{?e horvortretet COi-Volumiua. Im Geirensatz zu unseren gewölinlu-hen andl ontbohrliohon organischen Nahrnngsmittehi befinden sieh nach V( ordt die Spirituosa (und der Thee"? Front). Nach ihrem Qei| wird die 00>-Abscheidung: unter das Maass, welches man ohne hätte erwarten kiuineu, herabgedrUckt. So bewirkte z. Ii. der| satz von 250 Gr. Wein zum Mittagsesseu , dass statt des gev liehen Unterschieds von 50 CG. COa zwischen U»- und 2'' nar| solcher von 20 CO. eintrat.

Nach don Beobachtungen von S m i t h *) , die mir nur in einem selir ged Auszug »ugänglich ■waren, gestaltet sich Manches anders, als uinu bisher annabnul Tcnehrto noch vor dem Frühstück oino bestimmte Speise in massiger Menge stimmte dann , während er in siüsender Stellung verharrte , die Menge der aat{ nieten COj und der eingeathmeten Luft, die Zalil der rulsschliige und Athemiü die Temperatur und den Druck der Luft Er fand, dass sich die Nahvungsndtl terscheiden lassen, in solche, welche die COi-Ausschcidung steigern, \iud solche, sie minden». Tritt eiuo Steigerung ein , so ist dieselbe entweder rasch vorüba oder dauernd; und es mehrt sich hierbei nicht sowohl die Zahl der AthemxQgsjj vielmehr ihre Tiefe.

Die COi-Ausscheidung wird beftJrdort durch Zucker, MUoIi, Speisen aus mehl, Kartoffeln, Thee, Kaffee, Cichorien, Cacao, Alkohol, Rum, Ale, einige Wb Gluten, CascYn, Fibrin, Albumin und Leim. Thee und Zucker steigerte schon. ' Minuten nach den» Genuss die COi-Ausscheidung , Qhit»'« und CaseVn wirkte ringerer Geschwindigkeit. Nach Zucker und Thee danextc die Periode der gest( Abscheidung kune Zeit ; nach Milch , Rum und Bmd hielt sie am längsten an.^ Menge der ausgeschiedenen COj stand nach lliee und Leim in keinem \'erhiUt Menge des genossenen Mittels, und namentlich wirkte dieselbe Quantität Thee'J tigcr, Venn sie absatzweise, als wenn sie auf einmal genommen wurde.

Eine Minderung der COt-Bildung findet er nach dem Genuss von Fett xoM ger Alkoholarten (Brandy und Gene>Te). Die COi-mindcrnde Kraft des Fettes] sich auch so geltend, dass nach gleichseitigem Genuss von Zucker oder Fett die COs-Bildung, die in Folge der ersteren Nahrungsmittel hatte eintrat sen, ausblieb. Auffallend ist es, dass die verschiedenen Alkoholsorten veisci wirken soUen. Stärke mehrt die COi-Bildung nicht, was ebenfalls mit MA auf das gegentheilige Verhalten des Zuckers räthselhaft ist.

b) Abhängigkeit der COi-Bildung von den Eigenschaften] Einathmungsluft. Wenn der SauerstotTgehalt der geathmcten sehr beträchtlich vermehrt wurde, so soll kurze Zeit nachher all die ausgeathmete Liiü reicher an CO2 sein (Allen, Pcp.^ Diese Thatsacbe fand W. Müller nicht bestätigt. Tritt aber a diese Vermehrung ein, so ist sie jedenfalls sehr vorübergehe

•) Procoodings of tho roya) society, vol. IX. 63S.

Kohlensäureausscheidung, abhängig von der Blutmischung. 525

in wenn die Einathmung der sehr sauerstoffreichen Luft einen : lang fortgesetzt wird, so steigt das C02-Mittel in letzterer it über den Werth eines Tages, an dem atmosphärische Luft enommen wurde (Regnault, Reiset). Eine Erniedrigung Temperatur (und eine Erhöhung des Druckes) der Luft stei- wie schon erwähnt (p. 519), die Absonderungsgeschwin- keit.

Einige der eben beigebrachten Erfahrungen hat man öfter benutzt, um die Hypo- •e zu stützen, dass eine Vermehrung des freien Blutsauerstoffs die Oxydation der ifienstoffatome dauernd beschleunige ; diese Annahme, welche von der Voraussetzung iriag, dass alle organischen Verbindungen des Thierkörpers in dem Maasse oxydirt .tien, in welchem Sauerstoff \orhanden sei, widerlegt sich durch die Beobachtungen iKegnauIt, Eeiset und W. Müller.

Ein Zusatz von Stickoxydulgas zur Einathmungsluft steigert C02-Ausscheidung (Zimmermann).

c) Abhängigkeit der CO2- Bildung von der Muskelzusammen- iiung. Nach einer kräftigen Bewegung der Gliedmaassen steigt rr bald das Minutenmittel der CO2 über den Normalwerth ijharling) und erhält' sich über demselben stundenlang, wenn

Bewegung anhaltend war (Vierordt). Der letzte Grund die- Erscheinung liegt darin, dass die Muskeln während und auch Ih durch längere Zeit nach ihrer Zusammenziehung viel CO2 ien (Valentin)*). Um die vermehrt gebildete CO2 zu ent- ven, wächst Zahl und Umfang der Athemzüge und der CO2- nalt der Athmungsluft.

d) Veränderlichkeit der C02-Anhäufung im Blut mit der ver- werten Bildung derselben. Wenn die C02-Bildung innerhalb des irischen Körpers steigt, so wird sich nothwendig die Strömung '^68 Gases in das Blut hinein beschleunigen; wird es sich des- h dort anhäufen oder wird es so rasch abströmen wie es zu- ^s? Man sollte dieses Letztere fast vermuthen, da sich alsbald tdeh Zeiten vermehrter Bildung auch eine lebhaftere Athemfolge ifindet. Das Gegentheil dieser Unterstellung geht jedoch aus den '^)bachfungen von Becher hervor. Nach ihm steigt der CO2- laalt des Blutes auf und ab, selbst an solchen Tagen, an welchen me NahiTing aufgenommen und die Gliedmaassen wenig bewegt rden. Unmittelbar nach dem Erwachen steht die CO2 hoch, ;k.t bis gegen 11" ab, steigt dann bis um- 3" auf ihr Maximum

•) Archiv filr phyglologischo Heilkunde. 1857.

526

Kohlensäurcaussclioidung, abhängig ron der Blutmiachung.

und sinkt dann wieder gegen den Abend hin. Diese in d Gregenwirkungen der mensclilichen Organe selbst begründeten V ändernngen reihen sich ähnlichen an, welche uns über den liehen Gang der Harnstoffbildung der thierischen Wärme und d Pulses bekannt sind. Der C02-Gehalt des Blutes ist aber au abhängig von der Nahrung. Dieses zeigt sich einmal darin, da das tägliche Mittel des COj-Gehalts an einem Hungertag niedrig als an einem Speisetag ist; dieser Unterschied tritt um so stärk hervor, je länger das Hungern andauert; also das tägliche Mi des ersten Hungertags ist noch höher, als das des zweiten u. Der Einfluss der Nahrung di'ückt sich auch im Gang der täglich Schwankung aus, indem einige Zeit, 2 bis 3 Stunden, nach d Mahlzeit der C02-Gehalt des Blutes ziemlich bedeutend ansteigt erst nach einiger Zeit und allmählig wieder absinkt. Dieses steigen prägte sich ganz auffallend aus, als nach mehrtägig Hungern Nahrung aufgenommen wurde. Die Lüngenluft, welc 46 Stunden nach der letzten Mahlzeit unter den bezeichneten Ca telen ausgeathmet wurde, enthielt 5,9 pCt. CO2, zwei Stunden na dem darauf erfolgten gewöhnlichen Mittagsessen enthielt sie 8,2 pG Die über die Zeit beschriebenen Cm-ven (Fig. 67) geben e

Anschauung d täglichen Schwa; kung des CO2-C halts. Ihi-e Ordi ten sind die zu de bezeichneten Ze ten beobachte

7 9 11 l , 3 5 7 9VhT. CO2- Prozente Lungenluft. Von den beiden Curven stellt a h den Gang vor, w" gar keine Nahrung genommen, ac ist dagegen gütig, wenn 1'' ein gewöhnliches Mittagsmahl genossen wurde. Darf mau, es nicht unwahrscheinlich ist, annehmen, dass das Maximum d: C02-Gehalts im Blute zusammenfällt mit demjenigen der Bildu dieses Gases, so gehen aus dem von der Speise geliefertfen Ma' rial die CO2 - und Harnstoffbildung nicht gleichzeitig vor sich, de^ das Maximum des COi-Gehalts fällt einige Stunden früher, als d Maximum der Harnstoffausscheidung. Siehe Figg. 56 u. 57.

Man könnte versucht sein, den "Widerspruch in der Beobachtung von Yierord und Becher zu discutiren, indem der Erstere das Maximum der COs-Ausscheidu Tim eine Stxmde früher nach dem Mittagsmahl fand, als der Letztere sein Maxim-

Fig. 67.

Eohlensäureaussclieidung, abhängig von dem Lungenbau. 527

Blut-COi. Bie Vorsicht gebietet, so lange von einem Erklärungsversuch dieser 'eichung abzustehen, bis an einem und demselben Beobachter beide Curven gomes- und dargothan ist, dass die zwischen' Vi er or dt und Becher bestehenden Unter- ■ede keine individuellen sindT.

Viel höher als .beim Menschen, nemlich bis zu 15,7 pCt., stieg der COa-Gehalt Ipt Lungenluft solclier Hunde , •welche durch einen luftdichten Verschluss der hoa erstickt wurden (W. Müller). Setschenow hat diese Thatsache bestätigt dadurch erweitert, dass er zugleich die COi des Blutes von erstickten Thieren mumte; er fand COi

Abhängigkeit der Kohlensäureansscheidung von T Lungen wand; Hierbei kommt in Betracht das Verhältniss

Wandausdelinung zum Luftvolum, welches die Lunge fasst, die ke und die chemische Constitution der Trennungsschicht zwischen I; und Luft.

Da uns alle Versuche über die auf diesen Elementen beruhen-

individuellen Verschiedenheiten fehlen, so müssen wir uns iiit begnügen, aus theoretischen Gründen zu behaupten, dass

gleicher Räumlichkeit . eine grossblasige ( emphysematische ) -ge weniger CO2 liefern wird, als eine kleinblasige, vorausge- tt, dass die Spannung der Blut-C02 und der Luftwechsel gleich tenommen werden. Denn im letzteren Falle ist die Fläche, 'ihe CO2 ausscheidet, grösser, als im ersteren. Von der Dicke

Lungenwand, dem Wassergehalt derselben u, s. w., hängt der [erstand ab, den die CO2 auf ihrem Wege vom Blut in die .genluft findet; also muss auch hiermit die C02-Ausscheidung .inderlich werden.

Veränderlichkeit der C02-Ausscheidung aus ge- tchten Gründen. Aus einer Combiuation der bis dahin vor- i.hrten Elemente, denen sich vielleicht noch andere anschliessen, t sich ableiten, dass mit den Hirnzuständen, welche einen Ein- > auf die Erregbarkeit der reflektorischen und automatischen üe oder auf die willkührliche Muskelerregung gewinnen, mit 'Gewohnheit, dem Lebensalter, dem Geschlecht, den Tages-

Jahreszeiten , den Klimaten u. s. w. die in der Zeiteinheit aus- »hiedene mittlere C02-Menge sehr veränderlich sein müsse. Es IQ natürlich vom Standpunkt der Theorie aus kein Interesse kähren, auf die weiteren Verwickelungen einzugehen. Wichtiger

in 100 Tiioilen Arterienblut verdunstbare durch Säui-en abscheidbai'e

in 100 Theilcn Lungenluft 15,62 12,75

38,15 4,01 38,86 1,79

528 KoJilcnsäureausschoidung aus gomischton Gründen.

ist es, die Versuchswege so weit auszubildtin , dass es gelingt, jedem beliebigen Individuum den Werth zu bestimmen, mit ehern sich jedes einzelne Element betheiligt an der gcsammj C02-Ausscheidung. Insbesondere würde es dem Ai'zt von Wie tigkeit sein, messbar festzustellen, ob und wie weit sich die h\i vidualitäten von einander absetzen durch ihre Fähigkeit, kohlit stoifhaltige Körperbestandtheile rascher und in grösserer Ausdehnui zu oxydiren. Diese Fähigkeit kommt unzweifelhaft Personen lebhafter Nervenerregbarkeit, mit relativ grosser Muskelmasse,- beträchtlicher Verdauungsfähigkeit u. s. w. im höhern Grade als den entgegengesetzt constituirten. Möglich wäre es aber imm* hin, dass neben diesen Gründen, welche u. A. dem Kind, de Mann, dem thätigen Individuum eine relativ reichlichere CO2-A1 Scheidung sichern, auch noch andere constitutionelle Verhältnis sich geltend machen, und die Zuversicht auf ein Bestehen dera^ ben wird sehr gesteigert,' wenn man sich einzelne krankhafte 2 stände in das Gedächtniss ruft.

Angabe der mittleren Gewichte ausgeschiedeii^ Kohlensäure. Bei den ungemeinen Schwankungen, welchen < COo-Ausscheidung unterworfen ist, mtisste man über sehr zahlreid Beobachtungen gebieten können, wenn man daraus ein Stund^ Tages-, Jahresmittel ftir Personen verschiedenen Alters, Gesohlt^ tes u. s. w. mit Sicherheit ableiten wollte. Wir- besitzen aber^ der That nur wenige Beobachtungen, welche billigen Anforderung! entsprechen. Ihre Mittheilung darf jedoch nicht unterbleiben, i so weniger, weil sie eine bemerkenswerthe Uebereinstimmung bietej'* In der folgenden Tabelle sind die Zahlen von Scharling stundenlangen, die von Andral und Gavarret aber nur ^8 13 Minuten dauernden Beobachtungen abgeleitet. Die Zaät welche Vierer dt mittheilt, zeichnet sich vortheilhaft aus ivm die grosse ßeihe der zu Grunde gelegten Versuche. Alle Beo achtungen beziehen sich auf ruhige, uuwillktihrliche Athembew gungen. Die Absonderungsgeschwindigkeit ist ausgedrückt diu| den Quotienten des Körpergewichts in das Kohlenstoffgewicht, ches die ausgeschiedene CO2 enthielt. Da sich durch den ganffl? Körper hindurch die CO2 bildet, und da die Bildung und Am Scheidung mit, annähernd gleicher Geschwindigkeit vor sich gehö so wird diese Ausdrucksweise erlaubt sein. Statt der ausgehaud ten CO2 setzen wir den Kohlenstoff aus später einleuchtende Gründen. Um diesen auf das entsprechende CO2- Gewicht 2

Mittlere Xohlensäureausscheidung ; absolut und prozentiscli. 529

uzireu, ist es nur uöthig, die Zahl des ersteren mit

iziren. Wollte man das hieraus erhaltene Gewicht der CO2

Volumina bringen, so würde es mit ^"""/iifsi* zu multiplizi-

sein.

Alter

Geschlecht

Zahl

meter ■vvüh- tunde.

Kürper-

Absonde-

ge-\vloht in KilogT.

rungsge- scliwindigk.

Beobachter.

Itler beobachteten Indiyiduen.

" ^ B

l-t4 Jahr.

{ Männlich.

6

7,2

Andral, Gavarret.

1 "

1

6,4

22,5

0,289

Scharling*).

) "

9

10,7

Andral, Gavarret.

l " .

1

10,8

57,75

0,187

Scharling.

16

11,0

Andral, Gavarret.

;do

S

1

11,4

82,0

0,140

S c harling.

1

10,7

54,0

0,198

Valentin.

1 ;:

1

>"8,76

-

Vierordt.

»CO

)>

4

11,0

Andral, Gavarret.

j)

3

10,2

)) »

>80

1)

1

6,0

)) »

'102

2

7,3

)> »

114

j Weiblich.

3 l

6,2 6,1

23

0,203

» » Scharling.

•J25

1 ;:

4 1

6,8 8,0

55,75

0,143

Andral, Gavarret. Scharling.

;do

9

7,4

Andral, Gavarret.

16O

jj

2

7,3

■70 ,.

2

-6,8

^80

2

6,3

Das Verhältniss

des

niedrigsten

zum höchsten Werth (aus

fihem das Mittel gezogen) ist nach Vierordt = 1 : 2,55 und ili Scharling = 1 : 1,62.

Angabe des mittleren Volumprozents der aus-

ithmeten Luft' an CO2. Die Beobachtung hat bei sehr ver- eedenen Individuen unter ganz verschiedenen Umständen keine

auffallenden Schwankungen im Prozentgehalt der CO-2 aufge- ikt, vorausgesetzt, dass die Athembcwegnng unwillkührlich vor

: ging. In sehr zahlreichen Beobachtungen von Brunner und

) Die Zahlen von Schur 1 in g sind nicht das Mittel aus allen von ihm angestollton Versuchen,

rnnur aus denen, die auf die Zeit zwischen 1 und 2 Uhr fallen, zu welcher Zelt auch An- nnd Gavarret ihre lieoliachtungcn anstellten, i^iese lilcr gegebenen Werthc sind höher, Gcsammtmlttel. VerRl. Journal für prakt. Chemie. ;«>. Md. p. 455. Iwig, Pliyslolugie II. 2. Auflage.

530

Veränderlichkeit der Sauerstoffaufnahmc.

Valentin bewegte er sich von 3,3 zu 5,5 pCt. und in 600 Stimmungen von Vierordt zwisclien 3,4 und 6,2 pCt. Die wölinliclie Zalil hielt sich nahe um 4,0 pCt. Diese Beständig des mittleren COi-Gehalts ist dem innigen Anpassen der Ath bewegungen nach Zahl und Tiefe an den CO-i-Gehalt des Blij zu verdanken, in Folge dessen sich immer ein dynamisches Glei gewicht herstellt zwischen der Bildung und Ausfuhr von CO2. der That sehen wir, wenn die C02-Bildung langsam vor sich g (bei körperlicher Ruhe, Entziehung der Speisen u. s. w.) die Ath folge sich verlangsamen und im umgekehrten Fall sich beschl nigen; ist der Lungenraum oder seine Veränderlichkeit auf irge welche Weise beschränkt (Zwerchfelllähmung, krankhafte Erg" in die Lunge, AnfüUung der Unterleibshöhle), so wird der ku Athem rasch u. s. w. Das Verhältniss zwischen Zahl und Ti der Athembewegungen einerseits und dem C02-Gehalt der Lun luft andererseits ist aber weder flir alle Zustände desselben, n für die ähnlichen verschiedener Menschen gleich. Eine Aufm samkeit auf diese Verschiedenheiten dürfte vielleicht von Bedeutu sein, weil offenbar der mittlere CO2- Gehalt der Lungenluft ei Schätzung flir die C02-Sättigung des ganzen Körpers gewährt, dem die COo-Prozente der Lungen die Grenze bezeichnen, u~ welche die des Bluts nicht herabsinken können; es würde so aus ihnen eine Charakteristik flir die Individualität (Constituti Temperament) zu gewinnen sein.

Die meisten älteren Beobachtungen stimmen mit dem oben Erwähnten übef' andere sind dagegen sehr abweichend, was aus den ganz mangelhaften Methoden, OO2 zu bestimmen, abgeleitet werden kann.

4, Veränderung der Sauerstoffaufnahme. Die a' sphärische Luft verliert bei ihrer Anwesenheit in der Lunge eili Theil ihres Sauerstoffs. Da aber bekanntlich das Völuni ; trockenen Aus- und Einathmungsluft, wenn sie auf gleichen B meterstand gebracht worden, annähernd wenigstens gleich ist, beide auch ungefähr denselben Gehalt an Stickstoff führen, so im Ganzen und Groben auch die Behauptung richtig sein, ungefähr so viel Sauerstoff aus der Luft verschwindet, als Kohl säure in sie gehaucht wird.

Der Grundstein dieser Beziehung ist dadurch gegeben, die ausgehauchte Kohlensäure den Sauerstoff wieder mit sich welcher aus der Luft in das Blut getreten war, indem der thie ' Kohlenstoff von dem atmosphärischen Sauerstoff verbrannt wu

Quantitative Beziehungen zwischen 0 und COj.

531

hliesslich also nicht mehr CO2 «ausgehaucht werden, als aus dem |fgenommeneu Sauerstoff entstehen konnte, oder umgekehrt, es mute nicht mehr Sauerstoff verschluckt werden, als die oxydahlen »ome des Thierkörpers verbrauchen konnten. Indem man aber 11 letzten Ausdruck formt, sieht man auch gleich ein, dass die [Ziehung eine nicht tiberall nothwendige ist, da die Kohlensäure ineswegs das einzige Oxydationsprodukt des thierischen Körpers

sondern ausserdem noch HO und manche andere flüssige sauer- Iffreiche Körper (Harnstoff, Harnsäure u. s. w-) aus dem Blut- om hervortreten. Daraus geht also hervor, dass für gewöhnlich ihr Sauerstoff verschluckt wird, als in der ausgehauchten Kohlen- rre enthalten ist, und dass namentlich dieses Missverhältniss ^gen muss, wenn wir vorwaltend von Wasserstoff- und stickstoff- 'ühen Atomen leben, wie bei Fett- und Fleischnahrung oder aber nm Hungern, sei es nun, dass das Letztere Folge der Nahrungs- üziehung oder der gestörten Verdauung ist, wie z. B.« nach Durch- ineidung des Vagus (Valentin). Die ausgehauchte CO, wird da- cen nahezu die ganze Menge des ausgeathmeten Sauerstoffs wieder r^führen, wenn die Nahrung vorzugsweise aus Zucker und Amy-

besteht, da der in diesen complexen Atomen enthaltene Sauer- if hinreicht, um den Wasserstoff derselben zu. Wasser zu oxydi-

so dass bei einer Verbrennung derselben nur so viel Sauerstoff anzutreten braucht, als nöthig, um den C in CO) umzuformen, jüf auch in diesem Falle ist nur ein schliesslicher , aber keines- r,'S ein in jedem Augenblick paralleler Gang des Verbrauchs an imd des Gewinns an CO2 nothwendig. Denn zwischen dem en und letzten Produkt der Oxydation liegen meist manche •schenstufen, so dass anfänglich viel Sauerstoff verbraucht wird, lor sich CO2 bildet; endlich geht dann freilich Alles in CO2 rr. Es darf nicht Ubersehen werden, dass auch noch von «r andern Seite her eine Störung des Zusammengehens der CO2

des O's in die Lunge eintreten kann, da die Lunge nicht der «ige Ort ist, an dem Gas aus- und in das Blut tritt. Je nach

Eigenschaften der Wände jener anderen Athemwerkzeuge muss

Verhältniss von CO2 und 0 in dem Blute alterirt werden und lait auch dasjenige des Ein- und Ausganges beider Gase in

Lunge -

Der Mechanismus, durch welchen im gesunden Leben dies rmale Verhältniss zwisclien Ein - und Ausfuhr von Sauerstoff und ! erhalten wird, ist leicht zu Ubersehen, wenn man bedenkt,

34«

532

O-Aufiialime veränderlich mit

dass im Blute zwei verschiedene Absorptionsmittel vorhanden sint das eine für Sauerstoff (in den Blutkörperchen) und das ander für Kohlensäure (das Wasser des Bluts). In dem Maasse, in w€ chcm der Träger des Sauerstoffs entlastet wird, belastet sich cte der CO2, und dieser letztere entledigt sich seines Gases an ein# Orte, an welchem Sauerstoff zur Sättigung des andern vorhancli ist. Nach diesen allgemeinsten Regeln scheint noch folgende Besondere von Belaug: i

a. Abhängigkeit der Aufnahme des Sauerstoffs von dem Gehd der Lungenluft an diesem Gas. Der Uebergang des Sauerstofl aus der Lungenluft in das Blut wird so lange fortdauern, entwedl bis die Blutkörperchen vollkommen mit 0 gesättigt sind, oder H der Gehalt der Lungenluft an Sauerstoff bis auf einen sehr gering^ Werth herabgedrückt ist, der dem entspricht, bei welchem di Verwandtschaft der Körperchen und das Ausdehuungsbestrebö des Sauerstoffs sich das Gleichgewicht halten. Aber wenn aue in den bezeichneten Grenzen die Bewegung des Sauerstoffs for dauert, so ist doch ihre Geschvdndigkeit abhängig von der DiolT* tigkeit des genannten Gases in der Lungenluft. Denn der Sau® Stoff kann nur zu den Körperchen kommen, inwiefern er vor vom Plasma absorbirt war, und damit ist aus schon oft ausg^ sprochenen Gründen der obenhingestellte Satz bewiesen. Di genauere Abhängigkeitsverhältniss zwischen dem Gehalt der L genluft an Sauerstoff und seiner EinStrömungsgeschwindigkeit das Blut bleibt freilich unbekannt, weil wir nicht wissen, wie si in der nächsten Umgebung des Körperchens der Sauerstoffreichth des Plasma's mit dem der Körperchen ändert. Für physiologis^ Zwecke ist es nun jedenfalls von Bedeutung, zu wissen, wie gr* die Geschwindigkeit des Uebergangs sein muss, damit dem Vi brauch unseres Gases im Leibesinnern Genüge geleistet werdi kann, oder mit Rücksicht auf unsere Frage ausgedrückt, in m^' chen Grenzen darf der Sauerstoffgehalt der Lungenluft schwanke^j damit das Leben ungestört erhalten werden könne. Wir sagen, ' welchen Grenzen, da sich die Geschwindigkeit des Sauerstoffstron beziehungsweise also auch der 0-Gehalt der Lungenluiit sehr y# änderlich gestalten wird mit dem Gang der Lebensbedingungen)! wie namentlich mit dem Wärmeverbrauche, der Muskelanstreugung>| der Zufuhr neuer Brennstoffe u. s. w.

dem Gehalt der Lungenluft an 0. 533

i, Zur Erledigung dieser Aufgabe sind von W. Müller einige Disuche angestellt. Da es unmöglich ist, die Uebergangsgescliwin- ^kcit des Sauerstoffs aus der Lnngenluft in das Blut geradezu

messen, so bediente er sicli als Scbätzungsmittel für denselben der \ysiologischen Keaktion, die wir als Athemnoth, die Erstickung mit gerechnet, bezeicbnen. Dieses konnte mit Recht geschehen, da rr wissen, dass im Allgemeinen mit dem Bedürfniss nach Sauer- *ff auch der x4ntrieb zur Athembewegung zunimmt. Bei seinen (.obachtungen ergab sich, dass die Lungenluft solcher Hunde, die

Folge eines luftdichten Verschlusses der Trachea gestorben iren, gar keinen oder nur noch Spuren von Sauerstoff enthielten, itschenow hat diese Thatsache bestätigt und zugleich gefunden, sss auch das arterielle Blut solcher Thiere vollkommen frei von iist.

W. Müller fand weiter, dass aufgebundene, in der Verdauung fgriffene Kaninchen sehr bald absterben, wenn ihnen in beliebiger 'jnge eine Luft mit 3 pCt. 0 zur Einathmung dargeboten wurde, ti Hunden -war der Erstickungsraum, welcher vom Sauerstoff ganz ' tfreit wurde, relativ klein. Wenn also das Blut, wie es in der lat geschah, seinen Sauerstoff in den Körpercapillaren alsbald rrlor, so musste das Blut, allen Sauerstoff aus der Lunge fortneh- '\n, vorausgesetzt, dass der Blutwechsel in der Lunge nur noch iie kurze Zeit hindurch andauerte. Diese letztere Bedingung war (er ebenfalls erfüllt, da das Herz zur Zeit, als das Blut aufge- ngen wurde, noch fortschlug. WahrscheinHch war demnach von iher her dem Muskelgewebe noch so viel Sauerstoff beigemengt, zur Unterhaltung seiner Bewegungen für diese kurze Zeit noth- ,ndig war. Dem Kaninchen war dagegen eine sehr viel grössere iftmasse geboten ; wenn also der Sauerstotfgehalt der Lunge nicht mügte zur Ueberführung von so viel Sauerstoff, wie ihn das •ben erforderte, so war allmählig der 0 in dem Gewebe aufge- aucht und es erfolgte darum schon Herzlähmung, also auch lutstillstand in der Lunge, bevor alle Luft des grössern Raumes inUgend lange Zeit mit dem Blut in Berührung gewesen war, n von ihrem Sauerstoff vollkommen befreit zu werden.

Um die Grenze zu erkennen, bis zu welcher der Sauerstoff- Ihalt der Lunge sinken durfte, wenn er das Leben noch erhal- n sollte, leitete W. Müller Luft von constantem 0-Gehalt aus um p. 500 gezeichneten Apparat in die Lunge und Hess die Aus- ihmungsluft in das Freie streichen. Dabei fand er, dass ein auf-

534 O-Aufnalimo veränderlich

gebundenes verdauendes Kaninchen bei 4,5 pCt. 0 der Athmuiii luft sehr scliwer atlimete, wie kurz vor der Erstickung; dass 7,5 pCt. das Thier etwas tiefer als gewöhnlich Luft einzog, endlich dass bei 14,8 pCt. die Brust sich wie beim Eingehen mosphärischer Luft bewegte. Mit diesen Zahlen sind Angaben vi Regnault und Reiset*) in Ucbereinstimmung; als diese Letztei wohlgefütterte oder fressende Kaninchen, Hunde, Katzen in einen Rai brachten, dessen Sauerstoffgehalt allmählig sich änderte, fanden s; dass die Athnmng öfter beschwerlich zu werden anfing, wenn Luft zu Ende des Versuchs weniger als 10 pCt. 0 enthielt, dai sie dagegen sehr beschwerlich wurde, wenn die Luft 6,4 pCt. enthielt und dass bei 4 und 5 pCt. die Thiere dem Erstickuni tode nahe waren. Da nun die Ausathmungsluft des Menschei vorausgesetzt, dass er unter gewöhnlichen Bedingungen athiii zwischen 14 bis 18 pCt. schwankt, so kann daraus geschlossi werden, dass der Sauerstoffdruck in der Lunge zu allen Abschni der Athembewegung noch gentigt, um dem Strom des O's in Blut hinein die nöthige Geschwindigkeit zu geben. Damit er ab nicht unter diesen Werth herabsinke, muss sich die Folge Athembewegung und damit der Umfang des Luftwechsels d variablen Verbrauch des O's anpassen, ganz in der Weise wir dieses schon ausflihrlicher bei der CO2 besprachen.

b. Aenderung der 0-Aufnahme mit der Veränderung des BI1 Stroms. 1) Wenn sich die mittlere Geschwindigkeit des Blutstroi in Folge geänderter Herzthätigkeit steigert, so wird sich auch Summe der Blutkörperchen mehren, die in der Zeiteinheit dui die Lunge gehen; denn wir sahen schon früher, dass bei eiiii geringem Stromgeschwindigkeit die Blutkörperchen aus den tralen in die seitlichen Strombahnen übergehen, dass sieh also i der langsamen Strömung das Plasma rascher weiter bewegt, die Körperchen. Treten aber mehr Körperchen durch die Lun. so vergrössert sich auch die Absorptionsfläche für den Sauersti Demnach wachsen im Allgemeinen die Absorption des Sauerstol und die Blutgeschwindigkeit gemeinsam. ~ 2) Die Geschwindi] keit des Blutstroms in den Lungen ändert sich in Folge der A^ dehnung der Lungenwand. Je tiefer die Inspiration, um so länge'' und enger werden die Lungencapillaren , um so langsamer ströHi

•) Annales de chimie et physique 2«. Bd. (1849) p. 388 u. f.

mit dem Blutstrom.

535

I auch das Blut und um so mehr wird sich der Durchmesser tliissigen Schicht verkleinern, welcher die Blutkijrperchen von Lungenluft trennt. Daraus folgt, dass die Blutkörperchen sich

kommen mit Sauerstoff sättigen werden und zwar wegen des ;ni;eren Widerstandes, den der Sauerstoff auf seinem Wege zu

II findet. 3) Bei gleicher mittlerer Geschwindigkeit des Blut- uns durch die Aorta kann natürlich das Yerhältniss der mitt- •u Geschwindigkeit in den einzelnen Zweigen derselben sehr iiiulerlich sein. Es kann also fort und fort gleichviel Blut durch

Aorta fliessen und dabei doch bald dieses und bald jenes Ge- sehen mehr Blut in Anspruch nehmen, wie dieses in der That nach der Grösse der Stromhindernisse, beziehungsweise der Ca- arenweite in den Verdauungswerkzeugen, den Muskeln, der it u. s. w. geschieht. Nun greift aber jedes Gewebe den Sauer- V mit ungleicher Kraft an, und es wird demnach auch trotz eil er mittlerer Geschwindigkeit des Stroms in der Aorta das r sehr ungleich reich an Sauerstoff in den Lungen ankommen , man.

Die bis dahin dargelegten Einflüsse des Blutstroms auf die rage und die Eigenschaften der Blutkörperchen in der Lunge i;ründen mannigfache Veränderungen in dem Herzen und der Athem- fvegung; und umgekehrt es beziehen sich auf sie auch Eigen- imlichkeiten der Athembewegung. Je sauerstoffärmer bei glei- ir mittlerer Geschwindigkeit des Stroms das Blut in das Herz iückkehrt, um so wänner wird es auch sein, und um so lebhaf-

wird es das Herz erregen; dieses könnte einer der Gründe n, warum nach Muskelbewegungen nur bei bestehender Ver- imng der Herzschlag häufiger und kräftiger wird. Entlässt aber

Lunge wegen unzureichenden Luftwechsels die Blutkörperchen unvollkommen mit 0 gesättigt, so wird das verlängerte Mark

beschleunigten und tiefen Athembewegungen erregt und somit bh der Sauerstoff der Lungenluft vennehrt.

Werden in Folge einer tiefen Einathmung die bisher in den wen aufgehäuften Körperchen in das Herz entleert, so wird so- idch auch die Wirkung des Sauerstoffs auf sie kräftiger, um so (hr, als auch die Herzschläge häufiger werden (Einbrodt.) ; tiefen Einathmungen setzen, wie wir sahen, den Uebergangswider- md des Sauerstoffs zum Blute beträchtlich herab, also können sie, itz einer niedrigen Sauerstoffspannung in der Lungenluft doch

536

Veränderung dos Stickgases.

noch den Strom dieses Gases zum Blut lebhaft machen. Hier erklärt sich der Nutzen der tiefen Einathmung in sauerstoffa Luft, und es leuchtet ein, wie zweckmässig es ist, dass sich ser Athmungsweisc die sauerstoflfbediirftigen AVescn bedienen.

c. Abhängigkeit der Sauerstoffaufnahme von der Bindekr der Blutkörperchen für Sauerstoff. Bei der Auseinanderlegung Zusammenhang« zwischen dem Sauerstoffverbrauch und der Bilda von CO2 unjj HO wurden schon die Umstände erwähnt, un denen das Blut von seinem Sauerstoff befreit und somit auch schickt gemacht wurde, 0 zu verzehren. Es giebt aber auch n andere Blutänderungen, welche es bedingen, dass das Verraög des Blutes, 0 zu absorbiren, gemindert wird, ja es giebt viellei auch solche, die im Stande sind, den einmal aufgenommenen Sati Stoff fester als gewöhnlich zu binden; zwei Zustände, die glei massig zu einer Verminderung des Sauerstoffumsatzes führen, kannt ist, dass die Absorptionsfähigkeit herabgedriickt oder >a gehoben wird durch Zusätze von Kohlenoxyd (B e mar d, F. Hopp, durch Morphin, Strychnin, Brucin (?), durch Alkohol (Harle;

5. Veränderung des Stickgases. Das Verhalten Stickstoffs in der Ausathmungsluft hat bis dahin kaum Berücksi tigung gefunden; was um so mehr zu bedauern, als es der Theo aus mehreren Gründen unmöglich ist, diese Lücke auszufüllen. Wir benutzen zur Ergänzung des Fehlenden die Resultate, welc aus einer Untersuchung des gesammten thierischen Gasaustausch hervorgegangen sind; die Berechtigung hierfür liegt darin, da die Lunge die hervorragendste unter allen Athemflächen ist. Ä jenen Beobachtungen ergiebt sich, dass eine diffusive Beweg" des Stickgases fehlen und vorhanden sein kann ; die Richtung d Diffusionsstroms kann abermals verschieden sein, indem er d Stickgas zu der einen Zeit aus dem Blute in die Luft und zu ein andern gerade in ungekehrter Richtung führt, a) Die Aus '^ mung des Stickgases tritt ein: nach vorgängigem Genuss v' Fleischspeisen und Brod (Regnault, Reiset, Barrai), fem während eines Aufenthaltes in einer N-gasfreien Luft (Alle: Pepys, Legallois, Marchand) und zwar in so überwiegend Menge, dass dieselbe nicht abgeleitet werden kann aus dem ' stand von atmosphärischer Liift, der in den Lungen noch znröo' blieb, als das Athmen in dem- N-freien Gas begonnen wurde. D das Blut N-Gas aufgelöst enthält, so ist die Aushauchung dess ben unter den zuletzt erwähnten Umständen auch eine Nothwe

Veränderung des gesammten Luftvolums.

537

igkeit. b) Die Aufnahme von N-Gas in das Blut geschieht ei anhaltendem Hungern und c) vollkommen indifferent bleibt es >ei einer Nahrung, die aus reinen Vegetabilien besteht.

Da es thatsächlich feststeht, dass der Gehalt der Lungenluft IQ CO2, so lebensgefährlich er jenseits gewisser Grenzen ist, die ithembewegung nicht auslöst, sondern dass die Veranlassung zur fewegung mit dem Mangel an Sauerstoff in Beziehung steht,,, so muss ae Anwesenheit des N-Gases in der Atmosphäre den CO-j-Gehalt es thierischen Körpers in engere Grenzen einschliessen , als wenn iiir in reinem 0-Gas athmeten. Denn in einem so verdünnten »uerstoff wird schon eine zur Athembewegung nöthigende Abnahme ingetreten sein, bevor die CO2 auf einen bedrohlichen Werth ge- idegen.

Die Gasvolumina, welche sich in dem Stickstoffstrom bewegen, »ad zwar sehr gering gegen den der CO2 und des 0, aber sie md unter Umständen nicht unbedeutend im Vergleich zu dem i<ickstoffgehalt der täglichen Nahrungsmenge. Nach Barrai*) III sich das Gewicht des gasfönnig ausgeschiedenen Stickstoffs M das Dritttheil oder gar die Hälfte des Genossenen belaufen.

6. Veränderung des Gesammtvolums der eingeath- eeten Luft, a) Das in die Lunge aufgenommene Gasvolum rrändert sich unabhängig von dem dort erfolgenden Austausch mnanenter Gase; wenn wir, wie für gewöhnlich, kältere und loeknere Luft ein- als ausathmen, so wird das eingeathmete Luft- blum durch den Wasserdarapf und die Wäi-me vergrössert. Die Hesmalige Zunahme des Volums ist nach bekannten Regeln peht zu berechnen, wenn die Unterschiede der Temperatur und r Dampfspannung in der Aus- und Einathmungsluft gegeben sind.

b) Eine zweite vemickeltere Beti-achtung erstreckt sich auf 3 Veränderung des ein- und ausgeathmeten Luftvolums in Folge f8 Gasaustausches. Die Untersuchung über diesen Punkt führen ■r unter den Voraussetzungen: dass der Thorax bei der Exspi- idon genau wieder auf den Punkt zusammenfällt, von dem er i der beginnenden Inspiration ausgegangen war, und dass die Wgeathmete Luft bei der Vergleichung der betreffenden Volumina »au wieder auf den Barometerstand, Temperatur- und Feuchtig- dtsgrad gebracht werde, den die eingeathmete besass. Bei die- .1 Annahmen wird der Werth der Veränderung abhängig sein :

*) Statique chimiqiic des animaux, I'aris 1850. 270.

538

Veränderung des gesummten Luftvolums.

von der Menge des ausgehauchten oder eingesogenen Stickstoffd von dem Kohlensäure- oder Sauerstolfvolum, welches die andere! neben der Lunge bestehenden athrnenden Flächen des Thierleibe aufnehmen und abgeben, von der Menge flüssiger Oxydationspr dukte, welche neben der entstehenden CO2 mit Hilfe des vej schluckten Sauerstoffgases gebildet werden. Da der erste di« drei Punkte an und für sich klar ist, so wenden wir uns sogleio zur Besprechung der beiden letzteren. Nehmen wir nun zuer an, es werde der ganze aus der Atmosphäre aufgenommene Saue| Stoff innerhalb des Organismus zur Bildung von CO2 verwende die wiederum gasförmig aus dem Blute sich entfernte, so folj daraus, dass das Gesammtvolum der aus dem Körper ausgeschij denen Gase gerade so gross sein würde, als das des aufgenoi menen Sauerstoffs, weil bekanntlich die aus der Vereinigung vo C und O2 entstehende gasförmige CO2 genau den Raum cinnimi den vor der Vereinigung die beiden Atome Sauerstoff besassej Die Ausscheidung und Aufnahme der Gasvolumiua könnte sich nfl aber trotz ihrer im Ganzen bestehenden Gleichheit doch auf dw verschiedenen mit der Luft in Berührung befindlichen Flächen vtj theilen, u. A. so, dass an einem Orte überwiegend mehr CO2 au geschieden und an dem andern mehr 0 aufgenommen würde; setzt also, es bestände die Eigenthümlichkeit, dass die äussej Haut mehr CO2 ausschied, als sie Sauerstoff aufnähme, so wül in der Lunge dafür ein grösseres Volum von dem letzteren Gi aufgesogen und ein geringeres von dem ersteren abgegeben werd^ müssen. Um die Bedeutung der dritten Bedingung, die oben anführten, einzusehen, machen wir die Voraussetzung,' werde auf jeder Athemfläche die Gewichtsmeuge von Sauersb wieder ausgegeben, die sie aufgenommen; dagegen aber soll d in das Blut aufgenommene Sauerstoffgas nicht allein zur Bildni von CO2, sondern auch zur Erzeugung anderer Oxydationsproduk verwendet werden. Bei dieser Voraussetzung muss das Verhältni zwischen dem von und zu der Lunge gehenden Luftvolum abhS gig sein von der Verwendung, die das Sauerstoffgas innerhalb d Körpers erfährt, so dass, wenn z. B. die Hälfte desselben zur E Zeugung von CO2 und die andere zur Verbrennung des Waßse Stoffs in Wasser benutzt wird, auch nur die Hälfte des durch d Lungenwand eingedrungenen Luftvolums von ihr wieder ausg schieden würde.

Blutänderung in den Lungencapillaron.

539

Eine Vergleichung der gegebenen Betrachtungen mit den bis ,hin gewonnenen Erfahrungen ergiebt: 1) Das Vohim der aus- .athmeteu Luft ist geringer, als das der eingeathmeten. Diese i.iatsache, welche Lavoisier entdeckt hat, haben alle genaueren •obachter nach ihm bestätigt. 2) Nach dem Genuss von Pflan- instoflfen (Körner, Gras) erreicht der Unterschied zwischen dem ^genommenen SauerstofFvolum und ausgeathmeten CO2 Volum sei- iQ geringsten Werth, seinen grössten aber nach der Ernährung t Fleischkost (Dulong)*); Regnault und Reiset geben, Bnn das Volum des eingesogenen 0 = 1 gesetzt wird, als jenzwerthe der Verhältnisszahlen für den ersten = 1,04 und für 11 letzten Fall = 0,62 an. Hungernde Thiere verhalten sich !} fleischfressende. Hinge die Volumverminderung allein von m Unterschied zwischen dem verschluckten 0 und der ausgeath- t4en CO2 ab, so mUsste sie bei der Fleischnahrung am bedeu- cdsten werden. Da aber bei Fleischnahrung auch Stickstoff iSgehaucht, beim Hungern dagegen aiifgesogen wird, so wird sie dder That unter der letzteren Bedingung am merklichsten sein.

7. Veränderungen des Bluts in den Lungencapilla- 11. In der Lunge kann sich das Blut ändern durch die Wech- wirkung seiner eigenen Bestandtheile , und dann durch eine ;ihe mit dem Lungengewebe oder mit der in den Lungenhöhlen uhselnden Luft.

Was die Aenderungen in Folge der letzteren Beziehung an- tt, so ist ersichtlich, dass sie ein Gegenbild von derjenigen der i|igenluft sein müssen; also wird das Blut auch nach seinem durch die Lunge AVärme verlieren. Bise hoff und G. Lie- ; haben in der That gezeigt, dass das Blut des rechten Herzens

etwas wärmer ist als das des linken. Diese wichtige That- ihe soll in der Lehre von der thierischen Wärme weiter gewttr- t werden. Ausserdem wird aber das Blut auch immer verdunst- ■e CO2 und zuweilen N-Gas verlieren und dafür an verdunst- ?em Sauerstoff und zuweilen an N-Gas gewinnen. Dieser Satz, der Iden bekannten Absorptionsvorgängen jener Gase, in den I^e- :?ungen, unter denen das Blut in der Lunge vorkommt, und in

beschriebenen Veränderungen der Athemlnft seine ausgiebige »erstützung findet, ei-fährt auch noch dadurch eine Bestätigung, .8 die Rothe des Bluts, welches während des Lebens aus dem

)8ohwelgger, Journal ftlr Chcmlo. 38. Bd. 506. (1823.)

540

Blutänderung in den Lungencapillaren.

linken Ventrikel genommen wird, heller ist als die des Bluts an der rechten Kammer. Diese Farbenänderung tritt aber bekam lieh nur dann ein, wenn das Blut aus dem zuletzt genannten h hälter CO2 abdunstet und Sauerstoffgas verschluckt.

Aus mancherlei Gründen wäre es wünschenswerth , diese qu

litativen Angaben durch quantitative zu vervollständigen, und hier:

bieten sich scheinbar zwei Wege. Zur Auswerthung des Proze]

gehaltes beider Blutarten an Gasen würde es scheinbar am Ei

fachsten sein, die Luft des Blutes im rechten und linken Ventrili

zu analysiren. Aber hier wie tiberall steht der vergleichend

Blutanalyse der Einwand entgegen, dass die verglichenen Blutarti

namentlich mit Beziehung auf ihren Körperchengehalt, nicht glei

zusammengesetzt waren. Oder man würde aus der bekannt

Menge von Blut und Luft, welche in der Zeiteinheit durch

Lunge- geht, und aus der Veränderung, welche die Luft erli

zu berechnen haben, wie gross die Veränderung des Blutes

Gasen gewesen sei. Bei der letzten Betrachtungsweise bleibt ab

immer einer der Gruudwerthe, nemlich die Blutmenge, welc]

die Lungen durchsetzte, mit beträchtlichen Unsicherheiten behai

Stellt man aber dessungeachtet auf Grund der vorliegenden Batf

einen Ueberschlag an, so ergiebt sich, dass das Blut des recht(

Herzens um etwa 2 Vol. Proz. CO2 mehr und eben so viel Sai

Stoff weniger enthält, als das des linken. Hiermit stimmt es

Allgemeinen , dass das Blut der Venen noch viel abdunstbareiij

(Magnus) und das der Arterien noch viel abdunstbare CO2

hält (Magnus, L. Meyer, Setschenow).

■AI

Nach Vierordt entleert der mittlere Herzschlag 180 CC. Blut; nehmen aus der Athmungstabelle desselben Beobachters (p. 523 10. Stunde) eine Minute aus, in welcher ü9 Herzschläge geschehen, so würde in dieser Zeit 12-100 CC. Blut i die Lunge getrieben; in derselben Zeit wurden ausgehaucht 281 CC. CGj; den würden 100 Vol. Blut = 2,3 Vol. CO-- eingcbüsst haben.

Um zu erfahren , ob das Blut in der Lunge noch andere M ägderungen als die abgehandelten erleidet, giebt es ausser dernj sehr bedingungsweise brauchbaren vergleichenden Blutanalyse noj zwei andere Mittel. Das eine besteht darin, die Zusammensetzn der Flüssigkeit, welche die Lunge durchtränkt, festzustell^ (Cloetta) und das andere prüft die Veränderung, welche Blut erfahren hat, das durch die Lunge des so eben getödtetj Thieres gesprützt wurde (Pavy).

Bau der Lungen.

541

Wenn die vergleichende Analyse darlegen soll, welchon Einfluss die Lunge auf : Gestaltung des Eluts gewinnt, so darf zur Zerlegung nur verwendet werden der üslt des rechten und linken Herzens; es sind somit alle Beobachtungen werthlos, i denen das Blut .einer beliebigen Einzelvene mit dem arteriellen verglichen wurde, itin im rechten Vorhof, dem Ausgangspunkte für den Strom in der Lunge, mischt 11 der Inhalt sehr verschiedener Venen, und zugleich der der Lymphstämme. Aber th die Vergleichuug des Blutes beider Herzhälften ist allen Einwürfen in erhöhtem idssstab ausgesetzt, welche die vergleichende Blutanalyse treffen. Denn weil das intc Herz den Zusammenfluss aller möglichen Blutarten darstellt, und weil der Quer- ;nitt und die Geschwindigkeit der einzelnen zuführenden Strombahnen in der Zeit tr veränderlich ist, so muss hier am meisten Gelegenheit zu Aenderungen der Blut- lammensetzung gegeben sein. Darum wird im vorliegenden Falle sogar das Ergeb- . der vergleichenden Serumanalyse bedenklich.

Die nach dem beschriebenen Plane augestellten Untersuchungen ;:aben: 1) Die Lungensäfte enthalten Inosit, Taurin, Harnsäure, Ii zwar jedenfalls vielmehr von diesen Körpern, als das Bltit lloetta). Woher stammen diese^ Körper? Sind sie aus der iber mitgeführt und in die Lunge abgelagert? Ist das Taurin

Zersetzungsprodukt der Taurocholsäure ? 2) Das Blut des tcen Herzens soll nach Chaveau, Harley, Poggiale, Heyn- II s ebensoviel und mehr Traubenzucker enthalten, als das des ihten, nach Bernard und Lehmann aber weniger. Insofern DD den Methoden der gekannten Analytiker Zutrauen schenken l, muss man in diesen Widersprüchen die Folgen einer unglei- m Blutmischuug in dem rechten Vorhof sehen. 3) Zuckerhal- rs, fibrinfreies Blut, welches man durch die Lunge des eben tJdtefen Thieres sprützt, kommt zuckerärmer in den Lungen- een an (Pavy). 4) Das Lungenvenenblut soll weniger Faser- rf enthalten, als das der Aorta (?J.

Welchen Antheil an der Erzeugung jener Veränderungen das fieinanderwirken der Blutbestandtheile, und welchen das Lungen- •^ebe besitzt, ist unmöglich anzugeben. Der oft gehörten Mei- gg, dass der 0, der sich in der Lunge dem Blute beimengt,

f wirksam sei, steht das gerechte Bedenken entgegen, dass das

t der Lungenarterien noch immer sehr sauerstoffhaltig ist. Also lacht der Inhalt jenes Gefässes nicht erst auf den aus der Lunge

nmendcn Sauerstoff zu warten, wenn er sich verändern will. 8. Bau der Lungen. Nach der anatomischen Einrichtung den physiologischen Folgen derselben kann man in der Lunge

Brschciden die Zuleitungsröhren (trachea und bronchi) und die

r älter für die Mischung und den Austausch der Gasarten , die i ihrer Form wegen passend Trichter (iiifundibula) nennt

542

Bau der Lungon.

(Rossignol). Wand und Höhlung beider setzen sich ununtc brechen in einander fort. Die Höhle der Trachea theilt si( gabelig, und ebenso wieder die eines jeden Bronchus und auch d eines jeden seiner Zweige, und so fortlaufend vielmal ; dabei blei' der Querschnitt der Höhle zwar immer annähernd kreisförmig, ahi der Kadius dieses Kreises nimmt nach jeder neuen Theilung ai bis er auf 0,2 MM. und weniger, jedoch nicht auf mikroskopiscl Grösse herabsinkt. Die Wand der Bronchien besteht aus Fliinmel epithelien, deren Schlag dem aufgestreuten Körperchen eine Bew^ gung in der Richtung von den Bronchis zur Trachea eiHieilt; fe| ner aus elastischen und Bindegeweben, aus ringförmigen Musfa Zellen und einzeln eingestreuten Knorpelplättchen. In dieser W sind kleine traubige Schleimdrlischen eingebettet, die sich in Bronchialhöhlen öffnen. Die Infundibula sind blindendigen^j keulige oder trichterförmige iAuftreibuugeu von verhältnissmässi bedeutender Grösse, deren Zuspitzung gegen je einen kleius Bronchus (brouchiolus) gerichtet ist; die Oberfläche der Keide i| maulbeerartig ausgebuchtet; die einzelnen, an Ausdehnung v schiedenen, halbkugelförmigen Hervorragungen (Cellulae) öffm sich mit breiter Mündung gegen den Mittelraum der Trichterhöhi Die sehr dlinnen Wandungen der verhältnissmässig grossen Höh bestehen aus einer elastischen Grundhaut, die von sehr sp Samen Muskelzellen durchsetzt ist (Moleschott) und die a^i ihrer inneren Fläche mit einer Schicht von kugeligen Zellen b| deckt ist. Der Gesammtraum, den die Lunge einnimmt, vi theilt sich zwischen den beiden Bestandtheilen so, dass der Wj( aus grösste Antheil derselben auf die Infundibula fällt. Zu jed( dieser beiden durch Wand und Hohlraum unterschiedenen Lungei bestandtheüe geht auch ein besonderes Blutgefäss; zu den Broi chis die engere art. bronchialis, zu den lufundibulis die weite V pulmonalis. Die aus den beiden Arterien hervorgehenden Capili netze gehen ineinander über in den kleinsten Bronchis, so di jedes derselben sowohl von der a. pulmonalis, wie von der bronchialis aus voUgesprützt werden kann. Die Nerven d Lunge kommen aus dem n. vagus und n. sympathicus; ihre Ei düngen sind unbekannt; sensible Fasern gehören jedenfalls dei n. vagus an. Aus der Lungenoberfläche kommen zahlreid Lymph Stämme , deren Wurzeln bis zu den Bronchien hin verfoli werden können. Die ganse Lunge endlich ist in den Pleun sack eingeschlagen.

Chem. Zusaiwmens. d. Lunge ; Wirkungen d. Lungenmusk. ; Elast. Eigenseli. 543

.-. 9. Chemische Zusammensetzung der Lunge. Der Wasser unlösliche Antheil des Lungengewebes besteht aus dem lalöslichen Rückstand der Muskeln, des ßindesgewebes etc. m der Lunge kann ein Saft ausgepresst werden, der ausser iweissartigen Körpern Inosit, Harnsäure, Taurin (Cloetta), zu- teilen auch Leucin (Staedeler und Frerichs) enthält. Aus ■alchen Formbestandtheilen der Lunge diese Stoffe stammen, bleibt ^hingestellt.

10. "Wirkungen der Lungen muskeln. Ihrer anatomischen nordnung nach können die kleinen Muskeln der Lunge zunächst ibhl nur den Durchmesser der Blutgefässe und Broncliien mindern. II aber alle Bronchien, Trichter und Blutgefässe durch Binde- webe mit einander verschmolzen sind, so müssen die Zusammeu- bhungen jener Muskeln auch die muskelfreie Umgebung bewegen, Jd da ferner muskeltragende Rohre uach allen Richtungen ziehen,

müssen verbreitete Zusammenziehungen die gesammte Lunge ?äammenpressen. Dieses lässt sich nach Traube so beweisen, jss man die beiden Lungen eines eben getödteten Thieres in Ites Wasser wirft, die eine so kurz nach dem Tode, dass vor- i^sichtlich ihre Muskeln noch reizbar sind, und die andere erst nn, wenn voraussichtlich die Reizbarkeit abgestorben. Die erste Iht sich in dem kalten Wasser noch weiter zusammen, die zweite Hält dagegen den Umfang, der ihr durch die elastischen Kräfte rjewiesen ist, also ist die allseitige Verkleinerung der ersten in

That eine Muskelwirkung. Die Nerven dieser Muskeln sollen, s8 jedoch auch bestritten wird, im n. vagiis laufen (L Bd. 201). ibekannt sind die Umstände, unter welchen die lebenden Lungen- »skeln sich bewegen, und die Folgen, welche aus den Bewegun- II hervorgehen.

11. Elastische Eigenschaften. Die Lunge und vorzugs- Hse ihre Trichter vergleichen sich an Elasticität mit den in die-

Beziehung bevorzugtesten Gebilden des Thieres. Sicherlich Kien auch die Lungenwandungen die allgemeinen Eigenschaften

thierischen Elastizität, so dass die Zusammensetzung der sie ^chtränkenden Flüssigkeiten und die schon vorhandene Span- pg die Dehnbarkeit bestimmt. Also müssen sich oft Veranlas- Sgen finden, durch welche der Elastizitätscogffizient der Trichter- !'.t geändert wird, denn sie sind zart und leicht durchdringlich, i dazu in wechselnder Ausdehnung von Luft und Blut um-

544

Ernährung der Lunge.

im Leben, weil sie sich zusammensetzen aus dem Zug des Bin kastens und dem Widerstand, den die Trichter bei ihrer Ausdehnu) an dem Blut, den Bronchien u. s. w. finden. Da endlich die Foi des Trichters und die seiner Zellen von dem Elastizitätsmaa ihrer Wand und der spannenden Kräfte abhängt, so wird sich au jeneForm mannigfach, und zwar dauernd oder vorübergehend, ändei

Ein Beispiel hierfür bietet das Emphysem, ein Zustand, in welchem einzt Abtheiluugen der Lunge auf Kosten anderer sich ausgedehnt haben; der nachthen Erfolg dieser Formänderung auf die Athmung ist einleuchtend ; einmal werden aj die Blutgefässe, welche zu dem nicht mehr erweiterbaren Trichter gehen, auch mehr an der Athmung theilnehmen, und zugleich wird in den übermässig erweitci Blasen der Gasaustausch weniger ergiebig sein , weil die Blutgefässe ausgedehnt sij und also der Strom hier einen gi-össern Widerstand erfährt, als in den Gefässen zusammengefallenen Bläschen, und weil, gleiches Maass der wechselnden Luft vo; gesetzt, diese mit einem geringen Umfang der Wandüäche in Berührung kömmt (we| der Kugelgestalt der Zellen) , und endlicli werden zu gleich inhaltsreichen Athei zügcn viel grössere Muskelkräfte nöthig sein, weil die auch schon in der Ausathm« übermässig ausgedehnten Bläschenwände der noch weiteren Ausdehnung stärk Widerstand bieten. Dieser Zustand findet sich in einem Lungenstück ein, wenn nachbarte Theilo den Widerstand, den sie der Ausdehnung bisher entgegenstellt] nicht mehr leisten können, resp. wenn sie an ihrer Ausdehnung selbst behindert den, so z. B. durch Verschliessung der zuführenden Bronchien, oder durch Yerwaj sung der sie bedeckenden Pleurablätter, oder wenn wegen eingetretener Unwegsami eines Arterienstämmchcns die Gefiisse der zugehörigen Trichter durch den Blutsi nicht mehr ausgedehnt werden u. s. w. Geringei'c Gefahr als durch eine Aende: in den mechanischen Bedingungen, scheint der Trichterform zu drohen, durch häufigen Wechsel einer trockenen ,oder abgekühlten Luft, oder vielleicht selbst di eine Aenderung in der chemischen Natur der Säfte , welche die Lunge durchströmi denn so lange die Zusammensetzung, Wärme und Bewegung des Blutes gesund bl ist es gerade wegen des häufigen Wechsels und der Dünne der Trichterwanduni sowie der vielfachen Gefässausbreitung wegen nicht zu fürchten, dass es zu einer Form alteiirenden Veränderung der E-Coeffizienten kommen sollte. Eine Bestäti| für den Jnhalt der letzten Betrachtung seheint darin zu liegen, dass Menschen, wi statt durch die Nase durch eine Luftröhrenfistel athmen, vollkommen gesunde Luni bewalu'en (Ulrich)*).

12. Ernährung der Lunge. Die Formfolge bei der ersl Entwickelung derselben ist analog derjenigen anderer gelapp| Drüsen; der einzige Unterschied besteht darin, dass die Zell häufchen, welche die späteren Aeste und Aestchcn darstell gleich von vorn herein im Centrum Flüssigkeit führen, nicht ai wie gewöhnlich conipakt sind. Nach der Geburt- vergrössert g die Lunge nur durch die Ausdehnung der vorhandenen Bläscl und Röhren; eine Neubildung kommt nicht mcbr vor.

■) ZcitBchiifl iler Wiener Aeiztc, 1800. 209.

Ernälirung der Lunge.

545

Obwohl die Oberfläche der gesunden Lunge nur sehr wenig 'Buchtet ist, so müssen wir doch annehmen, dass in die Bronchial- ule hinein eine flüssige Absonderung und zwar aus den dort vor- iidenen Schleimdrüsen erfolgt. Wie die Absonderung beschaffen •unter welchen Umständen sie vor sich geht, blieb bis dahin gekannt. Vorausgesetzt, dass die Bronchialschleimhaut für ge- lanUch absondei't, muss die Menge des Saftes so gering sein, jS das Wasser desselben in der Athmungsluft verdampft und die iislichen Rückstände durch die Flimmerbewegung entleert werden inen. Zu gewissen Zeiten, bei sog. Bronchialkatarrh wird die (onderung lebhafter. Dieser Zustand, der sich leicht bei Thieren nugen lässt, giebt Hoffnung, auch über die Eigenschaften und iingungen der normalen Absonderung ins Klare zu kommen. iiie Infundibula hinein erfolgt, wie es scheint, gesunderweise nie

flüssige Absonderung ; es wird dieses wahrscheinüch dem Um- td zu danken sein, dass der Blutstrom in der Lunge mit einem cngern Drucke fliesst und die Lungenhaut s'ammt ihrem Epi- lum der andringenden Flüssigkeit einen genügenden Widerstand eet. Hemmungen im Stromlaufe, namenthch auf der Seite der ^envenen, Veränderungen im Quellungszustande und in der Dehn- xeit der Lungenhäute, Loslösung des Epitheliums, einseitige Er- rrigung des Luftdrucks in der Lungenhöhle würden demnach in 'är Ordnung den Uebeiiritt von Flüssigkeiten in die Infundibula ingen. Diese Zustände könnten aber erzeugt werden durch ilerung des Strombetts, der Reibung, der chemischen Zusam- jsetzung des Blutes, durch Aenderungen im Erregungszustand ILungenmuskeln , also auch der zugehörigen motorischen oder ictorischen Nerven, durch Eindringen fremdartiger Flüssigkeiten des Speichels in die Lungenhöhle, durch Hemmung des Luft- »angs in die Trachea oder Bronchien. Mit der Grösse der ge- uten Störungen könnte auch die chemische Zusammensetzung saus dem Blute tibertretenden Flüssigkeit veränderlich werden. Obwohl alle diese Punkte dem Versuche zugänglich sind, so

doch nur wenige in Angriff genommen. Zu diesen zählen die ^Virchow*) behandelten Fälle von Verstopfung einzelner Aeste ■Lungenarterie (Embolie), welche für die Pathologie eine grosse Tätigkeit erhalten hat, und die lürscheinungen , welche nach

•) Gesammelte Abhandlungen. Frankfurt 185«. 227. idwig, Physiologie 0. 2. Anfinge.

35

546

Ernährung der Lunge.

DurchschneiduDg der nn.vagi*) beobachtet wurden; die letztre lic von Thatsaclien besitzt unmittelbar physiologische Bedeutung.

Nach Durchschneidung der nn. vagi oder der rami recurrentes dieses Nerven \ticken einige Thiere alsbald in Folge eines ventilartigen Verschlusses der Stimraii andere mit steifem Kehlkopf überstehen den Eingriff. Bei Kaninchen, die 18 24 Stunden nach der Uurchschneidung beider nn. vagi gestorben, findet die See in der Trachea serosblutigen Schaum, und in dem Lungengewebe zwischen vollkon gesunden Stollen einzelne rothgcfiärbte eingesunkene Partien von kleinerer oder gross Ausdehnung ; diese veränderten Lungenstticke sind von der Trachea aus noch aufzuV und wenn man sie einschneidet, so Messt aus ihnen eine rothe schaumige Flüssig die der mikroskopischeu Analyse nach Blutkörperchen, Körnchenzellen, Lungenepit' und gewöhnlich auch Speisenreste und Mundepithelien enthält. Haben die Thiere als 24 Stunden gelebt, so ist in vielen der veränderten Lungenzellen ein Theil Inhalts festgowovden, so dass die Zelle nun nicht mehr aufgeblassen werden kann nach dem Durchschneiden nichts oder wenig auslliesst. Bei Hunden fehlen die' scheinungen zuweilen ganz; wenn sie vorhanden, so gleichen sie ganz den Kaninchen beschrieb enen, mit der Ausnahme jedoch^ dass die Siieisereste und Mi epithelien fehlen. Beim Kaninchen kommen dieselben Erscheinungen vor , je ohne Zugabe der Speisereste und Mundepithelien, wenn die Trachea nach D schneiduug der nn. vagi eröffnet und eine Canüle in sie gelegt wurde, die die At erleichtert und den Uebergang des Mundinhalts in die Lungen unmöglich macbi Werden die rami recurrentes allein durchschnitten und wird nach Anlegung Luftröhrenflstel- eine Canüle eingelegt, so bleiben die Lungenverändorungeu zuw aus ; sehr häufig erscheinen sie dagegen gerade so, als ob die n. vagi verletzt wäre; Nach einseitiger Durchschncidung des n. vagus kommt keine Lungenveräuderung Vorschein. Diese Thatsachcn lassen mancherlei Erklärungen offen , aber sie sehe jedenfalls darzuthun, dass die Lungenänderung keine unmittelbare Folge der Verle , der Lungenäste des n. vagus ist. Dafür spricht, dass nach einseitiger Durchschn^ auch gar keine Andeutung derselben vorkommt, dass nach doppelseitiger Ope nicht alle, sondern nur einzelne Lungentheile ergriffen sind, dass femer in zelnen Fällen die Infuudibula ganz unverändert sind , und dass endlich auch die . letzung der rami recurrentes, die gar nicht zur Lunge gehen, dieselben Folgen wie Zerschneidung der Stämme nach sich ziehen. Man hat darum den Grund der änderung gesucht in den tiefen Athemzügen oder in dem Eindringen von Spei die letztere Annahme, welche Traube in einer gründlichen Arbeit vertheidigt, . sich darauf, dass der in die Lunge gespritzte Speichel ebenfalls die genannteny. änderungen hervorruft. Im Hinblick auf einen Theil der obigen Erfolge müsste wenn man die Annahme von Traube halten wollte, zu ihr noch den Zusatz m" dass der im Uebermaass abgesonderte Sehleim der Luftröhre dieselben Folgen er«' die er dem Mundspeichel zuschreibt. Darnach bliebe es aber noch immer dunka de^^peichel einwirkt und warum er eine blutige Absonderung erzeugt, die dooh Platzen der Gcfässe voraussetzt.

*) BiUroth (und Traube), de nnture et causa piilmon. affectionis. Berlin iM Powelin ( und B i d d e r) , de causa mortis post vagos dissectos. Dorpnt 1S51. Wn M ü 11 0 r's Arohiv. 1855. Arnsperger, Virchows Archiv. IV. Bd. H. Nasse, für gemeinsame Arbeiten. II. Bd. (1855).

Nachtrag zur Lungenathmung.

547

Die Epithelien der Lungenoberfläche sollen sich sehr allmählig tiehuppen (Kölliker). lieber die Ernährung des formlosen udegewebes und der Lymphbildung in der Lunge fehlen Näch- sten.

Nachtrag- zur Lungenathmung, Während des Druckes der letzten Bogen hat Schöffer unter inen Augen eine Beobachtungsreihe vollendet,, deren Ergebnisse I unsere Vorstellungen über die Lungenathmung von Einfluss sind. Versuche selbst, so wie die Begründungen der Methode u. s. w. [l in der Abhandlung nachzusehen, die demnächst in den Sitzungs- ichten der k. Akademie erscheinen iwdrd. Alle Zahlen beziehen . auf 100 Theile; die zu den Gasen geschriebenen Volumina sind 1 Met. Hgdruck und CC berechnet.

a) Das Blut und das aus demselben Blute abgeschiedene Serum liahen nicht gleichviel und auf gleiche Art gebundene CO2.

Verdunstbare Nur durcli Säure Verdunstßare Nur durch Säure

COj. abscheidbare COj. COj. abscheidbare COj.

t 24,62 1,59 Blut 25,78 0,81

um 10,20 23,77 Serum 16,65 16,06

b) Das gashaltige und gasfreie Blut treibt, wenn es zum Serum . ;3tzt wird, aus diesem unter Beihilfe eines niedrigen Luftdrucks

bei Weitem grössten Theil derjenigen CO2 aus, die aus dem Blutkörperchen möglichst fi'eien Serum nur nach Zusatz einer rre ausgeschieden werden kann. So gab z. B. ein Serum, das »6 pC. festgebundener CO2 enthielt, nur noch 1,77 pC. durch rre abscheidbare CO2 , nachdem es zuvor unter Zusatz gasfreien es ausgepumpt war. Also war die festgebundene CO2 nicht imtlich, sondern nur zum grössten Theil ausgetrieben. In diesem jnögen der Körperchen einen Theil der CO2 auszutreiben, ist es "ündet, dass aus dem Blut immer viel weniger festgebundene CO2 < on;nen werden kann, als ihm vermöge seines Gehaltes an Serum ommen mUsste.

c) Aus der ebenerwähnten in Verbindung mit schon bekannten titsachen folgt, dass dieC02 des Blutes auf vier verschiedene Arten unden ist, und zwar einfach gelöst als Gas (difFundirt), daiin^ an Jilische Salze (NaC02 xmd 2NaO HOPO5) gebunden, dann so ge- iden, dass sie unter Mitwirkung der Blutkörperchen und endlich so,

i sie nur unter Beihilfe der Säure ausgeschieden werden kann. ' d) Eine vergleichende Bestimmung der verdunstbaren CO2 des ammtblutes und seiner pbosphorsauren Alkalien ergab, dass

35*

54g ^ Nachtrag zur Lungenatlimun};.

die CÜ2 im. Allgemeinen jedoch nicht immer mit dem phospLi sam-eu Alkali wächst. Macht man aber mit Fernet die Annahn dass für je ein Atom Phosphorsäure, das an Alkalien gebunden i 2 Atome CO2 aufgenommen werden können, so ist das phosphorsai Alkali meist schon für sich allein genügend, um alle verdunsth; CO2 des Blutes zu binden. In der folgenden Tabelle, die die- darthut, ist die PO5, welche an Alkalien gebunden ist, also ( gesammte PO5 des Blutes nach Abzug der an Erden gebundt aufgeführt. Die PO5 - Bestimmungen sind an derselben Blutmeu gemacht, die auch zur Gasbestimmung diente.

CO2, die nacli Fernet to; dea phosphorsauren Alkaliei

Verdunstbare

PO5

COi.

an Alkalien gebunden

Arterienblut

31,66

0,088

26,44

0,109

26,70

0,082

Venenblut

a3,05-

0,087

V

27,83

0,097

}}

21,32

0,077

7f

30,73

0,095

})

30,54

0,103

V

32,14

0,099

Iii

zu binden wären.

27,72 34,17 25,83 27,62 30,75 23,90 30,01 32,45 .31,18

e) Eine Vergleichung der CO2 des Blutes von Thieren/ welji 24 Stunden gehungert hatten, mit der CO2 des sauren Harns, welQ während jener 24 Stunden abgesondert war, ergab im Mittel je einem Versuch an 6 verschiedenen Thieren: aus Blut verdtij bare CO2 = 28,72 pC, aus Harn verdunstbare CO2 = 3,78 p(|

Da nun die diffundirbare CO2 sich doch oifenbar im Harn x Blut ausgeglichen haben musste, weil ja der Harn aus dem Bi kommt, so ergiebt sich daraus, dass das Blut einen geringen^^ theil an diffundirbarer CO2 enthält. t|

f) Mit dieser Anschauung stimmen auch die von L. Mey und Setschenow geraachten Erfahrungen, nach welchen aus .| Blute nur etwa 4 bis 5 pC. CO2 entwickelt werden können, w^e diese aus dem kochenden Blute in den nicht wieder eraem Luftraum, also unter einem geringen C02-Druck abdunstet. Schöll hat nach einem neuen Verfahren die diifundirte CO2 des BluteSi nauer zu bestimmen gesucht; obwohl dasselbe noch nicht ^ Anforderungen entsprach, so konnte doch so viel ermittelt werd' dass im Hundeblute die diflPundirte CO2 etwa so viel beträgt, es die Harnuntersuchungen verlangen.

Nachtrtig zur Lungenathmung.

549

g) Also nimmt die Lungenlnft viel mehr CO2 auf als die mit n Blut geschüttelte Luft und als der Harn; denn es fanden

Müller und Setschenow den CO2- Gehalt der Lungenluft im Ersticken übereinstimmend zu 15 pC. Schöffer fand bei ?em Hunde, dessen Blut = 25,45 pC. CO2, dessen Harn = 3,31 pC. i enthielt, in der nur wenige Sekunden zurückgehaltenen Lungen- 9,01 pC. CO2. Daraus geht heiTor, dass die in der Lunge ^gestosseue CO2 nicht allein von derjenigen stammen kann, welche Blut schon diffundirt in die Lunge mitbrachte.

h) Eine Vergleichung des gleichzeitig aus dem rechten Herzen aus der art. carotis entzogenen Blutes derselben Thiere wurde

aauf vorgenommen. Beide Blutarten hatten fast genau dieselbe bekraft, also wohl auch gleichviel Blutkörperchen. Im Mittel 5 Versuchen ergab sich:

Q COj CO2 durch Säure

verdunstbar. abscheidbar.

irterienblut 16,59 28,70 1,48 1,24

/enenblut 10,78 31,04 3,12 1^08

o enthält das Arterienblut 2,34 pC. verdunstbare CO2 und 1,64 pC. nh Säure abscheidbare CO2 weniger als das venöse. Die auf- ?indsten unter diesen Angaben, dass das arterielle Blut ärmer

CO2 ist, die nur durch Säure abgeschieden werden kann, gilt rr nicht etwa blos für den Mittelwerth, sondern für jeden ein-

len der 5 verglichenen Fälle. Dieses kann mit Berücksichtigung ^?tehender Thatsachen nur dadurch begriffen werden, dass in , Lunge selbst ein Vorgang stattfindet, durch welchen die Basizität

Blutes beeinträchtigt, beziehungsweise sein Antheil an freier CO2 mehrt wird.

Nach allem Diesem würde man annehmen müssen: das in Lunge verweilende Blut wird dort auf eine eigenthümliche, h nicht näher gekannte Weise geeignet gemacht, seine CO2 lageben; demnach wäre dieses Organ ein spezifisches Ausath- jigsvverkzeug. Das in den andern Geweben strömende Blut ent- dagegen immer noch einen Ueberschuss an Mitteln, welche binden können oder es ist wenigstens die freie CO2 mit einer »Irigen Spannung begabt; also genügt eine geringe prozentische iäufung der CO2 in jenen Gewebsflüssigkeiten, um einen Strom es Gases in das Blut zu veranlassen.

550

Hautatlimen.

9

B. Hautathmiing.

1. Die Epidermis und das oberflächlichste Gefässnetz gii die anatomischen Theile der Cutis, welche beim Hautathmen vr züglich in Betracht kommen. Die luft- und blutscheidende E) dermis ist für alle bis dahin geprüften Gasarten durchgängig ^ funden worden; diese Erfahrung ist wichtig, aber ungenügend; m, wünscht noch zu wissen, wie mit der Dicke, der relativen Mächt i keit von Zellen- und Hornschicht, der chemischen Zusammensetzii; ihrer QuellungsflUssigkeiten, der Temperatur die Absorptions- iii Reibungscoeffizienten der Gase wechseln.

Das Blut, welches in das oberflächliche Netz der Cutis eingel strömt dorthin aus den Gefässen, welche die Schweissdrüsen u. schlingen, und geht dann in die Hautvenen über. Der Durchme^ seines Bettes in der Cutis ist sehr variabel, wie ohne Messung jei weiss, der die Farbe und Schwellung der Haut im Gedächtniss h Diese Veränderlichkeit ist abhängig von den Muskeln, welche die Cutis (Haarbälge u. s. w.) und in die Wandungen der Gefäs selbst eingelegt sind. lieber die Bewegungen derselben und üi Ursachen siehe pag. III u. f.

2. Die Mittel zur Analyse der Veränderungen welche die i der Haut in Berührung befindliche Luft erfahren hat, sind einf^ die früher schon angegebenen. Schwierigkeiten stellen sich j Untersuchung hier nur beim Auffangen der veränderten Luft | gegen. ^|

Zum Auffangen der durch die Hautathmung veränderten Luft hat man sir"^ dahin folgender Einrichtungen, bedient; a) Lavoisier und Seguin*) zogen üb nackten menschliehen Körper, den Kopf ausgenommen, einen mit flüssigem Kautsol dicht gemachten Taftbeutel. Diese Methode hat wesentliche FeTiler, namentlich '< sie die Temperatur der Haut und den Peuchtigkeitsgrad der Oberhaut; sie stell^ natürlichen DilFussionsbedingungen nicht her für den Wasserdunst, denn der Inha^i Beutels wird nahebei mit Wasser gesättigt sein, und ebenso nicht für den 0 und CO2, denn der Gehalt der eingeschlossenen Luft an dem ersteren Gas wird bald germ und der an dem letzteren Gas bald grösser sein, als in der Athmosphäre. Endlich* höchst wahrscheinlich die Schweissbildung eingeleitet; die Verdunstungsproduk$6|;< Schweisses mengen sich somit der Hautausdünstung bei. b) Oerlach**) übe; nur ein mehrere Quadratzoll grosses Hautstück mit feiner gefirnissten Harnblase, luftdicht an der Haut befestigt hatte. Dieses Verfahren trifft die vorigen Ein-

hat jedoch den Vorzug, eine weniger bedeutende Störung in die Gesammtausdünst« •und Sohweissabsonderung einzuführen. Die Ton ihm zur Analyse des gefangö Gases angewendeten Verfahrungsarten gehören nicht gerade zu den fehlerfreiest((n'

1

*) Memoires de rAcademie. 1789. p. 5G7. 1790. p. 601. »») MüUer's Arohiv. 1851. 431.

it

Hautathnieii.

551

4 u a u 1 1 und Reiset*) schlössen die ganzen Thiere , den Kopf ausgenommen, n luftdichten Sack ein,, und leiteten durch denselben einen Luftstrom; diese ode vermeidet zwar die oben gerügten Fehler , setzt dagegen einen neuen an ihre >, indem sie das Thier zu einer fast vollkommenen Ruhe seiner Gliedmaassen r^t. d) Scharling**) bediente sich eines luftdicht schliessenden Kastens, i den ein Luftsrom geführt werden konnte ; der Deckel desselben war von einem »sohouckrohr durchbohrt, das innerhalb des Kastens in eine Maske auslief. Die (6 wurde luftdicht vor das Gesicht der Person gebracht, welche sich behufs der «.-suchung in dem Biunenraum des Kastens aufhielt. Das zu beobachtende Individium e nackt oder bekleidet eingeschlossen. Die Luft, welche das Lungenathmen unter- . wrde also durch das Kautschouckrohr in die Lunge geführt und auf demselben 3, ohne sich mit der Luft des Kastenraumes zu mischen, wieder ausgestossen >s sonst tadelfreie Verfahren erlaubt, nur die CO2 und annähernd den Wasserdunst ■jstimmen; von diesen beiden hat Scharling nur die erstere in Betracht gezogen.

3. Die Veränderungen, welche die mit der Haut in Berührung iimende atmosphärische Luft erfährt, bestehen darin, dass Wärme, iSserdunst, Kohlensäure und Stickgas (?) ihr zugefügt und Sauer- j'gas (?) ihi" entzogen wird.

Die Wärmemenge, welche die Oberhaut in der Zeiteinheit durch

i. ung und Strahlung verliert, muss nach bekannten Grundsätzen

mehren, a) wenn die Temperatur der Cutis steigt; Dieses ge- teht bei Annahme einer constanten Temperatur des Blutes mit

Ausdehnung der Gefässe und der Geschwindigkeit des Blut- nmes ; b) mit der abnehmenden Dicke der Epidermis, welche,

ein schlechter Wärmeleiter, dem Durchgange der Blutwärme

ii. n um so grösseren Widerstand entgegensetzt, je stärker die ilcht ist, die über den Gefässen liegt ; c) mit der Temperatur- ledrigung der die Epidermis umgebenden Luft, und darum )'a mit dem Luftwechsel. Denn die Luft, als ein schlechter rrmeleiter, würde, wenn sie ruhig auf der Oberhaut läge, ähnlich

Epidermis wirken.

Die Menge des Wasserdunstes, welche in der Zeiteinheit aus ' Oberhaut tritt, wu-d sich mehren a) mit der relativen Sättigung Atmosphäre durch Wasserdampf; im Allgemeinen verlieren wir diesem Grunde diu-ch die Haut mehr Wasser im Sommer, als \Wintei-; b) mit dem Luftwechsel, indem dieser die schon i Sättigungspunkte näher stehende Luft durch andere weniger iättigte ersetzt; c) mit dem abnehmenden Barometerstand, lem ein niedriger Luftdruck die Dampf bildung beschleunigt;

•) Aitnalcfl ile chimic. XXVI. bOr>.

Journal fUr praktische Chemie. 36. Bd. 454.

552

Hautathmcn.

d) mit der Ausbreitung des Blutstromef=! in der Cutis, indem hierv die Feuchtigkeit und der Temperaturgrad der Oberhaut abhängt;

e) mit der abnehmenden Dicke der Oberhaut, weil dieselbe Durchgange der Feuchtigkeit, wekhe auf ihrer Oberfläche die D form annehmen soll, einen Widerstand entgegensetzt.

Eine experimentelle Prüfung der theoretischen Forderungen noch nicht unternommen worden, da alle die zahlreichen Versu die bis dahin über Wasserverdunstung durch die Haut anges' wurden, auch zugleich die Schweissbildung berücksichtigt hal) Jedenfalls ist der Wasserverlust, den der menschliche Körper diesem Wege erleidet, beträchtlich.

Die in der Zeiteinheit, z. B. in der Stunde, von der Haut untersuchten Thiere gelieferte COsmenge fanden Regnault Reiset, im Vergleich zu der während derselben Zeit aus Lunge ausgehauchten, gering und zugleich bei demselben TM das sich scheinbar unter denselben Verhältnissen befand, wechse" sie sind darum geneigt, die Annahme zu machen, dass in d Fällen, in welchen der CO?gehalt der Luft in den oben beschrieben Säcken reichlicher als gewöhnlich ausfiel, zugleich durch den. eine Entleerung dieses Gases stattgefunden habe. Scharling Untersuchungen am Menschen stimmen annähernd mit den vor' genannten, was das Verhältniss zwischen dem Verlust der 0 durch Lungen und Haut anlangt. Wird der COiverlust aus Lunge zu 1 gesetzt, so schwankt der aus der Haiit zwischen 0,0 und 0,03L Die höheren Zahlen beobachtete er bei Erwachse die niederen bei Kindern. Wir geben hier die absoluten We welche er für 1 Stunde gefunden hat; sie beziehen sich auf ' selben Menschen, die in der Tabelle p. 529 erwähnt sind; sie auch hier in dieselbe Reihenfolge gestellt: Knabe (9'V4 J.) = 0,1811 Jüngling (U J.) = 0,181 Gr.; Mann (28 J.) = 0,373 Gr.; Mädch (10 J.) =0,124 Gr.; Frau (19 J.) = 0,272 Gr.; Ger lach;" obachtete dagegen, wie es scheint, an Menschen eine reichlicli C02ausscheidung; diese soll sich mehren mit der Muskelanstreng und der steigenden Temperatur der Atmosphäre; die letztere Anual wird theoretischerseits darum wahrscheinlich, weil zu der bezeichne Zeit die Gefässe der Cutis angefüllter sind, als in der Kälte.

lieber das Verhalten des Ngases befinden wir uns noch vollkommen im Unkl Collard deMartigny*) giebt an, dass nach Fleischkost Ngas ausgehaucht werde

*) Wagner's Handwörterbuch. U. I3U. Artikel Haut von Krause, p. 141.

Gesainmtgaswechsol.

553

Die Aufnahme von Sauersto%as durch die Haut ist zwar letisch wahrscheinlich, aber durch den Versuch noch nicht voU- iimen erwiesen. Die Beobachtungen von Regnault und Reiset i a einen Zweifel tibrig, weil sie nicht die absolute Menge des erstoffs, der durch den Sack gegangen war, bestimmten, sondern sein Verhältuiss zur CO2 und dem Ngas. Sie fanden nun die t .so beschaiFen, dass, wenn man annahm, es sei ihr Stickstoff- ;ilt durch das Hautathmen nicht verändert worden, gerade so Sauerstoff verschwunden war, als sich hiervon in der ausge- i.chten CO2 wiederfand. Diese Annahme ist aber durch Nichts yiesen. Entscheidender würden die Versuche von Ger lach für jSauerstoflFabsorption sprechen, wenn uns die Fehlergrenzen seiner libachtungsmethode besser bekannt wären. Er fand nemlich den derstofi" im Verhältniss zum Stickstoff so beträchtlich vermindert, SS eine ganz ausserordentliche Stickstoflfaushauchung hätte statt- « en müssen , wenn kein Sauerstoff aus der mit der Haut in Be- rrung gewesenen Luft verschwunden wäre. In allen seinen Ver- ihen war das Volum des aufgenommenen Sauerstoffs, gerade r^egen gesetzt dem Verhalten in der Lungenluft, viel geringer, als der ausgeschiedenen CO2. Die verschwundene Menge wuchs Ih hier mit der Temperatur der Luft und der Muskelanstrengung Thieres.

4. Der absolute*) "Werth des Gewichtsverlustes, den wir den [; über durch die Hautausdünstung erleiden, ist noch niemals für Ii gemessen worden, sondern immer gemeinsam mit dem durch

etwa dazmschen eintretende Schweissbildung veranlassten. Da

diese letztere noch viel variabler ist als die erstere, so lässt 1 durchaus nichts allgemein Giltiges sagen. Ziehen wir aber

vorliegenden Untersuchungeü in Betracht, so ergiebt sich, dass

mittlerer Lebensart und Temperatur das Gesammtge wicht des iiichen Verlustes durch die Haut um den Werth von 500 800 Gr. wankt. Offenbar ist dieser Verlust vorzugsweise durch die Wasser- idünstung bedingt, wie die vorstehenden Bemerkungen überC02aus- "eidung deutlich zeigen.

C. Gesammtgaswechsel des thierischen Körpers.

Die Bindung und Ausscheidung von Luft auf Haut, Lunge und 'Tnkanal stehen in mannigfachen Beziehungen zu einander, so dass •sich theilweise gleichzeitig steigera, theils aber auch ergänzen,

•) KraiiKo in Wagner'» Handwörterbuch. II. Bd. p. 180.

554

Qosammtgaswechsel.

indem mit dem Sinken der Athmung auf einer der bezeichnet« Flächen diejenige auf einer anderen im Wachsthum begriffen Da eine theoretische Feststellung dieses Zusammenhanges vored noch unmöglich ist, so sind die Versuche, welche sich über Gesammtaustauscli der Gase erstrecken, einzig und allein Haltpunkt.

Die Methoden, mit denen die Ausscheidung und Bindung der Gase durcblj Thier untersucht wurde , sind im Prinzip zwei wesentlich verschiedene ; die eine f| ihnen bestimmt alle oder einzelne der aufgenommenen Gasarten geradezu, während^j andere sie aus dem Gewichtsunterschiede der festen und flüssigen Bestandtheile Nahrungs- und Ausscheidungsstoffe ableitet. t. Die direkten Wege sind nun selbst wieder verschiedene.

a) Berthollet*) führt die zu beobachtenden Thiers in ein genau gemess« Luftvolum von bekanntem Druck, bekannter Temperatur und Zusammensetzung ein lässt sie in demselben so lange verweilen , bis sich die Zeichen der beginnenden stickung einstellen; er bestimmt dann von Neuem Temperatur, Druck und Zusammel Setzung der Luft, in welcher die Thiere enthalten waren. Auf diese Weise erhält die absolute Menge der ausgeschiedenen und eingenommenen permanenten Gasat Das Schema des Apparates, den er hierzu anwendet, ist in Fig. 67 gegeben. A ist

Fig. 67. luftdichte Kasten von bekanntem Kauminhalt, a i

Quecksilber - Manometer , das den Unterschied A Druckes in der Atmosphäre und den Inhalt d| Kastens angiebt, b ein Thermometer, welches Temperatur der Luft im geschlossenen Baume n]il| Ist nun der Rauminhalt des Behälters bekannt,' kann man jederzeit die Menge von Luft berech welche er enthält, vorausgesetzt, dass man barometrischen Druck , unter dem sich diese befindet, und den Temperaturgrad derselben keii Ist somit das Gesammtgewicht der Luft festgesti so genügt es, einen kleinen Antbeil des Inhaltes'! analysiren, um das absolute Gewicht jeder ein^eli Gasart in dem Gemenge zu finden, indem aus: gefundenen prozentischen Zusammensetzung die ganzen Gemenges berechnet werden kann. Dil sinnreiche Apparat erlaubt aber nur beschränkte '5 Wendung , da die eingeschlossenen Thiere sehr bal' statt in reiner Luft, in einem Gasgemische athmen, das reich au CO2 und arm .i Sauerstoff ist, wodurch die natürlichen Bedingungen der Athmung wesentlich umg' staltet' werden. Dieser Einrichtung hat sich ausser Berthollet auch not Legallois**) bedient.

b) Kegnault und Reiset***) haben den eben beschriebenen Apparat wesentlif! dadurch verbessert, dass sie mit dem Kasten eine Einrichtung in Verbindung bringe'^^

•) Schweigger, Journal für Chemie und Physilt. I. Bd. 173. **) Annales de chimie et physique. IV. Bd. (1817). 1 u. 113. ***) Annalcs de ohimie et physique. 20. Bd. (1849). 310.

Gesammtgaswochsel.

555

i' es möglich mactt, dass die in jedem Augenblicke gebildete COj absorbirt und Ii das entsprechende Volum von Sauerstoffgas ersetzt wird, so dass der Druck und ;sammensetzung der Luft innerhalb und ausserhalb des Behälters sich nahezu un- icrt erhält. Ihr Apparat (Fig. 68) ist aus folgenden Theilen zusammengesetzt:

Fig. 68.

I teilt ein Wassergefäss Tor, dass durch die Eöhre aa in den Ballon B mündet, •her bei Beginn des Versuchs mit Sauerstoffgas gefüllt ist; dieser steht durch die rre bb va. Verbindung mit dem Behälter C, der das athmende Thier aufnimmt. In fän Raum öffnen sich das Manometer cc und die zwei Schläuche dd und ee, welche i ;ere in zwei mit Kalilösung gefüllte Ballons D und E eintreten. Die zuletzt erwähnten .gefässe können mittelst eines Uhrwerkes in eine Bewegung gebracht werden, bei das eine von beiden jedesmal aufsteigt, wenn das andere niedergeht. Da beide ::!h die Eöhre // communiziren, so entleert sich der flüssige Inhalt des aufsteigenden Uas absteigende Gefäss, und dafür entleert das letztere seine Luft in den Behälter C, :rend das erstere sich aus diesem mit Luft füllt. Diese Wegnahme resp. Einfüllung Luft aus den Kalif ässen geschieht nun aber wegen der Aufstellung der Eöhren ee dd abwechselnd aus den oberen und den unteren Schichten des Athmungsb ehälters. 36 Weise zu beobachten lässt nichts zu wünschen übrig, und da ihre Erfinder zu- ■ch zur Bestimmung der Gasarten vollendete analytische Hilfsmittel in Anwendung ^htcn , so besitzen unzweifelhaft ihre Beobachtungen das TJebergewicht über alle sren. Ein ähnliches Prinzip hat Marchand*) bei einem Theile seiner Versuche mtzt; es ist aber in seiner Ausführung nicht zu der erreichbaren Vollkommenheit 'iehen.

c) Das Verfahren von Scharling**) endlich beabsichtigt nicht alle, sondern nur ".eine Veränderungen, welche die Luft durch das Athmen erfährt, und insbesondere . gebildete COj zu bestimmen. Er führt seine Beobachtungsobjekte in den luftdicht

•) Journal flir praktische Chemie. 44. Bd. 1.

••) Lleblg'g Annalen. 45. Bd. 214, und Journal fllr praljt. Chemie. 48. Bd. 489.

556

Gosaramtgaswechsol.

Bchliossenden Kasten A (Fig. 69) und leitet durch diesen einen kohlensäurefrei Luftstrom , der bei a in und bei b aus dem Kasten dringt. Die aus der Atmosphi kommende Luft geht, bevor sie in den Kasten gelangt, durch einen mit Kali gefüllt Kugelapparat von Liebig k. Aus der andern bei b befindlichen OeiFnung führte

Fig. 69.

f

Rohr dm-eh mancherlei Zwischenstücke in ein grosses mit Wasser gefülltes Fass (J dessen Inhalt aus der mit einem Ilahnc versehenen Oeffnung g in beliebig rasehf Strome gelassen werden kann. Der Luftstrom , der durch das Kohr b f von dem au fliessenden Wasser angesaugt hindurchging, musstc zuerst einen gebogenen Abschnitt der mit SO;i und Bimsteinstücken gefüllt war, dann einen Liebig'schen Kugelap parat und darauf abermals ein Schwefelsäurerohr e durchlaufen. Die Gewichtszunahme, welc! die Stücke d und e während des Versuches erfahren , rührt von der beim Athmen g' bildeten CO2 her. Diese Methode ist mit geringen Abweichungen von Letellier*: Lehmann**), Erlach***), Philippif) u. A. in Anwendung gebracht. J 2. Die indirekte Methode zur Ermittelung der Gesaramtmenge der AthmuM Produkte hat B o u s s in g aul t ft) und nach ihm Barralftt)!' Scharling ^^) u^B benutzt. Sie besteht darin, dass man einmal ermittelt, frie viel N, C, H wähiffl eines Tages in der Nahrung aufgenommen und ebenso bestimmt, wie viel derselben« der nemlichen Zeit durch den Harn und Koth- entleert wurde. Unter der Voraussetznffl dass zu Beginn und Ende der Beobachtungszeit der thierische Körper dieselbe qnÄ titativB und qualitative Zusammensetzung besitzt, und dass kein Verlust an Speiohw Hautabschuppung, Härung u. dergl. vor sich gegangen , giebt der Unterschied zwisohfi den aufgenommenen und entleerten Gewichten an N, 0, H geradezu die gasförmigSi

») Aiinales de chimie et physiqiie. XII. Bd. (1845) 478. Ij

**) Abhandlungen der K. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften für 1846. 461. Hf

«•») Versuche über Respiration einiger mit Lungen atlmiender Wirbclthicre. Bern 1846. H

t) Vfilentin's Jahresbericht über Physiologie für 184.5. 222. V

tt) Annales de chimie et physique X. (1844) 456. Wk

ttt) .Statique chimique des animnux. Paris 1850. 230. Journal für prakt. Chemie. 4S. Bd. IT^

S) Journal fiir prakt. Chemie. .16. Bd.

Gosammtgaswechsol.

557

oliiedenen Gewichte der bezeichneten Stoffe. Es sind die hierbei angenommenen -Setzungen nicht in allen bisher angestellten Versuchen erwiesen. Wenn sie somit len erwecken sollen, so müsste wenigstens die empirische Anwendbarkeit vor- Jathivch festgestellt werden, dass man einige Zeit hindurch gleichzeitig feste, und luftförmige Ausleerungen der beobachteten Individuen bestimmte, um zu u, ob ihre Summe und atoniistischo Qualität gleich ist derjenigen der Nahrung.

Aus den Versuchen über Gesammtaussclieidung der Gase ev- I) sich:

1. Aus dem thierischen Körper wird Kohlensäure, Wasserstoff, gewöhnlicli auch Stickstoff nnd gasförmiger Kohlenwasserstoff

jgestossen; die Ausscheidung des Kohlenwasserstoffs geschieht ihrscheinlich aus dem Darmkanal; sie ist zugleich meist so un- ileutend, dass sie vernachlässigt werden kann.

Schwefelwasserstoff, obwohl wahrscheinlich vorhanden, ist bis jetzt noch nicht '.•efunden. Die Ausscheidung von Ammoniak ist behauptet (Marchand) und be- •;ten (Eegnanlt, Keuling).

2. Die Qualität und Quantität der ausgehauchten und aufge- uunenen Gase steht in innigster Beziehung zur Nahrung. Stick- iff wird in beträchtlichster Menge nach reiner Fleisch diät, in geringer imge nach dem Genüsse von Brod ausgestossen ; dieses Gas wii'd da-

■n aus der Atmosphäre während des Hungerns aufgenommen. ßer gesammten Menge des aufgenommenen Sauerstoffs ist nach »dnahrung bis zu 0,9, nach Fleischnahrung und Hungern bis zu 0,7 ö nach sehi' fetthaltiger Nahrung 0,6 in der ausgeschiedenen CO2 üder enthalten. Diese Thatsachen erlauben die Ableitung, dass ein 'sser Theil der aufgenommenen Nahrung alsbald dem Oxydations- iizesse verfalle, dessen Endprodukte auch wieder ausgeschieden rrden. Der Theil des aufgenommenen Sauerstoffs, welcher sich er den Auswürflingen nicht wieder mit Kohlensäure vereinigt findet, natürlich verwendet worden zur Herstellung anderer Verbindungen, tter der obigen Voraussetzung muss aber dieser letztere Antheil des •zehrten Sauerstoffs nach fettreichen Mahlzeiten grösser als nach "idreichen sein, wie schon auf S. 471 erörtert v^urde.

3. Eücksichtlich der Beziehung zwischen Athmung und Körper- mcht ist thatsächlich festgestellt, dass bei zureichender Nahrung Ii sonst gleichen Umständen die Menge des eingeathmeten Sauer- ilffs (Regnault, Reiset) und der ausgenthmeten CO2 dem rrpergewicht nicht genau proportional steigt. Namentlich bilden bhtere Säugethiere im Verhältniss zu ihrem Körpergewicht viel »hr CO2, als schwerere und grössere (Erlach). Diese Thatsache laubt zwei Erklärungen: entweder enthalten kleine Thiere ver-

558

Gesammtgaswochsol.

liiiltnissmässig mehr Gewebe, die der raschen Oxydation anhein fallen, oder es sind bei ihnen Einrichtungen vorhanden, verraög deren die Verbrennung rascher vor sich geht. Fraglich ist es noe) ob diese Erfahrung auf Menschen von verschiedener Grösse ^ wendbar ist.

4. Anstrengungen der Muskeln steigern sehr rasch die geliefert Menge der CO2 und zwar so bedeutend, dass sie mehr als das Filn fache des gewöhnlichen Mittelwerthes betragen kann (Scharling Hirn).

5. Die Unterdrückung der Hautausdünstung, wie sie dadurc erzeugt wird, dass man die Thiere mit Leim oder einem LeinJ firniss Uberzieht, bringt nach Regnault und Reiset keine med merkliche Störung in das Resultat des Gesammtgasaustauschei Namentlich mindert sich hierdurch weder die Menge des ausgü schiedenen Stickstoffs, noch die des aufgenommenen Sauerstofl und eben so wenig ändert sich das Verhältniss dieses letzteren t der ausgestossenen CO2. ,

Dieses Ergobniss deutet darauf hin, dass der Tod, den man nach Anwendmi eines luftdichten Verschlusses der Haut eintreten sah, ganz anderen Gründen als di Störung des Wechsels der permanenten Gase zuzuschreiben ist, siehe Gerla Valentin, Gl. Bernard*). ^

(3. Wenn man Fröschen grosse Blutverluste beibringt oder ihm die Leber ausschneidet, so geben sie weniger CO2 in der Zeiteinhi aus, als vorher. Nach der letzteren Operation soll der Ausfall gross sein, als dass. er allein aus dem Blutverluste abgeleitet werd könnte (Moleschott)**).

7. Bei normalem Gehalte der Luft an Stickstoff und Sauers soll die Menge der gelieferten CO2 wechseln mit ihrem Tempera und Feuchtigkeitsgrade und dem Barometerstande.

a) Nach Letellier liefern dieselben Thiere bei 0" C no einmal so viel CO2, als bei 30" C; sie dunsten dagegen in höhei Temperaturen mehr Wasser aus. Dieser Wasserverlust nimmt längerem Aufenthalte in der höheren Temperatur rasch ab und reicht endlich nach mehreren Stunden einen constanten Werth.

b) Nach Lehmann mehrt sich die Menge der ausgeschiedellj CO2 mit der steigenden Feuchtigkeit der Luft.

•) Gerlach, MUller's Archiv. 1841. p.467.— Valentin'» Archiv f. phys. Heilkunde 18(|i Gl. Bernard, Le?on8 sur les liquides. 1. Bd. 277. ' *») MUUor'B Archiv. lSb9, und Wiener mediz. Wochenschrift. 1868. 102.

Qcsaramtgaswochsel.

559

c) Mit dem steigenden Barometerstande soll sich nach Lehmann ! Menge der ausgestossenen CO2 mehren ; ihm steht die Versuchs- ihe von Legallois entgegen, wonach bei abnehmendem Luftdruck :3r auf eine Zunahme als auf eine Abnahme der Kohlensäureaus- ieidung zu schliessen wäre.

8. Bei einem längeren, nahezu 24 stündigen Aufenthalt der Biigethiere jn einer Luft, deren Zusammensetzung von der atmo- uärischen abweicht, ergeben sich aus den Regnault-Reiset'schen rrsuchen :

a) In einer Luft von der prozentischen Zusammensetzung CO2 3^01; 0 = 17,42; N= 79,57 nahm in der Zeiteinheit ein Hund

ihr 0 auf und hauchte mehr CO2 aus, als in einer gleich tem- rirten Liift von der Zusammensetzung CO2 = 0,77; 0 == 17,70; == 81,53. Die Beobachtung, dass dasselbe auf gleiche Weise nitterte Thier in einer Luft von demselben 0- und grösseren >)-Gehalt mehr 0 aufnahm und mehr CO2 abgab, zeigt in Ver- «dung mit andern Erfahrungen, dass die wesentliche Ursache der Höhten Ausscheidung von CO2 in einer grössern Lebhaftigkeit jjj^ Bildung gelegen ist.

b) In einer Atmosphäre, deren prozentische Zusammensetzung m Beginn bis ^u Ende des Versuches zwischen COj = 1,66, -= 59;75, N = 38,59 und CO2 = 1,89, 0 = 57,62, N = 40,19 ichselte, hauchte das zu den vorigen Versuchen benutzte und in ;icher Weise gefütterte Thier nicht mehr N aus und nahm nicht ihr 0 auf, als in einer Luft von nahebei normaler Zusammen- .zung.

Benierkenswerthe Versuche mit einer Atraospliäre , deren Stickstoff zum grössten iil durch Wasserstoff ersetzt war, siehe bei llegnault und Eeiset, I.e. p. 500.

Warmblüter (Mäuse und Vögel) geben im grünen und rothcn Licht gleichviel COj Frösche dagegen im grünen bis zur Hälfte mehr als im rothen; zieht man ihnen die iit ab, so geben sie mehr im rothen als im grünen Licht. Der Einfluss der Licht- ün macht sich auch auf ausgeschlachtetes Fleisch, das noch nicht todtonstarr ist, ;end (Beclard)*).

Die Angaben, welche aus der Anwendung der indirekten Methode «ssen, sind nachzusehen in dem Abschnitte, der von der Vergleichung ■r Ausgaben und Einnahmen des thierischen Körpers handelt.

•) Compt. rend. 46. Bd. 441.

560

Umsetzung des Blutes innerhalb der Gefdsse.

L'iusetziuig des Blutes innerhalb der Gefässe.

Am Schlüsse eines Abschnittes, der vorzugsweise von den U: Setzungen der Atome des Blutes handelt, nachdem diese die Gefäi höhlen verlassen haben, erscheint es nicht un])assend, darauf eins gehen, ob das Blut auch innerhalb der Getassröhren eine Umsetze erfahre. Für die Möglichkeit einer solchen spricht zuerst die 2 sammensetzung des Blutes aus Verbindungen, die bei der Temperat des thierischen Körpers durch den Sauerstoff so leicht umgese werden, und dann die zahlreiche Berührung mit verschieden geeige schafteten Flüssigkeiten, aus denen das Blut Stoffe aufnimmt theils zu einander und theils zu den ursprünglichen Blutbestai theilen lebhafte Verwandtschaft zeigen, theils gährun gerzeugend und theils gährend sind. Dazu kommt, dass in der Blutflüssigk ein eigenthümliches Gewebe, die Blutkörperchen, schwimmt, welch von spezifischer Zusammensetzung auch eine von der desBlutplasm abweichende Umsetzung darbieten muss. Nach dieser Einleitung man erstaunt, zu erfahren, dass sich die Beweise für das thatsäc liehe Bestehen der Umsetzung des Blutes nur sparsam auffin lassen, und dass die Art des chemischen Vorganges in ein vq! kommenes Dunkel gehüllt ist.

Mit Gewissheit darf man behaupten, dass ausser den änderungen, welche bei der Athmung in der Lunge vor sich geh die Lymph- und Blutkörperchen umgeformt und vielleicht auch u .Blut zerstört werden. Ohne diese Annahme würde es unverständig sein, warum sich die beiden Formbestandtheile bei stetiger N( bildung und Zufuhr nicht ins Unendhche im Blute anhäufen, da doch nicht als solche aus dem Blutstrome austreten können, lange die Gefässwandungen unverletzt sind. Ebenso deutlich w^ auf einen chemischen Vorgang im Blute das Flüssigbleiben di Faserstoffs hin und wahrscheinlich wird im Blute die Hippursä aus ihren nähern Bestandtheilen zusammengestellt.

•) Buhl, Henle's und Pfeufei's Zeltschrift. N. F. VI. Bd. p. 100.

Blutbildung.

561

III. Blutbüdung.

Das Blut ergiesst in den Binnenraura des Körpers, in dessen lilen und Gewebe fortwährend Atome, durch welche der chemische ssatz in den letzteren bestritten wird, und aus ihm gehen auch

Stoffe hervor, welche die aus werfenden -Drüsen im Gange er- cen. Diese Erscheinungsreihe setzt nothwendig voraus, dass

Atome, welche in die Gewebe und die geschlossenen Höhlen gesendet waren, wieder zum Blut zurückkehren, damit ihre «Scheidung auf Haut, Lunge und Niere möglich sei, und ferner, ?3 von aussen her wägbare Stoffe in den Körper eingeführt Vierden, iche den Verlust decken, den das Blut als Gewebsernährer er- ret. Naturgemäss zerfällt also die Lehre von der Blutbildung in

Darstellung des Rückstroms aus den Geweben (Resorptio) und Ilie Aufnahme und Verdauung der Speisen (Nutritio).

Aufsaugung aus den Geweben.

Einleitung. Der Strom ,. welcher aus den Geweben in das Blut iickgeht, muss, wenn auch sein Umfang und seine mittlere Ge- windigkeit nur unvollkommen bekannt sind, jedenfalls als ein Ihtiger angesprochen werden, der im Körper des erwachsenen •sehen täglich nach Kilogi-ammen zu schätzen ist. Diese Masse, :ihe weitaus die Ausscheidungen in den auswerfenden Werkzeugen rrtrifft, macht es von vorne herein begreiflich, dass der Rück- m nicht allein die Umsetzungsprodukte der Gewebe und der •'^ebsflüssigkeiten führen kann. Die chemische Untersuchung, so ; ^e vorgenommen, bestätigt dieses, indem sie nicht allein er- men läs8t,'dass in dem aus den Geweben wieder aufgesogenen iHingsgemenge die wesentlichen Blutbestandtheile in unveränderter isnschaft enthalten sind, sondern noch mehr, dass die Menge eer letzteren unvergleichlich viel bedeutender ist, als diejenige

wirklichen Umsetzungsprodukte erster oder zweiter Ordnung.

diesen Erfahrungen erwächst uns also die Ueberzeugung, dass dem Blute viel mehr austritt, als nothwendig wäre zum ein- ten Ersatz der Zerstöningen , welche durch das Leben in den jen und flüssigen Organbestandthcilen angebracht sind, und dass mach der grösste Theil der ausgeschiedenen Stoffe auch wieder «rändert in das Blut zurückkehrt. So besteht also ein innerer

u d w 1 g , Physiologie II. 2. Auflage. 36

562

Aufsaugung aus don Geweben.

Kreislauf der ernährenden Flüssigkeiten, welchen Bidder ui Schmidt im Gegensatz zu Stoffbewegungen aus den Speisen das Blut und aus diesem in die sogenannten letzten Wege (Lun^ Niere, Haut) als intermediären Kreislauf bezeichnet hab

Die erste Bedingung zur Einleitung dieses inneren Kreislauf ist also die reichliche Absonderung aus dem Blute in die Gewe* und die Körperhöhlen. Diese letztere würde ein unbegi-eiflich Faktum sein, wenn die Blutflüssigkeit in den Geweben nur du die Anziehung dieser letzteren befördert würde ; da wir aber in d vorstehenden Abschnitte kaum Spuren einer solchen Beziehung gefunden, da wir im Gegentheil bemerkt haben, dass andere gemeiner wirkende Ursachen die Säftebewegung aus dem Blute un' halten, so kann uns in der That die Erscheinung nichts Befr dendes bieten, so lange sich die Betrachtung nur an die groben Tj risse hält. Das Blut, welches in den Gefässen enthalten ist, stre wie wir wissen, durch die porösen Wandungen hindurch sei\ Drack und seine chemische Zusammensetzung auszugleichen mit d' ausserhalb der Gefässe liegenden Flüssigkeiten. Mehrt sich al z. B. noch der Gefässinhalt, so wird die mittlere Spannung in de selben wachsen, und sogleich wird ein Theil desselben in die G webe, dur^h Filtrationsdruck getrieben, austreten. Derselbe ErfOi wird zum Vorschein kommen, wenn sich mit der Verdauung, der vermehrten Ausscheidung durch Niere, Lunge und Haut, A Zusammensetzung des Blutes ändert, oder auch, wenn die ehemis " Anordnung der Gewebsflüssigkeiten nach gesteigertem Umsatz ä selben eine Aenderung erfährt. Denn dann werden die Diflfusio ströme lebhafter von statten gehen. Dazu kommen nun aber n* Absonderungen in Folge gesteigerter Nervenerregung, ' welche u. nachweislich in Drüsen bestehen, die ihre Säfte in zeitweise g schlossene Höhlen ergiessen. Diese Einrichtungen müssen mm t den vorHegenden Veränderungen in den Zuständen ebensowohl m Flüssigkeiten diesseits und jenseits der Gefässwand, als auchp denen dieser letzteren selbst, einen reichlichen Flüssigkeitsergfl veranlassen. i'

Unsere nächste Aufgabe stellt sich nun dahin, nachzusehö auf welchen Wegen und dui ch welche Mittel die ergossenen Mass» wieder in das Blut zurückkehren. Die Erfahrung lehrt, dass dieSö auf zweierlei Weise geschehe, einmal durch Diffusion (und tration?) in die Blutgefässe selbst und dann durch Aufnahme il die Lymphgefässe.

Aufsaugung von den Blutgefässen.

563

Aufsaugung- von den Blutgefässen.

1. Die Erfahrungen, die wir über die Eigenschaften des Bluts, nr Gewebesäfte und der Gefässhaut besitzen, nöthigen uns zu der iinahme, dass durch die letzteren hindurch ein ununterbrochener rffusionsstrom stattfinde, denn die beiden wässrigen Lösungen, das Bit und der Gewebesaftes sind von verschiedener chemischer Zu- ranmensetzung und eine Ausgleichung dieses Unterschiedes ist nicht ijglich, weil einerseits das Blut sich fortlaufend in den Nieren rei- ^t, aus den Speisen erneuert und alle Gewebe im raschen, keine isit zur Ausgleichung gönnenden Strom durchsetzt, und ander- its weil in den Gewebesäften fortwährend neue Stoffe entstehen, 3 dem Blut nur spärlich oder gar nicht eigen sind; endlich aber i'id die Gefässhäute durchgängig für Wasser und für die in dem nie und- den Gewebesäften aufgelösten festen Bestandtheile.

Der physiologische Versuch hat das, was die Theorie voraussagte, insofern be- :tigt, als er darthut, dass viele flüssige Stoffe in der Kichtung vom Gewebe zum i it durch die Wand der grössern und kleinern Gefässe diffundiren , welche sich in cutis, dem Bindegewebe u. s. w. verbreiten.

Die Versuche*) von Prochaska, Mag'endie, Mayer, Westrumb, Sega- ■i, Emmert, Gmelin und Tiedemann u. Ä., welche sich das oben bezeichnete 11 steckten, mussten nachweisen, dass die aufgesaugten Stoffe wirklich in das Blut ge- igt waren, und dass sie ihren Weg dorthin auch durch die Gefässwandung genommen :ten. Man licss darum Stoffe resorbiren, welche, wie z. B. Blutlaugensalz und Farb- i'ffe leicht als solche nachweisbar waren, oder Gifte, die ihre Anwesenheit im Blute

•ch physiologische Reaktionen sichtbar machten. Die Gewissheit , dass die Auf- 1 irae nur durch die Gefässe hindurch geschehen sei , verschaffte man sich auf ver- ; iedene Art. Entweder man legte ein längeres Stück eines grösseren Gefässes voU- inmen frei, settte in das obere und untere durchschnittene Ende desselben einSohr,

dass das isolirte Gefassstück mit dem übrigen Gefässsysteme nur in Verbindung :ad durch diese Röhren, und brachte nun unter dasselbe eine isolirende Metall- oder

pierrinne, in welche man die aufzusaugende Lösung einfüllte (Magen die). Oder rn stellte zuerst fest, ob von einer bestimmten Körperstelle aus, z.B. von der Darm-

irfläche, der Haut u. s. w. die Aufsaugung eines bestimmten Stoffes geschah. Darauf

jderholte man den Versuch nach Unterbindung aller zuführenden Blutgefässe (So- fias) oder aller abführenden Lymphgcfässe (Magen die), oder nach Unterbindung

ductus thoracicus, oder nach Durchschneidung aller Verbindungen eines Gliedes mit

; dem Körper, die grossen Arterien und Venen ausgenommen (Magendie, Kürsch- t). Drittens untersuchte man, einige Zeit nach Beginn der Resorption den In- i.t der Blut- und Lymphgcfässe ; wurde der zur Resorption bestimmte Stoff in den Item aufgefunden und in den letztern vormisst, so durfte man den unmittelbaren

bergang in das Blut annehmen (Flandrin, Tiedemann und Gmelin). Vier-

•) Die ältere Literatur gicbt Hea « in g c r. Noten zu Magondic's l'liyglologle. Elsenach «6, n. 242.

30»

gg^ Blutstockung in Folge der Aufsaugung.

ii

tens ondlich bestimme man die Zeit, -welehe verfloss , bis ein aufgelegtes Gift tödtl« J wirkte, oder im Ham crscliieu. War der Zeitraum sehr kurz, so schloss man ai direkte Ueberführung in das Blut , da der Lymphstrom sich nurschr langsam weit bewegt.

Wichtiger als der einfache Nachweis der Aufsaugung durc die Bhitgefässe würde ein Aufsuchen der Bedingungen sein, wele| jenen Vorgang beschleunigen oder verlangsamen, und die Angabe der im Leben vorkommenden Umstände, durch welche die Au saugung befördert wird.

2. Methodisch angestellte Versuche, die auf die erste der hfi gestellten Aufgaben zielen, giebt es noch nicht, was sich zur (j nüge erklärt, wenn man die ungemessenen Schwierigkeiten bedenk welche die Untersuchung dieses besonderen Falls von Endosmo? mit sich bringt. Wohl aber sind einige Thatsacheu bekannt, die U die Methodik sowohl, wie für die lebendige Aufsaugung wichtig sind*

a. Viele Stoffe bringen, während sie aufgesaugt werden, ii Blutstrom örtliche Veränderungen hervor. Dieses thun zuerst all diejenigen, welche das Eiweiss, das in der Wand und in dem Lume der Gefässe enthalten ist, niederschlagen z. B. Fe Cl, SO3, NO5 u. s. w die entstandenen Gerinnsel können die Lichtung der Gefässe vol kommen verschliessen ; dann hört der Blutstrom und die Resorptio an den mit jenen Stoffen durchtränkten Orten auf. Eine ander Zahl chemischer Verbindungen, die sogenannten reizenden und tt nischen Arzneien, ändern den Elastizitätscoeffizienten und die Muskel der Gefässwand. Je nachdem sie die letzteren zur Zusammenzii hung oder Erschlaffung bringen oder den Elastizitätscoeffizienten ei höhen oder erniedrigen, wird sich das von ihnen durchtränkte Gefäs rohr ausweiten oder zusammenziehen. Damit wird sich aber aucij die aufsaugende Fläche entsprechend ändern. Eine dritte Reih* von Körpern, wie z. B. NaCl, Harnstoff, Zucker u. s. w. bewirke? weder Fällungen des Eiweisses noch merkliche Aenderungen in dcH Gefässdurchmesser und dennoch erzeugen sie eine vollkommew Stockung des Blutlaufs, veranlasst durch eine bedeutende Anhän fung der Blutscheiben in den Capillaren, mit welchen sie in Be rührung waren (H. Weber, Virchow, Schuler, Gunning). Für diese auffallende Erscheinung hat Botkin eine sinnreiche Er- klärung gegeben : die in das Blut eingedrungenen Lösungen ändern

•) H. Weber, Müllers Archiv 1852, 361. B o n e r, die Stase ; Würzburger Dissertation 1856.— Gunning, Archiv für holl. Beiträge 1. 805. Kaupp Arohiv für physiol. Heilkunde 1865. 146.— Köhler, Virchow's Archiv 14. Bd. 401. Botkin. ibid. 15 Bd. 173.

Aendenmg der Aufsaugung durch die Blutfülle.

565

nrt die Form, Glätte und Elastizität der Blntscheiben, sodass die- Iben nicht -onehr durch die Capillaren schlüpfen können, sondern ■eils an vorspringenden WandstUcken und theils aneinander hän- cn bleiben. Für diese Annahme spricht ausser 'der schon ange- iirten Häufung der Blutscheiben die Erfahrung, dass nur die in- l'ferenten chemischen Verbindungen das Blut stauen, welche nach- eislich die Gestalt der Blutkörperchen ändern, während andere, ee Borax, phosphorsaures Natron, Alaun weder eine Stockung des roras, noch eine merkliche Gestaltsänderung der Blutscheiben er- lagen; ferner, dass ein paar Tröpfchen Wasser, die auf das Ge- !ss mit der stockenden Blutsäule gebracht werden, den Strom Ecder einzuleiten vennögen, offenbar darum, weil sie das form- rrändeiTide Salz auswaschen.

b. Kaupp und Vier or dt legten das Bindegewebe unter der (ckenhaut bei verschiedenen Kaninchen in möglichst gleicher Aus- ihnung bloss und brachten in die Wunde immer gleiche Mengen hier verdünnten, langsam wirkenden Strychninlösung ; sie sahen, 5SS der Tetanus um so früher eintrat, je geringer das Gewicht rr vergifteten Thiere war. Darauf unternahmen sie eine zweite rrsuchsreihe und zwar rnit Thieren, denen sie Blut abgelassen [tten. Sie sahen nun, dass der Tetanus sowohl wie der Tod iater eintrat, als es der vorhergehenden Versuchsreihe gemäss bei leem Thier gleichen Gewichts hätte erwartet werden können ; das itt äusserte seine Wirkungen um so später, je ergiebiger der Ader- 58 gewesen war. Obwohl die Zeit, welche zwischen der Ankunft B Gifts und dem Eintritt des Tetanus, beziehungsweise des Todes, vstreicht, der Aufsaugungsgeschvnndigkeit nicht proportional sein ran (Kaupp), so macht es diese Versuchsreihe doch sehr wahr- i'ieinlich, dass die blutärmeren Gefässe langsamer aufsaugen als ! blutreicheren.

Magen die brachte ein tödtendes Gift in den Pleurasack und istimmte den Zeitpunkt der Vergiftung an verschiedenen Thieren, men er entweder nur Blut entzogen, oder denen er statt des ent- :genen Blutes eine gleich grosse Menge von Wasser in die Ge- Bse gespritzt , oder denen er ohne vorgängige Blutentziehung viel lasser infundirt hatte. Im ersten Fall trat die Vergiftung früher,

letzteren später ein, als bei den Thieren, deren Getässinhalt zwar

Qualität, nicht aber an Menge verändert war.

Vorausgesetzt, dass die Versuche von Magen die so sorgfältig angestellt waren, die von Kaupp, bietet sich folgender Ausweg zur Hebung des Widerspruchs

566

Welche Stotl'o gehen in der Kogel durch die Gefdsswand?

beider Beobaohtungsreihon. Jede Aendornng der QefäsBräumlichkeit verändert zuni die Wandspannung und damit einerseits die Berührungsfläche zwischen Blut- und lösung, und anderseits die Grösse des Druckunterschiedes zwischen der Umgebung dem Inhalt dos Blutgefässes. Eine Mehrung der ersteren muss selbstverständlich Aufsaugungsgoschwindigkeit erhöhen; ein Steigen des Druckubergewichts von sei des Gefässinhaltes gegen die Giftlösung soll , wie man freilich ohne vollen Beweis nimmt, die Aufsaugungsgeschwindigkeit mindern. Danach würde man zu sagen ha' dass in den Versuchen von K a u p p der verzögernde Einfiuss der verminderten Be rungsfläche über der beschleunigenden des erniedrigten Druckunterschiedes das Ueb gewicht gewonnen habe, während bei Magen die das Gegentheil eingetrolfen.

c. Köhler und Nasse hatten einerseits mit wohlgefüttert und anderseits mit Thieren, die seit 42 Stunden hungerten, gen dieselbe Versuchsreihe angestellt, welche Kaupp und Vieror mit verschieden blutreichen Kaninchen ausführten. Die hungerl den Thiere verfielen in Mittel 48 See. früher in Tetanus und st ben aber in Mittel 13 Minuten später als die gefütterten.

Barry hat gezeigt, dass ein aufsaugbares Gift, das man unter einem wirks"^ Schröpf köpfe auf die Haut bringt, nicht aufgenommen wird. Dieser Versuch so' den Beweis liefern, dass ein grosses Uebergewicht des Blutdruckes über den a"; sphärischen die Aufsaugung hemmen könne. Diese Erklärung ist mit bekannten dosmotischen Erfahrungen im Widerspruch ; er lässt zudem andere Erklärungen , , z. B. die aus der Hemmung des Blutstroms durch den Rand des Schröpfglases zu. ,

3. lieber die Stoffe, welche sich an der regelrechten, gesund Aufsaugung betheiligen und über dem Umfang, der dieser letzte im Wechsel des Lebens zukommt, besitzen wir grösstentheils n Vermuthungen.

Dem Bilde entsprechend, welches wir uns heute von der mischen Zusammensetzung der Gewebesäfte und den endosmotiscli Kräften des Bluts machen, pflegen wir anzunehmen, dass die Eiwe* Stoffe und Fette von der Aufsaugung durch die Blutgefässe aus schlössen sind, während die Abkömmlinge dieser verwickelten A gruppen (S. 217) aufgenommen werden. Die Fette schliesst aus, weil sie in Wasser überhaupt nicht diffundiren und das Eiwe' weil das Blut gemeiniglich viel reicher daran ist, als die Gew, Säfte; so weit wir wissen, gilt dieses jedoch nur für das Albumi so dass gegen die Aufnahme von anderen Modificationen der Eiw,' Stoffe nichts einzuwenden wäre.

Die Abkömmlinge der Eiweissstoffe , deren Bildungsstätte dem Gewebe liegt, gehen nun wohl geradezu in das Blut über, ab sie nehmen nicht allein diesen Weg, sie strömen nachweislich au in die Lymphe über. Demnach würde um so mehr davon unmittelb in das Blut diffundiren , je ergiebiger sich jene Produkte l)i]deu

Aufsaugung durch die Lymphgefässe.

567

weniger von ihnen der Lymphstrom wegführt. Ein weiteres >spinnen dieses Satzes dürfte hier nicht am Platze sein.

Aufsaugung durch die Lymphgefässe.

1. Anatomischer Bau der aufsaugenden Gefässe*). An ihnen - t man drei durch ihren Bau gekennzeichnete Abtheihmgeu, die /.ein, die Drüsen und die Leitungsröhren zu unterscheiden. Die Lymphwurzeln, durch deren Zusammenfluss die ab- den Lymphwege (die sogenannten Lymphgefässe) entstehen, vorzugsweise im Innern der dichtem Gewehe (Häute, Drüsen, kein U.S.W.) gelegen, also da, wo sich auch vorzugsweise die luefässe capillar vertheilen. Genauere Angaben über ihren Bau /en wir nur aus der Darmschleimhaut. Nach Brücke, a Beschreibung Cn. Koopmanns bestätigt, besteht die Grund- -se, das sogenannte Stroma der Dannschleimhaut aus einzelnen, 1 Zwischenräume getrennten Stückchen. Diese Zwischenräume 1 11 die Lymphwurzeln dar. Trägt die Schleimhaut Zotten, so ..in im Innern einer jeden derselben ein oder mehrere Höhlen, centralen Hohlräume, deren Contouren im Allgemeinen mit der itenoberfläche gleichläufig sind. Mit diesem Binnenkanal hängen II die schon erwähnten Lücken zusammen, welche zwischen den ii;tandtheilen des Stroma's der Schleimhaut gelegen sind ; die letz- !3n erstrecken sich also vielfach verzweigt vom Centraikanal aus zur Zotteuoberfläche unmittelbar unter das Epithelium. Um die " 'pten, welche zwischen den Zotten gelegen sind, findet sich in der iileimhaut ein ähnliches Lückenwerk, welches mit dem aus den ;,ten kommenden in Verbindung steht, das sich aber scharf gegen Eigenhaut der Crypte absetzt. Aus diesen noch mit keiner ^ibstständigen Wand versehenen netzförmig verzweigten Höhlun- 11 gehen klappenlose Aeste hervor, welche die Längs- und Quer- sskelschicht der Schleimhaut durchbohren, und im Unter- iileimhautgewebe ein dendritisch verzweigtes, keineswegs mit sehr

'•) Henle, allgemeine Anatomie 1841. 642. Derselbe in seiner und Pfeufcr's Zeitsclir. 3. Reihe.

iöUiker, Handbuch der Gewebelehre. 3. Auflage. 579. Noll.Henle's u. Pfcufer's 'Schrift. IX. Bd. 52. E. Br ticke, Wiener akademische Denkschriften. II. und VI. Bd.

rselbe, Sitzungsbericlite der Wiener Akademie. IX. Bd. 900. n. X. Bd. 27. C. Bruch, '«chrlft fUr wissenscliafti. Zoologie. IV. Bd. 282. Dondcrs, Henle's u. Pfeufor's Zeit-

•ift. N F. rv. Bd. p. 2.32. u. f. Derselbe, Physiologie des Menschen. 2. Aufl. 342.

■1 sauer, Jahresbericht fllr 1850. p. 186. Heidonhain, Moicschott Uutersuclumgen. IV. Bd.

iymbolae ad onatomiani glandulär. Peycri. Breslau 1859. Uyrtl, östr. Zeitschrift für prakt.

Iknnilc 18C0. p. 293. n. 338. His, Zeitschrift fiir wiss. Zoologie. X. Bd. 334. Billroth,

träge zur patholog. Histologie. 1868. 146.

568

Bau clor Lymphwurzeln im Darm.

häufigen Anastomosen versehenes Gefässnetz darstellen. An dies Ort verlaufen die Lymphgefässböhlen in den Bindegewebszügi welche das subraucöse Gewebe darstellen ; die erste Andeutung ei] selbstständigen den Lymphgefässen eignen Haut ist durch ein E] thelium gegeben, welches die Lymphhöhle gegen das Bindegewei abgrenzt; dann kommt es zur Bildung von Klappen, deren An: senheit schon auf eine selbstständige strukturlose Wand schliesBi lässt. Nachdem die Gefässe auch die Muskelhaut des Darms dun brechen haben, tragen sie alle Eigeuthümlichkeiten der Lymp fasse im engern Wortsinn.

Heidenhain, dessen Erfahrungen den oben vorgeführten entgegen sind, glaubt annehmen zu dürfen, dass sich in dem Zo gewebe und namentlich in dem, welches sich zwischen der ceni len Höhle und der Zottenoberfläche erstreckt, ein Röhrennetz ai breitet, das durch die hohlen anastoraosirenden Aeste steraför Zellen gebildet werde. Ausstrahlungen aus diesem Netz münd nach aussen in hohle Fortsätze der Epithelialcylinder , nach inn( wahrscheinlich in die centrale Höhle. Selbstständige Häute hat nicht dargestellt, und zudem widersprechen sich die Befunde ai;f verschiedene Weise hergestellten Präparate. Man kann ai seinen Zeichnungen jedoch schliessen, dass das Zottengewebe ai Stoffen bestehe, die in Chromsäure und Holzessig ungleichmässl quellen und schrumpfen, sodass die Reagentien zur Verdeutlichung handener oder zur Entstehung neuer Höhlen Veranlassung geben.

Meissner und Donders schliessen aus der scharfen A' grenzung, welche die centrale Zottenhöhle gegen ihre Umgebui darbietet, auf Anwesenheit einer strukturlosen Haut, welche Hohlraum der Zotte umgrenzt.

Die Zotten des Vogeldarms enthalten in ihrem centralen Raun ein oder mehre Reihen paralleler, vom Zottengrund gegen die Zo tenspitze aufsteigender Gefässe. Nahe an der freien Oberfläche d( Zotte biegen die zu einem Bündel gehörigen Gefässe ineinander ni und auch auf ihrem Wege durch die Zotte anastomosiren sie. Ai einem jeden dieser Bündel, die also aus der Centraihöhle d( Zotte hervorkommen, dringt ein Gefäss in das Untersehl eimha« gewebe und von dort durch die Mnskelhaut des Darms, wo dasselb die ersten Klappen empfängt. Hyrtl, der diese auf Injektione gestützte Angabe macht, theilt den Gefässen tiberall eine eigne Hai zu, sodass also die in der Zottenhöhle gelegenen Lymphräume schai abgegrenzt sind gegen ein etwa vorhandenes Lückenwerk im jfii

Bau der Lymphwurzeln in der Haut, Lunge etc.

569

igen Schleimhaiitgewebe. Dieser Behauptung würde man bei- , ehten müssen, wenn sich erweisen liess, dass die peripherischen fnungen, welche im Zottenraum vorausgesetzt werden, sich ebenso ht öffnen gegen einen Druck, der von innen nach aussen wirkt, gegen einen solchen von entgegengesetzter Richtung. Ohne können Injektionspräparate für die Controversen nichts ent- eeiden.

An andern nicht zum Darm gehörigen Oertlichkeiten ist von Lympbwurzeln Folgendes bekannt. Werden die Lymphgefässe den Organen her (der Haut, den Drüsen u. s. w.) injizirt, so lüt man das, was man seinem Bau nach für ein unzweifelhaftes inphgefäss ansehen muss, aus einem sehr reichlichen von rela- weiten Rohren gebildeten Netz hervorkommen. Die Zweige '3S Netzes sind scharf begrenzt und daraus vermuthet man, dass > schon mit selbstständigen "Wänden begabt sind; Klappen sind Heu Netzen noch nicht l)eschrieben worden; wären keine vor- iden, so würden jene Präparate mit hoher Wahrscheinlichkeit die tten Enden der Lymphwurzeln darstellen (Haase,Lauth, Foh- inn, Hyrtl).

lUm sich ein tJrtheil über den Bau der Lyniphwurzeln zu verschaffen, sind mehre (oden angewendet. 1. Von der Darmschleimhaut wähll man solche Stücke zm coskopischen Untersuchung aus , die sich während des Lebens mit feinen Fett- (chen gefüllt haben, vermöge einer von der Darmhöhle aus stattfindenden Re- i.ion. Solche Stücke kann man durch einen von Brücke angegebenen Kunstgriff ijsichtig machen. Insofern sie eine natürliche Injektion, und zwar eine solche, die L'der Peripherie her unternommen wurden, darstellen , und insofern die gewonnenen nrate im frischen Znstande mit jeder möglichen Vergrösserung untersucht werden ten, geben sie auch den vollkommensten Aufechluss. Mit der Lymphinjektion man häufig verwechselt eine solche der Blutgefässcapillaren , welche, wie diess vorkommt, mit kleinen kugeligen, dem erstarrton Fett ähnlich sehenden Körper- (Leucinkugeln .') gefüllt sind. Man darf also nur solche Gefässe für Lymphwur- baltcn , welche sich in ein deutliches klappentragendes Lymphgefäss fortsetzen. aine Durchschnitte der frischen und der mit Chromsäure oder Holzessig behandel- nit resobirtem Fett gefüllten Darmschleimhaut hat Heidenhain benutzt, um aus sichtbaren Anordnung der Elementartheile auf die Lymphwurzeln zu schliessen. I die grössern einer Inj ektions wunde zugänglichen Lymphgefässe spritzt man Queck- r (Haase, Lauth) oder künstlich erhärtbare Massen (Hyrtl) ein, und zwar in tRichtung von dem Stamme zu den Wurzeln ; den Widerstand der Klappen über- et man durch einen örtlichen Druck auf die schon angefüllten Lymphstücke. ' die gerissenen Maschen des Bindegewebes hat man Quecksilber (Fohmann) gerinnende Massen (Hyrtl) eingespritzt; die in jene künstlich gebildeten Höhion ' lenden Lymphgefässe werden durch die dahin gespritzte Masse angefüllt. Andere liektc Beweismittel werden im Verlauf der Darstellung noch zur Sprache kommen.

570

Bau der Lymphdrüsen.

Ueber die Stellung der Blutcapillaren zu den Lymphwurz ist vom Darm her bekannt, dass die erstem unmittelbar an dj von Brücke beschriebene Lückensystem grenzen. Billroth gie| nach einem allerdings zweifelhaftem Bild ein ähnliches Verha fili- die Lymphgefässe des menschlichen Präputiums an, wie Brücke auch im Unterhautschleimgewebe des Kaninchens be achtete; hier werden nämlich die blutführenden Gefässe von lymphatischen scheidenartig umgeben.

Die Lymphdrüsen scheidet man in einfache und zus mengesetzte. Die . einfachen Lymphdrüsen (zerstreute Follikel, litäre Bälge) sind stecknadelkopfgrosse, kugel-, spindel-, Un- förmige u. s. w. Körnchen, die aus einem Gerüst, Zellenhäufch und Blutgefässen bestehen; das Gerüst ist aus Bindegewebe zuweilen aus Muskelzellen dargestellt; an der Peripherie des s tären Koras bildet das Bindegewebe eine mehr weniger dicht , schige Kapsel, von welcher durch den von ihi" umschlossenen H räum nach allen Eichtungen hin Fasern ausstrahlen, die die 1^ tern in kleine mikroskopische Abtheilungen bringen, welche in vi facher Verbindung untereinander stehen. In die Lücken die§ Fasernetzes sind die Lymphkörperchen gelagert und auf den B" chen selbst verzweigt sich ein Netz capillarer Blutgefässe. W" mehrere solcher einfachen Bälge von einer gemeinsamen Bind" webshüUe, die dann meist auch Muskelzellen enthält, umf; werden, so entsteht eine zusammengesetzte Lymphdrüse. In solchen zusammengesetzten Drüse sind jedoch die einzelnen likel nicht scharf von einander getrennt, ihre Hohlräume steh vielmehr in offener Verbindung, weil die von der gemeinschaftlich Hülle ausgehenden, die einzelnen Follikel trennenden Scheidewä selbst nur aus netzförmigem Bindegewebe und zuw(^ilen auch a: Muskelzellen bestehen.

Das Verhalten der beschriebenen Drüsen zu den Lymphge" sen ist nur bei den zusammengesetzten klar. Gelangt ein Lym^ stamm in die Nähe einer solchen Drüse, so spaltet er sich fach in feine, aber noch mit unbewaffnetem Auge sichtbare Ae welche die Capsel durchbrechen, sodass je einer in die Höhle eia oberflächlich liegenden Korns einmündet. Führt die durch die bende Drüse strömende Lymphe viel Fett, oder einen ihr bei brachten feinkörnigen Farbstoff, so sieht man, vorausgesetzt, d kein besonderes Stromhemmniss besteht, die Flüssigkeit am Umf je eines Follikels sich herbewegen, wälu-end der in der Mitte d

Bau der Lymi)hdrÜ8en.

571

pen gelegene Zellenhaufen farbstofifrei nnd durchsichtig bleibt; ili geht die Flüssigkeit schon eher in die abführenden Lymph- ässe über, bevor sie sich merklich über den Theil der Drüse oreitet hat, welche aus andern Lymphstämmchen versorgt wird, at man dem Strom ein Hemmniss entgegen, z. B. durch Verschluss

ausfühi-enden Gefässes, so verbreitet sich jetzt die gefärbte issigkeit weithin durch die angrenzenden Follikel und geht zu- ;ch zwischen die Zellenhaufen. Aber in allen Fällen bewegt sie

gegen den ausführenden Stamm, niemals aber in die einfüh- lien Gefässe der angrenzenden Follikel, selbst wenn diese leer [, und zwar darum nicht, weil hier immer Klappen vorhanden .1. Die ausführenden Gefässe aber treten aus der Seite der Drüse ror, welche den Einmündungsorten der einführenden Gefässe [^egengesetzt ist; die Vasa efferentia bilden unmittelbar an ihrem prnng ein vielfach zusammenhängendes Geflecht, aus welchem

endlich wieder ein Gefässstamm hervorbildet.

Als man sich überzeugt hatte, dass die einzelnen oder gehäuft «enden Drtisenbälge, welche in der Milz, Thymus, Mund-, Rachen-, r;en-, Darmschleimhaut vorkommen, ihrem Bau nach mit den ;'.elnen Körnern der zusammengesetzten Lymphdrüsen überein- iimten, war man geneigt, auch sie für Einlagerungen in die Qophgefässe zu halten.. Diese Unterstellung schien bestätigt zu oden durch die Erfahi-ung, dass in den Follikeln der Peyerschen Isen während der Verdauung Chylus gefunden wurde (d. h. eine

I Inhalt der Lymphgefässe in der Schleimhaut des verdauenden imes ähnliche Flüssigkeit) und ferner , dass eine in die Darmfol-

II eingespritzte Masse sehr leicht einen Weg in die Lymphge- iie findet (Brücke). Weil man aber meist gar kein zuführen-

Gefäss auffinden konnte, so erschien es auch nicht unmöglich, •8 ein solcher Follikel den Anfang eines Lymphgefässes darstellen nte (Donders). Diese Thatsachen genügen jedoch nicht, um Annahme als eine vollkommen gesicherte zu betrachten, welche rauptet, dass die Follikel überall und namentlich auch ausser-

0 des Darmes erweiterte mit Zellen gefüllte Lymphgefässe dar- ben.

Die Lymphgefässe, welche als Leitungsröhren aus den Wur-

1 hei-vorgehen , besitzen eine strukturlose elastische Wand, die ihrer Innern Fläche mit einer Schicht von Deckzellen, auf ihrer

|«em aber mit Faserzellen belegt ist; an diese schliesst sich strei- 9 Bindegewebe an. Die Faserzcllen müssen unzweifelhaft zum

572

Zusannuensetzung der Lymphe.

Muskelgewebe gerechnet werden, da es gelingt, durch elektrisc Schläge den Durchmesser der mit ihnen behafteten Lymphgefäj zu verkleinern. Die Dicke der Wand ist im Verhältniss zurWe des Lumens zwar immer gering; sie nimmt jedoch mit dem stj genden Durchmesser dieses letzteren zu. Die in die Gefässhöi ragenden Klappen sind aus elastischem Bindegewebe gebaut, des^ freie Oberfläche mit Deckzellen belegt ist. Die Anordnung Höhlung in den Lymphstämmen kann als bekannt vorausgese werden. Im Allgemeinen scheint die Gesammtsumme der lut von den Wurzeln gegen die Stämme beträchtlich abzunehmen. Weg der grossen Dehnbarkeit der Wandung kann der Durchmesser dl selben Gefässes sehr veränderlich sein. M

Aus verschiedenen Organen und Geweben gehen sehr ungleiij Mengen von Lymphgefässen hervor. Vorzugsweise reichlich gel sie aus Bindegewebsräumen oder saftreichen Drüsen hervor (Le^| Milz, Leder- und Schleimhaut), sparsamer scheinen sie aus Muskeln zu kommen. \\

2. Lymphe*). Da sich in den ductus thoracicus auch, aus der Auflösung der Speisen resultirende Saft ergiesst, so ble| einstweilen die Betrachtung seines Inhaltes ausgeschlossen ; die genden Bemerkungen beziehen sich also nur auf die Flüssigkö welche in den Gefässen des Kopfes, Halses und der Extremit eingeschlossen ist.

Die Lymphe ist ein Gemenge aufgeschwemmter und flüssij^ Stoffe; je nach dem Verhältniss dieser Bestandtheüe ist sie chig, trüb oder wasserhell. i\

Die aufgeschwemmten Theilchen sind Molekularkörnchen, Ke grössere oder kleinere kernhaltige Zellen (weisse Blut- und L}Tnf körperchen) und gefärbte Blutkörperehen, welche nach Gubl und Quevenne in der menschlichen Lymphe kleiner als die Blutes sind; beim Hunde fehlen in der Halslymphe zuweilen il gefärbten Scheiben ganz (Krause). Die Haut, die diesen Geb den und namentlich den zuerst erwähnten zukommt, besteht i einer in Essigsäure löslichen Eiweissart; ihr Inhalt ist, theilv wenigstens, namentlich in den Molekularkörnchen, ein fetthaltiger.-

*) H. Nasse, Hiindwörterbuoh der Physiologie, n. 363. Herbst, Das Lympligcfc und seine Verrichtung. Gubler und Quevenne, Gazette miä. 1854. 17. Juin et W. Krause, Ilenle's und Pfeufe r's Zeitschrift. N. F. Poisouille und L e f ort, ColB rend. 46 Bd. 677. Würt/,, ibidem. 49 Bd. 453.— Frerichs und Staedcler, Miiller's 1856. Colin, Tinitd de physiologio compar. 1866. II. Bd. Scherer, Dessen Jnlircsb^, über physiol. Chemie für 1857.

Zusammensetzung der Lymphe; Paserstoff, Fette.

573

I Flüssigkeit hat behufs der chemischen Analyse noch nicht von aufgeschwemmten Theilen geschieden werden können. Ihre iimniensetzung kann darum nur erschlossen werden aus der [jrsuchung der Gesammtlymphe. Diese enthält: a. meistentheils, ich nicht immer Faserstoff und zwar in aufgelöster Form ; nach lEntleernng der Lymphe gerinnt derselbe und giebt, indem er laufgeschwemmten Bestandtheile einschliesst, Veranlassung zur ttehung eines sehr lockeren, wenig zusammenhängenden Kuchens. Faserstoff der Lymphe und der des venösen Blutes stimmen iiiren Eigenschaften überein (Lehmann). Die Zeit, in welcher Lymphe nach der Entleerung gerinnt, ist verschieden von we- nn Minuten bis zu mehreren Stunden; in seltenen Fällen erfolgt innerhalb derselben Lymphe die Gerinnung in mehreren weit einander entfernt liegenden Zeitpunkten. Die Bedingun- unter denen der Faserstoff fehlt, liegen weder in der Blutbe- ßffenheit des lymphgebenden Thieres, noch auch in der Ge- rindigkeit, mit der dieser Saft gebildet wird. Allerdings ent-

I häufiger die reichlich ausfliessende Lymphe ein geringes oder

gar kein Gerinnsel, zuweilen aber ist auch die sparsam ab- mderte faserstofffrei (Colin, C. Ludwig). Die aus demselben 8SS ausströmende Flüssigkeit ist wechselnd (von Stunde zu Mej bald faserstofffrei und bald faserstoff haltig; ebenso ist zu- itn von zwei Portionen, die gleichzeitig aus den beiderseitigen !Jtämmen mit ungefähr gleicher Geschwindigkeit hervorkommen, feine schwach oder gar nicht, die andere stark geronnen ijmsa, C. Ludwig). b. Albuminnatron, welches nach Neu- aation der alkal. Lymphe in geringer Menge ausfällt. c. Al- m, welches bei Kochen der vorgängig neutralisirten Lymphe iisfällt. d. Fette, und zwar ölige, feste, krystallisirbare und itifte. e. Traubenzucker; von Gubler und Quevenne zü- mchgewiesen. In der aus dem Halsstamm des Hundes ergos-

II Flüssigkeit ist er ein nie fehlender Bestandtheil, selbst wenn m Blute nicht nachgewiesen werden kann (Krause, Poi- Ule, Lefort).

lieber die Menge des Lymphzuckers, und sein Verhältniss zum Zucker des Bluts lies Chylus geben Poiseuille und Lefort folgende Zusammenstellung für liieile. Die Zahlen bedeuten Zucker in Grammen:

574

Mischung der Lymphe; Zucker, Harnstoff etc.

Hund zu Ende der Verdauung. Pferd Kuh

Während der Verdauung.

Kuh Stier

arterielles Blut.

Spuren 0,069 0,0.55

0,014 0,073

Inhalt des j duct. thoraoicusl "'"'*'J-'nP*

0,109 0,222 0,068 Mesenterial- lymphe. 0,186 0,123

f. Harnstoff fand Wiirtz beständig in der Lymphe.

Die folgende Tabelle giebt den prozentischen Harnstoffgehalt an.

0,166 0,442 0,098

0,266

Fütteiung.

Blul.

Chylus.

Lymphe.

Hund

Derselbe

Kuh

Stier

Widder

Pferd

Fleisch

Trockner Klee Klee. Kapskuchen gewöhnliches Futter

0,009

0,019

0,025

0,018 0,019 0,019 0,028

nach zwei Versuchen

0,016

0,019 0,021

0,012 •*!

g. Aus den Lymphdrüsen -gewann Staedeler und FrerJu Leucin, aber kein Tyrosin, nach dem sie suchten. Vielleicht enij also auch die Lymphe den ersteren Körper. h. Extrakte vonj bekannter Zusammensetzung. Die in altern Beobachtungen ai?i führten dürften wesentlich aus Albuminnatron bestanden haben (6| ger). i. Unorganische Bestandtheile, und zwar Ammoniaksa Chlornatrium und Chlorkalium, phosphorsaure, schwefelsaure, lensaure Alkalien, diese jedoch nicht immer (Scher er), oxyd und Wasser.

Die Variationen der Zusammensetzung nach Zeit und Ort noch wenig bekannt. Die Molekularkörnchen sollen vorzugsw^ in den Lymphgefässen vor ihrem Eintritt in die Drüsen bei Individuen oder auch einige Zeit nach einer reichlichen IMa vorkommen ; ich habe sie nie beobachtet. Die Lymphkörpeyö^ treten in den Gefässen jenseits der Drüsen viel reichlicher auf diesseits derselben ; demnach ist jedenfalls die grösste Menge selben aus den Drüsen abzuleiten (Brücke). Die sparsamen perchen, die man in der Lymphe vor dem Durchgang durch grössern Drüsen findet (Kölliker), könnte man ableiten aus häufig vorkommenden zerstreuten Follikeln, vorausgesetzt, dass

Die Lymphkörperchen kommen aus den Drüsen.

575

•l)iudung mit den Lympligefässen erwiesen wäre. Da aber auch der Gefässwand Zellenbildung stattfinden - kann, so wären auch h andere Quellen derselben möglich. Blutkörperchen, die immer rsam vorhanden sind, trifft man in der Milz- und Halslymphe (Nasse, Herbst), und zwar vorzugsweise, wenn ein Theil Drüsen, aus denen der Halsstamm hervorgeht, durchweg roth iärbt ist. In diesen Fällen liegt der Verdacht einer Extravasation den Blutgefässen nahe (Krause). Der Gehalt der Lymphe ^gernder Thiere soll reicher an Eiweiss und dafür ärmer an ssser sein als der, gefütterter (?) (Chevreul, L'heritier und lelin). Die Beobachtungen zur Begründung der letzteren Be- ptung sind allerdings insofern nicht vollkommen vergleichbar, die beiden ersteren Chemiker ihr Objekt aus dem ductus tho- cus eines hungernden Hundes und Menschen, der letztere sie dem Lendengeflecht des hungernden Pferdes nahm. Krause .tätigt am Hunde, dass ein und dasselbe Thier unmittelbar und len ersten Stunden nach der Mahlzeit eine um mehrere Prozente liünntere Lymphe ausgiebt, als nach 24stündigem Hungern. Aber h bei nüchternen Thieren wechselt der Rückstand bis zu meh- m Prozenten. Die Zunahme derselben steht auch in keiner iiehung zur Geschwindigkeit der Absonderung ; die letztere kann sehr gelingen zu sehr beträchtlichen Werthen anwachsen, ohne ?3 sich der Gehalt an festen Stoffen ändert. Quantitative Zerlegungen der menschlichen Lymphe gaben Q ne- in e (I, H) und S oberer (HI). Danach enthalten 100 Theile:

m.

0,037

3,472

0,73 95,76 -

Kach W. Krause schwankt bei einem und demselben und verschiedenen Hunden der prozentische Gehalt der Lymphe an :en Bestandtheilen überhaupt zwischen 2,8 bis 5,0 imd der un-

I.

n.

Fibrin und Köi-perchen . .

0,056

0,063

Fett

0,382

0,920

^buminnatron mit 0,01 pCt. i 3CaOP05 . . . . i

4,275

4,280

\Alkoholexti'akt . . . . »

0,570

0,390 0,050

^aOCl i

!2NaOP05 und NaOCOa )

0,730

0,640 0,180

93,987

93,477

576

Die Lymphbildung begünstigt durch Bewegungen, Opium.

organischen zwischen 0,86 und 0,44. Die an festem Riickstar reichste Lymphe führt keineswegs immer die meisten Salze.

Ausser*) diesen gewöhnlietien Bestandtheilen kommen auch zahlreiche andere der Lymphe vor; es scheint, als ob alle in der Flüssigkeit des Bindegewebes au^ liehen Stoffe in ihr erscheinen könnten; namentlich ist es festgestellt, dass narkoti« Gifte, was man längere Zeit unter dem Einflüsse von Emmert läugnete, ia^^ Lymphe übergehen (Bischoff). Siehe hierüber Cl. Bernard 1. c. ^

3. Die Geschwindigkeit**), mit welcher die Lymphe a dem Halsstamm des Hundes ausfliesst, ist bei verschiedenen Hun4) unter scheinbar denselben Umständen eine sehr verschiedene, fi einem Thier kann man in kurzer Zeit grössere Mengen, bei ande© selbst während einer tagelang foi-tgesetzten Beobachtung nur weni Grammen sammeln. Es hat den Anschein, als ob dieser ünfe schied in ursprünglichen Einrichtungen, in der sogenannten Ce stitution begründet wäre. Junge lebhafte muskelkräftige Hunde n straffer Haut geben fast regelmässig mehr Lymphe als träge, fei alte mit schlaffer Haut. ^

Aber auch an demselben Thier ist die Geschwindigkeit, ? welcher die Lymphe ausfliesst, je nach besonderen Bedingung« eine sehr verschiedene; mit anderen Worten, es sind die letzte« von einer sehr ungleichen Wirkung. Namentlich scheint es nicht al| gewagt, dieselbe nach ihrer auf den Lymphstrom wu*k enden in zwei grosse Gruppen zu bringen; eine Reihe von willkührM^ einzuführenden Umstände ist nämlich nur befähigt, den schon ihrer Anwesenheit vorhandenen Lymphstrom zu verstärken, keine Wegs aber im Stande, ihn zu erzeugen , wenn er fehlt ; aber auch 4 verstärkende Eigenschaft kommt ihnen nicht immer zu. Die ande ;Reihe kann dagegen den ganz fehlenden Strom auch hervorrufe

Zu den ersteren, die wir die begünstigenden nennen wolle gehören: a. Bewegungen der Gesichts- und der Halsmuskeln (Ol lin, Schwan da). b. die Einspritzung von soviel Opiumtinkti in die Venen, dass dadurch ein vorübergehender Krampf mit dia auffolgender tiefer Narkose erzeugt wird. Schon während d( Krampfs beginnt die Lymphe verstärkt zu fliessen, aber dieser stä kere Strom dauert auch noch während des tiefen Schlafes ~bei YO kommen er Muskelruhe fort, namentlich wenn die Haut des Kojp

•) Henle'a und Pfeufer's Zeitschrift. I. 35. IV. Bd. 63.— V. Bd. 293. Zeitschrift physlol. Heilkunde. XI. Bd. 23. Friinkel, De resorpt. rasor. lymphBtic. Berlin 1S47. Bernard, Le^ons sur les liquides de. l'organisme 1859. II. 409. -

»*) Krause, Henle's und Pfeufer's Zeitschrift N. F. VU. Bd. Schwand«, Wien med. Wochenschrift lfi58.

Reizung und Durchsohneidung der Nerven, Entleerung, Oedem.

577

i geröthet hat. Der vermehrte Ausfluss dauert meist eine Stunde mehr; er mindert sich jedoch noch während der Narkose , dasMaass, welches vor der letztern bestand (C. Ludwig, ^iwanda). c. Tetanisirende Reizungen des wohlisolirten n. fa- HS unmittelbar nach seinem Austritt aus dem for. stylomastoideum rren den vorhandenen Strom, selbst dann, wenn dabei die Mus- I des Gesichts in Tetanus übergehen, sodass also das Gesicht rrend der Reizungsdauer unbeweglich bleibt. Zuweilen kommt cor, dass mit der Schliessung der tetanisirenden Vorrichtung der ijphstrom beginnt und mit dem Ende der Reizung plötzlich auf- I (Schwan da). d. Schmerzhafte, Geschrei und Kopfbewegung mlassende Reizungen der Kopf- und Mundhaut wirken ähnlich cause). e. Ebenso Durchschneidung des n. sympathicus am te (Thomsa, C. Ludwig). f. Ein öfter wiederholter Druck (den Verlauf der Wurzeln und Stämme, welche sich in das Hals- s3S ergiessen, namentlich wenn dieser soweit getrieben wii-d, sich jene zuflussgebenden Röhren entleeren, kann die Menge «ausfliessenden Lymphe sehr mehren; jedesmal wenn die Ent- img stattgefunden, füllt sich das ganze System rasch wieder, so- es bis zu einem gewissen Grad in der Hand des Beobachters , wie viel Lymphe er gewinnen will (Schwanda, Krause).

/Zu den Umständen, welche den Lymphstrom im Halsstamm rmd und regelmässig verstärken, und ihn auch , wenn er vorher . vorhanden, wach rufen, gehört die Bildung eines Oedems in [jresichtshaut. Umschliesst man die Schuautze mit einem festen l undschwilltin Folge dessen die Oberlippe auf, so fliesst , wenn das Band lösst, die Lymphe reichlich; dabei nimmt die Lip- inschwellung ab, jedoch nur sehr allmählig, und es dauert der eehrte Sti-om oft lange Zeit.

rOhne merklichen Einfluss auf den Gang |des Abfliessens ist gen die Unterbindung der Carotiden (Krause), ferner die ■tbindung der blossgelegten grossen Halsdrüse, aus welcher >ymphstamm hei-vorgeht (C. Ludwig) und endlich ist es gleich- .

ob das Thier zum letzten mal vor 24 oder vor wenigen oder einer Stunde gefüttert wurde.

'ie folgenden Zahlen sind aus Beobachtungen abgeleitet, die mindestens \U, öfter ach mehrere Stunden dauerten. Sie sind von Krause, Schwanda, Thomsa Ludwig gefunden. Die Methode des , Aufsaugens beschreiben Krause und I an da 1. 0. /

Idwig, Physiologie II. 2. Auflage. 37

578

Umfang der Absonderung.

Mittlere Lymphmenge in

Lyinplinienge für 1 Kilo

Nummer d.

1 Minute una d. Gcräss.

Gewicht des

Kopf in 24 Stunden.

Be-

Hundes.

Reclits.

Linlcs.

lialben Kopfes

Ilcclits.

Link«.

merliunj;)

I

0,272 Gr.

0,392

0,965 Kilo

405,8 Gr.

585,0. Gr.

Ausstii

II

0,227

0,346

1,290

259,0

387,0

chcii der i

in

0,292

0,389

1,025

414,0

539,5 ,,

fässstäiij .

IV.

VI.

vn.

VIII.

0,685

0,037

0,020

0,034

0,0G9

0,09

0,36

0,11

0,015

0,050

0,062

0,082

0,032

0,007

0,009

0,217 0,172 0,206 0,118 0,041 0,029 0,025 0,040

Bestreichen des Gesichts. Durchschneidung d. Symp. ohne Bestreichen. Narkose.

Bestreichen des Gesichts. Vagus links durchschnitten. Dasselbe. Narkose.

Eröffnung d. Oedem erzeugenden Schnur. Vor 22 Stunden das letzte Pressen. Während d. ersten 17 Minuten nach Opiumeins Von 17- ^77 Minuten nach Opiumeinspritznng/I Narkose. .'(| Sympathie, durchschnitten. Vagus derselben Seite durchschnitten. Geöffnetes Oedem.

Seit 24 Stunden nüchtern \ das Thier verharrt wS Vor 1 Stunde gefüttert. H- S^n^en Beobachtung

I in aufrechter Stellung I Während d. 3 folgend. Std. ) f^^j bewegUchem

Die Menge der Lymphe, welche aus den untern Extremit fliegst, ist wegen der zahh-eichen Verbindungen, die die Stämm^ untereinander eingehen, nicht sicher zu bestimmen. Oefter man aber aus den geöifueten Stämmen die Lymphe reichlich fliesl

Aus einer Oeffnung, die sich in einem varikösen Lymphg$| des Schenkels einer Frau befand, sammelten Gubler und Venne in der Stunde 120 Gran. Da der Strom aus der nung mit gleichförmiger Geschwindigkeit (zwei Tage hindurch) ; sich ging, so betrug der 24stiindige Verlust, den das Individi^^ an Lymphe erlitt, 2900 Gr., eine Zahl, die sehr gross erscli wenn man bedenkt, dass ausser dem angestochenen noch andere Lymphgefässe , die allerdings mit diesen communiziren»,^ dem Schenkel aufsteigen. In Uebereinstimmung mit dieser achtung sind andere von Assalini und Müller. Da aberiai diesen Fällen Krankheiten der Lymphgefässe vorhanden waren^ so darf man sie nicht benutzen, um daraus den Umfang der Sunden Lymphabs cheidung abzuleiten. Wie gross dieser letz ist, danach auch nur zu^ fragen ist gegenwärtig nicht gerechtfertil

Wie und wo entsteht die Lymphe.

579

4. L}'Tnphbildimg. Alle Lymphe bezieht ihr Material aus zwei cn ; der eine ist an den Wurzeln der Lymphgefässe und der cre in den Drüsen gelegen; der erstere liefert, wie wir ver- Nien, alle oder mindestens dön grössten Theil der Flüssigkeit, /■zweite die Körperchen.

iDa der flüssige Antheil der Lymphe reichlicher strömt, wie so dargethan wurde, wenn sich die Säfte, welche in den Ge- »eräumen niedergelegt werden , mehren , so muss zwischen Bildung von Lymphe und von Gewebesaft eine gewisse fehung bestehen. Diese könnte allerdings zunächst nur dadurch Bindet sein, dass zum Entstehen der beiden Flüssigkeiten ana- IBedingungen nöthig sind; der Zusammenhang kann aber'mög- rr Weise auch dadurch gegeben werden, dass das, was früher psbesaft war, später Lymphe wird. Für diese zweite Alternative mt nun auch die schon angeführte Erfahrung zu sprechen, dass folge eines reichlicheren Ausflusses von Lymphe aus solchen imen, welche ihre Wurzeln aus einer Gegend beziehen, die vom im befallen war, das letztere an Umfang abnimmt. Also scheint »edemflüssigkeit durch die Lymphgänge abzufliessen. Zu dieser - iirung gesellt sich bestätigend noch eine andere. Auf S. 424 te erwähnt, dass die Unterbindung des Ureters einer Mere, die ile in der Harnabsonderung begrifi'en war, ein beträchtliches im in der Fettkapsel jener Niere erzeugt. Aus diesem kann nun leicht eine sehr reine Oedemflüssigkeit gewinnen, die je der Gewinnungsart eine verschiedene Zusammensetzung zu ".en scheint. Tödtet man, nachdem die Oedembildung voraus- ich schon weit fortgeschritten, das Thier durch Verblutung, rei- (dann mit Fliesspapier möglichst sorgfältig die Oberfläche der iiwulst, schneidet nun die ausgedehnten Maschen ein und fängt in Uhrschälchen die aussickernde Flüssigkeit auf, so erhält

einen wasserhellen Saft, der gänzlich frei von Lyraphkörper- ist, der aber ähnlich gerinnt wie die Lymphe und der einen

»asser löslichen Stofl" enthält, welcher das CuO reduzirt ; dieser rre Stofl' ist dem Anscheine nach mindestens in derselben Menge «demsaft enthalten, in welcher der Traubenzucker in der Lymphe »mmt; denn es genügen in beiden Fällen wenige Tropfen des nefllossenen zur Erzeugung einer merklichen Reduction. Daraus »also hervor, dass die Flüssigkeiten in dem Oedem und in iLymphgefässen einige Eigenschaften mit einander gemein ].

37»

580

Antheil dor Drüsen an der Lymplibildung.

Wäre der so eben als wabrscbeinlich hingestellte Zusammdj^ hang wirklich erwiesen, so würde sich die Frage erheben, Avie \t§ wann kommt die Entstehung des Gewebesaftes zu Stande und v fj' dringt er aus den Gewebsräumen in die Lymphwurzeln. ]^ nun bekanntlich die aus Bindegewebe geformten Organe ödenj^ tös anschwellen , wenn sich ein Hemmniss in dem Strom der } 1 nen einfindet, welche das Blut aus der angeschwollenen Regi abführen, und da sich damit auch die Spannung des Bluts in betreifenden Capillaren steigert, so ist man geneigt, diese letzt als die Ursache des Oedems anzusehen. Diese Annahme ist dings nicht ohne Weiteres verwerflich, aber es ist doch auch^ denklich, sie ohne Weiteres anzunehmen, so lange mit ihr m\ erklärt werden kann, warum die chemische Zusammensetzung) in die Gewebsräume filtrirten Flüssigkeit so sehr von der der B]j flirssigkeit abweicht. Das Wie und Warum die Oedemflüssig^ in die Anfänge der Lymphgefässe übergeht, ist so lange ke Diskussion fähig, als die Anatomie der genannten Gebilde noclö| Dunkeln liegt.

Selbstverständlich schliesst die Annahme, dass die Lymphe^ der durch Filtration entstandenen Oedemflüssigkeit hervorgeht dere nicht aus, aber es giebt für dieselbe noch weniger Gr als für die Oedemhypothese. Siehe hierüber die erste Au dieses Lehi-buchs II. 371.

Nach einer verbreiteten Annahme soll die Lymphe , in demj durch die Drüsen geht, verändert werden ; dieses wäre auf mel Arten möglich. In den Hohhäumen der letzteren kommt die noch einmal mit Blutgefässen und festsitzenden Zellenhaufen m\ rührung; der Inhalt der erstem ist jedenfalls und der der letz| wahrscheinüch anders zusammengesetzt als die Lymphe und dm, ist die Bedingung für einen endosmotischen Austausch gegeben. raschen Lymphsti-om ist er wohl wegen der kurzen BerührungfiJ der betreffenden Säfte von sehr untergeordneter Bedeutung, sofern die weiteren Lymphgefässe sich in der Drüse noch in feinere Gefässe auflösen, und die in den Drüsenraum einged gene Lymphe sich auch zwischen die Zellenhaufen ergiesst, feste, in ihr aufgeschwemmte Körperchen dort zurückgehalten den. So findet mau z. B. Zinnoberkörnchen in den Achseldrüpi wenn an dem Vorderarm vor Jahren Tätowirungen vorgeuomin wurden. In gesunden Verhältnissen scheint jedoch nur selten ^ anlassnng zur Filterwirkung der Drüsen gegeben zu sein, da

Mechanik des Lymphstroms. 581

m^e Fette erfahningsgemäss sehr leicht durch die letzteren hin- fengehen. Vielleicht ist es in Krankheiten anders. Endlich :ten die in den Drüsenraum hineinhängenden Blutgefässe sehr lat; darum sieht man sehr oft eine bis dahin farblos ausflies- te blutscheibenfreie Lymphe einen Stich in das Rothe annehmen ; man nun die Drüse bloss, so ist sie an dem einen oder andern II dm-ch nnd durch roth gefärbt.

j Die Körperchen , welche die Lymphe aufgeschwemmt enthält, llen ihr, wenn nicht auschliesslich, so doch jedenfalls zumgrössten U erst in der Drüse beigemengt. Dieses geht aus den auf S. 574 feth eilten Beobachtungen hervor. Mit der Feststellung dieser tisache sind allerdings die älteren anatomischen Angaben über Entstehung der Lymphkörperchen beseitigt, die von der Vor- eetzung ausgingen, dass sich die letzteren frei schwimmend in ILymphflüssigkeit selbst bildeten, aber es ist damit noch nicht wahre Formfolge aufgedeckt. Die meisten Anatomen scheinen die Annahme zuzuneigen , dass sich die neuen Körperchen hh Theilung der schon vorhandenen bilden. Als Hindeutungen üiese Entstehungsart sieht ftian es an, dass die Kerne der Lymph- in öfter zwei und mehrere Kernkörperchen enthalten, dass die i'ie öfters von der Seite her eingebuchtet sind, als wollten sie >spalten und andere ähnliche Erscheinungen von ebenso geringer esiskraft. Ebenso allgemein sieht man die kleinere Gattung Lymphkörperchen als eine Vorstufe der Blutkörperchen au, 55 weil neben merklichen Unähnlichkeiten doch auch gewisse ulichkeiten in der Form und Grösse zwischen den beiden Zel- Tten bestehen, theils weil mau keine andere Quelle der Blut- rerchen anzugeben weiss.

5. Lymphstrom. Die Spannungen und Geschwindigkeiten, welche .-strömenden Lymphe zukommen, sind jedenfalls unbedeutend.

die Spannung der Lymphe hat dieses Noll erwiesen durch Manometer, welches er bei Hunden und Katzen in den Hals- wn einsetzte. In diesen Versuchen schwankte die Spannung ?chen 10 bis 30 MM. Wasserdmck. Die Giltigkeit dieses Ver- rns kann auch für den Lymphstrom des Menschen behauptet ten, weil die Wandungen der Gefässe bei gleichem Durchmesser Lichten von einer ähnlichen Dicke sind, wie die des Hundes. Oie Geschwindigkeit des Lymphstromes muss schon darum un- intend sein, weil die langen und engen Gefässe, noch mehr

die Lymphdrüsen , einen so grossen Widerstand einführen. Zu-

582

Triebkräfte des Stroms.

dem strömt im günstigsten Fall aus dem geöffneten Halsstamm d. Hundes die Flüssigkeit nur tropfenweise ab. Die Richtung d' Stromes muss unter allen Umständen von den Wurzeln nach Venen gehen ; dieses ergiebt sich ganz einfach aus der besouder( Anordnung der Klappen, welche, bekanntlich in sehr kurzen Zwische räumen aufeinander folgend, so gestellt sind, dass sie den S^:^ nur in der bezeichneten Richtung möglich machen. Zu den teln, welche die Spannung und Bewegung der Lymphe unterhal" zählen, wie Noll nachgewiesen, jedenfalls die Respirationsh gungen und die Pressungen, welche die umliegenden Muskeln- radezu oder auf Umwegen auf die Gefässe ausüben. Beide flüsse wirken hier ganz in derselben Weise, wie diess ausführü beim Blutstrom besprochen wurde (pag. 142 u. f.). Ausserdem k nicht wohl bestritten werden, dass auch zeitweise die Muskelnf der Wand des Lymphgefässes dem Inhalte eine Bewegung theilen werden. Daneben steht aber auch fest, dass diese drei stände gewiss nicht die einzigen Triebfedern des Lymphstro' darstellen. Denn es besteht auch noch eine Lymphbewegung. Orten, wo keine Muskeln, , weder innerhalb noch jenseits der kelwand, wirksam sein können, wie z. B. in den Lymphgefäs der Knochen und in den Anfängen der Lymphgefässe mit mu" freien Wandungen; zudem ergiebt die Beobachtung der blos8ge_ ten Lymphgefässe oder des in sie eingefügten Manometers, der Strom oft unter derselben Spannung lange Zeit hindurch hält, ohne irgend welche sichtbare Veränderung in dem D messer des Gefässes oder ohne dass irgend welche Zusammer hung in den umgebenden Muskeln bemerklich ist. Endlich ei^* aber, wie aus den Beobachtungen von Stannius*) hervorg* auch noch die Lymphbewegung in todtenstarren Gliedern (?). Respirationsbewegung kann aber nicht Ursache des dauernden S mes sein, da sie selbst in der Nähe der Einmündung des Gef in die Vene nur sehr unbedeutende Spannungsveränderungen zeugt und keinesfalls jenseits der Drüse hinwirkt; die mögliche abhängigkeit unseres Stromes von diesen Bewegungen wird a, am besten durch den bekannten Versuch erwiesen, dass ein fäss, wenn es auch zugeschnürt ist, sich zwischen den Wurzeln na dem Unterbindungsfaden strotzend anfüllt, obwohl sich durch unterbundene Stelle hindurch die Folgen der Respirationshewegnö

•) Archiv ftir pliyelolog. Heilkunae. XI. 23.

Zufuhr neuer Blutbestandtheilo durch die Speisen.

583

nicht geltend machen können. Nach allem Diesen liegt es (16, zu vermuthen, dass die Gewalt, welche die Flüssigkeit in die ITässe treibtj auch die Fortführung durch dieselben zu vermitteln ;ge. Von diesem Gesichtspunkte aus ist es nun bemerkenswerth, SS auch am todten Thiere, bevor der Inhalt der Gefässe geron- 1, der Lymphstrom unterhalten werden kann, wenn man durch ispritzung von Wasser in die Blutgefässe eine wassersüchtige ischwellung der Gewebe bewirkt, und dass die Spannung, unter

die Lymphe sti'ömt, sich steigert' mit der zunehmenden Anfül- :g des Unterhautzellgewebes (Noll). Noch mehr aber, dass

Ljmphstrom wenn nicht ganz aufhört, so doch wenigstens sehr liangsamt wird, wenn die Blutcirculation in der untern Extremi-

nahebei oder ganz unterdrückt ist (B i s c h o f f , M e d e r *).

Zaijuhr 7ieue)' Blutbestandtheile durch die Speisen.

Der Verlust, den der thierische Köi-per an wägbaren Atomen ';idet durch Ausscheidung von Harn, Koth, Dunst, Epithelial- »en, Samen, Milch u. s. w., erfährt seine Ausgleichung durch ee Aufnahme von festen, flüssigen und gasförmigen Stoffen. Da

bei . der Athmung schon das Eindringen des Sauerstoffs be- lochen haben, so bleibt es uns hier noch übrig, den Gewinn an cen und flüssigen Massen zu behandeln, welche durch den Darm- ual hindurch in das Blut eindringen.

A. N ahrungsbedtirfniss**).

Eine Reihe von eigenthümlichen Empfindungen, die wir Hunger 11 Durst nennen, bestimmt den Menschen Nahrung aufzunehmen.

1. Der Hunger drückt sich durch eine nagende oder drückende ipfindung in der Magengegend aus; wenn sie einige Zeit be- ilüden, so gesellt sich zu ihr eine unbehagliche, leidenschaftliche mmung und der bestimmt ausgesprochene Wunsch nach fester ihrung.

Die Nerven, welche den Hunger veranlassen, scheinen bei nie- «■en Graden desselben die sensiblen Magennerven zu sein. Bei Kiern Graden des Hungers scheinen sich dagegen an seiner Er- agung auch die sensiblen Nerven des Dünn- und Dickdarms zu-

' •) Meder in MeissncrB Jahresb. för 1858. p. 219.

'••) Volkmann, Hnndwörtcrbucli der Physiologie. H. 688. Longot, Anntomio et phyain- ! du Systeme nervcMix. II. p. :)27. Molcschott, Die Physiologie der Nnhrunpsmitlol. 'Ben. 1859. 178. Busch In Virchow's Archiv. XIV. 140.

Hunger durch Erregung der Magen- und Därmnerven.

betheiligen, und vielleicht auch noch andere weit und zahkei durch den Organismus verbreitete Nervenraassen. Sj.

Für den Antheil der Nerven des Magens spricht die örtli in dem genannten Organ auftretende Empfindung, vorausges^ dass die Gefühle des Magens, gerade so wie die aller übrij empfindenden Flächen nur ausgelösst werden durch die Ner welche sich in ihnen verbreiten. Diese Annahme findet noch ihre weitere Bestätigung, dass der schwach gradige Hunger d passende örtliche Einwirkungen auf den Magen gestillt wen kann. So wird namentlich unmittelbar nach der AnfüUung Magens mit Speisen und insbesondere bevor die eingeführte rung verdaut oder in merklicher Menge in das Blut aufgenom: ist, der Hunger gestillt. Auch stellt sich häufig der Hunger nicht eh wenn die Absonderung aus der Magenschleimhaut verändert od( die Aufüllung ihrer Blutgefässe jenseits eines gewissen Grades steigert ist, obwohl sonst noch so gute Gründe für seinen Eintd] vorhanden sein mochten.

Der Versuch , mittelst Nervendurchschneidungen ins Klare zu kommen , sohig bis dahin erfolglos geblieben zu sein. Es wurde allerdings übereinstimmend fes stellt, dass Thiere, deren nn. vagi am Halse durchschnitten waren, unter Umstand noch begierig die vorgesetzte Speise verzehrten (Heid, Longet, Bid(fer u. jj^ und dass ebenso Katzen nach Durchschneidung der nn. splanchnici noch fräsen (Ht ter, C. Ludwig); aber diese Beobachtungan widerlegen keinenfalls die AnnaK dass sich an die genannten Nerven die Hungerempfindung knüpfe , da noch manniä tige andere und namentlioh psychische Gründe Veranlassung zur Aufnahme der Spe geben können. Diesen letzteren müsste man es allerdings Schuld geben, wenn speisesuchenden Thieren , wie es Longet ausführte , neben den nn. vagi auch noc' die Geschmaoksnerven durchschnitten wurden.

Andererseits kann aber auch der Hunger bestehen trotz einei andauernden Anfüllung des tüchtig verdauenden Magens mit leicli verdaulichen Speisen. Dieses geschieht namentlich, wenn die ia Magen veränderten Speisen wegen einer bestehenden organischei Verengung des pylorus oder einer Düundarmfistel nicht in dei Dünndarm übergehen und also auch nicht der Blutbildung zu Giiti kommen. In diesen Fällen verschwindet allerdings nach dem Essen das lästige vom Magen ausgehende Gefühl, aber es bleibt imvaci noch ein mächtiger Antrieb zur Aufnahme von Speisen zurück Dieser letztere kann dagegen gestillt werden, wenn in den Düim und Dickdarm Nahrung eingebracht und diese von dort in da^ Blut übergeführt wird (Tiedemann, Longet, Busch). A^^ diesen Thatsachen kann man zunächst nur folgern, dass bei dauern

Bedingungen zur Erzeugung und Sttllung des Hungers.

585

Entziehung der Speisen nicht allein der Magen sondern auch übrigen Darmstücke den Hunger anregen. Für den weiteren . iluss, den man gezogen, dass alle Empfindungsnerven des Kör- *s ihre mangelhafte Ernährung zum Bewusstsein bringen, liegen me Beweise, aber auch keine Gegengründe vor, es sei denn, man nie unter die letzteren die Erfahrung zählen, dass trotz der khsten Abmagerung alle Lust zum Fressen fehlt, wenn die Ver- iiungswerkzeuge auch nur von einer leichten krankhaften An- mdlung ergriffen sind.

Die Veränderungen, welche die Säfte oder Organe, in welche Hungemerven eingebettet sind, erleiden müssen, um die Erre- ng dieser letztern zu veranlassen, kennen wir nicht ; statt dessen Ii uns nur einige ganz allgemeine Bedingungen bekannt, unter iien sie entsteht. Namentlich stellt sich der Hunger ein nach igeren Enthaltungen der Nahrung; die Zeit, welche nach einer thlzeit verstreichen muss, bevor sich das Bedürfniss nach einer ten einfindet, variirt mit der Menge zuletzt aufgenommener Nah- und mit dem Blutverbrauch während der Enthaltung von der- ben; so beschleunigen Muskelanstrengungen, Entleerungen blut- 'ilicher Flüssigkeiten (Samen-, Milch-, Eiterverlust), Ablagerungen

I Blutbestandtheilen in die Gewebe (Wachsthum, Erholuhgssta- m nach Krankheiten) den Eintritt desselben. Ferner ist sein mmen abhängig von seelischen En'egungen, indem er sich ein- !lt zu gewissen Tageszeiten, an denen wir gewöhnt sind zu :2n; man vermuthet in diesem Falle die Abwesenheit von Be- dungen, die den vorher erwähnten ähnlich sind , weil ein solcher uger auch leicht wieder verschwindet, ohne dass das Nahrungs-

tirfniss durch Aufnahme von Speise befriedigt wurde.

Man giebt auch an, dass der Genuss einiger stark schmeckender Stoffe, wie z. B. .Pfeffers, essbarer Seethiere (Austern, Häringe) u. s. w.) Hunger erregt (?). lieber

II pathologischen llunger, den sogenannten Bulimus siehe Moleschott am be- loneten Orte p. 185.

Die Stillung des Hungers kann entweder geschehen durch die «tumpfang der Erregbarkeit oder durch Entfernung der erregenden aache. Auf den erstem Fall wird man schliessen, wenn das Iftihl nach längerem Bestehen verschwindet, auch ohne dass larungsmittel aufgenommen sind, oder wenn Arzneistoffe, die die ^egbarkeit abstumpfen, wie z. B. Tabak, Opium, Alkohol u. s. w., i'.ossen wurden. Die Entfeniung der erregenden Ursache ist

I

586 D"»"«*-

gegeben, wenn der Magen oder der Darmkanal mit verdauungf fähigen Speisen erfüllt wurde.

Nach einer AnfüUung des Magens tritt auch noch ein andere Gefühl, das der Sättigung hervor, welches als das bestimmte Zeiche für das Genug der Nahrung angesehen werden muss. Dieses hä^j wahrscheinlich von verschiedenen Umständen ab, namentlich abj scheint es begründet zu sein in dem Drucke, welchen die Umgebufi des Magens, insbesondere die Bauchdecken, durch die AnfüUun desselben erfahren. n

2. Durst. Das Gefühl, als dessen nächstes seelisches Resulfc das Begehren nach Wasser auftritt, äussert sich als eine Empfindufl der Rauhigkeit und des Brennens in der hintern Schlundwand, d^ weichen Gaumen und der Zungenwurzel. Die Nerven, der| Erregung sich als Durst ausdrückt, liegen wahrscheinlich auch % den eben genannten Orten, da eine isolirte Durchtränkung derselhf den Durst mindert oder aufhebt. Wir haben so die noch unej schiedene Wahl zwischen Vagus, Glossopharyngeus, Trigeminus. - Die Durstempfindung stellt sich ein, wenn der prozentische Wasse gehalt der Gaumen- und Eachenhaut unter einen gewissen We|j sinkt, wie dieses z. B. geschieht nach reichlichem Wasserverlu des Blutes, ohne den entsprechenden an festen Bestandtheilen(Wass9 abscbeidung durch Haut und Lungen), oder nach örtlicher i^b trocknung des Mundes, durch eingezogene Luft, oder nach d,^ Genuss salziger, wasseranziehender und wasserabfühi-ender Stofp Die obige Definition schliesst die Folgerung in sich, dass ein gleich,« Verlust an Wasser und den wesentlichen festen Theilen selbst J|( vollkommener Entbehrung des Wassers nicht zum Durst führen ka^ Diese Behauptung hat Chossat durch den Versuch bestätig welcher zeigte, dass die Thiere, denen die festen Speisen bis ziu Verhungern entzogen waren, auch das Wasser entweder ganz ve: schmähten oder nur sparsam benutzten, welches ihnen in der Hungi' zeit gereicht wurde. Die Stillung des Durstes ist möglich sowi durch örtliche Befeuchtung des Rachens, als auch durch Einführutii von Wasser in das Blut, gleichgiltig, ob es dorthin durch di Magen, durch den Dickdarm oder durch direkte Einspritzung die Venen gelangte.

3. Das Nahrungsbegeiiren beschränkt sich aber bekanntlich» nicht blos darauf, Stoffe festen und flüssigen Aggregatzustandi zu verlangen, es dringt auf St.off"e ganz bestimmter Zusamrae Setzung, die sog. Speisen, und unter diesen wählt es je nach dei

Wahl der Nahrung. 587

edtirfniss des Organismus auch noch die eine oder andere vorzugs- weise aus. Die Gründe , welche bei dieser Wahl das höhere Thier przugsweise bestimmen, liegen offenbar in den Geruchs*)- und •eschmackswerkzeugen , in dem Temperaturgrad des Körpers und rr Speisen, in dem Widerstand, den die letzteren beim Kauen VB. Zähnen entgegensetzen, in Erinnerungsbildern u. s. w. Keinen- lls kann aber eine spezifische und prädestinirte Beziehung zwischen cm Nahrungsbegehren und der Nährfähigkeit der geforderten Sub- »anz angenommen werden; denn es verschmäht bekanntlich ein land das Fleisch, wenn es vollkommen mit Wasser ausgezogen, »n allen schmeckenden Substanzen befreit ist, trotz seiner aus- üzeichneten Fähigkeit die Ernährung zu unterstützen; die unver- lulichen Sägespähne aber, welche mit BratenbrUhe besprützt sind, ssst er begierig.

4. Dem Nahrungsbegehren steht der Ekel entgegen ; veranlasst ij-d dieser seelische Zustand durch unbestimmte Empfindungen in der wehenhöhle, ähnlich denen, welche einem Brechanfall vorausgehen ;

scheint demnach, als ob ihn die nn. vagus oder glossopharyngeus mleiteten. Da zu den ihn erregenden Umständen Kitzeln der lichenhöhle, Schleimauhäufungen daselbst, gewisse Gerüche und üschmäcke und Erinnerungen an diese letzteren gehören, so ist

begreiflich, dass sich der Ekel ebensowohl gegen die Nahrung •erhaupt als auch gegen einzelne Speisen richten kann.

B. Nahrung.**)

1. Der unwiederbringliche Verlust des Blutes liess sich schliess- !-h zurückfuhren auf den seines Wassers, seiner Mineralsalze, iiner Fette und Eiweissstoffe ; also muss die Nahrung diese Ver- ndungen entweder geradezu einbringen, oder wenigstens solche ' offe, aus denen jene Atomcombinationen innerhalb des thierischen firpers hervorgehen können. Diese neu einzuführenden Atome iUssen jedoch, wenn sie den Fett- und Eiweissverlust ersetzen ollen, in Verbindungen anlangen, welche ärmer an Sauerstoff sind, 'S die, in welchen sie den Organismus verlassen, da sie in diesem ann doch endlich jedesmal oxydirt werden; ausserdem müssen

•) Schiff, Unterauchnngen zur Naturlehrc s. MolcMchott VI. 254.

Moleschott, Physiologie der Nnhrnngsmittel. Ciieesen. 1860. Artmann, Die Lehre n den Nahrungsmitteln. Trag. 1859. Das erstere dieser beiden Werlte erörtert in grosser Aus- irllchkcit die ganze rhyslologie der Nahrung ; das letztere tritt ergiinzend ein, insofern es die ^fbewahrnng und Fälschung der Nahrungsmittel nach dem neuesten Stande bespricht. H 11 d e s - Im, Versuch einer Normaldiät. Ucrlin 1856. Dieses giebt auf Grundlage meist bekannter That- •hen Bcrerlinungcn der zum licdnrf notbwenrtigcn NiihrmiUcl.

588

Nothwendige Bestandtheile der Nahrung.

auch die Verbindungen der Nahrungsmittel mehr Spannkräfte führei als die Auswürflinge, da der thierische Körper theils bei der Wärme bildung und theils bei der Muskelzusammenziehung Spannkräft( in lebendige umsetzt. Diese Bestimmungen sind nun, wie mai leicht einsieht, noch lange nicht genügend, um die besondere Com binatiou der nährenden Atome festzustellen, da sich in der Tha die geforderten Bedingungen auf unzählige Weisen erfüllen lassen wenn dem Darmkanale oder seinen Hilfswerkzengen die Befähigua zukommt, beliebige sauerstoffarme C-, H-, N-verb in düngen zu Eiweiß und Fett zusammenzuordnen. Diese Unbestimmtheit, welche ^ theoretische Feststellung der Nahrungsmittel übrig lässt, hat di Erfahrung kurzweg beseitigt. Sie zeigte nemlich dass den V dauungswerkzeugen die oben vorausgesetzte combinatorische B fähigung abgehe, und zwar geschah dieses durch den schlagend ' Versuch , dass die Thiere unrettbar dem Hungertode entgegengehe wenn ihnen die im Eiweiss und Fett enthaltenen Atome in andere Verbindungen als gerade in diesen gereicht werden. Demgemäß müssen in der Nahrung mindestens enthalten sein: eiweissartig Stoffe (Fibrin, Casein, Albumin etc.), Fette (Olein, Stearin, Mä^ garin, Palmitin), Natron, Kali, Eisenoxyd, Magnesia, Kalk, Ohio Fluor, Phosphorsäure, Wasser. Die obigen Ableitungen lassen - aber begreiflich zu, dass in den Nahrungsmitteln neben den a gezählten noch andere Verbindungen enthalten sein können, da fli nicht behaupten, dass nur mit Fetten und Eiweiss u. s. w. di Zwecke des thierischen Körpers erreicht werden könnten. Im G; gentheil, ist es sogleich einleuchtend, dass dieses nach der ein^_ oder andern Seite hin auch mittelst der ersten Abkömmlinge djB Eiweissstofife und Fette, oder mit Hilfe von Atomgruiipen gescheh könne, die jenen Abkömmlingen nach Zusammensetzung undEige Schäften nahe stehen. In der That enthalten die wirklich aufg, nommenen Nahrungsmittel auch noch solche Gruppen, von den. hervorzuheben sind: Kohlenhydrate (Amylon, Dextrin, Zucker); von diesen werden die beiden ersteren mindestens bis zum Zucke umgewandelt. Obwohl Zucker aus anderen Stoffen im Thierleil) selbst gebildet wird (Leber, Muskeln), so führt ihn doch selbst di natürliche Nahrung des Säuglings (Milchzucker); der Erwachsen sucht die Kohlenhydrate so begierig, dass es sogar fraglich wir ob sie nicht zu den absolut nothwendigen Nahrungsmitteln zählen Die Nahrung enthält ferner leimgebende. Stoffe (Bindegewebe nn Knorpel); diese sind häufig aber keineswegs nothweudig. Endli

Verhältniss der Bestandtheile in der Nahrung.

589

ilthält die Nahrung häufig organische Säuren (Essig-, Milch-, ppfel-, Citronensäure) und deren Salze.

2. Die Nahrung, welche das Leben erhalten soll, muss also i Gemenge mindestens von Eiweiss, Fetten und den bezeichneten meralien sein, zu ihnen gesellen sich meist noch Kohlenhydrate, ee Gewichtsverhältnisse der einzelnen Nahrungsmittel in diesem Bmenge sind keine constanten, wie die oberflächlichste Betrachtung ;r menschlichen Nahrung ergiebt. Diese Erscheinung ist erklärlich, cnn man die Umsetzungen in und die Ausscheidungen aus dem terischen Körper betrachtet. Denn es stellt sich dieser letztere ! eine Zusammensetzung sehr mannigfaltiger bis zu einem gewissen rade von einander unabhängiger Zersetzungsherde heraus. Je ichdem nun in dem einen oder andern die Umsetzung sich min- rrt oder mehrt, muss sich also bei gleichbleibendem Umsatz der iien Stoffgi*uppe derjenige einer anderen veränderlich gestalten, att aller erinnern wir nur an die eine hierher gehörige Erscheinung, ^ss die Ausscheidung des N-gases, Harnstoffes, Wassers, Koch- Uzes u. s. f. durch Lunge, Niere und Haut einen veränderlichen ttrag gewann mit dem Gehalte des Eiweisses, Amylons, Wassers

s. w. in der Nahrung selbst. So umfangreich nun aber auch rr prozentige Gehalt der einzelnen Bestandtheile in der Gesammt- Ihrung wechseln kann, so ist er doch auch wieder in gewisse tenzen eingeschlossen; namentlich darf als feststehend gelten:

in der Nahrung nimmt das Wasser das grösste und die feuer- ijten Mineralbestandtheile das geringste Gewicht ein; in der Mitte dschen beiden liegen die organischen Stoffe. b) Der Nahrung, !,',lche für die Dauer das Leben erhalten soll, darf niemals fehlen i asser, die aufgezählten Salze und die Eiweissstoffe ; fraglich ist .gegen, ob der Nahrung des Menschen das Fett entbehrlich ist, ! rausgesetzt dass es durch Kohlenhydrate ersetzt wird. c) Bei iier Steigerung der Fette und Kohlenhydrate dürfen, unbeschadet rr Lebenserhaltung, die prozentigen Werthe der Eiweissstoffe ab- Ihmen und umgekehrt. Weitere Zusätze zu diesen Bemerkungen ebt noch der Abschnitt über Vergleichung von Einnahme und asgabe.

3. Damit dieses Gemenge aber nährfähig sei, muss noch olgendes erfüllt sein: a) die einzelnen Nahrungsbestandtheile müssen

ihm in der Art vorkommen, dass sie von den verdauenden Säften Blutbestandtheile umgewandelt werden können. Namentlich »üssen also die Nahrungsstoflfe nicht in einer innerhalb des Dann-

590

Nährstoffe und Speisen.

kanals unlöslichen und unzersetzbaren Verbindung gereicht werden, oder sie dürfen nicht von unlöslichen und undurchdringlichen HüUeii umgeben sein. b) Da die Nahrungsmittel, mit Ausnahme deiji'; Salze und des nicht nothwendigen Zuckers, sich gleichgUtig gegeiÄ" die Nerven verhalten, so müssen sie nervenerregende, (schmeckend^M^ beissende, brennende u. dgl.) Zusätze erfahren. Denn nur daniiÄ^ wird es möglich, die Speichel- Magen- und Danndrüsen, die unteÄ''' dem Einflüsse der Nerven absondern, zm- Bildung einer genügend«!»*' Menge verdauender Säfte zu veranlassen. Diese Beigabe, das GewüMjÄ" besteht je nach der Bildung und Empfindlichkeit des Geschmack*' Sinnes aus sehr verschiedenen Stoffen. \M^^

Wir verweisen bezüglich der Gewürze auf Mole schott, Ärtmann und Koc^Ä^ Icder*). Man findet dort auch Mitthoilungen über mancherlei andere Stoffe, die Mensch nur des Geschmackes , oder auch der Himerregung , der Verlangsamung od|fl|(il Beschleunigung des Stofi'wechsels u. s. w. wegen aufnimmt. 1

4. Speisen. Die Mischungen einfacher Nahrungsmittel od«») der Speisen, wie sie die Natur oder Kunst bietet, sind, voraiiif#ä' gesetzt, dass man Rücksicht auf die Nahrung aller ErdbewohnOT J nimmt, von unsäglicher Verechiedenheit , je nach den EigenthüiÄÄti lichkeiten des Wohnortes, der Culturstufe und der Eace der si»p geniessenden Menschen. Untersucht man aber genauer die WerkiAj der Kochkaust, welche von weitaus den meisten Individuen unteiM( den gebildeten Nationen verzehrt werden, so gewahrt man baiL dass diese sich im Ganzen doch nur weniger, von der Natur ^mi botener Gemische, als Elemente ihrer compHzirten Gerichte un«t Mahlzeiten bedienen. Zu diesen natürlichen Speisen, auf deneiilitii das leibliche Wohl des besten Theiles der Menschheit ruht, giMii hört: das Fleisch einiger Säugethiere (der Wiederkäuer, wenigOTj Nager und Dickhäuter), einiger Vögel und vieler Fische, die Milefift^f der Wiederkäuer, die Eier grosser Vögel, das Mehl von Weizeri« Roggen, Gerste, Hafer, Mais, Reis, Bohnen, Erbsen und KartoffeliMfc einige Baumfrüchte, einige Gemüse (Rüben, Kraut u. s. w.) unÖfc endlich Quellwasser. Zu diesen gemischten Nahrungsmitteln kommefik schliesslich noch einige einfache Zucker, Fette, Oele und KoehsaläBj;

Da der grösste Theil derselben erst dann gegessen wird, naCh-B| dem er in der Küche mancherlei Umwandlung seines natürlichenB Zustandes . erfahren hat, so wird eine physiologische BetrachtangB^ jener Speisen auf diese Umwandelungen Rücksicht zu nehmen haben.» _

•) Oonussmtltel und Gewürze. Wien 1852. H*

i

Nährfähigkeit und Verdaulichkeit der Speisen.

591

jnz allgemein betrachtet, stellt sich nun die Kochkunst drei ganz !.'schiedene Aufgaben. .Zuerst mischt sie die natürlichen Speisen 3h weiter, namentlich setzt sie ihnen mancherlei Gewürze bei; eitens befreit sie die Nahrungsmittel von unverdaulichen Beimen- iigen, und endlich verändert sie die Auflöslichkeit derselben in 11 Verdauungssäften in der Art, dass sie die Zeit, welche zu ihrer fdauung nothwendig ist, entweder verlängert oder abkürzt. Von >sen drei Einwirkungen der Kochkunst sind die beiden ersten \ weder so vielfacher Willkür unterworfen, oder so einfacher Art, ys sie aus der folgenden Betrachtung ausfallen müssen oder iinen.

Die Lehre von den Speisen hat zunächst zu ermitteln, welche tfachen Nahrungsstoife in den Speisen enthalten sind und in ichen Verbindungen und Aggregatzuständen sie daselbst vor- mmen. Dieses aufzudecken ist die Aufgabe der chemischen Ana- ee, die sich dabei natürlich nicht darauf beschränken darf, den ihalt der Speisen an C, H, N, 0 u. s. w. anzugeben.

Mit der noch so vollkommenen Einsicht in das chemische Ver- iten ist aber noch nicht das physiologisch W^issenswürdige er- 'löpft, da die Nährhfähigkeit der Speisen auch noch abhängt von Arbeit, welche der Darmkanal nöthig hat, um die Massenein- tt der Nahrung zu verdauen, oder von dem Antheile der genos- .en Speisen, welcher während des Durchgangs durch den Darm- jial überhaupt aufgenommen wird. Allgemein lässt sich jedoch rrüber nichts sagen, da der Darmkanal bei verschiedenen Men- len und zu verschiedenen Zeiten seine besonderen noch nicht er- indeten Eigenthümlichkeiten bietet, vermöge deren er im Stande , in gegebener Zeit mehr oder weniger kräftig verdauende Wir- igen auszuüben, resp. die in der Speise enthaltenen Nahrungs- Sfife mehr oder weniger vollständig auszuziehen. Im einzelnen 'lle würde man über die Fähigkeit des Darmkanales, eine Speise ^zunützen, abgesehen von dem Grade der Anstrengung, die hierzu l:big ist, Aufschluss erhalten, wenn man jedesmal eine Probe Speise und den nach ihrem Genuss aus dem After gestossenen tith analysiren würde.

a. Das Fleisch, welches zur Nahrung verwendet wird, enthält: ciweisshaltige, -igebende , elastische Stoffe , Fette , snmmtliche Salze des Menschenblutes , Wasser, . Äusserdem die nur als Gewürze zu veranschlagenden krystallisirondcn organischen «tandtheile der Extractivstofi'e. Die Verhältnisse dieser Gemongtheile zu ein- her sind, die gleichen Thierarten vorausgesetzt, abhängig 1) von dem Körpertheilo,

592

Fleisch.

dem der Muskel entnommen wurde, indem damit der Durchmesser der Primitivschläucb und die Verbreitung der Bindegowebe in Verbindung steht; 2) von dem Grade de Mästung , welcher den Gehalt an Fett und an durchtränkender Flüssigkeiten bestimmt 3) von der Anfüllung der Muskelgefässe mit Blut; 4) von dem Alter; Schlossber ger*), dessen Angaben v. Bibra bestätigte, fand

im Fleisch des

des Kalbes v.

des Kalbec lrj i WocheiL

Ochsen.

12 Wochen.

In kaltem und kochendem Wasser unlösl.

17,5

16,2

15,0''*

In kaltem lösl., in kochend. Wasser unlösl.

2,2

2,6

3,2

In kaltem und kochendem Wasser löslich

2,8

3,0

2,2 ,

77,2

78,2

79,7 1

Das Kalbfleisch ist somit etwas reicher an Wasser und coagnlirbarem Eiweiss als des Ochsen und nach v. Bibra**) auch leimhaltiger. 5) Ueber die Zusammenset des gleichnamigen Muskels verschiedener Thiere, der mittelst des Scalpells möglic; von Fett und Bindegeweben befreit war, giebt folgende Tabelle Aufschluss *•*). .

Karpi)

5,2! I

2,7'i 80,1

Ochse.

Keh.

Schwein,

Huhn.

In kaltem und kochendem Wasser unlöslich

15,8

16,8

16,8

16,4

In kaltem AVasser lösl., in kochendem unlösl.

2,2

1,9

2,4

3,9

0,ö

In kaltem und kochendem Wasser löslich

2,8

4,7

2,5

3,2

77,1

74,9

78,3

'77,3

Das Fett ist im Fleisch auf zweierlei Art vorhanden, mechanisch eingelagert als Ei gewebe in den Bindestofi'en zwischen den Muskelröhren und nächstdem in chemisclli Verbindung mit dem Muskelgewebe. Der Gehalt dieses letzteren scheint bei versol denen Thieren von wechselnder Grösse zu sein, denn v. Bibra fand nach mögliolij voUkommner Abscheidung des beigemengten Fettes im trockenen Brustmuskel Ochsen 21,8 pCt., des Kalbes 10,5 pCt., des Hammels 9,3 pCt., des Kehes 7,9 des Hasen 5,3 pCt. f). Das beigemengte Fett ist bekanntlich nicht allein im saramtgewicht sehr wechselnd, sondern ts ändert auch seine Zusammensetzung mit dl Thieve, indem das Fett des Schweines flüssiger (elainreicher), das der Wiederki fester (stearin- und margarinreicher) ist.

Die Salze des Fleisches sind mannigfach , aber mit sehr nngleichwerthigen thoden untersucht; StÖlzelft), der nach Strecker's Anweisungen arbeitete, in 100 Theilen der Asche des Ochsenfieisches :

COü 8,92 POb 34,36 MgO 3,31

SiOs 2,67 FeOs 0,98 KaCl 10,22

SO3 3,37 CaO 1,73 NaO 35,94 ,1,

Der Gehalt des trockenen Fleisches an Asche scheint bei verschiedenen Warmbltt^tI annähernd gleich zu sein, indem er nach v. Bibra beim Ochsen, Reh, Hasen, HiAi und der Ente zwischen 4,0 bis 5,5 pCt. schwankte.

•) Frerichs, Artikel Verdauung in Wagner's Handwörterbuch. H. Bd. p. 694. ••) Sc her er, Jahresbericht über physlolog. Chemie für 1845. p. 132. »»») Weitere Zusammenstellungen siehe bei Moleschott, 1. c. p. 208, 240. 263. u. f., IM Bich dns Fleisch der Amphibien, Mollusken, Insekten berücksichtiget findet. ' t) Siehe hierUber auch Mnrclial, compt. rend. 34. Bd. p. 591. tt) Liebig's Anualen, 77. Bd. p. 25G,

Fleisch.

593

Wir gemessen das Fleisch roh (niedere Thiere), getrocknet, geräuchert, gesalzen, Essig ausgezogen, gekocht und gebraten. Kücksiehtlich der Voränderungen, die diesen verschiedenen Bereitungsweisen mit dem Fleische vorgehen, befinden wir meist im Unklaren. Beim Erhitzen des Fleisches mit wenig Wasser (Braten und :ipfen) wird das Eiweiss geronnen, einige eiweisshaltige Körper werden sauerstoff- :her, die Extraktivstoffe werden zersetzt, wobei sich die Inosinsäure in ein wohl- laendes Brenzprodukt umwandelt, das Bindegewebe wird zum Theil in Leim ver- lidelt, und Wasser verdunstet. Beim Kochen in Wasser werden dem Fleische teiss, Extrakte, Salze und insbesondere Chloralkalien und Wasser entzogen; dieses riere geschieht darum, weil die Quellungsfähigkeit des Fleisches beim Kochen ab- imt. Der wässerige Auszug, die Fleischbrühe , rauss nach den Fleischsorten sehr nnderlich sein. Eine ungefähre Vorstellung von der Zusammensetzung der Fleisch- te giebt ein Versuch von Chevreul, welcher 1 Pfd. Fleisch, das von anhan- llem Fett und Knochen befreit war, in 3 Pfd. Wasser 5 Stunden lang unter Er- der verdunsteten Flüssigkeit sieden liess. Ausser dem beigemengten Fette enthielt !3 Suppe in 100 Theilen: Wasser = 98,4; Leim, Eiweiss und Flxtractivstoffe = Salze = 0,3. Di« Salze der Fleischbrühe , oder vielmehr die , welche man !h vollkommenes Erschöpfen des Fleisches mit Wasser erhält, sind von Keller*) Btmmt; in das Wasser waren 82 pCt. des gesammten Salzgehaltes vom Fleische Igegangen, welche in 100 Theilen bestanden aus:

PO5 21,59 KaO 31,85 2 FeaOaPOs 0,46

KaCl 14,81 2CaOP05 2,51

KaOSOs 6,42 2MgOP05 3,72

-'rückständige Fleisch enthielt noch Verbindungen der PO5 mit Alkalien und Erden keine Chlorsalze mehr. Die Grenze , bis zu welcher überhaupt das Fleisch hh Wasser und insbesondere durch kaltes ausgelaugt werden kann, hat L i e b i g **) eestimmen versucht; er giebt an, dass man dem gehackten Ochsenfleische durch "^s Wasser 6 pCt. feste Bestandtheile entziehen könne, von denen 3 pCt. gerinn- >) Eiweiss sei, das bekanntlich aus der Suppe als Schaum entfernt wird. Die Folgen lEinsalzens und Eäuchems sind wenig bekannt. Eine Aschenanalyse des gesalzenen »enfleisches und des rohen Schinkens giebt Thiel***). Siehe auch Liebig am (führten Orte.

b. Der Inhalt des Hühnereies, das wir von den Eiern zumeist gemessen, besteht P.routf) im Mittel aus 67,6 pCt. Eiweiss und 32,4 pCt. Dotter, nach Prevost und •in dagegen aus 62 pCt. Eiweiss und 38 pCt. Dotter. Das Eiweiss enthält un- ur: Wasser = 85 pCt., Eiweiss = 12,5 pCt., feuerfeste Salze = 1,5 pCt. und laktc = 2,0 pCt. Die letzteren enthalten u. A. constant Milchzucker (Winkler iBudgeft). In der Asche sind nach Weberftt)) <icr das verbesserte Verfahren IH. Rose befolgte, enthalten :

' •) Lieblg's Annalen. 70. Bd. 91. •'••) Lipbig's Annnlen. C2. Bd. 353. 11. f.

Lieblg'g Annalen. 81. Bd. .' t) Pli. Falk, Handbuch der Arzneimittellehre. 1848.

tt) Lieblg'g Annalen. Cl. Bd. 197. Siehe auch Aldrigo und Bnrrenlch Im Glessener mch. 1840.

H) Poggendorf, Annalen. 79. Bd. 398.

•••ndwlg, Physiologie II. 2. Auflage. 38

594

Bier, Milch, Körner.

NaCI KaO

39,30 27,66

MgO

2,70 0,54

COi 9,67 SiOs 0,28

NaO 12,09

POs 3,16

CaO 2,90

SO3 1,70

Das Eigelb besteht nach Gobley*) aus:

Wasser

51,48

Phosphoglycerinsäure

1,20

Extrakte

Vitellin**)

15,76

Cerebrin (säure ?)

0,30

Farbstoff

Margarin und Olein

21,31

AmCl

0,30

Eisen

Cholestearin

0,44

NaCI,Ka01, KaOSOs

0,27

Milchsäure

Oel und Magarinsäure

7,22

3MgOP05, SCaOPOs

1,02

Milchsäure

0,40 0,55

PO5 SiOs

60,16 0,62

Eine vollständige Aschenanalyse theilt E. Weber mit:

NaCl 9,12 NaO 13,62 MgO 2,20

KaO 10,90 CaO 13,62 FejOs 2,30

Die Eier gemessen wir meist gekocht ; hierbei gerinnt das Eiweiss und Vi unter Abscheidung von etwas SH. In hartgesottenen Eiern fand H. Eose***) Verhältniss des Eiweisses zum Dotter etwas anders, als es Prout, Prevost, Morin im frischen Ei angeben haben, nämlich von 60,6 bis 58,3 : 39,4 bis 41,6.

c. Milch. Die Zusammensetzung derselben ist schon früher erwähnt. aus ihr bereitete Käse (gesalzene und entwässerte Milch) dient, kleine Landsfe ausgenommen, nur als Gewürz. Ueber die Zusammensetzung desselben siehe Knap und Moleschott.

d. Weizen ft). Das Korn desselben besteht aus der Schaale , dem Kern ( bumen) und dem kleinen Embryo. Die Schaale setzt sich zusammen aus der von im reren Zellenlageu gebildeten Fruchthülle (a) und der von nur einer Zellenlage gebild Kernhaut (b). Der Kern (albumen) -wird in seinem äussern Umfang dargestellt von Zellenlage (c), in welcher die miskroskopische Eeaktion keine Stärke , wohl aber Eiw Stoffe und Fette nachweist, die übrige weitaus grössto Masse des Albumens (d) bes| aus Zellen , die vorwiegend mit Stärkekörnchen und daneben mit Kleberfäden ge sind. Die Fig. 70, welche Donders entworfen, versinnlicht die Struktur, chemische Zerlegung weisst im Weizenkorn nach : verschiedene Eiweisskörper. Gruppe derselben ist unter dem Namen Kleber (Gluten) bekannt; sie ist in Wr unlöslich; beim Behandeln mit Weingeist bleibt ein Theü derselben ungelöst (I oder Elastin) ein Theil löst sich nur in kochendem (Pflanzencasein), ein anderer in kaltem Alkohol (Pflanzenleim , Glutin). Eine andere Gruppe von Eiweisskörpem Weizenkorns ist in kaltem Wasser löslich; ein Theil derselben gerinnt 1? Kochen; sie führen den Namen Albumin und Cerealin; das letztere ist nach Me^. Mouries dadm-ch ausgezeichnet, dass es die Stärke in Dextrin, Zucker und säure umwandelt; der Eest des in kaltem Wasser löslichen Eiweissstoffes , der; mehreren durch anderweite Eeaktionen unterschiedbaren Modifikationen besteht (On manns), gerinnt nicht in der Siedehitze. Das Weizenkorn enthält femer ö" Zucker, Dextrin (.'), Amylon, Cellulose; von den beiden zuletzt genannten Stoffen k

*) Pharmazeut. Centralblatt, 1847. p. 584.

••) Das Vitellin besitzt nacli Fremy die Zusammensetzung des Fibrins. Pliarmazeut* tralbl. 1854. p. f.26.

••*) Poggendorf's Annalen. 7G. Bd. 303.

t) K n a p p , die Nalirungsmiltel. 1848. p. 39. tt) Bibra, Die Getreidearton und das Brod. Nürnberg 18G0. Donders, Onderzoekl ßedan in het pliysiologisch laborat. 1848— 1840. Oudemnnns, Archiv fiir hoUSnd. Bei I. 406. Jossen, Poggendorfs Annalen, lOG. Bd. 479.

Weizen.

595

liellulose nicht allein in den Scbaalen und Zellenmembranen , sondern nach Nae- lund M a s c h k e auch im Stärkekorn vor, wo sie von dem gleichfalls anwesenden »n durch die Eeaktion gegen Jod unterschieden werden kann. Das Amylon des- soU im Wasser löslich gemacht werden können, wenn man das £om fein zer-

f9tte, also auch viel phosphorsaure Erden; die übrigen Zellen des Kerns enthal- Amylonkömchen , Kleber, lösliches Eiweiss und phosphorsaure Alkalien, iie mittlere quantitative Zusammensetzung des Weizenkorns wechselt mit der ssorte, dem Klima (so soll z. B. sibirischer Weizen reicher an Eiweisstoffen sein, iitscher und dieser wieder daran reicher als ägyptischer und australischer); auch lehalt des Eodens an Dünger soll nicht ohne Einüuss sein. Kleine Kömer sind

des grossen Schaalengehalts relativ reicher an Eiweiss als grössere u. s. w. eerhältniss, in welchem die einzelnen Salze des Korns zu einander stehen, ist wabhängig von den Verhältnissen der Salzmischung im Boden. Dies ist z. Th. liich, weil die Menge des phosphorsauren Kalkes von der der Eiweisskörpor ab- ; räthselhaft bleibt , dass selbst aus einem Boden , der reich an NaO und CaO ist,

Ton jenen Stoffen aufgenommen wird. Nach Peligot, Millon, Mayer, »manns, Bibra u. A. schwankten in 100 Theilon dos lufttrocknen Korns

Fig. 70.

reibt (Jessen). Femer enthält das Weizenkorn Fette, einen braunen Farbstoff, Kali, Natron, Talkerde, Eisen- oxyä, PhOs, S03,Si03,Cl(?). Von den Salzen sind die phosphorsauren Erden mit Eiweisskörpern in Ver- bindung, und zwar so, dass jede besondere Art der genannten Körper auch einen "ganz bestimmten Antheil der Erden zu enthalten scheint (Mayer); auch an das Gummi sind phosphorsaure Erden gebunden(Bibra). Die phosphorsauren Alkalien scheinen dagegen frei vor- zukommen.

Ueber die Lagemng der chemischen Bestandtheile ist bekannt, dass die Schaalen aus Cellulose und Farb- stoff bestehen, die äussersten Zellenlagen des Albumens enthalten die in Wasser löslichen Eiweissstoffe , Kleber

das Wasser

der Stickstoff

also die Eiweisskörper

zu 15,0 pCt. N

zwischen 11,0 und 16,5 pCt. 1,4 und 3,8

»

7,1 und 19,4

38*

596

Weizen.

Gummi, Dextrin, Zucker: zwischen 5,9 und

10,5 67,1

1,9 6,1 2,3

Araylon 55,1 und

Fett 1,0 und

Cellulose l,5(?)und

Asche 1,5 und Die verschiedenen Eiweissstoffe können

chen Gehalt an N bald mehr Kleber und

ist (Millen Bibra). S

In 30 verschiedenen Weizensorten, die Bibra untersuchte, fanden sich in lOQ Asche

sich vertreten , so dass bei einem gl bald mehr lösliches Eiwciss vorhanj

Kali

zwischen

27

bis

38,3

pCt

Natron

»

0,7

bis

5,4

MgO

7,8

bis

16,3

CaO

,1

1,1

bis

5,7

>,

POs

»

39,2

u.

51,4

SiOs

0,3

u.

1,3

Pe^Os SO3

1,1

u.

0,3

etc.

Mit diesen Angaben stimmen diejenigen aller übrigen Beobachter; namentlid den überwiegenden Gehalt der Asche an Kali, Talkerde und PO5 betrifft.

Aus dem Weizen stellt man Kleie, schwarzes, mittleres und feines Mehl dar. 3 letztere, welches aus den innem Theilen des Kerns gewonnen wird, ist frei von Schfi und Farbstoff, es enthält weniger N, also auch weniger Eiweisskörper und PhOs das dunklere Mehl, welches vorzugsweise oder wenigstens zum Theil aus der Zell Schicht gemahlen wird, welche der Kernhaut unmittelbar anliegt. Die Kleien endl enthalten neben vielen Holzfasern aus der Fruchthülle und Schaalenhaut auch u einen grossen Antheil des Inhalts der eiweissführenden Zellen, die unmittelbar^ Schaalenhaut anliegen. Sie ist also relativ sehr N-reich an Eiweiss und phos^ sauren Erden. Als Proben für die Unterschiede der verschiedenen Mahlprodukte m3| folgende Zahlen gelten. Die unter demselben Beobachter aufgefühi'ten Zahlen beeid sich auf dieselben Fruchtsorten.

Bibra. Mayer.

Wasser Eiweissstoff Zucker Gummi Fett Stärke

Kaisermehl. 15,5

11.1

2,3

6,2 1,0 63,6

Schwarzniehl. 14,2 13,2

2,3

6,5

1,2 61,8

Feinstes Mehl. Eiweissstoff 13,0 PhOs 0,2

Grobes Mehl. 14,3 0,5

Klti 2f

Nach Oudemanns, der zur Cellulosebestimraung ein verbessertes Verfahre^ wendet, enthalten die Kleien 25 bis 30 pCt. Cellulose und 4 bis 6 pCt. Asche.

Bibra.

In 100 Theilen Asche sind enthalten

KO

NaO

MgO

Kalsermelil. 36,0 0,9 8,2

Kleien. 0,24 0,6 16,8

Koggen, Gerste, Hafer etc.

597

CaO POs SiOs

2,8 52,0 0,0

4,6 51,8

SO 3

0,0

1,0

•a, Roggen. Der Unterschied zwischen dem Mehle dieser Fruchtart und dem Weizens liegt vorzugsweise darin, dass unter den eiweisshaltigen Bestandtheilen ;i;er Pflanzenlibrin und statt dessen mehr Pflanzenleim und Eiweiss vorkommt, was i'icht schon durch das kleinere Kom des Koggens bedingt ist; es soll ausserdem besonderen gewürzhaft schmeckenden Sto£f(?) enthalten und gewöhnlich auch Cellulose als das Weizenmehl, wahrscheinlich, weil es weniger sorgsam darge- wird. Sonst gilt Alles, was von dem Mehl und der Kleie des Weizens ausge- iwurde auch vom Koggen.

Lf. Gerste, Hafer und Buchweizen liefern ebenfalls ein Mehl, das in dem Ite seiner wesentlichen Bestandtheile von dem des Weizens nicht merklich ab- Ut; Hafer und Gerste enthalten mehr Holzbestandtheile als die übrigen Fruchtarten, 'ling und Faist). Der Zucker der Gerste dreht die Polarisationsebene nicht. ;j. Das Maismehl unterscheidet sich durch einen Gehalt von 3 bis -9 pCt. an ttigen Stoffen (ein gelbes dickflüssiges Oel). Sein Ngehalt erreicht den des Wei- nnicht.

13. Der Reis endlich ist nahebei um die Hälfte ärmer an Eiweissstoffen und '3, als der Weizen und um so viel reicher an Amylon.

IDas Mehl aller dieser Körnerfrüchte geniessen wir, nachdem es geröstet oder mit lindem Wasser behandelt wird. Hierdurch verändern sich die Bestandtheile, in- Enamentlich das Eiweiss gerinnt, während die Stärkekörner sich mehr oder weniger jxtrin auflösen. Werden nämlich die letzteren im lufttrockenen Zustand bei einer •eratur, die zwischen 190 und 200" C. liegt, geröstet, so verwandelt sich zuerst Hlchichtencentrum, das sogenannte Korn des Stärkekömchens in Dextrin, dann folgen feser Veränderung einzelne zerstreute Stellen nach , so dass das Korn ein netzför- i. Ansehen gewinnt; es scheint sich jedoch niemals das ganze Kom in Dextrin »wandeln. Werden dagegen die Stärkekömchen im Wasser erwärmt, so beginnen fsi einer Temperatur von 55 bis 60" C. aufzuquellen und im Centrum derselben It sich ebenfalls eine mit Dextrinlösung gefüllte Höhle. Steigt die Wärme höher, auf 70", so greift die Dextrinbildung weiter um sich, so dass die Körperchen platzen (Naegeli*). Mit Rücksicht auf die Quellungsfähigkeit verhält sich die verschiedener Sorten sehr abweichend.

FEine sehr verbreitete Anwendung findet das Mehl des Weizens und Roggens als Dieses wird im Allgemeinen so dargestellt, dass man das Mehl mit kochsalz- ';em Wasser zu einem Teig anknetet, dann den letztem durch sehr fein vertheilte iaufbläht und ihn einer Temperatur, die sich bis auf 250" C. erheben darf, einige (hindurch aussetzt. Das Einbringen des auftreibenden G^ises geschah früher aus- »slos dadurch, dass man zum Teig gewöhnliche Hefenpilze mischte und ihn dann '3ährung einige Zeit hindurch überliess , in welcher der Zucker des Mehls in Al- l und COj überging, welche beim spätem Verbacken des Bredes verdunstete. «8 Vcrfaliren führt also jedesmal zu einem Verlust an nährenden Stofl'en , es kann wenn nicht besondere Maassregeln in Anwendung kommen, auch noch weiter

) Die Stärkckümer. p. 92 u. f.

598

Eeis.

sohädlieh werden. Wenn nämlich die Gäbning bei hoher Temperatur (über 20" vor sich geht, oder wenn schwarzes Mehl angewendet wird, welches die EiweisskÖ! der äussorsten Lage des Kerns (Albumens) enthält, so findet sich yermöge der fem tirenden Eigenschaften des Cerealins neben der alkoholischen auch noch eine mi. oder buttersaure u. s. w. Gährung ein, und zugleich wird der Kleber angegriffen , der Farbstoff, der aus der Rinde stammt, zerlegt. Wenn man also nicht auf die sonders nahrhaften Bestandtheile der Kernrinde verzichten will , muss man das Gert unwirksam zu machen suchen. Hierzuhat Meg es -Mouries*) Mittelangegeben, nach dem Urtheil der Sachverständigen zu dem Ziel führen, selbst aus groben;^ ein lockeres, weisses, nicht saures Brod zu gewinnen. Wenn man das Brod massig darstellt, so kann man auch die Gährung ganz umgehen, dadurch nämlich,^ man den Teig zuerst mit einer Lösung von NaOsCOj anmacht und dann mit salz^ haltigem Wasser durchknetet , wobei man darauf das Natron und die SalzsänXB äquivalenten und noch dazu in solchen Mengen zu nehmen hat, dass das au* Verbindung hervorgehende Na Gl gerade dem sonst nöthigen Zusatz dieses ^ gleichkommt. Oder man hat in hermetisch geschlossenen Gefässen den Teig mit Wl durchgeknetet, welches unter hohen Drücken mit CO-j geschwängert war (Dauglish Aus dem Teige formt man dann beliebige Stücke , die man in einem Backofen _ t Temperatur aussetzt, welche die oberflächlichen Theile (Kruste) auf 200 bis 250^ die inneren (Krume) auf 100" C. erhitzt. Hierbei tritt ausser den oben angege)^ Veränderungen auch noch die ein , dass in der Rinde das Amylon in brenzliche ] duktc, namentlich in Pyrodextrin, das ist in eine schwarze elastische Masse (CigHseOjB^ übergeht (Gelis)***), während in der Krume das Amylon und die Eiweissstoffi allotrope Modificationen übergeführt werden , die aber nur solange bestehen , aia Brod den Chai-akter besitzt, den man als fi-ischbackcn bezeichnet. Liegt dasselbe eil Tage, so verschwindet dieser besondere Zustand wieder ; man kann ihn durch abejf liges Erhitzen jedoch von Neuem herbei führen (Boussingault)t). AnalysBi^ Bredes siehe bei Oppelff) und Bibra.

i. Hülsenfrüchte. Die reifen Erbsen und Bohnen enthalten dieselben gruppen, wie die Körnerfrüchte. Unter den Eiweissstoffen erscheint neben^ früheren noch ein eigenthümlicher , das Legumin oder Pflanzencasein. In der titativen Zusammensetzung unterscheiden sie sich von den Körnerfrüchten da^ dass die Eiweissstoffe im Yerhäliniss zum Amylon beträchtlich gesteigert ersch( Eine Vorstellung hiervon soll die folgende Analyse von trockenen Erbsen gi Eiweissstoffe = 28,0, Stärke und Gummi = 57,3, Asche = 3,8, Hülsen =j (Horsford). Die Asche der Bohnen und insbesondere der Erbsen ist sehr untersucht worden im Auftrage deutscher und englischer Ackerbaugesellschaften;' übereinstimmende Resultat derselben ist, dass sie vorzugsweise aus Kali und Phoi säure, dann aus Kalk, Magnesia und Kochsalz und endlich aus geringen Meni Eisenoxj'd und Kieselerde besteht ftt)-

Bei der Zubereitung in der Küche dürfte vor Allem Gewicht darauf zu legen» dass das feste Gefüge der Früchte zertrümmert werde , und dass beim Koch)

Vi

») Compt. rend. 46. Bd. 120. •*) Chem. Centralblalt. 1860. 220. »**) Compt. rend. 45. Bd. 590. und 988. t) Annalos de ohimie et physique. 36. Bd. (1852) 490. tt) Glessener Jahresbericht fllr 1851. 715. ttt) Giessener Jahresbericht. 1849. 667 u. f.

Kartoffeln, Baum&üchte, Triukwasser.

599

\- keine schwer lösliclien Eiweissverbindungm entstehen , wie dieses u. A. ge- , wenn das Kochwasser kalkhaltig ist.

Kartoffeln. Der von der Schaala nmschlossene Kaum ist gefüllt mit ^ , Stärkemehl , einer besonderen Art von Collulose, welche in kochendem Wasser uer GaUerte aufquillt und sich in verdünnter Schwofelsäure zu Gummi und .:er umsetzt; mit verseifbarem Fette (Solaninstearinsäure C30H30O1 und ein flüssiges f.-on unbekannter Zusammensetzung); mit einem wachsähnlichen, nicht verseifbaren, rJTO" noch festen Stoffe (Eichhorn)*); Asparagin, Aep feisäure, mit den Salzen SKömerfrüchte und Wasser. Diese chemischen Bestandtheile vertheilen sich auf anatomischen Gebilde in der Art, dass die Stärke (und ihre nächsten Verwandten) :an Zellen, deren Wände aus der eigenthümlichen Holzsubstanz bestehen, einge- sssen sind; in der Flüssigkeit, welche diese festen Stoffe durch ti-änkt , sind das Ass, das Fett, das Asparagin, die Salze der Aepfelsäure und zum grossen Theile Her Phosphor- und Salzsäure aufgelöst.

IDie quantitative Zusammensetzung des Kartofi'elmarkes ist sehr variabel gefunden r.en; sein Wasser schwankt zwischen 82 und 77 pCt., das Stärkemehl zwischen 11 :24 pCt., Eiweiss und Aspai-agin um 2 pCt., Fette um ü,05 pCt., Holzstoffe gegen o 4 pCt. und die Asche um 1 bis 2 pCt. Diese letztere ist vorzugsweise reich

'.all, auf dieses folgt die CO2, dann erst Phosphorsäure, Natron, Magnesia, KaUc, «älsäure und Eisenoxyd (Way nnd Ogstone, Walz). Das Verhältniss der Salze iiinander ist mit der Sorte verschieden. Beim Kochen gerinnt das Eiweiss, die onhüllen werden lockerer, jedoch nicht aufgelöst, und innerhalb derselben quült "Stärkemehl auf. Während der Aufbewahrung soll sich der Stärkegehalt ändern, ^S8 er nach der Ernte bis gegen den März hin zu-, und von da an wieder abnimmt (?). 11. Die Baumfrüchte (Birnen, Aepfel, Pflaumen etc.) und die Gemüse (Rüben, rrabi etc.)j Nahrungsmittel von theilweise untergeordnetem Werthe, enthalten neben S^ahrungsstoffen, die in den bisher behandelten Speisen vorkamen , noch Pektin (Pflan- iihleim) = CijHioOio (Fr e my), das sich durch seine physikalischen Eigenschaften dien übrigen Kohlenhydraten wesentlich auszeichnet; es kann jedoch in Dextrin ; Zucker umgewandelt werden. Nächstdem ist der Eeichthum der jungen Gemüse- <er an leichtlöslichem Kalisalze zu erwähnen. lieber das Weitere der genossenen ri und ihre Zusammensetzung sind die angezogenen Werke von Moleschott,

ssingault und die Gie ssener Jahresberichte um Eath zu fragen.

m. Trinkwasser. Das reine Wasser der Quellen oder das gereinigte der He enthält Luftarten (Kohlensäure , Sauerstoff, Stickgas) und je nach den Gebirgs-

i, die es durchströmt, Kohlensäure, Schwefelsäure, Salzsäure mit Kalk, Magnesia

Natron verbunden aufgelöst. Der Gehalt an Salzen bestimmt den Charakter VWassers, das man gemeinhin weich nennt, wenn es wenig Kalksalze enthält, wäh- das mit diesen letzteren beladene hart genannt wird. Der Gesammtgehalt des «ers an Salzen darf, wenn uns dasselbe noch zum gewöhnlichen Gebrauche dienen

den Werth von einigen Hunderttheilen eines Prozentes nicht übersteigen. Orga- ne Beimengungen zum Wasser werden immer als Verunreinigungen empfunden. .Das gekochte Wasser nimmt einen faden Geschmack an, theils weil dadurch aus : die Gase , theils weil Salze , insbesondere kohlensaure Kalksalze , entfernt werden.

) Poggendorf», Annnlen. 87. Bd. <i27. Bibra, Die GetreidoKrten und dn» Brod. ^b«rg. 1860.

600

Nahrungsacquivalente.

5. Nahrungsaequivalente*). Diesem Begriffe liat mn zwei Bedeutungen beigelegt, a. Gewöhnlich versteht man daruntt das Gewichtsverhältniss, in welchem zwei bestimmte Speisen ve abreicht werden müssen, wenn durch jede derselben die gleid Menge eines und desselben einfachen Stoff'es eingeführt werden so Die Frage ist an einem Beispiel erläutert also die: Wie viel Brc muss genossen werden, damit durch dasselbe gerade so viel Eiweli in den Magen kommt, als in der Gewichtseinheit Fleisch verzei wird? Darauf antwortet eine gewöhnliche Proportionsrechnung, wei die quantitative Zusammensetzung der betreifenden Nahrungsnii]| bekannt ist. Der grösseren Bequemlichkeit halber haben Liel|i und Boussingault für die Speisen mit bekannter Zusamme Setzung Tafeln berechnet. |

b. Ganz anders gestaltet sich die Sache, wenn man vom p| siologischen Gesichtspunkte ausgehend, die Frage erhebt : in welch| Verhältnisse müssen zwei verschiedene Speisen genossen wer^ wenn durch sie dieselben Leistungen innerhalb des thierischen pers erreicht werden sollen? Da die allgemeinsten Aufgaben d Nahrungsmittel darin bestehen, dass sie entweder Wärme erzeugt oder mechanische (Muskel-) Kraft hervorbringen oder endlich |i Wiederersatz oder die Neubildung von Geweben und Säften (Waiäi thum, Mästung) bedingen sollen, so würde zuerst die Frage zuj ledigen sein, ob in der That ein und dasselbe Nahrungsmittel^ fähigt wäre, diesen verschiedenen Anforderungen zu genügen. W|| nämlich, wie man zuweilen ausgesprochen, ein jedes einfache N^ili rungsmittel nur zu einem dieser Zwecke dienlich, so würde es »t türlich in dem oben bezeichneten Sinne keine Aequivalente geliMii sondern es müsste entsprechend dem Verbrauche an Wärme, ^fci Muskelanstrengung und an Gewebsmasseu jedesmal nur ein gaMin bestimmtes Nahrungsmittel genossen werden. Mit einem WoiÄ die Nahrungsmittel würden zu zerfallen sein in Wärme erzeugeiSm, oder respiratorische, in kraftentwickelnde und in gewebsbildefflJliji oder plastische.

Da die unorganischen Nahrungsmittel ohne Ausnahme sdm^ oxydirt genossen werden, so können sie keinen Beitrag zur Wäröm bildung Hefern; im Gegensatze hierzu verlassen alle organischÄ^ Atome der Nahrung den thierischen Körper in höher oxydiiiei»]

*) Frerichs, Handwörterbuch der Physioloeie. ni. 1. Abtli. 731. B o u ss i n g ftii I ' i Landwirthschnft II. Tbl. 235. u. f. L o hm a nn , Physiologische Chemie, m. Bd. ErnährunS.

Nalmingsaequivalcnte.

601

! blande, als sie in ihn eingetreten sind; die letzteren können also j umtlich zur Wärmeerzeugung verwendet werden , und es muss I se Verwendung eintreten, insofern die bei ihrer Oxydation frei 1 nachten Kräfte nicht dazu benutzt, werden, um Arbeiten jenseits Grenzen des thierischen Körpers zu verrichten. Dieses ist auch imals bestritten worden. Wenn man nun trotzdem gewisse Nah- igsmittel, wie namentUch Fette und Kohlenhydrate vorzugsweise rmebildende nennt, so müssen dafür besondere Gründe vorliegen.

I ihnen zählt man, dass viele Menschen für gewöhnlich viel Amy- und wenig Eiweiss geniessen, wesshalb sie nothwendiger Weise

kh den grössten Theil ihrer Wärme aus dem Amylon nehmen >sseu. Da sich der Mensch aber auch bei dem umgekehrten Ver- ttniss der Bestandtheile und seiner Kost wohlbefindet, so begrün- das eben genannte Factum auch keinen wesentlichen Unter- iied. Man stellte auch darum Fette und Kohlenhydrate als ;ipirationsmittel dem Eiweiss gegenüber, weil man meinte, die »ydation der ersteren gehe einfacher, gleichsam mit geringerem bhun des Organismus vor sich. So hob man hervor, dass die »mcomplcxe, in welche da"% Eiweiss und seine Verwandten zer- tt sein müssen, bevor sie verbrannt werden können, nur von

II Muskeln, Bindegewebsfasern, Zellen u. s. w. dargestellt würden, mussten die EiweissstoflFe , bevor sie in die Oxydation eingin- II, erst flüssige oder feste Bestandtheile jener Gebilde gewesen 11. Angenommen, alles dieses sei richtig, so würde daraus noch Ihts für die Fette und den Zucker folgen. Denn auch sie wer- II unbestritten durch eigenthümliche Wirkungen des Organismus 'dirt. In Wahrheit sind aber die Mittel und Wege der Zer- üung lUr Eiweiss, Fette und Kohlenhydrate so gut, wie unbe- unt, so dass man auf sie auch keine Unterscheidungen gründen im. Keinesfalls ist zur Zersetzung der Eiweisskörper , wie man iher glaubte, eine Muskelanstrengung nöthig, da Thiere, welche rrelativ sehr ruhiger Haltung, in Kästen eingesperrt. Tage lang Iharren, dennoch ungemein viel Fleisch täglich in Harnstoff um- loeiten können (Frerichs, Schmidt, Bischoff). Namentlich )oen die wichtigen Arbeiten des letztern Physiologen, die er theils ?in, theils in Verbindung mit Voit ausgeführt hat, dargethau, dass Hund sehr grosse Mengen von Amylon und Fleisch gleich leicht 1 ohne merkliche Aenderung seines Befindens umsetzt. Somit •^t physiologischer Seits aueh gar kein Gruud vor, die Umsetzung ider Stoffarten für prinzipiell verschieden zu halten.

602

NahrungBaoquivalente.

Dcaraus folgt, dass rücksichtlich der Wärmebildung Aequiva lente der Nahriuigsstoflfe hinzustellen wären, ein Unternehtieri, da keine Schwierigkeit hat, sowie man erst einmal die latente WärDn der betreffenden Atome kennen wird. Die schon erwähnte Eifahrung dass wir je nach dem Reichthum unserer Nahrung an Eiweiss au dieselbe C02-Menge viel oder wenig Harnstoff bilden , ohne dass wi dabei unsere Temperatur ändern, spricht auch entschieden für eiui solche Vertretung bei der Wärmebildung. Aber gerade diese Ei fahrung beweist auch, dass die Verti-etung keine vollständige wei den kann, da niemals weder die Umsetzung der stickstofffreie; noch die der sticksoffhaltigen Nahrungsmittel allein vor sich ge' Es scheint im Mechanismus der Zersetzung des thierischen Körp zu liegen, dass beide Stoffreihen gleichzeitig, wenn auch in gleicher Ausdehnung in die Zersetzung eintreten.

Zur Erzeugung der NeiTen und Muskelkräfte sind unzwe' haft die Eiweisskörper dienlich und wahrscheinlich auch unumgän lieh uothwendig, denn einmal sind diese Organe imter allen ü ständen sehr reich an diesen Stoffen, dann findet man in den S ten dieser Organe, namentlich in dfen Muskeln, um so mehr Ze Setzungsprodukte der Eiweisskörper, je angestrengter sie gearbe" haben, und endlich soll, gleiche Ausbildung der Muskelmasse vO ausgesetzt, ein und derselbe Mensch um so arbeitsfähiger seiu,| beträchtlicher der Fleischantheil seiner Nahrung ist. Diese TK Sachen schliessen es aber natürlich nicht aus, dass sich nicht au* die Fette und Kohlenhydrate an der Erzeugung von Muskelkräft^! betheiligen könnten , hierfür sprechen im Gegentheil die reichlic':' Mengen von Fett in den Nerven und ferner die bedeutenden M;^ kelanstrengungen, welche Menschen leisten, die sich vorzugsweiS von den eiweissarmen Kartoffeln und Brod nähren und endlich di Erfahrungen, dass man nach Muskelanstrengungen eine bedeuten| Vermehrung der Ausscheidung von CO2 und eine nur so gering von Harnstoff eintreten sah ; wäre in der That die Muskelkraft all auf Kosten des Eiweisses entwickelt worden, so müssten wenigste' der Harnstoff und die CO2 proportional vermehrt gewesen sein. B diesem Stande der Sache ist es jedenfalls besser, unentschieden' lassen, ob die Nahrungsstoffe sich behufs der Entwickelung vo mechanischen Ki'äften vertreten können.

Ein jedes Gewebe bedarf, da es eine bestimmte chemisch Zusammensetzung besitzt, auch bestimmter Stoffe zu seinem Ao bau. Die verschiedenen zu einem Gewebe uöthigen Bestandtheil

Verdauung der Speisen.

603

lässen also beschafft werden; wenn demnach die Nahrung /.um ?satz zerstörter oder znr neuen Herstellung von Geweben benutzt ärden soll, so können sich die einzelnen Nahrungsstoffe nicht ver- Bten. Dieses würde nur dann möglich sein, entweder wenn in iiem Gewebe verschiedene unter sich sehr ähnliche Stoffe zu dem- Iben Zwecke verwendbar wären, wie z. B. in den Knochen phos- uorsam'e und kohlensaure Magnesia statt derselben Verbindungen rr Kalkerde, oder wenn ein Stoff bei seinen Zersetzungen im Thier- rrper zu einem Atomcomplexe führte, welcher identisch wäre mit iiem anderen in der Nahrung geradezu aufgenommenen. Insofern innte also Amylon, das sich, theilweise wenigstens, in Fett ver- imdeln soll, bei der Ernährung des Hirns, des Fettgewebes u. s. w., eer es könnte Leim statt des Eiweisses zur Ernährung des Binde- vwebes und der Knochen verwendet werden. Diese Vertretung, ^jnn sie überhaupt besteht, würde aber jedenfalls eine sehr be- kiränkte sein. Unter allen Umständen ist es aber verwerflich, rradezu ein einfaches Nahrungsmittel, z. B. Eiweiss, das plastische eer auch nur das vorzugsweise plastische zu nennen, da in jedem III auch andere Atomgruppen zum Entstehen und zum Bestand der uisten Gewebe notliwendig sind. Wäre ausser den bekannten eemischen Zusammensetzungen der Gewebe noch ein weiterer Be- seis nothwendig , so könnte er leicht aus den Fütterungsversuchen rn Boussinga ult, vorzugsweise aus denen von Bischoff ge- urt werden. Aus diesen geht hervor, dass eine Nahrung, die vor- ^gsweise aus Eiweissstoffen und in geringer Menge aus Amylon i€r Fett besteht, viel weniger mästet, als eine solche bei welcher im das Fleisch minderte und statt dessen das Amylon oder Fett ührte.

C. Verdauung der Speisen.

Die Speisen müssen, bevor ans ihnen Blut entstehen kann, eemische und physikalische Umwandelungen erfahren. Diese gehen mehreren räumlich und funktionell von einander geschiedenen bhälteni vor sich, nämlich in der Mund- und Rachenhöhle, dem lagen, dem Dünn- und Dickdarme. Ein jeder derselben liefert einen i'itrag zur Verdauung durch hemmende oder beschleunigenden Be- (sgungswerkzeuge, durch Drüsen, durch die Eigenschaften der Häute, lilche Darm - und Gefässhöhlen trennen und endlich durch die allen «meinsame Wärme.

(304 Mechanische Arbeit der VordauungBwerkiseuge; Mund und Schlund.

Mechanische Arbeit der Verdauungswerkzeuge. 1. Mund und Schlund.

Lippen, Wangen und Kiefer sind, soweit sie nicht schon be sprochen, in ihren Leistungen Jedermann bekannt.

Die Zunge. Ihre Wurzel ist auf bekannte Weise durch Mub kein und Bänder an den Stylfortsatz, den Kiefer und das Zungen bein geheftet, sie folgt darum auch den Bewegungen der beiden letzteren und insbesondere denen des Zungenbeins. Das Zungen bein kann vermöge seiner Befestigung an dem Kehlkopfe eine all gemeine Ortsveränderung erfahren, oder es kann sich auch nacl Spannung der Bänder um diese letztern drehen; so können si namentlich die Hörner um den durch das lig. hyothyi-eoideum dium festgestellten Körper, oder dieser letztere um die durch ligamenta lateralia fixirten Hörner erheben oder senken. Gehobe wird das Zungenbein durch die Verkürzung der mm. stylohyoidi (und hyopharyngei"?), gesenkt durch die sterno-, thjTCo- und o hyoidei. Die Unterschiede dieser drei Muskelwirkungen liegen darifij dass der m. omohyoideus nach unten und hinten, der sternohyoideus naä unten und vorn Kehlkopf und Zungenbein zugleich ziehen, währeiii der m. thyreohyoideus den Abstand beider bestimmt. Die Mm. myii&' und geniohyoideus und digastricus anter. ziehen das Zungenbein nai vorn, wobei der erstere noch die Zunge gegen den harten Gaumi hin hebt, indem er den nach unten bauchig herabhängenden Keii räum abflacht. Alle Bewegungen, welche von den Muskeln Wurzel oder des Beines der Zunge ausgeführt werden, übertragi sich auf Zunge und Zungenbein zugleich; eine Ausnahme hiervi dürfte nur dem Hyoglossus zustehen.

Das freie Blatt der Zunge *), das seine Gestalt selbstständig vi ändern kann, ist von Muskeln durchzogen, welche etweder paralli der Längsachse, (mm. hyoglossi, longitudinalis inferior und sup| rior, stylogiossi), oder von der unteren zur obern Fläche (mm nioglossi) und von einem zum andern Rand (m. transversus linguaej laufen. Die verschieden gerichteten Züge verflechten sich in Zunge innig, und so können sie nicht allein die letztere verschnÄ- lern (und dabei strecken und verdicken), abplatten (und dabei vl^ längern und verbreitern), sondern auch krümmen. *

Die Nerven aller dieser Muskeln sind in vier verschiederieo Stämmen enthalten. N. ti'igeminus versorgt den m. mylohyoidetiü

I) KöUlker, Mikroskop. Anatomie. U. Bd. I. Abthl. p. 12.

Mechanische Arbeit der Verdauungswerkzeuge ; Mund und Schlund.

605

jd digastricns anterior, n. facialis den stylohyoideus und nn. hy- jlglossus und cervicalis II die übrigen Muskeln. Die Folgen ßser Anordnung für die Verknüpfung der Bewegungen sind unbe- mnt. Die willkürliche Erregung gebietet unbeschränkt über ■5 Nerven des stylo-, genio- und hyoglossus, omo-, sterno-, st}'lo- 'irreo- und geniohyoidei , longitudinales et transversi linguae, in- iu ebensowohl ein- als zweiseitig die Zunge nach vorn, nach taten, oben und unten bewegt werden kann. Beschränkt ist aber !'. Willkür, dem m. mylohyoideus gegenüber, insofern, als er iesmal nur beiderseitig zusammen ziehhar ist; der hyothyreoideus ülich zieht sich für gewöhnlich nur gleichzeitig mit den Spann- iiskeln der Stimmbänder und den Gaumen- und Schlundschnürern aammen.

Ueber die Zungenmuskeln, im engeren Wortsinn, ist eine derbe iidegewebshülle gezogen, in welche an vielen Orten die Muskeln sgehen ; sie ist mit einem hornigen Ueberzuge bekleidet, der sich ff dem Rücken in zahlreiche feine Fortsätze (papillae filiformes) webt. Der Ueberzug macht die Zunge rauh und, wo er dick ist, auch I! darunter liegenden weichen Gewebe weniger angreifbar. Da eer die Hornschicht auf den pap. fungiformes nur dünn ist und zu- sich die Zungenschleimhaut reichliche Vertheilungen des n. lin- aalis besitzt, so geht aus allem Diesen hervor, dass die Zunge

Schaufel und Tastwerkzeug sehr brauchbar ist.

Der Kehldeckel ist ein elastisches Knorpelplättchen , das Ih an das Zungenbein und die Spannknorpel des Kehlkopfes (cart. rreoid.) mittelst elastischer Bänder anheftet, welche ihm, wenn sich selbst überlassen bleibt, eine solche Stellung zu der Zun- •iwm-zel sichern, dass ihn ein Flüssigkeitsstrom in der Richtung 321 Schlund zm* Speiseröhre gegen den Kehlkopf umklappt. In «ser niedergedrückten Lage deckt er die Stimmritze aber nm- aon, wenn der Kehlkopf dem Zungenbeine durch die Verkürzung u m, thyreohyoideus genähert ist.

Der weiche Gaumen*). Seine bogenförmigen freien Rän-

von denen einer zum Rande der Zungenwurzel und ein anderer den Seitentheilen des Schlundkopfes läuft, schliessen bekanntlich ! mm. palatoglossus und palatopharyngeus ein. Die Zusammen- bhung des ersteren flacht den vorderen Bogen um ein Weniges , wobei der Gaumenvorhang, soweit es seine Nachgiebigkeit er-

•) Tourtoual, Ueber den Bau des monschl. Schlund- und Kehlkopfes. Leipzig 1848.

4

hm

606 Mechanische Arbeit der Verdauungswerkzeuge ; Mund und Schlund.

laubt, heruntertritt ; auf eine andere "Weise kann dem Verklirzungg- bestreben kein Genüge geleistet werden, da die in die Zungen- ränder eingehenden unteren Enden sich einander weder nähern, noch auch die Zunge heben können. Bei der Zusaramenziehung des an und für sich schon engeren m. palatopharyngeus treten d», gegen die freien Känder des hinteren Gaumenbogens zur Bildim| einer Spalte (Dzondi) von dreiseitiger Form zusammen, der^ Basis nach der Schlundwand hin gelegen ist (Tourtual). M dem Theile des Segels, der von der Spitze des Bogens bis zvää harten Gaumen sich erstreckt, münden die levatores palati poste* riores (cii'cumflexus palati) und anteriores, die tonsores palati und die levatores uvulae (azygos). Die vier Gaumenheber suchen, wentt sie kurz werden, das Segel, und insbesondere den an die Knochai grenzenden Theil in eine Flucht mit dem harten Gaumen zu heben M. azygos zieht bei seiner Verkürzung die gesenkten Bogenspitzai sammt dem Zäpfchen empor, und im gleichen Falle zerrt der tens(| die genäherten Bogenränder auseinander (?).

Diese Annahmen gründen sich theils auf Ableitungen aus dem Muskelrerlauf, thi auf direkte Beobachtung des lebenden Menschen , die entweder wie gewöhnlich von di^ Mundhöhle aus geschieht, oder, wie in seltenen Fällen möglich war, von der Nasi höhle aus (Dzondi, Bidder)*) nach Zerstörung des Oberkiefers oder von den unterer Stücken der Rachenhöhle nach Verletzungen im Seitentheile des Schlundes über de^ Zungenbeine (Kobelt).

Die Nerven dieser Muskeln stammen aus sehr verschiedene^ Quellen; m. palatoglossus erhält sie aus dem n. vagus; m. levat^ palati mollis posterior wird zugleich versorgt durch Fäden, die den nn. facialis, glossopharyngeus, vagus und accessorius aus dei Hirne ti-eten ; m. tensor palati empfängt seine Nerven aus den ti'igeminus, glossopharyngeus, vagus und accessorius; m. azygi aus den nn. vagus, accessorius und glossopharyngeus. Die N( ven des arc. glossopalatinus sind nicht ermittelt, da der Mus den meisten Säugethieren fehlt; auf den m. levator anterior b man noch keine Rücksicht genommen.

Die aufgezählten Muskeln sind, wenn überhaupt, der Willk nur in beschränkter Weise unterthan, indem niemals die Bewegunj^ des Gaumens nur auf einer Seite ausgeführt werden kann. Untl^ die in diesem Sinne wiUklirlich beweglichen Muskeln gehören ui^ zweifelhaft mm. levatores palati und uvulae. Reflectorisch eiTCgb»

is;

•) Dzondi, Die Piinlitionen des ivelchen Gaumens. Halle 1831. Bidder, Beobachtuilf Uber die Bewegungen des weichen Gaumens. 18S8. Kobelt, Froriep's Notisson. I8<().

I

Kauen und ScHingen. 607

äd die Gaumenschnürer, und zwar von den empfindenden Nerven j, die sich auf der ZungenwurzeJ , der hinteren Fläche des Gau- msegels und in der Schleimhaut über den mittleren Schlundschnü- )Q verbreiten.

Schlundkopf. Die Faserung der Schnürer geht zum Theil rraUg vom Kehlkopf und Zungenbein zur entgegengesetzten Kopf- ffte; die Züge der beiden Seiten verflechten sich in der hinteren rtellinie des Schlundes; zum Theil (im pterygo-, bucco- und ke- opharjTigeus) läuft sie quer von einer Seite zur anderen. Diese [-eifungen müssen die unteren Partien heben und seitlich zusam- npressen: an den Orten, wo die hintere Schlundwand locker an Wü-belsäule geheftet ist, können die Schnürer sie auch gegen Mundhöhle hin bewegen; die von der cart. thyreoid. entsprin- «den Fasern sind auch vermögend, die Platten des genannten lorpels gegeneinander zu beugen. Der m. stylopharyngeus id seinem Verlaufe gemäss die seitlichen Partien der Schlund- nd heben und auseinander ziehen, d. h. die Falten, die sich auf hinteren Wand gebildet haben, glätten.

Die Nerven des stylopharyngeus laufen im n. glossopharyngeus, Schnürer werden vom n. vagus, accessorius (und glossopharyn- >.s?) versorgt.

Ob einer dieser Muskeln ein- oder zweiseitig durch den Willen ligt werden kann, steht noch dahin. In Verbindung und unmit- jSiY nach der Erregung der Gaumenmuskeln scheint dieses nicht laögüch. Reflexbewegungen werden in ihnen ausgelöst auf tegung aller emfindenden Flächen hinter dem Gaumenbogen bis 11 Beginn der Speiseröhre.

Speiseröhre. Ihi-e Muskeln sind beim Menschen, abweichend . dem Verhalten der Haussäugethiere, aus Quer- und Längsfäden »mmengesetzt. Die Nerven derselben kommen aus dem Vagus- mme; sie sind dem Willenseinflusse durchaus entzogen und unen nur in besonderen Zuständen der Erregbarkeit von der sie kkenden Schleimhaut zu Zusammenziehungen veranlasst werden.

Die bis dahin erwähnten Werkzeuge vollführen das Kauen und Hingen.

Das Kauen oder Verkleinern der eingeflihrten und unter Um- laden mit den Schneidezähnen abgebissenen Speisebrocken ge- weht durch den mahlenden Druck der Backzähne; diesem Akte imnt die Kraft der Kieferschliesser, die Beweglichkeit des Unter- tferkopfes nach verschiedenen Richtungen und die Härte und Un-

608

Das Schlingen.

ebenheit der Backzähne zu Gute. Die Speisebrocken würden bei diesen Bewegungen von der erhaben gestellten Kaufläche herunter fallen, wenn sie nicht durch die Wangen, Lippen und die Zunge auf ihr gehalten wtirden. Wenn diese Einrichtungen das Abgleitei; nicht vollkommen verhüten, so hebt die Zunge das Niedergefallene wieder empor; diese letztere wendet zugleich die Speise von einei Wangenseite auf die andere, ein Vorgang, der namentlich heia Kauen ti-ockener Bissen öfter in Anwendung kommt. Den Häuft grad der eingeführten Stoffe prüfen die Zähne, welche bekanntlia sondenartige Tastwerkzeuge darstellen; in Verbindung mit derZungl geben die Zähne auch Nachricht, ob die Bissen den zum Schling^ hinreichenden Grad von Vertheilung erlangt haben. i Das Schlingen. Dieser Muskelakt, vermittelst dessen db| verkleinerte Bissen aus dem Munde in den Magen befördert werdöi soll, wird dadurch verwickelt, dass die Speisen, nachdem sie eiö mal in die Rachenhöhle geschoben sind, nun in den Oesophagm eindringen; also die Mündungen der Luftwege in den Rachen meiden sollen und zugleich nicht in die Mundhöhle zurückweichet dürfen. Das Einschieben des Bissens hinter den vorderen Gaumen bogen besorgt die Zunge ; zu dem Ende wird sie, nachdem sie dti Speisen auf ihren etwas hohl gestellten Rücken genommen hat, js| erst vorn gehoben durch die Muskeln des freien ZungenblatteB, dann aber in der Mitte durch die Zusammenziehung des m. my] hyoideus, indem er den Boden der Mundhöhle abflacht, und ei lieh an der Wurzel durch den m. styloglossus. Nachdem der Bissi somit durch die Zunge an den harten Gaumen gepresst und hini den arcus glossopalatiuus geschoben wurde, legt sich dieser um Zunge an und schliesst damit Schlund- und Mundhöhle von eli ander ab. In diesem Augenblicke werden auch die Nasenöi nungen und die Stimmritze gedeckt. Die ersteren dadurch, dal das Gaumensegel in Verbindung mit der hinteren Schlundwand zeitweilige Scheidewand zwischen dem oberen und unteren Th des Schlundkopfes, etwas unterhalb der Choanen, herstellt; hii bei greifen die einzelnen Theile so in einander, dass die levatoreS palati antici und postici in der Nähe des harten Gaumens und die schräg vom Kopf nach dem Larynx verlaufenden Schnürmuskeln des Schlundes die hintere Fläche des Gaumensegels zu einer horf* zontalen oder schief nach hinten abflachenden Fläche erheben ; diese Wirkung der bezeichneten Muskeln wird unterstützt durch den Bissen, welcher von der Zunge aus das velum palatinuni hebend vor si<^

Schlingen.

609

jscbiebt. Der Spalt, der zwischen dem hinteren Gaiimenbogen !.n noch übrig bleibt, wird geschlossen durch eine Falte, welche Ii von der Schlundwand hervorhebt in Folge der seitlichen Zu- umenpressung ,• welche der Pharynx durch die absteigend und ^zontal verlaufenden Muskelfasern erfährt. Der Uebergang

Speisen in die Luftröhre wii-d dadurch verhindert, dass der lildeckel sich über den Kehlkopf legt; der epiglottis wird der Ein-

in diese Stellung darum erleichtert, weil sich der Kehlkopf 'iiht und sich demnach gegen die Zungenwurzeln di'ückt; das legen des Kehldeckels selbst aber sollte, wie man früher an- m, durch den niedergehenden Bissen geschehen; Czermak*) jjedoch mit dem Kehlkopfspiegel nachgewiesen, dass dieses nicht

Fall sei, sondern dass der Kehldeckel durch seine Muskeln libgezogen wird. Soll der Verschluss des Kehlkopfs noch fester ; acht werden, so legen sich die wahren Stimmbänder aneinander, tfalschen Stimmbänder nähern sich und senken sich bis zum ^ständigen Verschwinden- der Morgagnischen Taschen auf die rren Stimmbänder und zugleich drückt sich der Kehldeckel mit ?3r nach hinten vorspringenden convexen Geschwulst auf die ihlossene Glottis (Czermak). In dieser Lage überragt die Epi- iis den Kehlkopf, sodass ihre freien Ränder beim leeren Schlin-

' durch den contrahirten Schlund aufgebogen werden können, »allend ist es , dass bei dieser kräftigen Berührung der obern tdsfläche kein Hustenanfall erzeugt wird, den doch jeder ein- [jende Bissen hervorbringt.

)Die Schliesser der Stimmritze spielen jedoch, beim Abhalten des Speisebissens Ton nuftröhre nicht die EoUe , die man ihnen früher allgemein zutheilte. Dieses geht I) hervor, dass kein Speiseantheil während des Schlingens in die Luftröhre fällt, man auch eine Eöhre oder die gesperrten Arme einer Pincette in die Stimmritze '.Ti o n g e t **), Bouchut). Unter Umständen ianu sogar nach Abschneidung «ehldeckels das Schlingen noch gut von Statten gehen (Longet).

IDem allseitig gedrückten Bissen bleibt somit nur der Weg in Hinteren Theil des Schlundkopfes, der um so leichter genom- wird, als sich derselbe mit der Hebung des Kehlkopfes der ■^enwurzel entgegenschiebt. Dort angelangt, wird er durch eine nnmenziehung der Schlundschnürer dem Oesophagus überliefert, iher sich jedesmal in den Stücken verengert, die unmittelbar

I Der Kehlkoprspicgel. Leipzig ISGO.

Longet, Traitd de Physiologie. I. 2 Abtli. 102. Bouchut, Aua den Sitzungsboriohton bdiziniachen Altademic zu Paris 186Ü.

«dwig, Physiologie n, 2. Aulinge. 30

Schlingoti.

oberhalb und um den Bissen gelegen sind ; diese Zusammenziehun schreitet mit dem Inhalte allmählig von oben nach unten fort, W( bei sie aber immer nur einen beschränkten Abschnitt der Muski latur zugleich ergreift, indem die Fasern der Orte, welche der Bisse verlassen hat, auch allmählig zu ihrer normalen Länge zurüej kehren.

Die Nerven, welche der Reihe nach beim Schlingen in Er gung /treten, sind nicht durchweg bekannt. Aeste der nn. trij minus, hypoglossus und des Vagussstammes sind unzweifelhaft h\ theiligt; ob auch die Schlund- und Gaumenzweige der nn. minus, facialis und glossopharyngeus dazu gehören, ist zweifelt Jedenfalls aber steht hier wie bei der Augenbewegung fest, da Nervenröhren mit sehr verschiedenen Hii-nursprtingen in diese coi binirte Bewegung als Erreger eingehen.

Die Zusammenziehung der einzelnen Muskelstticke *) desSchlin apparates ist in die eigenthümliche Beziehung gebracht, dass 1 normaler Erregbarkeit auf die Verkürzung eines höher gelegene Stückes jedesmal die der tiefer gelegenen bis zum Magen hin nac folgt, während niemals auf die eines tieferen die Zusammenzi hung eines höheren folgt. Man drückt dieses gewöhnlich so ai^ dass dem Schlingapparate eine peristaltische, aber keine anti]^ Staltische Bewegung zukomme. Das Fortlaufen der perist sehen Bewegung geschieht allmählig und ist namentlich abli gig von der Zeitdauer, welche jedes einzelne Stück zur Voljjj dung seiner Zusammenziehung verbraucht, da die nächst gelegenen Partien nicht eher in den Zug der Bewegung eintre bevor nicht die höheren wieder zu der Erschlaffung gekommen s| Die Einleitung der Bewegung ist, wie es scheint, nur bed vom Willen abhängig; dagegen kann sie ohne äussere Ursä unwillkürlich (vgl. I. Bd. 213) und auf reflektorischem Wegej Stande kommen. Die sensiblen Orte, deren Erregung das Sei gen einleitet, scheinen für gewöhnlich auf die hintere Fläche | Gaumens und den Eingang in den Kehlkopf (Wild, Longet| schränkt zu sein; nur zuweilen gelingt es, die fortlaufende BS gung durch einen Anspruch der Speiseröhrenschleimhaut auszulS Einmal eingeleitet schreitet die Bewegung unaufhaltsam bis' Magen fort, so lange Nerv und Muskel erregbar und unver sind, und so lange sich der fortschreitenden Bewegung kein derniss entgegenstellt. Durchschneidet man aber die Muskeln odi

•) Wild, Henic's und Pfeufcr's Zeitschrift. V. Bd. 76.

Mechanische Arbeit der Vordauungswerkzeuge; Magen.

611

Fven des Oesophagus , oder presst man ein beschränktes Stück des eeren durch einen umgelegten Faden zusammen, so überschreitet \von oben herkommende Zusammenziehung den verletzten oder tückten Ort nicht (Wild).

DOer 'Wille Tcrmag die Schlingbewegung nur dadurch einzuleiten, dass er den festen :€üssigen Inhalt der Mundhöhle in den Eaehen schiebt, welcher dann die dort rndenen sensiblen Nerven erregt; dieses geht am deutlichsten daraus hervor, dass »auf Geheiss des Willens nur bis zum Verschwinden allen Speichels (drei-, vier- ünfiual unmittelbar hintereinander) schlingen kann, dass sich aber die Fähigkeit > sogleich wieder einstellt, so wie sich wieder Speichel in der Mundhöhle ansam- . oder ein Bissen in sie eingebracht wird. Die Angabe , dass die einmal einge- !S Schlingbewegung zu ihrer Fortführung der reflektorischen Erregungen nicht be- und namentlich nicht in Abhängigkeit steht von den Erregungen, die der weiter rrte Bissen in der Schleimhaut hervorbringt, stützt sich darauf, dass sich die Be- i;ig selbst dann fortsetzt, wenn der Fortgang des Bissens, z. B. durch einen ange- fen und festgehaltenen Faden, aufgehalten wird. Siehe das Genauere bei Wild.

2. Magen.

Dieser geräumige Behälter ist im leeren Zustande so aufge- r;t, dass er seine grosse Curvatur nach unten wendet; im ge-. 'in dreht er sich dagegen nach vorn und somit stellt er seine ue Krümmung nach hinten, welche sich dann über die Wii'bel- !i und die auf ihr laufenden Gefässe hinspannt, ohne diese letz- II zu drücken. Diese Drehung muss um eine Linie geschehen, Ihe durch die beiden am festesten angehefteten Punkte, die i ia und den Pylorus bestimmt ist. Die Drehung wird möglich,

die Krümmungen nur durch die schlaffen Netze angeheftet und die vordere und hintere Magenfläche mit ihren glatten Ihfellüberzügen frei in der Peritonialhöhle liegen. Der Mecha- ras, welcher diese Drehung leitet, ist noch nicht ermittelt. Jeden-

ist er von irgend welcher Muskelzusammenziehung unabhän-

da sich auch der Magen in der Leiche bei seiner Anfülluug ;. In dieser Lage nimmt nun die Cardialöffnung die höchste )i ein, so dass gegen sie die spezifisch leichtesten Bestand- 13 des Mageninhaltes zu liegen kommen. Enthält also neben m und flüssigen Stoffen der gefüllte Magen auch Luft, so wird iich an der bezeichneten Stelle finden und durch den Magen- l austreten, wenn er geöffnet ist. Die Muskulatur des Ma-

macht vermöge der Anordnung ihrer Fasern eine Verschlies- . seiner Mündungen, insbesondere der nach dem Dünndarme ihrten, möglich, und ausserdem kann sie eine im Einzelneu ttigfach abgeänderte Verengerung der Magenhöhle herbeiführen,

39*

612

Mechanische Arbeit der Verdauungswerkzeiigc ; Magen.

i

Nerven erhalten die Magenmuskeln aus den Zweigen des n. vagu des splanchnicus und dem grossen, viele Ganglien enthaltend(||F Geflecht, welches in der Bindegewebshaut gelegen ist (Meissnei" Manz*). '

Die Bewegungen**) des lebenden Magens, der in seinen tiirlichen Verbindungen und unter normalen Verhältnissen steht, sH keine einfachen Zuckungen, sondern verwickelte Vorgänge, der«^ innerer Zusammenhang nicht durch die einfache Beobachtu: sondern nur durch den zergliedernden Versuch aufgedeckt werdj kann. In der letztern Kichtung ist jedoch noch wenig geschel Wir wissen überhaupt nur, dass sich der ausgeschnittene Speisen gefüllte Magen des Kaninchens rhythmisch zusammenziel Diese Bewegungen ersü-ecken sich namentlich auf den dem Oed phagus unmittelbar angrenzenden Theil der Cardia. Bei ihrq Eintritt plattet sich der in der Nähe konisch geformte Theil ab, wird der Oesophagus in die Mageuhöhle hineingezogen und Cardialsphincter schliesst sich. Diesef Bewegungen kehren na minutenlangen Pausen wieder (Basslinger). Sie sind bisli weder am nüchternen Magen des Kaninchens, noch am gefäUlj oder leeren anderer Thiere beobachtet worden, vorausgesetzt, derselbe ausgeschnitten war. 2. Reizt man den ausgeschnittCTj Magen auf seiner serösen Fläche momentan und beschränkty^l stellen sich zuweilen weit verbreitete und lang dauernde Beweg gen ein, deren Form und Dauer aus den Eigenschaften des Re nicht abgeleitet werden können. Statt und neben diesen B^ gungen, die wie gesagt, häufig fehlen, stellt sich dagegen u eine Zusammenziehung ein, die als eine directe Folge des ßdli angesehen werden kann. Diese Contractionen geschehen in (d den glatten Muskeln eigenen langsamen Weise. 3. Der heull geschnittene, entleerte, ruhige Magen eines Säugethieres kommt [ Bewegung, wenn man ihn in der Luft auf 19" bis 25» C. erwä (Calliburces). 4. Reizt man am ebengetödteten Thiere Stamm des n. vagus am Halse, so kann eine Bewegung des gens eintreten oder ausbleiben. Das erstere geschieht vorzuj weise, wenn der Magen einige Zeit hindurch in Verdauung begr

») Manz, Die Nerven und Ganglien des Säagetliierdarms. Freiburg 1S59. *•) Basslinger, Wiener Sitzungsberichte. XXXVII. Bd. Wolf, Meissners Jahresbei tiu 1857. 494. Volkmann, Norvenpliysiologie im Handwörterbuch der Physiologie U. Bd. Longet, Traitd de Physiologie I. 2. Abtlilg. 1857. 120. B u I a t o w i oz , de parlibns nervi vngi in vomltu agunt. Dorn 1858. Calliburces, Compt. reud. XLV. Busch, flir pntholog. Anatomie. XIV. Bd. 1G6.

Mockauische Arbeit der Yerdauuiigsworkzougü ; Magen.

613

r. Die Bewegimg ist entweder eine peristaltische , oder sie be- llt in einer Ziisammenschniirung, die sich vom Gipfel der grossen

tiefsten Ausbengung der kleinen Curvatur erstreckt (Biscboff,

iiget) oder in Zusaramenscbniirimgen des Pylorusendes (Wolf).

iler Magen bewegungsfäbig, so tritt die Zusammenziebimg nicbt 1 littelbar, sondern erst einige Sekunden nach der Einwirkung 0- vorübergehenden Reizes auf, auch kehrt sie öfter nach Ent- lang des Reizes wieder. 5. Betastet man am lebenden Thiere vti eine Fistel hindurch die " Schleimhautfläche des Magens mit ?3i um mehrere mm. von einander abstehenden Drähten, durch

ein Induktionssti'ora geht, so erzeugt man durch Berührung der rdia Brechbewegungen, die mit einer Erschlaffung des Cardial- irtners verbunden sind. Einen ähnlichen Erfolg kann man weder cch Reizimg des Fundus noch des Pylorusendes hervorbringen

Ludwig, Kupffer). Dieser Erfolg fehlt, wenn vorgängig die wagi am Halse durchschnitten waren (Bulato wicz). 6. Wird

Schleimhaut des Pylorus in der oben bezeichneten Weise oder

dem eingeführten Finger gereizt, so erfolgen kräftige Zusam- nziehungen des Pyloruspförtners. 7. Wenn der Magen des le- i4den Hundes mit Speisen angefüllt ist, s-o entstehen am Cardial- iile rhythmisch wiederkehrende Contrakturen , die meist mit der ipiration beginnen und mit der Exspiration nachlassen (L o n g e t). •ise Bewegungen werden am Magen des lebenden Kaninchens oesmal durch eine Schlingbewegung veranlasst, indem sich die iistaltische Bewegung des Oesophagus auf die Cardia fortsetzt iisslinger). 8. Der mit Speisen gefüllte Magen des lebenden iiischen und Hundes lässt Bewegungen gewahren, die eine Ver- :^erung seiner Höhle anstreben; sie sollen nach Beobachtungen,

Beaumont bei einem Menschen anstellte, der eine Magenfistel isass, peristaltisch vom Fundus gegen den Pylorus hin- fort- i reiten. Diese Bewegungen kehren, wenn- sie einmal eingetreten ^d, wie die Untersuchungen an Hunden lehren, nach mehr oder uniger kurzen Zeitabschnitten wieder. Ausser dem peristaltischem ildus wurde auch ein antiperistaUischer beobachtet. Diese Bewe- lagen ti-eten jedoch nicht alsbald nach dem Niedcrschliugen der •eisen, sondern erst dann ein, wenn die letztern einige Zeit im igen verweilten; Longet sah sie durch eine Magenfistel des Hun- ■i erst nach schon weiter fortgeschrittener Verdauung zum Vor- •lein kommen. Dem entgegen beobachtete Busch, dass schon

bis 35 Minuten nach dem Speisen das Genossene aus einer

614

Mochanisclie Arbeit der Verdauungswerkzeugo ; Dünndarm.

Dünndarmfistel einer Frau hervortrat. Aehnliches sieht man öfter h Hunden , die eine Duodenalfistel tragen. 9. In der Nacht sind kein Magenbeweg-ungen vorhanden, selbst wenn der Magen Speisen enthä und sich kein Schlaf eingestellt hat (Busch). 10. Nach Durchschnc dung der un. vagi werden die Bewegungen vielleicht schwächer, abi sie hören nach übereinstimmenden Angaben nicht auf, zu erscheinei| Aus Allem scheint zu folgen, dass der Magen einen automatische Erreger in sich trägt, welcher die räumliche und zeitliche Ordnn der Bewegung bestimmt. Diese Selbsterreger können aber an von aussen her und, zwar sowohl durch den n. vagus wie an durch reflectorische Veranlassung zur Auslösung von Keizen stimmt werden. Je nach der Oertlichkeit der ursprünglich erreg von aussen her eindringenden Nervenmassen (Cardia, Pylorus,^ vagus) werden auch nur bestimmte Muskelabtheilungen zur Beweguii| veranlasst. Die automatischen, beziehungSAveise die reflectoriscl Organe sind aber nicht immer im Zustand der Erregbarkeit, und scheinen auch nicht alle automatischen Stellen des Magens glei^ zeitig in die letztere zu gerathen. Für die Verdauungslehre ist^ wichtig, dass die den Pylorus beherrschenden Nerven schon mlie dem Eintritt der Speisen in den Magen erregbar werden, währeiipf die zu den übrigen Muskeln gehörenden Nerven erst dann tha werden, wenn die Magenverdauung schon kürzere oder läng Zeit im G-ang ist.

3. Dünndarm.

Als ein Eohr von beträchtlicher Länge, dessen Wandungen B zum Verschwinden der Höhle von den gespannten Bauchdecken i sammengepresst werden, bietet er ein ganz anderes Verhälträi zwischen Binnenraum und "Wandungsfläche, als der Magen. 9 Anheftung durch das Peritonäum zwingt das Heum und Jejuäi in Schlingen zu hängen, die wechselnd auf- und absteigen könfll das festgeheftete Duodenum" wechselt zum Vortheil der Gallen- Ufi Pankreasgänge, welche seine Wand schräg durchbohren, seinen ® niemals. Die Falten der Schleimhaut des Jejunum sind so legt, dass sie das Gleiten des Inhaltes in der Richtung von obe nach unten erlauben, während sie durch einen Stoss im umgekeh ten Sinne aufgestellt werden.

Die Längs- und Kreisfasein in der Muskelhaut des Dank werden mit Nerven versorgt aus den nn. vagus, splanehnic. und min. und endlich aus dem von Meissner entdeckten plext

Mechanische Arbeit der Yordauungswerkzeuge; Dünndarm. 615

igliosiis, der in der Bindegewebshaut des Darms ausgebreitet

;-t.

Die Bewegungen*) der Muskelbaut sind entweder einfacbe auf gereizte Oertlichkeit beschränkte Zusammenziehungen (lang- le Zuckungen) oder geordnete Bewegungen. Die letzteren können ' er zwei Formen auftreten; sie sind nämlich entweder stehende, denselben Darmumfang rhythmisch wiederkehrende Verkürzungen I Verengerungen (pendelnder Modus), oder sie sind fortschrei- Bewegungen. Bei diesen letzteren entsteht eine Zusammen- lung der Längs- imd Kreisfasern an einem beschränkten Darm- k; alsbald nach Vollendung der Contractur lösst sich dieselbe h wieder und während dieses geschieht, zieht sich ein zunächst under Darmumfang zusammen, dieses zweite Stück wird dann iit'alls wieder von einem dritten abgelöst u. s. w. Die Reihen- de schreitet hierbei immer nach einer Richtung fort; je nachdem von oben nach unten oder umgekehrt weiter geht, wird sie ristaltische oder antiperistaltische genannt.

Zu den Bedingungen, unter welchen diese Bewegungen ent- Ihen und vergehen, zählen erfahrungsgemäss folgende. 1. Der •'i der Unterleibshöhle im Ganzen oder nur in Stücken herausge- mmene, von seinem Mensenterium möglichst vollständig befreite inndarm bleibt ungereizt entweder in Ruhe oder er bewegt sich ;ih dem fortschreitenden oder dem pendelnden Modus. Besonders '^gebildet treten die Bewegungen an dem ausgeschnittenen Darm ■• Thiere auf, die nach der Durchschneidung beider nn. splanch- ii noch einige Tage gelebt haben (Haffter). 2. Wird die se- te Oberfläche des ausgeschnittenen Darms in beschränkter Aus- iinung durch einen Induktionsstrom oder durch einen harten ■rper berührt , so stellt sich entweder eine geordnete oder auch tr eine einfache Reizbewegung ein. Je entfernter im Allgemeinen ; Zeit, in welcher der Darm gereizt wurde, von dem Augenblick Todes ist, um so weniger Aussicht hat man auf geordnete vwegungen zu treffen; einfache Zuckungen lassen sich dagegen «ge nach dem angegebenen Zeitpunkt erzeugen. 3. Wird der >8geschnittene und bei gewöhnlicher Zimmerwärme zur Ruhe ge- t>mmene Dann durch Luft von 19" bis 25" C. erwärmt, so beginnt

Ausser der beim Mngcn angofllhrten Littcratur : S o Ii w ar z e ii h er g, Ilcnlo und Pfoufer's •tochrift VlI. 311. Haffter, Ibid. N. V. IV. Bd. Betz, Ibid. N. F. I. Bd- I'flllger, )er das Ileminungsnervcnsystcm. Bfrlln 1S57. C. Ludwig und Kupffur, Wiener Sltzunga- ichtc. 25. Bd, D 0 n d e r 8 , Physiologie des Menschen. 2, Aull. 1859. 308.

616

Mechanische Arbeit der Vordauungsworkzeugo; Dünndarm.

er, vorausgesetzt, dass er durch seinen Inhalt nicht merklich aus gedehnt war, geordnete Bewegungen (Calliburces). Erhöht sicL die Temperatur aber auf 35" C, so hören die Bewegungen auf. *.

4. Der blossgelegte Darm eines lebenden Thieres (namentlich de Katze und des Hundes, nicht selten aber auch des KanininchenS liegt meist voUkommmen ruhig. Dasselbe sieht man häufig an dei Darm eines ebengetödteten, und namentlich auch des durch ehuK Herzstich umgebrachten Thieres. Einige Minuten nach dem Tode, gefähr zu der Zeit, wo das Rückenmark abstirbt, geräth der Daai in weit verbreitete pendelnde und ' fortschreitende Bewegungen.

5. Unterbricht man nach Bloslegung des Darms den Blutstrom S dem letztern dadurch, dass man die Aorta zudrückt, so fängt dit bis dahin ruhige Darm an sich zu bewegen (Schiff). Dieser 1^ tere Erfolg bleibt übrigens auch oft aus, und da man beim Drue auf die Aorta auch leicht darmbewegende Nerven reizt , so ist e wünschenswerth, den Versuch mit Sorgsamkeit zu wiederholen. Nac vorübergehenden Verschluss der ven. portar. soll sich zuweilen au6 Darmbewegung einstellen (Betz, Donders). 6. Durch Reizung namentlich durch Aetzung des gglion. coeliacum lässt sich fa immer eine anhaltende peristaltische Bewegung einleiten. 7. Durc Reizung des Vagusstamlnes am Halse kann man den ruhende Darm in geordnete Bewegungen versetzen, die einige Minui nach dem Eintritt der Reizung beginnen, sich auf ein mehr odä weniger ausg'ebreitetes Darmstück ausdehnen, resp. an verschied! nen Orten gleichzeitig beginnen, und oft während noch bestehendi Vaguserregung wieder aufhören, noch häufiger aber die letztem tiberdauern. Aber die Reizung des n. vagus hat nicht immer diesi Erfolg. Namentlich bleibt mit seltenen Ausnahmen der blossgel Darm des lebenden Thieres während der Vaguserregung vollkomnl! ruhig; erstickt man darauf das Thier, so wird man aber sie einige Minuten nach dem letzten Athemzug auf jeden Induktioni reiz des n. vagus Bewegung eintreten sehen (Valentin, Wo Kupffer und C. Ludwig). 8. Die Reizung der nn. splanch kann je nach Umständen eine vorhandene peristaltische BeweguBi zum Schweigen bringen oder den ruhenden Darm zu Bewegung» veranlassen. Das erstere geschieht, wie Pflüger entdeckte, siohe^ aia. lebenden Kaninchen, wenn dessen Darm nach Eröffnung dei Unterleibshöhle selbstständig in Bewegung geräth. Während dej Darmruhe,- die der erregte splanchnicus hervorbrachte, kann durcl jede auf den Darm selbst angebrachte Reizung eine rasch vorüberj

1^

Mechanische Arbeit der Verdauungswerkzeuge; Dünndarm. (317

Ii ende Bewegung eingeleitet werden, dagegen kann die durch den \ agus veranlasste Bewegung nicht entstehen, so lange eine ent- iH'hend starke Reizung des n. splanchnicus vorhält. Ist da- ;en das Thier abgestorben, so kann man einige Minuten nach 11 letztem Athemzug durch eine vorsichtig auf den n. splanchni- ^ beschränkte Erregung den bis dahin ruhigen Darm zu einer übergehenden Bewegung veranlassen (Kupffer, C. Ludwig). 'J. Am lebenden Menschen und Thier kann die Darmbewegung

I geschlossener Unterleibshöhle sichtbar werden entweder bei -serordentlicher Magerkeit oder mit Hülfe einer Darmfistel (C. ulwig, Busch). Hier gewahrt man, dass der Darm Zeiten der lie und der Beweghchkeit hat. Beide Perioden dauern oft Stun-

II lang. In der Zeit der Beweglichkeit folgen sich in kurzen i-c'henzeiten peristaltische und antiperistaltische Gänge; beim

de (Darmfistel am Ende des ileums) wurden nur peristaltische, im Menschen (Darmfistel am Anfang des jejunum) auch antiperi- Uische beobachtet. Zur Zeit der Beweglichkeit kann durch sanfte mihrung der Schleimhautfläche (also auch durch die Anwesenheit m Speisen und Galle u. s. w.) jedesmal eine Bewegung eingeleitet lerden. Die Beweglichkeit tritt ein zur Zeit der Verdauung, aber !! fehlt auch nicht am püchternen Thiere ; nach mehrtägigem Hun- rrn kann sie sogar sehr häufig und anhaltend auftreten. Auch iieint es nicht, als ob sie an Thieren häufiger wiederkehre, deren .. splanchnici durchschnitten sind (H äfft er). Gewisse Arz- iien (die drastischen Abfühnnittel) scheinen begünstigend auf das ^scheinen der Beweglichkeit zu wirken. Die Zeit der Ruhe aeint namentlich während der Nacht anwesend zu sein, selbst ■mn Speisen genommen wurden und kein Schlaf eintrat. In der ihezeit kann durch selbst kräftige Berührung der Darmschleimhaut line Bewegung eingeleitet werden (Busch, Schwarzenberg).

Aus diesen Thatsachen ergiebt sich, dass der Darm in seinen iiuten ein automatisches und zur reflektorischen Uebertragung ge- Ihicktes Organ birgt, dieses ordnet und bestimmt die Bewegungen xs Darms je nach seinem innern Zustande. Dieser letzlere wird «•er geändert durch die Erregungen der nn. vagi und splanchnici, iirch eine Aenderung der Temperatur, eine solche des Blutstroms, ■id durch gewisse Arzneimittel (?). Je nach den gerade vorhan- imen Eigenthümlichkeiten des Organs können namentlich die erreg- n Nerven Bewegung auslösen, oder unterdrücken oder auch voll- )mmen wirkungslos bleiben.

|5t

618 Mochanisclio Arbeit der Verdauungsworkzeuge ; Dickdarm.

4. Dickdarm.

Dem Verliältniss seiner Wandflächen zu seinem Binnenraum gemäss steht er in der Mitte zwischen Magen und Dünndarm. Die auf- und absteigende Richtung seiner Höhle, welche durch die Bauch fellanheftung unverrtickt erhalten wird, bedingt nothwendig die Schei dung des flüssigen und festen vom gasförmigen Inhalte, indem dei letztere ebensowohl vom Coecum als vom Rectum gegen den Quet grimmdarm emporsteigen wird. Die Massen, welche einmal atii dem dlinnen in den dicken Darm geti-eten sind, werden durch dä! häutige Ventil zwischen beiden, die Valvula Bauhini, verbinde^ nach dem Ileum zurückzukehren, da dasselbe die weitere Müä dung seines tiichterförmigen Hohlraumes gegen den Dünndaiii kehrt. Die Last des Kothes ruht im Beginn des Dickdarmes nicl auf dieser Klappe, sondern auf dem Coecum, weil, sie bekamfl lieh wie die Mündung des Dünndarmes selbst an der Seitenwain des Colon angebracht ist. Der im Colon asoendens aufsteigend* Koth findet in den seitlichen Buchten (haustra) Ruhepunkte, weiii die ihn emporti'eibende Bewegung nachlässt. Aus diesen muss i wegen ihrer spiraligen Anordnung bei wieder beginnender Bewe gung nach oben gehen. Der Inhalt des absteigenden Grimmdarmö wird aus demselben Grunde nicht unmittelbar nach unten sinkei Ist er aber einmal im Mastdarme angelangt, so drückt er nicht lüi mittelbar gegen die Oeffnung desselben, sondern er lastet, so lan] er oberhalb der Blase steht, auf dieser, und ist er hinter sie langt, auf der plica transversalis recti und der Ausbiegung Kreutzbeines, so dass er selbst durch den geöffneten After (nai Durchschneidung oder Lähmung der Sphinctern) vermittelst "d^ Schwere nicht ausgedrückt wird (Kohlrausch)*). '

Auf die Bewegungen des Dickdarmes findet zum grössten Thf auch das beim Dünndarme Gesagte Anwendung. NachweissliS verschieden sind die peristaltischen Dickdarmbewegungen dadurOT, dass sie nicht durch den gereizten n. splanchnicus besänftigt wi den können (Pflüg er). Der verbreiteten Annahme, dass der sphinfe ter ani durch einen stetigen Schluss den Austritt des Kothes hemmli steht die schon angeführte Wahrnehmung des gleichen VerhalteflS bei gelähmtem Afterschliesser entgegen; aber auch in vollkonimeD beweglichem Zustande ist der Anus nicht immer gesperrt, wie maD bei Touchiren desselben leicht wahrnimmt. Von der Haut döi

") Zur Anatomie und Physiologie der Becicenorgane. Leipzig 1854. p. 5. n. f.

Bauchpresse.

619

tereinganges kann dagegen sehr leicht eme reflektorische Bewe- ng eingeleitet werden. Auffallend bleibt der lange Zeitraum, lohen der Koth zu seinem Durchgange durch das Colon bedarf. 5. Bauehpresse.

Der Darminhalt steht endlich noch unter dem Einflüsse der 1 drückenden Bauckmuskeln und der Widerhalt leistenden Bauch- Dchen. Zwei Bauchmuskeln, das Zwergfell und der quere Bauch- iskel, sind so aufgespannt, dass sie bei ihrer Verkürzung die ucheingeweide unter einen allseitigen Druck versetzen, ohne dass ' eine besondere Eichtung desselben bevorzugten. Dieses wird iie "Weiteres aus Fig. 71 verständlich, welche in einem sche-

matischeh Körper- Durch-

Fig. 71.

Fig. 72.

schnitte die-Faserrichtung des Zwergfelles (zz) und des m. transversus (tt) wiedergiebt. Neben die- sen beiden Muskeln tragen aber wesentlich zur Bil- dung der Bauch wand die Obliqui bei. Der äussere oder absteigende (cid) in Fig. 72 giebt, seinem Far serverlaufe entsprechend, den Eingeweiden neben einem Drucke gegen die Wirbelsäule auch noch einen solchen gegen das Zwergfell; der innere oder aufsteigende {aa) muss dagegen bei seiner Ver- kürzung den Bauchinhalt nach unten ziehen; wir- ken beide gemeinsam, so werden sie die Bauch- höhle allseitig verengern.

In Folge der aufge- zählten Pressungen kann m 1. der Inhalt der Gedärme weiter bewegt werden; dieses ge- iihieht namentlich bei dem Auf- und Abgange des Zwergfelles, wie e Ver-suche an Thieren, denen Darmfisteln augelegt wurden, lehren.

g20 Erbrochen. |

Ein Draht, der in eine solche gesteckt ist, wii-d bei jeder Ein- athmung nach aussen und während jeder Ausathmung nach innen,) bewegt. Da diese Bewegungen während der verschiedenen Aktj^ in umgekehrter Richtung gehen, so heben sie sich im Enderfolg mehr oder weniger auf. Sie sind dagegen insofern bedeutungsvoll als sie den flüssigen Inhalt von den . verschiedensten Seiten heji gegen die Darmwand und deren Falten anstossen. 2. Die Pressu% gen werden sehr hülfreich und vielleicht entscheidend sein für di* Entleerung der Stoffe aus den beiden natürlichen Mündungen 'd^ Darmkauales, der Mundhöhle und dem After, dem Erbrechen und Kothen.

a. Erbrechen. Das Auswerfen des festen oder flüssigen Mageninhaltes, durch die Cardia und den Schlund in die Mundhöhle kann unzweifelhaft besorgt werden durch jeden heftigen und ins- besondere durch jeden allseitigen Druck auf die Bauchhöhle, vor-^ ausgesetzt, dass der Magenmund und der Schlund ofi'en stehen. Dafür bürgt nicht allein der geradlinige Verlauf des Schlundes, sondern es ist der empirische Beweis dadurch gegeben, dass man den gefüllten Magen einer Leiche durch einen entsprechenden Druck auf die Bauchhöhle sogleich entleeren kann. Darum wird also, wenn der Cardialsphincter erschlafft ist, während das Diaphragma, mm. transversus und obliqui sich zusammenziehen, Erbrechen statt? finden können. So wenig über diesen Punkt gestritten werden kann, so schwierig ist es, zu entscheiden, ob auch während de^ Lebens das Erbrechen nur unter den bezeichneten Umständen sicli ereignet, oder ob nicht noch gleichzeitig eine Zusammenziehung des Magens hinzutritt. Die Schwierigkeit liegt einmal darin, dass ein Thier sich noch erbrechen kann, wenn auch die Bauchhöhle desselben eröffnet wurde, ja wenn ein Theil des Magens aus der Bauchwunde hervorgezogen wurde; zweitens aber wird die Ent- scheidung dadurch erschwert, dass sich während des Erbrechens die Bauchmuskeln jedesmal kräftig zusammenziehen. Eine Be- sprechung der Literatur und der in Betracht kommenden Fragen findet man bei Rühle*). Die Muskeln der Speiseröhre bleiben während des Erbrechens erschlaff"t, insbesondere aber zeigt sich keine antiperistaltische Bewegung (WildJ, die man früher allge- mein annahm.

•) Traube, Beiträge zur cxporimontcllen Pathologie. 1. Heft. Siehe auch Vnl cnti u'sLehr- buch der Physiologie. 1. Bd. 273.

Kothen. Chemisclie Arbeit der Verdauungssäfte.

621

lieber die Betheiligiing der Nerven an der Breclibewegung ist iir bekannt, dass sie reflektorisch eingeleitet werden kann durch iregnng einiger noch nicht genauer bestimmten Abtheilungen des hlundes und' der Zungen wurzel , durch Bestreichen der Cardial- lileimhaut des Magens und durch Heizungen der Peritonaealfläche CS Magens, des Dünndarms, des Ureters u. s. w. Starke Ge- liithsbewegtingen, Ekelvorstellungen u, s. w. leiten ebenfalls das rbrechen ein. Nach Durchschneidung des n. vagus kommt ein re- . ktorisches Erbrechen nicht mehr zu Stande (Bulatowicz).

b. Das Kothen. Durch die Bauchpresse kann der Koth nur :um aus dem Mastdarme entleert werden, wenn er die Darmhöhle Hin S romanum an bis zum Mastdarme hin füllt. Enthielte nur erstere Darmstück Koth, so würde der Druck ihn nicht weiter irdern, weü derselbe die Schlingen jenes vom Mastdarm absperren . iirde, und zwar entweder dadurch, dass ihre Wände gegen ein- 11 der oder gegen die Bauchwand gepresst würden. Ist aber nur 11 Mastdam Koth enthalten, so wirkt der Druck nicht mehr auf III, denn das Kectum liegt ja grösstentheils ausserhalb der Bauch- i'lile. Von der Richtigkeit der letzteren Behauptung kann man 'i li jeden Augenblick überzeugen, wenn man einen beliebigen ;^enstand in das untere Ende des Mastdarms einführt, so dass er noch aus der Aftermündung th eilweise heiTorsteht ; er wird durch iitoch so heftiges Drängen nicht aus dem After befördert. Darum sst auch in der That das Kothen der Bauchpresse nicht allein über- aassen; insbesondere ist eine thätige Mitwirkung der peristaltischen >3ewegung des ganzen absteigenden Dickdarmes und dem levator i!;ni (dem Afteröffher) zugestanden. 'Wahrscheinlich betheiligen sich* iiuch m. coccygeus und transversus perinaei prof. an dem Akte, welche hinten und vorne dem andrängenden Kothe einen Wider- iialt entgegenstellen. Siehe Kohl rausch am angezogenen Orte.

Chemische Arbeit der Verdauungssäfte.

Eine chemische Untersuchung der Umwandelungen, welche die ^^5peisen während ihres Aufenthaltes im Darmkanale erfahren, muss 'ZU ermitteln suchen: a) den Unterschied, welcher zwischen der ^Zahl und Anordnung der Atome in den veränderten und unverän- dei-ten Nahrungsstoifen besteht. Die Zahl der Atome hat die Ele- mentaranalyse festzustellen; die Anordnung ist darum zu berück- sichtigen, weil die Verdauungssäfte meist weniger die Zusammen- setzung als die Lösliclikeit, die Verwandtschaften und die Spaltbar-

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Chomisclie Arbeit der Verdauungswerkzeuge; Speichel.

keit der einfacben Nahiuugsstoffe ändern. b) Es ist der Einfiuss festzustellen, den jeder einzelne Drüsensaft auf jeden einzelnen Nabrungsstoflf ausübt. Dabei ist zu berücksicbtigen, dass jeder Drüsensaft von veränderlicber Zusammensetzung- ist, es müssen also die verschiedenen Modifikationen eines und desselben Saftes zur Prüfung kommen; da ferner jeder Saft ein Geinenge verschiedener Stoffe ist, so muss der Versuch gemacht werden, zu ermitteln, wie sich jeder einzelne Bestandtheil desselben an einer durch den 6e- sammtsaft eingeleiteten Veränderung betheiligt; ferner erzeugt zu- weilen ein Saft an einem und demselben Nahrungsstoff mehrere Umwandlungen, es ist also festzustellen die Reihenfolge, in der die betreffenden Umformungen geschehen, und in wie fern dieselben bedingt sind von dem Aggregatzustande und den isomeren Modifi- kationen, in denen das Nahrungsmittel der Einwirkung des Saftes ausgesetzt wird. Alle diese Beziehungen müssen natürlich nach ihrem Umfange und nach ihrer Geschwindigkeit bestimmt werden, mit anderen Worten, in welcher Zeit und in welcher Menge der Nahrungsstoff" durch die Gewichtseinheit des Saftes von bekannter Zusammensetzung umgeändert wird. c) Darauf wiü-de zu erle- digen sein, welche Veränderungen ein Nahrungsmittel erfährt, wenn es der Reihe nach mit den verschiedenen in Betracht kommenden Säften behandelt wird, oder aber wenn die natürlich vorkommen- den Combinationen der Verdauungsflüssigkeiten gleichzeitig auf das- selbe wirken. d) Endlich müssten mit verschiedenen quantitativ genau bestimmten Mengen einfacher Nahrungsmittel (den Speisen) dieselben Versuche vorgenommen werden, welche für jeden einzel- *nen Nahrungsstoff vorgeschrieben wurden. In allen Fällen würde angegeben werden müssen, ob und welche Verwandelungen die Bestandtheile der Verdauungssäfte selbst erfahren bei dem Einflüsse, den sie auf die Nahrungsmittel üben.

Nach Beendigung dieser Vorversuche wtirde man dazu über gehen können, die Veränderungen zu studiren, welche die Nah rungsstoffe in den einzelnen Abtheilungen des Darmkanales selb^-t erfahren, und die Gründe für die Abweichungen und Uebereinstiui- mungen zwischen natürlicher und künstlicher Verdauung aufzusuchen

Die Reihe von Versuchen, welche der angegebene Gang vor- schreibt, ist allerdings gross und jeder einzelne meist mühsam, abo dennoch ist, wie die Geschichte der Wissenschaft lehrt, der A^orgo zeichnete Weg der kürzeste. Wir gehen nun dazu über, die bis dahin bekannt gewordenen Beobachtungen aufzuzählen.

Chemische Arbeit der Verdauungswerkzeuge; Speichel.

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1. Speichel*). Aller Speichel, wie und wo er auch gewonnen I rd, verhält sich als ein dem Wasser ähnliches Lösungsmittel. Für -sere Zwecke verdient namentlich hervorgehoben zu werden, dass -scher Speichel die Fette und Eiweissstoffe , den Rohrzucker, das lammi, Pectin und Cellulose selbst bei längerer Digestion nicht ;;hr und nicht weniger ändert, wie es ein reines Wasser vermag

chwann, Frerichs). Anders verhält sich der Speichel dagegen zu rohem und ge- wehten Amylon. Rohes Amylon vermag er bei einer Temperatur, -3 über 40" liegt, in Dextrin umzuwandeln (Naegeli). Ge- wehte Stärke setzt er schon bei gewöhnlicher Temperatur der 3ihe nach in Dextrin, Traubenzucker, Milch und Buttersäure um ..euchs, Frerichs, Schwann). Obwohl nun die letztere Reihe i'-u Umwandlungen von allen Speichelarten bewirkt werden kann,

unterscheiden sich dieselben doch dadurch von einander, dass te einen die Zuckerbildung schon nach wenigen Minuten, andere ;ier dieselbe erst nach stundenlanger Digestion einleiten.

Der Parotisspeichel, welcher aus dem unverletzten Ausführungs- iinge des gesunden Menschen aufgefangen wird, verwandelt das ge- wehte Amylon rasch in Zucker (Eckhard, Ordenstein). .Der- mige dagegen, welcher aus der frisch angelegten Fistel des Pfer- ^38 (Lassaigue, Magendie, Rayer) oder Hundes (Bernard, iidder und Schmidt) gewonnen wird, wirkt äusserst langsam, iieser Unterschied der Wirkung scheint begründet zu sein in der ürschiedenen Zusammensetzung, welche der Saft zeigt, je nachdem auf die eine oder andere Weise gefangen wurde. Der aus dem iirchschnittenen Gang (auch des Menschen) aufgefangene Speichel iithielt nämlich 1,6 bis 0,5 pCt. feste Rückstände (vide p. 340), [jährend der von Eckhard und Ordenstein benutzte aber 5,0 ückstand hinterlie'ss. Für diese Deutung spricht, dass zuweilen jidder und Schmidt), wenn auch nicht immer (Frerichs) wässerige Auszug der gl. parotis das Amylon rasch umwandelt.

Ein Gemenge von Ohr- und UnterkieferdrUsenspeichel (Gl. Ber- äard) wandelt den Kleister sehr allmählig um; eine Mischung aus Ihr- und Mundwandungsspeichel verändert denselben zuweilen rasch

•) Frerich's, Handwörterbuch der Physiologie. •Verdnuung. p. 7G8. B 1 dd er ti. Schmidt, '■Jrdauungssäfle. p. 14. Schröder, Succi gastrici huinani vis dlgcstlva. Dorpat ISnS. H 0 p p c , Vlrchow's Archiv. X. Bd. 114. Ordenstein und Kckliard, In des letztem äiträgen zur Physiologie. II. Bd. 93 und 124. Na o gell, Die Stiirkekörnor. Zliricli 1854. p. 93, >3 and 124. Longet, Traltd de physlologlo. I. 2. Abth. 171.

624

Verdauung duroli don Speichel.

(Jacubowitsch), zuweilen aber auch nur sehr laugsam (Biddi Schmidt); der mit Vorsicht aus der Unterkiefer- und Unterzung. drüse aufgefangene Speichel des Menschen bedingt eine rasei,! Zuckerbildung (Longet); ein Gremenge von Mundwandungs- uik Unterkieferdrüsenspeichel endlich führt schon nach wenigen Minul^ . eineUmwandeluug des Kleisters in Dextrin und von daaus inTrauli zucker herbei; bei einer dauernden Berührung beider Stoffe die Zuckergährung in die Milch- und Buttersäuregährung über. K, den Erfahrungen von Ordenstein und Eckhard wird es noiu wendig , bei künftigen Versuchen die verdauende Wirkung deJI Speichels und seine Zusammensetzung immer zugleich zu unter suchen.

Den reinen Speichel aus der Parotis fängt Eckhard dadurch auf, dass er Eölirchen in die Mündung dos duct. stonon. einlegt. Statt dieses allgemein anwend baren Verfahrens war man früher auf die Benutzung von zuweilen beim Menschen vor kommenden Fisteln beschränkt. Bei Thieren gewinnt man den Speichel der grösserei Drüsen aus den durchschnittenen Gängen; den Speichel aus den Drüsen in der Mund Wandung gewinnt man gesondert, indem man die Ausführungsgänge der Parotiden vau Submaxillaron unterbindet. Statt dieses Verfahrens bedient man sich auch eines was serigcu Auszuges der einzelnen DrUgen oder der drüaenhaltigen Mundschleimhaut. Die Vermischung des Speichels mit Amylon geschah ausserhalb der Mundhöhle ent weder bei der gewöhnlichen Zimmer- oder bei der normalen Körperwärme. Zu. Prüfung auf die Umwandelung des Amylons bediente man sich der Trommer'schei Probe und ergänzend der Reaktion des Jods auf Amylon ; mit dem ersteren erfahr man, ob Zuckerbildung eingetreten, die letztere giebt darüber Aufschluss, ob alli Stärke in Dextrin oder Zucker verwandelt ist, indem in diesem FaUe die blaue Fär|| bung vollkommen ausbleibt.

Zur genaueren Bestimmung der Wirkung des gemischten Spei^f chels auf Amylon dienen noch folgende Angaben, a) Die Einwii--' j kung des Speichels auf das rohe Stärkekorn geht nicht bei gewöhu- ; Ucher Temperatur vor sich ; sie beginnt bei 40" C, d. h. einer Wärme,, j in welcher die Stärke noch nicht wie bei der Kleisterbilduug auf-lj schwillt. Bei der genannten Temperatur löst der Speichel zuersh^ die Stärke des Korns und zwar von aussen her, zwischen 45 uiidij 500 löst sich auch die Cellulose des Korns, jedoch langsam (Nae-j, geli). In der Lösung ist Dextrin vorhanden. b) Das gekochte/ zum Kleister aufgequollene Korn setzt der Speichel schon bei gc^ ) wohnlicher Temperatur um, die dem Amylon verwandten Stoffe, j Eohrzucker, Gummi, Pektin, Cellulose, lässt er unverändert (Frc- richs). c) Die Umwandelung des Kleisters geht noch von statten, wenn der alkalische Speichel neutralisirt Avm-de; ebeusc- wenig wü-d sie gehemmt dm-ch einen Zusatz von SO3 , CIH, NO

I

Verdauung durch die Magensäfte.

625.

säure, saurem Magensaft bis zur stark sauren Reaktion (Fre- •lis). Ein sehr bedeutender Säureüberschuss stört dagegen die usctzung; aus diesem Grunde ist die Umwandlung beendet, wenn IFolge der weiter gehenden Zersetzung bedeutendere Mengen des ikers zu Milchsäure umgeformt sind; aber auch hier beginnt die ?kerbildung von Neuem , wenn die Säure mit Natron gesättigt •d (Cl. Bernard). d) Die Stärkegährung wird nicht beein- ichtigt durch ein einmaliges Aufkochen der Mischung aus Stärke Ii Speichel, durch einen Alkoholzusatz, durch Beimengung von reniger Säure (Frerichs). e) Das sogenannte* Ptyalin Leh- ,nn ist für sich angewendet nicht im Stande, die Zuckerbildung ^vorzurufen.

Die eigenthtimliche Wh-kung des Speichels auf das Amylon 'igt man und wohl mit Recht von einem in dem erstem ent- ttenen Ferment abzuleiten ; dieses Ferment kommt aber nicht wie m angab, mit der sog. Diastase überein; dieses beweist Stae- Uer*) dadurch, dass der Speichel bei 38" bis 40" C. Salicin in iigenin und Zucker zerlegt, was die Diastase nicht vennag.

Da den Erfahrungen von Bidder und Schmidt zu Folge gemischte Speichel sehr rasch, schon nach wenigen Minuten, cen Kleisterbrei theilweise in Zucker umsetzt, da ferner im Munde mer gemengter Speichel vorhanden ist, so folgt daraus, dass der ffeuthalt in der Mundhöhle, wie er z. B. zum Zerkauen des Bredes Ihwendig ist, hinreicht, um die Zuckerbildung einzuleiten. Diese -geruug ist von Lehmann und Schröder**) bestätigt worden, Iche eine Minute nach Einführung des Kleisters in den Mund •iker auffanden. Rohes Stärkemehl wurde nicht umgewandelt.

2. Flüssigkeiten des Magens.

Die in den Magen gelangten Speisen kommen dort in Be- i.rung mit dem Magensaft; diesen letzteren haben wir schon als

sehr veränderliches Gemenge von Speichel, Labsaft und Magen- Heim erkannt (p. 362). Ausser den genannten Stoffen sind ihm fveilen auch noch Galle, Bauchspeichel und andere Darmsäfte ::gemischt, die durch den Pylorus in den Magen steigen. Diese »atsachen machen es, nothwendig , von den Wirkungen, welche

einzelnen Bestandtheile jenes Gemenges auf die Speisen aus- Bn, auszugehen, um dann mit . Hülfe dieser Erfahrungen abzu-

») Chemisch. Centrnlblatt. 1858. 10!). ' .••) Ii eh mann, Physlolog. Chemie. HI. Bd. p. 283. Ludwig, Physiologie II. 2. Anflage.

Schröder, 1. c. p. 9.

40

626

Verdauung durch den künstlichen Labaaft.

leiten, was entstehen wird, wenn die genannten Stoffe in verstl denen Verhältnissen gemengt sind. Dabei schliessen wir jediM i , einstweilen noch die jenseits des Pylorus gebildeten Säfte aus. .1

A. Verdauung durch den künstlichen Labsaft*). || Um die verdauenden Wirkungen des von anderen Beimengui gen möglichst befreiten Labsaftes zu erforschen, hat zuerst Eberl ein sicheres Verfahren angegeben. Die von ihm zu Verdauungf versuchen angewendete Mischung, welche wesentlich aus Pepsi und aus einer, sehr verdünnten wässerigen Lösung der im Mage vorkommenden Säuren (Salz- oder Milchsäure) besteht, pflegt raa den künstlichen Labsaft zu nennen.

E b e r 1 e bediente sich statt des Pepsins geradezu der Magenschleimhaut , welel or mit verdünnter Salzsäure den zu verdauenden Speisen zusetzte. Schwann wende zuerst einen wässerigen Auszug der vorher gereinigten und in Stücken zerschnittenen la drüscnlialtigen Magensclileimhaut an. Aus der Lösung fällte er das Pepsin mit essigsaure Bleioxyd und zerlegte dann den wohlausgewaschencn Bleiniederschlag mit SH. Eine noi weitergehende Reinigung versuchte Wassmann dadurch, dass er die von PbS abfiltrii Flüssigkeit eindampfte und mit Alkohol und Pepsin ausfüllte. Das gegenwärtig i Handel Vorkoniraende Pepsin ist zum Theil wenigstens nichts anderes, als ein Gemen von Labzcllcn, Epithelialzellon u. s; w., welche aus der vorhergereinigten Magenschleii haut des Schlachtviehes ausgedrückt und bei niederer Temperatur getrocknet wurdi Diesem Gemenge wird noch Amylum zugesetzt, theils um es zu verdünnen, und the um es weniger hygroskopisch zu machen.

Von den in der gewöhnlichen Nahrang vorkommenden chen sehen Verbindungen lässt der künstliche Labsaft unberührt: die Hör Stoffe, die stärkeren elastischen Membranen, die Wachsarten, d Fette (?), die Cellulose(?), die holzige Verdickungsschicht der Pfla zenzellen.

In Lösung versetzt er die in Wasser oder verdünnten Säuri löslichen Proteinkörper, die Kohlenhydrate, die alkalischen Salze n fixen Säuren und die phosphorsauren Erden. Unter Austreibung d Säuren zersetzt er die Salze mit schwachen oder flüchtigen Säure

Eigenthtimlich ist sein Verhalten gegen die in Wasser und v( dünnten Säuren löslichen oder unlöslichen Eiweisskörper und gegi Leim und leimgebende Stoffe. Die unlöslichen Eiweissstoffe löst auf, die in alkalischer Lösung befindlichen schlägt, er nieder, n

») Frviolis, Verdauung, In Wiigners Handwörterbuch, m. Bd. 1. AbtUg. Schwan Müllers Archiv. 183G. 90, Brücke, Wieuer akademische. Sitzungsberichte. XXXVn. 131- Muldor, Archiv für hoUänd. Beiträge. II. Bd. 1. Knoop Coopmanns ibid. I. Bd. !• . Meissner, Honle's und Pfeufors Zeitschrift. 3. Reihe. VII. ibid. Vm. und X. Bd. Köbnd Dissertatio de sacchari cannae mutatiou. etc. Breslau 1859. J. Hoppe, Arohiv dir pathol t Anatomie. X. Bd. 144.

Lösung der Eiweisskörper durch den Labsaft.-

627

clauu wieder zu lösen. Alle Eiweisskörper aber, gleichgültig 1 sie durch den Magensaft in Lösung bleiben, oder erst in eine Iche gebracht werden müssen, verändert er in ihren chemischen ai tionen, wenn sie längere Zeit mit ihm in Berührung bleiben.

Die unlöslichen Leimstoife verwandelt er dagegen einfach in üche.

Einer Besprechung der in Betracht kommenden Einzelheiten die Bemerkung vorauszuschicken, dass sich die folgenden An- Iben auf die Wirkung einer Verdauung'sflUssigkeit beziehen, die was weniges Pepsin, 0,05 bis etwa 0,3 pCt. Salzsäure und 100 Th. iiasser enthält.

Bei der Betrachtung der verdauenden Wirkungen des künst- Hien Labsaftes auf die Eiweisskörper ist, wie erwähnt, ausein- iderzuhalten die Lösimg und die chemische Umwandlung.

Aus einer frischen Albumin -Lösung (Eiereiweiss und Blut- •ram) wird durch den künstlichen Labsaft ein geiinger Theil i-s flüssigen gefällt, der grösste Theil dagegen bleibt in Lösung.

Gelöstes Kalialbuminat, Casein und Legumin werden , indem die isalische Reaktion verschwindet, gefällt, der erzeugte Niederschlag i?t sic^f aber wieder in der im Ueberschuss zugesetzten sauren llissigkeit. Es verhält sich also dieser Stoif gegen das Verdauungs- imisch ähnlich wie gegen eine sehr verdünnte Salzsäure. Un- Ikochter Kleber, Muskel- ünd BlutfaserstofF werden bei gewöhn- Iher Lufttemperatur von dem Verdauungsgemisch rasch gelöst. Iis diesen Stoffen, namentlich aus Kleber- und Blutfaserstoff zieht e3 verdünnte Säm-e bei niederer Temperatur bekannthch einen vweisskörper aus, während der grösste Theil derselben nur anf- üllt und sich sehr allmählig löst. Gekochte Eiweissstoffe (Al- t.min, Muskel- und Blutfaserstoff) lösen sich ebenfalls im Verdauungs- emisch auf, während sie bei niederer Temperatur von der verdünn- !Q Säure gar nicht angegriffen werden.

Die in dem künstlichen Labsaft gelösten Eiweissstoffe tragen och deutliche Zeichen ihres Ursprungs ; namentlich sind diejenigen irper, welche vor dem Kochen zur Lösung kommen, dadurch aus- izcichnet, dass sie aus dem neuti-alisirten Verdauungsgemisch bei !r Siedehitze gerinnen, während dieses die vpr der Verdauung ' jkochten nicht thun (E. Brücke).

Die Erschieinungen, welche man während und unmittelbar nach er vollendeten Lösung wahrnimmt, gewähren den Anschein, als ) die letztere in einer durch Aufquellen veranlassten sehr feinen

« 40«

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Sättigungsniederschlag und Poptone.

Vertheilung der Eiweissmoleküle bestehe. Denn es lösen sich di, Eiweissstoffc am leichtesten in einem Verdauungsgemisch von soIcli> Säuregehalt, der auch ohne Zusatz von Pepsin sie am vollstäud sten und leichtesten quellen macht; sie lösen sich ferner um leichter, je weniger sie durch mechanische Mittel am Quellen , hindert vi^erden. Nach erfolgter Lösung sind die Flüssigkeiten m. trüb und polarisiren das Licht, sie enthalten also spiegelnde ] tikeln (E. Brücke).

Dauert, nachdem die Lösung, resp. Vei-mischung des Eiw» Stoffes mit künstlichem Labsaft eingetreten, die Einwirkung letzteren noch fort, so empfangen die Eiweisskörper zunächst di Eigenschaft, welche sie auch erhalten, wenn sie unter dem EintI der Wärme in Salzsäure gelöst waren, namentlich werden sie y aus der Lösung durch Neutralisation der Säure ausgefällt. Dii Niederschlag führt den Namen Sättigungs-Niederschlag (Schwai Mulder, Brücke). Dieser Zustand dürfte bei den gekocli Eiweissstoffen und den aus Kaliverbindungen gefällten schon rend der Auflösung eintreten.. Beim ungeronnenen Eiweiss eri< sein Eintritt in der Kälte nur allmähhg, bei der Blutwärme dagc : rascher.

Verweilen endlich die Eiw'eissstoffe mehrere Stunden oder a Tage lang in dem künstlichen Labsaft und iiwar in einer der E temperatur nahestehenden Wärme, so verwandeln sie sich in sogenannte Peptone (Schwann, Lehmann, Mialhe). der sah, dass nach einer 96 Stunden lang fortgesetzten Digesi alle bisher genannten Eiweisskörper aus der Lösung nicht in niedergeschlagen werden konnten durch Kochen, durch Am CO-2, ^ ' PbOAc, Blutlaugensalz undNaOSOs. Sie konnten dagegen gel werden durch Gerbsäure, Cl- Wasser, Sublimat. Der beim Eintn' nen der Lösung verbleibende Rückstand konnte durch kochen und kalten Alkohol in drei verschiedene Körper- gespalten werd« eine Thatsache, die schon Schwann erwähnte. Es scheint jed« als ob die Peptone, welche ursprünglich aus verschiedeneu Eiwc Stoffen hergestellt waren, auch Verschiedenheiten darböten; jeden! Hessen sich die verschiedenen Eiweisskörper ungleich leicht in I tone umwandeln. So konnte mit nur verdünnter Säure, also n Ausschluss des Pepsins digerirt, sehr leicht in Pepton umgestt werden Legumin; schwieriger Muskel- und Blutfibrin; wahrscbn lieh ohne Beihülfe des Pepsins gar nicht gekochtes Albumiu m gekochter Kleber.

Veränderliches Lösungsverraögen des Labsaftos.

629

Wesentlich verschieden lauten die Angaben von Meissner, lieh ihm soll gekochtes und rohes Albumin und Muskelfibrin beim ptonisiren zerfallen in Pepton, Meta- und Parapepton und das -sein soll ausser den genannten noch ein viertes Produkt geben,

Dyspepton *). Neben diesen Produkten bildeten sich aus allen itersuchten Eiweisskörpern noch eine grössere oder geringere enge eines anderen StolFgemenges (Extrakte). Dys-, Para- und ttapepton sind gerade sowie das Pepton Endprodukte der Ver- luung, d. h., es können die erstem durch noch weiter fortgesetzte igestion mit künstlichem Labsaft nicht in Pepton umgewandelt lerden; und jede Art von Eiweisskörper soll ein quantitativ be- mders zusammengesetztes Gemenge jener Stoffe geben. So geben !B. 100 Theile Muskelfibrin Pepton und Metapepton = 44,2 Th., irapepton = 17 Th. und Extrakte = 38 Th.; 100 Th. Casein :gegen Pepton und Metapepton = 78 Th., Parapepton == 2 Th., ^spepton = 26 Th. Der erstere Theil dieser Angabe, dass imlich jene Para-, Meta- und Dyspeptone Endprodukte der Ver- tuung seien, ist in geradem Widerspruch mit den Erfahrungen, m Brücke und Mulder, welche bei genügender Dauer der Di- sstion Alles in Peptone übergehen sahen.

Die Geschwindigkeit, mit welcher die Lösung und Umwand- ng der Eiweisskörper erfolgt, ändert sich mit der Art und dem ::gregatzustand der letztern, ferner mit dem Gehalt der Verdauungs- 'Ssigkeit an Pepsin und Säure, ferner mit der Menge von Eiweiss- offen, welche in Folge der andauernden Verdauung in einem be- Ihränkten Volum Labsaft schon in Lösung übergegangen waren, •ner mit mancherlei andern Zusätzen, welche dem Labsaft bei- mengt wurden, und endlich mit der Temperatur des letztern.

Insofern das Verdauungsgemisch überhaupt auf die unlöslichen loffe lösend wirken soll, muss es mit Säuren, und da wir hier trerst nur die CIH betrachten, mit dieser Säure versetzt sein, r.ne ungesäuerte oder eine früher saure und dann mit KO oder NaO «Titralisirtc Pepsinlösung ist nicht wirksamer als reines Wasser.

•) Pnra-, Meta-, Dyspepton nnterschcidct Meissner folgendermaasscn :

Parapepton hat alle Eigenschaften des in einer Säure gelösten Eiweissltörpers , des oben nannten Sättigungsnledcrsehlag» , ausgenommen, dass es ans der schwach sauren Lösung niclit rch Alkoliol fiillbnr ist.

Metapepton ist aiv einer gchwacli sauren Liisung durch geringe Mehrung der Säure fällbar, -er nicht durch Ncntraliaation, sonst ist es unverändert gelösten EiweissstolTen sehr ähnlich.

Dyspepton. Aus dem durch die Verdauung aufgciöstcm Casoln fällt bei weiterer Digestion 1 mit Fett vermengter unlöslicher Eiweisskörper heraus ; er .ist etwas schwerer löslich in vor- iinnter SUure als das Ciiseln; sonst thoilt er die meisten seiner EigonBchanen.

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Aendcrung des Lösungsvormögens durcli den

Mit dem Anwachsen des Säuregehaltes nimmt die lösende KiMV der Mischung erst zu und dann wieder ab; d. h., innerhalb ein Grenzen des Säuregebaltes kommt dem Labsaft ein Maximum ( Verdauuugsfäbigkeit zu ; hat die Säure diesen Werth nicht erreicln, oder tiberschritten, so ist das Lösungsvermögen des Saftes vermin dert. Das für die Verdauung günstigste Verhältniss zwischen L;i Ii saft und Säure ist jedoch nicht für alle Eiweisskörper dassell Für frisches Blutfibrin liegt es bei 0,8 bis 1,0 Säure auf 1000 Verdauungsgemisch (Brücke). Kleber (K. Koopmanns) i Casein (Meissner) scheint bei einem ähnUchen Gehalt an Sii am besten verdaut zu werden ; gekochtes Albumin mit einem solcl von 1,2 bis 1,6 pr. Mille Säure (Brücke). Einen ähnlichen Siii gehalt scheint auch das gekochte Fibrin zu verlangen (?).

Beispielsweise folgen zwei Tabellen aus den Yerdauungsversuchen von B r ü r Die erste bezieht sich auf die Verdauung einer frischen Fibrinflocke aus Ochsenblutfc die zweite auf eine kleine Scheibe aus gekochtem Eiweiss. Die Zahlen bedeuten, wi viel Säure 1000 Theile des Vordauungsgemisches enthielten. Sie sind nach der Zei geordnet, in welcher die Auflösung beendet war; die Reihe beginnt mit derjenige Mischimg, welche am raschesten löst:

I. Fibrin. II. Gekochtes Albumin.

0,86 1,60

0,44 3,21

1,66 0,80

2,04 6,41

2,90 . 12,82

3,70 20,04

Statt mit Salzsäure kann das Verdauungsgemisch auch durch einen Zusate ^ Milch-, Essig-, Schwefel-, Salpeter- und Phosphorsäure wirksam gemacht werden; Q| scheint jedoch, als ob jede dieser Säui-en in einem andern Verhältniss als der SaU^ säure angewendet werden müsste, damit der Labsaft sein 'Maximum von Yerdauungijji fähigkeit erhalte (Valentin). Meissner giebt an, dass ein Verdauungsgemisci |t von 1 bis 2 pCt. wasserfreier Milchsäure noch nicht so wirksam sei als ein solchitli mit 0,1 bis 0,2 pCt. Salzsäure. Schwefelige und arsenige Säure sollen in jedem Veiti hältniss unwirksam sein; ebenso saure Salze wie namentlich der saure phosphorsauii Kalk. Ii

Welchen Pepsingehalt die Verdauungsfltissigkeit besitzen mus« damit dieselbe mit merklicher Geschwindigkeit lösend wirke, isl unbekannt. Bekannt ist, dass weniger als 1 Theil Pepsin «M 60,000 Theile verdünnter Säure genügt^ um Stücke geronnene» Eiweisses in wenigen Stunden bei Blutwärme zu verflüssigen. BeB schleunigt wird die Auflösung durch eine Steigerung des Pepsing«!

Gehalt an Säure und Pepsin.

631

Ites in der Verdauungsfiiissigkeit ; die Beschleunigung der Ver- imng wächst jedoch hingsanier als die Zunahme des Pepsinge- 'tes, so dass es scheint, als ob durch eine fortgesetzte Anhäufung > Pepsins in dem Labsaft die Lösungsgeschwindigkeit alsbald ein Maximum geführt werde, über das hinaus sie nicht noch iter durch einen Pepsinzusatz erhöht werden kann (Brücke), endet man statt eines möglichst reinen ein mit andern Eiweiss- rpcrn verunreinigtes Pepsin an, so kann sogar die Lösungsge- I windigkeit vermindert werden, wenn der Pepsingehalt vermehrt 1(1. Dieser schädliche Einfluss der Pepsinvermehrung kann durch 10 stärkere Ansäuerung der Flüssigkeit Avieder zum Schwinden nimen. Auch scheint es, als ob die Fähigkeit des Labsaftes, ' Kiweisskörper noch weiter ?u verwandeln, beeinträchtigt Averden iiiie durch einen Pepsingehalt, der im Verhältniss zum Säuregrad fj Gemisches zu gross war (Meissner).

Wie sich die Geschwindigkeit der Verdauung mit dem Gehalt des Labsaftes an ppsin ändert, zeigen die nachfolgenden Versuche von Brücke. Sie sind bei einer wnperatur von 18" bis 20" C. angestellt; der aufzulösende Stoff war Fibrin, die tissigkeit enthielt 0,1 pCt. Säure. Der Pepsingehalt der zweiten zur Beobachtung ge- nmmenen Probe war doppelt so gross als der der erstem, der der dritten, doppelt so >-)8s als der der zweiten u. s. f. War also die Pepsinmenge der ersten Lösung x, so tx die der zweiten 2x u. s. f.

I. Pepsingchalt. Vcrdauniigszcit. H. Pcpsingelialt. Verdamingszoit.

X 45 Minuten x 45 Minuten

Von zwei Proben flüssigen Eiweissos , die mit gleich viel Säure , aber ungleich (31 Pepsin versetzt werden, wandelt sich die, welche weniger Pepsin enthält, rascher

Is die andere; namentlich kann aus der, welche weniger Pepsin enthält, durch = .umpfung der Säure schon zu einer Zeit ein Niederschlag erhalten werden, in jfelcher die pepsinreichere keinen gewahren lässt. Wird aber der letzten Plüssigkcit- 'ich mehr Säure zugesetzt, so ist sie jetzt befähigt, die Umwandlung so rasch her- Tsizuführen wie die an Pepsin und an Säure ärmere.

Einen BegrilT von der grossen Wirksamkeit doB Pepsins giebt die Erfnhnnig von •rerichs, welcher mit 1,2 Th. Labdrüsenextrakt, das wohl kaum zur Hälfte aus Pepsin ^««tand, 100 Theile trocknen geronnenen Eiweisses löste.

: Die Geschwindigkeit, mit welcher die Auflösung der festen 'Uweissstoflfc in einer beschränkten Menge von Labsaft vor sich •eht, nimmt mit der fortschreitenden Verdauung ab (Schwann). . ')iese8 hat zwei Gründe, einmal wird die Säure unwirksam durch Ue in Lösung übergegangenen Eiwcissstoffe ; dieses wird dadurch

2x 4x 8x

30 20 20

2x 4x 8x

20 15 10

632

Auflösung dos Leims.

bewiesen, dass man von vorneherein einer sonst gut verdauendi Miscbiing die Lösungsfähigkeit rauben kann, wenn man ihr löslicbi Eiweiss zusetzt. Sie kann wieder verdauungsfähig werden, weii man die Säuremenge mehrt (Brücke). Durch dasselbe Mittel kai aber auch die durch die fortschreitende Verdauung selbst unwii sam gemachte Verdaunngsfllissigkeit wieder wirksam werden, ab nicht für die Dauer. Denn allmählich erlischt trotz des Nachsäuen die verdauende Kraft der Mischung, vermuthlich darum, weil aiv das Pepsin unwirksam geworden.

Der Labsaft vermag ferner nur so lange die Eiweiss- und Leimstoffe aufzulösen! als er Pepsin mit solchen Eigenschaften enthält, die es im frischen Zustande darhietei Diese Bedingung wird aber aufgehoben durch die Anwesenheit^ von conceutrirten Säuren, verdünnter Gerb-, schwcfeliger, arseniger Säuro , Motallsalzcn , Alaun, Kreosot, concentrirtem Alkohol , durch einmaliges Kochen des Labsaftes.

Die Salze des natürlichen Labsaftes und "die häufig in ihm vorkommenden Fette und löslichen Kohlenhydrate haben, so weit bekannt, im verdünnten Zustande keinen Einfluss auf den Lösuiigs- prozess (Lehmann). Sind die Salzlösungen so concentrirt, dass sie die Quellung der zu lösenden Eiweisskörper hindern, so wirken sie schädlich.

Die Geschwindigkeit, mit welcher der Labsaft die Eiweiss- stoflfe löst und umsetzt, wird mit der Temperatur gesteigert; bei einer zwischen 35^ bis 45'^ C. gelegenen Wärme, also in einer derm Blutwärme naheliegenden scheint er zum Maximum seiner Wkk-H samkeit zu gelangen. j|

Leim und leimgebende Gewebe löst die aus Pepsin imdH verdünnter CIH bestehende Mischung auf ; leichter den Leim als die leimgebenden Gewebe und von diesen wieder das gekochte und das collagene rascher als das chondrigene (Frerichs). Die Auflösung verhält sich genau so wie eine auch ohne Zuthun des Pepsins ver- fertigte Lösung jener Stoffe in verdünnten Säuren (Mulder). Sonst gelten, so weit bekannt, alle für das Eiweiss geraachten Erfahrun- gen auch für den Leimstoff.

Zur Theorie der L ab s aftwirkung. Der Labsaft unter- scheidet sich in seinen Wirkungen von der reinen verdünnten Säui-e dadurch, dass er das, was die letztere langsam oder nur unter Beihilfe einer erhöhten Temperatur vollbringt, rasch und bei niederer Temperatur vollführt. Man hat also hier eine durch das Pepsin unterstützte Wirkung der Säure vor sich. I

Ist das Pepsin ein Ferment?

633

Um die Art, wie das Pepsin Hülfe leistet, nocb genauer zu be- Bamen, hat man seit Scliwann die Annahme gemacht, dass das psin ein Fermentkörper sei. Dazu wurde man bestimmt, 1) weil in dasselbe für einen Eiweisskörper hielt, die bekanntlich' sehr

jht zu Fermenten werden. Aber seine Eiweissnatm* ist durch- i3 unerwiesen, ja sie wird nach den Angaben von Mulder*) r;ar unwahrscheinlich. 2) Einen zweiten Grund für die Ferment- [ipothese fand man darin, dass sehr kleine Mengen von Pepsin ar grosse Mengen von Eiweiss lösen und umwandeln können, eese Erfahrung sagt aber nur aus, dass man es hier nicht mit ler nach Aequivalenten vor sich gehenden chemischen Verbindung

thun habe ; keineswegs aber, dass eine Gähruug vorhanden sei.

3) Eine Reihe von chemischen Körpern und physikalischen Ein- ssen, welche die milchsam-e und alkoholische Gährung aufheben, rnichteu auch die lösende Kraft des Labsaftes; diese Analogie

jedoch nicht vollständig, immerhin aber bleibt sie bemerkenswerth.

4) Wie in Fermentationsgemischen, so wii'd auch das Verdauungs- misch während der andauerden Lösung allmählich unwii'ksam. eese Thatsache würde nur dann eine Aehnlichkeit mit der Gäh- ag begründen, wenn erwiesen wäre, dass das Verdauungsge- ssch darum seine Ki'äfte einbüsste, weil das Pepsin durch die rtschi-eitencje Verdauung zerstört wurde. Dieses wäre aber um

nothwendiger, da noch eine andere Erklärung für jene That- zhe vorliegt, die nämlich, dass die in Auflösung gekommenen Weisskörper eine schädliche Wirkung ausüben. Bedenkt man jgesichts dieser geringen Beweismittel, dass dem Pepsin die Fä- ;;keit abgeht, sich während der Verdauung neu zu erzeugen 360), wie es doch die Fermenten während der Gährung thun, wird man zum Mindesten eingestehen müssen, dass die Hypo- 'ise von Schwann nicht erwiesen ist.

Dasselbe gilt von einer zweiten Unterstellung, welche annimmt, »SS das Pepsin mit der Salzsäure sich zu einer besondern Säure, um Chlorpepsinwasserstoff, gepaart habe (Schmidt), welcher ein rrzügliches Lösungsmittel für Eiweissstoffe sei. Da auf direktem eg das Dasein einer solchen Säure nicht bewiesen wurde, so ichloss man ihr Vorhandensein aus der Beobachtung, dass ein ge- ■sscr Gehalt des Labsaftes an Pepsin auch ein gewisses Säure- 'lass fordere, damit das Gemisch lösungskräftig wird (Meissner).

•) Archiv fUr liollSna. Beiträge. IL Bd. 9.

634

Magonschlßira. Natürlicher Magensaft.

Wie dieses aber für das Bestehen und die Wirksamkeit der liypo. thetisclien Säure etwas beweisen kann, ist unIdar. Denn wenn auch beim Vorhandensein überschüssigen Pepsins nicht die ganze Menge desselben in die gepaarte Säure eingeht, so musste doct der wirklich gebildete Antheil der letzten lösend wirken. Diese Thatsache kann viel eher bedeuten, dass das in das Gemisch ge- brachte Pepsin nicht rein, sondern mit Eiweisskörpern vermengt war; unter dieser Voraussetzung vnirde die Erfahrung mit der andern zusammenfallen, dass ein Zusatz von frischem Eiweiss auch eine sonst wirksame Verdauungsflüssigkeit abtödten kann.

B. Magen schleim. Der aus den Schleimdrüsen des Magens gepresste Saft, wie auch der wässerige Auszug derselben verhält sieh neutral und angesäuert inditfereut 'gegen Eiweiss- und Leün-J Stoffe (Wassmann, Göll). Wie er sich gegen die übrigen NjJi-l rungsmittel stellt, ist unbekannt. Ii

Verdauung mit natürlichem Magensaft ausserhalb deal Magens. Das Saftgemenge, wie es aus Magenfisteln beim Meuschenl und Thiere gewonnen werden kann, verändert unter gar kcineEl Umständen: Fette, Gummi, Pektin, Cellulose, elastisches und ham niges Gewebe. Gegen andere einfache Nahrungsstoffe verhält e " sich je nach seinen Eigenschaften verschieden.

a. Alkalischer Magensaft ; abgesehen von zurückgetretener Gallo f und von Bauchspeichel kann er bestehen aus reichlich abgesonder t tem Schleimsaft, namentlich bei Magenkatan-h ; aus einem Gemenge I von viel verschlungenem Kopfspeichel mit neutralem oder saurem I Labsaft; vielleicht auch aus einem von den oberflächlichen Magern ii gefässen gelieferten Exsudat ; F. Hoppe vermuthet, dass dasLetzii tere vorkomme, wenn eine concentrirte Kochsalz- oder Znckenl lösung in den Magen gebracht wird. Die Benutzung eines solcheitt Gemenges zu Verdauungsversuchen hat so lange keinen recbtent Werth, als man nicht in jedem FaU seine Zusammensetzung angebe ' kann. Wollte man mit einem solchen Gemisch Versuche anstelle so würde es vortheilhafter sein, es künstlich zusammenzusetzen.

Der alkalische Saft des nüchternen Magens, der, wahrscbein > lieh vorzugsweise aus Speichel besteht, verhält sich dem Auiyl«" und Zucker gegenüber wie gemischter Speichel; die ungekoclH' Stärke greift er nicht an, die gekochte verwandelt er in Zuclu und diesen (Rohi--, Trauben-, Milchzucker) in Milchsäure. Der bein Magenkatarrh abgesonderte schleimige Saft wandelt Eohrzucker " Traubenzucker um (Köbner). lieber die Folgen, welche

Wirkung des alkalischon und sauren Magensaftes.

635

festen EiwcissstofFe aus der Berührung mit dem alkalischen gensaft hervorgehen, widersprechen sich die Erfahrungen. Nach ddder und Schmidt*) verhält sich der neutrale oder alkalische gensaft des Hundes, vorausgesetzt, dass er als solcher aus dem ggen genommen wurde, gleichgültig gegen die genannten Stoffe; 'kh Versuchen von Schr,öder**) mit menschlichem Magensafte I dagegen die alkalische Reaktion durchaus nicht hinderlich der <chen Auflösung des gekochten Hühnereiweisses und Fleisches. !ese letztere, allen künstlichen Verdauungsversuchen so sehr wider- vechende Thatsache, scheint auf einen grundsätzlichen Unterschied iischen der künstlichen oder natürlichen Verdauung oder minde- ms auf eine bedeutende Lücke in unsern Kenntnissen über die ttur der menschlichen Magensäfte schliessen zu lassen. Vielleicht Lilärt sich die Erscheinung auch dadurch, dass Darmsäfte, die

alkalischer Reaktion verdauen, in den Magen zurtickgestiegen Iren.

b. Der saure Magensaft, ein Gemenge, in welchem 'der Lab- rt überwiegt, ist um so weniger geeignet, gekochtes Amylon und i'cker umzuwandeln, je relativ weniger Speichel er enthält; in Urem Magensaft geht also die bezeichnete Umwandlung langsam ü in i'echt saurem so gut wie gar nicht mehr vor sich. Stumpft in die Säure ab, so gewinnt er dagegen wieder die Fähigkeit, (cker in Milchsäure überzuführen (Frerichs). Rohrzucker ver- er weder vor noch nach der Neuti-ahsation in Traubenzucker vemandeln (Köbner). Eiweissstoffe löst er; die Versuche la Bidder und Schmidt an Hunden und von Schröder am inschen geben übereinstimmend an, dass im Allgemeinen ein saurer- Ilgensaft um so reichlicher gekochtes Eiweiss und Fleisch auflöst, mehr er Kali zu seiner Sättigung bedarf, mit anderen Worten, saurer er ist. Wird die Säure abgestumpft , so büsst der Magen- ft des Hundes und wie es scheint auch der des Menschen sein f-nnögen ein, auflösend auf Eiweissstotfe zu wii-ken.

Hundert Theile natürlichen Magensaftes vom Hunde waren im lande, höchstens 4,0 Theile (Schmidt und Bidder), 100 Theile >8 sauren menschlichen Magensaftes höchstens 0,4 Theile (Schrö- ir) trockenen Eiweisses zu lösen.

Bidder und Schmidt stellten ilirc quantitativen Verdauungsvorsuche in der i'ise an, dass sie durchfeuchtete Eiiveiss- und Floischstücke von bekanntem Gchalto

•) I. c. p. 79. Vcr«. XIV.

'*) 1. c. p. 18. Vers. Ul. 3. IV, VIII. 1. 2. u. s. w,

636

Natürliclie Magonvordauung.

an festem Kückstand bei einer Temperatur von 40" C. so lange mit Terschiodenealil Probon bekannter Gewichtsraeiigon von Magensaft in Berührung Hessen, als dieser nochü irgend etwas aus ihnen zu lösen vormochto. Darauf wurde der ungelöst geblieLcni Antheil flltrirt und getrocknet. Man erhielt damit das Gewicht des aufgelösten, j, Säuregehalt bestimmten sie aus der Menge von Kali, welche nothwendig war , um deiii Saft vollkommen zu neutralisiren. Wenn die freie Säure , wie beim Hunde , nur aml Chlorwasserstoff besteht , so ergiebt sich allerdings^ die Menge dieser letzteren , wennj aber, wie beim Menschen, die freien Säuren aus rerschiodenen gemengt sind, so g^Jj niigt natürlich dieses Verfahren nicht (Schröder). Zu den oben zusammengestelltenÄ Thatsachen muss wiederholt bemerkt werden , dass selbst der Magensaft des Hunden sich nicTit in dem direkten Verhältnisse als eiweissauflösend erweist, in welchem eiH Kali zu seiner Neutralisation bedarf. |f

Natürliche Magenverdauung. Die Verdaimngsresultatj der Nahrimgsmittel im lebenden Magen des (Hundes oder Menschen bestätigen meistens die der künstlichen Verdauung. So ist z. B erklärlich, dass der Magen nach dem Genüsse gekochten Amylons bald Zucker enthält (Frerichs, Lehmann, Bouchardat, Sandras u. A.), bald auch, dass er ihm fehlt (Blondlot, Schraid u. A.), weil je nach dem Uebervviegen des Labsaftes oder Speicheli die Umwandlung der Stärke geschehen oder unterbleiben muss Aehnlich verhält es sich mit der Umwandlung des Trauben- ud( Rohrzuckers in Milchsäure, welche zuweilen beobachtet (Frerichs Lehmann, Bouchardat), zuweilen vermisst ist (Frerichs Schmidt); allerdings scheint das letztere häufiger zu sein, wie er klärlich, weil schon eine geringe Beimengung von Labsaft den Speichel das umwandelnde Vermögen zu entziehen vermag. Dm Rohrzucker wird im gesunden Hundemagen niemals in Trauben« zucker verwandelt; findet man den letztern nach dem Genuss dm Rohrzuckers, so ist jedesmal eine andere Quelle desselben nacli/ weisen (Köber).

Sehr merkwürdig, aus den vorliegenden künstlichen Verdauuii^:.- versuchen vollkommen unverständlich, sind die Beobachtungen voi ^ Frerichs*) und Schmidt, wonach zuweilen Buttersäure-, weilen auch schleimige und Alkoholgährung im Magen vorkomm kann; das Auftreten der beiden letzteren war aber auch inm mit Kraukheitszuständen verknüpft. Vereinzelt steht noch die A gäbe von Marc et**), dass im Magen der Hunde, die mit neutrahi Fetten gefüttert ^yurden, Fettsäuren auftreten sollen.

Eiweissstolfe und insbesondere gekochtes Hühuereiweiss, werdoi ' im Magen rascher aufgelöst, als ausserhalb; dieses lässt sich

•) 1. c. 803.

Medicnl Times nnd Gazette 1868. ^

Entstehen bei derselben Peptone ?

637

ton aus mancherlei Gründen, z. B. aus der stetigen Erneuerung 5 Magensaftes, aus der Entfernung der mit dem umgewandelten iweiss geschwängerten Lösung durch den Pylorus, dem Umrühren !3 Mageninhaltes in Folge einer Bewegung der Wandung u. s. w. ee Beobachtungen hiertiber, welche von Bidder und Schmidt Ii Hunde, von Schröder am Menschen 'angestellt sind, lehren cch, dass Eiweissstticke , die in einen Magen gelegt werden, der T 12 bis 20 Stunden die letzte Mahlzeit aufgenommen hatte, in m ersten 2 Stunden ihres Aufenthalte's weit mehr an Gewicht ver- rren, als in den 2 darauf folgenden Stunden, und in diesen wieder bhr als in 2 auf diese kommenden. Daraus folgt, dass in einem ijigen, der einige Zeit geruht hat, die zur Verdauung des Eiweis- H nöthigen Bedingungen am mächtigsten wirken. In Ueber- listimmung mit seinen künstlichen Verdauungsversuchen fand C. oopmanns, dass, wenn gekochtes Eiweiss, roher und gekochter leber in Säckchen eingeschlossen, durch den Mund in den Magen I bracht würden, von beiden immer ungleich viel aufgelöst wurde, ild war der Kleber, bald das Eiweiss in der Lösung weiter vor- 5schritten=

Die Frage, ob die verflüssigten Eiweissstoffe im Magen in Pep- ne umgewandelt werden, oder ob sie, bevor es geschehen, schon m dort entfernt sind, kann nicht vollkommen beantwortet werden, «her ist, dass das verzekrte flüssige Albumin noch als solches useits des Pylorus angetrofl"en wurde und zwar so wenig verän- rrt, dass es nicht einmal den Sättigungsniederschlag gab. Gehen ?3 verflüssigten Eiweissstofie immer so rasch durch den Magen, te es in dem später zu erwähnenden Fall einer Dünndarmfistel >8chah (Busch), so würden selbst Caseinlösungen, die sich nach leissner am schnellsten zu Peptonen bilden, nicht Zeit haben, la jene Umwandlungen zu erleiden.

Ueber die Veränderungen, welche die gemischten Nahrungs- ))ffe (Speisen) im lebenden Magen erfahren, besitzen wir zuver- issige Beobachtungen nur von Frerichs" und Schröder. Das )iatsächlichste ihrer Untersuchungen ist kurz folgendes. Aus der den Magen gebrachten Milch gerinnt rasch der Käsestoff, dar- Hf verlässt das Milchserum, ob durch die Wandung oder den Py- Tus ist ungewiss, die Magenhöhle, so dass ein aus Käsestoff und «tt bestehender Klumpen zurückbleibt, der allmählich von der den »genwänden zugekehrten Fläche gegen sein Centrum hin verän- ert wird. Eine genauere Untersuchung der veränderten Massen

638

Verdauung aSf ^gewöhnlichen Speisen.

lässt erkennen, dass die Wände der Milcliktigelchen aufgelöst m den, während das Fett des Inhaltes zu grösseren Tropfen zusam menflicsst, ohne dass es eine chemische Veränderung erfährt. I) Kalksalze der Milch lösen sich auf. Das Muskelfleisch zi, fällt nach Auflösung des Bindegewebes in die einzelnen Muskel röhren; dieselben zerbröckeln sich dann in kurze Stückchen , der Länge dem Abstände zweier benachbarten Querstreifen entspricl der Muskel wird also in seine Scheiben zerlegt. Diese letzt« werden allmählich aufgelöst, jedoch niemals vollkommen, sali wenn man sie durch eine Hülle, durch welche sie eingeschlos^ werden, zwingt, möglichst lange in dem Magen zu verweilen (?). 1 1 aus dem Muskel hervorgehende Lösung zeigt zuweilen die Eigi Schaft, durch die Hitze zu gerinnen, zuweilen aber fehlt auch d selbe. Kalbfleisch löst sich rascher, als Ochsenfleisch (Sehr öde Gekochtes oder gebratenes Fleisch erfährt die bezeichnete Umwam lung rascher als rohes; nach Frerichs darum, weil der Magi saft leichter in die Zwischenräume eindringen kann. Diesem ei gegen beobachtete Schröder, dass vom menschlichen Magensai ausserhalb des Magens das rohe Fleisch rascher aufgelöst wer« Die Kalksalze lösen sich auf und werden zum Theil aus ihr Verbindung mit den Eiweisskörpern getrennt, wie sich daraus ergie; dass dieselben durch Neuti-alisation der sauren Lösung gefällt den. Aus den Knochen wird die leimgebende Substanz ai.i gelöst, während der grösste Thcil der Kalksalze als eine krümlicln ' Masse ungelöst bleibt; ihr Verhalten im Magensafte gleicht al- durchaus nicht dem in einer verdünnten Säure (?). Das AmyL des Brodes wird in Dexti-in und Zucker umgesetzt, wenn aber, häufig, das Brod nicht ausgebacken ist, so dass es noch rohe, der Hitze nicht alterirte Amylonkörner enthält, so werden diese dem Magen nicht angegriffen; die Eiweissstofife des Brodes lösen sich, Hülsenfrüchte und Kartoffeln erfahren dieselbe Um i Wandlung , aber langsamer und .meist auch unvollkommener , wci i die holzige Zellenmembran, welche das Amylon und die Eiweiss t. Stoffe umschliesst, dem Eindringen der auflösenden Säfte emer» Widerstand entgegensetzt. Die das Amylon der Kartoffeln uui schliessende Zellhaut findet sich häufig, trotzdem dass ihr Inhalt vc schwunden ist, noch unverletzt. Da die Kartoffeln vorzugsweise haut! eine Stärke enthalten, welche nicht in den aufgequollenen Zustai versetzt ist, so findet sich oft Tage laug nach dem letzten Gcnuss dieser Speise noch unveränderte Stärke im Magen des Mensclieu.

Zusammensetzupg des Chymus im Magen.

639

Von der Verdaulichkeit der Speisen im Magen. Be- 3ksichtigt man bei der Frage nicht die Zeit, sondern nur über- lupt, ob eine oder die andere Speise im Magen gelöst werden mne, so beantwortet sie sich aus dem Vorstehendem von selbst, ollte man aber feststellen, welche Gewichtsmengen dieser oder iier Speise in der Zeiteinheit aufgelöst werden, so würde man tenbar angeben müssen: die chemische Zusammensetzung, den .•gregatzustand , die Vertheilung und Mengung der Speisen mit idereu unverdaulichen Stoffen ; ferner den jeweiligen Gehalt des ngensaftes an Speichel, Pepsin, Säure, Wasser u. s. w., die Ge- iiwindigkeit der Absonderung, den Wechsel der Zusammensetzung rr Säfte mit der Absonderungszeit und vielleicht noch manches ädere. Demnach lässt sich über die gestellte Frage nicht allein ■' jetzt gar nichts aussagen, sondern es fällt dieselbe demnächst tch gar nicht in das Bereich des vernünftigen Experimentes, da iin die geforderten Bedingungen zur Erzielung der Vergleichbar- iit weder constant, noch messbar variabel machen kann.

Missbräuchlich hat man aber auch unter Verdaulichkeit die ifenthaltszeit der Speisen im Magen verstanden, welche in gar iiner Beziehung zur Auflöslichkeit zu stehen braucht, da ja auch Iiikommen unverdauliche den Magen verlassen. In diesem Sinne mmt die Verdaulichkeit nur Rücksicht auf den Druck, unter dem !i Speisen in dem Magen liegen, und den Widerstand im Pfört- rr. Die Mittheilungen, die über die Verdaulichkeit in diesem iine gemacht worden, sind bei Frerichs*) nachzusehen, welcher ; zuerst auf ihren wahren Werth zurückgeführt hat.

Der Chymus oder der Speisebrei, welcher durch den Pfört- rr den Magen verlässt, verdient schliesslich noch einige Aufmerk- irakeit. Unter Voraussetzung einer Nahrung aus gekochten Mehl-, vweiss- und Leimarten, Fetten, Blutsalzen und Wasser, gemengt tt Holzfaser, Horn- und elastischen Stoffen, Kieselsäure u. s. w., rrd der Chymus einen Brei darstellen, der bald mehr, bald we- rter Flüssigkeit enthält; die Menge dieser letzteren wird sich idern mit dem Gehalte der Speise an Wasser, dem Ergüsse von äjrdauungssäften in den Magen und der Löslichkeit der Nahrungs- offc in den Magensäften. Hier muss jedoch schon angemerkt 'irden, dass nicht die ganze Menge von Flüssigkeit, welche in m Magen geliefert wurde, diesen letzteren auch wieder durch den

») 1. c. 817.

ß^Q Flüssigkeiten dos Uünndams; Galle.

Pförtner verlässt, weil in die Venen- und Lymphgefässe desselb^ sogleich ein Theil jener Flüssigkeit eintritt. Die unaufgelösten Be- standtlieile des Breies werden ihrer Grösse nach variiren mit der Zerkleinerung, welche die festen Nahrungsmittel durch die Zähne erfahren haben, mit dem Vermögen der Magensäfte die Speisen anzufressen, und dem Widerstande, den der Pförtner bei gegebenen Bewegungen der Magenmuskeln zu leisten vermag. Die Zusam- mensetzung der Chymusflüssigkeit wird sich immer charakterisiren durch ihren Gehalt an Säuren und je nach den genossenen Nah- rungsmitteln an Zucker, Dextrin, Eiweisstoifen, Leim und Fetten; die ungelösten StotFe werden dagegen bestehen zum Theil aus ganz unlöslichen Bestaudtheilen , Holzfasern, Epithelialschuppen , elasti- schen Geweben, Kieselsäure, Kalkerde u. s. w., zum Theil auch aus löslichen, aber noch nicht gelösten Speiseresten, insbesondere! aus Fleisch-, Eiweiss- und Bindegewebss"tückchen, aus Amylon nndl Krümeln von Kalksalzen. Daraus geht hervor, welch mannigfal-| tige Gestaltung dem Chymus zukommen kann. "

3. Flüssigkeiten des Dünndarmes. it

Künstliche Dünndarm Verdauung, a. Die von Schleim« und Farbstoff befreiten g a 1 1 e n s a u r e n Salze des Ochsen ver-1 mögen das gekochte und rohe Amylon sehr allmählig in Trauben* zucker umzuwandeln das hyocholinsaure Natron (C54H43NiOi(iM der wesentliche Bestandtheil der Schweinegalle löst rohes Amylon j leicht auf (Nasse)*). Der in der gereinigten Ochsengalle auf- gelöste Zucker erleidet keine Veränderung (Lehmann). Die frischen Blutkörperchen der Menschen, Säugethiere und Vögel wer-*' den durch die gallensauren Salze leicht aufgelöst (Kühne)**).

b. Die Blas engalle (Galle und Schleim) setzt den Zucken j unter den Erscheinungen der Fäulniss sehr allmählich in Milchsäure» j um (Meckel, Schiel); Fettsäuren löst sie in geringer Menge,! j, während sie die neutralen Fette unverändeit lässt. Eine Einwir-). kung auf die anderen Speisen ist nicht beobachtet.

c. Ein reichlicher Zusatz von Galle zu dem Magensäfte ( raubt diesem die Befähigung, geronnene Eiweisskörper aufzulösen: geschieht die Beimischung nach vollendeter Auflösung, z. B. zu dvr durch Filtration von dem Chymus geschiedenen Flüssigkeit, so winl die Fäulniss, welche sonst leicht in der Flüssigkeit eintritt, i;

») Arohiv fiii- genieinsclinftliclic Arbeiten. IV. 4lTi. Arcliiv dir patliolog. Anatomie. XIV. 310.

Verdauung durch Bauchspeichel und raucreasextract. 641

Bnmt (H. Hoffmann). Die Galle soll in diesem Falle nach den gaben von Scherer und Frerichs auch dem aufgelösten weisse seine Fähig-keit, durch Hitze zu gerinnen, wiedergeben, iie Thatsache, die von Lehmann und Schmidt bestritten wird.

d. Der reine Bauchspeichel und der Pankreasauszug verwan- lln das rohe(?) und gekochte Amylon sehr rasch in Zucker (Va- mtin*), Bouchardat, Sandras); diesen selbst aber nicht in ilchsäu^re (Lassaigne): der Bauchspeichel zerlegt bei Gegen- üirt freier Alkalien die neutralen Fette auf dem Wege der Gährung Oelsüss imd Fettsäuren (Bernard); mit den Fetten geschüt- tt emulsirt er sie permanent, d. h. es bleiben die durch SchUt- m entstandenen Fetttröpfchen getrennt (Eberle," Bernard).

Zu künstlichen Verdauungsversuchen der Eiweissstoffe **) be- ttzt man verschiedene aus dem Pankreas abstammende Produkte imentlich den natürlichen aus dem Gang autgefangenen Saft, oder ra wässerigen Auszug aus der Drüsenmasse eines nüchternen oder loes zuvor gefütterten Thieres, oder endlich die wässerige Auflö- ing des Pankreatins. Der letztere Name bezeichnet einen nicht Iher umschriebenen Köi-per, der durch PbOAc aus dem Wasser- iszug der Drüse niederzuschlagen ist, und der darauf als eine in Vasser lösliche Substanz durch Zerlegung des Bleiniederschlags iieder gewonnen werden kann ; ein andermal nennt man auch Pan- ■'•eatin die durch Alkohol aus dem wässerigen Pankreasinfusum ge- lllten Gemenge (Corvisart).

Gekochtes Eiweiss, Muskel und Blutfibrin, gefälltes Gasein, der i ittigungsniederschlag des in künstlichem Labsaft gelösten vorher "ironnenen Eiweisses, beziehungsweise das Parapepton dieses letz- rren und däs Dyspepton des Caseins werden gelöst, und nachdem eses geschehen, in peptonähnliche Körper umgewandelt durch le wässerige Lösung des Pankreatins, vorausgesetzt, dass dieselbe «hr schwach angesäuert und das Pankreatin aus der Drüse eines Verdauung begritfenen Thieres, namentlich des Schweines aus- ?2zogen ist (Purkinje, Pappenheim, Corvisart, Meissner), iie Auflösung des geronnenen Eiweisses scheint langsam vor sich

•) Lehrbuch der Physiologie. 2. Anfl. I. 360.

••) Frerichs, Handwörterbuch der Physioiogie. III. 1. Abtli. 848. Corvisart, Sur •le fonclion peu connuc du Pancrtfas. Paris 1858. Meissner, Ilenle und Pfeufors Zeitschrift.

Helhc. VII. Bd. 17. Derselbe , Verhandlungen der nnturforschendcn Gesellschnft zu Freiburg .1 Br. .lull I8i.9. Kefcrsteln und Haliwachs, Göttinger Nnchrlehten. 1858 Stilck 14.

Funke, Sehmldt's Jahrbücher. Bd. 101. p. 155. Skrobitzki, Ibid. 105. Bd. 163.

chifr, ibid. 269.

Ludwig, Physiologie U. 2. Auflage. 41

642

Verdauung durch ein Gemisch aus Bauchspeichel und Labsaft.

ZU gehen und es greift der Verdauungssaft die OberfläcLe desEiweisg- wUrfels nicht gleichmässig an, denn dieselbe wird während der fort- schreitenden Lösung höckerig (Meissner). Während der eintre- tenden Lösung verliert auch das Pankreasferment seine Fähigkeit, durch Kochen zu gerinnen.

Wie das Pankreatin verhält sich auch der wässerige Auszug des Pankreas, der von einem in Verdauung begriffenen Thiere ge- wonnen wurde; dieser Auszug reagirt bekanntlich (durch Milch- oder Buttersäure? p. 351) schwach sauer. Angesäuerter Bauchspeichel des Esels verdaute kein Ei weiss (Frerichs), der des Schweines war es im Stande (Meissner).

Das neutrale oder alkalische Extrakt des Pankreas, und ebens der natürliche Bauchspeichel lösen die Eiweisskörper nicht (Kefer- stein, Hallwachs, Meissner), führen aber sehr leicht Fäulni- herbei (O.Funke). Wenn dieses geschehen, solöst der BauchspeicL. vermöge seines KO-Gehaltes feste Eiweisskörper auf (Skrebitzkiy.

Collagene Gewebe werden durch das Pankreasextrakt eben- falls gelöst (Corvisart).

Das Ferment dos Bauchspeichols, welcher Aniylon und Fette umwandelt, kann nicht identisch sein mit demjenigen unbekannten Köriier, welcher die Auflösung der Eiweissstoife besorgt. Denn der Bauchspeichel führt zu allen Zeiten die erstgenannten Umwandlungen aus, während ihm die letztre nur unter gewissen Umständen gelingt.-^ Aber auch die Bedingungen, welche die Auflösung der Albuminate herbeiführen, müssen unter sich verschieden sein; Meissner sah, wie erwähnt, jene Auflösung nur durch das schwachsaure Extrakt erfolgen, Corvisart, Schiff, auch durch das neu- trale und schwach alkalisch reagirende ; auch die Umwandlungen , welche die Eiweiss- stoffe nach der Lösung erfahren, sind noch sehr wenig aufgeklärt. Siehe die Kritik der Peptonbildung durch den pankroatischen Saft bei Brücke' 1. c.

e. Künstliche Verdauung durch ein Gemenge von Labsaft und Bauchspeichel. Dieses Gemisch löst die Albuminate langsamer und weniger umfangreich auf, als es jeder Bestandtheil für sich thut. . Das durch künstlichen Labsaft aufgelöste geron- nene Eiweiss soll, wenn es während 6 Stunden mit Bauchspeichel digeiirt wurde, seine Fällbarkeit durch Kochen wieder gewinnen (Frerichs). Die Peptone, welche die Labsaftverdauung aus den Eiweisskörpern bildete, werden durch den Bauchspeichel nicht weiter verändert (Corvisart). Die Angaben von Frerichs und Cor- visart können aufgefasst werden als sich widersprechende, oder sie können auch neben einander bestehen, wenn die ^Eiweissstoffe, welche Frerichs dem Bauchspeichel zusetzte, noch nicht bis zu Peptonen verändert waren.

Verdauung durch Dannsaft.

643

f. Künstliche Verdauung durch ein Gemenge von Labsaft, Gallo und Bauch- cichel. Frerichs erwähnt, dass, wenn er das im Labsaft verdaute Eiweiss mit Ue und paukreatischem Saft digerirte , sich die Galle nach 24 Stunden als eine har- e Masse zu Boden setzte. Die über diesen Niederschlag stehende klare* Flüssigkeit rrde durch Kochen stark getrübt.

g. Zur ktinstliclien Verdauung mit Darmsaft sind benutzt orden: der aus dem Darm nacli der Methode von Frerichs ter B i d d e r (p. 365) gewonnene Saft ; wohlabgewaschenene Stück- een von Darmschleimhaut; oder wässerige Auszüge aus der letztein.

Gekochtes Amylon geht bei der Digestion in Traubenzucker, üch und Buttersäure über (Frerichs, Felo uze). Mannit ver- landelt sich in Milchsäure (Witte). Geronnenes Eiweiss wird Möst (Bidder, Schmidt, Kölliker, H. Müller). Citron- lures, weinsaures, äpfelsaures Kali und Nati-on verwandeln sich kohlensaure Salze (Kerkow, Magawly).

Natürliche Dünndarmverdauung. Da die Drüsen, eelche ihi'en Inhalt in den Dünndarm schicken, nicht an demselben Tte einmünden, so bietet sich hierdurch die Gelegenheit, die Lei- üungen derselben, sowohl einzeln als in mancherlei Combinationen, iifzuhellen. Insbesondere gelingt es innerhalb des Thieres zu iso- i-en die Wirkung des Darmsaftes und zu verbinden die des Darm- iid Magensaftes (nach Unterbindung des Gallen- und Pankreasgan- !s), des Darm- und Magensaftes mit der Galle oder dem Bauch- i')eichel, des Darmsaftes mit der Galle oder dem Bauchspeichel, Her mit beiden (nach Unterbindung der horizontalen Abtheilung des iwölffingerdai-mes). Demnach lässt sich über alle denkbaren Com- inationen verfügen, mit Ausnahme derjenigen, welche eine Elimi- ution des Darmsaftes verlangen.

a. Die verdauenden Ki'äfte des menschlichen Darmsafts*) iit Busch mittelst einer Darmfistel, die sich am obern Theil des iünndannes, vielleicht kurz hinter dem Zwölfingerdarm, fand, be- oachtet. Aus der obern, dem Magen zugewendeten Oeffnung des . arms traten alle Flüssigkeiten, welche vom Magen und Zwölffinger- larm herabströmten, vollkommen aus, sodass in das untere in den tfter ausmündende Darmstück auch nicht eine Spur von oben her gelangte. Die Stoffe, deren Verdauung geprüft werden sollte' konnten Iso durch die untere Mündung des künstlichen Afters in das mit em Dickdai-m verbundene Dünndarmstück eingeführt werden und der, entweder in Tüllbeutel eingeschlossen nahe an der Einführungs-

") Bäsch, Archiv für patholog. Anatomie. XIV. MO.

644

Natürliche Dünndamvordauung mit Darnisaft.

Stelle fest gehalten und dann nach belicljiger Zeit wieder hervor- gezogen werden,, oder man konnte die Nahrungsmittel auch durch das ganze untere Darmende, das aus einem grossen Tlieil des Dünndarms und dem ganzen Dickdarm bestand, wandern lassen und aus dem gebildeten Koth die vor sich gegangene Verdauung erschliessen.

Nach beiden Methoden ergab sich, dass gekochte Eiweiss- stoffe (Fleisch und Eier) unter Entwickelung von Ammoniak und Fäulnissprodukten aufgelöst wurden; rascher, wenn sie durch den ganzen Darm wanderten, laugsamer, wenn sie in Tüllbeutel aufge- hängt waren. Die Fäulniss , welche in den gekochten Eiweissstof- fen schon nach 6 7 Stunden sehr merklich war, muss von einer Gegenwirkung zwischen dem Darmschleim und den Albuminaten bedingt sein, da keiner dieser Stoffe für sich in so kurzer Zeit fault.

Gekochte Stärke geht leicht in Ti'aubenzucker über und im Koth ist weder sie noch der Traubenzucker zu finden, selbst wenn nicht unbeträchtliche Mengen derselben durch die Fistelöffaung em- gingen. Rohrzucker bleibt dagegen ungeändert. Die Butter und der Leberthran, die nach längerm Aufenthalt im untern Darmstück (bis zu 10 Tagen) im Koth wieder erschienen, rochen nach Butter- säure, dem Anblick nach waren sie theils unverändert, theils aber . krystallinisch geworden.

Ausser dieser Beobachtung , die aucli für Versuche an Thieren als methodischer Prototyp gelten muss, sind noch andere bekannt, bei welchen man aus der geöffneten Unterleibshöhlc eines Thiers eine Damischlinge hervorzog, sie von ihrem Inhalt rei- nigte, oben und unten abband oder abklemmte und dann die frische Speise in dieselbe brachte. Nachdem auch die hierzu nöthige OefFnung zugebunden war, wurde die Schlinge in die Unterleibshöhle zurückgeführt (Freriohs, Bidder und Schmidt).

In einer solchen Schlinge verwandelt sieh Kleister rasch in Zucker und Milt^ säure und die unlöslichen Modifikationen der Eiweiss- und Leimstoffe in lösliche.

Durch diesen Versuch würde man das Verhalten des Darmsaftes gegen die frischon Speisen für aufgeklärt ansehen dürfen, wenn nicht die Befüixhtnng nahe läge, dn die der Operation folgenden Störungen des Blutlaufes in der Unterleibshöhle die no male Darmabsonderung vollkommen änderten. Die Beobachter geben zwar an, d;- mindestens noch einige Stunden unmittelbar nach Eröffnung der Bauchhöhle ein m veränderter Darmsaft abgesondert werde, sie bringen dafür jedoch keinen andern B weis als den vor, dass 4 bis 6 Stunden nach dem Bauchschnitte die Entzündung u' ihre Folgen erst im Maximum sichtbar seien.

b. Wenn man nach Unterbindung des Galleu- und Bauch- speichelganges aus einer am Dünndärme angelegten Fistel den Speisebrei schöpft, so findet mau, dass das Fleisch und die Aniy-

und mit Combinationen aus Galle, Bauclispoichol etc. 645

Aeeen ungefähr ebenso veründert sind, als sie es gewesen sein^ Hirden ohne Abschluss der beiden Drüsensäfte (Bidder und h m i d t) *). War es nicht zur Bildung von Milchsäure gekom- sn, so reagirte der Speisebrei alkaliseh, was man nach Ausschluss •s stark alkalischen Pankreassaftes kaum erwartet hätte.

c. Die vereinigte Wirkung der Gr a 1 1 e , des Bauchspeichels Jtd Darm Saftes oder auch nur die des Bauchspeichels und Darm- tees auf die frischen Speisen suchte man zu ermitteln, indem man ms Duodenum noch über der Leber- und Pankreasmündung ab- Imd fBidder und Schmidt)**), oder auch zugleich den Gallen-

mg verschloss (Corvisart), im Uebrigen aber gerade wie bei mutzung jeder andern Darmschlinge verfuhr. Die Ergebnisse der irsuchsreihen waren denen unter a sehr ähnlich, nur insofern ijigte sich ein Unterschied , als in der vorliegenden dieFälle relativ mfiger sind, in welchen die Auflösung der Eiweissstolfe sehr weit rrgeschr-itten war.

Bei der bekannten Eigenthümlichkeit des Pankreas , seine Absonderung für einige !t nacb Eröffnung der Bauchhöhle einzustellen, ist es fraglich, ob die angegebene eeration den gewünschten Erfolg bedingte.

d. Die combinirte Einwirkung der Galle, der Magen- und ia r m s ä f t e auf die Speisen wird erzielt, wenn man entweder das Pan- (eas ausschneidet oder seine Ausführungsgänge unterbindet. Die »erwiegende Mehrzahl der Beobachter (Bidder und Schmidt,

einmann*, Herbst u. A.) fand das Zusammenwirken jener ifte gerade so erfolgreich, als ihre Verbindung mit dem. Bauch- Reichel; insbesondere zeigte sich der aus dem After gestossene oth nicht reichlicher und nicht anders beschaffen, als wenn die oeration unterblieben war.

e. Bauchspeichel, Magen- und Darmsäfte, welche ich Ableitung der Galle aus einer Blasenfistel auf den Darminhalt iirken, erzeugen ebenfalls eine vollkommene Verdauung ; es scheint Der, als ob die Anwesenheit der Galle mancherlei weitere Um- ttzungen der aufgelösten Stoffe verhindere, die bei ihrer Abwe- i:nheit vor sich gehen; im letztern Fall bilden sich viel Darmgase i'id ein sehr unangenehm riechender Koth.

f. Die verwickeltste Zusammenstellung der verdauenden Elüs- tgkeiten endlich, die nämlich, bei welcher in zeitlicher Keihenfolge

•) 1. c. p. 271.^ »•) 1. c. p. 276.*

646

Cliymus dos Dünndarms beim Menschen.

_,auf die Speisen zuerst sämmtliche Säfte wirken, welche *in den Magen, und dann die, welche in den Dünndarm er- gossen werden, erzielt rücksichtlich der Auflösung der Speisen kein anderes Eesultat, als alle vorerwähnten einfacheren Combinatioiien; auch hier werden die Leimarten, die Albuminate und das Aniylon zur Auflösung in "Wasser gesehickt gemacht.

Chymus des Dünndarms. Die Fortschritte, welche die Verdauung macht, gestalten sich wesentlich verschieden je nach der Aufenthaltszeit der Speisen in dem Dünndarm, lieber diesen Punkt konnte Busch in seinem schon oben erwähnten Fall Erfah- rungen sammeln. Wegen ihrer grossen praktischen Wichtigkeit müssen dieselben hier kurz zusammengestellt werden.

Schon kurze Zeit nach der Einführung der Nahrungsmittel in den Mund begannen dieselben wieder aus der obern dem Magei zugekehrten Fistelöffnung zu erscheinen. So kamen nach VoUei dung der Mahlzeit an: die «rsten Stücke gekochten Eies 20 bi 35 Min., Fleischstücke 22 bis 30 Min., Rüben, Kohl, Kartofi'eln 1 bis 19 Min., aber erst 3 bis 4 Stunden nach einer reichlichen bin Tage genossenen Mahlzeit war der Ausfluss der Speisestücke vol- lendet. War dagegen die Nahrung spät am Abend genommen wor den, so ging dieselbe nur theilweise alsbald wieder ab, die Rest derselben kamen erst am andern Morgen zum Vorschein , weil wäli rend der Dauer der Nacht die Bewegungen des Magens unterbrochci waren. Die Menge von Flüssigkeit, welche aufgefangen werde i konnte, richtete sich nach der Menge und Ai't der Nahrung. Aix meisten erschien, nachdem Fett genommen war, schon bedeuten^ weniger im Verhältniss zur Menge des Aufgenommenen nach Gela- tine imd gekochten Eiern, nach Fleisch und Milch, am wenigsten nach Kohl und Kartoffeln. Die Menge des Ausfliessenden nahm auch ab, wenn während eines Tags statt einer gemischten nur eine einfache Nahrung, z. B. nur Brod genossen wurde.

Was die chemischen Eigenschaften des Ausfliessenden anlangt, so war das Gemisch meist von neutraler und niu* zuweilen von alkalischer oder von saurer Reaktion. Die Flüssigkeiten, welche erschienen, wenn gar keine Speise genossen war, sodass nur die reinen Verdauungssäfte abströmten, enthielt zwischen 2,3 bis 2,ö pCt. festen Rückstand, ihr fehlte die Reaktion auf Rhodankalium; es war also wnhrscheinlich aller Speichel verschwunden. Waren gekochte Fleisch- oder Eierspeisen genommen worden, so gab dci filtrirte Saft mit den Reagentieu Niederschläge, die {CUch aus einer

Zusammensetzung des Cliymus an verschiedenen Orten.

647

f.fachen Lösung die gekochten Eiweissstoffe fällen. Flüssiges »veiss erschien als solches wenigstens theilweise wieder. Nach m Trinken von Milch fanden sich im Ausgeflossenen Casein- jßken; ein anderer Theil des Caselns konnte durch Neutrali- idon der alkalischen Flüssigkeit gefällt werden. Das aus der- Itel hervortretende enthält nach dem Genuss von Gelatine einen kht mehr ' gerinnenden Leim in Auflösung. Nach dem Ver- gucken von Rohrzuckerlösung konnte etwas Traubenzucker in dem ssgeflossenen aufgefunden werden und dieses auch dann, wenn ee andere Nahrung ausgeschlossen war und die unmittelbar vor tu Essen ausgestossenen Verdauungssäfte keine Reaktion auf »aubenzucker gegeben hatten. Gummi kam unverändert wieder, SS Fett war in einer feinen Emulsion enthalten.

In der aufgefangenen Flüssigkeit schwammen immer grössere eer kleinere Brocken der in den Magen geführten festen Spei- BQ. Bestanden diese letzteren aus Eiweissstoffen , so wurden sie Höst, wenn sie mit der ausgetretenen Flüssigkeit längere Zeit hin- irch in Berührung blieben; diese Auflösung ging vor sich, wie (ch die Flüssigkeit gegen Lackmuspapier reagiren mochte. Frische iürfel aus gekochtem Eiweiss und aus Fleisch, die den filtrirten 'srdauungssäften zugesetzt wurden, konnten zwar auch gelöst ?;rden, aber sie lösten sich viel langsamer als die Stücke, welche (ch unverdaut mit den Verdamm gssäften gemischt ankamen.

lieber das Verhältniss des Gewichts der eingeführten Nahrungsmittel zu dem des r'isehreies sammelte Busch folgende Zahlen; sie bedeuten, die genossene Nahrung i ich 1 gesetzt, das Gewicht des ausgeflossenen Breißs : Fett = 6,0 ; Gelatine = 3,7 ; i '.ottene Eier =2,7; Fleisch 1,7; Milch oder Mohrrüben =1,2; Kohl =0,9; Kar- ltelbrei =0,7. Den Nahrungsstoff'en, welche nach einer Abendmahlzeit am darauf fol- iden Morgen ankamen , war fast gar kein Verdauungssaft , namentlich keine Galle ■;gemischt. Sie waren auch relatir am wenigsten verändert.

Nimmt dagegen die Dünndarmverdauung ihren regelmässigen verlauf, so besteht sein Chymus zwar auch wie der des Magens HS festen Partikeln, flüssigen Fetten und Gasbläschen, welche in iner wässerigen Lösung aufgeschwemmt sind, aber es sind sicht- iire Unterschiede zwischen beiden Breiarten vorhanden; nament- 3h sind die festen Theilchen des Dünndarmes kleiner, die Fette md nicht mehr in grossen, sondern in sehr kleinen Tröpfchen ver. mit, und' endlich ist der Chymus des Dünndarmes von der bei- emengten Galle gelb gefärbt. Das Verhältniss der festen zu den Ussigen Theilen variirt aus denselben Gründen, die schon beim

648

Enthält der Dünndarm Peptone?

Speisebrei des Magens und des Duodenums erörtert sind, sehr trächtlich; im Allgemeinen nimmt aber die Flüssigkeit gegen Ende des Dünndarmes ab.

Die chemischen Bestandtheile der aufgeschwemmten Massen -sind zum Theil den beim Magen erwähnten gleich ; neu hinzu kom. men noch Kalkseifen, harzige Umsetzungsprodukte der Galle, Schleim und losgestossene Epithelien der Darmoberhaut. Das Verhältniss zwischen den einzelnen Gemengtheilen stellt sich für die verschie- denen Abtheilungen des Darmrohres so , dass mit der steigenden Entfernung vom Pylorus die Holz-, Horn- und Kalkmassen u. s, w., welche vollkommen unlöslich sind, allmählig bedeutend das Ueher- gewicht gewinnen über das Amylon und die Albuminate.

Die Flüssigkeit enthält in Lösung Zuckerarten ; und zwar Tran- benzucker, vielleicht Fruchtzucker und nach dem Genuss von Rohr- zucker auch diesen (Köbner). Die Menge des letztern nimmt gegen das Ileum hin merklich ab; ferner sind im Chymus gelöst Milchsäure und deren Salze und Eiweissstoffe. Ueber die chemische Natur dieser letztern sind die Meinungen getheilt; Meissner, Cor Visa rt, 0. Funke scheinen geneigt, wenigstens einen Theil der gelösten Eiweissstoffe für Peptone zu halten, während Andere, z. B. Brücke noch einen sichern Beweis für diese Unterstellung vermissen. -Da sich ein einigermassen befriedigender chemischer Beweis nicht anbringen lässt, so musste die Anwesenheit der Pep- tone aus andern Gründen erschlossen werden. Der erste derselben stützt sich darauf, dass die Eiweissstoffe erst nach ihrer Ueherfüh- rung in Peptone aufgesaugt werden könnten ; dieser Vordersatz, aus dem allerdings die Peptonbildung mit Nothwendigkeit folgen würde, entbehrt aber vorerst noch jeglicher Begründung. Ebenso wenig überzeugend wirkt eine andere Herleitung, die sich auf die lange Anwesenheit der Eiweissstoffe im Darmkaual stützt; da die Peptonbildung erst nach der Auflösung der Eiweissstoffe vor sich geht, so ist begreiflich nicht die Aufenthaltsdauer der ungelösten sondern nur die der flüssigen nach geschehener Auflösung von Be- deutung. Wie will man aber die Zeit des Verweilens dieser letz- tern bestimmen? In der Flüssigkeit des Chymus kommen ferner vor die ursprünglichen und die umgesetzten Bestandtheile der Drüsen- säfte (Gallensäure, Taurin, Leucin, Ammoniaksalze, Cholestearin u. s. w.). Alle diese Stoffe stehen in so mannigfachen Verhältnis- sen zu einander, dass sich nichts Allgemeingültiges darüber aus- sägen lässt. Gewöhnlich überwiegen jedoch schon in der Mitte des

Yergleicliung der natürlichen und künstliclien Darraverdauung.

649

\ mndarmes die alkalisch reagirenden Stoffe, so dass von da an i Flüssigkeit ihre saure Reaktion in eine alkalische umwandelt. ..er auch dieses Vorkommen erleidet eine Ausnahme bei lebhafter Ichsäurebildung, wie sie nach reichlichem Genüsse von Arayla- 'in beobachtet wird.

Eine Vergleichung zwischen den Erfolgen der na- lllichen und künstlichen Verdauung im Dünndai-m kann bis in das azelne nicht vorgenommen werden, da uns, wie wir eben sahen, le gründliche Kenntniss der chemischen Beschaffenheit des Dünn- rrmchymus fehlt; der gegenwärtige Stand der Thierchemie lässt fch demnächst keine solche voraussehen. Das wenige, was wir eer dieselbe wissen, ist allerdings aus den Erfahrungen zu er- liren, zu denen die künstliche Verdauung geführt hat. So ist SS Umschlagen der Reaktion, welche der saure Chymus des Ma- DDS mitbringt, erklärlich aus den alkalischen Säften, die sich in m Dünndarm ergiessen. Die Auflösung der aus dem Magen cch ungelöst ankommenden Eiweiss- und Leimstoffe kann der iirmsaft und unter Umständen der pankreatische besorgen. " usselbe gilt für die ungelösten oder unverwandelten Amylaceen, td die Ueberführung der Zuckerarten in Milch- und Buttersäure !3 feine Emulsion , in welche die Fette gebracht werden , kann im Bauchspeichel, dem Gallen- und Darmschleim zugeschrieben 'irden, die Umsetzung einiger pflanzensauren in kohlensaure Ikalien vermag der Bauchspeichel und der Darmsaft zu vollführen, i.e Zerlegung der Galle in Cholsäure, Taurin und Glycocoll leitet rr saure Magensaft in Verbindung mit dem Bauchspeichel ein. Das iiftreten von Buttersäure kann abgeleitet werden aus dem Ver- Dgen des pankreatischen Saftes, die neutralen Fette, hier also das iityrin, zu zerlegen; oder sie kann auch bedingt sein von dem jbergang der milchsauren in die buttersaure Gährung. Für die tztere Entstehungsweise würde die Gegenwart von H-gas sprechen, welches man, wie gleich zu erwähnen, schon in der Darmhöhle ge- inden hat. Die Galle endlich verhütet den Eintritt der stinken- !Bn Fäulniss.

Ucberblickt man noci einmal die Lösung der Speisen im Dünndarm, so crgiebt ish, dass ein jeder Nahrungsstoff durck verschiedene Verdauungssäfte verflüssigt wer- ■n kann. Die Eiwoisskörper konnten durch den saurqji, zuweilen durch den neutra- i Magensaft, aber auch durch den Darmsaft, und endlich durch den sclnvachsauren, »weilen auch durch den neutralen oder alkalischen Bauchspcichol gelöst werden. Das inylon konnte der Darmsaft, der Kopf- und Bauclispeichel in Traubenzucker umwandeln; 18 Fett wnrde durch die verschiedenen Schleimarten und den Pankreassaft in Emul-

650

Wirkung verschiedener Säfte auf dieselben Speisen.

sion gebracht. Diese Erfahrung musste natüi'lich zu der Frage führen, welchen Siiih und welche Folgen diese Häufung verschiedener Mittel zu demselben Zweck mit «ij führe. Obwohl sich die aufgeworfene Frage schwerlich umfassend beantworten lägst, bevor die Art der Auflösung und der Umsetzung, welche die einzelnen Säfte mit sich bringen, genauer gekannt ist, so dürfte sieh doch schon jetzt Folgendes vorbrin. gen lassen. Die Untersuchungen mittelst dos künstlichen und natürlichen Labsaftei hatten ergeben, dass nicht alle Eiweisskörper bei demselben Säuregrad mit gleicher Leichtigkeit verdaut wurden; namentlich ergab die Erfahrung, dass in dem Magensaft des Hundes und Schweines das gekochte Eiweiss nnd derXleber nicht gleich leicht gelöst werden. Daraus konnte man also folgern: es mussten zur gehörigen Ausnutzung ver- schiedener Eiweissstoffe , welche gleichzeitig genossen waren, auch Verdauungsflüssig- keiten von allen mögliehen Säuregraden vorhanden sein. Diese Betrachtung verliert jedoch ihre Spitze, wenn man sich erinnert, dass der alkalische Darmsaft, soweit wir wissen, alle Eiweisskörper gleich gut verflüssigt. Also wären die Einwirkungen des Magensaftes überflüssig. Um aber diesen Einwurf wegzuräumen , könnte man sagen, die Anwesenheit des Magens mache es möglich , dass die Aufnahme von Speisen in den Mund auf einmal für längere Zeit abgethan werden könne ; der Magen zerlege dann" die grossen Speisestücke in kleinere, diese würden darauf in dem Maass, wie sie zer- kleinert wären , in den Dünndarm gebracht und diesem werde somit sowohl durch die Verkleinerung als auch durch die chemische Vorarbeit des Magens die Auflösung er- leichtert. Diese Annahme empfängt gewissermaassen eine Unterstützung durch die Angabe, welche Busch über die verschiedene Löslichkeit von Eiweissstoffen gemacht hat, je nachdem dieselben vorgängig, der Einwirkung des Magensafts ausgesetzt oder noch nicht ausgesetzt waren. Vielleicht wäre es auch für die Eesorption von Be- deutung, dass die sauren Lösungen der Eiweissstofi"e erst in eine alkalisch reagirende Lösung gebracht würden , bevor sie die alkalisch reagirende Darmwand durchsetzen, damit sie an und in derselben nicht gefällt würden. Hiergegen könnte man einweii den, dass erfahrungsgemäss schon im Magen die Resorption beginnt, wie dieses u. A. bei der öfter erwähnten Frau mit der Darmflstel geschah. Bei ihr blieb es aber un- gewiss , ob der Magensaft wirklich sauer war. Endlich ist es auch nicht wahr- schcinlie)i, dass zu allen Zeiten eine jede Saftart mit gleicher Leichtigkeit beschafft werden kann ; sie wären also als gegenseitige Aushülfen zur Vermeidung physiologi- scher Verdauungsstörungen anzusehen. Für die Vertheilung von Amylon auflösenden Säften auf verschiedene Orte des Darms liesse sieh anführen , dass nur hierdurch dem Uebelstand vorgebeugt werden könnte , concentrirte Zuckerlösungen in einer beschränk- ten Darraabtheilung anzuhäufen. Bei der Geschwindigkeit, mit welcher die Umwand- lung des Amylons vor sich geht, und bei dem grossen Antheil , den jener Stoff in unserer Nalirung einnimmt, hätte dieses sonst nothwendig geschehen müssen und hier- durch würde sowohl die Aufsaugung dieses Stoffes, wie auch die. Verdauung alle anderen gehemmt worden sein, eine Annahme, die durch die bekannten Folgen eine reichlichen Genusses von Zucker bestätigt wird.

4. Die Flüssigkeiten des Dickdarmes sind causserbalb dc- thierischen Körpers noch nicht geprüft worden; als Steinhiiuse. die Gelegenheit benutzte, die ihm eine Fistel des Coeciuiis am Menschen darbot, frische Speisen in den Dickdarm zu bringen, fiH"' er dieselben im Kothe unverändert wieder. Dieses lässt begrciflicli

L Dickdarm. Koth. 651 en Schliiss zn auf die Veränderung der Speisen in dem Zu- !nde, in welchen sie gewöhnlich aus dem Dünndarme in den ikdarm übergehen. In der That scheint auch während des Le- us der Inhalt des Dickdarmes sich noch fortwährend zu verän- m; denn es entwickeln sich in demselben Säuren (Milchsäure, [ttersäure u. s. w.) und Gase, H und CH (Chevreul), Bildun- 11, die sich allerdings auch erläutern aus einer in dem Speise- n eingeleiteten und ohne Zuthun des Dickdarmsaftes förtschrei- den Gährung. Der Schleim und die Schleimhaut des Kanin- mdickdarms wandeln Amylon rasch in Zucker um (0. Funke*).

Der Koth**) oder der Antheil des Speisebreies, welcher aus m Mastdarme hervortritt, enthält, in wechselnder Menge Festes dd Flüssiges. Die Flüssigkeit gewinnt über das Aufgeschwemmte 1 so mehr das Uebergewicht , je rascher die Speise durch den irmkanal gegangen, je mehr der aufsaugende Apparat in seinen iistuugen beschränkt ist,-imd weitere Stoffgemische in der Koth- <3sigkeit aufgelöst sind, welche mit kräftiger Verwandtschaft zum asser begabt sind und mit geringer Geschwindigkeit durch die irmwand in die Blut- und Lymphgefässe treten.

Seiner chemischen Zusammensetzung nach besteht der aufge- üwemmte Theil bei einer gemischten Kost aus Hornschüppchen, ringen Mengen elastischer Häute, einigen zerbröckelten Muskel- '.ern, unlöslichem Blutroth, Fetten, Stearin- und margarinsaurem lilk, Holzfaser, Pflanzenwachs, Chlorophyll, etwas Amylon, Schleim, '.rmepithelium, ümsetzungsprodukten der Galle (Dyslysin, Cho- (din- und Cholalsäure) und nach Marc et beim Menschen auch aus cretin, einem in Aether löslichen Körper (C78H78 02S), ferner aus olestearin, Kieselsäure, phosphorsauren, schwefelsauren und kohlen- uren Erden. Die Flüssigkeit enthält Eiweiss, Gummi, Gallen- "bstoffe, wenig Gallensäure, schwefelsaure nebst ein wenig salz- liuren Alkalien.

Der Geruch des Kothes scheint Von flüchtigen Fettsäuren be- ugt zu sein; Liebig konnte durch Behandeln von eiweissartigen «offen mit Kali ein Gemenge von flüchtigen Fettsäuren herstellen, !}lches ausgeprägt nach Koth riecht.

•) Lehrbuch der Physiologie. 3. Aufl. 1. 320. '*•) Wehsarg, Milcroskopische und chom. Uiitcrsuclinugen etc. Giossen 1852. Iliring, troskopische und chemische Untersnchungen etc. Giossen I85'i. Maroot, Proeecdings of llic al .Society VII. 1.53. Derselbe, Philosophiciil Trnnsnctions 1807. -103. Licbig, 'Thicrclicmie 'Ann. 13G. K U h n c , Archiv fUr patholog. Anatomie. XIV. 310.

652

Darmgaso etc.

Die proportionale Menge des Rothes oder das Gewicht dt selben dividirt durch dasjenige der genossenen Nalu-ung, ist ab hängig von der Menge absohit unverdaulicher Einschlüsse in dii letztere (aus diesem Grunde giebt Gemiisenahrung viel mehr Kotl als Fleisch) von der Geschwindigkeit, mit welcher die Speis, durch den Darmkanal gehen, endlich von der Kraft der auflöse den und aufsaugenden Verdauungswerkzeuge.

Nach den Erfahrungen von Lieh ig befindet sich der Koth nicht im Zustande fauligen Gährung, er gelangt erst in sie, nachdem er dem Zutritte der Luft bloss legt war. Zuweilen kommen in ihm Gährnngspilze vor (Mitscherlich,'lleiiii Böhm).

Chevreul*) hat mit freilich noch unvollkommenen Methoden die Gasarten i, menschlichen Darmkanals untersucht. In der Leiche eines Hingerichteten bemerkte im Magen eine geringeMcnge von Gas, welche in lOOTheilen bestand aus: 0=ll,i CO» = 14,00; N = 71,45; H = 3,55. Im Dünn- und Dickdarme dreier Hin richteter beobachtete er :

Dünndarm.

Dickdarm.

Coecum.

Rectum.

Bemerkungen.

I.

CO2

24,39

00-2

43,50

H

56,53

CHu.HS

5,47

1 Zwei stunden

N .

20,08

N

51,03

d. Tode eine llo

CO4

40,00

CO2

70,00

zeit ausBrod, K:

II.

H

51,15

H u.CH

11,16

Wein u. Wassi

N

8,85

N

18,04

CO2 12,5

CO4

25,0

CH 12,5

COs! 42,86

Vor dem TodeEii

in.

H

8,4

H 7,5

GH 11,18

■fleisch, Brod, L

N

66,6

N 67,5

N 45,96

sen, Rothwciii

Aufsaugung in den Verdauungswegen.

Von dem, was als Speise und als Drüsensaft in den Dan eingeführt ward, tritt nur ein kleiner Theil durch den After her vor; also muss der Rest, da er nicht in der Höhle zurückbleü durch die Darmwand austreten. Dass die grosse Menge ^ Flüssigkeit, welche diesen "Weg betritt, ihn in so kurzer Zeit vol lenden kann, begründet sich einmal durch die grosse Ausdehnuuj: der Darmwand, wie sie ermöglicht ist durch die Röhrenform d Darmes, und durch die Falten, Zotten und Krypten der eiüzeliK Schleimhautpartien. Wenn dieses ausgebreitete Filtrum die Am saugung an "sdelen Orten gleichzeitig möglich macht, so wird durdi

•) Magondio's Physiologie, deutscli von Ileusinger. U. Bd. 7D. 101 u. IIG.

Einrichtungen des Schloimhautfiltors. 653

Bedeckung- der Wand mit nur einer Schicht cigenthiimlich ge- nter Cylinderzellen jede einzelne Stelle sehr leicht durchdringlich.

Nach den Beobachtungen von 0. Funke und Köllik'er, vor- r^sweise aber nach denen von B r e 1 1 a u e r und S t e i n a c h *) ist die )3is, welche die trichterförmigen Deckzellen gegen die Darmhöhle mden durch einen hellen Saum begrenzt, auf welchem prisma- ifehe Stäbchen aufsitzen. Diese Stäbchen sind jedoch nicht immer üch gestaltet; so sitzen namentlich auf den Zellen, die aus dem mn eines seit vielen Stunden nüchternen Thieres stammen, sehr utliche scharf von einander abgesetzte Prismen; die Zellen aber, ! aus dem Darm des verdauenden Thieres genommen werden, (d an ihrer gegen den Darm gewendeten Seite durch einen schein- r vollkommen homogenen, stäbchenfreien Saum begrenzt, der iimäler ist, als der Raum, welchen im vorhergehenden Fall die äbchen sammt ihrer Unterlager einnehmen. Aber auch jetzt id die Stäbchen nicht verschwunden, sie sind nur durch Ver- rrzung und gegenseitiges Aneinanderlegen unsichtbar geworden; ran sie kommen wieder zum Vorschein, wenn man die Zellen eine Lösung von phosphorsaurem Natron legt. Der stäbchen- ijigende Saum, den man kurzweg den Zellendeckel nennt, hängt, te es den Anschein hat, fester mit dem schleimigen zähen Zellen- aalt als mit der zeitlichen Zellenwand zusammen; man könnte ?gen, es stecke der mit dem Deckel verbundene Inhalt in der iflenhülse wie ein Pfropf in einem Trichter. Diese Annahme grün- tt sich auf die Erfahrung von Brettäuer und Steinach, dass i'-r Zelleninhalt mit dem auf ihm sitzenden Deckel seine normale iigerstätte verlässt, und sich neben die leere Hülse legt, wenn San den Inhalt durch passende Mittel, z. B. durch destillirtes Was- iT zum Aufquellen gebracht hat. Aus diesen Erfahrungen, so- tel sie auch sonst noch zu wünschen übrig lassen, geht das für iisere Zwecke wichtige Resultat hervor, dass die ZeUenhöhle '?gen die Darmlichtung nicht durch eine homogene Haut abgegrenzt :.t. Wollte man einen Vergleich zulassen, so würde man zwischen em Zellendeckel der Darmepithelien und der Haut in andern Zellen v.wa denselben Unterschied statuiren können, wie er zwischen inem Fliesspapier und einer CoUodiummembran besteht. rücke vermuthet, dass auch die in der Schleimhaut steckende ■pitze der Epithclialzellen nur durch einen lockeren Pfropf, nicht

•) Brettauer nnd St ein ach, Wiener aknd. Sitzungsberichte. 23. Bd. 303.

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Anfänge der Chylusgofiisse ; Zotton.

aber durch eine homogene Haut verschlossen sei und Heid( hain findet es sogar wahrscheinlich, dass die von jenen Spitz ausgehenden Fortsätze in das von ihm beschriebene die Schkii:, haut durchsetzende Zellennetz münden (p. 568). Diese Thatsacht, wird von Henle bestritten.

Jenseits der Oberhaut stösst die eingedrungene Flüssigkeit aur ein lockeres von Lücken durchzogenes Gewebe. Diese Lückei öffnen sich, wie schon früher beschrieben wurde, auf die eine odei andere Weise in die Lymphgefässe , in sie hinein ragen Blutcapfl laren; die absorbirte Flüssigkeit kann also je nach Umständen ii das eine oder das andere GefäsS; eintreten. Erwägt Irtan, dass di( Hohlräume der Schleimhaut ihre Formen ändern können, vermög( der sie umgebenden Muskeln , so sieht man hier ein kunstreiche! Filter hergestellt, das auch für ölige und eiw eissartige Flüssig keiten länger durchgängig bleibt als selbst eine grobmaschige Lein wand.

A. Aufsaugung durch die Lymphgefässe.

1. Anatomisches Verhalten der Anfänge*). Nachdem sehe: früher die Lymphwurzcln in der Darmschleimhaut geschildert wui den, bleibt es hier nur noch übrig, auf das Verhalten der Blutgi fasse und Muskeln in der Schleimhaut namentlich in den Zotte; einzugehen. In den lockeren oberflächlichen Schleimhautpartie; liegt überall ein engmaschiges Netz von Blutgefässen eingebettel das mit freien Wandungen in die Lücken, welche den Anfang de Chylusgefässe darstellen, hineinragt. Daraus folgt zweierlei; ei; mal nämlich wü'd die Möglichkeit eines Austausches zwischen de; Flüssigkeiten gegeben sein, die in den Lücken und den Blutgefäi sen eingeschlossen sind; zugleich werden aber auch die Blutge fässe vermöge ihres durch den Blutstrom gespannten Inhaltes di Schleimhautoberfläche und namentlich den Zottenmantel ausspannen resp. die den Lymphgefässanfang darstellenden Hohlräume offei erhalten, selbst wenn ein gelinder von der Darmhöhle her wirk© der Druck sie zusammenzupressen sucht (Brücke, Donders) Ausser diesen Gebilden enthält die Schleimhaut bekanntlich noc Muskelzellen. Diese sind in den Zotten zu Fasern angeordnet welche der grössten Länge der ersteren entsprechend verlaufen

*) Brücke, Ueber Chylusgcfiisse u. d. Resorption d. Chylus. Wien 1853. Donders Uenle's und Pfeufer's Zeitschrift. N. F. IV. Bd. 230. und die p. 6G7 anfgezähltc Litcratnr.

Filtration«- und Ditt'usionsstrom gegen die Chylusgefässe. 655

liegen nach innen von den Blntgefässcapillaren und nach aussen Iii Centi-alkanal der Zotte. Ziehen sich die Muskeln zusammen, ij dieses am geöffneten Darme des lebenden oder eben getödte-

Thieres beobachtet werden kann, und zwar mit einer Kraft, (iche die durch den Blutstrom gesteiften Blutgefässe zusammen- eckt, so muss dadurch der vorhandene Inhalt des Centralkanales ikh den Lymphgefässen in dem Unterschleimhautgewebe entleert rden, während die einzelnen Epitheliumszelleu durch die Ver- rzung der Zotte comprimirt werden. Falls sie an ihren Enden lin sind, muss hierdurch ein Theil ihres Inhaltes in die Darm- iile zurücktreten. Man kann nicht sagen, ob dasselbe auch für 11 Inhalt der äusseren Gewebsräume des Stroma's einti-eten müsse, man nicht weiss, ob die Epitheliumsz eilen so eingepflanzt sind, I6S der Chylus ebenso leicht aus dem Stroma in die Zellen, als 'i den Zellen in das Sti-oma tritt. Diese Darstellung, welche der tssischen Arbeit von Brücke entlehnt ist, lässt uns erkennen, 13 zierlich und zweckmässig zugleich die Zotte zum Behufs der ttration und der Weiterbewegung ihres Inhaltes gebaut ist.

2. Stoffaufnahme in die Chylusgefässe. Durch die Wand, liehe die Höhlungen des Darms und der Chylusgefässe von ein- (der trennen, dringen wässerige Flüssigkeiten und Fetttröpfchen udurch.

Der Uebergang von wässerigen Lösungen in die Anfänge f Milchgefässe kann mit Hülfe bekannter Thatsachen ohne Schwie- Ikeiten erkläii werden, denn überall, von der Cardia bis zum lus, ist die Schleimhaut für Wasser durchgängig und es ist Ge- (;enheif zum Wirksamwerden von Capillaranziehüng , von hydro- iitischen Drücken und Diffusionen gegeben, Die Lücken der ^hleimhaut sind eng und ihre Wände mit wässerigen Lösungen metzbar, also muss die erste der drei aufgezählten Füllungsur- lehen in Betracht kommen. Ist aber aus einem oder dem idern Grunde der Anfang der Chylusgefässe auch mit noch so !3nig Flüssigkeit gefüllt , so muss . sich von ihm ein Diffusionsstrom litwickeln zum Darm- und Blutgefässinhalt oder mindestens gegen m letztern von beiden, da beide Flüssigkeiten in einander diffusibel i>d zugleich von verschiedener Zusammensetzung sind. Läge •)er der Darin- und Blutgefässinhalt unter einem höheren Drucke, '8 derjenige der Chylusgefässanfänge, so müssten die letzteren all- lählich sich auf dem Wege der Filtration anfüllen. Das Vorkommen mes solchen Spannungsunterschiedes der Flüssigkeiten kann aber

656

Uobcrgang der Fette in die Chylusgcfässc.

nicht bestritten werden , da sich die Ampullen und Lücken entleeren dnrch die periodisch wiederkehrenden Zusaninienziehungen der Schleimhautmuskelu und dann, wenn die letzteren erschlafft sind, wieder ausgespannt werden durch die vom Blutstrome gestreckte] Blutgefässe. Der Inhalt der Lymphräume wird also oft genug untei einer sehr geringen Spannung verweilen, während der DarniinhaJ unter einer wenn auch geringen Pressung liegt, die sich nameutlicl einstellen muss, wenn eine abwärts hängende Darmschlinge mehr odei weniger angefüllt ist. Anderseits wird zu einem Filtrationsstrome voi Seiten der Blutgefässe her Veranlassung gegeben durch die nor male Spannung des Blutstromes. Somit scheint es nur fragUch zi bleiben, ob für gewöhnlich der wässerige Darminhalt vorzugsweisi durch Filtration oder durch Diffusion weggeschafft werde. Berück sichtigt man die Erfahrung, dass die in das Darmrohr gebrachte) Lösungen von salzsauren Alkalien viel reichlicher aufgenommei werden, als diejenigen der schwefelsauren Alkalien und Erden, s< dürfte man geneigt sein, den Diffusionen das Uebergewicht zuzr schreiben. Denn filtriren die Lösungen, so kann man nicht eil sehen, warum ein solcher Unterschied sich geltend machen sollte während man ihn aus der ungleichen Diffusionsgeschwindigkei jener Salze und aus dem ungleichen Quellungsvermögen der Haut durch dieselben begreifen kann.

Von den Fetten*), Avelche sich im Darminhalt finden, gehe' mit chemisch unveränderten Eigenschaften nur diejenigen in Lymphwurzeln über, welche bei der Temperatur des menschliche: Körpers flüssig sind. Um übergangsfähig zu werden, müssen si im Darmkanal selbst erst eine mechanische Vorbereitung "^erfahri haben, die darin besteht, dass sie in höchst feine Tröpfchen vei theilt und zugleich mit einer Hülle umgeben werden. Für die Ai Wesenheit dieser letztern spricht der Umstand, dass sie gewöhnlic nicht zusammenfliessen, wenn sie auch unter einem merkliche Druck in einen engen Raum zusammengedrängt werden. Di Bedingungen, welche das Fett zertheilen, liegen wahrscheinlich i den feinen Unebenheiten der Darmoberfläche. Durch sie werde die grösseren Tropfen in kleinere zerspalten, wenn jene durch di

*) B 1 d d e r und Schmidt, Verdauungssäfte. 224 ff. u. 252. F r o r i c Ii s , Artikel Verdauon Wagners Hnndwörterbuch. III. 847. u. 853. Weinmnnn, Henle's u. Pfoufer's Zeilschii N. F. UI. 247. Herbst, ibid. 389. Cl. Bornard, Memoire sur ie pnncnJns et sur le rfl du suc pancräatique. Paris 185Ü. Donders, Pliysiologie des Menselien. 2. Aufi. 1S59 . 322. Colin, Gazette mddicale de Paris. 1858. 64. 0. Funke, Zeitschrift fiir wiss. Zoologie. 'V 308. u. VU. 315. Kölliker, Würzburger Verhandlungen. Juni 1856.

"Weg des Pottes durch die Darmwand. 657

i>;taltischeu Bewegungen auf der Darmoberfläche hergepresst I den. Die Wiedervereinigung der Ideineren zu grösseren Tröpf- n wird aber unmöglich gemacht durch die reichliche Anwesenheit leimiger Flüssigkeiten, Avelche die die Darmoberfläche benetzen, iientlich dienen hierzu der Darmschleim, die schleimartige Galle i der Bauchspeichel (Eberle, Cl. Bernard); eine Behauptung, , eu Kichtigkeit leicht bestätigt werden kann dm-ch Schütteln eines

bezeichneten Drüsensäfte mit flüssigen Fetten.

. Aus diesen Mittheilungen folgt nun schon, dass für gewöhn- II der Magen' kein Fett aufnimmt; ausnahmsweise kann es (je

ih dem Eintritt der Bedingungen) dennoch geschehen, wie z. B.

'Iliker in den Epithelialzellen des Magens von Säuglingen Fett- ipfchen sah. Aehnliches sag-t die mikroskopische Erfahrung vom v'kdarm aus, in dessen Epithelialzellen nur nach Oelklystieren tttröpfchen gefunden wurden. Dennoch bleibt es zweifelhaft, ob

t der fettige Zelleninhalt in die Lymphräume entleert; dem An- it.ein nach geschieht dieses äusserst selten, da die Lymphe, welche 'i dem Magen und Dickdarm eines fettverdauenden Thieres kommt, imals milchig, sondern klar "und durchsichtig ist. Also ist nur

Dttnndann der eigentliche Fettsauger. Aber er ist es nicht an }3n Stellen gleichmässig. Niemals hat man das Fett durch die llen der Crypten gehen sehen und für gewöhnlich findet man es

in den Spitzen der Zotten. Goodsir und Frerichs, welche u Weg der Fette durch die Darmwand zuerst genauer verfolgten, ■den das chemisch unveränderte Fett zu sehr feinen Tröpfchen ••theilt zunächst in der Höhle der Epithelialzellen. Diese That- hen haben alle späteren Beobachter bestätigt; merkwürdiger Mse fand man aber niemals Tröpfchen in den Zellendeckeln. Da

diese aber durchsetzen müssen, um aüs dem Darm in die Zel- ' höhlen zu gelangen, so bleibt nur die Annahme übrig, dass

den Zellendeckel sehr rasch durchwandern. Aus der Zellen- iile gelangen die Tröpfchen in die Fortsätze derselben, dann in ! Lücken der Schleimhaut, weiter in den Centralcanal der Zotte. Ii endlich in die Lymphgetässe. In allen diesen Theilen liegen ! Tröpfchen nach einer fettreichen Nahrung so gedrängt, dass -selben im auffallenden Licht milchweiss erscheinen.

Viel weniger bekannt als die Bahnen, welche das Fett durcÜ- nft, sind die Kräfte, welche dasselbe treiben und die ihm ent- tgenstehenden Widerstände wegräumen. Nachweislich befördert ! Anwesenheit der Galle und vermuthlich auch die des pankrea-

Ludwig, IMiyglologie n. 2. Anfinge. 42

Galle und BauchspeicUel hülfreich für die Fettaufnahme.

tischen Saftes den Uebergang der Fette. Denn die Auftiahme de selben wird wesentlich beschränkt, wenn die Galle nicht in den Dünndarm treten kann, sei es, dass sie durch eine Fistel nach aussen geführt wird oder dass der Ausftihrungsgang der Leber ver stopft ist(Bro die, Tiedemann, Gmelin, Bidderu. Schmidt). Der Beweis flir die Minderung der Fettaufnahme während des am gehobenen Gallenzuflusses wird dadurch geführt, dass der aus dem Dünndarm kommende Chylus fettärmer und der Koth entsprechend fettreicher ist. Die Hülfe, welche die Galle dem Fettübergau- leistet, erklärt man sich meist dadurch, dass dieselbe den Widci stand mindere, welchen die Poren dem Durchgang der Fette ent gegensetzen. Dieses könnte auf verschiedene Weise erreicht wer den; z. B. dadurch, dass die in die Schleimhaut eingedrungem Galle die Porenform ändert und die Festigkeit des Gewebes vei ringert; oder dadurch, dass sie die Porenoberfläche schlüpfrige i macht, sodass sich die Reibung zwischen Fett und Porenwand mindert; oder auch dadurch, dass sie die Fetttröpfchen geeigneti i macht, sich den Formen der Porenkanälchen anzuschliessen, indem sie die sogenannte Tropfeuspannung des Fettes herabsetzt.

Die Anwesenheit der Galle gehört nun aber keineswegs zu den Bedingungen, die durchaus erfüllt sein müssen, damit der Fett Übergang möglich sei; denn nach den ßeobachtuugein von Biddi und Schmidt enthält der Chylus auch dann noch Fett, wemi selbst der Zutritt der Galle zum Darmkanal vollkommen aufgehoben ist. Man ist desshalb .geneigt, dem pankreatischeh Saft dieselbe Rolle zuzuschreiben, welche der Galle unzweifelhaft zukommt. C'l. Bernard, welcher vorzugsweise die Aufnahme der Fette untei der Betheihgung des Bauchspeichels geschehen lässt, geht sogar weit, zu behaupten, dass dieser der alleinige Vermittler der Fett resorption sei. Es bleibt unerklärlich, warum der ausgezeichnete Beobachter den Uebergang des Fettes in die Chylusgefässe immci aufgehoben sah, nachdem der Bauchspeichel von der Darmhölile ausgeschlossen war, während alle übrigen Beobachter von Bruun bis auf Colin herab nach Exstirpation des Pancreas oder nacl' Anlegungen einer Fistel die Aufnahme des Fettes wenig beeiuträcb tigt fanden.

Wird der Bauchspeichel und die Galle zugleich ausgeschlossen, so wird nach Busch nur noch ein Minimum, vielleicht auch gai kein Fett mehr resorbirt.

Kräfte, die das Fett treiben.

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Die Kräfte, welche den Eintritt des Fetts in die Zellen bedin- (11, und die anf dem Weg vorkommenden Widerstände Uberwinden, .(innen nattirlich keine sein, welche mit den die Diffusion erzeu- genden Aehnlichkeit besässen. Denn diese letztern verlangen eine miige Vermischung der sich in einander verbreitenden Flüssig- A'iten. Darum bleibt nichts anderes übrig, als an einen in der ;i('htung vom Darm zum Zottenraum wirkenden Druck zu denken. '1) die Druckunterschiede der Flüssigkeiten, ob Bewegungen der Epi- liclialstäbchen oder ob Bewegungen der Darmwandungen gegen inander diese Triebkraft darstellen, bleibt zweifelhaft.

Aus dem Darmkanale in das Blut gehen bei Kanineben, Hunden und Fröschen lachtungsgemäss folgende feste Stoffe über*): Blut- und Pigmentkörperchen (Mo- ihott), Stärkeköi-perchen (Herbst, Oester len, Don der s), Quecksilberktigel- i (Oester len), Kohlenffittern und Schwefelblumen (Oesterlen, Dondws, Meyer, Eberhard). Moleschott, der den Mechanismus des Ueberh'ittes am nesten verfolgt hat, fand in den Epithelialzellen des Säugethierdarms Pigmentmo- le und in denen des Froschdarms Scheiben des Säugethierbluts. Aber nicht jedes- , wenn die genannten Körper in dem Darmkanal vorkommen , gehen sie auch in Chylus über ; im Gegentheil , es ereignet sich sogar dieser Uebergang äusserst lU'U. Der Grund, warum die genannten Körperchen, namentlich wenn sie noch ' luer als die aufnahmsfähigen Fetttröpfchen sind, nicht durchdringen, bleibt unbe- t. Vielleicht ist ihre Oberfläche nicht biegsam genug, sodass ein besonders weicher, iit durchbrechbai'er Verschluss, die Epithelialbasen decken muss, wenn sie Durch- - gewähren sollen. Grocq, welcher sehr verschiedenartige feste Körperchen liich die Darmiwand dringen sah, behauptet, dass sie nur die von Epithelien ent- sten Stellen durchzusetzen vermöchten.

3. Zusaimnensetzung des Chylus. Die Flüssigkeit, welche aus ein Darme in die Chylusanfänge eindringt, muss in ihrer chemi- •hen Anordnung verschieden ausfallen mit der Zusammensetzung CS flüssigen Darminhaltes und des Blutes und mit dem relativen 'el)ergewichte der Kräfte, welche die Anfänge der Chylusgefässe illen. Die einmal in die Glefässe eingegangene Flüssigkeit muss eränderlich sein mit der Zahl der Drüsen, die sie durchströmt hat ; er Inhalt des ductus thoracicus endlich wird variiren mit der Zu- ammensetzung der einzelnen Chylus- und Lympharten, aus deren ermischung er entsteht, und der relativen Menge, mit der sich jdcr einzelne an der Bildung des Gesammtinhaltes betheiligt.

Die Beziehung zwischen dem Darminhalte und dem primitiven Chylus ist einmal dadurch gegeben, dass alle im ersteren aufgelös-

*) Henlo's und Pfeufor's Zeitsohria. N. P. 1. Bd. 409. Wiener medizinische Woclien- khrift. 1864. 30. Dezember. Moleschott's Untersuoliiingcn zur Naturleliro. II. 102. u. IIS». ''Itticii, Arcliiv fiir patholog. Auatoniie. XI. Crocq, De la pciiKStration dos particulcs soli- 1B8- etc. M^molres conronnds par l'acndcJmio do Bolgiqne. IX. 1859.

42*

660

Zusammcnsotzung des Chylus.

ten Stoffe zugleich mit den Fetten, entsprechend dem Bau d Wände, welche die Anfänge der Chylusröhren umkleiden, in (i letzteren eintreten. Demnächst greift der Darmiuhalt dadurch i, stimmend in die Zusammensetzung des primitiven Chylus ein, da durch die Gegenwart einzelner seiner Bestandtheile (Säure, Galle eli das Eindringen anderer (Fette, Eiweiss) möglich gemacht wird. Die Zusammensetzung des Blutes kommt für die des primitiv ^ Chylus in Beti-acht, einmal, weil der letztere schon innerhalb d Schleimhaut in diffusive Beziehung zum ersteren tritt, und ausserdf- weil mit dem Blute nothwendigerweise auch der Danninhalt selbs veränderlich sein muss, insofern die chemische Anordnung un( die Menge der Drtisensäfte davon abhängen, und insofern hier durch der Grad der Umwandlung bestimmt wird, welche dei Darminhalt vor seinem Eintritte in die Chylusgefässe in Folge dei zwischen ihm und dem Blute bestehenden Diffusion erleidet. Mit dem relativen Werthe der Kräfte,' der Diffusion und Fil tration, welche die Chylusanfänge füllen, wechselt die Zusam mensetzung ihres Inhaltes, weil die eine von ihnen (Filtration gleichmässig alle in den Flüssigkeiten des Darmes aufgelöstei Stoffe überfüllt, während die Diffusion den einen Bestandthed langsamer als den anderen und das Fptt gar nicht in Bewegung setzt. Nun kann es aber gar keiner Frage unterworfen sein , dasf die beiden Prozesse nicht überall und nicht zu allen Zeiten in den selben Verhältnisse ihrer Intensität stehen, da mit der Contraktioi der Darmmuskeln und der Spannung der Blutgefässcapillaren di( Filtration, und mit der Zusammensetzung des Darminhaltes, iusbeji; sondere mit seinem Gehalte an Labsaft, Galle, Bauchspeichel, im Diffusion veränderlichen Werthes wird. Der Chylus, welcher ai der Darmschleimhaut in die Chylusgefässe eingeht, erleidet au. i seinem Wege bis zum ductus thoracicus Veränderungen in deiit Drüsen, theils durch die Berührung mit dem Blute und theils durclii die in den Drüsen selbst vorgehenden ¥msetzungen ; also wird mii | der Geschwindigkeit seines Stromes mit der Zahl und dem Umfang^ je- der eingelegten Drüsen die Grösse der Umwandelung Hand in Hanii gehen. In den ductus thoracicus münden ausser den Chylusjli gefässen die Lymphgefässe der unteren Exti-emitäten , der Bauch-j|t und Brustwandungen, des Beckens, der Milz, der Leber, des Paii-M,> creas, des Peritonäums, der Brusteingeweide u. s. w. Abgesehe»! davon, dass es schon unwahrscheinlich ist, eine Gleichartigkeit iuRj- der Zusammensetzung der verschiedenen Lympbarteu anzuuehmenÄj

Veränderlichkeit desselben mit der Nahrung.

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ssteht aber sicher ein Unterschied zwischen Lymphe und Chyliis; t dem Uebergewicht der einen oder anderen Flüssigkeit muss (jo jedenfalls der Inhalt des ductus thoracicus seiner Zusammen- mmg nach veränderlich sein.

Ans diesen Angaben erhellt die unendliche Variation, welche Ui zu verschiedenen Zeiten an demselben Orte und zu derselben iit an verschieden gelegenen Chylusgefässen ereignen kann; die eorie verhält sich den Einzelheiten gegenliber noch stumm, und

Erfahrung ist sehr beschränkt, da ihr, abgesehen von allen .leren Mängeln, nicht einmal die Kenntniss des primitiven Chylus ■3 der Schleimhaut zu Gebote steht. Das Wenige, was die Be- lichtung erworben, ist Folgendes.

Der Chylus kann, wie Blut und Lymphe, in einen flüssigen i!d aufgeschwenmiten Theil geschieden werden; der letztere besteht mer Gestalt nach bald aus aufgeschwemmten Fettpartikelchen, ii aus diesen und Zellen sehr verschiedener Art, die zum grossen teile den Charakter der Körnchenzellen an sich tragen, und end- a aus Butkörperchen. Die chemischen Bestandtheile des Chy-

welche bis dahin aufgefunden werden konnten, sind Fasertoff, ännbares Eiweiss, ein durch starke Essigsäure fällbarer Eiweiss- ff, Fette, Zucker, Harnstoff, Verbindungen von Kali, Natron und Llk mit organischen Säuren und mit Kohlen-, Salz- und Phosphor- iire. Demach fehlen dem Chylus von den im gelösten Darmin- ite nachweisbaren Stoffen: Leimarten, gallensaure und schwefel- ure Salze, während er vor ihm Faserstoff und gerinnbares Eiweiss raus hat, zwei Körper, von denen der erstere immer, der zweite migstens häufig dem Chymus fehlen.

a. Einfluss der Nahrung*). Die blossgelegten Chylusgefässe lügernder Thiere sieht man von einer durchsichtigen ^Flüssigkeit iüUt; die Durchsichtigkeit des Inhaltes bezeugt den Mangel an I -geschwemmten Fetten; eine Analyse dieser Flüssigkeit liegt noch ;ht vor. Wiederholt ist dagegen der ductus thoracicus bei !nschen (L 'H öritier), Hunden (Chevreul), Pferden (Gmelin), 15 vor dem Tode gehungert hatten, untersucht worden. Eine Ver- •iichung dieser Resultate mit der Lymphe, die aus den unteren itremitäten gewonnen und analysirt wurde, würde, auch ohne SS8 man den Gewichtsantheil kennte, den jede der beiden Flüs- tkeiten an dem Inhalte des ductus thoracicus nimmt, zu mancherlei

••) Simon, Med. Chemie. H. Bd. p. 244. Nasse, llandwürterbuch d. Physiologie. I. Bd. 'lU8. n. Bd, Lymphe. Colin, Trait^ de pliysiologio oompardo 1850. H. u. f.

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Chylus huiigorndov und gofüttortor Thiere.

werthvollen JBetraclituiigeii führen, wenn es nur feststünde, dass u Lymphe des Beckens und der Unterleibsdrüsen übereinstininK mit der der unteren Extremitäten zusammengesetzt wäre, und wem, ^ die Lymphe und der Inhalt des ductus thoracicus gleichzeitig \>.- demselben Individuum gewonnen worden Aväre.

Dieses ist nicht der Pall , darum gewinnen die aus den nachstehenden Zul abzuleitenden Schlüsse eine zweifelhafte Gültigkeit. u

Wnssor.

Gelöste Ei- weissstoffe u. Körnorclion.

FasorstofT.

Ex- trakte.

Fett.

Beobachttr. 1

Reine Lymphe

Mensch

93,73

4,28

0,06

1,28

0,65

GiibU-r. 1

Inhalt d. ductus

thoracicus

)>

92,43

6,00

0,32

J

0,50

L'Hcrüier. 1

Wfisser.-

Eiweiss.

trockener Kuclien.

Ex- tralcte.

Fett.

Roinc Lymphe

Pferd

96,34

2,11

0,19

1,06

Spuren

Inhalt d. ductus

Gmelin.

thoracicus

93,79

4,07

1,06

1,13

wenig

Der Verlust in der Lymphanalyse des Pferdes betrug 0,2 pCt. Soweit diejj unvollkommene Untersuchung zu schlicsson erlaubt , enthielten die Lymphe und dm Inhalt des ductus thoracicus , also auch der aus dem Darrae kommende Antheil des- selben, gleiche Bcstandtheile. Diese Folgerung scheint um so gerechtfertigter , als die in den Chylusgcfiisscn der hungernden Thiere strömende Flüssigkeit ebenfalls entweder direkt oder indirekt (vermittelst der Darmsäfte) aus dem Blube stammt, Betrachtungen, die man über die quantitativen Unterschiede anstellen wollte, würden zu nichts iführcn.

Die Nachrichten, die uns von dem Chylus gefütterter Thiere zu Theil geworden, sind ebenfalls meist gewonnen durch die Unter- suchung des ductus thoracicus. Diese Thats.ichen haben Werth, indem sie die Natur der Säfte feststellen, welche während der Ver- dauung in das Blut kommen; eine selbst beschränkt deutliche Vor- stellung über das Verhältniss von der Zusammensetzung des Chy- lus und der Speisen geben sie nicht, weil den betreflenden Ana-| lysen nur unvollkommene Angaben tilber die Zusammensetzung der« letzteren selbst beigegeben sind. Bei Anstellung ähnlicher Beob- 1| achtungen dürfte es am vortheilhaftesten sein, die Zusammensetzung I des Speisebreies, aus welchen der Chylus seinen Ursprung nahm, zu ermitteln.

Der Inhalt des ductus thoracicus enthält nach den vorliegenden Beobachtungen jedesmal Eiweiss, Faserstoif, Extrakte, salzsaui'e und phosphorsaure Alkalien und phosphorsaure Erden; nach uiehl- und zuckerreicher Nahrung kommt dazu in einzelnen Fällen auch

Veränderung des Chylus mit dorn Blut und dem Fortschreiten. 663

ker und nach fetthaltigen Speisen (Fleisch, Milch ii. s. w.) reich- (bis zu 3 pCt.) aufgeschwemmtes Fett. Rlicksichtlich aller brigen Eigenschaften bietet sich keine feste Beziehung zu der ahrung, indem man bald nach Fleisch- und bald nach Pflanzen- ost das Blutroth, den Faserstoff, das Eiweiss vermehrt oder ver- indert fand.

b. Die Beziehungen zwischen der Zusammensetzung von Blut lad Chylus sind durch den Versuch in beschränkter Weise aufge- llt; Fenwick*) giebt an, dass Blutlaugensalz, in die Venen ein- 3spriitzt, im Inhalte des ductus thoracicus wiedergefunden wird.

c. Der Chylus soll auf seinem Wege vom Darme bis zu dem iictiis thoracicus einige Veränderungen erfahren, welche man vor- igsweise dem Einflüsse der Drüsen zuschreibt. Vor dem Eintritte

dieselben soll der Chylus, insofern er aus einem fetthaltigen Uiymus stammt, viel mehr feine Tröpfchen aufgeschwemmten Fettes iithalten, als nachdem er durch die Drüsen gewandert ist. Für ucse Annahme spricht nicht gerade der Augenschein, welcher lehrt, lass die Fetttröpfchen durch eine blossgelegte Mesenterialdrtise icht aus dem Vas aflferens in das Vas efferens übergehen. Jen- iits der Drüsen enthält der Chylus mehr Lymphkörperchen ; da lun schon innerhalb der Schleimhaut des Darmes Lymphdrüsen ge- gen sind, die Pey er 'sehen und solitären Drüsen, da man wäh- md der Fettverdauung diese Drüsen mit Fetttröpfchen gefüllt sieht h-ücke**), K öl Ii ker), mithin der Chylus schon diese Drüsen irchsetzt, so -wird auch der auf der Aussenfläche der Schleimhaut irlaufende Chylus schon Körperchen führen, welche sich aber von mise zu Drüse bedeutend vermehren (Kölliker) ***).

Setir auffallende Veränderungen zeigte der Chylus des Pferdes Tor und nach den •üsen bei einer chemischen Zerlegung von Gmelin. Die folgenden drei Analysen id am Chylus desselben Thieres angestellt.

Wasser. Trocknes Cong. Albumin. Fett. Extrakte u.

Salze.

Ductus thoracicus 96,79 0,19 1,93 wenig 1,01

;flinter der Mesenterialdrüse 94,86 0,31 2,43 1,23 0,96

Vor der 87,10 wenig 3,58 """dfiS ^ ' '

Daraus hat man geschlossen, dass der Faserstoff erst jenseits der Drüsen auftrete. ■)lin giebt dagegen an, dass derselbe auch niemals vor den Drüsen fohle. Die ge- 'agere Menge vom Coagulum, welche Gmelin in dem Chylus vor den Drüsen findet, zieht sich also wohl auf den Mindergehalt an Körperchen, der im Coagulum einge-

») Valentin, Jahresbericht für 1845. p. 175. »•) Wiener Sitzungsberichte. XV. Bd. 267. •»*) Zeitschrift nir wissensclmftliche Zoologie. VII. Bd. 182.

gg^ Das täglicho Volum des Chylus.

schlosson ist. Begroillicli beweisen aber solche Analysen für die Drüsenwirkunj:. überhaupt nichts, so lange man nicht dargcthan hat, dass der 'jenseits der Drüse fli, sende Saft vor dieser diosclbo Zusammensetzung besass , als der, welchen man bchuf« der vergleichenden Analyse aus den Gefiissen vor den Drüsen genommen hat.

4. Das Volum der Flüssigkeit, welclies durch die Chylusgefässe strömt, resp. der Antheil derselben, welcher aus dem Chymus seinen Ursprung nimmt, wird mit der reichlichen Anwesenheit von Fetten und gelösten Eiweissstoffen im Darmkanale und mit der Mächtig- keit der einsaugenden Kräfte sich offenbar mehren; in welchem Maasse dieses geschieht, ist unbekannt.

Wiederholt ist der Versuch gemacht worden, die mittlere Menge vom Chylus zu bestimmen , welche bei erwachsenen Menschen binnen 24 Stunden durch die Gänge strömt. Vierordt*) ging hierbei von der Voraussetzung aus, dass alles verdaute und aufgesogene Eiweiss durch die Chylusgefässe aufgenommen würde, und dass der ganze Eiweissgehalt des Chylus nur aus dieser Quelle stamme. Die Richtigkeit dieser Annahme vorausgesetzt, würde man , wenn der Chylus des Pferdes und des Menschen ungefähr gleiche Zusammensetzung besässe , aus dem bekannten Gehalte der Nahrung an Eiweiss mindestens die Grenzen ermitteln können, in denen sich die tägliche Chy- lusmonge bewegen würde. Die der Kcchnung zu Grunde gelegten Annahmen sind aber wenigstens insofern unhaltbar, als nicht alle Eiweisskörper des Chylus aus der be- zeichneten Quelle stammen, da auch während der Zeiten, in denen der Darmkanal leer ist, der Inhalt der Chylusgefässe Eiwcissstoffe führt. Eine ähnliche Betrachtung stellte Lehmann an, bei der er das aus der Nahrung aufgenommene Fett zu Grunde legte. Da sie ihr Urheber selbst zurückgezogen , so enthält man sich , wie billig , der weiteren Besprechung derselben.

Bei Pferden und Bindern legte Colin Fisteln des ductus thoracicus am Halse at, durch welche der Ausfluss Stunden und Tage lang beobachtet werden konnte. Beim Pferde betrug die stündliche Ausflussmenge zwischen 700 bis 1200 Gr.; bei Stieren und Kühen zwischen 90O und 59Ü0 Gr. in der Stunde, vorausgesetzt, dass die Beob- achtung nicht allzulange fortgesetzt wurde. Einige Zeit nach dem Fressen und Saufen mehrte sich die Ausflussgeschwindigkeit meist, aber nicht immer. Ein Stier von 1 85 Kilo Gewicht , dessen Fistel bis zum vierten Tag offen blieb , gab am ersten Tag zwischen 770 und 530 Gr. stündlich; am zweiten Tag zwischen 540 und 440 Gr.; am dritten Tag zwischen 630 und 240 Gr. und am vierten Tag stündlich 315 Gr. Die Entkräftung des Thieres steigerte sich von Tag zu Tag.

5. Die Kräfte, welche den Strom des Chylus einleiten und unterhalten, werden zu suchen sein in den Zusammenziehungen der Schkimhautmuskeln, den peristaltischen Bewegungen der groben Darmmusculatur und der Elastizität der Gefässwandung.

B. Aufsaugung durch die Blutgefässe.

1. Der Ditfusionsstrom , welcher zwischen dem flüssigen An- theile des Speisebreies und dem Blute in den Darm Wandungen

*) jVroliiv fUr pliysiolog. lloilkundo. VII. Bd. 281.

Aufsaugung durch dio Damblutgofässe.

665

esteht, ftihrt den allgemein feststehenden Regeln entsprechend, iicht alle, sondern nur gewisse Bestandtheile der aneinander gren- 3nden P'lüssigkeiten ineinander über. Soviel wir wissen, bethei- ^en sich an dem Austausche: Zucker, pflanzen-, gallen-, fett-, ■;hwefel-, phosphor-, salz- und kohlensaure Alkalien, Farbstoffe, iiweiss, Faserstotf (?), Wasser. Ausgeschlossen sind dagegen die lette. In der Richtung vom Darme zum Blute gehen Zucker, :4irbstolfe, die Salze mit organischen Säuren, Wasser und wahi-- iheinlich auch die schwefelsauren Alkalien. Diese Behauptung ;,ützt sich auf verschiedene Gründe. Zuerst ist der Uebergang e3S Zuckers und eines Theils der erwähnten Salze in das Blut da- luirch erwiesen, dass man sie, wähi-end sie allmählich aus dem ;armkanale verschwanden, geradezu im Blute wieder aufgefunden \\t. Die Farbstolfe hat man in den aus dem Blute kommenden iiäften, z. B. dem Hanie aufgefunden, ohne dass es immer gelun- «n wäre, ihnen in dem Chylus zu begegnen, oder man hat sie och im Harne angetroffen, nachdem man die Chylusgefässe zer- :örte, welche aus einem abgegrenzten, mit den bezeichneten Stof- m gefüllten Darmstücke hervorgehen. Endlich verlangt die Theo- ce das Zugeständniss, dass ein Theil der schwefelsauren Salze f3s Danninhaltes in das Blut einströmt, weil jene für gewöhnlich L3m Blute fehlen oder, wenn sie vorhanden, sogleich durch den :am wieder ausgeschieden werden. Eine ähnliche Bewandniss luss es aber mit dem Wasser haben, da das Blut meist mehr feste testandtheile aufgelöst enthält, als der flüssige Speisebrei. Vom Hute zum Darme muss gerinnbares Eiweiss gehen, weil der Chy- :us weniger davon aufgelöst enthält, als das Blut; diese Voraus- i.ge wird bestätigt durch die Erfahrung, dass Eiweiss in das '""asser austi'itt, welches in eine abgeschnürte und in die Unter- iibshöhle zurückgebrachte Dünn darmschlinge eingesprützt wurde kln app).

Insofern das Blut und der Cliynius ihre Bestandtheile nur durch Diffusion aus- taschcn können, muss man es für unmöglich halten, dass die Fette aus dem Darm- anale in das Blutgefässwork eindringen können. Nichts destoweniger sind Bruch*) ;d Lehmann**) dieser Meinung. Der letztere gründet dieselbe auf den grösseren -ttgehalt des Pfortadcrblutes , der ihm anderen Venen gegenüber zukommt. Die Un- ttastharkeit der Thatsachc vorausgesetzt, beweist sie noch nicht, dass das Fett noth- mdig aus dem Dannkanale stammen müsse. Bruch beruft sich auf ein beson- ■res Ansehen der Capillargefässe in der Dünndarmschloimhaut , welches auch Vir-

") Zeitschrift flir wlssenschaftllclic Zoologie. IV. 285. Pliyislolog. Clicmic. III. Bd. 327.

66ß

Aufnahmsfähigkeit oinzelnor Nährstoffe.

chow, Brücke*), Zenker, Tunke u. A. angetroffen haben; sie sind näinlich|j| zuweilen mit einer weisslichen, dem Fette sehr ähnlich aussehenden Materie ganz odeil tlieilwoisc angefüllt. .Brücke hat aber durch chemische Reaktionen gezeigt, dass derfl woissliche Inhalt keinenfalls zu den Fetten gestellt werden kann, und Virchow")! darauf hingewiesen, dass er zum Theii wenigstens aus Lcuein bestehe. ||

Auf die Diffusionen im Darmkanale sind die schon früher (p. 563) hervorgehobenen Bemerkungen anwendbar. Dagegen würde es ein grosses Missverständniss verrathen, wenn man auf die Strömung im Darme ohne Weiteres die Zahlen der Difi"usionsgeschwindigkeit und des endosmotischen Aequivalentes in Anwendung bringen wollte, welche unter ganz anderen Bedingungen von Graham, Jolly, C. Ludwig, A. Fick, Cloetta u. s. w. aufgefunden wurden.

C. Ueber die Aufnahme durch Blut- und Chylus- gefässe zugleich.

Das praktische Bedürfniss verlangt endlich noch Aufschluss, wie sich die Aufsaugung der einzelnen Nahruugsstoffe gestalte^ gleichgültig, ob sie durch das Blut- oder Chylussystem geschehen ist. Diese Frage kann, mehrfach variirt, von der Erfahrung ge- löst werden, wie es in der That für einzelne Stoffe annähernd ge- schehen oder wenigstens versucht ist. |

1. Wenn man fragt, wieviel der gesammte Darmkanal vonl jedem einfachen Nahruugsstofi"***) während einps langen Zeitrau- mes, z. B. während 24 Stunden aufnehmen kann, so leuchtet auch sogleich ein, dass für jeden Nahrungsstoff eine solche Grenze bestehen müsse, dass diese aber von Mensch zu Mensch und von Zeit zu Zeit wechselnd sein müsse. Hier scheint es nicht mehr nöthig, darauf hinzuweisen, dass mit der Bewegung des Blutsti-oms und der Darmmuskeln, der ausschliesslichen oder der mit anderen Stoffen verbundenen Anwesenheit der Nahrung u. s. w. sich jene i Grenze mächtig ändern muss. Folgendes, welches meist aus den Thatsachen der täglichen Erfahrung abgeleitet ist, gilt darum auch nur für sie , d. h., wenn man etwa täghch 1 mal Koth ent > leert und nach Bedürfniss eine gemischte Nahrung geniesst.

») Wiener Sitzungsberichte. Xn. 682. *») Arcliiv für patliolog. Anatomie. VIII. 355.

*»*) B iioliheim, Arcliiv für pliysiologisclie Hcillcuncle. XIII. 93. F. Hoppe, Arcliiv für pntholog. Anatomie. X. 144. 0. Funke, ibidom. Xm. 449. Berthd, Compt. rend. Bd. 42. 901. Osw. Naumann, Oleum jecor. Asclli ad membra animalia multo niajorum affinit.it«'' habere quam alla pinguia. Leipzig 1858 Kaupp, Aj-chiv fiir physiologische Heilkunde. 1885. 385. Sick, ibidem 1857. 482. Derselbe, Ueber die Abhiingigkeit der SO3 des Urins etc. Tübingen 1869. Boussingault, Annalcs des chimie et pliysiqne 3me Serie. XVIH. 4ia,(l846). 1 J. Lehmann, Liebigs Annalen. 108. 357. Bischoff und Voit, Die Ernälu-nng I Fleischfressers. 18G0. I

Aufgenommene Mengen von Wasser, Zucker, Eiweiss.

667

Hier ergiebt sich, dass von den- grössern zu den kleinern Wer- een absteigend am meisten aufgenommen wird vom Wasser; es t jedermann bekannt, dass viele Pfunde desselben leicht aufge- ummen werden ; diese Erscheinung ist auch vollkommen erklärlich, eenn das Wasser durchdring-t die thierischen Häute im Allgemeinen hr rasch und leicht, imd zwar um so leichter, je weniger seiner 'ii-wandtschaft zum Blute das Gegengewicht gehalten wird durch te im Chymus selbst aufgelösten Stoffe; darum werden verdünnte ösungen, wie sie das gewöhnliche Trinkwasser darstellt, in ganz ii'erraschender Menge und in verhältnissmässig kurzer Zeit aufge- lugt, und eben darum verschwindet so rasch das Wasser des Lab- iftes, der Clalle, des Bauchspeichels wieder aus der Darmhöhle. HS Wasser cbnzentrirter Lösungen dagegen, besonders solcher Salze, :'3lche wie die schwefelsauren nur schwierig die thierischen Häute irjchwandern, verlassen langsamer die Darmhöhle, da das Wasser ii.rch seine Verwandtschaft zum Salze zurückgehalten wird imd es jr in dem Maasse in die Blut- (oder Chylus - ?)gefässe übergehen li.nn, in welchem die Lösung durch Uebertreten von Salz an Con- mti'atiou verliert (Buch he im).

Auf das Wasser folgt der Zucker; er kann täglich bis zu iiem und mehreren Pfunden absorbirt werden, namentlich wenn :;ht soviel auf einmal von ihm einverleibt wird, dass er Durch- II und Erbrechen bringt, sondern in dem Maass wieder nachge- loben wird, in welchem er sich entfernt, wie es z. B. bei der 1 lylonverdauung zu geschehen pflegt. Doch kann auch aus einer ichlich genossenen Zuckerlösung viel aufgenommen werden; so ud Hoppe nicht die Spur von Zucker, im Kothe des Hundes, der lO Gr. gelösten Rohrzuckers auf einmal verschlungen hatte. Dass rr Zucker so reichlich resorbirt werden kann, ist begreiflich, weil ;auf der ganzen Darmfläche durch Chylus und Blutgefässe zu- »ich eingeht, und weil er aus dem Blut selbst wieder, sei es rrch Umsetzung oder Ausscheidung verschwindet.

Von den eiweissartigen Stoffen kann täglich bis zu 4em Pfund und darüber resorbirt werden. Wie der Durchgang ler 80 grossen Menge möglich, bleibt unklar, so lauge man an- lamen muss, dass bei der Resorption von wässerigen Lösungen Darmkanal wesentlich die Diffusion betheiligt ist, und so lange i.n an der Meinung festhält, dass den Eiweissstoffen der Weg zu den atgefässen verschlossen sei, weil der Inhalt derselben schon sehr veissreich ist. Dem langsam diffundirenden Eiweiss ständen also

668

Täglich aufgenommenes Fett.

nur die Lympbgefässc offen. Den vorliegenden Widersprucli glaubt man lösen zu können durch die Annahme, dass das Eiweiss des Darminhaltes ein Pepton sei, diese besitzen aber, wie Funke zeigt, eine viel grössere Beweglichkeit sowohl im Filtrations- wie im Dif- fusionssti-om. Schon früher musste aber darauf aufmerksam ge- macht werden, wie die Anwesenheit von Peptonen im DarmkanjJ nicht bewiesen und nicht einmal wahrscheinlich sei. Möglich wäre es, dass aber auch schon das verdaute, wenn auch noch nicht um- gewandelte Eiweiss rascher diffundirte, als gewöhnliches und dasB auch von diesem die Blutgef ässwand durchdrungen werden könnte, weil es doch vielleicht eine eigenthümliche Eiweissmodifikation darstellt Die Fettaufnahme ist eine beschränktere, was schon der Mechanismus derselben vermuthen lässt. Aus einer Unter- suchung, die Berthe an sich selbst anstellte, geht heiTor, dass nicht alle Fettsorten gleich leicht aufsaugbar sind. Von Leber- thran , Butter und andern thierisehen Fetten können , wenn sie einer gemischten Nahrung zugesetzt werden, in günstigen FälleD täglich bis zu 50 Gr., meist aber nur etwa 30 Gr. aufgesaugt wer- den; zu den weniger leicht aufnehmbaren gehören Mandel-, Oliven-, Mohnöl ; von ihm werden täglich meist nur 20 Gr. und weniger re- sorbirt. Uebersteigt die Menge des verzehrten Fettes den aufnahms- fähigen Werth, so nimmt bei anhaltendem Fortgebrauch jener Fett- menge der Gehalt des Kothes an Fett allmählich zu; es tritt al>n gleichsam eine Uebersättigung der Zotten ein, vermöge deren ilu'i Eesorptionsvermögen geschwächt wird. Die eben angeführtenl niedrigen Zahlen stechen bedeutend gegen bekannte Erfahrungen aD|l nördlichöu Völkern ab. Erfahrungsgemäss geniesst der Nordländer* unbeschadet seiner Gesundheit das vielfache von dem an Thr; Speck, Butter, welches Berthe bewältigen konnte. |j

Als Beispiel für die Uebersättigung dienen folgende zwei Versuchsreihen ^ Berth(5. In beiden Fällen bestand die Nahrung aus Fleisch, Brod, Früchten, 'W"' und Kaffee. Zu ihr setzte er in der jetzt zu erwähnenden Keüie 6 Tage hindii: 40 Gr. Wallfischthran ; von diesem wurden im Mittel 31,5 Gr. resorbirt uftd 8,5 Gr erschienen im Koth. Als er nun auf 60 Gr. Thran stieg, erhob sich der Gehalt Ar- Kothes an Thran sogleich auf 12 Gr. (also waren 48 Gr. aufgenommen). Im Verl- der Beobachtungszeit, die 24 Tage anhielt, wuchs und zwar erst langsam und dann rasch i die Fettmenge des Koths auf 50 Gr., so dass jetzt nur noch 10 Gr. vom genossen ' Thran verschwanden. Zu derselben Nahrung setzte er ein anderes Mal Butt' Zuerst 60 Gr.; dabei enthielt der Koth in 4 Tagen je 9,3 Gr. Dann aber wuchs üii Buttergehalt desselben allmählich auf 12,8 Gr. Als er nur 100 Gr. Butter verzehrte, li, stieg der Gehalt des Kothes auf 29 Gr.; und wie er dann auf 60 Gr. Buttcrnahrong I zurückging, sank zwar in den ersten Tagen der Fettgehalt des Kothes auf 19 Gr., er- I

Täglich aufgenoiumeno Salzo.

669

I ) sich dann aber allmählich wälirend 8 Tagen auf 24 Gr. täglich. In dem mir zugäng- iden Bericht über die Versuche von Berthe ist nicht angegeben, wieviel rcsorbir- fen Fettes schon an und für sich in der Nahrung enthalten war.

Ganz anders als der Darm von Bertha verhielt sich der eines Hundes , welchen erhoff und Voit fütterten. Er wurde öfter Wochen lang mit 250 bis 300 Gr.

assener Butter täglich gespoisst, ohne dass im Koth mehr als etwa 5 Gr. täg- II ausgeworfen wurden.

Unter den gewöhnlichen Salzen unserer Nahrung steht in itziehuug auf die Aufnahmsfähigkeit obenan das Kochsalz; von f-3seni können täglich bis zu 30 Gr. durch die Darmwand gehen aupp). Nach ihm folgt das phosphorsaure Natron (2NaOHO 1)5), von dem günstigsten Falls etwa 12 Gr. täglich aufgenommen 'srden (Sick) und darauf endlich das NaOSOa, das bis zu 6 Gr. :;lich resorbii't wii-d. Wenn man die Aufnahme dieser Salze stei- rrn wollte, so würde zu beachten sein, dass dieselben in gesät- tteren Lösungen jedenfalls die Darmoberfläche so ändern, dass Durchgängigkeit derselben gemindert wird. Da diese Salze ';gen ihrer starken Verwandtschaft zum Wasser den Darminhalt sssig erhalten, und dann wegen der leichten Beweglichkeit des- Iben auch rascher entfernt werden, so ist die Möglichkeit einer ssgiebigern Resorption auch durch Mittel herbeizuführen, welche 'i Darmbewegung mindern, z. B. durch eine Gabe von Opium iuchheim).

Für Gummi scheint die Darmwand undurchdringlich zu sein loussingault).

Die phosphorsauren Erden könnten im Magen , wo sie von der Säure gelöst sind, ilas Blut und den Chylus eindringen, wenn sie nicht an den Grenzen jener alkalisch ;;irenden Flüssigkeiten niedergeschlagen würden; man sollte darum denken, dass sie zugleich mit den ciweissartigen StoiFen , denen sie sich verbunden haben, aufsaug- wären. Ist dieses der Fall, so müssen sich solche Verbindungen im Darmkanal er- rjen lassen, da nach J. Lehmann das dem Futter eines Kalbes beigemengte ver aus phosphorsaurem Kalk und Magnesia reichlich aufgenommen wird.

2. Die absoluten Mengen einfacher Nahrungsstoffe, welche von r Flächeneinheit der Magen, Dünn- und Dickdarmwand in * Zeiteinheit aufgesogen werden können, sind bis dahin nur Eiweiss und Zucker in dem Dünndarme des Kaninchens auf iranlasrung Lehmann's durch Kaupp und Becker unter- ;feht worden. Wie vorauszusehen, sind diese Werthe sehr verän- ■Hich gefunden worden. In vier Stunden nahm der Quadratcen- ■leter aus einer 9 pCt. Eiweisshisung 0,001 bis 0,002 Gr. Eiweiss '\ während ans einer 4,5 pCt. haltenden Lösung nur höchstens "05 Gr. übergingen. Diese Versuche lassen schliessen, dass die

l

670

Aufnalimo bozogoii auf dio Mächenoinlieit.

aufgesaugte Menge mit der Conzentration die Lösung anwächst. Die Beobachtungen, welche Beclcer mit Zucker anstellte, geben durchaus andere Kesultatc. In 4 Stunden wurden von der oben genannten Flächeneinheit aufgesaugt aus einer l,2prozentigen Lösung 0,003 Gr., aus einer 9prozentigen 0,005 bis 0,007 Gr., aus einer 5,8 und 3pro- zentigen 0,003 Gr. Als er den Versuch so abänderte, dass er eine lOprozentige Lösung 1, 2, 3, 4 Stunden in dem Darme verweilen liess, gingen in der ersten Stunde, wo die mittlere Conzentration am höchsten war, 0,003 Gr. über, in der zweiten und dritten Stunde 0,007 und in der vierten Stunde 0,008. Daraus erfolgt deutlich, dass in diesen Beobachtungen die Dichtigkeit der Lösung und die Uebergangsgeschwindigkeit in keiner einfachen Beziehung zu ein- ander stehen; in der That kann diese Beziehung durch die unge- meine Complikation der Bedingungen verdeckt gewesen sein.

In den vorstehenden Versuchen wurde eine Darmschlinge des Kaninchens heraus- gezogen und abgebunden, mit einer gewogenen Menge Zucker- oder Eiweisslösung voi bekannter Zusammensetzung gefüllt, dann in dio Unterleib shölile zurückgebracht, nacl Verfluas der bestimmten Zeit von ihrem Inhalte befreit und in diesem die Menge dei Eiweisses oder Zuckers gemessen. Jedenfalls wäre es wUnschenswerth , die Lösung» dichtigkeit auch zu Ende dos Versuches zu kennen. In dio von Becker geliefert Beurtheilung seiner Versuchsrcsultate haben sich einige leicht zu verbessernde Yersehai eingeschlichen, sodass das von ihm in Worten ausgedrückte Endergebniss der Versuchs reihen nicht annehmbar erscheint. II

3. Zu den Bedingungen, welche den Umfang der AufsaugunJ der Speisen bestimmen, gehört die Aufenthaltsdauer des ChymuJ im Darmkanale; diese ist aber gegeben einmal durch die Bowel gung des Darmkauales, und dann durch den Widerstand, welchenj die Klebrigkeit des Breies der Fortschaffung entgegensetzt. Somi würde also die Zeit sehr bedeutend abgekürzt, wenn der Speise brei recht flüssig und beweglich wäre. Dieses würde aber eintre ten, wenn der Darmkanal gleichzeitig viel lösliche Stoffe enthielte die eine mächtige Anziehung zum Wasser zeigten. In dem nor malen Verlaufe der Dinge musste darum dieser Uebelstand verraie den werden, was in der That dadurch geschehen ist, dass wir dei Zucker nicht als solchen, sondern als Amylon, das Eiweiss uichl flüssig, sondern geronnen geniessen, und noch mehr dadurch, das» die erwähnten Speisen so ganz allmählich in die lösliche Modifil kation übergeführt werden, und dass eine jede gelöste Menge dnrcl« die Verdauungssäfte aus dem noch ungelösten Antheile in entfernt« I Darmpartieen weggespült wird. t

Abrechnung des thieriscben Haushaltes.

671

\V. Vergleich ung des Verlustes und Gewimies an

wägbaren Stoffen.

Ein Rückblick auf die Ernährungserscheinungen des Tbier- Ihes legt es uns nabe, die einzelnen Organe und also aucb die ummen derselben zu vergleicben mit einem Wassersammler, der teicbzeitig einen Zu- und einen Abfluss erfäbi't. In der Tbat dringt iircb die Lunge und den Darmkanal ein Strom von Atomen in m Organismus und durch Lunge, Haut, Nieren und After wieder ids, sodass je nach dem Verbältnisse, in welchem der Umfang und ce Geschwindigkeit beider Strömungen zu einander stehen, das ittlere tägliche Gewicht des Thierleibes entweder sich annähernd \ verändert erhält oder in einer Ab- oder auch in einer Zunahme ggiiffen sein kann. Bei einer etwas tiefer eingehenden Betrach- mg der Ernährungserscheinungen zeigen sich aber sogleich man- .'^ache Abweichungen von den Ergebnissen eines gewöhnlichen rromes, von denen eine schon dadurch zur Andeutung kam, dass rr Begriif des mittleren täglichen Körpergewichtes aufgestellt wer- m musste. Dieser Ausdruck weist darauf hin, dass die Summe iigbarer Atome, welche der Thierleib im Laufe eines Tags um- uliesst, auf und abschwankt; dieses muss aber geschehen, weil 11 Theil der Einnahmen wie der Ausgaben nicht ununterbrochen, mdern periodisch geschieht, während ein anderer Theil zwar un- iterbrochen, aber mit auf und niederschwankender Geschwindig- lit ein - und ausgeht.

Der wichtigere Unterschied zwischen dem oben gewählten (de und Sti-ome von Atomen durch den thierischen Körper liegt eer darin, dass die in den Thierleib gefühi-ten Massen nicht durch Auftreten die in ihm vorhandenen verdrängen und hinausschie- nn, sondern dass sich die austretenden Atome in vielfachen Punk- II unabhängig von der Zufuhr aus ihren bisherigen Verbindungen blösen. Dieses wird sogleich einleuchtend, wenn man die That- sehenreihe in das Auge fasst, welche als Verhungern bezeichnet rrd, gleichgültig ob dieses geschieht in Folge einer allgemeinen »r einer partiellen Entziehung von Nahrungsmitteln.

672

Vorlust beim Gesammthungor.

Uebersicht der Verluste beim VerbuDgera.

Gesaramtbunge r. Wird einem Tbiere, das bis dahin zui Gentige gefüttert wurde, nur uocb die SauerstofFnabrung gewäbil^ wäbrend ibm jeglicbe feste und flüssige Nabrung entzogen wird, so nimmt sein Gewicbt mebr oder weniger rascb ab. Hat diese Abnahme einen gewissen Werth erreiebt, so tritt der Tod des Tbieres ein.

Daraus gebt hervor, dass jedes wobl ernährte Thier einen Vor rath an festen und flüssigen Stoffen birgt, auf dessen Kosten ö leben kann. Es wird sieb mm fragen, wie gross ist derselbe welche chemische Zusammensetzung besitzt er und in welchen Ge weben war er aufgehäuft, wie rascb braucht er sich auf und durcl welche Ausscbeidungswerkzeuge verlässt er den tbieriscben Körper

Das GesammtgewicM des Vorraths wird gefunden aus dem Unterschied der Ge' Wichte , den das Thier beim Eintritt in die Hungerzoit und beim Verenden zeigt. Die chemische Zusammensetzung ergicbt sich, wenn man die Gesammt- Menge von 0 die das hungernde Thier einathmeto , und die Menge von C,H,N,0,S,Cl,P5 0ä, KO,NaO; CaO, die es ausgab, bestimmte; aus diesen Daten lässt sich mit Zuhülfenahme der bf kannten Zusammensetzung des Eiweisses , der Fette , des Zuckers u. s. w. wcnigstoÄ annähonid berechnen, aus welchen complizirten Vorbindungen jene Ausscheidungspr« dukte hervorgingen. In Anbetracht der Schwierigkeit, alle diese Zahlen gewinnen zu können, hat man gewöhnlich nur einzelne der aufgezählton Atome, z. B. den ausge4 schiedenen N, die Salze u. s. w. bestimmt. Vorausgesetzt, dass aller N, der aus- schieden , auch wirklich gewogen wurde , kann man wenigstens annähernd (indem die Leimgowebe der Gewebe als unveränderlich ansieht) die Mengen des verbraucl Eiweisses berechnen. Um den Verlust, den die einzelnen Gewebe und Organe v i'end des Ilungerns erlitten, ausfindig zu machen, zerlegt man das verhungerte T;- und wägt seine anatomischeü Bostandtheilo. Diese Gewichte vergleicht man mit äeäfjM welche die entsprechenden Organe eines Thieres besitzen, das nach Gewicht und i^H perbau möglichst dem verhungerten gleicht zu der Zeit, als mit dem letzteren der .^H such begonnen ward. Um einen andern allgemeinem Ausgangspunkt für den '^H gleich zu erhalten, bestimmte C. Schmidt in einem nornv^ien Thier das Gewi^H verhältniss aller einzelnen Organe oder Organgruppen zu den Knochen. Ki^^J man an, dass in jedem andern gleichbeschaffencn Thier die Organe in demselben wichtsvorhältniss zu einander stehen und ferner, dass durch den Hunger die Eno^H nicht abmageren, so genügt jetzt die Wägung der Organe des verhungerton Thieres,^H ihren Gewichtsverlust festzustellen. Wir wissen nicht einmal annähernd, wie gross^H Pohler dieser Bestimmung ist. Um die Geschwindigkeit des Verbrauchs, respef^ die Aenderungen dieser Geschwindigkeit zu finden, muss das verhungernde Thier ' Zeit zu Zeit (von Tag zu Tag, Stunde zu Stunde u. s. w.) gewogen werden. B>^" rücksichtigt man bei diesen Wägungon die Menge des ausgeschiedenen Harns uiuliF Koths, so ergicbt sich aus der Differenz der Gewichte der letzton Stoffe und dem Vor-|^ lust an Körpermasse die Menge der Verbindungen, welche durch die Perspirat! abgingen.

Proportionaler Tagesverlust beim Verhungern.

673

Da sich der absolute Werth und die Zusammensetzung des ^wendbaren Vorraths, ebenso wie die Geschwindigkeit seines ■'brauchs mit der der Gattung, dem Fütterungs/Aistand, dem ;,rmeverbrauch , der Muskelanstrengung, dem Alter des Thieres H. w. ändern, SO mussman, um allgemeine Resultate zu erzielen,

Verhungern unter diesen verschiedenen Verhältnissen vor sich ten lassen.

Um endlich die Versuche mit einander vergleichbar zu machen, iis man den gesammten, den täglichen oder stündlichen Verlust

die Gewichtseinheit des Gesammtthieres oder seiner einzelnen rane zurückführen. (Proportionaler Verlust).

1. Die Grösse des proportionalen Tagesverlustes ist verän- lich mit dem Zustand, den das Individuuni darbot, als es zu ^ern anfing. Diese Erfahrung begründet sich leicht, wenn man iiägt, dass der beobachtete proportionale Tagesverlust des Ge- imtkörpers das Mittel ist aus den Gewichtsabnahmen der ein- igen ihn aufbauenden Gewebe und Säfte. Diese aber sind von sehr lleicher Zersetzbarkeit , indem sich der Inhalt der Muskel- und wenröhren, der Leberzellen u. s. w. sehr viel rascher umsetzt, als ^Knochen, die elastische Substanz, das Sehnengewebe. Je nachdem

ein dem Versuch unterworfenes Thier relativ mehr Knochen

Bindegewebe oder mehr Muskel und Fett enthält, wird auch

proportionale Tagesverlust grösser oder geringer sein.

Was für verschiedene Thiere in gleichen Terminen der Hunger- ode gilt, ist nun auch anwendbar auf ein und dasselbe Thier lerschiedenen Abschnitten der Hungerzeit, da mit derselben seine ummensetzung wesentHch umgestaltet wird. Namentlich muss ider wachsenden Hungerzeit der proportionale Tagesverlust ah- men, indem die rascher zersetzbaren Gewebe im Anfange des tens in relativ - össerer Menge vorhanden sein müssen, als tn das Ende desselben. Dennoch kann kein regelmässiges Äb- ten des täglichen Verlustes erwartet werden, Aveil bekanntlich tthierische Umsetzung noch von andern Umständen, als der An- '3nheit zersetzungsfähiger Massen abhängt. Je nachdem also S3 Bedingungen, wie z. B. Muskel- und Drüsenerregungen kräf- einwirken, wird auch der Umsatz lebhafter werden und daher

es rühren, dass der tägliche Verlust unter Schwankungen ab- Lt, während die Hungerzeit wächst.

IDer Reihe nach folgen die besten der bisher vorliegenden Be- khtungen an Hunden, Katzen und Tauben.

a d w i g , Physiologie II. 2. Auflage. 43

1.

674

Yorhungern ; Hund.

a. Hund*). An demselben Thiere haben Bischoff undVoit eine sehr ausgedehnte Reihe von Fütterungsversuchen angestellt, un mentlich Hessen sie es auch verschiedene Male hungern , und zw : dreimal, je mehrere Tage hindurch. Diese drei BeobachtungsreiL werden hier nur berücksichtigt werden. Ausser den Thatsach( die die folgenden Tabellen aufzählen, ist noch zu bemerken, da das Thier vor dem ersten Fasten mit 1750 bis 1800 Gr. magei' Kuhfleisches täglich gefüttert war. Vor dem zweiten Fasten hai es je zwei Tage hindurch absteigend 900, 600, 300, 176 Gr. magere Kuhfleisch erhalten. Vor der diitten Hungerperiode endlich \v;ir es mit Fleisch und ausgelassener Butter gemästet worden; in die^ letzten Reihe hatte das Thier auch Wasser getrunken, was es den frühern Reihen meist verschmähte.

Körperge-

Ge-

Gewichts-

Gewichtsver -

Hornstoff auf

Harnstoff

wicht In

nossenes

Harn in

Harnstoff

verlust in

lust auf 1 Kilo

1 Kilo Kör-

1 Kilo G

Kilo.

HO in Gr.

COM.

in Gr.

Kilo.

Körperge- wicht in Gr.

pergewicht in Mgr.

wichtsverli, in Mgr.

33,31

202

24,48

0,59

18

0,73

41

32,72

0

225

25,56 .

0.58

18

0,78

44

32,14

205

22,76

0,52

16

0,71

44

31,62

203

20,30

0,51

16

0,64

40

31,11

63,0

1^5

13,23

0,42

14

0,42

32

30,75 30,33

0

160

15,23

0,42

14

0,50

36

n.

32,85 )

186,2

16,93

0,47

14

0,52

36

32,38

0

170,2 156,2

17,00

0,48

15

0,53

35

31.90 '

15,76

0,43

13

0,49

37

31,47 1

m.

Körperge - wicht in KUo.

Genos- senes

HO in Gr.

Körperge- wicht -1- Wasser.

Harn

in COM.

Harnstoff in Gr.

Ge- wichts - Verlust in Kilo.

Gewichts- verlust auf 1 Kilo Kör- pergewicht in Gr. -

40,30

318

40,62

384

37,48

0,94

19

39,68

261

39,90

255

23,26

0,71

18

39,19

460

39,65

194

16,68

0,89

23

38,76

102

38,76

165

14,85

0,41

11

38,35

122

38,47

150

12,60

0,51

13

37,96

215

38,18

155

12,77

0.46

12

37,72

216

37,94

154

12,01

0,52

14

37,42

Harnstoff auf 1 Kilo Körperge- wicht in Gr.

anflHarnstoff anf 1 JCilo Ge- wichtsverlm' in Mgr.

0,93 0,59 0,43 0,38 0,33 0,33 0,32

40 33 18 36 31 2S 23

") B i s c h 0 ff und V o i t , Die Gesetze der Ernährung des Fleischfressers. 1860.

Hungomdcr Hund nach Bischorf und Voit.

675

Diese sehr merkwürdigen Thatsachen lassen sich folgender- issen in Worten fassen.

Der absolute tägliche Gesammtverlust nimmt im AUge-

iiien mit der Dauer der Hungerzeit ab. Dasselbe ereignet Ii auch mit dem proportionalen Gesammtverlust. Die (i^se dieses letztern scheint sich vorzugsweise nach der dem Hun- 111 vorausgegangenen Fütterungsart zu richten. Vereinigt man

drei ersten Tage jeder Reihe zu einem Mittel, so ist es bei 17; bei II = 14; bei III, wo allerdings noch Wasser ge-

iinen wiu-de == 20, also bei dem am reichlichsten gefutterten lior am grössten. Vereinigt man die noch übrigen Tage der 1. (l 3. Eeihe zu einem Mittel, so ist es bei I = 14,6 und bei III

12,5, was um so bemerkenswerther ist, als das gesammte Kör- i^;ewicht bei III um 7 Kilo grösser ist als bei I.

Der proportionale Harnstoffverlust ist nach einer Fleischnah- lü-, insbesondere nach reichlicher, grösser als nach Fett und Fleisch- img. Dieses gilt ganz allgemein, sowie man aus der Reihe IH ersten Hungertag nicht berücksichtigt. In allen Fällen nimmt kleinen Schwankungen der proportionale Harnstoffverlust mit dauernden Hungerzeit ab.

Der Harnstoffgehalt des Gewichtsverlustes ändert sich mit der iigerzeit, und auch hier ist im allgemeinen, namentlich in der 1. 1 III. Reihe die Eigenthümlichkeit bemerkbar, dass das Kilo Ge- ■litsverlust der späteren Hungertage ärmer an Harnstoff ist als

der frühern. Unter der annehmbaren Voraussetzung, dass die besetzten Eiweisskörper ihren N nur durch den Harnstoff ent-' rten, würde dieses bedeuten, dass die chemische Natur der Um- i zung mit der wachsenden Hungerzeit sich änderte und dass na- utlich die der Eiweisskörper sich relativ verminderte.

Der proportionale mittlere Perspiration sverlust, der aus den Igen Tafeln abgeleitet werden kann, wächst mit dem Gewicht Thiere. Bei I ist er = 9,7 Gr., bei II = 8,7 Qv., bei HI 11,9 Gr.

Will man mit Bisch off und Voit noch bestimmte Annahmen BT die Atomgruppen (Fett, Wassergehalt des Fleisches u. s. w.) sehen, aus welchen die ausgeschiedenen Stoffe hervorgingen, so

43*

I

gYß Hunger. Katze.

lässt sich die Zahl der Ableitungen noch weiter mehren. Wir \ . weisen rücksichtUch derselben auf ihre Abhandlung*).

b. Katüo**). Aus einer weiter in das Einzelne gehenden und mühevollen \ tr-^^ suchsrcihe an Katzen schliesst Schmidt: 1) Die täglich eingeathmeteKohlenmengc i»f absolut genommen in den ersten 8 Tagen der Hungerzeit am grössten , in den letzten 2 Tagen vor dem Tode am geringsten; relativ zum Körpergewichte hält sie sich da- gegen in den ersten 9 Tagen nahezu gleich, in den darauf folgenden 7 Tagen wächst sie an und nimmt in den letzten 2 Tagen sehr bedeutend ab. 2) Die ausgeschie- dene Harnstoffmonge sinkt während der beiden ersten Hungertage beträchtlich, hall sich dann bis zu den beiden letzten Tagen vor dem Tode nahezu gleich ; in den beider letzten Tagen sinkt sie sehr bedeutend ab. 3) Der Gehalt des Harnes an SO3 und PO5 steigt mit der Hungerzeit, der Clgehalt verschwindet dagegen vollkommen. Dfu Verhältniss der SO3 zur PO5 bleibt sich bis zum Tode gleich. Denn:

Ein Kilogramm Katze gab in 24 Stunden in Grammen

*) In der angezogenen Abliaudliing wird der Perspirntiousverlust nach jeder Versuchsreihe durch zwei Gleichungen ausgedrliclit , wobei es sich jedesmal herausstellt, dass die beiden ausge- rechneten Werthc nahezu übereinstimmen. Diese Uebereinstimmung miisste als eine Biirgschaf für die Richtiglceit der Annahme angesehen werden, wenn die in den beiden Ausdrücken rorkom- nicndon Worthe wlrklicli auf verschiedene Weise abgeleitet wären. Dazu liat es aber den An schein , weil die zu den beiden llechnungen gebrauchten Zahlen wirklich ganz verschieden aus- sehen. In der That sind jedoch die Worthe beider Gleichungen auf dieselbe Weise abgeleitet; sii unterscheiden sich nur durcli besondere Annahmen über die Berechnung eines meist kleinen Koth- antheils. Dieser Ausspruch bewährt sich durch folgendes.

In der ersten Gleichung , die nach dem N-verbrauch berechnet ist , werden folgende Werthe !i den Ansatz gebracht. A' das coiTigirto Anfangsgewicht, E' das corrigirte Endgewicht des Th'iere» forner IC der berechnete Kotli ; ji ein Coefiizient , mit welchen nmn eine bekannte Quantität voi Stickstoff multipliziren muss , wenn man erfahren will , wie viel Fleisch von bekannter Zusammen- setzung mit Hülfe jenes Stickstoffs dargestellt werden kann; n der Stickstoff des gefütterten, feuch- ten Fleisches; n' der Sticltatoff dos entleerten Harnstoffs; n" der Stickstoff des entleerten Rothes w das gonossono Wassergewicht; u das entleerte Harngewicht. '

Nach der ersten Gleichung von Volt und Bisch off ist nun die Einnahme, weiche das Thieni macht = w 4- [n^ (n /)' n'ß n"ß)] + (n' + n") ß (ß' A') ; die Ao«- | gäbe aber = u + K'. Zieht man die Ausgabe von der Einnahme ab, so erhält mau die Per- spiration = P. Also ist P = W + + A' E' ü K'. Die A', E', K' sind abei folgendermaassen zu verstehen. Es sei A das gefundene Körpergewicht beim Beginn einei Versuchsreihe , so unterscheidet sich dieses von dem corrigirten A' dädurcli , dnss es noch um einen gewissen Werth vermindert werden muss , welcher dem Koth entspricht , den es aus einet früheren Fütterungsreihe mitgebracht, aber noch nicht entleert hat, nennen wir diesen mitgebrach- ten Kolh K, so ist also A' = A K. Zu Endo der Versuchsreihe , wo das Thier E wog, nahm es aber auch noch Kotli mit, welchen es wälirend der betrachteten Versnchsreihe gebildet abei beim Schluss derselben noch nicht entleert hatte. Nennen wir diesen K, so ist das corrigirte End- gewiclit des Thieres E' = E -- K' K. Der berechnete Koth endlich ist der wälirend der Vet- suchsreiho entleerte Koth k weniger des mitgebrachten nnd mehr des mitgenommenen, also K' ==* k -f K. Setzen wir diese Wertlie statt A', E' und K' in die obige Gloiclmng, so erhalten \ril W + n/J-f-A E U k-fK = P.

In der zweiten Rechnung werden dagegen unter die Einnahmen gesetzt das Anfangsgewicht A. das aufgenommene Fleisch nß, das Wasser U und unter die Ausgaben das Endgewicht E, derllamU, der während der Beobachtungszeit ausgestossene K ; also ist jetzt

W + n/J -f A E - U - k = p' und P' = P - K. ' '

') Bidder und Schmidt, Verdauungssäfto etc. p. 308 u. f.

0

Hungernde Katee nach Bidder und Schmidt. 677

ivStuuilcn

i Wasser

Summe

AtisgeatU-

Faeces

Ii

der

letzten

durch Niere

Harnstoff.

SO3

unorpan.

l'iitteruug.

j u,'*Darin.

Bcstdthle.

luete Kolile.

wasserfrei.

s

32

37,09

3,437

0,133

0, 1 44

0,518

5,641

0,503

f2

56

^2,00

2,298

0,092

0,109

0,359

5,620

0,540

Mi

DA

80

iy,oa

1 ,887

0,080

0,104

0,309

5,883

0.484

104

19,

1,732

0,077

0, 1 04

0,294

5,658

0,502

1 1

\2o

A l\f\ 1

Ü,Ü91

0,129

0,333

5,594

0,779

-!S

loi

nn o 1

2,1 JO

A Ti'7f\

ü,u7y

0,1 14

0,281

5,712

0,291

176

1 c\co 1,9dö

A ATK. ü,ü (D

0,113

Ami . 0,27 1

5,642

0,339

il7o

200

il,3Ö

2,091

A ACQ

A 101

0,181

A 0 A 1

0,3U1

5,670

0,592

lö,JiG

2,2oo

A AOO (),0öO

A 1 ( A

U, 1 19

A 0 A i

U,oUl

0,V)7 1

0,982

2224

248

19,82

1 HAT

1,907

A ATT

0,077

A 1 1 0

0,113

0,277

0,12 / 6,024

0,745

ms

272

2,723

A AT 0

0,073

0,110

0,264

0,643

2272

296

18 1 1

1 fi4S

0 062

6*^10

2296

320

23,33

2,166

0,087

0,115

0,303

6,439

0,287

;t320

344

25,07

2i224

0,095

0,113

0,321

6,423

0,224

3344

368

26.76

2,052

0,084

0,104

0,296

6,534

0,223

3368

392

32,78

2,154

0,085 .

0,109

0,307

6,350

0,172

3392

416

19,93

1,216 0,597

0,049

0,065 0,036

0,182

5,850 4,791

0,119

4416

440

10,21

0,024

0,005

0,244

Zu dieser Tafel ist zu bemerken: das dem Versuche unterworfene Thier (eine ichtige Katze) erhielt während der Dauer der Beobachtung zu 7 verschiedenen Tagen «was Wasser, im Ganzen 131,5 Gr. Der Harnstoff wurde nach der Methode von eeintz-Ragsky und die CO2 in einem Eespirationskasten mit Luftdurchzug be- rmmt. Die für die CO2 verzeiclni^ten Werthe sind abgeleitet aus 44 Beobachtungs- anden, so dass das Thier im Mittel 2,5 Stunden täglich im Athembehälter verweilte, tese Beobachtungsstunden sind so ausgewählt, dass wo möglich die eine in das Maxi- !im und die andere in das Minimum der täglichen COa-Ausscheidung fällt. Eine be- :mmung des durch die Lunge ausgeschiedenen N-Gases, welche nach Regnault id Reiset bei hungernden Thieren statt hat, ist nicht versucht worden. Schmidt tet aus den Zahlen der Tabelle auch noch her, wie viel bindegewebshaltiges -Fleisch id Fett sieh während der Hungerzeit umgesetzt habe. Da mehrere seiner Voraus- Itzungen nicht festgestellt sind, wie z. B., dass aller N durch Harn und After aus- schieden sei, dass das fettfreie, bindegewebshaltige Katzenfleisch zu allen Zeiten der : angerperiode gleich zusammengesetzt sei u. s. w., so verweisen wir auf die Abhand- ingen selbst. Wir kehren zurück zu der Aufzählung weiterer Beobachtungen.

Da auch täglich mehrmals das Körpergewicht der oben geschilderten Katze be- iimmt wurde , so konnte noch festgestellt werden : 4) dass der Verlust , der durch aut und Lunge geschieht, in der Nacht geringer als bei Tage ist; die Unterschiede letcn in den ersten Tagen beträchtlicher hervor; in den letzten, nachdem das Thier iblindet war, verschwanden sie dagegen nahezu. Nach einer Mittelberechnung von chmidt*) liegt der grösste Werth zwischen 12 6 Uhr Mittags, der niedrigste «sehen 2 6 Uhr Nachts. 5) Die täglich abgesonderte Gallenmenge nimmt bei iingerndcn Katzen sehr rasch ab in den ersten beiden Tagen (p. 323), von da sehr Imählich bis zu dem lO.-Tage. Vorausgesetzt, dass bei der vorliegenden Katze in 3msclben Vcrhältniss zum, Körpergewicht Gallonausscheidungen stattgefunden haben, de in der früher aufgefiihrten Beobachtung, so lägst sich nach Schmidt behaupten,

•) 1. c. in der Tabelle XVU. p. 347.

678

Hungernde Taube nach Chossat, Sohuchardt u. A.

dass im Bogiiin der BoobacMung nur ein kleiner Theil, vom 10. Tage an aber u ganze Menge der ausgeschiedenen Gallo durch die Faeces entleert worden sei.

c. Taube. Aus den Versuchen*) von Chossat und Schuchardt an Taul geht rUcksichtlich dos täglichen Verlustes liervor, 1) dass er, alles Andere gleicLi setzt, steigt mit dem Körpergewichte. Er variirt gewöhnlich in der Art , dass tj in den ersten Tagen nach der Nahvungsentzichung sehr beträchtlich ist, dann gegei die Mitte der Hungerzeit abnimmt, in den letzten Tagen vor dem Tode wieder an- steigt und einige Stunden vor letzterem aber rasch absinkt. Der grösste Theil dei täglichen Verlustes fällt auf Haut- und Luugenausdunstung. Zur Bestätigung dies« Behauptung lassen wir- die Bcobachtungsreihen von Schuchardt folgen:

Gewicht der Taube im Beginn,

Gewicht der Taube im Beginn

Gewicht der Taube im Begini

s ^

der Versuchsreihe 288,0 Gr.

der Versuchsreihe 279,0 Gr.

der Versuchsreihe 293,0 Gr.

Verlust

Vo r lu s t

Verlust

H O

;0 ort}

Insge-

durch

durch

Insge-

durch

durch

Insgc-

durth

durch

oq CO

Lunge u.

Harn und

Jjungc II.

Harn und

Lunge u.

Harn un^

fO pj ' (B

snmmt.

Haut.

Faeces.

samnit.

Haut.

Faeces.

sainml.

Haut.

Faeces.

1.

15,0

1J,5

3,5

17,0

13,2

3,8

22,8

13,3

9,5

2.

13,2

10,7

-2,5 ~

14,2

11,2

3,0

16,0

11,2

4,8

3.

11,6

. 9,6

2,0.

15,8

18,0

13,0

5,0

4.

11,5

7,3

4,2

18,0

11,2 1

6,8

19,1

14,0

5,2

5.

12,7

6,6

6,1

28,8

21,6

7,2

21,0

14,0

7,0

6.

14,3

7,1

7,2

1,2

1,2

0,0

7,1

7,1

0,0

1.

10,4

8,4

2,0

Bou s si n gaul t**) fand, dass hungernde Turtoltaujjen in der Nacht wenigen KohlenstolT verlieren, als bei Tage. Eine Turteltaube hatte bei normaler Emährana in einer Tagsttmde im Mittel 0,258 Gr. C, in einer Nachtstunde aber 0,162 Gr. C. aus-] geathraet. Als dieselbe 168 Stunden hungerte, verlor sie in einer Tagstunde im Mitte^ 0,117 Gr. C, in einer Nachtstunde aber 0,075 Gr. C.

Zur Charakteristik der Lebensvorgänge rosp. des Verlustes beim Verhungern trag noch wesentlich bei die Feststellung des Verhaltens der thierischen "Wärme und ded Athembewegungen an den einzelnen Hungertagen, wie sie Chossat***) in ausgedehn-j ter Weise für Tauben geliefert hat. Um die einzelnen Beobachtungen zur Gewinnung von Mittelzahlen vergleichbar zu machen, theilte er die Lebensdauer jedes einzelnen Thieres vom Beginn dos Hungerns bis zum Todestage (diesen exclusive) in drei gleich« Thoile und zog 'nun aus allen gleichnamigen Abschnitten die folgenden Mittel. Die Temperaturen bestimmte er im Mastdärme und die Athemzögo zählte er um Mittag und Mitternacht. Die Beobachtungen während des genügenden Futters sind an den- selben Thieren gewonnen. Die Temperaturmessungen ergaben:

Tom p erat ur währ e n d der Hungerzeit.

Temperatur wäh- rend normaler Fütterung.

Erstes Dritttheil. | Zweites Dritttheil.

Drittes Dritttheil.

Mittag .... Mitternacht . . Unterschiede . .

42,110 C. 39,85 2,26

41,870 C. 38,72 3,15

41,370 c. 37,32 4,05

42,220 C. 41,48 0,74

•) Chossat, Sur l'inanition. MiSmoires dos savans ^trangers. VIU. Bd. Schuchardt, Qnaedam de effectu quem privatis sing. pnrt. nutrimontum constitucntium etc. Marburg 1847. Annalos de chim. et phys. 3me s6t. XI. (1844.) 446. ••*) 1. c. p. 107. u. f.

Hunger; proportionaler Gesammtverlust.

679

Am letzten Tage sank die Temperatur sehr rasch; -war sie auf 26" angelangt, so ,'en die Thiere zu Grunde. , Die Zählung der Athembewegungen stellte fest:

Z ahl d er A them zii g 0 In der Minute während der Hungerzeit.

Zahl d. Athemzüge

in der Minute während normaler Fütterung.

Erstes Dritttheil.

Zweites Dritttheil. | Drittes Dritttheil.

25

23 1 21

31

Vereinigt man alle Zählungen der Athembewegungen bis zum Tage vor dem Hun- i , so erhält man um Mittag 22 und um Mitternacht 24 Athemzüge in der Minute ; rend der hinreichenden Ernährung athmeten die Tauben am Mittag 36 Mal und ai Mitternacht 32 Mal in der Minute. Das auifallende Ergebniss, dass bei der yer- langernden Taube in der Nacht die Athemfolge beschleunigter gefunden -wurde, ist cch Ghossat wahrscheinlich darin begriiadet, dass die Thiere durch den Beobachter SS dem leisen Schlaf aufgeschreckt wurden, den sie während der Hungerzeit genies- m. Am letzten Lebenstage sank das Minutenmittel der Athemzüge auf 19 herab.

2. Der proportionale Gesammtverlust, oder der Quotient aus eer Gewichtsabnahme des Thieres während der ganzen Hungerzeit II das Körpergewicht vor Beginn der letzteren, ist ebenfalls sehr eerändeiiich gefunden worden, und insbesondere haben die Beob- cchtungen von Ghossat aufgedeckt, dass junge magere Turtel- iiuben (mittleres Anfangsgewicht = 110 Gr.) im Mittel schon bei iinem proportionalen Gesammtverlust von 0,25 starben, während er eei älteren fetten (mittleres Anfangsgewicht = 189 Gr.) den "Werth lon 0,46 erreichen musste, bevor sie zu Grunde gingen. Diese l'rscheinung findet ihre Erklärung darin, dass eine gleichwerthige ii.b zehrung verschiedener Organe des Thierkörpers von ganz un- ileichen Folgen für das Bestehen des Lebens sein muss, wie z. B. offenbar die Abmagerung der Herzmuskeln und des Hirns viel er- :;reifender wirkt, als die des Fettes, des Bindegewebes, des Ske- tets und seiner Muskeln. Da aber die Thiere, welche einen ge- iingera proportionalen Gesammtverlust ertrugen, auch nach viel kür- ■'ferer Zeit (nach 3 Tagen) hinstarben, als die alten und fetten (nach .3 Tagen), so folgt auch aus den gemachten Mittheilungen, 'dass 'iin Reichtimm an Skeletmuskeln und Fett die wichtigeren Organe for wesentlichem Verlust zu schützen vermag, sei es, dass die um- setzenden Einflüsse nicht eher die letzteren Gebilde angreifen, be- vor die ersteren bis zu einem gewissen Grade aufgezehrt sind, oder •iei es, wie wahrscheinlicher, dass die wichtigeren Organe und ins- besondere das Hirn tägliche Verluste auf ^Kosten des Fettes und der Skeletmuskeln wieder ersetzen, so lange diese vorhanden.. Zur

680

Proportionaler Gosammtverlust der Organe.

Uuteistützung der letzteren Alternative dient namentlich die Be achtung-, dass das Hirn unter allen Organen durch den Hunger de geringsten proportionalen Verlust erlitten hat, obwohl dieses Organ, so lange es lebt, noth wendig auch umgesetzt werden nmss, den ohne dies würde weder sein arterielles Blut in kohlensäurehaltiges venöses umgewandelt werden können, noch könnte das Organ fort während lebendige Kräfte entwickeln.

Von einem nicht untergeordneten Interesse sind die Beobaclitungen über den pro- portionalen Gesammtverlust , den die einzelnen Organe durch das Hungern erleiden. Die Zergliederung der Thiere wurde von Chossat unmittelbar nach dem Tode vor- genommen und die ausgeschnittenen Organe sogleich gewogen. Hierbei konnte jedodi ein Verlust durch Wasserverdunstung nicht vermieden werden , welcher sich bis üb 8 pCt. steigerte. Um diesen Uebelstand zu beseitigen , wurden auch die getrockneten Organe mit einander verglichen. Das MittÄl aus allen Wägungen lieferte nun die fol- gende Tafel, in welcher die Zahlen den Verlust bedeuten, welchen 100 Theile des be- treffenden frischen oder wasserfreien Organ es während der ganzen Hungerzeit erleiden,

frisch.

trocken.

frisch.

trocken, j

1

frisch.

trocket.

Fett . . .

93,3

Uebrige Ske-

Lungen ,

Blut . . .

61,7

letmuskeln

35,6

35,9

blutleer

22,4

22,5

Milz . . .

71,4

66,6

Alle Muskeln

Knochen

16,7

Pankreas . .

64,4

65,2

im Mittel

42,4

34,5

Äugen

10,0

Leber . . .

52,0

47,3

Pharynx und

Hirn

0,0

Herz . . .

44,8

46,9

i Oesonhagus

34,2

Rücken-

9,0

Gedärme . .

42,4

Haut . . .

33,3

mark

7,0

Brustmuskeln

53,1

55,0

Nieren . .

31,9

Auf demselben Wege hat Schuchardt für die feuchten Organe ganz ähnlii Zahlen erhalten.

Da wir die täglichen proportionalen Verluste der lebenden Gesammtkatze an^ce- geben haben, für welche Schmidt die Organverluste berechnet hat, so lassen wirhi v auch die von ihm gegebenen Zahlen der letzteren folgeii , wobei wir uns jedoch ;. die beschränken, welche mit den Beobachtungen von Chossat vergleichbar sind. Sii beziehen sich sämmtlich auf die getrockneten Organe und haben die Bedeutung der- jenigen in der vorhergehenden Tafel.

Mesenterium und Fettgewebe 91,3

Blut 90,4

•Milz 70,2

Pankreas 84,5

Leber 64,7

Darmkanal 27,8

Muskeln und Sehnen . 65,0

Haut 5,7

Lungen 10,5

Gehirn und Eückenmark 32,9

Knochen 0,0

Berücksichtigt man nun, dass unter den thierischen Gewebstheilen, welche vor- zugsweise zum Verluste kommen, Blut, Muskeln und Fettgewebe dem Gewichte nach überwiegen über alle anderen, so folgt daraus, dass das hungernde Thier auf Kosten seines Blutes, seines Fettes und Muskelgewebes lebt, wobei sich u. A. die auffallende Erscheinung einfindet, dass bei der Taube die zum Aufrechthalten des Rumpfes be-

Verhungern bei unvollständiger Nahrung.

681

ten Muskeln, welche während der Hungerzeit öfter in Bewegung sind, weniger •lieren, als die ruhig gehaltenen Flugmuskeln; es haben sich also auch die Muskeln tjenseitig ernährt. Der grosse Verlust des Hirns und Rückenmarkes beim Säuge- (ere, gegenüber dem verschwindenden beim Vogel, bedarf weiterer Bestätigung.

Verhungern bei qualitativer ungenügender Nah- '.ng. Unvollständige Nahrung. An die Versuche mit voU- »mmener Nahi-ungsentziehung schliessen sich die, bei welchen nur iier oder einige der lebensnothwendigen Stoflfe dem Thier vor- tthalten werden. Diese Reihen können zu verschiedenen Erfol- m führen. 1) Der Tod erscheint mindestens so rasch wie beim asammthunger und die Einbusse des Thieres an Gewicht ist da- \i entweder ebenso gross .oder auch kleiner als beim Verhungern och Entziehung aller Nahrung. - Im ersten Fall würden die iSten, flüssigen und gasförmigen Ausgaben des Thieres nicht alle f3 Stoffe enthalten, die sie beim Gesammthunger führen, sondern tch noch diejenigen, welche in der qualitativ ungenügenden Nah- DDg gereicht wurden ; daraus vnirde dann hervorgehen , dass die Ihigkeit eines Nährstoffes, sich im thieiischen Körper anzusam- liln, nicht allein von seiner chemischen Zusammensetzung, son- rrn auch von der Natur des Gemenges abhing, in welchem das- llbe genossen wurde. Wenn dagegen das Thier ebenso rasch te beim Gesammthunger zu Grunde geht, dabei aber im Augen- (ck des Todes merklich schwerer ist, als es voraussichtlich beim »«d nach vollkommener Nahi-ungsentziehung gewesen sein würde,

würde daraus zu folgern sein, dass das Thier aus der qualita- ungenügenden Nahrung allerdings Stoffe aufnehmen konnte, eer dass dieselben keine lebensfähigen Verbindungen darzustellen rrmögen. 2) Das Thier konnte aber beim Theilhunger auch sl später als bei Gesammthunger sterben. Dann würden auch S3 den Auswurf führenden Absonderungen anders zusammengesetzt in als bei vollkommener Nahrungsentziehung ; dieser Erfolg würde cdeuten, dass die wenn auch unvollkommene Nahrung theilwgise »nigstens ergänzend für die zum Leben nothwendigen Umsetzun- in einti-eten könnte. 3) Auch könnte es sich ereignen, (nament- bh wenn der Nahrung das eine oder andere Salz fehlte), dass rn dem Augenblick an, wo der Gehalt des Thieres an dem Stoff, felcher der Nahrung nicht zugesetzt ist, auf ein Minimum herabge- »acht ist, dieser njit Hartnäckigkeit vom Organismus zurückgehalten ;ilrde. Möglicherweise würde er aber auch durch einen andern

emisch verwandten, ohne dass der Tod erfolgte, verdrängt und

682

Entziehung aller festen Nahrung.

durch diesen ersetzt. Daraus würden sich vielleicht Fingerzei ftlr den Antheil des fraglichen Stoffes an den Lebensvorgäng ergeben.

Das Folgende giebt die wichtigern der bekannten Thatsachenj

Entziehung aller festen Nahrung. Reicht man den Thieren, während man ihnen alle feste Nahrung vorenthält, nach Belieben Wasser, so geniessen einig gar kein Wasser mehr, andere verschmühen es erst nach einigen Tagen, noch and endlich nehmen es fortwährend. Der von Bischo^f und Voit beobachtete Hu soff, wenn er nach einer Nahrung aus magemi Fleisch hungerte, nichts oder nur selten;! während des Hungers nach vorgängiger Fütterung ^us Fleisch und Fett nahm er da- gegen Wasser auf. Wünscht man also die Erscheinungen des alleinigen Hungers festen Stoffen bei einem das Wasser verschmähenden Thier zu erfahren, so ist nothwendig, das Wasser in den Magjn zu spritiuin. Stellt man die Beobachtungen, welche Schmidt an zwei Katzen, von denen die eine wenig, die andere viel Wassel enthielt, zusammen, so ergicbt sich, dass 1 Kilogr. Katze im Mittel 24 Stunden verliert:

Tägliche Wnssorauf- nnlime.

Harnstoff.

SO3

PO5

Uebrigo Harnsalze.

Ausgeatli- mote Kohlo.

Faeces wasserfrei.

Wasser dnrd Niere an4 Dana.

51,12 5,97

2,237 2,06

0,055 0,082

0,071 0,116

0,263 0,296

4,447 5,460

0,215 0,589

55,47 21,47

Diese Beobaohtungsreihe lässt erkennen , dass mit der vermehrten Aufnahme iti Wassers auch die Ausscheidung desselben, aber nicht im Verhältnisse der Aufnahme, zunimmt. Dieser Schluss dürfte keine Anfechtung dadurch erleiden, dass die durd Verdunstung verlorenen Wassermengen nicht angegeben sind , indem mindestens dii Annahme gerechtfertigt ist, dass die erstere Katze, welche weniger COj ausathmete, als die letztere, durch die Lungenverdunstung nicht mehr Wasser verloren habe die letztere ; der Wasserverlust durch die Haut dürfte aber bei behaarten Thieren übi haupt nicht hoch anzuschlagen sein. Genügt nun, wie in unserm ersten Falle, dii eingeführte Wassermenge, um den gri)ssten Theil des Wasserverlustes zu decken muss nothwendiger Weise bei fortschreitender Abnahme der festen Bestandtheile u prozentisohe Wassergehalt der Organe in einem Steigen^ begriffen sein, woraus mancher-jj lei Störungen derselben erwachsen werden. In der That stellen sich diese in deii oben zusammengestellten und in einer gleichartigen Beobachtungsreihe ein, weldu Chossat an Tauben ausführte. Die mitgetheilte Zusammenstellung lässt aus- serdem schliessen, dass der tägliche Verlust an festen Bestandtheilen geringer werde bei 'einer reichlichen Tränkung mit Wasser. Dieser Satz scheint aber nur von Gel- tung für die Säugethiere zu- sein, da Chossat ihn wohl bei Kaninchen, nicht aber bei Tauben, die unter gleichen Verhältnissen verhungerten, bestätigt fand.

Entziehung des Wassers. Zu denen des Durstes gesellen sich sehr bald die Folgen des Hungers, indem die Thiere die ti-ockne Nahrung mehr und mehr and endlich ganz verschmähen. Eine Anschauung des allgemeinsten Vorganges giebt fol- gender Versuch von Schuchardt, welcher aus ' einer grossen Keihe ausgcw8hlt| vurde. Die verdurstete Taube wog im Beginn des ersten «Versuchtages 301,0 Ör- Ihre Nahrung bestand aus lufttrockner Gerste. Die proportionalen Verluste sind auf das Anfangsgewicht eines jeden Tages bezogen.

Entziehung von Wasser und Eiweiss.

683

Tilg.

Körporgewicht am Ende des Tages.

Verzehrte Kömer.

Gewicht der täglichen Endausgnben für die Einheit des Köi-pergewichts.

Hiervon durch Niere und Darmkanal.

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9. 10. 11. 12. 13. 14.

280,0 Gr.

207,0

259.2 249,5 239,0 231,0 222,5 214,4 207,4 196,0 186,0

177.3 163,2 160,2

23,0 16,8 13,0 7,9 12,5 10,5 12,1 15,0 11,2 9,8 8,3 7,0 10,0 0,0

Gr.

0,188 Gr.

0,100

0,078

0,068

0,092

0,077

0,089

0,106

0,085

0,102

0,098

0,094

0,134

0,019

0,090 Gr

0,040

0,027

0,021

0,033

0,036

0,042

0,040

0,040

0,038

0,033

0,040

0,067

0,000

Die wässerigen Abscheidungen , insbesondere die des Harns, nehmen beträchtlich sie betrugen an einem verdurstenden Hunde nach Falk und Scheffer in den Uten drei Hungertagen im Mittel täglich = 46,0 Gr., in den folgenden drei=25,5 Gr., den darauf folgenden = 18,1 Gr. und in den letzten drei endlich = 6,6 Gr. ee Angaben über die Verluste der einzelnen Organe schliessen sich an die bei Ge- mmthunger mitgetheüten an, mit Ausnahme des Fettes, welches beim Genuss trocke- T Nahrung nicht sehr beträchtlich schwindet. Die Gewichtsabnahme der Organe ge- iiieht allerdings auch durch den Austritt fester Bestandtheile ; vorzugsweise aber ent- mt sich aber das Wasser, sodass die Organe relativ trockener werden; vergleicht m die Eückstandsprozente derselben Organe zweier möglichst gleicher Thiere, von laen das eine nach normaler Ernährung, das andere durch Entziehung des Wassers ^dtet war, so findet man, dass Haut, Sehnen, Muskeln, Darmkanal und Blut 4 bis pCt. fester Bestandtheile mehr enthalten, während sich die Zusammensetzung des ms und der meisten Drüsen nicht verändert hat (Scheffer).

Entziehung der Eiw eissnahrung. Wir besitzen hierüber Angaben von 'huchardt, welcher die dem Versuche unterworfenen Tauben mit einem Gemenge i Araylon, Gummi, Zucker, Oel und den gewöhnlichen Blutsalzen in einem Yerhält- 186 fütterte, in dem sie von Norton*) im englischen Hafer beobachtet wurden. 3 Uebersicht über den täglichen Gewinn und Verlust giebt die folgende Tafel, welche r eines der drei untersuchten und in ihren Erscheinungan wohl übereinstimmenden iiere berücksichtigt. Die ganze Beobachtungszeit ist in vier gleiche Theile von je fragen gespalten und aus jedem derselben das Tagesmittel genommen. Bei Beginn i Versuches betrug das Körpergewicht 344 Gr.

1 1 der Beob- 1 achtnng.

Körpergew. am Ende des Tages.

Täglich aufgenommen

Für die Gewichtseinheit dos Thieres

Feste Speise.

Wasser.

Endausgabe.

durch Haut und Lunge.

durch Niere und Darm.

. . Viertel ' i> »>

ij

310 307 258 230,5

16,5 '

29,2

0,152 0,149 0,204 0,231

. 0,061

. 0,116

•) Giessenor Jahresbericht fUr 1847, 1006. (Hopotonhafor , I. Coluranu).

684

Verhungern bei Fett und WaBser.

Frerichs*), welcher bei einem ähnlich gefütterten Hunde die Harnstoffai. Scheidung mass , fand sie (im Verhültniss zum Körpergewicht) beträchtlich geringer alg bei anderen normal ernährten, aber nicht wesentlich niedriger als bei hungernden Hunden.

Der proportionale Gesammtverlust, den die von Schuchardt beobachteten Tauben bis zum Tode erlitten, war viel geringer, als bei allen denen, welche unter den früher aufgezählten Umständen verhungert waren ; entsprechend war auch der proportionale Gesammtverlust der einzelnen Organe verschieden.

Darmkanal 0,287 Knochen . 0,204 Hirn . . 0,138 Lungen . 0,010 Augen . 0,009

Es wird nicht entgehen, wie sehr das Fett und die Drüsen geschont sind-, im Vergleich zu anderen verhungerten Thieren. Die Verluste an Muskelsubstanz sind dagegen nicht niedriger geworden.

Nahrung aus Fett und Wasser. Bischoff**) verglich an demselben Hunde die Ausgabe , während dieser das eine Mal nur mit Wasser , das andere Mal mit Fett und Wasser gefüttert wurde.

Für 1 Kilogi-. Hund in 24 Stunden:

Blut . .

. 0,514

Brustmuskeln 0,453

Fett . .

. 0,393

Herz

Haut

0,377

Leber

Mitllores Go- siimmt- gowicht.

Ei Wasser.

ngenommen

■p«t* 1 Körperge- Fett. 1 ^vicht.

Ausgegeben

durch Darm! durch Hautl und Niore. |und Lunge, Harnstoff.

N.

38,l(i0 Kilo 36,016

13,08 Gr. 24,91

0,0 Gr. 7,17

13,41 0,97

10,81

16,34

15,63 16,72

0,552 0,371

0,257 0,173

Zu dieser Beobachtung gehört die Bemerkung , dass derselbe Hund , welchem bei| verschiedenem Körpergewichte die festen Speisen entzogen und nur Wasser gegebei wurde, nicht immer dieselbe proportionale Harnstoffmenge aussonderte; bei einem mitt- leren Körpergewichte von 24 Kilo lieferte 1 Kilogr. 0,56 Gr. Harnstoff, und bei 33 Kilo mittlerem Körpergevrichte gab 1 Kilogr. 0,62 Gr. Harnstoff aus. Als er aber| nach der oben erwähnten Nahrung mit Fett und Wasser noch 4 Tage hindurch ni mit Wasser gespeist wurde, sonderte 1 Kilogr. des Thieres nur noch 0,28 Gr., also weniger aus, wie zu den Zeiten der Fettnahrung. Bischoff sieht diese Erscheinung] als eine Nachwirkung der Fettfütterung an und findet seine Meinung bestätigt durch den sichtbaren Fettgehalt des Kothes, welcher während der letzten Zeit entleert wurde. Zudem war in allen Beobachtungsreihen die Harnstoffausscheidung von Tag zu Tag sehr veränderlich, was zum Theil wenigstens begründet war in der unregelmässigen Entleerung der Blase. An einzelnen Tagen, ja einmal sogar während 48 Stunden, liess das Thier gar keinen Harn.

Aus diesen Beobachtungen geht hervor, dass bei der Fettfütterung das reichlicher aufgenommene Wasser und Fett den täglichen Gesammtverlust des Thieres quantitatiT

•) M U 11 e r ' s Archiv. 1848. p. 490.

Der Harnstoff als Maass des Stoffwechsels. 1863. p.

35.

Hungern bei Wasser und Fett oder Zucker.

685

ozu deckten, so dass nur eine geringe Äbnabme im Gesammtgewicht des Thieres r.it. Sie verminderte zugleich den Umsatz der stickstofThaltigen Körperbestand- li' beträclitlich, aber sie war nicht wesentlich geringer als bei Entziehung aller Nah- Hierfür spricht auch ein neuer Versuch von Bischoff und Voit 1. c. pag. 150.

In gewisser Weise ergänzend schliesst sich an diese eine Beobachtungsreüie von t Olli er bei Turteltauben an, welche 'mit Butter und Wasser bis zum Tode gcfüt-

\nirden. In Mittelzahlen aus allen Versuchen stellen sich seine Kesultato fol- iermaassen zusammen :

:illttleres Körpergewicht ojine Federn.

ja Beginn. Zu Ende.

Tägl. proport. Abnahme des Körpergew.

Proport. Ge- sammtverlust des Fettes.

Butter tägl. im Darmkanat resorbirt.

Tägl. ausgeh. GO2 , die der normalgefütt. Thiere = 1.

Lebensdauer in Tagen.

0

0,0214

0,500

5,8 Gr.

0,685

18,42

15,09

90,3

Aus dieser Zahlenreihe ist ersichtlich, dass die Kohlensäureausscheidung zwar be- ichtlich herabgedrückt ist, aber doch nicht bis zu dem Maasse, das ihr bei vollen ungern zukommt. Die unvollkommene Nahrung vermochte auffallend lange Zeit das kben zu erhalten; diese Erscheinung scheint in Beziehung zu stehen mit dem lang- unen Umsätze der eiweisshaltigen (hamstoffliefemden) Atome bei Pettnahrung. Reg- , u 1 1 und E e i s e t beobachteten , dass eine mit Fett und Wasser gefütterte Ente N s der Atmosphäre absorbirte.

Wasser und Zucker. Eine sehr reichliche und ausschliessliche Fütterung mit icker wirkt wegen des eintretenden Durchfalls rasch tödtlich (Chossat, Letel- Eer). Bei einer mässigen Gabe .des Zuckers gestalten sich die Erscheinungen nach 3tellier an Tauben folgendermaassen :

fllittleres Körpergewicht ohne Federn.

rn Beginn, j Zu Ende.

Tägl. proport. Abnahme des Körpergew.

Proport. Ge- Tägl. verab- sammtverlust reichter des Fettes. Zucker in Gr.

Tägl. ausgell. COj , die der normal gefütt. Thiere= 1.

Lebensdauer in Tagen.

149,8

98,2

0,035

I

0,460

13 Gr.

0,840

14,2

In mehreren der 5 Beobachtungen, aus welchen diese Mittelzahlen gezogen sind, u" der Verlust durch die Faeces noch sehr bedeutend. Die Ausschei'dung der h bleibt hier immer noch sehr beträchtlich. Bei dieser Füttcrungsart wird, wie bei r vorhergehenden, die Umsetzung des Eiweisses gehemmt, wie die Beebachtungsreihe iirt, die Lehmann an sich selbst anstellte; er fand, wie schon früher angegeben, e täglich ausgeschiedene Hamstofifmenge sehr vermindert. Die Fütterung mit Zucker hützt ebenso wie die mit Fetten das im TMerleibe enthaltene Fettgewebe vor der nsctzung, indem die Menge der letzteren in den Tbieren, welche bei Fett und Zucker rhungert waren, beträchtlich höher geblieben ist, als bei Thieren, die am Gesammt- mger starben.

Letellier bestimmte den Fettgehalt in der Haut nnd im Netze durch Aus- chen, in dem gekochton Rückstände und in dem übrigen Thiere aber dadurch, dass dasselbe trocknete , pulverte und mit Aether auszog.

Eiwc issartige Körper oder Leim und Wasser. Die ausschliessliche- ütterung mit eiweissähnlichen Stoffen hat bis dahin nur Boussingault bei Enten Anwendung gebracht; von seinen Bestimmungen an diesen Thieren haben füi- uns

686

Hungorn bei Eiwoiss und Salzen.

nur Werth (lic .der ausgosehiedonen Hamsäuro. Eine hungernde Ente lieferte stüin, lieh 0,01 Gr. Harnsäure in die Paeoes; eine mit reinem Leim und reinem Käse odi "ewaschenem und gcprosstom Ochsenfleische gefütterte 0,44 bis 0,50 Gr. Der griissn Gehalt der Paoeos an Harnsäure war schon wenige Stunden nach der Fütterung im den erwähnten Stoffen eingetreten.

Eiweiss, Zucker, Wasser. Letellier führte eine Versuchsreihe au Tin teltauben aus , sie ergiebt in ihren Mittelzahlen :

Mittleres Körpergewicht ohne Federn.

Tägliche propor- Proportionaler tionnlo Abnahme Geaamnitverlust des Körpergew. der Fette.

Täglich verab- reicht an Zucker und Eiweiss.

Lebensdauer in Tagen.

Zu Beginn. | Zu Ende.

137,2

96,95

0,017 j 0,800

Zucker 10 Gr. Eiweiss 12

17,17

Die Faeccs waren sehr reich an Harnsäure.

Eiweiss, Blutsalze, Wasser. An die eben gegebenen schliessen sich eng an Versuche mit Tauben, welche Sohuchardt mit Hühnereiweiss und einem Salz- zusatz fütterte in dem Verhältnisse , in welchem Salz und Eiweissstoffe im Hafer vor- handen sind. Die Lebenszeit, welche eine dieser Tauben, die wir als Beispiel aus- wählen, bei der unvollkommenen Fütterung erreichte, ist in drei gleiche Thcile ge- theilt; die Mittclzahlen der Einnahmen und Ausgaben aus jeder derselben sind in der folgenden Tafel eingetragen. Das Anfangsgewicht des Thieres betrug 367,0 Gr.

Körpergew. am Ende der Periode.

Tägliche Nahrung.

Tägliche Ausleerung für diel Einheit des Körpergewichts, j

Lebens-

An Wasser.

An Eiweiss und Salzen.

Durch Niere und Darm.

Durch Haut ! und Lunge.

dauer.

1.

2. 3.

Dritttheil. 1)

330,0 Gr. 301,0 233,8

21,3 Gr. 17,3 14,8

3,2 Gr. 3,2 3,2

0,055 0,038 0,050

0,054 j 0,042 > 0,084 1

9 Tage

Nach der Section stellte sich der proportionale Verlust der wichtigsten Eingi weide folgendermaassen heraus:

Fett = 0,821 Haut = 0,418 Lungen = 0,042

Blut = 0,787 Herz = 0,424 Knochen = 0,038

Brustmuskeln = 0,507 Leber = 0,413 Hirn = -f 0,074

Das Hirn hatte also mindestens keinen Gewichtsverlust erlitten.

Versuche mit vollkommenem Ausschluss der salzigen Nahrungs- mittel sind bis dahin noch nicht angestellt worden.

Vollständige Nahrung. '

Unter einer vollständigen Nahrung ist diejenige begriffen, welche sämmtliphe, zur Lebenserhaltung nothwendige Nahi-nngsstoffe ent- hält. Die vollständige Nahrung kann aber ihre einzelnen Gemeng- theile in sehr ungleichen Verhältnissen enthalten, z. B. vorzugsweise aus Eiweisskörpern oder Araylaceen und Fetten bestehen, wie dieses

Vollstäncligo Nahrung; Mensch nach Barrai.

687

I>. bei den natürlichen Speisen der Thiere (Fleisch, Körner, Gras) r Fall ist. Die Nahrung mit gleichem "prozentischem Gehält er Gemengtheile kann demselben Thier in ungleichen M^engen .icht werden. Das Thier kann zwar von derselben Art, r an Alter, Gewicht u. s. w. verschieden sein, sich während der ttcrungszeit ausruhen oder anstrengen, mehr oder weniger ab- lilen u. s. w, und endlich, es können Thiere aus verschiedenen iniilien, Ordnungen, Klassen methodisch gefüttert werden. Es !)t also auch hier eine unendliche Variation des Versuchs möglich. Mensch. Die nachstehende Beobachtung ist von Barrai*) 7,5 Kilo schwer) an sich selbst angestellt.

Üeobachtungszeit 5 Tage. Mittlere Temperatur 0,54" C. Barometer 756,11 MM.

Aufgenommen.

Für 1 Kilogr..}n 24 Standen in Gr.

C.

H.

N.

0.

HO.

Summe.

!i n Nahrungsmitteln. Li die Lunge.

7,7

1,2

0,6

7,0 22,3

42,1

Entleert.

arch die Verdunstung. „, die Niere, den Darm.

7,06 0,32 0,32

1,09 0,06 0,05

0,31 0,23 0,06

28,94 0,17 0,19

17,31 22,56 2,23

54,71 23,34 2,85

Der C und H, der durch Verdunstung entleert wird, giebt oxy- rrt für 47,5 K. CO2 = 1230,9 Gr. und HO = 1287 Gr.; für K. CO2 = 25,91 Gr., HO = 27,08 Gr.

Beohachtungszeit 5 Tage. Mittlere Temperatur + 20,18° C. Barometer 754,40 MM.

Aufgenommen.

Für 1 Kilogr. in 24 Stunden in Gr.

C.

II.

N.

0.

HO.

Summe.

den Nahrungsmitteln, larch die Lunge.

5,6

0,9

0,4

4,0 16,4

38,8

Entleert.

lurch die Verdunstung. die Niere. den Darm.

5,12 0,29 0,19

0,81 0,06 0,03

0,16 0,21 0,03

20,13 0,15 0,12

17,06 20,59 1,15

43,28 21,30 1,52

•> Statique chimlque des aniinflux. Paris 18B0. 280.

688

Vollständige Nahrung. Katze.

Der C und H, der durch Verdunstung entleert wird, giebt oxy dirt für 47,5 K. CO-i == 888,4 Gr. und HO = 1158,0 Gr.; fii 1 Kü6 CO2 = 19,70 Gr. und HO = 24,37 Gr.

Um diese Tabelle entwerfen zu können, hat Barrai geradezu bestimmt die Menj.'. und Zusammensetzung seiner Nahrung (Fleisch, Gemüse, Kartoffeln, Brod, Zuckerwer, Butter, Senf, Fleischbrühe , Milch , Kaifee , Wein), seines Harnes und Kothes. Da bei der eingehaltenen Lebensweise das mittlere tägliche Gewicht des Gesammtkörpers sich unverändert enthielt, so ist annäherungsweise die Annahme erlaubt, dass die täglich ein- und ausgehenden Atome wie an Zahl so auch an Art einander gleich waren, so dass sich die Zusammensetzung des Organismus unverändert erhielt. Unter dieser Vor- aussetzung kann man aus den direkt erhaltenen Bestimmungen mittelst einfacher Sub- traktion der sensiblen Ausleerungen von den Speisen ableiten, welche Menge der mit der Nahrung eingeführten H, C, N, 0 ihren Weg durch Haut und Lunge nehmen musste. Wir wollen den erhaltenen Unterschied den Verdunstungsrest nennen. Da nun ferner erlaubt ist, anzunehmen, dass der C, H und 0 aus der Haut und Lunge nur als Wasser und Kohlensäure ffiistreten, so lässt sich auch berechnen, wie viel 0 noch zu dem Verdunstungsrest geführt werden muss, um seinen H und C zu oxydiren. Dieser Sauerstoff muss aber im fi-eiem Zustande zum grössten Theile durch die Lun- gen aufgenommen sein. Obwohl man unmöglich verkennen kann , wie viel Gewagtes diese Annahmen enthalten , so ist doch einzusehen , dass sich das Besultat nicht all- zuweit entfernen kann von der Wahrheit, vorausgesetzt , dass Speisen und Ausleerungen genau analysii-t und die Beobachtungen über mehrere Tage fortgesetzt werden.

Katze.

Die folgenden Versuche sind von Bidder und Schmidt an- gestellt.

L Mittleres Gewicht des Thieres 3,228 K., Beobachtungszeit 9 Tage.

Aufgenommen.

Für 1 Kilogr. in 24 Stunden iu Gr.

Wasser.

c.

H.

N.

0.

Salze.

im Fleisch, Fett u. Wasser. Durch die Lunge.

60,164

6,209

0,851

1,390

2,184 18,632

0,441 '

Entleert.

Durch die Verdunstung. ,, die Niere. den Darm.

9,569 49,877 0,718

5,542 0,592 0,075.

0,644 0,197 0,010

0,008 1,380 0,002

19,932

0,853 0.031

0,409 0,032

Der C und H des Verdunstungsrestes oxydirt giebt für 3,228 K. CO2 = 65,60 Gr. und HO == 49,59 Gr.; für 1 K. aber 00^ = 20,322 Gr. und HO = 15,368 Gr.

Vollständige Nahrung; Katze-

689

II. Dieselbe Eatzc unmittelbar nachher dem Versuch unterworfen. Mittleres Gewicht 3,228 K. Beobachtungszeit 51 Stunden.

An Speise. '

Für 1 Kil ogr. in

24 's tu n den in Gr.

Wasser.

C.

H.

N.

0.

Salze.

Kues pieiscil uiiu oui* ~cn zi,u vir.

11,13 3,99

1,47 0,60

3,38

7

4,80 0,53 >

1 A7

Summa.

95,95

15,12

2,07

3,38

5,13

1,07

Ausgegeben.

ich die Niere.

65,71

1,03

0,34

2,40

1,42

0,63

den Darm.

2,01

0,15

0,21

0,01

0,06

0,13

die Lunge.

)

9,23

>

j

?

die Verdunstung u.

nähme des Körperge^^

n'htes.

28,23

4,71

1,52

0,97

0,31

Dem Gewichte nach vertheilen sich die Ueberschüsse der Ein- luue über die ganze Nieren-, Darm- und die beobachteten An- ile der Lungenausscheidung- in der Art, dass 17,15 Gr. auf die i dunstung und 31,39 Gr. auf die Zunahme des Körpergewichts len.

III. Eine andere Katze Ton 2,177 Kilogr. gab (Beobachtungszeit 8 Tage):

Aafgenommen.

Für 1 Kilogr. in 24 Stunden in Gr.

Wasser.

H.

N.

0.

Salze.

ieisch, Fett u. Wasser.' 101,74

Entleert.

rch die Niere.

den Darm.

die Lunge.

die Verdunstung u. 'nähme des Körperge- »ffichtes.

82,11 1,99

17,64

18,80

1,53 0,29 9,32

7,64

2,60

0,51 0,04

2,01

3,95

3,58 0,01

?

0,36

6,36

2,21 0,14

?

1,29

0,99 0,24

0,00

Dem Gewichte nach vertheilt sich der Einnahmeüberschuss ler die Ausgaben durch Niere, Darm und den beobachteten An- eil der Lungenausscheidung so, dass auf die Verdunstung 9,3ß Gr., Kf die Zunahme des Körpergewichts 18,35 Gr. fielen.

Hund. Aus den Beobachtungen, welche Bischoff an zwei anden, vorzugsweise mit Rücksicht auf die Harnstoffausscheidung

Ludwig, Phygiulogic II. 2. Auflage.

44

690

Vollständigo Nahrung; Hund.

anstellte, heben wir folgende hervor. Der N der Ausgabe beziel sich immer auf den, welcher im entleerten Harnstoffe enthalten i^ Steht das Körpergewicht unter der Einnahrae, so bedeutet die.si eine Verminderung, steht es unter der Ausgabe, so bedeutet dies, eine Vermehrung desselben.

I. Hund mit einem mittleren Gemcht von 31,297 Kilo-Gr. Beobachtungszeit 8 Tage, j

Für 1 Kilo Hund in 24 Stunden in Gr.

Kar- toffeln.

Fett.

Wasser.

Koth.

Harn.

Ver- dunstung.

N.

Körper- gewicht,

Aufgenommen. Ausgegeben.

28,95

6,53

19,12

8,02

17,65

26,87

0,150 0,200

2,05

An demselben Hunde, als er im Mittel 30,107 Kilo wog, gab die Vergleichuug des mit den Kartoffeln ein- .und dem Harnstoffl ausgeschiedenen Stickstoffquantums Folgendes:

II. Beobachtungszeit 7 Tage.

Für 1 K ilo Hund auf 24

Stunden in Gr.

Kartoffeln.

Fett.

N.

Aufgenommen.

49,22

8,28

0,255

Ausgeschieden.

0,138

In. Derselbe Hund mit einem mittleren GFewichte von 35,16 Kilo. Beobachtung-

zeit 15 Tage.

^1

FUr 1 Kilo Hund auf 24 Stunden in Gr.

Fleiscli.

Wasser.

Koth.

N.

Körpcrge-,

Aufgenommen ....

74,79

? ?

1,62

2,01 1,73

9,57

Die folgenden Tafeln beziehen sich auf einen zweiten Hund.

I. Körpergewicht 12,5 Kilo. Beobaohtungszeit 14 Tage.

Für 1 Kilo Hund in 24 Stunden in Gr.

Fleisch.

Wasser.

Koth.

Harn.

Verdunstg.

N.

K. - Gew.

Aufgenommen. Ausgegeben.

47,14

1,19

1,84

20,70

21,79

1,42 0,84

0 0

Vollständige Nalu-ung ; Huud. 691 H. Körpergewicht im Mittel 16,44 Kilo. Beobachtungszeit 6 Tage.

Für 1 Kilo Hund auf 24 Stunden in Gr.

Fleisch.

Wasser.

Roth.

Harn. 1 Verdnnstg.

1

N.

K. - Gew.

(fgenommen. «gegeben.

45,62

4,41

1,36

30,25

20,47

1,37 1,17

4,56

III. Körpergewicht 17,82 Kilo. Beobachtungszeit 8 Tage.

Für 1 Kilo Hund auf 24 Stunden in Gr.

Fleisclu

Wasser.

Kotli.

Harn.

jverdunstg.

N.

K. - Gew.

42,08

6,49

1,27

0

1,42

22,88

1 24,82

0,85

0

Ifgenommen. [gegeben.

IV. Mittleres Körpergewicht 17,75 Kilo. Beobachtungszeit 15 Tage.

Für 1 Kilo Hund auf 24 Stunden in Gr.

Fett.

Fleisch.

Wasser.

Roth.

Htti-n.

Ver- dunstung.

N.

Körper- gewicht.

7,10 1-

42,25

6,77

2,84

23,68

24,29

1,27 0,87

5,31

ifgenommen. lisgegeben.

V. Mittleres Körpergewicht 13,5 Kilo. Beobachtungszeit 14 Tage.

Für 1 Kilo Hund auf 24 Stunden in Gr.

Fett.

Fleisch.

Wasser.

Koth.

Harn.

Ver- dunstung.

N.

Körper- gewicht.

1 ifgenommen. i^isgegeben.

9,73

35,52

15,34

8,47

21,06

24,69

1,07 0,77

6,37

Vom 6. bis 9, Tag erhielt das Thier, weil es durch das reich- eh genossene Fett zum Erbrechen gebracht wurde, nur Fleisch.

Einen dritten Hund hat Bischoff gemeinsam mit Voit*) ünger als ein Jahr dem Versuche unterworfen. Bei diesen mit mgewöhnlicher Ausdauer und Sorgfalt ausgeführten Beobachtungen Ttirde täglich bestimmt das Gewicht des Thieres, Gewicht und Zu- sammensetzung des Futters, Gewicht und Zusammensetzung des othes, namentlich dessen Wasser-, Zucker-, Fett- und N-Gehalt; das absolute und spezifische Gewicht des Harns, dessen Harnstoff- .ttnd N-Gehalt und zuweilen auch der NaCl-Gehalt desselben. Als

») Die Gesetze der ErnUhrung de» Plelschflressera. 18fl0.

44»

692

Roino Fleischnalirung ; Huud.

Nahrungsmittel wurde verwendet mageres Kubfleiscb [mit folgende. Zusammensetzung: Wasser = 75,9, feste Theile 24,1; in lOü Gr. ; .der letztern : C 51,95; H 7,18; N 14,11; 0 21,37; Salze 5,3t! ferner ausgelassene Butter, Milch- oder Traubenzucker, Stärke, Bro [mit 53,65 festen Tbeilen und in 100 Gr. dieser C 45,41 ; H 6,4;j N 2,39; 0 41,63 ; Salze 4,12] ; feinen Leim [mit 82,37 festen Theileu; in 100 Gr. derselben: C 50,00; H 6,50; N 17,31; 0 25,11. Ausi dieser umfassenden Arbeit kann nur ein kurzer Auszug gegebenl werden. Die in ihr niedergelegten Zahlen dürfen sich noch auf| viel mannigfachere Weise, als es von den Verfassern gescheheni ist, zusammenstellen und zur Lösung von mancherlei andern Fragenj benutzen lassen.

Die Bedeutung der Zahlen in den folgenden Tabellen erhelltl aus den Ueberschriften; unter corrigirtem Körpergewicht ist das m\ Anfang eines jeden Versuchstages gefundene Gewicht des Thieres» zu verstehen, nachdem von diesem der Koth in Abzug gebrachtl wurde, welcher noch von den vorhergehenden Versuchstagen irai Darm zurückgeblieben war. Alle andern Zahlen beziehen sich auf! einen Zeitraum von 24 Stunden.

Reine Fleischnahrung.

A. Reihe mit sinkender und aufsteigender Fleischfütterung. Diei in dieser Reihe verzeichneten Beobachtungstage folgen unmittelbar j aufeinander. Vor Beginn derselben war die grosse Fütterungsreihe K mit Brod vollendet, welche unter E (p. 697) erwähnt ist.

Corrigirtes

Körper- gewicht in Kilo.

Fleiscli in Gr.

Wasser In Gr.

Harn in C.-C.

Harn Stoff in Gr.

S t iolc s t off gell al t in Gr.

I des Fleisches.

des Harnstoffs.

des Kothes.

.5 ig

a. 34,377 34,032 33,889 33,905 34,052 34,300 ' 34,410

b. 34,620 34,713

c. 34,785 34,773

d. 34,760 34,600

e. 34,51 34,28

1800

1500 1200 900 600

213

5

310 137 340 ^ 18 120 10 10 0 0 0 0 0 0

1751 1428 1599 1313 1401 1185 1213 990 1003 830 809 671 615 465 450

86,850 118,524 131,756 120,796 131,694 123,714 123,626 108,50 108,12 89,81 87,37 69,784 65,805 49,848 48,850

40,532

)

55,314

61,490

61,20

56,436 1 61,460 1 57,736 57,694

' 0,96

> 424

51,00

50,63 50,44

0,80

341

40,80

41,91 1 40,77

> 0,64

m

30,60

32,56 30,7 1

0,48 ;

334

20,40

23,26 i 22,47 1

0,32 j

313

Beine Fleischnahrung; Hund. 693

StiokstoffKelialt in Gr.

S b ö

. ]tor- ht in

Fleisch

Wasser

Harn

Harnstoff

des

1 des

des

.s a< 53

in Gr.

In Gr.

in C.-C.

in Gr.

Mio.

Fleisches

1 Harnstoffs.

Rothes.

K =

1.10

;,74

; 300

> 1 7R

i

0 0

320 317

32,640 32,651

' 10,20

15,23 . 15,23

' 0,16

: 295

,A2 :,03

0 0

274 258

27,400 26,212

6,20

12,78 12,23

0,09

-Mil

0

186

16,926)

7,90

2.15

0

170

17,000

1 0

7,93

1

211

1 ,66

\

0

156

. 15,756

7,35

1,23

375

1050

97,650)

45 573 1

1,04

1 , /4

> 1800

105 loU

1424

14/0

131,0081

100,70/ 1

131,222 1

61,20

61,140 1 63,373 1

> 0,55 '

> 457

;i,72

1

120

1339

61,333 '

72,490

83,558

1

M,71 1

162

1618

155,328

0,77

■2,08

2500

268

1865

179,040

85,00

560

2,29

382

1914

183,764

85,762

v32,56 !!32,50

2000

232 136

1678 1409

161,068 142,309

'68,00

75,10 66,41

0,62

579

332,52

B. Versuchsreihen mit grossen Fleischmengen, nachdem vor- mgig verschiedenes Futter gereicht worden war.

a. Der folgenden Fütterung ging eine Nahrung aus 1000 bis lOO Gr. Fleisch und 250 bis 300 Gr. Fett voraus.

orrigirtes -per - Gew. ; n Kilo.

Sticlsstoff in Grammen.

Fleisch in Gr.

Wasser in Gr.

•Harn in G.-C.

Harnstoff in Gr.

im Fleisch.

im

Harnstoff.

im fCoth.

37,990

1305

150,057 1

70,030

538,182

' 2200

0

1310

146,720

74,798

68,472

X38,184

1490

166,880

77,881 1

38,100

2660

0

1677

181,451

90,438

84,680

38,360

2900

0

1540

175,56

98,597

81,932 (

■38,790

Erbrechen

0

679

76,727 145,008 '

35,096

35,890 /

' 1,36

: 37,620

0

1272

67,674 [

: 37,9 10

. 2200

0

1510

163,080

. 74,798

76,108

;-37,980 :.38,000

0

1495

158,470

73,956

0

1505

153,510

71,641

:f38,040

0

b. Der folgenden Reihe ging voraus eine Fütterung mit 60 Gr. Fett und mit Fleisch, welches letztere absteigend von ÖOO Gr. bis auf 400 Gr. gereicht wurde.

694

lleinu l'loischnahrung ; Hund.

Corrigirtos Körperge- wicht in ICilo.

Fleisch in Gr.

Wasser in Gr.

Hnrn in C.-C.

]

Hamstoß' in Gr.

stickst des

off in Grammen.

des ' des Ilaarnstofls. j ICothes.

Mittlere 1 Pcrspirn- 1 (ioii In Gr. j

38,88 39,55 . 39,80 39,99 40,40 40,47

, 2100 > 2000

0

977 1210 1179 1045 1252

113,652 136,730 126,153 108,680 137,720

71,397 . 68,000

53,040 0.3,811 1 58,874 , 50,720 1 64,273

1,25

c. d. Den folgenden Reihen, von denen die erste 4 Monate früher fiel als die letzte, ging eine Kost aus Brod und Brlihe voraus. In der zwischen beiden Reihen gelegenen Zeit war der Hund durch Fett und Fleisch gemästet worden.

Corrigirtes

N-Gohalt in

Gr.

Körperge-

Fleisch

Wasser

Harn

HarnstofT

des

des

des

wicht in

in Gr.

in Gr.

in C.-C.

in Gr.

im ^

Kilo.

Fleisches.

Harnstoffs.

Küthes.

2000

1800

0

1384

116,256

145

1458

128,304

.335

1450

136,300

1.32

1096

108,504

218

1208

123,216

275

1241

123,852

132

1275

127,500

218

1270

129,290

447

1290

129,258

295

1220

126,392

411

1344

126,336

443

1305

127,890

317

1276

127,600

68,000

61,20

54,25 59,87 63,61

50,638

57,503

57,801

59,50

60,34

60,32

58,98

58,96

59,68

59,50

0,62

664

0,67

Fett und Fleisch; Hund.

695

Fütterung mit Fett und Fleisch.

C. In den nächstfolgenden Versuchen ist ein und dieselbe Menge im Fett mit immer steigenden Mengen von Fleisch verbunden. lie zu einer Eeihe mit gleichem Fettgehalt gehörenden Beobach- igen sind zum Theil nicht unmittelbar nacheinander angestellt.

a. Ihr vorausging eine Fütterung mit 150 Gr. Fleisch und 100 Gr. acker.

iigirles 1

l><^jse- j Fleisch

■J.'f "> I in Gr. Kilo.

Fett in Gr.

Wasser in Gr.

Harn in C.-C.

Harnstoff in Gr.

Sticltstoff in Gr.

des des Fleisches, Harnstoffs.

des Küthes.

>,35 >,13 .:7,97

•i^,38

2S,36

2S27 2s,l9

150

250

0 5

307 500 280 313 273 410 310 220

350 243 186 334 293 393 264 312 412 352

15,05 14,67 15,62 17,50 15,62 13,99 13,62 18,10 16,32 15,35

5,10

7,02 6,84 7,29 8,18 7,29 6,53 6,35 8,45 7,62 7,16

0,65 N.

b. Zwischen der vorhergehenden und der nun kommenden Reihe I gen drei Tage, während welcher 250 Gr. Fett, 250, 350, 450 Fleisch füttert wurden. Die folgende Reihe, welche 32 Tage anhielt, durch 5 Zahlenreihen wiedergegeben. Die Körpergewichte sind iiommen vom 1., 9., 17., 25., 33. Tage; das Wasser, der entleerte larnstoff und also auch der N desselben in einer jeden Reihe i^ s Mittel aus dem 1. bis 9.; dem 9. bis 17. u. s. f. Tage. Der S!^ des Kothes ist das Mittel aus allen Tagen.

Fleisch in Gr.

Fett in Gr.

Wasser in Gr.

Harn- stoff in Gr.

N-Gehalt

des d. Harn- | des Fleisches. stoffs. Kothos.

Am 1. Tag

Am ;'9. Tag

Am in. Tag

Am j25. Tag Am 33. Tag

28,25 30,10 31,33 32,40 33,37

500

250

Mittel für je 8 Tage

1 8=215

9_1G=109

17-24= 114

25-32= 137

28,503 f r 13,302

31,744 ( 1 14,815

31,541 31,184

14,720 14,554

696

Fett und Fleisch; Hund.

c. d. Zwischen b und c liegen 3 Tage mit 750 Gr. Fleisch und 250 Gr. Fett. Zwischen c und d 3 Tage mit 1250 Gr. Fleisch und 250 Gr. Fett.

Gorriglrtes Körperge- gewicht in Kilo.

Fleisch in Gr.

Fett in Gr.

Wasser in Gr.

Harn in C.-C.

UarnstofT in Gr.

des Fleisches

N-Gehalt

des Harnstoffs.

22

545

62,13

90

530

58,30

30

555

61,61

0

853

98,94

0

830

94,62

47

876

99,86

0

870

100,05

des Kotlie».

34,06 34,16 34,49 34,61

35,67 35,96 36,39 36,71 36,97

1000

1500

250

250

34,0

51,0

28,99 27,20 28,75

46,17 44,16 46,60 46,78

,42

10,1

e. Der folgende Versuch wurde 141/2 Monate später als der soeben verzeichnete unternommen ; ihm unmittelbar voraus geht eine Nahrung von 1800 Gr. Fleisch.

38,58 38,87 39,25 39,44 39,64 40,01 40,18 40,30

1800

250

130

1119

193

1124

160

1210

25

1115

473

1174

281

1226

495

1167

117,94

113,52

120,761

115,741

1 19,75 I

127,50 I

130,00

61,20

55,04 52,98 56,35 54,01 55,88 59,51 60,67

0,75

f. Diese Reihe liegt der Zeit nach zwischen d und e. Un- mittelbar vorher ging eine Fütterung mit 2000 Fleisch und 200 bis 300 Stärke.

34,72 34,58 34,64 34,86

2000

250

0

200 125

1428 1432 1429

131,38 140,34 136,04

68

66,23 61,32 63,49

0,55

g- h. i. k. Reihe aus Fett und Fleisch; wie in den -vorhergehen- den änderte sich bei gleichem Fett das Fleischgewicht. Die Zah- len smd Mittelzahlen mit Ausnahme der in den beiden ersten Co- lumnen verzeichneten. Die Versuchsreihen, aus denen sie gebü-

Zucker und Fleisch; Hund.

697

t sind, liegen unmittelbar hintereinander, sie folgen auf eine sehr chliche Fleischnahrung.

i

Gewichtszu- nahme In Gr.

Fleisch in Gr.

Fett In Gr.

Wasser in Gr.

Harn - menge in C.-C.

Hnnistoff in <3r.

Stic Gr

des Fleisches.

lest off a m m en

d. Harn- stoffes.

in

des Kothes.

Beob- achtungszelt.

904 !I61 148 )03

+ 30

+ 31

485

70

1500 1000 700 400

150 150 150 150

0 0 0

105

1077 656 509 292

108,76 73,34 53,41 34,89

51,0 34,0 23,8 13,6

50,76 34,27 25,86 16,10

0,52 0,55 0,58 0,25

2 Tage

3 5 2

Die folgenden Beobachtungen sind so geordnet, dass . das eeisch constant und das Fett veränderlich gemacht wurde.

1. m. p. Der Beobachtung voraus ging die p. 674 hingestellte .'Hungerreihe, darauf 1 Tag mit 1500 Fleisch und 100 Fett.

igirtes rrperge- dcht in KUo.

Fleisch in Gr.

Fett

Wasser

Harn

Harnstoff

in Gr.

in Gr.

in C.-C.

in Gr.

193

405

33,21

178

384

33,79

100

30

319

30,62

186

359

37,77

200

552

456

35,57

121

347

32,62

132

319

32,857

300

542

558

34,373

288

338

29,203

Stickstoff in Grammen

des Fleisches.

des Harnstoffes.

des Kothes.

^7,37 77,34 •7,29 '.7,22 ".7,18 :7,24 '.7,50 ■7,49 :7,55 •.7,72 ■7,90 17,91

500

17,00

17,00

17,00

15,49 15,77 13,71

17,62 16,60 15,22

15,30 16,00 13,62

0,62

0,55

0,50

0. Die kommende Beobachtung liegt etwa 2 Monate später als vorhergehenden und sie folgt einer Fütterung aus Fleisch und Icker.

56,300

S6,180

500

250

243 598 150 402

363

38,473

438

39,682

703

75,924

17,00

17,90 18,00 17,71 17,71

3,98

Die folgenden Reihen p. q. r. sind repräsentirt durch eine lihe von Mittelzahlen; sie folgten unmittelbar auf eine Nahrung «8 Fett und Leim.

698

Floisch und Traubonüucker ; Hund.

Corrigirtes Körperge- wiclit iQ Gr.

Gewichtsver- Itist in Gr.

Fleisch in Gr.

Fett in Gr.

Wasser in Gr.

Harn in C.-C.

Harnstoff In Gr.

Stickstoff in Gr.

des 1 des Fleisches, j Harnstoffes,

"o '3

« N <u 0

« a

35,60

34,55

1050

300

176 176

50 200

624 681

187

278

17,67 18,40

6,20 6,20

8,24 8,58

4 Tage 4

34,25

+ 0

176

300

634

249

18,25

6,20

8,52

3

D. Nahrung aus Fleisch und Traubenzucker.

Die folgenden Keihen a. b. c. stellen in Mittelzahlen drei auf- einanderfolgende Versuchsreihen dar. Ihnen voraus ging eine Eeihe mit Fett- und Fleischnahrung.

Das Körpergewicht ist vom Anfang jeder Eeihe genommen. Die Gewichtszunahme ist die gesammte, während je einer ganzeii Reihe eingetretene. Das Vorzeichen + bedeutet einen Zuwachs, eine Verminderung.

Körpergew. in Kilo.

Gewichtszu- nahme in Gr.

Fleisch In Gr.

Trauben- zucker in Gr.

Wasser in Gr.

Harn In C.-C.

Stickstoffgehalt

1

OD ,

Harnstoff in Gr.

des Fleisches.

in G r.

d. Harn- stoffes.

des Kothes.

36,39

+ 177

500

300

303

350

32,73

17,0

15,27

0,56

3 Tu.

36,51

70

500

200

344

366

35,56

17,0

16,60

0,56

3 ..

36,52

700

500

100

254

332

37,60

17,0

17,70

0,56

3 ..

d. Der folgenden Reihe ging in Fütterung nur Fett und Fleisch vorher.

28,47 34,74

120 + 200

150 2000

100 bis 350 200

208 0

196

13,42

5,1 68,0

6,23 62,65

1,35 |6Tö 1,72 bla.

1288 134,25

Dasselbe Resultat giebt eine Reihe mit 2000 Gr. Fleisch und 100 Gr. bis 200 Gr. Milchzucker.

E. Nahrung aus Fleisch, Fett und Stärke.

i .

o o :o ■3

(Vichts zü- rne in Gr.

Fleisch in Gr.

Stärke in Gr.

Fett In Gr.

Wasser in Gr.

Harn

in C. - C.

Harn- stoff in Gr.

Ui

? 'S

34,93

640

500

250

250

475

640

39,25

Stickstoff in Gr.

des d. Harn- des Fleisches. Stoffes. Kothes.

17,0

18,33

03 a

0,66. |4T8ge|

Brod, Loiiu; Hund.

699

F. Nahrung aus Brod.

In der folgenden Tabelle, welche über eine während 41 Tage rrtgesetzte Brödnahrung Auskunft giebt, sind die Mittelzahlen |S je 6 Tagen zusammengestellt.

Stlcksto ff Grammen

des 1 des Brodes. Harnstoffes.

i n

des Rothes.

Versuchs tage.

Mittleres Ki pergewlch In Kilo.

Brod in Gr.

Wasser in Gr.

Harn in C.-C.

Harnstoff in Gr.

Koth in Gr.

1 bis 6

34,39

500

561

364

20,79

166

6,4

9,7

1,1

.,12

34,46

626

574

449

21,18

152

8,0

9,9

1,0

18

33,96 .

676

696

670

23,74

178

8,7

11,0

1,2

' 24

34,29

896

1001

964

27,59

226

11,5

12,9

1,5

. 30

34,28

843

764

809

25,91

270

10,8

12,0

1,8

36

34,26

966

990

882

27,21

357

12,4

12,7

2,3

41

34,72

911

597

723

26,01

290

11,7

12,1

1,9

G. Nahrung aus feinem französischen Leim.

- riglrtes rgewlchl . Kilo.

Leim in Gr.

Wasser in Gr.

Harn in C.-C.

Harnstoff in Gr.

Sticks

des Lelms.

t 0 f f i n Gr

des Harnstoffs.

a ffl m e n.

des Rothes.

:!7,06 515,84 '.(i,6S

.;ii,44

200

692,2 792,0 930,0

580 745 744

63,800 67,050 66,216

> 34,62

29,776 31,292 30,913

0,26

H. Nahrung aus feinem französischen Leim.

Leim in Gr.

Fett in Gr.

Wasser in Gr.

Harn in C.-C.

Harnstoff in Gr.

Stickstoffin Grammen

des Leims.

des Harnstoffs.

des Rothes.

200

50

100

200

200

200

1026

790

63,20

1302

878

55,84

767

853

69,95

685

325

34,45

828

256

24,63

382

289

26,59

778

318

32,75

752

356

38,52

723

333

38,30

34,62

8,66

17,31

29,50 26,06 32,64

16,08 11,55 12,41

15,29 17,98 17,87

0,50

0,43

0,52

r^QQ Vollständigo Nahrung ; Turteltaube. . |

Turteltaube. Folgende Zusammenstellung giebt Boussin- gault:

I. Mittleres Körpergewicht 186,08 Gr. Beobachtungszeit 7 Tage.

Für 1 Kl

lo Taub

e auf 24

Stunde

n i n G r.

Emgcnommcn.

Wasser.

C.

H.

N.

0.

Salze.

K.-GCV,.

In der Speise ....

12,74

35,98

4,88

2,56

32,55

2,00

0,94

Durch die Lunge . .

107,10

Ausgegeben.

Durch Darm und Niere.

29,89

7,50

0,92

1,69

6,38

1,98

Verdunstung.

18,39

28,28

3,96

0,87

26,17

0,02

Der H des Verdunstungsrestes entspricht 35,64 Gr. HO; ad- dirt man dieses zur Einnahme und zieht von der Summe das Wassei des Harnes und Kothes ab, so gewinnt man die Zahl, welche iu die Reihe Verdunstung eingetragen ist. Der ausgeathmete C ist an derselben Taube auch noch auf direktem Wege geprüft und ganz nahe tibereinstimmend mit dem auf indirektem Wege erhal tenen gefunden worden.

II. Eine Turteltaube von 175,6 Gr. Körpergewicht gab durch die Verdunstung 20,32 Gr. C. auf die mittlere Tagesstunde ; dieses Thier Hess Boussingault 216 Stunden hungern, wobei sein Ge- wicht auf 112,5 Gr. sank. Als darauf wieder die gewöhnliche Portion Hirse gereicht wurde, nahni das Köi-pergewicht und der ausgehauchte C folgendermaassen zu. Die Zeit ist von der ersten Stunde des Fi-essens an gerechnet.

Zeit in Stunden.

Körpergewicht.

Zeit in Standen.

C in einer mitt- leren Tagesstunde.

nach 48

143,7

nach 24

0,168

168

150,1

48

0,206

» 480

157,3

84

0,249

264

0,250

Zu geringe Nahrung; Turteltaube.

701

Fütterung mit einer zu geringen Menge vollständiger Nahrung, Versuche won Chossat Hessen sich, wie folgt, zusammenstellen.

"Thier.

Gewicht

Tägliche Nahrung.

Gewicht der tägl. ICndaus' gaben für die

Gew. d. tägl.

Futters auf die Gewichts-

dess6lben*

Wasser.

Körner.

Einheit des Körpergew.

einheit des Thieres.

150,15

18,97 Gr.

16,57 Gr.

0,237

0,237

139,01

9,19

8,29

0,172

0,125

119,78

3,30

4,14

0,089

0,062

99,19

2,40

2,07

0,095

0,045

149,0

0,00

0,00

0,057

0,000

136,9

23,50

17,03

0,296

0,296

123,7

9,78

8,55

0,205

0,148

100,9

4,53

4,27

0,125

0,087

86,1

1,49

2,07

0,101

0,041

132,0

0,00

0,00

0,057

0,000

Unterschied der Einnahme and Ausgabe.

labe 1. aube 2.

labe 3. tabe 4.

0,000 0,047 0,027 0,050 0,057 0,000 0,057 0,038 0,060 0,057

Aus dieser Tafel geht hervor, dass die Ausgaben mit den Einnahmen abnehmen, doch keineswegs in der Art, dass die Abnahme beider proportional geht, da bei genügender Nahrung die Ausgaben das Gewicht der ersteren überwiegen. Daraus Igt, dass die Thiere auch in diesem Falle dem langsamen Hungertode entgegengehen, : sich einfindet, sowie die Abmagerung der wichtigen Organe auf einen dem früher rähnten ähnlichen Grad gediehen ist.

Die zusammengestellten Thatsachen beantworten zunächst fei- nde Fragen; 1) "Wie ändern sich die Gewichte und die Zusam- aensetzung der Masse des gefütterten Thieres beziehungsweise die UBgaben desselben einerseits mit dem Gewicht und der Mischung •s Thieres, bevor es in eine Ftitterungsreihe eintrat, und ander- iits mit dem Gewicht und der Mischung des Futters, das es wäh- nd der Reihe erhielt. 2) Wie vertheilen sich die Ausgaben des üerischen Körpers auf die einzelnen Ausscheidungswerkzeuge mit nr Aenderung der Nahrung.

Ma^senänderung des Thieres.. Die folgende Darstellung in Ermangelung anderer Thatsachen vorzugsweise auf die Er- Ihrungsverhältnisse des Hundes angewiesen, wie sie von Bi- jhoff und Veit ermittelt sind.

702

Massenänderung des Thiers mit der Nahrung.

1, Die Gewichtsänderung' des Thieres an und für sich, also die Ab- oder Zunahme seiner Masse, abgesehen von der chemi- sehen Zusammensetzung derselben stellt sich verschieden mit der Menge und der Zusammensetzung der Nahrung, mit dem abso- luten Körpergewicht und der vorausgegangenen Fütterungsweise des Thiers.

a. Wenn man einen Hund, der nicht über 34 Kilo schwer ist, nach vorausgegangener Fleischfütterung in der Weise ernährt, dass auf 1 Kilo Thier in 24 Stunden 52 Gr. magern Fleisches ge- reicht werden, so tritt regelmässig eine Gewichtszunahme ein ; werden weniger als 40 Gr. gegeben, so magert das Thier ab. Durch eine Nahrung zwischen 40 und 50 Gr. pr. Kilo kann sich ebensowohl das Gewicht mehren als mindern. Trat dagegen das Thier ans einer Nahrung, die aus Fleisch und Fett gemengt war, oder nur aus Brod bestand, in eine reine Fleischnahrung ein, so konnte selbst bei einer Fleischmenge von 61 Gr. pr. Kilo das Körperge- wicht merklich sinken. War der Hund auf 38 Kilo gemästet, || genügten selbst bei anhaltender Fleischfütterung 46,4 Gr. Fleisch pr. Kilo nicht mehr, um das Körpergewicht zu steigern.

Zu der folgenden Tabelle ist zu bemerken, dass das Fleisch 75,9 pCt. Wasser enthielt. Die unter der ersten Columne str henden Buchstaben verweisen auf die schon früher mitgetheilteu Beobachtungen.

VersHChszalü.

Beobachtungszoit.

Anfangsgewicht der Thiero in lülo

Alittle.re Ge- wichtszunahme d, ganzen Tlileres

Fleiscli in Gr. pro Kilo.

ii

Gram.

A. a

1. und 2. Tag

34,78

244 . Q.T gc

3. bis 7. Tag

33,89

- 126

^^^^^

b

2 Tage

34,62

- 82

43,32

0

» ))

34,78

- 12

34,02

d

)i »

34,76

- 125

25,89

e

)> )>

34,51

- 205

17,38

f

)> ))

34,10

- 290

8,60

g

)> ))

33,42

- 485

5,26 0

h

3 Tage

32,61

- 493

i

4 Tage

31,23

- 120

57,64

k

3 Tage

. 31,71

- 283

78,84

1

2 Tage

32,56

- 20

61,42

B. c

1. und 2. Tag.

32,80

- 175

60,79

d

10 Tage'

38,79

- 59

46,40

b. Wenn dem Fleisch noch Fett zugesetzt wird, so genügt eine viel geringere absolute Futtermenge, um eine Gewichtsver-

Masscnänderuug mit der Zusammensetzung der Nahrung. 703

linuig herbeizuführen. Dieses zeigt die folgende Zusammen- llimg.

ißeob- itungs-

Beobachtangs- zeit.

Aufangsgew. des Thleres in Kilo.

Mittlere t'agl. Gowiclitszu-

nalime d. gan- zen Thieres in Gram.

Mittlere Ge- wiclitszu-

naliine pro ICilo Tliicr in Gr.

Fleiscli pr. Kilo in Gr.

Fett pro Kilo in Gr.

J. 1

3 Tage

37,37

-- 43

- 1,15

13,37

2,67

m

37.18

h 25

- 0,67

13,44

5,25

1 bis 8 Tag

28,26

- 231

- 8,17

17,70

8,55

9 bis 16 Tage

30.10

- 154

.}. b

' 17 bis 24 Tage

31,33

- 134

25 bis 32 Tage

32,40

- 121

+ 3,73

15,43

7,71

:i n

3 Tage

37.55

- 120

+ 3,19

13,31

7,99

;j. a

10 Tage

28,35

- 26

- 0,91

5,29

8,82

:j. c

3 Tage

34,06

+ 116

- 3,41

29,36

7,34

.'J. d

4 Tage

35,67

+ 325

- 9,76

42,00

7,01

J. e

7 Tage

38,58

+ 246

- 6,38

46,65

6,48

fl f

3 Tage

34,72

-j- 46

- 1,32

57,60

7,20

Hebt man sich aus dieser Tabelle die Zahlen heraus, wo bei :iichem Körpergewieht und gleicher Fleischgabe die Fettmenge tiränderlich ist, so erhält man

Körpergewiclit.

Fleisch

pro Kilo.

Fett

Gewiclitazunahme pro Kilo.

37,37

13,37

2,67

1,15

37,18

13,44

5,25

+ 0,67

37,55

13,31

7,99

+ 3,19

I

Darnach wächst also mit dem steigenden Fettgehalt der Nah- mg auch das Körpergewicht.

Hebt man aus der Tabelle die Zahlen heraus, wo bei annä- irnd gleichem Körpergewicht die Fettgabe dieselbe blieb, aber te Fleischfütterung veränderlich war, so erhält man

Körpergewicht.

Fett

Fleisch

Gewichtszunahme

pro Kilo.

pro Kilo.

37,35

7,99

13,31

+ 3,19

35,67

7,01

42,00

+ 7,08

38,58

6,38

46,65

4- 6,48

Darnach wächst auch mit dem steigenden Fleischgehalt der lahrung das Körpergewicht.

704

Massonänderung mit der Zusammensetzung der Nahrung.

Entnimmt man ferner der vorstehenden Tabelle solche Zahlen, in denen das Fleisch und Fettfutter annähernd gleich war, dag Körpergewicht aber sich verschieden stellte, so ergiebt sich

Körpergewicht.

Fleisch

Fett

pro Kilo.

Gewichtszunahme pro Kilo.

28,25

17,70

8,85

+ 8,17

32,40

15,43

7,71

-1- 3,37

35,6

42,00

7,01

+ 9,76

38,5

46,65

6,48

+ 6,38

32,40

15,43

7,71

+ 3,37

37,18

13,44

5,25

+ 0,67

Demnach nimmt die Gewichtseinheit Körpermasse durch das- selbe Futter um so weniger zu, je mehr das Thier schon ge- mästet war.

c. Die vorliegenden Versuchsreihen lassen erkennen, dass bei der gleichzeitigen Fütterung mit Zucker und Fleisch; Amylon und Fleisch; Zucker, Amylon und Fleisch sich die Erfolge ähnlich veF halten. Die Erfahrung, dass sich die Thiere nur bei gemischter Kost mästen, ist auch schon längst den Landwirthen geläufig. So giebt u. A. Boussingault*) an, dass Gänse und Enten, die leicht durch eine reichliche Nahrung von Mais oder von Reis mit einem Butterzusatz zu mästen sind, nicht durch Reis allein eine wesentliche Vermehrung ihres Gesammtgewichtes erfahren. Ebenso nahmen Schweine rasch und bedeutend an Gewicht zu bei einem Futter, das Fett, Eiweiss, Kohlenhydrate und Salze in einem Ver- hältniss von 1 : 5,18 : 20,65 : 1,82 enthielt, während sie bei Futtei das die oben genannten Bestandtheile in derselben Reihe gezählt, im Verhältniss von 1 : 5,30 : 37,38 : 2,65 enthielt, nur laugsam zunahmen und namentlich nicht damit gemästet werden konnten, selbst wenn auf gleiche Gewichtsmengen Thier von dem letztei-en Futter Sehl- viel mehr gereicht wurde, als von dem ersteren.

d. Während einer reichlichen Nahrung aus Leim und Fett nimmt das Körpergewicht allmählich ab.

e. Bei einer Nahrung aus Brod kann ein Hund wie das vor- liegende Beispiel zeigt, bestehen. Katzen starben bei dieser Fütte- rung eines sehr langsamen Hungertodes, wie Bisch off und Veit durch besondere Versuche darthun.

•) Annales de chimie et de physlque. 8me Sdrle. XIV. Bd. (1845). 419.

Chemische Aenderung der Körpermasse mit der I^ahrung.

705

2. Ob sich auch die chemische Zusammensetzung der thie- ischen Massen mit der Fütterung ändere, lässt sich durch die jialyse des getödteten Thieres und durch die Vergleichung der innahmen und Ausgaben des lebenden entscheiden.

a. Wenn während einer Fütterungsreihe alle Elemente der Ein- ihmen und Ausgaben mit höchster Sorgfalt quantitativ bestimmt iin würden, so könnte man auch angeben, welche von den we- BQtlichen Atomcomplexen des thierischen Körpers (Eiweiss, Fett etc.) ssgeschieden und welche statt dessen angesetzt wären. Beobach- lagen, die dieser Anforderung entsprechen, sind sehr schwer her- sstellen; und unter allen bekannten nähert sich einzig eine von Schmidt angestellte dem genannten Ziele an. (Siehe Katze II. cd III.). Wenn, wie es in der grossen Fütterungsreihe von ischoff und Yoit geschehen ist, nur die Aenderung des Ge- mmtgewichtes und von den elementaren organischen Ausgaben rr die des N bestimmt wurde, so reichen diese Data auch nur hin, i einzusehen, wie sich mit der Aenderung der Gesammtmasse der eckstoffzuwachs gestaltet habe. Eine Vergleichung dieser beiden rtänderlichen führt, auch wenn sie von allen hypothetischen Zu- jzen befreit wird, zu bemerkenswerthen Ableitungen.

A. Reine Fleischnahrung.

I. Fälle, in »welchen das Thier gleichzeitig an Gesammtge- 'hht und an N verlor.

iiiche Fleisch- menge.

ÖO Gr. 00 «10

6

V

Beobaclitungszeit und Tage.

je 2 Tage

Verlust an Ge- snmmtgewicht.

Gesanimtver- lust an Stickstoff.

24 253 412 617 810

Gr.

2,3 3,0 5,5 10,4 13,0

Verlust d. Kör- pergewichts dividirt durch den Stickstoff- verlust.

10,4 84,3 74,9 64,5 62,3

II. Verlust an Gesammtgewicht und Gewinn an Stickstoff.

Tägliches Fleisch. Bcobnchtungszelt.

18Ü0 Gr. 3 Tage.

1800 7

2000 2

. udwig, Physiologie II. 2. Auflage.

Verlust an Gesammt- gewicht,

70 Gr. 136 89

Gewinn au N.

29,4 6,4 24,4

45

706

Chemische Aenderung der Körpermasse mit der Nahrung.

III. Gewinn an Gesammtgewicht und -an Stickstoff.

TBgl. Fleisclmalirung. Beobaehtungszeit. Gewinn an Gesammt- Ge^vinn an Gewinn an Gcsaminl.

gewicht. Stickstoff, gewicht divid. d. den Gewinn an Stickstoff

1800 7 Tage. ' 241 Gr. 26,0 Gr. 9,3

1800 4 479 11,3 ,42,4

2100 u. 2000 5 1592 46,4 34,3

2500 3 853 10,6 80,5

Diese Zusammenstellung lässt erkennen, dass der Hund bei | einer reinen Fleischnahrung reicher an einem stickstoffhaltigen P Atom werden müsse.

Dieses ergiebt sich ohne weiteres für die Fälle, in welchen i das Gesammtgewicht abgenommen hat und trotzdem in der Nah- rung mehr Stickstoff eingenommen wurde als durch den Harn ab geschieden war. Dass aber auch bei der gleichzeitigen AbnahD des Gesammtgewichts und des Stickstoffs der Hund stickstoffreichei ' geworden sei, folgt daraus, dass der Quotient aus dem Gesammt- i Verlust durch den Stickstoffverlust grösser ist, als der Quotient aib ' dem N-Gehalt des Fleisches (der einzigen Nahrung) in das g nossene Fleisch; der letztere beträgt nämlich nur 29,4, währen der vorhergenannte Quotient im Mittel 59,2 ist. Dass endlich abt dasselbe Gesetz auch für den Fall gilt, in welchem der Stickstu und das Gesammtgewicht zugenommen haben, folgt aus der W gleichung der Fleischnahrung mit einer aus Fleisch und Fett odci auch nur aus ßrod. l|

B. Fleisch- und Fettnahrung.

I. Verlust an Gesammtgewicht und an Stickstoff.

Tägliche Nahrung ' an Fleisch. an Fett. Beobachtungszeit. Verlust an Ge- Verlust an N. Verlust an Gi

suumitgcw. sammtgewlcht (

divid. durch den Verlust an N.

150 Gr. 250 Gr. 10 Tage. 161 Gr. 28,2 Gr. 5,7 700 150 5 485 13,2 61,2

n. Gewinn an Gesammtgewicht und an Stickstoff.

Fleisch. Fett. Beobachtungszeit. Gewinn an Gesammt- Gewinn Gew-inn an Ge- Ir

gewicht. an N. w-iclit divid. d. i d. Ge«inn an N. K,

500 250 31 Tage 4543 Gr. 61 74,4

1000 250 3 654 13 50,3

1500 250 4 1175 16 73,4

1800 250 7 1715 28 61,2

2000 250 3 143 12 11,8 |||

Chemische Aenderuiig der KÖrpermasso mit der Nahrung.

707

Vergleicht man den mittleren Quotienten aus dem Gewinn an Pörpermasse und den des Stickstoffs bei reiner Fleischnalu-ung und «i Fleisch- und Fettnabrung, so findet man ihn im ersten Fall :. 41,6 und letzteren 54,2, Es war also im ersten Fall in der lifgespeicherten Körpermasse mehr N enthalten als in letztern. ))ch auffallender ist das Missverhältniss, wenn man die Brod- und eeischnahrung vergleicht. Als der Hund 41 Tage hindurch mit ■cod gefuttert war und dabei um 531 Gr. leichter geworden war, r.tte er 126,4 Gr. N mehr ausgegeben als eingenommen. Hier ttrug also der beregte Quotient gar nur 4,1.

Sieht man die Zahlen, aus denen die vorstehenden Mittel ge- ilen sind, im Einzelnen durch, so macht man die Bemerkung, .<ss vorzugsweise beim Uebergang aus einer Fütterung in die iidere eine Accommodation des Stickstoffgehaltes des Körpers an m der Nahrung stattfindet. Dieser Umstand deutet darauf hin, gss ein Theil jenes Stickstoffs, der in den Ausscheidungen fehlte, cer in ihm zuviel vorhanden war, aus dem Harnstoff der thie- eehen Säfte stammte oder in diesen verwandelt wurde; denn nach rr Analogie einer an Kochsalz und ähnlichen Stoffen ärmeren oder ccheren Kost in ihrem Einfluss auf die Anhäufung und Abschei- mg des Chlors im thierischen Körper (p. 397) könnte man auch itr vermuthen, dass wenn sich in Folge eines Kostwechsels die imge des bisher gebildeten Harnstoffes ändert, nicht allein die lantität des ausgeschiedenen, sondern auch des in den Säften ver- iilenden Harnstoffs varürt.

Wenn aber beim andauernden Genuss derselben Nahrung auch Einnahme und Ausgabe des N dauernd sich nicht entsprechen, I dürfte es jedenfalls zu einer Aenderung der eiweisshaltigen Ge- ibe und Säfte kommen, wie dieses sogleich erörtert werden soll. ? würde wünschenswerth sein, zu wissen, auf welches Minimum -i Maximum der Gehalt des thierischen Körpers an Eiweissstoffen bracht werden kann, ohne dass die Leber beeinträchtigt wird. 1 b. Die Aenderung, welche die chemische Zusammensetzung les Thiers durch eine bestimmte Fütterungsweise erfahren hat, Dan durch die chemische Analyse aufgehellt werden, entweder I mn man von zwei möglichst gleichartigen Thieren das eine vor : :?inn und das andere nach Schluss der Fütterung tödtete und ~ liegte, oder dadurch, dass mehrere möglichst gleichartige Thiere verschiedene Weise gefüttert wurden und nach ihrem Tod das : rrhältniss der wesentlichen chemischen Bestandtheile des Thieres

46*

70.8

Chcmisolie Aenclerung der Korpermasso mit der Nahrung.

hingestellt wird. Es bedarf kaum der Andeutung, dass diese Ver- fahrungsweisen keinen Anspruch auf besondere Genauigkeit machen.

Muskeln und Hirn der Katzen, welche bei Brodnahrung ver- hungerten, enthalten in 100 Theilen mehr "Wasser als die genannten Organe der mit Fleisch ernährten Thiere. Der Unterschied beträgt zwischen 3 bis 5 pCt. (Bisch off, Voit).

Gemästete Schweine enthalten nach Boussingault weniger (fettfreie) Knochen als ungemästete; Fett und Muskeln stehen da- gegen in magern und gemästeten Schweinen annähernd in dem- selben Verhältniss zu einander.

m

Haut mit Borsten.

Fettfreie , Knochen.

Alles Fett.

Muskel.

Quotient aoi dem Fleisch und Fett.

Mit Kartoffeln gefütt. =

65 Kilo mittl. Gewicht

9,5

6,5

22,5

37,2

0,60

Mit KartolFeln, Milch und

Spülwasser = 75 Kilo

mittleres Gewiclit

8,27

6,91

25,57

39,69

0,64

Mit Mastfutter = III K.

mittleres Gewicht

9,35

6,23

27,30

41,46

0,65

Es wäre wünschenswerth zu wissen, wie sich mit der Ra^e, der Aenderung des Mastfutters u. s. w. die Zusammensetzung ge- staltete.

Boussingault zerlegte auch gemästete Enten und Gänse'; seine Resultate sind in den folgenden Zahlen enthalten. Das -1 vor der Zahl bedeutet einen proportionalen Gewinn, das einen eben solchen Verlust, d. h. den Quotienten aus der Gewichtszn- oder Abnahme der einzelnen Organbestandtheile in das Ursprung liehe vor der Mästung vorhandene Gewicht.

I. Gänse mit Mais gemästet. Mittel aus 6 Versuchen.

Fett.

Pettfreie Knochen. Pettfreie Hallt, Mus- keln, Bindegewebe.

0,094 + 0,274

-h 4715

2. Ente mit Reis gestopft.

Fettfreie Haut, Mus- Fettfreie Knochen, kein, Bindegewebe.

Fett.

+ 0,183 0,0 H- 0,269

2. Ente mit Reis und Butter.

Fett.

1,096

Fettfreie Haut, Mus- Fettfreie Knochen. kein, Bindegewebe.

0,133 + 0,195

Schlund.

0,300

Schlund.

- 0,298

Schlund.

0,456

Hirn.

0,0

Hini 0,0

ffirn. 0,0

Tägliche Ausgaben.

709

Wie beim VerhuTigern das Hirngewicht nicht heruntergeht, so teigt es beim Mästen nicht; der Schlund und die Knochen magern Je bei den Schweinen während des Mästens ab. Die zu der :aut, den Muskeln und deren Hilfsifverkzeugen gehörenden Eiweiss- Md Leimstoffe haben bei Mästung der Vögel zugenommen, doch einem ganz anderen Verhältnisse, als das Fett, sodass 100 Tb. «mästeter Vögel eine ganz andere Zusammensetzung darbieten, S8 100 Th. ungemästeter.

Ausser den bisher betrachteten Bedingungen (Körpergewicht id Füiterung) wirken nun bekanntermaassen noch viele andere iif die Mehrung oder Minderung des Körperumfangs ein, dahin thört die ursprünglichen Anlagen des Thiers, wie sie durch die äamen : Classe, Ordnung, Geschlecht, Art und Spielart ausgedrückt srden, ferner der körperliche und geistige Erregungszustand, das tter und vieles mehr; über einige Punkte geben die Erfahrungen rr fleischztichtenden Landwirthe Aufschluss.

Die täglichen Ausgaben bei genügender Nahrung. Bei iier Beurtheilung der täglichen Verluste eines Thieres muss man 1 Auge behalten, ob sich dasselbe mit der Nahrung, die es ver- Uirt, schon in das Gleichgewicht gesetzt hat, oder ob es dieses cch nicht gethan. Nehmen wir an, dass das Thier unter dem nnfluss einer bestimmten Nahrung sein mittleres tägliches Gewicht Ihauptet, und weiter, dass es am Ende eines jeden Tages auch if dieselbe chemische Zusammensetzung zurückkehre, dann werden ttürlich die Ausgaben den Einnahmen quantitativ und qualitativ mau entsprechen müssen. Diesen Satz konnte man auch so aus- rrechen, dass einer jeden nach Art und Maass festgestellten Be- Ibtheit des Thieres auch eine nach Art und Maass bestimmte «sscheidung entspreche. Denn eine jede Fütterungsweise führt mügend lange fortgesetzt zu einer nach Gewicht und Zusammen- izung genau bestimmten Körpermasse, also kann das Thier auch *t nach Erreichung der letztern den ganzen Werth seiner Ein- \hme wieder ausgeben.

I Vergleicht man von diesem Gesichtspunkte aus Futter, Körper- «vmcht und Ausscheidungen, so ergeben die vorliegenden Beobach- ■pgen, dass der Hund bei einer Nahrung mit magerm Fleisch im lande ist, trotz eines niedern Körpergewichts viel umzusetzen und ■özuscheiden, während der mit fettem Fleisch oder neben dem sisch noch mit Kohlenhydraten ernährte Hund auf ein höheres

Vorliiiltniss zwischen der Masse des Thiers und den Ausgaben.

Gewicht kommen muss, bevor er jene ausscheidende Fähigkeit erlangt.

Das Genauere der Beziehung zwischen dem Gewicht der Kör- permsse und der Grösse der Ausscheidung bleibt jedoch selbst bei demselben Thier wegen Mangels an ausgedehnten Versuchsreihen unbekannt; nur so viel scheint aus den vorliegenden Beobachtungen hervorzugehen, dass die Ausgaben nicht in geradem Verhältuiss mit dem Körpergewicht wachsen. Denn es scheidet die Gewichts- einheit des beleibteren Thieres viel mehr aus als die des magern.

Ausser der Fütterungsweise und dem Mästungsgrad übt die Art und Individualität des Thieres einen wesentlichen Einfiuss auf die Lebhaftigkeit der Ausscheidungen. So bedarf die Gewichtsein- heit Taube, um sich auf constantem Körpergewichte zu erhalten, mehr Futter als die Gewichtseinheit Hund, Katze, Mensch. Wie sich die Verhältnisse bei den drei letzteren Warmblütern verhalten, geht aus den vorliegenden Thatsachen nicht mit Sicherheit hervor, da die Fütterungsart sehr abweichend war. Die Vergleichung der Erfolge annähernd gleicher Fütterung bei den Katzen I. und III. ergiebt, dass sich die von geringem Körpergewicht trotz etwas reichlicherer Nahrung doch weniger mästet, als die schwere. Diese Beobachtung erhält um so mehr Werth, als sie in Uebereinstim- mung ist mit den von Erlach bei Kespirationsversuchen gewon- nenen Erfahrungen (p. 557).

Wir wollen nun den andern Fall betrachten, in welchen sich das Gewicht und die Zusammensetzung des Thiers vermöge des gereichten Futters nicht unverändert erhalten kann. Wenn dieses geschieht, so wird die Ausgabe nicht mehr allein durch das gegen- wärtig gereichte Futter, sondern auch durch den Zustand bestimmt, den der thierische Körper unter dem Einflüsse der früheren Fütte- rung erlangte. Dieses zeigt sich, wie schon wiederholt hervorge hoben wurde, dadurch, dass das Gewicht der Ausgaben bald grösser I und bald kleiner ist, als das der Einnahmen; das erstere ereignet sich bekanntlich, wenn beim Eintritt in die neue Nahrung die ge- sammte Masse oder eine Atomgruppe des Thieres reichlicher vor- handen ist, als sie es unter dem Einfiuss der genannten Fütterung hätte werden können, das letztre im umgekehrten Fall. Die allgc meine Richtung, nach welcher also der Massenzustaud des Thieres auf die Ausscheidungen wirkt, wird sich immer angeben lassen, wenn man weiss, in welchem Sinn der Zustand des thierischeu Körpers von demjenigen abweicht, welchen das jeweilige Futter z"

Verhältniss zwischen ehem. Zusammensetzung des Thiers und den Ausgaben. 711

.-zeugen strebt. Die vorliegenden Erfahrungen zeigen auch, dass riY Zuwachs oder der Abgang, den die Ausgaben vermöge des Kör- srzustandes erleiden, um so grösser ist, je weiter nach Maass und Bsammensetzung der gegenwärtige Zustand des Körpers von dem »weicht, welchen das gereichte Futter zu erzeugen strebt, aber arllber hinaus offenbaren die gegenwärtigen Erfahrungen nichts. Em weiter zu kommen, Aväre es nothwendig, die Regeln für die eeschwindigkeit zu kennen, mit welcher sich bei der Aenderung ^38 Futters der thierische Leib dem Zustand anpasst, welchen das 'jue Futter verlangt. Mit Rücksicht auf diesen Punkt geht aus !3n Tabellen, die die Ernährung des dritten Hundes verzeichnen, 'irvor, dass in den ersten oder in den paar ersten Tagen nach

Imera Futterwechsel der Eiufluss des durch die frühere Fütterung ^3rvorgei-ufenen Zustandes sich am meisten geltend macht. Aus üem Diesen folgt endlich, dass die Ausgaben an keinem Tage den iinnahmen gleich sein können, wenn die Art und Menge der Nah- ang sich fort und fort ändert, wie es in der That beim Menschen sr Fall zu sein pflegt.

Der Antheil des Körperzustandes an den Ausscheidungen ist ;3r obigen Definition entsprechend gleich dem Unterschied der Ein- abmen und Ausgaben ; stellt man sich diese Unterschiede aus den srschiedenen Fütterangsreihen des 3. Hundes mit abnehmendem [)id aufsteigendem Gewicht zusammen, so erkennt man alsbald, lass nur dann, wenn alle Nahrung entzogen wird oder die Nah- lang mindestens sehr spärlich gereicht wird, der Einfluss der Ftit- irung zurücksteht hinter dem des Körperzustandes. In allen übrigen üällen wird die Ausgabe nach Quantität und Qualität tiberwiegend iarch die Nahrung bestimmt.

Eine Theorie der Thatsachen, die aus der Vergleichung der iinnahmen und Ausgaben des thierischen Körpers hervorgegangen ind, lässt sich mit Hülfe eben dieser Versuche nicht geben. Denn H liegt in der Natur derselben , dass sie über den Mechanismus ees Stoff'wechsels nichts aussagen können, weil sie die genossenen ttome nicht in den Körper hinein verfolgen und nicht nachsehen, :ie und wo sie angehäuft,- zerschlagen und ausgestossen werden, ilrklärt können jene Thatsachen erst werden, wenn man die in »dem einzelnen abgesonderten Stück unsers Organismus wirksamen iräfte kennt und zu beobachten im Stande ist, wie sich dieselben inter dem Einfluss einer verschiedenen Nahrung ändern.

712

YorthoihinR dov Ausgaben auf die ausscheidenden Drüsen.

Vertheilung der Ausgaben auf die verschiedenen Aussonderungswerlczeuge. I. Zuerst würde hier überhaupt anzugeben sein, warum sich die Umsetzung und Ausscheidung in ähnlicher Weise zu einander verhalten, wie Einnahme und Um- setzung. Dieses gegenseitige Anpassen bedarf einer besonderen Erläuterung, da die Organe, welche vorzugsweise die Umsetzung der Thierstoffe bedingen, von durchaus anderen Bedingungen re- giert werden, als Haut, Lunge, Nieren und Darmkanal. Der Mechanismus, welcher diesen Zusammenhang vermittelt,- ist für Lungen, Haut und Darm genügend klar. Eine vermehrte Um- setzung, welche zu einer reichlichen Bilduug von CO2 führt, erhöht die Temperatur und die Nervenerregbarkoit; eine Anhäufung von CO2 erregt aber die brustbewegenden Nervenmassen; damit be- schleunigt sich die Athmung und die Aushauchung der CO2, und nicht minder vermehrt die erhöhte Wärme die Bilduug des Wasser- dunstes. Aus dem Mastdarme müssen desgleichen ceteris paribus mit den Speisen auch die Ausscheidungen wachsen. Nicht so klar ist dagegen die Beziehung zwischen der absondernden Thä- tigkeit der Niere und der Anhäufung von Salzen, Harnstoff, Wasser u. s. w. im Blute, da, wie wir früher sahen, diese Stoffe zuweilen im Blute reichlich vorhanden sein können, ohne dass sich ihre Ausscheidung mehrt.

2. Wenn man übersehen will, welchen Antheil des Ge- sammtverlustes jedes einzelne Ausscheidungswerkzeug ausführt, so wu'd es am gerathensten sein, sich die Aufgabe dahin zn stellen, dass man die Antheile des Gesammtverlustes an Wasser, C, N, H, 0 und Salzen angiebt, die durch Lunge und Haut, Niere und Darmkanal ausgeschieden werden.

a. Wasser. Der Verlust, welchen der thierische" Körper in der Form von Wasser erleidet, überwiegt den durch alle übrigen Excrete zusammengenommen. Seine Vertheilung auf Haut und Lunge, Niere und Darm kann sich sehr mannichfaltig gestalten. Annähernd am constantesten ist, wie schon früher gesagt wurde, die Wasserausgabe der Lunge und gewöhnlich am niedrigsten die durch den Darmkanal, sodass sie nur in den seltensten Fällen überhaupt von erheblicher Bedeutung wird. Ungemein variabel ist dagegen die Wasserausscheidung durch Niere und Haut, iu der Art, dass diese beiden Organe vorzugsweise als die Eegulatoren des thierischen Wassergehaltes angesehen werden können. In der That, nimmt der Wassergehalt des thierischen Körpers bedeutend

Ausgaben an Wasser und Kolilenstüff.

713

»!, SO geben Schweissdrüseii und Nieren gleichzeitig reichlich iisser aus (Wasserkuren), während, wenn der Körper relativ Pocken wird, beide Organe in ihrer Thätigkeit zurücktreten; mehi't l'ib bei mittlerem Wassergehalte des Organismus der Wasserver- »t durch die Haut, weil die Atmosphäre trocken und die Haut »rm ist, so vermindern die Nieren ihre abscheidenden Leistungen, nd umgekehrt, wird die Verdunstung auf der Haut beeinträchtigt, . steigt der Verlust aus den Nieren. Nimmt endlich der Wasser- ttlust aus den Nieren zu, weil grössere Mengen wasserverbin- ender Atome (Safze und Harnstoif) durch diese fortgehen, so ^ellen die Schweissdrüsen ihre Absonderung ein und die Capil- iren der Cutis verlieren an Ausdehnung.

Beispielshalber stellen wir den Wasserverlust zusammen, den nach Barrai IsK. Mann in 24 Stunden erleidet (Mensch I. und II.). Hierbei ist das aus der mge entleerte "Wasserquantum folgendermaassen berechnet worden. Man nahm an, isei in der Ausathmungsluft 4 pCt. CO2 vorhanden gewesen, hierdurch gewinnt man

3 Volum der ersteren unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sie auf 37" C. rvärmt gewesen sei; dann nimmt man ferner an, dass die ausgeathmete Luft voU- rmmen mit Wasser gesättigt gewesen sei, die Einathraungsluft aber, deren Tempe- ;;ur auf 16" C. gesetzt mirde, nur 60 pCt. des bei dieser Temperatur fassbaren tasscrdnnstes erhalten habe.

Durch Lunge Haut Niere Darm.

L 20,01 7,07 22,25 2,23

IL 12,53 11,84 20,59 1,15

Wir erinnern daran, dass die Beobachtung 1. in den Winter, II. in den Sommer '. lt. Es braucht kaum noch einmal hervorgehoben zu werden , dass diese Berech- rng auf einem zum Theil sehr angreifbaren Boden ruht ; es ist ihr nur darum ein i&tz gestattet worden, weil sie im Allgemeinen, den theoretischen Forderungen sich ! jend, ein Bild von der Vertheilung des Wasserverlustes im Winter und Sommer giebt.

b. "Das Gewicht des täglich durch den Körper wandernden ■ohlenstoffes ist immerhin noch bedeutend, wenn auch viel ge- inger als die der entsprechenden Wassermengen. Der von einem iid demselben Menschen täglich verzehrte Kohlenstoff ist aber zu-

eich auch viel weniger veränderlich, als das Wasser. Nach PI ay- uir*) wechselt je nach der Muskelanstrengung und dem Alter der ■^wachsenen Individuen die täglich eingenommene Kohlenstotfmenge wischen 220,3 Gr. (alte unthätige Arme) bis zu 387,3 Gr. (Ge- tngene in Bombay mit schwerer Arbeit). Der Unterschied der ilimate macht sich nach Play fair 's Zusammenstellungen weniger •?ltend, als man gemeinhin behauptet, da der ostindische und der

') Phnrmazeutigches Centralblatt. 1864. p. 417

714

Ausgaben an Wasserstoff und Stickstoff.

CDglische Tagelöhner oder Soldat unter gleichen Bedingungen sehr annähernd gleich viel C einnehmen. Auffallend, und in einer solchen Weise, dass man zweifelsüchtig werden könnte, sind die Angaben von Esquimaux, Jakuten, Buschmännern und Hottentotten. Ein Er- wachsener der ersteren von- diesen wilden Völkerschaften soll täg- lich 4996,6 Gr. C. (etwa 10 Pfd.) und von der letzteren 2682,6 Gr. C. (etwa 5,25 Pfd.) täglich verzehren. Von dem täglich in den Körper eingekehrten Kohlenstoffe tritt bei weitem der grösste Theil durch die Lungen aus, durch die Nieren geht nach den übereinstim- menden Beobachtungen von Barrai (am Menschen) und Schmidt (an Katzen) etwa der 10. Theil des aus den Lungen hervortreten- den fort. In einem ähnlichen Verhältnisse steht die KohlenstofF- ausscheidung des Darmkanales zu derjenigen der Lunge.

e. Die Gewichtsmengen nicht schon oxydirten Wasserstoffes, welche täglich genossen werden, sind immer sehr gering. So weit die vorliegenden Untersuchungen reichen , wird er zum grössten Theil in Wasser umgewandelt, und es lässt sich dann nicht mehr entscheiden, auf welchem Wege er den Organismus verlässt. Der im Stoffwechsel nicht oxydirte Wasserstoff geht allein durch den Darm und die Nieren davon, vorausgesetzt, dass man die Spuren dieses Elementes vernachlässigt, welche in den flüchtigen Säuren und Basen durch die Verdunstung austreten.

(1. Mit der Nahrung geniessen wir unter allen Umständen nur wenig Stickstoff, aber relativ ist die Menge desselben sehr wechselnd. Innerhalb des Körpers werden die stickstoffhaltigen Produkte entweder so zerlegt, dass der N gänzlich frei wird, oder so, dass er noch in Verbindung mit einigen oder allen organischen bleibt. Der freie Stickstoff wird durch Lunge und Haut, "der noch verbundene zum grössten Theil durch den Harn und zum kleinsten durch den Darm entleert. In welchem Verhältnisse freier und ge- bundener N zu einander stehen, ist noch zu ermitteln, und insbe- sondere scheint es gewagt, die an einer Thierart gewonnenen Re- sultate auf den Menschen zu übertragen. Während es den An- schein hat, dass bei den Katzen nur ein sehr kleiner Theil gas- förmig entweicht, geht bei Tauben unzweifelhaft ein Dritttheil der gesammten im Organismus kreisenden Menge aus Haut und Lunge aus, und zwar unter Umständen, unter welchen nach Regnault Säugethiere gar keinen gasförmigen Stickstoff aushauchen würden. Bestätigen sich die Beobachtungen von Barrai, so kann bei Menschen die Hälfte des Stickstoffs der Nahrung durch die Lungen

Ausgaben an Sauerstoff und Salzen.

715

Mgeschieden werden. Wir verweisen rück sichtlich dieses Punktes •ch auf die Harnstoflfentleerung (p. 380).

e. Sauerstoff. Die Menge von Sauerstoff, die wir consu- üren, tibertrifft diejenigen aller anderen Elemente. Der Antheil «sselben, welcher durch die Lungen und Haut eingeht, ist, je lichdem die Nahrung aus Brod oder Fleisch besteht, mehr oder seniger überwiegend über den in den trockenen Speisen selbst enthal- men; in den vorliegenden Beobachtungen mit genügender Nabruug wechselt das Verhältniss des Sauerstoffs in den Speisen zu dem in it Einathmungsluft , der erstere gleich 1 gesetzt, zwischen 0,33 -s 0,11. Noch mehr wird aber durch die Lungen wieder ausgegeben;

der That ist der Antheil des bezeichneten Sauerstoffs, welcher iit der CO2 und dem HO ausgeathmet wird, so gross, dass da- >egen geradezu derjenige als verschwindend betrachtet werden kann, eelcher durch den Harnstoff, die Gallenreste, den Harnextraktiv- ooff u. s. w. entleert wird.

f. Die mineralischen Bestandtheile der Nahrung, deren tenge immer sehr zurücktritt, suchen den Ausweg aus dem Kör- ;;r durch Schweiss, Harn, Koth; der erstere giebt vorzugsweise laCl ans, der zweite sämmtliche Schwefelsäure, Phosphorsäure, aalkerde, Eisenoxyd und den grössten Theil des Kalis, Natrons wd Chlors, welche aus den Speisen in das Blut übergetreten waren. Borch den Koth gehen dagegen die unverdaut gebliebenen Salze, eeist schwefelsaure, kieselsaure, phosphorsaure Kalien und Erden ab.

Anhangsweise folgen noch einige Zahlen über die eigenthüm- ihe typische Massenzunahnie, welche man als "Wachsthum be- lehnet. Das folgende, welches auf Vollständigkeit keinen An- uruch macht, findet wesentlich seine Ergänzung in den Mitthei- mgen, die bei der Ernährung der Gewebe gegeben wurden.

Unter W a c h s t h u ni *) versteht man bekanntlich die Zunahme 38 thierischen Körpers, welche dieser von der Geburt an bis zu !5r vollkommen erreichten Pubertät erfährt. Die Lebenszeit, welche af diesen Prozess verwendet wird, ist für verschiedene Menschen »var nicht die gleiche, aber es scheint doch die Regel zu sein, lUis mit dem zwanzigsten Jahre die volle Länge des Körpers er- licht ist; nur in seltenen Fällen ist es constatirt, dass sich das "'achsthum auch noch um ein bis zwei Jahre jenseits dieses Ter-

•) Qu et Ol et, Ceber iSen Menschen. Dontsoho Ausgabe. 1838. 327. HiiHchke, Amitomle r Eingeweide. Leipzig 1841. Vnl entin, Lchrlnieli der Physiologie. M. 11(1. 3. Abtli. 1(14.

716

"Waclisthum.

mins erstreckt (Mall et), und zweifelhaft ist es, ob die Behauptung Quetelets richtig, dass es bis auf das 25. Jahr und über das- selbe hinaus sich verlängere. Den allgemeinen Gang, der aus diesem Prozesse resultirenden Längen- und Gewichtsvermehrung giebt die folgende Tafel, welche nach den Beobachtungen voi! Quetelet entworfen ist. Die zweite Colonne giebt an die Längen zunähme, die das Individuum in dem in der ersten Colonne ange- zeichneten Jahre gewinnt; die dritte Colonne aber giebt die aul das Kilogramm reduzirte Vermehrung des Gewichtes in dem gleichen Zeiträume. Die zweite und dritte Spalte sind je in zwei Unterali theilungen gebracht, von denen die eine sich auf das männliche, die andere auf das weibliche Geschlecht bezieht. Die mittlere Länge des männlichen Neugeborenen wurde = 0,5 M., des Aveib- liehen = 0,49 M. und die Gewichte zu 3,2, resp. zu 2,9 gefunden.

LÜDgenzunahme in MM.

Gewichtszunahme d. Gewichtseinheit des Körpers in Gr.

Jahr.

Männlich.

Weiblich.

Männlich.

Weiblich.

1

198

290

1,960

2,020

2

88

0,200 0,099

0,214

3

71

73

0,105

4

63

60

0,141

0,103

5

56

65

0,108

0,105

6

59

57

0,093

0,115

7

115

56

0,108

0,096 .

8

53

0,087

0,087

9

61

51

0,091

0,119

79

51

0,082

0,101

11

54

30

0,105

0,090

12

50

54

0,100

0,162

13

58

87

0,153

0,104

14

60

58

0,127

0,114

15

51

21

0,125

0.100

16

40

22

0,138

0,079

17

25

35

0,064

0,083

18 -

11

0,095

0,078

19 20

1

6 4

0,083

0,024

25

5

0,048

0,019

Die Grundzahlen für die obige Tabelle wurden nicht dadurch erhalten , dass di«- selben Individuen zu verschiedenen Lebensaltern , sondern dadurch , dass- verschiedene in verschiedenen Lebensaltem stehende Menschen gewogen und gemessen wurden. Ob- wohl die Zahl der Individuen, aus welchen das Mittel abgeleitet wurde, nicht unbe- trächtlich ist, so ist doch noch immer gerechte Besorgniss zu hegen , dass diese Mit- telzahlen im günstigsten Falle die Wachsthuraserscheinungen eines einzigen Lande» oder Landstriches darstellen.

Wachsthui«.

717

Demnach ist der absolute Werth der Längenzunahme beim Sänrilicben Geschlechte in den ersten Jahren am grössten, nimmt m da an ab bis zum vierten und bleibt dann annähernd con- unt bis zum 16., von wo eine rasche Abnahme erfolgt; beim .eibe erfolgt die Längenzunahme bis zum 14, Jahre analog der, »s ManneSj wenn ihr absoluter Werth auch um ein kleines ge- ijiger ist; vom 14. Jahre an sinkt aber das Wachsthum rasch ab. Die proportionale Gewichtszunahme ist in den ersten Jahren des ;jbens sehr bedeutend, dann nimmt sie ab, steigt beim Manne i4d beim Weibe um die Pubertätsentwickelung wieder an und luert, wenn auch in sinkendem Maasse, noch fort, wenn das :achsthum beendet ist, sodass Männer meist im 40. und Frauen sst im 50. Lebensjahre das Maximum ihres Gewichtes erreichen, araus lässt sich erkennen, dass die Ausdehnungen des menschlichen Krpers nach Länge und Breite wesentlich von einander unabhän- g sind.

Quetelet, Villerme und Co well haben die für das Län- *nwachsthum der einzelneu Individuen gewonnenen Zahlen auch •ch zu anderen Zusammenstellungen benutzt, aus denen sich zu Igeben scheint, dass die Individuen der ärmeren Klasse bei gleichem Iter kleiner als die der wohlhabenden sind. Dieses gilt nicht allein rr Bewohner eines Landstriches (Brüssel und seine Umgegend), mdern auch für die verschiedenen Viertel einer Stadt (Paris); fedt- und Landleben oder auch verschiedene Beschäftigungsarten llheinen dagegen keinen Einfluss zu üben. Die Zeit, welche auf ee Vollendung des Wachsthums verwendet wird, ist in südlichen «genden (in Städten und Niederungen?) am geringsten. Mehr «3 alles dieses mag die Menschenrace resp. die ursprüngliche An-

■ge des Menschen auf die räumlichen und zeitweisen Verhältnisse

its Wachsthumes von Einfluss sein.

J An der Umfangszunahme, welche der menschliche Körper wäh- kd des Wachsthums erfährt, betheiligen sich nicht alle Theile leeichmässig. Vorzugsweise scheint sie dem Skelett, den Muskeln ■id der Haut zu Gute zu kommen, sodass mit dem steigenden Itter einzelne Organe trotz absoluter Vergrösserung relativ zum ftesammtgewichte des Körpers doch abnehmen. Wir entlehnen, ilia diese zu veranschaulichen, den Wägungen von Husch ke und leeid folgende Zahlen; die Zahlen unter den betreffenden Organen Iwcken das Gewicht derselben aus, vorausgesetzt, dass das des Besammtkörpers = 1 angenommen wird.

718

Wachsthum.

Schild-

Thymus.

Niere

Neben-

TTnrl p n

Alter.

uclliril.

Herz

drüse.

niere.

Elerslociu

0

0,0025

0,0045

A AAOn

o,uozy

0,0110

0,0017

0,0003

0,00004

8 Tage.

0,075

28

0,042

0,0009

0,0015

1—5 Jalir.

0,118

0,006

0,047 0,048

5

0,100

0,008

7

0,095

0,006

0,042

13—15

0,064

0,006

0,034 0,027

20—30 .,

0,028

0,006

0,0006

0,0044

0,0001

0,0002

0,00016

Noch deutlicher tritt diese ungleichmässige Zunahme hervor, wenn man die Gewichte der einzelnen Organe mit einander ver- gleicht, aus denen sich u. A. ergiebt, dass bei Neugeborenen der Dünndarm im Verhältniss zum Dickdarm gewichtiger ist, als bei Erwachsenen; dasselbe gilt für das Pankreas verglichen mit der Milz, dem rechten und linken Leberlappen. Bekannt ist auch, dass die Geschlechtswerkzeuge, die Brüste und der Kehlkopf ihr lebhaf- testes Wachsthum erst beginnen, wenn das Skelett seiner vollkom- menen Ausbildung nahe ist.

j

«

Siebenter Abschnitt.

Thier ische Wärme.

Die blutfiihrenden Organe des lebenden Menschen bewahren inäbernd denselben Wärmegrad, wenn auch die Temperatur der mgebung nicht unbedeutend auf- und absteigt; diese Thatsache ttzt voraus, dass der Organismus über erwärmende und abktih- nde Mittel gebietet, die sich bis zu einem gewissen Grade in der förke ihi-er Aeusserung und in ihrem Zusammenwirken den Um- iinden anpassen. Wir werden, indem wir auf die Zergliederung rr thierischen Wärmeerscheinungen eingehen, zuerst die normalen smperaturschwankungen des Organismus und dann die Mittel an- bben, durch welche ein entstandener Verlust der Wärme wieder Dzeugt oder ein Ueberschuss derselben abgeführt wird.

Normaltemperaturen.

Insofern die Wärme eine Bedingung zur Einleitung und Er- ütung von mancherlei insbesondere aber von chemischen Lebens- aozessen ist, gewinnt die Temperatui-bestimmung einen grossen Berth; in Verbindung mit anderen Beobachtungen kann sie auch !?nen, um eine Einsicht in den Gang der Erzeugung und des srbrauches an Wärme zu gewinnen.

TJin zu zeigen, inwiefern dieses letztere möglich, wählen wir ein einfaches Bei- >isL Wir nehmen an, es seien drei unmittelbar an einander grenzende, wärmeleitende echen gegeben, von denen die beiden äusseren unter allen Umständen auf verschie- be Grade erwärmt sein sollen; in diesem Falle wird die innere der drei Flächen 'e Temperatur annehmen, die in der Mitte liegt zwischen derjenigen der beiden seren, da sie von der einen Seite her erwärmt und von der anderen abgekühlt wird, auch hier wieder den einfachsten Ausdruck zu wählen, wollen wir annehmen , die

i.

720

Thermoinotriscbo Apparate.

Temperatur der inneren Fläche sei das arithmetische Mittel zwischen den beiden aus- seren. Unter dieser Voraussetzung wird man einsehen, dass in Folge einer Terape- raturbestimmung der inneren Fläche niemals etwas ausgesagt werden kann über die Unterschiede der Temperatur auf den äusseren Flächen, da aus unendlich vielen Unter- schieden ein und dasselbe Mittel hervorgehen kann. Kommt aber zu der Kcnntni« der Mittelwärme noch die einer der beiden Grenztemperaturen hinzu, so ist begreiflicli auch die andere Gronztemperatur bestimmt. Zugleich ist ersichtlich, dass, wenn in der Zeit die Temperatur der mittleren Fläche sich ändert, auch diejenigen der erwär- menden und abkühlenden Flächen Veränderungen erlitten haben müssen; über die Natur dieser letzteren lässt sich aber wiederum nur dann etwas angeben, wenn du Verhalten von einer der Grenzflächen während der Beobachtungszeit bekannt ist, da z. B. ein Ansteigen der Temperatur in der mittleren Fläche erzeugt sein kann eben- sowohl durch eine Minderung des Verlustes als eine Vermehrung des Gewinnes an Wärme oder, auf die Grenzflächen angewendet, durch Erhöhung der Temperatur ent- weder in beiden oder auch nur in einer von beiden Flächen beim Gleichbleiben der Wärme in der anderen. Die Resultate dieser Betrachtung bleiben nun , wie ein kurzes Nachdenken lehrt, unverändert, wenn man statt der abkühlenden und erwä> menden Platte in die mittlere Fläche selbst eine Quelle und einen Verbrauch an Wärme eingelegt denkt. Sollen demnach die in neuerer Zeit so zahlreich ange- stellten Teraperaturmessungei) von Bedeutung für die Beiirtheilung des Wärmehaus- haltes werden , so muss auf einem oder dem anderen Wege noch Aufschluss gegeben werden über die Veränderungen des Verbrauches oder der Erzeugung von Wärme an der beobachteten Stelle.

Zur Messung der Temperatur bedient man sich des Thermometers und des gra-' duirten Thermomultiplikators. Das erstere dieser beiden Instrumente ist ein sehr zuverlässiger aber auch ein träger Apparat, d. h. es muss das Quecksilbergefä'ss des- selben längere Zeit an einem Orte verweilen , bevor es dessen Temperatur vollständig angenommen. Daraus folgt, dass der Thermometer nur beständige Temperaturen messen kann und auch dieses nur dann , wenn das aufgelegte Thermometer die Tempera- tur des Ortes nicht ändert, dessen Wärme es messen soll. Aus dem letztem Grund ist es z. B. unbrauchbar zur Ermittelung der Temperatur eines Ortes, durch welchen ein constanter Wärmestrom geht, wie z. B. der Epidermis. Denn auf dieser kann es nur Anwendung finden, wenn die Epidermisoberfläche (Handteller, Achsel- grube, Schenkelung u. s. w.) so gekrümrat wird, dass sie die Kugel möglichst allseitig umschliesst, oder wenn die in beschränkter Berührung aufgesetzte Kugel mit einem schlechten Wärmeleiter, der auch noch die anliegende Epidermis bedeckt, umkleidet

wird. Beide Anwendungsweisen verhindern aber die normal bestehende Abkühlung jener Hautstelle, deren Temperatur man messen wollte ; man erhält darum , wenn man das Thermometer so lange liegen lässt, bis sein Quecksilberniveau einen unveränder- lichen Stand eingenommen, die Temperatur der unterliegenden Cutis resp. des sie durch- dringenden Blutes. Aus dem schon früher mitgetheilten Prinzip des graduirten Thermomultiplikators (Bd. I. p. 467) geht hervor, dass er ein Differentialinstrumcnt ist, welches beständige und veränderliche Temperaturunterschiede zweier Orte mit grosser Schärfe auffasst. Seine Anwendung ist dagegen umständlich und die Re- duktion seiner Angaben auf thermometrische Grade nur bei äusserst sorgfältiger Arbeit zuverlässig. Bringt man, wie es Becquerel*) u. A. gethan, die Löthstellen auf

•) Annalos des sc. nat. zoolog. III. u. IV. Bd. (1835 u. 36.).

Wärmo des Blutes.

721

n,-v Nadel an, so kann mau im lebenden. Menschen auch die sonst unzugänglichen , z. B. Muskeln, Eingeweide u. s. w., auf ihre Temperatur bestimmen. Der dem ischen Körper eingewachsene Wärmemesser, der Empfindungsnerv der Haut, ist i;ntlich kein Instrument zur Messung unyeränderlicher Temperaturen, er ist im rn Wortsinne kein Thermometer. Da er an der Grenze von Luft und Blut steht, kann der Nerv auch ein Absinken der Hauttemperatur anzeigen (ein Frostschauern laulassen), trotzdem, dass die Blutwärme im Steigen begriffen ist und umgekehrt. 1^ auffallendste Beispiel hierfür ist der Pieberfrost, dessen Auftreten jedesmal be- .'t wird von einer Steigerung der Bluttemperatur (Gierse, Bärensprung, r uibe, Michael u. A.). Dieser scheinbare Widerspruch erklärt sich einfach aus i.i Zustand der Hautgefässe, welche sich so sehr zusammenziehen, dass das Blut nur sehr geringer Ausdehnung mit der Haut in Berührung ist; die Abkühlung gewinnt k30 trotz einer erhöhten Blutteraperatur das Uebergewicht. Ebenso häufig geht die nnpfindung der Hitze mit einer fortschreitenden Abkühlung des Bluts Hand in Hand.

, I. Die verschiedenen Orte des menschlichen Körpers sind zu mer und derselben Zeit nicht auf gleichen Grad erwärmt.

a. Blut*). Nach den Beobachtungen von Bischoff, G.v. Lie- iig und Gl. Bernard ist das venöse Blut, welches aus der Haut urückkommt, im allgemeinen kühler als das arterielle, welches in es strömte. Das Blut, welches dagegen in die Niere und Leber mgeht, ist kühler als das, welches jene Organe verlässt. Das lut, welches in die Darmwandungen eindringt, ist bald kühler, iid bald wärmer gefunden worden als das der vena portarum. iias Blut der Speichel- und Muskelvenen ist zeitweise wenigstens iirmer als das der entsprechenden Arterien. Aus allen diesen er- eebt sich, dass der Inhalt derjenigen Venenstämme, welche das !ut aus verschiedenen Organen sammeln, bald wärmer und bald lilter als das Arterienblut sein kann.

Das Blut, das aus der vena cav. inferior ins Herz einfliesst, ■beint immer wärmer zu sein als das, welches di^rch die vena ■tva superior dort anlaugt, eine Erfahrung, die sich auch ohne ttiwierigkeit aus deren Menge und der Temperatur der Blutarten klärt, welche in die beiden genannten Gefässe einströmen. Das femenge aus allen venösen Blutarten, also der Inhalt des rechten erzens wechselt in seiner Temperatur je nach dem Uebergewicht Id Stroms aus der cava descendens oder ascendens; aber immer «det sich bei gleichzeitiger Beobachtung der Inhalt des recliten lentrikels wärmer als der des linken.

•) O.V.Lieb ig, Uclicr die Tempcrntunmtel-sclilodo des veniison und arteriellen Blutes. Maen J853. J. Gavarret, Do la clialeur prod. par Ics Ctros vlvants. Paris 1855. p. 119. rmard, Compt. relid. 48. Bd. p. 381 nnd 6G1.

I L II d w i g , Pliygiologlc II. 2. Aafingc. 46

722

Wiinno des Blutes und der Eingeweide.

Die folgende Tabelle giebt einige Beispiele für die obigen Ausspruche.

Hund.

Ort.

Wärme in C-GradCD.

Vena cava super.

35,98

Atrium dextr.

36,37

Vena cruralis.

37,20

Vpnft pflvn iiifpr

I Clin Utl. V tl 111H.1.

38,11

Aorta.

38,7

Vena portärum.

39,2

Vena portaruni.

39,9

Vena liepatica.

39,5

Vena portärum.

39,7

Vena liepatica.

41,3

Vena portärum.

37,8

Vena hepatica.

38,4

Vena portärum.

39,6.

Vena hepatica.

39,7

Aorta.

38,4

Vena liepatica.

39,4

Hechtes Herz.

38,8

Linkes Herz.

38,6

Eechtes Herz.

39,2

Linkes Herz.

39,1

Rechtos Herz.

36,37

Linkes Herz.

36,82

Rechtes Herz.

39,21

Linkes Herz.

34,02

Bemerkungen.

Beobachter.

10

11

Ende der Verdauung. Anfang d. Verdauung.

Verdauung. Seit 4 Tagen nüchtern.

Verdauung.

Nüchtern. Verdauung.

G. V. Liebig.

> Cl. Bemard.

Gr. V. Liebig.

Biesen Beobachtungen der oben genannten Autoren ist darum der Vorzug ge- geben wordon vor den zum Theil entgegengesetzt berichtenden anderer Physiologen (Davy, Krim er, Hering, Brechet u. A.), weil die zu den vergleiclienden Unter- suchungen verwendeten Thermometer an und für sich möglichst empfindlich und ge- nau auf einander reduzirt waren , weil beim Ablesen der Zahlen der aus der ParalsM fliessende Fehler vermieden war, ferner weil die Thermometerkugel in das Gefässlumen des lebenden Thieres uud zwar so eingefügt war, dass sie, ohne den Blutstrom zu hemmen, mir mit dem Blute, nicht aber mit den Gefässwandungen in Berührung war Den Resultaten, die aus solchen Messungen hervorgegangen sind, lassen sich natürlicli die nicht ebenbürtig gegenüber stellen, bei welchen man die Thermomuterkugel in den Aderlassstrahl hielt oder in Gefässe steckte, die dem Luftzutritte Preis gegeben waren, und zwar zum Theil erst dann, nachdem einige Zeit vorher der Tod erfolgt und die Athmung und somit auch der Unterschied zwischen venösem und arteriellen Blut auf- gehoben war.

b. Die Unterzungengegend ist um 0,5 bis 0,25" C, die Blase, der Mastdarm und die Scheide um 0,8 bis 1,1" C. wärmer, als die Achselgrube (Hallmann n *), Bärensprung**) L. Fick***), Berg er, Davy). Das Bindegewebe unter der Haut ist um 2,1" C.

*) Hclmholz, 1. c. 630. •♦) Mli 11 oris Arcliiv. ISSl. ■") Ibid. 1853.

Aenderungen der Temperatur. 723

bis 0,9" C. niedriger temperirt als das der Skelettmuskeln (Bec- iuerel und Brechet). Die Bauclieingeweide sind nach den ther- iioelektrischen Bestimmungen derselben Gelehrten etwas wärmer, I ils die Lungen und das Hirn.

I 2. Kein Ort des thierischen Körpers verhält sich im Verlauf Äiuch nur eines Tages stetig auf derselben Temperatur, tiberall und mst immer schwankt die Wärme auf und ab. Diese Schwankung a:ann allerdings zunächst nur abgeleitet werden aus einer Veränder- iichkeit des Gewinns und des Verlustes an Wärme, aber die ab- Iteigende Temperatur ist dennoch kein Zeichen für ein Sinken lind die aufsteigende kein solches für das Anwachsen der Wärme- »rzeugung, denn es kann die absteigende Wärme eben so gut ron einer Erleichterung und die aufsteigende von einer Hinderung les Wärmeabflusses abhängen. Diese Zweideutigkeit, welche der [Temperaturangabe mit Rücksicht auf die Ursache der Aenderung iiinklebt, ist um so mehr im Auge zu behalten, als in der That im khierischen Körper die Vorgänge, welche Wärme erzeugen, in weiten Grenzen unabhängig sind von denen, welche Wärme fort- Mchaffen.

Wenn sich im thierischen Körper die Wärme ändert, so treten Uamit auch in einigen andern seiner Lebensvorgänge Variationen iin, einige dieser letzten Veränderungen sind so beschaffen, dass mit ihrem Eintritt sich auch nothwendig die Erzeugung oder der Yerlust von Wärme ändern muss, andere so, dass dieses zwar oft, iiber nicht nothwendig geschehen muss. Nehmen wir an, es sei ier Verlust an Wärme unverändert geblieben , es seien dagegen die Jmsetzung und die nachfolgende Oxydation der organischen Stamm- Atome des thierischen Körpers (Eiweiss, Fette etc.) gesteigert »worden, so muss auch die Wärme reichlicher fliessen, beziehungs- tveisQ die Temperatur zunehmen. Wir dürfen also, alles Andere gleich jjesetzt auf eine aufsteigende Temperaturschwankung rechnen, wenn ehr Sauerstoff verschluckt oder mehr Galle, Harnstoff, Kohlensäure 8. w. abgesondert wird. Die chemischen Prozesse, aus welchen üiese letztern Umsetzungsprodukte hervorgehen, werden aber an- pjeregt durch die Aufnahme von Speisen, durch Nerven- oder Mus- celerregung u. s. w. Insofern also nach der Mittagsraahlzeit die Chemische Umsetzung wirklich gesteigert wird, oder der erregte Muskel die von ihm entwickelten Kräfte nur zu Arbeiten innerhalb des thierischen Körpers selbst verwendet u. s. w., können wir die eingetretene Temperatursteigening auch als abhängig von den genann-

•10

724

Temperaturanderung mit Bildung von COj , Galle

ten physiologischen Vorgängen ansehen. In Folge eines vermehr- ten Bedürfnisses nach Sauerstoff und einer lebhaftem Umsetzung des Eiweisses, der Fette etc. bewegen sich Herz und Brustkasten* häufiger, also kann man auch die Wärmeänderung als eine Funk- tion von den zuletzt genannten Bewegungen betrachten.

Aus diesen Bemerkungen erklärt es sich, Avarum die Erfahrung kein allgemeingültiges Gesetz aufdeckte, durch welches die Ab- hängigkeit der Temperaturschwankung von den Aenderungen ein- zelner physiologischer Vorgänge bestimmt wird. Die folgenden An- gaben haben darum nur Werth als Durchschnittsregeln und al^; Ausgangspunkte für weiter gehende Untersuchungen.

a. Die Temperatur ändert sich mit dem Grade der Geschwindig- keit, den die Ausscheidung von CO2 und die Aufnahme von Sauerstoil durch die Lunge hindurch annimmt. Beispiele hierfür Hefern die Mittel temperaturen verschiedener Thierklassen. So verzehren u. A. di( warmblütigen Wirbelthiere viel mehr Sauerstoff, als die kaltblütigen. Auch an demselben Individuum geht meist die Temperatur dem täglichen Gang der C02-Ausscheidung parallel, siehe hierüber Chos- sat, Bidder und Schmidt*). Mit der Lebhaftigkeit des Gas Stroms durch die Lungenwand wächst aber bekanntlich auch dit Geschwindigkeit der Athemfolge; darum athmet auch ein Thier rascher, wenn seine Temperatur steigt. Belege hierfür finden sich bei Chossat, welcher die Temperatur und die Athemfolge hun- gernder und gefütterter Tauben vergleicht.

b. Die Lebhaftigkeit, mit welcher die Gallenbildung**) vor sich geht, lässt sich an der Temperaturänderung erkennen. Arnold verglich bei einem hungernden Hund (von der 18. bis 42. Huuger- stunde) die Menge des festen Rückstandes, welchen die in je einer Stunde abgesonderte Galle enthielt, mit der Temperatur im rectum. DerGallenrückstandund die Temperaturstiegen und fielen gleichzeitig.

c. Mit der Erregung der Nerven und der von ihnen abhän- gigen Muskeln und Drüsen wächst die Wärme. So erhöhte sich u. A. die Blutteraperatur J. Davy's nach dauernden Muskelan- strengungen um 0,7» C. und nach anhaltender geistiger Beschäfti- gung um 0,27» C. Die Erwärmung geht von den erregten Orten aus; dieses ist für die Muskeln durch Becquerel, Brechet, Helmholtz (L Bd. p. 4(57) und Ziemsen***) erwiesen worden.

*) Voraanungagäfte p. M7. **) Pliysiologisclic Anstnlt in Ilcirtellicr? p. 97. •'•) Die lilcktrizliilt in dcv Meilizin 18fi7.

der Muskelbewegung, den Tngrszcitcii.

725

Letzterer beobachtete, dass die Wärme, welche von den zusammen- gezogenen Muskeln ausgeht, sich auch in die über ihnen liegende Haut verbreitet; und dass nach der Rückkehr des Muskels in seine lUihelage die Temperatursteigerung noch einige Zeit anhält. Mit ler Fähigkeit des Muskels, die Temperatur zu steigern, hängen wahrscheinlich auch die niedern Wärmegrade gelähmter Gliedmas- >>on zusammen. Die Wärme der Hautdecken stieg nach Bewegun- '-ucn der unterliegenden Muskeln im Maximum um C. Dauernde lind ausgebreitete Muskelzusammenziehungen erwärmen aber nicht allein den thierischen Körper bedeutend, sondern sie steigern auch unter Umständen seine Temperatur sehr rasch; so sah Bärensprung, i ilass das in den Mastdarm eines Neugeborenen eingeführte Ther- mometer alsbald zu steigen begann, sowie das Kind zu schreien anfing. Die Wärmesteigerung der erregten Speicheldrüse ist ■S. 341 erwähnt.

d. Die in Vorstehendem mit^-ethe Ilten Untersuchungen fordern, dass an jedem Tag, gleichgültig, ob wir hungern und ruhen oder essen und arbeiten, ein Auf- und Absteigen der Temperatur einti-eten müsse; zugleich verlangen sie auch, dass mit dem stei- genden Alter die mittlere Tageswärme sich ändern müsse. Von den hier angedeuteten Schwankungen soll zuerst die betrachtet werden, welche unabhängig von der Muskelbeweguug und der Xahrungsaufnahme eintritt. Die letztre Wärmeänderung führt den Namen der typischen Wärmeschwankung. Das Bestehen einer solchen typischen Tagesschwankung ist von Bärensprung durch Beobachtungen am Menschen und von Chossat und Schmidt an hungernden eingesperrten Thieren dargethan worden; als Beispiel für dieselben wählen wir die Angaben von Lichtenfels*) und Fröhlich. Bei vollkommener Enthaltung aller Nahrung, möglich ster Kulie der Muskeln und einem Aufenthalt in einer Luft von 12'*,4 bis 130,6 C. fiel die Temperatur von der letzten Mahlzeit an (des Abends) bis Stunden nach derselben, erhob sich in der 11. Stunde nach derselben um ein Geringes, sank dann stärker bis zur 15. Stunde und erhob sich bis zur 19. wieder auf den Stand welchen sie zur Zeit der 10. eingenommen; und begann von da an wieder zu sinken. Der grösste Unterschied betrug bei Lich- tenfels (11. und 15. Stunde) 0,80» C, bei Fröhlich 0,56« C.

•) Wiener nkndein. DcnkscUriflcn. ;!. Bd.

726

Tagossohwankung Hungornder.

Der tägliche Wärmegang, wie er eben hingestellt wurde, ändert sich natürlich, wenn die Lebensweise eine andere wird; vor Allem übt die Aufnahme von Nahi-ung einen Einfluss, den man im allge- meinen als einen wärmeerhöhenden ansehen kann; er zeigt sich am schlagendsten sogleich darin, dass die Wärme nach Entziehung aller Nahrung sinkt. So fanden z. B. Lichtenfels und Fröh- lich die mittlere Temperatur der Hungertage zu 36,60" C, wäh- rend sie an den wie gewöhnlich verlebten Tagen auf 37,17» C. stand. Dieser Wärmeunterschied wächst nun aber nicht geradezu mit der Dauer der Hungerperiode, sondern es hält sich, nach den an verhungernden Thieren angestellten Beobachtungen die Tempe- ratur vom zweiten Hungertage an constant bis gegen die dem Tode unmittelbar vorangehenden, wo die Wärme von Tag zu Tag rasch sinkt (Chossat, Schmidt). In einer Versuchsreihe an einer Katze (Schmidt) zeigte bis zum 15. Hungertage das Thermometer im Mittel 38,6« C, am 16. Tage 38,3», am 17. Tage 37,64o, am 18. Tage 35,8" und endlich am ,19. (dem Sterbe-) Tage 33,0. Mit diesen Angaben sind wenigstens die von Chossat*), der seine Beobachtungen an den höher temperirten und rascher verhungern- den Tauben anstellte, nicht im Widerspruche. Den Erscheinungen der Hungerkur entsprechend scheinen sich die Dinge auch bei der Einnahme der Nahrung zu stellen ; unzweifelhaft nimmt nämlich die Temperatur nicht mit dem Gewichte der aufgenommenen Speise zu ; träfe dieses ein , so dürfte die Temperatur der Erwachsenen sich nicht in so engen Grenzen halten, da sie doch ^ ausseror- dentlich verschiedene Mengen von Nahrungsmitteln geniessen. Zu Aveiteren Angaben fehlen jedoch noch die genaueren Untersuchungen.

Ueber die Art und Weise, wie die Nahrungsaufnahme die ty- pische Tagesschwankung modifizirt, ist Folgendes bekannt.

Nach den Messungen von Lichtenfels-Fröhlich, Gierse, Hallmann und Bären Sprung, welche ungefähr zu denselben Stunden auf gleiche Weise assen, steigt die Wärme nach dem Früh- stück an und erreicht 4 6 Stunden nach demselben ihr erstes Maximum, dann sinkt sie bis zur Hauptmahlzeit nnd steigt nach derselben, bis sie l'/i bis 27-2 Stunden danach ihr zweites Maxi- mum erlangt; die Abendmahlzeit erzeugt aber kein neues Steigen, mit anderen Worten, sie vermag das Sinken in Folge der typischen Schwankung nicht aufzuhalten. Bei J. Davy erreichte die

') Ifeehcrohes expurimentnles sur l'innnitioii. Paris 1843.

Tagesschwankung Gespeistor. 727

\Wänne 2 Stunden nach dem Frühstück ihr Maximum und sank \ron da ab ; dieser absteigende Gang konnte durch die um 6'> Abends Beingenommen c Hauptmahlzeit nicht in einen aufsteigenden verwan- flelt werden. Uebereinstimmend gaben Davy, Gierse, Hall- mann und Lichtenfels den grössten Unterschied in der Tages- iwärme zu 0,73 bis 0,68" C. an, Bärensprung fand ihn an sich «selbst zu 1,12" und Fröhlich zu 0,56».

Als Beispiele führen wir die Beobachtungsreihen von Bärensprung und DO a V Y an :

Tages- u. Mahlzeit.

Stunde.

Temperatur.

Tages- u. Mahlzeit.

Stunde.

Temperatur.

IMorgens im Bette.

5—7

36,68

Morgens.

1

36,94

SaflFec.

7—9

37,16 37,26

Frühstück.

9

36,89

9—11

11

36,89

II— 1

36,87

2

37,05

1—2

36,83

4

37,17

Itlittagessen.

2—4

37,15

5

37,05

4—6

37,48

Mittagessen.

6,5

36,83

6—8

37,43

Thce.

7,5

36,50

i&bendessen.

8—10

37,02

11

36,72

10—12

36,85

1

36,44

I&.US dem Schlafe

12—2

36,65

geweckt.

2—4

36,31

Die tägliche Pulsschwankung, deren auf S. 100 gedacht wurde, Fällt häufig mit dem Wärmegang zusammen, aber nicht immer ist Her Parallelismus beider Curven ein vollständiger; so fand u. A. ßärensprung, dass das mittägige Maximum der Wärme dem des Pulses vorausging. In Krankheiten endlich ist Temperatur und IPuls in weiten Grenzen unabhängig von einander (Traube, Joch- imann)*).

Diese Schwankungen finden sich in allen Lebensaltern (Bärensprung). Aus ier mitgetheilten Tabelle dieses Letzteren geht hervor, dass die mittlere Tagestempe- rratur, wie sie aus den mittleren Zahlen abgeleitet werden kann, bei ihm in der That »vorhanden ist um 8'» Morgens, Mittags und lO^i Abends. Bei Fröhlich und ILichtenfels findet sich die mittlere Temperatur in der 3. Stunde nach dem Früh- Btück. Diese Bemerkung dient dazu, um die Beobachtung von der Auffindung der raitt- 1 leren Tagestemperatur zu erleichtern.

Die typische Alters - Schwankung d. i. die Aendcrung der mittleren täglichen 'Wärme in Folge des Alters ist weit schwieriger darzustellen; zu diesem Behufo wntissten eliminirt sein die zahlreichen, allgemeinen und individuellen Gründe, aus <!denen bei den verschiedenen, der Vcrglcichung unterworfenen Menschen die Tempe- .ratur seh wanken kann. Diese Forderung ist bis dahin nicht befriedigt. Das geringe /Zutrauen aber, was schon darum die Angaben über die mittleren Temperaturen der

•) Beobachtungen Uber die Körporwärmo. 1853.

728

Tonipovaturänderung durch AderlaBs

Tcrschiedeiicn Lebensalter verdienen, wird noch geschwächt durch den Umstand, das» die Tomperntiirunterschiedo der vorschiodcneu Individuen desselben Alters grösser ausfallen , als die Unterschiede in' den Mittelzahlcn der verschiedenen Alter. Die folgende Tafel, die nach Bärensprung entworfen, giebt darüber Aufschluss *).

Lebensalter.

Mitteltempe- ratur.

Grenz- Temperatur.

Boobacb- tungsoit.

Zahl der be- obachteten Individuen.

Zimmer- Temperatur.

Tageszeit der Beobachtung.

Bemerlsnngen.

Neugeborene.

37,81

36,6 -30,0

Mastdarm.

37

?

Unmittelbar n. d. Geburt.

5— 9 Jahr.

37,72

37,87—37,62

Mund und Miistdftrm

4

g

et-' CD

Morgens. Mittags. Abends, nach Mittag.

»j

Während d. Handarbeit. Während d. Handarbeit.

1.5-20 21-30

37,37 37,22

36,12—38,1

Achselhöhle. )j

11 11

"-1 O

tS3

3' B

ct> .

25—30

31-40

41—50 51—60 80

36,91

37,1

36,87 36,83 37,40

)>

)i )i

Mund.

4

6

7 2 1

«>

S

n >-l P

zu verschie- den. Zeiten

Torzugsw. nach Mittag.

zu verschie- den. Zeiten.

Aus d. höh. Ständen.

e. Während eines ausgiebigen Aderlasses sahen Bischoff, G. Liebig, Bärensprung und Marshall Hall die Temperatur um einige Zehntel eines Grades 'steigen; in den paar ersten Tagen nach der Blutentziehung ging die Wärme auf den Werth vor der- selben zurück und noch später sank sie unter die Norm und hielt sich auf diesem niedern Werthe längere Zeit.

f. Der Erfahrung entsprechend, dass die Haut einen wesent- lichen Einfluss auf die Abkühlung übt, sollte man erwarten, dass mit der steigenden Durchfeuchtung und Blutfülle der cutis die Bliit- temperatur sinken müsse und andrerseits, dass die letztere steigen würde, wenn die umgekehrten Zustände der cutis einträten. Die geringe Herrschaft, die wir über die Wärmeerzeugung ausüben, ver- hindert es aber, beweisende Beobachtungen zu gewinnen. Aller- dings sind einige Thatsachen bekannt, aus denen der veränderte Wärmegang aus dem Zustand der Haut erklärt werden kann. So steigt z. B. die Temperatur im Fieberfrost (Gierse, Bären- sprung, Traube**), Michael***), oder nach vorübergehenden

») üebor die Temperatur im Tode siehe Adler Wiener med. Wochenschria 1859. Nr. 48. *•) Krisen und krH. Tngc, Berlin 18.12. '•*) Archiv für physiolog. ncilltunde, 1856. 30,

durch Ztiständo der Haut und der äussern Umgebung.

729

V^bkiihlnngen der Haut (F. H o p p e , L i e b e r m e i s t er). ; man könnte jagen darum, weil der Wärmeverlust durch die Haut, deren Ge- l'asse sich verengert haben, vermindert sei. Umgekehrt sinkt die BBhitwärme sehr häufig, wenigstens im Hitzestadium des Fiebers, wo die Gefasse der Haut weit ausgedehnt, und also zur "Wärme- iibgabe sehr geeignet sind. Aber diese Erklärungen sind nur hy- öothetische, da sich nicht nachweisen lässt, wie sich zu jenen Zeiten Hie Wärmeerzeugung verhalten^ habe.

g. Aenderung der Eigenwärme mit der Temperatur, Leitungs- Sfäbigkeit und dg), in der Umgebung. Wenn wir uns aus einer 'Jmgebung, die einen mässigen Wärmeverlust bedingt, in eine solche Oegeben, die uns stärker abzukühlen vermag, so gehen daraus ver- wchiedenartige Folgen für unsere Körpertemperatur hervor. Un- mittelbar nach dem Uebergang ans dem Warmen in das Kühle icann auch die Temperatur unseres Körpers herabgehen, aber sie inuss es nicht, ja sie kann im Gegentheil etwas ansteigen (Lie- »ermeister). Die Eigenwärme scheint nur dann jedesmal fast momentan zu sinken, wenn der Wärmeabstand zwischen unserm Blute und unserer Umgebung ein bedeutender ist, oder die Lei- rangsfähigkeit des uns umgebenden kühlern Mediums eine merk- iiche ist. So beobachteten Davy, Virchow, Hoppe u. A. schon nach einem kurzen Aufenthalt in einer Luft von 0^* oder im See- uad u. s. w. ein Sinken der Eigenwärme und zwar ein grösseres loei der Messung in der Mundhöhle, ein geringeres bei der im Mast- Uarm. Aehnlich wie beim plötzlichen und vorübergehenden Ein- wirken der äussern Kälte, verhalten sich auch die Folgen für die Ihierische Eigenwärme bei andauerndem Bestehen der erstern. Unter i/oraussetzung einer genügenden Ernährung, Muskelbewegung und lautbekleidung kann eine sehr niedere Lufttemperatur ertragen "Verden, ohne dass die Eigenwärme des Warmblüters merklich sinkt. \,Us Beispiele hierfür dienen die Beobachtungen von P a r r y und B a c k , welche im arktischen Winter bei einer Lufttemperatur von 30" bis - 35" die Temperatur der dort vorhandenen Säugethiere zu + 40" Vanden. Die sorgfältige Arbeit von Martins sagt Aehnliches für ~5chwimmvögel aus. Wenn aber die nöthige Speise oder die Bewe- _ I

•) Hoppe, Archiv fUr pnthol. Anatomie. XI. 456. Virchow, Ibidem. XV. 70. "arry, Annalen de chim. et de phys. 2me Scr. XXVIII. 22.S. Daok, Compt. rcnd. II. G21. Hart ins, Mdmoires de l'acftdemlo de Montpellier. lU. 189. L 1 o b o r m o 1 s t e r, Deutsche CUnik. 1850. 391. Hngspihl, Valentins .Inhresliericlit Uber Physiologie flir 1857. 58. VB- c n t i n , Archiv für physiolog. Heilkunde. 1868. Browu-Sdquard, Journal de Physiologie. I. 549.

730

TempcraturSndoningcn bei hoher

gung mangelt, so sinkt die Temperatur des Warmblüters je nach Umständen mehr oder weniger tief und rasch ab. Ein sehr auf- fallendes Beispiel giebt Chossat; er fand, dass hungernde Thiere selbst bei einer Lufttemperatur von + 12" bis 18" C. in Folge der Abkühlung sterben können.

Folgt auf die Einwirkung vorübergehender Kälte wiederum die eines massig warmen Mediums, wie es z. B. nach dem Aus- tritt aus einem kalten Bad der Fall ist, so gestaltet sich jetzt der Gang der Temperatur so, dass sich die während des Bades gesunkene oder normal gebliebene Wärme alsbald wieder hebt und zwar meist höher, als sie vor dem Eintritt in das Bad stand.

Lokale Abkühlungen, wie sie oft als Heilmittel angewendet werden, kühlen zu- nächst örtlich und dann auch allgemein, siehe hierüber Hagspihl.

Wird die Temperatur unserer Umgebung auf diejenige unseres Bluts gebracht, oder übersteigt der äussere Wärmegrad gar den Innern, so sind die Folgen für die Blutwärme sehr ernsthaft; die Wirkungen dieser hohen Temperatur unserer Umgebung werden bedeutend verstärkt, wenn gleichzeitig die umgebende Luft mit Dampf gesättigt ist.

Wärmegrade der Umgebung, die oberhalb der thierischen Nor- maltemperatur liegen, erträgt der Organismus, ohne seine Wärme wesentlich zu erhöhen, vorausgesetzt, dass eine lebhafte Schweiss- bildung unterhalten werden kann (Franklin) und dass die At- mosphäre trocken genug ist, um eine rasche Verdunstung des Wassers von der Haut und der Lunge aus zu erlauben. In einer mit Feuchtigkeit vollkommen gesättigten Luft, oder gar in einen* warmen Bade, steigt dagegen die Temperatur des Organismus rasch. So fanden u. A. Berger und de la Roche, dass bei einem Auf- enthalte von 8 bis 16 Minuten in einem auf + 100" bis 127» C. er- wärmten Eaume die Temperatur unter der Zunge um 4" bis stieg. Die englischen Beobachter *)Blagden,Dobson,Fordyce u. A. fanden dagegen in der gleichen Zeit unter ähnlichen Um- ständen nur eine Temperatursteigerung von etwa 1" C. Aehnhche Beispiele giebt Hoppe. Der letztre verfolgte auch noch den Gang der Temperatur, nachdem die Thiere wieder aus dem warmen Dunst oder Wasserbade ausgetreten waren. Er fand, dass die Thiere nach ihrer Rückkehr in die Luft von gewöhnlicher Zimmer- wärme nicht allein bald wieder auf die normale Eigenwärme zu-

•) Pliilosophical trnnsacriona. -15. Bd.

und niederer Wärme der Umgebung.

731

ilckkamen, sondern dass sie auch im Verlauf von 25 bis 50 Mi- ixiten auf eine niedrere Temperatur anlangten, als sie ihnen vor em Eintritt in den erwärmten Raum eigen gewesen war.

Crawford machte bei Thieren, welche den Einflüssen höherer Temperaturen Msgesetzt waren, die Beobachtung, dass das in ihren Venen enthaltene Blut nicht jinkel- sondern hellroth gefärbt war.

Wenn man die Abkühlung der Thiere durch die Haut dadurch Hufhebt oder vielleicht auch nur ändert, dass man sie in einen !autschukbeutel einschliesst oder ihre Haut mit Leim oder Eiweiss iberzieht, so nimmt die Eigenwärme derselben nicht zu, wie man 'ohl hätte erwarten können, sondern ab (Bernard, Hoppe).

erweilen die Thiere in dem Ueberzug bei gewöhnlicher Zimmer- i'ärme längere Zeit, so erfolgt unter steigender Abkühlung (durch iie Lungen?) der Tod; erhöht man dagegen die Wärme der Um- gebung, so bleiben die Thiere nicht allein am Leben, sondern es rrholen sich auch andere geschwächte Lebensfunktionen wie z. B. lic C02-Bildung wieder (Valentin, Schiff).

In Verbindung mit den vorstehenden Beobachtungen hat man wiederholt die Frage aufgeworfen, ob Menschen und Thiere gleicher rt in warmen Gegenden höher temperirt sind als in kalten. D avy ,

rown-Sequar d, Eydoux und Souleyet fanden in der That iie Eigenwärme des Menschen in warmen Gegenden höher. Die olgende Tabelle, welche der Abhandlung von Brown-S^quard rotnommen ist, giebt die gefundenen Temperaturunterschiede an. Die Beobachtungen beziehen sich auf dieselben Menschen, welche aus iältcrn Gegenden in die Tropen oder umgekehrt gereist waren. :um Verständniss der folgenden Tabelle muss bemerkt werden, lass wenn die Lufttemperatur sich um die in der ersten Columne -ehcnde Zahl gemehrt (+) oder gemindert ( ) hat, die Wärme •es Menschen um die in der zweiten Columne stehende Zahl gestiegen -|-) oder gesunken ( ) ist.

W ä r m c u n der Atmosphäre,

lerschiod des Menschen.

Ort der Messung.

Beobachter.

+ 400,0 C. 4- ll",tl C. + .380,7 C. 130,5 C.

- 10,0 C.

- 00,88 C.

- 10,26 C.

- 00,67 C.

Rectum. 1 Mundhölile.

Eydoux u. Souleyet. J. Davy.

Brown-S6quard.

Martins beobachtete bei Enten, die er im Winter und Sommer intersuchte, keinen Unterschied der Eigenwärme trotz eines Tem- eraturunterschicdes der Atmosphäre von 20" C.

732

Temporaturs{)ioluiig des Waiinblütors.

3. Spielraum der Eigentemperatur des Warmblüters*). "Wenn das Säugethier lebend erhalten werden soll, so darf sein Blut nicht Uber 45" C. und nicht unter 19" bis 20" C. temperirt sein. Oberhalb der bezeichneten Grenze erfolgt der Tod, weil dann die Muskeln absterben, die, wie Kühne zeigte, einen Eiweisskörper ent- halten, der- über jener Temperatur gerinnt. Unterhalb 20" C. wird die CO2 -Bildung beeinträchtigt und die Nervenerregbarkeit sehr be- trächtlich herabgesetzt, so dass ein Thier, welches einmal auf diesen Temperaturgrad herabgesunken ist, unfehlbar zu Grunde geht, wenn es in gewöhnlicher Zimnierwärme verweilt. Wird es dagegen in einer Temperatur von 36" bis 40" C. künstlich erwärmt, so erholt es sich in kurzer Zeit wieder vollständig. Für den Menschen hegen die Temperaturgrenzen des Lebens wahrscheinlich ähnlich wie beim Säugethier. Nie wenigstens sah man die Tempe- ratur des lebenden über 44,5" C. steigen, und noch sah man ihn lebend, wenn seine Temperatur auf 26,6" C. herabgesunken war. Aber beide Temperaturen wurden nur bei heftigen Krankheiten (Fieber und Cholera) beobachtet; die Temperaturen des gesunden Menschen sind also in noch engere Grenzen eingeschlossen.

Vögel, die gewöhnlich über 40" warm sind, sterben schon bei einer Bluttemperatur von 26" C.

Ursprung der thierischen Wärme.

1. Die Wärme ist bekanntlich eine besondere Art von Bewe- gung, die, wie es scheint, von jeder Masse, wägbarer wae unwäg- barer, ausgeführt werden kann. Der erste Tlieil dieses Satzes wurde bekanntlich dadurch bewiesen, dass sich Bewegung ilf Wärme und umgekehrt die Wärme in Bewegung umwandeln lässt, so dass für die verschwundene Wärme Geschwindigkeit und für die vernichtete Geschwindigkeit Wärme zu gewinnen ist. Also kann die Wärme kein Stof^ sondern sie muss eine Bewegung sein, weil es aller Erfahrung widerspräche, anzunehmen, dass durch den Ver- lust eines Stoffes Bewegung und durch denjenigen einer Bewegung ein Stoff entstehen könnte.

Wenn nun die Wärme eine Bewegung ist, so kann sie auch,r entsprechend dem von He Im holt z entwickelten Gesetze über E^ haltung der Kraft, nur dann entstehen, wenn ein wägbarer oder

*) Bornard, Lcijons de physiologio 1854—65. p. 183. Derselbe , Gazette m^dioale 186*. 460. Ausserdem die schon angezogenen Abliiiiidliingoii von Biireusprung, Traube, Joch- mann, Michael, Valentin, Scliiff und Chossat.

Ursprung der thierischen Wärme.

733

nwägbarer Körper seine Geschwindigkeit einbiisst, oder wenn •pannlträfte als solclie zum Verschwinden kommen. Das erstere rlied der Alternative ist an und für sich klar, das zweite wird SS, so wie man erfährt, dass der Physiker unter Spannkraft die Bedingungen versteht, welche, obwohl sie selbst keine Bewegung iind oder wenigstens nicht zu sein scheinen, dennoch eine ruhende Hasse in Bewegung versetzen können. Solche Bedingungen sind *ber dadm'ch charakterisirt , dass sie nur herbeigeführt werden :önnen durch einen vorgängigen Verlust von gerade so viel Ge- ich windigkeit, als sie selbst wieder erzeugen können. Unter diese 'Spannkräfte zählten wir u. A. schon früher den Druck, welchen iie unteren Schichten einer Wassersäule zu ertragen haben; unter iie gehören auch gewisse chemische Anordnungen, wie sie z. B. ien verbrennlichen Atomen zukommen. Denn die letztern sind . während des üeberganges in den verbrannten Zustand befähigt, entweder wägbare Massen zu bewegen (wie dieses bei der Au^- llehnung der Körper, in der Dampfmaschine, den Wurfröhren u. s. w. geschieht), oder auch sich und ihre Umgebung zu erwärmen. Die neiden Leistungen stehen nun bekanntlich insofern im Gegensatz, Iiis die eine Kraft des Verbrennungsprozesses in dem Maasse ab- nimmt, in welchem die andere Kraft in Anspruch genommen wird, '.0 dass, wenn aus einem Verbrennuugsvorgang viel Wärme ge- :oogen wurde, die Grösse der verwendbaren Geschwindigkeit ab- jiimmt und umgekehrt. Da nun die Atome des verbrannten Kör- pers in den verbrennlichen Zustand nur dann zurückgeführt werden .cönnen, wenn dieselbe Menge von Wärme oder Geschwindigkeit iiufgewendet wird, die sie bei der Verbrennung ausgaben, so kann man sagen, es sei der verbrenuliche Körper mit einer zur Ruhe .|,-ekommenen Geschwindigkeit begabt, welche sich als Spannung '-wischen seinen Atomen geltend mache. Keinesfalls wird durch ilie Verbrennung neue bewegende Kraft gewonnen, sondern alte, i angst vorhandene von einem Körper auf den anderen übertragen.

Diese der Physik entnommenen Thatsachen führen zu dem ^Vusspruch, dass die einzige Wärmequelle des menschlichen Körpers ilie langsame Verbrennung seiner organischen Bestandtheile ist. Jieser Satz wird von der physiologischen Beobachtung zunächst dadurch bestätigt, dass kein anderer Grund für die thierische IHVärme aufgefunden werden kann. So genügen offenbar zur Efit- wickelung derselben die StJisse nicht, welclie der menschliche Kör- oer von den ihn umgebenden Medien, z. B. der bewegten Luft,

734

Dio latonto Wärmo der Nahrungsmittel

empfängt, da sie eiueslheils zu unregelmässig erfolgen und andern- theils in den meisten Fällen weitaus nicht den Kraftwerth der Stösse erreichen, welchen der menschliche Körper selbst beim Gehen, bei Armbewegungen u. s. w. seiner Umgebung mittheilt. Ferner können die von den Muskel- und Nervenkräften ausgehenden Be- wegungen keine neuen Ursachen der Wärme abgeben, da die Ent- wickelung dieser Kräfte selbst von dem thierischen Stoffumsatze abhängt. Die in den Muskeln und Nerven vorkommenden Bewe- gungen sind also erst wieder abgeleitet aus den latenten Kräften der Nahrungsmittel. Jene Apparate schöpfen ihre Befähigung zur Erzeugung von lebendiger Kraft aus derselben Quelle mit der freien Wärme, und somit muss in dem Maasse, in welchem jene Appa- rate lebendige Kräfte zum Vorschein bringen, die Befähigung des thierischen Stoffes zur Bildung freier Wärme abnehmen.

Daraus ergiebt sich schliesslich, dass auch die Keibimgen, welche in Folge der Muskelbewegung erscheinen, wie z. B. die der Geleukköpfe in den Pfannen, der Sehnen in den Sehnenscheiden, des Bluts in den Gefässen ursprünglich immer wieder demselben Material ihr wärmebildendes Vermögen verdanken. Denn die Mus- kelbewegungen, welche durch die eingeleitete Reibung Wärme er- zeugten, konnten nur entstehen durch eine Aufwendung derjenigen Kräfte, welche latent zwischen den sich umsetzenden Atomen ent- halten waren; also ist auch die Reibungswärme nur durch einen Umweg aus der latenten Wärme des Eiweisses, Fettes, des Sauer- stofls u. s. w. hervorgegangen, indem die letztere sich zuerst in eine Bewegung des Muskels und diese wieder in eine solche der Knochen, des Blutes u. s. w. umsetzte, welche durch die wärme- erzeugende Reibung zur Ruhe kam.

Diese auf theoretisch'em Wege gewonnene Ueberzeugung vom Ursprünge der thierischen Wärme hat man durch den Versuch noch zu befestigen versucht, oder wahrheitsgemässer gesagt, Lavoisier nnd nach ihm Dulong und andere haben die zu ihrer Zeit theo- retisch nicht beweisbare Annahme, dass die thierische Wärme auf der Oxydation des Thieres beruhe, durch den Versuch erweisen wollen. Dieses Unternehmen ist jedoch bis zum heutigen Tage noch nicht vollkommen geglückt.

Im Prinzipe muss dasselbe daraufhinauslaufen, die Menge von Wärme, welche hervorgehen kann aus der Oxydation des Eiweisses der Fette, des Zuckers zu CO2, HO, Harnstoff u. s. w. zu ver-

ist die Quelle der thierischen Wärme.

735

gleichen mit der "Wärmemenge, welche das Thier liefert, während seine bestimmte Menge von CO2, HO, Harnstoif bildet.

J 2. Um die erste dieser Forderung möglich zu machen, muss man die latente Wäime der bezeichneten Atome ermitteln; dieses .^^eschieht, indem man die Wärmequantität misst, welche frei wird, wenn das Eiweiss, die Fette u. s. w. verbrennen. Die Einheit, in welcher die erhaltene Wärme ausgedrückt wird, ist bekanntlich das 'Fassungsvemögen der Gewichtseinheit des Wassers für Wärme, »der diejenige Menge der letzteren, welche je nach dem Ueberein- kommen zu einem Gramm, einem Pfund (500 Gr.) oder einem Kilo ;1000 Gr.) Wasser geführt werden muss, damit die Temperatur des- ■äelben um V C. erhöht werde.

Die bei der Verbrennung entwickelte Wärme fängt man dadurch auf, dass man ilen zu verbrennenden Körper in einen rings von Wasser oder Quecksilber umgebenen IMetallkasten einbringt, und dort die Verbrennung so geschehen lässt, dass alle frei {gewordene Wärme auf die Flüssigkeit übertragen wird. Aus dem bekannten Gewichte lies verbrannten Körpers und dem des umgebenden Wassers und endlich aus der Tem- [«eraturznnahme dieses letzteren lässt sich ableiten , wie viel Wärmeeinheiten bei der ^Verbrennung der Gewichtseinheit eines beliebigen Stoffes frei werden. Ueber die zahl- reichen Fehler, die diesem Verfahren anhaften können, und ihre Vermeidung, siehe die ^Abhandlungen von Favre und Silbermann.

Ausser dieser, wenn man will, absoluten Wärmemessung giebt es noch eine rela- tive; sie beruht auf dem Satze, dass die Menge von Wärme, welche ein Körper ab- ;jiebt, proportional dem Unterschied seiner eigenen und der ihn umgebenden Tempe- ratur ist. Wenn man eine Messung nach diesem Prinzip ausführen will, bringt man tn das Innere eines rings geschlossenen Kastens eine constante Wärmequelle, setzt Idenselben in einen Baum von constanter Temperatur, und wartet, bis ein in den tEasten gehängtes Thermometer auch hier, eine constante Temperatur anzeigt. Wenn mmit der Unterschied in der Temperatur der Luft innerhalb und ausserhalb des Kas- tens constant geworden ist, so muss auch der Kasten in jedem Augenblick so viel Wärme empfangen , als er ausgiebt. Mit Rücksicht auf den obigen Vordersatz lässt wich nun zeigen , dass innerhalb gewisser Grenzen wenigstens der Temperaturunter- uchied zwischen dem Kasten und der Umgebung mit der Menge von Wärme wächst, Idie im Innern des Kastens aufgewendet wurde. Einen solchen Apparat kann man Aber auch graduiren , d. h. in einen absoluten Maassstab umwandeln. Hierzu ist nichts Anderes nöthig, als dass man das constante Temperaturübergewiclit des Kastens .Aber seiner Umgebung dadurch erreicht, dass man in seinem Ijinern H-Gas ver- orennt, dessen latente Wärme aus anderweiten Beobachtungen bekannt ist. Dieses Ver- ifahren rührt von Hirn, her, der es auch zu physiologischen Zwecken benutzt hat.

Aus den Erfahrungen, welche die Versuche über die Verbren- mungswärme ergeben haben , hebt sich Folgendes für den physiolo- jgischen Zweck als wichtig hervor.

736

Wänuemonge der thierischon Atome.

a. Die Zalil der Wärmecinlieiten , welche die Gewiclitseinlieit eines einzelnen oder einer Gruppe von Atomen beim Uebergange aus einer niederen in eine höhere Oxydationsstufe entwickelt, ist unabhängig von der Art und Zahl der Mittelstufen, welche zwischen •den beiden Endgliedern gelegen sind. So giebt z. B. ein Gramm Stearinsäure, wenn sie mit Hülfe des gasförmigen Sauerstoffs zu i CO2 und HO verbrannt wird, immer dieselbe Wärmemenge, gleich- gültig, ob die Verbrennung in einem Akte oder in der Art geschieht, dass sich noch mancherlei Zwischenprodukte (niedese Glieder der Fettsäurenreihe, CO u. s. w.) einschieben, bevor es zu einer voll- ständigen Ueberführung in CO2 und HO gekommen ist. Dieser em- pirisch aufgefundene Satz ist eine nothwendige Folgerung aus der j mechanischen Wärmetheorie. Denn nach ihr war die 'messbare Wärme nichts Anderes als die lebendige Kraft, welche frei werden konnte durch den Unterschied an Spannkräften im unverbrannten und verbrannten Atome. Dieser Unterschied ist aber natürlich nur | abhängig von dem Zustand des in die Verbrennung eingehenden und des aus ihr hervortretenden Atoms, unabhängig dagegen von ' den Mittelgliedern, welche zwischen der Anfangs- und Endstufe ge- legen sein können. Es verhält sich hierbei Alles gerade so, wie mit der Arbeit, welche durch den freien Fall eines Körpers gehe- ; fert werden kann. Dieselbe wird bekanntlich nur bestimmt durch die Fallhöhe , nicht aber dadurch , ob der Körper auf einmal oder in Absätzen aus der gegebenen Höhe herunterfällt. b. Die Ver- brennungswärme, welche einfache Atome oder Atomgruppen von I einer und derselben chemischen Zusammensetzung liefern, ist ab- \ häugig von dem Zustande, in dem sie sich finden. So giebt u. A. ein Gramm Kohle in ihren verschiedenen allotropischen Modifikatio- nen (Diamaut, Graphit, Holzkohle) eine ungleiche Menge von Wärme- einheiten ; desgleichen geben gleiche Gewichte zweier Atomgruppen, welche in verschiedener Anordnung gleich viel Atome derselben Art enthalten (isomere und polymere Verbindungen), ganz ungleiche Wärmemengen. c. Damit in innigem Zusammenhange steht die Erfahrung, dass die Verbrennungswärme eines Atoms im freien unverbundenen Zustande eine andere als im verbundenen Zustande |i ist; mit .anderen Worten, die Summe der Wärmeeinheiten, welche i bei der Verbrennung eines complizirten Atomes frei werden, können i; nicht abgeleitet werden aus der bekannten Wärmemenge, welche [: die in dem complizirten Atome enthaltenen Atome geben, wenn sie \ im fi-eien Zustande verbrannt werden. Im Allgemeinen gilt jedoch ,

Wärmeeinheiten nach Favre und Silber mann. 737

ie Regel, dass die mit anderen schon verbundenen Atome weniger \ iirme ausgeben, als die freien. Dieser Satz bestätigt sich nicht Hein, wenn in das complicirte Atom Sauerstoff eingeti'eten, sondern lieh, wenn die Verbindung frei von demselben, z. B. ein Kohlen- ;isserstoff, ist. Es haben sich also der Kohlen- und Wasserstoff ci ihrer Vereinigung schon verbrannt, indem sie bei derselben » iirme entwickelten. In einigen sehr seltenen Fällen, z. B. beim rhwefelkohlenstoff ist jedoch auch die Verbrennungswärme des unplicirten Atoms grösser, als das aus ihren constituir enden Ele- I outen berechnete Resultat. d. Bei der Oxydation durch gas- imigen Sauerstoff ist die Zahl der entwickelten Wärmeeinheiten eringer, als bei der Verbrennung durch Stickoxydul. Die Ver- lennung in reinem Sauerstoffgas oder in atmosphärischer Luft ihrt jedoch zu demselben Resultat. e. Die Zahl der Wärme- iuheiten, welche die Gewichtseinheiten der in den Speisen enthal- uen oder zum Aufbau des menschlichen Körpers verwendeten or- ;tinschen Atome ergeben, ist nur für die geringste Zahl derselben ■luittelt. Durch Favre und Silb ermann ist bekannt, dass der folgenden Stoffe die verzeichneten Wärmeinheiten giebt.

Stearinsäure

(C36H36O4) =

9700 W.-E.

Margarinsäure

(C34H34O4) =

9560

»

Palmitinsäure

(C32H32O4) =

9420

Caprylsäure

(Cl6Hl604) =

7780

7)

Capronsäure

(Cl2Hl204) =

7000

>}

Buttersäure

(C8H8O4) =

5623

>J

Propionsäure

(C6H6O4) =

4670

7)

Essigsäure

(C4H4O4) =

3505

V

Ameisensäure

(C2H2O4) =

1915

)7

Alkohol

(C4H6O2) =

8958

Kohlenstoff (aus Holzkohle) =

8086

;>

Wasserstoff

34462

Diese Mittheilungen lassen erkennen, vne ungemein lückenhaft ic Erfahrungen über die latente Wärme der im thierischen Körper ^ brannten Stoffe sind. Man sieht sich darum genöthigt, zu einer lyi)othesc seine Zuflucht zu nehmen, wenn man eine Angabe über ic Wärmequantität machen will, deren Verwendung dem thie- i sehen Körper zu Gebote steht* Zu diesem Behufe nimmt man 11, dass die in den organischen Verbindungen der Nahrung ent-

Ij n cl w i g , Physiologie. II. 2, Auflage. ^'^

738

Wärme aus dem thier. Verbronnuhgspfocosse.

baltenen C- und H-Atorae gerade soviel Wärmeeinheiten auszugeben vermöchten, als wären sie im freien Zustande verbrannt, und ftigt zu dieser Unterstellung den vv^eiteren Zusatz, dass der 0, welchen die genannten Verbindungen mitbringen, so angesehen werden solle, als ob er schon einen ihm entsprechenden Wasserstoffantheil der Verbindung zu Wasser verbraunt habe; mit anderen Worten, wenn man nach der obigen Voraussetzung die latente Wärme einer Verbindung berechnen will, so zieht man eine ihrem Sauerstoffge- halte entsprechende Wasserstoffmenge ab.

Nach dieser Hypothese würde nun z. B. 1 Gr. Stearinsäure 9905 Wärmeeinheiten geben, während er beobachtungsgemäss nur 9700 liefert, das berechnete Resultat übersteigt das beobachtete. Anders gestaltet es sich mit den Kohlenhydraten. Wir wählen als Beispiel den Traubenzucker (CioHi^Oi-i). Da dieser eine genügende Menge von 0 enthält, um allen seinen H zu HO zu verbrennen, so kommt bei unserer Berechnung nur der C in Betracht. Nun ent- hält 1 Gr. Zucker nach obiger Formel 0,4 Gr. C, diesem ent- sprechen aber 3234 W.-E.; 1,Q Gr. Zucker giebt aber auch 0,51 Gr. Alkohol, welche nach empirischer Feststellung 4568 W.-E. liefern. Diese müssen also jedenfalls schon in dem Gr. Zucker, welcher zur Alkoholbildung verwendet wurde, enthalten gewesen sein. Be- denkt man aber noch, dass auch Wärme aus dem Zucker ent- wickelt wurde, als er bei der'Gährung unter COo-Abscheidung in Alkohol überging, so folgt aus allem Diesen, dass das berechnete Resultat weit unter dem beobachteten bleibt. Aus diesen beiden Beispielen-, die einzigen, Avelche dem kritischen Experiment unter- worfen wurden, geht hervor, dass jene Hypothese eine bald zu ge- ringe, bald eine zu hohe Verbrennungswärme giebt. Wollte man also von obiger Annahme Anwendung macheu auf ein Thier, das viel Fett und wenig oder gar kein Amylon frisst, so hätte man seine latente Wärme überschätzt, während man bei einem anderen Thiere, das Amylon und Fette im umgekehrten Verhältnisse ver- zehrt, die latente Wärme zu gering veranschlagt haben würde.

3. Die zweite Forderung zur praktischen Lösung der Frage, ob die aus clem thierischeu Verbrennungsprozesse disponibel wer- ( dende Wärme mit der vom Thiere wü-klich gebildeten überein- stimmt, verlangt Angaben über die während der Versuchszeit ent- wickehe Wärme und die in derselben umgesetzten Stoffgewichte, mit genauer Bezeichnung der in und aus den oxydirenden Processen

Messung der entwickelteu tliier. ^jirme.

739

leteudeu Atomgruppen. Von diesen Bedinguiigen ist die erstere ,anz und die letztere mindestens theilweise zu erfüllen.

Die Wärme, welche die Thiere während der Versuchszeit ent- ickelu, kann durch ganz dasselbe Verfahren gemessen werden, i Iches zur Bestimmung der Verbrennungswärme eines beliebigen vtouis dient. Man sperrt das zu untersuchende Thier, dessen Tem- loratur zu Anfang und Ende des Versuches übereinstimmen muss, II einen rings von Wasser umgebenen Metallkasten und bestimmte lie Temperaturzunahme, welche das bekannte Gewicht des umge- I enden Wassers während der Anwesenheit cles Thieres im Kasten 1 fahren hat.

Den qualitativen und quantitativen Gang der Stoffbewegung les dem Versuche untenvorfenen Thieres erschliessen Dulong und )espretz aus der Menge des aufgenommenen Sauerstoffs und ■er ausgegebenen CO2; nach den in der Respirationslehi-e entwickel- m Grundsätzen genügen bekanntlich diese Angaben, um daraus lieh die Menge des verbrannten Kohlen- und Wasserstoffs zu Inden. Vorausgesetzt, es sei die möglichst günstige Annahme zu- troffen, dass während der Versuchszeit die ganze Menge von 0, Iche in derselben aufgenommen wurde, auch zur Bildung von » >2 und HO verwendet, nnd es sei auch die ganze Menge der ge- ildeten CO2 wieder aiTsgeathmet worden, so würden die gelieferten dingnngen immer noch nicht genügen, um daraus die Menge der \'ärme zu bestimmen, welche während der Oxydation frei wurde, »icses folgt unmittelbar aus den vorhin mitgetheilten Erfahrungen, l;tss die Wärmemenge, welche ein Atom H oder C bei seiner Um- \andelung in CO2 und HO liefert, sich richtet nach der Verbin- luug, aus welcher jene Elemente verbrannt wurden. Deragemäss iiiissten zu jenen Angaben des erwähnten Versuches auch noch die

I r complizirten Stoffe kommen, aus welchen die CO2 und das HO

II rausgebrannt wurden.

4. Aus dieser Besprechung der Methoden und der Voraus, '/.mg der Rechnungen für die Versuche von Despretz und 1 1 0 n g dürfte der Schluss gezogen werden , dass die aus ihnen gewonnenen Resultate keinesfalls der Ausdruck der vollen Wahr- aeit sein können, namentlich lässt sich voraussagen, dass die Rech- lung für die Thiere, welche überwiegend Fette umgesetzt haben- 'iu hoch, und für die, welche .vorzugsweise Amylaceen verzehrten z. B. Kaninchen, Meerschweinchen) zu niedrig ausfalle. Als Werthe

•17*

740

Veraijderliölio Wärmeerzeugung.

welche sich jedoch entfernt der Wahrheit annähern , sind sie niclit ohne Interesse; wir geben darum die Tafel von Dulong. Die unter der Rubrik Wärmeverhältniss aufgeführten Zahlen sind ein Quotient aus den vom Thiere wirklicli ausgegebenen Wärraeeinheiten in die aus der COa-Ausscheidungund dem 0-Verbrauch berechneten.

Zahl der Beobachtungen. Wärmeverhältniss.

Katze . . 5 0,902

Hund . . 3 0,956

Meersch'wein 3 0,865

Kaninchen 2 0,913

Aus der Thatsache, dass in keinem Falle die nach der Be- ! rechnung gebildete Wärme den wirklichen Verlust erreicht, schlies- \ sen wir, indem wir das Gesetz von der Erhaltung der Kraft als ' ein unumstössliches ansehen, dass auch die Eiweisskörper wie die Amylaceen bei ihrer Verbrennung mehr Wärme ausgeben, als sich aus ihr nach den aufgestellten Principien berechnet.

In der obigen Tafel von Dulong sind statt der von ihm seihst angewendeten Lavoisi er' sehen Zahlen für die Verbrennungswärme des C und H die von Favre und Silb ermann gefundenen (S086 und 34462) benutzt. Die Beobachtungen von Despretz lieferten ein ungünstigeres Verhältniss zwische» dem hypothetischen Wärnie- gewinne und dem wirklichen Verluste ; dieses verwandelt sich allerdings ebenfalls in ein sehr günstiges , wenn man statt der von ihm benutzten Zahlen für die Verbren- nungswärme des C und il die S ilb er m ann - Fa vr e ' sehen substituirt. Dieses dürfte aber wohl nicht erlaubt sein, weil Despretz die Verbrennungswärnie der Thiere und der genannten Elemente nach derselben Methode bestimmt hat, so dass also der bei seinem Verfalu'cn eingetretene Verlust in der einen und der anderen Bestimmung sich . geltend macht. Die Beobachtungen von Despretz sind aber darum nicht fehlerfrei, weil die Luft, in welcher seine Thiere athmetcn, zu Ende des Versuchs mehr COj und weniger Sauerstoff enthielt, als zu Beginn derselben. Also niussten auch die Thiere, nach den in der Athemlehre entwickelten Grundsätzen zu Ende der Beobachtung i'eicher an COo sein, als zu Anfang derselben; dieser Unterschied bedingt aber einen Verlust an der beobachteten CO2 und damit auch an der berechneten Wärme.

5. Veränderliche Wärmeerzeugung. Setzt man die Annahme als richtig voraus, dass die thierische Wärme der chemischen Be- wegung ihren Ursprung verdanke, so folgt unmittelbar, dass die Wärmequellen mit der wechselnden Zeit sehr ungleich fliesseu müssen. Eine Andeutung für die liichtigkeit dieser Folgerung giebt die tägliche Temperaturcurve , welche bekanntlich ansteigt, wenn der Sauerstoifverbrauch gewachsen ist, ohne dass eine unverhält-

Das Verhältniss der Wärmebildniig zu niidorn pliys. Vorgängen. 741

lissmassig grosse Wärraeausfuhr bestellt. Früher wurde jedoch iiieh gesagt, xlass die einfache Temperaturbeobachtung nicht im >tande sei, die nöthigeu Daten für die Veränderlichkeit der Wärme- rzeiigung zu liefern; dazu würde nur die Messung der jederzeit i zeugten Wärme führen können.

Hirn hat sich in der That bemüht, das Abhängigkeitsverhältniss aufzusuchen,' , u clehcs zwischen irgendwelchen andern physiologischen Bedingungen und der Wärme- :bildung bestehe. Zur Messung der entwickelten Wärme bedient er sich des schon bc- •schriebenen calorimetrischen Kastens (p. 735). Die Menschen , welche sich in dem- •selben aufhielten, athmeton aus einem Gasometer in ein anderes, so dass ausser dem Wärraeyerlnst, den der constante Temperaturunterschied zwischen der Luft im Kasten und dderjenigen im Zimmer maass, auch noch die Menge der Gase bestimmt werden konnte, die bbei der Athmnng verbraucht und gewonnncn wurde. Jede der an Alter, Geschlecht, KKörpergewicht, Wohlbefinden u. s. w. verschiedenen Personen, welche Hirn dem Ver- ssuch unterwarf, musste nun im Calorimeter entweder in ruhender Stellung verharren «oder in einem Rade, das von- einer Dampfmaschine getrieben wurde, auf- oder ab- ssteigen. Die Arbeit, die sie dabei leistete, hemmende oder beschleunigende, konnte ssomit ebenfalls nach Kilograrammeter gemessen werden.

Die Ergebnisse, welche diese Versuchsreihe geliefert hat, müssen aus mehreren 'Gründen auffallen. So sollen 1) alle Personen gerade so viel Volumen 0 verschluckt ihaben, als sie CO2 ausstiessen ,• so dass also aller eingenommene Sauerstoff zur Oxy- üdation von Kohle gedient hätte; da der Mensch nicht ausschliesslich Amylon und /Zucker verzehrt, so bleibt jenes Resultat unerklärlich. Zweitens aber findet Hirn, > dass die ruhenden oder im Rad absteigenden Menschen , wie sie auch sonst beschaffen »waren, immer für I Gr. verschluckten Sauersoffs respect. für 1,375 Gr. ausgehauchter 1GO2 mehr als 5000 AVärmegramme (zwischen 5000 und 5500) ausgaben. Aber auch diese Zahl ist noch immer befremdend gross , selbst wenn mau zugeben wollte , dass die Him'schen Versuchspersonen nur Kohlenhydrate verbrannt hätten. Da wir nicht wissen, wie viel Wärme ein Gramm Sauerstoff entwickelt, wenn er sich mit der aequi- valenten Menge von Zucker zur Bildung von CO2 und HO vereinigt, so wollen wir, um der Gefahr der Unterschätzung auszuweichen, annehmen, dass bei der VerlDrennung des Zuckers die in ihm vorhandenen C- und H-Antheile gerade soviel Wärme' lieferten, als ob sie aus dem freien Zustand heraus in CO2 und HO verwandelt wären. Dann gäbe 1 Gr. freien O's , indem er 0,937 Gr. Zucker verbrennt, 5162 W. E. Diese Zahl erreicht also noch immer nicht das von Hirn öfter gefundene Wänncäquivalent des- jenigen Sauerstoffs, den der ruhende Mensch verzehrt. Dieses Zurückbleiben erscheint aber besonders bedenklich, weil der Zucker der oxygonreichste Nahrungsstoff ist, der (jfsshalb auch zur Verbrennung die geringste Menge freien RauerstoH's nöthig hat. Aus diesem Grunde giebt auch 1 Gr. freien O's, welches sich mit Zucker verbindet, mehr Wärme, als bei seiner Vereinig\ing mit jedem andern vnrbrcnnliclien Blutbcstaiid- theil. Wollte man also die Zalilen von Hirn noch annehmbar finden, so müsste man ■unterstellen, dass in dem von ihm beobachteten Menschen neben der Oxydation noch andere wärmebildcnde Umsetzungen stattgefunden hatten. Da diese aber nur auf Kosten des gesammtcn tliicrischen Wärmevorraths geschehen konnten , so mussten nun ; auch Zeiten kommen , in denen der ruhende Mensch für denselben Sauerstoffverbrauch

742

Boziehun^- zu Sauovstolfvorbraucli und Wiirmebildung.

viel weniger Wärme ausgogoboii liatte; diese Zeiten musston aber niemals bei den zahlreiehon Versuchen von Hirn anwesend gewesen sein.

Ein Theil dieser Abweichungen erklärt sich wohl aus den wenig sorgsamen analytischen Behelfen, deren er sich bediente. Drittens endlich macht Hirn die Annahme, dass der Sauerstoff in den arbeitenden Muskeln gerade so benutzt werde, wie in den Zer- setzungen, die der ruhende Körjjer erleidet, und zwar darum, weil bei seinen physikalischen Anschauungen nur unter dieser Voraus- setzung seine Versuche zu den von ihm gewünschten Folge- rungen führen. Nun wurde aber schon wiederholt (p. 385; 525; 602) erwähnt, dass bei der Muskelbewegung relativ viel CO», aber ' wenig Harnstoff gebildet werde, ja es hat Voit*) neuer- lichst dargethan, dass die tägliche Harnstoflfausscheidung eines Thiers von der Muskelanstrengung gänzlich unabhängig ist, also giebt es jedenfalls zwei verschiedene Reihen von Oxydationen, eine, ".die ebensowohl im ruhenden wie im bewegten Köi-per ein- tritt, diejenige nämlich, die zur Harnstoifbildung führt, und eine andere, nur dem bewegten Körper eigenthümliche, die nicht in das letztere Produkt ausmündet.

Aus Allem dem geht hervor, dass die von Hirn gezogenen Folgerungen über die Beziehungen zwischen Sauerstoffverbrauch, Wärraebildung und Arbeitsleistung nicht stichaltig sind. Nimmt man aber an , dass der Fehler in seilten Bestimmungen überall annä- hernd derselbe gewesen sei, so gewähren seine Zahlen noch we- sentliches Interesse. Wir lassen darum seine Tabellen, soweit sie Thatsachen enthalten, folgen.

Zum Verständniss derselben muss bemerkt werden, dass die 1. Reihe in einem Kasten von andern Dimensionen ausgeführt wurde als die zweite. Beide Kasten waren aber auf gleiche Weise graduirt. In der Columne Arbeit bedeutet -|- ein Aufsteigen, ein Absteigen im Rade.

•) Mlinolinor Sitzungsberichte der mathemat.-physik. Klasse 18G0. 139.

0-Vorbrauch, Wärmebildung und Arbeitsleistung.'

I. Reihe.

743

Zeichnung

und r des Indi- viduums.

Inder Minute.

Ein:

In der Stunde. = au3-

Pulsc.

Atiicni- züge.

,geatlimete Kurperp-£„fj^.Q,„„,

^■S" bei ÜO und 0,760 M. Hg-Druclc Cub.-M.

Ab- sorbirtes 0-üew. in Gr.

Ent- ivieliolte Wärme- Kilos.

Zahl der Wärme - Kilos fUr 1 Gr. ab- sorbirt. 0.

Arbeit In der Stunde nach Kilogr. - Metr.

l 42 Jahr. 1

2

3 4 5 6 7 8

' 1 8 Jahr. 1 2

1. 47 Jahr. 1 2

. 3

-Mädchen IS Jahr.

1

2

63,85 63,89 65,51 62,17

62,26

52,20 51,45

84,52

84,'91

64,91 65,60

0,819

0,717

0,776

1,75

1,77

1,96

1,96

1,78

0,757 1,40

0,67 2,75 2,51

0,37 1,47

27,6 26,6 27,0 113,1 112,2 126,9 123,3 117,9

45,3 111,3

32,a 156,1 156,5

24,6 107,8

143,9 146,9 147,9 245,6 283,6

:m,\

309,3 333,8

161 263,7

189

325,2

356,3

129,2 252,1

2. Reihe.

5,21 5,52 5,48 2,71 2,64 2,37 2,52 2,84

4,8 2,94

5,73 2,08 2,27

5,25 2,34

H 42 Jahr.

I

80

18

0,621

29,65

155

5,22

2

145

30

60,9

2,034

131,74

251

1,905

3

145

30

61,0

1,9755

115,7

203

1,754

4

105

20

61,3

1,-548

63,85

351

5,5

o 18 Jahr.

1

0,875

32,94

170

5,161

2

53,7

1,601

99,12

291,5

2,94

3

51,2

1,364 0,8883

88,7

269

3,02

4

80

22

51,6

47,33

251

5,31

J. 42 J.

1

85

11,5

0,5085

32,8

170*

5,183

2

85,1

1,6222

116,22

255

2,194

S. 47 J.

I

60

7,5

0,5445

27,07

140,2

5,181*

120

11

72,85

1,405 0,7386

128,2

229

1,78

3

73,2

48,28

251

5,18

Mädchen

18 Jahr.

1

0,6055

29,52

147,9

5,0

2

61,5

1,474

108,3

280

2,059

0 0 0

23257 20750 22208 21700 2217(?)

0

17539 0

+ 34532 4- 34260

0

-f 22387

+

1:

0

27448 23357 26972

0

25912 22989 24175

0

33332 0

-|- 32550 30275

+

+

0

20888

Wärmeverluste.

Die Wänneverluste entstehen 1) dadurch, dass die flüssigen öand festen P^innahmen (Speisen) des thierischen Körpers kälter <8ind, als seine flüssigen und festen Ausgaben (Harn und Koth);

qj^^ ^ ' . Wäniioyerhistfi.

die Würrae, die a.ui" die Gewichtseinheit dieser den Organismus durchlaufenden Massen übertragen wird, ist abhängig von ilu-er Wärmecapacität und dem Unterschiede ihrer Temperaturen beim Ein- imd Austi-eten aus dem thicrischen Körper. Unter allen Umständen ist dieser Wärmeverlust nur ein geringer Antheil der Gesammtein- busse. 2) Durch Leitung und Strahlung von den freien Ober- flächen des Körpers, insbesondere von Lunge und Haut, gegen die umgebenden Medien. Wie viel Wärme hierdurch in der Zeiteinheit auf der Einheit der Oberfläche verloren geht, ist bekanntlich ab- hängig von dem mittleren Temperaturunterschiede zwischen dem umgebenden Medium und dem Organismus, von der Wärmecapaci- tät und Leitungslahigkeit der Umgebung, oder wenn diese letztere Eigenschaft wie bei der Luft, ganz fehlen sollte, von der Bewe- gung derselben. Flir die Lunge lassen sich die nöthigen An- gaben leicht gewinnen, weil sie eine constante Temperatur besitzt und die Luft, die mit ihr in Berührung kommt, sie immer auf nahezu 36" bis 37" C. erwärmt verlässt. Beispielsweise werden wir sogleich eine Rechnung ausführen. Für die Haut sind dagegen die nöthigen Angaben nicht zu erbringen; dieses ist ersichtlich, weil die Temperatur der Hautoberfläche nach Zeit und Ort fort- während veränderlich ist, eine Veränderung, welche eine compli- . zirte Folge ihrer Blutfülle, der Geschwindigkeit des Blutstroms, der Bluttemperatur, der Wäriuezuleitung von den inneren Organen durch den panniculus adiposus hindurch, der Wärmeleitungsfähigkeit und der Dicke der Epidermis und des Wärmeverlustes auf der Ober- fläche ist; denn die Haut kommt nicht blos mit Luft, sondern auch mit Kleidern, Wasser u. s. w. in Berührung, und der Temperatni- grad, den die berührende Luft annimmt, ändert sich mit ihrer Be- wegung, welche sejbst Avieder aus vielen Gründen, die in der Luft und in der Art der Kleidung begründet sind, variirt. 3) Der thierische Körper verliert ferner Wärme, weil er fortwährend Wasser verdunstet; der Verlust an Wärme, die in den Wasserdampf latent übergeht, muss für die Zeit- und Flächeneinheit abhängig sein* von der Temperatur der Körperoberfläche, ihrer Befeuchtung und der Sättigung der Luft mit Feuchtigkeit, kurz, von allen den Umstän- den, welche wir bei der Verdunstung schon ausführlicher angegeben. Die in Frage kommenden Faktoren sind nun bekanntlich wiederum in der Lunge constanter als in der Haut, so dass es immerhin ge- lingt, den Wärmeverlust, den wii- durch Verdunstung aus der Lnnge erfahren, sicherer zu bestimmen, als den durch die Haut. -

Tngliclio Gesamniteiiinahmc uml Wärmeausgabc. 745

) Die Lehre von der Erhaltung der Kräfte drängt endlich noch tu der Annahme, dass anch Wärme, gleichgültig ob sie latent oder •;ei war, verloren gehe durch die Erzeugung derjenigen Muskel-

räfte, welche zu einer mechanischen Arbeit jenseits der Leibes- rrenze verwendet werden. Für gewöhnlich mag dieser Verlust Iiierdings nicht sehr hoch anzuschlagen sein, da das mechanische xequivalent der Wärrae eine sehr beträchtliche Grösse besitzt, oder esser gesagt, da mit einem geringem Aufwände an Wärme sehr iiel Arbeit zu leisten ist.

Da die Wärme eine Bewegung ist, so muss sich auot angeben lassen, wie viel ■on irgend welcber anderen bewegenden Kraft z. B. der Schwere, angewendet werden uss , um eine bestimmte Menge von Wärme zu erzeugen und umgekehrt. Nach den essungen von Joule, Jacobi und Leguin ist übereinstimmend festgestellt, dass i30 Metergramrae, d. h. eine Kraft, welche 430 Gramme auf 1 Meter zu erheben ver- tag , aequivalent sind einer Wärmeeinheit , d. h. der Wärme , welche nSthig ist , um Gr. Wasser von 0" auf 1" zu erwärmen.

Vergleichung der täglichen Gesaramteinnahmeund .usgabe an Wärme.

Wir stellen dieselbe nach Barrai*) an, welcher sich auf eine, Tie es scheint, umsichtig geführte Versuchsreihe stützt; seine Rech- nungen können jedoch, weil sie zum Theil auf unrichtigen Annah- lten beruhen, nur zu einer annähernd richtigen Vorstellung führen. J^ebrigens herrscht eine gewisse lieber ein Stimmung zwischen seinen md den Resultaten einer Rechnung, welche Helmholtz**), von lurchaus anderen Voraussetzungen ausgehend, anstellte.

Barrai unternahm an 4 Individuen, zwei Männern, einem von 9 und einem von 29 Jahren, einer Frau von 32 und einem Kinde lon 6 Jahren, 5 Versuche, von denen je einer einen Zeitraum von Tagen umspannte. In dieser Zeit bestimmte er Gewicht und Zu- ammensetzung der Speisen, des Harnes und'Kothes; da das Kör- Eßrgewicht unverändert blieb oder wenigstens als solches ange- ' ommen werden darf, denn er liess die Leute , bei ihrer gewöhn- teben Lebensweise und Nahrung, so gab der Gewichtsunterschied wischen der Nahrung und dem aus After und Blase entleerten Kassen den Verlust durch Haut und Lungen. Da auch die Zu- wmmensetzung der Nahrung, des Harnes und Kothes bekannt war, 0. liess sich auch die des Haut- und Lungendunstes finden. Be- icksichtigt man das 24stündige Mittel in Einnahme und Ausgabe lir Wasser und organische Bestandtheile, so hat man :

*) Statlque chlinique dcg nnlmnux. Paris 1850. p. 'H'> f-

746

Gesaininteinnalniie und Wärmeausgabo.

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Ordnungszahl der

Beobachtungen.

C H-'fUi 00 00 CD CO O O tC' CO 05 »■ CD ^

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Wasser.

335,7 242,3 140,2 296,8 274,6

p

51,9 38,7 21,4 42,9 41,7

w

14,3 10,1 3,0 9,6 11,6

248,8 178,6 121,8 245,8 203,4

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1998,

Wasser.

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W.-E. durch Verbrennung des^. u. C.

747

Ans den Angaben der Tabelle II. berechnet sich nun: 1) der ärmende Wasserstoff; darunter versteht man aber nach der frü- hen Verabredung- den Theil des aus den Speisen verbrannten H, elcher zu seiner Verbrennung den eingeathmeten Sauerstoff benutzt, M'ht aber denjenigen, welcher schon im festen Zustande in den Speisen iithaltcn war. Er wird aus den Zahlen der Tabelle IL abgeleitet, in- ora man berechnet, wie viel H nöthigist, um den in der letzten Co- m.ne aufgeführten 0 in HO umzuwandeln; zieht man diesen be- ehneten Werth ab von dem in der Tabelle aufgeführten H, so ildet der Rest den wärmenden, d. h. denjenigen, welcher bei der t ürmeberechnung in Anschlag gebracht wird. 2) Das neu ge- ildete Wasser, und zwar dadurch , dass man den H der vorliegen- on Tabelle auf Wasser berechnet. 3) Addü't man dieses Wasser 11 dem der zweiten Colonne, so erhält man das Gesammtgewicht OS verdunsteten Wassers. Das Gewicht der verdunsteten CO2 ird nach bekannten Regeln ebenfalls aus dem Vorstehenden ab- cleitet. — 5) Macht man endlich die Voraussetzung, dass die usathmungsluft im Mittel 4 pCt. CO2 enthalten habe, so findet sich US unseren Daten auch noch das Gewicht der Ausathmungsluft. Ile diese berechneten Werthe sind in der Tabelle III. zusammen- stellt. Die Zahlen bedeuten Gramme.

Tabelle III.

Mungs-Nr. ersuche».

Wärmender Wasserstoff.

Nengebildötes Wasser.

Gesammtgewicht des verdunsteten Wassers.

Gewicht der ver- dunsteten CO2.

Gewicht der Ausatlunungsluft,

I.

20,S

. 467,0

1287,8

1230,9

30772,5

II.

16,4

348,5

1158,0

888,4

22210,0

III.

6,2

192,8

694,7

514,0

10350,0

IV.

12,2

386,3

522,6

1088,3

27207,5

V.

16,.3

366,5

965,7

1006,9

15140,0

Damit ist nun die weitere Möglichkeit eröffnet, zu berech- 111: 1) die Zahl der den Tag über gebildeten Wärmeeinheiten iitcr der Voraussetzung, dass der wärmende H und der C bei 11 er Verbrennung ebensoviel W.-E. entwickelt haben, wie bei ihrer cibrennung im freien Zustande. Wir legen hierbei die Zahlen on Favre und Silbermann, nämlich für 1 Gr. C. = 8086 W.-E. rid ftir 1 Gr. H. = 34462 W.-E. zu Grunde. Dieser Voraus- itzung dürfte weniger Wärme entsprechen, als in der That ausge- geben wurde, da die feste Nahrung in den beobachteten Fällen vor- I jgsweise aus Brod, Zucker und Gemüse, also aus Kohlenhydraten cstand, welche, wie frtlher erwähnt, in der That eine höhere

748

■\Värmovorlust (Uivch "WasserverdunstuTig.

Wärme entwickeln, als nach unserer jetzigen Bereclinungsgrund- lage aus ihnen gefunden wird. 2) Den Wärmeverlust durch Ver- dunstung des Wassers; indem man die Wärme des den Körper verlassenden Wasserdunstes auf 37" .setzt und ihn im Maximum der Tension befindlich annimmt. 3) Den Wärmeverlust durch die Erwärmung der Athmungsluft; die spec. Wärme der Athmungs- luft ist gleich der der atmosphärischen mit de la Roche und Börard auf 0,267 gesetzt. 4) Die Wärme, welche an die ein- gegangenen Nahrungsmittel abgegeben wurde, deren mittlere Tem- peratur vor der Aufnahme auf 15" angenommen wird. 5) Die Wärme, welche mit der flüssigen und festen Ausleerung entfernt, wurde; die spezifische Wärme beider ist dem Wasser gleich ge- setzt. — 6) Endlich die Wärme, welche durch Strahlung, Leitung und Umsetzung in Arbeit verloren ging.

Wärme- Gewinn.

Wärme-Verlust.

Durch Wnssor- verdiiiistung.

Durch Erwär- mung d. Ath- mungsluft.

Durch Erwär- mung der Nahrungsm.

Durch die flUss. u. feste Entleerung,

Durch Strah- Uing.-Lcitnng und Arbeit,

I.

3677820

789421

308438

60610

52697

2566654 •.

II.

2706076

699801

100811

52492

33020

1819952

III.

1461334

425851

90558

. 30716

26288

887921

IV.

3103536

320354

222868

59620

66103

2434591

V.

2928831

612103

132570

51471

33556

1999131

Eine einfache Uebersicht über das Verhältniss der Wärmege- winne giebt folgende Zusammenstellung, in welcher die Zahl der in 24 Stunden gewonnenen Wärmeeinheiten auf die Einheit des Kör..^ pergewichtes (auf 1 Gr.) reducirt ist. \

m

Ordnungsnummer des W.-E. für 1 Gr. Körpergewiclit k

Versuches. während 24 Stunden entwickelt. m

I. 77,4 n. 65,9 m. 97,4 IV. 52,9 V. 47,9 Diese Zusammenstellung ergiebt, dass der Mann in den mitt- leren Jahren im Sommer weniger Wärme erzeugt, als im Winter; das Kind relativ mehr, die erwachsene Frau weniger als alle übrigen Individuen.

Um die Betheiligung der einzelnen Processe an dem gesammten Wärmeverbrauch zu tiberseben, ist letzterer in der nächsten Tabelle in Procenten der Gesammtwärme berechnet.

Atlimungsluft, feste uiul flüssige Ausleerung otc.

749

Ordnungs- Nnmmer des Versuches.

Verlust.

Durch Wiisser- verdunstung.

Durch die Athniungsluft.

Durch die flüs- sige und feste Entleerung.

Durch Strahlung, Leitung v.d. Haut u. raech. Arbeit.

1.

n. in.

IV. Y.

21,46 pCt. 25,85 29,14 10,32 20,90

8,39 pCt. 3,72 6,19 7,18 2,53

1,43 pCt. 1,22 1,80

2.13

1.14

67,07 pOt. 67,22 60,77 78,45 71,67

Aus dieser Tabelle ist ersiclitlicli , dass weitaus die grösste jinbusse durch Strahlung und Leitung und durch Erzeugung me- aanischer Arbeit zu Stande kommt; eine einfache Ueberlegung eist dann aber darauf hin, dass von den in der letzten Reihe zu- immengefassten Funktionen die mechanische Leistung die ge- ngste Menge von W.-E. verzehrt. Denn nehmen wir z. B. an, ;r Mann L, welcher im Mittel täglich 3191948 gewinnt, habe einen i'ig von 2000 Metres Höhe erstiegen, d. h. er habe sein Körper- wicht von 47500 Gr. auf diese Höhe gehoben, so würde er (das echan. Aequivalent zu 430 Metergramme genommen) dazu nur ?()930 Wärmeeinheiten, d. h. etwa 7 pCt. seiner gesammten Wärme- enge, verbraucht haben.

Bildung und Verbrauch von Wärme in den ein- Inen Organen.

Zunächst liegt es nun ob, anzugeben, in welchem Maasse sich

einzelnen Organe und Gewebe an dem Gewinne und dem Ver- -te der Wärme betheiligen, da es aus dem uns bekannten che- ischen Leben derselben offenbar ist, dass sie dieses nicht alle in eicher Weise thun.

Um den Werth feststellen zu können, mit dem ein jeder Be- andtheil unseres Leibes in jenen verbreiteten Process eingreift, wird i hts mehr und nichts weniger genügen, als die Kenntniss von der l und dem Umfange des Stoffumsatzes und des Wärmeverlustes irch Leitung und Sti-ahlung an allen Orten; statt dessen würden ich vorausgesetzt, es hielte sich die Temperatur in den betreffen- n Organen constant, die Wärmecapazität und der Temperatur- iterschicd der zu- und abfliessendeu tropfbaren Flüssigkeiten und

Verluste durch Strahlung genügen;, oder wenn die Temperatur riabel wäre, so würde noch die Kenntniss der Wärmecapazität •s Organes und des Umfanges der Temperaturschwankung nö- ig sein.

750

Wärmeökoüoniio einzelner Organe.

In der That wissen wir aber im Einzelnen nur Folgendes. Zu den vorzugsweise wärmesammelnden Gebilden zählen wir:

a. Die Muskeln im ruhenden und im verkürzten Zustande. Denn diese Organe verlieren durch Strahlung keine Wärme, wäh- rend sie mit Hülfe des hinzutretenden O's CO) entwickeln, und dieses letztere in gesteigertem Maassstabe, wenn sie sich im ver- kürztem Zustande befinden. Hiermit im Einklänge finden Bcc- querel und Brechet durch die thermoelektrische Messung, dass der zusammengezogene Muskel um 0,5" bis 1,0" wärmer als der verlängerte ist.

b. Die Speicheldrüsen während der Zeit ihrer Absonderung.

c. Die Baucheingeweide. In ihnen ereignen sich weit- verbreitete wärmeerzeugende Vorgänge, so u. A. die häufigen Zu- sammenziehungen der Darmmuskeln, die Gährungen im Darmrohre, die Bildung von Harnsäure in der Milz, von Gallenstoffen in der Leber u. s. w., gegen deren erwärmende Macht die Abkühlung durch die Speisen, die einzige, welche sie erleiden, nicht in Be- tracht zu kommen scheint. Die Eichtigkeit dieser Folgerung be- stätigt die Temperatur des Blutes in der vena cava ascendens, welche immer noch höher ist, als die des Arterienblutes, trotzdem dass sich in jener Vene neben dem aus den Baucheingeweiden stammenden auch. noch das aus den kälteren unteren Extremität cii zurückkehrende Venenblut sammelt.

d. Die Organe, welche vorzugsweise aus Bindegewebe, Fett, Knorpel und Knochen bestehen, sind rücksichtlich ihrer Fä- higkeit, Wärme zu erzeugen, noch wenig untersucht : so viel scheint nur gewiss, dass ihnen dieselbe nicht abgesprochen werden kaim. da das in sie dringende arterielle Blut venös aus ihnen zurü( k- kommt, zum Zeichen, dass dasselbe dort Kohlensäure empfaugeu hat, und da in einzelnen derselben, wie z. B. in der Lungensub- stanz, Harnsäure gefunden worden ist. Ungewiss ist es end- lich, ob das Blut, welches gegen eine vielfache Berührung mit den Organen geschützt ist, Umsetzungen erfahrt, die Wärmeentwicke- lung zur Folge haben. Von den Thatsachen, welche man bis daliin für das Bestehen einer Wärmebildung in ihm anführte, bestand eiue darin, dass das aus den Lungen zurückkommende Blut durch die Abkühlung, Avelche es dort erfahren musste, höher temperirt sein sollte, als das eindringende. Diese Thatsache ist aber durch die oben erwähnten Beobachtungen von Bisch off, G. Lieb ig, Ber- nard u. A. widerlegt worden.

Haut und Lunge als Kühlungsapparate.

751

Zu den külileDden Apparaten zählen vor allen Haut und Lunge.

a. Haut. Die Wärmemenge, welche dieses Organ ausstrahlt md ableitet, ist unter der Annahme, dass dasselbe in unbekleidetem •iUstand in Betracht gezogen und alles üebrige gleichgesetzt wird, lus einleuchtenden Gründen abhängig: 1) von der schlecht leiten- ten Epidermis und des Haarbeleges; der Wärmeverlust ist darum, llles Andere gleichgesetzt, an den Fusssohlen, den Handtellern, eer Kopfschwarte geringer als an den Lippen, Ohren, Augenli- eern u. s. w. 2) Von der Fülle des Gefässsystems , welche be- aanntlich wechselt mit dem Blutdruck und der Widerstandsfähig- «eit der Wandung, und, insofern diese bedingt wird durch die ileinen Muskeln des Hautgewebes ' und der Gefässwandung , auch oon dem Grade der Zusammen ziehung, in dem diese begriffen sind. 3) Von der Gestalt der Unterlage, über welche die Haut ge-

■pannt ist. Auf der Flächeneinheit dünner, spitzer Körpertheile, tie z. B. der Ohrmuschel, der Nase, den Fingern und überhaupt een Extremitäten wird der Verlust grösser sein, als auf der eines lumpfstückes , und zwar darum, weil die Strahlung aus Spitzen bberhaupt lebhafter vor sich geht, als aus ebenen Flächen. I) Die Vorgänge der Verdunstung entziehen aber, wenn alles Uebrige ieich, der Haut um so mehr Wärme, je feuchter ihre Oberfläche tt. Aus diesem Grunde wird namentlich eine Haut, deren Schweiss- rcüsen in Thätigkeit sind, und die sich in Folge dessen mit Fltis- ggkeit bedeckt, -in das Maximum des Wärmeverlustes durch Ver- unstung eintreten. Der thatsächliche Ausdruck dieser Voraus- echten liegt nun darin, dass das Blut der Hautvenen die niedrigste Temperatur unter allen Blutarten zeigt, dass die thermoelektrische nitersuchung das Unterhautbiudegewebe kälter findet, als dasje- |ge tiefer liegender Organe, und endlich darin, dass "unter den srschiedenen Ausgaben, welche sich in die Wärmeeinnahme des Ilörpers theilen, die durch die Haut immer die grösste ist. Bei tm grossen Werthe, welchen der Wärmeverlust hier erreicht, ist i nun unmöglich zu sagen, ob und wie viel Wärme in der Haut Übst erzeugt wird.

b. Die Abkühlung durch die Lunge nimmt mit der Zahl und wd dem Umfange der Athemzüge und mit der Geschwindigkeit des hitstromes zu. Da man ungefähr die Luftmengen kennt, welche *n Tag Uber in den Lungen wechseln, und zugleich ihren Feucli- Ijkeitsgehalt und Temperaturgrad beim Ein- und Austritte aus den

752

Teniperaturausgloicliung zu verschied. Organen.

Lungeu, so ist eine angenäherte Bereclmung des täglichen Wärme^ verhistes möglich.

Wir legen, indem wir sie anstellen, die Barrarsehen Beobachtungen mit l'ol- gondon Unterstellungen zu Grunde : Aus den Angaben des absoluten Gewichtes der Ausathniungsluft lässt sich berechnen, wie viel Wasser sie enthalten habe, vorau.sge- setzt, dass sie auf 37" C. erwärmt und mit Wasserdampf gesättigt gewesen sei. Zieht man von diesem das Gewicht des Wassers ab, welches man erhält, wenn man annimmt, dass die eingeathmete Luft auf 15" erwärmt gewesen und etwa die Hälfte (z. B. CO pCt.) des Wasserdampfes enthalten habe , den sie bei dieser Temperatur fassen konnte, so erhält man das in der Lunge wirklich verdunstete Wasser. Diese Mengen betragen für die Beobachtungen I. und IL, die einzigen, welche wir betrachten werden:

In der Lunge verdunstetes Zur Verdunstung nothw. Zur Erwärmung der Atli- Summe der ver- Wasser. Wärmeeinheiten. mungsluft verbrauchte W.-E brauchten W.-E.

L 950,5 Gr. 609590 ' 308438 919928

IL 596,0 382240 100811 483051

Diese Beobachtungen können nun dazu benutzt werden, um zu ermitteln, um wie viel das Blut abgekühlt werden musste, welches durch die Lunge strömt. Nehmen wir nämlich mit Volk mann*) an, ein jeder Herzschlag entleere 0,0025 des Körper- gewichtes Blut, und rechnen wir mit Barrai als mittlere Pulszahl in der Minute 70 Sehläge, so würden in 24 Stunden 11,970,000 Gr. Blut durch die Lunge strömen. A'er- thoilte man den Wämieverlust auf diese Blutraenge , so würde in Beobachtung I. das arterielle Blut um-u, /u" C. und in Boobachtung II. um 0,04" C. kälter sein , als das venöse. Wir folgern begreiflich aus dieser Uebereinstimmung mit den von Bischoff und G. Lieb ig für die Temperatur des venösen und arteriellen Herzblutes gefundenen Zahlen weder, dass die Unterlagen unserer Rechnung tadelfrei sind, und noch weniger, dass in den Lungen durchaus keine Wärme gebildet werde. Jedenfalls ist sie aber geeignet, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Denn wenn sich die Beobachtungen noch mehr, als es bisher geschehen, zuschärfen sollten, so würd'B es möglich sein, die alte Controvorse zum Abschluss zu bringen, ob in der Lunge eine wesentliche Wärme- quelle zu suchen sei. Sie lehrt aber jetzt schon, dass die Angaben von J. Davv, B ee qu er el-Br e che t u. A. über die Temperaturzunahme des Blutes bei seinem Wege durch die Lunge von fehlerhaften Beobachtungen heiTÜhren müssen.

Ausgleichung der Temperatur zwischen verschie- denen Organen.

Da die abkühlenden und erwärmenden Ursachen mit einer so ungleichen Kraft in den verschiedenen Körpertheilen wirksam sind, und ihre Temperatur trotz der schlechten Wärmeleitungsfähigkcit der Thierstoffe dennoch so geringe Unterschiede bietet, so müssen offenbar Einrichtungen gegeben sein, welche diese Unterschiede fortwährend ausgleichen. Diese liegen nun in der That klar genug vor in der Bewegung und Mischung der thierischen Säfte und ins- besondere des Blutes.

•) Haemodytiamili. p. 208.

Temperatur-Ausgleichung z-wischen verschiedenen Organen.

753

Als Gründe, die hierfür sprechen, sind anzuführen 1) die ischimg des erwärmten und abgekühlten Blutes im Herzen und mit die gieichmässige Vertheilung des Blutes von mittlerer ■niperatur in die verschiedenen Organe; 2) die Beobachtung, SS in allen der Abkühlung unterworfenen Theilen, und nament- •h der Haut, die Temperatur sich um so mehr der des Herz- utes nähert, je rascher und je breiter der Blutstrom ist, der irch diesen Theil kreist, während sie sich um so weiter von der- Ibeu entfernt, je geringer der Querschnitt oder die Schnelligkeit 'S Stromes ausfällt. Diese letzte Thatsache, die unzählige Male Gliedmaassen beobachtet wird, in denen eine veränderte Blut- lömung stattfindet, sei es eine Stockung in Folge von Art.erien- ler Venenuuterbindung, sei es eine Beschleunigung nach einer Er- L'iterung der zuführenden Gefässe, ist durch eine Keihe von Be- iachtungen, welche Cl. Bernard*) ausgeführt hat, in das hellste u'lit gesetzt. Wir haben schon wiederholt erwähnt, dass, wenn am Halse den Sympathicus durchschnitt, sich alle Gefässe der itsprechenden Kopfhälfte erweiterten, und dass sie, wenn er das ripherische Schnittende mit einem galvanischen Induktionsappa- i erregte, sich wieder verengerten. Nach der einfachen Durch- liueidung steigerte sich nun auch die Temperatur in der Gesichts- lut dieser Seite, während die der entgegengesetzten um einen isseren oder kleineren Werth abnahm, und umgekehrt erniedrigte Temperatur sich auf der verletzten Seite, wenn er die erregen- 11 Pohldrähte an den peripherischen Stumpf des durchschnittenen erven anlegte. Die Wärmeerhöhung, welche nach der Durch- lineidung des Sympathicus auftritt, wird man aber um so eher IS dem oben berührten Gesichtspunkte und nicht aus einer Neu- Idung von Wärrae erklären, weil die Temperatur niemals die- nige übersteigt, welche gleichzeitig im Herzen gefunden wird, id auch noch darum, weil, wie Bernard beobachtete, das aus 11 Venen zurückkehrende Blut dem arteriellen, namentlich in Be- ehung auf Färbung, sehr ähnlich ist, sich also wegen des raschen

'mrchganges nicht mit den gewöhnlichen Oxydationsprodukten der

öndegewebssubstanz überladen hat.

Bernard weicht aUzu vorsichtig noch einer Erklärung der von ihm gefundenen hatsachcn aus; gegen die ehcn mitgetheilto äussert er sich sogar ungünstig, weil er

•) Recherches expdrimontalcs sur le grnnd sympathiqne etc. Poris 1854. Gozetto mddloale. Si. Nr. 1. 2. 3.

Ludwig, Physiologie II. 2. Auflage. ^8

754

Wärmeregulatoren.

gefunden, dass In der Ohrmuschel auf der verletzten Seite immer noch eine, wenn auch nicht mehr sehr bedeutende Wärmesteigerung eintrat, nachdem er mehrere der aus ihr zurückkehrenden Yeuen , oder die zuführenden Arterien unterbunden, d. h. die Geschwindigkeit und die Ausbreitung des Blutstromes in dem Ohre gemindert hatte. Siehe hierüber noch v. d. ^ecke-Callenfels*)

Mittel zur Erhaltung des normalen Wärmegrades.

Das Verliältniss zwischen Aus- und Einfuhr von Wärme, wie- es ausgedrückt wird durch den Temperaturgrad des thierischen- Körpers, bleibt, wie wir sahen, in verhältnissmässig engen Grenzen eingeschlossen; es muss also auch der Gewinn der Wärme mit dem Verluste derselben steigen und fallen. Die organischen Bedingun- gen, welche diese Beziehungen herstellen, sind zum Theil wenig- stens bekannt, der Mechanismus dieses Zusammenhanges ist da- gegen noch nicht aufgedeckt. Eine der wesentlichsten Beziehun- gen, welche wir gesondert betrachten, ist gegeben durch die Tem- peraturempfindung, welche je nach den Einwirkungen der Kälte oder Hitze einen Wärmehunger und Wärmeekel erzeugt; in der nattirlichen Folge davon begeben wir uns, wo irgend möglich, in Verhältnisse, welche die unangenehmen Empfindungen beseitigen; wir wählen hierzu gewöhnlich solche, welche ohne Zuthun irgend welcher inneren Veränderungen die gewünschte Körpertemperatur herbeiführen, indem wir die Wärmeleitungsfähigkeit der Kleidung reguliren, warme oder kalte Speisen geniessen u. s. f. Neben diesen willkürlichen Mitteln zur Herstellung des Gleichgewichtes zwischen den Ein- und Ausgaben von Wärme, giebt es noch eine Zahl von solchen, die durch unsere Seelenzustände nicht so un- mittelbar bestimmt werden. Sie wirken in allen Individuen , aber m den verschiedenen unzweifelhaft mit einer auffallend verscliie- denen Mächtigkeit ; ausser besonderen, durch die Geburt gegebenen Anlagen wirkt auf diesen letzteren Umstand namentlich der Ge- brauch der willkührlichen Ausgleichungsmittel ein, ein Einfluss, der gemeinhin als Abhärtung oder Verwöhnung bezeichnet wird.

I. Wenn die Wärme vermehrt oder vermindert wird in Folge der gesteigerten oder verringerten chemischen Umsetzung innerhalb des Thiers, so muss die Thätigkeit, den wärmeausgebenden Or- ganen entsprechend, sich ändern. Vermehrt sich die Wärmeciu- nahme und nähert sich damit die Körpertemperatur ihrem Maxi- mum, so geschieht es, dass a) die Capillaren in der Oberfläche der

♦1 Henle's und Pfeil fer'a Ztitschrift, 2. Folge. VlI. /

Wärmeregulatoren.

755

'litis sich erweitern; der raschere und ausgedehntere Blutstrom, ler durch sie kreist, bringt die Haut auf eine höhere Temperatur, md damit wird der Verhist durch Leitung und Strahhmg, welcher iom Temperaturunterschied zwischen dem thierischen Körper und om umgebenden Medium proportional ergeht, erhöht. b) Meist ritt zugleich eine Schweissbildung ein, und damit wird eine ge- ;teigerte Verdunstung eingeleitet, welche beträchtlich abkühlend virkt. Diese Schweissbildung tritt aber wegen besonderer, noch inbekannter Einrichtung nicht an jeder Drüse mit gleicher Lebhaf- igkeit hervor, und zugleich ist auch die Summe des ergossenen Wassers nicht auf allen Hautflächen gleich gross, da die Zahl der ■>chweissdrüsen in ihnen variirt. "Wenn wir nun auch gar keine V orstellung davon haben., warum mit der gesteigerten Eigenwäi-me uch die Gefässe erweitern und die Schweisdrüsen absondern, so >t doch der Vortheil, den beide Apparate in ihrer Vereinigung zu isten vermögen, einleuchtend genug. Denn offenbar würde die Ausbreitung und Beschleunigung des Blutstromes in der Haut wenig ibkühlen, wenn, wie im Sommer und den Trojpen, die Temperatur ler Atmosphäre sich derjenigen des thierischen Körpers annähert »der sie gar übertrifft. c) Es mehrt sich endlich mit dem ge- steigerten Stoffumsatze auch die Zahl und die Tiefe der Athembe- wegungen, und damit auch die Abkühlung durch Leitung und Ver- lunstung von der Lungenoberfläche aus.

d) Der verminderten Wärmeeinnahme folgt jedesmal eine Zu- sammenziehung der kleinen Muskeln in dem Gewebe und den Blut- .gefässen der Haut, wodurch sich das Bett des Blutstromes in dieser verengert; die Haut wird also trockener, und zugleich sinkt ihre Temperatur und damit auch der Verlust durch Verdunstung und Strahlung. Unterstützend für die Zurückhaltung der Wärme tritt wefnn einmal die Gefässfülle der flaut auf ein Minimum gesunken list, auch der panniculus .adiposus ein, welcher die Ableitung der 'Wärme von den Muskeln und tieferen Gefässen zu der Haut hemmt (Bergmann). Für die Athmung gilt bis zu einem gewissen Grade das Umgekehrte von dem, was für den Fall vermehrter Wärmebil- dung ausgesprochen wurde.

Um zu zeigen, in welchem Maasse die Luft durch Aufnahme von Wärme und Wasserdampf abkühlend wirken kann, hat Helm- holtz das unten stehende Täfelchcn berechnet. In diesem finden sich die Wärmeeinheiten verzeichnet, welche ein Volum Luft, das einen Gramm wiegt, nöthig hat, um von einem gegebenen Tem-

48*

756

Wärmeregulatoren.

peratur- und einem gegebenen Feuchtigkeitsgrad auf 37" C. erwärmt I und mit Wasserdampf vollkommen gesättigt zu werden.

In der Colonne A ist die Temperatur angegeben, welche die Luft besass, ehe sie dem erwärmenden Einflüsse ausgesetzt wurde; die Colonne B zerfällt in 4 Unterabtheilungen, welche die lieber- Schriften 50, 70, 90, 100 pCt. tragen. Diese Ueberschriften be- ziehen sich auf die Prozente der ganzen Dunstmeuge, welche die ' Luft fassen kann, wenn sie die in A angemerkte Temperatur be- sitzt. Die unter den einzelnen Unterabtheilungen stehenden Zahlen geben an, wie viel Wärmeeinheiten verbraucht werden, um die Luft bei einer Temperatur von 37" C. vollständig mit Wasserdampf 1 zu sättigen, nachdem sie schon bis zu den bezeichneten Grenzen I für die unter A gegebene Temperatur mit Wasserdampf erfüllt war. -f Unter C endlich ist die Zahl der Wärmeeinheiten notirt, welche die | Luft verbraucht, um ihre Temperatur von den unter A gegebenen Graden an auf 37" C. zu bringen.

A.

B.

C.

50 pCt.

70 pCt.

90 pCt.

100 pCt.

30" C. 20» C. 10» C.

50 C.

C.

15,0 20,5 25,1 27,2 29,7

12,1 18,9 24,2 26,5 28,6

9,3 17,3 23,3 25,9 28,2

7,9 16,5 22,9 25,5 28,0

1,7 4,2 6,9 7,4 9,9

Diese Tatel lässt erkennen , dass in rlon sommerlichen Temperatur- und Feuchtig- keitsgraden die Abkühlung , welche die Luft zu erzeugen vermag , fast nur der Ver- dunstung zuzuschreiben ist.

e) Obwohl alle Hauttheile mit Mitteln zur Temperaturreguli- rung versehen sind, so sind doch einige derselben vorzüglich bc günstigt; dahin gehören die, welche zugleich mit starken Hornge- bilden und zahlreichen und grossen Schweissdrüsen begabt sind, z. B. das Haupt, das einerseits das Kopfhaar und andererseits die schweissdrüsenreiche Stirnhaut trägt; die dicke Epidermissohle der Füsse, das Haar und die Schweisdi-üsen der Achselhöhle sind eben- falls hierher zu ziehen. Anderen Hautstellen ist durch ein selir leicht und bedeutend zu erweiterndes und verengerndes Gefäss- system die Möglichkeit gegeben, ihre Temperatur dem wechselnden Gewinne und Verlust anzupassen; so die Ohrmuscheln, die Nasen- höhle u. s. w.

Wärmeregulatoren.

757

2. Auch den ungleichen Verlusten an Wärme, welche der thie- ische Körper durch Aenderungen der abkühlenden Einflüsse er- •idet, passt sich die Wärmeerzeugung an. a) Sind die Aus- aben an Wärme für die Dauer vermehrt, so kann dem ßedürfniss »egreiflich nur durch eine grosse Einnahme von Wärme genügt Verden, mit anderen Worten, der Warmblüter muss unter diesen inständen viel Nahrung zu sich nehmen. Dieser Satz findet viel- altige Bestätigung.

So ist es gar keinem Zweifel unterworfen, dass bei den Warm- )lütern die proportionale Menge von Nahrung wächst mit dem stei- nenden Quotienten aus der Oberfläche in das Gewicht des Kör- |)ers, womit, wie Bergmann*) in der anziehendsten Weise dar- j,elegt hat, die Abkühlung der Thiere steigen muss; kleine Men- schen und Thiere, welche relativ zu ihrem Körpergewichte mehr ibkühlen, essen demnach auch relativ mehr als grosse. Mit der .Muskelanstrengung nimmt ebenfalls das Nahrungsbedürfniss zu, und zugleich steigt auch mit ihr der Wärmeverlust, da ein Theil der latenten Wärme sich in mechanische Arbeit umsetzt und mit der Muskelzusammenziehung zugleich der wärmebildende Stoflfumsatz lind die Mitteltemperatur und somit auch der Wärmeverlust durch Abkühlung gesteigert wird. Man behauptet endlich auch, dass mit den klimatischen Verhältnissen der Stoffumsatz resp. die Wärme- hildung veränderlich sei. Alle Zahlenbeobachtungen, welche bis dahin vorliegen, lassen aber diese Annahme sehr zweifelhaft er- scheinen. Doch muss man eingestehen, dass die Untersuchungen auch noch mangelhaft genug sind. Denn da die Wärme, welche die Gemchtseinheit des Nahrungsmittels leisten kann, sehr beträcht- lich mit der Zusammensetzung wechselt (Fette liefern bekanntlich am meisten), so ist es nicht genügend zu bestimmen, ob das Ge- wicht der Nahrungsmittel in Island oder Westindien gleich gross -cwesen sei, sondern es ist nöthig, auch zu wissen, ob sie in Is- land reicher oder ärmer an Kohlenhydraten waren. Noch weniger befriedigend sind die Beobachtungen mit Rücksicht auf die Lebens- bedingungen verglichener Individuen; denn es ist an sich klar, dass sich durch die Kleidung, die Muskelthätigkeit u. s. w. sehr auffallende Unterschiede der Klima's ausgleichen lassen.

b. Dem thierischen Körper steht aber auch die Fähigkeit zu, über den in seinen Atomen niedergelegten Wärmevorrath so zu vcr-

•) Ucbcr die Verhältnisse der Wiirmuokoiioiiiic der TliKro zu ilirer Grüssc. Güttingen 1848.

758

■Wärmeregulfltoron.

lügen, class er einer plötzlichen Steigerung oder Minderung desWürme- bedürfnisses sieh anpassen kann. Beweise hierfür bietet die Erfah- rung, dass die Temperatur des Blutes in kalter Luft oder in einem kalten Bad nicht nothwendig sinken rauss, obwohl namentlich in dem letztem Fall der absolute Wärmeverlust grösser ist als sonst (Liebermeister). Die Mittel, durch Avelche die Grösse der thie- rischen Umsetzung sich nach dem Wärmeverlust einrichtet, sind nur zum Theil bekannt. Es zählt zu ihnen nachweislich die ver- änderliche Muskelthätigkeit, welche ein so ausgezeichnetes Erzeu- gungsmittel von Wärme darstellt, wie aus den schon früher mitge- theilten Versuchen hervorgeht. Bekanntlich benutzen auch alle mus- kelkräftigen Individuen ihre eigne Körper])ewegung dazu, um sich in kalter Umgebung zu erwärmen. Aber mit ihr scheint keineswegs die Zahl der Mittel, welche die Eigemvärme bei bedeutenden Verlusten regeln, erschöpft zu sein, da auch stillsitzende Thiere bei selbst gesteigertem Wärmeverlust ihre Bluttemperatur erhöhen können (Hoppe). Man könnte in dem letztern Fall fragen, ob nicht die wegen der Abkühlung der Haut eintretende Verengerung ihrer Blutgefässe Veranlassung dazu gäbe, dass sich der Blutstrom umfänglicher den andern vorzugsweise Wärme erzeugenden Or- ganen zuwendete, z. B. den Muskeln, der Leber u. s. w. Dieser reichliche Blutzufluss könnte dann nicht allein die Ursache einer lebhafteren Umsetzung, sondern auch in zweiter Linie die eines gesteigerten Nahrungsbedürfnisses sein.

Sachregister.

A.

bkühlung durch die Haut II, 751.

durch die Lunge II, 751. 'ikömmlinge der Fette und des Eiweisses

II, 217.

sonderung II, 202.

allgem. Bedingungen ders. II, 203.

durch Druckunterschiede II, 206. - durch Nervenerregung II, 214.

Eigenschaften der nervösen Abson-

derung II, 215.

Triebkräfte ders. II, 204.

. :iäonderungsdruck, Messung dess. II, 214. V bsonderungsnerven I, 218. II, 214. ibsonderungssäfte, weitere Veränderungen

ders. U, 215. Vbsonderungsstoffe, chemische Umsetzungen

ders. II, 216. \bsorption verschiedener Gase I, 62. S.

a. Gase.

libsorptionsfähigkeit des Blutes ,fiir Gase

U, 476. 478. i\.bTveichung, chromatische I, 289.

monochromatische I, 291. Achselgelenk I, 514. Achselhöhle, Wärme ders. II, 722.

.Achsenlange der brechenden Augenmedien I, 260.

Accomodation, Einfluss ders. auf die Grösse gesehener Gegenstände I, 334.

negative I, 288-

Mechanismus ders. I, 274.

positive I, 285. Accoraodationsbcwegungen, positive I, 287. Accomodationslinien I, 271.

Aderfigur I, 351.

. Aequivalent , endosmolisches I, 76.

zur Theorie dess. I, 81.

Aether, Wirkung dess. a. d. Nerven I, 126. Aetherschwingungen, als Erreger der Ke-

tina 1, 299. Aetherwellen I, 301. 316.

farbige und farblose I, 301. 316.

Aetherwellen, gemischte I, 303.

unsichtbare I, 302. Aggregatzustände , Entstehung der festen

II, 222. 224.

Formfolge ders. II, 221.

Gefüge der festen II, 226.

Mischungsfolge ders. II, 223.

Physiologie' ders. I, 59.

veränderte, in den Säften II, 223. Albumin I, 42; II, 6.

Modifikationen dess. I, 42. Alkalien im Harn II, 406.

phosphorsaure I, 23. ,

schwefelsaure I, 24. Alkohol, Wärmeeinheit dess. II, 737.

Wirkung dess. auf die Nerven I,

126.

Alkoholgährung I, 34. Allantoin I, 39. Allantursäure I, 40. Altstimme I, 560. Ambos, Bewegung dess. I, 367. Ameisensäure I, 25. 29.

Wärmeeinheit ders. II, 737. Ammoniak im Harn II, 396. Ammoniaksalze im Organismus I, 24. Amyloid der Leber II, 310. Amylon I, 33.

Anordnung der Atome I, 16.

dipolare I, 106.

elektromotorische I, 97.

d. Muskelnerven im Hirn u. Rücken-

mark I, 485.

peripolare I, 104. Antagonisten I, 542.

Apparate , thermometrische II, 720.

Arachinsäure I, 27.

Arbeit des Blutlaufs U, 201.

des Muskols s. Muskel. Arbeitsleistung, Beziehung ders. zu 0-Ver-

brauch und Wärmebildung II, 743. Arbeitsmaass der Spannung bei Flüssig- keiten II, 46.

für bewegte Massen II, 47.

760

Eügistor.

Arm s. Oberarm, Brustglicd. Artcriollos Blut II, 31.

Einfluss auf die Nervenorre-

gung I, 125.

Unterschied von anderen Blut-

arten II, 32. Arterien, Stromspannung bei Yerschluss

einer oder mehrerer II, 1(30. Arterionhaut II, 165. Artikulation I, 496. Artikulationsflächen I, 496.

Evolvente n. Evolute ders. I, 497. Aspiration dos Herzens II, 131. Athembewegung I, 212; II, 486. 509.

Einfluss ders. auf d. Stromspannung

in den Blutgefässen II, 161.

"~der unterdrückten II, 165.

Zusammenhang ders. mit der Herz-

bewegung II, 492. ^ Aenderung ders. durch den 0- und CO^- Gehalt der Athumngsluftll, 489.

durch Iteflexe II, 490.

durch die Med. oblongata und den

Willen. II, 491. Athenifolgo II, 488. Athemvolum II, 495.

mittleres II, 497. Athemwerkzeuge II, 479.

luftveränderndo II, 498. Athmung II, 462.

äussere II, 463.

Einfluss der Luftveränderung auf

dies. II, 469.

innere II, 472.

krampfhafte II, 487^

leichte II, 487.

ruhige II, 486.

tiefe II, 487. Athmungsfläche II, 463. Athmungsgase , Sammlung ders. II, 500. AthraungsTuuskeln II, 481. Athfflungswege, Luftströmung in dens. II,

493,

Atlas, Gelenk zwischen ihm und dem Epi- stropheus I, 504.

zwischen ihm und dem Hinterhaupt

I, 503. Atmosphäre II, 463. Atome I, 16.

Anordnung ders. I, 16.

chemische als GofühlseiTeger I, 398.

Punktionen ders. I, 16.

Physiologie ders. I, 16.

thierisehe, Wärmeeinheiten dors.

II, 736. Atrien, s. Vorhöfe. Aufgabe der Physiologie I, I.

allgemeinste I, 13. Aufrechtsehen I, 325.

Aufsaugung 1, 62. II, 202.

Aenderung ders. durch die Blutfülle

II, 565.

Blutstockung in Folge ders. II, 564.

ä.us den Geweben II, 561.

der Fette im Darm II, 658.

durch die Blutgefässe II, 563. 660.

durch die Lymphgefässe II, 567. 654.

Umfang ders. im Darm II, 67 Ü.

in den Verdauungswegen II, 652. Aufsaugungsstoffe Ii, 566.

Augapfel, Ortsveränderung dess. I, 226. 238. Auge s. Gesichtssinn.

Accommodation dess. I, 274.

Aohsonläugen der brechenden Me-

dien dess. I, 260.

Adaption dess. I, 275.

Bänder dess. I, 229.

Bewegungen dess. u. deren Geschwin-

digkeit I, 226. 241.

Bewegungsachse dess. I, 228.

Bewegungswerkzeuge dess. I, 220.

als Brechungsapparat I, 252.

dioptrischor Tlieil dess. I, 241.

Drehbewegungen dess. I, 227.

Drehpunkt dess. I, 230.

< empfindende Werkzeuge dess. I, 296.

formverändernde Bewegung, dess.

II, 239. 272.

Golenkseinrichtung dess. I, 221.

mittleres I, 263.

Muskeln dess. I, 233.

Ortsveränderung dess. I, 238.

Physiologie dess. I, 226.

Primärstollung dess. I, 231.

das reducirte I, 266.

Schutzwerkzeuge dess. I. 346.

Secundärstellung dess. I, 233. Augendrehung , Eigenthümlichk. ders. 1, 23 1 . Augenlider I, 346.

Augenmedien , durchsichtige , Dimensionen

ders. 1, 259. Augenmuskeln I, 233.

Ansätze ders. I, 235.

Nerven ders. I, 239. (Stellung zum

Willen) I, 239.

Synergie ders. I, 239.

Ursprünge ders. I, 235. Augenspiegel I, 253. Augenwasscr I, 264 ; II, 264. Ausathmungsbewegung II, 483.

- Einfluss ders. auf d. Blutlauf II, 161. Ausathmungsluft, Kohlcnsäuregehalt ders. II, 504.

Sammlung ders. II, 500.

Temperatur ders. U, 502.

Wassergehalt ders. II, 503. Auslösung der Kräfte durch Nervencrro-

gung I, 146. Ausscheidung II, 202.

llegister.

761

Auscheidung , chemische Yerändornng ders. II, 216.

Oxydation dors. II, 217.

physikal. Yerändening ders. II, 220. V.usson(lerungsorgane, Vertheilung der Aus- gaben auf die verschiedenen II, 712.

Vjisstossung des Eies II, 444.

der Galle H, 322.

des Harns II, 429. 441.

des Samens U, 441. Auswurfstoffe H, 217. Vutomatie I, 211.

B.

Bandmasse I, 492. Bänder I, 501.

der Wirbelsäule I, 506. Barometerschwankung II, 470.

Einfluss auf die Athmung II, 470.

Basen, feuerbeständige des Harns II, 406.

Bauchmuskeln, ihre Bedeutung für d. Blut- lauf II, 1 47.'

Bauchpresse U, 619. Bauchspeichel II, 351. 645.

Absonderungsgeschwindigkeit dess.

II, 253.

Ausstossung dess. II, 355.

Bereitung dess. II, 254.

Verdauungskraft dess. II, 641. Bauchspeicheldrüse II, 350. Bauchwasser II, 258. Banmfrüehte als Nahrung II, 599. Becken I, 511. ' Beharrung der Geruchsnerven I, 387.

der Geschmacksnerven I, 394. Beharrungsvermögen der Nerven I, 135.

der Retina I, 309. Bell's Gesetz I, 156. BcDzoösäure I, 36. Bcmsteinsäure I, 27. Beweglichkeit der Wirbelsäule I, 510. Bewegung der Brust, Einfluss auf d. Blut- lauf II, 143.

der Sehobjekte I, 342.

der Hand I, 518. Bewegungsachsen der Gelenke I, 499. Bilifulvin I, 42.

Biliphain I, 41. Bilivcrdin I, 41. Bindegewebe II, 251.

Emälirung dess. II, 253.

Formfolgo dess. II, 254.

gemengt mit elastischem Gewebe

II, 256. Binnengerüclie I, 3S8. Binnengcschmäcke 1, 394. Binnenobjekte, leuchtende I, 353. Binnenraum der Gelenke I, 502. Binnentöue I, 381. Blase s. Harn-, Gallenblase.

Blausäure , Einwirkung a. d. Nerven I, 1 26. Bloslegung des Rückenmarks I, 166. Blut II, 1.

Albumin in dems. II, 6.

Asche dess. II, 9; II, 26.

Gasgehalt, veränderlicher dess. II,

471.

spezifisches Gewicht II, 29.

Veränderlichkeit seinerBestandtheile

mit der Nahrung II, 37.

Verhalten in den Gefässen II, 120.

Verschiedenheit nach Geschlecht u.

Alter II, 40.

Wärme dess. II, 29. 721.

Zusammensetzung dess. II, 1. Blutanalyse II, 22.

Blutarten II, 30.

Blutbereitung aus den Speisen II, 583. Blutbestandtheile, aufgeschwemmte II, 15.

Zufuhr neuer d. d. Speisen II, 583. Blutbewegung II, 44.

Blutblldung II, 561. Blutdruck s. Stromspannung. Blutfibrin I, 42. Blutflüssigkeit II, 1.

Blutfülle , veränderter Druck des Blut- stroms durch dieselbe II, 160. Blutgase I, 26; II, 476. Blutgefässe II, 105.

Bau ihrer Wandungen II, 105.

Einfluss ihrer Muskeln II, 115.

Elastizität ihres Gewebes II, 105.

109.

Muskelschicht ders. II, 106.

Menge ihrer Muskeln II, 107.

Nerven ihrer Wandungen II, 112.

Reibung in dens. II, 109.

Verhalten d. Bluts in dens. II, 120.

Verknüpfung der Gewebe ders. unter

einander II, 107.

Wirkung der Herzbewegung auf sie

II, 131.

Blutkörperchen, arterielle II, 33.

farblose II, 21.

venöse II, 33.

Wände ders. n, 297. S. a. Blut-

scheiben.

Blutkreislaufsschoma nach Weber II, 74. Blutlauf in den Capillarcn und Venen II, 174.

in den kleinen Arterien II, 179 Blutmenge II, 40.,

Blutminerale II, 9. Blutmisehungsänderungen II, 37. Blutplasma II, 1. Blutsalze II, 9. Blutscheiben II, 15.

anatora. Bau ders. II, 1 5.

Asche ders. II, 19.

Chemie ders. II, 16. 19.

762

Kogister.

Blutschoiben, Form dors. II, 15. 16.

Gaso ders. II, 20,

Verfahren zur Sonderling ders. II, 1 7.

Vertheilung ders. im Blutstrom II,

190.

Blutsernm II, 14.

Bhitstrom , absolute Werthe der Spannung in dems. II, 153.

Bedeutung der Athembewegung für

dens. II, 143. ^

Constanten dess. II, 200.

Einwirkung der Baucliwände und

Schwere auf dens. II, 147.

Gesehwindigkeit dess. II, 183.

veränderte mit dem Herzschlag

II, 193. in der Leber II, 318.

Eichtung dess. in d. Gefässen II, 123.

Veränderlichkeit des Mitteldrucks j

in dems. mit der Blutfülle II, lüO.

verfügbare und verlorene Arbeits-

kraft in dems. II, 201. Vertheilung der Blutkörperchen in dems. II, 190.

Wirkung der Gefässmuskeln auf

dens. II, 149. S. a. Spannung. Blutveränderung durch Lungenathmung II, 539.

in den Gefässen II, ^GO.

bei veränderter Nahrung II, 37. Blutwärmo II, 29. 721.

Blutwellon II, 132.

Brechende Flächen I, 259.

Brechungsapparat, allgemeinste Aufgabe des physiologischen im Auge I, 252.

Brechungsindiccs der durchsichtigen Augen- medien I, 262.

Brennebenen I, 243.

Brennpunkte I, 242. 250.

Brennweite I, 243.

Brücke's Muskel I, 283.

Brustdruse II, 448. S. a. Milchdrüse.

männliche II, 449.

der Neugeborenen II, 462.

weibliche II, 448.

Brustraum, constanter und veränderlicher II, 494.

Volum dess. II, 493. Brustschlüsselbeingelenk I, 512. Bruststimme I, 561. 579. Brustwand, Elastizität ders. II, 434. Brustwasser II, 258.

Buchstaben I, 586.

Bildung ders. I, 587. Butinsäure I, 27.

Butter, Bestaudtheil der Frauenmilch II,

452. 455. Buttersäure I, 25. 29.

Wärmeeinheit ders. II, 737. Butyrin I, 30.

C.

Capillargefasse II, 108.

Spannung in dens. II, 174. Caprin , Capronin , Caprylin I, 30. Caprin-, Capron- u. Caprylinsäurc I, 25. 28.

29.

Wärmeeinheiten ders. II, 737. Carbonit I, 41.

Cardinalpunkte, optische I, 242.

Aufsuchung ders. I, 249.

C'onstructionsverfahren bei dens. I,

244.

einfacher brechender Flächen I, 248.

der Hornhaut I, 265.

der Crystalllinse I, 265. Casein I, 44. 45.

Bestandtheil der Frauenmilch II,

453. 454.

Entstehung dess. II, 451. Cellulose I, 33.

Ccntralorgane als Bedingung der Erregbar- keit I, 123. Cerebrin I, 33. Cerebrinsäure I, 33.

Chemische Folgen der Leistungen der form- losen Elemente I, 5. Chemismus, Bedeutung dess. im Loben I, 3.

als Erreger des Gefühls I, 406.

als EiTcger des Muskels I, 436.

. als Quelle der Nervenkräfte I, i-12. Chlorgehalt des Harns II, 397. Chlorsalze, alkalische I, 21.

erdige I, 22. Chlorverbindungen I, 21.

Veränderlichkeit der Ausscheidung

ders. aus dem Harn II, 398. Chlorwasserstoff I, 21. Choleinsäure I, 37. Cholepyrrhin I, 42. Cholestearin I, 32. Cholsäure I, 38. Chondrigen I, 56. Chondrin I, 56. Choroidealgefässe I, 276. Chromatische Abweichung am Auge I, 2S9. Chylus, Aufsaugung durch die Darmblut-

gefässe II, 665.

Bestandtheile dess. DT, 659.

abhängig von der Nahrung II, 661.

abhängig von anderen Umständen

II, 663.

hungernder und gefütterter Thiere

II, 662.

Menge dess. II, 664. Chylusgef ässe , Anfänge ders. II, 654.

Aufnahmefiihigkeit verschied. Nähr-

stoffe durch dies. II, 666.

Beziehung ders. zu d. Blutgefässen

II, 663.

Register.

763

: tiylusgefässo, Uebergang d. Fette in dies. , II, 656.

i aymus des Dünndarmes II, 646.

des Magens II, 639.

- verschied. Oi-te des Darmes II, 647.

i )häsion der eiweissavtigen Stoffe 1, 52.

ihr Einfluss auf die Quellung I, 72.

der Venenhaut II, 109.

i: ohäsionszustände der Bildungsstoffe II, 225.

; olla I, 57.

I ollagen I, 57.

t olostrurakörperchen II, 450.

; ommunikation d. Nervenröhren im Eücken-

mark (siehe Rückenmark), j orapensation am Multiplicator I, 96.

am Stimmorgan 1, 581. ,> omplementaire Farben I, 302.

onstanten , optische I, 259.

des Blutstromes II, 200.

' 'ontraction der Gefässwände II, 112.

; lontrast (Farben) I, 315.

T lonvergenzen des Auges I, 232.

Beziehungen zwischen der Qrö'sse

der Bilder zur Convergenz der Strahlen I, 248. 335. 338.

j lomea I, 264; II, 260. S. a. Hornhaut.

.rystallin 1, 44.

^ /'y anVerbindungen des Aethyls I, 26.

des Amyls I, 27.

des Methyls I, 26. Jylinderrohr , gerades, Stromgeschwindig- keit in deras. II, 56.

::ysttn I, 39.

D.

l Oamalursäure I, 36. iOamolsäure I, 36. '

i Darmdrüsen II, 365 (schlauchförmige), armgase II, 652.

armnerven, Hunger durch Erregung ders. n, 584. ODarminhaltbewegung II, 619. DDannsaft, reiner II, 643.

in Verbindung mit Galle , Bauch-

speichcl etc. II, 645. 1 Darm Verdauung, natürliche und künstliche

II, 640. I Darmzotten II, 654. IDeckhäute, einfache II, 241. IDickdarm , Mechanismus seiner Bewegung

II, 618. 651. IDickdarmsäfte II, 650. IDiffusion I, 59; II, 210.

physiolog. Bedeutung ders. I, 83.

der Gase I, 60. S. a. Gasdiffusion.

durch Thon, Collodium-, Herzbeutel- I

platten II, 211. i

einer Lösung fester Körper in Wasser ;

I, 68. 69. 1

Diffusion eines Lösungsgemenges in Wasser I, 69.

tropfbarer Flüssigkeiten I, 63. (in

einander) 65. 70.

Veränderungen des Harns in der

Harnblase durch dies. II, 433.

von Flüssigkeiten (in Luftarten) I,

63. (in thier. Stoffe) I, 70.

von Lösungen u. Lösungsgemengen

in feste Stoffe I, 69. 72.

Vorkommen,'physiolog., ders.II, 213.

zweier Flüssigkeiten durch eine

Scheidewand I, 75.

zweier Gasarten durch eine wässe-

rige Scheidewand I, 63.

zweier Lösungen in einander Ij 65,70.

zwischen Lösungen, deren Lösungs-

mittel sich nicht mischen I, 70.

Diffusionsgeschwindigkeit I, 68. 69 ; II, 211. Diffusionsstrnm gegen die Lymphgefässe

II, 655. Dioptrik des Auges I, 241. Dipolare Anordnung I, 106.

Theorie ders. I, 106. Direktes Sehen s. Sehen. Doppelbilder I, 332. Doppelschlägigkeit des Pulses II, 171. Doppeltsehen mit einem Auge I, 316.

mit zwei Augen I, 328.

Drehbewegungen am Auge I, 227. Drehpunkt des Auges I, 230. Druck , die Nervenerregbarkeit zerstörend I, 134.

als Erreger des Muskels I, 436. Druckmesser II, 53. 155. 157.

Theorie dess. II, 158.

Drucksinn I, 415.

Hülfe d. Muskeln bei dems. I, 415.

Verbindung mit Wärmesinn I, 418. Drüsen, Antheil ders. an d. Lymphbildung

II, 580.

Drüsennerven, Erregung ders. I, 112. Du Bois'sches Gesetz d. elektrischen Mus- kelerregung I, 438.

Dünndarm , Flüssigkeiten dess. II, 640.

Chymus dess. II, 646.

Mechanismus seiner Bewegung II,

614.

Peptone Q) dess. II, 6i8.

Dünndarmaderblut II, 36. Dünndarmverdauung, künstliche II, 640.

natürliche II, 649. Durchschneidung des Rückenmarkes oder

einiger Theile dess. I, 166. Durst ir, 586.

Dynamische Folgen der Leistungen der formlosen Elemente I, 6.

764

Register.

E.

Ei, Ausstossung dess. II, 444. Ejaculatio sominis II, 441. Eibildung II, 443. Eier als Nahrung II, 594. Eierstock II, 442.

chemische Beschaffenheit II, 443. Eigenwärme, Aenderung ders. mit der Tem-

I)cratur der Umgebung II, 729. Eileiter, Bewegungen ders. II, 444. Einathmungsbewegung , Einfluss ders. auf

den Blutlauf II, 146. Eindringen fester Körper in die Gefässe

II, 143.

Einfachsehen mit zwei Augen I, 326. Eingeweide, Wärme ders. II, 722. Einrichtung s. Accommodation. Einrichtungsbewegungon des Auges I, 284. Einrichtungsmittel zur Accommodation des

Auges I, 274. Einziehung der Luft in d. Lungen II, 481. Eisen im Blute II, 8. Eisenoxyd, phosphorsaures I, 23. Eiweiss I, 42 ; II, 3 ; s. a. eiweissartigc und Eiweissstoffe. -

Abkömmlinge dess. II, 217. Eiweissartige Stoffe I, 42.

als Träger des Lobens I, 47.

als Wärmeleiter I, 55.

Filtration durch dies. I. 55.

ihre Cohäsion I, 52.

ihre ehem. Eigenschaften I, 50.

ihre feste Form I, 51.

ihre Gährung I, 47. 48.

ihr Aggregatzustand I, 50. 51.

ihre Imbibition I, 52. 54.

ihre Katalyse I, 47. 50.

ihre Leitungsfähigkeit für Elek-

trizität I, 55.

ihre physik. Eigenschaften I, 50.

ihre Qucllung I, 52.

ihre Zersetzungserscheinungen

I, 45. 47. 48; JI, 217.

Theorie ihrer Zusammensetzung

I, 44.

Eiweissentbehrung II, 683. Eiweissfütterung II, 686. Eiweissstoffe d. Blutflüssigkeit II, 7.

der Blutkörperchen II, 19.

Sättigungsnicderschlag ders. II,, 628. Eiweissvcrdauung durch künstlichen Lab- saft II, 627.

Ekel II, 377.

Elastizität der Brustwand II, 484.

der Gefässwände II, 109.

der Lungen II, 483.

dos Muskels U, 429. 456. Elastischer Stoff I, 50.

in der Gefässwand II, 77.

Elastisches Gewebe II, 177. Elektrische Eigenschaften d. Muskeln I, 424. Elektrisches Leitungsvermögen der Nerven I, 110.

Elektrizität, allgem. Bedeutung im Loben I, 8.

als Erreger des Gefühls I, 395.

als Erreger des Muskels I, 325. 1 Elcktroncgative Schwankung in den NciJ

vcnmolekülen 1, 108. 1 Elektromotorische Anordnungen I, 97. J

Eigenschaften d. Nervenröhren I, 89 Elektromotoriscbcr Zustand I, 98. ^

Gesetze dess. I, 100.

Theorie dess. I, 104. Elementarbau d. verlängerten Markes I, 187.

dos nerv, sympath. I, 213. Elementare Bedingungen des Lebens I, 2. Elemente, Leistungen der formlosen im

Organism. I, 3.

chemische Folgen ders. I, 5.

dynamische Folgen ders. 1, 6. Ellenbogengelenk I, 514. Empfindungsorgane I, 592.

Veränderungen ders. durch die Mus-

keln oder Muskelnervcn I, 48C. Endosmose I, 75; s. a. Diffusion. Endosmotisches Aequivalent I, 76. 79.

Bestimmung dess. I, 76.

Theorie dess. I, 81. Entfernung, Beurthoilung ders. beim Sehen

I, 336.

Entoptische Erscheinungen I, 349. Entzündung, Brücke's Theorie II, 176. Epidermis II, 236.

Athmungsverluste ders. II, 551.

Durchdringbarkeit ders. II, 2Tl7.

Ernährung ders.' II, 238. Epithelien II, 234.

Anatomie ders. II, 234. - Chemie ders. II, 235.

geschichtete II, 234.

Quellungscrscheinungen ders. II, 236. Erbrechen II, 620.

Erden im Harne II, 406.

phosphorsaure I, 23. Erektion II, 439. Ermüdung I,. 446.

Ernährung der Epidermis II, 238.

der Haare II, 245.

der Knochen II, 275.

der Knorpel II, 269.

der Muskeln II, 295.

der Nerven II, 290.

der Niere II, 429. Ernährung, Physiologie ders. II, 1.

der Zähne II, 282. Erregbarkeit des Herzons II, 89.

der Nerven I, 12. 118.

des Ilückonmarks I, 182.

llegister.

765

r oi^barkeit , veränderte I, 118. - im Hirn I, 185. 210.

Bedingungen d. veränderten I, 120. ' des EückeniAarkes (s. Eückenmark). i ger der Nen'en I, 112.

der Gefulilsnerven I, 395. (f. beson-

dere Gefühle) I, 407.

der Gehörnerven I, 373.

der Geruchsnerven 1, 3S2.

der Geschmacksnerven I, 389.

der Herznerven II, 92. ~ des Muskels I, 435.

regung , Abhängigkeit ihrer Stärke von der des Erregers I, 113.

Abhängigkeit ihrer Stärke von der

Zahl der getroffenen NervenrÖh- ren I, 133.

ihr Verhältniss zur Erregbarkeit der

Nerven I, 120.

- des Herzens, unmittelbare II, 92.

- Mittheilung ders. I, 169.

- Leitungsgeschwindigkeit ders. im

Nerven I, 137. Nachwirkung ders. I, 135.

Wechsel ders. mit dem Erreger I,

131.

-willkürlich motorische I, 598.

Uebertragung ders. I, 169. gung der Sehnerven I, 306. .

- durch Elekta-izität I, 309. durch LiAt I, 306

mechanische I. 308. regungsmittel der Nerven I, 112.

[ t gungszustände, verschiedene d. Nerven I, 116.

Mittheilung ders. in den Nerven-

röhren des Hirns I, 205. -igsäure I, 25. 29.

Wärraeeinheiten ders. II, 737. tachi'sche Eöhre I, 371.

Ivente d. articnlirenden Flächen I, 498. lute der articuUrenden Flächen I, 498. letion des Harnes II, 418. piration II, 483. irakte im Harne II, 397.

F.

Itcn der Dünndarmschleimhaut, Mecha- nismus ders. II, 614. rbenmischung I, 302. 'lonuntcrscheidung I, 311. I Stoffe, thierische I, 41.

im Harne II, 395. r, Eemak'sche I, 214. rstoff I, 42; II, 1. 573.

Formen dess. I, 42. 43. rstoffschollen I, 43; il, 21.

rzelle, muskulöse, Physiologie ders. I, 174.

Fascien I, 530.

Ferment der Leber II, 310.

Pepsin als solches II, 633. Fernpunkte I, 255. Fernsichtigkeit I, 258. Fettähnliche Stoflfe II, 8. Fettdrüsen II, 265.

Fette II, 8. 573. S. a. neutrale Fette.

Beziehung zur Zellenbildung I, 31.

in der Leber II, 314.

Nutzen der Galle und des Bauch-

speichels zu ihrer Assimilirung II, 658.

phosphorhaltiger in d. Blutscheiben.

II, 19,

tägliche Aufnahme dess. durch den

Darm II, 668.

Uebergang ders. in die Chylusge-

gefässe II, 656. Fettemulgirung im Dünndarme II, 656. Fettnahrung II, 706. Fettresorption II, 656. Fettzellen II, 284.

Bau ders. II. 285.

Füllung ders. II, 287.

Mechanismus ders. II, 287. Feuchtigkeit, Einfluss ders. auf Nerven- leitung I, 125.

Filtration zur Sonderung d. Blutkörperchen II, 17. 205.

chemische Scheidung durch selbige

II, 209.

durch todte Häute II, 207. Filtrationsstrom gegen die Chylusgefässe

n, 655. Fistelstimme I, 561. 579. Flächen, articulirende , Evolvente u. Evo- lute ders. I, 498.

brechende , Krümmungshalbmesser

ders. I, 259. Fleisch als Nahrung II, 592. Fleischbrühe II, 3»?2. Fleischnahrung, reine II, 705. Flimmerhaare II, 241.

Beschleunigung ihrer Bewegung II,

242.

Flüssigkeiten, schmeckbare I, 390.

seröse II, 257. Flüssigkeitsströme II, 48.

durch die Gefässwand, ihre Bedeu-

tung für den Blutstrom II, 150. Flüstern I, 585. Fluorcalcium I, 23.

Folgerungen für die Anordnung elektrischer

Theilc im Nerven I, 97. Formbildung, organische II, 221 u. folg. Formen, ihre Leistungen im Organismus

I, 11.

Formende Kräfte II, 227 u. folg. Formfolgo II, 229.

766

Kegistcr.

Fovea centralis 1, 298. Froschschenkol, stromprUfendor I, 92. Fruchthälter II, 445. Fuss, als Stützpunkt d. Körp. I, 550. Fussgeleuko I, 526.

Fusswurzol-Mittelfussgelenke I, 527 u. folg.

G.

Qährungen I, 34. Galle II, 320. 640.

Ausfuhr ders. II, 322.

Einwirkung ders. auf die Verdauung . II, 640.

Mechanismus ihrer Absonderung II,

322.

Menge ders. II. 326.

Veränderlichkeit ders. II, 321.

Zusammensetzung ders. II, 320. Gallenabsonderung, Geschwindigkeit ders.

II, 322.

Abhängigkeit ders. ron d. Nahrung

II, 323. Gallenfarbstoff I, 41. Gallenfisteln II, 325. Gallenmenge II, 326. Gallensäure II, 219.

Gallenwasser, Absonderungsgoschwindigkeit

dess. II, 324. Galvanische Ströme, Einfluss ders. auf die

Nerven I, 127. Ganglienkörper I, 147.

als Erreger I, 147.

die Erregung modificirend I, 147.

übertragend I, 147.

verschiedene Arten ders. I, 125.

Gasarten des Blutes II, 20.

Gasaustauseh , zwischen Blut und Atmo- sphäre II, 476.

Gasdiffusion I. 60. 83.

Dalton's Gesetz I, CO.

durch trockne Scheidewände I, 60,

in tropfbaren Flüssigkeiten I, 61. 63.

der Gasarten unter sich I, 65.

Graham's Gesetz I, 65.

in den Lungen II, 537.

Mariotte's Gesetz I, 61.

Gase , Absorptionscoefficient ders. in Flüs- sigkeiten I, 62.

des Blutes II, 476.

Gewinnung ders. aus d. Blute (nach

Ludwig) II, 477. ~ im Harn II, 412. Gaswechsel , gosamrater des thier. Körpers II, 553.

Gaumen , Thätigkoit dess. bei der Ver- dauung II, 005. Gebärmutter s. Gesohlechtswerkzeuge. Gefässhaut des Auges I, 276.

Gefässlumcn, Veränderlichkeit dess. mit der Vertheilung der Gefässe II, 1 j 7.

Ein- und Austritt von Flüssigkeiten

II, 150.

Gefässrauskeln , Einwirkung ders. auf den

Blutstrom II, 149. Gefässnerven II, 1 1 2.

physik. Eigenschaften ders. II, 10s. Gefässräumlichkeit II, HG. Gefässsystem , Äichtung dauernder Ströme

in solch. II, 123. Gefässwandungen II, 108. 297.

Nerven ders. II, IT.'. Gefühlsnerven , zur Anatomie ders. I, 404,

für besondere Gefühle I, 403.

Erreger für dies. I, 406. Gefühlssinn I, 394.

ehem. Atome als Erreger dess. I, 398.

Electrizität als Erreger dess. I, 395. Erreger dess. I, 395.

Temperatur als Erreger dess. I, 398. Gehen I, 549.

natürliches I, 555. Gehör I, 354.

musikalisches I, 380. Gehörempfindung, Nachaussensetzen ders.

I, 380. Gehörknöchelchen I, 364.

akustische Vorgänge in solch. I, 368-

Schallleitung dnrch dies. I, 367 Gehörnerv s. Nerv, acustic.

Erregungsmittel dess. I, 373.

Schallleitung zu dems. I, 359. Gelenkachsen I, 499.

Gelenke, Binnenraum ders. I, 502.

Flächen ders. f. d. Bewegung I, 496.

der Eippen I, 511.

Kotationsflächen ders. I, 497.

Steifung ders. beim Stehen I, 551.

zwischen Atlas u. Epistroph. I, 504.

Hinterhaupt und Atlas I, 503. Gelenkgrube \ Gelenkkopf ) Gelenkschmiere II, 259. Gemeingefühl I, 395.

Geräusch I, 379. Gerste II, 597.

Geruchsempflndungen , Beharrungsvermögen ders. I, 387.

Nachaussensetzen ders. I, 387.

Vermischung ders. I, 387. Geruchssinn I, 382.

En-egungsmittel dess. I, 382. Geruchsnerv s. Nerv, olfact. Geruchsstäi-ke I, 384. Geruchsvorstellungen I, 388. Gesammtauge I, 265. Gosammtblut II, 22.

Gesaramteinnahme, Beziehung der tngl. zw Wärmeausgabe II, 745.

des Auges I, 229.

iBegister.

767

i esammteinnahme, Gasarten dess. II, 26.

Zusammensetzung dcss. II, 24. iesammtliarn II, 414.

i^^sammthunger II, 672.

'sammtmilcli II, 457.

i schlechtswerkzouge, mänol. I, 434.

weibliche I, 442. ieschmacksempfindung I, 389.

Art ders. I, 390.

Erreger ders. I, 389.

Galvanismus als Eixeger I, 390.

Flüssigkeiten als Erreger I, 39ü.

Geschwindigkeit ders, I, 393.

Ort ders. I, 391.

Stärke ders. I, 392. Oleschmacksnerv I, 112. iTeschmackssinn I, 388.

eschmacksstärke I, 392. I schmacksvorstellungen I, 393. ' schwindigkeit verschied. Flüssigkeitsfäden eines Stromes Ii, 53.

des Blutstroms II, 183.

abhängig v. Herzschlag II, 193.

gleich- od. ungleichförmige II, 195.

abhängig v. Spannungsunterschieden

u. andern Bedingung. II, 194. 196.

Mehi-ung ders. im Blutstrom (nach

Weber) II, 184.

auf Stromquerschnitten II, 189.

192.

I iesetz der Zuckungen I, 437. liesichtsnerv s. Nerv, opticus. (Gestaltung organ. Niederschläge II, 225 u. f. Liewebe, elastisches II, 249.

der Gefässe II, 105. Gewichtsverlust beim Hungern II, 683.

durch Hautausdünstung II, 553. lanz I, 344.

laskörper I, 274 ; II, 265. luichgewichtsgcfühl I, 488. uleichzeitigkeit der Bewegungen in den Eiern entartheilen einzelner Herzabthlgn. II, 103. Globulin I, 44; II, 19. (Glycerin I, 30. 33. ( Glycerinphosphorsäure I, 33. t Glycin I, 40. ' Glycocholsäure I, 37. Glycocoll I, 37.

Qrössenbeurtheilung beim Sehen I, 335. Grundfarben I, 302.

I Gruppirung der Nervenröhren im llückcn- mark s. RUckenmark.

H.

Uaarbalgdrüsen II, 366. Haare II, 244.

Ernährung ders. II, 245.

Lebensdauer ders. II, 248.

Haare, Wachsthum ders. II, 247. Haargofässe s. Capillaren. Haarsäckchen II, 246. Hämatin I, 41 ; II, 246. Hämatoidin I, 41. Hämadromometer II, 184. Hämatocrystallin II, 19. Hämin II, 19. Hafer II, 597. Halsbewegung I, 509. Halsgelenke I, 509. Hammer, Bewegung dess. I, 365. Handbewegung I, 518. Handgelenke I, 516. Handwurzelgelenke I, 517. 519. Harn II, 378.

Ausstossung dess. a.d. Niere II, 429.

Beziehung zwischen Abfluss u. Zu-

sammensetzung dess. II, 423.

Einiiuss der Spannungsunterschiede

zwischen Blut und Harn II, 420.

HarnstofiFe in dems. u. in der Nah-

rung II, 384.

physikalische Eigenschaften II, 415.

seltnere Bestandtheile dess. II, 416.

Verhältniss zwischen Basen u. Säu-

ren dess. II, 407.

Wassergehalt dess. II, 408. Harnbereitung II, 418.

Einfluss der Blutzusaramensetzuug

auf dies. II, 422.

Hypothesen zur Erklärung ders. II,

425.

Nerveneinfluss bei selbiger II, 42 1 . Harnbestandtheile, seltnere II, 416. Harnblase, Bewegung ders. II, 430.

431.

Harnfarbstoffe I, 42; II, 395, Harngase II, 412.

Harngährung in der Blase II, 432. Harnige Säure I, 39. Harnleiter II, 430.

Harnröhre, Ausstossung v. Harn u. Samen

aus ders. II, 441. Harnsäure I, 38; II, 389.

ihre Zersetzungen I, 38 ; II, 389.

im Blute II, 9. Harnstoff 1, 40. 41 ; II, 379.

Beziehung dess. zur Nahrung 11, 387.

zum Harnvolum II, 383.

im Blute II, 9.

Yerändcrliclikeit des täglich entleer-

ten II, 380. 381. Harnstoffausscheidung , Mittelzahlen ders. II, 388.

Veränderung ders. je nach Tempe-

ratur, Muskülbewegung, Tages- zeiten u. 8. w. II, 385. u. folg.

Harnstoffontstehung II, 381.

Harnwcrkzouge II, 373.

768

Eegister.

Uarnzucker I, 34.

Harze im Harn II, 397.

llauptbrennobeuen I, 243.

Haut, Ortssinn der bewegten I, 413.

der ruhenden I, 407.

Würraeverluste durch, dies. II, 751.

Hautaderblut II, 1.

Hautathmung II, 550.

Hautstellen, Raumunterscheidung an dens.

I, 410. Häute , seröse II, 256. Herz, Erregbarkeit dess. II, 89.

Eigenthümlichkeit ders. II, 91. Mechanismus dess. II, 89.

Muskelröhren dess. II, 78. Herzatrien s. Vorkammern ; Herzkammern. Herzbewegung, Dauer ders. II, 88.

Einfluss ders. auf die Geschwindig-

keit des Blutstroms II, 193.

Folgen ders. in den Gefassröhren

II, 131. 141.

Reihenfolge ders. II, 88.

Rhythmus ders. II, 87.

Zusammenhang ders. mit den Ath-

mungsbewegungen II, 492. Herzkammern, Inhalt ders. II, 76.

Zusammenziehung ders. II, 128. Herzmuskulatur II, 78.

Herzschlag II, 89. 92.

Einfluss dess. auf die Geschwindig-

keit des Blutstroms II, 193.

Häufigkeit dess. II, 100.

Aenderung ders. mit der Nah-

rung II, 101. Herzstoss II, 83. Herztöne II, 104. Herzwasser II, 258. Hinterhauptgelenk I, 504. Hippursäure I, 36.

im Blute II, 9.

im Harn II, 391. Hirn I, 187; II, 291.

Anordnung der Muskelnerven in

dems. I, 485.

Beziehungen dess. zu den Nerven-

wurzeln I, 163.

ehem. Zusammensetzg. dess. II, 291.

Ernährung dess. II, 294.

Erregbarkeitsverhältnisse in dems.

II, 210.

Mittheilung der Nervenerregung in

dems. 1, 205.

motorische Nervenwurzeln in dems.

I, 485.

sensible Nervenwurzeln in dems. I,

205.

Hirnnorven I, 187.

Ausbreitung und Funktionen ders.

1, 190.

Himthoile, Verletzung einiger I, 208.

Hirnwasser I, 257. Hoden II, 434.

Bau ders. II, 434.

Beiwerkzeuge ders. II, 438. Hodenwasser II, 259.

Hohlvene, untere, Blut ders. II, 37. Holzkohle, Wärmeeinheit ders. II, 737. Hören gleichzeitiger Töne»I, 375. Hornhaut I, 2C4 ; II, 260.

Ernährung ders. II, 263. - Quellung ders. II, 262.

Horopter I, 329. Hüftgelenk I, 521.

Hühnerei als Nahrungsmittel II, 593. Hülsenfrüchte als Nahrungsmittel II, 598. Hunger II, 584. S.a. Hungern, Verhungern.

Bedingungen zur Erzeugung u. Stil-

lung dess. II, 585. Hungern, allgemeines II, 672.

partielles J!I, 684. Hungernerven II, 583. Hydrodiffusion II, 205. Hydrodynamik II, 45. Hydrostatik II, 44. Hydrotsäure I, 39. Hypoxanthin I, 39.

I.

Identische Nctzhautstellen I, 326. Imbibition I, 70.

eiweissartiger Stoffe I, 52. 54. Induktion der Retinalthcile I, 314. Inosinsäure I, 39.

Inosit I, 34.

im Harn II, 394.

in der Leber II, 312. Inspiration II, 481.

Intercostalmuskeln, Wirkung beim Äthmen II, 481.

Intermediärer Kreislauf II, 562. Iris I, 277.

Bewegung ders. I, 279 Irradiation I, 314.

Isolirte Leitung der Erregung den Nerven I, 136.

K.

Käsegehalt der Milch II, 454. Kalk, oxalsaurer I, 24. Kalkerde, kohlensaure I, 21.

phosphorsaure I, 23. Kartoffeln II, 599.

Katalyse der eiweissartigcn Stoffe I, 47. Kauen II, 607. Kegelgelenk I, 496.

Kehldeckel, Thätigkeit dess. bei der Ver- dauung II, 605. Kiefcrmuskeln I, 548. Kieselsäure I, 24.

Eegister.

769

Klang I, 377. Xleesäure I, 39. Kniegelenk I, 522. Kniescheibengelenk I, 525. Knochen I, 491; II, 272.

Artikulation ders. I, 496.

Bau ders. I, 491; II, 272.

ehem. Zusammensetzung II, . 273.

Veränderlichkeit ders. II, 274.

Ernährung ders. II, 275.

Entstehung ders. II, 276.

Form ders. I, 492.

Verbindungen ders. I, 495.

Wachsthura ders. II, 277.

Bedingungen dies. II, 278. Knochenmasse I, 491. Knorpelgewebe I, 492; II, 269.

Wachsthum dess. II, 270. Knotenpunkte I, 241.

: Kochen des Fleisches II, 592. ! Kochkunst II, 592.

i Kochsalzlösung, Einfluss ders. auf die Ner- ven I, 125. 1 Körner als Nahrung II, 594. 1 Kohlenhydrate im Harn II, 392. i Kohlensäure I, 20.

Absonderungsgeschwindigkeit ders.

n, 504.

beim Athmen II, 504.

Bildungsort ders. II, 473.

in der Atmosphäre II, 466.

im Blute II, 13.

im Harne II, 046.

Veränderung ders. beim Athmen II,

504.

Kohlensäureauscheidung durch die Lungen II, 505.

abhängig von den Athembewegungen n, 509. 513.

von der Aufenthaltszeit der

Luft in d. Lungen II, 511.

von der Blutmischung II, 521.

vom Blutstrom II, 516.

von der Einathmungsstufe II,

517. 549.

von d. geathmeten Luftvolura

II, 512.

vom Luftdruck II, 520.

von d. Lufttemperatur II, 518.

von der Lungenwand II, 527.

V. d. Muskelthätigkeit II, 514.

von der Nahrungsaufnahme II,

523.

V. verschied. Ursachen II, 528.

absolute und proccntische II, 529.

mittlere U, 529.

Theorie ders. II, 504.

variabel mit der Tageszeit II, 514. Kohlensäuregehalt der Athmungsluft, mitt- lerer II, 504.

Ludwig, Pliygiologle II. 2. Auflage.

Kohlenstoffausgabe II, 713.

Kohlenwasserstoffgas I, 19.

Konsonanten I, 588.

Kopfbewegung I, 543.

Kopfknochen, Schallleitg. durch dies. I, 372.

Kopfmuskeln I, 543.

Koth II, 621. 651.

Kothen II, 621..

Krampf, übertragener I, 171.

Kranzarterien, Verschluss ders. durch die

Seniilunarklappen II, 129. Kroatin I, 10.

im Blute II, 9.

im Harn II, 389. Kreatinin I, 40.

im Blute II, 9.

im Harne II, 389.

Kreislauf, kleiner , Spannungsverhältnisse in dens. II, 180.

Kreosot, seine Wirkung a. d. Nerven I, 126.

Krümmungshalbmesser brechender Augen- flächen I, 259.

Krystalllinse I, 264. 274.

Kugeldrehung mit Bezug a. d. Auge I, 226.

Kugclflächen, brechende, Objectbilder ders. I, 247.

Kugelgelenk I, 496.

Kurzsichtigkeit I, 258.

Kymographion II, 122.

L.

Labdrüsen II, 355. Labdrüsensaft, künstlicher II, 5. Labsaft II, 356.

Absonderungsgeschwindigk. II, 358.

Ausstossung dess. II, 361.

Bereitung dess. II, 359.

künstliche Verdauung durch dens.

II, 626.

Gehalt an Säure u. Pepsin II, 631.

Lösung d. Eiweisskörper durch dens.

II, 627.

Lösungsvermögen dess. II, 629. Labyrinth, des Ohres I, 369. Ladung I, 88.

Ladungsstrom I, 91.

Längsleitung d. Erregung im Nerven I, 163.

durch das Hirn I, 202.

durch das Rückenmark I, 163. Laute s. Buchstaben.

Lebendige Kräfte dos Blutlaufes II, 201. Leber II, 308. - Amyloid ders. II, 310.

Ausfuhrstoffo ders. II, 332.

Bau ders. II, 308.

ehem. Bestandtheilo ders. II, 310.

Ernährung ders. II, 335.

Ferment ders. II, 310.

49

770

Kegister.

Leber, Mechanismus ihr. Funktionen II, 333.

LeberaderWut II, 35. 316.

Leberblut II, 316.

Leberblutstrom II, 318.

Lebergewicht II, 325.

Leberlymphe II, 233.

Leberschleim II, 334.

Leberzelle, ehem. Vorgänge .in ders. II, 328.

Leberzucker, im Harn II, 393. *

Lecithin I, 33.

Legumin II, 598.

Leim, Auflösung durch den Labsaft II, 632. Leitung, der En-egung im Nerven I, 136.

in den Nervenröhren I, 135.

isolirte im. Nerven I, 136.

längs der Nerven I, 163.

quer durch die Nerven I, 169.

von einer Nervenwurzel zur andern

durch d. Bückenmark I, 169. Leitungsgeschwindigkeit der Erregung im

Nerven I, 137. Leitungsröhren für den Luftstrom in den

Lungen II, 485. Leitungsvermögen, elektrisches I, 110. Leucin I, 40. 45. 47. 56.

in der Leber II, 315.

Lieht, Nachfarben d. weissen I, 316.

Nebenfarben d. weissen I, 304. Lichtbrechung I, 241. Lichtempfindung I, 299. 307.

Stärke ders. I, 308.

elektr. Einwirkung bei ders.I, 309.

mechanische Einwirkung bei ders.

I, 308. Ligamenta flava I, 507.

intervertebralia I, 506.

longitudinalia I, 507. Lingualdrüse s. Mundspeichel. Linse I, 274; II, 265.

ehem. Zusammensetzung U, 266.

"Waohsthum ders. II, 267. Linsenbeweguug I, 285. Linsenschichtung I, 275. Lipyloxyd I, 33.

Lösung fester Stoffe in Flüssigkeit I, 66.

Difliision solcher in AVasser I, 68.

gleichzeitige, mehrerer Stoffe I, 69.

Siede- und Gefrierpunkt ders. I, 67.

spec. Gewicht ders. I, 67.

Wärmeverbrauch bei ders. I, 66. Lösungsgemenge, Diffusion ders. in Wasser

I, 69.

Lüftungswerkzeuge II, 479. Luftabsondernde Werkzeuge s. Athmungs- flächen.

Luftarten, Berührung der atmosphärischen mit denen im Blut II, 474.

Luftausstossung aus den Lungen II, 483.

Luftdruck, Bedeutung dess. für die Ge- lenke I, 496.

Lufteinziehung in die Lungen II, 480. Luftkreis II, 463. Luftleitungsröhren 11, 285. Luftmischung beim Athmen II, 499. 537. Luftröhre II, 485.

Luftströmung in d. Athmenwegen II, 493. Luftveränderung beim Athmen II, 499.

Werkzeuge für dies. II, 498. Lumenveränderung mit der Gefässverthei-

lung II, 119. Lungen, Bau derselben II, 141.

ehem. Zusammensetzung II, 543.

Elasticität ders. II, 543.

Ernährung ders. II, 544. Lungeuathmung, Chemismus ders. II, 479.

547. 549.

Mechanismus ders. II, 479. Lungenmuskeln, Wirkung ders. n, 543. Lungensäfte II, 541. Lymphdrüsen, Bau ders. II, 570. Lymphe , Geschwindigkeit ihrer Absonde-

derung II, 576. 577.

ihre Entstehung II, 579.

ihre Zusammensetzung II, 572. 574.

Umfang ihrer Absonderung II, 578. Lymphgefässanfänge im Darme II, 654. Lyraphgefässe , Aufsaugung ders. II, 567.

Bau ders. n, 568. Lymphkörperchen II, 21. 575.

Abkunft ders. H. 575. Lymphstrom II, 581.

M.

Magen, Flüssigkeit dess. II, 625.

Mechanismus seiner Bewegungen n,

611.

Magendrüsen n, 355.

Magennerven, Hünger durch Erregung dess.

II, 584. Magensaft II, 362. 525. 645.

Menge dess. II, 263.

natürlicher II, 634.

Wirkung dess. n. 635. Magensäure II, 360. Magenschleim II, 634.

Wirkung ausserhalb des Körpers II,

626. 634.

Magenverdauung , künstliche II, 626. 634.

natürliche n, 636. Magnesia, kohlensaure I, 20.

phosphorsaure I, 22. Mais II, 384.

Mangan im Blute II, 8. Manometer II, 53.

registirender II, 155. Margarin I, 24. 27. Margarinsäure 1, 25. 27. 53.

als Seife I, 24.

Wärmeeinheit ders. II, 737.

Register.

771

Mark, verlängertes I, 187.

Verhalten d. grauen Massen in dems.

I, 187.

Massen, formlose, Prägung ders. II, 228. Mastdarm, Bewegung dess. I, 179.

Wärme dess. II, 722. Mästung II, 708.

Mechanische Eindrücke als Gefühlserreger

I, 399.

Medien, brechende, polarisirende Wirkung

ders. I, 290. Meibom'sche Drüsen II, 366. Meissner'sche Körperchen I, 303. Mchrfachsehen (Fick) I, 294. Melanin I, 42.

Menstrualfluss, Mechanismus dess. II, 448. Menstrualflüssigkeit II, 446. Menstruation H, 445.

Erscheinen ders. II, 446.

Dauer ders. II, 447. Metacarpo-Phalangealgelenke I, 520. Metacetonsäure I, 29.

Metalle im Blute II, 10. Metallosyde I, 24. MetaUsalze I, 24.

Metatarso-Phalangealgelenke I, 530. Milch II, 449.

Absonderungsgeschwindigkeit ders.

II, 460.

als Nahrungsmittel II, 594.

der Männer II, 459.

der Neugeborenen II, 459.

der Schwangeren II, 458.

Veränderungsbedingungen ders. II,

452.

Zusammensetzung ders. II, 451. Milchanalyse II. 451. Milchbereitung II, 452. 460. Milchdrüse II, 448.

Milchdrüsensaft der Schwangern II, 458. Milchkügelchen II, 450. Milchsäure, Bestandtheü der Frauenmilch U, 451.

im Blute II, 9.

im Harn II, 394.

Hydrate ders. I, 35.

im Labsafte II, 626.

im Magensafte II, 360.

in der Leber II, 313. Milchsäuregährung I, 34. Milchsäurehydrato I, 35. Milchserum II, 451.

Bestandtheil d. Frauenmilch II, 45 1 . Milchstoffe , Absonderungsgeschwindigkeit

ders. II, 460. Milchzucker I, 33.

Entstehung dess. II, 461. Milz II, 299.

Aussehneidung ders. II, 306.

im Ganzen II, 305.

Milz, Bau ders. II, 299.

Blutstrom in ders. II, 303.

chemische Zusammensetzung II, 301.

Funktionen ders. II, 305.

Stoffbewegung in ders. II, 304. Müz-Aderblut II, 233.

> Milz-Asche II, 302. Milzextrakt, Harnsäure darin I, 39.

Hypoxanthin in ders. I, 39. Mitbewegung I, 175. 200. 222. Mitempfindung I, 177. 222. Mitteldruck , abhängig von ~ dem Abstände

vom Herzen II, 168.

abhängig von den Athembewegun-

gen n, 161.

abhängig von der Blutfülle II, 160.

abhängig von der Herzbewegung II,

131. 161.

abhängig von der Zahl der ' Blut-

bahnen n, 166.

absoluter Werth dess. in d. grössern

Arterien II, 172.

in den verschiedenen Abtheüungen

des arteriellen Systems II, 172. S. a. Blutstrom; Spannung. Mittelhandgelenke der Pinger I, 520. Mittelprodukte der Absonderungsstoffe II, 219.

Mittheilung d. Nervenerregung im Rücken- mark s. Rückenmark.

innerer Zustände im Nerven I, 135. Mittönende Stimmwerkzeuge I, 580. Molekularbewegung I, 355. Molekularkörnchen im Blute II, 21. Monochromatische Abweichung I, 291. Motorische Wurzeln d. Eückenmarksnerven

s. Eückenmarksnerven. Mucin I, 55. Multiplikator I, 87. Mund U, 605. Mundspeichel II, 340. Muskelarbeit, Nutzwerth ders. I, 460. Muskelbowegungen der Gefässwandungen,

ihre Bedeutung für den Blutlauf II, 149. Muskelermüdung I, 446. Muskelerregbarkeit I, 444. Muskelerreger I, 435. Muskelerregung, automatische I, 436. Muskelfibrin I, 43. Muskelflüssigkeit I, 422. Muskelgefühle I, 489.

reflektorische I, 486. Muskelgruppen, I, 543. Muskelcontraktion, die Kohlensäure- Aus- scheidung bedingend II, 525.

tetanische I, 436. 438. Muskelkraft, absolute I, 464.

Bestimmungswoiso ders. I, 534. I Theorie ders. I, 477. 534.

Verwendung ders. I, 537.

49

772

Eegister.

Muskelmechanik I, 531.

Muskelmolekeln, parelektronomisohe (Du-

Bois) I, 428. Muskeln I, 418; II, 294.

Antagonisten I, 542.

Arbeitsleistung ders. I, 460. 477.

des Auges I, 233.

des Bauchgliedes I, 548.

des Beines I, 548.

Brücke's I, 283.

des Brustgiiedes I, 545.

Chemie ders. I, 4:i3. 469.

Coercitivkraft ders. I, 467.

Ernährung ders. II, 295.

des Skeletts I, 490.

der Wirbelsäule I, 545.

Effekt ders. auf d. Knochen I, 534.

Einüuss der Nerven auf ihre phy-

siolog. Zustände I, 480.

ein- und zweigolenkige 1, 542.

elastische Eigenschaften ders. I,

429. 464.

elektr. Eigenschaften dors. I, 424.

Ernährung ders. II, 295.

Gesetz der schwankenden Dichtig-

keit I, 437.

glatte s. Muskelzelle. Gruppen dors. I, 543.

Leitungsfähigkeit ders. I, 539.

Physiologie ders. I. 419. 424 (be-

sondere) I, 478.

quergestreifte I, 419.

Bau ders. I, 419.

Chemie ders. I, 421.

Verbreitung der Nervenröhren in

dens. 1, 479.

Verknüpfung ders. mit den Nerven

I, 479.

verkürzte Form ders. I, 448.

Elftsticität ders. I, 457.

Hubfähigkeit ders. I, 451.

Verkürzung ders. I, 435. 481.

Grösse ders. I, 448.

Verlängerung ders. 1, 424.

Vertheilung ders. I, 542.

der Wirbelsäule I, 545.

Wärmeeigenschaften ders. 1, 432

467.

Wärraestarre ders. I, 470.

Zuckung nach doppelter Reizung I.

440.

Zusammenfassung ders. I, 541,

Zusammenziehung ders. I, 435.-

' zeitlicher Verlauf ders. I, 449. Muskelfaserzelle I, 474. Muskelgefühle I, 489. Muskelgruppen I, .543. Muskelkräfte, Theorie dors. I, 477. Muskelnerven, Anordung ders. in Hirn u. Rückenmark 1, 485.

Muskelnerven, Erregung ders. I, 112. Muskel-Physiologie I, 419. 478. Muskolprimitivtheile , Zusammenfassung

fassung ders. zu Muskeln I, 540. Muskelrohr, verkürzter Zustand dess. 1, 435.

verlängerter I, 424. Muskelröhren des Herzens II, 78.

Zahlenverhältniss zwischen

ihnen und den Nervenröhren I, 480.

Muskelschicht der Gefässe II, 106. Muskelsinn I, 486.

Theorie dess. I, 489. Muskclstarre I, 470. Muskelstroni, ruhender I, 426. Muskelwärme, Messung ders. 1, 468. Muskelzelle, glatte n, 296. Muskelzucker I, 34.

Muskelzuckung nach doppelter Reizung I, 440.

Muskelzug I, 531.

- Richtung dess. I, 531. Muskulöse Easerzelle I, 474. Muskulöse Gegner und Helfer I, 542. Muttormilch II, 449. Mutterscheido, Wärrae ders. U, 722. Mydriasis I, 285. Myristin I, 27. 30. Myristinsäuro I, 25. 27.

N.

Nachaussensetzen des Geruches I, 357.

des Gesehenen I, 323.

des Tones I, 350. Nachbild I, 309.

Hauer ders. I, 309.

Farbe ders. I, 311.

Bedingung für diese I, 312.

negatives I, 311.

positives I, 3 1 1 . Nachfarben, des weissen Lichts I, 316. Nachgefühl I, 416.

Nachschmerz I, 402. Nachtönen I, 379.

Nachwirkung der Nervenerregung I, 186.

Nägel II, 240.

Nähepunkte I, 255.

Nährstoff II, 590.

Nahrung, vollständige II, 686.

Aenderung d. Xörpermasse mit ders.

II, 750.

tägliche Ausgaben bei genügender

n, 709. Nahrungsnquivalente II, 600. Nahrungsbedürfnisse II, 583. Nahrungsbestandtheile, nothwendige II, 68S.

Verdaulichkeit ders. II, 591.

Verhältnisse ders. II, 589.

Nahrungswahl II, 589.

Begister.

773

Xahruiigsbestandtheile , "Würzung ders. II, 590.

Nahrungswahl II, 587. Xarbenverschrumpfnng II, 255. Natrium im Bluto II, 10. Nati-on, phosphorsaures im Slute II, 12. Natronalbuminat II, 8. Xatronsalze, kohlensaure I, 20. Nebenfarben des weissen Lichtes I, 304. Negative Schwankung des Muskelstr 1, 464.

des Nervenstroraes I, 108. Nerven, Einfluss auf die Lynn)habsonderung

n, 577.

Einfluss auf die Muskelverkürzung

und Verlängerung I, 482. 484.

Elektricitätsleiter I, 110.

elektrisches Verhalten ders. I, 98.

Polgerungen für die Anordnung der

elektr. Theile in dens. 1,97.103.

Gleich- und Ungleichartigkeit ders.

I, 113.

verschiedene Erregungszustände ein

und dess. I, 116. Nervendurchschneidung, Einfluss auf die

Lymphabsonderung II, 577. Nervenkräfte als Ursache von Filtrationen

n, 214.

elektrische I, 143. '

Quelle ders. I, 142.

Theorie ders. I, 141. Nervenphysiologie, allgemeine I, 85. HO.

specielle I, 150. Nervenreize I, 112. Nervenröhren II, 289.

markhaltige I, 85.

marklose I, 85.

Absterben ders. I, 140.

anatom. Beschaffenheit ders. I, 85.

Beharrungsvermögen ders. I, 135.

ehem. Beschaffenheit ders. I, 86;

II, 289.

Einfluss der galv, Ströme auf dies.

I, 127.

elektrische Eigenschaften ders. I,

87. 127.

Ernährung ders. II, 290.

Erregbarkeit ders. I, 112. 118.

Gleichartigkeit ders. I, 113.

Gruppirung ders. im Bückenmark I,

181.

Kreutzung d. motor. im Hirn I, 203.

Leistungen I, 86.

Leitungen I, 135.

Mittheilung der Erregung in denen

des Hirns I, 205.

Physiologie ders. I, 85.

Beize ders. I, 112.

sensible, ihr Verlauf durch das

Hirn I, 205.

todter Zustand ders. I, 130.

Nervenröhren , Ungleichartigk. ders. I, 113.

Untersuchungsmethode ders. I, 87.

Verbreitung ders. zu d. Muskeln 1, 479.

Verlauf ders. im Hirn I, 205. Nervenwurzeln , Beziehung zwischen dens.

und dem Hirn I, 163.

Verbindungsmassen zwischen dens.

u. d. Organen der "Willkür I, 208. Nervenstrom, ruhender I, 93. , schwache Anordnung I, 93.

starke Anordnung I, 98.

unwirksame Anordnung I, 93. Nervensystem, Physiologie ders. I, 85. Nervus abduceus I, 193.

accessorius "Willisii I, 197. 199. 206.

acusticusl, 112. 191.206.354.373.

facialis I, 195. 206.

glossopharyngeus I, 196. 206. . hypoglossus I, 198. 201.

oculomotorius I, 192. 205.

olfactorius I, 112. 190. 382.

opticus I, 160. 205.

sympathicus I, 203.

trigeminns I, 195. 205.

trochlearis I, 493.

vagus I, 197. 206.

Einflussa.d. Herzthätigk. II, 93. auf die Athmung II, 546.

a. d. Lungenernährung II, 546. Netzhaut I. 296.

Netzhautstellen, identische I, 326.

zugeordnete I, 326.

Lage ders. I, 329. Neutrale Pette I, 30.

ihre Adhäsion au den Harn-

geweben I, 32.

ihre Bedeutung für die "Wärme-

Ökonomie I, 31.

ihre ehem. Indifi'erenz I, 31.

itre katalytischen "Wirkungen

I, 50.

ihre Zellenbildung I, 31.

ihre Zerlegung I, 31.

ihre Verseifung I, 28. Niederschläge in thier. Flüssigkeiten II,

224.

Cohäsionszustände ders. II, 225. Nieren II, 373.

Ausrottung II, 419,

Bau ders. U, 273.

Blut ders. II, 376.

Blutgefässe ders. II, 374.

Blutstrom in dens. II, 377.

ehem. Bau ders. II, 375.

Eigenthümlichkeit ders. II, 424.

Ernährung ders. U, 429. Nierenaderblut II, 37. Nierenumsatz II, 319. Normal temperaturen II, 319. Nutzwerth des Muskels I, 342.

774

Register.

O.

Oberam-Gelonk 1, 513. Oberhäute II, 234.

Athmungsverluste ders. II, 551. Objectbilder, durch brechende Kugelflächen

I, 247. Oedem II, 577. OcfFuungszuckungen I, 437. Oelsäure I, 29.,

oxydirte I, 27. . Oelsüss I, 33.

Ohm's Gesetz I, 77. Ohr, Funktionen des äussern I, 359. Ohrenschmalzdrüsen II, 366. Ohrmuschel I, 359. Ohrspeicheldrüse II, 340. Olein I, 29. 30. Oleinsäure I, 33. Olive I, 198. Olephosphorsäure I, 32. Ophthalmometer (Helraholtz) I, 261. Ophthalraoscop I, 253. Opiumtinktur, ihre Wirkung auf d. Lymph- drüsenabsonderung II, 576.

auf die Nerven I, 1 26. Optik I, 241.

Optometrie I, 256.

Organe der Empfindung I, 592.

der Willkür I, 208. Ortssinn I, 407.

Feinheit dess. I, 408.

Theorie dess. I, 408. Oxalsäure im Harn II, 405. O.xalsaurer Kalk I, 24. Oxydation der thier. Stoffe II, 219. Ozon in der Atmosphäre II, 464.

P.

Palmitin I, 27. 30. Palmitinsäure I, 25. 27. 33.

Wärmeeinheit ders. II, 737. Pankreas II, 350.

~ Extrakt 641. Pai-adoxe Zuckungen I, 90. Paralbumen I, 42. Parelektronomische Schicht I, 428 Parotis II, 340.

Paukenhöhle, Schallleitung durch dies. I 359. ' Pendulirende Bewegung I, 223 Penis II, 439.

Erection dess. II, 439. Pepsin I, 56; II, 360. 631.

als Ferment (?) II, 633. Peptone II, 628. Entstehung dors. II, 637. Peripolare Anordnung I, 104.

Theorie ders. I, 104. '

Peripolarer Zustand I, 103. Peristaltische Bewegung I,

des Dünndarms II, 615.

des Schlingapparates II, 610. Pflasterepithelien 11, 264. Pfortaderblut II, 35. 316.

Phasen des Elektrotonus I, 99. Phenylsäure I, 36. Phosphorglycerinsäure I, 33. Phosphorsäure im Harne II, 403. Phosphorsaure Alkalien I, 23.

Erden I, 23.

Kalkerde I, 23.

Magnesia I, 23.

Salze I, 23. Phosphorsaures Eisenoxyd I, 23. Physiologie , allgem. Aufgabe ders. I, 13.

der Atome I, 16.

der Aggregatzustände I, 59.

der Nervenröhren I, 85. 1 10.

des Rückenmarks und seiner Nerven

I, 150.

Vortragsplan ders. I. 14. Physjolog. Bedeutung der Zuckerarten I, 35. Piezömeter II, 53.

Pigmentum nigrum I, 42. Plasma II, 1 . Platten II, 228. Polarisation I, 88.

des Lichtes im Auge I, 296. Poren der organ. Häute II, 250.

Poren , wesentliche und zufällige II, 203 .

Porosität der Häute II, 204.

Prägung der formlosen Massen II, 228.

Processus obliqui I, 507.

Pronationsgelenk I, 515.

Propion- (Metaceton-) Säure I, 25. 29.

Wärmeeinheit ders. II, 737. Prostata II, 439. Proteinbioxyd I, 43. Proteinstoffe I, 42. 44.

ihre Zusammensetzung I, 44.

Gründe für ihre Annahme I, 44.

Zersetzungserscheinungen I, 45. Proteintritoxyd I, 44.

Puls II, 100. 102. 159; s. a. Herzschlag. ■. Abhängigkeit dess. vom Herzschlage II, 45.

Aufhören dess. in d, kleinsten Ar- terien II, 139.

Untersuchungen dess. mittels Spygmo- graphs II, 170. Pulsfühlen II, 169.

Pulsfrequenz, Einfluss auf die Geschwin- digkeit des Blutstromes II, 131. 161. Pulshebel (Vierordfs) II, 170. Pulsus dicrotus II, 171. Pulsverhältniss zur Herzsystole II, 171. Pupillcnbewegung durch Reflex etc. I, 280. Pyin I, 49.

Eegister. 775

Q.

rtuellen der Nerrenkräfte I, 142. lJueUung I, 70.

begünstig. Momente ders. I, 72.

eiweissartige Stoffe I, 52.

der Epithelien II, 236.

theoretische Bemerkungen über dies.

I, 70.

tinellungsmaximum I, 70.

Kuellungsverhältniss I, 70. uerleitung der Erregung von einer Ner- venwurzel zur andern durch das Bückenmark I, 169.

zur Theorie ders. I, 179. ituerschnitt - Geschwindigkeit, Messung ders.

des Blutstroraes II, 189.

mittlere H, 192.

R.

üanminhalt der Blutgefässe II, 116. üanrnvorstellung diirch das Sehen s. unter Sehen.

durch den Tastsinn I, 4M. lieflectorische Hirnbezirke I, 20^. Reflex als Erreger d. Muskels I, 435. »eflexbewegung I, 169. 221.

Charakter ders. I, 169.

geordnete I, 172.

Theorie ders. I, 170. eflexempfindung I, 177. 206. eflexkrampf I, 121.

egulator der thier. Wärme II, 754. eibung in den Blutgefässen II, 109. eihenfolge der Herzbewegungen II, 38. eis II, 598.

leize der Nerven I, 112,

des Nervensystems I, 85.

(esonnanz-Apparate', Nerven ders. I, 584.

WBorption II, 56 1 .

(espiration s. Athraung,

Hspirationsmechanismus II, 479.

Retina I, 96.

Bau ders. I, 297.

Beharrungsvermögen ders. I, 309. ietinalgefässe, Schatten ders. I, 351.

diffusive Spiegelung ders. I, 295.

Erregungsmedien ders. I, 112. 299. Biythmus der Herzbewegung II, 87. idchtung des Blutstromes II, 123.

des Hörens I, 381.

,- des Nervenstromes I, 128. idchtungslinien I, 267.

Kreuzungspunkt der». 1, 268.

Tippcngolcnke I, 511. ' iggen II, 597. ihrzucker im Harn II, 394. ihren, Eustachi'sche I, 371.

Köhren, Flüssigkeitsströmo in solchen II, 51 u. folg.

Strombewegung in asymmetrisch ver-

zweigten n, 64.

in symmetr. verzweigten II, 64. Rückenmark I, 150; n, 291.

anatom. Verhalten I, 1 50.

Anordnung seiner Nervenelemente

I, 151.

Blosslegung dess. I, 166.

Capillaren in dens. II, 293.

chemische Zusammensetzung dess.

II, 291.

Durchschneidung dess. I, 166.

Einfluss der einzelnen Stränge auf

die Leitung I, 165.

Ernährung dess. II, 294.

Erregbarkeit dess. I, 182.

Faserung dess. I, 151.

graue Masse dess. I, 151.

Gruppirung der Nervenröhren in

demselben I, 81.

hintere Stränge dess. I, 152. 156.

Längsleitung dess. I, 163.

Methode der Untersuchung dess.

I, 154.

Mittheilung der Erregung in deras.

I, 169.

Physiolog. Verhalten dess. I, 154,

Seitenstränge dess. I, 151.

vordere Stränge dess. I. 151. 156.

weisse Masse dess. I, 151. Rückenmarksnerven I, 150.

Mengenverhältniss ihrer hinteren

und vorderen Wurzeln I, 157.

motorische Wurzeln ders. I, 156.

sensible Wurzeln ders. I, 150.

veränderte Erregbarkeit I, 185.

Verbreitung ders. im Centraiorgane

I, 157.

Verbreitung ders. in der Peripherie

I, 155.

Verbreitungsgesetze ders. I, 156.

Wurzelröhren ders. I, 152. Rückenmarkswurzeln I, 152.

Verbreitung ders. I, 159. Rückstoss des Herzens II, 85.

Ruhe, Einfluss ders. auf die Erregbarkeit

der Nerven I, 121. Ruthe II, 439.

S.

Saligenin I, 40.

Salze, Austritt ders. aus dem Körper II, 715.

der Frauenmilch II, 456.

dos Harns II, 406.

kohlensaure I, 20.

der Leber II, 315.

776

Register.

Salze, ijhosphoraaiire I, 23.

tägl. Aufnahrae ders. durch d. Ver-

dauung II, 669. Salzlösungen, Uebertragungszeit ders. aus

einem Blutgefässe ins andere II, 198. Salzsäure im Labsaft II, 631. Samen, männl. II, 435.

Absonderungsgeschwindigkeit dess.

437.

Aussstossung dess. II, 441.

Bereitung dess. II, 438. Samenblase, Bewegung ders. 1,218; 11,441. Samendrüsen , accessorische II, 439. Samenfäden, Bewegung ders. II, 436. Samenleiter, Bewegung dess. I, 218. Sarkin I, 40.

Sättigungsgefiihl II, 586. Sauerstoff I, 18.

im Blute II, 14.

seine Funktionen im Körper I, 18.

sein quantitatives Verhältniss zur CO* in der ausgeathmeten Luft II, 53 1 .

SauerstofFatmosphäro II, 464. Sauerstoffaufnahme d. d. Haut II, 551. 553.

durch die Lungen II, 530.

veränderlich mit dem Blutstrom II,

534.

nach d. Gehalt d. Lungenluft II, 533.

Sauerstoffausgabe II, 715.

Sauerstolfverbrauch, Beziehung zur Wärme- bildung und Arbeitsleistung II, 743.

Saugkraft der Lunge für das Blut II, 144. Säuron nach d. Formel C2nH(2n 1) O3 ; HO I, 39.

hai-nige I, 39. Schall I, 354..

Fortpflanzung I, 355.

Richtung dess. I, 380. Schallleitung zum Gehörnerven I, 358.

durch die Gehörknöchelchen I, 367.

durch die Kopfknochen I, 372.

durch die Paukenhöhle I, 359.

in das Labyrinth I, 369. Schallwellen, Länge ders. 351. Schattenbilder I, 349.

Schätzung der Entfernung durch das Auge I, 336.

der Grösse I, 334. Scheiner's Versuch I, 256. Schlaf I, 609. Schlauchwellen II, 69.

Bewegung der Wassertheilchen in

dens. II, 69.

Geschwindigkeit in dens. II, 72.

mittlere Spannung in dens. II, 72.

Theorie ders. II, 70. Schleimbeutel II, 260. Schleimdrüsen II, 348.

des Magens II, 362. Schloimhautflltor II, 348.

Schleimsaft II, 348. Schlcimstoff I, 55. Schliossungszuckung I, 437. Schlingbewegung I, 213. Schlingen II, 607. 608. Schlüssolbcingelenke I, 512. Schlund II, 604. Schlundkopf II, 607. Schmerz I, 395.

Abhängigkeit von der Dauer und

Stärke der Erregung I, 400.

Beharrung dess. I, 402.-

Erreger dess. I, 396.

excentrische Erscheinungen dess. I,

401.

Oertlichkeit dess. I, 401. (Webers

Theorie in Betr. ders.) 402. .Schrittdauer I, 557. 558. Schulterblattgelenk I, 513. Schwangere, Milchsaft ders. II, 458. Schwankung der Pulsfrequenz II, 100. Einfluss des Körperzustandes auf

dies. II, 102.

der Nahrung auf dies. II, tOl.

der Tageszeiten a. dies. II, 100. Schwefelcyansalze I, 24. Schwofelsaure Alkalien I, 24. Schwefelsäure im Harn II, 401.

ihre Beziehung zum Schwefelgehalt

der Nahrung II, 402. Schweiss II, 367.

Absonderungsgeschwindigkeit dess.

II, 367.

Aenderung dess. mit der Absonde-

rungsgeschwindigkeit und -Dauer II, 369.

Ansammlung dess. II, 368.

Bereitung dess. II, 372.

Statistik dess. II, 372. Schweissdrüssen II, 367. Schwerkraft, Bedeutung für den Blutlauf

II, 147. Schwerlinie I, 549.

Schwerpunkt des Gesammtkörpers I, 549.

des Rumpfes I, 549. Schwindel I, 488. . Sclerotica I, 346. .

Secretionen II, 202. S. a. Absonderungen,

Ausscheidungen. Seele I, 605.

Beziehungen ders. zum Gehirn I, 607.

Organe ders. I, 592.

Physiologie ders. I, 592.

Sitz ders. I, 605. Sehen I, 315.

Aufmerksamkeit bei denis. I, 321.

aufrechtes I, 325.

Bedingungen dess. I, 316.

bewegter Gegenstände I, 342.

deutliches I, 255.

Eegister.

777

•oehen, direktes I, 318.

Einfluss der Muskelbeweguug auf

dass. I, '326.

im Kaurae I, 322.

indirektes I, 318.

in verscliiedene Feme I, 254.

mit 2 Augen I, 326.

Rauravorstellungen d. dass. I, 322. Richtungen dess II, 323.

Schärfe dess. I, 317.

Grenzen dieser I, 319. •lehnen I, 530. liehnenknochen I, 530. Sehnenscheiden I, 530 ; II, 260. Sehner? s. Nerv, optic. »ehstrahl I, 324.

♦ehweite I, 256.

ochwinkel I, 268. 333.

»■eitendruck in Wasserströmen U, 41.

. elbsterregung I, 211.

i-emilunarklappen , Verschluss der Kranzar- terien durch solche II, 129.

sensible Wurzeln des Rückenmarks siehe Rückenmark.

«eröse Flüs.sigkeiten II, 257.

Häute II, 256. terum II, 14. iiirene I, 358. fckelet I, 490.

kkeletmuskeln dess. I, 490. 530.

Wirkung ders. I, 531. kkeletsehnen I, 530.

"ondergeschwindigkeit des Blutstromes auf

seinen Querschnitt H 189. nopranstirarae I, 560.

|f)annung des Blutes , abhängig von den Athembewegungen II, 144.

Arbeitsmaass ders. II, 46.

Beziehung ders. zur Stromgeschwin-

digkeit II, 47. 53.

des ruhenden Blutes II, 120.

Druckmaass ders. bei Flüssigkeiten

im AUg. II, 46.

gestörte im Blutsystem II. 124.

in d. Arterien II, 135. 137. 159. 172.

in d. grossen Arterien II, 172.

in den Haargcfässen II, 141. 174.

im Lungenkreislaufe II, 180.

des strömenden Blutes 11, 134.

in der Vena jugularis II, 177.

in den Venen H, 141. 170.

Störung des Gleichgewichts ders. in

den Gefässen II, 124. . strömende Flüssigkeiten II, 44. 57.

de» Wassers II, 44. «annungabnahme bei vermindertem Zu- fflusso II, 140.

«annunguntcrschied im Blutgofasssysteme II, 132.

zwischen Blut und Harn II, 420.

Spannungswechsel bei verschied. Schlag- folge des Herzens II, 136. Speichel II, 338. 623.

Absonderungsgeschwindigkeit dess.

II, 343.

Ausstossung dess. 347.

Menge, mittlere dess. II, 345.

Verdauung durch dens. II, 624.

Wärme dess. II. 341. 342. Speicheldrüsen II, 336.

Blut u. Blutstrom in dens. II, 337. Speisen II, 590.

Nährfähigkeit ders. II, 591.

Verdaulichkeit ders. II, 591.

im Magen II, 639.

Verdauung ders. II, 603. 638.

Wirkung verschiedener, Säfte auf

dies. II, 650. Speiseröhre II, 607. Speiseröhrenverkürzung I, 217, Sphärische Abweichung des Auges I, 216. Sphygmograph II, 154. Spiegelung der Cornea und Linse I, 296.

der Retina I, 295.

diffusive I, 295.

der Lichtstrahlen im Auge, Ein-

richtungen zu ders. I, 294.

der Stäbchenschicht I, 294 Spielraum der Eigentemperatur des Warm- blüters II, 732.

Spiralen der Rumpfmuskulatur I, 401. Spirometrie II, 496. Spitzenstoss des Herzens II, 85. Sprache I, 584.

Spracherzeugung, allg. Beding, ders. I, 585. Sprachwerkzeuge I, 559.

Nerven ders. I, 591. Sprungbein, Stellung dess. auf dem Fuss- boden I, 553.

Stäbchenschnitt der Retina I, 297. Stärke der Lichtempfindung I, 308. Stearin I, 30. Stearinsäure I, 25. 27. 33.

Wärmeeinheit ders. II, 737. Stehen I, 549.

Steifung der Gelenke I, 551. Steigbügel I, 3()7.

üebertragung der Bewegung von

denis. auf das Labyrinth I, 369. Stereoskop I, 340. Stickgas im Org. I, 19.

Verhalten zur Respiration II, 536. Stickstoff im Blute II, 14. Stickstoffatmosphäre II, 264. Stickstoffausgabo II, 714. Stimmbänder I, 565.

Spannung dor.s. I, 566. 569. Stimme I, 559.

Klang ders. I, 560.

Register ders. I, 572.

778

llogistor.

Stimme, Reinheit dere. I, 561.

Besonauz dors. I, 580.

Stärke ders. I, 561.

Theorie ders. I, 575.

Umfang ders. 1, 550. Stimmerzeugung, Orte ders. I, 564. Stimmhautstelle und -Spanner, Nerven ders.

I, 583.

Stimmhäute, Spannung ders. I, 566. 569. Stimmritze I, 566. Stimmwerkzeuge I, 599. 'v;

mittönende I, 580.

Nerven ders. I, 582.

Uutersuchungsmethoden ders. I, 562. Stoffökonomie des Thieres II, 671. 710. Stoffströmung b. genügend. Nahrung II.-709.

durch den Thierleib II, 671.710. Strahlenbrechung im Auge I, 241.

Gesetze ders. I, 241. Strahlenbüschel, Vereinigungsweite dcss. I,

245.

Strom, constanter in Eöhren II, 51.

in cylindrischen Eöhren II, 51. 56.

in elastischen E. II, 66.

in gleichweiten gebogenen Eöhreji

II, 61.

in geradem Cylinderrohr II, 56.

in ungleich weitem Eohr II, 62.

in ungleich dehnbai-em Eohr II, 67.

Verlust dess. an Arbeit II, 60.

in verzweigten Eöhren II, 63. Strom, elektrischer I, 8.

als Geschmackserreger I, 390.

die Erregbarkeit des Muskels erre-

gend I, 424. 438. Strombewegung, bei Flüssigkeit, Mitthei- lung über ihre Grenzen II, 49.

bei Austritt von Tlüssigkeit

durch d. Gefässwände II, 150. Stromcurve, elektrische I, 439.

Steilheit ders. beim Muskel I, 439. Stromgeschwiudigkeit flüssiger Körper II,

49. 53. 57. Stromkreise , elektrische , Einwirkung auf

den Muskel I, 443. Strompiüfung (elektr.)am Frosehschenkell,

92.

Stromschwankung, negative beim Nerven I, 108.

beim Muskel I, 438. 464. Stromspaunug , absolute Werthe ders. für

den Blutstrom II, 153.

durch Arterienverschluss II, 166.

Messung ders. II, 154.

Veränderung ders. mit der Athem-

bewegung II, 161.

ders. mit der Entfernung vom

Herzen II, 168. Stromstärke, absolute Werthe ders. bei Muskclvcrkürzung I, 441.

Stromzweige, Abhängigkeit ders. von ein-

ander II. 197. Strömung, weitere Ursachen ders. in Ge

fassen II, 151. Strychninkrärapfe I, 182. Strychninlösung, Wirkung auf die Nerven

I, 126.

Sublingualdrüse s. Mundspeichel. Supinationsgelenk I, 515. Sympathischer Nerv I, 213.

Abhängigkeit dess. vom Hirn und

Eückenmark I, 219.

Absonderungsnerven dess. I, 218.

Anatomie dess. I, 213. Anordnung seiner Elementartheile

I, 214.

der von ihm abhängigen Bewe-

gungen I, 223.

automat. Erregung dess. I, 224.

Elementartheile dess. I, 213.

als Empfindungsvermittler I, 222.

Halstheil dess. I, 216.

Lendentheil I, 217.

Mittheilung der Erregung zwischen

dems. u. d. Corebrospinalnerven I, 221. 222.

motorische Eöhren dess. I, 215.

motorische Wirkungen des Hals-,

Eücken- und Lendentheils dess. I, 216. 217.

Muskelbewegungen vermittelnd I,

222.

physiolog. Verhalten dess. I, 215.

Eeflexbewegipgen vermittelnd I,

218. 221.

Eückentheil dess. I, 217.

Sacraltheil dess. I, 217.

Stellung zum Willen I, 220.

Verbreitungsbezirke seiner motor.

Eöhren I, 215. * Verkettete Bewegungen in dems. Ir 223.

Symphysen des Beckens I, 510. Synchondrose I, 496. Synergie der Augenmuskeln I, 239. Synovia n, 259.

T.

Tagesschwankungen der Temperatur Hun- gernder II, 726.

Gespeister II, 727. Tastsinn (im engern Sinne) I, 407. 487.

veränderte Feinheit dess. bei Baum-

unterscheidung I, 412. Tastkörperehen I, 404. Taurin I, 39. Taurocholsäurc I, 37. Taurylsäure I, 36.

Temperatur, Einfluss ders. auf Nervenerre- gung I, 125.

llegister.

779

Vemperatur als Erregerin d. Gefühls I, 399. emperaturausglcichuBgen im Thierkörper II, 752.

Vemperaturbestimmung II, 739. emperaturempfindung I, 416. iemperaturscliwankuiig d. Aderlass II, 728. -- bei Anstrengungen II, 728.

abhängig von Aufnahme und Aus- scheidungen von Gasen II, 724.

von der Gallenbildung II, 724.

vom Lebensalter II, 748.

von Muskelbewegung II, 725.

von Nervenerregung II, 724.

von der Lufttemperatur II, 729.

von der Nahrung II. 724.

v. d. Sauerstoffverbrauchll, 724.

von dem Stoffumsatze II, 723.

von der Tageszeit II, 725.

von Zuständen der Haut und der äussern Umgebung II, 729. 751.

eemperaturspielung beim Warmblüter II, 732.

»norstimme I, 560.

öiierische Wärme, Ursprung ders. II, 732. itanns electricus I, 724. Ifaalwellen n, 73. bhermometrische Apparate II, 720. khränen II, 349. khräncnapparat I, 347. lihränendrüse II, 349. Uiymus II, 306.

ehem. Bestandtheile ders. II, 307.

Ernährung ders. II, 307.

ibialfibulargelenk I, 526.

idtenstarre I, 471.

Dauer ders. I, 473. mn I, 374.

gemischter I, 375. mnbildung im Kehlkopfe I, 564.

Theorie ders. I, 571.

veränderte I, 571. wnhöhe I, 374. 571.

Bedingungen, veränderte I, 571.

am todten Kehlkopfe I, 574. onreihe, Grenzen ders. I, 375. snstärke I, 375. ^Unterscheidung I, 380.

1 .mittels Sirene I, 378.

1 »nus I, 183.

I xaubenzucker I, 34.

I im Harn II, 393.

f in der Leber II, 311.

t aura I, 609.

1 "iebkräftc der Absonderung II, 205. ! des Blutes II, 152. i inkwasser II, 599. * iolcin I, 30.

oxyprotein I, 45.

ipalmitin I, 30.

iatearin I, 30.

Trockenheit der Nerven, Einüuss ders. auf

ihre Erregung I, 125. Trommelfell I, 361.

Mitschwingungen dess. I, 362.

Spannung dess. I, 361. 364. Tuba Eustachii I, 371.

Tyrosin I, 40. 45. 47.

in der Leber II, 315.

ü.

Uebung I, 604.

Umsetzungen,, chemische, als Quellen der Nervenkräfte I, 142.

der ausgeschiedenen Stoffe II, 126. Unterkieferdrüse, Blut und Blr. Istrom ders.

II, 337.

Speichel ders. II, 338. Unterkiefergoicnk I, 503. Unterzungendrüse II, 338. Unterzungengegend, Wärme ders. II, 722. Ureteren II, 430.

Urin s. Harn.

Vas deferens II, 439.

Venenblut, Unterschied vom arteriellen II,

30. 31. Venenhaut II, 108.

Verbindungsmassen zwischen den Port- setzungen der Nervenwurzeln und Or- ganen der Willkür I, 208.

Verbrennung im thierischen Körper I, 18.

Quelle d. thierischen Wärme II, 73S. Verbrennungswärme organ. Stoffe II, 738. Verdaulichkeit der Nahrungsmittel II, 59 1 .

der Speisen für d. Magen II, 591. Verdauung, Aufsaugungswege dess. II, 652.

Chemismus ders. II, 621.

Mechanismus ders. II, 604. Verdauungssäfte, ehem. Arbeit ders. II, 621. Verdunstung thier. Flüssigkeiten I, 63. Vereinigungsseito d. Strahlenbüschel I, 246. Verhalten, physiolog., der Nerven I, 110. Verhungern II, 672. 674. Verknüpfung der Gerüche I, 397. Verkürzter Muskel I, 435. 448.

Elastizität dess. I, 437. Verlängertes Mark, Elenicntarbau dess. I,

187.

Verlängerung der Muskeln durch Nerven- erregung I, 424. 484.

Verlauf der sensiblen Nervenröhron durch das Hirn I, 205.

Verletzung einzelner Hirntheile I, 208.

Vermischung d. Gcruchscnipfindung I, 387.

Vitalismus I, 2.

Vokale I, 586.

Volum dos Brusti-aumes , unveränderliches II, 493.

Volum d. Brustrauraes, veränderl. II. 493.

780

Kegister.

Volumändcrung d. Einathmungsluft I, 537. A'orkammoi-n , Ersclieinungcn während des Kreislaufes in dens. II, 124.

Zusammenziehuiig II, 126. Vorstelterdrüse s. Prostata.

W.

■Wachsthum II, 715.

der Knochen II, 277. Wandungen der Gefäsae II, 108. 297.

Nerven ders. II, 112. Warmblüter, Temi)eraturspielüng ders. II,

730. 732. Wärme, Bedeutung ders. I, 61.

Bildung ders. mit Bezug auf gew.

physiol. Vorgänge II, 741.

in d. einzeln. Organen II, 749.

des Blutes II, 721.

der Eingeweide II, 722.

als Erreger des Muskels I, 436.

Eolge des thier. Verbrennungspro-

cesses II, 7 38.

latente der Nahrungsmittel II, 724. d. Nervcnerregbark. zerstörend I, 126.

als Ursache der phys.-mechan. Kraft-

üusserung I, 17.

Ursprung d. thierischen II, 732.

Verschiedenheit ders. n. d. Gegend

d. Körpers II, 72 1. S. a. Temperatur. Wärraeeigenschaften d. Muskels I, 432. 467. Wärmeeinheiten d. thier. Atome II, 736.

durch Verbrennung d.H.u. C.II, 747. Wärmeerzeugung, veränderliche II, 740. Wärraegewinnc n. Jahreszeit, u. Alter II, 748. AVärraeökononiic einzelner Organe II, 749. Wärmeregulatoren II, 754.

Wärraesinn I, 416.

Verbindung mit Drusksinn I, 418. Wärmestarre I, 470.

Wärrueströmuug durch d. Thierleib II, 745. Wärmeunterschiede nach Tageszeiten II, 723. Wärmevcrluste II, 743. S. a. Temperatur.

durch Haut u. Lunge II, 751. Wärmeverlust durch Verdunstung II, 748. Wasser des Blutes II, 14.

seine Bedeutung für das Leben im

AUg. I, 19. Wasserausscheidung II, 712.

durch die Haut II, 551. Wasserentbehrung II, 682. Wassergehalt der Atmosphäre II, 466.

des Blutes II, 14.

der Erauenmilch II, 457.

des Harns II, 408. Wasserstoffausgabe II, 714. Wasserstoffgas 1, 19.

Wärraeeinheit dess. II, 737. Weizen als Nahrung II, 595.

Wellen in den grossen Arterien II, 131.

Wellenbewegung in elast. Köhren II, 68. Wellenlänge b. Molekularbwg. (Schall) 1, 307. Wellenzeichner II, 122. Werkzeuge, eraphndende des Auges I, 2!ir,.

luftabsondernde s. AthraungsfläcLi ii.

luftveränderndc II, 498. Wirbelgelonke I, 505.

Wille, Einwirk. a. d. Selbsterregung II, 211.

als Erreger des Muskels I, 4.35.

mechanische Leistung dess. I, GU'2 Willkürbewegung I, 599.

mcchan. Leistungen ders. I, 603. Willkürerrcgung, mech. Werthe ders. I, 603. i Wirbel , schiefe Fortsätze ders. I, 507. M Wirbelgelenke I, 545. W.irbelsäule, Muskeln ders. I, 545.

X.

Xanthin im Harn II, 390. Xanthoproteinääure I, 46.

Z.

Zahlenverhältniss zwischen Muskeln und

Nervonröhren I, 480. Zähne II, 281.

Ernährung ders. II, 282.

Eorrafolgo d. Entstehung ders. II, 283. Zelle, Einfluss ders. auf ihre Umgebung

und umgekehrt II, 232. Zellenbildung II, 230.

Bedingungen ders. II, 2 10.

innere und freie II, 23 1 .

Veränderungen ders. II, 162;

Zellenhaut, Wachsthura ders. II, 286.

Zellhaut der Gefässe II, 107.

Zergliederung , mechanische einer Lebens- erscheinung I, I.

Zerstreuungakreise I, 255 (n. Listing) I, 270. Zotten des Darraes II, 654. Zucker im Blute II, 8. Zuckerarten I, 33.

physiologische Bedeutung dess. I, 35. Zuckergährung durch den Speichel II, 625, Zuckergehalt der Erauenmilch II, 456. Zuckung I, 437.

Gesetz ders. (v. Pfaffu. Kitter) I, 443.

paradoxe I. 90.

sekundäre I, 467. M Zunge, Thätigkeit bei d. Verdauung Ii, 604* Zusammensetzung d. Blutes II, 1. M

der Nerven mit Bezug auf ihre Er-^

regbarkcit I, 124. , Zusammenziehung d. Herzkammern II, TiS.

der HerzTorhöfo II, 126.

tetanisehe d. Muskels I, 438. Zuwachs, elektrischer I, 99. 100. f ,

Gesetze dess. I, 100. i Zwangsbewogungen I, 208. * Zwischenwirbelbänder 1, 506. #^

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1' 0 1 z in Leipzig.