. Baumwoll-Anbau, -Handel und -Industrie Vereinigten Staaten von Nordamerika Von Moritz Schanz Neubearbeitete zweite Ausgabe ı Return this book on or before the Latest Date stamped below. A \ charge is made on all overdue books. University of Illinois Library nn. , | M32 Digitized by the Internet Archive in 2011 with funding from University of Illinois Urbana-Champaign http://www.archive.org/details/baumwollanbauhan00scha Sonderabdruck aus „Beihefte zum Tropenpflanzer“ Jahrg. 1914/15, Nr. 6. Baumwoll-Anbau, -Handel und -Industrie in den Vereinigten Staaten vonNordamerika Von Moritz Schanz Neubearbeitete zweite Ausgabe. 37 VEREI nor ARSERS a DS ARERORN Fa Li er s Re a * & { . F R Fr i j y ’ ER} x i . u} Ir ; = ’ Hr #, n "De 3 4 6 ” v | a Din r ; z Ahr s | ı { } Na ' 4 ö 7 e L f Im ' 3 ei R f | v j y > | r \ 7 N 1 va“ A Ir° 7 \ i ae ah Du.) v B s ve, 2 . j , “ . r u air »J P H > Bızııı SD. Vorwort. Die Redaktion des „Tropenpflanzer‘ hat mich ersucht, meinen nordamerikanischen Reisebericht vom Sommer 1907, den sie seiner- zeit veröffentlichte, bis zur Jetztzeit fortzuführen und in erweiterter Form nach demselben Plane auszuarbeiten, den ich in meinen in- zwischen erschienenen Abhandlungen über Baumwolle in Ägypten und dem Englisch-Ägyptischen Sudan, in Ostindien und in Russisch- Asien befolgte. Die Arbeit ist bereits im Sommer 1914 vollendet gewesen, ihre Veröffentlichung erlitt aber durch die Kriegsereignisse einige Ver- zögerung. Ich schließe damit meine Serie von Berichten über die Haupt- gebiete des Baumwollanbaues ab. Chemnitz, Sommer 1915. Moritz Schanz, stellvertretender Vorsitzender der Baumwollkommission des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees. SH1B41 ee Er ae en Ar hb Mi x \ ’ D er ne N r ja "en Br , : nn % AL b J L, ? x \ Fr: ’ 1.4 r E% u 3 , » r er J , / u ’ D a r DR Ri / u } “ L - x ö 1 \ r r ‚ E f e ß y ’ ’ W { 1 4 D r N ’ 4 j Inhalt. . Vorwort : Geld, Maße und Gewichte Geschichtliches ; & Die Landwirtschaft in den Vereinigten Staaten. Pa re Allgemeines S. 7. Grundbesitzverteilung und Pachtwesen S. 9. Landpreise S. ır. Arbeiterfrage und Löhne S. ıı. Ländliches Kreditwesen S. 12. Genossenschaften S. ı3. Staatliche Förderung S. 13. Ackerbau-Amt S. ı3. Versuchsstationen S. 14. Wanderlehrer S. 15. Landwirtschaftliches Unterrichtswesen S. 16. Landwirtschafts- gesellschaften S. 17. Der Baumwollgürtel . be De ER N Re NS Geographische Grenzen S.ı7. Baumwollböden S. ı8. Klima S. 20. Künstliche Be- und Entwässerung S. 22. Wirtschaftsformen bei Weißen und Farbigen S. 23. Pflanzervereinigungen S. 32. Baumwollsorten N ea RR RR Wache SAT ne Botanische S. 35. Uplands S. 35 Sea Island S. 37. Ägyptische S. 38. Handelssorten S. 39. Saatwahl und Saatzucht Baumwollanbau ee BF Be FR ee Race rc Fruchtfolge S. 44. Ackergeräte und Tiere S. 45. Zurichtung des Bodens S. 47. Düngung S. 49. Mulching S. 52. Aussaat S. 52. Pflege während des Wachstums S. 54. Ernte S. 56. Baumwollkrankheiten und -schädlinge . ER EL ER: Bureau of Entomology S. 62. Farmers Cooperative Demonstration Work S. 63. Erprobte Kulturmethoden S. 63. Anbauflächen, Erträge und Durchschnittspreise Einzelgebiete Amtliche Statistik und Ernteschätzung . Einnfeaufpereitungi con: um ee re ee. Entkernen S. 74. Pressen und Packen S. 79. Compress S. 8o. Gin-Compress S. $S2. Rundballen S. 82. Feuchtigkeit in Baumwolle SPERF Produktionskosten und Rentabilität . Baumwollsaat und Produkte daraus. I a N He Die Ölmühlen S. 89. Linters S. 93. Baumwollsaatschalen S. 94. Ölgewinnung, hydraulischer Prozeß S. 95. Kalter Prozeß S. 97. Baumwollsaatkuchen und -mehl S. 99. Baumwollsaatöl S. ıor. 84 37 ya Seite Baumwollhandel . . ... ee landen ae 2 ET. G Baumwollaufkauf und engl ss 06. Baumwollbörsen in Nordamerika S. ııo. Preise für middling 3, 110. United States Cotton Futures Act S. Iın. Versand „2... PREIS HE ec 5 0 0 0 Landstraßen S. ES Wasserstraßen S. ır3. Eisenbahnen S. ıız. Aus- fuhrplätze S. ı Baumwollexport . . . ar ee ie na In De er A SER TTLO. Mengen und Werte S, 117. Bestimmungsländer S. 119. Baumwoll- börsen in Europa S. ı19. Arbitrage S. 121. Baumwollverbrauch in den Vereinigten Staaten . . . 121 Geschichtliches S. ı22. Statistisches S. 124. Se Ss. 124. w A S. 125. Arbeiter S. 126. Betriebskraft S. 128. Baumwollverbrauch einheimischer und importierter Baumwolle S. 129. Absatz S. 129. Export von Baumwollwaren S. 129. Import von Baumwollwaren S. 130. Zukunft des amerikanischen Baumwollbaus . . 2... nn nn 130 Rückblick und Ausblick S. 130. Quellenverzeichnis . 2: Dill en Pete 22) 2 133, Geld, Maße und Gewichte. T Dollar 100/ Cents Re ee one Te Genter ee — 4 Pfennige ı amerikanische Eine — 6 x 6 mie = = Ser MiS aalor SECHONS... u me ee Te ee gocmzriradkın) ı Section — ı Square Mile —= 640 Acres . . . „a AR no Taots 2 Section— 80. Acrese nr ee near ı Acre — 1840 Quadratyardsı. 0 2 00. een en EoMOADE:: ı englische Landmeile = 1760 Yard . . . . 2... 0... ..= 1609 m 1, Yard! 3: FÜß "1 02000: mel ans kan ee ke ne a ON PIRBFRITT en 20) er. = 5 I ZolleIinch)err rer : = any ı amerikanische short ton — Tonne (für Baum ol) — 2000 a = 907 kg ı amerikanischer Zentner (Cwt.) — ıı2 Pfund . . .....= 50), ,„ ı amerikanisch-englisches Pfund (lb). . . . 2. 2 2 2 2.0. 45358 ı amerikanisches Bushel — 4 Pecks . Be. 25228 DeBeckir BE NAR, Rn ER, ©. = E85 ı amerikanische Callon ee EN us u 3,735 » Br eee Geschichtliches. Schon die ersten Entdecker Amerikas trafen die Baumwolle dort an vielen Stellen an. Kolumbus fand auf seiner Entdeckungsfahrt 1492 Baumwolle wild wachsend auf Guanahani, und er und seine Nachfolger trafen die Pflanze dann auch vielfach auf dem amerikani- schen Festlande an, wo sie von den Eingeborenen mit bemerkens- werter Kunstfertigkeit zu Geweben verwandt wurde. Besonders in Mexiko lieferte Baumwolle die alleinige Grundlage der Klei- dung, und Baumwollstoffe bildeten einen Teil der von Cortez an Kaiser Karl V. gesandten Geschenke. Dem Beispiel der Azteken folgend, polsterte auch Cortez die Wämser seiner Soldaten, um sie vor den feindlichen Pfeilen zu schützen, mit Baumwolle. Baum- wolle und Gewebe daraus wurden weiterhin 1522 von Pizarro in Peru angetroffen, die wildwachsende Pflanze von Cabeca de Vaca 1536 im heutigen Gebiete der Union, am unteren Mississippi, im südlichen Louisiana, in Texas und in Kalifornien. Auch die Bra- silianer brauchten die Faser der wildwachsenden Pflanze zu Stricken, Netzen, Hängematten und sogar zu Kleidungsstücken, Proben brasilianischer Baumwolle kamen schon 1570 auf den Ulmer Markt — kurz, überall zwischen dem 35. nördlichen und südlichen Breitengrad war Baumwolle zur Zeit der Entdeckung Amerikas wildwachsend oder kultiviert vorhanden und ihre Verwendbarkeit bekannt. Bald trugen auch die europäischen Einwanderer zur Aus- breitung der Baumwollkultur bei. Die englischen Kolonisten Virginias brachten Sämereien aus allen Teilen der Erde, darunter auch Baumwollsaat mit, die 1607 bei Jamestown versucht und erfolgreich angebaut wurde; im Jahre 1621 wird auf einem Verzeichnis der in Virginia gezogenen Produkte Baumwolle mit 8 Pence für das Pfund aufgeführt. Die Saat stammte aus Westindien und der Levante. Wenn der Export von Virginia zunächst auch fast ausschließlich auf Tabak zuge- schnitten war, so wurde Baumwolle, im Anbau von einigen der | ersten Gouverneure begünstigt, doch für den Heimbedarf gezogen und verarbeitet. Im Jahre 1664 ließ sich eine Anzahl von Kolonisten von der Insel Barbados aus in Carolina nieder und brachten neben an- deren Kulturpflanzen auch Baumwolle mit. 1666 wurden große Mengen levantinischer Baumwollsaat aus Cypern und Smyrna nach Carolina gesandt, und zu Anfang des ı8. Jahrhunderts hatte der Baumwollbau dort bereits einen solchen Umfang angenommen, daß ein Fünftel der Bevölkerung mit dem Ertrag bekleidet werden konnte. Freilich erlangte an dieser südlichen Küste der 1693 durch Zufall in Charleston eingeführte Reis bald eine ähnliche überragende Bedeutung wie der Tabak im Norden. Auch das ab. 1683 von den Franzosen kolonisierte Loui- siana, damals die heutigen Staaten Mississippi und Ala- bama mit umfassend, führte mit Negerarbeit betriebenen Baum- wollbau ein. Ab 1734 wurde Baumwolle in Georgia angepflanzt, und wenn auch nur als Gartenpflanze, drang sie ab 1736 bis an die Chesapeake-Bai in Maryland vor. Im Jahre 1754 berichtet man über Baumwolle in Florida. 1758 führten die Franzosen weibe siamesische Baumwolle in Louisiana ein. Der Notstand während des Revolutionskrieges ließ Baumwolle für den Bedarf des Heeres sogar inDelawareundinNew Jersey anbauen und Penn- sylvanien deckte den heimischen Bedarf des Staates selbst. Im ganzen aber spielte Baumwolle im amerikanischen Wirt- schaftsleben vor dem Unabhängigkeitskrieg nur eine recht neben- sächliche Rolle, und der Anbau beschränkte sich überwiegend nur auf kleine Flächen. Das größte um 1776 erwähnte Baumwollfeld in der Nähe von Savannah umfaßte nur 30 Acres, auf denen kaum 3000 bis 4000 Pfund Baumwolle gezogen sein mögen. Mit der Ent- stehung des Plantagen-Großbetriebes im Süden und der Einführung der Negersklaverei hat Baumwolle also nichts zu tun gehabt, dafür waren vielmehr die Kulturen von Tabak, Reis und Indigo verant- wortlich. 1786 wurde die langstapelige Sea Island-Baumwolle von den Bahama-Inseln aus in Georgia eingeführt, und ihr Anbau dehnte sich an den Gestaden von Georgia und Carolina mehr und mehr aus. Sonst scheint man bis dahin mehr die kurzstapeligen Sorten an- gebaut zu haben. Die Gesamternte im Jahre 1790/91 belief sich auf 8800 Ballen von je 225 Pfund netto, und man fing an, darunter auch George Washington, der Baumwolle eine große Zukunft zuzuschreiben. «] —— Fur: J Die Ernte von 1791/92 belief sich auf 13 300 Ballen, davon kamen 75 9% auf Süd-Carolina und die restlichen 25 % fast ganz auf Georgia. Allmählich übernahm dort die Baumwolle die Stelle des Indigos, und man baute an der Küste Sea Island, während man im Hinter- land Nanking-Baumwolle von Malta, Nierenbaumwolle von Pernam- buco und die feine Bourbon-Baumwolle probierte. Im Laufe des 18. Jahrhunderts begann man auch Baumwolle auszuführen, allerdings in sehr bescheidenem Umfang, und zwar scheint die erste Baumwolle im Jahre 1739 durch den in Georgia ansässigen Kolonisten Samuel Augspurger nach England gebracht worden zu sein, das seinen damals nicht großen Bedarf darin in Westindien, der Levante, Brasilien, Bourbon und Östindien deckte. Von da ab bis zum Jahre 1784 werden nur in sieben Jahren kleine nordamerikanische Baumwollverschiffungen nach England erwähnt; von 1784 an aber beginnen, mit zunächst 14 Ballen, die jährlichen regelmäßigen Verschiffungen, und gleichzeitig steigen die Mengen; 1786 gelangten 900 Pfund nach Liverpool, 1793 schon 487 600 und 1794, in dem Jahre der Patentierung von Whitneys Sägegin, 1 600 000 Pfund. Nachdem in England Hargreaves 1767 die Spinnmaschine und Cartwright 1785 den mechanischen Webstuhl erfunden und damit den Grund zu der modernen Baumwollindustrie gelegt hatten, be- antragte auf der anderen Seite des Atlantik ein stellenloser Lehrer, Eli Whitney in Savannah, 1793 das Patent auf seine Sägegin, welche die bislang überaus zeitraubende und mühsame Entkernung der Baumwolle mit der Hand durch eine ebenso sinnreiche wie ein- fache Maschine ersetzte und die Baumwoll-Großkultur eigentlich erst ermöglicht hat. Die etwa gleichzeitigen Erfindungen ergänzten sich trefflich: Auf der einen Seite, zunächst in England, stark stei- gende Zunahme des Bedarfs an Rohmaterial, auf der anderen Seite die Möglichkeit leichterer Produktion mit Hilfe der Sägegin und größeren Absatzes. Die erste mit Wasserkraft betriebene Gin-Anlage wurde 1795 in Süd-Carolina errichtet, und mit der bald eintretenden Verbesse- rung der Maschine und steigender Sklaveneinfuhr nahm der Baum- . wollbau so schnell zu, daß die Pflanzer eine Überproduktion be- fürchteten. Während noch im Jahre 1791 die Gesamtproduktion der Vereinigten Staaten nur 2 Millionen Pfund ausmachte, war sie 1801 bereits auf 40 Millionen Pfund gestiegen, und die Union eroberte bereits zu Anfang des ı9. Jahrhunderts unter den Baumwoll-Aus- fuhrländern die erste Stelle, die sie seitdem behauptet hat. Die = 4 —n Baumwollkultur fordert keine kostspielige Maschinerie oder große Kapitalanlage in Meliorationen und konnte sich also leicht ausdehnen in einem Gebiet mit idealen Vorbedingungen dafür. Als neue Anbaugebiete traten ı80I Tennessee und 1839 Arkansas hinzu, im letzteren Jahre wurde Baumwolle auch in Maryland, Delaware, Indiana und Illinois angebaut; seit 1845 tritt Texas hinzu, das bald einen riesigen Aufschwung nahm und Ende der Soer Jahre an die Spitze sämtlicher Baumwollstaaten trat, nachdem 1791 bis 1821 Süd-Carolina, vorübergehend Georgia, ab 1839 Mississippi die größte Baumwollmenge geliefert hatte. Nur durch Anwendung künstlichen Düngers konnten auch die Atlanti- schen Staaten Areal und Ertrag des Baumwollbaus ausdehnen. Im Jahre 1825 erreichte die Ernte zum ersten Male ı Million Ballen zu 312 Pfund, und im Jahre 1861, vor Ausbruch des Bürger- krieges, war sie auf 41% Millionen Ballen zu 477 Pfund gestiegen. Baumwolle war die solide. Basis für die Pflanzeraristokratie des Südens. Neben den mit Sklaven betriebenen Pflanzungen, welche den Kern des Baumwollbaus bildeten, pflanzten hier und da auch sklavenlose „arme Weiße“, unwissende kleine Farmer im Oberland und in den Gebirgszügen, wohin sich die Negerwirtschaften nicht ausgedehnt hatten, auf armem Boden etwas Baumwolle. Der tüchtige, aber kapitallose kleine Squatter jedoch fühlte sich durch die „schwarze Mauer“ vom Vordringen nach dem Westen abge- schreckt, trat nur in Texas und Arkansas in Erscheinung, und es hat lange gedauert, ehe die fremde Einwanderung sich dahin wandte. Erst die deutschen Einwanderer in Texas gaben den Südstaaten das lehrreiche Beispiel, daß man auch in dieser allersüdlichsten Lage der Union mit weißer Arbeit in verständiger Landwirtschaft quantitativ und qualitativ befriedigende Erträge erzielen könne. Der mit so großer Erbitterung geführte Sezessionskrieg von 1861 bis 1865 schlug dem Süden auch wirtschaftlich die schwersten Wunden. Fast das ganze öffentliche Kapital war in Papiergeld der Konföderation angelegt und verloren; beträchtliche Mengen des privaten Produktivkapitals waren aufgezehrt und aufgenutzt; die Sklaven hörten auf Privatkapital zu sein; Staaten und Private waren stark verschuldet, die Leistungsfähigkeit des Pflanzers war ver- mindert. Die verarmten Leute in dem verarmten Lande mußten sich, um weiterzuwirtschaften, Geld zu riesigen Zinssätzen, oder Waren zu ungeheuren Preisen auf Kredit suchen und gerieten in Abhängigkeit von diesen Zustand nach Kräften ausnutzenden Ban- kiers, Kaufleuten und Faktoren. Um auch nur diesen drückenden — 5 —- Kredit schaffen zu können, führte man das Pfandrecht an die Ernte auf dem Halm (Crop Lien) ein, das für die wirtschaftliche Zukunft und Machtverteilung auf eine ganze Generation hinaus von ent- scheidender Bedeutung wurde. Aber der Preis des Geldes war und blieb enorm hoch, 75 bis 80% werden als nicht ungewöhnlich be- zeichnet; für vollkommen sichere Kredite berechneten die Banken 18 bis 30%, bei auf Kredit genommenen Waren wurden für das Risiko 100 % und mehr aufgeschlagen. Der gesamte Baumwollexport der vier Jahre 1862 bis 1865 war, trotz einer großartig organisierten Blockadebrechung, auf 70 000 Ballen gesunken, und wenn die damaligen hohen Preise vorüber- gehend auch die Staaten West-Virginia, Nevada, Kalifornien, Illinois und Utah zur Aufnahme der Baumwollkultur veranlaßten, so betrug die Gesamtproduktion der Union im Jahre 1865 doch nur 300 000 Ballen, und die Arbeiter- und Kreditverhältnisse waren nach der plötzlichen Aufhebung der Sklaverei derart zerrüttet, daß es zehn Jahre dauerte, ehe man die Erntehöhe vor dem Kriege wieder er- reichte. Trotzdem die Tendenz der Baumwollpreise bis zu Ende des letzten Jahrhunderts im allgemeinen eine sinkende war, ist die weitere Entwicklung der Baumwollproduktion seit Mitte der 70er Jahre, mit einigen Schwankungen, eine stetige gewesen; 1879 er- scheint als neuer Baumwollproduzent Oklahoma, das seit An- fang des 20. Jahrhunderts einen bedeutenden Aufschwung nahm, auch Neu-Mexiko und Kalifornien nahmen die Kultur wieder auf, dazu trat neuerdings, mit Zuhilfenahme künstlicher Be- wässerung, Arizona. Im Jahre 1890 überschritt die Baumwollernte zum ersten Male 8 Millionen Ballen, 1894 erreichte sie ro Millionen, ıgıı ihre bis- herige Rekordhöhe von 161, Millionen Ballen, und dabei wiesen die Baumwollpreise seit Anfang des Jahrhunderts eine sehr respektable Steigerung auf. Die wirtschaftliche Krisis der Südstaaten kann seit Ende des 19. Jahrhunderts als überwunden gelten, überall trifft man auf Zeichen wirtschaftlicher Blüte. Der ‚neue Süden“ hat das Baumwollkönigreich industrialisiert, das Baumwollfeld in enge Be- ziehungen zur Baumwollfabrik gebracht, Kohlen-, Eisen- und andere gewerbliche Großanlagen geschaffen. Welch hohes Selbstbewußt- sein heute den amerikanischen Baumwollfarmer erfüllt, kam recht deutlich auf dem großen Baumwollkongreß in Atlanta, Georgia, zum Ausdruck, der im Oktober 1907 stattfand und einerseits von den amerikanischen Pflanzern, Händlern und Spinnern, anderseits von EN BEIN! zahlreichen Vertretern der „Internationalen Vereinigung von Baum- wollspinnern und Webern“ besucht war. Die letzteren brachten dabei mancherlei alte Beschwerden, besonders wegen der schlechten Packung der amerikanischen Baumwolle, zur Sprache, die amerikani- schen Farmer-Vereinigungen aber erklärten bei dieser Gelegenheit, daß sie nicht mehr geneigt seien, Baumwolle „billig“ zu verkaufen, sondern daß sie „im Interesse der Erziehung ihrer Kinder, eines menschenwürdigen Daseins“ und aus anderen idealen Gründen einen zukünftigen Mindestpreis von Is Cents für das Pfund Baumwolle verlangten; der Marktpreis Ende 1907 war II Cents. Unter diesen Umständen tauchte bei den europäischen Spinnern der Gedanke auf, sich selbst am amerikanischen Baumwollbau zu beteiligen, und man nahm dafür zunächst den Ankauf der Heathman- Farm im Staate Mississippi in Aussicht. Dieser Plan realisierte sich nicht, doch kauften einige Jahre später sowohl die „Fine Cotton Spinners and Doublers Association“ in Manchester wie andere eng- lische Kapitalisten Land im Staate Mississippi zum Zwecke des Baumwollbaus. Baumwolle liefert heute nach Mais die wertvollste Ernte der Vereinigten Staaten überhaupt und wertete im bisherigen Rekord- jahr 1910 nach amtlicher Schätzung 820 Millionen Dollar für Lint- Baumwolle und 143 Millionen Dollar für unbearbeitete Baumwoll- saat, zusammen 963 Millionen oder fast eine Milliarde Dollars. Der Menge nach steht bislang das Jahr ıgıı mit 16, Millionen Ballen a 500 Pfund an der Spitze. Auch im Export der Vereinigten Staaten steht Rohbaum- wolle an der Spitze der Liste, lieferte im Fiskaljahr 1912 mit 565 Millionen Dollars 26 % des Gesamtexports und übertraf damit die Summe der nächsten drei großen Exportgruppen: Eisen- und Stahlerzeugnisse, Fleisch- und Molkereiprodukte und Brotstoffe. Neben England, dem Hauptabnehmer von Baumwolle, nahmen mit ihrer wachsenden Industrie auch die europäischen Kontinentalstaaten allmählich als Baumwollkonsumenten zu und überholten seit Ende des 19. Jahrhunderts in ihrer Gesamtmenge England. Anderseits entwickelte sich auch die Baumwollindustrie in den Vereinigten Staaten selbst derart, daß sie heute bereits reichlich ein Drittel der Ernte im Lande selbst verarbeitet. Im allgemeinen hat der Baumwollverbrauch der Welt schneller zugenommen als die Baumwollerzeugung, so daß innerhalb des letzten Jahrzehnts kleine Ernten und eine zügellose Spekulation wiederholt das Gespenst einer Baumwollnot und die wildesten os 7 — Preisschwankungen hervorriefen. Denkwürdig sind darunter be- sonders die Operationen der New Yorker Spekulanten Daniel Sully in 1903/04 und Theodor H. Price in 1910, und bei der letzten, schließlich auch zusammengebrochenen Schwänze, stieg Baumwolle an der Terminbörse vorübergehend auf 20 Cents, einen Preis, wie er seit dem Bürgerkrieg nicht dagewesen. Diese Verhältnisse veranlaßten die europäischen Mächte mit Kolonialbesitz, seit Anfang des 20. Jahrhunderts den Baumwollbau in eigenen Gebieten auszudehnen bzw. neu einzuführen, um so all- mählich die drückende Abhängigkeit abzustreifen, in der man sich bislang Amerikas überwältigender Monopolstellung in Baumwolle gegenüber befindet. Diese Bestrebungen können aber nur sehr all- mähliche Fortschritte machen, und inzwischen ist „King Cotton“ die Hauptstütze von Nordamerikas wirtschaftlicher Vormachtstellung. Die Landwirtschaft in den Vereinigten Staaten. Allgemeines. Nach der Verbreitung der Hauptkulturpflanzen teilt man Nordamerika in fünf verschiedene Produktionsgebiete ein, nämlich ı. in das Hafergebiet der Nordstaaten, 2. das Weizengebiet der Nordweststaaten, 3. den Maisgürtel der mittelatlantischen Staaten, 4. das Küstenland des Stillen Ozeans mit überwiegendem Weizenbau und 5. das Baumwollgebiet der Südstaaten, in dem Baumwolle und Mais die Hauptanbaupflanzen bilden, während alle anderen Kulturen, besonders unsere Getreidearten, dort völlig zu- rücktreten; dagegen werden auf verhältnismäßig beschränkter Fläche auch noch Zuckerrohr und Reis gebaut. ‚Größe und Bevölkerungsdichte der fünf geographischen Sek- tionen weisen laut Zensus von 1910 folgende Zahlen auf: Bevölkerung in Tausenden qkm Weiße Farbige Total auf ı qkm Nord-Atlantische Staaten 419837 25 385 484 25 869 61,6 Süd-Atlantische Staaten . 695 710 8082 4112 12 194 17,5 Nördliche Zentralstaaten. ı 951651 29 345 544 29 889 15,3 Südliche Zentralstaaten . I 580 421 12557 4637 17 194 10,9 Westliche Staaten . . .. 3.044 606 6775 5I 6 826 2,2 7692 225 82 144 9828 91972 II,96 gegen 120 Menschen auf den Quadratkilometer in Deutschland, gegen welches auch die dichtest besiedelten Gegenden der Vereinigten ae Staaten mit 61 Menschen noch fast um die Hälfte zurückbleiben. Dabei ist die starke Bevölkerungszunahme Nordamerikas weit weniger auf die natürliche Vermehrung als auf die Einwanderung zurückzuführen, deren Güte mit der Abnahme germanischer Ele- mente zurückgeht. Auch heute noch ist die Union ein verhältnis- mäßig dünn besiedeltes Land. Von den 7,69 Millionen Quadratkilometern — 1903 Millionen Acres Flächenraum, etwa 18mal die Größe von Deutschland, nehfnen Wüsten, Gebirgs- und Steppenregionen, die nicht kultur- und be- siedlungsfähig sind, ungefähr die Hälfte ein. Nach dem Zensus von 1910 umfaßte das gesamte, heute schon fast gänzlich in Besitz ge- nommene Farmland in 61, Millionen Farmen 879 Millionen Acres, darunter 478 Millionen Acres „improved lands“, d. h. Jandwirtschaft- lich, zu Ackerbau und Viehzucht bereits genutzte Flächen, im Ge- samtwerte des landwirtschaftlichen Eigentums von 4ı Milliarden Dollars. Die Durchschnittsgröße der Farm ist 138 Acres, wovon 75 Acres „improved“ sind, und zwar hat gerade der Baumwoll- gürtel die kleinste Durchschnittsgröße der Farmen, nämlich 115 Acres total und 44 Acres improved lands. Von den rund 478 Millionen Acres landwirtschaftlich genutzten Farmland entfallen 40 °/, auf Getreide: Mais, Weizen, Hafer, Gerste usw. 15 ,„ , Futterpflanzen, 6,7 » „ Baumwolle, 0,9» „ Kartoffeln, Or anlachs: OB labaks 0,3 ,» „ Zuckerpflanzen, 63,69%, während der verbleibende Rest von 36,4 % zum größten Teil auf „Weideland“ und die mit der Ausdehnung der Trockenfarmerei ständig zunehmende „Schwarzbrache“ entfällt. Da der kultivierbare Boden fast völlig in Besitz genommen, so vollzieht sich in der heute noch als „Agrarstaat“ zu bezeichnenden Union unter dem Einfluß der ungemein .rasch anwachsenden Be- völkerung der natürliche Umschwung, der mit zunehmender Wert- steigerung des Bodens und steigendem Inlandsbedarf zu einer Ver- kleinerung der Betriebe, intensiverer Wirtschaftsweise und Rück- gang des Exports landwirtschaftlicher Produkte führt. — 9 = Das Verhältnis von ländlicher zu städtischer Bevölkerung hat sich wie folgt entwickelt: 1880 1900 1910 Ländliche Bevölkerung . 70,5 °), 59,5 9/0 53,7% Städtische Bevölkerung . 29,5 „ 409,5 „ NO wobei unter „rural population‘ sämtliche ländliche Gemeinwesen mit 2500 oder weniger Einwohnern begriffen sind, die durchaus nicht alle das landwirtschaftliche Gewerbe ausüben. Die industrielle und gewerbliche Bevölkerung der Union wächst also in erheblich - stärkerem Maße als die landwirtschaftliche, und daher müssen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse, ungeachtet der nur langsam fol- genden Produktionssteigerung, in zunehmendem Maße zur Deckung des Inlandbedarfs dienen. Trotz der glänzenden landwirtschaftlichen Entwicklung des letzten Jahrzehnts ist die nordamerikanische Landwirtschaft, im ganzen genommen, im Vergleich zur west- und mitteleuropäischen, auch heute noch als höchst extensiv zu bezeichnen, wenn die einzelnen Staaten auch wesentlich verschieden sind. Im allgemeinen ist trotz günstigerer Bodenverhältnisse in Nordamerika der Ertrag an Ackerfrüchten dort nur ungefähr halb so hoch wie in Deutschland. Der Farmerstand der Union setzt sich zum überwiegenden Teil aus geistig regsamen, lernbegierigen und geschäftstüchtigen Ele- menten zusammen. Gerade der Baumwollbau freilich ist noch viel- fach in Händen von Negern und unwissenden weißen Pflanzern. Grundbesitzverteilung und Pachtwesen. Unter Zugrundelegung des extensiven Charakters der nordamerikanischen Landwirtschaft und des verhältnismäßig noch niedrigen Bodenwertes unterscheidet man 3 a) Parzellenbesitz unter 20 Acres, der zur vollen Beschäftigung und Ernährung einer Familie nicht ausreicht; b) Kleinbesitz von 20 bis IOO Acres, der zur vollen Beschäftigung und Ernährung einer Familie ohne fremde Arbeitskräfte aus- reicht; c) mittlerer Besitz von Ioo bis 1000 Acres gewährt einer Familie volle Beschäftigung und Ernährung unter Hinzuziehung fremder Arbeitskräfte; d) Großbesitz von über 1000 Acres absorbiert die Arbeitskraft des Betriebsleiters vollkommen durch die Leitung und Aufsicht des Betriebs, event. unter Mithilfe von Verwaltern. oh Der Zensus von Ig1o gibt dafür folgende Zahlen: Zahl der Von allen Betrieben a , Betriebe haben den neben- ae 5 auf diese Größen- in Tausenden bezeichn. Umfang klasse unter 20 Acres. . . 839 13,206 UN von 20—1I00 Acres . 2852 44,8 „ DZ; „ 100-500 ,„ . 2495 392 » 535» 500-1000, ä 125 2 9 9,5 , über 1000 Acres . . . 50 08 „ TOwEN 6361 100 0% 100 °%, Das Schwergewicht der nordamerikanischen Landwirtschaft liegt im Klein- und Mittelbesitz, der 80% des Gesamtfarmlandes umfaßt und sich auf Kosten des Großgrundbesitzes auch weiter ausdehnt. Parzellenbesitz ist besonders stark vertreten in den Ost- und Süd-Zentralstaaten, in denen nach dem Bürgerkrieg die großen Plantagenbesitzer ihre zwangsweise befreiten Sklaven als kleine Pächter ansetzten. Klein- und Mittelbesitz herrscht in den Getreide- gebieten vor. Großgrundbesitz überwiegt natürlicherweise in den trockenen Gebieten der westlichen Staaten, deren Weidewirtschaf- ten bis zu 50% des gesamten Farmlands einnehmen. Nach der Art der Betriebsleiter wurden im Jahre ıgıo ver- waltet vom Zahl der Farmen Acres in Tausenden in Millionen Dieemaimer 5 oo 0 05 5 So > 599 = 68°), Hächtere lm De arzt 226-220, Verwalter fir den abwesenden Besitzer. wer ERS DO Bar 9); 6361 — 100%), 879 = 100°, Von der Gesamtzahl kamen 85,5 % auf weiße und 14,5 % auf farbige Besitzer, Pächter und Verwalter. Die 920000 farbigen Landwirte der Vereinigten Staaten im Jahre Igıo verteilen sich auf 241000 Besitzer, 678000 Pächter und 1500 Verwalter und finden sich fast ausschließlich im Süden der Union, wo sie 29 % der sämtlichen Landwirte bilden; sie bewirtschaften im ganzen 46 Mill. Acres Farmland, wovon 29 Millionen „improved“. Das Pachtwesen ist am stärksten vertreten in den Baumwoll- staaten, nämlich mit 60 % und mehr aller Farmen in Süd-Carolina, Georgia, Alabama und Mississippi, mit 50 bis 60 % in Louisiana, a Arkansas, Texas und Oklahoma, mit 4o bis 50% in Nord-Carolina und Tennessee. Die starke Ausdehnung des Pachtwesens fällt auf in einem jungen Lande mit ungeheurem Reichtum an billigem Boden, und dabei nimmt der Prozentsatz der Pachtbetriebe in regelmäßiger Ausdehnung zu, trotzdem in der Union durchgehends ziemlich harte Pachtbedingungen gelten. Die Pachtungen laufen allgemein auf kurze Termine, bieten keine Ermunterung zu Meliorationen und gewähren fast nie ein wirkliches Heim. Besonders vorherrschend ist der Pachtbetrieb unter dem Parzellen- und Kleinbetrieb mit 49 bzw. 40% der betreffenden Größenklassen im Jahre 1900. Die stärkste und noch ständig wachsende Ausdehnung der Pachtwirt- schaft weisen die südlichen Staatengruppen mit rund 50% aller Betriebe und rund einem Drittel des Farmlandes auf, weil nach Auf- hebung der Sklaverei die Plantagenbesitzer durch Kapital- und Arbeitermangel zur Aufteilung ihres Großgrundbesitzes in einzelne Farmen gezwungen wurden. Der Ankauf und die Verpachtung von Grundbesitz in Nord- amerika ist nicht nur eine sichere, sondern bei den hohen Pachten und der raschen Steigerung des Bodenwertes auch sehr rentable Kapitalsanlage.. Außerdem lohnt in vielen Distrikten der Klein- betrieb im allgemeinen besser als der Großbetrieb. Die Landpreise sind, hauptsächlich wegen der durch die allge- meine Preissteigerung für landwirtschaftliche Erzeugnisse bewirkten erhöhten Rentabilität der Landwirtschaft, im letzten Jahrzehnt sprunghaft von durchschnittlich 15,57 Dollars pro Acre in 1900 auf 32,40 Dollars in 1910 gestiegen, in den Baumwollstaaten während des gleichen Zeitraums von durchschnittlich 51% bis 834 Dollars auf 16 bis 18 Dollars. Arbeiter. Die Lage des Arbeitsmarktes auf dem Gebiet der nordamerikanischen Landwirtschaft läßt sich mit dem Schlagwort charakterisieren: „Mangel an landwirtschaftlichen Arbeitern herrscht in den ganzen Vereinigten Staaten.“ Dieser von Jahr zu Jahr wachsende Arbeitermangel auf dem Lande ist einerseits verursacht durch das ungemeine Wachstum von Industrie und Handel, ander- seits durch den Umstand, daß neuerdings die Masse der Einwan- derer nicht mit der ausgesprochenen Absicht herüberkommt, sich der Landwirtschaft zu widmen, sondern als Industriearbeiter in den Städten zu leben. Der Umfang der Landflucht in den Vereinigten Staaten ist geradezu erschreckend, und dementsprechend sind die ländlichen Arbeitslöhne gestiegen. [} — 102 = Bei ı1ostündiger Arbeitszeit erhielten ländliche Jahres- arbeiter an Monatslöhnen: Ohne Verpflegung Mit voller Verpflegung 1880 1890 1909 1880 1890 1909 Dollars Dollars Nord-Atlantische Staaten 22,5 24,7 30,8 13,7. loss 20,7 Süd-Atlantische Staaten. 12,8 13,9 18,7 > Oo e Nord-Zentralstaaten . . 22,8 22,2 30,5 15,20 ls982 22:2 Süd-Zentralstaaten . . 16,3 1I6,I 20,2 TTS, Westliche Staaten . . 36,0 339 443 23372 SE ST, 5 ferner Saisonarbeiter an Tagelohn: Nord-Atlantische Staaten 1,6 1077 1,9 1,72 1 1,6 Süd-Atlantische Staaten . 1,1 1,0 1,2 0,8 0,8 1,0 Nord-Zentralstaaten . . 1,9 1,6 22 1,5 1,2 1,8 Süd-Zentralstaaten . . 12 I,2 143 0,9 0,8 1,0 Westliche Staaten . . 1,9 1,9 2,5 1,5 1,5 2,0 Akkordlöhne werden selten vereinbart und hauptsächlich bei Negern und Chinesen gelegentlich der Ernteeinbringung. Neben der Lohnsteigerung tritt neuerdings auch eine starke Bewegung der ländlichen Arbeiterbevölkerung nach einer Verkür- zung der Arbeitszeit hervor, und so drängen alle Verhältnisse auf eine weitergehende Steigerung der Produktionskosten für landwirt- schaftliche Erzeugnisse hin. Kreditwesen. Das ländliche Kreditwesen in Nordamerika ist gänzlich unorganisiert, und die üblichen Zinssätze sind deshalb hohe. Im Durchschnitt sind zwei Drittel sämtlicher Farmen hypotheka- risch nicht belastet, der Anteil der Schuld vom Werte von Land und Gebäuden beträgt nur 27 %, und überdies ist ein großer Teil der Hypotheken nur für Meliorationszwecke, Bauten, Maschinen usw. aufgenommen, so daß diese Belastung nicht eine Verschlechterung der Besitzlage des Farmers darstellt, sondern eine durch Steigerung von Wert und Reinertrag des Besitzers begründete Belastung. Die finanzielle Grundlage ist also eine durchaus gesunde. Kreditorga- nisationen für langfristigen ländlichen Hypothekenkredit fehlen in den Vereinigten Staaten gänzlich. Der Durchschnittsfarmer erhält von seiner Bank nur Kredit, wenn er zwei bis vier sichere Bürgen stellt oder ein Pfand, sei es in Mobilien (chattel mortgage), sei es in Immobilien (mortgage), gibt. Die auf Hypotheken leihenden Banken zählen in Nordamerika nach Tausenden, aber sie entsprechen insofern wenig den besonderen landwirtschaftlichen Bedürfnissen, a als die Hypotheken gewöhnlich nur zu hohen Zinssätzen für einige Jahre, von dem Gläubiger mit kurzer Frist kündbar und ohne Mög- lichkeit der Amortisation, gegeben werden. Unter dem Präsidenten Taft hat man deshalb die Frage des ländlichen Kredits eingehend studiert und empfohlen, das deutsche System nach dem Muster der deutschen Landschaften, Raiff- eisenbanken und Hypothekenbanken unter Regierungskontrolle ein- zuführen, das zunächst allerdings wohl nur für wenige dichtbesie- delte Bezirke der östlichen Staaten in Frage kommen könnte. Der Durchschnittszinsfuß für landwirtschaftliche Darlehen be- trägt jetzt 8% % p. a. Das Genossenschaftswesen in den Vereinigten Staaten ist man- gels eines besonderen Genossenschaftsgesetzes, das auf besonderer Rechtsgrundlage den Betrieb gesetzlich kontrolliert, nur in Form von „freien Vereinigungen“, „landwirtschaftlichen kooperativen Organisationen“, zu einem geringen Teil auch als „Aktiengesell- schaften“ organisiert. Im ganzen zählte man im.Jahre 1908 rund 85 000 landwirtschaftliche Genossenschaften der verschiedensten Betätigungszweige mit zusammen etwa 31% Millionen Mitgliedern und teilweise vorbildlich entwickelt und organisiert. Staatliche Förderung der Landwirtschaft erfolgt in erster Linie durch das Department of Agriculture oder Ackerbau- Amt in Washington, früher dem Patent Office angehörig, seit 1862 eine selbständige Behörde, die sich allmählich zu einer großartigen Organisation entwickelt hat, mit etwa 14 000 Angestellten, darunter die Mehrzahl mit wissenschaftlicher Ausbildung, deren Aufgabe es ist, als Beamte der Zentrale, Leiter von Versuchsstationen, Lehrer und Wanderlehrer im Dienste der Landwirtschaft tätig zu sein und den Fortschritt durch Popularisation neuer Forschungsergebnisse mit unterstützen zu helfen. Der leitende Gesichtspunkt für die Ge- währung der reichen Mittel, die seitens der Bundesregierung für landwirtschaftliche Zwecke zur Verfügung gestellt werden, ist die Auffassung, „daß die Wohlfahrt des Volkes so sehr von der Ver- besserung der landwirtschaftlichen Zustände abhängig ist, daß es weise erscheint, entgegen den sonstigen verfassungsmäßigen Be- stimmungen, die Wohlfahrtsklausel der Verfassung zu benutzen, um die Bundesausgaben für die Verbesserung der landwirtschaftlichen Ausbildung zu rechtfertigen und den Einzelstaaten und Privatunter- nehmungen die allgemeine und sonstige Berufsbildung zu überlassen“. Von den etwa 12 verschiedenen Unterabteilungen des Amtes interessieren uns hier die folgenden: — 14 — 1. Das statistische Bureau sammelt und veröffentlicht Ernteberichte, worüber unter dem Kapitel „Statistik“ Näheres mit- geteilt werden wird. 2. Das Wetter-Bureau mit etwa 150 ihm unterstehenden, über das ganze Gebiet der Union verstreuten meteorologischen Stationen veröffentlicht wöchentliche Berichte über Regenfall und Temperatur und während der Wachszeit der Baumwolle auch über den Stand der Kultur. 3. Das Bureau of Plant Industry und 4. das Bureau of Biological Survey sind die wissenschaftlichen Zentralen für alle Studien und Erfahrungen be- treffs Saatwahl, Verbesserung der Qualitäten und der Kultur im allgemeinen. > 5. Das Bureau of Soils behandelt die Boden- und Düngerkunde. 6. Dem OfficeofExperiment Stations unterstehen die staatlichen Versuchsanstalten. 7. Das Entomologische Bureau, von dessen Tätig- keit bei dem Kapitel ‚„Baumwoll-Schädlinge“ zu berichten sein wird. 8. Das Office of Public Roads, zur Beratung in Bau und Verbesserung von Landstraßen. Die Veröffentlichungen der verschiedenen Bureaus sind sehr zahlreich und werden in großen Mengen, besonders unter den Far- mern, verbreitet. Über die wertvollen. Berichte des Census-Bureaus in Washington wird bei dem Kapitel „Statistik“ gesprochen werden. Eine hervorragende Stelle nehmen die State Agricul- turalExperiment Stations ein, deren erste 1875 in Con- necticut errichtet wurde und die einen großen Aufschwung nahmen, nachdem die Bundesregierung 1886 beschloß, jedem Staat und Ter- ritorium jährlich 15 000 Dollars zur Unterhaltung einer landwirt- schaftlichen Versuchsanstalt zu gewähren, und im Jahre 1888 zur Kontrolle und zur Sammlung, Sichtung und Bearbeitung der ge- wonnenen Einzelresultate als Zentrale das Office of Experiment Stations beim Ackerbau-Amt in Washington einrichtete. Heute existieren 61 solcher Versuchsstationen, von denen 55 Bundes- unterstützung genießen; diese Stationen haben eigene entomolo- gische Institute, stehen teilweise mit den landwirtschaftlichen Schulen und den Staatsuniversitäten in Verbindung und, um ihre Forschertätigkeit zu fördern, ist der jährliche Bundeszuschuß für jede derselben für diesen ausschließlichen Zweck seit ıgıı auf - 5 — 30000 Dollars erhöht. Der Rest der Kosten wird von den Einzel- staaten aufgebracht, welche auch die Leiter der Anstalten ernennen. Häufig ist der Direktor der staatlichen Landwirtschafts-Schule gleichzeitig Direktor der Versuchsstation, und auf vielen derselben arbeitet unter dem Direktor eine Anzahl jüngerer wissenschaftlicher Sachverständiger in den verschiedenen Gebieten der Stationstätig- keit. In den Baumwollstaaten gibt es als Zweigstellen der Acker- baustationen besondere „Baumwoll-Versuchsfarmen‘, je nach der Verschiedenheit der Böden auch mehrere solcher in einem Staate. Dieselben umfassen etwa je 100 bis 300 Acres, werden je nachdem mit Schülern oder mit Tagelöhnern, stellen- weise auch mit Sträflingsarbeit bestellt und unterstehen der Auf- sicht eines von der Regierung ernannten Sachverständigen, der in seiner Person theoretische Kenntnis mit lokaler praktischer Er- fahrung vereinigt und dadurch die bestmöglichen Resultate erzielen hilft. Tatsächlich erhalten sich diese staatlichen Versuchsfarmen vielfach aus ihren Erträgen selbst, andere bedürfen nur eines kleinen staatlichen Zuschusses. Die Versuchsstationen betreiben Sorten- zucht, Düngungs- und Bodenbearbeitungsversuche und bekämpfen die Pflanzenkrankheiten und Schädlinge, sie verwenden bei ihrer Arbeit bewährte moderne Ackergeräte und landwirtschaftliche Maschinen, aber nur insoweit solche tatsächlich für den gewöhn- lichen Farmbetrieb als brauchbar erwiesen sind. Die Laboratorien sind mit den neuesten Instrumenten und Apparaten für Chemie, Bakterienkunde usw. ausgestattet. Soweit Versuche in Gemein- schaft mit Farmern ausgeführt werden, was in nennenswertem Um- fang geschieht, so liefert die Versuchsstation Arbeitsplan, Saat, Düngemittel usw. und übernimmt die Bodenanalyse und Prüfung der Resultate, während der Farmer Land und Arbeitskräfte zur Ver- fügung stellt. Gewisse Spezialfragen werden außerdem für Rech- nung des Bundes und durch dessen Beamte aus Washington auf geeigneten Staatsfarmen bearbeitet, und sodann läßt das Ackerbau- Amt in Washington in jedem Staate durch dafür bezahlte Farmer besondere Landflächen nach seinen Anweisungen bestellen. Die Ge- samtkosten der Versuchsanstalten beliefen sich 1912 auf 334 Mil- lionen Dollars. Sehr erfolgreich wirken auch die von der Bundesregierung ent- sandten Wanderlehrer, welche jahraus jahrein in den ein- zelnen Staaten herumreisen, die Farmer über die neuesten und besten Methoden unterrichten und ihrerseits dazu beitragen, daß die Fortschritte wissenschaftlicher Forschung möglichst populär ge- re macht werden und bis in die Hütte des kleinsten Farmers dringen. Auch das landwirtschaftliche Unterrichtswe- sen ist gut entwickelt. Das erste Agricultural College wurde 1857 errichtet, und neben den Universitäten beträgt die Zahl der Colleges mit Ackerbau-Kursen heute 66, wovon 30 in den Baum- wollstaaten. Daneben leisten zahlreiche Sekundärinstitute und Farmschulen gute Dienste, und selbst in den Volksschulen länd- licher Distrikte werden Ackerbau-Demonstrationen betrieben. Die 1862 durch Kongreßbeschluß von Landschenkungen vor- bereiteten, von den Einzelstaaten mit Unterstützung der Bundes- regierung seit 1867 geschaffenen und unterhaltenen und seit 1888 mit den Versuchsanstalten in Verbindung gebrachten Agri- cultural and Mechanical Colleges bieten als Fort- bildungsschulen jungen Leuten im Alter von 14 bis 18 Jahren in meist vierjährigem Kursus Gelegenheit zur Ausbildung im Acker- bau und Handwerk. Der Unterricht ist für Staatsangehörige ganz frei, und zwar stehen jeder Grafschaft und Stadt im Staate eine be- stimmte Anzahl von Freistellen zu. Die Spesen für Lebensunterhalt schwanken zwischen 125 und 300 Dollars im Jahre, doch ist den Schülern überall Gelegenheit geboten, durch eigene Arbeit einen Teil dieser Kosten verdienen zu können. Das College im Clemson, Süd- Carolina, z. B. zählt nicht weniger als 700 Schüler und besitzt u. a. auch eine besondere Textilabteilung. Die Kosten dieser Anstalten werden zum guten Teile aufgebracht durch die für chemische Unter- suchung des Handelsdüngers erhobenen staatlichen Abgaben, welche in allen Baumwollstaaten und auch in einigen nördlichen Staaten eingeführt sind. Diese Lehranstalten sind nur für Weiße bestimmt, und man zählte im Jahre 1912 im ganzen 53 000 weiße Schüler. Daneben existieren in 16 Staaten aber auch ähnliche Institute für Farbige, von denen das 1868 gegründete Hampton Normal and Agricultural Institute in Virginia und das 1881 von dem berühmten Booker T. Washington errichtete Tuskegee Normal and Industrial Institute in Alabama mit seinen zahlreichen Tochteranstalten, sowie die Schule in Houston besonders genannt seien. Die Gesamtzahl der farbigen Schüler im Jahre 1912 betrug 8500. Die Zahl der an den Ackerbauschulen und Versuchsstationen tätigen Lehrer und Beamten betrug im Jahre 1912: 7660. Die Ausgaben, welche das Ackerbau-Amt in Washington und die staatlichen Organisationen jährlich im Interesse des Baumwoll- baus leisten, indem sie ihre Dienste dem Farmer unentgeltlich zur —-— 7 — Verfügung stellen, belaufen sich ausschließlich der Unterrichts- kosten auf rund ı Million Dollars, wovon je ein Drittel auf die Versuchsstationen, auf die Statistik und auf Spezialfragen ‘der Pflanze und ihrer Feinde entfällt. Die ersten :privaten Landwirtschaftsgesell- schaften wurden gegen Ende des 18. Jahrhunderts gebildet, und die 1785 in Süd-Carolina gegründete Gesellschaft hatte als einen ihrer Zwecke bereits die Anlage einer landwirtschaftlichen Versuchs- anstalt. Die Zahl der lokalen Farmer’s Clubs und Farmer’s Insti- tutes, welche sich bestreben, theoretische und praktische Kenntnisse zu vertiefen, ist sehr groß. Der Baumwollgürtel. Geographische Grenzen. Die Baumwolle ist eine Tiefland- pflanze, die eine möglichst gleichmäßige T’emperatur verlangt, wie solche vorzugsweise in Küstenländern zu finden ist. Das für einen lohnenden Baumwollbau in Nordamerika in Betracht kommende Gebiet liegt im allgemeinen südlich des 37. Breitengrades und wird im Norden begrenzt durch eine Linie, die bei Norfolk in Virginia beginnt und im Zickzack nach der Grenzecke zwischen Texas, Co- lorado und Neu-Mexiko führt. Nur in wenigen, besonders be- günstigten Lagen nördlich des 37. Grades wird noch etwas Baum- wollbau betrieben; die Grafschaft mit der nördlichsten Stelle der Baumwollkultur in den Vereinigten Staaten liegt unter dem 40° und nördlich des Missouri im gleichnamigen Staate. Wir haben in der geschichtlichen Einleitung gesehen, daß unter besonderen Um- ständen Baumwolle bis nach New Jersey hinauf gebaut wurde, aber sie ist in diesen nördlichen Lagen längst durch sicherere und loh- nendere Ernten ersetzt. Im Süden und Östen erstreckt sich der Baumwollbau fast überall bis an das Meer, und im Südwesten bildet der Rio Grande del Norte die Grenze des Baumwollgürtels, der sich etwa 1500 englische Meilen von Ost nach West erstreckt und 500 Meilen breit ist. In der „Gebirgsregion“ von Süd-Carolina wird Baumwolle bis zu einer Meereshöhe von 500 m gebaut. Die zehn Hauptbaumwollstaaten, nach ihrer heutigen Ernte- menge geordnet, sind Texas, Georgia, Alabama, Süd-Carolina, Mississippi, Oklahoma, Nord-Carolina, Arkansas, Louisiana und Tennessee, während die acht weiteren: Missouri, Florida, Virginia, Arizona, California, Kansas, Kentucky und Neu-Mexiko zusammen nur wenig über 1 % der Gesamternte liefern. Im ganzen gibt es ae rund 134 Millionen Baumwollfarmen in etwa 900 Grafschaften, und das Zentrum des Baumwollertrags, das sich 1850 in Alabama befand, ist mit zunehmender Bedeutung des Westens allmählich durch den Staat Mississippi hindurch nach der Südostecke von Arkansas vor- gerückt. ö Die zehn Hauptbaumwollstaaten, dazu Florida und Virginia, haben 822 000 Quadratmeilen — 562 Millionen Acres Areaıi und wiesen 1910 eine Bevölkerung von 24 Millionen, davon 434 Millionen städtisch und 191, Millionen ländlich auf, d. h. etwa drei arbeits- fähige Männer für landwirtschaftliche Arbeiten auf die englische OQuadratmeile. Das Land, wo Boden und Klima Baumwollbau lohnend machen, wird mit 533 Millionen Acres angegeben; davon sind erst 328 Millionen — 61% in Farmen angelegt und davon wieder erst 138 Millionen Acres — 42 % kultiviert. Etwa ein Viertel der kulti- vierten Fläche und etwa ein Zehntel der totalen Farmfläche ist mit Baumwolle bestellt. Millionen Acres vom jetzigen Farmland können noch zum Baumwollbau herangezogen werden und ohne die ge- ringste Kulturverbesserung die jetzige Baumwollproduktion ver- doppeln; andere Millionen, die noch nie unter den Pflug genommen wurden, sind außerdem verfügbar. Im unteren Mississippidelta existieren 30000 Quadratmeilen sumpfigen Alluviallands, die nach Entwässerung den fruchtbarsten Baumwollboden liefern werden, und Texas allein besitzt genug Land, um jährlich an Stelle der - jetzigen 5 Millionen 30 Millionen Ballen liefern zu können. Eine Gesamternte von 60 bis 70 Millionen Ballen wäre, soweit das nötige Land in Betracht kommt, also durchaus möglich. Baumwollböden. Baumwolle verlangt einen hinreichend tief- gründigen, trockenen, gut durchlüfteten Boden, bedarf freilich zeit- weiliger Anfeuchtung, ist aber sehr empfindlich gegen stagnierendes Grundwasser und gegen Luftmangel des Bodens. Vor 1860 wurde Baumwolle auf fast allen Plantagen des Südens, hauptsächlich aber auf den tiefen fruchtbaren Lehmböden gebaut, die sich erfahrungs- gemäß am besten dafür eigneten. Heutigentags baut man Baum- wolle innerhalb der geeigneten Klimazone auf ungefähr allen Arten von Böden und korrigiert deren Mängel durch künstliche Düngung. Wenn auch der Boden für Baumwolle fruchtbar sein soll, so braucht er doch weder an mineralischen noch organischen Nährstoffen reich zu sein. Einige der reichsten amerikanischen Böden liefern nur Mittelernten, während ärmere Böden der Nach- barschaft, unter gleichen übrigen Verhältnissen, hohe Erträge — 19 — liefern. Humusreiche Böden eignen sich deshalb nicht zum Baum- wollbau, weil sie die Stauden auf Kosten der Früchte stark ins Kraut schießen lassen. Am besten empfiehlt sich ein Boden, in dem Kieselsäure vorherrscht, der nicht arm an Kali- und Phosphorsäure ist und nur so viel organische Stoffe enthält, als zu einem mäßigen Wachstum des Holzes nötig ist. Die Böden innerhalb des Baumwollgürtels sind nun von sehr verschiedener Zusammensetzung, und man unterscheidet zunächst zwei Hauptklassen, nämlich „Uplands“ mit sandigem und Kiaie- boden und ‚low lands“ oder „flat lands“ mit den Prärien und den Flußtälern. Baumwolle wird gepflanzt: ı. auf leichtem, sandigem Boden, der gewöhnlich nur einen sehr geringen Ertrag gibt, aber besonders für Sea Island geeignet ist. 2. Auf schwerem Ton- (Klaie-)Boden, der große Pflanzen, aber verhältnismäßig wenig Lint erzeugt. 3. Auf Schwemmland, das sich ähnlich verhält; die Ernten sind hier in guten Saisons allerdings sehr groß, aber nicht so sicher, und in schlechten Saisons den Angriffen von Schädlingen und Krankheiten stark ausgesetzt. 4. Auf lehmigem Boden, welcher die sichersten Ernten liefert, besonders auf feinem sandigen Lehm mit Unterlage von Klaie-Boden, welcher während der Wachszeit eine gleichmäßige Feuchtigkeit hält. Im einzelnen unterscheidet man außerhalb der Gebirgsregion, welche sich von Alabama und Georgia aus in den Appalachen von Südwesten nach Nordosten zieht und in Nord-Carolina mit 2040 m ihre höchste Erhebung erreicht, folgende Bodengebiete: Das „Al- luvialgebiet‘“ umfaßt 30 Millionen Acres und ist mehr oder weniger in allen Baumwollstaaten, am stärksten aber in Louisiana, Texas, Mississippi und Arkansas vertreten. Der „untere Kiefer gürtel“ mit 34 Millionen Acres zieht im östlichen Baum- wollgürtel von Nord-Carolina bis Florida und weist in der Haupt- sache sandige Lehme mit verschiedenartigem Untergrund auf. Westlich davon folgt in einem Gürtel von fast gleicher Breite und von Nord-Carolina bis Mississippi das 39 Millionen Acres um- fassende „Hügelige Kieferngebiet‘“, das neben überwie- gendem Lehm viele Sumpfstrecken aufweist. In einem schmalen geschweiften Streifen, der sich von Tennessee durch Alabama und Georgia nach den Carolinas zieht, folgt das 6 Millionen Acres große „Sandhügelgebiet“. Daran stößt westlich, in den Caroli- nas und in Georgia, das 32 Millionen Acres umfassende „Pied- mont-Ggebiet“, die Region der Granitfelsen. Das „Eichen- und Hickory-Gebiet‘ mit 43 Millionen Acres und sandigen, lehmigen Böden findet sich hauptsächlich in der Westhälfte des Baumwollgürtels in den Staaten Alabama, Mississippi, Louisiana, Arkansas und Texas. Die Hauptfläche mit 65 Millionen Acres nimmt das „Prärie-Gebiet“ ein, das, in seiner Mehrheit west- lich vom Mississippistrom gelegen, die schwarze Prärie von Ala- bama, Mississippi und Texas, die Küstenprärie von Texas, die Grauschlammprärie von Arkansas und die Rotlehmprärie von Texas umfaßt. Die „‚Rotlehmländer‘“ mit ız3 Millionen Acres finden sich besonders in Arkansas. Die „Bluffs“ endlich, mit ıı Mil- lionen Acres, bilden ein schmales Hügelband östlich vom Mississippi von Kentucky bis Louisiana und weisen in ihrem wohl dränierten Alluvialland vorzügliche Bedingungen für Baumwollbau auf. Im allgemeinen ist für die nordamerikanischen Baumwoll- böden ein beträchtlicher Kaligehalt und ein geringer Phosphorsäure- gehalt charakteristisch. Vielfach sind sie bereits stark ausge- waschen und bedürfen einer besseren Pflege als bislang. Klima. Mehr als alle anderen Feldfrüchte hängt Baumwolle von günstiger Witterung ab. Sie braucht zunächst zu ihrer Ent- wicklung verhältnismäßig hohe Temperatur und Feuchtigkeit, wäh- rend der Reifezeit aber Trockenheit, Bedingungen, wie sie mit ge- ringen jährlichen Temperaturschwankungen die Südstaaten der Union im allgemeinen bieten. Hohe Luft- und Bodenwärme und reicher Sonnenschein sind wesentlichste Erfordernisse für das Ge- deihen der Baumwolle, heiterer Himmel bei Tage, starker Tau bei Nacht sind während der Entwicklung der Pflanze besonders günstig. Man hat sie mit Recht „ein Kind der Sonne‘ genannt, und in der Tat verlangt sie mindestens sechs Monate warmen Sonnen- scheins. Wichtig für die Entwicklung der Pflanze ist in erster Linie, daß der letzte Frost im Frühjahr nicht zu spät und der erste Frost im Herbst nicht zu bald eintritt, denn die Wachs- und Reifezeit der Baumwolle ist eine ziemlich lange, sechs bis sieben Monate um- fassend, und die Pflanze kann in keinem Stadium ihrer Entwicklung Fröste vertragen. Mehrjährige Baumwolle ist deshalb in den Ver- einigten Staaten ausgeschlossen, sie ist hier vielmehr eine einjährige Pflanze, wenn auch nach warmen Wintern der alte Wurzelstock zuweilen neue Triebe schießen läßt. Das Pflücken der Baumwolle zieht sich oft bis weit in den Winter hinein, der erste starke Frost aber hebt das weitere Wachstum der Pflanze auf, und die noch an- stehenden Knospen oder jungen Kapseln entwickeln sich gicht mehr zur reifen Frucht. — ZA — Die mittlere Jahrestemperatur des Baumwoll- gürtels schwankt, von Norden nach Süden hin, zwischen 13 und 22°, im Januar zwischen —0,5° und + 13,8°, im Julimittel zwischen 23,9 und 29,2° C. In der Hauptanbauregion: Süd-Carolina, Georgia, Alabama, Mississippi, Louisiana und Texas beträgt die mittlere Jahrestemperatur 18°, mit einer mittleren Januartemperatur von 9° und einer mittleren Juliwärme von 27° C. Der Sommer erreicht seine größte Wärme im Juli mit 27 bis 28° im Mittel, bei einem Minimum von etwa 18° im nördlichen Teile und einem Maximum von etwa 37° im südlichsten Texas. Die tägliche Durchschnitts- temperatur im Baumwollgürtel nimmt von der Aussaat bis Anfang August zu, und bis dahin sollte sich die Pflanze voll entwickelt und alle ihr nötigen Nährmittel aufgespeichert haben. Die ersten töd- lichen Herbstfröste im Baumwollgürtel treten mit der ersten Oktoberwoche ein, die letzten Fröste reichen bis Anfang Mai hinein. Der Winter sonst ist hier selten streng und sinkt nur ausnahmsweise bis auf — 18° C. Die größte wirklich beobachtete Kälte betrug — 30°, die größte Wärme + 42° C. Wie Frost, so kommt auch Schneefall im ganzen Baumwollgürtel vor; nur der südlichste Teil Floridas ist frostfrei. Aber im allgemeinen kann man sagen, daß das Klima des Baumwollgürtels „Freiluftleben‘“ während des ganzen Jahres erlaubt. Baumwolle wird noch erfolgreich angepflanzt bei nur 20 inch jährlichem Regenfall. Die meisten Baumwollstaaten aber weisen etwa 50 inch auf, so z. B. Alabama, Arkansas und Georgia, Mississippi zeigt 52 inch, Florida 57 inch, dagegen Oklahoma nur 31 bis 37 inch und Texas 21 bis 27 inch. Als Regel nimmt in den Südstaaten der Regen vom Frühjahr bis zur Sommermitte, also bis zur vollen Entwicklung der Baumwollpflanze, leicht zu, und schwankt von Mai bis September etwa zwischen 334 und 534 inch im Monat, während die Zahl der bewölkten Tage im Monat während Juni bis September im Durch- schnitt Io bis 15 aufweist. Lange anhaltende Regen, namentlich bei kühler Temperatur, sind in jeder Periode der Entwicklung schädlich; vor der Blüte wirkt auch eine lang anhaltende Dürre nachteilig. Im ersten Falle wird auf Kosten der Frucht Holz gebildet, im zweiten kommt die Entwicklung der Stauden zum Stocken, die Reife tritt vorzeitig ein, und die leichte Ernte ist kurz- stapeliger als gewöhnlich. Gegen die Dürren kann man sich unter Umständen durch künstliche Bewässerung schützen, nicht so gegen anhaltende Regen, welche deshalb in höherem Maße zu fürchten | t8 w | sind. Nach Westen zu nehmen die regelmäßigen Regen ab, und im südlichen und westlichen Texas ist infolge der wenig ergiebigen Frühlingsregen Baumwollbau meist nicht gut möglich ohne künst- liche Bewässerung, welche mit Hilfe von Flußkanälen, Staubecken und artesischen Brunnen von 100 bis 1000 Fuß Tiefe erfolgt. Sehr wertvoll erweist sich besonders in trockenen Gebieten, wie Texas, der nächtliche reichliche Tau, welcher Blätter und Wurzeln erquickt. Die Wetterbedingungen eines Jahres sind selbst innerhalb des- selben Staates, mehr noch zwischen den verschiedenen Staaten des Baumwollgürtels, oft wesentlich verschieden, und deshalb sind schlechte Ernteaussichten in einem Distrikt keineswegs für die Ge- samternte ausschlaggebend. Anderseits wird es auch kaum ein Jahr geben, welches im ganzen Baumwollgürtel ideales Wetter aufwiese. Im ganzen aber bieten Boden und Klima des Baumwollgürtels der Vereinigten Staaten auf einer Riesenfläche die denkbar günstig- sten Vorbedingungen für Baumwollbau. Dem in der Regel nicht allzu feuchten Frühling folgt ein noch weniger feuchter, heißer Sommer mit gelegentlichen Regenschauern und ein warmer, regen- armer Herbst, und damit sind nahezu ideale Verhältnisse gegeben. Künstliche Be- und Entwässerung. Seit einer Reihe von Jahren werden seitens der Bundesregierung und privater Erwerbsgesell- schaften große Anstrengungen gemacht, durch Bewässerungs- arbeiten größten Stiles umfangreiche Ländereien in den regenarmen Distrikten für landwirtschaftliche Zwecke nutzbar zu machen; diese Ländereien liegen überwiegend in der regenarmen Zone der West- staaten mit weniger als ı2 inch Niederschlägen, und nur ein geringer Teil befindet sich in dem semi-ariden Gebiet mit 12 bis 20 inch. Die Aufteilung des Neulandes, das zum größten Teil der Regierung gehört, erfolgt in Familienlosen von Io bis 160 Acres derart, daß die Selbstkosten innerhalb von zehn Jahren zurückzuzahlen sind. Das Problem, genügende Ansiedler auf das Land zu bringen, ist aber nicht leicht zu lösen. Die Wasserverteilung wird von Ver- brauchsgesellschaften besorgt, denen die öffentliche Nützlichkeit zuerkannt wurde. Der Schwerpunkt dieser amerikanischen Be- wässerungswirtschaft liegt im Futterbau (1909: 73 % des Bewässe- rungslandes), der dem Übergang von der wilden Steppen-Viehzucht zu intensiverer Viehhaltung mit Winterfütterung Rechnung trägt. Aber auch der Baumwollbau in Texas profitiert von künstlicher Be- wässerung, und die Versuche mit ägyptischer Baumwolle sind aus- schließlich auf künstliche Bewässerung eingestellt. In Neu-Mexiko, Arizona und Kalifornien sind freilich die Arbeitslöhne reichlich teuer für Baumwollbau, und die Konkurrenz des besonders in Gunst stehenden Luzerne- und Obstbaus wirft riesige Erträge bei sehr geringer Arbeit ab. Ist auf der einen Seite künstliche Bewässerung nötig, so ist an anderen Stellen wieder eine gute Dränage sehr wichtig, da stehendes Wasser den Boden kühlt und versauert, während gut dräniertes Land die nötige Feuchtigkeit besser zurückhält und man durch eine gute Entwässerung die Erträge unter Umständen ver- doppeln kann. Man wendet sie deshalb neuerdings auch im Baum- wollbau mehr und mehr an und verhindert damit auch die sonst so häufigen Auswaschungen des Bodens. Die Kosten für Dränier- röhren, welche den Wasserhaushalt regeln, sind sehr verschieden, aber meist wohl angewandt. Wirtschaftsformen. Baumwolle wurde lange Zeit fast aus- schließlich mit Sklavenarbeit gezogen; für die ab Anfang des 19. Jahrhunderts so rapide zunehmende Baumwollkultur war der Neger unerläßlich, und noch heute erblickt die Mehrzahl der Kar- bigen in den Vereinigten Staaten ihren Hauptunterhalt im Baum- wollbau. Von den 9,8 Millionen Farbigen der Union (Census 1910) leben 834, Millionen oder 89 % in den Südstaaten, wo sie noch heute in Süd-Carolina und in Mississippi die Zahl der dortigen Weißen übertreffen, trotzdem im letzten Jahrzehnt die weiße Bevölkerung in den Südstaaten um 24%, die farbige aber nur um I0o% zuge- nommen hat. Im Durchschnitt der Südstaaten bildeten die Neger 1910 noch immer 30°/, der Gesamtbevölkerung gegen 36°/, im Jahre 1880. Während der Sklavenzeit waren die Plantagen in der Regel unter direkter Verwaltung des Besitzers, und zwar umfaßten diese einzelnen Pflanzungen bis zu 20 000 Acres mit 1000 Sklaven. Eine Farm von 3000 Acres mit 100 Sklaven und 25 Maultieren repräsen- tierte einen Wert von 100 000 Dollars, lieferte, neben allen für den Unterhalt von Mensch und Vieh nötigen Farmerzeugnissen, als Verkaufsprodukt etwa 100 Ballen Baumwolle in der Saison und warf einen Jahresverdienst von 10 000 bis 20000 Dollars ab. Die Durchschnittsgröße der Farm in den Baumwollstaaten betrug im Jahre 1860 aber nur 371 Acres, und zwar kamen auf die Größen von I—100 100—500 500—1000 Acres und mehr in den verschiedenen Staaten . . . . 50—80 12—50 I—-9 9%: und die Zahl der Sklaven verteilte sich im gleichen Jahre auf 12-5 5—20 20-50 50—I0o0O IO00—500 500—1000 über 1000 Sklaven bei 114000 102000 23000 7000 2000 13 ı Sklavenbesitzer. Nach der Sklavenbefreiung wurde der Anbau von Lebens- mitteln und Futterpflanzen zunächst meist ganz eingestellt; für den durch den Krieg tief verschuldeten Pflanzer bildete Baumwolle die einzige Basis des ihm nötigen Kredits, und auf Anbau von Baum- wolle konzentrierten sich deshalb alle verfügbaren Kräfte. Um die Schwarzen als Arbeiter zu gewinnen, führte man nunmehr das Pachtsystem ein, wobei diese Leute freilich nur so viel arbei- teten, als für ihren bescheidenen Lebensunterhalt unumgänglich not- wendig war. Die Schwierigkeit, genügende Arbeiter zu beschaffen, war besonders während der Pflückzeit stellenweise sehr groß, und unter diesen Verhältnissen vollzog sich mehr und mehr Verkauf und Aufteilung der großen „Plantagen“ in einzelne kleine ‚„Farmen“, wobei man soliden Käufern gern lange Abzahlungsfristen gewährte. Diese Tendenz ist bis heute die herrschende geblieben. Nur in den ungesunderen Lagen, wo die Arbeit fast ausschließlich von der niedrigsten Negerklasse geliefert wird, mag sich das Plantagensystem noch eine Zeitland halten; ganz vereinzelt gibt es auch heute noch Pflanzungen mit 23 000 Acres und 5000 Arbeitern, meist aber um- fassen sie nur 400 bis IO00 Acres, 5000 Acres gelten als ein gut ab- gerundeter Besitz, während ein großer Teil des Baumwollanbaus heute auf kleinen Negerfarmen von etwa 20 Acres von einer Fa- milie mit einem Maultier erfolgt. Der Census von IQIO weist 1714 000 Baumwollfarmen — 27 % aller Farmen der Union überhaupt auf, und da in diesem Jahre die Gesamtanbaufläche von Baumwolle 32,4 Millionen Acres betrug, so kamen auf die einzelne Farm knapp 20 Acres Baumwolland, d. h. ungefähr gerade die Fläche, welche eine Familie bestellen kann. Ein erwachsener Neger bearbeitet 6 Acres, eine Familie ı5 bis 50, im Durchschnitt 20 bis 25 Acres. Ein Maultier pflügt bis 30 Acres. Sehr vernünftigerweise herrscht heute aber meist nicht mehr das „all cotton“-System, wie zunächst nach dem Bürgerkriege, son- dern der Pflanzer baut vorab seine Bedürfnisse an Lebens- und Futtermitteln, zieht Gemüse und Obst, treibt Viehzucht und be- handelt Baumwolle als „surplus crop“. Die Entwicklung des Ver- kehrs, das Aufblühen von Städten und Industrien im Süden sichert dem Farmer jetzt auch lohnenden Absatz der verschiedensten anderen Produkte, während früher Baumwolle die einzige Geldernte repräsentierte, und aus dieser Entwicklung heraus erklärt es sich mit, daß die Anbaufläche von Baumwolle, trotz der guten Preise dafür, sich nicht in größerem Maße ent- wickelt hat. —_ 2353 — Die Landpreise in den Baumwollstaaten sind natürlich sehr verschieden, schwanken zwischen ı und 150 Dollars für den Acre und haben letzthin vielerorts eine stark steigende Tendenz gezeigt, ebenso wie Arbeitslöhne, Lebensmittel und künstliche Dünger. In Georgia z. B. bezahlt man für ungesundes Küstenland 5 bis ıo Dollars, für Kulturland im Innern 50 Dollars und mehr; in Louisiana für ungerodetes Hügelland 5 Dollars, für gerodetes ı0 bis 15 Dollars, für Kulturland in den Alluvialgebieten 50 Dollars. Im Gebiet der Southern Railway wird im Jahre 1914 ungerodetes Land, ohne Gebäude, mit 5 bis 25 Dollars, kulturfertiges Land, mit Gebäuden, zu 20 bis 75 Dollars der Acre angeboten. Ist die Mög- lichkeit billigen Transports gegeben, so macht allein der Wert des Holzes die Urbarmachung eines Waldgebietes reichlich bezahlt; freilich liegt solches Land meist weit weg von der Eisenbahn, und es dauert volle drei Jahre, ehe das Land von Baumstümpfen und Wurzeln befreit ist. Die Kosten der Urbarmachung betragen etwa 15 Dollars auf den Acre. „Dörfer“ sind im Baumwollbezirk unbekannt, und auch der weiße amerikanische Farmer, mit Ausnahme des Teutonen, haftet nicht an der Scholle, sondern wechselt leicht seine Umgebung, wenn ihm das vorteilhaft zu sein scheint. Die Wirtschaftsformen des Baumwollbaus teilen sich in vier verschiedene, durch Zwischenstufen verbundene Haupt- klassen: Entweder der Besitzer bestellt seine Farm selbst, allein oder mit Hilfe von Tagelöhnern; oder der Besitzer läßt die Farm durch einen Verwalter besorgen; oder er verpachtet seine Farm ganz oder in Teilen gegen Geldpacht an Bebauer, die das Land auf eigene Rechnung und Gefahr nach ihrem Gutdünken bestellen; oder er verpachtet es, weit häufiger noch, gegen einen fest be- stimmten oder prozentualen Anteilam Ertrag der Ernte. Eine fünfte Art, das sogenannte „By lay-System‘“, besteht darin, daß der Eigentümer mit einem Arbeiter oder einer Familie akkor- diert, seine Baumwollfelder für eine bestimmte Summe pro Acre zu bestellen und bis zur Reifezeit in Pflege zu nehmen, in der Vor- aussetzung, daß der Besitzer imstande sein wird, genügende Pflück- kräfte zu dem Minimalsatz von 50 Cents für 100 Pfund s. Z. selbst stellen zu können. Da diese Erwartung aber nur zu oft getäuscht wurde, stirbt dieses ganze System aus. Dies Xchieitern bzw. Bachiterssdier dabei in Erage kommen, sind in erster Linie die Farbigen, welche zahlreich und billig sind, freilich in der Arbeit meist nicht ausdauern und oft 2 nomadenhaft leicht weiterziehen. Der Neger bringt es in Zimmer- höfen leicht auf täglich ı bis 2 Dollars, verdient in zwei bis drei Tagen das, was er für die Woche braucht, und bummelt dann nicht selten für den Rest der Woche. Ein Italiener produziert im Ver- gleich zum Neger das Doppelte. Bei allen Klagen, die man mit mehr oder weniger Recht gegen den Farbigen vorbringen kann, bleibt aber die Tatsache bestehen, daß er sein Bestes in der Farm- tätigkeit leistet und daß er noch heute der Hauptträger der Baum- wollkultur ist. In den östlichen Baumwollstaaten wird die Feldarbeit fast ausschließlich von Farbigen geleistet; auch in den Mittelstaaten überwiegt noch der Neger; im Staate Mis- sissippi z. B. kommen sieben bis neun farbige auf einen weißen Baum- wollbauer, während im Westen, besonders in Texas, die weißen Arbeiter vorherrschen; es sind dies meist eingewanderte Italiener, daneben auch Deutsche und Skandinavier, und im Süden von Texas stellenweise Mexikaner, meist Mischlinge von Spaniern und In- dianern, die sich streng von den Negern absondern und in ihren Leistungen verschieden beurteilt werden. Von der Gesamtzahl der Farmen werden von Farbigen bewirtschaftet in den Süd-Atlantischen Staaten 320%, Südost-Zentralstaaten . rat Südwest-Zentralstaaten 22 und zwar sind die Farbigen dabei vertreten in den als Eigentümer Pächter Verwalter Süd-Atlantischen Staaten mit . 17 50 80%, Südost-Zentralstaaten Bet II 50 5 Siüdwest-Zentralstaaten ne 13 30 Dres Außerdem werden natürlich auch noch bei den weißen Farmern viele Neger als Hilfsarbeiter verwandt. Der Prozentsatz der von Farbigen bestellten Farmen beträgt 60% und mehr in Mississippi, 50 bis 60 % in Süd-Carolina, 40 bis 50% in Georgia, Alabama und Louisiana, 20 bis 30% in Arkansas, Nord-Carolina und Florida, ıo bis 20% in Texas und Oklahoma. Der Wert der von Farbigen bewirtschafteten Farmen in den Südstaaten beträgt bei farbigen Besitzern . . 275 Millionen Dollars, 2 2 Teilbesitzern . 72 I ” 7 Verwaltern . 12 en ” - Pächtern . =: 758 = ı117 Millionen Dollars. An und für sich eignen sich auch Weiße recht wohl zum Baumwolibau in Nordamerika, doch kann die noch aus der Sklaven- zeit stammende Abneigung der eingeborenen Weißen, im Felde zu arbeiten, nur allmählich überwunden werden; selbst die „armen Weißen“ aus dem Bergland im nördlichen Teile der Südstaaten ziehen Fabrikarbeit dem Feldbau vor, und die naheliegende Idee, die fremde Einwanderung mehr als bislang auch nach dem Sü- den der Union zu lenken, ist zwar in einigen Staaten aufgenommen worden, wird aber teilweise paralysiert durch die dort in weiten Krei- sen, besonders unter den Kleingrundbesitzern herrschende Abneigung gegen jede Einwanderung von Fremden, die man in der Presse als „Abschaum der Menschheit“ und als „gottlos‘“ schildert und als „Lohndrücker“ fürchtet. Im Staate Georgia z. B. sind angeblich 90% der Bevölkerung gegen fremde Einwanderung und machen ihren Einfluß in der Gesetzgebung entsprechend geltend. Unter diesen Umständen ist es nicht zu verwundern, daß die weißen Ein- wanderer im Süden, meist Italiener, vielfach falsch, teilweise schlechter als Neger behandelt werden, obgleich sie, gut behandelt, Resultate liefern, die beiderseits voll befriedigen. Eine italienische Familie, die in Pacht 20 bis 30 Acres Baumwolle bestellt, kann mit Leichtigkeit 200 bis 300 Dollars im Jahre dabei ersparen, und wenn trotz dieser für Italiener gewiß lockenden Lebensbedingungen ihr Zuzug nach den Baumwollstaaten kein größerer ist, so liegt der Grund dafür in der falschen Behandlung, die ihnen vielerorts zuteil wird. Besser liegen die Verhältnisse in den Grenzstaaten und in dem Neuland Texas, wo es eine Reihe erfolgreicher deutscher und skandinavischer Farmer gibt, die auch in der Baumwollkultur zu den tüchtigsten Pflanzern gehören. Deutsche und schwedische Kolonisten haben hier vielfach Land derart auf Abzahlung gekauft, daß sie jedes Jahr ein Vierzigstel des Wertes zusammen mit den Zinsen der Restschuld bezahlen, so daß das Land nach 40 Jahren in ihren vollen Besitz kommt. Die Southern Railway, die ein begreifliches Interesse an einer möglichst dichten Besiedelung des von ihr bedienten südöstlichen Teiles der Union hat, schlägt zur Ermutigung der Einwanderung Parzellierung von Großfarmen in „Heimstätten“ von je 40 Acres vor, zahlbar in zehn Jahren, und mit dem Ziele, aus diesem Kolo- nistenstamm nicht nur Landbebauer, sondern auch Industriearbeiter zu gewinnen. Inzwischen herrscht im Süden vielfach direkter Arbeiter- mangel, und es werden deshalb auch weiße und farbige Sträf- 3 el Daunen linge hin und wieder in Baumwollpflanzungen verwandt; in Georgia z. B. wird deren Arbeit, 14 bis 20 Stunden am Tage, meist- bietend auf fünf Jahre verkauft. In Texas werden farbige Sträf- linge, deren Arbeit gelobt wird, zu 20 Dollars für den Mann und Monat verdingt, wobei die Farmer das Gefängnis und die Woh- nungen für die Aufseher — je einen für zehn Sträflinge —, aber keine Kost zu liefern haben. Tagelöhner werden in den Baumwollfeldern nach Tag, Woche oder Monat bezahlt, manchmal ganz in Bargeld, meist aber teils in Waren, teils in Geld; der von den meisten Pflanzungs- besitzern unterhaltene Verkaufsiaden (store) bildet eine nicht zu unterschätzende Einnahmequelle, da die hier gelieferten Waren nicht selten einen Nutzen bis zu 100% abwerfen. Der Tagelohn in bar schwankt zwischen 50 und 100, ja bis 125 Cents, der Monats- lohn zwischen ıo und ı5 Dollars plus Rationen im Werte von ungefähr 3 Dollars, nämlich wöchentlich 3 Pfund Fleisch und ı Peck—g Liter Mehl. Der Eigentümer bietet dem Arbeiter außer- dem gewöhnlich bescheidene Wohnung mit einem Stück Gemüse- land, Dorfschule und Kirche. Die Schwarzen empfangen für die von ihnen abgelieferte Baum- wolle Scheckbücher mit einzelnen kleinen, auf 5 bis 100 Cents lautenden Abschnitten im Gesamtnominalwert von 20 Dollars, die ihnen mit 22 Dollars belastet werden, und die nur für im Store des Landherrn gekaufte Waren gültig sind; manche Artikel werden aber auch dort nur gegen Bargeld verkauft. Die Italiener ziehen aus Aluminium geprägte Zahlmarken vor, die gleichfalls nur im Store des Landbesitzers gegen Waren eingetauscht werden. Die Pachtverträge binden den Pächter stets für ein Jahr an die Pflanzung und geben dem Besitzer ein erststelliges Vorzugs- recht auf alle Wertobjekte des Pächters. Erfolgt die Verpachtung gegen eine bestimmte, ganz oder teil- weise im voraus zu bezahlende Barsumme für den Acre, so hat der Pächter absolute Freiheit im Anbau; nur ist auch dabei die Be- stimmung getroffen, daß der Pächter die gezogene Baumwolle in der Entkernungsanstalt des Landbesitzers zu entkernen und seinen Bedarf an Lebensmitteln usw. im Store des Genannten zu entnehmen hat. Der jährliche Pachtpreis für den Acre kultivierten Landes geht in den Öststaaten bis unter 2 Dollars herab und steigt in den Mississippistaaten und bei den Schwarzböden von Texas auf 5 bis ıo Dollars. Der Landbesitzer liefert dabei dem Pächter nur das Wohnhaus. Die Verpachtung gegen einen Ernteanteil statt Bargeld erfolgt teilweise in der Form, daß die Ablieferung einer be- stimmten Menge — 20 bis 100 Pfund — Baumwolle vom Acre seitens des Pächters an den Landeigner verlangt wird; letzterer liefert dabei, außer der stets vorhandenen Wohnung, nichts, weder Saat, noch Geräte, noch Tiere, gibt für Ankauf derselben aber einen mit 10% p. a. zu verzinsenden Vorschub und verlangt, daß alles, was er in seinem Store führt, dort gekauft werden muß. Diese Pachtform wird hin und wieder von Italienern eingegangen. Die häufigste Pachtform ist aber diejenige, bei welcher sich Landbesitzer und Bebauer den Ernteertrag in natura teilen, meist zu halb und halb (Halbscheidesystem), wobei der Besitzer Haus mit Gemüseland, Saatgut, Dünger, Wagen und alle Ackergeräte, Maulesel und Futter, der Bebauer die Arbeitskräfte stellt. Dieses System wird bei gutem Boden von dem Besitzer bevorzugt. Be- kommt der Besitzer nur 1 bis 1, vom Ernteertrag, der Bebauer % /oO bis 3/,, so muß letzterer auch Dünger, Tiere und Gerätschaften stellen. In beiden Fällen erhält der Vertrag bindende Bestimmungen hinsichtlich des Anbaus, so daß, wenn der Pächter mit der Aussaat usf. im Verzug ist, der Eigentümer mehr Arbeitskräfte auf Kosten des Pächters stellen kann. Der Eigentümer darf auch die Zeit für Pflügen, Aussaat usw. bestimmen. Soweit Barvorschüsse nötig werden, erfolgen sie am Ende jedes Monats, und die endgültige Abrechnung erfolgt am Schluß der Saison. Seinen Ernteanteil kann jeder der Beteiligten zu der ihm konvenierenden Zeit realisieren; oft ist der Bebauer bei dem vom Besitzer gehaltenen Kaufladen gegen vorgeschossene Waren aber so tief in der Kreide, daß der Ernteertrag knapp ausreicht, die auf- gelaufenen Schulden zu tilgen, und so behält der Landherr den Arbeiter, besonders wenn es sich um Farbige handelt, dauernd an der Hand und erzielt Extragewinne durch hohen Nutzen auf Waren und die auf Vorschüsse von Bargeld oder Waren berechneten Zinsen von 8 bis 25% p-. a. Eventuelle Guthaben des Pächters genießen keine Zinsvergütung. Noch heute ist man vielfach der Meinung, daß die einzige Art, den Neger zu regelmäßiger Arbeit zu zwingen, darin liege, ihn in Schulden zu halten. Im übrigen ist eine richtige Behand- lung auch bei dem Neger entscheidend dafür, ob man ein ge- nügendes Angebot von Arbeitern hat oder nicht. Sobald die Baumwolle entkernt ist, wird auch die Baumwoll- saat an den Landherrn verkauft, meist unter Marktpreis. as 2 30 — Als Beispiel eines Betriebes folgen hier einige Angaben über die erfolgreich betriebene Baumwollpflanzung Heathman in der Sunflower Grafschaft bei Greenville im Staate Mississippi, welche 1908 den europäischen Spinnern angeboten wurde. Die Plantage umfaßt 7500 Acres, wovon 3500 Acres Baumwolland mit einem Ertrage des Acres von %4 Ballen Baumwolle von ı bis ı\\ Zoll Stapellänge; ferner 1250 Acres Kulturland mit Mais, Zuckerrohr, Kartoffeln, Futterpflanzen und anderen für die Pächter nötigen Pro- dukten bestellt; endlich 2500 Acres Wald von Eichen, Hickory, Walnuß, Esche, Ahorn u. a Das Waldland wurde mit 25, das Baumwoll- und andere Feldland mit 50 bis 60 Dollars für den Acre bewertet. Als Arbeiter bzw. Pächter lebten auf der -musterhaft gehaltenen Pflanzung 20 italienische und 180 bis 190 farbige Familien, im ganzen etwas über 1000 Personen, und an Gebäuden waren vorhanden: des Besitzers Villa, wie alles übrige in Holzbau, im Werte von 8000 Dollars, 2 Inspektorhäuser a 2000 Dollars, 30 vierzimmerige Häuser a 500 und 180 zweizimmerige ä 300 Dol- lars, ferner eine Entkernungsanlage mit 8 Munger Gins und 2 ge- wöhnlichen Pressen, ein Verkaufsladen (Store), Scheunen, Ställe und die nötigen kleineren Nebenbauten. An Tieren waren 175 Maul- tiere und Pferde und 3 Milchkühe vorhanden, wofür 35 000 Dollars eingesetzt waren. Der für das Ganze geforderte Kaufpreis von 350 000 Dollars galt als angemessen. Ein weiteres Beispiel liefere die Landwirtschaft der Farbi- gen in der Macon-Grafschaft des Staates Alabama im Jahre 1911. Es kommen dabei vier Klassen in Betracht, nämlich: ı. Lohnarbeiter, und zwar zunächst Tagelöhner. Diese werden gestellt a) durch verheiratete Tagelöhner, welche bei 40 bis 50 Cents Tagelohn auch noch volle Verpflegung, bei 60 Cents und mehr gewöhnlich keine Verpflegung bekommen; b) Schulkinder für leichtere Arbeit bekommen 35 bis 40 Cents täglich; c) Witwen und geschiedene Frauen, welche nach Bestellung des eigenen Landes als Gelegenheitsarbeiter dienen, beziehen gleiche Löhne; d) für Gelegenheitsarbeiten dient endlich auch noch die fluktuierende Be- völkerung. — Monatsarbeiter beziehen für einen kräftigen Mann ı2 bis 13, selten bis ı5 Dollars, Knaben und Greise nur 5 bis 7 Dollars monatlich, dazu Wohnung und Kost, nämlich monat- lich ein Bushel Maismehl und 14 Pfund Fleisch. Einen Übergang zur nächsten Gruppe bildet bereits das „part-standing wage system“; der Lohnarbeiter bezieht dabei einen Monatslohn von selten unter 5 bis 7 Dollars, bei Überlassung von 3 bis 4 Acres Land zur Be- stellung für seinen eigenen Nutzen, wozu ihm Sonnabends Gespann und Geräte des Farmbesitzers zur Verfügung stehen. 2. Share Croppers. Diese bewirtschaften das Land, im allgemeinen nur mit Baumwolle und Mais, gegen einen Teilertrag der Ernte, der mit den steigenden Bedürfnissen der Farbigen von 15, 44, %3 und 2% allmählich fast allgemein auf 1, gestiegen ist. Der Landbesitzer liefert dabei Land, Wohnung, Ackergeräte, Tiere, Futter, Feuerholz und die halben Düngerkosten. Aller Ertrag, mit Ausnahme des einen Acre Gartenlands, wird geteilt. Bis zur Ernte- abrechnung bezieht der Cropper in monatlichen Raten vorher fest- gesetzte Barsummen von im ganzen 50 bis 200 Dollars gegen min- destens ıo bis 15 % Zinsen p. a., oder er entnimmt, was weniger beliebt ist, die nötigen Waren auf Kredit. Besonders Witwen mit ihren Kindern sind häufig erfolgreich bei diesem System. Nach zwei bis drei Jahren besitzt der erfolgreiche Cropper ganz oder teilweise ein Maultier, Futter dafür, Wagen, Ackergerät, Saatgut, einige Schweine und Hühner und etwas Bargeld und kann nun in die „Pächterklasse‘“ eintreten, ein sehr erstrebtes Ziel, um der lästigen Aufsicht zu entgehen und mehr Freiheit in der Leitung seiner eigenen Geschäfte zu haben. 3. Renters. Genießt der Pächter bei dem Landherrn Ver- trauen, so kann er die Pacht auch antreten, ohne im Besitz des vor- stehend aufgeführten Eigentums zu sein, und sein Landherr schießt ihm dann gegen Verzinsung das Nötige vor, bis die Ernteerträge Rückzahlung gestatten. Fine Art vermögensloser Pächter findet sich auf großen Pflanzungen neben Lohnarbeitern und Share Croppers und ist im allgemeinen denselben Bedingungen wie letztere unterworfen, nur daß der Ertrag der Ernte nicht geteilt wird, sondern nach Abzug von Pacht, Kulturkosten und Barvor- schüssen ganz dem Pächter verbleibt. Eine andere Art, gewöhnlich bemittelter Pächter pachtet Land abseits der großen Pachtungen und gibt davon oft kleinere Parzellen an Unterpächter ab gegen 2 bis 21% Ballen Baumwolle auf den Pflug; insoweit er keine Vor- schüsse vom Landherrn bekommt, hat dieser Pächter nur eine Landpacht an ihn zu zahlen. Die Pachtsumme wird meist in Baumwolle festgesetzt und beträgt dann etwa 11% bis 2 Ballen a 500 Pfund Lint für eine Farm von 25 bis 30 Acres. Im Norden ist Geldpacht üblicher, und zwar etwa 75 bis 100 Dol- lars für eine Ein-Maultier-Farm. Gegen die Vorschüsse läßt sich der Landherr erststellige Hypothek auf Ernte und/oder persönliches Eigentum geben. | [0>} [60} | Die Betriebsfähigkeit des Durchschnitts-Negerpächters er- reicht ihre Grenze mit der Drei-Maultier-Farm; mit steigender Zahl der Pflüge nehmen Durchschnittsertrag und Nutzen ab. Prosperie- rende Pächter suchen ihr Pachtland, Vieh, Wagen und Geräte U vermehren, daneben nehmen aber auch zu die 4. Landbesitzer. Die Farbigen in der Macon-Grafschaft begannen um 1875 Land zu kaufen, das damals und zehn Jahre später 2 bis 5 Dollars für den Acre kostete. Heute bezahlt man dort für Waldland 8 bis 12, für gerodetes und ackerfähiges Land ı2 bis 20 Dollars für den Acre, und zwar finden Kleinkäufer die beste Kaufgelegenheit da, wo größere Landbesitze in Kleinfarmen von 40 Acres aufgeteilt werden. Die Tendenz, Land zu kaufen, ist besonders stark bei Familienhäuptern im Alter von 35 bis 40 Jahren, da die Verantwortlichkeit für Familie und Alter den Wunsch nach einem eigenen Heim bestärkt. Daß vor 1880 Farbige keinen größeren Landerwerb anstrebten, lag an drei Gründen: ı. besaßen sie keine Geschäftsgewandtheit; 2. hatten sie noch kein Zu- trauen zu der Rechtsbeständigkeit ihrer Landtitel; 3. hofften sie noch auf Erfüllung des Regierungsprogramms: „Jedem Ex-Sklaven 40 Acres Land und ein Maultier“. Einzelne unternehmende Farbige gingen trotzdem frühzeitig an Landkauf, der dann von farbigen Farmer-Klubs und der vom Tuskegee Institute gegründeten Bau- und Leihgesellschaft gefördert wurde. Da, wo Negergemein- den entstehen, ist das erste, eine Schule zu gründen, und die Ge- meinde trägt ihren Namen nach der Schule, Kirche oder Post- anstalt. In Macon County schwankt die Farmgröße der Farbigen zwischen 3 und 1000 Acres; neben dem eigenen Landbesitz pachten und bewirtschaften Farbige aber häufig auch noch das Vielfache an weiterem Land. Moderne landwirtschaftliche Maschinen kommen auch bei ihnen mehr und mehr in Aufnahme. Leihgeld gegen Verpfändung von Land, Ernte, Vieh usw. kostet ihnen 10 bis 15 % p. a. Pflanzervereinigungen in den Südstaaten sind verhältnismäßig junge Organisationen, die aber einen großen und steigenden Ein- Auß ausüben. Die sehr rührige Farmers Educationaland Cooperative Union of America, gegründet 1902 mit dem Hauptsitz Dallas in Texas, Geschäftsstelle 1914 in Union City, Georgia, ist eine der in Nordamerika so beliebten Geheimgesellschaften, etwas sozial- demokratisch angehaucht, umfaßt nur kleinere Pflanzer und Pächter, nicht nur Baumwollbauer, schließt Bankiers, Händler und Rechtsanwälte aus und zählt etwa 300 000 Mitglieder. 33 Die im Januar 1905 aus der „Cotton Growers Protection Asso- ciation“ hervorgegangene, weit weniger zahlreiche Southern Cotton Association mit Hauptsitz in Atlanta, Georgia, vereinigte Pflanzer, meist Großfarmer, Bankiers und Händler in sich, trug unter ihrem eifrigen Präsidenten Harvie Jordan mehr politischen Charakter, ging 1908 in die „National Cotton Association“ mit Sitz in Atlanta über, welche die Einführung besserer Methoden in der Handhabung der Baumwollernten be- zweckte, konnte das dafür nötige große Kapital aber nicht auf- bringen und existiert heute nicht mehr. Den ersten Anlaß zu dem agitatorischen Auftreten der Pflanzer- vereinigungen gaben die starken Schwankungen der Baumwoll- preise, welche zwischen 5 Cents in 1898 und 18 Cents in 1904 variierten, ja innerhalb von nur acht Monaten infolge eines wahn- sinnigen Spekulationsfiebers in New York von über ı7 Cents im Mai 1904 auf unter 7 Cents im Januar 1905 fielen und damit auch vielen Farmern schwere Verluste oder zum mindesten entgehende Gewinne verursachten. Eine Bewegung gegen die Auswüchse der Spekulation und im Interesse der Erzielung gleichmäßigerer, die Arbeit des Pflanzers entsprechend lohnender Preise war durchaus berechtigt. Aber man ging sehr bald weiter und stellte nun seinerseits übertrieben hohe Ansprüche. Man geht dabei von dem Standpunkt aus, daß die Welt ameri- kanische Baumwolle haben müsse, nirgendwo anders Ersatz dafür sei und verlangt Monopolpreise. Solange der Farmer gezwungen war, seine Baumwolle schnellmöglichst zu verkaufen, um das dringend nötige Geld zu schaffen, half er selbst die Baumwoilpreise drücken. Nach- dem sich aber der Süden wirtschaftlich erholt und den auf den Bürgerkrieg folgenden Bankrott überwunden hat, sieht er auf Grund seiner reichen und mannigfachen Naturschätze die Zukunft sehr rosig. Die Baumwollfarmer sind jetzt wohlhabend, haben nicht mehr nötig, ihre Baumwolle sofort zu verkaufen, sondern können den Verkauf über zwölf Monate ausdehnen und abwarten, bis man ihnen notgedrungen die geforderten hohen Preise zahlt. Die Pflanzervereinigungen beabsichtigen, den Zwischenhandel vom Feld bis zur Spinnerei auszuschalten. Sie wollen die Anbaumenge be- stimmen, die Baumwolle selbst klassifizieren, Lagerhäuser errichten, um die Baumwolle bei niedrigen Preisen aufzustapeln und ähnlich, wie bei den Getreidespeichern, zu beleihen — kurz einen Riesen- trust bilden, um Produktion und Preise zu beherrschen. Tatsächlich sind. letzthin im Süden auf Veranlassung der Farmers Union Hunderte von praktisch eingerichteten Lager- häusern geschaffen worden, und damit steht, von dem eigent- lichen finanziellen Zweck ihrer Errichtung abgesehen, jeden- falls eine bessere Sicherung vor „country damage“ in Aussicht. Der angestrebte Minimalpreis beträgt ı5 Cents für das Pfund Baumwolle und 20 Dollars für die Tonne Baumwollsaat, und zu deren Erzwingung hat man wiederholt eine wesentliche Reduktion der Anbaufläche angedroht, wobei es allerdings sein Bewenden hatte. Der erzielte Durchschnittspreis für das Pfund amerikani- scher Baumwolle betrug laut Angaben des Census-Bureaus im Jahrzehnt 1897 bis 1906 8% Cents, und daß diese Preise keine Hungerpreise waren, kann der flüchtigste Besucher der Südstaaten ersehen, die ihre Prosperität in erster Linie auf die Erträgnisse des Baumwollbaus aufbauen. Seitdem sind die Preise weiter gestiegen ; 15 Cents aber sind als extravagante Forderung zu bezeichnen. , Die Pflanzervereinigungen wünschen ferner, alleZwischen- händler, besonders die amerikanischen, ebenso wie deSpeku- lation in Baumwolle auszuschalten, und erstreben einen mög- lichst direkten Verkehr zwischen Pflanzer und Spinner unter Festsetzung eines von letzteren zu garantierenden, die „Selbst- kosten“ deckenden Minimalpreises. ı5 Cents! Termin geschäfte in Ackerbauprodukten, also auch in Baumwolle, sollen überall in der ganzen Welt als ungesetzlich erklärt werden, wie das die Farmer- vereinigungen seit 1906 tatsächlich in einer Reihe von Baumwoll- staaten der Union, nämlich den beiden Carolinas, Georgia, Alabama, Arkansas und Texas, durch anti-futures laws bereits durchgedrückt haben. Dagegen ist anzuführen, daß die Baumwoll-Zwischenhändler für Zusammenbringen, Klassifizieren und Bemustern größerer Quan- titäten, aus denen der Spinner wählen kann, zur Zeit wenigstens unentbehrlich sind. Ebenso wird übersehen, daß die Baumwoll- börsen nicht nur bedauerliche und zu bekämpfende Auswüchse zeitigen, die in den heftigen Preisschwankungen der letzten Jahre zum Ausdruck kamen, sondern überwiegend der Sicherung des soliden Geschäftes dienen, das auf Basis von Terminnotierungen für Rohbaumwolle entsprechend langfristige Abschlüsse in Garnen und Geweben macht. Die Organisationen der Farmer und ihre Freunde haben durch übertriebene Vorschläge, wie Verbrennen übergroßer Ernten, zwangsweise Einschränkung der Anbauflächen, Forderung exorbi- e ar — 35 = tanter Preise und Beantragung der „Valorisation“ der Baumwolle von Staats wegen zwar hin und wieder zur Satire herausgefordert, aber mit ihren Bestrebungen, Preise hoch zu halten, wird mehr und mehr zu rechnen sein. Baumwollsorten. Botanische Sorten. Die Kultur der Baumwolle in Nordamerika ist überwiegend von der importierten levantinischen Baumwolle, Gossypium herbaceum ausgegangen; daneben wurde die mexi- kanische Gossypium hirsutum, seit 1786 von Westindien die hoch- klassige Sea Island-Sorte eingeführt, und im Laufe der Zeit haben sich dann in den Vereinigten Staaten etwa 600 verschiedene Spiel- arten ausgebildet, die manches botanische Rätsel aufgeben, heute aber auf zwei Grundformen zurückzuführen sind, nämlich die meist "gepflanzte „Upland“ oder Gossypium hirsutum, welche weitaus die Hauptmasse der amerikanischen Baumwolle liefert, und die wert- vollere, aber an Ertragsmenge weit zurückstehende Sea Island oder Gossypium barbadense. a) Uplands. Es ist möglich, daß Gossypium punctatum in Alabama einheimisch war und die grünfilzige Upland-Baumwolle eine spätere Kulturform von ihr ist. Die Upland vermischte sich dann mehr oder weniger mit der levantinischen und wahrscheinlich auch mit der später importierten mexikanischen Baumwolle und bildete mit der Zeit eine Masse von Sorten. Gossypium hirsutum in den Südstaaten ist ein 2 bis 7, im Durchschnitt 3 bis 5 Fuß hoher, vielfach verzweigter einjähriger Strauch, dessen jüngere Zweige, Blatt- und Blütenstiele ziemlich dicht behaart sind. Die vom holzigen Hauptstamm abgehenden Zweige nehmen nach oben hin an Länge und Stärke ab. Die Blumenblätter sind weiß, meist rein- weiß, nur selten am Grunde mit purpurnem Fleck; beim Verblühen, das ebenso rasch erfolgt wie die Entfaltung der Blüten, werden sie rötlich. Die Fruchtkapseln sind glatt, erreichen die Größe eines kleinen Hühnereis und enthalten in jedem ihrer drei bis fünf Fächer 5 bis 12 Samen, welche außer den reinweißen oder gelblichen Fasern, der „Baumwolle“, noch einen ziemlich fest anhaftenden grünlich- grauen Filz, eine Grundwolle, tragen. Die Zahl der Kapseln an einem Strauch wechselt von einigen wenigen Stück bis zu mehreren Hunderten; ich sah in Texarkana eine Staude mit 410 Kapseln. Aber nicht alle Kapseln reifen, ein großer Teil leidet unter Insekten, Trockenheit, Regengüssen usw.; 30 bis 50 reife Kapseln auf die Staude gelten als guter Durchschnitt und ergeben vom Acre %, bis ı Ballen Baumwolle. Die Stapellänge der Faser schwankt zwischen 34 und 17, inch. In bezug auf Stapel unter- scheidet man drei Klassen und bezeichnet die bis 25 mm langen als kurzstapelig, die von 25 bis 30o mm langen als mittelstapelig und die über 30 mm langen als langstapelig. Mit der größeren Faserlänge geht gewöhnlich auch größere Feinheit Hand in Hand. Man sucht neuerdings, besonders in den Staaten Mississippi, Texas, Arkansas und Süd-Carolina, durch geeignete Saatzucht die Stapellänge zu heben. Diese long staple-Uplands kommen in Länge an die Sea Island heran, geben aber vom Acre einen bis zu dreifach höheren Ertrag als diese und verursachen überdies geringere Produktions- kosten. Der Hauptbedarf Lancashires ist für Baumwolle von %& bis 11, inch Stapellänge; Stapel über ıl, inch kann nur für feinere Garnnummern verwendet werden, zu denen man gewöhnlich ägyptische Baumwolle nimmt, und ist also nur in guter und‘ gleichmäßiger Qualität zu brauchen, andernfalls aber fast unver- käuflich. Nach der Reifezeit gibt es früh-, mittel- und spät- reifende Sorten. Nach der Zweigbildung unterscheidet man lang- und kurzzweigige Arten. Erstere haben große Kapseln und langen Stapel, aber geringen Ertrag; letztere haben zwar nur kleine oder mittelgroße Kapseln und kurzen Stapel, geben aber hohen Er- trag und reifen früh. Nach dem Faserertrag unterscheidet man drei Gruppen, nämlich solche mit weniger als 30 % Lint vom Gesamtgewicht der unentkernten oder Samenbaumwolle, solche mit 30 bis 34% und solche mit über 34 %. Professor J. F. Duggar in Alabama unterscheidet nach ihren charakteristischen Figenschaften folgende sieben Gruppen von Uplands; es sind dies keine verschiedenen „botanischen“ Sorten, sondern Anbau-Spielarten: 1. Cluster oder Dickson-Typ: Hohe, dünne Pflanzen, Kapseln gern in Büscheln wachsend, kleine Samen, frühreif, 32 bis 34% Lint. Hauptarten: Dickson, Jackson, Wellborn. 2. Semi-Cluster oder Peerless-Typ: Kurze Zweige, Kapseln mehr oder weniger in Büscheln, Samen mittelgroß, früh- bis mittel- reif, 29 bis 35 % Lint. Hauptarten: Peerless, Boyd, Dearing, Drake, Hawkins, Herlong. 3. Rio Grande oder Peterkin-Typ: Mittelgroße, dichtbezweigte Pflanzen, kleine Kapseln, glatte, schwarze Samen, nur an der Spitze befilzt, mittlere Reifezeit, 35 % Lint. Hauptarten: Peterkin, Dixie Wilt Resistant, Excelsior, Texas Oak, Toole. 4. Short Limb oder King-Typ: Kleine, gut bezweigte Pflanzen, kleine Kapseln, mittelgroße Samen, ganz früh reifend, 32 bis 34 % Lint. Hauptarten: King, Lowry, Simpkins. 5. Big Boll oder Duncan-Iyp: Große, starke Pflanzen, gut bezweigt, sehr große Kapseln, große, dicke Samen, gewöhnlich späte Reife, 29 bis 34% Lint. Hauptarten: Duncan, Cleveland, Lee, Russell, Triumph, Truitt. 6. Lang Limb Upland- oder Petit Gulf-Typ: Sehr große Pflanzen mit langen Zweigen, mittelgroßen Kapseln, spätreifend, 30 bis 32%, Lint. Hauptarten: Petit Gulf, Ellis, Gunn. 7. Long Staple Upland- oder Allen-Typ: Große schwere Pflanzen, die guten feuchten Boden verlangen, untere Zweige sehr lang, mittelgroße Kapseln, mittelgroße bis große Samen, späte Reife, langer Stapel, 25 bis 29% Lint. Hauptarten: Allens Improved, Columbia, Cook, Griffin, Hartwell, Matthews, Sunflower. b) Sea Island-Baumwoile oder Gossypium barba- dense, ursprünglich auf den Kleinen Antillen und den Bahama- Inseln einheimisch, heute durch Anbau in allen Weltteilen ver- treten, wurde durch die Kolonisten auch in Nordamerika ange- pflanzt und wird besonders in den Staaten Georgia und Florida, zum Teil auch in Süd-Carolina, an den Küsten und auf den vor- liegenden Inseln gebaut, während sie im Innern dieser drei Staaten nur mit häufigem Samenwechsel gezogen werden kann und eine geringere Qualität liefert. Im Innern Georgias importiert man Saat von der Küste, benutzt diese aber nicht direkt zur Nutzsaat, sondern zieht daraus neuen Samen und gewinnt erst daraus eine Ernte, deren Samenkörner aber bereits wieder so weit entartet sind, daß sie zu weiterem Anbau nicht mehr verwendet werden. In einer Entfernung von 8o km von der Küste ist Sea Island-Baumwolle selten lohnend. Man hat zwar während einiger Jahrzehnte Sea Island in kleinem Maßstab auch in Texas angebaut und damit im Jahre 1896/97 2597 Ballen erzielt, die Kultur aber seitdem wieder aufgegeben. Im ganzen hefert Sea Island mit rund 100 000 kleinen Ballen im Jahre nur einen verschwindenden Teil der Gesamternte, nämlich etwa 1% %. Gossypium barbadense ist eine bis zweijährige, krautartige, etwa 3 Fuß hohe Pflanze mit unbehaarten Stengeln, die Blumen- blätter sind gelb oder schwefelfarbig mit einem purpurnen Fleck versehen, später rötlich. Die eiförmige, etwas zugespitzte Kapsel, kleiner als die durchschnittliche Upland, weist meist drei, seltener vier oder fünf Fächer auf mit je 6 bis 9 schwarzen, glatten Samen- kernen, die eine 19% bis 21% inch lange, weiße bis schwach cremefar- bige, seidenartige Faser, aber darunter keinen Filz tragen. Gossypium barbadense liefert die wertvollste aller Baumwollsorten überhaupt, ist fein, kräftig, seidig und gleichmäßig, und der dafür erzielte hohe Preis, der auf den Süd-Carolina-Inseln bis zu 75 Cents für das Pfund erreicht, entschädigt für den kleinen Lintertrag, der mit 25 % niedriger als bei irgendeiner anderen nordamerikanischen Sorte ist, und für die ganz besondere Sorgfalt, die bei ihrer Saatwahl und Kultur zu beobachten ist. Sea Island-Baumwolle ist nie ein Artikel des Massenkonsums geworden, sondern stets nur für Erzeugung be- schränkter Mengen allerfeinster Warensorten in Frage gekommen. Im letzten Jahrzehnt ist der Sea Island-Baumwolle der Ver- einigten Staaten übrigens eine ernstliche Konkurrenz im britischen Westindien entstanden. Nachdem diese feinste aller Baumwollen schon in früheren Zeiten dort angebaut worden war, wurde sie 1903/04 durch die British Cotton Growing Association erneut ein- geführt und ergab in Güte und Menge des Ertrags ausgezeichnete Resultate. Im Fruchtwechsel mit Zuckerrohr angebaut, waren dort im Jahre 1910 bereits 30000 Acres mit einem Jahresertrag von nahe an 3 Millionen Pfund Lint unter Baumwollkultur, und die Inselgruppe ist heute in der Lage, den gesamten Bedarf in Sea Island- Baumwolle decken zu können. Mit der Sea Island-Baumwolle verwandt ist die Ägyptische Baumwolle. Im allgemeinen haben die verschiedenen Versuche mit fremden Baumwollsorten in den Ver- einigten Staaten keine besseren Resultate als das jetzt dort ein- heimische Material ergeben. Angesichts der sich verfeinernden amerikanischen Textilindustrie und des damit schnell wachsenden Bedarfs an ägyptischer Baumwolle, der im Durchschnitt der letzten zehn Jahre etwa 140 000 Ballen betrug, hat das Ackerbau-Amt seit 1892 begonnen, in den Südwest-Staaten Kreuzungen zwischen ägyptischen und amerikanischen Varietäten vorzunehmen, und mit Hilfe künstlicher Bewässerung Anbauversuche sowohl in den Trockengebieten von Arizona und dem südöstlichen Kalifornien, als auch auf Alluvialböden in Texas gemacht, welche befriedigende Resultate und einen Ertrag bis zu 700 Pfund Lint vom Acre lieferten. Waren in Arizona die Ergebnisse der von Ägypten ein- geführten Mitafifi-Saat selbst auch wenig ermutigend, so führte der Zufall oder die Saatzucht doch zu einer in Amerika neugebildeten, widerstandsfähigen Spielart, die der besten ägyptischen Sakellaridis ebenso überlegen ist, wie diese allen anderen ägyptischen Sorten. = 3 9 —n Bewährt haben sich besonders die beiden Sorten Yuma und So- merton. Handelssorten. Bei der Beurteilung seitens des Handels kemmen besonders in Betracht: Feinheit, Länge, Gleichheit, Glätte, Widerstandsfähigkeit, Elastizität, Färbung und Reinheit. Nach ihrer Stapellänge eingeteilt, zerfällt die nordamerikanische Baumwolle in folgende vier Sorten: Linters sind die beim zweiten Ginprozeß abfallenden kurzen Flaumhaare der Saat, welche im Maximum 1, inch lang, also sehr kurz, dabei unregelmäßig, matt in Farbe und ölfleckig sind, nur zu Garnen von Nr. 8 bis ıo spinnbar, sonst zu Bindfaden, Stricken, Polstermaterial, Filz und Zellulose verwandt. Uplandordinary staple, weiße, weiche und ziemlich kräftige Ware von 34 bis ı\%, inch Stapel, die charakteristischste und am meisten gebrauchte Sorte, dient zum Spinnen der Garn- nummern bis 36 und 40. Upland long staple, mit einem Stapel von 1°/,, bis 17% inch, meist gut weiß, seltener rahmfarbig, ist in der Allen-Sorte bis Nr. 50 und 60, in der kräftigen Benders bis Nr. 60, in der seidigen, feinen Peeler bis Nr. 60 und 80 spinnbar. Sea Island, nach Stapellänge in „low“ unter 1% inch, „medium“ von 1% bis 1% inch und „superior“ von 2 bis 21%, inch eingeteilt, dient besonders zu Nähzwirn, Spitzen, Automobilreifen- decken und anderen Verwendungen, wo es auf Stärke und Feinheit ankommt. Sea Island ist bis zu Nr. 2000 gesponnen worden. Den längsten Stapel hat die Süd-Carolina-Sorte, welche für Garne Nr. 300 bis 400 dient, während die geringeren Floridas und Georgias für die Nr. 150 bis 300 verwendet werden. Die Liverpool Cotton Association unterscheidet amerikanische Baumwolle nach fünf Gebieten in Sea Island, Florida Sea Island, Upland, Texas und New Orleans. ‚Texas‘ ist im Mittel etwas ‚kurzstapeliger als die in Mississippi und Louisiana gebauten „Orleans“ und die aus Georgia, den Carolinas usw. stammenden „Uplands“, die ı'/,, inch messen. „Mobile“ aus Alabama und den angrenzenden Staaten haben durchschnittlich 1!/;, inch Stapellänge. Sea Island zerfallen nach ihrem Aussehen in: dogs, fine, extra fine, extra choice und fancy, während die übrigen Hauptsorten die folgenden sieben Hauptklassen, gleichfalls in steigender Güte, aufweisen: ordinary, good ordinary, low middling, middling, good middling, middling fair und fair. Davon zerfallen die Klassen 2 bis 7 noch —_. 0) = in halbe und viertel Grade, erstere mit „striet“, letztere mit „barely“ und „fully“ bezeichnet. Ordinary wird nur in strict und fully ge- handelt, darunter gibt es aber noch die Sorten fully low ordinary, low ordinary und inferior. Die Gradeinteilung bezieht sich stets nur auf gutfarbige „weiße Baumwolle“, im Gegensatz zu derjenigen, welche durch Regen oder Frost gelitten und dadurch eine gelbliche bis rotgelbe Färbung erhalten hat. Man bezeichnet diese minder- wertige, unter sich selbständige Klassen bildende Baumwolle mit „tinged“, wenn sie gering gefärbt, nur gelblich-weiß oder gelblich, mit „high color“, wenn sie stark gelblich oder rötlich, und mit „stained‘, wenn sie fleckig und mit rotfarbenen Flecken behaftet ist. In Terminklassen unterscheidet man bei der gleichmäßigen Be- dingung von „good staple‘“ die fünf Farbenklassen: good, fair, tinged, high color und stained. Die Preisrelationen zwischen den verschiedenen Klassen sind je nach Angebot und Nachfrage stark wechselnd. Die von der Liverpool Cotton Association aufgestellten Klassen werden mit Ausnahme von Havre und Marseille in allen Handels- städten beachtet, wenn auch mit gewissen Abweichungen. Die den verschiedenen Klassen entsprechenden Typen oder Standards werden jedes Jahr von den Liverpooler Maklern im Einvernehmen mit den mabgebenden überseeischen Faktoren mit großer Vorsicht aus- gewählt, neu aufgestellt und darauf von den übrigen Börsenplätzen bezogen. Eine im Frühjahr 1909 im Ackerbau-Amt zu Washington ab- gehaltene Konferenz führte zur Bestimmung von offiziellen „Nationalen Baumwoll-Standards“, welche neun verschiedene Klassen zwischen good ordinary und middling fair umfassen, als Richtschnur für die Farmer dienen sollen und ab I. September 1910 auch von den meisten Baumwollbörsen der Südstaaten angenommen wurden; ab ı. April 1915 wurden sie auch an der New Yorker Börse eingeführt. Diese offiziellen amerikanischen Standards des Ackerbau-Amtes ziehen nur zwei Eigenschaften der Baumwolle in Betracht, nämlich Farbe und sodann die Menge von Unreinigkeiten und sichtbarem Abfall, der von 4 % bei middling fair bis auf 11 % bei good ordinary steigt, nehmen aber keine Rücksicht auf die ebenso wichtigen Eigenschaften: Faserlänge, Stärke und Drehung der Faser und das Verhalten der Faser beim Bleichprozeb. Erstrebt wird eine internationale, für die ganze Welt gültige einheitliche Klassierung nordamerikanischer Baumwolle. —_. Al, — Die Grundlage für alle Kontrakte ist „middling white cotton“. Dieser Grad ist die allgemeine Norm, nach der sich alle anderen Grade bestimmen. „Middling‘“ ist eine weiche (fleecy) Ware, die von Fremdkörpern, wie Samen, Blattresten, Schmutz usw., nahezu frei ist. Das größere oder geringere Vorhandensein von Fremd- körpern ist für die niedere oder höhere Klassifikation ausschlag- gebend. Jede Ernte hat in ihrer Gesamtheit ihren eigenen Cha- rakter; die eine fällt rein weiß, eine andere mehr ‚creamy‘‘ oder „dingy‘“ aus. - Die Bestimmung der verschiedenen Grade ist eine ziemlich schwierige. Da es kein technisches Hilfsmittel gibt, so kann nur langjährige Erfahrung und Übung diese Kunstfertigkeit verleihen. Die Unterschiede in Reinheit, Farbe usw. sind für die einzelnen Grade nicht so augenfällig, daß nicht schon verschiedene Beleuch- tung zu verschiedener Beurteilung führen kann. Es ist in Baum- wollkreisen bekannt, daß kaum zwei Sachverständige dieselbe Baum- wolle vollständig gleich klassifizieren, ja daß selbst derselbe Sach- verständige die gleiche Baumwolle bei einer zweiten Prüfung kaum ebenso wie das erste Mal zu klassifizieren vermag. In New York, wo die Börse amtliche Bescheinigungen über die Grade ausstellt, wird z. B. nur bei Nordlicht und nur während bestimmter Tages- stunden klassifiziert. Saatwahl und Saatzucht. Die bei der Wahl der Anbauart zu beobachtenden Eigenschaften sind: Anpassungsfähigkeit, Ertrag, Reifezeit, Wachsart, Länge und Stärke der Faser, Größe der Saat und Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten. Ein wünschenswerter Typ von Upland soll einen starken kräftigen Stamm mit zahlreichen, bis ans Ende frucht- tragenden Stengeln an der unteren Hälfte, große windbeständige Kapseln, hohe Lintprozente, mittelgroße Saat und starken, min- destens ıl% inch langen Stapel aufweisen, die Pflanze soll wider- standsfähig, frühreifend und reichtragend sein. Das Bestreben der amerikanischen Pflanzer ist fast stets darauf gerichtet gewesen, einen möglichst hohen Ertrag an Fasern zu er- zielen und dabei zugleich den jeweiligen Forderungen der Markt- lage gerecht zu werden. Durch die Ausbildung der Grundform von Gossypium hirsutum, welche ursprünglich nur 28 bis 30 % Lint und einen Stapel von 20 bis 30 mm lieferte, ist es gelungen, den Ertrag an Lint stellenweise bis zu 36 bis 40 %, bei anderen Sorten die Stapellänge wesentlich zu steigern. Aber nur bei wenigen Arten ist es gelungen, Lintertrag und Stapellänge gleichzeitig zu erhöhen. Selbst diese einzelnen verbesserten Eigenschaften können nur durch systematische und sorgfältige Weiterbehandlung und Samenauswahl erhalten werden, da Baumwolle eine starke Neigung besitzt, zu variieren und namentlich zur Urform zurückzukehren. Die Heranzüchtung neuer Varietäten geschieht auch in Nord- amerika entweder durch Auswahl der am besten entwickelten Pflanzen oder durch die. Verbindung der guten Eigenschaften zweier Arten durch Kreuzung. Bei der weiteren Selbstzucht einer bewährten Spielart sucht man die Qualitäten nicht nur festzuhalten, sondern noch zu vervollkommnen durch Saatwahl auf dem Stande selbst, eine Arbeit, die viel Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit bean- sprucht, also keineswegs vom ersten besten Arbeiter ausgeführt werden kann und eine strenge Kontrolle erfordert. Die auszu- wählenden und zu markierenden Stauden sollen von kräftigem, auf- rechtem Wuchse und mit vielen, wagerecht laufenden und in gleichen Abständen stehenden Zweigen besetzt sein.- Die Kapseln sollen zahlreich, groß und gut gerundet sein; je weniger Samen- kerne sie haben, um so besser, diejenigen Kapseln, deren Samen- menge über den Durchschnitt zeigt, scheide man aus, ebenso solche Kapseln, deren Baumwolle hochgestellten Anforderungen nicht ent- spricht. Die natürlich in mehrmaligen Rundgängen zu sammelnde Samenbaumwolle muß auf einem besonderen Gestell mit besonderer Vorsicht getrocknet und dann separat geginnt werden. Auf umsichtig geleiteten Pflanzungen läßt man bei der ersten und zweiten Pflücke eine geübte Hand vorweg gehen, welche die zur Neuaussaat bestimmten Kapseln von den stärksten Pflanzen wählt, und zwar davon wieder die größten Kapseln von den niedrigsten Zweigen, welche am frühesten blühen und welche dem Stamm am nächsten sitzen und in ihrer Wolle dem gewünschten Typ am besten entsprechen. Die Samen sind dann in trockenen, gut gelüfteten und frost- freien Räumen aufzubewahren in nicht über 60 cm dicken Schichten, welche von Zeit zu Zeit umzuwenden sind. Um eine möglichst gleichzeitige Reife des Feldes und damit eine einfachere und billigere Ernte zu erzielen, wird angeraten, nur die Samen von gleichzeitig reifenden Blumen bzw. Kapseln zur Aussaat zu benutzen. In jedem einzelnen Bezirk sollte ferner durch Übereinkommen nur eine einzige, dort bewährte Sorte gezogen werden, denn der volle Wert einer ausgewählten neuen Sorte ist nur dann auszunutzen, wenn sie auf größeren Flächen im allgemeinen Gebrauch genommen und ihre Reinheit durch fortgesetzte Saatwahl aufrecht erhalten wird. Deshalb sollten die zu einer Genossenschaft zusammen- geschlossenen Farmer eines Bezirks auch ihre Saat selbst ziehen und darin nicht von den Zufälligkeiten der Entkernungsanstalten als Saatlieferanten abhängig sein. Im Einklang mit der wachsenden Nachfrage haben sich Regie- rung und Private in der Letztzeit bestrebt, den Anbau von lang- stapeligen Uplands auszudehnen. Die früher besonders im Mississippi-Delta gezogenen langstapeligen Standard-Sorten sind durch den Kapselkäfer so gut wie vernichtet worden, und das Bureau of Plant Industry ist nunmehr bemüht, neue Sorten auszufinden und zu züchten, welche nach Güte und Ertrag den Wünschen der Praxis entsprechen. Vielfach ist es bislang allerdings schwierig gewesen, für die bessere Ware auch einen entsprechend höheren Preis zu er- zielen. Im allgemeinen ist nämlich der Acre-Ertrag bei den kurzstapeligen Sorten größer als bei den langstapeligen, nicht selten beträgt er das Doppelte. Dazu kommt, daß letztere nicht nur einen reicheren Boden, sondern auch bessere Pflege verlangen und schwerer zu entsamen sind, überhaupt das höchste Geschick beim Pflanzer voraussetzen. Endlich reifen sie durchschnittlich später als die kurzstapeligen, was besonders für die Gegenden nördlich vom 32. Grad, wo man zuweilen mit sehr frühen Frösten zu rechnen hat, sehr ins Gewicht fällt. Der Pflanzer erleidet stets einen Verlust, wenn nicht sein ganzes Feld zur Reife gelangt. Daher bieten für die nörd- lichen Gegenden diejenigen Sorten die größte Gewähr, welche früh- zeitig reifen, wenn sie auch meist nur kurzen Stapel und im all- gemeinen mäßig hohen Lint-Ertrag haben. In den mittleren und südlichen Teilen des Baumwollgürtels ist frühe Reife zwar nicht so ausschlaggebend, aber doch immerhin insofern wichtig, als sie dem Pflanzer erlaubt, seine ganze Ernte vor den schweren Regengüssen einzuheimsen, welche namentlich die Monate November und De- zember bringen. Hier in der Mitte und im Süden fragt es sich, welche Art den größten Lint-Ertrag gibt; die Länge des Stapels kommt kaum in Betracht, da zwischen 20 und 30 mm nur ein sehr geringer Preisunterschied besteht. Man kann ruhig behaupten, daß die Spinnindustrie sich mehr bestrebt hat, die von Amerika gelieferte Baumwolle bestmöglich zu verarbeiten, als daß Amerika bemüht gewesen wäre, eine für die Spinnerei besonders geeignete Klasse Baumwolle zu entwickeln; 4 eigentlich aber sollte sich der Farmer anstrengen, diejenige Baum- wolle zu züchten, die der Spinner braucht, und vor allem ist für diesen Gleichmäßigkeit von der größten Bedeutung. Der Baumwollanbau. Vorausgeschickt sei diesem Kapitel, daß die Einzelheiten des Baumwollbaus, der mehr eine Art Garten- als eine Feldkultur ist, in den verschiedenen Staaten und Distrikten von einander ab- weichen, hier also nur die Hauptzüge gegeben werden können. Über das Richtige in allen einzelnen Phasen der Baumwollkultur herrschen bislang noch ziemliche Meinungsverschiedenheiten auch unter Sachverständigen und Gelehrten. Vor Beginn einer Pflanzungsperiode wird sich der sorgsame Pflanzer zunächst darüber zu vergewissern haben, daß seine Arbeit gut geplant, der Stand des Unternehmens seinen Mitteln ent- sprechend ist, genügend tierische Kräfte und Geräte vorhanden sind, um die gestellte Aufgabe mit möglichster Schonung der teuren menschlichen Kräfte durchführen zu können, daß Dünger mit Ein- sicht und weiser Sparsamkeit eingekauft, die Feldeinteilung eine verständige ist. Diese einzelnen Punkte sollen im folgenden etwas näher betrachtet werden. Fruchtfolge. Baumwolle entzieht dem Boden im allgemeinen wenig Nahrungsstoffe, wenn man ihm Stengel, Laub und Saat zu- rückgibt. Die bis zu 25 Fuß tiefen Alluvialländer des Mississippi- Deltas tragen seit 60 Jahren ungedüngt langstapelige Baumwolle, und in Texas und Arkansas wird Baumwolle Jahr für Jahr auf dem- selben Felde gepflanzt für zehn Jahre und länger. Mehr und mehr sieht man aber doch die Wichtigkeit einer planmäßigen Fruchtfolge ein, und zwar empfiehlt sich am besten eine dreijährige etwa in der Weise, daß im ersten Jahr Baumwolle, im zweiten ein klein- körniges Getreide (Weizen, Hafer, Gerste oder Sorghum) und im dritten Cow peas, die chinesische Tafelbohne vigna sinensis, oder Sojabohnen, oder im Süden Velvet Beans, oder Luzerne mit Mais gebaut werden, wobei die keiner Pflege bedürfenden Leguminosen mit ihren tief eindringenden Wurzeln zur Stickstoffanreicherung des Bodens dienen; man kann sie auf dem Felde vom Vieh abweiden lassen, oder macht Heu daraus zum Trockenfutter, oder man läßt sie auf dem Felde absterben und unterpflügen, wobei sie Humus liefern und den mechanischen Zustand des Bodens verbessern. Am beliebtesten sind die Cow peas, die in ihren Früchten nicht nur ein gutes Nahrungsmittel für die farbigen Arbeiter, sondern auch ein wichtiges Futtermittel für den wertvollsten Nebenbetrieb einer Baumwollfarm, die Schweinemast, liefern. Manchenorts, z. B. in Mississippi und Texas, zieht man, schon um das Unkraut niederzuhalten, in zwei Jahren drei Ernten auf demselben Boden, indem man im ersten Jahr ein kleinkörniges Ge- treide mit nachfolgenden Kuherbsen, im zweiten Jahre Baumwolle anbaut. Klee wird häufig mit Baumwolle und Mais als Winter- deckfrucht gezogen. Bei Sea Island-Anbau in Süd-Carolina über- läßt man den Boden nach einjährigem Baumwollbau auf ein Jahr der Weide für Rinder und Schafe. Brache ist sonst im Baum- wollgürtel selten. Auf einer modernen 160-Acres-Farm bestellt man im Wechsel- bau je 40 Acres mit Baumwolle, Mais, kleinkörnigem Getreide und Futterpflanzen und überläßt das letzte Viertel der Weide, so daß jedes Stück Zeit zur Bodenerholung hat. Ackergeräte und Tiere. Die ungünstigen Arbeiter- und hohen Lohnverhältnisse, sowie die stellenweise Unmöglichkeit, genügende Arbeitskräfte zu beschaffen, haben die amerikanischen Farmer der Nord- und Weststaaten schon von jeher dazu veranlaßt, den weitest- gehenden Gebrauch von landwirtschaftlichen Geräten und Maschinen zur Ersparnis menschlicher Arbeitskraft zu machen; dieses Be- streben wurde einerseits unterstützt durch die Größe der gut arron- dierten Farmen und die riesenhaften Flächen gleichmäßigen, ebenen und steinfreien Bodens und anderseits erleichtert durch das gleich- mäßig schöne Wetter in der Sommer-Erntezeit. Amerika verdankt die Erfolge seiner Landwirtschaft zum guten Teile der Verbesserung landwirtschaftlicher Geräte und Maschinen. Anders lagen die Verhältnisse in den Südstaaten. Während der Sklavenzeit dachte man dort überhaupt kaum an Verbesserung der Arbeitsgeräte, auch weiterhin sind solche im Baumwollbau selten gewesen und langsam eingeführt worden, und erst neuer- dings tritt darin allmählich ein Fortschritt ein, wenn auch heute diese Verhältnisse vielfach noch recht rückständig sind. Am modernsten ist darin Texas. Bis zum Bürgerkrieg wurde die Feldarbeit im Süden stellen- weise ausschließlich mit der Hacke besorgt, und erst seitdem der Pflug eingeführt, beides Instrumente, die leicht auf der Farm selbst repariert werden konnten. Das Universalgerät der „einspännigen“ Farm ist noch heute dieser einfache, einspännige Pflug, der mit Ausnahme der jetzt stählernen Schar ganz aus Holz besteht, etwa A* 40 Pfund wiegt und mit seinen auswechselbaren Scharen verschie- dener Form sowohl zum Aufbrechen und Zerkleinern der Erd- kruste, als zum Jäten und zum Unterpflügen dient. Neben diesem Pflug war vor allem noch die Hacke notwendig. Jetzt gibt es aber auch schon im Baumwollbau zwei- und dreispännige, Scheiben- pflüge, Untergrundpflüge, Ackerwalzen und Kultivatoren. Ein moderner Farmer weiß, wieviel ökonomischer ein zweispänniger als ein einspänniger Pflug ist. Im heutigen Betrieb folgt dem Pfluge die Egge, zuweilen in Verbindung mit der Walze, um den Boden zu pulverisieren. Dann folgt der mechanische Düngerstreuer und der seit 1880 allgemeiner in Gebrauch gekommene Saatdrill, dessen Konstruktion noch nicht auf der Höhe ist. Das Auslichten der Pflanzen geschieht mit der Hacke oder besonderen Kultivatoren. Zur weiteren Lockerung des Bodens und zur Unkrautbekämpfung dienen gleichfalls die meist noch einspännigen Hackmaschinen (Kultivatoren). Die Baumwoll- stoppeln werden stellenweise mit dem Stalk Cutter geschnitten. Schwierig gemacht wird die Einführung moderner Geräte und Maschinen durch den geringen Umfang vieler Einzelfarmen. Angesichts der Schwierigkeit, genügende und billige mensch- liche Arbeitskräfte zum Pflücken zu gewinnen, war es naheliegend, auch nach einer Pflückmaschine zu suchen, und in der Tat hat es an mannigfachen Anläufen zur Einführung einer solchen nicht gefehlt, schon 1855 wurde der erste Baumwollpflücker patentiert; praktisch bewährt hat sich aber bislang noch keine, hauptsächlich wegen der so verschiedenen Reifezeit im gleichen Felde. Am nächsten der Lösung dieses schwierigen Problems scheint noch ein Canadier schottischer Abstammung, Angus Campbell, gekommen zu sein, der nach langjährigen, mühevollen Versuchen eine Pflück- maschine erfand, deren Patente vor einigen Jahren von einer New Yorker Gesellschaft mit dem bekannten Theodore Price an der Spitze, zur Ausnutzung erworben wurden. Die Maschine kostet 5000 Dollars und reduziert die Pflückkosten angeblich auf ein Achtel der bisherigen. Aber auch diese Pflückmaschine befindet sich noch im Versuchsstadium. Als Arbeitstiere im Felde dienen bei den Weißen meist Pferde, bei den Farbigen überwiegend Maultiere. Ein 1200 bis 1300 Pfund ziehendes Maultier, das bisweilen 30 Jahre Dienste leistet, kostet etwa 200 Dollars; ein Pferd kostet und leistet dasselbe, liefert aber außerdem jedes Jahr ein wertvolles Füllen: Praktische Pflanzer pflegen auch neben den Arbeitstieren noch | | / einiges Vieh zu halten, und zwar sind in aufsteigender Reihenfolge am nutzbringendsten: Rinder, Ziegen, Schafe, Schweine und Hühner, die letzteren also am profitabelsten. Zurichtung des Bodens. Um zu verhüten, daß die fruchtbare Ackerkrume durch Auswaschung weggeschwemmt werde, ist auf geneigtem Gelände zunächst die Terrassierung des Bodens nötig. Ferner sind die Felder gegen das vielfach frei herumlaufende Vieh einzuzäunen, was oft noch in primitiver Weise durch einfache Holz- scheite geschieht, oder aber mit Draht und Holzplanken, was ziem- liche Kosten verursacht. Vorbereitung und Pflügung des Landes in rauhen Furchen sollten im allgemeinen möglichst spät im Frühjahr und nicht schon im Herbst erfolgen, wenn es auch Bedingungen gibt, unter denen das Herbstpflügen vorzuziehen ist, und das Pflügen selbst sollte, um der gewöhnlich 2 bis 3, unter besonders günstigen Umständen aber bis 4 und 5 Fuß langen Pfahlwurzel der Baumwolle das Eindringen zu erleichtern, möglichst tief, etwa 12 Zoll erfolgen, soweit dadurch nicht unfruchtbares Erdreich an die Oberfläche gebracht wird. Bei der kurz bemessenen Wachstumsperiode der Baumwolle hat ihre Wurzel keine Zeit, allmählich vorzudringen, und man muß ihr deshalb das Eindringen möglichst erleichtern. Im allgemeinen pflügt man nur 4 bis 8 Zoll tief, nur zu häufig erfolgt das Pflügen mit den veralteten Geräten sehr oberflächlich und nur etwa 3 Zoll tief, was nicht genügt. Ein Mann mit einem Maultier pflügt etwa 3 Acres am Tage. In den Vereinigten Staaten hat man zwei verschiedene Arten der Anlage von Baumwollfeldern: die Hügel- und die Reihen- pflanzung. Bei der Hügelpflanzung werden nach entsprechender Vorbereitung des Bodens zunächst die Pflanzlinien abgesteckt, deren Abstände je nach der Fruchtbarkeit des Bodens zwischen 3 und 31% Fuß wechseln. Darauf fährt man an den markierten Linien mit dem Pfluge einmal hin und her, streut den Dünger in die doppelt breite Furche und pflügt diese schwach gehäufelt zu. Alsdann zieht man Querlinien in denselben Abständen der Längslinien und legt in die, die Pflanzstellen bildenden Schnittpunkte je 6 bis 8 Samen- kerne, die man ein Zoll hoch mit Erde bedeckt. Wenn die Saat aufgegangen, entfernt man die Pflänzchen bis auf das kräftigste jeder Gruppe; manche Pflanzer lassen wohl auch je zwei Keimlinge stehen. Die Vorteile der Hügelpflanzung bestehen im Vergleich zur Reihenpflanzung darin, daß die Stauden zahlreichere und größere Kapseln ansetzen, höher und freier wachsen, weniger unter Rost und Schädlingen leiden und endlich weniger Handarbeit erfordern, da man von beiden Seiten das Unkraut mit dem Kultivator um- pflügen kann. Weit häufiger aber ist die Reihen- odr Kammpflanzung. Je nach der Boden- güte und der gewählten Anbausorte markiert man dabei die Saat- furchen in Abständen von 3 bis 6 Fuß, öffnet sie durch einmaliges Hin- und Herpflügen, bestreut sie mit Dünger und wirft sie darauf von beiden Seiten mit dem Pfluge wieder derart zu, daß ein leicht gewölbter Kamm entsteht und zwischen je zwei Kämmen eine breite Furche bleibt, die zur Ableitung des Wassers dient; der Abstand der einzelnen Reihen soll etwas mehr als der durchschnittlichen Höhe der ausgewachsenen Baumwollstaude entsprechen. Die Höhe der Kämme beträgt im allgemeinen etwa ein Fuß, für Sea Island aber bereitet man bis 2 Fuß hohe Beete vor. In früheren Zeiten war es allgemein üblich, in die Scheitellinie eines jeden Kammes eine seichte Furche zu ziehen, in die man die Samenkörner mit der Hand einlegte und mit der Hacke zudeckte. Neuerdings verwendet man dazu vielfach besondere Sämaschinen, welche gleichzeitig eine etwa 3 Zoll tiefe Furche öffnen, die Samen, von denen viele nicht aufgehen, in der gewünschten Entfernung, etwa I Zoll ausein- ander, einzeln hineinfallen lassen und dann durch ein Strichbrett ı bis 2 Zoll hoch mit Erde bedecken. Auf ebenem, gut dräniertem Land, wo kein Wegwaschen des Bodens zu befürchten ist, wendet man auch Flachaussäenan, und in semi-ariden Gegenden sät man auch in eine frischgezogene Furche zwischen den Kämmen aus, um die Saat in feuchten Boden zu bringen. Praktischerweise wechselt man jedes Jahr beim Pflügen derart, daß die neue Aussaat in die Mitte zwischen die vorjährigen Reihen kommt, womit der Boden wesentlich geschont wird; stellenweise sät man in diese Mittellinien, welche die Baumwolle im nächsten Jahre aufnehmen sollen, nachdem die gesamte Bodenbearbeitung im Sommer eingestellt, noch Kuherbsen als Zwischenfrucht. Da das Unkraut sich schon im zeitigen Frühjahr einstellt, so wird es gleich mit untergepflügt, wenn man die zur Aussaat nötigen Furchen zieht; namentlich für die frühreifenden Sorten liegt hierin ein Vorteil. Im allgemeinen legt man die Reihen gern in der Richtung Nord— Süd an, um dem Sonnenschein möglichst freien Zutritt zu gewähren und die gegenseitige Beschattung der Pflanzen auf das geringste Maß zu beschränken. In heißeren Gegenden, wo die Luft trocken und der Regen spärlich ist, empfiehlt es sich aber, falls nicht künstlich bewässert werden kann, die Reihen von Ost nach West zu legen, um durch die Beschattung der Verdunstung der Bodenfeuchtigkeit entgegenzuwirken. Düngung. Eine sehr wichtige Frage spielt auch in Amerika schon die Düngung. In den früheren Jahren des amerikanischen Baumwollbaues wurde die Hauptmenge ohne irgendwelche künstliche Düngung er- zeugt; war das Land allmählich ausgesogen, so nahm man neues unter Kultur, denn es kostete ja fast nichts. Der einzige Dünger, über den man zur Sklavenzeit verfügte, war Stalldünger, und dieser war verhältnismäßig selten, da die Viehhaltung nicht immer um- fangreich war und man die Tiere frei auf die Weide gehen ließ. Dagegen lieferte die in großen Massen vorhandene Baumwollsaat, die damals noch keinen Handels- und Fabrikationswert besaß, im verrotteten Zustand einen vorzüglichen, stickstoffreichen Dung, den man allerdings meist den Körnerfrüchten und anderen Kultur- gewächsen, aber nicht dem Baumwollbau zugute kommen ließ. Als das Land allmählich teurer wurde, brachte man stellenweise Frucht- wechsel in Anwendung; aber in der Hauptsache wuchs Baumwolle bis zum Jahre 1860 auf jungfräulichem Boden und war auf dessen natürliche Fruchtbarkeit angewiesen. In der Tat erschöpft Baum- wolle den Boden weit weniger als die meisten anderen Feldfrüchte, solange man ihm Stengel und Saat zurückgibt. Peru-Guano war zwar schon 1845 in Nordamerika eingeführt worden, aber die mit seiner ausschließlichen Verwendung ver- knüpften Übelstände hinderten seine stärkere Benutzung, und erst Liebigs bahnbrechende Untersuchungen und die Erschließung der deutschen Kaliläger brachten nach dem Sezessionskriege auch in dem Baumwollbau einen großen Umschwung. Die damals so ernsten Arbeiterschwierigkeiten einerseits, der vielfach ausgesogene Boden anderseits machten eine bequem zu bewirkende Aufbesserung des Bodens durch konzentrierten künstlichen Dünger besonders zeit- gemäß, und von da ab sind mit Ausnahme der Alluvialflächen an großen Flüssen und der frisch unter Kultur genommenen Ländereien — Texas z. B. wendet noch heute im allgemeinen weder Rota- tion noch Kunstdünger an — alle Baumwollfelder der Vereinigten Staaten mit konzentriertem Kunstdünger behandelt worden. Aus- gesogenes Land wurde dadurch wieder kulturfähig, und überdies kürzte diese Düngung die Entwicklungsperiode der Pflanze ab und dehnte so die klimatischen Grenzen ihres Anbaues aus. Besonders seitdem die Baumwollsaat ab Ende der 70er Jahre mehr und mehr in die Ölmühle wanderte, mußte für künstliche Düngung gesorgt werden, und neuerdings ist Kunstdünger auch auf der kleinsten Negerfarm üblich geworden. Der Gebrauch des Düngers ermangelte allerdings vielfach wissenschaftlicher Grundlage und war planlos; anderseits lieferten gewissenlose Händler unter allerlei Phantasienamen mehr oder . weniger wertloses Material und diskreditierten dadurch künstliche Dungmittel überhaupt, so daß auch die meisten Baumwollstaaten, dem Beispiel einiger nördlicher Staaten folgend, ab 1888 eine amt- liche Kontrolle des Handelsdüngers einführten, Minimalsätze der wertvollen chemischen Bestandteile und genaue Bezeichnung der- selben vorschrieben, so daß man Kunstdünger heute nach garan- tierten Analysen kauft. Falsche Angaben seitens der Händler werden mit sehr hohen Geldstrafen geahndet. Als Entgelt für die staatliche Untersuchung wird eine Abgabe erhoben, die allerdings einerseits die Landwirtschaft belastet, ihr aber indirekt dadurch wieder zugute kommt, daß diese Einnahmen zur Unterhaltung der Agricultural and Mechanical Colleges in den verschiedenen Bundes- staaten dienen. Tiefe und sorgfältige Bodenbeackerung erzeugt starke Stengel und kräftigen Blattwuchs, aber an und für sich allein noch keinen reichen Fruchtansatz; dazu hilft vielmehr wesentlich eine geeignete Düngung; diese erfolgt heute durch folgende Stoffe: Stalldung; Kompost; getrocknetes Blut, Knochen und andere Abfälle des Schlachthofs; getrocknete Fischabfälle, Nebenprodukte der Fisch- tran- und Fischkonservenfabriken, ebenso wie die Schlachthof- abfälle Stickstoff und Phosphor enthaltend; Baumwollsaat oder ihr Äquivalent in Baumwollsaatmehl; Baumwollstoppeln, welche vom Acre etwas über eine halbe Tonne Gewicht ergeben und etwa 15 Pfund Stickstoff enthalten; Gründüngung, wobei man Kuherbsen, Luzerne und Raigras bevorzugt; die Hauptsache aber bildet heute der Kunstdünger. Auswahl, Menge und Mischung dieser einzelnen Düngemittel sind je nach den Boden- und Klimaverhältnissen und den gewählten Anbausorten wesentlich verschieden und sehr sorg- fältig abzuwägen; die Wissenschaft beschäftigt sich auch in Amerika eingehend mit diesen Problemen, um sie je nach lokalen Bedingungen und Bedürfnissen best- und billigstmöglich zu lösen. Die Hauptdungstoffe wirken folgendermaßen: sn Stickstoff treibt die Pflanzen zu raschem Wachstum und zu zahlreicher Blattbildung an und fördert dadurch im allgemeinen auch eine Vermehrung der Erträge. Er wird geliefert durch Chili- salpeter, Baumwollsaatmehl, tierische Abfälle, Anpflanzung von Leguminosen und Gründüngung. Phosphorsäure fördert reichen Fruchtansatz und be- schleunigt die Reife der Kapseln; sie wird geliefert durch Thomas- mehl und die Superphosphate im Lande selbst, das reiche Läger davon in den Staaten Süd-Carolina, Tennessee, Florida, Arkansas und Idaho besitzt. Kali endlich vermehrt in Form von Kainit die Größe des Stengels, macht ihn kräftiger, bewirkt längere Verzweigungen und bringt die Frucht zu einer vollkommeneren Entwicklung. Lieferant der Kalisalze ist bislang Deutschland, man hofft aber in der Union, auch darin unabhängig vom Auslande zu werden, sei es durch Ent- deckung von Kalilägern im eigenen Lande, von der in den letzten Jahren wiederholt die Rede war, oder durch eine wissenschaftlich- praktische Ausnutzung der Massen von Riesen- Tang pflanzen, welche die pazifische Küste von Mexiko bis Alaska begleiten, und deren reicher Gehalt an Kalisalzen für Ackerbauzwecke nutzbar gemacht werden soll. Was die Zeit der Düngung anbetrifft, so erfolgt sie meist eben vor der Aussaat; gut vorbereitete Böden werden stellenweise zur Hälfte bei der Aussaat, zur anderen Hälfte des aufzuwendenden Gesamtquantums bei der zweiten Umackerung gedüngt. Im allge- meinen sollten die Düngemittel nicht tiefer als 2 bis 3 Zoll ein- gebracht werden, und nur bei trockenen Böden tiefer. Gewöhnlich rechnet man in den Vereinigten Staaten auf den Acre Baumwolland 200 bis 500 Pfund Kunstdünger, geht aber auch bis zu 1000 Pfund und mehr. Der Wert der Tonne schwankt zwischen 14 und 32 Dollars, und bei einem Durchschnittspreis von 18 Dollars stellen sich die Kosten des Kunstdüngers auf ı bis 2 Cents für das Pfund erzeugter Baumwolle. Bei reichlicher und sachgemäßer Düngung nimmt Baumwolle mit sehr nährstofarmem Boden günstiger physikalischer Be- schaffenheit vorlieb; inwieweit ihr Anbau unter solchen Verhält- nissen noch lohnt, ist nur durch Berechnung zu entscheiden, und jeder Farmer probiert das am besten selbst durch sorgfältige Ver- suche aus. Den stärksten Verbrauch an Kunstdünger in den Vereinigten taaten überhaupt weisen gerade die Südstaaten auf, welche davon allein für Baumwolle im Jahre 1910 nicht weniger als 2 165 000 t verbrauchten; davon kamen auf Süd-Carolina Georgia Alabama Nord-Carolina Mississippi Tausend Tons 687 567 500 189 93 Louisiana Arkansas Texas Florida Tausend Tons 45 30 26 17 Manche Sorten Kunstdünger werden dem Farmer unter dem sogenannten ‚„cotton option plan‘ verkauft, wonach er die Ware im Frühjahr bezieht und im Herbst entweder in bar oder in einer vor- her bestimmten Menge Baumwolle bezahlt. In den wasserarmen Staaten des Südens und Westens der Union wird seit Jahren das „Mulching‘ angewandt, d. h. das Bedecken des Bodens mit Laub und gemähtem Gras, und zwar die Bedeckung nicht zu dicht, damit das Regenwasser nicht verhindert wird, bis an die Wurzeln der Pflanzen zu gelangen. Das „Mulching“ dient hauptsächlich zur Erhaltung der Humusschicht im Boden und zur Bodenbereicherung, da in subtropischen Gegenden die Assimi- lation pflanzlicher Reste schon recht schnell erfolgt, während die Bodenbedeckung gleichzeitig die Wasserverdunstung des Bodens während der Trockenzeit verhindert. Aussaat. Die richtige Auswahl der für die verschiedenen Gegenden passendsten Arten, worüber im Kapitel Saatwahl ge- sprochen, ist überaus wichtig, und man hat sich damit überall den lokalen Bedingungen anzupassen. Ist dann eine geeignete Sorte ausprobiert und bewährt, so hat man die Saat für die nächste Ernte immer von der ersten Pflücke der stärksten Pflanzen und von den größten, vollausgereiften Kapseln der gewünschten Art Baumwolle zu nehmen. Selbst von ausgereiften und sorgfältig behandelten Samen bleibt stets ein beträchtlicher Prozentsatz taub; bei nicht vollständig ausgereiften oder sonst minderwertigen Samen erhöht sich dieser Prozentsatz unter Umständen so bedeutend, daß das be- treffende Feld umgepflügt und mit Mais oder einer anderen schnell wachsenden Sommerfrucht bestellt werden muß, falls es im laufenden Jahre überhaupt Nutzen gewähren soll. Leider lassen es aber noch immer, trotz Experimental Stations und Wanderlehrern, viele amerikanische Farmer bei Auswahl der Saat an der nötigen Sorgfalt fehlen, kaufen ihre Saatmengen bei der Entkernungsanstalt oder der Ölmühle, wo keine Aussonderung nach Güte stattfindet und die Samen verschiedener Arten nicht selten durcheinander- kommen. Die von diesem Gemisch aufgehenden Pflanzen können natürlich kein gleichmäßiges Ergebnis liefern. Die Aussaat erfolgt baldmöglichst, nachdem kein Frost mehr zu befürchten ist, beginnt in Süd-Texas schon gegen den 25. Februar, unter den Bergen Georgias erst am 20. Mai; auf den reichen Mississippi-Ländern gibt nach starken Überschwemmungen erst spät im Juni ausgepflanzte Baumwolle auch noch eine gute Ernte. Zur Aussaat benutzt man heute meist eine einfache Sä- maschine, welche mit einem Arbeiter und einem Maultier 6 bis 8 Acres am Tage bestellt, während mit der früheren Handbestellung ein Acre am Tage eine gute Leistung bildete. Häufig ist es nötig, die Saat in Asche, Staub oder Kalk einzurühren, um ihr Zusammen- ballen zu verhindern. Bei je einem Samen auf den laufenden Zoll und bei 4 Fuß gegenseitigem Abstand der Reihen kommen etwa 131000 Samen auf den Acre oder, da durchschnittlich 5000 Samen ein Pfund wiegen, auf den Acre 26 Pfund Saat, also fast ı Bushel von 3514 Liter. Von Upland-Saat wiegt das Bushel 30 bis 3313 Pfund. Mancherorts braucht man aber bis zu 2 Bushel auf den Acre und lichtet dann stärker aus, während man andererorts wieder mit 15 Pfund Saat auf den Acre auskommt. Baumwollsaat ist billig, und so geht man im allgemeinen verschwenderisch mit ihr um, besonders da ja auch viele Kerne nicht aufgehen. Nach 3 bis Io Tagen erscheinen die beiden Keimblätter der auf- gehenden Saat. Wenn sich in der zweiten bis vierten Woche das dritte Blatt zeigt und die Pflanze etwa 5 Zoll hoch ist, beginnt das Ausdünnen (chopping), um die Pflanzen auf die gewünschte Standweite zu bringen; die Ansichten darüber, was dabei das Richtige ist, sind sehr verschieden, und die Entfernungen der ein- zelnen Pflanzen innerhalb der Reihen schwanken, je nach Boden- güte und der gewählten Anbauart, ungefähr zwischen 9 Zoll und 3 Fuß. Ein Abstand von ı5 bis 24 Zoll scheint das Praktischste und eine Dichtigkeit von 10000 Pflanzen auf den Acre etwa der Durchschnitt zu sein. In Nordamerika läßt man, im Gegensatz zu Ägypten, im allgemeinen in jedem Pflanzloch nur eine Pflanze stehen, nur selten sieht man hier zwei Pflanzen in einem Busch zu- sammen. Das Chopping selbst erfolgt mit Jätemaschinen oder mit der Hacke, und ein Mann bearbeitet mit letzterer 2 Acres, mit ersterer etwa 8 Acres am Tage. Praktischerweise nimmt man das Ausdünnen nicht auf einmal vor, sondern verteilt es, der verschieden- zeitigen Entwicklung der Pflänzchen entsprechend, auf zwei 10 bis —— 54 —- ı2 Tage voneinander getrennte Prozeduren. Bei diesen wie bei den folgenden Arbeiten gilt es besonders, die feinen, wagerechten Wurzeln der stehenbleibenden Pflanzen, welche sich in einer Tiefe von 2 bis 9 Zoll erstrecken, nicht zu beschädigen. Weitere Pflege während des Wachstums. Es beginnt nämlich nunmehr, also von der dritten bis vierten Woche nach der Aussaat ab, eine Bodenbearbeitung, deren Zweck es ist, das Land locker und von Unkraut freizuhalten. Keine Kulturpflanze verlangt einen von Unkraut reineren Boden als Baumwolle; das Lockern des Bodens aber bricht die Kapillarität der Oberfläche und erschwert dadurch die Ausdünstung. Dabei sei das Motto: „Tief pflügen, aber seicht lockern“. Diese Bearbeitungen erfolgen je nach Bodenbeschaffen- heit und Wetter etwa drei- bis fünfmal und öfters in Zeitabständen von je anderthalb bis drei Wochen, d. h. bei trockenem Wetter bis ungefähr Anfang August, und werden zwischen den Reihen in deren Längsrichtung von Kultivatoren verschiedener Systeme ausgeführt; daneben hält man es stellenweise noch für angebracht, auch den Boden zwischen den einzelnen Pflanzen innerhalb der Reihen mit der Hacke zu reinigen, was mit besonderer Vorsicht zu ge- schehen hat. Die hauptsächlich gefürchteten Unkräuter sind das böse Johnson-Gras oder Guinea-Gras (Sorghum halepense), das man am besten durch Abweiden mit Schafen niederhält, wodurch die fleischigen Wurzeln absterben; ferner das Coco- oder Nut-Gras (Cyperus rotundus) und das im ganzen Baumwollgürtel vorkom- mende Crab-Gras (Panicum sanguinale). Nebenher gehen noch einige Eventualarbeiten. Falls nach dem Ausdünnen später Frost oder Schneidewürmer die jungen Keimlinge so empfindlich stören, daß die oft noch mög- liche Wiedererholung und Kräftigung ausgeschlossen scheint, so müssen die notleidenden Stellen nachgepflanzt werden. Als alle Aussaat noch mit der Hand erfolgte, geschah natürlich auch das Nachpflanzen mit der Hand. Heute besorgt es allgemein die Sä- maschine, welche den ganzen Feldteil billiger frisch bestellt, als die Ausbesserung einzelner Stellen mit der Hand kosten würde. Setzt späterhin die Pflanze mehr Holz als Frucht an, so wird die Wurzel vermittels eines Pfluges, der bis dicht an den Stamm pflügt, beschnitten, und ein Zusatz von Phosphaten kann die Ernteaussichten sehr verbessern. Ein Beweis für gute Kultur liegt weniger in der absoluten Höhe der Pflanze, als in der Gleichmäßig- keit der Höhe und des Wuchses. Sehr verschiedene Ansichten und Ergebnisse werden über das Entköpfen der Baumwollstaude berichtet. An manchen Orten bricht man weniger kräftig entwickelten Pflanzen die Triebspitze aus, um die seitliche Ausdehnung und damit reiche Verzweigung und Knospenansatz möglichst zu fördern; anderwärts hat sich dieses Verfahren gar nicht bewährt. Nach der letzten Bodenlockerung ist die eigentliche Acker- arbeit beendet und nunmehr Ruhe bis zur Zeit der Ernte; diese stille Periode nennt man ‚„lay by“. Inzwischen haben sich etwa einen Monat nach der Aussaat die ersten Knospen gezeigt; ungefähr drei Wochen später öffnen sich an der jetzt ı5 Zoll hohen Pflanze die ersten Blüten, welche am dritten Tag abfallen und einen erbsengroßen Samenknoten hinter- lassen; nach weiteren etwa 45 bis 50 Tagen ist die Samenkapsel an der nunmehr durchschnittlich 4 Fuß hohen Staude voll ent- wickelt. Das Reifen der Kapsel beansprucht einen bis zwei Monate. Durchschnittlich dauert es 125 Tage von der Aussaat bis zum Öffnen der ersten Kapseln, aus denen dann die daunenartige weiße Umhüllung der Samenkerne, die „Baumwolle“, elastisch herausquillt. Von der Aussaat bis zur Reife vergehen also ungefähr fünf Monate, und zwar rechnet man durchschnittlich bei von Saatzur Blüte von Blüte zur Reife Total New ÖOrleans-Baumwolle 80—90 70—80 150— 170 Tage Sea Island-Baumwolle . I00—IIO 80 180—I9O „, Wie alle Malvaceen, treibt auch die Baumwolle monatelang Blüten, so daß Knospen, Blüten und reife Kapseln meist gleichzeitig an derselben Staude zu sehen sind. Die Entwicklung der Fasern beginnt an dem entgegen- gesetzten Ende, an dem die Samen innerhalb der Kapsel angeheftet sind, und breitet sich von da allmählich über die ganze Oberfläche aus. Die Baumwollfasern erscheinen eine beträchtliche Zeit, bevor die Samen ihre volle Größe erreicht haben und wachsen durch eine allmähliche Verlängerung der Zellen, bis die Samenkapsel schließ- lich mit einem Gewirr von jungen Baumwollfasern angefüllt ist, deren Wachstum und Vermehrung mit zunehmender Reife und Kräuselung der Faser das Öffnen der Kapselklappen unterstützt. Die Länge der Fasern zeigt an verschiedenen Stellen des Samens beträchtliche Verschiedenheiten, und es scheint zweifelhaft, ob sie ihre volle Länge erreichen, bevor sie nach Öffnung der Kapseln der reifenden Wirkung von Luft und Sonne ausgesetzt sind. Als Regel werden die längsten Fasern da gefunden, wo sich ihre ersten Zellen entwickeln, nämlich am Scheitel des Samens; an seinem Grunde sitzen die kürzesten Fasern. Man unterscheidet unreife, vollreife und überreife Fasern; von denen die ‚„vollreifen“, welche die Farb- stoffe am willigsten aufnehmen, als Grundform des Handels zu bezeichnen sind. Ernte. Die Pflückzeit beginnt in Süd-Texas am 1o. Juli, in Nordwest-Texas erst am ı. Oktober und währt im allgemeinen bis Anfang Januar, erstreckt sich aber am Mississippi und am Red River zuweilen bis März hinein. Die Art der Kapselöffnung ist bei den verschiedenen Spielarten sehr verschieden; einige öffnen ihre Kapseln frei, andere in einer solchen Art, daß die Flocke fest anhaftet; das letztere ist beliebt in windigen Lagen oder wo man die Ernte nicht schnell vornehmen kann. Die Ernte beginnt, wenn so viele Kapseln aufspringen, daß ein Arbeiter täglich mindestens 50o Pfund Saatbaumwolle sammeln kann. Das Pflücken geschieht noch heute überall, wie in der Anfangszeit, mit der Hand, erfordert also eine große Zahl Arbeiter; während ein Mann leicht 20 bis 30 Acres bestellen kann, bedarf es vier bis fünf guter Arbeiter, um die Ernte davon rechtzeitig zu pflücken. Es ist unter diesen Umständen noch ein Glück, daß die Reife der einzelnen Pflanzen, ja der einzelnen Kapseln an derselben Staude, so ungleichmäßig erfolgt und die Ernteeinheimsung sich also über go bis 100 Tage verteilt. Im allgemeinen wird die Ernte dreimal gepflückt, in Intervallen von je einem Monat; aber je nach der Reife und der Zahl der verfügbaren Arbeitskräfte gibt es zwei bis fünf Pflückperioden; bei Arbeitermangel bleibt die Baumwolle so lange im Felde, bis sie auf einmal gepflückt wird, und es kommt unter solchen Verhältnissen vor, daß die Ernte mangels genügender Pflücker überhaupt nicht ganz eingebracht werden kann. Der Amerikaner Hall soll neuerdings ein Mittel erfunden haben, um die Baumwolle künstlich zur Reife zu bringen, was vor allem den Vor- teil bringen würde, daß die Ernte auf einmal geschehen könnte. (?) Nach der Höhe der Zweige unterscheidet man lower, middle und top crop; erstere ist die frühzeitigste und beste, letztere ge- wöhnlich schon durch Regen und Frost gefärbt und fleckig, also minderwertig, wenn auch noch brauchbar. Wichtig ist, daß die Saatbaumwolle möglichst rein gesammelt werde, frei von Kapselteilen und Blättern und nicht feucht. Man pflückt also nur bei trockenem Wetter und möglichst bald nach Austreten der Flocke aus der Kapsel. Die leeren Kapselschalen läßt man beim Pflücken stehen, weil sie leicht zerstückeln und sich dann schwer von der Baumwolle trennen. Der aus den Kapseln hervordringende weiße Flaum wird in Säcken gesammelt, die auf der Schulter getragen werden; sorgsame Pflanzer lassen an jedem Sack eine Seitentasche anbringen, in welcher die Pflücker diejenige Baumwolle stecken müssen, die be- schädigt oder sonstwie fehlerhaft ist. Die Säcke werden nach ihrer Füllung in Körbe geleert, die am Ende der Reihen stehen, und von hier aus erfolgt der Transport der Saatbaumwolle in Maultierkarren entweder nach dem Lagerhaus der Farm, meist aber direkt nach der Entkernungsanstalt, deren Tätigkeitsradius lohnenderweise bis etwa 20 km Entfernung reicht. Auf den Boden gefallene und be- schmutzte Baumwolle sollte separat eingesammelt und geginnt werden. Das Tagesquantum, welches eine Person pflücken kann, ist sehr verschieden; viele bleiben unter 100 Pfund, bei günstigen Verhältnissen wird eine Leistung von 300 und 400 Pfund erreicht; als Durchschnittsertrag rechnet man für einen Erwachsenen etwa 100 Pfund. Für die an und für sich nicht schwere Arbeit des Pflückens eignen sich Frauen und Kinder am besten, weil sie eine leichtere Hand haben und sich nicht so tief zu bücken brauchen. Auch der Pflücklohn wird für je ıoo Pfund abgelieferter Saatbaumwolle berechnet, und zwar schwankt derselbe in den ver- schiedenen Staaten zwischen 4o und Ioo Cents. In Georgia be- zahlte man in der Letztzeit 42, in Mississippi 50, in Texas 66, in Oklahoma 75 Cents. Nimmt man den mittleren Lohn von 75 Cents für 100 Pfund Saatbaumwolle — 33 Pfund entkernter oder Lint- baumwolle an, so entfallen auf das Pfund verkaufsfertiger Baum- wolle allein 2,2 Cents für das Pflücken, und dieses bildet mithin nicht nur den langwierigsten, sondern auch weitaus den kost- spieligsten Teil des Baumwollbaus überhaupt. Boden und Klima ermöglichen z. B. auch in Kalifornien sehr wohl Baumwoll- bau; aber die dort üblichen Tagelöhne von 11% bis 21% Dollars be- lasten Baumwolle allein für das Pfiücken mit 71% Cents für das Pfund, und damit entfällt vielfach die Möglichkeit einer lohnen- den Kultur. Die zahlreichen Kapseln, welche gegen Ende der Saison vom Froste beschädigt sich nicht öffnen, ließ man früher ganz unbe- achtet. Nachdem zuerst ein Farmer in Texas, wo früher Frost sonst viele Kapseln ungeöffnet ließ, im Jahre 1903 erfolgreich den — 38 — Versuch unternommen hatte, diese Kapseln durch die Dresch- maschine laufen zu lassen, haben die hohen Baumwollpreise der letzten Jahre zur Erfindung einer Maschine angeregt, welche die Saatkerne aus diesen Kapseln ausdrischt, worauf der sonstige Kapselinhalt in der Ginnerei genau so behandelt wird wie hand- gepflückte Baumwolle. Die Herstellung dieser, „Bollies“ genannten Baumwolle nimmt besonders im Westen stark zu und der Wert dieses Produkts beträgt etwa 34 vom Preise gewöhnlicher „Linters“. Tritt der erste starke Frost ein, so fallen die Blätter der Baum- wollpflanze ab, und es bleiben bloß noch leere Gerippe stehen, deren Gewicht auf ein Stück Land mit 13 bis ı Ballen Ertrag etwa 600 bis 1800 Pfund ausmacht. Gewöhnlich läßt man diese Reste, nach der letzten Pflückung, durch Vieh abweiden, welches die Äste und die leeren Kapselschalen abfrißt. Der übrig bleibende Teil wird durch fortgesetzte Fröste immer härter und brüchiger, und die Stoppeln werden dann entweder umgehauen oder ausgerissen und verbrannt, wonach man die Asche gleichmäßig über das Feld ver- teilt; oder man pflügt die Stoppeln unter, am besten, nachdem man sie vorher mit einem Stalk-Cutter, der IO Acres am Tage bearbeitet, in fußgroße Stücke geschnitten hat. Bei der letzteren Methode wird die beim Verbrennen eintretende Vergeudung von Nährstoffen ver- mieden; das Verbrennen ist aber überall da vorzuziehen, wo man auf Vernichtung vorhandener tierischer und pflanzlicher Schädlinge Bedacht nehmen muß. Baumwoll-Krankheiten und -Schädlinge. Die Baumwoll-Krankheiten sind dreierlei verschiedener Natur. Sie stammen I. aus physiologischen Ursachen, durch Störungen in der Ernährung und Assimilation, wie: die Mosaikkrankheit oder der Gelbe Blattrost; der Rote Blattrost; die winklige Blattflecken- krankheit und das Abfallen der Kapseln. 2. folgen die Pilzkrankheiten an Wurzeln, Stengeln, Blättern und Kapseln, darunter besonders die gefährliche Welk- Krankheit (Wilt Disease). Endlich 3. de Wurzel-Gallen, die durch Wurzelälchen (Ne- matoden) verursacht werden. Diese Krankheiten treten stellenweise recht bedenklich auf, richten im großen und ganzen aber doch nur verhältnismäßig wenig Schaden an. Ihre Bekämpfung besteht im wesentlichen darin, die Konstitution der Pflanzen zu stärken; so hat man z. B. gegen den Rost, die bedenklichste Krankheit, mit Erfolg Kainit-Düngung an- gewandt. Weit verhängnisvoller als die Baumwoll-Krankheiten aber sind die tierischen Baumwoll-Schädlinge.e. Die Beschädigungen können erfolgen an den: Wurzeln durch Wurzelälchen, Grillen, Erdraupen, Draht- würmer und Engerlinge; Stämmen durch Stammringler, Stammbohrer, Stengel- spitzenbohrer, Woll- und Schildläuse; Blättern durch Schnecken, Heuschrecken, Raupen, Käfer, Wanzen, Blattläuse und Milben; Blüten durch Raupen und Käfer; ’ Kapseln durch „Kapselwürmer‘“, d. h. Raupen, und durch die Kapselkäfer, die sich in die Kapseln einbohren und durch Fraß und Exkremente Wolle und Samen zerstören; ferner durch Wanzen, welche die Faser beschmutzen und den Samen aussaugen; endlich durch Eichhörnchen und Ratten, welche die Fasern herausreißen und die Kerne aus den Kapseln her- ausfressen. Im ganzen sind in den amerikanischen Baumwolifeldern gegen 500 verschiedene Arten Insekten beobachtet worden, wovon viele auch andere Kulturen besuchen und nur wenige der Baumwoll- pflanze oder der Ernte wirklich gefährlich werden. In der gesamten baumwollbauenden Welt sind am meisten ge- fürchtet diejenigen Tiere, welche in den Kapseln leben und so die Faser direkt vernichten, also die Kapselwürmer und die Kapsel- käfer. Bis in die goer Jahre des letzten Jahrhunderts kannte man in den Vereinigten Staaten nur zwei ernstliche Schädlinge, den „Cotton leaf worm‘“ und den „Cotton Boll Worm“. Die olivgraue Motte des K@&lort ton eat worm. oder ‚Cotton Caterpillar; (Aletia argillacea) beginnt zwei bis vier Tage nach dem Auskriechen ihre Eier, im ganzen 300 bis 600, an den Blättern abzulegen. Die Raupe erscheint nach wenigen Tagen, lebt eine bis drei Wochen, nährt sich besonders von den Blättern, benagt zuweilen aber auch zarte Triebe und Kapseln. Sie verpuppt sich oberirdisch und ver- bleibt in diesem Stadium eine bis vier Wochen. Das Insekt liefert in der Saison fünf bis sieben Generationen, stirbt in den nördlichen 5 — 00 — Staaten während des Winters ab, überwintert aber in erstarrtem Zustand an geschützten Plätzen der Südstaaten. Die Raupe ist erfolgreich mit Arsenikbehandlung bekämpft worden, und ihre Be- deutung ist sehr zurückgegangen mit der vergrößerten Mannig- faltigkeit der Anbaupflanzen. Der „Cotton Boll Worm“ (Heliothis armiger), die Kapselraupe, ist nicht, wie die Aletia, auf Amerika beschränkt, son- dern in vielen anderen Weltgegenden und auf sehr verschiedenen Futterpflanzen vertreten. Die gelbliche Motte legt etwa 500 Eier an alle Teile der Baumwollpflanze, besonders aber an die Unter- seite der Blätter. Die Raupen erscheinen in zwei bis sieben Tagen und nähren sich zunächst von den jungen Blättern, bis sie junge Knospen oder Kapseln antreffen, in die sie als Zerstörer eindringen. Sie leben zwei bis vier Wochen, verpuppen sich dann für eine bis vier Wochen Dauer im Boden und liefern im Jahre etwa fünf Gene- rationen. Ihre Bekämpfung erfolgt hauptsächlich durch Fang- pflanzen in Zwischenkulturen von Mais. Außer diesen beiden waren bis zum Auftreten des Boll-Weevils keine ernstlichen Baumwollinsekten in den Vereinigten Staaten ver- treten. Schneidewürmer, besonders der Arten Feltia und Agrotis, schädigen zuweilen am Anfang der Saison die jungen Pflänzlinge; man bekämpft sie erfolgreich durch Vergiftung mit Pariser Grün. Blattläuse, meist Aphis gossypii, verursachen gelegentlich, meist zu derselben Zeit wie die Schneidewürmer, das Welken der jungen Endblätter. Mehrere Wanzenarten (Dys- dercus) stechen die jungen Kapseln an, aber nie in großem Umfang. Eine Reihe von Heuschreckenarten und eine Ameisen- art (Oecodoma fervens) verwüsten zuweilen die Blätter in Texas; man vernichtet die Ameisen durch Petroleum. Der Southern Grass Worm (Laphygma frugiperda) verursacht nach feuchtem Frühjahr nennenswerten Schaden durch Zerstörung von Blättern, Knospen und Kapseln, und daneben gibt es noch verschiedene andere sich von Blättern nährende Raupen und Stengelbohrer. Kein Schädling hat bisher aber größere Verwüstungen ange- richtet und steht so im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses, wie der Boll Weevil oder mexikanische Baumwollkapselkäfer (Anthonomus grandis), der zuerst 1862 in Mexiko beobachtet, 1880 dort in Monclova als ernster Baumwollschädling beschrieben wurde, immer weiter nordwärts vordrang, spätestens 1892 über den Rio Grande del Norte bei Brownsville auch in das Gebiet der Ver- AraoT pr: einigten Staaten eingedrungen war und sich in Texas bereits im Jahre 1894 als gefährlicher Feind der Baumwolle erwies. Das entomologische Staatsbureau von Texas riet damals an, den Baum- wollbau für einen Landstrich längs des Rio Grande zu verbieten, um der Weiterverbreitung des Kapselkäfers Schranken zu setzen. Es hat sich bitter gerächt, daß dieser Vorschlag unbeachtet blieb; denn nun machte das Vordringen des Insekts jedes Jahr reißende Fortschritte: 1904 griff die Invasion auf Louisiana über, 1906 er- reichte sie Oklahoma und Arkansas, überschritt in 1907 den Missis- sippistrom, 19Iı wurden Alabama und Florida erreicht, und der durch den Kapselkäfer verursachte Schaden wurde allein im Jahre 1909 auf ı, Millionen Ballen Baumwolle berechnet. Der Schäd- ling sucht jetzt reichlich ein Drittel der gesamten Baumwollfläche der Union heim und reduziert, wo er auftritt, die Ernte stellenweise bis auf die Hälfte und noch weniger. Der nur knapp Y, Zoll lange braune Käfer lebt ausschließlich auf Baumwolle, nährt sich zunächst nach seiner Überwinterung von den jungen Triebspitzen, legt seine Eier außen an die Knospen und Kapseln ab, und die bald erscheinenden Raupen fressen sich ent- weder in die Knospen oder, wenn die Eier an den Kapseln ab- selegt, mit Vorliebe in die Samenkerne ein. Die befallenen Knospen fallen gewöhnlich ab, die meisten beschädigten Kapseln ıber bleiben sitzen und verkrüppeln, mit Ausnahme der Spätsaison, wo sie entweder eintrocknen oder verfaulen. Die Verpuppung findet nnerhalb der Knospen oder Kapseln in einem festen Kokon statt, n dem die abgestreifte Haut, Exkremente und Baumwollfasern ver- sponnen sind; sehr häufig ähneln die Kokons den Baumwollsamen n ihrer äußeren Erscheinung so sehr, daß sie damit verwechselt werden können. Es kommt auch vor, daß die Larve einen Saatkern vollständig aushöhlt und sich dann darin verpuppt. Das Puppen- stadium dauert 2 bis 14 Tage, die Zeit vom Eierlegen bis zum Aus- kriechen des Käfers ı5 bis 25 Tage, je nach der Wärme. Die Lebensdauer der erwachsenen Tiere unterliegt großen Schwan- xungen, wurde im Maximum bis zu 335 Tagen, im Durchschnitt nit 62 Tagen ermittelt. Die Vermehrung des Käfers ist stark von ler Witterung abhängig; heiße, trockene Sommer töten eine Un- masse Larven, da sie keine Widerstandsfähigkeit gegen intensive Sonnenstrahlung besitzen, in kalten Wintern gehen zahlreiche Käfer sin; feuchte Sommer dagegen und milde Winter sind der Vermeh- rung günstig. Durchschnittlich rechnet man drei bis fünf Gene- rationen im Jahr, und jedes Weibchen legt etwa 140 Eier. * 5 — (iR Ze Der Kampf gegen den Boll Weevil ist mit großer Energie und wissenschaftlicher Gründlichkeit aufgenommen worden, fängt nach vieler Arbeit aber erst allmählich an, greifbare Resultate zu zeigen. Das Bespritzen mit giftigen Brühen blieb erfolglos, da der Käfer sein Vernichtungswerk innerhalb der Kapseln ausübt, und ein Radikalmittel gegen das Insekt ist bislang überhaupt nicht gefunden worden. Dagegen erscheinen günstig alle Maßnahmen, welche auf Erzielung früher Reife und Kräftigung der Pflanze abzielen, also früher Beginn der Pflanzzeit, Wahl frühreifer Sorten, saubere Kultur, geeignete Düngung, Ermöglichung reichlicher Besonnung durch weiten Abstand der Pflanzreihen, daneben die Heranziehung von Parasiten und Raubinsekten durch Anbau von Futterpflanzen jener Wirte bei den Baumwollfeldern. Sodann sind vom Acker- bauamt in Washington bislang etwa 60 Vogelarten festgestellt worden, welche für die Vertilgung des Baumwollkapselkäfers in Frage kommen, und zwar kommen dabei in erster Linie Pirol, Schwalbe und Ziegenmelker in Betracht. Besonders wichtig ist auch die Vernichtung der abgefallenen, vom Kapselkäfer bewohnten Knospen und das Verbrennen der Baumwollstoppeln im Herbst, um damit zahlreiche Eier, Raupen und Puppen zu töten und den Weibchen Futter- und Brutplätze zu nehmen. Wichtige Dienste leistet bei der Insektenbekämpfung das im Jahre 1862 als Abteil des Ackerbaumamts geschaffene, Igo4 mit zu- nehmender Erkenntnis seiner Bedeutung zum Range eines Bureaus erhobene BureauofEntomology in Washington, das mit seinen acht Untersektionen im Jahre I9IO 623 Angestellte, darunter 131 wissenschaftlich gebildete Entomologen und daneben etwa 12000 Korrespondenten im ganzen Lande zählte. Überall, wo es Schäd- linge zu bekämpfen gilt, erscheinen Abgesandte des Bureaus am Platze, um den Kampf zu organisieren und in den heimgesuchten Gegenden selbst wissenschaftliche Arbeitsstätten, „field stations“, ‘zu eröffnen. Die „Section for southern field crop insect“ umfaßt Baumwolle mit der Zentralarbeitsstelle Dallas in Texas. Neben dieser Einrichtung des Bundes besitzen heute fast sämt- liche Einzelstaaten ihre besonderen amtlichen entomologischen Experten und Stationen. Die bekannten Bekämpfungsmethoden, teils me-. chanischer, teils biologischer Art, sind sämtlich auch in den Ver- einigten Staaten ausprobiert worden und bestehen in: 1. Gift- wirkung, 2. Einsammeln und Vernichten mit der Hand, 3. Einfangenı — 63 — durch Fangpflanzen und Lichtfallen, 4. Bekämpfung durch natür- liche Feinde und Krankheiten, 5. Züchtung immuner Rassen, 6. Änderung der Kulturmethoden (Zeitpunkt der Aussaat und Ernte, Zwischenkulturen, Beseitigung der Ernterückstände). Die letzte Methode ist im allgemeinen die aussichtstreichste. Die Schädigung durch Insekten tritt übrigens nicht alljährlich im gleichen Umfang und nicht immer im ganzen Lande ein. Wertvolle Mithilfe hat bei der Bekämpfung der Schädlinge auch das im Jahre 1904 im Auftrag des Ackerbau-Amts in Washing- ton von dem bewährten Ackerbau-Sachverständigen, dem Deutsch- Amerikaner Dr. Seaman A. Knapp zunächst in Texas organi- sierte Farmer’s Cooperative Demonstration Work geleistet, welches den Farmern die Grundlehren darüber beibringt, ‚wie man Baumwolle trotz des Kapselkäfers erfolgreich bauen kann. Spezialkundige ‚„Agenten“ des Bureau of Plant Industry in Washington lehren den Farmer auf seiner eigenen Farm, die nach Angabe und unter Aufsicht des Agenten zu be- stellen ist, in gemischtem Betrieb Baumwolle, Mais und seinen eigenen Bedarf an Lebensmitteln zu bauen. Saat und Dünger wer- den, soweit sie zu diesen Versuchen dienen, von den Händlern viel- fach gratis geliefert, der Farmer stellt Land und Arbeit. Diese von Texas ausgehende Organisation nahm bald einen großartigen Aufschwung, war, als Dr. Knapp ıgı1ı starb, fast über den ganzen Baumwollgürtel verbreitet, und im Jahre ı9ı2 nahmen an dieser Arbeit 858 amtliche Agenten und 35 000 Farmer teil, während 67 000 weitere Farmer den Rat der Agenten nur gelegent- lich einholten. Um das Werk auch schon der Jugend sympathisch zu machen, wurden besondere „Boys Corn Clubs“ gegründet, welche im Jahre 1912 bereits 60 000 Mitglieder zählten. Das Werk erfordert jährlich 600 000 Dollars, wovon die Hälfte vom Ackerbau-Amt in Washington, die andere Hälfte von Einzel- staaten und Privaten aufgebracht wird. Als in Nordamerika erprobte Kulturmethoden für Baumwolle empfehlen sich besonders auch mit Rücksicht auf Baumwoll-Schäd- linge und -Krankheiten, nach dem Anraten der Versuchsstationen und des Entomologischen Bureaus die folgenden: 1. Abbrennen und völliges Vernichten der Stengel der Baum- wollpflanzen im Herbst, um das Überwintern von Schädlingen zu verhindern. 2. Abeggen der Flächen im Winter. Tiefes Pflügen. Möglichst frühzeitiger Beginn der Aussaat. Benutzung frühreifer Saat. ER Hinreichende Düngung. 7. Man gebe den einzelnen Reihen der Baumwollstauden einen etwas größeren Abstand, als die Höhe der reifen Pflanzen beträgt und lasse auch innerhalb der Reihen genügend große Zwischen- räume. 8. Abeggen der Felder, sobald die jungen Pflanzen ungefähr zollhoch sind, um die Erdkruste zu lockern. 9. Befreiung der Pflanzenreihen von Unkraut, sowie Schütteln der Pflanzen, damit die Insekten herabfallen. 10. Vernichtung der dabei herabfallenden Pflanzenteile durch Verbrennen. 11. Beschränkung des allzu raschen Wachstums durch Ab- pflügen des Beetrückens nach der Mitte zu. ı2. Auswahl der am frühesten reifen und besten Anbausorte. 13. Regelmäßige Pausen im Anbau von Baumwolle unter An- wendung eines angemessenen Fruchtwechsels, z. B. erst Baumwolle, dann Kuherbsen, dann Mais; niemals sollte Baumwolle unmittelbar auf Baumwolle folgen. 14. Bepflanzen der Zwischenräume zwischen den Baumwoll- reihen mit Hülsenfrüchten. Anbauflächen und Erträge. Die Baumwollanbauflächen, Erträge und Preise für das Pfund geschätzter Durchschnittsqualität Upland weisen folgende Zahlen auf, die Ernten in Ballen a 500 Pfund brutto: Durchschnitts- || Durchschnitts- Jahr Ernte preis | | Jahr Ernte preis Tausend Ballen | Cents das Pfund | | Tausend Ballen | Cents das Pfund 1790... 3 | 26 | 1859... 4309 II 1794 - . 17 36 ‚| 1860 . . 3841 13 1799 . . 41 28 IS6I... 4490 31 1800 . . 73 44 | 1862... 1596 67 1805 .. 146 22 [2853 ie 449 IoI 18Io 177 15 | 1864 . . 299 83 1820 334 14 || 1865... 2093 43 1830... 732 2 Io | 1866 . . 1948 31 Weka e 1061 16 \ 1869 .. 2409 2 1839... 1653 9 1/1870... 4024 17 1848... 2615 7 Zensusberichte über die Größe der Anbaufläche beginnen erst mit dem Jahre 1879. Wert von | Wert von Anbau- Bine Ertrag vom Durchschnitts- Jahr fläche Acre preis | Lint Saat Millionen | Miipmen | fund | Cents ass Piuna | Muipmen | Mitipnen 1879... 14,4 5,46 195 12 — — 1884... 17,4 5,48 163 Io | — 1889... 20,1 747 185 II | _ —_ 1894... 23,6 | 10,02 205 6 — —_ 1900... a 10,26 205 9 — — 1902)... 27,I 10,32 195 8 422 8o 1904 . 30 13,68 215 () | 561 91 1906 . 31,3 13,60 205 To | 640 81 1908 . 32,4 | 13,59 195 | 9 589 2 IgIO .. 32,4 12 175 15 820 143 IgII . 36 16,25 210 | Io | 732 127 1912. 34 14,31 203 I2 | 792 128 I Verteilt auf die einzelnen Staaten ergaben die Ernten von: Texas Georgia Alabama Süd-Carolina Mississippi Oklahoma Nord- Carolina Arkansas Louisiana . Tennessee 8 kleinere Staaten. 1912 Millionen Ballen Proz. 5,13 = 35,8 1.95, = 12,6) 1383 —= 97 1222 9,5 NOOE 776 1 = 79 0,89 502 Or e 0,30 = 2,8 0,306 21 0,15 — L,I 14,3I — 100 Die Produktion von Sea Island-Baumwolle wies auf in den Jahren 1908 1909 1910 IgII IgI2 Ernte 947295 90 119 74 Ballen & 500 Pfund. Der Ertrag von Sea Island-Baumwolle schwankt zwischen 75 und 150 Pfund auf den Acre. Der Ernteertrag ist je nach Charakter von Boden und Witterung, nach der Sorgfalt bei der Bestellung und entsprechend den auftretenden Pflanzenkrankheiten und Schädlingen natürlich a sehr verschieden und beträgt im Durchschnitt für die einzelne Staude etwa '/, Pfund Saatbaumwolle. Von den kleinkapseligen Sorten er- geben 100 bis 120, von den großkapseligen 40 bis 60 Kapseln ein Pfund Saatbaumwolle. Die höchsten Erträge vom Acre gab im Jahre 1912 Nord-Carolina mit durchschnittlich 267 Pfund Lint, es folgten Mississippi mit 260, Virginia 250, Süd-Carolina 209 und Texas mit 206 Pfund, alle anderen Staaten lieferten unter 200 Pfund, Georgia nur 159 Pfund. Innerhalb der 20 Jahre 1874 bis 1894 schwankte der Durch- schnittsertrag des gesamten Baumwollgürtels zwischen 139 Pfund in 1874 und 205 Pfund in 1894, in den Einzelstaaten wiesen auf das Minimum mit 1ıo Pfund Alabama im Jahre 1884, das Maximum mit 383 Pfund vom Acre Texas im Jahre 1894. Im allgemeinen schwankt der Ertrag vom Acre zwischen 1%, und ı Ballen, ausnahmsweise werden bis zu 21% Ballen erreicht, bei intensiver Kultur sind auf einer Farm in Nord-Carolina sogar 4 Ballen ä 500 Pfund erzielt worden. Die reichen Alluvialländereien des Mississippi und die frischen schwarzen Prärieböden von Texas geben im allgemeinen bei weniger Arbeit höhere Erträge als die ariden „Uplands“ von Georgia. Der Durchschnittsertrag amerikanischer Upland-Baumwolle ist durch verbesserte Kulturmethoden innerhalb der letzten Jahre lang- sam angestiegen, und mit wachsender Sorgfalt wird sich der Ertrag auch weiterhin noch steigern lassen, aber es wird damit keineswegs schnell gehen. Zum Vergleich seien noch die Durchschnittserträge der beiden nächstwichtigen Baumwolländer angeführt: Das frostfreie Ägypten ergibt mit Bewässerungskultur 450 Pfund, Ostindien nur 8o Pfund vom Acre. Die Durchschnittsqualität der Ernte fällt je nach dem Witterungsverlauf und sonstigen Bedingungen in den verschiedenen Jahren verschieden aus und schwankte in den letzten 1o Jahren zwischen strict low middling und fully middling. In der Letztzeit beklagt man sich über den zunehmenden Mangel besserer Klassen, und die besonders in Lancashire viel begehrten Stapellängen von 1/6 bis 1°), inch sind letzthin in Amerika sehr selten geworden. In der Regel ist eine quantitativ gute Ernte auch qualitativ befriedi- gend, da die der Entwicklung günstigen Umstände nach beiden Richtungen hin wirken. —- 97 — Einzelgebiete. Es mögen hier einige kurze Notizen über die zehn Hauptbaum- wollstaaten, von Osten nach Westen zu aufgeführt, folgen. Nord-Carolina ist vom Norden her der erste) eigentliche Baumwollstaat, und mit Ausnahme von 24 im Gebirge gelegenen Grafschaften, die keine Baumwolle pflanzen, hat der schon im 17. Jahrhundert hier eingeführte Baumwollbau ständig zugenommen und spielt nach Mais die zweite Rolle im Ackerbau. Besonders das letzte Jahrzehnt weist eine erhebliche Zunahme auf, und dabei mit 267 Pfund den höchsten Durchschnittsertrag vom Acre. Haupt- handelsplätze für Baumwolle sind Charlotte und Raleigh, Hafen dafür ist Wilmington. Für Süd-Carolina wird Baumwolle zuerst im Jahre 1664 erwähnt, und 1747 erfolgte ab Charleston die erste Ausfuhr mit sieben Packen. 1790 wurde von einigen Irländern eine Spinnerei in Williamsburg eingerichtet, und seit der kurze Zeit darauf er- folgten Einführung der Sägegin wurde Baumwollbau die wichtigste Beschäftigung in Süd-Carolina und ist es bis heute geblieben. Sämt- liche Grafschaften des Staates pflanzen Baumwolle an, und die hier 1788 eingeführte Sea Island-Baumwolle gedeiht am besten auf den der Küste vorgelagerten Inseln, welche die besten Sea Island-Sorten überhaupt liefern. Haupthandelsplätze für Baumwolle sind Colum- bia und der Hafen Charleston. Georgia berichtet über Baumwolle zuerst im Jahre 1735, und die Pflanze ist heute mit Ausnahme von sechs Grafschaften als erste Feldfrucht im ganzen Staate angebaut, dessen Baumwollernte nur derjenigen von Texas nachsteht. Georgia ist auch der größte Produzent von ‘Sea Island-Baumwolle, ohne allerdings darin die hohe Qualität von Süd-Carolina zu erreichen. Hauptaufkaufs- märkte sind Augusta und Atlanta, Häfen Savannah und Brunswick. Alabama, um die Mitte des ıg9. Jahrhunderts an der Spitze der Baumwollstaaten stehend, ist seitdem im Vergleich zu anderen Staaten etwas zurückgeblieben und nahm im Jahre 1912 die dritte Stelle ein. Baumwolle wird in sämtlichen Grafschaften des Staates gebaut, und zwar in ungefähr gleich großem Umfang mit Mais. Aufkaufsmärkte sind Montgomery und Selma, Hafen ist Mobile. Louisiana baut Baumwolle schon seit Ende des 17. Jahr- hunderts, erreichte seine Höhepunkte 1859 und 1904, ist von 1906 bis 1910 aber auf ein Viertel seines Ertrages zurückgegangen durch die starken Verwüstungen des Kapselkäfers und den dadurch ver- et ursachten Übergang von Baumwolle zu Reis, Zuckerrohr und an- deren Kulturen. Letzthin ist der Baumwollbau wieder etwas ge- stiegen. Aufkaufsmärkte sind Shreveport und der Hafen New Orleans. Mississippi baut Baumwolle in sämtlichen Grafschaften mit Ausnahme von dreien in der Südost-Ecke, hatte 1839 sämtliche ‘ älteren Baumwollstaaten überholt und diese erste Stelle bis 1884 meist behauptet. Dann lief ihm Texas den Rang ab. Trotzdem der Kapselkäfer auch hier letzthin einen Rückgang verursacht hat, bildet Baumwolle auch heute noch die wichtigste Feldfrucht. Aufkaufs- märkte sind Vicksburg, Yazoo City und Natchez. Tennessee, zuerst im Jahre 1801 unter den Baumwoll- staaten aufgeführt, baut Baumwolle, die hier nach Mais rangiert, nur im westlichen Teil und nimmt unter den Hauptbaumwollstaaten die letzte Stelle ein. Aufkaufsmärkte sind Memphis, der zweit- größte Binnenplatz für Baumwolle, und Nashville. Arkansas, zuerst 1839 als Baumwollstaat erwähnt, nahm einen raschen Aufschwung, baut Baumwolle als zweitwichtigste Feldfrucht nach Mais heute in allen Grafschaften, mit Ausnahme von vieren in der Nordwest-Ecke. Aufkaufsmärkte sind Little Rock und Helena. Texas, der heutige Champion, erscheint fast am spätesten in der Reihe der Baumwollstaaten, wird als solcher zuerst im Census von 1849 mit 53 000 Ballen erwähnt, hat seitdem, wenn auch nicht ohne starke Schwankungen, einen raschen Aufstieg erlebt, nimmt seit 1884 die erste Stelle ein und lieferte im Jahre 1912 5,13 Millionen Ballen — 35 % der gesamten Baumwollernte Nord- amerikas oder fast ein Viertel der ganzen Welthandelsernte. Texas übertrifft alle anderen Staaten weit an Umfang und besitzt einen großen Reichtum an geeignetem Land für Baumwollbau, der alle anderen Kulturen weit überragt. Mit Ausnahme des Nord- und des Westrands, wo das Land allmählich ansteigt und gleichzeitig steiniger und dürrer wird, baut man Baumwolle überall im Staate, stellenweise mit der nötigen künstlichen Bewässerung. Aufkaufs- märkte sind Houston, der größte Binnenplatz für Baumwolle, Dallas und Fort Worth; Häfen Galveston, der größte Baumwollhafen der Welt, Port Arthur und Texas City. Oklahoma, im Jahre 1879 zuerst mit 17 000 Ballen auf- geführt, hat seit Anfang dieses Jahrhunderts einen starken Auf- schwung genommen und steht bereits an sechster Stelle. Sämt- liche Grafschaften, mit Ausnahme der ı4 am Nordrand gelegenen, bauen Baumwolle, und der Baumwollbau gibt dem ganzen Süden des Staates das landwirtschaftliche Gepräge. Das sind die zehn Hauptstaaten. Nun noch einen Blick auf diejenigen Staaten, die Baumwolle nur im Nebenamt ziehen. Virginia, das älteste Gebiet innerhalb der Vereinigten Staaten, in dem Baumwollanbauversuche gemacht wurden, erreichte seine größte Produktion im Jahre 1826 mit 25 Millionen Pfund; Baumwolle spielt heute hier hinter Mais, Weizen und Hafer aber nur noch eine sehr geringe Rolle, und weist von allen Anbaugebieten den geringsten Ertrag vom Acre auf. Im Jahre ıgıı wurden 31000 Ballen geerntet. Haupthafen ist Norfolk. Florida baut Baumwolle seit der ersten Hälfte des 18. Jahr- hunderts, erreichte die Höhe seiner Produktion im Jahre 1gıı mit 96.000 Ballen, und produziert seit den 5oer Jahren des 19. Jahr- hunderts auch Sea Island-Baumwolle; ehe es Georgia überholte, nahm es eine Zeitlang sogar die erste Stelle darin ein, während es jetzt an zweiter Stelle betreffs Produktionsmenge darin steht. Der Boden Floridas ist größtenteils sumpfig und für Baumwollbau un- geeignet; dieser findet sich nur im Nordwestteil. Hafen des Staates ist Pensacola. Von den mittleren Zentralstaaten Kentucky, Missouri und Kansas, die auch zu den Baumwollstaaten gehören, spielt eine etwas nennenswerte Rolle nur Missouri mit dem Hauptplatz St. Louis, das seit 1839 unter den Baumwollstaaten aufgeführt, den Baumwollbau in den Vereinigten Staaten am weitesten nach Norden getragen hat; die Baumwollgrafschaften liegen im Süden des Staates an der Grenze von Arkansas, liefern eine hervorragende Qualität und einen sehr hohen Ertrag vom Acre. Die größte Ernte war diejenige vom Jahre ıgıı mit 118 000 Ballen. Schließlich kommen auch noch die Weststaaten in Betracht, wovon Neu-Mexiko für Baumwollbau recht unbedeutend ist. Arizona macht Versuche mit ägyptischer Baumwolle unter Zuhilfenahme künstlicher Bewässerung. Es waren damit Igız im Salt River-Tal 2000 bis 3000 Acres bestellt, die durchschnittlich einen Ballen vom Acre trugen, eine Stapellänge von 11% bis 134 inch ergaben, und im Januar 1914 einen Preis von 30 Cents für das Pfund erreichten. Von den geernteten 2000 bis 2500 Ballen wurden erstmalig 500 Ballen über Galveston nach Liverpool ausgeführt. In California endlich begann man Baumwollbau, durch Prämien angeregt, um 1865 im Tale des San Joaquin in Süd-Cali- fornien und erzielte eine vorzügliche Qualität, konnte 1873 eine kleine Ladung nach Liverpool senden und eröffnete 1883 eine Baum- wollfabrik in Oakland, die bis heute die einzige westlich von Okla- homa geblieben ist. Mangel an Arbeitskräften ließ den Baumwoll- bau in Californien aber wieder eingehen, und erst die Anfang dieses Jahrhunderts erfolgte Erschließung des Imperial Vailey des Colo- rado-Flusses in Süd-Californien durch künstliche Bewässerung regte auch den Baumwollbau wieder an. Im Jahre 1909 betrug die An- baufläche darin 800 Acres, im Jahre 1913 11000 Acres mit 9000 Ballen Ertrag, im Jahre 1914 rechnete man mit 16000 Acres. Bislang zieht man meist zwei Uplandsorten. Daneben macht man auch Versuche mit ägyptischer Baumwolle. Arbeiter sind hier aller- dings knapp und teuer, dafür sind aber die Erträge vom Acre sehr hoch; ein sorgfältiger Farmer soll hier leicht 11% bis 2 Ballen vom Acre erzielen können, und die Organisation der hiesigen Farmer ist eine sehr gute. Amtliche Statistik und Ernteschätzung. Frühzeitig hatte man die Notwendigkeit erkannt, der Preis- bildung des Welthandelsartikels Baumwolle eine möglichst um- fassende und zuverlässige statistische Basis zu geben. Der erste größere Bericht über Baumwollproduktion wurde dem Kongreß im Jahre 1836 von dem Schatzsekretär Levi Woodbury vorgelegt und faßte das ganze bis dahin auf Schätzungen beruhende Material zu- sammen. Seit Ende der z3oer Jahre des 19. Jahrhunderts nahm sich die offizielle Statistik des Ackerbau-Amtes in Washington auch der Baumwolle an. Die amtliche landwirtschaftliche Statistik für die Vereinigten Staaten beginnt mit dem Census von 1840 für das Jahr 1839, und außer dem alle zehn Jahre aufgenommenen Census er- schienen ab 1863 auch jährliche amtliche Statistiken über den Baum- wollbau durch das Ackerbau-Amt. Das „Statistische Bureau des Ackerbau-Amtes“ gibt jährlich sieben Bulletins heraus, von Sachverständigen erstattete Gutachten und Urteile über den Erntestand im Vergleich zu früheren Jahren und über die Aussichten der heranwachsenden Ernte. Der Juni- bericht gibt eine Schätzung der Größe der mit Baumwolle bestellten Ackerfläche, fünf weitere, je am ersten Tage der Monate Juni bis Oktober erscheinende Veröffentlichungen berichten über den Stand — = der Pflanzungen, und der Dezemberbericht gibt eine Schätzung der zu erwartenden Gesamternte. Bei den fünf Monatsberichten gilt die Zahl ıao als „Normalzustand“, ein keineswegs klarer Begriff, und die veröffentlichten Vergleichszahlen bezeichnen, | wenn höher, eine hervorragende, wenn unter Ioo, eine entsprechend mangelhafte Entwicklung der Pflanzen. Sonderbarerweise wird die „Normal- zahl‘‘ 100 in den offiziellen Baumwollberichten überhaupt nie erreicht. Der zur Berichterstattung in Tätigkeit tretende Apparat ist ein sehr mannigfacher. Zunächst sind, ausschließlich für Baumwolle, fünf „special fieldagents“ tätig, je einer für eine Gruppe von Staaten, welcher beständig seinen Bezirk bereist und sich unter- richtet durch eigenen Augenschein, durch Rücksprache mit Pflan- zern, Baumwollaufkäufern, Lieferanten von Ackerbaugeräten und Dünger, Bankiers und aus anderen zuverlässig erscheinenden Quellen; eine Reihe von Korrespondenten berichten diesem field agents monatlich. Direkte Berichte nach Washington liefern 130 000 freiwillige, unbezahlte Korrespondenten für Grafschaften und einzelne Ortschaften, sowie einzelne Farmer und Entkernungs- anstalten. Außerdem besitzt jeder Staat einen State statisti- cal agent, der unter sich einen Stab von Korrespondenten hat (im ganzen Reiche sind es gegen 12000), welche verschieden sind von denen, die direkt nach Washington berichten. Aus all diesen Informationen wird nun in Washington der Durchschnitt gezogen und das Resultat veröffentlicht. Der Wert dieser zeitweise gegebenen Sammelberichte ist aber sehr fragwürdig. Sie haben tatsächlich mehr zur Spekulation ver- anlaßt, als dem legitimen Geschäft gedient. Unfähigkeit, Ober- flächlichkeit, persönliches Interesse und Stimmungen trüben das Urteil nicht weniger der vielen Berichterstatter; der Einfluß der Pflanzervereine ist recht bedenklich; die Regierungsbeamten sind keineswegs immer gegen Bestechungen von seiten der Interessenten gefeit gewesen, und es ist nicht selten vorgekommen, daß bei Termin- geschäften, die in Kompagnie betrieben wurden, der eine Teilhaber, statt der üblichen „margin“ in bar, seine „influence“ bei Regierungs- beamten als seinen Teil des Gesellschaftskapitals einschoß. Im Juli 1905 gab es einen öffentlichen Skandal in dieser Richtung, und es erfolgte ein Wechsel im Personal des Statistischen Bureaus im Ackerbauministerium, weil Beamte desselben an Personen, durch die sie in „cotton futures“ spekulierten, Informationen über die amtlichen Baumwollberichte lieferten, bevor diese der Öffentlich- keit übergeben wurden. =. = Um den Mißbrauch der gesammelten Materialien seitens ein- zelner Beamten unmöglich zu machen, findet seitdem eine vorsichtig berechnete Trennung der Arbeit statt, welche darauf hinzielt, die volle Kenntnis der Zahlen bis zu dem Augenblick der amtlichen Veröffentlichung nur einem sehr beschränkten Kreise, und selbst diesem erst kurz vor der Veröffentlichung zu ermöglichen, wenn auch die Informationen selbst in alter Weise gesammelt werden. Die Dezember-Schätzung der Gesamternte seitens des Statisti- schen Bureaus ist so oft falsch gewesen, daß darauf keinerlei Ver- laß ist; die Unterschätzungen beliefen sich auf eine Million Ballen und mehr, so daß man das ganze Werk dieses Bureaus als „guess work“, ein Ratespiel, bezeichnet und seine gänzliche Abschaffung wiederholt, u. a. auch auf dem Internationalen Baumwollkongreß zu Atlanta im Oktober 1907 beantragt hat. Die Erkenntnis der Unzulänglichkeit der Berichte des Acker- bau-Amtes hat dazu geführt, der statistischen Erfassung der Baum- wollproduktion auch von einer anderen Seite her näherzutreten, und zwar durch das dem Department of Commerce and Labor in Washington unterstehende Census-Bureau. Dasselbe veröffentlicht, neben den alle zehn- Jahre erscheinenden umfassenden Statistiken, seit dem Jahre 1899 fortlaufende Erhebungen über die Menge der in den Entker- nungsanstalten bearbeiteten Baumwolle und gibt darüber zwischen September und März zehn Berichte heraus, die sich auf die Angaben von über 700, im Durchschnitt mit je 300 Dollars be- zahlten „field agents‘ stützen. Die Zuverlässigkeit der Angaben der Entkernungsanstalten wird zwar auch bezweifelt, immerhin handelt es sich hier um einen ‚count, not a guess“, und man regte deshalb auf dem Atlanta-Kongreß, vorläufig allerdings ohne Erfolg, an, daß die Census-Berichte über die Leistungen der Entkernungs- anstalten nicht als Sammelberichte, sondern fortlaufend täglich veröffentlicht werden möchten, ähnlich wie die Berichte über die Baumwollzufuhr in den einzelnen Häfen. Vorgeworfen wird dem Census-Bureau, daß es sich mehr und mehr zu einer Interessen- vertretung der Pflanzer ausbilde, statt streng objektiv zu sein. Außer den erwähnten Einzelberichten gab das Census-Bureau seit 1899 jährliche Zusammenstellungen der Gin-Resultate her- aus, an deren Stelle seit 1905 die beiden interessanten Jahresberichte: „Cotton Produktion“ und ‚Supply and Distribution of Cotton“ traten. Es wird darin über Produktion,. Export und Import von Baumwolle und ihren Nebenprodukten in den Vereinigten Staaten berichtet, und seit 1905 ist die Statistik auch aui den jährlichen Konsum und den Lagerbestand am 31. August jedes Jahres nicht nur in Nordamerika, sondern auch in den Industrieländern Europas ausgedehnt worden, wobei das Census-Bureau die Unterstützung der Internationalen Vereinigung von Baumwollspinnern und -webern fand. Seit September 1912 werden diese letzteren Berichte über Baumwollkonsum, Import, Export, Stocks und arbeitende Spindelzahl sogar monatlich veröffentlicht. Das Census-Bureau stellt außerdem alle fünf Jahre eine Statistik über die Verarbeitung von Baumwolle und Baumwollsaat auf, ein von Fabrikanten und Statistikern sehr geschätztes Werk. Das Bureau of foreign and domestic com- merce, eine andere Abteilung des Department of Commerce and Labor, welches seit 1912 die beiden früheren Bureau of Statistics und Bureau of Manufactures vereinigt, entsendet Geschäftsleute als Spezialkommissare in verschiedene Weltteile, um amerikanische Waren, darunter Baumwollprodukte, dort einzuführen. Auch verschiedene Einzelstaaten, wie Texas, Oklahoma und Alabama haben eigene staatliche Statistik über Baumwollproduktion auf Grund der Ergebnisse der Entkernungsanstalten eingeführt. Bei Vergleich verschiedener Statistiken Nordamerikas ist zu berücksichtigen, daß man neben dem Kalenderjahr auch das „Baum- wolljahr“ vom 1. September bis 31. August, und das „Fiskaljahr“ vom 1. Juli bis 30. Juni hat. Mit dem ı. August 1914 beginnend, ist das Geschäftsjahr für Baumwolle von Anfang August bis Ende Juli festgesetzt worden. Schließlich sei noch der Baumwoll-Statistikerin Miß Giles ge- dacht, welche früher im Census-Bureau angestellt war, sich dann aber selbständig machte und seitdem mehr oder weniger beeinflußte, individuell-egoistische Berichte lieferte. Ernteaufbereitung. Die gepflückte Saatbaummwolle besteht aus Samenkernen und den mehr oder weniger fest an ihnen haftenden Samenfasern, der sogenannten Lintbaumwolle, und zwar ergeben durch die Ent- kernung 100 Pfund Upland-Saatbaumwolle 25 bis 40 Pfund und mehr, im Durchschnitt 35 Pfund Lintbaumwolle, 100 Pfund Sea Island-Saatbaumwolle etwa 25 Pfund Lint- baumwolle. Die Upland-Saat ist von grünlicher, bräunlicher oder weißer Farbe und ihre Fasern sind so innig mit dem Samen ver- wachsen, daß sie nur schwer von ihm zu trennen sind; auch die ent- faserte Saat bleibt infolge einer besonderen kurzhaarigen Grund- wolle noch filzig. Dagegen haftet die Sea Island-Faser weit loser an ihrem schwarzen Samen, ist leicht von ihm zu trennen, und die alsdann verbleibende Saat ist nackt und glatt. Jede Saatbaumwolle sollte vor dem Entkernen, da namentlich die zuerst gepflückte Baumwolle leicht noch grün und unreif ist, mindestens 30 Tage lang in guten Lagerräumen aufgestapelt werden, um ganz auszureifen und gut zu trocknen; hierbei wächst die unreife Faser nach, saugt vom Öl des Samens auf und bekommt dadurch gleichmäßigeren Stapel, kräftigere und geschmeidigere Faser und bessere Farbe, mithin also höheren Handelswert. Baumwolle muß, bevor sie entkernt wird, durchaus trocken und abgelagert sein, nie- mals grün und feucht; besonders gilt das von langstapeliger Baum- wolle, die selbst nicht bei feuchtem Wetter entkernt werden darf. Leider werden diese Vorsichtsmaßregeln meist nicht befolgt, sondern die Samenbaumwolle, reine und schmutzige oft gemischt, kommt in offenen Pflanzerwagen mit etwa 1500 Pfund Saatbaum- wolle — 500 Pfund Lint = ı Ballen sofort nach der Entkernungs- anstalt. Das Entkernen. In der Jugendzeit der amerikanischen Baum- wollkultur geschah die Entkernung zunächst ganz mitder Hand, wobei eine Familie neben der gewöhnlichen Haus- und Feldarbeit in der Woche nur 4 Pfund Lint fertig brachte. Man war deshalb frühzeitig‘ darauf bedacht, ein geeignetes Gerät dafür zu verwenden und benutzte eine primitive Entkernungs walze, wie sie in Indien schon 300 Jahre vor Christus verwandt worden war. Dabei wird die Saatbaumwolle zwischen zwei hölzernen Rollen hindurch- gezogen, welche die Fasern abziehen und passieren lassen, die Kerne aber zurückhalten. Das dabei gewonnene Material wurde teilweise, auch nach indischem Muster, dann noch mit einer schnellenden Bogensehne und einem Klopfstab weiter gereinigt, und der Name „Bowed Georgia‘ als Qualitätsbezeichnung galt noch lange nach Abschaffung des Verfahrens. Die erste Entsamungsmaschine in den Vereinigten Staaten, eine Walzengin, wird im Jahre 1722 bei einem Pflanzer namens Krebs in Louisiana erwähnt. 1742 wird vom Pflanzer Dubreuil in Louisiana berichtet, daß die von ihm benutzte Walzengin die Aus- dehnung des Baumwollbaus in seiner Kolonie begünstigte; näheres über diese Maschine ist aber nicht bekannt. Wenn für die an der Küste gezogene langstapelige Sca Island-Baumwolle dieses Walzen- system, das 1790 von einem Dr. Eve in Augusta, Georgia, verbessert sowie für Wasser- und Pferdebetrieb eingerichtet wurde, an und für sich auch geeignet war und immerhin fünfmal so viel lieferte, als das Auspicken mit der Hand, so erwies es sich doch als unge- eignet für die Bearbeitung der kurzstapeligen Upland-Baumwolle, und so erreichte die Ausdehnungsmöglichkeit der Baumwollkultur schon aus diesem Grunde bald ihr Ende. Erst die 1793 von Eli Whitney erfundene „Säge-Gin‘ machte die Massenerzeugung von Baumwolle für den Weltmarkt lohnend. Das System dieser Gin — das auch in Deutschland eingebürgerte Wort „Gin“ ist eine Abkürzung von „Engine“, Maschine, wird heute aber ausschließlich für Entkernungsanlagen gebraucht, und zwar speziell für die Säge- Gin — besteht darin, daß die schräggestellten Zähne einer Reihe von Kreissägen, die einen Durchmesser von einem Fuß haben und in Abständen von je 34 Zoll auf einer Walze befestigt sind, bei 400 bis 500 Umdrehungen in der Minute die ihnen zugeführte Samen- baumwolle durch die engstehenden Stäbchen eines eisernen Rostes hindurchziehen, wobei die erbsengroßen Samenkörner abspringen, während eine hinter der Sägewelle befindliche, mit Bürsten besetzte Walze die Baumwollfaser, den „Lint“, abstreift und in einen rück- wärts befindlichen Kasten befördert. Die Säge-Gin, anfangs nur mit 200 bis 300 Umdrehungen in der Minute, aber bald mannigfach verbessert, wurde zunächst mit -Menschen- oder Wasserkraft, teilweise mit zwei bis vier Maultieren oder Pferden, später mit kleinen Dampfmaschinen betrieben, und die Anlage war in einem einfachen Holzbau untergebracht, der in seinem seitlich offenen Unterstock die Betriebsmaschinerie, im Ober- stock die Gins und unter dem Dache die zu verarbeitende Saat- baumwolle beherbergte. Daneben diente eine zunächst hölzerne, später eiserne Schraubenpresse, die unter einem hölzernen Schutz- dach außerhalb, aber nahe bei dem Ginhaus untergebracht war, der Packung in Ballen, die damals 60 Zoll lang, 30 Zoll dick und 42 bis 46 Zoll breit waren, und die man mit Tauen schnürte. Diese einfachen Einrichtungen blieben im großen und ganzen bis gegen 1875 oder 1880 unverändert; nur führte man allmählich die früher überwiegend aus Holz bestehenden Hauptteile der Gin in Eisen und Stahl aus. Vor dem Bürgerkrieg hatte jede Pflanzung von 50 Acres und mehr ihre eigene, meist mit Pferde- oder Maultierkraft betriebene 6 — 76 -— Gin. Mit den dann. folgenden Arbeiterschwierigkeiten begann aber die Einrichtung größerer Lohn-Gins zum Allgemeingebrauch; der Pflanzer fährt dahin seine Saatbaumwolle zum Entkernen, be- zahlt für Ginnen und Ballenpackung, und bringt dann beides, Lint und Saat, auf den Markt. Allmählich kauften die größeren Gin- Anlagen, besonders wenn sie auf Saat reflektierten, die Samenbaum- wolle für eigene Rechnung auf, wie das besonders in Texas mehr und mehr geschieht; jede Gin ist dann gleichzeitig Baumwollmarkt; meist aber arbeitet die Gin für den Farmer gegen einen bestimmten Preis, der für Entkernen und Packen des Ballens von 500 Pfund Lint zwischen 11%, und 334, meist zwischen 21, und 31% Dollars schwankt. Die Arbeiterschwierigkeiten führten auch in den Gins dazu, allmählich eine Reihe von Einrichtungen zu treffen, welche mensch- liche Arbeitskraft nach Möglichkeit ausschalten, und das amerika- nische Erfindungstalent ist unausgesetzt tätig, immer weitere Ver- besserungen der maschinellen Anlage zu ersinnen. Heute spielt sich der Gin-Prozeß meist folgendermaßen ab: Bei Wiederaufnahme der Arbeit zu Anfang der Saison werden zunächst die Sägen geschärft, je nach Bedarf auch ausgehauen; für beide Operationen gibt es besondere Apparate. Die Saatbaum- wolle wird aus dem Lagerhaus oder direkt vom Pflanzerwagen ver- mittels eines pneumatischen Saugrohres in einen Vakuumkasten oberhalb der Gin befördert und von dort, durch ein Gebläse ge- trocknet und von Sand, Erde, Blattrippen und anderen Fremd- körpern gereinigt, in einem Gerinne, dem „Feeder“, der Gin zuge- führt, welche meist 50 bis 80 Kreissägen auf der Walze aufweist. Die abgerissenen Saatkerne fallen aus der Maschine in eine Förder- schraube, die häufig mit einem durchlöcherten Boden versehen ist, um den Sand entweichen zu lassen, und werden aus der Mühle nach einem besonderen Lagerhaus getrieben; die Lintbaumwolle aber wird mechanisch in einem hölzernen Kanal durch einen Reinigungs- kasten nach dem „Condensor“ oder Verdichtungsapparat geleitet, der sie, in eine fortlaufende Schicht zusammengedrückt, nach dem Preßkasten abfließen läßt. Keine Gin vermag die Fasern von fremden Bestandteilen, wie Blatt- und Kapselrückständen, Staub usw. vollständig zu reinigen. Einige Saatkerne, namentlich die unreifen, gehen mit den Fasern durch die Maschine hindurch. Auch die Faser ist nicht immer genügend ausgereift und wird selbst in mannigfacher Weise be- schädigt. Infolgedessen entsteht beim Spinnen ein ansehnlicher Verlust, der bei amerikanischer Baumwolle etwa 8 bis 12% be- trägt, bei ostindischer auf 20 bis 25 % steigt. Leider nimmt auch die Vermischung von Baumwolle verschiedenen Stapels im gleichen Ballen zum Schaden der Industrie mehr und mehr zu. In einigen Gegenden, wo die Baumwollpflanze sehr groß und dicht wächst, auch schnell reift, achten die Pflücker nicht darauf, die Faser von den Schalen der Kapseln rein zu halten. Man benutzt dann zum Entkernen die sogenannte Huller Gin, welche durch eine mit Haken besetzte Rolle zunächst die Schalen und dann mit der Sägenwalze die Samenkerne entfernt. Die Verwendung dieser Huller Gin ist aber sehr beschränkt. Die am besten eingeführte Säge-Gin ist heute Mungers Patent der Continental Gin Company in Birmingham, Alabama, der größten Gin-Fabrik der Erde. Daneben seien genannt die F. H. Lummus Sons Company in Columbus, Georgia; die E. van Winkle Gin and Machine Works in Atlanta, Georgia; the Little Company Gin Machinery in Charlotte, Nord-Carolina; die Carver Cotton Gin Company in East Bridgewater, Massachusetts, deren Gins besonders häufig in den Ölmühlen zum Entfernen der „Linters“ angetroffen werden; the Fuller Combing Gin Company in Charlotte, Nord- Carolina; the Luce Compress and Cotton Company in New-Orleans, Louisiana; Murray and Company in Dallas, Texas. Fuller liefert eine die Faser schonende Kämm-Gin, deren einzelne verbrauchte Stellen leicht auch durch die Hand des Laien auszuwechseln sind, und die Luce-Kompagnie zeigt eine Gin an, welche die Fasern durch Aussaugung losziehen, also jedes Zerreißen und Zerschneiden der Fasern vermeiden und dabei die verschiedenen Faserlängen sortieren soll; ein ideales Programm. Das Bedenken bei der Säge-Gin liegt nämlich darin, dab bei zu schnellem Laufen der Sägen, oder wenn die zu entkernende Baumwolle noch feucht ist, leicht die Faser beschädigt, zerrissen oder zerschnitten wird; kauft die Gin-Anlage die Saatbaumwolle für eigene Rechnung auf, so pflegt sie sorgfältiger damit umzu- gehen, als wenn sie im Lohn für den Farmer arbeitet. Leider wird auch langstapelige Upland, die eigentlich mit Walzen entkernt werden sollte, mit Säge-Gins bearbeitet und die Faser dadurch be- schädigt; zum mindesten sollte man sich dabei auf nicht mehr als 300 bis 400 Umdrehungen in der Minute beschränken. Am beliebtesten ist die Gin mit 70 Sägen, welche bei 500 Um- drehungen in der Minute je 6 Pfund Lint auf die Säge und Stunde liefert. Eine moderne Entkernungsanlage mit 6 Gins a 70 Sägen 6* — 73 — verlangt einschließlich des Betriebes von Kondensor und Presse etwa 80 Pferdekräfte und liefert täglich 60 bis 70 Ballen a 500 Pfund Lint. Im Durchschnitt zählt man auf die 70-Säge-Gin ıo bis 15 Ballen am Tage. Gewöhnlich rechnet man vier Gins auf einen Kondensor und eine Presse; der Preis von vier Gins mit Feeder und Kondensor beläuft sich auf ungefähr 1000 Dollars, das gleiche kostet eine hydraulische Doppelkasten-Presse. Sea Island-Baumwolle, vereinzelt auch langstapelige Upland, wird der besseren Schonung der Faser wegen auf Walzen-Gins entkernt, wie das allgemein in Ägypten geschieht; auch die Walzen- Gins haben im Laufe der Zeit wesentliche Verbesserungen erfahren, besonders durch englische Fabrikanten, deren Hauptmarke die Mac Carthy-Maschine ist. Diese besteht im wesentlichen aus einer mit Leder überzogenen Walze, welche die Baumwolle zwischen eine schräg zur Walze stehende Metallplatte und eine auf- und abgehende zweite Platte zieht, welche. die Samenkerne ausschlägt. Trotz der wachsenden Größe der Baumwollernte ist die Ge- samtzahl der Entkernungsanstalten in den Vereinigten Staaten zurückgegangen. Nur in Texas nimmt ihre Zahl noch zu, im all- gemeinen aber ist durch Zusammenlegung verschiedener älterer und Einrichtung größerer, modernerer an Stelle kleinerer, veralteter An- lagen die Gesamtzahl abnehmend. Im Jahre 1912 zählte man im ganzen 28 358 Entkernungsanstalten, wovon aber nur 25 279 mit einer Durchschnittsleistung von je 535 Ballen in der Saison tätig waren. Im Jahre 1907 zählte man noch 30 822 Anstalten, die aber im Durchschnitt nur je 400 Ballen lieferten. Die 26431 aktiven Ginnereien des Jahres 1909 besaßen im ganzen 57 339 einzelne Gins mit 3 710 000 Sägen, so daß im Durchschnitt ı4o Sägen auf die ein- zelne Gin-Anstalt kamen; in Texas ist diese Zahl weit größer und beträgt 50oo und mehr Sägen. Dazu kamen noch 238 Anstalten, welche nur Walzen-Gins besaßen. Um für einen eventuellen Nieder- bruch einzelner Maschinen gerüstet zu sein, pflegt man vielfach Reserven davon zu halten. Als Betriebskraft diente im Jahre 1912 bei 9o% Dampf, bei 6% Wasser, bei 3 % Gasoline und bei dem restlichen 1 % tie- rische und elektrische Kraft. Die Entkernungsanstalten arbeiten wegen der Ungleichmäßig- keit der Erntedauer jährlich 4 bis 6 Monate. Etwa 60 % der Ernte sind von Anfang der Saison bis Ende Oktober entkernt, bis Mitte November sind 3% der neuen Ernte bearbeitet, und in der zweiten Hälfte Januar wird der Betrieb gewöhnlich eingestellt, -_—_ 79 — Das Pressen und Packen. Die Presse, heutigentags im gleichen Gebäude wie die Gin untergebracht, ist entweder eine von oben nach unten wirkende eiserne Schraubenpresse; meist aber benutzt man jetzt eine hydraulische oder mit Dampf angetriebene vertikale Zylinderpresse und hat im Interesse einer möglichst ununter- brochenen Arbeit das System der Doppelkasten eingeführt, welche auf einer drehbaren Plattform stehen. Die Maße der Preß- kasten sind leider nicht einheitlich, sondern bei den verschiedenen Preßsystemen verschieden. Die.aus dem Kondensor abfließende Baumwollschicht wird durch eine Ramme zunächst in dem einen Kasten zusammengedrückt, und ist dieser voll, so wird er herum- gedreht, so daß er über dem Preßzylinder zu stehen kommt; hier wird die mit dem Packmaterial umhüllte Baumwolle gepreßt, während der andere Kasten inzwischen vom Kondensor neu gefüllt wird. Der Druck beträgt 400 bis 600 Pfund auf den Quadratzoll. Die Baumwolle wird in der Gin im allgemeinen nur halb ge- preßt, d. h. auf eine Dichtigkeit von 8 bis 16 Pfund auf den Kubikfub gebracht. Zur Packung nimmt man dabei 6 Yards a 134 bis 21, Pfund schweren, 45 Zoll breiten ordinären Jutestoff (Burlap), oder 40 Zoll breite und % Pfund das Yard schwere baumwollene „Osnaburgs“, und darum werden an Stelle der Taue heute sechs eiserne Bandreifen ä 114 Pfund gelegt, so daß das Gesamtgewicht der etwa 50 Cents kostenden Verpackung eines 500 Pfund schweren Ballens 21 bis 22 Pfund beträgt. Das Durchschnittsgewicht des Ballens Upland-Baum- wolle hat im allgemeinen ständig zugenommen; es betrug nämlich in den Jahren: 1790 1825 1841 1860 1875 1890 1895 1905 1912 BarrundeBrriufttlo Bas 3120 2100), A201 7 aaı Als 484 , 50302508 In Texas, Arkansas, Louisiana, Mississippi, Oklahoma und Tennessee betrug im letzten Jahre das Bruttogewicht durchschnitt- lich 520 Pfund, in Alabama, Georgia und den Carolinas 490 Pfund. Sea Island-Ballen sind leichter, wogen im Jahre 1912 durchschnittlich 382 Pfund brutto bei ıo Pfund Tara und einem Maße von 80 X 32 inch. Die Maße eines Standard-Ballen von 500 Pfund Upland bei 12 Fuß Dichtigkeit weisen ungefähr 56 X 26 X 48 Zoll auf, bei 161% Pfund Dichtigkeit 54 X 27 X 36; die letzte Dimension variiert am stärksten, je nach Dichtigkeit und Menge, denn auch die letztere ist bei den einzelnen Ballen ganz verschieden und schwankt im all- gemeinen zwischen 440 und 550 Pfund. Den Schluß der Verpackung bildet das Markieren der Ballen. Jeder Pflanzer wählt sich eine Marke, gewöhnlich die Anfangsbuch- staben seines Namens, die mit Schablonen aufgezeichnet werden, und zwar jedes Jahr gleichmäßig, so daß die Marken als solche im Markte bekannt werden. Von der Gin-Station geht die halbgepreßte Baumwolle, soweit sie nicht schon von der Entkernungsanstalt aufgekauft ist, in so- genannten „Pflanzerballen“, zusammen mit der zu ihr gehörigen Baumwollsaat, an den Farmer zurück, der beide Produkte auf dem ihm geeignet erscheinenden Markt zum Verkauf bringt. Für den Fernversand ist die Baumwolle in diesem Stadium aber noch nicht fertig gepackt, sondern sie bedarf dazu noch einer zweiten und stärkeren Pressung in der sogenannten Compress. Nach diesen, meist mit größeren Lagerräumen ver- bundenen Lohnanstalten, die gewöhnlich an Eisenbahnzentralpunk- ten oder in Hafenplätzen etabliert sind, senden die Zwischenhändler die halbgepreßte Baumwolle, meist auf der Bahn in Waggons mit durchschnittlich 25 Pflanzerballen, und dort wird die Ware ent- laden und gelegentlich weiter bearbeitet. Unter dieser schweren Endpresse wird das Volumen des Ballens ungefähr um die Hälfte und mehr reduziert. Die alten Reifen werden um 2 Fuß verkürzt, dagegen zwei neue ä 11, Pfund zugefügt, und sodann werden Stücke alten Sacktuchs, angeblich zum Bedecken der beim Musterziehen entstandenen Löcher, aufgenäht, im ganzen etwa 3 bis 4 Yards a 11% bis 2 Pfund, um die Tara künstlich auf die im „cif“-Kontrakt der Liverpooler Baumwollbörse erlaubte Höhe von 6 % — 30 Pfund auf den Ballen von 500 Pfund Bruttogewicht — 470 Pfund Netto- gewicht hinaufzuschrauben. Tatsächlich wäre leicht mit 16 bis 22 Pfund Tara oder 41% % als Maximum auszukommen, und die amerikanischen Spinner erlauben für Tara schon jetzt nicht mehr als 22, höchstens 24 Pfund. Zurzeit sind in Nordamerika etwas über 300 Compresses tätig, welche jährlich rund ıo Millionen Dollars einnehmen; sie sind zum großen Teil als „Trusts‘ organisiert, stehen in enger Verbindung mit Eisenbahngesellschaften, bei denen sie Vorzüge genießen, und häufen große Mengen von Baumwolle an Hauptpunkten an. Die drei größten Compress-Korporationen sind die im Besitz von Eisen- bahngesellschaften befindlichen „Atlantic Compress Company“ in Augusta, Georgia, die auf die Golf-Staaten beschränkte „Gulf Com- “ — Bi press Company“ und die „Mac Fadden Company“, welche in ihren Anlagen rund 20 Millionen Dollars investiert haben. Diese Trusts sind die stärksten Gegner aller Verbesserungen, die ihren Besitz- stand an Geschäften bedrohen und ihre veralteten Einrichtungen und Methoden noch wertloser machen könnten. Technische Erfindungen in der Richtung besserer Aufbereitung der Baumwollernte folgen sich neuerdings zwar schnell, sind aber angesichts der in den alten Anstalten angelegten großen Kapitalien nicht so bald in nennens- wertem Umfang einzuführen. Auch „bagging and ties“, die Ver- packungsmaterialen, Gewebe und Bandeisen, sind vertrustet und dadurch Mißbräuchen in Qualität und Preis ausgesetzt. Der Preis der großen schweren Compresses, die teils mit hydraulischem, teils mit Dampfdruck betrieben werden, beträgt im allgemeinen 25 000 bis 30 000 Dollars, steigt aber bis zu etwa 50000 Dollars, und die Leistungsfähigkeit der einzelnen Presse schwankt ungefähr zwischen 50 und angeblich 150 Ballen in der Stunde. Als bekannte Systeme seien genannt: Webbs Cotton Compress der Reading Iron Company in Reading, Pennsylvania; Moise Cotton Compress der Fulton Iron Works in St. Louis, Missouri, und die Pierce Hydraulic Press der Cleveland Compress Company in Cleve- land, Ohio. Die in den amerikanischen Compresses erreichte Dichtigkeit schwankt zwischen 17 und 30 Pfund auf den Kubikfuß, bei 30 Fuß mißt der 500-Pfund-Ballen 54 X 20 X 27 Zoll. 221% Pfund werden jetzt von verschiedenen amerikanischen Baumwollkorporationen und Reedereien als Minimum verlangt, während die Dichtigkeit in Ägypten bis 37 Pfund, in Ostindien 40 bis 42, neuerdings sogar 54 bis 56 Pfund beträgt. Ein ostindischer Ballen von 400 Pfund — ıo Kubikfuß bei einer Dichtigkeit von 40 Pfund hat 8 bis ıo Pfund Tara. Einägyptischer Ballen von 750 Pfund —= 24 Kubikfuß bei einer Dichtigkeit von 32 Pfund hat 2ı Pfund Tara. Einamerikanischer Ballen von 500 Pfund — 22 Kubik- fuß bei einer Dichtigkeit von 22 Pfund hat 30 Pfund Tara. Der erwünschte amerikanisch Standard-Ballen sollte nach dem Muster der viereckigen ägyptischen Ballen bei 500 Pfund Nettogewicht 35 Pfund Dichtigkeit haben, in seinen Maßen 48 X 21 X 2ı Zoll aufweisen, mit Io Reifen geschnürt sein und an beiden Kopfenden die Angaben von Gewicht, Klasse und Stapel tragen; als Zielpunkte bei seiner Herstellung sollten gelten: Mög- lichste Schonung des Inhalts, Raumersparnis und gute Verstauungs- möglichkeit in Lagerhaus, Bahnwagen und Schiff, Verringerung der Feuersgefahr. Leider sind die amerikanischen Ballen meist noch recht weit von diesem erwünschten Zustand entfernt. Seit einiger Zeit hat sich deshalb eine Bewegung dahin gehend geltend gemacht, die jetzige doppelte Pressung der Ballen durch eine einzige, sofort in der Entkernungsanstalt vorzunehmende Pressung zu ersetzen, welche den seemäßig verpackten Ballen fertig liefert, und es sind bislang etwa ein Dutzend verschiedener, mehr oder weniger aussichtsreicher Systeme dieser sogenannten Gin-Compresses bereits im Betrieb oder in Vorbereitung be- griffen. Teilweise wird dabei das Prinzip der allmählichen Verdrängung der Luft angewandt, indem man die Luft zunächst aus den in Tafelform gelegten Lagen auspreßt und erst diese dann zu einem Ballen formt und der letzten Pressung aussetzt. Es handelt sich dabei um vierkantige Ballen ä 500 Pfund und um runde oder zylindrische Ballen a 250 Pfund. Erstere werden u. a. geliefert von der Mungers Cotton Com- press der Continental Gin Company in Birmingham, Alabama; der Thomas Square Lap Bale Gin House Compress in Little Rock, Ar- kansas; der Farmers Compress Construction Company in Phila- delphia, Pennsylvania; der Luce Compress and Cotton Company in New Orleans, Louisiana; der Neely Gin Compresss Company in Chester, Süd-Carolina, und neuerdings durch die Farmers Gin Com- press and Cotton Company in Memphis, Tennessee. Die amerikanischen Gin-Compresses für vierkantige Ballen kosten etwa 4000 bis 5000 Dollars, liefern 5 bis ı5 Ballen in der Stunde, bei einer Dichtigkeit von 30 bis 40 Pfund und einer Tara, die durchgehend eine geringere als die sonst übliche ist, nämlich bei Luce mit 6 Reifen 9 Pfund, bei Thomas mit 5 Reifen ı5 Pfund, bei der Farmers Compress aus Memphis ı2 Pfund mit 7 Reifen; die letztere kostet 4000 Dollars und liefert den 500-Pfund-Ballen bei einer Dichtigkeit von 30 Pfund in den Maßen von 52X25%X20 Zoll, während Gin-Compresses mit 40 Pfund Dichtigkeit einen Ballen von 50%X20%20 Zoll liefern. Englische Gin-Compresses kosten etwa 1000 Pfd. St., liefern 300 Ballen am Tage und halten 20 Jahre aus, während amerikanische nur 5 Jahre dauern. Auch von den erst in den goer Jahren des vorigen Jahrhunderts eingeführten „Rundballen“ existiert eine ganze Reihe von Systemen, von den hier die Bessonette-Ballen, die Lowry-Ballen der Planters Press Co. in Boston, die Swenson-Ballen der American Cotton Co. in New York und die Reagan-Ballen der Reagan Round Bale Company in S. Antonio, Texas, genannt seien; letztere Presse kostet nur 1200 Dollars. Die Rundballen haben das halbe Gewicht der vierkantigen, wogen im Jahre 1912 durchschnittlich 254 Pfund und haben bei einer Tara von nur 3 Pfund und einer Dichtigkeit von 38 Pfund 36%X20 Zoll Maß. Die Meinungen der Spinner über ‚„Rundballen“ sind ver- schieden, aber weitaus die Mehrzahl von ihnen zieht vierkantige Ballen vor, und tatsächlich ist der Anteil der Rundballen an der Gesamternte von 4,6 % im Jahre 1902 auf 0,3 % in 1912 zurück- gegangen, und während Rundballenpressen 1902 in ı2 Staaten in Gebrauch waren, benutzten sie im Jahre 1912 nur noch Alabama, Arkansas, Louisiana, Oklahoma und Texas. Feuchtigkeit in Baumwolle. Zufällig durch Regen- oder Preßwasser, nicht selten aber auch inbetrügerischer Absicht beigefügtes Wasser beschwert die Baumwolle zuweilen bis zu 16 % an Stelle der normalen 814 %, für Texas, 91 % für Uplands, welche Baumwolle aufweisen darf; der Feuchtigkeitsgrad schwankt zwischen 6 und 16 %. Mit Rücksicht auf die erfahrungsgemäße Zunahme von Feuch- tigkeit und damit auch Gewicht der Baumwolle während der See- reise wird in Amerika auf jeden Ballen von 500 Pfund ein Zuschlags- gewicht von 5 Pfund gerechnet. Englische Spinner haben schon seit dem Jahre 1898 den Kampf für Einrichtung amtlicher Konditionieranstalten in den Baum- woll-Ankunftshäfen aufgenommen, bislang aber keine Gegenliebe bei den Baumwollbörsen gefunden, weil die europäischen Verkäufer keine Vergütung von Amerika zurückbekommen würden; eine im Jahre 1912 von den französischen Spinnern in Havre errichtete Konditionieranstalt wird von der Havre-Baumwollbörse nicht an- erkannt. Private und gesellschaftliche Konditionieranstalten bestehen zwar vielfach, in Frankreich schon seit 50 Jahren, aber keine amt - lichen, welche systematisch und das ganze Jahr hindurch eine wissenschaftliche Feststellung des Feuchtigkeitsgrades in der Baum- wolle als Grundlage für Feuchtigkeitsvergütungen vornehmen soll- ten. Die Internationale Vereinigung von Baumwollspinnern und -webern hat sich seit Anfang ihres Bestehens für Errichtung solcher amtlicher Anstalten eingesetzt. Produktionskosten und Rentabilität. Die Baumwolle ist nunmehr vollständig fertig für Verkauf und Versand. Ehe wir aber hierauf eingehen, sollten wir zunächst wissen, wie hoch sich der Herstellungspreis der Baumwolle stellt. Das ist nun keineswegs leicht festzustellen. Fragt man den Pflanzer, was ihn seine Baumwolle kostet, so weiß das ungefähr niemand anzugeben, selbst der intelligente Pflanzer nicht. Eine planmäßige landwirtschaftliche Buchführung ist noch von der Sklavenzeit her im allgemeinen unbekannt, es gibt nur Abrechnungsbücher für Pächter, und es ist daher meist un- möglich, genau zu sagen, was eine Pflanzung einbringt und was die Erstehungskosten für ein Pfund Lint-Baumwolle sind. Eine amtliche Umfrage, die Dr. Seaman A. Knapp, der ver- dienstvolle Chef der Baumwoll-Versuchsfarmen, im Jahre 1904 unter 8000 Farmern hielt, ergab im Durchschnitt folgendes Resultat be- treffs der Baukosten für das Pfund Lint-Baumwolle: Bei einem Ertrage von ı 1, 1, 144 !ıs Ballen vom Acre kostete das Pfund A217. 098 1212320 4@ene Der höchste Ertrag und damit der billigste Einstandspreis wurde erzielt auf bestem Lande, mit sorgsam gewählter Saat, richtig gewählter Düngung und sorgfältiger Pflege. Nach einer aus dem Jahre 1906 stammenden Schätzung ver- teilten sich die Herstellungskosten im ganzen Bereich der Vereinig- ten Staaten für das Pfund mit: 3.450679 8.09 mo m 1a Gens außs1 16 230289102 07172 |0% 232717 216085 des gesamten Baumwollandes. Daß Baumwolle unter besonders günstigen Bedingungen zu 3 bis 4 Cents produziert werden kann, steht außer Zweifel, aber es sind, wie obige Aufstellung zeigt, nur verhältnismäßig kleine Gebiete dazu imstande. Im Jahre 1909 wurden die Produktionskosten auf durchschnitt- lich 8 Cents für das Pfund geschätzt. Die State Experiment Farm in Stoneville, Mississippi, gab mir im Jahre 1907 folgende Berechnung für den Acre Baumwolland bei einem Ertrag von einem Ballen auf, wobei Aufsicht und Abnutzung nicht in Anschlag gebracht wurden. Ausgaben DEinepachieee it u. nal: an 8%... Döllar 6,00 L zäelssaelllüiye Aue er ER m 2,00 Ana. NE NEE: nr 0,25 Diineen ac se ee % 4,00 Fünf Umackerungen . . . RI RE n 5,00 Zwei Bearbeitungen mit der Era a IE ERTL 2 2,00 Pftücken von 1500 Pfd. Saatbaumwolle . . . ... = 9,50 Entkernen ,„ 1500 ,„, I A Br 2,50 Steuern. . . MEAN RE He % 1,00 Fracht, a leston en Vergeherung ee? bs 1,50 Dollar 33,75 Einnahmen: 500 Pfd. Lintbaumwolle & 13 Cents Dollar 65,00 1000Pfd. Baumwollsaatä15 Dollars dieTonne $, 7,50 Dollar 72,50 Nettoertrag des Acre . . . Dollar 38,75 Aus neuerer Zeit, dem Jahre 1913, stammen die folgenden, auch auf amtlichen Grundlagen von Mercier und Savely mitgeteilten Bei- spiele, bei denen die Produktionskosten für den Acre berechnet sind: in Reihe A für gute Farmen auf guten Böden, mit guten Ge- spannen und Werkzeugen und einem Ertrag von 500 Pfund Lint, in Reihe B für gewöhnliche Farmen auf Durchschnittsbaum- wolland, mit ungenügenden Gespannen und Geräten und einem Er- trag von nur 200 Pfund Lint. Produktionskosten auf den ÄAcre., A B Stoppel-Umpflügen . . . . 2.2.20... Dollars 0,50 0,50 Erstes Bandbestellune 2 2 7 an 1,00 1,50 Ergenn.. ... & Be er: ;5 0,50 0,50 Furchenziehen Dueg-retreuen Me. Pr 0,50 1,00 Diinsers" no Me N ee RES TE 4,00 3,00 Keammebtlügen‘ lea a ” 0,75 1,50 SEAT er ee de en 0,50 0,25 ANSERE DAR m AA ” 0,25 0,75 Ausdünnen und Een ei ea FEN, an 1,00 1,50 Weitere Kulturarbeiten . . 2. 2.2.2. ” 5,00 4,50 eken a ts“ anafastn or kan „ 9,00 3,60 Übertrag . . Dollars 23,00 18,60 _— s6 —— A B Übertrag . . Dollars 23,00 18,60 EntkernenZund Backen 2. era a4 3,00 1,20 Transport zu Gin und Marktplatz . . . a“ 1,50 0,60 Bandpachte ar est A: 5,00 3,00 Dollars 32,50 23,40 Ertrag. 1000Pfd. bzw. 400Pfd. Saata Dollar 18Sper Tonne Dollar 9,00 3,60 500 Pfd. bzw. 200 Pfd. Lint A IO Cents R 50,00 20,00 Dollar 59,00 23,60 INOSTENE ea. EL n = Rio r 32,50 23,40 Netto; Nutzen... .. .. 2 2. u den. ei Dollan26 0020 Kosten des Pfurdes Baumwolle. . . . . . Cents 47 9,9 Zu vorstehenden Aufstellungen treten noch einige andere Un- kosten hinzu, so z. B.: Verzinsung. Bewirtschaftet der Besitzer sein Land selbst, so muß sich das darin angelegte Kapital mit mindestens 6 %, ver- zinsen. Die übliche 20-Acres-Farm kostet niedrig gerechnet a 15 Dollars 300 Dollars, das Maultier oder Pferd 200 Dollars, das Gerät 75 Dollars, Total 575 Dollars, oder zu 6 % eine Zinsbelastung von 341% Dollars. Steuern darauf betragen 3 Dollars. Abschreibungen. Ein Pferd oder Maultier kann durch- schnittlich Io Jahre arbeiten, daher steht eine jährliche Abschreibung von 20 Dollars darauf; dazu für Reparaturen der Geräte und Ab- nutzung noch mindestens Io Dollars, total 30 Dollars. An Unterhaltungskosten des Landes und Vieh- bestandes auch außerhalb der eigentlichen Feldarbeiten rechnet man bei der 20-Acres-Farm jährlich etwa 45 Dollars. Die übliche Familienfarm von 20 Acres Baumwolland würde bei dem amerikanischen Durchschnittsertrag von 200 Pfund Lint auf den Acre 4000 Pfund Lint-Baumwolle und 8000 Pfund Baumwollsaat, oder zum Preise von Io Cents für Lint und ı8 Dollars für Saat, einen Bruttoertrag von 520 Dollars im Jahre erzielen; dabei ist in Betracht zu ziehen, daß der Winter Zeit für Nebenverdienst läßt. Harvie Jordan behauptet freilich, daß eine weiße Familie mit fünf Personen im Durchschnitt nur 6 Ballen — 3000 Pfund im Jahre ernte. Man würde dabei erst recht annehmen müssen, daß ein geringerer Preis als ıO Cents den Kleinfarmer zum Wegzug — 97 — oder zum Übergang zu anderen, lohnenderen Kulturen zwingen würde. Ist Baumwolle doch auch die unsicherste, weilam meisten von der Witterung beeinflußte Kultur. Zuckerrohr, Reis und andere Bodenerzeugnisse werfen bei weniger Arbeit weit höheren Nutzen ab. So rechnete man im Jahre 1907 in der Nähe von Houston, Texas, folgende Bruttoerträge auf den Acre beim Anbau von: Baumwolle 50, Bohnen 150, Reis 300, Salat und Zwiebeln 350, Möhren 400, Kohl 450, Tomaten 450 bis 800, Blumenkohl 1200 Dollars. Baumwolle bietet allerdings den großen Vorteil, jeder- zeit leicht verkäuflich zu sein, und bei leidlichen Allgemein- bedingungen und einem vernünftigen Grad von praktischer Er- fahrung ist durchschnittlich auch von Baumwolle ein guter Nutzen zu erwarten. Baumwollsaat und Produkte daraus. Ist de Lint-Baumwolle auch weitaus der höchstwertige Teil der Baumwollpflanze, so gibt es doch keinen Teil derselben, der nicht gleichfalls seinen Nutzwert hätte, wenn dieser teilweise auch recht spät erkannt und angewandt worden ist. Die Rinde der Wurzeln dient zu medizinischen Mitteln. Die Blätter, leeren Kapseln und Äste der Pflanze werden nach der letzten Pflücke vom Vieh abgeweidet; die dann noch stehen bleibenden trockenen Stengel, die man in holzarmen Ländern als Feuerungsmaterial verwendet, haben ungefähr den gleichen Futterwert wie Hafer- und Weizenstroh und dienen als Düngemittel. Man hat in Nordamerika aus dem Baste des Baum- wollstengels auch eine zu Sacktuch, Matten und Teppichgarnen gut geeignete Faser gewonnen; es fehlte bislang aber noch an einer wirklich brauchbaren, billig arbeitenden Schälmaschine; dagegen hat man mit der Benutzung der Baumwollstengel zur Druckpapier- fabrikation bereits recht gute Resultate erzielt. Weitaus das wichtigste Nebenprodukt der Baumwolle aber bildet de Baumwollsaat, welche in ihrem rohen Zustande heutigentags einen jährlichen Produktionswert von rund 150 Millio- nen Dollars repräsentiert. Die flaumartigen, der Saat nach ihrer Entkernung noch an- haftenden, im Gegensatz zu dem langstapeligen Lint als „Linters‘ bezeichneten kurzen Fasern dienen zur Her- stellung von Hut- und anderen Filzen, Vigognegarnen, gewöhnlicher ET und Verbandwatte, Schießbaumwolle, Sackmaterial, Putz- und Scheuertüchern, Bettdecken und Teppichen, Polstermaterial, Doch- ten, Bindfaden, Stricken und Zellulose und werden auch in der Papierfabrikation benutzt. Auch die Fasern der in der Entkernungs- fabrik abfallenden „Motes“, das sind unreife Samen, werden stellenweise noch auf besonderen Maschinen gewonnen. Die von den Samenkernen getrennten Schalen, die „Hulls“ oder „Husks‘, liefern als Kleie ein gutes Futtermittel, werden als Düngemittel benutzt und hinter- lassen, als Brennmaterial verwandt — was heutigentags allerdings kaum mehr geschieht —, eine an wertvollen Dungstoffen (Potasche) reiche Asche, aus der man angeblich auch Kalisalze zur Glas- färbung gewinnen kann, welche den aus Melassekohlen gewonnenen gleichen. Die geschälten Kerne endlich liefern, ausgepreßt, das zu den verschiedensten Zwecken verwendete Baumwollsaatöl, als Rückstand den Baumwollsaatkuchen, der, gemahlen, das Baumwoll- saatmehl ergibt, beides wertvolle Futtermittel und Düngestoffe. Die Preise für die verschiedenen Produkte aus Baumwoll- saat schwanken natürlich je nach dem Preisstand der Konkurrenz- artikel; so konkurrieren Linters mit Stapelbaumwolle; Saatschalen und Ölkuchen mit anderen Futtermitteln und Düngestoffen; Baum- wollöl mit Schweinespeck, Olivenöl und Seifenmaterialien. Lange genug hat es freilich gedauert, che man in Amerika den hohen wirtschaftlichen Wert der Baumwollsaat erkannte. Vor Einführung der Ölmühlen diente die Saat im allgemeinen nur zur neuen Aussaat und zu Düngezwecken, vereinzelt auch als Viehfutter. Der erschöpfte Boden der atlantischen Küstenstaaten gab die erste Veranlassung, in Nordamerika Baumwollsaat als Düngemittelzu verwenden, und man bezahlte für diese Zwecke 6 bis 9 Dollars die Tonne; wo Düngen aber nicht nötig war, befand man sich oft in der größten Verlegenheit, was man mit der Saat an- stellen sollte. Das, was man nicht zur Neuaussaat gebrauchte, wurde meist als eine Last betrachtet, die man billigst möglich zu entfernen trachtete. Oft ließ man die Saat an abgelegenen Orten verrotten, oder man übergab sie fließenden Gewässern und stellte, um das Wegschwemmen möglichst bequem zu machen, den Ent- kerner häufig gleich über einen Kanal auf. Dieses System wirkte aber direkt gesundheitsschädlich, und so schritt, als die Bevölkerung dichter wurde, in verschiedenen Staaten die Gesetzgebung gegen die Verunreinigung der Flüsse mit Baumwollsaat ein. | [0,22 Ne) | Darin ist nun ein gewaltiger Unterschied eingetreten, seitdem man den Wert des Öls in der Baumwollsaat erkannte und mit technischen Hilfsmitteln zu gewinnen lernte. So gehen denn heute bereits 75 % der gesamten Saat in die Ölmühlen. Der Rest wird auch heute noch überwiegend als Düngemittel benutzt, obgleich dieses Verfahren durchaus unrationell ist, da das Öl als solches keinen Düngewert besitzt und somit im Boden ganz ungenutzt ver- loren geht. Auch die Verwendung der ganzen Saat als Futtermittel, die früher vorkam, ist jetzt als unwirtschaftlich gänzlich aufgegeben, weil die der Saat anhaftenden Flaumhaare und andere Beigaben schädlich auf die Tiere wirkten und die nötige Mischung mit rauhem Futter schwierig ist. Die ganze Entwicklung geht naturgemäß dahin, mit Ausnahme der für die nächste Aussaat nötigen Mengen, das ganze Quantum von Baumwollsaat an die Ölmühlen abzuliefern. Von der gesamten Saaternte des Jahres 1905 wurden verwandt: 62 °/, in den Ölmühlen, 30 ,, zu Düngezweken, 7,8,, zur neuen Aussaat — 26 Pfund auf den Acre, 0,2,, ins Ausland ausgeführt, 10,0 Um Seitdem ist der Anteil der Ölmühlen schon bis zu 79% gestiegen, obgleich sich mit der stark wachsenden Konkurrenz deren Betrieb letzthin weit weniger lohnend als früher gestaltet hat. Die Ölmühlen. Baumwollsaatöl wurde vermutlich zunächst zu Beleuchtungszwecken benutzt, so vor vielen Jahrhunderten in Indien, und auch in den Vereinigten Staaten um das Jahr 1750 bereits als Ersatz für Walfischtran in Lampen gebraucht, eine Ver- wendung, die um 1820 allgemeiner geworden zu sein scheint. Die erste kleine Ölmühle wurde 1826 in Süd-Carolina, 1832 eine zweite auf den Georgia vorliegenden Inseln errichtet, und im Jahre 1843 soll es bereits 43 Ölmühlen in den Vereinigten Staaten gegeben haben. Aber die Herstellung war noch sehr teuer und der Bürger- krieg brachte die Fabriken zum Stillstand. 1867 gab es im ganzen Süden nur 4 Ölmühlen, in den Vereinigten Staaten überhaupt nur 7. Die Vormacht in Herstellung von Baumwollöl aber war damals England, das im Jahre 1870 z. B. 200 000 Tonnen Saat verarbeitete, die es erst weit herholen mußte. Des Baumwollrohöls säuerlicher und bitterer Geschmack machte es anfangs für Genußzwecke wenig tauglich; allmählich aber gelang es der Wissenschaft, ein reines, klares und wohlschmeckendes Öl zu erzeugen, wenn diese Verbesse- rungen in der Herstellung von den Betreffenden zunächst auch sehr geheimnisvoll behandelt wurden. Die Zahl der Mühlen in der Union war von 26 in 1870 auf 45 in 1880 gestiegen und von da ab begann die schnelle Entwicklung des Gewerbes, nachdem man endlich den Wert des Baumwollöls für die Nahrung des Menschen erkannte. Bislang hatte man das Baumwollöl überwiegend als Ersatz von Olivenöl verwandt. Erst 188ı fand man, daß Baumwollöl, mit tierischen Fetten gemischt, auch einen guten Ersatz für Speck bilde, doch behandelte man das bei dieser Herstellung zu beobachtende Verfahren zunächst ebenfalls ziemlich geheim. Anfänglich wurde die Ölindustrie von einer großen Gesellschaft, der „American Cotton Oil Company“ kontrolliert, bald aber ent- standen neue Unternehmungen. Hatte man bislang ausschließlich englische Maschinenanlagen benutzt, so fing man ab 1884 an, in der Ölindustrie amerikanische Maschinen zu gebrauchen, und zwar kommen dafür heute besonders die folgenden Werke als Lieferanten in Betracht: G. H. Bushnell Press Company in Thompsonville, Connect., be- sonders für kleinere Anlagen; W. P. Callahan Company und die Buckeye Iron and Brass Works in Dayton, Ohio; endlich die Card- well Machine Company in Richmond, Virginia. Im Jahre 1912 war die Zahl der Ölmühlen auf 859 gestiegen, welche durchschnittlich je 5331 Tonnen Saat in der Saison bearbei- teten und sich auf die einzelnen Staaten verteilten mit 220 in Texas, 159 in Georgia, 99 in Süd-Carolina, 79 in Alabama, 75 in Mississippi, 63 in Nord-Carolina, 55 in Oklahoma und 42 in Arkansas. Der letzte Zensus von Igro gibt für die damals vorhandenen 817 Mühlen eine Kapitalanlage von g9ı Millionen Dollars und ein Total von 185 000 Pferdekräften an, bei 21000 Angestellten, im Durchschnitt 25 auf das Etablissement. Die in den Ölmühlen be- schäftigten Arbeiter sind meist Farbige. In welchem Maße die produzierte Saat in die Mühle wanderte, zeigt folgende Tabelle: Jahr. . . . . 1874 1880 ı1890 I900 1905 IgIO I9II IQI2 Produktion . . 1687 3039 4093 4830 5060 5175 6997 6104 Taus. Tons Davon gepreßt. 84 182 1023 2479 3I3I 4106 4921 4579 » > „ „= 5.,.6.25, 50° 028 "rg, Tone Wert der Saat- produkte , . 25 A 20 42 67.0142 132 182HlaDDN. — 91 — Im einzelnen ergaben die im Jahre 1912 gepreßten 4 579 000 Tonnen Saat: 185 Mill. Gallonen Öl im Werte von. . . Dez 6eEDoll: 2 , Tonnen Kuchen und Mehl im Werte vVone 276 ”s = 1,54 » 3: Schalen imo Werte von. num 222 On: on 583 000 Ballen ä 500 Pfund netto Linters im Werte von . TER: „ 132,1 Mill. Doll. Ein Gesamtbild über die Entwicklung der Erzeugnisse aus Baumwollsaat gibt die folgende Tabelle: Jahr. . . . . 1874 1880 1390 IgoO IYO5 IYIO IYII IYI2 öl, Menge, . .: 3 7 4ıI 96 126 168 zoı 185 Mill. Gall. Olawers en... 16 27 ı 26 26 8o 66 69 Mill.Doll. Kuchen u. Mehl, Nenzezer. 30 64 358 845 1272 1792 2151 1999 Taus.Tons Kuchen u. Mehl, Werten... I 1,8 8 16 29 44 49 46 Mill.Doll. Schalen, Menge. — —_ — 1139 1135 1375 1642 1540 Taus.Tons Schalen, Wett . — — — 4 5 IL3 98 9,7 Mill. Doll. Linterss, Menge. — — — III 219 379 533 583 Taus.Ball. Linters, Wert . — _—— TO Rz 627 annllaDoll: Es gibt heute zweierlei Formen von Ölmühlen: große, an Eisenbahnknotenpunkten gelegene, auf das rationellste eingerichtet und betrieben, mit Raffinerien ausgestattet, verarbeiten in 24 Stunden ı50 bis 250 Tonnen Saat, in der Saison über 20000 Tonnen; der Einkaufsradius für Baumwollsaat ist bei diesen Mühlen ein sehr großer. Daneben gibt es zahlreiche kleine Genossenschaftsmühlen in Plätzen mit ungenügender Eisenbahnverbindung, welche für ihre Saat hauptsächlich auf die Zufuhren aus der nächsten Umgebung angewiesen sind, und in 24 Stunden 20 bis 40, in der Saison 2000 bis 4000 Tonnen Saat ver- arbeiten. Die Pflanzer, welche die Genossenschaft bilden, liefern die Saat zu billigen Preisen und sind ihrerseits wieder sichere Abnehmer von Schalen und Baumwollsaatmehl für Futter- und Düngemittel, so daß nur Baumwollöl und Linters, also 17 % des Gesamtertrages an Gewicht, auf größere Entfernungen hin verfrachtet zu werden brauchen. Nicht selten sind die Ölmühlen gleich den Entkernungsanstalten angeschlossen, und die nachfolgende Tabelle gibt Aufschluß über die Anlagekosten. | fe) D | > E: D &n as |882 4, |ae|aum| 8 & e En „EB En = er: | B = ee} ao z [21 © 32 an suno|2%8 as|sa & EB: © 5 = 38 ES BEBSS letz nı DEE lege Sa 25 a5 |S#,; |®28| 85 |E8 | 3 |sQe| nn | SE ja | 58 As |ss2 Ara on Am | lese | Seen En |29% |:55| 08 |o.% E83 | 34 | SE [5258| E83 Dr BE |t52| ©& Es) = Mos|938 O8 BEs|l 5 28 Seal ee | ee ee Be = © Es EIER Fe Er ee ER s3 .g rn 8 re Sr ee er Sl re en Ss sleeel Sr E] 5 Se x) : ==] = Srzallslaltenie 5 ar eu I m» te) DEonlElgasrzs 10o—I5 5 000 | 1000 | 4 500| 5000| :2 000| 17 500 20—30 |10000|2000 | 6400) 8500| 4500| 31 400 II 600, 43000) 15000) 58000 30—40 |IOo000 | 2000 | 8200|) I0000 4800| 35 000| I5 000) 50000| 15 000) 65 000 60—80 | 15000 | 2000 | 12 500) 22 000) 8500| 60 000 25 000) 85 000) I5 000) 100 000 100-120. 22 000 2500 | 18 500 34 500| I2 500| 90 000| 35 000| 125 000| 15 000) 140 000 Während der Gin-Saison gibt es in allen Marktplätzen der Baumwollstaaten „Saat-Agenten‘“, welche die Saat für eigene oder für Rechnung der Ölmühlen aufkaufen, teilweise liefern Pflanzer und Gin-Anstalten ihre Saat auch direkt an die nächste Ölmühle ab; denn die Transportkosten darauf sind, der Natur des Artikels entsprechend, verhältnismäßig sehr hohe. Der Durchschnittspreis der Saat betrug für die Tonne von 2000 Pfund in den Jahren 1908 1909 1910 1911| 1912 1902 | 1903 | 1904 | 1905 |1906 1907 l „ | 1899 | 1900 | I90I Dollars | | 14,2 | 14,9 | 13,8 el 16,0 | Ei 15,8 | 17,5 17,6 | 15,6 BE Bi Er 21,2 Die Ausfuhr von ganzer Baumwollsaat betrug im Jahre 1906 rund 12 000 Tonnen im Werte von 268000 Dollars und ging haupt- sächlich nach Holland, England und Deutschland. Im Jahre ıgıı betrug die Ausfuhr 32 000 Tonnen. In den Öl€mühlen zu Lager gebrachte Saat sollte durchaus trocken sein; es ist dies überaus wichtig, denn schon wenige feuchte Kerne können schnell allgemeine Erhitzung verursachen und dadurch die Qualität der Saat stark beeinträchtigen. Die Saat der ersten Pflücke enthält den meisten Saft und erhitzt sich deshalb leichter, so daß manchmal Selbstentzündung eintritt; deshalb ver- arbeiten die Ölmühlen diese erste Saat so rasch wie möglich. Da die Saat, wie alle Ölsamen, sich überhaupt leicht erhitzt, wenn sie in Massen in einem geschlossenen Raum liegt, so muß sie auf Lager immer sorgfältig überwacht und schnell verarbeitet werden. Man kennt bislang noch kein Mittel, welches erlaubte, größere Mengen von Baumwollsaat für längere Zeit aufzubewahren. Die Bearbeitung selbst geschieht nun folgendermaßen: Durch lange horizontale Förderschrauben wird die Saat vom Lagerhaus nach der anstoßenden Mühle und hier durch Becher- Elevatoren nach dem OÖberstock gebracht, wo man sie durch zwei Siebungen zunächst von beigemischten Stengeln, Blätter- und Kapselteilen, sodann von Sand, Erde und anderen kleineren Ver- unreinigungen befreit. Linters. Ein Kanal führt die Saat alsdann zur „Linter- Gin“. Die zur Neuaussaat bestimmte Saat braucht nicht von dem aller Upland-Saat anhängenden Flaum gereinigt zu werden, wohl aber ist dessen Entfernung in der Ölmühle wichtig, weil man damit nicht nur ein Handelsprodukt, die „Linters“, gewinnt, sondern dadurch auch die Qualität des Öls und der anderen Nebenprodukte erhöht. Die Entfernung der Linters verhindert das Aufsaugen des Öls durch die kurzen Fasern und macht die Hülsen geeigneter für Viehfutter. Die Linter-Gin, eine Säge-Gin mit enger gestellten Zähnen als in den Entkernungsanstalten, nimmt nun noch einen Teil der Fasern, die kurzhaarigen Linters, ab, welche, vom Kondensor kommend, in deckenförmige Lagen aufgerollt und dann ebenso wie die Lint-Baumwolle in Ballen verpackt werden. Der Ertrag an Linters ist durch verbesserte Maschinen neuerdings gestiegen, be- trug im Jahre 1912 auf die Tonne Saat im Mittel 67 Pfund, in Louisiana und Mississippi 61, in Oklahoma 8ı Pfund. Die Linters werden teilweise exportiert, ein guter Teil auch nach Deutschland. Ihr Preis schwankt, je nach Länge der Faser, zwischen 1 und 4 Cents für das Pfund. Im Gegensatz zu der, wie bereits früher erwähnt, ganz nackten, glatten und haarlosen Sea Island-Saat ist die Saat der Upland- Baumwolle, welche ja weitaus den Hauptteil der amerikanischen Ernte liefert, auch nach diesem zweiten Ginnen noch wollig. Neuer- dings hat man deshalb an einigen Stellen angefangen, diese Baum- wollsaat noch ein drittes Mal zu ginnen, und das dabei ge- wonnene, ganz kurzstapelige Material zur Papierfabrikation benutzt. Von der Linter-Gin kommt die Saat nunmehr in den ‚„Huller“ oder „Sheller“ genannten Schäler, einen starken Zylinder, in dem schnell rotierende, gegeneinandergestellte Schneiden die Schale von dem Kern der Saat loslösen; ein Enthülser mittlerer Größe bearbeitet am Tage 40 bis 50 Tonnen Saat. Ein auf diesen Zu Prozeß folgendes Sieben und Schütteln im Separator trennt die beiden Bestandteile voneinander, die Hulls und Husks, die Schalen, von den „Meats‘ oder Kernen. Baumwollsaatschalen. Die Schalen werden einer weiteren Be- arbeitung nicht unterzogen, sondern durch eine mechanische Vor- richtung nach dem Lagerhaus geführt. Die erste Benutzung der Schalen war die als Feuerungs- material bei den Ölmühlen, und zwar ist der Heizwert einer Tonne Schalen ungefähr demjenigen einer Viertel Tonne Kohle gleich. Die Asche der Saat benutzte man als Dünger. Bereits eine Verarbeitung von 40 Tonnen Saat am Tage lieferte aber reichlich genügend Hülsen für die Betriebsfeuerung, so daß man nach einer anderen Verwendung des nutzlosen Überschusses dieses sperrigen und schwer zu transportierenden Artikels Umschau halten mußte. Zwar hatte man die Schalen schon in den ersten Tagen der Ölmühlen auch als Futtermittel benutzt, aber ihr wahrer Wert als solcher wurde erst zwischen 1885 und 1890 erkannt. Um diese Zeit begann im Südwesten der Union eine systematische Rinder- fütterung im Anschluß an die Ölmühlen ; große Herden von Texasvieh wurden billig aufgekauft, nahe den Ölmühlen gemästet und, wenn sie fett waren, nach den Schlachthäusern versandt. Dabei wurde der Wert der Baumwollschalen als einer Art Kleie praktisch im großen erwiesen, und so erwuchs in allen Baumwollstaaten wachsende Nachfrage danach, da sie sich als ein billiger und wirk- samer Ersatz von Heu bewährten. Ungekocht und ohne jede weitere Zerkleinerung werden sie meist in der Form benutzt, daß sie nicht allein, sondern mit einem genau ausprobierten Prozentsatz von Baumwollsaatmehl gemischt verabreicht werden. Gewöhnlich rechnet man auf fünf Teile Schalen einen Teil Mehl. Viele der Ölmühlen in den Vereinigten Staaten, besonders im Südwesten, übernehmen heute im Nebenbetrieb gegen einen be- stimmten Preis für den Kopf die Fettmachung ihnen zugeführten Magerviehs, welches teils in leichten langen Schuppen, teils ganz im Freien, in Hürden, untergebracht, meist sofort enthörnt und nach drei bis vier Monaten, wenn schlachtreif, direkt und möglichst schnell nach den Verkaufsmärkten transportiert wird. In Texas wird das Vieh durch die Ölmühlen ausschließ- lieh mit Baumwollhülsen und Baumwollsaatmehl gemästet, ohne irgendwelches andere Beifutter, wie man das in den Südost- staaten tut. Die sperrige Natur der Schalen und der Umstand, daß sie lose auf Lager leicht der Erhitzung ausgesetzt sind, machen ihre Be- handlung schwierig. Für den Export sind sie durch den niedrigen Wert bei großer Raumbeanspruchung ausgeschlossen. Im Binnen- land werden sie teils offen in Wagen verladen, teils in gepreßten Ballen von ungefähr je 100 Pfund Gewicht. Der Preis der Schalen ist zu gleicher Zeit je nach den ver- schiedenen Umständen der einzelnen Bezirke sehr verschieden, be- trug z. B. zur Zeit meines letzten Besuchs im Herbst 1907 in Atlanta, Georgia, für die Tonne f. o. b. 71% Dollars in bulk, d. h. lose, und 101, bis ı3 Dollars in Säcken, gleichzeitig in Texas aber nur 5 Dollars und weniger. Dieser große Unterschied erklärt sich daraus, daß im Staate Texas Grünfutter und Heu in großen Mengen erzeugt werden, und man die eigene Massenproduktion von Baum- wollschalen nicht aufbrauchen kann; im Staate Georgia dagegen liegen die Verhältnisse gerade umgekehrt: Grünfutter und Heu werden hier wenig erzeugt, so daß Baumwollsaatschalen stark als Viehfutter benutzt werden müssen, und da diese zum größten Teile aus Texas gedeckt werden, so treten zu dem Einkaufspreis dort noch die Kosten der Bahnbeförderung, die im Durchschnitt 6 Dollars auf die Tonne betragen. Im allgemeinen sind die Schalen beinahe soviel wie Heu wert. Die Asche von Baumwollsaatschalen, als Ersatz von Kali be- sonders von Tabakpflanzern gesucht, ist seit I88o auf dem Markt; Wert und Preis — etwa 40 bis 50 Dollars die Tonne — wechseln sehr nach der Menge ihr beigemischter Verunreinigungen, besonders durch den gleichzeitigen Gebrauch anderer Heizmittel neben Baum- wollschalen. Im übrigen werden Schalen als Heizmittel heute kaum mehr gebraucht. Ölgewinnung. Die von den Schalen befreiten Baumwollsaat- kerne, die sogenannten „Meats“, kommen nunmehr zunächst in den „Crusher“, vier bis fünf übereinanderliegende, schwere eiserne Rollen, welche die Ölzellen brechen und ein grobes Mehl liefern, das durch einen Kanal, den ‚Conveyor“, in einen gußeisernen Dampfkochapparat gelangt, in welchem der kochende Brei bei einem Dampfdruck von 4o bis 60 Pfund mit Rührstäben mecha- nisch umgerührt wird. Es soll dabei das Eiweis gerinnen, das Öl leicht flüssig und das in den Kernen enthaltene Wasser verdampft werden, zu welchem Zwecke die Temperatur allmählich auf 105° C. erhöht wird. Die dafür nötige Zeit beläuft sich meist auf 20 bis 30 Minuten; bei sehr trockener Saat bedarf es nur 12 bis 18 Minuten, bei sehr frischer kann es bis zu 45 Minuten dauern. Die richtige Abwartung beim Kochen bildet den verantwortlichsten und schwie- rigsten Teil bei dem ganzen Verfahren. Von dem Kochapparat gelangt der heiße Brei in den nahebei- stehenden „Former“; hier wird er in 32X 14 Zoll große Kuchen geformt, die man mit Kamelhaartuch umhüllt und dann in die gegen- überstehende Presse einlegt. Die seit dem Jahre 1882 eingeführte jetzige Form der Pressen weist übereinander ı2 bis ı6 eiserne Preßkasten auf, und die darin liegenden heißen Kuchen werden 12 bis 20 Minuten, zuweilen noch länger, einem hydraulischen Druck von 3000 bis 4000 Pfund auf den Quadratzoll ausgesetzt, wobei das Baum wollöl ausgepreßt wird und seitlich langsam abfließt, während die,.von 21% auf etwa % Zoll Höhe reduzierten, gepreßten Baumwollsaatkuchen heraus- genommen, vom Tuche befreit und ı2 bis 24 Stunden zum Trocknen aufgestapelt werden; sie sind dann bretterhart. Wenn die Kuchen die Presse verlassen, wiegen sie je ı2 bis 14 Pfund. Eine Presse mit ı5 Kästen repräsentiert ungefähr den Ertrag von einer viertel Tonne Saat. Der Durchschnittsertrag von Öl, Mehl und Schalen ist in den verschiedenen Jahren und Staaten sehr verschieden, je nach der Witterung, Art und Zustand der Saat und Leistungsfähigkeit der Presse, Laut amtlichen Berichten ergab eine Tonne von 2000 Pfund Baumwollsaat in den Jahren 1904 1909/10 Pfund Pfund Baumwollmehber u er 57 811 Baumwollschalenes re 25 728 Baumwolltohole Er 22309 310 Baumwoll-Iinterse se 45 Abfall: Sand, Stengel, Blätter und andere Unreinigkeiten . . 2127 106 2000 2000 Der Durchschnittsertrag an Öl beläuft sich in Nordamerika auf 15 % = 40 Gallonen ä 3,78 Liter oder 71% Pfund. Chemischer Be- rechnung nach enthält die Tonne Saat allerdings 53 Gallonen Öl und tatsächlich, wenn auch nur vereinzelt, werden auch in Amerika größere Erträge als 15 % erzielt; doch sind dies Ausnahmen, die meist nur auf Kosten der Qualität des Öls und der Ölkuchen er- zielt werden; auch letztere enthalten natürlich noch einen gewissen Prozentsatz an Öl. Ya Da man es in Ägypten mit einer glattsamigen Baumwoll- saat zu tun hat, so preßt man diese, sowohl in der Heimat wie auch in Hull, dem Zentrum der englischen Ölindustrie, un geschält, und die Ölkuchen daraus enthalten also auch Saatschalen. Ägyptische Saat gibt 18 bis 20% Öl, also mehr als Upland-Saat mit ihrem Durchschnitt von nur 15 %. In Amerika wird ungeschälte Upland-Saat nicht zur Öl- gewinnung benutzt, und Kuchen ohne Schalen gelten als fünfmal so nahrhaft und gesund wie solche mit Schalen. Wohl aber wird die nackte Sea Island-Saat auch in Amerika nicht geschält, sondern in Hülsen auf Öl gepreßt. Das dabei als Rückstand gewonnene Mehl enthält aber nur 3 bis 4 % Stickstoff gegen 7 bis 9% bei Upland-Sorten und ist deshalb als Düngemittel weniger geschätzt als Upland-Mehl und auch als Futtermittel minderwertig. Man hat früher auch in Nordamerika das intensivere che- mische Verfahren zur Extraktion des Öls mit Hilfe von Schwefel- kohlenstoff zu betreiben gesucht, ist davon aber gänzlich wieder ab- gekommen, da es nicht gelang, den dabei unvermeidlichen üblen Beigeschmack des Baumwollmehls zu beseitigen; die Ölgewinnung in den Vereinigten Staaten geschah also bis vor kurzem ausschließ- lich durch das vorstehend geschilderte mechanische Auspressen der gekochten Saatkerne. Seit dem Jahre 1905 wird zur Ölgewinnung nun aber auch ein „Kalter Prozeß“ angewandt, bei dem die Saat gewöhnlich nicht enthülst wird, die Preßrückstände ebenfalls als Kuchen bzw. Mehl verkauft werden. Man verwendet bei diesem Verfahren den selbst- tätigen „Anderson OilExpeller“ der V.D. Anderson Com- pany in Cleveland, Ohio, eine sehr kräftig gebaute Presse von etwa 8400 Pfund Gewicht, die wenig Reparaturen ausgesetzt ist und loko Cleveland 2000 Dollars kostet. Sie besteht in der Hauptsache aus einem liegend angeordneten, aus einzelnen Hartstahlstäben gebildeten und mit Schlitzöffnungen versehenen Seiher, in dessen Zylinder von 3 Fuß Länge und 7 Zoll Innendurchmesser die auf der Hauptwelle festsitzende Druckschnecke aus Hartstahl bei 14 Umdrehungen in der Minute einen allmählich bis zu 8000 Pfund auf den Quadratzoll zunehmenden Druck ausübt. Hinter der Druckschnecke befindet sich die Zuführungsschnecke, welche sich lose auf der Hauptwelle dreht. Der Antrieb der Schneckenwelle und der Druckschnecke er- folgt von der seitlich angeordneten Vorlegewelle aus durch Zahn- räder. Am vorderen Ende der Schneckenwelle befindet sich ein verschiebbarer Kegel, der die ringförmige Austrittsöffnung verengt oder erweitert, je nachdem er vor- oder zurückgeschraubt wird. Die Arbeitsweise ist die folgende: Die vorher gereinigte und gelinterte Saat wird durch den Speisebehälter und die Zufüh- rungsschnecke in selbsttätig geregelter Menge zur Druckschnecke befördert. Diese drückt das Preßgut durch die ringförmige Aus- trittsöffnung, die mittels des Kegels auf die der besten Ölausbeute entsprechende Kuchendicke eingestellt ist. Das Öl fließt bei ver- hältnismäßig geringem Druck durch die Schlitze des Seihers leicht ab; der im Öl enthaltene Trub setzt sich in dem unter der Presse befindlichen, fahrbaren Behälter ab, oder er wird durch ein Schüttel- sieb abgesondert, und durch ein Becherwerk gehoben, mit frischem Gut zusammen nochmals der Presse zugeführt. Die Kuchenrück- stände treten durch den ringförmigen Endspalt in Form von etwa handgroßen, dünnen Stücken aus der Presse aus und werden durch einen Elevator direkt zum Wiegen und Einsacken befördert, falls man nicht vorzieht, den Kuchen vorher zu mahlen und in Gestalt von Mehl in den Handel zu bringen. Gewöhnlich werden in einer Öl€mühle vier Expeller nebenein- ander aufgestellt, und diese verarbeiten in 24 Stunden 30 Tonnen Saat. Die Tonne Saat ergibt bei kalter Pressung etwa 70 Pfund Linters, 1600 Pfund Preßkuchen und 36 Gallonen Öl. Die Pressung kann gänzlich kalt und ohne vorherige Öffnung der Saat erfolgen; die besten Resultate werden aber auch bei diesem System dann erzielt, wenn die Saat vorher auf einer geeigneten Mühle roh aufgebrochen und dann in einem besonderen, über dem Expeller laufenden, für Dampfheizung eingerichteten Trog auf 60° C. erwärmt wird. Der Ölertrag beim Anderson-Prozeß ergibt mit 35 bis 40 Gallonen Öl von der Tonne Saat wohl nicht ganz die behauptete gleiche Höhe wie bei dem hydraulischen Prozeß. Dagegen soll das Öl vom kalten Prozeß süßer und leichter zu raffinieren sein und beim Raffinieren geringeren Verlust, nämlich nur 4 bis 6% statt der sonst üblichen durchschnittlichen 9% ergeben. Der dabei gewonnene Ölkuchen enthält gewöhnlich noch etwa 5 bis 6% Öl und soll bekömmlicher sein als der alte, da die Proteinstoffe, weil nicht gekocht, leichter verdaulich sind und die im Kuchen mit enthaltenen Schalen eher vorteilhaft, als nachteilig wirken. Als Vorteile des Anderson-Systems werden außerdem angeführt: Einfacherer Gesamtapparat mit nur einer statt sonst sieben verschiedenen Maschinen für die Ölpressung; Fortfall sämtlicher Pumpen, Ventile, Rohrleitungen und Manschetten, daher leichteste Instandhaltung der Anlage. Einfacherer Betrieb, keine erfahrenen Spezialisten benötigend; jeder Maschinist kann die durch Riemen angetriebene und sich vollständig selbsttätig vollziehende Arbeit überwachen; diese beschränkt sich auf das An- und Abstellen, so daß ein Mann für vier bis fünf Pressen genügt. Dampf dabei unnötig, da kein Kochen der Saat erforderlich, der Betrieb kann mit Wasser- kraft, Motor oder Gasmaschine erfolgen und erfordert für jeden Expeller höchstens ıo Pferdekräfte. Wegfall des teuren Preb- tuches; Fortfall jeder Handarbeit bei der Bedienung der Presse und somit große Ersparnis an Lohn; weitere Ersparnis an Heizmaterial. Betrieb also billiger, mit angeblich 50 bis ıo0 Cents auf die Tonne Saat geringeren Kosten. Dazu kommt, daß die Aufstellung der Anderson-Presse sich gegenüber jeder anderen Presseart deshalb be- deutend billiger stellt, weil dazu nur sehr wenig Grundmauerwerk nötig ist. Ein Raum von 16 X 16 Fuß bei ı2 Fuß Höhe genügt. Die Presse kann fertig zusammengebaut verschickt werden und ist in den meisten Fällen in drei bis vier Tagen betriebsfertig aufgestellt. Der Anderson-Expeller, zunächst nur für andere Ölsaaten, erst seit I9o5 auch für Baumwollsaat verwandt, wird auch in Deutsch- land gebaut, und zwar vertragsmäßig allein von dem Kruppschen Gruson-Werk in Buckau-Magdeburg, welches eine Presse mit einer stündlichen Leistung von 140 bis 160 kg Öl zu 8400 M. loco Magde- burg liefert. Während in den Vereinigten Staaten im Jahre 1905 erst 6 Expeller auf Baumwollsaat liefen, zählte man deren im Jahre 1913 bereits 327, und zwar besonders viele in Texas. Die amerikanischen Ölmühlen arbeiten während der Saison un- unterbrochen Tag und Nacht, um die zugeführte Saat nicht dem Verderb auszusetzen und um Lagerraum zu sparen; beansprucht die Tonne Saat doch 88 Kubikfuß. Die in doppelter Schicht beschäf- tigten Arbeiter sind meist Farbige. h Baumwollsaatkuchen und -mehl. Da man herausfand, daß Bamwollsaat mehl sich besser mit anderen Futtermitteln mischt und leichter verdaulich ist als Baumwollsaatkuchen, so wird letz- terer heute in den Ölmühlen meist gemahlen. Zu diesem Zwecke passieren die Kuchen nach dem Trocknen zunächst einen rotierenden Brechapparat (,Cracker“), der sie in maiskerngroße, für die Mühle geeignete Stücke bricht, und die Mahlmühle mahlt letztere in ein SH TOO feines Mehl, welches zuweilen noch gesiebt wird, um es von an- haftenden kleinen Schalenfragmenten und Fasern zu befreien. Den Wert des Mahlens der Kuchen zu Mehl fand man zuerst in Deutschland heraus, und die deutschen Abnehmer legen auch besonderen Wert auf feines Mahlen, weil solches Mehl leichter verdaulich ist. Größere Ölmühlen haben seit einiger Zeit automa- tische Einrichtungen für Abwiegung und Verpackung des Mehls in Säcken getroffen. England und andere Länder bevorzugen teilweise noch Kuchen, wohl mit aus dem Grunde, weil man bei Mehl leichter Verfälschungen befürchten kann. Das Mehl wird für Amerika ungesiebt in Säcken von 100 Pfund, für das große Posten beziehende Deutschland fein gesiebt und in solchen zu 165 Pfund verpackt; auch die Ölkuchen für England werden in Säcken versandt. Manche Ölmühlen haben, um bestmögliche Preise für ihre Pro- dukte zu erzielen, gleich Mischungsanlagen, in denen das stark stick- stoffhaltige Baumwollsaatmehl nach Bedarf mit Kainit und Phos- phaten zusammen zu Düngemitteln verarbeitet wird; Baum- wollsaatmehl wird schon seit den 70er Jahren zum Düngen benutzt. Aber da die Praxis bewiesen hat, daß der Hauptwert des Mehles im Füttern und nicht in seinen Dungqualitäten liegt, so ist es wohl nur eine Frage der Zeit, daß alles Baumwollsaatmehl verfüttert werden und nur noch indirekt als Viehdung den Feldern wieder zugute kommen wird; können im Dung doch 80 bis 95 % der in der Saat enthaltenen befruchtenden Stoffe wiedergewonnen werden. : Eine Tonne Mehl enthält 128 Pfund Stickstoff, 54 Pfund Phosphorsäure und 36 Pfund Kali. Der frische Kuchen hat einen süßen, nußartigen Geschmack, ist hellgelb, verbleicht aber mit der Zeit. Er ist so reich an Protein (43 %) und Fett (131% %), daß er als Viehfutter im rationellen Betrieb nur mit einem rauheren Futter gemischt dient, das reich an Kohlenhydraten ist, wie also z. B. Baumwollsaatschalen, Mais, Stroh u. a., oder aber in Verbindung mit guter Weide. Die ganze (ungeschälte) Baumwollsaat ist roh, geröstet, ge- dämpft oder gekocht schon längst als Futtermittel, besonders für Rinder, erkannt und fast vom Beginn der Baumwollkultur in Nord- amerika an als solches benutzt worden; aber seit Einführung der Ölmühlen ist die ganze Saat fast überall durch ihre Schalen, Kuchen und Mehl ersetzt worden. — ON = Als Futter- und Mastmittel hat Baumwollmehl in Amerika so- wohl wie auch in Europa vorzügliche Dienste geleistet bei Rindern, Milchkühen, Pferden, Maultieren, Schafen und Geflügel, dagegen hat es sich bei Kälbern und jungen Schweinen zuweilen als fatal erwiesen. Im Jahrzehnt 1880 bis 1890 wurden im Südosten der Union, wo man allgemein düngt, von dem gewonnenen Baumwollsaatkuchen bzw. -mehl benutzt: 90 % allein, oder mit andern Mitteln gemischt, zu Düngezwecken, 5% für Rinderfütterung, 5% für Export. Im Südwesten der Union aber, wo Dung noch nicht die wichtige Rolle spielt, verwertete man schon damals 25% für die eigene Rindermast und sandte 75% für Futter- und Düngezwecke nach Europa. Erst von 1883 ab hat man angefangen, Baumwollschalen und -mehl ingrößerem Maßstab und auf rationeller Basis als Vieh- futter zu verwenden, und heutigen Tages ist die Viehzucht sowohl im Südosten wie im Südwesten der Union so ausgedehnt, daß man 3590 des Mehls für Futter neben 35% für Dung im eigenen Lande selbst verwertet und etwa 30% der Gesamtproduktion zur Ausfuhr bringt. Im Jahre 1905 wurden in den Vereinigten Staaten 900 000 Rin- der und 325 000 Milchkühe überwiegend mit Schalen und Mehl der Baumwollsaat gefüttert. In neuester Zeit wird Baumwollsaatmehl auch mit Erfolg in Backwaren, wie Brot, Kuchen, Biskuits und Konfekt, als Ersatz für Weizenmehl benutzt, ist billiger als dieses und dabei sehr nahrhaft. Der Verkaufspreis der Tonne Baumwollsaatmehl war im Ok- tober 1907 in Atlanta 251% Dollars für Prima- und 24 Dollars für Sekundaware. Die Ausfuhr von Baumwollsaatmehl und -kuchen belief sich im Jahre 1906 auf 555 000 Tonnen im Werte von ı3 Millionen Dollars und richtete sich überwiegend nach Dänemark und Deutsch- land mit 5 bzw. 41% Millionen Dollars; England folgte mit 132 Millionen Dollars. Im Jahre ıgır war die Ausfuhr auf 646 000 Tonnen gestiegen. Baumwollsaatöl. Sehen wir nun zu, was mit dem aus der Presse träufelndem Öl geschieht. Dieses fließt zunächst in einen flachen Trog hinter der Presse, von da aus nach einem Tank unter dem Fußboden des Preßraums — | — und wird von hier in große eiserne Bottiche gepumpt, in denen die Unreinigkeiten zu Boden sinken, während das obenauf schwimmende Öl abgezogen und als „Rohöl“ in peinlich saubere Speichertanks gebracht wird. Die Niederschläge des Rohöls werden entweder noch- mals mit dem Kernmehl zusammen gekocht, gepreßt und gereinigt oder die Rückstände werden auch direkt für die Seifen-, Wasch- pulver- und Kerzenfabrikation und zur Herstellung von Phono- graphenwalzen benutzt, ergeben außerdem Glyzerin und Olein. Die Seife aus Baumwollöl hat sich besonders für Wollwäscherei vor- züglich bewährt, aber sie dient auch für allgemeine Haushaltzwecke und bei Zusatz entsprechender Substanzen zu feinen Phantasieseifen. Das Rohöl oder „cerude oil“ ist geruchlos, dunkel, braungrün und in seiner Qualität sehr verschieden, da das wechselnde Klima auch einen starken Einfluß auf die Qualität der Saat und des Öles hat; im allgemeinen ist beobachtet worden, daß das Öl in feuchten Saisons von geringerer Güte ist. Da etwa go % des jährlich in den Vereinigten Staaten gewonnenen Baumwollöls als Nahrungsmittel für die Menschen, besonders in der Form von Speckersatz, Brat- und Salatöl dienen, so bildet seine Verwendbarkeit dafür den Prüfungs- punkt; was nicht dazu verwandt werden kann, ist minderwertig. Der Preis des Rohöls war im Oktober 1907: 34 Cents die Gallone bei Tankladung, AO 9 ” ‚„ Verladung in Fässern zu 50 bis 52 Gallonen. Vom September 1909 bis September 1910 stieg das rohe Tanköl von 3434 auf 60 Cents die Gallone. Zunächst gilt es nun, das Rohöl noch zu raffinieren. Diese Reinigung geschieht teils in den Ölmühlen selbst, meist aber verkaufen die kleineren dieser Anlagen ihr Rohöl an größere, komplett ausgestattete Mühlen mit Raffinerien, und diese Anstalten sind überwiegend in großen Trusts organisiert, unter denen an erster Stelle die älteste, die „American Cotton Oil Company“, mit einem Kapital von über 30 Millionen Dollars, und die „Southern Cotton Oil Company“ stehen. Einige Mühlen haben letzthin angefangen, schon das Rohöl vor dem Versand zu filtrieren; meist unterläßt man das aber, da die Ausscheidung der letzten Niederschläge beim Raffinieren erfolgt. Früher verlud man das Rohöl in Fässern. Ab 1885 aber führte zunächst der „American Oil Trust“ Tankwagen ein, und heute ist deren Verwendung fast allgemein. Wo das Rohöl nicht selbst gereinigt wird, geht es in Tankwagen von 6000 bis 7000 Gal- lonen nach den Raffınerien, und zwar stellen diese ihre Tankwagen den Ölmühlen zur Verfügung. Das Raffinieren selbst besteht in der Entfernung der freien Fettsäure, des braunen Farbstoffes und irgendwelcher anderen fremden Bestandteile, die sich im Rohöl finden mögen. Zu diesem Zweck füllt man das Rohöl in eiserne Behälter von etwa 5000 Gallonen, setzt ihm ıo bis 15 % seiner Menge in 74 pro- zentiger kaustischer Soda zu und rührt die Mischung bei einer Temperatur von 38 bis 55° C und Durchführung reiner Luft 45 Minuten lang um, worauf man sich den durch die Alkalien ge- bundenen Niederschlag 6 bis 36 Stunden lang setzen läßt. Die früher an Stelle der kaustischen Soda benutzte Schwe- felsäure, welche gleichzeitig ein gutes Bleichmittel war, ist aus- geschlossen bei Ölen, welche Speisezwecken dienen sollen. Das im Tank obenauf schwimmende reine Öl wird abgezogen und in einen im unteren Stockwerk befindlichen Läuterungstank ge- leitet, wo es nochmals erhitzt und umgerührt wird, um alles Wasser zu verdampfen, und dann läßt man das Öl sich auch hier setzen. War bei der Bearbeitung im ersten Tank noch überschüssiges Alkali verblieben, so muß dieses im ersten oder zweiten Tank durch Wasserzusatz und Umrühren ausgewaschen werden. Zum Schluß wird das Öl meist durch eine Filterpresse filtriert und ergibt so das sogenannte „gelbe Sommeröl“. Einige Raffinerien benutzen letzthin die Filterpresse nicht mehr, weil sie durch ruhiges Absetzenlassen ein klareres Öl erzielen als beim forcierten Pressen. Größte Reinlichkeit ist in allen Stadien der Raffinerie von entscheidender Bedeutung. Die Niederschläge aus dem ersten und zweiten Tank werden zur Seifen fabrikation, ferner zu Waschpulver, Glyzerin, Kerzen, Olein und Dachteer benutzt und einzelne Raffinerien ver- arbeiten ihre Rückstände selbst zu gewöhnlichen Seifen. Die Ver- wertung der Rückstände — rein oder mit Torf gemischt — zu Heizbriketts ist in den Vereinigten Staaten nicht üblich; wohl aber wurde im Jahre 1911 berichtet, daß es der N. K. Fairbank Company in Chikago gelungen sei, aus den Baumwollsaatrückständen ein Pech herzustellen, welches geruchlos und unentzündbar sei. Der Gewichtsverlust, den Prima-Rohöl beim Raffi- nieren erleidet, schwankt zwischen 5 und 12 %, steigt in schlechten Saisons aber bis zu 20 %. — I4 — Prima gelbes Sommeröl wurde im Herbst 1907 verkauft zu: 38 bis 40 Cents die Gallone bei Tankladung, 50 ,„, 5 5 in Fässern von 50 bis 52 Gallonen. Vom September 1909 bis September 1910 stieg das raffinierte Tanköl von 43 Cents auf 761% Cents für die Gallone; die Preise im Juni 1914 waren bei Tankladung 45 Cents für „crude“ und 65 Cents für raffiniertes Öl. i Das gelbe Sommeröl, welches direkt zu Oleomargarine, Butterin usw. verwandt wird und die Basis zu allen weiteren Ver- arbeitungen bildet, ist von heller Strohfarbe, frei von Satz und Wasser, absolut neutral und, um „prima“ zu sein, fast geschmack- los; ein leichter Beigeschmack degradiert es zu „Butteröl“. Das amerikanische Baumwollöl ist klarer als ägyptisches und indisches, das von Uplandsaat stammende wieder klarer als das von der Meeresküste stammende. Auch das in England hergestellte Baumwollöl ist nicht so klar wie das amerikanische, weil die Saat dazu meist von Indien und Ägypten geliefert wird und sodann, weil man sie dort nicht schält. Sommeröl kocht bei 320° C., wird wolkig zwischen 5 bis 10° und erstarrt bei — ı°C.; die Wölkung stammt von der Ver- dichtung des Stearins, welches mit zunehmender Festigkeit auch weißer wird. Winteröle nennt man solche, welche auch beim Gefrier- punkt noch flüssig bleiben, und zwar stellt man sie her durch Er- niedrigung der Temperatur bis zu dem Punkte, wo das Stearin er- starrt, während das Olein flüssig bleibt; bei dieser Temperatur werden die beiden Bestandteile unter der Filterpresse separiert. Das ausgeschiedene Stearin, ungefähr 25 %, dient zur Kunstbutter-, Kunstspeck- und Kerzenfabrikation, das übrig bleibende „gelbe Winteröl“, hauptsächlich aus Olein bestehend, liefert ein vorzügliches Brat- und Backöl, das beim Erhitzen nicht den unangenehmen, vom Stearin herrührenden Geruch des Sommer- öls hat und Speck und Butter ersetzt; es dient auch als Salat- und Speiseöl. Zur Herstellung von „weißem Winteröl“ benutzt man geringwertiges gelbes Sommeröl und bleicht dieses mit Schwefelsäure. Dieses weiße Winteröl dient, mit Petroleum gemischt, als Leuchtöl der Berg- werkslampen, ungemischt auch zu pharmazeutischen Zwecken. — 105 — „WeißesSommeröl“ dagegen wird gewonnen, indem man gelbes Sommeröl im Tank erhitzt, mit 2 bis 3 % Walkerde durch- rührt und dann filtriert; es ist, so gebleicht, fast wasserhell und wird zur Herstellung von Kunstspeck benutzt. Walkerde hinterläßt einen leicht säuerlichen Geschmack, der vollständig vermieden wird, wenn man an ihrer Stelle pulverisierte Holz- oder, besser noch, Knochen- kohle benutzt; die Feuergefährlichkeit dieser Stoffe läßt ihre An- wendung aber im allgemeinen nicht angebracht erscheinen. Das „gelbeSommeröl“ wird außer zu Oleomargarine und Butterin auch noch verwandt beim Packen von Sardinen und anderen Fischen, zu Kosmetiks, Emulsionen und bei Automobilreifen. Da Baumwollöl schlecht trocknet, so ist es nicht als Anstreich- mittel oder zum Farbenanrühren geeignet, auch nicht zur Leder- zubereitung, wohl aber wird es, besonders mit anderen Fetten ge- mischt, als Schmieröl und zu Kitt benutzt. Mit der zunehmenden Verbesserung in der Raffinierung des Baumwollöls ist auch die Zahl seiner Verwendungsmöglichkeiten gestiegen. Als Nahrungsmittel wurde Baumwollöl zunächst in Form einer Beimischung zum Temperieren von Speck für kalte Klimate benutzt. Später beseitigte man die Flüchtigkeit des Öls durch Zusatz von Rinderfett und brachte diese Mischung als com- pound, hogless oder refined lard — Kunstspeck auf den Markt. Die Art der Mischungen von Schweinespeck, Rinderfett und raffiniertem Baumwollöl, welche schmackhafte und billige Nahrungsmittel, be- sonders Kunstspeck, liefern, ist mannigfaltig, meist freilich segelt das Produkt bislang unter irreführender Flagge; nur das „Cottolene‘“, ein erstklassiges Nahrungsmittel aus Oleostearin und bestem raffinierten Baumwollöl gemischt, macht davon eine Aus- nahme. Aber 90% des in den Vereinigten Staaten verkauften „Olivenöls“ sind in der Tat Baumwoliöl. Auch beipharmazeutischen Mitteln bildet Baumwollöl Ersatz für Olivenöl und wird außerdem ähnlich wie Lebertran ver- wandt. 2 Soweit das raffinierte Öl in Packhäusern zu Kunstprodukten weiter verarbeitet wird, versendet man es in Tankwagen. Im Herbst 1907 verkaufte man in den Vereinigten Staaten die Hauptprodukte aus raffiniertem Baumwollöl wie folgt: Bratöl in Fässern zu 400 Pfund \ Kunstspeck in Fässern zu 300 Pfund f Salatöl in Kisten mit ı2 Blechdosen a 2 Pfund netto zu 4,20 Dollars die Kiste — 171/, Cents das Pfund. zu 9!/, Cents dasPfund. — 106 — Waschpulver lose in Fässern a 300 Pfund zu 31/, Cents das Pfund. Im März ıg10 kosteten Butter und Speck 40 bzw. 1434 Cents das Pfund, während die aus Baumwollöl hergestellten Ersatzstoffe Öleomargarine und Kunstspeck nur 23 bzw. Io Cents kosteten, also eine für billigere Haushalte sehr wesentliche Ersparnis ermöglich- ten. Damit hängt auch der wachsende Konsum zusammen. Während die Vereinigten Staaten im Jahre 1879 nur 30% des dort erzeugten Baumwollöls selbst konsumierten, den größeren Teil aber ausführten, ist der eigene Gebrauch heute auf über das Doppelte gestiegen und im Jahre ıg9ıı z. B. wurden nur noch 25 % der Ge- samtproduktion, nämlich 53 Millionen Gallonen, ausgeführt. Haupt- abnehmer dafür ist Holland, dann folgen England, Mexiko, Kanada, Italien, Deutschland und Norwegen. Holland bezieht beste Qualität zur Margarinefabrikation, die anderen Länder benutzen das Öl als Ersatz und zur Fälschung von Olivenöl und zur Seifen- fabrikation. In Hamburg notierte man Baumwollsaatöl im Juni 1914 mit 591% Mark für 100 kg. Ist die Ölausfuhr auch im Ver- hältnis zur Gesamterzeugung gesunken, so weisen die absoluten Aus- fuhrziffern, entsprechend der großartigen Entwicklung der Öl- industrie, doch eine gewaltige Steigerung auf, wie folgende Liste zeigt: 1875 1880 1890 1895 1900 IgII 0,3 3,4 II 20 49 53 Millionen Gallonen, während die Gesamtproduktion in diesen Jahren betrug: 33 763 41 57 96 202 Millionen Gallonen. Baumwollhandel. Baumwoll-Aufkauf und -Handel. Kehren wir nach Betrachtung der Nebenprodukte zum Hauptprodukt, der Baumwolle, zurück. Bevor die amerikanische Baumwolle ihren Weg vom Pflanzer zum Konsumenten findet, hat sie durch viele Hände zu gehen. Der Verkauf der Baumwolle seitens der Pflanzer erfolgte vor dem Bürgerkrieg meist an ein Kommissionshaus im nächsten größeren Orte, das in Gegenrechnung auch die der Plantage nötigen Dinge lieferte. Nach dem Kriege war der verschuldete Farmer vielfach ganz in den Händen solcher Händler oder „Faktoren“, und die von diesen berechneten hohen Zinsen auf gewährte Vorschüsse ließen viele Pflanzer lange Jahre hindurch auf keinen grünen Zweig kommen. Die Faktoren kaufen nämlich Baumwolle nicht nur für eigene Rechnung auf oder verkaufen sie in Kommission gegen 214% Vergütung, sondern sie geben gegen Hypothek und hohe Zinsen auch Vorschüsse auf die kommende Ernte, gewöhnlich 10 Dollars auf den Ballen und mehr und sichern sich dadurch das Anrecht auf die ihnen damit verpfändete Ernte. Ohne diese Beihilfe würde es vielen Farmern unmöglich sein, Samen, Dünger, Vieh, Futter und Ackergeräte zu beschaffen und zu unterhalten. Ist die Ernte ein- gebracht, so geht sie an den Faktor, der durch ihren Verkauf seine Vorschüsse deckt. Mit der allmählichen finanziellen Kräftigung des Südens und dem Ausbau des Eisenbahnnetzes ist das Faktorwesen aber in den meisten Gegenden eingeschränkt worden oder ganz verschwunden; im allgemeinen kauft und verkauft der Farmer heute gegen Bargeld im nächsten Marktplatz, wo man während der Saison jeden Morgen Reihen von Pflanzerwagen mit je 2 bis ı2 Ballen Baumwolle an- trifft, die auf offener Straße von den Käufern untersucht und an den Meistbietenden verkauft werden, nicht immer mit gerechter Würdi- gung von Klasse und Grad. Unpraktisch ist im allgemeinen das fast ausschließlich am westlichen Ende des Baumwollgürtels übliche System, die Baumwolle nicht erst nach Entkernung, sondern schon als Saatbaumwolle zu verkaufen, denn der bessere Pflanzer erzielt für seine ertragreicheren Arten dabei auch nur den Durchschnitts- preis. Wird die Ware im Lagerhaus gelagert, so betragen die Ge- samtkosten für Lagern, Feuerversicherung und Verkauf ı bis 2 Dollars für den Ballen. Daß die Zahl der öffentlichen Lager- häuser letzthin ganz gewaltig zugenommen hat, ist bereits im Ab- schnitt über die Pflanzervereinigungen ausgeführt. Auch die Re- gierungen verschiedener Einzelstaaten haben sich letzthin der Sache angenommen. So nahm die 33. Legislaturperiode des Staates Texas das „Per- manent Warehouse and Co-operative Marketing Law“ an und gliederte dem staatlichen Versicherungs- und Bankdepartement eine besondere Lagerhausabteilung an zu dem Zwecke, damit eine Besse- rung in der Entkernung und Packung von Baumwolle zu fördern. Ein großartiges Projekt zur Errichtung moderner Lagerhäuser für Baumwolle ist ferner z. Z.inNew Orleans in Ausführung begriffen. Nachdem die Hafenbehörde die gesetzliche Ermächtigung erhalten hat, für diesen Zweck 3 Millionen Dollars sprozentige Bonds auszugeben, werden an der Flußfront des Mississippi eine An- zahl Lagerhäuser mit neuesten Preßeinrichtungen erstellt, welche Ss — 108 — für den Umsatz von 3 Millionen Ballen in einer Saison ausreichen sollen und jeden einzelnen Ballen nach den Standards der amerika- nischen Regierung klassifizieren und bezeichnen. Das Unternehmen ist Eigentum des Staates Louisiana, steht unter Aufsicht der Port Commissioners und soll plangemäß zum Beginn der Baumwollsaison 1915/16 voll funktionieren. Ist der nächste Handelsplatz, an dem sich Aufkäufer befinden, zu weit entfernt, als daß er bequem mit Wagen zu erreichen sei, so wird die Baumwolle mit der Bahn verladen oder, wo brauchbare Wasseradern vorhanden sind, zu Schiff. Die Handelsplätze für Rohbaumwolle im Binnenlande befördern die Ware entweder unmittelbar in die Spinnereien der Baumwoll- staaten oder in die Fabriken des Nordens oder nach den Ausfuhr- häfen, welche die großen Handelsplätze an der Küste bilden. Da- durch, daß Amerika bereits ein Drittel seiner Baumwolle zur Ver- arbeitung im eigenen Lande behält, hat sich letzthin ein großer Um- schwung in der Verteilung vollzogen; früher bedeutende Plätze sind zurückgegangen, andere in die Höhe gekommen. Von den Handelsplätzen im Innern wird über etwa 30 eine regelmäßige jährliche Statistik geführt; die wichtigsten sind Houston, Memphis, St. Louis, Dallas, Shreveport, ‚Augusta, Cin- cinnati und Little Rock, während die bedeutendsten Baumwollhäfen Galveston, Savannah, New Orleans, New York und Wilmington sind. Hauptmärkte für Sea Island-Baumwolle sind Charleston und Savannah. Der Handel mit Baumwolle ist ein Saisongeschäft von etwa sechs Monaten Dauer und richtet sich im wesentlichen nach der Erntezeit. Im Juli und August erscheinen die ersten Vorposten der neuen Ernte, während das Gros von September an nachrückt und der Schwerpunkt auf die Monate Oktober bis Dezember entfällt, welche zusammen durchschnittlich 2, der Ernte dem Handel übergeben. Von da an beginnt das Geschäft abzunehmen und versiegt im Mai fast vollständig, um erst im August allmählich wieder aufzuleben. Immerhin ist die Verteilung der Ernte jetzt gleichmäßiger als früher, wie folgende zwei Beispiele zeigen: Durchschnitt der Jahre 1895/1898 1912/13 Proz. Proz. September 9 8 Oktober 26 17 November 20 20 Übertrag . 55 45 Durchschnitt der Jahre 1895/1898 1axajn3 Proz. Proz. Überkae. 255 45 Dezember 2 mn 209 16 lanuaraııs a 9 10 Februar De Pr 5 6 az 8) 4 4 April 5 2 6 Mai. \ 5 Juni. j 3 Juli . | 2 August. J E 3 100 100 Der Exporteur (buyer) kauft seine Ware entweder im offenen Markte auf Proben hin, die er selbst prüft, oder an Binnenplätzen vom „interior merchant“ nach Beschreibung (,description“). Diese Zwischenhändler, welche vom Pflanzer, vom Faktor oder von Händlern in Binnen- und Hafenplätzen kaufen, bringen so größere Verkaufsmengen zusammen, die sie lagern, klassifizieren, bemustern und weiter verkaufen, wobei sie auch Versicherung und Versand be- sorgen. Die Pflanzervereinigungen streben zwar eine möglichste Ausschaltung des Zwischenhandels an, doch scheint es bei einer eventuellen direkten Verbindung zwischen Pflanzer und Spinner sehr fraglich, ob letzterer auf Empfang der ihm nötigen Klasse Baumwolle sicher rechnen kann. Auf dem Liverpooler Baumwoll- markt findet jeder Spinner für seinen Spezialbedarf genau passendes Material. Vor der Zeit des Kabels pflegten europäische Spinner ihre Agenten zum Aufkauf nach Amerika zu schicken. Später kauften Handelshäuser den Artikel auf Spekulation auf und die Spinner kauften bei ihnen auf spätere Lieferung. Daran schlossen sich seit Anfang der 70er Jahre Terminbörsen in New York (1870), Liver- pool (1873) und New Orleans (1880), die teils dem legitimen Waren- geschäft, teils mehr oder weniger wilden Spekulationen dienen. Die in Baumwolle abgeschlossenen Kontrakte beziehen sich auf Menge, Qualität, Stapel, korrektes Brutto- und Nettogewicht und die Lieferung in guter innerer und äußerer Verfassung. Schließt der „Buyer“ nach dem Ausland ab, so sind für Klasse und Gewicht die Bestimmungen der Börsen in Liverpool, Bremen und Havre maßgebend; der amerikanische Export richtet sich also =. NIKON .— nach den europäischen Börsengebräuchen. Liefert der Buyer jedoch innerhalb der Vereinigten Staaten, so unterliegen seine Kontrakte ausschließlich den Usancen der Börsen in diesem Lande, die für Verkäufer und Käufer bindend sind. Baumwollbörsen. Zur Sicherung und Durchführung des legi- timen Geschäfts deckt sich der Verkäufer oder Exporteur gewöhn- lich durch Termingeschäfte ein, welche in den Vereinigten Staaten durch die beiden ‚futures“-Börsen in New York und New Orleans kontrolliert werden, die beide für diese „paper contracts“ ihre be- stimmten Regeln haben. Preise werden in Cents und Punkten — !/,. Cents notiert; als Basis für Termingeschäft gilt die Klasse „Upland middling“, doch ist der Verkäufer nicht verpflichtet, auch wirklich nur „middling“ zu liefern, sondern er kann jeden Grad, nur nicht unter „good ordinary“ oder „low middling“ liefern; er hat die Wahl hinsicht- lich des Grades, nicht aber der Käufer. Der Verkäufer gibt dem Käufer „Notiz“, daß er zur Lieferung bereit ist, und letzterer mub innerhalb von fünf Tagen regulieren. Die Preisdifferenzen, welche bei der nun erfolgenden effektiven Lieferung für andere Grade als „middling“ zu zahlen sind, wurden bislang durch börsenmäßig, früher in New York jeweilig für ein ganzes Jahr, seit 1912 jährlich zweimal festgestellte „differences above and below middling“ be- stimmt. Bei diesem Geschäft läuft der Käufer allerdings bei effek- tiver Andienung die in letzter Zeit zunehmende Gefahr, ein sehr minderwertiges Produkt zu erhalten. Die jährlichen Durchschnittspreise für ein englisches Pfund amerikanische middling - Baumwolle in New York waren die folgenden: Cents | Cents Cents 1791-1800. . 33,80) 1875 „ . .. 15, | 1887) 2ER 7770,30 180I—1I8IO . 22,— | 1876... . 013, — | 1888 TEREE10r0 F8Uı — 1820. 20,50N1718777 2727.22 10,700 1880 SEE 18211830. 12,50. 1878) ..,. | 11,30 | DB00Wn Pen 183121840, . 12,401°.1879) . 7. 2.22 10,80) 180 Deere 1841— 1850 . 8,50 | 1880... 2.0... 12,— | 189200 Ve 750 1851— 1860... 11,30 | 1881 . .. „11,30 18OZ TEE EEE SAO 1861-1870. 2 44,901 18827. 1. 2.212520) 18 04 re 0 871 2. N LBBE N 10,60 | 1895 VERREEe 1872. .70,02.12.20,50 918847 2 .)7.2°.10)60)| 1 SO E20 1873 0. 0 2)018,204| 11885 ° 12 0.2.2710,501 778070 Fra 1874: 111.00 117,— | 1886 100.122 1, 9,401 |11898, EREeR50 Cents | Cents | Cents Be 24:90 | 1904... 12,672. 1909|... ,.. =.) 1944 Ka... .\ 7,60 | 1005 0.12%. 98107 | TOlaR Br IT RRUE Muse. 0,30: |. 1906 ‚-.. .. '.* 71,23 | NO 4 Be 5... 8,10 | 1907 \. . ..0 11,48 | TOT oa MW. ...:: ‚8,20 | KOOSSE Er HALTE2IE Neben den großen Baumwollbörsen in New York und New Orleans, die Effektiv- und Termingeschäfte betreiben, bestehen Baumwollbörsen auch noch in einer ganzen Reihe weiterer Baum- wollmärkte, so in Galveston, Memphis, Dallas, St. Louis, Mobile, Viceksburg, Macon, Charleston, Little Rock, Natchez, Oklahoma u. a. Hier werden aber nur Effektivgeschäfte abgeschlossen; Termin- geschäfte in allen Ackerbauprodukten sind auf Betreiben der Farmervereinigungen durch von ihnen durchgedrückte „anti-futures laws“ seit 1906 in den Baumwollstaaten Nord- und Süd-Carolina, Georgia, Alabama, Arkansas und Texas verboten, und das Bestreben der Farmervereinigungen geht in lebhafter Bewegung dahin, auch die Terminbörsen in New York und New Orleans zu unter- drücken. Nachdem in den gesetzgebenden Körperschaften wiederholt Bills eingebracht, aber gescheitert waren, hat der Präsident der Vereinigten Staaten unter dem 18. August 1914 ein Gesetz unter- zeichnet, welches die Bezeichnung ‚United States Cotton Futures Act“ trägt und den Terminhandel in Baumwolle regelt. Das Gesetz ist nach langen Beratungen und vielen Abänderungen aus zwei Ge- setzentwürfen, von denen der eine vom Senat und der andere vom Repräsentantenhause ausging, zusammengestellt worden. Das nach seinem Haupturheber als „Lever-Bill‘““ bezeichnete Gesetz gibt genaue Vorschriften über Inhalt und Form der Kaufs- und Ver- kaufsverträge für zukünftige Lieferung von Baumwolle. Es setzt eine Steuer von 2 Cents für ein Pfund — Io Dollars für den Ballen fest für alle Termingeschäfte, die nicht in allen Punkten den Vor- schriften entsprechen, gleichviel, ob die Geschäfte an amerikanischen Börsen allein oder zwischen amerikanischen und ausländischen Baumwollbörsen abgeschlossen sind. Die Kontrakte, die nicht den Bestimmungen des Gesetzes entsprechen, sind bei den Gerichten der Vereinigten Staaten nicht einklagbar. Strafen von 100 bis 20 000 Dollars oder Gefängnis von 60 Tagen bis zu 3 Jahren sind für Über- tretungen festgesetzt. Außerdem kann von den Vereinigten Staaten auf eine Zusatzstrafe von 2000 Dollars geklagt werden, wovon die — er — Hälfte der Person, welche die Verletzung des Gesetzes anzeigt oder zur Überführung der Schuldigen beiträgt, zugesprochen wird. Effektivgeschäfte in Baumwolle werden von dem Gesetz nicht be- troffen. Das am 18. Februar 1915 in Kraft getretene Gesetz verfolgt den Zweck, den börsenmäßigen Terminhandel durch Bestimmungen über die den Kontrakten zugrunde zu legenden Baumwollqualitäten, die vom Bundesackerbauamt nach Standardmustern festgesetzt werden, und über den Ausgleich bei Ablieferung möglichst festzulegen und dadurch einzuschränken. An Stelle der früheren Klassendifferenzen treten nunmehr wirkliche Marktwertdifferenzen, womit die Inter- essen des Käufers besser als bislang gewahrt sind. Zweifellos haben die 'l’erminbörsen und besonders die New Yorker manche bedauerliche und zu bekämpfende Auswüchse ge- zeitigt, die in den heftigen Preisschwankungen des letzten Jahr- zehnts zum Ausdruck kamen, aber daneben erfüllen sie doch ihren legitimen Hauptzweck der Sicherung des soliden Geschäfts, das auf Basis von Terminnotierungen für Rohbaumwolle entsprechend langfristige Abschlüsse in Garnen und Geweben macht; sie wirken ausgleichend. Während in New Orleans jeder einzelne Ballen Baumwolle nacn seinem Grade klassifiziert und durch ein Etikett bezeichnet wird, stellt man in New York für ein „Lot“ von 100 Ballen nur ein Zer- tifikat aus, das angibt, wieviel Ballen der einzelnen Grade in dem l.ot vorhanden sind. Die amerikanischen Spinner kaufen Baumwolle nach Brutto- gewicht, mit einer Tara von 22 Pfund für den viereckigen Ballen Upland, ıo Pfund für den Ballen Sea Island und 3 Pfund für den Rundballen. Der Verkauf nach Europa erfolgt entweder: „fob“, d. h. frei an 3ord in amerikanischem Hafen; oder, wie meist, „cif“, d. h. Kosten, Fracht und Versicherung bis europäischem Hafen einschließend und mit Zubilligung einer Tara von 6%; über die Unbilligkeit dieser Tara ist schon im Kapitel über Verpackung gesprochen worden und man strebt eine Fakturierung auf Basis von Netto- gewicht an. Eine Gewichtsdifferenz bis zu 1% am Bestimmungsort, die so- genannte „Franchise“, gilt als zulässig. Versand. Werfen wir nun einen Blick auf die Verkehrsmittel in Nord- amerika. Landstraßen. Abgesehen von wenigen Kunststraßen in dem alt besiedelten Osten und einzelnen Minendistrikten des Westens, ist der Ausbau der Landstraßen in der Union noch recht rückständig, da Herstellung und Unterhaltung der öffentlichen Verkehrswege nicht Aufgabe der Bundesregierung, sondern den kleinsten Ver- waltungseinheiten der Counties und 'Townships, sowie privaten Wegebaugenossenschaften vorbehalten ist. Der Zustand der Wege ist dementsprechend besonders zur Winter- und Regenzeit ein so schlechter, daß der Verkehr von der Farm zu der durchschnittlich 7 bis ı2 Meilen von ihr entfernten Verladestation oft schwierig ist. In neuerer Zeit haben aber auch Bund und Staat angefangen, sich der Verbesserung der Landstraßen anzunehmen. Wasserstraßen. Vor der Vorherrschaft der Eisenbahnen im Transportwesen der Vereinigten Staaten widmete man dem Kanal- bau und Ausbau schiffbarer Flüsse zum Transport von Massen- gütern zu billigen Frachtsätzen großes Interesse, und die Blütezeit des nordamerikanischen Kanalbaus fällt in die Jahre 1827 bis 1837. Bis zum Sezessionskrieg bildete die Flußschiffahrt das Haupttrans- portmittel der Baumwolle im Süden, und seit 1816 wurde auf dem Mississippi regelmäßige Dampfschiffahrt betrieben. Die scharfe Konkurrenz der Bahnen führte aber zu einem Niedergang der ame- rikanischen Binnenschiffahrt, und erst neuerdings sucht man sie wieder zu beleben und in ihr einen Regulator der Eisenbahntarife zu schaffen. Während im Baumwollgürtel die texanischen Flüsse für die Schiffahrt einstweilen nicht in Betracht kommen, spielt der Riesenstrom des Mississippi für den Verkehr eine hervorragend wichtige Rolle, die allerdings eingeschränkt wird durch die häufigen Veränderungen des Strombetts, den starken Wasserstandswechsel und durch die schwere Zugänglichkeit seiner Ufer an vielen Stellen. Des niedrigen Wasserstands wegen wird Baumwolle auf dem Mississippi und Red River meist nur in Deckladung auf einer Art von ver- besserten Riesenflößen verladen. Von den übrigen Golfzuflüssen bildet der Alabama eine der besten seiner Schiffahrtsstraßen, und die atlantischen Flüsse des Baumwollgebiets sind für den Verkehr von ganz geringer Bedeutung. Eisenbahnen. Die Eisenbahnbauten der Amerikaner sind zweifelsohne nach ihrem Umfang und nach ihren Wirkungen für die nationale und wirtschaftliche Entwicklung des weiträumigen Staates die größte Leistung, die je ein Volk auf diesem Gebiet vollbracht hat, und haben wesentlich dazu beigetragen, die außerordentlich günstigen Bedingungen gewaltiger natürlicher Hilfskräfte des Landes auszunutzen. Der Süden freilich blieb zunächst in der Ent- wicklung dieses wichtigen Verkehrsmittels weit zurück. Zwar waren schon 1831 in New Orleans und 1833 in Süd-Carolina kleine Versuchsstrecken eröffnet worden, aber vielfach hielt man noch bis 1860 die Wasserstraßen für ausreichend. Erst 1843 wurde nach schweren Kämpfen die erste Eisenbahnkonzession in Nord-Carolina vergeben, und das nördliche Kapital, von dem der Süden für alle seine Zwecke mehr oder weniger abhing, zog nördliche Eisenbahn- linien vor und konnte in einzelnen Fällen nur durch Landschen- kungen und andere Staatshilfen herangezogen werden. So entfielen im Jahre 1860 von den 28 000 Meilen Eisenbahnen des ganzen Landes nur 6185 auf den Süden. Nach dem Kriege machte man sich daran, die zerstörten Linien wieder in den Stand zu setzen und das Netz zu erweitern, da der Streit inzwischen endgültig zugunsten der Eisenbahnen ausgefallen und der Kanalbau überall eingestellt war. Im Jahre 1895 besaßen die Südstaaten 37 000 von den 179 000 Meilen Eisenbahnen des ganzen Landes. Unterstützt wurde der Bahnbau durch die im allgemeinen günstige Bodengestaltung. Im Jahre 1910 verfügte die Union über ein Eisenbahnnetz von rund 388000 km betriebsfähiger Länge (Deutschland 61000, Europa etwa 334 000, die ganze Erde rund eine Million Kilometer). Auch die Südstaaten sind heute mit Eisenbahnverbindungen wohl versorgt, wenngleich die Linien bei Entwicklung neuer Ge- biete zunächst so billig wie möglich angelegt wurden und erst all- mählich verbessert werden. Die Hauptgesellschaften interessieren sich auch stark für die Besiedlung und wirtschaftliche Entwicklung der von ihnen bedienten Gebiete, und unterhalten zu diesem Zwecke zahlreiche Agenten, teilweise, wie die Southern Railway, sogar in Europa. Manche Mängel im Betriebe, besonders auch in bezug auf Frachtverkehr und dessen Tarife, werden von der 1887 ge- schaffenen und 1906 in ihren Befugnissen erweiterten „Interstate Commerce Commission“ scharf kontrolliert. Im allgemeinen sind die amerikanischen Eisenbahntarife die billigsten der Welt, z. B. nur ein Bruchteil der englischen, obgleich die Löhne in den Vereinigten Staaten reichlich doppelt so hoch wie durchschnittlich in Europa sind; die Frachtsätze bedürfen deshalb dringend einer Aufbesserung. — ng Die Kosten der Baumwollversendung vom Ursprungsgebiet bis zum Bestimmungsort sind sehr wechselnd nach den beständig schwankenden Frachtverhältnissen; Konkurrenzlinien, Wasser- transport und Durchgangsfrachten komplizieren die Frage. Die Durchschnittsfracht von der Farm zum Verladungsplatz beträgt etwa I6 Cents, von dort zum Ausfuhrhafen 40 Cents für 1oo Pfund. Die Durchgangsfracht von Memphis nach Fall River, Mass., ist fast dieselbe wie nach Liverpool, nämlich etwa 55 Cents für 100 Pfund. Weit billiger sind allerdings noch die Frachten für Mais und Weizen, die in Waggonladungen einen Tarif genießen, der nur den dritten Teil von demjenigen für Baumwolle ausmacht. Ausfuhrplätze. Während früher die Baumwolle ausschließlich von den Häfen des Atlantischen Ozeans und des Mexikanischen Golfs verschickt wurde, nimmt neuerdings auch die pazifische Küste daran teil, und ein Quantum geht jährlich über den Rio Grande del Norte. Von den pazifischen Häfen, wie S. Francisco, S. Diego, Portland, Tacoma und Seattle, geht die Baumwolle nach Japan und China, aus Grenzplätzen, wie Eagle Pass und Laredo, nach Mexiko. Auch unter den alten Baumwollverschiffungsplätzen machen sich mancherlei Verschiebungen geltend: New Orleans, lange Zeit hin- durch der größte Baumwollausfuhrhafen der Welt, ist seit Anfang unseres Jahrhunderts von Galveston überholt; ungebrochen in ihrer Unternehmungslust durch die furchtbare Sturmflut des Jahres 1900, welche die ganze niedrige Insel wegzuschwemmen drohte, hat die Stadt seit jener Zeit ihre Einrichtungen für Verschiffung von Baum- wolle in mustergültiger Weise ausgebaut. Auch New York und Boston haben nicht mehr die gleiche Bedeutung wie früher, und für den Eigenbedarf übertrifft die Versorgung auf dem Landwege mittels der Eisenbahn heute den Seeverkehr. Der Export im Baumwolljahr ıgı1/ı12 ging über folgende Hauptplätze: Tausend Tausend Ballen Ballen Galyestonm. 2. 255 .3:700 Übertrag . . 8616 SA An we 727:80% 0 Mobiler 292 Newz@rleans.. . . ... 16007 Bensacola, Rler.. 22: 216 NewaYork. =... .'.. O5, PRugebiSoundeer 213 Wilmington, N.C.. . . 502; 1:5. Hrameiscoßeap.. ee PBrunswick, Geo. . . . 3734|, Diversesney ee E22 Übertrag . . 8616 | Zusammen . . 10681 — 11 — Von der Compress geht die Baumwolle in — während der Saison oft knappen — Eisenbahnwaggons mit je 50 bis 60 Ballen nach dem Hafen, wo der Verschiffer die Ballen im Schiffe selbst noch durch Schraubenapparate näher aneinander pressen läßt, um Raum zu sparen, wobei Packung und Signum häufig weiter be- schädigt werden, nachdem die Ballen bereits auf der Farm, auf den Märkten der offenen Straße, auf Entkernungs- und Eisenbahn- stationen und endlich auch am Hafenplatz selbst nicht selten allen Unbilden, wie Feuchtigkeit, Feuersgefahr, Diebstahl und Beschä- digungen aller Art, gänzlich ungeschützt ausgesetzt waren, und dadurch häufig die sogenannte „country damage“ aufweisen. Obgleich in den letzten Jahren viele Millionen für Einrichtung von Lagerhäusern ausgegeben wurden, reichen diese doch erst für einen Bruchteil der Ernte aus, und der Rest liegt wochenlang ungeschützt auf offener Straße herum. Die Einführung von Zetteln an jedem einzelnen Ballen, mit Angabe von Pflanzernamen, Entkernungs- und Compress- station und Brutto- und Nettogewicht wird der Verminderung von „coun- try damage‘ durch die alsdann mögliche Kontrolle sehr dienlich sein. Bislang ist der meist aufgerissene amerikanische Baumwoll- ballen, von Wasser, Schmutz und Signierfarbe beschädigt, nicht selten mit abgerissenem Signum, so daß seine Identität unter Um- ständen schwer festzustellen, geradezu ein Hohn auf jede moderne Packung, und es gibt wohl überhaupt keinen zweiten Handels- artikel der Erde, dessen Packung so nachlässig ist wie diejenige der amerikanischen Baumwolle. Bezeichnete doch selbst Richter Ogden gelegentlich der Baumwollkonvention zu Washington im Mai 1906 den amerikanischen Baumwollballen als einen „schmutzi- gen, beschädigten, unansehnlichen, wassergetränkten, liederlichen, raumverschwenderischen, ungestalteten, schildkrötenähnlichen und höchst feuergefährlichen Packen“. Kein Wunder, daß die europäi- schen Feuerversicherungs-Gesellschaften 12 bis 25 % höhere Raten für amerikanische als für die so viel besser verpackte indische und ägyptische Baumwolle nehmen. Jedenfalls sind auf dem Wege der Baumwolle vom Felde bis in die Spinnerei noch viele Verbesserungen möglich. Baumwollexport. Die amerikanischen Märkte notieren Baumwolle für das ameri- kanische Pfund in Cents und Fracht in Pence plus 5 % Primage; Anstellungen durch Agenten in Europa nach Deutschland erfolgen stets für das amerikanische Pfund in Pence, ‚„cif“ Bremen oder Hamburg mit 6% Tara, und die Fakturierung erfolgt in englischem Gewicht. Rembours in 90 oder 60 Tage Sicht-Tratten auf ein Haus in London oder einen deutschen Platz. Die Frachtraten nach Europa schwanken sehr in den einzelnen Jahren; im April 1914 notierte man für 100 Pfund Baumwolle nach Liverpool oder Bremen 20 Cents ab New York und 35 Cents ab Galveston. Nicht unbedenklich hat sich bei der amerikanischen Baumwoll- verladung der Umstand erwiesen, daß auf Grund der Konnosse- mentsklausel: „Failing shipment by said steamer, in and upon a following steamer‘“ eine gekaufte Partie von 100 Ballen zuweilen auf sechs verschiedene Dampfer und über vier Monate und mehr verteilt wird, während die T'ratte gegen den Gesamtbetrag sofort gezogen und längst honoriert war, ehe der letzte Ballen endlich amerikani- schen Boden verlieh. Im Sommer 1910 wurden von Amerika aus gefälschte Kon- nossemente über große Quantitäten Baumwolle in den Handel ge- bracht, ohne daß die betreffende Ware selbst überhaupt existierte. Die schweren Verluste, welche dadurch Liverpool, Bremen und Havre trafen, veranlaßten den Baumwollhandel zur Forderung von Garantien seitens der Eisenbahnen und Dampfergesellschaften, und die Verhandlungen mit diesen seitens der Händler und Banken haben immerhin einigen Erfolg gehabt. Die Entwicklung des amerikanischen Baumwollexports weist folsende Zahlen auf: Menge Wert | Preis Menge | Wert | Preis Jah I ||| Jahr ö A eg Tausend Ballen, Millionen | Cents das Tausend Ballen‘ Millionen | Cents das ä soo Pfund | Dollars Pfund | A soo Pfund | Dollars | Pfund | 1790 0,379 0,05 26 1881 4 381 | 247 Ber2 1800 4I | 9,2 44 1885 3,783. 72502 9,4 1810 124 9,6 16 1890 4 943 251 | 8,6 1820 250 17,8 14 1895 7034 205 | 8,2 1830 597 2 | Io \ 1896 4 670 190 | 73 1840 1487 | 64 | 9,5 ||| 1898 7 700 230 4,9 1850 1270 | 72 12 1900 6 200 242 9,3 1855 2017 et | Io 1902 7 001 291 8,2 1860 3535 102 | 13 1904 Se 1861 615 34 31 1907 9 036 481 11,5 1862 Io | I | 67 1908 7634 483 | s2 1863 23 | 6,6 1or!/, 1909 8 896 Ara nern; 1864 24 | TORE | 83 I9IO 6A Er ASoE TAT 1865 13 6,8 | 43 19II 8.067 Bes ng 1866 1301 281 | 32 1912 106755 | 565 12 1870 1917 227 17 | 1913 8725 547 12,5 — 118 — Die Ausfuhr von Sea Island-Baumwolle, in obigen Zahlen inbegriffen, belief sich in den Jahren: 1885 1890 1895 1900 1906 1907 1908 IgO9 I9IO IYII IYI2 1913 Tausend Ballen auf 13,7 18,5 30,4 36 31,6: 15,2 "25,6 19,6) a27 een Io und die Durchschnittspreise waren für das Pfund: Georgia Florida Süd-Carolina Cents Cents Cents OO, Bene 7 20 25 1908. 0. 25 25 28 36 IGO8 0. et ae LS 18 3 TOLOS. 4 2277, 27 36 TNOL2IS., rag 19,5 2 Die besseren Sea Island-Sorten werden durch Schwankungen im Preise kurzstapeliger Uplands nur wenig beeinflußt, wohl aber beeinflussen Erntemenge und Güte der langstapeligen Uplands ernst- lich die niedrigen Klassen von Sea Island-Baumwolle. Der Gesamtwert der Baumwollausfuhr ist mehr von den jeweiligen Preisen,als von der Menge abhängig; kleinere Ernten ergeben zuweilen höheren Ertrag. Der niedrigste vorgekommene Jahresdurchschnitt vor dem Kriege war 1843/44 mit 5 Cents; der Bürgerkrieg brachte ein phänomenales Aufschnellen bis zu einem Maximum von 190 Cents in 1866; von da ab sanken die Preise erst schnell, dann langsam, bis sie 1898 mit 4,9 Cents ihren niedrigsten Stand erreichten. Seitdem ist eine kräftige Erholung eingetreten. Damit das stolze Wort amerikanischer Redner: ‚Cotton is King“ wahr bleibe, muß Baumwolle freilich billig und dadurch populär bleiben, denn es handelt sich hier immerhin auch um eine beschränkte Monarchie. Maßgebend für die Preisbildung sind die Börsen in New York und Liverpool, und die Schwankungen der Preise vollziehen sich von Stunde zu Stunde je nach Angebot und Nachfrage. Ameri- kanische Upland-Baumwolle ist maßgebend für das gesamte Baumwollgeschäft der Welt; ihrer Preisbewegung schließen sich alle anderen Sorten Baumwolle mehr oder weniger an. Ein Rück- gang in den Erträgen der amerikanischen Ernte pflegt ohne weiteres die Baumwollpreise auf der ganzen Linie emporzutreiben, und um- gekehrt bringt eine reichliche amerikanische Ernte in der Regel auch für die anderen Baumwollsorten eine Ermäßigung des Preises. Im Vergleich zum Gesamtexport der Vereinigten Staaten nimmt Baumwolle folgende Stelle ein: Fiskaljahr . . . 1880 1890 1900 1910 1912 oral... ... 835 r 857 1394 1744 2204 Millionen Dollars Davon imwolle 211 250 241 450 565 1 n Die Länder, nach denen sich die nordamerikanische Baumwoll- ausfuhr richtet, waren: ıg11/12 1912/13 Tausend Ballen Tausend Ballen Enelanden 197 3 563 Dentschlanden. 222 79237058 2 351 kranktreicher 0. 2 Ders 1015 Kae ERBEN Are 612 479 Spantenysı Men 297 298 Belvreng 0. 202 214 Rußland en 107 71 Österreich . . . . . 120 109 Blollande,...%.0..0 0. 35 14 Rest von Europa . . Sı 2 Japaner am 458 375 Kanada Nu 175 148 IMeztkon Sn. 15 20 Diversen.. an a; 142 15 10 675 8 724 Die 20000 Ballen Sea Island des Jahres 1912 gingen mit 14 800 Ballen nach England, 4900 Ballen nach Frankreich und nur 178 Ballen nach Deutschland. Der Hauptbaumwollmarkt der Welt ist Liverpool, wo sich aus der 1841 gegründeten „Liverpool Cotton Association“ ii Baum- wollbörse entwickelte. An dieser können folgende Geschäfte ab- geschlossen werden: 1. Verkauf von in Liverpool lagernder Ware (‚spot‘), 2. Verkauf von Baumwolle auf Ankunft (‚to arrive“), 3. „ef.“ — Kostfracht und „cif“ = Kost, Assekuranz und Frachtverkäufe, 4. Termingeschäfte, „futures‘“, auf Basis von Upland middling, nichts unter low middling, in Partien von 100 Ballen und dem mehr- fachen davon, 5. Geschäfte auf Abruf (‚on call“), letzthin sehr zugenommen, wobei der Preis auf Grund der Terminnotierung und einer Prämie — 10) ı —— endgültig bei dem vom Käufer zu bestimmenden Abnehmetermin festgestellt wird. Der größte Baumwollplatz des Kontinents ist Bremen, wo man 1872 die „Bremer Baumwollbörse“ gründete zur Abschätzung und Klassierung der gehandelten Baumwolle durch beeidigte und von den Parteien unabhängige Klassierer und zur Bildung von Schiedsgerichten. Diese Einrichtungen bewährten sich ausgezeichnet, und im Jahre 1886 erfolgte die Vereinigung der deutschen Spinnerei mit der Bremer Baumwollbörse, um’ Bremen zu einem großen natio- nalen Baumwollmarkt auszubauen. Im Februar 1914 eröffnete der „Bremer Verein für Terminhandel in Baumwolle“ seine Tätigkeit mit Abschlüssen auf Partien von 100 Ballen. oder dem Mehrfachen in der bei den anderen T’erminbörsen üblichen Weise, Basis middling, nichts unter „good ordinary“. Das Geschäft vollzieht sich auch hier auf Grund der Liverpooler Standards und beim Effektivhandel in folgenden fünf Formen: 1. Verkäufe von Loco-Baumwolle, 2. Verkäufe auf Lieferung mit einer bestimmten Lieferzeit, Verkäufe auf Ankunft, Verkäufe ‚mit der Klausel ‚„franco Waggon“, Verkäufe nach Kostfracht-Bedingungen. vs» Um einen Begriff von dem Preisverhältnis zwischen den ver- schiedenen Klassen zu geben, folgt hier als Beispiel die Notierung der Bremer Baumwollbörse vom 17. April 1914: Amerikanische Baumwolle. Preise in bar ohne Abzug, für !/, kg. Good all Be eh ne middling idtng | Mirdine a ae Bit. Ordinary Pr. | pr. | Pt. | pr. | pr. Pr. | Pr. | Pr. | Pr. 741), 72°), 701); 67\, 64'/, 61°), 58, | 521), 46"; Abschlag für tinged . . . . . .. 3 Pf. 5 Sehıshucolouredee rn N staineda eu. Ra Stapeldifferenzen gegen „Good Staple“ (in Pfennigen): 28 mm | 28/29 mm | 28/30 mm | 29 mm | 29/30 mm | 30 mm | 30/32 mm | 32 mm Good middling und hö- here Grade . . . .| '% Us an || s!/, |ca. ı2!/, ca. ıg Fully midding . . . | Ye IR I 13/1, | alla \7enlcasromg easıız Middling und darunter | !/, U 37, [r2/suln 23, ra2/ cas casır — al ı Obige Differenzen gelten für good color und fair color. Für alle farbigen Qualitäten kommen nur die Stapeldifferenzen von middling und darunter in Betracht. Unter „good staple“ versteht man etwa 27 ınm Stapellänge. Die gleichzeitigen Notierungen für das englische Pfund „middling‘“ waren in Liverpool 7,30 Pence, in New York 13,10 Cents. Linters, in gelbliche und grünliche Sorten und in die sechs Klassen: Fancy, Choice, A, B, C, D eingeteilt, notierten Mitte April 1914 in Bremen für das 1% kg gutstapelig A 29 Pfennige in gelblich, 27 Pfennige in grünlich, und die Wertdifferenzen gegen die anderen Klassen betrugen zwischen Fancy Linters und Choice, A gutstapelig, A rein, aber kurzstapelig, B C D etwa 3 6 IT 15 16!/, 19 Pfennige. Hamburg spielt im Baumwollhandel hauptsächlich eine Rolle im Terminmarkt. Die T'ermingeschäfte in Baumwolle werden dort durch die „Waren-Liquidationskasse“ abgeschlossen in Mengen von 100 Ballen und dem Vielfachen dieses Minimalsatzes. Havre und seit 1914 Gent in Belgien sind die weiteren Terminplätze in Europa für Baumwolle. Arbitration ist bei Baumwollieferungen sehr häufig. Sie erfolgt in Bremen durch beeidigte unparteiische Klassierer der Baumwollbörse, inHamburg auf Basis der Liverpooler Standards von Maklern der beiden Seiten, welche nur dann, wenn sie sich nicht einigen können, einen Dritten als Obmann wählen, in Liverpool wird die Arbitration durch die Makler besorgt. Baumwollverbrauch in den Vereinigten Staaten. Ein großer Teil der amerikanischen Baumwollernte bleibt heute im Lande selbst. Waren die Vereinigten Staaten während vieler Jahrzehnte ganz überwiegend Lieferanten von Rohmaterial für im Ausland gelegene Fabriken, so ist in der Letztzeit, besonders auch im Süden der Union, ein großartiger Aufschwung der ameri- kanischen Baumwollindustrie eingetreten, so zwar, daß sie bereits heute, nach Großbritannien, den zweiten Platz in der Baumwoll- industrie der Welt überhaupt einnimmt und von allen Industrie- landern die größte Menge Rohbaumwolle verarbeitet. Geschichtliches. Schon frühzeitig hatten die Kolonisten Neu- Englands, Engländer wie Holländer, sich auch der Schafzucht, dem Flachs- und Hanfbau gewidmet, und die Produkte daraus, ebenso wie die aus Westindien bezogene Baumwolle, versponnen und ver- webt. Trotzdem man im merkantilen England der Entwicklung dieser Dinge durchaus feindlich gegenüberstand, nahm sie ihren Fortgang, und zwar überwiegend in den nördlichen Gebieten zwischen Philadelphia und Boston. Im Süden dagegen waren es die Sklaven, welche unter Leitung der Frauen Gewebe für die häus- liche Tracht und für die Dienstboten herstellten, und die ersten dortigen „Spinnereien“ waren die Wohnungen der Farmer, wo Sklavinnen mit Spinnen und Weben beschäftigt wurden. Der Ge- brauch von Spinnrad und Handwebstuhl zur Verarbeitung von Baumwolle war in allen Teilen des Landes schon vor der Revo- lution weit verbreitet, und die in Nordamerika gebaute Baumwolle wurde in der Kolonialzeit fast ausschließlich im Lande selbst ver- braucht. Bis zur Arckwrightschen Erfindung bestand auch in Amerika die Kette solcher Gewebe immer aus Leinen oder Wolle, und Baumwolle diente nur als Einschlag. Im Jahre 1720 wurde in Boston eine besondere Spinnschule eingerichtet, 1753 folgte Char- leston darin nach, und noch lange Zeit nach dem Beginn von Fabriken wurde die Baumwollverarbeitung von den Frauen als Hausindustrie betrieben. Bereits 1775 war in Philadelphia eine Spinn-Jenny mit 24 Spulen in Betrieb gesetzt worden. Die erste kleine Baumwoll- weberei mit Pferdebetrieb entstand 1787 bei Charleston, eine etwas größere Baumwollspinnerei 1787/88 in Beverly, Mass., und bald folgten deren weitere an verschiedenen Orten entlang der Ostgrenze des Landes, besonders in Pawtucket und Providence, Rh. I.; Boston, Mass., New Haven und Norwich, Conn.; New York City und Pater- son, N. Y,; Philadelphia, Penns., und Statesburg, S. Ca. In diesen Fabriken wurde Baumwolle mit Maschinen gekardet und ge- sponnen, während das Weben bis 1815 noch ausschließlich auf Handstühlen erfolgte; erst in diesem Jahre wurde die erste mecha- nische Weberei in Waltham, Mass., errichtet. Mehr als irgendein anderer Faktor bestimmte das Vorhandensein von Wasser- kräften die Lokalisierung der Baumwollindustrie, und für viele Jahre wurde als Betriebskraft ausschließlich Wasser verwandt, wenn kleinere Anlagen auch zuweilen mit tierischer Kraft betrieben — 12 195} wurden. Der Schwerpunkt der Baumwollindustrie lag von vorn- herein in den Neu-England-Staaten, und besonders in Massa- chusetts. Im Jahre 1809 waren im ganzen 62 Baumwollfabriken mit einem Total von 31 000 Spindeln im Betrieb, 1831 ı 124 000 Spindeln und 33 000 Webstühle. Georgia war der zweite Südstaat, der mit fabrikmäßiger Bearbeitung von Baumwolle begann; 1809 wurde in Louisville die erste Weberei mit Pferdebetrieb eröffnet. 1818 folgte die erste Weberei in Nord-Carolina, im ganzen aber war die Entwicklung der Baumwollindustrie in den Südstaaten eine langsame. Die Fabriken hier wurden teils mit schwarzen Sklaven, teils mit freien weißen Arbeitskräften betrieben. Ein kurz vor dem Bürgerkrieg genommener Anlauf wurde durch den Krieg und seine Folgen unter- brochen, und man stand im Süden im allgemeinen auf dem Stand- punkt, die Baumwolle zu produzieren, ihre Verarbeitung aber an- deren Gegenden zu überlassen. Der alte Süden war eben fast aus- schließlich Ackerbaustaat. Der während des Sezessionskrieges eingetretene „Baumwoll- hunger“ machte sich natürlich auch in den Nordstaaten fühlbar, aber doch nicht in so hohem Maße, als man meinen sollte; die nötigen Betriebseinschränkungen wurden durch höhere Verdienste wettgemacht. Im Jahre 1880 besaßen die Südstaaten erst 7 % der in Nord- amerika laufenden Spindeln und Webstühle ; nachdem die wirtschaft- liche Stagnation, die dem Bürgerkrieg zunächst folgte, überwunden war, trat aber auch im Süden, besonders in den beiden Carolinas und in Georgia, ein rapider Aufschwung der Baumwollindustrie ein, so daß die Baumwollstaaten im Jahre 1890: II %, 1900: 24 %, I9IO fast 40 % der gesamten Baumwollindustrie der Vereinigten Staaten repräsentierten. Während in den Jahren 1900 bis 1913 der Baumwollkonsum in den Neu-England-Staaten nur um 16 % zunahm, steigerte er sich in den Südstaaten um 94 %. Die Baumwollindustrie in den Vereinigten Staaten entwickelte sich mit Hilfe hoher Schutzzölle immer größer und mannigfaltiger, die Einfuhr von Baumwollwaren wurde entsprechend herabgedrückt, in vielen Artikeln ganz verhindert, und schließlich konnte man selbst zum Export übergehen. So ist die Baumwollindustrie heute nicht nur eine der ältesten, sondern auch eine der wichtigsten der Ver- einigten Staaten überhaupt. — 124 — Statistik. Die Entwicklung der Industrie wird durch folgende Zahlen der mit dem Zensus von 1840 einsetzenden amtlichen Sta- tistik illustriert: Spindeln in Millionen Webstühle Neu-England-| Baumwoll- Alle se Total Staaten staaten | anderen Tausend 1840 2,28 1,59 | 0,18 0,50 ? 1850 4,— 2,95 0,26 0,77 3 1860 5,23 3,85 0,32 1,05 126 1870 7,13 5,50 0,32 I,30 157 1880 10,65 8,63 | 0,56 1,45 22 1890 14,38 10,93 | 1,57 1,88 324 1900 19,47 13,17 4,36 1,93 490 I9IO 28,26 15,73 10,49 2,03 682 1912 30,57 | 17,13 | 11,58 "1,85 7Io I9I3 31,51 17237 12,23 | 1,98 _ I} Zur Ergänzung diene folgende Tabelle: Zahl der Etablissements TSSIE na: 80I SAGE E 1094 1859) m. #5 IogI TSG re 956 ehe) ©, ro 756 etc 1 a a de 905 TSG ET Te 1055 THOAM rw a: 1154 TIOg, EN EAN, 1324 Arbeiter in Tausenden in Mill. Dollars Kapitalanlage | Produktionswert in Mill, Dollars 62 115 177 192 267 339 450 628 Bei den Produktionswerten ist allerdings zu bemerken, daß sie zahireiche Wiederholungen einschließen, wie z. B. bei Garn und Geweben. Von den 1909 vorhandenen 1324 Etablissements der Baumwoll- industrie waren I6% in Privatbesitz, 84% in Gesellschaftsform organisiert, und nach ihrem jährlichen Produktionswert entfielen auf Produktion bis 20000 Dollars . ” von 20000 bis 100000 Dollars . 210), N: „ 100000 bis ı Million Dollars 61°/, „ über r Million Dollars 120, | = 109). Die Zahl der aktiven Spindeln, in Tausenden aus- gedrückt, verteilte sich im Jahre 1913 auf die Staaten _— 125 = Tausend Tausend Massachusetts . . . . 10904 Übertrag . . 27 288 Eeearolmar a. 2.1.2 7.2.4469, | Alabama. 2.0. 994 Bcresroliman 2.8 . © 233565 .| NewVork nn... 6. 20: 922 Brsgelsland . . .......2465 | New Jersey... . . . 476 Beurae al... .2:072%| Virginia .. u. Ne ren 427 New Hampshire . . . 1458 | Andere Staaten vo As Bennecteut . .. . . . 1277| Zusammen . . 31520 Me 2. 1078 — 311/, Millionen. Übertrag . . 27 288 Die Industrie findet sich also auch heute noch fast ausschließ- lich östlich des Mississippi. Von diesen 311, Millionen waren 27,4 Millionen Ring- und 4,1 Millionen Mule-Spindeln; dazu kamen 630 000 zur Zeit still- stehende Spindeln. Die Mule-Spindeln sind, mit 81 %, besonders in den Neu-England-Staaten vertreten und wurden nur noch für be- stimmte Spezialzwecke verwendet. Von den 144,7 Millionen Spindeln der Welt im Frühjahr 1914 kamen 56 Millionen auf Großbritannien, 311% Millionen auf die Ver- einigten Staaten und ı1,4 Millionen auf Deutschland. Vor 1880 wurde in den Vereinigten Staaten nur sehr wenig über Nr. 40 gesponnen; die Tendenz weist aber eine ständige Zu- nahme in der Richtung nach feineren Nummern auf, und zwar verteilte sich die Gesamterzeugung im Jahre 1909 auf 50°, in Nr. 20 und darunter, 42,5 °/, in Nr. 20 bis 40, 7,5 °/), über Nr. 40, und zwar wurden von letzteren 3], in den Neu-England-Staaten erzeugt. Der Durchschnittsverbrauch pro Spindel und Jahr belief sich im Jahre 1909 auf 85 Pfund Baumwolle. Die Webstühle weisen folgende Zahlen auf, in Tausenden: In der ganzen Union Davon in Südstaaten 788 O1 22 225 14 RSgOWm a 2. 4324 39 NOOOM EN TUE ASS 113 TOO EA AEH0. 2.200082 236 NO Es ROH ENG) 252 Dazu kommen noch zahlreiche Fabriken der Strumpf- und übrigen Wirkwarenbranche. — 126 — Von den 633 000 Stühlen des Census von 1909 liefen 473 000 auf glatte Rohware in Breite von bis 28 28—31 32—36 über 36 Zoll mit 41 130 102 200 Tausend Stühlen, und zwar sind darunter am stärksten zunehmend die breitesten. Im allgemeinen werden Spinnerei und Weberei in den Ver- einigten Staaten meist zusammen und nicht getrennt betrieben; auch Appretur, Aufmachung und Packung der Ware wird gleich in der Weberei besorgt. Von den 1077 Baumwollfabriken des Census von 1905 vereinten 590 Spinnerei und Weberei, während 295 nur Spinnerei, 169 nur Weberei, 23 eine andere Tätigkeit betrieben. Tatsächlich, nach der Zahl der Spindeln und Webstühle berechnet, war das Übergewicht der kombinierten Betriebe aber noch größer, als es die vorstehenden Ziffern erscheinen lassen, denn die 590 gemischten Betriebe um- faßten mit durchschnittlich je 32 000 Spindeln 83 %. aller dieser, und mit durchschnittlich je 885 Webstühlen sogar 97 % aller Webstühle der Vereinigten Staaten. Das Zentrum der reinen Weberei in der Union ist Philadelphia. Fünfundzwanzig Gesellschaften haben mehr als je 4000 Web- stühle; siebzehn Gesellschaften besitzen jede über 200 000 Spindeln und 5000 Webstühle. Die größte ist die Amoskeag Manufacturing Company mit 620 000 Baumwollspindeln und 22 000 Baumwollweb- stühlen, neben 50000 Kammgarnspindeln und 2200 Tuchweb- stühlen; weitere große Baumwollfabriken sind die Fall River Iron Works u.a. Die wichtigsten Baumwollindustrieorte sind Fall River und Lowell in Massachusetts. Die Qualität der hergestellten Baumwollstoffe ist im allgemeinen grob und mittelfein, wenn auch allmählich zunehmend an Feinheit und Mannigfaltigkeit, so daß sie den überwiegenden Teil der Landes- bedürfnisse decken. Schwierigkeiten bietet aber auch hier wieder die Frage der Arbeiter. Der Census von 1909 führt 379 000 Arbeiter in den Baumwollfabriken auf, und davon waren männlich weiblich Total üntersatoljahreneen 2.222520 I9 —= 39 Tausend übers1o02]ahrewsr 22.051093 I47 = 340 nn 213 166 — 379 Tausend. Die Arbeitszeit der Woche verteilt sich auf 48 bis 54, 54 bis 60, 60 bis 72 Stunden bei 3000, 310 000, 65 000 Arbeitern. In den Neu-England-Staaten sind die Arbeiter gut organisiert und meist fremder Geburt; den Irländern folgten fran- zösische Kanadier, Italiener, Griechen, Litauer und andere un- gelernte Einwanderer aus Ost- und Südeuropa. Die erwünschte und nötige Einwanderung geschulter Arbeitskräfte aus Europa ver- hindern die amerikanischen Arbeiterorganisationen, welche die Lebenshaltung möglichst hoch halten wollen, und die von ihnen be- einflußten scharfen Einwanderungsgesetze, so daß mangels genü- gender Arbeitskräfte regelmäßig eine ganze Reihe von Spin- deln und Webstühlen im Lande außer Tätigkeit ist. Kinderarbeit ist in den Nordstaaten nicht vertreten. In den Südstaaten entstammen die Fabrikarbeiter der Baumwollindustrie meist der Klasse der sogenannten „Armen Weißen“ aus den Bergländern, vielfach Analphabeten, die aber unter beständiger Kontrolle der Aufseher in bemerkenswert kurzer Zeit Gutes leisten. Immerhin sind sie durchschnittlich weniger leistungs- fähig als die Arbeiter der Nordstaaten und bislang noch nicht orga- nisiert; Kinderarbeit ist hier häufig. Der Neger hat sich für die feine Maschinenarbeit als ungeeignet erwiesen, und ist deshalb in Baumwollfabriken nur in Außenarbeit und auf dem Lager zu beschäftigen; für die Hauptarbeit kommen nur Weiße in Frage. Auch in der Baumwollindustrie Nordamerikas hat sich das Be- streben gezeigt, die teure und an Zahl unzulängliche mensch- liche Arbeitskraft weitestgehend durch Maschinen zu er- setzen, und tatsächlich sieht man in den Arbeitssälen der Spin- nereien und Webereien verblüffend wenig Menschen: Ein Mädchen bedient 1200 Ringspindeln, ein Mann angeblich bis zu 32, nicht selten 16 bis 20 Northrop-Webstühle. Die Censusaufnahme vom Jahre 1909 weist allerdings nur einen Durchschnitt von 407 Spin- deln auf die Spinnerin und von 615 Webstühlen auf den einzelnen Weber auf. Die Northrop-Webstühle, von einem Yorkshiremann in den Vereinigten Staaten erfunden, 1892 in England, später auch in Deutschland eingeführt, werden von der Draper Company in Hop- dale, Mass., hergestellt, finden gerade wegen ihrer Leistungs- fähigkeit bei den Arbeitern der Neu-England-Staaten Opposition, sind aber im Süden überwiegend vertreten, wie denn überhaupt der erst seit kurzem industrialisierte Süden durchweg mit den neuesten Maschinen und Einrichtungen ausgestattet und nicht mit veraltetem — n8 — Material belastet ist. Der Ersatz alter Maschinenanlagen durch. neue hat, neben der meist durch Vergrößerung alter Spinnereien und Webereien erfolgten Ausdehnung der Industrie, auch im Norden die Produktionsfähigkeit vergrößert. Nicht alle diese amerikanischen Maschinen eignen sich auch für Europa; in Amerika mit seinen hohen Löhnen — Wochenlohn im Süden 8 bis 9 Dollars für die Spinnerin, 9 bis ı4 Dollars für den Weber; im Norden bis doppelt so hoch bei einer um ein Drittel größeren Arbeitsleistung —- ist durch Lohnersparnis die Amorti- sation der Maschinen leichter und schneller möglich als bei uns, obgleich die finanziellen Ergebnisse der amerikanischen Baumwoll- industrie seit Jahren vielfach auch unbefriedigend sind. Im allgemeinen scheint Europa von amerikanischen Baumwoll- spinnereien kaum etwas lernen zu können; darin ist noch immer England Meister und Vorbild. Wohl aber bietet die ameri- kanische Baumwollweberei sehr nachahmungswerte Einrich- tungen, deren Tendenz, neben weitgehender Ausschaltung der Hand- arbeit, dahin geht, die Elastizität des Fadens durch bessere Vor- bereitung und Führung möglichst zu schonen. Bislang ist in der amerikanischen Baumwollindustrie die Dampfkraft noch weit überwiegend; von den in ihr arbeitenden 1 296 000 Pferdekräften im Jahre 1909 stammten 67 %, von Dampf-, 23 % von Wasser-, 8% von elektrischer und 2% von anderer Kraft. Die Ausnutzung vorhandener reicher Wassermengen für Gewinnung elektrischer Kraft steht erst im Anfangsstadium. Allein im südlichen Industriebezirk rechnet man dabei auf 9 Millionen Pferdekräfte, von denen bislang erst ı Million in den Dienst der ver- schiedenen Industrien gespannt ist; der Preis der Pferdekraft bei 66 Arbeitsstunden in der Woche beträgt jährlich etwa 20 Dollars. Im Süden weisen die beiden Carolinas die größte Benutzung elek- trischer Kraft auf, welche die vorhandenen Wasserläufe billig liefern. Im Norden genügt allein der theoretisch mit 71, Mil- lionen Pferdekräften berechnete Niagarafall, um den ganzen Osten der Vereinigten Staaten und Kanadas mit elektrischer Kraft zu ver- sorgen; auch davon ist bislang nur ein sehr kleiner Bruchteil ein- gefangen, und der Preis für eine Pferdekraft beträgt bei 24 Arbeits- stunden im Tage auch hier nur 20 Dollars im Jahre; größere Anlagen genießen bedeutende Ermäßigung und bezahlen bei einer Abnahme von 1000 Pferdekräften für jede nur ro Dollars im Jahre. Unter den Industriestaaten des Nordens macht Massachusetts den größten Ge- brauch von elektrischer Kraft. — 129 — Der Baumwollverbrauch der Vereinigten Staaten betrug in den Jahren 1 ] 1 | 1840| 1850 1860 1870 1880 1890 190011905 1909 \ | | | | I9IN 1912 [1913 Tausend Ballen ä 5oo Pfund | | | | 236 575| 845| 7961570 2518 3873 4278 52404704| 5 3675786 Davon in den Baum- | wollstaaten . . .| 77] 78 93) 69 188 539 1523 2140 2553 2328 2 712 2960 Export von Rohbaum- | | | | | | | wolle 0. l.,.: 1488|1271,3535|1917|3644 4944,6201/8610|8896 8068| 10 075 3725 Weitaus der Hauptteil der verbrauchten Baumwolle ist ein- heimische Upland, dazu konsumiert Amerika auch den größten Teil seiner Sea Island-Baumwolle, im Jahre'1ıg12/13 z. B. 42000 von den geernteten 56000 Ballen a 500 Pfund; sie dient hauptsächlich zu Nähgarnen, Automobilreifen, Schläuchen für Hochdruck usw. Weiter wurden von fremder Rohbaumwolle im Jahre 1912/13 eingeführt 191000 Ballen a 500 Pfund, wovon 84% aus Ägypten stammten, der Rest aus China, Peru, Indien und Mexiko. Der Gesamtproduktionswert amerikanischer Baum- wollfabrikate — einschließlich der bereits erwähnten Wiederholun- gen — ist im Fiskaljahr 1912/13 auf rund 700 Millionen Dollars geschätzt worden. Den Inlandabsatz amerikanischer Baumwollwaren ver- mitteln große Kommissionshäuser, die an Engros- und Detailhändler verkaufen; den Export besorgen Handelsgesellschaften, welche ihren Bedarf durch Vermittlung von Maklern decken. Die Entwicklung des Exports amerikanischer Baumwoll- waren weist folgende Zahlen auf im Fiskaljahr 1900 1905 1906 1907 IgO8 I9O9 IYIO IYII IYI2 IYIZ 24 50 53 32 25 32 33 4I 5I 54 Mill. Doll. Besondere Erwartungen hatte man auf die Entwicklung des Handels mit dem fernen Osten und in erster Linie auf China gesetzt, wohin man 1905/06 für 30 Millionen Dollars absetzte; infolge des Boykotts amerikanischer Waren ging der Betrag aber schon im Nächstjahr auf 6 Millionen zurück, und ist seitdem ungefähr auf diesem niedrigen Stand geblieben. Der Export vom Jahre 1912/13 mit 5334 Millionen Dollars verteilt sich auf 444 Millionen Quadratyard Gewebe im Werte von 32 Millionen Dollars, ıı Millionen Dollars Wirkwaren und andere Kleidungsstücke, 415 Millionen Baumwollabfälle, 34 Millionen Garn und 634 Millionen Verschiedenes. Die Hauptstärke des amerikani- — 130 — schen Exports in Baumwollwaren liegt in ungebleichten stark- fädigen Sheetings und Drills, bei denen das Gewicht des Amerika ja billiger einstehenden Rohmaterials die Kalkulation zugunsten der Union 'wesentlich beeinflußt. Die Ausfuhr 1912/13 richtete sich nach Millionen | Millionen Dollars Dollars Komadar wa amitnto.c Übertrag . . 26,0 Übriges Nord- und China... 2 220 een 55S Mittel Amerikan 7, aa3sr |DEhrlippinene ee 70 NVestundiener see Übriges Asien. me tu ae ee MN MT DO ELIA: N re 1,6 Südamerika: el na 25 | Buropa 62) Übertrag . . 26,0 zusammen . . 53,7 Die Einfuhr von fremden Baumwollwaren in den Ver- einigten Staaten betrug dagegen in den Fiskaljahren 1900 1905 1906 1907 IGoS 1909 I9gIO IgIT I9T2 IQ9IZ 4I 49 63 74 68 62 66 64 64 64 Mill. Doll. und besteht in den Hauptwerten aus Stickereien und Spitzen, Ge- weben, Garnen und Wirkwaren, welche 1912/13 werteten 3534, 8, 41% und 3 Millionen Dollars. 95 % der Einfuhr entfielen im letzten Jahre auf die vier Staaten: England Deutschland Frankreich Schweiz mit 20 16 12 ı1!/, Millionen Dollars, Japan war mit ı Million vertreten. Zukunft des amerikanischen Baumwollbaus. Rückblick und Ausblick. Die Südstaaten behaupten mit Recht, daß ihr Land von der Natur begünstigt sei. Sie haben ein Klima, das für den Anbau fast aller Kulturpflanzen geeignet ist; ihr Boden besitzt große Fruchtbarkeit, und weite Flächen bislang unbebauten Landes warten nur darauf, unter Pflug genommen zu werden und den Arbeiter reich zu belohnen; ausgedehnte Kohlen-, Eisen- und Ölfelder bieten der Industrie bequeme Hilfsmittel. Geld ist in Menge da, und nur an Arbeitskräften fehlt es. Der hohe Preis der Baum- wolle hat die Pflanzer in eine unabhängige Lage gesetzt, und die gewaltige Entwicklung in Öl, Eisen, Kohlen, Holz, Eisenbahnen, Landwirtschaft jeder Art und Industrie hat die Bevölkerung sehr !) Davon England 4,8, Deutschland 1,3. bereichert. Löhne, Produktenpreise und Bodenwerte haben seit Anfang des Jahrhunderts eine starke Steigerung erfahren, und dabei haben, trotz der Flut eines beispiellosen Wohlstandes, die sich über das Land ergießt, die Farmpreise das Niveau der Tage vor dem Kriege noch nicht wieder erreicht. An Stelle der Hoffnungslosigkeit und Schwäche, die noch vor einem Menschenalter herrschte, ist mit - den gewonnenen Erfahrungen und dem angesammelten Kapital ein starkes Macht- und Kraftbewußtsein getreten. Bei dieser wunder- baren Entwicklung, von den Tagen der Armut und der Unruhe an, welche noch lange nach dem Bürgerkrieg anhielten, bis auf die Gegenwart mit ihrem verhältnismäßigen Reichtum und ihrer Un- ‚abhängigkeit hat die Baumwolle die Hauptrolle gespielt. Der mittellose Farmer, welcher auf den reichen Pflanzer der Sklavenzeit folgte, war gezwungen, Baumwolle zu bauen, denn nur für dieses Produkt konnte er jederzeit bares Geld erhalten. Seine Sucht nach alljährlichen großen Baumwollernten führte freilich zu einer Ver- schlechterung seines Landes, das keine Erholung in Fruchtwechsel fand, auch mußte er die notwendigen Lebensbedürfnisse zu er- presserischen Preisen kaufen. Aber jener Zustand kann heute als überholt gelten. Geld ist auch im Süden reichlich geworden, dem Farmer wird gelehrt, Baumwolle mit anderen Produkten ab- wechselnd zu bauen und seine eigene Farm zur Befriedigung seiner Bedürfnisse auszunutzen, während das Entstehen großer Städte, die Entwicklung der Eisenbahnen und die Verwendung von Kühlwagen, durch welche seine dem Verderb ausgesetzten landwirtschaftlichen Erzeugnisse in gutem Zustande nach gut lohnenden Märkten ge- schafft werden können, ihn viel weniger als bisher von der Baum- wolle abhängig machen. Früher wurde Baumwolle um jeden Preis gebaut; wenn aber jetzt Baumwolle unter einem lohnenden Preis sinken sollte, kann der Farmer leicht Geld für andere Ernten be- kommen, und so hat die Baumwolle heute Rivalen in der Gunst des Farmers. Dazu kommen noch die Bestrebungen der Pflanzer- vereinigungen, die Vorräte ihrem Einfluß zu unterwerfen. Reich geworden, gut organisiert und letzthin auch mit zahlreichen Lager- häusern ausgerüstet, ist denn der Farmer auch keineswegs geneigt, Baumwolle billig zu verkaufen; lieber schränkt er ihren Anbau zu- gunsten anderer und besser lohnender Kulturen ein. Die Weltproduktion in Baumwolle verteilte sich im Jahre 1912 auf: Vereinigte Staaten, Indien, Ägypten, China, Rußland, Brasilien, Rest mit 62,8 16,1 7 4,9 4,4 155 3,3=1000/, IO — 132 — Die Spindelzahl der Welt ist gestiegen von Io5 Millionen im Jahre 1900 auf 144 im Jahre 1913, der Baumwollver- brauchin gleicher Zeit von 15,1 auf 21,5 Millionen Ballen. Dabei ist der Weltverbrauch an Baumwolle in fortwährendem Steigen be- griffen, und es liegt die Frage nahe, ob die Vereinigten Staaten allein diesen Mehrbedarf auf die Dauer zu decken vermögen? Meine persönlichen Eindrücke habe ich auf Grund einer Studienreise im Jahre 1907 damals wie folgt zusammengefaßt: Es ist durchaus möglich, daß die Vereinigten Staaten von Nordamerika, soweit die für Baumwollbau geeigneten Flächen in Betracht kommen, weit größere Mengen von Baumwolle als bislang erzeugen können; angesichts der jetzt schon vorhandenen Schwierigkeiten, die beim Baumwollbau vielfach, besonders beim Pflücken unentbehrliche Handarbeit zu beschaffen, ist es aber wenig wahrscheinlich, daß für die Nächstzeit eine wesent- liche Produktionssteigerung zu erwarten sei, und es ist sicher, daß die Vereinigten Staaten einen immer größeren Teil ihrer Baum- wollernte für ihre eigene wachsende Industrie in Anspruch nehmen werden, da ihre Tendenz ausgesprochenermaßen dahin geht, an Stelle von Rohbaumwolle mehr und mehr Baumwollfabrikate aus- zuführen. Die Sachlage ist noch heute genau dieselbe. Solange der Bedarf in gleich hervorragendem Maße wie bislang auf die Produktion eines einzelnen Landes angewiesen ist, bleiben die schroffsten Preisschwankungen ein unvermeidliches Übel. Die Vergewaltigung der natürlichen Preisbewegung des Rohmaterials durch Börsenspekulationen erfolgt bei keinem Welthandelsartikel in so wilder Weise wie bei Baumwolle. Nichts kann die europäische Industrie aus dieser drückenden Abhängigkeit von dem amerika- nischen Monopol befreien, als größerer Anbau von Baumwolle außerhalb der Vereinigten Staaten, und alle darauf gerichteten Bestrebungen verdienen deshalb die eifrigste Förderung. Als Beihefte zum „Tropenptlanzer“ früher erschienen: Moritz Schanz: Die Baumwolle in Ägypten und im Englisch-Ägyptischen Sudan. Die Baumwolle in Ostindien. Die Baumwolle in Russisch-Asien. nm. — 133 — Quellen. The Cotton Plant. Bulletin Nr. 30. U. St. Agricultural Department. Washington 1896. Cotton Produktion. Jährliche Berichte des Census-Bureau. Washington bis 1913. Supply and distribution of Cotton des Census Bureau. Washington bis 1913. Yearbooks. U. St. Agricultural Department. Washington bis 1913. Thirteenth Census of the United States. Washington 1910. D. A. Tompkins, Cotton and Cotton Oil. Charlotte 1901. Report of the Lancashire Private Cotton Investigation Commission. Manchester 1906. W. B. Mercier & H. E. Savely, The Knapp Method of Cotton Growing. Wa- shington 1913. Max Sering, Die landwirtschaftliche Konkurrenz Nordamerikas in Gegenwart und Zukunft. Leipzig 1887. Ernst von Halle, Baumwollproduktion und Pflanzungswirtschaft in den nord- amerikanischen Südstaaten, Teil I u. II. Leipzig 1897 u. 1906. Max Augstin, Die Entwicklung der Landwirtschaft in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Leipzig 1914. Heinrich Semler, Die tropische Agrikultur. Wismar 1903. A. Oppel, Die Baumwolle. Leipzig 1902. C. Heine, Die Baumwolle. Leipzig 1908. Moritz Schanz, Die Baumwolle in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Berlin 1908. Moritz Schanz, Der Neger in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Essen ıgı1. H. Escherich, Die angewandte Entomologie in den Vereinigten Staaten. Berlin 1913. Nachrichten für Handel, Industrie und Landwirtschaft, herausgegeben vom Reichs- amt des Innern, Bis 1914. 4 u.a. ® Io He R SAFE IT IE Y DR RERDRU ge “ [; E .5 i Blei: Bart ? u . B Br Ur N Kalt Va: \ T Gedruckt in der Königlichen at bueHerneperE Burn ds: Mittler & Sohn, Berlin A a Le d i & {3 12 rL . je Y,tr iR fur |! ni r wa ec Gedruckt in der Königlichen Hofbuchdrucker E.S. Mittler & Sohn, Berlin SW 68, Kochstraße 68 s ı - f $ { 4 u . a AR N a N % solle z Pamphlet Binder Gaylord Bros., Inc Makers Syracuse, N. Y JAN 21. 1908