AEc wauhs sei tehentugerese ES SERFE RI HET urn ars! ae $ ni Trkrt EEE Her? VERF EIEFEREE EIN . > 5 Peru Lan . Er ee ” eat > $) } % Hele or M ach h iR “ A TNIRETE RS: U ara ae ge f Hi Ar ee a en mern PET »2=: ee Ei 1. H R tur - * STH HATT 8 IT HARVARD UNIVERSITY. LIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY. (u Url NL N li Kg Kl TRENSUÄEREN EHROSSHER NIE “ nr RN URHUNN BEN BEITRÄCH CHEMISCHEN PHYSIOLOGIE PATHOLOGIE ZWEITER BAND AUT { Er ° ß BEN Naar Ara EEE IN I anaro ya TER MEER IERATRAN | % EAN EE f ih, RE EN BEITRAGE CHEMISCHEN PHYSIOLOGIE PATHOLOGIE ZEITSCHRIFT FÜR DIE GESAMTE BIOCHEMIR UNTER MITWIRKUNG VON FACHGENOSSEN HERAUSGEGEBEN VoN FRANZ HOFMEISTER ROFESSOR DER PHYSIOLOGISC AN DER UNIVERSITÄT STRASSBURG ISCHEN CHEMIE D ZWEITER BAND VUTBRAUNSCHWEIG DRUCK UND VERLAG VON FRIEDRICH VIEWEG UND SOHN 2302 Alle Rechte, namentlich dasjenige der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten II. III. IV. A NE VII. VII. ENEEN TIEF. A. Abhandlungen. Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kol- loide. Erste Mitteilung. Verhalten der Gelatine. Von Dozent Dr. Wolfgang Pauli und Dr. Peter Rona. Ausgeführt mit Unterstützung der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien. (Aus dem Institute für allgemeine und experimentelle Pathologie in Wien, Vorstand: Prof. Rich. Paltauf.) Mit 14 Kurvenbildern SR Re LITE ine Über synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. Von Dozent Dr. Hugo Wiener. Ausgeführt mit Unterstützung der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Litteratur in Böhmen. Zweite Reihe. (Arbeiten aus dem phar- makologischen Institute der deutschen Universität zu Prag.) Über Fettwanderung bei Phosphorintoxikation. Von Prof. Dr. Fr. Kraus und Dr. A. Sommer. (Aus der medizinischen Klinik in Graz.) Ein Beitrag zur Chemie malisner Geschwülste. Zweite Mitteilung. Von Dr. Eugen Petry. (Aus der medizinischen Klinik in Graz.) Liefert das Pankreas ein Dextrose spaltendes, Alkohol und Kohlen- säure bildendes Enzym? Von Dr. Maximilian Herzog, Pro- fessor der Pathologie an der Chicagoer Poliklinik. (Aus dem pathologischen Laboratorium der Chicagoer Poliklinik.) . . Zur Kenntnis des Kreuzspinnengeiftes. Von Dr. Hans Sachs, Assistent am Institut. (Aus dem Köniel. Institute für experi- mentelle Therapie in Frankfurt a. M., Direktor: Geh. Medizinal- TabaBr:ofs Dr BJ Bihelktohe)e Zur Kenntnis des Abrins. Von Dr. Walther Hausmann. (Aus dem pharmakologischen Institute zu Heidelberg.) . . Versuch zur chemischen Charakterisierung einiger Tierklassen des natürlichen Systems auf Grund ihres Muskelplasmas. Von Dr. phil. Hans Przibram. (Aus dem physiologisch - chemischen Institute zu Strafsburg und aus der k. k. zoologischen Station zu Triest.) . Seite 42 86 94 143 VI IX. XI. XI. XII. XIV. xV ROVER XVII. XVII. XIX. xx. XXI. XXI. Inhalt. Über die diuretische Wirksamkeit dem Blute isotonischer Salz- lösungen. Von cand. med. B. Haake und Dr. K. Spiro. (Aus dem physiologisch-chemischen Institute zu Strafsburg.) Hierzu Tafel'I bis II. Über die Verbindungen von Eiweifskörpern mit Metaphosphor- säure. Von Dr. Ernst Fuld. (Aus dem physiologisch- che- mischen Institute zu Strafsburg.).. . Über die Milchgerinnung durch Lab. Von Dr. Ernst Fuld, Assistent der Anstalt. (Aus dem pharmakologischen Institute zu, Haleza see Zur Kenntnis des Pseudomueins. Von Dr. Carl Neuberg und Dr. Felix Heymann, Frauenarzt. (Aus dem chemischen Laboratorium des pathologischen Institutes der Universität Berlin.) Über Indoxyl-, Phenol- und Glycuronsäureausscheidung beim Phloridzindiabetes. Von Dr. Paul Mayer, Berlin-Karlsbad. (Aus dem chemischen Laboratorim des pathologischen Instituts zu Berlin, Vorsteher: Professor E. Salkowski.) Zur Kenntnis der Endprodukte der peptischen Verdauung. Zweite Mitteilung. Die Endprodukte des krystallisierten Ovalbumins. Von Dr. Leo Langstein aus Wien. (Aus dem physiologisch- chemischen Institute zu Stralsburg.) . Über die Bildung von Isovaleraldehyd und Aceton aus Gelatine. Von ©. Neuberg und F. Blumenthal. (Aus dem chemischen Laboratorium des Pathologischen Instituts der Universität Berlin und der I. medizinischen Klinik.) ... Über den Eisengehalt der Leberzellen des Menschen. Von Dr. P. Bielfeld. (Aus dem medizinisch-chemischen Laboratorium zu Tomsk.) TE RE Über die Säurebildung bei der Autolyse der Leber. Von Adolf Magnus-Levy Lymphagoge Wirkung und Gallenabsonderung. Ein Beitrag zur Lehre von der Lymphbildung. Von Alexander Ellinger. (Aus dem Universitäts- Laboratorium für medizinische Chemie und experimentelle Pharmakologie zu Königsberg i. Pr.) Über die Bindung des Kupfers durch die Leber. Von Dr. med. B. Slowtzoff, St. Petersburg . Über osmotische Analyse des Harns. Von phil. et med. Dr. Anton Steyrer, klinischem Assistenten. (Aus der medi- zinischen Klinik in Graz.). . Über die dureh Stauung im Ureter zu stande kommende Verände- rung der Harnsekretion. Von Privatdozent Dr. M. Pfaundler. (Aus der Grazer medizinischen Klinik.) Über die Antiurease. Von Leopold Moll, cand. med. (Aus dem pharmakologischen Institute der deutschen Universität zu Prag.) Seite 149 155 169 201 217 238 251 261 297 307 XXI. XXIV. xXXV. XXxVI. XXVU. XXVII. XXIX. XXX. XXXI. XXXI. XXXIH. XXXIV. xXXXV. Inhalt. Über die aus Riweifs hervorgehenden Melanine. Von Franz Samuely. (Aus dem physiologisch-chemischen Institute zu Stralsburg.) . . - Zur Kenntnis der Proteinsubstanzen der Hefe. Von R. Schrö- der. (Aus dem agrikultur-chemischen Laboratorium des Polytechnikums in Zürich.) Zur Kenntnis der stickstoffhaltigen Bestandteile einicer Pilze. Von E. Winterstein und J. Hofmann. (Aus dem agri- kultur-chemischen Laboratorium des Polytechnikums in Zürich.) Zur Kenntnis der durch Papayotin und Lab erzeugten Albu- mosenniederschläge (Koagulosen und Plasteine). Von Privat- dozent Dr. D. Kurajeff. (Aus dem physiologisch-chemischen Laboratorium der militär-mediz. Akademie zu St. Petersburg.) Über das Bordetsche Laktoserum. Von Dr. Ernst Fuld, Assistenten der Anstalt. (Aus dem pharmakologischen Institute zu Halle a. S.) Weitere Untersuchungen über den Verlauf der peptischen Eiweilsspaltung. Von Dr. E. Zunz, Brüssel . Zur Kenntnis der peptischen Spaltungsprodukte des Fibrins. Zweiter Teil. Die sogenannten Deuteroalbumosen. Von Dr. E.P. Pick. (Aus dem physiologisch-chemischen Institute der Universität Strafsburg i. E.). . . ö Über das Zeitgesetz des Fibrinferments.. Von Dr. Ernst Fuld, Assistent d. pharmakologischen Instituts zu Halle a. S. (Aus dem pharmakologischen Institute zu Halle a. S.) Über den Befund von gepaarter Glykuronsäure in den nor- malen Fäces.. Von Dr. med. Manfred Bial, Kissingen. (Aus dem Laboratorium der I. medizinischen Universitäts- klinik zu Berlin, Direktor: Geheimrat von Leyden.). . . Über den Befund von gepaarter Glykuronsäure in den Fäces nach Mentholdarreichung. Von Dr. Manfred Bial, Kis- singen, und Stabsarzt Dr. OÖ. Huber, Berlin. (Aus dem chemischen Laboratorium der I. medizinischen Universitäts- klinik in Berlin, Direktor: Geheimrat von Leyden.) . Über Riein-Immunität. Zweite Mitteilung. Von Privatdozent Dr. Martin Jacoby, Assistent am pharmakologischen Institute. (Aus dem pharmakologischen Institute zu Heidel- [BeIrBa)N ea ee te Weiteres über das Thyreoglobulin. Von Dr. med. et phil. A.Oswald, Privatdozenten und Assistenten der medizinischen Klinik in Zürich. (Aus dem chemischen Laboratorium der medizinischen Klinik in Zürich.).. . Untersuchungen über die Stickstoffgewinnung und Eiweils- bildung der Schimmelpilze. Von F. Ozapek. (Ausgeführt mit Unterstützung: der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Litteratur in Böhmen.) vn Seite 359 389 404 411 425 435 481 592 535 VIII Inhalt. B. Kürzere Mitteilungen. Seite 1. Zur Methodik der Kjeldahlbestimmung. Von Carl Neuberg. (Aus dem chemischen Laboratorium des pathologischen Instituts der Universität Berlin) 0 2m a a 2. Über das Schicksal der Rhodanate im tierischen Organismus. Von Leo Pollak, med. cand. (Aus dem pharmakologischen Institute der deutschen Universität zu Prag.) ©... es er 3. Über die Konstitution des Eiweifseystins. Vorläufige Mitteilung. Von E. Friedmann. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Stralsburgi)i sen wa ee ne er NG: 4. Über die Bildung gepaarter Glykuronsäure in der Leber. Von Dr. G. Embden. (Aus dem physiologisch-chemischen Institute zu Stralsburg Nee en ee ne > I rs ie. ' CI .5 1904 Vans Beiträge zur Chemischen Physiologie und Pathologie Zeitschrift für die gesamte Biochemie unter Mitwirkung von Fachgenossen herausgegeben von Franz Hofmeister o. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg II. Band 1. bis 3. Heft (Ausgegeben März 1902) Braunschweig Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn 1902 Inhalt des 1. bis 3. Heftes. Seite I. W. Pauli und P. Rona. Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kolloide. Erste Mitteilung: Verhalten der Gelatine. Ausgeführt mit Unterstützung der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien. Mit 14 Kurvenbildern. (Aus dem Institute für allgemeine und experimentelle Pathologie in: Wioen.) 2: re ee ee N N 1 II. H. Wiener. Über synthetische Bildung der Harnsäure im Tier- körper. Ausgeführt mit Unterstützung der Gesellschaft zur För- derung deutscher Wissenschaft, Kunst und Litteratur in Böhmen. (Aus dem pharmakologischen Institute der deutschen Universität ZU PIaG Er ul ee ee Be en Br SE 42 II. F. Kraus und A. Sommer. Über Fettwanderung bei Phosphor- intoxikation. (Aus der medicinischen Klinik in Graz)... ... 86 IV. E. Petry. Ein Beitrag zur Chemie maligner Geschwülste. Zweite Mitteilung. (Aus der k. k. medizinischen Klinik in Graz). .. 9 V. M. Herzog. Liefert das Pankreas ein Dextrose spaltendes, Al- kohol und Kohlensäure bildendes Enzym? (Aus dem pathologi- schen Laboratorium der Chicagoer Poliklinik). » » »..... 102 VI. H. Sachs. Zur Kenntnis des Kreuzspinnengiftes. (Aus dem Königl. Institut für escperimentelle Therapie in Frankfurt a. M.) 125 VII. W. Hausmann. Zur Kenntnis des Abrins. (Aus dem pharma- kologıschen Institut zu Heidelberg.) . 2 2 2 N 2 2 mE za 134 VII. H. Przibram. Versuch zur chemischen Charakterisierung einiger Tierklassen des natürlichen Systems auf Grund ihres Muskel- plasmas. (Aus dem physiol.-chem. Institut zu Strafsburg und aus der k. k. zoologischen Station zu Triest) ...... EIS Die „Beiträge zur chemischen Physiologie und Pathologie“ erschei- nen in zwanglosen Heften, von denen 12 einen Band von 36 Druck- bogen zum Preise von M. 15, — bilden. Die Ausgabe der Hefte erfolgt nach Maisgabe des einlaufenden Materials in kurzen Zwischenräumen. Die Zahl der in einem Jahre erscheinenden Bände soll zwei nicht überschreiten. Manuskriptsendungen sind an den Herausgeber, Stralsburg i. E., Wimpfelingstrafse 2, zu richten. Bei der Aufnahme von Arbeiten in die „Beiträge“ soll in erster Reihe deren biologisches Interesse, sodann Exaktheit der Durchführung, Sachlichkeit, Knappheit und Übersichtlichkeit der Darstellung mals- gebend sein. Polemische Ausführungen, welche den Rahmen einer thatsächlichen Richtigstellung überschreiten, können nicht Aufnahme finden. Der kurzen Mitteilung neuer Befunde bleibt ein besonderer Raum vorbehalten. Solchen „kürzeren Mitteilungen“ kann ein beson- ders rasches Erscheinen zugesichert werden. Die Mitarbeiter erhalten ein Honorar von M. 40, — für den Druck- bogen und 50 Sonder- Abzüge. . 1. Untersuchungen über physikalische Zustands- änderungen der Kolloide. Erste Mitteilung. Verhalten der Gelatine. Von Dozent Dr. Wolfgang Pauli und Dr Peter Rona. (Ausgeführt mit Unterstützung der Kaiserlichen Akademie der Wissen- schaften in Wien). (Aus dem Institute für allgemeine und experimentelle Pathologie in Wien. Vorstand: Prof. Rich. Paltauf.) Mit 14 Kurvenbildern. Der intime Zusammenhang, welcher zwischen vielen Eigen- schaften der lebenden Substanz einerseits und der organischen, ja selbst anorganischen Kolloide andererseits immer deutlicher hervor- tritt, hat die Untersuchung auf diesem Gebiete in der letzten Zeit immer mehr belebt. Hinsichtlich der organischen Kolloide haben uns «die Forschungen Bütschlis!) namentlich in morphologischer Hinsicht, die Beobachtungen Hofmeisters?) in Bezug auf die Wirkung von Salzen auf die Kolloide, die Versuche Paulis?°) in betref£ der Wasserbindung in organischen Quellstoffen und des unterschiedlichen Verhaltens von Elektrolyten und Nichtelektro- Iyten zu denselben eine Reihe neuer Thatsachen vermittelt. Rode- wald®) hat mit Erfolg die Gesetze der Thermodynamik auf die Quellung der Stärke angewendet. Die Kenntnis der anorganıi- ‚schen Kolloide ist vor allem durch die ausgezeichneten Arbeiten von van Bemmelen), Zsigmondi®), Bredig’), Linder und Pieton®), Lottermoser®) u. a. mächtig gefördert worden. In Bezug auf die Theorie des kolloidalen Zustandes bestehen in zwei- facher Richtung Meinungsverschiedenheiten.. Die einen betreffen den gelatinösen Zustand, auf welchen Hardy!P) die Phasenregel Beitr. z. chem. Physiologie. II. Ä 1 D) W. Pauli und P. Rona, anwendbar erachtet, indem er eine solche Gelatine als streng zwei- phasiges Gebilde ansieht, während vor ihm van Bemmelen und Pauli unabhängig voneinander, der erste auf Grund von Studien der Wasserbindung an der Kieselsäure, der zweite am Leim, das Auf- treten zweier homogener Phasen im Gemisch Kolloidwasser nicht für wahrscheinlich halten. Diese nehmen vielmehr an, dafs inner- haib dieser Gele alle Übergänge von fester bis zu losester Wasser- bindung durch die Kolloidteilchen nebeneinander vorkommen. Den zweiten umstrittenen Punkt bildet die Natur der Kolloidlösung, die einerseits als echte Lösung angesprochen [Zsigmondif], ander- seits — von der Mehrzahl der Forscher — als Scheinlösung, als Suspension feinster fester Teilchen betrachtet wird |Bredig und Coehn, Stöckl und Vanino!!), Lottermoser u. a... Die ein- zelnen Arbeiten sollen, soweit sie die folgenden Untersuchungen berühren, noch nähere Würdigung finden. Die von uns durchgeführten Versuche sind vor allem darauf gerichtet, das einschlägige 'Thatsachenmaterial zu mehren, und be- treffen ausschliefslich das Verhalten organischer Kolloide, die der lebenden Substanz in ihrer Zusammensetzung am nächsten stehen, wie Leim und Eiweils. Sie knüpfen unmittelbar an die früheren Versuchsreihen des einen ?) von uns an und sollen insbesondere die Wechselwirkung kıystalloider und kolloider Stoffe behandeln, deren Kenntnis für den Biologen von unmittelbarer und grölster Wich- tigkeit ist. Denn sämtliche mit „Lebenserscheinungen“ verknüpften Prozesse sind zugleich Änderungen im gegenseitigen Verhalten von krystalloiden und kolloiden Komponenten der lebenden Sub- stanz und viele physiologische und namentlich pathologische Vor- gänge gehen mit auffallenden physikalischen Zustandsänderungen der Kolloide einher. II. Die Wasserbindung in Gelatine wird durch die gleichzeitige Anwesenheit krystalloider Stoffe mächtig beeinflulst. Dieser Ein- flufs tritt in besonders markanter und ausgiebiger Weise hervor in der Änderung, welche Erstarr- und Schmelzpunkt der Gelatine dabei erfährt. So konnte in früheren Versuchen ?) festgestellt werden, dafs die Erstarrpunkte der Gelatine unter dem Einflusse von Salzen selbst innerhalb 40 Celsiusgraden verschoben werden können, ohne dals damit eine Grenze erreicht worden wäre. Zu- gleich liefsen sich zwei Gruppen von Salzen und Nichtelektrolyten ermitteln, die in Bezug auf den Erstarrpunkt der reinen Wasser- Untersuchungen über physikal. Zustandsänderungen u. s. w. 3 gelatine entgegengesetzt wirken. Sulfate, Citrate, Tartrate, Acetate, Glycerin und, wie gelegentlich der vorliegenden Untersuchung kon- statiert wurde, auch Traubenzucker erhöhen — Chloride, Chlorate, Nitrate, Bromide und Jodide sowie Alkohol und Harnstoff er- niedrigen den Erstarrpunkt des Knochenleims. Für die Richtung der Wirkung ist also weder die Fähigkeit der Ionisation, noch die Fähigkeit, flüssige Gelatine zu fällen, einfach bestimmend. So stehen Natrium- und Ammoniumchlorid einander sehr nahe in der Wirkung auf den Erstarrpunkt, während das Ammoniumsalz, im Gegensatz zur Natriumverbindung, in keiner Konzentration die flüssige Gelatine fällt. Natriumacetat und -chlorid sind hingegen beide gelatinefällend, wirken aber auf den Erstarrpunkt der Gelatine in entgegengesetzter Richtung. Diese Eigenschaften der Krystalloide waren zunächst nur für lOproz. Gelatine festgestellt worden, und es war von Interesse, den Einflufs der Konzentrations- änderung der Gelatine auf die relative Stellung der Salze in der obigen Gruppierung kennen zu lernen. Die angewendete Methode war die gleiche wie in der oben erwähnten Arbeit. In einer nach Art des Beckmannschen Apparates zusammengestellten Vorrich- tung wurde Gelatine in bestimmter Menge unter möglichst gleich- gemachten äulseren Bedingungen erhitzt oder abgekühlt und der Moment des Feststeckens des Thermometers beziehungsweise des Abschmelzens der dem Quecksilbergefäls unmittelbar angrenzenden Schicht zur Temperaturablesung benutzt. Die mit dieser Methode gewonnenen Resultate (Mittelwerte aus mehreren Ablesungen) sind bei grofser Übung vollkommen untereinander vergleichbar und genügen für die Sicherstellung der immerhin beträchtlichen Ver- schiedenheiten, die hier vorliegen. Auf einen Punkt sei noch be- sonders aufmerksam gemacht, während weitere Einzelheiten bereits in der früheren Mitteilung enthalten sind. Die krystalloiden Stoffe beeinflussen nicht nur den Erstarrpunkt, sondern auch die Er- starrgeschwindigkeit. Diese beiden Wirkungen kommen in den nach der erwähnten Methode gewonnenen Resultaten vereint zum Ausdrucke, wobei eine Herabsetzung der Erstarrgeschwindigkeit als Herabsetzung des Erstarrpunktes sich äufsert, dessen Bestimmung sonst oft eine mehrere Tage dauernde Abkühlung erfordern würde, während die Einstellung an Schärfe verlöre. III. Untersucht wurden von fällenden Salzen Ammonsulfat, Natrium- acetat, Nätriumchlorid, von nichtfällenden Ammoniumchlorid, und 1* 4 W, Pauli und P. Rona, zwar wurden dieselben zu 5-, 10- und 15 proz. Gelatine in Bruchteilen molekularer Konzentration, das Sulfat in äquivalenter (halbmole- kularer) zugesetzt. Die Resultate sind in den folgenden Tabellen übersichtlich gruppiert und wurden sämtlich auch graphisch in je zwei Kurvenscharen dargestellt, von denen die eine die Variation des Erstarrpunktes für konstante Salz- und geänderte Gelatine- konzentration, die andere für variablen Salz- und konstanten Ge- latinegehalt unmittelbar zur Anschauung bringt. Die Schmelz- punkte wurden in ganz gleicher Weise zusammengestellt. Von den Kurven sind nur einige Beispiele wiedergegeben *). Erstarrpunkte und Schmelzpunkte reiner Gelatine. | Tr ey Bo 2 5 10%, | 15° 17,5 | 21,0 | 25,5 1 a 3% T7aye 5 ‚ iz Ian: T Tea | N Konzentration 18%. MLOYARISDE Schmelzpunkt . 26.1 :29,6 29,42 Konzentration 07 Erstarrpunkt Zusatz von Ammonsulfat. (Gelatine — H | Erstarrpunkte Schmelzpunkte (NH,)SO, I IB SE Re \ DV 10% 15°%/, 5%, 10%, 15%, | ) IITAS 21.0 25,5 96.1 29,6 929,42 0,5 | 18,7 93.6 96.2 98.1 33.05 31,35 1.0 | 19,36 35.5 28,3 29.13 34,96 32,66 1.5 20.93 97.15 30.2 2936 | 36,68 34.13 | l. Die Kurven für konstante Gelatine- und variierende Ammon- sulfatkonzentration zeigen für die höhere Gelatinemenge einen steileren Anstieg der Erstarrpunkte. Für 1Oproz. Gelatine liest die Kurve zwischen der 5 und 15 Proz. entsprechenden etwas näher der letzteren. Die einzelnen Kurven zeigen annähernd geradlinigen Verlauf (Fig. 1 a. £. S.). | 2. Bei variierendem Gelatine- und für jede Kurve konstantem Salzgehalt liegen die Kurven, entsprechend dem wachsenden Salz- *) Die Resultate für 10 proz. Gelatine wurden erolsenteils einer früheren Arbeit entnommen. Da bei den Erstarr- und Schmelzpunktsbestimmungen kleine Änderungen der Versuchsanordnung und die Übung des Untersuchers mitspielen, wurden die Punkte bei NH,Cl-Zusatz zu verschieden konzen- trierten Gelatinen sämtlich neu bestimmt. In den Schlufsfolgerungen ist auf diese Umstände Rücksicht genommen. [us] 1 Untersuchungen über physikal. Zustandsänderungen u. s. w. 31 29 10% 5% 21} 19 19 4; (NH,),SO, + Gelatine (5, 10, 15%) Ja Selatne 2, OE2>S0L E“ IRRE Erstarrpunkte ‚Erstarrpunkte 17 17 | 0 0,5 1,0 1,5 5% 10 % 15% gehalte übereinander, wobei der Erstarıpunkt bis zur 1Oproz. Gelatine rascher wächst, von da ab etwas langsamer. Der Erstarr- punkt salzfreier Gelatine wächst hingegen mit zunehmender Leim- konzentration ungefähr nach einer Geraden (Fie. 2). 3. Der Schmelzpunkt salzfreier Gelatine wächst mit steigender Konzentration anfangs rasch und bis zur 10 proz. Gelatine ziemlich parallel dem Erstarrpunkt. Von da ab bleibt er fast gleich. Dieser Schmelzpunktskurve ähneln diejenigen bei Salzzusatz. Sämtliche zeigen den raschen Anstieg bis zur lUproz. Gelatine, dann Abfall bei weiterem Ansteisen des Gelatinegehaltes, ungefähr in dem gleichen Malse für verschiedene Konzentration des Ammonsulfats (Bier 3.2. /t. S.). 4. Dementsprechend zeigen die Kurven für je gleiche Gela- tine- bei variierender Salzkonzentration, dals sämtliche Schmelzpunkte bei 15 Proz. Gelatine auf einer Kurve zwischen denen von 5 und 10 Proz. Gelatinegehalt ihren Platz finden. Die Schmelzpunkte erhöhen sich mit zunehmendem Salzgehalt anfangs rascher, später langsamer, weshalb sämtliche Kurven gegen die Abszisse konkav 6 W. Pauli und P. Rona, gekrümmt sind, am stärksten bei 5 Proz., am schwächsten bei 15 Proz. Gelatine (Fig. 4). Fig. 3. 38 36 34 en 1,0 32 0,5 30 0 28 L 2 i Gelatine + (NH,),SO, (NH,),SO, + Gelatine Schmelzpunkte Std 26 5% 10 % 15 % Zusatz von Chlornatrium. Gelatine m Erstarrpunkte Schmelzpunkte NaCl \ | 10 | 2 | 5% | 10 | 10% | | | 0 ize 010 20255 61 | 296 | 292 0,5 15,3 | 20,327 2) 7222 2281 | 23935 | 272 1,0 je 219,95 | 19,332 | 20,6 18,98 28,65 95.1 1,5 17.575838 | 18,1 | 18,83 15,13 27,55 23,66 l. Sämtliche Erstarrpunkte für konstante Gelatine- und variable Salzkonzentration liegen auf Kurven, die mit wachsendem Salz- gehalte abfallen, u. z. für niedrige Gelatinekonzentration steiler, für höhere zunehmend langsamer mit wachsendem Salzgehalt, so dafs die l15proz. Gelatine die Erstarrpunkte auf einer gegen die Ab- szisse schwach konvexen, die 10- und 5prozentige auf einer zu- nehmend konkaven Kurve enthält. 2. Die Erstarıpunkte für konstanten Salzgehalt und variable Untersuchungen über physikal. Zustandsänderungen u. s. w. 7 Gelatinekonzentration liegen sämtlich auf Kurven unterhalb der Kurve von salzfreier Gelatine und zwar für wachsenden Salzzusatz entsprechend tiefer. Im Gegensatz zur geraden Erstarrpunktskurve beim Salzgehalt 0 zeigen die Salzgelatinen bei mittlerem Gelatine- gehalt Knickungen, indem der Erstarıpunkt anfangs rascher, später langsamer sich erhebt. 3. Sämtliche Schmelzpunktskurven der Salzgelatinen liegen unterhalb der von reiner Gelatine. Die Schmelzpunkte bei kon- stantem Salz- und variierendem Leimgehalt zeigen durchweg ein Maximum für mittlere Gelatinekonzentration (10 Proz.), für höhere Konzentrationen Sinken des Schmelzpunktes. 4. Dementsprechend liegt die Schmelzpunktskurve bei variieren- dem Salzgehalt für 15 Proz. Gelatine zwischen denen der 5- und 1Oprozentigen. Sämtliche Kurven sind annähernd gerade, die 15 prozentige mit steilstem Abfall. Zusatz von Natriumacetat. Gelatine — | Erstarrpunkte Schmelzpunkte Naacetat | RN RR ED we | 0% | 8 - | 0 Ka 7E3) 1221,00 25,5 26,1 29,61 29,42 0,5 419.087 2 221,6 25,16 27,15 30,43 30,0 1,0 | 20,72 | 230 | 26,1 28,0 31,9 30,63 1,5 1,21: 00% 2224.26). 26:8 29,35 33, 31,6 2,0 | 21,78 24,13 26,4 29,5 34,33 31,4 2,5 1 222,102010°°23;33 26,95 28,68 33,66 31,3 1. Die Erstarrpunktskurven für konstante Gelatine- und variierende Salzkonzentration zeigen entsprechend der geringen Er- höhung des Erstarrpunktes durch dieses Salz — infolge der Un- sicherheit der Methode für den Nachweis geringer Differenzen — kleine Unregelmälsigkeiten, die dennoch deutlich die allgemeine Ähnlichkeit der Kurven, ihre Neigung zu einem Maximum er- kennen lassen. Die Kurven liegen gemäfs dem wachsenden Leim- gehalt übereinander. 2. Für wachsende Gelatinekonzentration und konstanten Salz- gehalt hergestellte Kurven liegen zum Teil so nahe, dafs Durch- kreuzungen vorkommen. Sämtliche Kurven sind annähernd gerade. 3. Sämtliche Schmelzpunktskurven für konstanten Salz- und variierenden Gelatinegehalt liegen oberhalb der Schmelzkurve reiner 8 W. Pauli und P. Rona, Gelatine. Sie zeigen ein deutliches für zunehmenden Salzgehalt immer mehr hervortretendes Maximum bei mittlerer (10 proz.) Gelatinekonzentration. 4. Dementsprechend liegen die Schmelzpunktskurven bei kon- stantem Gelatine- und variierendem Salzgehalt für 15proz. Gelatine zwischen denen von 5- und 1lOprozentigser. Auch hier ist die Bil- dung der diesem Salze eigentümlichen Maxima bei 1,5 bis 2n. Konzentration deutlich wahrnehmbar. Zusatz von Ammoniumchlorid. Gelatine — Erstarrpunkte Schmelzpunkte NH,C a ED NRER BR N RR | \ I 15% 5 10%, | 15%, | | | ; 1,00 | 14,66 197 21,68 23.03 26,21 25,7 2,00 jEsalN6D 16.66 19.35 20.9 24,2 24.15 ).15 3.00 I OD 16.25 13.45 19.9 1: l. Sämtliche Erstarrpunktskurven bei konstantem Gelatine- und variierendem Salzgehalt fallen mit wachsender Salzmenge, ungefähr in gleicher Weise, ab. Sie sind in der Reihenfolge des sinkenden Gelatinegehaltes untereinander geordnet (Fig. 5). 2. Bei konstantem Salz- und zunehmendem Gelatinegehalt zeigen die Kurven annähernd gleiches Ansteigen. Bei mittlerer Salzkonzentration tritt eine geringe Abnahme der Erstarrpunkts- erhebung mit wachsendem Gelatinegehalt hervor (Fig. 6). 3. Sämtliche Schmelzpunktskurven für konstanten Salzgehalt zeigen bei mittlerer Gelatinekonzentration ein mehr oder weniger deutlich ausgeprägtes Maximum (Fig. 7 s. S. 10). 4. Dementsprechend liegt die Kurve für 15 Prozent Gelatine zwischen der 5- und 10 prozentigen, jedoch sehr nahe der letzteren. Dabei zeigen die Schmelzpunktskurven eine auffallende Ähnlich- keit in der Gestalt und einen mälsigen Abfall mit wachsender Salzkonzentration (Fig. 8 s. S. 10). Nach den in obigen Tabellen mitgeteilten Versuchsresultaten ergeben sich folgende Sätze: Durch Änderung der Gelatinekonzentration wird die Gruppie- rung der Salze hinsichtlich der Erhöhung und Erniedrigung von Schmelz- und Erstarrpunkt nicht beeinflulst. Diese Thatsache wurde für fällende und nichtfällende Salze festgestellt. Auch = 26 24 22 20 18 16 14 12 10 Untersuchungen über physikal. Zustandsänderungen u. s. w. 9 hier nimmt Natriumacetat — wie bei 10 Proz. Gelatine — eine Mittelstellung als die Gelatinierung mälsig erhöhendes Salz ein und bietet bei verschiedenen Gelatinekonzentrationen dieselben Eigenschaften der Erstarıpunktskurve, die Bildung eines Maxi- mums, dar. Die Wirkung des Kations tritt gegenüber der des Anions für höhere und niedrigere Gelatinekonzentration ebenso zurück wie für mittlere. Natrium- und Ammoniumchlorid stehen sich auch hier in der Wirkung sehr nahe, wiewohl das Natriumsalz fällt, während das Ammoniumsalz dies in keiner Konzentration thut. Die Verschiebungen der Erstarrpunktskurven von Salzgelatinen durch Variationen des Gelatinegehaltes erfolgen angenähert in Mafs und Richtung ebenso wie bei reiner Gelatine. Fie. 5. | 15 % 10% 4 NH,Cl + Gelatine Erstarrpunkte 5% 1,0 2,0 3,0 30 28 26 24 22 20 18 16 14 10 W. Pauli und P. Rona, Für konstanten Gelatine- und geänderten Salzgehalt stimmen die Schmelzpunktskurven in der Form mit den Erstarrpunktskurven überein, d. h. der Salzgehalt wirkt auf Erstarr- und Schmelzpunkt in gleichem Sinne. Nur rücken die Erstarr- und Schmelzpunkts- kurven bei ähnlicher Form für die höhere Gelatinekonzentration zusammen, wobei nicht die Erstarrpunkte höher, sondern die Schmelzpunkte tiefer liegen. Dies tritt deutlich an den Kurven von konstantem Salz- und variierendem Gelatinegehalt hervor. In diesem Falle sind die Erstarrpunktskurven annähernd gerade, wäh- rend die Schmelzpunktskurven gegen die Abszisse konkav gekrümmt sind und oft ein Maximum zeigen. Auch die Schmelzpunktskurven für zunehmenden Gelatine- und konstanten Salzgehalt zeigen allgemeine Änlichkeiten in der Är I 109) IK 15% IL — | NH,Cl + Gelatine — Schmelzpunkte | i 5% JE IL ——+ —: = 1,0 2,0 3,0 Untersuchungen über physikal. Zustaudsänderungen u. s. w. 1l Form. Bei höherem Salzgehalt scheinen die Maxima deut- licher zu werden. Die Eigentümlichkeit der Schmelzpunktskurve der reinen Gelatine im Gegensatz zur Erstarrpunktskurve, gegen die Abszisse konkav gekrümmt zu sein, welche einer raschen Abnahme der Schmelzpunktserhöhung mit wachsendem Leimgehalte entspricht, tritt also auch an Salzgelatinen hervor. Die Erscheinung, dafs das Erstarren und Schmelzen in verschiedener Weise mit der Konzentration der Gelatine zusammenhängt, spricht dafür, dals die Prozesse nicht auf einem Wege, der in entgegengesetzter Richtung durchlaufen werden kann, sondern auf verschiedenen Wegen, die die Endstadien verbinden, vor sich gehen. Offenbar ist eine schmelzende Gelatine, welche eben noch nicht flüssig ist, ver- schieden von einer sonst gleichen (hinsichtlich der Konzentration, Temperatur), die auf dem Wege der Erstarrung sich befindet. Die von der Gelatine bereits durchlaufenen Zustände haben einen ver- schiedenen Einflufs auf den jeweiligen Zustand derselben. Eine ähnliche Erscheinung hat v. Bemmelen!?) bei der Entwässerung und Wiederwässerung von Kieselsäuregallerten bei Änderung des Dampfdruckes beobachtet und als Hysteresis bezeichnet. Die bei zunehmendem Wassergehalt der Kieselsäure gewonnene Dampf- druckkurve verläuft anders als bei abnehmendem Wassergehalt. IV. Mit Rücksicht auf die biologischen Verhältnisse, bei denen es sich niemals um die Einwirkung eines einzelnen Elektrolyten oder Nichtelektrolyten auf die Zustandsänderung von kolloiden Stoffen handelt, sondern die Kolloide in einer Mischung von ver- schiedenen Elektrolyten und Nichtleitern enthalten sind, ist die Ermittelung der Gesetze, nach welchen verschiedene Krystalloide vereint auf die Zustandsänderung kolloider Substanzen einwirken, von besonderer Wichtigkeit. Es mufsten demnach für die Gelatine die früheren Versuche in dieser Richtung ergänzt werden, und so wurde zunächst das Erstarren und Schmelzen der lOproz. Gelatine bei Gegenwart zweier verschiedener Krystalloide und zwar in äquivalenten Konzentrationen untersucht. Die möglichen Kombina- tionen von zwei Elektrolyten, und zwar von solchen mit gemein- samem, solchen mit verschiedenem Ion, solchen von hemmender und begünstigender Wirkung auf das Erstarren und solchen mit leimfällenden Eigenschaften, dann das Zusammenwirken von ioni- 11% W. Pauli und P. Rona, sierten mit nichtionisierten Stoffen und von nichtionisierten unter- einander wurde einer Prüfung unterzogen. Untersucht wurden A. Salze mit gemeinsamem Ion. Wertigkeit Salzpaar | Erstarrung Fällung de | BrNavam or Ur re hemmend _ I Na-acetatıy. vo || fördernd En I MeSO, Mm Eee fördernd En M | MoaOlsse- ne NE N | hemmend — II MC RL NEN, | hemmend — 1 NONIET Open hemmend — I \ B. Salze ohne gemeinsames Ion. MB TAER a hemmend — 1l BrNarn a RA hemmend — il MESON RR A fördernd - II Bi Nasa NE hemmend En | I BRNa-.at I II Dre hemmend — I RICH a a hemmend — I C. Elektrolyte und Nichtelektrolyte. LlannS org hemmend _ KEET Bea hemmend a. I Harnstoff sm. San ee: hemmend | - M&SIOG TE LU fördernd r 1 Haunstoieg ee hemmend | —_ Br, Nay ee eh ae Pr hemmend | — | I Dextrosenen ser ee | fördernd — | MS Oy er a fördernd | 4 | II Dextimoses ne EEE | fördernd — KCl | hemmend | — | I Dexitrosem Au ee | fördernd — BrNa. | hemmend | — I D. Nichtelektrolyte. Dextrose fördernd | _ | Hatnstolk 3. 2er | hemmend —_ | os Untersuchungen über physikal. Zustandsänderungen u. s. w. Ile Sämtliche Resultate wurden zur besseren Beurteilung graphisch dargestellt, und zwar entsprechend jeder Tabelle zwei Kurven- scharen für zwei Stoffe a und b, wobei die eine Reihe aus a-Kurven (Variation der a-Konzentration für je einen konstanten b-Gehalt), die andere Reihe aus entsprechenden b-Kurven besteht. Gruppe A. Il. BrNa und Na-Acetat. a Erstarrpunkte Schmelzpunkte BrNa ER Pr er SR BEE N FR) ll: \ "00 | 10 12209,,2.52111.0.0 1.052 07,02 0.152 on | | | | | | l An j | | | 0,0 | 21,00 21,6 | 23,0) 24,261 24,73) 23,33] 29,61| 30,43) 31,9 | 33,6 | 34,33) 0,5 | 13,4 115,9 | 16,1) 16,65 16,8 | 17,65.| 22,56 22,65| 28,3 | 24,5 | 25,55 1,0 74 \11,0 \ 10,7) 10,95 11,0 | 11,75| 16,7 | 19,05| 16,75) 19,05 17,7 | 1,5 a7 1) 3.75 26.0, 5,81, 75 11,75, 12,5 1.10.22 107 2,0 35 10097722 555.202, 7705, 0827032 67 | | | | A. Bromnatrium hat einen mächtigen Einfluls auf die Na- triumacetatkurven. (Vgl. Fig. 9 auf S. 14.) Sämtliche Kurven werden unter den Gelatiniergrad reiner Gelatine herabgedrückt, wiewohl Natriumacetat den Erstarrpunkt erhöht. Die Herabsetzung (des Gelatinierpunktes ist annähernd pro- portional dem Bromidzusatze, nur bei sehr hohem Bromidzusatz (2,0.n.) ist sie stärker ausgeprägt. Sämtliche Acetatkurven ähneln bei Bromidzusatz in ihrem flachen Anstieg der reinen Acetatkurve, doch erfolgt der Anstieg bis 0,5n. etwas rascher, so dafs eine leichte Knickung der Kurven resultiert. B. Natriumacetat hat einen geringen, jedoch deutlichen Ein- fluls auf die Bromnatriumkurve. Sämtliche BrNa +. Na-acetatkurven liegen höher als die reine Bromnatriumkurve, wobei jedoch die Variation der Natriumacetat- konzentration über 0,5n. keine erhebliche Verschiebung bedingt, so dafs die Kombinationskurven beinahe zusammenfallen. Sämtliche BrNa + Na-acetatkurven zeigen jene steile Senkung wie die reine Bromnatriumkurve. 14 W. Pauli und P. Rona, HJ. M&SO, + MgCl.. Die Kombination M&sSO, + MsC], zeigt die verstärkte fällende Wirkung des Magnesiumsulfats bei Zusatz des Salzes mit gemein in Ar 10.29» 0,0 BrNa 0,5 BrNa 1,0 BrNa 15 BrNa 2,0 BrNa Natriumac 0 0,5 1,0 1,5 2,0 25 na. Bo | samem Ion. Diese Erscheinung, welche an Eiweilsfällungen bereits früher festgestellt und mit der Zurückdrängung der Disso- ziation in Verbindung gebracht worden war, konnte also auch an Gelatine beobachtet werden. Bestimmungen des Gelatinierpunktes Untersuchungen über 'physikal. Zustandsänderungen u. s. w. 15 entfielen hier infolge der Niederschlagsbildung. Dem Maenesium- ehlorid kommt keinerlei fällende Wirkung zu *). II. MeCl,-+NH,C. Erstarrpunkte | Schmelzpunkte NH,C \ \00 | 05 | 10 15 | 20 | 25 | 00 | 05 | 1.0 | 1,5 | 20 | 2,5 | 0,0 21.00 19,6 117.8 |16,8 14,1512,2 |29,6 27,5 24,1 [25,1 23,7 |20,1 0,5 19,23 18,5 |16,25112,55| 9,85) 9,95[28,46 26,75[21,75/20,8 |14,95|13,8 1,0 18,7 |17,2 16,05|11,85, 9,0 | 6,65[97,4 122,9 122,6 |17,5 113,75) 7,65 1.5 17,6 17,4 115,9 |10,8 |10,0 | 4,85]26,76 21,0 |20,5 |16,75113,8 | 7,75 3,0 16,1314,8511,9 | 9,45. 6,5, 2,95]26,00 20,0 117,8514,2 112,5 | 8,75 2,5 13,9 12,5 10,0 | 7,8 4,75] 2,5 [24,06118,6 |15,3 113,5 |14,15/ 4,05 | | | | Das reine (früher nicht untersuchte) M&Cl, steht in seiner Wirkung — in äquivalenten Mengen zugesetzt — den Chloriden ein- wertiger Metalle sehr nahe und bestätigt somit den Satz, dals unter diesen Umständen den Gelatiniereffekt hauptsächlich das Anion bestimmt. Sämtliche NH,CI-Kurven liegen bei Zusatz von MgÜl, unter- halb der reinen N H,CI-Kurve. Von vereinzelten Abweichungen abgesehen, die nach ihrer Art der Ungenauigkeit der Methode zur Last gelegt werden müssen, wächst der Einflufs des MgCl,- Zusatzes mit dessen Konzentration proportional. Das Gleiche gilt in allen Punkten für den Einflufs des N H,Ol-Zusatzes auf die Me Ol,-Kurven. Gruppe B. IV. BrNa+ MgsQl,. A. Bromnatrium hat einen mächtigen Einfluls auf die Mg C],- Kurven, indem sämtliche Kombinationen viel tiefer als die reine MgCl,-Kurve liegen. Dieser Einflufs ist annähernd proportional dem Bromidzusatz. Sämtliche M&Cl,-Kurven haben ähnliche Ge- stalt, nur zeigen sie mit zunehmendem Bromidgehalte eine deut- *) Die diesfällige anders lautende kurze Angabe‘ in einer früheren Arbeit ist einem Versehen zuzuschreiben. 16 W. Pauli und P. Rona, licher werdende Umkniekung (bei 0,5n. MgCl,) nach anfänglich leichter Erhebung. | lem | BES, > DS | [> u oe — | 2, ten se au 2 ea ENTE = S IM C Sl ri Mg AR | Erstarrpunkte Schmelzpunkte \ | 00 | 05.) 10115 | 20 25 | 00 05°) 10.1.175. 850 | j 0,0 ı 210 | 19,6 | 17,8 | 16,8.| 14,15] 19,2 | 29,6 | 97,5 | 24,1 | 95,1 | 23,7 0,5 | 13,4 | 12,85| 12,75) 8,85] 6,05] 3,7 | 22,56) 21,1 ! 18,25| 16,25) 194 1,0 In754 a 4.2 1,45|—4,5 | -10.15] 16,7 | 12,0 8855] 90 82 \ } 1,5 2,53 1,0 4,551 2653| 102 |-165| 75 | 55 | 15 Pro. zu 2,0 1970 [27,0. 12,3 160. | pe co | 02 Fon See | diekflüssio | MeCl — Ä S Br Na Erstarrpunkte Schmelzpunkte \ 3.0 3.5 4.0 3.0 3,9 4,0 0,0 12.0 6,9 4.0 19.2 15.75 14,3 B. Magnesiumchlorid hat einen deutlichen Einflufs auf die Br Na-Kurve im Sinne einer Verstärkung der Bromidwirkung, welcher mit der Konzentration ein wenig zunimmt. Nur in der schwächsten Konzentration (0,5n.) erhebt sich die Kombinationskurve in ihrem weiteren Verlaufe über die Br Na-Kurve, sonst liegen alle Me Cl,- Kombinationskurven unterhalb der reinen Bromnatriumkurve Es liest also eine Summierung der das Gelatinieren hemmenden Wirkung vor und zwar annähernd eine algebraische, da die Kom- binationskurven ähnliche Gestalt und ungefähr parallelen Verlauf zur reinen Bromnatriumkurve zeigen. V. BrNa+ MeSO.. M&S0, — DER SENT ; Br Na Erstarrpunkte Schmelzpunkte \ 00 oo | 1,5" 1]. 00: | vo5 0] Vo | | 0,0 21,0 | 2347| 24,73 De 29,61) 33,78| 34,73| 36,4 0,5 13,4 16,7 17,75 |. 14,0 32,56|. 23.251 247 24,75 1,0 a, 12,35) 13,35| 167 |. 1875|. 165 | 19,15 1,5 u 4 505| -835| 75 | 12,05). 109 |. 12,95 2,0 og. De = — 2. i .. 30 26 22 18 10 -10 Untersuchungen über physikal. Zustandsänderungen u. s. w. 17 A. Bromnatrium hat einen bedeutenden Einflufs auf die MsSO,-Linie, indem sämtliche Kombinationskurven unterhalb der reinen Sulfatlinie liegen. Der Einflufs ist annähernd proportional Fig. 10a. Fig. 10b. 0,0 BrNa 30 0,5 BrNa | | 2,0 BrNa 0 0,5 1,0 ID dem Bromnatriumgehalt. Sämtliche Kurven sind ansteigend, zu- meist anfangs etwas rascher, und ähneln der reinen Mg SO, -Linie. B. Auch das Magnesiumsulfat prägt seine Wirkung sehr merklich den Bromnatriumkurven auf. Sämtliche Kurven liegen Beitr. z. chem. Physiologie. II. 2 1,5 MgSO, 1,0 MgSO, 0,5 Mg > ®2 0,0 Mg S O; Ir FB 18 W. Pauli und P. Rona, höher als die reine Br Na-Kurve, und zwar umso mehr, je höher der MgSO,-Zusatz, dabei kehrt die Form der reinen BrNa-Linie in den Kombinationskurven, von einer Störung in einem Punkte ab- gesehen, wieder und die letzten sind der ersteren parallel. Es tritt also wiederum eine annähernde algebraische Summierung des Gelatiniereffektes auf, wenn man hemmende und fördernde Wirkung mit entgegengesetztem Vorzeichen betrachtet. Die Anfangsstücke aller Bromnatriumkurven bei Mg SO,-Zusatz liegen oberhalb der Linie des Erstarrpunktes der reinen Gelatine, die von sämtlichen Kurven geschnitten wird. Es giebt also eine Serie von Kombinationen von M&SO, + BrNa, die den Gelatinier- punkt nicht beeinflussen. VI. BrNa + KÄı. Role R J BrNa Erstarrpunkte Schmelzpunkte | IN er] = ee 1 100105 | 10 | 15 | 2000| 05 | 10 | 15 | 20 0,0 21,0. | 19,22] 17,4 15,46 12,63| 29,6 | 28,33] 26,0 24,43 21,53 0,5 13,4 | 13,65 10,15 8,751 6,9 | 22,56) 19,6 | 14,8 | 14,0 | 14,1 1,0 74| 45| 475 30 09 | ı67 | 1325| 9,75 9,75) 6,6 15 19,55—4,5 7,458,6 -13,95| 7,5 |—1,25|—2,15—2,75| 10,25 9,0 97 88 | 1483| | | 029,8 12,25 a A. Der Einflufs des Bromnatriums auf die KCl-Kurven ist ähnlich dem auf M&Cl,. Sämtliche Kurven liegen unterhalb der reinen KCI-Kurve, annähernd proportional dem Bromidzusatze herab- gedrängt. Ähnlichkeit der Gestalt, ungefährer Parallelismus be- stehen auch hier, so dals man von einer Summierung des Effektes auf den Gelatinierpunkt sprechen kann. Leichte Krümmungen im An- fangsteile bestehen auch bier bei geringem Bromidzusatz (0,5 bis 1,0n). B. Auch für die Bromnatriumkurven besteht hinsichtlich des KCI-Zusatzes eine Ähnlichkeit mit denen bei Mg Cl,-Kombinationen. Für 0,5n. KOl-Lösung besteht gleichfalls ein Schnittpunkt mit der reinen Bromnatriumkurve, bei höheren KÜOl-Zusätzen liegen jedoch sämtliche Kurven unterhalb der reinen BrNa-Kurve, und zwar annähernd proportional der zugesetzten Menge. Ähnlichkeit der ‚Kurvengestalt und ungefähr paralleler Verlauf sind auch hier vor- handen, wodurch die Summierung des hemmenden Gelatinier- effektes graphisch zum Ausdruck kommt. _ Untersuchungen über physikal. Zustandsänderungen u. s w. 19 Gruppe C. Vll. Harnstoff und KÜl. wu N Erstarrpunkte Schmelzpunkte \ 002 0:5. 1.2.08 21:5.122/021.0.02 205 | 02152090 | | | | 0,0 21,0 19,22 17,4 | 15,46 12,63 | 29,61 28,33 26,0 |24,43| 21,53 0,5 18,76 17,4 15,1 12,75 | 9,75128,06 |24,45 22,0 |18,5 | 14,75 1,0 14,93|15,8 |11,95| 9,8 | 6,65|248 |19,85|19,0 |15,4 | 11,75 1,5 125 131 | 95 | zz | 5,4 [21,96 16,25 |15,6 |10,15| 8,75 2,0 913| 95 | 915, 51 | — [20,06 15,1 |150 | 86 | — Sämtliche Chlorkaliumkurven liegen bei Zusatz von Harnstoff unter der reinen Ohlorkaliumkurve, und zwar um so tiefer, je grölser der Harnstoffzusatz. Die Kurven zeigen für mittlere Konzen- trationen annähernd parallelen Verlauf. Nur im Anfangsteile treten bei 0,5n. K Cl-Gehalt Knickungen auf. Demgemäls liegt die Harn- stoffkurve bei 0,5n. KCl-Zusatz oberhalb der reinen Harnstoffkurve, während die Harnstofflinien für höheren K Cl-Zusatz annähernd parallel unter der reinen Harnstoffkurve liegen. Also für K Cl-Zu- satz über 0,5n. tritt deutliche Summierung der Harnstoff- und KCI- Wirkung auf. Fig. 11b. 1,5 MgSO, 1,0 Ms&SO, | 0,5 MgSO, 20 W. Pauli und P. Rona, VII MgsSO, und Harnstoff. ae En A Erstarrpunkte Schmelzpunkte 0 0,0 0,5 | 1,0 | 1,5 0,0 0,5: 02 | | | | | 0,0 21,0 | 23,47 | 2473 | 26,35 | 29,6 | 33,78 | 34,73 | 36,4 0,5 18,76 | 209 |224 |235 I 2806 283 | 28,85 | 29,7 1.0 14,98 | 190 )200 219 |aus | 23,25 |2s,6 | 26,25 1,5 125 |1715 |18925 200 | — | 22,15 | 25,05 | 25,95 20 | 918 | 14,55: 165 | 1806 | — | 19,25 | 18,25 | 21,25 Diese Versuche lassen die algebraische Summierung der ent- gegengesetzten Wirkungen — das Salz befördert, der Harnstoff hemmt das Gelatinieren — besonders schön hervortreten. Sämtliche M&SO,-Kurven mit Harnstoffzusatz verlaufen an- steigend wie die reine Sulfatkurve, und zwar unterhalb derselben, und liegen proportional der zugesetzten Menge untereinander, so dafs ein Teil der Kurven oberhalb, ein Teil unterhalb des Er- starrungspunktes der reinen Gelatine liegt. Die diesem entsprechende Abszisse wird von zweien der Kurven geschnitten. (Fig. 11b.) Sämtliche Harnstoffkurven mit M&SO,-Zusatz verlaufen ab- fallend und parallel zur Harnstofflinie oberhalb derselben, und zwar ganz entsprechend dem Salzzusatze, übereinander, so dafs sie zum Teil mit ihren Anfangsstücken oberhalb der Erstarrpunktshöhe der reinen Gelatine liegen und die zugehörige Abszisse sämtlich schneiden. (Fig. 11a.) Auf den Kurven läfst sich unmittelbar eine Reihe von Mischungen von Harnstoff + M&SO,-Gelatine absehen, welche den gleichen Erstarrpunkt wie reine Gelatine aufweisen. Die- selben sind für die ermittelten Kurven: 0,5 M&SO, —+ 0,5 Harnstoff 1,978, 9 ö 1,0 ” => 0,8 ” 1592 uns Sal 2D Es braucht nicht erst hinzugefügt zu werden, dals die Zahl der für das Gelatinieren wirkungslosen Kombinationen eine unendliche ist, indem man aus dem Verlaufe der durch die Beobachtung sichergestellten Kurven schliefsen kann, dafs einer jeden Harnstoff- konzentration eine paralysierende M&SO,-Konzentration entspricht und umgekehrt. Untersuchungen über physikal. Zustandsänderungen u. s. w. Dil. IX. BrNa und Harnstoff. 2: Erstarrpunkte Schmelzpunkte \ 002 05. tor ws | 00 | 05 | 10 | 15 0,0 OO, 1 13410 10 704 er 29,6 | 22,56 16,7 7,5 0,5 18,76 1395| 69 | 05. | 28,06 | 19,2 | 13,0 2,75 1,0 14,93 | 11,0 2,05 |—1,0-| 24,8 | 18,25 | 12,6 Ill 15 135 | 70.1 0,6 126 21,96. 1075... 432 0.75 | | A. Der Einflufs des Bromnatriums auf die Harnstoffkurven ist ähnlich dem auf die Chloridkurven. Namentlich bei mittlerem Harnstoffgehalt besteht Parallelismus und Ähnlichkeit mit den reinen Harnstoffkurven. Die Bromidwirkung ist dann proportional dem Bromidzusatz Am Anfange der Kurven ist aber die Wirkung geringer, so dals leichte Knickungen entstehen. i B. Auch der Einflufs des Harnstoffs auf die Bromidkurven zeigt den Effekt der summierten Wirkung, indem diese tiefer liegen als die reine Bromidkurve, nur für 0,5 Harnstoff besteht ein Schnittpunkt und die Kombinationskurve liest zum Teil unter, zum Teil oberhalb der reinen Bromnatriumlinie. X. Dextrose und MsSO.. NSS Erstarrpunkte Schmelzpunkte Dextrose | | | \ Dos 02 10 0 15200 | os I an 38 00 .101,0 | 2347 | 2473 | 26,35 | 29,6 | 33,78 | 3473 | 364 0,5 22,5 931 23088 7949 29,45 | 30,0 30,25 | 32,7 10 |228 |240 | 219 | 255 |974 | 29,75 | 296 | 31,75 18 Il 22,85 | 2,36 | 2329, 2251 30,35 | 30,0 29,6 31,6 2,0 22,85 | 24,05 | 23,8 | A | 20 ee | Lo | XI. Dextrose und KCl. Al Erstarrpunkte Schmelzpunkte Dextr. & \ 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 99 W. Pauli und P. Rona, XD. Dextrose und BrNa. Bell Erstarrpunkte Schmelzpunkte Dextrose v 0,0 | 0,5 | 1,0 | 1,5 0,0 0,5 1,0 | 1,5 0,0 21,0 15,4 95311026 22,56 | 16,7 7.) 0,5 22,5 15,3 9,4 | 5,6 29,45 | 22,15 | 16,25 | 11,25 1,0 22,8 | 14,85 | 9,65 | 5,65 | 27,4 23,25 18,25 9.6 15 22,85 | 165 | 10,35 | 5,3 | 30,85 | 240 | 16,5 8,0 Fig. 12 Ur. 0,5 BrNa 1,0 BrNa Von sämtlichen Kombinationen von Dextrose mit den erwähn- ten Elektrolyten gilt Ähnliches, wie früher für die Kombination des Harnstoffes mit den gleichen Salzen ausgeführt wurde, nur werden die Resultate durch einige Umstände weniger deutlich und auffallend. Untersuchungen über physikal. Zustandsänderungen u. S. w. 233 Der Traubenzucker übt ähnlich wie Glycerin und im Gegen- satze zu Harnstoff und Alkohol eine das Gelatinieren fördernde Wirkung aus, doch ist diese Wirkung geringfügig, indem sie für 1,5 n. Lösung nur etwas über 1° C. beträgt. Es liegen demnach die Kurven mit variierendem Salz- und konstantem Zuckergehalt nahe bei einander; hingegen lassen die Zuckerkurven unter dem Ein- flusse des Salzzusatzes die Parallelverschiebung deutlich erkennen. Es braucht nicht erst besonders hervorgehoben zu werden, dafs die Zuckerkurven mit hemmenden Salzen oberhalb, die mit för- dernden unterhalb der reinen Zuckerkurve „elegen sind. Auch das Auftreten von Schnittpunkten mit der Abszisse der Erstarr- temperatur reiner Gelatine ist an den Salzen KCl und NH,CI nachzuweisen. Ein Umstand, der besondere Erwähnung verdient, ist der fol- sende. Die Gelatinesalzmischungen enthalten im allgemeinen in- folge der geringen Volumänderung durch die zugesetzten Salze annähernd gleiche Mengen Lösungsmittel im gleichen Volumen. Der Traubenzucker, welcher das Volumen stark beeinflufst, wurde in gleiche Mengen Lösungsmittel (100 cem für 10g& Gelatine) ein- gebracht. In Lösungen von äquimolekularen Mengen in gleichem Gesamtvolumen würde dessen Gelatinierpunktserhöhung, da die Gelatinemenge im Verhältnis zum verfügbaren Lösungsmittel mit zu- nehmendem Traubenzuckerzusatz zugleich rasch anwächst, eine viel bedeutendere gewesen sein. XII Dextrose und Harnstoff. Dextrose — | Erstarrpunkte Schmelzpunkte Ur. Do | | v IU70= 5 0'D ERO l.522:021.20:02 0,52 210 se 0 | | 0,0 121,0 29,5 |22,8 22,85 | 22,82 | 29,6 29,45 27,4 30,85 [27,1 0,5 | 18,76 | 22,65 20,95 | 20,95 20,9 | 28,06 25,25 | 24,8 27,1 26,5 1,0 14,93 | 18,6 |19,45 | 18,05 19,7 |24,8 |24,25 22,95 22,6 23,9 15 | 12,5 ‚14,5 17,4 |16,95 | 18,4 | 21,96 | 20,25 | 23,35 | 20,55 [20,55 2,0 \ 9,13 |13,0 |14,15 15,4 | 17,55|20,06 18,25 18,6 | 17,5 [18,35 | Auch für diese Kombination von Nichtelektrolyten gilt das für die Zuckermischung Gesagte. Infolge der ausgiebigeren Harn- stoffwirkung tritt die Parallelverschiebung an den Zuckerkurven mit Harnstoffzusatz viel besser in Erscheinung. Die Harnstoff- 24 W. Pauli und P. Rona, kurven liegen zum Teil oberhalb, zum Teil unterhalb der Abszisse der Erstarrpunkte für reine Gelatine. Auch zwischen diesen ein- ander entgegenwirkenden Kıystalloiden lassen sich beliebige wir- kungslose Kombinationen zusammenstellen. Schmelzpunkte. Die Schmelzpunktskurven zeigen, wie zu erwarten war, in genügender Übereinstimmung die analogen Verhält- nisse wie die Erstarrpunktskurven (Fig. 14 zeigt die Schmelzpunkts- kurve für Kel- und Harnstoffzusatz), entsprechend dem Umstande, dafs in den vorliegenden Versuchen nur der Salzgehalt und nicht auch die Gelatinekonzentration geändert wurde. Nur für variieren- den Gelatinegehalt konnten, wie Fig. 14. oben ausgeführt, Abweichungen der Erstarr- und Schmelzkurve festgestellt werden. Zusammenfassung der Resultate. Für die Wirkung von Mischungen krystalloider Stoffe auf den Gelatinierprozels scheint nach den unter Berück- , sichtigung.der verschiedenen Eigen- “ schaften derselben ausgeführten Versuchen einzig und allein der Gelatiniereffekt jedes einzelnen der Stoffe von bestimmendem “ Einflusse zu sein. Ob derselbe hemmt oder fördert, stets ist die algebraische Summe dieser Wir- kungen das Resultat. Dement- sprechend lassen sich aus gegen- ‘ wirkenden Stoffen wirkungslose Kombinationen in beliebiger Zahl herstellen. Dieses Gesetz, welches man auch so formulieren könnte, dals die Stoffe unabhängig von- einander das Gelatinieren beeinflussen, liefs sich, von geringen Ab- weichungen abgesehen, die der Methode zur Last gelegt werden müssen, für mittlere Konzentration der zugesetzten Krystalloide ausnahmslos feststellen. Ein Einflufs der Änderung der Dissoziation auf das Gelatinieren durch Kombination von Stoffen mit gemein- samem Ion konnte nicht nachgewiesen werden, während die Fällung der Gelatine unter denselben Verhältnissen mächtig beeinflufst wird. Kombinationen von fällenden und nichtfällenden Salzen, von | Ä | l Untersuchungen über physikal. Zustandsänderungen u. s. w. 2% Leitern und Nichtelektrolyten, wie von Nichtelektrolyten unterein- ander, folgen, wie es scheint, in gleicher Weise dem obigen Gesetz. Der Satz, dals die Stoffe unabhängig voneinander das Gelati- nieren beeinflussen, zeigt eine formale Ähnlichkeit mit dem Daltonschen Gesetz. Auch bei einem Gasgemisch ist der Druck desselben gleich der Summe der Drucke der einzelnen Gase. Während aber für ein und denselben Stoff die Wirkung auf das Gelatinieren angenähert proportional der Konzentration — also auch mit dem (osmotischen) Drucke — wächst, wirken äquimole- kulare Lösungen verschiedener Stoffe in Bezug auf das Gelatinieren nicht in gleichem Mafse und Sinne, da es entgegengesetzt wir- kende Stoffe giebt. Die Richtung und Gröfse der Wirkung ist somit eine rein konstitutive Eigenschaft. Der Ähnlichkeit im Ver- halten von Gasgemischen einerseits und dem der Mischungen von gleichsinnig— fördernd oder hemmend — wirkenden Stoffen anderseits steht der Unterschied beim Zusammenbringen entgegenwirkender Stoffe gegenüber. Das Zusammenwirken mehrerer Krystalloide bei den Zustands- änderungen der Kolloide folgt abhängig von der Art dieser Zustandsänderung durchaus verschiedenen Gesetzen. So stehen die obigen Sätze, die das Gelatinieren betreffen, in auffallendem Kon- traste zu den für die Beeinflussung der Hitzegerinnung der Eiweils- stoffe von Pauli?) ermittelten interessanten Wechselwirkungen verschiedener Salze und des Eiweilses. In den folgenden Ver- suchen liefsen sich auch an den Elektrolytfällungen des Leimsols in dieser Hinsicht einige Besonderheiten feststellen. V. In weiteren Versuchen wurde die Fällung flüssiger Gelatine | durch Salze nach einigen Richtungen geprüft, ein Vorgang, der von dem Gelatinierungsprozels unter dem Einflusse von Salzen streng zu unterscheiden ist. So wird das Gelatinieren durch Nichtelektrolyte: ebenso wie durch Elektrolyte bald gefördert, bald gehemmt; die Fällung der Gelatine kommt hingegen von den Krystalloiden nur den Elektrolyten zu. Fällende Elektrolyte können auf den Gela! tinierungsprozels in entgegengesetzter Richtung sowohl hemmend als fördernd wirken, wie dies die Chloride des Kaliums und des Natriums für den ersten Fall, die Sulfate, Acetate, Citrate für de zweiten Fall zeigen. Auch die Versuche über das Zusammenwirken verschiedener 96 W. Pauli und P. Rona, Kıystalloide bei dem Fällungsprozesse lassen den Unterschied dieses Vorganges gegen das Gelatinieren scharf hervortreten. So wurde in den obigen Versuchen die algebraische Summierung des Gela- tiniereffektes der Krystalloide von einer gleichzeitigen Dissoziations- änderung in weitem Mafse unabhängig gefunden. Anders bei der fällenden Wirkung von Salzkombinationen. Zusatz von MgCl, zu MsSO, setzt z. B. die Fällungsgrenze des letzteren in der Wärme von 2,0. n. auf 1,0 n. herab. Zugleich zeigt dieser Versuch, dafs selbst beim Gelatinieren verflüssigend wirkendes Salz, sobald es nur die Dissoziation herabsetzt, die feste Abscheidung der Gelatine begünstigt. Das gleiche Verhalten wie MsCOl, zeigen Bromide, welche beim Gelatinieren noch stärker verflüssigend wirken. Eine durch 2,0 n. MgSO, hervorgerufene Gelatinefällung wird bei An- wesenheit von BrK oder BrNa keineswegs geringer. Hingegen giebt eine 4,25 n. NaCl-Lösung, welche in der Wärme eine zarte Trübung der Gelatine erzeugt, bei gleichzeitiger Anwesenheit von 1,0 n. BrNa sofort eine starke Trübung, während die Bromide des K und NH, bei derselben Konzentration keinen merklichen Ein- fluls auf die fällende Wirkung des NaCl ausüben. War somit durch frühere Versuche von Pauli?) für die fällende Wirkung der einzelnen Salze bei Gelatine dieselbe Reihenfolge gefunden worden, wie sie für verschiedene andere Kolloide von Hofmeister aufgestellt worden ist, so zeigten die Versuche bei Salzkombinationen eine vollständige Übereinstimmung mit den von Pauli an Eiweils- körpern gemachten Erfahrungen hinsichtlich des Einflusses der Dissoziation auf den Fällungswert ”). v1. In hohem Grade bemerkenswert, in ihrem Wesen allerdings schwieriger zu beurteilen, erscheinen die Wirkungen von Nicht- elektrolyten auf die leimfällende Kraft von Elektrolyten. Untersucht *) V. Rotmund (Zeitschr. f. physikal. Chem. 33, 401) hat ohne Kennt- nis der früheren Arbeiten von Hofmeister'und Pauli gelegentlich der Untersuchung der Löslichkeitsänderung des Phenylthiokarbamids durch Salze ähnliche Gesetzmälsiekeiten in der Reihe der Fällungswerte der Salze gefunden, wie sie bereits für organische Kolloide konstatiert worden sind. (Man vergleiche die grolse Übereinstimmung in den Schlufsfolgerungen hin- sichtlich der Rolle von Anion und Kation, des additiven Verhaltens der Ionenwirkung u. s. w., 1. c., S. 409, und Pauli, Die physikalischen Zustands- änderungen der Eiweilskörper, Pflügers Arch. 78, 330 u. 331.) Es handelt sich hier um ein wichtiges, unerschlossenes Gebiet, betreffend die Beziehungen der Salzionen und -molekeln zu ihrem Lösungsmittel. Untersuchungen über physikal.. Zustandsänderungen u. s. w. 27 wurden in dieser Richtung eine Reihe fällender Salze in Kom- bination mit Harnstoff, Rohrzucker und Dextrose. Die Resultate sind in den folgenden Tabellen übersichtlich zusammengestellt. Harnstoff. Bei den untersuchten Chloriden des Kaliums und Natriums wird durch einen Gehalt von 1,0 n. Harnstoff das Auftreten einer Fällung sowohl sofort in der Wärme, als auch nach Tagen verhindert, ob als Fällungswert bei dem OlNa 3,5.n., welcher eine direkte Trübung erst nach 12 Stunden, oder 4,5 n., welcher eine mächtige Gelatineabscheidung auch in der Hitze sofort bewirkt, genommen wird. Der Zusatz von 1,0n. Harnstoff wirkt jedoch nicht nur hemmend auf die Bildung des Niederschlages, sondern vermag auch die durch 4,5 n. NaÜl erzeugte mächtige Fällung sofort in Lösung zu bringen. Das Gleiche gilt auch für KCl. Ähnliches zeist sich beim Natriumacetat, welches in der Konzentration 2,5 n. nach 24 Stunden eine deutliche Trübung hervorruft, die bei Gegenwart von Harnstoff auch nach Tagen ausbleibt. Wird die Fällungsgrenze stark überschritten — bei 4,5 n. Sättigung, die sofort auch in der Wärme starken Niederschlag erzeugt —, dann tritt die Temperatur der Gelatine als mitbestim- mender Faktor für die Hemmung der Fällung bei Harnstoffzusatz hervor. 1,0n. Harnstoff hindert die Fällung in der Wärme voll- ständig; beim Erstarren tritt eine zarte ÖOpalescenz auf. Diese hemmende Wirkung des Harnstoffs zeigt sich auch deutlich bei nachträglichem Zusatz zur Fällung. Dieselbe wird in der Wärme durch 1,0n. Harnstoff vollständig gelöst und erst beim Abkühlen kommt es zu mälsiger Trübung- — Versuche mit 10- und 5 proz. Gelatine lassen einen Einfluls der Gelatinekonzentration auf die Harnstoffwirkung nicht erkennen. Bei den Sulfaten erscheint die hemmende Wirkung des Harnstoffs deutlich, wenn auch nicht so ausgiebig wie bei den fällenden Salzen einwertiger Säuren. Zugleich zeigt sich eine Ab- hängigkeit von dem Kation des fällenden Elektrolyten. So ist die Hemmung bei dem Sulfat des Natriums viel ausgeprägter als bei dem Ammonium- und Magnesiumsulfat, wiewohl dieselben bei sehr schwachen Fällungswerten (schwache Trübung nach 24 Stun- den) untersucht wurden. Durch 0,5 n. Harnstoff wurde, anstatt der mächtigen durch 1,5n. Na, SO, hervorgerufenen Fällung, eine Herab- minderung zur zarten Trübung bewirkt, welche für 1,0n. Harnstoff nur wenig abgeschwächt und durch eine weitere Vermehrung des Harnstoffs bis 2,0n. nicht merklich verringert werden konnte. Besser tritt die Zunahme der Harnstoffwirkung bei Vermeh- W. Pauli und P. Rona, Gelatinefällungen mit Salzen Versuch LI. III. INYo v. VI. VI. VIH. Fällungsmittel NaCl 45n. NaCl 4,25n. NaCl 3,5n. NaCl 3,8 n. KCl 3,0n. (Bei 3,5 u. 40 KOl| schon in d. Wärme | dichte Trübung.) | KCl. Natriumacetat 4,5n. Dasselbe 2,5n. (3,0n. Na-Acetat in der Wärme fast | klar, nach 24h dicke Fällung.) a) Reines Fällungsmittel Starke Fällung sofort (die sich bei Zusatz von 1,0 Harnstoff auflöst und in der Kälte klar bleibt). Gleichmäfsige, dichte Trü- | bung, die sich spuren- weise zu Boden setzt. (4,5 n. NaCl giebt Fällung und rasche Abscheidung eines Teiles des Nieder- schlages.) ' In der Wärme fast klar. | | Nach 12 und 24h starr, sehr deutliche Trübung. 3,8 NaCl + 50H,0 + 2,59 Gelatine Deutliche Fällung in der Wärme. Nach 24h dichte Trübung; dickflüssig. Nach 48h unverändert. In der Wärme fast klar. Nach 12h dichte Trübung. Ebenso nach 24h. 3,2n. KCl + 50H,0 + 2,52 Gelatine Sehr zarte Trübung in der Wärme. Nach 12h dickflüssig, Trü- bung etwas deutlicher. Sehr starke Fällung, auch in der Wärme. Bei Zusatz von 1,0 n. Harn- stoff Aufhellung in der Wärme; in der Kälte mäfsige Trübung. In der Wärme klar, nach 24h opalescente, aber deutliche Trübung. dichte | b) Zusatz von Harnstoff | + 1,0n. Ur. | Keinerlei Fällung. | + 1,0 Ur. bung klar. | Nach %4 u. 48h klar und | | Hüssig. | Auch nach 12h flüssig und klar. + 1,0n. Ur. In der Wärme keine Fäl- lung. Beim Erstarren zarte Opa- lescenz. + 1,0n. Ur. In der Wärme klar. 24h fast klar. Nach | | Bis auf eine zarte Trü- | I} I} Untersuchungen über physikal. Zustandsänderungen u. s. w. 29 ' einbasischer Säuren. ce) Rohrzucker + 10 R. Schon in der Wärme stär- kere Fällung als bei a. Nach 24h unverändert. TOR. Anfangs klar, nach 48h | zarte opalescente Trü- | bung, vielschwächer als bei reinem NaC1(3,5n.). | Sehr dickflüssig, nicht starr. | | 4,5 NaCl + 50H,0 + 1,0 R. + 3,0 Gelatine. In der Wärme fast klar. Nach 24h dichte Trü- bung, dickflüssig. Nach 48h stat. idem. Nach 12h starr. Dichte Trübung. 4,0n. KCl1 + 50H,0 +1,0n R.+3,0g Gelatine. In der Wärme etwas kla- rer als a. Nach 12h dickflüssig. Trü- bung deutlicher, doch schwächer als bei a. + 1,0 R. | Nach 24h sehr zarte Trü- bung. Schwächer als bei a. | In der Wärme klar. der Kälte Fällung, die d) Dextrose + 10D. In der Wärme klar, beim | Erkalten nur eine zarte Trübung. = 110 ID); Fällung stärker als bei a. Nach 24h unverändert. 5.0 ID. In der Wärme klar. 24h dickflüssig. Trübune gleichfalls schwä- cher als bei a. Nach Nach 12h starr, Trübung. 4,0n. KC1 + 50H,0 + 1,0n.D + 3,0g Gelat. Zarte Trübung in der Wärme. Nach 12h deutliche Trü- bung. Dickflüssig. + 10D. In sich beim Erwärmen löst. + 10D. In der Wärme klar, nach 24h Trübung, schwächer als bei a. dichte |) Versuch Versuch Anmerkung Versuch mit konstanter Menge Lösungsmittel, 100ccm H,O, 10& Gelatine, Zusatz der Krystalloide ohne Berück- sichtigune der auftretenden Volumenänderung. Versuche bei konstantem Vo- lumen (Zusatz + Wasser =50cem). Die Vol.-Andrg. durch die Gelatine 2,5g und das Fällungsmittel, die für eine Untersuchungsreihe konstant ist, wurde jedoch nicht berücksichtigt. Desgl. Auf das Gesamtvolumen be- zosene Konzentration von Fällungsmittelund Gelatine. Wassermenge konstant. bei konstantem Vo- lumen (Zusatz + Wasser — 50ccm), Gelatine 2,5 2. Auf das Gesamtvolumen be- zogene Konzentration von Fällungsmittel und Gela- tine.e Wassermenge kon- stant. Versuch mit konstanter Menge Lösungsmittel, 100ccmH3;O, 10g Gelatine und Zusatz der Krystalloide ohne Be- rücksichtigung der auftre- tenden Volumenänderung. bei konstantem Vo- lumen (Zusatz 4 Wasser = 50ccm), Gelatine 2,5 9. 30 W. Pauli und P. Rona, (Fortsetzung Versuch Fällungsmittel a) Reines Fällungsmittel b) Zusatz von Harnstoff ID, x. XI. Natriumacetat Natriumacetat NasS0, 1 an 3,8n. Na-Acetat + 50H,0 + 2,5 Gelatine Dichte Fällung in der Wärme. "Nach '/,h die Fällung ver- stärkt. Nach 24h dickflüssig, dich- tere Trübung. Nach 48h sehr dichte Trü- bung. 3,2n. Na-Acetat +50H,0 + 2,5 Gelatine Sehr zarte Trübung in der Wärme. Nach Y,habgekühlt, flüss., dichte, undurchsichtige Trübung. Nach 12h Trübung. starre, dicke Gelatin In der Hitze klar. In der Kälte dichte, undurch- sichtige Tr übung, welche beim Erstarren nach ah mächtig wird. efällung mit Salzenı + 0,5 Ur. In der Wärme klar und ! durchsichtig; allmählich beim Abkühlen zarte Trübung ; beim Erkalten und Erstarren bleibt eine opalescierende Trübung. + 1,0 Ur. In der Wärme klar, beim Erkalten leichte Opales- cenz, schwächer als oben. Nach 24h unverändert. + 15 Ur. Dasselbe. + 2,0 Ur. Dasselbe. ler Tabelle.) Untersuchungen über physikal. Zustandsänderungen u. s. w. 31 e) Rohrzucker 14,5 n. Na-Acetat + 50H,0 ‚In der Wärme fast klar. ‚Nach '/,h zarte Trübung. ‚Nach 24h Trübung ein ' wenig vermehrt. 'Nach48hdickflüssig. Dicke Trübung. | 4,0 Na-Acetat + 50 H,O —+ 10 R. + 3,0 Gelatine Fast klar in der Wärme. Nach '/,h abgekühlt, flüss., ı klar. Nach 12h starr; dichte ' Trübung, aber schwä- Ä cher als bei a. +05 R. In der Wärme klare Lö- sung, vereinzelte unge- löste Flöckchen. Im diekflüssigen Zustande zarte Trübung. ‚Nach 24h starr, Trübung. 1,0 R. Zahl der ungelöst. Flocken vermehrt. Lösung in der Wärme klar. Nach 24h starr; Trübuns. + 1,0 R. ohne Berücksich- tigung des Volumens In der Wärme klar, ein- zelne Flöckchen ungel.; bei allmählicher Abküh- lung zarte Trübung, nach 24h starr; opalescente leichte Trübung. dichte dichte eonrR 0 3,0/Gelat. | | | Nach 24h unverändert. d) Dextrose 4,0 Na- Acetat + 50H,0 — 1,0n.D. + 3,0g Gelat. Sehr zarte Trübung in der Wärme. Nach 12h dichte Trübung. mehrbasischer Säuren. +05D. In der Wärme klar, bis auf einige Schüppchen vollständig: gelöst. Auch beim Erstarren nach 1h klar geblieben. Nach 24h status unver- ändert. 4 10D. In der Wärme klar, ver- einzelte Flöckehen un- selöstoben schwimmend. || Nach 1h starr und klar. + 15D. In der Wärme klar und | gelöst bis auf 2 bis 3 Schüppchen. Auch beim Erstarren klar. Nach 24h unverändert. 9.0), In der Wärme klar und vollständig gelöst. Nach 24h starr und klar. A Klar und vollst. gelöst. Nach 24h starr und klar. Anmerkung Auf das Gesamtvolumen be- zogene Konzentration von Fällungsmittel und Gela- tine. Wassermenge kon- stant. Desa2l. | Die Versuche mit Rohrzucker sind so gemacht, dafs R + H,0 = 50cem (falls nicht anders vermerkt). Bei Dextrose ist das Lösungs- mittel konstant(50ccmH,0). Volumenänderung nicht be- rücksichtigt. hl a2, eaner | [SP] D&D Versuch Fällungsmittel a) Reines Fällungsmittel b) Zusatz von Harnstoff XI. Na,S0, Fällung, welche oben _ 2,0.n. schwimmt. auch bei Sie- dehitze nicht zu lösen. Nach 24h Lösung klar, Niederschlag abgesetzt. i XI. (NIH,),SO, 1,5n. + 1,0 Ur. Folien: Zarte Opalescenz nach 24lı | In der Wärme klar. sehr deutlich. Nach 24h ein wenig schwä- (1,75n.) chere Opalescenz als a,. Zarte milchige Trübung in starr. $ der Wärme. Untersuchungen über physikal. Zustandsänderungen u. s. w. 99 [9757 | ce) Rohrzucker d) Dextrose der Tabelle.) Anmerkung + 0,25 R. In der Wärme fast klare Lösung, die deutlich opalesciertt. Abgekühlt ' zarte Trübung. Beim Erstarren dichte, milchige Trübung. + 15 R. Ein grofser Teil der Ge- latine beibt ungelöst. Beim Erstarren dicke, mil- ehige Fällung. 1.1,0R. In der Wärme klar. Nach 24h zarte Opales- cenz,. viel schwächer als a, starr. Beitr. z. chem. Physiologie. 220.5, D: Dichte Fällung auch in der Hitze, besser emul- giert als a, doch ein Teil nach oben schwim- mend. Nach 24h Niederschlag flockig; abgesetzt. SL 0) 2D% Fast sämtliche Gelatine als Fällung emulgiert, nur eine geringe Menge oben schwimmend. Nach 24h flockiger Nie- derschlag abgesetzt. + 1,5 D. Ganze Gelatine als dichte Trübung emulgiert.; Nach 24h Flüssigk. gleich- mälsig: trüb. + 2,0 D. Bis auf Spuren gelöst, fast klar in der Hitze, bei mäfsiger Abkühl. dichte Trübung. Nach 24h Flüssigk. gleich- || mälsig trüb, nicht deut- lich abgesetzt. + 25D. Auch in der Hitze trüb, ein kleiner Teil der Ge- | latine in Flocken oben schwimmend , ungelöst. Nach 24h gleichmäfsie trüb, nicht abgesetzt. + 3,0 D. Auch in der Hitze trüb, | ein gröfserer Teil der Gelatine in Flocken un- gelöst oben schwimmend. Nach 24h dichte, gleich- mäfsige Trübung, die Flocken ungelöst. 71.0. In der Wärme klar. Nach 24h ein wenig: schwä- chere Opalescenz als bei a, starr. (Wegen der Fär- bung schwer zu beur- teilen.) 10€ Die Versuche mit Rohrzucker sind mit Berücksichtigung der Volumenänderung ge- gemacht, so dafs Rohrz. + H,0 = 50ccm beträgt. Bei Dextrose ist das Lösungs- mittel konst. (50cem H,O), Volumenänderung nicht be- rücksichtigt. Bei konstantem Volumen (Zu- satz + Wasser — 50 ccm) 2,5 & Gelatine. 54 W. Pauli und P. Rona, (Fortsetzung Versuch | Fällungsmittel a) Reines Fällungsmittel b) Zusatz von Harnstoff Sa Mg&SO, Zarte Opalescenz in der + 1,0 Ur. 1,70 Wärme. In der Wärme klar. Nach 24h feine deutliche | Nach 24h minimal gerin- Trübung, starr. gere Trübung als bei a, | starr. XV: —_ | 23,0 MgSO, + 50 Agu. 2,0 MgSO, + 50 Aqu. | | —+ 2,5 Gelatine. + 2,5 Gelatine + 1,0 U. In der Wärme zarte Trüb. | Fast klar in der Wärme. ı Nach 24h Trübung ein | Nach 24h unverändert. wenig: dichter. XVI |Na eitrie,, neutrale In der Wärme klar, beim + 0,5 Ur. 1,5 | Erstarren deutliche opa- | In der Wärme klar, er- (2,0 starke Fällung) lescente Trübung. starrt, sehr zarte Opales- | cenz. Nach 24h zarte Opales- cenz, starr. | | + 1,0 Ur. | | In der Wärme klar. | Nach 24h starr und klar. + 1,5 Ur. In der Wärme klar. Nach 24h klar und starr. rung des Zusatzes von 0,5n. auf 1,0n. bei dem Natriumeitrat hervor. Während für 0,5n. Harnstoff die durch 1,5n. Citrat er- zeugte deutliche Trübung nur bis zur zarten Opalescenz verringert wird, bleibt die Gelatine bei 1,0n. Harnstoffzusatz auch nach Tagen vollkommen klar. Der Harnstoff zeigt also bei sämtlichen untersuchten fällen- den Elektrolyten eine Beeinträchtigung dieser fällenden Wirkung, beziehungsweise lösende Eigenschaften gegenüber den Gelatine- niederschlägen. Diese Wirkung wächst in begrenztem Malse mit der Harnstoffkonzentration und variiert in ihrem Ausmalse mit - der Konzentration der Elektrolyte und der Beschaffenheit der- selben. Am stärksten ist diese Harnstoffwirkung gegenüber den ‚der Tabelle.) Untersuchungen über physikal. Zustandsänderungen u. s. w. 39 c) Rohrzucker + 1,0 R. | In der Wärme klar, einige ı Flöckchen ungelöst. | Nach 24h ungefähr wie | a, starr. | 2348MgSO, + LOR. | + 50 Aqu. + 3,0 Gelat. Fast klar in der Wärme. Nach 24h unverändert. 1 05R. In der Wärme klar, später zarte Opalescenz. " Nach 24h dichte, jedoch durchscheinende Trüb. | Zusatz von NRohrzucker scheint die Löslichkeit des Citrats zu hemmen. + 1,0R. Sehr starke Fällung auch in der Wärme, viel stärker als ohne Rohr- | zucker. | Nach 24h starr, dichte Trübung. + 15. Gelatine zum Teil unge- ı löst. ‚Dichter Nieder- schlag in der Wärme. ı Nach 24h sehr starker, dichter Niederschlag. d) Dextrose + 1,0 D. In der Wärme klar. Nach 24h ungefähr wie a. 2,24 MgSO, + 1,0 D. + 50 Aqu. + 2,75 @el. Zarte Trübung in der Wärme. Nach 24h unverändert. A KO D. In der Wärme fast klar, nach 24h starr, ein we- nig trüber. Nach 48h dichte Trübung. Anmerkung Bei konstantem Volumen (Zu- satz 4 Wasser — 50 ccm). 2,5 Gelatine. Versuche bei konstantem Vo- lumen (Zusatz + Wasser — 50cem). 2,5 Gelatine. Gelatinefällungen von Chloriden und von Acetat, Salzen einwertiger Säuren, schwächer bei den Sulfaten, bei denen das Kation sicht- lich von Einflufs ist, indem die Ammonium- und Magnesiumsalze dieser Einwirkung mehr widerstehen als das Natriumsalz. Citrat zeigt bei niedrigem Fällungswert die Harnstoffwirkung ähn- lich wie die Chloride und Acetate. Rohrzucker und Dextrose. Weniger scharf ausgeprägt als beim Harnstoff sind die Verhältnisse bei Rohrzucker und Dextrose, denn der Zusatz des hochmolekularen Rohrzuckers und Trauben- zuckers zu einer bestimmten Menge Lösungsmittel steigert das Gesamt- volumen um etwas über 20 Proz. bezw. 13 Proz. für 1,0 n. Kon- zentration, während bei äquimolekularen Mengen Harnstoff eine Das 56 W. Pauli und P. Rona, für den vorliegenden Fall erheblichere Volumenänderung nicht eintritt. Da die Gelatinefällung durch die untersuchten Elektro- lyte reversibel ist, indem die Verdünnung eine aufgetretene Niederschlagsbildung wieder beseitigt, mulste vor allem festgestellt werden, ob eine durch Vermehrung des Lösungsmittels bewirkte Verdünnung in derselben Art wirkt wie eine — beispielsweise durch Zusatz von Rohrzucker bewirkte — Volumenvermehrung. 1,5 n. Natriumeitrat + 2,5 Gelatine + 50ccem Wasser giebt beim Erstarren eine deutliche Trübung. Ein Vorversuch mit 1,5. Natriumeitrat + 2,5 g Gelatine + 1,0. n. Rohrzucker + 50 ccm Wasser (Gesamtvolumen 6lccm) ergab nach 24 Stunden eine zarte Opalescenz. Auch 1,5n. Natriumeitrat + 2,5g Gelatine + 61 ccm Wasser giebt nach 24 Stunden eine zarte ÖOpalescenz, die um weniges deutlicher ist als bei Rohrzuckerzusatz: die Verdünnung wirkte somit in beiden Fällen hemmend auf die Niederschlags- bildung, daneben zeigte sich eine schwache, hemmende Wirkung des Rohrzuckers. In den Tabellen sind neben den Versuchen ohne Berücksichtigung der Volumenänderung solche bei kon- stantem Gesamtvolumen (50 ccm), beziehungsweise bei konstanter Konzentration der Gelatine und der Elektrolyten wiedergegeben. Die Versuche zeigten in einer grofsen Zahl der Fälle, dafs dem Rohrzucker und Traubenzucker, gleich dem Harnstoff, eine hem- mende Wirkung auf den Fällungseffekt zukommt. In der Versuchsreihe ohne Rücksicht auf die durch den Zuckerzusatz bewirkte Volumenänderung tritt bei Anwesenheit des Zuckers keine oder eine viel geringere Fällung ein als ohne denselben. In den Fällen mit konstant gehaltenem Volumen tritt bei Chlornatrium für die sehr schwache Fällungskonzentration 3,5 n. eine hemmende Wirkung des Rohr- und Traubenzuckers deutlich zu Tage; für die stärkere Konzentration 4,5 zeigt sich bei 1,0n. Rohrzucker und 1,0n. Dextrose eine Fällung, welche mächtiger ist als die in gleichem Volumen ohne Rohr- und Traubenzucker be- wirkte Niederschlassbildung. Hier könnte das Verhältnis des den vorhandenen Stoffmengen verfügbaren Lösungsmittels so ungünstig sein, dafs die Hemmungserscheinungen überdeckt werden. Dieser Umstand ist in den folgenden . Versuchsreihen vermieden und so- mit die von der Verdünnung unabhängige hemmende Wirkung des Rohrzuckers auch für eine stärkere Fällungskonzentration der Chloride einwandsfrei dargethan. Es wird, um sicher zu gehen, eine die Fällungsgrenze des Chlornatriums (3,5 n.) überschreitende Konzentration (3,8n.) ge- Untersuchungen über physikal. Zustandsänderungen u. s. w. 37 wählt. Diese giebt mit 50ccm Wasser und 2,5& Gelatine eine deutliche Fällung in der Wärme, die beim Erkalten zunimmt. Im Gegenversuch werden, entsprechend der durch 1,0n. Rohrzucker be- wirkten Volumenvermehrung, 4,5n. Chlornatrium und 3g Gelatine mit 50 cem Wasser und 1,0n. Rohrzucker zusammengebracht. Trotz- dem die Konzentrationen im Sinne einer vermehrten fällenden Wirkung abgerundet sind, bleibt die Lösung in der Wärme klar und zeigt erst bei der Abkühlung Niederschlassbildung. Weniger ausgiebig, aber doch deutlich, tritt diese Erscheinung auch bei dem Chlorkalium auf. Das Acetat zeigt für die schwache Fällungskonzentration, 2,9n. bei konstantem Volumen, die hemmende Wirkung des Rohr- und Traubenzuckers deutlich. Für starke Konzentrationen (3,2 und 3,8n.) konnte durch die eben beschriebene Versuchsanordnung, bei welcher die Menge des Acetats zur Paralysierung der Volumen- vermehrung durch Rohrzucker im Gegenversuch auf 4 und 4,5 gebracht wurde, die hemmende Wirkung des Zuckers gut an- schaulich gemacht werden. Bei Natriumsulfat ist für die starke Fällungskonzentration 2,0 n. eine hemmende Wirkung des Rohrzuckers bei Berücksichtigung der Volumenänderung nur bei der schwachen Konzentration 0,25.n. Rohrzucker ersichtlich, bei 1,5 n. tritt gar keine Wirkung hervor. Ein Beweis, dafs bei hohen Zuckerkonzentrationen andere Um- stände (die möglicherweise in der stärkeren Inanspruchnahme des Lösungsmittels durch den Zucker liegen) die Fällung begünstigen. — Dieselbe Erscheinung tritt bei der Konzentration 1,5n. zu Tage, indem hier 0,5n. Rohrzucker stark hemmend, 1,0n. Rohrzucker nur unerheblich wirkten. Summiert man diese Rohrzuckerwirkung mit der volumenvergrölsernden Wirkung desselben, dann tritt das Ausbleiben der Niederschlagsbildung scharf hervor (Tab. Vers. X]). Ammoniumsulfat zeigt die reine Rohrzuckerwirkung bei schwacher Fällungskonzentration deutlich. Bei Magnesiumsulfat ist die Wirkung bei konstantem Gesamtvolumen zweifelhaft, zeigt sich jedoch sofort unzweideutig in einem Versuche mit einer der Vo- lumenänderung durch den Rohrzucker proportionalen Vermehrung des Elektrolyten und der Gelatine. Das Citrat zeigt in Versuchen mit konstantem Gesamtvolumen eine geringe, aber deutliche Rohrzuckerwirkung bei niederen Kon- zentrationen (0,5 n.). Stärkere Rohrzuckerzusätze bewirken bei kon- stant gehaltenem Gesamtvolumen eine bedeutende Steigerung der Fällung. 38 W. Pauli und P. Rona, Auch für den Rohrzucker läfst sich also eine hemmende Einwirkung auf den Fällungseffekt von Elektrolyten nachweisen. Infolge der stark volumenvermehrenden Wirkung des gelösten Rohrzuckers wird in den Versuchen mit konstantem Gesamtvolumen die Menge des Lösungsmittels verringert. Dieser Umstand könnte für sich zur Erklärung einiger Eigentümlichkeiten der Rohrzucker- wirkung herangezogen werden. So kann darin begründet sein, weshalb der Rohrzucker in seinem Effekte dem wenig volumen- ändernden Harnstoff nachsteht; weiter kann die mit zunehmen- dem Rohrzuckerzusatz in gleichem Volumen abnehmende Menge Lösungsmittel die Ursache sein, weshalb schlielslich gröfsere Zuckermengen gar nicht oder sogar in entgegengesetztem Sinne wirken wie kleinere. Die Chloride und Acetate werden in ihrer Wirkung im allgemeinen etwas leichter gehemmt als die Sulfate. Dem Traubenzucker kommt an sich eine geringere volumen- vermehrende Wirkung zu als dem Rohrzucker, da durch 1,0 Mol. das Volumen nur um etwa 13 Proz. gesteigert wird. Bei den Chlo- riden tritt die Traubenzuckerwirkung an den Versuchen ohne und mit Berücksichtigung des Volumens deutlich hervor; bei letzteren nur für schwächere Fällungskonzentrationen. Sie ist unzweifelhaft geringer als die Harnstoffwirkung und steht der Rohrzuckerwirkung in der Intensität sehr nahe. — Ähnliches gilt für das Acetat. In Versuchen mit Natriumsulfat tritt bei niederen Fällungskonzen- trationen (1,5 n.) eine hemmende Wirkung des Traubenzuckers, welche proportional dem Dextrosezusatze wächst, bei höherer Fällungskonzentration (2,0 n. Na, SO,) Zunahme der Hemmung bis zu 2,0 n. Dextrosegehalt, bei weiterem Dextrosezusatze eine rasche Abnahme der hemmenden Wirkung zu Tage. Ammonium- und Magnesiumsulfat zeigen die Traubenzuckerwirkung etwas schwächer, insbesondere das letztere. Auch das Citrat zeigt eine deutliche, wenn auch schwache, Traubenzuckerwirkung. Dextrose wirkt also schwächer als Harnstoff und zeigt in ihrem Hemmungseffekt orofse Ähnlichkeit mit dem Verhalten des Rohrzuckers. VII. In den angeführten Versuchen list zum erstenmal die Er- scheinung beschrieben, dafs Nichtelektrolyte eine hemmende Wir- kung auf die Fällung der Kolloide durch Elektrolyte ausüben können. Über die Natur des Fällungsvorganges durch Elektrolyte liegt eine vollständig befriedigende Theorie nicht vor. Ein glück- Untersuchungen über physikal. Zustandsänderungen u. s. w. 39 licher Ansatz zu einer solchen scheint in dem Versuch Bredigs zu liegen, nach welchem eine durch die hinzugefügten Ionen ver- ursachte Verminderung resp. Aufhebung der elektrischen Ladung des in feiner Suspension befindlichen Stoffes (des „gelösten“ Kolloids) und konsekutive maximale Steigerung der Oberflächenspannung desselben gegen die umgebende Flüssigkeit die Fällung be- wirkt. Es wäre zu prüfen, ob durch diese Theorie die durch Nichtelektrolyte, z. B. Alkohol, hervorgerufenen Fällungen, die sich in vieler Richtung den Salzfällungen ähnlich verhalten, ebenfalls ihre Erklärung finden. Auch in dem Punkte besteht eine Überein- stimmung zwischen den Alkohol- und Salzfällungen von Kolloiden, dafs, wie Spiro!3) nachgewiesen hat, die Alkoholfällungen von Eiweilskörpern durch Harnstoff in ähnlicher Weise gehemmt werden, wie wir dies für die Fällungen von Elektrolyten dargethan haben. Für die gegenseitige Wirkung von Nichtelektrolyten und Elektrolyten aufeinander liegen einige noch einer eingehenden Ausarbeitung bedürftige Thatsachen vor. Diese betreffen die Herabsetzung der Leitfähigkeit der Elektrolyte durch Nichtelek- trolyte (Arrhenius) und die Änderung der Inversionsgeschwindig- keit des Rohrzuckers bei Gegenwart von Neutralsalzen (Arrhe- nius, Spohr). Der wiederholt hervorgehobene Unterschied zwischen dem Gelatinierproze[s und der Gelatinefällung tritt auch bei Zusammen- wirken von Elektrolyten und Nichtelektrolyten zu Tage. Für den ersten Fall war in den mitgeteilten Versuchen die algebraische Summierung der Wirkungen auf den Gelatiniereffekt evident ge- macht. worden, in dem zweiten, der Gelatinefällung, tritt eine be- sondere Erscheinung, Hemmung der Elektrolytwirkungen, auf. Durch eine geeignete Versuchsanordnung. konnte das Auf- treten von zwei scharf abgegrenzten Phasen bei der Gelatine. fällung durch Elektrolyte gezeigt werden. Zunächst geben mikro- skopische Untersuchungen einer Salzfällung der Gelatine den Auf- schlufs, dafs dieselbe unter allen Umständen im frischen Zustande aus gleichmälsig verteilten, stark lichtbrechenden Tröpfehen besteht, die in ihrem Durchmesser sehr variieren können. Mit zunehmender Ab- kühlung und Erstarrung der Gelatine schrumpfen die 'Tröpfchen zu kleinen kokkenähnlichen Gebilden zusammen, welche sehr deutlich die Tendenz, sich in Häufchen zu gruppieren, zeigen. Dadurch erhält man ein Bild ähnlich dem Gruberschen Agglutinationsphänomen. Es gelingt mit Leichtigkeit durch den einfachen Kunstgriff, frisch 40 W. Pauli und P. Rona, gefällte Gelatine im Brutofen 24 Stunden dünnflüssig zu erhalten, die zwei flüssigen Phasen, gefällte und nichtgefällte Gelatine, quantitativ zu trennen, wobei sich die dünne, leichte Gelatine ober- halb der dicken, dunklen wie Öl auf Wasser ansammelt, Bei geeig- neter Wahl des Fällungsmittels kann beim Abkühlen, infolge des Unterschiedes der Erstarrpunkte beider Gelatinephasen, die unten befindliche fest, die obere flüssig gewonnen werden. Dafs für diesen Fall die Phasenregel anwendbar ist, soll in einer weiteren Abhandlung in quantitativen Untersuchungen gezeigt werden. Für das Gelatinieren hat bereits Hardy!*) im Gegensatze zu früheren Untersuchern (van Bemmelen, Pauli) die Phasen- regel für anwendbar gehalten. Er nimmt an, beim Gelatinieren handle es sich um das Auftreten von zwei scharf getrennten Phasen. Diese Behauptung stützt jedoch Hardy durch Versuche, welche, wie wir glauben, nicht einwandsfrei sind. Drückte er einen Agarblock gegen eine Scheibe Kanevas, so wurde fast reines Wasser abgeprels. Wurde hingegen das Gel in ein langes Kanevassäckchen gepackt und dieses durch Gegeneinanderdrücken der Enden deformiert, so wurde eine agarhaltige Flüssigkeit ge- wonnen, deren Gehalt in hohem Mafse von aufgewendetem Druck abhängig war; in den mitgeteilten Versuchen schwankte bei mälsigem (?) Drucke die Konzentration der ausgeprelsten Flüssig- keit an Agar bei konstanter Temperatur zwischen 0,09 und 0,140/,. Unter diesen Umständen auf das Bestehen einer scharf getrennten flüssigen Phase von konstanter Zusammensetzung zu schlielsen, mufs wohl gewagt erscheinen. Auch die in unseren Versuchen immer wieder hervor- tretenden Unterschiede zwischen dem Verhalten des Gelatinier- und dGelatinefällungsvorganges gegen die Kombinationen von Elektrolyten untereinander und mit Nichtelektrolyten sprechen nicht zu Gunsten der Auffassung strenger Phasenbildung beim Gelatinieren, welche für die Gelatinefällung zweifellos zutrifft. Einige Bemerkungen über den Zusammenhang der verschiedenen Zustandsänderungen von Kolloiden sollen in einer folgenden Mit- teilung, welche die Zustandsänderung von Eiweilskörpern betrifft, ihren Platz finden. Untersuchungen über physikal. Zustandsänderungen u. s. w. 41 Litteratur. ‘) Bütschli, Untersuchungen über Strukturen, Leipzig 1898. ®) Hofmeister und seine Schüler, Über die Wirkung der Salze. Archiv f. exp. Path. u. Pharmakologie 24, 26, 27, 28. ®) Pauli, Pflügers Archiv 67, 71, 78. *) Rodewald, Untersuchungen über die Quellung der Stärke. Kiel und Leipzig 1896. 5) van Bemmelen, Zeitschr. f. anorgan. Chemie 13, 18, 23. 6) Zsigmondi, Zeitschr. f. physikal. Chemie 33, 63. 7) Bredig, Anorganische Fermente, Leipzig 1901. Daselbst Spezial- litteratur. ®) Linder und Picton, Journ. of chem. Society 61, 67. °®) Lottermoser, Über anorganische Kolloide, Stuttgart 1901. Aus- führliche Litteratur. 1%) Hardy, Zeitschr. f. physik. Chemie 33. 12) Stoekl und Vanino, ebenda 30. 12) van Bemmelen, Zeitschr. f. anorgan. Chemie 13, S. 267. 12) Spiro, Zeitschr. f. physiol. Chemie 30. —rHiamediy 1. c.,.8. 334: 11. IeRresihres Uber synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. Von Dozent Dr. Hugo Wiener. (Ausgeführt mit Unterstützung der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Litteratur in Böhmen.) Arbeiten aus dem pharmakologischen Institute der deutschen Universität zu Prag. Zwischen der Harnsäurebildung bei Vögeln und bei Säuge- tieren glaubte man lange Zeit einen prinzipiellen Unterschied an- nehmen zu müssen. Durch den Nachweis des Überganges ver- schiedener stickstoffhaltiger Substanzen in Harnsäure bei Hühnern> der für Ammonsalze von v. Schroeder!), für Harnstoff von H. Meyer?) und für Amidosäuren von v. Knieriem3) geführt worden war, sowie durch die Leberexstirpationsversuche Min- kowskis*) war bei den Vögeln eine synthetische Bildung über allen Zweifel festgestellt, während man seit den Untersuchungen Horbaczewskis’5) bei den Säugetieren eine oxydative Bildung aus Xanthinkörpern als den einzigen Entstehungsmodus ansah. Wenn auch die ursprüngliche Anschauung Horbaczewskis®), die nur die im Körper enthaltenen Nukleine, resp. ihre Spaltungs- produkte, die Xanthinbasen, als Quelle der Harnsäure ansah, durch eine Reihe von Arbeiten, so vor allem von Weintraud?), Min- kowski®), Burian u. Schur®), Otto Löwi!0), teils eingeschränkt, teils berichtigt wurde, indem diese Autoren auch den mehr oder minder grolsen Einfluls der mit der Nahrung zugeführten Nukleine resp. Xanthinbasen erkannten, so wurde dadurch doch nicht der von. Horbaczewski?) zuerst mit voller Klarheit eingenommene Hugo Wiener, Über synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. 43 Standpunkt einer rein oxydativen Harnsäurebildung irgendwie ver- schoben. Der zwischen beiden Tierklassen angenommene prinzipielle Gegensatz wurde aber durch die Untersuchungen v. Machs!!) durch- brochen, welcher nachwies, dals bei Vögeln neben der zum gröfsten Teile synthetischen Harnsäurebildung auch in geringem Malse eine oxydative vorhanden ist, und es war daher von vornherein wahrscheinlich, dafs auch bei Säugetieren beide Entstehungsweisen der Harnsäure in Betracht kommen. Allein so viele Arbeiten sich auch mit der oxydativen Bildung beschäftigten, so lagen bis in die jüngste Zeit, mit Ausnahme einer Beobachtung von Horbaczewski u. Kan&ra!?) sowie von Rosen- feld und Orgler!3), auf welche ich noch zu sprechen kommen werde, keine Thatsachen vor, die auf eine synthetische Harnsäure- bildung bei Säugetieren schliefsen liefsen, und alle Autoren neigen daher, wie schon erwähnt, der Ansicht zu, dafs bei diesen Tieren die Harnsäure nur oxydativ entstehe. Nur Freudweiler!#) bestreitet eine prinzipielle Verschiedenheit zwischen dem Stoffwechsel des Vogels und des Säugers und vertritt die Anschauung, dafs die anscheinenden Differenzen nur als quantitative zu betrachten seien, da, wie er glaubt, der synthetische Entstehungs- modus der Harnsäure auch im Säugetier festgestellt worden ist. Er beruft sich hierbei auf die bekannte Arbeit von Nencki, Pawlow u. Zaleski’), in welcher die Autoren zur Evidenz bewiesen haben sollen, dafs im Säugetierorganismus Harnsäure synthetisch gebildet wird und dafs ihre Vorstufen das Ammoniumlaktat, das Ammoniak und die Kohlensäure sind. In der erwähnten Arbeit ist aber von einer syn- thetischen Bildung der Harnsäure überhaupt nicht die Rede. Den ver- mehrten Harnsäuregehalt des Harnes nach Anlegung der Eckschen Fistel und der Leberarterienligatur erklären die Autoren, sich der An- schauung Liebleins!‘) anschliefsend, durch einen ausgedehnten Kern- schwund der Leberzellen und konsekutive Abspaltung der Nukleinbasen, sonach als auf oxydativem Wege zustande gekommen. Der Irrtum Freudweilers dürfte auf einer Verwechslung mit der Harnstoff- bildung beruhen, da in dieser Arbeit thatsächlich eine Beziehung des Ammoniumlaktats zu derselben festgestellt wurde. Eine der Hauptstützen der Annahme einer oxydativen Harn- säurebildung bei Säugern war die Thatsache, dafs Zufuhr von Nuklein oder nukleinreichen Organen sowie von Spaltungsprodukten des Nukleins, den Xanthinbasen, zu einer vermehrten Harnsäure- ausscheidung Veranlassung giebt. So hatte Weintraud”) zuerst gefunden, dafs Verfütterung von nukleinreicher Thymus eine Ver- mehrung der Harnsäureausscheidung bewirkt, eine Beobachtung, 44 Hugo Wiener, die durch vielfache bestätigende Nachuntersuchungen über jeden Zweifel festgestellt ist. Die Deutung aber, welche Weintraud seinen Resultaten gab, dals die Harnsäurevermehrung nur auf das zugeführte Nuklein zu beziehen sei, wurde durch neuere Versuche von Hopkins u. Hope!’) in Frage gestellt. Diese beobachteten nämlich, dafs nicht nur nukleinhaltiges Thymusextrakt, sondern auch ein solches, in dem durch künstliche Verdauung mit Pepsin- Salzsäure die Nukleinsäure ausgefällt und durch Abfiltrieren entfernt worden war, harnsäurevermehrend wirkt. Da das Filtrat phosphor- frei war, also sicher kein Nuklein enthielt, sprachen sie die Ver- mutung aus, dals es nicht das Nuklein, oder vielmehr nicht das Nuklein allein sein könne, welches bei Darreichung von Thymus- extrakt eine vermehrte Harnsäureausscheidung verursacht, sondern dals die Thymus noch einen anderen Körper enthalten müsse, welcher im Organismus des Menschen in Harnsäure übergeht. Da nun nur aus Nukleinen, resp. ihren Abkömmlingen, den Xanthin- basen, also nur aus Purinkörpern eine oxydative Bildung der Harn- säure denkbar ist, so mu[s man annehmen, dafs die beiden Autoren, wenn sie es auch nicht direkt aussprachen, an eine synthetische Bildung dachten. Die Bedeutung dieser Versuche wurde aber durch weitere Ar- beiten eingeschränkt. Smith Jerome), der es sich zur Aufgabe machte, alle Ein- wände und Bedenken gegen die Annahmen einer ausschliefslich oxydativen Bildung der Harnsäure zu entkräften, beschäftigte sich auch mit diesen Angaben von Hopkins und Hope. Er fand nun, dafs das Thymusextrakt aulser den an Nuklein gebundenen auch freie Xanthinbasen enthält, die natürlich in dem verdauten Extrakte nach Abscheidung des Nukleins verbleiben; dafs ferner bei der Pepsin-HÜOl-Verdauung aufserdem noch geringe Mengen Xanthinbasen aus dem Nuklein abgespalten werden. Auf den Gehalt an Xanthinbasen führte er daher die Wirkung des nuklein- freien Thymusextraktes zurück. Weintraud:?) hingegen bezog die nach Verfütterung desselben auftretende Harnsäurevermehrung auf die Verdauungsleukocytose. Entgegen der älteren Anschauung von Horbaczewski$#), nach welcher die bei Darreichung nuklein- haltiger Nahrung beobachtete Harnsäurevermehrung einzig und allein auf die stärkere Verdauungsleukocytose zurückgeführt werden sollte, nimmt er an, dafs erstere sich aus zwei Komponenten zusammensetze. Die eine ist bedingt durch die Verdauungs- leukocytose, die andere durch direkte Umwandlung der im Nuklein Über synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. 45 gebundenen Xanthinbasen in Harnsäure. Bei dem Zustandekommen der Harnsäurevermehrung nach Einverleibung eines angeblich von Nukleinen und Xanthinbasen freien Thymusextraktes käme natürlich nur das erstere Moment in Betracht. Was nun den Erklärungsversuch Smith Jeromes betrifft, so ist er gegen die Vermutung von Hopkins und Hope so lange nicht zu verwerten, als nicht genaue quantitative Untersuchungen dargethan haben, dafs in dem der künstlichen Verdauung unter- worfenen Thymusextrakt eine genügende Menge präformierter freier oder durch die Verdauung frei gewordener Xanthinbasen vorhanden ist, um die beobachtete Harnsäurevermehrung zu er- klären. Was den Weintraudschen Erklärungsversuch hingegen anbelangt, so möchte ich von vornherein Stellung dagegen nehmen, ein so vieldeutiges Symptom, wie es die Leukocytose ist, für die Entscheidung dieser Frage heranzuziehen. Denn abgesehen davon, dals es überhaupt fraglich ist, ob bei einer Leukocytose eine thatsächliche Vermehrung der Leukocyten oder vielmehr nur eine abnorme Verteilung der Leukocyten vorhanden ist, setzt die Lehre von der Abhängigkeit der Harnsäureausscheidung von der Leukocytose ein vermehrtes Zugrundegehen von Leukocyten voraus, was noch viel weniger erwiesen ist. Schon die ersten Beobachtungen Horbaczewskis®) zeigen, dafs die Harnsäurevermehrung sich bereits zur Zeit des Auftretens der Leukocytose einstellt, und sprechen daher eher gegen als für seine Anschauung, da sonst die vermehrte Harnsäureausscheidung gerade erst nach Verschwinden der Leuko- cytose, also zu einer Zeit, wo vermehrter Leukocytenzerfall ein- getreten ist, beobachtet werden mülste. Wie aber dem auch sei, jedenfalls kann der von Smith Jerome und Weintraud vorgebrachte Einwand, dals noch andere Sub- stanzen als das Nuklein und seine Derivate an der Harnsäure- bildung beteiligt sein können, keine Anwendung auf die Resultate eigener Versuche finden, die ich gleichzeitig mit Hopkins und Hope veröffentlichte 20). Beim Studium der Fähigkeit isolierter Organe, Harnsäure zu bilden oder zu zerstören, fand ich, dals der Rindsleber in hohem Grade das Vermögen zukommt, Harnsäure zu bilden, und dafs die Menge der von ihr gebildeten Harnsäure noch bedeutend gesteigert werden kann, wenn man der Leber das Alkoholextrakt einer anderen Leber zusetzt. Dieser durch doppelte Alkoholextraktion gewonnene Auszug enthielt sicher weder Nuklein noch Xanthinbasen (er gab mit ammoniakalischer Silberlösung keinen Niederschlag). Die 46 Hugo Wiener, Erklärung Smith Jeromes kann daher hier nicht gelten, ebenso wenig wie die Weintrauds, da am isolierten Organe ge- arbeitet wurde. Da nun eine oxydative Harnsäurebildung nur aus Purinkörpern möglich ist, sprach ich damals schon die Vermutung aus, dals es sich hier vielleicht um einen synthetischen Vorgang handeln könnte. I. Bevor ich auf mein eigentliches Thema eingehe, möchte ich zunächst eine Reihe von Versuchen anführen, die als Nachtrag zu meiner früheren Arbeit aufzufassen sind. Ich glaube, dafs dieselben hier Platz finden können, da sie es waren, die mir in gewissem Sinne weitere Direktiven zur Verfolgung der aufgeworfenen Frage gaben, und da sie eine Bestätigung der vorangegangenen Versuche, die zur Annahme einer synthetischen Harnsäurebildung zwangen, darstellen. Es handelt sich um Experimente, in denen ich die gegen- seitige Beeinflussung verschiedener Organe in Bezug auf die Harnsäurebildung und Zersetzung studieren wollte. Zu- nächst lie[s ich zwei Organe, deren Fähiskeit, Harnsäure zu bilden, durch meine frühere Arbeit nachgewiesen war, aufeinander ein- wirken. In Bezug auf das zur Harnsäurebestimmung eingeschlagene Verfahren verweise ich auf eine vorangehende Mitteilung 2°). Versuch 1. 1180 g Rinderleberbrei wurden versetzt mit 1500 ccm physiologischer Kochsalzlösung, eine Stunde mit dem Motor bei 40°C. geschüttelt, hierauf koliert (Kolatur A). 620 g Rindermilzbrei wurden mit 1200 ccm physiologischer Koch- salzlösung versetzt, eine Stunde bei 40°C. geschüttelt, hierauf koliert (Kolatur B). sofort | nach weiteren 4 Stunden Kolatur eefundene Harnsäure Ze | g ie 200cem A (Leber) | 0.0153 a | 0,0470 „200 „ B Milz | 0,0332 | ne ) ? ( ) 6) 0,0474 | 0,1218 „200 „ A+200cem B In 1100 | 2 Versuch 2. Aus 700g Rinderleberbrei und 1000 ccm physio- logischer Kochsalzlösung wurde, wie oben, eine Kolatur A gewonnen. Uber synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. 47 Ebenso aus 150g Rinderthymus und 1000 ccm physiologischer Koch- salzlösung eine Kolatur B. nach 4 Stunden gefundene Kolatur | Harnsäure | 8 250cem A (Leber) 0,0291 250 „ B (Thymus) | 0,0007 je 250. ,, ee J 2 | \ 0,0733 Versuch 3. Aus 660g Rinderleberbrei und 1000 cem physio- logischer Kochsalzlösung wurde eine Kolatur A, aus 270 g Rinderthymus- brei und 800ccm physiologischer Kochsalzlösung eine Kolatur B ge- wonnen. nach 4 Stunden gefundene Kolatur | Harnsäure | o Il = 200 com A (Leber) | 0.0410 200 „ B (Thymus) 0,0096 200 „ A-200ccmB) 0,0821 Aus diesen Versuchen geht hervor, dals in der Thymus des Rindes grölsere Mengen von Harnsäurevorstufen enthalten sind, als dieses Organ für sich allein, kraft seines Harnsäurebildungs- vermögens, in Harnsäure überzuführen imstande ist, dafs hingegen die Leber des Rindes in viel höherem Malse die Fähigkeit der Harnsäurebildung besitzt und daher bei Zusatz ersteren Organ- extraktes zur Leber mehr Harnsäure entsteht, die sich zu der in der Leber ohnehin gebildeten hinzuaddiert. Auch bei Zusatz von Milzextrakt zur Leber konnte letztere mehr Harnsäure aus ersterem bilden, als dieselbe allein für sich erzeugte. Für dieses Verhalten liest eine Erklärung sehr nahe. Die Leber ist das einzige Organ, für welches die Fähigkeit, sowohl oxydativ als auch synthetisch Harnsäure zu bilden, nachgewiesen ist, während in anderen Organen wahrscheinlich nur der erstere Bildungsmodus obwalten dürfte. Wenn nun letztere Organe (Milz und Thymus) aber auch Vorstufen zur Harnsäuresynthese ent- halten, dann mufs bei Zusatz derselben zur Leber natürlich mehr Harnsäure entstehen, als sie für sich allein oxydativ gebildet hätten. Um die Richtigkeit dieser Vermutung zu prüfen, um also zu untersuchen, ob diese in den verschiedenen Organen enthaltenen Hugo Wiener, 48 Harnsäurevorstufen in Alkohol unlösliche Nukleinsubstanzen, aus welchen Harnsäure dann auf oxydativem Wege entstehen würde, oder in Alkohol lösliche Stoffe sind, bei denen man an eine syn- thetische Bildung denken mülste, habe ich aus den verschiedenen Organen Alkoholextrakte dargestellt und diese sowohl, wie auch die von alkohollöslichen Substanzen frei gewaschenen Rückstände zur Leber zugesetzt. Es zeigte sich Folgendes: Versuch 4. 400g Rindermilzbrei wurden mit 1000 ccm physio- logischer Kochsalzlösung versetzt, 1 Stunde bei 40° C. geschüttelt, hierauf koliert. Die Kolatur mit der fünffachen Menge Alkohol versetzt und 24 Stunden stehen gelassen. Dann wurde filtriert, der Filter- rückstand mit Alkohol erschöpft, dann mit physiologischer Kochsalz- lösung extrahiert: Extrakt A. Das ursprüngliche Alkoholfiltrat wurde bis zur Trockne eingedampft, nochmals mit Alkohol bis zur Erschöpfung extrahiert, der Alkohol abgedampft und der Rückstand in physiologischer Kochsalzlösung aufgenommen: Extrakt Be Sowohl A als B wurden auf frische Leberkolatur einwirken gelassen. a physioloe. | Menge der 3 Kochsalz- = ) + ı Dauer der | oefundenen brei x Kolatur Zrosatz Re u lösung | Einwirkung | Harnsäure ccm ccm | Stunden g | BE a euere | | 0,0425 | | je 200 _ | 4 | 0.0421 1500 1800. 0 5 | | f 0,0570 | je 200 A 4 “ en | | 0,0496 | E20 | B 4 | { Versuch 5. Aus 200g Rinderthymusbrei + 600 ccm physio- logischer Kochsalzlösung wurde in der gleichen Weise ein Extrakt A aus dem Alkoholrückstand, ein Extrakt B aus dem Alkoholäiiltrat her- gestellt und beide wieder auf frische Leberkolatur einwirken gelassen. Leber- | Physiolog. Menge der E D d brei Dur Kolatur Zusatz a uns gefundenen lösung Einwirkung | Harnsäure S ccm ccm Stunden g ; 0,0314 Bee 3 - a ; 0,0661 1350 1800 je 200 N 4 I: f 0,0806 en : ö \.0,0847 Über synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. 49 Durch diese Versuche fand die oben angeführte Annahme ihre volle Bestätigung. Die Milz enthält, wie Versuch 4 zeigt, geringe Mengen alkohollöslicher Vorstufen zur Harnsäuresynthese und dementsprechend ist auch in Versuch 1 eine geringe Vermehrung der Harnsäurebildung bei Zusatz dieses Organes zur Leber erfolgt. In der Thymus hingegen ist aulser den alkoholunlöslichen, den Nukleinen angehörenden, oxydativ harnsäurebildenden Vorstufen, aus welchen die Thymus selbst Harnsäure erzeugen kann, noch eine grölsere Menge alkohollöslicher, also zur Synthese geeigneter vorhanden, die erst durch die Leber in Harnsäure übergeführt werden können und dementsprechend ist auch der Ausfall der Versuche 2 und 3 zu erklären. Weitere Versuche galten dem Studium der gegenseitigen Be- einflussung harnsäurebildender und harnsäurezerstörender Organe. A priori bestanden in dieser Beziehung zwei Möglichkeiten. Ent- weder konnte das harnsäurezerstörende Organ bei Zusatz zu einem harnsäurebildenden die in letzterem gebildete Harnsäure zerstören, oder letzteres konnte aus den durch die Harnsäurezerstörung ent- standenen Zersetzungsprodukten wieder Harnsäure aufbauen. Die in dieser Richtung unternommenen Versuche entschieden für erstere Annahme. Versuch 6. Aus 1500 g Rinderleberbrei und 1800 cem physiologischer Kochsalzlösung wurde eine Kolatur A, aus 1500 g Hundeleberbrei und 1800 cem physiologischer Kochsalzlösung eine Kolatur B hergestellt. | sofort nach weiteren 4 Stunden Kolatur gefundene Harnsäuremenge | g | 8 je 200cem A (Rinderleber).. . . 0,0072 f 0,0320 (0,0367 je 200cem B (Hundeleber) ... . 0,0183 ” je 200cem A + 200ccemB... | — | a Trotzdem der Zusatz der harnsäurezerstörenden Hundeleber zur Rindsleber die Harnsäurebildung in letzterer anscheinend auf- hob, enthält erstere, wie folgende Versuche zeigen, doch auch alkohollösliche Vorstufen der Harnsäure, so dals wohl eine ziemlich weite Verbreitung derselben im Tierkörper angenommen werden muls. Versuch 7. Aus 600 g Hundeleberbrei + 500 ccm physiologischer Beitr. z. chem. Physiologie. II. 4 50 Hugo Wiener, Kochsalzlösung wurde wie im Versuch 4 ein Alkoholextrakt A gewonnen und zu Rinderleberbrei gefügt: Rinder- | physiolog. | | Menge der lhyik E Dauer der } a | Kr ‘ Kolatur Zusatz SE 2 m | re brei + | lösung Einwirkung | Harnsäure g | cem | ccm | g | | | | (1% Sr 0,0515 1350 | 1500 |) je 200 | 4 Stunden | \ 0,0550 Ige- | | ' 5 0,0924 | 1800 | je 200 A | 4 Stunden 10.0997 Versuch 8. Aus 400g Rindernierenbrei + 500cem physio- logischer Kochsalzlösung wurde ein Extrakt A aus dem Alkoholfiltrate hergestellt. | Leber- || Physiolog. | | ı Menge der ae ' Kochsalz- | kalevanee sr | Dauer der | gefundenen ehr ı lösung | | Einwirkung Harnsäure g | | ccm g l | | | | = 500 a oe | Mine | 50,089 600 | 1000 | je 200 | — 4 Stunden 10.0496 I) | 0 | A ı 4 Stunden 0,0759 | | | | Schon in meiner früheren Arbeit habe ich einige Tastversuche unternommen, um auf indirektem Wege diese fragliche Substanz kennen zu lernen, indem ich der Leber verschiedene Substanzen zusetzte, die eventuell zu einer Harnsäuresynthese verwendet werden konnten. Zunächst versuchte ich es mit fleischmilchsaurem Ammon, veranlalst durch die Resultate Minkowskis*) nach Leberexstir- pation bei Gänsen, ferner mit Glykokoll auf Grund der Versuche Horbaczewskis2!), dem es gelang, und Harnstoff Harnsäure darzustellen, extra corpus aus Glykokoll sowie auf Grund meiner eigenen Experimente 22), nach denen Harnsäure im Körper unter Glykokollbildung zerfällt. Nach letzteren war es denkbar, dafs andrerseits wieder Harnsäure unter Zuhülfenahme von Glykokoll aufgebaut werde, da, wie ich zeigen konnte, Harnsäurebildung und Zersetzung sehr häufig nebeneinander, ja sogar demselben Organe vor sich gehen. DBeiderlei Versuche ergaben aber schon damals ein negatives Resultat. Ich konnte daher aus- schliefsen, dafs das Glykokoll zur Harnsäurebildung verwendet in einem und Über synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. Dil wird, es wäre denn, dafs es im Körper zunächst in eine andere Verbindung übergeführt werde, die dann in die Leber gelangt und dort die Synthese zur Harnsäure eingeht. Dann wäre es aber eben nicht mehr das Glykokoll, sondern eine andere Substanz, aus der die Harnsäure gebildet wird. Übrigens sprach schon die geringe Löslichkeit des Glykokolls in Alkohol dagegen, dafs der in den Alkoholextrakt übergehende Körper Glykokoll sei. Es bestand aber die Möglichkeit, dafs andere bei der Harn- säurezersetzung im Körper sich bildende Substanzen an dem Wiederaufbau der Harnsäure beteiligt seien. Um dies zu prüfen, ging ich von folgender Erwägung aus. In der Rinderniere wird Harnsäure in grofser Menge unter Glykokollbildung zersetzt. Wenn man daher Nierensubstanz durch längere Zeit auf eine Harnsäurelösung einwirken läfst, so könnten in dieser aulser Glykokoll noch die übrigen bei der Harnsäure- zersetzung entstehenden Zerfallsprodukte vorhanden sein. Ent- stünde nun aus allen diesen im zur Synthese befähigten Or- gane wieder Harnsäure und hätten wir in ihnen oder in einer von ihnen die gesuchte alkohollösliche Substanz vor uns, so mülste ein Alkoholextrakt dieser Niere, zur Leber zugesetzt, zu einer Harnsäurevermehrung Veranlassung geben. Versuch 9. 900 g Rindernierenbrei wurden mit 1000 ccm physiologischer Kochsalzlösung versetzt, eine Stunde bei 40°C ge- schüttelt, hierauf koliert. Die Kolatur betrug 860 ccm und wurde in zwei gleiche Hälften geteilt. Die eine wurde weitere 4 Stunden ge- schüttelt, die andere mit einer Lösung von lg neutralem harnsauren Natron versetzt und ebenfalls weitere 4 Stunden geschüttelt. Sodann wurde jede Kolatur mit der 5fachen Menge Alkohol gefällt, 24 Stunden stehen gelassen, filtriert; die Filtrate wurden zur Trockne eingedampft und abermals mit Alkohol bis zur Erschöpfung extrahiert. Der Alkohol wurde abgedampft, der Rückstand mit physiologischer Kochsalzlösung aufgenommen und so aus der ersten Hälfte ein Extrakt A, aus der zweiten ein Extrakt B hergestellt. In letzterem mufsten aufser den in Extrakt A enthaltenen Stoffen noch alle bei der Harnsäurezersetzung entstandenen, in Alkohol löslichen Produkte enthalten gewesen sein. Beide Extrakte wurden auf frische Leberkolatur einwirken gelassen. (Sıehe Tabelle a. f. S.) Dieser Versuch fiel demnach negativ aus. Er bestätigte zunächst die schon bekannte Thatsache, dafs auch im Alkohol- extrakt der Niere die fragliche Substanz enthalten ist, dafs aber ihre Menge durch vorherigen Harnsäurezusatz nicht vermehrt wird, dals somit die Zersetzung der Harnsäure nicht zur Bildung jener 4 52 Hugo Wiener, 24 Stoffe führt, die direkt einer Rückbildung zum ursprünglichen Körper fähig sind. | : | | hysiolog. | | Menge der Leber- ı PM > | | E ie Kochsalz- Kolatur | | Dauer der ı gefundenen DEE lösung | Einwirkung | Harnsäure g | ccm ecm | | | g | N 0,0062 i - 9 520 || 1200 | je 200 Ben 4 Stunden on 200 | A ı 4 Stunden 0,0759 200 | B 4 Stunden 0.0805 | Nach dem Ausfall aller dieser Versuche hatte ich keine wei- teren Anhaltspunkte, andere Substanzen auf diese Weise zu prüfen, und es blieb mir zunächst nichts anderes übrig, als durch ver- schiedene Fällungsmittel das Alkoholextrakt zu fraktionieren und die einzelnen Fraktionen auf die Anwesenheit des harnsäurebil- denden Körpers zu untersuchen. Da mir aber keine andere Reaktion auf den Körper zur Verfüsung stand als die physiologische, das heilst immer wieder zu untersuchen, ob die Leber aus demselben Harn- säure bilde, da ferner die Menge der synthetisch gebildeten Harnsäure Centigramme, die der unbekannten Komponenten der Syn- these vielleicht auch nur Centigramme neben zahlreichen verun- reinigenden Substanzen betrug, so wäre dieser Weg ein aulser- ordentlich langwieriger gewesen. Ich ging daher zunächst wieder zur Untersuchung des lebenden Organismus über und prüfte eine Reihe von Stoffen auf ihre Fä- hiekeit, bei Einverleibung in den tierischen Körper eine Harn- säurevermehrung zu erzeugen. Dadurch konnte ich hoffen, neue Anhaltspunkte für weitere Versuche an der isolierten Leber zu ge- winnen. Da ich aber, wie schon erwähnt, der Ansicht war, dafs es sich bei obigen Leberversuchen um eine synthetische Bildung der Harnsäure handle, so wählte ich zunächst Versuchstiere, bei denen eine solche Entstehung der Harnsäure in grofsem Umfange sicher gestellt ist. Ich begann also meine Untersuchungen an Vögeln, speziell an Hühnern, da ich annehmen konnte, dals die Versuchsergebnisse bei diesen Tieren viel deutlicher sein müssen. Eine Übertragung dieser Erfahrungen auf Säugetiere war dann, wenn die Resultate bei diesen in gleichem Sinne, wenn auch, wie zu erwarten, quantitativ viel geringer ausfallen sollten, nicht ausgeschlossen. © Uber synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. h II. Durch vielfache Untersuchungen ist festgestellt worden, dafs bei Vögeln die Harnsäure ihrer Hauptmasse nach synthetisch ge- bildet wird. So hatte, wie schon erwähnt, v. Schroeder!) ge- funden, dafs eingeführtes Ammoniak, H. Meyer), dafs eingeführter Harnstoff, und v. Knieriem?°), dafs Aminosäuren in Harnsäure übergehen. Diese Umwandlung konnte nur in einer Synthese bestehen, und zwar hat man angenommen, dafs alle diese Sub- stanzen zunächst in Ammoniak übergehen und dieses dann mit Kohlensäure eine Synthese zu Harnsäure eingehe. Minkowski?) war nun der erste, der darauf aufmerksam machte, dafs dies nur denkbar wäre, wenn gleichzeitig eine sehr erhebliche Reduktion stattfinden würde und, da im tierischen Or- ganismus Reduktionsprozesse nur in sehr geringem Umfange statt- zufinden scheinen, es viel wahrscheinlicher sei, dafs bei der Harn- säurebildung das Ammoniak sich mit einem kohlenstoffreicheren, stickstofffreien Atomkomplexe vereinigt, auf welche Möglichkeit schon früher v. Schroeder!) kurz hingewiesen hatte. Durch die angeführten Arbeiten war also nur die stickstof- haltige Komponente bei der Harnsäurebildung erforscht. Substanzen, die im Säugetierorganismus in Harnstoff übergehen, führten im Vogelorganismus zur Harnsäurebildung. Ob dieselben wirklich vorerst in Harnstoff umgewandelt werden müssen, um die Synthese einzugehen, oder ob letztere bereits möglich ist, solange sich diese Substanzen auf einer Vorstufe des Harnstoffs, etwa der des Am- moniaks befinden, will ich, als nicht in den Rahmen meiner Arbeit gehörig, nicht weiter erörtern und glaube, dafs diese Frage innig mit den Anschauungen über die Harnstoffbildung im Säugetierkörper zusammenhängt. Aus der Konstitutionsformel der Harnsäure, wie sie von Me- dicus und Fischer aufgestellt wurde, geht hervor, dafs sie zwei Harnstoffreste an einen stickstofffreien Atomkomplex angelagert enthält. Über die mutmafsliche Herkunft dieses stickstofffreien Atomkomplexes aber bestehen nur spärliche Angaben. Hier ist eigentlich nur die klassische Arbeit Minkowskis*) zu erwähnen, der bei Gänsen nach Leberexstirpation konstatierte, dafs die Harn- säureausscheidung auf ein Minimum absinkt und fast der ganze Stickstoff in Form von Ammoniak an Fleischmilchsäure gebunden ausgeschieden wird. Er sprach daher die Vermutung aus, dafs 54 Hugo Wiener, die Milchsäure unter normalen Verhältnissen zur Bildung der Harnsäure verwendet werde. In welcher Weise dies geschieht, darüber konnte er sich nicht näher äufsern. Gerade aber durch eine nähere Untersuchung der Zusammen- setzung und Herkunft dieses stickstofffreien Atomkomplexes war eine Aufklärung über die Art der Harnsäuresynthese zu erwarten. In dieser Richtung experimentelle Anhaltspunkte zu finden, war das Ziel nachstehender Untersuchungen. Da bei Hühnern normalerweise fast der gesamte Stickstoff in Form von Harnsäure ausgeschieden wird und bei Verfütterung verschiedener stickstoffhaltiger Verbindungen auch diese, wie ver- schiedene Untersuchungen zeigten, fast vollständig in Harnsäure übergeführt werden, mufste man den Schlufs ziehen, dafs der Organismus dieser Tiere stets genügende Mengen der stickstoff- freien Komponente, die zur Harnsäurebildung notwendig ist, zur Verfügung hat, ja sogar noch einen gewissen Reservefonds daran besitzt, der, wenn stickstoffhaltige Materialien zugeführt werden, an dieselben gebunden werden kann. Demgemäls war von einer Zufuhr stickstofffreier Substanzen, auch wenn sie sonst zur Harnsäurebildung verwendet werden könnten, keine weitere Harnsäurevermehrung zu erwarten, da ja schon ohnehin das Maximum der Harnsäurebildung stets erreicht wird. Es bestand aber die Möglichkeit, dafs der Reservefonds an der stickstofffreien Komponente nicht ein so grofser ist, dals er bei subkutaner Darreichung, also bei Überschwemmung des Körpers mit grolsen Mengen stickstoffhaltiger Substanzen, z. B. Harnstoff, ausreicht, mit der ganzen dargereichten Menge eine Synthese zu Harnsäure einzugehen; ein Teil jener mülste dann un- verändert ausgeschieden werden”). Diese Überlegung erwies sich in der That im Tierexperiment als richtig. Bei subkutaner Injektion von 3& Harnstoff, einer Menge, die bei Fütterung per os nach den vorliegenden Unter- suchungen grölstenteils in Harnsäure übergeführt werden dürfte, trat nur eine relativ geringe Steigerung der Harnsäureausscheidung ein, die bei verschiedenen Tieren schwankte, bei einem und dem- selben Tiere aber aufserordentlich konstant war. Es wurde *) Bei Zufuhr solcher Körper per os findet schon nach älteren An- gaben vollständige Umwandlung in Harnsäure statt, offenbar weil dieselben nur allmählich in den Kreislauf gelangen und daselbst immer von neuem sich bildende stiekstofffreie Stoffe vorfinden, mit denen sie sich verbinden. Über synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. 55 nur ein geringer Teil des eingeführten Harnstoffs, höchstens 1,2g, in Harnsäure verwandelt, während der gröfste Teil desselben unverändert oder wenigstens in einer anderen Form ausgeschieden wurde. Es waren also bei dieser Versuchsanordnung die Bedingungen für die Harnsäurebildung derartige, dals der Organismus in der kurzen Zeit, die zwischen der Einfuhr und der Ausscheidung des Harnstoffs verstrich, selbst nicht genügende Mengen der stickstofffreien Kom- ponenten produzieren konnte. Diese Verhältnisse gaben aber die Möslichkeit, durch gleichzeitige Zufuhr dieser stickstofffreien Komponenten oder solcher Substanzen, aus welchen dieselbe im Körper entsteht, die Harnsäurebildung zu steigern, und der positive Ausfall dieser Experimente würde den Rückschluls gestatten, dals die gleichzeitig mit dem Harnstoff eingeführte stickstofffreie Sub- stanz oder ihre Umwandlungsprodukte die stickstofffreie Kom- ponente bei der Harnsäurebildung darstellen. Die Versuche wurden folgendermafsen ausgeführt. Ein Huhn wurde in einen Zwangskäfig eingestellt. Harn und Fäces wurden in einer vorgelegten Schale gesammelt, in die, um Fäulnis zu verhindern, einige Kubikcentimeter 10 prozentigen Karbolalkohol gegossen waren. Mit dem eigentlichen Versuche wurde erst begonnen, als sich bei täglicher Wägung herausstellte, dafs sich die Tiere bei gleichbleibender Nahrung im Körpergleichge- wicht befanden, was gewöhnlich nach wenigen Tagen der Fall war. Die gleichmäfsise Ernährung wurde in der Weise durchgeführt, dals die Tiere am Beginne der Tagesperiode eine abgewogene Menge (50 bis 609) Mais erhielten, die sie meist in wenigen Minuten aufpickten. Wasser stand ihnen den ganzen Tag zur Verfügung. Nach jeder 24stündigen Periode wurden dann die Exkremente entfernt, in einer Reibschale gleichmälsig verrieben, unter Zusatz einer geringen |Menge (etwa 5g) Gips zu einem vollständig ho- mogenen Brei verrieben und derselbe bei 100° U so lange ge- trocknet (vier bis sechs Stunden), bis seine Konsistenz ein Zerreiben zu einem feinen Pulver gestattete.e Das Pulver wurde dann ge- wogen und ein aliquoter Teil (etwa 5g) zur Harnsäurebestimmung verwendet. Diese wurde in folgender Weise vorgenommen. Die gewogene Menge des Pulvers wurde mit einer 5 prozentigen Natrium- karbonatlösung bis zur Erschöpfung ausgekocht, die Auszüge filtriert, das Filtrat mit Salzsäure angesäuert, auf ein kleines Volumen eingedampft, die ausgefallene Harnsäure durch ein 56 ° Hugo Wiener, gewogenes Filter filtriert, zunächst mit Wasser chlorfrei, dann mit Alkohol und Ather gewaschen, getrocknet und gewogen. Auf diese Weise erhält man die Harnsäure ziemlich rein. Die Stickstoffbe- stimmungen, die in einer Reihe von Fällen ausgeführt wurden, er- gaben Werte, die zwischen 33 und 34 Proz. N schwankten, was gleich- zeitig eine Gewähr dafür bot, dafs nicht auch andere, sich in ihren Löslichkeitsverhältnissen ähnlich verhaltende Substanzen der Harn- säure beigemengt waren. Die Zulänglichkeit dieses einfachen Verfahrens erwies sich auch durch Kontrollbestimmungen nach Ludwig-Salkowski. So bekam ich, um ein Beispiel anzuführen, in einem Falle nach ersterem Verfahren 0,581 g, nach letzterem 0,378 Harnsäure. Da eine Grundbedingung für die Verwertbarkeit meiner Resultate war, dals sich die Tiere im Körper- und Stickstoff- gleichgewicht befanden, eine Stickstoffbestimmung in dem Gemenge von Harn und Kot für letzteres aber nicht beweisend gewesen wäre, suchte ich anfangs den Harn gesondert aufzufangen. Dies ist zwar leicht durch eine einfache Operation zu erreichen, bewährte sich aber, wie aus Nachstehendem hervorgeht, für meine Versuche nicht. Durch einen Schnitt vom unteren Ende des Sternums bis zur Kloakenöffnung wurde die Bauchhöhle eröffnet, das Rektum hervor- geholt, dasselbe oberhalb der Kloake unterbunden, über der Unter- bindungsstelle durchschnitten und das zuführende Ende als Anus praeternaturalis in die Bauchdeckenwunde eingenäht. Die Tiere über- stehen diesen Eingriff sehr gut, der Harn wird durch den natürlichen, der Kot durch den künstlichen After entleert und letzterer funktioniert in der Regel so lange anstandslos, als sich kein Darmkatarrh einstellt. Ist dieser aber einmal aus irgend einem Grunde eingetreten, dann kommt es sehr häufig durch Vertrocknung der flüssigen Stuhlmassen um den Anus praeternaturalis zur Verstopfung desselben, und das Freihalten erfordert sehr häufige Reinigung. Bei so operierten Tieren stellten sich aber aulserdem konstant andere Veränderungen ein, welche sie für meine Versuche ungeeignet machten, so dals ich die Benutzung dieses Verfahrens wieder aufgeben mulste.e Während bei normalen Tieren fast gar kein oder nur wenig flüssiger Harn entleert wird, schieden diese Tiere ganz enorme Mengen flüssigen Harnes aus und tranken auch dementsprechend ganz kolossale Mengen Wasser. Sie konnten demnach in Bezug auf ihren Stoffwechsel nicht als normal angesehen werden, und da ich nur Tiere mit normalem Stoffwechsel untersuchen wollte, mufste ich von der Untersuchung so operierter Hühner Abstand nehmen. Die erwähnte Erscheinung dürfte wahrscheinlich so zu erklären sein, dafs normalerweise Hüssiger Harn in die Kloake gelangt, von dort aber bei Verschlufs der Kloakenöffnung in das Rektum regurgitiert, woselbst der grölste Teil des Wassers D en Uber synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. 57 wieder resorbiert wird. Dadurch würde es sich auch erklären, wieso normalerweise die Fäces mit Harnsäure ganz umhüllt sind. Nach Abbinden des Rektums ist dann die nachträgliche Wasserresorption unmöglich, weshalb viel flüssiger Harn ausgeschieden wird, und der grolse Wasserverlust des Körpers durch reichliches Trinken ersetzt werden muls. Ich kehrte daher zu meiner ursprünglichen Versuchsanordnung zurück und verzichtete auf die Gesamtstickstoffbestimmung, von der Vorstellung ausgehend, in der Konstanz des Körpergewichtes bei gleichbleibender Stickstoffzufuhr eine genügende Gewähr für das Bestehen eines Stickstoffgleichgewichtes zu besitzen. Da in der Formel der Harnsäure der stickstofffreie Atom- komplex eine Kette von drei C-Atomen enthält, so versuchte ich zunächst die Darreichung von Verbindungen mit einer drei- gliedrigen Kohlenstoffkette mit der Harnstoffinjektion zu kombi- nieren und zwar: Glycerin, Propionsäure, Hydrakrylsäure, Milch- säure, Brenztraubensäure, Malon-, Tartron- und Mesoxalsäure; daran schlossen sich Versuche mit Butanderivaten: Buttersäure, &- und B-Oxybuttersäure, Bernsteinsäure und Äpfelsäure. Sollte aber aus einer vermehrten Harnsäureausscheidung nach Verfütterung einer dieser Substanzen der Schlufs erlaubt sein, dals es sich um ein Heranziehen derselben zur Harnsäurebildung handelt, so mulsten erst noch andere Ursachen einer Harnsäure- vermehrung ausgeschlossen werden. Es könnte z. B. eine dieser Substanzen einen vermehrten Eiweilszerfall anregen und dieser würde dann an und für sich zu einer vermehrten Harnsäureaus- scheidung führen. Wäre dies der Fall, so mülsten diese Substanzen auch ohne gleichzeitige Einfuhr von Harnstoff eine Harnsäure- vermehrung veranlassen. Die umstehende Tabelle zeigt aber, dafs Verfütterung oben an- geführter Substanzen allein keine vermehrte Harnsäureausscheidung bewirkte. Somit ist dieser Einwand entkräftet. Weiter mufste ausgeschlossen werden, dafs eine eventuelle Harnsäurevermehrung nach Darreichung der erwähnten Substanzen auf einer diuretischen Wirkung, auf einer vermehrten Ausschwem- mung der Harnsäure, kurz vielleicht auf einer reinen Salzwirkung beruht. Wie aus der unten folgenden Tabelle hervorgeht, konnte auch dieses Bedenken durch Versuche mit Kochsalz, die negativ ausfielen, beseitigt werden. Schlielslich war noch denkbar, dafs durch Verbrennung der dargereichten organischen Salze zu Karbonaten bessere Lösungs- 58 Hugo Wiener, | | | Normalwert Versuchs- et \ | bezw. Mittel- N Datum | des Tieres | Gereichte Substanz neue) ae Alere ID] | in 3 Tagen 8 | g | 8 12. Febr. 1330 | NE un) 10.00 oe 1330 |0,75& malonsaures 1,90 | | a 1330 Na per os | 1,70 I | 1330 Re 12. März 1100 | | 1,62 | 0.21.62 I BE N | 1100 .0,78:2°, Glycerin | 215,387 21) A per os 1.1459), 2 les 15 1100 Be I | bedingungen für die Harnsäure geschaffen würden und dadurch die vermehrte Harnsäureausscheidung zustande käme. Auch dieses Bedenken wurde durch Versuche mit Natriumacetat entkıäftet. | J | \ Normalweıt ee RE N RE YR | bezw. Mittel- Nr. Datum | des Tieres | @ereichte Substanz |Harnsäure wert der U | in 3 Tagen 8 | sg | 8 |16. Febr. 1300 | A | Re 102° hl. 1300 10,75& NaCl per os| 1,56 | NSS 2 22231300 131. 1,42 195°, 22.1300 1,39 120. Febr! 1300 | 140 | 1,40 Tarot 1300 0,75 Natrium- Lo 122.5 | 1290 acetat per os 1.50 | 1,39 BER 1) 1,05 Auch auf Darreichung von Chlornatrium und Natriumacetat bei gleichzeitiger Injektion von Harnstoff blieb die Harnsäure- ausscheidung auf derselben Höhe wie bei Harnstoffinjektion allein. (Tabelle siehe folgende Seite.) Freilich wirkten diese Substanzen diuretisch und die Harnsäure- vermehrung am ersten Tage nach der Darreichung ist zum Teil auf diese Wirkung zu beziehen, was schon daraus hervorgeht, dafs die Harnsäureausscheidung in diesen Fällen am zweiten, läng- stens am dritten Tage unter die Norm sinkt. Das Mittel oder die Summe aus diesen drei Tagen zeigt aber, dafs eine Einwir- Über synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper- 59 Versuchs- ‚Gewicht h N u Datum | des Tieres | Gereichte Substanz Harnsäure) der U aus Nr. 3 Tagen g 3 g 14 ||13. März) 1100 3 U subkutan | 1,84 1,60 TA, 1100 1,55 5, 1100 1,40 16, 1100 3 U subkutan | 1,82 1,60 I Ren 1100 +.0,75& NaCl per os 1,76 ea. 1100 1,24 ehren 1100 38 U subkutan 1,50 1,53 DOM. 1100 + 0,75g Naacetat 1,59 DU LHNE, 1100 per os 1,64 15 |28. Mai 1570 30 U subkutan | 3,63 3,12 DA: 1570 3.17 DH, 1560 2,56 ae, il... 1560 3g U subkutan | 3,68 3,12 Ds 1570 |-+ 15e Naacetat | 3,19 DER 1550 per os 2,56 kung dieser Salze auf die Harnsäurebildung nicht vorhanden ist. Da nun bei den zu prüfenden Substanzen ebenfalls eine diu- retische Wirkung zu erwarten war, so berücksichtigte ich, damit durch dieselbe meine Resultate nicht getrübt würden, stets die Summe "aus dreitägigen Perioden. Zeigte sich diese gegenüber der bei blofser Harnstoffdarreichung vermehrt, so war, nach Aus- schluls der anderen Möglichkeiten ohne weiteres der Schlufs gestattet, dals die betreffende verfütterte Substanz zur Harnsäurebildung herangezogen worden war, dafs sie die zur Harnsäuresynthese not- wendige stickstofffreie Komponente darstelle, oder dals letztere aus ihr im Körper entstanden war. In den Versuchen wurde der Harnstoff stets in einer 50 pro- zentigen Lösung subkutan, die zu prüfende Substanz als Natrium- salz per os gereicht. Bei der Auswahl der Substanzen ging ich gewöhnlich so vor, dafs ich abwechselnd solche, von denen ich eine Einwirkung auf die Harnsäurebildung erwartete, und solche, bei welchen eine Beeinflussung voraussichtlich nicht vorhanden war, verwendete. Bei länger dauernden Versuchen schaltete ich dann gewöhnlich wieder eine Periode mit alleiniger Harnstoff- injektion ein, um mich zu überzeugen, ob noch dieselben Harn- säurewerte vorhanden waren. Folgende Tabellen geben meine Resultate wieder. 60 Hugo Wiener, Hruhn? A: | Gewicht _ S der U YV ale e en [IR ummeder s ı Datum | des Tieres | Gereichte Substanz in 3 Tagen 8 | 8 | g | 16 25. März) 1100 30 U subkutan 14 | 48 Da, | 1,58 De 1,40 la >, 1100 |3gsubkutan+0,758| 234 | 5,67 2 ı malonsaures Na 11,7 30 | | per os I alkall ıs |3.. „ | 120 |s3g0-40,75fJeisch-] 197 | 5,03 1. April| milchsaures Na | 150 | De | | 1,56 | 1 ee gg Ü (on se A SR 1,61 | 5. ” | | 1,64 | | | 20 6. „ | ımwo |8gU-+0,5brenz| 204 | 5,65 PN traubensaures Na 2,01 | Se | 1,60 | | | ae | a Be 219 | 5,52 OR | | Glycerin en) 1 le‘ 1,45 | | | | Huhn B 922 |23.Mai| 1570 | 3e U 368 | 9,86 DA ou | DR 1560 256 | | ee ee ne 4,39 11,18 | 1560 ı malonsaures Na 3,63 dee | 1560 | 3,16 EKuchme@ %4 | &.Juli| 1580 3eÜ | 2365 | 7,69 95 520107781600 2,62 TOR | 1590 | 2,42 55 1500° | se U 5er 3,55 8,31 lg 1590 eärungsmilch- 2,68 130 1590 saures Na 2,05 | (I EA = 9 EN Über synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. 61 Huhn © (Fortsetzung). Gewicht S U Versuchs- =... Summeder U N Datum | des Tieres | Gereichte Substanz ra nun in 3 Tagen 8 Ss sg 265 | 14 Juli 15900 BgU-l,ögbrenz| 345 | 8,79 in, 1550 traubensaures Na | 2.98) Sa 15702 | | 2,35 | | + | 27 I72;,; 1550 3gU-+1,ögfleisch-- 3,57 8,20 is, 2. 1580 milchsaures Na | 2,58 | 1219, >, 1570 | 2,05 | Huhn D. 8 |ı17r. Jumi| 1810 3seÜtlöefeisch- 2,76 7,88 | | 1800 milchsaures Na DD oe 1810 2,37 | | | + | >39 20 „| 180 Be Ut1lschydr) 2,85 9,30 I 1800 | akrylsaures Na | 428 1999. 1800 2,22 | | au 03 © |. 18008 | 3e U 2,33 7,36 DA. |. 1800 2,68 I 1800 | Ko a , 1elo BeulTsehrenz| 229, 76% ID 1S00 traubensaures Na | 28 NEDBR TE; re 9,55 | | | + su 90, 2 18000 es VE Tg a ı 80. 1780 | Glycerin On | | 1. Juli le 250 | | | ee ee ne a | De: | 1780 | rungsmilchsaures | 2,81 A it | Na | 29 lakwtlayın Re i + || 34 11. Juli 1780 3g U 205 | 6,88 DR‘ 1780 357 | I; 1770 a + 35 a 1770 3Be&Ut 1Löächydr-| 304 | 87 ni 1770 akrylsaures Na 3,09 102%, 1770 2,64 ah | SCHEN AT. »;; 1770 3elÜ + 152 2:9 797 | 18. z 1770 eärungsmilch- Sl 190.8 1770 saures Na 2 | 62 Hugo Wiener, Huhn E (Fortsetzung). | Gewicht S derÜ V < h a R R ummeder ni : , Datum | des Tieres | Gereichte Substanz |Harnsäure) in 3 Tagen 8 g 8 37 | 20. Juli 1780 3 Ü 9,44 7,09 a len 2,63 u. aleieh) 2,02 3a ee. 1790 8gU-+1ögflisch-| 2,93 8.24 2. 0, 1780 milchsaures Na 3,28 1800 2,03 Huhn E. 39 30. Okt. 1690 30 U 1,38 5,80 31.8 12 21690 2,60 1. Nov. 1690 1,82 40 2. „ | 1690 |32Ü+1,5ebutter- 1,76 5,84 Be 1690 | saures Na 2,06 BE 1690 2,02 4 ER 1700 3gÜ+t1löebem- 2,13 5,91 (De 1700 steinsaures Na INT) Ten 1700 2,05 42 Be 170 3eÜUHtLsgäpfl 212 5,84 lan 1700 saures Na 79 0, on 1,93 Huhn ©. 43 |1. Januar’ 1900 3Ee U 2,10 7,88 N 1900 2,94 SEEN 1900 2,84 A 100 | 3gÜ + 158 2,40 7,89 DE 1550 , propionsaures Na 2,92 ON 18850 | 9,57 Huhn H. 45 | 30. Okt. 140 |3gÜ + 19%gtar-| 3,51 8,55 aa 1400 tronsaures Na 2,56 1. Nov.| 1370 2,48 + 46 0, 1400 3e U 2,38 7,39 Be. 1370 2,50 AN 1370 2,51 + 47 BSR 14100 |3eÜ+1,5gbutter-| 2,60 7,40 | 1400 saures Na 2,30 RR 1370 2,50 Über synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. 63 Versuchs- Nr. 48 49 50 5l 54 55 56 57 58 | Datum 8. Nov. | | 10; le; Nee Ns 1477, 15 162, 34. Nov. 2a 1026.25, | DR IS, DIE, 30%, 1. Dez ” 14. Febr. 92%; 1600... Tee SR; IN, DOSE, Dr RER 24. Nov DIE 20:03: Din DBran 29.2; Gewicht des Tieres Huhn l. Gereichte Substanz Harnsäure g = 3eÜ 2,17 2,93 | .2,09 + 38 U-+1,5gäpfel- 2,70 saures Na 2) 9,07 + 3g U-+ 158g 2,68 elycerinsaures Na Dalh7ı 2.64 Huhn K. 3e U 2,24 2,30 2,39 BU 1,5 g f-oxy- 3,13 | buttersaures Na 2335 1,86 38 Ü + 0,8gmes-| 3,06 oxalsaures Na 2,50 2,19 Huhn L. 38 Ü +15gaoxy- 2,42 buttersaures Na Dal 9.30 + 3e U 2,67 2,20 ORT. 38 Ü + 1,5 8 pro) 2,78 pionsaures Na 2,19 | Huhn M + Sol) 2,22 2,39 2,24 + 3gU+ 159 P-oxy- 2,62 buttersaures Na 2,40 2,33 |Summeder U in 5 Tagen g 7,19 6,96 | 148) 6,93 7.94 64 Hugo Wiener, Huhn M (Fortsetzung). || | . | | —_ | | Gewicht | Versuchs- 2 | 'Harnsäure DUnmeder U Se Datum | des Tieres | Gereichte Substanz Ba in 3 Tagen | 8 | g | g | + 59. || 30. Nov. 2300 3e U+15g 2,59 ET | 1. Dez. 2300 glycerinsaures Na 2,58 | I 9270 20 | + | | BORN BE 2300 3EU 2040| 2,6192 Ri, 2300 | | 2,64 NR 2300 | 2,04 HuhnN. || | R | a een aus 3g U | 249 | 723 Ian 2170 Be I, 2100 | a | Be 2170 BgÜ+t1sgben 9397 | ze za Fi 2180 ı steinsaures Na | 2,24 | Inleh 2170 | | 2,00 ERuhmz®! j + | 63 DT Nov 3c U 1 a zu res (1280, 1350 So: NOS 1340 eo | |) | | len 1340 3gÜ-1,5gbutter! 2,93 7,58 | 1. Dez. 1350 | saures Na ale | 5. 1340 | pt | | | | + | | 6 an 21520 0 Saal, sc 0 0 as | ee Glycerin | DA Ina are | 196 | | 1340 3E U oz 7,54 I ee 1340 oo neh 1350 Wake Um einen Überblick über die vorliegenden Versuche zu ge- winnen, seien die Resultate in einer Übersichtstabelle zusammen- gestellt. Unter der Annahme, dafs die gereichten Substanzen die stickstofffreie Komponente zur Harnsäurebildung liefern, an die sich zwei Harnstoffreste anlagern, konnte die Harnsäurevermehrung, die überhaupt möglich ist, wenn die ganze Menge der einverleibten Substanzen zur Harnsäuresynthese verwendet wird, berechnet und die ee Si rer u u EEE Über synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. 65 Übersichtstabelle. Gefundene Mittel In = Ein- Berechn. |Gefundene Pin üttert 3 3. |gaföhr i a wa mr 3 = geführte Harnsäure- der berech- es alslanz 8,5 Menge vermehrung neten Ver- | undenen > 2 Ye | e mehrung Prozente Glycerin al 1,37 0,66 48,18 45,62 32 185 2,74 1,55 57,66 65 11.5 2,74 0,85 31,02 Propionsäure | 44 1115 2,61 — E= = 56 1,15 9,61 ir en 18 | 06 1.12 0,17 15.18 39,35 cn | OT ED, 2,94 Vo 8 | 98-\| 1,2 2,24 0527| or || Be 381.1 22109 2,94 1,15 51,34 |) rn | | i | £ | „lloneäune f 23. 0 10 9,24 ae Gärungs-‘ | 33 | 12 2,24 2,15 95,98 | 30 RD) DA 0,85 39.28 | Brenztraubensäure 20 0,6 1,14 0,79 69,30 43,62 26 | 12 9,29 1,10 48,03 Se 9,29 0,31 13,53 Hydrakrylsäure ., 29 1,2 2,24 1,94 6,61 35,49 35 11.2 2,24 1,89 84,37 Glycerinsäure . . | 50 1,24 2590 77.2.050 18,57 17,29 59 1,24 1,590 22210:25 15,72 Malonsäure . Ur 0,52 0,84 0,85 100 103 23 | 10 1,69 1,82 106 Tartronsäure . . | 45 0,9 1,26 1,16 92,07 | 92,07 Mesoxalsäure ...| 53 | 0,58 0,82 0,82 100 | 100 Buttersäure 9.0 2) 11,9% 2129 — — — 47 12 9,29 Ru ann ke 2,29 — | «-Oxybuttersäure | 54 1,33 2,14 = — In B-Oxybuttersäure | 52 | 1,33 2,14 0,41 19,16 21,26 ss ass 214 | 050 23,36 Bernsteinsäure. . | 41 1,09 1.50 = = —_ 62 | 1,09 1,55 ei ptelsänter . .| 42. 1,10 1,40 — — = 49 1 1610 1,40 _ _ Beitr. z. chem. Physiologie. II. 5 66 Hugo Wiener, sefundene in Prozenten der berechneten ausgedrückt werden. Selbst- verständlich mufste den physiologischen Schwankungen Rechnung getragen werden und dies geschah, indem ich Differenzen von 0,1 & bis 0,12 & nicht berücksichtigtee Durch diese physiologischen Schwankungen ist es auch zu erklären, dafs im Versuche 23 mehr als 100 Proz. der berechneten Harnsäure erhalten werden konnten. Überblicken wir die Resultate vorstehender Versuche, wie sie namentlich aus der Übersichtstabelle hervorgehen, so sehen wir, dafs alle untersuchten Substanzen mit einer dreigliedrisen Kohlen- stoffkette wirksam waren, bis auf die Propionsäure, während alle mit einer Kette von vier Kohlenstoffatomen, bis auf die ß-Oxy- buttersäure, sich als unwirksam erwiesen. Allgemein ausgedrückt wurden also nur das Glycerin, ferner die eine dreigliedrige Kohlen- stoffkette enthaltenden Oxy-, Keton- und zweibasischen Säuren und von den höheren Säuren nur die in der ß-Stellung oxydierte Buttersäure zur Harnsäuresynthese herangezogen. Gerade letzterer Umstand wird uns verständlich, wenn wir die von Pohl?) geprüfte Anschauung über den möglichen Abbau der Fettsäuren im Tierkörper acceptieren. Nach dieser würde der Abbau so erfolgen, dafs unter Kohlensäureabspaltung die Oxy- dation an der dem Karboxyl zunächst gelegenen Atomgruppe beginnt, wodurch diese zu einer Karboxylgruppe oxydiert wird und so wieder eine Fettsäure mit nächst niedrigem O-Gehalt entsteht. Auf dieseWeise mülste sowohl die Buttersäure als auch die &-Oxybuttersäure durch ein Propionsäurestadium hindurchgehen, und da die Propionsäure un- wirksam war, so wäre es auch verständlich, dafs diese beiden Säuren keine Wirkung entfalteten. Die 5-Oxybuttersäure hingegen mülste durch ein Milchsäurestadium hindurchgehen, und da letztere sich als wirksam erwies, so wäre auch die Wirkung ersterer verständlich. Diese Anschauung über den Abbau der Festsäuren ist auf die zweibasischen Säuren nicht in ganzem Umfange anwendbar, da dieselben sonst. völlig in Oxalsäure übergehen mülsten. Zum Teile ist es thatsächlich der Fall, wie dies Pohl?!) speziell für die Malonsäure am Kaninchen nachweisen konnte. Bei der aufserordentlichen Giftigkeit der Oxalsäure einerseits, der relativen Ungiftigkeit der höheren zweibasischen Säuren andererseits ist aber wohl anzunehmen. dals der Abbau letzterer nur in beschränktem Malse auf die angenommene Weise erfolgt. Es geht also die Bernsteinsäure resp. Äpfelsäure nicht in Malon- resp. Tartronsäure über und das Fehlen einer Beeinflussung der Harnsäurebildung hat daher nichts Überraschendes. Wie der Abbau der höheren zwei- Über synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. 67 basischen Säuren erfolgt, läfst sich derzeit nicht ohne weiteres sagen. Vielleicht tritt hierbei ein Zerfall der Kohlenstoffkette ein. Wir können auf diese Weise also fast alle untersuchten Ver- bindungen mit mehr als drei Kohlenstoffatomen — mit Ausnahme der höheren zweibasischen Säuren — auf solche mit einer drei- gliedrigen Kette zurückführen und die Wirkung der ersteren auf die Harnsäurebildung würde sich dann thatsächlich mit der Wirkung der letzteren decken. Dafs meine Versuche eine weitere Stütze für die obige Annahme des oxydativen Abbaues höherer Fettsäuren bieten, sei nebenbei betont. Diese gilt aber nnr bis zu jenem Momente, wo die betreffenden Verbindungen in dem Stadium angelangt sind, in dem sie eine Kette von drei Kohlenstoffatomen enthalten. Nur für die Propion- säure, die sich als unwirksam erwies und alle Verbindungen, die durch das Propionsäurestadium hindurchgehen, kann sie uneingeschränkt aufrecht erhalten werden, nicht aber für die wirksamen Substanzen. Aus der Übersichtstabelle geht nämlich auch hervor, dafs ge- rade die zweibasischen Säuren mit einer dreigliedrigen Kette die stärkste Wirkung entfalteten, und dies legt den Gedanken nahe, dals alle übrigen wirksamen Körper zunächst in die entsprechenden zweibasischen Säuren übergehen, ein Vorgang, der nach der Kon- stitution dieser Verbindungen leicht verständlich ist, wie aus fol- sender Tabelle zu ersehen ist. CH,0H | CHOH | CH,0OH Glycerin CH, CH, | | CHOH n (0) | COOH COOH Milehsäure Brenztraubensäure CH,0H \ H,OH | CH, CHOH | | COOH COOH Hydrakrylsäure Glycerinsäure COOH COOH T 00H | N 186, CHOH 1 (0) | | COOH COOH COOH Malonsäure Tartronsäure Mesoxalsäure [oR) n Hugo Wiener, Da aber bei Einführung zweibasischer Säuren mit einer drei- gliedrigen Kohlenstoffkette die ganze eingeführte Menge zur Harnsäuresynthese herangezogen wird, von den anderen wirksamen Verbindungen mit dem gleichen Kohlenstoffgehalt hingegen nur ein grölserer oder kleinerer Bruchteil, so mu[ls man annehmen, dals letztere nur zum Teile in erstere übergehen. Diese Annahme würde eine wesentliche Stütze erhalten, wenn es sich zeigen sollte, dafs die isolierten einzelnen Organe, welche die Harnsäurebildung vollziehen, nicht aus allen als wirksam be- fundenen Substanzen Harnsäure zu bilden vermögen, sondern nur aus den zweibasischen Säuren oder blofs einer derselben. Es wäre dann der Schluls gerechtfertigt, dals thatsächlich die be- treffenden Verbindungen im Körper in die entsprechenden zwei- basischen Säuren übergehen und als solche den harnsäurebildenden Organen zugeführt werden. Dieser Beweis wird im Verlaufe meiner Ausführungen noch erbracht werden. Wenn also aus meinen Versuchen eine — natürlich vorläufig nur für den Vogelorganismus gültige — Verallgemeinerung gestattet ist, so könnte dieselbe folgendermalsen lauten: Die höheren einbasischen Säuren der aliphatischen Reihe dürften durch Einsetzen der Oxydation in der dem Karboxyl be- nachbarten Atomgruppe und wiederholter Kohlensäureabspaltung allmählich zu solchen mit immer niedrigerem Kohlenstoffgehalt abgebaut werden, bis sie in die entsprechenden Säuren mit einer Kette von drei Kohlenstoffatomen umgewandelt sind. Ist dieses Oxydationsprodukt Propionsäure, so geht der Abbau bis zur Bildung von Kohlensäure und Wasser weiter. Ist das Produkt hingegen eine Oxy- oder Ketonsäure, dann setzt, wenigstens zum Teil, die Oxydation auch in der dem Karboxyl entgegengesetzten Atomgruppe ein, so dals zunächst die entsprechenden zweibasischen Säuren entstehen. Diese werden aber dann nicht weiter abgebaut, sondern vollständig zur Harnsäuresynthese verwendet, wenn genug geeignete stickstoffhaltige Substanz zur Verfügung steht. Sobald man aber diese, wie ich glaube, durch meine Ver- suche gerechtfertiste Annahme macht, so ergiebt sich der weitere mögliche Weg bei der Harnsäurebildung von selbst. Bekanntlich ist es Behrend und Roosen?) gelungen, aus Acetessigester und Harnstoff über Nitrouraeil Isobarbitursäure, und durch Oxydation derselben Isodialursäure zu gewinnen, die mit Harnstoff bei Gegenwart von konzentrierter Schwefelsäure Harn- säure gab. Schon früher hatte Baeyer%) aus Uramil, dem Amido- Über synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. 69 malonylharnstoff, Pseudoharnsäure dargestellt, und E, Fischer und Ach?) erzielten in letzterer durch’ Schmelzen mit Oxalsäure unter Austritt von H,O Ringschlufs, so dafs Harnsäure entstand. Durch diese beiden künstlichen Synthesen {war eine nahe Be- ziehung der Ureide zweibasischer Säuren zur Harnsäure erwiesen, und in Anbetracht meiner Versuche schien daher die Annahme ge- rechtfertigt, dafs die Harnsäurebildung im Vogelorganismus durch diese Ureide hindurch erfolgt, so dafs man sich den Vorgang etwa so vorzustellen hätte: NH, COOH NH— CO | | | | (0X6) + CHOH — CO CHOH-- 2H,0 | | | | NH, GOOH NH— CO Harnstoff —+ Tartronsäure =] Dialursäure NH— CO NH— CO | | | | 00 CHOH + HN (070) CZHN\ | | | | Ara NH— CO H,N NH—-0-HN Dialursäure + Harnstoff = Harnsäure. Es wäre nun das Nächstliesende zur Stütze der geäulserten Anschauung, die Ureide der verschiedenen zweibasischen Säuren in derselben Weise, wie dies mit den zweibasischen Säuren selbst geschehen war, auf ihre Fähiskeit, eine Harnsäurevermehrung zu erzeugen, zu prüfen. Allein, so zweckmälsig sich meine Versuchsanordnung zur Prüfung stickstofffreier Substanzen gezeigt hatte, so war sie für stickstoffhaltige überhaupt, namentlich aber für die Ureide nicht zu verwenden. Nur wenn die Versuche mit den Ureiden negativ ausgefallen wären, hätten sie in negativem Sinne Beweiskraft gehabt. Ein positives Resultat hingegen hätte auf mehrere Arten zustande kommen können. Erstens besteht die Möglichkeit, dals das betreffende Ureid als solches die weitere Synthese mit. Harnstoff zu Harnsäure eingeht, oder es könnte zunächst im Darme in die entsprechende zweibasische Säure und Harnstoff gespalten werden. Beide Be- standteile hätten dann bei der Harnsäurevermehrung mitwirken können, und da man den Anteil jeder dieser beiden Substanzen nicht beurteilen konnte, hätten diese Versuche keinen Fortschritt gegen die vorangegangenen bedeutet. Aus diesen Gründen nahm ich Abstand, diese Versuche an Hühnern auszuführen, sondern sparte mir sie für Säugetiere auf, bei denen wenigstens ein Teil dieser Einwände nicht besteht. 70 Hugo Wiener, Ich brach daher hier die Versuche an Vögeln ab und legte mir nur noch die Frage vor, ob eine solche Art der Harnsäure- synthese, wie ich sie bei Zufuhr verschiedener Substanzen erwiesen hatte, auch normalerweise vorhanden ist, und ob man annehmen kann, dals die Vögel auch physiologisch auf diese Weise ihre Harnsäure bilden oder nur unter speziellen, durch die Einverleibung der betreffenden Substanzen gegebenen Verhältnissen. Da Minkowskit) gezeigt hatte, dals bei Vögeln nach Exstir- pation der Leber, des Organs der synthetischen Harnsäurebildung, fast der ganze Stickstoff in Form von Ammoniak, an Fleischmilch- säure gebunden, ausgeschieden wird, andererseits die letztere sich in meinen Versuchen wirksam erwiesen hatte, so dürfte wohl an- zunehmen sein, dafs auch normalerweise aus ihr der bei der Harnsäuresynthese beteiligte stickstofffreie Atomkomplex entstehe. Demnach würde die physiologisch stattfindende synthetische Harn- säurebildung etwa so vor sich gehen: Die im Stoffwechsel entstehende Fleischmilchsäure wird zu Tartronsäure oxydiert. Letztere verbindet sich mit Harnstoff, der aus der Oxydation stickstoffhaltiger Substanzen hervorgeht, zu Dialursäure, welche durch Anlagerung eines zweiten Harnstoffrestes in Harnsäure übergeht: Es wäre die. Milchsäure als Vor- stufe der Harnsäure anzusehen und die Störung nach der Leber- exstirpation würde nicht nur in der Aufhebung der Synthese, sondern auch der Oxydation der Milchsäure zu Tartronsäure bestehen. Man könnte sich also die Vorstellung bilden, dafs die stickstoffhaltigen Substanzen im Vogelorganismus ebenso gut zu Harnstoff abgebaut werden wie im Säugetierkörper, und der Unter- schied zwischen beiden Tierklassen nur darin bestehe, dafs bei ersteren der gebildete Harnstoff zum grölsten Teile noch eine Synthese mit der aus der Milchsäure hervorgegangenen Tartron- säure zur Harnsäure eingehe. Für die von Lang‘) geäufserte Anschauung, dals die Leber direkt aus Aminosäuren bei Gegenwart von Ammoniak Harnsäure bildet, bringen meine Versuche keine Stütze. Bei Bestand einer Oxydation der Aminosäuren zu Harnstoff entfällt aber jeder Widerspruch. Nach der oben von mir entwickelten Auffassung würde sich aber die weitere Frage nach der Herkunft der Harnsäure eigentlich mit der nach der Entstehung der Milchsäure decken. Mit dieser habe ich mich aber zunächst nicht beschäftigt, sondern weiter untersucht, inwieweit die Harnsäureausscheidung von der Art der Über synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. ze]: zugeführten Nahrung beeinflulst wird, resp. ob der bei der Harn- säuresynthese beteiliste stickstofffreie Atomkomplex aus Bestand- teilen der Nahrung gebildet wird. Ich prüfte in dieser Richtung die drei Hauptrepräsentanten der Nahrung, Eiweils, Fett und Kohlehydrate, gesondert. Vermehrte Eiweilszufuhr bewirkt vermehrte Harnsäureausscheidung. Allein da aus dem Eiweifs die zur Harnsäurebildung notwendigen Harnstoffreste entstehen, die schon für sich allein zur Harnsäure- vermehrung führen, so ist diese Vermehrung nicht zur Entscheidung der Frage zu verwerten, ob aus dem Eiweils auch die stickstoff- freie Komponente zur Harnsäurebildung hervorgeht. Ich habe aber auch nach Zufuhr von Fett und Kohlehydraten wenn auch nicht immer, so doch in einer Reihe einwandfreier Versuche, wie folgende Tabellen zeigen, eine Harnsäurevermehrung erzielt. Die Versuchsanordnung war genau dieselbe wie in den früheren Versuchen. Fett wurde in Form von Olivenöl, Kohlehydrat in kliuihenwae: ee Gewicht | | Summe der U N: | Datum des Tieres | Gereichte Substanz ‚Harnsäure in 3 Tagen Ele | | | | | | 8 LABEhE | 8 | | | | 67 I 4. Jan. 2190 | 3gU 2,14 | 7,25 I, 3190, 2,76 | Io, 2170 235 | | | + 65 IN 2190 3g U+15g 3,28 9,43 I Sana" 2190 Traubenzucker 2,65 I Re 2180 | 3,50 || + 6) 1 OB 2190 | 382 Ut 2cem | 2,68 7,54 Mal], 2170 | Olivenöl 12:00 I a IENOHIG 0, 2100 | gg U 9,49 7.24 IETAR N, ao | 2,58 SS, 2180 | 2,17 al mm al, | ab % n 71 31. März| 1570 3ge U+15g 2,70 7,06 kl. April) 1570 Traubenzucker Dh2D IE 1570 2,14 | I + | 72 | ha, 1580 3 U 9,70 6,64 | An 1570 2,27 N 1570 Lo 72 Hugo Wiener, Huhn’. || Gewicht R „AT Versuchs- ch { Summe der U 2 Datum | des Tieres | Gereichte Substanz Harnsäure, in 3 Tagen 8 8 | g 73 | 10. Juni 1520. | 39.0 -I 2icem 2,18 | 5,98 LI N Olivenöl aa 112: 2000| Pen 30 1,87. | | | - | Tal. | zoo 3E U 190.1. 312 IA, 15100 | 921 | ag 15310 | 1.01 | ri | To oe 1510 se U, H-15e | 286 u, nA I 1510 | Traubenzucker Iran lebe 1500 1:63 | da io. 1510 ge Ü | 170 | 5,02 De 1510 | IR SE: 1500 | 1,64 Form von Traubenzucker per os neben dem gewöhnlichen Mais- futter verabreicht. Aus diesen Resultaten ist wohl der Schluls gestattet, dafs, wenigstens unter Umständen, aus zugeführtem Fett oder Kohle- hydrat der zur Harnsäuresynthese notwendige stickstofffreie Atom- komplex gebildet werden kann. Beim Fett dürfte wohl: das in ihm enthaltene Glycerin dafür verantwortlich gemacht werden, da die nicht oxydierten Fettsäuren sich in früheren Versuchen als unwirksam erwiesen hatten. III. Nachdem Anhaltspunkte über die Harnsäuresynthese bei Vögeln gewonnen waren, erhob sich die Frage, ob auch bei Säugetieren neben der sicher nachgewiesenen oxydativen Bildung der Harmsäure aus Xanthinbasen noch eine solche durch Synthese nachzuweisen sei. Mit diesem Gegenstande haben sich schon mehrere Autoren beschäftigt. Minkowski®) ging, um diese Möglichkeit zu prüfen, von folgender Erwägung aus: „Bei der Leichtigkeit, mit der bei den Säugetieren die weitere Zersetzung der Harnsäure im Organismus zu- stande kommt, reicht vielleicht der allmähliche Abbau komplizierter Stickstoffverbindungen nicht aus, um die auf synthetischem Wege stattfindende Harnsäurebildung in Erscheinung treten zu lassen- Es wäre aber vielleicht möglich, eine solche nachzuweisen, wenn es gelänge, den Organismus eines Säugetieres mit den unmittelbaren \ Über synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. 73 Vorstufen der Harnsäuresynthese zu überschwemmen und so eine erhebliche Beschleunigung der Synthese zu bewirken. Dann könnte vielleicht ein Bruchteil der so gebildeten Harnsäure der weiteren ‚Zersetzung entgehen und im Harne erscheinen.“ Als solche un- mittelbaren Vorstufen der Harnsäure sah er, gestützt auf die bei Vögeln gemachten Erfahrungen, den Harnstoff und das fleischmilch- saure Ammon an. Allein die auf diese Weise mit den erwähnten Substanzen an Hunden ausgeführten Versuche fielen negativ aus und sprachen daher „gegen die Wahrscheinlichkeit einer synthetischen Harnsäurebildung bei diesen Tieren“. Ebenso führten von einem ganz anderen Gesichtspunkte ausgehende Untersuchungen Steudels?) zu einem negativen Resultate. In einer Arbeit, die bereits nach Abschlufs meiner Versuche erschien und in der sich Steudel°®) mit der Konstitution des Thymins beschäftigte, konstatierte er, dafs letzteres ein Methyldioxypyrimidin ist und daher zu den Ureiden (Barbitursäure u. s. w.) in naher Beziehung stehe. Er sprach daher die Vermutung aus, dals wir in diesen vielleicht Vorstufen des Pürinkernes zu erblicken haben. Die Frage nach der Genese der Harnsäure und der Stellung der Purinkörper im Stoffwechsel träte daher jetzt, wie er meint, in ein ganz neues Stadium und es wäre von grolser Bedeutung, das Verhalten des Methyluracils, des Thy- mins, der übrigen Purinderivate und Ureide im Tierkörper fest- zustellen. In einer späteren Arbeit 2?) führte er auch diesen Plan aus. Allein die wieder an Hunden mit diesen verschiedenen Körpern ausgeführten Versuche entsprachen nicht der Erwartung, auf diese Weise eine Harnsäuresynthese nachzuweisen. Trotzdem verwahrt sich Steudel dagegen, aus diesen Versuchen den Schlufs zu ziehen, dafs eine solche im Tierkörper überhaupt nicht stattfinde, da der Hund zum Studium der Harnsäurebildung nicht das günstigste Ver- suchstier sei und die Resultate am Menschen erst abgewartet werden mülsten. Derselbe Einwand ist auch den früher erwähnten Ver- suchen Minkowskis zu machen, zumal ja selbst Verfütterung von Xanthinbasen bei Hunden nur eine geringe Harnsäurevermehrung erzeugt, obwohl die Harnsäurebildung aus denselben über allen Zweifel sicher gestellt ist und beim Menschen sehr deutlich in Erscheinung tritt. Meine nun zunächst an Hunden ausgeführten Versuche fielen ähnlich wie die Steudels aus, doch bestimmten sie mich, dieselben Substanzen am Menschen zu prüfen. Wenn man einen Hund mit nukleinfreier Nahrung füttert, so scheidet er überhaupt keine Harn- säure aus. Man bekommt zwar, wenn man den Harn nach der Ludwig- 74 Hugo Wiener, Salkowskischen Methode auf Harnsäure untersucht, sich dem Gewichte nach in Millisytammen bewegende Niederschläge, allein diese sind offenbar auf Verunreinigungen, jedenfalls nicht auf Harnsäure zurückzuführen, da die Murexidprobe negativ ausfällt. Bei Zufütterung gewisser Substanzen — ich verwendete malonsaures Natron und Glycerin — trat zwar kaum eine Vermehrung des Filter- rückstandes ein, doch gab derselbe nunmehr deutliche Murexidprobe. Versuch 77. Ein Hund wurde mit 20 2 Eiereiweils, 1 Weilsbrot und 100g Wasser, das ihm täglich durch die Schlundsonde eingellölst wurde, so lange ernährt, bis Stickstoffeleichgewicht und auch beiläufig Körpergleichgewicht eingetreten war. Hierauf bekam er an einem Tage 4,5 g malonsaures Natron neben der gewöhnlichen Kost und 5 Tage später 5 ccm Glycerin per os. Folgende Tabelle giebt die erhaltenen Re- sultate wieder. | Gewicht | Gereichte Sub- Harnmenge| Ges. N 3 II rn 5 Datum | Ges. U | Murexid- Rn | stanz Aasın g g probe 16. Mai | sn 1,75... 0.0006.) 3 8 I, 17 4690 Beh 1.748]. 0.0014 1028 TS, | 1292160 1,775 | 0,0037 — 1925, 19.4690 4,5g malon- | 150 1,726 0.0069 =- .| | saures Natron - | | 120 | 1,735 | 0,0040 _ 21. „| 4680 120 | 1,60 | 0,0091 + we, | 105 | 1,63 — = DA a _ — 2%. „| 4650 |5cem Glycern| 125 | 16 |0002 | + ACT I Rallo 15 0,0029 == 26. „|| 4640 2110 0 1,232.1,0.0019 = DEN I AC5O 110 Nez —_ — | | Nach diesen für die Entscheidung unserer Frage recht un- befriedigenden Resultaten, die mit denen früherer Autoren gut über- einstimmten, gab ich die Versuche an Hunden auf und wandte mich zu solchen an Menschen, zumal in der Litteratur Angaben vorhanden sind, die auf synthetische Harnsäurebildung bei dem- selben schlielsen lassen. Speziell konnten verschiedene Autoren durch Zufütterung von Substanzen, die, wie meine Versuche zeigten, bei Vögeln zur Harnsäuresynthese verwendet werden, beim Menschen eine Harnsäurevermehrung erzielen. Dies war zunächst Horba- czewski und Kanera!?) durch Zufuhr von Glycerin gelungen. Eine zufriedenstellende, sichere Erklärung dieser Thatsache konnten sie aber nicht geben. Sie liefsen in dieser Richtung zwei | Über synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. 75 Möglichkeiten zu. Entweder würde sich das Glycerin direkt an der Harnsäurebildung beteiligen, indem es selbst Bestandteile, aus welchen sich Harnsäure bildet, liefert, oder es verändert den Stoffwechsel in der Weise, dafs gewisse Körper, aus denen sich Harnsäure bildet, aus Eiweilskörpern in reichlicherer Menge abgespalten werden. Auch Weiss?!) beobachtete nach Glycerin- zufuhr beim Menschen eine leicht vermehrte Harnsäureaus- scheidung. Freilich gelang ihm dieser Nachweis nur, als er die Harnsäurebestimmung nach Hopkins ausführte, während Kontroll- bestimmungen mit demselben Harne nach Ludwig-Salkowski eine Harnsäurevermehrung nicht ergaben. In auffallendem Gegen- satze zum freien Glycerin erwies sich aber in den Versuchen von Horbaczewski und Kanera das im Fett gebundene Glycerin unwirksam und auch Herrmann °2) vermifste nach Zufuhr gröfserer Mengen von Fett eine Steigerung der Harnsäureausscheidung. Demgegenüber stehen die Untersuchungen von Rosenfeld und Orgler!?), in welchen sowohl nach Genufs von Fett (Butter), als auch von Kohlehydraten (Rohrzucker) eine Harnsäurever- mehrung beobachtet wurde. Nur diese Versuche sind einwand- frei und zur Entscheidung unserer Frage verwertbar, da unter allen Kautelen erhaltene positive Resultate beweisend sind. Wäh- rend aus den älteren Versuchen zu ersehen ist, dafs die eingeführten stickstofffreien Substanzen stickstoffhaltiges Material vor der Ver- brennung schützten und die dadurch bedingte Verminderung der Harnsäureausscheidung eine etwaige Harnsäurevermehrung durch Zufuhr dieser Substanzen möglicherweise verdeckte, wurde von Rosenfeld und Orgler durch die gleichzeitige Berücksichtigung dieses Momentes eine sichere Basis für die Beurteilung der Harn- säurewerte gegeben. Trotzdem durch Darreichung von Fett und Kohlehydraten die Stickstoffausscheidung, wenn auch nur unbe- deutend, sank, stieg die Harnsäureausscheidung beträchtlich an, so dafs wir berechtigt sind, in dieser Beziehung eine Analogie zwischen dem Menschen und den Vögeln anzunehmen. Von anderen, von mir bei Vögeln wirksam gefundenen Substanzen wurde beim Menschen noch die Milchsäure untersucht. Sowohl Weiss!) als Herrmann 32) kamen aber dabei zu negativen Resultaten. Bei meinen Versuchen habe ich mich nun auf die Prüfung nur weniger Substanzen beschränkt. Nachdem die Frage nach der Wirkung von Glycerin, Fett und Kohlehydraten in positivem Sinne beantwortet schien, habe ich nur die Milchsäure, die Malon- säure und Dialursäure untersucht. Die Tartronsäure, die ich auch 76 Hugo Wiener, prüfen wollte, stand mir leider nicht in genügender Quantität zur Verfügung, um mit Aussicht auf Erfolg an Menschen verfüttert zu werden, und so wählte ich ihr Ureid, die Dialursäure. Die Einwände, die gegen die Verwertbarkeit der Resultate nach Zufuhr von Ureiden bei Hühnern geltend gemacht wurden, hatten ja für den Menschen nur teilweise Anwendung. Es bestand höchstens die Möglichkeit, dals die Dialursäure im Darm gespalten würde und eine eventuelle Harnsäurevermehrung auf die Resorption der abgespaltenen Tartronsäure zu beziehen wäre. In diesem Falle würden die Versuche die Wirkung der Tartronsäure, die ich direkt nicht prüfen konnte, aufklären und würden auch so von Wert sein. Die Versuche wurden auf folgende Weise angestellt. Die Versuchs - Person *) wurde durch eine gleichmäfsige, genau zugewogene Nahrung ins Stickstoffgleichgewicht gebracht und dann unter täglicher Kontrolle der Gesamtstickstoff- und Harn- säureausscheidung die Substanz, die geprüft werden sollte, als Natronsalz verabreicht. In mehreren Versuchen führte ich gleich- zeitig mit dieser noch 10 & Harnstoff ein, um erstens die Diurese etwas gleichmälsiger zu gestalten und andrerseits eine Synthese der betreffenden Säure mit Harnstoff zu erleichtern. Als Kontroll- versuch galt stets die Zufuhr gleicher Mengen von Natriumacetat. Versuch 78. A. H. 22j. Klinische Diagnose: Syringomyelie. Ernährung: 95 g Rostbraten, 180 & Kartoffeln, 185 g Auflauf, !/,1 Milch. 708g Weifsbrot, 80 g Schinken. ao 27 Harn- | — | An Datum || reichte Subz I Ges. N /Ges.T| Mitteldes N | Meheaen stanz | menge ccm g g ne} Q 23. März 7 & Dialursäure | | | an | 1108 U | 1440 18,40 | 0,6480 _ — DA a — | 1180 | 13,87 | 0,5637 13,28 0,6082 | — ı 1040 | 13,86 0,6130 | — — 20. u moZessiesaunes | | Na + 10g U | 950 | 15,76 | 0,5086 = en DT —_ | 1100 | 14,41 | 0,5549 13,13 0,5377 EN — | 1390 | 13,81 | 0,5497 -- _ *) Die zu den mitgeteilten Stoffwechselversuchen verwendeten Patienten lagen auf der I. medizinischen Klinik und ich danke an dieser Stelle dem Vorstande dieser Klinik, Herrn Hofrat Professor Pribram für die Zu- weisung derselben aufs beste. Über synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. 77 Die Mittelzahlen für den Gesamtstickstoff sind nach Abzug der mit den verschiedenen Substanzen eingeführten Stickstoff- menge angegeben, also im ersten Falle nach Abzug von 4,68 N entsprechend 109 Harnstoff und 1,7& N entsprechend 7& Dialur- säure, im zweiten Falle nur nach Abzug von 4,6&N, entsprechend 10 Harnstoff. Die nach Verfütterung von Dialursäure beobachtete Harn- säurevermehrung war freilich nicht sehr bedeutend, betrug aber doch im Mittel pro Tag 15,22 Proz. gegenüber dem Kontroll- versuch und besitzt eine um so grölsere Bedeutung, als die Stickstoffausscheidung in beiden Versuchen die gleiche war. Be- rücksichtist man ferner, dafs die Dialursäure fast gar nicht in Wasser löslich ist, und dementsprechend ein Teil der gereichten Säure der Resorption entgangen sein dürfte, so ist die beobachtete Harnsäurevermehrung um so bemerkenswerter. Versuch 79. M.L. 45. Klinische Diagnose: Neurosis traumatica. Ernährung: 45g Schinken, 258g Brot, 90g Rostbraten, 4 Eier, 145 g Nudeln, 11 Milch, 350g Butter. Mittel des | Mittelwert Gereichte Sub- | Harn- | ’ 7 Ges. Nindrei der aus- Daun | stanz menge Ges. N Ge Tagen \geschiedenen | ccm g ER 8 Harnsäure 9. Jan. — 1600 | 19,27 | 0,4832 19,27 0,4832 10, 10& milch- | 1500 | 19,15 | 0,6356 | saures Natron | | x \ 1165: er | 1800 | 22,60 | 0,5130 en 1 ae 1800 | 16,78 | 0,4865 13.2, 10. malon- 1600 | 19,24 | 0,6570 | saures Natron | | 8,22 | 544 a, — | 1700 | 17,68. 0,5116 | n ee | ar | 1800. | 17,74 | 0,4662 | 10 le le essig- 1950 | 18,04 | 0,5011 | 15,04 0,5011 | | | saures Natron | | | In diesem Falle sehen wir auf Milchsäure und Malonsäure eine leichte Harnsäurevermehrung von ca. 12,5 Proz. eintreten, während bei Zufuhr von Natriumacetat eine solche nicht vor- handen war. Die Zunahme ist am ersten Tage am stärksten, am zweiten Tage ist eine solche noch schwach angedeutet, am dritten Tage ist der Harnsäurewert zur Norm zurückgekehrt. Nach Zufuhr von Natriumacetat konnte nur die Ausscheidung am ersten Tage beobachtet werden, da der Versuch aus äufseren Gründen 78 Hugo Wiener, abgebrochen werden mufste In diesem. Falle befand sich der Patient nicht im Stickstoffgleichgewicht, die Stickstoffzahlen nehmen allmählich ab. Dennoch ist die Milchsäureperiode mit der ersten Normalperiode, die Malonsäureperiode mit der bei Zufuhr von Natriumacetat vergleichbar. Versuch 80. B. J. 41j. Klinische Diagnose: Paralysis spinalis spastica. Ernährung: 100 & Weilsbrot, 125 & Brot, 120g Rostbraten, 170g Auflauf, 95 g Schinken, 100g Kalbsbraten. | | | | Gereichte Sub- | Ham | _ |, —| Mittel | Mittel Datum a menge ı Ges. N| Ges. U EN 0) | ccm g | g | g | sg 4. Juni) 15@ malonsaures | 1430 | 22,71 | 0,8086 | Natrium | | | + I} +10 U | | | - 20,13 1220:8599 N | 1440 | 22,05 | 1,0260 | a RSS | 1530 | 19,70 | 0,7894 | Ti 1430 | 20,66 0,8138 | ] 8. „.|15g Natriumacetat) 1510 | 21,77 | 0,8742 | 3 | | | +10g U | | | | OS ı 1800 | 21,01 | 0,6498 | ? 20,39 0,7522 100 | 1500 | 21,33 | 0,6832 ba | 1520 | 22,05 | 0,8018 I I l Die Mittelwerte der Gesamtstickstoffausscheidung sind nach Abzug von 4,6% N entsprechend den eingeführten 10 & Harnstoff berechnet. Die nach Fütterung mit Malonsäure beobachtete Harn- säurevermehrung beträgt 14,66 Proz. Wir sehen also, dafs die Versuchsergebnisse am Menschen in demselben Sinne, wenn auch, wie zu erwarten war, quantitativ weniger schlagend ausfielen als bei Vögeln. Berücksichtigt man aber, dals beim Menschen gewils ein Teil der gebildeten Harn- säure wieder zerfällt — woran man vorläufig, wie ich glaube, trotz der gegenteiligen Behauptung von Löwi!P) noch immer festhalten muls, da die von ihm vorgebrachten Beweise für die Unzerstörbarkeit einmal gebildeter Harnsäure noch weiterer Stützen bedürfen —, so zeigen die Versuche doch, dafs auch der Mensch die Fähigkeit besitzt, synthetisch Harnsäure zu bilden. Ob dies auch wirklich normalerweise seschieht, werden erst weitere Versuche zeigen, doch halte ich es jetzt schon, in Anbetracht der Analogie mit Vögeln, für sehr wahrscheinlich. Freilich dürfte diese Art der Harnsäurebildung unter normalen Verhältnissen nur eine sehr untergeordnete Rolle Über synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. 79 spielen; es ist aber möglich, dafs sie bei gewissen pathologischen Zuständen, z. B. bei der Gicht, eine erhöhte Bedeutung gewinnt. Man könnte sich demnach die Vorstellung bilden, dafs der Unterschied zwischen dem Stoffwechsel der Vögel und dem der Säugetiere in diesem Punkte kein prinzipieller, sondern nur ein gradueller ist. Bei beiden Tierklassen dürfte die Eiweilszersetzung bis zur Bildung von Harnstoff vor sich gehen, welcher bei Vögeln zum geringsten Teile als solcher ausgeschieden wird, zum gröfsten Teile eine Synthese zu Harnsäure eingeht, während bei Säugetieren der gröflste Teil unverändert zur Ausscheidung gelangt und nur ein kleiner Bruchteil zur Harnsäuresynthese verwendet wird. Aufser- dem entsteht bei beiden Tierklassen Harnsäure durch Oxydation von Xanthinbasen und bildet bei Vögeln einen kleinen, bei Säuge- tieren den grölsten Teil der überhaupt ausgeschiedenen Harnsäure. IV. In den vorstehend mitgeteilten Versuchsreihen ist eine Anzahl von stickstofffreien Substanzen ermittelt worden, die zu- nächst bei Vögeln zu einer Harnsäuresynthese verwendet werden können. Aus ihrer Konstitution und dem verschiedenen quanti- tativen Verhalten in Beziehung auf die Harnsäurevermehrung: konnte auch eine Vermutung über die Einzelphasen der Harnsäure- synthese geschöpft werden. Ein weiterer Aufschluls in dieser Richtung war aber aus Tierexperimenten nicht mehr zu erwarten und nur Versuche an isolierten Organen, welche der Harnsäurebildung vor- stehen, z. B. an der Leber, konnten Aufklärung bringen. Auch bei Säugetieren, speziell beim Menschen wurden in Bezug auf die Harnsäuresynthese im Prinzip dieselben Resultate erhalten. Freilich waren dieselben quantitativ so gering, dals an ihrer Beweiskraft eventuell gezweifelt werden kann. Es bestand aber die Möglichkeit, dafs durch die bei Säugetieren nachgewiesene Harnsäurezerstörung die vermehrte Harnsäurebildung zum gröfsten Teil verdeckt wurde. Hier lag daher die Notwendigkeit vor, die erhaltenen Resultate durch solche Versuche zu stützen, in denen man eine nachträgliche Harnsäurezerstörung wenigstens teilweise ausschaltete. Diese For- derung schien bei der Heranziehung isolierter Organe erfüllbar. Aus allen diesen Gründen liefs ich eine Reihe der als wirksam befundenen Substanzen auf frischen Leberbrei einwirken. Zu diesen Versuchen verwendete ich ausschliefslich Rinderleber und nur in einem Versuche Gänseleber, um zu sehen, ob nicht etwa s0 Hugo Wiener, ein prinzipieller Unterschied zwischen der Leber von Vögeln und der von Säugetieren bestehe. Auch Gänseleber verhielt sich nun so wie die Rinderleber, ja sie zeigte sich unerwarteterweise weniger wirksam, vielleicht weil sie viel derber ist und daher eine viel zellen- ärmere Kolatur gab. Ich beschränkte mich daher in meinen weiteren Experimenten allein auf die Rinderleber und setzte derselben einige von den an Tieren geprüften Substanzen zu. In meiner früheren Arbeit 20) hatte ich in dieser Richtung schon die Milchsäure und zwar mit negativem Erfolge geprüft. Jetzt untersuchte ich noch das Glycerin, die Malon- und Tartronsäure sowie ihre Ureide, die Barbitur- und Dialursäure. Die Versuchsanordnung war folgende: Eine abgewogene Menge frischen Rinderleberbreies wurde mit einer abgemessenen Menge physiologischer Kochsalzlösung, der 0,2 Proz. Natriumfluorid zugefügt war, versetzt, eine Stunde bei Körpertemperatur ge- schüttelt, dann koliert. Von der Kolatur wurden gleiche Mengen mit den betreffenden Substanzen versetzt und weitere vier Stunden bei Körpertemperatur geschüttelt. Hierauf führte ich in allen Proben die Harnsäurebestimmung nach Ludwig-Salkowski mit den in meiner früheren Arbeit angegebenen Kautelen aus. Nebenstehende Tabelle (S. 81) giebt die Resultate wieder. Die verschiedenen Substanzen wurden teils allein, teils gleich- zeitig mit Harnstoff, um eine eventuelle Synthese zu erleichtern, dem Leberbrei zugesetzt. Von allen erwiesen sich nur die Tartronsäure und ihr Ureid, die Dialursäure, wirksam, gleichgültig, ob dieselben als Natron- oder Ammoniaksalz verwendet wurden. Die Wirkung der Tartronsäure erwies sich bei gleichzeitigem Zusatz von Harnstoff stärker als ohne denselben, während dieser Unterschied bei der Dialursäure, die ja ohnehin schon einen Harnstoffrest besitzt, nicht hervortrat. Die Dialursäure zeigte sich in einem Versuche wirk- samer als die Tartronsäure, in einem zweiten Versuche war dies nicht festzustellen, was vielleicht damit zusammenhängt, dafs die Tartronsäure leicht löslich ist, die schwer lösliche Dialursäure hin- gegen zum Teil in Form einer Suspension zugesetzt werden mulste und daher nicht vollständig in Aktion treten konnte. Diese Versuche bringen demnach zunächst weitere Beweise, dafs der Säugetierkörper zu einer Harnsäuresynthese be- fähigt ist, und sie stützen, erweitern und berichtigen zum Teil unsere früher ausgesprochene Anschauung über die Art dieses Vorganges. Von allen untersuchten Substanzen haben in dieser Richtung nur eine zweibasische Säure und ihr Ureid ein pösitives [0 9) _ Über synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. | FT | u. 2388| 3 EEE Versuchs- 2 = SR 5 = sAE Us 2 Nr. en EEE ‚SQ Zusatz As: = 53 E | ® | So | g cem | cem , Stunden g | 200 Dr 1.0. 0,0062 | je 200 | _ |. 4 | a) 0,0489 8I | 1150 | 2000 - | | 'b) 0,0496 | | I" 200 |je 0,75& malonsaures 4 a) 0,0420 | Natron +1g U | b) 0,0411 | 200 — 15,0 0,0137 je 200 — 4 a) 0,0200 52 I 1100 | 1200 b) 0,0273 | | | 200 | 1. barbitursaures 4 0,0229 + | Natron +1g U | (° 200 | 2% | 4 |a) 00813 | | | | | 'b) 0,0504 | | 200| 0,5g Barbitursäure | 4 | 0,0499 | | | als Natronsalz | 98 | 200, 0,5& Barbiturssäure | 4 | 0,0564 83 3 0 I 098 u | | 21500 a als N H,-Salz | | | 200| 0,58 Tartronsäure | 4 | 0,0747 | | | als Natronsalz | | | 200 0,58 Tartronsäure 4 | 0,0766 | als N H,-Salz | | | 250 —_ 4700.0389 | | 250° 0,5& Tartronsäure 10 0.0570 | | als Natronsalz | | 250 0,50 Tartronsäure alsl 4 | 0,0785 | + | & | 1150 | 2000 Natronsalz +1e U | ' 250| 0,5& Dialursäure als | 4 0,0545 | Natronsalz | 250 0,5 & Dialursäure als 4 0,0443 + | Natronsalz -1g U 85 oe = 5 Er R \ 2011,58 Glycerin H1gU 4 0,0511 [ je 300 — 4 a) 0,0596 b) 0,0600 je 300 | 0,5 tartronsaures 4 a) 0,0720 U | b) 0,0738 s6 1370 | 2500 Natron +1g U 300 0,58 dialursaures 4 0,0890: + Natron +1g U + 300 1g Glycerin +1e U 4 0,0608 Beitr. z. chem. Physiologie. II. 6 32 Hugo Wiener, Resultat gegeben. Erinnern wir uns des früher Festgestellten, so können wir daher annehmen, dals alle übrigen Verbindungen, dem Tiere einverleibt, in diese verwandelt werden und als solche dann der Leber und vielleicht auch anderen Organen, die die Harn- säuresynthese vollziehen, zugeführt werden, die dann aus dieser Säure oder ihrem Ureid Harnsäure bilden. Aber nicht alle zwei- basischen Säuren, sondern nur die Tartronsäure kann unmittelbar zur Harnsäuresynthese verwendet werden. Sie ist es, die direkt mit zwei Harnstoffresten sich zu Harnsäure paaren kann, während bei der Malonsäure noch eine Oxydation, bei der Mesoxalsäure eine Reduktion stattfinden mülste. Es dürften daher die wirk- samen Substanzen im Tierkörper zunächst in die entsprechenden zweibasischen Säuren umgewandelt werden. Ist diese Tartron- säure, so geht sie direkt im Harnsäure über, ist sie Malonsäure, so muls sie erst durch Oxydation, ist sie Mesoxalsäure, durch Re- duktion in Tartronsäure übergeführt werden, um die Synthese zu Harnsäure eingehen zu können. Da ferner die Wirkung der Tartronsäure durch gleichzeitigen Harnstoffzusatz erhöht wurde, während dies bei der Dialursäure, die ohnehin schon einen Harn- stoffrest besitzt, nicht der Fall war, so sınd wir wohl berechtigt, anzunehmen, dafs die Harnsäurebildung durch die letztere hindurch erfolgt. Nachtrag. Nach Abschlufs vorliegender Untersuchungen, über die ich bereits im April 1901 vorläufig berichtet habe *), sind noch zwei Arbeiten erschienen, die hier Erwähnung finden sollen. Die erste stammt von Kowalewski und Salaskin >). Die beiden Autoren finden, dafs bei Durchströmung isolierter Vogellebern mit fleischmilchsaurem Ammoniak letzteres zur Harn- säuresynthese verwendet wird. Mir war es nicht gelungen, durch diese Substanz bei Zusatz derselben zum Leberbrei eine Vermehrung der Harnsäurebildung zu erzielen. Dennoch bedeuten jene Ver- suchsergebnisse keinen Widerspruch mit meinen Resultaten. Die durehströmte Leber dürfte noch die Fähigkeit besitzen, die Fleisch- milchsäure zunächst zur Tartronsäure zu oxydieren, um dann aus letzterer Harnsäure aufzubauen, während dem Leberbrei die Fähigkeit der Oxydation der Fleischmilchsäure abgeht und daher der Zusatz der- selben sich als unwirksam erweist und nur der Zusatz von präfor- mierter Tartronsäure zur Harnsäurebildung Veranlassung giebt. Die zweite Arbeit stammt von Burian und Schur®®). *) Verhandlungen des XIX. Kongresses für innere Medizin, 1901. Über synthetische Bildung der Harnsäure im Tierkörper. 83 Eine Reihe von Resultaten in derselben stimmt vollständig mit meinen Annahmen überein und entspricht meinen Erwartungen. So fanden z. B. die beiden Autoren bei Hunden nach Einverleibung von Traubenzucker oder Harnstoff eine vermehrte Harnsäureausscheidung. Allein sie glauben nicht, dafs dies durch eine vermehrte Bildung, sondern durch eine verminderte Zersetzung der Harnsäure hervor- gerufen sei, und berufen sich dabei auf ältere Versuche, nach welchen in der isolierten Niere durch diese Mittel eine vermehrte Blutgeschwindigkeit zustande kommen sollte. Sie nehmen daher an, dafs infolge dessen mehr Harnsäure, bevor sie in das harn- säurezerstörende Organ — die Leber — gelangt, dem Körper entzogen werde. Absesehen nun davon, dafs sie beim Menschen diese Er- scheinung nicht beobachteten und für das Ausbleiben derselben wieder mehrere Möglichkeiten diskutieren, ist die Grundlage, auf der sie bauen, die vermehrte Blutgeschwindiekeit in den Nieren bei vermehrter Diurese überhaupt nicht gegeben, wie Schwarz >) und später Gottlieb und Magnus) nachgewiesen haben. Viel ungezwungener lassen sich die Resultate Burians und Schurs entsprechend meinen Anschauungen erklären. Bei Hunden be- obachteten sie bei vermehrter Diurese eine vermehrte Harnsäure- ausscheidung, weil sie die Diurese durch Einverleibung von Sub- stanzen (Zucker, Harnstoff), die zur Harnsäuresynthese verwendet werden können, erzeugten. Beim Menschen hingegen war sie nicht zu beobachten, weil sie zur Erzielung der Diurese solche Mittel einverleibten, die entweder keine oder nur geringe Mengen von Substanzen enthielten, die zur Harnsäurebildung herangezogen werden können. (Species diureticae, Bier). Litteratur. 1) Woldemar Schroeder, Über die Verwandlung des Ammoniaks in Harnsäure im Organismus des Huhnes. Zeitschr. f. physiol. Chem., 2, 228 (1878). 2) H. Meyer, Beiträge zur Kenntnis des Stoffwechsels im Organismus der Hühner. Dissertation, Königsberg 1377. 5) v. 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(Aus der medizinischen Klinik in Graz.) Zur Feststellung der Herkunft des Fettes in der Phosphor- leber hat Leo einen anderen Weg als vor und nach ihm Lebedeff und Rosenfeld eingeschlagen. Leos Fragestellung lautet be- kanntlich: nimmt infolge der Phosphorvergiftung die Gesamt- menge des im Körper enthaltenen Fettes zu oder ab? Die Beurteilung der Versuchsergebnisse bietet hierbei allerdings naheliegende Schwierigkeiten. Wenn auch blofs Tiere verwendet worden sind, bei welchen nach Herkunft, früherer Ernährung u. s. w. sich vor- aussetzen liefs, dafs ihr ursprünglicher Fettgehalt annähernd der gleiche gewesen, kann doch, besonders angesichts geringfügiger Differenzen zwischen vergifteten und Kontrolltieren, das Endresultat durch von vorn- herein bestehende individuelle Unterschiede im Fettgehalt be- einflulst sein. Dieser UÜbelstand macht sich jedoch vorwiegend blols geltend, wenn das Versuchsergebnis auf eine Vermehrung des Fettes, bezogen auf das Anfangsgewicht der Tiere, hinweist; denn nach allen einschlägigen experimentellen Erfahrungen ist die fragliche (vitale intracelluläre) Fettbildung höchstens eine ganz geringe gewesen. Die von Stolnikow und Polimantı bei ihrem Versuchstier (Frosch) ausgeführte Exstirpation der Fettkörper ist wohl geeignet, den indi- viduell verschiedenen Fettgehalt auszugleichen, führt aber einen neuen abnormen Zustand als Komplikation ein. Eine weitere Schwierigkeit mulste man bei Erwartung einer Fettvermehrung im vergifteten Orga- nismus für die Leosche Fragestellung wegen der die Intoxikation not- wendig begleitenden Inanition befürchten. Leo, Polimanti und Athanasiu wählten deshalb als Versuchstier den Frosch, welchem die Nahrung längere Zeit entzogen werden kann, ohne dafs deshalb seine Funktionen ernstlich gestört werden. Aber gerade wenn infolge der Phosphorintoxikation bei nach Möglichkeit fortgesetzter Ernährung der Versuchstiere trotz abnorm reichlicher Aufstapelung von Fett in bestimmten Organen (Leber) das Fr. Kraus u. A. Sommer, Über Fettwanderung bei Phosphorintoxikation. 87 im übrigen Körper enthaltene Fett, selbst bezogen auf das letzte Ge- wicht. des lebenden Tieres, stark abgenommen hat, mufs die Be- urteilung eine leichtere sein. Bei überwiegender Fettzerstörung setzt uns nämlich besonders die Verteilung des übrig gebliebenen Fettes auf die einzelnen Organe der vergifteten Tiere in den Stand, den Einflufs der Inanition als solcher abzugrenzen. Unter dieser Voraus- setzung wird die Frage nach der Quelle des Leberfettes bei der Phos- phorintoxikation zurückgeführt auf einen Vergleich durch qualitativ und quantitativ verschiedene Ernährung verschieden fettreich gemachter Versuchstiere mit und ohne Zugabe von Phosphor zu den Ingestis. Allerdings können nur grobe Abweichungen von der Norm dabei den Schlüssen gröfsere Wahrscheinlichkeit verschaffen. Dies wird jedoch in keiner anderen Weise besser zu erzielen sein, solange dasselbe Tier nicht zweimal untersucht werden kann. Das Plus von Fett, welches Leo in seinen Fröschen fand und auf die Phosphorvereiftung bezog, liestinnerhalb der Fehler der damals zur Ver- fügung stehenden Fettanılyuschen Methoden. Die neueren mit Fröschen gewonnenen Versuchsereebnisse vonPolimanti und Athanasiu stehen einander schroff gegenüber. Athanasiu fand (berechnete), dafs der prozentische Fettgehalt der mit Phosphor vergifteten Frösche sich gar nicht ändert. Gegen Polimantis Versuche erhob Pflüger Bedenken, deren Berechtigung zum Teile nicht zu bestreiten ist. Überhaupt ist aber der Frosch, trotz des früher erwähnten Vorzugs, gar kein für unsere Zwecke geeignetes Versuchstier. Es kommt bei demselben unter dem Einflusse des Phosphors zu keiner deutlichen Vermehrung der Stick- stofausscheidung, nur das Glykogen geht in verhältnismäfsig. grofsem Betrage verloren. Auch die Zunahme des Leberfettes ist nur eine ge- ringe. Bei den Phosphorfröschen Polimantis sank ferner der Trocken- rückstand des Gesamtkörpers von 21,4 auf 18,84 Proz.; derjenige der Leber von 11,2 auf 9,4 Proz. Der Wassergehalt der feuchten Leber- substanz gesunder Menschen aber beträgt 72 bis 78 Proz. und erniedrigt sich bei Phosphorvereiftung auf 66 bis 57 Proz. (Perls, v. Hösslin, Lebedeff, v.Starck, eigene Erfahrungen). Ganz wie beim Menschen ist das Verhalten der mit Phosphor vergifteten Maus. Bei allen höheren Tieren gehört erfahrungsgemäfs eine Abmagerung zum Wesen der Phos- a lanen wie Bent. nicht durch Nahrungsverweigerung allein bedingt ist. Schon Leo fand ferner bei seiner mit Phosphor vergifteten Ratte eine ganz entschieden über die möglichen Versuchsfehler hinaus- gehende Verminderung des Ätherextraktes des Gesamttieres. Es schien somit von vornherein nicht unwahrscheinlich, dafs bei allen höheren Tieren neben einem zum Wesen der Phosphorvergiftung ge- hörigen erhöhten Eiweilszerfall auch eine beträchtliche Fettzersetzune sich einstellt, und damit ein im Sinne der früheren Darlegungen leichter zu beurteilendes Versuchsergebnis bewirkt wird. Aus allen diesen Gründen wählten wir (weilse) Mäuse als Ver- suchstiere. Diese verhalten sich bei der Phosphorintoxikation ähnlich wie der Mensch und sind bei ihrer Kleinheit leicht und genau auf ihren Fettgehalt zu untersuchen. Nach vielen Vorversuchen fanden wir als die für unseren Zweck geeignetste Methode der Fettbestimmung das 88 Fr. Kraus und A. Sommer, Verfahren von Liebermann. In der Liebermannschen Lauge gehen Haare und Knochen leicht und ziemlich vollständig in Lösung. Die frischen, nicht getrockneten Substanzen sind zur Bestimmung verwendbar. Die flüchtigen Fettsäuren werden mit erhalten. Eventuell vorhandene „Fetteiweifsverbindungen“ werden aufgeschlossen, aufser den freien und den Fettsäuren der Triglyceride werden auch diejenigen der l.ecithine (und des Jecorins) gewonnen. Der unverseifbare Rest (Cholesterin) ist von uns nicht in Abzug gebracht worden. Jede Maus haben wir in zwei (bis drei) Teilen verarbeitet. Das Fett der Leber ist natürlich gesondert bestimmt worden. Die Zahlen in den Tabellen beziehen sich sämtlich auf die feuchte Substanz. Zunächst stellten wir Fettgehalt und Fettverteilung von fünf normalen, jedoch verschieden gefütterten und deshalb am Ende des Versuchs auch verschieden schweren Tieren fest (Tab. ]). Die zwei schwersten Mäuse hatten zu der sonst aus Brötchen be- stehenden Nahrung auch noch Speck erhalten. So vermochten wir den prozentischen Fettgehalt der (isoliert gepflegten, am Schlusse des Versuchs geschlachteten) Gesamttiere, welche mit dem Lebend- gewicht (24,7 bis 14,5 g) annähernd parallel lief, zwischen 29 und 14 Proz. zu variieren. Die Lebern dieser Mäuse wogen im Mittel Tabelle Il Nicht vergiftete Mäuse. Prozenti- ı Prozenti- | Wieviel Proz. Gesamt- Prozenti- a Ba el seper a meHer | seien Fett- |des gesamten gehalt des | wicht! fett ' gehalt des | Fettgehaltes der Maus sanzen 3 gehalt | Körpers |desTieressind g Tieres e g ‚der Leber minus Leber |in der Leber s | | 24,74065 | 293 | 1,2190 0,1450) 118 | 302 | 1,99 19,8615 15,4 1,0295 | 0,0917 89 15.82.21. 72.29198 18,533 14,5 0,9060 | 0,0513 | | 1972 | 1,3 16,4290 14.2 0,3550 | 0,0525 | 6,1 | 14,7 | 2 14,5200 | 13,8 | 0,8035 | 0,0409 res > i | | | den neunzehnten Teil des ganzen Gewichtes. Der Fettgehalt der Lebern schwankte zwischen 12 und 5 Proz., er war also bei einzelnen Tieren ein sehr beträchtlicher. Immer aber hielt sich gleichzeitig der prozentische Fettgehalt des Körpers minus Leber viel höher, meistens mehr als doppelt so hoch, und von 100 Ge- wichtsteilen Fett des Gesamttieres waren stets, bei einem Fett- gehalt von 25 ebenso wie bei einem von 15 Proz., in der Leber Über Fettwanderung bei Phosphorintoxikation. 89 höchstens zwei bis drei enthalten. Die Hauptfettdepots der ge- sunden Maus liegen somit immer aufserhalb der Leber (Paraperi- tonäales Gewebe, Umgebung der Geschlechtsorgane u. s. w.). Auch die sechs zur Vergiftung mit Phosphor bestimmten Mäuse wurden mit Brötchen, zum Teil daneben mit Speck ge- füttert. Zu Beginn des Versuchs 16 bis 20 & schwer, erhielten die Tiere je 0,003& Phosphor in Pillenform und verendeten in fünf bis sieben Tagen Die Obduktion ergab stets mehr oder weniger schöne Fettlebern. Die mikroskopische Untersuchung (eigens für diesen Zweck verarbeiteter Tiere) zeigte (Sudan III, Hämalaun) die bekannte „Degeneration“ jenes Organs. Alle Phosphormäuse (vgl. Tabelle II) büfsten ein Viertel bis ein Drittel ihres Anfangs- gewichtes ein, obwohl die meisten derselben wenigstens längere Zeit fralsen. Ihr prozentischer Gesamtfettgehalt bewegt sich (in Tabelle I. Phosphormäuse. Fan | Ba: > as Eesamt- Prozenti, | Prozenti- | Wieviel Proz. a scher Fett- Leber- | Leber- scher Fett- scher Fett- 'des gesamten "7 gehalt des een gehalt des | Fettgehaltes er Maus ganzen |” | gehalt Körpers |desTieressind Pr Tieres re | der Leber minus Leber |in der Leber 13,460 | 79 |1,3095 | 0,4900 | 37,4 4,8 44,7 1990795 | 75 ,149|01856| 130 | 68 I 199 14,3367 za | 1,5577 | 0,2975 | 19,09 | De | 28,8 13,8560 | 51. | 21670 0.1610). 74 4,7 99,7 194735 | 44 | 1,3840 | 0,1053 7,6 4,4 org os 4.13) 1.1055) [0.080 On 2 as 266 den frisch verendeten Tieren) zwischen 7,9 und 4,1, ist somit, be- zogen auf das letzte Gewicht des lebenden Tieres, auf mindestens die Hälfte der Norm gesunken. Bei allen Phosphormäusen mulste also, gerade so wie bei der Ratte von Leo, eine beträchtliche Fettzersetzung stattgefunden haben. Dieses Versuchsergebnis liefert zunächst zum mindesten eine direkte Entscheidung darüber, dafs eine ältere Auffassung Bauers (überschüssiger Zerfall von Eiweils nach einem theoretisch zu Grunde gelegten physiologischen Vorbilde in einen N-haltigen Anteil und in einen wegen vermeint- licher Verminderung der Sauerstoffaufnahme unverbrannt als Fett im Körper zurückbleibenden Rest) unmöglich ist. Ferner beweist 90 Fr. Kraus und A. Sommer, der gesunkene Gesamtfettgehalt der Versuchstiere, dals die während der Intoxikation erlittenen Fettverluste zum mindesten über eine irgendwo und irgendwie bewerkstelligte Lipogenese stark über- wiegen. Diese letztere Entscheidung ist nicht zu unterschätzen, weil eine selbst völlig aufser Zweifel gestellte Vermehrung des Gesamtfettes der Phosphormäuse unmittelbar auch nicht mehr würde schliefsen lassen als ein entgegengesetztes Verhalten. Über- haupt hat jedoch der mögliche Einwand, dafs eine Fettbildung in den Versuchstieren zwar stattgefunden hat, aber durch eine neben- her laufende Fettzerstörung verdeckt wird, blofs geringe Wahr- scheinlichkeit. Es wurden doch mehrere Tiere vergiftet, die In- toxikation erreichte verschiedene Intensitäten, die Lebensdauer war gleichfalls eine verschiedene: warum hätte sich denn da nicht ein einziges mal in irgend einer Richtung diese Bildung vorwiegend bemerklich gemacht? Alle Versuche fielen aber nicht blofs über- einstimmend entgegengesetzt aus, auch die schliefsliche, von der Norm völlig abweichende Aufteilung des restierenden Fettvorrates erfolgte ausnahmslos in völlig gleichem Sinne. Die Lebern der Phosphormäuse wogen durchschnittlich ein Neuntel des Gesamtgewichtes der Tiere, waren also weit schwerer als gewöhnlich. Der Fettgehalt derselben schwebte zwischen 37 und 7,5 Proz. Die Phosphorleber der Maus kann also weit. fett- reicher werden als die Leber der bestgefütterten gesunden Tiere. Aber gesunde Mäuse besitzen unter Umständen auch fettreichere Lebern als mit Phosphor vergiftete. Im allgemeinen ist die Leber bei der Phosphorintoxikation trotz sonst prägnant hervortretender morphologischer Dekonstitution um so weniger fettreich gewesen, je fettärmer die ganze Maus geworden war. Dieser annähernde Parallelismus spricht für ein Rückgängigwerden der Phosphor- fettleber mit den Fortschritten der allgemeinen Fettzersetzung und ist mit der Annahme einer auch nur auf die Leber beschränkt ge- dachten, die degenerative Autolyse der Zellen begleitenden Fett- synthese nicht gut vereinbar, wenn nicht wiederum eine nebenher laufende überkompensierende Zerstörung in Betracht gezogen wird. Ganz den normalen, Verhältnissen entgegen bewegt sich ferner bei den Phosphormäusen der prozentische Fettgehalt des Körpers minus Leber blofs zwischen 3,4 und 6,8 Proz., und das in der Leber aufgestapelte Fett beträgt vom Gesamtfett des Einzel- tieres 19 bis 45 Proz., also ein Fünftel bis fast zur Hälfte des ganzen Vorrates. Dies gilt ziemlich übereinstimmend für die vergifteten Tiere mit sehr fettreicher und mit relativ fettärmerer Über Fettwanderung bei Phosphorintoxikation. 9] Leber. Eine so überwiegende Verteilung des Fettes im Körper der Phosphortiere zu Gunsten der Leber verglichen mit allen übrigen Organen, der Umstand, dafs hier die Leber das Hauptdepot dar- stellt, spricht wohl am stärksten für eine Wanderung von Fett aus den gewöhnlichen Stapelplätzen im übrigen Körper nach der Leber bei der Phosphorintoxikation. Schon mit blofsem Auge erkennt man denn auch, wie insbesondere in der Umgebung der Geschlechtsorgane und in den paraperitonäalen Räumen der Phosphormaus die sonst strotzend gefüllten Fettlager aus- geleert sind. Eine solche von der Norm völlig abweichende Aufteilung des Fettes ist der akuten wie der protrahierten Inanition als solcher ganz fremd, denn nach allen hierüber vorliegenden Erfahrungen, welche wir bestätigen können, nimmt im Hungerzustande der Fettgehalt aller Drüsen ab, bis fast zum Schwunde. Denkt man sich alles Fett aus den Lebern und aus den Lei- bern der normalen Tiere einfach herausgeschmolzen, so schwankt das auf 100 Teile des Gesamtgewichtes entfallende Lebergewicht blofs zwischen 6,1 und 5,3. Bei den Phosphormäusen hingegen entspricht die entfettet gedachte Leber 15,2 bis 6,5 Proz. des Ge- wichtes der Maus ohne Fett, ist somit, abgesehen von der auf- fallenden Inkonstanz des relativen Wertes im allgemeinen, nicht unbeträchtlich schwerer. Also auch die nicht fettigen Bestand- teile sind in der Phosphorleber vermehrt. In zwei eigens nach dieser Richtung angestellten Vergiftungsversuchen betrug im Mittel der Trockenrückstand der Leber 49 Proz., bei zwei Kontrolltieren 37 Proz. Danach ist es nicht gerade sehr wahrscheinlich, dafs die Phosphorleber aufser Fett auch noch andere Stoffe in grölserer Menge aufstapelt. Auf einem anderen als auf dem von Rosenfeld einge- schlagenen Wege bestätigen also die vorstehenden Versuche die von diesem Autor und von der Schule Pflügers aufgestellten Vermutungen über die Herkunft des Fettes in der Phosphorleber. Lindemann hat die Vergiftung mit „Fettmetamorphose“ erzeugen- den Stoffen erst nach vorläufiger Schädigung der Zellen durch Dar- reichung von Chromsäure vorgenommen und fand, dafs überall, wo keine Erscheinungen von Karyölyse ‘eingetreten waren, Fett ein- wanderte, wo dagegen, wie z. B. in der Leber, dieselbe angedeutet schien, Fettablagerung fehlte. - Leider ist die gleichzeitige Vergiftung mit Chromsäure und mit Phosphor bei den empfindlichen weilsen Mäusen zu schwer im richtigen gegenseitigen Verhältnis herbeizu- Fr. Kraus und A. Sommer, 92 führen, um die Fettverteilung unter diesen Bedingungen chemisch zu untersuchen. Rosenfeld stützt seine Erfahrungen über Fettwanderung be- sonders auf Phloridzinversuche. Weilse Mäuse werden auf Darreichung von 0,5 g dieser Substanz in Brötchen stark dia- betisch, magern sehr erheblich ab, zeigen jedoch mikroskopisch blofs geringe Fettinfiltration der Leber (Sudan III) ohne jegliche Dekonstitution der Zellen. Über die Fettverteilung unter dem - Einflusse des Phloridzins bei Mäusen giebt Tabelle III Aufschlufs. Ähnlich starke Fettwanderungen, wie der Phosphorintoxikation, scheinen hingegen (bei der Maus) der Vergiftung mit Cocain und mit gewissen Seris eigentümlich zu sein. Tabelle III. Phloridzinmäuse. x Prozenti- | | . | Prozenti- |Wieviel Proz. Gent: scher Fett ABO | scher Fett- |des gesamten : s > | Teber- | Leber- | scher _| Se = 8 en gehalt des| fett e: gehalt des | Fettgehaltes der Maus ganzen |° | gehalt Körpers |desTieressind g Tieres | 5 = ‚der Leber | minus Leber in der Leber | | | 11.3785. | 172 70,66%0 03) 10,2 11,7 5,3 12,008 | 82 | 0,6900 0,0680 | 9,8 8,1 6,8 | | | 10,9802 | 5,4 | 0,7050 0,0405, 5,7 5,4 | 6,8: | | Ob alles bei jeder „fettigen Degeneration“ parenchymatöser Organe, z. B. des Herzens, vorhandene Fett lediglich als dorthin transportiertes anzusehen ist, lassen wir dahingestellt. Verwahren müssen wir uns aber ganz entschieden dagegen, dals geringfügige Abweichungen bestimmter quantitativer Reaktionen, z. B. der Jod- zahl, des aus einem Gewebe, z. B. aus dem Myocard, dargestellten Fettes ausreichen sollten, eine degenerative intracelluläre Lipo- genese zu begründen. Wir haben zahlreiche Bestimmungen der Jodzahl verschiedener Gewebsfette aus menschlichen Leichen ausgeführt. Einiges hier interessierende enthält Tabelle IV. Das Fett war in allen Fällen durch Extraktion mit Alkohol und Petroläther gewonnen. Ohne Ausnahme stellt sich, wie man sieht, die Jodzahl des Leberfettes höher heraus, auch in den drei Fällen, in welchen ein Fetttransport in die Leber mindestens sehr wahrscheinlich ist. Das (nicht mit Gallen- pigment tingierte, völlig farblose) Leberfett und das Unterhautfett des zweiten mit Phosphor vergifteten Individuums besalsen auch sehr Über Fettwanderung bei Phosphorintoxikation. 93 übereinstimmende physikalische Eigenschaften (Konsistenz, Erstarr- punkt). Man darf eben nicht aufser Acht lassen, dafs die hier Tabelle IV. Jodzahl. — — | Unterhaut- I Leber \ fettgewebe | Leiche eines gesunden Selbstmörders. Die 4 DE (feuchte) Leber enthält 3,6, die Niere 2,07, das 62,8 13,67 ‚Herz 2,6 Proz. Fett GesundePuerpera, an Üterusruptur gestorben. | 65.9 en | Idse | In der Leber 2,8 Proz. Fett. | a Me | Leiche eines tuberkulösen Potators mit | fettig infiltrierter Leber. In der Leber 30,5, 62,55 | 72,51 in der Niere 3,0 Proz. Fett. Leiche eines an Phosphorvergiftung ge- storbenen Individuums. In der Leber 37,5, ın 63,76 72,83 der Niere 19, im Herzen 4 Proz. Fett. Leiche einer zweiten an Phosphorvereiftung 699 80.9 e 69,2 | Ss0,: gestorbenen Person. In der Leber 37,2 Proz. Fett. | 2 | | || in Betracht kommenden Extrakte nicht blols Triglyceride ent- halten, und dafs das Fett im Körper auch nicht absolut un- verändert wandern muls. Litteratur. Leo, Fettbildung und Fetttransport bei Phosphorintoxikation. Zeitschr. f. physiol. Chemie 9, 469. Polimanti, Über Bildung von Fett bei der Phosphorvergiftung. Pflügers Archiv 70, 349, dazu eine Kritik Pflügers, dasselbe Archiv 71, 318. Athanasiu, Erzeugung von Fett im tierischen Körper unter dem Einfluls von Phosphor. Pflügers Archiv 74, 411. Lindemann, Über pathol. Fettbildung, Zieglers Beiträge 1899, und: Über das Fett des normalen und des fettig entarteten Herzmuskels. Zeitschr. f. Biologie, N. F. 20, 405. Liebermann, Neue Methode der Fettbestimmung u. s. w., Pflügers Archiv 72, 360. Graz, November 1901. IV. Ein Beitrag zur Chemie maligner Geschwülste. II. Mitteilung. Von Dr. Eugen Petry. (Aus der k. k. medizinischen Klinik in Graz.) Gelegentlich einer nach anderer Richtung zielenden Unter- suchung *) vermochte ich festzustellen, dals Auszüge aus Carcinom- gewebe, welche 8 bis 14 Tage bei Zimmertemperatur unter (durch Chloroformzusatz bewirktem) Abschlufs der Fäulnis gehalten werden, einen sehr hohen Wert an nicht koagulierbaren stickstoffhaltigen Substanzen aufweisen. Vergleichende Versuche mit frischen Präparaten zeigten, dals diese nicht koagulablen Verbindungen, zu deren qualitativer Charak- terisierung ich damals nur einige orientierende Reaktionen unter- nahm, während der Digestion sich auf Kosten der Menge an koagulablen Eiweilssubstanzen bilden. Es liest nahe, hierin einen mit der von Salkowski**) und seinen Schülern am Leber- und Muskelgewebe beschriebenen Auto- digestion identischen Vorgang zu erblicken. Mit Sicherheit läfst sich dies jedoch erst nach eingehender qualitativer Charakterisierung: der entstandenen Produkte dieses Vorgangs entscheiden. Es erschien mir von Interesse, dies weiter zu verfolgen, da auf Grund des biologischen Verhaltens des Carcinomgewebes schon seit längerer Zeit die Vermutung bestanden hatte, dafs dieses Ge- webe mit einem ihm besonders zukommenden, Eiweils verdauenden Ferment ausgestattet sei (s. Fr. Müller ***). *) Zeitschr. f. physiolog. Chemie 27, H. 4, 5. **) Zeitschr. f. klin. Med. 17, Suppl. 77. Schwienine,‘ Virch. Arch. 1894, S. 444; Biondi, ibid. 144 (1896). »==&) Zeitschr. f. klin. Mediz. 16. | | | i i Eugen Petry, Ein Beitrag zur Chemie maligner Geschwülste. 95 Ich stellte daher nunmehr Versuche zur Isolierung der Pro- dukte der autodigestiven Spaltung des Uarcinomgewebes an. I. Um zunächst zu erfahren, ob Leucin und Tyrosin unter den Spal- tungsprodukten gegenwärtig sind, wurde ein 324g wiegendes medulläres Mammacarcinom sorgfältig vom Mammagewebe abgetrennt, sodann mit einer Fleischmaschine zerkleinert und noch lebenswarm mit Toluol- wasser versetzt und, mit einer Toluolschichte bedeckt, bei 40° gehalten. Nach einmonatlicher Digestion wurde das Extrakt abgeprefst, mit ‚Essigsäure bis zur schwach sauren Reaktion versetzt und durch Auf- kochen enteiweilst. Das Filtrat wurde sodann eingeengt bis zu starker Sirupkonsistenz. Beim Erkalten schieden sich schuppige, wachsartige Massen ab, von denen abgesogen wurde. Diese wurden aus heilsem Alkohol umkrystallisiert und es zeigte sich, dafs ihre Aus- scheidungsform in einzelnen Nadeln, gröfseren typischen Nadelgarben und in radıär gestreiften Kugeln bestand. Die nach zweimaligem Um- krystallisieren schon gelbweils gefärbte Masse entwickelte beim Ver- brennen deutlich Horngeruch, gab deutliche Rotfärbung beim Erwärmen mit Millons Reagens und entwickelte beim Kochen mit Kalt und nach- herigem Ansäuern mit Schwefelsäure Geruch nach Valeriansäure. Es läfst sich somit nicht zweifeln, dafs Leucin und Tyrosin vorgelesen hatten. Es stand nun zu erwarten, dafs auch die übrigen bei der Autodigestion nachgewiesenen Spaltungsprodukte vorhanden sein würden. Ich suchte daher Vertreter der Purinreihe und der Diaminoreihe nachzuweisen. Hypoxanthin konnte ich in den nach der oben beschriebenen Methode gewonnenen Autodigestionsprodukten eines unmittelbar nach der Sektion verarbeiteten Lebercarcinoms nachweisen. Es wurde das enteiweilste Extrakt mit ammoniakalischer Silber- lösung gefällt und nun der Niederschlag nach Kossel”) mit Salpeter- säure (von 1,1 Dichte) im Wasserbade gelöst und erkalten gelassen. Der beim Erkalten gebildete, aus Nadeln bestehende Niederschlag enthielt nach einmaligem Umkrystallisieren und Trocknen über Schwefel- säure 33,3 Proz. Ag (0,06475 g Substanz lieferten 0,0216g Ag). Die mittels Salzsäure vom Silber befreite Substanz gab beim Erwärmen mit Salpetersäure einen citronengelben Fleck. Ein drei Wochen lang autodigeriertes medulläres Mamma- carcinom wurde endlich behufs Gewinnung von Lysin verarbeitet. Die Purinbasen und das Arginin entfernte ich zunächst durch *) Zeitschr. f. physiol. Chemie IV, 290; VII, 7. 96 Eugen Petry, Fällung mit AgNO, und hinterher mit AgNO, und Ba (OH), in der von Kutscher“) und Kossel angegebenen Weise. Nach Entfernung des Silbers durch Schwefelwasserstoff sowie Ausfällung des Baryums durch Schwefelsäure und Verjagung des Schwefel- wasserstoffs wurde bei saurer Reaktion (H, SO,) mit Phosphor-W olfram- säure gefällt, die Fällung abgesogen, mit kaltem, schwefelsäurehal- tigem Wasser gewaschen, in der üblichen Weise zerlegt und sowohl Phosphorwolframsäure als Baryt entfernt. Es resultierte eine leicht gelbliche Lösung, welche eingeengt und mit konz. wässeriger Pikrinsäurelösung gefällt wurde. Der flockige Niederschlag wandelte sich bald in ein Netz von Nadeln um; aus der trockenen Substanz konnte in der von Lawrow*) angegebenen Weise durch Zerlegung mit Salzsäure und Äther sowie Behandlung mit Salzsäure und Alkohol eine geringe Menge schöner einheitlicher Nadeln erhalten werden, welche jedoch zur Vornahme einer Analyse nicht ausreichte. Das Filtrat vom phosphorwolframsauren Lysin wurde durch Baryt von der Phosphorwolframsäure und durch Kohlensäure vom Baryt befreit, zum dünnen Sirup eingeengt und erkalten gelassen. Während der nächsten zwei Tage schieden sich Krystallmassen ab, die aus fast reinen Tyrosinbüscheln mit sehr wenig Leucinkugeln bestanden. Durch zweimaliges Umkrystallisieren aus heilsem Wasser erhielt ich ein Präparat, das aus seidenglänzenden weilsen Nadeln bestand, schöne Millonsche Reaktion zeigte und bei 193° schmolz. Die Mutterlauge vom Tyrosin wurde weiter eingeengt, das aus- geschiedene Leucin abgesogen, gewaschen, in Wasser gelöst, mit Kupfer- oxyd gekocht, die tiefblaue Lösung eingeengt, die abgeschiedenen Krystalle zweimal umkrystallisiert. Es resultierten blafsblaue Schüppchen, welche unter dem Mikroskop kaum bläulich gefärbte Kugelaggregate dar- stellten und bei 110° getrocknet 24,4 Proz. CuO enthielten [verlangt 24,6 Proz. für Cu (C,H, NO3)>]. 0,0815 g Substanz lieferten beim vorsichtigen Glühen 0,0200 g CuO. Es lag somit Leucinkupfer ***) (F. Hofmeister) vor. Die bei der Darstellung des Lysins gewonnene erste Fällung mit Silbernitrat wurde nach der von Kossel ausgearbeiteten Methode zur Darstellung des Xanthins benutzt. Der Niederschlag wurde in warmer Salpetersäure gelöst, nach dem Erkalten vom Hypoxanthinsilber ab- filtriert und mit Ammoniak alkalisch gemacht. Es fiel ein gelbbrauner Niederschlag aus, der nach zweimaliger Umfällung auf diesem Wege sich in Globuliten abschied und 72 Proz. Ag enthielt. Nochmaliges Um- krystallisieren änderte die Zusammensetzung nicht. 0,0421 g Substanz lieferten 0,0334 metall. Silber. Die mit Schwefelwasserstoff zerlegte Substanz färbte sich bei Er- hitzung und Eindampfen mit konz. Salpetersäure gelb und auf weitere Zugabe von Ammoniak violett. Es mufs somit ein durch eine silber- reichere Verbindung verunreinigtes Xanthinsilber vorgelegen haben. *) Kutscher, Die Endprodukte der Trypsinverdauung. Trübner. **) Zeitschr. f. physikal. Chemie 28. ==#) Annalen der Chem. u. Pharm. 189, 16. Ein Beitrag zur Chemie maliener Geschwülste. 97 Man gewinnt durch diese Ergebnisse den Eindruck, dals sich Vertreter derselben Reihen von Spaltungsprodukten des Eiweilses unter den Produkten der Autolyse des Careinomgewebes vorfinden, wie sie durch Salkowski, Biondi, Jacoby*) und F. Müller **) bei der Autodigestion anderer Organe aufgefunden wurden. 108 Die quantitativen Bestimmungen der durch Hitze nicht fäll- baren Stickstoffsubstanzen bei Oarcinom- und Kontrollgewebe hatten in meiner ersten Untersuchung ergeben, dafs das Oarecinomgewebe in derselben Zeit viel ‚ausgedehnter autodigestiv zerfällt als das Muttergewebe (Mamma), aus dem es hervorgegangen ist. Dieser Befund findet eine Analogie in der seither von rascher autolytisch zerfällt als normales Lebergewebe. Diese Be- -obachtung war geeignet, verschiedene Erscheinungen pathologischen Eiweilszerfalles zu erklären, z. B. die Ansammlung von Leuein und Tyrosin im Organe während des Lebens. Es lag daher nahe, nachzusehen, ob die gesteigerte Autolyse beim Careinom auch eine Ansammlung der Spaltungsprodukte im Gewebe zur Folge hat. Zur Entscheidung dieser Frage wählte ich ein weiches, rasch ge- wachsenes, zum Teil zerfallendes Mammacarcinom, welches ich gleich nach der Operation in zwei Teile trennte, deren einer sofort zur Ver- arbeitung kam, während der andere in gewohnter Weise 14 Tage lang autodigeriert wurde. Da ein negatives Resultat bei einem Leucindarstellungsversuch weniger Beweiskraft gehabt hätte, so beschränkte ich mich darauf, das enteiweilste Extrakt der frischen Portion auf das Vorhandensein ba- sischer und der Purinreihe angehöriger Produkte (durch Zusatz von Phosphorwolframsäure resp. von ammon. Silberlösung) zu prüfen, was mit Rücksicht auf das reichliche Vorkommen von basischen Substanzen in Autodigestionsprodukten gewils gerechtfertist ist. Die beiden Proben fielen in der frischen Partie negativ aus, während im autodigerierten Gewebe reichliche Mengen basischer Körper und Purinderivate nachzuweisen waren. Man kann daraus wohl schliefsen, dafs die gesteigerte Auto- lyse im Carcinomgewebe selbst bei rasch wachsenden und rasch zerfallenden Tumoren nicht zu einer Anhäufung der Produkte im Gewebe führt. %) Zeitschr. f. physiol. Chem. 30, Heft 1 und 2. **) Verhandl. d. naturforschenden Gesellschaft in Basel 13, Heft 2. ’=#*) Zeitschr. f. physiolog. Chem. 30, 1/2. Beitr. z.chem. Physiologie. II. 7 98 Eugen Petry, Neben den lokalen Vorgängen im Tumor selbst verdient die Frage Beachtung, ob die gesteigerte Autolyse Beziehungen zu patho- logischen Vorgängen im Gesamtorganismus (Blut, Stoffwechsel) hat. In dieser Hinsicht war es zunächst auch mit Rücksicht auf klinisch-diagnostische Momente von Interesse, zu untersuchen, ob das Blut Careinomkranker Veränderungen aufweist, welche für ein Übergreifen autolytischer Vorgänge auf letztere sprechen, wie sie Jacoby als Ursache der Ungerinnbarkeit des Blutes bei Phosphor- vergiftung kennen lehrte. Zu diesem Zwecke wurden zwei Carcinomkranken gelegentlich der Operation kleine Mengen (ca. 50cm?) arteriellen Blutes entnommen, aseptisch aufgefangen, defibriniert und unter Toluolzusatz im Brut- schrank aufbewahrt. Nach 14 Tagen wurden beide Proben verdünnt, neutralisiert (Essigsäure) und durch Aufkochen enteiweilst. Das Filtrat war bei beiden Proben frei von mit Phosphorwolframsäure fäll- baren Substanzen und gab auch keine Biuretreaktion. Es besteht somit auch nach dieser Hinsicht ein Unterschied gegenüber der Phosphorvergiftung und man muls den autolytischen Vorgang bei letzterer mindestens als quantitativ gegenüber dem Careinom wesentlich vorgeschritten bezeichnen, da es bei derselben zu Anhäufung von Spaltungsprodukten im Gewebe, Ausscheidung derselben durch den Harn und zu autolytischen Veränderungen im Blute kommt, während im Careinomgewebe das in ver- mehrter Menge anwesende Ferment keinerlei derartige pathologische Erscheinungen veranlafst. III. Zum Schlusse stellte ich mir die Aufgabe, zu ermitteln, ob sich Beziehungen der bei der Autolyse des Carcinomgewebes ent- stehenden Produkte oder vorgebildeter Bestandteile des Tumors zu der von Friedrich Müller*) und Klemperer”*) studierten Stoffwechselstörung Careinomatöser in dem Sinne einer Beeinflussung: des N-Gleichgewichtszustandes durch Injektionen frischer oder autodigerierter Krebsextrakte nachweisen lassen, eine Frage, welche mit Rücksicht auf die Entstehung einer ähnlich wirksamen Substanz (Thyreoglobulin) innerhalb eines bestimmten Organs des Tier- körpers gerechtfertigt erscheint. Zu diesem Zwecke wurde ein Hund von 4200. Körpergewicht, nachdem er durch achttägige Normalfütterung mit je zwei Würsten *) Zeitschr. f. klin. Mediz. 16. *=) Charite-Annalen 15 (1891). Ein Beitrag zur Chemie maliener Geschwülste. 99 von 75g Gewicht und annähernd konstantem N-Gehalt (im Harnkäfig) ins Gleichgewicht gebracht, der Harn unter Toluol aufgefangen und durch Auslassen des Tieres und Unterhalten eines neuen Gefälses zur vollständigen Entleerung gebracht. Nachdem sich gezeigt hatte, dafs die täglich ausgeschiedene Stickstoffmenge konstant blieb, wurde mit Injektionen von Extrakten eines über einen Monat unter Toluol bei 40° digerierten Breies aus drei teils scirrhösen, teils weichen Öarcinomen begonnen. Tabelle I giebt die Ergebnisse wieder. Tabelle I*). Tag | Injektion | Nahrung | N im Harn | Bemerkungen | 15. März | _ 150 3257 2 \ | ' BR 326 3,41 pro Tag le | 5 cm? — 192 32. 10/cm. — = 200, | 5 cm? Hunger | 9,8 \ Erbrechen u. Nahrunes- | — A _ j verweigerung 99 | gu 6 9.08 { Kein Erbrechen, aber 5 ® { Nahrungsverweigerung Don, — 928 verloren Icterus 24 ” I er 145 g o) a 1Viem- 150 & 3,95 DORRE | _ 168 3,95 Die Deutung dieses Versuchs wird durch das Erbrechen und die dadurch herbeigeführte Karenz erschwert, vor allem kann man die unmittelbaren Wirkungen der Injektion nicht mehr beurteilen. Auffällig ist immerhin, dafs in den „Hungertagen“ trotz der In- jektionen die Stickstoffausscheidung entsprechend der fehlenden Nahrungszufuhr abfällt. Die nachträgliche viertägige Fütterungsperiode (23. bis 26.) zeigt wieder ein Ansteigen der Stickstoffausfuhr auf ein Niveau, welches allerdings das ursprüngliche (vor den Injektionen) um 20 Proz. übersteist. Da es sich dabei jedoch nicht um eine Schwankung des im Gleichgewicht befindlichen Tieres, sondern um das Erreichen eines neuen Gleichgewichtszustands nach den Karenz- tagen handelt, so erscheint diese Zunahme viel zu unbedeutend, als dafs man aus ihr eine deutliche, den Stoffumsatz steigernde Wirkung des injizierten Präparates folgern könnte. *) Kot und Nahrungs-N. wurde nicht berücksichtist. 160 Eugen Petry, Zum Vergleiche wurde dasselbe Tier, nachdem es zunächst mit drei der im ersten Versuch verwendeten Würste pro Tag ins Gleichgewicht gebracht war, einer viertägigen Kontrollperiode und einer viertägigen Carcinomperiode unterworfen, bei welch letzterer der frische, mit Toluolzusatz auf Eis gehaltene Prefssaft und das wässerige Extrakt eines am ersten Carcinomversuchstage exstirpierten Brustkrebses injiziert wurde. Das Tier erhielt abends am ersten, zweiten und dritten Tag der Carcinomperiode je 10cm? dieses Preissaftes unter die Rückenhaut in- üiziert. Toxische Erscheinungen irgend welcher Art stellten sich nicht ein, das Tier frals mit Hunger die ganze dargereichte Nahrung. Bei diesem Versuche wurden täglich von der verfütterten Wurst N-Analysen ausgeführt, deren Werte eine annähernd konstante Zu- sammensetzung ergaben, wie aus Tabelle II ersichtlich ist. Der Harn Tabelle II. Stickstoffgehalt der verfütterten Wurst. | & Substanz | e N | Proz. N. A) Careinomperiode. 1. Tag 2,937 | 0,0689 3,34 Proz. | 2,916 | 0,058 1ER BNE Bi | 2,5165 0,071 EBIRE., | 1,313 0,034 DR SE | 1,750 0,0448 256 „ | 1,374 0.0315 DOT ER | 2,058 0,041 203 0% EUREN | 3,003 0,041 DTM | 1,703 0,042 DATEN Mittel 2,29 Proz. B) Kontrollperiode. 1. Tag | 1,828 | 0,047 2,58 Proz. DiRaRR | 2,356 | 0,042 10 303 | 1.399 0,039 DE Aalen | 1.6305 0,0402 | 2,46 Mittel 2,42 Proz. der vier Oarcinomtage wurde (ebenso wıe der der Kontrollperiode) ver- einigt. Der Kot wurde sieben Stunden vor resp. nach Beginn und Ende der Perioden mit fein geraspeltem Kork abgegrenzt. Die Gesamteinfuhr betrug während der Carcinomperiode 858g Wurst mit einem durchschnittlichen Gehalt (s. Tab. II) von 2,29 Proz. N, somit 19,648 & N. Durch den Harn schied das Tier in dieser Periode 19,009 g N, durch den Kot 0,619 g N aus. In der Kontrollperiode nahm das Tier 912g Wurst mit durch- schnittlich 2,42 Proz. N auf, somit im ganzen 22,0704 N. Durch den Harn schied es 20,64 g N, durch den Kot 0,7558 gN aus. Ein Beitrag zur Chemie maligner Geschwülste. 101 Man gewinnt aus [diesem Versuch keineswegs einen Anhalts- punkt für die Auffassung, dals die Injektionen den Gleichgewichts- zustand des Tieres }beeinfiulsten, und man kann somit wohl mit Sicherheit behaupten, dafs die frischen Carcinommassen in dieser Hinsicht auf den Hundeorganismus wirksame Substanzen nicht ent- halten, während man für das autodigerierte Gewebe nach dem nicht ganz eindeutigen Ausgang von Versuch I dies nur mit grofser Wahrscheinlichkeit behaupten kann. Wenn auch das Vorkommen einer nur auf einzelne Tierspezies beschränkten Wirkungsweise physiologisch wirksamer Substanzen, mehr noch die rein spezifische Wirkung, z. B. der Hämolysine, es möglich macht, zu behaupten, dafs die gewählte Versuchsanordnung (Injektion menschlicher Extrakte auf den Hundeorganismus) nicht ausreichend wäre, um das Vorkommen derartig wirksamer Sub- stanzen im Carcinomgewebe auf Grund dieser Versuche vollständig zu negieren, so verdient es doch festgestellt zu werden, dals Sub- stanzen von derauf verschiedene Tierspezies ausgedehnten Wirkungs- weise des Thyreoidins im Careinomgewebe auch nach Autodigestion desselben nicht nachweisbar sind. Interessant ist, dals sich, im Gegensatz hierzu, das Blut Car- cinomatöser bei Injektionsversuchen Klemperers an Hunden als wirksam erwies, wobei hämolytische Vorgänge als Quelle der ver- mehrten Stickstoffausfuhr allerdings nicht auszuschliefsen sind; immerhin läfst sich auch dieser Befund mit meinen Resultaten in Einklang bringen, wenn man annimmt, dafs diese Substanzen nur Produkte des Lebensvorganges im Tumor darstellen, nicht aber durch einfache Extraktion oder Autodigestion aus demselben zu gewinnen sind. - Graz, November 1901. \% Liefert das Pankreas ein Dextrose spaltendes, Alkohol und Kohlensäure bildendes Enzym? Von Dr. Maximilian Herzog, Professor der Pathologie an der Chicagoer Poliklinik. (Aus dem pathologischen Laboratorium der Chicagoer Poliklinik.) Nachdem Cagniard de Latour, Schwann und Kuetzing, an noch ältere Beobachtungen anknüpfend, zu der Ansicht gelangt waren, dals gewisse Mikroorganismen in einer kausalen Beziehung zur Zuckerspaltung und Alkoholsärung stehen, war es bekannt- lich Pasteur, der durch seine grundlegenden Arbeiten - die Gärungsphysiologie zur Dignität einer exakten Wissenschaft er- hob. Pasteur war der Ansicht, dafs die Zuckerspaltung unter Alkohol- und Kohlensäurebildung eine direkte Folge der Lebens- fähigkeit der Hefezelle sei und dals dabei irgend eine — wie wir heute sagen — enzymatische Wirkung nicht in Frage kommen könne. Im geraden Widerspruch zu dieser Ansicht stand die Auffassung von M. Traube, der alle Fermentationsvorgänge nicht direkt auf die Zelle selbst, sondern auf von derselben gebildete, respektive ausgeschiedene, sogenannte ungeformte Fermente, jetzt allgemein Enzyme genannt, zurückführte. Es schien lange, als ob die Alkoholgärung nicht auf ein Enzym zurückgeführt werden könnte. Schliefslich ist es indessen E. Buchner!) gelungen, auch dies Enzyın der Hefezelle so zu ent- ziehen, dals es getrennt von dem Hefeorganismus als solchem sein typisches Verhalten gegenüber dem Zucker zur Geltung bringen konnte. Buchner hat das im Hefepreflssaft von ihm dar- gestellte, aus Zucker Alkohol und Kohlensäure bildende, unge- formte Ferment Zymase genannt und er betrachtet es als ein echtes Enzym. Diese Auffassung, der sich jetzt die Mehrzahl der Max. Herzog, Liefert Pankreas ein Dextrose spaltendes u.s. w. Enzym? 105 Forscher angeschlossen hat, wird indessen von einzelnen, die in der Zymase nur „überlebende Protoplasmasplitter“ sehen, nicht geteilt. Zu letzteren gehört z. B. Wröblewski2)*), der zu dem Schlufs kommt: „Die Zymase kann demnach den Enzymen nicht ein- gereiht werden. ... Sie ist zwar ein Ferment, nicht aber ein Enzym.“ Trotz des Einspruches von Wröblewski scheint es indessen nun- mehr über jeden Zweifel festgestellt, dafs die Buchnersche Zymase wirklich ein echtes Enzym ist. Die Kohlensäure- und Alkoholbildung aus Dextrose ist nun, wie schon seit Jahren bekannt, keineswegs die ausschliefsliche Funktion eines einzigen Mikroorganismus, beziehentlich einer ein- zisen Gruppe derselben, der Saccharomyceten. Schon vor Jahren hat man beobachtet, dafs auch höheren Pflanzen die Fähigkeit zu- kommt, Alkohol und Kohlensäure aus Dextrose zu bilden. So bestätigte Pasteur:) im Jahre 1872 die einschlägigen früheren Beobachtungen von Lechartier und Bellamy (1869 und 1872) und betonte, dafs die bei höheren Pflanzen erfolgende Alkohol- bildung bestimmt von Saccharomyceten unabhängig sei. Pasteur berichtete damals über seine Versuche, wie folgt: „Mes recherches different de celles de M. Lechartier par deux points essentiels: 1. parce que je plonge les fruits des l’abord dans le gaz acide carbonique, et que je constate la formation immediate de Valcool. La presence de l’alcool est tres sensible deja apres 24 heures. Ce resultat est capital si l’on se place au point de vue que jaai deve- loppe devant l’Academie, savoir: que cette formation de l’alcool est due & ce que la vie chimique et physique des cellules du fruit se continue dans des conditions nouvelles semblables ä celles des cellules *) Wröblewski scheint auch geneigt zu sein, Buchner die Priorität in Sachen der „Alkoholeärung ohne Hefezellen“ nicht ganz zugestehen zu wollen, denn er sagt (Centralbl. f. Physiol, Bd. 12): „Die von Marie v. Manassein entdeckte und von Buchner in glänzender Weise bestätigte Thatsache, dals der Zucker ohne Hefezellen vergoren werden kann. . .“ Ich möchte zu dieser Angabe von Wröblewski bemerken, dafs ich selbst schon im Jahre 1894 mit aller Bestimmtheit der Ansicht war, dals die Zuckerspaltung durch die Hefezelle die Funktion eines Enzyms sein müsse. Um diese Ansicht zu beweisen, zertrümmerte ich Hefezellen mit Quarzsand und filtrierte den Saft durch das Chamber- landsche Filter. Das Filtrat wurde zu 10- bis 20 proz. Zuckerlösung zu- gesetzt und es wurden in einzelnen Versuchen kleine Mengen Alkohol ge- bildet. Diese Experimente wurden im zymotechnischen Laboratorium der „American Brewing Academy von Chicago“ gemacht und die Direktoren der Anstalt waren mit meinen damaligen Versuchen und meinen Angaben über deren Ausfall vollständig vertraut. Auf die Gründe, warum ich über jene Arbeiten nichts veröffentlicht habe, kann ich hier nicht eingehen. 104 Maximilian Herzog, des ferments. En outre j’ai constate un desagement de chaleur sensible dans les fruits ainsi traites.“ Müntz*) hat die Alkoholbildung durch höhere Pflanzen in zahlreichen Experimenten untersucht und er kann die Angaben derer, die vor ihm in dieser Richtung gearbeitet haben, vollauf bestätigen. Dieser Forscher stellte ganze lebende Pflanzen ebenso wie Pflanzenteile, Früchte u. s. w. unter Glasglocken und dann entzog er der unter dem Glase eingeschlossenen atmosphärischen Luft in derselben Weise, wie man es heute vielfach beim Arbeiten mit anaeroben Bakterien thut, durch Pyrogallussäure und Ätzkali, den Sauerstoff. Nachdem die Pflanzen oder Teile derselben 12 bis 48 Stunden unter diesen Bedingungen gehalten worden waren, wurden sie in Wasser eingeweicht und der Destillation unterworfen. Die Gegenwart von Alkohol wurde dann stets mittels der Jodo- formprobe nachgewiesen. Aus seinen Experimenten zieht Müntz die folgenden Schlüsse: \ 1. Les plants temoins conserves dans l’air ne contenaient pas d’alcool dans leurs tissus. 2. Les plants places dans l’azote renfermaient des quantites d’alcool tres notables, atteignant souvent ?/,o9n du poids de la plante. 3. Les plants temoins qui avaient ete places dans l’azote ont continue ä vivre et a se developper normalement. Ces recherches apportent done une nouvelle confirmation aux idees qui ont ete emises par M. Pasteur, elles montrent de plus, avec une grande nettete, que chez les vegetaux superieurs la cellule vivante est apte, en l’absence de l’oxygene, & fonctionner comme les cellules des champignons, en produisant une veritable fermentation aleoolique.“ Brefeld, de Luca, Gerber) und andere mehr haben gleich- falls nach den Obengenannten gezeigt, dals auch die höheren Pflanzenzellen unter gewissen Umständen eine Alkoholeärung des Zuckers hervorrufen können. Effront’) ist wohl der einzige, der die Alkoholgärung durch höhere Pflanzen untersucht hat, nachdem die ersten Buchnerschen Arbeiten über die Zymase bereits bekannt geworden waren. Der belgische Zymotechniker ist der Ansicht, dals auch die höhere Pflanzenzelle eine Alkohol- gärung durch Vermittelung der Zymase zustande bringt. Er sagt über diesen Gegenstand unter „Fermentation intercellulaire“ (l. ©, p. 328): „La zymase doit setrouver dans beaucoup d’autres celulles vivantes. Le pouvoir fermentatif que l’on peut developper dans certains cham- pignons, nous parait devoir &tre attribu& & une s&cretion de zymase se produisant dans des conditions particulieres. ... L’intervention de la Liefert das Pankreas ein Dextrose spaltendes u. s. w. Enzym? 105 zymase dans les fruits ä& l’abri de l’air, nous a fourni le sujet des re- cherches interessantes que nous poursuivons actuellement ... mais nous pouvons des äa-present, donner quelques indications qui trouveront leur complet developpement dans un travail ulterieur. Les nombreux essais que nous avons pratiques nous ont confirme la presence de la zymase dans les fruits et notamment dans les cerises, dans les prunes, dans le pois, ainsi que dans l’orge.“ Effront hat, wie er ausdrücklich angiebt, seine Experimente unter solchen Kautelen gemacht, dafs die Anwesenheit von Hefe- zellen ausgeschlossen war. Alkohol ist indessen nicht nur in pflanzlichen Geweben als Produkt von deren Zellen gefunden worden, es liegen auch einige Beobachtungen |vor, denen zufolge Alkohol in tierischen Geweben, als Produkt derselben, auftreten soll. A. Bechamp’) hat experimentell nachzuweisen versucht, dals sich in der exstir- pierten Leber sowie im ausgeschiedenen Urin nach einiger Zeit Alkohol vorfindet. Da aber Bechamps Versuche im Jahre 1872 vorgenommen wurden und er nichts über Ausschluls der Hefe be- richtet, so müssen seine Angaben heute wohl mit Mifstrauen aufgenommen und als belanglos bezeichnet werden. Derselbe Autor berichtete im Jahre 1879 über die Destillation tierischer Gewebe und behauptet, dals er Alkohol nicht nur im Gehirn und im Muskel- gewebe einer an chronischem Alkoholismus zu Grunde gegangenen Frau gefunden habe, sondern dals er Alkohol auch im Destillat von Schafhirn, Schafleber und Ochsenhirn nachweisen konnte. Röhmann?°) giebt in einem Artikel über Harngärung an, dafs Dupre und Lieben im Urin auch bei vollständiger Ab- stinenz von alkoholischen Getränken eine Substanz fanden, die fast alle Alkoholreaktionen gab. Rajewski!0) berichtet „über das Vorkommen von Alkohol im Organismus“ und meldet unter anderem: „Dann untersuchte ich Muskelgewebe und Leber eines ganz ge- sunden Kaninchens und das Destillat ergab wieder eine Reaktion auf Jodoform, woraus erhellt, dafs das tierische Gewebe bei der Destillation irgend welche Bestandteile zeigt, die wie Alkohol eine Jodoformreaktion hervorrufen. ... Einige gesammelte Portionen von Destilläten aus Pferdefleisch wurden auf das Verhalten gegen Platinmohr untersucht, wobei sich bekanntlich Aldehyd bilden mufste, wenn die untersuchte Flüssigkeit alkoholhaltig war. Diese Reaktion trat jedesmal ganz unzweifelhaft ein. Die Flüssigkeit, die durch den Sauerstoff der Luft und durch Platinmohr sauer geworden, wurde gesammelt und mit salpetersaurem Silberoxyd unter Hinzufügung von etwas Ammoniak untersucht. Bei der Erwärmung wurde dann Silber reduziert. Dieses 106 Maximilian Herzog, Verhalten überzeugte mich, dafs der Körper nur Alkohol sein konnte, der die Reaktion auf Jodoform gab und dann unter dem Einflufs des Sauerstoffs der Luft und des Platinmohrs in Aldehyd überging.“ Wenn sich nun wirklich in den tierischen Geweben Spuren von Alkohol, der nicht als solcher in den Körper hineingekommen sein kann, finden sollte, so wird man wohl zuerst an Dextrose als die Quelle dieses Alkohols zu denken haben. Dafls Dextrose im tierischen Körper umgesetzt wird, ist ja eine T'hatsache und man muls bei dem derzeitigen Stande unserer Kenntnisse wohl an- nehmen, dafs die Zuckerspaltung durch ein glykolytisches Enzym erfolgt. Schon Claude Bernard hatte bekanntlich beobachtet, dals der Zucker des Blutes beim Stehenlassen ziemlich schnell aus demselben verschwindet. Diese Beobachtung war fast ganz in Vergessenheit geraten und erst Lepine hat sich wieder eingehend mit dieser Erscheinung beschäftigt und ebenso wie dann ver- schiedene andere Autoren das Verschwinden des Zuckers aus dem Blute, wenn man dasselbe eine Zeit lang hat stehen lassen, bestätigt. Harley!!) ist einer derjenigen, die das Verschwinden des Zuckers aus dem Blute in exakten Experimenten nachgewiesen haben. Er beschränkte sich nicht nur darauf, zu zeigen, dals der Blutzucker vermindert wird, sondern er zeigte auch, dafs an zu- gesetztem Zucker ein Verlust eintritt. Aus seinen Experimenten zieht Harley den folgenden Schluls: „Hence one is forced to admit that there must exist in the blood itself some sugar destroying factor. It appears to me as if some one or another of the normal constituents of the blood has a direct trans- forming action on sugar, either by a process of oxydation, or, what seems to me much more probable still, by a splitting up process, due to a ferment i. e. an enzyme.“ Harleys Experimente, aus denen er diese Schlüsse zieht, wurden unter allen möglichen aseptischen Kautelen ausgeführt. Man hat nun mehrfach die Zucker zerstörende Wirkung des Blutes hingestellt als eine Funktion des Gerinnungsfermentes oder aber der Oxydasen, wie sie im Blute und auch in den Geweben vorkommen. Die Existenz von Oxydasen im Tierkörper, die z. B. Benzylalkohol zu Salicylsäure verbrennen, ist ja in einer Reihe von Arbeiten festgestellt worden. Salkowski12), der neuerdings dieses Ferment wiederum unter- suchte, kommt zu dem Schlusse, dals „das zuckerzerstörende Ferment‘, welches nur bei Gegenwart von Sauerstoff wirkt, mit Liefert das Pankreas ein Dextrose spaltendes u. s. w. Enzym? 107 dem Oxydationsferment identisch ist. Auch Spitzer !?) ist der Ansicht, dafs die Zuckerzerstörung durch die Oxydasen des Blutes und der Gewebe erfolgt. Demgegenüber behauptet Jacoby !#) mit Bestimmtheit, dals das Oxydationsferment mit dem elyko- lytischen Enzym nicht identisch sei. Jacoby hat in acht Fällen von Diabetes die Leber auf das Oxydationsferment untersucht und giebt an, dafs dasselbe in normaler Menge vorhanden war. Er berichtet ferner über eine Anzahl Versuche, die ihm beweisend zu sein scheinen dafür, dafs die Oxydation durch die Oxydasen einerseits und die Glykolyse andererseits ganz getrennte Prozesse sind. Ein sehr wichtiger Punkt in der Beweisführung von Jacoby ist die Angabe, dals das glykolytische Ferment bei 58°C. zerstört wird, die tierischen Oxydasen aber höhere Temperaturen aushalten können. Hahn!) behauptet, dals die Zuckerzerstörung in keiner Weise an den Gerinnungsvorgang gebunden und von ihm ganz unabhängig ist. Lepine 16), der sich bekanntlich vielfach mit der Glykolyse und mit ihrer Beziehung zum Diabetes mellitus be- schäftigt hat und von dem zahlreiche Publikationen über diesen Gegenstand vorliegen, ist gleichfalls der Ansicht, dals die Glyko- lyse nichts mit den Oxydationen zu thun hat. Er glaubt, dafs normalerweise das Pankreas das elykolytische Ferment liefert. Über den eigentlichen Ursprung des glykolytischen Fermentes hat Lepine allerdings eine aufserordentlich merkwürdige Vorstellung. Er giebt nämlich an, dafs es von der Pankreasdiastase abstammt, indem diese ein olykolytisches Zymogen enthalte. Er behauptet ferner, dals, wenn man tierische oder pflanzliche Diastase mit 0,2 proz. H,SO, be- handelt und nach zwei bis drei Stunden neutralisiert, man ein glyko- lytisches Enzym erhält. Nasse und Framm!’) haben Lepines Experimente an Malzdiastase und Speichel bei Einwirkung von 0,2 proz. H,SO, wiederholt und kamen zu ganz negativen Resultaten. Sie zweifeln daher die Richtigkeit von Lepines Zuckerbestimmungen an. Arthus!°) gelangt bezüglich der Glykolyse des Blutes zu den folgenden Schlüssen: 1. „La glycolyse dans le sang est un phenomene de fermentation chimique. 2. Le ferment glycolytique n’existe pas dans le sang circu- lant, il se forme, hors de l’organisme, aux depens d’elements figures autres que les globules rouges. 3. La glycolyse dans le sang est un phenomene cadaverique comme la coagulation.“ Man ersieht aus obigen, dabei keineswegs ganz vollständigen Litteraturangaben, dafs die Frage der Glykolyse im Tierkörper sich noch in einem sehr wenig befriedigenden Stadium befindet. Eines indessen darf doch wohl als durch die Experimente Min- 108 Maximilian Herzog, kowskis!?) und seiner Nachfolger festgestellt erachtet werden, nämlich dafs das Pankreas normalerweise ein zuckerzerstörendes Ferment liefert. Wenn man einem Tiere, bei dem sich dies über- haupt anatomisch durchführen lälst, das Pankreas total entfernt, so entwickelt sich Diabetes mellitus. Minkowski selbst sagt in Bezug auf die spezifische glykolytische Funktion des Pankreas: „Wie dem auch sei, jedenfalls haben mich die fortgesetzten Unter- suchungen immer mehr in der Annahme bestärkt, dafs die Funktionen des Pankreas, welche hier in Betracht kommen, durchaus spezifische seien, d. h. dals kein anderes Organ imstande sei, die Rolle des Pan- kreas bei der Umsetzung der Kohlehydrate im Organismus zu über- nehmen.“ Man muls sich nun in erster Linie die Frage vorlegen, ob es sich nachweisen läfst, dafs dem Pankreas zuckerzerstörende Eigen- schaften zukommen. Pal?) fand nur einmal in fünf Versuchen im Pankreasvenenblut weniger Zucker als in einem unteren Darm- aste der Pfortader. Aber er betont, dals es infolge der anatomi- schen Verhältnisse beinahe unmöglich ist, ein grölseres Quantum Venenblut, das nur dem Pankreas entstammt, zu sammeln. Seegen ?!) falst die Frage der Pankreasfunktion, wie folgt, zusammen: „Das Pankreas ıst nach Lepine mit der Funktion betraut, ein Ferment zu erzeugen, welches die Zerstörung im Blute zur Aufgabe hat. Er nennt es glykolytisches Ferment.... Wenn das Pankreas exstirpiert wird, kann dieses Ferment nicht gebildet werden. Der Zucker häuft sich im Blute an, es entsteht Hyperglykämie und als deren Folge Diabetes mellitus.“ Seegen schlielst sich in seinen Ausführungen Lepine an und tritt selbst für die Existenz eines olykolytischen Fermentes im Blute ein. Auch Pierallini22) glaubt an eine zuckerzerstö- rende Wirkung des Pankreas, obgleich er gesteht, dafs positive Resultate zum Beweise dieser Ansicht sich mit menschlichem Leichenmateriale nur schlecht erzielen lassen. Sympson??) hat mit wässerigen und Glycerinauszügen aus Schafspankreas Versuche angestellt und er fand, dafs seine Auszüge eine sehr merkbare glykolytische Wirksamkeit entfalteten. Wurden die Auszüge ab- gekocht, so verloren sie die glykolytische Wirkung. Ssobolew :%) machte vor kurzem die Angabe, dals, wenn man Pankreasemul- sionen zu Iproz. Dextroselösung giebt und bei 38% im Brut- schrank hält, sich eine glykolytische Wirkung unverkennbar äulsert. Der Autor bemerkt, dafs das Experiment nur dann erfolgreich ist, wenn man eine gewisse Technik beobachtet. Über die letztere fehlen nähere Angaben in der vorläufigen Mitteilung. Liefert das Pankreas ein Dextrose spaltendes u. s. w. Enzym? 109 Nachdem die Buchnersche Methode der Hefeprelssaftgewin- nung bekannt geworden, war es naheliegend, dieselbe auf tierische Gewebe zur Darstellung von Prefssäften anzuwenden. Blumen- thal25)*) hat diese Methode — allerdings etwas modifiziert — auf das Pankreas angewandt und versucht, in dem Prefssaft ein thera- peutisches Agens zur kausalen Behandlung des Diabetes mellitus zu gewinnen. Er berichtet, dafs er bei subkutaner Einspritzung dieses Prefssaftes bei einem Diabetiker einen vermehrten Zucker- umsatz erzielte. Allerdings riefen die Einspritzungen lokale Nekrosen ‘hervor, die Blumenthal — und jedenfalls mit Recht — dem Trypsin zuschreibt. Im Reagensglase konnte Blumenthal mit dem Prelssafte aus Pankreas eine starke olykolytische Wir- kung demonstrieren. Das bei der Glykolyse entstehende Produkt, sagt der Autor, ist Kohlensäure, daneben bildet sich aber nicht Alkohol, sondern Wasser. Umber?) hat gleichfalls mit Pankreasprefssaft Versuche angestellt; er kommt zu anderen Resultaten wie Blumen- thal und sagt: „Ich komme daher im Gegensatz zu Blumen- thal zu dem Schlufs, dafs das Pankreas aufserhalb des Organismus in keiner Weise eine nennenswerte zuckerzerstörende Wirkung ent- faltet.... Das Venenblut verhält sich in seiner glykolytischen Eigenschaft wie das Arterienblut und das der Vena pancreatico- duodenalis kurz vor ihrem Eintritt in die Pfortader entnommene Blut zerstört gleichfalls nicht mehr Zucker als das übrige Venen- oder Arterienblut.“ Es gehen demnach die Ansichten, ob überhaupt das Pankreas aulserhalb des Körpers eine glykolytische Wirkung zeigt, noch weit auseinander. Wenn wir mit der Mehrzahl der Autoren und unter dem Zwange der Minkowskischen Experimente über Auftreten von Diabetes nach totaler Pankreasexstirpation annehmen, dals eine innere Sekretion dieses Organes mit der Glykolyse in kau- salem Zusammenhange steht, so ergiebt sich sofort eine weitere Frage. Finden sich beim Diabetes mellitus im Pankreas charakte- ristische Veränderungen? Derartige pathologische Veränderungen sind nun in allerletzter Zeit von zwei Autoren beschrieben worden, von Ssobolew (l. ec.) und von Opie?’). Es ist früher schon von Laguesse, Schaefer und Dimare die Ansicht ausgesprochen worden, dafs die als Langerhanssche Inseln bekannten, nach *) Die Originalarbeit von Blumenthal in der Zeitschr. f. physikal. u. diät. Therapie 1898 ist mir nicht zugänglich gewesen. 110 Maximilian Herzog, Kuehne und Lea eine innere Sekretion liefernden Gebilde des Pankreas in kausaler Beziehung zur Umsetzung der Kohlenhydrate stehen. Ssobolew giebt nun an, dafs die Zellen, welche die Langerhansschen Inseln bilden, beim Hunde nach Fütterung mit Kohlenhydraten körniger werden, und dafs sie bei Unterbindung des Wirsungschen Duktus nicht wie die anderen Parenchymzellen der Drüse atrophieren, sondern intakt bleiben. Ferner will Ssobolew Schwund der Langerhansschen Inseln bei zwei Fällen von Diabetes beim Menschen beobachtet haben. Opie fand hyaline Degeneration der Inseln in einem Falle von Diabetes, da- gegen fand er sie unverändert in Fällen von Pankreatitis, bei denen sich kein Zucker im Harn fand. Diese Beobachtungen weisen darauf hin, dafs die Langer- hansschen Inseln möglicherweise, vielleicht sogar wahrscheinlicher- weise in direkter kausaler Beziehung zum Zuckerumsatz im Orga- nismus stehen. Wenn wir dies zunächst als thatsächlich zugeben und annehmen, dafs der Zuckerumsatz durch ein Enzym, das die Langerhansschen Inseln durch sogenannte innere Sekretion liefern, erfolgt, so kommen wir zu der Frage: Was wird aus dem um- sewandelten Zucker? Welches sind die Produkte des angenomme- nen enzymatischen Vorganges? Die Spaltungsprodukte, an die wir wohl zuerst zu denken haben, sind Äthylalkohol und Kohlensäure. Blumenthal hat jeden- falls bei seinen Experimenten an diese Produkte der Zuckerspaltung gedacht, doch giebt er ausdrücklich an, dals er aus dem durch Paukreasprelssaft umgesetzten Zucker Kohlensäure und Wasser, aber keinen Alkohol erhielt. Oppenheimer®) ist vielleicht der einzige, der ernstlich in Erwägung gezogen hat, ob nicht ein der Buchnerschen Zymase analoges oder ähnliches Ferment die Zucker- spaltung im Tierkörper unter Alkohol- und Kohlensäurebildung besorgt. Er schreibt: „Da wenigstens die Möglichkeit vorlag, dafs das zuckerzerstörende glykolytische Ferment im Blute ein solches alkoholisierendes sein könne, da man bei.seiner Wirkung Kohlendioxydabspaltung beobachtet hat, so habe ich in-mehreren Versuchsreihen Zuckerlösungen mit frischem Blut unter Ausschlufs von Fäulnis stehen lassen und im Destillat stets eine sehr geringe Menge eines jodoformgebenden Körpers, der nicht Aceton war, nachweisen können; doch war auch das Kontrollblut (bei sofortiger Destillation) nicht le frei davon und eine nähere Unter- suchung bei den minimalen Mengen unmöglich.“ Liefert das Pankreas ein Dextrose spaltendes u. s. w. Enzym? 111 Eigene Versuche Meine eigenen Versuche sind leider noch nicht zum Abschlufs gelangt. Ich habe mich in nicht weiter auszuführenden Versuchen bestrebt, der Frage näher zu treten, was denn bei der Glykolyse im Blute aus dem Zucker wird. Wenn man die Spaltung als eine fermentative ansieht, so liegt es nahe, entweder eine Bildung von Alkohol oder von Milchsäure zu vermuten. Alkohol konnte ich in künstlich mit Zucker versetztem Blute, das 48 Stunden im Brut- schrank unter Vermeidung der Fäulnis gestanden hatte, in irgend- wie nennenswerten Mengen jedenfalls nicht auffinden. Spuren eines jodoformgebenden Körpers, der die Denigessche Acetonreaktion nicht gab, erhielt ich allerdings. Dagegen scheint freilich, erst nach einer Versuchsreihe zu schliefsen, eine Bildung von Milchsäure zu erfolgen, so dals man, wenn diese Resultate sich bei der Fort- setzung meiner Arbeit bestätigen, das glykolytische Ferment des Blutes als ein milchsäurebildendes Enzym aufzufassen hätte. Die näher mitzuteilenden Versuche waren bestimmt, zu ent- scheiden, ob das Pankreas ein der Buchnerschen Zymase analoges Enzym liefert. In diesem Fall würde der Zucker in Kohlen- säure und Äthylalkohol gespalten und der letztere durch die tierischen Oxydasen, wie sie sich im Blute und in den Geweben vorfinden, des weiteren sofort in statu nascendi bei Gegenwart von Sauerstoff zu CO, und H,O oxydiert. Nun ist klar, dafs sich der Begründung einer solchen Hypothese durch den experimen- tellen Beweis grofse Schwierigkeiten entgegenstellen. Buchners Arbeiten haben gezeigt, wie aufserordentlich empfindlich und ver- gänglich die Hefezymase ist. Schon Verdünnung hebt in Kürze ihre Wirksamkeit auf. Tryptische Fermente zerstören, wie alle Untersucher übereinstimmend versichern, die Zymase sehr prompt. Wenn man es nun unternehmen will, im Pankreas ein der Hefe- zymase in der Wirkung analoges und in ihren anderen Eigen- schaften doch jedenfalls auch ähnliches Enzym nachzuweisen, so ist man in sehr übler Lage. Nimmt man an, dafs die Langer- hansschen Inseln das glykolytische, der Zymase ähnliche Enzym liefern, so erscheint es höchst wahrscheinlich, dafs dies Ferment in weit geringerer Menge erzeugt wird als das tryptische Ferment der Bauchspeicheldrüse, wodurch denn das erstere gegenüber dem letzteren bei allen künstlichen Manipulationen bezüglich seiner Wirkung sehr in Nachteil kommt. Aufserdem enthält das Pan- kreasgewebe und das es durchströmende Blut Oxydasen, über 112 Maximilian Herzog, deren Natur und Verhalten gegenüber fördernden und hemmenden Einflüssen so gut wie gar nichts bekannt ist. Dagegen sind wir über fördernde und hemmende Einflüsse auf die Wirkung von Trypsin durch die Arbeiten Chittendens®), seiner Schüler und anderer ziemlich gut unterrichtet. Von dieser Kenntnis können wir bei Experimenten, bei denen auch das Trypsin in Frage kommt, guten Gebrauch machen. Dagegen wissen wir andererseits nicht, ob nicht auch das, was das tryptische Ferment in seiner Wirkung hindert oder hemmt, die Zymase oder ein ihr verwandtes Enzym empfindlich schädigt. Auch wissen wir nichts über fördernde und hemmende Einflüsse gegenüber den tierischen Oxydasen. Wenn es nun bei Versuchen zur Identifi- zierung eines hypothetischen glykolytischen tierischen Fermentes gelänge, die Wirkung von Trypsin auszuschalten, so wäre immerhin noch verhältnismälsig wenig gewonnen, wenn wir bei Gegenwart von Oxydasen nicht auch auf diese einwirken könnten, um Oxy- dationsprozesse, welche die direkten Spaltungsprodukte der Glyko- lyse weiter umwandeln können, zu verhindern. Bei den folgenden Experimenten war ich bestrebt, stets Fak- toren einzuführen, welche geeignet sind, auf die tryptische Wirkung schädigend, beziehentlich hemmend einzuwirken. Experiment Nr. I und Nı. 2. Bei drei erwachsenen, ziemlich grofsen weifsen Ratten wird unter allen aseptischen Vorsichtsmalsregeln die Leibeshöhle eröffnet und mit steriler Pinzette und Schere das Pankreas entfernt. Die Bauchspeichel- drüsen werden mit der Schere sofort in kleine Stückchen zerschnitten und zwar geschieht das so, dafs sie in einen sterilen Mörser fallen, der gewaschenen Quarzsand und Glaspulver enthält. Der Mörser mit dem Sand, dem Glaspulver und dem Pistill, das Ganze mit starkem, fest- gebundenem Papier bedeckt, war vorher in üblicher Weise mehrere Stunden im Dampfapparat sterilisiert und dann abgekühlt worden. Die zerschnittenen Drüsen werden nunmehr 5 bis 10 Minuten lang mit dem mehrfachen Volumen sterilen destillierten Wassers, das nach und nach zugesetzt wird, verrieben. Die breiartige Masse wird dann mit sterilem Spatel herausgeschabt, wobei sie auf ein steriles Tuch, das sich in einer emaillierten eisernen, sterilen, flachen Schale befindet, ab- fliefst. Das Tuch wird dann über dem Brei zusammengefaltet. Es wird dann eine kleinere, ähnliche, eiserne, sterile Schale auf den in das Tuch eingehüllten Brei gestellt. Dann kommt ein Holzblock in die kleinere Schale, das Ganze wird in eine schwere Kopierpresse gebracht und diese so stark angezogen, als zwei Männer mit aller Kraft ermöglichen können. Nach einigen Minuten wird die Presse ge- öffnet und der Preissaft auf ein steriles Papierfilter gegossen, durch | ; Liefert das Pankreas ein Dextrose spaltendes u. s. w. Enzym? 113 das er in eine sterile Flasche abträufeln kann. Die ersten 20 bis 25 ccm des filtrierten Saftes werden nun zu 100 ccm der, wie folgt, zusammen- gesetzten Flüssigkeit gesetzt: Glukose 10,0 g, neutrales Ammoniumphosphat 2,0 g, Wasser 100 cem. Das Flüssigkeitsgemisch befindet sich in einem sterilen Erlen- meyerschen Kölbehen, das mit einem durchbohrten Gummistöpsel verschlossen ist. In dem letzteren steckt ein Glasrohr, das aus der Luft im Kolben in einen mit Kalkwasser gefüllten zweiten Kolben ein- taucht. Die Anordnung ist die bei Alkoholgärversuchen angewendete. Der Gärapparat wird im Brutschrank bei 30°C. stehen gelassen. Nachdem auch der letzte Teil des Prefssaftes gesammelt, resp. filtriert worden war, wird dieser zweite Teil durch eine Porzellan- bougie (Reicheltsches Bakterienfilter) unter Druck filtriert. Das Bougiefiltrat wird zu folgender Lösung zugefügt: Glukose 10,02, NaCl 2,0 g, neutrales Ammoniumphosphat 2,08 auf 100 ccm Wasser. Anordnung der Gärtlasche wie oben. Nach 23 Stunden zeigt das Kalkwasser in Versuch Nr. 1 eine starke Trübung. Es war somit in der Gärflasche Kohlensäure entwickelt worden. Es werden nunmehr von der Gärflasche drei Agarröhrchen ge- impft. Dieselben, im Brutofen bei 30°C. gehalten, blieben, wie hier gleich angegeben sein mag, steril. Danach wurde der Inhalt der Gärflasche der fraktionierten Destillation unterworfen. Der Fraktion, welche den Alkohol enthält, und die aus wenigen Kubikcentimetern besteht, wird ein kleines Blättchen Jod zugegeben, das sich bei leichtem Er- wärmen und Schütteln löst. Nun wird etwas 1Oproz. Atzkali- lösung zugesetzt und wiederholt mälsig erwärmt. Die braune Farbe verschwindet, es stellt sich eine leichte, etwas gelblich schimmernde Trübung ein. Jodoformgeruch bemerkbar, mikroskopisch findet sich eine mäfsige Anzahl typischer Jodoformkrystalle. Im Kalkwasser vom Gärapparat, welcher das Bougiefiltrat ent- hält, zeigt sich nach etwa 20 Stunden nur eine ganz leichte Trübung. Der Apparat wird dann aus dem Brutofen entfernt und bei Zimmer- temperatur gehalten. Untersuchung nach drei Tagen. Jodoform- probe des Destillates negativ. Experiment Nr. 3 und 4. Wie bei den ersten, so wurden auch bei allen folgenden Ex- perimenten alle möglichen aseptischen Vorsichtsmalsregeln ange- Beitr. z. chem. Physiologie. II. 8 114 Maximilian Herzog, wandt. Es ist überflüssig, dies im Detail bei dem Protokoll über die einzelnen Versuche zu wiederholen. Einem mittelgrofsen Hund wird das Pankreas entnommen, zer- schnitten und im Mörser mit Quarzsand und Kieselgur zerrieben. Es wird dem Brei diesmal nur sehr wenig destilliertes Wasser, das !|,, Proz. Milchsäure enthält, zugefügt. Von dem Prefssaft werden zugesetzt in Experiment Nr. 3: 20ccm zu einer Lösung von 8,02 Glukose und 0,2 g neutralem Ammoniumphosphat in 100ccm Wasser, in Experiment Nr. 4: 20cem zu einer Lösung von 8,0g Glukose und 0,2 Milch- säure in 100 cem Wasser. Nach 24 Stunden ist das Kalkwasser in den mit den beiden Gärflaschen verbundenen Kolben getrübt. Die beiden Destillate geben beide eine positive Jodoformprobe, in beiden Fällen indessen nur geringe Spuren von Jodoform. Geimpfte Röhrchen bleiben steril. Experiment Nr.>5. Einem 4 Pfund 2 Unzen schweren Kaninchen wird das Pankreas unter aseptischen Vorsichtsmalsregeln entnommen, das exstirpierte Organ in einem sterilen Petrischälchen gewogen. Das Gewicht beträgt 3,5 g. Das Petrischälchen samt Inhalt wird dann in einer Kochsalz-Eis- Kältemischung gekühlt. Nach einiger Zeit wird das Pankreas herausge- nommen und mit der Schere zerschnitten. Die Stückchen fallen in die gleich- falls stark abgekühlte Reibschale, wo sie mit Quarzsand und Kieselgur zerrieben werden. Beim Zerreiben werden nach und nach etwa 100 cem einer kalten, sterilen Zuckerlösung (Glukose 20,08, NaCl 12,08, Wasser 60 ccm) zugefügt. Nach gutem Verreiben wird die sirup- artige Masse mit sterilem Spatel in eine.Flasche eingebracht und diese dann für einige Zeit in eine Kältemischung eingestellt. Die Gärflasche wird dann in üblicher Weise mit einer Kalkwasser enthaltenden Flasche verbunden und etwa eine Stunde bei Zimmertemperatur ge- halten. Dann wird mit 100 ccm sterilem Wasser verdünnt. Nach 20 Stunden ist das Kalkwasser in der mit den Gär- kolben verbundenen Flasche ziemlich stark getrübt. Kalkwasser in zwei Kontrolllaschen verhält sich nach 20 Stunden, wie folgt: Kalkwasser in einer offen neben dem Gärapparat stehen- gelassenen Flasche ganz leicht getrübt. Kalkwasser in einer verkorkten Flasche klar. Der Inhalt der Gärflasche wird der fraktionierten Destillation unterworfen. Jodoformprobe positiv. Wenige typische Jodoformkry- stalle mikroskopisch nachweisbar. Geimpfte Röhrchen bleiben steril. Experiiment Nr. 6. Drei grolsen weilsen Ratten wird das Pankreas entnommen, wie oben abgekühlt und dann im Mörser mit Quarzsand und Kieselgur Liefert das Pankreas ein Dextrose spaltendes u. s. w. Enzym? 115 zerrieben. Beim Zerreiben werden tropfenweise nach und nach 2ccm einer lproz. Bleiacetatlösung zugefügt, dann mehrere Kubik- centimeter einer 40 proz. Glukoselösung, dann wieder etwas Blei- acetatlösung, dann wieder Glukoselösung, im ganzen etwa 15ccm. Das gut zerriebene Gemisch kommt in eine Gärflasche. Nach drei Stunden ist das Kalkwasser leicht getrübt. Es folst fraktionierte Destillation. Die Jodoformprobe ergiebt geringe Spuren von Jodoform. Der Ausfall der Probe ist etwas zweifel- haft, da die Spuren von Jodoform bestenfalls ganz minimale sind. In einem der geimpften Röhrchen entwickelt sich nach mehreren Tagen ein Bacillus, der indessen nicht der Kolonbacillus ist. Experiment Nr. 7 und 8. Einem grofsen grauen Kater wird in tiefer Chloroformnarkose der Thorax eröffnet. Es wird in den rechten Ventrikel eine mit einem Gummirohr verbundene Kanüle eingestochen Das Gummirohr führt in eine mit Wattebausch verschlossene Flasche. (Der Apparat war natürlich vorher im Dampftopf mehrere Stunden sterilisiert worden.) Es werden etwa 75ccm Blut in der Flasche gesammelt und dann 75ccm einer 20 proz. Glukoselösung zugesetzt. Das Gemisch wird rasch gut durchgeschüttelt, mit 3,0 Fluornatrium versetzt, dann wird die Bauchhöhle eröffnet, das Pankreas entnommen und in üblicher Weise mit Quarzsand und Kieselgur zerrieben. Während des Zerreibens werden l15ccm einer 40 proz. Glukoselösung zugefügt, zuletzt 0,4 g Fluornatrium. Dann kommt die etwa 40 ccm betragende Masse in eine Gärflasche. Das Kalkwasser ist nach 16 Stunden merklich, nach 48 Stunden stark getrübt. Die Gärflasche zeigt deutlich etwas Alkoholgeruch. Unglücklicherweise zerbrach die Flasche bei der Destillation. Ein vorher geimpftes Röhrchen blieb steril. Das Blut-Glukosegemisch wird nach 48 Stunden fraktioniert destilliert. (Diese Destillation war eine sehr mühevolle Aufgabe wegen des sich bildenden Koa- gulums.) Es werden schliefslich nach wiederholter Fraktionierung 8 ccm Destillat erhalten. Mit 4 ccm wird die Jodoformprobe gemacht. Ausfall positiv; mikroskopisch wenige sechsseitige typische Blättchen. Mit den restlichen 4ccm wird die Legalsche Nitroprussidprobe an- gestellt. Sie fällt negativ aus. Es waren mithin weder Aceton, noch Aldehyd für den positiven Ausfall der Jodoformprobe ver- antwortlich, sondern es mulste Äthylalkohol die Reaktion herbei- geführt haben. Experiment Nr. 9 und 10. Junger Hund, 12 bis 13 Pfund schwer. Anordnung des Experi- ments wie bei Nr. 7 und 8. S* 116 Maximilian Herzog, Es werden etwa 125ccm Blut gesammmelt und 125ccm einer 20 proz. Glukoselösung, zuletzt 5,0 Fluornatrium zugesetzt. Dann wird gut durchgeschüttelt. Dem entnommenen Pankreas werden beim Zerreiben 20 ccm einer 40 proz. Glukoselösung, zuletzt 0,8 NaF zugefüst. Der Brei, etwa 40 cem, kommt in eine Gärflasche. Nach vier Tagen ist das Kalkwasser getrübt. Die beiden Destillate dieser Versuche ergaben Spuren von Jodoform. Doch waren bei diesen wie bei allen vorhergehenden Versuchen, bei denen das Gemisch 2 Proz. Fluornatrium enthielt, mikroskopisch nur sehr wenige Jodoformkrystalle zu finden. Die Kulturen blieben in allen Versuchen, wo 2 Proz. NaF zugegeben worden waren, steril. Experiment Nı. 11. An einem an Leberabscels verstorbenen Manne von 30 Jahren wird 17 Stunden nach eingetretenem Tode die Sektion vorgenommen. Der Tod war ein paar Stunden nach Vornahme einer Operation erfolgt. Es wurde bei der Sektion zuerst das Abdomen frei eröffnet, während der Thorax unberührt blieb. Es wird zuerst die lienale Hälfte des Pankreas entfernt und in eine 2 proz. Fluornatriumlösung eingebracht. Nach Schluls der 1!/, Stunden dauernden Sektion wird das zuerst entfernte Pankreasstück zerschnitten und zerrieben, dabei werden etwa 40 cem einer 40 proz. Dextroselösung zugesetzt und das Gemisch in eine Gärflasche eingebracht. Es wird dann mit 40 proz. Dextroselösung auf 100 cem aufgefüllt und zum Schlufs werden 200 mg l’Juorammonium zugesetzt. Die Gärflasche wird wie gewöhnlich mit einer Kalkwasser enthaltenden Flasche verbunden und der ganze Gärapparat kommt in ein grolses hermetisch verschlielsbares Gefäls. Auf den Boden des letzteren werden Pyrogallussäure und Iproz. KHO-Lösung eingebracht. Dann wird das Gefäls luftdicht verschlossen. Diese Anordnung verfolgt den Zweck, den Sauerstoff zu absorbieren, so dals die eventuell zu erwartende Gärung in sauerstofifreier Atmosphäre vor sich gehen kann. Nach vier Tagen wird untersucht. Das Kalkwasser leicht getrübt. Das Destillat liefert bei der Jodoformprobe ganz wenige Krystalle. Das Einbringen des Gärapparates in eine sauerstofffreie Atmosphäre hatte allem Anscheine nach keinen günstigen Einfluls auf das Er- gebnis dieses Versuches gehabt. Experiment Nr. 12. Einer Ente wird der Kopf abgeschlagen; nachdem das Tier ver- blutet ist, wird das Abdomen eröffnet, das Pankreas entfernt und ver- rıieben. Es werden 40 ccm einer 40 proz. Dextroselösung zugesetzt, die auf je 100 ccm 200 mg Ammoniumfluorid enthält. Nach vier Tagen Untersuchung des Destillates. Dasselbe wird in zwei gleiche Teile geteilt. Spuren von Jodoform. Nitro- prussidprobe auf Aceton neeativ. | | | | Liefert das Pankreas ein Dextrose spaltendes u. s. w. Enzym? 117 Experiment Nr. 13 und 14. Einem mittelgrofsen Hunde wird in leichter Chloroformnarkose der Thorax eröfinet. Es werden durch Einstechen einer Kanüle in den rechten Ventrikel 100 cem Blut gesammelt und mit 200 ccm einer Lösung von 30,0 g Dextrose, 5,0 & Hg Cl, in 100 ccm Wasser gemischt. (Diese Lösung befand sich bereits in der Flasche, in die das Blut direkt vom Herzen aus einlief.) Es wird dann das Pankreas entnommen, zerrieben und zu 50 ccm einer 40 proz. Dextroselösung, die auf je 100 cem 200 mg Fluor- ammonium enthält, hinzugefügt. Nach vier Tagen werden die Destillate uutersucht. Das De- stillat des Blutes, das sofort in die Glukose - Sublimat- Lösung «e- flossen war, enthält keine Spur eines Jodoform gebenden Körpers. Aber auch aus dem Destillat des Pankreas-Glukose-Gemisches liels sich kein Jodoform darstellen. Experiment Nr. 15. Bei einem jungen, etwa 12 Pfund schweren Hunde wird das Pankreas entfernt, das Tier am Leben gelassen. Die entfernte Drüse wird wie üblich zerrieben und es werden beim Zerreiben etwa 50 ccm einer Lösung von 40 g Dextrose und 0,5 g schwefelsaurem Narkotin *) in 100 ccm zugesetzt. Nach drei Tagen Untersuchung des Destillates. Jodoform- probe negativ. Experiment Nr. 16. Derselbe Hund, von dem das Pankreas beim vorhergehenden Ver- such stammte und der sorgfältig chirurgisch behandelt worden war, zeigt 18 Stunden nach der totalen Pankreas-Exstirpation 2 bis 3 Proz. Zucker im Urin. Das Tier ist sehr durstig, trinkt viel, frifst aber nichts. Am Tage nach der Operation zweimal Stuhlgang; viel Harn. 40 Stunden nach der Operation ist das Tier schwach, trinkt nicht mehr viel. Urin enthält 1 Proz. Zucker. 46 Stunden nach der Operation wird das Tier getötet. Leichte Chloroformnarkose. Eröffnung des Thorax, Kanüle in den rechten Ventrikel eingestofsen. Etwa 100 ccm Blut werden in einer Flasche aufgefangen, in der sich 100 ccm einer Lösung befinden, dıe 20 Proz. Dextrose und 10 Proz. Kochsalz enthält. Untersuchung des Destillats nach 24 Stunden. Jodoformprobe absolut negativ. Es war mithin auch kein Aceton im Blute des Tieres, als dasselbe getötet wurde. Experiment Nr. 17. An einem an Hüftgelenkstuberkulose verstorbenen Kinde wird vier Stunden nach dem Tode die Sektion vorgenommen. Es wird zu- *) Das schwefelsaure Narkotin hat einen stark hemmenden Einfluls auf die tryptische Wirkung. 118 Maximilian Herzog, erst das Abdomen eröffnet und das Pankreas entfernt, in mehrere Stücke zerschnitten und in eine 0,2 proz. Schwefelsäure eingebracht. Eine Stunde später wird das Pankreas in der Lösung in der Reibschale verrieben, dabei nach und nach 20,0 & Dextrose in Substanz zugefügt. Nach einer weiteren Stunde wird mit Sodalösung neutralisiert. Das Gemisch bleibt noch drei Stunden stehen, dann wird destilliert. Das Destillat bildet wenige, aber sehr schöne typische Jodo- formkrystalle. Das Kind hatte sich 2 bis 3 Tage vor dem ein- getretenen Tode in komatösem Zustande befunden und hatte während dieser Zeit so gut wie gar keine Nahrung erhalten. Möglicherweise hat das Hungern etwas mit dem Ergebnis dieses Versuchs zu thun. Experiment Nr. 158 und 19. Einem mittelgrofsen Hunde, der durch einen Schlag auf den Kopf be- täubt worden war, wird der Thorax eröffnet, und es werden 200 cem Blut aus dem rechten Ventrikel entnommen. Das Blut läuft in eine Flasche, in der sich 100 ccm einer Lösung befinden, die 20,0g Dextrose und 10,08 Kochsalz enthält. Dann wird das Abdomen eröfinet und das Pankreas entnommen. Beim Zerreiben desselben werden 20 cem einer Lösung von 400 Dextrose und 20g Kochsalz in 100ccem zugesetzt. Der Brei wird wie in den allerersten Versuchen in der starkwirkenden Presse ausgepreis. Was abläuft, wird in einer Flasche gesammelt und mit der obigen Dextrose-Kochsalzlösung auf 75ccm aufgefüllt. Schliefslich werden 75 ccm steriles, destilliertes Wasser zur Verdünnung hinzugefügt. Die Gärflasche wird bei 35°C im Brutofen gehalten. Das Destillat des Blutes verhält sich bei der Jodoformprobe negativ. Das Destillat des Pankreasgemisches bildet wenige Jodoformkrystalle. Geimpfte Röhrchen bleiben steril. Experiment Nr. 20. Fünf Ratten wurden die Pankreasdrüsen entnommen und im Mörser zerrieben. Es werden nach und nach beim Zerreiben 20 cem einer Lösung von 20 Dextrose und 0,5 g schwefelsaurem Cinchonin in 100 cem zugesetzt. Der Brei kommt in eine Gärflasche. Nach 24 Stunden leichte Trübung des Kalkwassers. Das Destillat bildet wenige Jodoformkrystalle. Geimpfte Röhrchen entwickeln einen Staphylococcus albus, der Zucker nicht vergärt. Experiment Nr. 21. Es wurde nun versucht, ein Experiment durchzuführen, in dem die Zellen der Langerhansschen Inseln allein zur Wirkung kommen, dagegen die in den Duktus absondernden gewöhnlichen Parenchymzellen ausgeschaltet bleiben sollten. Einem jungen männlichen Hund wurde die Leibeshöhle eröffnet und Liefert das Pankreas, ein Dextrose spaltendes u. s. w. Enzym? 119 der Ausführungsgang des Pankreas doppelt unterbunden und durch- trennt*). Bei Hunden hat das Pankreas in der Regel zwei Aus- führungsgänge. Es konnte aber bei diesem Hunde nur ein Duktus gefunden werden. Derselbe mündete getrennt von dem Gallengang, etwa 2cm unterhalb desselben. Der Hund zeigte nach der Ope- ration weder Poly- noch Glykosurie. Die letzte Urinuntersuchung wurde eine halbe Stunde vor Tötung des Tieres vorgenommen. Diese erfolgte 25 Tage nach Vornahme der Operation. Die Laparotomie war per primam geheilt; keine peritonealen Verwachsungen. An Stelle des Pankreas findet sich ein dünner Streifen eines weichen vaskulären Gewebes. Dieses Gewebe wird unter aseptischen Kautelen entfernt, zerschnitten und verrieben. Ein paar Stückchen werden in- dessen nicht in die Reibschale eingebracht, sondern in Zenkerscher Lösung fixiert. Dem Material, das verrieben wird, werden nach und nach 20 ccm einer Lösung von 40g Dextrose und 0,5g Fluornatrium in 100 ccm Wasser zugesetzt. Der Brei kommt dann in die Gärflasche. Nach 24 Stunden Kalkwasser leicht getrübt. Jodoformprobe des Destillates negativ. Die mikroskopische Untersuchung des in Zenkerscher Lösung fixierten, in Paraffin eingebetteten Gewebes zeigt, dafs das letztere noch neben den Langerhansschen Inseln Stellen mit den gewöhnlichen sekretorischen Epithelien enthält. Es mufs daher entweder die Zeit von 25 Tagen zu kurz gewesen sein, um das Pankreas mit Ausnahme der Langerhansschen Insein wirklich ganz zur Atrophie zu bringen, oder aber es bestand ein zweiter, kleiner Ausführungsgang, der bei der Operation und bei der späteren Tötung des Tieres übersehen wurde. Die vorher beschriebenen Versuche (mit Ausnahme von Nr. 21) wurden während der kalten Jahreszeit 1900/1901 vorgenommen. Hefekulturen wurden damals überhaupt keine im Laboratorium gehalten und bei keinem Experiment wurden je bei den Kontroll- kulturen Hefen oder überhaupt zuckerspaltende Mikroorganismen gefunden. Wenn die mehrfach spurenweise nachgewiesene jodo- formbildende Substanz wirklich Äthylalkohol war (Aceton war es jedenfalls nicht), so kann dieser Alkohol nicht durch Hefen oder andere Mikroorganismen aus dem Zucker gebildet worden sein. Experiment Nr. 22. Es wurden vier weilse Ratten getötet, die Lebern entfernt und mit etwas sterilem destillierten Wasser mit Quarzsand und Kieselgur verrieben. Dann wurden je l5cem von dem Brei in zwei 500 ccm- *) Die unter allen aseptischen Kautelen ausgeführte Operation wurde vom Herrn Kollegen Dr. V. Baccus vorgenommen, mit dem zusammen ich eine Versuchserie über Pankreas-Exstirpation und Implantation ausführe. 120 Maximilian Herzog, Kolben eingebracht. Eine der Flaschen wurde in den Eisschrank ge- bracht, die andere im Dampfsterilisator eine halbe Stunde der Wirkung des Dampfes ausgesetzt, dann herausgenommen und gleichfalls abgekühlt. Dann wurden in jede der beiden Flaschen 20,0 frischer Brennereiprefs- hefe zugesetzt und zum Schluls kamen auf jeden Kolben 100 ccm einer 10 proz. Dextroselösung, die 200 mg Fluorammonium ent- hielt. Bei diesem Experiment wurde alles mit besonderer Genauig- keit abgemessen resp. abgewogen. Beide Flaschen wurden dann gut durchgeschüttelt, mit durchbohrten Gummistöpseln verschlossen und bei Zimmertemperatur gehalten. Es war der Zweck dieses Experimentes, zu ermitteln, ob vielleicht die in der Leber enthaltenen Oxydasen Alkohol „in statu nascendi“ weiter oxydieren und zu Wasser und Kohlensäure verbrennen könnten. Beide Flaschen hatten ein gleiches Quantum Leber zugesetzt erhalten, damit eventuell das mit der Leber zugebrachte Glykogen nicht als störender Faktor auftrete. Eine Flasche war erhitzt worden, um die Oxydasen zu töten und ihre eventuelle Wirkung auszuschalten und zu gleicher Zeit einen Kontrollversuch abzugeben. Nach 24 Stunden wurde die Gärung in beiden Flaschen simultan durch Zusatz von je 1lOccm einer heilsen gesättigten Sublimatlösung unterbrochen. Der Inhalt der Flasche wurde dann filtriert, und zwar geschah dies in einem kalten Raume, um die Alkoholverdunstung so viel wie möglich zu verhindern. Der Rückstand auf den Filtern wurde mehrmals mit sterilem destillierten Wasser ausgewaschen. dann wurden die beiden Filtrate auf 200 ccm aufgefüllt. Für die Untersuchung der beiden Gärungsprodukte bin ich den Leitern der American Brewing Academy von Chicago, auf deren che- mischem Laboratorium die Untersuchung vorgenommen wurde, sehr verbunden und spreche ihnen hiermit meinen Dank dafür aus. Es stellte sich das Resultat der Untersuchung, in welche die ursprünglich verwandte Dextroselösung mit eingeschlossen wurde, wie folgt: Veranda) Flasche A Flasche B | s | Leber | Leber | DD zusekuune | Endet abeekocht Spezifisches Gewicht . .. | 1,0474 1,0209 | 1,0257 Dextrorem 9,8 Proz. 3,65 Proz. | 4,23 Proz. Alkohol (pyknometrische Bestimmung im Destillat | bei 15er | 0 Va 0a u, Will man die erhaltenen Werte interpretieren, so ist zunächst ‚notwendig, die für die Flaschen A und B erhaltenen Zahlen für Alkohol und Dextrose zu verdoppeln, da zuerst je 100ccm der Dextroselösung benutzt, später aber das vergorene Filtrat auf 200ccm aufgefüllt worden war. Es ergiebt sich dann: Liefert das Pankreas ein Dextrose spaltendes u. s. w. Enzym? Do Flasche A Flasche B IDexttosen en 1300; 8.46. INllkxohole.p zuspe nr: 0,420 0,428 Es war somit das in beiden Flaschen gefundene Quantum Alkohol gleich. Das letztere repräsentiert 0,82 gespaltene Dextrose. Wir können also Rechenschaft ablegen über die folgenden Quantitäten Dextrose: Flasche A Flasche B 8128 9,28 8 und es ergeben sich an Defizit für: Flasche A Flasche B 1,68 & 0,52 © Das Defizit für Flasche B, berechnet aus dem Dextrosegehalt der ursprünglich zugesetzten Lösung, ist gleich 5,31 Proz. Dies kann man in Anbetracht der zahlreichen Manipulationen noch auf Rechnung von Fehlerquellen setzen. Dagegen findet sich für Flasche A, verglichen mit Flasche B, noch ein weiteres Defizit von 1,16g und dieses Minus kann unmöglich auf Fehlerquellen bezogen werden. In der That läfst sich dieser nicht durch Alkohol repräsentierte Zuckerverlust ganz logisch erklären. In Anbetracht dessen, dafs sich in den Flaschen A und B gleiche Alkoholmengen (0,42) vorfanden, kann allerdings die zu gebende Er- klärung nicht zu Gunsten unserer Hypothese der Wirkung der Oxy- dasen auf Alkohol „in statu nascendi“ ausfallen. [Man könnte wohl kaum zur folgenden Erklärung greifen: In Flasche A (ungekochte Leber) wurde der von den Hefezellen gebildete Alkohol in statu nascendi von den Oxydasen zu Wasser und Kohlen- säure umgesetzt. Infolge der sofortigen Beseitigung des Alkohols ging die Zuckerspaltung in Flasche A rascher von statten als in Flasche B: es wurde also mehr Zucker verbraucht. Die Oxydasen indessen wandelten nicht allen entstehenden Alkohol weiter um, sondern ein Teil blieb unverändert und häufte sich an. Da mülste es aber doch ein ganz wunderbarer Zufall sein, dafs schlie[slich die Menge des zurückgebliebenen Alkohols in Flasche A genau so grofs war wie in Flasche B, wo überhaupt nur eine reine Alkoholgärung von statten ging. | Eine nüchterne Interpretation des Ergebnisses des Experimentes hat wohl das Folgende anzunehmen. Die Hefegärung in beiden Flaschen, die unter Umständen erfolgte, bei denen alle Faktoren so gleich waren, wie sie nur gemacht werden konnten (bis auf einen Faktor, der durch das Abkochen der zugesetzten Leber ge- geben war), lieferte in beiden Flaschen die gleiche Menge Alkohol. In Flasche A erfolgte überdies sogleich eine Zuckerzerstörung infolge der Anwesenheit des glykolytischen Fermentes, das mit dem nicht ge- kochten Leberbrei zugesetzt worden war. Daher liefert Versuch Nr. 22 keine Stütze für die vermutete Einwirkung des Oxydasen auf Alkohol in statu nascendi. 192 Maximilian Herzog, Vielleicht liefse sich das Experiment mit besserem Erfolge wieder- holen, wenn man das glykolytische Enzym vorher durch Erhitzen des Leberbreies auf 58°C zerstören und ausschalten könnte. Wenn die in der Litteratur über diesen Gegenstand vorhandenen Angaben richtig sind, so zerstört eine Temperatur von 58°C das tierische gly- kolytische Ferment. Ob indessen eine derartige Temperatur nicht auch die Oxydasen in empfindlicher Weise schädigt, ist eine Frage, die zuerst für sich experimentell zu untersuchen wäre. Wenn wir die Ergebnisse der Versuche, wie sie oben mit- geteilt wurden, zusammenfassen, so müssen wir gestehen, dafs eine feste Grundlage für die vorgebrachte Hypothese des Zuckerum. satzes im Tierkörper durch diese Experimente nicht gegeben ist. Trotz alledem können wir auch nicht zugeben, dafs diese Experimente geradezu einen Beweis gegen diese Hypothese ge- liefert hätten, wir sind vielmehr der Ansicht, dafs die angewandten Methoden noch zu wenig entwickelt sind, um eine künstliche Nach- ahmung der subtilen, komplizierten enzymatischen Vorgänge, die hier in Frage kommen, zu gestatten. Für uns hat die Ansicht, dafs auch im Tierkörper ein der Hefezymase ähnliches Enzym den Zuckerumsatz besorgt, etwas un- gemein Bestechendes. Wir hätten dann ein weiteres dem tierischen und dem pflanzlichen Organismus in seiner elementaren Wirkungs- weise gemeinsames Enzym. Wenn es wirklich wahr wäre, dals im Tierkörper ein glykolytisches Ferment den Zucker in Kohlen- säure und Alkohol zerlegt und der letztere wiederum durch Oxy- dasen zu Wasser und Kohlensäure verbrannt würde, so hätten wir in diesen chemischen Vorgängen eine Anordnung zur Gewinnung von kinetischer Energie (Wärme) aus der potentiellen Energie der Dextrose, wie sie kaum zweckentsprechender gedacht werden kann. Möglicherweise sind die Oxydationsprozesse der Hexosen die wichtigsten Vorgänge zur Wärmeerzeugung im Tierkörper. Man darf sich dieser Ansicht wohl um so mehr zuwenden, als es jetzt feststeht, dals Eiweilskörper Kohlenhydratgruppen von der Art der Hexosen und Pentosen enthalten. Von Mering und andere haben gezeigt, dals ein durch Hungerkur und Arbeit glykogenfrei gemachter Hund auf Phloridzin auch bei gänzlicher Vermeidung jeder Kohlenhydratzufuhr Zucker im Urin abgiebt. Blumenthal:° und Langstein:! haben vor kurzem auf Grund chemischer Untersuchungen bestätigt, dals Eiweilskörper Molekül- gruppen enthalten, aus denen sich Kohlenhydrat abspalten läfst. Liefert das Pankreas ein Dextrose spaltendes u. s. w. Enzym? 1923 Man kann sich ferner vorstellen, dafs ein im ganzen Zirku- lationsapparat seine Wirksamkeit entfaltendes olykolytisches Enzym eine automatische Wärmeregulation ausüben kann. Wenn z. B. die Wirkung des Enzyms bei den Warmblütern ein Temperatur- optimum hätte, das bedeutend unterhalb der Körpertemperatur läge*), so würde bei jeder äulseren oder inneren Abkühlung eine verstärkte fermentative Wirksamkeit mit erhöhter Wärmeproduktion erfolgen. Umgekehrt würde bei jeder äulseren oder inneren Er- wärmung eine herabgesetzte Wirkung mit weniger Wärmeerzeugung statthaben. Derartige Betrachtungen haben allerdings nur eine sehr problematische Berechtigung, solange wir über das glyko- lytische Ferment des Tierkörpers und über die Bedingungen seiner Wirkung nicht besser unterrichtet sind als jetzt. Litteratur. ') Buchner, Albert u. Buchner; Buchner u. Rapp, Ber. d. d. chem. Ges. 30, 117, 1110, 2668; 31, 209, 568, 1084, 1090, 1531 ; 32, 127; 33, 266, 971. ”) Wröblewski, Gärung ohne Hefezellen. Centralbl. f. Physiol. 12, 697 (1898); 13, 284 (1899). ®) Pasteur, Sur la production de l’aleool par les fruits. Compt. rend. 15, 1054 (1872). *) Müntz, Recherches sur la fermentation alcoolique intracellulaire dans les vegetaux. Compt. rend. 86, 49 (1875) und Ann. de chim. et de phys. 5me ser. 15, 543 (1878). 5) Brefeld, cit. nach Green, The soluble Ferments. Cambridge 1399, 328 bis 350. 6) Effront, Les Enzymes. Paris 1899. ”) Bechamp, Sur la fermentation alcoolique et acetique spontande du foie u. s. w. Compt. rend. 75, 1830 (1872). °) Bechamp. 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Zu ihnen gehören das Schlangeneift, zahlreiche Bakteriensekrete, wie das Tetanolysin, Staphylolysin, Toxalbumine höherer Pflanzen, wie das Crotin, und die endlose Reihe normaler und durch Immunisierung beliebig erzeugbarer Hämolysine des Blutserums. Von gröfster Wichtigkeit für die einheitliche Auffassung dieser Blutgeifte war die Feststellung der interessanten 'Thatsache, dafs nur solche Blutkörperchen diesen Hämolysinen gegenüber empfindlich sind, welche sie zu binden vermögen. Dieses fundamentale Gesetz, das zuerst von Ehrlich und Morgenroth*) erkannt und in voller Schärfe formuliert wurde, hat sich stets und besonders bei dem Studium der künstlich erzeugten Serumhämo- lysine bestätigt und dazu geführt, die Wirkungsart dieser Gifte ebenso wie diejenige der Toxine vom Standpunkte der Seitenkettentheorie aufzufassen. Demgemäls „ist die Voraussetzung und die Ursache der Giftwirkung in allen diesen *), Ehrlich und Morgenroth, Zur Theorie der Lysinwirkung. DBer- liner klin. Wochenschrift 1899, Nr. 1. 126 Hans Sachs, Fällen die Anwesenheit von geeigneten, an den Blutscheiben be- findlichen Receptoren (Seitenketten), welche in die haptophoren Gruppen des Toxins eingreifen; umgekehrt besteht also zwischen der natürlichen Immunität und dem Receptorenmangel der innigste Zusammenhang“ (Ehrlich). Es ist einleuchtend, welche grofse Bedeutung mithin gerade das Studium der Bindungsverhältnisse der toxinartigen Blutgifte für die Lehre von den Ursachen der Giftwirkung hat, und wie es geeignet ist, unsere Kenntnis der veceptoren und ihrer physiologischen Verbreitung im Tierreich zu erweitern. Bei gelegentlicher Untersuchung eines aus Kreuz- spinnen (Epeira diadema) gewonnenen Extraktes habe ich in ihm ein Hämolysin gefunden, das sich zu Untersuchungen nach dieser Richtung hin besonders geeignet erwies, und ich möchte mir daher gestatten, in folgendem darüber zu berichten. Die Schilderung eines vollständigen Versuches wird zugleich ein Bild von der Gewinnung und Prüfung der Giftlösung geben: Eine Kreuzspinne (Gewicht 1,4 g) wird in 5cem 10 proz. NaCl ent- haltendem Toluolwasser zerrieben. Die Flüssigkeit bleibt 24 Stunden im Eisschrank stehen. Sodann wird sie mit Wasser auf 25 cem gebracht und filtriert (resp. centrifugiert. Mit dem trüben, bräunlichgelben Filtrat werden hämolytische Versuche in der üblichen Weise angestellt. Eine Reihe von Reagensgläschen wird mit abfallenden Mengen der Giftlösung beschickt, die sämtlich mit physiologischer (0,35 proz.) NaCl-Lösung auf die gleiche Flüssigkeitsmenge (1,0 ccm) gebracht werden. Dazu kommt je ein Tropfen Vollblut oder 1 ccm einer 5 proz. Blutaufschwemmung in 0,55 proz. NaCl-Lösung. Die Versuchsröhrchen bleiben zwei Stunden im Brutschrank bei 37° und werden sodann im Eisschrank bis zum folgenden Tage aufbewahrt, an dem die Ablesung der erfolgten Lösung geschieht. Das zur Verwendung kommende Blut wurde stets centrifugiert und gewaschen, um das anhaftende Serum zu entfernen und einen etwaigen störenden Einflufs desselben auszu- schliefsen. Das Arachnolysin, wie wir das wirksame Prinzip der Gift- lösung wohl bezeichnen können, bewirkt übrigens schon bei Zimmertemperatur und bei einem gewissen Überschufs fast momentan die Auflösung der empfindlichen Blutkörperchen. Es zeigt darin eine gewisse Analogie mit dem Schlangengift und unterscheidet sich von dem Verhalten der Hämolysine des Blutserums, bei denen bekanntlich eine mehr oder weniger lange Inkubationszeit der eigentlichen Hämolyse vorangeht. Die genauere Einstellung auf verschiedene Blutarten geschah indessen auch bei dem Arachno- lysin in. der beschriebenen Weise und hat die aus folgender Tabelle ersichtlichen Resultate ergeben. Die Arachnolysinmengen .beziehen ee Zur Kenntnis des Kreuzspinnengiftes. 1927 sich in der Tabelle auf die ur- is sprüngliche, 28 Proz. Kreuzspin- == lee nensubstanz enthaltende Stamm- an Ei lösung. BE Wie aus der Tabelle hervor- | 5 8 geht, haben wir es mit einem es Hämolysin von aulserordent- | = S|&e licher, aber in der Wirkung a ee auf die einzelnen Blutarten 2 = sehr schwankender Stärke zu '3lo 2 thun. Während eine Anzahl von | S Blutarten noch in einer Verdünnung E | z von 1:1000 oder 1:10000 (auf | 7 | a | er die Stammlösung bezogen) zer- | 3 &|2 °""*°°'3° stört werden, bleiben andere selbst 2 & bei grolsen Giftmengen völlig un- | I | re = versehrt. Am empfindlichsten hat E | Sen g+ ie = | | sich neben Rattenblut das Kanin- | & | S S2 En 2 chenblut erwiesen, indem 0,0001 = | Ss der Stammlösung, d.h. 0,000028g | = | 5 = Kreuzspinne genügten, um 0,05 ccm a | c = nee = H = 2-5: Blut (= 200000000 Blutzellen) | 2 3|E 2 "3 ":& komplett aufzulösen. Eine Krewz- | 's | er E spinne enthielt also bei dem Ge- S | = 3 wichte von 1,4 & genügend Gift, 218 e ng um 2,5 Liter Kaninchenblut voll- | 3 Ener Si = > ständig zu zerstören. Bedenkt | 3 = man, dafs doch nur ein äufserst | Zu = E geringer Teil des Kreuzspinnen- A = I gewichtes auf den wirksamen Gift- Ss E SuSE Sun . = bestandteil entfällt, und nimmt er 2 » G man selbst einen Arachnolysin- | = gehalt von 1 Proz. an, so weist 3 e= =, | diese kolossale Wirksamkeit = e SE EN ae | schon darauf hin, dals das E e = = | Arachnolysin in die Klasse = | der nach Art der Toxine stark e oKnSAneornn wirkenden Blutgifte gehört. 5 TR Te | In gleichem Sinne spricht auch E e s die ziemlich grofse Labilität des 8 E = < wirksamen Prinzips. Durch Hitze 128 Hans Sachs, ist das Arachnolysin leicht zu zerstören; jedoch ist eine höhere Temperatur als bei den sonstigen Hämolysinen erforderlich. 40 Minuten langes Erhitzen auf 56° lälst die Giftlösung ganz unbeeinflufst, auch bei 60° ist nur eine geringfügige Abnahme der Wirkung zu bemerken, und erst bei 40 Minuten dauerndem Erwärmen auf 70° bis 72° tritt eine vollständige Zerstörung ein. — Mit Glycerin versetzt, lälst sich das Arachnolysin gut konser- vieren und zeigt nach Monaten noch keine Abnahme seiner Wirkung. Versuche, die zeigen sollten, ob normalen Seris eine die Hämolyse durch Spinnengift hemmende Wirkung zukommt, sind negativ ausgefallen. Die Sera von Mensch, Kaninchen, Pferd, Schwein, Hund, Ratte, Meerschweinchen, Ziege, Hammel, Ochs, Gans und Taube, die um ihre eigene etwaige Lösungsfähiekeit zu eliminieren, durch Erhitzen auf 56° inaktiviert wurden, vermochten selbst in einer Menge von 1,0ccm nicht, Kaninchenblut vor der gerade zur kompletten Lösung hinreichenden Arachnolysinmenge zu schützen. Dagegen hat das Studium der Affinität des Giftes zu empfind- lichen und unempfindlichen Zellen zu einem positiven Ergebnis seführt, das mit Rücksicht auf die Receptorentheorie von beson- derem Interesse ist. Haben wir doch durch den Umstand, dafs einzelne Blutarten, wie Hunde- oder Meerschweinchenblut, sich als immun gegenüber dem Spinnengift erwiesen haben, gerade die günstigsten Verhältnisse gegeben, um uns einen Einblick in die Beziehungen zwischen Giftbindung und Wirkung zu verschaffen, die für die Auffassung der Serumhämolysine als toxinartigen Körpers, wie wir eingangs gesehen haben, sich von prinzipieller Bedeutung erwiesen haben. Wenn wir es auch in dem Arach- nolysin mit einem Blutgift zu thun haben, dessen Wirkung durch die Verankerung einer bestimmten haptophoren Gruppe des Gift- moleküls an einen Receptor der empfindlichen Blutzelle vermittelt wird und dementsprechend die Immunität gewisser Blutarten auf einem Mangel an geeigneten Receptoren beruht, so muls gefordert werden, dafs die empfindlichen Blutkörperchen aus einer Gift- lösung das wirksame Prinzip binden, die unempfindlichen aber es quantitativ unbeeinflulst lassen. Die Versuchsanordnung ist eine sehr einfache, soweit die un- empfindlichen Blutarten in Betracht kommen. So wurde Hunde- blut mit einer bestimmten Arachnolysinmenge versetzt, eine Stunde lang unter mehrmaligem Umschütteln im Brütschrank belassen und Zur Kenntnis des Kreuzspinnensiftes. 129 sodann das natürlich unverändert gebliebene Blut durch Oentri- fugieren von der Zwischenflüssigkeit getrennt. Der Abguls zeigte, verglichen mit dem Ausgangsmaterial, nicht die geringste Abnahme der Lösungsfähigkeit gegenüber Kaninchenblutkörperchen. Es war also damit festgestellt, dafs das unempfindliche Hundeblut nicht im stande ist, Arachnolysin zu binden. Schwieriger gestaltete sich der Nachweis der Bindungsfähig- keit der empfindlichen Blutzellen, da diese bei einer entsprechenden Versuchsanordnung natürlich gelöst werden und wir dann nicht mehr in der Lage sind, die Blutzellen von der Flüssiskeit zu trennen. Wir können dann nur noch mit der lackfarbig ee- wordenen Blutlösung operieren, deren Unwirksamkeit keinen direkten Schlufs auf eine durch Receptoren vermittelte Giftbin- dung zulälst, zumal es nicht auffallend sein kann, wenn die Gift- lösung durch die stattgehabte Wirkung an sich entgiftet worden ist. Wir mufsten also ein Blutzellenmaterial haben, das so weit stabilisiert war, dafs es den vitalen Einflüssen der Hämolyse nicht mehr zugänglich war, dabei aber seinen chemischen Charakter noch bewahrt hatte. Zu diesem Zwecke wurden Blutzellenstromata dargestellt, worunter man bekanntlich den durch Quellung des Hämoglobins beraubten und wieder verdichteten Blutkörperchen- rest versteht. Ehrlich”) hatte schon 1885 auf die grofse Bedeu- tung dieses eigentlichen Protoplasmas der Blutzellen hingewiesen, das er wegen seiner Eigenart mit dem besonderen Namen „Disko- plasma“ bezeichnete. Er schrieb dem Diskoplasma als Haupt- funktion zu, den Austritt des Hämoglobins zu verhindern, und machte dementsprechend die Abtötung des Diskoplasmas für die Diffusion des Blutfarbstoffs verantwortlich. In Übereinstimmung damit steht die Feststellung der Thatsache, dafs die Stromata es sind, die die spezifischen Serumhämolysine binden, wie zuerst von Bordet**) gefunden und von Nolf***) bestätigt worden ist. Wir konnten also auch in unserem Falle mit gröfster Wahrschein- lichkeit annehmen, dafs das Arachnolysin, wenn überhaupt, so von den Stromata gebunden werden würde. Zur Darstellung der Stromata hat sich im hiesigen Institut eine von der üblichen abweichende Methode besonders für Re- *) Ehrlich, Zur Physiologie und Pathologie der Blutscheiben, Charite- Annalen X, 1855. *=*) Bordet, Les Serums hemolytiques, etc., Annales de l’Inst. Pasteur 1900. **) Nolf, Le Möcanisme de la globulolyse, Annales de ’Inst. Pasteur, 1900. Beitr. z. chem. Physiologie. II. 9 130 Hans Sachs, ceptorenstudien bewährt. Während bei der gewöhnlichen Auf- lösung des Blutes in destilliertem Wasser das Abcentrifugieren der mit Kochsalz verdichteten Stromata ‘äufserst schwierig, und selbst bei den günstigen Blutarten nur eine sehr geringe Ausbeute zu erzielen ist, haben wir in einer vorausgehenden Erhitzung des Blutes ein Mittel gefunden, das, wohl durch eine gewisse Koagu- lation der Blutzellen, das nachherige Centrifugieren erheblich er- leichtert und ein stets reichliches Stromatasediment sichert. Das zur Verwendung kommende Blut wird im Wasserbade bei 54° bis 60° (je nach der Blutart, Ochsenblut bei 60°, Kaninchen- und Meerschweinchenblut bei etwa 54°) eine halbe Stunde lang erhitzt, bis bei dunkelrotbrauner Farbe eben das Lackfarbigwerden beginnt. Die nun durch Wasser auf das 6- bis 10fache Volumen gebrachte und seschüttelte Blutlösung wird nach Zusatz von so viel Kochsalz, dafs der Gesamtgehalt 1 Proz. beträgt, scharf centrifugiert. Die Stromata sitzen jetzt am Boden des Gefälses als gelblichweifse Masse und können durch Zusatz von 0,85prozentiger NaÜl-Lösung und wiederholtes Centrifugieren mehrmals gewaschen werden. Die so gewonnenen Stromata haben ihre Receptoren- eigenschaften erhalten: sie binden specifische Serum- hämolysine und bewirken ebenso, in den Organismus eingeführt, die Auslösung specifischer hämolytischer Immunkörper*). Der Umstand, dafs sie schon durch die er- heblichen Darstellungsprozeduren eine gewisse quantitative Ein- bufse in diesen Qualitäten erlitten haben, beeinträchtigt ihre Ver- wendbarkeit zu Bindungsversuchen in keiner Weise, da bei dem zu erbringenden qualitativen Nachweis specifischer Affinität durch die Anwendung eines Receptorenüberschusses den Forderungen einer geeigneten Versuchsanordnung genügt ist. Um nun dem etwaigen Einwand einer mechanischen Absorp- tion des Giftes durch die Stromata zu begeenen, wurde der Bin- dungsversuch mit Arachnolysin zu gleicher Zeit und in gleicher Weise mit je einer Blutart aus der Klasse der empfindlichen und unempfindlichen Blutkörperchen angestellt. Als Repräsentant der ersteren diente das hochempfindliche Kaninchenblut, zur Kontrolle wurde Meerschweinchenblut verwandt, das durch Arachnolysin nicht gelöst wird. Die Wertbestimmung der Giftlösung vor und nach der Bindung geschah mittels Kaninchenbluts. *) Es sei daran erinnert, dals schon seit den Anfängen der Immuni- tätslehre die Immunisierung mit erwärmten Bakterien erfolgreich geübt wird. Zur Kenntnis des Kreuzspinnengiftes. 131 Die aus je 40 com Kaninchen- und Meerschweinchenblut ge- wonnenen Stromatasedimente werden mit l1Öcem einer Arachnolysin- lösung versetzt, von der 0,025 ccm genügen, um 0,05 cem Kaninchen- blut gerade komplett zu lösen. Die derart behandelten Stromata werden unter wiederholtem Umschütteln eine halbe Stunde lang im Wasserbad bei 40° digeriert und darauf abcentrifugiert. Der Abguls von den Stromata des Meerschweinchenbluts löst, wie das Ausgangs- material, 0,05 ccm Kaninchenblut noch in einer Menge von 0,025 cem komplett, der Abguls von den Kaninchenblutstromata dagegen hat seine Giftigkeit vollständig verloren; er vermag selbst in einer Menge von 1,0 ccm Kaninchenblut nicht mehr im geringsten anzugreifen. Die aus dem empfindlichen Blute dargestellten Stro- mata haben also in der That das Arachnolysin gebunden, und wir müssen diese Bindung für eine chemische er- achten, da aus dem Kontrollversuch mit Meerschweinchen- blut hervorgeht, dafs das unempfindliche Zellmaterial in keiner Weise eine Anziehung auf das Arachnolysin aus- übt. Ein solches Verhalten findet aber seine einfachste Erklärung, wenn wir, den Forderungen der Seitenkettentheorie folgend, als Vorbedingung für die Wirkung des Arachnolysins das Vorhanden- sein geeigneter Receptoren au den empfindlichen Zellen annehmen. Die natürliche Immunität gewisser Blutarten erscheint dann als der Ausdruck eines Fehlens von geeigneten Receptoren, und wir ersehen daraus, dals die Verbreitung der Arachnolysin bindenden Receptoren, soweit das Blut in Betracht kommt, im Tierreiche keine allgemeine ist, sondern sich auf gewisse Arten beschränkt. Werden wir schon durch die mitgeteilten Erfahrungen zu der Auffassung geführt, dafs das Arachnolysin ein zu den Toxinen gehöriges Gift ist, so wird die Kette der Beweise geschlossen durch die Feststellung des wichtigsten Kriteriums für die Toxinnatur einer Substanz, der Fähigkeit der Antitoxin- bildung. Die Immunisierungsversuche an einer gröfseren Tier- reihe werden leider durch Mangel an Material etwas verzögert und sollen in ihren Einzelheiten zu geeigneter Zeit berücksichtigt werden. Jedoch kann ich schon heute mitteilen, dals es kurz vor Abschlufs dieser Arbeit gelungen ist, durch kurze Immunisierung von Meerschweinchen *) mit dem Kreuzspinnengift ein hochwer- tiges antitoxisches Serum herzustellen, von dem 0,0025 com ge- nügten, um 0,05 com Kaninchenblut vor der komplett lösenden *) Es müssen daher, obwohl Meerschweinchenblut gegenüber dem Arach- nolysin ja unempfindlich ist, im Meerschweinchenorganismus aufserhalb des Blutes geeienete Receptoren zur Bindung des Giftes vorhanden sein. 9) x 132 Hans Sachs, (s\ Dosis völlig zu schützen. Damit ist die Toxinnatur des Arach- nolysins sichergestellt. Wenn ich zum Schlufs noch auf die Beziehungen des Arach- nolysins zu den über Spinnengift vorliegenden Erfahrungen hin- weisen darf, so möchte ich der Darstellung Koberts*) folgen, der bekanntlich für die Toxikologie tierischer und pflanzlicher Blutgifte grundlegende Arbeiten geliefert hat, und dem wir auch grofsenteils unsere Kenntnisse über das Spinnengift verdanken. Kobert unterscheidet neben dem eigentlichen Sekret der Gift- drüse „ein den ganzen Leib der Spinne (selbst die Beine und Eier) durchtränkendes, aber zur Giftdrüse in keiner notwendigen Beziehung stehendes Toxalbumin“, das sich dem Drüsengift bei einigen Spinnenarten beimischt. Je mehr vom Toxalbumin in die Wunde kommt, desto stärker sind nach Kobert die Allgemein- erscheinungen; je mehr vom eigentlichen Drüsengift in die Wunde kommt, desto stärker sind die Lokalerscheinungen. Besonders bei den Lathrodectesarten (Malmignatte, Karakurte), welche durch ihren Bifs die furchtbarsten Allsemeinerscheinungen hervorrufen und im stande sind, selbst Menschen zu töten, wird das Drüsen- sekret erst durch die Beimischung des aus dem Körper stammen- den Toxalbumins gefährlich. Dagegen verursacht die Kreuz- spinne durch ihren Bifs zwar nur lokale Reizerscheinungen, enthält aber gleichwohl in ihrem Körper ein analog wirkendes Toxalbumin, das aber nicht in das Drüsensekret übergeht. Bei dieser Sachlage ist es wohl sehr wahrscheinlich, dafs das von uns beschriebene Hämolysin mit diesem schon Kobert bekannten Toxalbumin identisch ist. Denn auch wir haben es aus der Leibessubstanz der Kreuzspinne gewonnen und in seinen Eigenschaften diejenigen der Toxine wiedergefunden. Frankfurt a. M., 30. November 1901. Nachtrag während der Correetur: Nach Absendung des Manu- skriptes dieser Arbeit erhielt ich von einer eben erschienenen neuen Mono- graphie Koberts (Beiträge zur Kenntnis der Giftspinnen, Stuttgart 1901) Kenntnis. Darin berichtet Kobert auch über die hämolytische Wirkung von Karakurten- und Kreuzspinnengeift. Er fand die hämolytische Wirkung des letzteren „zwar vorhanden, aber weit geringer als beim Karakurtenseift“, Es ist aber möglich, dafs Kobert diesen Versuch grade an einer der von uns für Arachnolysin unempfindlich gefundenen Blutarten angestellt hat (Pferde- *) Kobert, Lehrbuch der Intoxikationen. S. 329. Stutteart 1393. Zur Kenntnis des Kreuzspinneneiftes. 133 blut, Hundeblut?). Weniestens übertrifft unser Kreuzspinnenextrakt bei weitem das von Kobert daraufhin geprüfte Karakurteneift an hämolytischer Wirk- samkeit, und ich möchte daher darauf hinweisen, dafs Kobert zu den hämo- lytischen Versuchen mit Karakurtengift Hundeblut benutzt hat, welches nach unserer Tabelle in die Klasse der gegen Kreuzspinnengift immunen Blutarten gehört. Vielleicht erweist sich nach der weitgehenden Analogie der beiden Spinnengifte das Karakurtengift anderen Blutarten gegenüber von weit stärkerer hämolytischer Wirksamkeit. — Die Beobachtung Koberts, dals sowohl an Karakurtengift wie an Kreuzspinneneift eine Gewöhnune möglich ist, steht in bestem Einklangse mit der uns gelungenen Darstellung eines starken antitoxischen Serums, das wir inzwischen auch bei Kaninchen erzielt haben. v1. /ur Kenntnis des Abrins. Von Dr. Walther Hausmann. (Aus dem pharmakologischen Institut zu Heidelberg.) Die Angaben, welche sich in der Litteratur über die chemische Natur des Abrins finden, sind ziemlich spärlich. Warden u. Wardell*) isolierten das wirksame Prinzip der Samen von Abrus precatorius (Jequirity) zusammen mit einem Eiweils- körper, der von Martin“) und von Martin u. Wolfenden*“) in ein Globulin und in eine Albumose zerlegt wurde, der die Giftwirkung noch anhaftete. Später haben besonders Kobert und Hellin**) das Abrin untersucht und zuerst auf die merkwürdige Eigenschaft, die roten Blutkörperchen zu agglutinieren, aufmerksam gemacht, die das Abrin mit dem Ricin teil. Diese Autoren fanden weiter das Wirkungsbild wie den Sektionsbefund der Abrinvereiftung der Vergiftung mit Riein ungemein nahestehend. Auch die lokale Wirkung aufs Auge kommt beiden Körpern zu. Während aber Ricin eine stärkere Alloemeinwirkung hervorruft, wirkt Abrin nach Ehrlich **) auf das Auge intensiver als Ricin. Ehrlich **) ist es gelungen, einen durchgreifenden Unter- schied zwischen beiden Giften festzustellen. Er fand, dafs ein gegen Abrin immunisiertes Tier nicht rieinfest ist, und dafs Ricin- immunität ebenso wenig gegen Abrinvereiftung schützt. Von praktischer Wichtigkeit erscheint der Befund Ehrlichs, *) Citiert nach Malys Jahresber. 20, 16, 17. ’=®) Dissertation, Dorpat 1891. In dieser Arbeit ist die ältere Litteratur ausführlich zusammengestellt. ’==®) Deutsche med. Wochenschrift 1891 Nr. 44. Zar Kenntnis des Abrins. 135 dals man durch ganz allmähliches Steigern der Dosen bei Ein- träufelung ins Auge jede gröfsere Gefahr für dasselbe vermeiden kann, ohne dadurch die aufhellende Wirkung auf pannöse Trü- bungen zu verlieren. In neuester Zeit hat nun Römer”) diese Versuche wieder aufgenommen. Römer zeigte, dals die durch Abrineinträufelung erzielte lokale Immunität der allgemeinen vorausgeht. Von be- sonderem Interesse erscheint der Befund Römers, dafs bei kon- junktivaler Immunisierung die reagierende Konjunktiva eine Bil- dungsstätte des Antitoxins darstellt, und dafs der in die Blutbahn übergetretene Giftrest die blutbildenden Organe zur Antitoxin- bildung anregt. Ebenso gelang es Römer durch sehr vorsichtige konjunktivale Immunisation, das Auge von Kaninchen gegen hohe Giftdosen immun zu machen und, wie schon Ehrlich beschrieben hat, pannöse Trübungen ohne Gefahr aufzuhellen. In neuester Zeit ist es nun M. Jacoby **) im hiesigen Insti- tute gelungen, hochkonzentrierte Ricineiftlösungen zu erhalten, welche keine Eiweifsreaktionen mehr gaben. Es erschien nun wünschenswert, auch das Abrin mit den von Jacoby beim Riein mit Vorteil benutzten Methoden zu unter- suchen, um auf diese Weise einige Kenntnisse über die Natur des Abrins und zwar besonders über seine Beziehung zu den Eiweils- körpern zu erlangen. Die Untersuchung des Abrins erschien auch deshalb von Interesse, weil durch die Beobachtungen Römers das in der Augen- heilkunde früher so viel benutzte Jequirity neuerdings von prak- tischer Wichtigkeit geworden ist. Die Methode Jacobys bestand erstens in Verdauung Tas käuflichen Rieins mit besonders vorbehandeltem Trypsin ***). Das trypsinfeste Ricin bleibt unverändert, die Eiweilskörper werden gespalten, und da Ricin eine ziemlich niedrige Fällungsgrenze bei Ammonsulfatzusatz, die durch Trypsinverdauung entstehenden Pro- dukte aber eine höhere haben, so wandern, wie Jacoby sich aus- drückt, die Eiweilskörper aus den Fällungsgrenzen des KRieins hinaus, und durch Aussalzen nach der Verdauung gelingt es, hoch- konzentrierte Giftlösungen zu erhalten, die keine Eiweilsreaktionen mehr geben. *) Graefes Archiv für Ophthalmologie, Bd. 52. ’=*) Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie, Bd. 46. —oWVerol. Jacoby, a 2.20. 5.06. 136 Walther Hausmann, 1. Zsolierungsversuche. Es war vorerst nötig, festzustellen, bei welcher Salzsättigung mit Ammoniumsulfat das Abrin quantitativ ausfällt. Zu diesem Zwecke wurde Abrin (Merek*) in lOprozentiger Kochsalzlösung, in der es sich bis auf einen geringen Rückstand löste, mit ge- sättigter Ammoniumsulfatlösung auf ®/,, Salzsättigung gebracht. Der entstandene Niederschlag wurde abfiltriert, mit einer Lösung von Ammoniumsulfat (/,, Sättigung) einigemale gewaschen, hierauf in Wasser gelöst und abermals gefällt. Bei öfterem Lösen und Fällen verringert sich die Menge des Niederschlages sichtlich, da beim Auflösen in Wasser jedesmal unlösliche Bestandteile zurückbleiben. Die Giftigkeit dieses ge- ringer gewordenen Niederschlages ist quantitativ unverändert, er wirkt jedoch rascher tödlich, Während bei einem Präparate von Merck 4 mg pro Kilo Kaninchen nötig waren, um den Tod in 12 bis 24 Stunden herbeizuführen, so war bei der mehrfach um- gefällten Abrinlösung die 1 bis 2mg des Ausgangsmaterials ent- sprechende Menge die rasch letale Dosis. Jacoby hat dieselbe Beobachtung beim Riein gemacht. Er bemerkte aulserdem, dafs Kaninchen, welche eine gröfsere Dosis Ricin erhielten uud rasch starben, keinen typischen Darmbefund zeigten, und führt dies darauf zurück, dafs die Tiere vom Gifte getötet werden, ehe es zu Veränderungen im Darme kommt. Dasselbe Verhalten lälst sich auch bei Abrin bemerken. Ganz besonders häufig wurden typische Sektionsbefunde **) bei mehrfach durch Fällen 'und Wiederlösen gereinigtem Abrin vermilst. Die Nichtausbildung eines typischen Sektionsbefundes ist wohl in Parallele zu setzen mit dem Mangel der Indurationen an der Injektionsstelle bei srölseren Dosen, da eben hier keine Zeit gegeben ist, während bei kleinen, z. B. Immunisationsdosen, dieselben sich entwickeln können. Versuch I. 1. Kaninchen (1185 g) erhält am 14. Juni 1901 abends 1 mg pro Kilo Abrin (Merck) subkutan. Verendet 16. Juni 1901 abends. Sektionsbefund typisch. *) Herrn Dr. Merck bin ich für die Überlassung einer grölseren Menge Abrins zu grolsem Danke verpflichtet. ”*) Den von den Autoren angegebenen typischen Sektionsbefund: Blutungen (besonders im Netz), Rötung und Schwellung der Peyerschen Plaques, sowie der retroperitonealen Lymphdrüsen, habe ich den Beschrei- bungen durchaus entsprechend gefunden. Zur Kenntnis des Abrıns. kr 2. Kaninchen (950 g) erhält am 14. Juni 1901 abends 3 mg pro Kilo desselben Präparates subkutan, Tod 16. Juni 1901 abends. Sektionsbefund typisch. 3. Kaninchen (1370 g) am 17. Juni 1901 abends 4 mg pro Kilo desselben Präparates. Tod 18. Juni 1991 nachmittags. Sektionsbefund typisch. Versuch II. Kaninchen (1616 8) am 20. Juni 1901 abends 2 mg durch Umfällen gereinigtes Abrin. Tod 21. Juni 1901 abends, kein typischer Befund. Kaninchen (1680 2) am 20. Juni 1901 abends 1 mg desselben Präparates, Tod 21. Juni 1901 früh, kein typischer Befund. 2. Einwirkung von Trypsin. Weiter war festzustellen, ob Abrin durch mehrwöchentliche Einwirkung von Tıypsin nicht geschädigt wird. Es erschien dieser Versuch aussichtsvol, da Repin*) cefunden hat, dafs Abrin, welches mit Pankreassaft behandelt war, seine Giftigkeit nicht cin- büfst. Ebenso hat Henseval**) die Widerstandsfähigkeit des Abrins dem Pankreatin gegenüber betont. Auch Kobert***) bemerkt neuerdings, dafs Abrin durch Verdauung im Brütschranke mit Trypsin nicht abgeschwächt wird. Abrin (Merck) wurde aus lOprozentiger Kochsalzlösung mehrfach mit Ammonsulfatlösung bei $/,, Salzsättigung gefällt und wieder gelöst. Wie oben beschrieben, wird dabei der Niederschlas unter Zunahme der Giftigkeit geringer. Eine 2prozentige Lösung dieses Präparates wurde mit Trypsiny) und Toluol im Brüt- schrank durch ungefähr acht Wochen belassen. Das Abrin wurde durch diese lang andauernde Trypsineinwirkung nicht abgeschwächt, es blieb quantitativ unverändert giftig, d. h. die Lösung enthielt ebenso viele letale Dosen wie vor der erdanens. Das Abrin scheint überhaupt ziemlich resistent gegenüber der Einwirkung von Fermenten. So hat neuerdings M. Henseval auf die ziemlich beträchtliche Widerstandsfähickeit des Abrins ver- schiedenen Fermenten gegenüber hingewiesen. N. Sieberfyr) be- obachtete ferner die auch von Henseval betonte Resistenz des As ins gegenüber tierischen und pflanzlichen Oxydasen. *) Repin, Ann. de l’Institut Pasteur 1895. =) M. Henseval, La cellule. 1900. ’e=x) Sitzungsberichte der naturforsch. Gesellschaft zu Rostock 1900. N. HB Vergl. Jacoby, a. a. O., S. 36. 1) N. Sieber, Zeitschr. f. physiol. Chemie 32, 573. 138 Walther Hausmann, Versuch. 20 ccm einer 2prozentigen Abrinlösung wurden mit 15ccm hochwirksamem Trypsin am 28. Mai 1901 unter Toluolzusatz versetzt und bis zum 20. Juli 1901 bei etwa 37°C im Brutschrank stehen gelassen. Von dieser Flüssigkeit erhielt ein Kaninchen am 23. Juli 1901 nachmittags eine 4 mg pro Kilo entsprechende Menge subkutan. Tod am 24. Juli 1901 nachmittags. Sektionsbefund typisch. Es war demnach durch die starke Resistenz des Abrins gegenüber Trypsin die Möglichkeit gegeben, die Aussalzung nach der Trypsinverdauung vorzunehmen und zu versuchen, auf diesem Wege zu eiweilsfreiem Abrin zu gelangen. Das Präparat vom 28. Mai 1901 zeigte nach der Ausfällung mit Ammoniumsulfat nur ganz geringe Biuretreaktion bei voll- kommen gleich gebliebener Giftigkeit. Bei einem anderen Versuche jedoch gelang es, ein Präparat zu erhalten, welches bei vollkommen erhaltener Giftig- keit und Agglutinationsfähigkeit gar keine Biuretreak- tion mehr gab, obwohl ein Kubikcentimeter, mit welchem die Biuretreaktion angestellt war, 0,124& Abrin (Aus- gangsmaterial), also 31 rasch tödlichen Dosen entsprach. Versuch. 1,24 gAbrin (Merck) wurden in 35 ccm 10 prozentiger Kochsalzlösung gebracht, mit etwas Wasser verdünnt, sodann mit Trypsin und etwas Toluol bei etwa 57°C im Brütschranke vom 9. August bis zum 1. Oktober 1901 belassen. Nachdem diese Flüssig- keit sich als quantitativ unverändert giftig erwiesen hatte, wurde ein Teil davon mit Ammoniumsulfat auf ‘°/,, Sättigung gebracht. Der ent- standene sehr geringe Niederschlag wurde mit entsprechender Ammo- niumsulfatlösung nachgewaschen, sodann in Wasser gelöst. Zwei Kaninchen erhielten am 4. Oktober 1901 vormittags je eine 3,5 mg Abrin entsprechende Menge dieser Flüssigkeit. Tod am 5. Oktober 1901 nachmittags. Sektionsbefund typisch. Die Aoglutination war ebenfalls erhalten. Eine 0,124 g Ausgangsmaterial entsprechende Portion dieser Lösung ergab auf Iccm eingedampft keine Biuret- reaktion. Eine Lösung von 0,124 & Ausgangsmaterial gab hingegen auf 1 ccm eingeengt die Biuretprobe äulserst deutlich. Merkwürdigerweise lieis ein anderer Teil derselben Verdauungs- lösung, der eine Woche länger aufserhalb des Brütschrankes noch unter Trypsineinwirkung blieb, nach dem Ausfällen mit Ammonsulfat (°/ Sättigung) bei erhaltener Giftigkeit und Agglutination unter den- selben Bedingungen wie das obige Präparat noch eine Andeutung einer Biuretreaktion erkennen. Es soll nicht verschwiegen werden, dafs in einigen Fällen das dem Brütschrank entnommene Abrintrypsingemenge sich ungeschwächt giftig und agglutinierend verhielt, dafs nach dem Ausfällen mit Ammon- sulfat jedoch die Agglutination bei ziemlich grofsen Dosen (bis zu 0,014 & Abrin) ausblieb und auch die Giftwirkung etwas verzögert Zur Kenntnis des Abrins. 139 erschien. Durch diese vereinzelten, aus unbekannter Ursache ab- weichenden Resultate wird die Beweiskraft jener Versuche durchaus nicht beeinträchtigt, in denen trotz hoher Giftigkeit die erhaltenen Lösungen keine Biuretreaktion mehr zeigten. 3. Einwirkung von Pepsinsalzsäure auf Abrin. Wie Franz Müller *) zuerst gezeigt hat, nimmt bei Behand- lung des Rieins mit Pepsinsalzsäure die Giftigkeit nicht ab, das Agglutinationsvermögen jedoch in so starkem Malse, dals M. Jacoby **) nur durch den Vergleich mit einer mit Antiriein behandelten Pepsinricinprobe feststellen konnte, dals noch ein geringer Rest des Aoglutinationsvermögens erhalten bleibt. Es sei mir gestattet, bevor über die Einwirkung der Pepsin- salzsäure berichtet wird, auf die agglutinierende Wirkung des Abrins, die zuerst von Kobert und Hellin beschrieben wurde, an dieser Stelle etwas näher einzugehen. In den folgenden Versuchen wurde verdünntes Kaninchenblut benutzt, welches nach Ehrlichs ***) Vorschrift durch Einlaufen- lassen von 5 cem Blut aus der Carotis in 95 ccm pbysiologischer Kochsalzlösung, in welcher 0,5& eitronensaures Natron gelöst war, gewonnen wurde. Es zeigte sich auch bezüglich der Agglutination, dafs Abrin schwächer wirkt als Ricin. Durch 0,0005& Abrin (Merck) wurden 10 ccm verdünntes Blut deutlich agglutiniert. Bei geringeren Dosen ballen sich die roten Blutkörperchen nicht so fest zusammen, während bei Dosen von 0,5 mg nach etwa 12 Stunden am Boden des Reagensröhr- chens ein fester Klumpen liest, der beim Umdrehen des Reagens- röhrehens sich als zusammenhängender Körper durch die klare Flüssigkeit bewegt. Sehr auffallend ist es nun, dafs bei grofsen Dosen ein Verhalten auftritt, welches in gewisser Beziehung an Proben erinnert, welche mit ganz kleinen nicht völlig agglu- tinierenden Dosen angestellt sind. Bei Dosen von ungefähr 10 mg an trat bei einem Präparate von Merck die Agglutination rasch ein, und in etwa 15 Minuten befand sich der Bodensatz von der ganz klaren Flüssigkeit ge- *) Archiv f. experiment. Pathologie u. Pharmak. Bd. 42. ’=*) Diese Zeitschrift I, 1. und 2. Heft. ’==#) Ehrlich, Fortschritte der Medizin 1897, Nr. 2. 140 Walther Hausmann, schieden. Während nun beim Ricin und auch bei etwas geringeren Abrindosen sich der Bodensatz, wie oben beschrieben, festballt, so läfst sich bei gröfseren Dosen Abrin der Niederschlag durch Um- schütteln sofort fein verteilen, die Flüssigkeit erscheint undurch- sichtig rot; allerdings setzen sich die agglutinierten Blutkörperchen rasch wieder ab, zum Unterschiede von unvollkommen agglu- tinierten und von den Kontrollproben. Versuch: 10ccm Blut, 5cem NaÜl-Lösung von 10 Proz. Nach 12 Stunden fast abgesetzt, aufgeschüttelt, stundenlang dunkelrot. 10cem Blut, 4,5 ceem NaCl-Lösung von 10 Proz., 0,5 cem Abrinlösung von 0,2 Proz. Nach 14 Stunden vollkommen abgesetzt, aufgeschüttelt, ein Stück Boden- satz. 10Occm Blut, 4ccm NaCl-Lösung von 10 Proz., 1 ccm 2 proz. Abrin- lösung. Rasch agglutiniert; nach 14 Stunden lälst sich der Bodensatz, aufgeschüttelt, leicht fein verteilen. Die Teilchen setzen sich rasch ab. Eine einfache mikroskopische Untersuchung ergab keinen wesentlichen Unterschied. Bei einem anderen Präparate jedoch konnte ich das soeben seschilderte Verhalten fast gar nicht beobachten. Dieses Prä- parat wirkte rascher tödlich; hier betrug die rasch tödliche Dosis 0,5 mg pro Kilo Kaninchen, während bei dem oben be- schriebenen Präparate 4 mg rasch töteten. Die Agglutination je- doch trat bei diesem Präparate überhaupt nicht sofort und so stark ein wie bei dem oben beschriebenen Präparate. Es ist die Kenntnis dieses Phänomens wichtig, wenn es sich darum handelt, zu beurteilen, ob früher maximal agglutinierende Dosen in ihrer Blutwirkung abgenommen haben, da bei Nichtbeachtung dieses Verhältnisses eine Verstärkung der Auglutination vorgetäuscht werden kann. Ein solcher Fall liegt bei Einwirkung von Pepsinsalzsäure vor. M. Henseval*) hat gefunden, dafs wenige Tage dauernde Pepsin- einwirkung die Giftiskeit des Abrins nicht aufhebt. Bei kurz dauernder Einwirkung konnten wir, ebenso wie Henseval, keine Abschwächung der Giftigkeit wahrnehmen. Eine lprozentige Abrinlösung wurde mit Pepsinsalzsäure im Brütschrank stehen gelassen und gleichzeitig wurde zur Kontrolle eine lprozentige Rieinlösung mit derselben Menge derselben Pep- sinsalzsäure bei etwa 37°0 im Brutschranke der Verdauung unter- worfen und hierauf neutralisiert. Es zeigte sich, dals das Asglutinationsvermögen des Abrins durch Behandlung mit Pepsin- salzsäure nur sehr wenig abnahm. Während bei der Ricinprobe *) A. a. 0. Zur Kenntnis des Abrins. 141 das Agglutinin nach wenigen Tagen bis auf Spuren verschwunden war, konnte bei Abrin nur durch genaue Kontrolle mit unbe- handeltem Abrin unter Berücksichtigung des oben erwähnten Phänomens eine ganz unbedeutende Abnahme nach etwa 10 Tage dauernder Pepsinsalzsäureeinwirkung konstatiert werden. Doch beginnt, sobald die Agglutination, wenn auch sehr un- bedeutend, abnimmt, sich die Giftigkeit des Abrins sehr deutlich zu verringern, so dals Kaninchen, welche die sonst vierfach und doppelt rasch tödliche Dosis erhielten, innerhalb 12 Tagen keine erhebliche Gewichtsabnahme zeigten, und dafs andere Kaninchen, welche ähnliche Dosen erhielten, entweder nur abnahmen und sich dann erholten oder doch erheblich später zu Grunde gingen. Es sind jedoch das Agglutinationsvermögen und die Giftig- keit des Abrins zwei Werte, die nicht direkt miteinander ver- glichen werden können, und so ist es, da auch das Agglutinin etwas abgenommen hat, sehr schwer, zu sagen, ob einer von beiden Werten mehr abgenommen hat als der andere. Jedenfalls geht aus diesem Versuche hervor, dals die agglutinierende Wirkung des Abrins gegen Pepsin bedeutend widerstandsfähiger ist als die des Ricins. Bei siebenwöchentlicher Einwirkung von Pepsinsalzsäure auf Abrin verschwand sowohl das Agglutinationsvermögen wie die Giftwirkung desselben. In-folgenden Zeilen sei ganz kurz über einige Versuche be- richtet, die ich mit Antiabrin anstellte. Durch das freundliche Entgegenkommen des Herrn Dr. Merck in Darmstadt stand mir etwas Jequiritolheilserum, d. i. Serum gegen Abrin immunisierter Tiere (Ziegen), zur Verfügung. Wie Ehrlich*) im Jahre 1897 gefunden hat, ist das Blut rieinimmuner Tiere, welches die Giftigkeit des Ricins aufhebt, auch im stande, die agglutinierende Wirkung aufzuheben. Das mir zur Verfügung stehende Heilserum von Merck, welches ebenfalls bei Zusatz genügender Mengen die Agglu- tinationsfähigkeit des Abrins aufhob, zeigte bei manchen Proben, bei welchen Antiabrinmengen, die unter der Neutralisationsgrenze standen, zugefügt waren, die merkwürdige Erscheinung, dafs sie eine auffallende Beschleunigung der Agglutination ergaben. Viel- leicht in Zusammenhang damit stand die Thatsache, dafs diese rascher agelutinierten Proben sich nach dem Absetzen leicht auf- *) Ehrlich, Fortschritte der Medicin 1897, Nr. 2. 143 Walther Hausmann, Zur Kenntnis des Abrins. schütteln liefsen, ‚ebenso wie wir dies bei grolsen, rasch agglu- tinierenden Dosen gesehen hatten. Bei Mischen von Abrin und Antiabrin entstand ein volumi- nöser Niederschlag, ebenso wie Jacoby”*) es beim Mischen von Riein und Antiricin gesehen hatte. Er falst dies Phänomen als sichtbare Immunitätsreaktion, als Zeichen der Receptoren- wanderung aus den Zellen des Organismus in die Körperflüssig- keit auf. Abrin, welches keine Biuretreaktion mehr gab, zeigte eben- falls einen deutlichen, wenn auch geringeren Niederschlag, so dals die etwa durch die Eiweilskörper des zur Injektion benutzten Abrinpräparates erzeugten Koaguline ausgeschlossen sind. Normales Kaninchenserum gab mit Abrin eine minimale Trübung. Der Kontrollversuch mit Ziegenblutserum konnte leider nicht ausgeführt werden. Die wesentlichen Resultate der Arbeit lassen sich folgender- malsen zusammenfassen: 1. Abrin, welches mit der kombinierten 'Trypsinaussalzungs- methode behandelt wurde, giebt keine Biuretreaktion mehr, ist aber unverändert giftig und agglutiniert Blutkörperchen ebenso intensiv wie das Abrin, welches von Eiweilskörpern begleitet ist. 2. Abrin — und zwar auch das vom Eiweils getrennte Abrin — giebt mit Antiabrinblutserum einen Niederschlag. 3. Während hierin das Verhalten des Abrins dem des Riecins parallel geht, unterscheidet sich das Abrin vom KRicin dadurch, dafs sein Agglutinationsvermögen gegen Pepsinsalzsäure ebenso resistent, wenn nicht resistenter ist als seine allgemeine Gift- wirkung. *) M. Jacoby, Diese Zeitschrift, Bd. I, Heft 1 u. 2. VII. Versuch zur chemischen Charakterisierung einiger Tierklassen des natürlichen Systems auf Grund ihres Muskelplasmas. Von Dr. phil. Hans Przibram. (Aus dem physiol.-chem. Institut zu Strafsburg und aus der k. k. zoo- logischen Station zu Triest.) Die üblichen Abgrenzungen der einzelnen Tiergruppen haben als Einteilungsgrund die Gestalt und Verrichtung des Tierkörpers genommen. Von der Überzeugung ausgehend, dafs die chemische Zusammensetzung für die specifische Formbildung von der grölsten Bedeutung ist, hatte ich den Wunsch, zunächst einmal eine chemische Charakterisierung der Tierklassen zu versuchen. Da die chemische Zusammensetzung eines Tieres in seinen Teilen eine sehr verschiedene ist und die entwickelten Gewebe meist so weit differenziert sind, dafs ihre Homologisierung in verschiedenen Tiergruppen auf Schwierigkeiten stölst, so kann man mit Vorteil vorläufig nur die Untersuchung einer Gewebssubstanz heranziehen, die wir durch das gesamte Tierreich hindurch verfolgen können. Als solche bietet sich uns nach den Untersuchungen von Kruken- berg*) und v. Fürth**) die Muskelsubstanz dar, die noch das besondere Interesse in Anspruch nehmen kann, der einfachsten *”) Krukenberg, Vergleichend-physioloeische Studien an den Küsten der Adria. Heidelberg: 1350. **) Q.v. Fürth, Über die Eiweilskörper des Muskelplasmas. Aus dem pharm. Inst. Prag. Archiv f. exper. Pathol. u. Pharm. 36, 231 bis 274 (1895). Ders., Über die Einwirkung von Giften auf die Eiweilskörper des Muskelplasmas und ihre Beziehung zur Muskelstarre 37, 388 bis 412 (1896). Ders., Uber die Eiweilskörper der Kaltblütermuskeln und ihre Beziehung zur Wärmestarre. Aus der zool. Station Neapel und d. physiol.-chem. Inst. Stralsburge. Zeitschr. f. physiol. Chem. 31, 335 bis 352 (1900). 144 Hans Przibram, kontraktilen Substanz, dem „Protoplasma“ im engeren Sinn am nächsten zu stehen. Die systematische Durchprüfung des Muskel- plasmas bei Vertretern verschiedener Tierklassen ergab nun Ver- schiedenheiten, die es gestatten, gewissermalsen Reaktionen auf be- stimmte Tierklassen festzustellen. Von den Muskeln kommen schon wegen der Menge vorwiegend die willkürlichen in Betracht; die Resultate rechtfertigen es, wenn keine strenge Homologisierung der Untersuchung zu Grunde gelegt ist. Der Vorgang bei der Verarbeitung der Muskeln ist der von v. Fürth*) befolgte: Thunliche Entblutung des frisch getöteten Tieres, Auspräparierung der Muskelpartieen, Zerkleinerung der- selben mit Wiegemesser, Zerreiben mit Quarzsand unter Zusatz von physiologischer Kochsalzlösung, Kolieren (event. abermalige Verwendung des Rückstandes darch Auspressen in der Fleisch- presse), Filtrieren bis zum Erhalten eines genügend klaren Fil- trates; Bestimmung der Koagulationspunkte unter Abfiltrieren des jeweils erhaltenen Koagulums, Prüfung auf Gerinnung bei Zusatz gleicher Volumina speeifisch fällender Salzlösungen; Versuch einer Trennung der Substanzen mit verschiedenem Koagulationspunkte durch Halbsättigung und Ganzsättigung mit Ammonsulfat. Alles Nähere ist in v. Fürths Arbeiten nachzulesen, dessen Angaben ich vollständig bestätigen kann; hinzuzufügen habe ich nur, dafs die Rhodankaliumfällung beim Muskelplasma der Wirbeltiere an die gleichzeitige Anwesenheit von Ammonsulfatspuren gebunden ist und daher nicht bei der nativen Lösung (aufser dieselbe ist deutlich sauer), sondern erst bei den durch Ammonsulfat isolierten und in NaCl-Lösung gelösten Substanzen auftritt. Die von mir gemachten Beobachtungen sind aus der Tabelle zu ersehen. Die Reaktionen beziehen sich alle auf Lösungen von neutraler oder eben saurer Reaktion. Die Beobachtungen an den Wirbellosen gestatten zur Zeit nur, dieselben in einen Gegensatz zu den Wirbeltieren zu stellen und zwar auf Grund des Fehlens der für diese charakteristischen Substanzen (namentlich des Myogens), also dem von v. Fürth nach den Versuchen an Holothurien und Cephalopoden gemachten Schlufs eine breitere Basis zu geben. Die Möglichkeit einer weiteren, sicheren Unterscheidung des Muskelplasmas der Wirbellosen wird von der Auffindung von Trennungsmethoden nach Analogie der von v. Fürth für die Wirbeltiere ausgearbeiteten abhängen. *) A. a. 0. Disc Js AezeT I NSIOOTG on — S) [02] DD D Maja (squinado), | Bulla (striata ?), Sepia (offieinalis), Seyllium (stellare), Mustelus (laevis), | Tinea (vulgaris), | Siredon (Amblystoma) pisciforme, Salamandra (maeculosa), | Rana esculenta, | Rana temporaria, Lacerta (agilis), Anguis (fragilis), Emys (lutaria), ” ” | Anser (domesticus), | . . Ovis aries (embryo), Lepus (cuniculus), ” | Astacus (Hluviatilis), Homarus (vulearis), Pinna (squammata), Ascidia (mammillata), Ammocoetes (Petromyzon fluviatilis), Tropidonotus (natrix), Nrerrranrzt Actinia (mesembryanthemum), Cerianthus (membranaceus), Astropeeten (aurantiaca), Strongylocentrotus (lividus), Holothuria (tubulosa), (Balanoglossus) Ptychodera, Spirographis (Spallanzanii), Thalassochelys (eorticata), Seerose (Fleischpolyp) Seestern Seeigel Seegurke Eichelwurm Röhrenwurm „ Flulskrebs Hummer Seespinne Steckmuschel Blasenschnecke Tintenfisch Manteltier Neunauge (Larve) Katzenhai Glatter Hai Schleie Axolotl (Larve) Feuersalamander Wasserfrosch Grasfrosch Eidechse Blindschleiche Ringelnatter Sumpfschildkröte Seeschildkröte ” ” Hausgans Schaf (Embryo) Kaninchen Muskeleruppe Mauer-, Fulsblatt u. Tentakel Hautmuskelschlauch Ambulakralfülschen Laternenmuskeln Längsmuskeln Hautmuskelschlauch ” Tentakelkranz mit Muskelring Abdommal- (u. Scheren-) M. Abdominalmuskulatur Extremitätenmuskulatur Fuls Mantelmuskulatur Innerer Mantelsack Rumpfmuskulatur Seitenmuskulatur ” Bein-(u. Rumpf-)muskeln Rumpfmuskulatur ” Namentl. Brustmuskeln Schulter- u. Brustmuskeln Herz (deutl. sauer) Darmmuskulatur Extrem.- u. Brustmuskulatur Extrem.- u. Halsmuskulatur Extremitätenmuskulatur Vord. u. hint. Schalenschlielser 0. (42?) 0 0 0 0 0 39—45), 35—42), 36—42 33—42 35—42N), 40—42 40—42 [35 —#2'/,] [30 —42] [30-42*] [38—45*] [4046] [33—46] [| —42*] [3542] [33—45] [34—42] Die Lücken in der Tabelle sind teils durch die nicht zu allen Reaktionen ausreichende Menge Flüssigkeit, so bei kleineren Tieren, teils durch die Un- möglichkeit, bei manchen Arten klare Filtrate zu erhalten, bedingt. Koagulationspunkter) 33%,—51 0 (49—54*) | 0 38-64 43 —66 42 —64* (48?) Ö (519) 0 47 —53- (58?) A651 | 52, 57, Ay,—5l | 544,61 37—47 58-6) 50-53 58-69 33-48 * = 431), 58), (572) 47—51 55-64 45—51 53—68* 4554 | 58-68 45— 51 54—63 46—51 54—65* 44—51 5461 * 45—51 55-65 46—51 56-—58* 51-53 55 —65 45—53 68% 45—53 68% 0 55—63 49—51 53—65 A) | Be 49-50 | 55-57°%).. | 48-52 55 —70 51-53 65* 48—50 54-61 +) Die Zahlen bedeuten Centigrade. Die niedrigere zeigt den Beginn 0r==rkeine 69I— 77 73— 19 708 (de) oe 65—75 62—85 62—80* 67—75 64— 17 * 65— 14 0) 0 69--75 65-81 13—. 80* 69—77 71—-80* 71—80* 73 U 74* 77 15* TO* | (V=klar, ?= opalescent, 1 8 5 5 ex Se ee ®:x Ri 73893 ala |8 2 Se elle = a & le | | 0 = || 0 62 | © ) Be NE Re >= Dal 2 ? _ 0) 0) 0) 0) = 50 0) 0 ) = 0) 0) 0) 0 NE 0 ? | Oo 1 — 0) 0) (0) ? 2 10 ) 1 ) el O0) ) = er ) = = | 0.,700020 ? 0 ? 1 0 1 = 0 1 ? 1 ? 0 DE 1 la _ Ve | 1 ? ? 9 ? = ? ? 4 © — ? ? 90 Au 0) — 1 0) 0 1 0 ? ? ? DE 50 => zZ 1 ? 1 ee | le, _ le De 1 DI NEO AD 0 1 Ammonsulfat a) Caleiumchlorid 10 % DH | Sr Hmmm IND oa se Fällungen a) der nativen Lösungen; b) der ausgekochten a) Ammonsulfat Y,- Sättigung NED ir 180) DEISEDESEIDOZETDEND DD DD DD vom | DDD der Trübung, die höhere, fettgedruckte flockige Fällung an. * — keine deutliche Fällung. bis 48 Stunden. . Koagulation. a) Aımnmonsulfat- vDverH,HorHrr | DVDVDDDD 186) | Sättigung [ ]= Fällung erst nach 24 a) Filtrat der Ammonsulfat- Sättigung — Trübung bis Fällung, 2= starke Fällung;) | b) Essigsäure fe So nu SELE UZ ke | 3 Nr. |288 IRze u ö —_ j ? 2 DB oO | 4 0 | 5 ? | 6 ? | T — | 7a 0 S 1 9 10 =2lel 20.120 2 3 let rl 6) 2 | 16 DE LT, 2 18 2 19 9.20 1 21 1 22 0 | 23 2.0 | 94 0 | 25 0 | 26 NO DZ — PALE) — 237b — 25 | | 0 || 30 Versuch zur chemischen Charakterisierung einiger Tierklassen ete- 145 Bei den Wirbeltieren hat v. Fürth vier Muskelsubstanzen scharf charakterisiert: l. Das Myosin, Koagulationspunkt (ca.) 47 bis 50%, bei /,-Sättigung mit Ammonsulfat ausfallend; den Substanzen bei den Wirbellosen (Holoth., Cephalop.) nahestehend und bei den untersuchten Wirbeltieren stets vorhanden (Karpfen, Frosch, Kaninchen). Das Myogen, Koagulationspunkt 55 bis 65%, bei Sätti- gung mit Ammonsulfat ausfallend (ausgezeichnet durch eine starke Fällbarkeit mit 1/, Vol. 1Oproz. salieylsaurem Natron); allmählich in eine Zwischenstufe zum Myogen- fibrin mit 20° niedrigerem Koagulationspunkt übergehend. Das lösliche Myogenfibrin. Dasselbe zeigte sich bei Karpfen und Frosch bereits in vivo vorhanden (Wärme- starreversuche), beim Kaninchen trat es erst später (am nächsten Tage) auf. | Das Myoproteid, nach Auskochung der Eiweilslösung bei Zusatz von Essigsäure erst bei hoher Acidität aus- fallend. Es wurde mit Sicherheit nur beim Karpfen er- halten, während das Plasma des Frosches nach analoger Behandlung eine schwache Trübung erkennen liefs, das Kaninchenplasma eiweilsfrei war. Uber die Verbreitung dieser vier Muskelsubstanzen bei den Wirbeltierklassen ergiebt sich aus meinen Beobachtungen folgendes: 1: Das Myosin kommt in gleicher Weise allen Klassen der Wirbeltiere zu und kann daher zur Unterscheidung der- selben nicht verwendet werden. Bei zwei Sumpfischildkröten wurde es im Winter vermilst, was vielleicht darauf zurückzuführen ıst, dafs es während des Winterschlafes schwindet. Das Fehlen des Myosin ist keinesfalls etwa für die Schild- kröten charakteristisch, da dasselbe in grolser Menge aus der See- schildkröte (im Sommer) erhalten werden konnte. DE Das Myogen kommt als unterscheidendes Merkmal gegen- über den Wirbellosen allen Wirbeltieren zu. Bei den Neunaugenlarven (Ammocoetes) konnte ich an sechs Exemplaren jedoch keine Fällung mit salicyl- saurem Natron erzielen, während das Myogen mit seinen sonstigen Eigenschaften in Erscheinung trat. Versuche an Neunaugen nach der Metamorphose (Petromyzon) werden zeigen, ob die genannte Reaktion eine Unterscheidung der Cyklostomen von den übrigen Beitr. z. chem. Physiologie. II. 10 146 11. IV. Hans Przibram, Wirbeltieren (Gnathostomen) zuläfst, oder ob nur die Larven der Cyklostomen diese Annäherung an die Wirbel- losen erkennen lassen. Das lösliche Myogenfibrin findet sich sogleich (d. i. wenige Stunden nach dem Tode und wahrscheinlich schon in vivo) nur bei den Fischen und Amphibien vor, während bei den Reptilien, Vögeln und Säugetieren (dasselbe sich erst nach 1 bis 2 Tagen konstatieren lälst (sich aus dem Myogen bildet). £ Dieses Ergebnis verdient unser besonderes Interesse, weil es von Anfang an viel wahrscheinlicher schien, dafs das Fehlen von löslichem Myogenfibrin mit der Eigen- temperatur der Warmblüter zusammenhänge. Dieser phy- siologische Grund fällt jedoch bei den Reptilien weg und dafür kommt die Stammesverwandtschaft der Amnioten (Reptilien, Vögel und Säugetiere) gegenüber den Amnam- niern (Fischen und Amphibien) zum Ausdrucke. Das Myoproteid findet sich stets deutlich bei den Fischen (von Ammocoetes zu den Teleostiern in steigender Menge), ist bei den Amphibien nur in Spuren nachweisbar und schwindet bei den Amnioten vollständig. Es ist daher für die Fische besonders charakteristisch, ohne eine scharfe Trennung derselben von den Anamniern unter den Tetra- poden zuzulassen. Die Resultate gestatten versuchsweise folgenden Schlüssel auf- zustellen: A. Kein Myogen B. Myogen ER: a) Keine Fällung m. salicyls. Natr. Wirbellose Wirbeltiere Ammocoetes mata?) (Cyelosto- b) Fällung mit salicyls. Natron (Gnathostomata?) &) Lösl. Myogenfibrin (sogl.) Anamnia Myoproteid in steigender (Myoproteid fehlend) Menge"... me. Pisces (Selachii, Teleostii) Myoproteid blofs in Spuren Amphibia ß) Kein lösl. Myogenfibrin (sogleich) Amniota (Reptilia, Aves, Mammalia). Ich hoffe hiermit die Möglichkeit chemischer Charakterisierung von Tiergruppen dargethan und dabei zugleich gezeigt zu haben, dafs sich wenigstens bei den Wirbeltieren eine Parallele zwischen Versuch zur chemischen Charakterisierung einiger Tierklassen etc. 147 dem chemischen Bau der kontraktilen Substanz und dem auf Grund morphologisch-physiologischer Einteilung erhaltenen natür- lichen Systeme (Phylogenie) ergiebt. Weitere Mitteilungen darüber, ob auf Grund der erhaltenen Parallele neue Anhaltspunkte für die Stellung morphologisch „weifelhafter Zwischenformen (z. B. Amphioxus) erhalten werden können, sollen folgen, sobald mir das betreffende Tiermaterial zu Gebote steht. % Las EN y is Aa | EEE N NER Er ar BEIIT, Kor NT, Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig. Die chemische Organisation der Zelle. Ein Vortrag von Franz Hofmeister, o. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg. 8. geh. Preis 0,60 #M. Leitfaden für den praktisch-chemischen Unterricht den aNkerdireinrerr zusammengestellt von Dr. Franz Hofmeister, o. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg. 8. Gebunden in Lnwd. Preis 3 #b.: Chemische und medieinische Untersuchungen. Festschrift zur Feier des sechzigsten Geburtstages von Max Jaffe. Mit Beiträgen von M. Askanazy, P. Baumgarten, M. Bernhardt, R. Cohn, Th. Cohn, W. Eliassow, A. Ellinger, J. Frohmann, P. Hilbert, Lassar-Cohn, D. Lawrow, E. v. Leyden, W. Lindemann, W. Lossen, H. Meyer, E. Neumann, H. Nothnagel, E. Salkowski, W.Scheele, L. Schreiber, A. Seelig, S. Stern, O. Weiss, R. Zander. “Mit einer-Textabbildung und sieben Tafeln. gr. 8. geh. Preis 12 #. Beiträge zur Physiologie. Festschrift für Adolf Fick zum siebzigsten Geburtstage. gr. 8. Preis geh. 4 #.; geb. 5 MM. Kurzes Lehrbuch der organischen Chemie von Prof. Dr. A. Bernthsen, Grossherzogl. Bad. Hofrath, Abtheilungs- Vorstand in der Badischen Anilin- und Soda-Fabrik, Ludwigshafen am Rhein, früher Professor an der Universität zu Heidelberg. Achte Auflage. gr. 8. Preis geh. 10 ., geb. 10,80 Mb. Chemisch-analytisches Praktikum behufs Einführung in die qualitative Analyse. Bearbeitet von Dr. Kari Anton Henniger, Oberlehrer am Realgymnasium in Charlottenburg. gr. 8. Preis geh. 1,50 Mb, geb. 1,75 M. Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig. Ausführliches Lehrbuch der pharmaceutischen Chemie bearbeitet von Dr. Ernst Schmidt, Geh. Regierungsrath, o. Professor der pharmaceutischen Chemie und Director des pharmaceutisch- chemischen Instituts der Universität Marburg. Erster Band. Anorganische Chemie. Vierte verm. Auflage. Mit Holz- stichen und 1 farb. Spectralt. gr. 8. geh. Preis 20 NM, geb. 22 MM. Zweiter Band. Organische Chemie. Vierte vermehrte Auflage. Mit zahlreichen Holzstichen. gr. 8. geh. Preis 34 M., geb. in zwei Abthei- lungen 38 M. Jahrbuch der Chemie. Bericht über die wichtigsten Fortschritte der reinen und angewandten Chemie unter Mitwirkung von H. Beckurts-Braunschweig, ©. A. Bischoff- Riga, E. F. Dürre-Aachen, J. M. Eder-Wien, P. Friedlaender- Wien, C. Haeussermann-Stuttgart, F. W. Küster-Clausthal, J. Lewkowitsch- London, M. Märcker-Halle, W. Muthmann-München, F. Röhmann- Breslau, herausgegeben von Richard Meyer Braunschweig. Zehnter Jahrgang. 1900. Preis geh. 14 M.; geb. in Lowd. 15 A; geb. in Halbfranz 16 t. Untersuchungen zur Blutgerinnung. Beiträge zur Chemie und Morphologie der Coagulation des Blutes von Dr. Ernst Schwalbe, Privatdocent und I. Assistent am pathologischen Institut zu Heidelberg. er. 8. geh. Preis 2,50 MM. Chemie der Eiweisskörper. Von Dr. Otto Cohnheim, Privatdocent der Physiologie an der Universität Heidelberg. gr. 8. Preis geb. 7 M. Die Functionen des Centralnervensystems und ihre Phylogenese von Professor Dr. med. J. Steiner. Erste Abtheilung: Untersuchungen über die Physiologie des Frosch- hirns. Mit 32 eingedruckten Holzstichen. gr. 8. geh. Preis 5 #. Zweite Abtheilung: Die Fische. Mit 27 eingedruckten Holzstichen und 1 Lithographie. gr. 8. geh. Preis 5 . Dritte Abtheilung: Die wirbellosen Thiere. Mit 46 eingedruckten Holzstichen und 1 Tafel in Farbendruck. gr. 8. geh. Preis 10 M. Vierte Abtheilung (Schluss): Reptilien, Rückenmarksreflexe, Ver- mischtes. Mit 10 Holzstichen und 1 Tafel. gr. 8. geh. Preis 2,50 MM. IYU4r Beiträge Chemischen Physiciogie und Pathologie Zeitschrift für die gesamte Biochemie unter Mitwirkung von Fachgenossen herausgegeben von Franz Hofmeister o. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg II. Band 4. Heft (Ausgegeben April 1902) Braunschweig Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn 129072 Inhalt des 4. Heftes. Seite IX. B. Haake und K. Spiro. Über die diuretische Wirksamkeit dem Blute isotonischer Salzlösungen. (Hierzu Tafel I bis IIL) (Aus dem physiologisch-chemischen Imstitut zu Strafsburg.) . . .. 149 X. E. Fuld. Über die Verbindungen von Eiweilskörpern mit Meta- phosphorsäure. (Aus dem physiologisch-chemaschen Institut zu Stralsbung)se ne, = Ben Klee re rt Me 155 XI. E. Fuld. Über die Milchgerinnung durch Lab. (Aus dem pharma- Kologuschen, Institut au. allen0.0 SE 169 XI. €. Neuberg und F. Heymann. Zur Kenntnis des Pseudomucins. (Aus dem chemischen Laboratorium des pathologischen Institutes der. ÜngversıhatB en ln) ae 201 Kürzere Mitteilungen. 1. C. Neuberg. Zur Methodik der Kjeldahlbestimmung. (Aus dem chemischen Laboratorium des pathologischen Institutes der Universität Berlin.) a ee 214 Die „Beiträge zur chemischen Physiologie und Pathologie“ erschei- nen in zwanglosen Heften, von denen 12 einen Band von 36 Druck- bogen zum Preise von M. 15, — bilden. Die Ausgabe der Hefte erfolgt nach Maisgabe des einlaufenden Materials in kurzen Zwischenräumen. Die Zahl der in einem Jahre erscheinenden Bände soll zwei nicht überschreiten. Manuskriptsendungen sind an den Herausgeber, Stralsburg i. E., Wimpfelingstrafse 2, zu richten. Bei der Aufnahme von Arbeiten in die „Beiträge“ soll in erster Reihe deren biologisches Interesse, sodann Exaktheit der Durchführung, Sachlichkeit, Knappheit und Übersichtlichkeit der Darstellung mafs- gebend sein. Polemische Ausführungen, welche den Rahmen einer thatsächlichen Richtigstellung überschreiten, können nicht Aufnahme finden. Der kurzen Mitteilung neuer Befunde bleibt ein besonderer Raum vorbehalten. Solchen „kürzeren Mitteilungen“ kann ein beson- ders rasches Erscheinen zugesichert werden. Die Mitarbeiter erhalten ein Honorar von M. 40, — für den Druck- bogen und 50 Sonder- Abzüge. IX. Uber die diuretische Wirksamkeit dem Blute isotonischer Salzlösungen. Von cand. med. B. Haake und Dr. K. Spiro. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Strafsburg.) (Hierzu Tafel I bis III.) Über die diuretische Wirksamkeit dem Blute isotonischer Salz- lösungen liegen bisher nur wenige vergleichende Untersuchungen vor. Die ältesten rühren von v. Limbeck*) her; er hat seine im Institut von Prof. Hofmeister in Prag angestellten Versuche nicht ausführlich mitgeteilt, sondern nur folgendes zusammenfassend darüber berichtet: „Es hat sich herausgestellt, dafs intravenöse Infusionen isotonischer Lösungen der verschiedensten Salze eine sehr geringe, nahezu gleiche Harnausscheidung einleiteten (dies gilt vom Bromid, Jodid, Sulfat, Nitrat, Chlorat, Acetat, Phosphat und Tartrat), dafs nur das Chlorid entsprechend seiner Eigenschaft als physiologisches Salz #07’ &&0ynv eine auffällige Steigerung der Sekretion auslöste.“ Zu der Zeit, da v. Limbeck seine Versuche anstellte, ver- fügte man noch nicht über die neueren Methoden zur Bestimmung des osmotischen Druckes (Gefrierpunktserniedrigung u. s. w.). Bei seinen Versuchen konnte er sich also nur der von de Vries, Donders und Hamburger ausgearbeiteten Blutkörperchenmethode bedienen. Nach späteren Untersuchungen (von Hedin, Köppe, Gryns, Bugarszky, Eykmann u. s. w.) hat sich dann ergeben, dals das Blut nicht, wie v. Limbeck annahm, einer 0,55 proz., sondern einer etwa 0,9- bis 0,92 proz. Kochsalzlösung isotonisch ist. Die Untersuchungen v. Limbecks sind also mit Lösungen aus- geführt, die nach den heutigen Kenntnissen für Blut hypotonisch sind. Wir stellten uns deshalb die Aufgabe, die Versuche v. Lim- *) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 25, 89 (1888). 10* 150 B. Haake und K. Spiro, becks mit Lösungen, die dem Blute wirklich isotonisch sind, zu wiederholen, da solche Versuche nach den von ihm entwickelten Gründen zum Verständnis der Harnbereitung beitragen können *). In den zahlreichen, in der Zwischenzeit erschienenen Arbeiten über Diurese wird die von uns berührte Frage nur in denen von R. Magnus”*) und von T. Sollmann***) berührt. In der ersten Arbeit von Magnus finden wir drei Versuche, in denen Hunden 0,92 proz. Kochsalzlösung injiziert wurde. Diese Versuche weichen jedoch in ihrer Anordnung (es wurden 11 bis 24 Proz. des Körper- gewichtes an Salzlösung mit einer Einlaufsgeschwindigkeit von 2,1 bis 4,5 ccm pro Kilogramm und Minute intravenös infundiert) so wesentlich von den unserigen ab, dals sie nicht direkt damit verglichen werden können. Während in dieser ersten Arbeit von Magnus die diuretischen Wirkungen von Kochsalzlösungen ver- schiedener Konzentration miteinander verglichen werden, finden wir in der zweiten Arbeit einen sehr eingehend durchgeführten Vergleich der Wirksamkeit zweier isotonischer Salzlösungen. Je- doch benutzte Magnus eine 4,9 proz. Kochsalz- und eine 7,52 proz. Glaubersalzlösung, also im Gegensatz zu unseren Versuchen Lösun- gen, deren osmotischer Druck den des Blutes um das Fünf- bis Sechsfache überstieg. Magnus konnte dabei das Resultat Mün- zers bestätigen, dals vom Glaubersalz mehr in den Harn übergeht als vom Kochsalz, ersteres also „harnfähiger“ ist. Da die Vorgänge im Blute in beiden Versuchsreihen wesentlich dieselben waren (gleiche Blutverdünnung, gleicher Salzgehalt des Blutes u. s. w.), so sieht Magnus den Grund für die stärkere Diurese nach Glauber- salz darin, dafs Salz- und Wasserbewegung in der Niere in enger Beziehung stehen, das harnfähigere Salz also auch das diuretisch wirksamere sei; dafür sprach auch, dafs die Konzentrationen der ausgeschiedenen Salze im Harne im Mittel ganz genau isotonisch waren. T. Sollmann hat in sehr sorgfältig ausgearbeiteten Versuchen auch die diuretische Wirksamkeit von Kochsalz- und Glaubersalz- lösungen, die dem Blute isotonisch waren, verglichen; bezüglich der Harnmengen erhielt er bei Infusion recht beträchtlicher Flüssigkeitsmengen wechselnde Resultate (0 bis 50 Proz. der ein- geführten Flüssigkeit erschienen im Harne wieder). Im allgemeinen *) Die Versuche wurden schon im Sommer 1898 ausgeführt; aus äulseren Gründen unterblieb bisher ihre Veröffentlichung. **) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 44, 68 u. 396 (1900). =) Fbenda 46, 1 (1901). Uber die diuretische Wirksamkeit dem Blute isotonischer Salzlösungen. 151 gab auch bei ihm Natriumsulfat eine schnellere und stärkere Diurese als Chlornatrium. Zu erwähnen wären hier endlich noch die Arbeiten von Hedon und Arrous*), die fanden, dafs isotonische Lösungen ver- schiedener Zuckerarten einen ungleichen diuretischen Effekt haben. Dezüglich der Anordnung unserer Versuche haben wir uns ganz an v. Limbeck gehalten, d. h. in folgender Art die Kaninchen auf möglichst gleichen Wassergehalt gebracht. Die Tiere wurden isoliert, mulsten zwei Tage hungern und dürsten, wurden vom dritten Tage an mit 30 g trocknen Hafers pro Kilogramm täglich gefüttert und meist am fünften oder sechsten Tage zum Versuche benutzt. Vor dem Beginn der Versuche wurden die Tiere mit 2,5 bis 3g Urethan narkotisiert, das mit der Schlundsonde in einer 3 Proz. des Körpergewichtes entsprechen- den Wassermenge gelöst verabreicht wurde. Mit dieser Abweichung von v. Limbecks Versuchsanordnung suchten wir namentlich eine zu grofse Wasserarmut der Tiere, die die Beobachtung der normalen Diurese gehindert und auch sonst gestört hätte, zu vermeiden. Die Beobachtung der Harnausscheidung geschah nach Anlegung der Blasenkanüle alle 10 Minuten; infundiert wurde in die vena jugularis. Die normale Harnsekretion wurde so lange beobachtet, bis sie hin- reichend gleichmälsig war, was in den meisten Versuchen sehr bald eintrat. Dann wurde langsam, pro Minute lccm, die Lösung injiziert und zwar im ganzen 30ccm pro Kilogramm Körpergewicht. Danach wurde mit der Infusion längere Zeit, meist mehrere Stunden, ausgesetzt, eine zweite Injektion dann wie die erste ausgeführt. Wenn die Wirkung der zweiten Injektion vorüber war, fand noch eine dritte statt, die oft bis zum Tode des Tieres oder bis zur Erzielung einer maximalen Diurese fortgesetzt wurde. So wurden je drei Versuche mit den folgenden Lösungen von jonisierten und vicht jonisierten Körpern angestellt: 0,9 proz. Koch- salz, 1,45 proz. Natriumbromid, 1,3 proz. Natriumnitrat, 1,42 proz. Natriumsulfat, 4,1 proz. Glukose und 7,79 proz. Rohrzuckerlösung. Die Versuche gaben untereinander hinreichend übereinstimmende Resultate; nur das Natriumbromid erwies sich für diese Versuche als nicht geeignet, da hier offenbar das Anion eine spezifische Wirkung ausübt. Anstatt der ausführlichen Versuchsprotokolle geben wir der besseren Übersichtlichkeit und Raumersparnis halber die Resultate einiger typischer Versuche in Form von Kurven. Wie man sieht, zeigen alle Salzlösungen und auch die beiden Zuckerlösungen — nur das Kochsalz macht eine Ausnahme — *) Compt. rend. soc. biol. 51, 879. 152 B. Haake und K. Spiro, eine ausgesprochene diuretische Wirkung. Die Harnsekretion be- ginnt mit dem Moment der Injektion sich zu heben, steigt auf ein Vielfaches, um mit dem Moment des Aufhörens der Injektion auch wieder abzusinken. Dies Verhalten ist namentlich beim Nitrat und bei den Zuckerlösungen sehr typisch. Es bewirken also auch kleine langsam injizierte Quantitäten dem Blute isotonischer Salzlösungen eine Diurese. Verschieden von den anderen Salzen verhält sich nur das Kochsalz, wenn auch der Unterschied natürlich kein qualitativer, son- dern nur ein quantitativer ist. Immerhin ist es sehr auffallend, dafs erstens die Diurese danach sehr gering ist (Werte oberhalb 2,5 cem Ilarn in 10 Minuten wurden unter den Bedingungen unserer Versuche überhaupt nicht erhalten), und dafs zweitens die Harnausscheidung nicht wie z. B. nach Nitrat die typische Zackenform entsprechend den Infusionen zeigt, sondern in mehr gleichmäfsiger Kurve ver- läuft. Die Differenzen der Harnmengen vor und nach der Injektion liegen fast innerhalb der Fehlergrenzen. Welche Anschauung kann man sich von dem abweichenden Verhalten des Kochsalzes bei diesen diuretischen V ersuchen machen ? Mit dem Begriff der „Harnfähiskeit“, der Annahme, dafs Kochsalz weniger harnfähig sei als z. B. Nitrat oder Glukose oder Saccharose, kommen wir in unserem Falle nicht weiter. Da nach den Erfahrungen von E. Münzer*) und R. Magnus die maximale Konzentration der Salze im Harn bei Einführung isotonischer Salz- lösungen ungefähr isotonisch zu sein scheint, so mülste die Diurese nach der Injektion so kleiner Salzlösungen eigentlich gleich sein. Die Quantität Kochsalz, um die es sich in diesen Versuchen han- delt, ist doch nur minimal, da pro Minute Img, im ganzen pro Kilogramm Tier 27 cg injiziert wurden. Eine solche Menge Koch- salz kann doch wohl unter normalen Umständen die normale Niere eliminieren (ebenso gut wie die isotonische Menge Nitrat oder Rohrzucker). Wir wissen durch Ponfick**) und Magnus***), dals nor- males Blut bei der Transfusion nicht diuretisch wirkt, wohl aber wenn sein Gehalt an Kochsalz, Harnstoff, Sulfat u. s. w., wenn auch nur wenig, gesteigert ist. Wenn nun eine dem Blute isotonische Kochsalzlösung eine wenn auch geringe diuretische Wirkung ent- faltet, so ist daraus ersichtlich, dals das Plus gegen den nor- *) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 41, 74 (1898). **) Virchows Archiv 62, 273 (1875). =**) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 45, 210 (1901). .. l w Über die diuretische Wirksamkeit dem Blute isotonischer Salzlösungen. ] malen Kochsalzgehalt des Blutes stärker auf die Niere wirkt als die Summe der im Plasma neben Kochsalz vor- handenen Stoffe. Schon danach ist es wahrscheinlich, dals die diuretische Wirkung des Kochsalzes nicht auf seinem osmotischen Werte beruht. Noch mehr leuchtet dies aus unseren Versuchen mit isosmotischen blutfremden Salzlösungen ein. Somit ist eine dem Plasma isotonische Kochsalzlösung nicht dem Plasma „iso- diuretisch“, noch weniger die Lösung eines körperfremden Salzes oder des Harnstoffes oder des Zuckers. |Der Herstellung isodiu- retischer Salzlösungen steht bis zu einem gewissen Grade die Empfindlichkeit der roten Blutkörperchen gegen verdünnte ° Salz- lösungen im Wege. Wenn in der Ausscheidung gerade des Kochsalzes die stärkste Verzögerung statthat, so kann dies nicht darin seinen Grund haben, dals dieses Salz der Niere am wenigsten adäquat ist, sondern es liest näher, den Grund darin zu vermuten, dafs das Kochsalz gerade das dem Körper am wenigsten fremde Salz ist, das am leichtesten im Körper bleiben kann, das, um den Ausdruck v. Limbecks zu gebrauchen, das physiologische Salz »urT &&o- nv ist. Nach dem Beispiel vom Kochsalz ist zu erwarten, dals Salze, welche im Blute, wenn auch in viel kleineren Mengen, auftreten (z. B. Natriumsulfat, Natriumphosphat, Traubenzucker u. s. w.), bei gleichem osmotischen Druck eine geringere diuretische Wirksam- keit entfalten werden als körperfremde, ihnen sonst aber nahe stehende Salze (Nitrate, Rohrzucker). Dem entspricht die Form der Kurven, wie man bei einem Vergleich der Kochsalz-, Glauber- salz- und Nitratversuche resp. der Traubenzucker- und Rohrzucker- versuche miteinander sieht”). Diese Anschauung haben wir experimentell zu stützen gesucht, indem wir die Wirkung isotonischer Kochsalzlösung bei Kaninchen verglichen, die durch ihre Nahrung entweder salzarm oder salzreich gemacht waren. Kurve IX zeigt die Wirkung einer Injektion iso- tonischer Kochsalzlösung bei einem Tier, das reichlich Wasser per os erhalten hatte, also verhältnismälsig salzarm war. Die Harn- sekretion erfährt, wie man sieht, infolge der Injektion zunächst *) Die besonders starke harntreibende Wirkung der Nitrate ist schon seit den Versuchen Jörges (1825) bekannt und namentlich von P. Grützner (Pflügers Archiv 11, 370) 1875 anschaulich gezeigt worden. Die diuretische Wirksamkeit verschiedener Natronsalze wurde zuerst von R. Böhms Schüler Ren. Kessler (Inauguraldissert. Dorpat 1877) eingehend verglichen. 154 B. Haake und K. Spiro, Über die diuretische Wirksamkeit u. s. w. gar keine Steigerung, sondern in den ersten 50 Minuten sogar eine Verminderung. Erst gegen das Ende der Injektion beginnt eine Harnflut, die bei dem sehr wasserreichen Tier auch ziemlich erols ist. Eine dann folgende Injektion isotonischer Rohrzucker- lösung bewirkt dagegen eine mit der Injektion parallel gehende sehr viel intensivere Diurese. Bei einem Tier dagegen, das sehr salzreich war, da es in den dem Versuch vorhergehenden Tagen mit Salz bestreutes Futter und kurz vor dem Versuche 50 cem 5 proz. Kochsalzlösung in den Magen erhalten hatte, bewirkte die Injektion 0,9 proz. Kochsalzlösung ein sofortiges Ansteigen der Diurese, die hier auch relativ lange anhielt. (Kurve X.) Wie ein Vergleich der beiden Kurven zeigt, wirkt eine gleiche Menge dem Blute isotonischer Kochsalzlösung also ganz verschieden diuretisch, je nach dem Gehalt des Organismus an Salz und an Wasser; man kann also durch die Art der Nahrung die diuretische Wirksamkeit der einzelnen Substanzen sehr stark beeinflussen. Damit tritt deutlich hervor, dafs für die Harnbereitung neben den secernierenden Elementen der Niere u. s. w. auch der Wasser- und Salzgehalt des Gesamtorganısmus von ausschlaggeben- der Bedeutung ist. Ebenso tritt die Verschiedenheit der Salze in ihrem pharma- kologischen Verhalten deutlich hervor, wenn man die molekulare tödliche Dose bestimmt; aus den Zahlen von Münzer läfst sich berechnen, dafs 100 Mol. Kochsalz ebenso toxisch wirken wie 76 Mol. Glaubersalz oder 62!/, Mol. Natriumnitrat oder 82 Mol. Dextrose, obgleich doch Glaubersalz und Nitrat ungleich schneller als Kochsalz den Organismus verlassen. Abgesehen von der spezi- fischen lonenwirkung kommt auch bei der Änderung der mole- kularen Konzentration durch Salze im Organismus die Natur der einzelnen Verbindungen in Betracht. Ebenso wie bezüglich der Diurese sind auch bezüglich der allgemeinen Toxizität die körperfremden Stoffe ungleich wirksamer als ihnen chemisch sonst nahestehende, aber dem Organismus adäquate Verbindungen. Stralsburg, Ende Januar 1902. X. Über die Verbindungen von Eiweifskörpern mit Metaphosphorsäure. Von Dr. Ernst Fuld. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Strafsburg.) Die unlöslichen Verbindungen, welche bei der gebräuchlichen Fällung gelöster Eiweilskörper mit Metaphosphorsäure |zuerst an- gegeben von Engelhart!)| erhalten werden können, dürfen in zwei- facher Richtung Interesse beanspruchen. Man kann einmal von ihnen Aufklärung über das Wesen der natürlich vorkommenden phos- phorhaltigen Proteinstoffe, der Nukleine und Paranukleine, erwarten; sodann können sie, falls sich eine konstante Zusammensetzung an ihnen feststellen läfst, der schärferen Charakterisierung der ein- zelnen Eiweilskörper dienlich sein. Soweit Untersuchungen über diese Verbindungen bereits vor- liegen, sind sie fast ausschliefslich von dem an erster Stelle an- geführten Gesichtspunkte aus vorgenommen worden. Die Diskussion, die sich seit Liebermanns?) erster ein- schlägiger Mitteilung über die Frage entwickelt hat, inwieweit die Metaphosphorsäurefällungen mit den natürlich vorkommenden Nukleinkörpern zu vergleichen sind, darf jetzt mit Giertz3) vor- läufig dahin zusammengefafst werden, dals von einer Identität der Eiweifsmetaphosphate, so mögen diese Körper kurz heilsen, mit den echten Nukleinen nicht die Rede sein kann, während zwischen ihnen und den Pseudonukleinen im reaktionellen Verhalten trotz bestimmter Differenzen doch eine grolse Ähnlichkeit besteht. Die nachstehend mitgeteilten Untersuchungen sollten, unab- hängig von dieser Diskussion, vor allem die Frage nach der chemischen Natur der Eiweilsmetaphosphate ihrer Lösung näher führen. 156 Ernst Fuld, l. Darstellung und Phosphorgehalt der Eiweifsmetaphosphate. Die ersten Analysen hierher gehöriger Verbindungen hat Liebermann?) beigebracht. Er gelangte zu Produkten gleichmälsiger Zusammensetzung, indem er getrocknetes Hühnereiweils in alkoholischer Lösung oder frisches, in Salzwasser gelöst, mit einem nicht zu grolsen Über- schuls von Metaphosphorsäurelösung zusammenbrachte. Der Phos- phorgehalt des gut abfiltrierbaren Präcipitates betrug 2,6 Proz. Gleichzeitig hatte Pohl*) ähnliche Versuche mit reinerem Ma- terial angestellt. Käufliches Albumin aus Blut wurde in gesättigter Magnesiumsulfatlösung vom Globulin getrennt, stark verdünnt und mit einer gesättigten Lösung von Natriummetaphosphat, so- dann mit verdünnter Salzsäure versetzt, der Niederschlag ausge- waschen und mit Salzsäure nochmals aus alkalischer Lösung ge- fällt. Die Löslichkeit des Präcipitates in bestimmten Salzen wurde festgestellt und der Phosphorgehalt (unabhängig von der Vornahme oder Unterlassung der Salzsäurebehandlung) zwischen 5,5 und 5,7 Proz. gefunden. Eine weitere Reihe von Metaphosphaten wurde aus den Al- bumosen des Witteschen Peptonpräparates dargestellt. Dabei zeigte die erste Salzfraktion (70 Proz. Ammonsulfatsättigung), welche also im wesentlichen aus Proto- und Heteroalbumose be- stand, ein Bindungsvermögen für Metaphosphorsäure entsprechend 4,5 Proz. P. Das Gemenge der „sekundären“ Albumosen (aufser der nur durch Säurezusatz fällbaren Albumose C©) nahm 6,5 Proz. P auf. Ein Versuch von Lorenz’), vom Leim ausgehend zu ähnlich charakteristischen Produkten zu gelangen, scheiterte hauptsächlich an der Unmöglichkeit, den nur unter ganz bestimmten Bedingungen auftretenden Niederschlag ohne Zersetzung auszuwaschen. Auch aus Eiweifsstoffen und Acidalbuminen sollen nach Mal- fatti im Widerspruch zu Pohl keine Produkte von konstantem Phosphorgehalt entstehen können. Bei Zusatz steigender Mengen reiner Serumalbuminlösung zu 1/, prozentiger Metaphosphorsäure- lösung erhielt er Niederschläge mit abnehmendem Phosporgehalt zu. 9,2.04,8,.4,9,,3.9 und2255, Broz. IR. Vor längerer Zeit bereits (Winter 1596) hat Herr Dr. Geor- giewski im hiesigen Institut, von reinem, krystallisiertem Serum- albumin ausgehend, Präparate hergestellt, welche, wenigstens was den Phosphorgehalt anbetrifft, die Existenz einer konstant zu Über die Verbindungen von Eiweilskörpern mit Metaphosphorsäure. 157 sammengesetzten Verbindung desselben mit Metaphosphorsäure zu erweisen schienen. Mit der Fortführung dieser aus äulseren Gründen abgebrochenen Versuche von Herrn Professor Hofmeister betraut, habe ich zu- nächst aufser dem Serumalbumin noch andere in reinem Zustande zugängliche Eiweilskörper mit Metaphosphorsäure gefällt und die Niederschläge auf ihren Phosphorgehalt untersucht; auch wurde von einigen derselben die Elementaranalyse beigebracht. Weitere Versuche erstrebten die nähere Feststellung des reaktionellen Ver- haltens des Serumalbuminmetaphosphats. Die Methodik zur Darstellung von konstant zusammengesetzten Eiweilsphosphorsäureverbindungen war folgende: In die Lösung des zu untersuchenden Proteinkörpers wird eine frische, gewöhnlich zehnprozentige Auflösung von glasiger Phosphorsäure unter beständigem Umrühren eingetragen. Zur Vermeidung weitergehender Säurewirkung bringt man auf die ent- standenen Niederschläge mehrere Liter destillierten Wassers, die an den folgenden Tagen mehrmals abgegossen und dann erneuert werden. Die Niederschläge werden auf Seidenfiltern gesammelt, wiederholt heruntergenommen und in der Reibschale mit destil- liertem Wasser verrieben, ebenso dann mit Alkohol, endlich mit Äther behandelt. Nach Verjagung des Äthers bei 50° mufs zur Vermeidung des Zusammenbackens ein erstes Mal pulverisiert werden. Die weitere Trocknung geschieht bei 110%; doch ist vor Erreichung der Gewichtskonstanz in der Regel nochmaliges Pulverisieren erforderlich. Die Fällung mit glasiger Phosphorsäure scheint eine Fehlerquelle zu bergen. Die käuflichen Präparate enthalten aus technischen Gründen eine erhebliche Menge metaphosphorsauren Salzes [meistens Natron- salz‘). Nun reagiert aber sorgfältig neutralisierte Metaphosphorsäure überhaupt nicht in sichtbarer Weise mit Eiweils, so dafs ein Einflufs dieser Beimengung auf die Zusammensetzung des erhaltenen Präparats nicht anzunehmen ist. Für die Beurteilung der Resultate ist es von Wert, zu wissen, welche von den polymeren Metaphosphorsäuren in der Lösung des käuflichen Präparates vorwiegend enthalten sind. Es ist mir nicht möglich gewesen, ausreichende Angaben über die Gröfse ihres Moleküls in wässeriger Lösung aufzufinden; auch die neuesten Hand- und Lehrbücher bezeichnen dieselbe als unbekannt. In Dampfform ist allerdings das doppelte Molekül aus der Dichte festgestellt worden °). Für die Lösung betrachtet Tammann !") die 158 Ernst Fuld, sechsfache Gröfse als wahrscheinlich, wie es auch Fleitmann’?) gethan hatte. Bei der Basicitätsbestimmung nach Ostwald!!) (aus der Leit- fähigkeitszunahme des Natronsalzes bei der Verdünnung) ergab sich mir die Wertigkeit der Säure ausreichend nahe — 6. Lo = 119,5] L, = 65,3] Man darf danach die von mir benutzte Lösung als die der Hexametaphosphorsäure H, P,O,; ansehen. Eine grölsere Ge- nauigkeit war bei der oben erörterten Beschaffenheit des Präparates Differenz — 54,2 — 6.9,03 (statt 6.10). nicht zu verlangen. Zu dem gleichen Schlufs wird man durch ein Ergebnis Dr. Georgiewskis gedrängt, welcher bei Anwendung von Natriumhexametaphosphat nebst Salzsäure Präparate von gleichem P-gehalt erhielt, wie mit den Lösungen der glasigen Metaphosphor- säure. In betrefi des Trocknens der analysenfertigen Präparate habe ich wie andere Untersucher die Erfahrung gemacht, dafs es sehr schwer ist, bei Temperaturen von 100° und darüber Gewichtskonstanz unter Vermeidung von Bräunung zu erreichen. Um zu sehen, ob dabei, wie nicht auszuschlielsen, eine Abspaltung von Konstitutionswasser vorliegt, habe ich Kontrollversuche mit reinem, krystallisiertem Edestin angestellt, das zuerst aus warmer 6 proz. Koch- salzlösung durch Frkalten umkrystallisiert, mit wasserfreiem Äther ausgewaschen, im Vakuumexsiccator zur Gewichtskonstanz gebracht und darauf abwechselnd im Trockenschrank bei jeweils gesteigerter Temperatur und dann wieder im Vakuum getrocknet und gewogen wurde. Während bei 50° und 70° im Trockenschrank eine Gewichts- zunahme gegenüber dem Vakuumgewicht eintrat, war bei 90° nur eine verschwindende Gewichtsabnahme zu verzeichnen, so dafs für die oben angedeutete Annahme eine Stütze nicht gefunden wurde. Doch dürfte das eingeschlagene Verfahren der Trocknung im Vakuum über Schwefelsäure bei Eiweilsstoffen für manche Zwecke vorzuziehen sein. Die Bestimmung des Phosphors wurde nach der Molybdän- methode vorgenommen. Da bei der grolsen Anzahl und dementsprechend sehr ver- schiedenen Stärke der Valenzen des Metaphosphorsäuremoleküls einerseits, dem grolsen mit zahlreichen, aber äufserst schwachen Affinitäten ausgestatteten Eiweilsmolekül andererseits die Bildung einer ganzen Reihe von überdies nicht sehr beständigen Ver- bindungen zu erwarten war, ging Georgiewski behufs Erlangung konstanter Zahlen von dem Gedanken aus, stets mit einem Über- schuls der Metaphosphorsäure zu arbeiten. Ich habe dann plan- Über die Verbindungen von Eiweilskörpern mit Metaphosphorsäure. 159 mälsig bei einigen Eiweilskörpern den Einfluls der Grölse dieses Überschusses untersucht. a) Krystallisiertes Serumalbumin. Sowohl von Georgiewski wie von mir wurden ausschliefslich Lösungen von krystallisiertem Pferdeserumalbumin angewendet. Er bestimmte den Phosphorgehalt des mit glasiger Phosphor- säure erhaltenen Präparates von >Serumeiweils zu 3,66 resp. 3,67 Proz. Ganz ähnliche Werte, 3,55 resp. 3,42 Proz., erhielt er, wenn er die Säure des Grahamschen Salzes (Natriumhexameta- phosphat) in Gegenwart von Eiweils durch wenige Kubikcentimeter starker Salzsäure frei machte. Eine andere Darstellung führte zu Präparaten mit 3,50 resp. 3,41 Proz. P. Auch bei vorsichtigem Aufnehmen in Ammoniak und Wieder- ausfällen mit Säure änderte sich der Phosphorgehalt nicht (3,55 resp. 3,56). Allerdings kamen auch einzelne Präparate mit höherem Gehalt (bis zu 4,2) vor. Es konnte vermutet werden, dals die freie Säure bereits Absplitterung von Albumosen veranlalst habe, wie solche von Goldschmidt bei Einwirkung von Mineralsäuren im hiesigen Institut beobachtet wurde. Ich suchte daher auf dem oben be- schriebenen Wege den oberen Grenzwert für die Phosphorauf- nahme zu bestimmen. Gleiche Volumina der Eiweilslösung wurden mit abgemessenen, ungleichen Mengen derselben Metaphosphorsäurelösung versetzt, wobei sich ergab, dafs höherer Säurezusatz nicht mehr als einen bestimmten Phosphorgehalt einführte. Aus je 45cem 12,5 proz. Eiweilslösung wurden, mit 20, 40, 60 cem 10proz. Phosphorsäurelösung gefällt, Produkte mit 3,32, 3,31 resp. 9,94 Proz. Phosphor erhalten. Bei einer zweiten analogen Darstellung wurden gefunden 3,21, 3,42 resp. 3,39 Proz. P. Diese Werte sind etwas kleiner als diejenigen Georgiewskis, was auf längeres Auswaschen bei mir zurückzuführen sein dürfte, sei es, dafs seine Niederschläge noch Spuren von Säure einschlossen, oder, was allerdings wenig wahrscheinlich, dafs die meinigen bereits eine beginnende Spaltung zeigten. Da meine Versuche trotz sehr wechselnder Menge der an- gewandten Metaphosphorsäure doch sehr annähernd überein- stimmende Zahlen lieferten (das Mittel ist 3,33 Proz.), so ist der Schlufs gestattet, dals unter den angegebenen Bedingungen eine konstant zusammengesetzte Verbindung resultiert. 160 Ernst Fuld, Wesentlich gröfsere Zahlen fanden Pohl und Malfatti au Präparaten aus käuflichem Blutalbumin. Da dieses aus Rinderblut hergestellt wird, so liest darin kein Widerspruch. b) Krystallisiertes Ovalbumin. In gleicher Weise wurde bei krystallisiertem Eieralbumin (erhalten nach der ursprünglichen Hofmeisterschen Methode) vorgegangen. 31 g werden gelöst, die Lösung in drei Teile geteilt und versetzt mit 0,7, 1,4, 2,8g Metaphosphorsäure in 10 proz. Lösung. Aus der ersten Probe scheidet sich eine mälsige Menge eines klebrigen tropfigen Niederschlages (I) aus, die Lösung bleibt trübe. Die nächste Probe zeigt eine am Boden klebende Fällung (II) in grölserer Menge, auch sie bleibt getrübt. Die dritte endlich trübt sich beim Einbringen des Fällungsmittels; erst bei der hier, wie in den anderen Proben, vorgenommenen Ver- dünnung mit viel Wasser fällt ein feinkörniger, reichlicher Nieder- schlag (III) aus. Aus den Filtraten von dem ersten und zweiten Niederschlage kann durch Metaphosphorsäurelösung ein weiterer Niederschlag gewonnen werden. Die Säure wird zugesetzt bis zum Verschwinden der Trübung; beim Filtrat von dem Niederschlage Ill ruft Metaphosphorsäure keine Trübung mehr hervor. Die zweite Fällung aus der ersten Eiweils- lösung ist bedeutend genug, um (als la) wie die anderen Präparate weiter behandelt zu werden. Präp. I 1,570 bezw. 1,563 Proz. P.; Präp. II 1,974 bezw. 1,809 Proz. P. Präp. la 2,352 Proz. P.; Präp. III 2,505 bezw. 2,427 Proz. P. Es scheint hiernach, als ob auch dem krystallisierbaren Al- bumin aus Eiweils ein bestimmtes Aufnahmevermögen für ein- basische Phosphorsäure zukomme, die bei vollständiger Aus- fällung jedesmal erreicht werde. Der gefundene Wert (im Mittel von Ia und Ill: 2,43 Proz.) kommt der Liebermannschen Zahl für getrocknetes Hühnereiweils und für salzhaltiges Hühnereiweils nahe. ec) Kasein. Ein bestimmtes Aufnahmevermögen für Metaphosphorsäure scheint auch das Kasein zu besitzen. Zur Verwendung kam Kasein nach Hammarstens Vorschrift bereitet von Merck, aus alkalischer Lösung umgefällt und in Alkali gelöst. Darstellung wie oben. Je 10 Kasein mit 3, 6 und 10. olasiger Phosphorsäure versetzt. Dabei bleibt der Niederschlag in der ersten Probe gering und die Flüssigkeit trübe. Über die Verbindungen von Fiweilskörpern mit Metaphosphorsäure. 161 Gefunden Prozent P: 2,664 bezw. 2,556; 2,749 (Kontrolle ver- unglückt, bei einer zweiten Darstellung für diese Fraktion: 2,937 bezw. 2,714 Proz.); 3,151 bezw. 3,151. Von diesen Werten ent- fallen auf den Phosphorgehalt des verwendeten Kaseins 0,302 bezw. 0,808 Proz. Man darf danach den Gesamtphosphorgehalt des aus Kasein erhaltenen Präparates zu rund 3 Proz. annehmen. Bei mehreren anderen Eiweilskörpern gelang die Ermittelung einer Metaphosphorsäurezahl nicht und zwar weil die allgemeinen Säureeigenschaften des Reagens sich störend einmischten. Beim kıystallisierten Hämoglobin, gewonnen nach dem Ver- fahren Dr. Mickos 12), lag die Schwierigkeit in der allmählichen Abspaltung von Hämatin, welches sich nicht vollständig auswaschen liefs. Die erhaltenen Werte erreichten hier eine bemerkenswerte Höhe: 2,83 bezw. 5,00; 3,78 bezw. 3,81; 4,06 bezw. 3,91 Proz. Zu relativ hohen Werten gelangt man auch beim Edestin *), dem krystallisierten Globulin der Hanfsamen. Doch wurde auch hier eine konstante Proportion nicht erwiesen, denn der Versuch, eine auch nur unbedeutende Vermehrung des Säureüberschusses anzuwenden, lieferte ein glasiges, gequollenes zur Analyse unge- eignetes Produkt vom Charakter eines typischen Acidalbumins. Je 139 Edestin (gelöst in 12 proz. Kochsalzlösung) werden mit 1,5; 3,0; 6,0g Phosphorsäure (in 10 proz. Lösung) gefällt. Der Phosphorgehalt betrug: 1,53 bezw. 1,69 Proz. 2,49 bezw. 2,41 Proz. 3,24 bezw. 3,18 Proz. Die Aufnahmefähigkeit des Edestins ist danach jedenfalls noch höher anzuschlagen, als der letzte Wert angiebt. Noch minder befriedigende Resultate ergaben sich, wie zu erwarten, bei der Metaphosphorsäurebehandlung des Serum: globulins. Es gelingt nur bei Verwendung einer ganz ver- dünnten Metaphosphorsäureauflösung und Innehaltung eng um- schriebener Bedingungen eine Ausfällung zu erzielen. Sowohl Globulin wie Säure im Überschufs können dieselbe wieder auf- lösen. 450 cem Lösung dreimal umgefällten Serumglobulins werden mit 200 ccm 21/, proz. Metaphosphorsäure gefällt; der Niederschlag *) Für die freundliche Überlassung einer grolsen Menge rein krystal- lisierten Edestins bin ich dem Laboratorium der Höchster Farbwerke vielen Dank schuldie. Beitr. z. chem. Physiologie. II. 11 162 y Ernst Fuld, _ ist nicht reichlich; er enthält 2,631 bezw. 2,780 Proz. P — die beiden anderen Proben ergaben keinen unter sich übereinstimmen- den Wert. Da das Serumglobulin nach Haake und Spiro zum mindesten aus zwei Körpern, dem Euglobulin und Pseudoglobulin 16) besteht, so kann dieser Milserfole weiter nicht auffallen. Die Lösungen der rein dargestellten (salzhaltigen) Präparate sind übrigens sowohl durch 1proz. wie 1Oproz. Metaphosphorsäure leicht fällbar. Von dem Phosphorgehalt des aus dem Serumglobulin durch 21/,proz. Säure niedergeschlagenen Produktes würde ein Teil auf den allerdings sehr geringen Phosphorgehalt des Pseudo- globulins zu beziehen sein. Auch mit Gelatinelösung habe ich gearbeitet, vermag aber den Angaben von Lorenz’) nichts Wesentliches hinzuzufügen. Der Niederschlag ist sowohl im Überschufs des Leims wie der Säure löslich; eine solche Lösung fällt Globulin, und gelöstes Glo- bulinmetaphosphat fällt Leim. Bei der Dialyse quillt der Nieder- schlag aus Leim glasig, ohne jedoch seinen Phosphor völlig abzu- geben. Zum Schlufs sei das Verhalten der Albumosen gegen dieses Reagens kurz erwähnt. Herr Kollege Dr. E. P. Pick, welcher bereits früher das Verhalten der Fibrinalbumosen gegen Meta- phosphorsäure beschrieben hat 13), hatte die Freundlichkeit, mir Proben seiner gereinisten Präparate zur Verfügung zu stellen. Protalbumose: Trübung, in der Hitze oder im Überschufs starker (10 proz.) Säure löslich. Heteroalbumose: Schön flockiger Niederschlag, in der Hitze etwas löslich, besser im Überschufs 1Oproz. Säure. Sogenannte Deuteroalbumose B (Glykoalbumose): Keine Trübung. Deuteroalbumose „A“ [alkohollöslicher Teil (Thioalbumose) |: Trübung durch 10proz. Säure oder Überschufs von 1 prozentiger, in starker Säure sowie in der Hitze löslich. Pepton A: Keine Trübung. Von den beiden Protalbumosen des Kaseins gab die eine mit Metaphosphorsäure einen flockigen Niederschlag 17). Das Produkt aus der reinen Heteroalbumose des Fibrins wurde in grölserer Menge dargestellt, wie oben ausgewaschen, und sein Phosphorgehalt bestimmt. Bei dem Verhalten der Filtrate wurde die Darstellung einer Portion mit sicherem Säureüberschuls für genügend angesehen. Über die Verbindungen von Eiweilskörpern mit Metaphosphorsäure. 165 Phosphorgehalt 4,79 Proz. P resp. 4,57 Proz. P. Diese Werte fallen fast genau zusammen mit den von Pohl) für seine erste Albumosenfraktion angegebenen (4,97 bis 4,83); sein Präparat war bestimmt fast reines Heteroalbumosemeta- phosphat. Die Phosphorbestimmungen ergeben also, dals beim Zu- sammenbringen von Metaphosphorsäure und Eiweifskörpern je nach deren Natur wechselnde, stets aber erhebliche Mengen von Phosphor aufgenommen werden. Den entstehenden Produkten kommen dabei sehr verschiedene Löslichkeitsverhältnisse zu, die bei manchen der untersuchten Kör- per die Reinigung, bei anderen die Erreichung des zu erwartenden Grenzwertes verhinderten. Aufserdem sahen wir, dals Nieder- schläge von verschiedenem Phosphorgehalt erhalten werden konnten, der bei einigen Eiweilsstoffen bei genügendem Zusatz an Meta- phosphorsäure annähernd konstanten Wert erreichte. 2. Einige Eigenschaften der Albuminmetaphosphate. Wenn man krystallisiertes Serumalbumin aus Pferdeblut mit einem ausreichenden Überschufs Metaphosphorsäure zusammen- bringt, so enthält das Filtrat vom entstandenen Niederschlag weder Eiweils noch durch Destillation mit Magnesia austreibbaren Stick- stoff. Wir dürfen daher annehmen, dafs das Eiweilsmolekül un- verkleinert ausgefällt ist. Der vollkommen ausgewaschene, in destilliertem Wasser nicht merklich lösliche Niederschlag löst sich in verdünntem Alkali, aber auch schon nach Verreiben mit Baryum- karbonat und Magnesiumkarbonat. Durch vorsichtigen Zusatz von verdünnter Säure kann man sich eine neutrale, sogar eine schwach saure Lösung herstellen und erst bei einem Überschuls an Säure wird der Körper mit nahezu unverändertem Gehalt wiedergefällt; mit überschüssiger starker Säure bildet sich eine opalescente Lösung. Eine Lösung in Magnesiumkarbonat fällt beim Kochen; aufser- dem wird sie gefällt von den meisten daraufhin untersuchten Metall- salzen (Eisenchlorid, Kupfersulfat, Bleiacetat, Silbernitrat, Zink- und Nickelsulfat). Auch mit Ammonsulfat erhält man eine Ausfällung und zwar weit unterhalb der oberen Fällungsgrenze des Albumins. Von Interesse schien die Frage, wie die Eiweilsphosphate 10 164 Ernst Fuld, durch die Verdauung beeinflulst werden. Um dies zu prüfen, wurde eine grolse Menge Serumalbuminmetaphosphat mit Pepsin- salzsäure bei 40° digeriert. Nach dem Verfahren von E. P. Pick) gelang es, aus der nach kurzer Zeit entstehenden klaren Lösung alle von diesen be- schriebenen Albumosen darzustellen; jedoch zeigte sich bei hin- reichend sorgfältiger Reinigung in keiner derselben eine Spur Phosphor; dieser war als Orthophosphorsäure frei in Lösung gegangen. Auch Trypsinverdauung des Eieralbumins führte zu ähnlichen Resultaten, abgesehen von einem langsameren Verlauf. Hier besteht also nicht der von Leo Schwarz für Formaldehyd- eiweils aufgedeckte Unterschied im Verhalten gegen die Verdauungs- fermente. Ebenso wenig wurde in einer Probe jodierten Hühneralbumins die Phosphoraufnahme vermilst; auch ein Austritt von Jod schien durch sie nicht bewirkt zu werden. Es geht hieraus zur Evidenz hervor, dals die Anlagerung der Phosphorsäure mindestens auch, wahrscheinlich nur an anderen Stellen geschieht als die von Jod und Formaldehyd; das kann auch aus dem Bestehenbleiben der Tyrosinreaktion geschlossen werden. Vieles in diesem Verhalten erinnert an jenes des Kaseins, so dals an eine nähere Beziehung bezw. chemische Analogie gedacht werden kann. Gegen eine solche nähere Verwandtschaft der Eiweilsmetaphos- phate mit den Pseudonukleinen hat nun Giertz?) neuerdings schwere Bedenken erhoben, die sich auf die leichte Abgabe des Phosphors seitens der ersteren beziehen. So giebt die Lösung des Kaseins in Barytwasser bei der Dialyse keinen Phosphor ab, wäh- rend Eiweifsmetaphosphat nach und nach bedeutende Mengen da- von verliert. Wir haben diese Angaben durchaus bestätigen können. Ferner hat Giertz die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, dafs die alkalische Eiweilsmetaphosphatlösung bereits nach einigem Stehen auf Aussalzung des Eiweilses im Filtrat phosphorsaures Salz nachweisen läfst. Sehr viel schneller und ganz quantitativ hingegen verläuft nach meinen Erfahrungen die Abspaltung ohne jeden Alkalizusatz bei längerem Kochen des ungelösten Niederschlages mit destilliertem Wasser. Der ausgewaschene Niederschlag zeigte, obwohl mehrere Gramm verarbeitet wurden, keine Spur Phosphor mehr. Letzteres Verhalten spricht am entschiedensten gegen die sonst immer noch naheliesende Vorstellung, dals die Bindungsweise des Phosphors Über die Verbindungen von Eiweilskörpern mit Metaphosphorsäure. 165 in den Eiweilsmetaphosphaten jenen in den Pseudonukleinen entspricht. Denn die partielle Phosphorabgabe in der Kälte könnte sich immer noch mit der Vorstellung vertragen, dals wenigstens ein Teil des aufgenommenen Phosphors in einer festeren pseudo- nukleinartigen Bindung enthalten sei. Die relativ rasche Abspaltung beim Erhitzen ist aber meines Wissens bei den bekannten Pseudo- nukleinen ohne Seitenstück. 3. Zusammensetzung der Eiweifsmetaphosphate. Die Elementaranalyse wurde von verschiedenen der dargestell- ten Präparate gemacht; die gefundenen Zahlen finden sich in folgender Tabelle zusammengestellt. Die Stickstoffzahlen nach Kjeldahl sind mit X, jene nach Dumas’ Verfahren mit D be- zeichnet. Metaphosphat | Prozent 8 | Prozent | € Prozent = | Proz. Se Sa 35 P von Ö H N = = = @ | (Mittel) | | Serumalbumin 47,90 48,22 ke 6,82. ee 15,24 15,03D 15,14 | 3,3 Ovalbumin (8) 49,27 49,43 ‚49,35 6,69 6,74, 6,71| 14,67 14,65 D 14,66 | 2,43 | 14,66 K i 49,90 50,23 50,0916,67 6,63|6,65| 14,64 D Edestin. . . ..46,71 46,70 |46,71|6,51 6,44| 6,47 | 17,53 17,62 D | 17,58 1>3,2 Kasein 2) .. 50,87 6,74 14,77 D >30 Dafs bei der Darstellung der Metaphosphate aus Eiweils- körpern keine Loslösung von stickstoffhaltigen Gruppen erfolgt, wird schon durch die oben erwähnte Thatsache wahrscheinlich, dafs keine Ammoniakabspaltung eintritt. ‚, Scehlagender ist es, dals bei Berechnung des Verhältnisses der Kohlenstoffatome zu den Stickstoffatomen sich bei den ana- lysierten Präparaten innerhalb der unvermeidlichen Fehlergrenzen die gleichen Zahlen ergeben wie für die Stammeiweilskörper. Man mufs daher annehmen, dafs in diesen Präparaten noch das intakte Eiweilsmolekül vorliest, nur um die angelagerte Meta- phosphorsäure vergrölsert. Diese Vergröflserung ergiebt sich in Prozenten aus umstehen- der Tabelle. 166 Ernst Fuld. } Gefunden | Prozent Bei | berechnet als Prozent | P/OSH Serumalbumin ... | 8,0 | 763 Bdestinwes ee ZI. 128 Oyvalbuminga 2 9% 6,3 5,6 Ra Kasen, Ola || 4,8 4,7 Die molekulare Zunahme wurde berechnet aus der Ver- kleinerung der C-,H-, N-werte und bezogen auf Prozente der phos- phorhaltigen Verbindung. Wie man sieht, ist die Übereinstimmung der Zunahme mit dem aus dem Phosphorgehalt für angelagerte PO,H berechneten Werte befriedigend. Eine bessere Übereinstimmung liefs sich bei der Schwierigkeit eines gleichmälsigen Trocknens, sowie der Klein- heit der Phosphorwerte nicht erwarten. Bei der Leichtigkeit, mit welcher die Metaphosphorsäure sich mit vielen die N H,-Gruppe enthaltenden Stoffen verbindet, wäh- rend sie mit der Muttersubstanz oder anderen Substitutionspro- dukten dies nicht thut, liegt aller Anlafs vor, eine Bindung an Stickstoff im Eiweils anzunehmen. Es wurde daher für die ver- schiedenen annähernd maximal substituierten Präparate berechnet, wieviel Atome Phosphor auf 100 Atome Stickstoff eingetreten sind, eine Berechnungsart, die bereits von Leo Schwarz bei ähn- licher Gelegenheit angewendet worden ist. Daneben gebe ich die von Hausmann ermittelten Werte für Diaminostickstoff. ei | an ee | N - Gehalt le Haut | 100 N 1100 At. n| Haus- | | mann Serumalbumin . . 15,93 (Michel) 102217 JalEr 33,36 *) Eieralbumin . . . | 15,00 (Hofmeister) ro 9,1 21,33 Kaseine 2 are 15,7 (Hammarsten) 161 | 8,3 27,5) Hämoelobin . . . | 17,31 (Hoppe-Seyler) 25,4 | 13,1 27,7 Fidestin Were .r ı 18,73 (Ritthausen) 18,5 END 35,1 Heteroalbumin . . | 17,98 (Pick) 29,0 13,08 38,9 *) Mitgeteilt aus einer demnächst erscheinenden Untersuchung von Th. Gümbel. Über die Verbindungen von Eiweilskörpern mit Metaphosphorsäure. 167 Im grofsen und ganzen entspricht sonach einem höheren Ge- halt an Diaminostickstoff eine grölsere Aufnahmefähiskeit für Metaphosphorsäure. Dieses Verhalten könnte für eine Anlagerung der Metaphosphorsäure an die stark basischen Diaminogruppen des Eiweilsmoleküls sprechen. Es kann aber auch zum Teil die höhere Phosphoraufnahme der Ausdruck eines entsprechend kleineren Eiweilsmoleküls sein. Wenigstens ist die Zunahme des Phosphor- gehaltes bei der sicher ein kleineres Molekül darbietenden Hetero- albumose auffallend. Ohne hier eine bestimmte Vermutung aussprechen zu wollen, möchte ich doch hervorheben, dafs für das Serumalbumin, wo mir die vertrauenswürdigsten Zahlen vorliegen, sich aus dem Phosphor- gehalt (3,33 Proz.) — auf Hexametaphosphat berechnet — ein Mole- kulargewicht von 5590 für das Eiweilsphosphat ergiebt und 5100 für das reine Albumin. Letztere Zahl steht der auf Grund des Schwefelgehaltes für das Molekulargewicht ermittelten niedrigsten Zahl 508815) so nahe, dals kaum an eine blols zufällige Überein- stimmung gedacht werden kann. Litteratur. !) Engelhart: „Über das Blutrot.“ Kastners Archiv 6, 337 (1825), vergl. Berzelius’ Jahresber., 7. Jahrg., S. 117 (1827). 2) Liebermann: „Über das Nuklein der Hefe und künstliche Dar- stellung eines Nukleins aus Eiweils und Metaphosphorsäure.“*“ Bericht der deutschen chem. Ges. 21, 698 (1888). ®) Giertz: „Zur Kenntnis der Pseudonukleine.“ Zeitschrift f. physiol. Chemie 28, 115 (1899). *) Pohl: „Bemerkungen über künstlich dargestellte Nukleine.“ Zeitschr. f. physiol. Chemie 15, 292 (1889). 5) Lorenz: „Über die Verbindung des Glutins mit Metaphosphorsäure.“ Pflügers Archiv 47, 189 (1890). 6) Malfatti: „Beiträge zur Kenntnis der Nukleine.“ Zeitschr. f. physiol. Chemie 16, 68 (1892). °) a) Breseius: „Über die sogenannte glasige Phosphorsäure.“ Zeit- schrift f. analyt. Chemie 6, 189 (1867). b) Bettendorf: „Nachweis des Natriumphosphorgehalts bei glasiger Phosphorsäure.“ Ebenda 27, 24 (1888). °) Tilden und Barnett: „The molecular weight and formula of phos- phoroxyhydride and methaphosphoric acid.“ Proceed. of the chemical Soc. 1596, p. 154. °») Fleitmann: „Über die verschiedenen Metaphosphorsäuren“ u. s. w. Poggendorffs Annalen 78, 233 (1849). ı), Tammann: „Beiträge zur Kenntnis der Metaphosphate.“ Journal f. prakt. Chemie 45, 417 (1892). 168 Ernst Fuld, Über die Verbindungen von Eiweilskörpern u. s. w. ) Ostwald: „Elektrochemische Studien. V. Über das Gesetz von Kohlrausch.“ Zeitschr. f. physik. Chem. 1, 74 (1837). Derselbe: „Über die Bestimmung der Basieität der Säuren aus der elektrischen Leitfähigkeit ihrer Natriumsalze.“ Zeitschr. f. physik. Chemie 2, 901 (1889). Walden: Ebenda 1, 529; 2, 49. 12) Spiro: „Über Nachweis und Vorkommen des Glykokolls.“ Zeitschr. f. physiol. Chemie 28, 174 (1899). ») Pick: „Untersuchungen über die Proteinstoffe.“ Zeitschr. f. physiol. Chemie 24, 246 (1898). 4) Schwarz: „Über Verbindungen der Eiweilskörper mit Aldehyden.*“ Zeitschr. f. physiol. Chemie 31, 460 (1900). 15) Kurajeff: „Über Einführung von Jod in das krystallisierte Serum und Eieralbumin.“ Zeitschr. f. physiol. Chemie 26, 462 (1898). 16) Fuld und Spiro: „Über die labende und labhemmende Wirkung des Blutes.“ Zeitschr. f. physiol. Chemie 31, 132 (1900). v) Blum: „Über den Nährwert der Heteroalbumose des Fibrins und der Protalbumose des Kaseins.“ Zeitschr. f. physiol. Chemie 30, 15 (1900). xl. Uber die Milchgerinnung durch Lab. Von Dr. Ernst Fuld, Assistent der Anstalt. (Aus dem pharmakologischen Institut zu Halle a. S.) Trotz der fast unübersehbaren Litteratur, welche über das Lab in physiologischen wie milchwirtschaftlichen Blättern sich an- gehäuft hat, existieren noch zahlreiche Meinungsverschiedenheiten über die Wirkung dieses interessanten Enzyms; manche, zum Teil grundsätzliche Fragen sind noch gar nicht oder höchst unzureichend bearbeitet. Zur weiteren Aufklärung eines Teiles dieser Fragen beizu- tragen, ist das Ziel der folgenden Abhandlung. Unerörtert bleiben soll zunächst die angebliche Wirkung des Lab- ferments auf „Peptone“, die Plasteinbildung. Es ist nicht einmal sicher gestellt, ob es sich dabei überhaupt um einen fermentativen Prozeis handelt, noch weniger Berechtigung liegt zur Zeit vor, die Identität eines eventuellen Plasteinferments mit dem milchkoagulieren- den anzunehmen. Die vorgebrachten Beweisgründe, gleichzeitiges Vorkommen und annähernd parallele Ausscheidungsverhältnisse, reichen für eine solche Annahme nicht entfernt aus (siehe Litteraturverzeichnis I bis 3, 56). 1. Das Zeitgesetz der Labung und die «renzen seiner Gültigkeit. Von besonderer Bedeutung für die Theorie der Labgerinnung: ist die Sicherstellung des Verhältnisses zwischen Labkonzentration und Gerinnungszeit der Milch. Für mittlere Labkonzentrationen existiert unangefochten und wohl mehr als ein dutzendmal be- stätist das von Segelcke und Storch ’) aufgestellte, von Hansen 4) und Soxhlet °) eingehender zahlenmälsig belegte 170 Ernst Fuld, Gesetz *), dals die Gerinnungszeit A ceteris paribus gleich ist einer Konstanten € dividiert durch die Labmenge L, somit CO = Lt (das Zeitgesetz der Labung.). Bei der aufserordentlichen Schärfe, mit welcher gerade bei raschem Ablauf die Gerinnung einsetzt, schien mir die Hoffnung berechtigt, für ein Enzym eine Beobachtungsreihe von beliebig vielen Gliedern beibringen zu können, derart, dafs auch in den eventuellen Abweichungen von dem bei geringerer Konzentration zu ersehenden Gesetz die Regelmälsigkeit klar würde, um so eher, als die Einfachheit dieses Gesetzes selbst die Auffindung des all- gemeineren Ausdrucks in ganz anderem Grade erleichtern mülste, als dies etwa die Schützsche Regel5l) für die Verdauungs- fermente zulälst. Die ersten Publikationen des Labgesetzes (mit Ausnahme derjenigen Hammarstens) geben dasselbe ganz allgemein ohne jede Einschränkung, freilich auch ohne Prüfung kurzer Gerinnungs- zeiten (wenige Minuten oder Sekunden). Peters12) sprach zuerst aus, dafs die Proportionalität nur bis zu einer oberen Grenze geht, von wo ab sie der Konstanz Platz macht, eine Angabe, die der Nachprüfung durch Benjamin 1°) standgehalten hat und die Lörcher, unabhängig von Peters, später unter anderem so formuliert hat: Wenn die einfache Menge sofort Gerinnung macht, so macht die zehnfache Menge auch sofort Gerinnung. Endlich hat auch der letzte Autor, der das Gesetz geprüft hat, Duclaux!5), dasselbe nur für die mittleren Zonen richtig gefunden; das Lab, meint er, ist so wenig wie ein anderes Enzym im stande, jemals momentan zu wirken. Diese letztere Möglich- keit also sollte ausgeschlossen werden. Sehen wir zu, ob die Versuchsbedingungen der Autoren, welche sie widerlegen wollen, mit ihr überhaupt rechnen, bezw. ob ihre Resultate nicht richtiger eben durch jene erklärt werden. Findet jemals augenblickliche Käseausscheidung statt, so muls, wie schon Fick !7) 18) ausgeführt hat, jedes Fermentmolekül oder jeder Tropfen Lablösung sich mit einem Häutchen von Käse überziehen, welches seine weitere Wir- kung einschränkt. Latschenberger 2%), Walther!) und vor allem de Jager?) haben gezeigt, dals man [unter geeigneten Be- *) Die historischen Angaben über diesen Punkt sind fast durchweg irrtümlich. Insbesondere hat Hammarsten, dessen Arbeiten übrigens später fallen, nirgends ein Zeitgesetz aufeestellt, sondern nur empirische Anweisunge zur Labvergleichung gegeben. Über die Milchgerinnung durch Lab. 171 dingungen solches sehr wohl zur Anschauung bringen kann. Das- selbe wird eintreten müssen, wenn sehr grofse Labmengen in Berührung mit ruhender Milch treten, wie es bei unvollkommenem Mischen der Fall ist. Jeder Tropfen, der aus der Pipette aus- flielst, umgiebt sich alsbald mit einer Käseschicht, ‚die seiner weiteren Wirkung Abbruch thut. Es ist sehr erklärlich, dafs man so ohne weitere Kautelen nicht über eine bescheidene Geschwindig- keit hinauskommt. Wenn man also die kurzen Gerinnungszeiten bei grölseren Labmengen bestimmen wollte, und dies war mein nächstes Ziel, so war es nötig, eine Methode zu besitzen, welche gestattete, inner- halb des Bruchteils einer Sekunde, in einem genau bekannten Zeitpunkt das ganze Lab auf einmal mit der ganzen Milch in Be- rührung zu bringen, das Gemenge in fortwährender Bewegung zu erhalten und fortlaufend, ohne seine Temperatur zu verändern, zu übersehen. Dieser Aufgabe suchte ich durch folgende Versuchs- anordnung gerecht zu werden. Eine Anzahl Reagensgläschen mit je 10 cem frischer Kuhmilch werden im Ostwaldschen Thermostaten auf 40°C. vorgewärmt, welcher zu ihrer Aufnahme mit zwei Stücken Drahtgeflecht überdeckt ist, während in der Mitte ein Stück offen bleibt. Die Lablösung passender Stärke, dargestellt aus Wittes Lab !/;900000 Hiefst aus einer 1 cem- Pipette in ein Becherchen aus Zinn, welches man sich durch Zurecht- biegen einer Medizinalflaschenkapsel geformt hat. Dieses Becherchen wird in das geneigte Reagensglas vorsichtig eingeführt, so dafs es auf der Milch schwimmen bleibt. Nun läfst man durch Metronomschläge die Sekunden markieren und stülpt im Moment eines Schlages O0 das Gläschen auf der Hand um; beim Schlag eins oder zwei hat man es schon in den offenen Teil des Wasserbades gebracht, wo es fortwährend im Takt des Metronoms heftig hin und her bewegt wird. Dauert die Gerinnung über eine oder zwei Minuten, so kann man wohl auch auf einen bestimmten Schlag eine Rennuhr in Gang setzen. Ich habe nur nach sehr langem Mitzählen von dieser Erleichterung Gebrauch ge- macht. Bei einem bestimmten Schlage sieht man die Milch ganz plötzlich grielsig werden, ein Bild, das eigentlich gar nicht zu ver- kennen ist. Widerfährt es einem je, dafs man seiner Sache nicht sicher war, so beobachtet man noch eine Sekunde länger und nimmt eventuell die Zahl vorher. Bedingungen für das Gelingen sind nicht zu enge Röhrchen und glatte Becherchen ohne Winkel, in die sich ein Gerinnsel festsetzen könnte. Um vielleicht eine bis eine halbe Sekunde weniger genau ist die Methode, wenn man das Lab in ein zweites Röhrchen giebt und das Quantum warmer Milch hineinstürzt. Das Resultat war glatter, als ich zu hoffen gewagt hatte. Es war eine stets sich wiederholende Bestätigung des Zeitgesetzes 172 . Ernst Fuld, der Labung ohne Einschränkung nach unten. (Gerinnungszeiten unter 5” habe ich in der Regel nicht mit untersucht, obwohl die Anstellung entsprechender Versuche natürlich nicht die mindeste Schwierigkeit macht, indessen schien mir meine Methode nicht geeignet, mit der Messung so weit hinunter zu gehen.) Als Belege seien einschlägige Versuche mitgeteilt. Versuch 1. Wärme des Wasserbades 40°C, Milchmengen je 10 cem: Labmenge Gerinnungszeit Produkt 0.4 Oi 34 0,4 6,5’ 236 0,2 al 26 0,1 35 35 Versuch 2. Wärme des Wasserbades 40°C, Milchmengen je 10 cem: Labmenge Gerinnuneszeit Produkt 0,8 (9 48 0,4 al 44 0,2 90 44 0,1 45" 45 Die erste Probe gerinnt infolge der bereits bemerkbaren Ver- dünnung durch das Volum der Lablösung etwas zu spät. Berück- sichtigt man diesen Umstand, was bei geringer Verdünnung durch Division mit dem Volum (hier 10,8) geschieht, so wird das Produkt fast genau 44. Ich kann daher nicht umhin, die abweichenden Angaben der Autoren auf Versuchsfehler zurückzuführen. Möglicherweise arbeiteten einige mit so schwachem Lab, dafs die durch den Zusatz der Lablösung veranlafste Verdünnung den Einflufls der Labvermehrung aufwog. Für genau gleiche Verdünnung mit einer adäquaten Flüssig- keit sorgen zu wollen, ist, wie schon Lörcher !*) hervorhebt, bei den angewendeten Quantitäten überflüssig; soll es doch durchaus geschehen, so nimmt man anhaltend gekochtes, filtriertes Lab aus der gleichen Flasche, von dessen Unwirksamkeit man sich vorher überzeugt. Unter diesen Kautelen kann man z. B. mit dem ge- wöhnlichen Hansenschen Lab !/,ooo. trotz seines Salzgehaltes aus- kommen. Ich habe nur einmal ein Präparat untersucht, welches sich in dem oft behaupteten Sinn von dem Zeitgesetz zu entfernen schien. Es war dies ein im übrigen eminent wirksames Lab (Stremsel), welches ich der Güte von Herrn Eucken in Wilhelminenhof (Ostfriesland) ver- Über die Milchgerinnung durch Lab. 173 danke. Es ergab sich, dafs es stark alkalisch war und nach erfolgter Neutralisation sich ganz regelrecht verhielt. Ob die Methode zur Labprüfung für die Käserei empfohlen werden kann, vermag ich nicht zu entscheiden; ich kann sie nur als höchst zuverlässig, einfach und viel weniger ermüdend als die üblichen Labbestimmungen bezeichnen. Das Zeitgesetz der Labung erleidet also keinerlei Einschrän- kung nach der Seite der kurzen Gerinnungszeiten, das Lab muls daher, da wo es die Milch berührt, mit seiner Einwirkung sofort beginnen. Wenn die Gerinnung sich trotzdem durch die ganze Flüssigkeit fortpflanzt, so zeigt dies, dafs ein Käsehäutchen in dem Fiekschen Sinn in der Regel nicht oder nicht schnell genug zu stande kommt, mit anderen Worten, dafs Parakaseinbildung und Käsefällung sich nicht notwendig unmittelbar folgen. Mittlere Gerinnungszeiten habe ich nur gelegentlich geprüft, da ausreichende Belege für die Gültigkeit der Regel in diesen Fällen sich unter anderen bei Hansen, vor allem bei Soxhlet‘) und dann noch etwa bei Duclaux!°) finden. Sehr viel weniger zahlreich sind die Untersuchungen über lange Gerinnungszeiten bezw. kleine Labmengen. Schon die Schwierigkeit, den Einfluls der Milchsäurebildung auszuschliefsen, läfst dies erklärlich erscheinen. Da ferner bei längerer Versuchsdauer die zerstörende Wirkung der Bruttemperatur auf das Lab hervortritt, ein Faktor, der sich kaum rechnerisch beherrschen läfst, so unternahm ich es, die Ver- änderung, welche die Milch bei niederer Temperatur durch das Lab erleidet, zum Gegenstand meiner Untersuchung zu machen, wobei sich zugleich Gelegenheit bot, die Geltung des Zeitgesetzes unter diesen wenig untersuchten Bedingungen festzustellen. Abgesehen von einer älteren Notiz Selmis 22), laut welcher bei 0 bis 1°C. eine Labgerinnung ohne nachweisbare Säuerung im Lauf von vier bis fünf Tagen eintrat, war es zuerst Duclaux 1), welcher unter Ausschlufs der Bakterienentwickelung Versuche über Labwirkung in der Kälte anstellte. Seine neuesten Ergebnisse spricht er 16) dahin aus, dafs das Lab unterhalb von 15°C. keine Wirkung entfalte, obgleich es unabgeschwächt erhalten bleibt. Selbst nach mehreren Tagen kann eine so behandelte Milch inner- halb weniger Minuten gerinnen, wenn man sie auf eine passende Temperatur bringt. Leider fehlen die Angaben über die an und für sich zu erwartende Koagulationsdauer bei der höheren Teempe- ratur. 174 Ernst Fuld, Camus & Gley°) erreichten inzwischen bei niederer Tempe- ratur durch einen an sich unzureichenden Zusatz von Säure Lab- gerinnung. Eine weitere Ausführung der interessanten Beobachtung von Duclaux brachte Morgenroth?*) bei. Ihm gelang; es zu zeigen, dafs auch sehr kleine Labmengen bei 8° die Milch so verändern, dals sie in der Wärme in wenigen Minuten gerinnt. Er bediente sich einer durch Schütteln mit Chloroform haltbar gemachten Milch. Da ich seine Vorschriften bei den sogleich mitzuteilenden Versuchen im wesentlichen befolgt habe, so sollen sie weiter unten mitgeteilt werden. Morgenroth, welcher auf diese Erfahrung eine Messung der Labstärke gründet, macht die Vorschrift, die Proben 24 Stunden in der Kälte zu belassen. Mir schien es im Gegenteil von Interesse, die Zeit der Abkühlung zu variieren. Zwei Reihen von Röhrchen werden mit je 10 ccm gekühlter Chloro- formmilch versetzt und jedes mit wechselnden Mengen Lab von ver- schiedener, jedesmal frisch hergestellter Verdünnung beschickt. Nach vollzogener Durchmischung werden beide Reihen in denselben Eis- schrank*) gebracht. Solcher Doppelversuche habe ich zwei gemacht. Das erste Mal setzte ich die Gläschen nach 24 bezw. 48 Stunden in das Wasserbad. Das andere Mal nach 3 bezw. 6 Stunden. Das Resultat war beidemale so, dals diejenigen Proben, welche überhaupt Tendenz zu gestehen hatten, nach etwa 4’ geronnen waren. Versuch 3. Temperatur des Eisschranks 8°C. Je 10 ccm Chloro- formmagermilch versetzt mit verdünnter Lablösung in !/,n Normal- NaQCl-Lösung: Nr. 1 30.102 (0,3lc.em 102) ve 10.10-35 (0,1 „ 10) is 8.105 (08 „ 10-4) dl 7.10-5 (0,7 „ 10-4) 5 6.105 (0,6 „ 10-9) ® 5.10 (0,5 „ 10-4) N 4.105 (04 „ 10-%) en: 3.10-5 (0,3 „ 10-4) ng 2.10-5(0,2 „ 10-9) Zwei derartige Reihen werden aufgestellt, die eine nach 24 Stunden ins Wasserbad von 40° gesetzt. Dort gerinnen die ersten sechs Proben binnen wenigen Minuten, Probe 6 etwas locker. Die andere Reihe nach 48 Stunden untersucht. Nunmehr ge- rinnen alle Proben bis zu 8, welche allerdings nur einzelne Gerinnsel aufweist. Versuch 4. Zwei ähnliche Reihen werden a) 21’, bezw. b) 5 Stunden kaltgestellt (8°). Von der Reihe a) gerinnen nach Übertragung in den Thermostaten alle Proben bis zu der Labmenge 0,35.10®. Die Probe *) Besser in ein gekühltes, grolses Wasserbad. Über die Milchgerinnung durch Lab. 175 mit 0,30 bleibt Hüssig. Reihe b) nach 5 Stunden lälst alle Proben bis 0,17.10”° gerinnen, letztere freilich etwas locker. Die Probe mit 0,13 bleibt Hüssig. Diese Fähigkeit, durch eine kurze Erwärmung zu erstarren, zeigte sich abhängige einerseits von einem bestimmten Gehalt an Lab, andererseits von der Digestionsdauer, derart, dafs nach der doppelten Zeit die Proben mit dem genannten Gehalt oder einem höheren das beschriebene Verhalten erkennen liefsen, während bei der einfachen Zeit erst der doppelte Gehalt hinreichend war. Es war also ein Irrtum, als Morgenroth°*) angab, er habe eine absolute Methode der Labbestimmung, unabhängig von der bisher geübten Zeitmessung, gefunden; im übrigen bedeutet sein Verfahren für viele Fragen einen wichtigen Fortschritt. Jeden- falls waren in dem zweitägigen Versuch die Labmengen bereits so gering, dals sie hinter den in der Wärme überhaupt noch ge- rinnungserregenden zurückblieben. Auch in allen anderen Fällen wären in der Wärme Stunden nötig gewesen, um ohne die Vor- behandlung in dem Eisschrank eine derartige Gerinnung zu er- zielen. Was also auch immer in der Kälte sich abgespielt haben mag, jedenfalls ist es bei weitem der grölsere Teil der Lab- wirkung gewesen, und zwar so überwiegend, dafs wir keinen Fehler begehen, wenn wir die paar Minuten im Wasserbade als Zeit überhaupt vernachlässigen. Zur Beantwortung der Frage, was bei dieser Versuchsform dem Lab und was der höheren Temperatur zuzurechnen sei, bezw. um zu sehen, in welcher Phase das eine oder die andere entbehrt werden könne, wurden mehrere Versuche angestellt. Was zunächst die höhere Temperatur anbetrifft, so hatte es sich herausgestellt, dals zumal bei Verwendung von Schafs- oder Ziegenmilch schon in einem Tag Gerinnungen im Eisschrank vorkamen. Noch öfter und zwar bei Anwendung von Kuhmilch sah ich das Gleiche ein- treten, als ich die Proben im kalten Wasserbade stehen liels, wobei die Temperatur ebenfalls 8° bestimmt niemals überschritt. Jedoch erhob sich sofort der Einwand, dafs durch das Stehen an der Luft das Chloroform sich verflüchtigt haben, und eine be- ginnende Entwickelung von säurebildenden Bakterien sich ein- gemischt haben mochte. In der That habe ich im verkorkten Gefäls weder Ziegenmilch noch Kuhmilch, letztere trotz einer Beobachtungsdauer von mehr als acht Tagen, in der Kälte ge- rinnen sehen. Es scheint also in der That, dafs, um eine Gerin- nung in mefsbarer Zeit zu erzielen, die Einwirkung einer höheren 176 Ernst Fuld, Temperatur oder einer wenn auch minimalen Säuremenge nicht entbehrt werden könne. Um nun zu sehen, ob auch für die Aus- scheidung des Gerinnsels die Gegenwart von Lab erforderlich ist, wurde neben anderen sogleich mitzuteilenden Versuchen folgendes Experiment ausgeführt, welches ebenso wie die anderen Proben die Entbehrlichkeit des Ferments bei der Ausscheidung zu beweisen schien. In der Kälte mit Lab behandelte Milch und frische Milch werden auf den gleichen Gehalt an Natriumkarbonat (entsprechend !/.o norm.) gebracht, letztere Probe noch mit einer grolsen Dose Lab versetzt und darauf beide ins Wasserbad von 40° überbracht. Während erstere Probe schnell ein typisches Gerinnsel zeigte, blieb die andere den ganzen Tag vollkommen flüssig. Stellt man Reihenversuche nach Morgenroth an, bringt aber von jeder Milchprobe die eine Hälfte in ein Wasserbad von 100°, die andere, wie gewöhnlich, auf fünf Minuten in ein Wasserbad- von 40°, und darauf die ungeronnenen Proben ebenfalls in das kochende Wasserbad, so sieht man die gleichen Proben bei beiden Behandlungsarten gerinnen, flüssig bleiben oder Flocken bilden. Das Lab hat also während des Aufenthaltes der Proben bei Brut- wärme keinen nachweisbar grölseren Einfluls ausgeübt als in der Kälte; der gleiche Schlufs muls aus der Thatsache gezogen werden, dals ein vor Ablauf der Umwandlungszeit eingeschalteter, kürzerer Aufenthalt bei Brutwärme ohne nachweisbare Folgen bleibt, während andererseits die möglichste Ausschlielsung dieser Temperatur bei Vermischung der kalten Probe mit mehreren Volumen siedenden Wassers das sofortige Auftreten der Gerinnung nicht hindert. Wie aus diesem Verhalten hervorgeht, setzt sich die Gerin- nungszeit aus zwei Summanden zusammen: 1. der Zeit, deren es bedarf, damit das Kasein annähernd vollständig in Parakasein übergeht: der Umwandlungszeit, und 2. der Zeit, welche zur Aus- scheidung des sichtbaren Labgerinnsels erforderlich ist, der Aus- scheidungszeit. Die letztere Grölse, welche, wie besondere Ver- suche ergaben, je nach der Temperatur der Parakaseinlösung mehrere Tage bis wenige Minuten und weniger beträgt, tritt bei der beschriebenen Versuchsanordnung gegenüber der langen Um- wandlungszeit so sehr zurück, dals sie ohne Bedenken vernach- lässigt werden kann. Streng genommen wäre die Ausscheidungszeit, welche von der Einbringung der kalten Proben in den Thermostaten bis zur Bil- dung eines festen Käses vergeht, als eine Funktion der wahren Über die Milchgerinnung durch Lab. zT Ausscheiduneszeiten bei allen durchlaufenen Temperaturen zu be- trachten, vermehrt um die Konsolidationszeit des Käses bei der Endtemperatur; thatsächlich jedoch handelt es sich der Haupt- sache nach nur um die Erwärmungszeit, die zum Erreichen der Koagulationstemperatur benötigt ist. Doch braucht auf diese und gewisse andere komplizierte Verhältnisse hier nicht näher einge- gangen zu werden. Die Ausscheidungszeit ist bei den in die Wärme gebrachten Proben annähernd gleich, somit nicht in erkennbarer Weise von der Labmenge abhängig”). Bei Temperaturen, wie sie zur Lab- prüfung bevorzugt werden, stellt sie eine sehr geringe, selbst un- mef[sbar kurze Zeit dar. Davon kann man sich leicht überzeugen, wenn man der Milch durch Verdünnung, geeignete Zusätze oder Präparationen den nötigen Kalk entzieht und ihn nach erfolgter Labwirkung plötzlich hinzufügt: Ob das Enzym mit der Aus- scheidung selbst etwas zu schaffen hat, ist danach schr fraglich. De Jager?’), welcher die Meinung vertritt, dafs das Lab als Caleciumüberträger fungiere, ist eine ausreichende Begründung seiner Hypothese meines Erachtens schuldig geblieben. Das einzige That- sächliche, das in dieser Hinsicht herangezogen werden kann, ist das Ergebnis Lörchers!*), wonach Lab vom Frosch auch bei einer Tempe- ratur noch Gerinnung erzeugt, wo ein weitaus kräftigeres Präparat vom Kalb völlig versagt. Die Thatsache habe ich stets mit Leichtigkeit und, was wichtig ist, unter Vermeidung jedes Säurezusatzes bestätigen können. Ihre Deutung kann in einer Verschiedenheit des ganzen ent- "stehenden Produktes gesucht werden, oder aber bei der geringen Wahr- scheinlichkeit einer solchen in der Fähigkeit des Froschlabs, die Aus- scheidung des Parakaseins schon in der Kälte zu bewirken. Ich sehe daher die mitgeteilten Versuche als Beweis dafür an, dafs auch unterhalb von 15° die Wirkungsgeschwindigkeit des Labs seiner Masse direkt proportional ist, dafs diese Proportion auch für beliebig kleine Labdosen und beliebig lange Zeiten keine Einschränkung erfährt und dafs die bei Brutwärme beobachteten, abweichenden Resultate ihre natürliche und zureichende Erklärung finden in der bereits von Hammarsten entdeckten, oftmals be- stätigten Zerstörung des Labs durch längere Einwirkung einer solchen Temperatur. Das Ergebnis dieses ersten Teiles meiner Arbeit ist daher der Beweis der scharfen und allgemeinen Geltung des Zeitgesetzes. *) Natürlich kann auch unter gegebenen Bedineungsen die Umwand- lung in der Wärme weiter gehen und die Gerinnung dann mehr oder weniger verspätet auftreten, wie in manchen Versuchen Morgenroths; solche Proben kommen hier aber nicht in Betracht. Beitr. z. chem. Physiologie. 11. 12 178 Ernst Fuld, Wenn dieser Satz auch im Widerspruch steht mit dem, was sämt- liche Autoren angeben, die sich experimentell mit sei es sehr grolsen, sei es sehr kleinen Labmengen beschäftigt haben, so mufs ich doch durchaus an ihm festhalten, zumal ich die Fehler- quellen derselben gezeigt und vermeiden gelernt habe. Theoretisch steht nichts im Wege, ein gegebenes Quantum Milch in einer be- liebig langen oder beliebig kurzen Zeit mit Lab zur Gerinnung zu bringen. Praktisch bildet nur die Wirksamkeit der zur Verfügung stehenden Labpräparate einerseits, die Haltbarkeit der Milch andererseits eine gewisse, nicht sehr störende Grenze. 2. Die Umwandlungsgescehwindigkeit der mit Lab versetzten Milch. Weiterhin habe ich mir die Frage vorgelegt, ob die Um- wandlung der Milch durch das Lab mit gleichbleibender, zu- nehmender oder abnehmender Geschwindigkeit vor sich’ gehe. Mit diesem Problem hat sich experimentell meines Wissens noch niemand beschäftigt. Theoretisch erklärt es Duclaux 1%) für unzugänglich. Es ist einleuchtend, dafs, sobald es einerseits ge- linst, die Labwirkung ausreichend schnell zu unterbrechen, anderer- seits das Umwandlungsprodukt des Kaseins, das Parakasein, von diesem durch irgend eine Reaktion quantitativ zu trennen, eine Lösung der Aufgabe sehr leicht wäre. Mir ist es trotz vieler Bemühungen nicht gelungen, beide Aufgaben zugleich zu erfüllen, d. h. das Lab abzutöten, ohne das Kasein zu verändern. Ohne daher auf dieses Ziel definitiv verzichten zu wollen, habe ich gesucht, von einem andern Gedankengang ausgehend, das Gleiche zu erreichen. Wenn man zu einer der Labwirkung ausgesetzten Milch un- veränderte Milch zusetzt, so wird, wie Arthus & Pages in ihrer bekannten Arbeit ?®) zuerst gezeigt haben, der Eintritt der Ge- rinnung verzögert. L. de Jager”) hat dieses Phänomen hinsicht- lich der Verzögerung quantitativ verfolgt. Nun sagte ich mir (und dieser Gedanke hat sich als richtig erwiesen): Wenn ich nach einem bestimmten Bruchteil der Ge- rinnungszeit das gleiche Quantum Milch hinzufüge und finde etwa, dafs die zur Gerinnung der Mischung nötige Zeit genau so grols ist, als ob von vornherein das Lab zu der doppelten Milchmenge zugesetzt worden wäre, so kann das Zahlenverhältnis zwischen der Menge des umgewandelten Kaseins P (Parakasein) zur Menge des Über die Milehgerinnung durch Lab. 179 unveränderten U — P unmöglich von Einfluls sein, ‚denn dies ändert sich in dem Moment der Mischung plötzlich von dem Wert P:(C — P) auf den Wert P: 20 —P). Wir mülsten also an- nehmen, dafs auch bei Gegenwart der doppelten Milchmenge in derselben Zeit, nicht mehr und nicht weniger, als P Teile Para- kasein aus den 20 Teilen Kasein entstanden wären. Umgekehrt wird durch Hinzufügung einer neuen Menge Lab die Gerinnungszeit so beeinflulst werden müssen, als ob nunmehr eine der Zeitdauer der ersten Labwirkung proportionale Menge Kasein entfernt wäre. Nennen wir die Zeitdauer der durch Kon- trollversuche festeestellten Gerinnungszeit für die erste Lab- menge 7, die Zeit bis zur Hinzufügung des neuen Labs t und machen die beiden Labmengen der Einfachheit zuliebe wiederum gleich, so bekommen wir für die ganze Zeit X von der Hinzu- fügung der ersten Labmenge bis zur Gerinnune: Xet-+ nt oder nach Vereinigung oder allgemein für ein Vielfaches n der ursprünglichen Labmenge: RX ze nt + T°) n—+ 1 Versuch 5a. Es werden 10 ccm Milch mit Lab versetzt und nach wechselnder Zeit wird wiederum Milch hinzugefügt. „ 10 ccm Milch gerinnen mit 0,1 Lab in In Diese Mischung steht | Wird dann versetzt mit er Semumet von da in | gef. | ber. 50 | 10 cem Milch 62" 67 | 5 10” se 54" 6a" | 65 15" | I 62" za | 65" *) Es ist klar, dafs man sich in dieser Art schnell über den Ver- labuneszustand jeder vorliegenden Probe durch Zusatz neuer Labmengen unterrichten kann (z. B. bei unerwartet langer Gerinnungszeit). Ebenso einleuchtend ist die Unzulässiekeit der langsamen Eintragung von Lab in die Milch zwecks Bestimmung der Gerinnungszeit [wobei man vielfach die Zeit zwischen Beginn und Ende des Einflielsens halbierte und diesen Moment als Beeinn der Einwirkung annahm *)°®). Dagegen ist das umeekehrte Verfahren, die Milch zum Lab zuflielsen zu lassen, einwandsfrei, sobald die erste Menge Milch schnell genug zuströmt. Von diesem Augen- blick an hat man mit der Zeitmessung zu beginnen. 12* 180 Ernst Fuld, Versuch 5b. Milch zu gleichen Teilen mit Wasser gemischt, sonst wie oben. 10Occm verdünnte Milch gerinnen mit 0,3 Lab in 35”. \ ne se Wird dann versetzt mit en Sesamisze Mischung steht von da in | gef. | ber. 10" | 10cm verd. Milch DZ z0" | on 5" | lo x N | 5 70" 70% 95" 110 2.3K0 " n 74" 937 70" Versuch 5e. Mischversuch wie bei 5b, nur wird statt der ver- dünnten Milch Wasser resp. unverdünnte Milch zugesetzt nach je 15”. Verdünnte Milch (5 + 5) mit 0,2 Lab in 31”. Die Mischung steht Dazu Gerinnt | Gesamtzahl | von daanin | gef. | ber. | | 16" | 10cem Milch aa | 58” | 59" 15 | 10 „ Wasser @ | © | © | | (Vergl. hierzu de Jager 9, S. 266.) 2,5 Wasser . „ onen Berechnung: Nach 16’ Labwirkung sind in der verdünnten Milch unverändert die eine Hälfte — 5 cem Mischung — 2,5 cem Milch hierzu kommen 10 „ Milch —.102%05 4 Zusammen . .. 0.01.0222. 12,5.cem- Milch: Demnach sind in einer Flüssigkeit von dem Salzgehalt einer Milch mit dem Drittel Volum Wasser zu verlaben 12,5 cem. Dies erfordert 26.125 Aa EHE 43". Gefunden 42". Es gerinnen mit 0,2 Lab 10 cem — Versuch 6. 10cem Milch +4 0,1 Lab gerinnen in 36”. Die Nee | Dazu dann die ‚Gerinnt | Gesamtzahl Labmenge | in weiter gef. ber. 10” 0,1 13" ag | 94,5" gm | 0,2 8,5" 17,5" | 18" 901 | 0,1 zu 97 | ag 90" | 0,2 50 95 | 94,g Der Versuch bestätigt beide Erwartungen ausreichend. Aller- dings ist es nicht möglich, mit der Beimischung der unveränderten Milch länger zu warten als etwas über die Hälfte der voraus- sichtlichen Gerinnungszeit der ersten Probe. Über die Milchgerinnung durch Lab. 181 Dies rührt vermutlich her von den der sichtbaren Koagulation vorausgehenden Veränderungen, welche einer guten Mischung mit un- veränderter Milch im Wege stehen. Bereits Mayer *2) hat gezeigt, dafs (frischer) Käse fast das ganze Lab einschliefst, ähnlich also anderen frischen Niederschlägen, Magnesiumkarbonat u. s. w., welche nach dem Stehen ebenfalls das Enzym wieder loslassen. Wartet man länger als bis zu diesem Zeitpunkt, so sieht man die Gerinnung ganz unberechen- bar mehr oder weniger verspätet auftreten, angekündigt von sehr früh- zeitig, zur theoretischen Koagulationszeit der ersten Probe erscheinenden feinen Flocken. Dasselbe erfährt man, wenn man es versäumt, für ausgiebigste Mischung zu sorgen. Dies scheint de Jager?) begegnet zu sein, welcher eine ganz enorme Verzögerung gegenüber der von vornherein gemischten Probe erhielt. Ubrigens widersprechen andere Werte, die er mit diesen zusammen für eine eigene Gerinnungstheorie aufführt, dem Zeitgesetz. Die Richtigkeit meiner Deutung wird bestätigt durch den Ausfall der Versuche mit nachträglichem Labzusatz. Während nach der Mischung im vorigen Falle nur etwa ein Viertel des an- wesenden Kaseins umgewandelt sein durfte, steht diesmal nichts im Wege, über die Hälfte der betreffenden Gerinnungszeit hinaus zu warten mit dem neuen Labzusatz, wonach also die umgewandelte Menge die Hälfte übersteigt. Mein Resultat stimmt mit einer Bemerkung von Arthus und Pages?®) überein, wonach bei gleichgemachtem Chlorcaleium- gehalt die Proben, welche (nach Lörchers Vermutung bei gleichem Labgehalt) ihn am längsten besessen haben, das grölste Hitze- koagulum geben. In einer noch wertvolleren Übereinstimmung befinde ich mich mit Lörcher!*) selbst, welcher zahlenmälsige Angaben macht über die Gerinnungszeiten mit einer bestimmten Menge Lab und einer ebenfalls konstanten Menge Chlorcaleium, welche aber in verschiedenen Momenten der Labwirkung zugesetzt wurde. Diese Übereinstimmung ist um so willkommener, als Lör- cher offenbar eine solche Deutung seiner Zahlen recht fern ge- legen hat. Bei Vermeidung irgend welcher theoretischen Prämissen steht es uns praktisch natürlich frei, die Verstärkung des Labs durch Chlor- caleium als eine Vermehrung der Labstärke oder Labmenge vorzustellen. Nennen wir die Labmenge ohne Chlorcaleium 1, die durch dieses Salz scheinbar vermehrte x, die uns leider direkt nicht mitgeteilte Ge- rinnungszeit durch das Lab allein €, die zwischen Lab- und Salzzusatz verstrichene Zeit Z, die von da bis zur Gerinnung vergehende Z’, so erhalten wir aus seinen Daten eine Anzahl Gleichungen, welche nur unter den gemachten Voraussetzungen einigermalsen übereinstimmende Werte liefern. Die Gerinnungszeit setzt sich zusammen aus einem 182 Ernst Fuld, ersten Teil Z, während dessen die Labmenge 1 wirkt und eine Ver- änderung der Milch von der Grölse Z/C bewirkt. Die beobachtete Zahl Z’ stellt die Zeit dar, während deren das verstärkte Lab die REIS \ : fehlende Veränderung 1— — leistet. Diese, Z’, ist um so kürzer, je C 5 ; 9 ’ ,.0—Z gröfser die Vermehrung der Labstärke durch das Salz ist: Z a Multipliziere ich daher den beobachteten Wert für Z' mit dem berech- neten für x und addiere ıhn zu dem zugehörigen Z, so muls ich wieder 0 erhalten. 327070. ea) 5650. ....0) 9.8072 0 ra) ee N) 5 1608—=l....60) Ar 5300... (6) 60+402—C . (7) Aus (5) und (7) ergiebt sich der Wert für © 130’. Unter dieser Vor- aussetzung erhalten wir für & der Reihe nach die Werte: 1,81, 1,83, 1,79, 1,85, 1,75, 1,70, 1,75. Der vorletzte Wert ist etwas stärker abweichend, im übrigen nimmt die Stärke des Labs in den letzten Gleichungen ein wenig ab (ebenso die von x), was bei der grofsen Schwäche des Präparates — Gerinnung (berechnet) nach über zwei Stunden — nicht wunder nehmen kann. Im ganzen muls eine Über- einstimmung bis auf etwa 6 Proz. recht befriedigend genannt werden. Es folgt aus alledem, dals die Wirkung des Labs auf die Milch weder beschleunigt noch verzögert verläuft, sondern mit gleichförmiger Geschwindigkeit. Hieraus aber folgt unmittelbar, dals die Konzentration an (unverändertem) Kasein ohne jeden Ein- fluls auf diesen Prozels ist, da diese vom Beginn der Wirkung an unausgesetzt abnimmt, die Geschwindigkeit aber nicht. Vorausgesetzt ist dabei allerdings, dals es das Kasein ist, auf welches das Labferment einwirkt. Auch diese Lehre ist neuerdiigs bekämpft worden, und wenn auch die dagegen an- geführten Gründe recht wenig stichhaltig sind, so müssen sie doch kurz besprochen werden. Briot2%) nämlich behauptet, dafs es nicht so sehr das Kasein als das Caleciumphosphat sei, welches die Gerinnung der Milch bewirke. Ein sehr einfacher Versuch ge- stattet uns, ein Urteil zu gewinnen über die Zeit, welche jeder von beiden Körpern für seine Umwandlung durch das Lab in Anspruch nimmt. Man fällt aus einem Quantum Milch das Kasein mit Säure aus, filtriert ab und neutralisiert. Von der neutralen Molke sowie von der Milch, aus der sie bereitet ist, werden je zwei gleiche Über die Milchgerinnung durch Lab. 183 Proben ins Wasserbad gesetzt. Nachdem sie dessen Temperatur angenommen haben, wird eine Probe Milch und eine Probe Molke vermischt und nach einigem Abwarten die Gerinnungszeit mit einer bestimmten Menge Lab festgestellt. Die gleiche Labmenge wird zu der zweiten Portion Molke gesetzt und eine kurze Zeit darin belassen, darauf wird auch in diese Mischung die abge- messene Menge warme Milch eingetragen. Die Gerinnungszeit von diesem Momente an gerechnet bleibt hinter derjenigen der ersten Probe gleicher Zusammensetzung nicht zurück, was doch der Fall sein mülste, wenn das Lab irgend eine die Gerinnung begünstigende Veränderung an den mineralischen Bestandteilen der Milch hervorbringen könnte. Versuch 7. a) 3cem Milch + 7 ccm ganz schwach alkalischer Molke + 0,1 Lab gerinnen in. . . ee b) 7 ccm der re Molke stehen einige en mit 0,1 Lab dazu werden dann gesetzt 3ccm Milch; die Gerinnumeszeit betrach 0 0... 0 9 derselbe Versuch mit schwach saurer Molke: DR oe Pe a Ne BD). ii none en Se Die Ansicht Briots hat um so weniger Bestechendes, als es eine längst sicher gestellte Thatsache ist, dals phosphatfreie Lösungen von Kasein durch irgend ein anderes Kalksalz gerinnbar werden, und dafs der einzige Unterschied in der Beschaffenheit des Käses liest, wie dies von Hammarsten und Duclaux klar auseinandergesetzt worden ist. Endlich habe ich auch die Versuche über den Einfluls ver- schiedener Temperaturen auf die Gerinnungsgeschwindigekeit aus- geführt. Die Ausführung geschah nach der von mir ausgearbeiteten Methode. Das Lab wurde zimmerwarm in geringem Volumen, aber grolser Stärke in die vorgewärmte Milch gebracht. Nur solche Versuche fanden Berücksichtigung, die das Zeitgesetz zum Aus- >) druck brachten, daher wurde die Untersuchung auf das Intervall von 20 bis 50° beschränkt. Damit sind zwei sehr wesentliche Fehlerquellen vermieden: die Zerstörung des Enzyms während des Versuches (welche die Probe mit niederem Labgehalt stärker beeinflussen müflste) und die Verzögerung der sichtbaren Gerinnung (welche sämtliche Zeiten um einen mehr oder weniger konstanten Betrag hinaufsetzt). Demgegenüber muls der durch die niedrigere Temperatur des Labs veranlafste Fehler als unerheblich angesehen 184 Ernst Fuld, werden. Die so erhaltene Kurve unterscheidet sich von den bis- her veröffentlichten und zwar naturgemäfs namentlich für die. höheren Wärmegrade. Hat doch Mayer”) z. B. mit seinen viel zu schwachen Labgaben keine Wirkung jenseits von 40% gefunden. Andere 51) und 54) zeichnen jenseits des Optimums eine scharfe Wendung der Kurve, das Maximum selbst wurde wohl auch noch mit 41° wesentlich zu niedrig geschätzt, es dürfte nahe an 450 liegen, von wo ab die Kurve nach beiden Seiten zuerst ganz sanft, dann steiler abfällt. Für niedrigere Temperaturen wäre es nach der Morgenrothschen Methode (mit meiner Modifikation) leicht die Werte zu bestimmen *). Jedenfalls erscheint mir im ganzen ziemlich sicher, dafs, so- weit Störungen vermieden werden können, für das Lab die auch sonst allgemein gültige Regel besteht, dafs einer Abkühlung um 10° etwa eine Verlangsamung des Prozesses aufs Doppelte entspricht. Versuch ®8. Tem- | : Ge- ' Produkt Labmenge | rinnungs- 3 peratur | er 16,27 (€: | zeit 20° | _- | — | inkonstant 25,05? 0,6 Ju | 54 0,2 DI 51 0,4 147 56 30° 0,4 8 32 0,2 16” 32 | 350 | 0,1 Ip 7 | 0.2 8,5" 7 | 0,05 34 17 40° 0,1 10,5 | 10,5 0,2 Su | 10 449 I hl N 9 0,2 A $) 0,05 118% 9 50° 0,4 UN 16 0,2 Pau 14 0.1 14 14 *) Anm. bei der Korrektur. Solche Versuche wurden angestellt und ergaben, dals die Umwandlunesgeschwindigkeit bis zu 20° C. zunimmt, dort aber scheinbar erölser ist als bei 40°. Eine andere Methode der Prüfung läfst jedoch letztere Temperatur günstiger erscheimen. Die Diskussion dieser Resultate mu[s daher zurückgestellt werden. Über die Milehgerinnung durch Lab. 155 3. Zur Theorie des Zeitgesetzes der Labung. Die vorgeführten Thatsachen lehren, dafs alle übrigen Be- dingungen gleich gesetzt der Umwandlungsvorgang so verläuft, als ob die Enzymmicelle auf die einzelnen Kaseinteilchen so ein- wirkte, wie wenn sie allein da wären, ohne Rücksicht auf die Zahl der übrigen, so dafs das Ferment in einer grolsen Menge Mileh in einem gegebenen Zeitteil ebenso viel leistet als in einer kleinen, solange die betreffende Zeit hinter der Gerinnungszeit zurückbleibt, d. h. die Reaktionsgeschwindigkeit ist bis zum Ende konstant. Auch zeigt der Versuch, dals nichts im Weee steht, die Differentiation vorzunehmen, welche zur Annahme einer gleich- bleibenden Wirkungsgeschwindigkeit führt. Wir werden ferner dadurch genötigt, anzunehmen, dafs die Konzentration an den Um- wandlungsprodukten ohne Belang für den Verlauf des Prozesses sei. Was zunächst das zuletzt genannte Moment anlangt, so ist folgendes zu bemerken. Da für alle Enzyme, welche lösliche Pro- dukte bilden, nachgewiesen werden konnte, dals diese teils mehr, teils weniger, immer aber merklich die Enzymwirkung stören 16), so mulste man fragen, ob nicht vielleicht die Unlöslichkeit des Parakaseins eine genügende Erklärung für diese Sonderstellung gestattet. Bereits Tammann °°) hat anlälslich seiner Betrachtungen über die Unvollständigkeit aller Fermentreaktionen eine solche statuiert und in derselben Weise erklärt. Dals diese „Unlöslich- keit“ unter Umständen sich von der des Kaseins nicht unter- scheidet, werden wir noch sehen. Alsdann wird man aber die alte Annahme Hammarstens*), dals das Kaseinmolekül in Parakasein und ein peptonähnliches Produkt zerfällt, aufgeben müssen, wozu um so mehr Grund vorliegt, als anscheinend alle spaltenden Fermente des Säuge- tierorganismus sich der Regel von Schütz und Borissow fügen 5?) >) 57), das Lab aber einem absolut anderen Gesetz folgt. Ein dissoziierender Einflufs des Lösungsmittels 5%) auf das Ferment kann hier nicht angenommen werden. Auch hat Duclaux!?) eine Vermehrung des löslichen Eiweilses im weitesten Sinne durch die Gerinnung nicht bestätigt, endlich hat Hillmann *) für den Quo- tienten Käse : Kasein Werte gefunden, die sich unter günstigen Be- dingungen der Einheit so weit nähern, dafs Hammarsten’S) selbst, wie es scheint, an dieser Meinung nicht mehr festhält. Neue Be- weise sind aber von keiner Seite für die Spaltungstheorie bei- gebracht worden, wenn auch einzelne Autoren 23) 2?) noch derselben 186 Ernst Fuld, anhängen. Dafs sich neben der Labwirkung eine Spaltung ein- stellen kann, ist nicht auffällig, da die Labpräparate zum Teil stark mit Bakterien, allesamt aber mit Verdauungsfermenten (Pseudo- pepsin Glaessners) verunreinigt sind. Aus dem gefundenen Satz einer konstanten Umwandlungs- geschwindigkeit ergiebt sich umgekehrt in notwendiger Folgerung, dafs bei gleichbleibender Labkonzentration die Umwandlungszeit mit der verfügbaren Kaseinmenge wachsen muls. Merkwürdiger- weise fehlt es an Angaben über diesen Punkt in der mir zugäng- lichen Litteratur durchaus. Es beruht dies auf der üblichen, aber unzweckmälsigen Anwendung des Wassers als Verdünnungsmittel. Da kann eine einfache Beziehung nicht erwartet werden. Ham- marsten selbst) zeigte, dals hier die Verdünnung der Kalksalze störend mitwirkt, und über diesen Satz hinaus ist man bisher nicht gelangt. Wahrscheinlich würde es möglich sein, durch Vergleichung der überaus regelmälsig angestellten Versuche über den Einflufs der Ver- dünnung mit Wasser, der Hinzufügung kleiner Volume kalkhaltiger und kalkbindender Lösungen unter den erforderlichen Umrechnungen eine Tabelle zu erhalten über den Einflufis der Konzentration des Kaseins selbst. Dieser Arbeit habe ich mich nicht unterzogen, da der Caleiumgehalt der verwendeten Milch meist nicht angegeben wird und weil nur ein nicht genau zu ermittelnder Teil dieser Grölse für die Labwirkung in Betracht kommt, endlich auch weil mir die Zahlen mancher Autoren an sich wegen ihres Widerstreites mit dem Zeitgesetz nicht das nötige Vertrauen einflölsten. So viel jedoch ist den ver- schiedensten Angaben zu entnehmen, dafs die Verdünnung bis zu einem gewissen Grade begünstigend wirkt. Hierin ist Hammarsten mit Peters (letzterer betr. das Papayotin) einig. Allerdings mufs ich hin- zufügen, dafs man bisher stets, wie ich glaube auf Kosten der Klarheit, nicht gleiche Kaseinmengen, sondern gleiche Flüssiekeitsvolume ver- glichen hat. Ebenso erkläre ich mir den begünstigenden Einflufs schwacher Dialyse ®) aus der eintretenden Volumenvermehrung, mit welcher der Austritt der schwer difiundierenden Kalksalze nicht gleichen Schritt hält. Letzterer ist überhaupt so wenig vollständig, dafs die Milch durch blofse Dialyse für ausreichende Enzymgaben selbst in mehreren Tagen nicht ungerinnbar zu machen ist. Während also, wie man leicht zeigen kann, an sich die Kalk- verdünnung der Gerinnung entgegenwirkt, überwiegt doch zunächst der Effekt der Kaseinverminderung. Also selbst bei einem so schlechten Verdünnungsmittel wie Wasser springt (wegen der eigentümlichen Gestalt der Kalkwirkungskurve) die Thatsache hervor, dafs die Gerinnungszeit durch Verminderung der absoluten Kaseinmenge eine Verkürzung erfährt. Mir ist es einigemale Über die Milchgerinnung durch Lab. 157 gelungen, durch Anwendung neutralisierter saurer Molke als Ver- dünnungsmittel, mit welchem immer zu l10ccm aufgefüllt wurde, Gerinnungszeiten zu erhalten, welche den angewandten Milchquanten nahe proportional waren, oder bei Anwendung gleicher Milch- mengen Unabhängigkeit von der Verdünnung zu statuieren. Versuch 9. 9 eemMolke -- 1cem Milch gerinnen mit 0,4ccm Lablösung in 2” — ber. 1” ) ” ” Z= 2 » ” ” ” ” ” ” a KoR ” 2 7 ” ” Sr 3 ” ) b) $)) ” ) » 3,5" Eu, ” 3 6 ” ” ar 4 ” ” ” ” ” ” ” en ” 4 5 ” ” = 5 ” ” ” ” ” ” ” SU AR) ” 5" 4 ” ” nis: 6 ” ” ” » ” ” ” 6" FE ” 6% 3 ” ” = 7 ” ” ” ” ” ” ” 16% DIE ” zu 2 ” ” 1 8 ” ” ” ” ” ” ” 8" m ” 8,5" 1 ” ” = 9 3) ” ” ” ” ” b) Sp/ah Sue ” 9,5" 0 ” e)) +10 ” ” ” ” ” ” » 10,5" ) 10,5” Die Neutralisation der Molke bereitet grofse Schwierigkeiten; die Reaktion der Milch kann doch nicht erreicht werden, da ja eben das Kasein entfernt ist. Welchen Indikator man auch be- nutzen mag, das oben genannte Resultat ist nicht regelmälsig zu erlangen. Möglich, dafs die beim Ansäuern (obwohl oft spontan gesäuerte Milch von derselben Kuh diente) und Neutralisieren her- beigeführte Verdünnung mitspielt; wahrscheinlicher ist es, dafs, die Ausscheidungsbedingungen des Käses, seine Scheinlöslichkeit, das Hindernis darstellt. Zur Ausscheidung des Käses ist nämlich erforderlich entweder eine bestimmte Konzentration an Käse (sehr verdünnte Milch ist mit Lab allein ungerinnbar) oder eine Veränderung des Menstruums, durch welche seine Lösungsfähiskeit für Käse herabgesetzt wird. (Die „schlechte“ Gerinnbarkeit sehr kaseinarmer Lösungen läfst sich nach Hammarsten?°) stets durch Hinzufüsung von Chlorcaleium verbessern.) Die erste Möglichkeit suchte ich zu verwerten in einem Versuch, wo ich nicht die Milch mit einer anderen Flüssig- keit verdünnte, sondern im Gegenteil festes Kasein (nicht Kasein- säure wie Arthus und Pages) eintrug. Um solches möglichst unverändert zu erhalten, filtriierte ich eine Probe von der Versuchs- milch durch den Lehmannschen Separator. (Das mit dem Kasein zugleich abgehobene Phosphat, Fett und Eiweils ist für unsern Versuch absolut gleichgültie.) Der Rückstand wurde in Milch aufgeschwemmt und die Gerinnungszeit grölser gefunden als in der Begleitprobe und zwar ungefähr der Schätzung entsprechend. Trotzdem kann ich mich nicht entschliefsen, grolses Gewicht auf 188 Ernst Fuld, diesen Versuch zu legen, da möglicherweise die Verteilung un- genügend gewesen sein konnte und die groben Klumpen Lab ab- sorbieren konnten. Mehr Glück hatte ich mit der zweiten Methode. Auf Grund meiner Versuche mit Erdalkalisalzen wurde ein Gehalt daran ge- wählt, welcher in der Nähe des Optimums liegt, weil da kleine Verschiedenheiten nur geringe Fehler bewirken. Aufserdem näherte ich mich absichtlich etwas mehr der oberen Grenze, damit ja der Kalkgehalt ausreichte. Mit je lccm einer Stammlösung wurden verschiedene Mischungen von destilliertem Wasser und kalkarmer Kaseinlösung auf den gewünschten Kalkgehalt und zugleich auf 10Occm gebracht. Die Kaseinlösung wurde mittels Sättigung mit Kochsalz nach den Vorschriften von Hammarsten bereitet, nur, dafs ich mich absichtlich des chemisch reinen Salzes bediente. Der in der Wärme erzeugte Niederschlag wurde auf einem Filter gesammelt und in etwa dem ursprünglichen Volum Wassser auf- geschwemmt. Die Gerinnungszeiten waren proportional dem Kasein- gehalt. Versuch 10. 50g frische Milch, verdünnt mit 100 ccm reiner gesättigter Kochsalzlösung, werden mit überschüssigem reinen Kochsalz geschüttelt, bei 40° digeriert, filtriert, das Filter mit gesättigter Koch- salzlösung ausgewaschen, in 30ccm Wasser aufgeschwemmt, vom Bodensatz abgegossen. Von dem Abgufs werden abgemessen 1, 3, 5, 7ccm. Alle Proben werden mit je lcem doppelt normaler Baryum- nitratlösung versetzt und mit destilliertem Wasser auf 10 ccm auf- gefüllt. Die resp. Gerinnungszeiten waren: Kaseinlösunezcemule 00 20.2.0097 E Sa { TE VA ee LOG Auch durch Verdünnung der Milch mit optimaler Chlor caleium- lösung habe ich hierher gehörige Resultate erhalten. Da nun auch für die Milchgerinnung eine Gescetzmälsigkeit von gleicher Form gilt, so steht es uns offenbar frei, zwei Kasein- mengen m und n in den Zeiten m, bezw. n, gerinnen zu lassen l. in ein und demselben Volumen (wie soeben beschrieben), 2. in den Volumina mC bezw. nÜ. (Die Zeitmalse habe ich der Be- quemlichkeit halber wechseln lassen, es ist das Verhältnis, auf das es uns ankommt.) Hieraus folgt aber zur Evidenz, dafs nicht, die Konzentration der Gesamtflüssigkeit an Kasein bei dem Zeitgesetz mitspielt, sondern lediglich das Verhältnis zwischen Über die Milehgerinnung durch Lab. 189 Labmenge und Kaseinmenge, mit anderen Worten die Konzen- tration des Kaseins an Lab. Dies ist ein ungemein auffallendes Ergebnis, für welches in der physikalischen Chemie bis jetzt kein Analogon bekannt ist; indessen ist es ja nicht das erste Mal, dals die Enzyme bei an sich durchsichtiger Wirkungsformel sich von dem anderweit zu beobachtenden entfernen. Man kann in unserem Falle an verschiedene Deutungsmöglich- keiten denken, welche sämtlich auf der wohl mehr als hinreichend ‚bewiesenen Unlöslichkeit des Kaseins (das man ja nach und nach auf einem Papierfilter sammeln kann) beruhen. Erstens würde die logarithmische Kurve, welche wir bei anderen Reaktionen erster Ordnung, u. a. auch der Labzymogenese, wie ich gefunden habe und nächstens näher mitteilen werde, wahrzunehmen gewohnt sind, worauf mich mein Freund Herr Prof. Schwarzschild in Göt- tingen aufmerksam macht, bei unendlichen Mengen in die hier beobachtete Hyperbel &.y=( übergehen. Ersetzt man den Aus- druck „unendlich“ durch „unerschöpflich“ und erinnert sich, dafs die Umwandlung durchaus nicht annähernd vollständig zu sein braucht, ganz vollständig wohl überhaupt niemals, mindestens nicht in den beobachteten Fällen war, so ergäbe sich folgendes: Von dem sehr ‚schwer löslichen Kasein ist jederzeit nur ein verschwindender Teil in wahrer Lösung, daher die Lösung sich aus einem beschränkten Kaseinvorrat jederzeit gesättigt hält. Nur auf diesen Teil wirkt das Enzym. Das umgewandelte Kasein scheidet wieder aus der Lösung aus und wird durch neues ersetzt. Diese Vorstellung setzt voraus, dals das Enzym sich dem Kasein analog verhält: Insoweit dies seine Löslichkeitsverhältnisse betrifft, besteht hier wohl kein Hindernis. Aber um der Beobachtung gerecht zu werden, dafs gröfsere Fermentmengen nicht nur bis zu einem gewissen Grad, sondern, wie gezeigt, bis zu jeder beliebigen Grenze entsprechend schneller wirken, müfste man einen Verbrauch des Enzyms an- nehmen, der nicht zu erweisen ist, oder aber man mufs von der Hypothese des unerschöpfbaren Ferments abgehen und es schlecht- hin gelöst sein lassen. Dann würde seine Verdünnung aufgewogen werden durch die gröfsere Menge des in Lösung befindlichen Kaseins und allen meinen mitgeteilten Erfahrungen Genüge geschehen. Dennoch halte ich die mitgeteilte Hypothese auch in ihrer letzten Form für unwahrscheinlich, weil eben das Enzym sich ‘nicht verhält wie ein in echter und noch dazu totaler Lösung be- 190 Ernst Fuld, findlicher Körper, vielmehr wie ein echtes Kolloid. Es besitzt z. B. in hohem Grade die Fähigkeit, sich an irgendwelche korpus- kuläre Elemente anzuheften, so z. B. an Tierkohle u. s. w. In ganz gleicher Weise dürfte es nicht an das gelöste, sondern eben an das ungelöste Kasein herantreten, so dafs dieses für das Lab als festes Lösungsmittel oder, wenn man lieber will, als Ab- sorbens fungiert. Da es sich hiernach um eine Ausschüttelung oder Verteilung nach einem sehr hohen Koefficienten zwischen Kasein und Wasser handelt, so ist es von vornherein klar, dafs nur die absolute Menge des Kaseins, nicht aber das Volum der Flüssigkeit von Belang sein kann. Nach der Labung würde das Kasein seine Anziehungskraft auf das Enzym einbülsen (was nicht ausschlie[st, dals es aus dem Innern eines sichtbaren oder un- sichtbaren Käses nicht herausdiffundieren kann) und dieses an ein neues Teilchen herantreten u. s. f£ Die Analogie dieser Vor- stellung mit der von Würtz [s.!%)] für das Pepsin entwickelten war mir sehr erfreulich, um so mehr, als ich bei ihrer Ausarbeitung an jene gar nicht gedacht hatte. Diese Analogisierung scheint mir am ehesten gerechtfertigt, da Lab und Pepsin nach Provenienz und Eigenschaften wenn auch keine Identität, so doch Verwandt- schaft aufweisen. Nun wird das Pepsin (oder eventuell Pepsinogen) von einer Fibrinflocke aus einem grolsen Volumen Wasser auf- genommen und kann durch Waschen mit Wasser daraus nicht entfernt werden, woraus hervorgeht, dals es in Wasser eben un- löslich ist. Denn anzunehmen, wie Würtz that, dafs es mit dem Fibrin eine chemische Verbindung eingegangen sei, wird heutzu- tage wohl niemand geneigt sein. Nach Glaessners Versuchen besitzt das Labzymogen noch weniger die Oharaktere einer lös- lichen Substanz als das Pepsinogen. Diese Vereinigung von Pepsin und Fibrin ist also wohl zu trennen von der Spaltung des Fibrins durch dieses Enzym, welche erst in saurer Lösung, eventuell gar erst nach der Aktivierung des Proferments stattfindet. Ehrlich und Morgenroth!%) haben eine von ersterem Forscher anderweit aufgestellte Theorie auf die Fermente, und zwar speziell auf das Lab ausgedehnt, welche ebenfalls innerhalb gewisser Grenzen zu diesen beiden Stadien der Enzymwirkung palst. Danach soll das Enzym zwei wohl charakterisierte chemische Gruppen besitzen, eine sogenannte haptophore und eine toxophore oder zymophore. Vermöge der ersteren Gruppe sollte es im stande sein, mit einer zymopbilen Gruppe der fer- mentierten Substanz eine chemische Bindung einzugehen und mit der zymophoren alsdann in einer nicht weiter definierten Art die Ferment- wirkung entfalten. Während letztere Vorstellung ihre Stütze vorläufig nur Über die Milchgerinnung durch Lab. 191 in losen Analogieen mit der selbst nicht völlig durchsichtigen Theorie der Toxinwirkung findet, so dafs an dieser Stelle von ihr abgesehen werden darf, liegen für die Annahme einer sogenannten haptophoren Gruppe experimentelle Angaben von Morgenroth vor. Dieser Autor fand, dafs nach Labinjektionen das Serum mancher Tiere die Eigenschaft gewinnt, die Labwirkung zu verhindern; unabhängig von ihm fand Briot dasselbe. Die Wirkung des so erhaltenen Immunserums betrifft, wie ich bestätigen kann, das Ferment. Auch die Wirkung normalen Blutes auf die Labgerinnung hat, wie Röd@n u. Morgenroth annehmen, einen ähnlichen Grund. Die von Spiro und mir 3°) früher betonte Kalkbindung spielt jedenfalls nur eine sekundäre Rolle. Ich werde an anderer Stelle diese Verhältnisse erörtern und erwähne sie nur, um unsere älteren Angaben im Einverständnis mit Herrn Dr. Spiro zu berichtigen. Nichtsdestoweniger kann nach den neueren Befunden von Ehrlich u. Morgenroth an Hämolysinen sowie meinen eigenen FEr- fahrungen mit Antilab die anfänglich angenommene Einheitlichkeit der haptophoren Gruppe nicht festgehalten werden, wonach die Erzeugung eines Antikörpers, so interessant sie auch ist, hier nicht in Betracht kommt. 4. Über den Ausscheidungsvorgang. Die plötzlich erfolgende Ausscheidung des Käsegerinnsels bezeichnet unter geeigneten Bedingungen — genügende Konzen- “ tration, Temperatur über etwa 25°, Anwesenheit löslicher Erdalkali- salze, entsprechende Reaktion u. s. w. — das Ende der Umwand- lung des Kaseins in Parakasein, etwa wie der Farbenumschlag eines Indikators die erfoigte Absättigung einer Säure durch Alkali. Vor Eintritt dieses Zeitpunktes, während der Umwandlungs- zeit, hat dem oben Entwickelten zufolge die Menge des Kaseins mit konstanter Geschwindigkeit sich vermindert, die des Para- kaseins sich vermehrt. Die Ausscheidung des Umwandlungspro- duktes erfolost, wenn die Umwandlung nahezu vollendet ist, mit überraschender Plötzlichkeit, obgleich es ja in steigender Konzen- tration schon vordem vorhanden gewesen sein mulste. Dieses Verhalten legt die Vorstellung nahe, dafs die Ausscheidung des Calciumparakaseins durch die Kaseinreste behindert wird, solange solche in einer gewissen wenn auch schliefslich sehr geringen Menge vorhanden sind. Sinkt die Kaseinmenge bis zu einer be- stimmten unteren Grenze, so erfolgt die Ausscheidung. Ist diese Vorstellung richtig, so mul[s sich die ausscheidungshemmende Wir- kung des Kaseins näher beweisen lassen. Arthus u. Pages2$) haben gefunden, de Jager und ich bestätigt, dafs Milchzusatz bei Anwesenheit von Ferment die Ge- 12) Ernst Fuld, rinnung verzögert. Mit Unrecht, wie mir scheint, haben Spiro und ich in unserer vorigen Labarbeit ?') diese Verhältnisse auf Kalkentziehung zurückgeführt; denn der Kalkgehalt bleibt ja bei der Mischung unverändert und die Arthussche Annahme, dafs bei der normalen Käsebildung Kalk ins Kaseinmolekül eintrete, ist nicht nur willkürlich, sondern nach Soeldners:5) Analysen des Thonzellenfiltrates recht unwahrscheinlich. Wenn auch der bisherigen Darstellung die Verhältnisse einer Labung zu Grunde gelegt sind, die bei im wesentlichen konstanter Temperatur vor sich geht, so reichen die dabei eingeführten Vor- stellungen doch aus, um die bei anderer Versuchsanordnung auf- tretenden Vorgänge zu erklären. Aufser dem bereits besprochenen (S. 174) Verfahren von Morgenroth sind noch andere Methoden angegeben worden, um unter Zuhülfenahme eines "Temperatur- sprunges die Umwandlungsprodukte des Kaseins zu bestimmen. So liefs man die Umwandlung bei Brutwärme bis zu einem ge- wissen Punkte vorschreiten und unterbrach sie dann durch rasche Erhöhung der Temperatur, durch welche die Ausscheidung ihrer- seits begünstigt wurde. In erster Linie sind es Versuche von Arthus u. Pages, die hier zu besprechen sind. Diese konnten zeigen, dafs lange, bevor ein Gerinnsel bei Brut- wärme zu bemerken ist, durch Erwärmung auf 90°C. ein solches entsteht. Kurze Zeit nachdem dieses erhalten werden konnte, tritt bereits bei 70% Gerinnung auf, diese wird im Verlauf der Umwandlung immer überwiegender, während diejenige bei 90° fort- bestehen bleibt. Letztere läfst sich an jeder sülsen Molke nach- weisen. Aus diesen Thatsachen, welche sich den auf S. 176 fest- gestellten ohne Lücke anreihen, schliefse ich, dafs mit steigender Temperatur die Stärke der Ausscheidungshemmung durch das Kasein abnimmt, nicht nur für das Parakasein, sondern auch für diejenigen anderen Eiweilsstoffe der Milch, welche in die Molke übergehen. Dagegen kann die Deutung der Autoren selbst, welche aus diesen Befunden die Richtiskeit der Spaltungshypothese folgern, wegen mannigfaltiger Schwierigkeiten nicht angenommen werden. Mufs es schon auffallen, dafs die bei 90° koagulierende Lakto- serumproteose im Gegensatz zu dem mit ihr angeblich identischen Molkeneiweils von Hammarsten u. Koester*) durch Hitze zur Gerinnung‘ gebracht werden kann, so ist es vollends unerklärlich, wie so dieses Spaltungsprodukt vor dem anderen, dem Kaseogen, nachgewiesen werden kann, welches bei 70° koaguliert, da doch beide in ihrer Entstehung gleichen Schritt halten mülsten und Uber die Milchgerinnung durch Lab. 193 letzteres schlielslich in weit überwiegender Menge vorhanden ist. Eine weitere Stütze für die Annahme, dafs es sich bei diesen Hitzekoagulationen nicht um besondere Eiweilskörper von unver- änderlichem Charakter handelt, sondern lediglich um Parakasein, das je nach der Temperatur, sowie nach der Menge des anwesenden Kaseins die Bedingungen zur Ausscheidung findet oder nicht, liefs sich durch den Versuch erbringen. Versuch 11. Milch wird mit Lab digeriert, so dafs nach etwa 6 Min. Gerinnung eintritt. Einenach 3 Min. entnommene Probe weist beim Kochen reichliche Gerinnsel auf. Nun wird eine zweite Probe mit dem drei- fachen Volumen unveränderter Milch gemischt und gekocht: es ist auch nicht die Spur einer Flockenbildung oder Gerinnung zu verzeichnen. Vollkommen ähnliche Erwägungen gelten für das Metakasein von Roberts und Edkins, welches ebenfalls nichts weiter ist als mit Kasein vermengtes Parakasein, keine Zwischenstufe. Über den Mechanismus des Ausscheidungsvorganges läfst sich jetzt, seit unsere Kenntnisse über das physikalische Verhalten kolloidaler Lösungen einen Schritt nach vorwärts gethan haben, eine klarere Vorstellung bilden. Nach de Jager!P) und anderen findet man beim Kochen der Milch keinen Niederschlag von Albumin und Globulin; wohl aber tritt dieser auf, wenn man normale sülse Molke kocht. Daraus folgt, dafs weder die Verdünnung noch die Acidität anzuschuldigen sind. Auch nach scharfem Centrifugieren ist ein Niederschlag in der gekochten Milch nicht aufzuweisen. In den süfsen Molken dieser Milch erhält man beim Kochen ohne Säure — nur dieses ist in beiden Fällen statthaft wegen der unvollständigen Ent- fernung des Kaseins bei dem Kalkmangel der gekochten Milch (vergl. Hillmann5°) — nicht mehr als eine schwache Trübung. So weit habe ich die Verhältnisse selbst geprüft. Die weitere An- gabe de Jagers!%), dafs aus gekochter Milch mehr Käse erhalten werde als aus roher, und zwar gerade um den Betrag des koagu- labeln Eiweilses mehr, ist hiernach füglich nicht zu bezweifeln. Hieraus folgt, dafs die Kochhitze ihre volle Wirkung auf das Milcheiweils ausgeübt hat und dafs nur durch die Anwesenheit des Kaseins ihre Ausfällung hintangehalten wird, ebenso wie andererseits das Aufsteigen des Fettes. Was aber dem Albumin widerfährt, kann dem Parakasein nicht erspart bleiben. Anderer- seits aber muls das Parakasein ebensowohl im stande sein, die letzten Mengen unveränderten Kaseins mitzureilsen, wie es andere geformte Bestandteile, Phosphat oder Fetttropfen, mitnimmt. Es Beitr. z..chem. Physiologie. II. 13 194 Ernst Fuld, ist also die Milchgerinnung nur ein spezieller Fall des auch sonst beschriebenen Phänomens der wechselseitigen Suspendierung und Ausfällung kolloidaler Substanzen. Bei den gewöhnlichen Arbeitsbedingungen (Brutwärme) und grölseren Labmengen wird die Grenzlage schnell durchlaufen und die Ausscheidung oder „Gerinnung“ im engeren Sinne tritt momen- tan ein. Naheliegend ist der Versuch, diese Vorstellung zu prüfen, indem man andere für das Lab nicht angreifbare Kolloide zusetzt. Handelt es sich um das angeführte physikalisch-chemische Moment, so mülsten auch solche die Gerinnung verhindern. Jedoch ist es von vornherein wahrscheinlich, dafs wie auch in anderen derartigen Fällen verschiedene Kolloide nicht nur in verschiedenem Grade, sondern selbst in ver- schiedenem Sinne wirken werden’’). Zu dieser allgemeinen Schwierigkeit gesellen sich für den Fall des Labs noch eine Reihe besonderer, indem dieses selbst in vielen Kolloiden „Antikörper“ findet; ferner können die Ausscheidungsbedingungen des Parakaseins indirekt beeinflufst werden durch die Affinität des betreffenden Kolloids zu Erdalkalien, wie im Falle der Seifen, durch seine Säurenatur, wie vielleicht im Falle der direkt fällenden Kieselsäure. Aufserdem mufs man erwarten, dafs die grölsere oder geringere Korngröfse des gewählten Kolloids eine entscheidende Rolle spielt, da nach den leicht zu bestätigenden Angaben von Leze u. Hilsont ’*) feine Niederschläge (Sägemehl, Stärke, Milchfett) die Gerinnung be- günstigen. Wenn also auch jeder Befund einer Gerinnungshemmung durch Kolloide mit Vorsicht zu verwerten ist, so will ich doch angeben, dafs nach Zusatz von kolloidalem Silber die Milch weniger schnell gerann. Ebenso sei die Wirkung von Peptonlösung kurz in Erinnerung ge- bracht. Entscheidender scheint mir die oft konstatierte Ungerinnbar- keit des Kollostrums mit Lab zu sein, die nach den Analysen nicht in Salzmangel, sondern allein in der Anwesenheit reichlicher Albumin- mengen ihren Grund haben kann. Dementsprechend gerinnt Kollostrum auch beim Erhitzen. Ob nicht die nach Erfüllung gewisser Bedingungen gesteigerte Gerinnbarkeit der Milch nach dem Aufkochen und die im Vergleich mit der Milch gesteigerte Gerinnbarkeit reiner Kaseinlösungen hierher gehört, verdient erwogen zu werden. Bei ganz kleinen Labmengen kann der Vorgang ein anderer sein als oben angegeben; hier kann es selbst zu einer partiellen Gerinnung kommen, indem die suspendierende Wirkung des Kaseins keine unbegrenzte ist, sondern, wie schon Duclaux!®) in seinen schönen und wichtigen Experimenten erwiesen hat, selbst bei der Milch mit der Zeit unvollkommen wird. Offenbar unbekannt mit jenen hat Salkowski°>) Erfahrungen an Milch, die er über Chloroform jahrelang aufbewahrte, mitgeteilt, die auf Über die Milchgerinnung durch Lab. 195 eine spontane Milchgerinnung hinzudeuten schienen, für welche event. das Lab als Katalysator (Beschleuniger) zu fungieren schien. Er selbst sprach allerdings zunächst von Labspuren, die in der Milch enthalten sein könnten, in zweiter Linie auch von einer koagulierenden Wirkung des Chloroforms. Ich finde, dafs das ın der Chloroformmilch ent- stehende Sediment keine der Eigenschaften des Parakaseins besitzt, sondern sich in destilliertem Wasser leicht verteilen und bei passendem Kalkgehalt mit Lab koagulieren läfst. Auch habe ich es (wie bereits Salkowski selbst) beim Aufbewahren sterilisierter Milch mit Chloro- form ebenfalls auftreten sehen. Während also eine eigentliche Labwirkung, d. h. die Umwand- lung des Kaseins in Parakasein, ohne Ferment nicht, bezw. nicht in melsbarer Zeit vor sich geht, so sehen wir, dafs die Ausschei- dung des Parakaseins, also die sichtbare Folge der Labwirkung von den üblichen katalytischen Agentien, erhöhter Temperatur, Anwesenheit von Wasserstoffionen, der Berührung mit grofsen Oberflächen, gewissen Fermenten beschleunist wird. Die besonderen Beziehungen des Ausscheidungsvorganges zu dem Gehalt des Mediums an Salzen müssen ihrer Komplikation wegen ausführlicher dargestellt werden; aus diesem Grunde stelle ich die Besprechung derselben ebenso wie die des Säureeinflusses für eine andere Gelegenheit zurück. Nur gelegentlich sei erwähnt, dafs die verschiedene Verteilung der potentiellen Ionen (Säuren- und Basenkapazität nach Spiro) an Molke und Gerinnsel sich durch einen bestimmten Indikator, die Rosolsäure, direkt zeigen lälst. Während nämlich frische Milch gegen diesen Indi- kator (sowie die meisten anderen) deutlich alkalisch ist, reagiert die Molke sauer auf ihn, während der Käse alkalısch bleibt. 9. Über einige durch die Gerinnung veranlafste physikalische Anderungen. Ich habe ferner noch über eine Reihe von Versuchen zu berichten, die ich an gerinnender Milch angestellt habe. 1. Mit der Gerinnung geht eine positive Wärmetönung einher. Dies hat bereits Mayer!) ausgesprochen, später aber t?) so eingeschränkt, dals er die Erwärmung nur mit dem sichtbaren Gerinnungsvorgang in Beziehung setzte. Dals die Erwärmung eine geringfügige ist, wird man ihm dagegen einräumen. Die Erwärmung (oder die Unterbrechung des Temperaturabfalles) habe ich niemals sänzlich vermifst, auch nicht bei verdünnter, ungerinn- barer Milch. Die beobachteten Milchquanta bewegten sich von 20 bis 140000 cem, wobei allerdings letztere blofs bis zum Tempe- 1 196 Ernst Fuld, raturstillstand kamen *). Hierin stimmt also die Milchgerinnung mit der Blutgerinnung sowie allen echt fermentativen Vorgängen überein. Dafs sie sich von der Pepsinwirkung (Maly #°) unter- scheidet, ist wenig befremdend, wenn man bedenkt, dafs letztere in ihrem Wesen nichts anderes ist als eine Beschleunigung der Säure- wirkung, wie namentlich durch die Arbeit F. Goldschmidts #) wahrscheinlich wird. Versuch 12. 37 ccm Milch von 42,5°, der Temperatur des Wasser- bades, werden in das innere Glas des Beeckmannschen Gefriergefälses gefüllt, dieses, ebenfalls von der Temperatur des Bades, wird in das ebendort befestigte Mantelgefäfs gesetzt; dieses ist wiederum mit (ge- wärmter) Watte in einem Blechgefäfse umgeben. Es findet ein lang- samer, gleichmälsiger Temperaturabfall statt; die Temperatur wird _ unter beständigem Rühren nach Beklopfen des Thermometers ver- zeichnet. Temperatur im Innern des Beckmannschen Gefälses 2,790°. Nach Einfüllung der Milch: 1’: 2,7460 6° 2,616° 2 8 2,5620 3' 2,6700 10229528 4’ 2,640° Nun werden 0,4ccm Lablösung eingetragen: 11/779,527% 18° 2,6100 12772/5209 19’ 2,6180 ee 20, 2,6270 14002,9720 231’ 2,6429 ID ao 22 2,6649 16,0245501 23’ 2,6700 17’ 2,5820 (schnell ansteigend) 24’ 2,668 Ähnliche Versuche (im Wasserbad mit einem Becherglas, das auf Korkscheiben in einem zweiten steht) mit 770cem. Dann mit ver- dünnter, ungerinnbarer Milch im Beckmannschen Apparat wie oben. Nach dem Eintragen von Lab beginnt die vorher im Fallen begriffene Temperatur anzusteigen, während Eintragung von CaÜl, im letzteren Falle keinen derartigen Einflufs aufweist. Ferner: 140 Liter Mager- milch in der Käsewanne mit Dampfheizung auf 37,5° gebracht, mit 18ccm Lab (Hansen) versetzt. Temp. um 1016h ist 2,15° (die Beleuch- tungsverhältnisse liefsen eine genauere Abbildung nicht zu), fällt ziem- lich gleichmäfsig bis 10!!h auf 1,77°, bieibt hier konstant, bis um 11h der Versuch aus käsereitechnischen Gründen abgebrochen wird. 2. Der \Gefrierpunkt der Milch erfährt durch die Gerinnung eine sehr geringe Erhöhung, wie es scheint regelmälsig. Diese *) Herrn Professor Albert, jetzt Leiter des milchwirtschaftlichen Instituts zu Göttingen, spreche ich meinen verbindlichsten Dank für die Ermöglichung dieses Versuches und auch sonstige Unterstützung aus. Über die Milchgerinnung durch Lab. 197 wurde vermifst bei sterilisierter Milch, welche der Labwirkung bei 409% ausgesetzt war. Versuch 13. Frische Milch gefriert nach Zusatz von 0,1 Lab- lösung bei 4,6729 | 4,672 4,678° | Nachdem sie bei 40° einige Minuten gestanden hat und geronnen ist, gefriert sie bei 4,690° | 469402 Mittel 4,6990 2.7.22. 22°.7.€120:018) 4.6920 | Ein anderesmal vorher Mittel 2,765° — nachher 2,784% (+ 0,019). Aber auch + 0,009 kam vor. Sterilisierte Milch analog behandelt: ‘ Mittel 4,6749. vorher nachher 2,0329 2,0349 3,034 2,040° 2,040° 2.0349 3. Die Viskosität der Milch erfährt durch die Wirkung des Labs in der Kälte, wie in verdünnter oder oxalathaltiger Flüssig- keit, sowie auch in sterilisierter Milch keinen erheblichen Zu- wachs. Genauere Messungsreihen hierüber sind noch nachzutragen. Gutzeit®), dem wir solche verdanken, hat den Einfluls grober Flockenbildung nicht genügend ausgeschaltet, Winogradow nur auf solche seine Messungsmethode gegründet. Versuch 14. Viskosität der Milch bei 8° im Ostwaldschen Viskosimeter bestimmt: Dr Die gleiche Milch in der Kälte mit Lab Er er digeriert (die Lablösung ist ziemlich viskös) 3. 40) 3, 52% UEASIN a’ 59 Die gleiche im geschlossenen Gefäls erwärmt 33a a Sao Sterilisierte Milch (nach einer neuen Methode gemessen). Vis- kosität: 38, nach Labwirkung in der Wärme: 40. Oxalatmilch mit Lab versetzt Litteratur. ) A. Winogradow: „Über die Bedingungen der Bildung und Aus- scheidung von Chymosin.*“ Pflügers Archiv 87, 170. ®) D. Kurajeff: „Über die koagulierende Wirkung des Papayotins auf Peptonlösungen.“ Beiträge zur chemischen Physiologie und Pathologie 1, 121. 198 Ernst Fuld, ®) M. Nencki und N. Sieber: „Beiträge zur Kenntnis des Magen- saftes und der chemischen Zusammensetzung der Enzyme.“ Zeitschrift f. physiologische Chemie 32, 170. *) 0. Hammarsten: „Om mjölk-ystnıngen och de dervid verksamma fermenterna i magslemhinnan.“ Upsala läkareförenings förhandlingar 8, 63. 5) O0. 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Die Substanzen, welche den typischen Inhalt der Ovarialeysten bilden, wurden bereits im Jahre 1848 von Rudolph Virchow *) als chemische Individuen erkannt und sind in der letzten Zeit des öfteren Gegenstand der Untersuchung gewesen. Die Arbeiten von Scherer, Hammarsten, Pfannenstiehl und besonders von K. Mitjukoff**) haben zu der Erkenntnis geführt, dafs die fraglichen Körper in die Gruppe der Schleim- stoffe gehören. Man kennt zwei sich äufserlich durch ihren Assresatzustand unterscheidende Produkte, das Pseudo- und das Paramucin; zwischen beiden soll nach Leathes die Be- ziehung bestehen, dafs peptische Verdauung das feste (gallertige) Paramucin in das leicht lösliche Pseudomuein überführt. Beide „Ovarialmukoide* teilen mit den wahren Mucinen den glukosid- eisen Charakter. Die Kohlehydratkomponente der echten Mucine hat sich als ein stickstoffhaltises Polysaccharid aus der Gruppe des Chitins erwiesen; wie Eier liefert es bei der Hydrolyse Salze der Amino- hexose Chitosamin ***), Einen komplizierteren Bau der Kohlehydratgruppe zeigen andere Glykoproteide, so das schon länger bekannte Chondro- mucin, das nach Schmiedeberg bei der Hydrolyse neben Chitosamin auch Glykuronsäure liefert, und nach den jüngsten *) R. Virchow, Verhandlungen der Berliner Gesellschaft für Geburts- hülfe 3, 203 (1848). '**) K. Mitjukoff, Archiv für Gynäkologie 49, 278 (1895). *=<*) Fr. Müller und seine Schüler, siehe Zeitschrift für Biologie 42, 468 bis 564 (1901). 202 C. Neuberg und F. Heymann, Ermittelungen auch das Eigelbalbumin*) und das Serum- albumin**) Letzteres giebt bei der Spaltung nach L. Lang- stein aulser Chitosamin eine Kohlehydratsäure von unbekannter Konstitution, ersteres nach |Ü. Neuberg neben dem Chitosamin einen Zucker, der durch die Oxydation zu d-Zuckersäure als zur Reihe des d-Sorbits gehörig erkannt wurde. Über die Natur der Kohlehydratgruppe in den Ovarialmukoiden ist bisher keine Einigung erzielt. Drei fast gleichzeitig erschienene Arbeiten aus der letzten Zeit — von Panzer, Leathes und Zängerle — haben zu einander völlig widersprechenden Er- . gebnissen geführt. Th. Panzer ***) gelangt durch seine Untersuchungen zu dem Schlusse, dals die reduzierende Substanz im Paramuein in Form einer Ätherschwefelsäure vorhanden sei, die Ähnlichkeit mit der Chondroitinschwefelsäure besitzen soll, ohne jedoch mit derselben identisch zu sein. Denn während diese bei der Hydrolyse Chitos- amin und die den Pentosen so nahestehende Glykuronsäure liefert, neigt Panzer zu der Annahme, dafs die fragliche Substanz aus dem Paramucin durch Spaltung weder in eine einfache Hexose noch in eine Pentose übergeht, auch nicht in ein Polysaccharid, das bei weiterer Zerlegung jene Zucker ergiebt. J. B. Leathesyr), der das gleiche Produkt untersucht hat, ist bezüglich des Kohlehydratkomplexes zu gänzlich anderen Ergeb- nissen gelangt. Mit einer Fällungsmethode, die dem von Schmiede- berg}fy) zur Isolierung der Chondroitinschwefelsäure benutzten Alkalikupferverfahren ähnelt, stellte er eine durch Alkohol-Äther niedergeschlagene amorphe Verbindung der kohlehydratartigen Substanz mit Kuprichlorid dar. Aus den analytischen Daten, die für die Produkte verschiedener Darstellungen schwankten, be- rechnete er Formeln wie (Cs H,, CuNO,. 4 2HCl) + 5 (C,H, NO, +4 HO]) oder (©, H,, Cu, NO,, — 2HC1) —£ 3 (0, H,, CQuNO, | HG) Aus denselben leitet er für das zu Grunde liegende Kohle- \ Su: Neue Ber. d. deutsch. chem. Ges. 54, 3963 (1901). **) L. Langstein, daselbst 35, 176 (1902); diese Beiträge 1, 259. ”#*) Th. Panzer, Zeitschr. f. physiol. Chemie 28, 363 (1899). 7) J. B. Leathes, Archiv für experim. Pathol. und Pharmakol. 45, 245 (1899). ır) 0. Schmiedebere, daselbst 28, 355 (1891). Zur Kenntnis des Pseudomueıns. 203 hydrat, das „Paramukosin“, die Zusammensetzung C,> H5; NO,, ab und schreibt ihm die Konstitution (I) zu: CHO | CH.N:CH-CH.OH-CH.OH-CH.O0H-CH.OH-CH, OH on ren None on (Paramukosin nach Leathes.) CHO | CH.N:CH-CH.0H-CH.0H-0H.0H-CH.OH-COOH | CH.OH u CH.OH | CH.OH CE,.oH (Chondrosin von Schmiedeberg.) Leathes*) betrachtet dieses „Paramukosin“ als reduziertes Chondrosin, dem Schmiedeberg die Formel (II) einer An- hydro-chitosamin-glykuronsäure gegeben hat. Leathes denkt sich das „Paramukosin“ aus dem Chondrosin durch Verwandlung der Karboxyleruppe des Glykuronsäurerestes in die primäre Al- koholgruppe entstanden und falst es demnach als das amidierte Disaccharid auf, das sich unter Wasseraustritt aus je einem Mo- lekül Gulose und Chitosamin bilden kann. An einer anderen Stelle“) seiner Mitteilung nimmt dagegen Leathes an, dals die am Aufbau des „Paramukosins“ beteiligte Aminohexose vom gewöhnlichen Chitosamin verschieden sei. Zängerle*”**) hat schlie[slich das Benzoylierungsverfahren von Friedrich Müller zur Erforschung der hydrolytischen Spal- tungsprodukte des Pseudomucins angewandt. Er gewann dabei *).J. B. Leathes, Archiv für experim. Pathol. und Pharmak. 43, 253 (1899). ==) Daselbst, S. 254 u. 256. ===) Zängerle, Münchener mediz. Wochenschr. 1900, S. 414. 204 C. Neuberg und F. Heymann, nur sehr geringe Mengen von krystallisierten Benzoaten eines Aminozuckers; durch Verseifung der vorwiegend gebildeten amorphen Benzoesäureester mit Salzsäure erhielt er eine Substanz, deren Menge für die chemische Untersuchung nicht ausreichte, die er aber auf Grund der krystallographischen Messungen für Chitos- aminchlorhydrat erklärt hat. Diese Angaben mögen genügen, um den seltenen Mangel an Übereinstimmung darzuthun, der unter den Angaben der drei Autoren besteht. Bevor wir unsere eigenen Resultate mitteilen, möchten wir an der Hand des in den drei Arbeiten niedergelegten Materials der Frage näher treten, ob die mit den bisherigen Methoden er- zielten Schlufsfolgerungen bezüglich der Konstitution des Kohle- hydratkomplexes in den Ovarialmukoiden überhaupt beweiskräftig sind. Wir glauben dies verneinen zu sollen auf Grund der folgenden Erwägungen. In den Angaben von Panzer über die Eigenschaften seines Kohlehydrats besteht ein Widerspruch: ein nach dem Schmiede- bergschen Verfahren erhaltenes Produkt soll rechtsdrehend sein, während das durch direkte Säurespaltung aus dem Paramuein dargestellte Kohlehydrat keine optische Aktivität besitzen soll. Das letzere wurde übrigens nur in Form eines Sirups gewonnen, der nach der Beschreibung alle Zeichen der Zersetzung trug; über die Zusammensetzung des Osazons, das aus ihm beim Kochen mit essigsaurem Phenylhydrazin entsteht, giebt Panzer nichts an. Die Existenz eines Produktes, wie des „Paramukosins“ von Leathes, würde wegen des natürlichen Vorkommens der bisher nur synthetisch erhaltenen Gulose*) allergrölstes Interesse bean- spruchen. Doch es scheint uns, dafs der Autor den Beweis für die Konstitution schuldig geblieben ist, die er seinem Produkt erteilt: CH,.0H (CH.OR). CH 60H \ N—CH (CH. OH),—CH,.OH \ (Anhydrochitosamingulose.) Zunächst stützt sich der Nachweis der Gulose unter den hydrolytischen Spaltungsprodukten der Paramukosin-Kupferver- bindung allein auf die Nichtvergärbarkeit jener Fraktion, in welcher dieser Zucker bei der Spaltung des Dihexosamins zu er- warten war. *) E. Fischer, Bericht d. deutsch. chem. Ges. 24, 521 (1891). Zur Kenntnis des Pseudomucins. 2305 Ferner ist die andere Komponente des „Paramukosins“, die Aminohexose ungenügend charakterisiert. Ihr Chlorhydrat wurde zwar krystallisiert, aber für eine genauere Untersuchung in unzu- reichender Menge erhalten. Durch die Behauptung, dals dieser Aminozucker von „Chitosamin“ verschieden sei, setzt sich Leathes in Widerspruch mit seinen eigenen Angaben über die Konstitution des „Paramukosins“. Denn wenn die Hexosaminkomponente des- selben kein „Ohitosamin“ ist, kann das ganze Aminodisaccharid kein „reduziertes Chondrosin“, das heilst keine Anhydrochitosamin- gulose, sein. Übrigens erscheint uns der Grund, den Leathes für die Ver- schiedenheit seiner Aminohexose vom Chitosamin anführt, nicht stichhaltis. Durch Hydrolyse von Paramucin erhielt er eine re- duzierende Flüssigkeit, die mit essigsaurem Phenylhydrazin ein Hexosazon vom Schmelzpunkt 184° bis 195° lieferte; dasselbe zeigte auch anderen Habitus als Glykosazon, welches bekanntlich auch aus Chitosamin entsteht. Diese Differenzen hält Leathes für ausreichend, um die Verschiedenheit seiner Phenylhydrazin- verbindung vom Glykosazon zu behaupten; doch hat gerade die Geschichte des Kohlehydratkomplexes in den Proteinstoffen gelehrt dafs Schmelzpunkt und Krystallform der Osazone allein nicht für die Beurteilung der Konstitution malsgebend sein dürfen *). Zängerle, dessen Untersuchungen zwar zu einem krystal- linischen Produkt geführt haben, gründet den Nachweis der Iden- tität seiner Substanz mit dem Chitosamin allein auf die Bestimmung der Kıystallform. Bei aller Schärfe krystallographischer Messungen entbehren dieselben doch der Beweiskraft für Konstitutionsfragen, sobald nicht Isomorphie mit nahestehenden Körpern auszu- schlielsen ist. Das ist beim Chitosaminchlorhydrat nicht angängig, da die zahlreich möglichen Isomeren desselben nur zum geringsten Teil bekannt, geschweige denn krystallographisch erforscht sind. Bedenken gegen einen allein auf Winkelmessungen basierten Nach- weis des Chitosaminchlorhydrats scheinen uns um so mehr gerecht- fertigt, als gerade bei dieser Substanz Polymorphie beobachtet ist **). Ferner läflst sich gegen die Versuche Zängerles einwenden, dals es zweifelhaft ist, ob das angewandte Verfahren (Ben- *) Siehe hierüber Fr. Müller, Zeitschrift f. Biologie 42, 498 bis 502 (1901) und C. Neuberg, Zeitschrift f. physiol.. Chemie 29, 274 (1900). =*) Tanret, Bulletin de la Societe chimique de Paris [3] 17, 774 und Lanestein, Zeitschrift f. physiol. Chemie 31, 55. 206 C. Neuberg und F. Heymann, zoylierung und saure Verseifung der Benzoesäureester) zur Ent- deckung anderer Kohlehydrate als Aminozucker der Sechskohlen- stoffreihe geeignet ist, die sich vielleicht unter den hydrolytischen Spaltungsprodukten des Paramucins finden könnten. Denn man weils, dals z. B. Ketosen sowohl wie Glykuronsäure oder Pentosen durch längeres Erhitzen mit Salzsäure von 15 bis 20 Proz. voll- ständig zersetzt werden, und auch 'Aldehydzucker vertragen ein 30 stündiges Erhitzen unter Druck mit Salzsäure der angegebenen, zur Zerlegung der Benzoate erforderlichen Konzentration nicht ohne Schädigung. Diese Zusammenstellung zeigt, wie wir glauben, zur Genüge die Unzulänglichkeit der bisher benutzten Methoden; aus ihr ergiebt sich ferner die Notwendigkeit, bei allen derartigen Untersuchungen über den Kohlehydratkomplex der Proteinstoffe ein Verfahren an- zuwenden, das die Auffindung verschiedener Zucker neben- einander gewährleistet. Diese Forderung erfüllt die Methode, die jüngst der eine von uns in Gemeinschaft mit H. Wolff*) be- schrieben hat und deren Brauchbarkeit bei der Untersuchung der Kohlehydrate des Eigelbalbumins **) erwiesen ist. Dieses Verfahren beruht im wesentlichen auf der Möglichkeit, die bei der Hydrolyse der Proteinstoffe entstandenen Kohlehydrate unter bestimmten Bedingungen durch Oxydation in Dikarbon- säuren zu verwandeln, die für ihre Muttersubstanzen charakteristisch sind und leicht isolierbare Derivate bilden. Die Anwendung dieser Methode auf das Pseudomuein gestaltet sich dann folgendermalsen: 20 g Pseudomuein wurden in der Kälte mit 25ccm rauchender Bromwasserstoffsäure vom spezifischen Gewicht 1,49 übergossen, in der sie sich schnell lösen. Man verdünnt die Flüssigkeit alsdann mit 80ccm Wasser und erhitzt am Rückflufskühler auf einem Sandbade zu schwachem Sieden. Bei etwa zweieinhalbstündigem Erwärmen erzielt man unter diesen Bedingungen ein Optimum in der spaltenden Wirkung der Mineral- säure; die braungefärbte Flüssigkeit wird zunächst mit Knochenkohle entfärbt und zeigt dann ein maximales Reduktionsvermögen von etwa 30 Proz. Dieser Gehalt an reduzierender Substanz ist so grols, dals sich die Flüssigkeit, entgegen den Erfahrungen bei anderen Glyko- proteiden, ohne Entfernung der übrigen Eiweifsspaltungsprodukte direkt titrieren lälst. *) C. Neuberg und H. Wolff, Berichte d. deutschen chem. Ges. 34, 3840 (1901). ”=) C. Neuberg, daselbst 34, 3963 (1901). Zur Kenntnis des Pseudomueins. 207 Für die Weiterverarbeitung empfiehlt sich die Entfernung der überschüssigen Bromwasserstoffsäure, doch hat man dafür Sorge zu tragen, dals der etwa an ein amidiertes Kohlehydrat gebundene Anteil diesem nicht entzogen wird, da die freien Aminozucker aulserordentlich zur Zersetzung neigen. Um diese Forderungen zu erfüllen, ermittelt man am einfachsten in einer Probe den Gehalt an freier Bromwasser- stoffsäure durch Titration und trägt vier Fünftel der daraus berech- neten theoretisch erforderlichen Menge reinen Bleikarbonats in kleinen Portionen ein. Bei kräftigem Umschütteln sieht man alsdann an Stelle des Karbonats Krystalle von Bromblei treten; von diesem saugt man nach zweistündigem Stehen ab und engt das Filtrat bei niederer Tem- peratur zum Sirup ein. Derselbe wird dann mit 100 ccm Alkohol von 96 Proz. ausgekocht, der Rückstand wird wieder in wenig Wasser ge- löst, wieder mit heilsem Alkohol ausgezogen und der gleichen Behand- lung so oft [drei- bis viermal*)] unterworfen, als der Alkohol noch reduzierende Substanz aufnimmt. Die vereinigten Alkoholextrakte scheiden beim Stehen in der Kälte einen zum grölsten Teil aus anorganischen Salzen bestehenden Nieder- schlag und an den Gefälswandungen einen klebrigen Sirup aus. Bei gelindem Erwärmen löst sich der letztere wieder auf, der erstere bleibt ungelöst. Von diesem Niederschlage wird der alkoholische Extrakt abfiltriert und zur Verjagung des Alkohols auf dem Wasserbad bis zum dicken Sirup eingeengt. Die zur Oxydation nötige Menge Salpetersäure wird aus dem Re- sultat der Titration bemessen unter der Annahme, dafs alle reduzierende Substanz als Chitosamin vorhanden ist. Dem entsprechend werden zu- nächst 20 ccm Salpetersäure vom spezifischen Gewicht 1,2 zugesetzt, darauf wird auf dem Wasserbade bis zum Sirup eingedampft; dann werden 12ccm derselben Salpetersäure hinzugefügt, es wird wieder bis zum dicken Sirup eingedampft und zur Vertreibung überschüssiger Salpetersäure nach Zusatz von etwa 20ccm Wasser noch einmal bis zu der gleichen Konsistenz eingeengt. Der Sirup wird in 80 ccm heilsen Wassers gelöst, die Lösung zur Entfernung des Bromwasserstoffs unter Erhitzen mit Silbernitrat ver- setzt und filtriert. Beim Neutralisieren mit Ammoniak bleibt das Filtrat klar. (Beim Ansäuern mit Essigsäure entsteht ein hellgelber Niederschlag, von dem abültriert wird. Um etwa vorhandene Oxalsäure zu entfernen, werden einige Tropfen Oalciumacetatlösung zugesetzt, doch haben wir in diesem Falle keine Bildung von Oxalsäure feststellen können.) Nunmehr wird, um die in der Flüssigkeit vermutete Norisozucker- säure von den übrigen Spaltungsprodukten zu trennen, eine Lösung von normalem Bleiacetat zugesetzt. Das ausfallende Bleisalz ist durch mitgerissenes Silberoxyd braun gefärbt und setzt sich gut ab. Der *) Chitosaminbromhydrat ist in Alkohol relativ leicht löslich; es kann deshalb im Gegensatz zu dem Chlorhydrat durch dieses Solvens von alkohol- unlöslichen Substanzen ohne grofsen Verlust getrennt werden. 308 C. Neubere und F. Heymann, Niederschlag wird abgesaugt und gründlich mit kaltem Wasser ab- gewaschen. Die Bleifällung wird mit Wasser angerieben und mit Schwefel- wasserstoff anfangs in der Kälte, zum Schlufs in der Siedehitze zer- legt. Als Filtrat der Schwefelmetalle resultiert eine kaum gefärbte Flüssigkeit, die zur Entfernung gelösten Schwefelwasserstoffs auf- gekocht wird. Die Flüssigkeit wird nunmehr in der Siedehitze mit kleinen Mengen Cinchonin bis zur deutlich alkalischen Reaktion versetzt, in der Kälte durch Filtration von überschüssigem festen Cinchonin be- freit, während der gelöste Anteil desselben durch mehrmaliges Aus- schütteln mit Chloroform entzogen wird. Beim Einengen beginnt schon in der Wärme die Krystallisation des Cinchoninsalzes, das sich in der Kälte vollends abscheidet und nach dem Trocknen etwa 0,8g wiegt. Dies Produkt war, wie die Analyse und die physikalischen Kon- stanten zeigen, sogleich analysenrein. 0,2008 g Substanz (bei 100° getrocknet) gaben 11,9 ccm N bei 14° und 768 mm. Berechnet für 0,H,,0; (C19 Hsa N 0): N — 7,0 Gefunden N = 17047, Der Schmelzpunkt der Substanz lag bei 206° bis 207°, ihre spezi- fische Drehung wurde gefunden zu [&]o = 175,740 (18) (e 1138-1 12,02 20.00) Diese Daten zeigen mit dem für reines norisozuckersaures Cin- chonin *) gefundenen vollkommene Übereinstimmung. Da nach den Untersuchungen von E. Fischer und Tie- Sun mann’*) Norisozuckersäure nur aus Chitosamin und Chitin resp. ihren künstlich dargestellten Derivaten gebildet wird, so ist der Beweis erbracht, dafs in dem Pseudomuein eine chitosaminlie- fernde Gruppe in beträchtlicher Menge enthalten ist. Die von den Krystallen des norisozuckersauren Cinchonins ab- gesaugte spärliche Mutterlauge wurde mit dem Waschwasser vereinigt und noch einmal bis zum Beginne der Krystallisation eingedampft. Diese liefert etwa 0,03 g reines Salz, das bei 204° schmilzt und mit grofser Wahrscheinlichkeit gleichfalls Cinchoninnorisosaccharat ist. Die Mutterlauge dieser Krystallisation wurde noch einmal der gleichen Behandlung unterworfen und lieferte abermals eine winzige Menge krystallisierten Salzes vom Schmelzpunkt 193 bis 194°. Dadurch ist bewiesen, dafs Kohlehydrate, welche andere *) C. Neuberg und H. Wolff, Berichte der deutschen chem. Ges. 34, 3840 (1901). Zur Kenntnis des Pseudomuecins. 209 Oxydationsprodukte als Norisozuckersäure liefern, jedenfalls nicht vorhanden sind, insbesondere ist keinesfalls Zuckersäure gebildet, da deren Cinchoninsalz sich in den Mutterlaugen hätte auf- finden lassen müssen (siehe Berichte 34, 3963). Aus diesem Ergebnis folgt bereits, dals Gulose, die nach der Annahme von Leathes in hervorragender Weise an dem Aufbau des Paramucins beteiligt sein soll, sich in unserem Material nicht befunden haben kann, da sich ihre Anwesenheit unzweifelhaft durch Bildung der nicht übersehbaren Zuckersäure bemerkbar ge- macht hätte. Um auch auf anderem Wege einen Einblick in die Natur des Kohlehydratkomplexes des Pseudomueins zu gewinnen, haben wir aus dem Produkt der Hydrolyse die Kohlehydrate direkt auf folgende Weise zu isolieren versucht. 17 Pseudomucin, welche aus verschiedenen Cysten teils nach dem Verfahren von Hammarsten, teils nach dem von Leathes gewonnen waren, wurden in der früher angegebenen Weise mit Bromwasserstoffsäure gespalten. Es resultierte bei gleicher Be- handlung eine Flüssigkeit, die ein Reduktionsvermög en von 34 Proz. berechnet als Traubenzucker, aufwies. Die Entfernung der über- schüssigen Bromwasserstoffsäure wurde in ähnlicher Weise wie früher mit Bleihydroxyd vorgenommen, und die erhaltene Flüssig- keit sodann in zwei. gleiche Teile geteilt. A. In dem einen suchten wir zunächst den Zucker als Hydrazinverbindung zu isolieren, und zwar verwendeten wir dazu das p-Bromphenylhydrazin aus folgenden Gründen. Nach den Angaben der Litteratur kommen für die Mucine neben dem Chitosamin als Kohlehydratkomponenten im wesentlichen die Gulose und die Glykuronsäure in Betracht, deren Unterscheidung resp. Erkennung nebeneinander nicht mit dem gewöhnlichen Phenyl- hydrazin, wohl aber mit dem p-Bromphenylhydrazin möglich ist, das mit den drei genannten Substanzen charakteristische Derivate giebt. Von diesen ist das der Glykuronsäure und des Chitos- amins bekannt, während wir das der Gulose zu Vergleichszwecken dargestellt haben. Die drei p-Bromphenylhydrazinverbindungen sind nun mit Leichtigkeit zu unterscheiden. Glykuronsäure liefert bekanntlich die öfter zu ihrer Isolierung angewandte schwer- lösliche Verbindung *), Chitosamin liefert p-Bromphenylglykos- *) C. Neuberg, Ber. d. deutsch. chem. Ges. 32, 2395 (1898). Beitr. z, chem. Physiologie. II. 14 310 Ü. Neuberg und F. Heymann, azon”*) und die Gulose das p-Bromphenylgulosazon **). Von diesen drei Produkten ist das Derivat der Glykuronsäure in heilsem Alkohol unlöslich, während die Derivate der beiden anderen Zucker von diesem Lösungsmittel reichlich aufgenommen werden. Von- einander können sie selbst durch die Löslichkeit der Gulosever- bindung in heilsem Wasser getrennt und durch die Verschieden- heit ihrer Schmelzpunkte und optischen Konstanten erkannt werden. Diese Ermittelungen verwandten wir zur Untersuchung unseres Produktes in folgender Weise: Die erste Hälfte unserer Lösung wurde mit 3 g Natriumacetat und 10g in der erforderlichen Menge Essigsäure gelösten p-Brom- phenylhydrazins 3!/, Stunden im Wasserbade erhitzt, dabei erfolgte allmählich eine ziemlich reichliche Ausscheidung eines gelben Osazons. Dasselbe wurde abgesaugt und mit kaltem Wasser ausgewaschen. Zur Reinigung wird der Niederschlag in heifsem 96 proz. Alkohol gelöst, mit Wasser bis zur beginnenden Trübung versetzt, mit Knochenkohle aufgekocht und filtriert, sodann aus dem Filtrat die Hauptmenge des Alkohols durch Kochen entfernt. Dabei scheidet sich ein Teil des Ösazons schon in der Wärme, der Rest nach dem Erkalten in deut- *) C. Neuberg, Ber. d. deutsch. chem. Ges. 32, 3387 (1899). Bei Be- handlung mit essigsaurem Bromphenylhydrazin liefert Chitosaminchlorhydrat, resp. Bromhydrat, wie zu erwarten war, p-Bromphenylglykosazon; dasselbe entsteht in charakteristischer Weise hieraus nur allmählich und in mälsiger Ausbeute. =‘) Zur Darstellung des d-Gulose-p-bromphenylosazons hat uns ein Präparat von reinster d-Sorbose gedient. Wie 0. A. Lobry de Bruyn und A. van Ekenstein (Rec. des trav. chimiques des Pays-Bas 21, 718) gezeigt haben, ist die Sorbose der zu den Aldosen Idose und Gulose gehörige Ketozucker, deren Osazone demnach identisch sind. Die Verbindung entsteht in üblicher Weise jaus 1 Mol. Sorbose und 3 Mol. p-Bromphenylhydrazinacetat, sie wird durch einmalige Krystallisation aus etwa 5proz. Alkohol in prächtigen! helleelben Nädelchen vom Schmelz- punkt 181° erhalten, dieselben sind fast unlöslich in kaltem, ziemlich löslich in siedendem Watsen, ebenso werden sie von den gebräuchlichen organischen Lösungsmitteln aufgenommen. Die Smbstena| dreht im Pyridin-Alkoholgemisch nach rechts. Das d-Gu- lose-p-Bromphenylosazon ist im Gegensatz zu dem Phenylosazon, das sich häufig gallertig ausscheidet, ein leicht zu reinigendes und out krystallisierendes Derivat. Analyse: 0,1903 & Substanz gaben 18,5 ccm N bei 15° und 744mm 0,3073 & x verbrauchten 11,9 ccm /,,n-Ag NO, — 0,0952 0 Br. I any Berechnet für C,H, N, 0, Br;: ID: = in N N 10.352, Gefunden I ne \Br = 30,98 Zur Kenntnis des Pseudomueins, De lichen gelben Nädelchen ab. Dieselben sind nach dem Waschen mit wenig kaltem Alkohol analysenrein. 0,1880 g Substanz (im Vakuum über H, SO, getrocknet) ergaben: 18,0 cem N bei 20° und 764mm, 0,2932 g Substanz verbrauchten bei der Titration: 11,4cem \/on-AeNO, = 0,0912 g Br. rechnet für Cs 20 4 Ö, Br, t > G N ==] 1,01 „ efunden H i Die Verbindung schmilzt bei 220°. 0,2& des Osazons drehen im Pyridin-Alkoholgemisch *): — 0° 30'. Durch diese Eigenschaften erweist sich das Produkt als ein- heitliche Verbindung und stellt unzweifelhaft p-Bromphenyl- glykosazon dar. In den Mutterlaugen dieses Bromphenyl- 0sSazons ist keine andere Substanz vorhanden. B. Die andere Hälfte jener Flüssigkeit, die durch Hydrolyse u.s. w. des Pseudomucins erhalten war, wurde im Vakuum eingeengt und dann genau wie im ersten Versuch der Oxydation mit Salpetersäure unterworfen. Die Flüssigkeit, die dieses Mal etwas Oxalsäure enthielt, wurde davon durch Calcıumacetat befreit und dann direkt nach Zusatz von 3g essigsaurem Natron mit 4Accm Phenylhydrazin und 2ccm Eisessig gekocht. Dabei mulste etwa entstandene Zucker- säure in ihr schwerlösliches Doppelhydrazid**) übergehen, während Norisozuckersäure unter diesen Bedingungen ounle: falsbare Hydrazinverbindung liefert. Wir beobachteten nur eine minimale, von Zersetzungs- produkten des Phenylhydrazins herrührende Trübung, so dals auch auf diesem Wege die Abwesenheit anderer Kohlehydrate als des Chitosamins sichergestellt ist. Zum Schluls haben wir noch einige Versuche über das Vor- kommen Furfurol liefernder Substanzen im Pseudomuein anzuführen. Nach den Angaben anderer Autoren, insbesondere denen Schmiedebergs***) für Chondromucin und denen von Levener) für Sehnenmucin soll Glykuronsäure häufig am Aufbau der Mucine beteiligt sein. Aus den mitgeteilten Versuchen geht be- reits hervor, dafs dies bei unserem Material nicht in nennens- *) C. Neuberg, Ber. d. deutsch. chem. Ges. 32, 3384 (1899). **) E. Fischer und Passmore, daselbst 22, 2728 (18839). ’=>#) Archiv für exper. Pathol. u. Pharmakol. 28, 355 (1891). r) Zeitschr, f. physiol. Chem. 31, 395 (1900). 912 Ö. Neuberg und F. Heymann, Ad werter Weise der Fall sein kann. Dals die Glykuronsäure — und dasselbe gilt auch für Pentosen — im Pseudomuein auch in Spuren nicht vorhanden ist, zeigt der völlig negative Ausfall der Tollensschen Orcinsalzsäurereaktion sowohl beim Pseudomuein selbst, wie bei den Produkten, welche durch hydrolytische Spaltung aus ihm hervorgehen. Damit steht in Einklang, dafs bei der Destillation mit Salzsäure nur eine so geringe Menge Furfurol (0,0115 g aus 2,7 & Pseudomucin, bestimmt nach Tollens als Phloro- glueimverbindung) erhalten wurde, wie sie hierbei aus den meisten Kohlehydraten entsteht. Es erhebt sich nun die Frage, ob unsere an einem Pseudo- mucinmaterial aus verschiedenen Uysten gewonnenen Ergebnisse auf ein Material jeglicher Herkunft übertragbar sind. Die Angaben der Litteratur zeigen, dals eine Verallgemeinerung: dieser Resultate nicht ohne weiteres statthaft ist. Wie Pfannen- stiehl dargethan hat und auch Fr. Müller jüngst betont, ist der Gehalt‘ der Ovarialmukoide an reduzierender Substanz bei ver- schiedenen Cysten ein wechselnder. Es hat den Anschein, dals man zwei Gruppen mucinähnlicher Körper zu unterscheiden hat, eine solche mit einem geringen Gehalt (bis 3 oder 5 Proz.) an reduzierender Substanz und eine solche mit einem etwa zehnmal grölseren reduzierenden Komplex von etwa 30 bis 35 Proz. Unser Material gehört in die zweite Kategorie, in die auch die von Zängerle und Leathes untersuchten Substanzen zu rechnen wären, während die Mitteilung von Panzer mangels An- gaben über die Höhe des reduzierenden Komplexes in dem von ihm untersuchten Produkt keinen Vergleich in dieser Richtung zuläfst. Allein dieses Kriterium ist nicht ausreichend, um sicher die Identität unseres Pseudomucins mit dem Material der früheren Autoren een zu können; leider besagen auch die analytischen Daten des Ausgangsmaterials nichts für diese Frage, da eine aschereiche, durch Alkohol- Äther gefällte amorphe Substanz zu geringe Gewähr für Reinheit bietet. Aus dem gleichen Grunde sind wir der Meinung, dafs die analytischen Belege von Leathes, betreffend das Kupfersalz des „Paramukosins* für die Frage nach dessen Konstitution be- deutungslos sind. Zeigt doch die erwähnte Mitteilung von Levene, der eine ähnliche Methode zur Untersuchung des Tendomuecins Zur Kenntnis des Pseudomucins. 913 (4 anwandte, mit welcher Unsicherheit die Aufstellung einer Formel aus derartigen analytischen Daten behaftet ist. Bei unseren Versuchen, in denen wir den kräftig wirkenden Bromwasserstoff zur Hydrolyse verwandten, haben wir überhaupt nicht die intermediäre Entstehung eines komplizierteren Kohle- hydrats beobachten können. Existiert ein solches aber, so sprechen unsere Resultate für die Annahme, dals es ein Polysaccharid des Chitosamins sein muls, da bei der Hydrolyse nur dieser Amino- zucker gebildet ist. Polysaccharide amidierter Zucker sind bereits bekannt, z. B. das Chitosan von Hoppe-Seyler*) und das Albamin, das von S. Fränkel“*) entdeckte Polymere des Chitosamins. Die chemischen Eigenschaften solcher komplexen Kohlehydrate sind wenig prägnant, und es sind in letzter Zeit des öfteren Zweifel an ihrer Existenz oder zum mindesten an der ihnen zu- geschriebenen Konstitution aufgetaucht. Ein Studium ihrer Spal- tungsprodukte kann hier allein Klarheit schaffen, und wir be- absichtisen, auf das wichtigste hierher gehörige Produkt, die Chondroitinschwefelsäure, unsere Oxydationsmethode anzuwenden; nur ein Verfahren, das die gleichzeitige Erkennung der ver- schiedensten Zucker ermöglicht, kann für derartige Zwecke in Betracht kommen. Bezüglich des Pseudomucins behaupten wir mit Bestimmtheit, dals Substanzen von der angeblichen 'Konstitution des „Para- mukosins“ sicherlich kein ständiges Spaltungsprodukt der Ovarial- mukoide darstellen; man wird deshalb die „Anhydro-chitosamin- gulose“ nicht — wie es schon in der Litteratur geschieht — zu den unzweifelhaft existierenden Verbindungen zählen dürfen. Nachschrift. Während der Drucklesung vorstehender Mitteilung über das Pseudomucin ist soeben von H. Steudel [Zeitschr. für physiol. Chemie 34, 383 (1902)| mitgeteilt worden, dals er im Paramuein eine reduzierende Substanz gefunden hat, die — allerdings nur auf Grund des Schmelzpunkts ihrer Phenylceyanatverbindung — für Chitosamin erklärt wird. *) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 27, 3329 (1894). =") Sitzungsber. der Wiener Akademie d. Wissenschaften 1898. Kürzere Mitteilungen. 1. Zur Methodik der Kjeldahlbestimmung. Von Carl Neuberg. (Aus dem chemischen Laboratorium des Pathologischen Instituts der Universität Berlin.) Bei der Bestimmung des Stickstoffs in Proteinstoffen nach der Methode von Kjeldahl muls man die Oxydation der organischen Sub- stanz mit koncentrierter Schwefelsäure durch Zusatz eines Sauerstoff- überträgers beschleunigen, da bei zu langer Dauer des Prozesses ein Verlust an Stickstoff durch Verflüchtigung von Ammoniumsulfat ein- tritt. Als Katalysatoren sind, zuerst von Wilfarth*), Metallsalze empfohlen, allein von den in Vorschlag gebrachten Substanzen (Hg0, Fe,0,,CuSO,, K;, SO,, PtCl, u. s. w.) hat sich nur die Anwendung von Quecksilber als Metall oder Salz bewährt und ist jetzt allgemein in Gebrauch. Dabei tritt allerdings eine Komplikation des Verfahrens ein, da die Anwesenheit von Quecksilber die Bildung von Amidomerkurisalzen zur Folge hat, die beim Abdestillieren des Ammoniaks durch Alkali- lauge nicht zerlegt werden. Zu ihrer Zerstörung muls man nach Wilfarth **) und Arnold ***) Schwefelalkali (Na,S oder K,S) zufügen. Da diese |Reagentien wegen ihrer Zersetzlichkeit in frischer wässeriger Lösung angewandt werden müssen, wird durch ihren Zusatz das Volumen der abzudestillierenden Flüssigkeit vergrölsert und die Dauer des Prozesses verlängert, zwei Umstände, die bei der ausge- dehnten Benutzung der Kjeldahlmethode in physiologischen und land- wirtschaftlichen Laboratorien lästig empfunden werden. Alle diese Komplikationen kann man in einfacher Weise umgehen, wenn man an Stelle der Schwefelalkalen das feste beständige *) Chem. Centralbl. 1885, S. 17. u) RE ==) Zeitschr. f. analyt. Chem. 1886, S. 454. Carl Neuberg, Zur Methodik der Kjeldahlbestimmung. 315 Natriumthiosulfat*) (Na,S,;0, + 5H,0) verwendet, das man in gepulvertem Zustande (1,08 für 0,40 H2eO) zugleich mit der Lauge zur abzudestillierenden Flüssigkeit hinzufügt. In der alkalischen Lösung wird das Amidomerkurisulfat alsbald von dem unterschwefligsauren Natron zersetzt, nach der Gleichung: He< >50, 3 Na, S, O, Ar H,O en HgS ur (NH,),SO, 3 + N3,S0.. Die Resultate stimmen, wie mehrfach kontrolliert ist, völlig mit denen überein, die man mit Alkalisulfid erhält. *) Die Handelsware ist völlig stickstofffrei. Bemusanmmerg ugocoad bamnam Ipel Tu0a ben Er & =E ee A ke! us il yd ye y) ye y cl yll dl 07 OT 00 06 OF O8 08 01 00 06 Or 08 05 01 00 06 OF 08 08 01 00 06 Or 0% 02 OL 00 09 OF 08 0% 01 00 04 OF 08 0% OL 00 06 0r.08% 08 01 00 06 Or 0% 0% ; m a ET EEE 1) % F G & F G 9 J 8 6 01 a Gl 11A8 TgeN € & rl nd id je yr ye y yal gl yol GE CZ CI CO CE CH SE CE CL SO CS LH SE EZ EL SO CG 0G OF 08 08 OL 00 06 OF 08 08 02 OL 00 0€ OF 08 07 01 GO ECG SH GE CGZ CL SO CS CE ; G “ = . .n -L Y cp > iv IIA'G OSTeN TV G ys uf y9 yS yP y! ye yll GE GE CL SO GG CH SE: GE CT GO SECP GE GE CI SO CE CE GE GTZ CH SO ES SF GE GE ST SO 04 OF 08 02 OL 00 08 OF 08 0€ OL 00 06 OF 08 0% — ———— —— — ——— ————— En T In] m Se a en! 0) | A I G & YV C 9 - ar 07 G . ITA’61 OSFeNE s üe jr jey je ul or 07 08 07 01 00 04 OF 08 0% OL 00 06 OF 08 02 01 06 OF 08 0% OL 00 0€ OF 08 0% 01T 00 06 OF — [eu Bl 10) in Ba Be VORN N } . < - . : G AO DENE | x & N ee DE NV ye y yel LI SE GE CT CO GG GH GE CZ CT SO GG GE GE GE CL CO CH GP GE CZ CL CO GE Ge CL CU GE CT SE SE EI SO GO SP SE [een be ee nl "TINET DENT all 0 Tel Sa Thurn Ser nz { x SUR>DIE Ta 9 Bamayı IPanıL] uoA DENN "DO Myosunele UNOS Ba [| [——— — brAmır EL TOMAUZIYOY OHgL TIEN 09/066 0 r ES -AUBEONEN 9001 z ASIAN 0H00OF AS TONEN Vol Y G | 9 % 8 6 N 01 9 101 (IOLJIOSSEAN) UOYOUTUBY 'G x &1 ü8 17 y ye jr ge 7 02.01.00307.07. 98 02,0..00.09.0W 02/0210. 09.00,07.08, 0591.09 AUSSER ENT ‚CI r 1 G 121 r \ i@ 8 Fr G 9 {4 'g : 6 u | "I ATI IOYINZ.IUOY 8 | n T r j | T — — | | | | | | | a ER a ea a a a u ER =! | l ! | ES REN I is | \zy y6 ys U y ye yr ye ys yF yel OT 00 08 OF 08 02 OL 00 08 OF O8 07 OL 00 08 02 OL 00 06 OF Ok: 07 O1 00 0€ OF O8 02 01 00 06 OF 0€ 05 02 01 00 06 OF O8 02 OL 00 0€ OF 08 07 01 EEE "MA’ES y9 ET CO GG CH GE CZ Cl mm nn nn nn GE C2 GT SO SS Ch GG GE us co "IA'Se IPJeL Gg CT GE Ge CI SO AUG VIOy9 zZ 111og see nn 0 AOYIanzZuVqneıIL [an yr \o Tu year ql Sg Sr ce cu CE CH GE GE CI CO CE CH GE CE GI GO SC Ch TEE TE Ten | (nee 0 1 u SONEN'O NUANerh Rx EDEN HALT AN KR N Bramyosunemg uyogp bemar, apau,]uoa Deren Se] S1Bojorsäug ayn z sg TOPONZATOY 0/06) | TIEN 60 ee Verlag von Friedrich Vieweg & Sohn in Braunschweig. Die chemische Organisation der Zelle. Ein Vortrag von Franz Hofmeister, o. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg. 8. geh. Preis 0,60 #M. Leitfaden für den praktisch-chemischen Unterricht ren VreidTenmer zusammengestellt von Dr. Franz Hofmeister, o. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg. 8. Gebunden in Lnwd. Preis 3 #M. Die Kohlenoxyd-Vergiftung in ihrer klinischen, hygienischen u. gerichtsärztlichen Bedeutung. Monographisch dargestellt von Dr. med. Willy Sachs, Mülhausen im Elsass. Mit einer Spectraltafel. gr. 8. geh. Preis 4 #. Untersuchungen zur Blutgerinnung. Beiträge zur Chemie und Morphologie der Coagulation des Blutes von Dr. Ernst Schwalbe, Privatdocent und I. Assistent am pathologischen Institut zu Heidelberg. gr. 8. geh. Preis 2,50 N. Chemie der Eiweisskörper. Von Dr. Otto Cohnheim, Privatdocent der Physiologie an der Universität Heidelberg. gr. 8. Preis geb. 7 HM. Chemische und medicinische Untersuchungen. Festschrift zur Feier des sechzigsten Geburtstages von Max Jaffe. Mit Beiträgen von M. Askanazy, P. Baumgarten, M. Bernhardt, R. Cohn, Th. Cohn, W. Eliassow, A. Ellinger, J. Frohmann, P. Hilbert, Lassar-Cohn, D. Lawrow, E. v. Leyden, W. Lindemann, W. Lossen, H. Meyer, E. Neumann, H. Nothnagel, E. Salkowski, W.Scheele, L. Schreiber, A. Seelig, S. Stern, O. Weiss, R. Zander. Mit einer Textabbildung und sieben Tafeln. gr. 8. geh. Preis 12 #. Verlag von Friedrich Vieweg & Sohn in Braunschweig Die Pflanzen a ra von Jul. Wilh. Brühl, Professor an der Universität Heidelberg in Gemeinschaft mit Edvard Hjelt und Ossian Aschan, Professoren an der Universität Helsingfors. Mit eingedruckten Abbildungen. gr. 8. Geb. in Lnwd. Preis 14 #. Beiträge zur Physiologie. Festschrift für Adolf Fick zum siebzigsten Geburtstage. gr. 8. Preis geh. 4 M.; geb. 5 M. Anleitung zur Ausmittelung der Gifte und zur Erkennung der Blutflecken bei gerichtlich-chemischen Untersuchungen. Siebente Auflage, neu bearbeitet von Dr. Robert Otto, Professor der Chemie an der Herzoglichen technischen Hochschule zu Braunschweig, Geh. Hof- und Medicinalrath. Für Chemiker, Apotheker, Medicinalbeamte und Juristen, Leit- faden in Laboratorien und bei Vorträgen. Mit eingedruckten Holzstichen und 1 farbigen Tafel. gr. 8. geh. Preis 8 %. Ausführliches Lehrbuch der pharmaceutischen Chemie bearbeitet von Dr. Ernst Schmidt, Geh. Regierungsrath, o. Professor der pharmaceutischen Chemie und Director des pharmaceutisch- chemischen Instituts der Universität Marburg. Erster Band. Anorganische Chemie. Vierte vermehrte Auflage. Mit Holzstichen und 1 farb. Spectralt. gr. 8. Preis geh. 20 6, geb. 22 #M. Zweiter Band. Organische Chemie. Vierte vermehrte Auflage. Mit zahlreichen Holzstichen. gr. 8. Preis geh. 34 Ab, geb. in zwei Abthei- lungen 38 ft. Vorlesungen über elementare Biologie. Von T. Jeffery Parker, B. Se., F.R.S., Professor der Biologie an der Universität zu Otago, Dunedin, Neu-Seeland. Autorisirte deutsche Ausgabe von Dr. Reinold v. Hanstein. Mit 88 eingedruckten Abbildungen. gr. 8. geh. Preis 8 fl. Beiträge zur Chemischen Physiologie und Pathologie Zeitschrift für die gesamte Biochemie unter Mitwirkung von Fachgenossen herausgegeben von Franz Hofmeister o. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg II. Band 5. und 6. Heft (Ausgegeben Mai 1902) Braunschweig Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn an ERROR Inhalt des 5. und 6. Heftes. Seite XIII. P. Mayer. Über Indoxyl-, Phenol- und Glyeuronsäureausschei- dung beim Phloridzindiabetes. (Aus dem chemischen Labora- torium des pathologischen Instituts zu Berlin) ........ 217 XIV. L. Langstein. Zur Kenntnis der Endprodukte der peptischen Verdauung. Zweite Mitteilung: Die Endprodukte des krystalli- sierten Ovalbumins. (Aus dem physiologesch-chemischen Imstitut 2U Stra [Sb N le ER N Tee 229 XV. €. Neuberg und F. Blumenthal. Über die Bildung von Isovaler- aldehyd und Aceton aus Gelatine. (Aus dem chemischen Labora- torium des pathologischen Instituts der Universität Berlin und derE medizinischen RL) 238 XVI. P. Bielfeld. Über den Eisengehalt der Leberzellen des Men- schen. (Aus dem medizinisch-chemischen Lahoratorium zu Tomsk.) 251 XVIL A. Magnus-Levy.. Über die Säurebildung bei der Autolyse der eher. 40:0. 20V BR DE SE RD are, A 261 Die „Beiträge zur chemischen Physiologie und Pathologie“ erschei- nen in zwanglosen Heften, von denen 12 einen Band von 36 Druck- bogen zum Preise von M. 15, — bilden. : Die Ausgabe der Hefte erfolgt nach Mafsgabe des einlaufenden Materials in kurzen Zwischenräumen. Die Zahl der in einem Jahre erscheinenden Bände soll zwei nicht überschreiten. Manuskriptsendungen sind an den Herausgeber, Strafsburg i. E., Wimpfelingstrafse 2, zu richten. Bei der Aufnahme von Arbeiten in die „Beiträge“ soll in erster Reihe deren biologisches Interesse, sodann Exaktheit der Durchführung, Sachlichkeit, Knappheit und Übersichtlichkeit der Darstellung mals- gebend sein. Polemische Ausführungen, welche den Rahmen einer thatsächlichen Richtigstellung überschreiten, können nicht Aufnahme finden. Der kurzen Mitteilung neuer Befunde bleibt ein besonderer Raum vorbehalten. Solchen „kürzeren Mitteilungen“ kann ein beson- ders rasches Erscheinen zugesichert werden. Die Mitarbeiter erhalten ein Honorar von M. 40, — für den Druck- bogen und 50 Sonder- Abzüge. nr 5 2% X. Über Indoxyl-. Phenol- und Glyeuronsäureaus- scheidung beim Phloridzindiabetes. Von Dr. Paul Mayer. (Berlin-Karlsbad.) [Aus dem chemischen Laboratorium des pathologischen Instituts zu Berlin (Vorsteher: Professor E. Salkowski).] Die Frage nach der Herkunft der aromatischen Harnsubstanzen ist durch die Forschungen der letzten Jahrzehnte zu einem gewissen Abschlufs gelangt. Dieselben haben uns gelehrt, dafs von der Gesamtheit der aromatischen Spaltprodukte des Eiweilsmoleküls lediglich das Tyrosin durch eine physiologische Leistung des Orga- nismus gebildet wird, während die weitere Zerlegung des Tyrosins in aromatische Oxysäuren, Phenol und Parakresol, sowie die Bil- dung der Phenyl- und Indolgruppe nur durch bakterielle Prozesse im Darm vollzogen werden. Im Gegensatz zu der bisher allgemein herrschenden Anschauung, die besonders durch E. Baumann*) sowie Nuttal und Thier- felder**) begründet erschien, dals aulser der Eiweilsfäulnis im Darm andere Quellen für die Entstehung von Phenol und Indol im Körper nicht existieren, kommt Carl Lewin***) auf Grund seiner vor kurzem in dieser Zeitschrift mitgeteilten Untersuchungen zu der Schlufsfolgerung, dafs Phenol und Indol auch ohne bak- terielle Prozesse durch Eiweilszerfall in den Geweben selbst ent- stehen können. Da Lewin in dieser Arbeit auch die Glycuron- säureausscheidung in den Kreis seiner Betrachtungen zieht und an der Hand seiner Versuchsergebnisse die von mir ausgesprochene Anschauung, dafs eine vermehrte Glycuronsäureausscheidung in gewissen Fällen als Ausdruck einer unvollkommenen Oxydation *) Baumann, Zeitschr. f. physiol. Chem. 10, 1856. »*) Nuttal u. Thierfelder, Ebenda 21, 1895/96 und 22, 1896/97. *=*) (0, Lewin, Diese Zeitschr. 1, Heft 10 bis 12, 1902. 14* 218 Paul Mayer, des Traubenzuckers aufzufassen ist, bekämpft, soll an dieser Stelle über eigene Untersuchungen berichtet werden, welche zu den Resultaten von Lewin in einem auffallenden Gegensatze stehen. Lewin hat zur Entscheidung der Frage, ob Phenol- und Indol- bildung auch aufserhalb des Darmkanals durch nicht bakteriellen Eiweilszerfall im Organismus stattfinden kann, Versuche mit Phlo- ridzin angestellt, die er gröfstenteils an Kaninchen durchgeführt hat. Der Autor hat nun an den Phloridzintagen regelmälsis eine vermehrte Indoxyl- und Phenolausscheidung konstatiert bei gleich- zeitiger Vermehrung der Glycuronsäureausscheidung. Dabei hat er seine Tiere absichtlich in einer gewissen Unterernährung ge- halten, um die Bedingungen für einen gesteigerten Eiweilszerfall möglichst günstig zu gestalten. Die Betrachtung der Lewinschen Protokolle zeigt aber, dafs eine genaue Dosierung der Nahrungs- zufuhr gar nicht durchführbar war. Lewin hat nämlich in allen seinen Versuchen immer zwei oder sogar drei Kaninchen in einem Käfig gehalten und den Harn in einem Gefäls aufgefangen, so dals er stets den Mischurin von zwei oder drei Kaninchen unter- sucht hat. Bei einer solchen Versuchsanordnung ist es natürlich gar nicht möglich, die Menge der von jedem einzelnen Tier auf- genommenen Nahrung, die ihnen gemeinschaftlich gereicht wurde, zu kontrollieren; und da man wohl kaum annehmen darf, dals die Kaninchen sich das ihnen abgemessene Futter stets brüderlich geteilt haben, so wird möglicherweise an manchen Tagen ein Urin zur Untersuchung gelangt sein, der zum Teil von einem fast hungernden Tier stammte, und man wird deshalb auch den Stickstoff- bestimmungen, die Lewin in einzelnen Versuchen im Harn aus- geführt hat, nur einen sehr problematischen Wert zuerkennen können. Von besonderer Wichtigkeit müssen diese Verhältnisse bei der Beurteilung der Indoxylausscheidung sein. Das Auftreten von Indoxyl bei Hungerkaninchen ist ja eine schon seit langem be- kannte Thatsache. Nur kann dieselbe, wie dies klar aus den ein- gehenden Untersuchungen Fr. Müllers“) hervorgeht, nicht als Beweis für eine Bildung von Indol aus Körpereiweils angesehen werden, da wir wissen, dafs die Fäulnisprozesse im Hunger keines- wegs sistieren. Aber ich habe mich selbst überzeugt, dals Kanin- chen, die bei ausreichender Nahrungszufuhr niemals Indikan aus- scheiden, sofort Indoxylurie bekommen, sobald die Nahrungsauf- *) Fr. Müller, Mitteilungen aus der mediz. Klinik zu Würzburg 1835. Über Indoxyl-, Phenol- und Glycuronsäureausscheidung u. s. w. 219 nahme ungenügend wird. Dafs also Lewin in seinen Versuchen an den Phloridzintagen die Indikanreaktion positiv fand, ist nicht wunderbar; nur bedurfte es dazu nicht des Phloridzins, da schon allein die Unterernährung seiner Tiere das Auftreten von Indoxyl bedingt. Auffallend ist nur, dafs Lewin nicht auch regelmälsig in der Vor- und Nachperiode positive Indikanreaktionen erhalten hat — nur in zwei Versuchen bei gleichzeitig bestehender Gly- cosurie war dies der Fall —, da ja seine Tiere auch an den nor- malen Tagen sich in demselben ungenügenden Ernährungszustande befunden haben. Ich habe mich vergeblich bemüht, für diesen Befund Lewins, der im Gegensatz zu meiner Erfahrung steht, dafs unterernährte Kaninchen immer Indoxyl ausscheiden, eine Erklärung zu finden; vielleicht mag die oben besprochene Ver- suchsanordnung des Autors hier mitwirken. Da Lewin überdies auch in den Fällen, wo er während der ganzen Versuchsdauer Indoxyl fand, die Indikanmenge lediglich nach der Farbeninten- sität der Jaffeschen beziehungsweise Obermayerschen Reaktion abschätzt, so berechtigen seine Ergebnisse meines Erachtens keines- wegs zu der Schlufsfolgerung, dafs der durch das Phloridzin ge- steigerte Eiweilszerfall zu einer Vermehrung der Indoxylausschei- dung führt. Ich habe denn auch bei meinen eigenen Phloridzinversuchen niemals einen Einfluls des Phloridzins auf die Indoxylausscheidung beobachtet. Bei diesen Versuchen habe ich streng darauf geachtet, dafs die Kaninchen ausreichend ernährt wurden, um keine Unterernährung und keine etwa durch diese veranlafste Stoifwechselstörung hervorzurufen. Denn da bei nicht genügend ernährten Kaninchen an und für sich immer Indikan im Harne auftritt, ist es verfehlt, den Einflufs des Phloridzins auf die Indoxylausscheidung an unterernährten Tieren zu prüfen, besonders wenn man, wie Lewin, keine quantitativen Bestim- mungen ausführt. Ich betone aber ausdrücklich, dafs nicht etwa eine Uberernährung meiner Tiere stattfand, wie dies aus dem Gewicht der- selben, das während der Versuche stets genau kontrolliert wurde, zu ersehen ist. Die später folgenden Tabellen zeigen nun deutlich, dafs aus- reichend ernährte Kaninchen kein Indikan ausscheiden, dals aber auch an den Phloridzintagen keine Spur Indoxyl im Harn auftritt. Hierdurch ist also der Beweis erbracht, dafs das Phloridzin als solches eine Vermehrung der Indoxylansscheidung nicht verursacht. Ich möchte an dieser Stelle eine Beobachtung mitteilen, die ich nicht selten bei der Anstellung der Jaff&öschen oder Obermayerschen 220 Paul Mayer, Indikanprobe in Kaninchenharnen — und zwar gänzlich unabhängig von der Phloridzinzufuhr — gemacht habe. Es tritt dabei bisweilen eine Rotfärbung der Lösung ein, ohne dafs das Chloroform selbst ge- färbt erscheint. Der Chloroformauszug bleibt völlig unverändert, wäh- rend die über dem Chloroform stehende Flüssigkeit rosa bis stark rot gefärbt ist. Die Natur dieses Farbstoffes muls vorläufig noch dahin- gestellt bleiben, jedenfalls kann es sich nicht um Indigofarbstoffe handeln. Ich habe ein solches Verhalten des Harns auch beim Menschen, und zwar ganz besonders häufig bei Diabetikern gesehen und halte diese Beobachtung deshalb für wichtig, weil die geschilderte Reaktion leicht zu Irrtümern Veranlassung geben kann, und eine Indikanprobe vielleicht von manchem als positiv angesehen wird, trotzdem kein In- doxyl vorhanden ist. Nach meinen Versuchen zeigt sich nun des weiteren, dafs unter dem Einflufs des Phloridzins auch die Phenolausscheidung nicht ansteigt. Ich lasse zunächst die Tabelle eines Versuches folgen, bei dem ich einem Kaninchen an zwei Tagen hintereinander je 1& Phloridzin eingespritzt habe *). Versuch I Kaninchen von 2530g. Tägliche Nahrung: 500 g Kohl und 100g Rüben. Gewicht nach Abschlufs des Versuchs: 2520 g. = E | Polarisation es =) 3 S re io) 28 Datum) 5 a © |8 53 | Bemerkungen = Be) vor nach = 2:8 > = „a | Vergärung | Vergärung Be | 2. Nov. 0,0030 0,0029 = 2 Er 3... |/0,0024 — — = — | — |Am4. u. 5. Nov. 400,8 10.0033, — — un jeNOR Phiprid. 5... |10,0028| — = Proz. r.|0,2 Proz. 1.) 100| — zin subkutan 6.2 ,231.0,00361 224 0,59 10:.2310, 30: 20, 221211214207 2 7.22 ,20,0027 2: 220: 2°7,12 27. —_ DIE 8 „ 1/0,0029)| — — — — Die Betrachtung der vorstehenden Zahlen zeigt deutlich, dafs eine vermehrte Phenolausscheidung an den Phloridzintagen nicht eintrat. Dasselbe Resultat erhielt ich in einem zweiten Versuch, bei dem ich den Harn nach einer dreitägigen Vorperiode, einer drei- tägigen Phloridzin- und einer dreitägigen Nachperiode untersuchte. *) ]1g Phloridzin in 20 ccm Wasser unter Zusatz von 0,25 g Soda gelöst. **) Wenn die Indikanreaktion positiv ausfiel, habe ich das Indoxyl nach der Methode von Bouma quantitativ bestimmt, welche ich nach meinen Erfahrungen sehr empfehlen kann. Über Indoxyl-, Phenol- und Glycuronsäureausscheidung u. s. w. 921 Nerswen.IkE Kaninchen von 3000g. Tägliche Nahrung: 500g Kohl, 100g Rüben und 100g Brot. Gewicht am Ende des Versuchs: 2975 g. Urin von drei Tagen = X Zucker Polari- 3 Harn- = 2 sation | 3 2 © S ER : „| 3 3 | Bemerkungen menge a = titri- polari- |nach Ver- 2, 5, metrisch | metrisch gärung 5 \1850cem | 0,0% — | — — — — | Vorperiode 3140 „| 0,027 | — 0,57 Proz.| 0,5 Proz. 0,4 Proz. 1.) — | Phloridzinperiode. — 1990| = 1070 An jedem der drei ? TIER 7 oT 8 Tage 1 g Phlorid- zin subkutan 1900 „ | 0031| — Spuren | Spuren (1 „ 1 — Nachperiode 0,1 Proz. Hier hält sich die Phenolausscheidung während der drei ver- schiedenen Perioden auf fast der gleichen Höhe. Eine Vermehrung an den Phloridzintagen ist nicht vorhanden. In einem dritten Versuche habe ich die Phloridzindosis bedeu- tend gesteigert. Denn wenn durch die Giftwirkung des Phloridzins eine Vermehrung der Phenolausscheidung entsteht, dann mu[s man annehmen, dafs durch Zufuhr gröfserer Phloridzinmengen auch die Phenolvermehrung deutlicher in die Erscheinung treten würde. Ich habe deshalb in dem folgenden Versuche an zwei Tagen je 4 eo, also 8g Phloridzin innerhalb 48 Stunden injiziert und bemerke nebenbei, dals das Tier diese grofse Dosis ohne jede Störung ertragen hat und auch an den Phloridzintagen dieselbe Nahrung wie in der Vor- und Nachperiode zu sich genommen hat. Trotz der grofsen Phloridzinmenge schied aber das Kaninchen nicht mehr Phenol aus als an den normalen Tagen. Veorsıela DE Kaninchen von 3100g. Tägliche Nahrung: 500 g Kohl und 200g Rüben. Endgewicht 3120 g. ee Zucker Polari- = Datum 58 = ö| Beton 5 E B k Balls S | titri- polari- |nach Ver-| 2.5 | zungen a Ri= : : >® on. metrisch | metrisch | gärung | © 23. bis 25. Nov. | 840 0,0022) —| — ee > Dh: 5) 27, D) 780 0,0069 Kree Er keaggl any Fe Am DE 27199... 1085 |0,0076| |" 505 | ee 04 Proz. | — | 28. Noy. je 29. Nov. bis 1. Dez.| 970 0,0061 — — 10,4 Proz. 02 „ 1) — | &g Phlorid- er, 53 „| oloooe | — 2 = = 22 ziusubkutan Bed, 390 El I a — — 23223 Paul Mayer, Aus welchen Ursachen Lewin in seinen Versuchen zu gänz- lich anderen Resultaten gelangt ist, ist mir schwer verständlich. Ich bin mir bewulst, die Phenolbestimmungen, die ich ebenso wie Lewin nach der Neubergschen Methode *) ausgeführt habe, die allerdings sehr subtil ist und eine ziemliche Übung erfordert, in durchaus exakter Weise unter Anwendung sämtlicher Kautelen angestellt zu haben, und habe mich durch wiederholte Kontrollversuche von der Richtigkeit meiner Bestimmungen überzeugt. Man könnte vielleicht geneigt sein, die Ursache für unsere differierenden Resultate in der verschiedenen Versuchsanordnung zu suchen, da Lewins Tiere sich in dauernder Unterernährung befanden, während die meinen normal ernährt wurden. Nun, die eingangs von mir besprochene ungeeignete Versuchsanordnung: Lewins mag ja allerdings manches erklären, da sie eben eine einwandsfreie Beurteilung der Versuchsergebnisse überhaupt aus- schlielst. Aber unmöglich können die hohen Phenolwerte, die der Autor an den Phloridzintagen erhalten hat, allein durch die Unter- ernährung seiner Tiere hervorgerufen worden sein. Lewin hat allerdings bei Hungerkaninchen ebenfalls bedeutende Phenolver- mehrung gesehen; aber diesen Befunden möchte ich eine Bedeu- tung deshalb nicht beimessen, weil sie in krassem Gegensatz zu Beobachtungen von Salkowski stehen, der gelegentlich seiner Untersuchungen über die Bildung des Phenols festgestellt hat, dafs Kaninchen während des Hungerns gar kein oder nur Spuren Phenol ausscheiden **). Diese durch Salkowski festgestellte That- sache läfst es gänzlich ausgeschlossen erscheinen, dafs beim Kanin- chen eine Entstehung von Phenol aus zerfallendem Körpereiweils statthat. Es ist also undenkbar, dafs das Phloridzin bei unter- ernährten Tieren eine Steigerung der Phenolausscheidung bewirken soll, während es dies bei ausreichend ernährten Kaninchen nicht thut. Die Frage, wieso sich die Lewinschen Kaninchen be- züglich der Phenolausscheidung anders verhalten haben als die meinen, muls daher eine offene bleiben. Jedenfalls beweisen meine Versuche, dals beim Phloridzindiabetes eine ver- mehrte Phenolausscheidung nicht stattfindet. Nun komme ich zu dem wichtigsten Punkt, nämlich zur Gly- curonsäureausscheidung, die Lewin jedesmal an den Phloridzin- tagen vermehrt gefunden zu haben angiebt. Ich habe, wie aus den *) C. Neuberg, Zeitschr. f. physiol. Chem. 27, 1899. >) E. Salkowski, Virchows Archiv 73, 409. Uber Indoxyl-, Phenol- und Glyeuronsäureausscheidune u. s. w. 293 früheren Tabellen ersichtlich ist, niemals Glycuronsäure auftreten sehen. Selbst wenn ich die Phloridzinharne gesammelt habe, und noch so grolse Linksdrehungen vorhanden waren, gelang es mir nicht, trotz wiederholter Versuche die Bromphenylhydrazinverbin- dung darzustellen, Glycuronsäure nachzuweisen. Hier sind allerdings die Gründe für unsere sich widerspre- chenden Resultate sehr durchsichtig. Lewin hat bei seinen Kanin- chen auf die Anwesenheit von Glycuronsäure geschlossen lediglich auf Grund des positiven Ausfalls der Orcinreaktion und einer nach der Vergärung des zuckerhaltigen Harnes auftretenden Linksdrebung. Bezüglich der Orcinprobe bemerke ich, dals meine Angaben über den Nachweis der Glycuronsäure mittels der Orcinreaktion, auf. die Lewin sich beruft, sich ausschliefslich auf menschlichen Harn beziehen. Bei Kaninchenharnen hat die Orcinreaktion meist nicht den geringsten Wert. Jeder Harn von Kaninchen, die Nah- rung erhalten, also auch von unterernährten Tieren giebt die Orein- probe, und dies rührt daher, dafs die in dem Futter enthaltenen Pentosane zum Teil in den Harn übergehen. Erst vor kurzem sind diese Verhältnisse in einer aus dem Salkowskischen Labora- torium erschienenen Arbeit von Slowtzoff*) klargelegt worden. Ich habe unter sicher mehr als 100 normalen Kaninchenharnen, die ich im Laufe der letzten Jahre untersucht habe, keinen einzigen gesehen, der nicht die Orcinreaktion gegeben hätte. Dafs also in den Lewinschen Versuchen die Orcinprobe an den Phloridzin- tagen positiv ausfiel, ist selbstverständlich und beweist nichts für das Vorhandensein von Glycuronsäure. Unverständlich ist es mir aber, wieso Lewin die Orcinreaktion nur gerade an den Phloridzin- tagen erhält, an den übrigen Tagen aber meist nicht, oder nur dann, wenn er gleichzeitig eine vermehrte Phenol- und Indoxyl- ausscheidung konstatiert. Auch dafür vermag ich keine Erklärung zu geben, dafs Lewin bei hungernden Kaninchen die Oreinprobe ausnahmslos positiv findet, während, wie man sich leicht überzeugen kann, im Hunger die auch bei geringer Nahrungszufuhr stets vor- handene Orcinreaktion verschwindet. Der zweite Punkt ist die Linksdrehung, die an den Phloridzin- tagen nach der Vergärung des Harns auftritt, und die Lewin als beweisend für Glycuronsäure ansieht; er sagt ausdrücklich, dafs durch die Orcinprobe und durch die Linksdrehung mit Sicherheit erkannt wird, dafs sich Glyeuronsäure im Urin befindet, und betont ”) Slowtzoff, Zeitschr. f. physiol. Chem. 34, 1901. 294 Paul Mayer, an einer Stelle noch besonders, dafs die Linksdrehung nicht auf P-Oxybuttersäure bezogen werden kann, da niemals Aceton vor- handen war. Auf Oxybuttersäure braucht diese Linksdrehung aller- dings nicht bezogen zu werden, wohl aber ist dieselbe durch einen anderen Faktor veranlafst. Schon der Entdecker des Phloridzindiabetes, v. Mering*) selbst, hat beobachtet, dafs Phloridzin in den Harn übergeht, und nach ihm ist diese Beobachtung von verschiedenen Autoren, besonders auch von Külz bestätigt worden. Külz und Wright**) haben das Phloridzin sogar aus dem Harn dargestellt. Da nun das Phloridzin die Ebene des polarisierten Lichtes nach links ablenkt — seine spezifische Drehung hat annähernd dieselbe Grölse wie die des Traubenzuckers —, so muls selbstverständlich nach Phlorid- zineinspritzungen der vergorene Harn linksdrehend sein. Besonders eingehend sind diese Verhältnisse von ÖOremer beleuchtet worden. Cremer und Ritter ***) teilen in einer ausführlichen Arbeit mit, dals das Phloridzin quantitativ in den Harn übergehe, und betonen, dals es von grofser Wichtigkeit ist, in welcher Weise der ver- gorene Harn zur Polarisation vorbereitet wird. Da das Phloridzin durch Bleiessig gefällt wird, empfehlen die genannten Autoren zur Klärung des Harns alkoholischen Bleizucker zu nehmen, um das Phloridzin in Lösung zu halten. In späteren Arbeiten hat dann Cremer?r) diese Angaben zum Teil widerrufen und hat, da die Linksdrehungen, die er nach Phloridzin in vergorenen Kaninchen- harnen in späteren Versuchen erhalten hatte, sehr schwankende waren, seine Ansicht dahin modifiziert, dals die nach Phloridzin auf- tretende linksdrehende Substanz nur zum Teil Phloridzin ist, zum Teil dagegen aus einem oder mehreren Derivaten oder Spaltungs- produkten desselben besteht. Bezüglich der Zubereitung des Harns nach der Vergärung meint Cremer in seiner zweiten Abhandlung, dafs auch die Klärung des Harns mit Bleizucker völlig unschäd- lich sei. Die Angaben Uremers sind, wie man sieht, etwas wider- sprechend. Aber die auch von Cremer durch Darstellung des Phloridzins aus dem Harn über jeden Zweifel sichergestellte That- sache, dals das linksdrehende Phloridzin im Harn erscheint, ist *) v. Mering, Zeitschr. f. klin. Med. 16, 1839. =>) Kulz u. Wrioht, Zeitsehr.2.2B1012.20, 1891. *#=) Cremer u. Ritter, Ebenda 28, 1892 u. 29. 7) Cremer, Ebenda 36, 1898. Über Indoxyl-, Phenol- und Glycuronsäureausscheidune u. s. w. 295 allein schon bedeutsam genug, um die Cremersche Forderung gerechtfertigt erscheinen zu lassen, dafs jeder Forscher, der bei Phloridzinversuchen das Polarimeter benutzt, verpflichtet sei anzu- geben, wie er Täuschungen durch das Versuchsmittel vermieden hat. Ich halte es nicht für überflüssig, diese Verhältnisse etwas eingehender zu besprechen, weil merkwürdigerweise die That- sache, dafs das Phloridzin in den Harn übergeht, von fast allen Autoren, die mit dem Phloridzin gearbeitet haben, trotz der Ore- merschen Veröffentlichungen nicht gewürdigt worden ist. Wie grofs die durch das Phloridzin hervorgerufenen Unterschiede zwi- schen der titrimetrischen und polarimetrischen Zuckerbestimmung, die schon v. Mering und speciell Cremer betonen, ausfallen können, ist aus Nr. III meiner Versuche ersichtlich, wo die polari- metrische Bestimmung 6,58, die titrimetrische aber 9,6& Zucker ergab: also eine Differenz von 3g. Ich glaube daher, dals viele Schlüsse, die aus den Phloridzinarbeiten der letzten Jahre gezogen worden sind, ohne dafs diesen Verhältnissen Rechnung getragen wurde, mit einer gewissen Skepsis zu beurteilen sind und einer erneuten Prüfung bedürfen. Das gilt selbst für den Zuckergehalt des Blutes beim Phloridzindiabetes. Denn ebenso wie das Phlorid- zin in den Harn übergeht, wird es natürlich auch im Blute kreisen, und die Zuckerbestimmungen ohne Berücksichtigung dieser That- sache müssen notwendigerweise-ungenau werden. Vielleicht lassen sich so manche Differenzen erklären, die sich gerade in den letzten Jahren hinsichtlich der Blutzuckerbestimmungen bei der Phloridzin- glycosurie zwischen den Versuchen verschiedener Autoren ergeben haben (siehe besonders die jüngst erschienene Arbeit von Ozyhlarz und Schlesinger über Blutzuckerbestimmungen bei Phloridzin- diabetes *). - Von der Anwesenheit des Phloridzins im Harn kann man sich übrigens aufser durch den positiven Ausfall der für das Phloridzin charak- teristischen Eisenchloridreaktion in sehr einfacher Weise überzeugen. Man braucht nur den Harn bei saurer Reaktion auf dem Wasserbad auf die Hälfte oder ein Drittel seines Volumens einzuengen; nach dem Erkalten fallen die Phloridzinkrystalle direktaus. Bezüglich der Behand- lung des Harns nach der Vergärung halte ich nach meiner Erfahrung die ersten Angaben von Cremer für zutrefiender als die in seiner zweiten Publikation. Denn wenn man, wie Cremer zuletzt vorschlägt, den vergorenen Harn mit Bleizucker klärt, so bekommt man, wie ich mich wiederholt überzeugt habe, Verluste an Phloridzin. Wenn ich einen Phloridzinharn nach der Vergärung mit Bleizucker behandelt hatte, so *) v. Czyhlarz u. Schlesinger, Wiener klin. Rundschau 41, 1901. Beitr. z. chem. Physiologie. II. 15 226 Paul Mayer, war oft die Linksdrehung geringer, als wenn ich eine andere Portion desselben Harns direkt nach dem Filtrieren polarisiert habe. In der That kann das Phloridzin durch Bleizucker gefällt werden; versetzt man eine wässerige Phloridzinlösung, die geringe Mengen von Soda enthält (gerade so viel, als zur Lösung des Phloridzins notwendig ist), mit Bleizucker, so beobachtet man alsbald, dafs Phloridzinkrystalle aus- fallen. Vermutlich entzieht das essigsaure Blei der Lösung das Alkali, so dafs das Phloridzin nicht mehr in Lösung gehalten werden kann. Zerlegt man nun den abfiltrierten Bleiniederschlag, dem das ausge- schiedene Phloridzin mechanisch beigemischt ist, mit Schwefelwasserstoff, so krystallisiert das Phloridzin in dem eingeengten Filtrat aus; noch einfacher verfährt man so, dafs man den Bleiniederschlag in Alkohol aufnimmt und das Alkoholfiltrat eindampft; hat man vorher essigsaures Blei bis zur völligen Fällung zugesetzt, so erhält man das Phloridzin auf diesem Wege quantitativ wieder. Ähnlich liegen die Verhältnisse im Harn, wo die Reaktion zweifellos eine grofse Rolle spielt. Da man, um einen Harn zu polarisieren, der Menge zuzusetzenden Bleizuckers für gewöhnlich keine grofse Bedeutung beilest und das eine Mal mehr, das andere Mal weniger anwendet, so werden natürlich die Linksdre- hungen, die man erhält, sehr schwankend sein. Ich möchte daher vor- schlagen, wenn es sich darum handelt, die nach Phloridzinzufuhr im vergorenen Harn vorhandene Linksdrehung genau festzustellen, keine Bleizuckerbehandlung vorzunehmen, sondern den Harn durch blofses wiederholtes Filtrieren zur Polarisation vorzubereiten. Besondere Schwierigkeiten werden, worauf bereits Cremer und Ritter*) aufmerksam gemacht haben, solche Fälle bieten, bei denen neben dem Phloridzin noch andere linksdrehende Substanzen im Harn vorhanden sind, wie beispielsweise nach Verabreichung irgend eines Glyeuronsäurepaarlings. Ich halte es nicht für möglich und betone dies ausdrücklich in Hinblick auf eine jüngst erschienene Arbeit von O0. Loewi**), dals man bei gleichzeitiger Anwesenheit von rechts- drehendem Traubenzucker, linksdrehendem Phloridzin und einer links- drehenden gepaarten Glycuronsäure diese drei Faktoren nebeneinander allein durch die polarimetrische Untersuchung genau quantitativ be- stimmen kann. Es kann dies allenfalls dann gelingen, wenn man der Thatsache, dafs das Phloridzin aus alkalischer Lösung durch Blei- zucker quantitativ ausgefällt wird, Rechnung trägt. Noch wäre ein Moment zu erwähnen. Man findet nicht selten die Linksdrehung im vergorenen Phloridzinharn etwas grölser, als der ein- gespritzten Phloridzinmenge entsprechen würde. Da wir über die links- drehenden Substanzen, die nach Phloridzin im Harn erscheinen, noch nicht genügend orientiert sind — sichergestellt ist ja nur, dafs ein Teil des Phloridzins in den Harn übergeht —, so kann eine befriedigende Erklärung für diese Thatsache nicht gegeben werden. Üremer ist, wie erwähnt, geneigt anzunehmen, dafs Spaltungsprodukte oder *) KO remerzu are, lanc! *2) 0. Loewi, Arch. f. exp. Path. 4%, 1901. Über Indoxyl-, Phenol- und Glyeuronsäureausscheidung u. s. w. 297 Derivate des Phloridzins im Harne auftreten, und es ist durchaus mög- lich, dafs diese ein anderes spezifisches Drehungsvermögen als das Phloridzin selbst haben. Aufserdem kommt noch in Betracht, dafs nach Phloridzinzufuhr bei Kaninchen stets Eiweils im Harne sich findet. Diese Thatsache ist schon 1893 von Trambusti und Nesti*) mit- geteilt worden, ohne allerdings Beachtung gefunden zu haben, und ist später von v. Kossa**), der in eingehenden Untersuchungen auch konstant anatomische Läsionen des Nierenparenchyms nachgewiesen hat, bestätigt worden. Die Eiweilsmengen, die beim Kaninchen im Harne erscheinen, sind nach meinen Erfahrungen ziemlich schwankend, immerhin mu[s auch diesem Faktor bei Beurteilung der Linksdrehung Rechnung getragen werden. Für die hier in Betracht kommenden Fragen erscheint es am wichtigsten, dafs die Glycuronsäure an dieser Linksdrehung nicht beteiligt ist. Um nun wieder auf die Lewinschen Versuche zurückzu- kommen, so zeigen die vorstehenden Auseinandersetzungen, dals Lewin keineswegs berechtigt war, aus der Linksdrehung;, er an den Phloridzintagen im vergorenen Harn konstatiert hat, die auf die Anwesenheit von Glycuronsäure zu schlielsen. Ich kann nach meinen Untersuchungen mit Sicherheit aussagen, dafs nach Phloridzinzufuhr keine Glycuronsäure im Harne auftritt. Durch meine Versuche glaube ich den Beweis erbracht zu haben, dafs beim Phloridzindiabetes weder die Phenol- und Indoxyl- noch die Glycuronsäureausscheidung vermehrt ist. Es ist daher einleuchtend, dafs die Schlüsse, die Lewin bezüglich der Ent- stehung von Phenol und Indol aus zerfallendem Körpereiweils zieht, mit grolser Vorsicht aufzunehmen sind. Keineswegs kann ich anerkennen, dals Lewin der Nachweis gelungen sei, dals die Glyeuronsäureausscheidung durchaus von der Indoxyl- und Phenol- bildung abhängig ist. Lewin ist aber noch weiter gegangen und hat seine Ergebnisse ohne weiteres auf die von mir beschriebenen Fälle übertragen, in denen ich eine vermehrte Glycuronsäureaus- scheidung im Sinne einer unvollkommenen Zuckeroxydation ge- deutet habe, nämlich bei direkter Zufuhr gröfserer Zuckermengen, bei Fällen von schweren Cirkulations- und Respirationsstörungen und beim Diabetes mellitus. Die Annahme Lewins, dafs in diesen Fällen das Auftreten der Glycuronsäure durch eine gleichzeitige Vermehrung von Phenol und Indoxyl veranlalst ist, entbehrt jeder Begründung, da er selbst keinen einschlägigen Versuch angestellt hat. *) Trambusti u. Nesti, Zieglers Beiträge 14, 1893. 15* 338 Paul Mager, Über Indoxyl-, Phenol- u. Glyeuronsäureaussch. u. s. w. Meine eigenen Untersuchungen haben mich gelehrt, dals in denjenigen Fällen, in denen ich die Glycuronsäureausscheidung in dem erwähnten Sinne gedeutet habe, weder eine Phenol- noch eine Indoxylvermehrung vorhanden ist, und dals ein Zusamımen- hang zwischen Phenol- und Indoxylausscheidung einerseits und Glycuronsäureausscheidung andererseits keineswegs immer besteht. Diese Versuche, sowie andere Thatsachen, welche für die von mir ausgesprochene Anschauung sprechen, sollen demnächst an anderer Stelle im Rahmen einer ausführlichen Arbeit mitgeteilt werden. XIV. Zur Kenntnis der Endprodukte der peptischen Verdauung. Zweite Mitteilung. Die Endprodukte des krystallisierten Ovalbumins. Von Dr. Leo Langstein aus Wien. (Aus dem physiolog.-chem. Institut zu Strafsburg "). I. Die bei der Magenverdauung sich bildenden, die Biuret- reaktion nicht mehr gebenden Produkte, deren reichliches und frühzeitiges Auftreten Zunz durch eine grundlegende Untersuchung erschlossen hatte, sind mittlerweile durch Arbeiten von Lawrow, Pfaundler, Salaskin und mir genauer charakterisiert worden. Durch den Nachweis von Monaminosäuren (Leucin [Leueinimid |, Aminovaleriansäure, Tyrosin, Asparaginsäure, Glutaminsäure) einer- seits, von Amin- und Diaminbasen (Oxyphenyläthylamin, Putrescin, Cadaverin) andererseits, wurde eine weitgehende Ähnlichkeit zwischen der Verdauung durch den sauren Magensaft und durch das alkalische Pankreassekret festgestellt. Ein Unterschied in der Wirkung der peptischen Fermente gegenüber dem tryptischen scheint jedoch sowohl in der Persistenz von Biuretreaktion gebenden Körpern bei der peptischen Spaltung als auch dadurch gegeben, *) Diese im Sommersemester 1901 in Stralsburg begonnene Arbeit habe ich im September 1901 im chemischen Laboratorium der Universitäts- Kinderklinik in Graz zu Ende geführt. Dem damaligen Direktor derselben, Herrn Prof. Escherich, sage ich für sein Entgegenkommen in dieser Richtung auch an dieser Stelle besten Dank. 330 Leo Langstein, dafs es bisher nicht gelungen ist, Diaminosäuren als Produkte derselben nachzuweisen. Der letzterwähnte Punkt zusammen- gehalten mit dem Befund von Putresein und Cadaverin bei der Selbstverdauung von Schweinemägen veranlafste Lawrow zur Annahme, dafs diese beiden ebengenannten Basen als unter der Einwirkung des Pepsins entstehende Abkömmlinge des Arginins und Lysins aufzufassen sind. Nur bei Verwendung eines krystallisierten Eiweilsstoffes als die Gewähr der Einheitlichkeit bietenden Ausgangsmaterials konnte durch möglichst vollständige Isolierung der bei der peptischen Verdauung sich bildenden Endprodukte eine vertiefte Erkenntnis des Wesens derselben gewonnen werden. Unter diesem Gesichts- punkte wurde auf Veranlassung Prof. Hofmeisters vorliegende Untersuchung ausgeführt. II. 500& nach Hopkins’ Verfahren krystallisierten, bei 110° oe- trockneten Ovalbumins wurden Anfang Juni 1900 in ungefähr zwei- prozentiger Konzentration mit einprozentiger Schwefelsäure und Grüblers Pepsin zur Verdauung angesetzt. Erst nach ungefähr drei Monaten war vollständige Lösung des Eiweilskörpers erfolet. (Salzsäure greift nach meinen Erfahrungen viel schneller an.) Im Juli 1901 begann ich mit der Verarbeitung der Verdauungs- flüssigkeit. Dieselbe war vollständig klar, weingelb gefärbt. Durch Sättigung mit Ammonsulfat bei neutraler Reaktion ausfallende Albumosen waren nicht vorhanden; die beim Ansäuern auftretende Opaleszenz war gering. Die Flüssigkeit gab sämtliche Eiweils- rcaktionen und enthielt leicht abspaltbaren Schwefel; sie reduzierte zwar Fehlingsche Lösung, doch gab eine entnommene Probe mit Phenylhydrazin und Essigsäure kein Osazon. Gang der Untersuchung. Aus der ungefähr 30 Liter betragenden Verdauungsflüssigkeit wurde die Schwefelsäure durch Barytwasser in der Kälte entfernt; der gelöst gebliebene, an die bei der Verdauung reichlich ent- standenen sauren Produkte gebundene Baryt wurde durch Ein- leiten von Kohlensäure, der Rest durch sehr verdünnte Schwefel- säure quantitativ ausgefällt. Die resultierende Lösung wurde im Vakuum bei einer Temperatur, die 40° nicht überstieg, zum Sirup eingeengt, der in der Kälte zu einem Krystallbrei erstarrte. Unter Zur Kenntnis der Endprodukte der peptischen Verdauung. Da dem Mikroskop betrachtet, schien weitaus der grölste Teil der Kry- stalle aus wohlausgebildeten Leucinkugeln zu bestehen; Tyrosin- nadeln waren auffallend spärlich vertreten. Durch Überführung einer kleinen Portion der Krystalle in die Kupferverbindung und Kıystallisation aus heifsem Wasser wurde durch die Analyse iden- tifiziertes Leucinkupfer erhalten. Der Sirup wurde mit warmem Äther extrahiert; beim Abdunsten desselben blieben Leueinkugeln zurück; ätherlösliche Produkte basischer Natur, wie sie sich bei der Verdauung der Blutproteide gebildet hatten, waren nicht nach- weisbar; ich konnte solche auch nicht mit ciner Mischung von 1 Volumen wasserfreien Methylalkohols plus 4 Volumen wasser- freien Äthers extrahieren. Als zweckmälsig zur gesonderten Untersuchung der Basen und Säuren erwies sich die Trennung durch Phosphorwolframsäure, die mit einem Teil der in Wasser gelösten Verdauungsprodukte ausgeführt wurde. Ein zweiter Teil wurde zur Untersuchung des Schwefelkörpers, des Kohlehydrates und der Biuretreaktion geben- den Substanzen zurückbehalten. Bei der Untersuchung der mit kaltem Wasser gut aus- gewaschenen Phosphorwolframate auf Diaminosäuren nach Kossels und Kutschers Methode vermifste ich sowohl Histidin als auch Arginin. Es gelang jedoch, in der Lysinfraktion eine kleine Menge dieser Base als Pikrat durch die Elementaranalyse zu identifizieren. Ausbeute an Pikrat ungefähr 0,5 go. Die Analyse, ausgeführt an 0,217& (im Vakuum über Schwefel- säure getrocknet), ergab: Gefunden Für Lysinpikrat berechnet 6733,29 Proz. 38,40 Proz. ER—==74,46: 9%, 4,55» Das Fehlen von Arginin und Histidin, ebenso wie die geringe Ausbeute an Lysin war die Veranlassung, nach eventuell bei so SE) langer Verdauung entstandenen Derivaten derselben zu suchen. Nach Lawrows Verfahren konnte ich eine geringe Menge eines in heiflsem Wasser ziemlich leicht löslichen Pikrates isolieren, das durch Behandlung mit verdünnter Salzsäure und Äther in der üb- lichen Weise in das Chlorid übergeführt wurde. Eine Chlor- bestimmung wie auch der bei Destillation mit Alkali auftretende Geruch nach Sperma machten es zweifellos, dals das Chlorid des Pentamethylendiamins vorlag. Gefunden in 0,326 © Berechnet für C,H,,N,.2HCl Cl = 40,48 Proz. CHA HTEELOZ DD oo ww Leo Lanestein, Bei dem Mifsverhältnis, in dem die Menge der isolierten und identifizierten basischen Produkte zu dem Werte des ermittelten basischen Stickstoffes (ohne Einbeziehung von Ammoniak) stand, war das Vorhandensein anderer basischer Produkte sicher an- zunehmen. Da sich zur Isolierung solcher aus komplizierten Sub- stanzgemischen die Benzoylierungsmethode in Hofmeisters Labo- ratorium aufs beste bewährt hatte, wurde sie auch hier versucht. Ein Teil der Phosphorwolframate wurde mit Baryt in der üblichen Weise zerlegt und die resultierende Lösung mit Kalilauge und Benzoylchlorid verestert. Neben geringen Mengen eines äther- löslichen krystallinischen stickstoffreichen Benzoylproduktes bildete sich ein in heilsem Alkohol löslicher, beim Erkalten in langen Nadeln ausfallender Ester. Der Schmelzpunkt der Krystalle las zwischen 168° und 169%. Ihre Analyse ergab folgende Zahlen: Gefunden Für C,H,NO(C,H,CO), berechnet 0 = 76,43 Proz. G76 Hm Bror I elek een, H=zrsbrTn Na; v4] 2. IN=024.000 War schon hierdurch ein Zweifel daran, dafs das Benzoyl- produkt des von Emerson als Produkt der Pankreasverdauung isolierten Oxyphenyläthylamins vorlag, ausgeschlossen, so wurde doch auch der direkte Beweis für die Bildung dieser Base im vor- liegenden Falle durch ihre Darstellung aus dem Benzoylprodukt erbracht. Bei Befolgung der von Emerson angegebenen Methodik wurde ein krystallinisches Produkt erhalten, dessen Chlorbestimmung folgenden Wert ergab: Gefunden Für C,H,,NO HCl berechnet Cl = 20,48 Proz. E00 BERr0O7 Auf den Befund eines anderen, wenn auch leider wegen un- genügender Menge nicht ausreichend identifizierten basischen Pro- duktes werde ich noch zurückkommen. Die Monaminosäurenfraktion wurde nach der von E. Fischer angegebenen Arbeitsmethode, die auf der Veresterung und frak- tionierten Destillation der Aminosäurenester beruht, untersucht. Vor der Veresterung wurde jedoch nach Entfernung der über- schüssigen Phosphorwolframsäure und Schwefelsäure die Lösung der Aminosäuren auf ein kleines Volumen eingedampft und zur Abscheidung eventuell gebildeter Glutaminsäure in der Kälte mit gasförmiger Salzsäure gesättig. Nach mehrtägigem Stehen im Eisschrank hatte sich nur eine geringe Menge salzsaurer Glu- taminsäure in Kıystallform abgeschieden. Diese konnte jedoch Zur Kenntnis der Endprodukte der peptischen Verdauung. 233 nur durch ihre physikalischen Konstanten charakterisiert werden, da zu einer Analyse das Material nicht ausreichte. Nach möglichster Entfernung des Wassers wurde die Ver- esterung in der bekannten Weise vorgenommen. Die Fraktionen wurden bei einem Druck von ungefähr I1lmm einmal destilliert. Die zwischen 40 und 80° übergehende Fraktion war äufserst spärlich, sie wurde daher mit der zwischen 80 und 100° über- gehenden reichlichsten zum Zweck der Verseifung vereinigt. Fraktion 40 bis 100%. Die Hauptmenge derselben bestand aus Leucinester. Doch war daneben noch ein kompliziertes Estergemisch vorhanden, auf dessen Trennung ich jedoch wegen der ungenügenden Menge ver- zichten mulste. Es gelang, ungefähr 25 & Leucinkupfer rein dar- zustellen. Gefunden Berechnet Cu07’ = 3449 Proz. CuO) = 2 1202 Fraktion 100 bis 150°. Aus dieser wurde Asparaginsäure und Phenylalanin in zur Analyse ausreichender Menge isoliert. Asparaginsäure wurde aus dem erhaltenen Barytsalz in Freiheit gesetzt. Ihre Menge betrug ungefähr 1g. Gefunden Berechnet 0:35,84 Proz. 36,09 Proz. Bl D80 5 DO Phenylalanin wurde sowohl durch die charakteristische Um- wandlung in Phenylacetaldehyd als auch durch die Darstellung des Phenyleyanat-Phenylalanins identifiziert. Gefunden Berechnet C:67,2 Proz. 67,60 Proz. Eon Dior: Zur Untersuchung des an abspaltbarem Schwefel reichen Körpers, des Kohlehydrates und der die Biuretreaktion gebenden Substanzen zerlegte ich den dafür bestimmten Anteil der Ver- dauungsprodukte in drei Fraktionen: I. In eine in 95 proz., kaltem Alkohol leicht lösliche Fraktion, I. in eine in 75 proz., heilsenı Alkohol lösliche, sich beim Erkalten wieder ausscheidende Fraktion, III. in eine in 75 proz. Alkohol unlösliche Fraktion. DD (3%) H= Leo Langstein, In sämtlichen Fraktionen war Biuretreaktion vorhanden. In Fraktion I fehlte der leicht abspaltbare Schwefel, auch die Re- aktion nach Molisch war negativ. Ich konnte in ihr nur Leucin sicher identifizieren. Die Isolierung des die Biuretreaktion geben- den Körpers gelang nicht. Sein Säurecharakter liels sich daraus erschlie(sen, dafs er durch Kochen mit Calciumkarbonat in ein in Alkohol lösliches, durch Alkoholäther fällbares Calciumsalz über- führbar war. Seine Menge war recht gering. In Fraktion II krystallisierte nach dem Abkühlen und Abdunsten des Alkohols eine kleine Menge Tyrosin, das nach Kıystallisation aus Ammo- niak durch die Millonsche und Piriasche Reaktion identifiziert wurde. In dieser Fraktion fand sich auch der an abspaltbarem Schwefel so reiche Körper. Er war durch Quecksilberchlorid fast quantitativ abscheidbar. In der Lösung des durch Schwefelwasser- stoff zerlesten Niederschlages fielen die Oystinreaktionen positiv aus. Mikroskopisch konnte ich die Abscheidung typischer Cystin- krystalle konstatieren; doch stand deren geringe Menge in auf- fallendem Mifsverhältnis zu dem Gehalt an abspaltbarem Schwefel. Aus der alkoholunlöslichen Fraktion III, die mit Bleiessig versetzt einen geringen Niederschlag gab, von dem abfiltriert wurde, liefs sich durch Ausfällung mit ammoniakalischem Blei ein polymeres, nichtreduzierendes, die Reaktion nach Molisch sebendes Kohlehydrat gewinnen. Nach zweimalisem Umfällen war dieses frei von Biuretreaktion. Es bildete ein alkoholunlösliches hygroskopisches Pulver, das nach Spaltung mit konzentrierter Salz- säure Fehlingsche Lösung intensiv reduzierte. Ich erhielt aus 2008 Eieralbumin ungefähr 3& davon. Die Elementaranalyse er- fe) gab nach Trocknen im Vakuum folgende Zahlen: Gefunden Berechnet für Dihexosamın, C,H;,,N;0, C: 42,81 Proz. 42,35. Proz. Eeearerore OU 5 NER San. Aus l1& des polymeren Kohlehydrates erhielt ich nach Spal- tung mit konzentrierter Salzsäure S6 Proz. reduzierende Substanz (auf Traubenzucker berechnet). Eine Spur davon mit Baryt kurz er- hitzt gab mit Dimethylamidobenzaldehyd die Ehrliehsche Reaktion. Aufser den eben genannten Körpern war in Fraktion III eine durch Quecksilberchlorid fällbare Base und eine die Biuretreaktion gebende Säure vorhanden. Erstere gab die Xanthoproteinreaktion und verbreitete bei der Kalischmelze einen starken Geruch nach Skatol. Sie krystallisierte in schönen Nadeln. Letztere, die jede Zur Kenntnis der Endprodukte der peptischen Verdauung. 235 andere Eiweilsreaktion vermissen liefs, wurde durch Kochen mit Caleiumkarbonat in ihr durch Alkohol fällbares Kalksalz über- geführt. Dessen Menge war nur zu einer Bestimmung des Ver- hältnisses von N: C ausreichend. Es ergab sich zu 1:4. II. Als Produkt langandauernder peptischer Spaltung des kry- stallisierten Ovalbumins sind demnach folgende Körper isoliert worden: Leuein, Tyrosin, Phenylalanin, Glutaminsäure, Asparaginsäure, Cystin, Lysin, Pentamethylendiamin, Oxyphenyläthylamin, ein poly- meres stickstoffhaltiges Kohlehydrat. Nachgewiesen, wenn auch wegen ungenügender Menge leider nicht ausreichend identifiziert, wurden: eine Skatol abspaltende Base und zwei Säuren, die von allen Eiweilsreaktionen nur die Biuretreaktion gaben und sich durch ihre Löslichkeit bezw. Unlöslichkeit in Alkohol voneinander trennen lie[sen. Anschliefsend an die Mitteilung dieser Befunde mögen einige Bemerkungen Platz finden. In erster Linie ist durch diese Unter- suchung eine Bestätigung der aus früheren Arbeiten hervorgehenden Thatsache erbracht, dafs die Unterschiede zwischen tryptischer und Magenverdauung mehr quantitativer als qualitativer Natur sind. Dafs es mir gelungen ist, Lysin und Cystin, wenn auch in geringer Menge, nachzuweisen, vervollständigt die Ähnlichkeit. Von Interesse ist die grolse Rolle, die der fermentativen Kohlendioxydabspaltung im vorliegenden Falle zukam. Fast das gesamte Tyrosin scheint durch sie in Oxyphenyläthylamin über- gegangen zu sein, und möglicherweise liegt dem negativen Tyrosin- befunde Lawrows bei der Selbstverdauung von Schweinemägen dieselbe Thatsache zu Grunde. Ebenso ist das Auftreten von Penta- methylendiamin bezw. seine Bildung aus Lysin zu verstehen. Ein prinzipieller Unterschied der peptischen gegenüber der tıyptischen Verdauung scheint mir jedoch gegeben in der Per- sistenz Biuretreaktion gebender Substanzen, die stark sauren Cha- rakter tragen und verhältnismäfsig niedrig konstituiert sein dürften. Die Erforschung der Konstitution dieser Körper verspricht wichtige Aufschlüsse, und insbesondere das Studium ihres Verhaltens dem Trypsin gegenüber wäre von Interesse. Ich möchte mir die Untersuchung dieses Punktes vorbehalten. 236 Leo Langstein, Noch einige Worte über das polymere Kohlehydrat, die Mutter- substanz des von Seemann und mir im Eieralbumin nachge- wiesenen Chitosamins. Über diese haben nach Pavy insbesondere S. Fränkelund Weydemann Untersuchungen angestellt. S. Frän- kel hat sie durch Barytspaltung des von Ovomukoid gereinigten Ovalbumins, das jedoch noch ein Gemenge mehrerer Eiweilskörper darstellt, erhalten. Seine Analysenzahlen stimmten ziemlich genau für ein Dihexosamin. Weydemann hingegen erhielt durch Spal- tung mit schwächerem resp. stärkerem Alkali Präparate mit höherem oder geringerem Stickstoffgehalt, niemals jedoch für ein Dihexosamin stimmende Zahlen. Wir verdanken P. Ehrlich eine Reaktion, die darin besteht, dals gewisse Schleimstoffe nach Alkalibehandlung mit Dimethyl- amidobenzaldehyd in salzsaurer Lösung erwärmt einen prachtvoll roten Farbstoff geben. Friedrich Müller ist es interessanter- weise gelungen, zu zeigen, dals diese Reaktion möglicherweise an die Anwesenheit eines acetylierten Chitosamins gebunden ist, und er vermutet, da mit Alkali schwach gespaltenes Albamin — so bezeichnet S. Fränkel das komplexe Kohlehydrat des Eier- albumins — die Ehrlichsche Reaktion giebt, dals sich an dem Aufbau desselben nicht nur Chitosamin, sondern noch ein orga- nischer Rest, möglicherweise eine Acetylgruppe beteilige.. Auch meine Analysenzahlen, die einen etwas höheren Wert für Kohlen- stoff und einen niedrigeren für Stickstoff ergeben, als einem Di- hexosamin zukäme, wie auch die Thatsache, dafs es mir nicht gelungen ist, annähernd 100 Proz. reduzierender Substanz durch Spaltung mit konzentrierter Salzsäure zu erhalten, können als Stütze für F. Müllers Anschauung dienen. Allerdings habe ich den direkten Beweis für dieselbe, die Abspaltung von Essigsäure bei Spaltung einer geringen Menge Albamin mit Barytwasser im Rohr, nicht erbringen können; doch möchte ich diesem negativen Befunde keinen zu erofsen Wert beimessen. Litteratur. Ehrlich, P., Medizin. Woche 1901, Nr. 15. Emerson, Beiträge zur chem. Physiol. u. Pathol. 1, H. 10—12. Fischer, E., Ber. der deutsch. chem. Ges. 34. Zeitschr. für physiol. Chem. 33. Fränkel, S., Sitzungsber. der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien 1899. Bd. CVII, Abt. II. Zur Kenntnis der Endprodukte der peptischen Verdauune. Hopkins u. Pinkus, Journal of physiol. 23, 1898. Kutscher, Zeitschr. f. physiol. Chem. 32. Langstein, Beiträge zur chem. Physiol. u. Pathol. 1, 9—12. Lawrow, Zeitschr. f. physiol. Chem. 26 u. 33. Müller, F., Zeitschr. f. Biologie 42. Pfaundler, Zeitschr. f. physiol. Chem. 30. Pröscher, Daselbst 31. Salaskin, Daselbst 32. Seemann, Inaue. Diss. Marburg 1598. Weydemann, Inaug. Diss. Marburg 1396. Zunz, Zeitschr. f. physiol. Chem. 28. [86) —ı XV. Uber die Bildung von Isovaleraldehyd und Aceton aus Gelatine. Von GC. Neuberg und F. Blumenthal. (Aus dem chemischen Laboratorium des Pathologischen Instituts der Universität Berlin und der I. medizinischen Klinik.) Früher war man auf Grund der Untersuchungen von Eb- stein, Jaenicke, Rosenfeld, v. Jaksch, v. Noorden u. a. der Meinung, dafs das Aceton aus dem Eiweils stamme. Es brachten dann aber eine Reihe von Autoren Thatsachen bei, welche mit dieser Anschauung nicht gut in Einklang zu setzen waren. Palma fand bei einer Ausscheidung von 32 N pro Tag nur 0,46 & Aceton, dagegen, als 17& N ausgeschieden wurden, 4,5 Aceton. Weintraud beobachtete gerade im Vormittagsharn, der viel Ammoniak enthielt, wenig Aceton und ß-Oxybuttersäure. Einige Autoren haben die Stätte der Acetonbildung in den Darm verlest. Es soll aus der durch die Bakterien im Darmkanal gebildeten Buttersäure im Organismus ß-Oxybuttersäure entstehen, welche, wie neuerdings Magnus-Levy!) gezeigt hat, eine Vor- stufe des Acetons darstellt. Für diese Anschauung ist besonders Johannes Müller?) eingetreten. Es giebt aber auch sicherlich Fälle von Acetonurie, für die diese Erklärung nicht ausreicht. Solche Fälle sind von Hirschfeld und Lüthje beschrieben worden. Lüthje:) gab einem diabetischen Mädchen mit Aceton- urie Kalomel, welches bekanntlich die Zersetzung im Darmkanal sehr erheblich herabsetzt. Trotzdem wurde die Acetonurie und die Ausscheidung von Acetessigsäure in keiner Weise beeinflufst. Die Unmöglichkeit, alle Fälle von Acetonurie unter dem ein- heitlichen Gesichtspunkt einer Entstehung von Aceton aus Eiweils oder durch bakterielle Thätigkeit im Darm zu erklären, führte €. Neuberg u. F. Blumenthal, Über die Bildung von Isovaleraldehyd u.s.w. 239 dazu, dals eine Anzahl Autoren auf das eifrigste für eine Aceton- bildung ausschlielslich aus Fett eintrat. Geelmuydent) hatte bei Kaninchen und Hunden sowie auch bei gesunden Menschen gefunden, dals reine Fettnahrung, oder Eiweilsnahrung mit grolsen Mengen Fett gemischt, erhebliche Acetonurie verursacht. Geel- muyden hat ferner festgestellt, dafs die Ursache der Acetonurie nicht zu suchen ist in einer verminderten Fähigkeit, Aceton zu verbrennen, sondern in einer gesteigerten Bildung. Gegen den Versuch, die Experimente von Geelmuyden ausschliel[slich im Sinne einer Entstehung von Aceton aus Fett zu deuten, kann der Einwand gemacht werden, dafs eine reine Fettnahrung stets einen Zerfall von Körpereiweils zur Folge hat. Aber die Arbeiten von Schwarz, Waldvogel und Magnus-Levy zeigten klar, dafs per os gereichtes Fett unter den verschiedensten Verhältnissen bestehende Acetonurie vermehrte. Dafs das Fett die Entstehung von Aceton begünstigt und die Quelle des Acetons sein kann, geht aus den eben erwähnten Ar- beiten hervor, nicht aber, dafs alles Aceton allein aus dem Fette stammen muls. Wenn wir diese Behauptung beurteilen wollen, so müssen wir von der Erwägung ausgehen: Welche Komponente des Fetts soll die Acetonbildung hervorrufen, das Glycerin oder die Fett- säuren? Nach Geelmuyden und Schwarz macht Glycerin keine Acetonvermehrung. Ebensowenig verursacht Palmitin- und Stearinsäure erheblich gesteigerte Acetonurie. Dagegen ist nach Buttersäuredarreichung die Acetonurie stark vermehrt. Da nun aber die Fettsäuren des Fettes Palmitinsäure, Stearin- säure und zum kleineren Teil Ölsäure sind, so mülste, falls diese die Quelle für das Aceton sind, erst eine andere, niedere Fett- säure entstehen. Für den Organismus ist es bisher in keiner Weise nachgewiesen, dals durch nicht organisierte Fermente aus Fett eine Fettsäure mit kleinerem Molekulargewicht entsteht; und selbst wenn wir annehmen, dafs im Organismus aus Fett Buttersäure entstehen könnte, so wäre damit nichts gewonnen, da subkutan eingeführte Buttersäure keine Acetonvermehrung macht, sondern nur per os gegebene. Es fehlt somit bisher an jedem Beweise, da[s durch Konsumtion von Körperfett Aceton entstehen kann. Nach dem bisherigen Stande unserer Kenntnisse könnte Butter- säure überhaupt nur durch Bakterienthätigkeit aus Fett entstehen, und alle Versuche, die eine erhebliche Acetonvermehrung gezeigt 40 C. Neuberg und F. Blumenthal, hatten, waren solche, wo Fette verfüttert wurden, wo also eine Entstehung von Buttersäure im Darmtrakt leicht stattfinden konnte. Aber selbst wenn cs die physiologischen Experimente wahr- scheinlich machen, dafs im Darmkanal unter Umständen die Butter- säure eine Quelle für das Aceton abgeben kann, so ist auch dieser Vorgang keineswegs bisher klargestellt, denn die von den Autoren supponierte Reaktionsfolge: CH,;— C H,—CH,— COOH — CH,—CH.OH—CH,— COOH — (n-Buttersäure) (#-Oxybuttersäure) CH,—CO—CH,.COOH — CH,—C0—-CH, (Acetessigsäure) (Aceton) findet durch das Verhalten der Buttersäure bei der rein chemischen Oxydation nicht die geringste Stütze; vielmehr verläuft hier die Oxydation ganz anders. Entweder greift sie in der y-Stellung an und führt zur Bernsteinsäure: CH, — CH, — CH, — COOH — COOH—CH,—CH,— COOH (bei Verwendung von Salpetersäure) oder sie bewirkt (mittels Chromsäure) die völlige Zertrümmerung des Moleküls unter Bil- dung von CO, und Essigsäure. Ein durchaus analoges Verhalten zeigen andere Fettsäuren mit normaler Kohlenstoffkette. Es scheint uns angebracht, hier die Bildung und das Schicksal der Fettsäuren im Tierkörper noch von einem anderen Gesichtspunkt zu betrachten. Von der natürlichen Synthese der Fette wissen wir kaum etwas Sicheres. Nach den Erörterungen Emil Fischers) ist so viel klar, dafs sie als Abkömmlinge der Kohlehydrate und zwar als deren Reduktionsprodukte zu betrachten sind. Über die Art und Weise dieser Umwandlung hat jüngst Magnus-Levy®) in Anlehnung an einige Erörterungen von Spiro eine bemerkens- werte Hypothese entwickelt®). Dieser Autor führt aus, dafs beim physiologischen Abbau der Zuckerarten, speziell der Hexosen, zu- nächst Milchsäure entsteht: C,H, 0,—=2 CH, — CH.OH— COOH. Diese Säure hat grolse Neigung zu einem Zerfall in Ameisen- säure und Acetaldehyd: CH, —-CH.OH—-COOH = HCOOH — CH,.CHO; der letzte Körper ist nun von grolser Reaktions- fähigkeit. Die Kondensation zweier Moleküle führt zum: Aldol: 2CH,.CHO = CH, —CH(OH)—CH,—COH, das durch intra- molekulare Sauerstoffverschiebung oder Wasserabspaltung (Cro- tonaldehyd: CH,.CH= CH.COH) und Anlagerung in anderem Sinne in n-Buttersäure: CH,—CH,— CH, — COOH übergehen Über die Bildung von Isovaleraldehyd und Aceton aus Gelatine. 941 kann. Durch wiederholte Kondensation des Crotonaldehyds resp. Aldols und nachfolgende Reduktion kann man die Entstehung der höheren Fettsäuren deuten u. s. w. Der Kern dieser Anschauung liegt in der plausiblen Annahme, dafs ein häufig und in grofsen Mengen beobachtetes Abbauprodukt der Kohlehydrate, die Milchsäure, resp. der Acetaldehyd, die Bausteine für den Aufbau der Fette abgiebt. Durch die Erkenntnis — und diese ist von jeder Hypothese unabhängig —, dafs die Kohlehydrate im Tierleib zu Fett werden können, reduziert sich die von den Autoren geforderte Aceton- bildung aus Fett bis zu einem gewissen Grade auf die Frage der Acetonentstehung aus Kohlehydraten. Ganz davon abgesehen, dafs das Aceton mit den Zuckerarten durch eine ganze Reihe von relativ einfachen Reaktionen verknüpft ist, hat die Annahme etwas Gezwungenes, dals die festgefügte Kohlenstoffkette der hohen Fettsäuren (Palmitin- und Stearinsäure) eine Zertrümmerung zu den niederen Gliedern der Reihe erfahren mufs, von denen nur ein einziges, die Buttersäure, durch eine Reihe komplizierter und ohne Analogie dastehender Reaktionen in Aceton übergehen könnte. Viel gröflsere Wahrscheinlichkeit hätte die Anschauung für sich, dafs die aus den Kohlehydraten hervorgegangenen und dann zum Aufbau der Fette dienenden Bruchstücke auch das Material für die Acetonbildung abgeben. Beispielsweise würde die Milchsäure resp. der Acet- aldehyd, diese unzweifelhaften Spaltungsprodukte aller Zucker- arten, die auch Magnus-Levy für eine Theorie der natürlichen Fettsynthese heranzieht, für die Bildung derjenigen Acetonmenge verantwortlich gemacht werden können, die ihren Weg über die ß-Oxybuttersäure nimmt. Ein Blick auf die Formeln lehrt nämlich, dafs das erste Kondensationsprodukt des Acetaldehyds, das Aldol, der ß-Oxybutylaldehyd ist: CH,.CHO + CH,.CHO = CH,—CH.OH—CH,—CHO, d. h. nichts anderes als der Aldehyd der ß-Oxybuttersäure, die durch Aufnahme eines Sauerstoffatoms daraus entstehen kann. Erwägst man weiter, dafs die aus den Zuckerarten hervorgehende Milchsäure eine optisch-aktive (Fleischmilchsäure) sein kann, und dafs es für das Wesen der Synthese ganz gleichgültig ist, wann sich die Abspaltung der Ameisensäure aus der Milchsäure, d. h. die Acetaldehydbildung, vollzieht, so ist die Entstehung der natür- lichen optisch-aktiven -Oxybuttersäure, resp. ihres Alde- Beitr. z. chem. Physiologie. II. 16 242 C. Neuberg und F. Blumenthal, hyds leicht verständlich. Bei einer Herleitung der letzteren aus den optisch-inaktiven Fetten muls man dagegen eine Reihe be- sonderer Annahmen machen. Ohne der eben entwickelten Anschauung den Wert einer wohlbegründeten Hypothese beizumessen, glauben wir, sie vermittelt die Überzeugung, dafs eine einheitliche Quelle des Acetons für den Organismus nicht mit zwingender Notwendig- keit zu existieren braucht. In Wahrheit wird hier, wie bei so vielen physiologischen Prozessen, eine Beteiligung aller drei srolsen Gruppen unseres Nahrungsmaterials, der Fette, der Kohlehydrate und der Proteinstoffe, an der Acetonbildung an- zunehmen sein. Aus unseren Darlegungen — glauben wir — geht so viel her- vor, dafs von einer alleinigen Entstehung des Acetons aus Fett keine Rede sein kann und dafs überhaupt eine Acetonbildung aus Fett keineswegs ein über jeden Zweifel erhabener Vorgang ist, wie dieses von einzelnen Autoren mit besonderer Betonung be- hauptet wird. Wir möchten vielmehr für eine grofse Anzahl von Fällen, namentlich für solche, wo eine bakterielle Wirkung für die Ent- stehung des Acetons ausgeschlossen erscheint, eine Bildung aus Eiweils annehmen. Klinische Erfahrungen sprechen längst hierfür und nicht zu- letzt die Möglichkeit, auf einem einfachen chemischen Wege zum Aceton vom Eiweils aus zu gelangen. In einer früheren Mitteilung’) haben wir gezeigt, dafs sich die Oxydation der Gelatine so leiten läfst, dafs sich unter den flüchtigen Reaktionsprodukten Dimethylketon, CH,—C0—CH;, be- findet. Die gleiche Beobachtung hat später A. Orgler‘) an kıy- stallisiertem Ovalbumin gemacht. Diese Versuche bezweckten. in erster Reihe, den experimen- tellen Beweis für die Möglichkeit einer Acetonbildung aus Protein- stoffen auf einem Wege zu erbringen, der den ÖOxydationsvor- gängen im Organismus vergleichbar schien. Als hierzu geeignet erwies sich die Methode, welche Horstman J. Fenton?°) und seine Mitarbeiter und ferner OÖ. Ruf£f!) erfolgreich zum oxydativen Abbau von Mono- und Dikarbonsäuren der aliphatischen Reihe benutzt hatten; sie gründet sich auf das gemälsigte Oxydations- vermögen, welches Eisensalze bei Gegenwart einer Sauerstoffquelle besitzen. Indem wir fanden, dafs andere Schwermetallsalze, wie Tin S Über die Bildung von Isovaleraldehyd und Aceton aus Gelatine. 943 Kupfersalze und Manganverbindungen, wenn auch in schwächerem Malse eine ähnliche Wirkung ausüben, glaubten wir diese Methode bis zu einem gewissen Grade der Wirkungsweise der tierischen und pflanzlichen Oxydasen an die Seite stellen zu können, da deren Thätiekeit gleichfalls häufig an Eisen- oder Mangansalze !!) oe- knüpft zu sein scheint. In unserer ersten Mitteilung über diesen Gegenstand haben wir schon darauf hingewiesen, dafs Aceton nicht das einzige flüchtige Produkt der Oxydation von Gelatine ist, und haben Be- weise für die Anwesenheit eines Körpers von Aldehydcharakter erbracht. Es ist uns mit einer neuen Methode endlich gelungen, letzteren zu isolieren; die Konstitutionsaufklärung dieses Aldchyds im Ver- ein mit einigen Beobachtungen über die Acetonbildung gestatten, uns eine Ansicht von dem Mechanismus der Acetonentstehung aus Proteinstoffen zu bilden. In dem Bestreben, die frühere geringe Ausbeute an Aceton zu erhöhen, liefsen wir statt des damals angewendeten etwa 3 proz. Wasscrstoffsuperoxyds des Handels reines 30 proz. Hydroperoxyd (von Merck) bei Gegenwart von Ferrosulfat auf Gelatine ein- wirken. Zu unserem Erstaunen entstand dabei keine Spur von Aceton. Das gleiche Resultat erhielten wir nach 10 facher Ver- dünnung, also mit Wasserstoffsuperoxyd von 3 Proz. Diese Beobachtung wies darauf hin, dafs eine Verunreinigung des käuflichen Produkts mit der Acetonbildung in Zusammenhang stehen müsse. Es lag nahe, sie in dem häufig nicht unbeträcht- lichen Säuregehalte der gewöhnlichen Handelsware zu suchen. Bekanntlich erhält diese zu Konservierungszwecken in der Regel einen Zusatz von einer starken Mineralsäure — H,SO,, HCl oder H;PO,. In der That konnten wir mit gewöhnlichem Wasserstoff- superoxyd keine Acetonbildung aus Gelatine mehr konstatieren, wenn es zuvor sorefältig mit Macnesiumkarbonat neutralisiert wurde, während das saure Präparat wirksam gewesen war. Umgekehrt erhält man aus einer mit Wasserstoffsuperoxyd und Eisensalz behandelten und durch Destillation vom gebildeten Aceton befreiten Gelatinemenge eine weitere Quantität Keton, wenn man neues saures Wasserstoffsuperoxyd und Ferrosulfatlösung zufüst. Diese Operation kann man mit gleichem Erfolge mehrfach wiederholen; man beobachtet eine sich langsam hinziehende Ent- wickelung von Aceton, das im Destillat durch die früher angege- benen Proben nachweisbar ist. Als zweckmälsig hat es sich 16* I44 C. Neuberg und F. Blumenthal, erwiesen, das zunächst im Brutschrank gehaltene Gemisch zur Vollendung der Reaktion einige Zeit (eine halbe bis eine Stunde) am Rückflufskühler zu kochen, dann zu filtrieren u. s. w. und ab- zudestillieren. Über die Menge des erhältlichen Acetons können wir keine zuverlässigen Angaben machen, da wir keine im vorliegenden Fall anwendbare quantitative Bestimmungsmethode sefunden haben. Die Wägung des Aceton-p-nitrophenylhydrazons, dessen Gewin- nung (wegen der erforderlichen Trennung von schmierigen Bei- mengungen) mit ziemlichen Verlusten verknüpft ist, ergab bei Verarbeitung von etwa 500& Handelsgelatine 3,57 @. Wir haben Grund zu der Annahme, dafs die Acetonausbeute bei anderen Versuchsbedingungen steigen wird, denn die Beobach- tung, dals nur saures Wasserstoffsuperoxyd wahrnehmbare Aceton- bildung bewirkt, führt zu der Überzeugung, dafs zunächst durch die Säure ein Teil der Gelatine hydrolysiert wird und aus den Spaltungsprodukten erst Aceton entsteht. Wir behalten uns vor, unsere Versuchsanordnung auf fermen- tativ und rein chemisch zerleste Proteinstoffe und isolierte Amino- säuren zu übertragen. Zu Gunsten der Annahme, dafs die Produkte der Hydrolyse die Muttersubstanz des Acetons enthalten, spricht die abermalige Bildung desselben bei erneutem Zusatz von saurem, also hydro- Iysierendem Wasserstoffsuperoxyd, und nicht zum mindesten die Konstitution des neben Aceton entstehenden Aldehyds. Seine Trennung vom Aceton und Isolierung hat besondere Schwierigkeiten gemacht. Wir gelangten schlieflslich folgender- malsen zum Ziel. Die Destillate von etwa 2kg Gelatine, die in der früher an- gegebenen Weise verarbeitet waren, wurden durch Schütteln mit BaCO, neutralisiert, mit Kochsalz gesättist und zwei- bis dreimal mit Äther ausgeschüttelt. Das Ätherextrakt wurde bei gewöhn- licher Temperatur verdunstet. Dabei verflüchtigt sich der gröfste Teil des Acetons mit den Ätherdämpfen; es hinterbleibt eine gelbliche dicke Flüssigkeit von eigentümlichem, etwas an Amyl- alkohol erinnerndem Geruch, die fuchsinschweflige Säure intensiv rötet und neutrale Reaktion besitzt. Beim längeren Stehen an der Luft wird letztere sauer, und es verbreitet sich ein fettsäureähn- licher Geruch. Da die Menge zu einer Reinigung durch fraktionierte Destil- lation zu gering war, wurde folgendermalsen verfahren: Über die Bildung von Isovaleraldehyd und Aceton aus Gelatine. 245 Das Öl (3,1g) wurde in 100cem absolutem Alkohol gelöst und mit einer Lösung von 5,0% Thiosemicarbazid in 30cem H,O versetzt, zwei Tage bei gewöhnlicher Temperatur belassen, dann zwei Stunden am Rückflulskühler gekocht und nun auf dem Wasserbade verdampft. Aus dem resultierenden Sirup scheiden sich bei zweitägisem Stehen im Eisschrank grolse farblose Krystalle aus, die als unverändertes Thiosemicarbazid erkannt wurden. Von diesen konnte das gebildete Thiosemicarbazon des Aldehyds leicht durch absoluten Äther getrennt werden, von dem es zum Unter- schied von der darin unlöslichen Hydrazinbase leicht aufgenommen wird. Da der Verdampfungsrückstand des Atherauszugs — offenbar ein Gemisch — keine Neigung zur Kıystallisation verriet, wurde er in etwa 25 ccm absolutem Alkohol gelöst und mit einer konzen- trierten alkoholischen Silbernitratlösung bis zur Ausfällung versetzt. Das voluminöse weilse Silbersalz wurde, möglichst vor Licht geschützt, abgesaugt und mit Alkohol gründlich ausgewaschen. Beim Trocknen färbte sich die Verbindung oberflächlich dunkel. 0,2330 g Substanz verbrauchten 8,9 cem Y,y-NH,.CNS = 0,0962 g Ag = 41,24 Proz. Ag. Das Silbersalz wurde sodann fein gepulvert, in Alkohol suspen- diert und mit der aus der Silberbestimmung berechneten Menge Salzsäure bis zum völligen Absetzen des Chlorsilbers und dann mit einer Spur Bleikarbonat zur Bindung eines minimalen HCl- Überschusses geschüttelt. Die von den Metallchloriden abfiltrierte Flüssigkeit wurde auf dem Wasserbade zum Sirup eingedampft, dieser von einigen amorphen flockisen Ausscheidungen durch Lösen in Äther getrennt. Der Rückstand des Ätheranszuges end- lich krystallisierte nach zweiwöchentlichem Stehen im Vakuum über konzentrierter Schwefelsäure *). Die ausgeschiedene salbenartige Masse wurde auf Thon ab- seprelst, der feste Rückstand zur Reinigung in wenig warmem Äther gelöst und mit viel Ligroin versetzt und von der entstehenden trüben Ausscheidung abfiltriert. Aus dem Gemisch schied sich die neue Substanz bei langsamer Verdunstung in körnigen weilsen Kıystallen vom Schmelzpunkt 52 bis 53° ab. Die ätherische *) Über dieses auf der Verwandlung des Thiosemicarbazons in das Silbersalz und Regenerierung aus demselben beruhende Verfahren, das all- gemeinerer Anwendung fähig ist, werde ich in Gemeinschaft mit Herrn 'W. Neimann an anderer Stelle berichten. C. Neuberg. 246 C. Neuberg und F. Blumenthal, Lösung ist optisch -inaktiv. Die Substanz, von der etwa 3g er- halten wurden, löst sich aufserordentlich leicht in Holz- und Wein- geist sowie Aceton schon in der Kälte, in der Wärme in Äther, Benzol und Ligroin; sie ist unlöslich in Wasser, schmilzt beim Er- wärmen mit letzterem zu einem farblosen Öl. Analysen: 0,1808 g Substanz geben: 41,5 ccm N bei 14° und 749 mm. 0,2007 „ » . 0,3327 g CO, und 0,0150g H;0. 0,2963 „ 5 »„ . 0,4316g BaSO.. Aus diesen analytischen Daten berechnet sich die Formel: C,H,3N3S8. Diese verlangt: = 45,28 Proz.; H == 8,18 Broz.; NZ=26,427Pr02:5 20 13 Enor2 Gefunden sind: C==45,20Pr.02.;H= 8,31, Bro N == 26,495Er02 3 -——2.0:00RE072 Da die Substanz, deren Thiosemicarbazon hier vorliest, un- zweifelhaft ein Aldehyd war, konnte es sich nur um die Aldehyde der Formel C,H,,0 handeln; von diesen existieren nach der Theorie vier, von denen zwei, der Normal-Valeraldehyd, CH,—CH,— CH, — CH, — CHO und der iso-Valeraldehyd, at men ee bekannt sind. Bei der Schwierigkeit, mit der das Produkt aus Gelatine zugänglich ist, hielten wir es für ratsam, die Entscheidung zwischen den vier Möglichkeiten durch einen Vergleich mit den synthetischen Valeraldehyd-Thiosemicarbazonen herbeizuführen. Zu diesem Zwecke stellten wir n-Valeraldehyd nach dem von M. Kahn !?) verbesserten Verfahren von Lieben und Rossi aus Calciumformiat und n-valeriansaurem Kalk dar, und den iso- Valeraldehyd durch zweimalige Fraktionierung des käuflichen Produkts. Von der beabsichtigten, sehr kostspieligen Bereitung der beiden noch unbekannten isomeren Valeraldehyde, des Methyl- äthyl-acetaldehyds, >CH—CHO und des Trimethyl-acetaldehyds, (CH;);. G.CHO Über die Bildung von Isovaleraldehyd und Aceton aus Gelatine. 247 konnten wir absehen, da sich alsbald die Identität unseres Thio- semicarbazons aus Gelatine mit dem des iso-Valeraldehyds herausstellte. n-Valeraldehyd-thiosemicarbazon, G,H,.CH:N — NH—0S-—NH,3,, entsteht aus 3g Aldehyd und 3,3& Thiosemi- carbazid bei zweitägigem Stehen in wässerig-alkoholischer Lösung und darauf folgendem Verdampfen auf dem Wasserbade als Ol, das sofort beim Reiben erstarrt und zur Reinigung aus Äther-Ligroin umkrystallisiert wird. Ausbeute fast quantitativ. Schmelzpunkt 65°. Die Substanz löst sich leicht in kaltem Methyl- und Äthylalko- hol sowie in Aceton, etwas schwerer in Benzol, Toluol, Ligroin und Schwefelkohlenstoff, dagegen nicht in kaltem Wasser. Analyse: 0,1552 g Substanz gaben: 36,2ccm N bei 18° und 750 mm. OSTIAlER is 5 0,2880 & BaSO.. Berechnet für: C,H,;N38: — 79,6.42 Proz.; Ss — 20,13 Proz. Gefunden sind: N7—22,6,109P7r:02:; 5 —-20,10,Proz. Die alkoholische Lösung des Thiosemicarbazons giebt mit verschiedenen alkoholischen Metallsalzlösungen Niederschläge; die mit AsNO, entstehende Fällung hat die Zusammensetzung C;H,N;SAg. 0,1995 & Salz verbrauchten 7,5 cem Y-n-NH, ZEN DS = 0,0810. Ag —- 40,64 Proz. Ber. Ag — 40,60 Proz. i-Valeraldehyd-thiosemicarbazon, C,H,.CH:N . NH—-CS—NH,, wird wie die vorhergehende Substanz dar- gestellt; es krystallisiert, viel schwieriger als die normale Verbin- dung, erst bei längerem Stehen über konzentrierter Schwefelsäure im Vakuum. Es schmilzt bei 52 bis 53° und hat ähnliche Löslich- keitsverhältnisse wie die vorstehende Verbindung. Analyse: 0,1442 Substanz gaben: 32,7 ccm N bei 16° und 763 mm. 0,1939 „ % 5 0,3220 g CO, und 0,1503 g H,O. Berechnet für C,H,,N; 8: NP —2216,224Pr02:,36 — 45,285 Br02.; H —8,1/8XBroz. Gefunden: NF=96.59HBr027 7.645,29 Broze;r H-— 78.6 Proz. Die Eigenschaften dieses Thiosemicarbazons sind nun genau die gleichen wie die der Verbindung aus Gelatine, gleich der sie 48 ©. Neuberg und F. Blumenthal, in alkoholischer Lösung ein Silbersalz bildet; dasselbe hat sehr wahrscheinlich die Konstitution: C2>-0H 0 OH. N N; O@A) Nm, 0,2010 g Subst. verbrauchten: 7,6ccm !/,y-n-NH,.CNS— 0,0821 g Ag. Für C,H], N;SAg ber.: Ag = 40,60 Proz.; gef.: Ag — 40,85 Proz. Als den sichersten Beweis für die Identität des natürlichen und synthetischen Produkts betrachten wir die Konstanz des Schmelzpunktes, der sich bei einem Gemenge beider Substanzen nicht ändert (52 bis 53°), und die charakteristische Fähigkeit beider Verbindungen, ihre äufserst langsam kıystallisierenden Lösungen gegenseitig schnell zur Kıystallisation anzuregen. Isovaleraldlehyd und Aceton sind kaum die einzigen flüchtigen Oxydationsprodukte der Gelatine, sie entstehen aber jedenfalls hauptsächlich bei unserer Versuchsanordnung. Diese Thatsache steht im Einklang mit unserer Ansicht, dafs erst die Produkte einer voraufgegangenen Hydrolyse durch Oxydation zu den ge- nannten Körpern abgebaut werden. Betrachten wir die hydro- lytischen Spaltungsprodukte der Gelatine zunächst bezüglich ihrer Fähigkeit, in iso-Valeraldehyd überzugehen. Das reichlichste derselben, das Leucin, kann nun am leich- testen für die Bildung des Isovaleraldehyds verantwortlich gemacht werden. Dasselbe ist nämlich nach E. Schulze u. Likiernik sowie nach Emil Fischer!) die &-Amino-Isobutyl-Essigsäure, Ci >CH-CH,—CH@H,)COON. Nun hat E. Fischer !#) kürzlich gezeigt, dafs die Aminosäuren durch Oxydation die Aminogruppe abspalten und weiterhin in Aldehyde übergehen. Macht man nun die sehr wahrscheinliche Annahme, dafs beim Leuein als Zwischenprodukt die sogenannte Leucinsäure von Strecker: CH N a H—CH,—CH(0OH).COOH (@-Oxy-isobutyl-essigsäure) entsteht, so scheint die Entstehung des Isovaleraldehyds verständlich: CH R CH cm H—CH,—CH(0 H)—COOH — cn H—CH,—CHO. Diese Bildung ist durchaus analog dem Übergang der Glukon- säure in Arabinose, den Ruff1P) mit derselben Methode bewerk- stelligt hat: Über die Bildung von Isovaleraldehyd und Aceton aus Gelatine. 249 CH; . OH—(CH. OH), —CH.OH—COOH — CH,.0H—(CH.OH)—CHO; sie ist ferner sehr ähnlich der Entstehung des Korksäure- doppelaldehyds aus Dioxysebacinsäure: CH,— CH, —CH;—CH(OH).COOH CH,—0H,—CH,—CHO | ae CH; — CH, —CH,—CH(OH).COOH CH, —CH,—CH,—CHO und besonders der des Isobutylaldehyds aus &-Oxyiso- valeriansäure: CH; CH, die von Bareyer, wesp. von Baeyer und von Diebie2>) mit einem nahe verwandten Verfahren erreicht haben. co 600m — de Gmo, Verläuft die Oxydation des Leucins, resp. der Leucinsäure in dem angenommenen Sinne, so müssen diese optisch-aktiven _ Substanzen den inaktiven iso -Valeraldehyd geben, da die Asym- metrie des die Aktivität bedingenden Kohlenstoffatoms aufgehoben wird. In der That erwies sich unser Produkt als wirkungslos auf den poiarisierten Lichtstrahl; die Entstehung des iso-Valeraldehyds ar? dem vermuteten Weg würde demnach mit der Theorie im Einklange stehen. Schwieriger ist die Entstehung von Aceton zu deuten. &-Amino-isobuttersäure, aus der es in gleicher Weise wie Valeraldehyd aus Leucin entstehen könnte: CH, CH, ist bisher nicht als Spaltungsprodukt von Proteinstoffen beob- achtet. Möglicherweise stammt aber das Aceton gleichfalls aus OT, S CH >C(NH,).C00H — (7 >C(0M).COOH — >00, dem Leucin oder seinen Umwandlungsprodukten, welche die Atom- CH I» ar 3 » > gruppierung er .... besitzen. Denn bei der zum Isovaler- aldehyd gehörigen Säure, der Isovaleriansäure, greift die Oxydation, wie häufiger bei Säuren mit verzweigter Kohlen- stoffkette, am ß-Kohlenstoffatom an; man kann z. B. leicht zur ß-Oxy-iso-valeriansäure!‘) gelangen, deren Übergang in Aceton: CH, CHR GH >0(0H)—CH,.000H — gy>00 schon eher begreiflich erscheint. 350 €. Neuberg u. F. Blumenthal, Über die Bildung von Isovaleraldehyd u. s. w. Die Berechtigung dieser Hypothesen wollen wir durch ein genaueres Studium der Amino- und Oxysäuren in der an- gegebenen Richtung prüfen. Berlin, März 1902. Litteratur. !) Magnus-Levy, Archiv f. exper. Pathol. u. Pharmak. 42, 149. ®) Johannes Müller, Kongrels für innere Medizin 16, 448. ®) Lüthje, Zentralbl. f. imnere Medizin 20, 969. *) Geelmuyden, Skand. Archiv f. Physiol. 11, 97 und Zeitschr. f. physiol. Chem. 26, 381. 5) Emil Fischer, Chemie der Kohlehydrate und ihre Bedeutung für die Physiologie. Rede. Berlin 1894. °) Magnus-Levy, Verhandl. d. Berl. Physiol. Gesellsch. 1902. ”) Blumenthal und Neuberg, Deutsche medizin. Wochenschrift SO, IN lo ®) A. Orgler, Diese Beiträge I, 583. °), H. J. Fenton, Chem. News 65, 889 und 73, 19. 10) 0. Ruff, Ber. d. deutsch. chem. Ges. 31, 1573. ı) G. Bertrand, Compt. rend. 124, 1355 und M. Jacoby, Zeitschr. f. physiol. Chem. 30, 155. 12) Myrtil Kahn, Ber. d. deutsch. chem. Ges. 18, 3361. 12) E. Schulze und A. Likiernik, daselbst 24, 669 und E. Fischer, daselbst 33, 2370. 1) E. Fischer, Zeitschr. f. physiol. Chem. 33, 174. 15) A. v. Baeyer, Ber. d. deutsch. chem. Ges. 30, 1962. v. Baeyer und v. Liebig, daselbst 31, 2106. 1©) Miller, Ann. d. Chem. 200, 273. XVI. Uber den Eisengehalt der Leberzellen des Menschen. Von Dr. P. Bieifeld. (Aus dem medizinisch-chemischen Laboratorium zu Tomsk.) Schon vielfach ist die Leber auf ihren Eisengehalt untersucht worden; weit über 100 Analysen liegen in der Litteratur vor. Sehen wir uns jedoch diese Angaben näher an, so finden wir, dafs sie sich hauptsächlich auf pathologische Fälle beziehen; normale Lebern sind verhältnismälsig selten analysiert worden. Zudem sind die Resultate sehr widersprechende, was wohl zum Teil auf die Untersuchungsmethoden zurückzuführen ist. In Anbetracht dieser Widersprüche und des mangelhaften Materials einerseits, und des grolsen Interesses, das die vorliegende Frage beanspruchen darf, andererseits, entschliefse ich mich zur weiteren Mitteilung von Eisenbestimmungen, die ich an normalen Leberzellen ausgeführt habe und die in meiner vor kurzem er- schienenen Dissertation niedergelegt sind *). 1. Litteratur. Die erste Angabe darüber, dals die Leber des Menschen eisenhaltig ist, stammt meines Wissens von Frommherz und Gugert**). Sie untersuchten im Jahre 1827 die Leber eines ge- sunden enthaupteten Verbrechers und fanden in der Asche der- selben Spuren von Eisen. Eingehendere Untersuchungen über die anorganischen Be- *) Zur Frage über den Eisengehalt der Leberzellen des Menschen u. s. w. Inaug.-Diss., Tomsk, 1901. S. auch „Russ. Arch. f. Pathol., klin. Mediz. u. Bakteriol.“ 1901. (Beides russisch.) **) Jahrb. d. Chemie u. Physik. Bd. XX. 292 P. Bielfeld, standteile der Leber sind dann von Oidtmann*) ausgeführt worden. In dieser Arbeit findet sich ein Fall, der hier erwähnt werden muf[s. Es handelte sich um die Leber eines 56 jährigen, im übrigen gesunden Irren; dieselbe wies, auf Trockensubstanz berechnet, 0,0816 Proz. Eisen auf. Weiterhin finden sich unter den von Stahel**) analysierten Lebern zwei, die als normale anzusehen sind. Sie stammten von plötzlich verunglückten, vorher ganz gesunden Individuen. Die eine zeigte einen Gehalt von 0,167, die andere von 0,201 Eisen in 100 & Trockensubstanz. Zehn Jahre später veröffentlichte v. Lingen ***) seine an zehn Lebern ausgeführten Eisenbestimmungen. Diese haben hier ein besonderes Interesse, da sie nach derselben Methode ausge- führt sind, deren ich mich bediente. Von diesen zehn Lebern sieht v. Lingen sieben für normal an; im Mittel giebt er den Eisengehalt der Leberzellen, berechnet auf die Trockensubstanz, zu 0,0579 Proz. an. Es hat sich hier jedoch, wie ich hervorheben mufs, ein Fehler eingeschlichen. Bei Durchsicht seiner Zahlen- belege bemerkte ich einen Multiplikationsfehler: in seinem Fall VI muls es statt 0,03449 Proz. heilsen : 0,5449 Proz. Dadurch ändert sich natürlich auch das Mittel, indem es auf 0,132 Proz. steigt. Ich will den Resultaten v. Lingens, ohne an dieser Stelle näher auf sie einzugehen, in folgender Tabelle Raum geben. | au Er Geschlecht Alter | ra Anmerkungen Weib 44 J. 0,087735 | Tod durch Erstickung Mann 23 d: 0,06407 ' Tod durch Geraten zwischen Mühl- räder = 40 bis 50 J. 0,34490 Tod durch Erhängen „ 48 J. 0.104058 Plötzlicher Tod a 50 bis 60 J. 0,04016 Tod durch Vereiftung (Baryumsalz) ca How 0,05351 - Tod durch Shock 5 70... 0,23105 Tod durch Herzparalyse Stockmanny) findet den Eisengehalt der Leber im Mittel von fünf Fällen zu 0,071 Proz. des Trockenrückstandes. Ich zweifle *) Die anorg. Bestandteile der Leber, 1858. ’»*) Der Eisengehalt in Leber und Milz nach verschied. Krankheiten. Virchows Arch. 85. »#) Über den Geh. der Leberzellen des Menschen an P, S und Fe. Inaue.-Diss., Dorpat, 1891. 7) The British Medical Journal, 1896. Uber den Eisengehalt der Leberzellen des Menschen. 253 jedoch, dafs diese Fälle als normale anzusprechen sind. Der Tod der betr. Individuen erfolgte nämlich durch Embolie der Lungen- arterie, Myxödem, Tuberkulose, chronische Nephritis und Darm- okklusion. Lapieque*) endlich spricht sich dahin aus, dafs ein Eisen- gehalt von mehr als 0,05 Proz. des frischen Organes (also etwa 0,25 Proz. der Trockensubstanz) als pathologisch anzusehen ist. Wie aus dem Angeführten zu ersehen ist, sind diese Resultate nichts weniger als übereinstimmend. 2, Zur Methodik. Eingangs erwähnte ich schon, dafs die beobachteten grofsen Schwankungen wenigstens zum Teil durch die verschiedenen Unter- suchungsmethoden, die zur Anwendung kamen, bedingt sein könnten. Betrachten wir nun diese Methoden und die ihnen anhaften- den Mängel näher. Oidtmann**) verfuhr bei der Analyse folgendermalsen: Die Leber wurde mit Stahlmessern feingehackt und alsdann in zwei Teile geteilt. Der eine Teil diente zur Trockenrückstandsbestimmung; der andere, grölsere Teil zur Bestimmung des Eisens. Dieser letztere wurde zunächst während dreier Tage auf dem Dampfbade bei 40 bis 50°, dann acht Tage auf dem Sandbade bei 80° und endlich bis zur Ge- wichtskonstanz bei 110 bis 120° im Luftbade getrocknet. Die trockene Substanz wurde verkohlt, die Kohle mehrfach mit Wasser ausgewaschen, getrocknet, dann vollends verbrannt. Das Eisen wurde als Phosphat bestimmt. Stahel***) schnitt die Leber in dünne Streifen, die er im Luft- bade bei 120% bis zu konstantem Gewichte trocknete und sodann zu einem feinen Pulver zerrieb. Das Pulver wurde von neuem getrocknet und dann in einer Platinschale mit Kalisalpeter und kohlensaurem Kali verpufit. Die Schmelze wurde mit Salzsäure aufgenommen und das Eisen aus der Lösung mit Ammoniak gefällt und abfiltriert. Darauf wurde das Filter mit seinem Inhalt in verdünnte Schwefelsäure gethan und in der Lösung das Eisen in der bekannten Weise mittels Chamä- leon titriert. v. Bemmelen fr), der die Leber in einem Falle von Leukämie analysierte, trocknete die ganze Leber, pulverisierte sie dann und *) Arch. de Physiologie, 1896. Compt. rend. de la Soc. de Biologie, 1896. =) I Zr L..e. r) Eisengeh. der Leber in einem Falle von Leukämie. Zeitschr. für physiol. Chemie 7, 1833. 954 P. Bielfeld, trocknete das Pulver nochmals im Luftstrome. Das Pulver wurde im Platintiegel zunächst auf offener Flamme, dann im Muffelofen ver- brannt. In der Asche wurde das Eisen mittels Chamäleon titriert. Wie aus dem Angeführten hervorgeht, beschränken sich die Verbesserungen der Untersuchungsmethoden auf die Art des Trocknens des Untersuchungsmateriales, als ob hierin die Ursache der widersprechenden Resultate zu suchen wäre. Eine weit wich- tigere Fehlerquelle — der Blutgehalt der Leber — wurde dagegen nicht berücksichtigt. Nun ist aber der Blutgehalt der Leber, worauf schon Berzelius*) aufmerksam machte, eine sehr variable Grölse und von dem verschiedenen Zustande der Leber selbst, aber auch des Herzens, der Gefälse u. s. w. abhängige. Berzelius empfiehlt auch schon, die Leber von der Pfortader und Leberarterie aus durchzuspülen, was mehrere Jahrzehnte später Zaleski *") an der frisch entnommenen Tierleber mit Erfolg durchführte. An der menschlichen Leber kann nun dieses Verfahren na- türlich nicht in Anwendung kommen, da sie erst viele Stunden nach dem Tode des Individuums zur Untersuchung gelangt, und im Verlauf dieser Zeit sicher die Bildung massenhafter Coagula in den Gefälsen erfolst ist. Weg ein, um den Einflufs des Blutes auf die Eisenbestimmungen an der Leber auszuschlielsen. Sie bestimmten zunächst den ge- samten Eisengehalt in einem Teile der bluthaltigen Leber und subtrahierten davon die Menge des dem Blute zukommenden Eisens. Der Rest soll dem Eisen des Lebergewebes selbst ent- sprechen. Die Analyse wurde in folgender Weise ausgeführt: Ein kleines Stückchen der Leber (etwa 2g) wurde in einen 100ccm fassenden Kolben gethan und mit 3ccem reiner Schwefelsäure erwärmt. Nach Auflösung des Leberstückes wurde tropfenweise reine Salpetersäure zugefügt, wieder erwärmt, abgekühlt, neuerdings Salpetersäure hinzu- gefügt und erwärmt und diese Prozedur so oft wiederholt, bis das Ge- misch nahezu farblos war. Nun wurde mit Wasser auf 40 ccm auf- gefüllt, 2 proz. Rhodanammonlösung (10 cem) hinzugefügt und das Eisen kolorimetrisch bestimmt. Ein anderes Leberstückchen wurde nach Zusatz von Wasser und einigen Tropfen Ammoniak mit Sand zerrieben, der entstandene Brei *) Lehrb. d. Chemie, deutsch v. Wöhler, 9, 1840. »*) Zeitschr. f. physiol. Chemie 10. Auch Virchows Arch. 104. ==) Compt. rend. de la Soc. de Biologie 1596. a a EEE EEE EEE TEE EI SEELE NEE DENE En ne a N Über den Fisengehalt der Leberzellen des Menschen. 255 sorgfältig mit ammoniakhaltigem Wasser ausgewaschen, die Wasch- Hüssigkeit gesammelt und filtriert. Die Farbenintensität des Filtrates wurde mit der einer Blutlösung, deren Eisengehalt vorher bestimmt war, verglichen. So wurde die dem Blute zukommende Eisenmenge berechnet und vom Gesamteisengehalt der Leber in Abrechnung ge- bracht. Die beschriebene Methode kann jedoch kaum Anspruch auf be- sondere Genauigkeit erheben: 1. Weil das Gesamteisen in einem Stücke der Leber bestimmt wird, das Bluteisen in einem anderen. Hierin liest aber eine Fehler- quelle, da das Blut nicht in allen Teilen der Leber in gleicher Menge enthalten zu sein braucht. 2. Weil die kolorimetrischen Methoden an und für sıch nicht ge- nügend genaue Resultate liefern. Die grölsere oder geringere Ge- nauigkeit ist von der Farbenempfindlichkeit des Auges des Beobachters und bei aller Gewissenhaftigkeit mehr oder weniger von seiner vor- gefalsten Meinung abhängig. 3. Weil diese ungenaeu Bestimmung zweimal ausgeführt wird (zur Bestimmung des Gesamteisens und zur Bestimmung des Blut- eisens), was den Fehler bei Berechnung der endgültigen Resultate noch vergrölsern kann. 4. Weil während des langen Auswaschens des Blutes mit ammo- niakhaltigem Wasser ein Teil des Hämoglobins sich zersetzen kann. Dadurch würde bei der Blutbestimmung ein gar nicht abzuschätzender Fehler eingeführt. Mir scheint, dafs auch die Ergebnisse von Guillemonat und Lapicque durchaus nicht zu Gunsten ihrer Methode sprechen. So finden sie bei Untersuchung von Lebern Tuberkulöser auf 100 & frischer Lebersubstanz 1 bis 87 mg Eisen. So ungeheure Schwankungen sind nie von anderen Forschern beobachtet worden. Eine besonders schlechte Empfehlung für ihre Methode bietet, meiner Meinung nach, der Fall, in dem sie gar kein Lebereisen fanden. Dieser Fall steht einzig da in der Litteratur. Zum Schlufs habe ich noch die Methode Stockmanns*) an- zuführen. Auch ihm schwebt der Gedanke vor, dafs die Leber vom Blut befreit werden müsse. In dieser Absicht bringt er ein Stück Leber von 100 g in ein Gefäls mit Wasser und wäscht es sorgfältig aus. (Wie dieses sorg- fältige Waschen geschieht und ob es den gewünschten Erfolg hat, wird nicht mitgeteilt. Ich glaube kaum, dafs es ihm gelungen ist, durch gewöhnliches Auswaschen alles Blut aus einem so grofsen Stück zu entfernen.) Das ausgewaschene Leberstück wurde auf einige Tage in Alkohol gebracht, dann im Mörser zerkleinert und zur Gewichtskonstanz ge- trocknet. Von der getrockneten Masse wurden 109 mit Kalisalpeter verpufft. Die Schmelze wurde mit heifsem Wasser aufgenommen und Dre: 956 P. Bielfeld, filtriert. Das Eisen, das auf dem Filter zurückbleibt, wurde mit ver- dünnter Schwefelsäure (1:4) aufgenommen, die Lösung aufs Dampt- bad gestellt und so lange Chamäleonlösung zugesetzt, als noch Oxy- Asa zustande kam. Der Überschuls an Kaliumpermanganat wurde mittels Wasserstoffsuperoxyd entfärbt, und ein Überschufs an. diesem durch Kochen entfernt. Alsdann wurde wieder Permanganatlösung bis zu Rosafärbung zugesetzt und einige Tage stehen gelassen. Wenn nach dieser Frist keine Entfärbung stattgefunden hatte, wurde das Eisen- oxyd mit Zink reduziert und mit Chamäleon titriert. Die drei letztangeführten Methoden streben die Beseitigung des Fehlers an, der durch die Gegenwart von Blut verursacht wird. Aber selbst wenn dieses Ziel erreicht würde, bliebe für die Bestimmung des Eisengehaltes in den Leberzellen, in den spezi- fischen Elementen der Leber, noch eine andere Fehlerquelle zurück. Dieselbe ist in der Gegenwart von Bindegewebe, Nerven, Ge- fälsen u. s. w. gegeben. Will man auch diese Fehlerquelle eli- minieren, so mu[ls man die Leberzellen zu isolieren suchen. Eine solche Isolierung ist zuerst von v. Wittich*) in An- *) und sul wendung sehmuchl worden. Später wurde sie von Plösz * von Zaleski ***) benutzt. Endgültig ausgearbeitet wurde das Verfahren zur Reindarstel- lung von Milz- und Leberzellen im Dorpater physiologischen La- boratorium von Al. Schmidt und seinen Schülern r). Diese Methode benutzte auch ich zu meinen Untersuchungen. Ich will sie hier, da sie schon mehrfach beschrieben worden ist, nicht eingehender besprechen. Ich verweise in dieser Richtung auf die unten angeführten Arbeiten, insbesondere auf die Aus- führungen F. Krügers. Das Verfahren beruht auf der Überführung der Leber in einen von Bindegewebe, Gefälsen u. s. w. freien Zellenbrei, welcher durch Dekantation und Zentrifugieren mit physiologischer Koch- salzlösung von anhaftendem Blut völlig befreit wird. Dafs dieses Auswaschen den Eisenbestand der Leberzellen nicht schmälert, hat Krüger bereits auf Grund von Überlegungen und Kontrollver- suchen dargethan. Ein weiterer von mir ausgeführter Kontroll- versuch sei nachstehend mitgeteilt. *) Kühne, Lehrbuch der physiol. Chemie, 1866. =) Über d. eiweilsartigen Substanzen d. Leberzelle.e Pflügers Arch. 7. ‘==*) Zur Pathologie d. Zuckerharnruhr u. s.w. Virchows Archiv 104. 7) Anthen, Uber die Wirkung der Leberzellen auf das Hämoglobin. Inaug.-Diss., Dorpat, 1889. Kallmeyer, Uber die Entstehung der Gallen- säuren u. s. w. IJnaug.-Diss., Dorpat, 1889. Siehe auch Krüger, Zeitschr. f. Biol. 27, 439. Über den Eisengehalt der Leberzellen des Menschen. 957 Die aus einer Leber gewonnenen Zellen teilte ich in zwei Por- tionen. Die eine wurde mit dem 15 000 fachen, die andere mit dem 20000 fachen Volumen Kochsalzlösung gewaschen. In der ersten Portion fand ich 0,0369 Proz. Eisen, in der zweiten 0,0370 Proz. Der Versuch zeigt neuerdings, dals das fortgesetzte Auswaschen keinen weiteren Einflufs auf die Zusammensetzung der Zellen ausübt. Der Zellenbrei wird sodann in der von Krüger beschriebenen Weise weiter behandelt und das bei 110 bis 120° getrocknete, gleich- mälsige Zellenpulver zur Eisen- und Kochsalzbestimmung ver- wendet. Die Kochsalzbestimmung ist notwendig, da ja eine nicht geringe Menge der zum Auswaschen benutzten Chlornatriumlösung zwischen den Zellen zurückbleibt.e. Die gefundene Kochsalzmenge wurde von dem Trockenrückstand abgezogen und das Eisen auf diesen minus Kochsalz berechnet. Hierin mag ein kleiner Fehler liegen, denn es wird auf diese Weise natürlich nicht nur das Chlor der Waschflüssigkeit, sondern auch das event. in den Zellen enthaltene bestimmt. Bei der Berech- nung käme somit der gefundene Eisengehalt nicht auf den gesamten Trockenrückstand der Zellen, sondern auf diesen minus den den Zellen zukommenden Kochsalzgehalt. Der Fehler kann jedoch nur ein äulserst geringer, kaum in Betracht kommender sein. 3. Versuchsergebnisse. Das Material zu meinen Untersuchungen entstammte dem hiesigen gerichtlich - medizinischen Institute Ich verdanke es der, Liebenswürdigkeit des Herrn Prof. M. Popoff und sage ihm für die Überlassung desselben hiermit meinen verbindlichsten Dank. Ich betone, dals zu nachfolgenden Untersuchungen ausschliels- lich Lebern von solchen Leichen genommen wurden, bei denen die Sektion entweder nichts Pathologisches ergab, oder die patho- logischen Veränderungen so unbedeutend waren, dals sie nicht wohl einen Einfluls auf die Zusammensetzung der Leberzellen ausüben konnten. Die Resultate meiner Analysen fasse ich in der folgenden Tabelle zusammen. In dieselbe nehme ich auch die v. Lingen- schen Fälle auf, mit Ausnahme des Falles von Baryumvergiftung und des Falles, in dem v. Lingen „Tod durch Shock“ angiebt. Diese Fälle glaube ich nicht zu den normalen zählen zu dürfen. Die Fälle v. Lingens sind in der Tabelle mit einem * versehen. In der Tabelle sind die Fälle nach dem Alter geordnet und Männer und Frauen getrennt rubriziert. Die letzte Vertikalkolonne Beitr. z. chem. Physiologie. II. 17 238 P. Bielfeld, giebt einen kurzen Auszug aus den Sektionsprotokollen. Das Eisen ist auf 100 & Trockensubstanz berechnet. Nr. Alter | 23 | 3 24 5) RB) 30 - je 4 35 * 44 5 45 6 230 * 23 7 30 8 35 9 35 - [10 37 © Sg } fe] = * 40 bis 50 11 45 12 45° 13 45 * 48 14 48" Proz. Eisen 0,065 0,050 0,092 0,091 0,088 0,088 0,048 0,064 0,156 0,114 0,315 0,232 0,345 0,093 0,144 0,301 0,104 0,210 Auszug aus dem Sektionsprotokoll Schädelfraktur, Fraktur des Jochbogens und des Unterkiefers durch eine stumpfe, schwere Waffe. Die inneren Organe normal. i | Schädelbruch. Geringe Atheromatose. Leber normal. Herzmuskel ein wenig bindegewebie entartet. Geringe Arteriosklerose. Leber etwas hyperämisch. Leichte Fettdegeneration des Herzens. Sonst alles normal. Totschlag. Tod durch Erstickung. Tod durch Asphyxie infolge Eindrin- gens erbrochener Massen in die Trachea. Leber leicht verdichtet. Totschlag. Leber, sowie alle anderen Organe normal. Tod durch Geraten zwischen Mühl- räder. Totschlag, alle inneren Organe normal. Tod durch Erschielsen. Leber von nor- maler Grölse, leicht lehmig verfärbt. Totschlag. Alle inneren Organe nor- mal. Leber sehr unbedeutend ver- dichtet. Tod durch Asphyxie infolge Eindrin- gens erbrochener Massen in die Trachea. Die inneren Organe normal. Tod durch Erhängen. Tod durch Sturz vom Baugerüst. Alle inneren Organe normal. Tod durch Ruptur eines Herzaneurysma. Fettige Degeneration des Herzens in geringem Grade. Tod durch Erfrieren. Geringe fettige Degeneration des Herzens. Leber normal. Plötzlicher Tod. Verdiekung der Mitralis. Leber nor- mal. Tod durch Asphyxie infolge Eindringens erbrochener Massen in die Trachea. Über den Eisengehalt der Leberzellen des Menschen. - 359 Nr Alter Proz. Eisen Auszug aus dem Sektionsprotokoll 15 HOSE: 0,167 | Tod durch Erschielsen.- Alle inneren ' Organe normal. 16 150 0,157 ‚ Totschlag. Alle inneren Organe normal. ll 2 50 052277] '"Schädelbruch. Geringe Atheromatose B ' der Herzklappen, Koronargefälse und Sr | | der Aorta. Leber normal. ai |18 60 0,142 | Totschlag. Alles normal. | 19 | 60 0,367 Tod durch Erschielsen. Alle inneren | Organe normal. 2 | 70 0,231 Tod durch Herzparalyse. 20 | 70 - 0,313 - | Totschlag. Alle inneren- Organe nor- I mal. Geringe Arteriosklerose. Wie aus den angeführten Zahlen zu ersehen ist, unterliegt der Eisengehalt der Leberzellen sehr grofsen Schwankungen, deren Ursache offenbar in den verschiedensten Momenten zu suchen ist. Dieselben sämtlich zu ergründen, ist jedoch nicht nur schwierig, sondern bei dem geringen vorliegenden Material geradezu un- möglich. Auf Grund meiner Analysen halte ich mich jedoch für be- rechtigt zu folgenden Schlüssen: 1. Der Eisengehalt der von Frauen stammenden Leber- zellen schwankt innerhalb viel engerer Grenzen (0,05 bis 0,092 Proz.) als jener der Leberzellen von Männern (0,048 bis 0,367 Proz.). 2. Die Leberzellen der Frauen sind im allgemeinen bedeutend ärmer an Eisen als die der Männer. Ich muls bemerken, dals diese Beobachtung schon 1896 von Lapiceque bei Gelegenheit der Analyse pathologischer Lebern gemacht worden ist. Ich bestätige sie auch für die normalen Leberzellen. 3. Nach meinen Untersuchungen scheint der Eisengehalt der Leberzellen bei Individuen im Alter von 20 bis 25 Jah- ren am geringsten zu sein. 4. In diesem Alter macht sich im Eisengehalte der Leberzellen von Männern und Frauen noch kein Unter- schied geltend. rl Belege. ä Kochsalzbestimmung Eisenbestimmung ® =) 7 Nr. Zellen- \| Verbrauchte| Titer der Zellen- | Verbrauchte| Titer der ( Proz. Fe B rückstand 28 N0: AsNO,- io rückstand ne Chamäl.- Ir nach Ab- ösung: = ösung £ zug von 2 g ccm lösung g Proz. & ccm lösung & Proz. NaCl S _ = 1 1,323 10,6 0,0098 0,10388 7,852 5,012 10,4 0,000288 | 0,002995 | 0,05978 | 0,065 S D) 1,2045 10,1 5 0,09898 | 8,221 5,9395 14,3 0,000191 | 0,002731 | 0,046 0,050 R 3#)| 4,974 37,0 5 0,3626 8,484 4,274 12,5 0,000288 | 0,00360 | 0,0843 0,092 > 4 2,0945 24,0 = 0,2352 11,232 2,0945 8,9 0,000191 | 0,00169 | 0,0809 0,091 ha 5 3,1695 40,3 0,00984 | 0,39556 | 12,46 3,1695 10,0 0,000245 | 0,00245 | 0,077 0,088 RS 6 0,836 9,4 5 0,09250 | 11,06 6,4370 11,3 0,000321 | 0,002768 0,043 0,048 - 7 1,4645 11,8 s; 0,11611 7,94 7,1050 31,8 0,000321 | 0,010207 | 0,1436 0,156 = 8 1,0390 6,8 5 0,06691 6,44 8,1480 27,0 5 0,00867 | 0,1064 0,114 & 9) 0,4305 8,0 5 0,07872 | 18,25 3,6260 38,5 0,000245 | 0,009344 | 0,256 0,315 © 10 0,8400 7,2 5 0,0785 8,43 6,3410 43,1 0,00314 | 0,013447 | 0,212 0,232 es 11 0,5915 71 0,0098 0,06958 | 11,754 6,0670 30,0 0,000191 | 0,005730 | 0,082 0,093 5 12 0,7705 15,0 0,0103 0,1545 20,07 2,8095 17,0 0,000191 | 0,00325 | 0,1156 0,144 = 13 0,8385 5,0 0,0099 0,0495 5,90 5,1890 61,3 0,000244 | 0,014957 | 0,288 0,301 8 14 0,7659 7,8 0,00984 | 0,07675 | 10,03 4,1410 32,1 5 0,007832 | 0,189 0,210 a 3,100 51,5 5 0,50676 | 16,35 3,100 13,5 0,000321 | 0,004334 | 0,139 0,167 ae) 16 1,3180 10,3 0,0098 0,10994 7,66 6,4955 49,4 0,000191 | 0,009435 | 0,145 0,157 Sg 0,9835 11,1 5 0,1087 | 11,06 4,4435 47,0 <; 0,008977 | 0,204 0,227 = 18 0,9280 6,5 0,00984 | 0,0696 6,89 8,9570 33,1 0,000321 | 0,010251 | 0,1318 0,142 B 19 0,8350 6,3 = 0,06199 7,43 7,2155 100,5 0,000245 | 0,02574 | 0,3496 0,367 20 0,8140 6,1 = 0,060024 | 7,37 8,2620 100,3 0,000244 | 0,024473 | 0,296 0,318 = *) Infolge eines Versehens wurde die Kochsalz- und Eisenbestimmung in diesem Falle an derselben Portion Zellenpulver ausgeführt. XVll. Über die Säurebildung bei der Autolyse der Leber. Von Adolf Magnus-Levy. Die Zersetzung der stickstoffhaltigen Bestandteile der Leber aufserhalb des Organismus durch die im Lebergewebe ent- haltenen Fermente ist von Salkowski!) entdeckt und als Auto- digestion bezeichnet, später von Jacoby?) weiter eingehend unter- sucht worden. Jacoby bezeichnete die Gesamtheit der an den verschiedenen chemischen Bestandteilen der Organe nach dem Tode stattfindenden fermentativen Vorgänge als Autolyse. Dann hat Siegert?) die Veränderung der Leberfette mittels der von seinen Vorgängern angewandten Methoden verfolgt. Das Ver- halten der Kohlehydrate dagegen ist noch wenig erforscht. Salkowski hat es bei seinen Studien nur gestreift; er zeigte, dals der Traubenzucker auf Kosten des Glykogens zunimmt; ätherlös- liche niedere Fettsäuren fand er nicht. Wohl liegen ältere Unter- suchungen über die Veränderung der Kohlehydrate in der Leber aulserhalb des Körpers in grölserer Anzahl vor, doch ist in ihnen Bakterieneinwirkung zumeist nicht sicher ausgeschlossen gewesen. Die meisten dieser Arbeiten beschäftigten sich zudem nur mit dem Übergang des Glykogens in dessen Abkömmlinge bis zum Trauben- zucker hinab; dessen weiterer Umsatz und Abbau aber wurde nur wenig untersucht. Doch ist eine Reihe von Körpern gefunden worden, die man heute recht wohl mit dem Zucker in Beziehung setzen könnte, so Milchsäure, Essigsäure, Buttersäure, Wasserstoff und Kohlensäure. Wasserstoff wurde zu allererst, vor etwa 50 Jahren, von Liebig?) aufgefunden, der zerschnittene, unter warmem Wasser aufbewahrte Leberstücke reichliche Mengen dieses Gases entbinden sah. Pri- bram 5) ging dieser Entdeckung nach und fand neben Wasserstoff 262 - Adolf Magnus-Levy, noch Kohlensäure, und zwar standen beide Gase in ähnlichem Ver- hältnis wie bei der Buttersäuregärung. Pribram stellte ferner fest, dals frische Leberstücke in einer Stärkeabkochung Buttersäure- gärung hervorzurufen imstande seien; in der Leber selber suchte er die Buttersäure nicht auf. : Im selben Jahre (1888) fand Ekunina®), als er Leber bei Brüttemperatur sich selbst überliels, nach Ablauf einiger Tage bald Milchsäure, bald Essig- und Buttersäure, in anderen Versuchen wiederum ausschliefslich Bernsteinsäure; letztere, wie auch die Milchsäure, leitete er von den Kohlehydraten ab, die flüchtigen Fettsäuren dagegen vom Eiweils. Nur die Fäulnis, nicht die post- mortale Leberthätigkeit selber, geben nach ihm Anlals zum Auf- treten dieser Produkte. Morishima’) stellte in der frischen Leber von Kaninchen, Katzen und Hunden einen mittleren Milch- säuregehalt von 0,113 Proz. fest; beim Liegenlassen nahm ihre Menge um 0,0 bis 0,67 Proz. zu, unter Abnahme der Kohlenhydrate (des Glykogens und Zuckers). Die Milchsäure bestand zum gröfseren Teil aus Gärungsmilchsäure (in einem Versuch zu etwa 66 Proz.), zum kleineren aus Paramilchsäure. Die letztere leitete Morishima namentlich mit Rücksicht auf gewisse Vergiftungsversuche vom Eiweils ab, während er die Gärungsmilchsäure aus Kohlenhydraten entstehen liels. — Dafs schon die frische Leber Milchsäure enthält, dürfte wohl. auch aus Wyssokovitschs‘®) Untersuchungen her- vorgehen, bei denen die Leber Milchsäure an durchströmende Kochsalzlösungabgab. Erwähnt seinoch eine Arbeitvon Bechamp ’®) (1875). Dieser Autor fand, als er Leber in Kreosotwasser bei erhöhter Temperatur hielt, Entwickelung von Wasserstoff, Schwefel- wasserstoff, Alkohol, Essigsäure, wahrscheinlich auch Milchsäure. Er hat mit voller Einsicht die Leber aseptisch zu halten ver sucht, aber seine Absicht mifslang, er fand stets Bakterien. Bei keinem ‚dieser Versuche*) war Bakterienwirkung aus- geschlossen. Ihr schrieb denn auch Ekunina die Bildung der von ihm gefundenen Säuren zu, während alle anderen Autoren sie auf die Thätigkeit der Leber selbst bezogen; Liebig und Pribram berufen sich darauf, dafs die Leber in ihren Versuchen keinen Fäulnisgeruch gezeigt habe (vergl. dazu S. 264). Die Abstammung der gefundenen Produkte haben nur Ekunina .und Morishima erörtert. *) Ich übergehe einige Versuche, bei denen es zu stinkender Fäulnis oekoınmen war, wie z. B. die von Laukel- -Yasnopolsky, Pflügers my 12,78: Über die Säurebildung bei der Autolyse der Leber. 263 . Auf Veranlassung von Prof. Hofmeister unternahm ich es, die fermentative Umsetzung des Leberzuckers unter °Ausschluls von Bakterienwirkung vermittelst der neueren Methoden der anti- septischen und aseptischen Autolyse zu erforschen. Ich ging da- von aus, die Abnahme der Gesamtkohlehydrate zu studieren; dabei mulste ich mich, da einwandsfreie Methoden für die Bestimmung des Gesamtgehaltes an Kohlehydraten noch fehlen, auf Analysen des Glykogens und des Traubenzuckers beschränken. Gleichzeitig mit der Abnahme dieser Körper treten verschiedene Säuren auf, deren Entstehen ich mit dem Verschwinden der Kohlehydrate in Verbindung zu setzen suchte. Da diese Beziehungen sich zunächst nicht in vollkommen einwandsfreier Weise nachweisen liefsen, so trat allmählich im Verlauf der Arbeit die genauere Verfolgung der Säuren selber, ohne Rücksicht auf ihre Abstammung, mehr in den Vordergrund; doch wurden ihre Beziehungen zu den Mutter- substanzen dabei möglichst im Auge behalten. Dementsprechend sollen im ersten Teil der Arbeit die Pro- dukte der Autolyse beschrieben, das zeitliche Verhalten ihres Auf- tretens, ihre Abhängigkeit von verschiedenen Umständen, die Unter- schiede bei verschiedenen Tieren dargelegt werden. In einem zweiten Abschnitt will ich ihre Beziehungen zu den vorgebildeten Bestandteilen der Leber, namentlich den Kohlehydraten erörtern. Ein weiterer Abschnitt enthält eine Zusammenfassung der Ergeb- nisse nebst den Schlüssen, die sich aus ihnen ziehen lassen, ins- besondere in betreff der Beziehungen der autolytischen Prozesse zu Lebensvorgängen. Methodik. Ich habe sowohl die antiseptische, wie späterhin die aseptische Autolyse angewandt. Letztere, von Dr. Conradi zuerst für meine Versuche ausgearbeitet, besteht im wesentlichen darin, dafs das dem Tierkörper steril entnommene Organ in grolse Doppelschalen ein- gelegt bei erhöhter Temperatur (zumeist 37 bis 390) steril auf- bewahrt wird. Die Technik ist beschrieben von Conradi?). Sollte dieselbe Leber zu verschiedenen Zeiten untersucht werden, so mufsten mehrere Stücke, die dann einzeln verarbeitet werden konnten, in eigene Schalen für sich eingelegt werden. Das Gewicht der Leberstücke betrug beim Hund 150 bis 400, bisweilen mehr, beim Rind bis zu 700 und 900g. — Die Prü- fung auf Sterilität wurde von Dr. Conradi in der von ihm 364 Adolf Magnus-Levy, beschriebenen Weise ausgeführt; später unterstützten mich Prof. Levy und Dr. Bruns bei der bakteriologischen Untersuchung. Die Prüfung geschah dann auf anaerobe Bakterien in etwas anderer Weise, durch Einbringung von Organstückchen in verflüssigtes Agar unter sehr hoher Schicht. Etwa die Hälfte der aseptischen Versuche glückte, die Organe blieben steril; in einem Teil der trotz anscheinend fehlerlosen Arbeitens nicht steril verlaufenen Experi- mente sind Keime vielleicht schon in der frischen Leber vorhanden gewesen. Eine infizierte Leber wurde nur in solchen Fällen unter- sucht, wo ein Ergebnis a fortiori beweisend war; solche Versuche sind in dieser Arbeit ausdrücklich als „nicht steril“ bezeichnet. — Ich will hier übrigens, auch im Hinblick auf Liebigs Angaben, betonen, dafs die Leber sich in solchen Fällen häufig nicht als von Fäulnisbakterien, sondern von Buttersäurebildnern infiziert er- wies, dals also Abwesenheit von Fäulnisgeruch Keimfreiheit keines- wegs beweist. Nach 24stündiger aseptischer Autolyse ist die Leber sehr weich, morsch und brüchig, sie reagiert intensiv sauer und riecht stark nach flüchtigen Säuren. Sie schwimmt in einer dun- keln, ebenfalls sauren Brühe und ist von einer reichlichen Schaum- schicht umgeben. Wo Verdunstung stattfinden konnte, sind massen- hafte Krystalldrusen von Tyrosin, seltener von Leucin ausgeschieden. Sie finden sich auch sehr reichlich in den grofsen blutleeren Ge- fälsen der Leber. Das gegenseitige Mengenverhältnis des fest gebliebenen Organstückes und des ausgeströmten Saftes wurde durch Wägung festgestellt und von beiden aliquote Anteile ge- nommen und zusammen verarbeitet, um so die auf 1005 ursprüng- licher Lebersubstanz entfallenden Veränderungen nachzuweisen. Bei der antiseptischen Autolyse wurden die Organe zer- kleinert, mit dem doppelten Volumen physiologischer Kochsalz- lösung und einem Antiseptikum versetzt; zumeist wurde Toluol, öfters auch Chloroform oder beides zusammen benutzt. Ein Teil der frischen Leber wurde in zahlreichen Fällen möglichst schnell nach der Entnahme auf Glykogen und Zucker untersucht. Da jedoch vielfach infolge der anderen dringenden Mafsnahmen eine gewisse Zeit bis zum Einbringen der Organe in siedendes Wasser verstrich, so war häufig ein Teil des Glykogens schon umgewandelt, und es wurde so der Zuckergehalt höher ge- funden, als er unmittelbar nach dem Tode ist. Einigemale wurde auch der Gehalt der frischen Leber an organischen Säuren be- stimmt. In der autolysierten Leber wurde regelmälsig die Menge Über die Säurebildung bei der Autolyse der Leber. 965 der flüchtigen und nicht flüchtigen Säuren festgestellt, in etwa der Hälfte der Fälle auch der Gehalt an Glykogen und Zucker; einige- male wurden die auftretenden Gase aufgefangen und analysiert. Analytische Methoden: Glykogen nach Brücke-Külz; häufig wurde der gröfste Teil des Glykogens erst mit Wasser ausgekocht und nur der Rückstand mit Kali behandelt, das Glykogen dann in beiden Anteilen bestimmt. Traubenzucker: Titration mittels Knappscher Lösung. In der autolysierten Leber erwies es sich hier und da als nötig, die Albu- mosen und Peptone erst mit Salzsäure und Phosphorwolframsäure ab- zuscheiden. In reinen Zuckerlösungen ändert der Zusatz dieser zwei Reagentien das Ergebnis der Bestimmung nach Knapp nicht. Organische Säuren: Vier- bis sechsmaliges Auskochen der Organe bei nahezu neutraler Reaktion (Zusatz von Kaliumbisulfat bei frischen, von Natriumbikarbonat bei autolysierten Organen), Eindam- pfen, Zusatz von Ammoniumsulfat und Schwefelsäure, nach längerem Stehen Abfiltrieren von ausgeschiedenem Eiweils, Albumosen, Fetten und höheren Fettsäuren; Erschöpfung des Filtrates mit Äther. Kontroll- versuche, in denen die saure, mit Äther erschöpfte Lösung neuerdings mit Alkohol-Äthermischung behandelt wurde, zeigten, dafs die Ätherextraktion stetsüber 90, meist über 95 Proz. der ätherlöslichen Säuren aufgenommen hatte. Die ätherische Lösung wurde zur Befreiung von anorganischen Säuren mit wenig Wasser gewaschen, dem Waschwasser die geringen von ihm aufgenommenen Mengen organischer Säuren durch erneute Ätherbehandlung wieder entzogen. So behandelt, war das Ätherextrakt stets frei von Mineralsäuren. — Der Äther wurde unter möglichster Vermeidung von Verlusten an organischen Säuren abdestil- liert, der Rückstand in Wasser gelöst, die flüchtigen Säuren mit Wasser- dampf abgetrieben und mit Natronlauge titriert. Auch die Menge der nicht flüchtigen Säuren im Destillationsrückstand wurde (an einem Bruchteil) titrimetrisch bestimmt. — So war die Menge der gesamten Säuren wie auch das Verhältnis zwischen flüchtigen und nicht flüchtigen stets bekannt. — Die höheren Fettsäuren wurden bei dieser Behand- lung nicht mit bestimmt. Uberali wurden die gefundenen Zahlen auf 100g ursprünglicher Lebersubstanz umgerechnet. Da bei der asep- tischen Autolyse in den ersten Experimenten Verdunstung nicht aus- geschlossen war, und bei der antiseptischen Autolyse die ungleiche Ver- teilung der Lebersubstanz in dem Gemisch hier und da Schwierigkeiten machte, konnte die Abmessung nicht absolut genau sein; es entsprachen 100g autolysierter Substanz nicht immer exakt 100g ursprünglicher Leber, doch dürften die Fehler wohl nicht mehr als einige Prozente betragen. Zu den meisten Versuchen benutzte ich Lebern vom Hund und Rind, in vereinzelten Fällen die Organe von Kaninchen, Schwein und Gans. Die Untersuchung habe ich im Hofmeisterschen Institut begonnen und dann zum grölsten Teil im Laboratorium der 266 Adolf Magnus-Levy, Naunynschen Klinik durchgeführt; die aseptische Autolyse durfte ich mit freundlicher Bewilligung von Herrn Prof. Forster im hy- gienischen Institut in Stralsburg ausführen, die Gasanalyse im Zuntzschen Laboratorium in Berlin. — Den Vorstehern dieser Institute, wie den Kollegen, die mich bei Durchführung der Ver- suche unterstützten (Dr. Conradi, Prof. Levy, Dr. Bruns), bin ich für ihr Entgegenkommen und ihre Hülfe zu bestem Dank ver- pflichtet. 1. Die Produkte der Autolyse. In der autolysierten Leber habe ich von nicht flüchtigen Säuren Gärungsmilchsäure, Rechtsmilchsäure und Bernstein- säure nachweisen können. Unter den flüchtigen Säuren fanden sich Ameisen-, Essig- und Buttersäure, und geringe Mengen einer etwas höheren Säure. Die Gase bestanden aus Schwefel- wasserstoff, Wasserstoff und Kohlensäure. Alle genannten Säuren fanden sich bei sämtlichen untersuchten Tieren, sowohl bei aseptischer, wie bei antiseptischer Autolyse. Doch waren je nach Art der letzteren und nach der Tierspezies deutliche Unterschiede wahrzunehmen. A. Allgemeines Verhalten. Durch Zusatz von Antisepticis erleiden, wie schon Con- radi angab, die autolytischen Umsetzungen eine beträchtliche Verzögerung und eine starke absolute Abschwächung. Es bedarf zur Bildung grölserer Säuremengen Wochen und Monate, und selbst nach sehr langer Zeit bleibt ihr Quantum fast stets hinter demjenigen zurück, das bei aseptischer Autolyse in einem einzigen Tage gebildet wird. Eine Durchsicht der späteren ausführlichen Tabellen zeigt das durchgehends. Die gleiche Rindsleber (B 5) lieferte bei aseptischer und antiseptischer Autolyse folgende Säure- mengen (auf 100 o): a E N b A ao a Dauer tige Säuren: «.. = —, Säuren: ccm a ceem Norm.- Norm.-Lauge Lauge aseptische Autolyse ..... 1 Tag 16,0 2,8 0.18 antisept. Autolyse mit CHCl, 2'/, Monat 4,3 0,95 0,22 5 » „koluoesoyr ce, Ten 1.6 0.21 n 6 $ 8,3 2,0 0,24 e) ” ” De j 3 Ei i Über die Säurebildung bei der Autolyse der Leber. 267 Bei diesem Versuch wurde übrigens auch die Wirkung des Chloroforms mit der des Toluols verglichen; letzteres schädigte in diesem einen Falle (andere Vergleichsversuche fehlen mir) die Fermente weniger als das Chloroform. Auffälliser und interessanter als die Verschiedenheit der Ergeb- nisse bei aseptischer und antiseptischer Methode ist der Unterschied bei verschiedenen Tieren, beim Hund und Rind, der allerdings nur bei dem aseptischen Verfahren nachweisbar ist. Beim Hund werden vorwiegend flüchtige, beim Rind überwiegend nicht flüchtige Säuren gebildet, z. B. nach einem Tag: aseptische Autolyse Hund 2,2cem nicht flücht. Säuren 8,9 ccm flücht. Säuren; Rind 16,0 D) ” D) » lo, D) D) —z 0,18: el »|o Das Kaninchen verhält sich wie der Hund, das Schwein und die Gans dagegen wie das Rind (s. Tab. IA). Auf die verschiedene Ernährungsweise dieser Tiere, darauf, dafs die einen Pflanzenfresser, die anderen Omnivoren sind, ist der Unterschied somit nicht zu beziehen. Übrigens erlauben meine Resultate keine sichere Verall- gemeinerung, da vermittelst aseptischer Methode nur Hundelebern in gröfserer Anzahl untersucht wurden, Lebern von den anderen Tieren aber nur in vereinzelten Fällen. Bei antiseptischer Autolyse dagegen verhalten sich Hunde- und Rindsleber ziemlich gleich. Die bei ersterer so umfangreiche Bil- dung flüchtiger Säuren tritt unter dem Einfluls der Antiseptica so stark zurück, dals sich nun bei beiden Tieren das Verhältnis zwi- schen flüchtigen und nicht flüchtigen Säuren annähernd gleich stellt: antiseptische Autolyse (3:Monate) Hund 4,0 cem nicht flücht. Säuren 1,6 flücht. Säuren *) 5 —E0, (3 ” ) Rind MU ” ” ” ” 1,6 ” ” B = 0,21. Dieses Verhältnis 5 beträgt bei antiseptischer Behandlung für den Hund 0,16 bis 0,55, für das Rind 0,21 bis 0,53. Bei asep- tischem Verfahren stellt es sich für das Rind auf ähnliche Werte, 0,18 bis 0,33 ein, dagegen beträgt der Bruch beim Hunde hier *) Chloroform und Toluol nehmen bei der langdauernden antiseptischen Autolyse Fette und hohe Fettsäuren in grolser Menge auf, jedoch nur geringe Mengen der niederen Säuren, die ich gewöhnlich vernachlässigt habe. 268 stets (wenn wir einen Frühversuch aufser Acht lassen) über 0,9 Adolf Magnus-Levy, und steigt meist höher, selbst bis über 7,0. Ich stelle zunächst die Ergebnisse sämtlicher Versuche in den Tabellen IA und IB zusammen: Tabelle IA. Aseptische Autolyse. Tierart u. Nr. Popp m aD DD Do OU Rind B3 » B3 Br Kaninchen 1 9) ” a Schwein Gans Dauer der Autolyse 6 Tage 1 Tag 6 Tage 6 Stunden 4 Tage 22 1 Tag 2 Tage 6 Stunden 21), Tage In 100 & Leber a nicht flüchtige Säuren ccm Normal-NaO 2,8 1,66 3,3 2,22 2,7 2,4 4,5 6,3 72 1,9 0,85 4,3 6,0 2,2 16,0 19,1 16,4 1,6 1,8 14,5 20,0 b flüchtige Säuren ccm H | Normal-Na0H >86 > 15,0 12,1 14,1 8,9 18,0 0,5 7,65 5,9 7,5 12,0 0,6 12,4 5,1 5,0 2,82 4,8 5,32 5,6 2,6 5,5 9,3 » | Oo". 0,93 1,05 0,18 0,25 0,33 3,5 14 0,38 0,47 Bemerkungen nicht steril nicht steril. Phloridzin- Arbeitstier gemischt aseptisches und anti- septisches Verfahren s. S. 276 Leber durch Phloridzin und Hunger glykogen- u. zucker- frei nicht steril nicht steril ei Über die Säurebildung bei der Autolyse der Leber. 269 Tabelle IB. Antiseptische Autolyse. f In 100 & Leber | Dauer a b | Tierart u. Nr. der nicht flüchtige bı Bemerkungen flüchtige a | Autolyse Säuren Säuren ccm ccm | Normal-NaOH | Normal-Na0H | - —— Hund 12 4 Tage 0,90 0,08 0,09 | 7 Wochen 2,75 1,05 0,38 6 Monate 2,4 (?) 0,70) 10,29 las 3 3,5 0,9 0,26 ohne Zusatz von CaCO, 6 % 4,6 2,4 0,52 mit Zusatz von CaCO, 165. 2, 2,6 0,34 0,32, But, (21,6) 0,66 ? | mit Zusatz von 4,0 g Cal- Be an | ee 1,44 0,5 0,35 eiumlaktat Br; 2,2 1,1 05 we r 4,0 1,6 0,4 | Be 4,4 2,4 0,55 Rind Al |3', Woche 3,6 15 Monate 5,1 1,8 0,55 | b) A4 |8%, 2 b) 16,7 ? Eearzl N 150 — N | 4,6 9,3 0,5 Kalb 4 5 3,6 1,9 0,53 Rind A5 |12 N 3,5 2,3 0,66 | mit etwa 10 Proz. Trau- Ba Bela 81/50. 15,4 4,0 0,26 benzucker versetzt Ba 6. 9,2 3,8 0,41 Ei Bid Dar. 4,3 0,95 0,22 mit Chloroform = Bra D/aın de 1,6 0,21\ .,„. Toluol re 2000 Beim Vergleich der Nummern in den einzelnen Abschnitten der Tabellen unter sich fallen starke Verschiedenheiten ins Auge. Einige besonders grolse Differenzen bei ziemlich gleich angelegten Versuchen stelle ich als Beispiel hierher: a b Artolyse Daher nicht flüch- flüchtige b tige Säuren Säuren a cem ccm Hund ... . | aseptische 1 Tag 1,66 12,01 7,3 20, RR 5 1 72 7,5 1,05 Rind ... . |antiseptische| 3'/, Monate 15,4 4,0 0,26 eu 3 ART 77 1,6 0,21 970 Adolf Magnus-Levy, Als Ursache der individuellen Unterschiede in der Um- wandlungsenergie bei verschiedenen Tieren der gleichen Art kanu man ansehen: verschiedene Menge und ungleiche Wirksamkeit der Fermente, Beeinflussung durch andere Umsetzungen, den Ernährungs- zustand, die Art der voraufgegangenen Fütterung, den Zeitpunkt der letzten Futteraufnahme vor der Tötung. Den Einflufs dieser einzelnen Ursachen klar zu legen, reichen die angestellten Versuche nicht aus. Wohl aber läfst sich über den zeitlichen Ablauf der Gä- Yungsprozesse einiges aussagen; am besten natürlich an der Hand solcher Versuche, in denen die gleiche Leber zu verschiedenen Zeiten untersucht wurde. Nach sechs Stunden ist bei aseptischer Autolyse kaum mehr Säure vorhanden als in der frischen Leber. Ihre Bildung oder, vorsichtiger ausgedrückt, das Überwiegen ihrer Bildung über gleich- zeitige Zerstörung beginnt erst eine gewisse Zahl von Stunden nach dem Tode des Tieres; im Organ selbst dauern vitale Prozesse abgeschwächt vielleicht noch an, bis etwa der aufgestapelte Sauer- stoff erschöpft ist u. s. w. | a b | nicht flüch-| flüchtige | b a Autolyse, Dauer 5 fe 5 tige Säuren | Säuren cem cem Hund 6 |aseptisch 6 Stunden 2,4 0,5 0,2, nicht steril ee) R OEe 0,85 0,6 |0,7 ) N 4,3 24 1239| Nach Ablauf von 24 Stunden ist die Säuerung in vollem Gange und meist auf der Höhe. Die energischste Säurebildung findet jedenfalls zwischen der siebenten und etwa der 48sten Stunde statt. Doch auch nach dem zweiten Tage werden noch Säuren gebildet, und diese weitere Zunahme scheint mehr der Bildung flüchtiger Säuren als der der nicht flüchtigen zu gute zu kommen. a b Autolyse Dauer nicht flüch- flüchtige b tige Säuren Säuren a cem cem Rind B3 | aseptisch 1 Tag 16,0 2,82 0,18 » 138 r 9 Tage 19,1 4,5 0,25 Br 5 Ha, 16,4 5,3 20,33 Hund 5 5 1 Tag 2,2 8,9 2) 8 h 6 Tage DSL 13,0 16% { i | Über die Säurebildung bei der Autolyse der Leber. Da. Für die antiseptische Autolyse gilt im allgemeinen hin- sichtlich der allmählichen Zunahme das Gleiche, nur mit dem schon früher betonten Unterschied, dals hier Wochen erforderlich sind, wobei der aseptischen Autolyse ebenso viele Stunden ausreichen. Das ist auch der Grund, warum Salkowski bei seinen nur acht Tage dauernden Versuchen keine ätherlöslichen niederen Säuren aufgefunden hat. Auch bei monatelanger Autolyse (unser längster Versuch dauerte 16 Monate) werden fast nie so viel Säuren gebildet wie bei dem aseptischen Verfahren (vergl. auch die Tabelle IB auf S. 269). a b tige Säuren Säuren a | ccm ccm Hund 12 antiseptisch | 4 Tage 0,90 | 0,08 | 0,09 el D r 17 Wochen 219 1,05 0,35 Rind Al 5 ale - 3,6 ? NN 3 15 Monate 51 1,8 | 0,35 | | Die mit der Zeit eintretende starke Verlangsamung und das schliefsliche Aufhören der Säurebildung darf man viel- leicht zum Teil auf eine Schädigung der Fermente durch ihre eigenen Produkte, eben jene Säuren, zurückführen, wie das ja auch für die bakterielle Säurebildung gilt. Die Gesamtmenge der gebildeten Säuren übersteigt nur selten die Zahl von 20cem Normal-Natron- lauge auf 100& Organ, entsprechend 1,3 Milchsäure oder 1,48 & eines äquimolekularen Gemisches von Essig- und Buttersäure. Die Säuren, ähnlich wie es bei der bakteriellen Gärung üblich ist, durch Kalkkarbonat abzusättigen, um so ein Weitergehen der Säure- bildung zu ermöglichen, geht bei aseptischer Autolyse nicht an; vergleichende Versuche bei der antiseptischen Autolyse mit oder ohne Zusatz von Kalkkarbonat führten zu keinem Entscheid, weil die Fermente durch die Antiseptica selber so viel früher und stärker geschädigt werden, dals daneben die Wirkung der gebil- deten Säuren auf sie kaum in Betracht kommt. — Es soll im übrigen die Schädigung durch andere Produkte der Autolyse, z. B. solche der Eiweilsverdauung u. s. w., wie auch durch andere Ver- hältnisse nicht in Abrede gestellt werden. 272 Adolf Magnus-Levy, B. Die einzelnen Produkte der Autolyse. Die Säuren. Die nicht flüchtigen Säuren. Die nach Abtreibung des flüchtigen Anteils im Rückstand verbliebenen Säuren wurden gewöhnlich nach Entfärbung durch Tierkohle abermals in äthe- rische Lösung übergeführt; beim Verdunsten des Äthers schied sich zumeist eine feste Säure krystallinisch aus, die abfiltriert und mit wenig Äther gewaschen wurde. Aus dem Filtrat wurde häufig noch eine geringere Menge dieser Substanz auf dem gleichen Wege gewonnen; es handelte sich um Bernsteinsäure (siehe weiter unten S. 273). Weitere Reste blieben in der Lauge und konnten nach Abtrennung des milchsauren Zinks aus den letzten Mutter- laugen gewonnen werden. Der nach Ausscheidung der Bernsteinsäure verbleibende Sirup wurde in Wasser aufgenommen, die Säuren in die Zinksalze (nur bei den ersten Versuchen in Kalksalze) übergeführt. Es gelang durch wiederholte Reinigung *), fast die ganze Masse fraktioniert zur Krystallisation zu bringen. Nur eine geringe Menge Mutterlauge blieb zurück. Alle Fraktionen wurden einzeln untersucht, sie bestanden sämt- lich aus Salzen der Milchsäure. Durch geeignetes Umkrystallisieren konnten sie in solche der Gärungsmilchsäure und der Rechtsmilchsäure getrennt werden. Bei aseptischer Rindsleber erhielt ich z.B. folgende Werte: Proz. ZnO des Proz.H,0 Proz. ZnO wasserfreien Salzes Gärungsmilchs. Zink + 3H,0 . . 18,18 27,27 33,33 Rechtsmilchs. Zink + 2H,0 . . ..12,9 29,04 33,33 Penet Portion) „ya rare 16,9 27,95 33,65 ee 1778: 27,50 33,34 N 134 28,93 33,33 VEN Er 1305 22 33,57 a Ru N 15,3 29,0 34,2 „6 le pn, are : 2 33,5 Die Portion b) zeigte keinerlei Drehung, die Portion d) (berechnet *) Nicht krystallisierende Mutterlaugen wurden durch Tierkohle neuer- dings entfärbt, mit H,SO, zersetzt und wiederum in Äther übergeführt u. s. w. Über die Säurebildung bei der Autolyse der Leber. 273 für das wasserhaltige Zinksalz) eine spezifische Drehung von — 5,97° (Drehung nach Landolt — 6,65° bis 7,559). Bei der aseptischen Autolyse betrug der Anteil der imaktiven Säure etwa 60 bis 70 Proz., der der aktiven 30 bis 40 Proz.; bei antiseptischer Autolyse von Rindsleber bestand die Milchsäure zu etwa 90 Proz. aus inaktiver Substanz; ein Salz der Rechtsmilchsäure konnte nicht rein dargestellt, seine Beimischung aber sowohl aus den analytischen Zahlen, wie auch aus der nie fehlenden Links- drehung sichergestellt werden, hier sowohl wie auch sonst in allen anderen Versuchen, in denen zu geringe Mengen eine genaue Tren- nung nicht ermöglichten. — Bei aseptischer Autolyse von Hunde- leber erhielt ich folgende Zahlen: Proz. ZnO für das Broz H,0 Proz. Zn® Be Sr Borbionga)s a. 15,5 28,4 33,8 ee 98,45 33,33 Mehrfach erhielt ich Zinksalze mit zu hohem Zinkgehalt und um das Vielfache zu hoher spezifischer Drehung; es handelte sich jedoch nicht, wie ich zuerst glaubte, um Beimengung anderer Substanzen (ich fahndete besonders auf OÖxybuttersäure), sondern anscheinend um basische Laktate; ihre Überführung in normale Salze gelang ausnahmslos. Ein- mal erhielt ich nach Trocknung an der Luft ein aktives Zinklaktat mit nur einem Molekül Krystallwasser; etwas Ähnliches fand einer der früheren Autoren bei einem über Schwefelsäure getrockneten Präparat. Erwähnt sei noch, dafs dıe die freie Milchsäure enthaltende wässe- rige Lösung der nicht flüchtigen Säuren vor der Abtrennung der Bern- steinsäure u. s. w. ausnahmslos (in etwa zehn Fällen konstatiert) links drehte, und zwar viel stärker, als die erwartete Rechtsdrehung hätte sein sollen. Eine stark links drehende Säure (etwa Oxybuttersäure) war aber sicher nicht vorhanden; die Umkehrung der Drehung und ihre Verstärkung mufs wohl einer teilweisen Anhydridbildung oder den beigemengten fremden Substanzen zugeschrieben werden. Bernsteinsäure. Die oben beschriebenen Krystalle zeigten folgende Eigenschaften: sie schmolzen nach einmaligem Umkry- stallisieren aus Wasser bei 183° (unkorrigiert; Schmelzpunkt nach Beilstein korrigiert bei 185%). Gefunden wurde: 40,96 Proz. C, 5,04 Proz. H (berechnet: 40,67 Proz. C, 5,08 Proz. H). — Die Titration wies die Anwesenheit zweier vertretbarer H-Atome nach. Die Substanz zeigte alle Reaktionen der Bernsteinsäure, die „Husten- reaktion“, das charakteristische Verhalten des Blei-, Kalk-, Baryum- und Eisensalzes, ebenso auch Neubergs Reaktion (Entwickelung von Fichtenholz rötenden Dämpfen bei Behandlung mit Ammoniak Beitr. z. chem. Physiologie. II. \ 18 974 Adolf Magnus-Levy, und Zinkstaub). — Sie fand sich ausnahmslos *) in jeder einzelnen Leber, bei antiseptischer sowohl wie bei aseptischer Autolyse. Ihre Entstehung wurde durch die Antiseptica anscheinend weniger stark beeinträchtigt als die der anderen Säuren, wobei freilich bemerkt sei, dals die angewandte Methode keine Garantie für quantitative Abscheidung gab. Auf 100% Organ erhielt ich: Rindsleber asept. Autolyse . . . | 1 Tag ı 76mg 5 5 2 .... |9 bis 12 Tage| 60 „ n antisept. ,„ 2 232 Monate DA Hundeleber asept. ” Nobisuonlamei usa, Schweineleber asept. „ ee tr DrTace 427, Gänseleber en EN | EDIT 33 „ (nicht steril!) Pferdemuskeln antisept. Autolyse | 4 Monate 38,5 Liebigs Fleischextrakt . . . . .. 2... ... 1107 ,„ (oder umgerechnet auf 100 g Rindfleisch **) etwa 3,5mg; 1g Ex- trakt —=30g Fleisch !) Ich fand sie ferner in autodigerierten Hundemuskeln, Hunde” und Kalbsherz, besonders reichlich in autolysierter Hefe (über 200 mg auf 100g Hefe). Aromatische Öxysäuren (mit Millons Reagens nachweisbar) werden bei der Autolyse der Leber nicht gebildet. Ich vermutete aber eine Entstehung nichtoxydierter aromatischer Säuren (durch Reduktionswirkung, analog Salkowskis Befunden bei der Fäulnis), doch konnte ich solche nicht isolieren. Hingegen fand sich häufig im ursprünglichen Ätherextrakt ein äufserst schwer löslicher, an den Wänden des Gefäfses krystallinisch ausgeschiedener Kör- per vor, dessen minimale Menge eine Identifizierung bisher nicht erlaubte. Er reagierte sauer und enthielt Stickstoff. Die flüchtigen Säuren (Ameisen-, Essig- und Buttersäure; Kapronsäure?). Die von gleichartigen Experimenten herstammenden Natronsalze wurden vereinigt, so dafs ich vier Portionen, herrüh- rend von aseptischer und antiseptischer Hundeleber, aseptischer und antiseptischer Rindsleber gesondert untersuchte. In diesen vier Portionen waren sämtliche genannten Säuren vorhanden. *) Bei den meist kleinen Ausbeuten der einzelnen Versuche vom Hund beenügte ich mich damit, einen Teil der im sauren Sirup vorhandenen Krystalle auf Thon abzusaugen und mit ihnen die „Hustenreaktion“ anzu- stellen. Nach Vereinigung der Mengen aus gleichartigen Versuchen konnte die Bernsteinsäure dann jedesmal rein dargestellt werden. ”*) Ob sich Bernsteinsäure in den Muskeln unmittelbar post mortem findet, bleibt ungewils, zur Gewinnung von Fleischextrakt werden sie ja erst einige Zeit nach der Schlachtung verarbeitet. Über die Säurebildung bei der Autolyse der Leber. 375 Eine exakte Trennung durch Destillation der freien Säuren gelang nicht, trotzdem grolse Mengen (gegen 20 & Natronsalze aus aseptischer Hundeleber) zur Verfügung standen. So benutzte ich zur Trennung die Natron-, Baryt- und Silbersalze. Ameisensäure. Ihre Anwesenheit war durch Reduktion von Silbernitrat und von Sublimat überall leicht festzustellen. Eine quantitative Bestimmung, die mittelst der Kalomelmethode leicht ausführbar gewesen wäre, wurde leider verabsäumt. Ihre Menge schätzte ich aus der Stärke der Reduktion nach Kontrollversuchen auf nur wenige Prozente der gesamten Säuren. Die Essigsäure liels sich, wenigstens teilweise, als Natronsalz abscheiden. Analyse: NaC,H,0, + 3H,0 NaC,H,0, AcC,H,0, gefunden ... .. 39,5 Proz. H,O 27,9 Proz. Na 64,78 Proz. Ag berechnet. ... 3971 ,„| H,0 aan Nar 6A ec, Die Mutterlaugen wurden in Barytsalze übergeführt, es krystalli- sierte eine grölsere Menge essigsauren Baryts aus. Analyse: gefunden . . . 6,1, 6,8, 7,2 Proz. Krystallwasser*) 53,5, 53,9, 53,2 Proz. Ba berechnet... „22.1. % He, » Daun se sBa Es gelang aber nicht, sämtliche Essigsäure auf diese Weise abzu- scheiden; in dem noch verbleibenden Gemisch der Salze erhielt ich durch Fällung mittels Silbernitrat Werte, die der Propionsäure nahelagen. Analyse: 58,4 Proz., 56,1 Proz. Ag, 57,94 Proz. (be- rechnet für propionsaures Silber — 59,67 Proz. Ag). Fraktionierte Fällung aber zeigte, dals hier neben wenig Essigsäure vorwiegend Buttersäure vorhanden war. Gefunden: 54,96 Proz., 55,5 Proz. Ag (berechnet 55,55 Proz. Ag). Mehrfach wurden Zahlen erhalten, die für Beimengung einer höheren Säure sprachen: 54,4 Proz. Ag, 53,85 Proz. Ag, während ich mit chemisch reiner Buttersäure stets Silberzahlen erhielt, die um höchstens 0,1 bis 0,15 Proz. von dem Berechneten (55,35 Proz.) abwichen. Es könnte sich um Valeriansäure handeln, wahrscheinlicher jedoch, wie bei der bakteriellen Buttersäuregärung, um Kapron- säure. Die Menge der Buttersäure dürfte über 50 Proz. der vorhandenen sauren Moleküle ausgemacht haben und ist in den Ver- suchen mit aseptischer Autolyse sicher höher gewesen als bei anti- septischem Verfahren. Die Anwesenheit von Propionsäure war mir *) (C,H,0,),Ba + 1H,0; drei weitere ebenso gewonnene Präparate mit richtigem Ba-Gehalt enthielten kein Krystallwasser. 18* 976 Adolf Magnus-Levy, aus theoretischen Gründen wahrscheinlich (sie könnte aus der Milch- säure durch die bei der Autolyse stattfindenden umfangreichen Reduktionen entstehen). Doch konnte ich sie, auch nachdem ich die Mutterlauge aller vier Fraktionen vereinigte, nicht isolieren; kleine beigemischte Mengen entziehen sich dem sicheren Nachweise. Ich habe ferner in frischer wie in autolysierter Leber auch auf Säuren gefahndet, die zwischen den niederen, flüchtigen und den hohen, festen Fettsäuren stehen, auf die Säuren mit C, bis Oj.. Ich suchte sie in der Leber solcher Tiere, bei denen eine besonders reichliche Fettbildung aus Kohlehydraten stattfindet, bei zwei Gänsen und einem Schwein, die ich in einer Periode erfolgreichster Mästung tötete. Es gelang mir nicht, sie nachzuweisen. Gasbildung bei der Autolyse. Schwefelwasserstoff, Wasserstoff, Kohlensäure. Gasbildung findet in reichlichem Malse bei der Autolyse der Leber, in geringem auch bei der einzelner anderer Organe statt. Bei anti- septischer Autolyse ist sie nicht so bedeutend; dagegen liefert die aseptisch behandelte Hundeleber sehr viel Gas. Die Anwesenheit geringer Mengen von Schwefelwasserstoff, die sich dem Geruch entziehen, ist leicht nachweisbar. Papier oder Watte, die mit Subli- mat oder Bleiacetat getränkt in kleinen Gläschen in die grolsen Autolysierschalen eingebracht wurden, zeigten ausnahmslos Schwär- zung, auch das Quecksilber in den Absorptionsröhren wurde dunkel gefärbt. Zur Gewinnung und Untersuchung der Gase benutzte ich fol- gendes sehr einfache Verfahren, das eine Kombination von asep- tischer und antiseptischer Autolyse darstellt. Es bestand im wesent- lichen darin, dals in einem trichterförmigen, mit antiseptischer Flüssigkeit gefüllten Gefäls ein aseptisch eingebrachtes Leberstück seine Gase entwickelt. Aus einem Halbliterkolben wurde der Boden ausgesprengt, der Hals zu einer feinen Röhre ausgezogen, die durch einen kapillaren Gummischlauch mit Bunsenschen Gummiventilen verschlossen werden konnte. lies zur Aufnahme der Leber bestimmte Gefäis kam in ein grolses Becherglas zu stehen. Die beiden wurden nach trockener Sterili- sation mit Toluolwasser und reichlichem überschüssigen Toluol gefüllt. Das sterile Leberstück wurde unter aseptischen Mafsnahmen in das Trichtergefäfs hineingebracht und dieses dann durch Ansaugen mit dem Toluolwasser gefüllt, und zwar so, dals auch hier überschüssiges Toluol an der Oberfläche schwamm. — Bei der Autolyse war somit die Ne bi. Über die Säurebildung bei der Autolyse der Leber. 977 Aufsenschicht des Leberstückes und der ausfliefsende Saft einer etwaigen Bakterienwirkung entzogen, aber auch die Autolyse und Gasbildung dieses Anteils sehr beschränkt. Der innereKern des Organstückes, der der Tiefenwirkung des Antiseptikums nicht unterlag, mulste hier das Gas liefern. Am Schlufs dieser Versuche wurde die Leber mit be- sonderer Sorgfalt bakteriologisch untersucht. Das an der Spitze des Trichters sich sammelnde Gas konnte zu beliebigen Zeiten entnommen und zur Messung und Analyse übergeführt werden. Drei Versuche verliefen steril. Eine deutliche Gasbildung begann meist erst nach Ablauf der sechsten Stunde, wie dies auch schon Liebig ähnlich angab, d. h. erst zu der Zeit, in der auch die Bildung von Säuren beginnt. In einem Versuch, in dem 120g Hundeleber eingebracht wurden, erhielt ich nach 24 Stunden etwa 72cem Gas, in den zweiten 24 Stunden abermals 40 ccm, dann wurde die Gasbildung sehr gering. Im anderen Ver- suchen erhielt ich gröfsere Gasmengen (aus 45g Kaninchenleber, von denen doch nur vielleicht zwei Drittel der Toluolwirkung ent- zogen waren, über 100ccm Gas in zwei Tagen). Qualitative Versuche zeigten, dafs etwa die Hälfte des Gases und mehr durch Kalilauge absorbiert wurde; in dem Rest war ein mit bläulicher Flamme brennendes Gas vorhanden. Die quantitative Untersuchung wurde nach Bunsens Verfahren über Quecksilber ausgeführt. Die Gase waren in Glas eingeschmolzen aufbewahrt worden. — Die Analyse ergab: Hundeleber Kaninchenleber en Nas 2, Tage 58,4 65,9 37,3 CO, 2 34,5 92,1 36,1 H, \ 0,2 0,4 0,2 brennbare Gase als Toluol berechnet 0,9 1,6 RO 6,0 10,0 SL AN © Laie Überall war, da ich in Strafsburg unter mangelhaften Verhält- nissen die Gase hatte überführen müssen, bei der Umfüllung etwas atmosphärische Luft beigemengt. Die kleinen Mengen brennbarer Gase, die wenigstens nach zwei Tagen aufserhalb der Fehlergrenze der Analyse lagen, habe ich auf Toluol berechnet, das sich bei dem ge- wählten Verfahren leicht den Gasen beimengen konnte; ich glaube nicht, dals sich aufser H, brennbare Gase aus der Leber entwickelt haben. In allen Analysen fand ich Wasserstoff, bei der Kanin- chenleber fast in der gleichen Menge wie Kohlensäure. Bei der Buttersäuregärung entstehen gleiche Mengen beider Gase, die, wenn 278 . Adolf Magnus-Levy, die Gärung bei saurer Reaktion verläuft, auch annähernd in diesem Verhältnis gasförmig austreten müssen. Auf ein anscheinend erst bei der Autolyse auftretendes Produkt will ich noch hinweisen, das zwar nicht von Kohlehydraten abstammt, aber doch wohl Beziehungen hat zu den mit ihrer Umsetzung einhergehenden Reduktionen. Man findet in der autolysierten Leber, auch bei anti- septischem Verfahren, stets reichlich Urobilin. Da die Galle und somit auch die Leber hier und da Urobilin enthält, so ist es nicht ganz sicher, ob eine Neubildung stattgefunden hat. Ist das aber, wie wahr- scheinlich, der Fall*), so mufs das Urobilin einer Reduktion seinen Ursprung verdanken, gleichgültig, ob es aus Bilirubin oder direkt aus Blutfarbstoff sich bildet. Die stark reduzierende Kraft auch des antiseptisch ge- haltenen Leberbreies läfst sich durch Zusatz von Indigo wie von Methylenblau gut vor Augen führen; die Farbstoffe werden langsam entfärbt, aber beim Schütteln an der Luft wieder regeneriert. 2. Die Abstammung der gebildeten Produkte. Unter den vorgeführten Thatsachen überrascht am meisten das Auftreten von Wasserstoff und Schwefelwasserstoff. Es setzt einen so elementaren und tiefgreifenden Spaltungsvorgang voraus, wie wir ihn bisher nur bei lebenden Pflanzenzellen und bei Gärungs- erscheinungen kennen gelernt haben, und vermöchte eine ganze Anzahl energischer chemischer Vorgänge im Tierkörper, vor allem viele Reduktionsvorgänge zu erklären. Im Hinblick auf die Tragweite einer solchen Beobachtung müssen die thatsächlichen Unterlagen mit besonderer Sorgfalt kritisch geprüft werden. Der Nachweis der Wasserstoff- und Schwefelwasserstoffentwickelung ist (aus äulseren Gründen) bisher nur bei den aseptisch durchgeführten Versuchen erbracht worden. Die Keimfreiheit in diesen Versuchen ist mit den heute üblichen bakteriologischen Methoden sicher nachgewiesen. Aber es muls immerhin daran gedacht werden, dafs vielleicht Mikroorganismen, die sich unseren derzeitigen tinktoriellen und kulturellen Nachweis- methoden entziehen, in jenen Versuchen eine Rolle gespielt und die Bildung jener Gase veranlalst haben könnten. (Die Unter- suchung der Gasbildung bei antiseptischem Verfahren, die ich zur Zeit nachhole, soll diese Bedenken. zerstreuen.) Solche Bedenken bestehen nicht für die übrigen gefundenen *) In dem frischen Lebersaft läfst sich Urobilin meist nicht oder nur in geringen Mengen nachweisen. Über die Säurebildung bei der Autolyse der Leber. 279 Produkte. Hier besteht eine wertvolle Übereinstimmung zwischen den Ergebnissen bei aseptischem und antiseptischem Verfahren. In einer mit Toluol oder Chloroform dauernd gesättigten Lösung können sich Bakterien vielleicht lebensfähig erhalten, aber sicher nicht in dem Malse vermehren, dafs sie Gärungsprodukte in nach- weisbarer Menge liefern. Wo daher beide Verfahren zu gleichen Resultaten führen, kann an deren Richtigkeit ein Zweifel kaum bestehen. Bei meinen Schlufsfolgerungen habe ich auf diese Um- stände Rücksicht genommen und das Hauptgewicht auf jene Vor- gänge gelegt, auf die jene mehr theoretischen *) Bedenken keine Anwendung finden. Die Abstammung der gebildeten Produkte sicherzustellen, wäre leicht, wenn es gelänge, die zugehörigen Fermente abzutrennen und ihre Wirksamkeit gegenüber den verschiedenen, als Mutter- substanzen in Betracht kommenden Körpern zu prüfen. Bei der grolsen Empfindlichkeit gerade dieser Fermente gegen sehr ver- schiedene Einflüsse und bei der aufserordentlichen Langsamkeit, mit der sie in antiseptischen Lösungen wirken, ist das bisher nicht ein- wandfrei möglich gewesen. Wir sind daher zum Teil auf eine mehr indirekte Beweisführung angewiesen, /die aber doch [die thatsäch- liehen Verhältnisse mit genügender Sicherheit zu ermitteln erlaubt. Ich bespreche zunächst | A. Die Abstammung der flüchtigen Säuren und im Zusammenhang damit die Herkunft der Kohlensäure und des Wasserstoffs. Essigsäure und Buttersäure und die Spuren höherer flüchtiger Säuren können l. wie bei der bakteriellen Gärung aus Milchsäure stammen, deren Herkunft dann noch weiter zu erörtern wäre, oder . aus den höheren Fettsäuren der Leberfette, und weiterhin 3. muls ihre direkteiAbstammung aus Eiweils oder doch stick- [S0) stoffhaltigen Komplexen in Betracht gezogen werden., *”) Wenn ich auch die Möglichkeit eines bakteriellen Ursprungs des Wasserstoffs und Schwefelwasserstoffs m Erwägung gezogen habe, so will ich doch betonen, dafs überall, wo man bisher solche Produkte auf Mikro- organismen beziehen zu müssen Ursache &ehabt hat, [der Nachweis solcher mit [den heutigen Methoden auch stets gelungen ist. ‘Die |Wahrschein- lichkeit, dafs hier im Tierkörper und 'serade nur in der Leber oder hier in überwiegendem Malse geoenüber anderen Organen Mikroorganismen regelmälsie auftreten sollten, die unseren Untersuchunesmethoden unzu- gänglich sein sollen, ist nicht gerade sehr grols. 280 Adolf Maenus-Levy, Aus höheren Fettsäuren, namentlich der Ölsäure, können im Reagensglas niedere Fettsäuren entstehen durch oxydativen Abbau sowohl wie durch Spaltung mit darauf folgender Oxydation; doch hat Siegert gezeigt, dals bei der Leberautolyse die Menge der höheren Fettsäuren unverändert bleibt; somit können sie das Material für die Entstehung der niederen nicht gut abgeben. — Bei der Abstammung aus stickstoffhaltigen Körpern käme für die Essig- säure das Glykokoll, für die Buttersäure eine Aminobuttersäure in Betracht. Die vermutlich in Spuren auftretende Kapronsäure aus Leuecin herzuleiten, geht allerdings, da letzteres eine verzweigte Kohlenstoff- kette besitzt, so lange nicht an, als wir nicht einfache Umlage- rungen *) solcher zu normalen Ketten im Tierkörper kennen. Bei Zusatz von Glykokoll zu autolysierter Leber hat Jacoby Ammoniakabspaltung nicht nachweisen können, so dals eine direkte fermentative Entstehung von Essigsäure aus diesem Körper unwahr- scheinlich ist. Immerhin ist wenigstens eine Überführung von fest- in lockergebundenen Stickstoff festgestellt, so dafs jene Möglich- keit, zumal bei gleichzeitiger Reduktion, nicht ganz in Abrede gestellt werden kann **). Am meisten spricht wohl gegen eine ausschlielsliche Abstammung der Essigsäure und der Butter- säure aus Eiweilskörpern, insbesondere aus Aminosäuren, der Um- stand, dafs diese letzteren Säuren, die ja bei der Eiweilsspaltung in der autolysierten Leber wohl entstehen könnten, nicht in genügend grolser Menge im Eiweilsmolekül vorhanden sind, um die bedeutenden, namentlich bei der aseptischen Autolyse ent- standenen Mengen von niederen Fettsäuren zu erklären. Wir fanden auf 100% Leber — entsprechend etwa 20% Eiweifs — bis zu 18 Milligsramm-Moleküle Essig- und Buttersäure (Hund Nr. 5 siehe Tabelle IA S. 268), das sind fast 11,0. Da bei der Autolyse gewöhnlich nur ein kleiner Teil der vorhandenen Eiweils- stoffe zerlegt wird, können die dabei entstehenden Aminosäuren — eigentlich nur das Glykokoll, denn Aminobuttersäure ist als Spaltungsprodukt noch gar nicht nachgewiesen — unmöglich die ausschlielsliche Quelle auch nur der bei antiseptischer Autolyse in so viel geringerer Menge gefundenen Fettsäuren sein. Demgegenüber läfst sich die Abstammung speziell der Butter- und auch der Essigsäure aus Milchsäure wahrscheinlich machen, *) D. h. ohne Spaltung und darauffolgende Synthese. ei ) Das gilt wahrscheinlich für die Entstehung der Bernsteinsäure. en Uber die Säurebildung bei der Autolyse der Leber. 28] durch den Nachweis derjenigen Produkte, die auch die bakterielle Buttersäuregärung begleiten, des Wasserstoffs und der Kohlensäure. Wohl kann, wie Jeanneret!P) und Nencki!!) gezeigt haben, aus Gelatine und Eiweils durch Fäulnis unter Ausschlufs der Luft Buttersäure entstehen, unter Abscheidung von OO, (und wahr- scheinlich auch Wasserstoff), doch liegen die Verhältnisse hier so ganz anders als bei unserem Versuch, dafs man von einer der- artigen Erklärung vorläufig wird absehen können, wenn die Ent- stehung der betreffenden Säuren aus Milchsäure wahrscheinlich ge- macht werden kann. Die Kohlensäure, die sich bei der Autolyse der Leber entwickelt, stammt sicher zu einem kleinen Teil, wie auch bei der sehr viel geringeren Gasentwickelung anderer Organe, aus den Karbonaten des Blutes und der Gewebe, aus denen sie durch die entstehenden Säuren in Freiheit gesetzt wird*), zum überwiegenden Teil aber aus anderer Quelle, vermutlich aus einer Gärung der Milchsäure, der auch der Wasserstoff entstammen dürfte. 2C,H,0, = C,H,0, 4 2C0, # 2H, Dafs in unseren Versuchen der Wasserstoff nur einmal in der Menge gefunden wurde, wie er sich nach dieser Formel entwickeln müfste, spricht nicht gegen diese Auffassung; auch bei der bakteriellen Gärung werden die theoretischen Mengen nicht erreicht, und speziell bei der Leber könnte ein grolser Teil des entstehenden Wasserstoffes sofort zur Reduktion verschiedener Substanzen benutzt werden. Auf die Herkunft der flüchtigen Säuren aus Milchsäure weist ferner hin das entgegengesetzte Verhalten der Milchsäure und der fHüch- tigen Säuren beim Hund und beim Rind. Beim letzteren werden sehr viel Milchsäure und wenig flüchtige Säuren gebildet, das Umgekehrte findet beim Hund statt. Der sichere Nachweis freilich, dafs im Verlauf der Autolyse schon vorhandene Milchsäure schwindet und an ihre Stelle fHüchtige Säuren treten, war bisher nicht zu erbringen. — In dem gleichen Sinne darf auch der geringe Umfang der Gasentwickelung in den meisten anderen Organen, die eben auch nur wenig flüchtige Säuren bilden, zur Stütze unserer Auffassung herangezogen werden. Die Entstehung flüchtiger Säuren bei der Autolyse ist keines- wegs auf die Leber beschränkt. Ich fand sie bei der zumeist anti- septisch ausgeführten Autolyse aller von mir daraufhin untersuchten Organe (übrigens auch im Fleischextrakt Liebig) und zwar in folgenden Mengen auf je 100% frisches Organ: *) Zu einem ganz kleinen Bruchteil vielleicht auch aus einer direkten Abspaltung aus Amino- und Diaminosäuren, analog dem Befunde von Emerson. 389 Adolf Magnus- Levy, Tabelle II. a. b. | Nicht ne en tlüchtige Be b Organe | der Säuren = Auto- ar ccm a Autolyse iyse | Normal Sesmel Na0H Na0H Milz (Hund). . . . . || antisept. 4Mon.| 32 >11 | >0,34 | ES (Rind) ee | * Den 78 ı 40 0,74 Lymphdrüsen (Rind). | = A 163 1,2 0,92 || Thymus (Rind) .. . h Den 3,0 1,6. | .0,53 Lunge (Kalb)... . R A 0 1743 18201002 1.0.45 Niere (Hund) 22.22. = GR 2,6 10 || 0,38| Speicheldrüsen (Rind) en A 23,672 3:90. 1,220972| Hoden (Stier) 2.0: 5 een OR wo Eierstock (Rind) . . u Aa 0,821 027 20>5)| Pankreas (Hund) .. ou 1,4217.20:8220220:57 | Muskeln (Pferd) . . . e Du ul 3,9 0,29 | 38 mg Bernsteinsäure um a > a 0,9 0,19 a 5 asept. 2 Te.| 40 0,7 0,17 | reichlich > Herzmuskel (Hund) . 5 OD >> 1,1 || <0,24 ei 5 ® (Kalb) . || antisept. 5Mon. 5,6 06 | 011 3 5 Fleischextrakt Liebig — — 0505 5,5 107 mg > 3 berech- net auf Muskel*) . — — 4,3 0,18 | 0,04 | 36 „ Res Gleichzeitig werden nicht flüchtige Säuren gebildet, unter denen ich Milchsäure stets und Bernsteinsäure läufg habe kon- statieren können. Mit Ausnahme der Milz und der Muskeln sind die Zahlen für flüchtige Säuren ziemlich niedrig, und sie bleiben auch bei diesen zwei Organen weit hinter denen der Hundeleber zurück. Unter den flüchtigen Säuren jener Organe konnte ich Ameisen- säure in jedem einzelnen Falle sicher nachweisen, Essig- und Butter- säure ebenfalls, wo ich über genügende Substanz verfügte. Ob die Hüchtigen Säuren auch in diesen Organen, wenigstens teil- weise, aus Milchsäure entstammen, kann ich vorläufig nicht sagen; ob auch hier Wasserstoff entsteht, habe ich nicht untersuchen können. Ich weise nur darauf hin, dafs auch bei der Selbstverdauung des Pan- kreas nach Klug 2) Wasserstoff entstehen soll. Die Herkunft der Ameisensäure lälst sich heute noch nicht mit Sicherheit diskutieren; ich will, ohne andere Erklärungen aus- *) 1e Extrakt = etwa 30e Fleisch. Das Fleisch wird nicht sofort nach der Schlachtung verarbeitet, doch sind umfangreichere bakterielle Wir- kungen wahrscheinlich nicht vorhanden. u - a eng Fee Über die Säurebildune bei der Autolyse der Leber. 283 zuschliefsen, nur auf eine Möglichkeit hinweisen, nämlich dafs sie bei der fermentativen Spaltung der Milchsäure entsteht statt der gewöhnlichen Produkte, des Wasserstoffs und der Kohlensäure. Bei Behandlung von Traubenzucker mit viel Kalkmilch bei 37° konnte ich nach vier Wochen neben viel Milchsäure reichlich flüch- tige Säuren, darunter auch Ameisensäure, nachweisen. Das Auf- treten eines solchen nicht völlig verbrannten organischen Körpers mit nur einem Kohlenstoffatom ist jedenfalls wichtig, unter anderem auch im Hinblick auf die bekannten Methylsynthesen, bei denen der Organismus ja auch eine Substanz mit einem Kohlenstoffatom zur Verfüsung stellt. B. Die Abstammung der Milchsäure. Die Herkunft der Milchsäure, die, in vielen frischen Organen vorgebildet, bei Durchblutungsversuchen häufig sich vermehrt, die in der Pathologie eine grolse Rolle spielt, und der wir ja auch bei der Autolyse der meisten Organe begegnet sind, ist seit langer Zeit strittig. Als ihre Muttersubstanzen werden einerseits die Kohlehydrate, speziell der Traubenzucker, andererseits das Eiweils angesehen. Die entgegenstehenden Anschauungen hat in letzter Zeit Asher13) ausführlich erörtert; er hat sich auf Grund eigener Experimente sowie eingehender Kritik der bekannten Thatsachen für die Abstammung der Milchsäure aus Eiweils entschieden, gleich Neumeister!#), der diese Meinung mit Nachdruck vertritt. Da ich auf eine Kritik der früheren Arbeiten hier nicht eingehen kann, so verweise ich auf den genannten Aufsatz und begnüge mich hier kurz anzudeuten, dals meines Erachtens zwingende Gründe für Ashers Meinung nicht vorliegen. Gegen seine eigenen Experimente, denen zufolge die Organe dargebotenen Traubenzucker nicht zu Milchsäure verarbeitet hätten, ist einzuwenden, dals nach einem allgemeinen Gesetz die Produkte eines Organes nicht aus- schliefslich von dem angebotenen Material abhängen, sondern vor allem von dem Zustand der Organe selber. Als stärkste Stütze für ihre Anschauung von der proteinogenen Abstammung der Milchsäure gelten Neumeister und Asher die Versuche Minkowskis an entleberten Gänsen, in deren Harn milchsaures Ammon in grolsen Mengen auftritt. Gegenüber ihren Schlüssen verweise ich auf die Arbeit von Lang!’), der Minkowskis Re. sultate anders und meiner Meinung nach richtiger deutet: die grofse Menge Milchsäure im Harn der entleberten Gänse steht nicht um deswillen mit dem reichlichen Ammoniak in quantitativer 384 Adolf Magnus-Levy, co, weil der reichliche Eiweilszerfall beide (äquimolekularer) Beziehung, Körper in äquimolekularer (!) Menge hervorgehen läfst, sondern aus folgendem Grunde: Das Ammoniak kann hier nicht mehr als Harnsäure aus- geschieden werden, wirkt somit wie ein fixes Alkali und zieht zu seiner Absättigung Milchsäure heran; ganz ähnlich wie bei schwerem Diabetes zugeführtes Natriumkarbonat sich so lange mit Oxy- buttersäure sättigt, als der Körper solche noch hersiebt *). Ich gehe über zu meinen eigenen Resultaten: Wenn die Zunahme der Milchsäure bei der Autolyse genau parallel ginge mit einer Abnahme der Kohlehydrate, so wäre ihre Herkunft aus letzteren wo nicht sicher, so doch überaus wahr- scheinlich. Eine Abnahme der „bestimmbaren Kohlehydrate* (der Summe der Glykose und des auf Traubenzucker umgerechneten Glykogens) beim Liegenlassen der Leber ist mehrfach beobachtet, freilich meist ohne Rücksichtnahme auf die gleichzeitig entstehen- den Säuren. Nur Morishima falste beide Vorgänge ins Auge, Er fand die Abnahme des Zuckers gröfser als die Zunahme der Milchsäure und erklärte es für wahrscheinlich, dafs wenigstens die Gärungsmilchsäure von Kohlehydraten abstamme. Ich selber erhielt folgende Resultate; die erste hier folgende Tabelle bedarf keiner Erläuterung: Tabelle III. Nicht |Flüch-|Glyko-| Zuk- |Glyko-| Zuk- |Glykogen und| N > ES *) Die „Acidosis“ bei der entleberten Gans, ich will das hier nur an- deuten, ist nach dieser Anschauung doch nicht ebenso aufzufassen wie die Acidosis des Diabetikers; beim letzteren ist die Säure das primäre Dauer |flücht. tige | gen | ker | gen | ker | Zucker als | E 5 der || Säu- | Säu- | Zucker ber. | 3% Auto-|) ren ren vor der nach der ar nach 25 lyse | ccm | cem Autolyse Autolyse || jer Autolyse en Norm.|Norm. | Tage |NAOH| NaOH) Proz. | Proz. | Proz. | Proz. || Proz. | Proz. || Proz aHundl) 1 86 | 011/125 |-0o )=03| 137|<03| 11 b | 2,8 |>15,0) 4,47 | 0,74 | 2,14 | 0,75 | 5,70 | 2,97 | 2,72 C ae! 1,66 12,1 2,98 | 1,07 | 0,07 | 2,22 || 4,38 | 2,30 || 2,08 d oa 2,22| 8,9 || 1,10) 0,68.| 0 0 1,50| 0 1,50 e no 2,7 \18,9 5 s >08 el „1 2 | i,9 130 | 033/059) 0 | 0 0,96) 0 || 0,96] | noridein £ |" ,.24| 2 | 2250.00, [0,05 10.2120 10.051 207 0031 220 e | Rind 3 1916,027258217.0,912172.022.0,722 550221 73,02 21727221523 eg 9719,17 | 48 ” ” 0,4 10,8 25, ml 7o 281222 16,42 75,32 5 H ? ? „alle 1,60 Schwein 2 14,5 | 5,5 | 2,5 0,7 0,34 |34 | 3,5 |3,8 |—0,3 Über die Säurebildung bei der Autolyse der Leber. 285 In der nächsten Tabelle habe ich sowohl die nicht flüchtigen wie auch die flüchtigen Säuren auf Milchsäure, aus der sie ja nach meiner Meinung entstehen, umgerechnet. Ich bin dabei, um die Rechnung durchführen zu können, von der Voraussetzung aus- gegangen, dafs die letzteren zu gleichen molekularen Mengen aus Essig- und Buttersäure bestehen; ich habe ferner angenommen, dafs ein Molekül Essigsäure aus einem Molekül Milchsäure her- vorgeht, hingegen ein Molekül Buttersäure aus zwei Molekülen Milchsäure *). Die Tabelle zeigt demgemäls die in 100 & Leber verschwundene Zuckermenge in Gramm und die Summe der noch als solche vorhandenen oder bereits veränderten Milchsäure gleich- falls in Gramm. Tabelle IV. a | b | Nicht flüch- | Flüchtige a Verschwun- tige Fi ae auf | Gesamt- denen B ilchsäure en Denn : um Berechnet mu ur Auuelaas | g 8 8 8 a = a 0,78 (2) jun b 0,5 >1,9 > 2,15: 2,72 e 0,15 1,63 1,78 9,08 di | 0,20 1,19 1,39 1,80 d2 0,24 2,93 2,77 1,80 e 0,17 1,60 177 096 | f 0,2 0,67 0,87 0,05 | g 1,42 0,33 1,8 1,25 1,70 0,64 2,3 1,75 1,46 0,71 2,2 1,60 ein) 1,30 0,74 2,0 8 Produkt, bei der entleberten Gans dagegen anscheinend das Ammoniak. Weil diese primären Produkte unter jenen pathologischen Verhältnissen nicht auf dem normalen Wege weggeschafft werden können, müssen sie zu ihrer Absättigung sekundäre Produkte heranziehen: Ammoniak beim Diabetiker, Milchsäure bei der Gans. *) Etwa nach folgender Formel, die nur das Verhältnis der Säuren zum Ausdruck bringen, über den thatsächlichen chemischen Verlauf nichts be- sagen soll: 3C,H,0, + O0 = C,H,0, + C,H,0, + 3C0, + 3H,.. 2 cem Normalnatronlauge flücht. Säuren —= 3 cem Normal-Milchsäure — 0,270 & Milchsäure. lccm Normalnatronlauge flücht. Säuren = 1, cem Normal-Milchsäure = 0,135 Milchsäure. l cem Normalnatronlauge nicht flücht. Säuren = lcem Normal-Milch- säure —= 0,090 & Milchsäure. 286 Adolf Maenus-Levy, Die Menge der so berechneten Milchsäure ist freilich etwas zu hoch, da unter den flüchtigen Säuren sich ja auch (zweiwertige) Bernsteinsäure in nicht unbeträchtlicher Menge findet, und ein Teil der Milchsäure, etwa 0,1 g, bereits in der frischen Leber vorhanden ist (Morishima und eigene Versuche). Ziehen wir fernerhin die Schwierigkeiten der Glykogen- und Zuckerbestimmung in Betracht, so brauchen wir kein zu grolses Gewicht zu legen auf Versuche, in denen sich eine mälsige Differenz zwischen dem verschwundenen Zucker und der berechneten Gesamt-Milchsäure findet. Unsere Versuche a, b, c, d und g lassen sich sämtlich mit der Annahme vereinen, dafs die Milchsäure aus verschwundenem, vorgebildetem Zucker gebildet sei. Das geht jedoch nicht an für den Versuch h (beim Schwein), bei dem ohne Abnahme der Kohlen- hydrate ziemlich viel Milchsäure gebildet wurde, und ebenso wenig für die Versuche e und f am Hund, bei denen durch Phloridzin und Muskelarbeit oder Phloridzin und Hunger die Leber kohlen- hydratarm oder -frei gemacht worden war. Hier läfst sich die Milchsäure nicht aus vorgebildetem Kohlenhydrat herleiten. Den- noch darf man den Schlufs, dafs die Milchsäure hier aus Eiweils stamme, nicht ziehen, wenigstens nicht in dem Sinne, dafs sie daraus durch einen relativ einfachen chemischen Pro- ze[ls hervorgehe. Glykogen und Traubenzucker sind ja nicht die einzigen Kohlen- hydrate in der Leber. Schon v. Mering und Musculus !#) fanden in ihr Maltose; Seegen !’) hat in den letzten Jahren die Anwesenheit noch unbekannter Zuckerarten oder Zuckerquellen mit grofsem Nach- druck vertreten und seine Meinung, trotz mancher Einwände, die man gegen seine Methoden und viele Einzelheiten seiner Versuche er- heben kann, ziemlich wahrscheinlich machen können. Auch Pflü- ger und seine Schüler stehen auf einem ähnlichen Standpunkte 15). Der Organismus ist imstande, Zucker zu bilden aus „Eiweils“ oder noch unbekannten Atomkomplexen. Gerade beim Phloridzintier, das dauernd Glykose aus anderen Quellen als Glykogen und Leberzucker neu bildet, ist die Ent- stehung dieses Zuckers wenigstens zum Teil wahrscheinlich in die Leber selbst zu verlegen; das Auftreten von Milchsäure wäre hier als Folge eines Zerfalles der neugebildeten Kohlehydrate zu deuten. Und auch dort, wo Phloridzin nicht in Frage kommt, glaube ich mich, trotz gleichzeitiger Säurebildung, von einer Zu- nahme des „bestimmbaren Gesamtzuckers* unter gewissen Um- ständen überzeugt zu haben. ce FREE Über die Säurebildung bei der Autolyse der Leber. 287 Dafs diese noch unbekannten zuckerbildenden Komplexe mit dem Eiweils in Beziehung stehen, ist wohl anzunehmen, es ist möglich, dals sie vordem einmal in lockerer oder festerer Ver- kettung Bestandteile des Eiweilsmoleküls gewesen sind [in Form von glykosidartigen Additionsprodukten oder auch in anderer Form *). Wenn wir nun auch bei Deutung unserer Resultate auf neugebildete Kohlehydrate zurückgreifen müssen, die even- tuell vorher Bestandteile des Eiweilses gewesen sind, so geben wir damit im engeren Sinne eine Abstammung der Milch- säure aus Eiweils noch nicht zu. Denn eine exakte Fragestellung kann heute nicht mehr lauten: Sind die Kohlenstoffatome der Milchsäure überhaupt zu irgend einer Zeit am Eiweilsmolekül an- oder eingelagert gewesen?, sondern vielmehr nur so: Ist die drei- gliedrige C-Kette der Milchsäure einmal direkt, mit Stickstoff verbunden, Bestandteil der Proteinsubstanzen gewesen? Ist sie bei der Bildung der Milchsäure aus einem N-haltigen Körper mit drei oder mehr Kohlenstoffatomen abgespalten worden, stammt sie aus Alanin, Aminobutter- oder Valeriansäure, aus Leuein, Cystin, aus Diaminosäurekomplexen u. s. w. oder ist sie nicht viel- mehr stets das Produkt der Spaltung eines Zucker- (oder eines Chitosamin-)Moleküls, welches (entweder aus der Nahrung schon als solches aufgenommen war oder aber erst) aus der Ver- bindung mit stickstoffhaltigen Komplexen abgespalten wurde? Im weiteren Sinne, bei der Frage nach den Quellen des Zuckers (und auch des Fettes) im Gesamtstoffwechsel mag diese Unterscheidung gleichgültig, ja unzweckmälsig sein; für ein Weiter- kommen in den Fragen des speciellen Stoffwechsels, der inter- mediären Vorgänge, und gerade in der unserigen ist sie uner- läfslich. Für die Beziehungen der Milchsäure zum Eiweils kämen fol- gende Erwägungen in Betracht: Wir kennen bisher bei der fermentativen Spaltung der Eiweils- körper fast ausschlielslich nur hydrolytische Spaltungen; vielfach wird angenommen, dafs die Spaltungsprodukte mit ihren Kohlen- stoffketten als Bausteine in dem grofsen Eiweilsmolekül vor- gebildet sind. Erst in neuerer Zeit hat man bei der Pankreas- verdauung auch einen Abbau höherer zu niederen Kohlenstoffketten *) Es ist auch selbstverständlich, dafs, wenn man eine Synthese von Zucker aus niederen Kohlenstoffketten in Betracht zieht, diese nur unter näherer Beziehung zum Protoplasma gedacht werden kann. 288 Adolf Magenus-Levy, kennen gelernt [Oxyphenyläthylamin aus Tyrosin *), Emerson 2°) ] doch beschränkt sich dieser Abbau auf einmalige Abspaltung von Kohlensäure, wobei nicht niedere Säuren, sondern Amine entstehen. Eine weitergehende Abspaltung durch oxydativen Ab- bau, bei der etwa Säuren aus höheren N-haltigen Kohlenstoff- verbindungen entstehen, kennen wir bei derartigen Prozessen noch nicht. Somit dürfen wir nach dem heutigen Stande unserer Kenntnisse nur fragen: „Welche Bestandteile mit drei Kohlen- stoffatomen sind im Eiweilsmolekül vorgebildet, die nach ihrem Bau in Milchsäure übergehen können?“ Von solchen kennen wir bisher nur das Cystin und das Alanin, letzteres vielleicht als solches, und sicher in Verbindung mit einem aromatischen Kern (als Ty- rosin und Phenylamidopropionsäure). Wie grofs die Menge des Alanins im Eiweils ist, lälst sich. heute nicht beurteilen, es ist aber nach allem, was wir wissen, die Menge des als solches ab- gespaltenen sehr klein, und andererseits ist es ganz unwahrscheinlich, dals das Alanin des Tyrosins etwa von seinem aromatischen Kern abgespalten werden sollte; und auch das Oystin, das man früher als Muttersubstanz der Milchsäure hätte in Anspruch nehmen können, darf man nicht heranziehen. Denn bei dem geringen Gehalt der echten Eiweilskörper an Cystingruppen, wie er sich aus dem Schwefelgehalt ergiebt, würde das gesamte in maximo vorhandene Cystin nicht ausreichen, um die entstehende Milchsäure zu decken, geschweige denn jenes Cystin, das dem bei der Autolyse zerfallenden Eiweilsanteil entspricht. Andere im Eiweilsmolekül vorgebildete Quellen für die Milchsäure kennen wir bisher nicht, und sollte man solche weiterhin noch finden oder andere Möglichkeiten in Betracht ziehen als die hier an- geführten, und daraufhin das Eiweils wiederum als Quelle der Milchsäure ansehen wollen, so mülste man doch jedenfalls im Auge behalten, dafs die Milchsäure in unseren Versuchen in auffallend grofsen Mengen aufgetreten ist. In dem Versuche mit aseptischer Rindsleber fanden wir in 100 & 19 ccm Normal- Milchsäure (neben flüchtigen Säuren), das wären 1,7g. Da in 100 & gelykogen- und fettreicher Leber jedenfalls nicht mehr *) Dals auch Cadaverin aus Lysin bei der Pankreasverdauung durch CO,-Abspaltung entsteht, kann man aus Werigos'’) Befund im Hinblick auf Ellingers Untersuchungen und die neuere Arbeit von Emerson schlielsen; Cadaverin ist übrigens bei der Pankreasverdauung im Hof- meisterschen Institut in grölserer Menge neuerdings wieder gefunden worden. Über die Säurebildung bei der Autolyse der Leber. 289 als 20 &g Eiweils vorhanden sind, so mülsten fast 9 Proz. des (gesamten!) Eiweilses in Milchsäure übergegangen sein, das wären von seinem Kohlenstoff etwa 7 Proz. Das ist eine Quan- tität, die wohl auf Kosten der präformierten Kohlehydrate, aber nicht auf Kosten von Eiweifs entstanden sein kann. Nach dem Gesagten darf man in jenen Fällen, wo reichlich Kohlehydrat vorliegt, auf eine Umwandlung dieses zu Milchsäure schlielsen; aus welchem Anteil diese Säure entsteht, wenn vor- gebildete Kohlenhydrate fehlen, so beim Phloridzintier, kann blofs vermutet werden. Man kann in erster Reihe an neu gebildete Kohlehydrate denken, dann an die Chitosamingruppe, vielleicht an eine Alaningruppe des Eiweilses, selbst eine Synthese wäre nicht ausgeschlossen. Die Bildung der flüchtigen Fettsäuren liefse sich am einfachsten durch eine von Leberfermenten eingeleitete Ver- gärung von milchsaurem Salz unter Bildung von H, und CO, er- klären. Freilich verlangt diese letztere Ansicht noch die Bei- bringung weiterer Stützen. C. Die anderen Produkte der Autolyse. Bernsteinsäure, Schwefelwasserstoff. Bernsteinsäure. Sie wird bei der Hefeeärung vielfach als ein Produkt der Traubenzuckerzersetzung angesehen. Andererseits weils man, dals bei zahlreichen Fäulnis- und Gärungsprozessen Asparagin und Asparaginsäure durch Reduktion in Bernsteinsäure übergehen; das Gleiche geschieht, wenn man Asparagin an Säuge- tiere verfüttert*) [Hilger, Rudzki22°®)|, es erscheint dann Bern- steinsäure im Harn. Dafs sie bei der Leberautolyse aus Amin- substanzen gebildet wird, halte ich für wahrscheinlich; ich habe asparaginsaures Natron dem lebenden Hund in die Blutbahn in- jiziert und es in der fünf Minuten nach der Injektion entnommenen, sofort in der üblichen Weise abgetöteten Leber nicht mehr (in nachweisbarer Menge) gefunden; statt ihrer fand sich Bernstein- säure in beträchtlicher Menge. Die Untersuchungen über ihren Ursprung in der Leber u. s. w. führe ich zur Zeit fort. Schwefelwasserstoff. Er stammt wohl aus der Cystein- *) Ich habe freilich aus den Citaten und Referaten nicht entnehmen können, ob Asparagin auch mit Umgehung des Darmes eingebracht worden ist, womit erst der Nachweis erbracht wäre, dafs nicht die Bakterien, sondern der Organismus selbst diese Reduktion vollzieht; doch glaube ich nach meinem auf dieser Seite angeführten Versuch an das letztere. Beitr. z. chem. Physiologie. II. 19 290: - — Adolf Magnus-Levy, gruppe ‚des Eiweilses her, dessen „bleischwärzender Schwefel“ unter dem Einflufs der H,-Entwickelung als H,S austritt; eine Reduktion von oxydiertem Schwefel (analog der Wirkung mancher Bakterien) anzunehmen, liegt zunächst keine Veranlassung vor. 3. Ergebnisse und Schlüsse. Unter den von mir nachgewiesenen und genauer beschriebenen Produkten der Autolyse findet sich kaum eines, das nicht schon früher einmal bei der chemischen Untersuchung der Leber ge- funden worden wäre. Neu aber ist der sichere Nachweis, dals diese Körper thatsächlich Produkte der Leber und nicht des Bak- terienstoffwechsels sind, neu im Gegensatz zu den früheren Autoren, die zwischen jenen beiden Wirkungen noch nicht unterschieden, und zu jenen, die diese Substanzen nicht der Leberfermentation, sondern den Umsetzungen von Bakterien zuschrieben. So dürften denn, um so mehr als die bisherigen Berichte über die chemischen Befunde meist zusammenhanglos und ohne geeignete Verknüpfung in der Litteratur verstreut sind, die Ergebnisse meiner Arbeit einige neue Gesichtspunkte eröffnen. Als wesentliche Ergebnisse führe ich an: 1. Bei der Autolyse der Leber von Säugetieren und Vögeln (wahrscheinlich auch in anderen Organen und bei anderen Tier- klassen) finden chemische Umsetzungen nach Art von Gärungen statt, bei denen gebildet werden: Milchsäure, Essig- säure, Buttersäure, Bernsteinsäure, Kohlensäure, wahrscheinlich auch Wasserstoff und Schwefelwasserstoff. Mehrere dieser Stoffe hat man bisher nur als Produkte des Stoffwechsels der Bakterien angesehen. Der schroffe Gegensatz, den man früher meist, und in manchen Punkten noch jetzt zwischen der Lebensthätiekeit und den Stoff- wechselprodukten der Bakterien, insbesondere denen der Fäulnis und denen der höheren Lebewesen angenommen hat, verliert da- durch neuerlich an Schärfe. 2. Die Bildung der Bernsteinsäure und der Buttersäure ist — das ist durch die antiseptische Autolyse zum mindesten für die Leber bewiesen — nicht an die lebende unversehrte Zelle gebunden, sondern der Wirkung von Fermenten zuzu- schreiben. Allem Anschein nach entsteht die Milchsäure in der xegel aus vorhandenen Kohlehydraten und die Buttersäure aus Milchsäure. Bestätigt sich diese letztere Annahme, so wäre damit zum erstenmal eine Andeutung gewonnen, dals auch Fermente a Über die Säurebildung bei der Autolyse der Leber. 391 imstande sind, eine echte Kohlenstoffsynthese zu voll- ziehen, unabhängig von der Thätigkeit der lebenden Zelle, des Protoplasmas. Ä 3. Die autodigerierte Leber übt eine kräftige Re- duktion aus. Wenn die Bildung von Wasserstoff auch durch Versuche an antiseptisch autolysierter Leber bestätigt wird, so liegt hier ein Mittel vor, dessen sich der Organismus zu seinen Re- duktionen bedienen kann, wie das Liebig?) und Pflüger®°) längst vermutet haben, und in anderem Sinne auch Hoppe-Seyler?7) be- tont hat. Auch die — vermutlich aus gleicher Quelle stammende — Ameisensäure spielt in dieser Hinsicht wohl eine um so wichtigere Rolle, als sie bei der Autolyse aller Organe entsteht. Nach Darlegung dieser für die allgemeine Biologie wichtigen Gesichtspunkte will ich nur noch auf eine Reihe von besonderen Beziehungen hinweisen, die diese autolytischen Vor- gänge mit verschiedenen physiologischen und pathologischen Er- scheinungen verknüpfen. Vor allem ist die Frage zu erörtern, ob man berechtigt ist, aus den postmortal sich abspielenden Vorgängen auf analoge im Leben stattfindende Umsetzungen zu schlielsen. In dieser Richtung kann gegen die Resultate der Autolyse, in noch höherem Mafse als gegen die Ergebnisse der Durch- blutung von Organen der Einwand erhoben werden, dafs die Prozesse anders verlaufen als im Leben. In der That liegen viel- fache Unterschiede vor. Statt dals wie dort stets neue Moleküle zugeführt, verbrauchte entfernt werden, findet hier ein vollständiges Stagnieren statt. Die räumliche Trennung der chemischen Pro- zesse, die in der lebenden Zelle durchgeführt ist, ist nach Ablauf einiger Zeit bei der aseptischen wie bei der antiseptischen Auto- lyse ganz aufgehoben. Vor allem findet die Autolyse unter fast vollständigem Abschlu[s von Sauerstoff, jedenfalls ohne Neu- zufuhr von solchem statt. Es liegen Prozesse vor, die man mit der Ausdrucksweise der Bakteriologen als „anaerobe“ bezeichnen kann. Das kann man jedenfalls sagen, dafs auch im sonst intak- ten Organismus absterbende Zellen, wenn ihnen zugleich die Sauerstoffzufuhr abgeschnitten ist, notwendig dieselben Umsetzungen durchmachen müssen wie die Organteile in unseren aseptischen Autolyseversuchen; die äufseren und inneren Bedingungen sind in beiden Fällen nahezu gleich. Freilich ein schlagender Beweis ist nicht immer leicht zu erbringen. Hier und da kommt die Patho- logie zu Hülfe, die ja zwar von der Norm abweichende, aber doch 193 393 Adolf Magnus-Levy, nur graduell verschiedene Verhältnisse schafft, Verhältnisse, die also jedenfalls im Bereich des Lebens vorkommen können. So hat z. B. Jacoby gezeigt, dafs die Phosphorvergiftung Verände- rungen im Körper |herbeiführt, die denen bei der .autolytischen Eiweifszersetzung ähnlich sind, dafs sie !die postmortale Autolyse fördert, sie also anscheinend im Leben vorbereitet. Ähnliches gilt für die uns beschäftigende Frage, ob die von uns gefundenen Körper im Lebensprozels selber auftreten. Wir besprechen hier nur das Auftreten der Milchsäure und der flüchtigen Säuren. Das Vorkommen fertig gebildeter Milchsäure in lebens- frischen Körperteilen steht aufser Zweifel, ebenso ihre Zunahme bei der Durchblutung isolierter Organe. Sie entsteht also auch da, wo reichlich Sauerstoff zur Verfügung steht, und somit brauchen wir keinen prinzipiellen Gegensatz zu sehen zwischen den Vorgängen im Leben, die bei Anwesenheit von Sauer- stoff zu ihrer Entstehung führen, und den anaeroben Verhält- nissen bei der Autolyse. Auch im Leben wird bei Schädigungen, die die Leber besonders stark treffen (Phosphorvergiftung, akute Leberatrophie), viel Milchsäure gebildet; da sie hier unverbrannt in den Harn übertritt, so können wir sie hier nachweisen, was uns sonst meist nicht gelingt. Es ist ziemlich wahrscheinlich, dafs die Milchsäure als Durchgangspunkt für die verschiedensten Prozesse im lebenden Organismus eine grolse Rolle spielt. — Ein Unterschied besteht allerdings, auf den auch frühere Forscher hingewiesen haben: Die in lebensfrischen Organen gefundene Säure ist fast stets Paramilchsäure, die bei.der Autolyse gebildete zum grolsen Teil Gärungsmilchsäure. Eine stets zu beobachtende Eigenschaft des autolysierten Leberbreies ist sein starkes Reduktionsvermögen. (In ge- wissem Malse kommt es wohl auch anderen Organen zu.) Das besagt, dals die bei der Spaltung entstandenen Produkte wenig- stens zum Teil sehr leicht oxydable Körper sind. Das Verhalten der autodigerierten Organe entspricht in diesem Punkte durchaus den Erfahrungen Ehrlichs über das Sauerstoffbedürfnis der leben- den Gewebe. Die von uns studierten chemischen Umsetzungen reichen nicht aus, die Gesamtheit jener Oxydations- und Reduk- tionsprozesse zu erklären, geben aber doch einige Handhaben zu derem Verständnis. Bei dem Übergang der Milchsäure in Butter- säure finden eingreifende Umlagerungen statt: Die Spaltungspro- dukte sind ungleich; ein Teil der Kohlenstoffatome des ursprüng- Über die Säurebildung bei der Autolyse der Leber. 293 lichen Moleküles ist in vollständig oxydiertem Zustand ausgetreten (CO,), die anderen haben unter gleichzeitiger Synthese eine starke Reduktion erfahren (Buttersäure). Und aufserdem ist es zu Austritt von Wasserstoff gekommen, der seinerseits wieder in statu nascendi zu weiteren Reduktionen Anlafs geben kann. Redu- zierende Prozesse kommen aber auch im lebenden Organismus in grolsem Umfang vor, und zwar trotz Anwesenheit von Sauerstoff. Anorganische Sauerstoffverbindungen werden reduziert (Silber- und Tellursalze). Ich erinnere an die Reduktion des Metanitrobenz- aldehyds zu einem Amidokörper [Cohn ?!)], die Entstehung von Bernsteinsäure aus eingeführtem Asparagin [Hilger, Rudzki22%)], an die Reduktion von Aldehyden (Chloralhydrat) und von Farb- stoffen (Indigo und Methylenblau). Orthonitrophenylpropionsäure wird auch bei subkutaner Einspritzung von Kaninchen zu Indoxyl reduziert [G. Hoppe-Seyler?2P)|. ‘Ein analoger, dem unseren noch näher stehender. Fall liegt in der Beobachtung von Wein- land 22°) vor, demzufolge Askariden aus Kohlehydraten Valerian- säure und CO, bilden. Die Bildung von Buttersäure in en Leber aber Beh nament- lich eine direkte Beziehung erkennen zu dem weitaus wich- tigsten Reduktionsvorgang, der im Tierkörper abläuft, zu der Entstehung von Fett aus Kohlehydraten. In welchem Umfang diese stattfindet, läfst sich an einem — allerdings dem extremsten — Beispiel zeigen, an einem Versuch von Meifsl 2°) am Schwein. Hier entstanden bei einem Tier von 70 kg pro Tag mindestens 363g Fett aus Kohlehydraten, wozu mindestens 885 g Stärke oder 982g Traubenzucker notwendig sind. (Es wurden in der Stunde also etwa 41% Glykose zu Fetten reduziert.) Kommen solche kolossalen Reduktionen im lebenden Organismus vor, so dürfen wir nicht "zweifeln, dafs die von uns bei der Autolyse gefundenen Prozesse ihr Analogon im Leben haben. Vielleicht bezeichnen, wie das Hoppe-Seyler schon vor langem angenommen hat, meine Befunde, zu denen ich auch die von Weinland stellen möchte, den Weg, den der Zucker bei seiner Umwandlung in Fett im Organismus einschlägt. Die beobachteten Erscheinungen können auch für die Der tung mancher pathologischer Erscheinungen Verwendung finden. 1. Das Auftreten der Milchsäure bei der akuten Leber- atrophie und der Phosphorvergiftung wird durch die Befunde bei der Autolyse verständlicher, ihre vorwiegende, wenn auch nicht ausschlie(sliche Herkunft aus der Leber wahrscheinlich gemacht. 294 Adolf Magnus-Levy 2. Ein vermehrtes Auftreten von flüchtigen Fettsäuren im Harn ist im Fieber, bei Leberaffektionen (v. Jaksch), bei Dia- betes u. s. w. nachgewiesen. v. Jaksch bringt sie mit erhöhtem Eiweilsumsatz in Beziehung. Andererseits ist man geneigt, sie durch Bakterienthätigkeit im Darm entstehen und von da aus in den Kreislauf übergehen zu lassen. Straufs und Philippsohn >) erwogen die Möglichkeit, ob nicht ein Teil der aus dem Darm in den Kreislauf übertretenden Säuren im Organismus, und zwar in der Leber, zerstört würde. Man wird von jetzt an auch ihre Ent- stehung im Organismus selbst, vorwiegend in der Leber, in Be- tracht zu ziehen haben, wobei allerdings nicht notwendig mit v. Jaksch das Eiweils die Muttersubstanz darzustellen braucht. 3. Auch für die Lehre von der Entstehung der Oxybutter- säure kommen unsere Untersuchungen in Betracht. Ich habe mehrfach darauf hingewiesen, dals die Oxybuttersäure vielleicht nicht durch oxydativen Abbau, sondern durch eine Synthese ent- stände 29), die analog der Buttersäurebildung, aber unter gleich- zeitiger intermediärer Oxydation verliefe. Mit dem Nachweis, dafs eine Buttersäuresynthese im Organismus möglich ist, gewinnt jene Hypothese eine gewisse Stütze, oder es ist doch zum minde- sten ein wichtiger Einwurf gegen sie entkräftet. Ohne auf diese Anschauung hier näher einzugehen, möchte ich nur einen Einwand rechtzeitig widerlegen, den man vielleicht aus meinen Resultaten gegen jene Hypothese herleiten könnte, man könnte anführen, dafs die Entstehung der Oxybuttersäure aus Fettsäure- radıkalen (jenen Radikalen, die unter anderen Umständen Buttersäure bilden) im Widerspruch stände mit der heute als sicher geltenden Lehre, dafs die Kohlehydrate nicht die Quelle der Oxybuttersäure sind, während ich doch in dieser Arbeit den Traubenzucker als die Mutter- substanz der Buttersäure und ihrer Komponenten anspreche. Ich glaube aber, wenn ich auch die Buttersäure in meinen Leber versuchen aus Traubenzucker herzuleiten Grund habe, dafs sich diese niederen Fett- säuren doch auch aus anderem Material, vielleicht aus Eiweils, namentlich aber aus Fetten bilden können, dafs gerade in der schweren Form des Diabetes mellitus Prozesse hervortreten, die sonst vielleicht nur angedeutet sind, dals hier eine successive Abspaltung von C-Ketten aus den hohen Fettsäuren unter Bedingungen, die zu einer Konden- sation führen, in aufserordentlich grofsem Maise stattfindet. Eine nähere Ausführung dieser Anschauungen gehört nicht hierher. 4. Die Entstehung des Urobilins ist bisher vorwiegend in den Darm verlegt worden. Diese Lehre geht hauptsächlich auf Friedrich Müllers zahlreiche, sorgfältige Experimentalunter- suchungen zurück, doch ist sie nicht allgemein angenommen; Über die Säurebildung bei der Autolyse der Leber. 295 speziell Quincke 3°) hat in seinem Lehrbuch auf manche klinische Form von Urobilinurie hingewiesen, für die ein „inogener“ Ur- sprung in Frage käme. Der Befund, dafs bei der Leberautolyse Urobilin in ziemlicher Menge gebildet wird (ob aus Bilirubin oder aus Blutfarbstoff ist zunächst gleichgültig), dürfte geeignet sein, die Lehre von einer inogenen Urobilinurie neben einer enterogenen wesentlich zu stützen. 5. Für weitere experimentelle Untersuchungen zu der Frage, an welchem Orte die bekannten Reduktionen im Körper stattfinden, dürfte der Nachweis, dafs die mit Buttersäure- gärung einhergehenden Reduktionen weitaus am intensivsten in der Leber verlaufen, einen wichtigen Fingerzeig abgeben. Litteratur. !) Salkowski, Zeitschr. f. klin. Medizin 17, Suppl., S. 77. ?) Jacoby, Zeitschr. f. physiol. Chemie 30, 149 ff. ®) Siegert, Beiträge zur chem. Physiol. und Pathologie 1, 114. *) Liebig, Chem. Briefe. Wohlf. Ausg. 1865, S. 286. (Der Befund lieet viel weiter zurück als 1865.) 5) Pribram, Sitzungsber. d. Wiener Akademie 78, II. Abth. 1978, vergl. auch Maly 8, 382. 6) Ekunina, Journ. f. prakt. Chemie, N. F. 21, 488 ff. 1880. 7) Morishima, Archiv f. experiment. Pathologie und Pharm. 45, 217. 72) Bechamp, Comptes rendus 75, 1830. ®) Wyssokovitsch, Du Bois Archiv 1837 Suppl., S. 91. °) Conradi, Beitr. zur chem. Physiol. und Pathologie 1, 136, vergl. S. 144. 1%) Jeanneret, Journ. f. prakt. Chemie, N. F. 15, 355 ") Nencki, Journ. f. prakt. Chemie, N. F. 17, 105 ff. ) Klug, Pflügers Archiv 70, 342. 12) Asher, Zeitschr. f. Biologie 41, 393. 1) Neumeister, Lehrbuch der physiol. Chemie, II. Aufl., S. 313 ff. >) Lang, Zeitschr. f. physiol. Chemie 32, 320. 16) v.Mering und Musculus, Zeitschr. f. physiol. Chemie 2, 403 ff. ) Seegen, Engelmanns Archiv 1900, 292. ") Nerking, Pflügers Archiv 81, S ff., vergl. S. 38. “») Werigo, B., Pflügers Archiv 51, 326. %) Emerson, R., Beiträge zur chem. Physiol. und Pathol. 1, 501. ®!) Cohn, R., Zeitschr. f. physiol. Chem. 18, 132. ”®) Hilger, cit. bei Hoppe-Seyler in Pflügers Archiv 12, 4; Rudzki s. Malys Jahresbericht 6, 37. ®b) Hoppe-Seyler, G., Zeitschr. f. physiol. Chemie 7, 407. 22c) Weinland, Zeitschr. f. Biologie 42, 55. 996 Adolf Magnus-Levy, Über die Säurebildung bei der Autolyse der Leber. 2) Meilsl, Zeitschr. f. Biologie 22, 63#., vergl. S. 139. u. 141. ») Rubner, Zeitschr. f. Biologie 22, 272#f. ») Liebig, Chem. Briefe. Wohlf. Ausg. 1865, S. 285. 6\,Pflüger, Pflügers Archiv 23, 174. ”) Hoppe-Seyler, Zeitschr. f. physiol. Chemie 2%, 111#f.; Physiol. Chemie, S. 126 ff., 983HE. >) Strauss und Philippsohn, Zeitschr. f. klin. Medizin 40, 369. 2°) Magnus-Levy, Arch. f. experim. Pathologie u. Pharmak. 42, verg]. S. 225 ff. 4 ®) Quincke u. G. Hoppe-Seyler, Die Krankheiten der Leber 1399 (in Nothnagels Handbuch). W. Hölder, verel. S. 31. Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig. Die chemische Organisation der Zelle. Ein Vortrag von Franz Hofmeister, o. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg. 8 geh. Preis 0,60 #. Leitfaden für den praktisch-chemischen Unterricht die, Medıeniner zusammengestellt von Dr. Franz Hofmeister, o. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg. s. Gebunden in Lnwd. Preis 3 Mb. Lehrbuch der anorganischen Chemie. Von Dr. H. Erdmann Professor an der Königlichen Technischen Hochschule zu Berlin. Dritte Auflage. Mit 291 Abbildungen, 99 Tabellen, einer Rechentafel und 6 farbigen Tafeln. gr. 8. Preis geb. in Leinwand 15 6, in Halbfranz 16 %#M. Chemie der Eiweisskörper. Von Dr. Otto Cohnheim, Pıivatdocent der Physiologie an der Universität Heidelberg. or. 8. Preis geb. 7 Hb. Chemische und medieinische Untersuchungen. Festschrift zur Feier des sechzigsten Geburtstages von Max Jaffe. Mit Beiträgen von M. Askanazy, P. Baumgarten, M. Bernhardt, R. Cohn, Th. Cohn, W. Eliassow, A. Ellinger, J. Frohmann, P. Hilbert, Lassar-Cohn, D. Lawrow, E. v. Leyden, W. Lindemann, W. Lossen, H. Meyer, E. Neumann, H. Nothnagel, E. Salkowski, W.Scheele, L. Schreiber, A. Seelie, 8. Stern, O. Weiss, R. Zander. Mit einer Textabbildung und sieben Tafeln. gr. 8. geh. Preis 12 #. Die Kohlenoxyd-Vergiftung in ihrer klinischen, hygienischen u. gerichtsärztlichen Bedeutung. Monographisch dargestellt von Dr. med. Willy Sachs, Mülhausen im Elsass. ‚Mit einer Spectraltafel. or. 8 gel. Preis 4 #b. Verlag von :Gustav Fischer in Jena. Soeben erschien: Das Gisen als das thätige Prinzip der Enzyme und der lebendigen Substanz. N. Scharen Ins Deutsche übersetzt von Dr. M. Rechtsamer in Odessa. Mit 15 Abbildungen. Preis: 2 Mark 50 Pf. Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig. Die Pflanzen-Alkaloide von Jul. Wilh. Brühl, Professor an der Universität Heidelberg in Gemeinschaft mit Edvard Hjelt und Ossian Aschan, Professoren an der Universität Helsingfors. Mit eingedruckten Abbildungen. gr. 8. Geb. in Lnwd. Preis 14 Mh. Untersuchungen zur Blutgerinnung. Beiträge zur Chemie und Morphologie der Coagulation des Blutes von Dr. Ernst Schwalbe, Privatdocent und I. Assistent am pathologischen Institut zu Heidelberg. gr. 8. geh. Preis 2,50 Sb. Anleitung zur Ausmittelung der Gifte und zur Erkennung der Blutflecken bei gerichtlich-chemischen Untersuchungen. Von Professor Dr. Fr. Jul. Otto. Siebente Auflage, neu bearbeitet von Dr. Robert Otto, Professor der Chemie an der Herzoglichen technischen Hochschule zu Braunschweig, Geh. Hof- und Medicinalrath. Für Chemiker, Apotheker, Medicinalbeamte und Juristen, Leit- faden in Laboratorien und bei Vorträgen. Mit eingedruckten Holzstichen und 1 farbigen Tafel. gr. 8. geh. Preis 8 M. Vorlesungen über elementare Biologie. Von T. Jeffery Parker, B. Sc., F.R.S., Professor der Biologie an der Universität zu Otago, Dunedin, Neu-Seeland. Autorisirte deutsche Ausgabe von Dr. Reinold v. Hanstein. Mit 88 eingedruckten Abbildungen. gr. 8. geh. Preis 8 M. Beiträge Chemischen Phvsiologie und Pathologie Zeitschrift für die gesamte Biochemie unter Mitwirkung von Fachgenossen herausgegeben von Franz Hofmeister o. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg II. Band 7. bis 9. Heft (Ausgegeben Juli 1902) Braunschweig Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn "1902 Inhalt des 7. bis 9. Heftes. Seite XVII A, Ellinger. Lymphagoge Wirkung und Gallenabsonderung. Ein Beitrag zur Lehre von der Lymphbildung. (Aus dem Universitäts- Laboratorium für medizinische Chemie und experi- mentelle Pharmakologie zu Königsberg i. Pr.). ....... 297 XIX. B. Slowtzoff. Über die Bindung des Kupfers durch die Leber. 307 XX. A. Steyrer. Über osmotische Analyse des Harns. (Aus der med zundschena Kälunile, In Graz) 312 XXI. M. Pfaundler. Über die durch Stauung im Ureter zu stande kommende Veränderung der Harnsekretion. (Aus der medi- Zinischen Kalınulkı u. Gra22) 336 XXI. L. Moll. Über die Antiurease. (Aus dem pharmakologischen Institut der deutschen Universität zu Prag.). » »....... 344 XXIII. F. Samuely. Über die aus Eiweils hervorgehenden Melanine. (Aus dem physiologisch-chemischen . Institut zu Strafsburg.) 355 XXIV. R. Schröder. Zur Kenntnis der Proteinsubstanzen der Hefe. (Aus dem agrikultur-chemischen Laboratorium des Polytech- NIRUMSSINS ZURTEN er. 2 ne ee ee ee 339 XXV. E., Winterstein und J. Hofmann. Zur Kenntnis der stickstoff- haltigen Bestandteile einiger Pilze. (Aus dem agrikultur-- chemischen Laboratorium des Polytechnikums in Zürich.) . . 404 XXVI D. Kurajef. Zur Kenntnis der durch Papayotin und Lab erzeugten Albumosenniederschläge (Koagulosen und Plasteine). (Aus dem physiologisch-chemischen Laboratorium der mihtär- medizinischen Akademie zu St. Petersburg) - » -».».... 411 XXVIl. E. Fuld. Über das Bordetsche Laktoserum. (Aus dem pharmakologischen Institut zu Halle a. d. 8)... ..... 425 Kürzere Mitteilungen. 2. L. Pollak. Über das Schicksal der Rhodanate im tierischen Organismus. (Aus dem pharmakologischen Institute der deutschen Universität zu Prag) 22.2222 22% ... 430 3. E. Friedmann. Über die Konstitution des Eiweilsceystins. Vorläufige Mitteilung. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut, zu, Strajsbung.) 2 a. ee 453 Preisausschreiben cr. a ee Ne N Eee 454 XVIH. Lymphagoge Wirkung und Gallenabsonderung. Ein Beitrag zur Lehre von der Lymphbildung. Von Alexander Ellinger. (Aus dem Universitäts-Laboratorium für medizinische Chemie und experimentelle Pharmakologie zu Königsberg i. Pr.) Die Auffindung der lymphtreibenden Substanzen von der Art des Peptons, des Blutegelextrakts und ähnlicher Agentien war für Heidenhain*) ein wesentlicher Grund, die Sekretions- hypothese zur Erklärung der Lymphbildung heranzuziehen. Er stellte fest, dals nach intravenöser Injektion dieser Substanzen, welche er als „erste Reihe der Lymphagoga“ zusammenfafste, die Lymphe des Brustlymphganges zunächst das Aussehen von fett- haltigem Chylus annimmt, dann durch Beimengung von Erythro- eyten rötlich gefärbt wird, dals sie ebenso wie das Blut ihre Gerinnbarkeit verliert, endlich, dafs in der quantitativen Zusammen- setzung von Blut und Lymphe konstant bestimmte Veränderungen auftreten. Der Trockengehalt der Lymphe und des Gesamt- blutes nimmt schnell zu, um dann wieder auf etwa die ursprüng- liche Höhe abzusinken, dabei bleibt der Gehalt des Blut- und Lymphserums an Salzen konstant, der Gehalt an organischen Sub- stanzen im Blutserum sinkt. Diese Thatsachen konnte Heiden- hain nur so deuten, dafs eine Flüssigkeit aus dem Blute in die Lymphe secerniert wird, welche reicher an organischen Prozenten ist als die Blutflüssigkeit, und dals somit die Lymphagoga „in den Kapillarwänden Triebkräfte auslösen oder schon vor- handene verstärken, welche die Bildung der Lymphe beschleunigen“, *) R. Heidenhain, Versuche und Fragen zur Lehre von der Lymph- bildung. Pflügers Archiv 49, 209 (1891). Beitr. z. chem. Physiologie, II. 19* 998 - Alexander Ellinger, oder „dals bei der Lymphbildung die Kapillarzellen eine sekre- torische Thätigkeit entwickeln, welche durch die Lymphagoga gesteigert wird“. Die Gegner der Sekretionshypothese, vorzüglich Starling und Oohnstein, haben auf Grund neuer Beobachtungen über die Lymphagoga andere Erklärungen ihrer Wirkung versucht. Starling*) fand, dafs nach Injektion dieser Substanzen vorzugs- weise der Lymphflufs aus der Leber vermehrt ist; denn nach Unterbindung der Lymphgefälse an der Leberpforte bleibt die Wirkung ganz aus, oder sie ist abgeschwächt. Da aber, ebenfalls nach Starlings Befunden, die Lymphe aus der Leber konzentrierter ist als diejenige aus den übrigen Quellgebieten des Ductus thoraeicus, so lassen sich aus den genannten Beobachtungen die quantitativen Veränderungen in Blut und Lymphe erklären. Unerklärt bleibt nur, warum gerade in der Leber der Lymphstrom verstärkt ist. Die Veränderungen des Kapillardruckes in der Leber sind nicht ausreichend, um eine vermehrte Filtration zu stande zu bringen. So bleibt als Grund für die Lymphvermehrung nur die Annahme übrig, dafs die Endothelien der Kapillaren, vorzugsweise in der Leber, geschädigt und die Kapillarwände infolgedessen durchlässiger werden — eine Annahme, für welche sich wohl manche Stütze*"), aber kein experimenteller Beweis hat bei- bringen lassen. Cohnstein***) sieht den Grund für die Wirkung der Lymphagoga auf den Lymphstrom vorwiegend in einer Ver- änderung der chemischen Zusammensetzung des Blutplasmas und einer hierdurch bedingten Veränderung seiner Filtrierbarkeit und seines osmotischen Druckes. Er stützt sich dabei auf die Beob- achtung zahlreicher Autoren, dafs alle Lymphagoga eine erheb- liche Auflösung weifser Blutkörperchen hervorrufen, und seinen eigenen Befund, dafs in seinem Transsudationsapparat Hundeserum, welchem Pepton oder Krebsmuskelextrakt zugesetzt ist, schneller transsudiert als normales. Da aber Cohnsteins Versuche mit *) E.H. Starling, On the mode of action of Iymphagogues. Journ. of Physiology 17, 30 (1894). *=*) W. Popoff, Zur Frage der Lymphbildung. Centralbl. für Physio- logie 9, 52 (1895). =) W. Cohnstein, Weitere Beiträge zur Lehre von der Transsudation und zur Theorie der Lymphbildune, Pflügers Archiv 59, 350 (1894), und Ödem und Hydrops in Lubarsch-Ostertags „Ergebnissen“. _ Lymphagoge Wirkung und Gallenabsonderung. 399 Pferdeserum wiederholt andere Resultate ergaben als diejenigen mit Hundeserum, so erscheint auch sein Erklärungsversuch, welcher übrigens mit aller Reserve gegeben wird, nicht ausreichend gestützt. Man darf darum wohl Asher und Barbera*) zu- stimmen, wenn sie behaupten: „Die Widerlegung dieses Teiles der Sekretionshypothese ist bis jetzt die schwächste Position . der Gegner der Sekretionshypothese gewesen.“ Asher und seine Mitarbeiter vertreten in ihren ausführlichen, an experimentellem Material reichen „Untersuchungen über die Eigenschaften und die Entstehung der Lymphe“ den Standpunkt, dafs „die Lymphe ein Produkt der Arbeit der Organe ist“, ohne über den „eigentlichen Mechanismus“ etwas Näheres auszusagen, durch welchen der “Stoffwechsel der Zellen die Bildung der Lymphe auslöst. Von diesem Standpunkte aus glauben sie auch die Wirkung der Lymphagoga dem Verständnis näher bringen zu können und die Sekretionshypothese ihrer wichtigsten Stütze zu berauben. Asher und Barbera beobachteten an einem Hunde mit permanenter Gallenfistel, welcher 3 Tage gehungert hatte, nach intravenöser Injektion von Witteschem Pepton eine bedeutende Vermehrung (bis auf das Achtfache) der aus der Fistel aus- fliefsenden Galle. Die Vermehrung hielt, solange beobachtet wurde, 1!/, Stunden nach der Injektion an. Hieraus schlielsen die Autoren, dals das Pepton eine kolossale Steigerung der Leberthätigkeit hervorruft. Der Versuch von Asher und Barbera, welcher eine für die Theorie der Lymphbildung so wichtige Frage, wie die Wirkungs- weise der Lymphagoga, definitiv entscheiden sollte, schien mir aus mehreren Gründen der Nachprüfung zu bedürfen. Einmal wurde der vermehrte Gallenfluls nur nach Einspritzung von Pepton festgestellt, und der Schluls auf die übrigen Lymphagoga schien ohne besondere Prüfung nicht gerechtfertigt. Denn für eine andere Wirkung der Lymphagoga, für die Ver- 5) tüchtiekeit der Leber notwendige Bedingung ist, damit nach hinderung der Blutgerinnung, ist bekannt, dals zwar die Funktions- Peptoninjektion die Gerinnungshemmung auftritt, dals aber z. B. die Wirkung des Blutegelextrakts auf die Blutgerinnung von dieser Bedingung unabhängig ist. *) L. Asher und A. G. barbe&ra, Untersuchungen über die Eigen- schaften und die Entstehung der Lymphe. Zeitschr. für Biologie 36, 154 (1897). 300 Alexander Ellinger, Ferner fragte es sich, ob die aus einer permanenten Gallen- fistel abfliefsende Gallenmenge wirklich ein Mafls für die während der Zeit der Beobachtung produzierte Galle abgiebt. Teimporäre Gallenfisteln erschienen mir zur Beurteilung der Gallenproduktion die geeignetere Versuchsanordnung, und Asher selbst hat auch in seiner zweiten Arbeit über Lymphbildung*) nach diesem Prinzip unter Einhaltung gewisser Kautelen experimentiert, als er den Einflufs des Cholins auf die Gallensekretion prüfte. Aber auch bei Beobachtung an der temporären Gallenfistel schien die Frage wenigstens für einige Lymphagoga durch eine Arbeit erledigt zu sein, welche Gley**) in dem Jubelbande der Societe de Biologie veröffentlicht hat. Gley fand nach Injektion von Pepton bei Hunden und Kaninchen einen erheblich vermehrten Abfluls von Galle aus einer in den Ductus choledochus in der üblichen Weise eingeführten Kanüle. Aber diese Vermehrung war von nur sehr kurzer Dauer, und ihr folgte nach einigen Minuten, beim Kaninchen schon nach einer Minute, eine erhebliche Verminderung. Gley schlofs aus seinen Versuchen, dafs die vor- übergehende Vermehrung der Gallenmenge in verstärkter Produktion durch die Leber ihren Grund habe. Auf die Gründe, welche er für seine Anschauung beibringt, werde ich nach Mitteilung meiner eigenen Versuche eingehen. Eigene Versuche. Zu den Beobachtungen dienten Hunde verschiedener Grölse, welchen nach mindestens 24stündigem Fasten in Morphium-Äther- narkose eine Glaskanüle in den Ductus choledochus eingeführt wurde. Die Galle wurde in Wägegläschen aufgefangen und mög- lichst schnell gewogen, nachdem die Gläschen mit Glasstöpseln verschlossen waren. In zahlreichen Versuchen wurde der Trocken- gehalt bestimmt, welcher über die Herkunft der Galle — Blasen- oder Lebergalle — Aufschluls geben konnte. Die Tiere wurden während der Versuchsdauer durch Einwickelung in gewärmte Tücher vor Abkühlung geschützt. — Das Blutegelextrakt wurde in der Weise dargestellt, wie Eguet***) es in seiner Dissertation *) Zeitschr. für Biologie 37, 261 (1898). **) E. Gley, Sur le mode d’action des substances anticoagulantes du groupe de la propeptone, action de ces substances sur les secretions. — Cinquantenaire de la Societe de Biologie, volume jubilaire. Paris 1899, S. 701. ’»er) Eguet, Über den Einfluls des Blutegelinfuses auf die Thromben- bildung. Inaug.-Dissert. Bern 1894. Lymphagoge Wirkung und Gallenabsonderung. 301 beschreibt; seine Wirksamkeit wurde im Versuche selbst durch Beobachtung der Gerinnungsdauer von Blutproben aus der Arteria femoralis kontrolliert und stets wirksam befunden. Alles Weitere ergiebt sich wohl aus den Versuchsprotokollen selbst. Die Ver- suche fielen alle in gleichem Sinne aus, so dafs ich mich darauf beschränken kann, diejenigen wiederzugeben, welche in ihrer An- ordnung untereinander verschieden sind. Versuch I. Injektion von Blutegelextrakt, dann Pepton. I 2 Gallen- Gallenmenge Zeit i E Bemerkungen menge in g | pro Minute 11% bis 11:° 1,05 0,035 1138 A 19908 0,5 0.017 1206 bis 1210 Injektion von Blutegel- 3 extrakt (3 Köpfe pro Kilo Hund) in die Vena femoralis. 122 „ 122 1,01 0,017 110 bis 112 Injektion v. Pepton (0,5 p. 15 45 Kilo). Die ersten Tropfen nach der 1 ” 1 1,93 0,064 Injektion gingen verloren. 7,71 0,094 Das Lymphagogon Blutegelextrakt hat keinen Einfluls auf den Gallenfluls; Pepton ruft eine starke und lange anhaltende Ver- mehrung hervor. Versuch 1. Gleiche Versuchsanordnung mit Trockenbestimmungen. ! Gallen- |Gallenmenge Trocken- Zeit ü I Ä | Bemerkungen menge in & | pro Minute gehalti.Proz. 10° bis 10" 1,47 0,10 Ve 103 1058 0.93 0.06 j 2 1100 bis 110 Injektion des ” $) R) Extrakts von 50 Blutegel- 1107 n 112 2,03 0,14 | Kopien u 100 cem r E ochsalzlosung etwa N 1°? 1,40 0,09 9,6 - Köpfe pro Kilo "Tier). 112 x 115: 1,07 0,07 | 11556 bis 11°8 41 g Pepton in 40 ccm Wasser. aus 19% 3,97 0,26 916 931 12 „ 12 0,86 0,06 91.4 Der Trockengehalt der post 1932 “ 197 1,64 0,11 ’ mortem aus Ben nommenen alle etrug 12 1" 0,51 0,02 20,2 Proz. Nach Einspritzung des Blutegelextrakts tritt eine geringe Vermehrung des Gallenflusses auf, die sich noch ungefähr im Rahmen der normalen Schwankungen hält. Der Trockengehalt der 302 Alexander Ellinger, Galle ist etwa jener der normalen. Nach der Peptoninjektion ist die Gallenmenge für kurze Zeit stark erhöht. Im Trockengehalt zeigt die ausgeschiedene Galle die gröfste Ähnlichkeit mit der Blasengalle. Diese Beobachtung veranlafste mich, die Wirkung des Peptons bei abgebundenem Ductus cystieus zu prüfen. Eine Verletzung der Leber, welche zu einer Blutung Veranlassung gegeben hätte, wurde bei keinem der Versuche beobachtet. Es lag also kein Grund vor, die von Asher vorgeschlagene Operationsmethode anzuwenden, durch welche die Gallenblase durch Aufblasen eines in dieselbe eingeführten Gummiballons nach dem Ductus chole- dochus hin entleert wird. Versuch II. Injektion von Blutegelextrakt, dann von Pepton bei ab- gebundenem Ductus cysticus. } Gallen- |Gallenmenge, Trocken- | Zeit 3 N de Bemerkungen menge in ge | pro Minute |rückstand | | ln 10 Vo 12, 319, 0,62 0,021 OS TOZ 0 Dis 1958 Injektion des | Extrakts von 45 Blutegelköpfen b n 2 (5 pro Kilo Tier) in 50 ccm 1255 » 1-2 0,71 0,012 \ 51 physiol. Kochsalziösung. Da, 953 0,78 0,013 2 »” 1300 bis 302 Injektion von 5g 002 17 ar Sekretion stockt bis zum Pepton in 50ccm Wasser. > ” Tode. Nach Injektion des Blutegelextrakts sinkt die Gallenabsonde- rung, nach Pepton versiegt sie vollständig. Das Sinken der Gallen- sekretion nach der ersten Injektion ist hier vielleicht durch die schr beträchtliche Menge von Blutegelextrakt bedingt. Solche Quantitäten erniedrigen, wie neuerdings auch Friedenthal®) gefunden hat, den Blutdruck. Für die Beurteilung des Aus- bleibens der Peptonwirkung ist die voraufgegangene Einspritzung nicht von Belang; denn in einem anderen Versuch, bei welchem nur Pepton injiziert wurde, stand bei abgebundenem Ductus cysticus die Gallensekretion ebenfalls vollständig still. Dals die Vermehrung des Gallenflusses nach Peptonein- spritzung nur durch eine Entleerung der Gallenblase bedingt ist, geht auch aus folgender unfreiwilliger Beobachtung hervor: Bei einem Versuche gelang die Einbindung der Kanüle in den Duetus *) H. Friedenthal, Engelmanns Archiv f. Physiologie 1902. Lymphageoge Wirkung und Gallenabsonderung. 303 choledochus des sehr fetten Tieres nur mit grofser Mühe. Sie glitt mehrmals aus dem Gallengange und während dieser Mani- pulationen entleerte die anfangs gut gefüllte Gallenblase nahezu vollständig ihren Inhalt. In diesem Falle blieb die Vermehrung des Gallenflusses aus, wie aus dem folgenden Protokoll hervorgeht. Versuch IV. Injektion von Pepton bei leerer Gallenblase und offenem Ducetus eysticus. : Gallen- Gallenmenge Zeit ; BaSR Bemerkungen menge in & | pro Minute 1 Tong: 1 172 0,11 1128 1183 0,61 0.04 11?! bis 11%? Injektion von 0,56g Pepton 19 2 52 ? pro Kilo Tier. 11 al hl 0,11 le „ 129 0,27 0,03 1207 bis 120% nochmalige Imjektion von 50 ‘i 1908 a 1913 0.43 0,09 0,5g Pepton pro Kilo. Ta re ag 0,55 0,06 ’ Um die Wirkung der Injektion von Iymphagogen Substanzen auch am Hunde mit permanenter Gallenfistel aus eigener An- schauung kennen zu lernen, legte ich bei einem Hunde eine Dauerfistel an. Der Versuch wurde erst etwa nach drei Wochen angestellt, als die Hautwunde vollständig verheilt war und das Tier — eine etwa 21 kg schwere Hündin — sich bei bestem Wohlsein befand. Es hungerte zunächst 3 Tage, ganz wie in dem Versuche von Asher und Barbera. Während dieser Hungertage wurde es täglich zum Aufsammeln von Galle in dem nach der Abbildung in ÖOyons Methodik angefertigten Gestell für einige Stunden fixiert. Am ersten Tage schwankte die Gallenmenge, welche in einer halben Stunde abflofs, zwischen 4,0 und 4,8 g, am zweiten Tage zwischen 4,9 und 2,55 g. Der Trockengehalt betrug: an beiden Tagen im Mittel 7,5 Proz. Am dritten Tage wurde vormittags um 11 Uhr in Morphiumnarkose in die Vena jugularis eine Hahnkanüle eingebunden. Auch an diesem Tage wurde während einer Stunde, von 52° bis 6°° nachmittags, das noch im Morphiumschlaf befindliche Tier in dem Apparat aufgehängt. Die erhaltene Gesamtmenge betrug nur 2,3g& mit 6,0 Proz. Trocken- substanz. Erst am vierten Hungertage wurde der eigentliche Versuch angestellt. 304 . Alexander Ellinger, Versuch V. Injektion von Blutegelextrakt und Pepton am Hunde mit permanenter Gallenfistele Gewicht des Hundes 19,750 ke. \ Gallen- Gallenmenge | Trocken- Zeit : 2 £ Bemerkungen menge in & | pro Minute [rückstand Tor 110) 2,6 0,043 4,7 Proz. 105 „ 1785 2,51 0,042 Dior u u Ratten gon utegelköpfen in die Vena 8 . 1918 al 0,062 4,1 „ jugularis. 19.5 X 115 3,46 0,058 4,7 “ 8 Injektion von 95 g Pepton in 100 eem physiol. Kochsalz- lösung. l3@ ve 0,54 0,018 Sofort nach Injektion Stuhlent- 45 15 5) leerung, Galle enthält etwas 1 ” 3 0,32 0,004 blutigen Schleim bis zum 4.9 Schlufs d. Versuches. BU UNANS 0,68 0,011 : % nalen Kot mit etwas ut. DR 445 0,83 0,028 | 3%0 stark blutiger Kot. Die Vermehrung der Gallenmenge, welche nach der Injektion von Blutegelextrakt auftritt, liegt nach den Angaben von Barbera*) und nach meinen eigenen Beobachtungen innerhalb der normalen Schwankungen. Nach der Einspritzung von Pepton tritt im Gegen- satz zu dem Resultate von Asher und Barbera eine erhebliche Vermimderung des Gallenflusses ein, welche erst nach Ablauf von drei Stunden zurückgeht. | Meine Versuche zeigen sämtlich übereinstimmend, dafs es kein Charakteristikum der Iymphagogen Substanzen ist, eine Ver- mehrung der Gallenproduktion zu bewirken. Die Injektion von Blutegelextrakt ist auf die Gallenabscheidung ohne nachweisbaren Einflufs, diejenige von Pepton bewirkt nur eine meist schnelle Entleerung der Gallenblase, sie bleibt aber wirkungslos, wenn die Galle aus der Blase keinen Ausweg findet oder wenn die Gallen- blase leer ist. Gley, welcher nur bei offenem Ductus eysticus und gefüllter Gallenblase beobachtet hat, glaubte eine „vermehrte Exkretion“ ausschlie[sen zu müssen, obwohl er die Möglichkeit selbst zur Diskussion stell. Er weist auf die starke Darmperistaltik nach Peptoneinspritzung hin und wirft die Frage auf, ob nicht eine ähnliche Kontraktion der Muskulatur der Gallenblase und der Gallengänge den starken Gallenfluls kurz nach dem Eingriff *”) A. G. Barbera, L’eliminazione della bile nel digiuno e dopo differenti ceneri di alimentazione. Bologna 1894. € 05 (St) Lymphagoge Wirkung und Gallenabsonderung. erklären könne. „Aber“, so meint er, „erstens kann man leicht feststellen, dafs die Kontraktionen der Eingeweide erst in einer etwas späteren Vereiftungsperiode auftreten, wenn sich die Wir- kungen auf die Sekretion schon gezeigt haben. Weiterhin, wenn man sich in diesem Augenblick von dem Zustand der Gallenblase durch den Augenschein überzeugt, so findet man, dafs sie stets viel Galle enthält, welche bei der bekannten Langsamkeit. der Kontraktionen dieses Reservoirs unfehlbar weiter ausflielsen würde, wenn die in Rede stehende Erscheinung zu den exkretorischen und nicht zu den sekretorischen gehörte. Endlich darf man wohl in Analogie mit den gleichzeitigen Vorgängen in so vielen anderen Drüsen annehmen, dals es sich um Sekretion von Galle handelt.“ Inwieweit bei den übrigen von Gley beobachteten Absonde- rungsvorgängen, oder wenigstens einem Teil derselben, ebenfalls vermehrte Kontraktion der Drüsenausführungsgänge verantwortlich „cemacht werden kann, möge dahingestellt bleiben. Was aber ‚len Zeitpunkt des Eintritts der erhöhten Peristaltik angeht, so kann ich Gleys Bemerkungen nicht ganz zustimmen. In vielen. Versuchen, die ich zum Teil früher schon zu anderen Zwecken angestellt habe, sah ich unmittelbar nach der Peptoneinspritzung eine Darmentleerung auftreten. Im Protokoll des Versuchs V findet sich ein solches Vorkommnis ebenfalls notiert. Zuweilen bleibt es bei dieser einen Entleerung, zuweilen folgen, wie in diesem Versuche, im Laufe der nächsten Stunden noch mehrere. Dementsprechend beobachtet man auch, dafs die Gallenvermehrung in einzelnen Versuchen schnell vorübergeht, in anderen stunden- lang andanert. Wodurch sich die Verschiedenheit der Resultate in dem Ver- suche von Asher und Barbera und in meinem Versuche mit per- manenter Gallenfistel erklärt, darüber lassen sich nur Vermutungen äufsern. Die Entleerung der Gallenblase mag bei einem Versuchs- tiere leichter erfolgen als bei einem anderen, bei welchem stärkere Verwachsungen hinderlich sind. Bei dem Versuchshund von Asher und Barbera muls man jedenfalls vor dem Versuche eine recht starke Füllung der Gallenblase annehmen; denn das nur 6 bis Tkg schwere Tier liefert pro Stunde etwa 4,5 ccm Galle, während bei meiner etwa dreimal so schweren Hündin nur 2,5 g abflielsen und nach den Zahlen von Albertoni*) etwa ebenso grofse Hunde am vierten Hungertage pro Stunde 3,3& Galle liefern. *) Pietro Albertoni, La secretion biliaire dans l’inanition. Archives italiennes de biologie 20, 134. Beitr. z. chem. Physiologie- II. 20 306 Alexander Ellinger, Lymphagoge Wirkung und Gallenabsonderung. Jedenfalls kann der Versuch von Asher und Barbera die durch meine Experimente bewiesene Thatsache, dals die Gallen- vermehrung nicht auf vermehrter Gallenproduktion beruhe, schon deshalb nicht widerlegen, weil es an einem Tiere mit permanenter Gallenfistel ausgeschlossen ist, die möglichen Ursachen eines ver- mehrten Gallenflusses gesondert zu untersuchen. Mit der Widerlegung der Anschauung von Asher und Barbera, dafs die Lymphagoga eine vermehrte Gallenproduktion bewirken, fällt leider die Wirkungsweise dieser Substanzen wieder in das alte Dunkel zurück. Wir kennen keine experimentell er- mittelte Thatsache, welche uns den Mechanismus der Wirkungen der Lymphagoga, wie sie Heidenhain und Starling kennen gelehrt haben, erklären können. Es soll damit die Möglichkeit nicht bestritten werden, dafs die vermehrte Lymphproduktion in der Leber mit gesteigerten Umsetzungen in diesem Organe einher- geht, wie es für andere Organe sowohl durch ältere Unter- suchungen als namentlich durch Versuche von Asher und seinen Mitarbeitern festgestellt ist, aber die vermehrte Gallenabsonderung- giebt in diesem Falle kein Mafs für die Stoffwechselvorgänge in der Leber, weil sie nicht in vermehrter Produktion ihren Grund hat. XIX. Über die Bindung des Kupfers durch die Leber. Von Dr. med. B. Slowtzoff (St. Petersburg). Der Chemismus des Entgiftungsvermögens der Leber bietet ein theoretisches und praktisches Interesse. In meiner früheren Arbeit”) habe ich gezeigt, dals die Bindung des Arsens und des Quecksilbers durch die Leber in verschiedener Weise erfolet. Das Arsen verbindet sich hauptsächlich mit Nukleinen, und diese chemische Verbindung kann weder durch Pepsinsalzsäureverdauung, noch durch 2 proz. Natronlauge zersetzt werden. Das Quecksilber scheint eine Verbindung mit den Globulinen einzugehen, die aber durchaus nicht so stabil ist wie die des Arsens; sie wird sogar durch Essigsäure zerlegt. Die vorliegende neue Reihe von Versuchen in derselben Richtung betrifft das Bindungsvermögen der Leber für Kupfersalze. Versuchsanordnung. Alle Versuche wurden an Kaninchen ausgeführt, um das Erbrechen zu vermeiden, welches nach der Einführung von Kupfersalz in den Magen des Hundes fast momentan eintritt. Eine bestimmte Menge von Kupfersulfat in verdünnter wässeriger Lösung wurde durch die Schlundsonde in den Magen des Tieres eingeführt. Nach einigen Tagen wurde das Tier durch Chloroformieren getötet, in die Pfort- ader eine Kanüle eingebunden, die Vena cava inferior in der Brust- höhle unterbunden, in der Bauchhöhle neben den Nierenvenen geöffnet. Dann wurde die Leber durch die Kanüle mit physiologischer Koch- salzlösung durchgespült. Die entblutete Leber wurde sodann zu Brei zerrieben und mit bestimmten Lösungsmitteln (Wasser, Kochsalz-, Chlor- ammonium- oder Magnesiumsulfatlösung) extrahiert. Die Flüssigkeiten wurden abäiltriert und die darin enthaltenen Eiweifskörper durch Kochen bei schwach saurer (Essigsäure) oder neutraler Reaktion koagu- liert. Die „Albuminfraktion* der Leber wurde durch Extrahieren mit *) Diese „Beiträge“ I, 281. 20* 308 B. Slowtzoff, destilliertem Wasser, die „Nukleoalbuminfraktion“ nach Wooldridges Methode, die „Globulinfraktion“ nach Halliburton*) (5proz. MgSO,- Lösung)odernachDanilewski (6 proz. CINH,-Lösung), die „Nuklein- fraktion“ durch Lösung in Natronlauge gewonnen. Die dargestellten Fraktionen der Eiweifskörper bezw. die zum Sirup eingeengten Extrakte wurden entweder auf nassem Wege (mit Salzsäure und Kaliumchlorat) oder nach dem Trocknen durch Verbrennen mit Soda und Salpeter oxydiert. Die Lösung der Oxydationsprodukte wurde mit Salzsäure stark angesäuert, mit Schwefelammonium versetzt, der ausgefallene Niederschlag, aus Schwefel und Schwefelkupfer bestehend, nach 24 Stunden abfiltriert und in Salpetersäure gelöst. Die gewonnene Flüssigkeit wurde mit einigen Tropfen Schwefelsäure versetzt, nach Verjagen der Salpetersäure mit Natronlauge neutralisiert und einge- dampft, der Rückstand dann in Wasser gelöst und auf Gegenwart von Kupfer geprüft. Zwei Kontrollversuche zeigten, dafs in der normalen Kaninchen- leber nur Spuren von Kupfer vorhanden sind. Ich lasse nach- stehend die Protokolle der Versuche folgen, damit auch die Einzel- heiten der Versuchsanstellung ersichtlich werden. Versuch |]. Kaninchen, 2400 g schwer, hat an vier Tagen je 0,2g Kupfer- sulfat in 0,4 proz. wässeriger Lösung erhalten. Am Ende des Ver- suches wiegt es 23008. Das Auswaschen der Leber ist nicht ganz gelungen. Der erste wässerige Auszug enthält Blut. Das erste mit physiologischer Kochsalzlösung bereitete Extrakt wird abfiltriert, mit Essigsäure bis zur schwach sauren Reaktion angesäuert und zum Sieden erhitzt. Das geronnene Eiweils wird abfiltriert und aus- gewaschen. Filtrat und Waschwässer werden zum dicken Sirup ein- gedampft. Das zweite mit physiologischer Kochsalzlösung bereitete Extrakt wird ebenso verarbeitet. Der rückständige Leberbrei wird mit 6proz. Chlorammoniumlösung ausgezogen, dieses „Globulin“- Extrakt zum Sieden erhitzt, das Koagulum abfiltriert, das Filtrat zur Trockne eingedampft. Der jetzt verbliebene Rest des Lebergewebes wird mit 2 proz. Natronlauge ausgezogen, der darin unlösliche Rück- stand auf dem Filter gesammelt und mit Wasser gewaschen. Die klare Lösung giebt, mit Essigsäure bis zur sauren Reaktion versetzt, einen Niederschlag, der, auf dem Filter gesammelt, die „Nukleinfraktion“ darstellt. Alle Fraktionen wurden oxydiert und auf das Verhanden- sein von Kupfer untersucht. Das Ergebnis der Untersuchung gestaltete sich, wie folgt: 1. Koagulable Stoffe des Wasserauszugs (Eiweils- körper des Blutes, Albumine und Nukleoalbumine | der Leber). na 12 Se N Spuren von Kupfer. *) The proteids of kidney and livercells. Journ. of Physioloey, Supplem. 1892. Über die Bindung des Kupfers durch die Leber. 309 2. Wasserlösliche Extraktivstoffe ... ..... Negativ. 3. Auszug mit physiologischer Kochsalzlösung (Albu- ninesunde Nukleoalbumine) in „2 nr Negativ. ARCHNEL Auszue (Globuline): .....:.......2.0.% Negativ. 5. Das Filtrat des CINH,-Auszugs nach der Fällung der. Glioonliner Suureen Dbo Bo ee Negativ. GeNuklemsraktion sa see sen. Positiv. 7. Ungelöster Rest (elastisches und kollagenes Ge- We RE Wo Be BEL Ne Ve Negativ. Versuch 1. Kaninchen wiegt vor und nach dem Versuch 2400 g. Hat in sieben Tagen je 0,2g Kupfersulfat in 0,4 proz. wässeriger Lösung erhalten. Die entblutete Leber wird mit einer grofsen Menge destillierten Wassers ausgezogen, der abfiltrierte Auszug mit Essigsäure angesäuert, um Nukleoproteid (nach Wooldridge) zu fällen, der Niederschlag auf dem Filter gesammelt und mit Wasser gewaschen, das Filtrat neutralisiert und zum Sieden erhitzt. Das Eiweilskoagulum wird auf dem Filter gesammelt, das Filtrat eingedampft. Sodann wird mit 5 proz. Mag- nesiumsulfatlösung extrahiert, die abfiltrierte Lösung der Globuline zum Sieden erhitzt, der Niederschlag (die Globulinfraktion) abfiltriert, das Filtrat eingedampft. Aus dem verbliebenen Rest des Leberbreies werden die Nukleine mit 2 proz. Natronlauge ausgezogen, abfiltriert und mit Essigsäure gefällt. Der ungelöst gebliebene Teil wird mit 2 proz. Natronlauge ausgewaschen. Bei der Untersuchung aller Fraktionen auf Kupfer ergab sich: I Nukleoalbuminer nm us... Negativ. 2. Koagulierte wasserlösliche Eiweilskörper. . . . Negativ. 3. Wasserlösliche Extraktiv-Substanzen . .... . Negativ. 4. Globuline, löslich in 5 proz. Magnesiumsulfat- OS a en hie ns Negativ. 5. Filtrat nach Koagulation der Globulne . . . . Negativ. oeNuklemesdersbebers ru. 2 nn. Positiv. 7er ungelöste Rest der Beber. ... . ı..,.. Neoativ. Versuch 11. Kaninchen wiegt 2250 g, hat an sieben Tagen je 0,2g Kupfer- sulfat in 0,2 proz. wässeriger Lösung erhalten. Der Leberbrei wird mit 5 proz. Magnesiumsulfatlösung extrahiert. Die in dieser Salzlösung gelösten Globuline und Nukleoalbumine werden mit Magnesiumsulfat aus- gesalzen, der Niederschlag mit gesättigter Lösung von Magnesiumsulfat gewaschen und das Filtrat eingedampft. Der Leberrückstand wird mit Pepsinsalzsäurelösung verdaut (C1H 0,3 Proz., Temp. 40°C.), der unge- löste Rückstand der Nukleine auf dem Filter gesammelt. Is. Alle pnannae EB Negativ. 2. Nukleoalbumine und Globuline . ....... Negativ. 3. In Bittersalzlösung lösliche Extraktivstoffe. . . Negativ. 4. Peptonlösung nach der Verdauung ...... Positiv. 5. Nukleine nach der künstlichen Verdauung . . . Neoativ. 310 B. Slowtzoff, Versuch IV. Kaninchen wiegt 1600g, hat an vier Tagen je 0,2g Kupfersulfat in 0,4 proz. Lösung erhalten. Der Leberbrei wırd erst mit physiologischer Kochsalzlösung, dann mit 1 promilliger Essigsäure extrahiert. Die beiden Extrakte werden vereinigt, zum Sieden erhitzt und abfiltriert; das Filtrat wird ein- gedampft, der Rest der Leber mit künstliciem Magensaft verdaut (Acidität 0,3 Proz. CIH, Temp. 40° C.). Der ungelöste Teil (Nukleine) wird auf dem Filter gesammelt’ und mit Wasser gewaschen, das Filtrat (Peptone) zur Trockne eingedampft. Die Untersuchung auf Kupfer giebt folgendes Resultat: 1.. Wasserlösliche Extraktivstoffe. . .....,. Neoativ. 2. Albumine, Globuline und Nukleoalbumine . . . Negativ. 3: ‚Beptonlosunes 2 m. u ee ee: Positiv. 4... Nukleintraktionsst. a ee Negativ. Versuch V. Kaninchen wiegt 1400 g, bekam an vier Tagen je 0,2g Kupfer- sulfat in 0,4 proz. Lösung. Der Leberbrei wird mit destilliertem Wasser ausgezogen, das Nukleoalbumin mit Essigsäure ausgefällt; nach dem Entfernen desselben die Albuminfraktion gefällt. Die Globuline werden mit 5 proz. Bitter- salzlösung, die Nukleine mit 2 proz. Natronlauge aufgenommen. 1. Wasserlösliche Extraktivstoffe..» ....... Neoativ. 2. Nukleoalbumme . ..... N ER NANGE RS Negativ. 3 2Albummtirakbonees sr Sr a Necatayz A Globulmege ee ERS ER Negativ. 5. Nukleinbraktion ger ans Sn er es Positiv. 6. Der Rest nach Extraktion mit 2proz. NaH0- lösung im nn Negativ. Versuch VI. Kaninchen wog 1500g, bekam an vier Tagen je 0,1 Kupfer- sulfat in 0,4 proz. Lösung. Die Verarbeitung war dieselbe wie bei Versuch V, blofs wurden die Nukleoalbumin- und die Albuminfraktion zusammen auf Kupfer untersucht. 1. Albumin- und Nukleoalbuminfraktion . . . . . . Negativ. 2. Wasserlösliche Extraktivstefe . ....... Negativ. 3.: Globulme 22 zes. el er a ee Negativ. 4.. Nukleinfraktiond 9. sen. er te Positiv. 5. Der in 2proz. NaOH ungelöste Rest . ... . . Negativ. \ | Versuch VII. Kaninchen wog 1500g, bekam durch vier Tage je 0,1 g Kupier- sulfat in 0,4 proz. Lösung. In der Leber wurden Coccidien in grolser Menge gefunden. Der gesamte Leberbrei wurde mit künstlichem Magensaft verdaut (CIH 0,3 Proz. Temp. 40°C.). 1: Beptonlösuners we ee ee Positiv. 2. NukleinernachtdersVerdaumnerse ze Negativ Über die Bindung des Kupfers durch die Leber. BaBl Versuch VI. Kaninchen wog 2100 8, bekam an vier Tagen je 0,1 g Kupfersulfat in verdünnter Lösung. Der Leberbrei wurde mit 5 proz. Magnesium- sulfatlösung extrahiert. Der Rest wurde mit verdünnter Salzsäure (0,3 Proz.) versetzt und 3 Tage im Thermostaten bei 40°C. gehalten. 1. In Bittersalzlösung lösliche Extraktivstoffe. . . Negativ. 2. Albumine, Nukleoalbumine, Globuline ..... Neoativ. SDErRFAuszussmit 0, 3,prozm@lEin] 2.0. Spuren. 4. Rückstand nach Extraktion mit 0,3 proz. CIH (Nukleine)e ee ea A ee. Positiv. Die Resultate aller acht Versuche, tabellarisch zusammen- ’ gestellt, ergeben in den verschiedenen Fraktionen der Leber nach Kupfervergiftung: Nr. 1|Nr. 2|Nr. 3| Nr. 4|Nr.5|Nr.6 Nr. 7 |Nr. 8 Eiweilskörper des Blutes .. |Spur.| — | — = In Wasser- oder Salzlösung | | | übergehendeExtraktivstoffe | Neg.| Neg. Neg. Neg. Neg.| Neg.| — |Neg Albuminfraktion ... ... | Neg. |\,- Neg. ||, | — | Neg. Nukleoalbuminfraktion Ne Neo. Nee I Neg |Nes — |Neg. Globulinfraktion ..... | Neg.| Neo. Nee.)| Neg. Neg.| — |Neg. Nüuklemmaktion.. .ı ....... Pos. | Pos. — | — |Pos. | Pos.: — |(Pos.) In Wasser, Salzlösung und | | 2proz. NaOH unlöslicher IRISSn DEE ON RIEF Neo Nee 2 Neo. Neg., 0 Peptonlösung nach Verdau- | | umonder Beber-..,. ......1. —|.—. |. Pos.) 'Pos.| — | — | Pos.| — NukleinenachderVerdauung | — | -— | Neg.| Neg.|. — | — |Neg.| — Der Auszug desin Wasser und | Salzlösung unlöslichen An- teils mit Salzsäure .... | —-— | - | — | — | — | — | — Spur. Die Resultate der Versuche sprechen übereinstimmend dafür, dafs das Kupfer sich mit den Nukleinen der Leber ver- bindet, ohne aber damit eine besonders beständige Ver- bindung einzugehen; denn dieselbe wird schon durch 0,5 proz. Salzsäure angegriffen und durch Pepsinsalz- säure völlig zerlegt. 2 proz. Natronlauge wirkt hingegen auf das Kupfernukleinat gar nicht ein. XX. Über osmotische Analyse des Harns. Von phil. et med. Dr. Anton Steyrer, klinischem Assistenten. (Aus der medizinischen Klinik in Graz.) Aufserordentlich zahlreich sind bereits die Arbeiten, welche die Kryoskopie physiologischer und pathologischer Urine zum Gegenstande haben, seit v. Koränyi*) dieselbe in den Gesichts- kreis klinischer Betrachtungen der Nierenfunktion gezogen hat. Gewils hat sie auch manches Dankenswerte in dieser Richtung ge- leistet. Während nun die Untersuchung der molekularen Kon- zentrationsverhältnisse von physiologischen Flüssigkeiten mittels der Gefrierpunktsbestimmung zu einer nahezu allgemein geübten Unter- suchungsmethode geworden ist, wurde der Bestimmung der elek- trischen Leitfähigkeit solcher Flüssigkeiten verhältnismälsig wenig Aufmerksamkeit geschenkt, .obwohl schon im Jahre 1897 Bugarszky**) und zu gleicher Zeit Röth auf die Wichtigkeit der Bestimmung von Elektrolyten und Nichtelektrolyten hingewiesen haben. Durch Ermittelung der Leitfähigkeit ist nämlich ein Mittel gegeben, die Anzahl freier Ionen kennen zu lernen, woraus sich dann, nach vorhergegangener Bestimmung der ‚Gefrierdepression, die Anzahl der ungespaltenen Moleküle ergiebt. In allerdings nicht genau zutreffender Weise identifiziert Bugarszky die ungespal- tenen Moleküle mit den organischen. Man hat dieses Verfahren osmotische Analyse genannt. Diese Art der Analyse wird ihren Zweck naturgemäfs leichter erreichen, wenn gleichzeitig noch *) Phys. u. klin. Untersuchungen über den osmotischen Druck tierischer Flüssigkeiten. Zeitschr. f. klin. Med. 33 u. 34. ’=*) Beiträge zu den mol. Konzentrationsverhältnissen tier. Flüssigkeiten. Pflügers Archiv 68. Anton Steyrer, Über osmotische Analyse des Harns. 313 gewisse Harnbestandteile quantitativ bestimmt werden (Stickstoff, Kohlenstoff, Chlornatrium, Phosphorsäure u. s. w.). Ich habe daher zunächst die von Bugarszky gemachten An- gaben nachgeprüft, wobei ich auch einerseits die Zufuhr ver- schiedener Harnbestandteile veränderte und weiter pathologische Bedingungen berücksichtigte. Bugarszky hat folgendes bestimmt: Die ausgeschiedene Urin- menge M, den Gefrierpunkt I, die Gesamtkonzentration in Molen C, das spezifische Gewicht s, den Aschengehalt in Prozenten h, den Chlornatriumgehalt in Prozenten, die spezifische Leitfähigkeit A, und hat dann aus den gefundenen Werten noch die Gesamtkonzen- tration in Molen, den Chlornatriumgehalt in Grammäquivalenten, die Werte I. a sl. küle, ausgedrückt durch den Normalgehalt einer Chlornatriumlösung ’, den einer solchen Lösung entsprechenden Dissociationsgrad «, die Konzentration der gesamten anorganischen Moleküle C,, einen Wert ferner die Konzentration der leitenden Mole- = (OR . — . . . für Q’ die Konzentration der nicht aus Chlornatrium stammenden Moleküle in Molen und die Anzahl der gesamten, dann der an- organischen sowie der organischen und der nicht aus Kochsalz her- rührenden Molen berechnet. Ich habe bei meinen Untersuchungen alle die genannten Werte mit Ausnahme des Aschengehaltes in Betracht gezogen, jedoch aulserdem noch den Gesamtstickstoff nach Kjeldahl, sowie den bei gewöhnlicher Temperatur mit Kalkmilch als Ammoniak abspalt- baren Stickstoff und den Kohlenstoff bestimmt. Die zu untersuchenden Harne wurden meist in 24stündiger Menge untersucht; in jenen Fällen, wo ein Sammeln derselben in kürzeren Intervallen notwendig erschien, ist dies in den Tabellen speziell bemerkt. Untersuchungsmethoden: 1. Die Harnmenge M wurde mit einem gewöhnlichen Mefs- eylinder ermittelt. 2. Das spezifische Gewicht wurde pyknometrisch unter Tem- peraturberücksichtigung bestimmt. Das gefundene spezifische Gewicht wurde auf 18° C. reduziert und zwar nach der Formel: Ss — 51 0.000260 182). 3. Der Gefrierpunkt wurde mit dem Beckmannschen Apparate festgestellt. Das Thermometer desselben war speziell für Wasser ange- feıtigt worden, die Skala in einhundertstel Grade geteilt, so dafs halbe Hundertstel noch leicht geschätzt werden konnten. Bei der Gefrierpunkts- 314 Anton Steyrer, bestimmung wurde so vorgegangen, dals erstlich einmal durch starke Unterkühlung ein annähernder Wert des Gefrierpunktes ermittelt wurde; dann wurde vollständig auftauen gelassen und von neuem, aber nur etwa um 0,5 bis 0,6° unter den früher gefundenen Gefrierpunkt unterkühlt. In diesem Augenblicke wurde durch das am Apparate angebrachte seitliche Rohr mit einer Platinnadel ein Eissplitter von demselben separat in einem Röhrchen gefrorenen Urin eingeführt. Dieses Verfahren bietet den Vorteil, dafs man das Gefrieren immer bei relativ ganz gleicher Unterkühlung eintreten lassen kann. Vor dem endgültigen Ablesen wurde das Thermometer einige Zeit beklopft, um eventuelle Widerstände, welche das Quecksilber in der Kapillare findet, leichter zu überwinden. 4. Die Kochsalzbestimmung wurde bei eiweilsfreien Harnen nach der Methode von Volhard gemacht. Bei eiweilshaltisem Urin wurde dieselbe dahin modifiziert, dafs 5 ccm desselben in einer Nickel- schale mit chlorfreiem Natriumkarbonat eingedampft und vorsichtig verascht wurden; die Asche wurde mit heilsem Wasser wiederholt aus- gelaugt und in der filtrierten, mit chlorfreier Salpetersäure sauer ge- machten Waschflüssigkeit das Chlor durch Titration nach Volhard bestimmt. 5. Den Gesamtstickstoff bestimmte ich nach der Methode von Kjeldahl. ; 6 Den Ammoniakstickstoff bestimmte ich nach der von Nencki angegebenen Methode, bei der ich folgende Modifikation anwendete: 20 bis 30 ccm Urin (je nach Konzentration desselben) werden in den Kolben A (Fig. 15) gebracht. Bis zum Boden desselben reicht ein am unteren Ende ausgezogenes Glasrohr ©. Dieses ist mittels Fig. 15. eines Druckschlauches mit einer Schwefelsäurewaschflasche verbunden. Ein Hahn R dient zur Regulierung des durchzusaugenden Luft- stromes. Durch einen Tropftrichter 7’, der gleichfalls luftdicht in den Kolben eingepafst ist, kann man Kalkmilch zufliefsen lassen. Die Vor- lage B, in welche ein voraussichtlicher Überschufs von !/,-Normalsäure A Über osmotische Analyse des Harns. 31: © gebracht worden ist, wird gut gekühlt. Das Rohr E ist so gebogen, dafs es bis an den Boden der Vorlage reicht; bei D stölst es mit aus- geschliffenen Rändern an das Ableitungsrohr von A und ist dort mittels Schlauch gut gedichtet. Die Kugel S soll einen Verlust an Säure, der durch etwaiges Spritzen entstehen könnte, vermeiden. Übrigens kann noch eine Wulffsche Flasche hinter diese Kugel geschaltet werden, welche Vorsicht sich jedoch immer als überflüssig erwiesen hat. Das Endstück F wird mit einer stark saugenden Wasserstrahlluftpumpe in Verbindung gebracht. Der Apparat wird so in Gang gesetzt, dafs zuerst etwa 5Ocem Kalkmilch zu dem in A befindlichen Urin zuflielsen gelassen werden, der Hahn bei 7 wird dann natürlich sofort ge- schlossen und nun die Wasserstrahlpumpe in Gang gesetzt. Die Luft- zufuhr ist durch den Hahn R so zu regulieren, dafs das Vakuum nicht allzu sehr beeinträchtigt wird. Dasselbe betrug bei meinen Bestim- mungen 18 bis 25mm Hg. Der Kolben A wird nun in ein. Wasserbad von ungefähr 36°C. gesenkt. Bei dem oben angegebenen. Druck be- ginnt die Flüssigkeit bald zu sieden. Ein Stofsen derselben ist durch die regelmälsig durchstreichende Luft ausgeschlossen. Durch zahlreiche Versuche habe ich mich überzeugt, dafs bei dieser Anordnung nach einer Stunde alles Ammoniak überdestilliert ist. Eine Zersetzung des Harnstoffes dürfte bei der eingehaltenen Temperatur ausgeschlossen sein. Die Kugel S wird nun vorsichtig in die Vorlage hinein abge- spült, ebenso Rohr #, und die Säure zurücktitriert. Bei eiweilshaltigen Harnen empfiehlt es sich, der Kalkmilch etwas Alkohol zuzusetzen, wodurch das Schäumen der Flüssigkeit hintangehalten wird. 7. DenKohlenstoffgehalt habe ich auf folgende Weise ermittelt: 5cem Urin werden bei Zimmertemperatur in einem langen Porzellan- schiffehen über Schwefelsäure im Vakuum getrocknet. Das Verdunsten des Harns geht so in wenigen Stunden vor sich, so dafs die Gefahr einer Zersetzung, wodurch Verluste an Kohlenstoff entstehen könnten, meist ausgeschlossen sein dürfte Bei sehr konzentrierten Urinen kommt es jedoch vor, dafs sich beim Verdunsten auf der Oberfläche eine Krystallhaut bildet, die einerseits das weitere Eindampfen stark _ beeinträchtigt, und die andererseits auch häufig springt, wodurch sowohl feste als auch flüssige Teilchen aus dem Schiffchen geschleudert werden können. In solchen Fällen habe ich das Schiffchen mit ausgeglühten Bimssteinstücken gefüllt. Das Verdunsten des Urins geht dann sehr rasch vor sich. Die Verbrennung des auf diese Weise eingetrockneten Harns wurde im Kopferofen durchgeführt. Das Verbrennungsrohr war. mit Kupferoxydasbest gefüllt. Im vordersten Teile desselben be- fand sich eine 15cm lange Schicht von Bleisuperoxyd, welche bei einer Temperatur von 160 bis 180°C. gehalten wurde. Als Wasserabsorptions- apparat wurde ein Chlorcaleiumrohr benutzt. Die Kohlensäure wurde in einem Geilslerschen Kaliapparate aufgefangen. Die Ver- brennung selbst geschah zuerst im gereinigten Luft-, dann im Sauerstoff- strome und wurde schliefslich wieder im Luftstrome beendigt. 8. Die Leitfähigkeit wurde mittels einer Kirchhoff-Kohl- rauschschen Walzenbrücke nach der von Kohlrausch angegebenen Methode gemessen. In dem Fufse der Walzenbrücke waren Vergleichs- 316 Anton Steyrer, Tabelle Ll Normale Individuen, in ihrer Nahrungs- I 1,0. m Eva TE Bier = ı R |.8 Hy le n.len| sa nn Saure = ı = 2 | 482 | Bezeichnung 1= E =, 8 5 So SE 5 =$ Se 29 = a) © le En = |. 8 la gro Een des Harns a (eb) = ss = ee 38 ans 25 = | a ol aoleı ne wesen a ee) & 8 | SS oO S Sell > “8 Be N IL... .2000|1,0124 | 0,93 | 0,502|0,73| 14,6 |0,124 | 0,57111,4 0,02 10,55 | 0,41 NIE RE 700 | 1,0226 |1,68 | 0,908 | 0,92 | 6,4 | 0,157 |1,36| 9,6 0,06 1,30 0,99 ': IN TIER: 1600 | 1,0136 | 1,05 | 0,565 0,97 15,5 |0,165 0,54 8,6 [0,04 0,50 | 0,47 N IV... .)1000|1,0293|2,08|1,124 | 1,37 13,7 |0,234|1,3113,1 [0,09 |1,22 | 0,89 N V....|1250|1,0179|1,35 0,730 |0,94|11,8 0,161 |0,83/10,4 |0,05 0,78 | 0,68 | N VI... .2180|1,0159|1,13 |0,611|1,02|22,0 |0,174| 0,59112,9 0,05 10,54 | 0,48 N VII... .| 920 1,0280 | 2,06 |1,118|1,42|13,1 |0,243|1,6114,8 |0,10 |1,51 |1,15 N VIlIa 340 | 1,0136 | 1,08 | 0,584 |0,91 | 3,1 0,155 | 0,64 2,1 ‚0,04 |0,60 0,51 N VIIIb 330 | 1,0176 | 1,23 | 0,665 | 0,94 | 2,1 | 0,162 |0,73| 2,4 |0,05 /0,68 | 0,57 N VIlIe 480 | 1,0131 | 1,00 | 0,543 0,91) 4,4 |0,155 0,59) 2,8 10,04 10,55 10,45 N VIIId . | 210 | 1,0136 | 0,93 | 0,500 0,91 | 1,9 [0,155 0,53! 1,1 0,05 0,48 | 0,38 1360 11,5 8,4 IN x 810 | 1,0129 | 0,98 | 0,530 0,60) 4,9 |0,102 0,57 4,6 0,03 10,54 0,45 INTER 550 | 1,0148 | 1,09 | 0,592 | 0,65 3,6 0,111 0,70) 3,8 0,03 [0,67 | 0,49 NIE 400 | 1,0258 | 1,78 0,962 |0,93| 3,7 0,159 |1,41| 5,6 ‚0,05 1,36 |1,22 N, Ixd . | 530 | 1,0224 | 1,61 | 0,870 |1,20 | 6,4 |0,205 | 1,10] 5,8 |0,04 |1,06 |0,72 2290 18,6 19,8 Tabelle IL. Gesunde und kranke Menschen; beeinflufste St. Ia... .| 575] 1,0247 |1,64| 0,886 |0,78| 4,48 | 0,133 | 1,06] 6,09'0,07 [0,99 | 1,05 |9,557 Ib... ..| 450|1,0246|1,63|0,881 | 0,76 | 3,42| 0,130 | 1,36| 6,12)0,07 |1,29 | 1,26 |2,0>4 1025 7,90 1291 Uns. 475 | 1,0078 | 0,55 | 0,297 0,30. 1,43 | 0,051 0,10) 0,47.0,01 |0,09 | 0,12 |0,783 Ib... .2700 1,0019 0,15 0,086 | 0,07 | 1,89 0,012 |0,09) 2,41.0,01 ‚0,08 | 0,10 0,162: Terse: 1200 | 1,0142 | 0,96 | 0,507 0,55 | 6,60 | 0,094 0,47) 5,64.0,05 |0,42 | 0,58 11,360) 4375 IE 1779199 8,52 Dh. I... .| 485| 1,0317 |2,24|1,211 0,98| 4,75 | 0,167 | 2,08[10,08/0,09 |1,99 | 1,55 [2,44% Many 840 | 1,0046 | 0,31 | 0,167 0,12, 1,00 | 0,021 0,32) 2,69)0,01 0,31 | 0,19 10,343 Ib... .1900 1,0016 0,12 0,065 | 0,04 | 0,76 0,007 | 0,02) 3,29.0,003 0,014 0,02 0,176 IIe... .12850 |1,0069 | 0,49 | 0,259| 0,22 | 6,27 | 0,040 | 0,44112,54 0,02 0,42 | 0,40 0,608 "5590 8,03 18,52 Nephr. I. . . 1200 1,0110 | 0,56 0,303 | 0,48| 5,76 0,082 0,53) 6,30.0,04 |0,49 | — 1,018 Ila 240 | 1,0146 | 0,78 | 0,422 | 0,54 | 1,30 | 0,092 | 0,82! 1,97 0,05 |0,77 | — /1,19% IIb 550 | 1,0052 | 0,24 | 0,130 0,10! 0,55 | 0,017 |0,27| 1,48.0,03 0,24 | — 0,387 IL e 840 1,0147 0,47 0,253 0,25! 2,10 | 0,043 | 0,34 2,86. 0,02 0,32 | — 0,699 1630 | 3,95 6,51 Uber osmotische Analyse des Harns. 317 und Flüssigkeitszufuhr unbeeinflufst. x << > em: em! XIX] XX |XXI| XXIT XXIII XXIV|XXVXXVIXXVO rn - K rı< ii u - | — Konzentration der leitenden Anzahl der anorgani- Konzentration d. nicht 4 Prozent Kohlenstoff tration entsprechender aus NaCl herrührenden Anzahl der gesamten Anzahl d. organischen se = > ao > | ar en De ur Ir | A | © go rn gıN)| E 1) — Basel Sn = 2202: = = Te fe} SEES de) 2 s| 5 ® Zg —_ „aan 5 $ NH ae) nn | 72) =] D ri zn ZI a od zu || Mrd N | 5 = 2357 NA an IS © Te — S —=\ EE= Mr! I! E77 SI=Er) =! BD) | >) DI ad ®) Fr © BnSE | aAac E80: S Ya ES ee So = 5 a je) ZZ IS © . o aa Warme ae Ai |y| | 15 Io Io I an | oIS |Iu.so Zi a 33 ers led — | oo fe = ee SecH | aaa |S8 X =) % elelSl® ar | ge 5 Bes a Saal @) Oo Slo| = o = =) Sal PesıSee = SISIBAR En B = 2350 a Sg = sS|2 No = = = = ® : B< Bea larn® = Ar ER & = son a Aa Fam ‘© Ver! < 0,74 | 0,25 | 1,00 | 0,60 0,167 | 0,804 | 0,502 0,078 | 75 0,60 0,78 | 0242 | 0,782 0432| 0,153 | 7a \047|148| 071 | 0,35 | 0,64 |0,30 | 034 | — 0212 | 0,791 | 0,3s0| 0,095 | 76 |0,67|0,56| 0,94 | 0,5 | 0,90 061 | 098| — DS 20752 00.683 0,273 | 78 0.55 0:59| 0,72 | 0,59 | 1,12 10,75. 037 | 0,59 0,88) 0,87 | 0,33 | 0,90 | 0,54 | 0,36 | — 0,66 10,58 0,88 | 0,28 | 1138 |0,9| 02 | — 0,54 |1,13| 0,76 | 028 | 1,00 [055 | 045 | — 0,242 | 0,184 | 0431| 0,144 | 7 0,297 | 0,788 | 0,407| 0,095 | 7 0,340 | 0,760 | 0599| 0,172 | 7 0,224 | 0,788 | 0,400 | 0,110 0,6010,76 0,84 | 0,27 | 022 0,13 | 0,09 | — 0,201 | 0,794 | 0,361) 0,083 | 77 |0,66\0,64| 082 1023| 08 |o17 0090| — 0,199 | 0,798 | 0,357| 0,076 | 68 |0,71\0,58| 0,79 | 021 | 011 |o008 | 008 | — "0,79 1051| 0,88 0,154 | 0,808 | 0278| 0,094 | 76 |0,52|0,95| 0,83 | 0,33 | 0,43 | 0,33 | 00 | — 0,173 | 0,802 0313| 0,113 | 74 |0,53 1,08) 0,73 | 0,36 | 033 |0,17 | 016 | — 0215 | 0,791 | 0385| 0,100 | 69 [0,40 1,51| 0,89 | 026 | 038 [015 | 0238| — 0,263 | 0,777 | 0,467\ 0,101 | 70 |0,54|0,92| 0,68 021 | 046|05|021| — 1,60 | 0,50 | 0,80 9 1 3 0,216 | 0,790 | 0387| 0,110 | 79 |0,66\070| 035 \o28| 080 |0o13|007 | — 70 7 Flüssigkeitszufuhr. Akkommodationsbreite der Nieren. 0,300 | 0,767 | 0,529| 0,294 | 67 |0,59|1,38| 1,06 | 0,55 | 051 |030| 021 | — 0,232 | 0,785 | 0414| 0,182 | 66 [0,47 1,78| 0,98 | 044 | 0,40 |0,19 | 021 | — 0,91 10,19 | 0,0 0,084 | 0,844 | 0,155| 0,610 | 70 \0,52\0,33| 1,33 | 0,39 | 0,14 |0,07 007 | — 0,016 | 0,909 | 0,030| 0,080 | 79 1044 1,28| 1,25 |096 | 0.23 |oos 015 | — 0,151 | 0,808 | 0,2s0| 0,110 | 67 \0,53\0,85| 1,38 | 0,39 | 061 [04 | 07 | — 0.98 10,49 0,49 0,285 | 0,774 | 0506| 0,210 | 70 10,42 |3,12| 0,77 | 041 | 059 |0,5| 034 | -- 0,035 | 0,880 | 0,066 | 0,048 | 67 10,39 [3,66 | 0,61 | 0,72 | 0,14 |0,05| 009 | — 0,017 | 0,909 | 0,033\ 0,027 , 75 |0,52|0,42| 1,43 | 0,22 | 0,12 |0,06| 006 | — 0,064 | 0,856 | 0,119| 0,045 | 71 10,45 |2,00| 0,95 | 0,38 | 0,74 | 0,34 | 039 | — 1.00 | 0,45 | 0,54 0,112 | 0822 | 0,203 0,053.) 56 10,67 |1,10| — |o24| 036 |0%4 | 012 | 25 0,132 | 0,816 | 0,239\ 0,071 | 53 \0,57\1,51) — | 0,29 | 0,10 \0,06| 0,04 | 3,5 I 0040 | 0,876 | 0075| 0,042 | 46 [05827 — 054 | 0,07 1004 0038| 15 0,074 | 0850 | 0,137 0,058 | 32 |054|1,36| — | 042 | 021 |0,12| 0,09 | 2,0 0,35 | 022 | 0,16 318 Anton Steyrer, widerstände von 10, 100, 1000 und 10000 Ohm angebracht; als Wechselstromerzeuger diente ein Induktorium von Nernst. Bei den Bestimmungen selbst wurde auf alle von Kohlrausch angegebenen Kautelen Rücksicht genommen. Die Widerstandskapazität des Mals- gefälses wurde mit einer !/,,-Normalchlorkaliumlösung bestimmt. Das Chlorkalium war zu diesem Zwecke vorher wiederholt umkrystallisiert worden. Die Temperatur, bei welcher die Bestimmungen ausgeführt wurden, schwankte zwischen 17 und 23°C. Sämtliche gefundenen Leit- fähigkeiten habe ich auf die Temperatur von 18° C. reduziert, wobei ich annahm, dafs der Temperaturkoeffizient des Harns 0,02 betrage, und habe diesen Wert in die von Ostwald angegebene Formel: Ks = 1 + 0,020 (t — 15) N I bis N VII der Tabelle I beziehen sich auf normale Indi- viduen, welche weder in ihrer Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr, eingesetzt. noch in ihrer sonstigen Lebensweise irgendwie beschränkt waren. Die angeführten Mengen beziehen sich auf die 24stündige Aus- scheidung. N VIH und N IX sind ebenfalls normale Menschen, bei denen jedoch die 24stündige Urinmenge in 6stündigen Intervallen gesammelt wurde. Die Harnmenge dieser Individuen schwankte zwischen 700 und 2290 cem. Der Gefrierpunkt des Harms lag zwischen 0,93 und 2,08%. Das spezifische Gewicht bewegte sich zwischen 1,0124 und 1,0293. Bugarszky hat in seiner Arbeit auf ein konstantes Ver- hältnis zwischen spezifischem Gewichte und Gefrierpunkte des Harnes hingewiesen, und zwar betrug der Wert für bei nor- 8 malen Individuen nach seinen Untersuchungen 75. So wenig Wahrseheinlichkeit diese Annahme von vornherein für sich hat, scheint sich dieselbe doch, wenigstens in den von mir untersuchten, normale Menschen betreffenden Fällen, annähernd zu bestätigen. Die gewonnenen Werte von ne -schwankten nämlich zwischen 68 und 79, was einen Mittelwert von 735,6 ergiebt. Der Koch- salzgehalt des Urins bewegte sich zwischen 0,6 und 1,37 Proz. Sehr grofs sind die absoluten Schwankungen der täglichen Koch- salzausscheidung: Von 6,4 bis 22,02 (natürlich infolge der ver- schiedenen Zufuhr). L. Lindemann*) führt in seiner Abhandlung über die Konzentration des Harns und Blutes Tagesausscheidungen unter anderen von 0,8 und 0,9& bei ganz gesunden Menschen (!) *) Die Konzentration des Harns und des Blutes bei Nierenkrankheiten. Münchener Habilitationsschrift (Deutsch. Arch. f. klin. Medizin) 1899. Über osmotische Analyse des Harns. 319 an. Ich habe bei meinen gesamten Untersuchungen nur in wenigen schweren Fällen von Nierenerkrankung so niedrige Werte kon- statieren können. Der Stickstoffgehalt in Prozenten schwankte ebenfalls recht erheblich; doch läfst sich irgend eine Gesetzmälsig- keit bei gesunden und unbeeinflulsten Menschen in dem Ver- hältnisse zu Kochsalz nicht erkennen, wie aus Stab XX. derselben Tabelle deutlich ersichtlich und von vornherein begreiflich ist. Ebenso wenig ergiebt sich ein konstantes Verhältnis des Am- moniakstickstoffs zum Gesamtstickstoff. Ersterer schwankte zwischen 0,02 und 0,10 Proz. Im Einklange mit anderen Beob- achtern finde ich in einigen Fällen das Verhältnis von Prozent Kohlenstoff zu Prozent Stickstoff auffallend hoch. Über die mög- liche Ursache dieses der Zusammensetzung des Harnstoffs gegenüber hervortretenden scheinbaren Milsverhältnisses ist bereits von Scholz, Pregl und anderen berichtet worden. Die Leitfähigkeit des Harns unterlag bei Gesunden sehr bedeutenden Schwankungen. Sie bewegte sich zwischen 1,378 x 1076 und 3,259 x 1076. Ein konstantes Verhältnis zwischen der aus dieser Leitfähigkeit berechneten Konzentration der Elektrolyte und der Gesamtkonzentration habe ich im Gegensatze zu Bugarszky und Röth nicht finden können, was ja bei unbeeinflulster Zufuhr von organischen und anorganischen Stoffen von vornherein selbst- .. : Gr verständlich ist. Dementsprechend war das Verhältnis von ri bei verschiedenen Individuen zwischen 0,47 und 0,66 gelegen. Auch bei ein und demselben Individuum (z. B. N IX) waren die Schwankungen des zu verschiedenen Tageszeiten aufgefangenen Urins in dieser Beziehung beträchtliche: 0,40 bis 0,54. Läflst sich auch der Wert © mit pen! u un Ü Prozent Kochsalz ziehen, so mülste doch, wenn es richtig wäre, wie Lindemann glaubt, dafs die zwei letztgenannten Bestandteile immer die mals- gebenden Faktoren für die Konzentration des Harns darstellen, sich irgend eine Gesetzmälsigkeit im Steigen und Sinken der beiden Verhältniszahlen ergeben. Dies ist hier aber durchaus nicht der Fall. Dafs es nicht berechtigt ist, selbst bei normalen Harnen das Kochsalz als für die Konzentration an anorganischen Molen fast ausschlielslich verantwortlich zu machen, zeigt die Verhältniszahl nicht direkt in Vergleich = welche Werte bis 0,39 erreicht. Als Grenzwerte für die An- zahl der innerhalb 24 Stunden ausgeschiedenen Gesamtmolen 320 Anton Steyrer, ergiebt sich bei frei gewählter Ernährung gesunder Menschen 0,64 und 1,61. Eine Proportionalität zum Körpergewicht der unter- suchten Individuen habe ich in den ersten sieben Fällen im Gegen- satze zu Bugarszky durchaus nicht finden können und habe daher bei allen weiteren Untersuchungen darauf verzichtet, dies überhaupt in Betracht zu ziehen. Dals ein konstantes Verhältnis zwischen den ausgeschiedenen organischen und anorganischen Molen nicht besteht, geht auch C schon aus den Werten von © hervor. St. und Db. (Tabelle II) waren normale Individuen (befreundete Studierende). Ich suchte durch langes Dursten der Versuchspersonen eine möglichst starke Konzentration des Harns hervorzurufen, ohne die Individuen sonst in ihrer Lebensweise und Nahrungsaufnahme zu beeinflussen. Beide haben aulser der in der gewöhnlichen Kost ent- haltenen Flüssigkeit durch 22 Stunden keine Getränke zu sich genom- men. Der während dieser Zeit gelassene Urin wurde im Falle St. in zwei Portionen (I u. II), im Falle Db. in einer Portion (I) aufgefangen. Fin nach dem Dursten gemachter Aderlais ergab einen Gefrierpunkt des Serums von 0,54° ın beiden Fällen. Hierauf trank St. innerhalb 5 Stunden 5 Liter Pilsener Bier (III u. IV); dann wurde abermals ein Aderlafs gemacht. Der Gefrierpunkt des jetzt (durch einen zweiten Aderlafs) gewonnenen Serums betrug 0,64. Diese auffallende Steige- rung der molekularen Konzentration des Serums bewog mich, noch. zwei unter ganz gleichen Bedingungen angestellte Versuche an anderen Personen, gleichfalls Studierenden, zu machen. In dem einen dieser letzteren Fälle war / des Serums vor dem Biertrinken 0,55°, nach demselben 0,66°; im zweiten nach dem Dursten 0,55° und auf der Iöhe der Flüssigkeitseinfuhr 0,65°. Es stellte sich nun als wünschenswert heraus, einen Versuch unter sonst gleichen Bedingungen mit Wasser auszuführen. Einen solchen stellt der Fall Db. dar. Bei diesem hatte sich jedoch vor und nach dem Trinken gar nicht geändert. Eine hinreichende Erklärung für diese auffallende Verschiedenheit zu geben, bin ich jetzt nicht im stande. Jedenfalls aber bewirkt eine starke Zufuhr von Flüssigkeit bei Gesunden durchaus nicht konstant eine Verwässerung des Blutplasmas, wie viele angenommen haben. Die beiden ausführlich mitgeteilten Trinkversuche zeigen, dals die Akkomodationsbreite gesunder Nieren bezüglich ihrer Fähig- keit, Glomerulusfiltrat zu konzentrieren oder zu verdünnen, eine ganz gewaltige ist. Der Gefrierpunkt schwankt stark: 1,64% bis 0,15% und 2,24% bis 0,12%. Das spezifische Gewicht bewegt sich zwischen 1,0247 und 1,0019. Im zweiten Falle zwischen 1,0317 2 = N und 1,0016. Dabei zeigt das Verhältnis erg keine sehr auf- Über osmotische Analyse des Harns. Sail! fallenden Unterschiede, wenn auch grölsere als bei den normalen, in ihrer Flüssigkeitszufuhr unbeeinflulsten Individuen. Bezüglich der Ausscheidung von Kochsalz und Stickstoff bestehen eben sowenig wie in den oben angeführten Harnen irgend welche Gesetzmäfsigkeiten oder regelmäfsige Änderungen. Das Gleiche gilt von 2 und C OÖ. Noch höher als in den früheren Fällen stellt sich das Verhältnis Prozent Kohlenstoff Prozent Stickstoff Der in dieser Tabelle an dritter Stelle angeführte Fall betrifft einen Kranken mit chronischer parenchymatöser Nephritis. Das (mit von Zustimmung des Patienten) durch Aderlals gewonnene Serum vor und nach dem Trinken zeigte unveränderten Gefrierpunkt. Trotz des l5stündigen Durstens hat der Kranke einen verhältnismälsig sehr wenig stärker konzentrierten Urin als nach dem Trinken ent- leert. 7 betrug nur 0,75, das spezifische Gewicht 1,0146. Es scheint also bei diesem Patienten die Unfähigkeit zu bestehen, einen konzentrierten Harn abzusondern, was schon von v. Koränyi berücksichtigt und als Hyposthenurie bezeichnet wurde. Bei verhältnismäfsig geringer Flüssigkeitsaufnahme sank 4 ziemlich erheblich, auf 0,24, das spezifische Gewicht auf 1,0052. Die Akkomodationsbreite ist also bei diesen Individuen eine be- deutend geringere, und zwar hauptsächlich nach oben hin (Ein- diekung des Glomerulusfiltrats) eingeschränkt. Es geht daraus wenigstens so viel hervor, dafs eine kranke Niere nicht nach beiden Richtungen hin gleich stark insuffiecient sein muls. Der in der Tabelle III erstangeführte Fall Ad. bezieht sich auf einen Patienten mit einer Myopathia cordis. Zur Zeit des Beginnes der Untersuchung waren Symptome von schwerer Kom- pensationsstörung vorhanden: starke Ödeme, Aseites, Dyspnoe und Cyanose. I bezieht sich auf einen zu dieser Zeit untersuchten Urin (24stündige Menge). Der Kranke wurde hierauf unter Digi- taliswirkung gesetzt und die Harnuntersuchung bei Beeinn der eintretenden Diurese wiederum aufgenommen. (II, III 24stündige, IVa, IVb 12stündige, aufeinander folgende Mengen.) Aus der Tabelle ist ersichtlich, dafs die Harnmenge mehr als um das Doppelte angewachsen war (von 900 bis 2500 ccm). Die mole- kulare Konzentration hat sich wenig geändert, 7 — 1,50: 1,05. Auch das spezifische Gewicht schwankte verhältnismäfsig wenig, 1,0211 : 0,0147. Beitr. z. chem. Physiologie. 1I. 9] 329 Anton Steyrer, Tabelle III. Herzkranke. Diurese nacl I 11. |* 10%) 10 292 | v2) voR | VI RRRERTERTRT ' 1 We= Bee) ze S en) KA a © © 4 E| = 1.218818 ..2 so |E lee D 5) ae = 2 5 #ls 3483555 7 Bezeichnung | .3 = S Su S SD ® CH Ne Sr © = |2.8 | = A /As8ld82 "8 gel 28 ru = Aal ä Ad. I. 900|1,0211 |1,50 [0,811 1,02 | 9,18 | 0,174 |1,21|10,9 \0,05 | 1,16 | 0,87 12,08 II. |1800 | 1,0184 | 1,28 | 0,692 11,19 | 21,24 | 0,204 | 0,85|15,2 0,05 | 0,80 | 0,60 2,12] IIT . 1900 | 1,0185 | 1,34 | 0,724 11,08 | 20,52 | 0,185 | 0,77 114,6 '0,04 | 0,73 | 0,64 11,98 94stündige | IVa | 600 | 1,0193 | 1,36 0,718 11,26 | 7,26 [0,215 |0,85| 5,1 \0,03 | 0,82 | 0,65 12,28 Menge \ IVb!| 1700 | 1,0147 | 1,05 | 0,711 11,16 19,72 | 0,198 | 0,75,12,7 /0,04 | 0,71 0,60 13,01 3300 26,93 17,8 P. I.| 680 1,0226 | 1,92 1,038\1,50 |10,2 | 0,256 |1,34| 9,14/0,09 | 1,25 | 1,09 [2,96 II. || 470|1,0252|1,95 | 1,054 11,40 | 6,58 | 0,239 | 1,44! 6,72|0,15 | 1,29 | 1,09 |2,8@ IIT. | 650| 1,0244 1,93 1,043 11,30 | 8,45 | 0,222 | 1,55/10,08/0,11 | 1,44 | 1,15 2,67 IV. || 600|1,0241 1,81 0,978 11,34 | 8,04 0,229 | 1,63| 9,81/0,13 | 1,50 | 1,21 |2,58 94 stündige | Va 1400 | 1,0161 | 1,34 0,708 1,07 |14,28 | 0,183 0,58) 8,13/0,05 0,53 | 0,41 9,31 Menge \ V’b | 1300 | 1,0146 | 0,98 , 0,529 0,98 | 12,74 | 0,167 | 0,43) 5,59 0,03 | 0,40 | 0,28 1,84 2700 27,02 aD VI. | 1900 [1,0119 0,92 0,497 11,02 19,38 0,174 | 0,38 7,220,03 | 0,35 | 0,30 11,90 Tabelle IV’. Nierem Nephr. parench. : Mare 1100 | 1,0153 | 0,74 | 0,400 0,36 | 3,96 | 0,061 | 0,80) 8,80) 0,04 | 0,76 | 1,07 11,09 Urämie. Nephr. interstit. Di. I... .|| 720 1,0121 | 0,63 | 0,340 0,08 | 0,57 | 0,014 | 0,77| 5,54) 0,01 | 0,76 | 0,64 /0,64 IL, 900 | 1,0117 | 0,63 | 0,340 0,065) 0,67 0,011 | 0,76| 6,84) 0,01 | 0,75 | 0,61 /0,6} Tsch. Ia. .|| 145 | 1,0210 | 1,51 | 0,816 10,22 | 0,32 | 0,038 | 1,75| 3,54| 0,10 | 1,65 | 1,28 |1,33 Ib. .| 110| 1,0200 | 1,40 | 0,756 0,14 | 0,15 | 0,024 | 1,61) 1,77 0,13 | 1,48 | 1,23 [1,22 Ie. .| 230 | 1,0217 | 1,46 | 0,789 |0,20 | 0,46 | 0,034 | 1,64| 3,77| 0,11 | 1,53 | 1,16 11,38 185 0,93 5,08 IIa. .| 200| 1,0197 |1,43 | 0,773 0,07 | 0,14 0,012 | 1,71) 3,42| 0,12 | 1,59 | 1,20 11,09 IIb. .| 230| 1,0191 1,39 0,753 /0,06 | 0,14 |0,010 | 1,39) 3,20) 0,10 |1,29 | 1,21 11,00 IIe. . 240 1,0195 |1,35 | 0,730 0,06 | 0,14 | 0,010 | 1,61| 3,24| 0,13 | 1,48| 1,16 11,0 670 0,42 9,56 Über osmotische Analyse des Harns. 323 ‚ Digitalis- und Kalomelgebrauch. XV xVI [XVII | XVII |XIX | XX |XxI | XXI XXIII XXIV XXV|XXVIlXXVII > Sa 38o = ct = Bess: ses 3. Fee 32|8|23 | ee = Iesssa| 255 as: 3-4 eg an 8 |Ie =) a9:5253| 49% Sean, Pie 12148 SAucale=urs) Sa ®) Banos aa 808 © I aloS| ale 2o5| 8 an = 3038 gan ar. Q& © UNE ON] SE > een eh) 3 dsäns 222 5.0 saa n | Sole Sa SE IR SeE S® iS lee een elle ssas3l.3| 3 ieRzs | 5.5 2509| 80% 8821538 ea Ge|ı s Aea,8| >82 sage SsIS Ss 23 ge =® E SI o SE AR) un ai {eb} Z es < Pan pP S I Bass 358 Sn 885 are Senn = IM A Si « = < 0,239 0185 0427| 0,116 71 0,53 | 1,158. 0,75 | 0,27 | 0,73. 0,38| 0,33 — 0,246 | 0,783 | 0438| 0,075 | 70 |0,63| 0,71 0,75 | 0,17 | 131 |097 | 03 | — ı' 0,228 0,788 | 0,408 | 0,077 | 72 |0,56 | 0,71) 0,87 | 0,19 | 1,357 | 0,78 | 0,59 — 70261 | 0,778 | 0456| 0,174 | 71 \0,63| 0,67 0,79 038 | 043 07 016 | — (70.232 | 0,786 | 0413| 0,060 | 71 \0,58| 0,64 0,82 | 0,14 | 121 loss | 0353| — 1,64 | 1,15 | 0,49 0,757 | 0,624| 0,174 | 85 0,59 | 0,89] 0,37 | 097 071 022| 0909| — 0,760 | 0,586| 0,165 | 77. 10,55 1,03 0,84 | 0,28 | 049 0702| — 0,765 | 0,557 | 0,165 | 79-|0,53 || 1,19] 0,79 | 0,29 0,68 | 0,56 | 0,31 —_ 0,767 | 0539| 0,135 | 75 |0,55| 1,92) 0,80 | 0,24 | 0,59 1032|) 027 | — 0,776 | 0,477 | 0,152 | 83 |0,67 | 0,54| 0,77 | 0,52 | 0,99 | 0,67 | 0,32 — 0,792 | 0,375 | 0,075 | 67 |0,71| 0,44| 0,70 | 0,20 | 0,69 | 0,49 | 0,20 —_ 1,68 1,16] 0,52 0:739217.0,388 0,1457 7770778: 0,321. 0,84 50,37 1.0,94° 0,742 0,20 — 0,821 | 0,205\ 0,093 | 48 |o51| 20| — 045 | 044 |023| 021 | 40 0,852 | 0,131 | 0,106 | 52 |o,ss| 9,6| 0,84 0,81 | 0,25 |0,09 | 0,16 | 3,0 0,853 | 0,129 | 0,108 | 53 |0,38) 10,4 | 0,81 | 0,83 | 0,31 | 0,11 | 0,20 2,0 0,810 | 0,278| 0,209 | 72 |0,34| 7,9| 0,77 | 075 | 0,12 [004 | 008 — 0,814 | 0,253| 0,210 | 70 |0,33\11,5 | 0,83 .| 0,83 | 0,08 | 0,03 | 0,05 — 0,808 | 0,281| 0,219 | 67 |0,55| 82| 0,75. | 0,77 | 0,118. |0.06| 012 | — 0,38 10,13 | 0,25 0,819 | 0,219| 0,197 | 72 \o,s|24,4| 0,75 |09 015 [004 01 | — 0,821 | 0,200| o,ıs2 | 73 |0,97|23,2| 0,93 | 091 | 017/005 0m | — 0,815 | 0,241| 0,923 | 69 \0,33|26,8| 0,78 | 092 | 017 |006| 01) — 0,49 [0,15 | 0,34 394 Anton Steyrer, Dabei ist das Verhältnis — lich zwischen 70 und 72. 1 fast konstant geblieben, näm- Der Prozentgehalt an Kochsalz weist während der Diurese sogar höhere Zahlen auf als vorher. Die Tagesausscheidung betrug bis zu 27. Der Prozentgehalt an Stickstoff hat zur Zeit der Diurese eine Abnahme erfahren; die Gesamtausscheidung pro Tag war jedoch auch bis zu 17,8g gestiegen. Das Verhältnis von Kohlen- Y stoff : Stickstoff war ungefähr gleich geblieben. = hat zur Zeit der Kompensationsstörung den kleinsten Wert 0,55, während der Diurese stieg derselbe zweimal bis 0,63, ohne jedoch dabei irgend welche Gesetzmälsigkeit erkennen zu lassen. Ebenso wenig war dies bei — der Fall. e Die Gesamtmolenausscheidung war auch während der Kompensationsstörung eine verhältnismälsig hohe, nämlich 0,73. Am dritten Tage 1,64. Der an zweiter Stelle angeführte Patient P. litt, wie die Ob- duktion bestätigte, an Concretio pericardi. Auch hier schwere Kompensationsstörungen. I, HI, III, IV aufeinander folgende Tagesmengen, dann Eintritt einer Diurese nach Kalomel. (Va, Vb Tagesmengen in zwei Portionen aufgefangen; VI 24 stündige Menge.) Hier ist ein noch bedeutenderes Ansteigen der Harnflut als im vorigen Falle zu bemerken, von 470 bis zu 2700 cem. (Die Diurese hielt nachträglich noch zwei Tage an.) Der Gefrierpunkt des Harns lag zwischen 1,92 und 0,92. Etwas stärker waren auch die Schwankungen des spezifischen Gewichtes: 1,0226 bis 1,0119. Doch entspricht nicht der gröfsten Harnmenge das niederste spezifische Gewicht und die geringste molekulare Konzentration. 4 Ä : 3 me; unterliegt hier sehr starken Schwankungen, nämlich von 5 _—— 85 bis 67. Es wäre nun wünschenswert, zu untersuchen, worauf die grofsen Schwankungen dieses Wertes beruhen: ein Grölser- werden desselben mülste seine Ursache im Grölserwerden des Zählers oder Kleinerwerden des Nenners haben. Nun stellt sich aber ein Vergleich zwischen / und s streng genommen als un- möglich heraus, weil ersteres eine kolligative, letzteres eine additive Über osmotische Analyse des Harns. 335 Gröfse ist, und aus dieser Betrachtung ergiebt sich auch der geringe Wert dieser Verhältniszahl überhaupt. Auch in diesem Falle ist der Prozentgehalt an Kochsalz nicht sehr stark gesunken. Die ausgeschiedene Menge pro die betrug infolgedessen am ersten Tage der Diurese 278g! Der Stickstoff verhielt sich ähnlich wie in dem vorigen Falle, nur ist ein noch stärkeres Absinken im Verhältnis zu Kochsalz bemerkbar, wie aus den Zahlen in dem Stabe XX hervorgeht. C (0) . . .. 7 O .. — zeigt gegen die Werte während der Kompensationsstörung ein bedeutendes Ansteigen, mit dem in diesem Falle .fast parallel Prozent Stickstoff ein Absinken von Prozent Kochsalz keinerlei Regelmälsigkeiten auf. . € 6 6 einhergehttve. — weist hier Ce Es sei mir gestattet, hier einen Vergleich der beiden Diuresen einzuschieben. Digitalis: Harnmenge: 900:2300 pro die in maximo. Ü: geringes Abfallen derselben. . ges. Molenzahl: Mehrausscheidung auf das Doppelte, 0,73 :: 1,64. Öe: ungefähr gleich geblieben. anorg. Molenzahl: bedeutend ge- stiegen, 0,38:1,15. wenige oeändert. Ce. : Proz. Kochsalz: etwas gestiegen. Tagesausscheidunge Kochsalz: be- deutend vermehrt, 9,18: 26,98 e. Proz. Stickstoff: ziemlich bedeu- tende Abnahme. Gramm Stickstoff pro die: Zu- nahme von 11:17,8. Öe En geht nicht parallel mit Proz. Stiekstoff Proz. Kochsalz’ Dauer der Diurese im Ganzen fünf Tage. Kalomel (mit schwachem Digitaliszusatz): Harnmenge: 470:2700 pro die in maximo. C: starkes Abfallen. ges. Molenzahl: 0,49 : 1,68. Öe: stark verringert. anore. Molenzahl: 0,27 :1,16. Öe a - —,: stark geändert und zwar im (6) Sinne einer höheren Konzentra- tion an Elektrolyten, 0,53 : 0,78. Proz. Kochsalz: geringes Absinken. Tagesausscheidung Kochsalz: Des- gleichen stark vermehrt, 6,58 : 27,02. Proz. Stiekstoff: noch viel stärkere Abnahme. Gramm Stickstoff pro die: geringe Zunahme. = geht parallel mit Proz. Stiekstoff Proz. Kochsalz Dauer der Diurese im ganzen drei Tage. 326 Anton Steyrer, Ich bin nun weit davon entfernt, aus diesen zwei Fällen etwa einen Schlufs auf die Wirkungsweise des Kalomels und der Digitalis als Diuretika ziehen zu wollen, und möchte, wenn ich hier einen Vergleich der beiden Fälle anstelle, vielmehr auf die Brauchbarkeit der osmotischen Analyse für solche vergleichende Untersuchungen hinweisen. Der Unterschied der beiden untersuchten Beispiele bezieht sich hauptsächlich, von quantitativen Momenten abgesehen, auf das Verhältnis der ausgeschiedenen Elektrolyte zur Gesamtmolenzahl. Es ergiebt sich aber auch die Notwendigkeit, gewisse Be- standteile des Harns, wie Kochsalz und Stickstoff, chemisch speziell : C RE? zu bestimmen, wie daraus hervorgeht, dals 7] durchaus nicht immer mit dem Verhältnis von Kochsalz zum Stickstoff parallel geht. Tabelle IV hat Nierenkranke verschiedener Art zum Gegenstande. Patientin Ma. litt an chronischer parenchymatöser Nephritis. Der zweite Fall Di. bezieht sich auf einen Patienten mit chronischer inter- stitieller Nephritis. Der urämische Kranke litt aufserdem an einer sekundären Pericarditis, hatte geringgradige Ödeme, in beiden Pleura- säcken serösen Ergufs. Die Sektion bestätigte die klinische Diagnose und zeigte aulserdem noch eine angeborene Atrophie der rechten Niere; dieselbe wog 34g. Der Urin, welcher hier untersucht wurde, war an zwei aufeinander folgenden Tagen zur Zeit der schwersten Symptome (Coma) aufgefangen worden. Ein zu dieser Zeit gemachter Aderlafs ergab ein Serum vom Gefrierpunkte 0,57. Patient Tsch., 70 Jahre alt. Wegen Hypernephrom der rechten Niere Exstirpation derselben. Die linke Niere zeigte, wie die Autopsie ergab, beginnende (Alters-) Atrophie. Aufserdem ergab der Sektionsbefund Nekrose des Colon mit konsekutiver Peritonitis. Der Harn des Kranken war mehrere Tage ante mortem, und zwar in achtstündigen Intervallen, aufgefangen worden. Bemerkenswert ist noch, dafs der Kranke am zweiten Untersuchungs- tage eine Infusion von 400cem physiologischer Kochsalzlösung und aulserdem 4g Kochsalz per os bekommen hat. Zum ersten Fall, die parenchymatöse Nephritis betreffend, wäre als auffallend zu bemerken: das niedrige spezifische Gewicht und die geringe molekulare Konzentration. Dabei ist auch die Aus- scheidung des Kochsalzes eine recht geringe, was übrigens teilweise auf die kochsalzarme Kost (Milchdiät) zurückzuführen sein dürfte. Das Verhältnis Kochsalz- : Stickstoffausscheidung ist gegen- über den früher gefundenen Werten ein recht hohes zu nennen: 2,0. © erscheint hoch, was auf eine stärkere Retention von Koch- Ce Pe Uber osmotische Analyse des Harns. (sb) |) —I salz schlie[sen liefse, während — auch im Vergleich mit normalen C Harnen nichts besonders Auffallendes bietet. a Der Harn des urämischen Pat. Di. zeigt nun mancherlei Bemer- kenswertes. Bei einer verringerten Harnmenge, bei abnorm tiefem spezifischen Gewicht und molekularer Konzentration sind es gerade die anorganischen Bestandteile, welche hier zurückgehalten werden. & c organischen Bestandteilen ist es wiederum das Kochsalz, welches stärkste Retention erfahren hat. ist an beiden Untersuchungstagen 0,38, und von den an- En ! a am ersten Tage 0,51. Der durch chemische Analyse e gefundene Kochsalzgehalt war 0,08 Proz. Obwohl nun der Kranke am folgenden Tage 5g Kochsalz per os erhielt, so hat sich der. Kochsalzgehalt des an diesem Tage aufgefangenen Harns pro- zentisch noch verringert auf 0,06 Proz. Dementsprechend sind die Verhältniszahlen von Stickstoff zu Kochsalz entsprechend hohe, nämlich 9,6 und 10,4. Die Gesamtmolenausscheidung betrug 0,25 am einen und 0,51 am zweiten Tage. Das Milsverhältnis zwischen der Ausscheidung anorganischer und organischer Molen ist aus den letzten beiden Rubriken deut- lich ersichtlich. A Der Fall Tsch. bietet sein Hauptinteresse darin, dafs bei ver- hältnismäfsig hohem spezifischen Gewicht 1,019 bis 1,021 und normaler molekularer Konzentration es nur gewisse Bestandteile sind, welche im Organismus zurückgehalten wurden, und zwar auch hier wieder besonders die anorganischen und von diesen speziell Kochsalz. Ein Blick auf die Stäbe XIX, XX und XXIII der Tabelle IV zeigt dies sofort. Im Anschlusse hieran möchte ich einige Versuche anführen, welche dahin zielen sollten, die Ausscheidung von Kochsalz bei Gesunden und verschiedenen Kranken zu studieren (Tabelle V). Die Versuchsanordnung war dabei folgende: Die Individuen wurden am ersten Tage bei gewöhnlicher Spitalskost gehalten, die Flüssigkeitszufuhr nicht beschränkt. Der Urin von 24 Stunden aufgefangen. Die auf diese Harne bezüglichen Rubriken sind mit I bezeichnet. Dann bekamen die zu Untersuchenden innerhalb 6 Stunden 10g& Kochsalz zugeführt, sonst blieb die Nahrung die gleiche wie am Vortage. Die zugehörigen Zahlen finden sich in Anton Steyrer, 28 2 ) Tabelle V. I II TEE DTRVZ | SO Vz Vale [AVZRTO | OVAIIIIE SSTBxee ans EoxeIe [EXSHT XII | XIV XV XVI XVII XVII XIX |XX XXI a.2 — 6 ED Bezeich- eagalys| ® #8 1338 8335 en ‚ P2lgals:s| © “2)0o| @.| a8 a S bass nung des| M s 4|ı 0 Sea En I: = 0) « (e | € Sa) 2.8 En) 35 57 Harns lg FE ke : oI= EC IST Hü. I. . | 920 |1,0270/1,911,032| 1,23) 11,3) 0,210.2,619)0,308|0,766!0,544/0,173| 71 [0,52] 0,32 | 0,95 | 0,50 1045| — |} Normales IT. . 2000 |1,0185|1,34/0,724| 1,04| 20,8) 0,177/2,091/0,240[0,78510,4280,111| 72 [0,591 0,25 | 1,45 | 0,85 |0,60| — |f Individuum - Ka. I. . || 550 11,0262|2,3911,292) 0,98) 5,4| 0,168|3,084.0,368|0,756|0,646 0,352] 92. |0,50| 0,54 | 0,71 | 0,36 10,55 | — || Catarrhus ven- II. .|| 1000 |1,0238|1,720,929| 1,42] 14,2] 0,242|2,647[/0,311/0,76610,550.0,121| 72 |0,39| 0,22 0,93 | 0,55 |0,38| — /trieuli chronieus Bit, Al 770 |1,052211,98[1,070 1,05| 8,1| 0,18012,722/0,321|0,764.0,56610,249| 61 0,53! 0,44 | 0,82 | 0,44 | 0,38 11 \ Rheumatismus arti- II... 710 1,0294 11,9511,054| 1,10| 7,s| o,1ss/2,s38/0,336[0,761/0,592/0,261| 66 [o,56| 0,44 | 0,75 | 0,42 |0,33 [ eularis, vit. valv. Wi. I. . || 900 |1,0205|1,52|0,822| 1,03] 9,2] 0,176|2,067[0,237|0,786|0,42310,108| 74 |[0,51| 0,25 | 0,74 | 0,38 | 0,36 In \ Uukompensiertes II. . || 850 11,0212/1,56/0,843: 1,21| 10,0| 0,207|2,318/0,268|0,77810,477\0,109| 74 10,57 0,22| 0,70 | 0,40 | 0,30 f Vitium cordis Pr. T. . 12000 1,0193 1,37 0,741|0,84| 16,8|0,144/2,115 0,243/0,785 0,434/0,178| 71 0,591 0,41| 1,48 | 0,87 0,61 |\yj7 |\ „Kompensiertes Vit. II. . 2420 11,0189|1,35/0,730| 1,32) 32,1\ 0,226|2,406|0,280 0,775|0,496!0,096| 71 [0,68] 0,19 | 1,77 | 1,20 |0,57 |f |\j tismus articularıs Me. I. . || 1150 11,0133/0,68/0,368 0,48) 5,5) 0,082 1,012 0,111 0,822!0,202/0,052! 51 \0,55) 0,25 | 0,44 | 0,22 |0,22| 5 |\ Nephritis ehronica II. . 1120 11,0139|0,690,372| 0,46| 5,2! 0,07811,064/0,117\0,820/0,213|0,070| 50 |0,57|0,32| 0,40 , 0,23 |0,17| 5 N parenchymatosa La. I. .|1250 11,0189/11,04/0,562| 0,72| 8,3! 0,123|1,695/0,19110,80010,34410,122, 54 0,61/0,35 | 0,71 | 0,43 0,28, 6 || Nephritis parenchy- 1, 1310 1,0200 1,08|0,583| 0,80| 10,5| 0,137 |1,745.0,197'0,798.0,354.0,108| 54 0,61] 0,30 | 0,77 | 0,46 0,31) 6 |f matosa chronica He. I. . 1400 11,0143.0,53|0,449| 0,64| 8,9| 0,109|1,341'0,149/0,810|0,26910,072]| 58 [0,59| 0,26 | 0,73 | 0,38 10,35 | 4 |i| Nephritis chronica IT. 1280 \1,0190/1,15/0,622| 0,92] 11,8) 0,157 1,395.0,216|0,791/0,387/0,105| 60 |0,61| 0,27 | 0,75 | 0,46 |0,29| 4 N parenchymatosa We.I. .|l1340 |1,0154 0,99|0,535| 0,64| 8,6| 0,109 11,498|0,167[/0,80610,30210,104| 64 [0,56| 0,34 | 0,70 | 0,39 |0,31| 5 \ Nephritis chro- Il. . 1500 |11,0142/0,93/0,503| 0,72| 10,8! 0,123]1,4210,158;0,808/0,286/0,063| 65 |0,57| 0,22 | 0,76 | 0,43 [0353| 5 nica Ho. I. .| 880 1,0200 1,15[0,62210,64| 5,61 0,1091,534.0,17210,80510,3100,112| 57 0,501 0,36 | 0,54 | 0,27 10,27| 3 |} Nephritis sub- IT. . || 980 |1,0170|1,05|0,567| 0,80) 7,8) 0,137|1,581/0,177\0,804.0,320[0,074| 59: |0,5610,23| 0,55 | 0,31 \0,24| 3 |J acuta Über osmotische Analyse des Harns. 329 den mit II bezeichneten Stäben. Aus diesen Zahlen ersehen wir bezüglich der Menge ein sehr bedeutendes Ansteigen beim nor- malen wie bei dem an Magenkatarrh leidenden Menschen. Die Herz- und die Nierenkranken dagegen weisen gar keine oder nur eine geringe Steigerung der Harnmenge auf. Beim Gesunden und bei dem Magenkranken zeigt sich, dals fast das ganze Plus an Kochsalz wieder ausgeschieden worden ist, ent- sprechend einer Steigerung von 11 auf 20 und von 5 auf 14 9 pro die. Dabei hat sich beim Gesunden das Verhältnis der anorgani- schen zu den organischen Molen nicht sehr wesentlich geändert. Etwas stärker war diese Änderung bei dem Magenkatarrh, von 0,50 auf 0,39; und zwar zeigt sich, dafs im zweiten Fall der gröfste Teil der anorganischen Molen dem Kochsalz zugehört (78 Proz.), während bei demselben Individuum bei gewöhnlicher Nahrung 46 Proz. der Konzentration an anorganischen Molen auf Kochsalz entfallen. Die drei nächstfolgenden Herzkranken zeigten bezüglich der Kochsalzausscheidung kein gleichmälsiges Verhalten. Patientin Br. scheidet am Tage der vermehrten Kochsalzeinnahme sogar weniger als vorher aus. Wi. zeigt eine geringe Steigerung von 9 auf 10g, während Pr. mehr als die eingeführte Dosis wieder ausgeschieden hat (16,8 auf 32,1). Das Verhältnis der Konzentration anorganischer zu der der gesamten Molen hat bei allen dreien eine gewisse Gleichmälsig- keit, indem dasselbe nach Kochsalzeinnahme immer etwas ansteigt. Das umgekehrte Im Falle & 02 I ist es ganz gleich geblieben. Was die Gesamtmolenausscheidung betrifft, so kann man die- selbe in allen Fällen als hinreichend suffizient bezeichnen. Die nun folgenden Fälle litten durchwegs an parenchymatöser Nephritis in mehr oder minder vorgeschrittenen Stadien. Bei keinem dieser Fälle wurde ein grölserer Teil des eingenommenen Kochsalzes sofort wieder ausgeschieden, Y READY De Ä h ; { Das Verhältnis e ist bei allen ein ziemlich konstantes ge- blieben; es bewegte sich zwischen 0,55 und 0,61. In einem ein- zigen Falle war es auf 0,50 gesunken. Aus den Zahlen, welche das Verhältnis der nicht aus Koch- salz stammenden zu den gesamten anorganischen Molekülen dar- 330 Anton Steyrer, » Tabelle VI. Ureteren- | 1 I I 01 III TI; | 2 VE. | MESIE MIT | SVADEIEE | ERS ER XTEEXTTE DSTTTERT, | = e= | E Eu E83 4| 9 | = N N lee 1 B=| oe © | a 2 II — Ir [= = SS >> Daz > = | 5 ge Sr 5 Su = = |2 |24#| 2 |z20 2 B= | aD | 2 on = 2. keller 58 o eh ae iss Eee es See Beer | © i i = dd Fe Ss 5 5 SEES oo|loe2 m. = 8 Bezeichnung .E = a8] S “ laa s4o2 28 82 © |=2 © 21579 Sag yıae8|l a. N | EZ des Harns & ee) a || ge In 92 E8|wela5 = 22 R > BS so|3 5 sl al sialıa | 8. ee ee © ) o=\ SS 5 N [77] 2 5 [am (eb) oO > = a een EN 2 =! EIS IH Rn > 2 ie d> D) S o =) nal 2 R © am) S a ES es S < z: len Pat. Gr. f| 900) 1,0223 | 1,77 | 0,957 |0,73 | 6,57 |0,126 | 1,06] 9,54 | 0,06 1,00 | 0,81 12,125 (10stündigeMenge)\) 150 1,0038 | 0,28 | 0,151 0,11 | 0,16 | 0,019 | 0,12) 0,18 | 0,03 | 0,09 | 0,11 0,571 Pat. Ko. | 1250 | 1,0064 0,42 | 0,227 \0,22 | 2,75 | 0,038 | 0,29| 3,62 | 0,02 | 0,27 | 0,21 0,710 (20stündige Menge)|| 1350 1,0030 | 0,25 0,135 0,12 | 1,61 | 0,016 | 0,10 1,35 | 0,01 ' 0,08 | 0,11 0,484 Pat. Bd. | 325 1,0189 1,28 |0,692 | 0,94 | 3,05 | 0,160 | 0,82] 2,66 0,03 [0,79 — 12,071 (10stündigeMenge)\) 500 | 1,0058 0,41 | 0,222 | 0,26 | 1,39 | 0,044 | 0,29) 1,45 0,02 0,27. — 0,628 stellen, ersehen wir, dafs auffallende Schwankungen, wie etwa bei der oben angeführten chronischen interstitiellen Nephritis oder der Patientin mit marantischer Atrophie hier nicht vorkommen, sondern dals die Werte sich nur innerhalb der Grenzen, wie wir sie bei normalen Individuen beobachten, bewegen. Die in Tabelle VI angeführten Kranken waren Frauen, denen bei gynäkologischen Operationen ein Ureter verletzt worden war, welcher später in die Vagina einheilte, so dafs eine Ureterovaginal- fistel entstanden war. Es sei mir gestattet, wenigstens in Kürze auf die Kranken- geschichten und die Versuchsanordnung bei jedem der einzelnen Fälle einzuschen. l. Patientin Gr., ein 2ljähriges Mädchen, dem wegen beider- seitiger Adnextumeren infolge gonnorrhoischer Infektion, sowie Ante- und Sinistroflexion des Uterus derselbe total extirpiert wurde. llierbei wurde beim Versuche, die Adnexe scharf abzutrennen, der linke Ureter durchschnitten und derselbe nach beendeter Total-Exstir- pation in die Vagina eingenäht. Trotz fortwährenden Urinabganges per vagınam heilte die vaginale. Wunde sehr bald. Ungefähr 1!/, Monat später suchte die Kranke, nachdem sie sich in der Zwischen- zeit verhältnismäfsig wohl befunden hatte, wegen einer aufgetretenen Cystitis wieder das Spital auf. Die Untersuchung des Blasenharns. ergab Spuren von Eiweifs, Leukocyten und Blasenepithelien in mälsig reichlicher Menge. Die Ureterovasinalfistel war unverändert geblieben. Es wurde nun ein Versuch gemacht, durch Einführung eines ganz’ Über osmotische Analyse des Harns. 331 Konzentration der leitenden xV XVI |x VI | XVII |XIX| xx |xX1| XXI XXI XXIV|XXV|XXVIlXXVIO EN ı 5 e ray = (TE = | gast 0=° EEE 2 || © 8 En UEBSU Eu: | 385 73. "585 288 BE: |ı9,|% SERIE WER SI 32 3 SE aEss | 22 282 8809| ı- 2,5138 ae a Sees SEE SS Ze <> See Se een 8 "DD eeÄ|ds| °S| Sssor | aszg |do&| 378 ela|l 218 Sa co| ri | ze85 | 9.9 8539| 392 52|5|83 EU RZ Se. 82 |scrlası IS SS aa e2|s ERea ne2 2 sa> ee Sa |S |S e353un| 233 742 Sun Hm| Al Eh Ks S see An 2 |ys-# En < |< < 0,245 | 0,782 |0,436 | 0,215 | 79 [046\145| — | 0,49 | 0,86 | 0,39 | 0,47 || Blase 0,053 | 0,862 0,099 0,064 | 73 |0,65[1,090 — | 0,65 | 0,33 0,15 | 0,18 | Vagial- 0,077 | 0,849 | 0,140 | 0,070 | 66 10,6111,33| — | 0,50 | 0,28 10,17 | 0,11 | Blase 0,050 | 0,864 |0,094 | 0,064 | 83 10,70 10,98| — | 0,68°| 0,18 | 0,12 | 0,06 | Vaginal- 0,238 | 0,785 |0,424| 0,139 | es [0,61 0,87) — | 0,32 | 0,33 | 0,14 | 0,09 || Blase 0,066 | 0,855 0,123 0,085 | 70 [0,55 110° — | 0,69 | 0,11 | 0,06 | 0,05 | Vaginal- engen Katheters in den in die Vagina eingeheiiten Ureter Harn der linken Niere zu gewinnen. Derselbe scheiterte an der Enge des an- scheinend komprimierten Ureters.. Ebenso milslang ein Auffangen einer grölseren Urinmenge mittels eines eingelegten Speculums. Erst durch einen dazu konstruierten durchbohrten Kolpeurynter konnte, wenn auch mit ziemlich grofsen Verlusten, eine beträchtlichere Menge (150 ccm) aufgefangen werden. Der in derselben Zeit (10 Stunden) von der rechten Niere abgesonderte Urin wurde aus der Blase mittels Katheters entleert, die Menge desselben betrug 900 ccm. I. Patientin Ko., 38 jährige Arbeiterfrau. Dieselbe wurde wegen eines Carcinoma portionis uteri einer erweiterten Freundschen Operation unterzogen. Uterus und beiderseitige Adnexe waren durch zahlreiche Adhäsionen miteinander verwachsen. Die Lösung derselben, sowie das Aufsuchen der beiden Ureteren gelang ohne weiteres. Line Verletzung der letzteren wurde nicht wahrgenommen. Sekundär kam es jedoch durch Abscefsbildung im rechten Parametrium zu Arrodierung des rechten Ureters und zu Harnträufeln aus der Vagina. Oystoskopischer Befund: eitrige Cystitis, vereinzelte Plaques und kleine Hämorrhagien in der Blasenwand; der linke Ureter funktioniert normal, der rechte anscheinend gar nicht. Die Ureterensonde dringt nur lcm ein und stölst dann auf einen Widerstand. Durch Ein- führung eines zweckmälsig hergestellten Kolpeurynters gelang es, einen srölseren Verlust des durch die Vagina entleerten Harns zu vermeiden. Die Patientin trug denselben ohne besondere Beschwerde durch 20 Stunden. Der zu gleicher Zeit von der linken Niere in die Blase secernierte Harn wurde wiederum mittels Katheters möglichst voll- kommen entleert. Die beiden in der Tabelle angeführten Harne beziehen sich auf diese Zeit. 332 Anton Steyrer, ad III. Patientin Bd., 63 Jahre alt. Wegen Carcinoma uteri Total- exstirpation desselben mit Verletzung des Ureters, der in die Vagina einheilte. Genitalbefund ergiebt folgendes: Vaginalkuppe nach oben verschlossen durch eine querverlaufende Narbe, an deren rechtem Ende eine Harnfistel, aus welcher sich Urin entleert. Bei Füllung der Blase mit Milch zeigt sich, dafs zwischen Blase und Fistel keine Kommuni- kation besteht. Die Cystoskopie ergiebt einen gut funktionierenden linken Ureter. Der rechte Ureter funktioniert nicht, die Sonde kann nur ein kurzes Stück in denselben vordringen. Versuchsanordnung wie im vorigen Falle. Von Interesse scheint es mir, hier noch zu bemerken, dafs bei einem späteren operativen Versuche, den Ureter in die Blase zu implantieren, derselbe sich als ein kleinfingerdickes, in seiner Wand verdicktes Rohr darstellte, das allenthalben mit seiner Unterlage verwachsen und durch Drüsen-Metastasen und Bindegewebe stark komprimiert erschien. Diese drei Fälle, welche pathologisch sich in dem speziellen Punkte nahe stehen, dafs Kompression nur eines Ureters vorlag, haben auch sonst manches miteinander gemein. Was erstlich die von beiden Nieren zugleich ausgeschiedenen Urinmengen betrifft, kann der Fall Gr. nicht mit in Betracht gezogen werden, da infolge mangelhafter Versuchstechnik bei Gewinnung des Harns aus der Urinfistel grofse Verluste eingetreten waren. In den beiden anderen Fällen jedoch ist ein deutliches Ansteigen der Menge des durch den komprimierten Ureter entleerten Harns zu konstatieren: von 1250:1350 und 325:500 cem. In allen drei Fällen zeigt sich ein bedeutendes Sinken der molekularen Konzentration. Gr.: 7 1,77:0,28, Ko. 0,42:0,25, Bd. 1,28:0,41. Auch das spezifische Gewicht ist ungefähr in dem- selben Verhältnis gesunken. Ein Vergleich der Verhältniszahl G zeigt in allen untersuchten Fällen ein gleichsinniges Ansteigen (d. h. es sind von der Niere, welche infolge des komprimierten Ureters gegen einen grölseren Widerstand zu arbeiten hatte, die festen Bestandteile überhaupt zurückgehalten worden, und von diesen wiederum hauptsächlich das Kochsalz.) Aus der elektrischen Leitfähigkeit ersehen wir, dals in den Fällen I und II in den aus der Ureterfistel entleerten Harn die relative Kon- zentration an Elektrolyten gestiegen ist, was im Falle III nicht zu- trifft. In diesem letzteren geht das Verhältnis n nicht in der- Prozent Stickstoff selben Weise entgegen der Relation = wie bei den Prozent Kochsalz früheren. 99 Uber osmotische Analyse des Harns. 33 (3) Es ist in unserem Laboratorium durch Thierversuche, sowie auch durch Beobachtungen am Menschen (Frauen während der Freundschen Operation) festgestellt worden, dafs der von beiden Nieren simultan abgesonderte Harn in annähernd gleicher Kon- zentration und annähernd gleicher Menge abgesondert wird. Bei den beiden zuletzt angeführten Patientinnen ergiebt sich aber, dafs die Harnmenge der Niere mit teilweise unterbundenem Ureter in der Zeiteinheit gröfser ist als auf der gesunden Seite. (In dem . ersten Falle trifft dies allerdings nicht zu, das erklärt sich jedoch aus dem starken Harnverlust.) Die molare Konzentration des Urins auf der kranken Seite sinkt aufserordentlich herab *). An dieser Abnahme sind sowohl die anorganischen als auch die organischen Molen stark beteiligt. Ein grobes Mifsverhältnis zwischen beiden ist nicht beobachtet worden. Dafs die Elektrolyten stark ab- nehmen, geht schon aus der bedeutenden Verminderung der Leit- fähigkeit hervor. Die Änderung der Konzentration des Urins aus einer Niere, in deren Ureter ein Gegendruck eingeschaltet wird, ist längst bekannt. Wenn meine Beobachtungen sich mit den ange- gebenen experimentellen Befunden der Autoren nicht vollständig decken, so erklärt sich dies aus der ebenfalls festgestellten That- sache, dafs die Konzentrationsverhältnisse des Urins etwas ver- schieden ausfallen je nach dem Grade und der Dauer des Gegen- drucks im Ureter. Auf das theoretische Interesse der vorstehend genannten Fälle sei_ hier nicht näher eingegangen; blo[s ihre klinisch-diagnostische Bedeutung möge etwas näher erörtert werden. Zunächst ist nicht zu bezweifeln, dafs in diesen drei Fällen ein relatives Hindernis an den beiden Ureteren thatsächlich bestand. Dies geht zur Genüge aus den mitgeteilten Kankengeschichten hervor. Das Hindernis war in allen Fällen übereinstimmend ein längere Zeit bestehendes, allmählich zunehmendes und nicht absolutes. Der von mir erhobene Befund einer Konzentrationsverminderung aus dem verengten Ureter, welche durch die gröfsere Menge des Sekretes nicht kompensiert wird, ist vielleicht in allen Fällen, wo man in der Lage ist, den gleichzeitig ausgeschiedenen Harn beider Seiten zu untersuchen, diagnostisch mafsgebend für die Erkennung einer solchen Stenose. Mir sind wenigstens keine pathologischen Zustände einer Niere bekannt, wo ein derartiger Unterschied sich heraus- *) Eine ähnliche Differenz in dem Harn einer gesunden und einer kranken Niere hat kürzlich Bujniewicz bei einem Falle von einseitiger Nierencyste beobachtet. Le physioloeiste russe 2, 1902. 334 Anton Steyrer, stellen würde. Es ist aber immerhin von praktischer Bedeutung, möglichst frühzeitig eine Kompression des einen Ureters, z. B. nach einer gynäkologischen Operation, zu diagnostizieren. Allgemeine diagnostische Schlufssätze lassen sich aus den vorstehend mitgeteilten Beobachtungen nur wenige ableiten. Dreser*) berechnet bekanntlich auf Grund einseitig kryo- skopischer Untersuchung die Funktion der Nieren, soweit dieselbe in der Ausscheidung von Molen beruht, unter der Voraussetzung, dafs die Nierensekretion nach den Gesetzen verläuft, wie dieselben für semipermeable Membranen aufgestellt worden sind. Gerade die früher erwähnte Beobachtung über die Veränderung von Harnmenge und Konzentration bei Verengung des Ureters beweisen aber, wie übrigens auch schon theoretische Überlegungen, dafs diese Gesetze für die Nierensekretion unmöglich Geltung besitzen können. Vielleicht kommen dieselben wenigstens teilweise für das Glomerulusfiltrat in Betracht. Wie aber nach Anbringung eines Hindernisses im Ureter der Harn dieser Seite reichlicher und in höherem Malse, als der Vermehrung entspricht, dünner werden soll, läfst sich weder aus den bisher aufgestellten sonstigen Theorien noch aus den für semipermeable Membranen geltenden Gesetzen erklären. Inwiefern der Bugarszkysche Ausdruck eine Beurtei- Ss—l1 lung der Diurese gestattet, habe ich früher ausgeführt. Er enthält das Mifsliche, dafs eine additive und kolligative Funktion in Relation gebracht werden. Unter pathologischen Verhältnissen versagt er. Ganz dasselbe gilt von einem anderweitigen Faktor 4.1.08 Bugarszkys, nämlich: ee 7 konstant. Das Verhältnis — —, welches ich, einem Vorschlage Cohens folgend, mit r (0. — Konzentration der Elektrolyte) bezeichnet habe, ist, wie ich zeigen konnte, schon unter normalen Verhält- nissen keine vollständige Konstante. Unter pathologischen Be- dingungen erleidet es bedeutende Schwankungen. Der Faktor v. Koränyis ist durch Lindemann, Kils und andere bereits auf *) Über Diurese und ihre Beeinflussung durch pharmakologische Mittel. Arch. f. exp. Pathol. u. Pharm. 29. Vergl. auch H. Straufls, Die chronischen Nierenentzündungen u. s. w. Berlin 1902. Über osmotische Analyse des Harns. 355 seinen richtigen Wert zurückgeführt worden. Ich verweise in dieser Richtung zunächst auf meine Trinkversuche bei gesunden Menschen. Bei diesen ist die Gefrierpunktsdepression des Blutes unverändert geblieben, beziehungsweise sie hat sich ein wenig erhöht heraus- gestellt. Wenn ein gesunder Mensch trinkt, scheint der Faktor allerdings konstant zu bleiben. Unter pathologischen Bedingungen findet man Abweichungen. Um diese genauer beschreiben zu können, ist neben der Kochsalzbestimmung und der kryoskopischen Bestim- mung die Untersuchung der Leitfhäigkeit unbedingt notwendig, mit anderen Worten: die osmotische Analyse in dem von mir betonten Sinne. Es geht nämlich, wie die Erfahrung zeigt, bei pathologischer Verminderung der Ausscheidung der Elektrolyte die Verminderung der Leitfähigkeit nicht parallel mit dem Werte für Kochsalz. M ist Die Lindemannsche Verwertung des Wertes - = 3 physikalisch-chemisch unmöglich. Denn dieselbe setzt voraus, dals alle Harne, pathologische und normale, für alle ihre anorganischen Moleküle den Dissoziationsgrad einer 1 proz. Kochsalzlösung be- sitzen, was aber selbstverständlich nicht richtig ist. Es kann uns bei der Anwendung der physikalisch - chemischen Methoden auf den Harn also nicht darauf ankommen, die Funktion der Nieren mit einem strengen Mafsstabe zu schätzen. In dieser Richtung können die physikalisch-chemischen Methoden, allein angewendet, nicht viel mehr leisten als die chemische Analyse bestimmter Harn- bestandteile gegenüber denselben Bestandteilen des Blutes. Anderer- seits darf man doch, wenn man es mit einer klinisch .allgemein verwertbaren Methode zu thun haben will, nicht jedem Kranken ‚so viel Blut entziehen, als man zu einer chemischen Analyse braucht. Vor allem läfst sich aus der Verschiedenheit des osmotischen Druckes des Harns, gegenüber demjenigen des Blutes, die Nieren- arbeit nicht berechnen. Verbindet man aber die Kryoskopie mit der Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit, so kann man sich die spezielle Bestimmung zahlreicher chemischer Bestandteile des Urins ersparen und noch gewisse Schlüsse auf die Störung der Diurese ziehen. Die physikalisch-chemischen Methoden vermitteln daher eine gröfsere Ökonomie im analytischen Sinne. Aus der Bestimmung des Gefrierpunktes allein kann man aber nicht leichter die Insufficienz der Nieren erschliefsen als etwa aus einer Be- stimmung von Stickstoff oder Kochsalz. XXI Über die durch Stauung im Ureter zu stande kommende Veränderung der Harnsekretion. Von Privatdocent Dr. M. Pfaundler. (Aus der Grazer medizinischen Klinik.) Gegen die Annahme einer blofsen Eindickung des Glomerulus- filtrates, bei (der jetzt wieder vielfach üblichen) Zugrundelegung der Ludwigschen Theorie der Harnsekretion, hat Tammann*) verschiedene Bedenken erhoben und darauf hingewiesen, dafs ge- wisse Befunde bei experimenteller Harnstauung für die Entschei- dung einschlägiger Fragen verwertbar wären. Dafs Gegendruckerhöhung eine Veränderung der Zusammen- setzung des Harns bewirkt, ist durch Versuche von Max Herr- mann, Ü. Ustimowitsch, Heidenhain, Lepine und Porteret, Lindemann genügend bekannt. Bisher wurde jedoch bei An- stellung von Stauungsversuchen die molekulare Konzen- tration nicht berücksichtigt. Der letzteren kann aber hier eine gewisse Bedeutung nicht abgesprochen werden. Wenn, wie z. B. von Dreser, Tammann und anderen, die Änderung der Be- ziehung, welche die Thätigkeit des Drüsenapparates der Niere zwischen den gelösten Bestandteilen der Mutterflüssigkeit und dem Lösungsmittel (Wasser) bewerkstellist, nach den für semiper- meable Membranen sültigen Gesetzen betrachtet wird, mülste der osmotische Strom nach den Venen des Labyrinths durch Hinzufügung eines Filtrationsdruckes in den Nierenkanälchen *) Tammann. Zeitschr. f. physik. Chemie, 20., 180. M. Pfaundler, Über die durch Stauung iin Ureter u. s. w. 337 offenbar verstärkt werden und die notwendige Folge wäre eine Konzentrationszunahme des gestauten Harns. Die Bowman- Heidenhainsche Auffassung der Nierensekretion vermöchte zwar allerdings ein Sinken der Harnstoffkonzentration des gestauten Harns leicht auf eine unter dem erhöhten Gegendrucke durch die Wandung der Nierenkanälchen in die Lymphräume zu stande kommende Filtration, welche den Harnstoff aus den Epithelien ausschwemmen würde, zurückzuführen. Da aber nach Heidenhain in den Knäueln mit dem Wasser auch (gröfstenteils) die Harn- salze abgesondert werden und überhaupt ein Konzentrierterwerden des Harns in den Kanälchen durch Wasserabgabe von ihm be- stritten wird, kann auch diese Theorie eine Änderung des Ver- hältnisses zwischen der endgültig resultierenden Absonderungsge- schwindigkeit von Wasser und Harnsalzen bei Gegendruckerhöhung nicht leicht erklären. Um aus diesem Gesichtspunkte Aufschlüsse über die durch Stauung im Ureter erzielbaren Veränderungen der Zusammensetzung des Harns zu gewinnen, machte ich Versuche an Hunden und stellte, gelegentlich hierfür verwertbarer Operationen in der hie- sigen eynäkologischen Klinik, auch einige Beobachtungen bei Menschen an. Nebst der Gefrierpunktdepression wurde in allen Harnproben, welche hierzu ausreichten, die spezifische Leitfähigkeit, der Chlornatrium- und der Harnstoffgehalt ermittelt*). Als Ver- gleichsobjekt diente der ohne Stauung unmittelbar vor Beginn des Versuches gewonnene Harn (Versuch B) oder, nachdem festgestellt war, dafs die successiven Schwankungen in der Zusammensetzung des Harns aus einer Niere die Verschiedenheit des simultanen Harns beider Nieren übertreffen**), der simultane Harn der anderen Niere (Versuch C, D, E). *) 4-Bestimmung: Beckmann- Thermometer; geringe Unterkühlung, 3 bis 5 Ablesungen bis zur Konstanz des Gefrierpunktes. Gesammt-N: Kjeldahl. Harnstoff-N: Freunds Oxalsäuremethode (Vers. A), Bestim- mung des leicht abspaltbaren Stickstoffes im Phosphorwolframsäurefiltrate (Vers. B bis E). Chlor. Volhards Methode ohne (Vers. A und B) oder mit (Vers. C bis E) vorheriger Veraschung. Bei der Molenberechnung ist angenommen, dals alles Ol an Na gebunden und das NaCl ganz dissociiert sei @—=2). Leitfähigkeit: Kohlrausch-Apparat (Hartmann u. Braun) mit U-förmigem (Vers. A) oder cylindrischem (Vers. F) Widerstandsgefälse; _ letzteres im Thermostaten bei 25° C; Mittel je dreier Ablesungen. »*) Verol. die jüngsten Forschungen von O0. Rumpel, Beiträge zur klin. Chirurgie, Tübingen, Laupp, 29. Bd. Beitr. z. chem. Physiologie. II. 29 338 M. Pfaundler, Auf eine Messung der Höhe des Gegendruckes kam es mir nicht an. In einem Vorversuche wurden die durch wechselnden Wasser- gehalt der Nahrung erzielbaren Veränderungen jener Werte bestimmt. Versuchsprotokolle und Ergebnisse sind kurz folgende: A. Vorversuche über den Einflufs der Fütterung. Kleiner, achtwöchiger Hund, gemischte Kost; Harn vom 17. Juni 1900; Harn a. Vom 20. bis 23. Juni (inklusive) Trockenfütterung mit Hunde- kuchen; Harn vom 23. Juni: Harn b. i Am 23. Juni abends Darreichung von Wasser, !/, Std. später: Harn c; Im Liter Harn: Ge- cl Ge- Unbe- Spezif. en + b © 4 |samt-'ı U-N als |samt-| U- | NaCl- |stimm- x Leit- N Na Cl Molen Molen |Molen | te fähigkeit ie e Molen f. 10° g Harn «a ||3,935° | 45,629 39,06 — 12,127 | 1,395 — — 2,3311: (normal) 100 \‚85,60°%, 100 |65,57°%% 1722,08 Harn b |2,560° | 32,852) 27,693] 1,25. | 1,546 | 0,989 | 0,427 | 0,130 1,5788 (Trocken- 100 84,29%), 100 |63,95°/,|27,64°/,| 8,41%, | t = 22,9 futter) Harn c ||2,168°| 17,948| 14,858] 1,18 |1,172 | 0,530 | 0,403 0,235 2,2095 (Wasser) 100 \82,79%, 100 |45,26°/,134,43°/,120,31%,| t = 23,4 B. Versuche am Hunde vom 3. Juli 1900. Mittelgrofser Hund. Tiefe Morphin-Äther-Narkose. Extraperito- neale Aufsuchung eines Ureters von einer Bauchwunde aus. Einbindung einer Kanüle Da wenig Harn erscheint, Infusion von etwa 400 cm’ warmer lproz. NaCl-Lösung in eine Halsvene durch vier Stunden. Harn anfangs dicker, später immer dünnflüssiger. Es wird aufgefangen: Portion a. Portion b (etwas später). Portion c, derart, dafs die Kanüle immer durch 12’, 15’, 15’, 15 abgeschlossen, dann für eine Minute geöffnet wurde. Verschlufs und Versenkung der Kanüle. Portion d, am Morgen des anderen Tages im Käfige gesammelt. Uber die durch Stauung im Ureter u. s. w. 339 Im Liter Harn: + Nicht Y% Ges.- | ; Cl als Ges.- U- Nall- n U-N | | ; best. N NaCl Molen Molen Molen ; Molen g .8 g a 2,290° | 15,680 | 13,210) 0,98 |1,238 | 0,472 0,335 0,431 © | 100 | 33,09%, | 27,07 9, | 34,84 %, b 1,710° | 6,972| 5,873) 1,27 [0,924 | 0200 | 0,434 0,290 100 | 22,68), | 46,98%, | 31,34 %, e 1,380° | 9,898| 8,337| 0,97 0,746 | 0,297 0,332 0,117 gestaut 100 | 39,90%, |44,45 Y, | 15,66 /, d 1|1175°| 5446| 4,587| 0,50 \0,6355 o,16a | 0,171 | 0,300 100 | 2578%, | 26,92%, | 47,30%, C. Versuch am Menschen vom 7. Juli 1900. Operation der etwa 40-jährigen Marie Wassaritsch, Exstirpation eines Uteruskrebses in Chloroformnarkose. Durch Katheterismus werden folgende Harnportionen gewonnen. a Nativer Harn aus beiden Nieren, secerniert von 92° bis 9%, b Nativer Harn aus der rechten Niere allein (l. Ureter abge- klemmt), secerniert von 100% bis 10°??; etwa 15 cm?. c Gestauter Harn aus der linken Niere allein, secerniert von 1000 bis 110%; etwa 64 cm°. d Mischharn nach der Operation (enthält auch Stauungsharn von rechts). Im Liter Harn: : Nicht Ge ak ea le Nall- a UN |n.cı |Molen| Mol Mol De N a olen olen Tolen Molen g 8g sg a 1,370 | 6,840 |5,761 | 1,232 [0,741 | 0206 | oa21ı | o11a 27,78%, | 56,88%, | 15,34%, b 9,610° | 4,452 | 3,750 | 1,02 |1.11 | 0,184 0,349 0,928 9,49%, | 24,72%, | 65,79%, c 0,990° | 5,782 | 4,370 |1,04 10,535 | 0,174 0,355 0,006 gestaut Ä 32,49%, | 66,45%, | 1,06%, d 1,560° | 7,389 | 6,224 | 0,544 |0,843 | 0,222 0,186 0,435 26,35%, | 22,06%, | 51,59%, 99% 340 M. Pfaundler, D. Versuch am Hunde vom 17. Juli 1900. Dachshund in Morphin-Äthernarkose. Aufsuchung beider Ureteren (extraperitoneal). Aus den eingebundenen Kanülen wird gewonnen: _ Menge cem*® /,, nativer Harn aus der linken Niere, secern. von 9° bis 10" 4 N]; ” ” ” ” rechten ” „ $}) 35 bis 10"3 5 ; | ee 20 15 5 5 relinken er 3 Ira 16 r,, gestauter „ DE iechtenee, „ KV IR) (entleert nach Aufhebung der Ligatur rechts in den nächsten Min.) l,, nativer Harn aus der linken Niere, secern. von 12° bis 6” 22 7 oSestauteren ee unrechtenuer 5 „.. 12°°Spisk62>98 (entleert nach Aufhebung der Ligatur rechts um 6°). Im Liter Harn: 7 Ges.- | + Cl als | Ges.- Ur NaCl en n | UN nacı| Molen | Molen | Molen En Molen g g g 7 ee le BR en 2 7, So oa es = au 1, 3,0so0| 7,175 | 6,044| 1,20 | 1,665 | 0,2158 | 0,4102 | 1,039 12,96%), | 24,64°/, | 62,40%, fo 15,97.026,675: 5,6222 217102215065 0,2007 0,3761 0,483 gestaut 18,857, 039,327, ,102559827 l, BU] Ta 6,376 | 1,05 | 1,761 0,2276 0,3590 1,174 12,93°/, | 20,38%, | 66,69%, 7, 1,210°| 7,17 | 6,039| 0,50 | 0,654 | 02156 | 0,1709 | 0,268 gestaut 32,96°/,., 26,13% | 40,91% E. Versuch am Hunde vom 17. März 1901. Grofser Hund; Narkose und Operation wie oben. Gesammelt die Harnportionen: Menge cm* !,, nativer Harn aus der linken Niere, secern. von 10° bis 10° 8 1, ” & or \srechtenwes 3 a To ö R x 0 Is, en 3 085. Iinken a, 5 „. 1025pısa A397 79, gestauter , DE orechlenge®, . „A001 AI (entleert nach Öffnung der von 10°° bis 4° rechts angelegten Ligatur). (Einige bluthaltige Portionen von Il, sorgfältig entfernt.) Über die durch Stauung im Ureter u. s. w. 341 Im Liter Harn: Nicht Spezif. * 1C . 4 Ges.- | + N Cl als | Ges.- U- NaCl Be i Leit- n | U | Nacı Molen| Molen | Molen jojo, aigkeit g g g = 25° C. 7... oa a — ® 17 9.8972106 ea ee ee — 12,983 . 10-6 1, |2,841°| 7,20 | 6,055 1,32 [1,5357 | 0,2165 | 0,4513 | 0,8679 '8,1434.10-6 | 14,10°%/,|29,39°/, 56,51%), Sn 2,100° | 6,90 | 5,812 | 1,192 [1,1351 | 0,2070 | 0,4075 | 0,5206 2,7571. 107 nt | 18,24°%),35,90°/,|45,86 %, Generaltabelle. Durch Stauung Ab- Re- Au alaner Ainaltune a: solute | lative beteiligt die Verwendete erzielte ” / I < H a 27 Versen Abn.d.Molen | U- | NaCl- | Unbest. arnproben pro Liter Harn | Molen | Molen | Molen | | | jnativ « und 6 Im Versuche B || 0,335 [30,99 %%,||11,64 %,|15,82 %/,|72,54 °%,) \gestaut c fnativ a und b \gestaut c Im Versuche C || 0,541 \50,28%,|-0,74°),| 5,55 %,| 95,19%, | Ijnativ I, und 1, \\gestautr,und r, Im Versuche E | 0,4006 26,09 %, | 2,37 °%/,|10,93 °/, |86,70 o,, ymativ I, | \gestaut r, Im Nittel. . .| 0,533 [39,32 %| 3,73%,|11,32% |34,95%| — Im Versuche D | 0,854 49,55%, 1,64%, 13,00 183,36) Es ergab sich mithin namentlich folgendes: l. Die Gegendruckerhöhung bewirkte eine gewisse Zunahme der Harnmenge. 2. Durch Stauung wurde in allen Fällen die molekulare Kon- zentration des Harns herabgesetzt, und zwar auf !/, bis 3/, der nativen. 3. An der Abnahme der molekularen Konzentration durch Stauung sind die Harnstoffmolen mit nur etwa 4 Proz., die Koch. salzmolen mit etwa 11 Proz., die nicht bestimmten Molen mit etwa 85 Proz. beteiligt. 349 M. Pfaundler, 4. Die beträchtliche Verminderung der elektrischen Leit- fähiekeit des Harns durch Stauung spricht gleichfalls dafür, dafs die an der Abnahme der molekularen Konzentration hauptsächlich beteiligten (nicht bestimmten) Molen Elektrolyten (anorganische Harnbestandteile) seien. Die gewonnenen Resultate decken sich grolsenteils, wenn auch nicht in allen Punkten, mit den Ergebnissen der früheren Beobachter und ergänzen die letzteren hinsichtlich der Daten der osmotischen Analyse. Die von mir festgestellten Abweichungen der Harnsekretion etwa einem mittelbaren Einfluls des Gegen- druckes auf die Innervation der Nierengefälse zuzuschieben, würde weder vom Standpunkte der Ludwigschen noch der Heidenhainschen Theorie eine einfache Erklärung ermöglichen. Auch eine eventuelle Beziehung derselben (im Sinne der Heiden- hainschen Auffassung) auf eine durch den Ureterverschlufs mechanisch bewirkte venöse Stauung und auf Verlangsamung des Blutstromes in der betreffenden Niere scheint nicht leicht mög- lich, da ja der Harn bei venöser Stauung konzentrierter ist als normaler. Und nimmt man, wie gegenwärtig sehr viele Autoren, in Übereinstimmung mit Ludwig in den Gefäfsknäueln ein „Filter“ und im den Kanälchen einen Eindickungsapparat an, so kann der letztere nach Erfahrungen, wie die vorstehend mitgeteilten, nicht einfach einen osmotischen Proze[s mit den für semiper- meable Membranen gültigen Gesetzen ins Werk setzen. Unter normalen Verhältnissen steht der Harn in den Nieren- kanälchen vermutlich nur unter niedrigem Druck, weil er frei ab- strömt. Legt man auch auf die nicht weiter begründete Hypothese einer nervös ausgelösten Harnflut bei Gegendruckerhöhung nicht viel Gewicht, keinesfalls wird infolge Verschlusses des Harnleiters die Filtration in den Knäueln aufhören, es stellt sich höchstens unter dem Überdruck des stauenden Sekretes eine Rückfiltration desselben durch die Wandung der Harnkanälchen in die Lymph- räume her. Diese abnorm gerichtete Flüssigkeitsbewegung ver- möchte als solche wohl eine Abnahme des Urins an Harnstoff erklären (Ausschwemmung aus den Epithelien). Soweit aber, und dies ist hier sehr vorwiegend der Fall, anorganische Harnbestandteile an der Konzentrationsabnahme beteiligt sind, kommen wir mit ähn- lichen Annahmen nicht aus. Die für semipermeable Membranen gültigen Gesetze lassen sich gleichfalls nicht heranziehen, weil die Hinzufügung eines Filtrationsdruckes durch die Gegendruck- erhöhung den osmotischen Strom nach den Labyrinthvenen nicht Über die durch Stauung im Ureter u. s. w. 343 im Sinne einer Konzentrationszunahme des gestauten Harns be- einflulst. Am ungezwungensten liefsen sich die normale physiologische Eindickung des Glomerulusfiltrates und die von mir nach Ureteren- verschluls beobachtete Abnahme der molekularen Konzentration des Harns unter einen einheitlichen Gesichtspunkt bringen durch die Annahme, dafs unter gewöhnlichen Bedingungen („mechanische“) Affinitäten zwischen gewissen Stoffen der Nierenepithelien und. dem Wasser und den Salzen des Glomerulusfiltrates, speziell die zuerst von Hofmeister*) für die Resorption überhaupt ins Auge gefalsten Quellungsvorgänge, bei der Konzentrierung des Harns den Ausschlag geben, und, dafs unter den Verhältnissen, welche der Ureterenverschlufs nach sich zieht, die entstehenden lockeren Verbindungen variieren oder sofort wiederzerlest werden. *) Hofmeister, Arch.f.exper. Pathologie, 19, 1; 26, 355; 25, 1, 240 27, 395; 28, 210. Graz, April 1902. XXI. Uber die Antiurease. Von Leopold Moll, cand. med. (Aus dem pharmakologischen Institut der deutschen Universität zu Prag.) Die zuerst von Hildebrandt”) beobachtete, später von Morgenroth**), v. Dungern”**), Bordetf) und anderen weiter verfolgte Thatsache, dafs dem tierischen Organismus einverleibte Fermente analog den Toxinen eine Bildung von Antikörpern aus- lösen, liefs es wünschenswert erscheinen, noch weitere Fälle in dieser Richtung zu prüfen: ich übernahm es, festzustellen, ob dem vom Micrococeus ureae gebildeten, in vielen Eigenschaften von den sonstigen Fermenten abweichenden Harnstoffferment eine ähn- liche Fähigkeit zukomme. Würde dies zutreffen, dann mülste der entstandene Anti- körper die Harnstoffzersetzung hemmen, und es böte sich Gelegen- heit, über die Leistungsfähigkeit dieses Antikörpers zu quantitativen Vorstellungen zu gelangen. 1. Darstellung und Eigenschaften des Fermentes. Das Harnstoffferment wurde in folgender Weise gewonnen: Eine sterile Bouillon (von der Zusammensetzung: 19 Liebigs Fleischextrakt, 0,2& Traubenzucker, 0,1& (NH,,CO,;, auf 100 em? Ag. dest.) wurde mit einer Öse einer Reinkultur des Mier. ureae Pasteuri beschickt und durch eine Woche im Brut- *) Hildebrandt, Virchows Archiv 81. **) Mor genroth, Centralblatt für Bakteriologie 1899. “eK, v. Dungern, Münch. med. Wochenschr. 1398. 7) Bordet u. Gengou, Annales de l’Institut Pasteur 15, 129. Leopold Moll, Über die Antiurease. 5345 ofen bei 35° stehen gelassen. Hierauf wurde die trüb und dick- flüssig gewordene Kulturflüssigkeit mit Alkohol gefällt, der Nieder- schlag filtriert, bei einer "Temperatur von 30 bis 35% getrocknet und zu Pulver verrieben. Dieses Pulver enthielt neben den anderen durch Alkohol gefällten Substanzen der Kulturflüssigkeit das wirk- same Ferment. In Wasser verrieben reagierte es neutral. Über- einstimmend .mit früheren Angaben”) gelang es mir nicht, das Ferment vom Bakterienleib mittels Filtration durch eine Thonzelle zu trennen. Nach den Untersuchungen von C. Baumann**) zeigt eine mit Micrococcus ureae geimpfte Kulturflüssigkeit am dritten Tage die grölste Zahl an Kokken, die später wieder abnimmt. In den Versuchen mit meiner Stammkultur erwies sich das Ferment einer drei Tage alten Kultur weniger wirksam als das einer acht Tage alten. Ersteres zersetzte z. B., in der Menge von 0,2g einer Harn- stofflösung zugesetzt, von 0,2004 & Harnstoff nur 0,1142 g, letzteres 0,17153g. Hingegen hatte das Ferment einer vier Wochen alten Kultur sehr schwache Wirkung. Von 0,1907 & Harnstoff wurden nur 0,0067 & zersetzt. Wurde das das Ferment enthaltende Pulver chlorfrei ge- waschen, so verlor es seine Wirksamkeit nicht und aus den fol- genden Zahlenangaben ergiebt sich, dafs Salze das Ferment in keiner Weise, weder fördernd noch hemmend, beeinflussen. Versuch 1. Von 0,1974. Harnstofi, die in 10 cm? der Harnstofflösung ent- halten waren, wurden innerhalb dreier Tage 0,1852g durch das Fer- ment zersetzt. Das chlorfrei gewaschene Ferment zersetzte von der- selben Harnstoifmenge 0,1863 g. Die Wirksamkeit des Fermentes war, bei Züchtung der Kulturen unter gleichbleibenden Bedingungen, eine recht hohe und fast kon- stante. Im Mittel wurden bei 72stündiger Einwirkung bis 94 Proz einer 2prozentigen Harnstofflösung zersetzt. Zur quantitativen Bestimmung des unzersetzt gebliebenen Harnstoffs benutzte ich die Methode von Mörner-Sjöquist, nachdem sich die Bestimmung des gebildeten Ammoniaks nach dem Verfahren von Schlösine hier als unverläfslich erwiesen hatte. *) Sheridan Lea, W. Leube siehe Huppert, Analyse des Harns 1398, 4. Auflage, S. 300. **) Baumann, Zeitschr. f. Hygiene 1900. 346 Leopold Moll, Zur Harnstoffbestimmung im Harn konnte die derzeit nach Angabe von H. Pollak*) „als am besten verbürgte“ Methode von Pflüger- Schöndorff deswegen nicht angewendet werden, weil die schwan- kende Menge der durch Phosphorwolframsäure in salzsaurer Lösung ausfällbaren Substanzen des Kaninchenharns ein mehrmaliges Aus- probieren und damit eine gröfsere Harnmenge, als zur Verfügung stand, erforderlich gemacht hätte. Antiseptica, wie Toluol, Chloroform, machten schon in geringen Mengen das Ferment unwirksam. Dagegen zeigte es sich gegen Natriumfluorid sehr widerstandsfähig, weshalb immer 1 cm? einer 0,4prozentigen Lösung den Proben zugesetzt wurde. Dieser ge- ringe Zusatz genügte, um sicher Fäulnis hintanzuhalten, wie mich quantitative Versuche mit Harnstofflösungen belehrten. Das trockene Ferment vertrug Erhitzen auf 70°, Erhitzen auf 80° tötete es. Übereinstimmend mit den Angaben von Miquel**) wird eine 10 prozentige Harnstofflösung vom Ferment nur wenig, eine 20 pro- zentige überhaupt nicht angegriffen. In gleicher Weise konnte ich die Angaben dieses Autors bestätigen, dals, wie schon oben bemerkt, gleich Salzen auch der Zusatz von Eiweils die Wir- kung des Ferments unbeeinträchtigt lälst. Wurde das Ferment bei Zimmertemperatur durch vier Wochen (in einem dunklen Fläschchen) aufbewahrt, so hatte es seine Harn- stoff spaltende Wirkung verloren. Ähnlich vielen anderen Fermenten zeigte unser Ferment oiftige Eigenschaften. Schon drei bis fünf subkutane Injektionen von je 0,1 Fermentpulver pro die genüsten, um Kaninchen mittleren Gewichtes unter allgemeiner Abmagerung, Gewichtsabnahme, Durchfällen, Tem- peraturerhöhung zu töten. An der Injektionsstelle traten Infiltrate auf, die sich nach Plattenversuchen als steril erwiesen. Die Sektion zeigte neben Enteritis noch Hyperämie der Nieren. Der Harn enthielt mitunter etwas Eiweils. Injektionen von 2 bis 5 cm? einer acht Tage alten, in der Nährlösung aufgeschwemmten Kultur des Micrococeus ureae machten weder Allgemeinerscheinungen noch Infiltrate. Die giftige Wirkung des Fermentes mag vielleicht der relativ grolsen Menge (desselben im Alkoholniederschlage zuzuschreiben sein. ‘Was die quantitative Wirkung des Ferments anbelangt, so zeigte es sich, dafs dieselbe eine um so gröfsere war, je länger dasselbe auf die Harnstofflösung wirken konnte. *) H. Pollak, Über das von Freund und Töpfer angegebene Ver- fahren zur quantitativen Harnstoffbestimmung. Archiv f. d. ges. Physiologie 83. **) Miquel(Comptes rendus 1890); siehe Huppert: Analyse des Harns, 4. Auflage, S. 301. Über die Antiurease. 347 Versuch 2. Von 0,2485 & U (in 10 cm? Lösung) werden durch 0,1 g Ferment zersetzt: nachpllao.0222.02.2220,1279 A514 Broz.) BE Deihergenn 2 3..120..0,1544.02(02,2.,52,) De ige > aan o9lasei@e2..,.) Ferner sei bemerkt, dafs Versuche mit dem Ferment des Staphylococcus pyogenes aureus, welches in derselben Weise ge- wonnen wurde wie das des Micrococeus ureae, und das eine hohe Harnstoff spaltende Wirkung zeigte [es wurden von 0,2004 & Harnstoff, die in 10cm? der Lösung enthalten waren, durch 0,18 Staph.-Ferment während zweier Tage 0,1491 (78,4 Proz.) zersetzt] an der hohen Giftigkeit der subkutanen Injektionen scheiterten. Die Darstellung eines Harnstoff spaltenden Ferments des Streptococcus pyogenes gelang nicht. Injektionen des getrockneten und sgepulverten Niederschlages erwiesen sich ebenfalls als ungemein toxisch. Dagegen konnte ein Harnstoff spaltendes Fer- ment des Bacterium coli und des Proteus vulgaris dargestellt werden. 2. Hemmungswirkung des normalen Serums auf Urease. Bevor noch an die eigentliche Untersuchung der Antiferment- bildung gegangen werden konnte, mulste festgestellt werden, ob das normale Kaninchenserum auf die Harnstoff spaltende Wirkung des Ferments einen Einflufs habe. Immer wurden in den folgenden Ver- suchen 10 cm? 2prozentiger Harnstofflösung + Ferment + Serum + 1 cm? der NaFl-lösung durch 72 Stunden im Brutschrank bei 35° gehalten; sodann wurde die unzersetzte Harnstoffmenge bestimmt. Aus der Tabelle I geht hervor, dals das normale Serum des Kaninchens auf die Harnstoff spaltende Wirkung des Fer- ments einen hemmenden Einflufs ausübt. Unter 16 Fällen war er 13mal vorhanden, wenn Differenzen unter 10 Proz. als negativ angesehen werden. Dabei zeigten sich Schwankungen der hemmenden Wirkung, weshalb bei den unten folgenden Versuchen immer das Serum desselben Kaninchens im normalen Zustand als Grundlage zum Vergleiche mit dem Serum nach wiederholten Fermentinjektionen angenommen werden mufste. Die Versuche Nr. 5, 9, 12 zeigen, dafs Erhitzen auf 65° die hemmende Wirkung des normalen Serums in keiner Weise beeinflufst. Leopold Moll, 348 Tabelle 1. F e 3 ER i Fermentwirkung bei Gegen- Fermentwirkung bei Gegen- Fermentwirkung ermentwirkung bei Gegen- || Fermentwirkung bei EEISERE wart von Fermentserum, das | wart von Normalserum, das wart von Normalserum wart von Fermentserum*) |]n auf 65° erhitzt worden war|| Ih auf 650 erhitzt worden war PR EEE s,,8 Ira: Er: al 8 |250 4 |a| 8 [Sa8el 5 |5 Ä rer s |8| 3 FE Ale Eee. 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Es erhob sich nun die Frage, ob vielleicht die Salze des Serums bezw. die Aschenbestandteile desselben die hemmende Wirkung verursachen. Versuch 19. In 10 cm? U-Lösung sind enthalten 0,1974 a U; davon waren durch 0,2 g Ferment nach 48 Stunden 0,1179 g zersetzt worden. Wurden einer gleichen Probe die Aschenbestandteille von 2 cm? normalen Kaninchenserums hinzugegeben, so wurden in derselben Zeit von 0,2 g Ferment 0,1277 & Harnstoff zersetzt. Die Salze des Serums hatten also keinen Einfluls auf die Fermentwirkung ausgeübt. Ähnlich dem normalen Serum verhielt sich der normale Ka- ninchenharn (siehe folgende Tabelle II). Tabelle II. | In 5cem normalem In 5 cm‘ normalem | Kaninchenharn nach | zersetzt Versuch | Kaninchenharn |72stündiger Digestion Zersetzt in Nr. waren enthalten | wit O2 g F ernten wurden Drorenten bei 55 + + + SU g U gu 20 | 0,1662 0,1347 0,0315 19 De: 0,1638 0,1219 0,0419 96 99 0,1872 0,1572 0,0300 16 23 0,1431 0,0517 0,0914 63 24 0,2972 0.2145 0,0827 98 95 0,3127 0,2086 | 0,1041 33 26 0,2307 0,1502 0,1305 46 97 0,1335 0,0615 0,1220 67 Aus dieser Versuchsreihe geht hervor, dafs im normalen Harn durchschnittlich viel weniger Harnstoff durch das Ferment ge- spalten wurde, als nach der Wirksamkeit desselben in wässeriger Lösung hätte erwartet werden sollen. Dabei zeigte der Harn ähnlich dem Serum Schwankungen in seiner hemmenden Wirkung. Ein Versuch, der klarstellen sollte, ob vielleicht die Aschenbestand- teile das Ferment in seiner Kraft hemmen, fiel negativ aus. Versuch 28. + + Von 0,1974 g U (in 10 cm? U-Lösung) wurden durch 0,2g Ferment innerhalb 48 Stunden zersetzt: 0,1179g. Wurden einer gleichen 350 - Leopoid Moll, Probe die Aschenbestandteile von 5 cm? normalem Kaninchenharn hin- zugegeben, so wurden in derselben Zeit von 0,2g Ferment 0,1147 g Harnstoff zersetzt. Es muls Aufgabe weiterer Versuche sein, die Natur des vielleicht doch anorganischen, physiologischen Hemmungskörpers im Serum nachzuweisen. Berücksichtigt man den Umstand, dafs auch normaler eiweilsfreier Harn — wie aus der zweiten Tabelle hervorgeht — eine konstante hemmende Wirkung auf das Ferment entfaltet, dann dürfte wohl diese in einem beiden gemeinsamen Agens zu suchen sein. Die aufserordentliche Empfindlichkeit des Ferments gegenüber den verschiedenartigsten Einflüssen schlielst aber die Möglichkeit einer Verschiedenheit der hemmenden Fak- toren nicht aus. 3. Immunisierungsversuche. In Anbetracht der hohen Giftigkeit unseres Fermentes konnten zu den täglichen Injektionen nur kleine Dosen verwendet werden. Es wurden 0,05g für eine Injektion benutzt. Dabei war stets eine allmähliche Gewichtsabnahme an den Versuchstieren zu beob- achten. Die Injektionen wurden erst begonnen, nachdem die Tiere sich von dem Aderlafs (10cm?) erholt hatten, der behufs Fest- stellung der physiologisch hemmenden Kraft ihres normalen Serums gemacht worden war. Die Tabelle I lehrt: das erste Tier, Versuch Nr. 6, zeigte nach l4tägiger Vornahme der subkutanen Injektionen von Fer- g, welche die in seinem Normalserum ursprünglich vorhandene um das Doppelte übertraf. ment (& 0,05 8) in seinem Serum eine hemmende Wirkun Das zweite Tier, Versuch Nr. 10, besals in seinem Normal- serum keinen hemmenden Faktor. Nach den Injektionen erwies sich sein Serum als stark hemmend. Beim dritten Tier, Versuch Nr. 12, war die Wirkung des Fermentserums gegenüber der des Normalserums nur um ein Drittel gestiegen. Dals diese Steigerung dem Einflusse der Fermentinjektionen zugeschrieben werden muls und nicht etwa einer Schwankung des schon im Normalserum befindlichen hem- menden Faktors, wird dadurch wahrscheinlich, dafs durch ein- stündiges Erhitzen auf 65° seine hemmende Wirkung auf die Norm zurücksank. Dafs durch Erhitzen auf 65° die Wirkung des Fermentserums auf die Stufe des Normalserums zurückgebracht Uber die Antiurease. 351 werden kann, zeigt in schlagender Weise das vierte Tier, Versuch Nr. 18. Hier hatte die Wirkung des Fermentserums die des Normalserums um fast das Doppelte übertroffen. Das Serum des fünften Tieres, Versuch Nr. 15, änderte unter dem Einflufs der Injektionen seinen hemmenden Einflufs nicht. Durch Erhitzen auf 65° wurde derselbe auch nicht ver- ändert. Kontrollversuche gingen nun dahin, zu untersuchen, ob auch durch subkutane Verabreichung von durch Erhitzen auf 100° unwirksam gemachtem Ferment eine Zunahme der Hemmungs- wirkung hervorgerufen werden könnte. Es gelang nicht (s. Vers. Nr. 29. An den Tieren waren geringe Infiltrate und Gewichts- abnahme zu beobachten. Versuch 29. + + . Von 0,1974. U (in 10 cm’ U-Lösung) wurden durch 0,2 g Ferment innerhalb dreier Tage zersetzt: 0,1881 g (95 Proz.). Bei’ Gegenwart von 2cm? Normalserum in derselben Zeit 0,1006g (53 Proz.). Bei Gegenwart von 2 cm Serum (von einem Tier nach 14tägigen Injek- tionen von 0,05 pro die erhitzten Fermentes) von 0,1908 g Harnstoff (in 10cm? Lösung) 0,1252 g (65 Proz.). Zweitens mulste untersucht werden, wie sich das Serum nach subkutanen Injektionen lebender Kulturaufschwemmung verhält. Versuch 30. Von 0,2004 g U (in 10 cm® Lösung) wurden durch 0,2g Ferment innerhalb dreier Tage zersetzt: 0,1713g (85 Proz... Bei Gegenwart von 2cm? Normalserum in derselben Zeit 0,0825 g (41 Proz.). Bei Gegenwart von 2cm? Serum (nach 14tägiger Injektion von je 2 bis 4 cm? Kulturaufschwemmung pro die) von 0,2485 g Harnstoff (in 10cm} U-Lösung) 0,1276 g (51 Proz.). Nach diesem Resultate erschien es von vornherein wahrscheinlich, dafs auch der dritte Kontrollversuch, welcher zeigen sollte, ob Injektionen von steriler Bouillonflüssigkeit eine Anderung des im Normalserum befindlichen hemmenden Faktors herbeiführen würden, negativ ausfallen würde. Dies traf auch zu. Versuch 31. Von 0,2004g Harnstoff (in 10cm? Lösung) wurden durch 0,2g - Ferment innerhalb dreier Tage zersetzt: 0,1713g (85 Proz.). Bei Gegenwart von 2cm? Normalserum in derselben Zeit 0,0726g U 352 Leopold Moll, (38 Proz.). Bei Gegenwart von 2cm? Serum (von einem Kaninchen nach l4tägigen Injektionen von je 5 bis 10cm? steriler Bouillonflüssig- + + keit) von 0,2485 g U (in 10 cm3 U-Lösung) 0,0867 g Ü (31 Proz.). Es war also nur nach Injektionen des das Ferment ent- haltenden Niederschlages eine nennenswerte Verstärkung der hem- menden Kraft des Serums eingetreten und zwar in vier von fünf Fällen um 20 bis 55 Proz. Ist nun diese Wirkung dem Harnstoff spaltenden Ferment des Micrococecus ureae allein zuzuschreiben, oder vielleicht einem anderen mit Alkohol gefällten Bestandteile der Kultur- tlüssigkeit? Der Umstand, dafs der durch Alkoholfällung gewonnene und das Ferment enthaltende Niederschlag durch Erhitzen auf S0 bis 100° nicht nur seine Fähigkeit, Harnstoff zu spalten, verliert, sondern auch, einem Tiere injiziert, seine das Serum be- einflussende Wirkung einbülst, macht die erstere Annahme sehr wahrscheinlich. Dazu kommt, dafs die Injektionen von erhitztem Ferment im Gegensatz zum wirksamen keine allgemein toxischen Erscheinungen und nur eine mälsige Gewichtsabnahme zur Folge hatten. Die Wahrscheinlichkeit der ersten Annahme wird nur des- wegen nicht zur Bestimmtheit, weil nicht ausgeschlossen ist, dafs neben dem Ferment noch ein anderer, ebenfalls hitzeunbeständiger Körper mit giftiger Wirkung durch Alkohol gefällt und somit injiziert worden war. Ob es vielleicht gelänge, durch Injektionen mit einem toxisch ähnlich wirkenden, aber nicht Harnstoff spaltenden Körper das Serum in seiner hemmenden Kraft zu ändern, wurde in der Weise zu entscheiden versucht, dafs der mit Alkohol gefällte Niederschlag einer Subtiliskultur — die Nährlösung hatte dieselbe Zusammen- setzung wie die sonst von mir angewandte und oben geschilderte — zu den Injektionen verwendet wurde. Der Versuch fiel negativ aus, obgleich das Vergiftungsbild dem durch Injektionen mit Ferment vom Micrococeus ureae erzeugten in den wesentlichen Symptomen gleich war. Der negative Ausfall dieses Versuches berechtigt natürlich nicht, die Existenz eines solchen hypothetischen hitzeunbeständigen, aber stark toxisch wirkenden Körpers im Micrococcus-ureae-Nieder- schlag sicher auszuschlielsen. Uber die Antiurease. 333 -Es war noch daran zu denken, dafs dieser Körper bei etwaiger Wasserlösliehkeit vom Ferment ‘getrennt werden könnte. '-Es wurde deshalb ein Versuch in der Weise unternommen, dals die Injektionen mit den durch Digerieren in physiologischer Kochsalzlösung und Filtrieren gewonnenen löslichen Substanzen des gepulverten Niederschlages vorgenommen wurden (das Filtrat hatte keine Harnstoff spaltende Wirkung). Das Serum änderte seinen hemmenden Einfluls verglichen mit seinem Normalwert nicht, wo- durch jeder weiteren Beweisführung der Weg abgeschnitten ist. Die oben behauptete Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen der vermehrten hemmenden Kraft des Serums nach den Injektionen des das Ferment enthaltenden Nieder- schlages und der notwendigen Anwesenheit des Ferments in diesem Niederschlag ist also berechtigt und somit auch in einem gewissen Sinne die Annahme einer Specifizität des Ferments zulässig. Versucht man eine Erklärung der Thatsache zu finden, dafs die hemmende Kraft des Kaninchenserums nach den Injektionen mit dem das wirksame Ferment enthaltenden Niederschlag steigt, so ergeben sich zwei Möglichkeiten. Es wird entweder der im normalen Serum enthaltene, die harnstoffspaltende Wirkung des Ferments hemmende Faktor einfach vermehrt, oder aber dieser Faktor vereinigt sich mit einem durch die Injektionen neu ent- standenen Antikörper zu gesteigerter Gesamtwirkung. Da das Fer- mentserum das Plus seiner hemmenden Kraft durch einstündiges Erhitzen auf 65° (nicht aber auf 56°) verlor und diese auf die normale Grenze herabsank, während die hemmende Kraft des Normalserums weder durch einstündiges Erhitzen auf 65°, noch durch sechsstün- diges auf 56° alteriert wurde, so ist wohl die erstgenannte Mög- lichkeit ausgeschlossen und die Annahme eines neugebildeten, nicht hitzebeständigen Antikörpers berechtigt. Meine Versuche lehren sonach, dafs sich das Harnstoffferment im allgemeinen in Bezug auf die Auslösung der Bildung von Anti- körpern an die bisher bekannt gewordenen Fälle gleichsinnig an- reiht, dafs jedoch in quantitativer Hinsicht ein bedeutender Unter- schied zu seinen Ungunsten besteht. Die Ursache hierfür mag vielleicht darin liegen, dafs das Harnstoitferment schwer vom Zell- leib trennbar ist. Auch Morgenroth*) fand, dafs die Antilabbildung im *) Morgenroth, Centralblatt für Bakteriologie 1899. Beitr. z. chem. Physiologie. II. 95 354 Leopold Moll, Über die Antiurease. Gegensatz zur Antitoxinbildung eine aufserordentlich geringe ist. Nur nach Injektion sehr grolser Mengen Lab fand eine Antiferment- bildung statt, die zur Neutralisation von sehr kleinen Mengen des Fermentes ausreichte. Er schreibt diesen Vorgang dem Umstande zu, dals das Lab dem Organismus nicht fremd sei. Weiteren Versuchen, die nähere chemisch-physikalische Natur des entstandenen Antikörpers zu ergründen, stellte sich teils die mühsame Gewinnung grölserer Fermentmengen, teils die geringe Haltbarkeit des Fermentes hindernd in den Wee. Prag, April 1902. XXI. Uber die aus Eiweifs hervorgehenden Melanine. Von Franz Samuely. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Strafsbureg.) 1. Über die Herkunft der unter dem Sammelnamen „Melanine“ zusammengefalsten normalen und pathologischen Pigmente stehen sich seit langem zwei widerstreitende Vorstellungen gegenüber. Der einen zufolge, die in v. Recklinghausen, Waldeyer und anderen*) ihre Vertreter findet, entsteht das Melanin autochthon im Protoplasma, d. h. durch metabolische Thätigkeit dazu befähigter Zellen, aus farblosen Vorstufen, vermutlich Eiweifsstoffen. Die andere, ältere Lehre, vertreten durch Gussenbauer, Langhans, Ehrmann, Biondi und andere*), hält an dem Standpunkte fest, dals diese Farbstoffe, wie Gallenfarbstoff und Blutpigmente im engeren Sinne, aus dem Blute bezw. dem Blutfarbstoffe stammen. Chemisch ausgedrückt besagt dies: die Melanine (also das schwarze Pigment der Pigmentzellen von Haut, Haaren, Chorioidea, Melanosarcomen etc.) gehen entweder aus einer farblosen, vermut- lich vom Eiweils abstammenden Vorstufe im Protoplasma hervor oder aus der Hämatingruppe des Hämoglobins.. Eine nähere Er- wägung dieser Frage lälst sofort erkennen, dafs eine Entscheidung auf morphologischem oder vergleichend physiologischem Wege kaum zu gewärtigen ist. Denn einmal ist die Anwesenheit von der- artigen farblosen, daher als solche nicht erkennbaren Vorstufen der Melanine in den Zellen überhaupt nirgends auszuschliefsen; *) Vergl. hierzu Lubarsch-Östertag, Ergebnisse der Pathologie und pathologischen Anatomie 1894, 1896. M. B. Schmidt, Haemorrhagie und Pigmentbildung. 23* 356 Franz Samuely, sodann ist selbst dort, wo die Umstände auf die Pigmentbildung aus Hämogelobin dringend hinweisen, mit der Möglichkeit zu rechnen, dafs nicht die wenigen Prozent Hämatin im Hämoglobin, sondern das in 20facher Menge daneben vorhandene Globin die Muttersubstanz speziell eisenfreier Pigmente sein könnte. Der von Mörner*) als Beweis für die genetische Beziehung von Melanin und Hämatin hervorgehobene Eisengehalt der Melanine ist für diese Frage nicht entscheidend, da dieses Vorkommen von Eisen nicht für alle Pigmente konstant und eine Beimensung von Blutresten nicht auszuschlie[sen ist. Dafs vielmehr das Globin die Fähigkeit besitzt, melaninähnliche Farbstoffe zu bilden, geht wohl aus der Anwesenheit von leicht farbstoffbildenden Gruppen in dem- selben hervor (Tyrosin **), Skatolgeruch bei der Kalischmelze***). (Vergl. hierüber weiter unten.) Auch die Beobachtung von Haus- mannYy) ist zu erwähnen, wonach das Globin beim Kochen mit Salzsäure reichlich schwarzen Farbstoff liefert. Andererseits kann nicht ausgeschlossen werden, dafs auch das Hämatin nach Verlust seines Eisens durch intrazelluläre Vorgänge in ungefärbte Ver- bindungen übergehen, in dieser Form in andere Zellen hinein- diffundieren und hier Anlals zu Pismentbildung bieten könnte. Endlich besteht nach dieser Anschauung die Möglichkeit, dafs die farbstoffbildenden Vorstufen, kurz gesagt die „chromogene“ Gruppe, des Eiweilses und des Hämatins in letzter Instanz identisch ist, so dafs aus ihr je nach Umständen einmal Hämatin, das andere Mal ein „Melanin“ hervorgehen könnte. Eine verläfsliche Grundlage für die Beurteilung dieser Ver- hältnisse ist nur von einer Klarstellung des chemischen Baues der in Frage kommenden Verbindungen zu erwarten. Besitzen Eiweils- stoffe und Hämatin einerseits und Melanin und andere Pigmente andererseits eine Konstitution, welche die Bildung der letzteren aus den ersteren unter den Reaktionsverhältnissen des Tierkörpers möglich erscheinen läfst, so kann diese chemische Beziehung für die physiologische Fragestellung Verwertung finden. Ist eine solche Verwandtschaft nicht vorhanden, so ist eine genetische Beziehung ausgeschlossen, mögen die morphologischen oder entwicklungs- geschichtlichen Befunde noch so sehr zu einer solchen Deutung einladen. *) Mörner, Zeitschr. f. physiol. Chem. 11, 66. =) Pröscher, ebend. 27, 114. ==) Schulz, ebend. 24, 466. 7) Hausmann, ebend. 29, 140. Über die aus Eiweils hervorgehenden Melanine. 357 In Betreff der Melanine hat man diesen Weg in neuerer Zeit mehrfach eingeschlagen. So hat man die normalerweise und die in Geschwülsten vorkommenden „Melanine“ mit grolser Sorgfalt zu reinigen gesucht, Eigenschaften und Zusammensetzung derselben festgestellt. Zu erwähnen sind die Arbeiten von Berdez und Nencki*), Mörner**), Schmiedeberg***), Miuraf), Brandl und Pfeiffer fr), Schererfff), Sieber$), Abel und Davis $$) und anderen. Das Ergebnis war im ganzen wenig befriedigend. Schmiede- berg (l. c. S. 83) falst es dahin zusammen, dafs unter den ge- nauer untersuchten pathologischen und normalen Melaninen auch nicht zwei die gleiche Zusammensetzung haben. Dabei handelt es sich nicht um unwesentliche und zufällige Unterschiede, sondern um so erhebliche Verschiedenheiten in dem Verhältnis von C:N:S, dafs an eine tiefgreifende Verschiedenheit beim Aufbau dieser Pigmente gedacht werden muls. Allerdings darf eine Möglichkeit dabei nicht aufser Acht gelassen werden, nämlich: dafs diese Melanine, trotz grofser Verschiedenheit der Analysenzahlen, Gruppen von chromogenem Charakter gewissermalsen als Kern miteinander gemein haben, und dals die Abweichung in der analytischen Zu- sammensetzung vielleicht nur durch sekundäre Anlagerung von Amid-, Aminosäuren-, Cystein-Gruppen an den gemeinsamen Kern bedingt ist. Die Schwierigkeit, so grofse Mengen natürlich vorkommender Melanine zu gewinnen, um mit Erfolg den chemischen Abbau und damit die Ergründung ihrer Konstitution in Angriff zu nehmen, hat Anlals gegeben, der Frage auf einem anderen Wege näher zu treten. Schon NenckiSS$) war energisch dafür eingetreten, die Melanine der Sarkome etc. als Derivate der Eiweilskörper anzu- sehen. Die Hauptstütze dieser Anschauung sah er in dem Gehalt derselben an Schwefel. Von derselben Voraussetzung ausgehend, *) Berdez und Nencki, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 20, 348. *+) Mörner, Zeitschr. f. physiol. Chem. 11, 115; 12, 229. ##=#) Schmiedeberg, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 39, 63. 7) Miura, Virchows Archiv 107, 250. ır) Brandl und Pfeiffer, Zeitschr. f. Biologie 26, 348. irrt) Scherer, Ann. d. Chem. u. Pharm. 40, 63. $) Sieber, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 20, 362; 24, 17. S$) Abel und Davis, The Journ. of experiment. medicine Vol. I, Nr. 3, 361. SSOLLLCH. 82357. 355 Franz Samuely, dafs die Eiweilskörper des Protoplasmas als die Muttersubstanzen der Melanine anzusehen sind, haben Schmiedeberg*), dann Chittenden und Albro**) die schwarzen Produkte, welche beim Kochen von Eiweils mit Säuren entstehen, analytisch und chemisch näher untersucht. Von ähnlichen Gesichtspunkten geleitet hat Nencki diese chromogene Gruppe im Eiweilsmolekül näher zu charakterisieren gesucht. Da diese Untersuchungen der Ausgangspunkt der nachstehend mitzuteillenden Versuche waren, muls auf sie hier näher ein- gegangen werden. Schmiedeberg benutzte zu seinen Versuchen reines, in Globu- liten ausgeschiedenes Serumalbumin und Wittepepton. Diese Eiweils- körper wurden mehrere Stunden lang mit konzentrierten Säuren ge- kocht. So gewann er reichlich schwarz gefärbte Substanzen, die in ihrem chemischen und physikalischen Verhalten den bekannten, in Alkali löslichen natürlichen Melaninen verglichen werden konnten. Demgemäfs bezeichnete Schmiedeberg diese Körper als „Melanoidine“ oder, da er ihren sauren Charakter feststellen konnte, als „Melanoidin- säuren“. Die aus Serumalbumin erhaltene Melanoidinsäure bildet „im trocke- nen Zustande eine auf den Bruchflächen glänzend schwarze, leicht zer- reibliche Masse, welche sich in Kalilauge selbst beim Erwärmen nur träge wieder auflöst. Auch beim Erhitzen der frisch gefällten Substanz mit Wasser nimmt die Löslichkeit in Alkalien bedeutend ab. Die konzentrierten Lösungen sind schwarz, die verdünnteren kaffeebraun. Zum Unterschied von den Eiweilskörpern ist die Substanz in konzen- trierter Essigsäure selbst beim Erhitzen nicht löslich“. Die Melanoidin- säure aus Wittepepton, d. h. aus Fibrinalbumosen, zeigte die gleichen äulseren Eigenschaften. Chittenden und Albro zersetzten Antialbumid und Hemipepton aus Eiweifs mit Schwefelsäure. Die von ihnen gewonnenen Melanoidine unterschieden sich in ihren Löslichkeitsverhältnissen und ihrer Fällbar- keit durch Metallsalze nicht wesentlich von Schmiedebergs Produkten. Wohl aber ergab die Analyse der einzelnen Präparate sehr grolse Verschiedenheiten. Ich gebe im folgenden eine Übersicht der von Schmiedeberg, Chittenden und Albro mitgeteilten Zahlen, denen sich die Analyse eines aus Pferdeblutfibrin nach Schmiedebergs Verfahren dargestellten Melaninpräparates anschlielst (s. nächste S.). Die grofsen Verschiedenheiten in der Zusammensetzung dieser Präparate legen, wie auch Chittenden und Albro hervorheben, den Gedanken nahe, dafs die Beschaffenheit der künstlichen Melanine sehr erheblich von der Darstellungsmethode abhängt. Anscheinend *) Schmiedeberg, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 39, 65 ff. »=*) Chittenden und Albro, Americ. Journ. of Physiol. 2, 291. Über die aus Fiweils hervorgehenden Melanine. nach demselben Verfahren aus demselben Material (Antialbumid), aber durch ungleich langes Er- hitzen dargestellte Präparate wei- chen schon um einige Prozente im C- und S-Gehalt voneinander ab. Für die Beurteilung dieses Verhaltens ist es von gröfster Be- deutung, Näheres über den che- mischen Vorgang bei der Ent- stehung der Melanine zu erfahren. Schmiedeberg äufsert sich über diesen Punkt ziemlich eingehend. Auf Grund von Vergleichen der empirischen Formeln des Aus- gangsmaterials mit denen der dar- aus erhaltenen Melanine folgert er, dafs die Hauptmasse des Ei- weilses wie gewöhnlich in Albu- mosen, Antialbumide, Peptone und Aminosäuren zerfällt. Neben dieser regelrechten Säurewirkung verläuft aber eine Nebenreaktion — wie oft bei organischen Kör- pern —, bei der einige wenige Albumosen- oder Peptonmoleküle unter Wasseraufnahme Ammoniak verlieren, d.h. stickstoffärmer wer- den. Der zurückbleibende, jetzt kohlenstoff- und schwefelreichere Rest verliert durch Hitzewirkung rasch seinen Wassergehalt, wird dadurch dunkel und widersteht so der weiteren hydrolytischen Spal- tung. Die nächsten Muttersub- stanzen der Melanoidine sind dem- zufolge nicht das Eiweils in toto, sondern wenige, nicht näher be- stimmbare, aber immer noch albu- mosenartige Produkte der Säure- spaltung. Schmiedeberg hält es 7 seon@% 109) I NE SD en 5) - S E11] a rooan = Z DO oO aa 3 Nele ol en WE Wen) {eb} Kun DE a ER u | un [= | = S =} = SOyNan zs FI LAS SR =) SHOonroSrn N D = won Aamaosmın Oo SsösHa-a S5»» =) © SS S Se SroEo 3 Ss Q SI Sa 22 > es 32 zan So aacoma AN - eo = N > ° = © HF Sg ® SS a 8 ee ao ES a ee am = — 2 go © (2) n > au N un! a & ‘= Een a : En e Es= 85 S Eures = =2o58 = a2 Ss ZJz 3:3 od SD ce v8 7 A See Ss 5% S BE «od = ge- ms = nn —_ < o CE on een & <{ gr He) . rS © SWErEN 2 E S _ fs} — = eb ) fe} < = ee © = fe} u = oO a2 22 © » far Res Be! (>) = mransnoo A *) Arch. f. exp. Pathol. u. Pharm. 45, 51. 360 ; - - © Franz Samuely, dabei nicht für unwahrscheinlich, dafs die Melanoidinsäure aus dem Antialbumid entsteht, durch einen ähnlichen Vorgang wie dieses aus dem Albumin. Chittenden .und Albro sind speziell dieser, Anschauung gefolgt, indem sie bei ihrer Darstellung des Melanoi- dins direkt von bestimmten Fraktionen solcher Spaltungsprodukte ausgingen, welche die Anti- und, Hemigruppe im Sinne Kühnes enthalten sollten.- Dabei sollte die Natur des Ausgangsmateriales auch in einer speziellen Natur oder Elementarzusammensetzung des daraus dargestellten Melanins wiederkehren. Auch diese Autoren kommen zu der Anschauung, dafs die Melanine der „Rest von Spaltungsprodukten“ des Eiweilses sind, der einer weiteren hydro-, jytischen Zersetzung entgeht. A Von Gesichtspunkten, die zu wesentlich anderen Resultaten führten, liefs sich Nencki*) leiten. Bei Untersuchung der brom- haltisen Produkte, welche bei der sogenannten „Tryptophanreaktion“ aus Pankreasverdauungslösungen erhalten werden, fiel ihm die Ahnlichkeit auf, die in der Zusammensetzung von einem der brom- haltigen Farbstoffe und bestimmten Melaninen — von ihm aus melanotischen Sarkomen des Pferdes und aus Pferdehaaren dar- gestellt — besteht. SL E) H N Ss Farbstoff aus dem Bromkörper der Pankreasverdauung, bromfrei be- Technet; vi ee en ne IE 4,5 10,0 2,3 Proz. EHippomelaninsäure 2 Se Se SE or NO Pioment der Pferdehaare “) 5 57,6 4,2 11,6 a2 Wies schon die Ähnlichkeit der Analysenzahlen sowie die Farbenreaktion der „Bromkörper“ auf eine Beziehung derselben zu den Melaninen hin, so wurde dieser Gedanke noch gestützt durch die Gemeinsamkeit verschiedener Spaltungsprodukte. Sowohl Melanine wie besagte Bromkörper liefern bei geeigneter Behand- lung neben anderen Produkten Skatol, Indol und Pyrrol. Aus- gehend von dem Gedanken, dafs gleiche Spaltungsprodukte zweier Körper auf die Gemeinsamkeit einer Muttersubstanz hinweisen, sprach Nencki diesen skatolliefernden Komplex als chromogenen Kern im Eiweils an und ‚nannte ihn „Proteinochromogen“. Wie aus den Angaben von Beitler***) hervorgeht, sollte derselbe noch die hohe Zusammensetzung von Oy,Hj]9 Naı SO; besitzen. *) Nencki, Ber. d. d. chem. Ges: 28, 567. 189. **) N. Sieber, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharm. 20, 362. =>) Beitler, Ber. d. d. chem. Ges, 31, II, 1604. Über die aus Eiweils hervorgehenden Melanine. 361 Diesen skatolgebenden Komplex hatte Nencki*) bei der Eiweilsfäulnis in einer relativ wenig veränderten Form als Skatol- essigsäure zu isolieren vermocht. Über die Präexistenz dieser Gruppe liegen jetzt neuere Erfahrungen vor, welche den Verdacht ausschlie[sen, dals es sich bei der Bildung der Skatolessigsäure durch Fäulnis um ein synthetisches Produkt von Bakterien ge- handelt habe. Durch langdauernde pankreatische Verdauung ist es gelungen, aus dem Eiweils Produkte zu isolieren, die unzweifel- haft mit dem Skatol in Beziehung stehen. F. Baum**) erhielt dabei das Benzoylprodukt einer kıystallisierenden, gut charakteri- sierten Verbindung C,H}; Na 0;, die bei Kalischmelze Indol bezw. Skatol lieferte***). Dann haben Hopkins und Coler) ein die Adamkiewiczsche Reaktion gebendes Skatolderivat erhalten, das sie als das langgesuchte „Tıyptophan“ ansehen, und das der Formel C,H}>N50, (identisch oder isomer mit einer Skatolamidoessigsäure) entspricht. Diese Substanz giebt beim Erhitzen Indol, Skatol und die Fichtenspanreaktion. Im Hinblick auf diese Befunde ist es von Interesse, dafs Hirschfeld fr) bei der Kalischmelze, LandoltTrf) bei der trockenen Destillation aus möglichst gereinigtem Augen- melanin ebenfalls Indol und Skatol erhielten. Schon früher hatte Nencki hervorgehoben, dals auch das Hämatin und Hämato- porphyrin, mit Zinn und Salzsäure in alkoholischer Lösung redu- ziert, nach Übersättigen mit Alkali Skatol entwickelt; da fast das gleiche Verhalten für das Proteinchromogen und die Melanine der Melanosarkome zu beobachten war, so glaubte Nencki die Frage nach der genetischen Beziehung von Melanin zu Eiweils und Hämatin dahin beantworten zu können, dals das Proteinchromogen die Muttersubstanz sowohl der Melanine als des Hämatins sei. Er setzte Melanin und Blutfarbstoff somit auf gleiche verwandtschaft- liche Stufe zu dem hypothetischen chromogenen Skatolkomplex des Eiweilsmoleküls. Auf Grund neuerer Erfahrungen läfst sich diese ältere An- schauung genauer ausdrücken. Über den dem Hämatin zu Grunde liegenden Kern haben die *) Nencki u. Selitrenny, Monatshefte f. Chem. 10, 506, 908. 1889. **) F. Baum, Zeitschr. f. physiol. Chem. 28, 210. ===) Nähere Mitteilungen über diesen Körper stehen, wie mir Herr Prof. Hofmeister mitteilt, für-die nächste Zeit in Aussicht. 7) Hopkins u. Cole, Journ. of physiology 27, 418. 17) Hirschfeld, Zeitschr. f. physiol. Chem. 13, 407. +rr) Landolt, ebenda 28, 193. 362 Franz Samuely, schönen Arbeiten von Küster*) und von Nencki und Zalesky “*) erst vor kurzem wichtige Aufschlüsse gebracht. Danach liest dem Hämatin ein mit Alkylgruppen substituiertes Pyrrol, das Hämo- pyrrol, C;H,sN, zu Grunde, welches bei geeigneter Oxydation die von Küster dargestellten Hämatinsäuren liefern dürfte. Da die Küstersche Säure von der Formel C,H,0O,N sehr wahrscheinlich ein Derivat von Fittigs Methyläthylmaleinsäure darstellt, so nimmt Nencki an, dafs das Hämopyrrol ein Methylpropylpyrrol darstellt. Nencki bringt weiter sein Hämopyrrol mit der von ihm nach- gewiesenen Bildung von Skatol und Skatolderivaten aus Hämatin und Eiweils in Beziehung, «die bei Anwesenheit von zwei Hämo- pyrrolen in der That nicht unmöglich erscheint. Es bleibt aber zunächst zu erwarten, ob sich diese Vorstellung als richtig erweist, da manches dafür spricht, dafs im Hämatin neben Hämopyrrol noch eine zweite heterocyklische Gruppe enthalten ist. Im Eiweifs selbst ist die Existenz einer solchen Hämopyrrol- gruppe noch nicht nachgewiesen. Vorausgesetzt aber, dafs die Anschauung über die genetische Beziehung zwischen Eiweils und Melanin einerseits, Hämatin andererseits im Sinne von Nencki richtig ist, wäre das Vorhandensein eines Hämopyrrols im Eiweils a priori um so weniger abzulehnen, als sowohl Eiweilsderivate (das Proteinochromogen, die Melanoidine), wie auch natürlich. vor- kommende Melanine und Blutfarbstoffe einen die Pyrrolreaktion gebenden Komplex enthalten. In den natürlichen Pigmenten ist derselbe von Abel und Davis***) für die Präparate aus der Haut und den Haaren der Neger, in den künstlichen von Chittenden und Albro nachgewiesen. Auch für diesen Pyrrolkomplex darf man annehmen, dafs er im Eiweilsmolekül vorgebildet ist. Für diese Annahme ist die Entdeckung der Pyrrolidinkarbonsäure durch E. Fischerr) eine wichtige Stütze; desgleichen ein Befund von Emersonff), wonach bei Selbstverdauung von Pankreas in nicht unerheblicher Menge ein brauner Körper entsteht, der sehr leicht Pyrrol oder eine ihm nahestehende Substanz abspaltet. Wie aber die Präexistenz der Skatolgruppe in Frage gestellt ist durch die hypothetische Anwesenheit von mindestens zwei Ilämopyrrolgruppen im Eiweils oder Melanin, so kann auch die *) Küster, ebenda 28, 1ff.; 29, 185. Ders., Ann. d. Chem. 315, 186. **) Nencki u. Zalesky, Ber. d. d. chem. Ges. 34, 997. *#*) Abel u. Davis, l. e. Journ. of exp. med., Vol. I, III, 361. 7) E. Fischer, Zeitschr. f. phys. Chem. 33, 152. ıT) Emerson, Diese Beiträge 1, 501. Uber die aus Eiweils hervorgehenden Melanine. 363 Pyrrolreaktion durch andere Gruppen als gerade durch Hämopyrrol- oder einfache Pyrrolkomplexe bedingt sein, so durch den Ornithin- und den Glutaminsäurekomplex, und da bekanntlich aus Kohle- hydraten bei Anwesenheit von Ammoniak leicht Pyrrol entsteht, ist auch an die Ohitosamingruppe im Eiweils als Quelle von pyrrolliefernden Melaninen zu denken, eine Vorstellung, die, wie noch auszuführen bleibt, namentlich für die Beurteilung der Melanoidinbildung durch Säurewirkung von Wichtigkeit ist*). Landolt**) hat ferner bei der trockenen Destillation von Augen- pigment neben Indol und einem vermutlich auf Pyrrol zu be- ziehenden tabakähnlichen Geruch das Auftreten von flüchtigen Basen der Pyridinreihe beobachtet, und es mufs daher auch an eine Beteilisung von Pyridin bezw. pyridingebenden Kernen an der Pigmentbildung aus Eiweils gedacht werden. Auch Nencki vermochte aus dem Pigment melanotischer Geschwülste — dem Phymatorhusin — durch Kochen mit Schwefelsäure und Alkali- zusatz Pyridin frei zu machen. Von Interesse ist, dafs die Gemeinsamkeit in den Spaltungspro- dukten von Melanin und Hämatin auch für das Pyridin zutrifft. Küster sah es in Spuren bei der Oxydation des Hämatins zu seinen Hämatin- säuren auftreten. Für die Entstehung des Pyridins machte Nencki”**) die Kohle- hydrate verantwortlich. Ein sekundäres Entstehen aus einem alky- lierten Pyrrol wird durch den Befund von Küster, der es aus einem hämopyrrolreichen Material bei Oxydation gewann, un- wahrscheinlich gemacht. Vielmehr hat Langsteiny) einen sicheren Befund erbracht, der auch das Pyridin oder eine ihm nahestehende Gruppe als im Eiweils vorgebildet annehmen läfst. Bei lang- dauernder peptischer Verdauung sah er einen basischen Körper entstehen, der schon beim Kochen mit Natronlauge Pyridin ab- spaltet. Endlich sind in neuerer Zeit einige Thatsachen bekannt ge- worden, die mit dem Entstehen von Melanin aus der Tyrosin- gruppe des Eiweilses in Beziehung zu bringen sind. v. Fürthff) fand bei der Untersuchung über den Einflufs *) Vergl. hierzu Roscoe-Schorlemmer, organ. Chem. 5, 121. 2) landelt, l.’e. Ss. 209. #) Nencki, ]. c. Arch. f. exp. Pathol. u. Pharm. S. 358. 7) Langstein, Diese Beiträge I, 512. ++) v. Fürth, Über die Einwirkung von Salpetersäure auf Eiweilsstoffe. Stralsburg, J. Goeller, 1899. 364 Franz Samuely, der Salpetersäure auf Eiweils einen von ihm als Xanthomelanin bezeichneten Körper, der durch seine Zusammensetzung wie durch ein Reduktionsprodukt seine Beziehung zu den Melanoidinen doku- mentiert. Da Fürth bei der Darstellung desselben unter den ge- wöhnlich bei Säurezersetzung auftretenden Aminosäuren das Tyrosin vermilste, so hält er eine Entstehung dieses Melanins auf Kosten des Tyrosins nicht für ausgeschlossen. Ducceschi *) vermochte dann durch gelinde Oxydation von Tyrosin mit Chlorat dunkel gefärbte, melaninähnliche Substanzen zu gewinnen. Und, was be- sondere Beachtung verdient, v. Fürth und H. Schneider **) ge- lang es, durch die Fermentwirkung der tierischen Tyrosinase aus Tyrosin ein melaninähnliches Pigment darzustellen. Dieser Be- fund erhielt eine weitere Bedeutung durch H. Przibram***), welcher zeigte, dafs der frisch entnommene Tintenbeutel von Sepia offieinalis Tyrosin in schwarzes Pigment überführt. Die Mannigfaltigkeit und Vieldeutigkeit dieser Befunde lehrt, dafs die Vorstellung Nenckis, im Eiweilsmolekül sei nur eine chromogene Gruppe enthalten, kaum mehr haltbar ist. Will man unbefangen sein, so muls man zugeben, dals l. aus skatolbildenden Gruppen (Skatolessigsäure, Baums Körper, Hopkins’ Tryptophan), aus tyrosingebenden Gruppen (mit Hülfe einer Tyrosinase), 3. aus pyırolbildenden Gruppen (Pyırrolidinkarbonsäure, Chi- tosamin, Glutaminsäure), 4. aus pyridingebenden Gruppen (Langsteins Pyridinkörper, vielleicht auch Lysin) Farbstoffe vom Charakter der Melanine hervorgehen können. In dieser Beziehung, glaube ich, läfst der Bau des Eiweilsmoleküls eine Fülle von Kombinationen als möglich erscheinen, der gegen- über sich die ınöglichste Zurückhaltung in der theoretischen Be- trachtung empfiehlt, um so mehr, als noch gar nicht festgestellt ist, ob nicht zwei oder mehrere dieser Gruppen, z. B. der Tyrosin und der Skatol bildende Komplex, oder der Pyrrol und Pyridin bil- dende einer gemeinsamen Muttergruppe des reichgegliederten Eiweilsmoleküls entstammen. Nach dem Angeführten erschien es nicht aussichtslos, durch DL *) Ducceschi, Sulla natura delle Melanine e di alcune sostanze ad esse affın. Roma. Rendiconti della R. Academia dei Lincei. Seduta del 3 marzo 1901. **) v, Fürth u. H. Schneider, Diese Beiträge I, 229f. ===) H-Przibwamn, Mess BT 294% Uber die aus Eiweils hervorgehenden Melanine. 365 Untersuchung der künstlichen Melanine mit Hülfe eines zweck- mälsigen Abbaues derselben Aufklärung über die bei Bildung derselben, vielleicht auch bei Bildung der natürlichen Melanine beteiligten chromogenen Gruppen zu suchen. Meine einschlägigen Versuche habe ich in mehrfacher Weise dadurch ergänzen können, dafs ich die Entstehung melaninähnlicher Substanzen aus Körpern einfacher, bekannter Konstitution mit in Betracht zog. 2. Darstellung der Melanoidine. Im Folgenden behalte ich den von Schmiedeberg für die aus Eiweils künstlich gewonnenen Melanine gewählten Namen „Melanoidine“ bei. Dieselben wurden zum Teil nach den An- gaben von Schmiedeberg, zum Teil nach etwas modifizierter Methode dargestellt. Da es mir vor allem auf eine maximale Ausbeute ankam, so benutzte ich als Ausgangsmaterial nicht kry- stallisiertes, sondern käufliches Serumalbumin. Ein Teil Albumin wurde mit je drei Teilen konzentrierter Salz- säure vom spez. Gew. 1,19 während 18 Stunden auf dem Sandbad er- hitzt. Die Zersetzung sah ich als beendet an, wenn eine mit Tierkohle entfärbte Flüssigkeitsprobe keine Biuret- oder Adamkiewiczsche Reaktion mehr zeigte. Die tief braun gefärbten Lösungen wurden in flachen Schalen erkalten gelassen und die sich an der Oberfläche abscheidenden Krusten vorsichtig entfernt. Mikroskopisch erwiesen sich diese als Fetttröpfchen und Fettsäure-Nädelchen, Leucin und Tyrosin. Dieselben wurden mit heilsem Wasser wiederholt aufgekocht, um die daran haf- tenden dunklen Flocken zu gewinnen. Diese Waschilüssigkeiten wurden zusammen mit den stark verdünnten Zersetzungsflüssigkeiten durch Seide Altriert, und daraus die Salzsäure teils auf freier Flamme, teils mit dem Wasserdampfstrom möglichst beseitigt. Um bei der späteren Bearbeitung Verluste zu vermeiden, empfiehlt es sich, die schwach sauren Massen wiederholt auszukochen und die Auszüge zur Sirup- konsistenz wieder einzudampfen. Man verringert dadurch den Melanin- anteil, der beim Ausfällen aus alkalischer Lösung mit Säurs in dieser gelöst bleiben kann. Im weiteren wurde verschieden verfahren. Ein Teil des Sirups wurde in 1 bis 2proz. Natronlauge gelöst, aus der filtrierten Lösung das Melanin mit Salzsäure gefällt und von der überstehenden Flüssig- keit dekantiert; dieses Fällen und Lösen wurde so oft wiederholt, bis die überstehende saure Flüssigkeit kaum mehr gefärbt war. Es lälst sich dies schon beim zweiten bis dritten Male erzielen, wenn das Melanin, wie oben geschildert, bereitet ist. Der flockige Niederschlag der freien Melanoidinsäure wurde alsdann mit 5 bis 6 Liter Wasser auf- geschwemmt, absetzen gelassen, dekantiert und dieses Auswaschen bis zur Chlorfreiheit des letzten Filtrats fortgesetzt. Das so gereinigte 366 Franz Samuely, Produkt wurde im Soxhletapparat mit Alkohol und Äther extrahiert (wobei sich geringe Mengen im Alkohol lösen) und bei 80° im Vacuum über Schwefelsäure getrocknet. Da diese Methode der Isolierung eine äulserst zeitraubende war, wurde währenddessen ein Teil des Melanins folgendermalsen verarbeitet. Aus der alkalischen Lösung oder der stark verdünnten sauren Zersetzungsflüssigkeit wurde das Melanin mit gesättigter Ammonium- sulfatlösung ausgesalzen. Beinahe quantitativ erfolgt die Fällung bei drei Viertel Sättigung. Der Vorteil dieses Verfahrens besteht neben der maximalen Ausbeute darin, dafs bei dem langsamen Ausfällen Ver- unreinigungen nicht mitgerissen werden, dafs sich ferner ein grofser Teil der Aminosäuren bei der hohen Salzkonzentration an der Ober- fläche krystallinisch absondert. Der voluminöse Melaninniederschlag liefs sich durch eine Spur Alkohol auf ein kleineres Volumen bringen. Die Masse wurde alsdann zwei bis drei Wochen lang gegen laufendes, zuletzt gegen destilliertes Wasser dialysiert, bis sie schwefelsäurefrei war. Die vereinigten Inhaltsmassen der Schläuche liefsen sich, in Alkohol suspendirt, gut zentrifugieren. Sie wurden dann wie oben mit Alkohol und Äther extrahiert. Das Extrahieren mit diesen Lösungs- mitteln empfiehlt sich besonders, da dann beim Trocknen das Melanoi- din nicht als spröde, harte Masse zurückbleibt, sondern als ein staub- feines Pulver gewonnen wird; in diesem Zustande ist es der ferneren Verarbeitung zugänglicher und nach dem Trocknen in Alkalien voll- ständig löslich. Dals das eben geschilderte Verfahren bei der Isolierung auf die Natur des Melanoidins keinen wesentlich alterierenden Einfluls ausübt, ersieht man aus einem Vergleiche der unten angeführten Analysen von nach beiden Methoden gewonnenem Material. In Anbetracht der Fällung mit einem schwefelsauren Salz hätte es sich anscheinend empfohlen, als Zersetzungssäure statt Salzsäure Schwefelsäure zu benutzen. Die Resultate von Chittenden hatten es jedoch schon wahrscheinlich gemacht, dafs der hohe Schwefelgehalt seiner Melanoidine auf die Verwendung von Schwefelsäure als Zer- setzungsmittel zurückzuführen ist. Ein Versuch bewies mir, dafs in der That der Verlauf bei Schwefelsäurezersetzung ein minder einfacher ist. Chittenden und Albro haben bereits darauf aufmerksam ge- macht, dafs bei anhaltendem Kochen sich im Kondensationsrohr Schwefel abscheidet. Das Gleiche konnte ich beobachten. Ein Teil Albumin wurde mit drei Teilen 10 proz. Schwefelsäure im Kolben mit aufgesetztem Steigrohr erhitzt. Dieses war mit einer Vor- lage verbunden, die Natronlauge enthielt. Bei nicht allzu schnellem Erhitzen schieden sich im Hals der Flasche und im Steigrohr gelbe Schollen und Körnchen ab. Bei steigender Temperatur schmolzen die- selben ölig und flossen in den Kolben zurück. Die vorgelegte alkalische Flüssigkeit gab mit essigsaurem Blei eine deutliche Sulfidreaktion. Über die aus Eiweils hervorgehenden Melanine. 567 Eine Probe dieser gelben Schollen roch beim Verbrennen nach Schwefel- dioxyd und nach verbranntem Horn. Auf dem Platinblech blieb nur wenig Örganisches. Sie waren löslich in Schwefelkohlenstoff und gaben Schwefelreaktionen. Mit Fortdauer der Zersetzung schwand die Schwefel- reaktion in der Vorlage. Da siedende konzentrierte Schwefelsäure bekanntlich leicht Oxy- dationswirkungen entfaltet, wobei sie zu niedrigeren Oxydationsstufen reduziert wird, so ist nicht anzunehmen, dafs der gebildete Schwefel allein der Cystin- bezw. Cysteingruppe des Albumins entstammt. Auch war seine Menge dazu anscheinend zu grols. Wie dem auch sein mag, jedenfalls bietet die Anwesenheit solcher niederer Oxydationsstufen des Schwefels die Möglichkeit, dals der Schwefel bei anhaltendem Sieden in ähnlicher Weise in die entstehenden Reaktionsprodukte eintritt, wie dies nach später anzuführenden Erfahrungen für den Stickstoff beim Kochen von Kohlehydraten mit Säuren in Anwesenheit Ammoniak ab- spaltender Stoffe stattfindet. Möglicherweise ist so der abnorm hohe Schwefelgehalt einzelner Melanoidine von Chittenden zu erklären, wo- durch diese von den sonst in ganz gleicher Weise dargestellten Prä- paraten Schmiedebergs so erheblich abweichen, Ich bemerke, dals es mir nicht gelungen ist, den Grad der Zer- setzungstemperatur so zu bemessen, dafs ich in allen Fällen die Ab- spaltung von Schwefel im Kolben hätte beobachten können, doch war die Schwefelreaktion in der Vorlage jedesmal positiv. In der Folge stellte ich das Melanoidin, da ich sehr grofser Mengen bedurfte, nach einer dritten Methode dar, bei der ich den Angaben von Schmiedeberg folgte. Sie beruht darauf, dafs der Melaninbrei in Ammoniak gelöst wird. Aus der Lösung wird es mit heilsem Baryumchlorid gefällt, das Baryumsalz wird durch Übersättigen mit heilser Kaliumkarbonatlösung zerlegt. Aus dieser Lösung wird es mit Essigsäure gefällt und gut gewaschen. Die weitere Behandlung ist die gleiche wie oben. Ich mufs dabei erwähnen, dafs von dem zuerst erhaltenen Rohmelanin sich nur ein geringer Teil in Ammoniak löste; wird der unlösliche Anteil aber in Natronlauge aufgenommen, daraus wieder mit Säure gefällt, so ist diese Fällung jetzt auch in Ammoniak löslich. Vermutlich handelt ‘es sich dabei, wie Schmiedeberg andeutet, um die Bildung von salzbildenden Hydraten (Melanoidinsäure aus Melanoidin), die erfahrungsgemäls durch fixe Alkalien viel leichter erfolgt als durch Aınmoniak. Dafs die nach diesen Methoden gewonnenen Melaninpräparate keine einheitliche Substanz darstellen, geht schon aus folgendem hervor. Wird die saure Zersetzungsflüssigkeit des Eiweifses heıls über As- best filtriert, so bleibt eine beträchtliche Masse auf dem Filter zurück. Das Filtrat ist in heifser Lösung klar, wird beim Erkalten aber wieder trübe. Das Ausfallen dieser zweiten Fraktion ist nicht von der Kon- 368 Franz Samuely, zentration der Säure abhängig, denn dieselbe ist beim Erhitzen selbst in verdünnten Säuren wieder löslich. Ferner bleibt ein allerdings sehr geringer Anteil beim Extrahieren mit Alkohol in diesem gelöst, aus dem er beim Erkalten, Stehen und Verdünnen mit Wasser wieder ausfällt. Die quantitative Ausbeute an möglichst reinem Melanoidin betrug nach schätzungsweisem Abzug der Verluste ungefähr 28 aus l1kg käuflichen Serumalbumins. 3. Chemisches Verhalten der künstlichen Melanine. A. Eigenschaften. Das so gewonnene, möglichst reine Melanoidin stellt ein kaffee- braunes Pulver dar. Präparate, die lange mit Äther behandelt waren, sind etwas heller gefärbt. Es ist löslich in fixen, flüchtigen und kohlensauren Alkalien. Aus diesen Lösungen wird es gefällt durch Mineralsäuren und organische Säuren. In konzentrierten Mineralsäuren ist es löslich und wird durch Verdünnung zum Teil wieder ausgefällt. Konzentrierte Essigsäure löst es nicht. Es ist unlöslich in den gebräuchlichen organischen Lösungsmitteln. Kon- zentrierte Salpetersäure löst es mit rotbrauner Farbe. Bei längerem Erhitzen wird die Lösung bis zu Zitronengelb entfärbt, eine Re- aktion, die Berdez und Nencki auch für das Phymatorhusin und Landolt für das Augenpigment anführen. Aus dieser hellen Lösung fällt es auf Wasserzusatz als heller, flockiger Niederschlag aus, der sich in Natronlauge wieder mit dunkelbrauner Farbe löst. Aus der Lösung wird der Körper durch Säuren wieder in der hellen Farbe gefällt. Es handelt sich hier vermutlich nicht nur um eine Oxydation, sondern auch um eine Nitrierung zu einem dem Xanthomelanin v. Fürths nahestehenden Körper. Das Melanoidin verbrennt, ohne sich aufzublähen, und ohne charakteristischen Geruch. Eine Spur zurückbleibender Asche giebt Eisenreaktion. Im Hinblick auf die Verwendung von käuflichem Albumin als Ausgangsmaterial ist dieser Befund nicht von Be- deutung. Bei der Kalischmelze entsteht ein amverksunbaner Geruch nach Skatol und Indol. Mit Zinkstaub trocken erhitzt giebt es eine intensive Fichtenspanreaktion auf Pyrrol. Das durch Nitrierung erhaltene Produkt giebt diese Reaktionen gleichfalls. B. Zusammensetzung. Die Elementaranalyse, der nicht mehr als ein orientierender Wert gebührt, ergab folgende Zahlen: Über die aus Eiweils hervorgehenden Melanine. 369 Für Präparat I, durch Fällen aus alkalischer Lösung erhalten: 0,1598 & Substanz gaben 9,98cem N bei 755mm Druck, 19,4° Temperatur, 0,2024 „, = „0,4604 CO,, 0,0907 H,O, 1,4003 „ “ „0,3578 BaSO,. Aschegehalt 0,6 Proz. Für Präparat II, durch Aussalzen mit Ammonsulfat gewonnen: 0,1556 & Substanz gaben 9,81 ccm N bei 757,5 mm Druck u. 19,4° Temperatur, 0,1448 „ 5 „ 0,3289 CO,, 0,0651 H,O, 0,1362 „ > „ 0,4160 BaSO,. Asche 0,9 Proz. Auf aschenfreie Substanz umgerechnet, ergiebt sich für C H N S Ö Braparatıl 2.2 22.2.22.061,46 5,02 7,17 3,50 22,25 Proz. = IE.22761,95 5,02 7,07 4,2 21,00, Zur weiteren Orientierung wurden mit diesem Material, das ich in groflsen Mengen dargestellt hatte, mannigfaltige Versuche angestellt, um womöglich über die in dem Melanin vorliegenden Gruppen Aufschlufls zu erhalten. C. Oxydationsversuche. An natürlichen Melaninen sind Oxydationsversuche ausgeführt worden von W. Jones*), und zwar an der Melaninsäure der Negerhaut. Er fand, dafs sein Präparat mit Kaliumpermanganat leicht oxydiert wurde, desgleichen mit Chlor. Hirschfeld **) beob- achtete für sein Augenmelanin Angreifbarkeit durch Chlor und Permanganat, nicht durch Wasserstoffsuperoxyd. Das Augenpigment Landolts***) löste sich schnell in Kaliumbichromat und Schwefel- säure. Die von mir dargestellten Melanoidine wurden von Chlor entfärbt. Auch sehr starkes Wasserstoffsuperoxyd vermochte sie langsam zu lösen und in hell gefärbte Produkte überzuführen. Die Oxydation gelang ferner leicht in alkalischer Lösung mit Ferri- cyankalium und mit Kaliumpermanganat bei Zimmertemperatur in ein bis zwei Tagen. Im letzteren Falle war die Flüssigkeit nach dem Abfiltrieren des Mangandioxyds bei vollendeter Oxydation wasserklar. Beim Ansäuern trübte sie sich leicht, ohne einen Ge- ruch nach flüchtigen Säuren (Buttersäure) auftreten zu lassen. Diese ausgefallene weilse Trübung entzog sich wegen ihrer ge- ringen Menge der Untersuchung. Die sauren Oxydationsgemische wurden mit Äther und Ligroin extrahiert, ohne dafs von diesen Lösungsmitteln etwas aufgenommen wurde. *) W. Jones, Amer. Journ. Physiol. 2, 330 bis 393. »*) Hirschfeld, Zeitschr. f. phys. Chem. 1. c. *+*) Landolt, Desgl. 1. c. S. 208. Beitr. z. chem. Physiologie. II. 94 370 Franz Samuely, Bei diesen Versuchen hatte mich der Gedanke geleitet, dals, wenn eine dem Hämatin entsprechende chromogene Gruppe im Eiweils vorhanden sein sollte, diese bei Oxydation in geeigneter Weise auch Hämatinsäuren liefern könnte. Ich habe daher in einer Anzahl von Versuchen die Vorschriften eingehalten, die Küster*) für die Oxydation des Hämatins zu Hämatinsäuren angiebt. Es gelang jedoch nicht, zu einem falsbaren Resultate zu kommen. Von Natriumdichromat und Schwefelsäure wurden die Mela- noidine bei geeigneter Behandlung angegriffen. Aus den sauren Lösungen liefs sich durch Äther schwierig ein Extrakt gewinnen, das beim Verdunsten neben Sirup eine äulserst geringe Menge feiner Nadeln zurücklie[s. Sie waren aschefrei, verbrannten mit an Fenchel erinnerndem Geruch und reagierten sauer. Sie bildeten in Wasser lösliche Kalk- und Baryumsalze, die nicht kıystallinisch zu gewinnen waren; mit Küsters Hämatinsäuren hatten sie keine Ähnlichkeit. Die Kıystalle der freien Säuren waren löslich in Alkohol, Ather, Essigäther und Eisessig, unlöslich in Benzol, Ligroin, Chloroform. Im dieser Beziehung verhielt sich der die Krystalle umgebende Sirup wie die Kıystalle selbst. D. Reduktionsversuche. Mit den natürlich vorkommenden Melaninen sind wiederholt Reduktionen ausgeführt worden. Hirschfeld **) reduzierte Augen- pigment mit Natriumamalgam und mit Zinnchlorür in saurer und alkalischer Lösung. In beiden Fällen konstatierte er eine Ent- färbung, desgleichen bei Verwendung von Zinkstaub in alkalischer Lösung. Im Hinblick auf die schon erwähnte Gewinnung des Hämo- pyırols aus Hämatin durch Nencki und Zalesky habe ich eine Anzahl Reduktionsversuche mit Jodwasserstoff unter Zusatz von Jodphosphonium ausgeführt. Ich verfuhr zunächst nach den Angaben der Autoren. Es ergab sich, dals frisch gefälltes oder staubfein gepulvertes Melanoidin beim Erhitzen mit Jodwasserstof im Kolben mit Rückflufskühler selbst nach 8stündigem Erhitzen auf 210° (Ölbad) nicht merklich in Lösung ging. Eine mit dem Kühler verbundene Alkalivorlage liefs keine Abspaltung von flüchtigen sauren Produkten erkennen. Eine Probe des Kolben- inhalts, mit Alkalı versetzt, hatte keinen charakteristischen Geruch. *) Küster, 1. c. 5 =), Hisschweld.Ize: Über die aus Eiweils hervorgehenden Melanine. 371 Der Versuch wurde daher im zugeschmolzenen Rohr wiederholt. Je 3g meines Melanoidins, 7 ccm Jodwasserstoffsäure vom spez. Gew. 1,96 und 1 g Jodphosphonium wurden in eine Schmelzröhre gefüllt, diese sofort zugeschmolzen. Die Röhren wurden während acht Stunden einer Temperatur von 200 bis 210° ausgesetzt. Der starke Druck im Innern der Röhre verlangt bei höheren Temperaturen Vorsicht. Einige Vorproben, die in Zeiträumen von zwei Stunden und bei niederer Temperatur bis zu 115° unterbrochen und untersucht wurden, zeigten, dafs der Röhreninhalt zuerst eine rote Farbe annimmt — selbst bei Über- schufs von Jodphosphonium. Ein Teil des Melanins haftet als dunkles Harz an den Wänden. Nach beendeter Reduktion ist der Inhalt hell- gelb und klar. Trotz zahlreicher Versuche ist es mir nicht gelungen, die Reduk- tion stets in gleicher Weise zu Ende zu führen. In ganz gleich be- handelten Proben zeigten einzelne vollkommene Reduktion, andere noch jodhaltige Reste in Gestalt von schwarzem Harz. Solche Reste wurden bei weiteren Reduktionen mitverarbeitet. Der Röhreninhalt, mit Wasser verdünnt, gab stürmische Gas- entwicklung und Geruch nach Phosphorwasserstoff. Zugleich trat eine dicke wolkige Fällung eines hellgelben Körpers auf, der beim Stehen im Licht und an der Luft allmählich, beim Erhitzen sofort braunrot wurde und dann an Chloroform Jod abgab. Wurde dieser Körper im Dunkeln unter Kühlung abfiltriert, gut ausgewaschen, dann mit Natronlauge versetzt, so löste er sich zu einer rotbraunen Flüssigkeit, aus der er mit Säure jod- und phosphorfrei erhalten werden konnte. Die Ausbeute war eine minimale, da bei der Reinigung durch Lösen und Fällen Verluste unvermeidbar waren. Auch enthielt der Körper viel sehr schwer verbrennliche Asche. Beim Erhitzen auf dem Platinblech entwickelte der Körper stechend riechende Dämpfe, die eine intensive Fichtenspanreak- tion gaben. Mit Zinkstaub gemischt, gab er schon in der Kälte Pyrrolgeruch, bei leichtem Erhitzen aber in einer Stärke, wie sie nie bei dem ursprünglichen Melanin zu beobachten ist; bei der Kalischmelze entwichen Ammoniak und flüchtige Basen, aber kein Skatol. Da später, bei der Verarbeitung der von diesem Körper abfiltrierten Reduktionslösungen, nur Spuren von Pyrrol ange- troffen wurden, muls ich annehmen, dafs die Hauptmenge des- jenigen Komplexes, der im Melanin Träger einer Pyrrolreaktion ist, bei der Reduktion in Form dieses Körpers abgespalten wird. Über die Natur dieses Pyrrolkörpers lälst sich wegen seiner Ver- änderlichkeit und der geringen Ausbeute wenig aussagen. Erwähnt sei nur, dafs das jodfreie Produkt in alkalischer Lösung ein Benzoylprodukt lieferte — die Melanoidine reagieren nicht mit 24% 372 Franz Samuely, Benzoylchlorid —, das aufser in heilsem Alkohol in den üblichen organischen Lösungsmitteln unlöslich war. Beim Erkalten fiel es, ohne Neigung zu krystallisieren, in weilsen Flocken wieder aus. In einem Versuche wurde der Röhreninhalt nicht mit Wasser verdünnt, sondern sofort mit Alkali übersättist und destilliert. Das klare, nichtölige Destillat gab die Fichtenspanreaktion und wurde beim Erhitzen mit Salzsäure rot, ohne dafs jedoch eine Ausscheidung von Pyrrolrot erfolgt wäre. Mit Platinchlorid und Sublimat entstanden amorphe Fällungen, mit warmer, gesättigter Pikrinsäure beim Erkalten eine leicht zersetzliche krystallinische Verbindung, die aber die Fähigkeit aus Benzol zu krystallisieren, die Nencki für das Hämopyrrol angiebt, nicht aufwies. Wurde die Sublimatfällung mit Wasser erhitzt und von dem weilsen Präzipitat abfiltriert, so schied sich beim Erkalten des klaren Filtrats ein amorpher, weilser Niederschlag wieder ab. Die Menge des Quecksilberchloridniederschlags reichte zur Analyse nicht aus. Obgleich es nach dem Gesagten nicht möglich war, Hämo- pyrrol sicher nachzuweisen, möchte ich doch nicht in Abrede stellen, dafs dies bei Verarbeitung sehr erofser Mengen von Melanoidin gelingen könnte. Die Filtrate der verdünnten und von dem Pyrrolkörper ab- filtrierten Reduktionsflüssigkeit lie[sen die Anwesenheit von Pyri- din oder eines demselben äufserst ähnlichen Körpers erkennen. Sie waren klar und leicht gelb gefärbt und rochen intensiv nach Phosphinen und Merkaptanen; um diese zu entfernen, wurde mit Wasserdampf destilliert, bis der Geruch verschwunden war. Alsdann wurde mit Natronlauge versetzt, wobei sich etwas Eisenoxyd aus- schied, und die alkalische Lösung destilliert. Das Destillat wurde in Salzsäure oder Schwefelsäure aufgefangen und durch abermalige Destillation eingeengt. Eine Probe dieser Lösung, alkalisch gemacht und leicht erwärmt, entwickelte den Geruch von flüchtigen Basen der Pyridin- oder Piperidinreihe.e Die Fichtenspanreaktion auf Pyrrol blieb negativ. Zur Gewinnung der Basen wurde aus alkalischer Lösung destilliert. Das Destillat enthielt noch reichlich Ammoniak. (Für das daraus dargestellte Platinchloridsalz wurden gefunden : Pt = 44,04 Proz., für Platinsalmiak berechnet Pt — 44,13 Proz.) Um die nebenher entstandenen Basen von dem Ammoniak zu scheiden, versuchte ich das Gemisch Cer salzsauren Basen mit Alkohol und Ather von dem Chlorammonium zu trennen, was nur sehr unvoll- kommen gelang. Besser konnte das Ammoniak entfernt werden, wenn die salzsaure Lösung, mit Alkali übersättigt, einen Tag gut gekühlt über Schwefelsäure stand. Verluste der Basen waren dabei nicht zu vermeiden. Die Lösung wurde alsdann vorsichtig destilliert, das Uber die aus Eiweils hervorgehenden Melanine. 373 Destillat, das jetzt einen unverkennbaren Geruch nach Pyridin hatte, wurde mit alkoholischer salzsaurer Platinchloridlösung versetzt. Es überwog jetzt die Masse von hellgelben Krystallnadeln über die noch immer vorhandenen Oktaeder des Platinsalmiaks. Beim Stehen im Exsikkator schieden sich aber dunkelbraune Häute und schwarze, amorphe Flocken ab. Es wirkte also der Krystallisation ein das Platin- chlorid reduzierender Körper entgegen. In der That liefs die empfind- liche Isatinprobe eine Verunreinigung mit Pyrrolresten erkennen, was obiges Verhalten erklärt. Ein einziges Mal gelang es, ein schwefelsaures Salz in Form einer weilsen, dicht verfilzten Krystallmasse zu erhalten, an dem, wenn es auch noch Ammoniumsalze und Spuren des Pyrrolkörpers enthielt, die Zugehörigkeit der Base zum Pyridin hinreichend bewiesen werden konnte. ‚ Eine Lösung dieses Salzes gab eine krystallinische Fällung mit Platinchlorid, Cadmiumchlorid, Merkurichlorid. Das Platinsalz gab beim Kochen die Platosoreaktion nach Anderson*). Lugolsche Lösung, Jodwismutkalium, Jodquecksilberkalium, Phosphorwolfram- säure fällten flockige Niederschläge. Reduktion mit Zinkstaub. Die Identifizierung der eben besprochenen Pyridinbase gelang durch Reduktion des Melanoidins mit Zinkstaub im Wasserstoff- strom. Diese Methode gewährt den Vorteil, dafs der Grad der Reduktion mit dem Auge verfolgt werden kann. Nach zahlreichen Versuchen erwies es sich als zweckmäfsig, auf 90 g ausgeglühten Zinkstaubs 3 g Melanoidin zu nehmen. Die Mischung muls eine innige sein. In der Röhre soll dieselbe nicht zu dicht verteilt sein und den gröfsten Röhren- durchmesser als Niveau nicht überragen. Dieses Gemisch wurde in Hartglasröhren gefüllt. Diese waren an dem .einen Ende mit dem Wasserstoffapparat verbunden und wurden nach der Füllung am abführenden Ende zu einem schmalen Rohr aus- gezogen. Dieses führte in ein U-Rohr mit grofsem Durchmesser, das von aufsen durch eine Kältemischung scharf gekühlt wurde. Der durchstreichende Wasserstoff ging von hier aus, die entweichenden Dämpfe mit sich führend, durch mehrere Waschflaschen zu einem mit Wasser gefüllten Aspirator. Vorbedingung für das Gelingen des Versuches ist absolute Trocken- heit des verwendeten Materials, der Röhre und des U-Rohres. Jedes zu schnelle und zu hohe Erhitzen beeinflulst störend die Qualität und Quantität der Spaltungsprodukte. Es wurde daher nie anders als mit leuchtender Flamme erhitzt und für die ersten Stunden nur eine möglichst niedrige Temperatur verwendet. Längere Dauer der Erhitzung ist vorteilhafter als ein hoher Hitzesrad. In keinem *) Anderson, Annalen der Chemie 96, 200. 374 Franz Samuely, Falle darf die Temperatur erreicht werden, bei der es zu einer Subli- mation des Zinks kommt. Auch der Wasserstoifstrom darf nicht zu lebhaft sein, da er sonst die Dämpfe der kondensierbaren Substanzen über das gekühlte U-Rohr hinaus mitreilst, was selbst bei einem Strome von zwei bis drei Blasen in der Sekunde nicht zu vermeiden war. -* Als Vorlagen wurden in mit dem Versuch wechselnder Reihen- folge verwandt: Wasser, Alkohol, Äther, Benzol, Alkali, konzentrierte und verdünnte Salzsäure und Schwefelsäure. Der Verlauf einer Reduktion gestaltete sich so, dafs sich bei lang- samem Erwärmen das Zink- Melaningemisch zunächst leicht aufblähte. Nach einer Stunde strichen weilse Dämpfe durch den Kühler, die zum Teil in Wasser, vollständig erst in Säure absorbiert wurden. In der Folgezeit gingen gelbe Dämpfe über, die sich im U-Rohr zu einem gelben Öl kondensierten. Diese sichtbare Dampfentwicklung hörte nach fünf Stunden meist auf. Nach sechs Stunden betrachtete ich die Reduktion als beendigt. Das Zinkgemisch enthielt dann keine Spuren einer organischen Sub- stanz mehr. Die zuerst entweichenden weilsen Dämpfe erwiesen sich als Chlorammonium, das unverändert das U-Rohr passierte. Da das Melanin bei der Darstellung bis zur Chlorfreiheit gewaschen war, so ist an die Möglichkeit zu denken, dafs das Chlor in dem Melanoidin in organischer Form enthalten war, vielleicht ähnlich dem Schwefel und den Ammoniakresten, die bei der Kondensation (vergleiche hierüber weiter unten) in dasselbe eintreten. Meist hörte die Entwicklung der Salmiakdämpfe nach 10 Minuten auf. Es trat Geruch nach Pyrrol, schwächer nach Skatol auf. Das Pyrrol hatte dabei nicht den unangenehmen tabakartigen Geruch un- reiner Pyrroldämpfe. Nach beendeter Reduktion zeigte das von dem Aspirator aufgenommene Wasserstoffgas einen starken Geruch, der an Blausäure oder Benzaldehyd erinnerte. Die verschiedenen Vorlagen zeigten den Destillationsprodukten gegenüber folgendes Verhalten: Das vorgelegte Wasser reagierte neutral oder schwach alkalisch, war klar und ungefärbt und gab eine schwache Fichtenspanreaktion. Konzentrierte und verdünnte Säuren wurden gelb bis karminrot ge- färbt und nicht getrübt. Die Fichtenspanreaktion war positiv. Der Geruch erinnerte an Skatol und Indol, vorherrschend war der Geruch nach Benzaldehyd. Der rote Farbstoff war mit Äther nicht extrahier- bar, auf Alkalizusatz schlug die Farbe in ein helles Gelb um, zugleich trat ein schwacher Pyridingeruch auf. Benzol färbte sich gelborange, beim Stehen zeigte es grünliche Fluorescenz und schied einen dem Auge kaum erkennbaren Niederschlag ab, der abfiltriert wochenlang einen penetranten und reinen Skatolgeruch darbot. Der vorgelegte Alkohol war klar, rot gefärbt und gab deutliche Fichtenspanreaktion. Das Alkali, leicht gelb gefärbt, gab, je nachdem es auf Säure oder Alkohol folgte, Fichtenspanreaktion oder Pyridin- geruch, im letzteren Fall eine Fällung mit Jodquecksilberkalium und Jodjodkalium. Im U-Rohr fand sich als Hauptprodukt eine gelbe, ölige Flüssig- Über die aus Eiweils hervorgehenden Melanine. 37 keit. Jeder Reduktionsversuch lieferte ungefähr 0,5 cem. Trotz wech- selnder Reihenfolge der Vorlagen war eine quantitative Trennung der entstehenden flüchtigen Substanzen nicht zu erzielen. Ich orientierte mich zunächst über das im U-Rohr gewonnene Öl, da es mir die gröfste Einheitlichkeit zu besitzen schien. Dasselbe war klar, hellgelb. An der Luft zeigte es die Neigung nachzudunkeln, ohne zu verharzen. Die Dämpfe reagierten stark alkalisch, der Geruch war der des Pyridins. Mit Wasser mischte es sich nicht, gab auch keine Emulsion. Es wurde in einer beträchtlichen Menge wasserfreien Äthers gelöst. Die Lösung nahm dabei einen ins Grün fluoreseierenden gelben Ton an. In dieselbe wurde trockene Salzsäure eingeleitet; es entstand zunächst eine milchige, dann krystallinische Trübung, die sich nach Sättigung des Äthers mit Salzsäure als ein rotbraunes bis blau- rot gefärbtes Öl am Boden absetzte. Wurde die ätherische Lösung mit Eisessig angesäuert, so erfolgte Trübung ohne Färbung. Diese trat erst bei zweitägigem Stehen im Licht ein. Die Farbenreaktionen und das Verhalten gegen Salzsäure sprachen für die Gegenwart von Pyrrolkörpern neben flüchtigen Basen. Behufs Trennung wurde zu der salzsauren ätherischen Lösung Wasser hinzu- gesetzt; dabei löste sich der Pyrrolkörper wieder farblos in dem über- stehenden Äther, indes die salzsauren Basen in wässeriger Lösung ver- blieben. Äther und wässerige Lösung wurden getrennt. Letztere enthielt einen granatrot gefärbten Körper, der sich mit Amylalkohol ausschütteln liefs und nach Übersättigen mit Alkali in braunen Flocken ausfiel. Ich wandte die Entfärbung mit Amylalkohol an. Aus der jetzt farblosen salzsauren Lösung wurden Äther und Amylalkoholreste durch Destillation entfernt, dann wurde alkalisch gemacht und destilliert. Das Destillat hatte typischen Pyridingeruch und gab die für das Pyridin verlangten Reaktionen. Zur Identifizierung wurde das neutrale Sublimatsalz von der Formel (C,H, N),3Hg Cl, dargestellt [Monari*). Ich vermied die Gewinnung des sauren Salzes, um vor Verlusten sicher zu sein. Der mit kalt gesättigter Sublimatlösung erhaltene weilse, krystallinische Niederschlag wurde mit kaltem Wasser gut gewaschen, alsdann in kochendem Wasser gelöst und heils filtriert. Auf dem Filter blieben geringe Spuren von weilsem Präzipitat zurück. Aus dem klaren Filtrat krystallisierten beim Erkalten schöne weilse Krystallrosetten aus; dieselben wurden noch zweimal umkrystallisiert, nicht ohne groise Verluste, da beim Lösen in heifsem Wasser immer reichlich Pyridin entwich. Das Salz wurde alsdann gewaschen und im Vakuum über Schwefelsäure zur Gewichtskonstanz getrocknet. Wegen Gefahr der Zersetzung vermied ich Anwendung von Wärme. Das Salz stellte in diesem Zustand ein dichtes Gewebe feinster Nadeln dar, hatte einen schwachen Pyridingeruch, war löslich aulser in heifsem Wasser in heifsem Alkohol und Äther, schmolz unter Zer- setzung bei 136°. *) Monari, Arch. pharm. med. chem. 2, 76. 376 Franz Samuely, Beim Stehen im Vakuum verlor es etwas an Gewicht: 0,2124 2 Substanz gaben 0,1739 Ag Cl 0,1724 © : „0,0798 CO, und 0,0198 H,O 0,1586 & 5 = 4,57 cem N bei 743mm He-Druck und 17,1° Temperatur 0,5346 & > „. 20:38707Ho>S- Berechnet für (C,H, N),3Hg Cl, Gefunden BE 12,35 Proz. (a 1 Binoz; Fee EOS IE RN 23, IN: ei neree 20ER, INS, 348777 Hosaa. >26, ep Hosen 20 Ol aka 0) ge a a OT) "100,06 Proz. 99,37 Proz. Der zu gering gefundene Chlorgehalt lälst sich wohl aus einem geringen Chlorverlust beim Trocknen erklären und schliefst jedenfalls eine Verunreinigung mit Quecksilberchlorid aus. Zur weiteren Sicherung des Resultats wurde das Chloroplatinat dargestellt; das aus alkoholischer Lösung gewonnene Salz wurde mit Alkohol und Äther gewaschen und über Schwefelsäure getrocknet. 0,1937 & Substanz gaben 0,1554 CO, und 0,0402 H,O 0, 1512 0 g s »„.. 6,62ccm N bei 767 mm Hg-Druck und 15,6° Temperatur 0,1009 & en 5; 0,0343 Pt. Berechnet für (C,H, NHC]),PtC1l, Gefunden (DE SA Bro7. Ge ae 21,33 Bro». RR oe EI ETRHLN 26 , IN OD News ee Dal Per se > DESSAU FE 3200 5 (OR EN a 3 Se OR _ Danach besteht kein Zweifel, dafs ein Hauptprodukt der Re- duktion Pyridin ist. Zur Orientierung über den Pyrrol liefernden Bestandteil wurden alle rot gefärbten Anteile zur Untersuchung herangezogen. In keinem Falle, weder in den Vorlagen, noch in den bei der Ver- arbeitung des Pyridins im Äther zurückbleibenden Substanzen war eine Abscheidung von Pyrrolrot zu erzielen. Es wurde daher folgendermaisen verfahren: Der rotgefärbte amyl- alkoholische Auszug des salzsauren Pyridins wurde eingedampft. Das gleiche geschah mit dem vorgelegten rotgefärbten angesäuerten Alkohol. Es hinterblieben rote Öltropfen und Häute. Die vom Pyridin befreiten, wieder in Äther gelösten Pyrrolkörper wurden abermals mit trockener Salzsäure ölig ausgefällt und durch Petroläther in roten Flocken niedergeschlagen. Petroläther und Salzsäure wurden verjagt und der Über die aus Eiweils hervorgehenden Melanine. 377 farbige Rückstand mit dem des Amylalkohols vereinigt. Nun unter- warf ich ihn abermals der Reduktion mit Jodwasserstoff nach dem oben angegebenen Verfahren. Die Reduktion erfolgte glatt im Kolben mit Rückflufskühler. Weasserzusatz rief in dem Gemisch keine Trübung hervor. Aus der schwach gelb gefärbten Lösung wurden die flüchtigen phosphorhaltigen Produkte durch Destillation entfernt. Die dann mit Alkali übersättigte Lösung ergab ein öliges Destillat, das einen süls- lichen Geruch nach Naphtalin und Pyrrol zeigte. Die ersten Öltropfen wurden mit Salzsäure sofort rot. Die wässerige Lösung derselben gab mit Sublimat einen amorphen weilsen Niederschlag, der sich in der Wärme löste, beim Erkalten wieder ausfiel, der auch in Alkohol löslich und daraus mit Äther wieder fällbar war. Mit warmer, gesättigter Pikrinsäurelösung entstand nach Tagen eine rotbraune Trübung, die sich in heifsem Benzol löste, beim Erkalten wieder amorph ausäiel. Auch die Sublimatfällung, in minimalen Mengen gewonnen, zersetzte sich beim Trocknen im Exsikkator zu einem roten Pulver und zu metallischem Quecksilber. Wenn es somit auch nicht gelang, diesen Körper zur Analyse zu bringen, so bleibt doch als greifbares Resultat das Vorhanden- sein eines der Pyrrolgruppe nahestehenden Körpers. In den Vorlagen der Reduktionsversuche ergab sich bei weiterer Untersuchung die Anwesenheit eines nach Benzaldehyd riechenden Körpers, der aus seiner sauren Lösung mit Wasserdämpfen überging, keine Aldehydreaktion und keine Blausäurereaktion gab, wohl aber durch Oxydation mit Permanganat und mit Chromsäure unter Ver- schwinden des Geruches verändert wurde. Beim Sättigen mit Kalium- karbonat kam er nicht zur Abscheidung, die Extraktion der gesättigten Lösung mit Äther ergab nach dem Verdunsten wenige gelbe Öltröpf- chen einer flüchtigen Substanz, deren Geruch jetzt an Phenol und Kresol erinnerte. Der ausgeätherte Rückstand zeigte äufserst deut- lichen Skatolgeruch. Der Rückstand der Vorlageflüssigkeiten nach dem Abdestillieren dieses flüchtigen Körpers wurde eingeengt und mit Alkali versetzt. Damit wurde die vorgelegte Natronlauge vereinigt und das ganze destilliert. Es gingen dabei über: Ammoniak, Pyridinspuren, kein Pyrrol. Bei Steigerung der Siedetemperatur durch Zusatz von Salzen ging ein wenig gelbes Öl über, das in vorgelegtem Wasser oder Alkohol zu rotorange gefärbten Flocken erstarrte. Dieser Körper war unter Entfärbung in Natronlauge löslich, daraus mit Säuren in der ursprüng- lichen Form und Farbe wieder fällbar. Er war aschefrei und gab, mit Bromlauge geprüft, Gasentwicklung. Da eine andere Reihenfolge der Vorlagen, bei der das Pyrrol vorher absorbiert wurde und Säure und Alkali an letzter Stelle stand, nicht zur Gewinnung dieses Körpers führte, darf er als den pyrrolähnlichen Produkten angehörig angesehen werden. 378 Franz Samuely, 4. Über die Bedingungen der Melaninbildung. Nach dem Mitgeteilten liefern die Melanoidine bei Zinkstaub- destillation Pyridin, pyrrolähnliche Körper, Skatol und seringe Mengen eines nach Benzaldehyd riechenden, allem Anschein nach aromatischen Körpers. Dafs es sich bei der Entstehung dieser Produkte nicht um eine pyrogene Reaktion handelt, geht schon daraus hervor, dafs die beiden erstgenannten Produkte auch bei der Jodwasserstoffbehandlung erhalten wurden, Skatol und Pyridin aber auch sonst, wie oben erwähnt, als Kerne von Eiweilsspaltungs- produkten und natürlichen Melaninen nachgewiesen sind. Bei der Wiederkehr dieser Kerne in den Melanoidinen können zwei Vor- stellungen über deren Entstehungsart aufkommen. Die Melanoidine können einmal Derivate des Eiweilses darstellen, welche von einem ganz bestimmten einheitlichen Komplex im Eiweils oder einer Albumose abstammen. Dieser Komplex mülste dann die chromo- genen Gruppen als solche oder in Form von Vorstufen in sich vorgebildet enthalten. Andererseits können die Melanoidine als Ge- menge von Stoffen angesehen werden, welche aus den bereits abge- spaltenen Endprodukten (Tyrosin, Chitosamin, Glutaminsäure, Pyrrol, Skatol u. s. w.) durch Säurewirkung und nachträgliche Kondensation, Oxydation oder sonstige chemische Umwandlung gebildet werden und nur wegen ihrer gleichartigen physikalischen Eigenschaften ge- meinsam in den Melanoidinen zur Untersuchung kommen. Es läfst sich nicht leugnen, dafs manches mit der an zweiter Stelle angeführten Vorstellung bei weitem besser in Einklang steht. Vor allem läfst sich so die sehr wechselnde Zusammensetzung der Melanoidine erklären, die, wie schon Ohittenden hervorgehoben hat, insofern von äufseren Verhältnissen abhängt, als bei deren Darstellung eine Beherrschung des Verlaufs der vermuteten Oxy- dationen, Kondensationen u. s. w. nicht möglich ist. Ich habe in folgenden Versuchen die Entscheidung dieser Frage weiter angestrebt: Im Hinblick auf die Abstammung der Melanoidine vom Ei- weils schien es von Interesse, zu erfahren, ob bei direkter Reduk- tion von Eiweils, ohne die vorhergehende Säurespaltung, die gleichen Stoffe gebildet werden. Ich reduzierte nach der schon beschriebenen Methode von Nencki und Zalesky im Kolben 10 g Eieralbumin mit 8g Jodwasserstoff (D = 1,96) unter Zusatz von 10. g roten Phosphors. Die Masse wurde 24 Stunden auf dem Sandbad erhitzt. Die Lösung und Reduktion Über die aus Eiweils hervorgehenden Melanine. 379 erfolgte glatt. Der klare, hellgefärbte Kolbeninhalt gab auf Wasser- zusatz keine Trübung. Wie früher wurden die flüchtigen phosphor- haltigen Produkte mit Wasserdampf verjagt, die geruchlose Lösung mit Alkali übersättigt und destilliert. Die entweichenden Dämpfe hatten alkalische Reaktion und einen Geruch nach flüchtigen Basen, der stark an Trimethylamin erinnerte. Dämpfe wie Destillat gaben positive Fichtenspanreaktion. Reaktionen auf Basen der Pyridinreihe blieben negativ. Dieser Versuch spricht, soweit bei der geringen Menge von Ausgangsmaterial ein Schluls gestattet ist, dafür, dafs bei Säure- spaltung, die mit einer stetigen und sehr intensiven Reduktion ein- hergeht, die Bildung von Melanoidinen, aber auch die von Pyridin ausbleibt. Es ist demnach um so wahrscheinlicher, dafs bei der Entstehung von Melanoidinen die Oxydation und die Kondensation eine Rolle spielen. Diese Bedeutung der Oxydation haben schon vor langem Hlasiwetz und Habermann*) erkannt. Sie fanden in dem Zusatz von Zinnchlorür bei der Zersetzung von Kasein mit kon- zentrierter Salzsäure ein Mittel, die Melaninbildung zu verhindern. Die Rolle der Oxydation bei der Bildung von Melanin gewinnt an Bedeutung durch den oben erwähnten Befund von Ducceschi, wonach durch Oxydation aus Tyrosin melanoide Substanzen ent- stehen, wobei zu beachten ist, dafs die Menge des Tyrosins unter den aromatischen Spaltungprodukten des Eiweilses quantitativ im Vordergrund steht. Von anderer Seite ist indessen die günstige Wirkung des Zinnchlorürs nicht auf dessen reduzierende Wirkung, sondern auf die nachträgliche Mitausfällung der Melanoidine bei Abscheidung des Zinns als Schwefelzinn bezogen worden. Eigene Versuche haben mich gelehrt, dafs beide Vorstellungen begründet sind. Wird Eieralbumin (das stark zur Melanoidinbildung neigt) mit konzentrierter Salzsäure bei reichlichem Zinnchlorürzusatz stundenlang in Siedehitze gehalten — (ich nahm auf 10 g Albumin und 20 ccm HCl zwischen 20 und 75g SnÜCl,) — so erhält man keine trübe schwarze Flüssigkeit, wie bei einfacher Säurewirkung, sondern die Lösung wird hellbraun oder bleibt klar. Sie hat meist schon nach zehn Minuten Siedens ihre maximale Farbenintensität erreicht. Somit liegt im Zinn- chlorürzusatz sicher ein Hindernis der Melanoidinbildung vor. Die hellbraune Lösung wird beim Ausfällen des Zinns jetzt allerdings weiter entfärbt, wasserklar, enthält aber noch die Chromogene der Melanoidin- bildung. Wurde die farblose Lösung in drei Portionen geteilt, wovon D3 *) Hlasiwetz u. Habermann, Ann. d. Chemie u. Pharm. 169,150. 380 Franz Samuely, die eine in saurer, die zweite in neutraler, die dritte ın alkalischer Reaktion eingedampft wurde, so nahmen alle drei wieder dunkle Farbe an; am schwächsten gefärbt blieb die neutrale Lösung. Beim Ein- dampfen zum Sirup bildeten sich wieder Melanoidine, die alle oben beschriebenen Eigenschaften aufwiesen. Sie waren löslich in Alkali, fällbar mit Säuren, gaben leicht die Fichtenspanreaktion und bei der Kalischmelze Skatolgeruch. Dafs diese Melaninbildung aus den vorhandenen Chromogenen voch von der Mitwirkung anderer in der Lösung befindlicher Stoffe abhängt, konnte ich durch folgenden Versuch zeigen. Benutzt wurde die bei eben erwähnten Versuchen erhaltene Zer- setzungsllüssigkeit. Von dem sauren Filtrat der Schwefelzinnfällung wurde a. lccm mit lccm HCl 5 proz. versetzt, be 102,0 0 los SELGlESse 20: Dreäklarnston, ein. a ErOIEnEe 0 eos Diese drei Proben wurden gleichzeitig einer konstanten Tempera- tur von 70° ausgesetzt und in Zeiträumen von zwei Minuten jeweils mit Wasser zu dem ursprünglichen Niveau ergänzt. Die Proben wurden mit einander und mit einer nach a zusammengesetzten, nicht erhitzten Kontroliprobe verglichen. Alle drei nahmen wieder braune Färbung an, dieselbe begann früher bei b und c als beia. Nach den ersten fünf Minuten hatte b schon eine tiefbraune Farbe angenommen, indes a noch hellgelb war; nach 12 Minuten hatte auch ce eine Farbe, die die von a jetzt an Intensität weit übertraf, aber doch schwächer war als beı b. Es folgt daraus, dafs die Bildung von Melanoidin aus den angeführten Vorstufen durch Stoffe, welche NH, abspalten (Harn- stoff), vielleicht auch durch anwesendes Tyrosin (entsprechend der Beobachtung von Ducceschi) befördert wird. Im letzteren Falle wäre es möglich, das Tyrosin selbst als Chromogen anzusehen. Es würde sich so erklären, dafs Eiweilsstoffe, die die aromatische Gruppe des Tyrosins nur in geringer Menge enthalten, wie der Leim, wenig Melanoidin, tyrosinreiche Eiweilskörper viel Melanoidin liefern können. Da das Eieralbumin einen besonders hohen Gehalt an Kohle- hydraten (Chitosamin) aufweist, so liegt es nahe, die Muttersubstanz der gebildeten Melanoidine in dem Kohlehydratkomplex zu suchen. 5. Beziehung der Melanoidine zur Huminbildung. Beim Kochen von Kohlehydraten mit konzentrierten Säuren entstehen, wie schon lange bekannt, schwarz gefärbte Körper, Über die aus Eiweils hervorgehenden Melanine. 581 Huminsubstanzen, die in ihrem äufseren Verhalten grofse Ahnlich- keit mit den Melanoidinen aufweisen. Hoppe-Seyler*) unterscheidet darin, auf Grund seiner ein- gehenden Untersuchungen, einen alkalilöslichen Teil mit ausge- sprochen saurem Charakter, den er Huminsäure nennt, und einen alkaliunlöslichen Anteil, das Humin. Der Einfachheit wegen will ich ersteren Humin I, den letzteren Humin II nennen. Die quan- titative Ausbeute betrug aus einem Kilo Zucker nach 24stündigem Kochen mit 22,5 proz. Salzsäure 170 Humin I und 635g Humin I. Jedoch wechselte dieses Verhalten bei den verschiedenen Sac- chariden. Auch die quantitative Zusammensetzung dieser Körper schwankte. Als Durchschnittszahlen gelten nach Hoppe-Seyler: C H Elumime ler r2163,88 4,64 Proz. EBuminalle=22 735226439 4,73 „ Die Kalischmelze dieser Körper ergab Brenzkatechin und Protocatechusäure. Udränszky**) und Hoppe-Seyler haben dann gezeigt, dafs solche Humine auch stickstoffhaltig sein können, wenn bei ihrer Darstellung zu dem Zersetzungsgemisch stickstoffhaltige Substanzen hinzugesetzt werden. Aus Traubenzucker und Harnstoff gewann Udränszky- beim Kochen mit Salzsäure ein Präparat von der quantitativen Zusammensetzung: (RT Dam Broz. Be U IE N aaa 67a, Da er bei wechselnder Menge des zugesetzten Harnstoffs Schwan- kungen in der Menge des Stickstoffs im Humin sah, so betrachtet er den N-Gehalt als einen unwesentlichen, „zufälligen“ und die Anlagerung des Stickstoffs als „Nebenreaktion*. Bei der Kali- schmelze entwich der Stickstoff quantitativ als Ammoniak. Berthelot***) konstatierte bei schon gebildeten Huminen die Aufnahmefähigkeit für Stickstoff und spricht sich für eine Bindung nach Art von Amidverbindungen aus. Jedenfalls ist demnach die Frage berechtigt, ob die stick- stoffhaltigen Melanine aus Eiweils nicht huminähnliche Produkte *) Hoppe-Seyler, Zeitschr. f. physiol. Chem. 13, 66, 85 ff. »*) Udränszky, Zeitschr. f. physiol. Chem. 12, 33, 44. ’®>#) Berthelot u. Andre, Comptes rendus 112, 916. 332 Franz Samuely, aus dem Kohlehydratkomplex der Proteide darstellten, deren Stickstoffgehalt ganz oder zum Teil ein sekundärer wäre. Wenn auch der Befund dagegen spricht, dafs kohlehydratfreies Kasein dennoch reichlich Melanoidin liefert, so ist die Möglichkeit einer Mitbeteiligung der Kohlehydratsruppen, wenigstens für einen Teil der Melanoidine, nicht von der Hand zu weisen. Schon Nencki*) schlielst dieselbe bei der Bildung des Phymatorhusins nicht aus — er denkt dabei an die Glykuronsäure — und ist geneigt, auf sie die Abstammung des gefundenen Pyridins zurück- zuführen. Panzer**) erhielt bei der Untersuchung des Eiweilskomplexes im Ovarialcolloid durch Zersetzen mit Salzsäure reichlich einen schwarzen Körper, der stickstoffhaltig war. Der quantitativen Zu- sammensetzung nach stand er sowohl dem Huminkörper von Berthelot wie der Melanoidinsäure von Schmiedeberg nahe. Panzer ist geneigt, diesen Körper vom Kohlehydrat abzuleiten und den Stickstoffgehalt als sekundär anzusehen, wogegen aller- dings spricht, dals ein stickstofffreies Kohlehydrat im Mucin und Pseudomuein bisher nicht nachgewiesen ist. E. Hart***) hat ferner gezeigt, dals bei der Zersetzung mancher Eiweilskörper, wie des Zeins, mit Säure stickstofffreie melaninartige Körper entstehen, wie sie nur aus den Kohlehydraten hervorgehen können. Es gelang ihm ferner, durch Zusatz von Kochsalz bei der Eiweilszersetzung den Stickstoffgehalt dieser Mela- noidinfraktion zu Gunsten der Lysinfraktion herabzusetzen. In diesem Falle, wo durch rein physikalische Bedingungen der Stick- stoffgehalt verändert oder gleich Null gemacht werden konnte, kann in der That kein Zweifel bestehen, dafs die Bindung des Stickstoffs eine sekundäre ist. Um nun klarzustellen, inwieweit eine Kohlehydratgruppe im Eiweils auf die Melanoidinbildung Einflufs haben kann, und in- wieweit die aus Kohlehydraten erhaltenen schwarzen Produkte che- misch mit den Melanoidinen übereinstimmen, habe ich eine Ver- suchsreihe durchgeführt, bei der verschiedene Kohlehydrate mit Säure unter wechselndem Zusatz von Stickstoff abgebenden Stoffen erhitzt wurden. Da von vornherein anzunehmen war und durch den Versuch *) Berdez und Nencki, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 20. =") Panzer, Zeitschr. f. physiol. Chem. 28, 377. ”=) BE. Hart, Zeitschr. f. physiol. Chem. 33, 345 f. > Über die aus Eiweils hervorgehenden Melanine. 383 auf S. 380 bestätigt erscheint, dafs bei der Bildung stickstoff- haltiser Melanoidine aus Eiweils der leicht abspaltbare sogenannte Amidstickstoff und eventuell der Aminosäurestickstoff beteiligt sein dürfte, habe ich als stickstoffliefernden Zusatz Amide und Aminosäuren gewählt. Unter den letzteren benutzte ich auch das Tyrosin, weil die früher angeführten Beobachtungen die Beteili- gung eines aromatischen Komplexes nahe lesten. Bei den Versuchen verfuhr ich derart, dafs jedesmal 10 g Kohle- hydrat mit 50ccm Wasser und l5ccm konzentrierter HCl während 15 Stunden auf dem Sandbad erhitzt wurden. Die Menge des zuge- setzten stickstoffhaltigen Materials wurde so bemessen, dafs iede Lösung vor der Zersetzung einen Gesamtgehalt von 0,7g N enthielt. Nach der Zersetzung wurde von den ausgefallenen Huminen ab- filtriert; dieselben stellten ein staubfeines, körniges, tiefdunkles Pulver dar. Im Mikroskop erwies es sich als aus kleinen Globuliten von hellbrauner Farbe bestehend. In einzelnen Fällen war das ganze Bild das einer dunkelgefärbten, unvollkommenen, aber deutlich krystalli- nischen Ausscheidung. Die Masse wurde bis zum Verschwinden der Chlorreaktion und der Reduktion von Fehlingscher Lösung gewaschen. Dann wurde sıe mit warmem, sehr verdünntem Ammoniak versetzt und von dem ungelösten Humin abfiltriert. Der Filterrückstand wurde durch NH, nicht gallertig, wie durch Natronlauge. Derselbe wurde gut gewaschen, mit Alkohol und Äther extrahiert, bei 75° ge- trocknet. (Die Behandlung mit Ammoniak steigerte nicht den Stickstoff- gehalt, wie eine Kjeldahlbestimmung von demselben Humin II, das einmal mit Natronlauge und das andere Mal mit Ammoniak von Humin I getrennt war, bewies.) Das Filtrat, das Humin I in Lösung enthielt, wurde, wie früher die Melanoidinlösung, mit Baryumchlorid versetzt und, wie auf S. 367 beschrieben, weiter behandelt. Die Fällung mit Essigsäure vollzog sich annähernd quantitativ bei eben saurer Reaktion und zwei- bis drei- stündigem Erwärmen. Die Humine wurden gut mit Alkohol und Äther extrahiert. In Versuch Nr. 4 löste der Alkohol geringe Mengen von Humin I. In der folgenden Tabelle sind die aschefrei*) berechneten Analysenwerte zusammengefafst. Das alkalilösliche Humin ist mit I, das alkaliunlösliche mit II bezeichnet. *) Der Aschengehalt war zum Teil beträchtlich, er betrug in einigen Fällen über 10 Proz. 384 Franz Samuely, Humin 1. Humin I. f Konle, Zusammensetzung in | | Zusammensetzung in Y. 'hydrat Zusatz Proz. IN RR Proz. Menge ‚Menge 10 8 ee EN ot ce. Bao Gly- | — mälsig!64,314,53 — 31,16 — | etwa 63,6 4,21] — 32,19 _ cose | | wie I | | n 7£ \vschw.) — |—| — | — | —reiehl. 62,45 3,88 1,608 32,07 —_ ı NH,C1: | wenig | a | | : 258 |reich1.[59,4 13,25| 7,91129,44| — \vschw.. — |— | — | — |— Harnstoff | wenig „|. 858 | sehr | — |—| 743 — | — |reichl.63,52/4,68/2,45 129,35) — | ‚ Acetamid || wenig | | , 4o De u 3,70 2,18 33,94 — Glykokoll | | | 5 7e „ |=|-|30| — ||| „. [6218418248 B1,16 — | Aspara- | | einsäure | | | | | 7 „ \6gCystin| sehr | — —- 272 — 5,81, „63,49 4,37/2,78 24,54 4,82 | | wenig | | ie) 5 10g |reichl. 63,114,40 3,41/29,08| — | etwa |57,77|5,42,3,58 133,23, — | Tyrosin | wiel | IRohr-| 258 „64,0 15,20)10,26 20,54, — | reichl. 56,56 3,96 13,17126,31) — zucker, Harnstoff | Inulin 5 sehr |51,03/4,91|11,43132,63| — || -„ [28,1 |2,1712,35]42,62 — wenig | | Ara- E reich. 51,08 5,76,12,01[31,20 — | shr - —|-— | — — binose wenig Aulser in Versuch 41 sind die N- Bestimmungen nach Dumas ausgeführt. In Versuch Nr. 8 trat schon in der Kälte beim Zusatz des Tyro- sins schwarze Färbung des Säurezuckergemisches auf. Ich bin um so weniger geneigt, diesen Zahlen einen anderen als relativen Wert beizumessen, als ich selbst beobachten konnte, dafs bei Änderung der Stickstoffkonzentration in der Zersetzungsflüssig- keit auch der Stickstoffgehalt der Humine variiert. Immerhin lehrt eine Berechnung dieser Analysenzahlen, dafs, wie zu erwarten war, die erhaltenen Humine nur unter Wasserabgabe aus den Kohlehydraten hervorgegangen sein können. Daneben hat eine Aufnahme von Stiekstoff in sehr verschiedenem Umfang statt- gefunden. Uber die aus Eiwei[s hervorgahiende: Melanine. 385 Im Nachstehenden gebe ich einen Überblick über das Ver- hältnis der C- und N-Atome in den entstandenen Produkten. Nr. | Dargestellt aus | A ns 2 Glykose= INH ON ee — 1 ADB 3 n Se lacnstetar ns er ee aeg — 4 n Er Neetamidiye.ueriee 0... — | 303221 5 ee eokolei.. et ei] 2 32,80: 1 ar “ + Asparaginsäure 2... | —_ Reit 7 5 RS ER ER RE — 20 See a UN VEOSIBERR ae a 26T 18:8 0:1 9 Rohrzucker + Harnstof. ..... | 621:1 Des] 10 | Inulin -eHarnstole# aa u he ch 22e 2,66:1 1 u 11 Arabinose + Harnstoff. ..... | 501: Wie man sieht, nimmt das Inulin, bei Anwesenheit von Harn- stoff als Stickstoffquelle, ungleich mehr Stickstoff auf, etwa IN auf 2,5 bis 5C, als die Glykose. Es steht dabei den unter- suchten Pentosen am nächsten. Der Rohrzucker schliefst sich wegen seines Fruktosegehalts an. Für die Glykose, bei der ein Ver- gleich verschiedener stickstoffgebender Gruppen möglich ist, ergiebt sich, dafs der Harnstoff am günstigsten, Ammoniumsalz am un- günstigsten wirkt; zwischen beiden stehen Acetamid und Amino- säuren. Die Körper, die den Stickstoff in Amidform (CONH,) d. h. in leicht abspaltbarer Form enthalten, geben denselben vorwiegend an das Humin I ab. (Versuch 3 und 4.) Diejenigen Stoffe, die ihn als Aminostickstoff führen, verteilen ihn zwischen Humin I und I. Für die Bildung der Melanoidine aus Eiweils folgt daraus, dafs, falls Kohlehydrate an der Bildung derselben beteiligt sind, die Kondensation mit dem aus den Aminosäuren stammenden Stickstoff weit zurücktritt, dafs vielmehr dabei der leicht abspalt- bare, sogenannte Amidstickstoff die Hauptrolle spielt. Das einmal bei Salzsäurezersetzung abgespaltene Ammoniak dürfte dagegen nur eine untergeordnete Bedeutung beanspruchen. Auch darf man annehmen, dafs die Art der Melanoidinbildung mit der Bildung der Huminkörper analog ist, d. h. im wesentlichen Beitr. z. chem. Physiologie. II. 95 386 Franz Samuely, in einer Kondensation unter Wasserabgabe bestehen dürfte, wobei nebenher entstehende fremde, reaktionsfähige Komplexe, z. B. amid- und schwef£elhaltige Gruppen (vergl. Versuch Nr. 7) in das Kondensationsprodukt einbezogen werden können. Hingegen ginge es zu weit, wenn man die Bildung der Melanoidine allein oder auch nur der Hauptsache nach auf eine Umwandlung der Kohle- hydratgruppe des Eiweilses beziehen wollte. Denn es bilden auch kohlehydratfreie Eiweilsstoffe, wie Kasein und Edestin, unter Säurewirkung Melanoidine. Auch ist noch nicht ausgemacht, dafs die in echten Eiweilskörpern vorhandenen, stickstoffhaltigen Kohle- hydratgruppen (Chitosamin und eine stickstoffhaltige Kohle- hydratsäure) ebenso leicht Stickstoff aufnehmen, wie in obigen Versuchen Glykose oder gar Fruktose und Arabinose. Langstein*) hat zwar beim Erhitzen von salzsaurem Glykosamin mit Säure bei Anwesenheit von Chlorammonium die Bildung eines schwarz- gefärbten Produktes beobachtet; wie ich aber aus eigener Erfahrung sagen kann, ist dasselbe hier nicht entfernt so reichlich — selbst bei Zusatz von Harnstoff — wie bei den Zuckerarten. Endlich giebt aber das chemische Verhalten Anhaltspunkte zur Unterscheidung der aus Kohlehydrat hervorgehenden Humine von den Melanoidinen. Die aus Kohlehydraten dargestellten stickstoffhaltigen Humine stellen ein staubfeines, kaffeebraunes Pulver dar. Auf dem Platinblech verbrennen sie ohne charakteristischen Geruch, unter starkem Aul- blähen. In konzentrierten Säuren, Salzsäure und Schwefelsäure, sind die Humine I ganz löslich, die Humine II nur zum Teil. Mit Wasser werden sie aus der Lösung wieder flockig ausgefällt. Konzentrierte- Salpetersäure löst sowohl Humin I als II, die Lösung ist anfangs rot- braun, bei längerem Erhitzen wird diese Farbe heller, bei Humin I bis zum Citronengelb, bei II nur wenig blasser als in der Kälte. Wasser fällt aus Lösung I einen hellgelben, Hockigen Niederschlag, der sich wie das auf S. 368 angeführte nitrierte Melanin verhält, d. h. in Natronlauge mit brauner Farbe löslich, mit Säure in der ursprüng- lichen Form und Farbe fällbar ist. Die Lösung Il bleibt auf Wasser- verdünnung klar. Eisessig löst weder I noch 11. Alle Humine I gaben mit Zinkstaub trocken erhitzt eine starke Pyrrolreaktion, die Humine II, selbst die sehr stickstofireichen aus. Versuch Nr. 9, geben dieselbe gar nicht oder nur andeutungsweise. N-freies Humin und alle Humine II geben die Fichtenspanreaktion bei Zusatz von etwas Harnstoff zum Zinkgemisch. Bei der Kalischmelze ist kein Geruch zu bemerken, der an Skatol *) Langstein, Zeitschr. f. physiol. Chem. 31, 49. Über die aus Eiweils hervorgehenden Melanine. 387 oder Indol erinnert. Eine bemerkenswerte Ausnahme macht das Humin aus Versuch Nr. 8, wo Tyrosin als stickstoffhaltiger Zusatz ver- wendet worden war. In diesem Fall traten an Indol erinnernde Dämpfe auf. Mit Zinkstaub im Wasserstoffstrom reduziert, geben Humin I und II ein Öl, aus dem kein Pyridin zu isolieren war. Im Geruch gemahnten die Destillationsprodukte an Ameisensäure, zum Teil auch an Karbylamin. Daneben war starke Fichtenspanreaktion vorhanden. Ein aromatisches oder reduzierendes Produkt wurde nicht beob- achtet. Mit Wasserstoffsuperoxyd wurden die Humine zur Farblosig- keit oxydiert, in der Lösung liefs sich Oxalsäure nachweisen. Wie ersichtlich, bildeten die Kohlehydrathumine bei der Re- duktion und trockenen Destillation kein Pyridin und mit einer Ausnahme kein Skatol, sondern nur pyrrolähnliche Stoffe. Was den vereinzelten Fall von Skatolbildung betrifft, so handelte es sich um das Humin, das unter Zusatz von Tyrosin gewonnen war. Da aber, wie H. Schneider*) nachgewiesen hat, Tyrosin allein schon beim Schmelzen mit Kali etwas Skatolgeruch entwickelt, so ist nur der Schluls gestattet, dals dieses Humin die Tyrosingruppe aufgenommen hatte. Auch wäre die Vorstellung nicht ganz auszu- schliefsen, dafs der aus den stickstoffhaltigen Huminen entstehende Pyırolkomplex sich an den Benzolring des Oxyphenylalanin an- lagern könnte und so den Anlafs zur Indolbildung gäbe. Man dürfte sonach in Betreff der Melanoidine eine Bildung auf Kosten der Kohlehydratgruppe höchstens für den pyrrol- bildenden, nicht aber für den pyridin- oder skatolgebenden Anteil in Anspruch nehmen. Dafs gerade die Fähigkeit, Pyridin zu bilden, für die Melanoidine charakteristisch zu sein scheint, ist im Hinblick auf den Nachweis von Pyridin aus Augenmelanin (Landolt), Geschwulstmelanin (Berdez u. Nencki) und meinen Präparaten von Interesse. Vielleicht besteht hier eine Beziehung zu dem Suprarenin, dem Chromogen der Nebennieren, das gleich- falls leicht Pyridin bildet. Die oben bereits aufgeworfene Frage, ob die „Melanoidine“ aus einer bestimmten komplexen Eiweilssruppe hervorgehen oder Gemenge von Produkten aus „verschiedenen chromogenen“ Gruppen des Eiweifses darstellen, dürfte im Hinblick auf die analoge Bil- dung der stickstoffhaltigen Humine aus ganz einfach gebauten Kohlehydraten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im letzteren Sinne zu entscheiden sein. Dazu kommt noch die mitgeteilte Be- *) H. Schneider, diese Beiträge 1, 258. 388 Franz Samuely, Über die aus Eiweils hervorgehenden Melanine. obachtung, dafs, wenn die Säurespaltung der Eiweilskörper unter Fernhaltung der Oxydation erfolgt, die erhaltenen Lösungen, welche nun blofs die gewöhnlichen Endprodukte der Spaltung enthalten, doch das Vermögen der Melanoidinbildung bei Sauerstoffzutritt besitzen. Dieselbe Beweiskraft hat der Befund, dafs diejenigen Gruppen, die im Melanoidin hauptsächlich enthalten sind, bei langdauernder Verdauung von Eiweils, ohne dafs bei dieser Aufspaltung mela- noide Substanzen entstehen, isoliert erhalten werden. Es ist wohl nach den Befunden von Baum, Hopkins, Langstein, Emerson kein Zweifel, dals ein erheblicher Teil der wichtigen, aber nur in geringen Mengen im Eiweils vorhandenen heterocyklischen Gruppen durch Fermentwirkung, die über die der Säure gesetzten Grenzen hinausgeht, isoliert werden kann, indes er bei der Säurespaltung mit einer Summe anderer Spaltungsanteile zu den schlecht fals- baren Melanoidinen kondensiert wird. Für die technische Frage des Eiweilsabbaues gebührt daher in dieser Richtung der hydro- Iytischen Aufteilung mit Hülfe der Fermente bei weitem der Vor- zug. Die Entstehung der Melanoidine aber kann man danach ungezwungen so auffassen, dafs die verschiedenen chromogenen Gruppen, die sich im Eiweils vorfinden, und die aromatische (Tyrosin), vorwiegend aber heterocyklische Kerne (Pyrrol, Pyridin, Skatol) enthalten oder doch leicht bilden, sich unter dem Einflufs kochender Säuren unter Wasseraustritt und Sauerstoffaufnahme zu dunklen Produkten kondensieren, deren „Gemenge* eben die Melanoidine darstellen. Da diese Gruppen — es sind dieselben, die zu den üblichen Farbenreaktionen der Proteinstoffe Anlals geben — bei den einzelnen Eiweilskörpern in ganz verschiedener Menge vertreten sind, so ist es, abgesehen von äufseren, in der Darstellung liegenden Momenten, verständlich, dafs auch die aus ihnen erhaltenen Melanoidine eine sehr wechselnde Zusammen- setzung darbieten. Stralsburg, März 1902. XXIV. Zur Kenntnis der Proteinsubstanzen der Hefe. Von R. Schröder. (Aus dem agrikulturchemischen Laboratorium des Polytechnikums in Zürich.) Die Forschungen auf dem Gebiete der Eiweilschemie haben in den letzten Dezennien eine Reihe wichtiger Thatsachen zu Tage gefördert; wir wissen jetzt, dals die verschiedenen Eiweils- substanzen bei der Spaltung mit Säuren neben Aminosäuren stark basische Substanzen liefern, deren Quantität bei den verschiedenen Eiweifssubstanzen eine wechselnde ist. Ferner ist bekannt, dals eine Aminohexose (Glukosamin) als konstituierender Bestandteil des Eiweilsmoleküls auftritt !). Dafs im Eiweilsmolekül Cystin, da- neben in manchen Fällen wohl auch eine andere schwefelhaltige Gruppe vorkommt, haben die Untersuchungen der letzten Zeit er- geben 2). Über die Eiweilssubstanzen der niederen Pflanzen liegen nur wenige Angaben vor. E. Winterstein:) hat wohl zuerst gezeigt, dals die Eiweifskörper der Pilze ein von den in Samen der Phanerogamen enthaltenen Eiweilssubstanzen abweichendes Ver- halten zeigen. Im Verein mit J. Hofmann*) konnte der Ge- nannte sodann zeigen, dals die aus Boletus edulis mit Hülfe von konzentrierter Salzsäure darstellbare Proteinsubstanz bei der Spal- tung mit Säuren neben Aminosäuren beträchtliche Mengen Basen liefert. Durch diese Untersuchung wurde sodann wahrscheinlich gemacht, dafs die in den Hutpilzen enthaltenen Proteinkörper in Verbindung mit einem stickstofffreien oder stickstoffhaltigen Komplex vorliegen. K. S. Iwanoff5) isolierte aus einer Reihe 390 R. Schröder, von Pilzen nach dem Verfahren von Schmiedeberg stick- stoff- und phosphorhaltige Substanzen, die er als Nucleoproteide ansieht. Ganz besonderes Interesse hat aber mit Rücksicht auf die allgemein biologische und praktische Bedeutung die Untersuchung der Eiweifssubstanzen der Hefe. Bekanntlich ist ein wichtiger Teil dieser Frage durch die Untersuchungen Kossels‘) über das Nuclein der Hefe und dessen Spaltungsprodukte zu einem gewissen Abschlufs gelangt. Kossel hat das Nuclein mit Hülfe von Natron von den übrigen stickstoffhaltigen Substanzen der Hefe getrennt und durch geeignete Behandlung in Gestalt eines amorphen, weilsen Pulvers isoliert. Das Nuclein bezw. die daraus abspaltbare Nucleinsäure liefert nach den von Kossel’) und seinen Schülern ausgeführten Untersuchungen bei der Spaltung mit Säuren die Purinbasen: Xanthin, Hypoxanthin, Adenin, Guanin und wahr- scheinlich auch Uracil. Die Frage nach der Beschaffenheit der anderen neben den Nucleoproteiden in der Hefezelle sich vorfin- denden KEiweilssubstanzen ist eingehender noch nicht studiert worden. H. Will®) hat für eine Reihe von Bierhefen nach- gewiesen, dafs bei diesen häufig eine die Zellen umschliefsende, netzwerkförmig angeordnete Substanz vorhanden ist, welche alle Reaktionen der Eiweilskörper giebt. Albert Reichard’°) stellte fest, dafs in den Kräusen, dem rahmigen Schaum der Bierwürze, eine eigentümliche, von der Hefe ausgeschiedene, schleimartige Substanz von eiweilsartiger Beschaffenheit vorkommt. Nach A. Wröblewski!P) sollen im Hefeprelssaft neben Proteosen, Pep- tonen, mucinähnlichen Substanzen und Globulin eine Reihe bei verschiedenen Temperaturen koagulierbarer Eiweilsstoffe vor- kommen. Wie aus dem Angeführten ersichtlich ist, liegt eine nähere Charakterisierung des Hefeeiweilses nicht vor. Eine eingehendere Untersuchung der Spaltungsprodukte der Eiweilsstoffe der Hefe- zelle schien aber mit Rücksicht auf die bei der Autolyse erhal- tenen Versuchsergebnisse von Interesse; ich habe daher auf Vor- schlag von Herrn Dr. E. Winterstein eine solche Untersuchung durchgeführt. Es sei noch erwähnt, dafs diese Untersuchung vor dem Er- scheinen der Arbeit Kutschers!!) über die Selbstgärung der Hefe begonnen war und im August des vergangenen Jahres beendet wurde; aus äufseren Gründen habe ich die Publikation bis heute verschoben. Zur Kenntnis der Proteinsubstanzen der Hefe, 391 Darstellung des Hefeeiweilses*). Wird frische, gut abgeprefste Hefe mit Äther innig durch- gemischt und einige Zeit sich selbst überlassen, so erfolgt nach kurzer Zeit unter Steigerung der Temperatur und Gasentwicklung eine allmähliche Verflüssigung; wird die breiige Masse mit Wasser behandelt und die vom Ungelösten getrennte Flüssigkeit zum Sieden erhitzt, so erfolgt eine flockige Ausscheidung, welche alle Reaktionen der Eiweilskörper giebt. Dieses Verfahren wird in ‚der Technik zur Herstellung von Eiweils aus Hefe benutzt 12). Nach einer Mitteilung, die wir der Güte des Herrn Prof. C. J. Lintner in München verdanken, gelingt es auch durch Ver- reiben mit Ammonkarbonat, Hefeeiweils zu isolieren. Dieses letztere Verfahren habe ich nur in einem einzigen Falle, bei einem Vorversuch, in Anwendung gebracht, da ich die Anwendung stick- stoffhaltiger Substanzen bei der Darstellung möglichst vermeiden wollte. Für die Vorversuche benutzte ich zuerst lkg in Reinkultur gezüchteter Hefe, die wir der Güte des Herrn Prof. Delbrück in Berlin zu verdanken haben. Das Material wurde mit Äther gut durchgeknetet und einige Stunden stehen gelassen, dann wurde die verflüssigte Masse mit einer grolsen Quantität Wasser gut durchgemischt und auf eine erolse Anzahl Filter gebracht. Es resultierte ein beinahe farbloses Filtrat, welches beim Erhitzen eine leicht zusammenballende Masse lieferte; dieselbe wurde von der Flüssiskeit abfiltriert, mit Wasser gut ausgewaschen und mit Alkohol und Äther behandelt. Ich erhielt ein weilsliches, staub- förmiges Pulver, dessen Stickstoffgehalt, auf wasserfreie Substanz bezogen, 15,78 Proz. betrug. Für den Hauptversuch verwendete ich eine Hefe, die uns die hiesige Brauerei Ütliberg in gröfseren Quantitäten bereitwilliest zur Verfügung stellte. Nach einer freundlichen Mitteilung des Direktors jener Brauerei verwendet dieselbe nur Hefereinkulturen, das uns gelieferte Material enthielt nach den Angaben des Ge- nannten nur ganz verschwindende Mengen anderer Gärungs- crreger. Die Verarbeitung des Materials geschah in folgender Weise. *) Ich bezeichne die dargestellte Substanz kurz als Hefeeiweils, womit allerdings nicht gesagt sein soll, dafs dieselbe einheitlicher Natur ist. 392 R. Schröder, Die dem Bottich entnommene frische Hefe wurde in eine grofse Anzahl geräumiger Glascylinder verteilt, mit eiskaltem Wasser gut durchgerührt und die trübe, bräunliche Flüssigkeit abgehebert. Das Auswaschen durch Dekantation wurde so lange wiederholt, bis die überstehende Flüssigkeit farblos und nahezu durchsichtig geworden war. Der Hefebrei wurde sodann in einen Filtriersack aus dichtem Filtrierzeug gebracht und durch vorsichtiges andauerndes Abpressen thunlichst von der Flüssigkeit befreit. Auf diese Weise wurden etwa Skg gepreiste Hefe mit einem Trockensubstanzgehalt von etwa 25 bis 30 Proz. erhalten. Die Operation des Auswaschens und Abpressens der Flüssigkeit wurde so rasch, als es anging, durchgeführt, da nach den vorliegenden Angaben durch allzu langes Behandeln der Hefe mit Wasser eine Ver- änderung eintritt, indem das die Zellen umgebende Netzwerk aufgelöst wird und dadurch auch selbst eine Änderung der Hefezelle erfolgt. Die abgepreiste Hefe zeigte, nachdem sie kurze Zeit während der Mittagszeit im Laboratorium gelegen hatte, eine bedeutende Tempera- turerhöhung; sie wurde nun in Portionen von je 2kg in grofse Glas- cylinder verteilt, mit je 200 cem Äther gut durchgemischt und im Freien bei niederer Temperatur aufgestellt. Schon nach einer Stunde äufserte sich die Wirkung des Äthers dadurch, dafs die zuvor käse- artige feste Hefemasse sich zu einem dünnen Brei verflüssigte. Dadurch wurde aber die Selbstgärung, welche vorher schon durch das An- steigen der Temperatur angezeigt war, nicht sistiert; die Temperatur des Gemisches stieg noch um einige Grade an, und die anfangs nur ein Viertel des Cylinders anfüllende Masse blähte sich anhaltend und stark auf; durch wiederholtes kräftiges Umrühren konnte ein Übersteigen vermieden werden. Die Cylinder wurden über Nacht bei gelindem Frost stehen gelassen; am folgenden Morgen hatte sich die Hefemasse in einen dünnen Brei verwandelt; derselbe wurde mit viel Wasser ange- rührt, das Gemisch in einen groflsen, flachen Behälter aus Zinkblech gebracht und mit einer konzentrierten weingeistigen Thymollösung versetzt. Nach mehrstündigem Stehen hatte sich am Boden des Gefälses eine schleimige Masse abgesondert, darüber befand sich eine nahezu farblose, nur noch schwach getrübte Flüssigkeit; dieselbe wurde vom Bodensatz abdekantiert, und der Rückstand in gleicher Weise so lange durch Dekantation ausgewaschen, bis eine Probe der Flüssig- keit auf Zusatz von Essigsäure beim Kochen keine Ausscheidung mehr gab. Die vereinigten filtrierten Flüssigkeitsmassen wurden sodann mit Essigsäure schwach angesäuert und zum Sieden erhitzt, das dabei ent- stehende Eiweilskoagulum wurde auf dem Filter gesammelt, wiederholt mit Wasser unter Zusatz von Essigsäure, sodann mit reinem Wasser ausgewaschen, schliefslich von letzterem gut abgepreist*). Die erhaltene *) Eine Portion des erhaltenen Produktes liels ich behufs Reinigung in verdünnter Natronlauge aufquellen, wusch sodann durch Dekantation und zuletzt auf dem Filter aus, behandelte den Filterinhalt mit Essigsäure und entfernte die Aschenbestandteile durch andauerndes Auswaschen mit Wasser. Zur Kenntnis der Proteinsubstanzen der Hefe. 393 Masse wurde nun mit 95 prozentigem Alkohol verrieben und mehrere Tage mit viel Alkohol stehen gelassen, letzterer wurde sodann ab- filtriert und der Rückstand einigemale mit absolutem Alkohol und zu- letzt mit Äther behandelt. Der Äther wurde erst durch Abpressen, dann durch Stehenlassen im Exsikkator über Schwefelsäure entfernt und der noch anhaftende Alkohol durch zweistündiges Trocknen bei 60° vollständig entfernt. Eigenschaften des Hefeeiweilses. Das in beschriebener Weise erhaltene Produkt stellt ein weilsliches, staubiges, geruchloses Pulver dar, welches alle die bekannten Reaktionen der Eiweilsstoffe — Biuret-, Millonsche und Xanthoprotein-Reaktion, gab. Beim Erhitzen mit konzen- trierter Salzsäure trat nur eine undeutliche Violettfärbung auf. Eine Lösung des Eiweilses in 50prozentiger Schwefelsäure, mit alkoholischer Benzaldehydlösung versetzt, zeigte bei Zufügen von festem Eisenvitriol und schwachem Erwärmen keine Rotfärbung. Beim Erhitzen einer Probe mit Eisessig und konzentrierter Schwefelsäure trat schwache Färbung mit rötlichgrüner Fluores- zenz ein. Bei einem anderen Eiweilspräparat, welches nicht mit Hülfe von Natronlauge durch Aufquellen und Wiederfällen ge- reinist worden war, resultierte beim Erwärmen mit Eisessig und Schwefelsäure eine amethystviolette Färbung, die beim weiteren Erhitzen in Gelbbraun überging. Die Reaktion nach Molisch trat nur schwach auf: mit konzentrierter Schwefelsäure und alko- holischer &-Naphtollösung giebt das Präparat beim Stehen Rosa- färbung, welche allmählich in ein tieferes Rot mit einem Stich in Lila übergeht. Mit Schwefelsäure und einigen Tropfen alkoholischer Thymollösung trat schwache Färbung auf. Die Reaktion auf ab- spaltbaren Schwefel fiel nur schwach aus: beim Erhitzen einer Probe mit mäfsig konzentrierter Natronlauge und Bleizuckerlösung entstand eine schwach bräunliche Färbung; nach längerem Stehen schieden sich aus der Flüssigkeit braunschwarze Flocken aus. - Bei der Analyse des Hefeeiweilses erhielt ich nachstehende Ergebnisse: Stickstoffgehalt ... . . . . 15,60 Proz. (nach Kjeldahl) Stickstoffgehalt .... . . 9,920, 20 2 Dumlası) Schwefelgehalt . ... .. Op eNsihorchh) Phosphorgehalt . ... . 00 HE , Die Elementaranalyse ergab 52,38 Proz.C und 6,91 Proz. H, berechnet auf wasserfreie Substanz. Der Aschengchalt des Hefe- eiweilses betrug 0,14 Proz. 394 R. Schröder, Spaltung des Hefeeiweifses mit Säuren. Die Zersetzung des erhaltenen Hefeeiweilses nahm ich durch Kochen mit konzentrierter Salzsäure vor; in zwei Fällen verwendete ich jedoch starke Schwefelsäure, um festzustellen, ob unter verschie- denen Umständen sich in Bezug auf die Ausbeute an Eiweilsbasen beachtenswerte Differenzen ergeben. Da ich bei diesen Versuchen nicht nur die krystallisierenden Zersetzungsprodukte isolieren und charakterisieren wollte, sondern auch deren Ausbeute zu bestimmen beabsichtigte, so habe ich die bei ihrer Trennung erhaltenen Lö- sungen auf ein bestimmtes Volumen gebracht und in einem aliquoten Teil der Lösung den Stickstoff bestimmt. Für die Abscheidung der Basen benutzte ich Phosphorwolframsäure (beim Versuch I und II). Von den von mir ausgeführten Versuchen erwähne ich hier folgende: Spaltung mit konzentrierter Salzsäure. I. Mensulch. 74,5 & lufttrocknes Hefeeiweils wurden mit 900 cem konzen- trierter Salzsäure auf dem Wasserbade vorsichtig erwärmt, bis vollständige Auflösung der Substanz erfolet war, dann wurde die Lösung 10 Stunden über freiem Feuer gekocht. Die dabei er- haltene tief braun gefärbte Flüssigkeit wurde abfiltriert, wobei nur eine ganz minimale Menge von „Melanoidinsubstanz“ zurückblieb, das Filtrat mit Wasser bis zu 2 Liter verdünnt und davon eine Anzahl Proben für die Bestimmung des Gesamtstickstoffs, des Ammoniakstickstoffs und des durch Phosphorwolframsäure fällbaren Stickstoffs verwendet. Für die Bestimmung des „Ammoniakstickstoffs“ wurde ein ab- gemessener Anteil der mes: mit Soda neutralisiert und unter Zusatz eines Überschusses von Magnesia und Durchleiten von Luft das Ammoniak durch gelindes enlon ausgetrieben. Um zu er- mitteln, welche engen Stickstoff in den Phosphorwolframsäure- niederschlag eingehen, wurde ein aliquoter Teil der Flüssigkeit mit 25 prozentiger reiner Phosphorwolframsäure versetzt, solange noch eine Fällung eintrat, dieselbe nach 12- bezw. 24stündigem Stehen von der Flüssigkeit abgesogen, der Filterinhalt einigemal mit einem Ge- misch von 5prozentiger Schwefelsäure und Phosphorwolframsäure aus- gewaschen und sodann der Stickstoff des Niederschlags nach Kjeldahl ermittelt. Der Genmltelsiehgeielt der Flüssigkeit betrug 11,676 g; davon waren 0,710. — 6.08 Daaz in Form von Ammoniak vorhanden; Zur Kenntnis der Proteinsubstanzen der Hefe. 395 3,468 & — 29,70 Proz. würden in den Phosphorwolframsäurenieder- schlag eingehen. Unter der‘ Voraussetzung, dafs in diesem Niederschlag nur Ammoniak und basische Produkte enthalten sind, würden auf letztere 23,6 Proz. des Gesamtstickstoffs entfallen. Im Phosphor- wolframsäureniederschlag vermochte ich keine Aminosäuren nach- zuweisen. Nimmt man an, dals im Filtrat vom Phosphorwolfram- säureniederschlag nur Spuren von Ammoniak sich vorfinden, so würde auf Aminosäuren 8,208 © — 70,30 Proz. des Gesamtstick- stoffs des gespaltenen Hefeeiweilses entfallen. Um die-Spaltungsprodukte von einander zu trennen, verfuhr ich, wie folgt: Der Rest der verbliebenen Flüssigkeit von 1800 ccm wurde mit 25 prozentiger Phosphorwolframsäurelösung ausgefällt; hierzu bedurfte ich 1!/, Liter dieser Lösung. Nach zwei Tagen wurde der Nieder- schlag auf die Nutsche gebracht, von der Flüssigkeit gut abgesogen und der hückstand einigemal mit 3prozentiger Phosphorwolfram- säure ausgewaschen. Das Filtrat und die dabei resultierenden Wasch- Hüssigkeiten wurden in der später zu beschreibenden Weise auf Amino- säuren verarbeitet. Um den Niederschlag vollständig auszuwaschen, wurde derselbe mit 5 prozentiger Schwefelsäure, welcher etwas Phosphorwolframsäure zugesetzt worden war, gut verrieben, die Flüssigkeit gut abgesogen und der Rückstand in gleicher Weise noch einmal behandelt. Die so erhaltenen Phosphorwolframate wurden mit einem Überschuls von alkalifreiem Barythydrat verrieben, die barythaltige Lösung wurde nach 24stündigem Stehen vom Baryumwolframat abgesogen, der Rück- stand auf der Nutsche mit Barytwasser ausgewaschen. Der Nieder- schlag wurde sodann mit Barytlösung fein verrieben, wieder abgesogen und endlich auf der Nutsche wiederholt mit Wasser ausgewaschen, bis das Filtrat neutral reagierte. Die erhaltene basische Lösung wurde durch tagelanges Einblasen eines kräftigen L.uftstromes von Ammoniak befreit; die noch vorhandenen kleinen Mengen von Baryt wurden mit Hülfe von Kohlensäure ausgefällt und die vom Baryumkarbonat ge- trennte Basenlösung sodann mit Kohlensäure gesättigt und, um das Histidin auszufällen, mit einer wässerigen Lösung von Merkurichlorid bis zur schwach sauren Reaktion versetzt. Hierzu verbrauchte ich etwa 25g Sublimat. Nach eintägigem Stehen und abermaligem Durch- leiten von Kohlensäure wurde der entstandene voluminöse Quecksilber- niederschlag aufs Filter gebracht, gut ausgewaschen, darauf mit Wasser verrieben und durch Einleiten von Schwefelwasserstoff von Quecksilber befreit. Die vom Quecksilbersulfid getrennte Flüssigkeit wurde etwas eingeengt und in einem aliquoten Teil dieser Lösung der Stickstoff- gehalt ermittelt; es stellte sich heraus, dafs 0,334 g Stickstoff durch Sublimat gefällt wurden und 2,055 g in Lösung geblieben waren. Nimmt man an, dafs der ganze Stickstoff des Quecksilberniederschlages 396 R. Schröder, dem Histidin angehörte, so würde die Gesamtmenge des Histidinstick- stoffs 3,3 Proz. vom Gesamtstickstoff ausmachen. Der Rest der histidinhaltigen Flüssigkeit wurde zum Sirup ein- gedunstet und derselbe unter Zusatz von Alkohol zur Krystallisation gebracht. Die nach längerem Stehen ausgeschiedenen Krystalle wurden einmal aus Wasser umkrystallisiert; es resultierten grolse, harte, stark glänzende Krystalle, welche dem Histidinchlorid glichen. Die Chlorbestimmung gab folgendes Resultat: 0,1752 g exsikkatortrockener Substanz gaben 0,1181 g AgCl = 0,0293 g Cl = 16,68 Proz. Für das Histidinchlorid berechnet sich ein Gehalt von 16,9 Proz. Chlor. Die vom Chlorsilber getrennte Flüssigkeit wurde mit Ammoniak und einem Überschufs an Silbernitrat versetzt; es schied sich eine weilse, amorphe Masse von Histidinsilber aus, welche getrocknet 0,2745 g wog; dieselbe gab beim Glühen 0,1635 Ag — 58,51 Proz. Reines Histidinsilber enthält 55,9 Proz. Ag. Der Silbergehalt des Doppel- salzes wurde also etwas zu hoch gefunden; dieses Ergebnis dürfte wohl auf die Anwesenheit einer anderen Substanz neben dem Histidin zurückgeführt werden. Dafis das Histidinchlorid nicht ganz einheit- licher Natur war, geht auch aus dem Umstand hervor, dals die Kry- stallisation desselben erst nach einiger Zeit erfolgte, wobei nur ein Teil des aus dem Stickstoffgehalt berechneten Histidinchlorids aus- krystallisierte; es hinterblieb eine dicke, sirupöse Mutterlauge. Die vom Quecksilberniederschlag abältrierte Lösung mulste das Arginin und Lysin enthalten. Der Stickstoffgehalt dieser Lösung betrug 1,644 @*), dieselbe wurde vom Chlor mit Hülfe von Silbernitrat befreit und das chlorfreie Filtrat mit Silbernitrat so weit angereichert, bis eine Probe, mit einem Tropfen Barytlösung zusammengebracht, keine weilse, sondern eine braune Fällung gab; dann wurde mit in der Wärme ge- sättigter Barytlösung versetzt, die entstandene schwarzbraune Fällung von Argininsilber und Silberoxyd auf der Nutsche abgesogen, mit Barytwasser sorgfältig ausgewaschen, dann mit Wasser, dem etwas Schwefelsäure zugesetzt war, verrieben und mit Schwefelwasserstoif zersetzt. Nach dem Abfiltrieren vom Silbersulfid wurde die Flüssig- keit etwas erwärmt, um den Schwefelwasserstoff auszutreiben, der kleine Überschufs von Schwefelsäure mit Baryt quantitativ entfernt und nach dem Abfiltrieren die Flüssigkeit auf ein bestimmtes Volumen gebracht; es ergab sich, dals diese Argininlösung 0,5303 g Stickstoff enthielt. Der Rest von 1,1137g N würde also auf das Lysin ent- fallen. Es berechnet sich aus den angeführten Zahlen, dafs 6,55 Proz. des Gesamtstickstofis auf Arginin und 13,76 Proz. auf Lysin entfallen. Der Rest der verbliebenen Argininlösung wurde mit Salpetersäure neu- tralisiert, auf dem Wasserbade auf ein kleines Volumen eingeengt und zur Krystallisation gebracht. Es schied sich das Argininnitrat in der charakteristischen Form aus; dasselbe wurde aus Wasser einmal um- krystallisiert, die Lösung der erhaltenen Krystalle wurde in der Hitze mit Kupferoxyd gesättigt, die tiefblaue Lösung vom überschüssigen Kupferhydroxyd abfiltriert. Aus dem konzentrierten Filtrat schied *) Dieselbe kann noch Spuren von Histidin enthalten. Zur Kenntnis der Proteinsubstanzen der Hefe. 397 sich das Argininkupfernitrat in den bekannten charakteristischen hemisphärischen Nadelaggregaten aus. Es wurden 2,065 g dieser Kry- stalle erhalten. Es hinterblieb eine blaugefärbte Mutterlauge, aus welcher nach längerem Stehen sich noch dunkelblaue Krystalle ausschieden, welche von der Mutterlauge nicht mehr getrennt werden konnten. Nach der Formel (C,H,,N,0,),Cu(N0O,) 3H,0 berechnet sich für das Argininkupfernitrat ein Gehalt von 19 Proz. Argininstickstoff; in 2,065 g sind also 0,392 g Stickstoff enthalten. Für die Darstellung des Argininkupfernitrats wurde eine Lösung verwendet, welche 0,424 g N enthielt; berücksichtigt man, dafs beim Umkrystallisieren des Arginin- nitrats kleine Verluste nicht zu vermeiden sind, und zieht man ferner in Betracht, dafs in der Mutterlauge noch kleine Mengen Argininkupfer- nitrat vorhanden waren, so sind wohl die oben für die Verteilung des Stick- stoffs auf die drei Basen angegebenen Zahlen einigermafsen berechtigt. Behufs Identifizierung des Argininkupfernitrats führte ich eine Cu-Bestimmung mit folgendem Resultat aus: 0,2517 g Substanz gaben 0,0340 & CuO; daraus berechnet sich ein Gehalt von 10,85 Proz. Cu. Die Theorie fordert 10,73 Proz. Cu. Das Salz schmolz bei 112°. Das Filtrat vom Argininsilber wurde auf Lysin folgendermalsen verarbeitet: die Lösung wurde mit Salzsäure vom Silber und mit Hülfe von Schwefelsäure vom Baryt befreit, die konzentrierte Flüssigkeit mit Phosphorwolframsäure gefällt, der hierbei entstandene krystallinische Niederschlag wurde nach 24 stündigem Stehen auf die Nutsche gebracht, gut abgesogen und einigemal mit 5prozentiger Schwefelsäure ausge- waschen, der Niederschlag in bekannter Weise mit Baryt zersetzt, die vom Baryt befreite Basenlösung auf ein kleines Volumen gebracht und mit 5g einer alkoholischen Pikrinsäurelösung neutralisiert. Es entstand sofort ein Krystallbrei von feinen, gelben Nadeln; aus der davon getrennten Mutterlauge konnte durch Konzentrieren noch eine kleine Menge Pikrat erhalten werden. Es hinterblieb schliefslich eine kleine Menge einer nicht krystallisierenden Mutterlauge. Das erhaltene Pikrat wurde in Wasser suspendiert und nach dem Verfahren von Kossel unter Zusatz von konzentrierter Salzsäure und Äther im Scheidetrichter zersetzt. Die erhaltene wässerige Lysinchloridlösung wurde durch öfteres Ausschütteln mit Äther von der Pikrinsäure be- freit, sodann bis zur Sirupkonsistenz eingedunstet. Es schieden sich beim Stehen über Natron alsbald schwach gefärbte Krystalle aus, welche nach dem Trocknen 4,07 g wogen *). Die erhaltenen Lysinchloridkrystalle wurden behufs Reinigung in warmem Methylalkohol aufgelöst, die Lösung vom unbedeutenden, gelben Rückstand abfiltriert, zum Sirup eingedunstet, mit absolutem Alkohol versetzt und zur Krystallisation im Exsikkator aufgestellt. Es bildeten sich nach kurzer Zeit strahlig angeordnete Krystallnadeln, von welchen ein Teil zur Identifizierung in das Platindoppelsalz übergeführt wurde, Zu diesem Zwecke versetzte ich eine konzentrierte Lösung derselben mit dem doppelten Gewicht an Platinchlorid, gelöst in abso- lutem Alkohol. Es schieden sich nach einigen Stunden lange, orange- *) Die Krystalle waren nicht ganz einheitlich. 398 R. Schröder, gelbe Prismen aus, welche von der Mutterlauge getrennt und mit wenig absolutem Alkohol ausgewaschen wurden. Die Krystalle stimmten in ihrem Verhalten mit dem krystallalkoholhaltigen Platindoppelsalz des Lysins überein; sie nahmen beim Stehen über Schwefelsäure an Gewicht ab und wurden hellgelb und undurchsichtig. Die bei 130% getrock- neten Krystalle besalsen einen Gehalt von 35,1 Proz. Pt. Die Theorie fordert 35,05 Proz. II. Versuch. Bei diesem Versuch verfuhr ich anfangs ebenso wie bei dem erst angeführten. Für die Trennung des Histidins benutzte ich jedoch mit Rücksicht auf das bei der Isolierung der genannten Base im ersten Falle erhaltene Ergebnis das neue Trennungsver- fahren von Kossel und Kutscher. Ich verwendete 11,13 & Hefeeiweils mit einem Gehalt von 1,7586& N. In Form von Ammoniak wurden nach 10stündigem Kochen 0,115 & —= 6,58 Proz., im Phosphorwolframsäureniederschlag 0,516 & — 29,54 Proz. gefunden; 70,5 Proz. des Stickstoffs entfallen somit auf Aminosäuren. Die hier erhaltenen Zahlen bringen somit eine Kontrolle der im ersten Versuch erhaltenen Zahlen. Eine vollständige Übereinstimmung war nicht zu erwarten; doch dürften diese Zahlen immerhin für eine Ausbeuteberechnung genügen. Behufs Abscheidung der Basen verfuhr ich wie angegeben. Die vom Ammoniak befreite Basenlösung wurde auf dem Wasser- bade erwärmt und mit soviel Silbersulfat versetzt, bis eine heraus- genommene Probe mit Baryt eine braune Fällung gab, dann wurde das Arginin und Histidin mit Baryt als Silberdoppelsalz ausgefällt. Der Silberniederschlag wurde auf der Nutsche mit Barytwasser aus- gewaschen, dann mit Wasser unter Zusatz von wenig Schwefelsäure zerrieben und mit Schwefelwasserstoff zersetzt; in der vom Silbersulfid getrennten Lösung wurde eine Stickstoffbestimmung ausgeführt. Nach dieser Bestimmung entfallen 11,91 Proz. des Gesamt- stickstoffs auf Arginin und Histidin, auf Lysin 11,03 Proz. Die weitere Trennung des Arginins vom Histidin konnte infolge eines Unfalles nicht zu Ende geführt werden. III. Versuch. Spaltung mit Schwefelsäure. In den im Vorigen beschriebenen Versuchen verwendete ich be- hufs Abscheidung der Hexonbasen Phosphorwolframsäure und trennte dieselben nach dem älteren Verfahren von Kossel. Es schien jedoch angezeigt, in einem besonderen Versuch die Isolierung der Basen nach dem neueren Verfahren von Kossel und Kutscher3) vorzunehmen. Zur Kenntnis der Proteinsubstanzen der Hefe. 399 In einem Vorversuch bestimmte ich zunächst die durch Kochen mit 25proz. Schwefelsäure sich bildende Ammoniakquantität und die Menge des im Phosphorwolframsäureniederschlag enthaltenen Stickstoffs in oben beschriebener Weise. Es ergab sich, dafs durch 10stündiges Kochen von Hefe- eiweils mit 25 proz. Schwefelsäure 7,25 Proz. des Gesamtstickstoffs als NH, vorhanden waren; 51,09 Proz. des Gesamtstickstoffs waren im Phosphorwolframsäureniederschlag enthalten *). Um nun die Ausbeute an Hexonbasen zu ermitteln, kochte ich 25 Hefeeiweils 10 Stunden lang mit 25 proz. Schwefelsäure, neutralisierte die heifse Flüssigkeit nahezu mit Barythydrat; die vom entstandenen Baryumsulfat abfiltrierte Flüssigkeit wurde nebst den Waschwässern auf ein kleines Volumen gebracht, nach dem Erkalten mit Baryt versetzt und das Ammoniak mit Hülfe eines kräftigen Luftstromes ausgetrieben. Die Trennung des Histidins und Arginins vom Lysin erfolgte mit Hülfe von Silbersulfat und Baryt unter Einhaltung der von Kossel und Kutscher ange- gebenen Kautelen. Im Filtrat dieser beiden Basen fällte ich das Lysin nach dem Entfernen des Silbers und des Baryums mit Phosphorwolframsäure aus und isolierte das Lysin als Pikrat. Das Gemisch der beiden Silberdoppelsalze vom Areginin und Histidin wurde in Wasser unter Zusatz von Schwefelsäure aufgeschlemmt und mit Schwefelwasserstoff zersetzt. Die in Lösung vorhandenen Basen wurden nach dem Vertreiben des Schwefelwasserstoffs mit Silbernitrat und Barytlösung getrennt. Das Histidin wurde als Histidindichlorid und das Arginin als Argininkupfernitrat zur Wägung gebracht. Im Folgenden teile ich die erhaltenen Ver- suchsergebnisse mit: 25g trockenes Hefeeiweils gaben: 0,87 & Histidindichlorid — 2,36 Proz. Histidin, 1,62& Argininkupfernitrat — 3,82 Proz. Arginin und 5,6& Lysinpikrat — 8,68 Proz. Lysin. Auf Grund der beim ersten Versuch erhaltenen Ergebnisse be- rechnet sich eine Ausbeute von 1,95 Proz. Histidin, 3,22 Proz. Arginin und 11,34 Proz. Lysin; bezogen auf trockenes Hefeeiweils. Isolierung einiger bei der Spaltung des Hefeeiweilses mit Säuren entstandenen Aminosäuren. Ich benutzte hierzu hauptsächlich die beim Kochen mit Salzsäure entstandenen, mit Hülfe von Phosphorwolframsäure von den Basen *) Bei der Spaltung mit H,SO, bilden sich wahrscheinlich mehr Humin- substanzen. 400 R. Schröder, getrennten Flüssigkeiten, welche wiederholt, um die Salzsäure zu entfernen, mit Wasser eingedunstet wurden; aus den konzentrierten Lösungen schied sich ein Gemisch krystallinischer Phosphorwolfram- säureverbindungen aus; die hiervon durch Filtration getrennte Flüssig- keit wurde mit Baryt von der Phosphorwolframsäure befreit und das Filtrat vom Baryumwolframat zur Trockne eingedunstet. Um die Aminosäuren von dem beigemensten Baryumchlorid zu trennen, wurde der Verdampfungsrückstand wiederholt mit Weingeist aus- gekocht, das Extrakt durch Destillation vom Alkohol befreit. Durch wiederholtes Umkrystallisieren des dabei verbliebenen Rückstandes aus Wasser beziehungsweise alkoholischem Ammoniak gelang es, Leucin und Tyrosin zu isolieren, doch war die erhaltene Tyrosinmenge eine auffallend geringe. Das Leuein wurde in bekannter Weise in die Kupferverbindung verwandelt. Der Cu-Gehalt des Leueinkupfers betrug 19,78 Proz. Die Theorie fordert: 19,8 Proz. Nach dem partiellen Abscheiden des Leueins wurden ver- schiedene Mutterlaugen erhalten, aus welchen krystallisierende Präparate mit einem Stickstoffgehalt von 8,12 bis 8,25 Proz. ab- geschieden werden konnten. Es lag die Vermutung nahe, dafs denselben Phenylalanin beigemengt war, um so mehr da eine Probe jener Präparate beim Kochen mit einer zur Sättigung unzu- reichenden Menge Kupferhydroxyd eine blättrige Ausscheidung eines Kupfersalzes gab. Als ich 1g von einem dieser Präparate mit Kaliumbichromat und Schwefelsäure oxydierte, gelang es, aus dem Oxydationsgemisch durch Extraktion mit Äther eine kleine Menge bei 117° schmelzender Benzoesäure zu isolieren. Um noch einen sicheren Beweis für das Vorhandensein von Phenylalanin zu erbringen, wurde dasselbe nach dem von E. Schulze und E. Winterstein !#) ausgearbeiteten Verfahren isoliert. Ich benutzte hierzu verschiedene Rückstände von den zur Iso- lierung des Cystins angestellten Versuchen (siehe unten). Die koch- salzhaltigen neutralen Lösungen wurden auf ein kleines Volumen ein- gedunstet, von der krystallinischen Ausscheidung abiiltriert und die Mutterlaugen mit viel Alkohol gefällt; die Fällung wurde zweimal durch Dekantation von dem Sirup möglichst befreit, der hinterbliebene Rückstand in Wasser gelöst und mit Phosphorwolframsäure gefällt, nachdem die Lösung stark angesäuert worden war. Die Phosphor- wolframsäurefällung wurde von der Flüssigkeit nach längerem Stehen abgesogen, mit etwas Schwefelsäure ausgewaschen und sodann mit Alkohol ausgekocht, das alkoholische Extrakt bis zur Sirupkonsistenz eingedunstet, der Rückstand mit heifsem Wasser ausgezogen, die Zur Kenntnis der Proteinsubstanzen der Hefe. 401 erhaltene Lösung vom Ungelösten abfiltrier. Das Filtrat wurde nun wiederum stark konzentriert, wobei neben öligen Tropfen sich eine amorphe Masse ausschied. Behufs endgültiger Reinigung der vor- handenen, noch stark gefärbten Phenylalaninphosphorwolframsäure- verbindung extrahierte ich die nach einiger Zeit partiell krystallinisch gewordene Masse abermals mit starkem Weingeist; nach Verjagen des Alkohols hinterblieb ein wenig gefärbter Rückstand, der sich in kochendem Wasser ziemlich leicht auflöste. Aus dieser Lösung schieden sich ölige Tropfen aus, die allmählich krystallinisch erstarrten. Die ausgeschiedenen Krystalle wurden von der Flüssigkeit getrennt, in heilsem Wasser gelöst und in bekannter Weise mit Baryt zerlegt, die - Lösung vom überchüssigen Baryt mit Kohlensäure befreit. Die vom Baryumkarbonat abfiltrierte, farblose Lösung wurde konzentriert und mit einer frisch bereiteten Lösung von Kupferacetat versetzt. Es schieden sich alsbald hellblaue Blättchen aus, doch war die Menge nur gering, so dafs ich von einer Kupferbestimmung absehen mulfste. Ich zersetzte nun die Kupferverbindung mit Schwefelwasserstoff und dunstete das Filtrat vom Kupfersulid auf ein kleines Volumen ein; die etwa 2ccm betragende Lösung brachte ich in ein Reagenzröhrchen, dunstete das Wasser vollständig ab und trocknete im Trockenschrank; nach dem Erkalten des Röhrchens war ein feiner krystallinischer Anflug sichtbar, welcher beim Sublimieren das für Phenylalanın charakte- ristische Verhalten zeigte und dabei den eigentümlichen Geruch nach Phenyläthylamin verbreitete. Auf Grund der beschriebenen Versuchsergebnisse darf man wohl annehmen, dals bei der Spaltung des von mir dargestellten Hefeeiweilses Phenylalanin in kleiner Menge entsteht. Um auf Glykokoll zu prüfen, zersetzte ich etwa 22 9 Hefe- eiweils durch Kochen mit Schwefelsäure, entfernte aus der Zer- setzungsflüssigkeit die Basen mit Phosphorwolframsäure; behufs Nachweis des Glykocolls verfuhr ich nach dem von K. Spiro35) beschriebenen Verfahren; es ist mir aber nicht gelungen, ein krystallisierendes Lactimid zu erhalten. Nachweis des Cystins. Hierzu bediente ich mich des von G. Embden beschriebenen Verfahrens. Ich zersetzte Hefeeiweils durch mehrstündiges Kochen mit 12 proz. Salzsäure, dunstete die saure Zersetzungsflüssigkeit einige Male auf dem Wasserbade unter Zusatz von Wasser ein und stellte die noch etwas salzsäurehaltige sirupöse Flüssigkeit im Exsikkator über Natron- kalk auf. Durch wiederholtes Umrühren der dickflüssigen Masse konnte die Salzsäure bis auf einen kleinen Rest entfernt werden; ich neutralisierte nun den mit Wasser in Lösung gebrachten Sirup mit Natronlauge, filtrierte von der entstandenen Ausscheidung ab; aus dem konzentrierten Filtrat schieden sich nach einiger Zeit neben Tyrosin kleine sechsseitige Täfelehen in äulserst kleiner Menge aus; ich habe daher auf eine vollständige Trennung derselben vom Beitr. z. chem. Physiologie. II. 96 409 R. Schröder, Tyrosin verzichten müssen. Die tyrosinhaltigen Krystalle gaben beim Erhitzen mit Natronlauge und Bleinitrat eine Ausscheidung von Bleisulfid. Prüfung des Hefeeiweilses auf das Vorhandensein einer Kohlenhydratgruppe. Ich liefs einige Gramm Hefeeiweils in 3proz. Natronlauge längere Zeit aufquellen, kochte den von der Natronlauge getrennten Rückstand 2 Stunden mit 3 proz. Salzsäure, neutralisierte einen Teil der Flüssigkeit mit Lauge und prüfte mit Fehlingscher Lösung. Ich konnte hierbei keine Reduktion wahr- nehmen; auch nachdem der Rest der Flüssigkeit noch weitere 2 Stunden gekocht wurde, war eine Ausscheidung von Kupfer- oxydul nicht zu bemerken. Das nämliche Ergebnis erhielt ich auch bei verschiedenartiger Abänderung der Versuchsanstellung. Zusammenfassung der Resultate. Die Proteinsubstanz, welche aus Hefe durch Behandeln mit Ather und Wasser und Erhitzen der dabei entstandenen Lösung abgeschieden werden kann, giebt alle Reaktionen der Eiweilskörper. Die Bleireaktion fällt nur schwach aus. Bei der Spaltung des Hefeeiweilses*) mit Säuren entsteht neben Aminosäuren: Leucin, Tyrosin, Phenylalanin, eine nicht unbedeutende Menge Basen. Un- gefähr ein Viertel des Gesamtstickstoffs der gespaltenen Eiweils- substanz entfält auf dieselben. Das Lysin entsteht in gröflster Menge. Ein Teil des Schwefels dürfte in cystinähnlicher Bindung vorhanden sein. Diese Frage und ebenso die Frage nach der Kohlehydratgruppe bedürfen einer weiteren Prüfung. Zum Schlusse sei es mir gestattet, Herrn Dr. E. Winterstein für die Anregung zu dieser Arbeit und für den stetigen Beistand bei der Ausführung dieser Untersuchung meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Litteratur. !) F. Müller, Beiträge zur Kenntnis des Mucins und einiger damit verbundener Eiweilsstoffe. Zeitschrift f. Biologie 42, 468 (1901). — J. See- mann, Über die reduzierenden Substanzen, welche sich aus Hühnereiweils abspalten lassen. Dissertation. Marburg 1898. Arch. f. Verdauungs- krankheiten 4. — 8. Fränkel, Über die Reindarstellung der sogenannten Kohlehydratgruppe des Eiweilses. Sitzungsber. der kaiserl. Akad. der Wissensch. 107 (1898). — L. Langstein, Die Kohlehydratgruppe des krystallisierten Ovalbumins. Zeitschrift f. physiol. Chem. 31, 49 (1900). — *) Vergleiche die Anmerkung auf Seite 3. Zur Kenntnis der Proteinsubstanzen der Hefe. 403 L. Langstein, Über die gerinnbaren Stoffe des Eierklars. Diese Bei- träge 1, 83 (1902). — C. v. Fürth, Die Glykoproteide niederer Tiere. Diese Beiträge 1, 259 (1902). — L. Langstein, Die Kohlehydrate des krystalli- sierten Serumalbumins. Diese Beiträge 1, 259 (1902). ”) K. A. H. Mörner, Cystin ein Spaltunesprodukt der Hornsubstanz. Zeitschr. f. physiol. Chem. 28, 595 (1899). — G. Embden, Über den Nachweis von Cystin und Cystein unter den Spaltungsprodukten der Eiweilskörper. Zeitschr. f. physiol. Chem. 32, 94 (1901). — K. A. H. Mörner, Zur Kenntnis der Bindung des Schwefels in den Proteinstoffen. Zeitschr. f. phys. Chem. 34, 207 (1902). 2) E. Winterstein, Über die stiekstoffhaltigen Bestandteile der Pilze. Zeitschr. f. physiol. Chem. 26, 435 (1898). *)S. Hofmann, Über die chemischen Bestandteile einiger Pilze. Dissertation. Zürich 1901. 5) K. S. Iwanoff, Über die Zusammensetzung der Eiweilsstoffe und Zellmembranen bei Bakterien und Pilzen. Diese Beiträge 1, 524 (1902). 6) A. Kossel, Über das Nuklein der Hefe. Zeitschr. f. physiol. Chem. 3, 284 (1879); 4, 290 (1880). — A. Kossel, Zur Chemie des Zellkerns; Zeitschr. f. physiol. Chem. 7, 7 (1882); 10, 261 (1886). 7) Vergleiche Litteratur 6. — Ascoli, Ein neues Spaltungsprodukt aus Hefe. Sitzungsber. der Marburger Gesellsch. z. Förderung der ges. Naturwissensch. 1900. — H. Steudel, Über die Konstitution des Thymins. Zeitschr. f. physiol. Chem. 30, 539 (1900); 32, 241 (1901). ®) Vergleiche Lafar, Technische Mykologie 2, 518. 1p1d. 2,519. 1) A. Wröblewski, Über den Hefeprefssaft. Anzeiger d. Akad. d. Wissenschaften in Krakau 1898. ı) Fr. Kutscher, Chemische Untersuchungen über die Selbstgärung der Hefe. Zeitschr. f. physiol. Chem. 32, 59 (1901). 12) H. Buchner und M. Gruber, Verfahren zur Gewinnung von Hefe- eiweils mittels Äthers behufs Verwendung als Nährmittel. Patentbl. 21, 1127. D. R.-P. 113181 (1899). ! 1») A. Kossel und Fr. Kutscher, Beiträge zur Kenntnis der Eiweils- körper. Zeitschr. f. physiol. Chem. 31, 165 (1900). 1) E. Schulze und E. Winterstein, Über die Trennung des Phenyl- alanins von anderen Aminosäuren. Zeitschr. f. physiol. Chem. 35, 210 (1902). N KSSpIrD, Über den Nachweis und das Vorkommen des Glykokolls. Zeitschr. f. physiol. Chem. 28, 174 (1899). XXV. Zur Kenntnis der stiekstoffhaltigen Bestandteile einiger Pilze. Von E. Winterstein und J. Hofmann. (Aus dem agrikultur-chemischen Laboratorium des Polytechnikums in Zürich.) Gelegentlich der Untersuchung über die Membranen der Pilze hat der eine von uns*) die Beobachtung gemacht, dafs die Protein- substanzen der Hutpilze ein eigentümliches Verhalten zeigen, welches von demjenigen der Proteinsubstanzen anderer Objekte pflanzlichen Ursprunges bedeutend abweicht. Extrahiert man. z.B. gsepulverte Pflanzensamen mit verdünnter Alkalilauge, so gelingt es leicht, beträchtliche Quantitäten Eiweilsstoffe in Lösung zu bringen, welche dann durch Neutralisation der Flüssigkeit zur Ab- scheidung gebracht werden können. Bei Hutpilzen: Boletus edulis, Agaricus campestris, Cantharellus cibarius Fr. und einigen anderen, ist dieses Verfahren resultatlos.. 3 bis 5proz. sowohl als auch verdünntere Lauge lösen aus dem zuvor möglichst vollständig ent- fetteten und mit Wasser erschöpften Pilzpulver nicht unbeträcht- liche Mengen stickstoffhaltiger Substanz auf, aber aus dieser Lösung wird durch Neutralisation nur eine kleine Menge einer solchen Substanz zur Abscheidung gebracht. Hingegen gelang es, durch kurzes Digerieren des zuvor entfetteten und mit Alkohol und Wasser vollständig extrahierten staubfeinen Pilzpulvers mit konzentrierter Salzsäure auf dem Wasserbade und Ausfällen der vom Ungelösten getrennten salzsauren Lösung mit Hilfe von Phosphorwolframsäure eine Substanz abzuscheiden, die alle Reak- *) Zur Kenntnis der in den Membranen der Pilze enthaltenen Bestand- teile. E. Winterstein, Zeitschr. f. phys. Chem. 19, 521 (1894); ibid. 21, 134 (1895). Ber. d. deutsch. chem. Ges. 27, 3113; 28, 167. Winterstein u. Hofmann, Zur Kenntnis d. stickstoffh. Bestandteile u.s.w. 405 tionen der Eiweilskörper gab und bei der Spaltung mit Säuren neben Aminosäuren (Tyrosin, Leucin) Hexonbasen lieferte. Eine kurze Mitteilung über diesen Befund ist vor drei Jahren von dem einen von uns veröffentlicht worden *). Mittlerweile sind ©. G. San- tesson und E. Cederlöw**) bei Versuchen, in welchen sie Secale cornutum verwendeten, in Bezug auf das Verhalten der Protein- substanzen dieses pflanzlichen Objektes zu ähnlichen Resultaten gekommen. Sodann hat K. S. Iwanoff***) in dieser Zeitschrift einen Beitrag zur Frage der Proteinsubstanzen der Bakterien und Pilze gebracht, ohne Bezug auf die erwähnten Publikationen zu nehmen. Wir möchten uns daher gestatten, in aller Kürze die von uns mittlerweile gewonnenen Resultate über die stickstoff- haltigen Stoffe der Pilze mitzuteilen. Ein Teil der von uns erhal- tenen Versuchsergebnisse ist in der im vergangenen Jahre erfolgten Dissertation 7) enthalten. Eine ausführliche Publikation über die chemischen Bestandteile der Hutpilze ist von uns in Aussicht ge- nommen. Im folgenden beschreiben wir einige der von uns ausgeführten Versuche. Wir benutzten für unsere Untersuchung hauptsächlich Boletus edulis, Agaricus campestris und Cantharellus cibarius Fr., teilen hier aber nur die mit Boletus edulis gewonnenen Resultate mit. Der getrocknete, fein gepulverte Pilz wurde durch Extraktion mit Petrol- bezw. Schwefeläther im Thörnerschen Extraktionsapparat möglichst vollständig entfette. Der dabei erhaltene Rückstand enthält im Mittel 6,20 Proz. Stickstoff. Durch wiederholtes Extra- hieren des letzteren mit siedendem Weingeist und mit Wasser in der Wärme wurde ein grofser Teil der Pilzmasse in Lösung ge- bracht. Aus der alkoholischen Lösung hat E. Winterstein kleine Mengen einer Substanz isoliert, welche das Verhalten der Xanthin- körper zeiste. Im wässerigen Extrakt war ungefähr ein Drittel der Stickstoffmenge enthalten, die sich in dem angewendeten Rückstand vorfand. Aus der wässerigen Lösung konnten wir einen stickstoff- und *) Über die stickstoffhaltigen Stoffe der Pilze. E. Winterstein, Zeitschr. f. phys. Chem. 26, 435 (1599). **) Kurze pharmakologische Mitteilungen. Enthält das Secale eornutum Eiweils? Skandin. Arch. f. Physiol. 11, 342 (1901). =) Über die Zusammensetzung der Eiweilsstoffe und Zellmembranen bei Bakterien und Pilzen. Diese Beiträge 1, 524 (1902). +) Über die cehemisehen Bestandteile einiger Pilze. Dissertation. J. Hofmann, Zürich 1901. 406 E. Winterstein und J. Hofmann, phosphorhaltigen Körper isolieren, dessen nähere chemische Charak- terisierung noch aussteht. Das wässerige Extrakt enthält ferner beträchtliche Mengen durch Phosphorwolframsäure, sowie auch durch Merkurinitrat fällbarer Substanzen. Aus dem Quecksilber- niederschlag gelang es in einem Falle, eine kıystallisierende Sub- stanz zu isolieren, welche das Verhalten der Aminosäuren zeigte. Da eine Trennung und Charakterisierung der verschiedenen ini Wasser enthaltenen stickstoffhaltigen Substanzen wegen der An- wesenheit amorpher Kohlenhydrate nicht gelungen ist, sehen wir hier zunächst von einer weiteren Mitteilung der in dieser Richtung von uns ausgeführten Versuche ab. Wir prüften zunächst weiter, ob sich Proteinsubstanzen vor- fanden, welche bei der Behandlung mit Pepsin und Salzsäure Peptone lieferten. Zu diesem Zwecke verwendeten wir einen ent- fetteten und mit Wasser erschöpften Rückstand, welcher 3,5 Proz. Stickstoff enthielt. Derselbe wurde mit einer grölseren Menge Wasser zusammengebracht, mit reinstem käuflichem Pepsin und dann so viel Salzsäure versetzt, dals der Gchalt daran am Anfange 0,1 Proz. betrug. Das Gemisch wurde nun bei einer Temperatur von 37° im Brutschrank 24 Stunden belassen und während der ersten 12 Stunden allstündlich mit 2cem 10proz. Salzsäure ver- setzt. Aus der vom Ungelösten getrennten Lösung konnten wir Peptone mit Phosphorwolframsäure ausfällen und aus dem dabei erhaltenen Niederschlag in bekannter Weise isolieren. In einigen Fällen schieden wir Peptone aus der konzentrierten schwach gelb gefärbten, sauren Flüssigkeit durch Zusatz von absolutem Alkohol aus. Bei einigen derart quantitativ ausgeführten Versuchen er- hielten wir folgendes Ergebnis: 16 1. T: I. -Gesamt-N des verwendeten Rückstandes . . 3,80 3,50 3,60 3,60 VerdaulichersStickstofer ser ee 2520 3,19 3,08 3,10 Stiekstoltum@kuekstande ee 0,59 0,55 0,50 0,49 Stickstoff im Phosphorwolframsäurenieder- schlae ee er ee e rZl) 2,14 2.12 2,02 Stickstoff im Filtrat vom Phosphorwolfram- Saurenledenschlaes er let 1,05 0,96 0,99 Legt man bei der Berechnung des Proteingehaltes den Faktor 6,25 zu Grunde, so mülste der bei den vorigen Versuchen benutzte Rückstand mit 3,16 Proz. verdaulichem Stickstoff im Mittel einen Gehalt von 19,75 Proz. Eiweils aufweisen. Wir versuchten nun, aus den Pilzen durch Behandlung des entfetteten und mit Wasser erschöpften Materials mit Laugen, Zur Kenntnis der stickstoffhaltigen Bestandteile einiger Pilze. 407 durch Extraktion mit gesättigter Barytlösung oder durch Digerieren mit konzentrierter Salzsäure und geeignete Behandlung der dabei erhaltenen Lösungen Proteinstoffe zu isolieren. Wir beschreiben im Folgenden einige der bezüglichen Versuche. l. Extraktion mit Baryt. Wir brachten gröfsere Quantitäten des in oben beschriebener Weise vorbereiteten Materials in geräumige Flaschen, übergossen mit Wasser und fügten nun so viel festen Baryt hinzu, dafs ein Teil desselben un- gelöst blieb; darauf wurde das Gemisch anhaltend längere Zeit ge- schüttelt, die alkalische Lösung abfiltriert, der hinterbliebene Rückstand noch einige Male in gleicher Weise behandelt. Aus den vereinigten barythaltigen Lösungen wurde das Baryum mit verdünnter Schwefel- säure quantitativ ausgefällt, die vom Baryumsulfat getrennten, nahezu farblosen Lösungen eingedunstet und der sirupöse Rückstand in viel absoluten Alkohol gegossen, die entstandene Fällung nach einiger Zeit von der Flüssigkeit getrennt und die Masse mit Alkohol und Äther, um das Wasser möglichst vollständig zu entfernen, behandelt. Wir erhielten ein weilses, in Wasser mıt hellgelber Farbe äulserst leicht lösliches Pulver, welches die bekannten Farbenreaktionen der Eiweifs- stoffe sehr schön zeigte. Der Stickstofgehalt der Substanz betrug 14,8 Proz. Die Substanz war schwefelhaltig und enthielt Phosphor. Beim Kochen mit verdünnten Säuren wurde keine die Fehlingsche Lösung reduzierende Flüssigkeit erhalten. Nach den im Vorigen mitgeteilten Versuchsergebnissen ist die Schlufsfolgerung wohl berechtigt, dafs durch die Behandlung mit Baryt die in den Pilzen enthaltenen Eiweilsstoffe einer Hydrolyse unterliegen und dadurch allmählich löslich gemacht werden. Es wäre aber auch denkbar, dafs die Proteinstoffe der von uns unter- suchten Pilze in einer Verbindung mit einem noch unbekannten stickstoffhaltigen oder stickstofffreien Komplex vorliegen, und dafs durch Einwirkung von Baryt ein Loslösen des Proteinrestes be- wirkt wird. Es ist daher auch verständlich, dafs die mit Natron- lauge bereiteten Extrakte auf Zusatz von Säuren keine Fällungen gaben, was vielleicht darauf zurückzuführen ist, dafs die Hydra- tation bezw. Spaltung durch Alkalien eine noch energischere ist. Möglicherweise enthalten aber die Pilze verschiedene Eiweilskörper. 2. Extraktion mit Natronlauge bezw. Kalilauge. Hierzu verwendeten wir dasselbe Material wie beim ersten Ver- suche. Dasselbe wurde bei den verschiedenen Versuchen mit Laugen wechselnder Konzentration im grolsen Überschufs einige Stunden stehen gelassen; die alkalischen Filtrate wurden mit Jodquecksilberjodkalium versetzt und darauf mit Essigsäure neutralisiert. Bei einigen Ver- 408 E. Winterstein und J. Hofmann, suchen digerierten wir mit Nefslerschem Reagens und neutralisierten die vom Ungelösten getrennte Flüssigkeit mit Essigsäure. Es schied sich eine schmutziggraue Substanz aus, welche in möglichst wenig Natronlauge gelöst wurde. Die erhaltene Lösung wurde von dem dabei verbliebenen Rückstande abfiltriert und nun wieder mit Essigsäure neu- tralisiert, die ausgeschiedene Fällung auf einem Filter gesammelt, mit Wasser vollständig ausgewaschen und mit Alkohol und Äther getrocknet. Die erhaltenen dunkel gefärbten Substanzen enthielten im Mittel 14,4 Proz. N. Dieselben gaben die Farbenreaktionen der Eiweilsstoffe, doch fielen dieselben wegen der Dunkelfärbung der erhaltenen Präparate nicht so schön aus wie bei den mit Baryt erhaltenen. Alle Präparate waren schwefel- und phosphorhaltig. Beim andauernden Digerieren mit mälsig konzentrierter Salzsäure in der Kälte erhielten wir in allen Fällen Lösungen, welche stark reduzierend wirkten. Wurden diese Salzsäurelösungen mit Phos- phorwolframsäure versetzt, so resultierten starke Fällungen, aus welchen durch Zersetzen dieser Phosphorwolframatniederschläge mit Baryt lösliche Eiweilssubstanzen isoliert werden konnten. Noch vor dem Erscheinen der oben zitierten Arbeit von K. S. Iwanoff haben wir auch nach dem Schmiedebergschen Verfahren gearbeitet”). Die dabei erhaltenen Präparate waren den eben beschriebenen ähnlich. Wir erhielten aus dem entfetteten, mit Wasser extrahierten Pulver von Boletus 8 Proz. eines solchen Präparates. „ Ob diese mit Natronlauge in beschriebener Weise erhaltenen Präparate einheitlicher Natur waren und als Glykoproteide auf- gefalst werden können, läfst sich mit Rücksicht auf die eigenartige Beschaffenheit der Membranen der Hutpilze und im Hinblick auf das Vorhandensein amorpher, in Laugen löslicher Kohlenhydrate **) in diesen pflanzlichen Objekten zur Zeit nicht sagen. Berücksichtigt man ferner die beim Versuch 1. erhaltenen Ergebnisse, in welchem das gewonnene Präparat keine die Fehlin sche Lösung reduzierende Flüssigkeit lieferte, so mus die Möglichkeit zugegeben werden, dafs die zuletzt beschriebenen Präparate Gemische darstellten. *) Dieses Verfahren eignet sich besser zur Extraktion von Protein- substanzen als die soeben erwähnten: man erhält bei Anwendung von Cu-acetat und NaOH rasch filtrierende Lösungen. ’=*) Vergleiche hierüber die Abhandlungen von E. Winterstein. Über die chemische Zusammensetzung von Pachyma Cocos und Mylitta lapidescens. Arch. d. Pharm. 233, 398 (1895). — Zur Kenntnis der in den Membranen der Pilze enthaltenen Bestandteile. Zeitschr. f. phys. Chem. 21, 147 (1895); Ber. d. deutsch. chem. Ges. 26, 3098; 28, 774. Zur Kenntnis der stickstoffhaltigen Bestandteile einiger Pilze. 409 3. Extraktion mit konzentrierter Salzsäure. Mit Hilfe dieses Verfahrens gelingt es, in relativ kurzer Zeit Proteinsubstanzen aus Hutpilzen darzustellen. Wir verfuhren wie folgt: Ikg des gründlich entfetteten Pulvers von Boletus edulis wurde zunächst mit Alkohol wiederholt extrahiert und der Rückstand so lange mit warmem Wasser behandelt, bis nichts mehr in Lösung ging. Durch mehrmaliges Behandeln mit verdünnter Salzsäure konnten sodann die noch vorhandenen Aschenbestandteile nahezu vollständig entfernt werden. Die verbliebene braun gefärbte, feuchte Masse wurde in mehrere Schalen verteilt, mit konzentrierter Salzsäure zu einem Brei verrieben und kurze Zeit auf dem Wasserbade erhitzt; es hinterblieb eine dunkelbraune schmierige Masse. Die nach dem Erkalten durch Baumwolltuch filtrierte klare, dunkelbraune Lösung wurde in mehrere Cylinder verteilt, mit dem doppelten Volumen Wasser versetzt und hernach mit einer konzentrierten Lösung alkalifreier Phosphorwolframsäure ausgefäll. Den sich hierbei ausscheidenden schleimigen, grauen Niederschlag sammelten wir nach 12stündigem Stehen auf mehrere Filter (da das Filtrieren sehr langsam von statten ging), wuschen sodann so lange mit 5 proz. Schwefelsäure aus, bis im Filtrat keine Salzsäure mehr nachweisbar war. Der zwischen Fliefs- papier abgeprefste Niederschlag wurde mit Wasser fein zerrieben und sodann mit einem kleinen Überschufs an Baryt zersetzt. In die vom Baryumwolframat getrennte, schwach gelb gefärbte Lösung leiteten wir Kohlensäure ein, filtrierten vom ausgeschiedenen Baryumkarbonat ab, dunsteten die Flüssigkeit zum Sirup ein und trockneten denselben durch wochenlanges Stehen im Vakuumexsikkator über Schwefel- säure aus. Die Ausbeute betrug 9 Proz. Wir erhielten eine braungelbe, spröde, in Wasser leicht lös- liche Masse, welche die Xanthoprotein-, die Millonsche und Biuret- reaktion recht schön gab. Der Stickstoffgehalt des in beschriebener Weise erhaltenen Präparats betrug 15,36 Proz., bezogen auf die Trockensubstanz. Doch war der Stickstoffgehalt bei den nach diesem Verfahren erhaltenen verschiedenen Präparaten ein wechseln- der. Obgleich die so gewonnenen Präparate als primäre Um- wandlungsprodukte der in den Pilzen enthaltenen Proteinstoffe angesehen werden müssen, da dieselben ja im Wasser leicht löslich sind und durch Extrahieren des Rückstandes mit Wasser nicht gewonnen werden konnten, so haben wir doch die bei der Zer- setzung mit Salzsäure entstandenen Hexonbasen isoliert, nachdem E. Winterstein schon früher das Vorhandensein von Tyrosin und Leucin unter diesen Spaltungsprodukten dargethan hat. Für die Isolierung bezw. Trennung der Hexonbasen benutzten wir Phosphorwolframsäure und trennten die Hexonbasen nach dem 410 Winterstein u. Hofmann, Zur Kenntnis d. stickstoffh. Bestandteile u. s. w. älteren von A. Kossel angegebenen Verfahren. In Bezug auf die näheren Versuchsdetails verweisen wir auf die vorstehende Arbeit von R. Schröder. Auch die Identifizierung der getrennten Hexonbasen geschah ebenso wie in der eitierten Arbeit. Wir erhielten folgende Ergebnisse: 40,1 & Trockensubstanz, welche 6,16. Stick- stoff enthielten, gaben: 3,42 Histidinchlorhydrat, 7,30 & Arcinin- kupfernitrat und 6,58& Lysinpikrat. Demnach lieferten 100 & Pilz- eiweils*) eine Ausbeute von 6,3g& Histidin, 10,7& Arginin und 6,52 Lysin. In einem anderen Versuche wurden aus 30 © Pilz- eiweils 5,828 Argininkupfernitrat erhalten. Daraus berechnet sich eine Ausbeute von 11,3 Proz. Arginin. Bei einem dritten Versuche wurde eine noch etwas höhere Ausbeute an Arginin erzielt. Auf Grund dieser Zahlen läfst sich die Verteilung des Stickstoffs auf die drei Hexonbasen folgendermalsen berechnen: 1,88 Proz. Histidin- stickstoff, 3,44 Proz. Argininstickstoff und 1,20 Proz. Lysinstickstoff> insgesamt 5,52 Proz. Basenstickstoff. Durch eine Reihe quantita- tiver Bestimmungen wurde festgestellt, dafs ungefähr die Hälfte des Gesamtstickstoffs der zersetzten Eiweilssubstanz im Phosphor- wolframsäureniederschlag nach Abzug des Ammoniaks enthalten ist. Es scheint, dafs die Argininfraktion noch einen anderen basischen Körper enthält. Bei der Darstellung des Argininkupfer- nitrats erhielten wir eine nicht unbedeutende Menge einer Mutter- lauge, aus welcher bis jetzt ein krystallisierendes Produkt nicht abseschieden werden konnte. *) Wır bezeichnen hier das mit Salzsäure in beschriebenerweise er- haltene Präparat kurzweg in dieser Weise. XXV1. Zur Kenntnis der durch Papayotin und Lab erzeugten Albumosenniederschläge (Koagulosen und Plasteine). Von Privatdocent Dr. D. Kurajeff. (Aus dem physiologisch-chemischen Laboratorium der militär- medizinischen Akademie zu St. Petersburg.) In meiner früheren Arbeit*) „über die koagulierende Wirkung des Papayotins auf Peptonlösungen“ habe ich gezeigt, dals das Papayotin gleich dem Labextrakt oder dem Magensaft die Fähigkeit besitzt, in Albumosenlösungen verschiedener Herkunft eigenartige ‚Niederschläge zu erzeugen. Die vorliegende Arbeit stellt eine Fortsetzung der oben genannten Untersuchungen dar, wobei ich das Verhalten der einzelnen Albumosen zum Papayotin und Lab sowie die Haupteigenschaften und die elementare Zusammensetzung der Papayotin- und Labprodukte festzustellen und die Beziehung dieser Produkte zu einander und zu anderen Eiweilskörpern aufzu- klären suchte. 1. Wirkung des Papayotins und Labextraktes auf die einzelnen Albumosen des Wittepeptons. A. „Primäre Albumosen.“ Bei Einwirkung von Papayotin oder Labextrakt auf ein Ge- menge von „primären“ Albumosen, wie es aus Wittepepton nach E. P. Pick erhalten wird, bilden sich bei von Soda schwach alkalischer oder von Salzsäure saurer Reaktion zarte voluminöse Niederschläge. Die Quantität derselben und die Schnelligkeit ihrer Bildung hängt von verschiedenen Bedingungen ab, so von der ») D. Kurajeff, Diese Beiträge 1, 121 (1901). 413 D. Kurajeff, Konzentration der Albumosenlösungen, der Salzmenge, dem Grad der Alkalescenz bezw. der Acidität u. s. w. Reine Heteroalbumose und Protalbumose stellte ich für meine Versuche nach der Methode von E. P. Pick*) dar. Zunächst wurde ein Gemenge von „primären“ Albumosen aus Wittepepton dargestellt und fünfmal durch gesättigte Ammonsulfat- lösung umgefällt. Aus der wässerigen Lösung der auf diese Weise gereinigten „primären“ Albumosen fällte ich die Heteroalbumose mit dem halben Volumen Alkohol. Die Umfällung mit Alkohol führte ich viermal aus. Zuletzt wurde der Heteroalbumoseniederschlag gut zwischen Papier abgepreist und auf dem kochenden Wasserbade in Wasser gelöst. Der Niederschlag quoll zunächst sehr stark und löste sich nur nach Zusatz von wenig Kochsalz auf. Die etwas eingedampfte Lösung wurde nach dem Erkalten abfiltriert. Das Filtrat war stark opaleszent. Das alkoholische Filtrat, das dıe Protalbumose enthielt, wurde fast zur Trockne eingedampft und der Rest in Wasser gelöst. Die wässerige Lösung wurde mit dem doppelten Volumen Alkohol gefällt, das Filtrat vom Niederschlage fast zur Trockne eingedampft und die auf diese Weise dargestellte Protalbumose in Wasser gelöst. Heteroalbumose und Lab. Eine in obiger Weise dargestellte 12,5 proz. Lösung der Hetero- albumose giebt mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt keine Trübung; beim Ansäuren mit Salzsäure bildet sich ein Nieder- schlag, der sich bei weiterem Säurezusatz bis zu 1 Proz. nicht löst. Der Niederschlag löst sich nur bei Verdünnung der Flüssiekeit mit viel Wasser. Um nicht die Labversuche mit zu verdünnten Lösungen anstellen zu müssen, fällte ich einen Teil der Hetero- albumoselösung mit dem gleichen Volumen Alkohol, löste den Niederschlag unter Erwärmen in wenig Wasser und säuerte die wässerige Lösung mit Salzsäure bis zu einem Gehalt von 0,2 Proz. an. Die erhaltene Lösung gab mit Labextrakt keinen Niederschlag. Dasselbe negative Resultat ergab sich auch bei Zusatz von Koch- salz oder Ammonsulfat in einer Menge, die an sich bei der gegebenen sauren Reaktion keinen Niederschlag hervorrief. Heteroalbumose und Papayotin. Sowohl die 12,5 proz. als auch die mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnte Heteroalbumoselösung giebt mit Papayotin bei durch Sodazusatz hergestellter schwach alkalischer Reaktion einen *), E. P. Pick, Zeitschr. für physiol. Chem. 28, 219 (1899). Zur Kenntnis der durch Papayotin und Lab u. s. w. 413 zarten voluminösen Niederschlag. Ich lasse hier die Beschreibung des Hauptversuches folgen: Zu 164ccm einer 12,5 proz. Heteroalbumoselösung wurden 82 ccm Wasser (die Lösung war ganz durchsichtig, stark opaleszierend), lcem 10proz. Sodalösung und 15ccm 5proz. Papayotinlösung hinzu- gethan. lie Flüssigkeit wurde in ein auf 40°C erwärmtes Wasserbad gestellt. Nach 20 Minuten trübte sie sich}stark, und es bildete sich bald ein zarter voluminöser Niederschlag. Der Niederschlag wurde abfiltriert und ausgewaschen. (Eine Probe des Filtrates gab mit Papayotinlösung keinen neuen Niederschlag mehr, wohl aber beim Aufkochen eine flockige Fällung.) Der Niederschlag wurde mit 1 proz. Sodalösung digeriert, ging jedoch erst beim Erwärmen auf 40°C. voll- ständig in Lösung. Beim Zusatz von Salzäure bildete sich schon bei deutlich alkalischer Reaktion ein sehr voluminöser Niederschlag, der sich bei minimalem Überschufs von Säure wieder löste. Er wurde abfiltriert und mit Wasser, Alkohol und Äther ausgewaschen. Lutft- trocken wog er über 0,49, d. h. etwa 2 Proz. der verwendeten Hetero- albumose. Das erste Filtrat vom Niederschlage, nach der Neutralisation ein wenig eingedampft, gab mit neuer Papayotinlösung nur noch einen geringen Niederschlag. Protalbumose, Lab und Papayotin. Die 10,5 proz. Protalbumoselösung gab beim Ansäuern mit Salzsäure einen Niederschlag, der sich bei Verdünnung der Flüssigkeit mit Wasser und weiterem Ansäuern leicht wieder löste. Aber solche aufs doppelte oder noch mehr verdünnte Protalbumose- lösungen gaben mit dem Labextrakt keinen Niederschlag. Bei Einwirkung von Papayotinlösung liefs die schwach alkalische Prot- albumoselösung bei Anwesenheit von wenig Ammonsulfat rasch einen geringen flockigen Niederschlag ausfallen. Der mit Wasser etwas ausgewaschene Niederschlag löste sich leicht in 1 proz. Sodalösung und fiel bei Neutralisation aus. B. A- und B-Albumose. Diese Albumosen wurden nach Pick dargestellt und einmal umgefällt. Die B-Albumose wurde aufserdem zwei Tage lang. gegen Leitungswasser dialysiert. Zahlreiche Versuche mit Albumose- präparaten verschiedener Darstellung ergaben, dals Lab und Papa- yotin in Lösungen der A- und B-Albumose zarte voluminöse Niederschläge erzeugen. Das Dialysieren der Albumose B scheint auf die Niederschlagsbildung unter Einwirkung von Papayotin oder Lab hemmend einzuwirken. Ich lasse hier eine kurze Be- 414 D. Kurajeff, schreibung jener Versuche folgen, wo die Quantität der gebildeten Niederschläge bestimmt wurde. A-Albumose und Papayotin. Zu 140 ccm 10,6 proz. Albu- moselösung wurden 0,5ccm 10 proz. Sodalösung und 10ccm 5 proz. Papayotinlösung hinzugesetzt. In den nächsten Stunden begann die Flüssigkeit zu opaleszieren, dann nahm sie infolge der Bildung eines zarten, halbdurchsichtigen Niederschlages eine dickliche Beschaffenheit an. Am folgenden Tage wurde die mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnte Flüssiekeit vom gallertartigsen Niederschlage abfiltriert. Der Niederschlag wurde mit Wasser ausgewaschen und in 1 proz. Soda- lösung gebracht, worin er sich ziemlich leicht löste. Die alkalische Lösung wurde mit Salzsäure neutralisiert, der gebildete Niederschlag abfiltriert, mit Wasser, Alkohol und Äther ausgewaschen. Lufttrocken wog der Niederschlag 0,42 2, d. h. 2,8 Proz. der Albumosenmenge. B-Albumose und Papayotin. Zu 133ccm 9,7 proz. B-Albu- moselösung wurden lccm 10Oproz. Sodalösung und 10ccm 5 proz. Papayotinlösung hinzugethan. Nach einer Stunde bildete sich ein zarter, flockiger Niederschlag, der sich allmählich vermehrte. Am folgenden Tage wurde der gallertartige Niederschlag abfiltriert, mit Wasser ausgewaschen und in etwa 0,05 proz. Natronlauge gelöst. Nach Neutralisation wurde die entstandene aufserordentlich voluminöse Fällung abfiltriert, mit Wasser, Alkohol und Äther ausgewaschen. Lufttrocken wog der Niederschlag 0,28 g, d. h. 2 Proz. der verwendeten Albumose. B-Albumose und Lab. Zu 130 ccem 9,7 proz. B-Albumoselösung wurden 2cem 12proz. Salzsäure und 10 ccm 2,5 proz. Lablösung (0,5 g Labpulver [Witte] auf 20 ccm Wasser) hinzugesetzt. Auf dem Wasser- bade bei 40°C. begann sich die Flüssigkeit nach etwa 20 Minuten zu trüben, und bald bildete sich ein sehr feiner, ziemlich reichlicher Nieder- schlag. Am folgenden Tage wurde er abäiltriert, mit Wasser etwas aus- gewaschen, in 1 proz. Sodalösung gelöst und wie oben weiter behandelt. Lufttrocken wog der Niederschlag 0,38g, entsprechend 3 Proz. des trockenen Ausgangsmaterials. In einem anderen Versuche, in dem ich eine von mir bei Pepsin- verdauung des Fibrins dargestellte B-Albumose benutzte, war der bei Labeinwirkung gebildete Niederschlag nach Auswaschen mit Wasser in lproz. Sodalösung unlöslich. Der Niederschlag löste sich leicht in 0,3 proz. Natronlauge und entsprach etwa 4 Proz. des Ausgangs- materials. Aus den angeführten Thatsachen geht hervor, dafs die aus Wittepepton nach Pick dargestellte Heteroalbumose, Protalbumose, „sekundäre“ A- und B-Albumose unter Einwirkung von Papayotin bei durch Soda hergestellter schwach alkalischer Reaktion zarte voluminöse Niederschläge bilden, die in lproz. Sodalösung voll- ständig oder teilweise löslich sind und in ihrer Menge nur 2 bis 2,3 Proz. der zum Versuche genommenen Albumosen entsprechen. Zur Kenntnis der durch Papayotin und Lab u. s. w. 415 Einen besonderen qualitativen oder quantitativen Unterschied in der Niederschlagsbildung für die einzelnen Albumosen konnte ich nicht bemerken. Der von mir in meiner früheren Arbeit hervorgehobene Unter- schied im äufseren Charakter der aus dem Gemenge von „primären“ und „sekundären“ Albumosen erhaltenen Niederschläge trat in den eben mitgeteilten Versuchen mit den einzelnen Albumosen nicht scharf hervor. Aber dieser Unterschied kam wieder ganz deutlich zum Vorschein, wenn man für den Versuch das Gemenge von A- und B-Albumose, wie es aus Wittepepton erhalten wird, ver- wendete. Bei Einwirkung von Papayotin auf die Lösung dieses Gemenges wurde dieselbe bald dickflüssig und bildete einen halb- durchsichtigen, gallertartigen Niederschlag. In einem Versuche mit 10 proz. Wittepeptonlösung wurde die Quantität des bei Einwirkung von Papayotin gebildeten Nieder- schlages zu 4,5 Proz. bestimmt. In einem anderen Versuche benutzte ich von mir aus Fibrin dargestellte Albumosen. Das Resultat war dasselbe wie für Wittepepton. Was das Verhalten des Labextraktes zu den einzelnen Albu- mosen anbetrifft, so fällt auf, dafs reine Heteroalbumose und Prot- albumose bei Einwirkung von Lab wenigstens unter den an- gegebenen Bedingungen gar keinen Niederschlag geben, wogegen die A- und die B-Albumose ziemlich bald Niederschläge ausscheiden, die etwa 3 bis 4 Prozent der verwendeten Albumose ausmachen. Jedenfalls sprechen die angeführten Thatsachen nicht für die volle Identität der Papayotin- und der Labalbumosenniederschläge. Wegen der geringen Ausbeute bei den Albumosen des Witte- peptons wandte ich mich zu einem anderen Material, nämlich zum Kasein, das sich für die Lösung der Frage als günstiger erwies. 2, Versuche mit Kaseosen. Das Kasein stellte ich nach Hammarstens Vorschrift dar. Das erhaltene Kasein verdaute ich mit Pepsin in drei einzelnen Portionen. Ich lasse hier die Beschreibung eines Verdauungs- versuchs folgen: ' | Zu 80g Kasein in 3200 ccm Wasser wurden 40 ccm 24 proz. Salz- säure und 0,5g Pepsinum Grübler zugesetzt. Die Mischung wurde in den auf 40°C. eingestellten Brütschrank gebracht, die Flüssigkeit nach vier Tagen von dem ungelöst gebliebenen, nicht unbedeutenden voluminösen Rest getrennt, mit Ammoniak neutralisiert, auf dem Wasserbade eingedampft und nach Abfiltrieren eines geringen Nieder- 416 D. Kurajeff, schlages wieder mit Ammoniak bis zur amphoteren Reaktion neu- tralisiert. Die Protokaseose und die sekundäre Kaseose A wurden nach F. Alexander”) durch Fällung mit gesättigter Ammonsulfatlösung dargestellt. Die Protokaseose wurde noch fünfmal umgefällt und zwar mit einem nicht unbeträchtlichen Verlust, da immer ein Teil der Albu- mose dabei in Wasser unlöslich wurde. Bei Eindampfen der Proto- kaseoselösung trat bald ein in Wasser und Salzlösungen unlöslicher Niederschlag auf. Die A-Kaseose wurde aus wässeriger Lösung noch einmal mit gesättigter Ammonsulfatlösung umgefällt. Einwirkung des Papayotins und Labextraktes auf Kaseosenlösungen. Bei Einwirkung des Papayotins auf eine mit Soda schwach alkalisch gemachte Kaseosenlösung trübt sich die Flüssigkeit schon in der Kälte sehr bald, und nach wenigen Minuten entsteht ein reichlicher weifser, feinflockiger Niederschlag, der allmählich pulverig; wird. Nach Ablauf einiger Stunden zeigt der Niederschlag bei weiterem Stehen keine Zunahme mehr. Genau so gestaltet sich auch die Einwirkung des Labextraktes auf eine mit Salzsäure an- gesäuerte Kaseosenlösung, nur bildet sich der Niederschlag etwas langsamer als beim Papayotin. Interessant ist das Verhalten der isolierten Protokaseose und A-Deuterokaseose. Zahlreiche in dieser Richtung angestellte Ver- suche haben ein ganz bestimmtes Resultat ergeben. Eine 5 proz, mit Soda schwach alkalisch gemachte Proto- kaseoselösung giebt bei Einwirkung von Papayotin in wenigen Minuten einen mächtigen flockigen Niederschlag vom Charakter des aus dem Kaseosengemenge erhaltenen; bei Labeinwirkung hingegen bildet sich in den mit Salzsäure angesäuerten Protokaseoselösungen entweder gar kein Niederschlag oder nur eine geringe Trübung. Die 10- bis 15 proz. Deuterokaseoselösungen verhalten sich zum Lab und Papayotin genau umgekehrt. Das Labextrakt erzeugt in den Deuterokaseoselösungen einen beträchtlichen Niederschlag, während das Papayotin entweder gar keinen oder nur einen geringen Niederschlag hervorruft. Ich beschreibe nachstehend diejenigen Versuche, in denen ich die von mir für die Elementaranalyse benutzten Papayotin- und Labkaseosenprodukte dargestellt habe. *) F. Alexander, Zeitschr. f. physiol. Chem. 25, 411 (1898). Zur Kenntnis der durch Papayotin und Lab u. s. w. 417 Versuch I. Zu 235 ccm 4,6 proz. Protokaseoselösung wurden 3ccm 10 proz. Sodalösung und 20ccm 2,5 proz. Papayotinlösung hinzugethan. Die Mischung wurde in ein auf 40°C. erwärmtes Wasserbad gestellt. Die Flüssigkeit trübte sich fast sofort, und bald bildete sich ein reichlicher, feinflockiger Niederschlag, der sich nach einiger Zeit auf dem Boden des Gefälses als weilses Pulver absetzte.e Nach fünf Stunden wurde der Niederschlag abfiltriert, mit Wasser bis zum Verschwinden der Biuretreaktion, dann mit Alkohol und Äther ausgewaschen. Der Alkohol extrahierte aus dem Niederschlage eine nicht unbeträchtliche Quantität eines Eiweilskörpers. Die lufttrockene Substanz liefs sich zu einem weilsen, äulserst leichten und feinen Pulver zerreiben. Die Substanz nahm ziemlich rasch bei 110 bis 115° C. konstantes Gewicht an. (Präparat I.) Das lufttrockene Präparat wog über 0,63 g, was etwa 6 Proz. der verwendeten Protokaseose ausmacht. Das Filtrat vom Niederschlage gab nach Zusatz von neuer Papayotinlösung keinen Niederschlag mehr. Nach Neutralisation wurde das Filtrat aufgekocht, nach dem Abkühlen abfiltriert und etwas eingedampft. Auf Zusatz von Soda und Papayotin- lösung bildete sich in der Flüssigkeit ziemlich langsam ein verhältnis- mälsig unbedeutender, dem früheren ganz ähnlicher Niederschlag. Versuch I. Zu 110ccm 5,2 proz. Protokaseoselösung wurden 1,5 ccm 10 proz. Sodalösung und 15 ccm 2,5 proz. Papayotinlösung *) hinzugesetzt. Die Flüssigkeit gerann fast momentan. Nach vierstündigem Stehen auf dem Wasserbade wurde der Niederschlag, nachdem er sich auf dem Boden des Gefälses gesammelt hatte und sich nicht mehr vermehrte, abfiltriert und einigemal mit Wasser ausgewaschen. In 1 proz. Soda- lösung digeriert, löste sich der Niederschlag nur teilweise, eine voll- ständige Lösung erfolgte nur nach Zusatz von etwas Natronlauge (bis zu 0,1 Proz... Die Flüssigkeit wurde abfiltriert und sogleich bis zur schwach alkalischen Reaktion neutralisiert. Der ausgeschiedene höchst voluminöse, :halbdurchsichtige Niederschlag, der sich bei kleinstem Überschufs von Säure wieder löste, wurde abfiltriert, mit Wasser, Alkohol und Äther ausgewaschen und bei 110 bis 115°C. bis zum konstanten Gewicht getrocknet. (Präparat Il.) Lufttrocken wog er 0,35 g, d. h. etwa 6 Proz. der verwendeten Protokaseose. Versuch II. 85 g Kasein wurden vier Tage lang der Pepsinverdauung unter- worfen. Die Flüssigkeit wurde dann wie oben bearbeitet. Die ein- sedampfte Kaseosenlösung enthielt 15,6 Proz. Trockenrückstand. Zu *) Bringt man die Papayotinlösung in einem Probierröhrchen auf 10 Minuten in ein siedendes Wasserbad, so bülst sie ihre Fähigkeit, Proto- kaseoselösungen zu koagulieren, vollständig ein. Beitr. z. chem. Physiologie. II. 97 418 D. Kurajeft, 430 ccm dieser Kaseosenlösung wurden 5 ccm 10 proz. Sodalösung und 40 ccm 2,5 proz. Papayotinlösung hinzugethan. Die Flüssigkeit trübte sich auf dem Wasserbade bei 40°C. fast sogleich, und bald bildete sich ein beträchtlicher feinflockiger, weifser Niederschlag, der sich in kurzer Zeit auf dem Boden des Gefälses sammelte und pulverig wurde. Nach sechs Stunden wurde der Niederschlag abfiltriert, mit Wasser bis zum Verschwinden der Biuretreaktion, dann mit Alkohol und Äther ausgewaschen. Lufttrocken wog er 1,76g, d. h. 2,6 Proz. der für den Versuch genommenen Kaseosen. Die Substanz wurde bei 110 bis 116°C bis zum konstanten Gewichte getrocknet. (Präparat III.) Das Filtrat gab nach Zusatz von neuer Papayotinlösung nur einen geringen Niederschlag. Die Flüssigkeit wurde darauf neutralisiert, aufgekocht und nach dem Erkalten vom Niederschlage abfiltriert. Eine der Flüssigkeit entnommene Probe gab, mit Salzsäure angesäuert, mit Lablösung einen nicht unbedeutenden Niederschlag. Doch war derselbe viel kleiner als jener, der bei direkter Einwirkung des Labextraktes auf Kaseosenlösung auftrat. Aufserdem gab die mit Salzsäure angesäuerte Flüssigkeit selbst ohne Lab nach einiger Zeit bei 40°C. einen merk- lichen Niederschlag. Aus dem übrig gebliebenen Teil der Flüssigkeit habe ich auf gewöhnliche Weise durch Ammonsulfatfällung die Protokaseose und die Deuterokaseose A dargestellt. Die Protokaseoselösung gab bei Einwirkung des Papayotins ziemlich langsam einen geringen flockigen Niederschlag. In der mit Salzäure (bis 0,3 Proz.) angesäuerten Deutero- kaseoselösung bildete sich über Nacht bei 40°C. ein nicht unbedeutender flockiger Niederschlag. Das Filtrat von diesem Niederschlage wurde neutralisiert, etwas eingedampft und wieder mit Salzsäure angesäuert. Über Nacht trat wiederum ein Niederschlag auf. Zu 110ccm der 12 proz., sauren, vom letztgenannten Niederschlag abfiltrierten Flüssig- keit wurden 15ccm einer Lablösung (0,5g Labpulver von Witte auf 20 ccm Wasser) hinzugesetzt*); die Flüssigkeit wurde in ein auf 40°C. erwärmtes Wasserbad gestellt. Nach einigen Stunden setzte sich in derselben ein ziemlich reichlicher, weilser Niederschlag ab. Nach zwei Tagen wurde er abfiltriert und mit Wasser, Alkohol und Äther aus- gewaschen. Lufttrocken wog er 0,559, d. h. etwa 4 Proz. der ver- wendeten Deuterokaseose. Er wurde bei 110 bis 115° zum konstanten Gewichte gebracht. (Präparat IV.) Versuch W. Zu 170ccm 13,8proz. A-Deuterokaseoselösung wurden 3ccm 12proz. Salzsäure und 20 ccm einer Lablösung (0,5 g Labpulver auf 20 ccm Wasser) hinzugesetzt und die Flüssigkeit in ein auf 40°C. erwärmtes Wasserbad gestellt. Ziemlich bald trübte sie sich, und es bildete sich allmählich ein bedeutender weifser Niederschlag. Am *) Das Digerieren des Labpulvers mit Wasser hat zweckmälsie im Thermostaten bei 40°C. einen Tag lang zu erfolgen. Zur Kenntnis der durch Papayotin und Lab u. s. w. 419 _ folgenden Tage wurde dieser abfiltriert, mit Wasser, Alkohol und Äther vollständig ausgewaschen. Lufttrocken wog er etwa 19, d. h. etwa 4 Proz. der für den Versuch genommenen A-Deuterokaseose. Dieses Präparat lie[s sich nicht so leicht bei 110 bis 115°C. zum konstanten Gewichte bringen wie die Papayotinprodukte (Präparat V.) Das Filtrat vom Niederschlage, neutralisiert und etwas eingedampft, gab mit Lablösung über Nacht nur einen geringen Niederschlag. 3. Zusammensetzung der aus den Kaseosen hergestellten Präparate. Die aus den Kaseosen durch Papayotin- und Labeinwirkung gewonnenen Präparate stellen ein weilses, sehr leichtes Pulver dar. Sie geben rotviolette Biuretreaktion, die Millonsche und Adam- kiewiczsche Probe; die Papayotinprodukte geben keine Schwefel- bleireaktion, die Labprodukte bei gleicher Prüfung nur Spuren von Braunfärbung. Die Bestimmung des Kohlenstoffes und Weasserstoffes geschah durch Verbrennung der mit Kupferoxyd gemischten Substanz im Platin- schifichen im offenen Rohr mit Kupferoxyd und vorgelegter redu- zierter Kupferspirale im Luft- und Sauerstofistrome. Der Stickstoff wurde nach Dumas bestimmt. Die Schwefelbestimmung wurde durch Schmelzen der Substanz mit Soda-Salpetergemisch ausgeführt. Zur Phosphorbestimmung benutzte ich das Filtrat vom Baryum- sulfat; dasselbe wurde behufs Entfernung der Salzsäure auf dem Wasserbade unter Zusatz von konzentrierter Salpetersäure bis zur Trockne eingedampft, der Rückstand in Wasser gelöst, mit Salpeter- säure angesäuert, mit Molybdänlösung gefällt u. s. w. Die Asche wurde durch Verbrennung der Substanz im Platintiegel bestimmt. Die Analysen gaben folgendes Resultat: Präparat I. 1. 0,1142 g gaben 0,2482 CO, —= 59,97 Proz. C 70010072, 05 7.39 2. 01208 „ 001764 N—143 „ N 322.031862,0277.22.002601 3 2N, 139 2 EN Präparat II. 4. 0,1624 0 gaben 0,5556. CO, —= 60,22 Proz. C x „ 0146eH,0— 75 „ H 5. 0lö4o „ 0021 N —1400 „ N Präparat II. 6. 0,2010. gaben 0,4388. CO, — 59,53 Proz. C A 2 0.0,1054.05 18,07 7.65, 70.019400, 0.2296 4021 =D 83 7 EN 8. 019900 „ 0044 N—1317 ,„ N 9. 0,6706% „ 0,04820BaS0,— 0,88 „ 8 7 420 D. Kurajeff, 10. 0,6706 & gaben 0,0036 & Me,P,0, —= 0,14 Proz. P 11. 0,29782 ,„ Spuren von Asche. Präparat IV. 12. 0,1554 gaben 0,5096. CO, — 54,33 Proz. C a „9,0916 02E7,07 726702 13. 0,3200 „ 0,0150gAsche= 468 „ Asche Präparat V. 14. 0,1204 g gaben 0,24682 CO, —= 55,90 Proz. C h 20/0764, 0021,02 57,090, 15.0.0,1898,0.2,220.027 067 3N 7 ZH Dee 16. .0,3602:0277, 0,0074 2. Asche— 72.092 52 Ssche; Papayotinniederschläge Labniederschläge pP IE, Ir Im: IV. V. oz. aschefrei aschefrei eefunden ‚gefunden | oefunden |eefunden De sefunden en C 99,27 60,22 59,53 54,33 56,99 55,90 57,06 H 7,39 7,15 7,65 6,76 7,09 7,05 7,19 14,23; 13,97 112,83;13,17 N I — 14,0 | —— a 14,26 14,55 14,10 13,00 | S — — 0,88 — — _ . pP er ei 0,14 ee en a En Asche — — Spuren 4,68 — 2,05 — C:N 4,901 En 5,345 — — — 4,576 4. Diskussion der Resultate. Bei Betrachtung sämtlicher angeführten Thatsachen fällt es besonders auf, dafs das Papayotin auf diejenige Kaseosefraktion, welche durch Labextrakt gar nicht verändert wird, koagulierend einwirkt und umgekehrt. Man mufs danach vermuten, dafs Papa- yotin und Lab nur auf ganz bestimmte Körper einzuwirken fähig sind. Der unter anderem zur Lösung dieser Frage angestellte Versuch II spricht zu Gunsten dieser Vermutung. Aus ihm geht hervor, dafs diejenige Substanz in der A-Deuterokaseosefraktion, welche durch Labextrakt zu gerinnen fähig ist, von dem Papayotin gar nicht berührt wird. Die analytischen Ergebnisse lassen vollends keinen Zweifel daran, dafs es sich um voneinander verschiedene Körper handelt. Der Unterschied besteht hauptsächlich im Kohlen- stoffgehalt. Die Lab- wie die Papayotinniederschläge enthalten unerwartet viel Kohlenstoff und eine verhältnismälsig geringe Zur Kenntnis der durch Papayotin und Lab u. s. w. 491 Menge von Stickstoff, doch ist der Kohlenstoffgehalt bei den Papa- yotinprodukten noch erheblich höher als bei den Labniederschlägen. Meine Zahlen für den Labniederschlag aus der A-Deuterokaseose- fraktion stehen jenen von Sawjalow für das Kaseo-Plastein, das durch Labeinwirkung direkt auf ein Kaseosengemisch dargestellt wurde, ziemlich nahe. Nur sind meine Zahlen für Kohlenstoff höher, was von den Bedingungen der Darstellung und Bearbeitung der Präparate abhängen könnte Die Papayotinniederschläge stehen einander der Zusammensetzung nach ziemlich nahe. Es ist interessant, dafs die Präparate I und II, welche aus den ammonsulfathaltigen Protokaseoselösungen dargestellt wurden, eine merklich (um etwa 1 Proz.) grölsere Quantität von Stickstoif enthalten als das Präparat III, das direkt aus einem Gemisch von nicht durch Ammonsulfat fraktionierten Kaseosen gewonnen wurde. Vielleicht kann man den verhältnismäflsig hohen Stickstoffgehalt in den Präpa- raten I und II durch Beimischung von Ammonsulfat erklären oder, was wahrscheinlicher ist, dadurch, dafs die Papayotinniederschläge I und II Ammoniumsalze darstellen. Betreifs der Anwesenheit von organisch gebundenem Phosphor in Präparat III (dasselbe enthielt nur Spuren von Asche) kann fürs erste nichts Bestimmtes ausgesagt werden. Hier müssen weitere Unter- suchungen eine Erklärung bringen. Bemerkenswert ist die Thatsache, dafs die Quantität der gewonnenen Papayotin- und Labalbumosenniederschläge im Vergleich zur verwendeten Albumosenmenge stets ziemlich gering (2 bis 6 Proz.) ausfiel. Im Einklang mit den übrigen angeführten That- sachen legt dies die Vermutung nahe, dafs Papayotin und Lab nicht auf die uns bereits genauer bekannten Albumosen, sondern auf nebenher vorhandene, ebenfalls albumoseartige Körper koagu- lierend einwirken. Es wäre sonst unverständlich, warum die Ge- rinnung, wenn sie sich auf die bekannten Albumosen erstreckte, sich so unvollständig vollziehen sollte. Die geringe Quantität der in Rede stehenden Körper kann man aber auch schwerlich durch die Vermutung erklären, dafs sie durch Papayotin oder Lab abgespaltene Bruchstücke der gewöhn- lichen Albumosen darstellen. Gegen diese Vermutung spricht die Thatsache, dafs die bekannten Albumosen auch nach Papayotin- oder Labeinwirkung ihre gewöhnlichen Eigenschaften behalten. Die Protokaseose z. B. kann auch nach Papayotineinwirkung in gewöhnlicher Weise durch Ammonsulfat gefällt werden. Dasselbe gilt für die A-Deuterokaseose nach Labeinwirkung. Aufserdem spricht gegen die in Rede stehende Vermutung die von mir schon in meiner früheren Arbeit angeführte Thatsache, dafs das Papayotin- 422 D. Kurajeff, gerinnsel aus dem Wittepepton, in 0,25 proz. Sodalösung gelöst und aufs Neue der Papayotineinwirkung unterworfen, wieder aus- fällt und selbst in 24 Stunden fast gar nicht angegriffen wird. Die Gerinnbarkeit des von mir beschriebenen Papayotinnieder- schlags ist also eine ihm konstant zukommende Eigenschaft. Zahl- reiche ähnliche Thatsachen wurden von Okunew*) auch für die Plasteine gefunden. Dieselben besitzen die Fähigkeit, aus sauren Lösungen durch den Magensaft (nach Pawlow gewonnen) und durch den Pankreassaft aus alkalischen Lösungen auszufallen, und zwar lassen sich solche Gerinnungen wiederholt hervorrufen. Es sind also genügende Gründe für die Annahme vorhanden, dafs sich unter den Albumosen der Pepsinverdauung solche finden, welche sich von den bekannten Albumosen unter anderem dadurch unterscheiden, dals sie unter Einwirkung des Labextraktes (resp. des Magen- oder Pankreassaftes) und des Papayotins gerinnen. Da die Papayotinniederschläge sich von den analogen Labnieder- schlägen, von den „Plasteinen* Sawjalows, scharf unterscheiden, so möchte ich sie vorläufig als „Koagulosen“ bezeichnen, indem ich ihre eigentümliche Gerinnbarkeit und den Albumosencharakter ins Auge fasse. Die Beziehung der Koagulosen zu den Plasteinen sollen meine weiteren Untersuchungen aufklären. Um die Zusammensetzung der Kaseo-Koagulose und des Kaseo-Plasteins mit derjenigen der Kaseosen **) zu vergleichen, stelle ich die analytischen Ergebnisse für diese Körper in der folgenden Tafel zusammen: 1 D 1 3 H | = & ; @) s ® 52 58 = ale > D ° 0 Sie 2 8 om SO .8 = = © — = = Io ©. ar dr [77] 5 ı =) SD Ta) n © DE \S as Ne 2 5 sa ee Sr = A A As 2 9 Mk: | BM23 S Q > a0 a2 C ‚53,30 Proz.| 54,59Proz. 52,20Proz.|47,72Proz.| 59,53 Proz.| 57,06 Proz.|55,74Proz. E07 TO). BI9AzE Game, 8 5 Te N IND LS RS 215,890, 5,9551, Oz 3:00 NZ eos Das Kasein-Antialbumid und die Protokaseose, welche Chit- tenden durch Spaltung des Kascins mit verdünnter Schwefel- säure erhalten hat, haben folgende Zusammensetzung: *) W. Okunew. Nach einem in d. Gesellsch. russ. Ärzte zu St. Peters- burg am 12. April 1901 gehalt. Vortrage. **) R. H. Chittenden: Malys Jahresbericht 20, 17 (1850). Zur Kenntnis der durch Papayotin und Lab u. s. w. 42 © | Kasein- | | Protok N ealumide rer Ce) 54,4 Proz. | 56,20 Proz. H | 6:308,, 7,08 on N; | IAkieh 1n,a0-0R Aus diesen Tabellen ist ersichtlich, dafs das Kaseo - Plastein und besonders die Kaseo-Koagulose sich von den gewöhnlichen Kaseosen durch ihren höheren Kohlenstoffgehalt und niedrigeren Stickstoffgehalt sehr scharf unterscheiden. Es erübrigt noch, die Beziehungen zu einigen interessanten That- sachen zu besprechen, die W. Kühne und R. H. Chittenden*) schon im Jahre 1833 bei der Untersuchung der Antialbumide mitgeteilt haben. Sawjalow hat schon auf die mehrfache Ähnlichkeit seiner Plasteine mit den Antialbumiden von Kühne und Chittenden aufmerksam gemacht. In der That kann man sich beim Studium der Arbeit von Kühne und Chittenden über die Antialbumide überzeugen, dafs das Antialbumid und besonders das sogenannte Antialbumidgerinnsel grofse Ähnlichkeit mit den Plasteinen und meinen Koagulosen hat. Wie bekannt, stellten nämlich Kühne und Chittenden Anti- albumide durch Kochen der Eiweilskörper mit verdünnter Schwefel- säure dar. Der ungelöste Eiweilsrest wurde mit Pepsin zweimal ver- daut. Bei der zweiten Verdauung blieb das Antialbumid fast ganz unverändert und konnte als Neutralisationspräcipitat ausgefällt werden. Löste man dann das Antialbumid in 0,5 proz. Sodalösung auf und setzte es bei 38°C der Trypsinwirkung aus, so gerann die Flüssigkeit nach einigen Minuten zu einer Gallerte. Dieses Gerinnsel wurde bei neuer Pepsinverdauung fast gar nicht verändert und schied sich bei Neutrali- sation wieder vollständig aus. Das Neutralisationspräcipitat, in Soda gelöst, konnte durch Trypsinlösung wieder koaguliert werden. Bei anhaltender Pankreasverdauung gab diese Substanz nur Antipepton und gar kein Tyrosin und Leuein. Die aufgekochte Trypsinlösung bülste ihre Fähigkeit, alkalische Antialbumidlösungen zu koagulieren, vollständig ein. Eine andere Methode zur Darstellung des Antialbumids oder richtiger seines Gerinnsels war die folgende. Die Autoren verdauten geronnenes Eiereiweils kurze Zeit mit künstlichem Magensaft. Der ungelöste Rest wurde nochmals mit Magensaft verdaut, das nun er- haltene Neutralisationspräcipitat zum dritten Male der Einwirkung von *) W. Kühne und R. H. Chittenden, Zeitschr. für Biologie 19, 159 (1883). 4924 D. Kurajeff, Zur Kenntnis der durch Papayotin und Lab u. s. w. Magensaft ausgesetzt und dann durch Neutralisation fast unverändert abgeschieden. Dieses Neutralisationspräcipitat, das von den Autoren als „Antialbumose“ bezeichnet wurde, in 0,75 proz. Sodalösung gelöst und der Einwirkung des Pankreassaftes unterworfen, gab während zweier Tage kein Gerinnsel. ‚, Das Neutralisationspräcipitat aus dieser Lösung aber besals alle Eigenschaften des Antialbumids.. Seine Lösung in 1,8 proz. Soda gerann bei Einwirkung des Pankreasextraktes nach einem Tage zu einer Gallerte. In einer anderen Arbeit*) haben die Autoren gezeigt, dals die durch Pepsinverdauung des Fibrins erhaltene Heteroalbumose in 0,5proz. Soda gelöst unter Trypsineinwirkung ein Gerinnsel liefert, das alle Eigenschaften des oben beschriebenen Antialbumidgerinnsels besitzt. Interessant ist die Zusammensetzung des Antialbumids der Serum- eiweilsstoffe und des Antialbumidgerinnsels: das Antialbumid enthielt C = 54,51.-Proz.; H == 17,27 Broz.; N = 14,31 Proz; das’ Antialbumrd- gerinnsel: C — 58,09Proz.; H = 7,60 Proz.; N = 12,61 Proz. Die angeführten Thatsachen über Darstellung und Zusammen- setzung des Antialbumidgerinnsels, der Koagulosen und Plasteine lassen keinen Zweifel daran, dals sich diese Körper in mehrfacher Hinsicht sehr nahe stehen. Ich hoffe, durch weitere Unter- suchungen den etwa bestehenden genetischen Zusammenhang zwischen diesen Körpern aufzuklären. Möglicherweise stehen auch die Bakterienkoaguline in einer Beziehung zu den besprochenen Körpern, was schon E. P. Pick**) in seiner interessanten Arbeit nit Recht hervorhebt. Welches Ferment die koagulierende Wirkung auf die Albu- mosen ausübt, welcher Art die chemische Natur dieses Prozesses ist, und welche physiologische Bedeutung die entstandenen Produkte besitzen, diese Fragen stehen noch durchaus offen. *) W. Kühne und R. H. Chittenden, Zeitschr. für Biologie 20, 46 (1884). **) BE. P. Pick, Diese Beiträge 1, 462 (1902). XXVI. (Aus dem pharmakologischen Institut zu Halle a. d. S.) Über das Bordetsche Laktoserum. Von Dr. Ernst Fuld, Assistenten der Anstalt. Vor wenigen Jahren hat Bordet*) eine für die Theorie der Antikörperbildung höchst wichtige Thatsache gefunden. Er erzielte die Bildung eines Koagulins im Blutserum dadurch, dafs er Kanin- chen wiederholt 10cem Kuhmilch unter die Haut spritzte. Den bei der Koagulationsreaktion beteiligten Bestandteil der Milch sah welche seine Versuche fortführten, übernommen haben. Verschiedene Angaben in beiden Arbeiten lielsen diese Auf- fassung bedenklich erscheinen, wenigstens ist ein sicherer Beweis für dieselbe nicht geführt worden. Aus diesem Grunde schien es mir von Interesse, zu prüfen, an welchen Bestandteil der Milch die Reaktion gebunden ist, bezw. ob an einen einzelnen (oder mehrere) oder an eine Kombination mehrerer, und zwar besonders mit Rück- sicht auf die noch immer erörterte Frage, ob in der Milch blofs ein Eiweifskörper vorliegt, oder ob deren mehrere vorhanden sind. Bekanntlich ist die Benutzung von Reagentien tierischen Ur- sprunges keineswegs ein Novum, sondern gerade zur Unter- scheidung des Kaseins von scheinbar ähnlichen Substanzen (Alkali- albuminaten) von Hammarsten mit bestem Erfolg versucht worden. Dementsprechend war auch die Beziehung des Lakto- serums zum Lab zu prüfen. Das Resultat meiner Versuche ist, dafs zum Zustandekommen der Laktoserumwirkung die Anwesenheit einer Mehrheit von Milch- *) Bordet, Annales de /’Institut Pasteur 1899. **), Wassermann u. Schütze, Deutsch. med. Wochenschr. 1900, Nr. 30. 496 Ernst Fuld, bestandteilen erforderlich ist, nämlich des Kaseins und der löslichen Kalksalze, dafs die anderen Eiweilskörper der Kuhmilch mit dem Laktoserum nicht reagieren, somit von dem Kasein verschieden sein müssen, und dafs die entgegenstehenden Versuchsergebnisse Bordets und Wassermanns nicht zu bestätigen waren. Die begründenden Experimente sowie einige weitere Ergebnisse sollen im Folgenden kurz mitgeteilt werden. Die Erzeugung des Laktoserums in der Stärke des Bordet- schen oder in einer etwas höheren macht keine Schwierigkeiten, jedoch wird jede Einspritzung mit einer nicht unbeträchtlichen Gewichtsabnahme beantwortet. Benutzt wurde Magermilch, die auf 60 bis 70° erwärmt und dann, auf etwa 30° abgekühlt, dem Tiere in die Rückenhaut injiziert wurde. Das Fett der Milch bleibt in der Umgebung der Injektionsstelle lange nachweisbar. Eiweifs oder Kasein ist im Urin nicht nachzuweisen, Milchzucker nur zuweilen. Zur Untersuchung kam das vom Blutkuchen spontan ausge- prelste Serum zweier Kaninchen. 1 bis !/;cem Serum diente zu einem Versuche. Mit gewöhnlicher sowie mit über Chloroform auf- bewahrter Magermilch giebt es augenblicklich eine Trübung, die sich schnell zu Flocken verdichtet und klar absetzt. Ein bis zwei Tropfen aus einer lccm-Pipette (gleich je 0,025 cem Milch) zu obiger Menge Serum gesetzt, stellt ein gutes Verhältnis dar. Genau ebenso verhält sich Milch, die längere Zeit gekocht hat, und sterilisierte Milch; dieser Befund mulste nach allem anderen erwartet werden, steht aber im Widerspruch zu den Angaben Wassermanns. Thonzellenfiltrat von Milch reagiert nicht mit dem Serum, ebenso wenig sülse Molke. Letztere sollte nach Bordets Angaben die Reaktion zeigen, jedoch giebt dieser Autor an, dals dieselbe mit Säure einen reichlichen Niederschlag gebe, was die meinige, die mittels starken Labs gewonnen war, nicht that. Blutserum vom Rind giebt keine Reaktion. Ebenso wenig Blutserum vom Rind nach Zusatz von einem Tropfen 1 proz. Chlor- caleiumlösung. Natriumkaseinlösung (Nutrose) giebt keine Reaktion. Natriumkaseinlösung mit 1lproz. Salzlösungen und zwar: a) CaCl, giebt Flocken, b) BaCl, giebt Trübung. c) M&SO,-Zusatz vermittelt selbst keine Reaktion, hin- dert sogar die Wirkung des Chlorcalciums. Über das Bordetsche Laktoserum. 497 Hieraus geht deutlich hervor, dals das Serum mit dem Kuh- kasein reagiert und zwar nur bei Anwesenheit von Kalksalz, welches ‚durch Barytsalz, wenn auch nicht gleichwertig, ersetzt werden kann. Die anderen Eiweilskörper des Serums (Milch- wie Blutserums) sind ohne Einfluls. Hierin liegt eine gewisse, äulserliche Übereinstimmung mit der Labwirkung. Dieser Ähnlichkeit liegt keine wirkliche Ver- wandtschaft zu Grunde, wie aus Folgendem hervorgeht. 1. Ziegenmilch reagiert mit diesem Laktoserum nicht, wohl aber mit Lab. 2. Frauenkasein — zuerst in der Wärme mit Säure gefällt, dann aus ammoniakalischer Lösung mehrfach umgefällt, in Kalk- wasser gelöst, mit Chlorcalcium versetzt — ebenso wenig. Somit kann die Reaktionsfähigkeit gegen Lab nicht an die- selbe Konfiguration geknüpft sein wie die hier betrachtete. Dals auch die übrigen Bedingungen für das Zustandekommen der beiden Reaktionen absolut verschieden sind, geht unter anderem aus fol- genden Punkten hervor: 3. Die Laktoserumreaktion findet auch bei einer konstanten Temperatur von 4° statt. 4. ‚Parakaseinlösung, welche unter diesen Verhältnissen be- ständig ist, giebt dieselbe gleichfalls. 5. Digestion des Laktoserums mit einem Drittel Volum Pferde- serum bei 40°C. beeinflulst die Wirkung nicht. 6. Dieselbe vollzieht sich in sehr (kalk-) verdünnter Lösung. 7. Das Produkt hat nicht die Unlöslichkeit fertigen Käses in Salzlösung. 8. Eine gegebene Menge Serum kann nur eine ganz bestimmte Menge Kasein fällen. Diese Gründe, deren Anzahl sich aus dem Vorangehenden wie dem Folgenden leicht vermehren liefsen, werden hinreichen, zu zeigen, dafs die Labreaktion und die Laktoserumreaktion des Kaseins nichts miteinander zu thun haben, und dafs letztere ver- mutlich keine unimolekulare (katalytische), sondern eine bimoleku- lare, eine Bindungsreaktion ist. Sämtliche Fällungen des Kaseins, soweit ich sie bisher unter- sucht habe (mit Säure, mit Kasein aus saurer Lösung, mit Erd- alkalisalzen ohne Lab und mit solchem), zeigten das Gemeinsame, dals sie durch gewisse Neutralsalze stark gehemmt wurden. Das Gleiche gilt auch für die Fällung durch Serum. 428 Ernst Fuld, l ccm normales Ammoniumnitrat hebt die Wirkung von !/, ccm Serum total und andauernd auf, ebenso ist der Niederschlag in Normal- lösung von Ammoniumnitrat leicht löslich. Andere Konzentrationen und andere Salze wirken vermutlich ähnlich; wenigstens hatte ich bei dem Versuche, den Niederschlag mit 0,8proz. Kochsalzlösung aus- zuwaschen, bedeutende Verluste. Aus der Lösung in Ammonnitrat läfst das Kasein sich, wenn auch schwierig, durch Säure ausfällen; möglicherweise ist dies ein Weg, den reagierenden Körper des Serums zu reinigen. Destilliertes Wasser verzögert das Auftreten des Nieder- schlages, verhindert es jedoch durchaus nicht: 0,5 Serum, 0,05 Milch: momentane Reaktion; 0,5 Serum, 2,0 Wasser, 0,05 Milch: Reaktion nach einigen Minuten; 0,5 Serum, 4,5 Wasser, 0,05 Milch: Reaktion nach längerer Zeit, etwa 20 Minnten. Interessant endlich ist die Leichtigkeit, mit der Laktoserum Kaseinsäure (sogen. Kasein nach Hammarsten) zu lösen im stande ist. Die Lösung reagiert auf Zusatz von Chlorcaleiumlösung mit Niederschlagbildung. Die an sich unbedeutende Alkalescenz des Kaninchenblutes kann diese schnelle Lösung nicht erklären. Man wird anzunehmen haben, dafs Laktoserum das Kasein in eine Ver- bindung überführt, ähnlich derjenigen, welche Kobrak in der Frauenmilch annimmt, eine Verbindung, deren Kalksalz bei An- wesenheit löslichen Caleiums ausfällt. Nach der Feststellung, dafs sterilisierte Milch noch sehr gut mit Laktoserum reagiert, schien mir der Versuch nicht ohne Interesse, ob auch gekochte Milch, sowie Nutroselösung zur Er- zeugung eines ähnlich wirkenden Antikörpers geeignet sind. Beide Flüssigkeiten wurden auf 90 bis 100° C. erwärmt, auf 30° C. ab- gekühlt, also annähernd keimfrei injiziert, die Milch intraperitoneal, bis 40 cem, 5 proz. Nutroselösung in gleicher Menge subkutan. Beide Sera zeigten nicht die geringste Reaktion, weder mit der injizierten Flüssigkeit, noch nach Chlorcaleiumzusatz, noch mit roher Kuhmilch. | Die Fähigkeit, mit einem Antikörper zu reagieren, und die Fähigkeit, seine Bildung im Tierkörper zu veranlassen, sind also durchaus zu trennen. Auch ein weiterer Versuch scheint mir trotz negativen Aus- falles mitteilenswert. Koaguline können bekanntlich auch durch Fütterung. erzeugt werden*). Ferner soll die Bildung aller dieser Antikörper nach Ehrlich so erklärt werden, dals der körperfremde *) Uhlenhuth, Deutsche med. Wochenschrift 1900, Nr. 46. Über das Bordetsche Laktoserum. 499 Stoff mit einem normalen Nährstoff Rezeptoren gemein hat. Wassermann schliefst dementsprechend aus der von ihm und unabhängig auch von Morgenroth konstatierten Spezifität der Laktosera auf eine verschiedene Bekömmlichkeit verschiedener Milcharten für saugende junge Tiere verschiedener Spezies. Ohne letzterer Lehre widersprechen zu wollen, muls ich berichten, dafs ich im Blutserum vieler Saugkälber von verschiedenem Alter ver- geblich nach Andeutungen eines Koagulins für Kuhmilch gesucht habe; auch das Serum eines Milehlamms von der Ziege reagierte nicht mit Ziegenmilch, das eines saugenden Schaflamms nicht mit der Milch des Mutterschafs. Kürzere Mitteilungen. 2. Über das Schieksal der Rhodanate im tierischen Organismus. Von Leo Pollak, med. cand. (Aus dem pharmakologischen Institute der deutschen Universität zu Prag.) Angeregt durch die Beobachtung von Raudnitz*), dafs Rhodan- alkalien extra corpus durch die Superoxydase unter Blausäurebildung zersetzt werden, übernahm ich die Aufgabe, quantitative Versuche über die Zersetzung des Rhodannatriums durch den tierischen Orga- nismus anzustellen. Wenn auch die Ungiftigkeit des Rhodannatriums einen Übergang in Blausäure völlig ausschliefst, so war doch eine andere, nach unbekannter Richtung gehende Oxydation von vorn- herein denkbar. Die ersten Versuche, durch Bestimmung der verschiedenen Schwefel- formen des Harns nach Rhodandarreichung zu einer Vorstellung über dessen Schicksal zu gelangen, verliefen infolge der Schwankungen der physiologischen Schwefelausscheidung resultatlos. Ich wählte deshalb fortan die direkte Rhodanbestimmung nach der Methode von Lang **). Gleiche Volumina Harn werden vor und nach Veraschung mit chlorfreien Reagentien mit Silbernitrat nach Volhard titriert und aus der Differenz beider Bestimmungen das Rhodan berechnet. Im Hunde- harn giebt dieses Verfahren bei Anwesenheit von unterschwefligsauren Salzen zwar mit einem Fehler behaftete Resultate, doch überzeugten mich Kontrollversuche von der Geringfügigkeit desselben, so dafs er bei der grofsen Menge des verabreichten Rhodanalkalis vernachlässigt werden konnte. Auf diese Fehlerquelle ist es zu beziehen, wenn ich bei einigen Hundeversuchen im Harn etwas mehr Rhodan wieder- fand, als den Tieren gegeben worden war. Im Versuch mit Rhodan- *) Zeitschr. f. Biologie 42, 92 (1901). *=*) Arch. f. experim. Pathol. 34, 253 (1894). Leo Pollak, Über das Schicksal der Rhodanate u. s. w. 431 ammonium trug ich übrigens diesem Fehler dadurch Rechnung, dafs ich die entsprechenden Normalzahlen in Abzug brachte. In der Litteratur liegen bereits vereinzelte Angaben über die Aus- scheidung des Rhodans vor. Bruylants”“) fand, dafs der gröfsere Teil des eingeführten Rhodanalkalis im menschlichen Organismus zer- stört wird. Eine Person, die 0,1 g (NH,) CNS einnahm, schied im Harn der nächsten 48 Stunden 0,0132 g (gegen 0,0035 der Norm) aus, Im Speichel fand sich nach Einnahme von 0,2g des Salzes nach zwei Stunden eine vorübergehende Steigerung auf 0,085 im Liter (gegen 0,015 der Norm). Lang**) konnte bei einem Versuche am Hunde nur 1/, der eingeführten Rhodanmenge im Harn wiederfinden. Die Ausscheidung war eine sehr schleppende Auch J. Munk””*) konnte in älteren Versuchen unsere Substanz noch sieben bis acht Tage nach der Einnahme im Harn nachweisen. (Eine quantitative Bestim- mung nahm er nicht vor.) Die Resultate meiner Versuche, bei denen reines Rhodannatrıum (von Kahlbaum) teils per os, teils subkutan gereicht wurde, sind in folgender Tabelle zusammengestellt. Versuchs- | Menee der geeebenen | Menge der durch den | In der ankam | Substanz Harn ausgeschiedenen yeityon | Substanz Eiund 63509... | 1,2652 NaCNS subkutan 1.159 & 4 Tagen se. ln Me... S 1,482 „ An „ 89708 ...)/0997g „ » ” 0,904 „ In Ey Wro7 2 | KOlD/er 2 perxos 103327; Ds 3. GUlR 0,51&(NH,)CNS subkutan DA Hua, Kaninchen 1710 |0,4981 & NaCNS „ 0,3357 „+) Ann 5 1408 0900, .,. 0,206 „ ge Mensch .2......,. 2000 en perzos 2lo7, 6°, Wie aus der Tabelle ersichtlich, wurde das einverleibte Rhodan- natrium und Rhodanammonium von Hunden, Kaninchen und Mensch nahezu quantitativ durch den Harn ausgeschieden. Die Ausscheidung erfolgte der Hauptmenge nach in den ersten vier bis fünf Tagen nach der Darreichung, in den nächstfolgenden zeigte eine nur sehr schwache Eisenchloridreaktion noch Spuren des Salzes an. (Die im nor- malen Hunde-, Kaninchen- und Menschenharn nach den Angaben von Gscheidlen, sowie von Munk enthaltenen Rhodanmengen sind so geringfügig, dals sie sich direkt durch die Eisenchloridreaktion nicht *) Cit. nach Maly., Jahresb., 18, S. 134. onlsc. *+*) Virchows Arch., 69. T) Der Versuch ist nicht vollständige, da das Tier am vierten Tage nach der Injektion an einer interkurrenten Pneumonie zu Grunde ging. % 439 Leo Pollak, Über das Schicksal der Rhodanate u. s. w.' nachweisen lassen, also auch für meine Bestimmungen nicht in Betracht kommen.) Die Tiere vertrugen die gegebene Substanz reaktionslos. Da Bruylants auch im Speichel eine Steigerung des Rhodan- gehaltes nach Verfütterung desselben gefunden hatte, untersuchte ich den Gehalt des Speichels bei einem Hunde, der 0,415g Rhodannatrium subkutan erhalten hatte. Der normale Speichel dieses Tieres enthielt kein durch die Eisenreaktion direkt nachweisbares Rhodan. In 68ccm Speichel, die innerhalb acht Stunden nach der Injektion gewonnen wurden, fand sich nur 0,0025 & ONSNa, was der aus den vorgeschilderten Versuchen ersichtlichen überwiegenden Ausscheidung der Substanz durch den Harn entspricht. Auch Edinger und Treupel“) konnten im Speichel eines mit Rhodannatrium gefütterten Hundes kein Rhodan nachweisen. Hatte sich somit das Rhodan als eine Substanz erwiesen, die vom tierischen Organismus nicht angegriffen wird, so mulste es sich im Harne nachweisen lassen, sobald eine verfütterte Substanz ım Stoff- wechsel in dasselbe umgewandelt wurde. In der Hoffnung, auf diesem Wege über das Schicksal einzelner Körper im Organismus Aufschlufs, sowie Anhaltspunkte über die Herkunft der physiologischen Rhodan- mengen zu erbalten, machte ich eine Reihe von Versuchen, die aber alle ein negatives Resultat hatten. Da Presch**) nach Schwefelfütterung den schwer oxydierbaren Anteil des neutralen Schwefels im Harn vermehrt gefunden hatte, so war hierbei an die Möglichkeit einer Steigerung des geringen physio- logischen Rhodangehaltes zu denken, was sich aber im entsprechend durchgeführten Versuch als unrichtig herausstellte. Ebenso fielen Ver- fütterungen anderer schwefelhaltiger Substanzen, wie Natriumthiosulfat, Natriumxanthogenat und Cystein, in diesem Sinne negativ aus. Auch nach Darreichung von cyansaurem Natrium und Cyanessigsäure fand sich kein Rhodan im Harn. Es wurde ferner untersucht, ob in den Speicheldrüsen des Hundes Rhodan enthalten se. Weder aus der Submaxillariıs noch aus dem Pankreas konnte solches mit kochendem Wasser extrahiert werden (zu dem gleichen Resultate kamen auch Edinger und Treupel), ebenso wenig aus den unter Toluol zum Zwecke der Autolyse auf- bewahrten Drüsen. Auch verfütterte ich autolysiertes Pankreas, da ja Vorstufen des Rhodans in diesem vorhanden sein und im Tierkörper in solches übergehen könnten, ohne jedoch Ausscheidung von Rhodan zu erzielen. Schliefslich prüfte ich noch, ob die überlebende Hundeleber die Fähigkeit besitzt, zugesetztes Rhodan zu zerstören, und fand, wie nach dem Verhalten im Tierkörper zu erwarten stand, dafs dies nicht der Fall sei. Wenn auch die letzteren Versuche, die die Muttersubstanz des normaler Weise zur Ausscheidung gelangenden Rhodans feststellen sollten, keinen Erfolg hatten, so läfst doch die gefundene Thatsache der Unangreifbarkeit des Rhodans im Organismus einige Schlüsse zu *) Münchener medie. Wochensch., 48. Jahrg., Nr. 39. E. Friedmann, Über die Konstitution des Eiweilseystins. 433 Da alles Rhodan, also auch das im Tierkörper erst aus anderen Stoffen entstehende, wieder ausgeschieden wird, so müssen wir die quantitativen Angaben Langs über die Rhodanausscheidung bei Cyan- vergiftung dahin deuten, dafs nur !/, bis !/, des gegebenen Uyanalkalis in Rhodan umgewandelt wird. Im Zusammenhalt mit den eingangs erwähnten Befunden von Klason und Raudnitz über die extra corpus statthabende Oxydation des Rhodanalkalis zu Blausäure durch Wasserstofisuperoxyd mahnt die Unangreifbarkeit des Rhodans im Tierkörper zur Vorsicht in der Übertragung der Traube-Englerschen Theorie von der inter- mediären Wasserstofisuperoxydbildung auf die Oxydationsvorgänge im Organismus. 3. Über die Konstitution des Eiweifseystins. Vorläufige Mitteilung. Von E. Friedmann. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Strafsburg.) Von den älteren Physiologen ist als Quelle des Taurins stets der schwefelhaltige Komplex des Eiweilsmoleküls ins Auge gefafst worden. Die Untersuchungen der letzten Jahre haben nun ergeben, dafs das Cystin, bezw. das Cystein, die regelmäfsig im Eiweils auftretende Schwefelgruppe darstellt. Ein Übergang von Cystin in Taurin war aber nach der von Baumann auf Grund der Untersuchung der Mer- kaptursäuren angenommenen Konstitution des Cysteins als & &-Amino- thiomilchsäure CH, | NER Ne sH | 000H so gut wie ausgeschlossen. _ Untersuchungen, über die ich demnächst ausführlich berichten werde, haben nun ergeben, dafs die Annahme Baumanns für das Eiweilscystin nicht zutrifft. Es gelang mir zu zeigen, dafs das Eiweils- cystein ein Abkömmling der ß-Thiomilchsäure ist, dem die Formel I 1. II. IT. CH,. SH CH, : SO,H CH, . SO,H | | | CH.NH, — CH.Nty, — CH.NH, | | COOH COOH Beitr. z. chem. Physiologie. II. 98 454 Preisausschreiben. zukommt. Durch geeignete Behandlung konnte: ich: es: in Cysteinsäure (Aminosulfopropionsäure, Formel II) überführen und aus dieser durch Kohlensäureabspaltung Taurin (Formel III) gewinnen. Demnach ist das Eiweilscystein als ein: Derivat der Glycerinsäure, nicht — wie das Merkaptursäurecystein — der Brenztraubensäure auf- zufassen und steht in nächster Beziehung zum. Serin. In der: That gelang es, von der Cysteinsäure, wenn auch nur‘in' geringer Ausbeute, zu einer Substanz. zu gelangen, deren Kupfersalz in: Eigenschaften und Kupfergehalt dem: Serinkupfer entsprach. Nach diesen Befunden mufs die von Baumann: vertretene: An- schauung eines chemischen Zusammenhanges des: Cysteinkernes: der: Merkaptursäuren und des Cysteins der Eiweilskörper fallen: gelassen. werden. Hingegen hat sich ergeben, dafs einzelne Eiweilskörper eine stickstofffreie schwefelhaltige Gruppe enthalten, die sehr wohl die Muttersubstanz der Merkaptursäuren sein kann. Von Suter, einem Schüler Baumanns, ist bereits in einem Falle in einer aus Hornspänen stammenden, von Schimmel- und Fäulnispilzen durchsetzten Tyrosin- mutterlauge &-Thiomilchsäure gefunden worden. Es gelang mir nun zu zeigen, dals die &-Thiomilchsäure ein konstantes Spaltungsprodukt des Rinderhorns, der Menschenhaare, der Gänsefedern und der Wolle ist; aber auch aus käuflichem Blutalbumin wurde &-Thiomilchsäure erhalten. Ich behalte mir vor, auf die physiologische Bedeutung dieser Befunde anläfslich der ausführlichen Mitteilung näher einzugehen. Preisausschreiben. Die mathematisch -naturwissenschaftliche Klasse der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien hat in ihrer Sitzung vom: 15. Mail. J. auf Grund einer Widmung von Prof. Josef Seegen. folgende Preisaufgabe ausgeschrieben: „Es ist festzustellen, ob ein Bruchteil des Stickstoffs der im tieri- schen Körper umgesetzten Albuminate als: freier Stickstoff in Gasform, sei es durch die Lunge, sei es durch die Haut ausgeschieden wird. Der Preis beträgt 6000 Kronen. Die konkurrierenden Arbeiten sind, in deutscher, französischer oder englischer Sprache abgefafst, vor dem 1. Februar 1904 an die Kanzlei der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften einzusenden. Die Verkündigung der Preiszuerkennung findet in der feierlichen Sitzung der Akademie Ende Mai: 1904 statt.“ Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig. Soeben erschienen: Die Kräfte der Bewegung in der lebenden Substanz von Dr. Julius Bernstein, ord. öffentl. Professor der Physiologie in Halle a. S. Gr. 80. geh. Preis 80 Pig. Die vorliegende Schrift behandelt in gemeinfasslicher Weise vom neuesten Standpunkte aus das Problem der thierischen Bewegung und dürfte daher weitere Kreise, insbesondere alle naturwissenschaftlichen, lebhaft interessiren. Es wird darin der verborgene Mechanismus dieser Bewegung auf ein gemeinsames Prineip, nämlich auf die Kräfte der Oberflächenspannung kleinster Elemente, zurückgeführt, und dadurch der Zusammenhang dieses wichtigen Lebensvorganges von der Amoebe bis zum hochorganisirten Thierkörper nachgewiesen. Zugleich liefert die Schrift einen wesentlichen Beitrag zu dem allgemein interessirenden Streit zwischen vitalistischer und mechanischer Theorie des Lebens. — —— Zu beziehen durch alle Buchhandlungen. Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig. Beiträge zur Physiologie. Festschrift für Adolf Fick zum siebzigsten Geburtstage. gr. 8. Preis geh. 4 #6; geb. 5 M. Vorlesungen über elementare Biologie. Von T. Jeffery Parker, B. Se., F.R.S., Professor der Biologie an der Universität zu Otago, Dunedin, Neu-Seeland. Auterisirte deutsche Ausgabe von Dr. Reinold v. Hanstein. Mit 88 eingedruckten Abbildungen. gr. 8. geh. Preis 8 M. Untersuchungen zur Blutgerinnung. Beiträge zur Chemie und Morphologie der Coagulation des Blutes ‚von Dr. Ernst Schwalbe, Privatdocent und I. Assistent am pathologischen Institut zu Heidelberg. gr. 8. geh. Preis 2,50 JM. Verlag von August Hirschwald in Berlin. Soeben erschien: Beobachtungen und Untersuchungen über die Ruhr (Dysenterie). Die Ruhrepidemie auf dem Truppenübungsplatz Döberitz im Jahre 1901 und die Ruhr im ÖOstasiatischen Expeditionskorps. Zusammengestellt in der Medizinal-Abtheilung des Königl. Preuss. Kriegsministeriums. 1902. gr. 8. Mit 8 Tafeln, Abbildungen im Text und Lagepl. 10 M. (Veröffentlichungen aus dem Gebiete des Militär-Sanitätswesens. 20. Heft.) Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig. Die chemische Organisation der Zelle. Ein Vortrag von Franz Hofmeister, o. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg. 8. geh. Preis 0,60 #M. Leitfaden für den praktisch-chemischen Unterricht der2NedreineT zusammengestellt von Dr. Franz Hofmeister, o. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg. 8. Gebunden in Lnwd. Preis 3 Jh. Chemie der Eiweisskörper. Von Dr. Otto Cohnheim, Privatdocent der Physiologie an der Universität Heidelberg. er. 8. Preis geb. 7 M. Chemische und medicinische Untersuchungen. Festschrift zur Feier des sechzigsten Geburtstages von M.a x Ralfalre: Mit Beiträgen von M. Askanazy, P. Baumgarten, M. Bernhardt, R. Cohn, Th. Cohn, W. Eliassow, A. Ellinger, J. Frohmann, P. Hilbert, Lassar-Cohn, D. Lawrow, E. v. Leyden, W. Lindemann, W. Lossen, H. Meyer, E. Neumann, H. Nothnagel, E. Salkowski, W.Scheele, L. Schreiber, A. Seelig, 8. Stern, O. Weiss, R. Zander. Mit einer Textabbildung und sieben Tafeln. gr. 8. geh. Preis 12 A. OCT 3 1904 Beiträge zur Chemischen Physiologie und Pathologie Zeitschrift für die gesamte Biochemie unter ‚Mitwirkung von Fachgenossen herausgegeben von Franz Hofmeister o. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg II. Band 10. bis 12. Heft (Ausgegeben September 1902) ) Braunschweig Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn erg XXVM. XXIX. XXX. XXXI. XXXI. XXXIL. XXXW. XXXV. Inhalt des 1O. bis 12. Heftes. E. Zunz. Weitere Untersuchungen über den Verlauf der peptischen‘ Bıweifsspaluımos We E. Pick. Zur Kenntnis der peptischen Spaltungsprodukte des Fibrins. Zweiter Teil: Die sogenannten Deuteroalbumosen. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut der Universität Strafsburg. UI) knacken E. Fuld. Über das Zeitgesetz des Fibrinferments. (Aus dem pharmakologischen Institut zu Halle a. 8)... ...... M. Bial. Über den Befund von gepaarter Glykuronsäure in den normalen Fäces. (Aus dem Laboratorium der I. medi- zinischen Universitätsklinik zu Berlin.) -. ..:. 2. 2 2.2... M. Bial und 0. Huber. Über den Befund von gepaarter Glykuronsäure in den Fäces nach Mentholdarreichung. (Aus dem chemischen Laboratorium der I. medizinischen Univer- sitätsklinvkgu Berlin.) We, a ee N M. Jacoby. Über Riein-Immunität. Zweite Mitteilung. (Ans dem pharmakologischen Institut zu Heidelberg.). . ..... A. Oswald. Weiteres über das Thyreoglobulin. (Aus dem chemischen Laboratorium der medizinischen Klinik zu Zürich.) F. Czapek. Untersuchungen über die Stickstoffgewinnung und Eiweilsbildung der Schimmelpilze. (Ausgeführt mit Unter- stützung der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissen- schaft, Kunst und Litteratur in Böhmen.) . ».»....... Kürzere Mitteilungen. 4. 6. Embden. Über die Bildung gepaarter Glykuronsäure in der Leber. (Aus dem physiologisch - chemischen Institut ZU Strafsburg>) een ee N ee 481 5l4 528 532 535 545 XXVIl. Weitere Untersuchungen über den Verlauf der peptischen Eiweifsspaltung. Von Dr. E. Zunz (Brüssel). Die nachstehende Arbeit stellt die Fortsetzung und Ergänzung einer vor nahezu drei Jahren erschienenen Untersuchung *) dar, in welcher ich das Auftreten und weitere Schicksal der peptischen Spaltungsprodukte von krystallisiertem Serumalbumin, krystallisiertem Eieralbumin, Kasein und Serumglobulin genauer zu verfolgen bemüht war. Als wesentliches Ergebnis hatte sich damals herausgestellt, dafs die Zahl der bei peptischer Spaltung aus Eiweils hervor- eehenden primären Produkte grölser ist, als man anzunehmen ge- neist war. Ich mufste nach meinen Erfahrungen die Proto- albumose, die Heteroalbumose und einen bestimmten Teil der von Kühne und Neumeister als sekundäres Produkt angesehenen Deuteroalbumosen [und zwar einen Teil von E. P. Picks**) Albu- mose B] als nebeneinander aus Eiweils hervorgehende Produkte hinstellen und mufste auf die Möglichkeit hinweisen, dafs auch noch ein weiterer Teil der sogenannten Deuteroalbumosen, und zwar Picks Albumose A, sowie ein Teil weiterer frühzeitig auf- tretender, keine Biuretreaktion darbietender Substanzen ebenfalls den primären Spaltunesprodukten angehören. Ferner ergal sich, dafs ein anderer bestimmter Teil der „Deuteroalbumosen* (Picks Deuteroalbumose C©) ebenso wie die sogenannten „echten Peptone* sekundäre Produkte darstellen, dafs bald nach Beginn der Ver- dauung ein überraschend grofser Teil des verdauten Eiweilsstick- *) E. Zunz, Zeitschr. f. physiol. Chemie 28, 132 (1899). =*) E. P. Pick, daselbst 24, 246 (1897). 28* 436 E. Zunz, stoffes in Form von die Biuretreaktion nıcht mehr darbietenden Substanzen vorhanden ist und dafs ein weiterer Teil derselben während der Pepsinverdauung als Ammoniak oder in einer Ver- bindung, die beim Kochen mit Magnesia Ammoniak abgiebt, ab- gespalten wird. Daneben ergab sich die merkwürdige Erscheinung, dafs die Menge der basischen, durch Phosphorwolframsäure fäll- baren Produkte stetig zunahm. Diese Ergebnisse stimmten vielfach nieht mit dem zur Zeit sehr allgemein angenommenen Schema, das Neumeister*) auf Grund der Untersuchungen von Kühne, Ohittenden und deren Schülern aufgestellt hat und welchem zufolge die Eiweilskörper sich während der peptischen Verdauung nacheinander in Acid- albumin, „primäre“ Albumosen, „sekundäre“ Albumosen und am Schlufs in „echte“ Peptone verwandeln. E. P. Pick”*) kam in seiner Arbeit über die Protoalbumose und die Heteroalbumose des Fibrins, die beiden zuerst möglichst rein dargestellten Albumosen, zum gleichen Schlusse. Er fand, dafs die Protoalbumose und die Heteroalbumose des Fibrins einerseits mehr Kohlenstoff und Stickstoff, andererseits weniger Sauerstoff ent- halten als die Muttersubstanz und dafs beide Albumosen in ihrem Molekül weder die Kohlehydratgruppe, noch schwer abspaltbaren Schwefel besitzen. Es ergab sich ferner, dals sie sich nebenein- ander aus dem Fibrin bilden und nicht die eine aus der anderen. Unterwarf man sie der peptischen oder tryptischen Verdauung, so entstanden Produkte, welche nach ihrem Verhalten gegen Salz und Alkohol zu den „Deuteroalbumosen“ (A und B) und zum Pepton B gestellt wurden und die keine Kohlehydratgruppe mehr enthielten. Neben der Protoalbumose und der Heteroalbumose entsteht nach Pick aus Fibrin mindestens noch ein drittes primäres Produkt, nämlich eine „Deuteroalbumose B“, welche durch ihren hohen Ge- halt an Kohlehydrat ausgezeichnet ist. Diese Kohlehydratgruppe ist in den sekundären Deuteroalbumosen A und © nicht vorhanden. Dafs die als Kühnesches Pepton bezeichnete Fraktion ein Gemenge von verschiedenen Stoffen darstellt, darunter auch solchen, welche keine Biuretreaktion mehr geben, ist inzwischen von S. Fränkel und L. Langstein ***) gezeigt worden. Sie konnten *) R. Neumeister, Lehrb. d. physiol. Chemie, Jena, 2. Aufl. 1897, S. 231. **) E. P. Pick, Zeitschr. f. physiol. Chemie 27, 219 (1899). ’=##) S, Fränkel und L. Langstein, Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissen- schaften in Wien, mathem.-naturw. Kl., CX, Abt. IIb, S. 235 (1901). Weitere Untersuchungen über den Verlauf der pept. Eiweilsspaltung. 437 namentlich in diesem Gemenge das Auftreten eines Dihexosamins, des Albamins, sicherstellen. Die grolse Mannigfaltiekeit der schliefslich bei intensiver und langdauernder Pepsineinwirkung entstehenden Produkte ist aber stein***) ins rechte Licht gesetzt worden. Danach können als End- produkte der Pepsinspaltung neben sogenannten echten Peptonen auftreten: Leucin, Leueinimid, Tyrosin, Phenylalanin, Asparacin- säure, Glutaminsäure, Lysin, Tetramethylendiamin, Pentamethylen- diamin, Oxyphenyläthylamin, Cystin, ein Pyridin und ein Skatol abspaltender, gut charakterisierter Körper, ein Dihexosamin, eine Kohlehydratsäure und noch andere Substanzen. Vermutlich ist diese Liste noch keineswegs vollständig. Anderer- seits ist schon jetzt erkennbar (mit Sicherheit dort, wo von homo- genem Eiweilsmaterial ausgegangen wurde, wie bei Langstein), dafs die einzelnen Eiweilsstoffe in betreff der gebildeten Endprodukte qualitative und quantitative Verschiedenheiten erkennen lassen. In der nachstehend mitgeteilten Untersuchung habe ich die oben angeführten Ergebnisse meiner ersten Versuchsreihe durch Variierung der Versuchsbedmgungen und Heranziehung noch nicht untersuchter Eiweilsstoffe auf ihre allgemeinere Gültigkeit geprüft. Dieselbe wurde im Laboratorium für Therapie der Universität Brüssel ausgeführt. Einen Teil der Versuche mit den zugehörigen Protokollen habe ich ausführlich in einer anderenorts erschienenen Mitteilung f) veröffentlicht. Ich kann mich daher an dieser Stelle kürzer fassen und die wichtigeren Resultate in. tabellarischer Form vorführen. 2, Zur Methodik. Zur Verwendung kamen krystailisiertes Serumalbumin, darge- stellt nach Kriegerf7f), krystallisiertes Eieralbumin, dargestellt nach Hopkinsfry), Kasein, bereitet nach Hammarsten$), Serum- *) D. Lawrow, Zeitschr. f. physiol. Chemie 26, 513 (1895); 33, 312 (1901). 7) E. Zunz, Annales de la societe roy. des sc. med. et natur. de Bruxelles, 11, 1 (1902). ır) H. Krieger, Inaug.-Dissert., Stralsburg (1899). 1) F. G. Hopkins, Journ. of Physiol. 25, 306 (1900). $) 0. Hammarsten, Verhandl. d. kel. schwed. Akad. d. Wissensch., Upsala (1877). 438 E. Zunz, globulin, bereitet nach Reye”), endlich Eu- und Pseudoglobulin, getrennt nach Haake und Spiro**). Diese verschiedenen Eiweifskörper wurden zuerst auf dem Wasserbad mit Alkohol koaguliert, dann auf Seidenfiltern mit kaltem und warmem Wasser, mit Alkohol und schliefslich” mit Ather ge- waschen, endlich an der Luft getrocknet und fein gepulvert. Die Eiweilskörper wurden in solchen Mengen verwendet, dafs die der peptischen Verdauung unterworfenen Flüssigkeiten un- gefähr zwei Prozent davon in Lösung enthielten. So gelang es, mög- lichst gleiche Versuchsbedingungen einzuhalten und die Ergebnisse der verschiedenen Versuche miteinander vergleichbar zu „estalten. Als Verdauungsflüssigkeit wurde eine wässerige 0,3 prozentige Salzsäurelösung verwendet, die auf das Liter mit 0,4g von Grüblers Pepsinum purissimum versetzt worden war. Sowohl diese Flüssig- keit wie die Lösungen, welche den zu analysierenden Flüssigkeiten zugesetzt wurden (Natronlauge, Schwefelsäure, Zinksulfat, Phos- phorwolframsäure), wurden stets mit Nesslers Reagens sorgfältig auf Ammoniak geprüft. Zur Trennung der Albumosen diente das von mir***) in dieser Richtung genauer untersuchte Zinksulfatverfahren von Bau- mann und Bömerr). Die Untersuchung der Stickstoffverteilung unter die verschie- denen Produkte der peptischen Verdauung wurde erst nach völliger Auflösung der Eiweilskörper und nach dem Verschwinden des Neutralisationspräcipitats begonnen. Im der ersten Zeit sind noch Spuren eines fällbaren Eiweilskörpers (Acidalbumin oder eines Körpers der Nukleoalbumingruppe) vorhanden, welche erst nach zwei- bis dreitägiger Verdauung gänzlich verschwinden. Da schon eine geringe Menge gesättigter Zinksulfatlösung diese Spuren fällt, so fällt im Beginn der Verdauung die in der ersten Fraktion ge- fundene Stickstoffmenge ein wenig zu hoch aus. Das bei der peptischen Verdauung des krystallisierten Eier- albumins erhältliche Acidalbumin beginnt durch Zinksulfat beı 0,06-Sättigung (der Zinksulfatgehalt der kalt gesättigten Lösung gleich 1,0 gesetzt) auszufallen, die obere Fällungsgrenze liegt bei *”) W. Reye, Inaue.-Dissert., Stralsbure (1898). =) E. Fuld und K. Spiro, Zeitschr. f. physiol. Chemie 31, 139 (1900). ") E. Zunz, daselbst 27, 219 (1899). r) A. Bömer, Zeitschr. f. analyt. Chemie 34, 562 (1895). — K. Bau- mann und A. Bömer, Zeitschr. f. Untersuch. der Nahrungs- und Genuls- mittel 1, 106 (1898). Weitere Untersuchungen über den Verlauf der pept. Eiweilsspaltung. 439 0,14-Sättigung. Das bei peptischer Verdauung des Serumglobulins entstehende Acidalbumin beginnt sich bei 0,08-Zinksulfatsättigung abzuscheiden und ist bei 0,18-Sättigung gänzlich ausgefällt. Die Verdauungsflüssigkeiten, beziehungsweise davon in be- stimmten Zeitpunkten entnommene Proben wurden in folgender Weise in Fraktionen getrennt: 1. Fällung durch ein Volumen gesättigter saurer Zinksulfat- lösung : Proto- und Heteroalbumose. 2. Fällune durch weiteren Zusatz von saurer Zinksulfatlösung, bis zu Zweidrittel-Sättigung bei krystallisiertem Serumalbumin und Kasein, bis zu Siebenzehntel-Sättigung bei krystallisiertem Eier- albumin, beim Pseudoglobulin und beim Euglobulin *), bis zu 0,73- Sättigung beim Serumglobulin : Deuteroalbumose A. 3. Weiterer Zusatz, bis zu Sechssiebentel-Sättigung bei Serum- albumin und Kasein, bis zu 0,83-Sättigung bei Ovalbumin, bis zu 0,85-Sättigung bei Serumglobulin, Euglobulin und Pseudoglobulin: Deuteroalbumose B. 4. Völlige Sättigung mit gepulvertem Zinksulfat : Deutero- albumose C. 5. Ausfällung mit Phosphorwolframsäure (man läfst den Nieder- schlag erst vier bis sechs Stunden bei 40° stehen, dann ein bis zwei Tage bei niederer Temperatur) : Peptone und basische Produkte. 6. Als Rest bleibt ein immer noch stickstoffhaltiges Filtrat, das die Summe der nicht durch Phosphorwolframsäure fällbaren Endprodukte enthält. *) In folgender Tabelle sind die Fällungsgrenzen von zweiprozentigen Verdauungslösungen von Euglobulin, Pseudoglobulin und Serumglobulin durch Zinksulfat zusammengestellt. \ Euglobulin Pseudoglobulin | Serumglobulin Analkulenen untere, obere |untere | obere | untere obere Fällungsgrenze | Fällungsgrenze | Fällungsgrenze „Primäre“ Albumosen | 0,24 046 || 0,24 | 0,46 0,26 0,46 Deuteroalbumose A 0,54 0,685 | 0,54 | 0,68 0.58 0,72 Br 2.0760 00.0:84 0,76 | 0,84 0,74 0,84 C 0,88 Sättigung 0,88 Sättigung 0,838 Sättigung ” ” Aus dieser Tabelle geht hervor, dafs die Fällunesgrenzen der Produkte von Gesamtglobulin, Euelobulin und Pseudoglobulin dieselben sind bis auf jene der Deuteroalbumose A, die beim Euglobulin und beim Pseudoelobulin ein wenig tiefer liegen als beim Serumglobulin. 440 E. Zunz, In sämtlichen Filtraten wurde, unter genauer Berücksichtigung der Volume, der Stickstoff sorgfältigst nach Kjeldahl bestimmt; die Differenz ergab die Menge des in den einzelnen Fällungen enthaltenen Stickstoffs. Einige Schwierigkeiten bot dabei die Kjeldahlbestimmung in den Phosphorwolframsäure enthaltenden Filtraten. Die Zersetzung gelang in folgender Weise: 250ccem des Filtrats werden in einem Kolben aus Jenaer Glas von einem Liter Gehalt gebracht, welcher sowohl zur Oxy- dation als zur nachherigen Destillation des gebildeten Ammoniaks dient. Nach Zusatz von 50 ccm konzentrierter Schwefelsäure wird die Flüssig- keit auf offenem Feuer vorsichtig bis zum beginnenden Sieden ein- gedampft. Man läfst sie beinahe erkalten, fügt 10. Kaliumsulfat und 1 Kupfersulfat hinzu, beide fein gepulvert und sorgfältig vermischt, und dann 50ccm Kjeldahlschwefelsäure. Die Flüssigkeit wird sehr vorsichtig erwärmt, bis sie klar wird und der Bodensatz rein gelbe Farbe zeigt. Nach dem Erkalten wird der Glaskolbeninhalt mit destil- liertem Wasser verdünnt und die Wolframsäure vorsichtig durch Zink- staub reduziert (doch ist dies nicht absolut notwendig)... Zum Schlufs wird wie gewöhnlich destilliert und titriert. Gulewitsch*) betrachtet den nach Kjeldahl bei Anwesenheit von Phosphorwolframsäure erhaltenen Stickstoffgehalt als nur annähernd richtig, welcher Meinung ich völlig beistimme. Betreffs anderer Einzelheiten verweise ich auf meine frühere aus- führliche Mitteilung. \ Gegen die Verwendung des Zinksulfatverfahrens hat Effront**) Bedenken geltend gemacht. Effront bestimmte in Vergleichsversuchen einerseits die Albumosen mittelst Fällung durch Zinksulfat nach Bömer und Baumann, andererseits mittelst Fällung durch Gerbsäure- Weinsäure nach eigener Methode. Nach dreistündiger Verdauung findet er 75 Proz. des Stickstoffes einer 5 proz. Fibrinverdauungslösung durch Zinksulfat in Form von Albumosen fällbar, während durch die Gerbsäure - Weinsäurelösung 78 Proz. des Stickstoifes gefällt werden. Je weiter der Verdauungsprozels fortschreitet, um so grölser wird der Unterschied des nach beiden Methoden erhaltenen Albumosenstickstoffs. Nach drei Tagen findet er 53 Proz. vom Gesamtstickstoff in den durch Zinksulfat fällbaren Albumosen, dagegen 50 Proz. in den durch die Gerbsäure-Weinsäurelösung fällbaren Verbindungen. Effront erklärt diesen Unterschied durch die Annahme, dafs nur seine Methode die Albumosen völlig fälle, während das Zinksulfat oder das Ammoniumsulfat nur einen Teil dieser Körpergruppe niederschlage. Ich kann diese Ansicht durchaus nicht teilen. Seit Kühne bezeichnet man als Albumosen oder Proteosen die durch Ammoniumsulfat (bezw. Zinksulfat) aussalzbaren Abkömmlinge der Eiweifskörper, welche noch deren charakteristische Reaktionen zeigen, unter anderen die Biuret- reaktion, aber nicht mehr gerinnen. Die Gerbsäure fällt nun Basen und ”) W. Gulewitsch, Zeitschr. f. physiol. Chemie 27, 195 (1899). =) J. Effront, Chemiker-Zeitung 23, Nr. 75 (1899). Weitere Untersuchungen über den Verlauf der pept. Eiweilsspaltung. 441 Kolloide, Zinksulfat und Ammoniumsulfat hingegen nur die letzt- erwähnten Körper. Durch Kontrollversuche habe ich gefunden, dafs die von Effront vorgeschlagene Gerbsäure-Weinsäurelösung sämtliche Albumosen fällt, während die echten Peptone zum grölsten Teile der Fällung entgehen und nur durch Phosphorwolframsäure niedergeschlagen werden. Aber sie fällt aufser den Albumosen auch noch Körper, die keine Biuretreaktion mehr geben und von denen nur ein Teil durch Phosphorwolframsäure gefällt wird. Die mit Effronts Verfahren er- haltenen Zahlen sind sonach mit meinen nicht vergleichbar. 3. Versuche. A. Kırystallisiertes Serumalbumin. 40 krystallisiertes Serumalbumin werden der peptischen Ver- dauung unterworfen. Die Auflösung des Serumalbumins ist schon nach zweieinhalb Stunden vollendet, nach vier Stunden ist jedes Neutrali- sationspräcipitat verschwunden. Die Gesamtmenge des Stickstoffs in der Lösung ist dann 0,02082g in 10ccm. Von der Versuchsflüssigkeit wurden nach 4 und 8 Stunden, 1, 2, 3, 6, 10, 15, 21 und 30 Tagen je 130cem entnommen und mit Hülfe der angegebenen Methode auf die Verteilung des Stickstofis zwischen den verschiedenen Gruppen der Verdauungsprodukte untersucht. Das Ergebnis geht aus nachstehender Tabelle hervor: Tabelle I. | Proz. N enthalten in den anderen albamuosen , Verdauungsprodukten Verdauungs- R | Sana aa. a een Bad © = SE) zo ja ass D a2 a2 le2 8:35: | 3 rei | 4 Stunden | 37,10 | "4,93 | 2946 | 328 | 7A77 | 1,83 | 23,40 | 25,23 S e | 30,12 | 8,64 | 25,82 | 4,86 | 69,44 | 2,65 | 27,91 | 30,56 22 Asa 710 0651, 5,80 | Asz | 512 50,51 | 155.63 DSL | 7,86 | 5,26 | 23,49 | 6,98 | 43,59 | 7,89 | 48,52 | 56,41 3x2, | 371 | 305 | 18,95 | 828 | 33,99 | 19,06 | 46,95 | 66,01 BER ee 6,84 | 7,95 | 17,54 | 39,08 | 43,38 | 82,46 10x24, | 064 | 0,00 2,96 | 6,64 104 | — = 89,76 152224, ..0.00:|. 0,00 0,89 628 7.17 | 57,67 | 35,16 | 92,83. om 242, | 0.00. .0.00...000 617 6,17 | 55,54 | 33,29 | 93,83 3022241... 0.0077.0.00 | 0,00 | 5,89 5,89 | 63,09 | 31,02 94,11 449 E. Zunz, Um die Verteilung des Stickstoffes während der ersten Stadien des Verdauungsprozesses kennen zu lernen, wurden 5& krystal- lisiertes Serumalbumin mit 250 cem Pepsinsalzsäure eine halbe, eine und zwei Stunden der Verdauung unterworfen. Nach Entfernuns: des noch nicht aufgelösten Serumalbumins durch Filtration wurde zunächst die gesamte in lOcem der Flüssigkeit, sodann die in den verschiedenen Fraktionen enthaltene Stickstoffmenge bestimmt. Zu diesem Behufe wurde zuerst das Acidalbumin durch Neu- tralisieren gefällt, dann aber durch Zusatz von 2ccem verdünnter Schwefelsäure (i Volumen konzentrierter Schwefelsäure auf 4 Vo- lumina Wasser) auf je 1lOOcem Flüssigkeit wıeder in Lösung gebracht. Das so wiedergelöste Acidalbumin würde die für das Gemisch von Protoalbumose und Heteroalbumose (welche die durch Zinksulfat ge- fällte erste Albumoseufraktion darstellen) gefundene Stickstofimenge erhöhen. Es war deshalb wichtig, die im Acidalbumin enthaltene Stickstoffmenge für sich zu ermitteln. Zuerst beabsichtigte ich den Stick- stoffgehalt der Flüssigkeit nach Abfiltrieren des Neutralisationspräcipı- tates zu bestimmen. Leider erwies sich das als unthunlich, da das Acid- albumin sehr bald die Poren des Filters verstopfte.. Aulserdem ist es, wie manche Autoren — unter anderen Rollet*), Werigo**), Spiro und Pemsel***) — mit Recht angeben, sehr schwierig, das Acid- albumin selbst bei möglichst genauer Neutralisation gänzlich auszufällen. Darum zog ich ein Verfahren vor, welches diese Nachteile nicht aufweist. Wie oben erwähnt, wırd das Acıdalbumin des Eieralbumins durch eine Zinksulfatsättigung unter 0,20 niedergeschlagen. Anderer- seits habe ich früher schon ermittelt, dals die untere Fällungsgrenze des (remisches von Proto- und Heteroalbumose für die verschiedenen in der vorliegenden Arbeit untersuchten Eiweilsstoffe oberhalb einer 0,20-Sättigung liegt. Man kann somit sehr gut die im Acidalbumin enthaltene Stickstoffmenge bestimmen, inden man der Flüssigkeit nach Neutralisation und Ansäuerung ein Viertel ihres Volums an gesättigter saurer Zinksulfatlösung hinzusetzt, wodurch sie auf 0,20- Zinksulfat- sättigung gebracht wird. Die Differenz zwischen dem Stickstoffgehalt der ursprünglichen Lösung und jenem des nach Fällung des Acidalbu- mins erhaltenen Filtrats zeigt die im Acidalbumin enthaltene Stick- stoffmenge an. Um die Proto- und die Heteroalbumose zu fällen, genügt es dann, dem nach Fällung des Acidalbumins erhaltenen Filtrat drei Fünftel seines Volumens an gesättigter saurer Zinksulfatlösung hinzuzufügen, wodurch sich die Sättigung der Flüssigkeit auf 0,50 erhöht. Die nachfolgende Tabelle II giebt die Ergebnisse dieser drei Verdauungsversuche von kurzer Dauer wieder. *) A. Rollett, Sitzungsber. der k. Akad. d. Wissensch. in Wien 84, Abt. II, S. 332 (1881). ”*) B. Werigo, Arch. f. d. ges. Physiol. 48, 127 (1891). ===) K.Spiro und W. Pemsel, Zeitschr. f. physiol. Chemie 26, 233 (1898). Weitere Untersuchungen über den Verlauf der pept. Eiweilsspaltung. 443 Tabelle N. Proz. N enthalten in IHN | 8 Alb den anderen Ver- | & = BR Ban dauungsprodukten) 4 a = | euere Verdauungs- = |3 ea 458 . || =) = < ja) (>) Sn 5 = ° 3 & ISHH zeit ne |< | ae ae SI IE I Seesen een le Zee 80 8 | = 0.2), 5 |S0- 8 le a || =} " 3 a = Verdauungs I a a oO Sn 85 Er 0 zeit, um In 2 lo neo 3 Eee | 3 2 a ee = SUB OEEE = Eon lee = BE NEE = es ee are = es .68 B2 | ee & ES raue S 1% | | G Be | | | | | | 6 13065 | 048 | 23,70 | 1,50 | 6528 | O1 3401: 3479 8 | 35,90 | 1,79 | 20,41 | 2,88 | 60,98 | — 4.539,02 22 18,22 | 5,76 | 29,32 | 3,41 | 56,71 | 1,44 | 41,85 | 48,29 2x 24 6,84 | 7,45 | 24,43 | 7,18 | 45,90 | 2,68 | 51,42 | 54,10 3x2 | 1,41 | 813 | 2221 | 8,02 | 39,77 | 3,15 | 57,08 60,23 6x24 | 024 | 0,00 | 14,31 | 11.80 | 26,35 | 9,82 | 63,83 | 73,65 10x24 || 0,00 | 0,00 | 10,66 | 10,64 | 21,30 | 25,96 | 52,74 | 78,70 15x24 || 0,00 | 0,00 7,96 | 11,33 | 19,29 || 28,98 | 51,73 | 80,71 | 7,96 91% 24 | 0,00 0,00 | 5,74 | 8,22 | 13,96 | 36,56 | 49,48 | 86,04 | 30x24 | 0,00 | 0,00 5,11 7,69 | 12,80 || 37,57 | 49,63, | 87,20 | \ | Tabelle V. = — — — | Proz. N enthalten in | 8 | — Be = | Fe | Acid- | den anderen |: = € \ || 2 n ae Verdauungs- | albu Albumosen Verdauungspro 222 NER | min || dukten 825 A el Br GE wel ; 8.2 a »al.=,@2|,2% ja ae, a0 2 < © ı [zn ı 1 Is 3 SiS Hat ı# Be 128152\|321 22 Egj8s5|8:2 3 S|2:5 Igsı2 | == EZ = 8 Is E BseR | 8 | rS rS | I| | I Yy, | 2,17 48,98, 0,00 |40,87, 0,00 89,85| 0,22 | 7,76 | 7,98 |negativ 1 7,16 47,65, 0,00 38,02, 0,00 185,67 0,46 6,41| 6,87 |negativ 9 6,54 |43,85 0,37 133,76| 0,96 |78,94| 0,85 | 13,67 | 14,52 | positiv Weitere Untersuchungen über den Verlauf der pept. Eiweilsspaltung. 445 Ich habe ferner 5g krystallisiertes Eieralbumin in 250 cem Pepsinsalzsäurelösung während einer halben, einer und zwei Stunden der Verdauung unterworfen. Der Versuch wurde genau so ausge- führt wie der entsprechende mit krystallisiertem Serumalbumin. Die Ergebnisse sind aus vorstehender Tabelle (V) ersichtlich. In der nachstehenden Tabelle (VI) sind die Resultate von zwei Versuchen mit sechsmonatlicher Dauer der Verdauung wieder- gegeben. Die Flüssigkeiten waren nach dieser Zeit vollständig klar. Sie enthielten Deuteroalbumose B, Deuteroalbumose C, echte Peptone und viel Produkte, die keine Biuretreaktion mehr gaben. Tabelle VI. Proz. N enthalten in Stickstoffgehalt __ N a olscn der. Albumosen den anderen Verdauunesprodukten Verdauungs- | durch durch lösung | Phosphor- Eh osphor- (Gesamt- eranmen.| wolframsäure | wolframsäure menge fällbar nicht fällbar 0,02729 4,78 41,15 54,07 95,22 0,04934 13,50 45,22 41,28 86,50 ©. Serumglobulin. Diese Versuche wurden ausgeführt, ehe Spiro*) mitteilte, dafs es ihm mit B. Haake gelungen sei, das Serumglobulin in zwei Körper zu zerlegen: das Euglobulin und das Pseudoglobulin. So- mit handelt es sich hier um Untersuchungen, die mit dem Ge- mische von Euglobulin und Pseudoglobulin angestellt wurden, für welches ich einstweilen die noch allgemein übliche Benennung Serumglobulin beibehalte, obgleich man unter diesem Namen auch das Gemisch von Fibrinoglobulin und den beiden das Paraglobulin zusammen bildenden Körpern verstehen kann. 40 g Serumglobulin werden der peptischen Verdauung unterworfen. Nach drei Stunden ist die Lösung des Serumglobulins vollendet. Drei- einhalb Stunden nach Beginn der Verdauung ist das Neutralisations- präeipitat völlig verschwunden. Sodann entfernte ich durch rasche Filtration den sehr geringen flockigen Niederschlag, welcher nach völliger Auflösung des Serumglobulins aufgetreten war. Die so er- AB Kuldı und RK. Spiro, lie. 446 E. Zunz, haltene gelbliche Flüssigkeit blieb bis zum vierzigsten Tage nach dem Anfange des Versuches völlig klar. Nach dieser Zeit erschienen in der Flüssigkeit schwärzliche Flocken, auf welche ich nachher noch zurück- komme. Die Serumglobulinlösung enthielt in 10 cem 0,02226g Gesamt- stickstoff. Je 130 ccm dieser Flüssigkeit wurden 4 bezw. 6 Stunden, 1, 2, 3, 6, 10, 15, 21, 30 und 60 Tage nach dem Ansetzen des Ver- suches wie oben untersucht. In der Tabelle VII sind die Ergebnisse dieser Versuchsreihe zusammengestellt. Tabelle VII. | Proz. N enthalten in | E den anderen Verdauungs- | er , Verdauungsprodukten zeit,in |. au AL] Eee { 29 | © oo oo NER ESME ER Stunden = S 2 se|52|5»% 825 833 E & Ina s 88 | 2 a een ala Seele IS =) oe3 | o3 23 |sE*H | 2&$553 OS. 8 nen = A2 AZ Az SZ | 33 > | | | 4 4909 | 044 | 23853 | 1,28 | 79,34 | 1,39 | 19,97 | 20,66 6 33,60 | 1,85 | 27,85 3,71012.67.01 980 031, 01232:99 4 | 2,60 | 211 | 18,97 | 14,15 | 57,83 | 1,87 | A0,30 | 49,17 22475 013:9521 02:04 22,42 | 16,49 | 54,90 || 2,42 | 42,68 :| 45,10 | 3x4 | 645 | 278 | 27,79 | 16,96 | 53,98 | 2,87 | 43,15 | 46,02 6x24 | 2,07 | 1,48 | 21.14 | 23,94 | 48,63 | 4,5 | 46,92 | 51,87 10x24 | 0,00 | 0,00 | 17,77 | 25,96 | 43,73 || 13,41 | 42,86 | 56,97 15x24 | 0,00 | 0,00 | 10.13 | 29,76 | 39,89 | 16,88 | 43,23 | 60,11 21x24 | 0,00 | 0,00 7,35°| 25,98 | 33,33 | 22,49 | 44,18 | 66,67 30x24 | 0,00 | 0,00 | 0,49 | 24,04 | 24,53 || 27.25 | 48.22 | 75,47 60x24 || 0,00 | 0,00 | 0,00 | 22,89 | 22,89 | 29,37 | 47,74 | 77,11 | | | U) | \ Zwischen dem 40. und dem 44. Tage traten in der Flüssigkeit spärliche schwarzbraune feine Flocken auf, deren Menge sich in den folgenden Tagen weder zu vergrö[sern noch zu vermindern schien. Seitdem habe ich wiederholt das Auftreten dieses schwärz- lichen Körpers bei langdauernder Verdauung von Serumalbumin bemerkt. Er ist phosphorhaltig. Demnach handelt es sich wahr- scheinlich um das Derivat eines Nukleins oder Nukleoalbumins und nicht um einen Stoff nach Art der von Schmiedeberg*) durch Einwirkung von konzentrierten Säuren auf verschiedene Eiweifskörper erhaltenen Melanoidinsäure, denn diese enthält keinen Phosphor. *) OÖ. Schmiedeberg, Arch. f. exper. Pathol. u. Pharmakol. 39, 1 (1897). 447 Weitere Untersuchungen über den Verlauf der pept. Eiweilspaltung. Von den zwei Körpern, aus welchen das Serumglobulin zu- sammengesetzt ist, enthält das Pseudoglobulin Phosphor*). Von den verschiedenen Albumosenfraktionen, welche sich durch die Verdauung des Serumglobulins bilden, enthält die Deuteroalbumose Ü stets Phosphor. In den anderen Fraktionen konnte ich nur einmal die Anwesenheit von Phosphor nachweisen, und zwar in dem Ge- mische von Proto- und Heteroalbumose. Um die Verteilung des Stickstoffes zwischen den Produkten der peptischen Verdauung des Serumglobulins in der ersten Zeit des Verdauungsprozesses beurteilen zu können, liels ich wieder 5g Serumglobulin in 250cem der Pepsinsalzsäurelösung , während einer halben, bezw. einer und zwei Stunden verdauen. Aus Ta- belle VIII sind dıe Ergebnisse dieser Versuchsreihe ersichtlich. Tabelle VIII. [ B - Proz. N enthalten in = | le 2 | alle | Acid- | ; den anderen imo | albu- | Albumosen Verdauungspro- |8 „3 Verdauungs- | 2 (Eee: min | dukten 8:2 © . . | (mn SE |® 5 & zeit ın aaa ca Bo ö2= | ss Stunden | Saıooa oo oo solar. a52 solo 25 ao 2 33 983 Solace see | es ullercrs = SR > > Era ellkerekeilker el ei INelei SSslB8 535 35 2|]2 0 |asz 2s.| 20 | 3 53 — IES5lo5s 25 3 es!ls22.853 05] 93 en erelere Ber 2* <= Sn a) 2< S | S S 3 E 2 8 | M | U 8,57 583,27| 0,73 |32,24| 0,82 87.06| 1,26 3,11 4,37 | positiv 1 I 7,60 ||43,75| 0,56 |36,07| 1,34 | 81,72 1,34 9.34 10,68 positiv 2 5,42 |/438,19| 0,86 |28,60| 1,69 74,84 1.10 | 19,14 | 20,24 || positiv Il Il | | | Il Zwei Lösungen von Monate der peptischen Verdauung unterworfen. Serumglobulin wurden während sechs Nach dieser Zeit enthielten sie beide eine geringe Menge schwarzbrauner phosphor- haltiger feiner Flocken, von denen abfiltriert wurde. Die Filtrate enthielten Deuteroalbumose ©, echte Peptone und die Biuret- reaktion nicht gebende stickstoffhaltige Produkte. Die Resultate dieser Versuche sind in Tabelle IX zusammengestellt. Ca. 40 Euglobulin werden der peptischen Verdauung unterworfen. Die Lösung des Euglobulins ist nach drei Stunden vollendet, das Neu- tralisationspräcipitat nach dreieinhalb Stunden völlig verschwunden. Euglobulin. a), Huldı undıRe Spıro, Le. 448 E. Zunz, Tabelle IX. | Proz. N enthalten in Stickstoffgehalt — = - ee | Albumosen \ den anderen Verdauungsprodukten | | Verdauungs- | | durch | durch | lösung in | \ Phosphor- Phosphor- Gesamt- mm | ı wolframsäure | wolframsäure menge l | fällbar | nicht fällbar \ | | | 002826 | 977 | 43,86 46.87 90,23 00504 | 172 | 561 | 56,57 82,18 || | | Die Euglobulinlösung enthielt 0,02217 g Gesamtstickstoff in 10 cem. Je 180 ccm der Flüssigkeit kamen nach 4 und 6 Stunden, 1, 2, 3, 6, 10, 15, 21 und 30 Tagen zur Untersuchung. Folgende Tabelle giebt die Ergebnisse dieser Versuchsreihe wieder. Tabelle X. | Proz. N enthalten in | den anderen Verdauungs- Alsemnosen Verdauungsprodukten zeit in Se ee en & | Bo Bo Stunden 25 | se | = 22 :.srr 2: E8% Sees eo ons = oma Fr os ezerenrenene os ae ae | | = S je 4 3749 | 1,85 | 36,58 | 3,17 | 79,09 | 1,15 | 19,76 | 20,91 6 24,33 | 2,63 | 33,82 | 5,65 | 66,43 2,38 | 31,19 | SEN. 24 13,49 | 2,94 | 20,91 | 8,02 45,36 | 4,96 | 49,68 | 54,64 2x 24 4,12 | 3,15 | 27,86 | 8,78 | 43,91 | 5,22 | 50,87 | 56,09 3. 24 3,18 | 2,56 | 28,14 | 10,57 | 3945 | 6,61 | 53,94 | 60,55 6x 24 1,82 | 0,98 | 13,67 | 18,43 | 27,90. | 14,26 | 57,84 | 72,10 10 x 24 0,78 0,00 | 4,95 | 11,24 | 16,97 | 28,81 | 54,22 | 83,03 15 x 24 0,00 | 0,00 0,64 9,98 | 10,62 || 39,65 | 49,75 | 89,38 21 x 24 0,00 | 0,00 | 0,00 8,67 | 8,67 | 48,82 | 42,51 | 91,33 30x24 | 0,00 | 0,0 | 0,00 | 826 | 8,26 55,70 | 36,04 | 91,74 In einer weiteren Versuchsreihe wurde eine konzentriertere Euglobulinlösung der peptischen Verdauung unterworfen. Die Lösung des Euglobulins war nach vier Stunden vollendet und das Neutralisationspräcipitat nach viereinhalb Stunden verschwunden. Der Stickstoffgehalt von 10 ccm dieser Flüssigkeit war 0,03892g. Von Weitere Untersuchungen über den Verlauf der pept. Eiweilsspaltung. 449 der Flüssigkeit wurden nach 15, 21, 30 und 60 Tagen Proben zur Untersuchung entnommen. Die Flüssigkeit blieb klar bis zum Ende des Versuches. Die so erzielten Resultate sind in der Tabelle XI wieder- gegeben. Tabelle XI. | Proz. N enthalten in | Alb den anderen Verdauungs- | en Verdauungsprodukten zeit ın INS = << an} ©) | 3 © a © 5 | 0 © j 1 j IR Be! Fee his ı kaarıoao | eerroar So lee > Stunden | = 8 ga 2® Ba |$ 25 2 ss: En ==! ee) => = 5 S D I Er=| FR= E| a or el ll. 8 Ss = 3.8 a Sale a na © | A © De a) Be el a ee lee ceiei Ds | u 4 ers ee 8.8 | So oNor cn ES a< = = = Eee: \ IE as} "I 15x24 | 0,58 0,0) 1,09 | 10,65 | 12,32] 34,20. | 53,48 | 87,68 21 x 24 0,00 0.00 0,00 9,57 9,87 | 40,47 | 49,66 | 90,13 30x24 | 0,00 0,00 0,00 8,95 8,95 | 45,23 | 45,82 | 91,05 60 x 24 0.00 0.00 0,00 7.63 7,63 | 52,02 | 40,35 | 92,37 Die aus dem Euglobulin abstammenden Albumosen sind, wie die Muttersubstanz selbst, stets phosphorfrei. In der Tabelle XII finden sich die Ergebnisse, welche bei einhalb-, ein- und zweistündiger Verdauung von 5g Euglobulin in 250cem Pepsinsalzsäure erzielt wurden. Tabelle XII. Proz. N enthalten in = | 88 | Acid- || || den anderen =: S bu- | Albumosen » ro- | & Verdauungs- albu | Verdauungspro- | 3 „2 | lukten =) ne min | d 225 zeit in | ; ; n Era 5 SE el Bo 2. Ser Stunden aloe o elek een oe ıR © = a na Eat >] = 2 az ano Eile: a de! IS cu NoR,ol © 01,01 © los So 3235| 5 2| 2 08 lg sleralıe al euren Eee sie | =) ıs 515 82158|3 8 2ao|las=|as a o|-= 82 S5les5|2e5 » > ve Ss|-S8.353|8 5/93 IHslae2 A221 Sole les lo = | INS 9 S = = 3? BAR S | [ \ > S =, | 7.89 143,62 0,00 |57,55| 0.00 |81,20| 1,28 | 9,63 | 10,91 |neeativ | || - : = | = a 1 | 6,65 144,27 0,92 |33,34| 1,71 80,24 | 1,17 ‚11,94 | 13,11 positiv 2 | 5,48 10.03 1,16 |35,27| 2,56 |79,02|| 1.42 | 14,08 | 15,50 | positiv I | | Cp. Pseudoglobulin. 40 Pseudoglobulin werden der peptischen Verdauung unter- worfen. Die Lösung ist nach fünf Stunden vollendet. Nach fünf- einhalb Stunden erhält man kein Neutralisationspräcipitat mehr. In Beitr. z. chem. Physiologie. II. 99 450 E. Zunz, der Verdauungsflüssigkeit entsteht aber ein geringer flockiger Nieder- schlag. Das klare Filtrat enthält 0,01965g in 10ccm. Nach 6 und 8 Stunden, 1, 2, 3, 6, 10, 15, 21 und 30 Tagen werden je 200 ccm der Flüssigkeit zur Untersuchung entnommen. Die mit diesen Proben erzielten Resultate sind in der Tabelle XIII zusammengefafst. Tabelle XII. Proz. N enthalten in d Albumosen en anderen Verdauungs- Verdauungsprodukten zeit in re < ee) o E o & ee {eb} \ ı 1 ı 1 Stunden = 3 = 2 = 2 = 2 = &n 23 E E28 = & ==| Sg 24 ag sa ls32| 388 = B=> 3 3 =S {=} n © HsSsalaıs. n © = 0 o 2 o 3 © 3 Seren = = HN Az A2 an ST so Sroro RHRE| a S ® = Eu Eee 6 48,55 | 0,67 | 30,55 9,33 | 89,08 1,27 9,65 | 10,92 8 39,27 | 1,25 | 20,45 | 16,54 | 77,51 1,78 | 20,71 | 22,49 24 29,41 | 2,65 | 18,91 | 20,75 | 71,72 2,45 | 25,83 | 28,28 2x 24 20,08 | 3,06 | 23,76 | 23,90 | 70,80 3.08 | 26,12 | 29,20 3x 24 13,29 | 3,54 | 27,17. | 25,02..| 69,02 3,84 | 27,14 | 30,98 6% 24 6,82 | 2,53 | 22,62 | 29,84 | 61,81 | 5,23 | 32,96 | 38,19 10 x 24 473 \ 1,19 | 14,28 | 30,95 | 51,15 | 8,16 | 40,69 | 48,85 15 x 24 2,35 | 0,52 | 7.45 | 32,17 | 42,49 || 19,52 | 44,99 | 57,51 21x 24 1,12 | 0,00 | 2,97 | 30,68 | 34,77 | 16,31 | 48,92 | 65,23 30 x 24 0,00 | 0,00 | 0,00 | 28,84 | 28,84 | 21,69 | 49,47 | 71,16 Ferner wurde eine konzentriertere Pseudoglobulinlösung der pepti- schen Verdauung unterworfen. Die Lösung des Pseudoglobulins war nach sieben Stunden vollendet. Nach acht Stunden entstand noch ein Neutralisationspräcipitat, nach 24 Stunden aber nicht mehr. Die Flüssig- keit enthielt dann einen flockigen Niederschlag, wovon abfiltriert wurde. Der Stickstoffgehalt von 10Occem des klaren Filtrats war 0,03598 8. Proben der Flüssigkeit wurden nach 11, 15, 21, 30 und 60 Tagen ent- nommen. Am fünfzigsten Tage ungefähr erschienen schwarzbraune phosphorhaltige Flocken in der Flüssigkeit in geringer Menge. Nach Filtration war der Stickstoffgehalt des Filtrates 0,03579g in 1Ocem, also kaum vermindert. Die Resultate dieser Versuchsreihe sind in der Tabelle XIV wiedergegeben. Die verschiedenen Albumosenfraktionen, welche durch die peptische Verdauung des Pseudoglobulins gebildet werden, sind phosphorhaltig wie die Muttersubstanz. Die Deuteroalbumose C scheint am meisten Phosphor zu enthalten, die Deuteroalbumosen A und B am wenigsten. Weitere Untersuchungen über den Verlauf der pept. Eiweilsspaltung. 451 Tabelle XIV: Proz. N enthalten ın Alb den anderen s Verdauungs- a Verdauungsprodukten ze) un S E ' = ı m j < 0 S = | E 5 Re ı o [e) oO © oO © > ae erans - Sudan: AS le ER, 5 =! Se ea salns: a5 Ha o 5 Se o 3 = set -5a3 os az SS (Sen aa ale BEE Sir & — I r— 2 = a = S & U = 11 x 24 9,89 5 13,65 | 25,67 | 50,97 | 8,87 | 40,16 | 49,03 oO [on | 15x24 7,71 91x 24 2,97 30 24 2,47 60x 24 9,41 9,07 | 28,48 | 46,13 || 10,93 | 42,94 | 53,87 39,11 | 15,32 | 45,07 | 60,89 2,10 | 28,85 | 33,42 | 20.74 | 45,84 | 66,58 30,76 | 33,45 | 35,79 | 69,24 2o2o_Q OS 2 ©) SESTSESES SIE [e>} [ (=>) [er DD os $» I [33 [0 ») fx No) 5g Pseudoglobulin wurden während einer halben bezw. einer und zwei Stunden in 250cecm der Pepsinsalzsäurelösung der Ver- dauung unterworfen. Die Resultate finden sich in der nach- folgenden Tabelle. Tabelle XV. Proz. N enthalten in 3 ä gs Acid- den andren | 75®@ Verdauunos- | albu- Albumosen Verdauungspro- | E 8 MR, min | dukten I&-2 5 zeit in Im: ) rear = < aa) 2) | & o 2, Ö = Stunden Sa ae lese ee 32|58 5353 Sales: 382|5 o0|5©% E88 s #2 #5 SEEN PERS REES s Al.z SS © .45I15858I1538|35 2 oO |HMSRımS,| a © = "2 2353 oe 5 v2 | aS# 255 = Lg kelaAelaz2la2| Od Siem Foronei = Re) ale = BF =) 8 Te} DS ur 6,95 54,26 0,00 35,30, 0,00 89,56 0,55 2,91| 3.49 |negativ 1 6,43 |52,78| 0,00 134,55 0,00 |87,33 | 0,84 ı 5,40 | 6,24 |negativ 5,87 ||48,04| 0,49 |35,71| 0,62 82,86 || 1,13 | 10,14 | 11,27. positiv D. Kasein. Das Kasein, dessen ich mich für meine Versuche bediente, enthielt wahrscheinlich eine sehr geringe Menge eines anderen Eiweilsstoffes beigemengt, nämlich des Opalisins, dessen Vorkommen in der Milch von Wröblewski*) festgestellt wurde. Bis jetzt kann man das Kasein noch nicht gänzlich davon befreien. *) A. Wröblewski, Zeitschr. f. physiol. Chemie 26, 308 (1899). 29* 452 E. Zunz, 402 Kasein wurden der peptischen Verdauung unterworfen. Die Auflösung des Kaseins war etwa sechseinhalb Stunden nach dem Be- ginn des Verdauungsprozesses vollendet. Es bestand dann noch ein geringes Neutralisationspräcipitat; nach sieben Stunden erhielt man kein Neutralisationspräcipitat mehr. Die Flüssigkeit indes, welche nach sechseinhalb Stunden kaum opaleszent war, wies jetzt einen geringen flockigen Niederschlag auf, der wahrscheinlich aus Pseudonuklein be- stand. Derselbe vermehrte sich zunächst noch etwas, um dann sehr langsam abzunehmen. Ich entfernte ihn durch Filtration acht Stunden nach Anfang des Verdauungsprozesses, und die jetzt erhaltene Flüssig- keit blieb während der ganzen weiteren Versuchsdauer klar. Der Stickstoffgehalt von 10ccm der Kaseinlösung betrug nach dieser Fil- tration 0,03589g. Je 180 ccm der Flüssigkeit wurden nach 8 und 22 Stunden, 2, 3, 4, 6, 8, 10, 15, 21 und 30 Tagen zur Untersuchung entnommen. In der Tabelle XVI sind die Resultate dieser Versuchs- reihe wiedergegeben. Tabelle XVI. Proz. N enthalten in den anderen Verdauungs- Albmmoson Verdauungsprodukten zeit in | < en) o Bo Er \ SSBSE| € au =8 ae Beau s| 3.8 = 2 HSA|IaAS» [7 I A| BE en ® E B 3 u) 8 53,14 1,13 | 26,59 | 0,84 | 81,70 1,10 | 17,20 | 18,30 29 54148 | 0,65 | 24,89 | 1,05 | s1or | 1,6 | 17,47 | 18,98 DZ I al 2,93 | 18,29 1,97 | 66,50 || "1,42 | 32,08 | 33,50. 3x 24 | 30,32 2,58 | 13,46 6,67 | 53,03 || 2,88 | 44,09 | 46,97 4x 24 11,69 4,58 | 16,36 | 10,96.| 43,59 5,05 | 51,36 | 56,41 6 24 6,23 10,51 9,83 | 14,26 40,63. 5,96, 53,41 159,37 8x 24 | 5,56 ld 3,58 | 16,39 | 33,80 8,12 | 58.08 | 66,20 10x24 | 2,74 5,39 3,42 | 18,40 | 29,91 | 13,17 ı 56,92 | 70,09 15x 4 144 | 1.40 | 9,36 | 12,84 | 18,04 | 29,89 | 52,07 | 81,96 91x 1,03 | 0,00 | 1,62 | 9,61 | 19,96 || a1,80 | 45,94 | 87,74 30 x 24 1,28 0,00 0,00 | 9,20 | 10,48 | 47,80 | 41,72 | 89,52 5 Kasein wurden in 250 cem Pepsinsalzsäurelösung der pepti- schen Verdauung während einer halben, bezw. einer und zwei Stunden unterworfen. In der Tabelle XVII finden sich die Ergebnisse dieser Versuchsreihe zusammengestellt. 453 Weitere Untersuchungen über den Verlauf der pept. Eiweilsspaltung. Tabelle XVII. I I} | Proz. N enthalten in | = | ar Immer: l.E8 v Acid- ı den anderen I no albu-| Albumosen | Verdauungspro- |.© 4 Q dauungs- | min | . | Alten I$ s er | | ı& fa} U E II: 0 IS zeit in erseel , a, > Ser ise= IB So lo on. 3 AN ı == =5 \ I lasse ae ee as2 8 0|0 2 5 Stunden Eszs52 525253 Es 83823 2253 E01 = 373 zes es als as alseEe2le 88158 dl. So aE=Zzu0l53*8|55:| 5 3 av lu Sal 8 n om A |s75282125o3]253| © Sjss&-832 2 5195 seele ice le el or |ze eos 877,2 I. = A 8 = & Idee jeBa) S | | | rl a ze || . y 4,5 | 52,91 1,24 |28,21| 1,45 83,81, 0,83 | 10,51 ‚11,34 neoativ se I else El 1 Ad Su 1,63 30,38| 1,58 71,83, 2,03 | 22,04 |24,07| positiv 9 | ) $) ) ) | $) $) | || 2 I 4,22 | 43,29 1,89 |30,62| 2,04 |77,84| 1,78 | 16,16 |17,94 |positiv I | | | I Drei Kaseinlösungen wurden einer sechsmonatlichen peptischen Verdauung unterworfen. Am Anfange des Versuches wurden alle drei Flüssigkeiten von einem geringen Paranukleinniederschlag ab- filtriert. Die Filtrate blieben dann bis zum Ende des Versuches vollständig klar mit Ausnahme der konzentriertesten dieser Lösungen, welche nach vier Monaten einen schwarzbraunen flockigen phosphor- haltigen Niederschlag zeigte, wovon schliefslich abfiltriert wurde. Die Flüssigkeiten enthielten nach sechsmonatlicher Verdauung Deuteroalbumose C, echte Peptone und reichlich die Biuretreaktion nicht gebende stickstoffhaltige Produkte. Die Ergebnisse dieser Versuche sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt. Tabelle XVII. Stiekstoff- | Proz. N enthalten in gehalt.von | Albumösen den anderen Verdauungsprodukten 10ccem d | V me: | durch durch = Sulins e: | \ Phosphor- Phosphor- RE lösung in | wolframsäure | wolframsäure | menge Gramm | fällbar nicht fällbar 0,02542 | 14,11 | 50,97 34,92 35,89 0,02746 | 16,16 43,27 40,57 83,54 0,05237 | 13,01 48,23 38,76 86,99 4. Zusammenfassung der Versuchsergebnisse. Aus Tabelle I bis XVIII ergeben sich mehrere interessante Thatsachen, die am besten an der Hand der einzelnen Produkte besprochen werden. 454 E. Zunz, o) Acidalbumin. Es entsteht nur eine relativ geringe Menge Acidalbumins während der peptischen Verdauung der untersuchten Eiweilskörper. Das Acidalbumin enthält nie zehn Prozent des Ge- samtstickstoffes des gelösten Eiweilsstoffes. Das durch das Aecid- albumin gebildete Neutralisationspräcipitat verschwindet in den ersten Stunden des Verdauungsprozesses, und die Spuren von Acid- albumin, welche bei genauer Neutralisation übersehen werden können, bleiben sicher nicht länger als zwei bis drei Tage erhalten. ß) Albumosen. Hingegen ist die Albumosenmenge, welche sofort bei Beginn der Verdauung entsteht, sehr bedeutend. So findet man oft nach halbstündiger Verdauung bis neun Zehntel des Ge- samtstickstoffes in Gestalt von Proteosen. Die Menge derselben vermindert sich erst ziemlich rasch, später immer langsamer. Sie sind selbst nach sechsmonatlicher Verdauung nicht völlig ver- schwunden. Die kleinste Albumosenmenge, welche in den vor- stehenden Versuchen bei sehr langdauernder Verdauung erhalten wurde, entsprach 1,25 Proz. des Gesamtstickstoffes (krystallisiertes Serumalbumin nach sechsmonatlicher peptischer Verdauung). Noch nach sechsmonatlicher Verdauung enthielten alle unter- suchten Flüssigkeiten Deuteroalbumose C. Nach einem Monate wiesen die Produkte der peptischen Verdauung des krystallisierten Serumalbumins daneben nicht mehr die geringste Spur einer anderen Albumosenfraktion auf. Dies ist auch beim Euglobulin der Fall. Unterwirft man hingegen das kıystallisierte Eieralbumin einer sechsmonatlichen Verdauung, so findet sich selbst nach dieser Zeit noch etwas Substanz vom Verhalten der Deuteroalbumose B. Nach einmonatlicher Verdauung zeigt das Kasein gewöhnlich noch Spuren einer Substanz, welche durch Halbsättigung mit Zink- sulfat gefällt wird. Diese Spuren sind stets nach sechsmonatlicher Verdauung verschwunden, manchmal sogar schon nach elf Tagen, wie unten ersichtlich. Diese Substanz ist wahrscheinlich keine Albumose, sondern entweder nicht weiter verändertes Paranuklein oder aber daraus entstandene Paranukleinsäure. Aus Kasein durch peptische Verdauung entstandenes Paranuklein wird in schwach alkalischer Lösung durch eine 0,36-Zinksulfatsättigung vollständig gefällt; die Fällung beginnt bei 0,14-Sättigung. Nach Salkowski*) wird die Paranukleinsäure, welche er in den peptischen Verdauungs- produkten des Kaseins gefunden hat, durch Halbsättigung mit Ammoniumsulfat vollständig gefällt. *) E. Salkowski, Zeitschr. f. physiol. Chemie 32, 245 (1901). Weitere Untersuchungen über den Verlauf der pept. Eiweilsspaltung. 455 Das Pseudoglobulin bildet eine sehr grofse Menge von Deutero- albumose C, welche selbst nach ein- und zweimonatlicher Verdauung mehr als ein Viertel des Gesamtstickstoffes des gelösten Eiweils- körpers beträgt. Es besteht gewöhnlich nach einem Monate keine Spur einer anderen Albumosenfraktion. In der Tabelle XIV jedoch ist nach zweimonatlicher Verdauung noch eine geringe Menge eines Körpers vorhanden, welcher durch Halbsättigung mit Zinksulfat gefällt wird. Es scheint sich dabei nicht um eine Albumose zu handeln, sondern eher, wie beim Kasein, um eine Paranukleinsäure oder ein ähnliches Produkt. Von den vier Fraktionen, in welche man die Albumosen durch die fraktionierte Fällung mittelst Salzen trennen kann, bestehen die erste und dritte im Beginn der Verdauung in grolser Menge, während die zweite und vierte erst etwas später und in sehr kleiner Menge auftreten. Die erste Fraktion (Protoalbumose und Hetero- albumose) vermindert sich fortwährend bis zu ihrem völligen Ver- schwinden. Die zweite Fraktion (Deuteroalbumose A) vermehrt sich zuerst, erreicht sehr langsam ein nicht sehr hohes Maximum, vermindert sich dann mehr oder minder rasch und verschwindet früher als die anderen Albumosengruppen. Die dritte Fraktion (Deuteroalbumose B) zeigt mehr oder minder deutlich zwei Maxima, das eine im Anfang der Verdauung, das andere später, dann nimmt sie der Menge nach ab und verschwindet später als das Gemenge von Proto- und Heteroalbumose und als die Deuteroalbumose A. Die vierte Fraktion (Deuteroalbumose ©) erreicht das Maximum ziemlich spät, dann nimmt sie äulserst langsam an Menge ab. y) Echte Peptone Die echten Peptone, das heifst die ungerinnbaren, durch Salze nicht fällbaren, aber die Biuretreaktion noch gebenden Produkte treten gleichzeitig mit oder erst nach der Deuteroalbumose OÖ auf. Ihre Menge ist am Anfange des Verdauungsprozesses sehr gering; später scheint sie zuzunehmen. Bis jetzt kann man die echten Peptone nicht von jenen Verdauungsprodukten [d)] trennen, welche durch Phosphor- wolframsäure gefällt werden, aber nicht die Biuret- reaktion geben. Diese Produkte finden sich von Beginn der Verdauung an, aber nur in sehr geringer Menge. Sie können entweder schon bei der ersten Spaltung des Eiweilsmoleküles ent- standen sein, oder sie stammen von der ersten oder dritten Albu- mosenfraktion, oder endlich von den weder durch Salze noch durch Phosphorwolframsäure fällbaren und keine Biuret- reaktion mehr gebenden Produkten [e)] ab. 456 E. Zunz. Die zuletzt genannten Produkte finden sich vom ersten Beginn der Verdauung ab in mehr oder minder grofser Menge vor. Sie nehmen nachher rasch an Menge zu und erreichen ziemlich spät ihr Maximum, etwas vor oder ungefähr gleichzeitig mit der Deutero- albumose ©. Zu dieser Zeit findet sich die Hälfte des Gesamtstick- stoffes oder noch mehr in dieser Fraktion vor. Ihre Menge nimmt später wieder ab, und zwar bei den einzelnen Eiweilskörpern nicht im gleichen Mafse. Dies rührt wahrscheinlich her von der nach- träglichen Umwandlung eines Teiles dieser Produkte in Substanzen, welche durch Phosphorwolframsäure „efällt werden, aber keine Biuretreaktion geben. Die Thatsache, dals die Menge der durch Phosphorwolfram- säure fällbaren Endprodukte auf Kosten der nicht basischen zu- nimmt, dürfte wohl zum Teil mit Langstein nach Analogie von Emersons*) Befund bei Pankreasverdauung durch eine (O2- abspaltung aus Tyrosin und vielleicht noch anderen Aminosäuren zu erklären sein. Wenigstens ist jetzt durch Lawrow und Langstein das Auftreten solcher Basen, des Oxyphenyläthylamins, Putrescins, Kadaverins, die bei der Säurespaltung des Eiweilses fehlen, für die Pepsinverdauung ganz aulser Zweifel gestellt. Auf Grund des Stickstoffgehalts des Phosphorwolframsäure- niederschlags kann man nach ein- und selbst zweimonatlicher Ver- dauung höchstens 20 bis 30 Prozent des Gesamtstickstoffes der Eiweilskörper als in Form von Peptonen vorhanden annehmen. Auch diese Zahlen sind sicher noch zu hoch gesriffen, denn wäh- rend der peptischen Verdauung bilden sich entweder direkt aus dem der Verdauung unterworfenen Eiweils oder vielleicht auch aus den Albumosen Produkte, welche durch Phosphorwolframsäure gefällt werden, aber keine Biuretreaktion geben, somit auch nicht als Peptone angesprochen werden können. Vergleicht man die Ergebnisse, welche in dieser Arbeit mit krystallisiertem Serumalbumin und Kasein erhalten wurden, mit jenen, welche ich in meiner früheren Arbeit **) mitgeteilt habe, so sieht man, dafs die peptische Spaltung des krystallisierten Serumalbumins und des Kaseins diesmal viel langsamer vor sich gegangen war als in den früheren Versuchen. Da der Gehalt an Eiweils und alle anderen Be- dingungen in beiden Versuchsreihen ungefähr dieselben waren, so ist der Unterschied wohl einer geringeren Wirksamkeit des diesmal ver- wendeten Pepsins zuzuschreiben. *) R. L. Emerson, diese Beiträge 1, 501 (1902). **) BE. Zunz, Zeitschr. f. physiol. Chemie 28, 132. Weitere Untersuchungen über den Verlauf der pept. Eiweilsspaltung. 457 6) Aminosäuren. Eine bemerkenswerte Thatsache ist die Bil- dung beträchtlicher Mengen von Produkten, welche die Biuretreaktion nicht geben und zum gröfsten Teil durch Phosphorwolframsäure nicht gefällt werden. Ein Teil dieser Körper wird von Gerb- säure gefällt und löst sich in einem Überschufs dieses Reagens wieder auf. Ob es sich hier gleich im Beginn um Aminosäuren handelt oder vielleicht um Vorstufen derselben, wie Pfaundler*) annimmt, ist noch nicht entschieden. Dafs in späteren Stadien der Verdauung Aminosäuren in grolser Menge auftreten, ist nach den oben erwähnten Arbeiten von Lawrow und Langstein sicher. Es konnten nur Zweifel erhoben werden, ob man es dabei mit einer Wirkung des Pepsins oder des Pseudopepsins zu thun hat, welches letztere frühzeitig eine viel tiefergehende Eiweilsspaltung bewirkt. Da das von mir angewandte Grüblersche Pepsin in der Regel sehr arm an Pseudopepsin, oder selbst gänzlich frei davon zu sein pflest, ist letztere Vorstellung die zunächst minder wahrscheinliche. Eine Entscheidung darüber könnte allerdings nur durch Verdauungsversuche mit den voneinander sicher getrennten Fermenten gewonnen werden, wie sie einer Nachricht von Herrn Prof. Hofmeister zufolge im Strafsburger physiologisch-chemischen Institut im Gange sind. 5. Auftreten und Verschwinden der einzelnen Fraktionen. Um mit mehr Genauigkeit das zeitliche Auftreten und Ver- schwinden der einzelnen Fraktionen, welche man nach dem Gesagten unter den Produkten der peptischen Eiweifsverdauung zu unter- scheiden vermag, beurteilen zu können, habe ich neuerdings zwei- prozentige Lösungen bezw. Suspensionen von krystallisiertem Serum- albumin, krystallisiertem Eieralbumin, Serumglobulin, Euglobulin, Pseudoglobulin und Kasein der Verdauung unterworfen und den zeitlichen Verlauf derselben genauer untersucht. Von den Ver- dauungsflüssigkeiten wurden am ersten Tage mehrere Male, dann täglich während zweier Monate Proben entnommen und qualitativ auf die Gegenwart oder das Fehlen der verschiedenen Fraktionen geprüft. Die Auflösung des krystallisierten Serumalbumins war erst nach zwei Stunden gänzlich vollendet, diejenige des krystallisierten Eier- albumins nach fünf Stunden, diejenige des Serumglobulins nach drei Stunden, diejenige des Euglobulins nach zweieinhalb Stunden, diejenige des Pseudoglobulins nach vier Stunden und diejenige des Kaseins nach acht Stunden. Deshalb bedurfte es einer Filtration der vor der völligen *) M. Pfaundler, Zeitschr. f. physiol. Chemie 30, 93 (1900). 458 E. Zunz,’ Auflösung der Eiweilsstoffe entnommenen Proben. Ein sehr leichter flockiger Niederschlag von Paranuklein blieb während der ganzen Dauer des Versuches beim Kasein bestehen, ebenso, nur in viel ge- ringerer Menge, beim Pseudoglobulin. Die Proben dieser Versuchs- reihen mulsten daher stets filtriert werden. In keiner Versuchsreihe erschienen braunschwarze Flocken in der Flüssigkeit. Jede der zu verschiedenen Zeitpunkten des Verdauungsvorganges entnommenen Proben wurde durch verdünnte Natronlauge genau neu- tralisiert und eventuell vom entstandenen Neutralisationspräcipitat durch Filtration befreit. Das Filtrat wurde in beschriebener Weise angesäuert und auf die verschiedenen Albumosenfraktionen durch Hin- zufügung der nötigen Mengen gesättigter angesäuerter Zinksulfat- lösung geprüft. Gab das albumosenfreie Filtrat noch die Biuretreaktion, so wurde es als peptonhaltig angesehen. Bewahrt man die in Eprouvetten von gleichem Durchmesser mit gleichen Mengen Flüssigkeit erzeugten Niederschläge auf, so kann man durch Vergleich der Proben annähernd den Zeitpunkt feststellen, wo die einzelnen Fraktionen ihr Maximum erreichen. Die Tabellen XIX bis XXIV vermitteln die Ergebnisse dieser sechs Versuchsreihen. Tabelle XIX (krystallisiertes Serumalbumin). | b Proto- | Deutero- | Deutero- | Deutero- | _ Werdauungss Aeicl Be albumose | albumose albumose | Peptone zeit albumin , Hetero- N B 6 albumose 9 Minuten | Spuren Spuren | Negativ | Spuren | Negativ | Negativ 26 n Positiv | Positiv n Positiv 5 5 1St.21Min.| ,„(Max)| „ Spuren „ Spuren | Spuren PARSE N, 5 „ (Max.) | Positiv „ (I. Max.) | Positiv Positiv 3,4 „ » ” „(Max)| „ nen Ir 2 1 Tag Neg ativ ” ” » (im Zu- ” 2 2 Tage ” ” ” ” nehmen ” ” DR, D) „ »_ „(IL.Max.) D) D) 4 ” ” ” Spuren ” ” ” 5 ” ” ” ” ” ” ” 0 ” Spuren ” ” » (Max.) ” 7 ” ” ” ” ” ” ” 3 ” ” ” ” ” ” ” Je r # Negativ | Spuren " 5 10 7, ” ' Negativ D) D) » ” 1 1 ” ” ” ” ” ” ” 1 2 ” ” ” ” ” ” ” 13 ” ” S) ” ” ” ” 14 ” | ” ” ” Negativ ” ” 15 ” ” ” ” ” Spuren ” 16 bis 60 Tage ” ” ” ” ” ” Weitere Untersuchungen über den Verlauf der pept. Eiweilsspaltung. 459 Tabelle XX (krystallisiertes Eieralbumin). { Proto- | Deutero- | Deutero- | Deutero- Verdauungs- | Acid- und Ib Ib Albumose | Peptone en albumin | Hetero- albumose | albumose albumose A B Ü 9 Minuten | Negativ | Negativ | Negativ | Negativ | Negativ Negativ 26 n Positiv Spuren h 5 5 5 1St.21Min.| „ ’ 3 Spuren 5 " 2 „24 „ » (Max.) , Positiv Spuren | Positiv Spuren Spuren 3 „ 45 „ ” » (Max.) Positiv „ (I. Max.) ‚Positiv D) 1 Tag Negativ » » (Max.) »fim Ab- » Positiv 2 Tage ” ” ” ee ” ” 3 ” ” ” ” ee = ” ” 4, » D) b) „(II.Max.)| „ (Max.) D) 5 ” ” ” ” ” ” ” 6 ” ” ” b)]) ” ” ” 7 )) ” ” ” ” ” ” 8:5, ” si .) Spuren ; 5 » I ” ” ” ” ” ”» ” 10 ”» ” ” >) » ” ” 11 ” ” ” ” ” ” [ ” 12 „ ” » Neg ativ D) D) » 13 ” ” ” ” ” ” ” 1A: ” ” ” b) ” b) ” 15 ” | ” ” ” ” ” ” 16 ” ” ” ” ” ” ” I » Spuren ” ” ” D) op, » » » Spuren » D) 19 ” ” ” ” ” ” ” 20 ” ” Negativ ” ” ” ” 21bis 60 Tage 5 5 e k 5 h Tabelle XXI (Serumglobulin). : Proto- Deutero- | Deutero- | Deutero- Verdauungs-| Acid- und P 5 F Hetero- | lbumose | albumose | albumose | Feptone zeit albumin A B 6 albumose 9 Minuten | Spuren Positiv Negativ Spuren | Negativ | Negativ 26 Re Positiv „ 5 Positiv 5 „ Ist 210VMiın.| (was), Spuren „(I.Max.)| Spuren | Spuren 2, ” » (Max.)| Positiv ” Positiv „ 6 45 im Ab- Past Y 9 ” ” » bi) DB alkmaum ” esitiv 1 Tag Negativ ” ” ” ” ” 2 Tage ” ” ” ” B ” ” g \ im Zu- b) ” ” ” ” jet D) ” 4 ” ” ” ” ” ” ” 460 E. Zunz, Tabelle XXI (Fortsetzung). Verdauunges| Adel P N Deutero- Deutero- | Deutero- a albumin | Hetero- albumose | albumose | albumose | Peptone albumose A B C 5 Tage Negativ | Positiv | Pos. (Max.) | Pos. (11. m.) Pos.(Max.)| Positiv 6 ” ” ” ” ” ” „ Dan „ » ” » b) „ 8 „ » Spuren » D) » " 9) ” ” ” b) ” » „ 10 „ ) » Spuren » » » le, » ” ” » » en 122%, " - Negativ | „ er & 1 3 ” ” ” ” ” ” „ 14 ” ” ” ” „ ” „ 1 5) ” ” ” ” ” ” „ 16, " Negativ 5 Spuren ” R 17bis44 Tage ” ’ " » n | Ä 45 Tage » | n 5 Negativ | „ | A 46 bis 60 Tage » » » b) D) . Tabelle XXII (Euglobulin). { Proto- | Deutero- | Deutero- | Deutero- Verdauungs- | Acid- und 1b In n PN art an Hetero- albumose | albumose | albumose Y albumose A B C 9 Minuten | Spuren | Positiv Negativ | Positiv Negativ | Negativ 26 ” Positiv ” ” ” ” ” 1 St. 21 Min. „ (Max.) 5 Spuren „(I.Max)| Spuren | Spuren DE oA cn „ (Max.) | Positiv „\im Ab- | Positiv Positiv 5) ” 45 ” ” ” ” ” J nehmen ” ” 1 Tag Negativ s; OS) on ra c n 2 Tage ” ” ” ” nehmen ” b) a A r Spuren „(dI.Max) 5, n 4 ” ” ” ” ” » (Max.) ” 9 » » Negativ B) „ b) 6 ” „ Spuren ” ” ” ” 0 ” ” ” ” ” ”„ ” ) ” ” ” ” Spuren ” ” I ” ” Negativ ” ” ” ” 10 ” ” ” ” ” p)] ” see » 2) » b) Spuren ) 1 2 ” ” ” ” Negativ ” ” 1 3 ” ” ” ” ” ” ” 14 ” ” ” ” ” ” ” 15 ” ” ” ” ” ” ” 16 bis 60 Tage ” ” ” ” ” ” Weitere Untersuchungen über den Verlauf der pept. Eiweilsspaltung. 461 Tabelle XXIII (Pseudoglobulin). F Proto- Deutero- | Deutero- | Deutero- Verdauungs-| Acid- und : 2 Hetero- |, albumose | albumose | albumose | Peptone zeit albumin etero albumose A B 0 9 Minuten | Negativ | Negativ | Negativ | Negativ | Negativ | Negativ 26 > Spuren | Spuren ” Spuren > & 1St. 21 Min. | Positiv | Positiv e Positiv 5 5 De DA. ES) Spuren »„(I.Max.)| Spuren | Spuren SA: 5 » (Max.) Positiv ) Positiv Positiv = im Ab- 1 Tag ” ” ” DIRT: ” ” 0 nehmen 2 Tage | Negativ | „ h .J ; ; {2} 9 ” D) ” D) N » ” 4 im Zu- = ” ” ” ” I n ” 9 » » » » » » 6 ” ” ” » (Max.) » (II. Max.) » (Max.) » 7 ” ” ” ” ” ” ” ” ” ” ” ” ” ” 9 ” ” ” ” ” ” ” 10 ” ” ” Spuren ” ” ” 1 l ” ” ” ” ” ” ” 12 „ » Spuren D) » » ” 13 2) ” ” ” ” ” ” ln 5 ». » Negativ ” ” ) 15 ” ” ” ” ” ” ” 16 » » » » » ) ” 1 ‘ ” ” ” ” ” ” ” 13 D) ” Negativ D) D) D) » 19 ” ” ” ” ” ” ” 2) ” ” ” ” ” ” ” 21 ” ” ” ” Spuren ” e)] 22 ” ” ” ”„ ” ” ” 23 ” ” ” ” ” ” ” 24 ” ” ” ” Negat 1V ” ” 25 bis 60 Tage ” D) D) N) D) D) Tabelle XXIV (Kasein). ß Deutero- | Deutero- | Deutero- Verdauungs-| Acid- Proto- P 3 5 albumose | albumose | albumose Peptone zeit albumin | albumose A B C - | . . 9 Minuten | Negativ | Spuren Negativ | Spuren Negativ | Negativ 26 s Positiv | Positiv Spuren | Positiv Spuren 5 1St.21Min.|| ,, (Maxz.) e Positiv » (Max.) 5 > 2 „at, ” „ (Max.) ” ” Positiv Spuren 462 E. Zunz, Tabelle XXIV (Fortsetzung). i Deutero- | Deutero- | Deutero- Verdauung = ad oe albumose | albumose |albumose | Peptone zeit albumin | albumose - A B C 38t.45 Min. | Positiv | Positiv | Positiv Positiv | Positiv Spuren 1 Tag Negativ A 5 5 n Positiv 2 Tag e 2 „ D) ) ” „ 3 2 ” „ Spuren » ” 4 ” ” ” ” ” ” „ DuRr, 2 ” „ ” „ ” 6 ” ” „ » (Max.) ” » (Max.) „ f ” ” » ” Neg ativ ” » 8 » 2 ” ” ) ” b) I, ” 5) Spuren D) » ” 10 ” | 2 b) ” BD) b) ” NZ 2 S puren D) » „ ” DE | ” D) Negativ ” » D) 13bis19 Tage, » „ 5 | * e = 20 Tage | » Negativ 4 . 5 > 21 bis 60 Tage ” „ „ „ „ „ Um einen besseren Überblick aller Versuchsreihen zu er- möglichen, habe ich in nachfolgender Übersichtstabelle (s. S. 464 und 465) alle Angaben betreffs des Auftretens und Verschwindens des Acidalbumins, der verschiedenen Albumosengruppen und der Peptone, welche sich sowohl aus den gegenwärtig wie aus den früher mitgeteilten Versuchen ergeben, zusammengestellt. Betrachten wir nunmehr die Hauptergebnisse dieser Tabelle. Die Auflösung der geronnenen Eiweilsstoffe beginnt, sowie man sie mit der Pepsinsalzsäurelösung in den Brutofen bringt. Die peptische Spaltung schliefst sich der Lösung unmittelbar an. Nach neun Minuten findet sich beim krystallisierten Serumalbumin und beim Euglobulin schon Acidalbumin, die Fraktion der Proto- und Heteroalbumose und die Deuteroalbumose B. Zum selben Zeitpunkt findet man unter den Produkten der peptischen Ver- dauung des Kaseins dieselben zwei Albumosenfraktionen, aber kein Acidalbumin. Das krystallisierte Eieralbumin und das Pseudo- globulin scheinen der Wirkung des Pepsins länger zu widerstehen. Neun Minuten nach Beginn der Verdauung sind aus ihnen weder Acidalbumin noch Albumosen gebildet. 26 Minuten nach Beginn des Verdauungsprozesses ist beim kıystallisierten Eieralbumin Acid- albumin und die Proto-Heteroalbumosenfraktion nachweisbar, beim Kasein aulserdem noch Deuteroalbumose B. Weitere Untersuchungen über den Verlauf der pept. Eiweilsspaltung. 463 Nie fand sich Acidalbumin bei völliger Abwesenheit von Albumosen. Im allgemeinen ist stets die Proto-Heteroalbumosen- fraktion und fast immer auch die Deuteroalbumose B vorhanden, sobald Acidalbumin auftritt. Die Menge des Acidalbumins er- reicht rasch ihr Maximum, nimmt dann ab, und das Neutralisations- präcipitat ist gewöhnlich schon vor Ende des ersten Tages ver- schwunden. Manchmal bestehen Spuren eines durch 0,20 - Zink- sulfatsättigung fällbaren Körpers bis zum dritten Tage. Vielleicht handelt es sich da um Reste von Acidalbumin, vielleicht um einen der Nukleoalbumingruppe angehörenden Körper. Ich habe früher bereits bemerkt, dafs man im Beginn der peptischen Verdauung manchmal das spurweise Auftreten der Proto- Heteroalbumosenfraktion beobachtet, bevor man die Gegenwart des Acidalbumins nachweisen kann. Bei der Untersuchung des Kaseins ergiebt sich aus der Tabelle XXIV, dafs nach neun Minuten kein Acidalbumin vorzufinden war, während die Deuteroalbumose B und die erste Albumosenfraktion schon vorhanden waren. Bei Ver- suchen mit nach Hammarsten dargestelltem amorphem Eier- albumin fanden Schütz und Huppert*) ebenfalls zweimal be- deutende Mengen von „primären“ Albumosen zu einer Zeit, wo das Acidalbumin noch völlig fehlte. Sie glauben das anscheinende Nichtauftreten von Acidalbumin in diesen Fällen einem besonders raschen Verlauf der Verdauung zuschreiben zu müssen. Ihnen zu- folge wurde in diesen beiden Fällen das Acidalbumin gleich nach Entstehen sofort gänzlich umgewandelt. Diese Erklärung kann natürlich ebenso bei den von mir früher und jetzt angegebenen Thatsachen Anwendung finden. Wenn man so oft im Beginn der peptischen Verdauung die gleichzeitige Anwesenheit von Acidalbumin und von Proto- und Heteroalbumose beobachtet, so rührt dies nach Huppert daher, dafs ein Teil des Acidalbumins diese Albumosen liefere, während ein anderer Teil noch nicht die nötige Zeit zu dieser Umwandlung gefunden habe. Er erhielt beträchtliche Mengen der ersten Albu- mosenfraktion, wenn er reines Acidalbumin der peptischen Ver- dauung unterwarf. (Dieses Resultat war übrigens zu erwarten, denn das rasche Verschwinden des Acidalbumins während der peptischen Verdauung läfst sich nur durch diese Umwandlung in Albumosen oder andere Produkte erklären.) *) E. Schütz und H. Huppert, Archiv für die ges. Physiol. 80, 470 (1900). | 464 Untersuchter Eiweilskörper Versuchs- tabellen “) Vollständig in Lösung ge- gangen nach Stunden Auf- treten Acidalbumin Maxi- mum in Stunden Ver- schwinden Proto- und Heteroalbumose Auf- i treten Maxi- mum in Stunden Ver- schwinden vor 424 Krystallisiertes Serumalbumin at 2llo — — vor 4 vor 4 4 vor 15% 24 XIX 2 9 Min. 1 St. 21 Min.| vor 24 9 Min. 2 St. 24 Min.| vor 10% 24 13 6 vor 1 4 vor 8 1, 8 vor 8X 24 | Krystallisiertes ne e au ki vor 6 vor 6 6 vor 10x24 Eieralbumin xx 5 vor 26 Min. 2 St. 24 Min.| vor 24 26 Min. 13 St. 45 Min.| vor 20x24 14 2 vor 1/5 4 vor 8 vor 1 2 vor 4X 24 | Serumglobulin VII 3 E= — 31, vor 4 „A vor 10x24 XXI 3 9 Min. |1St. 21 Min.! vor 24 vor 9 Min. | St. 24 Min.| vo? 16%X24 x 3 — _ al), vor 4 vor 15% 24 Euglobulin SL 4 — a 4Yo — — vor 21x24 || XXII allg 9 Min. |1St. 21 Min.| vor 24 | vor 9 Min. 2 St. 24 Min.| vor 9x 24 XIII 5 — — 5 vor 6 6 vor sx24 | nochnach““)| Pseudoglobulin | XIV 7 — — vor 24 — — 60x24 vorhanden XXIII 8 26 Min. |2 St. 24 Min.) vor 2X 24 26 Min. |3 St. 45 Min. vor 18% 24 | nochnach “) 10 3 — — vor 4 vor 4 4 3x24 vorhanden noch.nach “) 11 al vor 1 11, sl vor 1 11]; 23 24 Casein ** la E 5 3a » s vorhanden asein 77) nochnach “) xVvI 615 — = 7 vor 8 Pr) 30% 24 vorhanden XXIV 8 vor 26 Min. 11 St. 21 Min.| vor 24 9 Min. 2 St. 24 Min.| vor 20x24 “) Die römischen Zahlen beziehen sich auf die Tabellen der vorliegenden Arbeit; die arabischen auf die “) Es handelt sich hier wahrscheinlich nicht um eine Albumose. “) Die Angaben, welche in der Rubrik „Proto- und Heteroalbumose“ für das Kasein gegeben werden, auf das Paranuklein oder die Paranukleinsäure, welche gleichzeitig gefällt wird. Beitr. z. chem. Physiologie. II. "heiner früheren Mitteilung im Band 28 der Zeitschrift für physiologische Chemie. 30 KXV. Deuteroalbumose A Deuteroalbumose B Deuteroalbumose © Peptone Auf- Maxi- Ver- Auf- Maxi- Ver- | Auf- Maxi- Ver- Netereten treten mum | schwinden || treten mum schwinden treten mum | schwinden Em | in Stunden in Stunden in Stunden Stunden sl h noch nach noch nach = vor2 4 vor 2%X24 | vor 2 2 und 8 3x 24 vor 2 224 3x 24 vor 2 5 5 vorhanden vorhanden noch nach vor 4, (I) u.2| vor 3X24 | vor 1/a p) vor 5x 24 1 3X24 16% 24 1 vorhanden noch nach vor 4 8 vor 10%24|| vor 4 4 und 2X24| vor 21x24 vor 4 3IX24 30 x 24 vor 4 vorhanden . A noch nach 1 St. 21 Min.| 217% | vor 9X24|| 9Min. |? =S ER vor 1424 1 St. 21 Min.| 6X24 | 6024 |1$t.21 Min. | un vorhanden j | noch nach noch nach 1 8 vor 7X24| vor1 1und3x24 15%X24 1 D<24 | 15024 PD) vorhanden | vorhanden noch nach noch nach vor 6 3%x24 | vor 6X24| vor 6 6 und 22 30x24 vor 6 624 30x24 vor 6 j | vorhanden vorhanden R . | noch nach noch nach st. 22Min! 21 |vor12x24|,1 le SE en 60% 24 2St. 24Min. A244 | 60%24 |2$t.24 Min. K | an vorhanden ‘| vorhanden W | noch nach 4 1, 4 vor 3X 24 1, 8 or 6X 24 Y/, 324 12 724 1 il % vorhanden | noch nach vor 4 3x24 |vor 10X24| vor 4 |4und 3X 24 vor 60x24 vor 4 15x24 60x 24 vor 4 I vorhanden \ 1 St. 2ı Mi noch nach 1 St. 21 Min. 524 | vor 12%24|| 9 Min. Ex vor 45% 24 11 St. 21 Min.| 5X24 60%24 1 St.21 Min. vorhanden noch nach | vor 4 2%X24 | vor 10X24| vor 4 |4 und 2X 24| vor 21%X24 vor 4 6x24 30 24 vor 4 vorhanden noch nach — _ vor 15x24 — — vor 21x24 _ = 60x 24 — vorhanden N j 2 noch nach 5 vor B A 2 Ben jmst. 21 Min| 24 | vor 5x 24 | Yin. und ange) vor12%x24|1 St. 21 Min.| 4x24 | 60x24 |18t.21’Min. i | vorhanden R noch nach ia vor 6 3%xX24 | vor 21%X24| vor 6 |6 und 3X 24| vor 30x24 vor 6 15x24 30x 24 vor 6 ' vorhanden noch nach — — vor 21X 24 — — vor 60 24 _ — 60x 24 _ vorhanden \ 9 St. 24 Min noch nach » St. 24 Min.) 624 |vor 1424| 26 Min. |” “ “| vor 24% 24 9 St. 24 Min.| 6%x24 60x 24 2 St.24 Min. h und 6% 24 vorhanden noch nach noch nach noch nach vor 4 24 3x 24 vor 4 4 3x 24 vor 4 24 3x 24 vor 4 vorhanden vorhanden vorhanden noch nach vor Ya 6 vor 12X24| vor 1 3l/, vor 8X 24 1, 6 238 24 11, vorhanden noch nach vor 8 624 | vor 21%X24|| vor 8 |8 und 424 vor 30x24 vor 8 10x24 3024 vor 8 vorhanden noch nach 26 Min 6<24 |vor 12x24 | 9 Min. |1 St. 21 Min.| vor 7X 24 26 Min. 66x24 60x 24 2 St.24 Min. vorhanden eziehen sich auf die Protoalbumose (oder die beiden Protoalbumosen), welehe dieser Eiweilskörper liefert, und 466 E. Zunz, Ich habe käufliches Acidalbumin*), reines aus ungeronnenem krystallisierten Serumalbumin dargestelltes Acidalbumin und reines aus ungeronnenem krystallisierten Eieralbumin dargestelltes Acid- albumin der peptischen Verdauung unterworfen. Die so erhaltenen Flüssigkeiten untersuchte ich zu verschiedenen Zeitpunkten auf die Gegenwart von aufgelöstem, aber noch nicht angegriffenem Acid- albumin sowie auf die verschiedenen Fraktionen der Albumosen und auf die Peptone. Diese Acidalbuminpräparate waren durch wiederholte Fällung und Lösung gereinigt, endlich mit kaltem und dann mit heifsem Wasser so lange ausgewaschen worden, als im mit Salzsäure angesäuerten Filtrat Phosphorwolframsäure Niederschlag oder Trübung erzeugte. Die beiden Versuche mit dem aus krystallisiertem Serumalbumin dar- gestellten Acidalbumin sowie die beiden Versuche mit dem aus krystalli- siertem Eieralbumin dargestellten Acidalbumin sind mit zwei ver- schiedenen Präparaten angestellt. Erwähnen möchte ich noch, dafs ich in zwei Versuchen aus koaguliertem krystallisierten Serumalbumin nur Spuren von Acidalbumin erhalten konnte. Mit koaguliertem krystallisierten Eieralbumin habe ich keine Versuche angestellt. Die Ergebnisse dieser Versuche sind in der nachfolgenden Tabelle (s. S. 467) zusammengestellt. Aus diesen Versuchen geht hervor, dafs die Pepsinverdauung aus Acidalbumin erst nach ziemlich langer Zeit, dann aber gleich- zeitig die Proto-Heteroalbumosenfraktion und die Deuteroalbumose B hervorgehen lälst. Später entsteht die Deuteroalbumose C und dann echte Peptone. Die Deuteroalbumose A fehlte in allen Versuchen. Ob stickstoffhaltige die Biuretreaktion nicht gebende Produkte auch aus dem Acidalbumin entstehen, wurde nicht untersucht. Ein Teil des Acidalbumins widersteht fast gänzlich der Einwirkung des Pepsins, selbst wenn es in Lösung gebracht ist. Dieser resistente Körper entspricht, wie Goldschmidt**) annimmt, wahrscheinlich dem Hemiprotein Schützenbergers***) und dem Antialbumat Kühnesf). Dieser Körper war in den reinen Acidalbuminpräparaten, welche ich durch 24stündige Einwirkung von 0,3proz. Salzsäure bei 40° auf die ungeronnenen reinen Eiweilskörper darstellte, nur in sehr kleinen Mengen vorhanden. *) Von der Firma Dr. G. Grübler in Dresden geliefert. F. Goldschmidt, Inaug.-Dissert., Stralsburg 1898. P. Schützenberger, Bull. de la soc. chim. de Paris 23, 161 x*%* Meike “) 2) (1875). 7) W. Kühne, Verhandl. des naturhist.-med. Vereins zu Heidelberg, N. F. 1, 236 (1876). Weitere Untersuchungen über den Verlauf der pept. Eiweilsspaltung. Tabelle XXVI. 467 z 2 og = Ede 3 Seelen ne = 2 33 oe essen ee & 2 8 ee ee le DE: Se In aaa or ee ee Angewandtes a3 he, a ng Eileen = 23 een ö 5 fe) [2 (>) Acidalbumin Se 5 Sa = 2 a4 ml gsOo| de S aa ce Sol ale, 2,9 B= [=! sale vo 53 oa oo a2 © 28 ® S SS gelre leaıe = e »& |: = © ie zaızalge, co > A ie = S ® noch nicht noch nach cht bh nach | 3x4 | 7 an : N 052 Lasa 30x24 |vorhanden Be käufliches noch nicht noch nach en nach | 30x24 | 8 = ne 5 s | 22 10x 30x 24 vorhanden Re noch nach i ae, ek, om Sn vorhanden era krystallisiertem Serumalbumin Hoch nach icht be- dargestelltes 6x 24 so x 24 5 nn h 5 10 24 vorhanden Raeı noch nach 2 ht be- 4X 24 a D) aus S Br . B obachtet © > e krystallisiertem en Eieralbumin ochmach | a dargestelltes 5X 20. 24 Sl lrg 24 Hy vorhanden obaclua In seinen Versuchen über die Einwirkung von Säuren auf Eiweilsstoffe vertritt Goldschmidt die Ansicht, dafs die Acid- albuminbildung unter Abspaltung von Albumosenkomplexen er- folgt. Diese Ansicht schien mir auch für die peptische Verdauung _ der Eiweilskörper zutreffend. Huppert hingegen ist nicht dieser Meinung. Ihm zufolge entstehen die Albumosen stets erst aus dem Acidalbumin, welches sich direkt aus dem der Verdauung unterworfenen Eiweilsstoff gebildet hat. Huppert stützt diese früher allgemein verbreitete Annahme mit den folgenden Thatsachen: 1. Es entstehen aus dem der peptischen Verdauung unterworfenen Acidalbumin sehr rasch Albumosen. 30* 468 E. Zunz, 9. Huppert hat eine Lösung, welche 1 Proz. Eieralbumin und 0,2 Proz. Salzsäure enthielt, längere Zeit bei 30° gehalten und nach Ablauf bestimmter Zeitabschnitte in je 50 cem der Lösung das gebildete Acidalbumin und das unangegriffene Albumin be- stimmt. Dabei ergab sich die Summe der so erhaltenen Zahlen als kleiner denn die Gesamtmenge des verwendeten Eiweilsstoffes, Dies rührt daher, dafs unter dem Einfluls der Salzsäure aufser Acidalbumin noch andere Körper, wahrscheinlich Albumosen, ge- bildet werden. Wenn die Acidalbuminbildung wirklich unter Ab- spaltung von Albumosenkomplexen erfolgte, so mülsten nach Huppert in dem soeben erwähnten Versuche die Mengen des Aecid- albumins und der anderen aus dem Eiweilsstoffe entstandenen Produkte einander proportional sein. Dem gegenüber vermehrt sich die Menge des Acidalbumins in diesem Versuche viel langsamer als die Menge der anderen Produkte. Huppert ist der Meinung, dals man dies nur durch die Annahme erklären kann, das Acid- albumin entstehe zuerst, und aus ihm würden dann die Kühneschen „primären“ Albumosen gebildet. Ich glaube nicht, dals es gestattet ist, auf Grund der Ergeb- nisse des soeben erwähnten Huppertschen Versuches die direkte und gleichzeitige Bildung von Acidalbumin und Albumosen aus- zuschliefsen. Die Mengen des Acidalbumins und der anderen Pro- dukte, welche durch die Einwirkung der Salzsäure auf das Eier- albumin entstehen, mülsten nur dann proportional sein, wenn das Acidalbumin keine weitere Umwandlung erlitte. Diese Annahme trifft aber keineswegs zu. Das gleichzeitige Vorhandensein von relativ grolsen Mengen der Deuteroalbumose B und des Gemisches von Proto- und Hetero- albumose und von viel geringeren Mengen Acidalbumin am Anfange des Verdauungsprozesses kann, wenn man die Spaltungstheorie zu- rückweist, kaum erklärt werden ohne die Annahme, dafs das Acid- albumin sich sehr rasch in Albumosen umwandelt. Nun haben wir aber oben gesehen, dals das der peptischen Verdauung unterworfene Acidalbumin im Gegenteil nur ziemlich langsam Albumosen bildet. Andererseits spricht auch die Abwesenheit der Deutero- albumose A unter den Produkten der peptischen Verdauung des Acidalbumins für die gleichzeitige Bildung von Acidalbumin und von Albumosen aus den der Verdauung unterworfenen Eiweils- körpern. Jedoch kann auch, wie später ersichtlich, die Deutero- albumose A bei der peptischen Verdauung der Eiweilsstoffe unter gewissen Bedingungen gänzlich fehlen. - Weitere Untersuchungen über den Verlauf der pept. Eiweilsspaltung. 469 Eine Entscheidung über diesen Punkt kann man leicht ge- winnen, falls es möglich ist, die Pepsinverdauung unter Be- dingungen durchzuführen, die eine Acidalbuminbildung ausschlie[sen. In der That ist dies mit den gewöhnlichen Pepsinpräparaten mög- lich. Wie mir Herr Prof. Hofmeister gütigst mitteilte, hat im Stralsburger physiologisch-chemischen Institut schon vor einiger Zeit Herr Dr. A. Holtzmann gefunden, dals Serumalbumin durch Pepsin noch bei einen minimalen Säuregrad angegriffen wird. Als endgültice Grenze der Wirksamkeit ergab sich erst eine gegen Phenolphtalein neutrale Reaktion, während bei gegen Phenol- phtalein saurer, gegen Lackmus alkalischer Reaktion stets noch langsame Bildung von Albumosen nachweisbar war. Ich kann die Ergebnisse der Versuche von Herrn Dr. A. Holtz- mann vollständig bestätigen. Ich habe sowohl gelöstes als koaguliertes krystallisiertes Serum- albumin unter Toluolzusatz der Einwirkung von Pepsinlösungen, welche auf Zufügung von Na;HPO, schwach alkalisch gegen Lackmus oder schwach sauer gegen Phenolphtalein reagierten, bei 350 während 1, 3 oder 6 Tage unterworfen. Bei jeder dieser Versuchsreihen wurde auch das krystallisierte Serumalbumin der Einwirkung von Pepsin- lösung ohne Na,HPO,-Zusatz und der Einwirkung von Pepsinsalz- säurelösung unterworfen. Um sicher zu sein, dafs in diesen Versuchen keine ala Einwirkung als die des Pepsins event. die Verdauung des Serumalbumins bewirkt haben konnte, wurden stets Kontrollyer suche mit den Na,HPO,-Lösungen unter Toluolzusatz und bei Ab- wesenheit von Pepsin angestellt. Endlich wurde noch die Abwesenheit von Mikroorganismen durch Impfungen der verschiedenen der Pepsin- einwirkung unterworfenen Proben auf Agar und Gelatine festgestellt. Da die Pepsinlösung durch Halbsättigung mit Ammoniumsulfat *) oder Zinksulfat gefällt wird, so könnte eine geringe Trübung bei Halbsättigung mit einem dieser Salze möglicherweise von gefälltem „Pepsin“ und nicht von Albumosen herrühren. Daraus folgt, dafs man die Anwesenheit von Albumosen nur dann mit Sicherheit annehmen kann, wenn in der durch Koagulieren vom nicht angegriffenen Eiweils befreiten Flüssiekeit eine Trübung des halbgesättigten Filtrats durch weitere Zufügung desselben Salzes hervorgerufen wird, oder wenigstens eine viel stärkere Trübung bei Halbsättigung mit Ammo- niumsulfat oder Zinksulfat als in einer Kontrollprobe mit derselben Pepsinlösung, aber ohne Eiweilszusatz. Aus nativem krystallisierten Serumalbumin bildeten sich nun schon nach 24stündigem Stehen bei 33° Albumosen und Peptone, wenn die Pepsinlösung gegen Phenolphtalein sauer ist, selbst wenn sie gegen Lackmus neutral oder alkalisch reagiert. Zu dieser Zeit ist allerdings *) M. Nencki und N. Sieber, Zeitschr. f. physiol. Chemie 32, 291 (1201). — C. A. Pekelharing, daselbst 35, S (1902). 470 E. Zunz, der gröfste Teil des Serumalbumins noch nicht in Albumosen oder andere Produkte verwandelte Auch nach 6 Tagen ist noch eine ge- ringe Menge des Serumalbumins als solches in der Lösung vorhanden. Bei Verwendung der Pepsinlösung, welche gegen Lackmus saure Re- aktion aufwies, ohne jeden Zusatz, verschwand das Serumalbumin als solches stets nach 3 Tagen, oft auch schon nach 24 Stunden gänz- lich. Albumosen und Peptone fanden sich vor Ende des ersten Ver- dauungstages. Das koagulierte krystallisierte Serumalbumin löst sich desto schwerer in einer mit Na,HPO, versetzten Pepsinlösung, je geringer die Acidität der Flüssigkeit gegen Phenolphtalein ist. Aufserdem findet man stets ziemlich bedeutende Mengen von gelöstem, aber noch nicht um- gewandeltem Eiweils. Solange die Reaktion der Pepsinlösung sauer gegen Phenolphtalein bleibt, findet man schon nach 24 stündiger Ver- dauung Albumosen; Peptone hingegen nur nach 3 Tagen und manch- mal auch erst nach 6 Tagen. Die Pepsinlösung ohne Na,HPO,- oder Salzsäurezusatz löst das geronnene Serumalbumin in viel bedeutender Menge als die Pepsinlösung mit Na,HPO,-Zusatz, aber selbst nach 6 Tagen ist ein Teil des Eiweifsstoffes noch nicht in Lösung gegangen. In Versuchen, wo das geronnene Serumalbumin der Einwirkung des Pepsins ohne weiteren Zusatz unterworfen wurde, fand man stets nach 24 Stunden schon Albumosen und Peptone; die Flüssigkeit enthielt nur Spuren von gelöstem, aber noch nicht umgewandeltem Eiweils. Aus diesen Versuchen geht also hervor, dafs das Pepsin so- wohl das native, wie das koagulierte krystallisierte Serumalbumin angreift, solange die Reaktion der Flüssigkeit gegen Phenol- phtalein sauer bleibt, das koagulierte allerdings viel schwerer. Ich konnte leider nur in einem kleinen Teil der Proben das Auftreten der verschiedenen Albumosenfraktionen und der die Biuretreaktion nicht mehr gebenden Produkte verfolgen. Jedoch scheinen auch hier sowohl aus dem nativen wie aus dem koagulierten Serum- albumin zuerst das Gemenge von Proto- und Heteroalbumose und die Deuteroalbumose B zusammen zu entstehen. Die Deutero- albumose © ist stets vorhanden, sobald die echten Peptone nach- gewiesen werden können. Die Deuteroalbumose A scheint gänz- lich zu fehlen, wahrscheinlich auch die keine Biuretreaktion gebenden Produkte; wenigstens konnte ich nicht die Anwesenheit dieser beiden letzterwähnten Fraktionen nachweisen. Da bei einer Reaktion, welche alkalischer ist als die Gewebs- llüssigkeiten des Tierkörpers, die Bildung von Acidalbumin aus- geschlossen ist, während dabei nach dem Gesagten die peptische Spaltung, wenn auch äufserst langsam, noch vor sich geht, so folet daraus, dafs die Acidalbuminbildung als intermediärer Verdauungs- vorgang für die Albumosenbildung nicht notwendig ist. Dafs sie Weitere Untersuchungen über den Verlauf der pept. Eiweilsspaltung. 471 für die physiologischen Zwecke der Magenverdauung von grolsem Werte ist, soll damit natürlich nicht geleugnet werden. Nur für den Mechanismus der peptischen Eiweilsspaltung und seine Deutung scheint sie entbehrlich. Diese Beweisführung ist allerdings nicht mehr absolut zwingend, wenn man bedenkt, dafs das angewandte Pepsin möglicherweise etwas Pseudopepsin enthalten haben konnte, das ja auch bei neutraler Reaktion wirksam ist. Es ist jedoch klar, dafs dieser Einwand jeden bisher in gleicher Richtung ausgeführten Versuch trifft, und dafs auch in diesem Punkte eine abschlielsende Ent- scheidung nur bei Verwendung der voneinander sicher getrennten Magenfermente zu erbringen ist. Verschiedene Forscher haben die Ansicht ausgesprochen, dafs das Toluol auf Eiweilsstoffe verdauend wirkt. Diese dem Toluol und manchen anderen Körpern, Chloroform zum Beispiel, zugeschriebene Verdauungswirkung lälst sich heute durch autolytische Prozesse er- klären. In meinen Kontrollversuchen mit Eiweifslösungen, denen Toluol aber kein Pepsin zugesetzt wurde, habe ich nie die Anwesenheit von Verdauungsprodukten des Serumalbumins bemerkt. Godart-Danhieux*) hat gefunden, dafs, wenn man zu einer Fibrinlösung in verdünnter Salzsäure Pepsin zusetzt und die Flüssig- keit während 24 Stunden ım Brutofen beläfst, die Gesamtacidität der Flüssigkeit gröfser wird als die Summe der Acidität der sauren Fibrin- lösung und des Pepsins. In bis jetzt unveröffentlichten Versuchen, welche Herr Dr. Slosse mir freundlichst mitteilte, hat er gefunden, dafs die Acidität einer Pepsinsalzsäurelösung beim Stehen bei 20° zunahm, während sie im Gegenteil bei 40° abzunehmen schien. In den mit Pepsinlösung unter Na,HPO,-Zusatz gemachten Ver- suchen habe ich schon nach 24stündiger Verdauung eine geringe Steigerung der Acidität gegen Phenolphtalein bemerkt, wenn die Flüssigkeit noch sauer oder neutral gegen Lackmus war. Diese ge- ringe Zunahme der Acidität schien bei 3- oder 6tägiger Verdauung nicht gröfser zu werden. War die Flüssigkeit aber von vornherein alkalisch gegen Lackmus, so konnte ich selbst nach 6 Tagen eine Aciditätszunahme nicht mit Sicherheit feststellen. 10ccm einer 2 prozentigen Serumalbuminlösung, welcher nur Pepsin ohne weiteren Zusatz zugefügt worden war, zeigten bei Beginn der Verdauung eine Acidität gegen Phenolphtalein, welche 0,6 ccm einer !/,n-Normalnatronlauge entsprach. Nach 6tägiger Verdauung entsprach die Acidität 0,9 cem der !/39-Normalnatronlauge. Die- selbe Serumalbuminlösung, welche aufserdem noch etwa 0,3 Proz. Salz- säure enthielt, bot im Anfang der Verdauung eine Acidität gegen Phenolphtalein von 17 ccm der !/,,-Normalnatronlauge, nach 6 tägiger Verdauung eine Acidität von 17,6ccm dar. *) Godart-Danhieux, Annales de la societe roy. des sc. med. et natur, de Bruxelles 7, 60 (1898). 472 E. Zunz, Diese Erhöhung der Acidität dürfte sich durch die Abspaltung von gegen Phenolphtalein sauer reagierenden Komplexen aus dem Eiweifsmolekül oder aus den Verdauungsprodukten erklären. Wenn die Verdauung des Eiweifsstoffes nur sehr langsam vor sich geht, wie bei den Versuchen mit gegen Phenolphtalein noch sauer, aber gegen Lackmus alkalisch reagierender Pepsinlösung, so scheinen diese gegen Phenolphtalein sauer reagierenden Komplexe nicht zu entstehen. Bis jetzt kann man die verschiedenen durch nachträgliche Umwandlung des Acidalbumins gebildeten Albumosen nicht von den direkt aus dem Eiweilsmolekül hervorgehenden unterscheiden. Deshalb müssen wir mit Wahrscheinlichkeit jene Albumosen als primäre Produkte der peptischen Eiweilsverdauung betrachten, welche von Beginn der Verdauung an neben dem Acidalbumin oder gar schon vor diesem auftreten. Es sind dieses die Proto- albumose, die Heteroalbumose und ein Teil der Deuteroalbumose B, welche man mit Cohnheim*) als Deuteroalbumose B« bezeichnen kann oder besser als Albumose B«%**). Aufserdem mufs man die noch nicht näher untersuchten Substanzen, welche, obgleich im Be- ginn der Verdauung auftretend, keine Biuretreaktion mehr geben und nur zu geringem Teil durch Phosphorwolframsäure fällbar sind, den primären Produkten der Pepsinverdauung zuzählen. Die Endprodukte der peptischen Verdauung (oder richtiger diejenigen, welche sich nach zweimonatlicher oder noch längerer Verdauungszeit vorfanden) sind die Deuteroalbumose C, die „Pep- tone* Kühnes und hauptsächlich Körper, welche keine Biuret- reaktion geben, dabei aber nur zum Teile durch Phosphorwolfram- säure gefällt werden. Es entstehen ferner während des Verdauungsprozesses Zwischenprodukte, nämlich die Deuteroalbumose A und andere sekundäre Albumosen, welche einen Teil der vorläufig als Deutero- albumose B bezeichneten Fraktion bilden. Vielleicht mufs auch ein Teil der Deuteroalbumose © zu diesen Zwischenprodukten ge- zählt werden, sowie ein Teil der keine Biuretreaktion gebenden Verdauungsprodukte. Dieses Schema der Umwandlung der Eiweilsstoffe trifft streng genommen nur für die Eiweilskörper zu, welche die gegenwärtige *) O.Cohnheim, Chemie der Eiweilskörper, S. 109, Braunschweig 1900. =) Die Nomenklatur der Albumosen bedarf dringend der Reform, denn bei vollständiger Aufrechterhaltung der noch jetzt im Gebrauche gebliebenen, von Kühne herrührenden Bezeichnungen kann sie nur immer verwickelter werden. Weitere Untersuchungen über den Verlauf der pept. Eiweilsspaltung. 473 Arbeit behandelt. Doch gilt vermutlich bei anderen Eiweilsstoffen ein Gleiches. Indes ist zu beachten, dafs sich unter den Endprodukten der peptischen Verdauung des kıystallisierten Eieralbumins Substanzen vom Verhalten der Deuteroalbumose B vorfinden und dafs auch unter denen des Kaseins und des Pseudoglobulins manchmal Sub- stanzen, welche keinen Albumosencharakter zeigen, aber durch Halbsättigung mit Zinksulfat gefällt werden, nachweisbar "sind. Man muf[s also je nach den zu untersuchenden Eiweilsstoffen auf Verschiedenheiten in den gebildeten Produkten gefalst sein. Wie schon vorher gezeigt wurde, liefert das der peptischen Verdauung unterworfene Acidalbumin keine Deuteroalbumose A. Ich vermilste diese Fraktion auch unter den Verdauungsprodukten des Serumglobulins und Kaseins, wenn sie 3 Tage lang bei 20° der Verdauung unterworfen wurden. Hingegen habe ich beim krystallisierten Eieralbumin unter gleichen Umständen die Bildung einer kleinen Menge der Deuteroalbumose A auftreten sehen. Die Unmöglichkeit, diese Albumosenfraktion aufzufinden, kann ebenso- gut daher rühren, dafs sie überhaupt nicht entsteht, als auch da- her, dafs sie nur in sehr geringer Menge auftritt und sich sehr rasch in andere Produkte umwandelt.. Letztere Annahme ist wohl die nächstliegende. Indes muls vorläufig die Möglichkeit offen gelassen werden, dafs die peptische Verdauung einzelner Eiweils- körper unter bestimmten Bedingungen öhne Bildung der Deutero- albumose A vor sich gehen kann. Die vorliegenden Untersuchungen bestätigen aufs neue die Mannigfaltigkeit der primären und sekundären Produkte der pepti- schen Verdauung der Eiweilskörper, auf die ich schon früher die Aufmerksamkeit gelenkt habe. 6. Bildung von Amidstickstoff im Laufe der Pepsinverdauung. In meiner früheren Arbeit konnte ich feststellen, dafs während der peptischen Verdauung ein Teil des Stickstoffes des ursprüng- lichen Eiweilsmoleküls als Ammoniak oder in Form einer Ver- bindung, die bei Destillation mit Magnesia Ammoniak liefert, ab- gespalten wird. Dieser Stickstoff entspricht einem Teil des Eiweils- stickstoffes, den Hausmann*) Amidstickstoff nannte. Ich behalte *) W. Hausmann, Zeitschr. f. physiol. Chem. 27, 99 (1899); 29, 139 (1900). ATA E. Zunz, daher diese Bezeichnung bei. Die Menge des so erhaltenen Amid- stickstoffes war zu Beginn des Verdauungsvorganges sehr gering, nahm dann langsam zu und erreichte nach 15 Tagen den Wert von 2,07 Proz. des Gesamtstickstoffes beim kıystallisierten Serum- albumin und von 3,83 Proz. des Gesamtstickstoffes beim Kasein. Vom zehnten Tage ab blieb sie für das krystallisierte Serum- albumin unverändert; sie betrug dann für das Serumalbumin etwa ein Drittel des Gesamtamidstickstoffes, der sich darin nach Haus- mann vorfindet. Es schien interessant, zu untersuchen, ob die peptische Ver- dauung des krystallisierten Serumalbumins immer die gleiche Maximalmenge von Amidstickstoff in Freiheit setzt, und ob man auch durch peptische Spaltung bei anderen Eiweilskörpern bestimmte Amidstickstoffmengen erhält. Ich habe daher mit 2 proz. Lösungen verschiedener Eiweilsstoffe analoge Versuche ausgeführt und über- dies untersucht, ob der durch Destillation mit Magnesia erhaltene Stickstoff ganz in Form von Ammoniak abgespalten wird. Zu diesem Zwecke stellt man vor allem durch Destillation mit Magnesia genau die Menge des Ammoniakstickstoffs fest, die in der zur Verdauung gebrauchten Pepsinsalzsäurelösung enthalten ist. Dann bestimmt man nach Kjeldahl die Stickstoffmenge, welche in der Lösung des Eiweilsstoffes nach völliger Auflösung enthalten ist. Beim Kasein muls man manchmal vorher den Paranukleinniederschlag durch Filtration beseitigen. Zu verschiedenen Zeitpunkten entnimmt man dann der Verdauungslösung gemessene Volume und bestimmt deren Amidstickstoffgehalt durch Destillation mit Magnesia oder nach Schlösing. Im ersten Falle habe ich die von Hausmann an- gegebenenVorsichtsmalsregeln strenge befolgt. Im letzteren Falle liefs ich die Kalkmilch 5 Tage lang mit der untersuchten Flüssigkeit in Berührung. Bei der Berechnung des durch Verdauung gebildeten Amidstickstoffs kommt natürlich der von vornherein in der Pepsinsalz- säurelösung befindliche in Abzug. Die in diesen Versuchen erhaltenen Zahlen, in Prozenten des Gesamtstickstoffs berechnet, sind in Tabelle XXVII (s. S. 475 und 476) zusammengestellt. Bei Betrachtung der Tabelle XXVII sieht man, dafs die durch Destillation mit Magnesia erhaltene Stickstoffmenge zunächst im Beginn der Verdauungsspaltung ziemlich klein ist. Sie nimmt nach und nach zu, erreicht mehr oder weniger rasch ihr Maximum und bleibt dann unverändert bis zum Ende des Versuches. Diese Maximalmenge ist bei den verschiedenen Versuchen selbst bei ein und demselben Eiweilsstoff verschieden grofs und kann bis un- Weitere Untersuchungen über den Verlauf der pept. Eiweilsspaltung. 475 Tabelle XXVI. Ne, Amidstickstoff im Prozenten des Gesamtstickstoffs = = Ver- erhalten 3:3 |dauungs- 2& 8 durch Destillation mit | Bl; ©‘; | zeit in nach Schlösing =.2 | Stunden RR ri Analysel|Analysell Mittel | Analysel|Analysell| Mittel 6 0,73 0,85 0,79 2,13 2,35 2,24 2 all 1x 24 1,58 1,71 1,64 3,58 3,78 3,68 E = 3x 24| 2,32 2,44 2,38 3,73 3,88 3,80 2 .2|| 6 x 24| 2,80 2,99 2,89 3,30 3,96 3,88 = 5115 x 24| 3,20 3,32 3,26 3,82 3,99 3,90 = 8 |j21 x 24| 3,78 3,93 3,85 3,80 3,97 3,88 Sonlls0o x 24| 3,78 3,96 3,87 3,85 3,99 3,92 (\6o x 24|| 3,88 4,01 3,94 3,85 4,01 3.93 = al) 6 0,62 0,96 0,79 1,44 1,66 1,55 = 5|| 6x 24| 096 1,24 1,09 1,89 2,08 1,98 = 24115 x 24| 218 ou .00203 2,52. 2,61 2,56 = 5|j21 x 22) 211 2,32 221 2,85 3,06 2,95 SEll30 x 24| 2,24 2,38 2,31 Sloa 8910 0.2153 s 6 0,28 0,35 0,31 0,13 0,31 0,22 e 6x 24| 1,57 - 1,57 1,16 1,35 1,25 3 JB x 29 2,51 2,40 0,94 1,07 1,00 2 1121 x 24| 261 2,83 2,72 1,83 2,03 1,93 E | 30 x 24| 2,57 2,75 2,66 2,60 2,83 2,71 2 [160 x 24|| 2,69 2,87 2,78 2,34 — 2,34 : ( 6 0,10 0,33 0,21 2,41 2,45 2,43 = 1x 24| 0,79 0,96 0,87 4,17 4,30 4,23 = 3 x 24 2,28 2,32 2,30 5,22 5,40 5,31 an) 6x 3,45 3,53 3,49 5,30 5,43 5,36 5 15 x 24|| 5,89 6,02 5,96 5,56 5,66 5,61 2 | 21 x 2%4| 5,85 5,92 5,88 5,59 5,76 5,67 30 x 24| 5,90 5,99 5,94 5,66 5,79 5,72 60 x 24| 5,89 6,02 5,95 5,69 5,82 5,75 ( 6 0,33 0,41 0,37 0,81 0,99 0,90 e 1x 24| 1,03 1,14 1,08 2,35 2,57 2,46 = 3x 24| 1,80 1,95 1,87 3,80 4,01 3,90 ee )| 6x | 2,43 2,57 2,50 3,97 4,12 4,04 & 1115 x 24| 2,94 3,09 3,01 4,08 4,23 4,15 E | 217 242 3,35 3,39 3,37 4,23 4,37 4,30 a (130 x 24|| 3,78 3,90 3,84 4,28 4,41 4,34 60x 24| 4,95 4,35 4,30 4,32 4,42 4,37 476 E. Zunz, Tabelle XXVII (Fortsetzung). S Amidstickstoff im Prozenten des Gesamtstickstoffs a3| Ver erhalten = 2:3 | dauungs-| TanE Rn.” an © durch Destillation mit I 88 zeit in Maonesia nach Schlösing ers Stunden a 7 AnalyseIl Analysell| Mittel | Analyse I AnalyseIl Mittel 6 3,51 3,71 3,61 6,37 = 6,87 E | 6x 24| 5,97 5,46 5,36 8,53 es 8,53 a 215 x 24|| 5,15 5,38 5,26 — _ — S |Io1 x 34 7,72 7,89 7,80 8,19 8,58 8,38 | 30 x 24| 7,80 8,00 7,90 7,90 8,09 7,99 (6 0,51 0,66 0,58 0,42 0,51 0,46 1 28 Ball 108 1,26 Kal 3,77 3,98 3,87 e | 3x | 2,75 9,81 2,78 4,41 4,65 4,53 2 | 6x 24| 2,96 3,14 3.05 443 | 461 4,51 S | 15 x 24| 49 5,05 5,00 4,30 4,48 4,39 I21 x 24| 5,14 5,32 523 |. 4,78 4,90 4,84 l\30 x 24| 5,26 5,41 5,33 4,81 4,99 4,90 (| 1x 22] 013 0,25 0,19 0,57 0,68 0,63 3x °4A| 0,56 0,68 0,64 9,63 2,89 2,76 e | 6x 24| 1,00 1,15 1,07 4,91 5,09 5,00 2 415 x 24|| 3,64 3,74 3,69 4,75 5,02 4,88 “a 31 —< 24 5,34 5,99 5,36 De 5,44 5,38 30x 24| 5,29 541. | 5,85 5,27 5,39 5,33 60 x 24| 53,32 5,47 5,39 5,34 5,41 5,37 gefähr zwei Drittel des nach Hausmann bestimmten Gesamtamid- stickstoffs betragen. Namentlich ist auffällig, dals einmal unter drei Versuchen das Kasein schon nach sechsstündiger Verdauung relativ grofse Mengen von Amidstickstoff ergab. Vergleicht man die durch die beiden angewandten Methoden in derselben Eiweilslösung erhaltenen Stickstoffzahlen, so ergiebt sich, dafs in den meisten Fällen die nach Schlösing gefundene Stickstoffmenge anfangs grölser ist als diejenige, welche die Destillation mit Magnesia liefert. Sie nimmt aber ziemlich rasch zu und erreicht ihr Maximum früher, als es für den durch Destil- lation mit Magnesia erhaltenen Stickstoff der Fall ist. Die Maximal- mengen von Amidstickstoff, welche durch beide Methoden erhalten werden, sind übrigens für eine gegebene Eiweilslösung annähernd gleich. Aus dem ungleichen Verhalten bei den angewandten Methoden Weitere Untersuchungen über den Verlauf der pept. Eiweilsspaltung. 477 ist zu entnehmen, dafs während der peptischen Verdauung zuerst Verbindungen auftreten, welche, bei gewöhnlicher Temperatur mit Kalkmilch behandelt, Ammoniak abgeben, nicht aber bei Destillation mit Magnesia. Allmählich zersetzen sich diese Verbindungen, etwa nach Art des Asparagins, unter Abspaltung von Ammoniak, und so werden die durch Destillation mit Magnesia erhaltenen Stick- stoffzahlen den durch die Schlösingsche Methode gefundenen gleich. Wie es auch mit dieser Vorstellung stehen mag, jedenfalls entspricht der mit der Schlösingschen Methode erhaltene Stick- stoff nicht etwa vorgebildetem Ammoniak. Ebenso verhält es sich mit dem durch Destillation mit Magnesia gefundenen Stickstoff. Dzierzgowski und Salaskin*) geben an, dals es genügt, eine Eiweilslösung mit Magnesia zu erwärmen, um einen wenn auch kleinen Teil des Amidstickstoffs des ursprünglichen Eiweils- moleküls als Ammoniak in Freiheit zu setzen... Die Schlösingsche Methode indes vermag eine grölsere Menge des Amidstickstoffs der Eiweilskörper in Ammoniak umzuwandeln. Schon die Destil- lation im Vakuum bei Anwesenheit eines Überschusses von Kalk- milch genügt nach Biedl und Winterberg **) und nach Nencki und Zaleski***), um die Zersetzung verschiedener Stickstoffver- bindungen unter Ammoniakabgabe zu erzielen. Nur die Destillation im Vakuum nach dem Verfahren von Nencki und Zaleski er- möglicht, diesen Forschern zufolge, die Bestimmung des. vor- gebildeten Ammoniaks und Trennung desselben von leicht Ammo- niak abspaltenden Verbindungen. Dzierzgowski und Salaskin haben unter aseptischen Kau- telen verschiedene Eiweifsstoffe mit nach Pawlow erhaltenem Magensaft vom Hunde verdaut. Sie bestimmten nach der Methode von Nencki und Zaleski die nach Ablauf einer gegebenen Zeit durch die Verdauung des Eiweifsstoffes in Freiheit gesetzte Ammoniakmenge und zogen von der erhaltenen Zahl sowohl das in dem untersuchten Eiweilsstoff vorgebildete . Ammoniak ab, als auch die Ammoniakmenge, welche sich durch die Selbstver- dauung des Magensaftes während derselben Zeit bildet. Ich führe ”) 8. Dzierzgowski und 8. Salaskin, Centralbl. f. Physiologie, 3.-Aug. 1901, $. 249. Ä ; ’»*) A. Biedl und H. Winterberg, Wiener klin.--Wochenschr. 1901, Nr. 8. . 2 DE »===#) M. Nencki und J. Zaleski, Zeitschr. f.- physiol. Chemie 33, 193 (1901). 478 E. Zunz, in nachfolgender Tabelle XXVIII die von ihnen auf diese Weise mit dem krystallisierten Eieralbumin und dem Kasein erhaltenen Resultate an. Die in der letzten Kolonne dieser Tabelle gegebenen Zahlen geben den Amidstickstoff in Prozenten des Gesamtstickstoffes der untersuchten Eiweilskörper. Bei dieser Berechnung wurde an- genommen, dals das krystallisierte Eieralbumin 15,29 Proz. Stick- stoff *) enthält und das Kasein 15,70 Proz. **). Tabelle XXVIl. Verdauungs- Ammoniakstickstoff z Untersuchter s zu Eiweilskörper . E in Proz. des in Tagen nn mS | Gesamtstickstoffes 17 Krystallisiertes Eieralbumin 6,09 133 17 R N 7,06 1,56 10 y h 9,12 1,99 18 5 5 12,57 2,74 10 Kasein 16,54 3,58 Obgleich die in der Tabelle XXVII verzeichneten Zahlen für Amidstickstoff, wie sich aus dem Vorerwähnten ergiebt, hoch gegriffen sind, haben doch Dzierzgowski und Salaskin in einem Falle für das krystallisierte Eieralbumin eine etwas grölsere Ammoniakstickstoffmenge gefunden als die für den Amidstickstoff in dieser Tabelle aufgeführte. eher zu Sie fanden ferner, dafs, wenn man einen Eiweilskörper bei 35° der Einwirkung einer Salzsäure von der Konzentration des Magensaftes des Hundes unterwirft, sich eine gewisse Menge von Ammoniakstickstoff bildet, die jedoch viel geringer ist als die- jenige, welche aus demselben Eiweilsstoff unter sonst gleichen Bedingungen unter dem Einfluls des Magensaftes entsteht. Der Magensaft des Hundes spaltet somit Ammoniak von den Eiweilskörpern ab. Es ist aber noch nicht als endgültig erwiesen anzusehen, dals es das Pepsin ist, das diese Ammoniakabspaltung bewirkt. Es könnte sich dabei um eine Wirkung des Pseudo- pepsins handeln, dessen Gegenwart im Magensaft des Hundes wohl anzunehmen ist. Um sicherzustellen, ob das von mir angewandte Pepsin etwa *) L. Langstein, diese Beiträge 1, 100 (1901). **) 0. Hammarsten, Lehrbuch d. physiolog. Chemie, 4. Aufl., baden 1899, 8. 397. Wies- Weitere Untersuchungen über den Verlauf der pept. Eiweilsspaltung. 479 neben Ammoniak leicht zersetzliche Säureamide bildet, habe ich den während der peptischen Verdauung in Freiheit gesetzten Amid- stickstoff vergleichsweise einerseits nach der gewöhnlichen Methode durch Destillation mit Magnesia, andererseits nach dem neuen Verfahren von Nencki und Zaleski im Vakuum ermittelt. Von den so erhaltenen Zahlen wurde die nicht sehr bedeutende Menge Amidstickstoff, welche in einer Pepsinsalzsäure - Kontrolllösung zu denselben Zeiten nachweisbar, sowie die geringe Menge Amid- stickstoff, welche in dem Eiweilsstoff präformiert enthalten war, in Abzug gebracht. Die in der Pepsinsalzsäure-Kontrolllösung ent- haltene Amidstickstoffmenge vermehrt sich nach dem dritten Tage des Verdauungsprozesses nicht mehr. Die Ergebnisse dieser Versuche sind auf nachfolgender Tabelle in Prozenten des gesamten Eiweilsstickstoffes wiedergegeben. Tabelle XXIX. & Proz. N erhältlich Sn Untersuchter Eiweils- 5 ® E durch a Ban Sen: cki- körper S = mit Maonesıa aleskı © ® Ana- Ana- 17: Ana- | Ana- . a a u ll > 0:0 |o88 | 084 | 022 | 036 | 0% | 3x24| 181 | 1,92 | 1,86 | 1,16 | 1,29 | 1,22 Krystallisiertes N 6x24 || 253 | 2,73 | 2,65 | 2,12 | 222 | 2,17 a 11024 | 3,26 | 3,33 | 3,32 | 2,86 | 2,96 | 2,91 15x 24|| 3,60 | 3,76 | 3,68 | 3,33 | 3,45 | 3,39 | 91x24) 364 | 380 32 | sa — |34 30x24 | 368 | 3,85 | 3,76 | 3,40 | 3,52 | 3,46 (| 24 0,81 , 0,93 | 0,87 | 0,44 | 0,54 | 0,49 | 3%x24| 1,16 | 131 | 123 | 0,50 | 1,04 | 09% ostsee: 6x24| 1,65 | 1,73 | 1,69 | 1,55 | 1,67 | 1,61 ee I 10x 24| 1,95 | 2,16 | 2,05 || 1,90 | 2,02 | 1,96 15x24 229 | 246 | 230 || — — — | 21x24 | 2,59 | 2,72 | 2,65 | 2,39 | 2,53 | 2,46 (| 30x24 | 2,76 | 2,89 | 23,82 | 2,62 | 2,72 | 2,67 24 0,49 | 0,59 | 0,54 || 0,22 | 0,30 | 0,26 3x24| 140 | 1,54 | 147 | 118 | 151 | 124 6x 24 | 2,87 | 2,99 | 2,93 | 2,60 | 2,76 | 2,68 ren 10x24 | 3,63 | 3,82 | 3,72 | 345 3,59 | 3,52 15x 24| 4,14 | 4,23 | 4,18 | 3,93 | 3,98 | 3,9% 21x 24| 4,23 | 4,34 | 4,28 | 3,93 | 4,07 | 4.00 30x24| 418 | 4,34 | 426 | 3.96 | 4,10 | 4.03 480 E. Zunz, Weitere Untersuchungen über d. Verlauf d. pept. Eiweilssp. Aus der Tabelle geht hervor, dafs die Stickstoffzahlen, welche das Verfahren von Nencki und Zaleski ergiebt, stets etwas niedriger sind als die durch einfache Destillation mit Magnesia erhaltenen. Mit Fortschreiten des Verdauungsprozesses wird diese Differenz geringer. Sie ist am grölsten bei dem Versuch mit krystallisiertem Serumalbumin. Der bei weitem gröfste Teil des durch einfache Destillation mit Magnesia in Freiheit gesetzten Stickstoffes ist thatsächlich Ammoniak, dessen Abspaltung. bei peptischer Verdauung somit aulser Zweifel steht. Ob dabei das Pseudopepsin eine Rolle spielt oder nicht, bleibt festzustellen. Bemerkt sei, dals sich in dem von mir angewandten Grüblerschen Pepsin solches nicht nach- weisen lies. XXIX. Zur Kenntnis der peptischen Spaltungsprodukte dies Fibrins. Zweiter Teil. Die sogenannten Deuteroalbumosen. Von Dr. E. P. Pick. [Aus dem physiologisch-chemischen Institute der Universität Strafsburg i. E. *).] In einer früher mitgeteilten Untersuchung!) habe ich die Iso- lierung und Charakterisierung der seit Kühne als einzige primäre Spaltungsprodukte des Fibrins angesehenen Hetero- und Proto- albumose durchzuführen, sowie deren Stellung zum Gesamtmolekül und dessen peptischen Spaltungsprodukten festzustellen versucht. Dabei hat sich aus der Untersuchung der Spaltungsprodukte dieser zwei Albumosen ergeben, dals die drei Fraktionen, in welche ich seiner Zeit mittels Ammonsulfatfällung das Gemenge der so- genannten sekundären Albumosen zerlegt hatte, im besonderen das vorläufig als Albumose B bezeichnete Produkt, noch immer nicht einheitliche Körper darstellen. Die nachfolgend mitgeteilten Unter- suchungen, die, obgleich vor längerer Zeit ausgeführt, bisher aus *) Die mitzuteilenden Versuche sind im wesentlichen im genannten Institut 1897—1S99 angestellt worden. Ich habe in letzter Zeit diese Beobachtungen durch im pathologisch-chemischen Laboratorium des k. k. Rudolfspitals ausgeführte Untersuchungen ergänzen und abrunden können und bin hiefür dessen Vorstande, Herrn Dr. E. Freund, sowie meinem Chef, Herrn Prof. R. Paltauf, zu wärmstem Danke verpflichtet. Beitr. z. chem. Physiologie. II. Sm 482 E. P. Pick, En äufseren Gründen nicht veröffentlicht wurden, beziehen sich auf diese unter dem Namen der Deuteroalbumosen zusammengefafsten Verdauungsprodukte und zwar jene des Fibrins, soweit sie im Wittepepton, das anschlielsend an die früheren Versuche wiederum ausschliefslich als Ausgangsmaterial diente, enthalten sind. Vor allem mufste es meine Aufgabe sein, die früher als Albumosen A und B bezeichneten, durch die Sulfhydril- und Kohlenhydratgruppe scharf charakterisierten Produkte genauer zu untersuchen, sodann über die Zusammensetzung der sulfhydrilfreien Albumose © Aufschluls zu erlangen. Es kam dabei in Betracht, dals diese oder doch ganz ähnliche Spaltungsprodukte nicht blols regelmälsige im Wittepepton gefunden werden, sondern auch als konstante Spaltungsprodukte kıystallisierter Eiweilskörper nach- gewiesen sind. Es ist von vornherein klar, dafs die Isolierung chemisch ein- heitlicher Individuen unter den sekundären Spaltungsprodukten mit Zunahme der Zahl derselben gesteigerten Schwierigkeiten unter- liegt, zumal diese Spaltungsprodukte möglicherweise wieder unter- einander Verbindungen bilden können, die der weiteren fermen- tativen Einwirkung ausgesetzt bleiben. Dazu kommt noch, dafs die Zusammensetzung einer in genau gleicher Weise isolierten Fraktion je nach dem Stadium der Pepsinverdauung eine wechselnde sein kann. Denn je nach Dauer und Intensität des Spaltungs- prozesses treten neben den zuerst gebildeten sekundären Albu- mosen weitere Spaltungsprodukte auf, welche deren Reindarstellung erschweren. Je besser die Abtrennung dieser „tertiären“ Pro- dukte gelungen ist, um so deutlicher tritt die grolse Verschieden- heit in Zusammensetzung und Eigenschaften der einzelnen „pri- mären“ und „sekundären“ Albumosen hervor. Für die Erkenntnis des Aufbaues des Eiweilsmoleküls erscheint aber die genauere Charakteristik dieser ersten intermediären Spaltungsprodukte um so wünschenswerter, als das Verständnis des Anteils, welchen die in jüngster Zeit so erfolgreich studierten Endprodukte an der Zusammensetzung des Gesamteiweilsmoleküls haben, vorzüglich von der Kenntnis dieser ersten Zwischenprodukte abhängig bleibt. Die bisherigen Bemühungen der Autoren um die Darstellung der Deuteroalbumosen bezogen sich hauptsächlich auf die Aus- arbeitung von Verfahren zur Trennung der Gesamtheit dieser Produkte von den sogenannten „primären“ Verdauungsprodukten und hielten im allgemeinen, wie die Arbeiten von Kühne, Neumeister, Fränkel und auch Folin2), an der Einheitlichkeit Die sogenannten Deuteroalbumosen. 483 der „Deuteroalbumose“ fest. Ebenso wenig: lieferten die verdienst- vollen Untersuchungen Schrötters in Bezug auf die vorliegende Frage ein befriedigendes Resultat. Auch Haslam?) hat sich in neuester Zeit trotz der von ihm geäufserten Annahme, dafs die Peptone oder Deuteroalbumosen nicht ein chemisches Individuum darstellten, wie dıes durch die fraktionierte Salzfällung ja schon seit langem festgestellt worden ist und auch aus den unter Lei- tung Danilewskys ausgeführten Untersuchungen Lawrows®) hervorgeht, nur mit der Deuteroalbumose im Sinne Folins be- schäftiet. Die jüngst von Cerny’) versuchte Trennung durch Metallsalze erwies sich nach Öernys eigenen Angaben als un- zulänelich, wiewohl sie methodisches Interesse darbietet. Über die quantitative Zusammensetzung der Deuteroalbumose sind aulser der vollständigen Analyse der Schrötterschen Pro- dukte nur von Kühne erschöpfende Angaben gemacht worden; die gefundenen Zahlen zeigten indes durchaus nichts Charakte- ristisches und unterschieden diese Spaltungsprodukte auch nicht ausreichend von den „primären“ Albumosen. Sie weichen überdies nur wenig von jenen Zahlen ab, welche die älteren Autoren, so Maly$) und Henninger’), für ihre Fibrinpeptone gefunden hatten und die der elementaren Zusammensetzung des Fibrins noch so nahe standen, dafs Thiry®) und Herth?) für eine Isomerie bezw. Polymerie der Verdauunesprodukte mit der Muttersubstanz eintreten konnten. Schmiedeberg!?) oelangte freilich durch Aufstellung von Grundformeln aus den vorhandenen Analysen zu der Annahme, dafs das Fibrin bei der Pepsin- und Trypsinverdauung nicht blofs eine Hydratation, sondern einen successiven Abbau erfährt, allein auch ihn bewog die gleiche Zusaminensetzung der Proto-, Hetero- und Deuterofibrinose, an eine Isomerie dieser Produkte zu denken. Die von Möhlenfeld"), Henninger und Kossel!?) er- haltenen Analysenwerte können hier kaum in Betracht kommen, da, von anderen Gründen abgesehen, die analysierten, als „Fibrin- peptone“ bezeichneten Produkte, soweit sich jetzt beurteilen läfst, Gemenge recht verschiedenartiger Verdauungsprodukte darstellten. Bei der Isolierung der zu beschreibenden Produkte mufste vor allem darauf Bedacht genommen werden, alle tiefer ein- greifenden Verfahren zu vermeiden. Es kam daher als Trennungs- methode vorwiegend eine kombinierte Ammonsulfat-Alkoholfällung zur Verwendung, wie sie sich bereits bei der Isolierung der Hetero- nnd Protoalbumose bewährt hatte. Die entsprechend den 31* AS4 Be len, ioıtelke, früher aufgefundenen Fällungsgrenzen getrennten Albumosen- fraktionen A, B, © wurden durch Alkoholzusatz in weitere Frak- tionen zerlegt, diese durch wiederholte Fällung mit Alkohol von bestimmtem Prozentgehalte von den benachbarten Fraktionen mög- lichst vollkommen getrennt und durch Fällung mit essigsaurem Baryt von dem anhaftenden Ammonsulfat befreit. Es gelingt auf diese Weise, Produkte zu erhalten, welche sich nicht allein durch sehr wichtige Gruppenreaktionen, sondern auch durch ihre elemen- tare Zusammensetzung grundlegend unterscheiden. 1. Albumosenfraktion A. Die Darstellung der in dieser Fraktion enthaltenen Albumose wurde auf zweifache Weise vorgenommen, je nachdem es sich darum handelte, den alkoholfällbaren oder den alkohollöslichen Anteil dieser Fraktion zu isolieren. a. Alkoholfällbarer Teil (Thioalbumose). Bei der Darstellung der alkoholfällbaren Körper wurde in der Weise vorgegangen, dafs aus einer ungefähr 10 prozentigen W ittepepton- lösung — es wurden stets 300 bis 500 g auf einmal in Arbeit ge- nommen — nach in bekannter Weise durch Halbsättigung mit Ammon- sulfat erfolgter Ausfällung der Hetero- und Protoalbumose die Abscheidung der Albumose A durch Zufügen von gesättigter Ammon- sulfatlösung bis zu Zweidrittelsättigung der Flüssigkeit herbeigeführt wurde. Die Abscheidung der Albumose wird gewöhnlich erst nach längerem (12- bis 24stündigem) Stehen vollständig; sie erfolgt zum gröfsten Teile in Form eines den Boden des Gefäflses bedeckenden braungelben Sirups, zum geringeren Teile in Form von Krusten an der Flüssigkeitsoberlläche. Das so gewonnene Produkt wird auf dem Filter gesammelt, gut abgeprefst, in Wasser gelöst und behufs Abscheidung von Resten der Hetero- und Protoalbumose, welche etwa der ersten Fällung entgangen sind, nochmals mit dem gleichen Volumen gesättigter Ammonsulfat- lösung gefällt, der Niederschlag abfiltriert und das Filtrat neuerdings durch Zweidrittelsättigung ausgesalzen. Dieses Verfahren wird ein drittes, unter Umständen noch ein viertes Mal wiederholt, um die Fraktion von den event. anhaftenden Nachbarfraktionen möglichst voll- kommen zu reinigen. Es empfiehlt sich, bei dieser Reinigung stets die Konzentration der Lösung an Albumose A ungefähr jener der Aus- gangslösung gleich zu halten, da durch eine Verschiebung der Fällungs- grenzen in allzu konzentrierten Lösungen leicht empfindliche Verluste eintreten können. Die wässerige Lösung des auf die beschriebene Weise erhaltenen Präparates ist aufserdem durch den negativen Aus- fall der Probe nach Molisch ausgezeichnet, während die übrigen Reak- Die sogenannten Deuteroalbumosen. 4855 tionen mit den für die Fraktion A bei früherer Gelegenheit angeführten übereinstimmen. Ein Teil des ammonsulfathaltigen Produktes wurde in wässeriger Lösung mit essigsaurem Baryt versetzt, im Filtrat das. überschüssige Baryum mit kohlensaurem Ammon ausgefällt, das barytfreie Filtrat aufgekocht, auf dem Wasserbade konzentriert und die Lösung mit 95 prozentigem Alkohol im Überschusse gefällt. Der flockige Nieder- schlag wurde gut abgepreist, abermals aus konzentrierter wässeriger Lösung mit Alkohol gefällt, die flockige Fällung auf einem Seidenfilter gesammelt, mit Alkohol und Äther gewaschen und die fein pulverisierte lufttrockene Substanz bei 105° bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Bei der Analyse wurde der Kohlenstoff und Wasserstoff durch Verbrennen mit Kupferoxyd, Bleichromat und vorgelegter Kupferspirale, der Stickstoff nach Kijeldahl bestimmt; die Schwefelbestimmung wurde nach von Asboth-Düring!?) ausgeführt. Es ergaben: I. 0,2001 & Substanz 0,5713& CO, und 0,1201 o H,O Il. 0,1616 & a 0,02772& N III. 0,1782 & 5 0,02939 & N IV. 0,3422 & “ 0.0421 & BaS0O, V. 028542 ,„° 0,0361. BaS0, VI. 0,2056 & 5 0,0009 & Asche — 0,43 Proz. Die auf aschefreie Substanz berechneten Zahlen ergeben für die Gesamtfraktion A: | | | | || cc. . Proz.) I | IL | 11. | IV.| V. |Im Mittel] Kuhn Milsezanlet | | für Deuteroalb. | für Protalb. ee 50,65 50,59 El s069 | Es a le 6,33 6,78 Ne 1670) 1656 1 | > neo. 171 17,14 Sl ee 11,68|1,73) era | 0,97 1,08 I ee re | —| (24,15) | (24,38) (24,41) Ein Vergleich mit den nebenstehenden Kühneschen Werten für Deuteroalbumose und Protalbumose lehrt, dafs, während die Kohlenstoff- und Wasserstoffzahlen eine gute Übereinstimmung mit Kühnes Präparaten aufweisen, die Schwefelzahlen einen be- deutenden Mehrgehalt an Schwefel in der Albumosenfraktion A ergeben, gleichzeitig aber eine Abnahme der Stickstoffwerte kennt- lich ist. Es hatte sonach die Isolierung durch Salzfällung genügt, um aus der Reihe der Verdauungsprodukte eine relativ schwefel- reiche Albumose zu gewinnen. Die weitere Reinigung behufs möglichster Reindarstellung des alkoholfällbaren Anteiles erfolgte in der Weise, dafs die wässerige Lösung der durch Ammonsulfatfällung isolierten Fraktion A mit 486 E. P. Pick, dem gleichen oder dem doppelten Volumen 95 prozentigen Alko- hols versetzt wurde. Die auf beide Arten gewonnenen Präparate erwiesen sich bei der Analyse als identisch. x Bei Ausfällung mit gröfseren Mengen Alkohol wurden dagegen Produkte erhalten, deren Schwefelgehalt zwar ebenfalls ein hoher war, deren hohe Kohlenstoff- und Stickstofiwerte aber noch auf Ver- unreinigungen mit dem alkohollöslichen Anteile dieser Fraktion schliefsen liefsen. Das Gleiche galt von Präparaten, die aus konzentrierter (40 prozentiger) Wittepeptonlösung in der Weise gewonnen waren, dafs zunächst die Fällung mit dem doppelten Volumen 95 prozentigen Alkohols erfolgte und aus dem so gewonnenen Niederschlage durch nachträgliche Fällung mit Ammonsulfat die alkoholfällbare Albumose dargestellt wurde. Der durch Alkoholfällung erhaltene Niederschlag wurde gut ab- geprefst, in dem ursprünglichen Volumen Wasser gelöst, abermals in dem zuerst angewandten Verhältnis mit Alkohol gefällt und diese Fällung, um den alkohollöslicheren Albumosenanteil sicher zu entfernen, vier- bis fünfmal wiederholt. Trotz der Verluste, welche dieses zeit- raubende Verfahren mit sich bringt, konnte es bei Herstellung mög- lichst einheitlicher Produkte nicht umgangen werden. Zur Entfernung des den Präparaten noch anhaftenden Ammon- sulfates wurde bei dem durch Fällung mit 45 prozentigem Alkohol gewonnenen Präparate der Umstand benutzt, der bereits bei der Dar- stellung reiner Heteroalbumose Verwendung gefunden hatte, dafs näm- lich der gröfste Teil des Salzes in dem schwachen Alkohol in Lösung bleibt. Bei wiederholter Fällung des Präparates aus heilser wässeriger Lösung kann dasselbe vollständig salzfrei gewonnen werden (A). Ein zweites Präparat wurde der Dialyse gegen flieisendes Wasserleitungs- wasser und nachher gegen destilliertes Wasser ausgesetzt, bis durch Baryumchlorid kein Schwefel mehr nachzuweisen war (B). In einem dritten und vierten Präparat endlich, die durch Fällung mit 60 pro- zentigem Alkohol gewonnen waren, wurde das Ammoniumsulfat mit essigsaurem Baryt in der früher beschriebenen Weise entfernt (C und D). Alle Präparate wurden zuletzt mit Alkohol gefällt, auf einem Seiden- filter mit Alkohol und Äther gewaschen, lufttrocken fein pulverisiert und bei 105° bis 110° bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Ähnlich wie bei der Hetero- und Protoalbumose konnte auch hier wiederholt, ebenso wie auch bei später zu besprechenden, zumeist dem alkoholfällbaren Anteile des Wittepeptons angehörigen Produkten Un- löslichwerden bei andauerndem Trocknen beobachtet werden. Was das reaktionelle Verhalten der als analysenrein an- gesehenen Produkte anlangt, so gaben dieselben mit Essigsäure- Ferrocyankalium Opalescenz, mit Quecksilbersalzen, Pikrinsäure und Phosphorwolframsäure Fällungen, auch mit Platinchlorid Trübung. Mit verdünnter Kupfersulfatlösung versetzt, trübten sich die Lösungen, auf Zusatz von essiesaurem Blei blieben sie klar. Mit Die sogenannten Deuteroalbumosen. 487 essigsaurem Blei und Natronlauge gekocht, gaben sie rasch Braun- färbung mit nachträglicher Abscheidung von schwarzem Bleisulfid. Beim Kochen mit Millons Reagens färbten sich die zuerst ent- standenen Flocken schön rot, während die Probe nach Molisch Gelbfärbung oder leichte ergab. Bei der Kalischmelze trat nach längerem Erhitzen leichter Indol- und Skatolgeruch, nach Ansäuern der Schmelze Geruch nach flüchtigen Fettsäuren auf. nur Braunfärbung Die Analyse der getrockneten Präparate wurde in der gleichen Weise wie früher ausgeführt. Der Stickstoff wurde sowohl nach Dumas (D) als auch nach Kjeldahl (K), der Gesamtschwefel nach v. Asboth-Düring!}), der abspaltbare Schwefel nach Fr. N. Schulz !®) unter Anwendung von Kalihydrat, Wismutsubnitrat und Zink bestimmt; die beiden Präparate, zu deren Aschebestimmung die Substanzmenge nicht ausreichte, erwiesen sich beim Verbrennen am Platinblech als äufserst aschearm. Die Analysen ergaben folgende Zahlen: Präparat A: 17.013690 Subst 27 ..2..2.1.0,2463.2.C00, 20.08588°H,0 Im 0. 1dose 702 2.2.2.0094990.N (K) 111202735. 7, 5 0,0534& BaSO, (v. Asb.-Düre.) INGE 0,0426 & BaSO, (Schulz) VO SD ee ee: 0,0000 & Asche Präparat B: ve GTA Subst 0.0 0,02254 © N (K) NAD DR RER 0,0798 & BaSO, (v. Asb.-Dürg.) NAIIELO 26 EE e n 0,0663 & BaSO, (v. Ash.-Dürg.) RE DON este: 0,0566 & BaSO, (Schulz) Präparat C: X. 0,1528 g Subst. 0,2704 & CO, 0,0927 & H,O XIEE 0 1707.00, 0,02701g N (D) BETON SEO TR ee 0,0017 g Asche= 1,25 Proz. Präparat D: XIII. 0,1548 & Subst. 0,02149g& N (K) all Hallun el me he, XIV. 0,3063 & 0,0672. 9 BaSO, (v. Asb.-Düre.) Die auf aschefreie Substanz berechneten Zahlen ergaben: ” Pro. | I | Im |mm|ıIV| vie |vo|vamIXx | x | XI XI XIV| Mittel C 49:06 | = A886, | 24896 H I a el 0650 N | este sig = 2 602115,041 > 16.02 Gesamt-8 | — | — 2881 — | — 131113071 — | — | — | — |301| 2,97 Su @kspalch)) | ne a 2280 re 02.62 0 I\-|-|1-|-|1- | -|)- - |< | - |- | — | (8,15) 485 Ir. ID, Pick, Der Vergleich dieser Analysenwerte mit den von Kühne gefundenen Mittelzahlen für Deuteroalbumose ergiebt sehr be- trächtliche Abweichungen. So sind die Kohlenstoffwerte um mehr als 1,5 Proz., die Stickstoffwerte um mehr als 1 Proz. im Durch- schnitt niedriger als die bezüglichen Mittelwerte Kühnes. Dagegen ist der Schwefelwert ein aulserordentlich hoher und gehört mit zu den höchsten Zahlen, die für den Schwefel bei Proteinstoffen überhaupt gefunden sind. Dem Verdachte, dals dieser hohe Schwefelgehalt etwa von einer Verunreinigung mit Sulfat herrühren könnte, wird dadurch jeder Boden entzogen, dafs die Bestimmung des locker gebundenen Schwefels nach Schulz Werte ergab, die nur wenig von jenen des Gesamtschwefels abweichen. Es ist demnach anzunehmen, dafs der gesamte oder der bei weitem srölste Teil des vorgefundenen Schwefels in Form von sogenanntem locker gebundenen Schwefel vorhanden ist. Unter den Eiweils- körpern weisen blofs die Keratine und manche Mukoide einen ähnlich hohen Schwefelgehalt auf; auch hier lälst sich, soweit bekannt, der Schwefel durch Kochen mit Alkalien abspalten. So bestimmte. Suter!?) den Schwefelgehalt im Keratin der Menschen- haare zu 2,52 Proz., davon 2,34 Proz. als abspaltbar, freilich mit einer, wie von Schulz hervorgehoben wird, nicht ganz zuverlässigen Methode, Mörner!#) im Ovomukoid zu 2,2 Proz., wovon der sröfste Teil durch Kochen mit Kali abgespalten werden konnte, und neuerdings in Hornspänen zu 3,42 Proz., davon 2,53 nach Schulz abspaltbar. Von den Eiweilsspaltungsprodukten reicht nur die vor kurzem von Maas!”) durch Digestion von Eieralbumin mit Lauge dargestellte Alkalialbumose mit ihrem Gehalt von 2,13 Proz. Schwefel an unser Produkt heran, unterscheidet sich indes durch ihre Löslichkeit in Alkohol und die Gegenwart einer Kohlehydrat- gruppe von unserer Albumose, ebenso ferner durch den hohen Kohlenstoffgehalt und die entsprechend der Alkalieinwirkung niedrigeren Stickstoffzahlen. Von den Verdauungsprodukten des krystallisierten Serum- albumins hat Middeldorf!S) unter Gürbers Leitung die nach Kühnes Methode durch Kochsalzfällung dargestellten Albumosen auf ihren Schwefelgehalt untersucht und den der Deuteroalbumosen besonders hoch gefunden; die höchsten Zahlen betrugen 2,128 Proz. Gesamtschwefel, wovon 1,777 Proz. auf Sultidschwefel entfielen. Von den über den Schwefelgehalt der Verdauunesprodukte des Fibrins vorhandenen Angaben seien hier vor allem jene Schrötters hervorgehoben, welcher aus Wittepepton durch Ein- Die sogenannten Deuteroalbumosen. 489 wirkung von Salzsäuregas und Alkohol ein Produkt darstellte, das er als Ohlorhydrat zweier Albumosen ansah, und aus dem er nach Überführung in das Sulfat durch Spaltung mit Atzbaryt eine schwefelarme und eine schwefelreiche Albumose isolieren konnte. Die letztere war alkoholunlöslich, zeigte Krystallisationsvermögen (Schrötter konnte sie aus verdünnt alkoholischer Lösung in Form plattgedrückter Prismen erhalten) und enthielt 1,5 Proz. Schwefel neben einem Kohlenstoff- und Stickstoffgehalt, der nur wenig von dem von mir gefundenen abwich. ı Von mir dargestellte x | £ Schrötters schwefel-, Alkalialbumose Proz. | alkoholfällhare Albu- reiche Albumose von Maas mose A | C 48,96 | 49,48 53,57 H 6,90 | 6,7 a) N 16,02 | 16,3 | 13,62 S 2,97 1,8 28 Ö 25,15 | | (25,72) | 23,49 Betreffs der Abstammung des locker gebundenen Schwefels der Eiweilskörper haben in jüngster Zeit die Untersuchungen Mörners und Embdens!?) die Präexistenz einer Oystin- bezw. Cysteingruppe in einer ganzen Anzahl von Proteinstoffen, darunter auch im Fibrinogen, sichergestellt. Es liegt daher nahe, auch in dem Molekül des vorliegenden Körpers die Cystin- oder Uystein- gruppe zu vermuten. Die Differenz, welche zwischen Gesamt- und abspaltbarem Schwefel sefunden wurde, entspricht vollkommen jener, welche Mörner in seiner jüngsten Arbeit zwischen dem Gesamtschwefel und dem abspaltbaren Schwefel der cystingebenden Gruppe findet, und es ist danach nicht zu bezweifeln, dafs der ge- samte Schwefel dieser Albumose, die ich „Thioalbumose“ nennen möchte, der cystingebenden Gruppe angehört. b. Alkohollöslicher Teil. Behufs Darstellung des alkohollöslichen Anteiles der Fraktion A wurde in gleicher Weise verfahren wie seiner Zeit bei der Dar- stellung der Protoalbumose. Es empfiehlt sich hier, konzentrierte (40 prozentige) Wittepepton- lösung zum Ausgangsmaterial zu wählen, um durch Fällung mit dem doppelten Volumen 95 prozentigen Alkohols die alkoholunlöslichen Produkte möglichst vollständig auszufällen. Die alkoholische Lösung 490 Eab.pıck, wird im Vakuum zur Trockne eingedampft, der Rückstand in Wasser gelöst und die Protoalbumose aus der etwa 10 prozentigen Lösung durch Fällung mit dem gleichen Volumen gesättigter Ammonsulfat- lösung bei neutraler Reaktion entfernt. Aus dem ammonsulfathaltigen Filtrat wird die Albumose A durch weiteres Zufügen eines halben Volumens Salzlösung ausgefällt. Die Flüssigkeit wird 12 bis 24 Stunden stehen gelassen, um die zuweilen nur als milchige Trübung sich ab- scheidende Albumose zu völligem Absetzen zu bringen. Der Nieder- schlag wird nochmals gelöst und mit dem 3- bis 4fachen Volumen 95 prozentigen Alkohols gefällt, der Trockenrückstand des Alkohol- filtrats wiederum von Protalbumoseresten und von Beimengungen, die dem alkohollöslichen Anteile der B-Fraktion angehören, durch Aus- salzen in dem früheren Verhältnis befreit. Es ist durchaus nötig, die obere Fällungsgrenze möglichst genau einzuhalten, da eine Verun- reinioune mit der Fraktion B die Zusammensetzung bedeutend beein- flufst. Liefs sich aus dem nunmehr resultierenden Produkte durch Zufügen des 2- bis 3fachen Alkoholvolumens keine alkoholfällbare Substanz mehr entfernen, so wurde nach Verdunsten des Alkohols der Trockenrückstand mit essigsaurem Baryt und Ammoniumkarbonat wie bei den früheren Produkten salzfrei gemacht. Die salzfreie Albumose wurde endlich aus sehr konzentrierter wässeriger Lösung durch einen erolsen Alkoholüberschuis gefällt, der Niederschlag auf ein Seidenfilter gebracht, mit 95 prozentigem, absolutem Alkohol und mit Äther ge- waschen und getrocknet. Zuweilen erhielt man bei der Ausfällung salzfreier Lösungen ätheralkohollösliche Produkte; ein solches konnte gelegentlich durch Fällen mit Aceton aus alkoholätherischer Lösung abgeschieden werden; leider war die erhaltene Menge zu einer Analyse nicht ausreichend, das reaktionelle Verhalten wich von dem des anderen Präparates inso- fern ab, als die Essigsäure-Ferrocyankaliumprobe keine Trübung mehr erzeugte und die Schwefelbleiprobe vollkommen negativ ausäiel. Die Lösung der aus sirupöser wässeriger Lösung mit Alkohol gefällten Präparate trübt sich leicht auf Zusatz von Essigsäure- Ferrocyankalium, ebenso auf Zusatz verdünnter Kupfersulfatlösung; essigsaures Blei dagegen erzeugt keine Trübung; beim Kochen mit Bleiacetat und Lauge färbt sich die vorher farblose Lösung leicht gelb; Alkaloidreagentien bringen reichliche Fällungen hervor; auf Zusatz von Platinchlorid entsteht ein massiger Niederschlag eines schön gelb gefärbten, wasserunlöslichen Platinsalzes; die Reaktion nach Millon ist intensiv, die nach Molisch völlig negativ, die Biuretreaktion zeigt eine schön rotviolette Färbung. Sowohl diese Präparate wie auch die alkoholätherlösliche Substanz gaben bei der Kalischmelze Indolgeruch, nach Aufnehmen in Wasser und An- säuern einen starken Geruch nach flüchtigen Fettsäuren. Die Analysen wurden mit einem Präparat ausgeführt, das zwei Tage lang bei 105 bis 110° getrocknet worden war und bei der Die sogenannten Deuteroalbumosen. 491 letzten Wägung noch einen geringen Wasserverlust zeigte; die er- haltenen Zahlen berechnete ich daher nach einer vorher gewogenen Probe desselben Präparats, die bei der gleichen Temperatur bis zur Gewichtskonstanz getrocknet worden war. Die Stickstofibestimmung wurde nur nach Kjeldahl ausgeführt, die anderen Analysen wie bei den früheren Präparaten. Der Aschegehalt des Präparates war ein so ge- ringfügiger, dafs er nicht weiter in Rechnung kam. 12.0,199270°Subsu.a2 2.2..2.2.0,3099 82.00,50,1031.878;0 I. 0,1608 „. .....03118e CO,; 0,1028 0 H,O I Ole 000r6e N IV. 30, 19069 en. 0,02808 & N Ve 0,3210,07°7, 202 .0:0172207 Ba,S0% (Ges.-S) VI. 030862 %„ 0018980, (Ges:S) VEII20,367.10 2, 2227222 0:0180/05B23S0776Schulz) Die auf aschefreie Substanz berechneten Zahlen ergeben: s | | | Schrötters schwefel- 2 | I IR KOHIeR | SV Val vu Mittel | arıne methylalkohol- | | | lösliche Albumose © | es 51,7 Er 7,19°7.13.1. | 27016 7,1 N | — — Une 17,9 N I — | 17,86 | 16,7 a. .,98510,85067, 0,80 | 0,8 | a | | — (21,07)) (23,7) Wie man sieht, weicht die Zusammensetzung des alkohol- löslichen Produktes bedeutend ab von der des früher beschriebenen alkoholfällbaren Anteiles der Fraktion A. Vor allem tritt dies im Schwefelgehalt hervor, der bier auffallend niedrig ist, aber doch wiederum zum gröfsten Teile dem locker gebundenen Schwefel angehört. Im Gegensatze zu den Werten der Thioalbumose findet sich hier ein sehr hoher Kohlenstoff- und Stickstoffgehalt; der letztere erreicht den bei der Proto- und Heteroalbumose ge- fundenen Wert, während der Kohlenstoffgehalt erheblich niedriger erscheint. Man sieht ferner, dals die Zusammensetzung des alkohollös- lichen Anteiles und des alkoholfällbaren zusammen im Mittel der Gesamtfraktion entspricht; bedenkt man, dafs diese beiden Pro- dukte neben kohlehydrathaltigen Substanzen, die später besprochen werden sollen, zum gröfsten Teile in Kühnes „Deuteroalbumose“ enthalten waren, insbesondere die kohlenstoffarme Thioalbumose, so erkennt man leicht, dafs die Zusammensetzung der Kühneschen 492 B. Bu Bick, Produkte ungefähr dem Mittel dieser so different gebauten Körper entsprechen mulste. Die oben angeführten Werte von Schrötters schwefelarmer, alkohollöslicher Albumose, die aus dem Chlorhydrate in gleicher Weise wie Schrötters alkoholfällbare Albumose isoliert worden war, mögen zum Vergleiche mit unserer alkohollöslichen, schwefelarmen Albumose A angeführt sein. Während sie dieselben Schwefelwerte aufweist, halten die Kohlenstoffizahlen etwa die Mitte der von mir für die alkohollös- liche Albumose A und für die Gesamtfiraktion A gefundenen Zahlen ein. Dagegen stellen sich die Stickstoifwerte als relativ niedrig dar. Aus den vorgeführten Thatsachen ist mit Sicherheit zu er- sehen, dafs in der Albumosenfraktion A mindestens zwei Körper enthalten sind, ein schwefelreicher, alkoholfällbarer und ein schwefelarmer, alkohollöslicher, die zwar ebenso wie die gereinigte Gesamtfraktion kohlehydratfrei sind, aber in ihrer elementaren Zu- sammensetzung bedeutende Unterschiede aufweisen. Der Schwefel beider Albumosen ist ganz oder der Hauptmasse nach locker ge- bunden wie bei der Proto- und Heteroalbumose. Da nach den Erfahrungen von Zunz3®) die Thioalbumose später als die Proto-, Hetero- und die sicher ein primäres Produkt darstellende Glyko- albumose (s. u.) auftritt, da ferner beide die A-Fraktion bildende Körper ebenso wie die Proto- und Heteroalbumose kohlehydrat- frei sind, so wäre an eine genetische Beziehung zu diesen primären Albumosen zu denken, wenn auch einerseits die intensive Millonsche Reaktion einen Zusammenhang mit der .tyrosinarmen Heteroalbu- mose nicht gerade nahe legt, andererseits das immerhin reichliche Vorkommen beider Produkte unter den Verdauungsprodukten des Fibrins — die Mengen erreichen nicht die Ausbeute an Heteroalbu- mose, übertreffen jedoch beträchtlich jene an Protoalbumose — nicht für die Herkunft aus Protoalbumose spricht. 2. Albumosenfraktion B. Wie bereits eingangs bemerkt, ging ich bei Untersuchung dieser Fraktion auf die Isolierung der kohlehydrathaltigen Substanz aus, deren Gegenwart sie vor allen anderen Albumosenfraktionen des Wittepeptons auszeichnet. Die noch bis in die jüngste Zeit strittige Frage nach der Existenz eines Kohlehydratkomplexes in einheitlichen typischen Eiweilskörpern ist vor kurzem durch die Darstellung und Charak-. terisierung von Kohlehydraten aus krystallisiertem Serum- und Ovalbumin durch Langstein 20) entschieden worden. In welcher Art diese Kohlehydratgruppe dem Eiweilsmolekül 493 Die sogenannten Deuteroalbumosen. eingefügt ist, bleibt noch zu untersuchen. Hervorzuheben ist, dafs S. Fränkel?!) aus mukoidfreiem Eieralbumin, Langstein aus Blutalbumin Kohlehydrat- komplex in Form eines Dihexosamins isolieren konnten. Fränkel neigt der Ansicht zu, dals es sich um einen Körper handle, der an das Eiweils nur locker gebunden sei und durch Einwirkung sowohl des peptischen, als auch des tryptischen Enzyms losgelöst Bemerkenswert bleibt, dafs es Langstein bei und krystallisiertem Ovalbumin den werden könne. Untersuchung: des kıystallisierten Serumalbumins nicht gelang, ein analoges Produkt zu isolieren. a) Die Darstellung der Fraktion B erfolgte durch Fällung mit Ammonsulfat entsprechend den bereits früher angeführten Fällungs- grenzen. Das nach Ausfällung der Fraktion A erhaltene neutrale Filtrat der Wittepeptonlösung wurde vorsichtig erwärmt und mit fein ge- pulvertem Ammonsulfat gesättigt. Der an der Flüssigkeitsoberfläche aus- geschiedene Kuchen wurde gut abgeprelst, in Wasser gelöst und behufs üntfernung beigemengter Reste der Proto- und Heteroalbumose und der Albumosenfraktion A nochmals mit dem doppelten Volumen ge- sättigter Ammonsulfatlösung versetzt; das erhaltene Filtrat wurde nach voller Salzsättigung noch ein drittes Mal dem gleichen Verfahren unter- worfen und die erhaltene Lösung in der früher beschriebenen Weise wit Baryt von anhaftendem Sulfat befreit. Die Ausbeute an reinem Produkt betrug ungefähr 10 bis 12 Proz. des Ausgangsmaterials. Die Reaktionen der so erhaltenen Lösung entsprachen vollkommen den schon früher für diese Fraktion ermittelten. Das nach Alkoholfällung und sorgfältiger Reinigung mit Alkohol und Äther gewonnene salzfreie Produkt wurde bei 110" bis zur Ge- wichtskonstanz getrocknet. Es gelangten drei verschiedene Präparate zur Analyse. stimmungen wurden in gleicher Weise wie früher ausgeführt: I. 0,1873 & Substanz geben 0,3572 CO,; 0,1198 g H,O Die Be- I. 0,1911 s „. 0,3606 CO,; 0,1206& H,O I ONZZIrS: = 1 .:.0,3349,02.0:05:20:1133 02150 IV. 0,2130 & 5 „ 0,03463& N (K) V. 0,2150 & 3 » 0.038497 & N (K) VI. 0,3651 & er » 0,0319& BaSO, (Gesamt-S) VL. 0,4155 & 5 »„ 0,0107 & BaS0O, (abspaltb. S) Für die aschefreie Substanz berechnen sıch nachstehende Prozentzahlen: na Pen | II IV | vı | vı | Mittel | | G 152,01 151,74 5168| — | — | — | — | 5173 EP 7,102 27,07 | 7,01 | | 7,06 Ni-|- 100 16,41 — 701633 S | 1,19 |(0,355)| 1,19 Dee | (23,69) | | | 494 EB: Be Pick, Ich führe diese Zahlen hier an, um einen Vergleich mit den Produkten zu ermöglichen, in welche sich diese Fraktion zerlegen läfst; sie zeigen im Vergleiche mit der Nachbarfraktion A einen bedeutend höheren Kohlenstoff-, dagegen einen niedrigeren Stick- stoffgehalt; noch schärfer tritt dieser Gegensatz im Vergleiche mit den Mittelzahlen Kühnescher Albumosen zu Tage. Vor kurzem hat Haslam eine Deuteroalbumose nach Folins Me- thode (Abscheidung der „primären“ Albumosen als Kupferverbindung) und durch Sättigung mit Ammousulfat dargestellt, welche einen niedrigeren Stickstoifgehalt aufwies. Das erhaltene Präparat gab spurenweise Niederschlag mit Ferrocyankalium. enthielt 1,75 Proz. Asche und 15.5 Proz. Stickstoff. Da eine vollständige Analyse, sowie ausführ- lichere Angaben über das reaktionelle Verhalten des Körpers fehlen, so ist ein Vergleich mit unserem analysıerten Produkte kaum durchführbar; indes scheint es nach den Angaben über die Bindungsweise des Stickstoffs überhaupt zweifelhaft, ob die nach Folins Methode dargestellte Deu- teroalbumose Haslams der Albumosenfraktion B entspricht. Bevor es mir gelungen war, diese Fraktion in ihre Komponenten (s. u.) zu zerlegen, habe ich eine Anzahl von Versuchen über die Ver- teilung des Stickstoffs in derselben und über die aus ihr erhältlichen Spaltunesprodukte ausgeführt. Das Ergebnis dieser Versuche ist in- sofern nicht eindeutig, als ich es noch mit einem Gemenge zu thun hatte. Man darf vermuten, dafs die erhaltenen Resultate im wesent- lichen für die später zu besprechende Albumose BI (Glykoalbumose) zutreffen. Deshalb seien dieselben hier mit der gegebenen Reserve angeführt. Bei der Bestimmung der Stickstoffverteilung wurde nach dem von Hausmann?) angegebenen und bereits bei der Proto- und Heteroalbumose ausführlich beschriebenen Verfahren vorgegangen. Leider verfüge ich nur über die Bestimmungen des Amid- und des Monaminostickstoffs, da die Bestimmungen des Diaminostick- stoffs verunglückten und eine Wiederholung an dem geringen rest- lichen, analysenreinen Materiale nicht mehr möglich war. Bestimmung des Amidstickstoffs. 1,0290 & Substanz lieferten 0,025537 & N — 2,48 Proz. \ 0,4326 & I > 0,0076 140 NE Bestimmung des Monamimosäurenstickstoffs. 2,11 Proz. im Mittel. Ursprüngl. | Volum. | Vol. des zur | Direkt ge- | In d. ganz. | Substanz- der Bestimm. fundener | Probe ent- N Proz. menge Lösung | verw. Teiles N halt. N 1,0290 & 500 cem 120 cem 0,02066 & 0,08609 2 |8,36\8,5 Proz. 1,0290& | 500 cem 120 ccm 0,02157 g 0.089058 |8,65J i. Mitt. Die sogenannten Deuteroalbumosen. 495 Berechnet man die erhaltenen Zahlen in Prozenten des Ge- samtstickstoffs der analysierten Fraktion (16,33 — 100,00), ergeben sich für die Stickstoffverteilung naohelgende Zahlenwer n wobei für den Diaminostickstoff der durch Subtraktion gefundene Wert eingestellt ist. Der Übersicht halber seien die für die Proto- und Heteroalbumose gefundenen Werte beigefügt. | Amiıd-N | Diamino-N | Monamino-N | Albumosenfraktion B... .. .. | 12,92 Proz. | 35,03 Proz. 52,05 Proz. Heteroalbumose - 2.2... | 645 „ ss, 98 I 39200 Protoalbumose . | | 68,17 | | ala, 125.495, Am auffallendsten tritt beim Vergleich der hier angeführten Zahlen die fast doppelt so grofse Menge des Amidstickstoffs in der Fraktion B gegenüber den Zahlen der Hetero- und Protoalbu- mose hervor. In zweiter Linie käme der verhältnismäfsig geringe Gehalt an Monaminostickstoff — unter den bisher nach Haus- mannns Methode untersuchten Eiweifskörpern die niedrigste Zahl — in Betracht. Auch die relativ hohe Zahl für Diaminostickstoff, wenn sie auch nicht an jene der Heteroalbumose heranreicht, ist beachtenswert, zumal sie in Gemeinschaft mit den auffallend hohen Amid- und den niedrigeren Monaminostickstoffzahlen eine Analogie zu den Verhältnissen zeigt, wie sie einerseits von E. Schulze 2) bei dem aus Fichtensamen dargestellten Eiweils, andererseits von Hausmann beim krystallisierten Edestin gefunden worden sind. In einem Versuch wurden ferner 5 der Fraktion B mit kon- zentrierter Salzsäure auf dem Sandbade unter Steigrohr zersetzt; mit Hülfe der gelegentlich der Säurespaltung der Hetero- und Proto- albumose ausführlich beschriebenen Methode ergab sich, dafs in der Zersetzungsflüssigkeit, die keine Biuretreaktion, keine Reaktion nach Molisch und auch keine Reduktion alkalischer Kupferoxyd- lösung aufwies, von Monaminosäuren nur Leucin und zwar in grolsen Mengen nachzuweisen war. Trotz des Vorhandenseins der Millon- schen Reaktion blieb der Versuch, Tyrosin nachzuweisen, erfolglos. Bei Untersuchung des Phosphorwolframsäureniederschlags auf Diaminosäuren nach Kossel 2%), wobei vorzüglich auf den Nachweis von Arginin und Lysin geachtet wurde, erhielt ich aus der Argi- ninfraktion ein in feinen Nadeln krystallisierendes Silberdoppelsalz, aus der Lysinfraktion ein Pikrat, das in konzentrisch geschichteten Kugeln und in. aus feinen Nadeln zusammengesetzten Spbhäriten 496 BBakiecke krystallisierte. Leider reichte die Menge der Krystalle nicht zur Identifizierung aus. Trotzdem scheint das Vorhandensein beider Diaminosäuren unter den Spaltungsprodukten dieser Fraktion kaum zweifelhaft. b) Die im Vorstehenden angeführte Zusammensetzung der Fraktion B läfst so wenig wie das Ergebnis der Säurespaltung einen Schluls auf das Vorwalten des hier vermuteten Kohlehydrat- komplexes zu, auf dessen Vorhandensein die sehr kräftige Reaktion nach Molisch hinwies. Es war naheliesend, in der Fraktion B die Gegenwart anderer Albumosen neben dem kohlehydrathaltigen Komplex zu vermuten. In der That ist von mir seiner Zeit durch Verdauungsversuche der kohlehydratfreien Proto- und Heteroalbu- mose schon festgestellt worden, dafs die Fraktion B kein einheit- liches Produkt sein dürfte, und das Gleiche konnte E. Zunz >) aus seinen Beobachtungen über den quantitativen Verlauf der peptischen Spaltung entnehmen. Es lag daher zunächst die Aufgabe vor, die kohlehydratfreien Bestandteile der Fraktion B von der Kohlehydratalbumose abzutrennen. Vorversuche hatten ergeben, dafs sich in der Fraktion B mit Alkohol leichter und schwerer fällbare kohlehydratfreie Körper vorfinden, wie durch das Verhalten der einzelnen Portionen gegenüber der Reaktion nach Molisch festgestellt werden konnte. Zu Zwecken der Dar- stellung wurde dann folgendermalsen verfahren. Dıe durch wiederholte Salzfällung gereinigte Fraktion B wird in etwa 6- bis 10 proz. wässeriger Lösung mit dem doppelten Volumen 95 proz. Alkohols gefällt; es entsteht zunächst eine Trübung der alko- holischen Lösung, die sich nach mehrstündigem Stehen als leichter Niederschlag absetzt (Portion BI); das alkoholische Filtrat wird nunmehr mit Alkohol und zwar mit dem vierfachen Volumen der ursprünglichen Flüssigkeitsmenge versetzt, so dals eine etwa 75 bis 81 proz. Alkohol- lösung entsteht. Es erfolgt eine massige Fällung (Portion BII), deren alkoholisches Filtrat die Portion BHI darstellt. Während die Portion BI den kleinsten Teil der Fraktion B umfafst und auch zuweilen voll- kommen fehlen kann, ist in der Portion BII und BIII ungefähr zu gleichen Teilen, manchmal überwiegend in der alkohollöslichen Portion, die Hauptmasse der Substanz enthalten. Jede der so erhaltenen drei Portionen wurde wiederholt in jenem Verhältnisse mit Alkohol gefällt, in welchem sie ursprünglich aus der Gesamtfraktion gewonnen worden war, und zwar so oft, bis sie auf diese Weise von den Nachbar- fraktionen genügend gereinigt worden war. In den so erhaltenen Fraktionen wies nur die Fraktion BII die Reaktion nach Molisch auf, während sie bei BI und BIII negativ blieb. Es gelang somit, die Gesamtfraktion B in drei voneinander sicher verschiedene Fraktionen zu zerlegen, die einerseits durch Die sogenannten Deuteroalbumosen. 497 die Alkoholfällung, andererseits durch Mangel oder Vorhanden- sein der Kohlehydratreaktion - nach Molisch gekennzeichnet waren. Die in dieser Weise dargestellten Produkte sollen nach- folgend einzeln besprochen werden. BI. Diese in geringster Menge vorhandene Fraktion wurde bereits durch die wiederholte Alkoholfällung, die behufs Trennung von Fraktion B II notwendig war, salzfrei erhalten. Das Präparat verlor nach längerem Trocknen bei 105° teilweise seine Löslichkeit in Wasser. Es zeigte neben intensiver Biuretreaktion deutliche Millonsche, dagegen keine Molischsche Reaktion und spaltete in alkalischer Bleilösung reichlich Schwefel ab; auf Zusatz von Essigsäure und Ferrocyankalium blieb die Lösung klar. Bleizucker, Kupfersulfat und Silbernitrat fällten mälsige Niederschläge. Ein gut getrocknetes Präparat enthielt 16,94 Proz. N. BU (Glykoalbumose). Der durch Alkoholfällung gereinigte Körper wurde in wässeriger Lösung durch Fällung mit essigsaurem Baryt in der üblichen Weise von anhaftendem Ammonsulfat befreite. Das möglichst gereinigte Präparat zeigte neben einer intensiven Reaktion nach Molisch alle Reaktionen der Gesamtfraktion, indes konnte bei der Schwefelbleiprobe nur sehr wenig Schwefel abgespalten werden- Die in der beschriebenen Weise dargestellten Präparate wurden bei 105° bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Zur Bestimmung des Schwefelgehaltes reichte die vorhandene Substanzmenge bei keinem der Präparate aus. Präparat A. I. 0,1466 & Substanz geben 0,2534 00,; 0,0934. H,O III. 0,1625 & » „ 0,0234 N (Dumas). Präparat B. II. 0,1633 Substanz geben 0,2889. C0,; 0,1007 & H,O. Präparat C. IV. 0,1170 & Substanz geben 0,01729& N (Kjeldahl). Präparat D. V. 0,1285 Substanz geben 0,0175& N (Kjeldahl) VI. 0,1328 5 „ 0,01848g& N (Kjeldahl). Der Aschegehalt von Präparat A beträgt 1,11 Proz., von B 1,25 Proz., C und D erwiesen sich als äufserst aschearm. Umstehend die auf aschefreie Substanz berechneten Werte: Beitr, z. chem. Physiologie II. 39 498 EB P-Biek, Pror | I II II vl we E j | C | 4860 a ee H 7,14 en ae — N | — le 14,77 13,61- | 13,91 Die Zahlen von Präparat D mögen hier im besonderen an- geführt sein. Dasselbe war aus einer B-Fraktion gewonnen worden, welcher auffälligerweise die Portion B III fehlte, so dafs die Reinigung der Fraktion BII eine wesentliche Vereinfachung erfuhr; das Präparat, in gleicher Weise wie die früheren dargestellt, ergab nach Kjeldahl einen Stickstoffgehalt von 13,61 Proz. und 13,91 Proz. (aschefrei berechnet). Durch diesen Befund erscheint es wahrscheinlich, dafs der höhere Stickstoffgehalt der übrigen Präparate von einer stickstoffreichen Beimengung herrührte. Mit Kalium geschmolzen entwickelte die Substanz neben schwachem Indolgeruch vorzugsweise intensiven Leimgeruch; beim Ansäuern der Schmelze erfolgte massenhafte Entwickelung flüch- tiger Fettsäuren. Zum Zwecke der Darstellung des Kohlehydrats der Glyko- albumose, so möchte ich die kohlehydratreiche Albumose nennen, sing ich nach einem von von Fürth ausgearbeiteten Verfahren vor. Als Ausgangsmaterial diente jedoch wegen Mangels an aus- reichendem Material nicht reine Glykoalbumose, sondern die Gesamt- fraktion B. 2g derselben wurden in 25 ccm Wasser gelöst und mit 10 proz. Salz- säure anderthalb Stunden auf dem Sandbade unter dem Rückflufskühler gekocht, hierauf die Zersetzungsflüssigkeit bis auf einen Salzsäuregehalt von etwa 3 Proz. verdünnt und mit Phosphorwolframsäure gefällt. Der entstandene massige Niederschlag wurde abfiltriert und mit salz- säurehaltigem Wasser ausgewaschen. Filtrat und Waschwasser wurden vereinigt, behufs Entfernung der Phosphorwolframsäure mit neutralem Bleiacetat gefällt, undin der vom entstandenen Niederschlag abfiltrierten klaren Lösung wurde durch Ammoniakzusatz das Kohlehydrat nieder- geschlagen. Der leicht gelblich gefärbte Niederschlag wurde mit Schwefelwasserstoff zersetzt und die vom Bleisulfid getrennte Lösung zum Sirup eingedampft. Derselbe giebt schon in geringster Menge intensive Reaktion nach Molisch, reduziert sehr kräftig Fehlingsche Flüssigkeit und ammoniakalische Silberlösung und liefert mit Phenyl- hydrazin schöne Osazonkrystalle, lange, in Rosetten angeordnete, dem Glukosazon ähnliche Nadeln vom Schmelzpunkt 182° bis 184°. Die nach Abscheidung des Bleiniederschlages zurückgebliebene Lösung liefert nach Zersetzung mit Schwefelwasserstoff und Findampfen auf dem Wasserbade eine Lösung, die undeutliche Biuretreaktion dar- Die sogenannten Deuteroalbumosen. 499 bietet und, zum Sirup konzentriert, reichlich Leucinkugeln auskrystalli- sieren läfst. Während durch Säure die Abspaltung eines reduzierenden Kohlehydrats in der geschilderten Weise bequem durchzuführen ist, gelingt es selbst bei sechswöchentlicher Pepsinsalzsäurever- dauung keineswegs, einen reduzierenden Komplex nachzuweisen. Fraktion B wird bei Bruttemperatur mit gut wirksamem Pepsin und Salzsäure der Verdauung überlassen. Nach dreiwöchentlicher Ver- dauung werden 30 ccm des Verdauungsgemisches in derselben Weise verarbeitet wie vorher die Säurezersetzungsflüssigkeit. Bei Ausfällen mit ammoniakalischem Bleiacetat scheiden sich jedoch nur spärliche, schmutzigweifse Flocken ab. Sie werden aufs Filter gebracht, ge- waschen, mit Schwefelwasserstoff zersetzt. Die von Bleisulid und Schwefelwasserstoft befreite Zersetzungsflüssigkeit giebt, zum Sirup ein- geengt, weder Reaktion nach Molisch, noch enthält sie alkalische Kupferlösung reduzierende Substanzen. Aus der nach sechswöchent- licher Verdauung erhaltenen Flüssigkeit läfst sich durch Sättigung mit Ammonsulfat weder bei neutraler noch bei saurer Reaktion ein Körper ausfällen, der die Kohlehydratreaktion giebt, dagegen kann aus der salzgesättigten Lösung durch Fällung mit Jodjodkalium ein Körper gewonnen werden. der, durch wiederholte Alkoholfällung vom anhaften- den Jod gereinigt, neben der Biuretreaktion eine tiefviolett gefärbte Probe nach Molisch liefert, jedoch nicht reduziert. Der durch Chloro- form nahezu jodfrei erhaltene alkohollösliche Teil enthält neben Sub- stanzen, die Biuret- und Millonsche Reaktion darbieten, keinen durch die Reaktion nach Molisch nachweisbaren Kohlehydratkomplex. Es war demnach auch nach sechswöchentlicher Verdauung, nach welcher von der Fraktion BII kein unveränderter Anteil mehr nachweisbar war, keine reduzierende Substanz entstanden, der Kohlehydratkomplex war anscheinend ausschlielslich in der Form des Peptons A vorhanden. Überbliekt man die Resultate der mit der Fraktion BI an- gestellten Versuche, so ergiebt sich, dafs sie alle Merkmale eines Körpers aufweist, in dem die Kohlehydratgruppe einen Haupt- bestandteil bildet. In gutem Einklange mit dem reaktionellen Verhalten stehen die Analysenzahlen, vor allem die auffallend niedrigen Stickstoffzahlen des vorliegenden Körpers. Wenn auch zu erwarten ist, dals bei Ausgehen von einheitlicherem Materiale und dadurch vereinfachter Reinigung die Analysenzahlen dieses Körpers sich noch charakteristischer ausprägen werden, so bieten sie schon jetzt Anlafs zum Vergleiche mit Produkten, wie sie bisher nur aus Mucinen dargestellt werden konnten. Es wäre hier insbesondere an jene Produkte zu erinnern, welche Folin2%) bei 32 500 Id 10, Biel, Bearbeitung des „tierischen Gummis“ Landwehrs?”) erhielt, und an die von Hammarsten 2°) aus Ascitesflüssigkeiten dargestellten Mucinalbumosen. Sowohl die von Hammarsten wie auch die von Folin beschriebenen Mucinalbumosen zeigten in der Alkohol- fällbarkeit wie im übrigen reaktionellen Verhalten orolse Ähnlich- keit mit unserer Glykoalbumose. Bemerkenswert bleibt, dafs auch Folin trotz des für die Isolierung der Kohlehydratgruppe ungleich günstigeren Ausgangsmaterials zumeist Stickstoffwerte von 12 bis 13 Proz., ja auch darüber erhielt, während freilich der Stickstoff- gehalt der Mucinalbumosen aus Ascitesflüssigkeiten, welche über- haupt keine anderen Albumosen enthielten, von Hammarsten niedriger als jener der Glykoalbumose gefunden wurde. BI. Das nach Ausfällung der Fraktion BII erhaltene alkoholische Filtrat wurde auf dem Wasserbade zur Trockne eingedampft, in Wasser gelöst und nunmehr mit dem sechsfachen Volumen 95 proz. Alkohols gefällt. Zur völligen Entfernung auch der letzten Reste der Fraktion II empfiehlt sich die Fällung mit überschüssigem, etwa S0- bis 81 proz. Alkohol, während behufs Reinigung der Fraktion BII von Resten der Portion BIII 65- bis 70proz. Alkohol angewendet worden war. Das Alkoholfiltrat wurde eingedampft, wiederholt auf diese Weise gereinigt, dann die wässerige Lösung durch Fällung mit essigsaurem Baryt in der früher besprochenen Weise vom anhaftenden Ammonsulfat befreit und aus konzentrierter Lösung mit grolsem Alkoholüberschusse ausgefällt. Der erhaltene Körper giebt weder Reaktion nach Molisch noch enthält er mit Bleioxyd in alkalischer Lösung abspaltbaren Schwefel; auch die Essigsäure-Ferrocyankaliumprobe bleibt negativ. Dagegen tritt beim Kochen mit Millons Reagens intensive Rot- färbung auf, leichte Violettfärbung bei der Probe nach Adam- kiewiez, ebenso ist die Biuretreaktion positiv; Metallsalze, wie Bleizucker, Kupfersulfat, Silbernitrat, Eisenchlorid, fällen nicht. Beim Schmelzen mit Kali läfst sich Indol- neben leichtem Leim- geruch und intensivem aromatischen Geruch, beim Ansäuern der Schmelze intensiver Geruch nach niedrigen Fettsäuren beobachten. Das angeführte reaktionelle Verhalten wurde bei verschiedenen, in gleicher Weise dargestellten Präparaten gefunden. Trotzdem zeigte sich, wie aus den nachfolgend angeführten Analysenzahlen hervorgeht, dafs die aus verschiedenen Wittepeptonpräparaten ge- wonnene Fraktion BIII noch verschiedenen Körpern entspricht. Die sogenannten Deuteroalbumosen. 501 Die Analysen wurden an den bei 110° bis zur Gewichtskonstanz getrockneten Präparaten in der gewöhnlichen Weise ausgeführt: B1lle. I 0,1420 g Substanz geben 0,2290 & 00,; 0,0854 & H,O II 0,1501 & " „ 0,01862& N (Kjeldahl) III 0,1308 „ 0.01859& N (Kjeldahl) IV 0,2417 & " „0,0285 BaSO, (Gesamt-S). Die aschefrei berechneten Prozentzahlen ergeben: Erz 7 | 1 u II IV | Mittel | | | C | 43,98 = Rs | WAsıgs H | 6.91 — — — | 6.91 N — 14,31 14.20 un 14.25 Se _ — 2 ale | ale BIP. l. Darstellune. I 0,1463 & Substanz geben 0,2797 & CO,; 0,0968 & H,O IT 0,1403 & 1 „001 © C0,; 0,0921 H,O III 0,1251 & S „9019392 N (Kjeldahl). 2. Darstellune. IV 0,1354 Substanz geben 0,020585& N (Kjeldahl) V 01299 g h »„ 0,01981& N (Kjeldahl) VI 0,2993 g ei = 0,0265 & BaS0, (Gesamt-S) VII 0,1642 & S s 0,0008 & Asche — 0,48 Proz. 3. Darstellung. VIII 0,1436 & Substanz geben 0,02226& N (Kjeldahl). Die aschefrei berechneten Prozentwerte ergeben: Proz] £ | ut. Jam IV | V | VI VII | Mittel | Ca 5250| — | — | Be Zen _ 7,32 N = — |) 1,49.| 1519| 55 | — 15,50 || 15,36 S — _ - — 2 lo ron | I | | Die trotz gleicher Darstellung grofsen, weit aufserhalb der möglichen Analysenfehler fallenden Unterschiede in den erhaltenen Werten, so insbesondere in den Kohlenstoffzahlen beider Produkte liefsen bei dem Produkt BIIIß die Beimengung eines kohlenstoff- reichen Körpers vermuten, der, weil nicht regelmäfsig im Witte- pepton vorhanden, die auffallende Verschiebung der Kohlenstoff- 502 E. P. Pick, werte veranlassen mochte. Bei weiteren Versuchen, die Fraktion B III aus einer neuen Wittepeptonportion darzustellen, gelang es denn auch, einen Körper zu isolieren, der sich in seinen Reaktionen weitgehend von den Albumosen unterschied und nur wegen seiner Löslichkeit in Alkohol und seiner Fällbarkeit durch Ganzsättigung mit Ammonsulfat in der Fraktion BIII erhalten wurde. Die Darstellung erfolgte wie bei den oben beschriebenen Produkten der Fraktion B IIl. Nach Entfernung der letzten Ammonsulfatreste, welche bei der Alkoholfällung in dem alkohollöslichen Teil noch zurück- bleiben, sowie nach Fortschaffung der zur Reinigung benutzten Baryt- salze durch kohlensaures Ammon wurde die einmal aufgekochte Lösung zur Sirupdicke auf dem Wasserbade eingeengt. Der Sirup erwies sich als in 95proz. Alkohol löslich, und die alkoholische, rotbraun gefärbte Lösung trübte sich beim Verdünnen mit Wasser. Aceton fällte die wässerige Lösung in braunen Flocken, während Äther die wässerig-alkoholische Lösung nur leicht trübte. Auf \Wasserzusatz gab der Sirup eine trübe Flüssigkeit, die sich auf Zusatz von Ammoniak zu einer rotbraun gefärbten Lösung klärte, auf Säure- zusatz unverändert blieb; durch Ammonsulfatsättigung liefsen sich aus der neutral reagierenden Flüssigkeit dunkelrotbraune, an den Gefäls- wänden festklebende Flocken aussalzen. Die wässerige Lösung gab nur eine schwach violett gefärbte Biuretreaktion, mit #-Naphthol und kon- zentrierter Schwefelsäure Gelbfärbung und bei Zusatz des Millonschen Reagens eine weilse flockige Fällung, die beim Erhitzen eine schmutzig- braune Farbe annahm. Der Ausfall der Xanthoproteinreaktion, wie auch die Reaktion nach Adamkiewicz entzog sich wegen der rot- braunen Farbe der Ausgangslösung einer sicheren Beurteilung. Essig- säure und Ferrocyankalium und verdünnte Kupfersulfatlösung brachten keine Fällungen hervor; Bleiessig und Eisenchlorid fällten den Körper reichlich in Flocken, essigsaures Silber nur spärlich. Durch Jodqueck- silberkalium und Salzsäure, alkoholische Pikrinsäurelösung, sowie durch Tannin konnten leicht reichliche Fällungen erhalten werden. Sowohl die Tryptophanreaktion mit Brom, als auch der durch die Fichtenspan- reaktion versuchte Nachweis eines Pyrrolkomplexes blieben negativ. Behufs weiterer Reinigung wurde der in wenig Wasser aufge- nommene Sirup mit Aceton in grofsem Überschusse gefällt. Ein Teil der Substanz schied sich in leichten rotbraunen Flocken ab, während ein anderer Teil in Aceton gelöst blieb. Der acetonfällbare, der Menge nach geringe Anteil wurde mit Alkoholäther gewaschen, im Vakuum und bei 80° zur Gewichtskonstanz getrocknet und zur Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl verwendet (Präparat a). In gleicher Weise wurde ein zweites durch Acetonfällung erhaltenes Präparat behandelt (Präparat b). Präparat a. 0,1309 & Substanz geben 0,01806g N — 13,79 Proz. N. Präparat b. 0,1173 8 Substanz geben 0,01589& N —= 13,54 Proz. N. Die sogenannten Deuteroalbumosen. 503 Der acetonlösliche Anteil wurde zu einem dicken braunschwarz gefärbten Sirup eingeengt, dieser in Ätheralkohol aufgenommen und die erhaltene Lösung mit grolsem Ätherüberschufs gefällt. Die reichlich entstandene Fällung bestand aus rotbraun gefärbten Flocken, welche sich zu einem hygroskopischen, an der Gefälswand festhaftenden Firnis vereinigten, der mit Äther gründlich gewaschen, zunächst im Vakuum über Schwefelsäure und dann bei 80° getrocknet wurde. Fein zerrieben lieferte er ein dunkelrotbraunes aschearmes Pulver von den oben be- schriebenen Eigenschaften. Bei der Kalischmelze entwickelte die Sub- stanz Indol- und Skatol- neben leichtem Leimgeruch, beim Ansäuern der Schmelze starken Geruch nach niedrigen Fettsäuren. I. 0,1364. Substanz geben 0,5036 & CO,; 0,0521 g H,O II. 0,1164 0 n » 0,013468& N (Kjeldahl) 31220122778; : »„ 0013938 N (Kjeldah|]). Für eine Schwefelbestimmung reichte leider das Material nicht aus; doch ergab eine orientierende Analyse nach von Asboth-Düring einen Gehalt von etwa 1 Proz.; bleischwärzender Schwefel war nicht nachweisbar. Nachstehend die auf aschefreie Substanz berechneten Zahlen: Dre : Im Mittel Proz. | I II | II | C | 60,70 | 2 | ai | 60,70 El 6,68 = _ | 6,68 N | — 11,57 11,35 11,46 0+8 | — = | u | (21,16) Des Vergleiches wegen möge hier die Zusammensetzung einiger Körper von verwandten Eigenschaften angeführt sein. Bir = Am eS° = | 2 og | '® S < a) az Sol 2 | ae s e are ago Ss BR Landolts®) cyoree | Se ! a > NSS | © © NEE Produkte aus dem ongr || =: ne) = = | 3 S, x Ze) > S EN Augenpigment era an >» ıo | ı- E j — „m Q | fen | > Proz. | 3 53 o = I bei Behandlung Te | ee) 33 S . | ee!) : es | je e| EI 1 (eb) a elE Bis ae mit Sen to) cin moon (SisgpE >) ae ee a m 5 SER | = = | = 3 oo .do | - EE| — 2 \,® PER res) =! Do Te Lie oO, © - ISE Di e E Kali 9: konz. 23 ar | > es) schmelze Salzsäure IH | | | = | En Ex C | 60,84 | 5903 | 6012 6005 58,82 64,73 3 | 9 | LIE 0 221,862%10.,24:95 4,81 | 3,65 kalt 6,02 N- | 8,09 | 10,0 21081 10,70 11,10 13,42 | | S |- 0,96 | E _ | _ | — — Ö | | 25,34 | 2426 | 25,60 | 26,61 — 504 E. P. Pick, Aus den angeführten Eigenschaften geht zweifellos hervor, dafs hier eine melaninartige Substanz vorliegt. Körper dieser Art sind als Produkte der Säureeinwirkung auf Eiweilskörper seit langem bekannt. Obgleich schon Mulder3®) als erster die Bildung solcher huminartigen Stoffe beobachtet hatte, fanden erst vor kurzem diese Körper eine eingehende Untersuchung durch Schmiedeberg1P) und in jüngster Zeit durch Samuely°), auf dessen Angaben ich hier verweisen möchte. Im Gegensatze zu den bisher bekannten Melanoidinen verdankt der hier beschriebene Körper, den ich der Kürze wegen als Peptomelanin bezeichnen möchte, seine Bildung nicht der Einwirkung konzentrierter Säuren, die in unserem Falle nicht zur Verwendung gelangt sind, sondern er ist wahrscheinlich als das Umwandlungsprodukt bestimmter der Indolreihe angehöriger Endprodukte der Pepsinverdauung anzusehen. In dieser Richtung ist von Bedeutung, dafs das Auftreten melaninartiger Produkte 5) öfter beobachtet wurde, wenn salzgesättigte, von Albumosen be- freite Wittepeptonlösungen auf dem Wasserbade durch langsames Eindampfen der Lösung bei neutraler Reaktion konzentriert wurden; ähnlich wie auch Samuely ein Nachdunkeln der durch Säure- spaltung unter Zinnchlorürzusatz erhaltenen Gemenge beobachtete, und wie es auch beim Einengen tıyptischer Verdauungslösungen auftritt. Dafs das unter solchen Umständen auftretende Produkt mit meinem Peptomelanin in näherer Beziehung steht, ist freilich nicht als entschieden anzusehen. Vergleicht man die aus der Gesamtfraktion B dargestellten ver- schiedenen Produkte in ihrer Zusammensetzung mit der Gesamtfraktion, so steht anscheinend der relativ niedrige Stickstoffgehalt der Produkte B UI und B III sowie des Peptomelanins, welche Körper doch die Hauptmasse der Gesamtfraktion darstellen, in auffallendem Gegensatze zum relativ höheren Stickstofigehalte der Ausgangsfraktion. Die Bei- mengung des stickstoffreichen Produkts B I genügt, da es nur in ge- ringer Menge vorhanden ist, nicht zu einer befriedigenden Aufklärung dieses Widerspruchs. Man kann sich vielmehr der Vermutung nicht verschliefsen, dafs bei der vielfachen Reinigung der einzelnen Produkte sowohl stickstoff- als auch kohlenstoffreiche Produkte entfernt wurden, welche ursprünglich einen Bestandteil der Gesamtfraktion B bildeten. Man wird dieser Anschauung um so mehr zuneigen, als bei dem Ver- fahren der Salzsättigung wegen der klebrig-schmierigen Beschaffenheit des ausfallenden Albumosenkuchens ein mechanisches Mitreilsen von fremdartigen Produkten besonders leicht möglich erscheint. Insbesondere ist daran zu denken, dafs eine Verunreinigung mit der nunmehr zu besprechenden stickstoffreichen Fraktion © erfolgt sein kann. Die sogenannten Deuteroalbumosen. 505 Albumosenfraktion (. Bei der Darstellung dieser Fraktion wurde in der seiner Zeit bereits beschriebenen Weise vorgegangen, indem die nach Abschei- dung aller Albumosen durch Salzsättigung in neutraler Lösung er- haltene Flüssiekeit mit einem Zehntel ihres Volumens an ammon- sulfatgesättigter 1/,, Normalschwefelsäure gefällt wurde *). Es gelingt in dieser Weise, die Albumose in feinen weilsen Flocken abzuscheiden, die sich nach mehrtägigem Stehen am Boden des Ge- fälses so fest absetzen, dafs die überstehende, nunmehr albumosenfreie Lösung bequem abgegossen werden kann. Die so gewonnene Albumose wurde in Wasser wieder gelöst, die Lösung mit Ammoniak neutralisiert und behufs Reinigung von der Nachbarfraktion mit Ammonsulfat in der Hitze gesättigt. Dabei kommt es regelmälsig noch zur Abschei- dung von Albumosen (Zwischenfraktion B/C). Das gewonnene Filtrat wurde neuerdings wie oben mit Säure gefällt und das erhaltene Produkt event. einer nochmaligen derartigen Reinigung unterzogen, bis durch Salzsättigung bei neutraler Reaktion keine Albumosenabscheidung mehr zu erzielen war. Die Ausbeute an Albumose C nach Entfernung der anhaftenden Salze in üblicher Weise bleibt stets eine sehr geringe und steht kaum im Einklange mit der Angabe von Zunz?), welcher die Menge der im Wittepepton enthaltenen ©-Albumose als zwischen 10,10 und 28,73 Proz. schwankend angiebt. Der Grund liegt, ab- gesehen von empfindlichen durch die Reinigung bedingten Ver- lusten, wohl darin, dafs durch die Fällung der Gesamtfraktion B ein grolser Teil der Albumose © mechanisch mitgerissen wird. Die Zwischenfraktion B/C wurde bisweilen schon bei den Reini- gungsversuchen verhältnismäfsig reichlich abgeschieden. Dieselbe war grölstenteils in 80 proz. Alkohol löslich, gab die Reaktion nach Millon, nicht jene nach Molisch und enthielt auch keinen bleischwär- zenden Schwefel. Sie verhielt sich also wie die Fraktion B III und zeigte auch bei der Kalischmelze das gleiche Verhalten, insbesondere auch den intensiven aromatischen Geruch. Der Stickstoffgehalt eines von Salz befreiten analysenfähigen Präparates war (nach Kjeldahl be- *) Die vor kurzem von Malfatti®°) mitgeteilte Beobachtung, dals es ge- lingt, aus einer ammonsulfatgesättigten schwefelsauren Lösung des Witte- peptons durch Ammoniakzusatz einen Körper auszufällen, konnten auch wir gelegentlich der Konzentrierung grölserer Mengen ammonsulfathaltiger Albu- mosenlösung durch Eindampfen auf dem Wasserbade wiederholt machen; da der Verdacht bestand, dafs dieses Produkt nicht während der peptischen Spaltung, sondern durch eine sekundäre Reaktion während der Verarbeitung des Wittepeptons entsteht, unterblieb dessen nähere Untersuchung. 506 18. O3 Jeiyels, stimmt und aschefrei berechnet) 15,76 Proz., also merklich höher als jener von B III, was wohl durch die Verunreinigung mit Albumose OÖ be- dingt war. Die gereinigte Albumose Ü gab die seiner Zeit beschriebenen Reaktionen, doch muls bemerkt werden, dafs die Millonsche Reaktion sich als äulserst vergänglich erwies. Die bei Beginn des Kochens auftretende blafsrote Färbung schlug so rasch in eine Gelbfärbung um, dafs der positive Ausfall der Reaktion leicht über- sehen werden konnte. Iın Gegensatze dazu war die Xanthoprotein- probe intensiv. Die Kohlehydratprobe nach Molisch konnte nur als schwach positiv bezeichnet werden, sie scheint von immer noch vorhandenen fremden Beimengungen herzurühren. Die Schwefel-' bleiprobe war negativ. Von Metallsalzen wirkte essigsaures Blei fällend. Bei der Kalischmelze gab ein Teil der Präparate über- haupt keinen Indol- oder Skatolgeruch, ein anderer Teil nur leichten Indolgeruch. Immer war jedoch beim Ansäuern der Schmelze ein intensiver Fettsäuregeruch wahrnehmbar. Diese Albumose ist zum allergröfsten Teile in 80 proz. Alkohol löslich. Von der Albumose Ü wurden zwei Präparate analysiert; von diesen wies das eine einen Aschegehalt von 1,65 Proz. (a) auf, während von dem anderen aschearmen (b) keine quantıtative Aschebestimmung aus- geführt werden konnte, da dazu das Material nicht ausreichte. Aus dem gleichen Grunde mulste von einer Schwefelanalyse abgesehen werden. Die Präparate wurden bei 105 bis 110° bis zur Gewichts- konstanz getrocknet, wobei eine leichte Verfärbung derselben auftrat. Präparat a. I. 0,1706 & Substanz geben 0,2100 CO,; 0,0819& H,O II. 0,1571 H » 0,026617& N (Kjeldahl) I 0035000 0 „.0,02299& N (Kjeldah)). Präparat b. II. 0,1571 & Substanz geben 0,2012 & 00,; 0,0749 H,O. Aschefrei berechnet: | | | | 53 = Proz.“ \' SSR arm) au | Tune Deredluer Fin | | | | NCSEEN Oo, | | C | 34,13 | 34,92 ER 34,52 34,95 Be) | 5,34 N — DE A ao 17,23 (So 2. en aeg) oe Die sogenannten Deuteroalbumosen. 07 © Die gefundenen Analysenzahlen bieten einen überraschend niedrigen Kohleustoffgehalt dar, dem ein veringer Wasserstoff- gehalt parallel geht. Dagegen findet sich relativ viel Stickstoff. Schon durch diese Zusammensetzung unterscheidet sich diese Albumose auffallend von den bisher besprochenen Verdauungs- produkten. Berücksichtist man, dafs diesem Körper die sonst bei Eiweilsstoffen allgemein verbreiteten Gruppen, welche durch das Auftreten der Millonschen, Molischschen sowie der Schwefel- bleiprobe gekennzeichnet sind, fehlen oder nur andeutungsweise vorhanden sind, sowie den Mangel eines Indol und Skatol liefernden Komplexes, so wird man zur Annahme gedrängt, dafs hier bereits ein vom ursprünglichen Eiweils weit abstehendes Spaltungsprodukt vorbegst. Da wegen Mangels an Material weder eine Schwefel- bestimmung noch eine Molekulargewichtsbestimmung vorgenommen werden konnte, kann natürlich die in der Tabelle angeführte aus den vorhandenen Analysen berechnete Formel nur einen ganz vor- Käufigen, orientierenden Wert beanspruchen. Schlufsbemerkungen. Überblickt man die ansehnliche Zahl der angeführten Sub- stanzen, die in ihrem reaktionellen Verhalten wie in ihrer Zu- sammensetzung für die nächsten Abkömmlinge des Eiweilses eine ganz unerwartete Mannisfaltigkeit ergeben, so muls man zu dem Schlusse kommen, dafs das Eiweilsmolekül schon beim ersten An- eriff der Pepsinsalzsäure in eine ganze Anzahl von Produkten zer- fällt. Diese Thatsache bedeutet in unseren Anschauungen gegen- über jenen älterer Autoren, so Malys, aber auch noch Kühnes und seiner Schule, eine grundlegende Änderung. Aus einem Ver- gleich der gebildeten Spaltungsprodukte geht zwingend hervor, dafs die Natur der schon nach relativ kurzer Einwirkung von Pepsin entstandenen Produkte eine Hydratation des Gesamtmoleküls ohne Spaltung, wie sie älteren Vorstellungen zu Grunde lag, schlecht- weg ausschlielst. Dabei sind in den gebildeten Spaltungsprodukten die charakteristischen Gruppen des Eiweifsmoleküls durchaus nicht gleichmälsig vorhanden. Der besseren Übersicht wegen habe ich die Analysen und Reaktionen der dargestellten Spaltungsprodukte mit Einschlufs der Proto- und Heteroalbumose in nachfolgenden Tabellen zusammengestellt: 508 B.sp.oDiel« Tabelle I. | @ H NS (0) I [ Heteroalbumose .... | 55,12 6:01 2217.93. 2:1629 19,07 Protoalbumose . . . . | 55,64 6,50 100 le] 18,69 Thioalbumose .... 48,96 | 6,90 | 16,02 | 2,97 | 25,15 Schwefelarme Albumose A| 53,11 | 7,16 177,802 20:50. 21,07 IN pumosenbBel er N 16,94 | — = Giykoalbumose . =. 4879. | 703 se | Fe | ea 30,49 Albumose Bllle....| 4398 | 691 | 1425 | 1,63 33,23 Albumose BIT ß.... | 52,32 7,32 | 15386 | 121 | 28,79 Peptomelanin KAT | 60,70 | 668 | 1146 | 21,16 Albumose © .....| 3452 | 5,35 1702 | 7a FibrinnachHammarsten, 52,68 | 6,83 | : 16,91 1,10 | 22,48 Versucht man die einzelnen Produkte nach ihren Eigen- schaften zu gruppieren, so geht man am bequemsten von den drei hervorstechendsten Gruppen 1. der aromatischen, 2. der Kohle- hydratgruppe, 3. der cystingebenden Gruppe aus. Durch reich- lichen Gehalt an aromatischen Gruppen, wie er sich in der Ab- scheidung von Tyrosin, in der Abspaltung von Indol oder Skatol, endlich in dem Auftreten einer intensiven Millonschen Reaktion kundgiebt, sind ausgezeichnet die Protoalbumose, die Albumosen B III, und das Peptomelanin. Die Albumose C entbehrt zwar einer Oxyphenylgruppe, scheint dagegen über eine aromatische Gruppe anderer Art zu verfügen, welche die Xanthoproteinreaktion vermittelt. Alle diese Produkte besitzen trotz verschiedener Aus- salzbarkeit als gemeinsames Merkmal eine auffallend grofse Alko- hollöslichkeit. Als Träger der Kohlehydratgruppe ist vor allem die Glyko- albumose, als Träger der Cysteingruppe die Thioalbumose anzusehen. Von besonderem Interesse wird die reine Glykoalbumose für weitere Spaltungsversuche sein. Es ist bereits früher dargelegt worden, dafs dieselbe bei weiterer peptischer Verdauung in das Pepton A übergeht; bei den Darstellungsversuchen dieses Körpers mit salzgesättigter Jod- jodkaliumlösung und Fällung mit Alkohol wurde ein Produkt von der Zusammensetzung C 45,46, H 5,59, N 13,13 erhalten; doch erwies sich dasselbe als aschereich (5 Proz.), und es muls eine weitere Reinigung, z. B. durch fraktionierte Alkoholfällung, zeigen, ob sich das Pepton A mit den von Langstein:”) unter den Endprodukten der peptischen Verdauung des Pferdeblutserums aufgefundenen Kohlehydraten in Be- ziehung bringen läfst. Während das Pepton A auch nach längerer Ver- &) | en) | | ur Jund | | | | | | -tyYeszpeS | | y9Bmyas ay9s UORZEHOS 1y9s le en EL N = | y145J yoF po YyoJ | Atsuogur | OPo ya} | USpULerL.IoA (6) aI AeAlfe} | sta -92 ur yorısor | [ a 8 — ger 91407 uopuwıL1oa Ijwy[orreMmz Yıy>J 9[yoF “ uruepourogdeg Sund stq -08 Ur YorTsoL | | | ($ an» I | -11IBS ö d | 2 I° | Se en — 1298 AOS USPURY.IOA) UHPURU.IOA | UHPULL.IOA q 5 "Z0I1 66 J yorsoL us algch} STeIS AUS VODUEH | : en | | Pu | BUIOA| BSOWNATEONAH = ee — UOPUBTL.IOA | 3.1898 AUOS yYpemnyss |USPUBILIOA UOPURT.IOA |UHPUEILLIO/ qteoy = U9UOSIMZ| Stq -09 oımp reger | [o) . E Mr SOUTH] TBA][e 1oyoxry 'zord gg = UHPURYLOA| UOPUBLLIOA | UOPUBYLLOA I g 9sow 5 an yoanp zeqITeF a | U9HPUBUIOA 3149 9puey puey S | E [| v 9soumAfYy : Be | 10A |UOPUBU.IOA| UAPUBL.IOA | UOPUBIOA|: * | ee ee yorısor = UOPUBU.LOA 91997 uopuet. 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Schliefslich mag noch darauf hingewiesen werden, dafs in einzelnen Albumosen eine besonders reichliche Anhäufung von Diaminosäuren statthat, so in der Heteroalbumose und in der Fraktion B. Eine Verallgemeinerung dieser Beobachtungen durch einfache Übertragung auf andere Eiweilskörper ist jedoch, wie ich betonen möchte, vorläufig nicht am Platz. Es erscheint z. B. recht wohl möelich, dafs das olykosaminreiche Ovalbumin mehr denn eine „Glykoalbumose“, das schwefelreiche krystallisierte Serum- albumin mehr denn eine „Thioalbumose“ bildet. Je verschiedener sich nach den Erfahrungen der jüngsten Zeit der Bau der einzelnen typischen Eiweilskörper herausstellt, um so mehr mufs man von reinen Analogieschlüssen Abstand nehmen. Dem Entwickelungsgang folgend, den die Lehre von den Ver- dauungsprodukten des Eiweilses genommen hat, bin ich, wie die meisten meiner Vorgänger, von den Albumosen und Peptonen des Fibrins ausgegangen. Am Schlusse dieser Untersuchungen an- gelangt, möchte ich aber nicht die Bemerkung unterdrücken, dafs sich dieser Weg für die Zukunft nicht mehr empfiehlt. Bei‘ der Unmöglichkeit, das Rohfibrin von den einmal eingeschlossenen kolloiden Beimengungen, Albuminen, Globulinen, dem Globin, den Stromata der roten nnd weilsen Blutkörperchen, dem Leecithin u. s. w. zu befreien, mufs so die Verdauung ein kompliziertes Ge- menge von nicht genetisch zusammengehörigen Produkten liefern, das die zur Zeit gegebene chemische Technik nicht entfernt zu entwirren vermag. Der Vorteil aber, von käuflichen „Pepton“- präparaten ausgehen zu können, wird dadurch sehr geschmälert, wenn nicht aufgehoben, dafs das auf eine nicht genau bekannte Art dargestellte Handelsprodukt von der erwarteten Gleichmälsig- keit weit entfernt ist. So ist es verständlich, dafs mir nur betreffs der wichtigsten Vertreter der Albumosengruppen eine vorläufig aus- reichende Isolierung gelang und dafs trotz der aufgewandten Zeit und Sorgfalt die Zusammensetzung der gereinigten Produkte bei verschiedenen Darstellungen gröfsere Schwankungen aufweist, als bei krystallisierenden Stoffen gestattet wäre. Auch möchte ich auf die absolute Richtigkeit der erhaltenen Zahlen weniger Ge- wicht legen als darauf, dafs durch die gefundenen sehr grolsen, weit aulserhalb der Versuchsfehler gelegenen Verschiedenheiten in Zusammensetzung und Eigenschaften der wichtigsten zuerst ent- Die sogenannten Deuteroalbumosen. 511 stehenden Verdauungsprodukte die älteren Vorstellungen über den Aufbau des Eiweilsmoleküls aus isomeren oder auch nur in der Zusammensetzung ähnlichen Komplexen endgültig beseitigt er- scheinen. Diese Verschiedenheiten sind weit mannigfaltiger und einschneidender, als selbst Kühne annahm. Damit ist aber auch klar geworden, dals fortan jeder Versuch zur Aufklärung des Baues des Eiweilsmoleküls, welcher dauernden Wert. beanspruchen will, von den möglichst gut charakterisierten Albumosen und zwar den Albumosen homogener, d. h. krystallisierender Eiweilskörper ausgehen sollte. Dals vom physiologischen Gesichtspunkte aus die Isolierung ‚der einzelnen Albumosen eine ganze Anzahl von Stoffwechselfragen anregt, braucht kaum hervorgehoben zu werden. Schon jetzt er- giebt sich für das Verständnis der Verdauungs- und Ernährungsvor- sänge, dals die tiefsehende Aufspaltung des Eiweilsmoleküls durch die Magen- und Darmfermente dem Aufbau des Organeiweilses aus diesen Spaltungsprodukten eine noch gar nicht übersehbare, den Bedürfnissen des Organismus in beliebiger Annäherung sich an- passende Vielseitigkeit sichert. Wien, ım Maı 1902. Litteratur. !) E.P. Pick. Ein neues Verfahren zur Trennung von Alhumosen und Peptonen. Zeitschr. f. physiol. Chem. 24, 246; ferner: Zur Kenntris der pep- tischen Spaltungsprodukte des Fibrins. I. Teil. Daselbst 28, 210. ”) Die hierauf bezüglichen Litteraturangaben finden sich ausführlich wiedergegeben in den bei 1 angeführten Arbeiten. ®) Haslam, H. C., Quantitative Bestimmung der Hexonbasen in Hetero- albumose und Pepton. Zeitschr. f. physiol. Chem. 32, 54. Siehe auch Edw. Hart, Über die quantitative Bestimmung der Spaltungsprodukte von Eiweils- körpern. Daselbst 33, 347. *) Lawrow, Zur Kenntnis des Chemismus der peptischen und tryp- tischen Verdauung der Eiweilsstoffe. Zeitschr. f. physiol. Chem. 26, 513. °) Cerny, Zd., Versuch einer Trennung der Verdauungsalbumosen mit Metallsalzen. Pflügers Archiv 87, 614. 6) Maly,R., Über die chemische Zusammensetzung und physiologische Bedeutung der Peptone. Daselbst 9, 585 (1874). 7) Henninger, De la nature et du röle physiologique des peptones. Compt. rend. 86, Nr. 22, 23. °) Thiry, L., Untersuchungen über die Verdauung der Eiweilskörper Nr, V. Zeitschrift für rationelle Medizin 3. Reihe 14, 78. °) Herth, R., Über die chem. Natur des Peptons und sein Verhältnis zum Eiweils. Zeitschr. f. physiol. Chem. 1, 277; ferner: Untersuchungen über die Hemialbumose oder das Propepton. Monatshefte für Chemie 5, 266 (1834). 512 BP Picky 10) Schmiedeberg, O., Über die Elementarformeln einiger Eiweils- körper und über die Zusammensetzung und die Natur der Melanine. Arch. f. exper. Pathol. u. Pharmakol. 59, 1. 1) Möhlenfeld, Über die Peptone des Fibrins. Pflügers Archiv 5, 381 (1872). '®) Kossel, A, Ein Beitrag zur Kenntnis der Peptone. Daselbst 13, 309 (1876); ferner: Über die chem. Zusammensetzung der Peptone. Zeitschr. f. physiol. Chem. 3, 58 (1879). '») Düring, F., Über die Schwefelbestimmungen in verschiedenartigen animalischen Substanzen und in Haaren von Tieren verschiedenen Alters. Zeitschr. f. physiol. Chem. 22, 231. ı) Schulz, F. N., Die Bindungsweise des Schwefels im Eiweils. Da- selbst 25, 16. 15) Suter, F., Über die Bindung des Schwefels im Eiweils. Da- selbst 20, 564. 15) Mörner, K.A. H., Cystin ein Spaltungsprodukt der Hornsubstanz. Daselbst 28, 595; ferner: Zur Kenntnis der Bindung des Schwefels in den Proteinstoffen. Daselbst 34, 207. ) Maas, O., Über die ersten Spaltungsprodukte des Eiweilses bei Einwirkung von Alkali. Daselbst 30, 61. 5) Middeldorf, E., Über den Schwefel der Serumalbuminkrystalle und deren Verdauungsprodukte. Verhandlungen der physik.-mediz. Gesell- schaft zu Würzburg, N. F. 31 (1898). 19%) Embden, G., Über den Nachweis von Cystin und Öystein unter den Spaltungsprodukten der Eiweilskörper. Zeitschr. f. physiol. Chem. 22, 94. 2) Langstein, L., Die Kohlehydrate des krystallisierten Ovalbumins. Daselbst 31, 49; ferner: Die Kohlehydrate des krystallisierten Serumalbumins, Diese Beiträge 1, 259. ®) Fränkel, S., Über die Spaltungsprodukte des Eiweilses bei der Verdauung. Il. Mitteilung. Über die Reindarstellung der sogenannten Kohle- hydratgruppe des Eiweilses. Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien. Mathem.-naturw. Kl. 107, Abteilung II b. ®) Hausmann, W., Über die Verteilung des Stickstoffs im Eiweils- molekül. Zeitschr. f. physiol. Chem. 27, 95; ferner Il. Mitteilung. Da- selbst 29, 136. °) Schulze, E., Über die Spaltungsprodukte der aus Koniferensamen darstellbaren Proteinstoffe. Daselbst 24, 276; ferner daselbst 25, 360, II. Mitteilung. ”4) Kossel, A., Über die basischen Stoffe des Zellkernes. Daselbst 22, 176; ferner: Über die Konstitution der einfachsten Eiweilsstoffe. Daselbst 25, 165; ferner: Weitere Mitteilungen über die Protamine. Daselbst 26, 585; ferner: Kossel und Kutscher, Beiträge zur Kenntnis der Eiweils- körper 31, 165. >>) Zunz, E., Über den quantitativen Verlauf der peptischen Eiweils- spaltung. Zeitschr. f. physiol. Chem. 28, 132. ») Folin, O., Zur Kenntnis des sogenannten tierischen Gummis. Da- selbst 23, 347. ”) Landwehr, Untersuchungen über das Mucin der Galle und das der Submaxillardrüse. Zeitschr. f. physiol. Chem. 5, 371; ferner: Unters. Die sogenannten Deuteroalbumosen. Hill über das Mucin von Helix pomat. und ein neues Kohlehydrat. Daselbst 6, 75; ferner: Ein neues Kohlehydrat (tier. Gummi) im menschlichen Körper. Daselbst 8, 122; ferner: Zur Lehre von der Resorption des Fettes. Da- selbst 9, 361; ferner siehe auch Pflügers Archiv 39, 40 und Zentralblatt für medizinische Wissenschaft 1885, Nr. 21. >), Hammarsten, ®., Über das Vorkommen von Mucoidsubstanzen in Ascitesflüssiekeiten nach Malys Jahresbericht 20, 419 (1891). 2) Samuely, F., Diese Beiträge 2, 355. 3) von Fürth, O., Über die Einwirkung von Salpetersäure auf Eiweils- stoffe. Stralsburg 1899. st) Sieber, N., Über die Pigmente der Chorioidea und der Haare. Arch. f. exper. Path. u. Pharmak. 20, 362. 2) Landolt, Über das Melanin der Augenhäute. Zeitschr. f. physiol. Chem. 28, 192. ”#) Hopkins u. Cole, A contribution to the chemistry of proteids. 1. A prelim. study of :a hitherto undescribed product of tryptie digestion. Journ. of physiol. 27, 418 (1901). »2) Mulder, Journal für prakt. Chemie 21, 343 (1840), eit. nach Kobert, R., Über Melanine: „Wiener Klinik“, Jahrgang 27, 4. Heft, 118 (1901). ») Malfatti, H., Beitrag zur Kenntnis der peptischen Verdauung. Zeitschr. f. physiol. Chem. 31, 43. 6) Zunz, E., Contribution a l’eEtude de la digestion peptique et gastrique des substances albuminoides. Annales publiees par la Societe royale des sciences medicales et naturelles de Bruxelles, t. XI, fasce. I (1902). 7) Langstein, L., Zur Kenntnis der Endprodukte der peptischen Verdauung. Diese Beiträge 1, 507. Beitr. z. chem. Physiologie. II. 33 XXX. Über das Zeiteesetz des Fibrinferments. Von Dr. Ernst Fuld, Assistent des pharmakologischen Instituts zu Halle a. S. (Aus dem pharmakologischen Institut zu Halle a. S.) Für die Theorie der Fibringerinnung muls einer wenigstens vergleichenden Messung der Fermentmenge ein erhebliches Inter- esse zukommen. Läfst sich eine solche Messung durchführen, so könnte resp. mülste sich aus der Form des Gesetzes ein Rück- schlufs auf die Berechtigung der Auffassung des Gerinnungsvor- ganges als eines enzymatischen ableiten lassen, und ein Entscheidungs- moment für die Rechtmälsigkeit der ziemlich allgemein üblichen Analogisierung der enzymatischen Gerinnungsvorgänge, namentlich der Blut- und Labgerinnung, wäre gefunden. Da meine Versuche mich dahin geführt haben, diese Forderungen, wenigstens innerhalb bestimmter Grenzen und an einem besonders günstigen Objekt, in der Weise zu erfüllen, dafs ich aus der beobachteten Gerinnungs- geschwindigkeit diejenige für andere Fermentgaben vorausberechnen konnte, so sei es gestattet, diesen Teil meiner Versuche schon jetzt mitzuteilen, wobei ich mir die gleichzeitig begonnene Ausdehnung derselben auf andere Objekte naturgemäls vorbehalte. In der Litteratur konnte ich exakte Angaben über den Ein- flufs der Thrombinmengen auf die Gerinnungsgeschwindigkeit nicht finden. Duclaux!) nimmt direkte Proportionalität an, ebenso neuerdings Arthus [siehe Nachtrag 5). Die anderen Autoren begnügen sich mit der Konstatierung eines Abhängigkeitsverhält- nisses im allgemeinen, und Alexander Schmidt) bemerkt aulser- Ernst Fuld, Über das Zeitgesetz des Fibrinferments. 515 dem, dafs dasselbe an verdünnten Lösungen des Ferments deut- licher hervortrete als an konzentrierten. Im Hinblick auf die Empfehlung Hammarstens, sowohl bei Fibrin- wie Labgerinnungen #) 5) sich keiner allzu langsam wirkenden Extrakte zu bedienen, und auf Grund damit überein- stimmender Erfahrungen am letztgenannten Objekt #) beschlolfs ich, ein möglichst wirksames Ferment zu wählen; als solches fand ich in erster Linie hervorgehoben dasjenige der Vögel. Später mitzu- teilende Beobachtungen liefsen dessen Anwendung am Säugetier unthunlich erscheinen. Es wurde darum ein Oxalatplasma von Enten angefertigt. Obwohl jedoch der ÖOxalatgehalt desselben absichtlich zu grofs genommen war, gerann es doch spontan. Erst jetzt entschied ich mich für das von Delezenne’) ent- deckte Verfahren der Plasmabereitung. Bei der Lektüre der Originalabhandlung fand ich allerdings, dafs der Autor selbst der- artige Versuche ins Auge gefalst hatte. Da nun aber seitdem schon fünf Jahre verstrichen sind, ohne dals solche Versuche aus- geführt sind, und namentlich da die Methode in einer besonderen Abhandlung ohne Vorbehalt zur allgemeinen Benutzung mitgeteilt ist °), so trug ich kein Bedenken, mich derselben zu bedienen, um so eher, als inzwischen von mehreren Seiten ?) 1%) die Versuche mit zum Teil etwas abweichendem Resultat wiederholt worden sind *). Bereitung des Plasmas. Zu den Versuchen diente das Blut von Gänsen und Trut- hühnern, zumal letzteres, das mir von einer hiesigen Geflügel- handlung in dankenswertester Weise überlassen wurde. Die Ope- ration wurde nach den Vorschriften Delezennes ausgeführt, jedoch glaube ich einige Angaben hinzufügen zu können, die bei einer Wiederholung der Versuche willkommen sein dürften. Das Blut wurde stets aus der Carotis entnommen, da von ihr leichter ein langes Stück freigelegt werden kann als von der Brachi- alis. Zu diesem Zwecke wird das (kaum Schmerz empfindende) Tier ohne Narkose aufgebunden und mit einigen untergeschobenen Keilen gestützt. Man hat darauf zu achten, dafs der Hals möglichst gerade und unverdreht liegt. Nun reinigt man das Öperationsfeld von Federn, am besten durch Rupfen, durchtrennt die Haut in der Mittellinie (bei Hühnervögeln sind dabei die roten, gefälsreichen Hautanhänge zu *) Die frühesten Angaben über eine langsame Blutgerinnung bei Vögeln (Hühnern) finden sich bei Alexander Schmidt). 516 Ernst Fuld, schonen), umsticht sorgfältig alle blutenden Venen und kann ohne interkurrente Blutung und ohne Tupfen die Operation zu Ende führen, gleichviel ob man stumpf oder scharf vorgeht. Nach Durchtrennung des Bindegewebes geht man haarscharf in der Mittellinie zwischen die Muskeln des unteren Viertels ein, ohne den Puls zu suchen. Ist man bis zu der recht tief gelegenen „linken“ Arterie vorgedrungen, so tritt dieselbe sich aufrichtend wie ein Schlauch, in den ein starker Wasser- strahl eintritt, aus der Wunde hervor. Das Gefäfs der anderen Seite liegt unmittelbar hinter ihr. Die Arterie wird aufgehoben, auf einen Streifen Fliefspapier gelegt (Delezenne) und in dieselbe nach Fr- öffnung mittels einer gereinigten (s. u.) Schere die Kanüle ein- geführt. Die Kanülen waren stets aus Glas gefertigt, für gröfsere Tiere von gewöhnlicher Form, für kleinere lange Schmelzröhrchen von solcher Weite, dafs sie durch die Gefälswand selbst festgehalten werden, da sie sonst beim Versuch des Einbindens unfehlbar zerbrechen. Das Blut wird in Centrifugiergläschen aufgefangen, welche mit einem nicht zu knappen Stück Stanniol bedeckt sind. Unmittelbar vor Benutzung wird das Stanniolpapier mit einem Rohr von der Weite der Kanüle durchstofsen, in diese Öffnung führt man die Kanüle ein. Durch Zu- sammendrücken des Stanniols oder durch Verschieben desselben wird sofort nach der Füllung das Glas vollkommen bedeckt. Das Aus- wechseln der Gefälse muls natürlich schnell geschehen. Durch mehr- maliges Centrifugieren und Abheben (jedes Glas mit einer frisch gereinigten Pipette!) erhält man in zwei Stunden ein körperchenfreies Plasma. Während des Centrifugierens und in der ganzen Folgezeit bleiben die Proben mit Stanniol bedeckt, während des ersteren kann die Bedeckung auch auf die Fächer der Runneschen Centrifuge aus- gedehnt werden. Das Blut darf mindestens bis zur vollkommenen Entfernung aller geformten Elemente nur mit reinen, staubfreien Gegenständen in Be- rührung kommen. So zu reinigen sind also die Schere, mit der das Gefäfs aufgeschnitten wird, die angewendete Kanüle (die Schmelz- röhrchen werden gleich zugeschmolzen aufbewahrt), die Centrifugier- gläser und die Pipette nebst Schlauch zu dem Abheben des Plasmas. Ich bediente mich mit Vorteil der von Ostwald!3) empfohlenen An- ordnung des Ausdämpfens.. Auf einer Kochflasche mit Wasser wird vermittelst eines durchbohrten Korks-und eines Trichters ein Glasrohr von solcher Weite befestigt, dals es das Rohr der Pipette bequem falst, auch die Schere mufs sich darin ein wenig öffnen lassen. In möglichst unmittelbarer Nähe ist ein ähnliches vertikales Glasrohr an eine Wasser- strahlluftpumpe angeschlossen, in welches die Gegenstände aus dem (minutenlangen) Aufenthalt im strömenden Dampf möglichst heifs mittels eines Tuches übertragen werden. Die Trocknung geht recht schnell von statten. Auch die starkwandigen Centrifugierröhrchen ver- tragen diese Art der Reinigung ohne jeden Schaden. Die Kanülen werden in der Flamme gereinigt. Eine derartige Reinigung der Messer u. s. w. vorzunehmen, wie Delezenne empfiehlt, halte ich für gänzlich unnötig, da sie bei der Operation doch mit Ferment beschmutzt werden. Über das Zeitgesetz des Fibrinferments. 517 Bei genauer Innehaltung dieser Angaben, namentlich bei Aus- dämpfung der Pipetten vor jedem Gebrauch wird man stets wenigstens in einigen Röhrchen ein Plasma bekommen, das sich ein paar Wochen flüssig hält”). Bereitung der Enzymlösung. Ungleich einfacher ist die Bereitung der Enzymlösung. Ein Stück Muskel wird mit 0,8 proz. Kochsalzlösung und Glasscherben verrieben und das Extrakt filtriert oder centrifugiert. Die Lösung verliert meist bereits am selben Tage den gröfsten Teil ihrer Wirksamkeit. Man thut daher gut, ein paar Stücke der Muskulatur trocken aufzuheben. Anstellung des Gerinnungsversuchs. Da es bei vergleichenden Versuchen über ‚den Einflufs der Fermentmenge darauf ankommt, scharf bestimmbare Momente zu vergleichen, deren Eintritt möglichst allein von der Enzymwirkung abhängt, so sind die unmerklich einsetzenden und schleppend ver- laufenden Gerinnungen, wie sie meist beschrieben wurden, für diesen Zweck nicht ohne weiteres zu brauchen. Daher wurden Bedingungen gewählt, unter denen die einzelnen Stadien der Gerinnung einander möglichst schnell folgten, so dals die Auswahl des als charakteristisch angesehenen Moments einen möglichst geringen Fehler einführte. Jener kann unter diesen Umständen als die momentane Umwandlung der tropfbaren Flüssie- keit in einen festen Körper bezeichnet werden. Die Grenzen, inner- halb deren diese Erscheinung in der beschriebenen Form abläuft, hängen von der Natur des benutzten Ferments ab. Im einzelnen bediente ich mich einer Anordnung, welche sich aufs engste an die beim Studium der Labgerinnung erprobte an- schliefst. Immerhin war eine Reihe von Abänderungen durch die Natur und Kostbarkeit des Materials geboten. Versuchsanordnung. Im Ostwaldschen Thermostaten bei einer Temperatur von wenig über 30° werden die benutzten Gläser, Pipetten und Flüssigkeiten vorgewärmt. Um diese Zeit der Vor- wärmung kurz zu machen, zugleich auch um Plasma zu sparen, wird *) Eine Methode, Blut aus der Vene zu gewinnen, geben Bordet und Gengou°) an; bei kleineren Tieren hat diese entschieden Vorzüge, nur muls man den unteren Teil der rechten Jugularis statt der von ihnen vor- geschlagenen Brachialis nehmen. Im ganzen ist nach meinen Erfahrungen die Ausbeute geringer, der Erfolg unsicherer. 518 Ernst Fuld, für jeden Einzelversuch nur 1 bis 2ccm in gewöhnlichen Reagenz- gläsern genommen. Entsprechend der früher‘) mitgeteilten Über- legung kommt das Plasma zu der Enzymlösung, nicht umgekehrt. Die Eintragung geschieht durch Einblasen mit der Pipette. Entgegen vielfach verbreiteten Vorurteilen hat bekanntlich Ost- wald den Beweis geführt, der neuerdings von Kohlrausch wiederholt wurde, dafs die Abmessung kleiner Flüssigkeitsquanten sich mit voll- kommener Genauigkeit ausführen läfst. Auch durch die Benutzung der käuflichen geteilten 1 cem-Pipetten wird ein in Betracht kommen- der Fehler nicht begangen. Unbedingt erforderlich ist es allerdings, die obere Öffnung jeder Pipette vor dem ersten Gebrauch in der Flamme auf 1 bis 2mm Durchmesser zu bringen und bei Benutzung geteilter Rohre den bei der richtigen Einstellung anhaftenden Tropfen an einer geeigneten Stelle der Gefälswand abzustreichen. Die Zeitmessung geschieht mit dem Metronom, vom Beginn des Einblasens ab; nach etwa 10” (jedenfalls einer Zeit, die sofort notiert wird) wird eine Rennuhr eingeschaltet, das störende Metronom vorläufig oder ganz arretiert. Die Prüfung des Gerinnungszu- standes erfolgt (am besten auf Grund einer vorläufigen Probe und Vorausberechnung) durch Besichtigung der fortwährend, aber sanft unterhalb des Wasserbadniveaus hin und her bewegten, luft- blasenfreien *) Flüssigkeit bei einer guten über dem Wasserbad an- gebrachten Lichtquelle, aufserdem (zuerst von 10 zu 10, zuletzt von 5 zu 5”) durch ein schnelles Herausziehen des Röhrchens, das ebenso schnell eingetaucht wird. Einige Übung ist natürlich auch hier nötig. Die Gerinnung des Vogelplasmas mit Fermentlösung. Ich halte es für das Übersichtlichste, wenn ich nun sofort die Gerinnung des Vogelblutes mit künstlichem Fermentzusatz be- schreibe. Zuvor sind nur einige wenige Punkte zu erörtern. Die spontane Gerinnung erfolgt, wie gesagt, meist erst nach Wochen; nehmen wir aber selbst an, sie würde nach 24 Stunden eintreten, so erleidet das Plasma während der zu einer Versuchs- reihe nötigen Zeit keine in Betracht kommende Veränderung seines Zustandes durch die an der spontanen Gerinnung beteiligte Enzym- menge. Ebenso wenig ist diese imstande, die Berechnung des Zeit- gesetzes aus Fermentzusatz und Gerinnungsgeschwindigkeit zu stören. Eine grofse Schwierigkeit besteht bei den „ewöhnlichen *) Ganz feine Luftblasen eestatten allerdings die Bestimmung des Gerinnungsmomentes viel schärfer zu machen, indem ihre Bewegung eine ganz andere ist, je nachdem es sich um das Zurückflielsen einer Flüssigkeits- schicht oder das Zurücksinken einer Gallerthaut handelt. Über das Zeitgesetz des Fibrinferments. 519 Gerinnungsversuchen darin, dafs von zwei scheinbar gleichen Blut- proben die eine in ganz anderer Zeit gerinnt als die andere; ein Einflufs des gewählten Glasgefälses ist daher eine unvermeidliche und keineswegs vereinzelt stehende Annahme. Es war demnach zu erwägen, ob nicht für alle Versuche ein einziges Reagenzelas genommen werden mülste. Dies erwies sich jedoch bei blut- körperchenfreiem Vogelplasma und Enzym als überflüssig. Doppel- versuche in verschiedenen Gläsern stimmten hinreichend überein. Sämtliche Proben wurden im allgemeinen mit der gleichen 0,5 proz. Kochsalzlösung, die zur Extraktion des Enzyms gedient hatte, auf gleiches Volum gebracht, jedoch wurde festgestellt, dafs die Gerinnungszeit in weiten Grenzen unabhängig von der so bewirkten Volumvermehrung ist. Das übereinstimmende Resultat der Versuche, soweit sie ge- lungen sind, d. h. aller derjenigen, in denen zu einer gegebenen Fermentmenge eine bestimmte Gerinnungsdauer gehörte, war folgendes: Wurde der Fermentgehalt gesteigert, so wuchs die Gerinnungs- geschwindigkeit. Dieses Wachstum ging nicht, wie etwa bei der Labgerinnung, parallel mit der Vermehrung des Ferments, sondern erfolgte langsamer. Dabei liefs sich ohne weiteres innerhalb gewisser Grenzen eine Gesetzmälsigkeit nicht verkennen, derart, dafs einer Erhöhung der Enzymmenge aufs Doppelte eine Zunahme der Geschwindigkeit aufs Anderthalbfache entspricht. Die Behandlung dieses Aus- druckes führt zu einer Gleichung von der Form: loe % — 0,585 *) log x = los Y YN & log n 1 —):]l =) == — 0,585 en “ © log & worin x die Fermentmenge, x, die zur Gerinnungszeit y, gehörige Fermentmenge bedeutet. Diese Formel erinnert auffallend an die Regel von Schütz, wo die Konstante auf der rechten Seite 1/2 ist. Erwägt man, dals 1,5. sich von 1,414. — v2 nur wenig unterscheidet, und be- trachtet die vorgefundenen Werte genauer, so wird man unbedenk- lich den Schützschen Ausdruck auch als brauchbare Annäherung og 1,5 DEOE Dr 0,5846; soll x, einen anderen Wert als 1 haben, so muls So 1 es heilsen log (2): LOVE Ernst Fuld, für das Wirkungsgesetz des Fibrinferments ansprechen; die aus jenem berechneten Werte mögen daher als leichter kontrollierbar unter der Rubrik „berechnet nach Schütz“ vorangehen. Der Be- rechnung zu Grunde gelegt ist stets der durch Fettdruck hervor- gehobene Wert. Im Nachstehenden gebe ich einige Versuchsprotokolle. Versuch 1. Gänseplasma je 2cem, mit Gänsemuskelextrakt mit 1/\onorm. NaCl] bereitet; !/,nnorm. NaCl ad 2,2 Fermentmenge 0,2 0,1 0,05 0,025 Gerinnungszeit so 120" 180 2907 Berechnet nach Schütz 90 127 150 256 Temperatur des Wasserbades: 41°. Berechnet nach A. 120 270 Versuch 2. Trutbahnblut (2ccm) und -extrakt 0,8proz. NaCl, sonst wie 1. Fermentmenge Gerinnungszeit Perecheeh Berschn 8 A = nach Schütz nach A. 0,6 105" 115 102. 0,3 | 1554 163 155 0,15 102304 230 230 0,10 |335—365 unscharf — — 0,05 ? —595 7 _ — Versuch 3. Wasserbad 30° C., sonst wie 2. Fermentmenge Gerinnungszeit Berechnet De = S Sa nach Schütz nach A. 0,9 | 50" 49 45 0,6 60’ 60 57 0,3 85 35 16) 0,15 110% 120 127,5 Versuch 4, wie oben, lccm Plasma. Fermentmenee | Gerinnuneszeit Beradımei Bares 2, = > nach Schütz nach A. j 0,4 1a 154 127 0,3 155% 157 150 0,2 190" 190 190 0,1 350! 259 285 Über das Zeitgesetz des Fibrinferments. : 521 An diesen Reihen fällt zweierlei auf. Erstens, dals die kom- pliziertere Rechnungsart „A“ doch im ganzen die richtigeren Werte giebt“); inimerhin stimmen auch die nach Schütz berech- neten Werte ebenso gut zu der Regel wie die meisten anderen Belege derselben innerhalb der gleich zu erörternden Breite. Zweitens bemerkt man, dals für längere Zeiten, also gerade für geringe Enzymmengen, eine Gesetzmälsigkeit irgend welcher Art nicht zu erkennen ist; die Gerinnungsdauer nimmt unverhältnis- mälsig schnell zu, der Einflufs der Enzymmenge wird viel aus- gesprochener, wie schon Alexander Schmidt?) angiebt, aber die Erscheinung zugleich regellos, übrigens auch bei Doppelproben diskrepant. Gerade das Umgekehrte ist bei anderen Enzymen der Fall; hier gilt die Schützsche Regel nur für geringere, nicht für höhere Konzentrationen; analog jedoch ist das Verhalten des Parachymosins. Für dieses konnte ich zeigen, dals, kurz gesagt, der Einfluls des Mediums sich bei längerer Wirkungsdauer unter gewöhnlichen Be- dingungen geltend macht und die an sich regelmälsige Wirkungs- kurve stört. Die gleiche Ansicht möchte auch hier vertreten stellen, unter welchen auch bei längerer Gerinnungsdauer die Regel hervortritt. Dies gelingt erstens durch Gerinnung bei Zimmertemperatur. Hierbei tritt als störendes Moment die Unschärfe des Gerinnungs- anfangs hervor. Versuch 5, bei 15,5%; Truthahnplasma und -ferment in 0,8 proz. Kochsalzlösung, 1 Tropfen aus der Pipette (0,02 ccm), 3 Tropfen Salz- lösung, 2ccm Plasma u. s. f. Tropten | ei Berechnet | Berechnet Fermentlösung | = | na ch Schütz | nach A. 1 | 15’ 15 | 15 9 10' | 10,6 | 10 3 g’ | 8,7 | 7,9 4 6’ 7,3 | 6,7 *) Dies tritt um so mehr hervor, je schärfer die Zeitbestimmung gelingt. Versuche, die ich in Gemeinschaft mit Herrn Dr. Spiro zu etwas anderem Zwecke anzustellen Geleeenheit hatte, und auf die a. a. 0. zurück- zukommen sein wird, bilden daher bessere Belege für das Gesetz, als ich allein sie beibringen konnte. **) Für das Pferdeblut hat Alex. Schmidt“) gezeigt, dals die Wärme die Gerinnung zwar beschleunigt, den Fermentgehalt aber herabsetzt. 5223 Ernst Fuld, Versuch 6. 15,5°, Truthahnblut, Rebhuhnextrakt, 1 cem Plasma. Verena | nn | ee ee cem | RE ı nach Schütz nach A. | ende 0,2 I= 1a1o7 2 1030 1160 2 0gol 0,15 1370” | 142] 13732 00.216300 0,1 1740" 1740 1740 | 2490" 228807? 2461 2610 | 3780" 0,05 | | Stimmt schon der Gerinnungsanfang wegen der schlechten Erkennbarkeit recht schlecht, so zeigt sich bei Abwartung des Gerinnungsendes die vollkommene Regellosiskeit. Betrachten wir in Versuch 6 nur die beiden ersten Werte, da nur diese auf 10” genau angegeben sind, so wird die Übereinstimmung besser. Übrigens sollen Versuch 5 und 6 nicht dazu dienen, einen scharfen Ausdruck für das Zeitgesetz zu liefern, wozu sie ihrer Natur nach ungeeignet sind, sondern nur dazu, zu zeigen, dals auch bei lang- samerer Gerinnung die Verhältnisse im wesentlichen ähnlich liegen wie bei schneller, und dafs eine wirkliche Grenze in dieser Richtung nicht anzunehmen ist. Wenn eine solche bei den Ver- suchen in der Wärme scheinbar hervortritt, so muls dies an acci- dentellen Eigenschaften des Enzyms liegen. Ich glaube in der Lage zu sein, den direkten Beweis für diesen Satz zu führen, indem ein Enzym von anderer Provenienz die gleiche Regel zeigt, nur in grölserer Breite. Versuch 7. Truthahnplasma je 1 ccm, Temperatur etwa 30°C.; spontan abgepreistes Serum von schnell geronnenem Meerschweinchenblut. Serum | | Berechnet Berechnet cem | = | nach Schütz nach A. 0,6 | 10/ 11,75 | 104 0.3 | 15,5’ 16,7 | 15,7 0,15 | 23,9 23,5 23,9 Dieser Versuch, welcher in mehrfacher Beziehung interessant ist, zeigt uns zunächst die Gültigkeit des auf S. 519 entwickelten Ausdrucks innerhalb ausreichend weiter Grenzen. Da der Ge- rinnungsanfang scharf war, ist er ferner geeignet, die grölsere Genauigkeit der nach ihm berechneten Werte gegenüber den nach Schütz geforderten darzuthun. Über das Zeitgesetz des Fibrinferments. 523 Rückschlüsse auf die Natur der Thrombinwirkung. Ob nun aber der eine oder der andere Ausdruck den Vorzug verdient, oder ob an einem geeigneten Material eine beide um- fassende Wirkungsform aufgefunden werden mag — so viel ist sicher, als das Zeitgesetz des Fibrinferments und die Schütz- sche Regel für hydrolytische Fermente zusammengehören, während eine gewöhnliche „chemische“, d. h. Bindungsreaktion ganz anders- artisen Gesetzen folgt. Hieraus folgt, dafs die Wirkung eine enzymatische Wirkung sein muls, was ohne ausreichenden Grund in letzter Zeit mehrfach angezweifelt worden ist. Mit Wahr- scheinlichkeit folgte dies bereits aus der Feststellung Hammarstens, dals das Gewicht des Fibrins in keiner erkennbaren Relation zu der angewandten Enzymmenge stehe. | Eine weitere unmittelbar sich ergebende Folgerung aus dem gefundenen Zeitgesetz besteht in der Verschiedenheit der Vor- gänge bei der Fibringerinnung und bei der Kaseingerinnung durch Lab, welche einem anderen Gesetz folgt. Wir werden unten auch physikalische Unterschiede zwischen dem Fibrin- und dem Käse- serinnsel kennen lernen. Auch wäre auf die von Hammarsten aufgeklärte, durchaus verschiedene Bedeutung der Kalksalze bei beiden Prozessen hinzuweisen. Der von uns studierte Fall der Plasmagerinnung ist insofern als ein besonders reiner anzusehen, als mit der Fermentlösung nicht zugleich Fibrinogen oder Spaltungsprodukte desselben in das Plasma gebracht werden. Es ist nach Versuch 7 nicht unmöglich, dals diese wenig oder gar keinen Einfluls ausüben, jedoch kann nur der direkte Versuch darüber entscheiden. Spezifität der Fibrinfermente. Ob die Fermente verschiedener Herkunft identisch oder ver- schieden seien, darüber hat bisher, soweit ich sehe, nur Duclaux!) und zwar im ersteren Sinn sich geäufsert”“). Ich glaube ihre Ver- schiedenheit beweisen zu können. Streng genommen besteht ja über- haupt keine Sicherheit, dals in Versuch 7 der gleiche Serumbestandteil für die Gerinnung des Meerschweinchenblutes und des Truthahn- plasmas verantwortlich gemacht werden darf; nur die grolse Ver- breitung universal wirksamer Fibrinfermente im Tier- und Pflanzen- reich lälst die entgegengesetzte Annahme wenig vertretbar erscheinen. *) Wie ich nachträglich finde, sind Bordet und Gengou’°) durch Immunisierunesversuche zum gleichen Resultat gelangt wie ich. 594 Ernst Fuld, In diesem Falle wäre das Enzym imstande gewesen, inner- halb höchstens 3’ das eigene Blut zur Gerinnung zu bringen. Hierbei ist nicht berücksichtigt, dafs der Enzymgehalt des Blutes während der genannten Zeit und der Folgezeit vom Werte Ö all- mählich [A. Schmidt?) *)] zur definitiven Höhe wächst, im Mittel, wie auch immer dieses zu berechnen sei, die Konzentration 0,6: 1,6 kaum übersteigen wird. Betrachtet man nun die Gerinnungszeit des so gemischten Vogelplasmas unter Zugrundelegung des Zeit- gesetzes, so wird man zugeben, dals die gefundene Zeit von 10 eine mehrfach zu grolse ist. Noch schlagender ist folgender Kreuzversuch mit Ferment- lösung und Plasma zweier Tierarten, Pferd und Truthahn. Versuch 8. Pferdeblut wurde nach den Vorschriften von Arthus und Pages in Oxalat aufgefangen, das Plasma mit etwas Magnesium- salz zur Entfernung wenigstens eines Teiles des überschüssigen Oxalats versetzt (Zinksalz, das an sich besser wäre, wurde wegen seiner sauren Reaktion vermieden). Solches Plasma gerinnt, wenn auch gallertig, nach Zusatz ebenso behandelten oder gewöhnlichen Serums je nach der Menge desselben in Bruchteilen oder Mehrfachen einer Stunde, nicht aber spontan. 5eem davon. . . . mit 2ccm Geflügelmuskelextrakt blieben dauernd flüssig lcem Truthahnplasma „ '/, ccm e oerann in 70”. lccm „ „ Y,ecm Pferdeserum gerinnt nicht. Die Gerinnung des Pferdeplasmas mit Pferdeserum eıfolste, obwohl letzteres Oxalat in löslicher Form (kein Magnesiumoxalat) enthielt; für das Truthahnblut war natürlich gewöhnliches Serum genommen worden. Ich glaube nicht, dafs dieser Versuch eine andere Deutung zuläfst, als dafs beide Enzyme spezifisch verschieden sind; wollte man selbst annehmen, das eine werde hier, das andere dort ge- bunden, zerstört oder neutralisiert, so wäre damit eine weitgehende Differenz bereits zugegeben. Das Vogelblut ist, wie bereits Delezenne bemerkt und Ellinger und Spiro 2?) sowie Spangaro1?) bewiesen haben, ein vortreffliches Objekt zur Entscheidung einer Reihe von Fragen. Obwohl hier auf die ebenso interessante wie schwierige Morpho- logie der Blutgerinnung nicht eingegangen werden soll, so möchte ich meine Erfahrungen an diesem Versuchsobjekt doch kurz besprechen. Dieselben stellen im ganzen eine Bestätigung von Delezennes Angaben dar. *) Siehe auch Arthus, Nachtrag '®). Über das Zeiteesetz des Fibrinferments. 5935 () Insbesondere muls Spangaro gegenüber bestätigt werden, dafs sowohl direkt aufbewahrtes Vogelblut als namentlich Plasmareste, die aus Vorsicht über den Körperchen im Oentrifugierglas gelassen und so aufbewahrt wurden, sich einige bis viele Tage flüssig halten, dals die Gerinnung zwischen Plasma und Erythrocyten beginnt und meist nicht von der Oberfläche des ersteren, die erst zuletzt erreicht wird. Das durch Centrifugieren gewonnene Plasma ist entschieden gelblicher gefärbt als das durch spontanes Absetzen bereitete. Hieraus ist zu schlielsen, dals beim Centrifugieren doch einige Körperchen zu Grunde gehen. Erwägt man ferner, dafs auch beim Anschneiden der Ader, beim Einführen der Kanüle in Blut- und Glasgefäls u. s. w. einige davon zu Schaden kommen müssen, so wird man sich sehr besinnen müssen, ehe man die nach Wochen “ des Plasmas, die zum Teil übrigens Mikroorganismen zur Last fallen mag, einem Gehalt des zirkulierenden Bluts an Thrombin zuschreibt. Auch folgende Er- eintretende „spontane Gerinnung“ wägung spricht dagegen. Nach Delezennes leicht zu bestätigen- der Angabe hängt die Gerinnungszeit einer Blutprobe von ihrem Gehalt an Körperchen ab. Hieraus folgt, dafs solche fortwährend Ferment abgeben, mögen sie es nun überlebend thun können oder nicht. Jedenfalls wird diese Abgabe während der Dauer des Centrifugierens nicht unterbrochen. Auf alle Fälle ist der Enzym- gehalt einer nach 14 Tagen mit der Gerinnung beginnenden Probe, nach dem Zeitgesetz berechnet, ungefähr gleich 0. Wie die Blutgerinnung bei einer Verletzung des Vogels ab- läuft, darüber sagen unsere Versuche nichts aus. So viel aber scheint klar, dafs dieselbe unmöglich auf der Extraktion von Ferment aus den Geweben durch das darüberhin fliefsende Blut beruhen kann. Dazu ist dieses Ferment zu schlecht extrahierbar; auch ganze Gewebsstücke, in rein aufgefangenes Blut gebracht, bringen nur eine Gerinnung hervor, die an Schnelligkeit hinter der natürlichen zurücksteht. Es mufs also eine Beeinflussung des Blutes selber hierbei angenommen werden; worin sie besteht, läfst sich zunächst nicht angeben *). Alle Beobachter haben verzeichnet, dafs das Vogelplasma bei der Gerinnung kein Serum abprelst. Diese Thatsache (die man übrigens benutzen kann, um sich eine Anzahl gleich grofser Fibrin- stücke zu verschaffen): wurde verschieden erklärt. Spangaro *) Verel. Nachtrag '7). 526 Ernst Fuld, nimmt an, die Geschwindigkeit der Abpressung sei eine Folge der Gerinnungsgeschwindigkeit. Jedoch sprechen andere Angaben von ihm nicht in diesem Sinn. Auch preflsten meine in wenigen Minuten geronnenen Proben kein Serum ab *). Genau dasselbe fand ich am Plasma von Säugetieren, das durch Abkühlen nach Schmidt oder (ein Fall!) in Vaseline nach Freund!#) durch Centrifugieren gewonnen war, kurz für jedes körperchenfreie Plasma. Es liest nahe, den Grund hiervon in der Abwesenheit der Träger des fibrinolytischen Ferments zu suchen. Die mangelnde Retraktion des Kälteplasmas hat Schmidt bereits 1892 auf die Abwesenheit der Körperchen bezogen, ebenso die von Semmer konstatierte schnelle Auflösung des Vogelfibrins auf Eigenschaften der Vogelblutkörperchen. Hierin liest also auch ein Unterschied des Blutgerinnsels vom Käsegerinnsel, das sich unter allen Umständen retrahiert, wenn auch kein einschneidender, denn auch Gelatine und Agaragar unterscheiden sich in diesem Punkt. Nachschrift. Ganz neuerdings hat Arthus!5) bis 17) im Fluornatrium ein wertvolles Mittel angegeben, fermentative Gerinnung des Blutes von anderweitigen zu unterscheiden. Obwohl dieser Autor selbst das ideale Reagens auf Ferment im Vogelplasma sieht und nicht im Fluornatriumplasma, so hielt ich es doch für geboten, Vogel- plasma nachträglich mit Fluornatrium und Muskelextrakt gleich- zeitig zusammenzubringen; das benutzte Plasma stammte von einem Perlhuhn, ebenso das in üblicher Weise angefertigte Extrakt; 0,5ccm Plasma wurden mit 0,lcem 3proz. Fluornatriumlösung und 0,5 ccm starken Extrakts digeriert. Gerinnung trat nicht ein, auch nicht als frisch abgeprelstes Hundeserum hinzugegeben wurde. Ebenso gerann Entenplasma mit frischem Meerschweinchenserum und Fluornatrium bei gleicher Mischung erst nach Stunden. Da dies Extrakt seine Wirkung durch mälsige Erwärmung verliert (Delezenne), so kann es nicht als Gewebsfibrinogen resp. zymo- plastische Substanz wirken. Also wird dieses Reagens auf Fibrin- ferment durch Fluornatrium ungerinnbar! Ein anderer Unterschied des Geflügelblutplasmas von dem- *) Pferdeblut, das in Gefälsen mit Kollodiumüberzug aufgefangen wird, gerinnt nicht lanesamer; als normales, läfst aber die Retraktion von den Wänden gänzlich, die Auspressung von etwas Serum [sehr lange vermissen. Über das Zeitgesetz des Fibrinferments. 5927 jenigen des Hundes und Pferdes liest in der Abwesenheit eines durch ein- oder mehrtägige Eiskühlung fällbaren Bestandteils. Es kann auf die ganze Frage erst an anderer Stelle eingegangen werden. Litteratur. ') E. Ducelaux, Mikrobiologie, t. II, chap. 17 und 39. >) A. Schmidt, Über die Beziehung der Faserstoffgerinnung zu den körperlichen Elementen des Blutes. Pflügers Arch. 11, 291, 515. ®) Ders., Die Lehre von den fermentativen Gerinnungserscheinungen. Dorpat 1876. 3a) Ders., Zur Blutlehre. Leipzig 1892. *) 0. Hammarsten, Über das Verhalten des Parakaseins zum Lab- enzym. Zeitschr. f. physiol. Chem. 22, 105. 5) Ders., Über die Bedeutung der löslichen Kalksalze für die Faser- stoffeerinnung. Ebenda 22, 333. 6) E.Fuld, Über die Milchgerinnung durch Lab. Diese Beiträge 2, Heft 4. 7) C. Delezenne, Recherches sur la coagulation du sang chez les oiseaux. Arch. de Physiol. 9 (2), 333. ®) Ders., Preparation d’un plasma pur et stable. Compt. rend. de la Societe de Biol. 1896, p. 782. °) J. Bordet und O. Gengou, Rech. s. la coag. du sang. Annales de /’Inst. Pasteur, Mars 1901. 10) 8. Spangaro, Quale influenza esereita sulla coagulazione il diretto contatto del sangue coi tessuti. Archiv. p. le sc. mediche, vol. 14, Nr. 11. ı) Ders., Come agisce il peptone sul sangue degli uccelli. Atti del Reale Istituto Veneto, p. 343. 2) K. Spiro und A. Ellinger, Der Antagonismus gerinnungsbeför- dernder und hemmender Stoffe im Blut u. s. w. Zeitschr. f. physiol. Chem. 23, 121. =) W. Ostwald, Hand- und Hülfsbuch f. physik.-chem. Messungen. Leipzig 1893. “) E. Freund, Über die Ursache der Blutgerinnung. Wiener med. Jahrb. 1888, S. 259. Nachtrae. »5) M. Arthus, Le Plasma fluore. Nouveau reactif qualitatif du fibrin- ferment. Journ. de Physiol. et Pathol. III, 837. 1°, Ders., Un reactif quantitatif du fibrinferment. Ebenda IV, 1. 7, Ders., Recherches sur la coagulation extravasculaire du sang; influence des bords de la plaie cet. Ebenda 4, 231. XXXI Uber den Befund von gepaarter Glykuronsäure in den normalen Fäces. Von Dr. med. Manfred Bial (Kissingen). (Aus dem Laboratorium der I. medizin. Universitätsklinik zu Berlin, Direktor: Geheimrat von Leyden.) Die von Schmiedeberg und Meyer entdeckte Glykuronsäure gilt allgemein als ein Produkt des Zuckerstoffwechsels bei der Verarbeitung des Zuckers durch die Gewebe und ist dementsprechend bis jetzt nur im Harn (Schmiedeberg und Meyer*), Külz, Thierfelder**), v. Mering***), Flückigery), P. Mayer und C. Neubergff) u. a. und im Blut (P. Mayerjrfrf) gesucht und gefunden worden. Bei der Beschäftigung mit einer anderen Frage beobachtete ich nun, dals Fäcespartikelchen in sehr deutlicher Weise die auch für Glykuronsäure zutreffende Orcinreaktion gaben; welche Probe auch in Alkoholextrakten der Fäces, nach deren Überführung in Wasser, stark positiv ausfiel. Diese natürlich nicht eindeutigen Befunde legten mir aber doch den Gedanken nahe, zu prüfen, ob sich nicht Glykuronsäure in den Fäces fände; und ich verfuhr deshalb folgendermalsen: Einem bis auf geringe Muskelschmerzen gesunden Mann, der ohne Medikation war und gewöhnliche, gemischte Krankenhauskost genols, *) Zeitschrift f. physiol. Chemie 3. *=) Ebenda 7. "=, Kbenda 6. +) Ebenda 9. 17) Ebenda 29. tr) Ebenda 32 Manfred Bial, Über den Befund von gepaarter Glykuronsäure u, s. w. 529 wurde früh morgens 1 Glas Bitterwasser verabfolgt, worauf einige Stunden später ein mälsig reichlicher, mälsig dünner Stuhlgang eintrat, der vor Zumischung von Urin sorgfältig bewahrt wurde. Die Menge der Fäces betrug etwa 250 cem; sie enthielten mälsig reichlich kompakte Partikeln. Die Fäces wurden nun mit 30 ccm konzentrierter Schwefel- säure, welche vorher mit 20 ccm Wasser verdünnt waren, versetzt und am kühlen Ort unter ölfterem Umrühren einen Tag stehen gelassen, worauf die Flüssigkeit, welche scharf saure Reaktion zeigte, ziemlich gleichmäfsig dünnflüssig wurde. Diese Flüssigkeit von etwa 300 ccm Menge wurde nun im Schütteltrichter mit 300 cem Alkohol + 1200 ccm Äther 8 Tage lang je 1!/; bis 2 Stunden täglich geschüttelt. Waren gepaarte Glykuronsäuren in den Fäces vorhanden, so mufsten sie bei diesem allgemein gebräuchlichen Extraktionsverfahren (Külz) in den Alkoholäther übergehen; der Säurezusatz hatte die Fäcesmasse offenbar genügend aufgeschlossen, um sie wenigstens teilweise extrahieren zu können. Der dunkelbraun gefärbte Alkoholätherextrakt wurde nun durch Destillation von dem Äther befreit, in der schwärzlichen Restflüssigkeit der Alkohol unter Wasserzusatz auf dem Wasserbad verjagt, schliefslich die wässerige Flüssigkeit von etwa 200 ccm Menge mit Tierkonle aufgekocht und entfärbt, wonach eine schwach rosa gefärbte Flüssigkeit zurückblieb. Letztere mufste nun auf Gehalt an gebundenen Glykuronsäuren untersucht werden. Ich stellte fest, dals die Flüssigkeit nicht reduzierte und die gewöhnliche Orcinreaktion erst bei sehr langem, etwa 3 Minuten dauerndem Kochen in der Weise gab, dals am amylalkoholischen, braungrünlich gefärbten Auszug der charakteristische Spektralstreifen am Ende des Rot zwar sehr schwach, aber doch mit Sicherheit erkennbar wurde. Verbesserte ich aber die Spaltungsbedingungen der vermuteten gepaarten Glykuronsäure, indem ich die Orcinreaktion in der von mir jüngst mitgeteilten Weise unter Eisenchloridzusatz anstellte*), dann erhielt ich nach etwa 1 Minute währendem Kochen kräftige schöne Grünfärbung der Flüssigkeit, und das amylalkoholische Extrakt zeigte den stärksten, charakteristischen Streifen am Ende des Rot, ein Verhalten der Orcinreaktion, welches nach meinen früheren Ausführungen (l. c.) für schwer spaltbare Glykuronsäuren bezeichnend ist. Die weitere Charakterisierung mulste darin bestehen, die Glykuron- säure von ihrem Paarling zu trennen, wonach sie durch ihre Reaktionen und Verbindungen nachweisbar sein mufste. Ich versetzte also die Lösung mit Schwefelsäure, so dals sie 1 Proz., später unter weiterer Säurezugabe 2 Proz. davon enthielt, kochte sie stundenlang, 1 bis 2 bis 6 bis 10 Stunden in einer verschlossenen Weilsbierflasche, welche Vorrichtung nach P. Mayer und C. Neuberg“*) als Autoklav dienen kann. Da die Lösung sich aber in ihren Reaktionen danach nicht veränderte, *) Deutsche medizin. Wochenschr. 1902, Nr. 15: 2 bis 3 cem Flüssigkeit etwa 5ccm rauchende Salzsäure, 1 Messerspitze Orein, 1 Tropfen Liquor ferri sesquichl. ==) Zeitschr. f. physiol. Chemie 29. Beitr. z. chem. Physiologie. II. 34 530 Manfred Bial, versuchte ich die Spaltung im wirklichen Autoklaven bei 3 Atmo- sphären Druck. Nach einer Stunde trat eine geringfügige Reduktion ein, die Orcin-Eisenchlorid-Reaktion führte sehr rasch zu starker Grünfärbung, jedoch der Versuch, aus der event. vorliegenden Menge freier Glykuron- säure eine Bromphenylhydrazinverbindung nach C. Neuberg zu gewinnen, führte an einer Probe noch nicht zum Resultat. Um mehr Glykuronsäure frei zu machen, brachte ich die Lösung noch einmal 1 Stunde lang in den Autoklaven bei 3 Atmosphären Druck. Danach war die leichte Reduktion verschwunden, und ebenso führte die Orcin-Eisen- chlorid-Reaktion nicht mehr zum Auftreten des charakteristischen Streifens im Rot, obwohl die Grünfärbung der Flüssigkeit noch eintrat*). Ich mulste also annehmen, dafs die Prozedur zur Zerstörung der gepaarten oder freien Glykuronsäure geführt hatte. Dennoch besteht m. E. kein Zweifel, dafs es sich hier wirklich um gepaarte Glykuronsäure handelt. Als in der Natur vorkommende Substanzen, welche Orcinreaktion geben, kennen wir nur Pentosen, Pentosane und Glykuronsäuren. Von synthetisch erhaltenen Körpern geben nach ©. Neubergs”**) Feststellungen noch die Oreinprobe: Glycerinaldehyd, Glycerose, Formose, Aldehydschleimsäure, d-Oxy- glukonsäure. Das Vorkommen dieser Substanzen im Darm ist natürlich ganz unwahrscheinlich, liegt aber immerhin im Bereich der Möglichkeit, da dieselben, worauf Neuberg aufmerksam macht, durch Bakterienwirkung aus den natürlich vorgebildeten Kohle- hydraten entstehen könnten. Für unseren Fall jedoch fallen alle diese Körper aus dem Kreis der Überlegung, da sie sämtlich kräftig reduzieren; desgleichen fallen also aus die Pentosen. Es bleiben somit nur zur Auswahl Pentosane und gepaarte Glykuronsäuren. Erstere aber gehen nicht in eine Atheralkoholmischung über, so dafs per exclusionem nur die gepaarten Glykuronsäuren als Ursache der Oreinprobe für unsere nicht reduzierende, aber nach Säurespaltung Reduktionskraft gewinnende Lösung übrig bleiben. Zudem ist das ganze Verhalten der Orcinreaktion, der exquisit leicht positiv zu erhaltende Ausfall derselben bei Unterstützung der Säurespaltungs- kraft durch Eisenchlorid ein derartiger, wie ich ihn auch für die schwer spaltbaren Glykuronsäuren des normalen Harns feststellte *) Die Bildung grünen, in Amylalkohol übergehenden Farbstoffes ist noch nieht genügend, da mittelst der Orcin-Eisenchlorid-Probe solcher auch z. B. aus Glykose abgespalten wird; dann zeigt aber der grüne Farbstoff keinen Spektralstreifen am Ende des Rot. Bei der Abspaltung aus Pentosen resp. Glykuronsäuren zeigt sich stets dieser charakteristische Spektralstreifen im grünen amylalkoholischen Extrakt. Weitere Mitteilungen hierüber folgen demnächst in einer anderen Arbeit. ”*) Zeitschr. f. physiol. Chemie 31, 5 und 6. Über den Befund von gepaarter Glykuronsäure u. s. w. Jan (l. e.). Ich stehe deshalb nicht an, den Nachweis der gepaarten Glykuronsäure in den normalen Fäces als erbracht zu bezeichnen, auch im Hinblick auf die folgende Arbeit, in welcher die Ab- spaltung und Charakterisierung der freien Glykuronsäure bei einer aus Fäces isolierten, leichter spaltbaren sepaarten Verbindung gelungen ist. Dieses Postulat habe ich für die gepaarte Glykuron- säure der normalen Fäces noch zu erfüllen, und ich zweifle nicht, dals ein eingehendes Studium der Spaltungsbedingungen, vielleicht die Übertragung der Eisenchloridmethode auf solche Spaltungs- versuche mit dünnen Mineralsäuren zum Erfolg führen wird. 34* XXXI. Über den Befund von gepaarter Glykuronsäure in den Fäces nach Mentholdarreichung. Von Dr. Manfred Bial (Kissingen) und Stabsarzt Dr. O0. Huber (Berlin). (Aus dem chemischen Laboratorium der I. medizinischen Universitäts- klinik in Berlin, Direktor: Geheimrat von Leyden.) Da sich bei Untersuchung der Fäces auf Glykuronsäure als empfehlenswert herausgestellt hatte, zur Charakterisierung eine leicht spaltbare Glykuronsäure zu benutzen*), so wählten wir zu dem Zweck die Mentholglykuronsäure. Die Verwendung des Menthols hatte auch noch den Vorteil, dafs ein nicht wasserlöslicher Körper in den Darm eingeführt wurde, also voraussichtlich ein längeres Verweilen desselben statthatte, wodurch die Chancen einer An- lagerung der Glykuronsäure sich erhöhten. Einem sonst gesunden Rheumatiker wurde zur Reinigung seines Darms von schon vorhandenen Fäces früh morgens ein Glas Bitter- wasser gereicht, worauf sich gegen Mittag eine reichliche Ent- leerung einstellte. Dann wurden demselben bei im übrigen ge- mischter Kost 68 Menthol im Laufe des Nachmittags gegeben; am nächsten Morgen wurde auf Bitterwasser wieder ein mäfsig dünner Stuhlgang erzielt, welcher sorgfältig vor Urinbeimengung behütet wurde, worauf noch weitere 69 Menthol im Laufe des Tages ein- genommen wurden. Am nächsten Morgen nach Bitterwasser wieder Stuhlgang. Die erste Fäcesportion nach der Mentholdarreichung betrug etwa 300 ccm. Sie wurde ganz, wie in der vorigen Arbeit beschrieben ist, behandelt. Aus der Alkoholätherausschüttelung *) Vergleiche vorstehende Arbeit des einen von uns. M. Bial u. ©. Huber, Über d. Befund v. gepaarter Glykuronsäure u.8s.w. 533 resultierte schlielslich nach allen beschriebenen Operationen eine wässerige Flüssigkeit, im ganzen etwa 250 ccm, welche folgende Reaktionen zeigte. Bei Anstellung der Reduktionsprobe mit Fehlingscher Lösung zeigte sich eine leichte gelb-grünliche Verfärbung, die erst einige Zeit nach dem Kochen auftrat. Die Oreinprobe in der gewöhn- lichen Ausführung führte bei etwa 1 Minute währendem Kochen zu rotbrauner Verfärbung der Flüssigkeit, aus welcher aber in das amylalkoholische Extrakt der Farbstoff mit dem charakteristischen Spektralstreifen am Ende des Rot überging. Die Orcineisenchlorid- reaktion ergab bei kurzem Kochen, etwa !/, Minute, tiefgrüne Ver- färbung der Flüssigkeit, aus welcher reichlich grüner Farbstoff mit den charakteristischen Spektralstreifen in den Amylalkohol übersine. Die Flüssigkeit wurde mit Schwefelsäure versetzt, so dals sie 2 Proz. davon enthielt, und nach vergeblichem Kochen in einer verschlossenen Weilsbierflasche eine Stunde lang im Autoklaven bei 3 Atmosphären Druck gehalten. Danach zeigte dieselbe ein sehr starkes Reduktionsvermögen und reichliches Ausfallen eines roten Niederschlages schon beim Beginn des Siedens. (Bei einem anderen Versuche führte das Kochen in der Weilsbierflasche nach 5stündiger Kochzeit auch zur gewünschten Spaltung.) Nun wurde, da grölsere Mengen Glykuronsäure offenbar in Freiheit gesetzt und erhalten waren, zur Darstellung der charak- teristischen Verbindung nach ©. Neuberg*) geschritten. Es wurden also 4 & salzsaures Bromphenylhydrazin und 5 & Natriumacetat in etwas Wasser unter Erwärmen gelöst und mit obiger Flüssigkeit, welche vorher neutralisiert worden war, vermischt, das Ganze dann im kochenden Wasserbade erhitzt. Nach etwa 20 Minuten begann dann in der dunkel gewordenen Flüssigkeit eine ziemlich reichliche Krystallabscheidung, welche sich in den folgenden Minuten rasch vermehrte. Es wurde nun von dem Krystallbrei an der Saug- pumpe abfiltriert und das jetzt ziemlich helle Filtrat in das Wasser- bad zurückgebracht und weiter erhitzt. Darauf schieden sich in der nächsten Viertelstunde noch reichliche Mengen schön gelber Kry- stalle ab. Die gewonnenen Krystallfraktionen wurden mit absolutem Alkohol so lange gewaschen, bis der Alkohol nahezu farblos ab- flofs. Danach resultierten aus der ersten Krystallfraktion getrocknet etwa 0,6 & kräftig gelber, aus der zweiten Fraktion getrocknet etwa 0,3 g schön hellgelber Krystalle. Die Entscheidung nun, ob *) Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 32, 2395. 534 M. Bial u. 0. Huber, Über d. Befund v. gepaarter Glykuronsäure u.s. w. die so hergestellte Bromphenylhydrazinverbindung, deren Alkohol- unlöslichkeit schon nach der gesuchten Richtung hinweist, auch die für Glykuronsäure charakteristische ist, läfst sich nach C. Neuberg sehr leicht aus der polarimetrischen Untersuchung treffen. Es wurden 0,2 g in der von ihm beschriebenen Mischung von 4 cem Pyridin — 6ccm absolutem Alkohol gelöst; die Flüssigkeit ergab eine Drehung von — 7020’. (C. Neuberg fand bei der von ihm aus reiner Glykuronsäure dargestellten Verbindung — 7° 25.) Damit ist der sichere Nachweis erbracht, dals es sich um die Bromphenylhydrazinverbindung der Glykuronsäure handelt, denn nach C. Neubergs Feststellungen besitzt keines der sonst dar- gestellten Bromosazone einen derartig hohen Polarisationswert *). Demgemäls ist der Nachweis der Glykuronsäure, welche durch Spaltung einer aus den Fäces isolierten Verbindung gewonnen war, als mit Sicherheit erbracht zu bezeichnen. *) Herr Dr. C. Neuberg hatte die Güte, die Identität des vorliegenden Präparates mit dem von ihm aus reiner Glykuronsäure dargestellten zu be- stätigen. XXXI. Uber Riein-Immunität. Zweite Mitteilun % ©) Von Privatdozent Dr. Martin Jacoby, Assistent am pharmakologischen Institut. (Aus dem pharmakologischen Institut zu Heidelberg.) Bei Untersuchung der von Ehrlich entdeckten Ricin-Immunität wurden ähnliche Beobachtungen gemacht, wie sie Ehrlich bei den siftigen Stoffwechselprodukten der Bakterien aufgestolsen sind und die ihn zu der Annahme einer komplexen Struktur der Bakterien- gifte geführt haben. Beim Ricin ergaben sich insofern eigenartige Verhältnisse, als einmal gewisse Experimente für das Nebenein- anderbestehen eines Allgemeinwirkungen ausübenden Toxins und eines mit den Blutkörperchen reagierenden Asglutinins sprachen, daneben jedoch ein sehr weit gehender Parallelismus beider Phä- nomene einen ihnen gemeinsamen Faktor wahrscheinlich machte. Durch die in der ersten Arbeit mitgeteilten Neutralisations- versuche ist bewiesen, dals wir für die Rieingifte einen komplexen Bau annehmen müssen. Schliefst man sich Ehrlichs Nomenklatur an, so würde das so auszudrücken sein, dafs das Toxin toxophore und haptophore, das Agglutinin agglutinophore und haptophore Gruppen besitzt. Ob die beiden Arten von haptophoren Gruppen, d. h. also von Gruppen, welche Antitoxin binden, und deren Einführung in den Organismus die Antitoxinreaktion anregt, verschieden oder identisch sind, blieb in der ersten Mitteilung noch offen. Doch wurde darauf hingewiesen, dafs für alle bis dahin gemachten t Beobachtungen **) die Annahme einer identischen haptophoren *) Erste Mitteil. s. diese Beiträge 1, 5l. ”*) Auf dieselben wird später eingegangen werden. 536 Martin Jacoby, Gruppe ausreicht. Diese Identität der haptophoren Gruppen bringen wir im folgenden auch schematisch zum Ausdruck: R = Rieinkern Rt Ra t — toxophore Gruppe \ | a — agglutinophore „ h = haptophore E Die Annahme gleicher haptophorer Gruppen läfst dann auch ohne weiteres die Möglichkeit zu, dafs nicht nur die toxophore und die agglutinophore Gruppe jede für sich mit derselben hapto- phoren Gruppe vereinigt ist, sondern dals unter Umständen die toxophore und die agglutinophore Gruppe gleichzeitig mit ein und derselben haptophoren Gruppe einen einheitlichen Komplex bilden. Wir gelangen also zu der Vorstellung, dafs auch ein Vollgift bestehen kann, im Schema also ein Gift mit Gruppen von allen Typen: t—R a | h Eine weitere Möglichkeit, die später diskutiert werden soll, ist die, dafs ein Komplex mit zwei differenten haptophoren Gruppen und den übrigen Nebengruppen ausgestattet ist, wie es das folgende Schema ausdrückt : hh, Der Einfachheit halber werde ich diese Schemata in abgekürzter Form durch nachstehende Symbole wiedergeben: Rt R—a u — | ie — || h h t— Ra t- Ra hRta — | hh,Rta —= | h hh, Derartige Schemata können und sollen naturgemäls nichts über die Struktur der einzelnen Komplexe aussagen, ihre Aufgabe ist erfüllt, , sofern sie eine Grundlage für eine rationelle Fragestellung abgeben. Unter dieser Voraussetzung aber haben sie den gleichen Wert für die Forschung wie entsprechende Annahmen in einfacheren Fragen der Chemie. Es sei hier darauf hingewiesen, dafs in der Theorie der Färbung, von der ja Ehrlich bei seiner Immunitätstheorie ausge- gangen ist, es sich zwar um Substanzen von einfacherer Konstitution handelt, die Probleme aber vielfach in Parallele mit den Toxinproblemen zu stellen sind. Auf Einzelheiten braucht hier nicht eingegangen zu werden: Die Wittsche Theorie der Färbung, die Bedeutung der chromogenen Sub- » stanzen, der chromophoren und der auxophoren Gruppen sowie die zahl- reichen Thatsachen der Chemie, die sich in das Schema leicht einfügen, Über Riein-Immunität. 537 und die Befunde, welche andere Erklärungen nötig machen, können ja als bekannt vorausgesetzt werden. Hier genügt es, darauf hinzuweisen, dals unsere Vorstellung von der Verbindung zweier verschiedener Neben- gruppen mit einer haptophoren etwa damit zu vergleichen ist, dals man an den gleichen Phenolrest eine Amido- und eine Sulfogruppe kuppeln kann. Auf Grund dieser Überlegungen halte ich meine an die Ehrlichsche Toxintheorie anknüpfende Hypothese, dals der Ricin- komplex drei Gruppen umfafst, von denen die eine den beiden anderen gemeinsam ist, für eine geeignete Grundlage weiterer experimenteller Prüfung. Der Bequemlichkeit halber werden wir im folgenden den hypo- thetischen Komplex hRt ein Toxintoxoid, den Komplex hRa ein Agglu- tinintoxoid nennen, den Komplex hRta als Vollgift bezeichnen. Unter Toxoiden versteht ja Ehrlich Komplexe, deren haptophore Gruppen erhalten geblieben sind, während sie eine Nebengruppe eingebülst haben. Sollte es in Zukunft gelingen, für die Komplexe hRt und hRa durchgreifende Differenzen nachzuweisen, so wäre erst be- sonders zu prüfen, inwiefern das Schema aufgegeben werden muls. Ich habe schon oben darauf aufmerksam gemacht, dafs auch ein Schema hh,Rta, d. h. ein Komplex mit verschiedenen, aber nahe- stehenden und leicht in Verbindung tretenden haptophoren Gruppen nicht ganz aulser dem Bereich der Möglichkeit liest, nur genügt vorläufig noch die einfachere Annahme *). In der vorigen Mitteilung war gezeigt worden, dals das mit Pepsinsalzsäure behandelte Ricin neben der von Franz Müller be- schriebenen Abnahme des Agglutinationsvermögens bei unveränderter Giftiskeit durch erheblich weniger Antitoxin neutralisiert wird als vorher. Daneben wurden Versuche mitgeteilt, in denen bei Mischung des Giftes mit Blut im Überschufs die Giftwirkung er- halten blieb, das Agglutinationsvermögen aber verschwand. Bei diesen Blutversuchen mufste die weitere Analyse einsetzen. Ich besann damit, als Herr Geheimrat Ehrlich nach dem Er- scheinen meiner Arbeit so freundlich war, mir die Anregung zu folgendem Versuch zu geben: Blut und Gift wie früher zu *) Vielleicht wären Untersuchungen, wie sie hier für das Ricin ange- bahnt sind, auch auf dem Gebiete der Tuberkulose und des Typhus auf- klärend. Hier sei nur darauf hingewiesen, dafs manche strittige Punkte über die Spezifität der einzelnen Substanzen möglicherweise eine Prüfung in der Richtung verdienen, ob sich neben die gleiche haptophore verschiedene Nebeneruppen anfügen. 5 3 8 Martin Jacoby, mischen, dann zu centrifugieren und nun eine genaue Untersuchung des Giftgehaltes des Plasmas vorzunehmen. Von diesem Versuch war weitere Klärung zu erwarten. Es war mir aber auch möglich, daran neue und, wie ich glaube, ent- scheidende Versuche anzuknüpfen. Versuch |. In ein Melsgefäfs werden 1lOccm 10 proz. Kochsalzlösung gethan, in der 0,1g Riein und 0,5 g Natrium citricum gelöst sind. Dazu Jielst aus der Carotis eines Kaninchens Blut, bis die Gesamtflüssigkeit 50 ccm beträgt. Dann wird das Gemenge gut durchgeschüttelt, centri- fugiert. Man erhält über den fest zusammengebackenen Blutkörper- chen 40 ccm klare Flüssigkeit. 0,5 ccm des Plasmas tötet 1kg Kaninchen in 36 bis 48 Stunden. Das Plasma agglutiniert nicht. (In dieser Versuchsreihe wurde bei den verendeten Tieren ein typischer Ricinbefund festgestellt, der bei anderen Versuchsreihen nicht immer sicher war.) — Im ganzen kamen in dem Versuch 333 schnell tötende Dosen *) zur Verwendung, von denen also in den 40 ccm Plasma sich etwa der vierte Teil fand. Diese Versuche wurden nach verschiedenen Richtungen variiert. Einmal wurde das Verhältnis der Blutmenge und des Rieins ver- schieden gewählt, ferner die Zeit und Temperatur der Einwirkung. Dabei war bei genügender Blutmenge nie Agglutinin im Plasma nachweisbar, der Giftgehalt schwankte. In einem Versuche waren etwa 90 Proz. des Giftes im Plasma verblieben; in dem oben aus- führlicher mitgeteilten mit 25 Proz. war die Giftkonzentration des Plasmas relativ am geringsten. Ein giftfreies Plasma wurde nie beobachtet. Ob ein solches sich nicht auch bei Anwendung kon- zentrierten Giftes unter geeigneten Versuchsbedingungen und natür- lich unter Ausschlufs einer Niederreilsung des Giftes erzielen lälst, kann a priori nicht entschieden werden. Dadurch, dafs grofse Giftmengen verwandt werden, gelang es, an Gift sehr konzentrierte Plasmaflüssigkeiten (0,5 ccm bis 0,1 cem war die schnell tötende Dosis) zu erzielen. Mit um so gröfserer Bestimmtheit kann man aussagen, dals das Plasma sicher nicht agglutinierte Um auch ganz geringe Spuren von Agglutinations- vermögen nicht zu übersehen, wurden Versuche angestellt, in denen das giftige Blutplasma mit grofsen Quantitäten Antiriein gemischt wurde. Diese Mischungen verhielten sich verdünntem Blut gegenüber ganz so wie das unveränderte Plasma, das zu- *) 0,5 mg dieses Ricins ist die pro Kilo schnell tötende Dosis. Über Riein-Immunität. 539 gefügte Antiagglutinin hatte also auch nicht etwa vorher übersehene Asglutininspuren weggeschafft. Obwohl bei diesen Versuchen mit Plasmagift häufig, auch nicht regelmälsig der für Ricin typische Sektionsbefund fest- gestellt werden konnte — bei Injektion der Mischungen von Voll- gift mit Blut hatte ich ihn vermilst —, so wurde doch noch auf wenn einem anderen Wege sichergestellt, dafs die an diesem agglutinin- freien Gift beobachtete toxische Wirkung im Organismus noch die qualitativ gleiche wie die des echten unveränderten Ricins ist. Es konnte nämlich leicht nachgewiesen werden, dafs normales Antiricin vollkommen die Wirkung des giftigen Plasmas aufhebt. Über die hierbei ermittelten interessanten quantitativen Verhältnisse wird später berichtet werden *). Es war nun von Interesse, zu untersuchen, was für Eigen- schaften ein Immunserum erhält, welches durch Immunisierung mit dem durch Vorbehandlung mit Blut agglutininfrei gemachten Gift — wir werden es von nun an der Kürze halber stets als Plasmagift bezeichnen — gewonnen wird. Wird nur ein Anti- körper gegen die Wirkungen des Plasmagiftes erzeugt oder auch ein Antitoxin gegen das unveränderte Gift? Kommt es zur Bildung eines Antiagglutinns? Wie sind die relativen Mengenverhältnisse der nachzuweisenden Immunkörper ? Um diese Fragen zu beantworten, wurde Kaninchen Plasma- gift in steigender Dosis eingespritzt. Es gelang leicht, beim Be- ginnen mit unschädlichen Dosen Immunität gegen vielfach tödliche Dosen zu erzielen. Nach mehreren Wochen derartiger Behandlung: gelangte dann das Serum dieser Tiere zur Untersuchung. Ein Beispiel möge das illustrieren: Versuch 2. Ein Kaninchen von 19609 erhält steigende Dosen eines agglu- tininfreien Plasmagiftes, von dem etwa l ccm die letale Dosis für 1kg Kaninchen enthält. Es erhält am 3. Dez. lcem; Gewicht 1960 & I, DAL h 1965 & er 1008 laerjlanaesı H 1765 & 22.4, Or 5, e 1330 & Am 3. Februar wiegt es 18559, es wird verbluten gelassen unıl das Serum durch Üentrifugieren gewonnen. A) Vol. 182 540: 540 Martin Jacoby, l ccm des erhaltenen Serums hob die agglutinierende und toxische Wirkung von 0,5 mg Ricin vollkommen auf, während schon bei viel geringerer Menge, wie das bei derartigen Neutralisationsversuchen die Regel ist, eine erheblich verzögernde Wirkung der Antikörper sich geltend machte. Derartige Resultate wurden in mehreren Versuchen erhalten. Der Antitoxin- und Antiagglutiningehalt des Serums schwankte in den einzelnen Versuchen selbstverständlich je nach der Höhe der erreichten Immunität. Immer neutralisierte das Serum sowohl die Ricinwirkung wie auch die Wirkung des Plasmagiftes; immer be- stand auch der merkwürdige quantitative Parallelismus der beiden Wirkungen, obwohl ein nicht agglutinierendes Gift zur Immuni- sierung benutzt worden war. In einer anderen Reihe von Versuchen wurde dann ermittelt, wieviel normales Antitoxin Plasmagift zur vollkommenen Neutrali- sation im Vergleich mit normalem Riein in Anspruch nimmt. Da- bei ergab sich, dafs das nicht agglutinierende Plasmagift durch erheblich weniger Antitoxin neutralisiert wird als das nicht vor- behandelte Ricin. So wurde in einem quantitativ genau durchgeführten Ver- suche etwa der vierte Teil jener Menge eines Ziegenserums zur Neutralisation gebraucht, die nötig war, um die gleiche Giftwirkung gewöhnlichen Ricins aufzuheben. Durch diese Beobachtung werden nun auch frühere Befunde dem Verständnis näher gerückt. Als ich schon festgestellt hatte, dafs Plasmagift durch Antitoxin neutralisiert wird, die eben be- schriebenen quantitativen Verhältnisse aber noch nicht kannte, hatte ich untersucht, ob die Zufügung von Plasmaeift zu gewöhn- lichem Riein auf die Quantität Antiriein von Einflufs ist, welche zur Neutralisation der Agglutinationswirkung nötig ist. Diese Versuche waren so angestellt worden, dafs zunächst für Normalriem der Antiagglutinin-Titer bestimmt wurde. Dann wurde zum Normalriein erst Plasmagift, dann die zur Neutrali- sation des Normaleiftes nötige Antiserummenge hinzugethan. Ent- gegen der Erwartung wurde keine Agglutination beobachtet. Jetzt aber, nachdem wir gesehen haben, wie geringe Antitoxinmengen das Plasmagift neutralisieren, können uns diese Versuche nicht mehr überraschen. Ich habe sie mit Rücksicht auf die inzwischen gewonnene Kenntnis der quantitativen Beziehungen nicht wieder- holt. Dazu mülste man, wenn man nicht Fehlerquellen ausgesetzt sein will, besonders hoch konzentriertes und doch agglutininfreies Über Riein-Immunität. 541 Plasmaeift darstellen können, was nur nach Überwindung besonderer Schwierigkeiten möglich sein dürfte. Endlich habe ich von denselben Gesichtspunkten aus, von denen die Versuche mit Plasmagift angestellt waren, auch Kaninchen gegen Ricin immunisiert, welches mit Pepsinsalzsäure vorbehandelt war. Dieses Ricin ist ja unverändert eiftis und zeigt dabei nur eine Andeutung von Agglutinationsvermögen. Auch das Serum dieser Tiere enthielt einen Antikörper gegen beide Ricinwirkungen. Da die Konzentration des Serums an Antikörpern nicht grols war, möchte ich nichts darüber aussagen, ob die quantitativen Verhält- nisse genau übereinstimmten, erhebliche Differenzen lielsen sich aber mit Sicherheit ausschlielsen. Die hier mitgeteilten Experimente führen also ebenso wie die der ersten Mitteilung zu der Anschauung, dals das Ricin als ein Gemenge von genetisch zusammengehörigen Giften aufzufassen ist oder, was auf das Gleiche herauskommt, dafs neben Vollgiften auch Ricintoxoide vorhanden sind. Auch bei den Versuchen, in denen Blut und Gift gemischt wurden, konnte gezeigt werden, dafs Gift nach bestimmten Einwirkungen bei gleicher Giftigkeit durch weniger Antitoxin neutralisiert wird. Aufserdem wurde bei der Immunisierung mit nicht agglutinierenden Giften „Antiagglu- tinin“ im Serum der immunisierten Tiere beobachtet. Auch die mehr ins Einzelne gehende Analyse der Ricin- Immunität hat also noch nicht die Annahme zweier haptophorer Gruppen notwendig gemacht. Ebenso wie die Agglutininkomplexe hRa durch Pepsinsalzsäure beseitigt werden, so werden dieselben Komplexe auch beim Mischen mit Blut vorzugsweise ausgeschaltet. Dieser Befund legt die Hülfshypothese nahe, dafs die Agelutinin- toxoide eine grölsere Affinität zu den Blutkörperchen besitzen. Ist diese Annahme richtig, so mülste es bei geeigneter Versuchs- anordnung gelingen, auch eine Bindung der Toxintoxoide an die Blutkörperchen zu erzielen. Erhebliche Abschwächung des Giftes habe ich ja in der That häufig beobachtet. Ob eine volle Ent- eiftung möglich ist, läfst sich nur durch sorgfältig ausprobierte Versuchsanordnungen feststellen, da gewisse Fehlerquellen (mecha- nisches Niederreilsen) ausgeschaltet werden müssen. Über der- artige Versuche wird vielleicht später berichtet werden. Rechnet man — und diese Notwendigkeit ergiebt sich in ganzen Gebiet der Receptorenlehre — mit verschiedenen Affinitäten, 542 Martin Jacoby, so kann natürlich die Möglichkeit auch nicht a priori ausgeschlossen werden, dals es im Organismus zwei — wenn nicht mehr — Arten von Riecin-Receptoren (also von Toxin resp. Agglutinin bindenden Substanzen) giebt, die zwar mit der haptophoren Gruppe des Rieins qualitativ gleich reagieren, wovon jedoch der eine Typus zu den Asglutinintoxoiden, der andere zu den Gifttoxoiden eine grölsere Affinität hat”). In der ersten Mitteilung war gezeigt worden, dafs Blutkörper- chen von gegen sehr hohe Dosen Ricin immunisierten Kaninchen noch agglutinierbar waren. Cushny**) hatte schon früher beob- achtet, dafs das Gesamtblut eines hochimmunen Kaninchens noch deutlich agglutinierbar war. Kurz nach meiner Publikation erschien eine Arbeit von Loewenstein***), deren unabhängig gewonnene Resultate mit meinen eigenen durchaus übereinstimmen. Schon in der vorigen Mitteilung wurde berichtet, dafs dieselbe Frage mit Hülfe von Ziegenblut weiter untersucht werden sollte, um in längerer Versuchsreihe zu prüfen, ob nicht die roten Blut- körperchen während der Immunisierung gegen Ricin resistent würden, da wir dann eine Grundlage für eine nähere Analyse der Zellen-Immunität gewonnen hätten. Eine Ziege wurde 11 Monate mit steigenden subkutanen Riein- dosen behandelt, nachdem eine Fütterungskur mit Ricin voraus- geschickt worden war. Schlielslich vertrug das Tier ohne Reaktion 5g Mercksches Riein subkutan. Bei Einspritzung von 10g wurde die Ziege krank. Um sie nicht plötzlich zu verlieren und dann das Blut einzubülsen, wurde sie getötet. Während dieser Behandlung wurde der Ziege mehrfach Blut entzogen. Dasselbe erwies sich wie auch das Blut normaler Ziegen als viel schwerer agglutinierbar denn Kaninchenblut, aber auch bei den höchsten Immunitätsstadien, in denen lcem des Serums 26,5 mg Riein neutralisierte, waren die vom Serum befreiten Blut- körperchen agglutinierbar. Ein bindender Schlufs läfst sich aus dem Versuche nicht ent- nehmen. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dafs bei noch höherer *) Es kann nicht genug betont werden, wie unberechtigt es wäre, kompliziertere Annahmen (Polyreceptoren u. s. w.) a limine abweisen zu wollen, wenn man in einem Spezialfall vorläufig ohne solche auskommt. **) Arch. f, exper. Pathol. u. Pharmak. 41 (1898). ==) Prager med. Wochenschr. 1901, Nr. 31. (Aus dem Hueppeschen Institut.) Über Riein-Immunität. 543 Alleemein-Immunität doch noch eine Zellen-Immunität erreichbar gewesen wäre. Negative Resultate können nicht ausschlaggebend sein. Bei näherer Betrachtung spricht alles dafür, dafs die Blutzellen zum mindesten nicht allein die Receptoren liefern, die wir im Serum als Antiagglutinine antreffen. Abgesehen von allgemeinen physiologischen Erwägungen lassen sich die Gründe, die im einzel- nen nicht zwingend, folgendermalsen zusammenstellen. Es kämen in Betracht: 1. die Beobachtung von Kobert*), dals auch Organzellen durch Riein agglutiniert werden; 2. meine Versuche, welche zu der Annahme einer identischen haptophoren Gruppe des Acglutinins und des Toxins führen, so dals also das Agglutinin von den Organreceptoren verankert werden kann. Das Ergebnis der Arbeit lälst sich etwa folgendermalsen zu- sammenfassen: 1. Beim Mischen von Riein mit ungerinnbarem Blut erhält man nach dem Centrifugieren im Plasma ein Gift, welches nicht agglutiniert, wohl aber Tiere an typischer Ricinvergiftung zu Grunde gehen lälst. 2. Auch das Allgemeinwirkungen hervorrufende Gift wird immer zum Teil von den Blutkörperchen zurückgehalten. 3. Antiricin hebt die Wirkungen des Plasmagiftes auf. 4. Das Serum der mit nicht agglutinierendem Plasmagift immunisierten Tiere neutralisiert die agglutinierende und die toxische Wirkung der gleichen Ricindosis. 5. Plasmagift wird im Vergleich mit gewöhnlichem Ricin durch viel weniger Antiricin neutralisiert, als seiner Giftwirkung entspricht. 6. Obwohl das Pepsinriein nur andeutungsweise agglutiniert, kann man damit ein Immunserum gewinnen, welches beide Anti- körperwirkungen aufweist. 7. Auch die Blutkörperchen einer hoch immunen Ziege werden noch durch Riein agglutiniert. An Deutungen würde sich ergeben: 8. Die einfachste Auffassung ist vorläufig, dals das Ricin drei *) Separat-Abdruck aus den Verhandl. der naturforsch. Gesellsch. zu Rostock 1900. 544 Martin Jacoby, Über Riein-Immunität. physiologisch reaktionsfähige Gruppen aufweist, die sich verschieden kombinieren können: Rt t—R—a R—a | | | h h ee Toxin-Toxoide. - Volleift. Agelutinin-Toxoide. 9. Die Antikörper werden wahrscheinlich vorzugsweise in den Organen erzeugt; die Blutkörperchen sind zum mindesten nicht die ausschliefsliche Bildungsstätte. 10. Eine erworbene celluläre Immunität hat sich bisher für das Riein nicht nachweisen lassen. Anmerkung bei der Korrektur. Vor einigen Monaten hat Rehns (Compt. rend. de la soc. de biol. 28, II, 1902) mitgeteilt, dafs Mercksches Riein nach Schwefelsäureeinwirkung noch immunisierende Eigenschaften hat, aber bei Meerschweinchen nicht mehr giftig wirkt. Durch Neutralisation wurde die Giftiekeit wiederhergestellt. Mit Recht sieht Rehns darin einen Hinweis auf die Existenz haptophorer und toxophorer Gruppen im Ricin. Leider habe ich bei Versuchen an Kaninchen mich nicht von der Riein- enteiftung durch Säure überzeugen können; die genau in der von Rehns angegebenen Konzentration angewandte Säure setzte die Giftigkeit des Rieins für das Kaninchen durchaus nicht herab, so dals ich darauf verzichten mulste, die Methode für weitere Versuche zu benutzen. Rehns hat bisher seine Versuche nur kurz publiziert; vielleicht ergiebt eine ausführlichere Mitteilung, warum ich seine beim Meerschweinchen gewonnenen Resultate beim Kaninchen nicht erzielen konnte. XXXIV. Weiteres über das Thyreoglobulin. Von Dr. med. et phil. A. Oswald, Privatdozenten und Assistenten der medizinischen Klinik in Zürich. (Aus dem chemischen Laboratorium der medizinischen Klinik in Zürich.) 1. Über die Beziehungen zwischen Jod- und Kolloidgehalt der Schilddrüsen. Vor etwas über Jahresfrist habe ich in der Zeitschrift für physio- logische Chemie (32, 121) über meine Untersuchungen betreffend das Thyreoglobulin berichtet und dabei gezeigt, dals letzteres beim Menschen und bei den verschiedenen Tiergattungen mit Ausnahme des Jodgehalts stets die gleiche elementare Zusammensetzung besitzt, dals diese auch von einer Tierspecies zur anderen nur geringfügige Abweichungen aufweist, ferner dafs sich aus den Kröpfen das gleiche Thyreoglobulinpräparat gewinnen läfst, nur mit abweichendem Jodgehalt, wie aus der gesunden Schilddrüse der gleichen Tiergattung. Des weiteren habe ich gezeigt, dafs sich beträchtliche Unter- ‚schiede im Jodgehalt der Thyreoglobulinpräparate nachweisen lassen, nicht nur von einer Species zur anderen, was wenig auf- fällig gewesen wäre, sondern auch bei einer und derselben Tierart und auch beim Menschen. Als malsgebend hierfür hatte sich der Grad der strumösen Entartung der Schilddrüse erwiesen, indem die Thyreoglobulinfraktion der gesunden Drüse weit jodreicher waı als die der erkrankten, d. h. des Kropfes. Beispielsweise enthielt das Thyreoglobulinpräparat des normalen Menschen (aus Hamburg) 0,34 Proz. Jod, das Thyreoglobulinpräparat aus Kröpfen (Basel, Zürich) blofs 0,19 bis 0,07 Proz. Jod. Ich hatte weiterhin nachweisen können, dals sich aus paren- Beitr. z. chem. Physiologie. II. 35 546 A. Oswald, chymatösen, also kolloidfreien Kröpfen stets ein Thyreoglobulin- präparat gewinnen liefs, das ganz frei von Jod war, und hatte da- durch wahrscheinlich gemacht, dafs der Jodgehalt des Thyreo- globulins mit dem Vorkommen von Kolloid in den Drüsenfollikeln in Zusammenhang steht. Dabei hatte ich aber die Frage offen lassen müssen, ob die Kröpfe, die mir zur Untersuchung ge- dient hatten, auch thatsächlich durchweg und vollständig rein parenchymatös waren, d. h. sich auch bei mikroskopischer Prüfung als kolloidfrei erwiesen hätten, denn es kommt oft vor, dafs Kröpfe, welche selbst dem geübten Auge kolloidfrei erscheinen, unter dem Mikroskop geringe Mengen Kolloid erkennen lassen. Nun kam es mir aber gerade auf die prinzipielle Entscheidung an, ob das jodfreie Thyreoglobulin stets und ausschliefslich in absolut kolloidfreien Drüsen vorhanden sei, oder ob auch kolloidfreie - Drüsen jodhaltiges Thyreoglobulin bezw. ob kolloidhaltige Drüsen jodfreies Thyreoglobulin enthalten können. Diese Frage ist, wie ich früher schon hervorhob, von Be- deutung für unsere Vorstellung über den Jodierungsvorgang des Thyreoglobulins in der Schilddrüse, denn davon hängt die Ent- scheidung darüber ab, ob das Thyreoglobulin erst bei seiner Aus- tritt aus den Follikelzellen Jod aufnimmt, oder, anders ausgedrückt, sofort nach seiner Jodierung in den Follikelraum ausgeschieden wird, oder ob das Thyreoglobulin auch in seinem nicht jodierten Zustand secerniert werden, bezw. sich im Innern der Follikelzellen jodieren kann. Ich habe nun inzwischen den Nachweis führen können, dafs das Vorkommen von Jod in den Schilddrüsen ganz und gar an das Vorhandensein von Kolloid gebunden ist, d.h. dals nur solche Drüsen, welche sich mikroskopisch als ganz kolloidfrei erweisen, frei von Jod sind, während solche, welehe Kolloid, wenn auch nur in Spuren ent- halten, stets auch jodhaltig sind. Zur Untersuchung dienten, wie schon früher, von hiesigen Schlächtern bezogene Kröpfe von Kälbern, da diese die für unseren Zweck geeignetsten Objekte darstellen. Sie boten alle das Aus- sehen parenchymatöser (kolloidfreier) Kröpfe, waren sämtlich im Vergleich zu normalen Schilddrüsen beträchtlich vergrölsert, einige sogar um das Zehnfache, zeigten eine braunrote Farbe und besalsen die Konsistenz etwa einer weichen Milz. Normale Kalbsschilddrüsen sind dagegen derb, wachsfarben und lassen deutlich mohnkorngrofse Kolloidkügelehen erkennen. Weiteres über das Thyreoelobulin. 547 Ein abgetrennter Teil der Drüsen wurde in Formalin gehärtet, in Schnitte zerlegt und nach van Gieson oder mit Hämatoxylin und Eosin gefärbt. Herr Prof. Zangger, damals Assistent am pathologisch-anatomischen Institut, hatte die Liebenswürdigkeit, die Herstellung der mikroskopischen Präparate zu übernehmen. Ich bin ihm dafür zu besonderem Danke verpflichtet und versäume nicht, demselben auch an dieser Stelle Ausdruck zu geben. Der übrige Teil der Drüse wurde zur Prüfung auf Jod ver- wendet. Dabei wurde zuerst nur auf das Fehlen oder das Vor- kommen von Jod geachtet und, falls letzteres vorhanden war, blof[s notiert, ob davon „viel“ oder „wenig“ zu sehen war. Späterhin wurde das Jod quantitativ ermittelt. Der für die mikroskopische Prüfung aufbewahrte Teil der Drüse wurde zu diesem Zweck ge- wogen und sein Gewicht in Rechnung gezogen. Es mögen nun die Versuchsprotokolle folgen: Kalbsdrüsen aus Zürich. Nr. Mikroskopischer Befund Chemischer Befund N. kein Kolloid nachweisbar ' enthält kein Jod | viel Kolloid *) viel Jod 3 etwa halb so viel Kolloid wie 2 etwa halb so viel Jod | wie 2 4. | kein Kolloid, rein parenchymatöses | kein Jod | Gewebe | 5. Follikel mit Kolloid gefüllt ziemlich viel Jod 6. wenig Kolloid wenig Jod ZI vereinzelte Follikel am Rande des wenige Jod Kropfes mit Kolloid gefüllt, die übrigen kolloidfrei 8. fast gar kein Kolloid ı sehr wenig Jod 3 wenig Kolloid | wenie: Jod 10. wenig Kolloid 0,16 mg Jod Je. ziemlich viel Follikel mit Kolloid 1:07 ,,2°0°%, | gefüllt 112% ziemlich viel Kolloid Mio 13. | wenig Kolloid Val 14. | wenige Kolloid 0250 3, I: wenig Kolloid, letzteres nur in ver- BR einzelten Follikeln 16. | mälsig viel Kolloid 030 *) Die Abbildungen dreier typisch gewählter Präparate mit „viel“, „wenig“ und „ohne“ Kolloid finden sich in meiner demnächst in Virchows Archiv er- scheinenden Abhandlung, „Die Chemie u. Physiologie d. Kropfes“ 169 (1902). DAX {979} 548 A. Oswald, Aus der Durchsicht dieser Tabelle ergiebt sich, dafs von den untersuchten 16 Drüsen nur 2 ganz jodfrei waren, während die meisten eine geringe Menge Jod enthielten. Die beiden jodfreien Nrn. 1 und 4 erwiesen sich bei der mikroskopischen Untersuchung als völlig kolloidfrei. Die Drüsen 6, 7 und 9 mit „wenig“ Kolloid enthielten wenig Jod, d. h. wie die Drüsen 13, 14 und 15 zeigen, von 0,17 bis 0,25 mg Jod; während die Drüse 11 mit „ziemlich viel“ Kolloid 4 bis 5 mal mehr Jod, nämlich 1,01 me enthielt. Dem entsprechend zeigte die Drüse 2 mit „viel“ Kolloid einen viel höheren Jodgehalt. Ein Parallelismus zwischen Kolloidreichtum und Jodschalt, wie ich ihn schon früher an der Hand von zahlreichen Schild- drüsen und Kröpfen habe feststellen können *), läfst sich auch hier nicht in Abrede stellen. In gleicher Weise fand ich zwei excidierte Lappen von paren- chymatösen Kröpfen vom Menschen, welche ich Herrn Professor Zangger verdanke, und die sich bei der mikroskopischen Unter- suchung als ganz frei von Kolloid erwiesen, vollständig jodfrei. Ebenso konnte ich in einem exstirpierten malignen Kropf, der unter dem Mikroskop das Bild einer parenchymatösen Struma zeigte, Jod nicht nachweisen. Wie ich früher **) auseinandergesetzt habe, läfst sich die That- sache, dafs das Thyreoglobulin je nach der anatomischen Beschaffen- heit der Schilddrüse jodfrei oder jodhaltig erhalten wird, am besten mit der Vorstellung vereinigen, dals es sich in letzterem Falle um ein Gemenge des jodfreien Thyreoglobulins mit einem jodhaltigen Derivat desselben, einem Jodthyreoglobulin, wie ich es nennen möchte, handelt, welch letzteres allerdings noch nicht isoliert und daher auch nicht genau untersucht werden konnte. Die Thatsache, dafs ausschlielslich solche Drüsen jodhaltig sind, welche auch Kolloid beherbergen, dals dagegen die kolloid- freien auch stets jodfrei sind, führt unter Zugrundelegung dieser Vorstellungsweise zu dem Schlusse, dafs die Entstehung des Jodthyreoglobulins und die Kolloidbildung in engem Zu- sammenhange stehen. Dabei mag zunächst unentschieden bleiben, ob der Ort der Jodaufnahme in den Follikelzellen selbst zu suchen ist, oder ob sie erst bei oder nach Austritt des Thyreo- globulins in die Follikelräume erfolgt. Die Schilddrüse könnte *) A. Oswald, Zeitschr. f. phys. Chem. 23, 265 (1897). **) Ebenda 32, 132 u. £. (1901). Weiteres über das Thyreoelobulin. 549 sich auch in dieser Beziehung anderen Drüsen ähnlich verhalten, bei denen das charakteristische Sekretionsprodukt im Drüsen- parenchym selbst nicht nachweisbar ist, wohl aber nach Austritt aus den secernierenden Elementen. Doch müssen im Hinblick auf den Umstand, dafs die Kolloidbildung nicht blofs mit einer Vermehrung des jodhaltigen, sondern auch des jodfreien Thyreo- elobulins (s. unten) einhergeht, beide Formen des Thyreo- globulins als Sekretionsprodukte aufgefaflst werden, zumal es ja nicht wohl anginge, jodfreien Schilddrüsen die Sekretions- thätigkeit abzusprechen. 2. Das Thyreoglobulin der Kropfeysten. Einige Kropfeysten vom Menschen, in deren Besitz ich durch die Güte der Herren Assistenzärzte der hiesigen chirurgischen Klinik, Herren Dr. Brun und Dr. Monnier, gekommen bin, boten mir die Gelegenheit, auch den Inhalt dieser Gebilde zu untersuchen. Es kam mir vor allem darauf an, ob sich in denselben Jod und folglich jodhaltiges Thyreoglobulin nachweisen lielse. Die 6 untersuchten Cysten waren von verschiedener Gröfse, die kleinsten von Apfel-, die gröfsten von beinahe Kindskopfgröfse. Auch der Inhalt war ein verschiedener, bei den einen dünnflüssig und braunrot, bei den anderen zähflüssig und wieder bei anderen schwarten- artig oder gelatinös und hellgelb. Aus allen konnte ich, wie folgende Tabelle veranschaulicht, Thyreoglobulinpräparate darstellen, von denen 3 jodfrei waren, 2 blofs Spuren von Jod enthielten, nur ein einziges einen Jodgehalt aufwies, wıe ihn das Thyreoglobulin der Kolloidkröpfe zu zeioen pflegt, nämlich 0,089 Proz. Nukleoproteid vermochte ich aus allen 6 Cysten zu gewinnen. Kropfeysten. Nr Beschaffenheit des Das daraus darstellbare Nukl teid ; Cysteninhalts Thyreoglobulin enthält: Rebnanes 1, diekflüssig, rotbraun kein Jod vorhanden 2. eallertig u. schwartig 0,039 Proz. Jod n 3. dünnflüssie, rotbraun. kein Jod 5 Enthält reichlich | Cholestearin 4. || diekflüssig Spuren von Jod “ 5. dickflüssie: Spuren von Jod » 6. dünnflüssie, rotbraun kein Jod n Zwischen dem Aussehen des Cysteninhalts und dem Vor- kommen bezw. Fehlen des Jods in dem daraus darstellbaren 550 A. Oswald, Thyreoglobulin liefs sich ein Zusammenhang nachweisen, insofern als der flüssige Inhalt der Cysten 1, 3, 4, 5 und 6 ein jodfreies Thyreoglobulin oder ein solches mit nur Spuren von Jod enthielt, während der gallertige, zum Teil schwartenartige Inhalt der Cyste 2 ein Thyreoglobulinpräparat gab mit dem Jodgehalt, wie er bei Kolloidkröpfen gefunden wird. Ziehen wir die vorhin erwähnten Befunde in Betracht, so lassen sich diese Verhältnisse leicht in Einklang bringen mit der zweifachen Entstehungsweise der Kropf- cysten. Dieselben entstehen nämlich, wie die pathologischen Ana- tomen lehren, in der Mehrzahl der Fälle dadurch, dafs gewisse Be- zirke vorwiegend parenchymatösen Gewebes durch umschriebene Bindegewebswucherungen in ihrer Ernährung gestört werden und der Verflüssigung anheimfallen. Wie das Vorkommen eines jod- freien Thyreoglobulins lehrt, dürften solche Cysten nur aus paren- chymatösem Gewebe hervorgegangen sein. Der Verflüssigung kann eine Verfettung vorangehen, wie uns die Cyste Nr. 3 zeigt, in deren Inhalt eine reichliche Menge von Cholestearin vorhanden war; ferner deutet die rotbraune Farbe auf einen Bluterguls in die Cystenhöhle hin. Die Cysten mit jodhaltigem Thyreoglobulin bekunden dagegen durch ihren Inhalt zur Genüge, dals sie aus kolloidführendem Ge- webe entstanden sind und auf einer Überproduktion von Kolloid beruhen. Da, wo Spuren von Jod im Cysteninhalt vorkommen, wie in Cyste 4 und 5, ist wohl anzunehmen, dals eine geringe Menge kolloidhaltigen Drüsenparenchyms mit eingeschlossen worden war. Dafs etwa auch die Cysten mit jodfreiem Inhalt aus kolloidhaltigem Gewebe hervorgegangen sind und dabei das Jod des Jodthyreo- globulins nachträglich abgespalten und resorbiert worden sei, ist nicht anzunehmen, da eine Abspaltung von Jod im Innern einer Kropfeyste nicht leicht verständlich wäre. Dazu kommt, dals, wie erwähnt, die Entstehung aus kolloidfreiem Gewebe mit den Eı- fahrungen der pathologischen Anatomen übereinstimmt. 3. Der Gehalt der Kröpfe an Thyreoglobulin und Jod. Am Schlufs der eingangs erwähnten Arbeit habe ich An- gaben über den Thyreoglobulingehalt der Schilddrüsen und Kröpfe gemacht. Ich hatte denselben aus dem durchschnittlichen Jod- gehalt der 'Thyreoglobulinpräparate und dem Gesamtjodgehalt der Drüsen resp. Kröpfe berechnet. Diese Methode der Bestimmung liefert jedoch nur bei normalen Schilddrüsen genaue Werte, nicht Weiteres über das Thyreoglobulin. 55l aber bei Kröpfen, wo der Jodgehalt der 'Thyreoglobulinpräparate innerhalb ziemlich weiter Grenzen schwankt. Um genauen Auf- schlufs zu erhalten, habe ich daher das Thyreoglobulin in einer Anzahl von Kröpfen und Schilddrüsen vom Menschen bestimmt. Bei dieser Gelegenheit war es zugleich möglich, den wechselnden Jodgehalt der Thyreoglobulinpräparate aus Kröpfen kennen zu lernen, worauf es mir ganz besonders ankam. Es wurden hauptsächlich kolloidreiche Kröpfe gewählt und zum Vergleich einige nicht vergröfserte Schilddrüsen herangezogen. Aulser- dem kam ich in die Lage, eine vorwiegend parenchymatöse, mikro- skopisch scheinbar kolloidfreie Struma, zwei excidierte Lappen von Basedowkröpfen und die Struma einer an Morbus Basedowii zu Grunde gegangenen Patientin zu untersuchen. Die Kolloidkröpfe und normalen Drüsen bezog ich aus dem hiesigen pathologisch-anatomischen Institut, die Basedowkröpfe von der chirur- gischen Klinik. Dem Vorsteher des pathologisch-anatomischen Insti- tuts Herrn Prof. Ernst und dem Assistenzarzt an der chirurgischen Klinik Herrn Dr. Brun spreche ich für das mir gütigst überlassene Material meinen besten Dank aus. Zur Bestimmung des Thyreoglobulingehalts wurden die Kröpfe frisch gewogen, fein zerhackt, in 5& des gut gemischten Breies das Jod bestimmt, aus der gefundenen Jodmenge der Gesamtjodgehalt des Kropfes berechnet, darauf aus dem Drüsenbrei die Thyreoglobulinfraktion dar- gestellt, in dieser wiederum das Jod bestimmt und schlielslich aus dem Jodgehalt des Thyreoglobulinpräparates und aus dem Gesamtjodgehalt des Kropfes die Menge des gesamten Thyreoglobulins berechnet. Dabei fand ich die in folgender Tabelle (s. S. 552) zusammen- gestellten Zahlen. Wie sich aus dieser Tabelle ergiebt, kann der Gesamtgehalt an jodfreiem und jodhaltigem Thyreoglobulin in den Kröpfen ein schr verschiedener sein und zwischen 2,99 und 93,73g schwanken. Die höchsten Werte (50 bis 90 g) sind bei den kolloidreichsten Kröpfen, die niedrigeren (10 bis 20 &) bei den kolloidärmeren zu finden. Der niedrigste Wert (2,99 g) bezieht sich auf einen vorwiegend parenchymatösen Kropf, in dem mit blolsem Auge Kolloid nicht nachweisbar war. In dem Basedowkropf fand ich 8,68 & Thyreoglobulin, d. h. eine nicht unbeträchtliche Menge. In den beiden anderen Basedow- kröpfen, von welchen die excidierten Lappen herrührten, war sogar noch viel mehr Thyreoglobulin vorhanden, denn die Lappen allein enthielten schon 7,7 resp. 10,85 g. Das sind hohe Werte im Ver- gleich zu nicht vergröfserten Schilddrüsen, in welchen ich blofs 2,5 bis 4,5 g Thyreoglobulin fand. Es handelte sich eben bei diesen 559 A. Oswald, Kröpfe aus Zürich. | = w® 3 | 4 8 > = 1283 u: | Anatomische El ir alas, = 3 s zen PR: Nr. Beschaffenheit der 8 = E 5 Pe ee: =3 2 Ess A Saal Bald aaeı,E 835223 35 | = = IS Sn] a de 1.| Viel Kolloid. Erb- | | | sengrolse Kolloid- | eysten . 2) 641 |(16)%) 0,77 9,9871 0,094, 10,50 | (0,65) | 0,153 3., Mehrere Kolloid-, | | | | | eysten . . . . . 131,0 | (30) 0,308 | 8,069/0,096| 8,40 | (0,38) 0.0515 3. | Zahlreiche Kolloid- | | | | eysten.... . . . | 110,0 | (40) 1,078 |23,716 0,072| 32,8 | (0,82) | 0,2156 4.\Ganz mit Kolloid | | | durchsetzt | 182,0 | (70) 1,386 |50,450 0,080 | 63,06 | (0,90) 0,2771 5. Kolloideysten...... | 94,0 | (20) 0,616 ‚11,580 0,078| 14,84 | (0,74) | 0,1231 6. |Kolloidreich.Struma| 124,0 |, (30) ‚0,616 ‚15,276 0,078 19,58 | (0,65) 0,1231 7.\ Einzelne Kolloid- | | | | eysten ....... .101,0 | (25) 10,385 | 7,777|0,070| 11,11 | (0,44) 0,0770 8. Typische Kolloid- | | | | | struma.. .......1247,0 (80) 0,5929| 29,289 0,050| 58,57 | (0,73) 0,1185 9. Typische Kolloid- | | | | struma . . . . „|| 345,0 |(120)|0,385 |26,565 0,050, 53,13 | (0,44) | 0,0770 10. Typische Kolloid- | struma . . 350,0 (120) 0,616 ‚43,120 0,046 93,73 (0,78) 0,1232 11. | Kolloid von blofsem | | | | | Auge nicht sicht- | | bar; derbes hell- | rotes Gewebe . 73,0 | (15) 0,154 | 2,248|0,075) 2,99 | (0,19) | 0,0307 12.) Basedowstruma. | | |Sehr kolloidreich . | 165,5 (55) 11,05 34,755 0,40 | 8,68 | (0,15) 0,210 13. , Exstirpiert. Lappen | | ı einer Basedow- | | struma . ol = | —= — 7,6 0,07 10,355 | — E= 14. | Exstirpiert. Lappen | | | einer Basedow- | | struma . — _ — 5,4 | BOT A|. — = *) Das Trockengewicht der Kröpfe wurde nicht direkt bestimmt, son- dern auf Grund des früher von mir gefundenen Verhältnisses zwischen dem Gewicht der frischen und der trockenen Kröpfe, vergl. Zeitschr. f. physiol. Chem. 23, 265 (1897), berechnet. Dasselbe ist bei sehr kolloidreichen Strumen wie 3:1, bei kolloidarmen wie 4bis5:1. Es handelt sich dabei selbstverständlich um approximative Werte, die jedoch für unseren Zweck hinreichend genügen. Die Ziffern dieser Kolumne sind deshalb eingeklammert. Weiteres über das Thyreoglobulin. 553 Nicht vergröfserte Schilddrüsen vom Menschen aus Zürich. ar Ab s ic {=} = | m) R ON = e 53|0|22 .& „5 e20o|» 2a | o5| ao = | o:.c.| @=|7 3558|® q ase2|)90n 5. PR| 5 5323| © © SO Aalen — a ze) Sean pi 2a | oo amäleaı HH .8| Er Ar | 80:23 - =. loss | ea | Amen. = Anatomische Se ARE Ze ee ; = „=: eis! L - ee lee len er als leeren r . m . > 7) "Hmm Nr.| Beschaffenheit der | 2 = an al sie ae eines Sels | 2a eoen= 2) ® cd [oo S 2 || SS ı— =» UN ö en I: ne {eb} mı.m £ SEUTg p} Sehilddrüsen a 2|52|55| 85 |. 8882 5. Selahl sel ec io a5 8 5 Zee ==! Sr = - lolzo Ed es 0-4 o 2 => euer Go S: 5 ana or SE ans ers Ta E=| a2351098 Sol BER oe 5) o|H Bbe2am-n Se eur an en he Jodgehalt 1. Mit Kolloid durch- | | | Setze 355205398 13:826 210,091 | 4,20 | (0,35) | 0,1077 2.| Einz. erbsengrolse | | Kolloideysten . . | 43,0 | (10) | 0,308 |2,6488| 0,102 | 2,59 | (0,25) | 0,0615 3.|| Ziemlich viele Kol- | | | | | loideysten . . . | 42,0 | (10) | 0,308 |2,5872| 0,054 | 4,79 | (0,47) | 0,0616 Kröpfen um ausgesprochene Kolloidstrumen. Wie beiläufig erwähnt werden mag, sind das aber Verhältnisse, die mit der Anschauung zahlreicher Autoren |Greenfield*), Renaut**), Mendel***), Haemigr) u. s. w.| nicht übereinstimmen, nach welchen die Base- dowstruma kolloidarm oder gänzlich kolloidfrei sein soll. Dafs es sich dabei wirklich um Basedowkröpfe gehandelt hat, unterliegt keinem Zweifel, ist doch die eine Patientin, wie schon hervor- gehoben, unter den Erscheinungen des Morbus Basedowii sogar zu Grunde gegangen. Auf diese Dinge werde ich andernorts ein- gehender zu sprechen kommen. In der vorletzten Kolumne obiger Tabelle ist das annähernde Verhältnis zwischen dem Trockengewicht des Thyreoglobulins und dem Trockengewicht der Kröpfe angegeben. Aus diesen Zahlen sehen wir, dafs das Verhältnis kein konstantes ist, sondern von 0,9 bis 0,15 beträgt, also zwischen weiten Grenzen schwankt. Es hängt in extremen Fällen von der kolloiden Entartung des Kropfes ab und ist im allgemeinen um so höher, je ausgesprochener die letztere ist; so sind die hohen Werte 0,9 bis 0,7 nur bei exquisiten Kolloidkröpfen, die niedersten 0,19 und 0,15 bei vorwiegend *) W.S. Greenfield, Brit. med. Journ. 9. Dez. 1893 und Schmidts Jahrbuch 241, 137. »*) Renaut, Coneres des alienistes et neurologistes francais. Bor- deaux 189. »=e&) E. Mendel, Deutsche med. Wochenschr. XVIII (1892). 7) G. Haemig, Arch. f. klin. Chirurgie 55, Heft 1 (1897). 554 A. Oswald, parenchymatösen Strumen zu finden. Nicht vergröfserte Drüsen zeigen mittlere Werte: 0,2 bis 0,4. Beim Vergleich des absoluten Thyreoglobulingehaltes der Kröpfe mit ihrem absoluten Jodgehalt beobachten wir, dals im allgemeinen diejenigen Kröpfe am meisten Thyreoglobulin enthalten, welche am jodreichsten sind; so enthalten die Kröpfe Nr. 10 und 4 mit 93,73 & bezw. 63,06 & Thyreoglobulin 43,12 resp. 50,45 me Jod, während die Kröpfe Nr. 2, 7 und 1 mit 8,40, 11,11 und 10,50 & Thyreoglobulin blofs 8,06, 7,77 und 9,837 mg Jod enthalten. Den niedrigsten Thyreoglobulingehalt finden wir bei Kropf Nr. 11, nämlich blofs 2,99 &, sein Jodgehalt beträgt dementsprechend blofs 2,24 m& Jod. Ebenso enthalten die nicht vergrölserten Schild- drüsen mit 2,5 bis 4,7 & Thyreoglobulin nur 2,5 bis 3,8 mg Jod. Da die Menge des jodhaltigen Thyreoglobulins mit dem Kolloidgehalt wächst, so kommt hier der schon erwähnte Parallelis- mus zwischen Jodgehalt und Kolloidgehalt zum Ausdruck. Die Tabelle lehrt uns ferner, dafs der Jodgehalt der Thyreo- elobulinfraktion ein sehr wechselnder sein kann und zwischen 0,04 und 0,1 Proz.*) schwankt. Nach dem oben Gesagten bedeutet das, dafs das Verhältnis von jodfreiem und jodhaltigem 'Thyreo- globulin wechselt; und zwar nimmt bei Vermehrung des Gesamt- thyreoglobulins im allgemeinen die Menge des jodfreien stärker zu als jene des jodhaltigen. In den thyreoglobulinreichen Kröpfen Nr. 10, 8 und 9 mit 93,7, 58,5 und 53,1 g Thyreoglobulin beträgt der Jodgehalt blols 0,04 bis 0,05 Proz., während er in den thyreo- globulinärmeren Kröpfen Nr. 5, 2 und 1 mit 14,8, 8,4 und 10,5 g Thyreoglobulin 0,07 bis 0,09 Proz., also etwa das Doppelte ausmacht. Wenn sonach, wie oben gesagt wurde, das Auftreten von Jod- thyreoglobulin an das anatomische Auftreten von Kolloid geknüpft ist, so ist unerwarteterweise der relative Gehalt an Jod- thyreoglobulin um so kleiner, je vorgeschrittener die Kolloidentartung ist. In der letzten Kolumne der Tabelle findet man die Menge von Jod verzeichnet, welche auf 1 g des frischen Kropfes entfällt, da man sich häufig zum Vergleich des Jodgehaltes der Kröpfe mit dem normaler *) Der hohe Gehalt 0,40 Proz. Jod, der bei dem Basedowkropf (Nr. 12) sefunden wurde, darf mit den anderen nicht in Parallele gezogen werden, denn in diesem Falle hatte vor dem Ableben der Patientin eine beträcht- liche Jodzufuhr (1& JK pro die während einer Woche) stattgefunden. Es beweist dies, wie beiläufig bemerkt werden soll, dals der Basedowkropf gleich der gesunden Schilddrüse die Fähigkeit hat, Jod in überreichlicher Menge aufzuspeichern, sobald dasselbe künstlich zugeführt wird. Weiteres über das Thyreoglobulin. 555 Schilddrüsen dieser Zahl bedient. Die nähere Prüfung zeigt jedoch, dafs ganz ausgesprochene Kröpfe und normale Schilddrüsen die gleiche relative Menge Jod enthalten können; so findet man bei dem 131g schweren Kropf und bei den blofs 42 bezw. 43 g schweren Schilddrüsen 0,06 mg Jod in je 1& der Drüsenmasse, trotzdem es sich im ersteren Fall um einen ausgesprochenen Kropf, in den beiden letzteren dagegen um normale nicht vergrölserte Schilddrüsen handelt. Ebenso weisen die 94 g, 124 g, 247 bezw. 350 g schweren Kröpfe und die blois 35 g schwere Schilddrüse den gleichen Jodwert, 0,10 bis 0,12 mg auf. Dabei sind aber die erwähnten Kröpfe typische Kolloidstrumen, während die 35 g schwere Drüse normalen Umfang und normale Beschafienheit zeigt. Vergleiche, die sich auf derart ermittelte Ziffern stützen, wie man sie noch immer in der Litteratur findet, sind daher von geringem Wert und geben keinen Aufschlufs über den Grad der strumösen Ent- artung. Höchstens in extremen Fällen bei überaus kolloidreichen oder ganz kolloidarmen (parenchymatösen) Kröpfen sind beträchtliche Ab- weichungen von der Norm zu beobachten. So kommen im Kropf Nr. 4 0,27 mg Jod und im Kropf Nr. 11 beinahe zehnmal weniger, nämlich 0,03 mg Jod auf je 1 g frischen Gewebes, während die nicht vergröfserten Schilddrüsen 0,06 bis 0,1 mg Jod pro Gramm der Drüse enthielten. 4. Schlufsbemerkungen. Zum Schlufs möchte ich noch auf die physiologischen Eigen- schaften des Thyreoglobulins hinweisen, werde mich aber kurz fassen, da über diesen Gegenstand andernorts ausführlich die Rede sein soll. Thyreoglobulinpräparate aus normaler Schilddrüse beeinflulsten den Stoffwechsel in der Richtung einer Vermehrung der Stickstoff- ausscheidung*) und zeigen aulserdem gewisse Wirkungen auf den Herz- und Blutgefälsnervenapparat **). Aus Kolloidkröpfen erhaltene Präparate besitzen beide Eigen- schaften in geringerem Malse ***). Das Thyreoglobulin der paren- chymatösen Kröpfe zeigt sie überhaupt nichtY). Fragen wir nun, was bei diesen Präparaten verschieden ist, was somit die Ver- schiedenheit der Wirksamkeit bedingen kann, so lautet die Ant- wort: soviel wir jetzt wissen, ist einzig und allein der Jodgehalt ein verschiedener. Das Produkt normaler Drüsen enthält relativ *) A. Oswald, Die Eiweilskörper der Schilddrüse. Zeitschr. f. physiol. Chem. 27, 14 (1899). »»*) E. v. Cyon und A. Oswald, Über die physiologischen Wirkungen einiger aus der Schilddrüse gewonnenen Produkte. Pflügers Archiv 83, 199-1907). er) A, Oswald, Zeitschr. f. physiol. Chem. 27, 14 (1899). +) v. Cyon und A. Oswald, loe. cit. 556 A. Oswald, Weiteres über das Thyreoglobulin. } viel Jod (0,34 Proz.), das der Kolloidkröpfe relativ weniger (0,09 bis 0,04 Proz.), das Thyreoglobulin der parenchymatösen Kröpfe überhaupt keines*). Wir können uns daher des Eindrucks nicht erwehren, dals es ausschlie[lslich der Gehalt an Jodthyreo- globulin ist, der die Intensität der Wirksamkeit der Präparate bedingt. Es braucht ja wohl kaum hervorgehoben zu werden, dafs nicht das Jod als solches — das besitzt ja ganz andere Eigenschaften**) —, sondern die spezifische Jod- verbindung das wirksame Agens ist. Es erscheint als nächste Aufgabe, das Jodthyreoglobulin ge- sondert vom (jodfreien) Thyreoglobulin darzustellen und chemisch und physiologisch weiter zu untersuchen. *) Das relativ jodreichere Thyreoglobulin des Schweins (mit 0,5 Proz. Jod) scheint, soweit blols Schätzungen an Stelle ziffermälsieer Feststellungen statthaft sind, seinem höheren Jodgehalt entsprechend wirksamer zu sein als das der normalen Schilddrüsen des Menschen (mit 0,3 Proz. Jod). **) Vergl. E. v. Cyon, Beiträge zur Physiologie der Schilddrüse und des Herzens. Pflügers Archiv 70 (1598). XXXV. Untersuchungen über die Stiekstoffgewinnung und Eiweiflsbildung der Schimmelpilze *). Von F. Czapek. (Ausgeführt mit Unterstützung der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Litteratur in Böhmen.) 2. Über die Verwendbarkeit von Aminen, Amiden und Ammoniaksalzen zum Eiweilsaufbau bei Aspergillus niger van Tiegh. In der ersterschienenen Arbeit wurde gezeigt, dals den Amino- säuren eine sehr hohe Bedeutung als Stickstoffquelle für Asper- sillus niger zukommt, und dals man gute Gründe für die Ansicht beibringen kann, dafs der Eiweilssynthese im Organismus inter- mediär die Synthese von Aminosäuren vorangehe. Es wurde zum Schlusse der Arbeit aus diesen Ergebnissen auch die einer experi- mentellen Prüfung zugängliche Konsequenz gezogen, dals unter allen Substanzen, welche der Pilz als Stickstoffquelle assimilieren kann, voraussichtlich diejenigen die dienlichsten sein werden, welche leicht in Aminosäuren umgebildet werden können. Das Studium solcher Substanzen ist daher der Gegenstand der vorliegenden Untersuchung. Es erwies sich aber als notwendig, die Untersuchungen nicht auf diejenigen Substanzen zu beschränken, welche auf Grund be- kannter chemischer Beziehungen mehr oder weniger einfach Amino- säuren liefern können, sondern die stickstoffhaltigen organischen Substanzen möglichst ausgedehnt in ihrer Rolle als Stickstoffquelle *) Die erste Arbeit der Reihe vergl. diese Beiträge 1, 533 (1902). 558 F. Czapek, für Aspergillus zu prüfen. In der That wurden so manche un- erwartete Befunde erzielt, welche zum Teil leider einer plausiblen biochemischen Erklärung heute noch nicht zugänglich sind. Die Untersuchungsmethode war die in der ersterschienenen Arbeit angegebene, und ich verweise in dieser Hinsicht auf die dort dargelegten ausführlichen kritisch -methodischen Auseinander- setzungen. Bei den weiteren Versuchen, welche so heterogene Stoffe von äufserst verschiedenem Stickstoffgehalt betrafen, war es jedoch nötig, in jedem Falle die Ausnutzung des dargebotenen Stickstoffes durch den Pilz zu bestimmen und in vergleichbaren Zahlenwerten auszudrücken. Zu diesem Zwecke wurde der Stick- stoffgehalt der benutzten gewogenen Substanzmenge für jeden ein- zelnen Versuch berechnet, in vielen Fällen aufserdem noch zur Kontrolle direkt bestimmt. Die als Stickstoffquelle benutzte Sub- stanz wurde in der Regel in einprozentiger Lösung mit 3 Proz. Rohrzucker dargereicht. Sollte zugleich ihr Wert als Kohlenstoff- und Stickstoffquelle gleichzeitig bestimmt werden, so wurde eine vierprozentige Lösung angewendet. In den auf jedes Köibchen ent- fallenden 50cem Nährlösung war somit entweder 0,5 oder 2,0% der stickstoffhaltigen Substanz geboten. Die darin enthaltene bestimmte Stickstoffmenge wurde in allen von mir als „Stickstoffausnutzung* bezeichneten Verhältniszahlen gleich 100 gesetzt. Es wurde sodann in der Pilzernte die Stickstoffbestimmung vorgenommen und das prozentische Verhältnis der Stickstoffernte zum dargebotenen Stick- stoff berechnet. Diese Zahl, welche angiebt, wieviel Teile von 100 Teilen dargebotenem Stickstoff in der Pilzernte vorgefunden, d. h. assimiliert worden waren, bildet den Nenner in dem als „Stickstoffausnutzung“ bezeichneten Bruche. Weil in allen Ver- suchen 0,5 & der stickstoffhaltigen Substanz dargereicht wurden, so läfst sich die Pilzgewichtszahl leicht durch Multiplikation mit 2 auf den „ökonomischen Koeffizienten“ der betreffenden Zahl um- rechnen, d. h. jene Zahl, welche aussagt, wieviel getrocknete Pilz- ernte für den Konsum von 100 Teilen des Nährstoffes produziert wird. Der Begriff des „ökonomischen Koeffizienten“ ist von W. Pfeffer*) eingeführt worden. =) W. Pfeffer, Über Elektion organischer Nährstoffe. Jahrbücher für wissenschaftl. Botanik 28, Heft 2, S. 257 (1895). Ferner ist zu vergleichen die aus dem Leipziger botanischen Institute hervorgegangene Dissertation von H. Kunstmann „Über das Verhältnis zwischen Pilzernte und ver- hrauchter Nahrung“. Leipzig 1895. Untersuchungen über die Stickstoffgewinnung u. s. w. 559 Die Summe des noch in der restierenden, vom Pilze ab- filtrierten und mit den Waschwässern vereinigten Kulturflüssigkeit vorhandenen Stickstoffes und des Erntestickstoffes war in allen Fällen innerhalb der Versuchsfehler gleich der dargebotenen Stick- stoffquantität. Jedenfalls konnte ich in keinem einzigen von den Hunderten der analysierten Versuche einen unzweifelhaften Stick- stoffverlust konstatieren. Freigewordenes Ammoniak wurde offenbar quantitativ durch die vom Pilze produzierte Säure gebunden, und Entbindung von freiem Stickstoff hatte daher auch niemals in nachweisbarer Menge stattgefunden. Andererseits beweisen die Stickstoffbilanzen, dafs in meinen Versuchen der Aspergillus niemals Luftstickstoff zu assimilieren vermochte. Es ist mehrmals behauptet worden, dafs Schimmelpilze freien Stick- stoff fixieren, so unter anderen in den letzten Jahren von K. Purie- witsch*) und jüngst von K. Saida**). Beide Publikationen sind leider im Hinblick auf die in diesem Falle äufserst notwendige ein- gehende Kritik der Versuchstechnik bei der Stickstoffbestimmung viel zu knapp abgefalst, als dafs man den wünschenswerten kritischen Mafs- stab an sie anlegen könnte. Die Werte, welche Puriewitsch als Stickstofigewinn angiebt, scheinen mir doch nur innerhalb der Grenzen der Versuchsfehler zu liegen. Speziell bei Saidas Angaben wäre es höchst wichtig und interessant, zu wissen, welche methodischen Kautelen er angewendet hat. Jeder, der sich mit Stickstoifbestimmungen ab- gegeben hat und die analytischen Fehlergrenzen bei ihren verschiedenen Anwendungen kennt, wird eine Aufklärung wünschenswert finden dar- über, welche Sicherheit die häufig nur 0,1 bis 0,2 mg Stickstoff be- tragenden und dabei auf vier Dezimalen in Bruchteilen eines Milli- gramms ausgerechneten Zahlen in die Arbeit K. Saidas gewähren. Bis zu der definitiven Sicherstellung der Sache vermag ich jedoch meine Zweifel an der Beweiskraft dieser Untersuchungsresultate nicht zu unterdrücken. Saida scheint übrigens mit dem Verhalten von Pilzen in stick- stoffhaltigen Substraten ähnliche Erfahrungen gesammelt zu haben wie ich; denn er giebt an, dals keine Assimilation freien Stickstoffs statt- finde, wenn die Nährlösung eine grofse Menge von gebundenem Stick- stoff enthält ”**). Meine Resultate dürften demnach an Wert nicht ein- bülsen, selbst wenn es gelingen sollte, späterhin in bestimmten Fällen die Assimilation von freiem Stickstoff durch Aspergillus niger einwurfs- frei zu beweisen. *) K. Puriewitsch, Berichte der deutschen botanischen Gesellschaft 13, 342 (1895). **) K. Saida, ebenda 19 (1901; Generalversammlungsheft), S. 107. zer Sr 108: 560 F. Czapek, a) Versuche mit Alkylaminen. Die Alkylamine sind relativ häufig in ihrem Verhalten als Stickstoffquelle für Schimmelpilze untersucht worden. Nebst ver- einzelten älteren Angaben über einschlägige Versuche, besonders jenen von Nägeli, sind vor kurzem eingehende Untersuchungen von L. Lutz*) hierüber mitgeteilt worden. Trotzdem habe ich, um die Resultate mit den anderweitig erzielten streng vergleichbar zu machen, sämtliche mir zugänglichen Alkylamine geprüft. Die Alkylamine sind sämtlich stärkere Basen als Ammoniak. Von ihnen sind die quaternären Ammoniumbasen ebenso stark disso- ziert wie Alkalioxydhydrate, sodann felgen als nächst schwächere Basen die sekundären, dann die primären und tertiären Amine. Man reicht die Amine natürlich dem Pilz als Salze dar. Für den Nährwert ist es von grolser Bedeutung, ob die Säure des Amin- salzes stark oder schwach dissoziiert ist. So machte ich die Er- fahrung, dals essigsaures Methylamin und andere Aminacetate das Pilzwachstum gar nicht unterhalten, während z. B. die Chlor- hydrate treffliche Stickstoffquellen abgeben. Es kommt somit augen- scheinlich nur auf die Zahl der freien Kationen der Aminsalze bei der Stickstoffversorgung an, z. B. Methylaminchlorhydratlösung: — CH,NH, Die Resultate, welche sich bei der Hauptreihe der alipha- tischen Alkylamine bei den einzelnen Versuchen ergaben, habe ich in nachstehender Tabelle (s. S. 562 bis 563) übersichtlich zusammen- gestellt. Man ersieht aus den hier angeführten Daten, dafs es gute Stickstoffquellen sowohl unter den primären, als sekundären und tertiären Aminen giebt. Nur die quaternären Ammoniumbasen waren sehr schädlich und vermochten normales Wachstum nicht zu unterhalten. Eine Beziehung zur Stärke der Amine als organische Base oder zur Affinitätskonstante liefs sich bezüglich des Nährwertes der Alkylamine nicht feststellen. Reicht man die Amine für sich allein dar, so sind die Erntezahlen durchweg sehr gering, steigen jedoch merklich mit dem Molekulargewicht und Kohlenstoffgehalt der Amine. Im Vereine mit Zucker lälst sich auch mit den ein- *) Rech. sur la nutrition des vegetaux a l’aide de substances azotees de nature organique. Ann. d. sc. nat. VII. ser. 1, 1 (1898). Untersuchungen über die Stickstoffgewinnung u. s. w. 561 fachsten Aminen ein relativ gutes Pilzwachstum erzielen. Unver- kennbar nimmt auch die Eignung der Alkylamine als blolse Stick- stoffquelle mit dem Kohlenstoffgehalte und dem Molekulargewichte sehr zu. Es scheint also hierbei eine Kohlenstoffkette günstig zu wirken. Wenn wir die verschiedenen isomeren Amine bezüglich ihres Nährwertes vergleichen, so stofsen wir auf namhafte Differenzen. So nährt Triäthylamin bedeutend besser als Dipropylamin, Butyl- amin merklich besser als Isobutylamin. Es ist also einmal. der Charakter als primäre, sekundäre oder tertiäre Base, das andere Mal die Struktur der Kohlenstoffkette von Einfluls. Bei Methyl- und Äthylderivaten nähren die sekundären und tertiären Basen unverkennbar besser als die primären. Vom Propyl- amin angefangen sind jedoch die sekundären und tertiären Basen allgemein weniger als Stickstoffquelle geeignet und werden schlechter ausgenutzt als die primären. Schon Triäthylamin scheint kaum besser als Äthylamin zu sein. Man darf daher wohl sagen, dafs die Eignung primärer Alkylamine als Stickstoffquelle gröfser ist als die Eignung der anderen. Bei den Anfangsgliedern kreuzt sich möglicherweise der günstige Einflufs der Kohlenstoffkettenbildung mit dem minder günstigen des Charakters als sekundäre und tertiäre Base. Wenn man die Reihe der primären Amine verfolgt, so ist zu bemerken, dals die Abweichungen vom normalen Bau der Kohlen- stoffkette bei den Isoverbindungen stets mehr oder weniger stark die Eignung als Stickstoffquelle schwächen. Aufserdem ist bei den normalen primären Aminen der steigende Nährwert mit zunehmendem Molekulargewichte sehr deutlich ausgeprägt; aber schon beim n-Butylamin ist die maximale Wirkung fast erreicht. Aus dem Erfolge mit Allylamin im Vergleiche mit Propylamin darf man schliefsen, dafs homologe Glieder der ungesättigten Reihe an Nährwert den normalen Aminen etwas nachstehen. Die Versuche mit Cholin und Glykosamin zeigen, dals Gegen- wart von OH-haltigen Gruppen auf den Nährwert der Amine sehr günstig einwirkt. Wahrscheinlich dürften alle Oxyalkylamine (Amino- alkohole) bessere Nährstoffe sein als die nicht hydroxylierten Amine. Leider waren mir andere OH-haltise Amine als die genannten nicht zugänglich. Das abnorm konstituierte Hoexamethylentetramin hat relativ geringen Nährwert. Im Zusammenhang mit der früher geäufserten Anschauung, dals eine Substanz um so besser als Stickstoffquelle fungieren dürfte, Beitr. z. chem. Physiologie. II. 36 or |) F. Czapek, .r VabelleM - - - Chlorhydrat von "Methylamih GEL=-NH, 3 #82 zul en: ‚ DimethylaminseH ONE 00000 "Trimethylamin (OH) N Nthylamın.@, HS NE en Diäthylamınz(eJE2), NEN Den nen Triäthylamin(& 5), EN Eee Bropylamınz CH2 (GEB) NEE Dipropylamıins [CHE (GE) TON ee rpropylanımajlaker (GES re n- Butylamın OR S2(CH,), NIE Isobutylamin CHs=CH SEI SZENE ee =: .. AONBL Diisobutylamin ( 6 nel 6 CH): — N HEY SSR Amylamın? GE; (OS), ZN He ee Den Ic 2 Ol (CH, | N 3 Heptylamın &I, (CE), — NEE ee Tetramethylammonchlorid (CH,),NCl Tetraäthylammonchlorid (C,H,), NO... ..2.... Chlorhydrat von Allylamin CH,=CH—CH,— NH, ET ee „ Glykosamin COH—(CHOH),— CHNH,—CH,OH | Hexamebhylentetramın CE SNG a De Cholin OH,0OH— CH,N(CH,),HCl Mono-Benzylamin (C,H, — CH,)NH, Dibenzylamın (&,Er2 OHREN Tribenzylamin N= (C,H, — CH,), Anilin-@sulfat) CHEN EEE Dre re Methylanilin & EL, NE CH Dimethylaniln C,H, — N= (CH,), o-Nitroänilin ss eu a N Acetanilid, Natrium anilidoaceticum Die drei Toluidine und Xylidine Diphenylamin NH — (C,H,), FINDE OWN DI OB OO a en täts- der . sehr stark dissoz. ” 0,0957 konstante » ‚Substanz |. Stick- stoff- eehalt Proz. „3 Proz. Rohrzuck. (Mittelzalıl aus 3 Ver- suchen) Pilzernte in 1lproz. Lös. mit 20,78 [291 mg ae, 14,69 |34 117,002 290 12,81 3402 4 10.20. Oboe 14.6902 39008 10,20 52,6 „ ‚Ins 21,42 1281 . |476,0 „ 12,81. 12832 9 el 36,8 „ .11,36 |253,3 , 7,25. 16.008 9.25 . !325,76 „. 12,81 | Unter- 8,47 9,73 , 15,0 305,13 „ 6,51 570,6 „ 40,03 . | 50,9 „ 8,09 |461,0 „ 978 22758 kein Wachstum 4,34 217,74 9,88 [108,2 5 — kein 8,9 - 1 106,8 — kein Untersuchungen über die Stickstoffgewinnung u. s. w. , (Mittelzahl aus 3 Ver- suchen) Stick- stoffaus- nutzung 100 33,02 48,51 56,13 41,56 63,75 60,27 64,10 12,39 8,40 39,18 53,07 10,42 54,56 15423 84,5 9,76 48,8 99,7 eine dieke Decke. Aussehen der Kultur Schöne schwarze Decke Gute Decke Kompakte konidienr. Decke mit festem Mycel Mycel faltig, weils. Decke gut Schwz. gute Decke. Mycel etw. schleim. Gute schwarze Decke Gute Decke mit faltigem Mycel Schwache zieml. konidienreiche Decke Schleim. Decke m. mäls. Konidiendichte Dichtes Mycel, viele Konidien Schneeweilse zahlreiche Rasen Schleimige Decke mit Konidien Kontinuierl.weilse Decke. Konid. spärl. Schleimige schwarze Decke Konidien nicht sehr reichlich schleimige Mycelflocken, nicht gewogen Schleim. Veget. mit dünnsteh. Konid. Gute ziemlich konidienreiche Decke Dichte, auffallend feste weilse De wenige Konidien Weilse Mycelballen, keine Konidien Dicke Decke, reichlich Konidien Dünne schwarze Decke Gute schwarze Decke Gute Rasen Dünne schwarze Decke Mittelzahlen aus 3 Versuchen Aussehen der Pilzernte Stick- in 4 proz. | stoffaus- Kultur Lös. ohne) nutzung Zucker 100 mg 14, 56 0.423 Kl. runde Räschen, wenig Konidien 34.4 19, Mäfsig. Wachst. mit 2 Konidienbild, ” E® Tri SE „ 48,66 17 Dünne normale Decke 27.43 1.28 Konidienarme 2 schwache Vegetat. ” Eon 7 Eee 101,63 4.15 Schwache konidien- 2 reiche Decke s; : 31.47 1.55 Schwache, ziemlich : konidienr.iche Decke Wenige untergetauchte Flocken von Mycel "nicht gewogen ” Serz ART mg ” WET Er SER) „ 384 Du Schleimige Decke ” Ba Fr Ze! „ 147,8 12,24 Schleimige, schwarze Decke » IR: Bar =, 33,4 1,56 | Sehr lockere, schlei- —— Nichts gewachsen Spärliche on nn nn nn nn nn nn nn nn e) $) $) $] ) ’ 2 I 2 oO $) 9 > ’ >- , 8%) k mige Decke Keimung, nicht gewogen 564 F. Czapek, je leichter sie vom Organismus in Aminosäuren übergeführt werden kann, müssen wir annehmen, dafs die eben erwähnten Struktur- eicentümlichkeiten von Aminen dadurch günstig wirken, dafs sie die Überführung in Aminosäuren unterstützen. Es sind dies: 1. Charakter eines primären Amins, d. h. Gegenwart der Gruppe — CH, NH3. 2. Normale Kohlenstoffkette von vier und mehr Gliedern. | | 3. Gegenwart der Gruppe CHOH resp. CH,OH, d. h. Alkohol- | charakter. Wie sehr es auf die Gegenwart der Gruppe —CH,NH, ankommt, zeigt sehr deutlich die hervorragende Eignung von Benzylamin gegenüber Anilin. Selbst der Vergleich der tertiären Basen Tribenzylamin und Dimethylanilin läfst noch diesen Einflufs erkennen. Da die Aminosäuren ihren Wert als beste Stickstoff- quelle ebenfalls der Gruppe Lak verdanken, wird die Be- ziehung zwischen Nährwert der Alkylamine und ihrer Eignung zur Aminosäuresynthese sehr deutlich. Dafs die Gegenwart der Alkoholgruppe On: OH die Wirkung des Amins dadurch erhöht, dals sie die enden unterstützt, scheint mir ebenfalls plausibel. Alkylamine könnten nun ohne weiteres Aminosäuren liefern, wenn an sie CO, angelagert wird. Der gegenläufige Prozels: Aminbildung aus Aminosäuren, durch CO,-Abspaltung ist bereits in mehreren biochemischen Beobachtungen sichergestellt worden. So hat Nencki die Bildung von Phenyläthylamin bei der anaerobiontischen Proteinfäulnis gesehen. Methylamin ist ein mehr- fach isoliertes Produkt der Eiweilsfäulnis. Besonders interessant ist die Entstehung von Oxyphenyläthylamin in aseptischer Autolyse aus Tyrosin bei Pankreasverdauung |R. L. Emerson*)| und bei protrahierter peptischer Verdauung |L. Langstein**). Obwohl diese aus jüngster Zeit stammenden Befunde ihrer theoretischen Verwertung erst entgegensehen, so bleibt doch kaum ein Zweifel, dafs das Oxyphenyläthylamin aus Tyrosin durch enzymatische CO;- Abspaltung hervorgeht. Wenn sich solche Wirkungen allgemein an Aminosäuren sicherstellen liefsen, so könnte man immerhin daran denken, dafs die Reversion dieser Enzymwirkung bei der Verarbeitung von Aminen im Spiele ist und eine Aminosäure- synthese aus dem dargereichten Amin durch CO,-Anlagerung erfolet. *) R.L. Emerson, Beiträge zur chem. Physiol. u. Patholog.1, 502 (1901). "=, L. Langstein, ebenda, S. 507. Untersuchungen über die Stickstoffgewinnung u. s. w. 565 Die bisher eruierten biochemischen Thatsachen stehen mit einer solchen Auffassung in gutem Einklange. Hier, wie bei allen ähn- lichen biochemischen Betrachtungen ist aber wohl zu bedenken, dals wir es vorläufig nur mit naheliegenden chemischen Möglich- keiten und experimentell begründeten Beziehungen zu thun haben, nicht aber mit sicheren Schlüssen auf die Stoffwechselvorgänge im Organismus. In dem letzteren sind die Verhältnisse viel zu kom- pliziert und viel zu schwierig zu übersehen, als dals unsere An- nahmen in einer bestimmteren Form geäulsert werden könnten. Auch geben unsere chemischen Strukturformeln mitunter nur einseitige und lückenhafte Vorstellungen vom Wesen der Ver- bindungen und ergeben manchmal grofse Ähnlichkeiten, wo wir biologisch und reaktionell grolse Differenzen finden. Die hypothetische Annahme, dals Amine durch CO,-Anlagerung im Organismus Aminosäuren liefern, scheint mir aber noch nicht auszureichen: 1. um zu erklären, warum die Verminderung des Nährwertes bei niedrigen Aminen relativ so viel grölser ist als bei niedrigen Aminosäuren — es muls aus unbekannten Gründen die Aminosäurebildung bei höheren Aminen leichter erfolgen*) —, 2. um zu erklären, warum bei den niedrigsten Aminen die sekundären und tertiären Basen relativ gut und bei den höheren relativ sehr schlecht. nähren. Hierfür eine chemische Begründung ausfindig zu machen, ist mir nicht gelungen. b) Versuche mit Diaminen. Das Verhalten der Diamine als Stickstoffquelle für Schimmel- pilze ist meines Wissens bisher nicht systematisch experimentell ‚geprüft worden. Ich habe deswegen die mir zugänglichen Diamine sämtlich untersucht und die erzielten Ergebnisse in der nach- stehenden Tabelle II (s. S. 566 und 567) zusammengestellt. In ihrem chemischen Charakter sind die Alkylendiamine den Alkylaminen recht ähnlich; von besonderem Interesse sind hier die cyklischen Imide, von denen sich auch wichtige heterocyklische Stoffe des Pflanzenorganismus, wie Pyridin und Piperidin, ableiten lassen. Die Affinitätskonstante steigt bei den Diaminen mit zunehmendem Kohlenstoffgehalt und zunehmender Entfernung der Amidgruppen. Aber auch der Nährwert ist bei Äthylendiamin am geringsten und steigt bei den folgenden Gliedern an. Der *) Vielleicht ist hier zu bedenken, dals im Eiweilsmolekül höhere Amino- säuren mit 5 und 6 Kohlenstoffatomen relativ am stärksten vertreten sind- 566 F. Czapek, Tabelle IL 3 Pilzernte- 52 | Stiekstoff- | trockengewicht = 3 | gehalt der in 1 proz. Lösung Chlorhydrat von 3 a , a > a 2 Rohrzucker R Proz. mg CH,—NH Äthylendiamin a. 0,0084. 21,10 210,0 Trimethylendiamin CH t N 0,158 | 11,58 159,3 Pyridin N0H.. De Kein Phenylendiamin meta- C,H,—(NH,), . .... Il — 19,42 47,1 " Daran ee | — — Kein I Isomeriefall bei Trimethylendiamin und Propylendiamin zeigt uns, dafs der normale Bau der Kohlenstoffkette auch bei den Diaminen eine grofse Bedeutung für den Nährwert hat. Das Piperazin ist als eyklisches Imid ein bedeutend schlechterer Nährstoff als das Tetramethylendiamin. Auch das Piperidin erweist sich als untergeordnet gegenüber dem Pentamethylendiamin. Pyridin nährt gar nicht. Auffallend ist es, dafs eine Pyridinkarbonsäure, die Nikotinsäure, sich als Stickstoffquelle verwendbar erwies, dafs also der Pyridinring selbst nicht so schwer zu sprengen ist, wie es die Untauglichkeit des Pyridins vielleicht vermuten liefse*). *) Nach Abschluls des Manuskripts ist eine Mitteilung von O. Emmerling [Bericht der deutsch. chem. Ges. 35, 12, 2289 (1902)] über Aminosäuren als Nährstoffe für niedere Pflanzen erschienen, worin angegeben wird, dafs auch die «-Pyrrolidinkarbonsäure meist einen guten Nährstoff darstellt. Es wird also auch der Pyrrolidinring leicht gesprengt. — Die sonstigen Angaben Emmerlines über Nährwert von Aminosäuren stimmen mit meinen "En DEE Untersuchungen über die Stickstoffgewinnung u. 8. w. 567 Pilzernte in | Aı® . | Stiekstof- 3 Stiekstoff- - 4 proz. Lösung ‚| Aussehen der ausnutzung Aussehen der Kultur > | ausnutzung re n ohne Zusatz Kultur 100 me Proz. Üble HE En nn I} | 23,9 Zahlreiche kleine konidien- 33,4 1,09 Schleimige lose gelbliche Räschen weilse Rasen 56,3 ‚Dieke schwarz und weils — | — — gescheckte Decke | 99 ‚Schwache weilse Vegetat. | ER zät 66,5 Dicke Decke mit vielen — | —_ —_ Konidien 9.55 Dünne Veeetation mit zer- —_ — : — streuten Konidien 35,9 Sehr üppige schwrz. Decke — —_ -- 33,09 Kleinere eetrennte dicke —_ : — _ Rasen m. schwarz. Konid. Wachstum Er 2 BR 5,8 Dünne rostfarbene Rasen _ — Wachstum | - — — —_ Von den Phenylendiaminen ist es das Metaderivat, welches allein in mälsigem Grade eine Stickstoffquelle darstellt. Über die biochemischen Vorgänge bei der Assimilation von Diaminen und die Bildung von Diaminosäuren daraus lassen sich wohl analoge Vorstellungen entwickeln wie bezüglich der Amine. Bei den Diaminosäuren scheint eine Spaltung in CO, und Diamin noch leichter zu erfolgen als bei den Monaminosäuren. Wenigstens !älst das regelmälsige Vorkommen von Putreszin und Kadaverin bei der Eiweifsfäulnis darauf schliefsen. Bezüglich dieser beiden Substanzen hat bekamntlich A. Ellinger*) gezeigt, Erfahrungen überein, bis auf die Ergebnisse mit «-Aminobuttersäure und | Tyresn, die Emmerling auffallenderweise für Aspergillus niger nicht geeionet fand. *) A. Ellinger, Ber. deutsch. chem. Ges. 31, 3, 3183 (1598) und 32, 3, 3542 (1899). 565 F. Czapek, dafs das erstere dem Arginin, das zweite dem Lysin der Eiweils- hydratationsprodukte entstammen muls. Enzymatische Abspaltung ist sicher anzunehmen für das Putreszin und Kadaverin bei der Autolyse von Schweinemagen in den Versuchen Lawrows. Da die Monamine bei der Fäulnis relativ viel seltener und spärlicher auftreten, so dürften die Monaminosäuren bei dem Eiweilsabbau hauptsächlich in Ammoniak- und Oxyfettsäuren gespalten werden und nur zum geringen Teile in CO, und Alkylamin. Für die Assimilation der Alkylendiamine durch Aspergillus ist daher die Aminosäuresynthese durch CO,- Anlagerung noch wahrscheinlicher als für die Verarbeitung der Alkylamine. Bei letzterer käme auch die Bildung von Amino- alkoholen, welche durch Oxydation von CH,-Gruppen zu stande kommen könnte, als Zwischenstadium in Betracht. Damit liefse sich der hohe Nährwert von Glykosamin und Cholin in Beziehung bringen; doch ist es mir noch nicht gelungen, diese Eventualität experimentell weiter zu verfolgen. c) Versuche mit Säureamiden. Bei den Säureamiden läfst es sich ohne experimentelle Prüfung nicht beurteilen, welche Vorgänge bei ihrer Assimilation mitspielen. Bekanntlich ist die Stickstoffbindung in der Gruppe —CONH; keine feste, sondern wird leicht unter Wasseraufnahme in die Stickstoffbindung der Ammoniaksalze —COONH, verwandelt. Es ist daher denkbar, dals bei der Resorption von Säureamiden eine enzymatische Hydratation unterläuft und sich die Verarbeitung von Säureamiden auf die Verarbeitung der entsprechenden Ammoniak- salze zurückführen läfst. Andererseits wissen wir, dals die Gruppe —CONH, einen erheblichen Anteil an der Struktur des Eiweils- moleküls besitzt, und sie könnte auch unverändert aus dem auf- genommenen Säureamid in das Proteinmolekül übergehen. Die experimentellen Ergebnisse bezüglich der mir zugänglichen Säureamide finden sich in der nachstehenden Tabelle III (s. S. 570 und 571) zusammengestellt. Die Resultate sind in mehrfacher Hinsicht merkwürdig und waren zum Teil nicht vorauszusehen. Von den Amiden der Essigsäurereihe ist nur Acetamid und allen- falls Propionamid eine gute Stickstoffnahrung. Die übrigen können gar nicht als Stickstoffquelle dienen. Von Oxyfettsäureamiden wurde Laktamid geprüft; es ist besser geeignet als das korrespondierende Propionamid. Die Amide der zweibasischen Säuren sind sämtlich gute Nährstoffe. Nicht ohne Interesse ist auch die hohe Eignung Untersuchungen über die Stickstoffgewinnung u. s. w. 569 des Bernsteinsäureimids. Dasselbe liefert einerseits durch Hydratation leicht Suceinaminsäure und kann andererseits als Oxydationsstufe des Pyrrolidins oder Tetrahydropyrrols betrachtet werden, in welches es auch durch Reduktion überzuführen ist. Pyrrolidinkarbonsäure scheint, wie durch die Untersuchungen E. Fischers bekannt wurde, eine regelmälsig vorkommende Gruppe im Eiweilsmolekül darzu- stellen. Von aromatischen Säureamiden wurde Salicylamid unter- sucht; dasselbe kann nicht als Stickstoffquelle dienen. Da, wie wir später sehen werden, die Ammonsalze der Essig- säurereihe allgemein nicht als Stickstoffquelle für Aspergillus niger gelten können, während die Ammonsalze der Oxalsäurereihe sehr gute Stickstoffquellen sind, so könnte man die Untauglichkeit der Fettsäureamide vom Butyramid aufwärts und die Tauglichkeit der Amide aus der Oxalsäurereihe auf Grund der Annahme einer Verseifung und Überführung in Ammonsalze bei der Resorption ganz gut verstehen. Dieser Auffassung widersprechen jedoch Acetamid und Propionamid, welche gute Stickstoffquellen sind (insbesondere das erste), während das Ammon-Acetat und Propionat von Aspereillus niger als Stickstoffquelle nicht benutzt werden. Wenigstens in diesen beiden Fällen kann man unmöglich die intermediäre Überführung in Ammonsalze bei der Resorption annehmen. Es ist auch ganz gut denkbar, dafs die beiden in Rede stehenden Säureamide gegenüber den anderen eine biochemische Sonderstellung einnehmen. Die niedrigen Säureamide zeigen übrigens, wie die Untersuchungen Hofmanns über die Einwirkung von Br und KOH auf Säureamide gelehrt haben, einige Differenzen gegenüber dem chemischen Charakter der höheren Säureamide. Acetamid wurde bereits von Nägeli als gute Stickstoffquelle erkannt. Für sich allein ohne Zucker dargereicht, ist es keine ganz schlechte Kohlenstoff- und Stickstoffquelle, ungefähr so gut wie das Athylamin, welches als Reduktionsstufe des Acetamides gelten kann: Äthylamin::CH,— CH,NH, Acetamid: CH,—CONH, Bei gleichzeitiger Zuckerdarreichung erweist sich aber Acetamid dem Äthylamin entschieden überlegen. Der Nährwert des zum Vergleiche herangezogenen Diaceton- amins, in welchem sich zwischen CO- und NH,-Gruppe weitere Kohlenstoffgruppen einschieben, beweist, dafs die Nachbarschaft CO— NH, im Acetamid nicht die Ursache seiner Tauglichkeit als Stickstoffquelle sein muls. Die tertiäre Base Methyldiacetamid war hingegen als Stickstoffnahrung nicht zu verwenden. 570 F. Czapek, Tabelle IR | Mittel aus 3 Versuchen Stick- Pilzernte- stofl- | trockengewicht gehalt in 1 proz. ın |iLösung-+-3 Proz. Proz. | Rohrzucker HormamıdaH—@/ONTEISe A ee Acelamıdn@ ER & ONE CO-—-CH, : i | NH, * Diacetonaminoxalat CH,— LSCE Hakan Methyl-Diacetamid CH NG H Yy Ö H,— (6) Ö 3 D . . . . Bropionamidl OH, CH, CONESIE ae r 19,20 207,5 Buyramid”CER— (CE) GONE m — — Isovaleramid O1P>CH-(CH)-CONH,. . . .. 13,87 4,3 3 Laktamid CH,—CHOH—-CONH, . ....... 15,75 372.9 ÖOxaminsäure (Natronsalz) COOH—CONH, ... | 12,63 5044 - CONH—CH, Dimethyloxamid 6 ONH- 0 Be 24,16 130.2 a n H,—CONH, i X 0) BERN EL UN AR ee Bro 24,16 ; uceinami CH,-CONH, 1 459,4 On 0x0) Suceinimid | EN ne 11,99 614,3 CH,— CO Salieylamıdu@r Es (O’ENOIONDEI Eee ee — —= ek Be 0) welcher nach Hofmann*) aus 2 Mol. Acetamid’-+ 1 Mol. Brom mit Kalilauge entsteht, ernährt schlechter als Acetamid. Ferner ist bezüglich des Propionamids die Überlegenheit seines Oxyderivates, des Laktamids, zu beachten. Dieses könnte allerdings durch Verseifung Ammon- laktat geben, welches unter Wasseraustritt in Aminopropionsäure übergehen könnte. Es ist mir nicht gelungen, unter den zahlreichen Mögliehkeiten, wie Acetamid und Propionamid in Aminosäuren übergeführt werden Methylacetylharnstoff *) Ber. deutsch. chem. Gesellsch. 14, 2725 (1881). Stick- stoffaus- nutzung 100 —I De Untersuchungen über die Stiekstoffgewinnung u. s. w. 5 —_— - = Mittel aus 3 Versuchen | Pilzernte- | trocken- Aussehen der Kultur gewicht in | Stickstoff- | Aussehen der Kultur 4proz. | ausnutzung | Lösung 100 I ohne Zusatz me Kein Wachstum — == | — - | Zusammenhängende schöne Decke 48,6 1,2 Dunkelbraune kleine | | Räscheningrofser Zahl Gute Decke —_ — Kein Wachstum — E— — Schollige 'dieke weilse Rasen mit _ = Kein Wachstum hellbraunen Konidien | Kein Wachstum = | _ — Sehr kleine Rasen — _ _ | Kontinuierliche schwarze Decke 56,9 2,17 Dünne Decke mit dunklen Konidien ı Gute schwarze Decke —_ = — Zahlreiche dunkelbraune Räschen — = = ' | Gute schwarze Decke -—_ | — — Schöne schwarze Decke 1557 0,3 Spärliche kleine weilse | Räschen ı Kein Wachstum — — — EEE. ER Un könnten, per exclusionem oder durch direkten Wahrscheinlichkeits- Denkbar wäre Aneinanderlagern zweier Amidmoleküle, wie bei der Bildung von Methylacetylharnstoff aus Acetamid, Kohlensäureanlagerung, Reduktion zu Alkylamin, Oxydation zu Glykolamid; mehr als Ver- Am ehesten würde noch beweis eine Entscheidung oder Einschränkune zu finden. oO (>) mutun’gen lassen sich hier nicht hegen. die Annahme einer Oxydation der CH,;-Gruppe im Acetamid und Übergang in Glykolsäureamid und Glykokoll dem bisher Bekannten entsprechen, doch hat sich bisher kein Anhaltspunkt zur Ausführung weiterer Versuche ergeben. 572 F. Czapek, Tabelle IV. Mittel aus 3 Versuchen Pilzernte- trockengewicht in1proz. Lösung mit 3 Proz. Rohrzucker Stiek- stoffaus- nutzung darin 100 Rormoniteil,BlausauresH CN Em e AcetonitrilsCHi, eNy. Bropionitril.&E- CH ON Seen n-Butyronitril CH,—CH,—CH,—CN....... iso-Butyronitril e 11>0 HN 3 Kapronıtrıl OH — (CH), ONE er Laktonitril CH,—-CHOH—CN ......... Malonsäurehalbnitril (GNT (cyanessigsaur. Na) co CH,—CN IBernsteinsaurenunmılae me ee CH,—CN Bhoronsaurenttrilu@ EI NSO er Phenylglykolsäurenitril C,H,COH—CN ..... Phenylglykolsäuredielykosid (Amygdalin) Benzonitril, o-Tolunitril, «- u. £-Naphthonitril o-Oyanbenzoesäuree SE ee d) Versuche mit Säurenitrilen. Für die Nitrile ist dieselbe Frage aufzuwerfen wie für die Säureamide: ob sie durch Verseifung bei der Resorption in Am- moniaksalze übergehen oder nicht. Wie die obige Übersichts- tabelle IV der mit Nitrilen verschiedenster Art ausgeführten Versuche zeigt, sind die Nitrile insgesamt nur sehr schlechte Stickstoffquellen. Am besten war die Stickstoffausnutzung noch beim Amygdalin (Phenylglykolsäurenitril-Diglykosid). Eine Re- sorption der Gruppe — CN ist daher wohl in beschränktem Mafse mit Erfolg möglich, doch sah ich bei den meisten Nitrilversuchen kein normales Wachstum unseres Aspergillus.. Diese Resultate stehen in völliger Übereinstimmung mit den Ergebnissen von fi ot —ı (6) Untersuchungen über die Stickstoffgewinnung u. s. w. Mittel aus 3 Versuchen | | Pilzernte Aussehen der Kultur in Siuolsualll | Aussehen der Kultur 4 proz. Lösung | ausnutzung | ohne Zucker darin mg | Kein Wachstum — — — Untergetauchtes Mycel, sehr wenig: 31,6 0,55 Dünne lockere Decke Konidien mit zerstreut, Konidien Kein Wachstum E= — — Viele kleine konidienarme Räschen 24,9 0,82 Viele kleine konidien- tragende Räschen Schwache konidienarme Vegetation = = = Schwache konidienarme Decke — — — Kein Wachstum —_ —_ — Dünne Decke 30,6 1,4 Dünne Decke Kein Wachstum — — — Gleichmälsie schwache konidien- = = — arme Decke Kein Wachstum — a 2 — 36,3 Tat Schöne Decke Kein Wachstum — =: a Spuren von Wachstum _ _ — L. Lutz*), welcher eine grölsere Anzahl von Nitrilen hinsichtlich ihres Nährwertes für Schimmelpilze bereits untersucht hat. Bemerkenswert ist unter anderem der relativ sehr geringe Nährwert des Acetonitrils gegenüber Acetamid. Es beweist dies, dafs Acetonitril bei der Resorption nicht in erheblichem Malse durch Hydratation in Amid übergehen kann. Dasselbe gilt vom Proprionitril. Ähnliche Gesichtspunkte lassen sich aber auch be- züglich der Nitrile aus der Oxalsäurereihe geltend machen, die fast unverwendbar sind, während die Monamide und Diamide der Oxalsäurereihe gute Stickstoffquellen darstellen. *) L. Lutz, Rech. sur la nutrition des Thallophytes a l’aide des nitriles. Extrait des Compt. rend. du Congres des Societes savantes en 1900, Sciences. Paris 1901. 574 F. Czapek, Tabelle V. N a von | le gehalt Ds se stoff- ‚der Sub- +3 Proz. nutzung stanz Zucker | 100 Proz. Guanidin (Chlorhydrat) NH-ON®. . .... ..| 44, 503,1 97,4 Methylguanidin NH-OIE a ........ — 2 2» Methylguanidin- NH essigsäure NHTC0H --.. — SE Sadır Nitroharnstoff NH,—CO—NH—NO(, .... m — — Phioharnstort NE, OS NE rer — SER En Thiosinamin NH,—CS—NH-C,H, ..... 24,16 . 44,1mg 4,38 N zer Cyanursäure 0H-0 || 25,49 NOS 9,9 NN=C(OH)—N Erntegewichtszahlen und dem Ausnutzungsverhältnis ersichtlich, dafs von einer unmittelbaren reichlichen Bildung von Aminosäuren aus dem dargereichten Material nicht gesprochen werden kann. Harnstoff entspricht in seinem chemischen Charakter am besten einem Säureamid; auch die Karbaminsäure hat Eigenschaften eines Säureamids, obwohl sie in gewissem Sinne als Aminoameisensäure (Kohlensäure—Oxyameisensäure) gelten kann. Auch der Charakter dieser Stoffe als Stickstoffnahrung steht mit dieser Auffassung in gutem Einklang. Jedenfalls unterscheiden sie sich biologisch und chemisch sehr von der einfachsten Aminosäure, dem Glykokoll. Man hätte demnach bei der Harnstoffresorption von Aspergillus am ehesten eine Verseifung unter NH,-Abspaltung zu erwarten, und eine Überführung durch ein ureaseartiges Enzym in Ammo- niumkarbonat. Mit dieser Annahme stehen meine experimentellen Konidienarme lückenhafte gelbliche Decke — Schwarze zusammenhängende Decke Dünne schleimige Decke mit zerstreuten — Konidienträgern Gute Decke mit faltigem Mycel -- Schmächtige Decke mit Konidien = Weifse dichte Decke, Konidien spärlich — Nicht gewogen Untersuchungen über die Stiekstoffgewinnung u. s. w. 577 m ——— | Pilzernte | ,. | ? | Stiekstoff- Aussehen in 4 Proz. | Aussehen der Kultur Lösung | ausnutzung der | ohne 100 Kultur Zucker Nur sehr minimale Sporenkeimung. Kein Wachstum — == | N Kein Wachstum — Zur er) Kein Wachstum = a | van Schwache Vegetation _ am PR. mit vielen weilsen dichteren Stellen. = a ai Keine schwarzen Konidien Schwache konidientragende Decke _ a | ehe Erfahrungen nicht im Widerspruche. Biuret, die Verkoppelung zweier Harnstoffmoleküle in einer Amidgruppe, nährt beinahe ebenso gut wie Harnstoff. Die alkylierten Harnstoffderivate stehen gröfsten- teils dem Harnstoff nicht wesentlich nach. Der asymmetrische Di- methylharnstoff erwies sich, dem Gesetze der niedrigen tertiären Amine folgend, als besser denn Harnstoff selbst. Der cyklische Methylen- harnstoff war untauglich, aber auch Nitroharnstoff nährte nicht. Thioharnstoff selbst wird nicht assimiliert. Doch ist inter- essanterweise die Einlagerung einer Kohlenstoffkette von günstigem Einflusse, indem der Allylthioharnstoff in geringem Mafse assi. milierbar ist. Cyanursäure nährt schlechter als Harnstoff. Die Säureureide sind durchweg gute Stickstoffquellen, und man darf ihrem hohen Nähreffekte entnehmen, dafs sie leicht Beitr. z. chem. Physiologie. II. 37 F. Czapek, Tabelle VII Glykolylharnstoff (Hydantoin) NH—CH—NH | >08 Hal NH, CO-NH (Ö: (OEL, INT I8t Methyluracil CH°=-(0H), "yhe Alloxantin 0) NER COR ZEN BON Harnsäure (Natronsalz) Koffein "CH, .N.O Re 2 A ee Stickstoff- gehalt der Substanz Proz. 16,48 13,73 15,85 17,54 17,42 31,51 28,9 Pilzernte in 1proz. Lösung + 3 Proz. Zucker 447,9 91,75 440,3 351,4 381,9 Stickstoff- ausnutzung darin 100 28,14 22,36 39,96 34,08 65,23 16,03 66,67 48,08 95,41 1,68 Gute, ziemlich reichlich konidientragende Decke Gute schwarze Decke Kleine konidienarme Rasen Pilzernte Stiekstoff- in 4 proz. | Aussehen & 5 ausnutzung Aussehen der Kultur Lösung ? der ahne darin 2 Zucker 100 Kultur Gute schwarze Rasen — — — Schleimige, sehr konidienreiche Decke — _ —_ Schöne schwarze Decke ne Sr Er Gute Decke mit vielen Konidien IE FE I: | Mälsig dichte Decke mit massenhafter En = Sr | Konidienbildung | Loekere schleimige Decke mit ziemlich — — — vielen Konidien Gute schwarze Decke — — _ Grölsere } “ = 2 weilse Dicke zusammenhängende Decke. 13,13 mg 0,45 Myeelflocken Konidien nicht sehr reichlich ohneKonidien 580 F. Czapek, Aminosäuren liefern. Man mufs wohl annehmen, dafs bei diesen cyklischen Verbindungen eine Spaltung bei der Resorption unter- läuft. Ob nun immer eine Zerlegung direkt in Harnstoff und Säure erfolgen muls, ist zweifelhaft; es können auch andere Auf- spaltungen des Ringes unterlaufen, so dafs direkt Aminosäuren ent- stehen. Ich erinnere an einen im tierischen Stoffwechsel von H. Wiener*) gefundenen Fall, an die Entstehung von Amino- essigsäure beim Zerfalle von Harnsäure im Körper. In unseren Versuchen könnte man bei Glykolylharnstoff und bei Allantoin eine solche Glykokollbildung annehmen. Wie sehr in manchem Falle das Offenbleiben des Ringes die Tauglichkeit der Substanz als Stickstoffquelle erhöht, zeigt sehr deutlich die auffallend bessere Eignung der Oxalursäure gegenüber der Parabansäure. Bei Barbitursäure und Dialursäure können wir den günstigen Einflufs der Hydroxylierung im Säurerest feststellen. Dialursäure nährt daher sehr viel besser; ebenso das zweifach hydroxylierte Alloxan. Alloxantin ist dem Alloxan gleichwertig. Harnsaures Natron wird von Aspergillus gut verarbeitet, er kann daher im natürlichen Leben dieses nicht selten zur Verfügung stehende Purinderivat ganz wohl ausnutzen. Der Nährwert stimmt fast mit jenem von Hydantoin und Allantoin überein. Es sei daran erinnert, dafs nach Wiener (l. c.) der Abbau der Harnsäure zu Glykokoll über diese beiden Stoffe führt: CHN,0,t0-+ H,0-— 0,H,N,0, (Allantoin) + CO, SEE D, 2 1,0) ar — ONE: 7 6,H,N,0, (Hydantein) 2C,H,N,0, + H,0 — 2C,H,NO, (Aminoessigsäure) + 00, + CO*) E. Külz, Zeitschr. f. Biologie 27. 59% G. Embden, Über die Bildung gepaarter Glykuronsäure u. s. w. von 100 Volumina Äther, 50 Volumina Alkohol und 3 Volumina auf die Hälfte verdünnter Schwefelsäure ausgeschüttelt und das Äther- alkoholextrakt im Vakuum bis zur Verjagung des Äthers und der Hauptmasse des Alkohols eingeengt. Alsdann wurde mit Barytwasser genau neutralisiert, vom Baryumsulfatniederschlage getrennt und im Vakuum auf etwa 10 ccm eingeengt. Die so erhaltene, ziemlich schwer bewegliche, gelbgefärbte, klare Flüssigkeit enthielt reichlich gepaartes Phenol und gab intensive Phloroglucin- und Orcinreaktion. Im Zusammenhalt mit der angewandten Extraktionstechnik dürfte dieses Verhalten den dringenden Verdacht rechtfertigen, dafs Phenolglykuronsäure vorlag und dafs somit die Leber eine der Stätten der Glykuronsäuresynthese darstellt *). Da ich aus äufseren Gründen die Versuchsreihe abbrechen muls, sei dieses vorläufige Resultat hier mit dem Bemerken mitgeteilt, dals die Fortführung der Untersuchung im hiesigen Institut in Aussicht genommen ist. . *) Es ist aus mehrfachen Gründen wahrscheinlich, dals die Synthese auch aufserhalb der Leber ausgiebig erfolgen kann, jedoch allem Anschein nach nicht in den Muskeln, da nach den Beobachtungen von Glaessner und mir die Muskulatur überhaupt nicht im stande ist, Phenol in gepaarte Ver- bindungen überzuführen. ee en Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig. Die chemische Organisation der Zelle. Ein Vortrag von Franz Hofmeister, o. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg. 8. geh. Preis 0,60 #. Leitfaden für den praktisch-chemischen Unterricht des erdaitesämferr zusammengestellt von Dr. Franz Hofmeister, o. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg. 8. Gebunden in Lnwd. Preis 3 #b. Acht Vorträge über physikalische Chemie, gehalten auf Einladung der Universität Chicago 20. bis 24. Juni 1901 von J. H. van ’t Hoff. Mit in den Text eingedruckten Abbildungen. gr. 8. geh. Preis 2,50 J&. Der kolloidale Zustand und die Vorgänge in der lebendigen Substanz. Von Dr. Wolfgang Pauli, Docent an der Wiener Universität. kl. 8. geh. Preis 0,60 Sb. Hilfsbuch zur Ausführung chemischer Arbeiten für Chemiker, Pharmazeuten und Mediziner von Dr. Hugo Schwanert, ordentlicher Professor der Chemie an der Universität Greifswald, Geheimer Regierungsrat. Vierte umgearbeitete Auflage. Mit vier eingedruckten Abbildungen und zwei farbigen Spektraltafeln. gr. 8. Preis geh. 8 #M., geb. 9 NH. Die Kohlenoxyd-Vergiftung in ihrer klinischen, hygienischen u. gerichtsärztlichen Bedeutung. Monographisch dargestellt von Dr. med. Willy Sachs, Mülhausen im Elsass. Mit einer Spectraltafel. gr. 8. geh. Preis 4 #. Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig. Die Kräfte der Bewegung in der lebenden Substanz. Von Dr. Julius Bernstein, ord. öffentl. Professor der Physiologie in Halle a. S. er. 8. geh. Preis 0,80 Ab. Chemische und medieinische Untersuchungen. Festschrift zur Feier des sechzigsten Geburtstages von Max Jaffe. Mit Beiträgen von M. Askanazy, P. Baumgarten, M. Bernhardt, R. Cohn, Th. Cohn, W. Eliassow, A. Ellinger, J. Frohmann, P. Hilbert, Lassar-Cohn, D. Lawrow, E. v. Leyden, W. Lindemann, W. Lossen, H. Meyer, E. Neumann,H. Nothnagel, E. Salkowski, W.Scheele, L. Schreiber, A. Seelig, 8. Stern, O. Weiss, R. Zander. Mit einer Textabbildung und sieben Tafeln. gr. 8. geh. Preis 12 #. Beiträge zur Physiologie. Festschrift. für Adolf Fick zum siebzigsten Geburtstage. gr. 8. Preis geh. 4 #.; geb. 5 M. | Chemie der Eiweisskörper. Von Dr. Otto Cohnheim, Privatdocent der Physiologie an der Universität Heidelberg. gr. 8. Preis geb. 7 M. Untersuchungen zur Blutgerinnung. Beiträge zur Chemie und Morphologie der Coagulation des Blutes von Dr. Ernst Schwalbe, Privatdocent und I. Assistent am pathologischen Institut zu Heidelberg. gr. 8. geh. Preis 2,50 kb. Anleitung zur Ausmittelung der Gifte und zur Erkennung der Blutfiecken bei gerichtlich -chemischen Untersuchungen. Von Professor Dr. Fr. Jul. Otto. Siebente Auflage, neu bearbeitet von Dr. Robert Otto, Professor der Chemie an der Herzoglichen technischen Hochschule zu Braunschweig, Geh. Hof- und Medicinalrath. Für Chemiker, Apotheker, Medicinalbeamte und Juristen, Leit- faden in Laboratorien und bei Vorträgen. Mit eingedruckten Holzstichen und 1 farbigen Tafel. gr. 8. geh. Preis 8 Mk. 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