DIVISION OF PHYSICAL ANTHROPOLOGY U. S. NATIONAL MUSEUM THE HRDLICKA LIBRARY Dr. Ales Hıdlicka was placed in charge of the Division of Physical Anthropology when it was first established in 1903. He retired in 1942. During this time he assembled one of the largest collections of human skeletons in existence and made outstanding contributions to his science. On his death, September 5, 1943, he bequeathed his library to the Division, with [2 the provision that ' ____ it be kept exclusively in the said Division, where it may be consulted but not loaned out 2 Alu Wadhiehe 2 i Beiträge Entwickelungsgeschichte des Enochensystems, von Dr. Carl Brad), Prof. der Anatomie und Physiologie in Basel. Mur A a wighhena ug! si = wohn Vorbemerkung. - Vorliegende Beiträge, die Ergebnisse mehrjähriger Forschungen, sollten ursprünglich einen Bestandtheil eines grössern Werkes über die Entwicke- lung des Rindereies bilden, wofür ich seit längerer Zeit neben meinen Vorlesungen über Entwickelungsgeschichte gesammelt habe. Das Interesse, welches neuerdings wieder die Verhältnisse des Skeletts gewonnen haben, führte mich jedoeh gerade in dieser Richtung viel weiter, und man wird daher im Folgenden alle Wirbelthierklassen, wenn auch Säugethiere und Vögel und unter den erstern das Rind vorzugsweise, berücksichtigt finden. Die Ausführung des anfänglichen Plans kann um so eher unterbleiben, als wir die spezielle Entwickelungsgeschichte eines nahe verwandten Thieres von einem bewährten Forscher zu erwarten haben. Die Zeichnungen zu dieser Schrift wurden bereits im Frühling des Jahres 1850 unter meinen Augen von einem geschickten Künstler, der sich diesem Fache mit Vorliebe zugewendet, Herrn F. Querbach in Mainz, angefertigt, und ich hoffe damit auch Denen, die mit dem Gegenstande näher vertraut sind und streng naturgetreue Figuren den schematischen oder halbschema- tischen vorziehen, einen Dienst zu erweisen. Auch das Manuscript war im Herbst jenes Jahres seiner Vollendung nahe, als ich, gerade an demselben Tage, Kölliker’s mikroskopische Anatomie und meine Berufung nach Basel erhielt. Eine so bedeutende Erscheinung, wie dieses Werk, musste mich zu einer wiederholten Prüfung meiner vielfach abweichenden Resultate auffordern, woran ich jedoch durch meine baldige Uebersiedelung und den veränderten Wirkungskreis längere Zeit verhindert wurde. Bei einer schliesslichen Re- vision habe ich zwar Gelegenheit gefunden, einige inzwischen gemachte Erfahrungen nachzutragen, auch die Darstellung an manchen Stellen abzu- kürzen, habe jedoch zu einer wesentlichen Aenderung meiner Ansichten mich nicht bewogen gesehen. Ich beharre demnach insbesondere bei dem, was ich über den Antheil der Zellen bei der Knorpel- und Knochenbildung, über die sogenannte endogene Vermehrung derselben, über die Verknöcherung von Zellmembranen, von Bindegewebe u. s. w., über die Bildung der Knochen- körperchen und andere Punkte vorgebracht habe, und habe für mehrere derselben u. A. in der Dissertation von Bergmann (de cartilaginibus. Dor- pati 1850) bereits eine Bestätigung gefunden. Es war meine Absicht, auch die accidentelle Knochenbildung in den Kreis der Darstellung zu ziehen, die mir theilweise den Weg bei dem Stu- dium der normalen Entwickelung gezeigt hat, und es ist mir die Ueberzeugung immer lebendiger geworden, dass ein wahrer Fortschritt in der normalen so— wohl als in der pathologischen Histologie ferner nur durch eine innige und gründliche Verbindung beider geschehen wird. Auch besitze ich bereits eine Reihe interessanter Erfahrungen, welche die Verknöcherungsweise in patho— logischen Fällen in ein helleres Licht setzen. Für den Augenblick aber bietet die vergleichend - anatomische Verfolgung der gefundenen Gesetze so viel Anziehung, dass ich mir die Darlegung der pathologischen Thatsachen für einen andern Zeitpunkt vorbehalten muss. Es bereitet sich offenbar eine neue. Epoche der theoretischen Anatomie oder »anatomie philosophique« vor, und wenn sie auch diesmal weder dem speculativen Geiste der Deutschen, noch der geistreichen Manier unserer westlichen Nachbarn, sondern der nüchternen Weise englischer Gelehrten anheimfallen sollte, so dürfte doch kein Beitrag, der dazu dienen kann, ihr eine wissenschaftliche Grundlage sichern zu helfen, zu frühzeitig oder geringfügig erscheinen. Einleitung. R Um sich eine klare Vorstellung von der Bildung des Skelettes der Wirbelthiere zu machen, ist es nöthig, auf die Entstehung und Eigenthümlichkeit der ersten Form- theile des thierischen Leibes überhaupt zurückzugehen. Es muss wor allem die That- sache hervorgehoben und festgehalten werden, dass sich alle Organe und Gewebe aus ursprünglich vollkommen gleichartigen und in ihren ersten Formverhältnissen sehr ‚einförmigen Substanzanlagen hervorbilden. Ohne hier näher auf die wahre Bedeutung der v. Baer’schen Keimhautblätter einzugehen — welche meiner Ansicht nach zu weit ausgedehnt worden ist, — erinnere ich nur daran, dass viele, besonders freiliegende Organe, wie die meisten Eingeweide und Drüsen der Brust- und Bauchhöhle, die Leber u. A., lange vorher morphologisch erkennbar sind, ehe sie histologisch diffe- renzirt sind, weil sie sich fast von Anfang an als gesonderte, mehr oder weniger bestimmt umschriebene Massen des einfachen Grund- oder Bildungsgewebes (v. Baer) markiren, während bei andern, mehr verborgen gelegenen Organen, na- mentlich bei solchen, welche sich gegenseitig durchdringen , wie Nerven, Gefässen, Muskeln, eine so frühzeitige Deutung viel schwerer und um so unzulässiger erscheint, je weniger die histologische Differenzirung des allgemeinen Bildungsgewebes vorge- schritten ist. Zu dieser zweiten Klasse von Organen gehören insbesondere auch die Skeletttheile, welche in der Regel von verschiedenen Weichtheilen umhüllt sind und von denselben nicht eher mit Sicherheit unterschieden werden können, als bis das spezifische Gewebe der Knorpel-, Faser-, Muskelsubstanz u. s. w. hervortritt. So sind in den Extremitätenstummeln noch eine beträchtliche Zeit nach ihrem ersten Auf- treten keinerlei gesonderte Organe und Systeme erkenntlich, obgleich gewiss alle in ihren ersten Anfängen, d. h. auf der Stufe des allgemeinen Bildungsgewebes, bereits vorhanden sind. Dieses auf der ersten Stufe der Organisation stehende Grundgewebe aller Organe besteht aus einem weichen, eiweissartigen Blasteme, welches frisch fast durchsichtig, el . in Folge der Herausnahme aus dem nativen Zustande aber häufiger von einer sehr zarten, gelblichgrauen Trübung ist, die mit der Exposition und Einwirkung von Luft und Reagentien zunimmt, in andern Fällen aber Symptom einer weitern Entwicke- lungsstufe ist. In dieses formlose Blastem (Intercellular- oder Grundsubstanz) sind eine Menge mikroskopischer Körperchen eingetragen, die allenthalben eine emi- nent gleichartige Form und Grösse haben und am meisten den als Eiterkörperchen, Lymphkörperchen und farblose Blutkörperchen bekannten Elementartheilen späterer thierischer Blasteme gleichen. Ich habe bereits an einem andern Orte) die Ansicht aufgestellt, dass die primären Elementartheile aller thierischen Blasteme, der embryo- nalen sowohl als der spätern, sowohl der physiologischen als der unter pathologischen Verhältnissen auftretenden, von einerlei Art sind und nur Modificationen erleiden ,„ die sich aus untergeordneten Abweichungen, vorzüglich aus dem Dichtigkeitsgrade und der Imbibitionsfähigkeit der Bildungsstoffe ableiten lassen. Ich habe diese ersten Form- theile thierischer Blasteme unter dem generellen Namen der Klümpchen zusammen- gefasst, der seitdem von mehrern Autoren (u. A. von Gerlach in seinem Handbuche der Gewebelehre) gebraucht worden ist und den ich daher auch in dieser Schrift beibehalten werde. Die Klümpchen des embryonalen Blastems oder die primären Bildungskugeln characterisiren sich durch ihre Homogenetät, Weichheit und regelmässig runde Form ; sie sind weder so gelblich wie die Körperchen des pus bonum, noch so silberweiss ‚ wie die farblosen Blutkörperchen, sondern von einer zwischen beiden Nüancen in der Mitte stehendeu Trübheit. Sie sind ferner nicht so körnig, als diese beiden, sondern von scharfen, zarten Contouren, selten von einzelnen, punktartigen Körnchen besireut. Ein Kern oder eine membranartige Hülle, die sie als Bläschen oder Zellen characterisirte, ist ohne Zusatz von Reagentien auf der ersten Stufe der Entwickelung nicht wahrzunehmen, auch werden sie durch destillirttes Wasser, das zellenartige Körper so bald verändert, selbst bei langem Verweilen wenig alterirt, so dass sie höchstens etwas aufquellen und durchscheinender werden. Essigsäure dagegen macht sie sehr schnell durchsichtig, zugleich etwas aufquellen, und zeigt einen stets ein- fachen, runden, körnigen Kern, der ungefähr die Hälfte des Durchmessers der auf- sequollenen Körperchen hat. Waren die Körperchen nicht isolirt, sondern eine ganze Parthie eines Organs mit Essigsäure behandelt worden, so unterscheidet man nicht %) Diagnose der bösartigen Geschwülste. Mainz 1847.. S. 235 1. A... mehr die einzelnen Körperchen, sondern nur die dunklen, körnigen Kerne in dem ‘nunmehr mit den Umhüllungsmassen der einzelnen Körperchen zusammenfliessenden Blasteme. Diese Klümpchen oder primären Bildungskugeln sind begreiflicherweise nicht alle direct aus dem Furchungsprozesse hervorgegangen, sie unterscheiden sich vielmehr sehr leicht von den Furchungskugeln sowohl des Säugethiereies, als von den Zellen der Keimhaut beim Hühnchen. Namentlich characterisiren sich die Furchungskugeln des Säugethiereies in dem Stadium, wo sie sich zur Bildung der Keimhaut anschicken, als deutliche Kernzellen, bestehend aus einer kugeligen, an den Seiten oft polyedrisch abgeplatteten, durch Wasserblasen artig ausdehnbaren, deutlichen Zellmembran und einem (selten mehreren) grossen runden, scharfcontourirten, anfangs körnigen, später glatten und bläschenartigen, mit einem oder mehreren Kernkörperchen versehenen Kerne, nebst einem mehr oder weniger durchsichtigen oder körnerreichen Zelleninhalte, und übertreffen die beschriebenen Klümpchen an Grösse um das Zwei- bis Vierfache. Der Vorrath der Furchungskugeln des Säugethiereies ist aber mit der Bildung der Keimhaut und ihrer Blätter, welche zuerst als zwei gesonderte, einfache Lagen dieser Zellen auftreten, erschöpft; alle weitere Massenzu- nahme, die Anlagen der Organe, ja das Wachsen der Keimhaut selbst und die Anlage des Embryo, wird durch die Bildung neuer Elemente, der genannten Klümpchen oder primären Bildungskugeln, vermittelt, deren Material theils aus dem Blute der Mutter durch Endosmose aufgenommen, oder aus dem mehr und mehr sich verflüssigenden Dotter herrührender Bildungsstoff ist. Die Bildung und das erste Auftreten dieser Klümpchen erkannte ich am deutlich- sten in der Keimhaut des Hundeeies vom 20. bis 22. Tage nach der ersten Begattung, und ich überzeugte mich hier auf’s Bestimmteste, dass die aus Furchungskugeln her- vorgegangenen Zellen der Keimhaut, welche ihre erste Anlage bilden, mit dem wei- tern Wachsthum derselben nichts zu thun haben; dass vielmehr die hier, wie an vielen andern Orten, zu sehr vernachlässigte Intercellularsubstanz eine bei weitem wichti- gere Rolle spielt. Auch zwischen diesen, anscheinend fest zusammenhängenden und verschmolzenen Zellen wird nämlich eine verklebende Grund- oder Intercellularsub- stanz nicht vermisst, obgleich sie im Anfange nur aus dem innigen Zusammenhaften der Zellen und den scharfen Contouren derselben erschlossen werden kann. Sehr bald nämlich rücken die Zellen auseinander, es entstehen spaltartige und sternförmige Zwischenräume , die von einem trüben, grauen, feinkörnigen Bildungsstoffe ausgefüllt De sind. Anfangs erscheinen sie bei einer gewissen Beleuchtung als helle, glänzende Figuren, die sich zwischen den Zellen hin erstrecken, sie theilweise umfassen und als verdickte Zellmembranen gedeutet werden könnten, bis das weitere Auseinander- rücken der Zellen, das Hervortreten ihrer scharfen und zarten Contouren zu beiden Seiten und die durchscheinende Trübheit der Intercellularsubstanz den Sachverhalt aufklärt. Schon mit diesem Auseinanderweichen der Zellen und der Zunahme der Intercellularsubstanz ist eine Vergrösserung und ein Wachsthum der Keimhaut gegeben, das an der Stelle des künftigen Fruchthofes beginnt und allmälig auf die ganze Keim- haut übergreift. Eine Stufe weiter findet man aber selbst bei Eiern aus demselben Uterus die ganze Keimhaut wieder aus Zellen zusammengesetzt und die Intercellular- substanz geschwunden. Dies geschieht nicht durch ein fortwährendes Wachsthum der vorhandenen Zellen, noch weniger durch Bildung endogener Zellen, deren ich in der Keimhaut nie und in den embryonalen Geweben überhaupt viel seltener ange- troffen habe, als man bisher anzunehmen geneigt war, sondern durch Bildung klümp- chenartiger Körper in der Intercellularsubstanz zwischen den Zellen, die sich weiterhin zu Kernen und Zellen entwickeln. Auf ähnliche Weise geschieht die Anlage und Massenzunahme der meisten Organe und es ist die Vermehrung der Ele- mentartheile auf den ersten Stufen der Organisation im Embryo wesentlich eine in- tercelluläre, exogene, ein Resultat vielfältiger Untersuchungen, auf welches ich ein um so grösseres Gewicht lege, weil es gangbaren Ansichten geradezu wider- spricht. Gerade die Entwicklung des Knorpelgewebes, das bisher die Hauptstütze der Lehre von der endogenen Zellenbildung gewesen ist, hat mich zu dieser Erkennt- niss hingeführt, ‘und wenn ich daher im Folgenden mit einer abweichenden Darstel- “lung des Knorpels hervortrete, so darf ich erwarten, dass gegen dieselbe keine Gründe der Analogie geltend gemacht werden, die ursprünglich vom Knorpelgewebe selbst herstammen. Indem ich mich: von diesen skizzenartig angedeuteten, später vielleicht weiter auszuführenden, allgemeinen Resultaten nunmehr meiner nähern Aufgabe zuwende, habe ich kaum nöthig zu erwähnen, dass eine vollständige und in allen Theilen con- sequent zusammenhängende Entwickelungsgeschichte des Knorpel- und Knochen- gewebes bis jeizt weder gegeben, noch von Jemanden beansprucht worden ist. Auch die neuesten Forscher in diesem Gebiete haben Lücken und dunkle Parthieen übrig gelassen, die zum Theil sehr wichtige Punkte betreffen. Ich erinnere nur an die Ent- stehung der. Knochenkörperchen, worüber bis vor Kurzem die heterogensten Angaben a bestanden und worüber der neueste Autor, Kölliker, nur an einem pathologischen Objekte , dem rhachitischen Knochen , einen, wie ich glaube „keineswegs befriedigen- den Aufschluss erhalten konnte. Viel bestimmter hat sich aus den bekannten neueren Forschungen allmälig ein wichtiges Gesetz von allgemeinem Charakter erhoben , das zwar schon von ältern Anatomen geahnt und in mehr oder weniger bestimmter Weise ausgesprochen, erst neuerdings aber, namentlich für die Entwicklung der Schädel- knochen, klar erkannt und formulirt worden ist. Nachdem nämlich die Bedenken älterer Anatomen durch Haller’s Autorität für mehr als ein halbes Jahrhundert zum Schweigen gebracht worden waren, hat sich mit dem Wiederaufleben der embryo- logischen Forschungen in unserer Zeit, besonders durch die Arbeiten von Duges, Reichert und Rathke, immer bestimmter herausgestellt, dass sich in der That denn doch nicht alle Knochen des Wirbelthierskeletts aus einer prä- formirten knorpeligen Grundlage hervorbilden. Joh. Müller!) war mei- nes Wissens der Erste, welcher (zu Anfang des Jahres 1838) den „Faserknochen“ histologisch scharf definirt und davon auf Taf. IV Fig. 6 eine instruktive Abbildung segeben hat. Jacobson aber war es vorbehalten, mit dem „Primordialschädel“ das Stichwort für die vergleichend-anatomische Anwendung des gefundenen Gesetzes zu geben. In der neuesten Zeit haben sich besonders Sharpey?) und Kölliker) um diese Lehre und namentlich um die Aufklärung der histologischen Verhältnisse verdient gemacht, obgleich sich gegen die Consequenzen des letzteren Forschers be- reits Stannius‘) in einem kurzen, aber lehrreichen Aufsatze erhoben hat. "Meine eigenen Beobachtungen haben mich zu der Ueberzeugung geführt, dass die That- sachen, welche bisher zu ausschliesslich auf die Entwicklung des Schädels bezogen wurden, für das ganze Skelett der Wirbelthiere gültig und erst durch eine umfassende vergleichend - anatomische Behandlung zur Klarheit und zugleich zu ihrem wahren Werthe zu erheben sind. Dass ich mir selbst in dieser Schrift diese Aufgabe nicht gestellt habe, brauche ich nicht zu versichern; ich bin vielmehr erst im Verlaufe meiner Untersuchungen fast unwillkürlich und mit steigendem Interesse auf dieses 1) Nachträge zur vergleichenden Osteologie der Myxinoiden in Abhdig. der Akademie der Wis- senschaften zu Berlin. 1839. S. 238. 2) Elements of anatomy by F. Quain. V.edition by R. Quain and W. Sharpey. London 1848. Vol. IL. p. CXLVIM. 3) Zweiter Bericht der zootomischen Anstalt in Würzburg. 1839. S. 35 und Zeitschrift. für wis- senschaftl. Zoologie II. S. 281. ‘“) Müller’s Archiv. 1849. S. 533. a Gebiet hinübergeführt worden. Was ich daher aus demselben biete, sind nur An- deutungen und Beiträge, die mir bei den vielverzweigten Nachforschungen zur Er- mittelung der histologischen Grundcharaktere und Gesetze aufstiessen. Diese letz- teren scheinen mir vor Allem festgestellt werden zu müssen, ehe die Detailarbeit der vergleichenden Osteologie erfolgreich sein kann. 1. Abschnitt. Vom knorpeligen oder Primordialskelett. Im Anfange sind, wie erwähnt, nicht nur alle Organe vollkommen gleichgebildet und histologisch nicht unterscheidbar, sondern es sind insbesondere die primären Bil- dungskugeln sowohl von gleicher Grösse, als auch überall von gleicher Menge, d. h. so dicht gedrängt, dass das ganze Bildungsgewebe nur ein Haufe von Körper- chen zu sein scheint und die Intercellularsubstanz erst beim Zerdrücken und Aus- breiten zum Vorschein kommt. An dem ungleich raschen und einseitigen Wachsthum der Körperchen und an der ungleichen Zunahme der Intercellularsubstanz erkennt man die erste Differenzirung der Organe und Gewebe und insbesondere auch die An- lagen der Wirbelsäule, welche bekanntlich zu den am frühesten auftretenden Organen gehört. Doch bedarf es , um sich von diesem Vorgange zu unterrichten, nicht gerade dieser ersten Skeletttheile, denn er ist bei vielen später auftretenden ganz derselbe, wenn auch nicht immer so deutlich und unverkennbar. Cap. I. Von den ersten Anlagen des Primordialskeletts. Betrachtet man die ausgebreitete Keimhaut des Hühnereies gegen das Ende des ersten Tags der Bebrütung oder untersucht man junge Säugethierfötus — indem man entweder das ganze Thier oder den entsprechenden Körpertheil zwischen Glasplätt- chen etwas abplattet — bei mässigen Vergrösserungen, so hat man Gelegenheit, die Entstehung der Skeletttheile in ihrer ersten Anlage zu studiren. Es eignen sich da- zu ganze Hundefötus noch in der 4ten Woche nach der ersten Begattung, bei Rinder- fötus von 2" Länge noch die Extremitätenstummel, aber auch bei ältern Vögel- und Säugethierembryonen noch sehr gut, wenn einzelne Skeletttheile bereits verknöchern, die Phalangen der Finger und Zehen oder, noch bei mehrzölligen Rindsfötus, das hintere Ende der Wirbelsäule, oder endlich noch später die Knorpel des Kehlkopfs, 2, der trachea u. s. w. Oft erkennt man die ersten Spuren der Skeletttheile schon mit freiem Auge oder mit der Loupe als weisslich getrübte Stellen des gleichmässig ver- breiteten Bildungsgewebes, wo die histologische Differenzirung unter dem Mikroskope noch kaum erkennbar ist, und überhaupt sind schwächere Vergrösserungen, weil sie eine grössere Uebersicht gewähren und die gröberen Schattirungen besser hervorheben, zum ersten Aufsuchen geeigneter. Sehr bald aber gewahrt man auch unter dem Com- positum jene Trübung an den Stellen, die den künftigen Knorpeln und Knochen ent- sprechen. Sie erscheinen bei durchfallendem Lichte dunkel, von einer im Verhältniss zu dem gelblichen Teint der rohen Bildungsmasse mehr grauen Färbung, bei auf- fallendem Lichte stets weisslich. Eine scharfe Abgrenzung von dem benachbarten indifferenten Bildungsgewebe aber findet niemals statt, und man muss daher bei der Deutung solcher Stellen in sehr früher Zeit stets die folgenden Entwickelungsstufen im Auge haben. Als erstes Merkmal einer histologischen Differenzirung bemerkt man eine weitere Entwickelung der Bildungskugeln an diesen Stellen. Sie nehmen an Grösse allmälig um das Doppelte zu, verwandeln die kugelige Form in eine ovale oder ellyptische, erhalten schärfere Contouren und verändern sich weniger rasch in Essigsäure, als früher. Namentlich treten die Kerne nicht so rasch und deutlich hervor, als vorher, und erscheinen dann nicht viel kleiner als die ganzen Körperchen. Dazu gesellt sich ein eigenthümlich spiegelnder Glanz, der jetzt schon an das Ansehen der Knorpel- substanz erinnert, und in der That sind diese Körperchen schon jetzt als indivi- dualisirte Knorpelzellen zu betrachten. Durch das beträchtliche Wachsthum er- scheinen die Körperchen zugleich gedrängter, obgleich vermöge ihrer schärfern Contouren auch im Gedränge leichter einzeln erkennbar. Comprimirt man die Masse vorsichtig, so gelingt es noch sehr leicht, die einzelnen zu isoliren, und es zeigt sich, dass sie durch ein Minnimum von weichem, feinkörnigem Blasteme verbunden sind. Allmälig wird die Zellmembran, die Anfangs den Kernen so dicht anliegt, dass es schwer zu entscheiden, wie viel davon den ursprünglichen Klümpchen angehörte, stärker, derber, unlöslicher und verdeckt die Kerne, die aber in späteren Stadien, wenn der Abstand zwischen Kern und Zelle grösser geworden ist, mit Hülfe der Essigsäure wieder sehr deutlich werden. Eine wirkliche Auflösung der Zellmembran findet durch Essigsäure schon sehr frühe nicht mehr statt; es geht also mit der morphologischen eine chemische Differenzirung sehr frühe Hand in Hand, während die Körperchen des umgebenden Bildungsgewebes noch ziemlich lange auf der indifferenten, wi A ersten Stufe der Entwickelung verharren. In dieser Weise entstehen die ersten Skelettanlagen, meiner Erfahrung gemäss, allenthalben, so dass die Bezeichnung „primordial“ für die knorpeligen Skeletttheile vollkommen gerechtfertigt erscheint. Was die Entstehung der einzelnen Skeletttheile insbesondere angeht, so weisen ‚meine sämmtlichen Ergebnisse darauf hin, dass dieselben niemals in toto und auf ein- mal, sondern , dem Plane der künftigen Gliederung gemäss, gesondert und zwar successive auftreten. Es erscheinen nämlich viele einzelne Knorpelflecke im formlosen Blastem, die sich mit der Ausbildung der Körperform und dem Wachs- thum des Embryo fortwährend vermehren, so dass einzelne Knorpel, namentlich die äussersten Parthieen der Extremitäten und der Wirbelsäule, erst in einer verhältniss- mässig sehr späten Zeit des Fötallebens zur Erscheinung gelangen. In der Regel entspricht jeder auf diese Weise entstandene Primordialknorpel einem künftigen ge- sonderten Skeleittheil (Knochen- oder Knorpelstück), namentlich scheint eine soge- nannte „Abgliederung“ einzelner Skelettstücke von einem gemeinschaftlichen Knor- pelstück eine grosse Seltenheit zu sein. Die dessfallsigen Angaben von Rathke, hin- sichtlich der Rippen ’), muss ich für die beiden Classen der Vögel und Säugethiere bestimmt in Abrede stellen. Als einziges, hierher gehöriges Beispiel ist mir aus eigener Erfahrung nur die Trennung des Hammers vom Unterkieferstück des Meckel- schen Knorpels, sowie die des kleinen Zungenbeinhornes vom Griffelfortsatz des Schläfe- beins bekannt geworden, welche beide durch Schwinden eines beträchtlichen Stückes der primordialen Knorpelanlage zu Stande kommen. Viel häufiger ergiebt sich der umgekehrte Fall. Es entstehen nämlich sehr viele definitive Skelettstücke in ähnlicher Weise ursprünglich aus mehrern Knorpelflecken oder Knorpelkernen, wenn ich mich so ausdrücken darf, wie später die mehr- fachen Knochenkerne eines und desselben Knorpelstückes zu einem einzigen Knochen- individuum zusammenfliessen. Auf diesen Umstand ist ein besonderes Gewicht zu legen, denn, wie schon Joh. Müller 2) bemerkt hat, entsprechen diese anfänglichen Knorpelkerne den späteren Knochenkernen durchaus nicht immer, und es ist daher sehr gewagt, noch nicht vereinigte Knochenkerne eines und desselben Primordial- knorpels als Knochenelemente zu deuten, wie es z. B. mit den Beckenknochen und dem Brustbeine des Menschen allgemein geschehen ist. Eine solche Schätzung t) Entwickelungsgeschichte der Schildkröten. S. 98. 112. 2) Vergleichende Anat. der Myxinoiden. 1. Theil. $S. 164. Den Bi, > kann aus vergleichend-anatomischen Gründen gerechtfertigt sein, um aber von einer „Verschmelzung“ zu sprechen, genügt es nicht, mehrere Verknöcherungspunkte in einem Skelettstück zu finden, sondern die ursprünglichen Knorpelkerne aufzuzeigen, die, wie an den Wirbeln, am Brustbeine, Zungenbeine u. s. w., von ganz abwei- chender Zahl und Lagerung sein können. Auch das Skelett hat endlich, wenn auch nur in beschränkter Ausdehnung, seine rein fötalen Theile, die gar nicht in das definitive Skelett eingehen, sondern in der Fötalzeit wieder untergehen. Das augenfälligste Beispiel der Art bietet der Schwanz der Froschlarven, während bei den Säugethieren ausser einigen unbedeutenden Thei- len des Primordialschädels nur die ersten Anlagen des Unterkiefers und des Zungen- beins dahin gehören, welche letztere übrigens da, wo das Zungenbein am Schädel festsitzt, wie bei den Rindern und Carnivoren, ebenfalls persistirt. Die ersten Skelettanlagen aller Wirbelthiere gehören bekanntlich der Wirbelsäule an und erscheinen als die bekannten Wirbelplättchen, worunter v. Bär die zu beiden Seiten der Primitivrinne in der Substanz der Rückenplatten auftretenden cubischen Knorpelkerne verstand, die den künftigen obern Bogenstücken entsprechen und zwi- schen welchen das Rückenmarkrohr und etwas tiefer die Rückensaite verlaufen. Dass von diesen Wirbelplätichen je 2 gegenüberstehende sehr bald unterhalb der Rinne zu einem einzigen Knorpelstück zusammenfliessen, um dadurch einen Wirbelkörper sammt Bögen zu bilden, dass mithin ein besonderer Knorpelkern für den Wirbelkörper nicht existirt, ist für die Vögel und Säugethiere hinreichend festgestellt und leicht zu con- statiren. Ebensowenig existiren zu irgend einer Zeit gesonderte Knorpelkerne für die verschiedenen Wirbelfortsätze, die alle durch Wachsthum von den Wirbelbögen aus, die Dornfortsätze durch die Vereinigung derselben in einer ziemlich späten Epoche erst, entstehen. Bei kleinen Rindsembryonen hat es mir zwar zuweilen geschienen, als seien namentlich gegen das untere Ende der Wirbelsäule hin einzelne Querfort- sätze durch eine hellere Zwischensubstanz, als gewöhnlich, mit dem Wirbel verbun- den; allein die Zartheit der Theile ist so gross und das eben differenzirte Knorpel- gewebe geht so unmerklich in das formlose Bildungsgewebe über, dass ich trotz der besondern Aufmerksamkeit, welche ich namentlich den Querfortsätzen der Lenden- wirbel (processus costalis autorum) widmete, zu keinem entscheidenden Resultate kam. Sollten diese Fortsätze getrennte Knorpelkerne haben, so muss diese Stufe jedenfalls so rasch vorübergehen, dass eine Distinction illusorisch wird. Lange ehe die Verknöcherung der Wirbelsäule beginnt, ist jeder Wirbel mit seinen sämmtlichen Bun: ., > Fortsätzen ein ungetheiltes knorpliges Ganzes. Nur die Dornfortsätze bestehen noch lange aus zwei seitlichen Hälften, den sich entgegenwachsenden Wirbelbögen, die sich erst, nachdem die Verknöcherung‘' darin schon begonnen, an der Spitze berühren und miteinander verschmelzen. Den processus odontoideus des Epistropheus, der so allgemein, besonders bei den tieferstehenden Classen, längere oder kurzere Zeit als getrenntes Stück besteht, konnte ich beim Rinde von Anfang an nur als Fortsatz des Epistropheus erkennen, sah ihn aber deutlich von der chorda dorsalis durchbohrt. Die Heiligenbeinwirbel erscheinen anfangs stets getrennt, der Querfortsatz des Heiligenbeins, an welchen sich die Darmbeine anlegen, erscheint beim Rinde als Querfortsatz des ersten Heiligenbeinwirbels. Schon bei Rindsembryonen von 1 bis 11%, ' Länge fliessen die Querfortsätze der einzelnen Heiligenbeinwirbel zusammen, lange ehe die Verknöcherung begonnen hat; die Wirbelkörper erhalten ihre Selbst- ständigkeit etwas länger, obgleich ebenfalls nicht bis zur Zeit der Verknöcherung. Dass in der Reihe der Wirbel die der Brust zuerst entstehen, worauf sich die Wirbelplättchen sowohl nach vorn als nach hinten hin vermehren, ist hinreichend , bekannt. Bei den Thieren mit langen Schwänzen kann man daher noch in einer sehr späten Zeit, lange nach der Bildung der meisten andern Skeletttheile und wenn die Verknöcherung in einigen schon begonnen hat, an den Schwanzwirbeln noch die erste Knorpelanlagerung beobachten, und zwar schien es mir, als wenn diese rudimentären Wirbel nur aus einem einzigen, in der Mittellinie gelegenen Knorpelkerne entstün- den (oder die Verschmelzung der paarigen Anlage muss so früh geschehen, dass sie mit der ersten Anlage zusammenfällt). Bei Rindsembryonen von 8‘ bis 1 Länge sind die Schwanzwirbel noch so wenig gebildet, dass man unter dem Mikroskop nur eine dunklere Schattirung des Bildungsgewebes findet, obgleich das künftige Pe- richondrum schon hie und da durch längliche Körperchen angedeutet wird. Dass die Knorpel der Extremitäten, bis zu den einzelnen Phalangen der Finger, als gesonderte Stücke auftreten, hat v. Baer schon vom Hühnchen angegeben. Es eignen sich dazu noch Hühnerembryonen bis zu 6—8‘' Länge. Auch bei Säugethieren sieht man in den etwas comprimirten Extremitätenanlagen bei schwacher Vergrösse- rung oder schon mit freiem Auge von Anfang.an die Gliederung des künftigen Ap- parates, jeden einzelnen Hand- und Fusswurzelknochen, die patella (diese erst bei Rindsembryonen von 11/5) u. s. w. Die Vorderarmknochen, sowie tibia und fibula sind ursprünglich durchweg getrennt, desgleichen die Mittelhand- und - fussknochen der Rinder. Auch hier schreitet die Entwickelung nach oben und abwärts fort, so = Be: dass die langen Röhrenknochen zuerst entstehen und stets am weitesten vorgerückt bleiben, während die Extremitätengürtel und namentlich die Finger- und Zehenglieder noch weit zurück sind. Von den letzteren erkennt man die erste Reihe, wenn die folgende erst als trübe Flecke angedeutet ist u. s. w. Bei Rindsfötus von 6’ Länge gewahrt man noch keine‘ Spur einer Differenzirung in den Extremitätenstummeln. Die Beckenknochen entstehen getrennt, sowohl von der Wirbelsäule als von der Extremität, und zwar als zwei seitliche Hälften, von denen jede ein einziges Knor- pelstück darstellt. Ihre Anlagerung an die Querfortsätze des ersten Sakralwirbels, sowie ihre Vereinigung in der Symphyse ist erst bei 11% bis 2’ langen Rindsfötus vollendet und geschieht durch blosses Wachsthum. Die Rippen betrachtet man gewöhnlich als Ausstrahlungen und Fortsätze der Wirbelsäule. Wenn aber auch die Bauchplatten, in welchen sie entstehen, unmittel- bare Fortsetzungen und Ausbreitungen der Rückenplatten sind und von ihnen aus herum- wachsen, so findet dieses Verhältniss keineswegs zwischen Rippen und Wirbeln statt. Sie entstehen vielmehr eben so gesondert wie alle andern Skeletitheile und wachsen sowohl nach hinten den Wirbeln, als nach vorn dem Brustbeine entgegen, erreichen übrigens erstere bei weitem früher. Ich kann mich darüber ganz positiv ausdrücken, da ich bei Säugethieren und Vögeln die ersten Anfänge der Rippen beobachtet habe. Allerdings scheinen dieselben bei 6—8”' langen Rindsembryonen continuirlich mit den Wirbeln zusammenzufliessen, weil sie selbst.erst durch eine schwache Trübung des Blastems angedeutet sind, die nicht scharf begrenzt ist, aber das verbindende Ge- webe ist nichts anderes als das allgemeine Bildungsgewebe, welches alle Organan- lagen verbindet, und verknorpelt nicht; auch bildet sich die Gelenkhöhle hier nicht anders als zwischen andern Skelettstücken. Die Fälle, wo bei den Schildkröten die Rippen Zeitlebens durch Knorpel mit den Wirbelkörpern verbunden sind, dürften sich daher bei Verfolgung der frühesten Entwickelungsstufen nicht, wie Rathke an- nimmt, als mangelnde Abgliederung, sondern als ausnahmsweise Verschmelzung aus- weisen. Ich glaube mich zu dieser Vermuthung um so eher berechtigt, weil auch die sog. Rippenknorpel der ächten Rippen , die nach Rathke nur unverknöcherte Theile der Rippen sein sollen, wie ich bei Säugethieren und beim Hühnchen finde, als ge- sonderte Knorpelkerne auftreten und erst bei 2” langen Rindsfötus mit dem Brustbein einer- und den Rippenkörpern andrerseits, und zwar mit letzteren unter einem stum- pfen Winkel, zusammenstossen und theilweise verschmelzen. Von den falschen Rippen habe ich dies nicht beobachtet. Dieselben ragen Anfangs frei in die Bauchplatten herein u, und legen sich später an ihre Nachbarn an, mit denen sie theilweise noch im knor- peligen Zustande verschmelzen. Nur die unverknöcherten Theile der falschen Rippen . dürfen daher als: Apophysen betrachtet werden; die Knorpel der ächten Rippen aber erweisen sich als wahre Brustrippen (ossa sternocostalia), die demnach auch den Säugethieren und dem Menschen nicht fehlen und bekanntlich in mehreren Ord- nungen constant, bei vielen andern und bei dem Menschen im höheren Alter, ver- knöchern. Bei den Vögeln bilden sich auch die sog. processus uncinati der Rippen als gesonderte Knorpelkerne, die mit den Rippen zusammenfliessen , wenn die Ver- knöcherung an letztern schon beginnt, wie ich beim Hühnchen zwischen dem 10. bis 14ten Tag der Bebrütung bemerkt habe. Das Brustbein entsteht nach dem Schlusse der Bauchplatten aus zwei seitlichen Hälften, langen, schmalen und etwas auswärts gebogenen Knorpelstreifen, die sich erst an den Enden berühren, dann auch in der Mitte einander entgegenwachsen und noch bei Rindsfötus von 11%‘ Länge zu finden sind. Durch schärfere Contourirung an den seitlichen Rändern und Auswachsen derselben bilden sich die ausgeschweiften Berührungsflächen für die Brustrippenstücke. Wenn die letztern mit dem Brustbein verschmelzen , geschieht diess an den obersten Rippen zuerst, daher bei 11/5 langen Fötus die erste Rippe mit dem Brustbein‘ verbunden, die folgenden noch getrennt, die beiden Hälften des Brustbeins aber noch nicht oben, sondern erst unten mit ein- ander vereinigt sind, zu einer Zeit, wo die Verknöcherung in den Rippenkörpern . bereits begonnen hat. Die Anlagen für den Schädel entstehen später, als die der Wirbelsäule,, nach v. Baer beim Hühnchen erst am 4ten Tage der Bebrütung, nachdem also die Gehirn- blasen mit ihren Hüllen schon eine beträchtliche Entwickelung erreicht haben; man findet sie aber im knorpeligen Zustand noch bei Rindsfötus von mehrern Zollen Länge. Dass sie ebenso, wie andere Theile des Primordialskeletts , durch Differenzirung aus dem Formlosen entstehen, ist leicht zu constatiren,, schwieriger dagegen anzugeben, in welchem Verhältniss die primordiale Anlage zu der Figuration des fertigen Schä- dels steht, da die sekundären Knochen, welche hier sehr zahlreich sind, nicht nur sehr frühe entstehen, sondern auch theilweise sehr bald mit den primordialen in innige Verbindung treten. Mehr als an einer andern Stelle des Körpers wird man daher hier, wo die Verhältnisse complicirter sind, sich des histologischeu Charakters zur Deutung der Theile bedienen müssen, und ich glaube nicht, dass eine unbefangene Betrachtung fehlgehen kann, welche die angegebenen Charaktere des primordialen 2 Knorpelgewebes und die indifferente Structur des die übrigen Theile der Schä- deldecken constituirenden Bildungsgewebes festhält. Ich gestehe, dass ich, trotz sorg- fältiger Nachforschung, bei den Säugethieren und Vögeln von den Rathke’schen Schädelbalken keine Spur aufzufinden vermochte, und vermuthe daher, dass sie einer Periode angehören, wo nur eine grössere oder geringere Dichtigkeit und Durchsich- tigkeit das Auge bei der Auffindung von Organanlagen leiten könnte, welcher Charak- ter für das bewaffnete Auge aber vollends wegfällt. Sobald sich in der indifferenten Bildungsmasse der Schädeldecken ähnliche Knorpelanlagen wie in andern Körper- theilen unterscheiden liessen, fand ich sie stets definitiven Skeletttheilen entsprechend. Die primordiale Anlage des Schädels erscheint zunächst als un- mittelbare Fortsetzung der Wirbelsäule längs der unteren Seite des Nervenrohrs und mit dem Charakter einzelner Wirbel. Es entstehen beim Rinde deutlich geson- ‚derte Knorpelkerne für das os basilare oceipitis und für die, anfangs nach hinten of- fenen, Bögen (partes condyloideae), für den Keilbeinkörper und dessen 4 Flügel und für die Nasenscheidewand, in allem also 9 Knorpelkerne, welche Kopfwirbeln ange- hören und deren Bildung sich insofern an die der Wirbelsäule anschliesst, als sie von hinten nach vorn fortschreitet. So findet man bei Rindsfötus von 6“' Länge erst zwei Knorpelkerne, die dem os basilare und corpus sphenoideum entsprechen, während die Nasenscheidewand noch fehlt. Den Keilbeinkörper fand ich beim Rinde nur als einfachen Knorpelkern; ein ursprüngliches Stadium der Doppelung, wenn es existirt, muss daher jedenfalls unmerkbar früh vorübergehen. Abweichend von der Bildung der Wirbelsäule bei den oberen Classen ist, nach dem Gesag- ten, das Auftreten gesonderter Knorpelkerne für die Wirbelkörper (was aber in dem gesonderten Körperstück des Atlas bei den beschuppten Am- phibien u. a. eine Analogie finden dürfte), von denen wenigstens der hin- terste von der chorda dorsalis durchbohrt ist, während der vorderste, aus welchem die Nasenscheidewand gebildet, von der chorda überhaupt nicht er- reicht wir. Auch darin weichen die Kopfwirbel ab, dass sie sehr‘ bald, ohne Spur eines Zwischenknorpels, sämmtlich mit einander zu einem einzi- gen Knorpelstück verschmelzen, welches sich ziemlich lange leicht aus der Menge der accessorischen Schädelstücke ausscheiden lässt. Von den drei deutlich erkennbaren Kopfwirbeln vereinigen sich endlich nur die Bögen des hintersten con- stant zu einem geschlossenen Ringe, der das foramen magnum umgibt, und es ent- steht demnach die Hinterhauptschuppe, ganz wie ein processus spinosus der Wirbelsäule, 3 so - Meer durch Vereinigung der Bogenstücke, während die Keilbeinflügelpaare ganz be- stimmt zu keiner Zeit oben durch Knorpelsubstanz, sondern nur durch das Ge- webe der allgemeinen Schädeldecken verbunden sind. Beim Hühnchen ist der Primordialknorpel der Schädelbasis am fünften Tage der Bebrütung vollendet, bei Rindsfötus von 2 Länge ist das Keilbein mit seinen vier Flügeln mit der Nasen- scheidewand verschmolzen, der Hinterhauptbeinknorpel trennt sich aber noch ziemlich leicht ab, wiewohl seine Bögen unter sich und mit dem basilare bereits fest verbun- den sind. | | Unabhängig von den Wirbeltheilen entsteht die knorplige Anlage des os petro- sum, als eine Knorpelkapsel um das Gehörbläschen, in dem Raum zwischen den Bö- sen des Hinterhauptwirbels und den hinteren Keilbeinflügeln. Getrennt davon und über demselben entsteht beim Rinde wenigstens ein besonderer Knorpelkern, der bei Rindsembryonen von 2" Länge noch locker mit der Gehörkapsel verbunden ist, dann aber namentlich nach hinten ’herabwächst und den Zitzentheil bildet. Was das Geruchsorgan betrifft, so wird der obere Theil der knorpligen Nasen- scheidewand lamina perpendicularis, an welche sich nach aussen zwei getrennte, nach aussen und abwärts gerollte Knorpelblätter anlegen und bald fester verbinden. Noch bei halbwüchsigen Rinderfötus findet man das morphologisch vollendete os eth- moideum im vollkommen knorpeligen Zustand. Knorplig vorgebildet sind auch die unteren Muschelbeine und die Nasenflügelknorpel; doch habe ich ihr erstes Auf- treten nicht beobachtet. i Zum Primordialskelett gehören ferner die in den sogenannten Visceralbogen (Rei- chert) enthaltenen, streifenartigen Knorpelanlagen. Erstere enthalten bekanntlich den Bildungsstoff für sämmtliche Skelett- und Weichtheile der Kiefer- und Halsgegend, was ich, um Missverständnissen zu entgehen, ausdrücklich hervorhebe. In der Zeit, wo die primordialen Theile des Schädels auftreten, ist vom Unterkiefer noch nichts zu sehen, dessen Richtung nur durch den von Meckel entdeckten und nach ihm benannten Knorpelstreifen angedeutet ist. Letzterer entsteht gleich einer Rippe in dem Blastem des vordersten Visceralbogens und wächst sowohl nach hinten, als insbesondere auch nach vorn herum, bis er zuletzt mit seinem kolbigen Ende in der Kinngegend mit dem gleichen Knorpelstreif der anderen Seite zusammenstösst und ziemlich fest verbindet. Unabhängig und nach aussen von ihm bildet sich in einer späteren Periode der Unterkiefer, der niemals knorpelig praeformirt ist. Was das Verhältniss zu den Gehörknöchelchen betrifft, so löst sich bei Rinds- = embryonen von 11/; — bis 2” Länge der Meckelsche Knorpel sammt Hammer und Ambos als ein zusammenhängender Knorpelstreif heraus, in welchem jedoch eine Gliederung erkennbar ist. Der Hammer erscheint zwar vollständig eins mit dem Meckelschen Knorpel und als dessen oberes Ende; doch glaubte ich in früheren Perioden zu erkennen, dass er aus einem besonderen Knorpelkern entsteht, der sehr bald mit dem Meckelschen Knorpel zusammenwächst. Der Ambos ist, sobald er er- kennbar wird, ein getrennter Knorpelkern, der dem Hammer dicht anliegt und sich daher leicht mit demselben auslöst. Im zweiten Visceralbogen findet ein ähnliches ‘ Verhältniss statt, indem der stapes am oberen Ende desselben ebenfalls als geson- derter, eiförmiger und solider Knorpel auftritt, wie man noch bei 11/' langen Em- bryonen erkennt, da seine Bildung am spätesten von den Gehörknöchelchen erfolgt. Bei den Vögeln liegt an der Stelle des Amboses das knorpelig präformirte Quadrat- bein, dem Ambos in Form und Grösse proportional, an der des Steigbügels die Co- lumella, wie man beim Hühnchen in der zweiten Woche der Bebrütung beobachten kann. Vom Zungenbein habe ich aufgezeichnet, dass bei 11/gzölligen Rindsfötus auf jeder Seite (im zweiten Visceralbogen) ein halbmondförmig gekrümmter Knorpelstreif vorhanden ist, welcher oben den stapes berührt und u. a. beim Rinde (ausnahms- weise, wie ich einmal- beobachtet, auch beim Menschen) in seiner ganzen Länge persistirt. Vom Körper und den grossen (hinteren) Hörnern des Zungenbeins war zu dieser Zeit noch Nichts zu sehen. Dieselben entstehen im dritten Visceralbogen und bilden schon bei mehrzölligen Rindsfötus ein einziges Knorpelstück, so dass ich nicht weiss, ob der Zungenbeinkörper ursprünglich selbstständig oder durch Ver- schmelzung der hinteren Hörner entsteht. Die später im Zungenbein auftretenden Knochenkerne sind viel zahlreicher als die ursprünglichen Knorpelanlagen und daher nicht maasgebend. Von den Knorpeln des Respirationsorgans besteht bei 21),‘ lan- gen Rindsfötus der Schildknorpel noch aus zwei seitlichen Hälften, die später in der Mittellinie verschmelzen (bei einigen Säugethieren aber bekanntlich zeitlebens ge- trennt bleiben) und ihre Ecken und Fortsätze durch Auswachsen erhalten. Der Ringknorpel bildet dann schon einen geschlossenen Ring, dessen Schild vorhanden ist. Die Giessbeckenknorpel entstehen ebenfalls, ziemlich früh, aus gesonderten Knor- pelkernen. Die Knorpel der trachea treten als einzelne in der Mittellinie liegende Knorpelkerne auf, welche streifenmässig nach beiden Seiten herumwachsen. Alle bisher aufgezählten Skelettanlagen gehören derjenigen Art knorpeliger Gebilde an, welche man gewöhnlich als ächten, passender als hyalinen Knorpel 2, pr bezeichnet. Zu dem Primordialskelett sind aber weiterhin auch sämmtliche sogenannte Faserknorpel zu zählen, da nicht nur ihre ersten Anlagen sämmtlich persistiren, sondern auch in ihrer Structur ursprünglich mit den Hyalinknorpeln ganz übereinstim- men. Ihre Unterscheidung als selbstständige Bildungen ist sogar an den Siellen, wo sie mit hyalinen Knorpeln in Verbindung treten, nur dadurch möglich, dass sie meist ziemlich spät und später als die benachbarten sogenannten Hyalinknorpel auf- treten und von denselben dann durch die unvollkommenere histologische Differenzirung abgränzen. Man beobachtet dies am besten an den ligamenta intervertebralia. Wenn nämlich die Wirbelkörper, die bei 1‘ langen Embryonen noch dicht an einander ge- reiht sind, durch allseitige Zunahme des umgebenden Bildungsgewebes weiter von einander abgerückt sind, so geht auch in den zwischen je 2 Wirbelkörpern befind- lichen Blastemschichten die Differenzirung der Knorpelsubstanz in derselben Weise vor sich, wie beim Primordialskelett überhaupt. Es erscheint zuerst eine Trübung des Blastems, die Bildungskugeln wandeln sich in Knorpelzellen und es scheint dadurch nach und nach die ganze Wirbelsäule in einen einzigen Knorpelstrang zusammenzu- fliessen. Im allgemeinsten Sinne ist dies auch richtig, insofern als zwischen Wir- belkörpern und Zwischenwirbelknorpeln eine scharfe Gränze nicht existirt; aus den angegebenen Gründen aber ist die charakteristische Gliederung der Wirbelsäule nie zu verkennen. Taf. I. Fig. 4. stellt den senkrechten Durchschnitt zweier Wirbelkörper von einem achtzölligen Rindsfötus dar, in welchen die Verknöcherung bereits begonnen hat, deren Zwischenknorpel nur durch eine trübere Schattirung und gelbliche Fär- bung, histologisch aber durch die eben in Form einer senkrechten Streifung auftre- tende Faserung der Intercellularsubstanz von der Substanz der Wirbelkörper ver- schieden sind. Diese Faserung ist noch sehr undeutlich und rührt nicht von distine- ten Fasern her, sondern von einer beginnenden Differenzirung der Grundsubstanz. Zugleich ordnen sich die etwas in die Queere gewachsenen Knorpelkörperchen in Reihen, die sowohl durch die Substanz der Wirbelkörper als der Zwischenknorpel hindurchstreichen. Beim Anfertigen der Schnitte bemerkt man, dass die Schicht, welche dem Zwischenknorpel entspricht, weicher und dehnbarer ist, jedoch innig mit der den Wirbelkörpern entsprechenden zusammenhängt und sich in keiner Weise freiwillig davon ablöst. Die Ausbildung der Zwischenknorpel war bei diesem Fötus in der Rücken-. und Halsgegend am weitesten gediehen, an den Becken- und Schwanzwirbeln aber durch Spuren angedeutet, und es geht demnach der Bildung der x er; Gelenkhöhlen, wo sich Gelenke zwischen Wirbeln finden, im Fötus ein Stadium knor- peliger Zwischenlage voraus. Ganz auf dieselbe Weise entsteht die Synchondrosis ossium pubis, wenn sich die beiden knorpeligen Seitenhälften des Beckens in der Mitte erreicht haben und zusammenfliessen, gewissermassen durch Differenzirung und Wachsthum des Primordialknorpels selbst und bleibt für immer mit beiden Knochen verschmolzen. Die freien Faserknorpel, wie die auricula, epiglottis,, tuba Eustachü u. a., sind ebenfalls nur durch die eigenthümliche spätere Metamorphose der Intercellularsubstanz von den übrigen Primordialknorpeln verschieden. Der Ohrknorpel eines 10‘ langen Rinds- fötus besteht noch ganz aus dicht gedrängten, kleinen, rundlichen Körperchen, umgeben von sehr wenigem festen Blastem, in welchem von einer Faserung noch keine Spur ist. In dieser Gestalt ist er aber schon bei 2“ langen Embryonen angelegt. » Erst viel später entstehen, wie es scheint, durch stellenweise Dehiscenz und Differenzirung der Grundsubstanz allmählig jene dicken, kurzen Fasern, die den elastischen ähneln, die noch lange nach der Geburt an Menge zunehmen nnd die Ohrknorpel des erwach- senen Thieres constituiren. Cap. II. Von der chorda dorsalis. Es ist im Vorhergehenden noch wenig von einem Gebilde die Rede gewesen, welches man gewohnt ist, nicht nur als eines der ersten Organe des Embryo, son- dern insbesondere als die Grundlage der Wirbelsäule anzusehen, und welches v. Baer „die Axe, um welche sich die ersten Theile des Embryo bilden, und den Maasstab für den ganzen Leib und alle Hauptsysteme“ genannt hat. Es scheint mir jedoch zweckmässig, der chorda dorsalis diese besondere Stelle zu geben, weil ihre Bezie- hung zum Wirbelsystem in histologischer Hinsicht noch nicht hinreichend aufgeklärt ist und eine passende Vergleichung erst nach der Schilderung der Charaktere des Knorpelgewebes sich darbietet. Ich habe die Entwicklung und Involution der chorda dorsalis bei Froschlarven, beim Hühnchen und bei Säugethierembryonen verfolgt und sie in allen Klassen im Wesentlichen übereinstimmend gefunden, wenn man die Mo- dificationen in Anschlag bringt, welche durch ihr längeres oder kürzeres Bestehen veranlasst werden. Am besten eignet sich der Schwanz der Froschlarven dazu, nicht nur wegen des Volumens, welches sie hier in allen Theilen erreicht, sondern auch wegen der leichtern Präparation, da sie an dieser Stelle nicht von anderen Ske- letttheilen umhüllt und verdeckt wird. Ba Wenn die Froschlarve das Ei: verlassen hat und ihre Länge etwa 2 — 3'' be- trägt, erkennt man die chorda dorsalis als einen ziemlich zusammenhängenden Strang, der aus denselben, dunkeln Kugeln zusammengesetzt ist, welche aus dem Furchungs- prozesse hervorgegangen sind und aus denen noch alle Gewebe des Embryo beste- hen. Sie bildet einen Cylinder mit stumpfen Enden, der sehr scharf gegen das um- sebende Bildungsgewebe abgegrenzt ist, obgleich ein histologischer Unterschied noch nicht, besteht. Ihre Furchungskugeln haben jedoch schon ein feineres Korn, indem die viereckigen Dotterplättchen bereits grösstentheils untergegangen sind, und sind so dicht gedrängt, dass sie einer homogenen Körnermasse gleiehen, in welche eine Menge heller Flecke eingestreut sind. Beim Zerdrücken, was im Anfang noch sehr leicht geschieht, sieht man die einzelnen Kugeln sich trennen und hat nun Gelegen- heit, dieselben zu studiren. Man überzeugt sich, dass sie in der That keine Zel- len, sondern nur Umhüllungskugeln sind, gebildet von einem hellen kernarligen Kör- per und einer körnigen Umhüllungsmasse, die sich durch verstärkten Druck vollends zerstreuen lässt. Die Kernflecke scheinen aus einer sehr weichen Substanz zu be- stehen und können durch Druck und Bewegung sehr verschiedene Formen anneh- men; doch nimmt man an solchen, die es gelingt ganz isolirt zur Ansicht zn bekom- men, ein deutliches Kernkörperchen wahr. Eine Membran oder Scheide, welche die chorda umgibt, existirt zu dieser Zeit noch nicht; man sieht nicht nur einzelne Um- hüllungskugeln an den Seiten, wie an den Bruchflächen, hervortreten, sondern man kann die ganze chorda noch leicht in einzelne Fragmente zerdrücken. Die Scheide erscheint aber sehr bald als eine äusserst feine und zerbrechliche, structurlose Um- hüllungsschicht , welche offenbar nur verdichtetes Blastem oder Intercellularsubstanz ist und gewiss nicht etwa aus verschmelzenden Zellen hervorgeht, die noch gar nicht existiren. Destillirtes Wasser macht aus den Dotterkugeln zwar hie und da eine hyalinartige Substanz (Glaskugel) halbkugelig hervortreten, hebt aber keine deut- lichen Zellmembranen in grösserem Umfange ab, wie sie im benachbarten Bildungs- sewebe doch deutlich vorhanden sind. Jene Scheide erhärtet sehr bald und erreicht eine grosse Festigkeit, denn man kann die enthaltenen Kugeln durch Druck zum Ber- sten und Zusammenfliessen bringen, in die Länge dehnen u. s. w., und die chorda erscheint alsbald als ein äusserst biegsamer, structurloser Schlauch, der durch die Manipulation mannigfache Einbiegungen und Knickungen erleidet, wobei die weiche, körnige Inhaltsmasse ausweicht oder stellenweise zurückweicht und einen freien Raum innerhalb der Scheide lässt. Durch Druck ist es leicht, diese Inhaltsmasse de vo = auf- und abzubewegen und an Rissstellen ausfliessen zu machen; es zeigt sich dann, dass die körnige Umhüllung der hellen Flecke zu einer dunklen, den ganzen Schlauch ausfüllenden Masse zusammengeflossen ist, in welcher die hellen Flecke als Löcher erscheinen, beim Austreten aber als wirkliche Formtheile erkannt werden. Ehe es dazu kömmt, findet ein Wachsthum der’ chorda in die Breite und ein Zusammen- schieben der Kugeln statt, wodurch die chorda ein eigenthümlich quergeringeltes Ansehen erhält {). Später unterscheidet man weder Kugeln noch helle Flecke mehr, es scheinen alie primären Formtheile untergegangen und in eine trübe, körnige Masse verwandelt. Erst wenn die chorda sich aufzuhellen beginnt, erkennt man wieder helle Bläschen innerhalb der schmelzenden Körnermasse, und zwar scheinen diesel- ben im Centrum der chorda zuerst aufzutreten. Wie dieselben entstehen und ob sie in einer Beziehung zu den hellen Flecken der primären Furchungskugeln stehen, ist mir unbekannt geblieben; gewiss ist aber, dass sie wirkliche Zellen mit Kernen sind, und dass durch das Wachsthum dieser Zellen die körnige Masse immer mehr. ab- nimmt und der ganze Inhalt der chorda verzehrt wird. Am sechsten Tage, nachdem die Larve das Ei verlassen, besteht schon der ganze Inhalt der Chordascheide aus den bekannten srossen, dem Pflanzenzellgewebe ähnlichen, derbwandigen Zellen, welche J. Müller und Schwann beschrieben haben. Diese Zellen sind von sehr ver- schiedener Grösse, und zwar liegen die kleineren gegen die Oberfläche, wodurch man bei der extremen Durchsichtigkeit der Gebilde leicht zur Annahme einer endogenen Einschachtelung verleitet werden kann, während man nur übereinanderliegende Gebilde vor sich hat. Die endogenen Bläschen, die Schwann beschreibt und Taf. 1. fig. 4. b. aus der chorda der Plötze abbildet, kommen zwar auch beim Frosche vor, sie sind aber, wie ich mit Bestimmtheit verfolgt habe, keine endogenen Zellen, sondern bläschenartige Kerne, die hier eine enorme Grösse erreichen können, übrigens deutlich aus körnigen Kernen hervorgehen. Es.hat desshalb nichts Auffallendes, wenn Schwann in diesen „jungen Zellen“ keine Kerne, sondern nur ein kleines excentrisches Körperchen (Kernkörperchen) wahrnahm, das ich nie vermisst habe. Die Kerne der grossen Zellen zu sehen, ist weder eine besondere Beleuchtung, noch Präparation erforderlich, doch ist dazu Essigsäure, die Alles heller macht, ohne die Zellen anzugreifen, und namentlich Jod, welches die Kerne’ gelb färbt, sehr hülfreich. Wenn Cramer, dessen Beschreibung der chorda des Frosches ich sonst fast in allen ') 8. Cramer in Müller’s Archiv. 1848. Taf. III. fig. 27. u) Punkten beistimmen kann, sie nicht gefunden hat, so scheint dies darin seinen Grund zu haben, dass er diese Reagentien zu wenig berücksichtigte. -Auch ohne Essig- säure sieht man die Kerne der Chordazellen von der Zeit an, wo die Larven die äusseren Kiemen verlieren ; sie fallen sogar häufig heraus und rollen frei umher, wo- bei das Kernkörperchen stets zur Ansicht kommt. Dadurch, dass die Zellen der chorda sich frühe durch ihre geringe Empfindlichkeit gegen Essigsäure auszeichnen, stimmen sie allerdings mit den Knorpelzellen überein; eine Verdickung der Wände, wie sie nach Schw ann bei den Fischen vorkommt, beobachtet man aber in der Frosch- larve nicht, auch habe ich selbst beim erwachsenen Petromyzon marinus eine solche nicht gefunden. Die Zellen liegen hier wie dort mit ihren, allerdings derben, Wän- den an einander, platten sich etwas ab und scheinen, ähnlich den Epidermiszellen, durch ein Minnimum von Intercellularsubstanz verbunden, wenigstens gehen sie beim Zerpflücken der chorda nicht gerne auseinander ; doch lassen sich auch in späterer Zeit, wenn die Extremitäten hervorbrechen, noch einzelne Zellen isoliren, die dann eine colossale Grösse, aber auch dann keine endogene Zellenbildung zeigen. Was die chorda bei Petromyzon betrifft, so sind auch beim erwachsenen Thiere die Zellen nicht‘ grösser, als sie im Schwanze der Froschlarve werden, und haben stets nur einen Kern, ohne Spur einer endogenen Vermehrung. Der bandartige Streifen, welcher ihre Achse bildet , zeigt eine feine Längsfaserung, die an die Rindensubstanz der Haare erinnert und gleich dieser aus sehr in die Länge gewach- senen Zellen entstanden sein könnte. Die innere Scheide der chorda zeigt zwar eine höhere Entwicklung als bei den übrigen -Thierklassen, erscheint jedoch mehr als längsgesireifte Membra, denn als Fasergewebe; die äussere Scheide dagegen, an welche sich die Muskelfasern unmittelbar inseriren, ist ganz von gesonderten Fibril- lien und -Faserbündeln gebildet, die sich gegen Essigsäure wie reifes Bandgewebe der höheren Thiere verhalten und keine Kerne hinterlassen, übrigens viel Pigmentkörner enthalten. Bei der Involution der chorda der Batrachier erhalten sich die Zellen der chorda inmitten der atrophirenden Gewebe des Schwanzes ziemlich lange unverändert. Zu- erst schwinden die Kerne, wenigstens stellt Essigsäure keine mehr dar, dann schrum- pfen sowohl die einzelnen Zellen, als die ganze chorda zusammen, die dann einen feinfaltigen, collabirten Schlauch darstellt und von unten nach aufwärts vergeht oder abgefressen wird. Uebereinstimmend damit sieht man in den Resten der chorda, welche die Wirbelfacetten der Knochenfische ausfüllen, grosse, dem Pflanzen- u De zellengewebe ähnliche Zellen ohne Kerne, an deren Stelle grosse helle Kugeln getreten sind, oft zu mehreren in einer Zelle, die sich wie Löcher in den Zellen ausnehmen. Beim Zerzupfen derselben oder wenn man sie durch Kalilösung zum Bersten bringt, gehen diese Kügeln heraus, drängen sich oft mit einiger Mühe durch die Oeffnung, fliessen zusammen und verschwinden zuletzt spurlos. Sie erweisen sich dadurch als AN ropfen einer zähflüssigen Substanz, die man auch in andern alternden Zellen an- trifft und die oft verkannt worden sind. Jod und Essigsäure sind hier von keinem Nutzen, da sie den eiweissartigen Zelleninhalt bei den Fischen zum Gerinnen bringen und durch die dabei entstehende Trübung Alles unkenntlich machen. Beim Hühnchen bildet sich die chorda, meiner Erfahrung nach, kurze Zeit nach dem Auftreten der Rückenplatten, d. h. noch am Ende des ersten Tags der Bebrü- tung. Sie erscheint dann, wie v. Baer sich ausdrückt, „als eine einfache Reihe dunkler Kügelchen, die nach dem vorderen Ende mehr zusammengedrängt, am hin- teren mehr vereinzelt sind.” Diese Kügelchen sind nichts anderes, als die grossen mit Körnchen und Fetttropfen gefüllten Zellen, aus welchen zu dieser Zeit noch der srösste Theil der Keimhaut besteht. Dieselben sind von einer extremen Fragilität und verlieren oft schon durch Zusatz von Wasser ihre zarten Hüllen, so dass man viele freie bläschenartige Kerne unter der Körnermasse antrifft. Von einer Scheide ist die chorda anfangs nicht umhüllt, alsbald aber sieht man sie „von einem hellen Saume umgeben, und je dunkler die Rückenseite wird, desto heller ist dieser ‘Saum, bis er die Durchsichtigkeit von Glas erhält; da er aber ‚von allen Seiten erscheint, so ist er eigentlich eine Scheide für die chorda. Er ist mit dieser ursprünglich ein Ganzes und in den beiden ersten Tagen so eng mit ihr verbunden, dass nur die al- lergrösste Sorgfalt und die feinste Nadel im Stande’ ist, sie von einander zu trennen. Beide sind an den ersten Tagen wirklich nur ein Einiges, das so in sich gesondert wird, wie wir fast überall, wo sich im Embryo ein dunkler Körper bildet, auch ne- ben ihm einen Gegensatz von heller Masse ohne Kügelchen werden sehen” (v. Baer). Gleichzeitig mit der Differenzirung und Erhärtung der Scheide aus dem eiweissarti- gen Bindemittel der Bildungskugeln scheinen die letzteren, wie beim Frosche, zu- sammenzufliessen und nur ihre grossen bläschenartigen Kerne erhalten zu werden. Ganz gewiss findet im Verlauf des zweiten Tages der Behrütung eine frische, inter- celluläre Zellbildung innerhalb der Scheide aus dem körnigen Blasteme statt, das die Kerne einhüllt. Diese jungen Zellen sind zum Theil bedeutend kleiner, als die an- fänglichen Zellen der Keimhaut, nicht körnig, sondern klar und enthalten nur einen, 4 | BG ee meist bläschenartigen Kern nebst einem oder mehreren Kernkörperchen. Zwischen ihnen findet man noch die bläschenartigen Kerne der ersten Generation, alle zusam- men eingebettet in die körnige Masse, die nach und nach mit der Vergrösserung der Zellen sich aufhellt und verzehrt wird. Die Zellen der zweiten Generation zeigen stets eine grössere Resistenz gegen Wasser und Essigsäure, doch nicht in dem Grade, wie bei. der chorda der Froschlarve, denen sie überdies an Grösse lange nicht gleichkommen. | Die chorda entsteht in ihrem oberen Dritttheil zuerst, in der Gegend wo später die ersten Wirbelplättchen erscheinen, und schreitet von da in ihrer Bildung nach oben und unten vorwärts, so dass jene erste Stelle in der Entwicklung immer vor- aus hleibt. Am Schwanzende geht sie noch am Ende des zweiten Tages continuir- lich in das Bildungsgewebe der Keimhaut über, während das Kopfende um diese Zeit bereits abgerundet ist. Sind im Verlaufe des zweiten Tages alle Dotterkörner, die sich hier, unter allen Geweben des Embryo, am längsten erhalten, zwischen den Zellen der chorda geschwunden und die Scheide ausgebildet, so hat der ganze Schlauch ein eigenthümlich grobkörniges Ansehen, daher rührend, dass die durchsichtigen jungen Zellen mit ihren hellen Kernen dichtgedrängt übereinander liegen und haupt- sächlich die zahlreichen Kernkörperchen durchschimmern. In Folge der dichten An- häufung der Zellen und des Wachsthums der chorda in die Breite sind die periphe- rischen Zellen in die Breite gezogen, was der chorda ein quergestreifies Ansehen und einige Aehnlichkeit mit einem von Cylinderepithelium ausgekleideten Schlauche gibt. Durch Druck kann man die Zellenmasse bewegen, so dass die Cylinder an einzelnen Stellen verschoben und schief gestellt werden. Einzelne Zellen sind auf dieser Stufe schwer zu unterscheiden, entwickeln sich aber bei Entleerung des In- halts der chorda durch Druck und Wasser. Die Scheide bleibt dann als ein leerer, structurloser, faltiger und verschiebbarer Schlauch mit dünnen Wänden zurück. Die entleerten Zellen kleben nicht auffallend aneinander, obgleich sich oft noch Spuren einer weichen, feinkörnigen Intercellularsubstanz finden. Alle Zellen haben nur ei- nen Kern, nie trifft man endogene Formen. Auch jetzt noch muss man mit Druck, Essigsäure u. dgl. vorsichtig sein, wenn man nicht die Zellmembranen innerhalb der Scheide zerstören und blosse Kerne erhalten will. Ein ganz anderes Bild erhält man, wenn man im Verlauf des dritten Tages die chorda untersucht. Man findet dann, zuerst im obern Dritttheil und von da abwärts fortschreitend, den ganzen Inhalt der Scheide verdeckt durch eine Menge glasheller 2 a. Kugeln von sehr verschiedener Grösse, die sich wie Löcher in der chorda ausneh- men. Sie treten zuerst sehr klein und zerstreut auf, werden aber zahlreicher und grösser, SO dass die grössten die Grösse der Zellen erreichen. Diese Kugeln sind entschieden keine Kerne oder Zellen, denn sie vergehen in Wasser und Essigsäure, ja durch Druck oft spurlos; sie befinden sich auch nicht sowohl in den Zellen, wie Kölliker ’) angibt, als zwischen und auf denselben, lassen sich hin und herschie- ben, mit dem Inhalt der Scheide entleeren und theilweise isoliren. Ihrem oft etwas lilaschimmernden Glanze nach gleichen sie den sog. Glaskugeln, die man in vielen Blastemen, u. a. in der Milch der Schwangeren, findet. Ich stehe nicht an, die Bildung dieser Glaskugeln als ein vorläufiges Zeichen der Rückbildung der chorda anzusehen, obgleich sich zu der Zeit, wo sie auftreten, das untere Ende der chorda kaum abgerundet hat, die Wirbelplättchen noch nicht alle gebildet sind und namentlich im * Kopftheil noch keine Knorpelanlagen sich zeigen, auch der Herzschlag eben erst be- ! gonnen. Nichts destoweniger wächst die chorda in den folgenden Tagen sowohl in die Breite als in die Länge, ohne dass die Scheide beträchtlich an Dicke gewinnt, wäh- rend die Glaskugeln sich immer mehr ausbreiten und die Zellen vollständig verdecken, die man nur durch Entleerung der Theile sichtbar machen kann. Die Membranen sind derber geworden, alle Zellenkerne gross, bläschenartig, mit . distincten Kern- körperchen. Allmählig werden die Zellen gelblich, trüb, schrumpfen zusammen, während die ganze chorda welk und faltig wird und beim Hühnchen vom 14ten, bei, Canarienvögeln (die 14 Tage brüten) vom 10ten Tage der Bebrütung an von oben nach abwärts‘ die Rückbildung antritt, nach dem Auskriechen aber erst vollständig schwindet. re Die chorda der Säugethiere unterscheidet sich von der der Vögel in nichts We- sentlichem, es ist sogar die Breite in der ersten Anlage beim Hühnchen und ver- schiedenen Säugethieren ziemlich dieselbe. Bei den kleinsten Rindsfötus, die ich untersucht habe und die die Grösse einer Ameise und einer Stubenfliege hatten, liessen sich in der chorda keine einzelnen Zellen unterscheiden, sie schien vielmehr von einer gleichmässig körnigen Masse angefüllt, die nur hie und da eine Quer- streifung zeigte, offenbar das Stadium, wo beim Hühnchen die jungen Zellen auftre- ten und die Dotterkörnermassen geschwunden sind. Die bereits gebildeten Wirbel- I) Mikroskopische Anatomie. II. 1. S. 347. Eu: anlagen waren aus deutlich unterscheidbaren runden und länglichen Zellen zusam- mengesetzt. Bei Rindsembryonen von 6 — 8‘ Länge ist der Zellenbau unverkenn- bar, die Zellen grösser, die ganze chorda breiter. Erstere erscheinen oft polyedrisch, mit deutlichen bläschenartigen Kernen und Kernkörperchen, und lassen sich durch Druck und Essigsäure isoliren. Eine merkliche Intercellularsubstanz findet sich hier so wenig als bei den Vögeln und Froschlarven. Bei den 6‘ langen Embryonen einer Hündin, die vor 20 Tagen zum letztenmale und während 4 Tagen (Vielleicht aber auch länger) belegt worden war, fand ich die Wirbelplättchen bis ans Schwanz- ende angelegt, die Zwischenknorpel noch nicht gebildet und beim Druck leicht aus- einander weichend. Die chorda lief continuirlich zwischen den Wirbelplättchen hin- durch, mit scharfen Rändern und deutlichem Zellenbau; die Zellen klein, einkernig, nirgends endogene Formen. Durch Druck liess sich die Scheide entleeren und er- hielt das gewöhnliche, faltige, collabirte Ansehen. Bei Rindsfötus von 1“ Länge ist zwar der Zellenbau der chorda noch sehr deutlich, dagegen beginnt schon die Invo- lution am Kopftheile. Auch hier fehlen nicht die oben erwähnten Glaskugeln, ob- gleich sie nicht in der Menge und Grösse aufzutreten scheinen, wie beim Hühnchen. An den oberen Hals- und Rückenwirbeln ist die chorda nun schon unterbrochen, doch erkennt man Reste derselben noch in den Schwanzwirbeln bei Rindsembryonen von 3° Länge. In der Zwischenzeit ist sie in der ganzen Wirbelsäule bei schwa- chen Vergrösserungen als ein schmaler, dunkler, etwas gelblicher Streif zu erken- nen, der durch die Wirbelkörper hindurchzieht, die daran wie aufgespiesst erschei- nen. Namentlich hat die Sache dies Ansehen zu der Zeit, wo die Zwischenwirbel- bänder noch nicht gebildet, die Wirbel aber gleichwohl schon eine Strecke weit von einander abgerückt sind; es bleibt dann, z. B. bei Rindsembryonen von 11%" Länge, zwischen je 2 Wirbeln eine durchsichtige Lage von Bildungsgewebe, durch welche die dunkle, scharfbegrenzte chorda hindurchzieht. Bei Rindsfötus von 4“ Länge sind die letzten Reste der chorda auch in den Schwanzwirbeln geschwunden und die Zwischenknorpel angelegt. Was das Verhältniss der chorda zum Primordialschädel betrifft, so habe ich mich nach vielfältigen Untersuchungen überzeugt, dass sie nicht in allen Classen und zu jeder Zeit gleich weit nach vornen reicht. Bei dem Hühnchen reicht sie ungefähr am Ende des zweiten Tages, d. h. dann, wenn sich das vordere Ende abgegrenzt hat, bis in die Nähe der Augenblasen, später scheint sie mit der Entwicklung der Kopftheile und namentlich der Krümmung des Embryo nicht gleichen Schritt zu zu: On. halten; sie reicht dann nur noch bis in die Mitte zwischen Ohr- und Augenblasen ; noch später, wenn ihre Involution beginnen will, steht das stumpfe Ende den Gehör- bläschen näher als den Augen. Die knorplige Schädelanlage reicht immer, wenn sie erkennbar ist, eine gute Strecke über sie hinaus und bei keinem Thier sah ich die chorda weiter reichen, als bis in die Gegend des (vorderen) Keilbeinkörpers. Bei Säugethieren konnte ich sie von Anfang an nicht weiter verfolgen, als bis in die Gegend der Nackenbeuge, noch eine gute Strecke demnach von den Augenblasen ent- fernt. Schlägt man aber die Grösse der Vogelaugen an und erwägt man, dass die jüngsten Säugethierembryonen, die ich untersuchte, schon eine ausgebildete chorda und einen ziemlich entwickelten Kopf hatten, so ergibt sich in Bezug auf die Skelett- theile, denen sie entspricht, eine ziemliche Uebereinstimmung. Bei Rindsembryonen von 11/%‘' Länge verfolgt man sie noch deutlich bis in diejenige Gegend des primor- dialen Schädelknorpels, wo die Nasenscheidewand beginnt; sie verschmälert sich nach vorn und endigt mit einer einfachen, stumpfen Spitze ohne Anschwellung. Endlich habe ich noch zu erwähnen, dass ich bei einem menschlichen Embryo von 7‘ Länge, bei welchem die erste Visceralspalte bis auf dıe Ohröffnung geschlos- sen, die Wirbelsäule bereits gegliedert, die Schädelkapsel aber noch ganz häutig ohne Spur von Knorpelanlagen, die Rippen bereits angelegt, in den Extremitäten- stummeln aber noch keine Spuren einer Differenzirung vorhanden waren, vergeblich nach der chorda dorsalis geforscht habe, obgleich ich jede Partikel des Embryo un- ter dem Mikroskope hatte und es bei Säugethieren auf dieser Stufe so leicht ist, dieselbe zu sehen. Entweder müssen daher hier besondere ungünstige Verhältnisse obgewaltet haben, — ich war geneigt, die Trübheit des Blastems anzuklagen, das nicht mehr ganz frisch war — oder es müsste die chorda beim Menschen auf einer früheren Stufe untergehen, als bei allen anderen Thierklassen. Es ergibt sich aus dem Vorgetragenen, dass die histologische und histogene- tische Verwandtschaft der chorda mit dem Knorpelgewebe eine mindestens sehr all- gemeine ist, und dass man die Beziehung derselben zum Skelett, wie es die Baer- sche Definition bereits ausspricht, nur so auffassen kann, dass dasselbe von den ver- schiedenen Systemen, denen die chorda zur Achse dient, derselben am nächsten liegt. Cap. Il. Von dem Wachsthum der knorpeligen Skelettanlagen. Ein Gewebe kann gangbaren Ansichten zufolge auf doppelte Weise wachsen, d. h. an Umfang und Substanz zunehmen, je nachdem nämlich die einzelnen Elemen- ME tartheile entweder an Grösse oder an Zahl zunehmen. Es liegt dieser Ansicht die- ‚selbe Vernachlässigung zu Grunde, welche der bestehenden Zellenlehre einen einsei- tigen Charakter gibt, nämlich ein Uebersehen oder Unterschätzen der alle Gewebe durchdringenden und wesentlich mitconstituirenden Intercellularsubstanz (formlosen Bildungsmasse). Gerade die Intercellularsubstanz spielt bei der Classe der Gewebe, welche das: Skelett bilden, bei weitem die Hauptrolle und ihre Meiamorphosen sind es hauptsächlich, welche die einzelnen Gewebe dieser Classe charakterisiren. Die Knorpelzellen an und für sich sind.es nicht, was den Knorpel auszeichnet, denn sie überschreiten die Stufe der einfachen, indifferenten Zelle weder in chemischer noch in morphologischer Hinsicht erheblich. Das Eigenthümliche des Knorpelgewebes be- ruht in der Anordnung und Lagerung der Elementartheile inmitten einer mehr oder weniger structurlosen, aber in ungewöhnlicher Menge vorhandenen und ungewöhnlich festen Intercellularsubstanz. Alle empyrischen Eigenschaften des Knorpelgewebes, seine Festigkeit, Dichtigkeit, Elasticität oder Sprödigkeit u. s. w., beziehen sich nicht auf die Knorpelzellen, sondern auf das structurlose Grundgewebe. Wenn von dem Wachsthum des Knorpelgewebes die Rede ist, sind daher Intercellularsubstanz und Knorpelzellen in ihrem Verhalten gesondert zu betrachten, und diese Betrachtung wird ergeben, dass beide Factoren zu verschiedenen Zeiten eine verschiedene Be- deutung haben, dass aber die wichtigste Rolle immer der Intercellularsubstanz zufällt. Die ersten Skelettanlagen bestehen, wie oben bemerkt, aus dem allgemeinen Bildungsgewebe, das sich an diesen Stellen durch seine Dichtigkeit und grauliche Trübung von den benachbarten Theilen abgrenzi. Es wurde angegeben, dass diese Dichtigkeit und mindere Durchsichtigkeit auf dem Wachsthum der primären Bildungs- kugeln beruht, die in Zellen übergehen und derbere Wandungen erhalten, während die Intercellularsubstanz noch weich und in minnimo vorhanden ist. Die weiteren Veränderungen können an jedem Primordialknorpe! studirt werden ; es eignen sich dazu aber namentlich lange und dünne Knochen, weil man hier ohne Trennung des Zusammenhangs und ohne weitere Präparation die Metamorphosenreihe übersichtlich vor Augen haben kann; so namentlich die Rippen, der Meckelsche Knor- pel, die Phalangen der Finger und Zehen, das Schulterblatt u. s. w. Verfolgt man einen solchen Knorpel eines jungen Fötus vom Rande nach innen, so bemerkt man, dass die dichteste Anhäufung von Bildungskugeln stets an der Peripherie statt hat und zwar sind die Körperchen desto kleiner, je peripherischer und dichter sie liegen, daher der Knorpel auch an diesen Stellen lange Zeit am dunkelsten ist. Man bemerkt rw dieses Verhältniss mehr oder weniger an jedem wachsenden Knorpel; die Primor- dialknorpel wachsen also zunächst durch peripherische Apposition von Bildungskugeln, und zwar anfangs im ganzen Umfange, ziemlich gleich- mässig. Dadurch, dass dies später an einzelnen Stellen stärker und länger ge- schieht, wird die typische Gestalt bestimmt, welche der ausgebildete Knorpel er- reichen wird. Die Röhrenknochen wachsen daher durch Apposition besonders an den ‘Stellen, welche den künftigen Gelenkflächen entsprechen; die Rippen an dem collum und an den vorderen Enden, das Schulterblatt an der Basis, an der erista, am Gelenkende u. s. w. An diesen in der Zunahme begriffenen Stellen sind die Primordialknorpel stets am wenigsten von dem umgebenden Bildungsgewebe abge- grenzt, ja sie gehen lange Zeit (so lange nämlich die umgebenden Gewebe noch nicht histologisch differenzirt sind) continuirlich in dasselbe über, während andere Stellen, namentlich die Diaphysen, schon scharf begrenzt und in Verknöcherung be- griffen sein können. An der mangelnden Begrenzung nach aussen und der dunkle- ren Farbe bei auffallendem Lichte erkennt man in allen Primordialknorpeln die Stel- len, wo dieselben noch durch Apposition von aussen oder, besser ausgedrückt, durch weitergreifende Differenzirung im Umkreise wachsen. Ganz anders verhält sich die einmal gebildete Knorpelsubstanz; denn auch sie trägt wesentlich zum Wachsthum des Knorpels bei. Im bereits angelegten Knorpel bilden sich nämlich keine neuen Körperchen, sondern es werden nur die vorhandenen, an der Peripherie angelagerten, von der erhärtenden Intercellu- larsubstanz umschlossen und auf diese Weise eben so viele kleine Höhlen mit glat- ten, wohlbegränzten Wänden gebildet, als Knorpelzellen vorhanden waren. Diese anfangs in minnimo vorhandene Intercellularsubstanz nimmt, gleich- zeitig mitihrer Erhärtung und während der ganzen Evolution, fortwäh- rend an Masse zu, ein wahres Wachsthum durch Intussusceptio, bei welchem sich nicht immer eine Texturveränderung in dem formlosen, festen Bildungsstoffe zeigt. Der ältere Knorpel unterscheidet sich von dem jüngeren besonders dadurch, dass die in den Knorpelhöhlen eingeschlossenen Knorpelzellen weiter ausein- andergerückt und daher scheinbar vermindert (auf einen grösseren Raum zerstreut) sind. Mit dieser Volumsvermehrung des ganzen Knorpels durch absolute Zunahme der Intercellularsubstanz und in Folge derselben findet auch eine Erweiterung der Knorpelhöhlen, gewissermassen ein Auseinanderweichen der die hohlen Räume umgebenden Moleküle des formlosen Blastems statt, welches als ein Charakter jedes - wo Wachsthums durch Intussusception betrachtet werden muss und in dessen Folge z. B. eine Zellmembran an Ausdehnung zunimmt, ohne an Dicke und Derbheit zu ver- lieren. j Einer der Punkte in der Gewebelehre, die am wenigsten aufgeklärt sind, ist das Verhältniss der Knorpelzellen, welche aus den primären Bildungskugeln hervorgegan- sen sind, zu der umschliessenden Intercellularsubstanz, d. h. zu den Knorpelhöhlen. Nach der gangbaren Annahme verschmelzen beide miteinander und die Knorpelhöhlen des erwachsenen Knorpels entsprächen daher dem Lumen der Knorpelzellen. Ent- scheidende Beweise für diese verbreitete Annahme sind jedoch niemals beigebracht worden, und was Henle in seiner allgemeinen Anatomie darüber angibt, dürfte schwerlich zur Begründung hinreichen. Henle beruft sich S. 795 darauf, dass viele Höhlungen von zwei parallelen Linien begrenzt werden, deren Entfernung von ein- ander der Dicke der Zellenwand entspreche. Allein daraus, dass beide Linien aus- einander weichen und eine dunkeikörnige Substanz zwischen sich einschliessen kön- nen, wie es auch in der Abbildung dargestellt ist, geht hervor, dass diese, nicht immer parallelen, Linien verschiedenartige Dinge begrenzen und nicht einer einzigen Haut angehören können. Die Beobachtung von Meckauer, auf die sich Henle ebenfalls bezieht, wonach zuweilen aus geöffneten Knorpelhöhlen an Schnitträndern ein kuge- liges Körperchen hervorragt, welches Zellen und Zellenkerne enthält (in der eitirten Figur von M. ist es eine einfache Zelle), würde eher für das Gegentheil, nämlich für die Selbstständigkeit der Zellmembran sprechen. Es eignen sich zur Entschei- dung dieser Frage überhaupt am wenigsten die Knorpel des Erwachsenen, wo eigen- thümliche, später zu erwähnende Verhältnisse eintreten und das wahre Verhältniss selten mehr zu ermitteln ist; sehr einfach gestaltet sich dagegen die Sache bei der Un- tersuchung: des Primordialknorpels. - Verfolgt man z. B. bei 21/,' langen Rindsfötus eine ganze Rippe oder feine Schnitte eines Extremitätenknorpels von den Enden nach der Mitte hin, so sieht man gleich hinter dem wachsenden Rande, da wo die Körperchen so weit auseinander gerückt sind dass man sie einzeln unterscheiden kann, noch. keinen Unterschied zwischen Knorpelhöhle und Knorpelzelle.. Die Körperchen haben die Grösse aller primären Bildungskugeln und scheinen in die Grundsubstanz eingebettet, wie Steine in den Mörtel. Weiterhin sind die Körperchen grösser geworden, man unterscheidet all- mählig Kern und Zellenmembran,, wenigstens mit Hülfe der Essigsäure, und zwar liegt die Zellmembran nicht immer den Knorpelhöhlen dieht an, sondern es bleibt es häufig ein Zwischenraum, der, wenn die Zelle für den Beobachter grade concentrisch mit der Knorpelhöhle gelagert ist, für eine doppeltconturirte Membran genommen wer- den kann. Die verschiedenen Modificationen in der Lagerung der Zelle, so wie die _ nicht immer rein sphärische Form der letzteren erläutern jedoch das Verhältniss ge- nügend. Bestimmteren Aufschluss gibt ausser den zahlreichen Fällen, wo die Zellen an Schnitträndern wirklich aus den Höhlen herausfallen und isolirt untersucht werden können, die Anwendung von Reagentien, namentlich des Jods. Das Jod ist ein so wichtiges Hülfsmittel beim Studium dieser Gewebe, dass ich eine klare Erkenntniss ihrer Structur ohne Anwendung derselben für unmöglich halte, und dass es bei jeder Untersuchung derselben wenigstens zur Controle dienen sollte. An hinreichend dün- nen Schnitten, die davon durchdrungen werden können, werden nämlich die Kerne und Zellengebilde stets viel dunkler, oft braun gefärbt, während die Grundsubstanz stets nur gleichförmig hellgelblich wird. Die Zellen springen dadurch plötzlich aufs lebhafteste aus der blässeren Grundsubstanz hervor und wenn man namentlich die Zellenkerne vorher durch Essigsäure deutlich gemacht hat (die dann vom Jod ganz dunkelbraun gefärbt werden), so gewinnt man die prachtvollsten Bilder, die man ‘ vom Knorpelgewebe sehen kann. Die Bilder sind jedoch nicht in allen Fällen ganz dieselben. Zuweilen nämlich färbt sich die Zellmembran heller, der Kern dunkler, und dies ist die Regel, besonders nach Anwendung der Essigsäure. Zuweilen aber erhält man eine sehr dunkle Peripherie und einen hellen Kern oder Inhalt. Dieser Unter- schied rührt oft von der Concentration der angewandten Jodlösung her, die im concentrir- ten Grade leicht die Zellmembran für alle Reagentien impermeabel macht und gar nicht zum Inhalt gelangt, daher es rathsam ist, eine mehr verdünnte Lösung anzuwenden und die Einwirkung einige Zeit zu beobachten. In anderen Fällen scheint dieser Un- terschied mit der Ausbildungsstufe der Zellengebilde zusammenzuhängen. Ist nämlich die Zellmembran fertig gebildet, das Körperchen bereits ein Bläschen, so dringt das Jod sehr bald zum Zelleninhalt und Kern, der dann immer am dunkelsten sefärbt wird. Sind aber die Umhüllungsmassen der Kerne noch halbfertige, un- reife, klümpchenartige, so findet, wie bei allen Klümpchen, noch keine eigentliche Endosmose, sondern nur eine Imbibition statt; es bleibt dann das Jod in der periphe- rischen Schicht hängen und dringt spät oder gar nicht zum Kern, der nun blässer scheint als die Hülle. Im reiferen Knorpel erscheinen die Kerne stets sehr deutlich und dunkel gefärbt, während im entstehenden Knorpel häufiger das ganze Klümpchen sehr rasch dunkelbraun erscheint. Oft findet man daher beide Formen im Fötus ne- 5 BR. beneinander und in demselben Präparate, so dass die deutlichen Zellen mehr in der Mitte, die dunklen Klümpchen am Rande gefunden werden und in fortlaufender Reihe in einander übergehen. In allen Fällen ist besondere Rücksicht darauf zu neh- men, dass die Schnitte hinreichend fein sind, damit das Jod sie allenthalben durch- dringe, sonst begegnet es, dass einzelne, namentlich die durch den Schnitt blosge- legten Zellen sehr dunkel, andere tiefer gelegene gar nicht gefärbt werden. 'Wendet man die Jodlösung (ich bediene mich dazu einer verdünnten Lösung von Jod in Jodkalium) mit den genannten Rücksichten an, so wird man kaum je im Zweifel sein, was Knorpelhöhle, was Knorpelzelle ist, und beides mit Bestimmtheit unterschei- den können, während man sonst leicht versucht werden kann, seine Ansicht von der Structur des Knorpels an einem Tage mehrmals zu ändern. Liest die Knorpelzelle der Knorpelhöhle so an, dass sie dieselbe vollständig ausfüllt, so erscheint stets das ganze „Knorpelkörperchen” gleichförmig dunkel gefärbt und in einem hellgelb gefärbten Sehfelde zuliegen. War aber ein Zwischenraum zwischen Zellmembran und Knorpel- höhle, so zeigt dieser die blässeste Färbung oder erscheint ganz farblos, da er einer Aushöhlung und daher der dünnsten Stelle des Präparates entspricht. Ist die Zelle aus der Höhle herausgefallen und diese leer zurückgeblieben, so hat dieselbe nur die Färbung der übrigen Intercellularsubstanz oder erscheint, wenn der Schnitt sehr dünn ist, ganz blass; man unterscheidet dadurch die leeren Knorpelhöhlen von den gefüllten, namentlich am Rande wo der Schnitt in der Regel am dünnsten ist, auf den ersten Blick. Ein Vortheil des Jods ist auch, dass es den spiegelnden Glanz, der der älteren Knorpelsubstanz, in dem Maase als sie trüb und dicht wird, und namentlich den Rändern und Wänden der Knorpelhöhlen eigen ist und der so oft das Ansehen einer doppelten Contour oder verdickten Wand hervorbringt, ent- weder ganz aufhebt, oder doch so weit dämpft, dass man die wahre Begrenzurg der Knorpelhöhle in dem jeweiligen Focus als eine einfache Linie erkennen kann. Weitere Aufschlüsse geben endosmotische Verhältnisse. Sehr häufig beobachtet man nämlich nach Zusatz der Jodlösung oder anderer Flüssigkeiten, dass sich eine dicht anliegende Zelle von der Wand der Höhle zurückzieht und so ein Zwischenraum zwischen Zelle und Höhle entsteht. Die Zelle nimmt dabei meist eine unregelmässige Gestalt an und schrumpft etwas ein, was ihrer Oberfläche ein rauhes, körniges oder faltiges Ansehen gibt. Wird Jodlösung hinzugebracht, so erscheint die Zelle desto dunkler gefärbt, je mehr sie einschrumpft. Um dichtanliegende Zellen in grösserer Anzahl zu sehen, muss der Knorpelschnitt von einem frisch getödeten Thier oder OBER << von einem möglichst frischen Fötus sein, denn einige Zeit nach dem Tode, wahr- scheinlich durch Wasserverdunstung, schrumpfen die Knorpelzellen stets ein und wer- den ganz unförmlich und unkenntlich. Man kann diesen Vorgang an jedem Präparate beobachten, wenn man es eine Zeit lang unter dem Mikroskope liegen lässt; so na- | mentlich beim Zeichnen. Die Zahl der runden, gespannten Zellen vermindert sich fortwährend und es liegen zuletzt in den Knorpelhöhlen sonderbar gestaltete und verzerrte, ovale, längliche, eckige, zackige, gekerbte und verbogene, rauhe, körnige Körper, die von Jod dunkelbraun gefärbt werden, die geschrumpften Knorpel- zellen. Diese Körperchen sind es, die man so häufig in Knorpeln wahrnimmt, welehe nicht mehr frisch sind oder gar in Weingeist gelegen haben, und die man bald als eigenthümlich metamorphosirte Zellenkerne der Knorpelzellen, bald als den von der Zellenwand zurückgewichenen Zelleninhalt, ja sogar als entstehende Knochen- körperchen gedeutet hat. Die erste Ansicht widerlegt sich leicht, da man in diesen | geschrumpften Gebilden den wahren Zellkern sehr häufig mit und ohne Anwendung von Essigsäure und Jod wahrnimmt, auch dürfte eine Metamorphose der Zellenkerne, wie dabei supponirt wird, schwerlich Analogien finden. Dass der unförmliche Kör- per die Zelle selbst, nicht blos der Zelleninhalt ist, dafür spricht einmal die Beob- achtung des successiven Vorganges und derjenigen Stufen, auf welchen die rund- liche Gestalt der Zelle noch wenig alterirt ist, ferner aber das vorher ganz klare und wasserhelle Ansehen der Knorpelzellen, das auf einen farblosen und formlosen Zelleninhalt hindeutet. Characteristisch ist auch das Verhalten der Be- srenzungslinien der Knorpelhöhlen. Liegt die Zelle der Höhle noch dicht an, so wird die lichtbrechende Eigenschaft der Höhlenwand durch die der anliegenden Zellmem- bran verstärkt und erscheint sehr dunkel, breit und scharf; so bald sich aber die Zelle zurückzieht, verschwindet dieser dunkle Contour, und: sowohl die Begrenzungs- linie der Zelle als die der Höhle erscheinen blässer und feiner, so dass oft eine sorgfältige Beobachtung dazu gehört, um eine von beiden nicht zu übersehen. In allen embryonalen Knorpeln, aber auch in denen des Erwachsenen, namentlich in den Ueberzügen des Kiefer- und Schlüsselbeingelenkes, in den Bandscheiben u. s. w., an Stellen also, wo die Intercellularsubstanz sehr deutlich faserig und daher ihre Be- srenzung nicht zu verkennen ist, sieht man solche dunkel- und scharfeonturirte „Knorpelkörperchen” neben blässeren und ganz blassen. Erstere sind diejenigen, deren Zellen die Knorpelhöhlen ausfüllen und daher von Jod ganz gefärbt werden; an den letzteren erkennt man stets, mit oder ohne Reagentien, einen doppelten, aber Sen, SE keineswegs immer concentrischen Contour, von denen einer der Zelle, der andere der Höhlenwand entspricht. Wenn ich nach dem Gesagten den Knorpelhöhlen eine selbstständige, auskleidende Membran abspreche und eine Verschmelzung der Knor- pelzellen mit der Intercellularsubstanz; wenigstens für den fötalen Knorpel, vollständig in Abrede stelle, so folgt daraus von selbst, dass ich die enthaltenen freien Zellen, auch wenn sje die Knorpelhöhle nicht ausfüllen, nicht nach der gangbaren Ansicht als endogene oder Tochterzellen, sondern vielmehr als die ursprünglichen präformirten Bildungskugeln betrachte, welche in das Gewebe eingehen, aber in ihrem Wachsthum nicht nothwendig gleichen Schritt mit der Aus- dehnung der Knorpelhöhlen halten. Man findet daher auch im frischen Zustande solche Knorpelzellen, welche die Höhlen nicht ausfüllen, immer dort, wo die Erwei- terung der letzten den höchsten Grad erreicht hat, d. h. in der Nähe des Verknö- cherungsrandes, wovon unten das Nähere folgt. Ich begnüge mich vorläufig mit der Angabe, dass ich eine endogene Vermehrung der Zellen, wenigstens im fötalen Knorpel, niemals wahrgenommen habe, und dass alle darauf bezüg- lichen Angaben für mich mehr als zweifelhaft geworden sind. Ich habe wohl in sel- tenen Fällen in einer Knorpelzelle 2 oder gar 3 Kerne angetroffen, aber so selten, dass ich es, wie in vielen anderen Geweben, als zufällige Ausnahme betrachten musste. Eine wirkliche Tochterzelle, d. h. Zelle in Zelle, ist mir in unzähligen Präpa- raten nicht ein einzigesmalaufgestossen, so eifrig ich äuch darnach gesucht habe. Der fötale Knorpel wächst daher, meiner Erfahrung nach, sowohl durch Apposition vonder Peripherie (fortschreitende Differenzirung des umgeben- den Bildungsgewebes), als auch durch Intussusception in seiner Dicke (Zu- nahme der Intercellularsubstanz). Eine Vermehrung der Knorpelzellen fin- dei nur bei dem peripherischen Wachsthum statt, während die einmal gebildeten Zellen zwar innerhalb der sich erweiternden Knorpelhöh- len längere Zeit fortwachsen, sich aber weder vermehren, noch auf das Wachstihum der Intercellularsubstanz irgend einen directen Ein- fluss üben. | Diese Gesetze haben, so weit meine Erfahrungen reichen, für die ganze Thier- ‘ welt uneingeschränkte Geltung. Die Verschiedenheiten, welche in den einzelnen Classen vorkommen, beziehen sich, abgesehen von späteren Metamorphosen, haupt- sächlich auf die Quantität der Grundsubstanz im Verhältniss zu den enthaltenen Zel- = Me ' len, und auch diese scheinen weniger in der Eigenthümlichkeit der einzelnen Klassen als in den Verschiedenheiten der Organe und des Alters der Thiere begründet. Die Knorpel der sogenannten Knorpelfische gleichen ganz den permanenten Knorpeln der Knochenfische, diese denen der Amphibien und Vögel, und wenn auch bei den Säuge- thieren die Quantität der Intercellularsubstanz durchschnittlich die grösste ist, so fin- den sich doch im allen Klassen Knorpelparthieen, wo die Zellen so weit auseinander- stehen, wie nur je in den Knorpeln erwachsener Säugethiere und Menschen. Man ver- gleiche z. B. die Kopfknorpel von Chimaera, Salmo, Esox und selbst der Sepien mit den knorpeligen Apophysen junger Frösche, Vögel u. s. w. Eine auffallend geringe Mächtigkeit der Intercellularsubstanz kommt allerdings n der Klasse der Fische vor, und insofern kann man sagen, dass dieselbe in der Reihe der Wirbelthiere aufwärts sich vermehre. So finde ich bei Petromyzon marinus die knorpeligen Flossenstrahlen aus einem anscheinend rein zelligen Gewebe gebildet, welches einigermassen an-das Zellenparenchym der Pflanzen erinnert. Die Zellen haben offenbar verdickte Wände, eine meist eckige und polyedrische Gestalt und zer- bersten beim Drucke nicht in einzelne isolirte Elementartheile, sondern in unregel- mässige Fragmente eines zusammenhängenden Maschenwerks. Hier glaubt man ver- schmolzene Zellenwände vor sich zu haben, besonders da die Kerne in den einzel- nen Zellen vollkommen deutlich sind und Jod alles gleichmässig gelb färbt. Man er- kennt aber auch eben so bestimmt die äusseren und inneren Contouren der einzelnen verdickten Zellenwände und, besonders an den Winkeln, wo sie zusammenstossen, eine, wenn auch nur mässige, Schicht fester Intercellularsubstanz. Man hat es hier offenbar mit einer secundären Metamorphose permanenter Knorpel zu thun, welche auch in der Classe der Säugethiere wiederkehrt und überall dort, wo spät- verknö- chernde Knorpel vorkommen. Die Zellen liegen der Höhlenwand dicht an und schrumpfen nicht ein, weil sie verdickt sind, und sie werden vom Jod nicht auffal- lend gefärbt, weil sie nicht einschrumpfen und weil die verdickte Zellmembran der Intercellularsubstanz verwandter ist, als der frischen, jugendlichen Zellmembran. Es wird davon in dem Capitel von den permanenten Knorpeln wieder. die Rede sein. Es erklärt sich nach meiner Ansicht auch die anscheinend abweichende Beschrei- bung, die Schwann !) von den wachsenden Knorpeln der Fische und Frösche gegeben hat. Man sieht nach ihm kleine, polyedrische, dicht an einander liegende Zellenhöhlen !) Mikroskopische Untersuchungen. S. 17. mit abgerundeten Ecken. Der Zelleninhalt ist durchsichtig und lässt frisch oder durch Zusatz von Wasser einen blassen, runden, körnigen Kern erkennen. Gegen die Wur- zel des Kiemenstrahls hin werden die Zwischenwände immer dicker, die Höhlen kleiner. Die äusseren und inneren Contouren der verdickten Zellenwände sind mehr oder weniger deutlich. Zwischen zwei Zellen fliessen die äusseren Contouren zu Einer Linie zusammen, laufen aber auseinander, wenn die Berührung der Zellen- wände aufhört, so dass oft ein drei- oder viereckiger mit einer gleichen Substanz angefüllter Zwischenraum, eine Art Intercellularsubstanz, zwischen den Zellen übrig bleibt. Erst gegen die Wurzel des Kiemenstrahls hört die Unterscheidbarkeit der besonderen Zellenwände grösstentheils auf und es bleibt nur das Ansehen einer homogenen Substanz übrig, in der nur einzelne kleine Höhlen vorkommen, obgleich um einzelne Höhlen noch ein Ring als Spur der eigen- thümlichen Zellenwand übrig ist. Dieser Ring ist jedoch gewöhnlich ziemlich dünn, „so dass nicht die ganze Zwischensubstanz der Zellenhöhlen von den Zellenwänden gebildet sein kann, sondern die Intercellularsubstanz, die in der Mitte der Kiemenstrahlen sehr gering war, hier wesentlich zur Bildung der Knorpelsubstanz beiträgt und häufig die unmittelbare Berührung der Zellen wie- der ganz verhindert.” Auch Schwann hat also beobachtet, dass der Knorpel durch Zunahme der Intercellularsubstanz wächst und Henle !) hat diese Wahrnehmung mit Unrecht bezweifelt. Zugleich verdicken sich hier die Zellenwände auf Kosten der Zellenhöhle und erst die verdickten Zellenwände scheinen theilweise mit der In- tercellularsubstanz zu „verschmelzen.” Nur was Schwann weiterhin von endoge- nen Knorpelzellen berichtet und zeichnet, kann ich nicht bestätigen, und niemals habe ich mich an hinreichend feinen Schnitten, die eine Täuschung durch übereinan- derliegende Zellenlagen ausschlossen, von einer endogenen Zellenbildung überzeu- gen können, ja ich habe nie zwei Zellen mit Sicherheit in einer einzigen Knorpel- höhle beisammen liegen sehen. Der Unterschied dieser Knorpel von denen der Säugethiere liegt meiner Ansicht nach nur in der geringeren Ausdehnung, welche die Intercellularsubstanz erreicht, durch deren schmälere Brücken zwischen den ein- zelnen Zellen und Zellengruppen, in Verbindung mit dem optischen Phänomene der Spiegelung an den Begrenzungslinien, das Ansehen eines reinen Zellenparenchyms täuschender nachgeahmt wird. Die weitere Entwicklung, namentlich in Bezug auf I) Allgemeine Anatomie. S. 807. u DER die Anordnung der Knorpelhöhlen, auf ihre Erweiterung und spätere theilweise Ver- . kleinerung, sowie das Auftreten einer Faserung in ihnen, unterscheidet sie in Nichts von den Knorpeln der höheren Classen, was sich weiter unten ergeben wird. Die Zweifel, die mir über die Entwicklung der Fischknorpel hätten bleiben kön- nen, hob die Entwicklungsgeschichte des Knorpelgewebes bei den nackten Amphi- bien, welche ich Schritt für Schritt verfolgt habe. Die ausgebildeten Knorpel der- selben gleichen bekanntlich denen der Fische ausserordentlich; man findet dieselben srossen Zellenhöhlen, dieselben Knorpelzellen mit deutlichen Kernen und das ganze Gewebe oft so durchsichtig und klar, dass man an dem Vorhandensein einer festen Intercellularsubstanz irre werden kann. Für ihre Existenz spricht aber schon der innige Zusammenhang des Gewebes, und an älteren Knorpeltheilen hat sie stets so- weit zugenommen, dass man. sie als ein zusammenhängendes Maschenwerk er- kennt. Die ungleich dicken Wände, welche die einzelnen Höhlen begrenzen, gehö- ren nicht den zusammenstossenden Zellenwänden, sondern der in minnimo vorhandenen, aber bereits erhärteten Intercellularsubstanz. So deutlich auch Schwann die ver- diekten Zellenwände aus den Kiemenknorpeln von Rana esculenta zeichnet, so kann ich doch von der obigen Deutung nicht abgehen. In vielen Fällen unterscheidet man die isolirte Knorpelzelle deutlich innerhalb der Höhle und wo nur ein blosser Zellen- kern in der letzteren vorhanden scheint, lehrt die Färbung mit Jod, dass die Zelle der Höhlenwand dicht anliegt und dann den Contour derselben und ihre leichtbre- chende Eigenschaft verstärkt. Es gelingt eben so, wie beim Säugethierknorpel, die Zelle zum Einschrumpfen zu bringen und herausgefallene Zellen sowohl als leere Knorpelhöhlen für sich zu betrachten. Auch sind diese angeblichen Zellenhöhlen keineswegs verengert, sondern eher erweitert. Geht man auf die erste Ent- wicklung zurück, und dazu eignen sich, wegen der Klarheit und Durchsichtigkeit des durch keine Dotterkörnchen verdüunkelten Bildungsgewebes, namentlich die hervor- sprossenden Extremitäten der Froschlarve, so findet man nicht nur dieselben klei- nen, scharfcontourirten, dichtgedrängten, homogenen Körperchen, wie beim Säuge- thierfötus, sondern man kann sie auch noch leicht durch Druck von einander entfer- nen und sich überzeugen, dass ein minnimum von weicher Intercellularsubstanz vor- handen ist, welche weiterhin allmählig verhärtet und die Knorpelzellen einschliesst. Oft gelingt es dann, ehe die Knochenbildung hinzutritt, und namentlich an den Stel- len, wo sie beginnen will, die Knorpelsubstanz zu zerdrücken, Knorpelzellen und das halbfeste, zusammenhängende Maschennetz der Grundsubstanz zu isoliren, und 2. Zn sich zu vergewissern, dass eine Verschmelzung der Zellenwände untereinander oder mit der Grundsubstanz nicht eingetreten ist. Das Skelett der Vögel stimmt, sowohl in Bezug auf seine Entwicklung als auf die Art der Verknöcherung, so sehr mit dem der Amphibien überein, dass eine weitere Ausführung des Gesagten unterbleiben kann; nur waltet hier die Intercellu- larsubstanz noch mehr vor, so dass eine Verkennung ihres Verhältnisses zu den Knorpelzellen weniger möglich ist. Namentlich ist es bei den Vögeln, beim Hühn- chen noch am 12 —14. Tage der Bebrütung, z. B. an den Diaphysen leicht, durch Zerdrücken der halbfesten Knorpelsubstanz die Knorpelhöhlen zu sprengen und die Zellen einschrumpfen und herausfallen zu machen, worauf ein regelmässiges Maschen- werk in einzelnen Fragmenten vorliegt, dessen zum Theil geborstene Maschen den Knorpelhöhlen entsprechen (Taf. II. Fig. 3). Im Skelett der Säugeihiere, wo die Verknöcherung die grösste Ausdehnung erreicht, gewinnt auch die Intercellularsub- stanz entschieden das Uebergewicht und erleichtert dadurch, wie wir gesehen haben, das Studium nicht wenig. Uebrigens erhält man bei ganz jungen Säugethierembryo- nen, z. B. bei Rindsfötus bis zu 1 Länge, wo die Grundsubstanz schon hinreichend erhärtet, aber noch ‚sparsamer, nachgiebiger und brüchiger ist, durch Compression ganz ähnliche Präparate, Maschenwerke mit herausgefallenen Zellen, wie bei Amphi- bien und Vögeln. Später bedient man sich zur Präparation geeigneter Schnitte, die bei hinreichender Feinheit dasselbe leisten und damit den Vorzug des weniger ge- waltsamen Verfahrens verbinden. Cap. IV. Von dem Verhältniss der Skelettanlagen zu den umgebenden Theilen. In den frühesten Perioden gehen die Knorpelanlagen so ununterbrochen in. das indifferente Bildungsgewebe über, dass man nicht sagen kann, wo die letzte Knorpel- zelle und die erste Bildungskugel liegt. Es ist die Zeit, wo der Knorpel noch all- seitig durch fortschreitende Differenzirung des an seine Ränder anstossenden Bil- dungsgewebes wächst. Man beobachtet dies an jeder Knorpelanlage, besonders schön und bestimmt noch an den jungen Extremitätenknorpeln der Froschlarve wegen der Durchsichtigkeit und Klarheit ihrer Gewebe, die sich mit einem Blicke übersehen las- sen. Von der Dauer und einseitigen Ausbreitung dieses peripherischen Wachsthums an einzelnen Stellen des Knorpels wird, wie schon erwähnt, seine definitive, typische Gestalt bedingt. Die Begrenzung der Wirbelplättchen tritt in allen Fällen an den ii, Ai = vordern und hintern Rändern früher ein als an den seitlichen. Bei Rindsembryonen von einigen Linien Länge oder Hühnchen am zweiten Tag der Bebrütung scheinen dieselben an den zugekehrten Berührungsstellen durch schmale Spalten getrennt, während sie nach aussen, wo die verschiedenen Fortsätze des Wirbels entstehen sollen, noch continuirlich in das Bildungsgewebe übergehen. An den Röhrenknochen, die anfangs sehr kurz und unförmlich erscheinen und sich erst allmählig in die Länge dehnen, grenzen sich die Diaphysen, als die zuerst gebildeten Theile, auch zuerst nach aussen ab, indem an den Seiten keine neuen Knorpelzellchen mehr gebildet werden, die vorhandenen aber bei gleichzeitiger Erhärtung und Zunahme der Grund- substanz fortwachsen. Die Trennung von dem umgebenden Bildungsgewebe wird zunächst dadurch markirt, dass an den betreffenden Stellen andere Gewebe im form- losen Bildungsstoffe entstehen, die mit dem Knorpel in mehr oder weniger inniger Verbindung bleiben, vor allen ein Perichondrium. Die erste Andeutung eines Perichondriums erscheint immer als eine einfache oder mehrfache Reihe länglicher, ovaler oder spindelförmiger Körperchen, welche in dem weichen Blastem der Um- gebung sitzen und mit der Längsachse des Knorpels parallel streichen. Auch diese Begrenzung darf man sich nicht allzuscharf denken, denn auch in der Knorpelsub- stanz finden sich in späterer Zeit stets längliche kleine Knorpelkörperchen, welche der peripherischen Schicht angehören und unmittelbar an das Perichondrium gränzen, während die tiefer gelegenen Knorpelkörperchen, wo sie nicht mehr rundlich sind, stets mit dem längsten Durchmesser nach der Queere gerichtet sind. Bringt man z. B. einen ganzen Knorpelring aus der trachea eines mehrzölligen bis 1' langen Rindsfötus unter das Mikroskop und betrachtet ihn bei steigenden Vergrösserungen, so erscheint derselbe als ein homogenes, zusammenhängendes Knorpelstück, das nach aussen ringsum continuirlich in das unreife Bindegewebe des Perichondriums über- seht, so dass es von demselben schwer auszulösen und zu reinigen ist. An der Pe- ripherie sieht man zunächst dem undeutlich faserigen, mit länglichen Kernen durch- säten Perichondrium nur schmale, getreckte, nach der Länge des Knorpels serich- tete Knorpelkörperchen, gleich dahinter kleine runde, wie man sie sonst an den wachsenden Rändern trifft und wie sie auch an beiden Enden des Knorpels noch vorhanden sind. Weiter gegen die Mitte des Knorpels hin haben dieselben an Grösse zugenommen, sind länglicher geworden, sind aber alle quergestellt und dichtgedrängt. Erst in der Achse des Knorpels haben sie sich durch Zunahme der Intercellularsub- stanz in Reihen geordnet, die nach der Richtung der Achse streichen, während jedes 6 2. Me einzelne Körperchen fortwährend quer gerichtet bleibt. Trennt man einen solchen Knorpel gewaltsam von seinem Perichondrium los, so lösen sich an der Peripherie oft einzelne längsovale Körperchen ab, von denen man nicht weiss, ob sie zum Knor- pel oder zum umgebenden Gewebe gehören. Erst mit der successiven Differenzi- rung des Bildungsgewebes in die verschiedenen spezifischen Gewebe, Bindegewebe, Blutgefässe, Sehnen, Bänder, Muskeln etc., tritt der Knorpel bestimmter aus dem Formlosen heraus und lässt sich dann auch leichter von seinem Perichondrium tren- nen; während seine noch wachsenden Stellen, wie z. B. an den Röhrenknochen die Apophysen, an der Wirbelsäule die Fortsätze, an den Rippen die vorderen und hin- teren Enden u. s. f., noch lange vom indifferenten Bildungsgewebe umgeben sind, das sich hier fortwährend nachzubilden scheint. In dem Maasse, als der Knorpel seine morphologische Ausbildung erreicht, schrei- tet auch die Anbildung des Perichondriums vorwärts, bis er von demselben allent- halben umhüllt ist. Von besonderem Interesse ist aber das Verhalten desselben an den Gelenken. An den Extremitäten der Froschlarven z. B. sieht man einige Tage nach ihrem ersten Auftreten schon den ganzen ligamentösen Apparat der Fingerge- lenke angelegt und lange Streifen einer faserigen Schicht längs den Phalangen her- ablaufen. Die Gelenkkapseln sind noch nicht gebildet, doch sieht man jene Schicht länglicher Körperchen, aus welcher das Perichondrium wird, von den einzelnen Glie- dern auf die nächstfolgenden hinüberschreiten, so dass eine Art. gemeinschaftlicher Scheide um alle Glieder einer Extremität gebildet wird, die an den Zwischenstellen, aus denen später die Gelenkkapseln hervorgehen, etwas eingeschnürt ist. Dasselbe sah ich an Hühnerembryonen vom 15ten und an Canarienvögeln vom 12ten Tag der Bebhrütung, nicht blos an den Extremitäten, sondern an allen Stellen, wo Knorpel- stücke sich berühren, an der Verbindungsstelle des Brustbeins mit den Rippen u.s. w. Bei achtzölligen Rindsfötus, wo die Verknöcherung der Rippen schon weit vorgeschrit- ten ist, das capitulum und collum aber noch knorpelig sind, sind die Kapselbänder bereits so fest, dass bei Anwendung von Gewalt eher das Knorpelende der Rippe abreisst, als dass die Rippe aus dem Gelenke weicht. Die Kapselbänder liegen straff an, ge- hen unmittelbar ins Perichondrium über und sind gewissermassen nichts Anderes, als die Fortsetzungen desselben über den Zwischenraum der Knorpelen- den hinweg. Zu keiner Zeit überkleiden daher die Kapselbänder die Gelenkflächen, ja die Gelenkhöhlen entstehen sammt den Bandschei- ben später als die Kapselbänder durch Dehiscenz des zwischen den = ge Knorpelenden übrig gebliebenen, nicht mehr zum Wachsthum des Knor- pels verwendeten Bildungsgewebes. Die Gelenkflächen sind, sobald überhaupt eine Gelenkhöhle wahrnehmbar ist, stets nackt, d. h. von der Knorpelsubstanz gebildet, und von keinem Ueberzuge bekleidet, wie senkrechte Schnitte durch die Gelenkflächen jederzeit zeigen. Wenn bei Erwachsenen eine streckenweise Fortsetzung der Kapsel- membranen oder Synovialkapseln auf die Gelenkflächen beobachtet wird, so rührt dies daher, dass der Knorpel ‚nach seinem beendigten Wachsthum durch Apposition noch eine Zeit lang durch Intussusception in die Dicke wächst; die Centren der Gelenkflächen dagegen wird man stets ganz nackt finden, wie es neuerdings von mehreren Beobachtern übereinstimmend angegeben wurde. Was die Bildung der Bandscheiben oder Menisci betrifft, so ist die Bandscheibe des Kniegelenkes bei 11/.”' Rindsembryonen in ihrer ersten Andeutung zu erkennen, obgleich von einer Gelenkhöhle noch keine Spur ist. Bei Froschlarven finden sich am Tten Tag nach dem ersten Auftreten der Extremitäten schon alle Knorpel fertig gebildet, die Verknöcherung beginnend und die Zwischenknorpel und Ligamente durch faserige Querbänder angedeutet, welche von Knorpelzellen reihenweise durchzogen werden. Dass die Bildung der Symphysen und Zwischenknorpel bei den Säugethie- ren durch Differenzirung des zwischen zwei wachsenden Knorpelstücken befindlichen , Bildungsgewebes erfolgt, ist bereits oben angegeben. Der Vorgang unterscheidet sich dadurch merklich von der Verschmelzung zweier Knorpel durch allmähliges peripherisches Wachsthum, wie sie z. B. bei der Bildung der Dornfortsätze aus den verschmelzenden Bogenhälften der Wirbel geschieht. Hierbei bildet sich kein Zwi- schenknorpel, sondern nur eine raphe, die ebenfalls bald verschwindet, so dass Schnitte durch die geschlossenen Wirbelbogen keine Grenze in der Gegend der Dornfortsätze mehr erkennen lassen. Der Ohrknorpel, der bei 11/3zölligen Embryonen noch ganz aus dichtgedrängten Körperchen mit sehr weniger, weicher und formloser Intercellularsubstanz besteht, ist von dem umgebenden Blasteme noch gar nicht abgegrenzt; doch markirt sich diese Abgrenzung bald durch dieselben länglichen und spindelföormigen Körperchen, welche allenthalben die Bildung des Perichondriums andeuten. Ist die Differenzirung des Perichondriums bis zu einem gewissen Grade gedie- hen und hat die Bildung der Gelenkhöhlen begonnen, so hört an den betreffen- den Stellen das peripherische Wachsthum des Primordialknorpels auf und es wächst derselbe fortan nur noch durch Intussusception und Zu- N. nahme der Intercellularsubstanz, wobei die Knorpelzellen immer weiter und zwar mit einer gewissen Regelmässigkeit auseinandergedrängt werden, die Knorpel- höhlen aber nach und nach einen enormen Umfang erreichen können. Hat das Wachs- thum durch Apposition im ganzen Bereich des knorpeligen Primordialskeleits aufge- hört, so bildet endlich das Perichondrium nicht eine Hülle für jeden einzelnen Knor- pel, sondern es ist. zu einer gemeinsamen Hülle für das ganze Skelett geworden, das die ganzen Skeleitsysteme der Wirbelsäule, der Extremitäten, des Respirations- apparates u. s. w. in sich aufnimmt und zu natürlichen Skeleiten verbindet und nebst den Bändern und Muskelsehnen, die von ihm entspringend mit ihm verschmelzen, die Festigkeit derselben bedingt. Lange, ehe dieser Zeitpunkt eintritt, hat schon die Verknöcherung in den dafür bestimmten Theilen des Primordialskeletts hegonnen und Fortschritte gemacht. er Cap. V. Von der Verknöcherung im Primordialskelett. [4 Diejenigen Stellen des Primordialskeletts, wo eine Verknöcherung des wachsen- den oder fertigen Knorpel eintreten will, lassen sich schon vorher an der Structur des Knorpelgewebes erkennen. Es sind nämlich stets diejenigen Stellen, wo die Zunahme der Intercellularsubstanz und zugleich die Ausdehnung der Knorpelhöhlen den höchsten Grad erreicht hat. Was die Stellen bei höheren 'Thieren auszeichnet, sind die bekannten Reihen von „Knorpelkörperchen”, welche stets senkrecht auf den Verknöcherungsrand oder Knochenkern zustreichen, und wobei die einzelnen Körperchen, welche die Reihe bilden, continuirlich an Umfang und besonders an Breite zunehmen. Verfolgt man einen verknöchernden Knorpel vom freien Rande nach dem Verknöcherungspunkte hin, so sieht man hinter der peripherischen Schichte platter, der Oberfläche paralleler Körperchen zuerst dichtgedrängte runde und kleine Körperchen, die weiterhin grösser werden, sich mehr von einander entfernen, zu- gleich in die Quere wachsen und dann bald eine reihenweise Anordnung auf kürzere oder längere Strecken hin erkennen lassen (Vgl. Taf. I. Fig. 2—7). Die einzel- nen Reihen entfernen sich in seitlicher Richtung von einander, in dem Maasse als die structurlose Grundsubstanz zwischen derselben zunimmt, während die sich vergrös- sernden Körperchen einer und derselben Reihe sich an einander abzuplaiten und zu verschieben scheinen, dabei oft polyedrische Gestalten mit abgestumpften Ecken an- nehmen, im Allgemeinen aber bis zum Verknöcherungsrand hin der querovalen Form ireu bleiben. Erst in der unmittelbaren Nähe derselben blähen sie sich zu mehr u sphärischen Höhlen auf und gehen in dieser Form in die Verknöcherung selbst ein. In den langen und platten Knochen der Säugethiere, z. B. in den Röhrenknochen der Extremi- täten, Rippen, Schulterblatt u. s. w., laufen alle Reihen parallel der Längsachse des Kno- chens; in den dicken Knochen dagegen, namentlich in den Wirbeln, stehen die Rei- hen von den Knochenkernen, soweit noch Knorpelsubstanz zwischen ihnen vorhan- den, radiär ab. Um Schnitte zu erhalten, welche die Reihen in ihrer Länge enthal- ten, muss man daher immer in Ebenen schneiden, welche auf dem Verknöcherungs- punkt senkrecht stehen, bei den langen und platten Knochen in der Längsachse, bei den dieken Knochen in der Richtung der Radien eines Kreises. Die Reihen sind in den Röhrenknochen stets am längsten und treten in den dicken Knochen mehr als ovale oder rundliche, zum Theil in die Länge gezogene, Gruppen von Knorpelkör- -perchen auf. Auch in manchen sehr langen und dünnen Knorpeln, bei welchen das _ Wachsthum in die Breite unbedeutend ist, z. B. in den Rippen, dem Meckelschen Knorpel, den Zungenbeinknorpeln, ferner in den Trachealknorpeln und den klei- nen und dicken Knorpeln überhaupt, sind die Reihen weniger ausgeprägt, weil die Intercellularsubstanz weniger zunimmt. Man findet daher von dem Rande her fort- schreitend, z. B. in den Rippenknorpeln eines 2’ langen Rindsfötus, an der Spitze der Rippe die dichtgedrängten, kleinen, rundlichen Körperchen, weiterhin querovale, welche die Stelle der Reihen vertreten und dichtgedrängt bleiben, und endlich am Verknöcherungsrande wieder rundliche, abers ehr grosse, ohne Ordnung durcheinan- dergeschobene Knorpelhöhlen. Wo Reihen vorkommen, sind sie gewöhnlich nicht neben oder hintereinander, sondern alternirend gestellt, so dass die Spitze jeder ein- zelnen in den Zwischenraum von je zwei nächstvorderen hineingeschoben ist ; und da die Reihen sich nach beiden Enden hin verjüngen und daher, im Ganzen betrach- tet, eine elliptische oder spindelförmige Figur machen, so bildet die zwischen densel- ben befindliche Grundsubstanz des Knorpels ein Maschennetz von ungleich: dicken Scheidewänden, von denen die breiteren sich längs und zwischen den Reihen, die schmäleren aber zwischen den einzelnen Knorpelhöhlen jeder Reihe quer hindurch- ziehen; oder, mit andern Worten, die Grundsubstanz des Knorpels bildet ein zusam- menhängendes Ganze, wie immer, aber die Knorpelhöhlen sind nicht mehr gleichmäs- sig vertheilt, sondern nach bestimmten Richtungen und in einzelnen Gruppen gela- gert. Dieses Verhältniss erklärt sich aus dem Wachsthum des geformten Knorpels, welches, ohne Vermehrung der vorhandenen Knorpelhöhlen und Knorpelzellen, nur durch Zunahme der Intercellularsubstanz geschieht. Die einzelnen Knorpelzellen 2 ae werden dadurch von einander entfernt und auf einen grösseren Raum hin vertheilt. Dadurch, dass das Wachsthum der Intercellularsubstanz vor den Verknöcherungs- rändern mehr in die Breite, als in die Länge geht, werden die seitlichen Abstände der Knorpelzellen grösser, und daher ganze Reihen von Knorpelzellen von einan- der entfernt. Dass übrigens auch die Entfernungen zwischen den Zel- len einer und derselben Reihe absolut grösser und folglich die sie trennenden Querbrücken der Grundsubstanz gegen den Verknöche- rungsrand hin absolut dicker werden, davon kann man sich durch Messung und Schätzung mit Leichtigkeit überzeugen. Diese Querbrücken erscheinen nur des- halb auf den ersten Blick relativ schmal, weil sich die Knorpelhöhlen, in welchen die Zellen eingebettet sind, unverhältnissmässig ausdehnen, in die Quere ziehen und da- her ebenfalls an absoluter Grösse zunehmen. Diese absolute Ausdehnung und Erweiterung der Knorpelhöhlen gibt dem ver- knöchernden Knorpel jenes maschige Ansehen, welches oft so täuschend das Bild eines Zellengewebes nachahmt. Allerdings kommen auch jetztnoch viele Zellen vor, welche die Höhlen ganz ausfüllen, und zwar desto zahlreicher, je frischer das Prä- parat und je kürzere Zeit nach dem Tode des Thieres verstrichen ist (Taf. 1. Fig. 7,8, b. Taf. IV. Fig. 1, b.). In vielen Fällen aber füllen die Zellen die Höhlen nicht mehr aus (ib. c, b!) und wenn sie gar in der oben erwähnten Weise zusam- mengeschrumpft sind (ib. d), kann man bei dem grossen Abstande der geschrumpf- ten Körper von der Höhlenwand leicht dazu verleitet werden, letzteren als den Con-. tour einer Zelle, jenen als den Kern derselben zu deuten. Stets sieht man, wie oben erwähnt, die Zellen oder geschrumpften Körper von Jod intensiver gefärbt wer- den als die Intercellularsubstanz, und wenn die Schrumpfung noch nicht zu weit ge- diehen, erkennt man, namentlich mit Hülfe der Essigsäure, in den schrumpfenden Körpern stets noch den wahren Zellenkern, welcher weit weniger durch das Ein- schrumpfen affıcirt, aber durch die Zusammenziehung, Runzelung und Verdichtung der Zellenmembrau verdeckt wird. Die sichersten Beweise dafür liefern sehr feine Schnitte, welche die grössten Höhlen in der unmittelbaren Nähe des Verknöcherungs- randes getroffen haben. Im glücklichen Falle wird dadurch eine ganze oder mehrere nebeneinanderliegende Reihen von Höhlen geöffnet, die enthaltenen Zellen fallen her- aus, und man hat das zusammenhängende Maschenwerk der Intercellularsubstanz al- lein vor sich, das durch Jod ganz gleichmässig gefärbt wird (ib. e). Man sieht dann, dass selbst zwischen den anscheinend sich berührenden Zellen einer Reihe = MW = noch eine, wenn auch sehr dünne Brücke von Intercellularsubstanz befindlich war. War eine Höhle durch den Schnitt nur auf einer Seite geöffnet, so erscheint sie wie ein Grübchen von einer dünnen, durchsichtigen Substanzschicht (der gegenüberliegen- . den Höhlenwand) geschlossen. War der Schnitt auf beiden Seiten durch die Höhle gegangen, was sich namentlich an den Ränden der Präparate trifft, so erscheint ein Loch von der Grösse der bestandenen Knorpelhöhle.. Von einem doppelten Contour oder von einem störenden, spiegelnden Saum ist an diesen feinsten Durchschnitten nichts wahrzunehmen. Die spiegelnden Säume, welche oft das Ansehen eines dop- pelten Contour geben, sind optische Phänomene, bedingt durch die sphärische Ge- stalt der lichtbrechenden Fläche und erscheinen daher um so breiter, je grösser der Umfang der Höhle, je dicker der Schnitt und je undurchsichtiger das Knorpel- gewebe war. Diese spiegelnden Säume der Knorpelhöhlen haben, wie es scheint, wesentlich zur Lehre von der endogenen Vermehrung der Knorpelzellen beigetragen. Der An- schein von Tochterzellen in einer Mutterzelle wird besonders gewonnen, wenn man Querschnitte durch jene Reihen verfertigt, Schnitte’ daher, welche bei den langen und platten Knochen die Längsachse unter rechtem Winkel schneiden, bei dicken Kno- chen in Tangentialebenen auf die Knochenkerne treffen. Bei der Schwierigkeit. Schnitte’von einer Feinheit zu erhalten, die nur der Dicke einer Knorpelzelle ent- spricht, trifft es sich meistens, dass man eine grössere oder geringere Zahl sich deckender Zellen derselben Reihe vor sich hat. Da sie sich aber nie vollständig decken, so entsteht das Bild einer Gruppe von Zellen, deren spiegelnde Säume zu- sammenfliessen und den Contour einer Mutterzelle nachahmen (Taf. 1. Fig. 1. ce). Veränderungen des Focus, sowie die Vergleichung der senkrechten Schnitte an den- selben Stellen des Knorpels zeigen, dass diese scheinbaren Tochterzellen nicht in derselben Ebene liegen, sondern in einer fortlaufenden, geschlängelten oder Zickzack- linie über einander stehen (Taf. I. Fig. 7). Will man sich die Mühe der Messun- gen nicht verdriessen lassen, so wird man finden, dass der Durchmesser der schein- baren Mutterzellen dem Durchmesser der Reihen genau entspricht. Eine andere, aber verwandte Frage ist es, ob eine secundäre Vereinigung meh- rerer Knorpelzellen in einer und derselben Knorpelhöhle, durch Schwinden der Zwi- schenwände und Brücken der Intercellularsubstanz, das Bild endogener Formen er- zeuge. Ich stelle die Möglichkeit dieses Vorgangs im Allgemeinen nicht in Abrede; in den fötalen Knorpeln aber und vor dem Verknöcherungsrande findet er bestimmt 2 1 A nicht statt. Die Erweiterung der Knorpelhöhlen ist nicht die Folge einer Resorption, sondern eines vermehrten Ernährungsprozesses und von der Zunahme der Inter- cellularsubstanz bedingt; es wäre sonst nicht begreiflich, warum die Querbrücken der Intercellularsubstanz, gleichzeitig mit der Erweiterung der Höhlen, an absoluter Stärke zunehmen. Etwa hierher gehörige Thatsachen gehören einer späteren Periode der permanenten Knorpel an und werden dort erwähnt werden. Hinsichtlich der Knorpelzellen ist schon angeführt, dass sie mit der Erweiterung der Höhlen bedeutend an Grösse zunehmen, so dass sie in der Nähe des Verknöche- rungsrandes das 4 — 6fache ihrer anfänglichen Grösse erreicht haben (Taf. I. Fig. 7, $, b). Sie sind nun viel durchsichtiger, der Inhalt klarer und die Kerne häufig ohne allen Zusatz deutlich, in andern Fällen aber von einem trüben, zuweilen fein molecu- lären, staub- oder nebelartigen Zelleninhalt verdeckt. Durch Zusätze von Wasser, Jod, Alkohol oder Trocknen an der Luft collabiren die Zellmembranen, ziehen sich um den Kern zusammen, die Begrenzung der Knorpelhöhle erscheint als ein blasser, oft sehr breiter, spiegelnder Saum in ziemlicher Entfernung von dem sehr scharfen und bestimmten, nie spiegelnden Contour der Zelle. Dieselben Versuche lassen sich auch an solchen Zellen anstellen, die aus ihren Höhlen herausgefallen sind, was in der Nähe des Verknöcherungsrandes sehr leicht geschieht oder durch Schaben und Streichen über die Schnitifläche, oder auch durch Zerdrücken des Schnittes ung Spren- gen der Höhlen, veranlasst werden kann; sie erweisen sich dann stets als kleinere und grössere, einkernige Zellen, meistens mit einer faltigen, collabirten Zellenmem- bran und homogenen, rundlichen oder ovalen Kernen. Essigsäure macht die Mem- branen durchsichtiger und die Kerne sichtbarer; erstere löst sich aber auch in Cali nur langsam, während die Kerne bald darin verschwinden. Niemals sieht man eine sogenannte Mutterzelle, d. h. eine ganze Zellengruppe oder Reihe, sammt ihren Scheidewänden, sich in toto auslösen 'und isoliren. Dass die Erweiterung der Knorpelhöhlen nicht als ein Resorptionsprocess, son- dern als Folge des Wachsthums anzusehen ist, wird durch das Auftreten eines wah- ren Resorptionsprocesses im wachsenden Knorpel erläutert, der ebenfalls der Ver- knöcherung vorausgeht und zu dessen Besprechung: hier der Ort ist. Dieser Resorp- tions- oder Schmelzungsprozess erzeugt Höhlungen und Canäle, welche zum Theil mit freien Augen wahrnehmbar sind und den wachsenden Knorpel nach verschiede- nen Richtungen durchsetzen. Howship hat diese Canäle schon vor langer Zeit 2, a ausführlich beschrieben und abgebildet. In der neuesten Zeit hat H. Meyer!) einen Erweichungsprozess der ächten Knorpel geschildert, der mit vollständiger Auflösung der Knorpelsubstanz und Höhlenbildung endigt. Er fand ihn fast in allen ächten Knor- pelstücken der Neugeborenen und Erwachsenen, regelmässig und constant bei allen Individuen und sucht darin, wie in der Faserbildung, eine eigenthümliche Umwand- Jung derjenigen Knorpeln, deren Verknöcherung erst spät eintritt. Diese Ansicht _ gründet sich, wie es scheint, nicht auf Untersuchungen der Knorpel in der fötalen Periode, denn was man in den ächten Knorpeln und Apophysen Neugeborener und Erwachsener beobachtet, findet sich in noch viel grösserer Ausdehnung und constant in allen wachsenden Knorpeln des Primordialskeletts mit Ausnahme der ganz dün- nen und schmalen Knorpel, wie des Meckelschen, des Zungenbeins, der Gehörknö- chelchen, der basis scapulae u. s. w. Diese Höhlungen und Canäle haben keine regelmässige Anordnung in den ein- zelnen Skelettstücken, denn man trifft viele, welche der Längsachse des Knochens folgen, neben anderen, welche schief und quer laufen; manche verzweigen sich aus- serdem oder treten mit anderen in Verbindung (Taf. I. Fig. 1. a, Fig. 3. e, Fig. 4. und 5. b; Taf IV. Fig. 1. d‘“). Diese Canäle erinnern in etwas an die Markcanäle des erwachsenen Knochens und man kann versucht werden, sie für die Anfänge derselben zu halten. Sie finden sich aber nicht blos in der Nähe des Verknöche- rungsrandes, sondern schon früh in den noch durch Apposition wachsenden Enden der Knorpel, mitten unter den dichtgedrängten, kleinen, rundlichen Knorpelkörper- chen. Niemals sah ich sie auf die Oberfläche oder zu einem zusammenhängenden Röhrensystem ineinander münden. Sie gehen auch nicht etwa aus den Reihen von Knorpelhöhlen durch Schwinden der Zwischenwände und Auflösung der Knorpelzel- len hervor, denn sie finden sich nicht nur schon in den jüngsten Parthieen der wach- senden Knorpel, wo eine Sonderung der Knorpelkörperchen in Reihen noch nicht eingetreten ist, sondern man sieht in ihren unebenen, oft wie angefressenen Rän- dern und Wänden an feinen Schnitten bei starker Vergrösserung meistens noch eine Lage Knorpelkörperchen, welche den jüngsten an Grösse und Gestalt gleich- kommen und offenbar in ihrem Wachsthum zurückgeblieben sind, in die Grundsub- stanz des Knorpels eingebettet, und zwar oft mitten unter den genannten Reihen von sehr erweiterten Knorpelhöhlen. Sie haben sich also vor den Reihen gebildet und 1) Müller’ Archiv. 1849. S. 302 — 308. 2. werden erst durch das Wachsthum allmählig in den reiferen Knorpel und zuletzt nebst den Reihen in den Verknöcherungsprocess mit hinein gezogen. Die wirkli- chen Markcanäle bilden sich nach meinen Erfahrungen weder aus verschmelzenden Zellen, noch überhaupt im Primordialskelett, sondern sie gehören sämmtlich ‚einem ganz anderen Bildungsprocesse an, der in dem Abschnitte von dem secundä- ren Skelette zu besprechen ist. Den Inhalt der beschriebenen Canäle bildet ein breiiger Detritus, in wel- chem man mehr oder weniger deutlich einzelne kleine Zellen und eine ungeformie, breig gelatinöse Masse erkennt, welche die Lücke ausfüllt und die Wände beschlägt. Manchmal glaubt man Blutstreifen darin zu. erkennen oder man findet den Inhalt röthlich gefärbt. Es ist jedoch leicht eine Täuschung möglich durch Verunreinigung mit dem Blute aus dem verknöcherten "Theile, wenn der Schnitt durch denselben ge- führt wurde; wenigstens traf ich bei solchen Schnitten, welche den Knorpel allein oder horizontal trafen, in der Regel kein Blut in diesen Canälen und ich stimme so weit mit H. Meyer überein, dass diese Canäle an und für sich nicht immer eine Gefässbildung anzeigen, obgleich die spätere Vascularisation des fötalen Knorpels sich derselben bedient. Gewiss ist es, dass sich Blut und Gefässe aus ihrem Inhalt bilden können , und ich habe (wie auch nun Kölliker angibt) in späteren Perio- den und besonders bei menschlichen Fötus vom 4. bis 5. Monat diese Canäle wei- ter verzweigt und regelmässig mit Blut gefüllt gesehen, obgleich ich gesonderte Ge- fässwände nicht immer unterscheiden konnte. Man hat sich ihre Entstehung demnach als einen Schmelzungs- und Verflüssigungsprocess der Knorpelsubstanz vorzustellen, wobei Grundsubstanz und Knorpelzellen an einzelnen Stellen vollständig untergehen und zu einem secundären Blasteme eingeschmolzen werden, in welchem sich neue Gewebe, namentlich Blut - und Blutgefässe, entwickeln können, und man hat daher nicht unpassend den Namen Knorpelmark dafür gewählt, obgleich diese Knorpel- canäle mit den Havers’schen oder Markcanälchen des fertigen Knochens nichts zu thun haben, sondern nur den Markhöhlen der Diploe an die Seite gestellt werden können. f Was die Besonderheiten der einzelnen Knorpel bei diesem Schmelzungsprocesse angeht, so trifft man in den langen Röhrenknochen viele longitudinale Canäle, in den Apophysen mehr quere, schiefe und verzweiste. In keinem Primordialknorpel von einiger Dicke habe ich sie ganz vermisst. Auf das Bestimmteste habe ich mich in zahlreichen Fällen davon überzeugt, dass sie anfangs blind endigen und spärlich — — untereinander, nie auf die Oberfläche des Knorpels münden. Auf Querschnitten durch die knorpeligen Theile der Apophysen mehrzölliger Rindsfötus erscheinen sie als rundliche oder ovale, oft schiefe Löcher, die in verschiedener Anzahl und in kei- ner bestimmten Ordnung über das Sehfeld zerstreut sind (Taf. I. Fig. 5). Ihre Breite ist verschieden, übertrifft aber meistens die der Reihen und Zellengruppen weit. Manchmal glaubt man in einem besonders weiten, im Centrum gelegenen _ Hohlraum das Lumen der künftigen Markröhre des Knochens zu erkennen, namentlich wenn es sich trifft, dass ein solcher Canal sich bis in die verknöcherte Parthie hinein fortsetzt und von dieser umgeben ist. Dieses Vorkommen ist aber durchaus kein con- stantes, die Canäle können .so gut central, wie excentrisch auftreten, den Verknö- cherungsrand erreichen oder vor demselben blind endigen. An Knorpeln, welche bereits eine Gelenkfläche besitzen, z. B. bei Rindsfötus von 6 bis 8'' Länge, wo also kein peripherisches Wachsthum des Knorpels mehr stattfindet, beginnen die Canäle schon dicht hinter der Reihe länglicher Körperchen, welche der Oberfläche des Knor- pels parallel liegen und seine Begrenzung gegen die Gelenkhöhle hin bilden. In den wachsenden Theilen dicker Knochen trifft man runde, ovale, spaltförmige und ausge- buchtete Räume aller Art, in deren nächstem Umfang stets die Knorpelzellen und Höhlen an Wachsthum und Grösse sehr zurückgeblieben und dichter gedrängt sind. In der patella 8 langer Rindsfötus findet man selbst eine Art sternförmiger Verzweigung von solchen Canälen, ehe noch eine Spur von Verknöcherung darin wahrzunehmen ist. | Alle hier geschilderten Veränderungen der Säugethierknorpel gehen bis zu einem gewissen Grade auch in den entsprechenden Theilen des Primordialskeletts der Am- phibien und Vögel vor sich. Man findet nämlich in den Diaphysen der Röhrenkno- chen ebenfalls Reihen, nur kürzer und dichter gedrängt, und dieselben grossen Knorpelhöhlen, welche gegen die Apophysen hin in dichtgedrängte querovale Körper und weiterhin in rundliche, kleine und platte‘ peripherische Körperchen übergehen. (Taf. IV. Fig. 1.) Am wenigsten ausgebildet findet man die Reihen bei den Fischen, - z. B. in der Nähe der Knochenkerne des permanenten Primordialschädels von Hech- ten und Salmen; doch finden sich hübsche Zellengruppen, in einer massenhaften In- tercellularsubstanz zerstreut, in der Nähe des Verknöcherungsrandes selbst bei Knor- pelfischen, z. B. im Schädel von Chimaera. Ist der wachsende Knorpel so weit vorbereitet, so beginnt die Verknöcherung. _ Die erste Spur derselben zeigt sich bei Rindsfötus von 8° Länge in den mittleren achten Rippen ; es erscheint nämlich an der Stelle der grössten Krümmung ungefähr in der Mitte der Rippe, da wo die Knorpelhöhlen am grössten sigd und die Rippe gegen das umgebende Gewebe am schärfsten abgegrenzt ist, eine feinkörnige Trü- bung der Intercellularsubstanz, die dadurch ein pulveriges Ansehen erhält, bei durch- fallendem Lichte dunkel, bei auffallendem aber weislich aussieht und zugleich etwas brüchiger und empfindlicher gegen Druck wird; denn sie zerspringt nicht mehr in grössere Fragmente, wie der wachsende Knorpel, sondern zerbröckelt in kleinere Partikeln. Säuren weisen die Gegenwart der Kalksalze durch das Aufbrausen mach, welches man unter dem Mikroskope schon wahrnehmen kann, wenn sich nur ein- zelne Gasblasen erst entwickeln. An beiden Enden ist die Rippe zu dieser Zeit noch nicht scharf begrenzt, sondern geht continuirlich in das ungeformte Bildungs- gewebe über, und man hat noch alle Fntwicklungsstufen der Knorpelzellen bis zum Verknöcherungsrande hin vor sich. Bei Rindsfötus von 11%‘ Länge ist die Verknö- cherung schon bis gegen die tubercula der Rippen vorgerückt und erstreckt sich zu- gleich nach vorn bis gegen die Rippenknorpel hin, deren Verbindung mit Rippen und Brustbein erst an den obersten ächten Rippen vollendet ist. Die 1, 11, 12 und 13. Rippe sind zu dieser Zeit noch ganz knorpelig. Fernere Verknöcherungspunkte sind aufgetreten am hinteren langen Rand des Schulterblattes, in den Diaphysen des hu- merus und femur, des radius und der ulna, der tibia und fibula, und zwar sind die der oberen Extremitäten weiter vorgerückt als die der unteren. Alle übrigen Theile des Primordialskelettes sind noch knorpelig, es hat aber die Bildung des secundären Skeletts am Schädel bereits begonnen. Bei 2 langen Rindsfötus kömmt dazu ein Knochenkern in jedem vorderen Zun- genbeinhorn und zugleich hat die Bildung des secundären Skeletts an den verknöther- ten Rippentheilen begonnen. An der Wirbelsäule und zwar an den Rückenwirbeln sind die Zwischenknorpel bereits vorhanden, zugleich hat die Differenzirung des Perichondriums begonnen, während überall noch die chorda dorsalis und im Schwanz- ende erst die Anlagen der Wirbelbögen zu erkennen sind. Die Dornfortsätze sind noch nirgends vereinigt und der Wirbelcanal daher noch ganz offen. Beim Druck trennen sich leicht die Wirbelbögen vom Wirbelkörper, weil an diesen Stellen die Bildung der Reihen und Knorpelhöhlen, den künftigen Knochenkernen entsprechend, am wei- testen gediehen, die Knorpelsubstanz daher hier am brüchigsten ist u. s. w. Die Verknöcherung beginnt und schreitet stets in der Intercellu- larsubstanz fort und zwar immer zuerst in den breiten Zwischenräumen zwischen 5 den Reihen, welche dadurch in ein dunkles Maschennetz mit länglichen Maschen ein- geschlossen werden, das dem maschigen Bau der knorpeligen Grundlage entspricht. Zuerst verdunkeln sich immer die früher spiegelnden Wände der Knorpelhöhlen; dann breitet sich die Verdunkelung weiterhin in die Intercellularsubstanz aus, bis dieselbe eine homogene dunkle Masse mit zahlreichen, den Knorpelhöhlen entsprechenden ‚Lücken darstellt. Die Knorpelzellen sind an diesem Processe nicht betheiligt; wenn sie aber kurz vorher noch den Wänden der Höhlen dicht anliegend gefunden wur- den, so beginnt jetzt eine normale Einschrumpfung und man findet daher in den Höhlen des Knochennetzes lauter geschrumpfte Körper, welche nur einen kleinen Raum derselben ausfüllen und in jeder Beziehung mit den geschrumpften Körpern übereinstimmen, welche man künstlich aus dem wachsenden Knorpel darstellt (Taf. 1. Fis. 7 und 8, d). Bald verschwinden sie vollständig, denn in dem verknöcherten Theile sind die Maschen stets leer oder so gross, dass bei jedem hinreichend feinen Schnitte die enthaltenen geschrumpften Zellen herausfallen. Indem die Verknöche- rung weiter gegen die Apophysen und Knorpelränder fortschreitet, werden immer mehr Reihen in das Knochennetz eingeschlossen, während sowohl das peripherische Wachsthum des Knorpels, als die Bildung neuer Reihen von den Enden her stets fortdauert. Die Gestalt, welche das Knochennetz annimmt, entspricht stets der Anordnung, welche die Gruppen und Reihen der Knorpelkörperchen in den einzelnen Knorpeln darbieten. An den Röhrenknochen findet man daher lange Ausläufer des Knochen- netzes, welche sich weit in die Intercellularsubstanz zwischen den einzelnen Röhren hinein erstrecken; in den dicken Knochen dagegen findet man mehr rundliche Ma- schen, der gruppenweisen Anordnung der Knorpelkörperchen entsprechend. An vie- len Stellen, wo diese mehr gleichmässig zerstreut bleiben, besonders in den 3 nie- deren Classen der Wirbelthiere, entsteht ein Netz mit engen Maschen, deren jede einer Knorpelhöhle entspricht (Taf. I. Fig. 8; Taf. IV. Fig. 1). Sind die Quer- brücken der Intercellularsubstanz, welche die Zellen einer Reihe von einander schei- den, noch unverknöchert und verhältnissmässig dünn, so entsteht auch hier oft das Ansehen einer langgestreckten Mutterzelle mit verknöcherten Wänden. Selbst mit- ten in dem Knochennetz ‘können noch solche Zellengruppen mit unverknöcherten Querbrücken gefunden werden und zu der Deutung Anlass geben, als habe sich eine grosse Mutterzelle mit zahlreichen Tochterzellen in ein einziges colossales Knochen- körperchen verwandelt, eine Täuschung, welche durch die weiteren Schicksale des jungen Knochens sehr bald beseitigt wird. Es beginnt nämlich in den frisch verknöcherten Theilen gleich hinter dem Verknöcherungsrand ein wahrer, grossartiger Schmel- zungsprocess, wobei zunächst die Scheidewände und Querbrücken der verknöcher- ten Reihen verschwinden, die einzelnen Knorpelhöhlen daher zusammenfliessen und bald ein dem blossen Auge schon kenntliches cavernöses Gewebe (Diploe) darstel- len. Diese Schmelzung und Rarefaction in dem kaum verknöcherten Knorpel geht so weit, dass es selten möglich ist, zusammenhängende Schnitte von frischem Kno- chengewebe zu erhalten, sondern die schmalen, unregelmässig gestalteten, ausge- buchteten und ausgezackten Knochenbrücken, welche die Diplo@ darstellen und gleich sonderbar gestalteten Felstrümmern in die eben entstandenen Markräume hineinragen, bei den leisesten Versuchen dazu zertrümmern. Aus diesem Grunde brechen auch die meisten Schnitte, die man durch den Verknöcherungsrand führt, unmittelbar hin- ter demselben ab, und man erhält meistens nur kleine Fragmente oder eine Knorpel- scheibe mit einem schmalen Saum vom Knochenrande (Taf. I. Fig. 3—8, a, Taf. IV. Fig. 1, 7). | Zertrümmertes und erweichendes Knochengewebe, Knorpelzellen und etwa noch übrige nicht verknöcherte Knorpelsubstanz bilden nun in den grossen, unregelmässi- sen Maschenräumen einen unförmlichen Detritus, der eine vollständige Schmelzung zu einem secundären Blasteme erleidet, in welchem erst nach und nach neue Form- theile sich zu den Gebilden entwickeln, die im fertigen Knochen Mark heissen, na- mentlich zu Blut und Blutgefässen, Fettgewebe, Bindegewebe u. s. w. Bei Rinds- fötus von 8' Länge ist daher der ganze verknöcherte Theil der Röhrenknochen schon gleichförmig roth gefärbt, doch lassen sich darin noch keine Blutgefässe nachweisen. Die Masse, welche die Stelle des Markes vertritt, enthält immer noch die geschrumpf- ten Knorpelzellen, die sich in Essigsäure wenig verändern, viele klümpchenartige Körperchen, in denen diese einen einfachen, glatten oder körnigen Kern darstellt, der zuweilen auch ohne Anwendung der Essigsäure sichtbar ist, und fertige Blut- körperchen. Auch die oben erwähnten Canäle und Lücken des wachsenden Knor- pels werden, wenn die Verknöcherung sie erreicht hat, in diesen Schmelzungspro- cess hereingezogen und es zeigt sich nun, dass sie in der That die ersten Anfänge desselben sind, die schon im Knorpel beginnt. Sie verlieren sich vollständig in dem neugebildeten diploetischen Gewebe, das für alle primordialen Knochen auf dieser a Stufe das gleiche ist und erst allmählig in den dicken Knochen zu den sog. Mark- zellen, in den langen aber zur Markröhre sich erweitert. Letztere ist also von Anfang an nicht ein Product aus der Verschmelzung einer bestimmten Anzahl indi- vidueller Knorpelhöhlen, sondern im allgemeinsten Sinne Folge der Schmelzung des neugebildeten Knochens. Sie hat daher auch zu keiner Zeit eine scharfe Begrenzung oder gar eine auskleidende Wand, sondern sie geht stets in das benachbarte diploe- tische Knochengewebe continuirlich über. und vergrössert sich durch fortschreitende Schmelzung desselben in dem Maasse, als die Verknöcherung nach den Apophysen hin fortschreitet. An den kürzeren und platten Röhrenknochen des Metacarpus und Metatarsus, den Phalangen, Rippen u. dgl. kömmt es in der Regel gar nicht zur Bildung einer Markröhre, sondern ihre Stelle wird zeitlebens durch weitmaschiges diploetisches Gewebe eingenommen. R Was von dem frisch verknöcherten Knorpel übrig bleibt, sind dertnsiti verhält- nissmässig dünne und schwache Knochenbrücken, die anfangs ganz das dunkle, gra- nulirte und grobkörnige Ansehen des Verknöcherungsrandes haben. Bald aber hellt sich dasselbe auf und wird wieder homogen und dnrchsichtig wie Knorpel, so dass der Verknöcherungsrand eine dunkle Grenze zwischen dem durchsichtigen Knorpel- gewebe und dem ebenfalls wieder hellgewordenen Knochengewebe bildet. Diese Erscheinung rührt sicher nicht von einem Wiederverschwinden der Kalksalze her, die nach Kölliker !) erst provisorisch in Gestalt von Körrern und Krümeln abge- lagert, dann wieder aufgesaugt und von neuem, chemisch, an die Grundsubstanz ge- bunden werden sollen. Ich habe niemals isolirte Kalkkrümel im Knochen getroffen, die sich in Säuren vollständig aufgelöst hätten, sondern stets nur pulverig oder kör- nig getrübte Intercellularsubstanz, und erkläre mir daher den Unterschied der Dich- tigkeit und Transparenz des Knochens an dem Verknöcherungsrande und hinter dem- selben aus der mehr oder weniger vollkommenen Imprägnation der Knorpelmasse mit Salzen, die offenbar an einzelnen Punkten beginnt und erst nach und nach durch Verknöcherung der zwischenliegenden Theilchen sich gleichmässig ausbreitet, wie es mit dem Knochennetz im Grossen auch stattfindet. Stets reagirt das Gewebe hinter ') Bericht a.a.0.S. 42. Unbestimmter und theilweise widersprechend in seinem Handbuche a. a. O. S.359. Auch die Gründe von Tomes (Todds Cyclop. Il. p. 848) und von Toddund Bowman (Physiol. anal. and physiol. of man. 1. p. 108) für eine „körnige“ Ablagerung des Kalks scheinen mir nicht zureithend; denn jede Asche verbrannter thierischer Theile erscheint unter dem Mikroskope körnig oder krümelig. Ba a dem Verknöcherungsrande auf Säuren und charakterisirt sich um so bestimmter als Knochen, als man nun auch allenthalben die bekannten Knochenkörperchen wahrnimmt. Hier würde nun der Ort sein, wo die Entstehung der ebengenannten Körper- chen zur Sprache zu bringen wäre, welche für das Knochengewebe charakteristisch gehalten werden. Ich kann mich jedoch hierüber eben so kurz fassen, als es oben in Bezug auf die Markcanälchen geschehen ist. Allerdings gehen nicht alle Knorpel- höhlen in jenem Schmelzungsprocesse der Diplo& unter, sondern man findet in der Nähe des Verknöcherungsrandes primordialer Knochen zeitlebens eine Anzahl ver- knöcherter Knorpelhöhlen, die zuweilen noch eine geschrumpfte Knorpelzelle enthal- ten. Aber diese primordialen Knorpelkörperchen (Taf. IV. Fig. 5, B) entbehren gerade der characteristischen Eigenschaften derjenigen Gebilde, welche man im erwach- senen Knochen so nennt; namentlich fehlen ihnen die sog. canaliculi und sie stehen noch weniger in jener anastomotischen Verbindung miteinander, welche den letzteren ihre Be- deutung gibt. Die corpuscula radiata gehören mit einem Worte gleich den Markcanälchen, wie sich zeigen wird, gar nicht dem primordialen, sondern wesentlich dem: secundären Skelett an, und ich beschränke mich einstweilen auf die Angabe, dass ich niemals eine Ablagerung von Kalksalzen in das Innere der Knorpelhöhlen oder gar in die Knorpelzellen gesehen habe und dass insbesondere die Knorpelzellen nicht in der entferntesten genetischen Beziehung zu den sog. Knochenkörperchen stehen. Der im Wesentlichen schon von Miescher 1) vortrefllich geschilderte Process der Verknöcherung im Primordialskelett ist seitdem vielfach beschrieben, abgebildet und ge- deutet worden; viel weniger ist aber der höchstwichtige Einfluss zur Sprache ge- kommen,- welchen derselbe auf das Wachsthum und die Gestalt der einzelnen Ske- leitiheile hat. Es ist nämlich ein allgemeines Gesetz, auf welches besonders Serres und E. H. Weber 2) aufmerksam gemacht haben, dass nur der unverknö- cherte Knorpel durch Zunahme der Grundsubstanz zu wachsen ver- mag und dass die Ausdehnung durch inneres Wachsthum in dem Maase stille steht, als die Verknöcherung darin fortschreitet. Die Intercellu- larsubstanz behält die Fähigkeit zuzunehmen im knorpeligen Zustand, bis das Indivi- duum seine typische Grösse erreicht hat; aber sie verliert sie, sobald sich Kalksalze !) De inflammatione ossium. Berol. 1834. p. 22. 2) Hildebrandt's Anat. des Menschen. 4. Aufl. 1830. II. S. 36. a N darin ablagern und zwar stets nur an den Stellen, wo dies geschieht. Ein Knorpel, der die Gestalt einer Kugel hätte und von seinem Centrum aus zu verknöchern be- gänne, würde nach vollendeter Verknöcherung nur so viel an Umfang zugenommen haben, als die noch unverknöcherte Rinde seit dem Beginne der Verknöcherung sich noch auszudehnen Zeit hatte; das verknöcherte Ganze würde aber die Kugelgestalt behalten, weil der Knochenkern die Peripherie in demselben Momente an allen Stel- len erreichen‘ würde. Da die meisten knorpeligen Skeletttheile eine sehr unregelmässige Gestalt haben, so ist es begreiflich, dass die Stelle, wo die ersten Knochenkerne auftreten, für die Gestaltung des künftigen Knochens durchaus maasgebend ist und nicht von Zufällig- keiten abhängen kann. Zwar weichen die Angaben über die Zahl und den Sitz der Knochenkerne sehr von einander ab, aber es rührt dies gewiss nur daher, dass wir keine hinreichend durchgeführten Untersuchungen bei einzelnen. Species besitzen und daher zerstreute Angaben nicht blos aus verschiedenen Epochen, sondern auch von verschiedenen Species vermengt werden. Dazu kömmt, dass 'bei allen bisherigen Angaben dem Unterschiede des primordialen und secundären Skeleites keine Rech- nung getragen ist. Ich bin leider nicht im Stande, diese Lücke dermalen auszufül- len, doch werden einige Beispiele zur Erläuterung am Platze sein. Die ersten Knochenkerne der Röhrenknochen treten bekanntlich in den Diaphy- sen auf und zwar ziemlich regelmässig in der Mitte derselben. Die Folge davon ist, dass die Verknöcherung sehr bald die Dicke derselben durchmessen hat und fer- ner nur nach den Apophysen hin fortschreiten kann. Sobald aber die Verknöcherung das Perichondrium an den Diaphysen erreicht hat, steht die Ausdehnung in die Dicke hier still, während die knorpeligen Apophysen fortwährend an Umfang zunehmen, so lange als noch unverknöcherter Knorpel vorhanden ist und das Wachsthum des Individuums währt. Es erklärt sich daraus die unverhältnissmässige Grösse der knorpeligen Apophysen in der späteren Periode des Fötallebens, zu deren Stütze und Verbindung die verknöcherten dünnen Diaphysen bei weitem nicht ausreichen würden, wenn nicht die Bildung des secundären Skelettes an diesen Stellen bereits begonnen und die ‚mangelnde Ausdehnung der Diaphyse in die Dicke ersetzt hätte. Nur auf diese Weise ist es begreiflich, wie der Röhrenknochen, an dessen Gelenk- enden sich weder ein Perichondrium, noch übriges Bildungsgewebe befindet, seine typische Länge erreicht. Später, wenn auch in den Apophysen selbstständige Ver- knöcherungspunkte auftreten, wachsen dieselben einander entgegen und es wird die 8 UN Ye Ausdehnung des Knochens in die Länge auf die zwischen denselben übrige unver- knöcherte Knorpelsubstanz beschränkt. Mit Recht gilt daher von jeher der Satz, dass der Knochen sein Längenwachsthum hauptsächlich an den Apophysen mache, und man hat nur darin geirrt, dass man eine bestimmte, fixe Grenze zwischen Diaphysen und Apophysen suchte und beide als ursprünglich getrennte Skeletitheile auffasste. Al- lerdings trennen sich beim Maceriren oder durch Gewalt die Apophysen an bestimm- ten Stellen von den Diaphysen los, und besonders, wenn die Knochenkerne sich beinahe erreicht haben und nur noch eine dünne Knorpelschicht sie trennt, die an getrock- neten Präparaten ohnehin durch Einschrumpfen ganz unkenntlich wird, scheint ihre Selbstständigkeit unzweifelhaft. Solche Präparate sind es, an welchen die Entste- hung des Beckens, des Brustbeins und anderer Knochen aus mehreren Stücken demonsirirt zu werden pflegt. Untersucht man aber feine Schnitte durch solche Knochenränder, so gewahrt man, wie bald von einem, bald von beiden Verknöche- rungspunkten die bekannten Reihen ausstrahlen, die anfangs noch in der intermediä- ren Knorpelschicht sich verlieren, zuletzt aber, wenn auch in dieser die Reihenbil- dung begonnen, beide Knochenränder direct verbinden. Daraus erklärt sich, warum in der Nähe des Verknöcherungsrandes der Zusammenhang des Knorpels am locker- sten ist und die Apophysen stets so abbrechen, dass die Bruchfläche dem Verknö- cherungsrand parallel geht und die letzten Ausläufer des Knochennetzes sammt einem Theil der Reihen am knorpeligen Theil zurückbleiben. An den dicken Knochen tritt das erwähnte Gesetz, das an den langen und plat- ten Knochen so augenfällig ist, theils desshalb. weniger hervor, weil sie sich mehr der Kugelform nähern, theils auch, weil hier sehr früh und früher als in den andern Knochen mehrere Knochenkerne sich begegnen und daher die Peripherie des Theils an mehreren Stellen zugleich erreicht wird. Auch hier findet jedoch keine Ausnahme statt. Indem z. B. an den Wirbeln zuerst zwei Knochenkerne in den Wirbelbögen und dann ein unpaariger im Wirbelkörper auftritt, wird dem Wachsthum der erste- ren, deren Dicke bald verknöchert ist, die einseitige Richtung in die Länge vorge- schrieben, dem Wirbelkörper aber mehr eine allseitige Richtung in die Dicke ermög- licht. Dass der Knochenkern des Wirbelkörpers nicht ganz central, sondern der Vorderfläche des Wirbels näher liegt und die letztere zuerst erreicht, begünstigt die vorzugsweise und längere Ausdehnung der zwischen Körper und Bogen liegen- den Parthie und daher die Erweiterung und Verbreiterung des Wirbelcanals. Ganz dasselbe findet am foramen magnum ossis oceipitis statt, nur kömmt bei den meisten -» - Wirbelthieren noch ein vierter Knochenkern hinzu, der in der Gegend der protube- rantia oceipitalis externa auftritt und bei den Säugethieren in der Regel an der Bil- dung des foramen magnum Antheil nimmt. Auf gleiche Weise erklärt sich aus. der Anordnung und Verbindung der drei Knochenkerne im Becken die Erweiterung der Pfanne, des foramen ovale u. s. w. Dass in anderen Fällen, namentlich da, wo ein Gefäss oder Nervenloch sich erweitert, das nicht von mehreren Knochenkernen ge- bildet ist, eine Resorption der bereits gebildeten Knochenränder stattfinde und mit- wirke, ist damit nicht ausgeschlossen; es wird dabei auch in Anschlag zu bringen sein, dass alle diese Löcher im Fötus von Anfang an relativ viel weiter sind als - beim Erwachsenen. Aus dem Gesagten erhellt der Vortheil der späten Verschmelzung von Apo- physen und Diaphysen und überhaupt das normale Auftreten mehrerer Knochenkerne in einem und demselben Knorpeltheil, und umgekehrt dürften manche ungewöhnliche, aber offenbar physiologische Vorkommnisse dadurch ihre Erläuterung finden. Ich rechne dahin manche Fälle von Zwergwuchs, der sich auf einzelne Extremitäten, besonders den Oberarm, beschränkt, bei sonst ganz normaler Bildung und Function der Muskeln und Weichtheile. Ich habe diese angeborene oder frühzeitig erworbene Verkürzung des humerus sowohl an Einem Arm als auch symmetrisch bei sonst ganz wohlgebildeten und gesunden, sogar sehr muskulösen Menschen beobachtet. - Nicht minder auffallend muss dieses Gesetz hervortreten, wenn zwei ihrer Bestim- mung und Anlage nach getrennte oder durch Gelenke verbundene Skeletttheile in der Entwicklungsperiode, sei es auf physiologischem oder pathologischem Wege, mit einander verschmelzen und verknöchern. Dies geschieht u. A. nicht so selten in der sog. symphysis sacroiliaca, die eigentlich keine Symphyse, sondern eine Harmo- nie oder besser noch Amphiarthrose ist. Das schrägverengte Becken, mit dem. ich mich aus Aufforderung des verstorbenen Geheimerath Nägele vielfach beschäf- tigt, und bei welchem offenbar die frühzeitige Anchylose des Heiligen- und Darm- beins das Primäre ist, dürfte nicht dem Ausfallen eines fötalen Knochenkerns, son- dern im Gesentheil einer zu baldigen und ausgedehnten Verknöcherung zu- zuschreiben sein. Ich betrachte dasselbe in Bezug auf die Anchylose des Heiligen- und Darmbeins als -angeboren, in Bezug auf die Verschiebung der Symphyse und des 'Steisbeins aber als erworben, und beziehe mich auf die, von mir in allen Fällen wahrgenommene, compensirende Verkrümmung der Wirbelsäule. Daher — 609° — sind in späteren Lebensaltern erworbene Anchylosen dieser Theile ohne Einfluss auf die Figuration ‘des Beckens, so wie es auch erklärlich ist, dass ein symmetri- scher Bildungsfehler, wie er sich in dem Robert’schen Becken darstellt, die Symmetrie des Beckens nicht aufhebt. In wiefern überhaupt die frühzeitige Verknöcherung des Skeletts auf die typische Grösse der Classen, Gattungen und Species von Einfluss ist, mag späteren Unter- suchungen vorbehalten bleiben. Darauf kann man aber hinweisen, dass bei der Classe der Vögel, wo die Verknöcherung des Skeletts die vollständigste und zugleich am frühesten vollendet ist, die typische Grösse der Species am constantesten er- scheint und sehr frühe erreicht wird. Weniger constant ist sie bei den Säugethie- ren, constanter im Allgemeinen bei den Knochenfischen, aber sehr variabel bei den- jenigen unter ihnen, deren Skelett lange Zeit oder zeitlebens theilweise knorpelig bleibt. Irre ich- nicht, so finden sich unter den hechtartigen Fischen und Salmonen die häufigsten Grössenunterschiede und wahre Monstra an Grösse. Diesen und den Knorpelfischen wäre am ehesten ein, wie man sich ausgedrückt hat, unbegrenzies Wachsthum zuzuschreiben. Dass endlich die mannigfachsten Variationen auch hier durch Cultureinflüsse hervorgebracht werden können, die den Entwicklungsprocess beschleunigen oder verzögern, dafür geben sämmtliche Hausthiere und die mensch- lichen Species hinreichende Belege. i Es ist schon oben hervorgehoben worden, dass die Verknöcherungspunkte nach Zahl und Sitz nicht immer den ursprünglichen Knorpelanlagen entsprechen, dass man daher leicht fehlgehen muss, wenn man jeden Knochenkern ohne Weiteres als ein- fachen Skeletttheil oder „Knochen” betrachtet. Es ist dort schon das Beispiel des Beckens, des Brustbeins und des Zungenbeins angeführt worden. Hinsichtlich des Brusibeins ist es von besonderem Interesse, dass, wie Meckel1) schon bemerkt, die Zahl Seiner Knochenkerne variirt und zuweilen eine paarige Reihe bildet, ein Verhältniss, welches bei manchen Säugethieren, besonders dem Schweine und theil- weise bei Cetaceen und Edentaten, Regel ist. Im hiesigen Cabinete befindet sich auch das Skelett eines jungen Orang-Utang, dessen Brustbein von 4 paarigen und einem unpaaren, im Ganzen also aus 9 Knochenkernen verknöchert-ist und ausser- dem noch einen knorpeligen processus ensiformis besitzt. Die paarigen sind auch 1) Vergleich. Anat. II. 2. S. 326. und Archiv. 1815. S. 612. Otto de rarioribus quibusdam sceleti humani cum animalium sceleto analogiis. Vratisl. 1839. Tab. II. hier nicht symmetrisch gestellt und namentlich die beiden obersten im manubrium von sehr ungleicher Grösse. Insofern in diesen Fällen die Reihe der Knorpelkerne paarig ist, entspricht sie der gedoppelten Knorpelanlage des Brustbeins; in Bezug auf die einzelnen Knochenkerne jeder Reihe aber fehlt jede Analogie und um so mehr, da die Situation derselben zu den Rippen in keiner constanten Beziehung steht, wie man sich durch Vergleichung einer grösseren Anzahl von Kinderskeletten überzeugt. | \ An der Wirbelsäule entsprechen nur die paarigen Knochenkerne, welche zuerst in den Wirbelbögen auftreten, den ursprünglichen Wirbelanlagen (oberen Bogenstücken der höheren Olassen, Wirbelplättchen der Autoren). Ausser diesen und bald nach ihnen entsteht aber bekanntlich zunächst ein unpaarer Knochenkern im Wirbelkörper und zwar an der Stelle, wo sich die Bögen unten verbinden. Ein ähnlicher unpaa- rer Knochenkern entsteht ferner bei vielen Säugethieren (die ein sog. Widerrist ha- ben), besonders beim Rinde, Pferde, Schweine, in den processi spinosi der Brust- wirbel, d. h. an der oberen Verbindungsstelle der Bögen, und findet sich mit weni- sen Ausnahmen bei allen Wirbelthieren wieder als squama oceipitis (untere Hälfte) oder os oceipitale superius der Autoren ; beim Menschen nach Meckel :) auch zu- weilen einer im tuberculum posterius des Atlas. Dazu kommen bei den Säuge- thieren noch die sog. Intervertebralknochen, die ganz den Apophysen der Röh- renknochen gleichzusetzen sind und bei manchen Thieren, z. B. beim Rinde, noch im erwachsenen Zustand gesondert erscheinen. Es gehören hierher ferner die inconstanten kleinen Knochenkerne, die Fr. Meckel?’) und Joh. Müller 3) in den Queerfortsätzen der Rücken- und Lendenwirbel, in den processus accessorii und mamillares gefunden haben. Von allen diesen scheinbar besonderen Knochenstücken repräsentirt sehr wahrscheinlich nur der, nach Meckel zuweilen paarige oder mehr- fache, Knochenkern im Körper des Atlas und der im processus odontoideus des Epi- stropheus constant auftretende ein ursprünglich getrenntes, selbstständiges Skelettstück. Es geht daraus hervor, dass auch die Anwesenheit eines überzähligen Knochenkerns in den processi transversi der Lendenwirbel und in den vorderen Leisten der Hals- !) Archiv a. a. O.S. 605. _ 2) Handb. der menschl. Anat. II. S. 30. 5) A.a. O. S. 301. Desgleichen Retzius in Müllers Archiv. 1849. S. 605, 611, 615 beim Men- schen, Macacus, Erinaceus. wirbelqueerfortsätze an und für sich allein noch nicht die Selbstständigkeit dieser Theile beweist. Diese bald als blosse Knochenkerne, bald als besondere Knochen- stücke bezeichneten überzähligen Verknöcherungen sind beobachtet an dem ?ten, 6ten und 7ten Halswirbel des Menschen von Meckelt); ferner mehrfach bei Edentaten und Beutelthieren (von mir am Tten Halswirbel von Myrmecophaga didactyla); an den Lendenwirbeln von Joh. Müller 2) beim Schwein und von Rathke 5) bei den Schildkröten; an dem Heiligenben von Meckel und Müller beim Menschen, von mir beim Orang-Utang, von Theile beim Schwein, von Müller beim Gürtelthier. bei Crocodilen und Schildkröten, und sogar an den Schwanzwirbeln beim Gürtelthier, bei Crocodilen und Schildkröten. Der entscheidende Beweis für die Deutung dieser Knochenkerne als Rippenstücke würde geliefert sein, wenn nachgewiesen wäre, dass die entsprechenden Skelettstücke in der primordialen Anlage wirklich ge- irennt auftreten, was wegen ihrer Kleinheit schwer zu beobachten sein dürfte. Der Beweis wird aber auch, abgesehen von den Verhältnissen der Muskelursprünge, ge- liefert durch die nicht seltenen Fälle von bleibender Trennung und Gelenkverbindung. Eingelenkte Queerfortsätze oder überzählige Rippen finden sich bekanntlich ziemlich oft am ersten Lendenwirbel beim Menschen, bei Rindern und Pferden, nach Stan- nius *) auch bei Ursus, Lemur u. A. Ich beobachtete eine asymetrische, einge- lenkte, vierzehnte Rippe mit eigenem Knochenkern bei einem dreizölligen Rindsfötus. An dem Skelette des Auerochsen im Senkenbergischen Museum zu Frankfurt ist auf der rechten Seite eine vierzehnte Rippe von circa 2 Fuss, die auf der linken Seite nur 6 lang ist. An dem Skelett einer arabischen Stute hiesiger Sammlung findet sich jederseits eine 19te Rippe, rechts eingelenkt, links verwachsen. Eine Halsrippe beim Menschen beobachtete zuerst Meckel 5). Bei Bradypus tridactylus, wo dergleichen am $ten und 9ten Halswirbel beobachtet wurden 6), scheinen sie ebenfalls nicht con- stant zu sein. Ein ausgezeichnetes Präparat von beiderseitiger Rippenbildung und Gelenkverbindung mit dem 7ten Halswirbel durch capitulum und tubereulum (vonder hingerichteten Giftmischerin Beckenbach herrührend) bewahrt das Heidelberger Ca- 1) Vergl. Anat. II. 2. S. 294. Archiv 1815 a. a.0. S. 594. 2) A.a. ©. S. 302. 3) A.a. ©. S. 72. *) Vergl. Anatomie der Wirbelthiere. Berlin 1846. S. 348. 5) Archiv a. a. O. S. 642. 6) S, Stanniusa.a. 0. S. 347. a binet. In allen von mir beobachteten Fällen überzähliger Rippen waren dieselben von ungewöhnlicher Länge im Verhältniss zu dem gewöhnlich an ihrer Stelle vor- kommenden sog. Queerfortsatz; der sie tragende Queerfortsatz aber nicht länger als ein Brustwirbelqueerfortsatz. Trotz dieser nicht seltenen Thatsachen gelangt man bei einer Vergleichung zahlreicher Wirbelthierskelette zu der Ueberzeugung, dass die Lendenwirbelqueerfortsätze nicht überall ein Rippenrudiment enthalten können, und zwar finden sich hauptsächlich zwei Typen, die jedoch keineswegs an bestimmte Ord- nungen und Familien gebunden sind, sondern selbst unter nahe verwandten Thieren vielfach variiren. In dem einen Falle, den ich u. A. beim Dugong, bei Tapirus, Rhinoceros, Equus, Sus, Camelopardalis, Camelus, Bos, Phoca und schliesslich bei den meisten Affen und beim Menschen repräsentirt finde, springen die Queerfortsätze der Lendenwirbel schroff gegen die der Brustwirbel ‘hervor und stehen mehr hori- zontal unter rechiem Winkel von den Wirbelkörpern ab; gleich der erste ist stets von beträchtlicher Länge, beim Dugong sogar der längste, und schliesst sich daher unmittelbar an die Rippen an. Diese mögen daher Rippenstücke enthalten und irre ich nicht, so sind unter den betreffenden Thieren vorzugsweise diejenigen zu suchen, die mit falschen Rippen versehen sind. Bei der anderen Reihe, wohin z. B. _ die Delphine, Hippopotamus, Elephas, Capra, Cervus, Tarandus, Alces, Antilope, Halmaturus, Trichechus, die meisten Nager, Raubthiere und Halbaffen gehören, sind die processi costarii der Lenden eine directe Fortsetzung der processitransversi der Brust, wie diese schräg nach vorn und oft etwas abwärts gerichtet, sitzen mehr an’ den Wirbelbögen und nehmen nach hinten an Länge zu, daher sie an den vorder- sten Lendenwirbeln selbst fehlen können. Mehrere von diesen Thieren besitzen keine falsche Rippen, d. h. die Zahl der ächten Rippen ist vermehrt und der Brustkorb auf Kosten des Lendentheils der Wirbelsäule verlängert. Hier erscheint die Deutung der vorhandenen, oft unbedeutenden Lendenqueerfortsätze als Rippenrudimente minde- stens sehr problematisch. Dass es auf die absolute Länge derselben nicht ankömmt, zeigen die ächten Cetaceen und die Crocodile, wo die etwa vorhandenen Rippen- rudimente stets noch zu den überall gleichmässig langen Queerfortsätzen hinzutreten und nicht, wie anderwärts, auf Kosten der letzteren entstehen. Am Schädel wird die Deutung der auftretenden primordialen Knochenkerne des- wegen schwieriger, weil dort zahlreiche ursprünglich getrennte Skelettanlagen früh- zeitig zu einem einzigen Knorpelstück (Primordialschädel) verschmelzen, das sich durch Wachsthum und theilweise Verkümmerung überdies nicht unerheblich verändert. Ba Die blosse Verschmelzung der Wirbel würde jedoch den Schädel nicht auszeichnen, denn diese findet sich z. B., schon im knorpligen Zustand, am Kreuzbein des Men- schen und vieler Thiere, am vorderen Theil der Wirbelsäule bei der Chimaera, an den obersten Halswirbeln bei den Cetaceen. Wenn ich Rathke’s !) treffliche Schil- derung richtig deute, so verschmelzen bei den Schildkröten auch die Brustwirbel zu _ einem einzigen Knorpelstück ohne Zwischenwirbelbänder sowohl untereinander als auch mit den Rippen, was um so bemerkenswerther ist, weil bei der später auftre- tenden Verknöcherung die Wirbelbögen den Wirbelkörpern nicht entsprechen, son- dern zwischen je zwei, durch Knorpel verbundene, Knochenringe zu stehen kom- men. Was die Orientirung am Schädel erschwert, ist die Verschmelzung von Wir- beltheilen mit den Sinnesknochen, dem Gehör- und Geruchsorgan, und ferner das Ausbleiben einzelner Knochenkerne bei manchen 'Thieren, obgleich ihr Primordial- - schädel unzweifelhaft aus denselben Anlagen entsteht, wie anderwärts. Der Primor- dialschädel ist meiner Erfahrung nach bei allen Wirbelthieren von überaus gleicharti- ser Bildung und es lassen sich seine Abweichungen hauptsächlich auf eine immer mehr überwiegende Ausbildung des Gesichtstheils in der Thierreihe abwärts zurück führen. Man vergleiche den Primordialschädel von Säugern, besonders des Schweins, mit dem von Amphibien und Knochenfischen, wie er sich besonders noch bei den ältesten Exemplaren von Salmo leicht durch Kochen darstellen lässt, bis herab zu den Knorpelfischen, wo er, nach Abwerfung aller Deckknochen, knorpelig und ohne Nähte frei zu Tage tritt. Allenthalben findet sich eine Gehirnkapsel, die in allen Classen obere Lücken oder Fontanellen hat, welche um so ansehnlicher zu sein scheinen, je entwickelter und absolut grösser das Gehirn ist. An ihrer Bildung nehmen hauptsächlich die Schädelwirbel und iheilweise die Sinnesknochen An- theil. Mit ihr verschmilzt in der allerfrühesten Zeit schon die knorpelige Augen- höhlen- und Nasenscheidewand (septum interorbitale, lamina perpendicularis ossis ethmoidei, septum narium), die sich bei den niederen Wirbelthieren zu einem beträcht- lichen Augenhöhlendach und namentlich zu einem weit vorragenden Schnauzentheil entwickelt. Schon bei dem Menschen treten dazu als bleibend getrennte Knorpelstücke, die dem Gerüst der äusseren Nase angehören, die Nasenflügelknorpel, und bei den niedersten Knorpelfischen, den Cyclostomen, ergänzt die Natur, nicht zufrieden mit der unverhältnissmässigen Verlängerung des Gesichtstheils, denselben noch durch ) 4.20.87. NE, 8 weitläuftige Systeme von Lippen-, Gaumen- und Schlundknorpeln, die bei den höhe- ren Classen schwerlich alle Analoga haben, und das niederste Thier dieser Reihe, Bran- chiostoma, hat bei gänzlichem Mangel von knorpligen Wirbel- oder Schädeltheilen noch ein knorpeliges Skelettstück in seinem Lippenknorpel. Was die knorpligen Theile der Sinnesorgane betrifft, so verschmilzt das eigentliche Geruchsorgan , d.h. Muscheln und Labyrinthe,. wo sie vorhanden sind, allgemein und frühzeitig mit der: Nasenscheidewand, während die concha inferior dauernd getrennt bleibt. Auch das Gehörorgan (petrosum und mastoideum) wird, wenigstens bei den niederen Wirbel- thierklassen, ein integrirender Theil der knorpligen Schädelkapsel; während bei den Säugethieren und dem Menschen zwar das mastoideum früh mit dem petrosum und nachher, ebenfalls noch im knorpligen Zustand, mit dem Hinterhauptbein vollständig verschmilzt, knorplige Gehörkapsel (petrosum) und basilare oceipitis aber längere Zeit oder zeitlebens getrennt, d. h. durch „fibro-cartilaginöse” Masse verbunden bleiben. Bei den Säugethieren verschmilzt auch das Zungenbein mit dem petrosum und ma- stoideum (beim Pferde zugleich mit dem Schildknorpel) und erhält sich bei den Wie- derkäuern, beim Pferde, beim Hunde, der Katze u. s. w. durch das cornu anterius, beim Menschen als processus styliformis in Verbindung mit dem Schädel; bei den nackten Amphibien und unter den Fischen. wahrscheinlich bei der Chimaera geschieht dasselbe mit dem Quadratbein und dessen sämmtlichen Fortsätzen. Von den Knochenkernen, welche in dem eben beschriebenen einfachern und naht- losen Knorpelstück (Primordialschädel) auftreten, lassen sich die vier dem Hinter- hauptwirbel angehörigen ziemlich allgemein in allen Classen erkennen und bleiben bei den Amphibien und Fischen oft zeitlebens getrennt, d. h. durch breitere oder schmälere Knorpelbrücken verbunden, die durch Einschrumpfung am trockenen Schä- del als Nähte erscheinen. Zwei von diesen Knochenkernen, die sog. oceipitalia lateralia oder partes condyloideae, entsprechen den ursprünglichen Bogenstücken, ein dritter, das os basilare oceipitis, dem wenigstens bei den Säugethieren (Rind) selbst- ständigen Körper des Hinterhauptwirbels; das oceipitale superius aber entsteht an der oberen Vereinigungsstelle der Bögen, ähnlich dem variabelen Knochenkern in den processi spinosi der Wirbelsäule. Diese 4 Knochenkerne binden sich übrigens an keine constanten Bezirke, so dass bei verschiedenen Thieren bald der eine, bald der andere überwiegen und bald basilare, bald squama von der Umschliessung des fo- ramen magnum ausgeschlossen bleiben kann. Die beiden letzteren bleiben sogar bei den Batrachiern ganz aus und werden dann, wie man sich ausdrückt,. durch Knorpel 9 zu. „ersetzt”, während die oceipitalia lateralia ganz constant bei allen Wirbelthieren, nach Bischoff bis zum Lepidosiren herab, vorhanden zu sein scheinen. Das sog. ocei- pitale externum der Amphibien und Knochenfische gehört wenigstens bei den Schild- kröten nach Rathke !) nicht zum Oeceipitalwirbel, sondern zum Gehörorgan, dessen mehrfache Knochenkerne besonders bei den niederen Wirbelthieren oft getrennt blei- ben und den ursprünglichen Anlagen ebenfalls nur theilweise entsprechen. Die Keil-- beinwirbel bieten vielfache Abweichungen. Beim Menschen finden sich constant wenigstens 2 paarige Knochenkerne für die grossen und kleinen Flügel und 2 un- paare (die sich nach Meckel?) aber vervielfältiigen können) für die beiden Keil- beinkörper. Beim Rinde u. a. fällt, wie schon Raihke3) bemerkt hai, der Knochen- kern des vorderen Keilbeinkörpers aus und verknöchert derselbe von den vorderen Flügeln aus, deren Knochenkerne in der Mittellinie zusammenfliessen, wie man bei Rinderfötus von 1’ Länge an beobachten kann. Etwas Aehnliches scheint mit dem hinteren Keilbeinkörper bei den Knochenfischen zu geschehen, indem die den petrosa (alae magnae Cuv.) entsprechenden Knochenkerne in der Mittellinie zusammenstos- sen und den Keilbeinkörper zu verdrängen scheinen. Von den Keilbeinflügeln ver- kümmert schon bei den Säugethieren ein Theil des oberen Randes, der unter Deck- knochen zu liegen kömmt; bei den Vögeln und nach Rathke auch bei den Schild- kröten scheinen die vorderen, bei den Batrachiern die hinteren Flügel nicht zu ver- knöchern und daher zu fehlen. Bei den Knochenfischen liegen mehrere Knochenkerne an ihrer Stelle (die sog. alae magnae [parvae Cuv.] und frontalia post.), die aber zum Theil durch die petrosa von dem vorhandenen Keilbeinkörper (sphenoideum an- terius Cuv.) getrennt sind. Ein oberes Schlussstück der Keilbeinwirbel, ähnlich dem oceipitale superius, kömmt nirgends vor, auch berühren sich die knöchernen Keil- beinflügel oben niemals, und was Rathke früher in dieser Beziehung von der Nat- ter angegeben und Kölliker *) wiederholt hat, ist von dem Ersteren 5) bereits wie- der zurückgenommen. Dass endlich sowohl das sog. sphenoideum anterius der Vö- gel, als das sog. sphenoideum basilare der Fische und Batrachier mit den betreffen- 0) A.a. ©. S. 52. S. auch Duges a. a. O. p. 29. 2) Archiv a. a. ©. S. 624. 3) Vierter Bericht über das naturwissensch. Seminar zu Königsberg. 1839. S. 12. 4) A.a.0.8. 47. 5) A.a. 0. S. 234. N. den Theilen höherer Thiere Nichts gemein haben ‚und namentlich nicht knorpelig präformirt werden, ist bereits mehrfach, namentlich von Stannius und Kölliker, hervorgehoben. Das erstere entsteht auf eine später zu beschreibende eigenthüm- liche Weise, als Auflagerung auf dem primordialen Keilbeinkörper, auf dieselbe Art, wie das äussere Blatt des processus pterygoideus bei den Säugethieren und dem Menschen als unterer Auswuchs der bereits knöchernen ala magna hervor- sprosst. Das letztere ist reiner Deckknochen und reicht sowohl nach vorn als nach hinten viel weiter, als jemals ein Keilbeinkörper, bei den Knochenfischen sogar über basilare oceipitis einer- und sphenoideum anterius Cuv. andererseits hinaus. In dem weiter nach vorn gelegenen Gesichts- und Schnauzentheil des Primordialschädels ‘ werden die Verknöcherungskerne spärlicher und bleibt derselbe zum grössten Theile permanent knorpelig. Auf Kosten desselben entstehen die lamina perpendieularis und das ganze os ethmoideum des Menschen und der Säuger, das knöcherne septum interorbitale der übrigen Wirbelthiere, die sog. frontalia anteriora der Knochenfische. Aber auch im Schnauzentheil, wo er sehr entwickelt ist, erscheinen zuweilen Ossi- ficationen; die Rüsselknochen des Schweins, des Maulwurfs, die Nasenknöchelchen der Frösche (cornets Duges) sind nichts Anderes. Schon Meckel1) hat die Mannigfaltigkeit in der Reihenfolge bern hahens in welcher die einzelnen Knochenkerne der Gehirnkapsel bei verschiedenen Thieren zusammenfliessen. Dieselbe ist ohne Zweifel von wesentlichem Einfluss für die de- finitive Figuration des Schädels und verdient in dieser Hinsicht noch ein weiteres Studium. Als weiteres Resultat dürfte sich dabei herausstellen, dass die Schädel der verschiedenen Wirbelthierklassen aus‘ sehr constanten Elementen zusammengesetzt sind, dass das angebliche Fehlen mancher Stücke auf frühzeitiger Verschmelzung be- nachbarter Knochenkerne beruht, und dass umgekehrt das permanente Getrenntblei- ben bei den niederen Classen, namentlich bei den Knochenfischen, die scheinbare Vielzahl der Theile erklärt. Ersteres gilt vielleicht von dem mastoideum, das zwar sehr constant mit dem Felsenbein verschmilzt, aber auch eben so constant beim Menschen von dem Hinterhauptbein gesondert bleibt, und vielleicht nur deswegen bei manchen Säugethieren vermisst wurde, weil es dort ausnahmsweise mit dem oceipitale laterale verschmilzt. Ein Beispiel der letzteren Art liefert das Kiefer- suspensorium der Knochenfische, das eben desshalb zu verschiedenen Deutungen An- 1) Vgl. Anat. II. 2, S. 494. u a lass gegeben hat. Von den dahin zu zählenden Stücken sind das sog. temporale, symplecticum, tympanicum und jugale Cuv. Theile des Primordialskeletts, entspre- chen aber keineswegs eben so vielen getrennten Skelettstücken. Namentlich sind temporale und symplecticum einer-, tympanicum und jugale andererseits nur ver- schiedene Knochenkerne Eines Knorpels und z. B: bei Salmonen durch beträchtliche Knorpelbrücken mit einander verbunden. Ja es erstreckt sich, wie ich bei Salmo salar und trutta finde, von der Knorpelbrücke zwischen. tiympanicum und jugale nicht nur ein Fortsatz nach innen, an den sich das pterygoideum Cuv. anlegt, son- dern ein zweiter längerer, aber sehr dünner Knorpelstreif geht nach vorn direct in das sog. palatinum über, von dem bei diesen Thieren noch mehrere weitere Theile permanent knorpelig bleiben. Tympanicum, jugale und palatinum erscheinen dar- nach nur als 3 einzelne Knochenkerne in einem und demselben Primordialknorpel ; doch entsteht nicht der ganze Gaumenapparat der Knochenfische primordial, wie Köl- liker !) annimmt, denn das pterygoideum und das sog. transversum Cuv“ sind ent- schiedene Belegknochen, die sich an den knorpeligen Verbindungsstreif zwischen ju- gale und palatinum von innen und aussen anlegen und leicht davon entfernt werden können, daher auch den Knorpelfischen fehlen. Die Deutung dieser Theile ist darnach leichter. Es entsprechen nämlich temporale und symplecticum zusammen dem quadra- tum der Knorpelfische (und gewiss auch dem quadratum der Vögel und Amphibien); tympanicum, jugale und palatinum aber entsprechen zusammen dem maxillare superius der höheren Knorpelfische, welches insofern mit Unrecht diesen Namen führt, als derselbe sonst überall einen Belesknochen bezeichnet, der diesen Thieren fehlt. In wiefern dieses Stück dem quadrato -jugale der höheren Classen entspricht, muss da- hingestellt bleiben, bis ausgemacht ist, ob das letztere dem Primordialskelett angehört, was wenigstens bei dem Huhne nach meiner Erfahrung und nach Kölliker 2) auch bei den Schildkröten nicht der Fall ist; dagegen ist die Analogie mit dem primor- dialen tympano-malleal Dug&s der nackten Amphibien unverkennbar 3). Diese Beispiele lassen sich noch mehrfach durch das Beispiel des Zungenbeins, des Schulterblatts u. a. vermehren, ich hoffe jedoch, dass das Angegebene zur vor- läufigen Erläuterung des Verhältnisses zwischen „Knochenkernen” und wirklichen ) A.a. 0.8.4. 2) A.2. 0.8. #7. 3) S$. Duges pl. 1. Fig. 6 7, vom Frosch. 1 „Knochenelementen” hinreichen wird, ausführlichere Mittheilungen, wenn nicht An- dere inzwischen glücklicher waren, mir vorbehaltend. So viel geht schliesslich aus Allem hervor, dass die übliche Methode, Skelette durch Maceration darzustellen, dem osteologischen Studium keineswegs förderlich ist, da durch dieselbe Apophysen künst- lich getrennt, vorhandene Synchondrosen zerstört, überhaupt der natürliche Zusam- menhang der Theile aufgehoben wird, so dass sie schliesslich im Grunde auf eine künstliche Isolirung ‘von Knochenkernen, nicht von einzelnen Knochen, hinausläuft. Mit Vortheil kann an die Stelle dieser unnatürlichen Methode, besonders bei niederen Thieren, deren Bandapparate weniger derb sind, das Abkochen gesetzt werden; in anderen Fällen sind beide Methoden mit Vorsicht zu verbinden und schliesslich das Scalpell mehr als üblich zu Hülfe zu nehmen. Nicht minder einleuchtend wird auch die schon von Joh. Müller in seiner bahnbrechenden Arbeit über die Myxinoiden, sowie von Stannius in seinem lehrreichen Handbuch der vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere gemachte Bemerkung, dass alle ferneren Untersuchungen nicht blos an trockenen Skeletten, deren Knorpeltheile verschrumpft und unkenntlich geworden sind, sondern an frischen oder Weingeistpräparaten gemacht werden müssen. Auf diesem Wege und mit steter Berücksichtigung der erstei. Skelettanlagen dürfte die Frage nach den Knochenelementen !), von der eine wissenschaftliche verglei- chende Osteologie ausgehen muss, ihrer Lösung näher kommen. Was endlich die Angaben über das bald peripherische, bald centrale Auftreten der Knochenkerne angeht, so können die meisten derselben, bei der mangelnden Unterscheidung der primordialen und secundären Skelettbildung, nur einen beschränk- ten Werth haben. Bei den Säugethieren beginnt die Verknöcherung im Knorpel fast immer central, wenn sie auch rasch die Peripherie da oder dort erreicht. An den Röhrenknochen bleibt daher auch dann, wenn die Diaphyse in ihrer ganzen Dicke verknöchert ist und die Verknöcherung nach den Apophysen fortschreitet, der Achsentheil des Verknöcherungsrandes noch längere Zeit voraus und bildet daher eine mehr oder weniger convexe oder Kegelfläche, wie man sich durch succes- sive Queerschnitte von der Apophyse her überzeugen kann (Taf. I. Fig. 2). Wo mehrere und daher excentrische Knochenkerne auftreten, wie z. B. an den Wirbel- körpern, kann die Verknöcherung auch eine ziemliche Strecke an der Peripherie ') Owen on the archetype and homologies ol Ihe vertebrate sceleton. London 1848. p. 105: What is a bone? Bu fortschreiten, ehe die einzelnen Knochenkerne im Innern untereinander zusammen- fliessen (ib. Fig. 6). In manchen Fällen, z. B. am Schädel der Hechte und Sal- monen, durchdringen die Knochenkerne niemals die ganze Dicke des Knorpels, des- sen innerste Fläche knorpelig bleibt u. s. w. In allen Fällen aber hält sich die primordiale Verknöcherung innerhalb des Bereiches der Knorpel- anlage und jede Verknöcherung, welche dieselbe überschreitet, ge- hört, wie sich weiterhin zeigen wird, eo ipso zum secundären Ske- lett und entsteht auf eine von der bisher beschriebenen abweichende Weise der Knochenbildung. Ein Beispiel von ganz peripherischem Auftreten der Verknöcherung bei den Säuge- thieren bietet das Schulterblatt. Der erste bei demselben auftretende Knochenkern beginnt nämlich bei Rindsfötus von 11% Länge am hinteren Rande desselben, ziem- lich nahe der pars glenoidalis. Dieser Knochenkern durchwächst aber sehr bald den Halstheil des Schulterblatts und breitet sich dann in der ganzen Dicke desselben, so- wohl nach der basis scapulae als nach dem Gelenktheile hin aus. Fälle, wo die primordiale Verknöcherung auf die Peripherie des Knorpels beschränkt bleibt, kom- men nur bei den niederen Classen vor. Das auffallendste Beispiel der Art bietet der von Joh. Müller !) zuerst beschriebene sog. pflasterartige, kalkhaltige Knor- pel der Plagiostomen. Dieser ist nach meiner Erfahrung ächte, primordiale Verknö- cherung, die die knorpeligen Skeletttheile auf ihrer ganzen Oberfläche, aber nur bis zu einer gewissen Tiefe, die’ auch bei grossen Haifischen 1“ nicht zu übersteigen pflegt, angreift. Bei sehr jungen Thieren von einigen Zollen Länge, wo sich die Verknöcherung noch nicht begrenzt hat, erkennt man das Knochennetz, welches wie bei den höheren Classen zwischen die unvollkommenen Gruppen und Reihen von Knorpelkörperchen hineingreift, an senkrechten Durchschnitten sehr deutlich und überzeugt sich zugleich, dass auch hier nicht jede Knochenhöhle einer einzelnen Knorpelhöhle entspricht, sondern oft einem auf Kosten einer unbestimmten Parthie Knorpelsubstanz entstandenen kleinen Markraum zu vergleichen ist. (S. oben 8. 53.) Die gebildeten Knochenhöhlen liegen dicht beisammen und bilden ein Gewebe, wel- ches mit der gewöhnlichen primordialen Verknöcherung bei den höheren Thieren, namentlich auch in Bezug auf die mehr rundliche Form der Knochenkörperchen, ihre bedeutende Grösse und den constanten Mangel der Canälchen, vollkommen überein- ) A.a.0. 8. 132. a A stimmt (S. 56). In manchen Fällen, besonders in dicken Schnitten, wo viele Kno- chenkörperchen übereinanderliegen, glaubt man zwar oft ein oder mehrere gröbere Canälchen von den Höhlungen ausgehen zu sehen; von einem regelmässigen Bau in dieser Beziehung oder gar von einem zusammenhängenden Netzwerk von Ganälchen, wie es an den secundären Knochen der Knochenfische so schön zu sehen ist, findet sich aber, auch nach dem Eintrocknen, wobei sich die Höhlungen mit Luft füllen, und bei der Befeuchtung mit Terpenthin, welcher sonst so hülfreich ist, keine Spur, und ich war stets veranlasst, solche spärliche annähernde Bilder, auf Rechnung der un- vermeidlichen Splitterung in dem äusserst spröden Gewebe zu setzen. Behandelt man dasselbe mit Salzsäure, so entsteht ein lebhaftes Aufbrausen, das Gewebe wird heller, quillt auf und zeigt dieselben Höhlen im knorpeligen Zustand, und zwar in den meisten ein ganz ähnliches, zellenartiges, durch Jod zu färbendes Körperchen, wie es in den Knorpelhöhlen der knorpeligen Parthieen constant gefunden wird. Bei älteren Thieren, wo sich der Verknöcherungsrand fixirt hat und sehr scharf gegen den unterliegenden Knorpel abgegrenzt ist, ist die Behandlung mit Säure auch desshalb sehr dienlich, weil man dann den continuirlichen Uebergang des knorpeligen Theils in die verknöcherte Rindenschicht erkennt und nicht verleitet wird, letztere für eine Auflagerung vom Perioste her zu halten, unter welchem sie allerdings liegt. Merkwürdig und schwer zu erklären ist dabei die characteristische pflasterartige Sonderung der verknöcherten Rinde in einzelne, isolirbare und durch ziemliche Zwi- schenräume von einander getrennte, unregelmässig sechseckige Prismen, die wie Steine eines Strassenpflasters neben einander stehen und den trockenen Skeleiten ein eigenthümlich chagrinartiges Ansehen geben. Die Sonderung der Knochenrinde in"polyedrische Stücke ist schon bei ganz jungen Thieren unter dem Mikroskope kenntlich, wo man sie mit freiem Auge noch nicht wahrnimmt; sie ist nämlich wie mit einer Menge schmaler Spalten oder Sprünge versehen, die sich zu polyedrischen Figuren verbinden. Es ist, als hätte der durch Intussusception fortwährend wach- sende Knorpel seine Knochenrinde in eine Menge kleiner Schilder zersprengt. Bei alten Thieren sind die Zwischenräume weiter, aber auch die Prismen scheinen grös- ser geworden, ohne dass ich mich von einem Auseinanderrücken der Knochenkör- perchen, die auf ein Wachsthum des Verknöcherten durch Intussusception hätte schliessen lassen, überzeugen konnte. Dieselbe peripherische Knochenrinde, nur viel dünner und ohne die characteristische pflasterartige Sonderung, fand ich am Schädel der Chimaera monstrosa; primordiale Verknöcherung mit denselben Knochenkörper- a chen, aber ohne Pflasterform, auch in dem Innern und an der Oberfläche der Wir- belkörper bei den Haifischen, in welchen sie die schon von Joh. Müller) beschriebenen, sonderbar figurirten Knochenkerne bildet und nach ihm sogar knö- cherne und knorpelige Schichten abwechseln können. Es geht daraus hervor, dass die Knorpelfische von den Knochenfischen in Bezug auf die Structur ihres Skelettes nur graduell verschieden sind und eine continuirliche Stufenreihe bilden. So erschei- nen bei den Stören und beim Lepidosiren noch einzelne Deckknochen, ne- ben Spuren von primordialer und secundärer Verknöcherung, welche bei den Pla- giostomen und Chimaeren ebenfalls verloren gehen und sich auf die Wirbelsäule und auf die. Rinde der peripherischen Knorpel beschränken. Erst bei den Cyclostomen erscheint das Primordialskelett in seiner ganzen Ausdehnung knorpelig: permanent. Cap. VI. Von den sogenannten permanenten Knorpeln. Aus dem bisherigen hat sich ergeben, dass alle diejenigen Gebilde, die man im erwachsenen Körper Knorpel zu nennen pflegt, einer grösseren Gruppe von Orga- nen angehören, die wenigstens in den ersten Perioden ihres Bestehens histologisch gleichgebildet sind. Knorpel sind, mit anderen Worten, die jeweiligen un- verknöchert gebliebenen Theile des Primordialskeletts. Auf die Er- fahrung, dass die meisten Knorpel schon während der Fötalzeit, andere erst viel später oder nie verknöchern, gründet sich die herkömmliche Eintheilung der Knor- pelgebilde in ossificirende und permanente. Es ist aber schon mehrfach mit Recht darauf hingewiesen worden, dass viele sog. permanente Knorpel in den spä- teren Lebensaltern verknöchern, ja dass vielleicht keinem einzigen Knorpel die Fä- higkeit dazu ganz abgesprochen werden kann. Dass die Zahl der permanenten Knor- pel in der Thierreihe sehr variabel ist und die verschiedenartigsten Skeletttheile bei verschiedenen Classen, Ordnungen, Arten und Individuen bald knorpelig, bald ver- knöchert gefunden werden, ist schon oben erörtert worden. Eine aufmerksame Be- trachtung dürfte aber herausstellen, dass der Verknöcherungsprocess auch während der Lebensdauer der Individuen und namentlich des Menschen nie eigentlich stille steht, sondern fortwährend, wenn auch nach und nach verlangsamend, in späteren Lebensjahren sogar, wie es scheint, wieder rascher, im Primordialskelett um sich greift. Ohne Zweifel sind die individuellen Lebensverhältnisse hier von grossem ı) A. a. O. Tab. IX. Fig. 6. a: 8 Einflusse, so dass sich das Normale von dem Abnormen nicht immer unterscheiden lässt. Auch lässt die Analogie mit anderen Geweben erwarten, dass der Knorpel des Erwachsenen, in dem Maasse als seine Lebensdauer währt, desto mehr von den Characteren des fötalen Gewebes verlieren wird, und in der That zeigen die sog. ‚permanenten Knorpel sowohl in ihrer Structur als auch in ihrer Verknöcherungs- weise nicht unerhebliche Verschiedenheiten vom fötalen Knorpel, die jedoch das Walten derselben Grundgesetze nicht verkennen lassen. Was alle Knorpel des Erwachsenen auszeichnet, ist zunächst das unverhältniss- mässige und unbestreitbare Ueberwiegen der Intercellularsubstanz, in des- - sen Folge die Knorpelzellen viel weiter von einander entfernt, zerstreuter und spar- samer scheinen. Diese Erscheinung ist, wie bereits früher (S. 31) gezeigt wurde, Folge des inneren Wachsthums und prägt sich bis zum vollendeten Wachs- thum des Individuums immer mehr aus. Jeder Gelenk -, jeder Rippenknorpel liefert - die Belege dafür, die überdies von Harting t) in Zahlen ausgedrückt worden sind. Die Knorpelhöhlen erweitern sich dabei fortwährend und zwar, z. B. in den Rippenknorpeln oft zu einem enormen Volumen und bilden zugleich mehr oder weniger vollständige Reihen oder Gruppen, die wie überall gegen die Verknöche- rungsränder hin streichen und desto kürzer und weniger ausgeprägt sind, je langsamer die Verknöcherung und das Wachsthum des Knorpels fortschreiten. Sehr häufig, besonders auf Horizontalschnitten, trifft man auf dichtgedrängte Gruppen von Knor- pelzellen, deren zusammenfliessende Säume das Ansehen von colossalen Mutterzel- len täuschend nachahmen, ohne dass man im Stande ist, Entwicklungsstufen dersel- ben aufzufinden. (Vom permanenten Knorpel ist vorzugsweise die Lehre von der endogenen Vermehrung der Knorpelzellen ausgegangen.) Ob dabei auch eine Verminderung von Knorpalhöhlen durch Resorption von Zwischenwänden und Zusam- menfliessen stattfindet, wie Harting annimmt, lasse ich dahingestellt, obgleich es oft so scheint und viele sog. endogene Formen dadurch ebenfalls erklärlich würden. Der Character der Knorpelzellen erhält sich am deutlichsten stets in den sog. Fa- serknorpeln, wo es nicht nur leichter ist, dieselben von der faserigen Grundsubstanz zu unterscheiden, sondern auch sie aus derselben herausfallen zu machen und isolirt zu untersuchen. Man gewahrt dann, als durchweg secundäre Erscheinung, die be- sonders nach vollendetem Wachsthum in den späteren Lebensjahren überhand nimmt, 1) Becherches micrometriques. Utrecht 1845 p. 77. 10 m 0: oft eine auffallende Dicke der Zellmembran, die’ von einer allmähligen, zuweilen selbst schiehtweisen ‚Ablagerung auf der Innenwand der Zellmembran herrührt, die Zellen- höhle nach und ‘nach verengert und dieselbe zuweilen in Form concentrischer Streifen umgibt. Zerfaserung der Hyalinsubstanz und Fettablagerung in den Knor- pelzellen, die man gewöhnlich als ein Altersphänomen betrachtet, finden sich schon in der Blüthezeit in vielen Knorpeln und stehen durchaus in keiner Beziehung zur Verknöcherung. Die von H. Meyer !); besonders hervorgehobene Erweichung ist nichts Anderes, als die schon im Fötus auftretende Bildung von Knorpelcanälen und Knorpelmarkhöhlen im Grossen; richtig aber ist ‘es, dass der Erweichung nun häufig Zerfaserung vorausgeht und dass durch unvollkommene Erweichung der zerfaserten Stellen eine Art falscher Gelenke erzeugt werden kann, wie ich z. B.-im Brustbein und an den Rippenknorpeln Neugeborener finde, und die an die Bildung der Gelenke „wischen den Wirbeln und im Zungenbein der Rinder erinnert‘ (S. oben $. 21). 3 Was die nachträglichen Verknöcherungen im Primordialskelett betrifft, so stim- men sie darin vollständig mit den fötalen überein, dass die Ablagerung der Kalksalze stets zuerst im Umkreis der Knorpelhöhlen geschieht‘ und von da aus in der Inter- cellularsubstanz weitergreift. Bei der grösseren Entfernung der einzelnen Höhlen und bei dem langsameren Voranschreiten des Verknöcherungsprocesses findet man nun jetzt viel häufiger ganz vereinzelte Knochenhöhlen (Knochenzellen der Autoren), 'an Grösse den bestehenden Knorpelhöhlen entsprechend und daher den Knochenkörperchen des verknöcherten Fötalknorpels ganz ähnlich und wie diese stets ohne Canälchen und Anastomosen (Taf. IV. Fig. 6. A). Von Markcanälchen ist auch in den nachträglichen Verknöcherungen nie etwas zu sehen, während auch hier die verknöcherten Parthieen durch alsbaldige Schmelzung, wie immer, Markräume und Diplo& bilden und schon in den unverknöcherten Knorpeln Canäle und Hohlräume von oft bedeutendem Umfange gewöhnlich sind. Die Verknöcherungsränder rücken entweder, wie im Fötus, in einer continuirlichen aber mehr abgeflachten Ebene vor, oder es entstehen auch sehr häufig, z. B. in den Rippen- und Kehl- kopfknorpeln, zerstreute kleine Knochenkerne ohne regelmässige Anordnung vor dem ursprünglichen Verknöcherungsrande. Zur Ermittelung der Knorpelstructur des Erwachsenen dienen dieselben Reagen- tien und Handgriffe wie beim Fötus, doch wird die Untersuchung hier um so miss- 1) A. a. 0. S. 303. 2) S. auch Rathke a. a. O. S. 74, 76. a. ; ' licher, je trüber, gelblicher und härter die Grundsubstanz geworden ist, von der häufigen Zerfaserung derselben und den fettigen Ablagerungen in den Zellen und Knorpelhöhlen nicht zu reden. An jedem einzelnen Präparat zu einer klaren Ein- sicht zu gelangen, wird: für alle Zeiten unmöglich bleiben und nur durch genaue Verfolgung der früheren Entwicklungsstufen: ist zu einem annähernden Verständniss der definitiven Knorpelstructur zu gelangen. Ein dankbares Feld bietet in dieser Beziehung noch eine detaillirte Verfolgung der successiven Veränderungen von der späteren Fötalzeit bis zur Pubertät hin, die bisher zu sehr vernachlässigt wurden, und in denen ich. selbst wegen des selteneren Materials nicht so bewandert bin, als ich wünschte. : Was die einzelnen beim Menschen zu ‘den permanenten Knorpeln gezählten Ge- bilde angeht, so ist’es von den Gelenkknorpeln wohl jetzt ziemlich allgemein aner- kannt, dass sie nur unverknöcherte Apophysentheile sind. Was beim Erwachsenen täuschen kann, ist die scharfe oft linienartige Begrenzung des Verknöcherungsran- des und die leichte Ablösbarkeit der Gelenkknorpel durch Maceration und pathologi- sche. Processe. Letzteres: ist aber eine Eigenschaft aller Apophysen und ersteres erklärt sich aus dem langsamen Fortschreiten und zuletzt relativen Stillestehen der Verknöcherung. Verfertigt man sich senkrechte Schnitte durch die Gelenktheile Er- wachsener, so hat man von der freien Gelenkfläche an bis zum Knochenrand hin alle Entwicklungsstufen des wachsenden Knorpels, namentlich längliche und abge- plattete, weiterhin kleine rundliche, zuletzt grössere, reihen- oder gruppenartig ge- stellte Knorpelhöhlen vor sich, welche letztere in Folge der Trübheit der Grund- substanz ‚und der zusammenfliessenden spiegelnden Säume das Ansehen von Mutter- zellen geben können (Taf. IV. Fig. 5. A). Hinter dem Verknöcherungsrande findet sich das gewöhnliche granulirte dunkle Knochengewebe der primordialen Diplo& mit grossen unregelmässig rundlichen oder eckigen Knochenkörperchen, in welchen oft noch eine geschrumpfte Knorpelzelle oder deren Rest zu erkennen ist (ib. B). Die- selben als unvollkommene Knochenkörperchen' zu bezeichnen, wie Gerlach t) ‘und Kölliker 2) thun, scheint mir nicht passend, da sie auch im höchsten Alter vorhan- den sind und alle in primordialen Knochen auftretenden Knochenkörperchen von den corpuseula radiata der secundären Auflagerung (C) durchaus abweichen. Zwar ha- !) Handbuch der Gewebelehre. Mainz 1848. S. 163. 2) Mikroskopische Anatomie. a. a. ©. S. 319. u Ah ben die primordialen Knochenkörperchen sehr häufig eine eckige, unregelmässige Gestalt, die von einer ungleichförmigen Ablagerung im Inneren herzurühren scheint und einigermassen an die Gestalt der corpuseula radiata erinnert, aber niemals habe ich sie in diese übergehen und Canälchen von ihren ausgehen sehen. Eher könnte eine andere Erscheinung zu Täuschungen Anlass geben, die ich zum erstenmal sehr schön in dem Gelenkknorpel eines Sesambeins vom Hallux eines jungen Mädchens und dann wiederholt an verknöchernden Knorpeln Erwachsener in der Nähe des Verknöcherungsrandes wahrgenommen habe. Der Gelenkknorpel war nämlich dicht am Verknöcherungsrand von einer Menge kleiner, gerader oder etwas geschlängel- ter Spalten durchsetzt, welche durchweg senkrecht auf dem Verknöcherungsrand standen, in denselben eingingen und da, wo sie zerstreuter standen, an die Spalten erinnerten, welche man am Zahnschliffen gewöhnlich in der Schmelzsubstanz wahr- nimmt. Befanden sich Knorpelhöhlen in ihrem Bereiche, so wurden diese davon durchsetzt und oft communicirte eine Knorpelhöhle mit mehreren Spältehen, die sich in ihre Höhle öffneten. Zuweilen wurde nur die eine Seite der Knorpelhöhle er- reicht, in anderen Eällen aber gingen die Spältchen durch die ganze Knorpelhöhle hindurch und schienen dann von beiden Seiten derselben auszustrahlen. Weiterhin verloren sie sich mit zunehmender Verschmälerung in der Grundsubstanz und über- schritten eine gewisse Distanz vom Verknöcherungsrand nicht. Die Knorpelzellen, welche in den Höhlen lagen und dieselben bald ausfüllten, bald nicht, waren dabei ganz unbetheiligt, von Mutterzellen nichts zu sehen. Jod machte die Zellen sehr deutlich, während die Spältchen unter Terpenthin besonders schön waren. Ich war von dem Anblicke anfangs so überrascht, dass ich den directen Uebergang der Knor- pelhöhlen in Knochenkörperchen ‚gefunden zu haben glaubte; genauere Prüfung zeigte mir jedoch so viel Abweichendes, dass ich mich nur noch fragte, ob diese Spältchen wirklich im Knorpel präformirt oder Resultate einer durch die Präparation hervorge- brachten Splitterung seien. Ihre ziemlich regelmässige Anordnung und constantes Verhältniss zum Verknöcherungsrand machte mir ‘wohl das Erstere wahrscheinlich, dagegen musste ihre Unabhängigkeit und mehr zufällige Verbindung mit den Knor- pelhöhlen den Gedanken an Knochenkörperchen entfernen. Einzelne sahen täuschend aus, wie im Knorpel präformirte Körperchen, aber nicht nur sie selbst, sondern auch die Spältchen hatten ein so unverhältnissmässiges Volumen, den gewöhnlichen Kno- chenkörperchen und Canälchen gegenüber, dass ein directer Uebergang nicht denk- bar war. Andere gingen in die Verknöcherung mit ein und es fanden sich schon Me vor dem Verknöcherungsrand einzelne verknöchernde Höhlen; hinter demselben aber befand sich das gewöhnliche diploetische Gewebe mit weiten unregelmässigen Mark- räumen und den gewöhnlichen, colossalen, rundlichen Knochenkörperchen des Pri- mordialskeletts, ohne Canälchen und Anastomosen. Nach allem dem bin ich geneig- ‚ter, jene Spältchen für Kunstproducte zu halten. Vielleicht hängt ihr Auftreten mit der Sprödigkeit der erwachsenen Knorpel zusammen; wenigstens habe ich sie in fötalen Knorpeln niemals wahrgenommen. Bei jüngeren Individuen, z. B. bei jungen Hunden von einigen Monaten, wo die Apophysen noch nicht vollständig verknöchert sind, verhält sich an der Stelle der künftigen Gelenkknorpel Alles noch wie im Fötus. Zwar erscheint bei schwacher Vergrösserung die äusserste Schicht der Apophysen, die dem künftigen Gelenkknor- pel entspricht, jetzt schon von anderer Färbung und Transparenz als der Rest der knorpeligen Apophyse, aber an feinen Schnitten sieht man den continuirlichen Ueber- sang der Grundsubstanz vom Verknöcherungsrand bis zur Gelenkfläche. - Der Knor- pel enthält dieselben Entwicklungsstufen der Knorpelhöhlen und Zellen, wie im Fö- tus, nur erscheinen dieselben, dem Alter des Individuums entsprechend, zerstreuter und die Intercellularsubstanz reichlicher. Manche Zellen füllen die Höhlen nicht aus. Das Ansehen von Mutterzellen erscheint nur auf: Horizontalschnitten, welche die Zel- lenreihen und Gruppen queer getroffen haben, oder wenn die Schnitte überhaupt nicht ganz dünn sind. Die Intercellularsubstanz ist fester und spröder als bei Em- bryonen, daher man auf der Schnittfläche sägeförmige Messerzüge wahrnimmt. Hie und da trifft man sog. Knorpelcanäle, die auf dem Verknöcherungsrand senkrecht stehen -und theilweise jetzt Gefässe enthalten, die vom. Knochen aus in sie hinein- ragen, sie aber lange nicht ausfüllen. Der Verknöcherungsrand zeigt noch keine scharfe Grenze, sondern das gewöhnliche Knochennetz, mit kürzeren Maschen , und dahinter die gewöhnliche Diploe. Auf Taf. IV. Fig. 1. ist ein Längenschnitt durch die Apophyse des caput humeri eines halbwüchsigen Huhns dargestellt. Auch’hier war der künftige Gelenkknorpel D durch mehr gelbliche Farbe von dem verknö- chernden Apophysentheil C ausgezeichnet. Die Knorpelkörperchen hatten an der Gelenkfläche die gewöhnliche platte Form (6), lagen dann zerstreut oder in Gruppen (d‘), in verschiedenen Ebenen (d), übereinander, nahmen dann in C eine queerovale Form an, indem sie sich zugleich in undeutliche Reihen ordneten, und gingen mit zunehmender Erweiterung der Knorpelhöblen (B) zuletzt in den Verknöcherungsrand ein. Die Knochenhöhlen hatten unmittelbar hinter demselben (A) die Grösse der ini,» FR a srössten Knorpelhöhlen (vgl. a‘ und b‘), bildeten aber zum Theil durch Zusammen- fliessen grosse Markräume (a), worin die Knochenhöhlen allmählig untergingen. Im Gelenkknorpel D befindet sich auch ein kurzer, der Länge nach durchschnittener oder vielmehr angeschnittener Knorpelcanal (d‘), von erweichter Knorpelmasse aus- gefüllt.. Ueberhaupt findet man in Gelenkknorpeln Erweichung, Zerfaserung und Fett- ablagerung. - Erweichende Stellen bieten ein zähes, weiches, zerreissliches Gewebe dar, in dem man nur hyaline Grundsubstanz und untergehende Knorpelzellen entdeckt. Dass manche Gelenkknorpel im höheren Alter, bei vielen Thieren normal, vollstän- dig verknöchern, ist bekannt. Zu den Gelenkknorpeln gehört auch die sog. Symphysis sacroiliaca, die mit Un- recht der Symphysis pubis verglichen wird. Obgleich sich in der Amphiathrose des Hüftbeins nie ein eigentliches Gelenk und eine Gelenkkapsel ausbildet, so stehen doch die Knochen des Beckens und der Wirbelsäule nur in einer Contiguitäts- verbindung und es haben beide an ihrer facies auricularis einen Knorpelüberzug, der der-unverknöchert gebliebene Rand des primordialen Knorpels ist. Im Heiligenbein- knorpel älterer Individuen sah ich besonders schöne Zellengruppen von zierlichen Brücken und Leisten der Intercellularsubstanz durchzogen; die Knorpelkörper dabei zahlreicher und dichter gedrängt, als an den Gelenkknorpeln der Apophysen, was auf ein geringeres Wachsthum an jener Stelle hinweist. Gegen den Verknöche- rungsrand stehen sie in kurzen Reihen, vergrössern sich aber nicht bedeutend, was damit ebenfalls übereinstimmt. In der Nähe desselben findet man auch einzelnstehende Knorpelhöhlen mit verknöcherten Wänden, die ebenfalls keine bedeutende Grösse haben. Gegen den Umfang der facies auricularis hin erscheint die Grundsubstanz oft faserig, auf der Oberfläche findet sich aber hier so wenig als in den wahren Gelenkhöhlen ein Ueberzug, sondern der nackte Knorpel. Auch der Knorpelüberzug der facies auricularis des Darmbeins ist hyaliner Knorpel, der oft sehr entschieden 'gefasert ist. In diesen faserigen Stellen hat man ‘oft das täuschende Bild von Mut- terzellen, wenn grössere Gruppen von Zellen darin eingeschlossen sind, besonders da die Wände der Knorpelhöhlen: lebhaft spiegeln. Auch gegen den Verknöcherungs- rand hin erscheint oft eine feine Faserung in der Grundsubstanz zwischen den ein- zelnen Reihen, welche dem Knochennetz entgegenzukommen scheint und an Verknö- cherungsrändern überhaupt nicht selten ist. Die Reihen sind hier länger und ihre Höhlen grösser, als am Heiligenbein, und es scheint daher das Darmbein länger und — 1 — lebhafter zu wachsen.- Auch Schichtbildung, theilweise deutlich concentrische, ist in einzelnen Knorpelhöhlen wahrzunehmen, wovon sogleich ein Näheres. ' Den Gelenkknorpeln stehen die Rippenknorpeln der Erwachsenen 'am nächsten und es stünde Nichts im Wege, sie, wie es bisher geschah, !) als enorm entwickelte Gelenkknorpel anzusehen, wenn sie nicht ‘ursprünglich im Fötus, wie S. 16 gezeigt wurde, getrennte Knorpelanlagen wären. Sie sind wohl von allen Knorpeln am mei- sten untersucht und pflegen gleichsam als Prototypen des Knorpelgewebes hingestellt zu-werden, bieten aber in der That unter allen permanenten Knorpeln die meisten Schwierigkeiten, da kaum ein anderer Knorpel auf verschiedenen Altersstufen eine so verschiedene Structur zeigen kann. Diese Mannigfaltigkeit kömmt von dem lan- sen Verharren im knorpeligen Zustand beim Menschen und vielen 'Thieren, von dem sehr bedeutenden Wachsthum während der ganzen Entwicklungsperiode, das sowohl nach der Länge als nach der Dicke den Knorpel den übrigen Dimensionen des Ske- letts anzupassen hat, und von der dadurch bewirkten Massenhaftigkeit her, wodurch verschiedene Parthieen desselben Knorpels sehr abweichende Charactere erlangen können. In Folge dessen bieten besonders die peripherischen, platten Körperchen eine sonderbare Anordnung. Anfangs liegen sie hier, wie überall, parallel der Pe- ripherie in relativ dünner Schicht. Beim Neugeborenen aber ist diese Schicht nicht nur sehr dicht geworden, sondern sie bildet gewissermassen den ganzen Knorpel allein. Die einzelnen Körperchen sind mit Erhaltung der platten Form weiter von-, einander gerückt, grösser und namentlich länger geworden, dabei aufs unregelmäs- sigste durcheinander geworfen und verschoben, so dass nur die äussersten noch pa- rallel: der Oberfläche, die übrigen nach allen Richtungen durcheinander stehen. Viele sind nicht mehr‘ einfach alltäglich oder spindelförmig, sondern verbogen, gekrümmt oder geschlängelt. Es ist Regel, dass die Knorpelzellen diese spaltförmigen Knor- pelhöhlen nicht ausfüllen, ‚sondern oft in der Mitte, oft'in einem Winkel zurückge- zogen und verschrumpft erscheinen, während ihre Kerne, die durch Jod und ‚Essig- säure deutlich werden, schon Fetttröpfchen enthalten. Diese länglichen Körperchen in dieser sonderbaren Anordnung sind nichts den Rippenknorpeln Eigenthümliches, denn man findet sie in allen wachsenden Knorpeln, sobald sie mit einem gewissen Alter einen grösseren Umfang erreicht haben, z.B. an den Apophysen vom 3. bis 4. Monat des: Fötallebens an. Auch kehren sie in der ganzen Thierwelt wieder, wo 1) S. u. a. H. Meyer a. a. O. S. 306. ua) grössere Knorpelmassen permanent knorpelig bleiben, namentlich bei den knorpelrei- cheren Knochenfischen. Ihr Vorkommen im menschlichen Rippenknorpel bis in eine verhältnissmässig späte Epoche ist nur desshalb auffallend, weil beim Menschen sonst keine permanente Knorpel von ähnlicher Massenhaftigkeit vorkommen. Sie er- -streeken sich in den Rippenknorpeln bis in die Nähe des Verknöcherungsrandes und nur in einer Entfernung von 1‘‘ beginnen die gewöhnlichen Reihen, ziemlich zer- streut, mit rundlichen, grösseren Knorpelhöhlen, in denen sich schöne grosse Knor- pelzellen mit deutlichen Kernen befinden. Allenthalben im Knorpel findet man Knor- pelcanäle und Erweichungslücken in der Grundsubstanz. Die letztere wird immer mächtiger im weiteren Fortgange des Lebens. Beim ausgewachsenen Manne in der Blüthe der Entwicklung, zwischen dem 20—30. Jahre, findet man daher unter dem Perichondrium zwar immer noch viele abgeplattete Knor- pelkörperchen, die tieferen Knorpelhöhlen aber weiter auseinander gerückt, die Höh- len beträchtlich ‘grösser, die Zellen darin vielfach noch sehr kenntlich, einschrumpfend und besonders an der Peripherie des Knorpels Fett in Körnchen und Tropfen reich- licher darin abgesetzt. Noch immer stehen die Knorpelhöhlen meist in Gruppen oder Reihen, namentlich im centralen Theile der Rippenknorpel, wo sie alle die Längs- richtung nehmen. Da die hyaline Grundsubstanz noch verhältnissmässig klar ist, so kann man sich leicht überzeugen, dass Mutterzellen nicht existiren, obgleich nament- lich an den Stellen, wo die Grundsubstanz faserig zu werden beginnt, der Anblick leicht täuschen kann. Die Faserung geht; dann nämlich, ähnlich der Verknöcherung, vorzugsweise in den Zwischenräumen zwischen den Reihen vor sich und lässt die Queerbrücken zwischen den einzelnen Knorpelhöhlen unberührt. Da es sich nun be- sonders an kürzeren Reihen leicht trifft, dass sie rings von Fasern eingeschlossen sind, die oben und unten convergiren, so erhält die ganze Reihe nun einen Contour, welchen sie früher nicht gehabt und den man nicht für einen spiegelnden Saum hal- ten kann; ja man sieht dann häufig aus den faserigen Parthieen ganze Reihen oder Stücke derselben vorstehen, weil die wenige hyaline oder feinkörnige Substanz, welche sie zusammenhält, sich leichter von der faserigen abtrennt. Immer fand ich die Faserung der Grundsubstanz der Richtung der Reihen entsprechend und nie ver- filzt wie in den sog. Faserknorpeln. Allenthalben stösst man auf Knorpelcanäle mit scharf abgesetztien Wänden und äusserst unregelmässigen Formen, ‘zuweilen mit einer dunkelrothen Sulze gefüllt, und nicht selten auf einem Centralcanal von glei- Bee: 16 cher Beschaffenheit, von langen Reihen umgeben und mit ihnen in den Verknöche- rungsrand eingehend, der nun sich zu fixiren im Begriffe ist. ‘Die Veränderungen, welche im ausgewachsenen Knorpel, namentlich im höheren Alter noch auftreten, schliessen sich theils an die bisherigen an, theils sind sie neu hinzutretende. Dass die Fettablagerung sowohl als die Zerfaserung der Grundsub- stanz nicht den späteren Lebensaltern allein angehöre, ist bereits bemerkt, sie schei- nen aber beide durch das ganze Leben hindurch zuzunehmen. Gewöhnlich findet sich ein einzelner, selten mehrere Fetttropfen in einer Knorpelzelle; dass derselbe aber immer dem Kern entspreche, scheint mir nicht ausgemacht, obgleich es oft so sein mag. Dass die Zerfaserung der Grundsubstanz nicht auf einer Faserbildung im Sinne der Zellentheorie, sondern auf einer blossen Differenzirung der Moleküle der Grund- substanz beruht, bedarf keines Beweises, da man niemals Entwicklungsstufen von Zellen findet, ja es ist bemerkenswerth, dass die Knorpelhöhlen gerade an den fase- rigen Stellen immer am 'spärlichsten sind, die Zunahme der Grundsubstanz daher hier besonders beträchtlich sein muss. Von einer zeitlichen oder räumlichen Bezie- . hung‘ der Zerfaserung oder Fettablagerung zur Verknöcherung habe ich nicht das mindeste wahrnehmen können. Tritt dieselbe nachträglich in ausgewachsenen Rip- penknorpeln auf, so geschieht sie nicht durch ein continuirliches Fortrücken des Ver- knöcherungsrandes, wie in der Evolutionszeit, sondern von zahlreichen kleinen Kno- chenkernen aus, die an verschiedenen Stellen des Knorpels peripherisch und central zum Vorschein kommen und dem Auge durch ihre trübe, weisse Farbe um so leich- ter kenntlich sind, als gewöhnlich alte Rippenknorpel ein dunkelgelbliches, oft speckiges Ansehen haben. Gemeinlich verknöchern erst einzelne Höhlen und Reihen, indem sich ein pulveriger Niederschlag um sie bildet, der allmählig weiter greift und sich später wieder aufhellt. Hat der Knochenkern eine gewisse Ausdehnung erlangt, so tritt in seiner Mitte die gewöhnliche Schmelzung ein und es kann so nach und nach der grösste Theil des Knorpels in diploetisches Gewebe verwandelt werden. In dem röthlichen Breie, welcher die entstandenen Markräume ausfüllt, finden sich dann grosse und kleine Fetttropfen, Blutkörperchen und eine Menge zellen- und klümpchenartiger Gebilde mit rundlichen, selten biscuitförmigen oder mehrfachen Ker- nen, wie im embryonalen Knochen, ausserdem aber auch solche Knorpelzellen, wie sie sich im ausgewachsenen Knorpel befinden, die offenbar durch die Bildung der Diplo& aus den Knorpelhöhlen frei wurden. Ausgezeichnet und den permanenten Knorpeln eigenthümlich sind einige nach- 11 — 2 — trägliche Veränderungen der Knorpelzellen, welche, wie wir gesehen haben, im fötalen Skelett eine sehr untergeordnete Rolle spielen. Schon in der Blüthezeit, häufiger in späteren Jahren, begegnet man besonders in Rippenknorpeln und Faser- knorpeln solchen Zellen, welche nicht einschrumpfen, sondern oft frei an den Schnitt- ränden hervorstehen, ohne jedoch leicht aus den Knorpelhöhlen herauszufallen. Ge- lingt es, einzelne zu isoliren, so zeigen sie eine auffallende Resistenz, die sie früher nicht hatten, sie werden in Essigsäure gar nicht, von Kali kaum verändert, behalten ihre trübe gelbliche Färbung und Spiegelung und widerstehen auch dem Drucke sehr kräftig. Dabei ist der Kern gewöhnlich sehr deutlich, der Inhalt der Zelle daher ohne Zweifel sehr klar und durchsichtig. Es deuten diese Erscheinungen auf eine Verdichtung der Zellmembran, wie sie an alternden Zellen nicht ungewöhnlich ist, zugleich aber auf eine innigere Adhäsion der Knorpelzelle an der Wand der Knor- pelhöhle, die vielleicht von der grösseren Trockenheit des Knorpels und der Ein- dickung der denselben durchdringenden Fluida herrührt. Es kann eine Knorpelzelle durch einen glücklichen Schnitt oft an dem grössten Theil ihrer Peripherie befreit ‘sein und an einem Punkte derselben noch innig der Intercellularsubstanz adhäriren. Die Contouren der Zellen bleiben dabei vollkommen deutlich und scheinen eher schär- fer, wie in allen Fällen, wo die Zelle der Höhle dicht anliegt. Jod färbt sie . weniger intensiv als die Membranen der fötalen Knorpelzellen, was von ihrer Derbheit und daher rühren kann, dass verdickte Zellmembranen nicht einschrumpfen. Ein noch viel auffallenderes Vorkommen, das in älteren Knorpeln fast constant ist und gewöhnlich als Verdickung der Zellmembran beschrieben wird, besteht darin, dass die Knorpelhöhlen von doppelten, mehr oder weniger concentrischen Contouren begrenzt sind, welche ihrerseits einen dunklen, kernigen Körper umschliessen, der die Höhle mehr oder weniger ausfüllt und häufig auch durch einen Feittropfen ver- treten wird. Dass die doppelten Contouren in diesen Fällen wirklich den Begren- zungslinien einer Verdickungsschicht und nicht einem. freien Raume entsprechen, ist ziemlich leicht auszumitteln, denn der Zwischenraum zwischen denselben wird durch Jod deutlich gefärbt und zwar in derselben Intensität wie die Intercellularsubstanz. Unzweifelhaft ist auch, dass diese Schicht durch secundäre Ablagerung entstanden ist, denn in allen Fällen wird das Lumen des ursprünglichen Hohlraums dadurch ver- kleinert, wie die Vergleichung der benachbarten Knorpelhöhlen und der Uebergangs- stufen ergibt. Nicht so ausgemacht scheint mir aber, dass diese Ablagerung in allen Fällen auf die Innenfläche der Zellmembran (oder durch Verdickung derselben) ge- u ee a. schehe, dass sie nicht auch auf die Innenfläche der Knorpelhöhle stattfinde und die Zellmembran gewissermassen verdränge. Im ersteren Falle würde der gewöhn- lichen Deutung gemäss der körnige Körper, welchen die centrale Höhlung enthält, . blos dem Zellenkern, im letzteren Falle der geschrumpften ganzen Zelle entsprechen. Eine directe Entscheidung scheint mir in vielen Fällen kaum möglich, und wer sich jedem einzelnen Präparate gegenüber diese Frage stellt, wird eingestehen, dass Gründe der Analogie, vor allem aber die Entwickelungsgeschichte, dazu nicht ent- behrt werden können. ‘Gewiss ist, ‘dass der äussere Contour constant der Beören- - zung der Knorpelhöhle entspricht, und dass Zellen mit verdickten Wänden, die den doppelten Contouren entsprechen, sich viel seltener isolirt finden, als gewöhnliche fötale Knorpelzellen. Beides kann dahin erklärt werden, dass die Knorpelzelle der Höhle dicht anliegt und mit ihr verschmilzt, ‘wie es in den kurz vorher angegebe- nen Fällen schon angedeutet ist. In vielen Fällen habe ich mich mit Bestimmtheit überzeugt, dass der centrale Körper, der von Jod stets am dunkelsten gefärbt wird (besonders wenn der Schnitt die Höhle geöffnet hatte), eine Zelle mit Kern war, dem inneren Contour im frischen Zustande anlag und erst beim Eintrocknen des Prä- parats zu jenem kernartigen Körper einschrumpfte. Diese Zellen, welche innerhalb der. Verdickungsschicht liegen, würde man der gangbaren Ansicht gemäss als Toch- terzellen zu deuten haben und dabei annehmen müssen, dass in alternden Knorpeln eine endogene Zellbildung stattfinde, wovon ich im wachsenden Knorpel, wo das Verhältniss viel leichter zu ermitteln ist, mich nicht habe überzeugen können. Jene Verdickungsschicht, die in ihrem Verhalten gegen Jod der Intercellularsubstanz näher steht, als der Zellmembran, geht endlich auch gleich jener mit in die Verknö- cherung ein, d. h. der pulverige Niederschlag, welcher den Beginn derselben anzeigt, reicht oft ganz bestimmt bis zu dem inneren Contour und lässt nur das Lumen der Höhle frei, während er nach aussen sich allmählig in der Intercellularsubstanz ver- liert. Auch sind Präparate nicht selten, in welchen die Verknöcherung den äusseren Contour nicht überschreitet und sich daher genau auf die Verdickungsschicht be- schränkt. Ueberschreitet die Verknöcherung den äusseren Contour, so wird derselbe meistens verdeckt und durch Entziehen der Kalksalze mittelst Säuren oft wieder sichtbar, oft aber auch nicht. Hier wird man denn eine Verknöcherung der Zell- membran bei gleichzeitiger Verschmelzung mit der Grundsubstanz statuiren, wovon beim Fötus und beim wachsenden Knorpel ebenfalls keine Spur zu finden ist. Mag die Deutung dieser Erscheinung sein, wie sie will, so ist auf alle Fälle eine Ueber- a) GE tragung dessen, was’ in vielen Fällen am ausgewachsenen Knorpel geschieht, auf die primordiale Verknöcherung überhaupt nicht gerechtfertigt, und was bisher so allge- mein [u. a. auch von Kölliker 1) in seinem neuesten Werke] als Regel aufgestellt wurde, nämlich Bildung von Verdickungsschichten und endogenen Zellen, Verschmel- - zung der Knorpelzellen mit der Intercellularsubstanz und Verknöcherung der verdick- ten Zellenwände, ist jedenfalls auf eine bestimmte Periode des Knorpellebens, näm- lich auf die nachträgliche Verknöcherung im wachsenden und permanenten Knorpel zu beschränken und gleichsam als die letzte Aeusserung der Vegetation im Knorpel zu betrachten, nachdem das Wachsthum der Intercellularsubstanz mit der typischen Grösse des Individuums sein Ende erreicht hat. An die Rippenknorpel reihen sich ihrer nachträglichen Schicksale wegen die Knorpel des Respirationsapparates. Faserbildung und Fettablagerung finden sich schon bei jüngeren Individuen vor und in der Blüthezeit. Verknöcherung beobachtete ich im höheren Alter im Schildknorpel, Ringknorpel, den Giessbeckenknorpeln und einem Theil der Knorpelringe der Trachea. Auch hier beginnt die Verknöcherung von zer- streuten Knochenkernen aus, umgibt einzelne Knorpelhöhlen und kann zuletzt fast den ganzen Bezirk der genannten Theile in diploötisches Gewebe verwandeln. Spur- weise verknöchert fand ich einmal die Epiglottis, niemals die Santorinischen und Wrisbergischen Knorpelchen. Auch im Nasenknorpel traf ich schon bei jungen In- dividuen Faserung und Fettablagerung, dagegen scheint Verknöcherung dieselben un- ter allen ächten Knorpeln am seltensten zu treffen. Beispiele der Art bieten jedoch _ die Rüsselknochen des Schweins, des Maulwurfs u. s. w. Dass die sogenannten Faserknorpel keine eigene Gewebsart, sondern Modifica- tionen der structurlosen Knorpel sind, geht nicht nur aus der Entwicklungsgeschichte hervor, die auf der ersten Stufe bei allen Knorpeln ganz dieselbe ist, sondern auch aus der Faserung, welche an vielen hyalinen Knorpeln nachträglich noch in der Grundsubstanz auftritt und häufig am Verknöcherungsrand verknöchernder Knorpel bemerkt wird. Was die sogenannten Faserknorpel auszeichnet, ist theils das frühe 1) Kölliker stützt sich a. a. ©. S. 360 auf das Beispiel des rhachilischen Knorpels, allein der rhachitische Knorpel zeichnet sich, wie H. Meyer a. a. ©. S. 296 richtig bemerkt hat, dadurch aus, dass er nicht (oder sehr spät) verknöchert. Er gleicht nicht dem fötalen, sondern dem wachsenden und permanenten Knorpel. Was seine »zum Theil schematische« Fig. 6. auf Taf. IN. betrifft, so bin ich geneigt, das Schematische gerade auf den verknöcherten Theil zu beziehen, wenigstens habe ich solche Verdickungsschichten weder beim Kaninchen, noch bei andern jungen Thieren oder beim mensch- lichen Fölus jemals wahrnehmen können. BT Auftreten der Faserung, theils die mehr complicirte, gekreuzte, netzförmig durch- brochene oder verfilztie Anordnung derselben.- Im Uebrigen gibt es alle Uebergänge ‚und Faserknorpel genug, in welchen die Anordnung auch parallel oder concentrisch ist. Niemals sind die Fasern isolirt, ‘sondern durch eine reichliche, feste Intercellu- larsubstanz verbunden, die stellenweise, besonders bei jüngeren Individuen, in grös- serer Mächtigkeit vorhanden ist, und namentlich in der Nähe der Knorpelhöhlen grös- sere und kleinere Bezirke von hyaliner Substanz bildet 1). Die Faserknorpel wach- sen gleich den anderen durch Iutussusception und Vermehrung der Intercellular- substanz mit Erweiterung der Höhlen und Vergrösserung der Knorpelzellen. Die Faserung der Intercellularsubstanz verhindert vielfache Täuschungen, welche durch die Transparenz und Spiegelung der hyalinen Knorpeln veranlasst werden; man kann daher unter allen permanenten Knorpeln in einigen hierher gehörigen, z. B. in der Epiglottis und Auricula, das Verhältniss der Knorpelzellen zu den Höhlen am besten studiren. Immer findet man einfache Zellen, nie Mutterzellen oder Gebilde, die da- für gehalten werden können. Stets fallen die Zellen leicht aus den Höhlen heraus, deren nackte glatte Wände sich leicht als Höhlungen der Grundsubstanz ausweisen. Ist die Faserung in den Wänden derselben sehr ausgesprochen, so kann man leicht zur Annahme einer concentrischen Schichtung im Innern der enthaltenen Knorpelzellen veranlasst werden, während isolirte Zellen selten eine Verdickung oder Schichtbil- dung der Membran zeigen. “Wahre Schichtbildung im Innern der Knorpelhöhlen, oft gleichzeitig mit Fettablagerung, findet sich sehr schön im Ohrknorpel des Kanin- chens, der übrigens durch mehr hyaline Structur ausgezeichnet ist (Taf. IV. Fig. 10). Im Ohrknorpel des Rindes, der Katze, des Menschen etc. waltet die faserige Inter- cellularsubstanz vor und besteht namentlich heim Kalbe aus so dicken dunkeln, den elastischen ähnlichen Fasern, dass die Zellen ganz davon verdeckt und geeignete Präparate seltener erhalten werden. In der menschlichen Epiglottis finden sich eben- falls häufig sowohl Fettablagerung, als Schichtbildung, obwohl nie in solchen concen- irischen Lagen, wie in den ächten Knorpeln der Cyclostomen u. a. 2). !) Beim Rinde bestehen auch die Giesbeckenknorpel aus Faserknorpeln, zu einer Zeit, wo die Epiglottis und Auricula noch reichliche Hyalinsubstanz enthalten. ?2) Niemals ist mir und, so viel mir bekannt, auch sonst Niemanden je wieder eine solche mit Porencanälen versehene Zelle aufgeslossen, die Henle a. a. ©. Taf. V. Fig. 8. abbildet, und ich halte Henle’s neuere Vermuthung, dass hier eine mikroskopische Täuschung obgewallet habe, für mehr als wahrscheinlich. DE: - gu Verknöcherung trifft die Faserknorpel im Ganzen seltener als hyaline Knorpel und dann scheint sie vorzugsweise, wenn nicht ausschliesslich, die nichtfaserigen Par- thieen zu treffen. Der Vorgang unterscheidet sich in nichts von dem gewöhnlichen, geht aber stets ausserordentlich langsam. Man findet daher sehr häufig, besonders in den Ligamenta intervertebralia und der Symphysis pubis, in der Nähe des Verknö- cherungsrandes einzelne Knorpelhöhlen, mit und ohne Verdickungsschichten, von einem pulverigen Kalkniederschlage umgeben (Taf. IV. Fig. 6. A) und in der Höhle die ge- schrumpfte Knorpelzelle. Es sind dies die sog. Knochenzellen, welche H. Meyer 1) [und neuerdings Kölliker 2)] aus der Symphysis pubis beschrieben und ausgebildet haben, die man aber in allen nachträglichen Verknöcherungen in der Nähe des Kno- chenrandes findet, und die ich namentlich in Gelenkknorpeln, Rippenknorpeln, Kehl- kopfknorpeln alter Leute oft gefunden habe. Die Ligamenta intervertebralia und die Symphysis pubis verhalten sich dadurch einigermassen wie Apophysen, da sie zu keiner Zeit scharf vom Knochen abgegrenzt sind, sondern die hyaline Substanz. hier continuirlich in die faserige übergeht (nach Kölliker sie sogar schichtweise durchsetzt). Die Verknöcherung rückt von beiden benachbarten Knochen her vorwärts, tritt aber auch, wie in den Rippenknorpeln, von zerstreuten Punkten im Zwischenknorpel selbst auf. Dass die Zwischenknorpel der Heiligenwirbel in der Pubertätszeit normal, die anderer Wirbel, so wie die Symphysis pubis, nicht selten im höheren Alter oder pathologisch verknöchern, ist bekannt. Man findet dann im Innern derselben gewöhn- liches diploetisches Gewebe, wie in hyalinen Verknöcherungen, Markräume u. s. w., ebensowenig aber auch Markcanälchen oder Corpuscula radiata, obgleich letztere in den secundär aufgelagerten Skelettschichten (ib. C) zahlreich gefunden werden. Der Verknöcherungsprocess scheint im Allgemeinen in dem Maasse spärlicher und seltener aufzutreten, als die Grundsubstanz faseriger wird. Er ist daher nur selten in der Epiglottis und Tuba Eustachü, nicht im Ohrknorpel, in der Cartilago tar- sus, den Santorinschen und Wrisbergischen Knorpeln angetroffen worden. Ich selbst traf nur einmal, neben ausgebreiteter Verknöcherung des Larynx und der Trachea, einzelne hirsekorngrosse und kleinere Knochenkerne (Concremente?) ohne Bildung von Diplo& in der menschlichen Epiglottis. Eine normale Ossification findet sich da- ) A.a. 0. 5. 349. 2) A.a. 0. S. 312. — MM —- gegen nach Leuckart 1) in dem Ohrknorpel des Meerschweinchens. Die Verknöche- rung erscheint ferner nicht in jenen Grenzgebieten des Knorpelgewebes, wo einzelne Zellen in ein sehr entwickeltes Faser- oder Bindegewebe eingebettet sind, wie in den Bandscheiben des Knie-, Kiefer- und Schlüsselbeingelenks, den Labra carti- laginea, den sog. Havers’schen Drüsen u. s. w. Die Knorpelzellen sind hier stets sehr klein, scharf -contourirt, füllen die Hohlräume, in denen sie liegen, ziemlich vollständig aus und isoliren sich leicht. Essigsäure macht die Kerne deutlicher als bei vielen wahren Knorpelzellen; es finden sich darunter viele grosse, bläschen- artige. Füllen die Zellen die Hohlräume nicht ganz aus, so entsteht oft das Ansehen eines doppelten Contour; Färben mit Jod zeigt aber, dass keine Verdickungsschicht, sondern ein leerer Raum die Zelle von der Höhlenwand trennt. Der Contour ist daher stets am dunkelsten und schärfsten, wenn die Zelle der Wand dicht anliegt, blässer und schwächer, wenn sie absteht (S. oben S. 35). Oft geschieht das Zu- rückweichen der Zellmembran in Folge der Einwirkung der Essigsäure und des Jods. Je reifer das Bindegewebe, desto bestimmter sind die Knorpelhöhlen ausgeprägt und in den Menisken scheinen daher die Knorpelzellen (wenn man sie so nennen darf) einfach in die Maschen desselben eingebeitet, in welchem Essigsäure viele längliche, schmale Kerne sichtbar macht. Einzelne solcher Zellen, die aber durch Essigsäure stets ganz blass werden, also die Charaktere der Knorpelzellen immer mehr aufge- . ben, finden sich noch in der Substanz der Synovialkapseln selbst. Solche, eines be- stimmten histologischen Characters entbehrende, Formen können nach meiner Ansicht nach nicht benulzt werden, um zu beweisen, dass kein histologischer Unterschied zwischen Knorpel und Bindegewebe bestehe, sondern sie werden verständlich, wenn man auf die frühesten Bildungsstufen zurückgeht, wo alle Gewebe aus demselben indifferenten Bildungsgewebe bestehen und durch blosse differente Entwicklung, ohne scharfe Continuitätstrennung, zu den specifischen Geweben des Erwachsenen heran- reifen. | Auch die Ueberzüge des Kiefer - und Schlüsselbeingelenks hat man zu den Fa- serknorpeln gerechnet. Im letzteren findet man aber immer hyalinen Knorpel, na- mentlich am Sternum, während der Knorpel am Schlüsselbein in späteren Jahren gewöhnlich faserig wird. Fettablagerung ist hier sehr gewöhnlich, der Verknöche- rungsrand dem der anderen Gelenkknorpel gleich gebildet; namentlich habe ich bei 1) Müller a. a. ©. S. 130. ni alten Leuten oft einzelne verknöcherte Höhlen vor demselben angetroffen. Auch Schichtbildung ist nicht selten. Unter den Knorpelzellen findet man einzelne mit 2 — 3 Kernen, Zellen in Zellen oder gar mehrfache endogene Zellen aber so wenig als anderwärts, sehr oft dagegen Gruppen von Zellen, die für Mutterzellen gehalten werden können. Im Kiefergelenk findet sich beim Fötus und Neugebornen ebenfalls constant hyaliner Knorpel, in besonders starker Schicht am Gelenkknopf des Unterkie- fers, welche Stelle ich beim Kalbe seit Jahren zur Demonstration des Verknöche- rungsprocesses benützt habe (Taf. I. Fig. 8). Man findet dort dieselben Knorpel- höhlen in Gruppen und Reihen, vom Knochennetz umstrickt, wie an allen Verknö- chernngsränden des Primordialskeletts, obgleich der Unterkiefer bei den Säugethieren nicht knorpelig präformirt ist. Beim Erwachsenen besteht aber sowohl der Ueber- zug des Gelenkkopfs als der mikroskopisch dünne Gelenkknorpel der Cavitas glenoi- dalis des Schläfenbeins aus sehr entwickeltem Faserknorpel, mit einzelnen Gruppen _ von schönen Knorpelzellen. Der Verknöcherungsrand wie oben. Interessant ist es, in beiden Gelenken den Uebergang des faserigen Gelenkknorpels in das ent- wickelte Bindegewebe der Synovialkapsel und des Meniscus zu studiren, in welchem sich die oben beschriebenen kleinen, scharfeontourirten Knorpelzellen befinden. Das Nähere über die abweichende Entstehung des Kiefergelenkes kann erst beim secundären Skelett zur Sprache kommen. I. Abschnitt. Vom secundären oder definitiven Skelett. Dass nicht alle, wenn auch beim Menschen und den Säugethieren die Mehrzahl der knöchernen Skeletttheile knorpelig präformirt sind, dass mithin der Rest der nicht präformirten Knochen auf eine abweichende Weise entstehen müsse, ist längst bekannt. Schon die Anatomen des 17. Jahrhunderts, Kerkring, Malpighi, Ruysch u. A. beschäftigten sich mit dieser, Frage und Nesbitt suchte schon im Jahre 1736 nachzuweisen, dass der „Knochensaft”, der von den Gefässen ausgeschieden werde, sich ebensowohl in Knorpeln als in Membranen ablagern könne. Albin und beson- ders Haller bekämpften diese Ansicht, die ziemlich verbreitete Geltung gehabt zu a 3) haben scheint, indem sie alle Knochen aus Knorpel entstehen lassen wollen. Doch sagt Albin 1) von den 'Schädelknochen, dass sie ihrer Natur nach „membranös- knorpelig” seien (horum enim species membranacea est, natura cartilaginea; reliquo- rum ne species quidem ınembranacea), eine Auskunft, die sich kürzlich in Reicherts „häutig - knorpeligen” Skelettanlagen, im Gegensatz zu den „hyalin - knorpeligen”, wiederholt hat. Die Diskussion darüber, die in neuester Zeit vom histologischen Standpunkt wieder frisch aufgenommen wurde, würde schwerlich so weit geführt haben, wenn man von Anfang mehr die Entwicklung des Knochengewebes im All- gemeinen, als die einzelner Skeletttheile für sich allein verfolgt hätte. Aus der oben gegebenen Schilderung des, Verknöcherungsprocesses im Knorpel geht schon hervor, dass die Ausbreitung des secundären Skelettes sich nicht blos auf die im Primordial- skeleit fehlenden, sondern auch auf die bereits gebildeten Theile erstreckt. Erwägt man, dass kein verknöcherter Theil einer ferneren Volumszunahme durch inneres _ Wachsthum fähig ist, so muss nothwendig alles Wachsthum des gebildeten Knochens durch Apposition von aussen, d. h. unabhängig von der primären Knorpelanlage, ge- schehen, und in der That ist das Gesetz, dass der Knochen nur durch schicht- weise Apposition oder Resorption Volumen, Gestalt und Dichtigkeit verändern könne, das wichtigste Resultat, das aus ‚den zahlreichen Versuchen mit Maceration, Säuren, Kochen, Krappfütterung, Anbohren, Anlegung von Rin- sen etc., sowie aus der Betrachtung der Regeneration bei Krankheiten der Knochen und des Periosts, von Clopton Havers und Duhamel bis auf unsere Zeit gewon- nen wurde. Bedenkt man fernerhin, dass die frühverknöcherten Theile des Primor- dialskeletts gar nicht persistiren, sondern bis auf verhältnissmässig unbedeutende Reste sogleich der Vernichtung anheimfallen, so wird man leicht einsehen, dass, mit Ausnahme der sogenannten permanenten Knorpel, nur geringe Mengen diploötischen Gewebes, welches sich hinter den Verknöche- rungsrändern, namentlich der Apophysen und Gelenke, befindet, in das definitive Skelett übergehen, die ganze übrige Masse des ver- knöcherten Primordialskeletts aber zur Bildung von Markhöhlen und Markröhren verwendet wird. Es ist klar, dass aus Knorpeln nie ein knöcher- nes Skelett von dem Umfange und der Festigkeit des Wirbelthierskeletts hervorgehen kann und es gilt als weiteres Gesetz, dass von denjenigen Thieren an aufwärts, ') Tabulae ossium p. 150. [4 — welche das knorplige Primordialskelett zeitlebens behalten (Knorpelfische), in dem Maasse als die Verknöcherung im Primordialskelett um sich greift, auch die secun- däre Knochenbildung ausgebreiteter ist, ja wir werden sehen, dass in vielen Fällen, bei Amphibien und Vögeln, die Verknöcherung im Primordialskelett gar nicht erwar- tet wird, sondern die Knochenbildung gleich als secundäre oder, wie man sich aus- drückt, als Auflagerung beginnt. Es wird sich daraus schliesslich ergeben, dass fast Alles, was von Knochenstructur, Wachsthum und Metamorphose der Knochen des erwachsenen Körpers in den Handbüchern bisher ge- lehrt wurde, auf das secundäre Skelett zu beziehen ist. Um dies darzuthun und eine allseitige Verständigung zu erzielen, dürfte es zweck- mässig sein, von der Structur des fertigen Skelettes auszugehen und in der Beob- achtung seiner Entstehung, auf dem umgekehrten Wege der bisherigen Untersuchung, bis zu dem Punkte herabzusteigen, wo wir das Primordialskelett gelassen haben und das secundäre Skelett sich an dasselbe anschliesst. Dort angelangt, wird man am besten im Stande sein, das Verhältniss beider ins Auge zu fassen und ihre wahre Bedeutung zu erkennen. Gap. I. Vom fertigen Knochengewebe. Die Resultate der Untersuchungen über den Bau und die Structur des fertigen Knochens, die man so ziemlich als abgeschlossen betrachten darf, lassen sich mit wenigen Worten folgendermassen zusammenfassen. Alle Knochen bestehen aus einer organischen Grundlage und einer im Verhältniss zu anderen Geweben unverhältniss- mässig grossen Menge unorganischer Salze, welche mit einander aufs innigste ver- bunden sind. Man erhält die organische Grundlage durch Ausziehen der Salze mit- telst verdünnter Säuren, die Salze durch Caleiniren, indem man die organische Grund- lage durch Glühen zerstört. In beiden Fällen erhält man die Gestalt des Knochens, dort als eine weiche, biegsame Substanz (Knochenknorpel der Autoren), hier als ein sprödes, leicht zerbröckelndes, erdiges Gerüste. Die Bewahrung der Continuität der Knochentheilchen in beiden Fällen ist ein sicherer Beweis, dass die Verbindung der organischen und unorganischen Materie auf keiner gröberen Juxtaposition, son- dern auf einer innigen moleculären Durchdringung beruht. Histologisch stimmt die Knochenmaterie mit der Grundsubstanz des hyalinen Knorpels darin überein, dass sie ebenfalls durchaus homogen, allenthalben gleich dicht ist und das Licht allen- thalben auf gleiche Weise bricht, unterscheidet sich aber von ihr durch einen regel- mässigen Lamellenbau, der. besonders am präparirtien Knochenknorpel deutlich her- vortritt. In dieser homogenen Grundmasse finden sich gewisse Systeme von Hohl- räumen, auf welche man sich bezieht, wenn man von einer Structur des Knochen- gewebes spricht. Schon mit freiem Auge unterscheidet man an allen Knochen eine dichtere peripherische und eine porösere centrale Substanz (Diplo&), welche beide continuirlich in einander übergehen und von welchen die letztere nur an den ganz dünnen und platten Knochen fehlt. Je nach der Gestalt und Dimension der betref- fenden Hohlräume unterscheidet man Markröhren, Markzellen, Canäle für Blutgefässe und Nerven. Ihre ‚Anordnung ist von den Gestalt- und Volumsverhältnissen der einzelnen Knochen bedingt und daher variabel. An Knochenschliffen, die durchsich- tig und fein genug sind, um bei mässigen Vergrösserungen betrachtet zu werden, gewahrt man ein regelmässigeres und allgemeiner verbreitetes System von Hohl- räumen in Form von feinen anastomosirenden Canälen, welche die homogene Grund- substanz vorzugsweise in der Rindensubstanz durchziehen, die sogenannten Havers- schen oder Markcanälchen, die in keinem Knochen, mit Ausnahme der dünnsten Knochenplätichen, ganz fehlen. Sie dienen der Verbreitung der feineren Blutgefässe . und Nerven nebst dem sie umhüllenden und tragenden Bindegewebe, und münden daher allenthalben auf die äussere Oberfläche sowohl als in die Hohlräume, welche die grösseren Gefässstämme und Nerven enthalten. Sie sind ziemlich constant von concentrischen Knochenlamellen gebildet, während andere Lamellen der Peripherie des Knochens (Periosts) parallel laufen. Erst bei stärkeren Vergrösserungen und an dünneren Schliffen wird ein noch feineres Röhrensystem deutlich, welches in Ge- stalt äusserst feiner und sehr zahlreicher Canälchen die Knochenlamellen durchzieht. Diese Canälchen stehen untereinander und mit den Markcanälchen allenthalben in Verbindung und münden auch frei auf die Oberfläche und in die Markhöhlen des Kno- chens. Bei den meisten Thieren münden sie in ziemlich regelmässigen Abständen, zu mehreren, in rundliche oder elliptische Höhlungen, die sogenannten Knochenkör- perchen, die auch den dünnsten Knochenblättchen, die keine Markräume und Mark- canäle haben, nicht fehlen und als empyrisches histologisches Merkmal des Knochen- gewebes in der ganzen Thierwelt | (mit Ausnahme einiger Fischknochen) benützt werden können. Die ersten Entdecker, Deutsch und Joh. Müller, glaubten in diesen feinsten Canälchen, die zum Durchgang für Blutgefässe zu eng sind, einen Theil der unorganischen Materie deponirt und nannten sie kalkführende; es ist jedoch bereits durch hinreichende Thatsachen festgestellt, dass sie wirkliche Hohl- ai räume sind und im natürlichen Zustand keinen festen Inhalt besitzen. Sie vertreten in den Knochen die Rolle eines Capillargefässsystems und sind als die feinsten Aus- breitungen des zur Ernährung der Knochen dienenden Röhrensystems anzusehen. Da sie unzweifelhaft nichts anderes als Blutwasser führen und der Name Kalkcanäl- chen nicht beibehalten werden kann, so könnte man sie zum Unterschiede von den Mark - oder Gefässcanälchen etwa Safteanälchen oder, wenn man den Namen des Entdeckers vorzieht, jene Havers’sche, diese Müller’sche Canälchen nennen. Was die Entstehung dieser verschiedenen Hohlräume angeht, so betrachtet man allgemein die grösseren Markräume und Markröhren, wie die Entstehung der Diploe überhaupt, als Folge eines Schmelzungs- oder, wie man sich ausdrückt, eines Resorp- tionsprocesses in der verknöcherten compacten Grundsubstanz.: Hinsichtlich der fei- neren Röhrensysteme aber gehen die Ansichten sehr auseinander und nur darin stimmten bis vor Kurzem die meisten Beobachter überein, dass sie den Knochen im histogenetischen Sinne als verknöcherten Knorpel auffassten, dass sie daher ‘stets von der Vergleichung des fertigen Knochens mit dem fertigen Knorpel ausgingen und die Structurelemente des ersteren auf die des letzteren zurückführen zu müssen glaubten. Es genügt, auf die Widersprüche’ hinsichtlich der Bildung der Knochen- körperchen hinzuweisen, um die Schwierigkeit, wenn nicht Unmöglichkeit einer be- friedigenden Lösung der Aufgabe unter diesen Voraussetzungen anschaulich zu ma- chen. Von den drei hauptsächlichsten darüber aufgestellten Hypothesen scheint die erste von Schwann herrührende, welche die Knochenkörperchen als Zellen mit ästigen Ausläufern innerhalb der compacten Grundsubstanz auffasste, ihrer physicali- schen Schwierigkeiten wegen jetzt allgemein verlassen zu sein 1). Die zweite, welche den Kernen der Knorpelzellen diese Metamorphose zuschrieb, ist neuerdings wenigstens von einem ihrer Urheber 2) widerrufen worden. Nach der dritten, die ebenfalls von Sch wann aufgestellt und von Henle durch jene oft citirte, verein- en LP ll 2.2 et Pr ) Nur Virchow hat dieselbe (Verhandl. der physic. mediz. Ges. in Würzburg Il. Bd. S. 151) so eben wieder aufgenommen, geslülzt auf die Beobachtung, dass sich durch Kochen in Salzsäure Knochenkörperchen sammt Canälchen isoliren lassen. ‘Dieser Schluss ist mindestens sehr voreilig. Ich sehe dadurch nur ein allgemeines Gesetz bestätigt, dass die Knochensubstanz da, wo sie den er- nährenden Säften am nächsten ist, die grösste Dichtigkeit besitzt, und zweifle nicht, dass bei forlge- setziem Kochen auch die isolirten Knochenkörperchen sich auflösen werden. Es ist klar, dass solche vereinzelte und zufällige Wahrnehmungen die Resultate der Entwicklungsgeschichte weder ersetzen noch widersprechen können. 2) H. Meyer.a.'a. O. S. 29. N a a zelte und unsichere Beobachtung an einem Faserkriorpel (der Epiglottis, welche sonst nie verknöchert) gestützt wurde, entstehen die Knochenkörperchen mit ihren Canäl- chen, nach Art der Porencanäle der Pflanzen, durch Schichtbildung auf der Wand der Knorpelzellen. Diese Ansicht, welche am meisten Beifall gefunden hat und welcher auch Kölliker, besonders nach Untersuchung an rhachitischen Knochen, zustimmt, lässt es wie die vorigen unerklärt,' wie die Canälchen über den Bezirk der ursprüng- lichen Zelle hinausreichen und mit einander in Verbindung treten. Kölliker hält zwar 1) „eine Fortbildung oder ein Weiterschreiten der Knochencanälchen durch Re- EIER. a. 0. S. 362. "Was den rhachilischen Knochen betrifft, so kann ich nach älteren und neueren Untersuchungen ausgezeichneler Fälle von Rhachilismus, die ich aufbewahre, der Beschreibung meines geschätzten Freundes im Allgemeinen beistimmen. Namentlich zeichnet sich derselbe schon. im knorpeligen Zu- stand durch exquisite Verdickungsschichten aus und sehr häufig erscheint die Verknöcherung auf diese Verdickungssehicht und selbst auf einzelne Knorpelhöhlen beschränkt. Oft haben auch die übrig ge- ‚bliebenen Lumina ein ausgezeichnet gezackles oder gekerbtes Ansehen und ähneln daher den gewöhn- lichen Knochenkörperchen ausserordentlich., In einigen Fällen hat es mir sogar geschienen, als er- streckten sich diese Einkerbungen über die Verdickungsschicht hinaus in die Intercellularsubstanz, doch sah ich von einem zusammenhängenden Netze von Canälchen keine Spur, auch ist die Gestalt und Grösse dieser im Knorpel gleichsam präformirten „Knochenkörperchen“ sehr unregelmässig. Aus diesen Thalsachen kann die Möglichkeit erschlossen werden, dass unter günstigen Verhältnissen — wenn nämlich die Verknöcherung sehr verspätet, an einzelnen Punkten und laugsam auftritt — aus Koor- pelzellen mit verdickten Wänden nach und nach Höhlungen entstehen, welche den sog. Knochenkör- perchen sehr ähnlich sind. Die Müller’schen Canälchen, die jedenfalis das Wesentlichste sind, würden dann freilich, wenn sie überhaupt vorkommen, nur zum Theil nach Art der Porencanäle der Pflanzen, der Hauptsache nach durch einen nachträglichen Verflüssigungsprocess zu geschehen haben. Auf die normale Verknöcherung. scheint mir: aber diese Möglichkeit schon darum nicht anwendbar, weil Verdickungsschichten, ohne welche an Porencanäle nicht zu denken ist, im fötalen Knorpel überhaupt nicht vorkommen und erst in späteren Perioden im wachsenden und permanenten Knorpel erscheinen, denen sich der rhachitische in jeder Beziehung anschliesst. Selbst der permanente Knorpel unter- scheidet sich von dem rhachilischen einigermassen dadurch, dass die Einkerbungen der Verdickungs- schicht sehr selten und kaum je so zahlreich und ausgeprägt sind, wie im rhachilischen Knochen, was vielleicht mit der lebhafteren Wucherung des letzteren zusammenhängt. Niemals erkennt man in fö- talen Knochen an der Zahl, Anordnung und Distanz der radiirten. Knochenkörperchen, welche in einiger Entfernung hinter dem Verknöcherungsrand nicht fehlen, jene so characteristische Reihenbildung, welche die verknöchernde Knorpelschicht auszeichnet; die Knochenkörperchen sind sogar fast ebenso constant nach der Längsachse des Knochens gerichtet, wie die reihenbildenden Knorpelkörperchen nach der Queere. Ein regelmässiger und constanler Uebergang dieser in jene ist endlich desshalb proble- matisch, weil jene Reihen und Gruppen von Knorpelkörperchen gar nicht persistiren, sondern unmittelbar hinter dem Verknöcherungsrand in der oben geschilderten Weise einschmelzen und spurlos untergehen. Dieser Vorgang, bei welchem namentlich zuerst die theilweise noch knorpeligen Queerbrücken der einzelnen Reihen untergehen und die einzelnen Knor- pelhöhlen zusammenfliessen, ist in allen fötalen Verknöcherungen so unverkennbar, dass ich die Schwie- er sorption von schon gebildeter Knöchensubstanz” für annehmbar; bei einer solchen Annahme geht aber gerade die ursprüngliche Absicht und Hauptstütze der Ansicht, nämlich die Analogie mit der Pflanzenzelle, bei welcher eine Communication der Porencanäle verschiedener Zellen trotz der mangelnden Intercellularsubstanz nicht stattfindet, wieder verloren. Eine kaum geringere Schwierigkeit veranlasst der fa- serige und lamellöse Bau des durch Säuren dargestellten Knochenknorpels, der sich im fötalen Knorpel niemals findet und den Henle u. A. nicht anders als durch eine secundäre Zerschichtung der compacten Knochensubstanz zu erklären vermochten. Wenn man erwägt, dass diese Lamellen nicht blos concentrisch den ganzen Knochen, sondern auch die einzelnen Markeanälchen umgeben und dass sie erst nach der Bildung der letzteren auftreten, wie schon Henle 1) wusste, so wird man eine andere Er- klärung wünschenswerth finden müssen. Die passenden Objecte zu einer klaren Erkenntniss der Knochenstructur bieten aber weder die ersten Skelettanlagen im Fötus, noch die fertigen Knochen des Erwachsenen, sondern die viel weniger unter- suchten im Wachsthum begriffenen Knochen des jungen Thiers, weil man nur- hier sicher ist, definitives Knochengewebe in seiner Entstehung anzutreffen. Von diesen soll daher zunächst gehandelt werden. Cap. I. Von den Knochen während des Wachsthums. Untersucht man einen beliebigen Knochen eines wachsenden Thieres, so fällt es bald auf, dass sich das Periost nicht überall als eine distincte Haut abziehen und eine glatte Knochenoberfläche zurück lässt, sondern dass eine scharfe Grenze zwischen Kno- chen und Periost gar nicht existirt und dass stets deutliche Knochenlamellen am Periost haften bleiben und mit demselben heruntergehen. Auffallend ist auch die grosse Weichheit des Knochens, die sich dadurch zu erkennen gibt, dass sich belie- bige Lamellen, die zur mikroskopischen Untersuchung geeignet sind, bis zu einer bedeutenden Tiefe mit Leichtigkeit herunter schneiden lassen. Ich habe dazu die Knochen des Kalbes am dienlichsten gefunden, die sich von denen das Hundes, der rigkeilen, welche Kölliker a. a. O. gefunden, nur auf Rechnung der vorgefassten Ansicht von dem Uebergang der Knorpelzeilen in Knochenkörperchen setzen kann. Uebrigens muss schliesslich erwähnt werden, dass die Bildung des secundären Knochengewebes vom Periost, den Markcanälen und Mark- räumen aus, in derselben Weise im rhachitischen Knochen stattfindet, wenn sie im Verfolge als all- gemeines Vorkommen geschildert wird. 1) A. a. 0. S. 837. ! Katze, des Menschen u. a. durch eine besondere Klarheit und Weichheit des jungen Knochengewebes auszeichnen. Verfolgt man an successiven feinen Schnitten vom Schädel, vom Unterkiefer, von Röhrenknochen u. dgl. das Periost bis in die Knochen- substanz hinein, so findet man in den äusseren Schichten vollkommen entwickelte Bindegewebsbündel und Fibrillen, die durch Essigsäure sehr blass werden, während zerstreute schmale Kernreste und wenige sehr feine Kernfasern sichtbar werden. Bringt man eine ganze Lage Periost, nachdem man es durch concentrirte Essigsäure rasch durchsichtig gemacht hat, unter das Compositum, so gewahrt man ausserdem die schönsten Blutgefässe und Nervenverzweigungen. Erstere haben bereits ihre characteristischen mehrfachen Häute, letztere bilden Plexus und Anastomosen und un- terscheiden sich von denen der Erwachsenen durch häufig .aufsitzende längliche und spindelförmige Kerne. Vermittelst des Compressoriums lassen sich ziemlich umfäng- liche Präparate herstellen, in welchen man den Verlauf der Gefässe und Nerven studiren kann; doch ist es schwer, einzelne Nervenfasern zu verfolgen, da sie sehr blass und gegen das Ende besonders durch die aufsitzenden Kerne leicht mit feinen‘ Gefässen und Kernfasern verwechselt werden können. Ich glaube Theilungen und Endigungen einzelner Nervenfasern jedoch in derselben Weise gesehen zu haben, wie ich sie 1) zuerst im Mesenterium des Frosches gesehen, wo die einzelnen Fasern in dünne mit länglichen Kernen besetzte Fäden auslaufen, die im Bindegewebe unter- gehen. Mit Bestimmtheit kann ich angeben, dass im Periost trotz seines Reichthums an Nerven, da man kaum ein Präparat verfertigt, ohne auf Nervenfasern zu stossen, keine Endschlingen von Primitivfasern zu finden sind. Schreitet man zu tieferen Schichten des Periosts fort, so wird das Aussehen ein ganz anderes; von Bindegewebe, Gefässen und Nerven ist nichts mehr zu sehen. Man stösst statt ihrer auf eine Ausbreitung halbfesten Blastems, in welchem nur eine undeutliche Streifung wahrzunehmen ist, durch Essigsäure aber eine Menge dicht- gedrängter kleiner stäbehenförmiger Kerne erscheinen. Man erhält diese Lage, in- dem man mit dem Scalpell die innere Fläche des abgezogenen Periosts abschabt, und es erhellt, dass sie nur eine jüngere, unreifere Bindegewebsschicht ist, welche in die reife, äussere continuirlich übergeht. Bei ganz oberflächlichem Hinstreifen erhält man meistens nur eine Anzahl rundlicher oder unregelmässig gestalteter Körperchen, die den primären Bildungskugeln an Grösse, Form und Blässe ähnlich sehen, und in ') Zeitschrift fur wissenschaftliche Zoologie I. S. 174. a welchen Essigsäure einen rundlichen Kern darstellt. Ein Theil dieser Körperchen ist. wirklich kaum grösser als der durch Säure hervortretende Kern, andere aber sind zellenähnlich, lassen schon ohne Zusatz einen rundlichen, mitunter bläschenarti- sen Kern mit einem oder mehreren Kernkörperchen und unregelmässig rundlicher, ovaler, spindelförmiger oder geschwänzter Umhüllung erkennen, die nicht mit schar- fen Contouren, sondern: sehr blass und fein granulirt auftritt, und durch Essigsäure sehr schnell fast unsichtbar wird. Dieselben Elemente erhält man in grosser Anzahl, oft in zusammenhängenden Lagen, wenn man über die entblösste Knochenfläche sanft hinstreift, und man erkennt-schon mit freiem Auge eine dünne schleimige Schicht, welche von dem Scalpell leicht entfernt wird und ganz aus diesen unreifen Zellen besteht. Durch diese Schicht hindurch gehen allenthalben zahlreiche zarte Fortsätze des Periosts in den Knochen hinein und sind die Ursache, dass er so fest an dem- selben adhärirt und dass beim Abziehen leicht dünne Lamellen von Knochensubstanz mit fortgerissen werden. | Betrachtet man daher die innere Fläche des abgezogenen Periosts, das man mit Essigsäure durchsichtig gemacht hat, bei starker Vergrösserung, so stösst man mit- ten in dem gleichförmig durchsichtigen, .mit Kernen durchsäeten, Gewebe hie und da auf Streifen und Inseln einer weniger durchsichtigen, aber homogenen und eigenthüm- lich spiegelnden Substanz, die in Fasern oder Streifen abgelagertem Knorpel gleicht. Sie wird durch Essigsäure: ebenfalls durchsichtiger, aber weniger als das Binde- gewebe, und tritt dadurch sehr deutlich hervor. Sie bildet an grösseren Stücken eine unregelmässige, neiz- und maschenartige Ausbreitung, worin Lücken und Queer- brücken von sehr ungleichen Dimensionen sind. Man kann dieses Gewebe mit Nichts besser vergleichen, als mit einigen Formen des frischgeronnenen Faserstoffs, wenn er noch seine cavernöse, netzförmige Structur hat. Eine Faserung ist darin nicht ausgesprochen, doch geht die Maschenausbreitung in bestimmten Richtungen, gewöhnlich in der des längsten Durchmessers des Knochens. Diese Streifen und Inseln eines lockern Maschengewebes werden allmählig durch Apposition dichter, compacter, fliessen mit benachbarten zusammen, und man gewahrt an feinen Lamellen, die man von der Oberfläche des entblösten Knochens abzieht oder abschneidet, wie die einzelnen Maschenräume sich nach und nach bis zu einem gewissen Grade aus- füllen. Diese Ausfüllung der Maschen geschieht, wie die erste Ablagerung überhaupt, in Form gröberer und feinerer Queerstreifen und Brücken, die ein immer feiner und dichter werdendes Gitterwerk darstellen, das einen höchst zierlichen aber schwer 2 durch die Zeichnung wiederzugebenden Anblick gewährt (Taf. I. Fig. 2—4). Die Ausfüllung und Schliessung der Maschen erfolgt aber nicht überall in gleichem Grade, sondern nach einem bestimmten Typus. Es schliesst sich nämlich nur ein Theil, na- mentlich der kleineren Maschen bis auf Minnimum oder ganz, während ein anderer Theil als längliche, ovale und rundliche Spalten übrig bleibt. An grösseren Lamel- len von der Oberfläche des Knochens gewahrt man sehr früh ein doppeltes System von solchen Spalten oder Lücken, die ziemlich regelmässig und mit dem längsten Durchmesser nach derselben Richtung gestellt sind; grössere von 0,05‘ Länge und darüber und etwa den 8— 10. Theil’ so breit, und kleinere elliptische Spältchen won 0,003 bis 0,005‘ und darüber, zwischen und längs den grösseren gereiht (Fig. 4, 6, 7). Die Substanz der Lamellen, welche diese Spalten enthalten, sieht sehr hell, durch- ' sichtig und schwachfaserig oder gestreift aus; sie hat daher einige Aehnlichkeit mit der Längsfaserhaut der Arterien, der sie namentlich auch hinsichtlich der Spalten oder Löcher oft ähnlich sieht. Auch die innere Wurzelscheide der Haare kann er- läuterungsweise hier angeführt werden, ohne dass damit etwas anderes als eine rein morphologische Aehnlichkeit ausgedrückt werden soll. So dünn und fein man auch die Lamellen von der Oberfläche des Knochens’ nehmen mag, so wird es doch kaum gelingen, ein grösseres Stück davon zu erhalten, welches nicht schon weitere Ent- wicklungsstufen enthält; und man hat daher die so eben beschriebene als eine äusserst schnell vorübergehende anzusehen und muss oft zufrieden sein, sie an den Rändern der Schnitte (welche meistens mehrere Lamellen enthalten) als gesonderte Schicht zu erhalten. Am sichersten gewahrt man sie an feinen abgezogenen Lamellen, deren letzte, fast ganz durchsichtige Ränder und Ausläufer in der Regel nur die oberste Schicht enthalten. Schon während der Ausfüllung der Maschen und Spalten beginnt stets die Deposition der Kalksalze und gibt sich durch eine äusserst feinkör- nige Trübung der Grundsubstanz zu erkennen. Sie erscheint namentlich in der com- pacteren Zwischensubstanz und in den Brücken zwischen den grösseren Spalten und . um die kleineren Spältchen herum. Letztere haben sich bald bis zu einer gleichmäs- sigen Grösse geschlossen, die Contouren ihrer Wände sind leicht gekerbt, diese selbst durch Kalkablagerung dunkel und körnig geworden; aus dem letzteren Grunde tritt die Höhlung sehr bestimmt hervor und erscheint nun schon in der unverkenn- baren Gestalt der Knochenkörperchen (Fig. 8). Die seichten Einkerbungen ihrer Contouren entsprechen der Einmündung der feinen Canälchen, die man so zu 13 a sagen von Anfänge an als feine Strichelchen erkennt und die dem jungen Knochen ein eigenthümliches queergestricheltes Ansehen geben. Ein Tropfen Salzsäure entfernt die körnige Trübung sogleich unter Gasentwicklung, die Canälchen scheinen zu verschwinden und die Knochenkörperchen werden so blass und einfach elliptisch, wie man sie am präparirten Knochenknorpel des Erwachsenen zu sehen gewohnt ist. Ohne Zweifel werden die Canälchen in beiden Fällen nicht zerstört, sondern nur unsichtbar, theils durch Veränderung des Lichtbrechungsvermögens der ihrer Salze beraubten Grundsubstanz, theils aber durch das beträchtliche Aufquellen der Grund- substanz nach Behandlung mit Säure. Dadurch erscheint nicht blos das ganze Prä- parat voluminöser, als vor der Entziehung der Salze, sondern auch die „Knochen- körperchen” bedeutend, oft bis zum Verschwinden, verengert. Die feinen Canäl- chen werden dabei so vollständig ausgeglichen, dass selbst die Einkerbungen an den Wänden der Knochenkörperchen, die ihre Einmündungen anzeigen, verschwinden. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die sogenannte compacte Substanz des Knochens zu keiner Zeit absolut dicht und homogen ist; sondern sie ist das Resultat eines Ver- dichtungs- und Ausfüllungsprocesses in einem Maschenwerke und die Saftcanälchen sind im Wesentlichen nichts Anderes als die feinsten, von der Ausfüllung verschont gebliebenen Lücken jenes Gitterwerkes, oder die zuletzt übri- gen Interstitien zwischen den Fasern desselben (wenn man die Brücken und Stäbe des Gitterwerkes so nennen will), und bei der ersten Anlage des Knochen- gsewebes schon angelegt. Es kann sehr wohl sein, dass die definitive und re- gelmässige Communication derselben durch eine stellenweise Wiederverflüssigung zu Stande kömmt und regulirt wird, wie dies nach der Ansicht derjenigen, welche die Knorpelzellen des Primordialknorpels in Knochenkörperchen übergehen lassen, allein denkbar wäre; die Entwicklung geht aber so rasch, dass dieses Arrangement mit der ersten Anlage des Maschenwerks schon zusammenfällt, und Präparate, an wel- chen der feinmaschige canaliculäre Bau schon an den jüngsten Lamellen und vor der Verknöcherung deutlich ist, sind keineswegs selten, wenn auch nach der Ablagerung der Kalksalze die Grenzen zwischen Substanz und Hohlräumen optisch viel zugäng- licher werden. Vergleicht man diese Ergebnisse mit den oben geschilderten Eigenthümlichkeiten des primordialen Knorpelgewebes, so muss der Unterschied sehr beträchtlich schei- nen; denn wenn man auch die knorpelähnlich spiegelnde Substanz, aus welcher jenes peripherische Maschenwerk des wachsenden Knorpels besteht, ohne weiteres als ap präformirten Knorpel gelten lassen und sich darauf berufen will, dass auch der primor- diale Knorpel aus indifferentem Blasteme hervorgeht, welches erst nach und nach die characteristischen Eigenschaften zeigt, so scheint doch jenes Hauptkriterium des Knorpels, die Bildung von Knorpelzellen und ‘Knorpelhöhlen, die im primordialen Knorpel eine so regelmässige Anordnung zeigen nnd mit dem Wachsthum desselben so eigenthümliche Veränderungen erleiden, zu fehlen. Eine genaue Prüfung lässt diesen Unterschied weniger stringent erscheinen. Die Knochenkörperchen in den jüngsten Lamellen des wachsenden Knochens scheinen allerdings auf den ersten Blick, gleich den übrigen Maschen und Spalten, einfache Lücken der Grundsubstanz und vollkommen leer zu sein; es: lässt sich aber „ besonders nach Behandeln der frisch- verknöcherten Lamellen mit Essigsäure und Färben mit Jod, wenigstens in sehr vie- len ein rundliches oder längliches, dunkelgefärbtes Körperchen entdecken, welches die Höhle mehr oder weniger ausfüllt und den Knorpelzellen oder geschrumpften Körpern der primordialen Knorpelhöhlen an die Seite gestelli werden kann. Jene Körperchen unterscheiden sich von den letzteren durch ihre geringe Grösse, die dem Lumen der Knochenkörperchen entspricht und die Grösse der kleinsten unter jenen zellenähnlichen Körperchen, welche man auf der Oberfläche des wachsenden Kno- chens und unter der tiefsten Schicht des Periosteum antrifft, nicht übersteigt. Die grösseren Zellen mit gesondertem Kerne nebst Hülle, die wohl auch in jener Schicht gefunden werden, trifft man in den Hohlräumen des Maschenwerks nicht an, sie müssen daher eine anderweitige Bestimmung haben. Für das Letztere spricht der Um- stand, dass sie durch Essigsäure mit Hinterlassung der Kerne fast spurlos verschwin- den, mithin eines Hauptcharacters der Knorpelzellen entbehren, noch mehr aber die mannigfache Gestaltung, namentlich die Uebergänge in spindelförmige und geschwänzte Zellen, die bei ächten Knorpelzellen nicht vorkommen. Ich halte sie daher für Binde- gewebselemente, wie sie allenthalben im Embryo gefunden werden, wo sich neues Bindegewebe bildet, und rechne sie zu dem Periost, das, wie die innerste Blastem- schicht mit dicht eingestreuten stäbchenförmigen Kernen zeigt, ebenfalls noch im Wachsen begriffen ist. Die Lage der kernhaltigen und zellenähnlichen Körperchen scheint schliesslich das indifferente Bildungsgewebe zwischen Periost und Knochen zu repräsentiren, von welchem aus nach der einen Seite die Entwicklung des periosta- len Bindegewebes, nach der anderen die des Knochengewebes fortschreitet. Was aber das secundäre Knochengewebe vor dem primordialen auszeichnet, ist demnach hauptsächlich seine unendlich viel raschere Entwicklung, denn es er- sw. reicht seine definitive Gestaltung fast im Momente der ersten An- lage. Den primären Bildungskugeln ist hier keine Zeit gelassen, die im primordia- len Knorpel gewöhnliche Entwicklung und Ausbildung zu „Knorpelzellen” zu errei- chen; sie sind vielmehr schon gleich nach‘ der Bildung der Knochenkörperchen den geschrumpften Körpern des Knorpels gleichzustellen und dem Untergang verfallen. Im älteren Knochen sind Formtheile in der Höhle der Knochenkörperchen daher ziem- lich selten; was man für festen Inhalt‘ derselben genommen hat, waren häufig Luftblasen, ‘wenn die Präparate vor der Untersuchung der Luft ausgesetzt waren, oder detritischer Schmutz , wenn man an künstlich bereiteten Knochenschliffen unter- suchte. An Schnitten von frischem Knochengewebe sind daher die Knochenkörper- chen immer hell, 'an Schliffen stets dunkel, wovon ich mich durch hundertfältige Prü- fung überzeugt habe. 1% Wenn demnach zellenartige Gebilde bei der Entstehung der Knochenkörperchen nur einen untergeordneten Antheil haben und gewissermassen nur die Stellen andeu- ten, wo ein Knochenhöhlchen offen bleiben soll, so ist ihr Antheil ganz Null bei der Bildung der Markcanälchen des wachsenden Knochens, und wenn schon beim Prı- . ‚mordialknorpel eine Entstehung von Markcanälen aus verschmolzenen Knorpelzellen ab- gewiesen werden musste, so kann davon am wenigsten in den Periostauflagerungen die Rede sein, wo: weite Knorpelhöhlen, Zellenreihen u. s. w. gar nicht vorkommen. Man braucht nur an den oben erwähnten Stellen mit der Abtragung der Lamellen des wachsenden Knochens fortzufahren, um sich namentlich an dickeren Schnitten zu überzeugen, dass das oben beschriebene System der grösseren Lücken und Spalten im Netzwerk nichts Anderes ist, als die Anlagen und Mündungen der Markcanäle, die man sich so vorstellen kann, als wenn sie durch die Lamellen des Knochens hin- durchgebohrt wären, und die in der That dadurch entstehen, dass jede folgende La- melle sammt ihren Spalten die nächstvorhergehende nahezu deckt. Durch succes- sive Schichtung wird dann die Spalte oder das. Loch in der ersten Lamelle zu einem Canale im Knochen. Die einzelnen Lamellen decken sich jedoch nicht so vollstän- die, dass dadurch lauter senkrecht auf die Achse des Knochens stehende Canäle ent- stehen, sondern sie decken sich in der Weise, dass jede folgende Lamelle etwas über die vorhergehende hinausrast, gewissermassen weiter vorgeschoben ist. Der Canal erhält dadurch eine schiefe Richtung und wird nach oben durch jede folgende Lamelle etwas weiter überwölbt. Dieses Verhältniss wird besonders klar bei der Betrachtung der Schädelknochen, z. B. des Scheitelbeins, wo die Anordnung der — Mi — Havers’schen Canäle eine grössere Regelmässigkeit hat, wie man noch am fertigen Knochen an den riffartigen Unebenheiten erkennt, welche radiär vom Tuber parietale ausstrahlen. Diese Riffe finden sich an den wachsenden Knochen besonders deutlich, und aus den oberflächlichen Lamellen derselben bestehen jene knorpeligen Streifen, welche dem Periost beim Abziehen folgen und auf seiner inneren Seite gefunden werden. Betrachtet man eine mässig dicke, oberflächliche Lamelle des wachsenden Knochens (Fig. 5. a) bei mässiger Vergrösserung, so erscheinen die Lücken und Spalten als trichterartige Canäle, die den Horizontalschnitt des Knochens in mehr oder weniger schiefer Richtung durchsetzen. Sehr oft sieht man diese Canäle in tiefe Furchen münden, welche zwischen jenen Riffen hinziehen und als Halbcanäle erscheinen (Fig 6. b), die durch fernere Auflagerungen nach und nach weiter über- wölbt werden. Dass die Markcanälchen im Allgemeinen nicht ganz parallel der Oberfläche oder Achse des Knochens verlaufen, sondern ein Maschennetz mit mehr oder weniger regelmässigen, spitz- und stumpfwinkligen, gestreckten Maschen bilden, zeigt jeder Knochenschliff und man erhält daher auch in allen möglichen Ebenen schiefe Durch- schnitte der Markcanälchen. Schon Haverst), welcher dieselben zuerst wenn nicht gesehen, doch als zusammenhängendes Röhrensystem erkannt hat, beschreibt die Unregelmässigkeiten ihres Verlaufs sehr gut und gibt sich viele Mühe, nachzu- weisen, wie die Festigkeit des Knochens eine regelmässige Anordnung der „Poren’” in den einzelnen Lamellen nicht erlaube. Sie erklären sich, wenn man die möglichen Abweichungen in der Richtung einzelner Canäle während der fortdauernden Auflage- rung sich vorstellt, und man hat nicht nöthig, einen besonderen Resorptions- oder Wiederverflüssigungsprocess zu Hülfe zu- nehmen. Der lamellöse Bau des fertigen Knochens ist nach dem Gesagten nicht das Product einer secundären Spaltung, son- dern von vorn herein bei der ersten Anlage des Knochens gegeben, und wenn der- selbe an einfachen Knochenschliffen seltener und weniger deutlich als am präparirten Knochenknorpel wahrgenommen wird, so dürfte sich dies leicht aus der gelockerten Cohärenz des letzteren erklären, die durch die Operation des Schliffes oder Schnit- tes noch vermehrt wird. Nicht minder erklärlich ist die regelmässige Anordnung der Knochenkörperchen im Umkreis der einzelnen Markcanälchen sowohl als des ganzen Knochens, denn es findet nicht nur eine successive lamellöse Schichtung um den gan- 1) Novae quaedam observaliones de ossibus. Amstelod. 1731. $. 3%. 37. — 12 — zen Knochen, sondern auch auf den Wänden der gebildeten Markcanälchen statt, die von den in ihrem Innern auftretenden Gefässen ausgeht und das anfangs beträcht- lichere Lumen allmählig auf das im Erwachsenen sich fixirende Maass redueirt. Die Communication der Müller’schen Canälchen in verschiedenen Schichten erklärt sich daraus, dass die letzteren nicht scharf geschieden, sondern continuirlich in einander übergehende Lagen desselben Bildungsgewebes sind, welche fortwährend auf sämmt- liche Oberflächen des wachsenden Knochens abgesetzt werden, übrigens keineswegs eine überall gleichmässige Dieke und Ausbreitung haben und daher namentlich im Innern der Markcanälchen oft einseitig angelegt und unterbrochen sind. Die faserige Structur des Knochenknorpels endlich ist nichts Anderes, als das ursprüngliche Git- terwerk der secundären Knochensubstanz, das sich nach Entziehung der Salze und der Sprödigkeit in Fetzen oder faserartigen Streifen und Fragmenten, der Richtung der Lamellen und Markcanäle entsprechend, spalten und abziehen lässt. Der Bau des wachsenden Knochens, wie er hier geschildert wurde, ist in ‚der ganzen Zeit des Wachsthums, von den ersten Monaten des Fötallebens an, mit ver- hältnissmässig geringen Modificationen überall derselbe. Sehr schöne und lange Spalträume, der vorzugsweisen Längenrichtung der Markcanäle entsprechend, finden sich besonders an den Röhrenknochen, z. B. in der obersten Auflagerungsschicht der Diaphysen schon bei achtzölligen Rindsfötus, während die Apophysen noch ganz knorpelig sind. Das Periost, welches die verknöcherten. Diaphysen umgibt, setzt sich continuirlich in das Perichondrium der Apophysen fort und lässt sich mit dem- selben als eine zusammenhängende Schicht abziehen. Sein Gewebe zeigt aber erst eine undeutliche Faserung ohne gesonderte Fibrillen, wird in Essigsäure blässer und zeigt dann eine. Menge längsovaler und stäbchenförmiger Kerne, sehr dicht der Länge nach nebeneinander gereiht, hie und da selbst Kernfasern. Unmittelbar darunter liegt eine dünne, weiche, mitabziehbare Schicht, welche dichtgedrängte, glänzende, klümp- chenartige Körper ohne bestimmte Anordnung in einem halbfesten, trüben, grauen Blasteme enthält, das von Essigsäure etwas durchsichtiger wird und aufquillt. Viele der Körperchen, welche sich ablösen und frei herumschwimmen, zeigen einen deut- lichen Kern, der von Jod dunkler gefärbt wird. Offenbar die jüngste Schicht des noch durch Apposition wachsenden Apophysen-Knorpels. An die Röhrenknochen reihen sich in vieler Beziehung die Rippen an, welche nicht nur ihrer frühzeitigen Verknöcherung, sondern auch ihres geringeren Volumens wegen eine besonders gute Gelegenheit darbieten, das Verhältniss der secundären — 18 — Auflagerung zur primordialen Anlage kennen zu lernen. Dieselben sind bei 8" lan- sen Rindsfötus schon fast sämmtlich bis zu den sog. permanenten Rippenknorpeln (ossa sterno-costalia) einer- und bis zum Collum costae andererseits verknöchert ; das Tuberculum ist schon knöchern, das Capitulum aber noch eine knorpelige Apo- physe. Das Periost der Rippen, schon aus faserigem, lockigem Bindegewebe mit isolirbaren Fibrillen und Bündeln bestehend, lässt sich sammt dem angrenzenden Perichondrium, in welches es continuirlich übergeht, leicht hinwegziehen und hat eine ziemliche Dicke, besonders am verknöcherten Theile, so dass man den Knochen darin zerbrechen und die einzelnen Fragmente desselben herausziehen kann, worauf es als eine leere Hülse zurückbleibt. An Längs- oder Queerschnitten, welche den Rand des Knochens getroffen haben und welche nach einigen Versuchen gelingen, sieht man alle Entwicklungsstufen desselben übereinander. Zu äusserst erscheint das Periost als eine beträchtliche faserige Schicht, welche sich in ihren äusseren Lagen locker auffasert, nach innen aber eine festere, gestreifte Schicht bildet, welche durch Essigsäure aufgehellt wird und zahlreiche stäbchenförmige Kerne zeigt. Dar- auf folgt, ziemlich scharf abgegrenzt, wiewohl mit der vorigen zusammenhängend, eine dünnere, hellere und homogenere Schicht, mit grösseren und kleineren, im All- gemeinen sehr in die Länge gezogenen Spalträumen, deren letztere theilweise eine zarte Kerbung der Contouren nicht verkennen lassen und theilweise leer sind, theil- weise zellenartige Körperchen enthalten, deren Kerne durch Essigsäure: und Jod sichtbar werden. Darunter endlich erscheint, ebenfalls scharf markirt, der fertige Knochen, mit rundlichen und länglichen Knochenkörperchen, deren Canälchen sehr deutlich sind und ein deutliches Netz bilden. Die grösseren Spalten sind nun kürzer und mehr rundlich geworden und erscheinen als Durchschnitte der Havers’schen Ca- näle, die übrigens noch beträchtlich weiter sind als beim Erwachsenen und noch keine Schichtbildung im Innern zeigen. Auch die Knochenkörperchen erfahren in den tieferen Schichten des Knochens eine unbedeutende Verengerung, wobei nament- lich ihre anfängliche Spaltform in eine unregelmässig elliptische, eckige und zackige übergeht. Diese Verengerung rührt jedoch nicht von einer Ablagerung von Kalk- salzen in ihrem Innern her, wie Einige geglaubt haben, — denn sie verändern diese Form nach Behandeln mit Säure nicht — sondern die Intercellularsubstanz selbst scheint im Moment der Verknöcherung noch etwas zuzunehmen und erst in den tie- feren Schichten vollkommen zu erstarren. Lässt man einen solchen Schnitt auftrock- nen, so erscheinen die anfangs hellen Spältchen und Höhlungen ganz dunkel von — 14 — Luftblasen, die man an der characteristischen Spiegelung bei auffallendem Lichte er- kennt und die sich auch in einen grossen Theil der Canälchen erstrecken, die dadurch deutlicher und schwärzer hervortreten und ihre Verästelungen und Anastomosen bes- ser erkennen lassen. Am schönsten nimmt sich das Bild aus, wenn man den tröcke- nen Schnitt nach Valentin’s Methode !) mit Terpenthinöl befeuchtet. Die verknö- cherte Grundsubstanz erscheint dann vollkommen klar und hell und man unterschei- det sehr leicht die leeren und hellen Knochenkörperchen von denjenigen, welche Luftblasen enthalten. Bei längerem Aufbewahren in Terpenthin dringt derselbe so- wohl in die Knochenkörperchen als in die Canälchen ein, treibt die vorhandene Luft aus und macht jene weniger sichtbar. Doch sieht man, sowohl nach Behandeln mit Terpenthin als mit Säure, die Queerdurchschnitte der Canälchen als feine Pünktchen oder ’Körperchen oft in überraschender Schönheit (Taf. IV. Fig. 9). In dem Centraltheil der Rippe endlich löst sich die immer diploötischer werdende Knochensubstanz in einen Centralcanal (Markröhre) auf, die dem der Röhrenknochen ganz gleich gebildet ist. Derselbe ist vielfach ausgebuchtet, wie ausgefressen, von den in Resorption begriffenen Resten und Brücken der diploetischen Substanz be- gränzt, die äusserst unregelmässige Vorsprünge und Fragmente bilden und noch fort- während im Schmelzen und Zusammenfliessen begriffen sind. Die Dehiscenz hat offenbar nicht nur den ganzen primordialen Knochen verzehrt, sondern nun auch schon die untersten Schichten der Auflagerung angegriffen. Die einzelnen Kno- chenkörperchen, die in den schwindenden Knochenbrücken enthalten sind, gehen in der Dehiscenz auf. Wo ein bereits bestandener Markcanal dehiseirt, sind die Rän- der der Markröhre auf dem Durchschnitt glatt und scharf ausgeschnitten, an den an- deren Stellen, wo die compacte Zwischensubstanz im Schwinden begriffen ist, rauh, angefressen und ausgezackt. Auffallend sind an diesen Rändern eine Menge schma- ler, geschlängelter Queerspältchen, die man fürungew öhnlich weite, rasch sich ver- jüngende Müller’sche Canälchen halten könnte und die manchmal eine frappante Aehnlichkeit mit Splitterungen und Rissen haben, die durch den Messerzug in festen und spröden Geweben, z. B. in den Nägeln, entstehen. Am schönsten erscheint der Centralcanal der Rippe, wenn es gelingt, einen vollständigen Queerschnitt zu verfertigen, was bei der extremen Fragilität und Porosität des Knochens nicht leicht ist. Er erscheint dann als eine nach allen Seiten ausgebuchtete Centralhöhle von ') R. Wagner, Handwörlerbuch der Physiol. 1. S. 726. _ Ma — sehr unregelmässiger Gestalt, in welche eben so unregelmässige Leisten und Brücken der diploötischen Substanz hineinragen und deren übriger Raum im frischen Zustand mit einer gelbröthlichen, pulpösen Substanz ausgefüllt ist, in welcher klümpchenartige Gebilde, Blutkörperchen, zuweilen auch Blutgefässe und Fasergewebe, aber sehr undeutlich, zu erkennen sind. Die äussere Circumferenz des Knochens erscheint nicht glatt, sondern wellenförmig ausgebuchtet, entsprechend dem längsgerifften An- sehen aller secundären Knochen; die peripherische Auflagerung als blosser Saum, der von der diploetischen Substanz scharf geschieden ist. Durch fortgesetzte Queer- schnitte oder an einem Längsschnitte durch den ganzen Knochen erkennt man, dass die Markröhre gegen das collum costae hin, also in dem am längsten verknöcherten Theil, am weitesten ist und mit der fortschreitenden Verknöcherung sich nach oben und unten verlängert. An beiden Enden reicht sie daher bis dicht hinter den pri- mordialen Verknöcherungsrand. Eben so weit reicht in allen Fällen bei den Säuge- thieren die periostale Auflagerung und niemals beginnt dieselbe in einem primordia- len Knorpel, ehe die integrirende Össification darin die Peripherie erreicht hat. In- dem nun der verknöcherte Theil durch Auflagerung, die noch knorpeligen Apophy- sen aber durch Intussusception wachsen, wird das Ebenmaass des ganzen Skeleit- stückes fortwährend erhalten, so dass namentlich der Verknöcherungsrand keine äusserlich wahrnehmbare Grenze zwischen Knochen und Knorpel hervorbringt, son- dern beide an Form und Dicke sich gleich bleiben. Da der Verknöcherungsrand fortwährend gegen die Apophysen fortschreitet, so können begreiflicherweise nicht alle Schichten der Auflagerung von gleicher Ausdehnung sein; jede folgende wird vielmehr etwas über die vorige hinausreichen, in dem Maasse als der Verknöche- rungsrand fortrückt, bis zuletzt der verknöcherte Primordialknorpel von einem System ‘von knöchernen Hülsen oder Scheiden umgeben ist, von denen die äusserste die längste, die innerste die kürzeste ist und welche zusammen dem ursprünglichen Verknöcherungsrand der Diaphyse gegenüber die grösste Mächtigkeit haben, gegen die Apophysen aber allmählig abnehmen und sich verlieren. Nur auf diese Weise kann, dem früher (S. 56) erörterten Gesetze gemäss, ein Dickenwachsthum des Knochens erlangt werden, welches mit der fortwährenden Ausdehnung der knorpe- ligen Apophysen gleichen Schritt hält. Schon Havers!) hat dieses Verhältniss richtig erkannt und in einer schematischen Figur darzustellen gesucht, worin secun- ') A. a. 0. Tab. I. Fig. 1. 14 — 16 — däre Auflagerungsschichten, Markröhre und diploötischer Rest des primordialen Kno- chens in den Apophysen wohl unterschieden sind. Eine neuere Darstellung der Art haben H. Meyer) und jüngst Kölliker 2) gegeben, in welchen namentlich das Verhältniss der Rindenschichten sehr gut angedeutet ist, die Queerlinien in der ur- sprünglichen Knorpelanlage und in den Apophysen aber nicht so gedeutet werden dürfen, als bestünde zu irgend einer Zeit eine scharfe Grenze zwischen Diaphyse und Apophyse oder zwischen Apophyse und Gelenkknorpel. Aehnlich den Röhren- knochen verhalten sich einigermassen die langen und platten Knochen, so wie viele dicke Knochen, z. B. die Wirbelkörper, die gewissermassen sehr kurzen Röhren- knochen gleichen, an deren Diaphysen die Auflagerung ebenfalls am dicksten ist, in deren Innerem es aber nicht zur Bildung einer einzigen Markhöhle, sondern einer srosszelligen Diplo& kömmt, welche verhältnissmässig beträchtlichere Reste des pri- mordialen Knochengewebes enthält, als die eigentlichen Röhrenknochen. Es wäre ermüdend, die speziellen Verhältnisse der einzelnen Knochen zum se- cundären Skelett zu schildern; es genügt vielmehr im Allgemeinen zu bemerken, dass die Auflagerung auf der Oberfläche des Primordialskeletts bei den Säugethieren überall beginnt, sobald die Knochenkerne. desselben das Periost erreicht und eine gewisse Ausdehnung erlangt haben, an den Rippen z. B. schon bei 1%‘ langen _ Rindsfötus, zu einer Zeit, wo das Perichondrium an den Apophysen noch sehr schwach und kaum differenzirt ist. Was die typische Ausbreitung und Stärke der- selben betrifft, so wird man sich dieselbe am besten vergegenwärtigen, wem man weiss, dass an allen langen, kurzen,. platten und dicken Knochen ohne Ausnahme, die knorpelig präformirt waren, die sog. substantia dura der Auflagerung aus- schliesslich angehört, während von der substantia spongiosa die unter den Ver- knöcherungsrändern, namentlich unter den Gelenkknorpeln gelegenen Theile, so wie die Diplo& der kurzen und dicken Knochen, die keine grössere Markhöhle oder Mark- röhre besitzen, in ihren Fundamenten von der primordialen Verknöcherung herrüh- ren. Selbst diese sparsamen, diploötischen Fragmente des Primordialskeletts gehen nicht in ihrer Integrität in das definitive Skelett ein, sondern es bilden sich in den Markhöhlen der Diplo& so gut als in den Markcanälchen, secun- däre Auflagerungen, die jedoch in der Regel nicht die Dicke und Aushrei- 1) A.a. 0. Taf. VI. Fig. 11. 2) Mikr. Anat. S. 370 und 357. — MM — tung der concentrischen Schichten erreichen, welche die Markcanälchen auszeichnen, und eben desshalb leicht zur Verwechslung primordialer und secundärer Knochen- bildung und namentlich primordialer und secundärer „Knochenkörperchen” führen können und geführt haben. Die ersten Spuren. dieser Auflagerung bemerkt man einige Zeit nachdem die Periostablagerungen von aussen begonnen haben, sobald nämlich jener Schmelzungsprocess, welchem aller frischverknöcherte Primordial- knorpel unterliegt, sich einigermassen begrenzt hat. Untersucht man daher feine Schnitte durch das frischverknöcherte diploötische Gewebe hinter dem Verknöche- rungsrand z. B. bei Rindsfötus von 8' Länge oder bei menschlichen Embryonen von 4 Monaten, so findet man jene seltsam gestalteten, zackigen, arabesken- und arcaden- föormigen Fragmente, welche die Markhöhlen begrenzen, mit einer anfangs dünnen und allmählig zunehmenden Lage einer hellen oder feinkörnigen, lebhaft spiegelnden Substanz bekleidet, die sogleich an jene oberflächlichen Schichten des wachsenden Knochens erinnert und sehr gegen das grobkörnige, dunkle Ansehen des Primordial- knochens absticht. Wird die Schicht dicker und war die, Knochenbrücke, die von ihr umkleidet wird, sehr dünn, so schimmert diese bald nur schwach durch die Auf- :Jagerung durch, häufig und in der Regel am merklichsten an den Stellen, wo zwischen mehreren benachbarten Markräumen ein drei- oder viereckiges Knochenfragment stehen geblieben ist. 1) Die aufgelagerte Schicht enthält die schönsten Knochenkör- perchen mit feinen, anastomosirenden Canälchen, die man oft deutlich in die Mark- höhlen hineinmünden sieht. Sie unterscheiden sich durchaus von den grossen, dunk- len, unregelmässig gestalteten Knochenkörperchen oder verknöcherten Knorpelhöhler des Primordialknochens, die sich hie und da in jenen Resten finden und durchaus der Canälchen entbehren. Behandelt man solche Präparate mit Säure und betrachtet sie nach Entziehen der Kalksalze, so scheinen zwar viele radiirte Körperchen auch hier mit einem hellen Saum umgeben, der bei flüchtigem Ansehen für eine Verdickungs- schicht gehalten werden kann, aber niemals scharf gegen die Grundsubstanz abge- grenzt ist, indem nur ein einziger wirklicher Contour, der die Höhle selbst begrenzt, vorhanden ist. Die Canälchen gehen weit über diesen hellen Raum hinaus und durch- ziehen weit und breit die Grundsubstanz, um mit einander zu anastomosiren und nd Lu I nn 1) 8. Sharpey a. a. O, Fig. 46. B. Hierher gehört wohla uch eine Bemerkung von Tomes a. a. OÖ. p. 849, wornach in der Substanz zwischen den Havers’schen Canälen die lamellöse Structur weniger deutlich, unregelmässiger und die Knochenkörperchen von ungleicher Grösse, in der cilirten Figur auch ohne Strahlen sind. — 18 — zierliche Netze zu bilden. Durch Färben mit Jod erkennt man in der Höhlung, welche das Knochenkörperchen darstellt, oft ein grösseres oder kleineres zellenarti- ges Körperchen, welches sie in seltenen Fällen ausfüllt, gewöhnlicher aber in einer _ Ecke zusammengedrängt ist. Die aufgelagerte Intercellularsubstanz, die im frischen Zustande homogen und glashell aussieht, sieht an den mit Säure behandelten Stücken gestreift oder faserig aus, wie am Krrochenknorpel der Erwachsenen, mit einem trü- ben, gelblichen Ton, und färbt sich durch Jod sammt den Wänden der Knochenkör- perchen gleichmässig gelblich und zwar viel weniger, als die darin enthaltenen zel- ligen Gebilde. | | Ganz gleiche, äusserst zierliche Bilder erhält man auch an wachsenden Knochen in der nachfötalen Periode; am schönsten, wenn man feine ausgetrocknete Schnitte mit Terpenthinöl anfeuchtet. Man bemerkt dann, z. B. am Zungenbein des Kalbes, dass die Verknöcherungsränder selbst noch keine strahligen Knochenkörper enthal- ten, sondern nur von dem in Schmelzung begriffenen Primordialknochen gebildet werden. Gleich dahinter aber beginnt schon die Auflagerung in Gestalt einer hellen Schicht auf den Wänden der mannigfach ausgebuchteten Markräume und Knochen- fragmente. Alle strahligen Knochenkörperchen befinden sich in dieser Auflagerung, die sehr scharf von den dunkeln, körnigen Resten der primordialen Verknöcherung absticht. Manchmal füllen sich kleinere, mehr rundliche und umschriebene Höhlun- gen, die durch Einschmelzen einer Gruppe von Knorpelkörperchen entstanden sind, mit Auflagerung, was den Anschein geben kann, als sei eine Mutterzelle in ein ein- ziges Knochenkörperchen übergegangen. Andere Höhlen sind, je nach der Gestalt der stehen gebliebenen Reste des primordialen Knochennetzes, biscuitförmig, klee- blattförmig u. s. w., in welchen dann durch die Auflagerung concentrische Lamel- len gebildet werden, die nur einen Theil eines Kreisumfangs beschreiben u. s. w. Weiter oben wird die Auflagerungsschicht immer stärker und breiter, so dass die Diplo& zuletzt aus ziemlich starken Bälkchen und Brücken gebildet ist, die eine mehr oder weniger lamellöse Structur zeigen und in welchen die primordialen Knochen- reste sich der Wahrnehmung durch die allseitig bekleidende Auflagerung ganz ent- ziehen. Characteristisch für die secundären, strahligen Knochenkörperchen ist es, dass sie ganz constant concentrisch um das Lumen der wie immer gestalteten Mark- räume herumgestellt sind, und zwar folgen sie mit ihrem längsten Durchmesser stets der Richtung der Lamellen, während die Canälchen die Lamellen queer durchsetzen und sehr häufig in das Lumen der Markräume hineinmünden. Niemals sieht man — 109 — einen doppelten Contour, verdickte Zellenwände u. dgl., wie denn schon aus topogra- phischen Gründen an eine Entstehung aus Knorpelzellen, mit oder ohne verdickte Wände, nicht gedacht werden kann. Ganz wie die Verknöcherungsränder des Zungenbeins verhält sich auch der Knochenkern, der beim Kalbe normalerweise und ziemlich früh im Schildknorpel, und zwar in der Mitte desselben, auftritt. Auch hier bildet sich, wie in den permanen- ten Knorpeln des Menschen, primordiale Diplo@, in deren Hohlräumen die Auflage- rung geschichtete Lamellen mit strahligen Knochenkörperchen bildet u. s. w., ein Vorgang, der demnach von der allgemeinsten Ausdehnung und eben deshalb ohne Zweifel bisher missdeutet worden ist. | ‚Um sich beim Erwachsenen geeignete Objeete zur Vergleichung der primordia- len und secundären Knochenbildung zu verschaffen, braucht man nur feine Durch- schnitte von den Knochenrändern der Apophysen, Gelenkknorpel und Symphysen zu nehmen, die bis in den Knochen hineinreichen (Taf. IV. Fig. 2, 5, 6). Man findet dann regelmässig unter dem Knorpel (A) einen mehr oder weniger scharf begrenz- ten Verknöcherungsrand, der einer geringen Schicht wahren Primordialknochens (B) angehört und sich als solcher durch sein dunkles, grobkörniges oder pulveriges An- sehen und die mehrfach erwähnten grossen Knochenkörperchen characterisirt, die auch im spätesten Alter keine Strahlen erhalten und niemals miteinander communici- ren. Dieses primordiale Knochengewebe lässt sich eine Strecke weit zwischen die Markräume hinein verfolgen, verliert sich dann aber in dem secundären Knochen- sewebe (C), das auf den Wänden der Markräume aufgelagert ist, oft mehrere Schichten bildet, ächte Knochenkörperchen mit Strahlen enthält und sich mehr oder weniger scharf von dem primären Knochen abgrenzt. Man erkennt die einzelnen Schichten der Auflagerung oft am frischen Knochen, besser nach Behandlung mit Säuren, während eine solche Schichtung oder Faserung in dem primordialen Theile steis fehlt. Auch darin unterscheidet sich die secundäre Auflagerung von dem Primordialknochen, dass die Knochenhöhlen des letzteren unregelmässig und ohne Ordnung zerstreut oder nach Art der Knorpelhöhlen in kurzen Reihen oder Gruppen stehen, während die Knochenkörperchen der Auflagerung, wie an der Oberfläche des Knochens und in den Markcanälchen, stets, der Richtung der Schichten entspre- chend, concentrisch mit der Circumferenz des Hohlraums geordnet sind. Die secun- däre Auflagerung im Innern der Knochen steht mit der Wachsthumperiode nicht nothwendig still. sondern sie ist die Ursache, dass, abgesehen von pathologischen | 1 — 10 — Vorkommnissen, im höheren Alter oft eine nachträgliche Verdichtung der Knochen- substanz bis zum völligen Schwinden der Diplo& eintritt (Sclerose), ein Process, der unter Umständen wieder von einem eben so einseitigen Schwund (Osteoporose) gefolgt werden kann. Von besonderer Wichtigkeit sind diese Auflagerungen für die Lehre von der Bedeutung des Periosts. Da auf der Wand der Markröhren und Markhöhlen ein Ueberzug, der dem Periost an der Oberfläche des Knochens und den Fortsätzen des- selben in den Markcanälchen zu vergleichen wäre, fehlt, so kann dem Periost auch ' keine specifische knochenbildende Thätigkeit zugeschrieben werden. Man wird die zahlreichen Versuche, die seit Duhamel über die Function des Periosts angestellt wurden, so wie die alltäglichen pathologischen Erfahrungen über Absterben der Knochen nach Zerstörung der Beinhaut und über Wiedererzeugung bei Erhaltung derselben, nicht geringer schätzen, aber man wird daraus nur den Schluss ziehen, dass der Knochen zu seiner Ernährung und Regeneration der Blutzufuhr nicht ent- behren könne und dass er absterbe, wenn er mit der Beinhaut zugleich der ernäh- renden Gefässe beraubt wird. Die Beinhaut ist mit anderen Worten in derselben Weise knochenbildendes Organ, wie die Cutis Epidermis bildet, weil die eine wie die andere Träger der Gefässe ist, welche dort das Blastem für die Epidermis, hier den „Knochensaft” liefern... Beide bestehen aus geformtem Bindegewebe, das dort die Körperoberfläche, hier die Oberfläche des Knochens bekleidet, und wie der Primordialknorpel vor dem Perichondrium entsteht und gewissermassen dem letzte- ren seine Form und flächenförmige Ausbreitung vorschreibt, so wird nach vollende- ter Bildung des ernährenden Ueberzugs die Form der secundären Auflagerungsschich- ten von der Gestalt des wachsenden Knochens einer- und der absondernden Fläche andererseits bedingt. Es scheint mir daher auch nicht gerechifertigt, wenn man die Periostablagerungen von den anderen secundären Skeletttheilen und Auflagerungen trennt, mit denen sie sonst in jeder Beziehung übereinstimmen und von denen sie nur dadurch abweichen, dass diese auch ohne alle Concurrenz einer vorgebildeten Beinhaut, oder auf die äussere Fläche derselben, oder in ihre Dicke abgesetzt wer- den können u. s. w. | Diese Fragen können jedoch definitiv nur erledigt werden, wenn man die er- sten Anfänge des secundären Skeletts aufsucht und mit den fertigen oder wach- senden Knochen vergleicht. a Ust TE tl er — mM — Gap. IH. Von den ersten Anlagen des secundären Skeleltts. Zur Beobachtung der ersten Anlagen des secundären Skelettes eignen sich die Knochen der Säugethiere sehr wenig; denn da die Auflagerung hier nur an den be- reits verknöcherten Stücken auftritt, die sich durch ihre Dunkelheit auszeichnen, so gewinnt man keine hinreichend durchsichtigen, zur feineren Untersuchung geeigne- ten Präparate und Schnitte. Auch könnte hier der Zweifel erhoben werden, ob das Aufgelagerte wirklich unabhängig von dem Primordialknochen entstehe und nicht auf irgend eine Weise aus ihm erzeugt worden sei. Zum Studium der secundären Ske- lettbildung eignen sich ‚daher entweder diejenigen Knochen, welche auch bei den höheren Thierklassen ohne alle Vermittlung des Primordialskeletts aus einer häutigen oder indifferenien Grundlage entstehen, die sogenannten Deckknochen , oder aber, A für die Untersuchung der peripherischen Auflagerung am Primordialskelett, vor- | zugsweise die Knochen der Vögel und Amphibien. Was man nämlich in die- “sen letzteren Classen peripherische Verknöcherung genannt hat, ist grossentheils nichts Anderes, als Auflagerung, die sich von der der Säugethiere dadurch unter- scheidet, dass sie lange vorher erfolet, ja sogar ohne dass der Primordialknorpel verknöchert und seine Durchsichtigkeit verliert. Am zehnten Tage der Bebrütung sind beim Hühnchen alle präformirten Knochen im knorpeligen Zustande angelegt und in ihrer Gestalt erkennbar, die Zwischenknor- pel aber noch nicht differenzirt. Die Knorpelsubstanz besteht aus dichtgedrängten, scharfeontourirten Knorpelkörperchen und einer glashellen, ‚weichen, im Ganzen ziem- lich spärlichen Intercellularsubstanz. Die meisten Knorpel sind, wenigstens an den Apophysen, noch im peripherischen Wachsthum begriffen, man findet daher dort mehr rundliche, kleine, dieht gehäufte Körperchen, weiter gegen die Diaphysen hin etwas grössere queerovale Körperchen, von welchen die ganze Knorpelmasse zusammen- gesetzt scheint (Taf. II. Fig. 1. 5) und ein queergeringeltes Ansehen bekömmt. Am seitlichen Rande, wo die Körperchen umbiegen und senkrecht stehen, sieht man oft rundliche auf der Durchschnittsebene, wie die queerovalen Kerne der Ringfaser- haut kleiner Arterien. In der Mitte der Diaphyse ist der Knorpel am hellsten, denn hier vergrössern sich die Knorpelkörperchen um das Dreifache, bei gleichzeitiger Zunahme der Grundsubstanz, und werden rundlich, wie an den Verknöcherungsrän- den der Säugethiere; doch ist von einer Kalkablagerung im ganzen Primordialskelett noch keine Spur wahrnehmbar. An diesen Stellen, wo die Knochenkörperchen die — Mm — grösste Entwicklung erreicht haben, namentlich in der Mitte der Diaphysen, ist der Knorpel nach aussen scharf begrenzt, während er an den Apophysen noch ziemlich unbestimmt in das mehr oder weniger differenzirte Bildungsgewebe übergeht. Von einem entwickelten Perichondrium, wie es auf der ‚entsprechenden Stufe der Säuge- thiere gefunden wird, ist Nichts zu sehen. Seine Stelle wird durch eine ganz dünne, structurlose Schicht vertreten, die ähnlich der Scheide der chorda dorsalis an jenen Stellen zuerst in Gestalt einer scharfen Begrenzungslinie (Fig. 1 und 4, a) bemerk- bar und durch Cali, welches die umgebenden Gewebe auflöst und durchsichtig macht, sehr deutlich wird. . Dass dieser scharfe Contour in der That einem gesonderten, scheideartigen Ueberzug angehört, davon kann man sich leicht überzeugen, wenn man vermittelst des Compressoriums die Knorpelsubstanz entleert, was ohne Schwie- rigkeit geschieht, worauf sie als eine faltige, glashelle Scheide zurückbleibt (Fig. 2).. Man bemerkt zugleich, besonders nach Färben mit Jod, dass die entleerte Knochen- substanz aus.einer hyalinen Grundmasse besteht, welche die zellenartigen Gebilde maschenartig umgibt (Fig. 3). Durch fortgesetzten Druck bersten die einzelnen Maschen oder Knorpelhöhlen, die Zellen fallen heraus, und man bekömmt einzelne Fragmente des hyalinen Maschenwerks, welches keine Zellen mehr enthält und von Jod gleichmässig gefärbt wird. Die Weichheit und verhältnissmässig geringe Mäch- tigkeit der Grundsubstanz macht, es in diesen Fällen leichter als bei den Säugethier- knorpeln, sich von der Unabhängigkeit der Zellmembranen von der Intercellularsub- stanz zu überzeugen. Niemals siebt man Mutterzellen oder mehrfache Zellen in der Höhle und alle Täuschungen bleiben vermieden, weil eine reihen- oder gruppen- weise Anordnung der Knorpelkörperchen, wie bei den Säugethieren, hier nicht vor- kömmt. In den Apophysen ist die Intercellularsubstanz zu dieser Zeit noch sehr spärlich und so weich, dass sie keine festen Maschen bildet, sondern die Zellen wie ein weicher Brei umgibt und einhüllt. Der Knorpel wächst daher peripherisch nur noch an den Apophysen, in der Mitte aber durch Zunahme der Intercellularsubstanz und Erweiterung der Höhlen, wie bei den Säugethieren, und zwar sistirt das peri- pherische Wachsthum in dem Maasse, als die die Stelle des Perichondriums vertre- tende structurlose Scheide auftritt. Letztere steht nach aussen mit dem allgemeinen Bildungsgewebe in Contact, worin sich schon einzelne unreife Bindegewebsbündel neben viel amorpher oder feinkörniger Masse unterscheiden lassen. Gefässe oder besser Blutrinnen finden sich im Knorpel nirgends, wohl aber ziemlich zahlreich in x Hi % seiner nächsten Umgebung, und von ihrer Ausbildung scheinen die weiteren Verän- derungen, namentlich die Verknöcherung, abzuhängen. Letztere hat erst am Unterkiefer und den langen Röhrenknochen, femur, hume- rus, ulna und tibia, begonnen und ist namentlich an der letzteren in ihren ersten An- fängen zu sehen. Man bemerkt nämlich bei richtiger Einstellung des Focus auf der Oberfläche der structurlosen Scheide des Knorpels an der -Stelle, wo er am dick- sten und am schärfsten begrenzt ist, eine zarte netzförmige Ablagerung von einer feinkörnigen, hellen, knorpelähnlich spiegelnden Substanz, deren Formen an die des frischgeronnenen Faserstoffs erinnern (Fig. 8). Sie beginnt in sehr dünner Lage und sehr weitmaschig an den Diaphysen und breitet sich, indem sie allmählig mas- senhafter und dichter wird, zugleich nach den Apophysen hin aus, so dass ihre letz- ten Ausläufer von äusserster Zartheit kaum erkennbar sind. Es würde in der That nicht möglich sein, letztere zu verfolgen, wenn es nicht leicht gelänge, nach Ent- fernung der Apophysen den knorpeligen Theil der Diaphysen zu entleeren und die Scheide sammt Auflagerung zu isoliren, wie sie in Fig. 5 dargestellt ist. Diese Ab- lagerung unterscheidet sich von den periostalen Schichten des wachsenden Säugethier- knochens nur dadurch , dass sie nicht von einem Periost oder Perichondrium , oder, wenn man jene structurlose Scheide dafür gelten lassen will, nicht auf die innere, sondern auf die äussere Seite desselben abgesetzt wird. Essigsäure und Cali greifen sie kaum an, Mineralsäure aber erregt Aufbrausen, und wendet man Schwefelsäure ar, so schiesst der gebildete Gyps in einzelnen und büschelförmigen Nadeln unter dem Mikroskop an. Die Ablagerung ist also bereits verknöchert und zwar scheint die Kalkablagerung noch früher als bei den Periostalschichten, so zu sagen schon im Momente der ersten Ablagerung des Maschennetzes zu geschehen, was mit der viel rascheren Entwicklung der Vögel vollkommen übereinstimmt. Von zellenartigen Gebilden ist in dem anfänglichen diffusen Maschenwerk nichts wahrzunehmen, das umgebende Bildungsgewebe aber enthält eine Menge derselben und in der That findet man sie bei zunehmender Mächtigkeit der Ablagerung, wenn die Maschen sich schliessen, in den dadurch gebildeten kleinen Höhlungen ziemlich oft, aber stets nur eines in jeder Höhle, eingeschlossen. Sie sind rundlich oder elliptisch und verändern sich auffallend wenig in Essigsäure, indem sie höchstens et- was einschrumpfen, so dass man sie für Kerne halten würde, wenn sie nicht drei- bis viermal grösser wären, als die Kerne des umgebenden Bildungsgewebes. Unter den Maschen unterscheidet man auch hier weitere und engere und auch hier geschieht, 15 — 4 — wie bei den Säugethieren, die partielle Ausfüllung und Abrundung derselben vermittelst eines feinen Netzwerkes, das in den grösseren Maschen schmä- lere und breitere Leisten und Stäbe bildet und gegen das Lumen immer zärter und lockerer wird (Vgl. Taf. I. Fig. 2, 3, 4, a, b). Dieses in der Ausfüllung be- sriffene Maschennetz mit den definitiven kleinen Höhlen ist Fig. 9. dargestellt; die letzteren sind leer und enthalten keine Zellengebilde; man muss sich das bald helle bald dunkle Ansehen der Höhlen sowohl als der Auflagerung aus der Einstellung des Fokus erklären, der nicht für alle Stellen des Präparats gleich ist. Aus dem- selben Grunde ist die Scheide a, auf welcher die Ablagerung liegt, bald sichtbar, bald nicht. Aus den grösseren Maschen bilden sich die Anfänge der Markcanälchen und aus den kleineren die der Knochenkörperchen, deren Canälchen sehr bald deut- lich ausgebildet die Ablagerung allenthalben durchziehen und auf die verschiedenen Oberflächen münden. Von nun an geht die Entwicklung ganz wie bei den Säuge-- thieren. Ist die Auflagerung stärker geworden, so bildet sie eine durchbrochene Knochenschicht, welche in das lockere Bildungsgewebe gerüstartig hereinragt und besonders am Rande sich oft sehr zierlich ausnimmt (Fig. 7, b). An der Stelle des ersten Verknöcherungspunktes bleibt dieselbe stets am dieksten und zwar markirte sich derselbe schon, besonders am humerus und femur, durch eine beträcht- liche Anschwellung, woran das innere Wachsthum des Knorpels an dieser Stelle einigen Antheil zu haben scheint. Was die Reihenfolge der Verknöcherungs- punkte in den einzelnen Knochen betrifft, so herrscht beim Hühnchen keine strenge Regel, indem bald tibia oder ulna, bald humerus oder femur voraus waren, einer der Röhrenknochen aber immer. An den Diaphysen der Metatarsus- und Metacarpusknochen war zu dieser Zeit erst die periostale Scheide angedeutet, die an den übrigen Primordialknorpeln und insbesondere auch an der ganzen Wirkelsäule und den Rippen noch ganz fehlte. Erst nachdem die peripherische Verknöcherung oder besser Auflagerung der Röhrenknochen begonnen, zeigen sich beim Vogel die ersten Knochenkerne innerhalb des Primordialskeleits und zwar fand ich bei beinahe reifen Hühnchen und Ca- narienvögeln die ersten Knochenkerne in den Wirbelkörpern, als daran von Auf- lagerung nocli nichts zu sehen war. Die primordiale Verknöcherung beginnt hier sanz wie bei Säugethieren als Knochennetz um die Knorpelhöhlen herum, die nur mehr vereinzelt durcheinander, statt in Reihen und Gruppen geordnet sind. Im knor- - — 15 — peligen Theil entstehen auch zahlreiche Knorpelcanäle.. Wie dort durchdringt die Verknöcherung nach und nach‘den ganzen Wirbel, die Dornfortsätze scheinen dage- gen, abweichend von den Säugethieren, ganz aus aufgelagerter Substanz zu entste- hen. An den Diaphysen der Röhrenknochen war zu dieser Zeit die peripherische Auflagerung schon sehr weit gediehen, der darunter befindliche Primordialknorpel. aber nicht nur nicht verknöchert, sondern in voller Auflösung begriffen, trüb, weich und zerfliessend, so dass hier die Markröhre auf Kosten des Knorpels entsteht, ohne dass dieser je verknöchert war. In den Apophysen dagegen sind primordiale Kno- chenkerne entstanden und, wie beim Säugeihier, zu weitmaschiger Diplo& geworden, deren Markräume ebenfalls zum Theil zur Vergrösserung der Markröhre bestimmt sind (vgl. Taf. IV. Fig. 1, 2). Da die Auflagerung zu dieser Zeit die Diaphysen allein darstellt, aber nur eine Strecke weit über die Apophysen hinübergreift, lassen sich die letzteren nach einiger Maceration leicht wie eine Kappe von der hohlen Markröhre abheben. Mit der fortschreitenden Differenzirung des umgebenden Bil- dungsgewebes hat sich nun endlich auch ein, dem der Säugethiere ähnliches, lockeres Periost gebilder, welches zahlreiche Fortsätze in die Markcanäle hineinschickt und die Auflagerung umhüllt. Ich habe die Entwicklung des Skeletts bei den Vögeln nicht so im Detail ver- ' folgt, um für jeden Knochen das Verhältniss der primordialen und secundären Ver- knöcherung angeben zu können, habe aber nicht den mindesten Grund, zu bezwei- feln, dass hier, wie bei den Säugethieren, alle compacte Substanz aus der Auflage- rung und ein wahrscheinlich noch kleinerer Theil der Diploe von der primordialen Verknöcherung herrührt. Die Schmelzung der letzteren geht sehr rasch vor sich und die Markröhren erreichen daher frühe eine bedeutende Entwicklung , wobei sich jedoch theilweise gar kein Mark bildet, sondern das geschmolzene Knorpel- und Knochengewebe vollständig resorbirt und durch Luft ersetzt wird. Dass von einer inneren Auflagerung in luftführenden Knochen keine Rede sein kann, ist einleuch- tend ; in den der compacten Substanz näher gelegenen Markräumen der Apophysen sowohl als in den Markcanälchen der Auflagerung aber nimmt man dieselben con- centrischen Auflagerungsschichten mit kleinen, verästelten Knochenkörperchen wahr (Taf. IV. Fig. 2, C), wie beim Säugethier, während dicht unter dem Gelenkknorpel -(A) die primordiale Verknöcherung (B) unverkennbar ist und soger Schmale Reihen und Gruppen von Knorpelhöhlen in die Verlknöcherung eingehen. Den lamellösen — 16 — Bau der Vogelknochen erwähnt auch Benson t). Im Allgemeinen ist am erwach- senen Vogel der Unterschied des primordialen und gecundären Skeletts viel auffal- lender, als beim Säugethier, weil letzteres hier compacter und schärfer begrenzt, auch leichter ein ganzer Knochendurchschnitt zu übersehen ist. Dagegen haben die secundären Knochenkörperchen der Vögel weniger deutliche Canälchen und eine mehr ovale Form und sind daher den primordialen Knochenkörperchen ähnlicher, als dies bei den Säugethieren der Fall ist. Da man sich in früherer Zeit, wo die Histologie noch unzureichend war und die Versuche über das Wachsthum der Knochen mittelst der Krappfütterung Epoche machten, dazu besonders der Vögel bediente, so habe ich ebenfalls derartige Ver- suche angestellt, aber bald erfahren, dass dieselben nichts leisten können, was die histologische Entwicklungsgeschichte nicht besser leistet. Zur Erläuterung fand ich diese Versuche jedoch theilweise ganz brauchbar. Es färben sich nämlich stets, wie schon aus den Versuchen von Tomes2) hervorgeht, die Theile des Knochens, welche den Gefässen am nächsten gelegen sind, daher namentlich die Oberfläche des ganzen Knochens und die Innenfläche der Markcanäle. Da dieses gerade die Stellen sind, wo der Knochen beim jungen Thier durch Auflagerung wächst, so ist es be- greiflich, dass vorzugsweise die neugebildeten Theile während der Krappfütterung roth gefärbt sind. Die Färbung ist aber nie scharf begrenzt. Mit freiem Auge be- merkte ich bei jungen Tauben, die 8 Tage mit Krapp gefüttert waren, auf dem Durchschnitte nur eine diffuse röthliche Färbung, unter dem Compositum sehr schöne roth gefärbte Markcanäle (Taf. IV. Fig. 3, 4, a); die rothe Färbung war aber nicht scharf begrenzt, sondern allmählig in die Knochensubstanz hin sich verlierend (Fig. 4), also eine einfache Tränkung oder Imbibition. Abwechselnde rothe und weisse Lagen und Ringe zu erzeugen, wollte mir nicht gelingen, vielleicht weil ich die ersten Fri- sten des Futterwechsels zu kurz wählte (von 8 zu 8 Tagen). Ich überzeugte mich dagegen, dass eine einmalige Fütterung-schon bemerkbar wird und dass die Wirkung auch nach dem Regime noch fortdauert, ohne Zweifel, weil nicht so schnell aller Farbstoff aus der Circulation entfernt ist, vielleicht auch, weil bereits abgesetzter wieder aufgesogen wird. Uebrigens färben sich, wie ich mich überzeugte, auch Knochen erwachsener Vögel, aber schwächer als die junger 'Thiere, was wohl keiner 1) Todd’s Cyclopäd. I. p. 431. 2) A.a. ©. $. 849, 853. — 11 — Erklärung bedarf. Begreiflich ist es auch, dass sich die Innenfläche der hohlen Knochen nicht färbt, sondern auch bei jungen Thieren stets weiss bleibt, da sich hier weder Knochen ansetzt, noch Gefässe befinden. Dass keine Gewebe ausser dem Knochen, auch das Periost nicht, gefärbt werden, ist bekannt und mag zum weite- ren Beleg dienen, dass das letztere nur einen mittelbaren Antheil an der Knochen- bildung nimmt, insofern es nämlich die Gefässe trägt, durch welche der Knochen er- nährt wird und wächst. ‘ Hinsichtlich der Amphibien sind meine Aufzeichnungen weniger vollständig, rei- chen aber hin, um die hauptsächliche Uebereinstimmung ihrer Entwicklung mit der der Vögel auch von histologischer Seite zu constatiren, wie es von morphologischer Seite durch Duges und Rathke bereits geschehen ist. Die ersten Spuren der Ver- knöcherung zeigen sich bei der Froschlarve am humerus zu einer Zeit, wo die obere Extremität noch unter der Haut verborgen ist. Man sieht, wie bei den Vögeln, zu- erst den Knorpel an den Diaphysen sich scharf abgrenzen und dieselbe structurlose Scheide entstehen, auf welcher alsbald die netzförmige Ablagerung beginnt. Da die Apophysen zu dieser Zeit noch sehr lebhaft wachsen, so erscheint der Knorpel an der Diaphyse wie eingeschnürt, die Apophysen unverhältnissmässig entwickelt. Presst man die Knorpelsubstanz aus der Scheide heraus, so unterscheidet man durch Jod leicht Knorpelzellen und Knorpelhöhlen, aber niemals darin eine endogene Vermeh- rung. In den Apophysen sind die Körperchen dichtgedrängt und klein, gegen die Diaphysen hin grösser, mehr auseinandergerückt und die Intercellularsubstanz ver- mehrt. In der aufgelagerten Substanz erscheinen dieselben kleinen Knochenhöhlen, wie beim Hühnchen, mit kleinen, blassen, glänzenden Körperchen darin, die sich im umgebenden Bildungsgewebe ebenfalls finden. Vom künftigen Periost sieht man die ersten Spuren durch längsovale Kerne angedeutet, welche längs der Oberfläche hinziehen. Die peripherische Knochenschicht entsteht daher weder durch Verknöche- rung des Periosts, noch auf Rechnung des Primordialknorpels, wie Duges %), wel- cher die Thatsache zuerst entdeckte, anzunehmen geneigter war, sondern beginnt in dem den Knorpel begrenzenden Bildungsgewebe zu einer Zeit, wo weder das Pe- riost noch die übrigen Weichtheile der Extremitäten histologisch differenzirt sind. Ungefähr 6 Tage nach dem Auftreten der hinteren Extremitäten, wo das Primor- dialskelett längst vollendet ist, finden sich aufgelagerte Knochenscheiden auch an den !) Recherches sur l’Osteologie et la Myologie des batraciens. Paris 1834. p. 114. — 18 — Diaphysen des femur, der tibia und fibula, den beiden langen Tarsusknochen, an den Darmbeinen. Die sämmtlichen Kapsel- und Verstärkungsbänder und Zwischenknor- pel sind angelegt, die Metatarsus und Phalangen noch knorpelig, Perichondrium, Muskeln, Nerven etc. differenzirt. Noch nirgends hat die Verknöcherung im Primor- dialskelett begonnen, namentlich sind die Diaphysen unter der knöchernen Auflage- rung ganz knorpelig, um nachher, wie beim Vogel, zu erweichen und zur Bildung der Markröhre verwendet zu werden. | Dieser Vorgang ist noch bei ausgewachsenen Fröschen sehr schön zu beobach- ten. Die mit einer röthlichen, sulzigen Flüssigkeit gefüllte Markröhre der Röhren- knochen ist nämlich oben und unten durch Knorpelsubstanz geschlossen, welche un- mittelbar in die der Apophysen übergeht und in fortschreitender Auflösung begriffen ist, ohne vorher verknöchert gewesen zu sein. Erst in der Nähe der Apophysen tritt auch primordiale Verknöcherung auf, die sich eine Strecke weit unter der Auf- lagerung hinzieht und an manchen Stellen ziemlich tief in den Knorpel eindringt oder ihn auch ganz durchdringt. Zugleich oder schon vorher entsteht primordiale Ver- knöcherung in der Apophyse selbst und zwar ziemlich dicht unter der Gelenkfläche, die sich sehr bald um die ganze Circumferenz der Apophyse ausbreitet, während der Kern derselben lange knorpelig bleibt. Das Verhältniss wird besonders dadurch com- plieirt, dass die lange knorpelig bleibenden Apophysen, wie schon Duges 1) bemerkt hat, sich sehr bedeutend entwickeln und mützenähnlich oder wie ein Stockknopf über die bereits (durch Auflagerung) verknöcherten Diaphysen herüberwachsen und sie eine Strecke weit einhüllen, so dass die Knochenscheide derselben in die Knor- pelsubstanz der Apophyse wie eingesenkt scheint. Tritt dann später die primor- diale V’erknöcherung hinzu, so findet sie sich begreiflicherweise sowohl auf der äus- seren als auf der inneren Seite der Auflagerungsschicht und nach aussen sogar in doppelter Lage, von der Oberfläche und von der Tiefe aus die Apophyse durch- dringend. So auffallend dieses Verhältniss auf den ersten Blick scheint, so klar und unverkennbar ist dasselbe, und an keinem Orte in der Thierwelt lassen sich meines Wissens primordiale und sekundäre Verknöcherung so schön nebeneinander unterschei- den als an diesen Objecten, die überdies so leicht zu haben sind, dass ich eine Ab- bildung für überflüssig halte. Die primordiale Verknöcherung der Frösche zeichnet sich besonders durch ihr grobkörniges Ansehen aus, das um so mehr und mehr als ı) A.a. 0. p. 116. — 19 — bei den Säugethieren an eine Ablagerung isolirter Kalkkrümel glauben machen könnte, weil sie, wie in allen permanenten Knorpeln, von vielen zerstreuten Punkten aus geschieht und der Knorpel von einzelnen Kalkkörnern durchsät erscheint, auch durch Säure nicht mehr in seiner vorigen Transparenz hergestellt wird. Die Anordnung des Knochennetzes ist die maschenförmige, wie sie bei den unteren Classen gewöhn- lich ist, bindet sich aber auch hier nicht an die individuellen Knorpelhöhlen. Immer entstehen nur grosse, unförmliche Knorpelhöhlen, keine corpuscula radiata, die da- gegen in der Auflagerung sehr deutlich sind. Schöner als irgendwo kann man hier die oben S. 32 ff. geschilderte Structur des Knorpelgewebes, sein Verhalten gegen Essigsäure und Jod, die Zunahme der Intercellularsubstanz (die steis in den Apophy- sen viel beträchtlicher ist, als in den noch übrigen knorpeligen Diaphysen) die Ver- grösserung der Knorpelhöhlen und Knorpelzellen, die scheinbare Mutterzellenbildung durch die Gruppirung der letzteren u. s. w. studiren. Ueber die Entwicklung der beschuppten Amphibien besitze ich keine eigene Er- fahrungen, doch scheint mir aus Rathke’s vortrefflichen Beobachtungen bei den Schildkröten die vollständige Uebereinstimmung mit den Vögeln und nackten Amphi- bien hervorzugehen, die Rathke 1) überdies selbst ausspricht, obgleich er den hi- stologischen Unterschied zwischen primordialer und secundärer Verknöcherung nicht ganz scharf hervorhebt und namentlich secundäre Skelettanlagen bald knorpelig bald knöchern nennt. Bei den Fischen fehlen die langen Röhrenknochen, welche bei den höheren Thie- ren die Hauptträger der Auflagerung sind, doch finden sich auch in dieser Classe, z. B. an den Wurzeln der Rippen, an den Wirbeln, am Kiemenapparat und Zungen- bein, Stellen, wo der Unterschied der primordialen Verknöcherung und secundären Auflagerung sehr deutlich ist. Letztere ist in dieser Classe oft sehr entschieden fa- 1) A.a. 0. S.88, 136. In der That ist Rathke’s Beschreibung von der Entstehung der Mark- canäle in der Auflagerung, der Markzellen im verknöcherten Knorpel (S. 92, 132) unverkennbar. Jene enthalten ein lockeres, fellloses Bindegewebe mit Blutgefässen, das mit dem Unterhautbindegewebe in Zusammenhang steht, diese allein wahres Knochenmark und Fetlgewebe (S. 132, 181). Die periphe- rische Knochenkruste, die nach Rathke an den Röhrenknochen, den Rippen, den Wirbeln und selbst am Schädel auftritt (S. 53), ist theils primordial und durchdringt den Knorpel mehr oder weniger tief, theils Auflagerung, welche das Dickenwachsthum desselhen vermittelt. Die Knorpel der Diaphysen schwinden, ehe sie verknöchert sind; in den Apophysen aber entstehen primordiale Knochenkerne (S. 136). Selbst die secundäre Verdichtung der Knochensubstanz durch innere Auflagerung auf die Wände der Markräume, ist Ralhke nicht entgangen ($. 133). — 10 — serig, was die Unterscheidung sehr erleichtert; noch viel characteristischer aber sind die langgestreckten, spaltförmigen Knochenkörperchen derselben, deren feine, äusserst zierliche Canälchen sich weithin verzweigen und die schönsten Anastomosen bilden, die man sehen kann. In vielen Fällen sind die Bilder frisch, unter Wasser schon vollkommen deutlich, z. B. bei Cyprinen an fast allen Theilen des Skeletts; in an- deren Fällen, besonders an trockenen Präparaten, ist Terpenthin unentbehrlich, aber dann sehr hülfreich. Die Kuochenkörperchen stehen im Allgemeinen bei den Fischen nicht so dicht, als bei höheren Thieren, ja oft so zerstreut, dass man im Sehfelde nur wenige übersieht, deren Canälchen ein weitverzweigtes, spinnengewebeartiges Netz bilden. Vielleicht gehören dahin die Fälle, in denen nach Tomes1) die Kno- chenkörperchen ganz fehlen sollen. Ob die Zahl der Markcanälchen in einem con- stanten (umgekehrten) Verhältniss zu der der Knochenkörperchen und Canälchen stehe, wie derselbe Autor angibt, ist mir nicht ausgemacht. Dieselben finden sich in allen Classen und scheint mir ihr Vorkommen und ihre Häufigkeit von der Dicke abzuhängen, welche die secundären Knochenparthieen erreichen. Aus diesem Grunde scheinen sie mir bei Fischen und Batrachiern im Allgemeinen weniger verbreitet, als bei den beschuppten Amphibien und Vögeln und bei diesen spärlicher als bei den Säugethieren und den Menschen. Sehr deutlich ist bei den Fischen der lamellöse Bau der Auflagerungen an vielen, besonders platten Knochen schon für das unbe- waffnete Auge, an andern, z. B. an Queerschnitten von den Rippen bei Cyprinen, mikroskopisch. Schiefe Schnitte findet man oft treppenartig abgesetzt und aufgeblät- tert, die einzelnen Lamellen von ungefähr derselben Dicke, wie an den Periostauf- lagerungen beim Kalbe. Ganz feine Schnitte oder abgelöste einzelne Lamellen von der Oberfläche erscheinen auch hier ganz homogen, von schmalen Längsspalten durch- setzt, deren Canälchen noch nicht so deutlich sind, als in den tieferen Schich- ten. Säure erregt schon in den obersten Schichten Aufbrausen, doch scheinen die Fischknochen im Ganzen weniger kalkhaltig, als die der höheren Thiere, denn es erscheinen oft nur wenige Gasblasen, auch verändert sich das Gewebe durch Ent- ziehen nicht erheblich, ausser dass es etwas aufquill| und durch das Aufquellen die schmalen Knochenkörperchen sammt den Canälchen bis zum Verschwinden undeut- lich werden und die Stelle der ersten nur an dem körnigen Inhalt (Rest der enthal- tenen Zellengebilde) kenntlich bleibt. Mit den grossen, runden, primordialen Knochen- 1) A. a. O. S.850, Fig. 451 und 456. —- 21 — höhlen der Fische haben die beschriebenen strahligen Knochenkörperchen der Auf- lagerung nicht die entfernteste Aehnlichkeit und, wenn irgendwo, ist es hier und bei den nackten Amphibien leicht, Jedermann zu überzeugen, dass die primordiale Ver- knöcherung keine corpuscula radiata liefert. An grösseren primordialen Knochen, z. B. am Zungenbein, kann man sich überzeugen, dass auch bei den Fischen auf Kosten des verknöcherten Knochens Diplo& gebildet wird, deren Reste umfängliche Markräume begrenzen, die sich durch beträchtliche secundäre Knochenschichten theil- weise ausfüllen und abrunden. Diese innere Auflagerung enthält oft sehr wenige Knochenkörper, entwickelt oft sehr wenig Luftblasen und gleicht dann mehr einem unreifen Fasergewebe als wirklichen Knochen. Um so deutlicher erscheinen in den Winkeln und Ecken der die Markräume begrenzenden Knochenbrücken und Frag- mente dieselben grossen, runden, strahlenlosen Knochenkörper, die oben vom Säugethierskelett beschrieben wurden; bei Salmonen, wo die verschiedenen Knochen- kerne, von welchen das Zungenbein, der Schädel u. s. w. verknöchern, zeitlebens durch unverknöcherten Knorpel getrennt bleiben, hat man ausserdem stets Gelegen- heit, primordiale Knochenränder und permanenten Knorpel zu untersuchen, der sich ‘zur Verknöcherung anschickt. Die secundäre Auflagerung geschieht hier, wie bei den Säugethieren, nur auf die verknöcherten Theile, so dass die knorpelig geblie- benen Theile in ihrem Wachsthum durch Intussusception nicht gehemmt sind. So ausgeprägt übrigens die Charactere des primordialen und secundären Kno- chengewebes an vielen Stellen sind, so finden sich doch gerade in dieser Olasse Be- sonderheiten, die auf den ersten Blick verwirren können und eine specielle Bearbei- tung dieser Classe wünschenswerth machen. So kömmt, um einige Beispiele anzu- führen, in den Flossenstrahlen, den radii branchiostegi u. s. w. eine Art kalkhaltiger Knorpel vor, der nach Art der secundären Knochen wächst, beim Trocknen halb durchscheinend bleibt und längliche, schmale, spaltförmige Knorpelkörperchen ent- hält, die an die des wachsenden Knorpels (S. 97.) erinnern, zuweilen gespalten und verzweigt sind und dadurch den secundären Knochenkörperchen ähnlich werden, im Ganzen aber der feinen, anastomosirenden Ganälchen ermangeln. 1) Auch in anderen, 1) Sie erinnern an die von A. Bergmann a. a. O. Fig. 6. abgebildeten sternförmigen Höhlun- gen im Kopfknorpel der Sepien, der sonst ganz mit den Knorpeln der Wirbelthbiere übereinkömmt. Die Knorpelzellen schicken, wie ich bei Loligo sagillata finde, Fortsälze in die einzelnen Strahlen. Von verdickten Zellenwänden und Porencanälen ıst Nichts zu sehen. Verknöcherung scheint darin nicht vorzukommen. 16 — 12 — unzweifelhaft secundären Knochenbildungen, z. B. in der verknöcherten Scheide der Chorda der Chimaeren, Plagiostomen und selbst vieler Knochenfische, finden sich spaltförmige Knochenkörperchen, aber ohne wahrnehmbare Canälchen und zwar reihenweise hintereinandergestellt, so dass das Gewebe bei schwacher Vergrösserung dem Zahngewebe gleicht. Die Canaliculi sind daher allerdings characteristisch für das secundäre Knochengewebe, insofern sie in den primordialen Verknöcherungen meiner Erfahrung nach constant fehlen, aber sie kommen keineswegs in jeder se- cundären Verknöcherung zur Entwickluug. Endlich kann hier erwähnt werden, dass manche Knorpel der Cyclostomen, z. B. der Zungenknorpel, durch die exquisiten Ver- dickungsschichten, welche darin vorkommen, nicht nur eine eigenthümliche Härte erlangen, die sie von aussen gesehen dem Knochengewebe ähnlich macht (wohin sie auch schon gezählt wurden), sondern dass auch , namentlich in der Rindenschicht, Formen von Knorpelhöhlen vorkommen, die nicht unfern an die des rhachitischen Knorpels erinnern. Es bilden sich aber weder Porencanäle, noch findet Verknöche- rung darin statt, da Säure keine merkliche Veränderung hervorbringt und nicht mehr Gasblasen entwickelt, als aus gewöhnlichen Knorpeln. Cap. IV. Von den selbstständigen Theilen des secundären Skeletts, den sog. Deck- oder Schaltknochen. Was bisher über den Unterschied der primordialen und secundären Verknöche- rung gesagt wurde, dient zugleich zur Erläuterung der zuerst von Duges für die nackten Amphibien aufgedeckten, dann von allen Beobachtern, welche sich mit der Sache beschäftigten, mehr oder weniger bestimmt für alle Wirbelthierclassen bestä- ‚tigte Thatsache, dass nur der kleinere Theil der Schädelknochen auf Kosten der knorpeligen Anlage des Schädels, der grössere Theil aber ausserhalb und ganz unabhängig von derselben entstehe. Die von Reichert) und A. Bidder 2?) dagegen erhobenen Bedenken und Einwürfe ändern an den Thatsachen Nichts und sind wesentlich Ausflüsse der Reichert eigenthümlichen histogenetischen Auffassungsweise des Bindegewebes und seines Verhältnisses zur Knorpelsubstanz. Reichert will die häutigen Theile der Schädelkapsel zum Knorpel- schädel gerechnet wissen, weil er einen histogenetischen Unterschied zwischen 1) Müller’s Archiv. 1849. S. 443. ?) De cranii conformatione. Diss. Dorpati 1847. — 13 — Bindegewebe und Knorpelgewebe nicht anerkennt und beide nur als Unterordnungen eines und desselben Gewebstypus ansieht. Es ist hier nicht der Ort, eine so weit- schichtige und meiner Ansicht nach keineswegs dringende Frage zu erörtern; es würde sich sonst leicht zeigen lassen, dass namentlich die Continuität verschiedener Gewebe nicht als Beweis für eine Identität derselben angesprochen werden kann, denn, wenn man bis zu den frühesten Perioden zurückgeht, lösen sich alle Gewebe in dem gemeinsamen, indifferenten Bildungsgewebe (v. Baer) auf und sind weder histologisch, noch chemisch, noch morphologisch (in der Continuität) verschieden. Meiner Ansicht nach liegt in Reichert’s Geständniss, dass man in der Grundlage der Schädelkapsel eine „hyalin-knorpelige” und eine „faserig oder häutig-knorpelige” Parthie unterscheiden müsse, eben die Anerkennung des Primordialschädels; und in der That bedarf es. nur einer unbefangenen Betrachtung jüngerer Embryonen, um sich zu überzeugen, dass diesogenannten häutigen Theile der Schädelkapsel zu jener Zeit, wo der Primordialschädel bereits fertig ist und die Deckknochen auftreten, we- der aus Knorpelsubstanz, noch auch aus Bindegewebe , sondern aus dem noch ganz oder fast ganz indifferenten Bildungsgewebe bestehen, welches alle Skelettanlagen umgibt und in welchem erst nach und nach differenzirte Gewebe bemerklich werden, zu welchen u. a. auch die sog. Deckknochen gehören. Alle Schwierigkeiten, welche einzelne Beobachter gefunden haben, scheinen mir theils daher zu rühren, dass man sich zu ausschliesslich mit dem Schädel beschäftigte, wo die Verhältnisse am complieirtesten sind und die Deckknochen mit den primor- dialen bald in sehr innige Verbindung treten, theils daher, dass man sie nicht bis zu ihren ersten histologischen Anfängen zurück verfolgt hat. Sharpey, welcher zu- erst die histologischen Charactere genauer erforscht hat, nennt die Bildung der se- cundären Knochen eine intramembranöse, offenbar, weil zu der Zeit wo er un- tersuchte, das Gewebe der verschiedenen Häute am Schädel, zwischen welchen die Deckknochen liegen, schon sehr entwickelt war. Auch Kölliker spricht von einer „häutigen Grundlage” und neigt in seinen früheren Mittheilungen !) zu der Ansicht derer, welche den secundären Knochen als „verknöchertes Bindegewebe” betrachten. Später 2) und in zeinem Handbuche tritt jedoch an die Stelle der häutigen Grundlage „ein weiches Blastem”, aus dem sich sowohl die Periostablagerungen als die sog. 1) Bericht a. a. O. S. 42. 2) Zeitschrift für wissenschaftl. Zool. II. S. 282. — MM — Deckknochen hervorbilden. Die Uebereinstimmung zwischen den Periostauflagerun- gen und Deckknochen in histologischer Hinsicht hat Kölliker am bestimmtesten her- vorgehoben, obgleich er schliesslich 1) die beiderlei secundären Knochenbildungen morphologisch auf keinen Fall zusammengestellt haben will. Die ersten Anlagen derjenigen Knochen, welche im Primordialskelett nicht prä- formirt sind, sind schon in einer sehr frühen Periode vorhanden, denn sie wurden bisher zu den ersten Verknöcherungen überhaupt gezählt, und bei denjenigen Thie- ren, die keine Clavicula haben, z. B. beim Rinde, ist ein solcher Deckknochen, näm- lich der Unterkiefer, in der That der erste Knochenpunkt, der im Fötus zu einer Zeit auftritt, wo das Primordialskelett noch ganz knorpelig ist. Es geht daraus her- vor, dass die Bezeichnungen „primär” und „secundär” chronologisch nicht blos auf verknöcherte Theile bezogen werden dürfen, sondern auf die Zeit der ersten Anlagen oder Differenzirungen des indifferenten Bildungsgewebes. In diesem Sinne ist, wie Seite 12 erwähnt, das knorpelige Skelett allerdings das „primäre”, denn es ist be- reits grösstentheils angelegt und gegliedert, wenn bei 1 bis 5/,“ langen Rindsfötus die secundären Knochen beginnen. Das Eigenthümliche der secundären Knochen ist vielmehr von Kölliker 2) nach dem Vorgange von Duges u. A. bereits dahin de- finirt worden, dass sie nicht (wie die primordialen) knorpelig vorgebildet sind, sondern in einem weichen (indifferenten) Blasteme von einem klei- nen Anfange aus entstehen. Ganz besonders ist hervorzuheben, dass sie gleich von Anfang und sobald ihre ersten Spuren überhaupt wahrnehmbar sind, knöchern auftreten; denn es erklärt sich daraus, dass sie von Anfang an nur durch Apposition von aussen (nach Art der Periostauflagerungen) wachsen und ihre typische Gestalt nicht, wie die primordialen Knochen, im Wesentlichen schon von Anfang (im knorpeligen Zustande) besitzen, sondern nur allmählig und gewissermassen erst mit vollendetem Wachsthum erlangen. Damit hängt es auch zusammen, dass jeder secundäre Knochen nur einen Knochenkern besitzt, obgleich es bei den höheren Classen gewöhnlich ist, dass mehrere anfangs getrennte Knochen unter sich und mit primordialen Knochen früher oder später zu einem einzigen Stücke verschmelzen. Als ein empyrisches Merkmal, welches im Verfolge seine Erklärung findet, kann auch die Verbindung durch wahre Schuppen- oder Zackennähte 1) A. a. 0.5. 29. 2) Mikr. Anat. S. 344. — BS — betrachtet werden, welche zwischen primordialen Knochen niemals oder nur da statt findet, wo sich secundärer Knochen auf ihnen entwickelt hat. Da wo die secundä- ren Knochen den primordialen näher anliegen, haben sie meistens eine flächenför- mige Ausbreitung, die zu der Bezeichnung Deck- oder Belegknochen Veranlas- sung gegeben. In anderen Fällen aber (Stirnbein, Oberkiefer, Gaumenbein u. s. w.) kann ihre Gestalt eine sehr complicirte und überhaupt jede andere sein, obgleich sie sich nie durch besondere Massenhaftigkeit und Solidität auszeichnen. Um die Anfänge der secundären Knochen zu beobachten, genügt es bei 1 — ?' langen Rindsfötus oder bei Hühnchenembryonen in der zweiten Woche der Bebrütung eines der zahlreichen Knochenscherbehen, welche in der Umhüllungsmasse des Pri- mordialschädels schon mit freiem Auge als weisse Pünktchen oder Streifen erkenn- bar sind, sammt dem anhängenden Bildungsgewebe auszuheben und unter dem Mi- kroskope auszubreiten. Man sucht sich jeweilen die kleinsten heraus und wenn man die Stellen einmal kennt, ist es leicht 'sie bis zu ihren ersten Anfängen, die blos unter dem Compositum erkennbar sind, zu verfolgen. Man gewahrt dann, dass das secundäre Knochengewebe gerade so durch Differenzirung aus dem Formlosen ent- steht, wie alle andere Gewebe, die Primordialknorpel nicht ausgeschlossen. Von einer vorgebildeten, knorpeligen oder ‘sonst beschaffenen Lamelle, die, wie Kölli- ker!) annimmt, der Verknöcherung wenn auch nur kurze Zeit vorausgehe, habe ich nichts wahrgenommen. Noch weniger ist es ein anderes specifisches Gewebe, na- mentlich Bindegewebe, auf dessen Kosten die Verknöcherung geschieht; denn wenn auch die Schädeldecken eine ziemlich derbe, häutige Kapsel um das Gehirn bilden, so ist doch darin von einer Sonderung von Cutis, dura mater,, Muskelschicht u. s. w. anfangs so wenig die Rede, wie in den Extremitäten der Froschlarve zu der Zeit, wo sich die primordiale Anlage der Extremitätenknochen darin differenzirt. Die Differenzirung des Bildungsgewebes hat im Gegentheil an allen Theilen des Fötus grössere Fortschritte gemacht, als am Schädel, wo er noch aus einem halbfesten, streifigen Blasteme mit zahlreichen kleinen, rundlichen Körperchen besteht, in dem eine Faserung oder Schichtung nur künstlich mittelst des Scalpells hergestellt werden kann. Einzelne künstlich dargestellte Schichten der Rückenplatten an dieser Stelle jetzt schon mit besonderen Namen zu belegen und überhaupt von besonderen „ske- lettbildenden Schichten” zu sprechen, scheint mir keineswegs gerechtfertist. Man 1) A.a 0.8. 375. — 16 — kann nur sagen, dass alle künftigen Organe, die knöchernen Theile. des Schädels eingerechnet, potentia in dieser Schädelkapsel enthalten sind, die nur insofern den Namen einer „häutigen” verdient, als das Gewebe: der Rückenplatten hier in einer dünneren Lage ausgebreitet ist und keinen geringeren Zusammenhang’ zeigt, als an anderen Stellen. Wenn die sog. „verknorpelten” Stellen derselben continuirlich in die „häutige”” Schädelkapsel übergehen, wie H. Meyer!) und Reichert 2) urgi- ren, so ist dies kein Beweis, dass beide eines und dasselbe sind, sondern der Aus- druck des Bildungsgesetzes, wornach Organanlagen allenthalben entstehen (S. 11 f.). Wenn nun, wie alle Beobachter angeben, in dem grössten Theile der Schädelkapsel Knochen entstehen, ohne dass es zu einer vorherigen „Verknorpelung” dieser Theile kömmt, so folgt daraus, dass nicht alle Schädelknochen auf dieselbe Weise entstehen, sondern dass es zwei verschiedene Weisen der Knochenbildung gibt und dieses Ge- setz verliert nichts von seiner Bedeutung, wenn man mit Reichert die ganze Schädelkapsel „häutig -knorpelig” nennt oder mit A. Bidder die darin entstande- nen Knochenscherben als „materia cartilaginea colore subalbido” bezeichnet. Eben so wenig entstehen aber die secundären Knochen etwa aus „Bindegewebe”, weil sie aus einem Theile der Schädelkapsel hervorgehen, der später grösstentheils in Binde- gewebsformationen aufgeht; denn zu der Zeit, wo die ersten Spuren dieser Knochen auftreten, ist von „Bindegewebe” in der häutigen Schädelkapsel so wenig etwas zu sehen, als von Knorpel. Die feinen Knochenscherbehen, aus welchen die Anfänge der Knochen bestehen , lassen sich daher auch leicht aus der sog. häutigen Grund- lage herausheben und stehen mit den präformirten Knorpeln, die alle tiefer liegen, in keiner anderen Verbindung, als durch das allgemeine Bildungsgewebe, in welches sie eingebettet sind. So findet man beim 11%‘ langen Rindsfötus, dessen Primordialschä- del noch ganz knorpelig ist, bereits angelegt und beträchtlich vorgerückt, den Unter- kiefer , der ein 21/5‘ langes Scherbchen darstellt; ferner einen weisslichen Fleck in der Gegend des processus zygomaticus beiderseits, mit dessen Bildung ‘die squama temporum beginnt und allmählig nach hinten gegen das knorpelige Felsenbein sich aushreitet; ferner die beginnenden Stirnbeine in der Gegend des Orbitalrandes schwach angedeutet; einen weisslichen Fleck über dem Ohrlabyrinth für das Scheitelbein; eine schwache Andeutung der Flügelbeine und endlich den Vomer, der als dünner ı) A. a 0. 8.331. 2) A.a 0. S. 462. Ei — 11 — weisser Streif unter der knorpeligen Nasenscheidewand hinzieht. Dazu kommen bald bei 2 — 3" langen Embryonen die Anlagen der Oberkiefer , Jochbeine und Gaumen- beine, und etwas‘ später die paarigen Anlagen des Interparietale, der Nasenbeine, Zwischenkiefer, Thränenbeine und des Trommelfellringes, der bei 6“ langen Rinds- fötus ausgebildet ist. Bringt man ein solches eben :aufgetretenes Knochenscherbehen unter schwache Vergrösserungen, so erblickt man das von Sharpey) treu beschriebene, knöcherne Maschenwerk mit weichen, knorpelartigen Endstrahlen, die an der Peripherie in das halbdifferenzirte Gewebe der Schädeldecken auslaufen und sich pinselartig darin ver- lieren. Dieses unreife, häutige Gewebe bildet auch die Grundlage und Ausfüllung der Maschenräume und folgt beim Auslösen der Scherbe stets in grösserer Quantität nach. (Vgl. Taf. I, Fig. 1. II, Fig. 10.) Bei stärkerer Vergrösserung gewahrt man jenes netzförmige Gitterwerk, das an die Formen des geronnenen Faserstolls erinnert und vom wachsenden Knochen beschrieben wurde. An den verknöcherten Stellen erscheint die Masse feinkörnig, an den Randstrahlen aber mehr homogen, knorpelartig spiegelnd, und nimmt durch Behandeln mit Salzsäure, welche die Kör- nung unter Aufbrausen enifernt, in ihrer ganzen Ausdehnung das homogene Ansehen der Randstrahlen an. An dem spiegelnden und homogenen , schwachgelblichen Git- terwerk erkennt man die beginnende Ablagerung einer Knochenscherbe in dem Bil- dungsgewebe schon ehe sie dem freien Auge erkennbar ist; niemals aber geschieht dieselbe in Form einer Lamelle oder gesonderten Schicht, sondern wie eine netzförmige Gerinnung einer weichen Substanz, die sich von den Verknöcherungspunkten ausbreitet. Die allerersten mikroskopischen Spu- ren dieser Substanz reagiren nicht auf die Mineralsäure und werden von Essigsäure nur heller uud durchscheinender gemacht; die Deposition der Kalksalze folgt aber auf dem Fusse nach, so dass immer nur die äussersten mikroskopischen Randstrah- len der Knochenscherbe noch weich und knorpelig sind. Wenn Sharpey diese filzartigen Moleküle, Strahlen oder Stäbe, welche das anschiessende Gitterwerk zusammensetzen, den Bindegewebsfasern oder Faserbündeln vergleicht, so ist dieser Vergleich in Bezug auf die ungefähre Dicke derselben nicht ganz unpassend, in jeder anderen Hinsicht: aber wenig bezeichnend, da sich einzelne Fibrillen darin nicht ver- 1) A. a. O. Fig. 40, 41. Eine unvollkommene Abbildung davon hat schon Duhamel in Hist. de V’acad. 1743. p. 146. pl. 4. Fig. 1, 2. — S. ferner Kölliker a. a. ©. Fig. 116—120. — BB — folgen lassen und nur die allgemeine Richtung der Maschen und Strahlen, die ge- wöhnlich vom Verknöcherungspunkte aus radiär anschiessen, den Anschein einer Faserung gibt. Im Uebrigen gilt davon Alles bei den Periostablagerungen Gesagte (S. 96 f.). Schon bei der ersten Anlage sind auch hier durch Maschen von ver- schiedener Weite die Markcanälchen und Knochenkörperchen vorgesehen. Die klei- neren Maschen sind ovale oder längliche Spältchen von der Grösse der definitiven Knochenkörperchen, im frischen Zustande hell und durchsichtig und schon im unver- knöcherlen Zustand an den Ränden eingekerbt. Färbung mit Jod, das dem Maschen- werk insgesammt einen gleichförmigen, hellgelben Ton gibt, zeigt die in den klei- nen Maschen eingeschlossenen kleinen, rundlichen, zellenartigen Körperchen, die auch nach der Verknöcherung noch zum Theil wahrnehmbar sind. In den grösseren Maschenräumen sind nicht einzelne Körperchen, sondern grössere Parthieen des un- reifen Gewebes enthalten, in welches die ganze Scherbe eingetragen ist und welches die ganze häutige Schädelkapsel bildet. Es enthält viele, grosse, helle, längliche Kerne in einem weichen, gallertigen Blasteme und entspricht daher einer früheren Entwicklungsstufe des Bindegewebes. Die Vergrösserung der Knochenscherbe geschieht dadurch, dass an der Peripherie stets neue Strahlen anschiessen, sich durch Queerbrücken verbinden und zu neuen Maschen arcadenartig abschliessen. Diese Maschen verengen sich durch fortgesetzte Ablagerung, so dass man im älteren Theile mehr rundliche, an der Peripherie mehr gestreckte, ovale Maschen wahrnimmt. Die kleinen Spältchen, welche zu Knochen- körperchen werden, sind mit dem längsten Durchmesser stets nach der Richtung der Strahlen gerichtet, in den radiären radiär , in den queeren queer mit Rücksicht auf den Verknöcherungspunkt, und umgeben die Maschen daher concentrisch. Im ver- knöcherten Theile sind die Canälchen stets sehr deutlich , verschwinden aber an den mit Säure behandelten Präparaten. An letzteren erscheinen auch die Knochenkör- perchen durch Aufquellen um ein Geringes kleiner geworden, wie es bereits S. 98 von fertigen Knochen erwähnt wurde. „In dem Maasse, als der Knochen sich peripherisch ausbreitet, nimmt er auch an Dicke zu; die Hohlräume zwischen den Knochenstrahlen verengen sich oder ver- schwinden , und auf einer weiteren Stufe sind die platten Schädelknochen gegen die Mitte hin ziemlich compact, obgleich ihre Ränder immer noch von dünnen radiären Fortsätzen gebildet werden. Nun entstehen auch zahlreiche Furchen an der Ober- fläche, ebenfalls radiär ausstrahlend, welche nach der Mitte hin im älteren und dich- — 19 — teren Theil des Knochens sich in Canäle fortsetzen, die nach allen Richtungen ver- “laufen. Die Canäle sowohl als die Furchen, welche sich in Canäle umwandeln, ent- halten Blutgefässe nebst Fortsetzungen der umkleidenden Membran, von welchen die Ablagerung concentrischer Knochenlagen auf der Innenwand ausgeht, und wenn diese röhrigen Hohlräume von concentrischen Schichten umgeben sind, stellen sie in der That die Havers’schen Canäle dar.” Ich kann diese Angabe Sharpey’s ') nur wörtlich wiederholen, weil sich der Process der Markcanälchenbildung, der oben be- reits vom wachsenden Knochen geschildert wurde, nicht kürzer geben lässt. Ich habe nur hinzuzufügen,. dass der junge Knochen noch keinen Unterschied zwischen Rindenschicht und Diplo& zeigt, sondern durch und durch gleichmässig porös ist; erst wenn der Knochen dicker geworden ist, findet eine innere Resorption ler gebilde- ten Knochenmasse statt, welche, wie die Auflagerung der Primordialknochen, theil- weise zur Bildung von Markräumen verwendet wird, die jedoch eine gewisse Grösse niemals übersteigen und stets feinmaschiger bleiben, als die Diplo& der primordialen Knochen. Insbesondere sind die Sinus frontales und maxillares keine Markräume, sondern durch einseitiges Wachsthum des Knochens entstanden und stets von einer fihrösen Membran (Periost, Schleimhaut) ausgekleidet. Zu gleicher Zeit mit, der Anlage und Ausbreitung der Knochenscherbchen schrei- tet auch die Differenzirung des umgebenden Bildungsgewebes fort, das alsbald als wahres Periost, obgleich noch in sehr unvollkommenem Zustand erkannt wird. Bei 2 langen Rindsfötus lässt sich an der sog. häutigen Schädelkapsel ausser einer noch sehr dünnen und einfachen Epidermis eine dickere Cutis unterscheiden, welche selbst noch aus streifigem Blasteme mit eingestreuten läglichen Kernen ohne geson- derte Fibrillen besteht und zahlreiche unreife Blutgefässe oder Blutrinnen enthält. Sie ist nicht scharf von dem unterliegenden Bildungsgewebe geschieden, das im Wesent- lichen die gleiche Structur zeigt, sich aber in der Umgebung der Knochen zu ver- dichten anfängt und ihnen fest anhängt. Die Deckknochen bilden sich daher wie alle Skelettanlagen ihr Periost (oder Perichondrium) erst nach und nach aus dem allgemeinen Bildungsgewebe, in welchem sie entstehen und sind von demselben, auch wenn sie primordialen Knochen dicht aufliegen, vonallen Seiten umgeben. Diejenigen haben daher Recht ?), welche angeben, 1) A.a. 0. p. CLI. 2) S. Kölliker’s Bericht a. a. O. S. 4. 17 no - - 230 ° — dass die Deckknochen mit den primordialen in keiner unmittelbaren Verbindung ste- hen und dass sich zwischen beiden stets noch eine grössere oder geringere Menge häutigen Gewebes (Reste des ursprünglichen Bildungsgewebes) befinden. Man kann sich in der That hiervon an allen Schädeln junger Thiere und Fötus sehr leicht über- zeugen, um so mehr, da die Deckknochen hier sämmtlich ausserhalb, zum Theil so- gar in ziemlicher Entfernung von den primordialen Schädelanlagen entstehen, wie es besonders an den Scheitelbeinen noch beim 7monatlichen Menschenfötus so deutlich ist; gleichsam als sollte, neben der unverhältnissmässigen Grösse des fötalen Kopfes überhaupt, dem definitiven Volumen desselben auch durch die anfängliche Ueberein- anderschiebung der Theile vorgearbeitet werden. Während nämlich die Deckknochen ‚durch Apposition sich ausbreiten, wachsen auch die knorpeligen primordialen Theile der Schädelbasis durch Zunahme der Grundsubstanz noch in die Höhe und Breite. Die relative Menge des sie trennenden Bildungsgewebes vermindert sich dabei durch zunehmende Differenzirung in specifische Gewebe (Periost, Perichondrium) zusehends und kann bei der endlichen Berührung auf ein Minnimum reduzirt werden, ja schwin- den. Daher, dass anfangs die primordialen Anlagen und die ersten Knochenscherbcehen der Deckknochen weit voneinander entfernt sind und sich nirgends erreichen, kömmt es, dass sie später, indem sie ihre gesonderten Wege in der gemeinschaftlichen Schädelkapsel verfolgen, übereinander zu liegen kommen und sich theilweise de- cken. So beschreibt Sharpey !) eine, von der Schädelbasis sich erhebende La- melle ächten Knorpels, welche sich unter dem Scheitelbein jüngerer Fötus befindet, aber in keiner Verbindung mit ihm steht und nur bis ungefähr in die Hälfte seiner Höhe reicht. Eine ähnliche aber niedrigere Lamelle erhebe sich unter dem Stirn- bein. Es sind dies die oberen Ränder der noch knorpeligen hinteren und vorderen Keilbeinflügel, die später durch das Wachsthum der Theile und besonders des Ge- hirns, mehr zurückbleiben, ja, wie Reichert 2) richtig angibt, beim Pferde, Rinde u. s. w. von den Stirnbeinen theilweise umwachsen und in eine Rinne auf- genommen werden, aber keineswegs continuirlich in dieselben übergehen, wie man ‚noch beim reifen Pferdefötus sehr deutlich sieht, wo die knorpelige Apophyse der Keilbeinflügel einen Finger breit ist. Andere Deckknochen, z. B. die Nasen- beine, der Vomer, liegen auch bei den höheren ‚Thieren in ihrer ganzen Ausdeh- 1) A.a. 0. Fig. 4. 2) A. a. 0. 5. 468, 474. - BE — nung und flächenweise dem Knorpel auf; aber auch hier besteht stets eine häutige Zwischenlage, die zeitlebens mit Leichtigkeit darstellbar ist und keine Spur von Knor- pelstructur enthält. Dass die Deckknochen am Schädel ohne Ausnahme nach aussen von den primordialen liegen, ist übrigens keineswegs der Ausdruck eines organologi- schen Gesetzes, sondern eine einfache Thatsache, denn in anderen Fällen, z. B. an der Wirbelsäule der nackten Amphibien und Fische, sind es die primordialen Theile, welche nach aussen von den secundären (der sog. verknöcherten Scheide der chorda) zu liegen kommen. | Der Form der platten Schädelknochen entsprechend, besteht das Periost dersel- ben, sobald es sich differenzirt hat, aus zwei Blättern, welche den Knochen überzie- hen, an seinen Rändern in einander übergehen und durch seine Markcanäle hindurch miteinander in Verbindüng stehen. Ist dasselbe einmal gebildet, so wachsen die Knochenscherben zwischen seinen beiden Blättern fort und es geht die Vergrösse- rung des Knochens ferner eben so vom Periost aus, wie bei den wachsenden Kno- chen. Das Periost der Schädelknochen eines Kalbsfötus von 8“ Länge zeigt bereits eine sehr deutlich faserige Structur, worin einzelne Bindegewebsbündel unterscheid- bar sind.; Es liegt den Schädelknochen straff an, während die Cutis darüber etwas verschiebbar ist. Hier hat also durch die Differenzirung des Bildungsgewebes der Schädelkapsel eine Scheidung in mehrere Schichten stattgefunden, die durch lockeres Bindegewebe mit einander verbunden sind. Reisst man das Periost gewaltsam vom Knochen hinweg, was nicht ohne Mühe geschieht, so kömmt der nackte, rauhe und feingezähnte Knochenrand, margo sagittatus, zum Vorschein, von dem dabei einzelne Parthieen, besonders die weichen Randstrahlen, mit fortgerissen werden und am Pe- ridste hängen bleiben. Die Oberfläche des Knochens ist poröser und stärker gerippt, als beim Erwachsenen, indem zahlreiche, schmale Firsten von den tubera frontalia und parietalia nach den Rändern hin ausstrahlen. Schabt man über den blossgelegten Knochen hinweg, so erhält man Fragmente des periostalen Fasergewebes, die beim Abreissen zurückgeblieben waren, nebst vielen zellenartigen Körperchen mit rundlichen Kernen. Schabt man tiefer, so kommen Lamellen mit rundlichen und ovalen Spalten und Spältchen, wie bei allen Auflagerungen. Durch Veränderung des Focus überzeugt man sich von der Schichtung dieser Lamellen, von denen die obersten nur eine streifige helle Membran darstellen, die folgenden, die besonders auf den Firsten sich ablösen, schon deutliche Knochenkörperchen mit Ausläufern in einer feinkörnigen Grundsubstanz enthalten. Manche von den letzteren enthalten zellenartige Körperchen, welche die - 132 — Höhle ausfüllen, in anderen bleibt ein leerer Raum in Form eines hellen Saums um das enthaltene Körperchen, noch andere sind leer oder enthalten nur ein paar Körn- chen oder körnige Reste. Niemals sieht man verdickte Zellenwände, wie H. Meyer !) angibt , niemals mehrfache Kerne oder endogene Formen in den Knochenköblungen oder etwas, was für eine Mutterzelle gehalten werden könnte. Ein gleiches Periost, wie das auf der äusseren Fläche des Schädels befindliche, findet sich zu dieser Zeit auch auf seiner inneren Fläche und ist fest, mit ihm ver- bunden. Der Knochen wächst daher durch Auflagerung anfangs gleichmässig auf beiden Flächen, und noch beim Neugeborenen erscheint die dura mater als Beinhaut der Schädelknochen. Schon während des Fötuslebens aber sistirt die Auflagerung auf der inneren Fläche, indem sich das Periost hier nach und nach vom Knochen ablöst, der schon bei älteren Rindsfötus eine nackte und glatte Oberfläche besitzt. Das Periost wird dann dura mater, deren Selbstständigkeit sich jedoch nicht auf alle Theile des Schädels erstreckt; denn an der Schädelbasis, besonders an den Felsenbeinen, hängt sie stets dem Knochen fester an, mit dem sie ausserdem allent- halben durch einzelne Gefässe in Verbindung bleibt. Den ganz gleichen Bau der äus- seren und inneren Knochentafel an den Stirnbeinen des Rindes, namentlich die Bil- dung der Lamellen und Markcanäle, ihre schiefe Mündung auf die Oberfläche u. s. w. zeigen Taf. II. Fig. 9 und 10. Nicht minder deutlich zeigen Schnitte oder Schliffe der Schädelknochen von Kälbern und Rindern, dass in den anfangs sehr weiten Markcanälen eine innere Auflagerung und Schichtbildung beginnt, wodurch das Lu- men derselben verengert und den äusseren Knochentafeln ihre grössere Dichtigkeit verliehen wird. Ganz übereinstimmend mit den Säugethieren verhalten sich die Schädeldeckkno- chen der Vögel, nur verwachsen dieselben viel früher bis zu vollständigem Ver- schwinden der Nähte untereinander und mit den Primordialtheilen, so dass man für ihr Studium auf eine kürzere Epoche der Entwicklung beschränkt ist. Die Stirnbein- anlagen des Hühnchens um den 12. Tag der Bebrütung herum gehören zu den schön- sten und instructivsten Bildern von secundären Skelettanlagen, die man sich ver- schaffen kann, ‚nicht nur der Zierlichkeit wegen, welche die secundäre Verknöche- rung der Vögel auszeichnet, sondern auch wegen der Durchsichtigkeit des indiffe- renten Bildungsgewebes, da man sich die Präparate‘ ganz frisch verschaffen kann 1) A. a 0.8. 337. — 13 — und jede täuschende Aehnlichkeit mit Knorpelgewebe, die durch die gelbliche Trü- bung desselben an Säugethierpräparaten erzeugt wird, hier vermieden bleibt. Noch im Anfang der dritten Woche ist das Periost so wenig ausgebildet, dass fast alle Deckknochen, selbst die den Knorpeln dicht anliegenden z. B. am Unterkiefer und am Schläfenbein, sich mit der grössten Leichtigkeit entfernen und aus dem anhängen- den Bildungsgewebe isoliren lassen. Für die Amphibien ist bereits durch Duges und Rathke dargethan, was bei den Fischen von Niemand bezweifelt wird. Die neuere Annahme von Reichert), dass die Deckknochen der Fische auf Kosten der Rindenschicht des‘ primordialen Schädelknorpels entstehen, ist viel weniger haltbar, als seine frühere, wonach die Deckknochen nicht zum Schädel, sondern der Haut gehören sollten. Nach seiner früheren Ansicht wurde die Selbstständigkeit dieser Knochen, die namentlich bei Hechten und Salmen so leicht darzuthun ist, zugegeben; es handelte sich nur um den mehr oder weniger theoretischen Gegensatz zwischen Haut - und Wirbelskelett, der viel von seiner Wichtigkeit verliert, wenn man erwägt, dass fast alle Regionen des Wirbelthierleibes Knochengebilde von gleicher Structur und Entstehungsweise enthal- ten oder, wie Reichert sich ausdrückt, zu „skelettbildenden Schichten” werden können. Zu seiner neueren Ansicht scheint R. durch einige Thatsachen bei Amphi- bien und Knorpelfischen veranlasst worden zu sein, wo allerdings eine peripherische Verknöcherung in Knorpeln vorkommt. Bei den nackten Amphibien aber ist die Auf- lagerung von der primordialen Verknöcherung, wie S. 115 gezeigt wurde, sehr wohl zu unterscheiden, und ähnlich verhält es sich z. B. am Hechtkopf, wo die Deckknochen zwar dem an der Peripherie verknöcherten Knorpel dicht anliegen, aber dennoch scharf davon geschieden und an der verschiedenen Textur leicht kennt- lich sind. Alle Zweifel hebt die Entwicklungsgeschichte; wenigstens habe ich bei 6 —8'' langen Exemplaren von Cyprinus alburnus in dem noch sehr wenig differen- zirten Bildungsgewebe der Schädeldecken dieselben zarten, mikroskopischen Kno- chenscherbehen ohne Spur einer sie tragenden oder verbindenden knorpeligen Grund- substanz angetroffen, wie bei Vögeln und Säugethieren. Diese Beobachtung war desshalb besonders lehrreich, weil diese Knochenscherbehen von einer sehr klaren, homogenen und durchsichtigen Substanz gebildet wurden, die bei Behandeln mit Säure wenig oder gar nicht aufbrauste, aber gleichwohl schon in ihren ersten Anfängen 1) A. a. 0. S. 505. — 134 — sehr schöne, mit zierlichen Canälchen versehene Knochenkörperchen enthielt. Es geht daraus nicht nur von neuem hervor, dass die letzteren nicht nachträgliche Um- wandlungen verdickter Zellenwände, sondern von Anfang offenbleibende Lücken der Knochenanlage sind, sondern es zeigt sich hier ein directer Uebergang zwischen primordialer und secundärer Knochenbildung, indem auch der letzteren bei den Fischen, deren Knochen überhaupt weniger kalkhaltig sind, unzweifelhaft ein, wenn auch nur kurzes Stadium des knorpeligen (d. h. unverknöcherten) Zustandes vorausgeht. — An den Deckknochen erwachsener Knochenfische findet man die lamellöse Structur des secundären Knochengewebes nicht selten für das freie Auge schon wahrnehm- bar und namentlich in den obersten, dem Perioste zunächstgelegenen Schichten die oft erwähnten grösseren und kleinen Spalträume, die z. B. beim Hechte ganz an die entsprechende Structur der wachsenden Knochen beim Kalbe erinnern und sich nur im Ganzen durch Spärlichkeit der Knochenkörperchen auszeichnen. In vielen Fällen ist ihre Oberfläche, besonders an den Stirn- und Scheitelbeinen, durch ungleiche Apposition mit sonderbar gestalteten Knochennadeln, Leisten und Wucherungen, die sich an manchen Stellen zu beträchtlicher Höhe entwickeln, osteophytenartig be- deckt, was immer ein Zeichen secundärer Knochenbildungen ist, aber durch Auflage- rung auch am primordialen Knochen hervorgebracht werden kann. "Was die Aufzählung der primordialen und der als Deckknochen am Schädel auf- tretenden Theile betrifft, so stimmen meine Erfahrungen mit denen von Kölliker 1) hinsichtlich der Säugethiere und Vögel vollständig, hinsichtlich der Amphibien und Fische mit den S. 66 und S. 68 angeführten Ausnahmen überein. Ich habe nur hin- zuzufügen, dass das Vorkommen der secundären Knochen sich keineswegs auf den Schädel beschränkt, sondern dass in verschiedenen Classen an sehr verschiedenen Stellen des Thierleibes Knochengebilde auftreten, die nicht knorpelig präformirt wer- den und ganz nach Art der Deck- oder Belegknochen entstehen, für welche aber diese letzteren Bezeichnungen um so weniger passen, als sie weder nah noch ent- fernt mit präformirten Skeletttheilen in Beziehung stehen. Schon am Schädel gilt das Letztere vom Zygomaticum und Quadratojugale der Säugethiere, Vögel und be- schuppten Amphibien, von den Supra - und Infraorbitalknochen den Schleimröhren- knochen überhaupt und dem Kiemendeckel der Knochenfische. Es gehören dazu 1) Bericht a. a. O. S. 43 — 49. — 15 — e weiterhin die Penisknochen, und nach Owen!) vielleicht auch die Beutelknochen der Säugethiere, ferner die Furcula der Vögel (wie ich zuerst bei Canarienvögeln am 10. Tage der Bebrütung entdeckte) und ein grosser Theil der sog. Hautkno- chen, namentlich die knöchernen Schilder der Gürtelthiere und die Schale der Schild- kröten, in welchen ich nicht eine Spur primordialen Knorpel- oder Knochengewebes finde, sowie viele der kleineren Schilder, Schuppen und Stächeln bei den be- schuppten Amphibien und Fischen, so weit sie nicht zu den Hornbildungen gehören. Hier ist aber auch das Gebiet, wo knorpelige und knöcherne Skelettanlagen in ein- ander übergehen, wo namentlich die sog. Knochenkörperchen oft ganz fehlen, wäh- rend die lamellöse Structur sehr deutlich ist, und wo sie vorhanden sein können, ohne dass die Behandlung mit Säuren einen erheblichen Kalkgehalt nachweist. Viele von diesen Gebilden würde man recht eigentlich „intramembranöse” nennen können, aber gerade viele Schuppen der Fische, Schlangen u. s. w. stehen in keiner engeren Ver- bindung mit der Cutis, in welche sie eingebettet sind, und gewiss würde die Verfol- gung bis zu den ersten Anfängen zeigen, dass sie nicht auf Kosten des „Bindegewe- bes”, welches sie im erwachsenen Thier umhüllt, sondern mit den anderen Geweben aus dem indifferenten Bildungsstoffe entstanden sind. Gap. V. Von der Verbindung des primordialen und secundären Skeletts. Bestünden primordiales und secundäres Skelett ganz unabhängig von einander, gehörten sie, wie Einige verlangt, Andere angenommen haben, wirklich verschiede- nen „skelettbildenden Schichten” an, so würde ihre Unterscheidung wohl längst eine ausgemachte Sache sein und bereits eine allgemeinere vergleichend-anatomische An- wendung gefunden haben. Die Hauptschwierigkeit, welche sich bisher der Feststel- lung der histologischen Charactere, von welcher alles Weitere abhängt, entgegenge- stellt hat, liegt, wie in vorigen Capiteln gezeigt wurde, in der innigen und allgemeinen Durchdringung beider Formationen, welche durch das Wachsthum ‚der Knochen be- dingt ist. Alles Knöcherne, auch die primordialen Knochen, wächst nur durch Auf- lagerung von aussen her, ja das Skelett des Erwachsenen besteht fast ganz aus se- cundärem Knochengewebe, da die verknöcherten primordialen Theile bis auf geringe 1) Todds Cyelop. III. p. 283. Die Sesambeine, mit welchen Owen sie vergleicht, sind jedoch primordial. Auch die Herzknochen der Rinder enthalten eine primordiale Grundlage. — 16 — Reste (S. 89) zur Markraumbildung verwendet werden. Von den Knochen der hö- heren Thiere machen nur die ganz dünnen und kleinen Knochen, wie das Siebbein und die Gehörknöchelchen, insofern eine Ausnahme, als sich der primordiale Kno- chen hier in grösserem Umfange erhält und namentlich die Gehörknöchelchen des Erwachsenen noch fast ganz aus primordialem Knochengewebe mit grossen, rund- lichen, strahlenlosen Knochenkörperchen und spärlichen Markräumen bestehen, während die Auflagerung nur am processus folianus, der ganz daraus zu be- stehen scheint, beträchtlich ist. 1) Für den vergleichend anatomischen Zweck ist es ferner von besonderer Wichtigkeit, dass primordiale und Deckknochen (nicht blos verschiedene Knochenkerne) in verschiedenen Perioden der Entwicklung nicht nur mit ihresgleichen , sondern auch gegenseitig verschmelzen, wobei wiederum die Periostauflagerungen eine Hauptrolle spielen. Auf dieser Neigung zur Verschmel- zung mehrerer Knochenelemente zu einem Knochenindividuum, welche in der Thier- reihe vielfach varirt, beruhte von jeher eine Haupischwierigkeit der vergleichenden - Osteologie; sie soll daher hier noch eine nähere Betrachtung finden. Für die primordialen Knochen ist es characteristisch, dass die Verschmelzung bei ihnen fast immer im knorpeligen Zustand und zwar schon bei der ersten Anlage stattfindet. Beispiele der Art bieten der Primordialschädel und das Heiligenbein der meisten Thiere, die Halswirbelsäule der Chimaeren und Rochen, die- Entstehung der Wirbel überhaupt, das Brustbein, Zungenbein u. s. w. Alle diese Theile verschmel- zen in der ersten Fötalperiode, ehe die umgebenden Gewebe eine erhebliche Diffe- renzirung erfahren haben. Es ist ein Zusammenfliessen durch das peripherische Wachs- thum (8.30), das dadurch begünstigt wird, dass kein fremdartiges Gewebe im Wege ist. Hat sich einmal ein Perichondrium gebildet, so hört das Wachsthum des Knor- pels an der Peripherie nach und nach auf und mit ihm die Möglichkeit einer direeten Verschmelzung zweier knorpeligen Skelettstücke nach dieser Richtung hin. Zugleich entstehen die Gelenkhöhlen und Gelenkverbindungen, welche dem Primordialskelett vorzugsweise eigen sind und durch welche ebenfalls die Trennung benachbarter ") Ohne Zweifel bezieht sich darauf Reichert’s Angabe a. a. O. S. 475, dass am Processus folianus nur die hintere und innere Rindenschicht verknöchere, der Meckel’sche Knorpel aber bis zum Kopf des Hammers hin sich ablösen lasse und schwinde. Es finden sich übrigens Spuren von Auf- lagerung, welche ohne Zweifel zur Dichtigkeit des Gewebes beitragen, auch in den Markräumen im Caput und Manubrium male, wo sie sogar beträchtlicher sind, als an den meisten Stellen der Ober- fläche, mit Ausnahme des Processus folianus. — Bi — Theile definitiv wird. Fälle von Verschmelzung durch ausbleibende Bildung des Ge- lenkes bieten vielleicht die Rippen der Schildkröten, die sog. processus transversi der Hals-, Lenden- und Schwanzwirbel, das’ schrägverengte Becken u. s. w. Die Ver- knöcherung bewirkt im Primordialskelett nicht eigentlich Vereinigung getrennter Knochenelemente, sondern im Gegentheile eine schembare Trennung und Vermehrung derselben, weil sie in Gestalt mehrerer Knochenkerne (am zahlreichsten im Siebbein) aufzutreten pflegt, die kürzere oder längere Zeit ‘oder permanent: getrennt bleiben können (S. 60 ff.). Als wahre Verschmelzungen kann man diejenigen betrachten, welche durch Verknöcherung der Ligamenta 'intervertebralia und Symphysis pubis entstehen, die nur dadurch möglich sind, weil Hyalin- und Faserknorpel, Wirbel- und Zwischenknorpel hier an und für sich nicht scharf geschieden sind. In späteren Perioden, wenn ein primordialer Knochen durch sein-Periost und seine Gelenkverbindungen nach allen Seiten hin isolirt ist, kann eine Verschmelzung. mit anderen primordialen Knochen nur durch die Periostauflagerungen erfolgen, in- dem sie ein Wachsthum durch Apposition bedingen. Zwei Knochen werden sich zu verbinden und in einen zusammenzufliessen scheinen, sobald durch die beiderseitigen Periostauflagerungen der trennende Zwischenraum ausgefüllt und das sie zuletzt noch scheidende Periost verdrängt oder, wie man sich ausdrückt, selbst verknöchert ist. Beispiele der Art bietet der Mittelhand- und Mittelfussknochen der Rinder, der an- fangs aus zwei selbstständigen Knochen besteht, die ziemlich spät verschmelzen; des- gleichen die Verschmelzung der Tibia und Fibula, der Ulna und des Radius bei vielen | Säugethieren, Vögeln und Amphibien, die Verbindung des Os sacrum und ileum bei den Vögeln, die wenigstens bei jungen Hühnern und Tauben noch getrennt sind, u.a. m. Wie Dugest) schon angegeben hat, besitzen die Frösche ursprünglich im knorpe- livsen Zustand beide Knochen des Vorderarms und Unterschenkels, und noch beim erwachsenen Thier unterscheidet man an Längsdurchschnitten des einfach geworde- nen Knochens beide Markröhren, getrennt durch die periostale Rindenschicht, wäh- rend die knorpeligen Apophysen vollständig verschmolzen sind und nur eine einzige grosse, einfache Apophyse darstellen. Die Verschmelzung der Tibia und Fibula lässt sich beim Hühnchen sehr deutlich beobachten und bietet das Besondere, dass die Auflagerung eine einseitige Richtung nimmt und sich weit über die knorpelige An- lage hinaus erstreckt. Zieht man die Fibula etwa am 12. Tage der Bebrütung aus 1 A.a. 0. p. 113, 118. 18 — mn m a EEE nn EEE — — 185 — dem weichen, umgebenden Bildungsgewebe hinaus (Taf. IM. Fig. 4), so findet man noch keine Spur von Auflagerung an derselben. Die äussere Begrenzung des Knor- pels in Gestalt jener structurlosen Scheide (a), die der Auflagerung vorausgeht (S. 112), ist in ihrer unteren Hälfte sehr deutlich, die in einen nichtknorpeligen, un- deutlich faserigen, sehnenartigen-Fortsatz (b) übergeht. Bei stärkerer Vergrösse- rung (Fig. 5) erkennt man deutlich, dass die Knorpelsubstanz sich an diesem End- zipfel begrenzt, der im Uebergang zu Bindegewebe begriffen ist und mit dem wer- denden Perichondrium innig zusammenhängt. Untersucht man diese Stelle 2—3 Tage später (Fig. 6), so hat die peripherische Verknöcherung in der Form des gewöhn- lichen Maschenwerkes bereits begonnen; sie beschränkt sich aber nicht auf den prä- formirten Knorpel, sondern setzt sich continuirlich auf den häutigfaserigen Anhang (b) fort, der dadurch steif und fest geworden ist und nicht mehr wie in Fig. 5 lose hin und her flottirt. Die Auflagerung verdickt sich und unterscheidet sich von den Periostauflagerungen nur dadurch, dass sie nicht auf Knorpel, sondern auf einem un- reifen Fasergewebe ruht, das sich ebenso als Grundlage oder Stützpunkt verhält. Ganz auf dieselbe Weise bilden sich die Sehnenknochen der Vögel und selbst beim Menschen scheint Aehnliches-der Art an Muskelsehnen [des ee peroneus longus 1)] vorzukommen, Es schliessen sich daran eine Reihe zum Theil sehr merkwürdiger Gestaltver- änderungen durch einseitige Auflagerung, welche primordiale Knochen nach der Verknöcherung erleiden können. H. Meyer 2) rechnet dahin ausser vielen Osteo- phyten die Muskellinien und Muskelhöcker. Bei den Vögeln, wo die Neigung zur secundären Verschmelzung selbstständiger Skeletitheile am grössten ist, entstehen auf diese Weise sonderbar gestaltete processus spinosi superiores und inferiores, besonders bei Hühnern und Wasservögeln (Cormoranen, Colymbus u. s. w.), die sich bei alten Vögeln zu langen Knochenleisten verbinden können, wie es z.B. in der Lendengegend bei Hühnern gewöhnlich ist. Sehr wahrscheinlich gehört dahin auch die höchst merkwürdige Entstehung des Rücken- und Bauchschildes der Schildkrö- ten, die Rathke 3) unverkennbar geschildert hat. Die Knochenrinde (Auflagerung) der Dornfortsätze des 2. bis 8. Rückenwirbels sowohl als der entsprechenden Rippen 1) H. Meyer aa. O. S. 353. 2) A.a. 0. S. 334. 3) A. a. 0. S. 56, 68 ff, 88, Y6, 122. . breitet sich in eben so viele Tafeln aus, die einander entgegenwachsen, Zackennähte bilden und durch selbstständige Deckplatten, wohin besonders die Randplatten ge- hören, zum Rückenschilde ergänzt werden. Vom Bauchschild entsprechen nur die paarigen, bogenförmig gekrümmten Knorpelstreifen, welche Rathke entdeckt hat 1), den primordialen Anlagen anderer Thiere, und zwar die beiden vorderen dem eigent- lichen Brustbein, die beiden hinteren einem Sternum abdominale; die später durch Zackennähte unter einander und mit dem Rückenschild verbundenen Deckplatten aber entstehen nach ihm 'theils, ähnlich den Rückenschildern, als Auflagerung jener primordialen Anlagen, die darin ganz untergehen, theils als selbstständige Deckkno- chen, und können daher dem Brustbein anderer Thiere nicht verglichen werden. Bei den Knochenfischen finden sich zahlreiche Beispiele, wo primordiale Knochen durch breitere oder schmälere, oft siebförmig durchbrochene Ränder von Auflagerungsmasse ergänzt und vergrössert werden. So legt sich eine vom sog. mastoideum ausgehende dünne Platte schuppenartig über das frontale post., bei Salmonen sogar über den zwischen beiden befindlichen Knorpelrest des Primordialschädels herüber, und schliesst sich durch Naht an Deckknochen (frontalia prineipalia und parietalia) an. Aehnliches geschieht an dem sog. tympanicum, palatinum, jugale, artieulare maxillae inf., an den Extremitäten und: Extremitätengürteln. Dessgleichen verlängern sich durch einsei- tige Auflagerung die cristae und spinae des oceipitale superius, oceipitale externum, mastoideum u. s. w. Dass die spina oceipitalis externa auch bei den Schildkröten nicht knorpelig präformirt ist, sondern gleichsam aus dem Knochen herauswächst, bemerkt Rathke 2). Unter den Säugethieren kann man am Geruchslabyrinthe, z. B. beim reifen Pferdefötus, sehr schön beobachten, dass die dünnen primordialen Knochen- platten, in welche er sich auflöst, an den Rändern durch mikroskopisch dünne und durchbrochene, weitmaschig anschiessende Lamellen von secundärem Knochengewebe ergänzt und verlängert werden, welche nach Art der Deckknochen zwischen den Blättern des Periosts fortwachsen. Die Verschmelzung secundärer Knochen unter einander geschieht in derselben Weise, wie die der primordialen in den zuletzt erwähnten Fällen, vermittelst der Periostauflagerungen. So verschmelzen beim Menschen und vielen Thieren. die beiden Stirnbeine untereinander, während die Scheitelbeine, die bei vielen 1) A.a. 0. Taf. IV. Fig. 5. 2) A. 2.0.8. 51. — 10° — Thieren verschmelzen, beim Menschen in der Regel getrennt bleiben. Solche typi- sche Verschmelzungen einzelner Deckknochen gehören zu den zoologischen Gattungs- und Speciescharacteren und sind dort zu erwähnen, wobei freilich die Entwickelungs- geschichte noch viel zu thun hat. Gewiss wird das angebliche Fehlen oder Variiren mancher Stücke bei einzelnen Thieren sich in vielen Fällen auf Verschmelzung in ver- schiedenen Altersstufen zurückführen lassen. Als hierher gehöriges Beispiel erwähne ich, dass das Thränenbein, welches nach Stannius 1) unter den Säugethieren u. a. den Phoken fehlen soll, bei einem Fötus und selbst bei einem erwachsenen Schädel von Phoca vitulina unserer Sammlung sammt canalis lacrymalis ganz deutlich wahr- zunehmen ist. Es verhält sich damit wie mit dem intermaxillare des Menschen, das zwar ungewöhnlich früh mit dem Oberkiefer verschmilzt, aber von Niemand mehr dem Menschen abgesprochen wird. Die Neigung zu solchen Verschmelzungen scheint in der Thierreihe abwärts abzunehmen und wie die einzelnen Knochenkerne primor- dialer Knochen , so bleiben auch die einzelnen Deckknochen bei Amphibien und Fi- schen häufiger getrennt und die bleibende Trennung ist in diesen Classen eben so Re- gel, wie bei den Vögeln die Verschmelzung, während bei den Säugethieren die meisten Variationen vorkommen. Um die Knochen eines Thierskeletts anzugeben, ist es daher auch in Bezug auf die Deckknochen stets nöthig, auf die Entwicklungs- geschichte, d. h. auf den Fötusschädel, zurückzugehen. Die grosse Neigung der secundären Knochen zur Verschmelzung unter einander ist durch die Art ihres Wachsthums leicht begreiflich. Breitet man, nach dem Ab- ziehen der Cutis und Entleerung des Gehirns , die abgehobene Schädeldecke eines einige Zoll langen Rindsfötus dergestalt auf einer Fläche aus, dass die Stirn- oder Scheitelbeinscherbehen durch sämmtliche übrige Weichtheile der häutigen Schädel- kapsel vereinigt bleiben, so sieht man die Endstrahlen beider Knochenscherben ein- ander entgegen streben und in einer häutigen Substanz untergehen, die in beide Pe- riostien und deren Blätter continuirlich übergeht und, wie sie, aus unreifem Binde- gewebe besteht. Diesen Uebergang in beide Blätter des Periosts sieht man auch, wenn man senkrechte Schnitte durch die Dicke der Scherben nach der Richtung der Randstrahlen führt, wo der Knochenrand keilförmig in der häutigen Schicht vorzu- dringen und sie gleichsam durch sein Vordringen in zwei Blätter zu spalten scheint. Dass keine wirkliche Spaltung erfolgt, sondern Alles durch Wachsthum und Verän- 1) A. a. 0. $. 36%. — 141 — derung der Dimensionen geschieht, bedarf keiner Erwähnung. In dem Maasse, als die häutige Schicht sich zu fertigem Bindegewebe entwickelt, bildet sich auch das Periost bestimmter aus, und was von Einigen 1) Nahtsubstanz oder Nahtknorpel ge- nannt worden ist, ist nichts Anderes als der Rest der häutigen Schädelkapsel, welche die einander mehr oder weniger, zuletzt bis auf ein Minnimum genäherten Knochen- ränder verbindet. Die Zackennähte selbst: wiederholen im Grossen nur die Form des wachsenden Knochenrandes, dessen letzte Endstrahlen zackenartig ineinander- ‚ greifen. Nichts Anderes als diese weicheren, knorpeligen Endstrahlen hat Mie- scher 2) im Auge gehabt, wenn er den Schädelknochen einen Knorpelrand zu- schreibt. Immer findet sich eine häutige Zwischensubstanz, so lange die Knochenrän- der sich nicht erreicht haben (Fontanellen), die selbst nach vollendetem Wachsthum nicht ganz verdrängt wird. Daher findet man beim Abziehen des Periosts oder der dura mater, besonders deutlich am Schädel junger Thiere, dass dieselben dem Knochen stets an den Nähten uud dort, wo sich Knochen übereinandergeschoben haben, am festesten anhängen und gleichsam zwischen sie eingeklemmt sind. Da die secundären Knochen einzig und allein durch Apposition wachsen, so hat eine ungewöhnlich frühe oder ausnahmsweise Verschmelzung zweier Deckknochen ähnliche Folgen, wie früher von ähnlichen Vorkommnissen im primordialen Skelett erwähnt worden sind; d.h. die Ausdehnung der Schädelhöhle sistirt in dem Maasse, als die Berührung der Nahtränder inniger wird, wird aber erst unmöglich, wenn die Nähte verschwunden sind. Daraus erklären sich eine grosse Anzahl von Assyme- trien des«Schädels, die an die Bildung des schrägverengten Beckens (S. 59) erin- nern. Wenn nämlich einzeme Nähte am Schädel einseitig und ‘vor vollendetem Wachsthum verknöchern, während andere länger offen bleiben, so bleibt das Wachs- thum des Schädels an der Stelle der verknöcherten Naht zurück, während sich der- selbe an allen anderen Stellen noch ausdehnen kann. So erscheint der Schädel bei voreilig verknöcherter Pfeilnaht lang und schmal, bei verknöcherter Kronnaht kurz und breit’). Beschränkt sich die Verknöcherung nur auf eine kürzere Strecke, so ent- stehen die sonderbarsten Assymetrien und Vortreibungen, von welchen das Heidel- berger Cabinet einige besonders instructive Proben besitzt. Verknöchern alle Nähte 1) Meyera.a. 0.8.338. Reicherta.a 0. S. 476. 20E3 210: S. 20! 3) $. Lucae de symmelria el assymelria. Marb. 1839. Tab. I. Cr&ve de calvariae osleogenia. Francof. 1841. Fig. 1, 2. — 12° — vor vollendetem Wachsthum, so entsteht das sog. caput turritum, ein symmetrischer Schädel von sehr characteristischer Form, der sich durch Kleinheit des Gehirnschä- dels im Verhältniss zum Gesichtsschädel, dessen Nähte meistens offen bleiben, aus- zeichnet. Umgekehrt zeichnen sich Schädel mit permanenter sutura frontalis in der Regel durch ungewöhnliche Breite der Stirne aus. Auch die überzähligen sog. Worm’schen Knochen oder Zwickelbeine haben, weil sie eine Vermehrung der Nähte oder wachsenden Ränder bedingen, in der Regel eine Verbreiterung und häufig As- symetrie des Schädels zur Folge, was besonders am Hinterhaupte deutlich ist. Dass übri- gens auch bei offenen Nähten, d. h. aus anderen Ursachen, Assymetrien des Schädels ent- stehen, braucht so wenig erinnert zu werden, als dass durch die vollständigste Verknö- cherung der Nähte im Greisenalter an der Form des Schädels Nichts mehr geändert wird. | Auch die Verschmelzung primordialer und secundärer Knochen, die vorzugsweise in den Classen der Vögel und Säugethiere vorkommt, geschieht endlich durch das peripherische Wachsthum, wobei wiederum die Deckknochen die Hauptrolle spie- len. “Das Periost, welches beide Stücke trennt, wird dabei vollständig verdrängt, und wenn namentlich die Periostalauflagerungen des primordialen Stückes beträchtlich sind, ist.die Verschmelzung so innig, wie nur je zwischen secundären Knochen. Doch gibt es ein Kriterium, wodurch man in früheren Perioden die selbstständigen Deckknochen stets sowohl von den primordialen, mit denen sie verschmelzen, als von etwaigen Periostauflagerungen, mögen sie die Gestalt des primordialen Knochens nachahmen oder nicht, mit Sicherheit unterscheiden kann. Die Deckknochen sind nämlich, wie oben gezeigt wurde, anfangs stets von allen Seiten vom Pe- riost umgeben, die Periostauflagerungen nur an der Oberfläche. Es ist irrig, wenn H. Meyer!) auch den Periostauflagerungen einen beiderseitigen Ue- berzug zuschreibt und die Deckknochen mit ihnen identifieirt. Die ersteren sind viel- mehr von Anfang innig mit dem primordialen Knochen verbunden, die letzteren las- sen sich noch lange Zeit abheben. Schon die Gesichtsknochen, z. B. die Oberkiefer, Gaumenbeine, Jochbeine, sind in dieser Hinsicht einer geringeren Missdeutung unterwor- fen; von den $.131 genannten, ganz entfernt von allen übrigen Skeletttheilen auftretenden, Knochengebilden nicht zu reden. Auch sind es keineswegs ausschliesslich „Belegkno- chen”, welche mit den primordialen verschmelzen, ja es kömmt vor, dass recht eigent- liche Belegknochen nicht verschmelzen und zeitlebens getrennt bleiben. Ein Beispiel der 1) A.a. O. S. 335, ee + Art ist der Vomer, der wohl von allen Deckknochen des Menschen und der Säuge- thiere diesen Namen am meisten verdient, da er mehr als ein anderer sich der Ge- stalt des primordialen Theils anschmiegt. Immer erscheint er ursprünglich unpaarig, als ein secundärer Knochenstreif längs des unteren Randes der knorpeligen Nasen- scheidewand, umwächst dieselbe aber dann auf beiden Seiten, so dass sie nach und nach in eine knöcherne Schiene eingeschlossen wird. Eine Verschmelzung des Knor- pels und des aufliegenden Knochens findet aber nicht statt, die knorpelige Nasen- scheidewand erhält sich vielmehr zwischen den beiden Knochenplatten lange Zeit unverändert und verwelkt schliesslich ohne zu verknöchern, während ihr vorde- res Ende als knorpelige Nasenscheidewand, die obere Hälfte aber als knöcherne Scheidewand des Siebbeins erhalten bleibt. Noch an erwachsenen Schädeln sieht man nicht selten eine dünne, häutige Knorpellamelle zwischen den Platten des Vo- mer eingeschlossen und durch Reste des Perichondriums von ihm geschieden. 1) Hier ist offenbar die Nichtverknöcherung des primordialen Theils die Ursache der bleiben- den Trennung von dem so eng anschliessenden Belegstücke. Das bekannteste Beispiel von Verschmelzung primordialer und secundärer Kno- chen liefert das Schläfenbein des Menschen und vieler Säugethiere, das aus wenig- stens 4 verschiedenen, ursprünglich selbstständigen Knochen, 2 primordialen (petro- sum und mastoideum) und 2 Deckknochen (temporale und tympanicum) zusammen- gesetzt ist, wozu beim Menschen noch als Rest des vorderen Zungenbeinhorns der processus styliformis hinzutritt, der zwischen petrosum und mastoideum eingekeilt bleibt. Verschmilzt später auch der Hammer durch seinen processus folianus mit dem tympanicum und petrosum, so entsteht ein Complex von 8 einfachen Knochen, von denen 6, nämlich 4 primordiale und 2 secundäre, durch Fusion, die 2 übrigen, pri- mordialen (Ambos und Steigbügel) hingegen durch Gelenke verbunden sind. In der Thierreihe abwärts vereinfacht sich diese Combination theils durch dauerndes Ge- trenntbleiben einzelner Stücke, besonders der Deckknochen, theils durch Selbststän- digbleiben und Herausrücken des Hammers und Amboses (articulare maxillae inferioris und quadratum) aus der Paukenhöhle. Am constantesten verbunden finden sich petro- sum und mastoideum 2), die auch bei den Säugethieren am frühesten, nämlich schon im knorpeligen Zustand (S. 18, 66) verschmelzen. Squama temporalis und tympa- Er. sr ae. ee ı) H. Meyer.a.a. 0. $. 333. 2) Meckel Archiv a.a.0. $. 636. fand sie beim Menschen unter 250 Fällen ein Mal getrennt. — 144 — nicum sind selbst beim Menschen schon beträchtlich entwickelte, selbststän- dige Knochenstücke, wenn das petrosum noch ganz knorpelig ist, mit dem sie erst nach erfolgter Verknöcherung gegen das Ende des Fötallebens verschmelzen. An fast allen Schläfenbeinen finden sich sog. suturae spuriae, d. h. Spuren der ehema- ligen Trennung, worunter die fissura Glaseri die beträchtlichste 1). An diesen Stel- len hängt auch immer das Periost sowohl als die dura mater dem Schädel ungewöhn- lich fest an und scheint in den. Knochen eingeklemmt. Das tympanicum (knöcher- ner: Gehörgang)) geht mit dem äusseren Ohre in der Thierreihe sehr bald verloren, der dem temporale entsprechende Deckknochen aber erhält sich, .wiewohl unter sehr verschiedenen Namen (mastoideum Cuv. der Crocodile und Schildkröten, temporo- mastoidien Duges und tympanicum Aut. der Batrachier, praeoperculum der Fische) bis zu den niedersten Classen, Ein einfacheres, aber weniger beachtetes Beispiel von Verschmelzung primor- dialer und secundärer Knochen bietet die Hinterhauptschuppe des Menschen, welche nach Spöndli?) und Kölliker 3) nur in ihrer unteren Hälfte, bei Säugethieren (namentlich beim Pferde, Schweine, Rinde, Schafe, der Maus u. s. w.) aber ganz aus Knorpel hervorgehen soll. Diese letztere Angabe bedarf einer Erläuterung, da es scheinen könnte, als finde zwischen den genannten Thieren und dem Menschen ein Unterschied in der Weise statt, dass derselbe Knochen bald primordial, bald als Deckstück auftrete. In der That ist das ursprüngliche Verhältniss der Skelettanlagen am Hinterhaupt bei den genannten Thieren ganz wie beim Menschen. Kölliker selbst vergleicht an einem anderen Orte *) die obere, secundäre Hälfte der mensch- lichen Hinterhauptschuppe dem interparietale der Thiere. Schon Meckel 5) ist diese Aehnlichkeit aufgefallen, weil er wusste, dass die obere Hälfte der squama oceipitis beim Fötus nicht nur von der unteren getrennt ist, sondern vor dem 3. Monat sogar aus zwei seitlichen Hälften besteht, wozu sich häufig noch weitere, inconstante Deckstücke gesellen. Es sind dies dieselben Stücke, die sich bei den Säugethieren (mit einziger Ausnahme des Schweins, wo ich‘ so wenig als Meckel 1) Einen ausgezeichneten Fall von Trennung der Schuppe hat Otto a. a. O. Fig. 9 abgebildet. 2) Ueber den Primordialschädel. Zürich 1846. S. 28. 5) Bericht a. a. ©. S. 43. #) Zeitschrift a. a. ©. S. 290. 5) Beiträge zur vergleichenden Anat. 2. Heft 1809. S.36. Archiv a.a.O. S. 618. Vergleichende Anat. a. a. 0. S. 510. — 15 — finden konnte) an dieser Stelle befinden und bald zuerst mit den Scheitelbeinen (Pferd, Schaf, Katze) , bald zuerst mit dem Hinterhaupt (Rind, Hund, Mensch), im- mer aber untereinander verschmelzen und bei manchen Thieren (Biber, Daman) auch als os interparietale dauernd getrennt bleiben. In Bezug auf den Zeitpunkt der Ver- schmelzung und auf die Verbindung, welche zuerst erfolgt, finde ich selbst bei den- selben Species (namentlich bei der Katze und dem Rinde) Verschiedenheiten; am constantesten verschmelzen beide interparietalia mit einander (bei Rindsfötus von 6— 8”) und bald darauf mit dem Hinterhaupt (bei solchen von 8” bis 1‘). Früher als bei allen genannten Thieren geschieht dies beim Menschen, doch findet man an fast allen Kinderschädeln, selbst bis zu einem Alter von einigen Jahren, noch Spu- ren der ursprünglichen Trennung in Gestalt dreier Spalten oder Einschnitte, von welchen zwei einer Linie entsprechen, die man etwas über der protuberantia oceipi- talis externa queer über das Hinterhaupt zieht, der dritte senkrechte aber das dadurch abgeschnittene gleichschenklige Dreieck in zwei rechtwinklige Dreiecke theilt. An einigen Präparaten von 5 bis Tmonatlichen Fötusschädeln, die ich vor mir habe, geht dieser senkrechte Spalt, welcher die beiden interparietalia trennt, bis zur protuberan- tia oceipitalis externa herab, und es ist merkwürdig, dass die Verschmelzung der Deckstücke mit der primordialen Schuppe in der Regel vollständiger ist, als die der Deckstücke untereinander. Nach diesen Nachweisen lässt sich wohl erwarten, dass das os interparietale so gut als das intermaxillare seine Stelle in der menschlichen Anatomie behaupten wird. Auch das menschliche Keilbein ist bekanntlich ein sehr zusammengesetzter Kno- chen. Meckel!) wusste, dass. die sog. alae inferiores s. processus pterygoidei aus zwei ursprünglich gesonderten Stücken bestehen, dass das innere Blatt (hamulus des Menschen, pterygoideum internum der Thiere) ein ganz selbstständiger Knochen ist, das äussere (pterygoideum externum) aber als ein blosser Fortsatz aus den ver- knöcherten alae majores hervorwächst. In der That habe ich bei keinem Thiere diesen Fortsatz knorpelig präformirt gesehen. Bei 2—3' langen Rindsfötus ist noch keine Andeutung davon, während er bei 6 -- 8" langen schon sehr ausgebildet und beim reifen Rinds- und Pferdefötus beträchtlich über sphenoideum und oceipitale basilare herübergewachsen ist. Die pterygoidea interna erscheinen zu dieser Zeit noch als zwei selbstständige stiel- oder spatelförmige Knochen, zwischen welchen !) Archiv a. a. O. S. 621. 13 — 146 — sich der Vomer anlegt. Auf gleiche Weise wie das pterygoideum externum von der ala magna s. posterior entspringt, geht von der ala parva s. orbitalis die Bildung der cornua sphenoidalia aus, die beim Rinde und Pferde anfangs, entsprechend der viel stärkeren Entwickelung der vorderen Keilbeinflügel, viel grösser und beträcht- licher sind, als die vorigen. Später bleiben sie mehr zurück und werden zwischen anderen Knochen (ethmoideum, vomer, palatinum frontale) eingeschlossen, während die pterygoidea sich frei nach abwärts fortentwickeln. Bei Rindsfötus von 1—2' Länge scheinen daher zwei, ungefähr gleich lange und starke, untere Flügelpaare vorhan- den, deren jedes einem Keilbeinkörper entspricht. An menschlichen Fötusskeletten vom 3— 6. Monat überzeugt man sich auf das Bestimmteste, dass der processus pterygoideus zuerst als ein kleiner Höcker der bereits verknöcherten alae majores erscheint und nach und nach zu einem Fortsatz wird, während der Hamulus als besonderes Stück schon längst ausgebildet dasteht. Die Verschmelzung be- sinnt hier, früher als bei allen Säugethieren, schon gegen die Mitte der Fötalzeit, noch ehe der processus pterygoideus die ganze Länge des pterygoideum internum erreicht hat (die er bei Thieren niemals erreicht), und zwar an seiner Basis, wo sie auch beim Erwachsenen am vollständigsten ist. An allen Kinderschädeln, ja selbst an vielen Schädeln Erwachsener bemerkt man noch deutliche Spuren einer Naht, welche auf die ursprüngliche Trennung hindeutet. Das Keilbein des Menschen er- weist sich demnach als ein Conglomerat von sehr verschiedenartigen Theilen, von welchen die beiden Wirbelkörper mit ihren Bögen dem primordialen Skelett, die un- teren Fortsätze (pterygoidea externa und cornua sphenoidalia) als einseitige Aufla- gerungen, die hamuli (pterygoidea interna) aber als selbstständige Deckknochen dem secundären Skelett angehören. Dazu können noch als obere Deckknochen, die in der Regel getrennt bleiben, die frontalia und parietalia gerechnet werden. In den übrigen Wirbelthierelassen (vielleicht mit Ausnahme der Saurier) findet sich keine Andeutung des processus pterygoideus des Keilbeins, wohl aber Deckknochen, welche ihre Stelle einnehmen. Dahin gehören, ausser den sog. ossa pterygoidea, nament- lich das sphenoideum anterius der Vögel und Schlangen und das sphenoideum basilare der nackten Amphibien und Fische (S. 67). Ob übrigens das erstere blos ein Aus- wuchs oder ein selbstständiger Deckknochen ist 1), habe ich nicht ermittelt, da ich ı) Nach A. Bidder a.a. ©. p. 41 scheint Letzteres der Fall zu sein, obgleich er und Reichert (a. a. ©. 451, 505) die Sache anders deuten; desgleichen nach Rathke (Entwicklungsgeschichte der Natter S. 123, 193), obgleich er es zu den Knorpelanlagen zählt, bei den Schlangen. — 11 — meine Eier selten über den 14. Tag der Bebrütung hinausbrachte; beim jungen Hühnchen aber ist es schon mit dem Keilbeinkörper verschmolzen, obgleich sich län- gere Zeit Spuren einer Schuppennath erkennen lassen, mit der es sich an die Schä- delbasis anschliesst. Nach vorn erstreckt es sich beim Huhn weiter als bei anderen Vögeln und bildet eine knöcherne Schiene für den knorpeligen, d.h. wahren, vor- deren Keilbeinkörper , der sich unmittelbar in das septum interorbitale fortsetzt und beim 8— 14 tägigen Huhne noch leicht aus der Knochenrinne herausheben lässt. Sollte es sich wirklich herausstellen, dass das sphenoideum anterius nicht als einseitige Auf- lagerung, sondern als selbstständiger Deckknochen auftritt, so wäre die Analogie mit dem sphenoideum basilare der niederen Thiere vollständig. Für die Vergleichung mit dem pterygoideum internum der Säugethiere ist es ausserdem von Wichtigkeit, dass wenigstens am sphenoideum basilare der Fische die paarige Anlage unverkenn- bar ist und dass sich in den vorderen Einschnitt, z. B. bei Salmo, ebenfalls der Vo- mer hereinschiebt. Auch die Wirbelsäule bietet, besonders bei denjenigen Thieren, die faceitirte Wirbel besitzen, höchst merkwürdige Beziehungen zwischen primordialer und secun- därer Verknöcherung. Durch die Arbeiten von v. Baer, Duges, Rathke und Joh. Müller ist ermittelt worden, dass die Wirbelkörper nicht in allen Classen aus gleichvielen Elementen bestehen und dass namentlich bei den nackten Amphibien und Fischen durch die Verknöcherung der äusseren Scheide der chorda dorsalis ein ganz eigenthümliches Element in die Constitution des Wirbelkörpers eingeht, welches den höheren Classen durchaus abgeht. Darauf ist aber meines Wissens noch nicht aufmerksam gemacht worden, dass die characteristische Facetienform der Wirbel eine nothwendige Folge der seltsamen Combination eines inneren secundären mit äusseren primordialen Wirbelelementen ist. Es ist schwer, die complicir- ten Verhältnisse der Wirbelbildung in den verschiedenen Classen ohne Hülfe von Abbildungen zu schildern; indessen will ich doch dasjenige kurz anzugeben suchen, was ich in dieser Hinsicht beobachtet habe. So viel bis jetzt ermittelt ist, kommen alle Classen der Wirbelthiere darin über- ein, dass nirgends ein primordiales Element für den Wirbelkörper als solchen exi- stirt, sondern dass er von den Bogenstücken gebildet wird, die sich vereinigen, in- dem sie die chorda dorsalis mehr oder weniger vollständig umwachsen. Wo die _Chorda sehr voluminös wird, wie bei den niederen Classen „ erscheinen die Bogen- stücke auf ihre äussere Scheide wie aufgesetzt und tragen alle viere zu der Consti- — 18 — tution des Wirbelkörpers bei. Bei den höheren Thieren, wo die Chorda immer dün- ner und mikroskopischer bleibt, werden die unteren Bogenstücke von der Umschlies- sung der Chorda ausgeschlossen, erscheinen aber in allen Classen, wenn auch nur sporadisch, als untere Bogenschenkel oder untere Dornen wieder. Selbst bei den höchsten Thieren und beim Menschen würde der Körper des Atlas nach Rathke1) einem unteren Bogenpaare entsprechen. Von den in den Säugethierwirbeln auftre- tenden Knochenkernen (S. 61) kehrt in der Thierwelt nur der unpaare Knochenkern des Wirbelkörpers constant wieder, der, wie es Rathke 2) zuerst als allgemeines Gesetz ausgesprochen, constant die Chorda dorsalis umgibt und insofern immer einen Ring um dieselbe darstellt, dessen Lumen freilich bei den Säugethieren, der Dünn- heit der Chorda dorsalis entsprechend, die überdies früh einschrumpft, auf ein Minni- mum herabsinkt. Bei den Fischen, wo dieser Knochenring sehr deutlich ausgespro- chen und noch an jungen Haifischen von 1 Fuss Länge und darüber sehr schön zu sehen ist, entsteht derselbe von vier Verknöcherungspunkten aus, die den vier ver- schmolzenen Bogenstücken entsprechen. Unter den höheren Thieren, an deren Wir- belkörpern nur die beiden oberen Bogenstücke betheilist sind, bemerkt man, wie schon Meckel und Joh. Müller 3) angegeben haben, zuweilen eine paarige An- lage oder einen zweilappigen Knochenkern, der jedoch sehr bald in einen einfachen queerovalen oder rundlichen übergeht, welcher den Durchschnitt der Chorda dorsalis zum Mittelpunkt hat. Constant paarig sind nach Meckel) die Knochenkerne des Processus odontoideus und der beiden Keilbeinkörper des Menschen. Auch beim Rinde, wo ich die Sache verfolgt habe, und zwar bei Rindsfötus von 2 — 3‘ Länge glaubt man an successiven Queerdurchschnitten der Wirbelsäule zuweilen eine paa- rige oder zweilappige Anlage dieses Knochenkerns zu sehen; bald beginnt er auf der einen, bald,auf der anderen Seite der Chorda; letztere ist jedoch so dünn und wird so rasch von dem Knochenfleck umwachsen, dass eine Distinetion illusorisch wird; daher ist dieser Knochenkern auch a. a. O. nur als einfacher angeführt worden, obgleich er einer doppelten Skelettanlage angehört. Auch die in den Processus spi- nosi der Säugethiere und in der Squama oceipitalis des Menschen auftretenden ) A.a. 0. S. 120. 2) Schildkröten S. 69. 3) A.a. ©. 5. 168. “ Archiv a. a. O. S. 603, 630. — 19 — Knochenkerne sind nach Meckel!) zuweilen paarig. Was die übrigen Knochen- kerne betrifft, so fehlen allen anderen Wirbelthieren diejenigen, welche in den Apo- physen der Wirbelkörper auftreten (die sog. Intervertebralknochen), und für die in den Bögen auftretenden tritt von den Vögeln abwärts das Eigenthümliche ein, dass die Verknöcherung, wie an den Röhrenknochen, zuerst als peripherische Auflagerung auftritt, dann aber auch den primordialen Knorpel angreift und denselben von aussen nach innen, also auf dem umgekehrten Wege durchdringt, wie bei den Säugethieren, wo die Periostauflagerungen erst beginnen, wenn die primordialen Knochenkerne die Peripherie erreicht haben. Dahin sind die trefflichen Schilderungen von Rathke ?) hinsichtlich der Schildkröten zu deuten, wo die Periostauflagerungen eine so eigen- thümliche Ausbildung erreichen. Die sogenannten Knorpelstränge, welche Rathke aus dem Innern der Wirbelkörper beschreibt, entsprechen der zwischen den Ver- knöcherungsheerden übrig gebliebenen Knorpelsubstanz und schwinden nach und nach durch Verknöcherung unter Bildung von Markräumen u. s. w. Doch scheinen bei den Schildkröten und Crocodilen, wie auch bei anderen Thieren (Cetaceen, Edentaten, Beutelthieren) die Knochenkerne der Bögen mit dem des Körpers sehr spät zusammen- zufliessen, daher sich die Bögen bei der Maceration leicht abtrennen. 3) Bei den nackten Amphibien und Fischen wird das geschilderte Verhältniss da- durch complieirt, dass die äussere Scheide der Chorda ringförmige OÖssificationen bildet, die man als selbstständige Knochenkerne der Wirbelkörper betrachten kann, und die das ausserordentliche Beispiel einer secundären oder sog. intramembranösen Verknöcherung darstellen, welche von den primordialen Theilen umschlossen wird. Die auf diese Weise entstehenden Knochenringe, die in ihrer einfachsten Anlage bei der Chimaera permanent bleiben, bilden in der That die Anlagen der Wirbelkörper; sie entsprechen aber nicht dem primordialen 'Knochenring um die Chorda dorsalis, von welchem vorhin die Rede war, denn dieser findet sich bei den Plagiostomen z. B. sehr schön neben und ausserhalb der verknöcherten Scheide der Chorda, noch durch einen knorpeligen Zwischenraum davon getrennt. (Er ist ausgezeichnet durch vier symmetrische Fortsätze oder Ausläufer, welche der Richtung der vier Bogen- stücke entsprechen, zwischen welche sich vier andere, von der Peripherie her ein- ') A.a. 0. S. 608, 616. ZU WRIAR 0L 15,162 --67. 3) Rathkea. a. O. S. 67. — 10° — dringende Knochenkerne kreuzweise einschalten, die zusammen ein äusserst zierliches und regelmässiges Bild machen. Der Zwischenraum dazwischen ist unverknöcherte Knorpelsubstanz, welche sich in die knorpeligen Bogenstücke fortsetzt und wie Mül- ler 1) gezeigt hat, noch am erwachsenen Thiere vorhanden ist, am trockenen Prä- parat aber durch Einschrumpfen zu Lücken in der compacten Knochensubstanz führt. In dem Verhältniss jener secundären ringförmigen Anlage zu dem aus den pri- mordialen Bogenstücken entstandenen Theile des Wirbelkörpers liegt der Schlüssel zu der characteristischen Facettenform des erwachsenen Wirbelkörpers. Nach dem S. 56 und 89 ausgesprochenen Gesetze wird nämlich das Wachsthum der Chorda in bestimmten Abständen, die den einzelnen Wirbelanlagen entsprechen, beschränkt, während sie in den Zwischenräumen fortfährt zu wachsen, so dass sie nach und nach eine Perlschnurform erhält. Letztere ist daher, genau ausgedrückt, nicht als Einschnürung, wie es üblich ist, sondern als ungleiches Wachsthum aufzufassen, und das Lumen des Canals, welcher die Facetten verbindet, entspricht der Dicke der Chorda zu der Zeit, wo die erste ringförmige Knochenablagerung in der Scheide der Chorda begann. Auf die knöcherne Scheide der Chorda sind die primordialen Bo- genstücke aufgesetzt, welche, gleichzeitig mit der Chorda in den Interstitien der ein- zelnen Ringe, auf den einzelnen Ringen nach Art aller Knorpel durch Intussusception wachsen und sich ausdehnen und so viele Knorpelringe um die Chordascheide bilden, die sich in dem Maasse über das Volumen der ursprünglichen Anlage hinaus aus- dehnen, als die in ihrem Inneren auftretenden, oben beschriebenen, primordialen Kno- chenkerne noch Knorpelsubstanz zwischen sich übrig lassen. Es erklärt sich daraus, wie die einzelnen Wirbel sich von einander entfernen und die Wirbelsäule verlän- gert werden kann. Mit dem Wachsthum der Chorda in den Internodien breitet sich auch die Verknöcherung ihrer Scheide weiter aus, muss aber immer weitere Ringe bilden, die sich an einander reihen und nach und nach die ganze Facette aus- kleiden, nach aussen aber von der immer flacher werdenden Ausbreitung des pri- mordialen Wirbelkörpers umwachsen werden, wie Joh. Müller 2) besonders deut- lich beim Schwertlisch beobachtete. Die Unebenheiten und ziemlich constanten Ver- tiefungen auf der äusseren Fläche der Fischwirbel erklären sich zum Theil aus der Anordnung und Ausbreitung der Knochenkerne, rühren aber, wie man sich leicht I) A. a. 0. S. 131. 2) Nachträge a. a. ©. 1838. S. 240. Taf. IV. Fig. 10. — 11 — überzeugen kann, auch zum Theil von gewöhnlichen, äusseren Periostauflagerungen her, die man, wie das secundäre Knochengewebe bei den Fischen überhaupt, an den S. 120 angegebenen Characteren leicht unterscheidet. Das Verhältniss der primordialen Wirbelanlagen zu den bei den Fischen nach aussen auftretenden secundären Knochenbildungen ist unlängst durch Stannius aufgedeckt worden, dessen werthvolle Angaben mir hauptsächlich zum Führer bei den Nachforschungen gedient haben, die ich besonders bei den Knorpelfischen (mit Aus- nahme der Störe, von denen ich mir noch keine passenden Exemplare verschaffen konnte), bei Salmen und Cyprinen mit Erfolg angestellt habe. An gut präparirten Skeletten grösserer Exemplare von Salmen (ich benützte dazu u. A. einen 20 Pfund schweren Lachs) scheinen die sämmtlichen Bogenstücke auf den Wirbelkörper gleich- sam aufgelöthet und durch eine Art Naht geschieden, die nach dem Trocknen besonders deutlich wird. Stannius1) hat gezeigt, dass sich die oberen Bogenstücke (durch Kochen und Maceration) ganz ablösen, worauf zwei symmetrische Gruben in den Wirbelkörpern zurückbleiben, in welche die Bogenstücke gleichsam eingesenkt (oder vielmehr durch Synchondrose verbunden) waren. Auf gleiche Weise lösen sich auch die unteren Bogenstücke ab, soweit sie Rippen tragen, während weiter hinten, ungefähr von da an, wo die unteren Bögen sich verbinden, die Verbindung mit den Wirbelkörpern, ohne Zweifel in Folge der vollständigeren Össification der Bogenstücke, inniger ist. Stannius hat weiterhin gezeigt, dass die oberen Bogen- stücke aus zwei distincten Theilen, einem inneren primordialen und äusseren Deck- stücke bestehen, von welchen das erstere niedrig und breit und oben mit einer (bei dem Lachs, den ich untersuchte, 2‘ breiten) halbmondförmigen, knorpeligen Apophyse versehen sei, die noch am trockenen Skelett kenntlich ist; während das äussere Deckstück, welches innig mit dem Bogenstücke verbunden ist, den soge- nannten Processus spinosus bildet, der bei diesen Fischen, wenigstens am vorde- ren Theil der Wirbelsäule, zeitlebens aus zwei unverbundenen Schenkeln besteht. Diese wichtige 'Thatsache erläutert nicht nur das Vorkommen von oberen Deck- stücken an den Schädelwirbeln aller höheren 'Thiere, sondern sie stellt auch nach abwärts die vollständige Analogie her, indem diese Deckstücke den Knorpelfischen fehlen, deren niedrige und breite obere Bogenstücke nur dem primordialen Theile der Knochenfische entsprechen. Nur ein Punkt ist dabei noch zu erledigen. Ich !) Müller’s Archiv 1849. S. 536. Be. konnte mich nämlich an den erwachsenen Thieren nicht überzeugen, ob diese Deck- stücke (die ganz aus secundärem Knochengewebe bestehen) als ursprünglich getrennte Knochen oder als einseitige Periostauflagerungen zu betrachten sind. Bei Salmen und Hechten spricht die Figuration für das Erstere , bei anderen Knochenfischen aber ist mir das Letztere wahrscheinlicher gewesen. Bei Cyprinen findet sich ein ganz ähn- liches Verhältniss. Es sind hier die unteren Bogenstücke 1), an welchen die Rippen eingelenkt sind, an der ganzen Wirbelsäule durch eine Art Naht von dem Wirbel- körper geschieden, die man besonders deutlich an senkrechten Durchschnitten der Wirbelkörper wahrnimmt. Das Eigenthümliche ist hier, dass die Bogenstücke die Chorda und deren verknöcherte Scheide bei diesen Fischen nicht vollständig zu um- wachsen scheinen; es bleibt vielmehr oben und unten ein Zwischenraum, der blos durch secundäre Auflagerung auf der Scheide der Chorda ausgefüllt wird. Schon mit freiem Auge, aber auch unter dem Mikroskope und an freien Durchschnitten kann man das compacte Gewebe der secundären Auflagerung und die Diplo& der primor- dialen Bögen sehr wohl unterscheiden, die mit scharfer Grenze an der Stelle der Naht geschieden sind und sich mit einiger Mühe auch trennen lassen. Auch die oberen Bogenstücke fand Müller ?2) am vierten Wirbel von Cyprinus Brama durch Naht getrennt, wovon man auch an andern Wirbeln von Cyprinen Andeutungen findet. Spaltet man nämlich die oberen Bogenschenkel der Länge nach, so bemerkt man, dass sie an ihrer Wurzel aus zwei Substanzen bestehen, einem primordialen, diploötischen Kern und einer secundären Rinde von Auflagerung, welche sich von al- len Seiten, besonders auch von innen her, vom Wirbelkörper erhebt und sich nach oben in den sogenannten Dorn verlängert. Dieses Verhältniss ist nicht zu verken- nen, wenn man die grossen, rundlichen, strahlenlosen Knochenkörper der primordia- len Theile mit der so characteristischen Form der schönen radiirten Körperchen in den secundären Knochen der Cyprinen vergleicht. (Aehnlich ist es mit den sog. Flossenträgern der Knochenfische, die aus einem primordialen Gelenkstück und einem langen Dorne von Auflagerung bestehen und bei den Knorpelfischen nur als primor- diale Stücke [cartilagines intercalares] vorhanden sind.) Wenn es daher wahrschein- lich ist, dass die Dornen bei diesen Fischen durch Auflagerung und nicht durch be- sondere Deckstücke erzeugt werden, wie bei den Salmen etc., so ist daran zu ) J. Müller nennt sie Queerfortsätze, die einen besonderen Knochenkern haben; es sind aber offenbar die Bogenstücke selbst und es ist nicht Regel, dass sie die Form eines Queerfortsalzes annehmen. 2) A22a2028:24. - 13 — erinnern, dass auch an anderen Stellen Deckknochen als einseitige Auflagerung auf- treten können und dass es im Grunde nur auf die Periode ankömmt, in welcher die Verschmelzung erfolgt, ob sich schon ein Perichondrium oder Periost gebildet hatte u. del., damit eine solche Unterscheidung möglich sei oder nicht. Ich erinnere an den Processus pterygoideus des Menschen, der aus einem Deckstück und einem Osteo- phyt (wenn ich so sagen darf) besteht, während bei den Crocodilen und Eidechsen die beiden Pterygoidea (ext. et int.) vollkommen und zeitlebens selbstständige Kno- chen sind. Auch die von den primordialen Rippen - und Brustbeinanlagen der Schild- kröten nach Rathke sich erhebenden Deckplatten darf man vielleicht ihrer Bedeu- tung nach den selbstständigen Ergänzungsstücken (Nackenplatte, Randplatten, unpaare Brustbeinplatte u. s. w.) gleichsetzen, wenigstens besitzen die primordialen Theile nach Rathke), ehe die Auflagerung geschieht, eine Beinhaut, die nachher resorbirt wird und verschwindet. Ein letztes Verhältniss sehr merkwürdiger Art ist endlich noch zu besprechen, damit die Verbindung des primordialen und secundären Skelettes nach allen Seiten möglichst anschaulich werde. Es betrifft die eigenthümliche Entstehung des Unter- kiefers bei den Säugethieren, auf welche Kölliker 2) besonders aufmerksam gemacht hat und welche von der Art, wie der Unterkiefer bei den anderen Classen entsteht, sehr verschieden ist. So auffallend dieser Unterschied auf den ersten Blick ist, so glaube ich doch, dass er zu vermitteln sei und dass sich darauf wenigstens noch kein Ausspruch gründen lässt, wie ihn Reichert’) gethan, indem er behauptete, „dass ein und derselbe Knochen bei einem Thiere hyalinisch - knorpelig, bei einem anderen häutig-knorpelig auftreten könne.” Seit durch die Untersuchungen von Meckel‘), Duges5) und Reichert) die innige Beziehung des Kieferapparats zu den Gehörknöchelchen nachgewiesen wurde, ist es eine bekannte Sache, dass der Unterkiefer in allen Thierclassen aus einer knorpeligen Anlage in Gestalt eines cylindrischen Streifens , dem sog. Meckel- schen Knorpel, und einer variabeln Anzahl von Deckknochen zusammengesetzt ist, 1) A.a. 0. S. 13%, 181. 2) Bericht a. a. ©. S. 44. 4. Zeilschrift a. a. O. S. 2%. 3) A. a. 0. S. 514. #) Menschl. Anat. IV. S. 47. 5) A.a. ©. p. 52. 6) ‘Müller’s Archiv 1837. S. 19%. 20 — 154 ° — welche zusammen in dem Blastem des ersten Visceralbogens (Reichert) entstehen. Schon S. 19 ist erwähnt worden, dass bei den Säugethieren und Vögeln (und wahr- scheinlich auch bei den Amphibien und Fischen) in einer früheren Periode dieselben 3 Knorpelanlagen vorhanden sind, welche bei den Säugethieren später als Hammer. Ambos und Steigbügel bezeichnet werden, obgleich bei den übrigen Classen nur eine derselben, die dem Steigbügel entsprechende Columella, in die Paukenhöhle aufge- nommen wird, die beiden anderen aber (bei den Fischen vielleicht alle 3) anderwei- tig verwendet werden. Die abweichende Gestalt der Columella beruht nicht auf einer Verschmelzung mehrerer Stücke, denn sie ist ihr von Anfang eigen; auch finden sich unter den Formen des Steigbügels bei den Säugethieren (Beutelthiere, Edenta- ten, Cetaceen) hinreichende Analogien. Schon Meckel hat auf die relativ bedeu- tende Grösse der menschlichen Gehörknöchelchen beim Fötus hingewiesen; die Länge des Hammers verhält sich zur Körperlänge anfangs wie 1:16, beim Erwach- senen wie 1:90 beim reifen Fötus sind sie so gross als beim Erwachsenen. Ohne Zweifel rührt dieses Missverhältniss von der sehr frühzeitigen Verknöcherung bei den Säugethieren, so wie von dem höchst unbedeutenden peripherischen Wachsthum (S. 136) her; und umgekehrt kömmt die bedeutende Entwicklung bei den übrigen Classen auf Rechnung des langen Verharrens im knorpeligen Zustand und des dadurch möglichen längeren inneren Wachsthums. Die grösste Schwierigkeit, welche dieser Deutungsweise bisher entgegenstand, war der Umstand, dass die nack- ten Amphibien, welche den Meckel’schen Knorpel und das Quadratum der Vögel gleichfalls haben, dennoch mehrfache Gehörknöchelchen zu besitzen scheinen. Der Zweifel über die Uebereinstimmung dieser Thiere mit den anderen Classen ist mir aber geschwunden, seit ich mich überzeugt habe, dass die angebliche Reihe der Ge- hörknöchelchen beim Frosche in der That nur ein einziges Stück. d. h. eine knö- cherne Diaphyse (sog. Columella) mit zwei knorpeligen Apophysen darstellt, welche ebenfalls verknöchern können und von welchen die hintere Operculum genannt wurde, dass mithin das Ganze nur‘ den Werth der Columella der Vögel hat. Was nun die Entstehung des Unterkiefers betrifft, so hat Meckel erwähnt, dass der nach ihm genannte Knorpelstreif dem Processus folianus des Hammers nur inso- fern entspricht, als dieser ihm eine Strecke weit aufliegt (S. 136) und dass er selbst beim Menschen nie verknöchert, sondern vor dem 8. Monat schon verschwindet. Der Processus folianus wäre demnach Deckstück (oder einseitige Auflagerung) am oberen Ende, wie die Knochen des Unterkiefers weiter unten. In Bezug auf das Verhältniss zum Unterkiefer finden sich in der Thierreihe so zahlreiche Verschieden- heiten, dass Niemand, der die Sache nicht selbst untersucht hat, darüber klar werden kann. Diese Verschiedenheiten, die mit der Entwickelung und Ausdehnung des Pri- mordialschädels in der Thierreihe im Einklang stehen, rühren hauptsächlich davon her, dass der Meckel’sche Knorpel bei den niederen Classen sich immer beträcht- licher entwickelt und vollständiger persistirt, so dass er bei Vögeln, Amphibien und Fischen längere Zeit oder zeitlebens nachgewiesen werden kann, während’ er bei den Säugethieren und dem Menschen spurlos verschwindet. Ein zweites unwesent- licheres Moment ist die verschiedene Anzahl der mit ihm in Contact tretenden Deck- knochen, ein drittes und das wesentlichste, ist die verschiedenartige Verbindung des Unterkiefers mit dem Schädel. Untersucht man den Unterkiefer beim Hühnchen am 10 — 12. Tage der Bebrü- tung, so ist von einem Perichondrium oder Periost in dem weichen Bildungsgewebe, welches die Skelettanlagen einhüllt, noch nichts zu sehen; dieselben lassen sich da- her durch den leisesten Druck unter dem Mikroskope isoliren und von einander ent- fernen. Es lösen sich dann von dem primordialen Knorpel, dessen Gelenkstück voll- kommen die Gestalt des Hammers der Säugethiere hat, mehrere schienenartige Kno- ehenscherbehen ab, die demselben nur lose anliegen und noch durch weiches Bil- dungsgewebe von ihm geschieden sind. Dieselben entsprechen den einzelnen Stücken, aus welchen der Unterkiefer des jungen Vogels zusammengesetzt ist (deren Zahl bekanntlich auf 5 jederseits, mit Ausschluss des primordialen Articulare, steigen kann). Zuerst erscheint das Angulare als eine rinnenartige, vorn in eine lange Spitze ausgezogene Knochenscherbe, längs des unteren Randes’der Artieulare (Taf. II. Fig. 10); dazu gesellt sich sehr bald das Dentale, welches von Anfang an eine grosse Oeffnung oder Lücke enthält, und ein dünnes und schmales Complementare oder Dentale In- ternum ungefähr in der Mitte am oberen und inneren Rande des Knorpelstreifs. Zu gleicher Zeit entstehen das Jugale und Quadratojugale, Intermaxillare, Maxillare su-- perius, Frontale u. a., alle paarig (auch Intermaxillare und Dentale maxillae inferioris, die jedoch bald verschmelzen und unpaar werden) und als ganz freie, selbstständige Knochenscherbehen im allgemeinen Bildungsgewebe. Von Verknöcherung in den knorpeligen Theilen ist noch keine Spur; die Gelenkverbindung zwischen ‘dem Kopf- theil des Hammers (Articulare) und Quadratum der Vögel (Ambos der Säugethiere) ist jedoch schon ausgesprochen, während der dritte, eigenthümlich gestaltete Knorpel (Columella, Steigbügel) ganz isolirt hinter beiden liegt, worauf ein kleiner, vierecki- — 16 — ger, secundärer Knochenfleck (Squama temporum? tympanicum?) sich anschliesst. Von der vorderen Fläche des Quadratum aus erstreckt sich das Quadratojugale nach vorn und legt sich über das kleinere Jugale, dieses über das beträchtlichere Inter- maxillare herüber. In der Kinngegend kommen die etwas kolbigen Enden der bei- den Meckel’schen Knorpel zwischen den Dentalia hervor, um sich innig aneinander- zulegen, sind jedoch noch durch eine Art Raphe getrennt, die später verschwindet. Erst, wenn die Deckstücke eine gewisse Ausdehnung erlangt haben, kommen sie mitein- ander in wirkliche Berührung, die am oberen Ende des Meckel’schen Knorpels, wo er am dieksten ist und eine prismatische Gestalt hat, zuerst statt hat. Dann beginnt auch die primordiale Verknöcherung im Innern des dem Hammer entsprechenden Theiles, der damit definitiv in das Articulare maxillae inferioris umgewandelt wird. Mit zunehmendem Wachsthum wird die Berührung zwischen den primordialen und den secundären Knochen inniger; die Belegknochen umfassen das Articulare schei- denartig bis zur Gelenkfläche hin und verschmelzen mit ihm und untereinander durch die peripherische Auflagerung, die sich mit der Bildung des Periosts entwickelt; doch lässt sich das Articulare bei jungen Vögeln noch leicht isoliren und aus der Knochenscheide entfernen, in welcher es sich nach vorn mit rasch verjüngtem, zu- gespitztem Ende verliert. Das ehemalige kolbige Ende des Meckel’schen Knorpels scheint in dem Dentale, von dem es umwachsen wird, unterzugehen; die beiden Fortsätze des Articulare dagegen verknöchern und erhalten sich und entsprechen dem Manubrium und Processus brevis des Hammers, wie der Processus pterygoideus und temporalis des Quadratbeins die Fortsätze des Amboses der Säugethiere reprä- sentiren. Ganz ähnlich, wie bei den Vögeln, bildet sich der Unterkiefer nach den Unter- suchungen von Duges, Rathke u. A. bei den Amphibien und Fischen, nur wird die Verbindung zwischen dem primordialen Articulare, welches seine Rolle sehr con- stant behauptet, und den Deckstücken immer lockerer, so dass der Meckel’sche Knor- pel immer freier zu Tage zu liegen kommt. Die Zahl der Deckstücke wechselt, steigt z. B. bei den beschuppten Amphibien ebenfalls bis auf 5 jederseits, indem das Dentale nach Rathke ’) auch hier paarig entsteht, und sinkt bei den Batrachiern bis auf 2 herab. Sehr entwickelt, bei erwachsenen Thieren, hat man den Meckel- schen Knorpel bei Crocodilus und Chelonia. Bei den Fischen bildet der Unterkiefer, ) A. a. 0.8.38. - 57T — z. B. bei Salmo, nur eine flache Schaale, welche den Meckel’schen Knorpel, den ich in einem Falle von der Dicke eines starken Gänsekiels gesehen habe, von aussen umgibt und aus zwei Deckknochen besteht, von denen der hintere mit dem Artieulare innig verschmolzen und in den vorderen scheideartig eingeschoben ist. Der Meckel’sche Knorpel verknöchert nur am Gelenkende und endigt vorn in eine Spitze, die sich im Dentale verliert. Ob der sog. Haken, welcher sich beim männ- lichen Lachs von der Verbindungsstelle der beiden Dentalia erhebt und den Zwischen- raum zwischen ilinen ausfüllt, als sein ungewöhnlich entwickeltes, ehemaliges vor- deres Ende betrachtet werden kann, lasse ich dahingestellt. Bei den Knorpelfischen endlich befreit sich der Meckel’sche Knorpel, wie der gesammte Primordialschädel, von seinen sämmtlichen Deckknochen und stellt nun in colossaler Entwickelung, per- manent knorpelig und ohne Nähte den Unterkiefer für sich allein dar, der demnach nur dem Articulare maxillae inferioris der Knochenfische, Amphibien und Vögel ent- spricht. Ganz anders als diesen drei Classen verhält es sich bei den Säugethieren und dem Menschen. Der Meckel’sche Knorpel beim 1%, langen Rindsfötus ist noch volkommen frei und verläuft isolirt im weichen Bildungsgewebe des vorderen Visceralbogens bis. zur Kinngegend, wo er sich mit dem der anderen Seite etwas anschwellend verei- nigt. Die Anlage des Unterkiefers erscheint als eine einfache, platte, länglichvier- eckige oder fächerartige Knochenscherbe, die ihn in seinem Mittelstück begleitet und am schmalen vorderen Ende bereits eine längsovale Oeffnung für den Canalis alveo- laris hat. Sie ist mit dem Knorpel nirgends verbunden und lässt sich leicht davon abheben oder wegdrücken. Sie ist bedeutend kürzer als der Meckel’sche Knorpel und reicht weder vorn noch hinten bis an dessen Ende; ihre Structur ist die der übri- sen Deckknochen ; von einem Periost oder Perichondrium noch keine Spur. Durch peripherischen Ansatz von Knochenstrahlen nimmt die Scherbe nach und nach die Gestalt des Unterkiefers an, an dem jedoch noch der ganze Winkel und die beiden Fortsätze fehlen; namentlich schlägt sich durch Wachsthum die Scherbe am unteren Rande nach innen und erhält die Gestalt einer kahnartig. ausgehöhlten knöchernen ‚Schiene, welche der Unterkiefer lange behält. Der Meckel’sche Knorpel wird nicht von dieser Schiene, wie bei den niederen 'Thieren, scheidenartig umschlossen, son- dern liegt, wie schon Meckel angab, der inneren Wand derselben an, in der sich durch fortgesetzte Auflagerung eine Längsfurche oder Rinne bildet, die ihn auf- nimmt. Er lässt sich daher noch lange von seinem Ursprunge bis zu seinem Ende — 15 — verfolgen und noch bei 1‘ langen Rindsfötus aus dem knöchernen Halbcanal, in wel- chen er zu dieser Zeit eingebettet ist, in seiner ganzen Länge auslösen. Allmählig wird er fester umschlossen und nun erst beginnt eine partielle primordiale Ver- knöcherung in dem eingeschlossenen Knorpelstück. Verfolst man den Meckel’schen Knorpel, der jetzt die Länge von einem Zoll und die Dicke einer Quintsaite hat, so findet man an seinen Enden hyaline Knorpelsubstanz mit dichtgedrängten, ziemlich grossen Knorpelhöhlen, die von den Knorpelzellen noch ausgefüllt werden. Die Knorpelkörperchen sind weiterhin queergestellt und werden ungefähr gegen die Mitte des Knorpels, wo der Knochenkern auftritt, bedeutend grösser. Letzterer greift schnell durch die ganze Dicke des Knorpels hindurch und zeigt das bekannte, grob- körnige, dunkle Knochennetz der primordialen Verknöcherung mit grossen Knochen- höhlen, und schreitet nicht über das umschlossene Stück hinaus. Noch lange nach- dem der Canal, in welchem der Knorpel liegt, sich geschlossen hat, ragen daher oben und unten die knorpeligen Enden des Knorpels heraus und lassen sich durch Abtragung der umlagernden Knochenschicht in den Knochen hinein verfolgen. Dann schwindet das freie obere Ende vollständig, indem es durch den sich entwickelnden Trommelfellring vom Hammer abgedrängt wird, während die vordere Parthie, von etwa zwei Drittheilen seiner Länge, im Knochengewebe der inneren Wand des Un- terkiefers untergeht. Bilden schon in dieser geringen Betheiligung des Meckel’schen Knorpels an der Bildung des Unterkiefers die Säugethiere gleichsam das eine Extrem in der Thierreihe, so wird der Unterschied von den übrigen Classen noch auffal- lender durch die eigenthümliche Bildung des aufsteigenden Astes und Gelenktheils, welche durch die bei den Säugethieren eintretende Abtrennung und eigenthümliche Verwendung 'des primordialen Gelenktheils nöthig wird. Dadurch, dass Hammer und Ambos in der Paukenhöhle zurückbleiben , verliert der Unterkiefer seine Verbindung mit dem Schädel und muss sich dieselbe auf andere Weise und zwar von seinem Deckstücke aus ersetzen. Bei Rindsfötus von 2” Länge an findet man daher nicht mehr eine einfache Knochenscherbe, sondern diese Scherbe hat am hinteren Ende drei übereinanderstehende knorpelige Apophysen von beträchtlicher Stärke, welche dem Processus coronoideus, glenoidalis und Angulus maxillae inferioris entsprechen und die Form des definitiven Unterkiefers herstellen. Die ganze Scherbe mit ihren Apophysen hat beim 21%" langen Fötus eine Länge von 5“. Der Meckel’sche Fort- satz hat an diesen Apophysen nicht den geringsten Antheil, denn er verlässt die Knochenscherbe, an deren innerer Wand er anliegt, viel früher und geht in ziem- 9 = licher Entfernung schief hinter dem Halse des Unterkiefers hinweg zum vorderen Rande des Ohrlabyrinthes, wo er noch lange, nachdem die Gelenkkapsel schon gebil- det ist, in seiner ganzen Länge zu finden ist. Verfolgt man die Entwicklung dieser Apophysen vom Knochenrand an, so ge- wahrt man deutlich, dass sie nicht selbstständige Bildungen sind und etwa nachträg- lich mit der Knochenscherbe in Verbindung treten, sondern dass sie sehr rasch und von den peripherischen Knochenstrahlen aus anschiessen, weswegen sie auch immer in inniger Continuität mit der Knochenscherbe gefunden werden und in allen Dimen- sionen derselben proportional bleiben. Untersucht man bei 21/' langen Rindsfötus diese knorpeligen Apophysen genauer, so findet man in derjenigen, welche dem Proces- sus coronoideus entspricht und die kleinste der drei ist, die Grundsubstanz nicht ganz hyalin, sondern etwas trüb und streilig, wie in manchen Faserknorpeln und alten Rippenknorpeln, wiewohl ohne einzelne Fibrillen. Sie enthält dichtgedrängte Knorpel- höhlen, die von zellenartigen Gebilden ausgefüllt werden; vom Knochenrand setzen sich viele dunkle Knochenstrahlen zwischen die Knorpelkörperchen hinein fort; das schon ziemlich entwickelte Periost der Knochenscherbe geht unmittelbar in eine dünne Blastemschicht mit länglichen und spindelförmigen Körperchen über, aus welchen ein Perichondrium für die Apophyse entstehen will und an welche sich oben schon die unreifen Muskelfasern der Kaumuskeln ansetzen. Am Gelenkfortsatz, der viel mas- senhafter ausfällt, ist die Grundsubstanz mehr hyalin, die Knorpelkörperchen kommen ganz mit denen der embryonalen Apophysen überein und erreichen gegen den Ver- knöcherungsrand hin eine ziemliche Grösse, ohne sich in distinete Reihen zu ordnen; doch trifft man auch hier hie und da eine Längsstreifung, die sich im Knochenrand verliert. Das Knochennetz greift, wie überall, um die Knorpelhöhlen herum in den Knorpel hinein. Essigsäure und Jod geben die bekannten Reactionen des ächten Knorpels und namentlich wird die scheinbar faserige Grundsubstanz von ersterer nicht merklich verändert, ist also kein unreifes Bindegewebe. Beim Angulus ma- xillae endlich ist die Grundsubstanz wieder mehr streifig und stimmt mit dem Pro- cessus coronoideus überein. | Beim 5° langen Rindsfötus ist die Knorpellage bedeutend mächtiger geworden, aber noch ziemlich weich und zerdrückbar ; die Knorpelhöhlen sind weiter, die Zel- len grösser geworden und fallen beim Zerdrücken leicht aus den Höhlen heraus. Jod färbt die ganze Intercellularsubstanz und die leeren Höhlen gleichmässig gelblich, die Zellen aber braun. Essigsäure macht die Contouren der letzteren schärfer und — 10 ° — zeigt die einfachen Kerne. ' Niemals traf ich mehrere Zellen in einer Höhle oder Zellen in Zellen. Hie und da zeigt die Intercellularsubstanz ein körniges oder ge- streiftes Aussehen und scheint trüber und rauher als ächter Knorpel, spiegelt übri- sens an den Ränden der Höhlern wie der letztere. Durch Aussetzen schrumpfen die Knorpelzellen ein und fallen an Schnitten doppelt leicht aus denselben heraus. Am Knochenrand findet man dieselben weiten, rundlichen Höhlen, wie am primor- dialen Knorpel, die nicht immer von den Zellen ausgefüllt werden, wo dann zwischen Zelle und Höhlenwand ein heller, durchsichtiger Zwischenraum bleibt, der von Jod nicht gefärbt wird. Das Knochennetz greift in die Intercellularsubstanz streifenför- mig herein, sieht sehr feinkörnig und dunkel aus und scheint bei auffallendem Lichte weiss. Reihen von Knorpelkörperchen haben sich nicht gebildet, sie stehen vielmehr dicht beisammen und sind nach der Peripherie hin kleiner und rundlich. Der künf- tige Gelenkknorpel bildet eine 1%,“ dieke Schicht, zeichnet sich durch Festigkeit aus, enthält viele dichtgedrängte, kleine Knorpelkörperchen und eine wie in jungen Fa- serknorpeln gestreifte Grundsubstanz. Essigsäure macht letztere etwas durchsichtiger und zeigt die Kerne der Knorpelzellen. Die weitere Entwicklung unterscheidet sich nicht von der der wachsenden Kno- chen. Das Verknöcherte wächst durch Auflagerung, das Knorpelige durch Zunahme der Intercellularsubstanz, bei gleichzeitig fortschreitender Differenzirung des Periosts, der Gelenkkapsel und des Meniscus. Bald wird auch diploötische Substanz gebildet, in welcher das Frischverknöcherte zum Theil wieder untergeht, während die Auf- lagerung mit der ursprünglichen Knochenscherbe zusammenfliesst und vollständig eins wird. Noch am jungen Kalbe hat der Gelenkkopf des Unterkiefers ganz den Character einer Apophyse und ich habe diese Stelle lange, ehe ich über ihr Verhältniss zum secundären Skelett im Klaren war, zur Demonstration der Verknöcherung im Knor- pel benützt, weil man hier immer frische Knorpelzellen und jene sonderbar ver- schrumpften Körper hat, welche die Gestalt von Knochenkörperchen mit, radiären Strahlen täuschend nachahmen können und daher auch von Zeit zu Zeit als solche beschrieben zu werden pflegen (vgl. Taf. I. Fig. 8). Etwas Eigenthümliches hat diese Stelle nur insofern, als das Knochennetz in ungewöhnlich langen und breiten Zügen vordringt, wodurch die Grundsubstanz ein grobgefurchtes Ansehen auf Schnitt- flächen erhält und körniger und brüchiger wird, so dass man bei feinen Schnitten leichter Fragmente und kleine, wenn auch sehr lehrreiche, Splitter erhält, als in pri- mordialen Knorpeln. Auch ist die Existenz des Gelenkknorpels bei erwachsenen — 11 — Thieren und beim Menschen unverkennbar, und H. Meyer!) hat Unrecht, wenn er ihn läugnet. Ein solches plötzliches und massenhaftes Anschiessen von Knorpelsubstanz an den Rändern secundärer Knochen scheint noch an anderen Stellen vorzukommen. Kölliker 2) erwähnt die cavitas glenoidalis des Schläfenbeins und den angulus ma- stoideus des Scheitelbeins, wo gewiss keine Verwachsung des Primordialschädels mit dem aufliegenden Deckknochen stattfindet (S. 142). Ob in der Thierreihe noch an- dere derartige Stellen vorkommen, ist mir aus Anschauung nicht bekannt und es wäre voreilig, Vermuthungen darüber aufzustellen. Doch kann man darauf hinwei- sen, dass durch secundäre Knochenbildung nicht wohl ein Gelenk entstehen kann, insofern die Bildung einer Gelenkhöhle auch einen Gelenkknorpel voraussetzt, der bei der successiven Absetzung von Knochenschichten, woraus das secundäre Skelett entsteht, nicht hervorgebracht wird. Man kann daher vermuthen, dass in den Fäl- len, wo Gelenke am secundären Skelett und zwischen secundären Knochen auftre- ten, ein ähnliches Verhältniss, wie am Unterkiefer der Säugethiere, stattfinde, und irre ich nicht, so sind z. B. die Verbindung des operculum mit dem temporale der Fische, die des pterygoideum der entenartigen u. a. Vögel und der Saurier mit dem sphenoideum solche Stellen, an welchen in Bezug auf ihre Entwickelung nachzufor- schen wäre. ') A.a. 0. S. 333. 2) A.a.0. 5. 378. Sy “U ,o en ee E PT J a, mn UM Schluss ‘ Wenn vorliegende Mittheilungen hinreichen sollten, die Eigenthümlichkeiten und den Gegensatz des primordialen und definitiven Skelettes anschaulich zu machen, so sind die am Ende des letzten Capitels erwähnten Thatsachen, in Verbindung mit einigen Uebergangsformen, welche besonders das Fischskelett darbietet (S. 121 und 133), vorzugsweise geeignet, zu einer Vermittlung der anscheinend so verschiede- nen Bildungen unter einem gemeinsamen Gesichtspunkte aufzufordern, und wenn ich schliesslich die Ansicht äussern soll, die sich mir aus einer Menge anscheinend wi- derstrebender Erfahrungen so zu sagen unter der Feder entwickelt hat, so muss ich erklären, dass mir eine solche Vermittelung selbst in histologischer Hinsicht nicht zu fern zu liegen scheint. Ich kann dieselbe jedoch nicht ‘mit Reichert in einer ge- wissen Elasticität der Begriffe finden, die dasselbe Gewebe bald Knorpel, bald Binde- sewebe zu nennen gestattet und die Schwierigkeit mehr verhüllt als sie ausgleicht. Ich glaube vielmehr, dass die specifischen Gewebe des thierischen Körpers den Stem- pel der Individualität schon von der ersten Differenzirung des allgemeinen Bildungs- sewebes her tragen, auch wenn unsere optischen und chemischen Hülfsmittel noch keine haltbaren Unterschiede aufzeigen können. Reifes Bindegewebe und fertiger Knorpel scheinen mir histologisch so wohl characterisirte und unterscheidbare Ge- webe, dass eine grössere oder geringere Aehnlichkeit auf früheren Entwicklungs- stufen oder das sog. Continuitätsgesetz (das man mit demselben Rechte auf alle Ge- webe ohne Ausnahme anwenden könnte) mich noch nicht bestimmen können, hier eine besondere, tiefer begründete Verwandtschaft anzunehmen. Ich sehe mich zu einer solchen Anschauungsweise um so weniger veranlasst, als ich den Knochen kei- neswegs als das Endproduct zweier verschiedener Gewebe ansehe, und meiner An- sicht nach keineswegs das „Bindegewebe” als solches verknöchert. Secundäre Knochen, denen man die Kalksalze durch Säure möglichst vollständig entzieht (der — 18 — sog. Knochenknorpel), bestehen nicht aus Bindegewebe und die Aehnlichkeit ist wahrlich eine sehr entfernte. In späteren Perioden der Entwicklung, wenn das Pe- riost sich entwickelt hat, besonders an den Deckknochen des Schädels, am Penis- knochen der Säugethiere, an den Sehnenknochen der Vögel u. s. w., scheint es allerdings, als setze sich die Knochensubstanz durch ihre Endstrahlen continuirlich in die Bindegewebsbündel des Periosts oder sonstigen umhüllenden Fasergewebes fort und vermehre sich auf Kosten desselben, wobei man auf das innige Adhäriren des Periosts und die zahlreichen Fortsätze desselben, welche allenthalben in den Maschen- räumen und Markcanälen des jungen Knochens zurückbleiben, ein besonderes Gewicht legen muss. Es ist jedoch S. 96 und 127 hervorgehoben worden, dass die äusser- sten Randstrahlen des wachsenden Knochens, so wie die ersten Anfänge der Deck- knochen nicht auf die Säure reagiren, sondern einer geronnenen organischen Sub- stanz ähnlich sind, die von dem umgebenden Fasergewebe wohl zu unterscheiden ist. Reichert !), dessen Beobachtungsgabe Niemand die Anerkennung versagen wird, der seine Folgerungen bestreitet, hat ganz richtig bemerkt, dass vor der beginnen- den Ablagerung der erdigen Bestandtheile die Streifung oder Faserung der Grund- substanz der häutigen Schädelkapsel (die R. als Falten- und Runzelbildung auffasst) sich verliert. Meiner Ansicht nach rühren die weichen, knorpelartigen Randstrahlen, welche das Gitterwerk darstellen und der Verknöche- rung überall vorauseilen, von einer frischen Ablagerung her und sind in das faserige Gewebe der Grundlage gleichsam eingetragen oder eingegossen. Diese Thatsache, von jeder theoretischen Ausschmückung entkleidet, scheint mir sehr wichtig. Man könnte aus den physicalischen und optischen Characteren dieser Substanz folgern, dass auch der secundären oder sog. Bindegewebs- Verknöcherung eine Ablagerung von Knorpelsubstanz vorausgehe, und der Unterschied zwischen primordialer und secundärer Verknöcherung nur in der Art der Ablagerung und in dem Zeitpunkte der Verknöcherung zu suchen sei. In beiden Fällen hätten wir eine homogene Grundsubstanz mit Hohlräumen, welche Zellengebilde einschliessen. In dem einen Falle häuft sich die Grundsubstanz zu compacten und umfänglichen Organen (knorpelig präformirten Skeletttheilen) an, denen es gewissermassen freisteht, zu verknöchern oder nicht. Die Substanz er- langt dadurch nach und nach diejenigen Charactere, welche man dem Knorpelgewebe ) A.a. 0. S. 462. — 164 — zuzuschreiben pflegt, und namentlich haben die erhaltenen Zellengebilde Zeit, eine beträchtliche Entwicklung durchzumachen. In dem anderen Falle folgt die Ablage- rung der erdigen Salze der Absetzung jedes einzelnen Knorpeltheilchens auf dem Fusse nach; die daraus hervorgehenden Skeletttheile sind von Anfang an knöchern und mit sämmtlichen Characteren des definitiven Knochengewebes ausgestattet. Dass die enthaltenen .Zellengebilde die Stufe der allgemeinen Bildungskugeln hier kaum überschreiten, rührt wohl daher, dass die Grundsubstanz, in der sie sich befinden, sogleich nach ihrem Auftreten erstarrt und aufhört, durch Intussusception zu wachsen; sie haben daher kaum eine andere Bedeutung, als die Punkte auf der Tafel des Zeichners, welche die Stellen angeben, wo Hohlräume bleiben werden. Von diesem Gesichtspunkte aus würde der alte Satz, dass der Knochen aus der Verknöcherung des Knorpels hervorgehe, vielleicht gehalten werden können und man würde am passendsten von einer indireceten und directen Verknöcherung sprechen, ‚um jedem Missverständniss in Bezug auf die Zeitverhältnisse, welche in den Bezeich- nungen „primär” und „secundär” zu sehr hervortreten, auszuweichen. Frägt man sich nach den Ursachen eines so complieirten Entwicklungsprocesses, wie ihn das Skelett der Wirbelthiere durchmacht, und sucht man sich die Nothwendig- keit eines so grossartigen Stolf- und Formwandels klar zu machen, so kann man sich vorstellen, dass das Gehen und Kommen, welches den Stoffwechsel überhaupt characte- risirt, in einem ganz eigenthümlich constituirten, starren Gewebe, wie dem Knochen, mehr den Character einer Juxtaposition und räumlichen Succession annehmen und eben desswegen mehr in die Augen fallen musste, als in anderen Geweben, wo der Wech- sel der Atome mehr an jedem Punkte stattfindet. (Ein nicht unähnliches Verhältniss, Verlust auf der einen Seite, Einsatz auf der anderen, bietet die Epidermis.) Die Unzulänglichkeit des Primordialskeletts insbesondere ist in den zwei Erfahrungssätzen begründet, dass verknöcherter ‚Knorpel sich nicht in Masse erhalten kann, sondern unmittelbar nach der Verknöcherung bis auf unbedeutende Reste einschmilzt und auf- gelöst wird (S. 54), und dass der primordiale Knochen, wo er sich erhält, keines Wachsthums durch Intussusception fähig ist und daher auch keine Ausdehnung und überhaupt kein Wachsthum des Individuums ermöglichen kann (S. 56). Die Knor- pelfische behalten ihr Knorpelskelett gewiss nur desshalb, weil es nicht oder nur an beschränkten Stellen verknöchert, so weit es nämlich ohne Beeinträchtigung des in- neren Wachsthums möglich und zur Festigkeit unumgänglich nöthig ist. Ohne Zwei- fel spielt bei diesen merkwürdigen Processen das Verhältniss der Vascularisation — 15 — eine grosse Rolle. Die primordialen Skelettanlagen entstehen zu einer Zeit, wo differenzirte Gewebe und daher auch ein allgemein verbreitetes und ausgebildetes Blutgefässsystem noch nicht existiren. Alle Knorpel sind anfangs gefässlos, und können nur durch Tränkung von aussen ernährt werden, sobald sich überhaupt ein Perichondrium und Blutgefässe im Umkreise gebildet haben. Als Versuche zu einer inneren Vascularisation, wie sie sonst in allen Geweben und Organen (mit Ausnahme der Epidermis) statt findet, kann man die sogenannten Knorpel- canäle betrachten (S. 50), die in allen primordialen und permanenten Knorpeln ge- funden werden. Diese Versuche bleiben jedoch sehr unvollkommen, da die gebil- deten Röhren nur den ersten, groben Blutrinnen der embryonalen Organe entsprechen. Zu einem vollendeten Röhrensystem mit Canälen, welche den Capillargefässen ent- sprechen, kommt es nur im secundären Skelett, wo alle diese Hohlräume von An- fang an offen bleiben. Denkbar ist es immerhin, dass noch Objecte gefunden wer- den, welche die nachträgliche, wenn auch sehr späte Herstellung eines Systems fei- ner anastomosirender Canälchen auch bei der indirecten Verknöcherung, selbst durch verdickte Zellenwände hindurch, darthun; dass dies aber in der Regel und nament- lich im Fötus nicht geschieht, dürfte die Ursache sein, dass der primordiale Knochen keiner Ernährung fähig ist und daher so bald dem Untergang verfällt. Sehr wahr- scheinlich werden die Kalksalze, welche durch seine Auflösung frei werden und die sich im Knochenmark , wie es scheint, nicht wiederfinden, in die inzwischen gebil- deten Blutgefässe aufgenommen und zur Bildung des secundären Skeletis mit ver- wendet. Zu der Zeit, wo das letztere beginnt, ist die Vascularisation der umgeben- den Gewebe viel weiter gediehen, selbst da, wo noch kein Perichondrium gebil- det ist (S. 112); die secundäre Knochenbildung trägt daher weniger den Character einer Dilferenzirung, als den einer nachträglichen Ablagerung aus gebildeten Gefässen und Gefässhäuten, die bis in eine sehr späte Lebensperiode fortdauern kann. Die Verknöcherung dürfte in diesen Fällen eine directe sein, weil die Ablagerung nicht in Masse, sondern in kleinen 'Theilen erfolgt und daher von den zuführenden Gefäs- sen beherrscht wird. Erfolgt die Ablagerung ausnahmsweise in grösseren Massen, wie in den vorhin erwähnten Fällen oder bei pathologischen Knorpelproductionen, so wird die Verknöcherung wieder eine indirecte, ohne dass sich eine scharfe Grenze in quantitativer Beziehung ziehen lässt. Auch in entschieden secundären Knochen kann die Ausbildung des feineren Röhrensystems eine unvollkommene sein (8.122) u. s. f. Räthselhaft bleibt dabei immerhin, wie die nachträgliche Ablagerung der Kalksalze — 16 — bei der indirecten Verknöcherung zu Stande kommt, warum sie bald von der Peri- 'pherie, bald vom Centrum ausgeht und warum sie bei den höheren Thieren vom Centrum nach der Peripherie hin fortschreitet u. s. w. Ich fühle mich nicht versucht, dies Alles erklären zu wollen. | Damit eine Ansicht, wie die vorgetragene, haltbar gefunden werde, könnte man ferner den chemischen Nachweis verlangen , dass die organische Grundlage der Pe- riostauflagerungen und Deckknochen mit dem Knorpelgewebe auf irgend einer Ent- wicklungsstufe identisch sei. Kölliker 1) hat diese Frage bereits zu beantworten gesucht und ist zu dem vorläufigen Resultate gekommen, dass primordiale Kno- chen Spuren von Chondrin geben, was bisher ohne Zweifel desshalb übersehen wurde, weil bei weitem das Meiste, was man als Knochen untersucht hat, dem secundären Skelett angehörte (8. 90). Ich zweifle nicht, dass durchgeführte Unter- suchungen der Art, mit steter Rücksicht auf die Ergebnisse der Histologie und Ent- wickelungsgeschichte, interessante histogenetische Aufschlüsse in chemischer Hinsicht geben würden ; ich glaube aber, dass zur Diagnose die histologischen Charactere vollkommen genügen und sicherer sind, als die chemischen. Abgesehen davon, dass in allen Knochen eine grosse Quantität von nicht ausscheidbarem Bindegewebe, Gefässen, Zellengebilden u. s. w. mit analysirt wird, weiss die Chemie nur zu gut, was von den variabeln Reactionen des Chondrins und Glutins zu halten ist, und schon Müller, dem wir die ersten-Äufschlüsse hierüber verdanken, ist die- ser Erfahrung nicht entgangen 2). Diese Verwandlungsproducte thierischer Gewebe entsprechen viel eher verschiedenen, in einander übergehenden Entwicklungsstufen. als constanten, scharf abgegrenzten chemischen Verbindungen. Auf jeden Fall muss die verschiedene Entwicklung in Anschlag gebracht werden, welche die organische Grundlage des Knochens erreicht, indem sie in dem einen Fall direct, unmittelbar nach ihrer Ablagerung, in dem anderen viel später, oft erst nach vielen Jahren, die Verknöcherung erleidet. Kölliker 3) sagt sehr richtig, dass jeder Knorpel an- fangs weich ist und nur aus gewöhnlichen Bildungszellen (Bildungs- gewebe) besteht. | Mit dem eben differenzirten fötalen Knorpel, nicht mit dem per- manenten des Erwachsenen, müsste daher die organische Grundlage des secundären & I) Zeitschr. a. a. ©. S. 283. 2) A.a. 0. S. 136. 3) Mikrosk. Anal. S. 379. — 1671 — Knochengewebes (wenn sie sich isolirt darstellen lässt) verglichen und dabei vor- zugsweise den Uebergangsstufen Rücksicht getragen werden. Vielleicht wäre, ab- gesehen von pathologischen Bildungen, über die ich mich bei einer anderen Gelegen- heit auszusprechen hoffe, der Unterkiefer der Säugethiere in dieser Hinsicht besonders lehrreich. | In vergleichend - anatomischer Hinsicht beschränke ich mich darauf, die Be- deutung der speciellen Entwickelungsgeschichte hervorzuheben, welche selbst von einer grossen Autorität in diesem Gebiete 1) zu gering angeschlagen zu wer- den scheint. Insbesondere dürfte der alte Satz, dass man so viele Knochen als Knochenkerne zu zählen habe, in seiner Gültigkeit auf die secundären Knochen zu beschränken sein (S. 124), nachdem sich herausgestellt, dass die im Primordialskelett auftretenden Knochenkerne nicht immer den ursprünglichen Knor- pelanlagen entsprechen, sondern dieselben meistens an Zahl übertreffen (S. 60 fl.). Als selbstständige Skeletttheile (autogenous in dem Sinne von Owen) dürf- ten vielmehr alle ursprünglich (bei der ersten Anlage) gesondert aufire- tenden knorpeligen oder knöchernen (im Primordialskelett daher die S. 12 als „Knorpelkerne’” bezeichneten) Skelettanlagen anzusehen sein. Der spe- cielle Nachweis kann bei einzelnen Species für einzelne Skeleitanlagen schwierig oder unmöglich sein, weil dieselben zu klein sind und in einer zu frühen Periode mit einander verschmelzen, wie S. 13 von den Queerfortsätzen der Hals- und Len- denwirbel bei den Säugethieren angedeutet wurde; die richtige Deutung dürfte jedoch in diesen nicht allzuhäufigen Fällen auch auf indirecte Weise geliefert werden kön- nen (S. 62). Auch durch die nachträgliche Trennung eines einfachen Skeletttheils in mehrere empyrische Stücke, wie sie z. B. am Zungenbein des Menschen und vie- ler Säugethiere stattfindet, dürfte das aufgestellte Prinzip von seiner Brauchbarkeit nicht erheblich einbüssen. Eine solche Abgliederung (dismemberment) ist immer eine seltene Ausnahme und sobald die Entwicklungsgeschichte einmal hinreichend feststeht, dürfte auf solche ausnahmsweise Erscheinungen kein grösseres Gewicht gelegt werden, als z. B. auf die Resorption des freien Rippenhalses bei alten Schild- kröten, durch welche Niemand veranlasst wird, den übrigen Rest mit dem Capitulum als einen von dem Rippenkörper verschiedenen Skeletitheil zu zählen. Ob ein sol- cher Vorgang in einer früheren oder späteren Periode des Lebens stattfindet, kann ı) Owena.a. O.p.95, 839. — 1685 — keinen Ausschlag geben, da wir nichts häufiger sehen, als dass dieselbe Entwick- lungsstufe bei verschiedenen Thieren zu verschiedenen Perioden erreicht wird und selbst bei dem einen 'Thier bleibende Form werden kann, was bei dem anderen nur vorübergehende Entwicklungsstufe ist. Eine weitere Ausführung dieses Gegenstan- des würde die Aufgabe, die ich mir in dieser Schrift gestellt, weit überschreiten und ich gestehe, dass ich eine gewisse Scheu empfinde, dem Urtheile anerkannter Auto- ritäten in diesem Fache vorzugreifen. Nur das will ich aussprechen, dass mir bei mei- nen vielfältigen Nachforschungen nicht eine einzige Thatsache aufgestossen ist, welche zu der Annahme nöthigte, dass dasselbe Skeleitstück bald primordial, bald secundär (als indirecte oder directe Verknöcherung) entstehen könne. Ich halte vielmehr die histologische Entwickelung der Skeletttheile für eines der sichersten und wohlbe- gründetsten Kriterien für die richtige Deutung derselben (homology nach Owen). So weit die vorhandenen Erfahrungen reichen, scheint mir nicht der mindeste Grund zu der Annahme, dass die Natur hier nach Willkühr und nicht bis ins Einzelne nach unerschütterlichen Gesetzen verfahre; ja ich finde, wo immer die Entwicklungs- geschichte zu Rathe gezogen worden ist, eine überraschende Uebereinstimmung in Bau und Gliederung der Wirbelthierskelette, die freilich nicht immer der gangbaren Terminologie folgt, aber durch die Untersuchung möglichst vieler Thiere in ihren ver- schiedenen Lebensstadien ohne Zweifel nach und nach verständlicher werden und zu feststehenden Prinzipien führen wird. —icHbiasdete -— Nachträge. Zu S. 29. Seitdem habe ich bei einem 6‘ langen menschlichen Embryo, bei welchem die Wirbeltheile und Rippen ebenfalls schon angelegt, aber noch sehr wenig von dem allgemeinen Bildungsgewebe differenzirt waren, die Chorda dorsalis aufgefunden , die als ein dünner, gelblicher Strang die Wirbelkörper durchsetzte und bei der noch mangelnden Differenzirung der Zwischenwirbelbänder namentlich im Zwischenraum zwischen denselben sehr deutlich war. Sie besass jedoch keine distincte Scheide, noch eine deutliche Zellenstructur, sondern war, namentlich in der oberen Hälfte, schon in Auflösung begriffen und überhaupt nur bis in die Halsgegend zu verfolgen. Es bestätigt sich daher, dass die Chorda dorsalis beim Menschen eine geringere Ent- . wickelung erreicht und früher untergeht, als in allen Classen der Wirbelthiere, welche in dieser Hinsicht vom Amphioxus bis herauf zum Menschen eine continuirliche Stu- fenreihe zwischen zwei Extremen darstellen. Zu S. 70. Den sog. pflasterartigen Knorpel der Plagiostomen ‚beschreibt neuerdings auch Leydig (Beiträge zur mikrosk. Anat. der Rochen und Haie. Leipz. 1852. S. 5) und deutet ihn als Verknöcherung im Knorpel. Leydig, der frische Thiere unter- suchte, hat bei Rochen auch Knorpelcanäle und Blutgefässe darin gefunden, die nach ihm einen Circulationsapparat im Knorpel bilden. Er bestätigt ferner die Angabe von J. Müller, dass die Kuochenkörperchen der Plagiostomen keine Ausläufer besitzen, wie ich es in primordialen Verknöcherungen allenthalben gefunden habe. Derselbe hat auch (Müller’s Archiv 1851. S. 242) gefunden, dass der Chimaerenschädel streckenweise von einer ähnlichen Knochenkruste überzogen ist, die auf Kosten des Knorpels entsteht, wie bei den Plagiostomen, und fand dieselbe von pflasterartiger 22 — 10 — Anordnung, was mir entgangen ist. Auch hier vermisste er die strahligen Ausläu- fer der Knochenkörperchen. Zu S. 124. Als ein nicht unweseniliches Unterscheidungsmittel hyalin-knorpeliger und sog. ‚häutig-knorpeliger Skeletianlagen, besonders am Schädel, kann bei Präparationen die röthliche Farbe benutzt werden, welche die ächten Knorpeltheile nach kurzer Maceration annehmen und wodurch sie sich von benachbarten Theilen sehr bestimmt abgrenzen, wie schon E. H. Weber (a. a. O. S. 304) und später auch Rathke (Entw. der Natter S. 122) erwähnt haben. Die sog. häutig-knorpeligen Theile zei- gen diese Färbung niemals. x Zu S. 129. Was die Bildung der sinus frontales betrifft, so finde ich u. A. beim reifen Pferde- fötus zwischen der Orbitalplatte und der hinteren Wand des Stirntheiles eine of- fene Naht, welche beide Knochenplatten trennt und welche erst nach vollende- tem Wachsthum verschwindet. Aehnliche Nähte finden sich in der oberen Wand des Canalis infraorbitalis und in der inneren Wand des Canalis lacrymalis beim Kinde und bei Säugethieren, die sich erst ziemlich spät, beim ‚Menschen erst mit vollendetem Wachsthum ganz schliessen. Diese Löcher und Canäle entstehen daher an den se- cundären Knochen durch Umwachsung der durchtretenden Gefässe, Nerven u. del., in ähnlicher Weise, wie sich durch Auflagerung Rinnen für die sinus venosi und ar- teriae meningeae bilden, die sich ebenfalls streckenweise zu Ganälen abschliessen , können. Ebenso entsteht an vielen Schädeln ein foramen supraorbitale u. s. w. Zu S. 137. Einen Pendant zu der nachträglichen Verschmelzung primordialer Knochen und zugleich einen Beleg für die Mannigfaltigkeit der hierher gehörigen Fälle liefert der Metatarsus der Vögel, welcher aus drei ursprünglich getrennten Knochen besteht, welche später nur in den Diaphysen verschmelzen, während (umgekehrt wie bei den Fröschen) die drei Apophysen gesondert bleiben. Auf einem Längsschnitt finden sich bei jungen Vögeln 3 ganz getrennte Markröhren. — Zu den primordialen Kno- chen mit ausgezeichneten Auflagerungen gehört auch die knöcherne Selerotica der Vögel und Fische. zung, Un, U AR 0 an — EU TUN FU N N I a en Erklärung der Abbildungen. Taf. I. Zur Entwicklungsgeschichte des primordialen Skeleties beim Fig. 9. Fig. 6. Rinde. Horizontalschnitt aus dem knorpeligen Theil des Epistropheus eines 1’ langen Rindsfötus, in der Nähe des Verknöcherungskernes. Vergrösserung 200. a Knorpelcanäle, Lheils queer, (heils schief durchschnitten. b Knorpelzellen, vereinzelt in die structurlose Grundsubstanz ein- gebellet, c Gruppen von Kuorpelzellen, die in verschiedenen Ebenen liegen und dadurch das Ansehen von Mutterzellen geben. Horizontalschnitt aus einem Rückenwirbelkörper desselben Fötus. Vergr. 40. a Knochenkern, b Reihen von Knorpelzellen in der Nähe des Verknöcherungsrandes !), ce dichtgedrängte Knorpelzellen in der peripherischen Knorpelparthie. Verticalschnilt aus der Apophyse eines Metatarsusknochens desselben Fölus. Vergr. 4. a Verknöcherungsrand, b Reihen von Knorpelzellen, c peripherische Knorpelparthie, d Ge- lenkfläche, e Knorpelcanal. Verticalschnitt zweier Rückenwirbelkörper 'sammt dem Intervertebralknorpel von demselben Fölus. Vergr. 15. a Verknöcherungsränder der (nur zur Hälfte gezeichneten) Wirbelkörper b durchschnittene Knorpelcanäle, c die dem Zwischenwirbelknorpel, d die der Beinhaut ent- sprechende Schicht. Verticaldurehschnilt des Caput humeri desselben Bölus. Vergr. 20. a Verknöcherungsrand der Diaphyse, b Knorpelcanäle, c Gelenkfläche. Horizontalschnitt durch die eben vereinigten Bögen eines Rückenwirbels von demselben Fötus. Vergr. 40. a Knochenkerne der Wirbelbögen‘, c der durch Vereinigung der Bögen entstan- dene processus spinosus, der nur dichtgedrängte Körperchen enthält, b Beinhaut. Verlicalschnilt aus der Apophysis tibiae einer neugeborenen Katze. Vergr. 250. a Verknö- cherungsrand der Diaphyse mit den letzten Ausläufern des Knochennetzes in die Knorpel- substauz, b Knorpelzellen, welche die Knorpelhöhlen ausfüllen, c solche, welche dieselben nicht ganz ausfüllen und daher den Anschein eines doppelten Contours geben, d geschrumpfte 1) Das Kleinerwerden der Zellen gegen den Verknöcherungsrand rührt von dem Einschrumpfen her. Die Contouren der Knor- pelhöhlen sieht man bei dieser Vergrösserung nicht. - 12 — Knorpelzellen in den Höhlen, e leere Knorpelhöhlen, deren Zellen herausgefallen sind, f die- selben im verknöcherten Zustand. Fig. 8. Verticalschnitt aus dem Gelenktheil des Unterkiefers vom Kalbe. Vergrösserung und Bezeich- nung wie in Fig. 7. Taf. I. Zur Entwicklungsgeschichte des secundären Skelettes beim Rinde. Fig. 1. Stirnbein eines 1/.’’ langen Rindsfötus, 17 mal vergrössert. a Basis und Ursprungsstelle der Ver- knöcherung (margo supraorbitalis), b Endstrahlen des Knochennetzes, die sich in der weichen Schädelkapsel verlieren, c Anfänge der Markcanälchen, d Anfänge der Knochenkörperchen. Fig. 2. Eine Stelle aus dem Vorigen bei 300 maliger Vergrösserung. a Begrenzungsränder der grös- seren Maschenräume, welche zu Markcanälen werden, b feineres Gitlerwerk, aus welchem die Knochenkörperchen hervorgehen. Fig. 3. Oberflächliche Periostablagerung vom Unterkiefer des Kalbes. Vergr. 40. a Maschenräume, welche den Markcanälen entsprechen, b jüngste Ablagerung in Form eines zarten Gillerwerkes. Fig. 4. Eine Stelle des Vorigen bei 200 maliger Vergr. a, b wie vorher, ce künftige Knochenkörperchen. Fig. 5. Oberflächliches Segment vom Stirnbein eines 1‘ langen Rindsfötus. Vergr. 50. a Mündungen der durchschniltenen Markcanäle, b oberflächlicher Schnitlrand, c Knochenkörperchen. Fig. 6. Dessgleichen vom Unterkiefer des Kalbes. Vergr. 40. a Durchschnittene verlicale Mark- canäle, d schief austretende, welche in Halbcanäle übergehen, ce Knochenkörperchen. Fig. 7. Oberflächlichste, noch weiche, Schicht vom Stirnbeine eines 1° langen Rindsfölus, 300 mal vergrössert. a Spallförmige Mündung eines Markcanals, b streifiges Blastem, c spallförmige Anfänge der Knochenkörperchen. Fig. 8. Oberflächliche Schichten von demselben während der Verknöcherung. Vergr. 250. a Mark- canal, b oberflächliche Halbcanäle, welche in Markcanäle übergehen, c jüngste Schicht, die nur an den Schnilträndern sichtbar ist, d nächstfolgende Schicht mit noch spaltförmigen Knochenkörperchen, e Schicht der fertigen Knochenkörperchen mit sichtbaren Strahlen. Fig. 9. Verticalschnitt durch die äussere Tafel des halbirten Kalbskopfes. Vergr. 12. a Markcanäle, b Beinhaut. ; Fig. 10. Dessgleichen durch die innere Tafel, welche der dura mater zugekehrt ist. Taf. IN. Zur Entwicklungsgeschichte des Skeletites beim Hühnchen. Fig. 1. Primordialknorpel einer Phalanx des 12tägigen Hühnchens. Vergr. 40. a scheidenarlige Be- grenzung an der Diaphyse. — 13 — Fig. 2. Femur desselben Hühnchens unter dem Compressorium. Vergr. 25. a Falten der structur- Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 3. 4. S losen Scheide, b scharfer Rand derselben, ce ausgedrückte Knorpelsubstanz. Die letztere bei 200maliger Vergr., wobei die Intercellularsubstanz erst sichtbar wird. a Knor- pelhöhlen, db Knorpelzellen, welche die Höhlen nicht ganz ausfüllen, zum Theil geschrumpft, Fibula desselben Hühnchens, 15 Mal vergrössert. a siructurlose Scheide, b Uebergang der- selben in slreifiges Blastem, c Gelenkende der fibula, wo der Knorpel noch ansetzt. Das untere Ende derselben fibula, 200 Mal vergrössert. a, b wie vorher, c Knorpelkörperchen. Dasselbe Object bei einem 14. Tage bebrületen Hühnchen, nach begonnener Verknöcherung. a Auflagerung von Knochensubsianz auf der structurlosen Scheide des Primordialknorpels, welche sich über den Bereich des Knorpels auf die faserige Verlängerung der Scheide b fort- setzt und dieselbe in die Verknöcherung hineinzieht, ce Anfänge der Knochenkörperchen. Tibia desselben Hühnchens mit beginnender Verknöcherung. Vergr. 25. a Auflagerung der Knochensuübstanz auf dem Primordialknorpel in Gestalt eines Maschenwerkes, b Maschenräume. Eine Stelle des Vorigen unter dem Compressorium bei 80maliger Vergr., zeigt das erste Auf- irefen. der Auflagerung in Gestalt eines äusserst zarten, durchscheinenden Maschenwerks auf der’structurlosen Scheide der Diaphyse, nachdem die enthaltene Knorpelmasse durch Druck entleert ist. a Falten der collabirten Scheide, b Auflagerung. Ein gleiches Präparat von einem etwas älteren Hühnchen, wo die Auflagerung vollständiger ist. a Nackte Parthie der Scheide, b Auflagerung, c Anfänge der Knochenkörperchen, welche bald dunkel, bald hell erscheinen, nach Verschiedenheit der Focaldistanz. . Erste Anlage des Ünterkiefers als Belegschicht des Meckel’schen Knorpels (os angulare des Vogels). Vergr. 12. a Basis, b peripherische Endstrahlen der Knochenscherbe, welche sich in dem all- gemeinen Bildungsgewebe verlieren, das hier wie in Fig. 4. durch eine willkürliche punctirte Linie angedeutet ist. \ Taf. IV. Zur Entwicklungsgeschichte einzelner Skeletttheile, insbesondere Fig. Fig. 1. [&) der permanenten Knorpel. Längsdurchschnilt durch das Caput humeri eines halbwüchsigen Huhus. Vergr. 200. A Ver- knöcherungsrand der Diaphyse, u Markraum, a‘ leere Knochenhöhle, «a’‘ geschrumpfte Knor- pelzellen in denselben, B Knorpelgewebe zunächst dem Verknöcherungsrand, b Knorpelzellen, welche die Knorpelhöhlen ausfüllen, b‘ solche, die sie nicht ganz ausfüllen, C äusserster Theil des in Verknöcherung begriffenen Knorpels mit undeutlichen Reihen von kleinen, queer- gestellten Knorpelkörperchen, D Gelenkknorpel, durch mehr gelbliche Färbung abgegrenzt, mit zerstreut stehenden Knorpelkörperchen, die theils aus der Tiefe durchschimmern d, theils in Gruppen stehen d’, d‘‘' Knorpelcanal, ö Gelenkfläche, von kleinen länglichen Knorpelkör- perchen begrenzt. Durchschnitt durch den Gelenktheil des Gaput humeri einer mil Krapp gelülterten, fast aus- gewachsenen jungen Taube. Vergr. 25. A Gelenkknorpel, B Verknöcherungsrand des Pri- Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. 3 x — 114 — mordialknorpels , € diplo&lisches Gewebe hinter dem Verknöcherungsrand, mit Auflagerung versehen und durch Krapp gefärbt, D Markräume, von Fasergewebe durchzogen. Längsschnitt aus dem Humerus derselben Taube. Vergr. 40. a Netz der Markcanäle mit rothgefärbten Wänden, b Knochenkörperchen. Queerschnitlt ebendaher bei 200maliger Vergr. Man sieht, dass die Färbung von den Mark- canälen aus in die Knochensubstanz eindringt und sich in einer gewissen Tiefe verliert. (Das Präparat ist unter Terpenthin gezeichnet, der in die Knochencanälchen eingedrungen ist und sie unsichtbar macht, so dass die Knochenkörperchen keine Strahlen zu besitzen scheinen.) Durchschnitt durch die Gelenkfläche an der Basis ossis metalarsi I.. einer 40jährigen Frau. Vergr. 200. A Gelenkknorpel mil zerstreut stehenden: Gruppen von Knorpelkörperchen (sog. Mutterzellen), B Rest des Primordialknochens zunächst dem Verknöcherungsrand und ihn bil- dend, mit grossen, unregelmässig geslaltelen, strahlenlosen Knochenkörperchen, C secundäre Auflagerung von geschichletem Baue mit kleinen vielstrahligen Knochenkörperchen, D Markraum. Schnilt aus der Symphysis pubis einer 100jährigen Frau. Vergr. 350. A Hyalinknorpelige Parthie in der Nähe eines grösseren Knochenkerns mil zahlreichen Knorpelhöhlen, in deren Umkreis eine pulverförmige Ablagerung von Kalksalzen stattgefunden; a durch den Schnitt geöffnete Knorpelhöhle, deren Inhalt verloren gegangen ist, mit beginnender Kalkablagerung, a‘ weiler vorgeschrittene Ablagerung und geschrumpfle Zellen im Innern, a'' geschlossene Knorpelhöhle, zunächst dem Verknöcherungsrand; B verknöcherier Primordialknorpel mit grossen strahlenlosen Knochenkörperchen (verknöckerten Knorpelhöhlen) db; C secundäre Auflagerung, einen Markraum begrenzend, mit kleinen, vielstrahligen Knochenkörperchen, de- ren Strahlen in den Markraum münden und anastomosiren. Diploätische Substanz hinter dem Verknöcherungsrande frischverknöcherten Primordialknorpels (vom Processus condyloideus maxillae inferioris des Kalbes), in der Resorption begriffen. Vergr. 250. a einfache, a’ zusammenfliessende Knochenhöhlen. ‚Queerdurchsebnitlt des verknöcherten Collum costae eines 1° langen Rindsfölus. Vergr. 40. a grösserer Markraum (Markröhre), durch Zusammenfliessen der Knochenhöhlen entstanden. b kleinere Markräume in der Diplo&, c Knochenkörperchen in der Auflagerung. Fragment aus der verknöcherten Diaphyse einer menschlichen Ulna, im 5. Monat des Fötal- lebens. Vergr. 350. a vielstrahlige Knochenkörperchen, b Durchschnitismündangen der Ca nälchen, welche dem Knochengewebe ein siebförmiges Ansehen geben. . Sehnitl aus dem Ohrknorpel des Kaninchens. Vergr. 300. a Peripherische Schicht der ho- rizontalen kleinen Knorpelkörperchen unter dem Perichondrium, b Verdickungsschichten im Innern der Knorpelzellen, c Fetttropfen darin. — Hd Inhalt. Vorbemerkung Einleitung ; £ . - : e e 5 ; I. Abschnitt. Vom knorpeligen oder Primordialskelett. Cap. I. Von den ersten Anlagen des Primordialskeletts Cap. II. Von der Chorda dorsalis ; ä Cap. Ill. Von dem Wachsthum der knorpeligen Skeleltanlagen Cap. IV. Von dem Verhältnisse der Skelettanlagen zu den umgebenden Theilen Cap. V. Von der Verknöcherung im Primordialskelett Cap. Vi. Von den sog. permanenlen Knorpeln II. Abschnitt. Vom secundären oder definitiven Skelett. Cap. I. Von den fertigen Knochen Cap. il. Von den Knochen während des Wachsthuns Cap. IIL Von den ersten Anfängen des secundären Skelelts Cap. IV. Von den sog. Deck- oder Schaltknochen Cap. V. Von der Verbindung des primordialen und secundären Skelelts Schluss Nachträge Erklärung der Abbildungen 7 7,0. — 2 Seite RN | :enda. ae au h ii N & 1 9 .— Ne von unten — 1849 statt 1830. u RT Vol. I. statt Vol. I. | J. Quain statt F. Qnain. Bindegewebe stail Baudgewebe. Rückensaite statt Rückenseite. gilgın ‚wolk | 8 2 ; ra ah Ne der statt die. ’ rat „Al er al . 15, S. 65 2.5 v. u. lies: processus ‚statt pr 2 on 62. 10 arthnkdaes sechszöllig statt dreizölig. en U N 0-65 — 45 — — einfachen statt einfachern: eh i RE | ai — 86 u) von oben — abgebildet statt ausgebildet. —— NE ERN alle em 104 2 12; wi vi Löcherchen statt Körperchen. N u 1 us N LEN lab 2 von 'n unten“ — mallei stalt ‚male. ER Ba, “ NN SER). = mat 0 per - als an lan | | R = ee Bi. | | | HRrOr, k j — 1 von oben — enthaltenen statt erhaltenen. | In wi N DR Ai er N Von unten — Ersatz statt Einsatz. ie U -— ® En NENNEN REN m “nn © N = ’ - . ' . e 4 . . . “ ‘ ht y N ia : s x ith j i f' Querbach del.et ] m Fon Be) DD m) { Ö BR, Lt R Druck v. J.Lehnhardtin Mainz ART v # “ ’ Droak v2 Lohn " Querhash. del age se ln u Halt un 0 Din n >“ ee A an Pr; N Yi ra fi * a 2." L/ x \ a 0 \ Im ' y 4 f j\ . \ B - f / , suck # I Lohnhardt in Mainz ick v. J. 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