i BEITRÄGE ZUR KENNTNISS WIRBELLOSER THIERE BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG FAUNA DES NORDDEUTSCHEN MEERES. DR. HEINRICH FREY D« RUDOLPH LEUCKART MIT ZWEI KUPFERTAFELN. BRAUNSCHWEIG, DRUCK UND VERLAG VON FRIEDRICH VIEWEG UND SOHN 18 47. Oi X* §■ \_ _i = CD- 1 1-^ ■ cr ? <-T) s n- ■ 3- : <=> j r^ ; O : m □ 0- BEITRÄGE KENNTNISS WIRBELLOSER THIERE. BEITRÄGE /, i it KENNTNISS WIRBELLOSER THIERE BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG FAUNA DES NORDDEUTSCHEN MEERES. D« HEINRICH FREY DR RUDOLPH LEUCKART MIT ZWEI KUPFERTAFELN. BRAUNSCHWEIG, DRUCK UND VERLAG VON FRIEDRICH VIEWEG UND SOHN. 1847 UNSEREN INNIGST VEREHRTEN LEHRERN, DEN HERREN PROFESSOR D» RUD. WAGNER PROFESSOR D„ C. H. FUCHS f. K \V I O M I. 1. >M V o r w o r t. Nachfolgende Beiträge zur Kenntniss wirbelloser Thiere ent- halten eine Reihe monographischer Abhandlungen, zu welchen den Verfassern vorzugsweise ein längerer, zu zootomischen Ar- beiten bestimmter Aufenthalt an der nordwestlichen Küste ihres Vaterlandes und besonders auf Helgoland den Stoff lieferte. Die in denselben niedergelegten Beobachtungen sind — mit Aus- nahme der letzten Abhandlung über die Fauna Helgolands, die ausschliefslich ein Eigenthum des Dr. Leuckart ist — von beiden Verfassern gemeinschaftlich gemacht worden. Bei der Bearbeitung des vorliegenden Schriftchens indessen musste nach den einzelnen Aufsätzen natürlich eine Theilung des Materiales vorgenommen werden. Dass hier und da vielleicht eine Ab- handlung mehr skizzenhaft gehalten, möge man entschuldigen. Der Beichthum des Meeres bot den Verfassern eine solche Menge von auffallenden Formen und Lebenserscheinungen, dass sie nicht allen wichtigen und interessanten Verhältnissen auf gleiche Weise ihre Aufmerksamkeit schenken konnten. Die dem Texte beigegebenen Kupfer haben die Verfasser mit möglichster Sorg- falt selbst gezeichnet und unter ihren Augen ausführen lassen. Göttingen, im April 1 Sharpey6-), Rymer Jones7) u. A. es angehen, sondern im ganzen Umfange offen , so dass die Magenhöhle frei mit der Leibes- liöhle, in welche sie hineinragt, communicirt. Nur Ilmoni8) erwähnt dieses unmittelbaren Zusammenhanges , den auch v. Siebold9) vermuthet, weil die Actinien die in der Leibeshöhle enthaltenen Nesself äden , und — könnte man hinzufügen — auch ihre Brut durch die Mundöffnung auszuspeien pflegen Jene beiden distineten, an der Mundöffnung einander gegenüberliegenden Wülste lassen sich durch die ganze Länge des Magens verfolgen. Sie gleichen zweien flach erhabenen, muskulösen Bändern, die durch eine mittlere Rinne in zwei seitliche Hälften zerfallen sind. Der Entdecker dieser beiden ansehnlichen Cardiacalwülste ist schon Reaumur10). Später indessen sind sie fast von allen Beobachtern wiederum übersehen worden. Belle Chiaje11) beschreibt sie als zwei knorpelartige Halbkanäle, die im Grunde des Magens in einander übergehen sollten. Aufser diesem italienischen Zootomen erwähnen ihrer nur noch Teale und Job n s ton , von denen der Letztere übrigens bei Act. dianthus nur einen solchen Wulst gefunden haben will. Weit gewöhnlicher ist jedenfalls das Vorkommen zweier Bänder, wie wir sie aufser bei Act. holsatica noch bei A. rufa, radiata n. sp. und effoeta gesehen haben. Wo sie am unteren freien Rande des Magens an- kommen, verlängern sie sich in einen zipfelförmigen Fortsatz von dreieckiger, langgezogener Gestalt. Beide Fortsätze ragen frei in die Leibeshöhle hinein und können unstreitig, wenn sie sich aneinanderlegen und das Magenrohr zugleich sich coiitrabrrf, dessen untere Oeffnung völlig verschliefsen. Neben diesen beiden Cardiacalwülsten zeigt die innere Fläche des Magens noch zahlreiche ziemlich seichte Längsfalten, die an den Lippen schon als die 'i \ orlesungcn über veröl. Anatom. Uebers. von Meckel. III. S. 705. stem der vergl. Anatomie IV S. 30. 3) Ueber Polypen und Actinien. 1829. S. tl *) Beiträge zur Anatomie. 1831. S. 7 5) Vergl. Anatomie S. 70. und Wieg mann 's Archiv. 1835. II. Tab. III. Fig. 1. •) L. c. Fig. 297. 7) A general outline of the animal kingdom. 1841. p. 41. ) ÖUen'.s Isis 1830. S. 695. "> Anatomie der wirbellosen Totere. 1845. S. 38. ,0) Diction. de l'Acad. ro\alc des seien«-. 1710. p. 459. u) Memoric sulla storia degli animaü senza i/ertebTe del Hegno di Napoli. II. p. 231. Tab. XVI. Fig. 6. 1* 4 oben erwähnten Einschnitte sich bemerklich machen. Im unteren TheiJe des Magens schwinden diese Falten allmälig und bringen nur noch eine leichte Kräu- selung hervor, wie an einem Jabot. Die Tiefe der Falten richtet sich übrigens immer nach dem Contractionsgrade des Magenrohres. Wenn dasselbe stark aus- gedehnt ist, sind sie beinahe völlig geschwunden. Nur die Cardiacalwülstc bleiben überall gleich deutlich und disthict. Unter den übrigen Anthozoen1) besitzt das Magenrohr im Wesentlichen eine ganz analoge Anordnung, wie bei den Actinien. N orzugsweise ganz allge- mein verbreitet ist die weite Communicationsöffnung mit der Leibeshöhle, wie wir sie auf Tab. I. Fig. 1. bei Actinia , Fig. 2. bei Yeretillum dargestellt haben. Eine solche fand Quatrefages2) bei Edwarsia, Piapp 3) bei Tubularia (?) solitaria und Veretillum, Milne Edwards*) bei Alcyonium 5) oder Alcyonidium, Owen6) bei Corallium. Auch bei Caryophyllia ramea, die wir zu untersuchen Ge- legenheit hatten, findet sich eine untere, weite Oeffnung in der Magenröhrei die ganz deutlich vorhanden ist, obgleich Rapp") von den Madreporen aus- drücklich angiebt, dass ein von der Leibeshöhle getrennter Magen überall nicht existire. Nirgends dagegen ist durch 'neuere exacte Untersuchungen die noch jetzt von vielen Seiten als richtig angeführte Annahme bestätigt worden, dass der Magen der Anthozoen einen Llindsack bilde. Cardiacalwülste dagegen scheinen nur noch in seltenen Fällen entwickelt zu sein. Wir fanden sie bei Cary ophyllia , wo sie übrigens nur noch rudimentär sind und ohne Punne und sich fast allein durch die wulslförmigen Vorsprünge am Lippensaum, sowie durch die lappigen Fortsätze am unteren freien Ende des kurzen, ringförmigen Magen- rohres bemerklich machen. Ihre Zahl beläuft sich hier auf vier. Ob sie auch ') Die Classe der Anthozoen oder Polypen (mit Ausschluss der Bryozoem müssen wir auf die soge- nannten Endoarier beschränken. Die Hydroiden werden schon durch ihren Hau von diesen entfernt. Sie entbehren überall einer besondern Leibeshöhle und somit denn auch einer untern .Magenöffnung. Auch bei den zusammengesetzten Sertularien und Tubularien erschienen uns die Röhren des l'o- lypensloekes, die Van Beneden und S.iebold eben für eine Leibeshöhle halten, eher als einfache Fortsetzungen des Magens, gewissermafsen als Darmröhren, wie sie auch Ehrenberg und Loven gedeutet haben. *) Annales des scienc. natur. II. Ser. T. XVIII. p. 91. — Als Magen können wir hier übrigens nur den von Quatrefages als Pharynx gedeuteten vorderen Darmabschnitt betrachten. ») L. c. p. 48 und Nov. Act. Leopold. T. XIV. S. 650. 4) Ann. des scienc. natur. II. Ser. T. IV. p. 325. 5) Wahrscheinlich hat hier schon Spix (Annal. du Mus. 1809. p. 454) die untere Magenötl'nung gesehen. 6) Lectures of the compar. anat. of the invertebrate animals. 1843. p. 87. 0 Ueber Polypen I. c. S. 3S. noch in anderen Polypen vorkommen, ist nicht bekannt. Bei Veretillum und Al- cyonium konnten wir dieselben nicht auffinden. Auch werden sie sonst nirgends von anderen Beobachtern erwähnt, obgleich vor Allen Quatrefages und Milne Edwards dieselben sicherlich nicht unbeachtet gelassen haben würden, wenn sie bei denjenigen Polypen, die sie zu untersuchen Gelegenheit hatten, sich vorfänden. Von grofser Wichtigkeit für das Verständniss des inneren flaues ist bei den Polypen die eigentümliche Anordnung der Leibeshöhle. Schon seit den Untersuchungen von Spix wusste man, dass diese bei den Actinien durch eine Menge von 1 amellösen Sehe idewän den in eine Anzahl neben einander gelegener Kammern oder Taschen getheilt sei. Wenn man die einzelnen Momente dieser Anordnung näher in's Auge fasst, so wird man bald finden, dass alle Septa im Centrum der Fufssohle ihren Ursprung nehmen. Hier erscheinen dieselben als cylindrische Muskelstränge, die radienfürmig nach den Seitentheilen des Körpers ausstrahlen. Unter ihnen zeichnen sich manche, etwa achtzehn, durch eine gröfsere Entwicklung aus. Sobald nun diese in ihrem radialen Verlauf die seitlichen Wandungen des cylindrischen Körperschlauches berühren, steigen sie, überall mit der innern Fläche derselben im innigsten Zusammenhang, nach der Mund- scheibe empor. Inzwischen haben sich die Muskelstränge abgeplattet und nach innen sich in ein häutiges flügeiförmiges Blatt ausgezogen, das oben mit der Kopfscheibe, innen mit dem Magenrohre verbunden ist (Tab. I. Fig. 1. a.). Nur der untere Piand des Blattes ist frei und geht am äufseren Winkel bo- genförmig in den cylindrischen Stamm des entsprechenden Septum über. Eine ganz analoge Anordnung besitzen auch die dünneren und weniger an- sehnlichen Muskelslränge, die auf der Sohle des Fufses zwischen den erwähnten Bündeln, gewöhnlich in mehrfacher, doch variirender Anzahl, sich vorfinden. Nur darin differiren sie, dass ihre membranösen Ausbreitungen (Tab. I. Fig. 1. b.) schmaler sind, und so denn deren innerer Rand nicht völlig bis an den Magen hinanreicht. Durch diese \orrichtung ist nun die ganze geräumige Leibeshöhle der Actinien in eine Menge mehr oder weniger vollkommen von einander geschiedener Säcke oder Taschen getheilt, die alle in einem centralen, unmittelbar hinter der Magen- höhle (Tab. I. Fig. 1. c.) gelegenen Piaume (ibid. d.) zusammenfliefsen, oder auch gewissermaßen radienförmig von diesem nach der Peripherie hin ausstrahlen. Oben an der Kopfscheibe sind die Taschen blind geschlossen und setzen sich un- mittelbar in die innere Höhle der Tentakeln fort. Nach den Untersuchungen von Sharpey würden sie übrigens nicht blofs durch den centralen Theil der Leibeshöhle (d.) in Verbindung stehen, sondern auch noch durch eine rundliche Oeffnung in den einzelnen Scheidewänden, die unterhalb ' der Tentakel nähr der äufsern Leibeswand gelegen sein sollte. Uns selbst ist freilich ein solches Ver- hältniss entgangen, doch setzen wir in diese Angabe nicht das geringste Miss- trauen, zumal sie auch noch aus anderen Gründen sehr wahrscheinlich wird. Die ganze Leibeshöhle ist im Inneren, von einem Flimmerepithclium aus- gekleidet, durch deren Action eine Menge von zelligen Körperchen, die wir liit C h \ lusk ü gclrhe n halten müssen, in beständiger Bewegung umhergetrieben werden, wie es auch schon von anderen Seiten beobachtet ist. Am deutlichsten sieht man diese Cirrulalion in den Fühlern jüngerer, zum Theil noch durchsichtiger In- dividuen von Act. rufa. Sie macht ganz denselben Eindruck, wie das entspre- chende Phänomen in den sogenannten Darmröhren der Acalephen. Wie wir in einer anderen Abhandlung sehen werden, sind auch diese wirklich in allen Stücken der Leibeshöhle der Polypen analog. In dem ganzen anatomischen Verhalten findet sich der einzige Unterschied, dass bei den Actinica und Polypen die Leibeshöhle im Yerhältniss zu den Wandungen des Körpers sehr grofs ist, während sie bei den Acalephen mehr zurücktritt. Bei den ersteren, wenn man so sagen darf, dringt die Leibeswand in die Bauchhöhle hinein, bei den anderen die Bauchhöhle in die Leibeswand. Die Flüssigkeit, in welcher die erwähnten Chyluskörperchen suspendirl sind, ist gröfslentheils Wasser. Es tritt durch die Mundöffnung in den Magen und von da in die Leibeshöhle hinein und vermag den ganzen Körper um das Doppelle und Dreifache seines Volumen aufzublähen. Nach Willkür des Thieres kann es ausgestoßen und erneuert werden. Ersteres geschieht bei langsamer iiml allmäliger Contractipn «b?s Hautmuskelschlaur.hes durch die Mundöffnung in einem breiten Strome, bei einer kralligen und plötzlichen Zusammenziehung dagegeu in zahlreichen dünnen Strahlen, die aus einer Menge feiner Oeffnungen der Kopfjcheibe ') ihren Ursprung nehmen und öfters bis zu der Höhe eines Fufses und höher sich vom Loden erheben. Bisweilen übrigens wird das Wasser auch ans der Spitze des einen oder anderen Hihlers hervorgestoßen. Trotzdem aber wollte es uns nicht gelingen, hier eine besondere, constanl vorhandene Oeff- nung, wie livmer Jones, Lesson'), Delle Chiaje5) u. A. sie angeben, aufzufinden. Wahrscheinlicher ist es uns deshalb, dass nur zufällig durch den ') Dem Sobgenus Cribriiia Elirenb., dessen Arten sich durcli das Vorhandensein solcher Oeffnungen auszeichnen, muss übrigens auch A. rufa beigezählt werden. -) Duperic\ . Yoyage autour du munde. Zoophytes. p. 821. \ Kroriep's N. N. 1843. S. 68. 1 Horae Tereestinae. Ups. 1844. ') L c. S: 43. '') UebiT den Bau von Pelagia noctiluca. nedeii 2) und Milne Edwa rds 2) das Blut es ist, das auf ganz ähnliche Weise mit dem Wasser sich vermischt. Den fächerigen Bau der Leibeshöhle (corpus intus radiatim lamellosum) 3) theilen alle Anthozoen mit den Actinien. Am nächsten schliefsen an diese sich die Madreporen , sowohl duffh die grofse Menge, als auch durch die verschie- dene Ausbildung der Scheidewände. Ueberhaupt zeigen diese beiden Familien eine solche Uebereinstimmung, dass man sie nur gewaltsam trennen kann. Sie verhal- ten sich gewissermafsen wie die nackten und beschälten Schnecken derselben Familie. Die Madreporen sind Actinien, in deren Haut- und körperlamellen die Kalksalze zu einem förmlrchen Skelett verschmolzen sind. Bei allen übrigen Antbozoen ist die Zahl der Scheidewände weit weniger ansehnlich. In der Begel beträgt dieselbe nur acht (Edwarsia, Alcyonium, Ve- retillum, Tubipora u. a.) oder gar nur sechs (Coralliiim)^ Die vorhandenen Schei- dewände zeigen überdies alle dieselbe Entwicklung. Unvollständige Septa, wie sie bei Actinia und Carvophvllia vorkommen, fehlen. Auch darin findet sich noch eine Differenz in der Anordnung dieser Lamellen, dass sie, in Ueberein- stimmung mit der gesammten Körperform , eine sehr bedeutende Länge besitzen und sich bei den zusammengesetzten Polypen bis weit in den Körperstanim hin- einerstrecken , ohne dass sich ein gemeinschaftlicher Ausgangspunkt für sie nach- weisen liefsc. Bei Edwarsia, einem einfachen Polypen, findet sich übrigens ein solcher, ganz wie bei den Actinien. Bei der verhältnissmäfsig nur geringen Länge des Magenrohres tritt auch die Bedeutung der Lamellen als Scheidewände zwi- schen den einzelnen Taschen der Leibeshöhle immer mehr zurück. Sie erschei- nen nur noch (wie der schematische Durchschnitt von Veretillum Tab. I. Fig. II. es versinnlichen möge) als ansehnliche, überall ziemlich gleich breite Längsfalten (a.a.), welche in die Leibeshöhle frei hineinragen. Letztere (Fig. 2. d) entspricht vorzugsweise dem gleichbezeichneten centralen Kaum der Leibeshöhle bei Actinia. Die Taschen, welche hier eine verhältnissmäfsig so beträchtliche Entwicklung er- langt hatten, sind nur sehr rudimentär. Bei Edwarsia scheinen sie sogar gänz- lich zu fehlen, wenn sich anders die Beobachtungen von Quatrefages bestätigen sollten. Hier nämlich verlassen die Falten auffallender Weise bald nach ihrem Ursprung die Leibeswand und verlaufen , immer mehr davon sich entfernend ') Compt. rend. 1&35 p. 230 und l'Instit. 1845 Nr. 627. 2) Ann. des scienc. nat. 1845 T. III. p. 277. ') Wenngleich Ehrenberg dieses Merkmal allen seinen Anthozoen gieht, so müssen wir von diesen doch die sogen. Ilydroiden ausnehmen, da ihnen eine solche Anordnung fehlt. 9 schräg nach innen und oben, bis zum unteren freien Rande des Mngens. Wo übri- gens die Lamellen den äul'seren Wandungen nicht adhäriren, sind sie von einer besonderen cylindrischen, dünnhäutigen Hülle umgeben, die ebenfalls dem unteren Magenrande adhärirt. So wenigstens glauben wir nach der Beschreibung von Quatrefages und der beigelieferten Abbildung das eigenthümliche Verhältniss deulen zu können. Quatrefages selbst betrachtet minder natürlich — wie es scheint — den dünnhäutigen Cylinder, der die Lamellen umschliefst, als Darm, während er den vorderen nmsculösen Theil, der unstreitig dem Magenrohre der übrigen Anthozoen entspricht, als Pharynx ansieht. Abweichend hiervon ist m mehrfacher Beziehung der Bau von Lucernaria, einem interessanten Polypen, den wir als den Repräsentanten einer eigenen klei- nen Gruppe unter den Anthozoen ansehen müssen. Bis auf einige wenige und überdies nur unvollständige Angaben von Lamouroux1), Delle Chiaje2), Ehrenberg 5) und Johnston +) ist die Anatomie dieses Thieres noch gänzlich unbekannt. Was wir in Folgendem darüber mittheilen, ist durch die nähere Un- tersuchung einiger von Sars an der norwegischen Küste gesammelten und dem hiesigen physiologischen Institute übermachten Individuen von L. fascicularis Lam gewonnen worden. Beiläufig möge hier zuvor die Bemerkung ihren Platz finden, dass schon die Struclur der äufsercn Bedeckungen beträchtliche Differenzen von den übrigen Anthozoen zeige. Es lassen sich hier nämlich überall, vielleicht nur mit Aus- nahme der Kopfscheibe, zwei über einander liegende, deutlich getrennte Membra- nen unterscheiden , die fast durchscheinend sind und histologisch aus einer stru- cturlosen Masse bestehen, in die eine Menge kleiner gekernter Zellen eingebettet liegen. Die innere Haut enthält noch einzelne elastische Fasern mit mehr oder minder schlangenförmigen Windungen. In der äufseren Membran dagegen trifft man eine Menge sehr entwickelter Nesselorgane, die vorzugsweise an den Spitzen der Fühler angehäuft sind und hier (wie bei Syncoryne u. a. ) kleine Anschwel- lungen bilden, die man bald für papillenförmige Saugnäpfe, bald auch für drü- sige Gebilde gehalten hat. Aus der Mitte der abgeplatteten Kopfscheibe erhebt sich ein kurzer, am freien Rande vierzipfliger und unregelmäfsig gefalteter Cylinder, dessen Wandung ') Mem. du Mus. d'hist. nat. T. II. Cah. 12 und Oken's Isis 1. S. 921. 2) Instituzioni etc. an den entsprechenden Stellen. 3) Korallenthiere etc. 1. c. 4) L. c. p. 233. 10 unten unmittelbar in die Scheibe übergellt, der er aufgesetzt ist. Die Höhle, die der Cylinder unischliefst (Tab. I. Fig 3. c), ist offenbar die Magenhöhle, die nach hinten in die L ei b eshöhle (Ibid. d.) führt, in einen ansehnlichen, von den Körperwandungen umschlossenen Raum, der, wie bei den Anthozoen, in seinem peripherischen Theile in mehrere taschenförmige , durch senkrechte Septa von einander getrennte, blinde Anhänge zerfallen ist. Diese Analogie schon recht- fertigt hinreichend unsere Deutung und bestimmt uns vorzugsweise, die Ansicht von Delle Chiaje1) zu verwerfen, nach der die Leibeshöhle ein Magen wäre und die davon ausstrahlenden Taschen eben so viele Darmröhren. Es wieder- holt sich hier derselbe Irrthum , den wir späterhin bei den Scheibenquallen noch zu berichtigen haben werden. Mit diesen Akalephen haben überhaupt die Lucernarien schon in ihrer äufseren Form eine grofse Aehnlichkeit , wäh- rend die Actinien mehr an die Ctenopboren erinnern, wo auch der Magen, wie bei ihnen, von der Leibesmasse umschlossen wird, während er bei den Medusen, ganz wie bei den Lucernarien, wahrscheinlich ebenfalls innerhalb des cylindrischen Mundstieles gelegen ist. Die erwähnten Scheidewände (Tab. I. Fig. 4. a.) in der Leibeshöhle der Lu- cernarien lassen sich bis in den hinteren cylindrischen Körpcrlheil hinein verfolgen. Hier bilden sie vier der Länge nach verlaufende Stränge, die der äufseren Leibes- wand aufsitzen und nach innen frei hineinragen. Nach Johnston bestehen sie aus parallelen Muskelfasern. In unseren Spiritusexemplaren konnten wir dieselben nicht ganz deutlich Mahrnehmen. Zugleich schien es, als ob innerhalb der Stränge ein centraler Längskanal verliefe — eine Anordnung übrigens, von der wir bei Actinia niemals eine Spur beobachtet haben. Ob dem also wirklich so sei, müssen fernere Untersuchungen erst bestätigen. Ein gemeinschaftlicher Aus- gangspunkt für die vier Längsstränge, wie er bei Actinia, Edwardsia u. a. im Mit- telpunkt der Fufsscheibe sich vorfindet, fehlt hier. Ein jeder derselben beginnt selbstständig im unteren Ende des Leibes und steigt von da allmälig in den vor- deren verflachten und scheibenarlig ausgebreiteten Theil des Körpers hinauf. Auch hier sind die Stränge überall der äufseren Leibeswand verbunden. Entsprechend den vier am Ende gabiig gespaltenen Armen der Kopfscheibe lassen sie sich in deren Medianlinien bis an den Spaltungswinkel verfolgen, wo sie endigen. Nach Johnston würden sie an der Spitze sich, wie die Arme, theilen. Bei L. fasci- cularis ist solches sicherlich nicht der Fall, doch wollen wir nicht behaupten, dass ') L. c. II. p. 4. 11 es auch dort nicht vorkomme, wo statt der vier zweigespaltenen Arme deren acht in gleicher Entwicklung sich vorfinden. Im vorderen Leibestheile verbindet sich der innere, nach aufwärts gekehrte, freie Hand der Stränge, die auch hier, an beiden Seiten abgeflacht, ein lamel lo- ses Ansehen besitzen, mit der oberen Fläche der Kopfscheibe. Diese ist zu dem Zwecke oberhalb der einzelnen Stränge nach innen in die Leibeshöhle tutenför- mig hineingebogen, wie man schon deutlich bei einer äufseren Betrachtung wahr- nimmt. So ist denn die innere Höhle eines jeden Armes in zwei neben einander liegende, aber durch eine senkrechte Scheidewand völlig getrennte Hälften getheilt. Dadurch zerfällt der ganze peripherische Theil der von der vorderen Körger- scheibe umschlossenen Leibeshöhle in acht taschenförmige Blindsäcke, die nach innen unter sich und mit dem centralen, hinter dem Magen gelegenen Baume comrauniciren und von diesem radienförmig ausstrahlen. Die Aehnlichkeit dieser Bäume mit dem sogen, wasserführenden Gefäfssystem der Akalephen fällt hier um so mehr in die Augen, da auch ihre relative Lage viel mehr damit überein- stimmt, als es bei den übrigen Anthozoen der Fall war. Ein Flimmerepithelium konnten wir an unseren Exemplaren in der Leibeshöhle nicht auffinden , doch zweifeln wir nicht im Geringsten, dass ein solches in Wirklichkeit vorhanden sei und dieselbe Bedeutung habe, wie wir sie bei den verwandten Thieren, den An- thozoen und Akalephen, kennen. — Es bleiben uns jetzt noch bei den Anthozoen einige andere Verhältnisse zu erwähnen, die für die Kenntniss vom Organismus dieser Thiere freilich eine minder bedeutende Wichtigkeit besitzen, die aber trotzdem ein grofses Interesse in Anspruch nehmen, zumal sie einige Gebilde betreffen, deren physiologische Be- deutung noch in ein grofses Dunkel gehüllt ist. Zuerst wenden wir uns wiederum zu unseren Actinien. An dem freien Bande der einzelnen beschriebenen lamellösen Scheidewände der Leibeshöhle, sowohl der vollständigen, als auch der unvollständigen, hängt im ganzen Verlauf ein schmales und dünnhäutiges, bandförmiges Mesenterium (Tab. I. Fig. 1. g.), das sich nach unlen fast bis an das Centrum der Fufsscheibe, dem gemeinschaftlichen Ausgangspunkte derselben, fortsetzt. Mit der Muskelmasse, an der es befestigt ist, steht es in unmittelbarem Zusammenhange, so dass es überhaupt nur die äufserste zarte Ausbreitung derselben zu sein scheint. An seinem centralen freien Bande trägt dieses Mesenterium einen weifslichen fadenförmigen Strang (ver- miform filament Teale), der (Tab. I. Fig. 1. I.) in seinem Verlauf einige un- regehnäfsige, schlangenförmige Windungen macht, die unten, im Boden der Lei- beshöhle, zu einem ansehnlichen Knäuel sich zusammenballen. Die einzelnen 2* 12 Knäuel liegen dicht neben einander und bilden eine scheinbar ganz unentwirrbare Masse, die sich indessen bei vorsichtiger Behandlung ziemlich leicht in ihre ver- schiedenen Theile trennen lässt. Ein jedes derselben ist übrigens nur von einem einzigen, sehr langen, zu einem Knäuel vielfach verschlungenen Faden gebildet. Dem freien Rande des Mesenteriums folgend steigt dieser an den einzelnen Scheidewänden in die Höhe, bis er endlich die der Leibeshöhle zugewandte Muskel- haut des Magenrohres berührt, bald, an den vollständigen Septis, ziemlich nahe dessen unterem Ende, bald, bei den unvollständigen, weiter oben, bei der In- sertion desselben an der Kopfscheibe. Hier nun heftet sich der Faden unmittel- bar an den Magen, auf dem er bis zum unteren Rande, wo er endigt, herab- steigt. Eine Verbindung immer mehrerer Fäden, wie sie Spix *) und auch Berthold 2) wollen beobachtet haben, konnten wir nirgends finden. Immer verliefen dieselben ganz isolirt. Unter dem Mikroskope erscheinen die Fäden als solide Stränge, ohne ei- nen centralen Kanal, wie es auch schon Teale 3) gesehen hat, obgleich die ge- wöhnliche Annahme dahin geht, dass sie dünne, cylindrische Röhren4) seien. In der That scheint auch diese Annahme bei einer flüchtigen Betrachtung des Objectes ihre Rechtfertigung zu finden, doch gelang es uns mehrere Male, den scheinbaren Achsenkanal zu isoliren und dann erschien derselbe immer als ein .solider, halb durchsichtiger Strang, an dem wir bisweilen selbst eine zarte Längs- slreifung bemerkt zu haben glauben. Aeufscrlich ist derselbe von einer dickeren, minder pelluciden Masse bekleidet, die ein strahlenförmiges Gefiige besitzt Vor- zugsweise scheint dasselbe durch die schon von R. Wagner 5) und Kölliker 6) darin aufgefundenen Angelorgane oder Fadenzellen hervorgebracht zu werden, die überall senkrecht auf dem Achsenkörper stehen. Die Masse selbst, in der sie eingebettet sind, wird von einer Menge sehr zarler Zellen mit körnigem Inhalt gebildet. Aeufserlich tragen endlich die Fäden noch ein Flimmerepithelium, wie es überall die ganze Leibeshöhle auskleidet. ^ach den Untersuchungen von Erdl 7) besitzt übrigens Act. viridis solche ') L. c. p. 448. 8) L. c. p. 10. 3) „Under llie microscope it appears as a rond, solid, translucent chord." 4) Dicquemares (Philosoph. Transact. abridg. Vol. XIII. p. 639.) wollte sogar mit Hülfe eines Sonnen- mikroskopes in diesen Fiiden eine Menge von Gefäfscn entdeckt haben , in denen eine Flüssigkeit circulire. 5) Wiegmann's Archiv 1835. II. S. 215. und ebendas. 1841. I. S. 42. ') Beiträge zur Kenntniss der Geschlechtsverhältnisse wirbelloser Thiere S. 44. ') Müller's Archiv 1842. S. 303. 13 Mesenterialfäden nur an den unvollständigen Scheidewänden, nicht an den übri- gen, wo sie bei Act. holsatica und auch, wie Er dl selbst es fand, bei A. effoeta ebenfalls vorhanden sind. Ganz unabhängig von diesen Fäden und ohne nachweisbare Verbindung damit sind die Geschlechtsorgane der Actinien, Hoden und Eierstocke, die, wie wir seit Kölliker und Erdl es wissen, auf verschiedene Individuen ver- theilt sind. In ihrem anatomischen Bau sind sie bei beiden Geschlechtern völlig conforni und nur durch ihre Contcnta unterschieden. Schon von Spix, Rapp, Delle Chiaje, Wagner, Teale u. A. sind sie ziemlich genau beschrieben worden. In jeder Hinsicht gleichen sie den entsprechenden Theilen der Medusen. Wie bei diesen, so bilden sie auch bei den Actinien ansehnliche, quergehillele Bänder (Fig. 1. f. Fig. 5.), die eine Menge rundlicher Kapseln enthalten, deren Contentum bald eine dichte Masse von Sperniatozoen, bald Eichen sind. Durch ihre bräunliche Färbung machen sie sich leicht bemerklich. Sie sind der Länge nach an den Mesenterien der unvollständigen Scheidewände (nicht an den voll- ständigen) zwischen den Strängen und den Muskelbirndeln, denen sie aufsitzen, aber von beiden getrennt, befestigt. Oben reichen sie fast bis in die Enden der taschenförmigen Blindsäcke der Leibeshöhle, unten dagegen bis zur Sohle des Fufses. Immer besitzen die einzelnen Mesenterien zwei solcher Bänder, eines an jeder Seite. Sie decken sich in ihrer ganzen Ausdehnung und springen wulst- förmig über der Fläche hervor, der sie aufsitzen (Tab. I. Fig. 6.). Dadurch er- halten die Geschlechtsorgane einige Aehnlichkeit mit einem weiten, quergefal- teten Schlauche, oder mit einer Anzahl unter einander gelegener, (pierer Säcke, wofür sie in der Regel auch wirklich gehalten sind. Unter den übrigen Anthozoen gleichen die Madreporen (Caryophyllia) auch in der Anordnung der Geschlechtsorgane den Actinien gänzlich, wie Rapp schon richtig bemerkt hat. Sonst, bei Veretillum, Alcyonium, Alcyonidium '), Coral- lium u. a., sind die Verhältnisse viel einfacher. Es linden sich keine eigentlichen, bandförmigen Organe mehr, welche die Fruchtkapseln enthalten, sondern diese sprossen ganz einfach tief unten in der Leibeshöhle an den faltenförmigen La- mellen hervor, wo man dieselben 2), bald mit Eiern, bald mit Sperniatozoen ge- ') Alcyonidium gelatinosum Johnston, dessen eigenthümliche Geschlechtsverhällnisse Farre (Thilos. transact. 1837. p. 405.) und Kölliker (a. a. 0. S. 46.) beschrieben haben, ist ein Bryozoon. 2) Man vergl. die schönen Abbildungen von Veretillum in Wagner's Icon. zootom. Tab. XXXIV. Fig. II h. Fig. V. u. VI. 14 füllt und mittelst eines kurzen, dünnen Stieles angeheftet, häufig in traubigen Massen 2) antrifft (Tab. 1. Fig. 2. f.). Zugleich mit den Geschlechtsorganen vereinfachen sich auch die den Scheide- wänden angehefteten fadenförmigen Filamente. Schon bei Caryophyllia bilden diese auf dem ßoden der Sohle verhältnissmäfsig viel weniger bedeutende Knäuel, die überdies sammt den Fäden (wie bei A. viridis) den vollständigen Scheide- wänden fehlen. Bei den übrigen Anthozoen (Edwardsia, Veretillum, Alcyonium, Corallium u. a.) sind die Windungen derselben überhaupt nirgends mehr zu ei- nem Knäuel verschlungen und immer nur wenig beträchtlich. Zugleich sitzen die Fäden (Tab. I. Fig. 2. f.) beinahe immer (ausgenommen ist Edwardsia) ohne ein besonderes Mesenterium unmittelbar auf dem inneren freien Rande der falten- förmigen Lamellen. So weit wir dieselben zu untersuchen Gelegenheit hatten (hei Veretillum und Alcyonium), sind sie auch hier solide, wie bei Actinia, ent- halten aber keine Nesselfäden. Nach unten lassen sie sich bis in die Gegend der Eitrauben verfolgen, wo sie dann allmälig sich einer weiteren Beobachtung entziehen. Am oberen Ende, mit welchem sie sich, in Uebereinslimmung mit der Anordnung der Fallen; dem unteren Magengrunde2) anheften, sind sie be- trächtlich verdickt. Auch hier lassen sie übrigens keinen centralen Kanal erken- nen. Dieser obere verdickte Theil beträgt etwa ein Drittheil der ganzen Länge des Filamentes. Hinten geht er ganz plötzlich in das dünnere Ende über, das im Vergleich damit fast verschwindet und deshalb denn auch von früheren Beob- achtern entweder gänzlich übersehen oder doch wenigstens nicht für die Fort- setzung des vorderen Abschnittes gehalten ist. Ob eine ähnliche Anordnung auch in anderen Polypen existire, ist noch unbekannt. Bei Edwardsia und auch bei Corallium finden wir in den Abhildungen von Quatrefages und Owen davon nichts angegeben. Auffallend übrigens ist es, dass bei Veretillum fast immer zwei von den acht Filamenten ohne eine vordere Verdickung bleiben. Einige sehr interessante Differenzen von der Anordnung dieser Gebilde treffen wir bei Lucernaria, die übrigens in Bezug auf die Geschlechtsorgane eine l) Ungenau ist die Angabe von Siebold (I. c. p. 50.), wonach bei den meisten Anlhozoen (Actinia, Veretillum u. a) die Geschlechtsorgane in Gekrösform von den äufseren Magenwänden in die Leibes- höhle sich hineinerstrecken sollten Es gilt dieses höchstens von den fadenförmigen Strängen, die indessen schwerlich den Geschlechtslheilcn zugehören. Die eigentlichen Geschlechtsorgane zeigen vielmehr überall dieselbe Lage und Befestigung, wie sie auch ton Alcyonidium und Tubipora richtig angegeben sind *) Eine ältere Angabe, wonach bei Gorgonia, Xenia u. a. die Filamente nicht dem Magen angeheftet wären, sondern zwischen den Fühlern nach aufsen führen sollten, ist durch keine neueren Unter- suchungen bestätigt worden und darf auch aus anderen Gründen in Zweifel gezogen werden. 15 grofse Uebereinslimmung mit Actinia darbietet. Auch hier sind sie nämlich quer- gefaitete, lange Bänder, die in den vier Armen jederseits neben dem mittleren Septum gelegen und in ihrer ganzen Ausdehnung der Kopfscheibe, wo diese nach innen hineingebogen ist, angeheftet sind (Tab. I. Fig. 3. f.). Sie erstrecken sich von der - Basis der Arme bis zur Spitze und fallen schon bei äufse- rer Betrachtung durch das eigenthümliche Aussehen der über ihnen gelegenen Bedeckungen ') auf. Wie bei den Aclinien, enthalten sie auch hier eine Menge rundlicher Kapseln mit Eiern (oder Spermatozoen, da sicherlich auch hier die Geschlechter getrennt sind). Schon Lamouroux hat diese Ge- schlechtsorgane als „darmförmige Körper" unverkennbar beschrieben. Auch Ehrenberg erwähnt derselben, während Johnston das Vorhandensein beson- derer Organe für die Produclion der Spermatozoen und Eier mit Unrecht in Abrede stellt. Eigentümlich dagegen verhallen sich die Mesenterialfilamente oder vielmehr deren Analoga, die sogleich in die Augen fallen, sobald man die Leibeshöhle durch einen Längsschnitt geöffnet hat. Sie erscheinen als ansehnliche Büschel am Uebergange des stielförmigen Hinterleibes in den flachen, scheibenförmigen Vorderkörper und bestehen aus einer Menge kurzer (höchstens einen halben Zoll langer) weifslicher Fäden, die aber nirgends einem besonderen Mesenterium an- hängen, sondern nur mit ihrem unteren Ende auf oder doch dicht neben den vier Scheidewänden sich inseriren. Sonst sind sie völlig frei, etwas gekräuselt und nach der Spitze zu verdünnt (Tab. I. Fig. 3. e.). Die ansehnlichsten dieser Fi- lamente sind diejenigen, welche den tiefsten Platz einnehmen. Sie befinden sich dicht unter der Verbindung der Scheidewände mit der eingebogenen Kopfscheibe. Von diesem Punkte aus erstrecken sich die Filamente nach oben und lassen sich, allmälig an Länge abnehmend, in die Arme hinein zu den Seiten der mittleren Längsscheidewand verfolgen. Uebrigens unterscheiden sich diese Gebilde von den Lamellarfilamenten der übrigen Anthozoen nicht nur in dieser ihrer Anordnung, sondern auch in ihrer Structur. Sehr deutlich nämlich enthalten sie eine centrale, am oberen Ende geschlossene Höhlung. Nicht unwahrscheinlich ist es, dass diese mit dem Achsenkanal der Längsmuskelbündel an den Scheidewänden, wenn ein solcher überall existirt , zusammenhänge. Trotz diesen Differenzen können wir nicht umhin, in den eben erwähn len Fäden die Analoga der Mesenterialfilamente bei den übrigen Anlhozoen zu er- ') Hierauf bezieht sich die Angabe von 0. Fr. Müller (Zoolog. Danic. II. p. 52.): „Brachia cute (utrimque elevata, margine) subcrenulato." 16 kennen, zumal wir von diesen keine andere Andeutung x) vorgefunden haben, und wiederum jene Gebilde eine zu mächtige Entwicklung zeigen, als dass sie bei den anderen Folypen, die doch immer noch mit den Lucernarien nahe verwandt sind, gänzlich geschwunden sein sollten. Ueber die physiologische Bedeutung dieser Filamente ist man der verschie- densten Meinung gewesen. Am häufigsten hielt man sie für Theile des Genera- tionsapparales, gewöhnlich für deren A usführungs gänge. Vorzugsweise war es dieNähe der keimbereitenden Geschlechtsorgane, auf welche diese Ansicht sich stützte. Allein abgesehen davon, dass die Existenz solcher Ausführungsgänge in den meisten Fällen ganz unnöthig ist, weil die reifen Conteuta der Geschlechtstheile unmittel- bar aus diesen in die Leibeshöhle gcralhen und hier eine Zeitlang verweilen, bis sie durch das Magenrohr ausgestoßen werden, so spricht doch ganz besonders die Structur der Faden gegen diese Deutung. Aber auch für die keinibereitenden Organe selbst sind die Filamenle ge- halten worden. Cuvier2), Delle Chiaje"1), lierthold, Rymer Jones4) u. A. glaubten in ihnen die Eierstöcke zu erblicken, vorzugsweise bei Actinia, wo die mächtige Entwicklung der Fäden auch wirklich noch am ersten eine solche Vermuthung rechtfertigen könnte. Bei einer näheren Kcnntniss der Ver- hältnisse muss indessen auch diese Annahme als eine unrichtige abgewiesen werden. Sehr auffallend übrigens ist es, dass neuerdings auch Qua tief ages die Mesenterialfilamente von Edwardsia als Ovarien deutet und zwar deshalb, weil er wirklich eiartige Körper in ihnen gefunden zu haben glaubte. Trotz dieser Angabe müssen wir die Deutung nach der Analogie mit den übrigen Anllmzoen als unstatthaft zurückweisen und sehen uns so denn zu dem Aus- spruche genöthigt, dass hier irgendwo eine Täuschung zu Grunde hege. Wahr- scheinlich waren übrigens die von Quatrefages untersuchten Individuen noch nicht geschlechtsreif, da von Gebilden , die mau wirklich für Geschlechtsorgane ansehen könnte, überall nichts erwähnt ist. ') Nicht ganz unwahrscheinlich ist es, dass analoge Gebilde sich selbst in der Gasse der Akalephen noch vorfinden. Wenigstens könnte man dafür die von Mertens (Ylem. de l'Acad. de Petersbg. 1K33. p. 490 n. 513) bei Cestum und Cxdippe entdeckten Gebilde ansehen, die an den Wanden des Magens hinlaufen und als (Leber-) Gefälse (von Mi Ine Edwards bei Stephanomia in den Ann. des scienc. nat. 1841. T. XVI. p. 222. selbst als Geschlechtsorgane) gedeutet sind — eine Deutung übri- gens, die Will (Ilorae Tergest. p. 25.), wie es auch uns schien, nicht mit Unrecht in Zweifel zieht. Auch Siebold möchte dieselben für Galle absondernde Organe halten, was man auch, wie wir alsbald sehen werden , von den Mesenterialhlamenlen behauptet hat. -) Regne anim. T. 111. p. 290. 3) Bulletin des sc. nat. 1. c. ') Cvclop. of Anat. and Phys. T II. p. 409. 17 Ebenso ungegründet ist eine andere Ansicht, nach der die Filamente die Hoden der Polypen sein sollten. So vermuthete nämlich einst unser Lehrer R. Wagner ') und zwar auf den Grund der von ihm in jenen Theilen auf- gefundenen Angelorgane, die er für Spermatozoen hielt. Nachher 2j übrigens hat derselbe selbst seinen Irrthum berichtigt. Es würde denn so auch diese Annahme überall gar nicht von uns erwähnt worden sein, wenn sie nicht neuer- lich wiederum von Owen3) angenommen wäre. Bevor wir jetzt noch eine andere, von diesen Ansichten sehr abweichende Deutung der Filamente berühren, können wir die Vermuthung nicht unerwähnt lassen, dass dieselben Gebilde von Will für Gefäfse gehalten seien und einen Theil des von diesem Naturforscher beschriebenen 4) Blutcireulationssystemes aus- machen. Wir glauben unsere Filamente wenigstens in den acht Längsstämmen wiederzuerkennen, die bei Alcyonium vom hinteren Ende des Magens auf dem Rande der freien Scheidewände nach unten hinablaufen sollen. Auch passt aui diese Theile, was Will von seinen Gefäfsen sagt, dass sie eine weifsliche tarbe besäfsen und mit blofsem Auge schon sichtbar seien. Eine gröfsere Wahrscheinlichkeit, als die bisher erwähnten Ansichten über die Bedeutung der Filamente, besitzt die von Edwards, sowie vonTeale und auch von R. Wagner vertretene Meinung, dass dieselben als gallenbereitende Organe, als Lebern, functionirten. Wirklich scheint auch die Anordnung dieser Gebilde, besonders ihre Verbindung mit dem Magenrohre, diese Deutung zu recht- fertigen. Bei näherer Betrachtung indessen lässt sich wiederum Manches dagegen anführen, vorzugsweise das Fehlen eines centralen Kanales, wodurch es un- möglich wird, dass das Secret der hinteren Partieen in den Magen gelange, ohne die ganze Leibeshöhle durchwandert zu haben. Es wäre dieses wenigstens ein Verhalten, das in der Anordnung der Leber und analoger Secretionsorgane ') Wiegmann's Archiv 1835. Bd. H. S. 215. 2) Ebendas. 1841. Bd. \. S. 41. u. Icon. zoot. Tab. XXIV. Fig. II. e. Fig. XXII e. — Durch ein eigenthümliches Missverständniss glaubte Wagner späterhin (Icon. zoot. Nachträgt Bemerkungen u. Berichtigungen) in den Untersuchungen von Kölliker eine Bestätigung seiner früheren Ansichten zu Gnden, obgleich sie dieselben offenbar widerlegen, da Kölliker ausdrücklich angiebt, dass er niemals Spermatozoen in den feinen Schläuchen (den Filamenten) gefunden habe, immer nur in den gröberen (den Hoden). Die anatomische Beschreibung dieser Organe ist übrigens bei Kölliker nicht ganz genau. So ist es ihm denn auch entgangen, dass seine gröberen Schläuche dieselben Gebilde seien, die Wagner als Eierstöcke beschrieben. Er glaubte sich vielmehr zu der An- nahme berechtigt, dass dieselben blofse Theile der feinen Schläuche, der von Wagner für Hoden gehaltenen Gebilde, seien. Daher das Missverständniss. ') Leclures on the anatomy of the invertebrate animals. 1845. p. 87 88. ') Froriep's N. N. 1843- Nr. 599. S. 68. 3 18 überall bis jetzt noch isolirt dastände. Bei Lucernaria sind die Filamente über- dies vom Magen gänzlich getrennt und auch nicht einmal am vorderen Ende damit verbunden. Es ist endlich auch die Annahme besonderer gallenbereitender Organe bei den Anthozoen um so weniger nothwendig, als solche in der Zellen- schicht der Magenwandungen ihren völligen Ersatz finden, und auch bei den nächstverwandten Thieren, bei den Akalephen, in der Regel keine derartigen Ge- bilde vorkommen. Nichts desto weniger halten auch wir mit jenen Forschern die Filamente der Anthozoen für Secretionsorgane, nur nicht für Lebern. In ihren Ab- sonderungsproducten sehen wir einen Auswurfsstoff, durch dessen Entfernung ein nothwendiges Erforderniss des Stoffwechsels erfüllt und in der Reihe der ge- sammten Nutritionsprocesse der Assimilation das Gleichgewicht gehalten wird. Zu dieser A nsicht glauben wir uns vorzugsweise durch das anatomische und hi- stologische Verhalten der betreffenden Gebilde berechtigt. Hiernach müssen wir sie, wenn auch gerade nicht für unwiderleglich, doch bis jetzt wenigstens für die wahrscheinlichste von allen halten. Auch verträgt sie sich vielleicht am ersten noch mit dem merkwürdigen Vorkommen der Nesselorgane in den Filamenten von Actinia. Die Verbindung mit dem Magenrohre widerspricht keineswegs unserer Deutung, indem sie mehr zufällig, nicht nothwendig zu sein scheint und über- haupt blofs durch den Zusammenhang der Filamente mit den Längsscheidewänden bedingt ist. Zur Naturgeschichte der Hydroiden. Die zahlreichen Untersuchungen der letzteren Jahre, die unsere Kenntnisse von den morphologischen Verhältnissen der Evertebraten in vielfacher Beziehung so mächtig gefördert haben, müssen die Aufmerksamkeit der Naturforscher in hohem Grade auf eine kleine Gruppe von Polypen wenden, die schon seit langer Zeil, schon seit den Beobachtungen von Ellis *) und Cavolini 2) durch manche Eigentümlichkeiten in der Art ihrer Fortpflanzung aufgefallen war. Dieselben Eigenthümlichkeiten sind es, die jetzt, vollständiger und richtiger erkannt, uns zu der Annahme zu berechtigen scheinen, dass alle die dieser Gruppe der frag- lichen Hydroiden zugehörenden Polypen keineswegs zur völligen Entwicklung ge- langte Thiere seien, sondern blofse Larven oder vielmehr Ammen von Medu- sen, von Thieren, deren nahe Verwandtschaft mit den Polypen bisjetzt noch zu wenig berücksichtigt worden ist. Wenn wir es in Folgendem wagen, von die- sem Gesichtspunkte aus die über jene Thiere bekannt gewordenen Beobachtun- gen zusammenzufassen und zu deuten, so dürfen wir darüber nicht das offene Bekenntniss unterlassen, dass unsere Ansicht, die zuerst von Steenstrup 3) und nach diesem von Dujardin4) ausgesprochen ist, noch manches Ungewisse, Dunkle und Hypothetische enthält, und dabei um so gewagter erscheinen muss, als sie sehr gewichtige Namen unter ihren Gegnern zählt. Die Hydroiden (Sertulairiens M. Edw., Zoocorallia oligactinia Ehrb.) unter- scheiden sich schon durch manche anatomische Verschiedenheiten von den übrigen Anthozoen, deren Organisation im vorhergehenden Aufsatze von uns ausführlich abgehandelt wurde. Ihr Verdauungskanal besitzt eine andere morphologische Be- ') Natural liistory of the corallines. London 1753. Deutsch von Krun.it z. Nürnberg 17GT. ') (Memorie per servire alla storia de Polipi marini. Napoli. 1785. Deutsch von Sprengel (Pllanzcn- thiere). Nürnberg 1813. *) Ueber den Generationswechsel. Uebcrsetzt von Lorenzen. Copenhagen 1843. S. 19. 4) Ann. des sc. nat. 1845. IV. p. 257 ff: 3* 20 deutuug und Anordnung, als bei den Anthozoen, und ist entweder Magen mit Darmkanal, wie wir ihn oben schon gedeutet haben, oder vielleicht auch blofs eine Leibeshöhle (vergl. eine spätere Bemerkung). Auch die Geschlechtswerkzeuge zeigen grofse Differenzen, sie sind überall am äufseren Körper gelegen und sprossen zu gewissen Zeiten daraus hervor, wie eine Knospe. Ueberdies sind, mit Ausnahme von Hydra, einem Thiere, das vielleicht auch in anderer Beziehung noch von den übrigen Hydroiden differirt !), die Fühler ganz solide 2) und keineswegs hohl, wie bei den Anthozoen. Schon diese Unterschiede entfernen die Hydroiden von den eigentlichen Polypen, noch mehr aber der Umstand, dass zu gewissen Zei- ten an ihrem Leibe einzelne Knospen hervorsprossen, die sich allmälig zu einer Schirmqualle gestalten, zu einem selbstständigen Thiere, das, völlig ausgebildet, sein Mutterthier verlässt und frei umherschwimmt, wie die Medusen alle. Die Knospen, aus denen diese entstehen, unterscheiden sich schon durch ihren Sitz von denen, die zur Gründung und Vergröfserung der Polypenkolonien dienen. Erstere sprossen am eigentlichen Körper der Polypen (capitulum) hervor, letztere dagegen am Stiele, wenigstens da, wo ein solcher sich vorfindet. Nur in seltenen Fällen und überdies mehr ausnahmsweise, wie es scheint, sind auch letztere be- fähigt, sich zu einer vollkommenen Meduse zu entwickeln. Dass dem so sei, beweist wenigstens eine Beobachtung von Loven 3) an Syncoryne Sarsii, unseres Wissens übrigens die einzige, die darüber vorliegt. Bevor wir auf diesen Gegenstand selbst näher eingehen, sei es erlaubt, noch mit einigen Worten darauf aufmerksam zu machen, dass im Grunde ge- nommen die Entwicklung bei allen Scheibenquallen so ziemlich dieselbe ist. Wie nämlich die einen (Medusa aurita) durch Quertheilung aus einem polypen- artigen I liiere entstehen4), so die anderen durch Knospenbildung an einem ganz ähnlichen Geschöpfe So wenig beträchtlich aber die Theilung von der Knospen- bildung verschieden ist, ebenso gering ist die Differenz in beiden Bildungsweisen. Sie wird selbst dadurch nicht sehr vergröfsert, dass, in Uebereinstimmung mit dem ganzen Vorgang, bei der ersten Entstehungsart die polypenartige Amme in ') Ehrenberg (Akalephen des rothen Meeres in den Abhandlungen der Berliner Akad. 1835. S. 234.) entfernte Hydra wirklich von den übrigen Hydroiden, die er als Kapselthiere (Dimorphaea) bezeich- nete, und stellte sie den Anthozoen näher. *) So nach den Beobachtungen von van Beneden (Mem. sur les Campanulaires de la Cöte d'Ostende. 1843 p. 15), die richtig sind, obgleich R. Wagner (Icon. zoot. Tab. XXXIV. Fig. XVI. a.) bei Coryne und Loven (Wiegmann's Arch. 1837. I. p. 252.) das Gegentheil angeben. 3) L. c. p. 323. *) So nach den schönen Untersuchungen von Siebold (Beiträge zur Naturgeschichte wirbelloser Thiere S. 29.), von Sars (Wiegmann's Arch. 1841. I. S. 19) und von Steenstrup (Generationswechsel). 21 der Bildung von höher organisirten Nachkömmlingen aufgeht, während dieselbe bei der anderen den Process der Knospenbildung überlebt und somit über mehrere Generationen hinaufreicht. Es ist übrigens bisjetzt die letztere Erscheinung die einzige der Art in dem ganzen Gebiete des sogen. Generationswechsels, eine Er- scheinung, die dadurch noch um so interessanter wird, als in ihr die Bedingun- gen gegeben sind, unter denen die Ammen eine gröfsere Selbstständigkeit erreichen und, wie wir weiter unten sehen werden, zu Functionen befähigt werden, die den übrigen Ammen abgehen, und die wir sonst nur völlig entwickelten Thieren zuzuschreiben pflegen. — Wo die Hydroiden, wie es bei Weitem in der Mehrzahl der Fälle statt- findet, zu gröfseren oder kleineren Kolonien mit einander vereinigt sind, besitzen bald alle Individuen die Fähigkeit, durch Knospenbildung niedusenartige Thiere zu erzeugen, bald nur einzelne. Das erstere Verhältniss treffen wir bei Tubularia, Eudendrium und den verwandten Thieren, das andere .bei Synhydra, Hydractinia 2), Campanularia und Sertularia. Bei den letzteren Arten ist fast der gröfsere Theil aller Individuen steril, besonders bei Campanularia und Sertularia, wo sich die Polypenstöcke mehr baumartig verzweigen, und nur die von den sogenannten Axillarzellen umschlossenen Thiere fähig sind, Medusen zu erzeugen. Bei den Hydraclinien und Synhydren scheint übrigens keine solche Einrichtung zu herrschen. Ohne bestimmte Ordnung entwickelt sich bald hier, bald dort ein knospentra- gendes Individuum. Von den sterilen Thieren unterscheiden sich diese alle sehr auffallend schon darin, dass sie, gewissermafsen auf einer früheren Stufe ihrer Entwicklung gehemmt, keine Tentakeln hervortreiben oder doch nur ganz rudi- mentäre, wie bei Synhvdra 2), wo man als solche die kleinen pelottenförmigen Hervorragungen am vorderen Kopfende zu deuten hat. Dafür indessen zeichnen sich gerade diese Thiere bei Sertularia und Campanularia durch die sehr ansehn- liche Gröfse ihrer Zellen vor den übrigen sterilen aus. Diese knospenlragenden Thiere könnte man nun einigermafsen, wie Ehren- berg 3) für Campanularia z. ß. vorschlug, als Weibchen betrachten, insofern man nämlich vorzüglich mit diesen den Begriff der Fruchtbarkeit verbindet; allein da noch weiter unten sich herausstellen wird, dass die einen derselben männliche, die anderen weibliche Fruchtsäcke an sich entwickeln, sieht man sich genöthigt, ') Vielleicht müssen ührigens die Geschlechter Synhydra und Hydractinia in ein einziges vereinigt werden. s) Vergl. die Abhandlung von Quatrefages in den Ann. des sc. nat. T. XX. 1842. p. 323. Auch eine Hydractinia, welche wir beobachteten, besitzt ganz deutlich noch Andeutungen von Tentakeln. die sich vielleicht überhaupt bei allen Arten dieses Geschlechtes finden. :l) In den Abhandlungen der Berl. AUadem. von 1834. Corallenth. des rothen Meeres. S. 233. 22 diese Bezeichnung gänzlich fallen zu lassen, um so mehr, als sie zu den gröfsten Irrthümern und Verwirrungen Veranlassung gegeben hat. Schon Krohn ') fühlte, wie man mit diesem Namen so viele und verschiedene Gebilde bezeichnete und zusammenwarf. Statt nun aber weiter auf diese Differenzen einzugehen, ver- fällt er selbst in den Fehler seiner Vorgänger. Sehr häufig, so z. B. von Loven2), wurden unter diesem Namen auch die jungen Medusen verstanden, von denen man dann wiederum nicht die Fruchtkapseln auf eine genügende Weise unterschied. Ja man (so Loven) ging so weit, die sterilen Individuen für Männchen zu halten, obgleich niemals sich in diesen die geringste Spur von Spermatozoeu und überhaupt von Geschlechtswerkzeugen auffinden liefs. Selbst Ehrenberg3) ist diesen verwirrenden Irrthümern nicht völlig fremd geblieben, ob- gleich ihm immerfort das grofse Verdienst zukommt, zuerst durch seinen Vorschlag auf die Identität zwischen den Mutterzellen der Sertularien und den ausbildeteren sterilen Individuen hingedeutet zu haben. Auch spricht er zuerst sich über die Bedeutung der medusenartigen Sprösslinge unserer Ilydroiden ganz offen dahin aus, dass diese für selbstständige Individuen anzusehen seien. Frühere Beob- achter parallelisirten sie +) sowohl, als die Axillarzellen der Sertularien, in jeder Beziehung mit den äufseren Geschlechtswerkzeugen der Ilydroiden. Die Knospen, aus denen sich allmälig die jungen Medusen entwickeln, zeigen anfangs gar nichts Auffallendes. Sie erscheinen als blofse buckel- oder papillenförmige Aultreibungen der äufseren Bedeckung und der darunter gelegenen Magenwandung am Grunde der Polvpenleiber, und nehmen erst allmälig durch eine Reihe von Bildungsformen, die wir vorzugsweise durch die schönen Unter- suchungen von van Beneden 5) kennen gelernt haben, die Gestalt von medusen- ') In Müller's Archiv. 1843. S. 175. -) Nach den Angaben von Steenstrup in dessen neuer gegen den llermaphroditismus gerichteten Schrift hat übrigens Loven jetzt diese seine frühere Ansicht aufgegeben und betrachtet die Ilydroi- den, wie Steenstrup, als blofse ammende Thiere. (Untersuchungen über das Vorkommen des Hermaphroditismus. Deutsch von Hornschuch. Greifswalde. 1846. S. 66.) ') So stellte derselbe später (Akalephen etc. 1. c. S. 234.) als eine Eigentümlichkeit seiner Dimor- phäen es hin, dass es bei ihnen keine freien, selbstständigen Weibchen gebe, sondern dass alle Weibchen nur Knospen von Manm hen (?) oder Geschlechtslosen seien. Er betrachtet hier also die medusenartigen Sprösslinge der Medusen als Weibchen. ') Der Erste, der dieses auffallende Verhältniss beobachtete, war Ellis. Seine Untersuchungen wur- den an den Campanularien angestellt. Auch Cavolini, der freilich die Angaben jenes englischen Naturforschers auf jede Weise zu widerlegen sucht, hat bei Pennaria dieselbe Beobachtung gemacht. In der Beschreibung des Eierstockes bei diesem Polypen, wie in der Abbildung (Pflanzenth. S. 65. Tab. V. Fig. 4. 5.), lässt sich eine Akalephe gar nicht verkennen. Auch bei Camp, geniculata (1. c. S. 97. u. Tab. VIII. 4.) hat Cavolini die jungen Medusen gesehen, sie aber hier für die Eier gehalten. s) Recherches sur l'embryogenie des tubulaires. Brux. 1844. p. 31 ff. 23 artigen Thieren an. Nur so viel sei hier erwähnt, dass der Mantel dieser Spröss- linge aus der stets an Umfang und Gröfse zunehmenden Auftreibung der äufseren Bedeckung des Mutterthieres sich bildet, während die Leibeshöhle derselben den Metamorphosen der in den Mantel hineinhängenden Ausstülpung des Verdauungs- kanales seinen Ursprung verdankt. Am Kücken ist die junge Meduse dem Mut- terthiere verwachsen. Bei den einzelnen Tubularien scheinen solche Medusenknospen gewöhnlich in nicht unbeträchtlicher Menge sich zu entwickeln. Bei den Sertularien und Campanularien x) indessen ist die Zahl derselben geringer, gewöhnlich nur zwei oder drei. Bei ihnen sind auch anfangs die Knospen von der becherförmigen Umhüllung des Polypenleibes umschlossen, in deren Inneren sie aus dem Darm- rohre (placentarium Auctt.) hervorsprossen, welches, wahrscheinlich noch von einer besonderen Hülle umgeben, die Achse der Zellen durchsetzt und den eigentlichen Polypenleib bildet. Erst im Laufe der Entwicklung rücken die Knospen immer weiter nach vorn und durchbrechen endlich den oberen Deckel der Zelle. Im völlig entwickelten Zustande unterscheiden sich die auf solche Weise, durch Knospenbildung, an Polypen entstandenen Thiere in Nichts von wirk- lichen Medusen 2). Sie sind Scheibenquallen mit allen wesentlichen Charakteren derselben, auch mit Nerven 5) und mit Sinnesorganen, wie sie hier sich vorfinden. Es möchte somit wohl schwerlich ein genügender Grund vorhanden sein, dieselben, wie es v. Siebold +) und auch Steenstrup z. B. zu thun scheint, aus der Ciasse der Akalephen zu entfernen und wohl gar den Polypen einzuverleiben. Wenngleich nun auch manche der so entstandenen Medusen schon längst bekannt sein mögen (und dahin scheinen besonders mehrere Arten des Gen. Cytaeis zu gehören), so haben sich doch gewiss bisjetzt noch viel mehr durch den ge- ringen Umfang und die Durchsichtigkeit ihres Leibes den Beobachtungen der Zoologen entzogen. Erst in neuester Zeit ist es vorzugsweise durch die Bemü- hungen von Dujardin 5) gelungen, mehrere der hieher gehörenden Formen näher zu charakterisiren, wie die Medusen von Stauridium als Cladomena, die von Syncoryne decipiens als Sthenyo, die von Sync. glandulosa als Calliehora. Die verschiedenen Arten von Campanularia und Tubularia bringen Individuen hervor, ') Vergl. Loven I. c. und van Beneden: Sur les Carapanulaires etc. 5) Es sind übrigens solche medusenartjge Sprösslinge noch nicht von allen Hydroidrn bekannt, so be- sonders noch nicht von Hydra, Coryne squamata, Synhydra u. a. 3) Van Beneden (1. c. p. 24 u. 27.) hat in der Umgegend des Magengmndes vier Nervenanschwel- lungen bei ihnen aufgefunden. 4) Anatomie der wirbellosen Thiere. 1845. S. 46. 5) L. c. 24 die man bald zu Obclia, bald zu Cytaeis rechnen muss. Unstreitig ist auch die von Qua trefages J) beschriebene Eleutheria zu diesen Medusen zu stellen und nicht zu den Polypen, wie der Entdecker und nach ihm auch Siebold es gethan hat. Wenn nun diese Medusen, völlig ausgebildet, sich von ihren Mutterthieren getrennt haben und frei im Wasser durch die Contractionen ihres glockenförmigen Mantels sich fortbewegen, erst dann gewöhnlich entwickeln sich in ihrem Inneren die Geschlechtsorgane. In selteneren Fällen ist dieses schon früher der Fall, wie nach R. Wagner 2) bei den Medusen von Coryne aculeata, nach Loven bei denen von Syneoryne ramosa, schon zu einer Zeit, wo sie noch mit den Ammenpolypen verbunden sind. Bei Campanularia geniculata findet sich nach Lister 5) und Loven sogar die auffallende Eigenthümlichkeit, dass die medusen- förmigen Sprösslinge sich überhaupt niemals von ihren Ammen trennen, sondern überall denselben verbunden bleiben und, wenn sie sich fortgepflanzt haben, all- mälig wiederum schwinden. Die übrigen Arten von Campanularia, so weit sie bisher beobachtet wurden, zeigen das gewöhnliche Verhalten. Nach directen Beobachtungen von Krohn, die sicherlich bei der Sorgfalt, mit der sie angestellt scheinen, ein gröfseres Zutrauen verdienen, als van Be- neden ihnen schenkt, sind die Geschlechter bei unseren Medusen wirklich ge- trennt, wie auch solches schon nach der Analogie mit den verwandten Thie- ren sich vermutheu liefs Eigentliche Organe zur Production der Keimstoffe scheinen übrigens in der Regel zu fehlen. Eier oder Bläschen, die mit geköpf- ten, lebhaft sich bewegenden Spermatozoen gefüllt sind, sprossen innerhalb der Wandungen des Magenstieles hervor und fallen in die Höhle des glockenförmigen Mantels, wo die Eier befruchtet werden. So fand es Krohn bei den Männchen der Medusen von Sertularia, R. Wagner bei den Weibchen der Medusen von Coryne, Loven bei denen von Syneoryne und ebenso Du j ardin bei den von ihm beobachteten Formen. Eleutheria dagegen entwickelt Eier (oder Spermatozoen) innerhalb der Wandungen des Körpers in dem Centrum der Mantelglocke, wäh- rend die Medusen von Coryne fritillaria und wahrscheinlich auch von Corymorpha nutans nach den Beobachtungen von Steenstrup 4) in dem einen Winkel ihres viergerippten Leibes zu dem Zwecke mit einem besonderen lappigen Anhange versehen sind. Nach der Befruchtung zeigen die Eier die gewöhnlichen Erscheinungen. Sie zerklüften sich und verwandeln sich dann in einen länglich eiförmigen Körper, ') Ann. des sc. nat. 1842. T. XVIII. 8) Isis 1833. Hft. III. ') Philosoph. Transact. 1834. p. 376 'i Generationswechsel 1. c. 25 der, aus der Mantelhöhle der Weibchen nusgestofsen, mit Hülfe von Flimmer- cilien, die seine Oberflache bedecken, sich eine Zeitlang, gleich einem Infusorium, mnherbewegl. Dann setzt sich derselbe an einem beliebigen Gegenstande fest, verliert seine Cilien und wird so der Anfang eines Polypenstockes, an dessen ein- zelnen Thieren späterhin wiederum Medusen hervorsprossen. So ist wenigstens der Entwicklungsgang bei Sertularia, wo ihn schon Cavolini *) ganz richtig er- kannte, bei Coryne nach R. Wagner und bei Campanularia nach Loven. Wenngleich nun durch die so eben erwähnten Vorgänge der Geschlechts- reife und Fortpflanzung hinreichend bewiesen zu sein scheint, dass die jungen Medusen, die durch Knospenbildung an den Hydroiden entstanden sind, völlig entwickelte Thiere seien, so findet doch auch eine andere Meinung ihre Ver- treter, eine Meinung, nach der die Medusen nur die durch Knospenbildung (par bourgeon libre) entstandene, unvollkommne Brut der Polypen sei, die später sich festsetze und wiederum in Polypen sich verwandele. Nach Sars ') soll der warzen- förmige Fortsatz im Winkel der Mantelscheibe, dessen spätere Entwicklung zu einem Geschlechtsorgane Steenstrup verfolgt hat, eben als Fufs beim Anheften dieser Brut dienen, während van Beneden, von dem dieselbe Ansicht ver- fochten wird , den aus der scheibenförmigen Mantelöffnung hervorgetretenen Ma- genstiel zum Fufs werden lässt. Letzterer sucht sogar durch eine ideale Figur den Uebergang der Medusen in Polypen zu versinnlichen, der übrigens, wie er ihn sich denkt, immer noch viel Gezwungenes enthält. Natürlicher und der Verwandtschaft zwischen Polypen und Medusen entsprechend würde man solch eine Metamorphose durch die Annahme erklären müssen , dass der Magen- stiel der Meduse aus der Mantelöffnung zum PolypenkopTe hervorwüchse und der Körper am entgegengesetzten Ende sich festhefte, an derselben Stelle, die auch bei der allmäligen Entwicklung der jungen Medusen aus einer Knospe dem Mutterthiere noch lange verbunden ist. Van Beneden stützt seine ge- rade entgegengesetzte Annahme auf die Beobachtung, dass die Medusen nicht selten den Magenstiel aus der Mantelöffnung hervorstrecken und den Mantel selbst ganz umkehren, allein dieser letztere Vorgang, ob er gleich auch nach den Bemerkungen von Dujardin sehr häufig sein mag, scheint doch nur zu- fällig zu sein und gewissermaßen ein abnormer, der sich etwa mit dem Um- stülpen der Actinien vergleichen lässt und auch an die Eigentümlichkeit der Holothurien erinnert, ihre Eingeweide durch die Mundöffnung auszuspeien. "l l'fianzenthiere S. 57. *) Bescrivelser og Jagttagelser nver nogle moerkelige eller nye Dyr. Bergen 1835. p. 6. 4 26 Indessen ist die ganze Annahme einer Umwandlung der jungen Medusen in Polypen bisjelzt noch so hypothetisch, dass wir sie' füglich aufser Acht lassen können, bis sie etwa, was aber wohl schwerlich jemals der Fall sein wird, sich durch directe Beobachtungen bestätigen sollte. Es retten die Geschlechts- werkzeuge unsere Thiere vor dem Verdachte, als seien sie unentwickelte Ge- schöpfe und die blofse Brut von Polypen. Möglich indessen, wenn auch, so viel uns bekannt, bis jetzt noch nicht ausgesprochen, wäre nun noch eine An- nahme, wonach die Medusen trotz ihrer Geschlechtswerkzeuge die Ammen von Polypen wären, wonach also ebenfalls der ganze merkwürdige Zusammenhang dieser beiden Gruppen in das Gebiet des Generationswechsels gehörte, aber ge- rade das umgekehrte Verhältniss von dem stattfände, welches wir vertheidigen. So sicher wir übrigens davon überzeugt sind, dass die Medusen durch die Gesammt- heit ihrer Organisationsverhältnisse höher stehen, als die Polypen, ebenso sicher können wir über diese Frage entscheiden und die letztere Ansicht verwerfen. Würde durch sie doch gerade das gewichtigste Gesetz in der morphologischen Entwicklung der Thierreihe verletzt, wonach in einer Gruppe, deren Organisa- tion ein gemeinschaftlicher Typus zum Grunde liegt — und eine solche bilden Polypen und Akalephen — immer nur die vollkommneren Familien und Ord- nungen während einer früheren Periode ihrer Entwicklung die niedrigen mehr oder minder genau repräsentiren, nie umgekehrt. Ueberdies wissen wir ja auch von anderen Medusen, dass ihre Ammen ganz polypenähnlich sind. Und hier, wo die Verhältnisse minder complicirt sind, wo die Ammen eine nur geringere Selbstständigkeit erreichen, hier würde es doch sicherlich Niemandem einfallen* die polypenartigen Entwicklungsformen für die ausgebildeten Thiere und die er- wachsenen Medusen für deren Ammen zu halten. Glauben wir nun somit hinreichende Gründe zu besitzen, die Ansicht von Sars und van Beneden, der auch Meyen 1) sich anschliefst, zu verwerfen, so gilt dieses in noch höherem Grade von jenen Meinungen , nach welchen die jungen Medusen bald 2) nur blofse Eier, bald auch Ovarien wären, die, ge- wissermafsen „belebte" Eikapseln, eine beträchtliche Selbstständigkeit erreichen sollten. Eine genauere Kenntniss von den Organisationsverhältnissen der Spröss- linge, wie wir sie jetzt besitzen, ist allein schon fähig, die Nichtigkeit dieser Annahmen in ihrem ganzen Umfange zu zeigen. Somit glauben wir uns denn nach reiflicher Ueberlegung der hier in Be- ') Nov. Act. Leopold. T. XVI. Suppl. I. 1834. S. 195. s) Ellis a. a. 0. 27 (rächt kommenden Verhältnisse zu dem Schlüsse berechtigt, dass die Gruppe der Hydroiden aus einer Anzahl von Ammen verschiedener Medusen bestehe — von Ammen, die aber eine gröTsere Selbstständigkeit erreichen, als es sonst bei diesen Wesen der Fall zu sein pflegt, und nicht blofs immer mehrere Generationen überdauern, wie wir schon oben erwähnt haben, sondern sich auch (natürlich nur in ihrem Sinne) fortzupflanzen vermögen. So auffallend auch letzteres scheinen mag, so sehr wir auch darüber stau- nen müssen , eine Fähigkeit solcher Art bei Geschöpfen zu sehen , die wir doch keineswegs für vollkommen entwickelt halten können, während wir dieselben doch sonst nur als ein Attribut von ausgebildeten 1 hieren kennen , trotz dem Allen sehen wir uns durch zahlreiche und sehr gewichtige Beobachtungen zu diesem Ausspruche gezwungen. Minder wunderbar würde sich dieses Verhällniss gestalten, beschränkte sich die Fortpflanzung der Ammenpolypen nur auf eine geschlechtslose, auf die Pro- duction von Knospen oder Bulbillen ') (wie 0. Fr. Müller2) es bei Coryne squa- mata, Quatrefages bei Synhydra beobachtet hat), die, vom Mutterthiere getrennt, ganz einfach zu neuen Polypen auswüchsen. Wir wissen ja, dass gerade eine geschlechtslose Fortpflanzung vorzugsweise in unentwickelten Thieren (wie bei manchen Würmern u. s. w.) stattfindet. Auch wird durch sie vielleicht schon bei manchen andern Ammen eine förmliche Zwischengeneration vermittelt. Wenigstens scheint hierauf eine Beobachtung von Siebold 3) und Steenstrup hinzudeuten, nach der die schlauchartigen Ammen der Trematoden (durch innere Knospenbildung) in ihrem Leibe nicht immer gleich Cercarien erzeugen, die wir als die Larven jener Eingeweidewürmer ansehen müssen, sondern bisweilen nochmals ihnen selbst gleichende Ammen. Wir möchten nun diese Zwischengeneration von Am- men gerade nicht für so normal und nothwendig halten, wie die angeführten Forscher es thun, sondern vielmehr, gestützt auf die Angabe von Steenstrup4), dass er Ammen in Ammen nur selten und nur zu bestimmten Zeiten angetroffen habe, vermuthen, dass die Ammen sich nur unter gewissen Verhältnissen in ihrem Sinne fortpflanzen könnten, auf eine Weise, die es den Sprösslingen möglich ') Es sind übrigens, so viel uns bekannt, diese Beobachtungen von abfallenden Knospen die einzigen bisjetzt, die im gesammten Gebiete des Thierreich.es gemacht sind. Ihre weitere Prüfung wäre sehr interessant, besonders wenn es sich wirklich bestätigen sollte, dass keine Verwechselung mit äufse- ren Fruchtkapseln stattgefunden hätte. e) Zoolog. Dan. T. I. p. 3. „Squainae ova, an gemmae essent, diu dubius fui , dontc, Uli suspicabar, in fueo deciduas progerminare viderim." 3) Burdach's Physiol. Th. II. S. 187. «) A. a. 0. p. 72. 4* j'.Ll r 28 machte, die ersten Stadien der Entwicklung zu überspringen und gleich ihren Mutlerlhieren ähnlich zu sehen. Doch, wie schon angeführt, es findet sich nicht blofs eine geschlechtslose Fortpflanzung bei unseren Animenpolypen, sondern auch eine geschlechtliche, wie bei den Medusen, die an denselben hervorgesprosst sind, und bei allen übrigen vollkommen ausgebildeten Thieren. — An derselben Stelle des Polypenkörpers, wo die jungen Medusen hervorknospen, trifft man bisweilen auf einfache, ge- stielte, rundliche oder ovale Kapseln '), die bei flüchtiger Betrachtung einige Aehnlichkeit mit noch unausgebildeten Medusen zu besitzen scheinen. Und wirk- lich lassen sich auch diese Bläschen bis zu einem gewissen Punkte von den Knospen, aus denen Medusen werden, nicht unterscheiden. Sie entstehen auf eine ganz ähnliche YS ei.se durch ein partielles Auswachsen der Leibeswand mit dem Darme. Später aber erlischt diese Uebcreinstimmung, die Bläschen bleiben — vom morphologischen Gesichtspunkte aus — auf dieser Stufe stehen und ent- wickeln sich nicht weiter. Niemals zeigen sie, wie die jungen Medusen, eine vordere Mantelöffnung2) und Tentakel, niemals die geringste Spur von inneren Organen. Auch bleiben sie überall, wie es scheint, in beständiger Verbindung mit ihren Polypen , wenigstens schwimmen sie nie frei umher. Dagegen bil- den sich im Inneren der Knospe, im Räume zwischen der Ausstülpung des Darmes und der Leibeswand, zum Theil selbst im Umfange des Darmzipfels, bald Eier3) mit deutlichem Doller und Keimbläschen, bald Spermatozoen. Die Eier sind übrigens nur selten in mehrfacher Zahl von den Fruchtkapseln um- schlossen (bei einigen Arten Hydractinia, zu denen auch die von uns beobachtete IL grisea gehört, vielleicht auch bei Coryne squamala4)). Gewöhnlich enthalten diese nur ein einziges Ei. ') Sicherlich mit Unrecht betrachtet Quatrefages bei Synhydra einige zellenartige, im Inneren lies Leibes von ihm aufgefundene Gebilde als Eier. 8) Eine Abbildung der Art, wie sie R. Wagner von Coryne vulgaris in den lcon. zoot. (Tab. \\\IV Fig. XVI. e.) gegeben hat, scheint, wie auch schon \on van Beneden (Mini sur les Tubul. p .7.1 angegeben ist, nicht ganz richtig zu sein. *) Van Beneden, der das Vorkommen von wirklichen Spermatozoen bei den Hydroiden leugnet, lässt dieselben nur durch weibliche Individuen ohne Hülfe von männlichen sich fortpflanzen, während Dujardin, dem die in Deutschland gemachten Beobachlungen über die Spermatozoen der Hydroiden unbekannt geblieben zu sein scheinen, die Eikapseln überall für Bulbillen hält, wie sie Quatre- fages bei Synhydra gefunden hat. Gebilde indessen, welche die Structur der Eier, besonders ein Keimbläschen haben und junge Individuen aus ihrem Dotteriuhall entwickeln (nicht dazu aus- wachsen), müssen wir doch gewiss mit Recht als Eier betrachten. 1) Steenstrup (Untersuchungen etc. Tab I. Fig. 20.) fand hier im Inneren einer jeden Eikapsel zwei Eier (die er aber nicht für Eier, sondern gleich für Junge half), nicht eines, wie van Beueden (l. c. Tab. V.l. 29 Schon ältere Beobachter, unter ihnen Ca volini, F. Rathke 2) u. A. hatten, in vielen Fällen wenigstens, die Bedeutung der Eikapseln erkannt und gesehen, wie aus ihrem Inhalt sich neue Polypen entwickelten. Darin waren sie indess 7.u weit gegangen, dass sie nun auch die jungen Medusen, die an den Am- men hervorsprossten, für blofse Eikapseln hielten. Neuere Forscher scheinen vor- zugsweise in den entgegengesetzten Fehler verfallen zu sein. Sie haben über jenes merkwürdige Verhältniss unserer Polypen zu den Medusen die wirklichen Fruchtkapseln der ersteren vernachlässigt. Indessen kann man doch an dem Vor- kommen derselben nicht den geringsten Zweifel hegen. Vor allen sind es die trefflichen Untersuchungen von R. Wagner 2) und van Beneden3), die dasselbe, wenigstens für die Eikapseln, völlig bestätigt haben. Auch uns sind solche Gebilde während unseres Aufenthaltes in Cuxhaven und auf Helgoland bei Tubularia, Coryne, Hydractinia und auch bei den Sertu- larien häufig zu Gesicht gekommen, wogegen es uns aber niemals gelang, die Entwicklung junger Medusen zu beobachten. Vielleicht hängt dieses mit der Jah- reszeit und manchen anderen mehr zufälligen Umständen zusammen. Die männlichen Geschlechtswerkzeuge, die vor den weiblichen schon durch eine weifsliche Färbung sich auszeichnen, sind von Krohn4), H. Piathke 5), Steenstrup 6) und Kölliker7) (bei Tubularia, Eudendrium, Pennaria, Coryne) aufgefunden und ebenfalls mit einer Genauigkeit beschrieben, welche die Existenz derselben über allen Zweifel erhebt. Schon Ca volini scheint bei Eudendrium den Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Fruchtkapseln sehr gut ge- kannt zu haben. Er giebt hier wenigstens an 8), dass die aufseien Geschlechts- organe bald als hochrothe Trauben erschienen, bald als weifse Dolden, die immer nur auf verschiedenen Stöcken vorkommen sollten, — eine Erscheinung, die mit der Beobachtung übereinstimmt, dass wirklich die männlichen und weiblichen Organe auf Individuen verschiedener Kolonien vertheilt sind. Nur Hydra macht auch in dieser Beziehung eine Ausnahme. Hoden und Eierstöcke, die, schon seit ') Müller, Zoolog. Dan. T. IV. bei Tubularia coronata. *) Prodrom, hisl. generat. p. 5. und Iron. zoot. Tab. XXXIV. Fig. XVII. 3) Besonders in dem Mem. sur l'Embrjol. des Tubulaires 1. c. *) Krohn hat ganz offenbar (a.a.O.) unter den von ihm untersuchten jungen Medusen Gebilde gehabt. die blofse Fruchtkapseln waren. 5) Wiegmann's Arch. 1844. I. S. 155. s) Untersuchungen etc. S. 66. 7) Die Bildung der Samenfäden in Bläschen. Neuenbürg 1846. S. 48. ') ,\. a. Ü. S. 78. 30 sehr langer Zeit bekannt, doch erst in neuerer Zeit von Ehren berg ') ihrer Natur nach gedeutet sind , sprossen hier an denselben Individuen hervor. Die Eier durchlaufen die ersten Phasen ihrer Entwicklung noch innerhalb ihrer Fruchtkapseln. Wenn die Embryonen aus diesen hervorbrechen , zeigen sie nicht selten schon Arme, wie ihre Mutterthiere, von denen sie sich dann nur durch den fehlenden Stiel unterscheiden. Dieser entwickelt sich erst, wenn die jungen Polypen sich festsetzen und eine neue Kolonie zu begründen anfangen. So beobachtete es schon Cavolini bei Sertularia (Syncoryne) parasitica 2) und neuerdings sehr genau van Beneden bei verschiedenen Arten von Tubularia. Die Embryonen von Hydra, Coryne und Hydractinia dagegen verlassen ihre Ei- kapseln schon früher, schon dann, wenn sie noch keine Spur von Armen zeigen. Nach den Untersuchungen von Steenstrup 3) sollen sie sich sogar bei Coryne, ganz wie die aus den Eiern der Medusen sich entwickelnden Jungen, mit Hülfe von Cilien eine Zeitlang umherbewegen, bevor sie sich anheften und weiter entwickeln. Ist so nun auch durch die zahlreichen Untersuchungen sehr tüchtiger Beob- achter das Vorkommen von Fruchtkapseln bei den polypenartigen Ammen einer Menge von Medusen aufser allen Zweifel gesetzt, so liefse sich doch vielleicht gegen die Deutung derselben als Geschlcchtstheile eben jener Polypen noch eine andere Meinung geltend machen, nach welcher die Kapseln nicht blofse Organe seien, sondern besondere, selbstständige, wenn auch nur wenig entwickelte Thiere, die durch Knospenbildung an einem Mutterstamm entstanden wären und vorzugs- weise zur Produclion von Geschlechtscontenlis, von Eiern und Spermatozoen, bestimmt seien. Eine solche Ansicht ist denn auch wirklich in neuester Zeit von Steenstrup *) (für Coryne) ausgesprochen. Er betrachtet die Kapseln (die er, minder genau, mit dem Ausdrucke „Glocken" bezeichnet) als Thiere, analog den sonst von den polypenartigen Ammen hervorgebrachten Medusen , und vermuthet sogar, dass sie sich, wie diese, von ihrem Mutterthiere losreil'sen und frei umher- schwimmen könnten. Wäre nun aber auch letztere Vermuthung, welche durch ') Abhandlungen der Bert. Akad 1836. S. 115 und Jlittheilungeu der Gesellschaft der naturf. Freunde. 1838. p. 14. — Neuerdings wird von Steenstrup (a. a. 0. S. 68.) die Beobachtung wirklicher Hoden, die u. A. auch von Siebold (vergl. Anat. S. 52.) mit gröfster Genauigkeit wiederholt ist, in Zweifel gezogen. Derselbe möchte die in den Fruchtkapseln gefundenen beweglichen Gebilde nicht für Spermatozoen, sondern für Nesselorgane halten — eine Deutung indessen, die wohl schwerlich als richtig sich herausstellen wird. (Vergl. auch die Bemerkungen von Schultze zu der deutschen Ueberselzung der Schrift von Steenstrup S. Il6.) !) L. c. Tab VI. Fig. 11. c- c. — Unstreitig mit Unrecht zieht van Beneden (I. c. p. 41.) dieseAn- gabe von Cavolini zu seiner Fortpilanzungsart par bourgeon libre. ») L. c. S. 66. Tab I. Fig. 21. 4) Ibid. 31 keine einzige Beobachtung gerechtfertigt wird, überall gar nicht begründet, so würde doch darin allein noch kein hinreichender Grund vorhanden sein, die ganze An- sicht zu verwerfen, zumal wir oben bei Campanularia geniculata dasselbe Verhält- niss gefunden haben, und überdies das sonst so auffallende Vorkommen von Ge- schlechtsorganen an (unvollkommen entwickelten) Ammenthieren in dieser Annahme seine Erklärung fände. Auch würde es hiernach minder auffallend sein, dass wir von manchen Hydroiden (Coryne squamata, Hydractinia, auch Hydra) noch keine medusenartigen Sprösslinge kennen, während Fruchtkapseln an ihnen so häufig beobachtet wurden. Auf der anderen Seite ist indess der grofse Unter- schied nicht zu verkennen, der zwischen eben diesen Fruchtkapseln und den sonst so entwickelten Medusen herrscht — ein Unterschied, grofs genug, um die Identität dieser beiden Gebilde in Abrede zu stellen, wenn man auch vom morphologischen Standpunkte aus zugeben muss, dass beide demselben organischen Processe ihr Entstehen verdanken, dass vielleicht dieselben Knospen, durch mancherlei Ver- hältnisse aul einer frühen Stufe ihrer Entwicklung gehemmt (wie die fruchtbaren Weibchen bei den Sertularien, bei Hydractinia u. a.), zu einfachen Fruchtkapseln werden, während sie ohne solche hemmenden Einflüsse sich zu vollkommenen und selbstständigen Thieren, zu fruchtbringenden Medusen, würden entwickelt ha- ben. Nimmer aber dürfen wir hierüber vergessen, dass die Eikapseln darum noch keine Thiere seien, wofür sie Steenstrup gehalten wissen will. Uebergehen wir auch den Unterschied, der bei manchen Hydroiden in der Entwicklung der aus den Eiern der Medusen und denen der Fruchtkapseln hervorschlüpfenden Embryonen sich vorfindet; übergehen wir auch die Beobachtung, dass an den- selben Ammenpolypen (Tubularia x) z. B.) bald vollkommen entwickelte Medusen hervorsprossen , bald nur Fruchtkapseln , so muss doch schon deshalb eine An- nahme, wie die Steenstrup'sche, zurückgewiesen werden, weil sie alle unsere Be- griffe von den Organisationsverhältnissen bestimmter Thierformen über den Haufen stofst. Selbst dann, wenn bei Hydra, bei Coryne squamata u. a., die sich doch immer nur sehr gewaltsam von den übrigen Hydroiden trennen lassen, eine Pro- duction von medusenartigen Sprösslingen wirklich fehlen sollte, selbst dann sind wir noch nicht gezwungen, als solche eben die Fruchtkapseln anzusehen. Es steht uns immer noch die Annahme frei, dass wir in diesen Thieren Ammen haben, wie in den übrigen Hydroiden, nur mit dem Unterschiede, dass sie es nie zu der Production wirklicher Medusen bringen, wie alle anderen, sondern allein in ihrem Sinne sich fortzupflanzen vermögen. ') Vergl. van Beneden I. c. Tab. I. II. 32 Schon Vieles ist durch die morphologische Deutung der Fruchtkapseln in der Erklärung des merkwürdigen Vorkommens derselben hei unseren Ammen ge- wonnen. Wir würden das ganze Verhältniss noch viel räthselhafter, noch viel paradoxer finden müssen, träfen wir bei den Hydroiden auf innere Geschlechts- teile, wie bei den Anthozoen. Immer aber müssen wir die Fruchtkapseln noch für wirkliche änfsere Geschlechtstheile halten, für Gebilde, durch deren Hülfe sich die Ammenpolypen in ihrem Sinne (durch Zwischengenerationen) fortpflanzen, für Gebilde, die ihnen das Gepräge einer gröfseren Selbstständigkeit und Unab- hängigkeit geben, als diese sonst bei den Ammenthieren vorkommen, für Gebilde, die unseren Polypen, trotz ihrem Verhältniss zu den Medusen, immer noch einen Platz in den zoologischen Systemen zusichern werden. Ueber einige Organisationsverhältnisse der Medusen. Schon früher, bei der Auseinandersetzung des Baues der Anthozoen, haben wir gelegentlich auf die nahe Verwandtschaft dieser Thiere mit den Akalephen, wenigstens mit Rippen- und Scheibenquallen, hingedeutet. In Folgendem wollen wir es versuchen, diesen unseren Ausspruch weiter zu -begründen und im Spe- cialen an den Organisationsverhältnissen der Akalephen nachzuweisen. Bei den Rippenquallen, die wir hier zuerst berücksichtigen wollen, hat Will l) es dargethan, dass der ganze Verdauungskanal in einem einfachen, seit- lich etwas abgeplatteten Magenrohre bestehe, das von der vorderen Mundöffnung in der Achse des kugligen oder ovalen Leibes nach hinten hinabsteige, bis es nach einem längeren oder kürzeren Verlaufe frei endige. Frühere Beobachter hielten diesen Kanal, der ganz offenbar dem Magen der Anthozoen entspricht, nur für den vorderen Abschnitt des Verdauungsapparates, etwa für einen Pharynx, und sahen den Magen oder Darm in einem zweiten Cylinder, der am Ende des vorderen beginnt und bis an das hintere Leibesende hinabsteigt, wo er mit einer Afteröffnung endigen sollte. Schon Edwards2) berichtigte in seinen vortreff- lichen Beiträgen über den Bau der Akalephen fast alle Irrthümer dieser Ansicht. Er fand, dass ein After in dem Sinne, wie man früher ihn gesehen haben wollte, in Wirklichkeit fehle, und dass vom vorderen erweiterten Theile des zweiten cylinderförmigen Darmabschnittes ein geschlossenes Röhrensystem seinen Ursprung nehme, welches im ganzen Körper sich verbreite, und dem Gefälssysteme in der Scheibe der Medusen analog sei. Hierauf sich stützend deutete er diesen Cy- linder als cavite stomachique, commune ä l'appareil digestif et au Systeme vasculaire, während er den vorderen Abschnitt für einen Pharynx erklärte. Will dagegen hat, wie schon angeführt, gezeigt, dass allein dieser sogen. Pharynx den Darmkanal ausmache und als Magen aufzufassen sei. Der hintere Abschnitt muss von ihm gelrennt werden; er gehört mit den davon ausstrahlen- ') Horae Tergestinae S. 23 ff. a) Annales des scienc. nalur T. XVI. 1841. p. 194 ff. 34 den Röhren völlig einem anderen Systeme an und nimmt überall auch nicht aus dem Magen seinen Ursprung, wie man früher annahm. Vielmehr wird das hin- tere freie Ende des Magens vom vorderen erweiterten Theile desselben, dem sogen. Trichter, umfasst und die Communication zwischen diesen beiden Ge- bilden durch eine weite Oeffnung hergestellt, die, wie bei den Anthozoen, den ganzen Fundus des Magens einnimmt. Edwards und Will beschreiben statt ihrer zwei neben einander liegende und durch eine mittlere Brücke getrennte Oeffnungen. Nach unseren IJntersuchungen dagegen, die wir an Cydippe pileus angestellt haben, schien es uns, wie angeführt, dass der untere, unregelmäfsig zipflige Rand des Magens in seinem ganzen Umfange geöffnet sei, wie ein solches Verhalten auch mit den älteren Darstellungen übereinzustimmen scheint. Eine andere Differenz von den Angaben Will's erhielten wir durch die Untersuchung des hinleren Endes der Trichlerröhre. Will nämlich giebt an, dass dasselbe gabiig gespalten sei und jederseits das von Mi Ine Edwards als organe oculiforme zuerst beschriebene Gehörwerkzeug umfasse. Bei Cydippe pileus nun fanden wir statt dieser Endkanäle blofse rundliche Seitentaschen, die we^en ihrer Kürze den Namen von Kanälen nicht verdienen und überdies der Zahl nach vier sind. Offenbar aber entsprechen sie den von Will beobachteten Gebilden, zumal sie dieselbe relative Lage zu dem Gehörorgaue besitzen. Lebngens sahen wir niemals, dass diese Taschen nach aul'sen geöffnet waren, obgleich "Will und auch Milne Edwards (bei Beroe Forskalii) solcher Oeffnungen erwähnen, aber zugleich auch angeben, dass dieselben nach Willkür geschlossen werden könn- ten. Trotz aller Sorgfalt indessen wollte es uns nicht geliirgen, auch nur eine Spur davon jemals zu entdecken. Wir sahen vielmehr ganz deutlich, dass die Taschen ein abgerundetes, blindes Ende besafsen und vermuthen deshalb, dass die beob- achteten Oeffnungen vielleicht mehr zufällig gewesen seien, wie an den Fühlern der Actinien. Die Bedeutung von Afterüffnungen, die man ihnen wohl beigelegt hat, verdienen dieselben keinesfalls, selbst dann, wenn sie wirklich constant vor- handen sein sollten und nur dadurch sich unserer Beobachtung entzogen hätten, dass sie fest verschlossen gewesen wären. Die vom Trichter ausgehenden Kanäle zeigen vorzugsweise einen radialen Verlauf, bis sie, an den Leibeswandungen angekommen, unter den sogen. Rippen nach der Mundöffnung emporsteigen und hier mit besonderen vorderen Ausläufern des Trichters wiederum in Communication stehen. In ihnen circulirt durch die Action eines Flinimerepitheliums (das auch in der Magenhöhle sich vorfindet) die- selbe helle, mit zahlreichen Kügelchen versehene Flüssigkeit, die wir in der Lei- beshöhle der Anthozoen angetroffen haben, und die, ebenfalls wie hier, durch 35 das Magenrohr beständig sich mit einer Menge von Seewasser mischen kann. Offenbar hat sie bei den Rippenquallen auch dieselbe physiologische Bedeutung und ist Ernährungsflüssigkeit wie bei den Polypen. Schon hierdurch gewinnt das betreffende Gefäfssystem der Ctenophoren eine grofse Aehnlichkeit mit der Leibeshöhle der Anthozoen, die noch durch mancherlei andere Verhaltnisse, be- sonders durch die Verbindung mit dem Magen und den radialen Verlauf der vom sogen. Trichter ausstrahlenden Gefafse, in dem Maalse wächst, dass wir uns vollkommen zu dem Ausspruche berechtigt glauben, das Chylus- (Wasser-) Ge- fäfssystem sei die Leibeshöhle1) der Rippenquallen. Wir brauchen bei den Anthozoen nur die Scheidewände der Leibeshöhle sich verdicken, zum Theil aurh unter sich verschmelzen zu lassen, so dass die Leibeshöhle ihnen gegenüber an Umfang verliert und gefäfsartig sich zwischen denselben verbreitet — und wir haben dieselbe Anordnung, wie sie bei den Rippenquallen vorkommt. Die Trichterröhre mit ihrer vorderen Erweiterung entspricht dem centralen, unmittel- bar hinter der hinteren Magenöffnung gelegenen Räume, die davon ausstrahlenden Gefafse den taschenförrnigen Nebensäcken derselben. Ebenso augenfällig ist die Rlentität der betreffenden (wasserführenden) Räume mit der Leibeshöhle der Anthozoen bei manchen Scheibenquallen, besonders bei Aequorea und Pelagia 2), wo die radial vom Mittelpunkte der Scheibe (vom sogen. Magen) ausstrahlenden Kanäle unverästelt und in grofser An- zahl bis zum Rande verlaufen und die Leibesmasse, welche sie trennt, noch ganz den Charakter von lamellösen Scheidewänden an sich trägt. In anderen Fällen, wo diese Kanäle eine abweichende Anordnung haben und gefäfsartig sich verzweigen, wird allerdings die Aehnlichkeit immer mehr verwischt, geht aber dennoch niemals verloren. Will man die Analogie noch weiter ausdehnen, so kann man das Ring- gefäfs, in welches bei den meisten Schirmquallen die radialen Kanäle einmünden, in den von Sharpey bei Actinia beobachteten Communicationsöffnungen zwischen den einzelnen Taschen der Leibeshöhle wiederfinden, die gefäfsartig werden müssen, sobald sich nur die Scheidewände, welche sie durchbrechen, mehr verdicken. Wie bei den Anthozoen die Leibeshöhle in die Fühler sich fortsetzt, so auch die Chylusgefäfse bei manchen Medusen in die Randfäden, die u. a. sehr deutlich noch bei Aequorea, wo sie nur kurz sind, jenen Tentakeln entsprechen. ') Schon v. Siebold (I. c. S. 66) kannte die grofse Analogie zwischen diesem Gefäßsysteme der Qual- len und der Leibeshühle der Anthozoen. wagte es aber nicht, die völlige morphologische Identität von beiden auszusprechen. s) Man vergleiche die von Milne Edwards in den Annal. des sc. nat 1. c. und von R. Wagner in den leon. zoot. Tab. XXXIII. Fig. 5. gegebenen Abbildungen dieser Akalephen. 5* 36 Selbst die arn Scheibenrande angebrachten Ausmündungen, die Ehrenberg ') bei Medusa entdeckte und für Afteröffnungen hielt, sind nicht ohne alle Analogie mit den Löchern in der Kopfscheibe von Cribrina, durch welche die Leibeshöhle ihren Inhalt nach aufsen heraustreiben kann. Als Magen betrachtet m,an bei den Schirmquallen gewöhnlich einen mehr oder minder ansehnlichen Raum, von dem die radialen Gefäfse entspringen und der meistens im Centrum der Körperscheibe gelegen ist (Tab. I. Fig. IV. d.), aber, wie man sagt, von hier auch bisweilen in den Mundstiel hineinrücken kann, z. B. bei den Oceaniden. Milne Edwards ist der einzige, welcher von dieser Deutung abgewichen ist. Er parallelisirt die betreffende Höhle der cavite sto- machique der Rippenquallen, dem sogen. Trichter oder unserem centralen Theile der Leibeshöhle. Und wirklich scheint eine solche Deutung (vom morphologischen Standpunkte aus) nicht unbegründet zu sein und vorzüglich in dem relativen Yer- hältniss zu den Radialkanälen ihre Rechtfertigung zu finden. Nach der Analogie mit Lucernaria würde man dann als Magenhöhle den vorderen, im Grunde der sogen. Mundlappen gelegenen und davon umschlossenen Raum (Ibid. c.) bezeichnen müssen, welchen man sonst nur als Mundhöhle oder als Oesophagus ansieht. Für eine solche Deutung hat auch Will sich schon bei Cephea ausgesprochen, wo die sogen. Magenhöhle nach ihm eine Athemhöhle sein soll und der eigent- liche Magen, ganz wie die Schlundröhre anderer Scheibenquallen, im sogen. Mundstiele gelegen ist, am Grunde der hier freilich in grofser Ausdehnung ver- wachsenen Mundlappen. Auch bei den Oceaniden u. a. hat man den Magen schon lange richtig erkannt, hat aber dabei übersehen, dass derselbe an seinem Fundus, wie Will ts von Thaumantias, Cytaeis und Geryonia angiebt, noch von einer zweiten Höhle 2) überlagert ist, von der die Chylusgefäfse entspringen, die also unstreitig dem Trichter der Ctenophoren analog ist. In dieser (nicht in der ei- gentlichen Magenhöhle) glauben wir auch den Repräsentanten der sonst inmitten der Scheibe gelegenen Höhle zu entdecken. Dass übrigens die Höhle im Grunde zwischen den sogen. Mundlappen auch wirklich verdaut, wird dadurch bewiesen, dass man in ihr öfter (bei Medusa und Cyanea z. B.) kleinere Fische und Würmer antrifft, die von den Mundlappen umschlungen und mehr oder minder im Zustande der Maceration begriffen sind. Wie übrigens Gäde 3) angiebt, soll auch der centrale ') Ueber die Akalephen des rothen Meeres in den Abhandlungen der Berl. Akad. 1835. S. 189. *) Auf welche Weise diese beiden Höhlen mit einander zusammenhängen, ist noch nicht bekannt, wenigstens noch nicht mit völliger Sicherheit. Bei Geryonia sollen sich nach Will vier kleine auf ebenso vielen warzenförmigen Erhabenheiten des Fundus des Magens gelegene Commiinicationsöffnungen vorfinden. 3) Beiträge zur Anatomie und Physiologie der Medusen. 37 Raum der Kürperscheibe verdauen. Bestätigt sich diese Angabe, so möchte sich unsere Deutung allerdings etwas modificiren müssen. Man könnte dann die ältere Ansicht vielleicht durch die Annahme aufrecht erhalten, dass bei den Seheiben- quallen ein Trichter nur noch sehr selten (bei den Oceaniden) sich vorfinde und auch hier nur sehr rudimentär, dass er dagegen meistens gänzlich geschwunden sei, und dass dann in Folge dieser Anordnung die radialen Gefäfse unmittelbar aus dem Magen entsprängen. Auch möchten hierfür vielleicht einige Fälle spre- chen, wo, wie z. B. bei Aequorea, die Mundöffnung sehr Weit, und der die vordere Höhle einschliefsende Cylinder nur sehr kurz ist, so dass diese als Ver- daiiungshöhle wohl kaum funetioniren kann. Uebrigens könnte auch unter solchen Umständen immer noch unsere frü- here Deutung zum Theil wenigstens beibehalten werden. Haben wir doch auch in den Infusorien Thiere, bei denen die Nahrungsstoffe frei in der Leibeshöhle, ohne Darm, verdaut werden. Sollten sich nicht auch bei höheren Thieren diese Verhältnisse wiederholen können ? Nach der morphologischen Bedeutung wäre dann jener centrale Raum ein Theil der Leibeshöhle, nach der physiologischen Verdauungshöhle — wenn auch dabei die specifische Bedeutung des Magens verloren ginge. Es würde dann übrigens die von uns oben als Magen bezeichnete vordere Höhlung nur noch als der Ausgangstheil der Leibeshöhle anzusehen sein, und ein eigentlicher Darmkanal überhaupt völlig fehlen. Sollte diese Deutung noch in anderen Verhältnissen für die Schirmquallen eine Bestätigung finden, so würde sie nach den Gesetzen der Analogie auch auf die Lucernarien und die sogen. Hydroiden 1) ausgedehnt werden müssen. Nachdem wir somit die Uebereinstimmung in den wesentlichen Organi- sationsverhältnissen der Polypen (mit Ausschluss der Bryozoen) und Akalephen 2) nachgewiesen haben, dürfen diese Thiere in einem natürlichen Systeme nicht länger mehr als völlig verschieden einander gegenübergestellt werden. Sie bilden vielmehr, wie u. a. auch die Arthropoden und Würmer, eine gröfsere Abthei- lung, der ein gemeinschaftlicher Bildungstypus zum Grunde liegt, ein Typus, der sich hier vorzugsweise durch das eigenthümliche Verhalten der Magen - und ') Dass ilie Leibeshöhle der Medusen mit dem oben von uns als Magen (und Darm) gedeuteten Räume im Inneren der Ihdroiden in morphologischer Hinsieht analog sei, findet vielleicht in dem Umstände eine Bestätigung, dass bei der Entwicklung der zu Medusen sich umbildenden linospen der Hydroiden gerade die Leibeshöhle sich aus einer Ausbuchtung jenes Theiles bildet. 2) Dass auch die sogen. Siphono p boren in dieser Beziehung keine Ausnahme machen, soll an einem anderen Orte weitläufiger erörtert werden. Hier sei bei dieser Gelegenheit nur bemerkt, dass wir in den meisten derselben (nach Ausnahme der Velelliden) mit Delle Chiaje, Jlilne Edwards u. A. zusammengesetzte Thiere, Akalephenstöcke, erblicken. 38 Leibeshölile charakterisirt. In Bezug hierauf möchten wir die betreffende Abthei- lung als die der Cölenteraten bezeichnen. — Zum Schluss mögen noch ein paar Bemerkungen hier ihren Platz finden, die zum Theil auf die von Will entdeckten und beschriebenen Blutgefäfse Bezug haben. Es sollen diese, wie der eben genannte Forscher angiebt, ein eigenes, in sich völlig geschlossenes und selbstständiges System bilden und nirgends mit dem sogen, wasserführenden Gefäfssysteme, welches sie überall begleiten, zusammen- hängen. Am deutlichsten fand Will die Blutgefäfse bei den Rippenquallen (Beroe), wo sich auch die darin circulirende Flüssigkeit durch eine röthliche Färbung auszeichnen soll. Bei unseren Untersuchungen richteten wir ebenfalls auf diesen Punkt unsere Aufmerksamkeit. Doch vergebens. Weder bei Cydippe, noch bei Geryonia, noch bei Cyanea div. spec. gelang es uns jemals, aufser den Kanälen der Leibes- höhle noch besondere Blutgefäfse wahrzunehmen. Besonders für die von uns beobachtete (neue:1) Art von Geryonia können wir mit Bestimmtheit behaupten, dass sie eines eigenen Blutgefäfssyslemes entbehre, obgleich Will gerade auch bei der von ihm beschriebenen G. pellucida, von welcher unsere Art sich vorzüglich nur durch eine gleiche Länge aller Randfäden auszeichnet, ein solches erkannt hat. Ein dem unserigen ganz gleiches Resultat erhielt auch, zufolge einer mündlichen Benachrichtigung, unser verehrter Freund, Prof. Bergmann hieselbst, durch zahl- reiche Untersuchungen, die er während eines mehrmonatlichen Aufenthaltes in Island an vielen, sehr verschiedenen Quallen anzustellen Gelegenheit halte. Auch Will selbst scheint ein besonderes Blutgefäfssystem keineswegs bei allen Aka- lephen gefunden zu haben. Bei den Siphonophoren, sowie bei vielen Schinn- quallen wird Nichts erwähnt, das darauf Bezug hätte. Schon hiernach können wir dieser Anordnung keine ganz allgemeine Verbreitung beilegen. Wir sehen uns vielmehr zu dem entgegengesetzten Ausspruche berechtigt, dass nämlich bei vielen Akalephen aufser dem in der Leibeshöhle befindlichen Ernährungssafte keine besondere Blutflüssigkeit mehr vorkomme und ein eigentliches Gefafssystem fehle. Andere Quallen dagegen mögen immerhin ein solches besitzen. A priori lässt sich dagegen um so weniger Etwas einwenden, als wir wissen, dass die Ent- wicklung des Gefäfssystemes innerhalb der einzelnen Classen den allerbeträcht- lichsten Differenzen unterworfen ist. Auch sind die Angaben von Will in man- chen Fällen zu bestimmt, als dass man an der Richtigkeit seiner Beobachtungen völlig zweifeln könnte, obgleich gerade das von ihm beschriebene eigentümliche Verhalten der Blutgefäfse noch am ersten die Möglichkeit eines Irrthumes zuliefse, und unsere Beobachtungen, sowie die von Bergmann, auch wirklich ein anderes 39 Resultat geliefert haben, als die von Will. Jedenfalls können liier allein neue, sorgfaltige Untersuchungen eine Entscheidung herbeiführen. — In dem Gehörorgane unserer Cydippe pileus sahen wir dieselben oscil- la torischen Bewegungen der Otolithen, die auch von kölliker1) schon bei ver- schiedenen Akalephen beobachtet sind, obwohl Will dieselben niemals wahrnehmen konnte. Sie waren ausserordentlich lebhaft und deutlich. Gewöhnlich waren die Otolithen, deren Anzahl etwa sich auf 80 belaufen mochte, fast alle zu einem rundlichen Haufen zusammengeballt, welcher im Centrum der Gehörblase gelegen war und hier trotz seiner Gröl'se noch dieselbe tanzende Bewegung zeigte, wie einzelne isolirte Otolithen. Ziemlich leicht bemerkte man im Inneren der Kapsel noch eine eigentümliche Einrichtung. Bei einer näheren Betrachtung schienen aul dem Boden derselben noch zwei Reihen von /.arten Flimmercilien befestigt zu sein, die im Mittelpunkte, wo der grofse Haufen von Otolithen gelegen war, sich kreuzten. Durch die Action dieser Wimperhaare, die (wie an den sogen. Rippen) in Querreihen hinter einander gruppirt zu sein schienen, wurden eben die Bewe- gungen der Otolithen verursacht. Deutliche Flimmerhaare fand auch Kölliker schon bei manchen Akalephen, wo die Otolithen ebenfalls oscilliren, bei Pelagia, Cassiopeia, Fihizostoma und Oceania, doch erwähnt er nichts von einer ähnlichen Anordnung derselben, wie wir sie beobachtet haben. Völlig bewegungslos sind dagegen die Otolithen bei Geryonia , die, wie auch Will schon angiebt und wir es immer fanden, in einer bogenförmigen Fveihe an der äufseren Wand der Gehörbläschen gelegen sind. Wahrscheinlich hat diese Lage in einer bestimmten Anordnung ihren Grund, und schien es uns, als ob ein jeder Otolilh von einer besonderen sehr zarten Zelle getragen und zum Theil darin liineingesenkt wäre. Ein Nervensystem, wie es Grant u. A. bei Cydippe beschrieben haben, konnten wir ebenso wenig auffinden, als Milne Edwards und Will. Dagegen müssen wir mit diesen Forschern einen kleinen ganglionären Knoten im hinteren Ende des Leibes, dem das Gehörwerkzeug aufsitzt, als einen Nervenknoten betrachten Zweifelhafter sind wir über die Bedeutung einer Anzahl gelblicher, fast linsenför- miger Körnerhaufen geblieben, die bei Geryonia der Basis der einzelnen Gehörbläs- chen anliegen und auch schon von Will beobachtet sind. Deutliche Ganglienkugeln konnten wir ebenso wenig unterscheiden, als abgehende Nerven. Auch schienen die einzelnen Häufchen in ihrem ganzen Umfange nicht scharf genug von dem an- liegenden Körperparenchym abgegrenzt zu sein, als dass mau sie mit Bestimmtheit für besondere isolirte Gebilde, besonders als Ganglien hätte erklären können. ') Froriep's Neue Notiz. 1843. N. 534. S. 82. Einiges über den Bau des Priapulus caudatus. Um die Gasse der Echinodermen nicht ganz leer ausgehen zu lassen, füh- ren wir einige Beobachtungen über obiges Thier hier an, welche wir an einem wohl erhaltenen Spiritusexemplare, das sich unter den Vorrathen des hiesigen phy- siologischen Institutes befand, angestellt haben. Der Priapulus caudatus Lam. gehört bekanntlich zur Ordnung der Sipun- culiden, einer Gruppe von Echinodermen, welche als Uebergangsformen zu den Würmern das Interesse der Zootomen am meisten erregen, aber gerade am we- nigsten gekannt sind. Das über ihn vorliegende anatomische Material ist gering. Mit Ausnahme der schon vor langer Zeit von J. Rathke ') mitgelheilten Angaben ist unseres Wissens noch kaum etwas Erhebliches weiter publicirt worden. Es möge daher gerechtfertigt sein, dass wir unsere unvollständige Zergliederung der Oeifentlich- keit übergeben. Wenn man den Priapulus mit Aufmerksamkeit betrachtet, so geräth man alsbald in Verlegenheit, welches Ende als vorderes, und welches als hinteres an- zusehen ist 2). Bekanntlich gilt der allgemein verbreiteten Annahme nach das eicheiförmige Körperstück für den Yordertheil, wahrend man in dem andern, den sonderbaren Anhang tragenden Theil das Körperende sieht. — - Allein, ist diese Annahme die richtige? Wie man weifs, sind auch bei anderen Formen hier Irr- thümer vorgefallen. Es ist dieses namentlich tüchtigen Forschern mit der Gattung Sternaspis begegnet. Bei der wechselnden Körpergestalt der verwandten Thiere, wie Echiurus, Thalassema, Sternaspis kann der Anblick des Körpers hier nicht wohl etwas ent- scheiden. Man wird daher an die Lebensweise und die Lage der Organe gewiesen. Die über die Lebensart unseres Thieres veröffentlichten Angaben sind nicht zahlreich. Den Bemerkungen von O. Fabricius 3) und J. Rathke 4) nach ') Vergl. 0. F. Müller. Zoologia Danica Vol. IV. p. 18. nebst Angaben von Abilgaard und Vabl. !) Eine Verlegenheit, welche schon Linne fühlte. Syst. Kat. 1091. 3) Fauna groenlandica p. 356. 4) L. c. 41 würde allerdings die ältere Annahme die richtige sein. Letzlerer sagt: „Qui animal vivum inspexit, vix negabil partern glandiformem anteriorem esse dicendam et aperturam in apice hujus partis os esse armatum dentibus liicuspidalibus tn- curvis. - — Dum cuniculos in arena facit, vix corpore profundiores, partern glandiformem protrudere et retrahere videtur et denique tranquillum in cuniculo jacet fasciculo tarnen caudali eminente." Wir müssen gestehen, trotz dieser \ er- sicherungen sind uns die früheren Zweifel geblieben, um so mehr, als auch Otto J) bei Betrachtung des lebenden Sternaspis sich getäuscht hat, wie Krohn nachwies 2). Sehen wir daher, wie weit die Zergliederung hier entscheidet 3). Der Körper wird von einer ziemlich festen, sehr feine Längs- und Quer- fasern zeigenden Haut bedeckt. Ihre Anhängsel, Spitzen und Haken, sind schon genau in der Zoologia üanica, ebenso bei 0. Fabricius4) und Forbes 5) be- schrieben , weshalb wir sie übergehen. Auffallend ist die starke Entwicklung der Musculatur. Schon die Lebens- weise, soweit sie uns bekannt 6), lässt etwas der Art vermuthen. Wir finden auch bereits einige dahin bezügliche Angaben bei J. Fiathke 7). Er drückt sich hierüber folgendermaßen aus : „Ligamentum musculare longitudinale per cutem pellucet. — Cute longitudinaliter dissecta plura conspiciuntur ligamenta, quibus intestina corporis cavitati annecluntur", was wir beides auf Muskeln zu beziehen geneigt sind. Dicht der Haut anliegend kommt eine ansehnliche Muskelschicht vor, welche sehr an die des Sipunculus, wie sie Grube 8) beschreibt, erinnert und ebenfalls aus Längs- und Querbündeln besteht. Die Querfasern liegen zu äufserst und umgeben ringförmig den Körper. Sie sind ziemlich breit und flach, nur in der Mitte etwas dicker und durch kurze Abstände von einander getrennt. In der vorderen Körperpartie sind sie am stärksten und nehmen im hinteren (eicheiför- migen) Theile an Stärke beträchtlich ab. Nur an dem After sind sie wieder stärker entwickelt, um hier eine Art von Sphincter darzustellen. An der Ueber- gangsstelle beider Körperabtheilungen erlangen sie die gröfsste Mächtigkeit und stel- len hier breite und kräftige Bänder dar. — Die Längsmuskeln liegen nach innen. Sie bilden eine ziemliche Anzahl leislenförmiger Bündel. An der hinteren Kör- ■) Nova Acta Leopold. Vol. X. S. 619 «) Müller's Archiv 1842. S. 426. 3) Um verständlich zu bleiben, bemerken wir gleich hier, dass wir den Körper gerade umgekehrt auf- fassen, was wir weiter unten zu rechtfertigen hoffen. 4) Fauna Groenlandica p. 355. 5) A history of british Starfishes p. 257. 8) Fauna Groenl. p 356. 7) L c. 8) Müller'» Archiv 1837. S. 240. 42 perpartie hören sie auf, um einer anderen Anordnung Platz zu machen. Man trifft in diesem Theile nämlich eine zahllose Menge ganz dünner, aber fester Längsmuskeln, welche alle an der Aftergegend ihren Ursprung nehmen und sich am Uebergange in das vordere Körperstück an die eben erwähnten Quermuskeln befestigen. Von ihnen werden die Bewegungen des eicheiförmigen Leibesendes, das vollständige Einstülpen desselben, von welchem Fabricius und Forbes spricht, bewirkt. Doch sind sie nicht die einzigen Muskeln dieses Theiles. Man findet näm- lich aufserdem zwei Arten noch stärkerer Relracloren. Die einen von ihnen, welche wir Retractores longi nennen wollen, entspringen als 6 Stämme breiter und flacher Bündel etwa am ersten Drittheil des Körpers, in gleichen Ab- ständen von der ganzen Peripherie. Man sieht sie deutlich von den Längsmuskeln der Haut abtreten. Nach hinten verschmälern sie sich sehr beträchtlich, bis sie zuletzt als feine und rundliche Stränge an der Aftergegend sich inseriren. Mit ihnen eine gleiche Insertion haben die Retractores breves. Sie sind aber viel kürzer und nehmen etwa von der Mitte des Körpers ihren Ursprung. Ihre Zahl ist auf zwei beschränkt. Ausnahmsweise scheint auch eine Theilung der Muskeln früher oder später vor ihrer Insertion stattzufinden. So war bei unserem Exemplare der eine Retractor brevis gespalten , der andere nicht. Die beiden Aeste inserirten sich aber dicht neben einander. Histologisch untersucht zeigen die Muskeln interessante Differenzen. Sie erscheinen als lange steife Fasern von verschiedener Dicke. Die der Haut sind so fein, dass sie an Bindegewebe erinnern, die der freien Muskeln erreichen yi25, Vi oo» ja selbst yro"' und bestehen wahrscheinlich noch aus feinen Primitivfibrillen. Die bei weitem überwiegende Zahl der Bündel der freien Muskeln erscheint glatt, einige zeigen aber deutliche Querstreifung. Dagegen erscheinen die Ringsmuskeln der Aftergegend mit den schönsten Querlinien, sowie man sie nur bei Insecten wahrnehmen kann. Einfach sind die Verdauungsorgane beschaffen. Im Wesentlichsten waren sie schon Rathke bekannt. Er sagt über dieselben Folgendes: „Circa aperturam dentatam os dictam faux dilatatur et cingitur glandulis, adeo ut angulata appa- reat, ubi quoque nervi conspiciuntur plures. Ventriculus arena plenus erat et glan- dula laterali instructus 1). Canalis intestinalis parum flexus versus anum descendit, ubi porus analis conspicitur." Dieser Porus analis, welcher der Mund ist, liegt an der Basis des sonder- ') Was hierunter verslanden wird , ist uns nicht klar geworden. 43 baren Anhanges und erscheint ziemlich fein. Von ihm nimmt etwas verengt ein mäfsig weiter Darmkanal seinen Ursprung, welcher in unserem Exemplare in Et- was die Körperlange übertraf und mit einigen schwachen Biegungen durch den Körper verlief. V\ ir konnten an ihm vier verschiedene Abtheilungen unterscheiden. Die erste hat ungefähr ein Viertel der Körperlänge, ist sehr dünnhäutig und ganz durchsichtig. Sie zeigt eine Menge kleiner Ausbuchtungen, daher ein höckeriges Ansehen. Ihre Haut enthielt sehr feine Längs- und Querfasern, an ihrer Innen- seite eine aus braunen Massen bestehende, aber nur stellenweise noch erhaltene Drüsenschicht. Viel derber ist die zweite Abiheilung. Sie zeigt in ihrer Mem- bran starke Quer- und Längsmuskeln, histologisch denen der Haut ähnlich. Die ganze Innenfläche ist mit einer braunen Drüsenschicht belegt. Sie übertrifft an Länge etwas die erste, aus der sie mit einer Einschnürung ihren Anfang nahm. Die dritte Abtheilung des Darmes übertrifft ebenfalls die vorhergehende etwas an Länge. Sie ist wieder sehr dünnhäutig, wenn auch nicht in einem so hohen (irade, als die erste. Der Endtheil des Darmes entspringt aus dem dritten mit starker Einschnürung. Er ist sehr kurz, aber ungemein musculös, starke Längsmuskeln, aber noch viel ansehnlichere Ringe von Quermuskeln darbietend. Die Afteröffnung ist ziemlich weit. Was den Inhalt des Verdauungsapparates betrifft, so fanden wir namentlich in der hinteren Körperabtheilung Contenta. Sie bestanden aus Sandkörnchen, aus dem Stücke eines Molluskengehäuses und aus kleinen rundlichen Körpern, welche eine doppelte Contour und im Inneren runde kleine Kügelchen enthielten. Ihre Bedeutung ist uns nicht klar geworden. Sie erinnerten am meisten an die Eier gewisser Entozoen, z. B. von Oxyurisarten. Es dürfte uns allerdings schwer fallen, aus diesem Baue des Verdauungs- apparates unsere Meinung zu begründen. Man kann hier mit demselben Rechte beide ganz differente Betrachtungsweisen anwenden, indem für Sternaspis l) ein Pharynx, für Echiurus und Thalassema 2) eine Kloake gefunden ist und man daher bei beiden Auffassungsarten um ein Beispiel nicht verlegen wäre. Dagegen scheint uns das Vorkommen einer Drüsenschicht in den beiden vorderen Abthei- lungen und der Mangel in dem hinteren grofsen Darmstücke von Wichtigkeit. Bei unserem Thiere, einem Weibchen, lagen an beiden Seiten des Anfangs- stückes des Darmkanales die Eierstöcke. Sie mafsen ungefähr ein Viertel der Körperlänge und erschienen als cylindrische, ockergelbe Drüsen. Auf die Ge- schlechtsorgane bezieht sich die Notiz der Zool. Dan.: „Circa anum aderant vi- l) Krohn a. a. 0. «) Forbes und Goodsir in Froriep's Neuen Not. N. 392. 0 44 scera dua striata striis transversalibus elevatis, quae Ovaria nondum adulta esse mihi visa sunt ." An ihrer Aufsenseite waren sie durch ein Mesenterium an die Körperwand befestigt. Das Gewebe desselben war aus maschenartig mit einander verbundenen Faserbündeln gebildet und erinnerte ganz an die Strucfur, welche die Mesenterien der Holothurien zeigen. Jedes Ovarium bestand aus einer sehr zahlreichen Menge einzelner Läppchen. Da diese sehr tiefen Einschnitten ihre Entstehung verdanken, da sie ferner von den Seiten sehr comprimirt sind, so erscheinen sie in senkrechter Stellung auf der Achse fast wie die Blatter eines Buches. Sie sind in zwei Reihen vorhanden, weil die Mesenterialplatte sehr tief in die Drüse herabragt. Auf der inneren Seite der Drüse, dem Mesenterium gerade gegenüber, befindet sich der Oviduct. Er stellt einen ziemlich weiten Kanal dar, welcher bis zur Spitze des Eierstockes reicht und immer mehrere Läppchen desselben zugleich mit einem ganz kurzen Ausführungsgange auf- nimmt. Nach vorn zu erweitern sich beide Eileiter beträchtlich und münden getrennt zu den Seiten des Darnies. Doch ist es uns nicht möglich gewesen, äufserlich die Oeffnuugen aufzufinden. Die Oviducte haben ziemlich musculöse Wände, so dass sie beim Anschneiden nicht collabiren. In dem einen Ovarium waren die Eier vortrefflich erhalten. Sie zeigten sehr verschiedene Gröfse. Die kleinsten mafsen %0 und V60'", die gröfsten VV". Bei weitem die Mehrzahl hatte V50 — >/+0'". Sie scheinen daher keine sonderliche Gröfse zu erreichen. In allen gewahrte man ein deutliches Keimbläschen-. Es hatte im Mittel VW", in gröfseren Eiern y70'", in den kleinsten selten eine viel geringere Gröfse. Der Keimfleck ist einfach, wie ein Fetttropfen erscheinend. Er hatte V300 — VW" im Durchmesser. Der Dotter stellt eine feinkörnige, braun- gelbe Masse dar und wird von einer ziemlich zarten Haut umschlossen. Die Lage der Geschlechtsorgane scheint uns vom gröfsten Belange. Wenn man bedenkt, wie trotz aller Differenzen im Allgemeinen doch in einer jeden der fünf Ordnungen der Echinodermen die Lage und Ausmündung der Geschlechtsorgane die nämliche bleibt, so würde bei der älteren Betrachtungs- weise die Gattung Priapulus unter allen Echinodermen allein sich diesem Gesetze entziehen; ein unserem Bedünken nach so auffallendes Verhältniss, dass hier nur die gewichtigsten Gründe die ältere Ansicht von dem Vorne und Hinten des Pria- pulus rechtfertigen könnten. Solche existiren aber in Wirklichkeit gar nicht. Es wäre nun durch Auffindung des Nervensystemes die ganze Sache mit einem Male abgethan. Dieses ist uns leider nicht geglückt. Doch glauben wir ein kleines zweiknotiges Ganglion auf dem Anfange des Nahrungskanales gesehen zu haben. 45 Von Gefäfsen finden sich zwei Stämme an der Ober- und Lnlerfläche des Darmes. Es werden nämlich an beiden Stellen Mesenterien, die der Mitte des Darmkanales angehören, bemerkt, an deren freiem Rande ein Gefäfsstamm liegt. Dieser ist hier mäfsig weit, verdünnt sich aber bald und tritt nach dem Auf- hören des Mesenteriums auf die Darmwand selbst, auf welcher er als feines Fädchen bis an das Körperende verfolgt werden kann. Nach vorn sahen wir das Gefäfs der Rückenfläche sich dichotomisch theilen. Auf das Gefäfssystem bezüglich findet sich in der Zoologia Danica die Stelle: „Rubedo, quae est in medio corporis et versus caudam e viscere per cutem pelluscente oritur. Motum hujus visceris ab ore versus caudam et vice versa vidi." Die Körperhöhle, welche nur in ihrer vorderen Abtheilung ein Peritoneum zu besitzen scheint, war mit einer weifslichen Masse erfüllt. Diese bestand aus runden Zellen, welche yi70, Vi+oi Vi2s"' mafsen, körnigen Zelleninhalt und einen einfachen oder doppelten Kern besafsen. Waren es vielleicht Chyluskörperchen nach Art mancher Anneliden ? Hinsichtlich des sonderbaren am Kopfende befindlichen Anhanges konnten wir kein Resultat erhalten. Wir vermuthen in ihm eine Kieme, nur keine After- kieme, wie man wollte, sondern eine Kopfkieme. Anatomie des gemeinen Pfahlwurmes, Teredo navalis L. Unter den zweischaligen Muscheln giebt es nur wenige Arten, welche in dem Maafse die allgemeine Aufmerksamkeit nicht nur der Naturforscher, sondern auch der Laien in Anspruch genommen haben, wie der „übelberüchtigte" Pfahlwurm, der in grofser Menge an unseren europäischen Küsten vorkommt und durch die Zerstörung der Hafenbefestigungen oft schon einen erheblichen Schaden angerichtet hat. Bekannt sind in dieser Hinsicht die grofsen -Deichbrüche an der holländi- schen Küste (im Jahre 1730), die allein durch diese Zerstörungen herbeigeführt waren. Dass übrigens das Thier, wie man wohl vermuthet hat, erst durch die Schifffahrt aus der heifsen Zone, vielleicht aus Indien, in unsere Gegenden ge- schleppt sei , enlbehrt jeder Wahrscheinlichkeit und wird dadurch hinreichend widerlegt, dass wir desselben schon von den ältesten Schriftstellern und nament- lich ganz unverkennbar von Plinius (als Teredo xylophaga) erwähnt finden und es auch petreficirt an mehreren Stellen in den europäischen Tertiärformationen beobachtet ist. Der anatomische Bau des Pfahlwurmes ist in mehrfacher Beziehung noch dunkel. Die Angaben von Sellius1), Home2), Delle Chi a je 3) und Des Hayes4), die einzigen, welche wir darüber besitzen, haben einen sehr ungleichen Werth und widersprechen sich in manchen Punkten. Aus allen aber geht her- vor, dass die Organisation in vieler Beziehung von der der übrigen ßivalven, selbst der Pholaden, denen unser Thier noch am nächsten verwandt ist, abweicht. Um so angenehmer musste es uns sein , dass es uns in Cuxhaven gelang, einiger dieser Mollusken , deren Spuren wir in dem zerstörten Pfahlwerke des ') Historia nalur. Teredinis seu Xylophagi mannt. Armhemiae 1753. (Oder: Neue gründlich historisch- physikalische Beschreibung der zur Ungebühr übel berüchtigten Holländischen See- und Pfahlwürmer. Nürnberg 1733.) s) Philosophical Transactions for 1806. p. 276. Observ. on the Shell of the Sea Worm with an account of the anatomy of Teredo navalis. ') Memorie sulla stör, degli animali senza vertebre del Regno di Napoli. T. IV. p. 21. Mem. su le Teredini. *) Annal. des scienc. nat. 1839. T. XI. Mem. sur la famille des Pholadaires. p. 247. 47 Hafens überall antrafen, habhaft zu werden. Sie wurden der anatomischen Unter- suchung geopfert und setzten uns denn auch in den Stand, jene verschiedenen Angaben zu prüfen und einige Irrthümer, die darin herrschen, aufzudecken. Selbst Home, dessen Untersuchungen die genauesten sind und in ihren Resul- taten am meisten mit den unsrigen übereinstimmen, ist nicht völlig davon befreit geblieben, wie im Laufe unserer Darstellung sich ergeben wird. Leider ist übri- gens auch unsere Untersuchung nicht ganz vollständig — ein Umstand, welcher in der geringen Anzahl der Individuen, die uns zu Gebote standen, seine Ent- schuldigung finden möge. Der lange, wurmförmige Körper unseres Thieres, der, wie bekannt, nur am vorderen Ende von zwei kleinen, nach der Bauchflache zu schief abgestutzten und klaffenden Schalen bedeckt wird, bildet einen überall geschlossenen Cylinder, der dadurch zu Stande kommt, dass die beiden seitlichen Mantel läppen, von denen der Körper aller Lamellibranchiaten äufserlich bedeckt wird, hier der ganzen Länge nach und völlig mit einander verschmolzen sind. Selbst die zum Durch- tritt des Fufses bestimmte vordere Oeffnung im Mantel, welche überall sonst bleibt und auch da (z. B. bei Pholas) gefunden wird, wo die Vereinigung der Mantel- lappen eine fast ebenso grofse Ausdehnung hat, wie bei unserer Teredo, ist hier verschwunden, da der Fufs nur sehr rudimentär ist und durch eine blofse Du- plicatur der aufseien Bedeckungen und eine stärkere Entwicklung des Muskel- gewebes in denselben gebildet zu sein scheint. Er hat beinahe die Gestalt eines Saugnapfes und liegt am vorderen abgestutzten Körperende zwischen den beiden gerade hier weit klaffenden Schalen. Aeltere Beobachter, denen die morpholo- gische Bedeutung dieses Gebildes unbekannt war, haben dasselbe meistens als Rüssel (proboscis) angesehen und bezeichnet. Der Mantel umschliefst auch bei Teredo, wie bei allen übrigen Blattkiemern, zwei von einander getrennte Höhlen, deren eine die Kiemen enthält, während die andere alle übrigen Eingeweide in sich fasst. Darin nur findet sich bei Teredo ein Unterschied, dass die Kiemenhöhle nicht, wie es sonst der Fall ist, die Eingeweidehöhle einschliefst, sondern dahinter gelegen ist. Eine unmittelbare Folge dieser Anordnung, welche durch die ganze wurmförmige Gestalt des Kör- pers bedingt wird, ist nun der Umstand, dass die äufsere Umhüllung der Einge- weidehöhle, der Eingeweidesack, mit dem Mantel in Berührung kommt und damit verschmilzt. Das einzige Fiudiment desselben ist eine sehr zarte Querscheidewand, welche die Eingeweide von den Kiemen trennt. Der Eingeweidesack ist im Verhältniss zu der Kiemenhöhle nur kurz. Er erfüllt etwa den vorderen Drittheil des Körpers, einen Theil, den man übrigens 48 vom morphologischen Standpunkte aus allein als Körper bezeichnen kann, indem der ganze übrige Theil den beiden mit einander verschmolzenen, röhrenförmi- gen Fortsetzungen des Mantels (siphones) entspricht, die auch in anderen Fallen eine sehr beträchtliche Entwicklung zeigen und hier nur wegen der geringen Dicke des eigentlichen Körpers als dessen unmittelbare Fortsetzungen erscheinen. Dass diese Deutung, die auch von Des Hayes schon ausgesprochen ist, richtig sei, wird durch die ganze Anordnung des entsprechenden Theiles bestätigt, und dadurch, dass er im Inneren durch eine quere Längsscheidewand, die allerdings nur sehr zart ist , in zwei über einander gelegene Röhren getheilt wird — wie es unter ähnlichen Verhältnissen überall vorkommt. Die untere, dieselbe, welche bei Teredo die Kiemen enthält, ist die Piespirationsröhre, während die obere die Kloakenröhre bildet. So viel von den morphologischen Verhältnissen unseres Thieres. Auch der anatomische Bau der einzelnen Systeme bietet mehrere sehr interessante Differenzen von der gewöhnlichen Anordnung dar. Die äufseren Bedeckungen des Thieres bestehen aus einer Menge sehr grofser, glasheller und kernloser Zellen, die ganz auffallend den merkwürdigen zelligen Elementen der Körperhülle von Phallusia und anderen Ascidien gleichen und in einer dicken Schicht die äufsere Fläche des Mantels überziehen, dessen Muskelgewebe vorzugsweise aus querverlaufenden, ringförmigen Fasern gebildet wird. Was die Structur des Nervensystemes anbetrifft, so scheinen bei Teredo dieselben drei Ganglienpaare vorhanden zu sein, welche überall bei den Lamelli- branchiaten vorkommen. So müssen wir wenigstens nach der Analogie mit diesen Thieren um so eher vermulhen, als es uns gelungen ist, zwei Ganglienpaare bei Teredo aufzufinden, welche durch ihre relative Lage und die \ ertheilung der davon ausgehenden Nerven bei den Blattkiemern ihre Repräsentanten finden. Die Ganglien, welche sich unseren Untersuchungen entzogen haben , sind die oberen Schlund- oder Hirnknoten. Sie liegen übrigens wahrscheinlich, wie bei allen verwandten Thieren , als zwei nur durch eine quer über den Anlangstheil des Oesophagus hinweglaufende Brücke verbundene Ganglien zu den Seiten des Mundes und dicht vor dem Schliefsmuskel der Schalen. Ganz in der Nähe, in der Medianlinie des Ful'ses, nicht fern vom vorderen Rande desselben, findet sich das Fufsganglion, welches einfach ist, wie bei Anadonta, Trichogonia u. s. w., und nur von den äufseren Bedeckungen überzogen wird, so dass es durch diese hindurchscheint und schon bei einer äufserlichen Betrachtung als ein heller Punkt sich bemerklich macht. Es hat eine viereckige Form und entsendet von seinen Ecken je einen Nerv, des- sen Verlauf wir übrigens nicht weiter verfolgen konnten Viel gröfser und an- 49 sehnlicher sind die Kiemenganglien (Tab. I. Fig. 7. a.), die am unteren Ende der Geschlechtsdrüse hinter den Respirationsorganen dicht neben einander liegen, aber nicht verschmolzen sind, wie" es sonst wohl und auch bei Pholas der Fall ist und um so eher zu erwarten war, als die Kiemen in ihrer völligen Ausdehnung mit einander zusammenhangen. Die Nerven, die in ihnen wurzeln, sind zum Theil wenigstens sehr ansehnlich. Einer derselben tritt nach vorn an die Geschlechts- drüse. Ein zweiter verlauft an der Rückenfläche des Mantels neben dem äufseren Rande der Kieme und lässt sich als ein feiner Faden sehr weit nach hinten ver- lolgen. Es ist dieser derselbe Nerv, der auch bei anderen Siphonophoren eine sehr ansehnliche Entwicklung erreicht und nach den schönen Untersuchungen von Rlanchard >) gewöhnlich (auch bei Pholas) in eine Reihe hinter einander ge- legenen Knötchen anschwillt, von denen wir indessen bei Teredo keine Spur ge- funden haben. Ein dritter Stamm endlich tritt an die Kiemen. Ilintei dem Fufse, zwischen ihm und dem grofsen Schliefsmuskel der Scha- len, liegt die Mundöffnung, eine kleine Querspalte, neben der, wie gewöhnlich, die Labialpalpen anhängen, welche hier (was Des Hayes schon angiebt) fast in ihrer ganzen Länge mit den Seitentheilen des Körpers verwachsen sind. Im In- neren der Mundhöhle, zu welcher jene Oeffnung den Eingang bildet, findet man unterhalb des Fufses ein kleines knorpliges Gebilde (ampulla vitrea s. glutinosa) von der Gestalt einer Keule oder einer sogenannten Glasthräne, mit der sie Sel- lius vergleicht, der dieselbe auch schon sehr genau abbildet. Welche Redeu- tung dieses Gebilde habe, ist uns unbekannt geblieben. Auch wissen wir nicht, in wieweit die Angabe von Home gegründet sei, dass sie dem Thiere beim Rohren einen Stützpunkt gebe, um welche dieses als einen Mittelpunkt sich drehe. Ein ähnliches Gebilde ist bisjetzt noch bei keiner anderen Lamellibranchiate nach- gewiesen worden; ein Umstand, der übrigens keineswegs gegen die Vermuthung spricht, als sei dasselbe ein Rudiment der bei den Gasteropoden so mächtig ent- wickelten und zu förmlichen Fresswerkzeugen metamorphosirten Epithelialgebilde des Pharynx. Auch in der Aehnlichkeit dieser Masse mit dem sogen. Krystallstil der Acephalen findet diese Vermuthung einige Stütze, zumal wir auch in diesem nichts weiter sehen können, als eine Magenbewaffnung, wie sie ebenfalls bei den Gasteropoden so häufig vorkommt. Der Oesophagus (Tab. I. Fig. 7. c.) , welcher den Anfangstheil des Ver- dauungskauals bildet, ist eine dünne Röhre von einer Länge, wie sie sonst vielleicht bei keinem Biattkiemer vorkommt. Ausgezeichnet ist sie auch durch das ') Annal. des scienc. nat, 1845 T. IV. p. 321. 50 Vorhandensein einer förmlichen Speicheldrüse (ibid. d.), die schon Home fand und Delle Chiaje sehr fälschlich für eine sogen. Polische Blase hielt. Sie be- steht aus zwei unregelmäfsig lappigen Haufen von kleinen Follikeln, die mit ge- meinschaftlichem Ausführungsgange in die Mundhöhle sich öffnen. Auch hierin unterscheidet sich Teredo von allen übrigen Lamellibranchiaten, vielleicht selbst — wenn wenigstens die Angaben von Vogt ') über das Vorkommen der Spei- cheldrüsen bei Lingula nicht bestätigt werden sollten — von allen übrigen Acephalen. Sehr eigenthümlich und ebenfalls abweichend von der gewöhnlichen An- ordnung ist der Bau des Magens, der an der Bauchseite des Thieres vor der Geschlechtsdrüse gelegen ist und sehr deutlich aus mehreren von einander ge- trennten Abschnitten besteht. Der erste derselben (ibid. f.) ist ein sehr langer und weiter Bhndsack (viscus subflavum maxiinum Seil), der an seiner Insertions- stelle sich halsartig verdünnt und im Inneren, wie schon Home es angiebt, durch eine Läugsscheidewand in zwei nur am unteren, blinden Ende mit einander com- municirende Röhren getheilt ist, ganz wie wir es auch unter den Gasteropoden bei Littorina gefunden haben. Neben diesem ersten Magen ist ein zweiter, viel kür- zerer und rundlicher Blindsack (viscus nigricans Seil.) gelegen (ibid. e.), der mit einer dichten Schicht von bräunlichen Leberfollikeln überzogen ist und dadurch, sowie durch seine Form dem einfachen Magen der übrigen Lamellibranchiaten zu entsprechen scheint. Frühere Beobachter und auch Home haben dieses Gebilde für eine blofse Leber ohne centrale Magenhöhle gehalten. Wo die beiden Magensäcke mit dem unteren Ende des Oesophagus sich vereinigen, nimmt der Darm (duclus nigricans Seil.) seinen Ursprung, der au seinem Anfangstheile zu einer länglich ovalen Höhle (ibid. g.), wie zu einem dritten Magen, sich erweitert. Lmschlossen von dieser Höhle ist der sogen. Kry- stallstil, der übrigens bei Teredo nur sehr uneigentlich diesen Namen trägt und in seiner Gestalt dem umschliefsenden Räume völlig entspricht. Der Darm (ibid. h.) ist ein dünner, überall gleichweiter Cylinder, welcher an der vorderen Fläche der Leber und des ersten Magensackes nach unten verläuft, bis er an dessen blindem Ende angekommen ist. Hier macht er eine schlingenförmige Windung und steigt dann auf dieselbe Weise an der hinteren Fläche des Magensackes, in eine mittlere Furche der Geschlechtsdrüse eingebettet, nach oben, bis an das vordere, von den Schalen bedeckte Leibesende, wo er eine zweite Schlinge bildet, die den grofsen Schaleumuskel umfasst. Hierdurch gelangt denn der Darm von der Bauchseile auf die Bückenseite des Thieres, auf welcher er, den äufseren Be- ■) Anatomie der Lingula anatina in den Neuen Denkschriften der allg. Schweiz. Gesellsch. für die ge- sammte Naturwissenschaft. Bd. VII. 51 deekungen dicht anliegend, eine Strecke weit in der Medianlinie nach hinten sich verfolgen lässt. Nach der von Home gegebenen Abbildung würde gerade dieses Darmstück sehr lanff sein und bis in das hintere Leibesende hineinreichen. Durch unsere Untersuchungen indessen haben wir uns überzeugt, dass dem nicht so sei. Es ist im Gegentheil sehr kurz und reicht nicht einmal bis in die Mitte des eigent- lichen Körpers. An seinem Ende zeigt der Darm eine kleine, plattgedrückte, keulenförmige Erweiterung. Im Inneren ist der ganze Nahrungskanal mit einem Flimmerepithelium ausge- kleidet, welches schon den genauen Untersuchungen von Sellius nicht entgangen war. Mit Leeuwenhoek glaubte dieser indessen die einzelnen constituirenden Elemente desselben für eine Menire kleiner Thiere hallen zu müssen, die nach ihm durch eine verschiedene Art ihrer Vereinigung alle einzelnen Organe von Teredo bilden sollten. Was den Circulationsapparat anbetrifft, so ist dieser, wenigstens in seinen Centraltheilen, schon durch Sellius und Home bekannt geworden. Um so mehr muss übrigens die Angabe von Des Hayes auffallen, dass der Ventrikel, wie gewöhnlich, vom Mastdarme durchbohrt sei. Es ist ein solches Verhalten bei Teredo nicht der Fall. Der Ventrikel (Tab. I. Fig. 7. c.) ist vielmehr unter dem- selben ganz frei auf der dem Bücken zugekehrten Fläche der Geschlechtsdrüse gelegen und erscheint als ein langes, spindelförmiges Gefäfs, welches vorn in eine dünne, nach dem Kopfende zu verlaufende Aorta sich auszieht, wahrend es an sei- nem hinteren Ende, wo es in der Medianlinie mit einer tiefen Längsspalte ver- sehen ist, zwei ebenfalls lange und spindelförmige Vorhöfe (ibid. k.) aufnimmt. Die letzteren sind die Fortsetzungen zweier Venae branchiales, die parallel neben einander von den Kiemen emporsteigen. Die erwähnten Gefäfse sind die einzigen, welche wir auffinden konnten. Wahrscheinlich sind sie überhaupt auch die ein- zigen, welche bei Teredo vorkommen Wandungslose Kanäle, die nach den treff- lichen Untersuchungen von Milne Edwards statt der Gefäfse in einer gröfseren oder geringeren Ausdehnung bei allen Mollusken sich vorfinden, glauben wir nur im vorderen Kopfende wahrgenommen zu haben. Dagegen bildet bei unserem Thiere die Bauchhöhle, die nicht oblitterirt ist, wie in den meisten Blattkiemern (auch u. a. nicht bei Mactra), einen ansehnlichen venösen Sinus, wie bei den Gasteropoden, aus dem das Blut wahrscheinlich direct in die Athmungswerkzeuge hineintritt. Organe, welche den Nieren oder sogen. Bojanus'schen Körpern der Lamellibranchiaten entsprächen, fehlen bei Teredo. Dagegen glauben wir die eigen- tümlichen, mit dunkeln Molekeln (von harnsaurem Ammoniak?) gefüllten Zellen, welche diese Gebilde überall auszeichnen, in dem schwärzlichen Belag der Vorhöfe erkannt zu haben, der auch von anderen Beobachtern bereits erwähnt ist. Fs ist 7* 52 uns diese Annahme um so wahrscheinlicher, als auch u. a. bei Ostrea eine ähn- liche Einrichtung sich vorfindet, indem nämlich hier jene Organe nur noch blofse, wenig selbstständige Anhänge des Vorhofes sind, und jene charakteristischen Zellen sich schon über den gröfsten Theil desselhen verbreitet haben Die Kiemen, über deren relative Lage wir schon oben das Nöthige erwähnt haben, bilden ein sehr ansehnliches Gebilde von bräunlicher Farbe (viscus oblon- gum, maximum, fuscum, in cauda situm Seil.), welches den gröTsten Theil des Leibes erfüllt und nach hinten auf die übrigen Eingeweide folgt Es besteht, wie bei fast allen Blattkiemern, jederseits aus zwei auf einander gelegenen Blättern, die aber hier nur sehr schmal und zu langen und dicken Wülsten umgewandelt sind. In der Medianlinie sind alle vier Kiemen mit einander verbunden, aber nicht blofs hinten, wie es auch sonst schon häufig der Fall ist, sondern in ihrer ganzen Ausdehnung. Die inneren Branchialwülste (Tab. I. Fig. 7. e.), dieselben Gebilde, welche Home für die Testikel gehalten hat, obgleich sie in jeder Bezie- hung mit den äufseren Kiemen übereinstimmen, sind kleiner und schmaler. Sie bilden zwei parallel neben einander hinlaufende Erhebungen an der Ventralfläche der äufseren Kiemen und sind durch eine tiefe Längsfurche von einander getrennt. Die äufseren Branchialwülste dagegen (ibid. m.) liegen in derselben Fläche. Sie sind in ihrem mittleren Theile am dicksten und verdünnen sich gleichmäfsig nach der Seite. An den Enden, wo die ganze Kiemenmasse sich verschmälert, über- ragen sie die inneren Wülste. — Die Structur der Kiemenwülste scheint im Allgemeinen mit der an diesen Theilen gewöhnlich vorkommenden Anordnung übereinstimmen. Schon bei oberflächlicher Betrachtung nimmt man in den ein- zelnen Wülsten eine sehr regelmäßige Querstreifung wahr, die, wie die nähere Betrachtung lehrt, durch eine Menge paralleler Quergefäfse hervorgerufen wird. Anastomosen zwischen ihnen fehlen. Das bräunliche Aussehen des Gebildes rührt von sehr zahlreichen kleinen Körnchen her, welche im ganzen Parenchym ver- breitet sind. Sellius und Delle Chiaje hielten die Kiemen für das Ovarium - — eine Annahme, die wahrscheinlich in dem Umstände ihren Grund hat, dass zwischen den Wülsten dieses Gebildes sich die Eier, wenn sie ihre eigentliche Bildungs- stätte verlassen haben, noch eine Zeitlang aufhalten und vielleicht sogar hier die ersten Stadien ihrer Entwicklung durchlaufen. Als Eierstock functionirt die auch von Home ganz richtig gedeutete, sehr ansehnliche Drüse (Tab. I. Fig. 7. n.), welche im eigentlichen Körper zwischen dem Nahrungskanale und den Centraltheilen des Gefäfssystemes gelegen ist und durch ihre helle Färbung leicht auffällt (materia allmla, pinguedini similis Seil). Schon 53 Sellius hat darin die primitiven Eier ganz richtig erkannt — nur ist er leider zum Theil gerade hierdurch zu der abenteuerlichen Hypothese verleitet worden, dass Teredo in allen seinen Organen Eier produciren könne ]). Delle Chiaje dagegen glaubte in dem betreffenden Gebilde eine Speicheldrüse zu erkennen. — Der Eierstock ist von cylindrischer Form, an der Dorsal- und Ventralfliiche etwas zusammengedrückt. In seinem vorderen Theile, welcher bis dicht an die Schalen heranreicht, besteht er ganz deutlich aus zwei seitlich an einander grenzenden Par- tien, die aber nach unten allmälig völlig mit einander verschmelzen. Unzählige, baumartig verzweigte Blinddärmchen, in denen die Eier producirt werden, bilden das Parenchym. Eileiter konnten von uns nicht aufgefunden werden. Vielleicht fehlen sie auch wirklich, und es fallen die Eier unmittelbar aus den Eierstocks- follikeln, von denen sie sich abschnüren, in die Kloakenhöhle. Das untere Ende des Eierstockes, das bis über den Anfangstheil der Kiemen hinabreicht, legt sich dicht an die äufseren Bedeckungen und adhärirt an diesen. Eine Oeffnung in- dessen, durch welche dasselbe hier etwa nach aufsen führte, fehlt, wie denn über- haupt derartige Oeffnungen nur in den beiden Analröhren und am vorderen Leibesende, wo der Mund gelegen ist, von uns wahrgenommen sind. Auffallend ist es, dass an dem unteren Ende der Eierstock noch mit einem anderen drüsigen Organe in Verbindung steht (ibid. o.), welches, den äufseren Bedeckungen dicht anliegend, als ein schmales, bandförmiges Gebilde, sich hinter dem Eierstocke in der Medianlinie des Rückens nach dem Kopfe- zu erstreckt. Von den früheren Untersuchern erwähnt seiner nur Sellius, als einer materia candidissima, die von ähnlicher Structur sei, wie der Eierstock, und damit auch zusammenzuhängen scheine. Welches übrigens die Bedeutung dieses Theiles sei, ist uns gänzlich unbekannt geblieben. Am wahrscheinlichsten ist es noch, dass er zu den mannichfachen accessorischen Anhängen des Geschlechtsapparates ge- höre, die freilich gerade unter den Acephalen bisher nur sehr einzeln beobachtet sind. Ein Hoden, für den man ihn ebenfalls wohl halten könnte, scheint er nicht zu sein; wenigstens haben wir darin niemals eine Spur von Spermatozoen wahr- genommen. Auch spricht der Umstand, dass wir unter den wenigen Individuen, welche wir untersuchten, keine Männchen fanden, nicht im Geringsten für die Ansicht, dass die Pfahlwürmer Zwitter seien, und gegen uns, die wir in ihnen zweigeschlechtige Thiere sehen, wie solche auch sonst unter den Lamellibranchiaten fast allgemein, verbreitet sind. ') Et inde clarescit „Teredinein marinain totam non esse, nisi Systema organorum generationis seu di- versis functionibus ad eundem finem ovulorum, pulo, infiniludinis formandae conspiranlium." L. c. §. 216. Zur Anatomie von Eolidia. In der neuesten Zeit ist man vorzugsweise durch Quatrefages' Unter- suchungen J) auf einige nacktkiemige Schnecken aufmerksam geworden, die sich in mehrfacher Beziehung sehr auffallend vor den verwandten Thieren auszeichnen und eben auf den Grund dieser Differenzen in einer besonderen Gruppe (als Phlebent eraten) zusammengestellt sind. Indessen haben die Angaben von Quatrefages mehrfachen, sehr entschiedenen Widerspruch gefunden und sind auch wirklich nicht immer ganz richtig und genau , wie sich im Laufe unserer Darstellung vom Bau der Eolidia papulosa L. ergeben wird. Zunächst gilt übri- gens dieser Ausspruch nur von den Beobachtungen 2) dieses Forschers über die Anatomie der Eolidina (Eolidia) paradoxum Quat., die freilich allen seinen An- sichten vori den Organisationsverhältnissen der Phlebenteraten zu Grunde liegt. Genauer sind schon in mehrfacher Beziehung die Angaben von v. Nordmann 3) über die anatomische Anordnung von Tergipes Edwardsii Nordm., aber mitunter durch eine verkehrte Deutung der betreffenden Theile entstellt. Wie bei allen Gasteropoden , so bestehen auch bei Eolidia die äufseren Bedeckungen aus einem ansehnlichen Lager zarter, rundlicher Zellen, die in ihren obersten Schichten zu einer homogenen Membran mit einander verschmelzen, in der man nur mit Mühe noch die constituirenden Elemente wiedererkennt. Aeufserlich trägt die Epidermis eine Bedeckung von kleinen Wimpern , die bei den verwandten Arten ziemlich allgemein vorhanden zu sein scheint und sowohl von Quatrefages als auch von v. Nordmann hier aufgefunden ist. Am deut- lichsten ist die Ciliarbekleidung an den schuppenarligen Rückenfortsätzen und den Fühlern. An der Sohle dagegen scheint sie zu fehlen. Unter der Haut liegen zahlreiche, nach allen Richtungen sich kreuzende Muskelfasern, die nur in den obersten und untersten Schichten einen bestimmten ') Annales des sc. natur. 1844. T. I. p. 129. Mein, sur les Gasternpodes phlebenteres. *) Ibid. 1843. T. XIX. Mem. sur l'Eolidine paradoxale. -<) Ibid. 1846. T. V. p. 109. 55 Verlauf einhalten und hier als Längsfasern, dort als Querfasern erscheinen. Am regelmäfsigsten ist diese Anordnung in der Sohle, wo überhaupt das Muskelgewebe am stärksten entwickelt ist. Auf dem Rücken, wo in der Medianlinie die schuppen- förmigen Kiemen fehlen, ist dagegen der Hautmuskelschlauch so dünn, dass die Eingeweide durchscheinen. Muskelfasern indessen sind immer noch sehr deutlich wahrzunehmen. Auch die Kiemenfortsätze entbehren derselben keineswegs. An ihnen erreichen vorzugsweise die queren oder ringförmigen Fasern eine beträcht- liche Stärke. Sie vermitteln die kräftigen peristaltischen Bewegungen, welche man an den Kiemen, selbst dann noch, wenn sie schon längere Zeit vom Körper ge- trennt sind, wahrnimmt. Das Nervensystem unserer Eolidia stimmt in der Anordnung seiner Centraltheile und in seiner symmetrischen Entwicklung mit den entsprechenden Partien der meisten übrigen Nudibranchiaten überein. Es unterscheidet sich vor- zugsweise dadurch von dem Bau desselben Systemes bei den beschälten Gastero- poden, dass die Ganglien des Schlundringes zu einer einzigen, zusammenhängenden und oberhalb des Oesophagus gelegenen Masse vereinigt sind. Schon Quatre- fages hat bei seiner Eolidina diese Organisation ganz richtig erkannt und sie mit den Angaben von Cuvier über Tritonia zusammengestellt, hat aber übersehen, dass eben diese Anordnung beiweitem der Mehrzahl der Nudibranchiaten eigen und für deren Charakteristik nicht ohne Werth ist. Sehr unwahrscheinlich ist schon hiernach die von v. Nordmann bei Tergipes beschriebene Anordnung des centralen Nervensystemes, wonach neben den oberen Schlundganglien auch untere vorkom- men sollen. Aufserdem streitet mit dieser Angabe auch die Lage der Gehör- werkzeuge, die, wie bei Eolidia u. a., mit den oberen Schlundganglien in Verbindung slehen, welches doch sonst nur da der Fall ist (ausgenommen ist- Carinaria, bei welcher die so sehr beträchtliche Länge der Seitencommissuren des Schlundhals- bandes eine solche Lage nothwendig gemacht zu haben scheint), wo untere Schlundknoten fehlen. In der Centralganglienmasse unserer Eolidia, die unmittelbar hinter dem Pharynx oberhalb des Oesophagus gelegen ist, unterscheidet mau (Tab. 1. Fig. 9. a.) drei Paare symmetrischer, eng mit einander verbundener Ganglien, zwei innere und ein äufseres Paar. Das letztere besitzt an seinem vorderen Rande noch einen kleinen, warzenförmigen Fortsatz, den man gewissermafsen als die An- deutung eines vierten Hirnknoten ansehen kann , zumal ein solcher in anderen Fällen auch wirklich vorhanden zu sein scheint. Ueberdies giebt Quatrefages von seiner Eolidina an, dass die äufsere Ganglienmasse wirklich aus zwei hinter einander gelegenen Knoten zusammengesetzt sei, wie die innere. Mag man nun 56 übrigens jenen Fortsatz als das Rudiment dieses Ganglion ansehen oder nicht, immer bleibt die äufsere Partie an GröTse und Entwicklung hinter der inneren zurück. Will man die hier zu einer einzigen Masse verbundenen Knoten auf die entsprechenden Theile bei den beschälten Gasteropoden reduciren, so muss man nach dem Verlaufe der daraus entspringenden Nerven die vorderen inneren Ganglien als Ganglia supraoesophagea s. cerebralia, die vorderen hinteren als Ganglia branchialia und die äufseren als Ganglia pedalia deuten. Die quere Nervenbrücke (ibid. b.), die unterhalb des Oesophagus beide Seitentheile des Hirns mit einander verbindet, entsendet überall keine Nerven. Alle wurzeln in den erwähnten oberen Schlundknoten. Ihre Zahl ist nicht unansehnlich und beträchtlicher, als bei Eoli- dina, obgleich im Allgemeinen ihre Anordnnug mit den von Quatrefages, wie es scheint, sehr genau geschilderten Verhältnissen übereinstimmt. Sehr ansehnlich sind die beiden Nervi tentaculares superiorcs, die überdies noch dadurch sich aus- zeichnen, dass sie in den Wurzeln der entsprechenden Gebilde, an welche sie herantreten, zu einem verhältnissmäfsig ziemlich ansehnlichen Ganglion anschwellen (ibid. d.), aus dem ein Bündel sehr feiner Nervenfäden hervorstrahlt. Eine ganz analoge Anordnung bemerkte v. Nordmann auch bei Tergipes, während Qua- trefages bei Eolidina einen ganz einfachen Verlauf der entsprechenden Nerven- stämme angiebt. Das sympathische System ist in seinem Kopftheile, wie bei der Mehr- zahl der Gasteropoden, aufserordentlich deutlich. Es besteht aus zwei ') kleinen, quer oblongen Knötchen (ibid. c), die dicht an einander grenzen und an der hinteren uud unteren Fläche des Pharynx gelegen sind. Nach aufsen sind sie beide noch mit einem anderen, viel kleineren Knötchen von rundlicher Form ver- bunden, welches dicht vor ihnen befindlich ist und die Bedeutung eines accessori- schen G. pharyngeum zu haben scheint. Der ganze Apparat, dessen Nerven übrigens nur eine geringe Entwicklung haben und sich allein im Pharynx ver- zweigen, steht nach hinten, wie gewöhnlich, mit dem vorderen Theile des Hirnes durch zwei parallele Nervenstränge in Verbindung. Der Abdomiuallheil des sym- pathischen Systemes ist nur wenig entwickelt. Er besteht ganz einfach aus den Nerven der sogen. Kiemenganglien, welche sich an den Eingeweiden verästeln, doch ohne hier irgendwo ein Ganglion zu bilden, wie in vielen anderen Fällen. Augen und Gehör b laschen liegen jederseits in der Furche zwischen äufseren und inneren Hirnganglien hinter einander. Die specifischen Nerven dieser ') Dass bei Eolidina, wie Quatrefages es anhiebt, wirklieb nur ein einziges unpaares G. pharyngeum vorkomme (wie bei vielen Pteropoden), wagen wir nach unseren Untersuchungen an Eolidia zu bezweifeln. Organe sind nur sehr kurz, wie in den meisten übrigen Nudibranchiaten, so dass die entsprechenden Gebilde unmittelbar der Oberfläche des Hirnes aufsitzen, und auch die Organe bei einer äufserlichen Betrachtung des Thieres nicht wahrge- nommen werden können. Eolidina dagegen hat nach den Beobachtungen von Quatrefages verhältuissmäfsig sehr lange Nervi optici, die in der Mitte ihres Verlaufes sich sogar zu einem länglichen Ganglion verdicken. Die Augen sind am weitesten nach vorn gelegen. Sie bestehen aus einer äul'seren, ziemlich dickhäutigen Sclerotica von sphärischer Gestalt, die einen ganz ebenso geformten dioptrischen Körper von ziemlich fester Beschaffenheit umschliefst. Eine Trennung in Linse und Glaskörper, wie solche bei den Pulmonaten u. a. Schnecken mit entwickelteren Gesichtsorganen vorkommt, scheint hier zu fehlen. Zahlreiche körnige Molekel von dunkelblauer Farbe umhüllen den hellen Kern nach allen Seiten und erstrecken sich sogar bis in die Scheide des Nervus opticus hinein, die continuirlich in die Sclerotica übergeht. Die Gehörorgane sind zwei ganz analoge dickhäutige Kapseln, welche eine oblonge Form besitzen und eine Menge von etwa 30 — 40 kleinen, eiförmigen Otolitheji enthalten, die sich sehr lebhaft bewegen. Bei Tergipes (nach Alder und Hancock ]) auch bei Eolidia olivacea und pallida) kommt im Gegensatze hierzu nur ein einziger, viel gröfserer und kugliger Otolith vor, wie bei den Lamellibranchiaten; eine Differenz, die übrigens auch sonst wohl bei anderen nahe verwandten Gaste- ropoden gefunden wird und von uns z. B. bei Trochus und Lh torin a beobachtet ist, von denen diese nur einen einzigen Gehörstein besitzt, während jener deren eine grofse Menge zeigt. Nordmann sah bei Tergipes ganz deutlich die Härchen, durch deren Action der Gehörstein bewegt wird, und die auch Kölliker2) bei einigen anderen Gasteropoden aufgefunden hat. Bei Eolidia dagegen sind unsere Untersuchungen in dieser Beziehung ohne Erfolg gewesen. Trotzdem tragen wir aber nicht das geringste Bedenken , auch hier den Grund der Oscillationen in solchen Gebilden zu suchen, die sich nur durch ihre Kleinheit unseren Nachfor- schungen entzogen haben. Sehr auffallend ist die Anordnung des Verdauungsapparates, die übri- gens von Quatrefages in den wesentlichsten Punkten missverstanden ist — was um so mehr zu bedauern, als gerade auf sie dieser treffliche Zoolom eine Menge physiologischer Hypothesen stützt, die jetzt natürlicher Weise fallen müs- sen. Doch davon später. Wollen wir vorher die anatomischen Verhältnisse ') Annales of nat. history 1843. T. XII. p. 233. 4) Vergl. Froriep's Neue Notizen Nr. 537. 58 dieser Theile, wie wir sie durch unsere Untersuchungen erkannt haben, ausein- andersetzen. Die Mundöffnung ist eine quere, von wulstigen Rändern begrenzte Spalte, die in den cylindrischen Pharynx (Tab. I. Fig. 10. a.) führt, dessen Wandungen vorzugsweise im hinteren stumpfen Ende durch die starke Entwicklung ihrer Muskelfasern sich auszeichnen. Im Inneren umschliefst der Pharynx, wie gewöhnlich, zwei Mandibeln und dazwischen die Pieibeplatte, die auf einer besonderen papillen- förmigen Hervorragung der Muskelmasse befestigt ist. Die ersteren sind von sehr beträchtlicher Gröfse und gleichen zweien schaufeiförmig gebogenen Blättern, deren vorderer freier Rand gezähnelt ist, während die ganze übrige Fläche nur einen Ansatzpunkt für die kräftigen Kaumuskeln darbietet. Die Reibeplatte ist kurz und besteht, wie bei allen Phlebenteraten, nur aus einer einzigen Längsreihe von queren hornigen Bögen, die mit zahlreichen, kammartig an der Wurzel verbun- denen Zähnen versehen sind. Der Oesophagus, der aus dem Pharynx seinen Ursprung nimmt, ist wenig bedeutend und erweitert sich nach kurzem Verlaufe in einen rundlichen Magen (ibid. b.), der in der Leibeshöhle ziemlich weit nach vorn gelegen ist und, wie überhaupt der ganze Verdauungskanal, nur sehr dünne und leicht zerreifsliche Wandungen besitzt. Im Inneren trägt derselbe eine dichte Ciliarbekleidung, die auch in den Darm hinein sich fortsetzt. Es nimmt dieser (ibid. c.) als ein verhältnissmäfsig nur kurzer Kanal an der rechten Seite des Magens seinen Ursprung und mündet nach einem ziemlich geraden \ erlaufe an der rechten Körperfläche, weit nach vorn und oben. Bis hierher nun bietet die Anordnung des Darmrohres eben keine sehr ab- weichenden Verhältnisse dar. Anders dagegen ist es mit einem neuen, eben- falls dem Verdauungskanale zugehörenden Theile. Das hintere Ende des kugli- gen Magens setzt sich nämlich in einen langen Blinddarm fort (ibid. d.), der allmälig sich verjüngend bis zur Spitze des Leibes hinabreicht. Jederseits ent- sendet dieser Anhang unter rechtem Winkel etwa neun oder zehn seitliche Aeste, die der Dorsalfläche des Hautmuskelschlauches angeheftet sind und in ihrem que- ren Verlaufe den entsprechenden Pieihen der Kiemenschuppen folgen. Die vor- deren dieser Aeste, die sich meistens auch nochmals spalten, sind die ansehn- lichsten. Auf allen sitzt eine Pieihe blind geendigter Divertikel (coeca ampulli- formia), welche sich in die einzelnen Kiemenschuppen hineinerstrecken (Tab. 1. Fig. 8- a) und in ihnen blind endigen, nachdem sie vorher sich erweitert und meistens auch mit einigen kurzen Verästelungen sich versehen haben. Sehr auf- fallend ist die dunkelbraune Färbung der Divertikel, welche von dem starken Epithelialbelag herrührt, der dieselben auskleidet. Eine Ciliarbedeckung schien 59 in ihnen zu fehlen, obgleich dieselbe in dem milderen Blinddarme noch sehr deutlich war. Eine Anordnung, wie die eben geschilderte, findet sich mit mehr oder minder grofsen Differenzen bei allen sogen. Phlebenteraten und ist bei Tergipes auch von Nordmann sehr richtig beschrieben. Delle Chiaje1) scheint der Erste gewesen zu sein, der sie (bei Aplysiopterus neapolitanus D. Ch.) entdeckte — wenn anders unsere Deutung nach der beigegebenen Abbildung richtig ist. Er selbst hält den entsprechenden Apparat für das Ovarium. Quatrefages sah darin einen verzweigten Darmkanal, weil er an dem hinteren Ende des Kör- pers, wo der Anhang blind sich endigt, eine Afteröffnung aufgefunden haben wollte. Den eigentlichen Darm hat er bei Eolidina (wie bei den übrigen Phle- benteraten) übersehen und sein Vorhandensein auch späterhin, nachdem schon AI der und Hancock die unrichtige Darstellung des Verdauungsapparates in sei- ner Arbeit gerügt hatten, noch geleugnet 2) Nach ihm sollten übrigens auch die cjueren Aeste des Magenanhanges, den er mit seinen Verzweigungen als ein Systema gastro-vasculare bezeichnet, jederseits noch durch einen Längskanal unter sich verbunden sein und somit ein förmliches Netzwerk bilden. Ebenfalls sollte ein Pharynx mit Mandibeln und Pieibeplatte fehlen — Alles Annahmen, die durch die Untersuchungen jener genannten Forscher nicht blofs, sondern auch durch die von Souleyet 3), Nord mann und von uns, welche völlig damit über- einstimmen , genug widerlegt sind. Der Behauptung von Quatrefages, dass das Systema gastro-vasculare (welches mit dem sogen, verzweigten Darmkanale der Medusen verglichen wird — ? — ) vorzugsweise zur Vermittlung der Bespiration diene, tritt Souleyet mit der An- sicht entgegen, dass dasselbe die Leber der Phlebenteraten sei und viel eher den Namen eines Systema gastro- biliare verdiene. Schon Qua trefages hatte früher die Function der Gallenabsonderung in die peripherischen Endigungen der Diver- tikel verlegt, die wegen der mächtigen Entwicklung ihres Epitheliums um so eher diese Ansicht hervorrufen mussten, als eine isolirte Leber den Phlebenteraten fehlt4), und doch sonst dieses Gebilde unter den MoJlusken überall verbreitet ist und überall sogar eine sehr gewaltige Entwicklung zeigt. Darin aber irrte Quatre- fages, dass er die Kanäle, in welche jene Divertikel münden, und auch sie selbst ') Mem. sulla stör. T. IV. p. 16. Tab. LI. Fig. VI. -) Ann. des sc. nat. 1844. T. I. p. 177. 3) Compt. rend. T. XIX. p. 355 und besonders Annais and Mag. of nat hist. 1844. T. XIV. p. 324. 4) Was v. Nord mann bei Tergipes als Leber beschreibt, ist ein Theil des Geschlechtsapparates, wie auch Milne Edwards schon in einer hierauf bezüglichen Note bemerkt hat. 8* 60 für blofse Darmverzweigungen hielt. Müssen wir auch diese seine Deutung ver- werfen, so können wir doch auf der anderen Seite nicht unbedingt der entgegen- gesetzten Ansicht beipflichten, welche den ganzen betreffenden Apparat für eine zerfallene und in ihre Follikel aufgelöste Leber hält. Wir glauben, dass die richtige Annahme in der Mitte liegt und stützen uns hierbei auf die Beobach- tungen von Meckel !) über den inneren Bau von Diphyllidia. Hier nämlich besteht die Leber aus zwei in den Seitentheilen des Leibes ffeleeenen, ansehnlichen Massen, die durch einen blinddarmf örmigen Anhang des Magens getrennt werden und in diesen jederseits etwa durch sechs isolirte, quere Lebergringe einmünden. Ganz analog ist nach unserer Meinung die Anordnung bei Eolidia. Die Divertikel im Inneren der Kiemen sind die Leberfollikel (hier nur noch mehr zerfallen und in geringerer Anzahl, als dort), die queren Kanäle, in welche sie münden, die Lebergänge und der mittlere Stamm des ganzen Apparates ein blinder Anhang des Magens, wie er auch bei verwandten Gasleropoden so häufig vorkommt. Bestätigt wird unsere Annahme durch den Umstand, dass man wohl bisweilen in jenem Blindsack Ueberreste von Nahrungsmitteln antrifft, niemals aber in den queren Aeslen, welche in denselben sich öffnen. Speicheldrüsen haben sich bei Eolidia unseren Beobachtungen entzogen. Wahrscheinlich sind sie nur kleine und einfache Blindschläuche, wie sie Qua- trefages bei Eolidina und v. Nordmann bei Tcrgipcs beschreiben und abbilden. So weit vom Bau des Nahrungskanales und von dessen sehr merkwürdigem Zusammenhange mit der Leber, einem Verhältnisse, auf welchem jedenfalls die gröi'ste Eigentümlichkeit in der gesamtsten Organisation der Phlebenteraleu beruht. Quatrcfages legt daneben noch ein grofses Gewicht auf die Unvoll- sländigkeit des Circula tionsappa rates, doch durch die ausgezeichneten Unter- suchungen 2) von Milne Edwards und Valenciennes, die schon von meh- reren Seiten her bestätigt sind und mit denen auch unsere eigenen an verschie- denen Seeschnecken gemachten Beobachtungen übereinstimmen, wissen wir jetzt-, dass jene Unvollständigkeit den Gasteropoden und selbst allen Mollusken ge- meinschaftlich ist. Der Eolidia fehlen, mit Ausnahme von zweien sehr zarten und kurzen Kie- menvenen, deren freie Oeffnungen mit der Leibeshöhle conimuniciren, alle venösen Geläfse. Sie werden zum Theil von der Leibeshöhle, in der das Blut, wenn es ') Vergl. Meckel's Archiv dir Anatomie 1826. S. 15. — Aeltere, zum Theil unrichtige Angaben finden sich im Deutschen Archiv für Physiologie. Bd. VIII. S 19. 2) Nouvell. observ. sur la constit. de l'appar. circulat. chez les Mollusq. in den Annal. des sc. nat. 1845. T. III. p. 308. 61 durch die Arterien in die verschiedenen Theile des Körpers geführt ist, sich sam- melt und die Eingeweide frei umspühlt, zum Tlieil aber auch von einem beson- deren Systeme wandungsloser Kanäle vertreten. Das Herz liegt in der Medianlinie des Rückens oberhalb der Insertionsstelle des mittleren , blinden Magenanhanges. Es ist von einem sehr zarten Pericardium umhüllt und zerfallt, wie gewöhn- lich, in zwei hinter einander gelegene Theile, von denen der vordere, wel- cher durch seine derbere Musculatur und seine birnförmige Gestalt sich aus- zeichnet, der Ventrikel ist. Das Atrium ist viel weniger entwickelt und entsteht überhaupt blofs durch die Vereinigung der beiden Kiemenvenen. Bei Eolidina sollen diese übrigens nach Quatrefages seitlich in den Ventrikel einmünden und so gewissermafsen zwei Herzohren bilden, wie bei den Lamellibranchiaten. Als Respirationswerkzeuge sind schon seit lange bei den Nudibran- chiaten besondere, verschieden gestaltete Fortsätze der äufseren Bedeckungen ge- deutet worden und sicherlich nicht mit Unrecht, wenn man dabei wenigstens es nicht unterlässt, auch der gesammten Hautoberfläche und den übrigen Verlänge- rungen derselben, wie vor allen den Tentakeln, einen gewissen Antheil am Alh- mungsprocesse zuzuschreiben. Bei Eolidia können wir solchen übrigens vielleicht noch am ersten aufser Acht lassen, da die Kiemen in sehr beträchtlicher Anzahl vorhanden sind und fast den ganzen Rücken bedecken. Sie sind lanzettförmige Blätter oder Schuppen (Tab. I. Fig. 8.), die in Querreihen neben einander stehen- Eine Höhle, die sie innerlich umschliefsen , communicirt mit der Bauchhöhle, aus der jene denn auch ganz einfach, ohne Vermittelung von Gefäfsen, das venöse Blut empfängt. Ist dieses hier nun eine Zeit lang der Einwirkung der atmosphä- rischen Luft ausgesetzt gewesen, und hat es dabei sich zugleich durch die Secretion der Galle, welcher es an demselben Orte vorsteht, gewisser Bestandteile ent- ledigt, so kehrt es, vielleicht durch eine Contraction der äufseren Kiemenwanduiig, wiederum in die Leibeshöhle zurück, um einer neuen Menge Blutes Platz zu machen. Der Annahme von v. Nordmann, wonach die sogen. Kiemen für die Respiration ohne alle Bedeutung seien, können wir nicht beistimmen, wenn wir auch immerhin zugeben, dass diese bei Tergipes, wo nur einige wenige Kiemen- blätter vorhanden sind, weniger beträchtlich sei, als bei Eolidia. Aufser den Leberfollikeln enthält die Höhle der Kiemenblätter noch an ihrer äufsersten Spitze eine kleine, birnförmige Kapsel (Tab. I. Fig. 8. b.), welche durch die weifsliche Färbung ihres Inhaltes schon dem unbewaffneten Auge auffällt und auch von Li n nee, O. Fr. Müller u. A. bereits erwähnt wird. Cuvier und Oken hielten dieselben, wenigstens bei Tergipes, für Saugnäpfe, die dem Thiere gestatten sollten, auf dem Rücken so gut, wie auf der Sohle sich fortzubewegen. 62 Quatrefages war der Erste, welcher dieses Gebilde einer mikroskopischen Untersuchung unterwarf. Er glaubte darin eine eiförmige Kapsel zu erkennen, deren dicke Wandungen eine Menge eigenthiimlicher, den Knochenkörperchen ähnlicher Gebilde enthielten und deren Höhle mit der der Coeca ampulliformia in Verbindung stände. Schon Alder und Hancock traten übrigens diesen An- gaben entgegen und zeigten, dass jene Kapseln in der Spitze der Kiemenanhänge nach aufsen mündeten und dass daraus sonderbare Stachelchen ausgeworfen würden, welche durch ihren elliptischen Körper und einen langen Haaranhang an die Spermatozoen erinnerten und vorzugsweise nur durch ihre Bewegungslosig- keit davon sich unterschieden. Auch Quatrefages selbst, der anfangs ') diese Angaben als unrichtig zu widerlegen suchte, hat späterhin 2) dieselben bestätigt und erkannt, dass jene Körperchen mit den sogen. Angelorganen der Actinien, Medusen, Synapten und Planarien völlig übereinstimmten3). Nordmann hielt bei Tergipes die betreffenden Gebilde für Schleimdrüsen und verglich den eigen- tümlichen körnigen Inhalt derselben mit den festen Körperchen in der Ex- cretionsdrüse der Trematoden. Nach den Untersuchungen, welche wir selbst Gelegenheit hatten anzustellen, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass Alder und Hancock ganz recht ge- sehen und dass die ausgeworfenen Körper, wie Quatrefages angiebt, Nessel- organe seien. Sie haben eine ansehnliche Gröfse, und der Faden, der schon bei mäfsigem Drucke aus ihnen hervorspringt, eine sehr beträchtliche Länge. Entleert werden sie durch den Druck, den die Wandungen der Kiemenanhänge bei einer stärkeren Contraction auf die Kapsel der Angelorgane ausüben. Das untere Ende der Kapsel ruht auf einem dünnen Ausläufer des in der Höhle der Kiemenschuppe sich verzweigenden Follikels, doch ohne dass eine sonstige Communication zwi- schen diesen beiden Gebilden und insbesondere, wie es Quatrefages früher angab, zwischen ihren inneren Räumen stattfände. Es scheinen übrigens analoge Kapseln auch noch in einigen anderen verwandten Nudibranchiaten, die ebenfalls mit Kiemenfortsätzen auf der Rücken- fläche versehen sind, vorzukommen. Es gilt dieses namentlich für Amphorina, wo die Abbildungen von Quatrefages4) in der oberen Spitze der Kiemen einen besonderen Raum zeigen, der einer solchen Kapsel im entleerten Zustande sehr ähnlich sieht. Was endlich nun noch die Anordnung des Generationsapparates von ') Annales des sc. nat. 1844. T. I. p. 173. ') Compt. rend. 1844. T. XIX. p. 806. 3) Annales des sc. nat. 1845. T. IV. p. 146. ') Ibid. T. I. PI. V. Fig. 6. 63 Eolidia anbetrifft, so haben unsere Untersuchungen erwiesen, dass eine Differenz mit den enlsprechenden Theilen der übrigen Nudibranchiaten, wie sie die An- gaben von Quatrefages und auch von v. Nordmann vermuthen liel'sen, in Wirklichkeit nicht vorhanden ist. Im Gegentheil stimmen die Geschlechtsorgane unseres Thieres in allen wesentlichen Punkten mit jenen überein, und bieten nur einige weniger beträchtliche Modificalionen einer Anordnung dar, die wir vor- zugsweise durch die schönen Untersuchungen von H. Meckel1) kennen gelernt haben. Die erwähnten Angaben von INordmann und besonders von Quatre- fages sind unvollständig und stützen sich auf eine sehr unrichtige Deutung der betreffenden Theile. Auch bei Eolidia findet sich , wie bei den übrigen hermaphroditischen Ga- steropoden, eine Zwitterdrüse (Tab. I. Fig. 11. a.) , die als eine compacte Masse von ansehnlicher Gröfse und weil'slieher Farbe, nach hinten zu sich allmälig verschmälernd, bei weitem den gröfslen Theil der ganzen Leibeshöhle ausfüllt. Trotzdem ist gerade dieses Organ von Quatrefages übersehen worden — ein Umstand, der allein darin seine Erklärung finden kann, dass die in Untersuchung gezogenen Individuen noch nicht geschlechtsreif oder doch wenigstens nicht brünstig waren, und somit denn auch die Geschlechtswerkzeuge nicht ihre gehörige Ent- wicklung zeigten. Mit dem gallenbereitenden Organe steht die Zwitterdrüse in keinerlei Verbindung. Sie ist, wie bei Clio, Diphyllidia und einigen anderen Gasleropoden, davon gänzlich getrennt, und ein völlig selbstständiges, aus einer grol'sen Menge von Follikeln bestehendes Gebilde. Die Follikel übrigens sind nicht unmittelbar zu einer einzigen, gleichförmigen Masse unter sich vereinigt, sondern bilden zunächst erst mehrere an einander grenzende und unter sich wiederum zusammenhängende Lappen. Ein ähnliches Zerfallen der Zwitter- ■&' jpp drüse findet sich auch bei Tergipes, nur ist hier die Zahl jener . Abtheilungen, und auch die der keimbereitenden Follikel viel geringer. Irregeleitet hierdurch hielt Nord mann die letzteren nach ihrem Inhalte bald für Eierstöcke, bald für Samentaschen , welche sich aber durch eine selbstständige Production von Spermatozoen auszeichnen sollten. Die Deutung dieser Gebilde als Hoden, die doch viel näher gelegen hätte und auch, wie schon Milne Edwards in einer Note zu dieser Stelle bemerkt, viel natürlicher gewesen wäre, ward verworfen, Idols weil Nord mann die männliche Keimdrüse in einem anderen Gebilde zu sehen glaubte. Der gemeinschaftliche Ausführungsgang der Zwitterdrüse (ibid. b), der aus ') Leber den (ieschlechtsapparat einiger htrmaphroditischer Thiere. Müllers Archiv. 1844. S- 4ö4. 64 dem vorderen Theile derselben hervorkommt, besitzt eine ansehnliche Weite. Nord mann hielt denselben für den Uterus, Quatrefages dagegen anfänglich für den Hoden, späterhin l) aber für das Ovarium. Er ist zu einem Knäuel zusammengewunden und führt, wenn man ihn weiter verfolgt, zur inneren Fläche der ansehnlichen, vor der Zwitterdrüse, zwischen dieser und dem Magen gelegenen Glandula uterina. Sobald er hier angekommen ist, verengert er sich, legt sich fest an die Drüse und läuft darüber in querer Richtung hinweg. Noch vor der Mitte nimmt er den kurzen Stiel einer rundlichen Blase (ibid. c.) auf, die ebenfalls an der inneren Fläche der Mutterdrüse gelegen ist, und die durch die dichtgedrängte Menge von Spermatozoen , welche sie enthält, sich als Sameublase zu erkennen giebt, wie eine solche auch in anderen Fällen, z. B. bei Helix, an derselben Stelle vorkommt. Nordmann, der die Mutterdrüse für die Leber hielt, glaubte in ihr eine Gallenblase zu erkennen. Wo der gemeinschaftliche Ausführungsgang in seinem Verlaufe die Mut- terdrüse durchsetzt hat , trennt er sich in das Vas deferens und den Oviduct. Ersteres (ibid. d.) besitzt eine sehr ansehnliche Länge und ist in zahlreiche, zu einem Knäuel zusammengerollte Windungen gelegt, die der Mutterdrüse eng an- liegen. Im Inneren ist es von einem Flimmerepithelium ausgekleidet. Bevor es übrigens mit dem Oviduct durch die gemeinschaftliche Geschlechtsöffnung nach aulsen führt, erweitert es sich plötzlich zu einem cvlindrischen Gange, in dessen Höhle eine kleine conische Hervorragung (ibid. c.) hineinragt. Diese ist der Penis, jene cyli ndrische Umhüllung das Präputium'. Das Vas deferens ist von Nordmann, der es mit Spermatozoen erfüllt sah, als Testikel angesehen. Es geht dieses wenigstens aus der Angabe hervor, dass derselbe mit der für die Leber gehaltenen Multerdrüse durch einen Kanal in Verbindung stehe. An der Stelle, wo Vas deferens und Oviduct sich trennen, mündet der kurze Ausführungsgang der Glandula uterina (ibid. f.), desselben parenchyma- tösen Gebildes, welches Quatrefages anfänglich für das Ovarium, später für den Hoden gehalten hat. Sie besitzt eine ovale Form und ist von beiden Seiten platt gedrückt. Man kann an ihr zwei Lappen unterscheiden, einen oberen und einen unteren, die durch den Ausführungsgang der Zwitterdrüse von einander geschieden werden und zugleich die Samenblase zwischen sich nehmen. Der obere ist der gröfsere. Die Drüse hat, wie gewöhnlich, ein helles, gallertartiges Aussehen. Nur da, wo an der inneren Fläche beide Lappen an einander stofsen, wird die Consistenz etwas stärker und die Farbe matter (ibid. h). Ob übrigens ') Ann des sc. nat. 1844. T. I. p. 134. 65 dieses kernartige Gebilde, das ebenfalls schon in anderen Fällen beobachtet ist, auch in seiner Function und Bedeutung von der übrigen Masse der Mutterdrüse verschieden sei, wagen wir nicht zu entscheiden. An der inneren Fläche der Mutterdrüse machen sich einige in einander greifende, geschwungene Gyri be- nierklich , die eine Faltung des entsprechenden Organes verrathen. Wenn bei vorsichtiger Behandlung eine völlige Ausbreitung der Masse gelingt, so sieht man ganz deutlich, dass dieselbe von einem plattgedrückten, breiten Blindsacke ge- bildet ist, dessen Wandungen sehr dick sind und eine Menge neben einander stehender, einfacher ürüsenschläuche enthalten. Der Oviduct (Ibid. g.) ist nur sehr kurz, doch ziemlich weit. Er entbehrt aller Angänge, selbst eines Recepta- culum seminis (Quatrefages will übrigens bei Eolidia solches unter der Form einer kurz gestielten Blase gefunden haben) und führt geraden Weges zu der gemeinschaftlichen Geschlechtsöffnung (Ibid. i.), welche ebenfalls vorn an der rechten Seite des Leibes, wie der After, zwischen den Kiemenschuppen versteckt, gelegen ist. Ueber den Bau von Polycera. Nicht ohne Interesse kann es sein zu sehen, wie weit die Trennung dieses Genus von dem nahe verwandten Gen. Doris, welche Cuvier mit gewohnter Scharfe nach den Verschiedenheiten des äufseren Habitus unternommen, auch in der anatomischen Anordnung der inneren Gebilde begründet ist. In dieser Absicht unternahmen wir auf Helgoland die Untersuchung der P. quadrilineata Müll., obgleich deren geringe Gröfse einer genaueren Beobachtung manche nicht ganz leicht zu überwindende Schwierigkeiten in den W eg legte. Was wir ge- funden haben, dürfen wir hier um so weniger vorenthalten, als, soviel wir wissen, über den Bau dieser Nudibranchiate überall noch Nichts bekannt ist. In die Hautbedeckung eingelagert sind, wie bei Doris, unzählige kry- stalle von kohlensaurem Kalk, die aber nur klein sind und die Form von Säulen oder Stäbchen besitzen, während sie bei Doris durch eine sehr ansehnliche Gröfse und eine Spindelform sich auszeichnen. Auf der äufseren Fläche trägt die Haut nicht nur an den Kiemen und Fühlern, wie es bei Doris der Fall ist, sondern über die ganze Fläche des Rückens verbreitet, eine dichte Ciliarbekleidung, die in derselben Ausdehnung auch von Alder und Hancock1) bei Moeliboea, von Nordmann bei Tergipes, von Quatrefages bei den Phlebenteraten wahrgenom- men ist und gewiss noch bei vielen anderen, besonders kleineren Nacktkiemern vorkommt. Die Centrallheile des Nervensystems (Tab. 1. Fig. 12.), die auch bei un- serer Polycera zu einer einzigen, oberhalb des Oesophagus gelegenen Masse ver- schmolzen sind, lassen noch — was bei Doris in dem Grade unmöglich ist — sehr deutlich die einzelnen constituirenden Ganglien erkennen. Man zählt deren jederseits drei, zwei innere, die unter einander liegen, und ein äufseres. Alle besitzen eine rundliche Gestalt und sind so ziemlich von derselben Gröfse. Unten wird der Schlundring, der den Oesophagus unmittelbar nach seinem Ursprünge ') Institut. 1843. p. 67. 67 aus dem Pharynx umfasst, von einer einfachen, queren Commissur geschlossen. Die Nerven, die von den Ganglien ausstrahlen, sind minder zahlreich und an- sehnlich, als bei Doris, scheinen aber im Allgemeinen dieselbe Anordnung und Verbreitung zu haben , wie dort. Mit dem vorderen Paare der inneren Knoten, welches den beiden G. cere- bralia der übrigen Gasteropoden entspricht, verbindet sich auf gewohnte Weise der Schlundtheil des sympathischen Systemes Die beiden Nervenstämme, welche diese Verbindung vermitteln, verdicken sich an der Wurzel zu einem kleinen, rundlichen Knötchen. Am hinteren Abschnitte des Schlundkopfes endigen dieselben in zwei etwas gröfseren Ganglien, welche beide durch eine kurze Quercommissur verbunden sind und eben jenen erwähnten Theil des sym- pathischen Nervensystemes bilden. Die von ihnen ausstrahlenden Nerven sind von keiner besonderen Gröfse und verbreiten sich in den Muskelschichten des Pharynx. Bei Doris (tuberculata) sind die entsprechenden Ganglien, welche eine quer ovale Gestalt haben und in der Medianlinie an einander stofsen, noch mit zweien kleineren, accessorischen Knötchen versehen, die von den analogen Gebilden bei Eolidia nur dadurch sich unterscheiden, dass sie an dem hinteren Rande gelegen sind, nicht an dem vorderen. Auch haben die Nerven dieser Gebilde eine viel mächtigere Entwicklung und lassen sich sogar auf dem Oeso- phagus bis in die Nähe des Magens verfolgen. In der Furche zwischen den äufseren und inneren Oberschlundganglien liegen bei Polycera die Sinnesorgane, dicht der oberen Fläche angeheftet. Die Augen sind, wie überall, die vorderen. Der von einem dunklen Pigment umhüllte Glaskörper scheint auch hier nur einfach und ohne Linse. In den Gehörbläschen, die eine ovale Form besitzen, finden sich sehr zahlreiche ') Otolithen. Wie in der Anordnung des Nervensystemes, so finden sich auch in der des Verdauungsapparates einige, wenngleich im Ganzen nur wenig be- deutende, Differenzen von Doris. Der Pharynx ist verhältnissmäfsig etwas kürzer und gedrungener und ohne Fvüssel, der dort, wenn auch nur wenig ansehnlich, doch ganz deutlich wahrzunehmen ist. Die Mandibeln, die zu den ') Sehr auffallend war es uns, dass wir in den Embryonen von Polycera, so lange diese wenigstens noch in der IVautilusschale enthalten waren und die beiden grofsen Flimmerlappen trugen, welche auch unsere Polycera in der Fötalperiode auszeichnen, immer nur einen einzigen, grofsen Otolithen fanden — nie mehrere, wie es doch in anderen Gasteropoden, z. B. bei Lymnaeus, Helix (vergl. H Fre\. über die Entwicklung der (iehörwerkzeuge der Mollusken in Wiegmann's Archiv 1845. Th. I. S.2I7.) schon in einer verhältnissmäfsig viel früheren Zeit der Fall ist. 68 Seiten der kurzen Reibeplatte im Inneren des Schlundkopfes liegen, zeigen eine nur sehr schwache Entwicklung. Der Oesophagus (Tab. I. Fig. 13. a.) ist verhält- nissmäfsig lang und dünn. Er führt in den länglich ovalen Magen (Ibid. b.), der in seinem Umfange, wie es auch noch bei einigen Arten Doris >) (ü. argo und limbata), sowie bei Clio 2) und Pneumodermon 3) der Fall ist, gleich mäfsig mit einer dicken Schicht von bräunlichen Leberfollikeln überzogen wird. Die hier- durch gebildete Masse ist von sehr beträchtlicher Gröfse und erfüllt den bei Weitem gröfsten Theil der Leibeshöhle bis an das hintere Ende. Der Darm (Ibid. c.) nimmt weit nach vorn aus der rechten Seite des Magens seinen Ursprung. Er ist nur sehr kurz und wendet sich in seinem Verlaufe bald nach der Rückenfläche, wo er in der Medianlinie zwischen den Kiemen nach aufsen führt. Speicheldrüsen, die bei Doris eine so beträchtliche Entwicklung erlangen und bei manchen Arten (z. B. I). tuberculata) sogar doppelt sind (wenn man anders die in ihrer Gestalt und Structur so beträchtlich differirenden Anhänge des Oesophagus beide für Speicheldrüsen halten will), scheinen bei Polycera fast gänzlich zu fehlen. Was wir von derartigen Gebilden auffanden, besteht in einem kurzen, S förmig gekrümmten Blinddärmchen, welches, wie es uns schien, unpaar war und sich unterhalb des buckeiförmig vorspringenden End- theiles des Pharynx in diesen einsenkte. Sehr charakteristisch ist für Polycera bekanntlich die Lage der Kiemen, die nicht mehr, wie bei Doris, am Hinlerleibsende stehen, sondern in der Me- dianlinie sehr weit nach vorn vorrücken. Auffallend ist die weifsliche Färbung dieser Gebilde. Sie rührt von einer beträchtlichen Menge von Fetttröpfchen her, welche häufig wie zu traubigen Massen an einander gereiht schienen und bei- nahe die ganze innere Höhle der Kiemen erfüllen. Dieses, sowie der Umstand, dass die Thiere den Verlust der Kiemen noch lange überleben, giebt der Ver- muthung Raum, dass der Athmungsprocess hier vorzugsweise durch Vermittlung der aufseien Bedeckungen zu Stande komme, die denn auch zu dieser Function um so eher befähigt werden, als sie, wie bereits erwähnt, im ganzen Umfange von einem Flimmerepilhelium bedeckt sind. Das Herz, welches, in Uebereinstinimung mit der Lage der Kiemen, ') Vergl. Fr. Meckel in den Beiträgen zur vergleichenden Anatomie Bd. I. Heft 2. S. 1. *) Cuvier, Mein, sur le Clio und Eschricht, Anatomisch-physiologische Untersuchungen über Clione borealis. Copenhagen 1638. 3) Cuvier, Mein, sur l'flyale et le Pneumodermon, sowie van Beneden in den IVouv. Mem. de l'Acad. de Bruxtlles. T. XI. 69 ebenfalls sehr weit nach vorn gerückt ist, besteht aus Ventrikel und Atrium, die durch eine tiefe Einschnürung von einander getrennt und in ein gemeinschaft- liches Pericardium eingehüllt sind. Sonst übrigens scheint der Circulationsapparat nur äufserst rudimentär zu sein. Das einzige Gefäl's, welches wir mit Bestimmt- heit nachzuweisen vermochten, war eine kurze Aorta. In der Anordnung der Geschlechtsorgane kommt auch bei Polycera die von H. Meckel l) bei Doris aufgefundene Eigenthiimlichkeit vor, dass nicht blofs Oviduct und Vas deferens , sondern auch die gestielte Blase isolirt in die Geschlechtskloake, die an der rechten Seite des Vorderleibes gelegen ist, münden In anderen Punkten dagegen finden sich wiederum einige, wenngleich nur un- beträchtliche Differenzen, wie die speciellere Darstellung sogleich ergeben wird. Die keimabsondernden Drüsenschläuche bilden eine zweite, der Leber aullie- gende Schicht um den Magensack, nicht eine isolirte, compacte Masse, wie es bei einer analogen Anordnung der Leber in Clio und Pneumodermon der Kall ist. Aus dem oberen Theile der Geschlechtsdrüse, welche auch bei anderen Nudi- branchiaten (z. ß. bei Doris und Tethys) in einer gleichmäfsigen Schicht die ganze Oberfläche der Leber überzieht, entspringt der gemeinschaftliche Ausfüh- rungsgang (Tab. I. Fig. 13. d.), ein dünner, fadenförmiger Kanal, der vor der Vereinigung mit der Mullerdrüse in das Vas deferens und den Oviduct sich spaltet. Ersteres zeigt gleich nach seinem Ursprünge eine sehr ansehnliche, schlauchartige Erweiterung von drüsiger Textur (Ibid. e.), eine Prostata, die in analoger Form auch bei einigen Arten Doris (D. lacera und argo) vorkommt und hier von Fr. Meckel als Hoden gedeutet ist. Im ferneren Verlaufe wird der Samengang ganz plötzlich wieder zu einem dünnen, musculösen Kanal (Ibid. f.), dessen Epithelium im Inneren eine Menge kurzer und steifer, neben einander stehender Borsten trägt. Mit der Prostata ist derselbe zu einem rund- lichen Knäuel zusammengerollt. Der Penis (Ibid. g.) ist cylindnsch, an der Spitze etwas verdünnt und nur von geringer Länge. Er ist gewissermal'sen blofs das freie Ende des Vas deferens, über welches hinaus sich nur noch die äul'se- ren Schichten, die das Präputium bilden, fortsetzen. Die Mutlerdrüse (Ibid. h.) ist von sehr ansehnlicher Gröfse und besteht auch hier aus zwei verschiedenen Massen, deren eine sich durch eine matt weifs- liche Färbung auszeichnet und am Grunde eines langen, nach dem Ende zu allmälig verengten, dickwandigen Schlauches liegt, der eben von der anderen, ') Die a a. 0. gegebene Darstellung des Geschlechtsapparates von Doris können wir nach den Ergeb- nissen unserer Untersuchungen völlig bestätigen. gallertartigen Masse gebildet wird. Sie ist, zu einem Knäuel zusammengerollt, im oberen Theile der Leibeshöhle vor dem Magensacke gelegen. Wo sie mit dem Oviduct sich vereinigt, erweitert sich dieser und bildet so den sogenannten Uterus, der aber sehr bald nach aufsen mündet. Die gestielte Blase, welche sonst fast überall mit dem Endtheil des Uterus in \erbindung steht, öffnet sich, wie schon erwähnt, bei unserer Polycera, wie bei Doris, direct in der Geschlechtskloake. Sie besteht aus einer eiförmigen Kapsel (ibid. i.), in deren langen und dünnen Ausführungsgang sich noch am Anfange zwei kleinere, einem gemeinschaftlichen Stiele aufsitzende Bläschen (ibid. k.) einmünden. Die letzteren, denen bei Doris ein einfacher Anhang entspricht, enthalten eine dicht gedrängte Menge von Spermatozoen und sind unstreitig Receptacula seminis. In der gröfseren einfachen Blase fehlen die Sper- matozoen, statt welcher eine körnige Masse angetroffen wird. Ob diese von den Wandungen secernirt oder bei der Begattung durch den langen Kanal, dem sie aufsitzt und der als Scheide functionirt, von aufsen hereingebracht wird (wie der Inhalt der Bursa copulatrix bei den Insecten), lässt sich schwer mit Sicher- heit entscheiden , doch wird die letztere Annahme dadurch sehr wahrscheinlich, dass eine ganz ähnliche Masse in der Prostata des männlichen Geschlechtsappa- rates sich vorfindet. Eine directe Communication zwischen der Scheide und dem Uterus, die bei Doris angetroffen wird, fehlt unserer Polycera. Dagegen findet sich hier am unteren Ende der Scheide noch ein Haufen kleiner, verästelter lilinddärinchen (ibid. 1.), die an einem gemeinschaftlichen Gange befestigt sind und wahrscheinlich in die Scheide hineinmünden. Zur Kenntniss vom Bau der Nemertinen. In der ganzen grofsen Abtheilung der Würmer ist bei keiner Gruppe der Bau von den verschiedenen Beobachtern auf eine so differente Art beschrieben und dargestellt worden, als bei der der Nemertinen. Delle Chiaje1), Huschke2), Johnston3), Rathke4), Oersted 5) und Quatrefages ü), die vorzugsweise mit der Anatomie dieser Würmer sich beschäftigt haben, weichen alle in ihren Angaben mehr oder minder bedeutend von einander ab. Unsere eigenen Untersuchungen sind theils an der ßorlasia rafa Rathke angestellt, theils an verschiedenen Arten, die dem Genus Tetrastemma Oerst. (Polia Quat.) zugehören. Die Resultate, zu denen sie uns geführt haben, stim- men am meisten mit den Beobachtungen von Rathke überein, der in der Deutung der einzelnen Organe von allen erwähnten Forschern uns am glücklichsten gewesen zu sein scheint. Seine anatomische Darstellung indessen ist hier und da weniger genau und wird mitunter besonders von den Angaben von Quatre- fages, die übrigens anderseits auch viel Irrthümliches enthalten, übertroffen. Die allgemeinen Bedeckungen am Körper der Nemertinen, welcher auch uns nirgends die Spur einer deutlichen und regelmäfsigen Gliederung dar- geboten hat, beslehen aus einer dicken Schicht vou Zellen, die bald kernlos sind und glashell, bald aber auch gekernt oder mit körnigem Inhalt gefüllt. Bei Borlasia rufa ist dieser in den tieferen Schichten der Sitz des Pigmentes. Aeu- l'serlich trägt die Haut ein lebhaft schwingendes Flimmerepithelium , das wir mit Oersted und Quatrefages bei keiner Nemertine vermisst haben, obgleich v. Siebold 7) dessen Existenz bei den gröfseren Arten wenigstens bezweifelt. ') Memorie sulla sloria etc. *) Ueber die Anatomie von Notospermus drepanensis in Oken's Isis. 1830 S. 681. 3) Jan ine's Magazine of Zoologie and Botany. Vol. I. p. 529. 4) Schriften der Danz. Naturforsch. Gesellsch. a. a. 0. S.93. 5) Entwurf einer System. Einteilung und specialen Beschreibung der Plattwürmer. Copenhagen. 8) Organisation des Ncmertes, in den Annal. des scienc. nat. 1846. T- VI. p. 229. (Ist leider noch nicht vollständig in unserem Besitze ) r) Vergl. Anatom S. 188. 72 Eingebettet in die Haut sind zahlreiche kleine Schleimdrüsen von flaschenförmiger Gestalt Sie münden mit verengtem, kurzem Halse nach aufsen und enthalten ein körniges Secret, das mit abgestofsenen Hautzellen und Flimmercilien in der zähen, schleimigen Masse sich wiederfinden lässt, die in grofser Menge den Körper der Nemertinen überkleidet Nesselorgane, die wir ganz constant bei den Pla- narien gefunden haben, fehlen. Unter der Haut liegen zahlreiche Muskelfasern, die vorzugsweise der Länge nach verlaufen. Ringfasern sind minder ansehnlich und liegen fast nur in den tieferen Schichten. Sehr deutlich ist das Nervensystem der Nemertinen und auch lange schon gekannt, wenngleich frühere Beobachter, wie Dujes1), Johnston und selbst noch Oersted dasselbe für den Circulationsapparat 2) gehalten haben. In seinem Bau zeigt es eine grofse Aehnlichkeit mit dem entsprechenden Systeme der Planarien und Trematoden. Wie dieses, besteht es vorzugsweise aus einem Hirn und zwei damit in Verbindung stehenden Stammnerven 3), die nach hinten bis in das Schwanzende hinabsteigen und durch eine beträchtliche Entwicklung sich auszeichnen. Deutliche Ganglienkugeln haben wir übrigens an diesen Central- theilen niemals beobachten können *). Dafür fand sich eine körnige Belegmasse von röthlicher Färbung, die nicht nur das Gehirn überdeckte, sondern auch an der äufseren Seite der Stammnerven als eine sehr deutlich markirte Schicht sich hinaberstreckte. In der weifsen Masse der Stammnerven , wie im Hirne, unter- schied man sehr zarte, blasse Fasern. Die Stammnerven (Tab. I. Fig 14. und 15- f.) liegen jederseits dicht an der inneren Fläche des Hautmuskelschlauches. Sie sind ziemlich dicke Stränge, die nach hinten zu allmälig sich verdünnen , aber nirgends in ihrem Verlaufe ganglionäre Anschwellungen zeigen. Seitlich abgehende Nervenäste sind wenig deutlich. Nach der Darstellung von Quatrefages 5) sind sie übrigens in an- sehnlicher Menge vorhanden und treten jederseits unter rechten Winkeln aus den ') Annal. des scieno. natur. lere Ser. T. XXI. p. 85 (bei Prostoma, einem Wurme, der zu den Ne- mertinen gehört). !) Dasselbe Schicksal hat auch lange Zeit hindurch das Nervensystem der Planarien gehabt. Vergl. Ehrenberg in den Abhandlungen der Akad. der Wissenschaft, zu Berlin. 1835. S 244. und Qua- trefages in den Annal. des scienc. nat. 1845. T. IV. p. 172. 3) Unstreitig sind diese Nerven die beiden Stränge, von denen Huschke nicht wusste, ob er sie für weibliche Geschlechtsorgane halten sollte oder für Gefäfse, die der Athmung oder einer Secretion dienten. ') Auch bei vielen anderen wirbellosen Thieren sind solche bisjetzt noch nicht aufgefunden worden. 5) L. c. Tab VIII. Fig. 2. 3. 73 Stämmen hervor. Im hinleren Leibesende sollen diese mittelst einer queren Krücke .srhlingentörniig in einander übergehen — eine Anordnung, die übrigens unseren eigenen Untersuchungen entgangen ist. An dem vorderen Rande der Miindöffiiuiig , die eine Strecke hinter der Kopfspitze an der Bauchflache liegt, treten die Slammnerven mit einem starken Bogen nach innen und verbinden sich mit dem Hirne, welches einen grofseu Theil der Kopfhohle erfüllt und schon äul'serlich theils durch die dunklere Fär- bung der Bedeckungen, theils auch durch deren ziemlich ansehnliche Auftreibung sich bemerklich macht. Es besteht aus zwei neben einander liegenden '), seitlichen Hallten, von denen eine jede wiederum in einen vorderen (ibid. a. a ) und einen hinteren Lappen (ibid. b. b.) zerfallen ist. Die ersteren sind ansehnlicher und inniger mit einander verbunden, während die anderen durch eine tiefe Spalte gelrennt sind und, allmälig nach hinten und aufsen zu sich verschmälernd, in die Slainmnerven übergehen. Am deutlichsten erscheint diese Anordnung des Hirnes bei Tetrastemma (ibid. Fig. 14.), wo dieselbe auch bereits von Oersted und Quatrefages beobachtet ist. Hier findet sich zwischen den vorderen und hinteren Lappen jederseits ein tiefer Einschnitt. Dabei ist das ganze Hirn sehr iu die Breite gezogen und nur kurz, wahrend es bei Borlasia (ibid. Fig. 15.) schmäler und höher ist. Auch gehen bei letzterer die vorderen Lappen ganz all— malig in die hinteren über, die so denn beinahe nur die keulenförmig verdickten Schenkel der Stammnerven zu sein scheinen. Am inneren Rande lassen sich hier noch zwei buckelförmige Hervorragungen (ibid. d.) von rundlicher Gestalt wahr- nehmen , die fast das Ansehen einer kurz gestielten Blase haben. Bisweilen schien es uns auch, als sei der Inhalt dieser Hervorragungen weniger fest, als die übrige Hirnsubstanz. Eine Zeit lang glaubten wir in diesen Gebilden die Gehör- organe der ISemertinen vor uns zu sehen, zumal wir öfters einige unregelmäfsige, bräunlich gefärbte Körperchen darin fanden; doch haben wir später uns über- zeugt, dass sie blofse kuglige Anhänge der Gehirnganglien seien. Bei Tetra- stemma fehlen sie. Dicht oberhalb des Hirnes, in einer seichten Längsfnrehe, welche die Gan- glien beider Seitenhälften von einander trennt, verläuft der Rüssel der Nemertinen (Tab. I. Fig. 14 und 15. f.), ein musculöses Gebilde, dessen eigenthümliche \'er- ') Nach den Abbildungen von Quatrefages (|. c P|. vill. Fig. 1. 1. PI. IX. Fig. 1. und Tl. XIV.) wären beide Hälften ziemlich weit von einander entfernt und durch eine breite Commissur ver- bunden, doch scheint es uns, als sei ein derarliges Verhältnis» nur zufällig während der Unter- jochung, vielleicht durch Anwendung eines stärkeren Druckes zwischen den Glasplatten des Objecl- trägirs , entstanden 10 74 hältnisse wir später noch näher erwähnen müssen. Wo dieser über den beiden vorderen Hirnlappen liegt, wird er von einer dünnen Ojiercommissur, die in den erwähnten Ganglien wurzelt, bogenförmig nmfasst (ibid. e). Am deutlichsten ist diese Anordnung bei Tetrastemma, weniger bei Borlasia, wo sie deshalb denn auch im Anfange unseren Untersuchungen entgangen war J). Nerven entspringen vorzugsweise vom vorderen Rande des Hirnes und ver- laufen von da nach der Kopfspitze, wo sie an den äufseren Bedeckungen sich verzweigen. Jederseits mögen etwa drei solcher Nervenstämme sich vorfinden. Die Augenflecke der Nemertinen sind dunkle, der Zahl nach häufig wechselnde Pigmenthaufen, die vor der Mundöffnung auf der Rückseite der Kopfspitze gelegen sind. Brechende Medien hat allein bisjetzt Quatrefages in ihnen aufgefunden. Unsere eigenen Untersuchungen liefsen uns darin blofse An- häufungen von ramificirten Pigmentzellen erblicken. Zu den Sinnesorganen gehören wahrscheinlich auch noch zwei kahnförmige Längsgruben (foveola), die an den Seitenrändern der Kopfspitze gelegen sind und nach Willkür erweitert und verschlossen werden können. Rathke ver- muthet in ihnen Tastorgane und macht darauf aufmerksam, dass sie von star- ken Nervenstämmen versehen werden. Sehr unrichtig dagegen ist eine Ansicht von Oersted, wonach die betreffenden Gebilde Respirationsgruben seien; eine Ansicht, deren einzige Stütze in der Annahme beruht, dass das Hirn nicht der Centrallheil des Nervensystemes, sondern des Circulationsapparates sei. In diesem Falle nämlich hätte durch Vermittlung jener Spalten das Wasser, in welchem die Thiere leben, in eine nähere Berührung mit den Ilerzwänden und dem von die- sen umschlossenen Blute treten , und so die Respiration befördert werden können. Am häufigsten verkannt ist von allen Organen der Nemertinen der Yer- dauungsappara t, der allerdings durch eine sehr eigenthümliche und abweichende Anordnung sich auszeichnet. Bei der Lntersuchun. 8) Compt. rend. 1344. p. 195. 3) Zoolog. Dan. T. IV. p. 24. ') Entwurf einer systematischen Einteilung der l'lattwürmer. Copenhagen 1844. S. 75. 83 übrigens das betreffende Organ ein Gehürwerkzeug sei , ist aufsei* allem Zweifel. In jeder Beziehung stimmt es mit dem entsprechenden Gebilde bei den Aee- jihalen und manchen Gasteropoden , wie z. B. bei Tergipes. Wir finden eine runde, ziemlich derbhäutige Kapsel und in ihm, von einer lillafarhencn Flüssig- keit umgeben, einen grofsen Otolithen von sphärischer Gestalt, der bei Anwendung eines Druckes die gewöhnlichen radialen Zerklüftungen zeigt. Nur der Mangel an Bewegung bildet einen Unterschied. Auffallend ist das Vorkommen eines einzigen unpaaren Gehürorganes in der Medianlinie. Es bildet (wie das entsprechende Gebilde der Ctenophoren) ein Beispiel der normalen Synotie, das sich der bei manchen niederen Crustaceen vorkommenden normalen Cyclopie ganz passend an die Seite stellen lässt. Durch diese Entdeckung aufmerksam geworden, unterwarfen wir auch noch andere Planarien einer genaueren Untersuchung, fanden aber nur bei Monocelis noch ein Gehörorgan. Fabricius, Müller, Ehrenberg und Oersted haben dasselbe hier ganz allgemein als Auge gedeutet. Besonders der Letztere hat sich auf eine detaillirte Beschreibung und Abbildung eingelassen, in der freilich manche Dinge ganz anders gesehen und gezeichnet sind, als die Wirklichkeit sie darbietet. Nach ihm J) besteht das Auge, das unpaar ist und an derselben Stelle liegt, wie das Gehörorgan von Convoluta, vornämlich aus einer ganz durch- sichtigen, hohlen Kugel (Sclerotica und Cornea transparens), deren gröfster Theil von einem gleichfalls kugligen, weniger durchsichtigen Glaskörper ausgefüllt ist. Vorn ist dieser an beiden Seiten mit einer kegelförmigen Krystalllinse versehen, deren Spitze sich nach innen in den Glaskörper einsenkt. Von beiden Seiten sah Oersted überdies ganz deutlich einen Nerven an die Kapsel herantreten, die auf der oberen Fläche bei den meisten Arten mit einem dunklen, unregel- mäfsigen Pigmentfleck bedeckt ist. Nur bei M. unipunetata fehlt dieser Fleck. Obgleich Oersted selbst sich gestehen musste, dass dieses Gebilde durch seinen Bau vor den Sehwerkzeugen der übrigen Planarien sehr beträchtlich sich aus- zeichnete, deutete er es dennoch als ein Auge und zwar als ein Doppelauge, wo die beiden Linsen, gewissermafsen die Andeutungen der Duplicität, den Mangel des einen Auges ersetzten. Ganz anders übrigens verhält sich die Sache nach unseren Untersuchungen, welche ebenfalls an der M. lineata O. Fr. Müller angestellt sind. Sclerotica und Glaskörper entsprechen in allen Stücken den analogen Theilen bei Con- voluta , dem Gehörbläschen und dem einfachen sphärischen Otolithen , welcher ') Ibid. S. 6. 11* 84 letztere bei Anwendung eines Druckes auch dieselben radialen Zerklüftungen zeigt. Sogar die Flüssigkeit, die neben dem Geliörsteine die Kapsel ausfüllt, ist ganz von derselben matten Lillafärbung. Vorn (Tab. I. Fig. 18.), wo der Abstand zwischen Kern und Hülle etwas gröfser ist, trägt der Otolith — der sich da- durch von dem entsprechenden Gebilde von Convoluta auszeichnet — jederseits noch einen stumpfen, kurzen Fortsatz, eben die Linsen Oersted's. Bei einer genaueren Untersuchung ergiebt sich aber sogleich, dass dieselben weder mit ihren Spitzen in den Kern sich hineinsenken, noch überhaupt mit demselben in irgend einer besonderen Verbindung stehen. Die Grenzlinie zwischen beiden ist sehr deutlich und macht als eine breite Spalte sich bemerklich, sobald man nur das Organ einem mäfsigen Drucke aussetzt. Dann trennt sich der Otolith von diesen scheinbaren Fortsätzen, die nun als ein Paar solider, gekrümmter Bogen erscheinen, welche mit ihrer Convexität der Gehörkapsel aufsitzen und mit beiden Schenkeln sich der Oberfläche des Otolithen anlegen. Hat man hiernach nun die Deutung dieser Gebilde als Linsen für unrichtig erkannt, so fällt der Hauptgrund, aufweichen Oersled bei seiner ganzen Ansicht sich stützt. Allein die Linsen waren es, welche ihm trotz der grofsen Aehnlichkeit des betreffenden Gebildes mit den Gehörwerkzeugen von Tergipes z. B., die er sehr wohl kannte, alle Zweifel an der Richtigkeit seiner Ansicht nahmen. Welche Bedeutung übrigens jener merkwürdige Apparat habe, der den Gehörstein bei Monocelis so auszeichnet, wagen wir mit Bestimmtheit nicht zu entscheiden. Am nächsten liegt noch die Vermuthung, dass er zum Unterstützen und Befestigen des Otolithen diene, oder dass vielmehr in ihm ein Mittel ge- geben sei, durch dessen Hülfe derselbe von den Schallwellen leichter afficirt werden könnte, als wenn er mit seiner ganzen Fläche der Gehörkapsel aufläge. — Erwähnen müssen wir übrigens noch, dass ähnliche Vorrichtungen auch in an- deren Fällen an dem Otolithen entwickelt zu sein scheinen, wie wir es bei Mysis gefunden haben und später noch genauer beschreiben werden. Jedenfalls ist die Wichtigkeit des betreffenden Apparates mehr untergeordneter Art, wie schon daraus hervorgeht, dass er bei Convoluta unter sonst gleichen Verhält- nissen fehlt. Die Anwesenheit eines Pigmentfleckes oberhalb des Gehörorganes bei ver- schiedenen Monocelisarten kann uns in unserer Deutung eben so wenig irre machen. Eine solche Verbindung scheint uns sowohl hier, als auch bei den Medusen, wo sie ebenfalls beobachtet ist, ohne einen physiologischen Zusammen- hang. Wir halten sie für rein zufällig, zumal sie auch nicht durchgängig sich vorfindet und bei M. unipunctata, wie bereits erwähnt ist, fehlt. Ein pigment- 85 loses Auge ist aber doch sicherlich — wenn wir so sagen sollen — eine gröfsere Abnormität, als ein pigmentirtes Gehörorgan. Die Beschaffenheit des Otolithen endlich entfernt einen jeden Zweifel an der Richtigkeit unserer Deutung. Niemals ist ein Glaskörper, wie jener, hart und zerklüftet beim Druck. Selbst dann , wenn im Bau der Augen und Gehör- organe eine gewisse Aehnlichkeit gegeben ist, selbst dann scheint immer noch nach dieser Beschaffenheit (und der dieselbe bedingenden chemischen Zusammen- setzung) des betreffenden Körpers die Frage über die Bedeutung des ganzen Gebildes beantwortet werden zu können. Von diesem Gesichtspunkte aus müssen wir u. a. die von Quatrefages ') bei Tricelis als Augen beschriebenen Gebilde auch wirklich trotz ihrer scheinbaren Uebereinstimmung mit dem Bau der Gehör- organe bei Convoluta und ihrer Verschiedenheit von den sonst bei den Planarien (bei Planaria von Schultze 2) und Ehrenberg 3), von uns selbst +) bei zwei Vortexarten) beobachteten Gesichtswerkzeugen dafür halten, weil der Glaskörper nicht jene erwähnten Eigenschaften besitzt, sondern zäh und dehnbar ist und von der Beschaffenheit eines Oeltropfens. Es darf uns übrigens endlich auch der Umstand nicht wundern, dass die beiden Arten von Planarien, wo wir Gehörorgane nachgewiesen haben, ohne Gesichtswerkzeuge sind. Wir müssen nur bedenken, dass sehr viele nahe ver- wandte Thiere ebenfalls keine Augen besitzen und dass die sogenannten Augen- flecke in sehr vielen Fällen blofse isolirt am Kopfende stehende Pigmentflecke ohne dioptrische Medien sind. Am Schlüsse dieser Abhandlung sei es noch erlaubt, an das von Quatre- fages 5) bei Phyllodoce pellucida beschriebene unpaare Bläschen, welches mittelst eines kurzen Stieles auf den Hirnganglien aufsitzt und von einigen Pigmentkörnchen überlagert ist, zu erinnern und an den einfachen und doppelten Kalkbeutel, wel- chen Ehrenberg 6) bei Notommata, Diglena u. a. Rotatorien hinter dem Hirn- ganglion auffand, und dabei die Vermuthung auszusprechen, dass diese Organe ebenfalls vielleicht Gehörwerkzeuge seien. In den letzteren Gebilden trafen wir auf etwa vier rundliche Körperchen (Otolithen?), die bewegungslos in einiger Entfernung von einander gelegen waren. ') Annales des sciene. nal. 1845. T. IV. p. 178- 2) De planariarum vivendi ratione. Dissert. Berol. 1836. p. 37. 3) Abhandlungen der Akad. der Wissenschaften zu Berlin. 1835. S. 243. •) Wagner's Zootomie II. S. 298. 5) Ann. des sciene. nat. 1844. T. II. p. 94. •) Die Infusionsthierehen als vollkommene Organismen. S. 425. Ueber die Geschlechtsverhältnisse der Kiemenwürmer. Nach der Analogie mit unseren einheimischen Land- und Süfswasseranne- liden hielt man bis auf die neueste Zeit die in der See lebenden Kiemenwürmer für Zwitter. Man beschrieb bei ihnen Hoden und Eierstöcke — aber nicht auf den Grund einer genauen mikroskopischen Analyse, sondern eben nur, weil man die betreffenden Gebilde nicht anders zu deuten wusste, und Geschlechtsorgane, wie man meinte, einmal vorhanden sein müssten. Schon vor langer Zeit indessen hatten Pallas1) und Cuvier2) bei Aphrodite aculeata, dem ansehnlichsten unserer Kiemenwürmer, getrennte Geschlechter aufgefunden oder doch wenigstens dadurch sehr wahrscheinlich gemacht, dass sie bei verschiedenen Individuen eine Differenz in der Beschaffenheit der Keimstoffe entdeckten. Spatere Beobachter, Trevira- nus 3) und Grube 4), bestätigten diese Angabe, hielten ein solches Verhalten aber immer noch für ein seltenes unter den Kiemenwürmern, und die Vereinigung von beiderlei Geschlechtsapparaten in demselben Thiere für die Regel. Seitdem man aber theils die betreffenden Würmer selbst mehr in den Kreis der anatomischen Untersuchung gezogen hat, theils auch weil's durch Hülfe des Mikroskopes die Generationsflüssigkeiten nach der Beschaffenheit der constituirenden Elemente mit völliger Sicherheit zu erkennen und zu unterscheiden , hat man immer mehr er- kannt, dass die Kiemenwürmer nicht Zwitter, sondern getrennten Geschlech- tes seien. Staun ius 5) war der Erste, der durch eine genaue mikroskopische Analyse sich für Arenicola zu diesem Schlüsse berechtigt sah, obgleich Cuvier, Grube u. A. den betreffenden Wurm für einen Zwitter gehalten hatten. Piathke 6) bestätigte die Angabe und fand ein analoges Verhältniss auch bei Amphitrite, wo er aber trotzdem den Hermaphroditismus, zu dessen Annahme er durch das l) Miscellanea Zoolog. 1766. p. 90. s) Vorlesungen über vergleichende Anatomie, übersetzt von Meckel. Th. IV. S. 580. 3) Zeitschrift für Physiologie. TM. III. S. 165. J) Zur Anatomie und Physiologie der Kiemenwürmer. S. 59. 5) Müller's Archiv für Physiologie. 1840. S. 374. ') Danziger Gesellschafts -Schriften I. c. S. 68. und 73. 87 Ergebniss seiner anatomischen Untersuchung sich gezwungen glaubte, durch die Hypothese aufrecht zu erhalten suchte, dass die betreffenden Würmer wohl Zwitter seien, aber immer nur entweder männliche oder weibliche Verrichtungen vollzögen — eine Hypothese, die übrigens niemals sich einige Geltung verschafft hat und es auch niemals wird, da sie in einer irrigen Ansicht ihren Grund hat. Späterhin fanden auch Oersted J) bei Exagone und Krohn 2) bei Alciope ge- trennte Geschlechter. Rechnen wir endlich hierzu noch die Untersuchungen von Quatrefages 3), Steenstrup +), Kölliker 5) und unsere eigenen, die alle über eine gröfsere Anzahl von Kiemeiiwiirmern aus den verschiedensten Gruppen sich erstrecken, und alle übereinstimmend dasselbe Resultat gegeben haben, so sehen wir uns sicherlich zu dem oben schon gethanen Ausspruche berechtigt, dass nämlich die Kiemenwürmer, sowohl Dorsibranchiaten, als auch Capitibran- cbiaten, alle (oder doch nur mit wenigen Ausnahmen) getrennten Ge- schlechtes seien. Schon seit langer Zeit (seit Pallas und Cuvier) war es den Zootomen aufgefallen, dass bei den Kiemenwürmern die Keimstoffe, besonders Eier, die durch ihre Form vor anderen Theilen so ausgezeichnet waren, frei in der Leibes- höhle, zwischen Darm und Körperwand, sich vorfanden. Gewöhnlich erklärte man sich übrigens diesen Umstand durch die Annahme, dass jene Gebilde nicht unmittelbar aus dem Inneren der Organe, welche man für deren Rildungsstätten hielt, nach aufsen gelangten, sondern erst noch eine Zeitlang, bis zur völligen Reife, in der Leibeshöhle verweilen müssten — wie wir selbst es oben für die Nemertinen wahrscheinlich gemacht haben. Um den Uebertritt in letztere möglich zu machen, liefs man die Wandungen der sogenannten Geschlechtsdrüsen, die meistens die Gestalt von Rlasen oder Schläuchen besafsen und an der Rauchwand jederseits neben dem Nervenstrange gelegen waren, zerreifsen. Hatte man doch hierfür eine Analogie in dem Austritte der Eier bei den Wirbelthieren. Mit- unter — so vermuthete wenigstens Rathke bei Amphitrite — sollten aber auch in der Wand der Schläuche zum Durchtritt der Contenta besondere verschliefsbare Oeffnungen vorhanden sein. Geht man übrigens auf die einzelnen Reobachtungen näher ein, durch ') Wiegmann's Archiv. 1845 I. S. 20. 2) Ibid. S. 182. ») Ann. des scienc. nat. 1844. T. I. p. 21. 4) Untersuchungen über das Vorkommen des Hermaphroditismus. Deutsch von Hörn schlich. Greifs- walde 1846. S. 38. 5) Die Bildung der Samenfäden in Bläschen. Neuenburg 1846. S. 34. 88 welche diese Annahmen hervorgerufen waren, und worauf besonders die Deutung der sogenannten Geschlechtsorgane beruhte, so wird man finden, dass dieselben vielleicht nur in sehr wenigen Fällen auch wirklich zu jenen Ansichten berech- tigen. Die mikroskopische Untersuchung, die allein über diese Fragen entscheiden kann, fehlt entweder gänzlich oder ist doch nicht mit der gehörigen Sorgfalt und Genauigkeit angestellt. Soweit wir selbst jene Annahmen zu prüfen Gelegenheit hatten, fanden wir in den sogenannten Geschlechtsdrüsen niemals das, was sie nach dieser Deutung hätten enthalten müssen, Spermatozoen oder Eier, weder bei Arenicola (wo schon Slannius erkannte, dass die braunen Beutel, welche Cuvier für Eierstöcke, Grube für Hoden gehalten hatte, keine Generations- werkzeuge seien), noch bei Terebella, noch bei Nereis 1). Auch haben Rathke und Grube neuerdings 2) für die betreffenden Organe ihre früheren Deutungen zurückgenommen. Vergebens sehen wir uns jetzt nach den eigentlichen Geschlechtsdrüsen der Kiemenwürmer um. Bei weitem in den meisten Fällen finden wir keine, be- merken aber dagegen fast überall, dass die Keimstoffe frei im Inneren des Leibes nicht nur enthalten sind, sondern auch entstehen. So sah es Stannius bei Arenicola, Krohn bei Alciope, Kölliker bei Hermione und Spio, wir selbst bei Nereis, Syllis, Phyllodoce, Aonis, Ephesia, Ammotrypane, Hermella, Fabricia, Vermilia und Spirorbis. Ueberall fanden wir Spermatozoen und Eier in den verschiedensten Stufen der Entwicklung frei zwischen Darm und Leibeswand. Wo die Körperhöhle nicht durch Dissepimente in einzelne Abtheilungen zer- fallen ist, sind die Keimstoffe vorzugsweise im Schwanzende angehäuft und treten auch hier bei den jungen Thieren zuerst auf. In anderen Fällen aber sind die- selben gleichmäfsig durch alle Segmente verbreitet. Dass übrigens, wie es Krohn für Alciope behauptet, nur an den Grenzen der einzelnen Kammern die Bil- dungsstätte der Geschlechtselemente sei, wagen wir nicht zu behaupten. Jeden- falls ist es gewiss, dass diese sich frei im Inneren der Leibeshöhle 3) aus einem hier deponirten Blasteme entwickeln, wie dasselbe Verhalten auch von Kölliker*) bei Flustra carnosa, von uns bei Bowerbankia densa gefun- ') Trotzdem will Kölliker (Müller's Archiv 1843. S. 111.) hier in den von Rathke (De Bopyro et Nereide) als Eierstöcke gedeuteten Theilen wirkliche Eier gefunden und gesehen haben, wie sie die bekannten Dotlerfurchungen zeigten. 2) Beiträge zur henntniss der Fauna Norwegens, in den Nov. Act. Leopold. T. XX. PI. I. S. 164 und 201. ') Obgleich Steenstrup (a. a. 0. S. 77.) ein solches Verhalten geradezu für unmöglich erklärt hat, nehmen wir dennoch keinen Anstand, hiermit auszusprechen, was wir beobachtet haben. ') Beiträge zur Kenntniss u. s. w. S. 46. > 89 den ist und gewiss auch noch bei anderen Bryozoen, vielleicht sogar bei allen *), vorkommt. In einigen seltenen Fällen finden sich übrigens bei den Kiemenwürmern in der Leibeshöhle auch besondere zur Production der Keimstoffe dienende Apparale, welche bald Geschlechtsdrüsen sind, wie bei den meisten übrigen Thieren, bald aber auch eine andere, höchst auffallende Anordnung darbieten, die gewissermafsen zu jener den Uebergang bildet, indem sie zwischen ihr und dem gewöhnlich bei den Branchiaten vorkommenden Verhalten in der Mitte steht. Am auffallendsten fanden wir eine solche Anordnung bei Aphrodite. Hier ist nämlich die ganze Leibeshöhle, besonders an der Bauchseite, von ziemlich dicken, weifslichen Strängen durchzogen , die an verschiedenen Stellen den Darman- hängen, Muskeln und Gefäfsen sich anheften und durch zahlreiche Anastomosen ein unregelmäßiges, weitmaschiges Netzwerk bilden. Bei einer näheren Unter- suchung unterscheidet man an diesen Strängen eine cylindrische Achse, die aus parallel neben einander gelegenen Fasern gebildet ist und wahrscheinlich auch viele zarte Blutgefäfse umschliefst. Auf der äufseren Fläche ist dieselbe nach allen Seiten hin mit einer dicht stehenden Menge von Zotten bedeckt, die aus langgestreckten Zellen zu bestehen scheinen und an ihrem freien Ende noch häufig eine kleine Erweiterung mit deutlichem Kerne besitzen. In diese Zotten eingebettet sind bei den weiblichen Individuen (männliche haben wir leider nicht untersuchen können) zahlreiche, sehr verschieden entwickelte Eier. Bei dem Wachsthume drängen dieselben allmälig die Zotten aus einander und werden von diesen endlich wie von einem Becher umfasst. Sind sie völlig entwickelt, so fallen sie in die Leibeshöhle. Schon Pallas2) hat diese Stränge gesehen und, wie auch Grube, als Ovarien gedeutet, doch ist die eigentümliche Structur derselben beiden unbe- kannt geblieben. Dagegen hat Treviranus letztere sehr gut beobachtet und un- verkennbar abgebildet 3). Leider ist aber die Deutung der betreffenden Gebilde sehr verkehrt. Er hält die Achse nämlich für einen Knäuel von einsaugenden Gefäfsen , die auf der Oberfläche der Darmanhänge ihre Wurzel hätten , sich zu Zweigen und Stämnichen vereinigten und endlich in die Blutgefäfse über- gingen. Die Zotten deutete er als kurze Büschel von Haargefäfsen. Ein analoger, noch einfacherer Apparat findet sich bei Arenicola. Hier ') Nach v. Siebold (vergl. Anat. S. 49.) würde übrigens das gewöhnliche Verhalten bei den Bryozoen in mehrfacher Beziehung hiervon differiren. !) L. c. p. 90. a) L. c. Tab. XII. Fig. 13. . 12 90 nämlich sind in der hinteren Hälfte des vorderen, weiten Körperabschnittes das Vas ventrale, sowie die beiden Vasa longitudinalia lateralia mit zahlreichen, blind geendigten Gefäfsausstülpungen von verschiedener Länge bedeckt, welche, wie die zottenförmigen Zellen bei Aphrodite dicht neben einander stehen. Zwischen ihnen entwickeln sich auf dieselbe Weise Eier oder Spermatozoen , wie wir es bei Aphrodite gefunden haben. Schon Grube suchte gerade an diesen Stellen die Keimstätte der Eier, obgleich ihm die anatomische Anordnung der betreffenden Theile (deren genauere Kenntniss wir erst den Untersuchungen von Stannius verdanken) gänzlich entgangen war. Offenbar wird durch diese der Process der Secretion erleichtert und bethätigt — etwa wie in den Harnwerkzeugen der Wir- belthiere durch die- sogenannten Malpigln sehen Körperchen. Die ausgeschiedenen Stoffe, welche zur Bildung der Eier und Spermatozoen nicht benutzt werden, la- gern sich äufserlich als eine fettige Masse auf den Ausstülpungen ab und machen sich hier durch eine dunkle Färbung leicht bemerklich. Die beiden erwähnten Würmer sind die einzigen, in denen wir einen derartigen, für die Secretion der Geschlechtsstoffe bestimmten Apparat haben auffinden können. Dass übrigens daneben auch noch wirkliche keimbereitende Geschlechtslheile in der Gruppe der Branchiaten vorkommen, wie wir bereits oben erwähnt haben, können wir nach den von Kölliker 1) bei Cirratulus gemachten Beobachtungen nicht mehr bezweifeln. Immer aber gehört diese Anordnung zu den Ausnahmen und ist nicht als Regel anzusehen, wie es Steen- strup will, wenn er die Mehrzahl der von Grube, Rathke, Milne Edwards u. s. w. als Generationswerkzeuge beschriebenen Gebilde auch wirklich für Hoden oder Eierstöcke (nach den verschiedenen Individuen) halten möchte 2) und nicht für Excretionsorgane, wie sie ihrer wahren Bedeutung nach zu sein scheinen ') Bildung der Samenfäden in Bläschen. S. 34. !) Auch Quatrefages (l'Instit. 1843. Aoüt.) scheint ähnlicher Ansicht zu sein und die erste Bildung, wenn auch nicht die völlige Entwicklung, der heimstoffe in die betreffenden Gebilde zu verlegen. Zur Entwicklungsgeschichte der Kiemenwürmer. 0. Fr. Müller, der berühmte Verfasser der Zoologia Danica, hat in diesem Werke J) einen kleinen Kiemenwurm (Nereis prolifera) beschrieben und abgebildet, welcher auf den ersten Blick durch den Act der Querlheilung, worin er eben begriffen war, sich auszeichnete. Offenbar ist er eine Syllis und als S. prolifera auch von den Zoologen in das System aufgenommen. Kannte man nun auch schon zu jener Zeit eine ungeschlechtliche Vermehrung durch Theilung bei den Naiden 2), so war doch dieser Fall der einzige, welcher zeigte, dass eine solche nicht auf diese Würmer beschränkt sei, sondern auch in der grofsen Ahtheilung der Branchiaten vorkomme. Sehr lange Zeit hindurch blieb übrigens die Beobachtung von Müller ohne weitere Bestätigung, und schon fing man an, über die Richtigkeit derselben einige Zweifel auszusprechen. Da endlich haben in unseren Tagen zwei französische Naturforscher, Quatrefages 3) und Milne Edwards +), sich offen für die Genauigkeit der Angaben Müller's ausge- sprochen. Beide haben dasselbe Phänomen der ungeschlechtlichen Fortpflan- zung ebenfalls bei Kienienwürmern beobachtet, der Erstere an einer Syllis aus dem Kanal, der Zweite bei einem neuen, dem Gen. Phyllodoce sehr nahe ver- wandten Geschlechte Myriadine. Ob übrigens die von Quatrefages gesehene Art dieselbe war, welche Müller beobachtete, wird nicht angegeben und lässt sich aus den Nachrichten, die darüber vorliegen, nicht mit Sicherheit erscbliefsen. Jedenfalls spricht Mehr gegen die Identität der beiden Arten, als dafür, wenn wir wenigstens die Resultate unserer eigenen Untersuchungen, die an der ächten Nereis prolifera Müll, angestellt sind, mit den seinigen vergleichen. Noch in den letzten Tagen unseres Aufenthaltes auf Helgoland (Anfang Juli) hatten wir Gelegenheit, sehr zahlreiche Untersuchungen an diesem Thiere anzustellen. Wir fanden die Würmer in Menge zwischen dem Seetang und den Polypenstämmen, welche die Hummerkästen im Südhafen überkleideten. Bevor wir indessen unsere Beobachtungen näher auseinandersetzen, wollen ') Tom. II. p. 15. Tab. LH. 2) Vergl. die Beobachtungen von 0. Fr. Müller in der bekannten Schrift von den Würmern des süfsen und salzigen Wassers. S. 39. 3) Ann. des scienc nat. 1844. T. I. p. 22. ") Ibid. 1845. T. III. p. 170. 12* 92 wir erst die verschiedenen Angaben unserer Vorgänger, so weit sie auf die Art und Weise der Vermehrung Bezug haben, in Kurzem hier erwähnen. Bei Nais proboscidea, welche wir der Vollständigkeit wegen ebenfalls an- führen, unterschied Müller zwei — freilich im Wesentlichen übereinkommende — Vermehrungsarten. In dem einen Falle beruhte dieselbe ganz einfach auf einer Quertheilung. Es bildete sich in der Continuität des Thieres, gewöhnlich in der Mitte oder auch mehr gegen das Ende hin, ein neuer Kopf mit Augen und Rüssel, der nach völliger Entwicklung sich mit den dahinter gelegenen Gliedern von den vorderen Segmenten abtrennte und als ein selbstständiges Thier sich umherbewegte. In dem anderen Falle, dem häufigeren, dagegen wuchs das Aftersegment vor den übrigen in die Länge und theilte sich allmälig in eine Menge hinter einander gelegener, schmaler Glieder, deren vorderes dann zu einem Kopfe ward und mit den anhängenden Ringen ein neues Individuum bildete. Bevor übrigens dieses noch von dem Mutterthiere sich getrennt hat, entsteht vor ihm nicht selten auf dieselbe Weise ein zweiler und selbst noch ein dritter Sprössling; alle bleiben eine Zeitlang fest unter sich verbunden und trennen sich erst, wenn sie ihre völlige Entwicklung erreicht haben. Ob Syllis prolifera sich auf die eine oder andere Weise bei ihrer Ver. mehrung verhalte, giebt Müller bei der Beschreibung dieses Wurmes nicht an. Er erwähnt blofs, dass sie durch Quertheilung sich fortpflanze, und fand bei dem Exemplare, welches er beobachtete, eine Reihe von vier hinter einander be- festigten Individuen, von denen das erste, das Mutterthier, am meisten, der vor- dere Sprössling aber am wenigsten entwickelt war. Der letzte Sprössling trug, wie Müller erwähnt, an seinem hinteren Leibesende den Schwanz des Multer- thieres. Aus letzterer Angabe ist übrigens zu schliefsen, dass der Process der Neubildung hier wenigstens von der zweiten, bei Nais prolifera beobachteten Thei- lungsart in Etwas differire. Nach den Untersuchungen von Quatrefages würde die Vermehrung der Syllis ganz einfach eine Quertheilung sein, wie die erste von Müller bei Nais prolifera beschriebene Vermehrung; es würde etwa in der Mitte der Körper sich abschnüren und in zwei Thiere sich trennen, nachdem die ersten Glieder des hin- teren Theiles sich zu einem Kopfe umgewandelt hätten. Anders indessen verhält sich dieser Vorgang nach den Beobachtungen von Milne Edwards bei Myriadine Nach ihm nämlich würden die Sprösslinge sich am Schwanzende des Mutterthieres entwickeln, aber nicht unmittelbar aus dem Caudalsegmente (wie es Müller von seiner Nais angiebl), sondern zwischen diesem und dem vorhergehenden Ringe und zwar durch eine Neubildung, gewis- 93 sermafsen durch eine Knospenbildung in der Continuilät (par bourgeon ou bou- ture) — an derselben Stelle und auf dieselbe Weise also, wie die neuen Glieder an den Ringelwürmern sich bilden *). Nach dem Ergebnisse unserer eigenen Untersuchungen sind die letzteren Angaben die genauesten. Die Proliftcation beruht im Wesentlichen wirklich auf einer Neubildung. Nur das müssen wir nach unseren Beobachtungen bestreiten, dass (bei unserer Syllis) die Neubildung unmittelbar vor dem Caudalsegmente auftritt. Sie entsteht immer weiter nach vorn, etwa in der Mitte des Thieres. So wird denn das Mutterthier durch das Auftreten einer Knospe (die nicht etwa ein blofses Segment des Mutterthieres ist) und deren fernere Entwicklung gleich in drei Individuen getheilt, von denen das hintere und vordere früher ein ein- ziges Thier ausgemacht hatten. Das vordere braucht blofs ein Schwanzglied zu regeneriren , das hintere blofs einen Kopf, um völlig entwickelt zu sein. Ob übrigens diesen Differenzen ein Beobachtungsfehler zum Grunde liege, oder ob wirklich eine Verschiedenheit in der Vermehrung bei Syllis und Mvria- dine, wie die erwähnte, stattfinde, wagen wir nicht zu entscheiden. Jedenfalls möchte bei einer gröfseren Kette von Individuen (Edwards zählte deren bis sechs oder sieben) eine Entscheidung über die Art der Vermehrung sehr schwierig sein und es leicht entschuldigt werden können, wenn man dann durch die schein- bare Analogie mit der Bildung der neuen Leibesglieder sich zu einer Annahme verleiten liefse, wie wir bei Edwards sie treffen. Und wirklich scheint dieser ausgezeichnete Forscher auch nur solche längere Reihen von Individuen vor Augen gehabt zu haben. Mit gröfserer Sicherheit glauben wir über die An- gaben von Quatrefages urtheilen zu können. Wahrscheinlich hatte der letztere nur das erste Auftreten einer Knospe zu beobachten Gelegenheit, nicht deren weitere Metamorphosen, die ihn gewiss bald würden belehrt haben, dass das, was er für eine blofse Theilung und die Entwicklung eines Kopfes ge- halten, die Anfänge in der Entwicklung eines ganzen Individuums gewesen wären. Immerhin aber sehen wir in den Angaben von Quatrefages eine Bestätigung unserer Beobachtung über den Ort, wo die Neubildung auftritt. — Eine andere Frage ist es, inwieweit der bei Syllis (und Myriadine?) staltfindende Process ') „La produetion par bourgeon d'un nouvel individu ressemble jusqu' ä un certain point a la con- formation des nouveaux zoonites dans l'economie de la larve; seulement dans ce dernier cas l'anneau produeteur perd sa puissance creatrice, des qu'il a donne naissance ä un nouveau segment auquel il se lie de la maniere la plus intime, et c'est celui qui, a son tour, devient produeteur; tandis que dans la multiplication des individus par bouture le produit devenant, jusqu' ä un certain point, etranger ä l'economie de l'individu souche, l'anneau produeteur continue ä i'unetionner et donne naissance a une serie de petits, donc le plus jeunes refoulent en arriere leurs aines." L. c p. 171. 94 der Vermehrung mit eben diesem Act bei Nais übereinstimme. Hier kann allein eine Revision der M üller'schen Angaben entscheiden. Leider haben wir hierzu noch keine Gelegenheit gefunden, da wir die betreffende Nais (Stylaria) pro- boscidea um Göttingen leider haben bisher noch nicht auffinden können. — Jetzt zu unseren Beobachtungen. Als die erste Andeutung eines neu sich bildenden Individuums bemerkt man in der Continuität des Multerlhieres an einer bestimmten Stelle, wie gesagt, etwa in der Mitte des Körpers, dass zwei an- liegende Segmente, die etwas aus einander gerückt sind, eine Masse zwischen sich nehmen, welche einem unentwickelten Körperringe nicht unähnlich ist, welche, wie dieser, weder Cirren, noch Fufshöcker und Borsten besitzt und vor den an- liegenden Theilen durch ihre geringere Breite und ihre hellere Färbung leicht auffällt (lab. II. Fig. 1. b). Diese Masse nun ist, wie eine Knospe, der Keim des neuen Thieres. Sie wächst besonders in die Länge, und zeigt bald die An- deutung einer Quertheilung. Der seitliche Rand bekommt einige Einschnitte, welche anfangs nur wenig zahlreich sind und am vorderen Ende tiefer und distincler erscheinen und auch weiter aus einander liegen, als am hinteren, wo zugleich die Breite viel weniger bedeutend ist. Die Segmente J), welche hier- durch entstanden sind, und welche an den Seiten höckerförmig vorspringen, wach- sen allinälig und versehen sich mit einem Cirrus, der an den vorderen Ringen schon ansehnlich ist, während er an den hinteren noch gänzlich fehlt (ibid. c). Gewöhnlich bildet sich jetzt schon eine zweite Knospe unmittelbar vor der ersten. Sie durchläuft dieselben \ eränderungen , wie diese, die inzwischen immer mehr sich vervollkommnet (ibid. d.). Die Zahl der Segmente ist gewachsen, die vorderen besonders sind ansehnlicher und haben sich jederseils mit zwei oder drei langen und dünnen Borsten versehen. Die Entwicklung des Kopfes fällt in eine noch spätere Periode, und beginnt gewöhnlich erst dann, wenn schon eine dritte Knospe sich entwickelt hat (ibid. e.). Anfangs unterscheidet er sich nur wenig von den übrigen Leibessegmenten. Bald aber nimmt er eine mehr kuglige Gestalt an und erhebt sich über den Caudalring des vorhergehenden Individuums. Die vorderen Augen und die seitlichen Antennen machen sich bemerklich. Jetzt sprossen auch die Schwanzcirren hervor. Das hintere Augenpaar und die Stirn- antenne entwickeln sich erst später, letztere, wie wir mehrmals beobachtet zu haben glauben, als zwei seitliche Höcker (ibid. f.), die erst im Laufe der Entwicklung in der Medianlinie zu einem unpaaren Fortsatze verschmelzen. Inzwischen hat auch der Munddarm sich verdickt und zu einem muscuhisen Pharynx umgewandelt. ') Unrichtig ist die Angabe von Edwards (I. c. p. 172.), dass Kopf- und Caudalsegmcnt bei den Sprüsslingen zuerst sich bildeten und zwischen ihnen erst später die einzelnen Körperringe entständen. 95 Alle diese Metamorphosen sieht man häufig neben einander an demselben Thiere, da solches nicht selten aus einer Reihe von sieben, acht oder neun unter einander verbundenen Individuen zusammengesetzt ist. Bisweilen sind die hinteren derselben so vollständig entwickelt '), dass sie bei Anwendung eines nur leichten Druckes sich losreifsen und frei umherschwimmen. Die von uns beobachteten Exemplare der Syllis prolifera waren alle noch nicht völlig entwickelt. So darf man ans der geringen Leibeslänge abnehmen und aus den Cilien, die an den Girren und, zu einem Büschel vereinigt, auch jederseits zwischen den einzelnen Segmenten bei ihnen sich vorfanden. Bei den ausgewachsenen Syllisarten (S. prolifera indessen beobachteten wir nicht 2) in diesem Zustande) fehlt dieser Flimmerapparat, ebenso bei Nereis u. a., während er auch hier in der Embryonalperiode 3) vorhanden ist. — Ob nun auch die ausgebil- deten Individuen von Syllis prolifera auf ungeschlechtlichem Wege sich vermehren, können wir mit Sicherheit nicht entscheiden. Für Myriadine bemerkt übrigens Edwards ausdrücklich, dass die Vermehrung nur auf die Embryonalperiode sich beschränke. Auch bei Nais findet sich wahrscheinlich ein gleiches Verhältniss. Müller wenigstens erwähnt, dass er unter den vielen Hunderten, welche er unter- sucht habe, kaum bei zweien oder dreien die Spuren von Geschlechtsorganen bemerkt habe. Ueberhaupt scheint es, als ob die ungeschlechtliche Vermehrung, ') Eine Zählung der Glieder, so weit diese an den neugebildeten Individuen entwickelt waren, ergab folgendes Verhältniss. Im ersten war deren Anzahl = 0, im zweiten = 8, im dritten = 12, im vierten = 18, im fünften = 26, im sechsten = 36. Nach der Schnelligkeit, in der die einzelnen Generationen auf einander folgen, ist übrigens auch dieses Verhältniss verschieden. Müller z. B. fand bei dem ersten Sprössling 15 Glieder, bei dem zweiten und dritten deren 17. Nur der letztere indessen hatte Kopf, Augen und Tentakeln. °) Es muss hier nothwendig sich uns die Frage aufdrängen, bildet S. prolifera im ausgewachsenen Zu- stande überhaupt eine eigene Art, oder ist sie vielmehr nur die Embryonalform einer anderen schon bekannten Art, etwa der S. armillaris Müll., die um Helgoland so häufig ist. Leider können wir hierüber nicht mit Sicherheit entscheiden. Indessen glauben wir doch einige Differenzen zwischen den beiden betreffenden Arten aufgefunden zu haben. Bei S. prolifera sind die Fühler und Cirren der beiden ersten Leibesringe verhältnissmäfsig länger, als bei S. armillaris; die Augen stehen in einem Viereck, doch so, dass die hinteren näher beisammen liegen, und die Epithelialbekleidung des Pharynx entbehrt am vorderen ausgezackten Rande des spiefsförmigen starken Zahnes, der bei S. armillaris sich vorfindet. Die Syllis (Photocharis Ehrbg.) cirrigera Viv., welche Ehrenberg (Das Leuchten des Meeres. Berlin 1835. S. 151.) um Helgoland auffand, haben wir nicht beobachtet. Un- streitig ist sie ebenfalls bisjetzt nur im unvollkommenen Zustande bekannt und nach Milne Edwards und Audouin (Annal. des scienc. nat. 1833 T. XXIX. p. 231) vielleicht mit S. prolifera identisch. 1) Die Angabe von Quatrefages (Ann. des scienc. nat. 1846. T. V. p. 90.), dass er bei fast allen Anneliden Cilien an manchen von den Kiemen verschiedenen Leibesstellen aufgefunden habe, besonders an der Basis der Füfse, im Zwischenraum zwischen den einzelnen Segmenlen und in der Umgegend des Mundes, bezieht sich, wie es uns scheint, zunächst nur auf unentwickelte Thiere. Für diese können wir dasselbe völlig bestätigen, müssen aber auch hinzufügen, dass wir bei keinem einzigen entwickelten Kiemenwurme eine solche Ausbreitung des Flimmerepitheliums beobachtet haben. 96 wenn auch vielleicht nicht ganz ausschließlich , doch gewiss vorzugsweise im un- vollkommen entwickelten Zustande vorkomme. So fand z. B. Sie hold J) bei keinem im Act der Theilung von ihm beobachteten Strudelwurme Geschlechts- organe. Auch werden Coenurus und Echinococcus nur durch die unvollkommne Entwicklung, die sie Zeit ihres Lebens darbieten, zur Knospenbildung befähigt2). In neuester Zeit hat Steenstrup 3) die ungeschlechtliche Vermehrung (die überall nur während der früheren embryonalen Periode sich vorfinden soll) gänzlich in das Gebiet seines Generationswechsels gezogen und betrachtet deren verschiedene Arten (Knospenbildung, Theilung u. s. w.) nur als verschiedene Formen, unter wel- chen dieser Process auf verschiedenen Punkten in der organischen Natur auftrete. In seiner früheren, so berühmt gewordenen Schrift 4) charakterisirt der Ver- fasser den Generationswechsel als diejenige Erscheinung in der Natur, wonach ein Thier eine Brut gebäre, die nicht dem Mutterthiere ähnlich sei oder werde, sondern, diesem unähnlich, selbst eine Brut hervorbringe, die ihrerseits erst zur Form und ganzen Bedeutung des Mutterthieres zurückkehre, so dass also ein Mut- terthier nicht in seiner eigenen Brut, sondern erst in seinen Nachkommen des zweiten, dritten u. s. w. Gliedes oder Generation seines Gleichen wiederfinde. Die vorausgehenden Generationen (die der Ammen) sind immer geschlechtslos, sie vermehren sich nur durch Theilung, Knospenbildung u. s. w. Allein die Mutter- thiere bekommen Geschlechtsorgane — sie allein pflanzen sich fort. Vergleichen wir nun diesen Vorgang des Generationswechsels mit der bei un- serer Syllis beobachteten Vermehrung, so finden wir vor Allem schon darin eine ge- waltige Differenz, dass ein Formunterschied zwischen denMutterlhieren und den Nach- kömmlingen, wie er sonst überall im Gebiete des Generationswechsels sich findet, hier nicht existirt. Wollte man trotzdem die Theorie des Generationswechsels auf unsere Thiere anwenden, so müsste man wenigstens die oben gegebene Definition in dieser Beziehung modificiren. Steenstrup selbst hat dieses wohl gefühlt: er betrachtet die Vermehrung der Naiden und verwandten Würmer nur deshalb als ein Glied seines Generationswechsels, weil der dadurch gebildete Thierstock aus verschie- denen (doch nicht der Form nach verschiedenen) Wesen bestehe, aus aufammenden, denen die Geschlechtsorgane fehlten, und aus aufgeammten, welche sie besäfsen 5). ') Vergl. Anat. S. 169. *) Selbsttheilung und Knospenbildung finden sich, wenngleich nur sehr selten, doch mitunter auch, wie es scheint, bei den höheren Wirbelthieren während der Embryonalperiode. Hier werden sie dann häufig die Ursache der Doppelmissgeburten und des sogenannten Foetus in foetu. Ein Mehreres hierüber vergl. man bei R. Leuckart, De monstris eorumque de caussis etortu Dissert. reg. praem. ornat. Gotting. 1844. s) Untersuchungen a. a. 0. S. 104. ') Ueber den Generalionswechsel. Vorwort S. III. 5) Untersuchungen u. s. w. S. 49. 97 Es stützt sich dieser Ausspruch, wie es scheint, vorzüglich auf die Angabe von Quatrefages, dass die beiden durch die Quertheilung seiner Syllis 1) entstan- denen Individuen sich insofern von einander unterschieden, als allein das hintere dazu bestimmt sei, auf geschlechtlichem Wege sich fortzupflanzen. Dieses allein sollte Spermatozoen oder Eier in seinem Inneren entwickeln, wogegen der Darm- kanal allmälig atrophisch 2) würde. Auch Milne Edwards giebt an, dass das vordere (mütterliche) Individuum bei Myriadine stets geschlechtslos bleibe. - — Wenn wir nun aber auf eine nähere Prüfung der vorliegenden Beobachtungen eingehen , so müssen wir gestehen, dass zu einer solchen Annahme uns keine ge- nügenden Gründe vorzuliegen scheinen. Beide Beobachtungen reduciren sich ein- fach darauf, dass weder Quatrefages, noch Milne Edwards in dem vorderen l liiere einer Embryonenreihe Eier oder Spermatozoen vorfanden. Auch wir haben solche hier niemals gesehen, doch ebenso wenig in den vorderen Sprösslingen. Nur im letzten derselben haben wir sehr häufig 3) die weiblichen Generations- elemente, doch allein nur sie, niemals Spermatozoen, angetroffen. Vergleichen wir nun hiermit eine Beobachtung, die wir häufig zu machen Gelegenheit fanden, dass nämlich Eier sich bei den Anneliden (und auch den Botiferen) schon sehr frühe bilden, noch während der Embryonalperiode, wenn das Thier sich dem Stadium seiner völligen Entwicklung nähert, so haben wir unserer Meinung nach darin den Schlüssel zu dem obigen Phänomene gefunden. Die Eier entstehen zuerst, wie wir oben bereits erwähnt haben, in den hinteren Leibessegmenten, die bei unserer Syllis, sowie wahrscheinlich auch bei Myriadine, durch die eingeschobenen Knospen von den vorderen getrennt und zu einem selbst- ständigen Individuum ausgebildet werden. Die durch die Entwicklung der Knospen entstandenen neuen Individuen dagegen erreichen, so lange sie den gemeinschaft- lichen Thierstock bilden helfen, wahrscheinlich überall gar nicht eine solche Stufe der Entwicklung, dass sie zur Production von Eiern befähigt würden. Eine solche Eibildung, wie sie beobachtet wurde, können wir übrigens nicht für ein Zeichen der Geschlechtsreife halten. Wissen wir doch, dass auch bei den Wirbelthieren die Eier sich schon völlig entwickelt bei reifen Embryonen ♦) auffinden lassen, während die Bildung der Spermatozoen und die Geschlechtsreife ') Dass übrigens nicht alle Syllisarlen während der Embryonalperiode sich durch Theiluog oder Knospen- bildung vermehren, beweist die von Jlilne Edwards (1. c. p. 168.) beobachtete Entwicklung eines andern diesem Geschlechte zugehörenden Wurmes. '■') Von einer solchen Erscheinung haben wir übrigens niemals eine Andeutung gesehen. ') Schon 0. Fr. Müller fand Eier in dem letzten Individuum der seine Syllis prolifera bildenden Kette, war aber über deren Bedeutung nicht ganz sicher. *) Vergl. Wajner's Lehrbuch der speoiellen Physiologie. 3. Aufl. S. 42. 13 98 erst J.ihre lang spater eintritt. Quatrefages scheint freilich auch männliche Keimstoffe bei seiner Syllis entdeckt zu haben — doch glauben wir nicht ohne allen Grund dieses so lange bezweifeln zu dürfen, bis er selbst entweder seine desfallsigen Untersuchungen näher erläutert, oder auch neuere Unter- suchungen das wirkliche Vorkommen derselben unter den betreffenden Umständen bestätigt haben. Bis dahin aber müssen wir vor allen voreiligen Annahmen und Aussprüchen uns hüten, bis dahin linden wir in der Vermehrungsart unserer Syllis ganz einfach ein Phänomen der ungeschlechtlichen Fortpflanzung — keines- wegs eine Erscheinung, die dem sogen. Generationswechsel angehört. Wenn auch dieser letztere überall, wo er auftritt, durch die aufsergeschlerhtliehe Fort- pflanzung vermittelt wird, so berechtigt uns doch, glauben wir, das Vorkommen eines solchen Verhältnisses (während der Embryonalperiode) noch nicht zu der Annahme, dass auch überall dabei ein Generationswechsel im Spiele sei. So viel über Syllis prolifera, welche durch ihr merkwürdiges Verhalten jeden- falls einen sehr interessanten Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Anneliden uns darbietet. Immer noch ist die Kenntniss von den Metamorphosen dieser Thiere (die wir den schönen Entdeckungen von Loven '), Sars 2) und Oersted 5) ver- danken) sehr unvollkommen, wenn auch besonders die sehr ausgezeichneten Unter- suchungen von Mi Ine Edwards +) hier den dringendsten Bedürfnissen abgehollen haben. Unsere eigenen hierauf bezüglichen Beobachtungen sind nur dürftig, theils weil wir die ersten Stufen der Entwicklung beinahe nirgends 5) haben auffinden kön- nen, theils aber auch, weil die verschiedenen embryonalen Formen, die uns in nicht unbeträchtlicher Anzahl aufstiefsen, ihrem Ursprünge nach uns unbekannt geblieben sind. Trotzdem möge aber hier die nähere Beschreibung einer von uns untersuchten Branchiatenlarvc einen Platz finden, die sich durch ihre Formver- hältnisse sehr auszeichnet und in der wir eine weitere Entwicklungsstufe des von Oersted G) als die muthmafsliche Larve von Leucodorum paradoxum abgebildeten rhieres wiederzufinden glauben. Das Thier, welches wir in den ersten Tagen des Juli beobachteten, hatte etwa die Länge einer halben Linie und eine weifsliche Farbe. Durch seinen ge- gliederten, mit Borstenbüscheln versehenen Leib (vergl. die Abbildung auf Tab. 1. Fig. 19) gab es sich bald als eine Branchiate zu erkennen. Der erste Körper- ring, der Kopf, hatte die Form eines abgestumpften, mit der einen Ecke nach ') Wiegmann's Archiv 1842 I. S. 302. 2) Ibid. 1845 I. S. 11. 3) Ibid. S. 20. ') Annal. des soienc. nalur. 1845. T. III. p. 145 ff. ) Für Terebella können wir die Angaben von Milue Edwards in jeder Beziehung bestätigen. "J Conspect. annulat. Dankor. Tab. VI. Fig 96. 99 vorn gerichteten Dreieckes und überragte seillich die Breite des Leihes. Auf der Stirn standen in einer bogenförmig nach vorn gekrümmten Reihe sechs Augen- punkte, hinter den vorspringenden seitlichen Ecken zwei sehr grofse und dunkle Pigmentflecke. Uer Leib, der im Yerhältniss zu seiner Länge sehr breit war, zer- fiel durch seitliche Einschnitte in zwölf auf einander folgende Segmente, die mit Ausnahme des gröfseren Analringes nach hinten an Ausdehnung abnahmen. An den Seiten ragten die Segmente, besonders die vorderen, höckerförmig vor und trugen, ebenfalls mit Ausnahme des Caudalringcs, ein Büschel feiner, langer Borsten, die am ersten Segmente die Länge des ganzen Leibes beinahe überragten. In.don übrigen Bingen waren die Borsten kürzer und von geringerer Anzahl. Nach hinten zu schwindet diese von 14 — 16 allmälig bis auf 6. Das Thier bewegt diese Borslenbündcl, besonders die vorderen, lebhaft auf und nieder und bedient sich derselben als ruderarliger Locomotionswerkzeuge. Kopf und Aftersegment, die der Borsten entbehren, sind mit einer Menge dicht stehender Cilien besetzt, die an den seitlich vorragenden Ecken eine sehr beträchtliche Gröfse haben und ganz augenscheinlich der Willkür des Thieres unterworfen sind. Die kleineren, welche übrigens durch zahlreiche Zwischenformen mehr oder minder allmälig in diese gröfseren übergehen, flimmern besländig. Auch die Seilentheile der Rörpersegmente zeigen unterhalb der Borstenbüschel einen Haufen von Wimperhaaren. Cirren und Schwanzanhänge fehlen. Der Saum des Kopfes und des Analringes hat eine gelb- lich grüne Färbung, die von zahlreichen in die Leibesbedeckung eingelagerten Mo- lekeln herrührt. Aufserdem trägt noch ein jedes Segment und selbst der Kopf auf seiner Rückenfläche zwei neben einander stehende, verästelte Pigmentflecke, welche der Quere nach sich strecken und auf den hinteren Gliedern in der Mittellinie zu- sammenfliefsen. Von inneren Organen konnten wir allein den Darm unterscheiden. Er war sehr weit, nach Mund und After zu verengt und zeigte, in Uebereinstimmung mit den Körperringen, einzelne seichte Einschnürungen. Der vordere verengte Theil war in einen flaschenförmigen, musculösen Pharynx umgebildet. Er enthielt nicht die geringste Spur einer Bewaffnung, war aber — wie das Rectum — mit einem sehr deutlichen Flimmerepithelium ausgekleidet. In dem mittleren weiten Darme schien ein solches zu fehlen. Muskeln liefsen sich noch nirgends unterscheiden. Die ganze Leibesmasse bestand aus einem körnig-zelligen Gewebe, wie bei den Infusorien. Eine spätere Entwicklungsform dieses Thieres, die wir ebenfalls zu beob- achten Gelegenheit fanden, unterschied sich vorzugsweise durch eine gröfsere Zahl von Leibesringen, durch eine ziemlich gleiche und verhältnissmäfsig kürzere Länge der Borsten und dadurch, dass die beiden nach den Seiten zu vorspringenden Ecken des Kopfes sich zu einem längeren, tentakelförmigen Anhange ausgezogen hatten. 13* Ueber den Bau der Caprellen. # Die Caprellen gehören bekanntlich zur Abtheilung der Crustacea laentodi- poda, welche durch Latreille l) zuerst als Ordnung von den Isopoden abge- schieden wurden. Die Anzahl der Genera, welche ihr angehören , ist nur gering. Nach der Form des Körpers hat man die Galtung Cyamus als Unterordnung (als Laeniodipoda ovalia) von den übrigen hierher gehörenden Geschöpfen, den Laemo- dipoda filiformia, getrennt. Neuerdings hat Kröyer2) den Versuch gemacht, die ganze Ordnung der Laemodipoden aufzuheben und sie als eine Familie bei den Amphipoden unterzubringen. Es dürfte jedoch der so rudimentäre Hinter- leib unserer Thiere einer derartigen Auffassung entgegenstehen, wenngleich man auch gern zugeben kann, dass in vielen Stücken Amphi- und Laemodipoden eine grofse Uebereinstimmung darbieten. Die Organisation der Laemodipoden ist im Allgemeinen noch wenig bekannt. Nur über die Gattung Cyamus hat schon vor längerer Zeit Treviranus 5) Zer- gliederungen angestellt, und später Iloussel de Vauzeme4) eine treffliche Mono- graphie geliefert. Dagegen ist über den Bau der Caprellen mit Ausnahme einiger Angaben von Wiegmanu5) und Henry Goodsir 6) unseres Wissens noch nichts publicirt worden. In der That ist auch eine anatomische Untersuchung dieser Geschöpfe nicht ganz leicht, indem namentlich der so dünne und schmäch- tige Körper einen jeden \ ersuch mit dem Messer fast unmöglich macht. Dazu kommt noch, dass der gröfsere Theil der Caprellen so undurchsichtige Integumente besitzt, dass hierdurch eine jede mikroskopische Beobachtung in hohem Grade erschwert wird. Wenigstens war es bei den von uns benutzten Arten — Caprella linearis Müll, und Podalirius typicus Kröy. — unmöglich, das Mikroskop in Anwen- ') Cuvier, Regne animal. He Edit. Tora. IV. p. 126. 8) Naturhistorisk Tidskrift. IV. S. 141. 3) Treviranus, Vermischte Schriften anatomischen und physiologischen Inhaltes. II. S. 7. 4) Annales des sciences naturelles 1834. Tom. I p 239. s) Wiegmann's Archiv 1839. I. S. 111. (über Leptomera). c) The Edinburgh new philosophical Journal. Vol. XXXIII. p. 183. (über Caprella). 101 düng zu ziehen. Doch beschränkte sich glücklicher Weise diese Ulidurchsichtigkeit nur auf das erwachsene Thier. In ihren Jugendzusländen sind die Caprellen bei Weitem pellucider. So waren wir namentlich bei Exemplaren von V/2 — ~'" mit Leichtigkeit im Stande, durch mikroskopische Untersuchung das Wesentliche ihrer Organisation zu erkennen und später Einiges, was wir am erwachsenen Thiere durch Zergliederung fanden, damit in Einklang zu bringen. Hinsichtlich der Lehensweise der Caprellen haben wir die G oodsir'schen Angaben bestätigt gefunden, so dass wir auf die oben erwähnte Arbeit verweisen können. Man gewahrt niemals diese Thiere in Schwimmbewegungen, sondern nur höchst langsam und träge umherschreitend. Gewöhnlich trifft man sie mit ihren Hinterfüfsen an Seegewächsen oder anderen Thieren festgeklammert, den Vor- derleib ein wenig emporrichtend und mit den Greiffüfsen langsame, wie tastende Bewegungen machend. Der Körper besteht aus acht Hingen oder Segmenten. Das vorderste Segment trägt die beiden Antennenpaare, die Kauwerkzeuge und das erste Greif- fufspaar. Es ist zu betrachten als hervorgegangen aus der Verschmelzung von Kopf, Prolhorax und Mesothorax. Das zweite Segment mit dem zweiten Paare der Greiffüfse versehen, ist der Metathorax. Die fünf folgenden Ringe setzen den Vorderleib oder das Proabdomen zusammen. An den beiden ersten derselben findet man bei Caprella und Podalirius keine Beine, sondern blols zwei Paare kleiner, kolbenförmiger Kiemen. Die drei letzten Piinge sind dagegen mit den Gehfüfsen versehen, welche entweder noch am vordersten Piinge rudimentär blei- ben (Podalirius) oder an allen dreien entwickelt sind (Caprella). Bei Leptomera sind dagegen alle fünf Ringe mit Beinen versehen, die drei vordersten tragen dabei noch Kiemen. Der achte Ring stellt das ungemein verkümmerte Postab- domen dar, in ähnlicher Weise wie bei den Pycnogoniden das Abdomen rudi- mentär geworden ist. Er trägt an seiner Spitze die Afteröffnung. Der Körper wird von einer mälsig festen, mit verschiedenen Farbestoffen imprägnirten Haut bedeckt. Sie zeigt bei chemischer Untersuchung einen be- trächtlichen Pieichthum an kohlensaurem Kalke und eine thierische Grundlage, welche sich durch ihre Reactionen als Chitin zu erkennen giebt. Unter dem Mikroskope erscheint dieses Chitinskelet von mehr oder minder zahlreich über einander gelagerten, sehr feinen und fast structurlosen Membranen gebildet. Die Musculatur zeigt eine beträchtliche Entwicklung und erscheint aus einer Anzahl einzelner Muskeln zusammengesetzt, von welchen sich namentlich die in den Greiffüfsen enthaltenen durch Mächtigkeit auszeichnen. Die Fasern sind auch hier, wie bei allen anderen Crustaceen, mit deutlicher Querstreifung versehen. 102 Das Nervensystem konnte von Goodsir nicht aufgefunden weiden Bei unseren Exemplaren von Caprella linearis dagegen war es mit Leichtigkeit wahrzunehmen. Im vorderen Piinge, über und vor der Speiseröhre, liegt der an- sehnliche, ovale Hirnknoten oder das Ganglion supraoesophageum. Er besteht deutlich aus zweien sehr stark mit einander verschmolzenen Ganglien. An seinem hinteren und unteren Theile entlässt er die ziemlich dicken und starken , aber nur kurzen Schlundcommissuren. Sie treten in den Anfang des Bauchmarkes herein. Dieses beginnt mit zweien dicht hinler einander gelegenen und verschmol- zeneu ganglionären Anschwellungen. Jede dieser Anschwellungen, hier sowohl, als am übrigen Bauchmarke, besteht immer aus paarigen Ganglien, welche aber stark mit einander in der Medianlinie verschmolzen sind, so dass man sie auf den ersten Blick nur für einen einzigen Knoten nehmen könnte. Die erste gan- glionäre Masse, das eigentliche Ganglion suboesophageum , übertrifft an Gröfse und Stärke den zweiten Knoten. Alle bisher erwähnten Markmassen gehören dem ersten Segmente des Körpers an, so dass dieses sonach mit drei paarigen Ganglien versehen ist. In den sechs folgenden Bingen gewahrt man dagegen im- mer eine einzige ähnliche Anschwellung. Das Ganglion des zweiten lünges, des Mesothorax, übertrifft an Mächtigkeit alle übrigen, wie das diesem angehörende Greiffufspaar die stärkste Extremität des ganzen Körpers ist. Die Ganglien der beiden folgenden fufslosen Segmente sind dagegen viel kleiner und werden an Gröfse von den drei letzten fufstragenden Hingen des Proabdomen übertroffen. In dem stummeiförmigen Postabdomen liegt keine Markmasse mehr. Die Com- missuren der Bauchkette sind überall doppelt und von ansehnlicher Stärke. Vergleicht man hiermit das Nervensystem der Wallfischlaus, wie es uns Boussel de Vauzeme *) kennen gelehrt hat, so findet man eine sehr ähnliche Anordnung bei beiden Thieren. Hier, wie dort, neun Ganglienpaare überhaupt, von welchen die drei vordersten dem Kopfsegmente angehören. Hier, wie dort, dieses eigenthümliche Hintereinanderrücken und partielle Verschmelzen der beiden eisten Ganglienpaare der ßauchkette. Nur darin weichen die Caprellen von Cyamus ab, dass bei ihnen alle Ganglien der Bauchkette in ihren respectiven Bingen geblieben sind, während sie dagegen bei der Wallfischlaus beträcht- lich nach vorn vorrücken, so dass das neunte Ganglion, welches dem siebenten Segmente angehört, zu Anfang des sechsten Piinges liegt. üemgemäfs müssen auch riichtung und Gröfse der Nervenfäden namentlich an den letzten Ganglien bei beiden Thieren Verschiedenheiten zeigen. ') A. a. 0. PI. 9. Fig. 19. 103 Die von den Markknolen abgehenden Nervenfaden haben wir nur sehr ver- einzelt und auch da nicht mit genügender Sicherheit wahrnehmen können: Wir glauben jedoch keinen Irrlhum zu begehen, wenn wir, die Analogie mit Cyanius benutzend, die Verlheilung folgendermafsen annehmen. Der Gehirnknoten ent- sendet die Sehnerven und die Stämme zu den langen und grofsen Antennen. Mit letzterem Umstände dürfte auch seine nicht unbeträchtliche Gröfse in Einklang zu bringen sein. Das zweite Ganglienpaar versorgt die Fresswerkzeuge, das dritte die ersten GreifFüfse Von dem vierten Knoten entspringen die Nerven zu dem zweiten und gröfseren GreilYufse, von den zwei nächst folgenden die Nerven zu den Kiemen, und von den drei letzten Ganglien die Stämme zu den Gehfül'sen. Damit stimmen denn auch die Grüfsendifferenzen der einzelnen Markknoten auf's Beste über ein, indem sie in geradem Verhältnisse mit der Entwicklung der An- hänge ihrer entsprechenden Körperringe stehen. Auf diesem Wege wird man denn auch im Voraus bestimmen dürfen, dass bei Leptomera die Gröfse der einzelnen Ganglien von der bei Caprella beobachteten verschieden ist, indem bei jenem Thiere die beiden ersten Proabdominalringe durch das Vorhandensein von Beinen stärkere Ganglien verlangen, als bei den hier fufslosen Caprellen. Ebenso wird wahrscheinlich bei Podalirius der Knoten des vierten Proabdominalsegmentes kleiner sein, als bei Caprella, welches wir leider zu constatiren versäumten. Was die Sinnesorgane betrifft, so findet man die Sehwerkzeuge an den Seiten des Kopfes als zwei zusammengesetzte Augen mit glatter Hornhaut. Die im Allgemeinen nicht zahlreichen Krystallkegel sind klein und von birnförmiger Gestalt. Sie werden von einem feinkörnigen, purpurfarbenen Pigmente umhüllt. — Als Tastwerkzeuge scheinen besonders die Antennen, ebenso die Greiffüfse, deren Bewegungen schon oben erwähnt wurden, zu fungiren. Sehr einfach ist der Bau der Verdauungsorgane, die im Allgemeinen bereits durch Goodsir erkannt sind. Eine enge, mäfsig lange Speiseröhre führt nach hinten und oben in den Magen. Dieser ist klein und enge, von ovaler Gestalt, bis in den Metathorax hineinreichend, und im Wesentlichen in seiner Form mit dem der Wallfischlaus übereinkommend, wahrscheinlich jedoch eines Skelettes entbehrend. Aus ihm nimmt ein Darmkanal seinen Ursprung. Er stellt einen in gerader Richtung durch den Körper verlaufenden, gleich weiten Schlauch dar, an welchem mit Ausnahme eines kurzen und weiten, musculösen, im Post- abdomen befindlichen Rectum keine weiteren Abtheilungen mehr zu unterscheiden sind. W ährend des Lebens ist der Darmkanal in pulsirender Bewegung begriffen Von Anhangsdrüsen des Verdauungsapparates ist blofs ein gallenberei- tendes Organ, eine Leber, vorhanden. Von Goodsir ist sie übersehen worden 104 Sie erscheint als ein einfach gebildeter Sack an jeder Seite des Darnikanales. Die beiden Leberschläuche besitzen, verglichen mit dem schmächtigen Körper, eine nicht unbeträchtliche Weite. Sie senken sich hinter dem Magen in den Verdauungsapparat ein und erstrecken sich nach hinten bis gegen das Ende des vierten Ringes. Bei Cyamus dagegen ragt die gleichgebildete Leber bis in den siebenten Ring herunter und erscheint, wenn man nach der Zeichnung von Roussel de Vauzeme1) urtheilen darf, als ein enger Schlauch. Die Leber eines er- wachsenen Podalirius zeigt eine weifslichgelbe Farbe. Man bemerkt an ihr eine feine, structurlose Membrana propria, um welche äufserlich zarte Ringfasern an- gelagert sind. Die Innenfläche dieser Membran wird von dem eigentlichen Drüsen- epithelium bedeckt. Es besteht aus rundlichen, gekernten Zellen, welche als Zellen- inhalt gröfsere oder geringere Mengen eines gelblich gefärbten, elainartigen Fettes besitzen. Diesem verdankt denn auch das ganze Organ seine Farbe. Die Zellen sind sphärisch, nicht abgeplattet und verengen daher das Lumen ihres Drüsen- schlauches beträchtlich. Eine die Drüsenzellen nochmals umkleidende innere Haut, eine Membrana propria, haben wir hier so wenig wie bei irgend einem anderen Crustaceum wahrnehmen können. Wir sind daher sehr geneigt, die Existenz dieses von H. Meckel2) und Schlemm5) für die Leber von Astacus behaupteten Gebildes ganz in Abrede zu stellen und den feineren Bau dieses Organes dem anderer Drüsen der Wirbelthiere conform anzunehmen. Was den Kreislauf der Caprellen betrifft, so meldet uns Wiegmann hierüber Folgendes: Bei einer Leptomera konnte man in den Greiffüfsen einen arteriellen Blutstrom die Hinterwand hinabsteigen und am Ende der Extremität schlingenförmig in einen venösen Strom übergehen sehen, welcher den Vorder- rand einhielt. Aehnlich war die Gradation in den Kiemen. Ein mehrkammeriges Rückengefäfs konnte ebenfalls, aber nicht scharf und genau, wahrgenommen werden. Oberhalb desselben fand sich eine Ansammlung venöser Blutmasse, von welcher es unentschieden gelassen wurde, ob sie von einem Sinus umschlossen oder frei in der Leibeshöhle enthalten war. Auffallend zugespitzt, spindelförmig, so dass sich ihre Form einer Navicula vergleichen liefs, traf Wiegmann die Blutkörperchen. Hiervon in mancher Hinsicht abweichend verhalten sich die Angaben Goodsir's. Dieser spricht von bestimmten arteriellen und venösen Gefäfsen mit Seitenzweigen Er giebt an namentlich in den Antennen dieses Verhältniss be- ') A. a. 0. IM. 9. Fig. 19. *) Vergl. Müller's Archiv 1846. S. 35. ') De hepate ac bile Cruftaceorum et Molluscorum quorundorum Diss. inaug. Rerolini 1845. *5 A. a. 0. ») A. a. 0. 105 merkt zu haben, wo die Arterien den oberen, die Venen den unteren Rand ein- nahmen. Er bemerkte ebenfalls ein ansehnliches Rüekengefafs. Die Blutkörper- chen halten bei Caprella eine sphärische Gestalt. Wir haben diesem Gegenstände einige Sorgfalt zugewandt. Falls wir nicht irren, dürfte er sich also verhalten. Die Blutkörperchen sind klein, von ovaler Gestalt, wenngleich nicht so zugespitzt, wie Wiegmann es bemerkt ha- ben will. Sie sind farblos und in mafsiger Anzahl in einer gleichen Flüssigkeit enthalten Ueber dem Aliinentarkanale findet man ein schlauchförmiges Rüeken- gefafs oder Herz, seiner ganzen Länge nach gleichzeitig in lebhafter Pulsation be- griffen. Es beginnt dieses Rüekengefafs, wie es die schematische Darstellung einer Caprella auf Tab. II. Fig. 20. zeigt, schon im Kopfe und erstreckt sich bis gegen das Ende des vorletzten Ringes des Proabdomen. Es ist daher von einer be- trächtlichen Länge. An ihm bemerkt man seitlich fünf paarige, mit Klappen ver- sehene Spaltöffnungen. Das erste Paar liegt ganz am Anfang des Herzens, also noch im Kopfsegmente, das letzte Paar ganz an seinem Ende, also im sechsten Ringe. Die drei übrigen Paare sind so vertheilt, dass die eine Spaltöffnung am hinteren Theile des zweiten, die andere in der Mitte des vierten Ringes liegt, und endlich noch ein Paar Spaltöffnungen gerade am Uebergange des vierten in das fünfte Segment, also unterhalb der Conjunctiva beider Bunge, befindlich ist. Es ist somit die Lage der Spaltöffnungen keine regelmäfsige, indem die Zwischen- räume ganz verschiedene Länge besitzen und namentlich der zwischen der zweiten und dritten Spaltöffnung gelegene sehr grofs, der zwischen der dritten und vierten befindliche nur klein ist. Die Klappen an den Oeffnungen sind wenig entwickelt, und daher die Trennung in einzelne Kammern nur eine unvollkommene. Das Rüekengefafs behält im Uebrigen überall eine gleiche W^eite. Dass es von einem venösen Sinus umgeben werde, konnten wir nicht bemerken. Es schien vielmehr hier nur ein größerer freier Raum der Leibeshöhle vorhanden zu sein. Dieses Rüekengefafs ist mit Ausnahme einer kurzen Aorta im ganzen Körper das einzige von bestimmten Wandungen umschlossene Blutgefäfs. Alle peripherischen ßlutströme ohne Ausnahme geschehen nur durch Lücken und Zwischenräume des Parenchyms und der im Körper gelegenen Organe. Nie- mals aber, auch bei der sorgfältigsten Beobachtung, bemerkt man eine diese Ströme umschliefsende Membran. Es kann daher auch nicht von zweierlei Ge- fäfsen, wie Goodsir meint, die Rede sein. Es existiren nur zweierlei der- artige Ströme. Was die arterielle Blutbahn betrifft, so nimmt von der Spitze des Herzens ein greiser arterieller Hauptstrom seinen Ursprung. Bei dem weit nach 14 106 vorn vorgerückten Ende des Herzens kann er natürlich nur eine kurze Strecke vorwärts verlaufen. In dieser Strecke scheint er allerdings noch bestimmte Wan- dungen zu besitzen. Da, wo jedoch der Blutstrom sich nach unten wendet, hört mit freier Oeffnung dieses Aortenrudiment auf. Mit schlingenförmiger Um- biegung gelangt der arterielle Strom an die Unterseite des Körpers, spaltet sich, um die Speiseröhre zwischen sich zu nehmen, geht später wieder eine Vereini- gung ein und verläuft auf der Ganglienkette weit nach hinten. Zahlreich sind die von diesem Hauptstrome ausgehenden Seitenströmungen. Im Kopfe sieht man am freien Ende der Aorta Ströme abgehen für die beiden Fiihlerpaare, von denen der Strom der oberen Antennen über die Augen hinwegtritt, der der unteren Antennen unterhalb jener verläuft Aus der Umbiegung selbst nimmt ein Seitenstrom für die ersten Greiffüfse seinen Ursprung. Auf der Gan- glienkette laufend giebt der arterielle Blutslroin Seitenströmchen ab für die hin- teren Greiffüfse und die Kiemen. Sein Ende nimmt er bei Caprella im fünften Ringe, indem er hierin zwei Ströme für die Heine dieses Segmentes ausläuft. Es bleiben somit nur noch die hinteren Theile des Körpers übrig. Ihnen wird das arterielle Blut nicht vom vorderen Theile des Rückengefäfses zugeführt, sondern auffallender Weise vom hinteren Ende desselben. Es scheint hier ein ganz kurzer Hauptstrom ausgetrieben zu werden, welcher sich jederseits in drei Ström- chen auflöst, zwei für die Beine des sechsten und siebenten Ringes und ein drittes für das rudimentäre Postabdomen. Das letzte Strömchen haben wir je- doch nicht genau erkannt. Was die Circulation des arteriellen Blutes betrifft, so findet man die wan- dungslosen Ströme immer am hinteren Rande der Beine und Kiemen und am unteren Rande der Antennen verlaufend. Es sind daher die Wiegmann sehen Beobachtungen richtig, dagegen die von Goodsir falsch. Alle diese Ströme verlaufen bis an das Ende ihrer Theile und biegen hier schlingenförmig in die venösen Ströme über. Seitenströmungen haben wir nur selten bemerkt. Die venösen Blutströmehen nehmen immer den vorderen oder oberen Rand der Körperanhänge ein und verlaufen nach dem Herzen zurück, um in dessen Spaltöffnungen entweder dirert einzutreten oder sich auch vorher einer gröfseren, das Herz umgebenden Ansammlung venösen Blutes zuzumischen und mit dieser erst bei der Expansion des Rückengefäfses aufgenommen zu werden. Es scheint indessen gewöhnlich ein directes Einmünden stattzufinden. Die Unter- scheidung ist jedoch bei diesen wandungslosen Strömen nicht ganz leicht. Wir glauben als Regel bemerkt zu haben, dass die Antennen ihr venöses Blut in das erste Paar der Spaltöffnungen ergiefsen , die beiden Greiffüfse in 107 das zweite Paar, die der Kiemen in das dritte Paar, wobei also die Ströme (wie es auch Fig. 20. zeigt) weit zurücklaufen müssen. Die venösen Ströme der er- sten GehfüTse münden in die vierte Spaltöffnung, die der letzten Gehfüfse in die fünfte. An den letztgenannten Stellen halten daher diese Ströme einen nach vorn gerichteten Verlauf ein. Der Gang des Kreislaufes wäre also folgender: Das Herz nimmt durch die verschiedenen Spalten im Momente der Ausdehnung das venöse Blut auf. Es treibt durch seine Contractionen, indem die Klappen die Spaltöffnungen schlie- fsen, das arterielle Blut aus und zwar die gröfsere Menge durch das Aorlenrudiment nach vorn, den Rest nach hinten in wandungsloseni Strome. Der Kreislauf der Amphipoden, welchen wir bei einigen Gattungen , die der Abtheilung der Creveltines sauteuses von Milne Edwards angehören, näm- lich bei Gammarus '), Talitrus, Orchestia und Isaea untersucht haben, kommt in manchen Stücken mit dem der Caprellen überein, bietet jedoch in anderen interessante Differenzen dar. Man findet bei jenen Thieren (Tab. II. Fig. 19) ein schlauchförmiges Rückengefäl's, welches vom zweiten Segmente des Körpers (dem Mesothorax) bis herab zum achten Segmente (dem letzten Proabdominal- ringe) reicht. Die Anzahl der paarigen Spaltöffnungen ist gröfser, als bei den Caprellen. Während diese nämlich nur fünf Paare besitzen, sind die Amphi- poden mit sieben Paaren versehen , welche noch überdies regelmäfsiger gestellt sind, so dass die einzelnen Kammern des Herzens beinahe eine gleiche Gröfse besitzen. Letztere sind im Uebrigen hier ebenso unvollkommen als bei den Laemodipoden von einander separirt. Das arterielle System besteht auch hier aus einer kurzen, mit deutlichen Wandungen versehenen Aorta, welche in der gleichen Weise in einen wandungslosen Hauptstrom übergeht, der die Speiseröhre umfasst und dann auf der Bauchseite des Körpers nach hinten verläuft. Von ihm nehmen Seitenströme für die Fühler, Kauwerkzeuge, die Beine, die an- deren Anhänge der Ringe, nämlich die Kiemen und Epimeren ihren Ursprung. Im letzten Proabdominalringe erreicht dieser arterielle Hauptstrom sein Ende. Das ganze, nicht unansehnliche Postabdomen erhält das arterielle Blut nicht aus dem vorderen, sondern dem hinteren Ende des Herzens zugeführt und zwar durch einen sehr starken und mächtigen, wandungslosen Strom, der auf den ersten Blick wie eine Verlängerung des Rückengefäl'ses selbst erscheint. Noch abweichen- der gestaltet sich die V erlheilung der venösen Blutmasse. Die Fühler und Fress- ') Angaben über den Kreislauf des Gammarus pulex finden sich bei J. C. Zenker, de Gammari pu- lieis hisloria naturali alque sanguinis circuitu commentatio. Jenae 1832. 14' 108 Werkzeuge schicken ihre venösen Ströme in die erste Spaltöffnung, die Beine des Meso- und Metathorax zusammen in die zweite. An den fünf Proabdominal- ringen dagegen nimmt immer eine besondere Spaltöffnung das venöse Blut der Beine und ihre Anhänge auf. Nur die letzte, dem fünften Proabdominalringe angehörige, Spaltöffnung ist wieder zur Aufnahme einer weit ansehnlicheren Blutmasse bestimmt, indem sie alles Blut des Postabdomen und zwar jederseits aus einem tieferen und einem ziemlich oberflächlich gelegenen, venösen Längs- strome aufnehmen muss. Die Lage der arteriellen und venösen Strömchen ist die gleiche, wie bei den Caprellen. Capillarströme scheinen ebenfalls wenig ent- wickelt zu sein. Wenden wir uns nun nach diesem Excurse wieder zu unseren Caprellen zurück und betrachten wir deren Athmungs Werkzeuge. Bekanntlich nennt man Kiemen die oben erwähnten kolbigen Anhänge, welche entweder zu zwei oder drei Paaren am Proabdomen angetroffen werden. Gegen diese Auffassung der vorliegenden Theile dürfte auch in der That nichts einzuwenden sein, wenn man sich hütet, ihnen diese Function ausschliefslich zuzutheilen. Dann aber scheint sie uns entschieden falsch, wenn man nur ihnen, nicht aber auch anderen Theilen des Körpers eine Betheiligung beim Athmungsprocesse zuerkennen will. Schon das Vor- kommen von bald zweien, bald dreien dieser Kiemenpaare bei so nahe stehenden Geschöpfen scheint ein misslicher Umstand. Ebenso die Gröfse der Kiemen zu- sammengehalten mit der Körpergröfse. Stellt man endlich an eine Kieme noch die Forderung, zarte Wandungen und grolsen Blutreichthum zu besitzen, so stehen in ersterer Hinsicht die Beine, namentlich aber die Antennen nicht beträchtlich zurück, in Hinsicht des Blutreichthumes übertreffen sie dagegen die eigentli- chen Kiemen um ein Ansehnliches. Man trifft nämlich im Parenchyme der Kieme eine den Bändern paralfel verlaufende Binne, durch welche ein einfacher Blutstrom von hinten nach vorne durchtritt, ohne sich in Capillarströmchen aufzulösen. Zur Bewegung der Kiemen scheint besonders ein nicht unansehn- licher Muskel zu dienen, welcher aus dem Grunde der Kieme entspringt und schief nach oben und vorne verläuft, um sich am Hinterrande des üorsalstückes des vorhergehenden Binges zu inseriren. Dieser Muskel ist aulserdem zur Tren- nung der im Halse der Kieme befindlichen arteriellen und venösen Blutströme von Wichtigkeit. Schliefslich bleiben noch die Geschlechtsorgane zu betrachten übrig. Leider ist es uns nicht möglich gewesen , dieselben mit Sicherheit zu erken- nen. Es ist dieses um so unangenehmer, als einmal die Hoden noch gänz- lich unbekannt sind, und über die Eierstöcke Goodsir Angaben gemacht hat, 109 welchen wir kein Vertrauen schenken können. Es sollen nämlich nach diesem Forscher die beiden Ovarien zwei lange Schläuche darstellen, welche sich vom hinteren Theile des ersten Segmentes bis gegen das Ende des fünften Ringes erstrecken. Jedes dieser beiden Ovarien soll nicht einen einfachen, sondern einen doppelten Oviduct besitzen, einen vorderen, welcher mit dem des anderen Eierstockes vereinigt in der Mittellinie des dritten Segmentes ausmündet , und einen hinteren, der sich weiter nach hinten öffnet. — Diese Angaben müssen in hohem Grade verdachtig erscheinen, wenn man einmal im Auge behält, dass sowohl die Gattung Cyamus, als die Amphipoden Ovarien in Form einfacher Schläuche besitzen, deren Oviducte nicht seitlich abgehen, sondern gerade aus- laufend nur als eine Verdünnung des Ovarium erscheinen; dann aber, wenn man bedenkt, dass Eierstöcke mit doppeltem Oviducte bisher noch bei keiner einzigen Crustacee bemerkt wurden. Es scheint uns, dass Goodsir Leber und Ovarien mit einander zusammengeworfen und immer einen Eierstocks- und Eierschlauch zusammen als ein Ovarium beschrieben, daneben aber noch hinsichtlich der Ovi- ducte sich geirrt habe. Ueber die Gattung Mysis. Alle Lebergangsformen nehmen das Interesse des Zootouien in erhöhtem Maafse in Anspruch und verdienen gerade darum Ohjecte seiner Studien zu sein. Diesen Vorzug vermag auch die Gattung Mysis geltend zu machen, eine kleine Cru- stacee, die früher den Üecapoden zugerechnet wurde, neuerdings aber vonMilne Edwards in die Ordnung der Stomapodeu gebracht ist. Ihr innerer Bau ist indes- sen noch wenig erforscht, indem mit Ausnahme einiger Angaben von Thompson ]) und II. Rathke2) nichts darüber vorliegt. \\ ir unternehmen daher keine über- flüssige Arbeit, wenn wir einiges auf ihre Organisation Bezügliche hier mittheilen. Die Gattung Mysis zählt mehrere Arten, von welchen wir um Helgoland zwei angetroffen haben. Die eine derselben ist Mysis flexuosa, welche von Rathke neuerlich mit grofser Sorgfalt beschrieben wurde'), die andere wahrscheinlich M. inermis desselben Verfassers +). Erstere ist an der Südwestseite der Insel an heileren und stillen Tagen zur Zeit der Ebbe in grofser Menge anzutreffen. Letztere haben wir nur sehr vereinzelt unter Schaaren der ersteren Art bemerkt. Es beziehen sich daher die nachfolgenden Untersuchungen vorzugsweise auf Mysis flexuosa; Mysis inermis, welche wir gleichfalls untersuchten, lief's jedoch keine Verschiedenheiten erkennen. In ihrem Körperbau erinnert Mysis ungemein an eine langschvvänzige Deca- pode, namentlich an den bekannten Crangon, nebst verwandten Gattungen (Fa- milie des Salicoques von Milne Edwards). Sie unterscheidet sich jedoch durch den vollkommenen Mangel der Kiemen , weh he bei jenen Galtungen bekanntlich an den Seiten des \ orderleibes, umschlossen von dem Rückenschilde, getragen werden. Der Körper ist lang und schmächtig, der Vorderleib von einer dreieckigen Rückenschale bekleidet, welche an den Seiten und dem hinteren Rande frei bleibt. ') John V. Thompson, Zoologicat researches and illustrations. t'ork (ohne Jahreszahl). Vol. I. — Leider kennen wir diese wichtige Schrift nicht j ebenso wenig war es uns möglich, aus irgend einem Berichte die Thomp son'schen Angaben genau kennen zu lernen, so dass wir mit Ausnahme eini- ger Notizen bei Milne Edwards (Hist. nat. des Crustaces. Tome II. p. 456) unsere Unkenntniss dessen, was jener Forscher über die Organisation von Mysis angiebt, eingestehen müssen. !) Beobachtungen und Betrachtungen über die Entwicklung der Mysis vulgaris in Wiegmann's Archiv 1839. I. S. 195. 3) Vegrl. 'dessen Beiträge zur Fauna Norwegens (Nova Act. Leopold. Vol. XX. P. I. S. 18). 4) Ibid. S. 20. 111 Der letzte und auch noch zum Theil der vorletzte Ring des Yordertheiles des Abdomen wird von diesem Rückenschilde nicht mehr bedeckt; Das Post- abdomen besteht aus sechs Ringen , deren letzter die fiinfgliedrige Schwanzflosse trägt. An Anhängen unterscheidet man zwei Paar ansehnlicher Antennen, zwei dicke und starke, bewegliche Augenstiele, die später zu erwähnenden Fresswerk- zeuge und sechs Paar eigentlicher Reine, von welchen das erste Paar dem Meta- thorax, die anderen den fünf Ringen des Proabdomen angehören. Die Confi- guration dieser Heine ist ganz eigenthiimlich. Jedes besteht nämlich aus einem einlachen Rasalgliede, auf welchem zwei mehrghedrige Aeste oder Stämme ein- gelenkt sind. Der innere Ast entspricht dem eigentlichen Reine der Decapoden, der äufsere Ast dem in der Embryonalperiode jener Geschöpfe vorhandenen glei- chen Theile, welcher später an den Reinen verloren geht und nur an den Kiefer- fiifsen Tals Palpus) persistirt 1). Reide Theile werden bei Mysis in gleicher Weise zu Schwimmbewegungen benutzt. An den meisten Segmenten des Postabdomen kommen nur ganz rudimentäre Reine vor 2). Die äufseren Redeckungen sind von nur mäfsiger Dicke. Sie bestehen, wie bei allen Krustenthieren , so auch hier aus Chitin. Von dem Thiere abge- nommen erscheinen sie fast farblos, aber sehr durchsichtig. Es schimmern daher die inneren Körpertheile, namentlich die Muskeln, hindurch und bewirken den schmutzig weifslichen oder gelblichen Grundton in der Farbe des Thieres. Durch die Einwirkung des Alkohols auf die inneren Theile kann man daher auch die Farbe viel stärker weifs oder gelb werden sehen. Die Färbung der Mysis flexuosa ist übrigens, wie Piathke richtig bemerkt, keineswegs constant, sondern mehr oder minder ins Rraune und Olivengrüne ziehend. Namentlich sind gewöhnlich die Männchen dunkler, als die weiblichen Thiere. Dieses dunklere Aussehen scheint besonders von einem in die Inlegumente eingebetteten, schwärzlichen, fein- körnigen Pigmente herzurühren. Es ist letzteres vorzugsweise an den Fühlern, der Schwanzflosse, der Bruttasche und an den Ringen des Postabdomen vorhanden. Namentlich an letzleren Stellen bemerkt man dieses Pigment als einen auf der Mitte der Ventral- und Tergalslücke eines jeden Piinges gelegenen kleinen schwärz- lichen Pigmentflecke, von welchem zahlreiche und zum Theil sehr lange Rami- ficationen nach allen Seiten ausgehen, so dass hierdurch die ganze Bildung eine grofse Aehnlichkeit mit einer ramificirten Pigmentzelle der Wirbelthiere erhält. ') Vergl. Rathke's schöne Untersuchungen zur Entwicklungsgeschichte der Decapoden in den Danziger Gesellschaftsschriften von 1842. -) Hinsichtlich eines weiteren Details vergl. man Slilne Edwards, Bist. nat. des Crust. Tom. II. p. 452 etc. und den erwähnten Aufsatz von Ratlike in Wiegmann's Archiv. 112 Von Interesse war die Beobachtung, dass bei Embryonen aus früheren Perioden blofs der centrale Pigmentfleck vorhanden ist, dass somit die Bamificationen sich erst später, wahrscheinlich durch Apposition, vielleicht auch durch Ausstülpungen, erzeugen. Bei eben aus der Bruttasche der Mutter ausgeschlüpften Jungen waren dagegen die Piamificationen schon ziemlich entwickelt. Dieses Pigment erscheint je- doch nicht immer schwärzlich, sondern oftmals mehr oder minder gelblich, wie besonders bei Mysis inermis, bisweilen demjenigen ähnlich, welches man auf der vorderen Wand der Iris bei Fröschen antrifft. Vom körnigen Pigmente der Wirbelthiere unterschied es sich durch seine Leichtlöslichkeit in Kali. Unter dem Mikroskope untersucht, zeigt sich das Chitinskelet bestehend aus mehreren übereinanüVrgelagerten, sehr zarten Membranen. Oftmals erscheinen diese, mit Ausnahme eingebetteter, punktförmiger Körnchen oder Molekeln, voll- kommen structurlos. An anderen Stellen gewahrt man dagegen in gröfserer oder geringerer Anhäufung eckige, gewöhnlich hexagimale, immer kernlose Zellen. Ihre Gröfse beträgt V80 — Vioo'"- Wie es uns schien, kommen diese Zellen in gröl'ster Verbreitung an den Bingen des Postabdomen und an dem Bückcnschilde vor. Doch lassen sie sich auch in anderen Theilen gewöhnlich mit Leichtigkeit auffinden. Die Musculatur der Mysis ist im Allgemeinen beträchtlich entwickelt, sowohl was die Anzahl der einzelnen Muskelbündel, als auch was das Verhält- niss der ganzen Muskelmasse zum Körper betrifft. Von den verschiedenen An- hängen des letzteren erhalten namentlich die Augenstiele und Beine starke Bündel. Im Postabdomen erreicht die Musculatur eine ähnliche Stärke wie beim Fluss- krebs. Hiermit hängen denn auch die ungemein raschen und lebhaften Bewe- gungen des Thieres zusammen. Man bemerkt, wie es in pfeilschnellen Bewegun- gen das Wasser durcheilt oder wie auch beim Schweben in einer bestimmten Lage die Beine in ununterbrochenen, raschen Schwingungen begriffen sind. Kriechende Bewegungen des Thieres, wie sie Thompson anzunehmen scheint Bathke1) aber bezweifelt, haben wir bei Beobachtung einer sehr grolsen An- zahl lebender Geschöpfe niemals bemerkt. Auffallend ist die Fähigkeit, welche Mysis mit den Flohkrebsen theilt, aus dem Wasser herausgenommen sich mit Hülfe des Schwanzes eine Strecke weit forlzuschnellen. Das Nervensystem haben wir nicht vollständig zu erkennen vermocht, weder an frischen, noch an Spirilusexemplaien. Wir bemerkten ein aus zwei transversal gelegenen, eiförmigen Knoten bestehendes Obersrhlundganglion oder Gehirn. Dieses entsendet jederseits einen sehr starken Nerven zu den Augen. ') Vergl. Wiegmann's Archiv. 1839. I. S. 198. 113 Bei genauer Beobachtung gewahrt man ihn an der Basis des Augenstieles eine ganglionäre Anschwellung bilden Vom hinteren I heile des Gehirnes gehen die starken Schlundcommissuren ab. Das Bauchmark besteht aus einer Beihe von zehn oder eilt' paarigen Ganglien, von welchen fünf bis sechs im Vorderleibe, die übri- gen im Schwänze gelegen sind. Die Knoten der ersteren Abtheilung sind nicht unansehnlich, von rundlicher Gestalt und durch kurze Längscommissuren mit einander verbunden. Die Ganglien des Schwanzes dagegen sind kleiner und ihre Commissuren länger. Wie es uns schien, sind überall die verbindenden Längs- stränge gedoppelt vorhanden. Die von den Ganglien abtretenden Nerven haben wir nur sehr ungenügend erkannt. Nur im Postabdomen gelang es mit Deutlich- keit zu sehen, dass von jeder Anschwellung nach beiden Seiten ein Stamm ab- geht, welcher sich in die Muskeln verbreitet. Vom letzten, ziemlich grofsen Kno- ten, dem Schwanzganglion, bemerkten wir mehrere Fäden in die Schwanzflosse hereintreten. Das sympathische System oder die Mundmagennerven blieben uns vollkommen verborgen. Unter den Sinnesorganen sind die Sehwerkzeuge von ansehnlicher Gröfse und auf mächtigen, beweglich eingelenkten Augenstielen gelegen. Sie ge- hören zu den zusammengesetzten Augen mit facettirter Hornhaut und kommen so mit den Sehwerkzeugen der Decapoden und Stomapoden überein. Die Kry- stallkegel werden von schwarzem körnigen Pigmente umhüllt. Sie besitzen eine birnförmige Gestalt und sind ungefähr Vbo"' breit. Die Hornhaut ist in eine Menge von Facetten getheilt , welche hier jedoch nicht sechseckig oder viereckig, wie bei anderen Krebsen , erscheinen , sondern von runder Gestalt sind. Die Krystallkegel erreichen mit ihrer Basis indessen nicht die Cornea. Es bleibt viel- mehr hier ein nicht unansehnlicher Zwischenraum, welcher von einem zweiten dioptrischen Körper eingenommen wird. Dieser, der auch bei anderen Arthro- poden vorkommt, ist nach der gewöhnlichen Nomenclatur als Krystalllinse zu betrachten. Er besteht aus einer rundlichen Masse, die von einer doppellen concentrischen Linie begrenzt wird und in ihrem Inneren mehrere kuglige klei- nere Gebilde, fast wie Zellen, erkennen lässt. Die genauere Structur der Linse ist uns jedoch nicht recht klar geworden. Die Frage nach den Gehörwerkzeugen der Arthropoden bildet bekannt- lich einen sehr schwierigen Abschnitt der Zootomie. Trotz zahlreicher Bemü- hungen, diesen Punkt aufzuklären, ist das Wissen hier noch ein sehr unvollkom- menes geblieben. Wahrscheinlich hat sich das Gehörorgan durch eine oftmals vom Wirbelthiertypus mehr oder minder abweichende Form bis zur Stunde zu verstecken gewusst. Ebenso hat die auf unglücklicher Analogie beruhende 15 114 Meinung, ein derartiger Apparat müsse eben gerade am Gehirne und nirgends anders vorkommen, einen Fortschritt gewiss wesentlich erschwert. Man kann wohl nicht oft genug an den Ausspruch unseres gröfsten Physiologen, an das Wort von J oh. Müller1), erinnern: „Vielleicht hat man darum das Gehörorgan bei den Insecten nicht gefunden, weil man es am Kopfe suchte," will man anders hier nicht im Finstern umhertappen. Gerade auch diejenigen Insecten, mehrere Orthopteren, bei welchen ein Gehörwerkzeug mit grofser Wahrscheinlichkeit durch Siebold's2) schöne Untersuchungen nachgewiesen worden ist, scheinen einen Beweis für die Richtigkeit des Müller'schen Satzes abzugeben. Bei den Crustaceen hat man bekanntlich schon seit langer Zeit ein eigentümliches, an der Basis der aufseien oder grofsen Fühler gelegenes Organ als Gehörwerkzeug betrachtet, eben weil gerade ein solches am Kopfe liegen musste. Diese unseres Wissens nach zuerst von Bosenthal5) für den Flusskrebs ausgesprochene Meinung ist ziemlich allgemein verbreitet. Doch hat es auf der anderen Seite nicht an Zweiflern gefehlt. So hat vor einigen Jahren Neuwyler +) diesem Organe beim Flusskrebs die Bedeutung eines Gehör- organes abgesprochen; ebenso hat ein geachteter englischer Zootom, A. Farre 5), bei Decapoden nicht in ihm, sondern in einem anderen, an der Basis der in- neren oder kleinen Antennen gelegenen Apparate das Hörorgan finden wollen. Es stellt letzteres Organ ein mit Härchen ausgekleidetes, nach aufsen geöffnetes Säckchen dar. Die Gründe der Farre'schen Annahme sind indessen ebenfalls ziemlich schwach. Von Bedeutung scheint uns nur die Anwesenheit eines Nerven- plexus an dem Säckchen. Dass kleine Steinchen, welche von aufsen in die Höh- lung hereingekommen sind, die Function von „Hülfsotolithen" übernehmen sollen, wie der englische Naturforscher glaubt, scheint uns eine sehr gewagte Conjectur. Da weder in letzterem, noch in ersterem Organe mit Sicherheit ein Gehör- bläschen mit Otolithcn nachgewiesen werden konnte, so darf man wohl den Aus- spruch thun, dass Avir bisjetzt das Gehörwerkzeug der Crustaceen noch nicht kennen. Auch bei unserer Mysis bestrebten wir uns, etwas hierher Gehörendes zu finden. Nach längerem vergeblichen Suchen glauben wir endlich, freilich an einer ganz ungewöhnlichen Stelle, ein solches gefunden zu haben, gestehen jedoch im Voraus ein, dass wir nicht im Stande sind, diese unsere Ansicht voll- ') Zur vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes. Leipzig 1826. s) Wiegmann's Archiv 1844. I. S. 53. 3) Reil's Archiv. X. S. 433. ") Verhandlungen der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft bei ihrer Versammlung zu Zürich. 1841. S. 176. 5) On the Organ of Hearing in Crustacea. Philos. Transact. for the year 1843. 115 kommen zu beweisen, und nur ihr einen gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit zu geben vermögen. Man findet nämlich bei unserem Thiere au der inneren der beiden seitlichen Schwanzflossen ein eigenthümliches Gebilde. Es besteht aus einem ovalen, ziemlich abgeflachten Söckchen oder einer derartigen Höhlung, welches fast die ganze Dicke und Breite der Flosse einnimmt und ungefähr die Gröfse von l/5'" besitzt. In dieser Höhlung, welche überall geschlossen und mit Flüssigkeit erfüllt ist, liegt (Tab. II. Fig. 18.) eine rundliche krystallinische Masse mit einem helleren Centrum, ungefähr */6 — '/♦ grofs, welche wir vorläufig einen Otolithen nennen wollen1). Die Existenz eines solchen Organes entdeckten wir nicht am erwachsenen, sondern am ganz jungen, eben ausgeschlüpften, oder selbst der mütterlichen ßruttasche entnommenen Thiere durch das Mikroskop. Später überzeugten wir uns mit Leich- tigkeit von seiner Anwesenheit auch bei dem erwachsenen Geschöpf und ver- missten es bei einer grofsen Anzahl von Exemplaren in keinem einzigen Falle. Niemals aber konnten wir bei mikroskopischer Betrachtung lebender Thiere die geringste Bewegung des Otolithen bemerken. Er lag vielmehr stets unbeweglich an der nämlichen Stelle. Der Mangel von Flimmerepithelium bei allen Arthropoden schien uns dieses Phänomen zu erklären. Bei näherer Betrachtung bemerkten wir an dem Otolithen manche Eigen- thümlichkeiten. Nimmt man ihn aus seiner Kapsel heraus, so findet man bald, dass er nicht vollkommen rundlich, sondern vielmehr von zwei Seiten be- trächtlich coniprimirt ist, mithin die Gestalt einer rundlichen dicken Scheibe besitzt. Die Contouren derselben bieten im Uebrlgen manche Unregelmäfsigkeiten dar (Fig. 18.). Die eine Fläche der Scheibe ist mehr oder minder abgeflacht, die andere dagegen mit einer nicht unansehnlichen, centralen, nabeiförmigen Her- vorragung versehen. Der ganze Körper lässt zahlreiche, mit dem Fiande con- centrisch verlaufende, feine Linien erkennen. Da die Hervorwölbung gewöhnlich nach unten liegt, so kann sie bei mikroskopischer Betrachtung eines lebenden jungen Thieres, welches immer den Rücken nach oben kehrt, leicht übersehen werden und man wird bei dem helleren Centrum eher an eine daselbst befind- liche Vertiefung zu denken versucht. Bei einer einigermaßen starken Vergröfserung zeigt unser Körper noch eine weitere Structur. Ein Theil der Peripherie der einen Fläche der Scheibe, oder ') Beim jungen, eben ausgeschlüpften Thiere ist der Otolith im Yerhällniss zur Kapsel, welche eine doppelte Contour erkennen lässt, beträchtlich kleiner, wie es Fig. 18. zeigt. — Es scheint auch hier die Kapsel erst vollkommen sich auszubilden und dann nachträglich der Otolith in ihr zu entstehen, ungefähr ebenso, wie es einer von uns für die Gehörwerkzeuge der Mollusken nachwies. 15* 116 genauer, an % derselben erscheint besetzt mit steifen Borsten oder Haaren von ziem- lich dunklen Contouren. Sie stehen entweder steif von dem Körper ab, oder sie liegen noch häufiger mehr oder weniger gekrümmt. Alle diese Haare erscheinen glashell und sind mit Wurzeln in Vertiefungen des Otolithen eingesenkt (Fig. 18. a). Die Haare beobachten eine ganz eigenthümliche Stellung. Vier oder fünf von ihnen stehen zusammen auf der einen Seile (Fig. 18. a.) und zeichnen sich durch besondere Gröfse aus. In einiger Entfernung von ihnen folgen die übrigen, etwa 40 an Zahl, alle kleiner, wenn auch untereinander an Gröfse wechselnd. Zuerst, d. h. den vorigen sich anschliefsend, stehen sie noch in gedoppelter Reihe (ibid. b), indem einige gröfsere nach innen gelagert sind, die kleineren dagegen weiter nach aufsen. Dann wird (ibid. c.) die Reihe der Haare nur eine einfache, als eine Fortsetzung der äufseren. Die Haare sind kleiner und an ihrer Insertion von einer fortlaufenden Querreihe begrenzt. Von ihnen aus scheinen Verlänge- rungen nach innen in die Masse der Otolithen, wie Fäden, sich zu erstrecken. In einer grofsen Anzahl von Fällen bemerkten wir immer die gleiche Anordnung. Dieser so sonderbar gestaltete Körper besteht aus einer organischen Grund- lage, welche von verdünnten Säuren und concentrirlen Alkalien nicht angegriffen wird und vermutblich Chitin ist. An diese organische Grundmasse gebunden ist eine ziemliche Menge anorganischer Salze, namentlich kohlensauren Kalkes. (Man bemerkt bei Anwendung von Säuren eine mäfsige Entwicklung von Kohlensäure). Die Haare reagiren im Uebrigen ganz gleich mit ihrem Körper, sind daher höchst wahrscheinlich Chitinhaare und auch solchen, wie sie auf den Skeletten der Arthropoden vorkommen, sehr ähnlich. Der Körper besitzt im Uebrigen eine ansehnliche Festigkeit und lässt sich erst durch starken Druck in mehrere, ge- wöhnlich vier Stücke (Fig. 18.) zerbrechen. Diese zeigen einen krystallinischen Bruch. An den einzelnen Stücken gewahrt man jetzt mit Deutlichkeit feine radiale Linien. Das Ganze erinnert sehr an die Concretionen, wie man sie in den Plexus chorioidei des Menschen bemerkt Welches ist nun die Bedeutung dieses sonderbaren Körpers? Man könnte ihn einmal den Concretionen , wie sie im Magen des Flusskrebses vorkommen, den sogenannten Krebssteinen, analog annehmen. Die ganz differente Lage scheint hier von wenigem Belang, da die Function der Lapides cancrorum vollkommen unbekannt ist. Viel wichtiger scheint uns aber das Vorkommen der Chitinhaare an vorliegendem Körper und der offenbar geringere Gehalt an anorganischen Salzen zu sein. Ebenso scheint der Umstand, dass wir bei keinem Exemplar von Mysis ihn vermisst haben (auch mehrere von Sars an der norwegischen Küste ge- sammelte Exemplare von M. flexuosa lassen ihn mit Deutlichkeit erkennen), einer 117 Vergleichung mit den nur temporär vorhandenen Krebssteinen im Wege zu stehen. Sieht man dagegen in ihm einen Otohthen und in dem mit Flüssigkeit erfüllten Täschchen ein Gehörsäckchen, so erhält man eine offenbare Uebereinstimmung mit dem Gehörorgane mancher niederen Thiere, z. B. der Acephalen. Hier, wie dort, besteht der Otolith aus organischer Grundlage und eingebetteten Kalksalzen. Ebenso erlangt er bei den acephalen Mollusken eine ansehnliche Gröfse (z. 15. bei Cyclas cornea). Nur dass bei den Mollusken die Kapsel von einem Flinimcrepithelium ausgekleidet wird, hier nicht, scheint von Belang, dürfte es aber doch in der That kaum sein. Wenigstens scheint es uns sehr wahrscheinlich, dass hier die Chilinhaare des Otolithen eine Compensation für das Wimperepitlielium abgeben können. Leider ist es uns nicht möglich gewesen, an einem so kleinen Gebilde, wie es das Gehörsäckchen ist, einen Nerven darzustellen. Es scheint jedoch die verhält- nissmäfsig beträchtliche Grölse des Schwanzganglion nicht ohne Bedeutung zu sein. Wie weit bei verwandten Krustenthieren solche Körper vorkommen, konnten wir nicht darthun. Bei Palaemon, Crangon, so wie bei Squilla ist in der Schwanzflosse nichts Derartiges aufzufinden. Dagegen möchte vielleicht der von Souleyet ') bei Lucifer an der llasis der Antennen aufgefundene, pellucide Körper, den der Entdecker ebenfalls als Otolilhen deutet, nicht ohne alle Ana- logie mit dem eben beschriebenen Gebilde sein. Die Verdauungsorgane sind ziemlich einfach gebaut. In manchen Stücken hat sie bereits Bathke2) bei Mysis vulgaris richtig erkannt, in anderen dagegen, namentlich hinsichtlich der Leber, gestatteten ihm seine Spiritusexemplare keine genauere Einsicht. Die Mundöffnung ist hier, wie bei Decapoden und Stomapoden überhaupt, ziemlich weit nach hinten gerückt. Man lindet an ihr eine unpaarige, starke Oberlippe, ein Paar nicht unansehnlicher, mit einem starken Taster versehener Mandibeln, zwei Paar kleiner tasterloser Maxillen und eine gleiche Anzahl von Kiefer- beinen, welche einen inneren, nach einwärts gekrümmten und einen aufseien, an den gleichen Theil eines wahren Beines erinnernden Ast besitzen. Die Speiseröhre ist ein kurzer, verhältnissmäfsig weiter Kanal, welcher eine schiefe Richtung von vorne und unten nach hinten und oben einhält und unter einem stumpfen Winkel in den Magen einmündet. Dieser (Fig. 13. a) ist ein verhältnissmäfsig nur sehr kleines Organ, wenn man die Grölse des Thieres und die Länge des Darmes damit zusammenhält. Seine Form erscheint im Allgemeinen der ') Froriep's Neue Not. N. 600. s) A. a. ü. S. 200. 118 des Magens vom Flusskrebs nicht unähnlich. Der vordere Theil ist auch hier am weitesten, von eiförmiger Gestalt, aber regelmäfsiger, als beim Flusskrebs. Das vordere Ende ist ziemlich scharf abgestumpft. Es besteht dieser vordere Theil des Magens (pars cardiaca) aus zwei Häuten, einer äufseren, musculösen und einer inneren oder Chitinmembran. Die gleiche Zusammensetzung theilt auch die hintere verengte Partie dieses Organes (pars pylorica). Mit der inneren Mem- bran steht das Magenskelett in Zusammenhang. Es erinnert durch seine geringe Entwicklung mehr an das der Isopoden, Amphipoden und Laemodipoden, als an das der zehnlüfsigen Krebse, und besteht besonders aus zwei Paaren schief ge- stellter Knochenplatten in der erweiterten Magenabtheilung und einem beim Ueber- gang in die engere Partie gelegenen, wulstförmigen Theile. Man bemerkt an diesen Skeleltstücken zahlreiche Haare und Borsten. Die pars pylorica des Magens führt, nachdem sie noch vorher die Gallengänge in sich aufgenommen, in den Darmkanal. Dieser (ibid. b.) zeichnet sich, soweit bis jetzt bekannt, vor dem aller anderen Krustenthiere durch seine ungemeine Enge und Feinheit aus, so dass er in dieser Hinsicht an den Darmkanal mancher Insecten, z. B. an den eines Schmetterlinges, erinnert. Er verlauft in gerader Piichtung durch den Vorderleib, bedeckt von Gallen- und Geschlechtswerkzeugen, kommt beim Ueber- gange in's Postabdomen etwas höher und dicht unter die Bedeckungen zu liegen und erstreckt sich so in gleicher Weise bis gegen das Ende des Körpers, wo er sich dann in ein kurzes und ebenfalls enges, musculöses Bectum abschnürt. In diesem seinem ganzen Verlaufe geht der Darmkanal keinerlei Veränderungen von Bedeutung ein. In seiner Structur lässt er drei Laeen von Häuten unterscheiden. D 8' He mittlere dieser Membranen, welche wir zuerst in Betracht ziehen wollen, ist eine ziemlich feste und derbe Haut. Man bemerkt an ihr eine feine Längsfase- rung, vermuthlich durch zarte, eingebettete Fibrillen bewirkt. Sie bleibt bei stärkerem Drude allem übrig und scheint ganz besonders dem Darmrohre Festig- keit zu verleihen. Zu äufserst von ihr liegt eine aus Muskelfasern bestehende, ziemlich dicke Schicht. Die einzelnen Fasern, deren Dicke ungefähr VW/" be- trägt, erscheinen vollkommen glatt, ohne alle Querstreifung. (Bekanntlich kom- men bei manchen Krustenthieren, wie bei dem Flusskrebs, bei Apus und Limulus quergestreifte Dannfasern vor.) Hinsichtlich des Verlaufes unterscheidet man circuläre und longitudinale Fasern. Letztere sind jedoch hei weitem weniger ent- wickelt, als die Cirkelfasern. Gerade diese bewirken auch durch ihre grofse An- häufung die fleischige Beschaffenheit des Bectum. Als innerstes Gebilde findet sich eine Lage sehr schöner und deutlicher Zellen, welche sich polyedrisch gegen 119 einander abplatten und in ihrem Inneren einen grofsen Kern enthalten. Oftmals gelingt es, sie in gröfseren oder geringeren Fetzen an einander hängend abzuziehen. Man wird dann an manche Formen von Epithelien, z B. an das der serösen Häute bei Wirbellhieren, erinnert. Es gelingt mit Leichtigkeit sich zu überzeugen, dass diese Zellen die innerste Schicht des Darmkanales bilden und dass eine Membran, wie sie unter anderem die Zellen des Darmes beim Flusskrebs über- zieht, eine aus Chitin bestehende Membrana intima, nicht mehr vorkommt. (Hiermit steht dann auch die chemische Untersuchung in Einklang, indem nach Behand- lung mit Kali mit Ausnahme der innersten Membran des Magens und des Bectum vom ganzen übrigen üarmkanale nichts mehr zu entdecken ist.) Fragen wir nun, welche Bedeutung diesen verschiedenen Lagen zuzuschreiben ist, so dürfte über die Natur der äul'sersten und der mittleren Haut kein Zweifel obwalten. Erstere ist die Tunica muscularis, wie sie am Darme fast aller Arthropoden vorkommt, letztere bildet das Gerüste des ganzen ürganes und ist mit der Bezeich- nung der Tunica propria, ähnlich der ebenso benannten Haut der Drüsen, zu ver- sehen. Die innerste Lage (Tunica cellulosa) stellt das Epithelium oder, wenn man lieber will, die Drüsenschicht des Darmes dar. Auch am Bectum ist der Bau ein ähnlicher, doch findet sich hier wiederum eine aus Chitin bestehende Tunica intima. Während des Lebens ist der Darm in beständiger pulsirender Bewegung. Man sieht dieses namentlich sehr schön an ganz jungen, eben ausgekommenen Thieren. Bei diesen machen auch die Skelettstücke des Magens von Zeit zu Zeit ähnliche Bewegungen , wie der sogenannte Zahnapparat der Bäderthiere. — Die Nahrung unseres Thieres scheint besonders in kleinen Crustaceen und an- deren winzigen Wasserthieren zu bestehen. Was die Anhangsorgane des Darmes betrifft, so ist allein nur eine nicht unansehnliche Leber vorhanden. Sie besteht (Fig. 13.) aus acht schlauchförmigen Drüsen, vier auf jeder Seite, welche dicht hinter einander in das Ende des Magens getrennt einmünden. Die beiden vorderen Paare dieser Schläuche (Fig. 13. c. c.) sind bei weitem kleiner, als die hinteren (ibid. d. d.). Doch ist auch die Länge der letzteren, verglichen mit der des Darmkanales und der Gröl'se der Leberschläuche bei Amphipoden und noch mehr bei Isopoden, nur eine unbedeutende. Es erreichen die gröfseren Schläuche ungefähr nur y+ oder '/«■, der Dannlänge, die vorderen Paare dagegen nur ]/8 - — yiu. Sie übertreffen dagegen an Dicke um ein An- sehnliches den Durchmesser des Darmkanales. In ihrem ferneren Baue kommen diese Leberschläuche der Mysis mit dem gleichen Organe anderer Crustaceen iiberein. Man bemerkt als den morphologisch wichtigsten Theil auch hier eine glashelle, ziemlich feste Membrana propria. 120 An ihrem Aufsentheile ist sie in regelmäfsigen Abstünden von quer verlaufenden, leistenartigen Fasern umlagert, denselben Fasern, welche an so vielen Leber- schläuchen anderer Krustenthiere vorkommen und als eine gering ausgebildete Muskelschicht zu betrachten sind. Wie wir an einem anderen Orte x) nachge- wiesen haben, erlangen bisweilen diese Querfasern durch verbindende Längsfasern die Form eines Fasernetzes, welches dann vollkommen mit dem Muskelnetze am Darme mancher niederen Krebse, z. ß. der parasitischen Crustaceen, übereinkommt. Durch obige Faserringe erhalten denn auch die Leberschläuche unserer Mysis ein etwas unregelmäfsiges Ansehen, indem gewöhnlich die Membrana propria in den Zwischenräumen zwischen den einzelnen Fasern sich etwas ausbuchtet, eine Eigen- tümlichkeit, welche bei anderen Krebsen, namentlich den meisten Isopoden, in einem noch höheren Grade vorkommt. Auf der Innenseite der Membrana propria liegen die Leberzellen. Die Gröfse dieser Zellen ist ungemein verschieden, im Allgemeinen in den unteren Theilen der Leberschläuche beträchtlicher, als in den oberen. Die Form ist im Wesentlichen eine runde. Bei genauer Betrachtungfindet man zweierlei Arten dieser Zellen. Die eine Art zeigt einen etwas granulirten Kern. Letzterer ist so ziemlich überall von dem gleichen Durchmesser. Die feine Zellenmembran ist dagegen ihm bald enge anhegend, bald aber auch ihn nur in grölserer Entfernung umgebend. Als Zelleninhall trifft man gröfscre oder geringere Mengen eines elainarligen, in Tröpfchen abgelagerten Fettes. Mit diesem Fette verbunden ist ein gelblicher Farbestoff Auf diesem WTege er- langen auch hier die Lebersehläuehe eine blassgelbe Farbe, wie wir es oben für die Caprellen erwähnt haben. In der Spitze der Leberschläuche bemerkt man freie Kerne von granulirlem Ansehen. Offenbar werden diese später von einer Membran umschlossen und so zu den Kernen der eben erwähnten Zellen. Die zweite Form der Lcberzellen kommt viel seltener vor und charakterisirt sich durch einen glatten und blasseren Kern von einer etwas beträchtlicheren Gröfse. In diesen Zellen bemerkt man nichts von fettigem Inhalte. Da man nur in sehr seltenen Fällen Lebergänge zwischen beiden Zellen antrifft, so darf man sie wohl als wesentlich verschiedene Arten ansehen. Bekanntlich trifft man auch bei Decapoden zweierlei derartige Zellenformationen, deren Function bei der Galleu- absonderung leider noch nicht hinreichend gekannt ist. Wrie es scheint, entleeren die Zellen, indem die Wand platzt, ihren Inhalt in's Innere des Drüsenschlauches. Man findet nämlich in diesem, besonders am unteren Ende, gar nicht selten ziemliche Quantitäten freien Fettes. ') R. Wagner, Lehrbuch der Zootomie. IL S. 222. 121 Was den Kreislauf1) der Mysis betrifft, so vermag man liier nur das Cenlralorgan und eine Aorta durch das Messer nachzuweisen, ist dagegen in Betreff der übrigen wandungslosen Blntströme durchaus an die Beobachtung lebender Thicre gewiesen, namentlich solcher, die eben das Ei verlassen oder doch wenigstens noch nicht viel weiter herangewachsen sind. (Beim ausgebildeten Geschöpfe vermag man nur noch in den verschiedenen Körperanhängen die Blnt- ströme zu sehen). Die ungemeine Beweglichkeit des jungen Thieres erschwert jedoch eine derartige Beobachtung in hohem Grade, ebenso auch die Farblosigkeit der Bliilströmchen, während auf der anderen Seite seine grofse Durchsichtigkeit ziemlich starke Vergrößerungen anzuwenden gestattet. Was zuerst das in den Gefäfsbahnen strömende Fluidum, das Blut, betrifft, so ist es eine farblose klare Flüssigkeit, in welcher Blutkörperchen in mäfsiger An- zahl enthalten sind. Sie bilden rundliche und ovale, oder auch etwas zugespitzte, zarte Zellen von VW — VW" nnt einem etwas dunkleren, ansehnlichen Kerne. Das Centralorgan des Kreislaufes (Tab. II. Fig. 14.) stellt einen dicht unter den Integumenten der Bückenseite gelegenen Kanal dar. Man findet an ihm eine elastische, aus glatten Fasern bestehende Haut, welche nach innen von einem Epithclium bedeckt wird. Das Herz beginnt in der Gegend des vorderen Randes des Rückenschildes und erstreckt sich bis durch den letzten Ring des Proabdomen. Seine Schlauchform unterscheidet es beträchtlich vom Herzen der Decapoden und nähert es dem Rückengefäfse der Amphi - und Laemodipoden. Falls wir uns nicht getäuscht, ist es in seinem ganzen Verlaufe nur mit drei paarigen, klappenführenden Spaltöffnungen versehen, einem Paare am Anfange, einem anderen am Ende und einem dritten hinter der Mitte gelegenen. Zahl- reiche Muskeln inseriren sich auch hier, wie bei den Insecten, an das Rückengcfäfs und lassen unter dem Mikroskop ihr Spiel erkennen. Während des Lebens ist das Herz in ununterbrochener, lebhaft pulsirender Bewegung. Nach vorne sendet das Herz einen dicken unpaarigen Stamm, die Aorta, ab, l) Den Kreislauf scheint bereits Thompson genau erforscht zu haben. So nach dem Auszuge bei Milne Edwards (Hist. nat. des Crustaces. II. p. 456): »M. Thompson a observe la circulalion dans Ies Mysis, et a conslale que le coeur de ces Crustaces est allongc, et oecupe la partie posterieure du Ihorax: il donne naissance anterieurement a un vaisseau grele, qui se porte audessus de l'esto- mac, et se continue en arriere avec une grosse arlere abdominale; enfin , de chaque cöle, il reeoit un vaisseau qui paräil etre un tronc branchio-cardiaque. Les pulsations du coeur sout si rapides, qu'elles ressemblent ä des vibrations, et le sang est si transparent el si peu colore, qu'on n'en di- stingue le mouvement qu'a raison des globules qui y flottent. M. Thompson pense que le vaisseau abdominal presente, de chaque cöte, vers son extremite posterieure une Ouvertüre garnie de valvules, par laquelle le sang penetre dans deux conduits veineux situes de chaque cöle de l'inteslin, et que c'est par ces derniers vaisseaux que ce liquide revient vers un grand sinus silue sous le coeur.« 16 122 welche zuerst über dem Magen verlauft und sich dann nach kurzem Verlaufe frei endigt. Von ihrem Ende aus scheint das arterielle Blut in einem wandungslosen Strome den Körper zu durchlaufen, gerade ebenso, wie bei den Laemodi- und Am- phipoden. Der arterielle Strom bildet ebenfalls einen Ring um die Speiseröhre und gelangt so auf die Centralseite des Körpers. Er verlauft in dieser Weise zwischen der Insertion der Beine durch den Vorderleib nach hinten. Beim Uebergange ins Postabdomen steigt er dagegen etwas höher hinauf, so dass er dicht unter den Darmkanal zu liegen kommt, mit welchem er bis zu dem letzten Segmente des Körpers verläuft. Dieser arterielle Ilauptstrom (welchen Fig. 14. versinnlicht) unter- scheidet sich einmal durch seine Lage, dann aber noch weit mehr dadurch von dem gleichen Strome der Caprellen und Flohkrebse, dass er den ganzen Körper versieht. Zu diesem ßehufe sendet er zahlreiche Strömchen ab, deren wichtigste folgende sind: An der vorderen Einbiegung nehmen jederseils vier Strömchen ihren Ursprung, von welchen eines in den Augenstiel, die beiden folgenden zu den inneren und äufseren Fühlern (Tab. II. Fig. 14.) und das vierte endlich zu den Fresswerkzeugen tritt. Aus dem arteriellen Hauptstrome, so lange er in dem Vorderleibe strömt, gehen Seitenströmungen für die Beine und jederseits ein sehr ansehnlicher Strom für den Rückenschild ab. Im Postabdomen scheint jener keine gröfseren Ströme abzugeben. Nur an seinem Ende zerspaltet er sich, wahr- scheinlich in fünf, vielleicht jedoch auch nur in drei Ströme, einen mittleren für das unpaare Blatt der Schwanzflosse und jederseits zwei oder nur einen seillichen für die Seilentheile der letzteren. Alle diese arteriellen Seilenströme entbehren durchaus besonderer Wan- dungen und hallen, wie bei den Caprellen und Amphipoden, nur die Lücken zwischen einzelnen Organen und dem Parenchyme des Körpers ein. Mit Leich- tigkeit kann man sich davon an manchen Theilen, namenllich den Antennen und Augenstielen, überzeugen, wo man das Blut die zwischen den Muskeln dieser Theile befindlichen Räume einnehmen sieht. In anderen Theilen könnte man dagegen an bestimmte Wandungen zu denken versucht werden. Es sind dieses nament- lich der Rückenschild und die Schwanzflosse. Hier ist nämlich das Parenchym von ganz regelmäl'sigen Kanälen ausgehöhlt, die zu den Blulbahnen benützt werden. Bei genauer Beobachtung kann man sich indessen gerade am Riicken- schilde vom Mangel bestimmter Gefälswandungen aufs Beste überzeugen. Alle arteriellen Ströme der Körperanhänge verlaufen auch bei Mysis an der hinteren oder inneren Seite der Anhänge, so in den Antennen, dem Augenstiele, den Beinen, der Schwanzflosse. Nur am Rückenschilde nimmt der arterielle Strom den Aufsenrand ein. 123 Die venösen Strömchen entstehen, wie man an den meisten Stellen des Körpers mit Leichtigkeit bemerken kann, aus schlingenfürmigen Umhiegungen der arteriellen. Sie sind ebenfalls nur wandungslose Ströme und werden in den Körper- anhängen au den entgegengesetzten Seiten der arteriellen Bahnen bemerkt. Zu ihrer Trennung von diesen werden besonders Muskeln benutzt. Die venösen Ströme der Augen, Fühler und Fresswerkzeuge treten durch die erste Spaltöffnung in's Herz. Die der Deine, sowie der vordersten Ringe des Proabdomen, ebenso des Rückenschildes in die mittlere Spaltöffnung, wobei sie natürlich verschiedene Rich- tungen einhalten müssen. Die hintere SpaltüHnung endlich nimmt das venöse Blut des übrigen Körpers aus zwei ansehnlichen, neben dem arteriellen Haupt- strome des Postabdomen und dem Darmkanale gelegenen, venösen Strömen auf. Wie es scheint, sammelt sich jedoch das venöse Blut gewöhnlich erst in einiger Menge um das Rückengefäfs an, ehe es durch die Spaltöffnungen in letzteres einkehrt. Bestimmte Hüllen, welche einen venösen Sinus bildeten, wie Thomp- son anzunehmen scheint, konnten wir indessen hier nicht bemerken. Der eben auseinandergesetzte Blutumlauf differirt sehr beträchtlich vou dem der Decapoden und dürfte zur Trennung unseres Thieres von dieser Ordnung von Belang sein. Er schliefst sich dagegen viel enger an den der Laemodipoden und Amphipoden an, wenn gleich hier der Mangel eines hinteren, vom Ende des Her- zens ausgehenden, arteriellen Stromes einen wesentlichen Unterschied begründet. Bekanntlich leiden der Gattung Mysis besondere Respirationswerkzeuge oder Kiemen gänzlich. Es scheint wenigstens die Meinung von Thompson, wornach das Basalglied des äufseren Astes der Beine die Function einer Kieme übernähme, durchaus unhaltbar, indem man bei der Untersuchung dieses Theiles nicht das Mindeste antrifft, was einer solchen Ansicht Vorschub leistet. Es haben sich auch Milne Edwards1) und Rathkc2) in demselben Sinne aus- gesprochen. Somit entsteht die Frage, welchem Theile des Körpers denn die Function eines Alhmungswerkzeuges zukomme. Wir glauben, den Rückenschild als haupt- sächlichstes Respirationswerkzeug, als eine Kieme, ansprechen zu müssen und zwar besonders deshalb, weil er unter allen Thcilen des Körpers den gröfsten ßlut- reichthum bei verhältnissmäfsig sehr dünnen Wandungen besitzt. Eine solche Auffassung hat auch wohl kaum etwas Befremdendes, wenn man sich erinnert, dass bei niederen Krustenthieren dem Rückenschilde die gleiche Function zukommt, z. B. bei Apus, Argulus und Daphnia. Von Bedeutung scheint uns ebenfalls ') Hist. nat. des Crust. Tom. IL p. 456. s) Wiegmann's Archiv 1839. I. S. 198. 16* 124 der Umstand, dass der Hinterrand des Rückenschildes dem Körper der Mysis nicht angewachsen ist, sondern frei bleibt, indem hierdurch ein Zutritt von Wasser auch an die untere, sehr dünnhäutige Flache jenes Gebildes gestattet wird. Die gleiche Einrichtung besitzt Apus cancriformis, wie denn auch bereits Zaddach1) in seiner schönen Monographie darauf Gewicht gelegt hat. Wir glauben jedoch, dass auch die Anhänge des Körpers, die Schwanzflossen, die Blätter der Antennen, die Augenstiele, bei der Athmung eine gewisse Rolle spielen, ebenso auch die Beine. Letztere dürften aufserdem bei ihren ununterbrochen schwingenden Bewe- gungen einen beständigen Wasserwechsel um das Thier erhalten und so für die Athmung noch wichtiger, als durch ihren Blutreichthum, sein. Die Geschlechtswerkzeuge unserer Mysis gliedern sich in innere und äufsere Organe, von welchen jene, wie bei höheren Crustaceen überhaupt, im Vor- derleibe gelegen sind, letztere an den beiden Partien des Abdomen vorkommen. Die Eierstöcke (Tab. II. Fig. 17. a.) liegen dicht unter dem Rücken- schilde und bilden zwei längliche, ziemlich weite, wenig gewundene, zarthäutige Säcke, deren Innenränder sich im ganzen Verlaufe berühren. Ungefähr in der Mitte gehen am Aufsenrande und etwas nach unten die Eileiter (ibid. b.) ab. Sie stellen zwei mäfsig weite, aber nur kurze Kanäle dar und münden, wie es uns schien, in dem Wurzelgliede des fünften Beines. Eier waren nur in ge- ringer Anzahl in den Ovarien enthalten, ihre Grofse dagegen war beträchtlich. Sie besafsen einen gelben, aus Fetttröpfchen bestehenden Dotter und ein sehr zartes, leicht zerreifsbares Chorion. An derselben Stelle tragen die Männchen, welche im Uebrigen viel seltener sind, die Hoden. Diese (Tab. II. Fig. 15. a.) bilden Iraubenförmige Drüsen. Die einzelnen Bläschen sitzen in verschiedener, im Allgemeinen aber geringer Anzahl, gewöhnlich nur zu acht bis zwölf, dem gemeinschaftlichen Ausführungs- gange auf. Ihre Gröfse ist verschieden, ihre Form eine rundliche mit einem verengten Gange, also richtiger mit diesem zusammen, eine birnartige Der ge- meinschaftliche Ausführungsgang, das Vas deferens (ibid. b.), ist anfangs ziemlich weit und erweitert sich in seinem nach hinten gerichteten Verlaufe noch mehr, um endlich verengt in eine ansehnliche Ruthe (c.) überzugehen. Von grofsem Interesse ist das Contentum der männlichen Geschlechtsdrüsen, der Samen mit den Spermatozoen. Letztere sind bereits von Sie bold 2) beschrie- ben worden. Es fand dieser Forscher bei Mysis vulgaris die Spermatozoen von ') De Apodis cancriformis anatome et historia evolutionis comment. Bonnae 1841. s) Vergl. Müllers Archiv 1837. S. 433. 125 denen des Gamniarus pulex in Gestalt und Verhalten wenig differirend, d. I). nach einer früheren Beschreibung '), als lange, zu lUindeln dicht an einander gelegte, bewegungslose Haare. Wir trafen dieselben Bildungen namentlich im Vas deferens. Sie besafsen eine ungemeine Länge bis 'tu l/$", waren durchaus bewegungslos, lagen dagegen unregelmäßig verfilzt zusammen und nicht zu Bündeln vereinigt. In den eigentlichen Hodenbläschen gelingt es, die Entwicklung dieser Samen- fäden zu beobachten. Mau findet hier zarte, rundliche, ungefähr VW" grofse Zellen mit einem etwas dunkleren Kerne von verschiedener Gröfse (Tab. II. Fig. 16. 1. u. 2.). An einem Theile dieser Zellen bemerkt man einen kleineu kegeil ürmigen Fortsatz, gebildet von einer Erhebung der Zellenmembran (ibid. Fig. 3. u. 4.). Dieser Fortsatz erscheint oftmals ganz homogen, häufig aber mit einer zweiten, der äufseren parallel laufenden Contour versehen. Durch sein weiteres Wachsen, woran der Kern aber durchaus keinen Antheil nimmt, erscheinen die Zellen mit länge- ren schwanzartigen Auswüchsen versehen (Fig. 5. 6. 7. 8.), welche ihren Durch- messer um das Mehrfache übertreffen. Gewöhnlich, aber nicht immer, ist auch hier an den Fortsätzen noch die doppelte Contour vorhanden (Fig. 7.). Letztere scheinen bis zu dieser Periode noch innig mit der Zelle zusammenzuhängen oder richtiger, noch ein Theil der Zelle selbst zu sein. In der weiteren Ausbildung wächst der Fortsatz einmal immer noch in die Länge, so dass er endlich die Gröfse der Zelle um das Sechsfache übertrifft. Es geschieht jedoch ein solches Wachslhum auf Kosten seiner Dicke. Diese nimmt dabei immer mehr ab, so dass zuletzt sein Durchmesser nur VW" beträgt (Fig. 8. 9. 10.). Gleichzeitig bemerkt man, dass die Verbindung zwischen Zelle und Fortsatz lockerer wird. Der Kern der Zelle, welcher sich bis dahin unverändert erhalten hatte 2), schwindet jetzt ganz allgemein (Fig. 9. u. 10). Endlich löst sich der Fortsalz von der Zelle ab, wobei diese zu Grunde zu gehen scheint und liegt als ein stabförmiger Körper (Fig. 11) in dem Hodenbläschen. Solche Stäbe fanden wir in ungemeiner Menge in den Hoden aller männlichen Thiere. Sie erscheinen ganz homogen, glashell, den Stäben der Retina ähnlich, ohne doppelte Contour. Sie zeichnen sich durch eine gewisse Biegsamkeil aus und nehmen daher leicht sonderbare Figuren, z. B. hirtenstab- (Fig. 12.) oder .schlangenartige (Fig. 13.) an. Betrachtet man die Stäbe genauer, so bemerkt man, dass bei einer Anzahl von ihnen die beiden Enden gleichmäßig abgerundet sind (Fig 11), bei an- ') In derselben Zeitschrift 1836. S. 27. 9) In sehr seltenen Fällen fanden wir schon zu einer viel früheren Zeit die Zellen kernlos (Fig. 4.). 126 deren dagegen das eine Ende fadenförmig verlängert erscheint (Fig. 12. u. 13.). Diese fadenförmigen Verlängerungen der stabförmigen Körper erlangen allmälig eine immer gröfsere Länge (Fig. 13. n. 14.), so dass zuletzt (Fig. 15. u. 16.) der Stab nur als Anhang eines sehr langen Fadens erscheint. Bei diesem fort- schreitenden Wachslhume löst sich der Faden immer mehr von dem stabförmigen Körper. Wahrend anfangs der Faden nur als Ende des Stabes erschien und die nämliche Richtung mit diesem einhielt, hängt er jetzt nur noch lose mit ihm zu- sammen. Man bemerkt daher, wie beim Verschieben der Deckplatten jeden Augenblick die Lage von Stab und Faden zu einander sich verändert. Oftmals sind beide gegen einander zurückgebogen, wie Schaft und Klinge eines zugeklapp- ten Taschenmessers (Fig. 16.). Hat der Faden sich bis auf's Höchste verlängert, ist er nahezu an %'" lang geworden, so reifst er von seinem Stabe ab und wird somit zum aus- gebildeten Samenfaden unseres Thieres, wie ihn bereits von Siebold beschrie- ben hat. Man wirft unwillkührlich die Frage auf, wie das Verhältniss des Stabes zum Faden zu denken sei. Es liegen hier zwei Möglichkeiten vor. Einmal, das eine Ende des Stabes verdünnt sich und zieht sich zum Samenfaden aus, während der übrige Theil des Stahes unverändert bleibt und endlich abteilst, oder zwei- tens, die Entwicklung des Samenfadens geschieht im Inneren des stabförmigen Körpers, er bildet sich aus dem Inhalte desselben, bricht an einem Ende durch und tritt immer weiter heraus, um endlich nach vollkommenem Austritte den Stab als leere Hülse zurückzulassen. Die Dünne des Stabes gestattete leider nicht, zu entscheiden, welches der beiden Verhältnisse in Wirklichkeit vorkommt. Doch halten wir das letztere für das wahrscheinlichere, namentlich deshalb, weil wir auf diesem \^ ege eine bisweilen, wenn auch nur selten, vorkommende Bildung uns erklären können. \\ ir landen nämlich einige Mal die Fig. 17. gezeichneten Gebilde, eine dickere und stärkere Hülle, welche an den Stab er- innerte und im Inneren derselben doppelte oder mehrfache Fäden, welche an dem einen Ende jener frei hervorragten. Nähme man ersten- Entslehungsart der Sper- matozoen an, so müsste man in den zuletzt beschriebenen Theilen seeundäre Um- hüllungsgebilde von Samenläden sehen, was uns misslich scheint. Vorliegende Samenfadenentwicklung haben wir nach besten Kräften und ohne Vorurlheil untersucht und glauben ihre Richtigkeit verbürgen zu können. Sie passt allerdings nicht recht in das bisjelzt bekannte Material herein. Es scheint uns jedoch dieses kaum ein Vorwurf zu sein, indem die Lehre von der Genesis der Spermatozoen. selbst auch nach der neuesten Arbeil eines vortreff- 127 liehen Forschers, Kölliker1), gewiss noch von Vollendung weit entfernt ist. Möglicher Weise sind auch die merkwürdigen Strahlenzellen der Decapoden den bei Mysis vorkommenden Gebilden näher verwandt, als es auf den ersten Blick erscheint. Was die äul'seren Ge sc hl echt s Werkzeuge unserer Mysis betrifft, so fallen am weiblichen Thiere vor allen Dingen die ansehnlichen ßruttaschen auf. Sie werden von vier Blattern gebildet, welche an der Innenseite der Basalglieder der beiden letzten Beinpaare befestigt sind, und stellen nach aul'sen convexe, nach innen coneave Platten dar. Sie zeichnen sich durch starken Pigmenlreichlhum aus. Das hintere Paar dieser Platten ist viel gröfser und bei weitem mehr con- vex, als das vordere. In die Brathöhle ragen, wie Bathke angiebt, zwei mäl'sig lange und dünne biegsame Faden von den beiden letzten Bingen des Proabdomen herein. Piathke2) vermuthet, dass sie bestimmt seien, eine albuminöse Flüssig- keit abzusondern, welche im Brutbehälter angetroffen werde und den hier verwei- lenden Embryonen als Nahrung diene. Die äul'seren männlichen Organe bestehen aus einem Paar sehr starker zapfenförmiger Buthen (Fig. 15. c. c), welche an der Basis des letzten Bein- paares gelegen sind. Sie sind schief nach vorn und unten gerichtet und besitzen an ihrer Spitze eine Oeffnung, wodurch der Samen entleert wird. Der Aus- fülirungsgang der Hoden muss bei dieser Bichtung der Buthen, sobald er letz- tere betritt, natürlich aus seinem nach hinten gerichteten Verlaufe in einen nach vorn gekehrten übergehen. Am vierten Piinge des Proabdomen kommen beim männlichen Thiere der Mysis flexuosa zwei sehr lange gespaltene, griffelartige Fortsätze vor, welche nach vorn gerichtet sind. Sie scheinen ebenfalls irgend eine Bolle bei der Begattung zu spielen und fehlen dem weihlichen Thiere 3). Die Entwicklung der Mysis vulgaris ist in der ausgezeichneten Arbeit von Bathke ihren wesentlichen Punkten nach erforscht worden. Soweit wir die Evolution von Mysis flexuosa zu untersuchen Gelegenheit hatten, haben wir die Beobachtungen dieses Forschers fast ohne Ausnahme bestätigen können. Die unentwickelten Eier in der mütterlichen Bruthöhle (wie wir sie auch bei Mysis inermis bemerkten) zeigten bereits den ganzen Dotter von der Keimhaut umeeben. Diese Haut war mit Ausnahme eines verdickten, band- oder streifen- förmigen Theiles, der künftigen Bauchanlagen, nur sehr fein. Eine Bückenfalte ') Vergl. Kölliker, die Bildung der Samenfäden in Bläschen. Neuenburg 1846. *) A. a. 0. S. 199. 3) Genau beschrieben hat sie Rathke bei Mysis vulgaris. 128 der Keimhaul, nach Art mancher Isopodeneier, deren Existenz bereits Ratlike bezweifelt, glauben wir mit Bestimmtheit in Abrede stellen zu können. Die Form des Embryo, unmittelbar nach dem Verlassen der Eihiille, trafen wir ganz über- einstimmend der Kathke'schen Zeichnung, ebenso das Hervorsprossen der ein- zelnen Glieder in der von diesem Forscher angegebenen Ordnung. Ilaben sich einmal neben den beiden Antennenpaaren die acht paarigen Gliedmaßen , welche zu Kieferfüfsen und Beinen werden, angelegt, so bemerkt man am Embryo Folgendes. Seine Form ist die einer etwas gebogenen Keule oder, wenn man der Rat hke'schen Ausdrucksweise folgt, die einer weitbau- chigen, mit einem kurzen und spitzen Halse versehenen Retorte; die Convexitäl des Embryo sieht nach unten, ist seine Bauchseite. Die Concavität cutspricht dem Rücken. Der verdickte Köpft heil zeigt jederseits zwei sehr grofse, flachen Halbkugeln gleichende Erhebungen, die erste Anlage der Augensliele. Sie liegen bei der großen Dicke des Kopftheiles weit von einander entfernt. Die einzelnen Beine sind alle von kegelförmiger Gestalt und, je weiter nach hinten, um so mehr an Grofse und Ausbildung zurück. Der Schwanztheil des Hinterleibes erscheint noch sehr klein, als ein einfacher ungegliederter Kegel und nur am zugespitzten Ende mit zwei kleinen Fortsätzen oder Schwanzspitzen versehen Der Dotter ist an die Rückenseite des Körpers getreten und zwar gleichfalls zu einer keulenförmigen Ansammlung umgestaltet. Das verdickte Ende der Dottermasse liegt ebenfalls im Kopfe und /.war über den Augen, bis dicht ans vordere Ende jenes reichend. Ihr hinlerer zugespitzter Theil gehört dagegen dein Schwänze des Embryo an. Als Grund der eigenthüinlichen Gestaltung der Dolteruiasse bemerkt man eine deut- liche, sie unisrhlicfsendc Membran, die erste Anlage des Darmkanales *). Ist der Embryo eine Stufe weiter vorgerückt, so hat sich Manches an ihm verändert Der Kopf ist etwas kleiner geworden und diclit hinter den Augenwülsten mehr gegen den übrigen Körper abgegrenzt. Auf den Augenwülsten, an ihrem vorderen und oberen Theile, bemerkt mau jetzt einen grofsen dunklen Pigment- fleck, die erste Anlage des eigentlichen Auges. Der vordere Theil des Abdomen tritt stärker heraus und zeigt die erste Andeutung von Gliederung oder Segment- bilduug \ iel deutlicher ist dagegen der Schwanztheil des Abdomen gegliedert. Die beiden Schwanzborsien haben ihre Gestalt unverändert erhallen. Im Inneren ') Ratlike beschreibt und zeichnet in dieser Periode auf der Rückenseite des Embryo einen grotsen und mächtigen, mit Dotter erfüllten Höcker (a. a. 0. Tab VI. Fig. 3.). Wir müssen die Existenz dieses Höckers für Mysis fiexuosa in Abrede stellen, da es uns niemals gelang, das Geringste dieser Art wahrzunehmen. Wahrscheinlich hat Ratlike bei Mysis vulgaris ein durch die Einwirkung des Alkohol hervorgerufenes Verhältniss für das normale gehalten. 129 des Körpers ist die wichtigste Veränderung das schärfere Hervortreten der Dotter- liiille oder des Darmkanales, sowie die erste Andeutung der Leber. Man bemerkt nämlich dicht hinler den Augenvorsprüngen an der eben erwähnten Membran jederseits eine weite und (lache Ausbuchtung und dahinter über den ersten Bein- paaren eine zweite von der nämlichen Gestalt. Ueber beiden Aussackungen zeigt die Rückenseite ebenfalls ganz leichte und flache Wölbungen. In dieser Periode scheint eine Häutung des Embryo vorzukommen, womit das Auftreten der Schwanzflosse zusammenhängt. Wir bemerkten nämlich mehr- mals die Haut des Postabdomen ganz lose diesen Theil umhüllend und darunter bereits eine zweite neue Membran, was namentlich an dem Schwänze am deut- lichsten hervortrat. An der alten Haut hingen die beiden Schwanzspilzen, wie sie bisher dem Embryo zukamen; mit der neuen dagegen erschien die Schwanz- flosse, entweder der des erwachsenen Thieres vollkommen gleich oder, was wir dahingestellt sein lassen wollen, noch ohne das mittlere unpaare Blatt. Durch das stärkere Wachsen und Lostrennen der Augenhemisphären be- kommt nach einiger Zeit der Embryo ein ganz anderes Aussehen. Jene Theile erlangen jetzt die Form grofser, eiförmiger Körper, an deren Spitze die Pigment- flecke liegen. Es sitzen diese Augenstiele nicht mehr mit einer breiten, son- dern mit einer kleinen Basis dem Kopfe auf und sie stehen dabei schief nach vorn und oben. Von dem dicken, kolbigen Kopflheile ist kaum noch etwas zu sehen, daher auch die Insertionspunkte der Augensliele der Medianlinie viel näher gerückt sind. Jederseits auf dem Rücken treten kleine, konische Warzen, die Flügel des Rückenschildes, auf. Bald stofsen sie in der Mitte des Körpers zusammen. Sie rücken ebenfalls gleichzeitig mehr nach vorn und stellen einen ähnlichen Theil dar, wie er beim erwachsenen Thiere den Vorderkörper bedeckt. Das Postabdomen ist ansehnlich vergrößert und vollkommen in Segmente zerfallen. Die Schwanzflosse kommt gänzlich mit der des ausgebildeten Geschöpfes überein. Die Fühler sehen noch immer nach hinten und unten, sind dagegen in allen wesentlichen Theilen entwickelt. Ebenso erscheinen die Oberlippe, die Mandibcln, ausgezeichnet durch ihren Taster, und, als zwei Paare kleiner, hinter einander ge- lagerter, tafelförmiger Vorspränge, die Maxillenpaare mit vollkommener Deut- lichkeit. Die Beikiefer und wahren Beine sind ebenfalls ganz ausgebildet, aber immer noch weit nach hinten gelegen. Am Postabdomen erscheinen, als konische, eingliedrige Fortsätze, die Afterbeine. Im Inneren des Thierkörpers haben sich die Lebersäcke viel stärker ausge- bildet. Sie liegen noch weit hinter einander. Das vordere Paar dieser Ausstül- pungen ist weit kleiner, als das hintere. Der Magen ist bereits als eiförmige 17 130 Anschwellung dicht hinter den Augenstielen zu bemerken, der Darmkanal im Post- abdomen bereits zu einem engen Schlauche umgewandelt. Die Fetttropleu des Dotters sind sehr geschwunden und von einer körnigen Masse gröfstentheils er- setzt. So namentlich im Magen und dem vorderen Theile des Darrnkanales. Nur im hinteren bemerkt man oft noch grofse Fetttropfen. In den Lebersäcken da- gegen hat sich das Dotterfett ziemlich unverändert erhalten. Die Haut von Darm und Leber erschien uns noch immer structurlos. Ein Epitheliom oder eine Mus- kellage konnten wir nirgends an ihr bemerken. Erst später, ganz kurz vor dem Austritte des Jungen aus der Bruttasche, scheinen sich diese beiden Schichten zu bilden, und somit die ursprüngliche Haut des Darmes und der Leber zur Membrana propria dieser Theile zu werden. Die Muskeln des Körpers sind histo- logisch vollkommen denen der erwachsenen Mysis gleich. Ebenfalls erlangt jetzt der Embryo seine Sinneswerkzeuge. An den Augen- flecken gelingt es mit Leichtigkeit, eine facettirle Hornhaut, Linsen und Krystall- kegel zu entdecken. Die letzteren Theile sind jedoch noch verhällnissniäl'sig viel kürzer, als im Zustande der Reife. Die Blase des Gehörorganes scheint jetzt gleichfalls, aber noch ohne ihren Otolithen, angelegt zu werden. Beim Austritt aus der mütterlichen Tasche ist die junge Mysis abermals in ihrer Form verändert und mit geringen Differenzen dem ausgebildeten Ge- schöpfe sehr ähnlich. Der wichtigste Unterschied besteht in der vollkommenen Abwesenheit aller zum Geschlechtssysteme gehörigen äul'seren Theile. Die Augen- stiele sind verhältnissmäfsig noch viel gröfser, als im späteren Leben; ihre Stel- lung jedoch, ebenso auch die der Antennen, ist die des erwachsenen Zustandes geworden; die Schwanzflosse ist ebenfalls noch etwas gröfser. Diese zierlichen und behenden Wesen , welche wir zu Ende des Juni in ungeheurer Menge antrafen, kommen hinsichtlich ihrer Organisation last ganz mit dem Erwachsenen überein. Die Augen, die Otolithen sind vollkommen aus- gebildet. Im Majjen bemerkt man das Skelet, im Darme und in der Leber die gewöhnlichen Häute und Schichten. Nur scheint die Trennung der vier Lebersäcke in die acht Schläuche noch nicht vollkommen erfolgt zu sein. Diese Theile sind dagegen bereits dicht hinter einander gerückt. Das Herz ist vollkommen ausge- bildet und der Kreislauf ebenfalls. Die Geschlechtsdrüsen fehlen noch gänzlich. Einiges zum Bau der Schmarotzerkrebse. Da die Organisation der Schmarotzerkrebse noch immer sehr unvollkommen gekannt ist, so kann es gerechtfertigt sein, einige vereinzelte Beobachtungen, welche sich auf den Hau dieser Thiere beziehen, der Oeffentlichkcit zu übergeben. Während unseres Aufenthaltes auf Helgoland untersuchten wir die Ver- dau ungs Werkzeuge der Gattungen Caligus (C. curtus, pcctoralis und leptochilus nov. sp), Pandarus (P. bicolor Leach und lividus n. sp.) und Nogagus (N. gracilis Milne Edw.). Bei allen diesen Thieren ist das Verdamm gssystem ungemein einfach gebildet und einen einfachen Schlauch ohne alle Anhangsdriisen darstellend Es beginnt mit einer engen und kurzen Speiseröhre, welche in einen weiteren und langen Schlauch mündet. Dieser erstreckt sich in gerader Richtung durch den Körper und hält in seinem ganzen Verlaufe die gleiche Dicke ein. Höchstens hndet man am [lebergange in den Hinterleib eine leichte, vielleicht nur zufällige, Einschnürung (so bei Pandarus) 1). In einiger Entfernung von der Afteröffnung verschmälert sich dieser einfache Darmkanal zu einem Piectum, welches an Dicke und Länge wieder mit der Speiseröhre übereinkommt. Untersucht man den feineren Bau dieser Organe, so findet man als Grund- lage eine einfache, structurlose Membrana propria von ziemlicher Feinheit. Nach aufsen umlagert wird sie von einer Muskelmasse. Diese stellt jedoch nicht, nach Art der höheren Krebse, eine zusammenhängende Schicht dar, sondern erscheint in Form eines feinen und zarten Muskelnetzes 2). Es laufen nämlich um die Membrana propria, namentlich am eigentlichen Darmschlauche, in ziemlich regel- mäfsigen Abständen circuläre Fasern. Zwischen je zweien dieser Fasern trifft man nun eine kleine Anzahl verbindender Bündel, bald senkrecht auf jenen stehend, bald (als häufigerer Fall) mehr oder minder schief mit ihnen zusammenhängend. ') Mit ßathke (Beiträge zur Fauna Norwegens, Nov. Act. Leop. Vol. XX. P. 1- S. 100) in dem vor- deren Theile des Darmrohres bei Caligus einen Magen zu sehen, erscheint deshalb unhaltbar. !) Ein solches wird am Darmkanale verschiedener Crustaceen angetroffen. Vergl. Wagner 's Zoo- tomie. II. S. 212. 17* 132 Auf diesem Wege wird ein in denTransversalfasern regelmässiges, in den Longitu- dinalfasern aber irreguläres Netz gebildet. Diese Anordnung fanden wir ganz in gleicher Weise bei Caligus, Pandarus und Nogagus und die Fasern immer glatt und von nur geringer Breite. An dem Rectum des Caligus bemerkten wir die nämliche Musculatur, daneben aber noch 3 Paar flügelförniiger Muskeln, von welchen jederscits immer drei in ziemlich regelmässigen Abständen von jenem Theile abgingen und sich an der Piückenseite der entsprechenden Körperringe inserirten. Aehnliche, von uns übersehene Muskeln, gieht Pia thke >) auch für den übrigen Darm an. Es bleibt uns endlich noch übrig, einer dritten Lage am Darmkanal Er- wähnung zu thun, nämlich der Drüsen- oder Epithelialschicht. Wie die Membrana propria die morphologisch wichtigste Haut darstellt, bildet diese die für den Che- mismus der Verdauung nothwendigste. Man findet bei allen drei Thieren in gleicher Weise an dem Darmschlauche einen Belag rundlicher, wenig abgeflachter Zellen. Sie sind mit einem Kerne versehen und besitzen als Zelleninhalt gröfsere oder geringere Ansammlungen von Fetttröpfchen, welche von einer gelblichen oder grünlichen Färbung erscheinen. Von ihnen rührt die Färbung des Darmes her, welche man schon durch die Bedeckungen hindurch wahrnimmt. Jene Zellen, welche in ihrem Ansehen ungemein an die Leberzellen der höheren Krebse erinnern und gleich diesen gefärbtes Fett enthalten, scheinen denn auch bei dem vollkommenen Mangel einer Leber bei unseren Thieren die Piollc eines gallenabsondernden Apparates zu übernehmen Sie stellen gewisser- mafsen eine an den Darm übergegangene Leber dar. Im Mastdärme fehlen diese Zellen ganz, ebenso wahrscheinlich auch im Oesophagus. Der eben auseinandergesetzte Bau bedingt noch ein eigentümliches An- sehen des Darmkanales. Die Membrana propria buchtet sich nämlich zwischen den Maschen des Muskelnetzes mehr oder minder nach aufsen. Man findet daher keineswegs einen glatten, sondern einen mit vielen Höckern versehenen Darmschlauch. Bei der Betrachtung eines lebenden Thieres überzeugt man sich jedoch alsbald, dass diese Höcker des Darmkanales keine Persistenz haben, dass viel- mehr hier und da ein neuer auftritt oder ein alter schwindet. Die lebhaft wellen- förmigen Bewegungen des Darmes fallen hierbei gleich in\s Auge. \on Zeit zu Zeit werden Etcremenle entleert. Hier treten dann die oben- erwähnten flügeiförmigen Muskeln des Fieclum in Activität und erweitern diesen Theil ungemein, während als Constrictoren die Fasern des Muskelnetzes wirken. ') A. a. 0. S. 100. 133 Auch am weiblichen Thiere der Anchorella uneinata (v. Nord in.) trifft man den nämlichen Bau des grünlich gefärbten Darmkanales und die gleichen Drüsenzellen. In interessanter Weise differiren hiervon die Verdauungswerkzeuge der weib- lichen Lernaea gadina (Müll.). Bei diesem Thiere ist der Darmkanal, verglichen mit dem Durchmesser des Körpers-, nicht enge, sondern von einer beträchtlichen Weite (Tab. II. Fig. 22. u. 23. a. a.). Wie Ralhke ») erwähnt, richtet er sich in seiner Form ganz nach der Gestalt des Körpers und ist daher, so lange er im Halse desselben liegt, enge, erweitert sich dann, sobald er den eigentlichen Körper betritt, beträchtlich und wird, sobald er über die Ansmündungsstelle der Ge- schlechtsorgane (Fig. 22.) hinweggetrelen ist, wieder enger 2). Es geschieht letztere Verengerung, welche jedoch sehr unbedeutend ist, nur ganz allmälig: Sie kann daher kaum dem Rectum der früher erwähnten drei Schmarotzerkrebse gleich gestellt werden, während die vordere verengte Anfangspartie hier wohl ebenfalls als Speiseröhre zu bezeichnen ist. Der Zwischenraum zwischen den Integuiiienten und dem Darme wird bei Lernaea von einer eigenthiimhehen Masse (Fig. 22. c. c. u. 23. c.) ausgefüllt. Sie ist längst bekannt und von N ordm ann 3) für eine Leber gehallen worden, eine Meinung, gegen' welche sich neuerdings Rathke t) erklärt hat. Wie letzterer Forscher richtig angiebt, besteht diese Lage aus einem Gewebe feiner Fasern (Zell- gewebe nach Rathke) und einem darin in Form verschieden grofser Tropfen enthaltenen, weiblichen Fette. Eine Commutiieation mit dem Darmkanale konn- ten wir ebenso wenig, als Ralhke, entdecken Aus dieser Strnctur dürfte es allerdings schwer fallen, die Bedeutung un- serer Masse zu erklären. Sie als Muskelschlauch und Fettkörper aufzufassen, liegt nahe. Der ganze Bau, sowie der Umstand, dass sie nicht blofs den Darm, sondern auch die gleich zu besprechenden Geschlechtswerkzeuge einhüllt, scheinen einer solchen Annahme das Wort zu reden. Auf der anderen Seile wird diese Meinung jedoch wieder misslich. Ein eigentlicher Fetlkörper scheint nach den bisherigen Untersuchungen den Crustaceen durchaus abzugehen oder höchstens hier und da ganz rudimentär vorzukommen, so z. B. in kleinen Läppchen, welche ein rothes Feit enthalten, am Darmkanale des Gammarus pulex. Nur die Myriapoden sind mit einem ausgebildeten Feltkörper versehen, - doch verlangt der ganze innere Bau, diese Thiere aus der Classe der Crusleuthiere zu verweisen Sollte daher bei Lernaea gadina mit einem Male ein Fellkörper in .so grol'ser Ausbildung vorkommen.' ') Beiträge zur Fauna Norwegens in den Nova Acta Leopold. Vol. XX. P. I. S. 130. 8) Rathke bezeichnet die erstere, erweiterte Partie des Darmschlauches als Magen. ') Mikroskopische Beiträge. II. S. 132. 4) A. a. 0. S. 129. 134 In dieser fettigen Masse mit von Nordmann eine Leber zu sehen, hat allerdings die eigentümliche Struktur, den Mangel bestimmter Zellen, sowie den Mangel einer Verbindung mit dem Darme gegen sich. Vielleicht liefse sich jedoch eine solche Frage durch die Untersuchung der Structur der Darmwandungen lösen. Ist unsere Ansicht von der Function der Drüsen- oder Epithelialsrhichl dieses Theiles die richtige, so sollte man, wenn jenem Fettgewebe die Bedeutung einer Leber zukäme, die Zellen des Darmes anders gestaltet erwarten, als bei den früher besprochenen Schmarolzerkrebsen. In der That ist dieses denn auch der Fall. Der dünne und durchsichtige Darm lässt unter dem Mikroskope eine ziemlich resistente Membrana propria mit eingewebten, feinen Fasern erkennen und, als Fpilhehalschichl, rundliche zarte Zellen ohne Spur eines fettigen Zelleninlialtes. Es liegt daher die \ ermuthung sehr nahe, mit v. Nordmann in dem vorliegenden Fettgewebe einen äul'seren Leber- belag zu erblicken. Der Mangel einer Coniniunieation zwischen ihm und dem Darm- rohre ist am Ende auch noch mit einer solchen Annahme zu vereinigen. Ein endosmolischer Durchtritt des Fettes durch die Membrana propria des Verdamm gs- kanales hat wohl nichts Befremdendes, wenn man sich erinnert, dass ja auch bei der Verdauung des Menschen und der höheren Thiere das Fett des Speisebreies auf diese Weise die Haut der Darmzotten durchdringen muss, um in die Anfange der Chylusgefäfsc zu gelangen. Schliesslich noch ein paar Worte über die G esch lech t s Werkzeuge der Schmarotzerkrebse. Rathke hat diesem Gegenstande eine besondere Sorgfalt zu- gewandt und bei einer grofsen Zahl weiblicher Schmarotzerkrebse zur Bildung der änfseren Eibehnller bestimmte Drüsen, die sogenannten Kittorgane, nachgewiesen J). Es lassen sich diese Organe auch bei allen Schmarotzerkrebsen mit Leichtigkeit wahrnehmen. Sie halten überall den gleichen Bau ein. Man hndet wcifshche Schlauche von einer ziemlich festen Haut gebildet und in ihrem Inneren eine wasserklare, albuniiuöse. dickflüssige, an der Lull erstarrende Materie enthalten. Das ganze Gebilde erinnert sehr an die Spinndrüsen der Arane'en. Die Länge der Kittbehälter variirl beträchtlich. Während sie bei Caligus und Pandarus nur kurz sind, erlangen sie bei Lernaea gadina eine ansehnliche Länge (Tab. IL Fig. 22. n. 23. b. b.). Sie erstrecken sich hier vom Halse bis an die Geschlechtsöfliiung und richten sich in ihrem Verlaufe nach den Krümmungen des fhierkörpers. Ihnen dicht anliegend bemerkt mau bei letzterem Thiere noch ein Paar ganz ähnlicher Schläuche von bräunlicher Farbe, die Eierstöcke des Thieres (ibid. e. e). Ihr Verlauf ') Vergl. die Arbeiten dieses Forsrhers in den Nov. Act. Leopold. Vol. XIX. S. 125. und Vol. XX. an mehreren Stellen. 135 ist ein ganz ähnlicher, die Wandungen aber sind dünner. Im linieren dieser Kanäle bemerkten wir eine grofse Anzahl von Eiern, von sehr zarten (lullen umgeben, aber ohne Spur von Keimbläschen und Keimfleck. Nach oben sind diese Kanäle, die Eierstöcke der Lernaea, blind geendigt Eierstöcke und Kitlorgane münden vereint an der Geschlechtsöffnung aus, da, wo die änfscren Eischnüre (ibid. d. d.) abgehen-. Bei Caligns und Pandarus kommen, wie m.ui sich leicht überzeugen kann, die nämlichen, mit dem gleichen Inhalte erfüllten Röhren vor. Sie sollen jedoch nach den Angaben von Rathke1) bei Caligus eine andere Bedeutung, nämlich die von Eileitern, haben. Als Eierstocke "eilen diesem Forscher dünnhäutige Sacke von geringer Gröfse und unbeständiger Form, welche, weit im Vorderkörper vorge- rückt, zu den Seiten des Bussels angetroffen werden. Diese Säcke sollen durch sehr dünne, geschlängelte Kanäle in die vorher erwähnten Bohren einmünden. Denselben Bau giebt auch 11. Goodsir ;m 2). Es wäre jedoch der Nachweis des primitiven Eies in jenen Säcken sehr wünschenswert!), um so mehr, als dieses auch an andern gleichgebildeten Ovarien, z. B. des ßichelestium Slurionis, noch nicht geschehen ist. Die männlichen Geschlechtsorgane des Caligus kommen nach Bathke's An- gaben mit Ausnahme der fehlenden Kittbehälter mit den weiblichen Generations- werkzeugen überein. Diese Angabe ist jedoch nicht ganz genau. Es stellen die Hoden des Caligus curtus zwei lange, oben kolbig geendigte Schläuche dar. Das Ende befindet sich weit im Vorderleibe in der Gegend des Bussels und ist der weiteste Theil des ganzen Organes. Nach hinten verschmälert es sich all- mälig in einen viel dünneren, langen Ausführungskanal, welcher zur Geschlechts- öffnung läuft. Als Inhalt bemerkten wir eine weifsliche Masse, welche unter dem Mikroskope in Form rundlicher, '/mo — VW grofser Zellen (Tab. II. Fig. 21.) er- schien. Die Contour derselben war bisweilen mit einigen Pünktchen versehen. Im Inneren bemerkte man einen sehr scharf hervortretenden, dunklen Kern, VW" im Mittel messend. Die Form desselben war bald mehr rundlich (ibid. Fig. l), bald mehr oval (Fig. 2. u. 3.) oder napfförmig (Fig. 4.). Bisweilen trieb der Kern die Zellenmenibran in etwas hervor. Bei anderen Thieren, oft aber auch gleichzeitig neben den Zellen, beobachteten wir die Kerne frei geworden (Fig. 5.). Ihre Contour war dunkel geworden, die Form eine eiförmige, nicht immer ganz regelmässige. Dabei hatte der Kern sein dunkles Ansehen beibehalten, seine Gröfse aber verändert, er war nämlich bis zu %oo ^nd VW" herangewachsen. Diese Kerne sind wahrscheinlich die Spermatozoen des Caligus, ') Nov. Act. Leopold. Vol. XX. S. 100. Hier findet sich eine genaue Beschreibung der Lage dieser Theile. s) Edinb. new phil. Journ. Vol. XXXIII. p. 178. Verzeichniss der zur Fauna Helgoland 's gehörenden wirbellosen Seethiere. Literatur: Fr. Hoffmann, Einige Bemerkungen über die Vegetation und Fauna von Helgoland in den Abhandlungen der Gesellsehaft naturforschender Freunde in Berlin. Band I. S. 228. R. A. Philipp!, Verzeichniss der um Helgoland bcohachteten Mollusken in Wiegmann's Archiv. 1836. S. 233. andere vereinzelte Angaben über einige tun Helgoland vorkommende wirbel- lose Thiere verdanken wir llatbke (Zoolog. Danica T. IV. p. 23.) — nach den von Abildgaard gesammelten Arten — , Burmeister (Beschreibung einiger neuen Schmarotzerkrebse in Nov. Act. Leopold. Vol. XVII. Pars I. S. 271.) — nach Exemplaren, welche Stannius sammelte — , Ehrenberg (lieber die Aka- lephen des rothen Meeres in den Berichten der Königlichen Akad. zu Berlin. 1835. S. 212., Leuchten des Meeres. Berlin 183'). S. 138. und Mittheiluneen der Ge- sellsch. nalurforschender Freunde in Berlin L836. S. 1.), Köllikcr (Beiträge zur ki Iniss der Sanienflüssigkeit wirbelloser Thiere. Berlin 1841.) und J. Müller (lieber einige neue Thierformen der Nordsee in Müllers Archiv. 1846. S. 101.). Wenn auch nachfolgendes Verzeichniss keinen Ansprach darauf macht, alle der Fauna der genannten Insel zugehörenden wirbellosen Seethiere zu enthalten, so mag es doch immerhin als ein Beilrag zur kcinilniss der Thierformen des deut- schen Norameeres nicht ganz ohne Interesse sein. Leider ist ja in dieser Bezie- hung von den Deutschen bisher so wenig geschehen, dass die Fauna ihrer Meere fast noch völlig unbekannt ist. Was uns während unseres zweimonatlichen Aufenthaltes (im Mai und Juni) auf Helgoland, der vorzugsweise zu anatomischen Untersuchungen bestimmt war, an wirbellosen Scethieren aufgestofsen ist, haben wir in Nachfolgendem verzeichnet. Leider waren wir damals von literarischen llülfsmilteln beinahe gänzlich entblöfst. Eine genauere Untersuchung und Bestimmung der gesammelten Arten musste daher bis zu unserer Rückkehr nach Göttingen verschoben bleiben. Wo sich das Ver- säumte an Spirittisexeinplaren nicht nachholen liefe, und unsere Notizen nichts Nä- 137 he res angaben, sind Lücken in unserem Verzeichnisse, die sich unter günstigeren Umständen leicht hatten ausfüllen lassen. Die Zahl der um Helgoland aufge- fundenen Arten ist nicht ganz gering und möchte bei einer specielleren zoolo- gischen Untersuchung des Meeres noch sehr bedeutend vermehrt werden. In ihrem Charakter schliefst sich die Fauna von Helgoland an die Faunen von Dänemark, Norwegen und England. Eine genauere Vergleichung der in dem erwähnten Gebiete vorkommenden Thierformen liegt übrigens hier aufser unserem Zwecke und möchte auch so lange immer noch ohne erhebliche Resultate sein, als wir von dem Umfang der Fauna unserer Insel nicht eine gröfsere Kenntniss haben. So viel nur sei erwähnt, dass sie die meisten ihrer Thiere mit dem einen oder dem anderen jener Länder theilt, und dass selbst die wenigen ihr vielleicht eigentümlichen Arten in jenen verwandten Faunen von nahe stehenden Formen vertreten sind. Nicht ohne Interesse ist es übrigens zu bemerken, wie in der Gestaltung des organischen Lebens sich Helgoland so sehr an die Küstenstriche Norwegens anschliefst; wie die Fauna unserer Insel, als Mittelglied, die Fauna dieses Landes ') mit der von Dänemark 2) verbindet. Mit letzterem theilt Helgoland die geogra- phische Lage, mit ersterem die orographischen Verhältnisse. Eben hier sieht man sehr deutlich, wie mächtig diese letzteren auf den Charakter der Thierwelt in einer Gegend influiren. — Die von uns selbst aufgefundenen Arten sind in unserem Verzeichnisse ohne nähere Bezeichnung. Wo wir auf fremde Gewährsmänner uns verlassen, sind deren Namen besonders angeführt. 1. Coelenterata 3). 1 Polypina. Anthozoa. Alcyonium digitatum Lin. — Actinia holsatica Zool. Dan. — A. rufa Zool. Dan. — A. racliata n. sp. Hydroida. Coryne squamata (Zool. Dan.) Gärtn. — Syncoryne multicornis Ehrbg. [Ehrbg.] — Hydractinia grisea n. sp. — Eudendrium ramosum (Lin.) Ehrenbg. — Tuhularia coronata Zool. Dan. — Sertularia halecina Lin. — S. abietina Lin. — Plumularia falcata Lin. — PI. Catha- ') Man vergl. die Beiträge zur Kenntniss der Fauna Norwegens (Crustaceen und Würmer) von Rathke in den Nov. Act. Nat. Curios. Tom. XX. P. I. p. 1. ff. '2) Vergl. Oersted, de regionibus marinis. Ilavniae 1844. 3) Uelter die Bedeutung dieser von uns aufgestellten neuen Classe vergl. man oben S. 37. 18 138 rina Johns t. — Campanularia1) geniculata (Lin.) Flem. — C. dichotoma (Lin.) Lam. — C. volubilis (Lin.) Lam. — C. duniosa Flem. 2. Acalepha. Clenophora2). Cydippe pileus (Müll.) Eschsch. Discophora. Rhizostoma Cuvieri Per. [Köll.] — Medusa aurita Lin. [Hoffm.] — Cyanea capillata (Lin.) Eschsch. — C. Lamarckii Peron. - C. helgolandica. Ehrenbg. [Ehrenbg.] — Chrysaora isoscela (Lin) [Ehrenbg] — Aequorea Henleana Köll. [Köll] — Thauniantias hemi- sphaerica (Lin.) Eschsch. [Ehrenbg.] — Geryonia pellucida Will (?). — Medusa (.') papillata Zool. Dan. [Abildg] — Actinia rufa Zool. Dan. Sehr häufig kommen um Helgoland unter den braun- lichen Individuen dieser Art auch noch andere vor, die durch eine hellere, weifse Farbe (ob A. Candida Zool. Dan.), oft auch durch eine viel geringere Gröi'se von jenen sich unterscheiden. Nicht unwahrscheinlich ist es uns, dass unter diesen noch die eine oder andere verwandte Art (vielleicht A. viduata oder A. undata Zool. Dan., von denen die erstere nach Oersted auch an der dänischen Küste vorkommt) sich verstecke. Actinia radiata n. sp. Diese sehr ausgezeichnete Art, die wir nirgends be- schrieben finden, lebt in der tiefen See, wo sie auf den Schalen von Buccinum un- datum, auch auf Holz u. dgl. eben nicht allzu selten angetroffen wird. In ihrem Habitus gleicht sie der von Rapp (Ueber Polypen und Actinien. S. 58.) beschriebenen A. de- pressa. Ihr Leib bildet einen niedrigen, nur wenige Linien hohen Cylinder, der sich ziemlich plötzlich auf einer (etwa 1" im Durchmesser haltenden) gröfseren, nach dem Rande hautartig ausgebreiteten Sohle erhebt. Der Mantel ist völlig glatt, glänzend und abwechselnd mit fleischfarbenen und bläulichen Läncsbinden gezeichnet, die, wenn der Mantel geschlossen ist, von der Mundöffnung ausstrahlen und in ihrem Verlauf nach der Peripherie an Breite zunehmen. Die Fühler sind nur kurz und dünn, und stehen in mehrfachen Reihen auf der Kopfscheibe. Hydractinia grisea n. sp. Am nächsten verwandt ist diese Art mit H. rosea van Bened. Die geschlechtslosen Individuen tragen etwa 8 — 10 Fühler, welche in der Regel die Spitze des Kopfes nicht überragen. Letztere ist von conischer Gestalt, nach vorn verengt und nur selten blasenartig aufgetrieben. Der Stiel ist verhältniss- mäfsig kurz, am unteren Ende nicht sehr bedeutend verschmälert. Die fruchtbaren Individuen unterscheiden sich durch ihre Kleinheit und gedrungenere Form und da- durch, dass die Fühler nicht entwickelt sind. Statt ihrer trifft man nur eine Anzahl kurzer, stumpfer Hervorragungen, in die eine Menge von Nesselorganen eingebettet sind, von Gebilden, die zerstreut auch im übrigen Körperparenchym sich vorfinden, ') Camp, gelatinosa (Pall.) Flemg., die um Cuxhaven sehr häufig ist, scheint bei Helgoland zu fehlen. s) Nocturna miliaris Lam., die auch um Helgoland vorzüglich das sogen. Seeleuchten bedingt, wird sicherlich mit Unrecht gewöhnlich als eineAkalephe betrachtet. Sie scheint (ist sie überhaupt ein ent- wickeltes Thier?) in ihrem Bau sich den Infusorien anzuschliefsen. 139 während sie bei den geschlechtslosen Thieren fast allein auf die Fühler sich beschrän- ken. Die Eiersäcke sind meistens in gröfserer Anzahl vorhanden. Sie umschliefsen aufser einem Divertikel des sogen. Darmes (der Leibeshöhle?) je etwa sechs Eier und darüber und erreichen häufig eine so beträchtliche Gröfse, dass gegen sie die Masse des Körpers fast verschwindet. Farbe grau. Gröfse = 1%'". Auf leeren Schalen, besonders von Littorina neritoides. die sie gewöhnlich in dicht gedrängter Menge über- zieht. _ Vielleicht ist Philip pi's Dysmorphosa conchicola (Wiegmann's Arch. 1842. I. S. 37.) identisch mit unserem Thiere, doch wagen wir, da Philip pi keine frucht- baren Individuen beobachtet und beschrieben hat, nicht mit völliger Gewissheit darüber zu urlheilen. Plumularia Catharina lohnst. Einige Differenzen von der Beschreibung Johnston's (British Zoophyts. p. 148.) fanden wir in der Gestalt der fruchtbaren In- dividuen, die eine fast walzenförmige, im Verhältniss zu der Länge nur sehr schmale Zelle besafsen und in der Regel schwach S förmig gewunden waren. Geryonia pellucida Will (?). Vergl. S. 38. II. Ec li i noderm a ta. 1. Asterida. Ophiothrix fragilis (Zool. Dan.) M. Tr. — Ophiolepis squamata. M. Tr. — 0. ciliata M. Tr. (Ophiura texturata Lam. et O. albida Forb.) — Astropecten aurantiacus (Lin.) Linck. [Hoffm.] — Solaster pnp- posus (Lin.) Forb. — Aster acanthion rubens M. Tr. (Asterias rubens Lin., A. violacea Lin. et A. helgolandica Ehrenbg.) 2. Echinida. Echinus saxatilis Müll. — E. sphaera Müll. (E. escu- lentus Penn.) — Spatangus purpureus Müll. — Amphidotus pusillus (Gmel.) Agass. [Hoffm.]. III. Mollusca. 1. 1 unicata. Ascidiae. Leptoclinum durum M. Edw. (?)• — Amarucium rubi- eundum n. sp. — Clavelina vilrea n. sp. — Cl. gelatina Zool. Dan. [Abildg.] — Cynthia depressa. n. sp. — Phallusia peduneulata Hoffm. 2 Testacea. Teredo navalis Lin. — Pholas daetylus Lin. — Ph. Candida Lin — Ph. crispala Lin. [Phil] — Solen vagina Lin. [Phil.] — S. siliqua Lin. [Hoffm. Phil.] — S. ensis Lin. [Phil.] — Mactra stulto- rum Gmel. [Phil] — M. solida Lin. — Corbula nucleus Lara. [Phil.] — Saxicava rugosa (Lin.) Lam. — S. aretica (Lin.) Phil. [Phil.] — Yene- rupis perforans (Mont.) Lam. [Phil] Tellina baltica Lin. — T. tenuis 18* 140 Maton. — T. crassa Lam. [Phil.] — Donax trunculus Lin. — Cyprina Islandica (Lin.) Lam. — Cytherea exolela (Lin.) Lam. [Phil.] — Venus gallina Lin. [Phil] — Cardium edule Lin. — C. echinatum Lin. — Nucula margaritacea (Brug.) Lam. — Modiola Poliana Phil. (?). — Mytilus edulis Lin. — Pecten maximus (Lin.) Lam. [Phil.] — P. opercularis (Lin.) Lam. [Phil.] — P. varius (Lin.) Lam. — Ostrea edulis Lin. — Anomia eepa Lin. 3. Gasteropoda. Chiton marginatus Penn. — Ch. laevis Montag. — Pate IIa vulgata Lin. (?) [Phil.] — P. pellucida Lin. — P. (Acmaea Esch.) virginea Müll. — Limapontia (Pelta Quat.) nigra Johnst. — Briareus sco- lopendra Quoy et Gaim. [Müll.] — Eolidia papulosa (Lin.) Menke. — E. pennata Menke. — Tritonia (Cloelia Lov.) n. sp. (?) — Polycera cornuta (Zool. Dan.) Cuv. [Abildg] — P. cristata Alder. — P. fusca n. sp. — Doris tuberculata Cuv. — D. pilosa Zool. Dan. — Natica marochinensis (Gniel.) Lam. [Phil.] — Tornatella fasciata Lam. [Phil.] — Scalaria communis Lam. — Trochus cinerarius Lin. — Littorina littorea (Lin.) Feruss. — L. neritoides (Lin.) Fer. — L obtusata (Lin.) Fer. — Rissoa interrupta Menke [Phil.] — R. exigua Des Moul. [Phil.] — R. pedicularis Menke [Phil.] — Lacuna canalis Tourt. — L. vincta Tourt. [Phil.] L. pallidula Tourt. [Phil.] — Turritella terebra Broe. [Phil] — T. triplicata Broc. — Fusus (?) turricula (Montag) [Phil.] — Purpura lapillus (Lin.) Lam. — Bucci- num undatum Lin. — B. macula Mont. 4. Cephalopoda. Loligo vulgaris Lam. — Sepia officinalis Lin. [Hoffm. Phil.]. Leptoclinum durum Milne Edw. (?). Abweichend von den Angaben Ed- wards' (Observat. sur les Ascidies composes. p. 82.) fanden wir bei den von uns beob- achteten, hierher gehörenden Thierstöcken ganz constant eine schmutzig weifse Farbe, welche vorzugsweise von einer grofsen Menge kleiner, zu sternförmigen Häufchen ver- einigter, stabförmiger Krystalle herrührte, die aus kohlensaurem Kalk bestanden und (wie bei L. maculosum M. Edw. u. a.) in die gemeinschaftliche Leibessubstanz, beson- ders an der oberen Fläche, eingebettet waren. Sonst übrigens konnten wir keine Differenzen wahrnehmen. Die Form der Thiere, sowie die feste, lederartige Beschaf- fenheit der wie eine Flechte auf der Oberfläche von Steinen hinkriechenden, dünnen Kruste stimmte völlig mit der Beschreibung jenes berühmten französischen Naturforschers überein. Amarucium rubieundum n. sp. Das Thier, welches wir mit diesem Namen bezeichnen, ist um Helgoland eben nicht selten und findet sich festsitzend unter Steinen auf den Klippen, welche nach Süden den Fufs der Insel umgeben und während der Ebbe über den Wasserspiegel sich erheben. Es bildet meist fleischige Massen von 141 braunrother Färbung und conischer Gestalt (bis 1" lang), die an ihrem oberen freien Ende abgeflacht sind und nach unten allmälig zu einem förmlichen Stiele, mit dem sie festsitzen, sich verengern. Nur selten und bei beengtem Räume sind die Massen kürzer und ohne Stiel. In der Regel stehen dieselben in einer gröfseren Anzahl dicht neben einander auf einem gemeinschaftlichen Matterboden (wie bei A. proliferum M. Edw.) und bilden dann einen ganz ansehnlichen, tief gelappten Haufen. Die einzelnen Thiere, die ohne bestimmte Ordnung in diese Massen eingebettet sind, haben eine gedrungene Form und sind fast noch kürzer, als bei A. Nordmanni M. Edw. Die Zahl der queren Stigmenreihen im Kiemensacke beläuft sich auf acht bis neun. Die ge- meinschaftlichen Kloakenöffnungen sind auch im Leben nicht sehr ansehnlich und nur wenig klaffend. Clavelina vitrea n. sp. Am nächsten steht diese Art der von Milne Edwards (1. c. p. 61.) beschriebenen Cl. Rissoana, mit der sie auch die weifse Färbung der den Clavelinen eigenen Längs- und Kreislinien an Thorax und Magen theilt. Dadurch aber unterscheidet sie sich vorzugsweise, dass ihre Gröfse (die gewöhnlich zwischen 4 und 7 Linien variirt und die Zahl der Quergefäfse des Kiemensackes (die neun beträgt) geringer ist. Der Kiemensack selbst ist verhältnissmäfsig nur kurz und nicht viel we- niger breit, als lang. Von der Ascidia gelatina Zool. Dan., die unstreitig ebenfalls eine Clavelina ist und von Abildgaard (I. c. T. IV. p. 26.) auf den Kreideklippen (in lapide calcareo) Helgolands aufgefunden ward, scheint unsere Art, welche an denselben Stel- len mit Amarucium rubicundum ziemlich häufig ist, verschieden. Gröfse, Habitus und Farbe der erwähnten Linien trennen beide. Cynthia depressa n. sp. An denselben Stellen, wo die eben erwähnten zu- sammengesetzten Ascidien vorkommen, findet sich auch diese einfache Art. Durch ihre Form nähert sie sich der Asc. prunum Lam. Sie ist unregelmäfsig rund oder oval und von oben nach unten sehr stark zusammengedrückt. Ihre Höhe beträgt kaum 1'", ihr längster Durchmesser etwa 3'". Der Mantel ist glatt, lederartig und dunkel gefärbt. Kiemen- und Kloakenöffnung liegen im Längsdurchmesser des Leibes nicht weit von einander und erheben sich als zwei warzenförmige, kurze Höcker über die obere Fläche des Mantels. Phallusia pedunculata Hoffm. Der Stiel der von uns beobachteten Individuen war in der Regel nur kurz und fehlte sogar in manchen Fällen gänzlich. Wo er übri- gens vorhanden war, zeigte er überall sehr distincte, faltenförmige Längsrunzeln , die auch Hoffmann wahrscheinlich im Auge hatte, wenn er sagt, dass der Stiel aus starken, durchscheinenden Längsfasern bestehe. Fasrige Gebilde lassen sich aber in Wirklichkeit ebenso wenig im Stiele auffinden , wie in einem anderen Theile des Mantels. — ' Die Vermuthung Hoffmann's, dass die schon oben erwähnte Asc. gelatina Zool. Dan. mit seiner Ph. pedunculata identisch sei, können wir nicht theilen. Jenes Thier ist ganz offenbar, wie angeführt, eine Clavelina. Modiola Poliana Phil. Unter diesem Namen ist von Philippi die Mod. discre- pans Costa von der ächten M. discrepans Montagu (von der sie durch eine sehr bauchige Schale sich unterscheidet) abgetrennt worden. Hanley (Engl. edit. of Lamarck's species of shells p. 241.) hat dieselbe Art als M. tumida bezeichnet. Die von uns um Li LH * « & 142 Helgoland gesammelten Muscheln, die in dem Mantel von Phallusia pedunculata völlig vergraben vorkommen — auch Philippi fand die M. Poliana in dem Mantel von Phal- lusien — weichen indessen von der fraglichen Art etwas ab, indem die Schalen nach hinten spitzer geschnäbelt sind, wenngleich nicht bei allen Individuen gleich spitz. Noch auffallender ist dieses Verhalten nach der gütigen Mittheilung des Herrn Dr. Philippi bei einem grösseren Exemplare (die gröfstcn unserer Individuen mafsen 5'" in der Länge, 2% in der Breite), welches derselbe aus Bergen besitzt. Ob übrigens trotzdem die betreffenden Thiere von der M. Poliana wirklich verschieden sind, müssen fernere Untersuchungen an einer gröfseren Zahl von Individuen, als uns im Augenblicke zu Gebote stehen, erst lehren. Für diesen Fall hat Philippi unser Thier vorläufig als M. rostrata bezeichnet. Chiton marginatus Penn. Zu dieser Art gehören die um Helgoland sehr häufig vorkommenden Chitonen. Sie sind im Verhältniss zu ihrer Länge ziemlich breit (die gröfste Länge der von uns gesammelten Exemplare betrug 8"', die gröfste Breite — der Schale ohne den Band des Mantels -- 4'"), doch wenig hoch. Der Längs- kiel des Bückens ist abgerundet und geht nach den Seiten ziemlich unmerklich in die dachförmig abgeflachten oder doch nur sehr wenig gebogenen Schalenstücke über- Am Ende der sechs mittleren Valveln bildet er einen stumpfen, hervorragenden Zahn. Auf den Seitenstücken der Schalen verläuft von diesen Zähnen aus je nach dem vor- deren Winkel eine schwach erhabene Linie , die übrigens nur auf der zweiten Valvel sich einigermafsen leicht bemerklich macht und auf den übrigen fast allein durch die veränderte Gruppirung der kleinen Körnchen angedeutet wird, mit denen die ganze Ober- fläche sehr dicht besetzt ist. Die Furchen, welche diese Körnchen begrenzen, verlaufen ein Mal der Länge nach, ein ander Mal quer. Erstere sind vorzugsweise deutlich auf den inneren, oberhalb der erwähnten schrägen Linie gelegenen Feldern, und wenden sich auf den unteren in einem Winkel nach innen, letztere dagegen erscheinen auf den unteren Feldern am deutlichsten und verlaufen auf den oberen fast jener schrägen Linie parallel. Auf dem Kiel ist diese Sculptur wenig deutlich und auf den Zähnen völlig verwischt. Dem seitlichen Bande parallel zeigen die Valveln noch häufig einen furchenförmigen Eindruck. Der Mantel ist fein chagrinirt und am Saume mit einigen sehr kurzen, feinen Härchen eingefasst. Die Farbe der Schalen ist gelblich oder auch fleischfarben mit weifsen und bräunlichen, gewöhnlich zickzackförmig zusam- menfliefsenden Flecken. Die Farbe des Thieres ist weifs. Einige der von uns gesam- melten Individuen waren im Verhältniss zu ihrer Länge sehr schlank (Schale nur 3'" breit), stimmten aber sonst in Sculptur — die nur nicht völlig so deutlich war — und Zeichnung überein. — Dr. Philippi hatte die Güte, unsere Exemplare mit englischen Originalexemplaren aus seiner Sammlung zu vergleichen und darnach zu bestimmen. Identisch mit Ch. marginatus Penn, ist Ch. cinereus Lowe. Ob übrigens, wie Lowe be- hauptet, auch Ch. cinereus Lin. den Andere für Ch. asellus Low. halten, hieher gehöre, möchte wohl schwerlich ohne Ansicht der Linneischen Sammlung sich ermitteln lassen. Chiton laevis Montagu, Dem Ch. marginatus gleicht diese zweite um Helgo- land viel seltener vorkommende Art in Habitus und Gröfse. Nur ist die Rückenfläche ein wenig gewölbter und die Sculptur etwas abweichend, indem die hervorragenden 143 Körnchen nur noch am vorderen und seitlichen Rande so grofs und deutlich sind, als bei der vorigen Art. Sonst sind sie viel feiner, doch, wie es scheint, von gleicher An- ordnung, die nur dadurch etwas verwischt wird, dass sich parallel den erwähnten Rändern zarte, bogenförmige Furchen und Runzeln vorfinden. Der Rand des Mantels wie bei Ch. marginatus. Farbe dunkelroth, nach der Medianlinie zu heller und mit weifsen Flecken. Dass übrigens diese Art (die von Maton und Rackett in den Linn. Transact. Vol. VIII. Tab. I. Fig. 2. als Ch. marginatus abgebildet ist, und die Philippi aus Grönland als Ch. ruber Lin. l) erhalten hat) von der vorhergehenden Art specifisch verschieden sei, scheint uns noch zweifelhaft, besonders wenn wir mit dem von Phi- lippi bestimmten Exemplare einige andere Individuen vergleichen, die offenbar der vo- rigen Art zugehören, aber neben den Körnchen auf den Schalen auch schon ganz deut- lich einige zarte, bogenförmige Furchen besitzen. Limapontia nigra Johnst. Für identisch mit dieser von Johnston (Loudon's Mag. of nat. hist. Vol. V. p. 979.) beschriebenen Molluske, welche von 0. Fr. Müller und 0. Fabricius den Planarien (als PI. capitata Müll. — PI. limacina Fabr.) zuge- rechnet wurde, halten wir eine kleine, bräunlich schwarze Nudibranchiate, die um Helgoland zwischen dem Fucus der Küste aufserordentlich häufig ist. Sehr nahe ver- wandte Thiere beschrieb de Quatrefages als Arten seines Genus Pelta, welches er den Phlebenteraten zuzählte (Annal. des scienc. nat. 1844. T. I. p. 152.). In der Orga- nisation des Schlundkopfes, Magen und Magenanhanges (den Quatrefages als Darm betrachtet) , sowie des Nervensystemes und der Augen stimmt unsere Art mit denselben überein, nur fehlt dem Magen, der mit einer sehr starken Musculatur versehen ist, eine Rewaffnung. Geschlechtsorgane haben wir nicht aufgefunden. Nicht ganz unwahr- scheinlich ist uns deshalb die Vermuthung von AI der und Hancock (Ann. and Mag. of nat. hist. 1846. p. 289), dass unsere Art (mit den beiden von Quatrefages beschriebenen) noch nicht völlig entwickelt sei und im ausgebildeten Zustande vielleicht — wie sie es beobachteten — mit äufseren Kiemen sich versehe. Tritonia sp. n. ? Auf einer Austerschale, die aus der Tiefe mit dem Schlepp- netze hervorgeholt war, fanden wir (in einem Exemplare) eine kleine (7'" lange), bräunlich gefärbte Tritonia, die uns neu scheint. Sie steht der als Doris fimbriata in der Zool. Dan. (Tab. IV. p. 22.) beschriebenen und abgebildeten Art (die Johns ton dem Gen. Cloelia zurechnet) sehr nahe, unterscheidet sich aber von dieser hinreichend schon dadurch, dass die Zahl der seitlichen Kiemen nur sechs ist. Der Körper ist prismatisch und ziemlich schmal, am vorderen Ende abgestumpft, nach hinten zu verschmälert. Von ') Sehr verschieden hiervon ist Ch. ruber Flem. (ob auch Linn.?), welchen Prof. Bergmann in Island gesammelt hat. Seine Schale ist sehr schmal, stark gewölbt, ohne eigentlichen Kiel und stark gerunzelt. — Noch eine andere verwandte Art besitzt das hiesige physiologische Institut als Ch. marmoratus aus Bergen. Sie gleicht in ihrem Habitus dem Ch. marginatus, hat aber eine viel plattere Schale mit verhällnissmäfsig stärker erhabenem Kiel. Die Sculptur besteht in zahlreichen, sehr feinen Körnchen, deren Anordnung nicht deutlich ist, und daneben in zarten Runzeln, die aber nicht bogenförmig sind , wie bei Ch. ruber und laevis , sondern quer verlaufen und jederseits auf den Schalenstücken unter einem fast rechten Winkel (der mit den schrägen Linien der Seitenstücke, die hier an allen Schalen deutlich sind, zusammenfällt) na(h hinten sich umbiegen. Farbe roth und weifs marmorirt. 144 der Basis der Fühler erstreckt sich jederseits eine Firste bis zum Hinterleibsende, auf der sich in ziemlich gleichen Abständen die kurzen Kiemenhöcker mit ihren Büscheln erheben. Oberhalb des Mundes vor den Fühlern verläuft eine quere Hautfalte, die sich seitlich in einige kurze, zipfelförmige Fortsätze auszieht. Die Bückenfläche trägt einige unregelmäfsige warzenförmige Hervorragungen. Polycera cornuta Cuv. Ob diese eine besondere, von P. quadrilineata v'Zool. Dan.^ verschiedene Art sei oder, wie Sars (Nyt Magazin for Naturwitenskaberne Th. III. und daraus Oken's Isis. 1843. S. 849! will, damit (als P. varians Sars) vereinigt wer- den müsse, wagen wir um so weniger zu entscheiden, als weder die ächte P. quadri- lineata '), noch die P. cornuta uns um Helgoland aufgestofsen ist. Durch eine Verglei- chung der betreffenden Abbildung (Zool. Dan. Tab. 145.) mit der neuerlich von Alder (Annais of nat. hist. Vol. IX. p. 338.) gelieferten Beschreibung wird uns allerdings die Vermuthung von Sars sehr wahrscheinlich. P. fusca n. sp. Diese neue, von uns um Helgoland eben nicht selten aufgefun- dene Art des Gen. Polycera Cuv. ist der in der Zool. Dan. beschriebenen Var. fusca Do- ridis quadrilineatae T. IV. p. 23.) nicht unähnlich. Ihr Körper hat eine Länge von etwa 7'", ist gedrungen und von prismatischer Form, Am vorderen Ende ist er abgestumpft, in seinem hinteren Theile verschmälert. Wo Bücken und Seitenflächen zusammenstofsen, erhebt sich eine ziemlich hohe, mitunter etwas unregelmäfsig ausgezackte Hautfalte, die beide vor den zwei blättrigen , retractilen Fühlern auf dem Scheitel zusammenstofsen. Andere fühlerförmige Verlängerungen, wie sie sonst am Kopfe vorkommen, fehlen unse- rer Art, doch ist die Falte zu den Seiten der Antennen und auf dem Scheitel etwas stärker entwickelt. Eine Strecke hinter den Kiemen vereinigen sich beide seitlichen Firsten ebenfalls und bilden dann einen Kamm, der in der Medianlinie bis zur Spitze des Hinterleibes sich heraberstreckt. Die Kiemen sind stark gefiedert, ziemlich grofs und retractil. Ihre Zahl beläuft sich auf fünf. Die vordere unpaare ist von allen die ansehn- lichste. Zu den Seiten der Kiemen sind beide Längsfalten wiederum stärker entwickelt und nach hinten in einen ansehnlichen, freien Hautlappen von platter, cylindrischer Form, den sog. Branchialanhang, verlängert. Der Leib ist von schmutzig gelblicher Farbe und trägt eine sehr grofse Menge netzförmig zusammenfliefsender dunkler, fast schwärzlicher Flecke, aus deren Maschen die äufseren Bedeckungen häufig etwas hervorragen. Nach dem Tode ziehen sich diese Flecken auffallender Weise sehr stark zusammen, wodurch die eigentliche Färbung des Thieres völlig verwischt wird. P. cristata Alder. Diese schöne, von Alder I. c. p. 380.) beschriebene Art ist um Helgoland sehr häufig. Sie findet sich zusammen mit der vorigen Species wäh- rend der Ebbe unter Steinen, welche die Klippen am südwestlichen Fufse der Insel bedecken. Besonders ausgezeichnet ist sie durch die Menge der die Kiemen seitlich umgebenden eylindrischen Anhänge. Der Körper ist schlank, nach hinten allmälig ver- schmälert. Dicht vor den Fühlern stehen jederseits zwei dünne, fadenförmige Haut- fortsätze, die unter sich an der Basis zusammenhängen und den Anfang einer Hautfalte ') Die von uns anatomisch untersuchten Individuen, die wir oben fälschlich als P. quadrilineata bezeich- net haben, gehören der folgenden Art an. 145 bilden, die, wenngleich nur wenig bedeutend, an den Seitentheilen des Leibes hinläuft, und auf der die Branchialanhänge (meist 5 Paar) sich erheben. Nicht ganz genau ist demnach die Angabe von Alder: »the sides of the body are not angulated, as in the other Polycerae, but graduelly roundet oll to the foot.« Gewohnlich ziemlich dicht hinter den Kiemen, deren Zahl nur drei beträgt, verbinden sich beide Firsten und bilden einen mittleren Kamm auf dem langen , von den Seiten zusammengedrückten Schwanzende des Körpers. Eine quere Hautfalte zwischen Antennen und Mundspalte, an deren Seiten jedoch ebenfalls ein conischer Hautfortsatz sich findet, (ein sogen. Segel) fehlt unserer Art. Die Farbe des Körpers ist ein reines Weifs. Die Spitzen der Kiemen, Fühler und Hautfortsälze, so wie der Kamm des hinteren Leihesendes zeigen eine leb- haft gelbe Färbung. -- Ganz dieselbe Art ist von Herrn Prof. B ergmann an der Westküste Islands gesammelt. — Doris pilosa Zool. Dan. Wir trafen von dieser Nudibranchiate nur ein einzi- ges Individuum auf einem Steine, der aus der Tiefe des Meeres hervorgeholt war. Was Abildgaard in der Zoolog. Dan. als pili oder papillae filiformes beschreibt, sind, wie schon Loven Kongl. Vetenskaps Academiens Handlingar für ar 1839 und daraus Isis 1842 S. 363.) vermuthel, zahlreiche, sehr zierlich und regelmäfsig angeordnete Kalkna- deln, die den ganzen Rücken bedecken und zum Theil daraus hervorragen. Die La- gerung dieser Gebilde gehl ziemlich deutlich schon aus der in der Zoolog. Danica. (Tab. 84. Fig. 8.) gelieferten Abbildung hervor. Man kann nach Anordnung und Form zwei besondere Systeme von Nadeln unterscheiden. Das eine derselben, dessen Nadeln durch eine beträchtlichere Gröfse und eine etwas gebogene Spindelform sich auszeichnen und dadurch, dass sie völlig in den Mantel eingebettet sind, besitzt dieselbe Anordnung, wie sie Loven bei D. muricata Zool. Dan. beschrieben hat. Das zweite dagegen besteht aus kürze- ren und mehr gerade verlaufenden Nadeln, die, etwa zu sechs immer in einem Bündel ver- einigt, von einem gemeinschaftlichen Punkt ausstrahlen und mit ihren Spitzen über die äu- fseren Bedeckungen hervorragen. Die Bündel stehen auf der Rückenfläche in drei Längs- reihen neben einander und bilden aufserdem noch eine zurücklaufende Beihe rund um den Mantelsaum. Bei D. muricata ist' (nach L o v e n) dieses ganze zweite System allein von einer einfachen Reihe kurzer und gerader Nadeln im Mantelsaume vertreten. Dass übrigens, wie Loven vermuthel, diese Nadeln die Ueberreste der embryonalen Schale seien, müssen wir sehr bezweifeln, theils weil eine Anordnung, wie die be- schriebene, wohl schwerlich aus einem Zerfallen derselben herrühren könnte, theils auch, weil ein solcher Vorgang bei dem so sehr zarten und völlig homogenen, fast aller Kalk- salze entbehrenden Gebilde, wie jene Schale es ist, uns sehr unwahrscheinlich dünkt. Auch wäre es auffallend, dass die Theile dieser Schale in den Mantel eingebettet wä- ren, während jene doch äufserlich demselben aufliegt. Fusus (?) turricula Mont. Nach einer gefälligen Mittheilung von Dr. Philipp! ist diese von Montagu als Fusus turricula beschriebene Gasteropode identisch mit Fusus harpula Menke, doch verschieden von Buccinum lyratum Gmel., welches Letzterer sei- ner Art zurechnet. Philip pi besitzt dieselbe Art auch aus Maine (Nord -America). Das Genus des betreffenden Thieres ist zweifelhaft. Möller (Index Mollusc. Groenland.) brachte ähnliche Arten zu Dcfrancia, doch — nach Philippi — jedenfalls mit Unrecht. 19 146 LoJigo vulgaris Lam. Von diesem Cephalopoden fanden wir selbst um Hel- goland nur die Eischläuche, die schon seit langer Zeit, seit Bohadsch (de quibusdam animalibus marinis) bekannt, sind. Eigenthümlich und übersehen bisjetzt ist der Bau dieser cylindrischen, etwa 7" langen gelatinösen Massen. Man kann an ihnen zwei Theile unterscheiden, einen vorderen dickeren Körper und einen hinteren, dünnern An- hang, der an Länge dem vorderen gleichkommt und die Massen an fremden Körpern befestigt. In ersterem sind die Eier gelegen. Eine strangförmige Achse, deren Substanz etwas fester und opaker ist, durchzieht den ganzen Schlauch. Etwa im vorderen Drit- theile des hinteren Abschnittes löst sich hiervon noch ein besonderer Strang los, der sich in immer engeren Spiralen um die Achse windet und in seinem Verlaufe allmälig an Dicke zunimmt. In ihm liegen die ansehnlichen, ovalen Eier in einer einfachen Längsreihe hinter einander. Aeufscrlich ist dieser Strang wiederum von einer dicken Schicht von Eiweifs bedeckt, die zu einem compacten, ganz durchsichtigen Ueberzug erhärtet. Der vordere Theil des Körpers ist ohne Eier und besteht aus einer ganz gleichförmigen Masse, in der man weder Achse, noch Eistrang, noch Ueberzug erken- nen kann. IV. \ er m es. 1. Apodes. Trematodes 1). Aniphibothrium Krocyeri n. gen. et n. spee, — (.') Pel- togaster paguri Rathke. Turbellarii. Leptoplana atomata (Zool. Dan.) Oerst. — Monoce- lis lineata (Müll.) Oerst. — Vortex vittata n. sp. — V. quadrioculata n. sp. — Convoluta paradoxa Oerst. — Borlasiä rufa Rathke. — B. flaccida (Zool. Dan.) — Polia (Tetrastemma Oerst.) quadrioculata (Johnst.) Quat. — P. dorsalis (Zool. Dan.) [Abi 1 dg.] — P. filaris (Zool. Dan.) (':') — Hirudinei. Piscicola piscium (Müll.) Blainv. 2. A b r a n c h i a t i 2). Nemaloides. Anguillula märina (Müll.) Oerst. Lumbrico ides. Enchytraeus spiculus n. sp. Saenuris neurosoma ') Die Classe der Eingeweidewürmer, die schon seit langer Zeit als eine sehr unnatürliche anerkannt ist, haben wir aufgelöst und — soweit die betreffenden Thiere uns hier interessiren — unter die verschiedenen Ordnungen der Würmer vertheilt. 2) Wir vereinigen in dieser Ordnung einen Theil der sogen. Anneliden mit den Nematoideen , die in Habitus und Bau sich an einander anschließen. Das Vorhandensein von deutlichen Gliedern und Borsten bei den einen, und deren Fehlen bei den anderen scheint nur ein Charakter von untergeord- neter Wichtigkeit, wie u. a. das interessante Genus Hemipsilus Quat., vv-elches zwischen beiden Gruppen in der Mitte steht, beweist. (Vergl. Ann. des scienc. nat. 1846. T. IV. p. 132.) 147 n. sp. — Lumhrironais capitala (Fabr.) nob. S a gilt a Germanica (mare Gernianicum incölens W'ilms) [Müll. Wilnre J)]. ? 2) Act inolrocha brancbiata Müll. [Müll.] — Mesotrocha sexoculata Müll. [Müll] 3. ßranchiati. Bryozoa*). liovverbankia densa Farre. — Crisia eburnea (Fall.) Lamoür. — Notamia loriculata (L.) Fleni. — Tubulipora palina Lam. — Cellepora coccinea Zool. Dan. [Abildg.] — Mcmbranipora pilosa (Pall.) Faire. — Flustra foliacea Liri. — Fl. niembranacea Lin. — Fl. carnosa John st. — Cellularia ciliata Pall. — C. scruposa Pall. — Haloda- ctylus gelaiinosus (Pall.) Capilibranchiat i Spirorbis nautiloides Lam. — Vermilia tri- qnetra (Lin.) Lam. — Fabricia quadripuncrata nob. — Hermella ostrearia (Cuv.) S a v. — Amphitrite anricoma Müll. [Iloffm.] ■ — Terebella madida n. sp. Dorsibranchiati. Aphrodite aculeata Lin. — Polynoe squa- mata (Pall.) Säv. — P. cirrata (Fabr.) Sav. — Nereis pelagica Lin. — N. succinea n. sp. — IN. depressa n. sp. — Syllis armillaris (Müll.) Milne Edw. — S. prolifera (Zool. Dan.) Edw. et Aud, S. cirrigera (Viv.) M. Edw. et Aud. [Ehrhg.] — Phyllodoce spec. dub. — Eulalia sp. dub. — Arenicola piscatorum Lam. — Aonis Wagneri n. sp. — A. squamata (Zool. Dan.) Milne Edw. et Aud. [Abildg.] — Leucodorum ciliatum Joh'nst. (?) — Ephesia gracilis Rathke. — Amotrypane Piathke sp. dub. — Eunie- nia Oer st. sp. dub. Amphibothrium Kroeyerin. gen. et n. spec. Unter diesem Namen beschreiben wir hier eine kleine Trematode, deren Entdeckung wir Kröyer (Naturhist. Tijdsskrift Bd. I. und daraus Isis 1841. S. 195. Anm.) verdanken. Es erwähnt dieser nämlich, ') vg'- Wilms, de Sagitta mare Gernianicum circa insulam Helgoland incolente Dissert. Berol. 1846. -) Wohin Vexillaria llabellum Müll, und Pluteus paradoxus Hüll., diese so höchst eigentümlichen Ge- schöpfe, zu rechnen seien, die Müller ebenfalls um Helgoland aufgefunden hat, ist völlig räthselhaft. ') Die Bryozoen von den Polypen zu trennen, sind wir nach dem ganzen inneren Bau vollkommen berechtigt. Eine andere Frage indessen ist es, ob sie hier am richtigen Platze seien. Milne Ed- wards stellt sie als Ascidioidea neben die Tunicalen, doch können wir dieser Ansicht nicht bei- stimmen, weil das Vorhandensein des Kiemensackes bei diesen Thieren uns von der gröfsten mor- phologischen Hedeutung scheint, und das Fehlen dieses Organes allein uns schon zwingt, die Bryo- zoen einem anderen Typus anzureihen. Wir stellen sie unter die Würmer, wozu uns theils der ganze innere Bau, theils auch die äufsere, sehr grofse Aehnlichkeit mit den Rotiferen, die ohne Zweifel dieser Classe zugehüren, berechtigen. Wenn wir sie der Ordnung der Branchiaten zu- zahlen, so geschieht dieses vorzugsweise deshalb, weil manche dieser Würmer, besonders Capitibran- chiaten (z. B. Terebella), in ihren früheren Zuständen ganz aufserordentlich an jene polypenartigen Formen erinnern, und auch die Anordung der Geschlechtsorgane bei ihnen dieselbe ist. 19* 148 dass er auf Caligus curtus Müll, in grofser Menge einen weifslichen, egelartigen Wurm gefunden habe, der dem Hirudo hippoglossi Zool. Dan. (Tristomum hamatum Rathke) nahe stehe. Nach unseren Untersuchungen gehört dieser Wurm allerdings ganz in die Nähe des Gen. Tristomum, entfernt sich von demselben aber durch eine verschiedene Körperform. die uns mit einigen anderen abweichenden Verhältnissen zur Aufstellung eines neuen Genus *) gezwungen hat. Der Körper hat eine weifsliche Farbe und eine cylindrische Gestalt. Er ist bis etwa 3'" lang, 3/4 "' breit. Vom Rücken nach dem Bauche ist er nur wenig zusammengedrückt. Das vordere Ende (Tab. II. Fig. 2." ist abgerundet und trägt jederseils eine kleine, von einem wulstigen Rande umgebene Sauggrube, zwischen de- nen der ovale, stark musculöse Bulbus oesophageus durchscheint. Das hintere Leibes- ende ist mit einem sehr ansehnlichen, runden Saugnapfe versehen, der durch eine tiefe, ringförmige Furche abgegrenzt wird, doch eigentlich nicht gestielt ist und nicht, wie bei Tristomum, an der Bauchfläche liegt, sondern unmittelbar eine Fortsetzung des Lei- bes ist und dieselbe Achsenrichtung hat. Der Bulbus oesophageus kann rüsselformig nach aufsen vorgestülpt werden (Tab. II: Fig. 2.) und hat dann die Form einer Blume oder Glocke , deren vorderer Rand mit zwei concentrischen Reihen von zahnförmigen Höckern eingefasst ist. Die Zähne der äufseren Reihe sind viel kleiner, als die der in- neren. — Die innere Organisation haben wir nicht genau erkannt und wissen beson- ders nicht, ob der Darm, wie Kröyer angiebt, gerade ist und nur einige Einschnürun- gen und Erweiterungen zeigt. In der Mitte des Leibes etwa liegt der rundliche Keim- stock, der durch seinen hellen, zelligen Inhalt sich leicht bemerklich macht. Auf der Grenze des vorderen und hinteren Drittheiles sind noch zwei andere, ebenfalls rund- liche, opake Gebilde vorhanden, wahrscheinlich Hoden. Der Dotterstock scheint in den Seitentheilen des Leibes sich zu verästeln. Die gemeinschaftliche Geschlechlsöfl'nung findet sich in der Nähe des Keimstocks. Wenigstens sahen wir hier mitunter ein aus- gebildetes Ei theilweise hervorragen. Dieses ist von sehr beträchtlicher Gröfse und ovaler Form und an dem einen etwas spitzeren Pole (wie bei Diplozoon) in einen langen, fadenförmigen Anhang ausgezogen, mit dem es auf den äufseren Bedeckungen von Caligus sich anheftet. Meistens sind die Stiele von einer gröfseren Anzahl Eier zu einem Büschel in einander verfilzt und zu einer Masse vereinigt, die auf den ersten Blick einem. Haufen Vorticellen nicht unähnlich ist. Mit dem hinteren Saugnapfe befe- stigen sich die Thiere ebenfalls auf diesen Crustaceen , doch nicht blofs an den Weib- chen, wie es Kröyer angiebt. Dass sie übrigens aus diesen Thieren auch ihre Nah- rung ziehen, möchte man wohl kaum annehmen können. Sie scheinen vielmehr, wie gewiss auch noch andere der sogen. Ecloparasiten, zu denen nach ihrem Vorkommen unsere Schmarotzer gehören, von Infusorien zu leben; wenigstens vermuthen wir die- ses, weil wir niemals die Würmer frei in der Kiemen- und Rachenhöhle der Gadus- arten, bei denen die Caligi vorkommen, haben auffinden können, wie es doch sehr wahrscheinlich der Fall sein würde, wenn dieselben nicht Parasiten des Caligus, son- dern der Fische wären, in denen diese schmarotzen. ') Die Diagnose dieses Genus möchte (nach unserer Art) etwa folgende sein. Amphibothrium irisKiiiiaiiiin generi valde affine, corpore elongato, parum depresso. proboscide protractili et aceta- bulo caudali distinguendum. 149 Leptoplana atomata (Zool. Dan.) Oerst. Die von uns beobachteten Exem- plare zeichneten sich durch ihre beträchtlichere Gröfse (7"') aus, sowie dadurch, dass ihre Färbung fast rein weifs war und nur auf der Mitte des Rückens einen bräunlichen Anflug hatte. Die Körpergestalt, die Anordnung der Augen und Form des Penis stim- men indessen völlig mit den Angaben von Müller und Oersted, nur haben wir uns nicht davon überzeugt, dass der Penis, wie Letzlerer behauptet, im Inneren einen harten (wahrscheinlich aus kohlensaurem Kalk bestehenden) Stift enthalte. Eine Anatomie die- ser Thiere, die wir vorgenommen haben, hat uns in vieler Beziehung die Beobachtungen von Quatrefages (in den Ann. des scienc. nat. T. IV. p. 146 ff.) bestätigt. Vorzüg- lich indessen ist jenes merkwürdige Verhalten der Eierstöcke zu den ausführenden Gängen, wie Quatrefages es beschreibt, uns unbekannt geblieben. Die Nessel- organe sind von ansehnlicher Gröfse und auch schon von Müller gesehen, der sie sogar auf der von ihm gelieferten Zeichnung ganz unverkennbar (Tab. 32. Fig. 4.) ab- gebildet hat. Vortex vittata n. sp. Sehr häufig um Helgoland ist zwischen dem Fucus an der Küste diese kleine (1 "' grofse), sehr auffallend gezeichnete Planarie , die offenbar dem Genus Vortex Ehrbg. zugehört, die wir aber nirgends beschrieben finden. Sie hat einen gewölbten, ziemlich breiten Körper, der vorn stumpf abgerundet und hinten all- malig zugespitzt ist. Die Farbe ist weifs , doch finden sich auf der Rückenfläche drei rothe Querbinden von ansehnlicher Breite, von denen eine die Mitte des Körpers, die beiden anderen die Enden einnehmen. Ueber dem quer oblongen, zweilappigen Ge- hirnknoten liegen zwei schwarze Augenflecke mit deutlichen brechenden Medien, dahin- ter der kurze, fast glockenförmige Pharynx. Der in einer besonderen Höhle eingebettete Penis, welcher ziemlich weit nach hinten zu gelegen ist, hat eine cylindrische Form und ist mit zahlreichen Tuberkeln bekleidet. Eier mit Keimbläschen und Keimflecken sind sehr deutlich. Vortex quadrioculata n. sp Am nächsten verwandt scheint uns diese neue Art der V. capitata Oerst, mit der sie vielleicht sogar, wenn Oersted's Angaben über die Beschaffenheit der Augen (oculis duobus lunatis) sich als ungegründet ergeben soll- ten, zusammenfällt. Das Thier hat die Gröfse einer halben Linie, ist verhältnissmäfsig schmal und nach hinten zugespitzt, so dass dadurch ein fast schwanzartiger Anhang gebildet wird. Der vordere Theil des Leibes ist abgerundet und seitlich durch einen leichten Einschnitt von dem übrigen Körper getrennt (capite a corpore constricto). Das Gehirn ist ein viereckiger Knoten , der zwei Paar schwarzer (mit brechenden Medien versehener) Augen trägt, deren hinteres vor dem vorderen durch eine beträchtlichere Gröfse sich auszeichnet. In der Vierzahl der Augen stimmt unsere Art auch mit der PI. acuminata Zool Dan. überein, welcher Oersted gewiss mit Unrecht die nur zwei- äugige PI. gulo Müll, anreiht. Der Pharynx unserer Art ist verhältnissmäfsig lang und cylindrisch, der Penis kurz und dick. Die Farbe ist weifs. Neben den Eiern finden sich im Inneren des Leibes noch zahlreiche gekrümmte, fadenförmige Gebilde mit einem vorderen cylindrischen Körper und einem Schwanzanhange; Gebilde, welche wir auch bei anderen Vortexarten gesehen haben. Ehrenberg hielt sie für Ovarien, Oersted für Hoden (Plattwürmer S. 65). Man würde sie am ersten für Spermatozoon halten 150 können, wenn dieser Deutung nicht ihre verhältnissmäfsig so sehr ansehnliche Gröfse und Bewegungslosigkeit im Wege stände, so wie auch ihre Form, die von den Samen- fäden der Monocelis lineata, wie wir sie beobachtet haben, beträchtlich abweicht. Ue- brigens entwickeln sich jene problematischen Gebilde aus rundlichen Zellen, wie es scheint, durch Auswachsen derselben. Polia quadriocula ta Johnst. (Tetrastemraa varicolor Oerst.) ist um Helgoland sehr häufig, und zwar die von 0 ersied als lacteo-flavescens bezeichnete Varietät. Ob übrigens die von Abildgard beobachtete Plan, dorsalis, wie der ebengenannte Forscher es will, derselben Art zugerechnet werden müsse, lassen wir aus Mangel eigner Unter- suchungen einstweilen dahingestellt sein. Quatrefages (Ann. des scienc. nat. 1846. T. VI. p. 217 ) giebt an, dass er bei seinen Exemplaren immer nur an der linken Seite im Rüssel eine Bewaffnung angetroffen habe, nie an der rechten, doch haben wir bei weitem in der Mehrzahl, wie auch sonst gewohnlich, jederseits eine Bewaffnung gefunden. Aufser den erwähnten Turbellarien finden sich um Helgoland noch sehr viele andere dieser Ordnung zugehörende Species, die wir leider während unseres Aufent- haltes theils zu wenig beachtet, theils auch zu ungenügend untersucht haben, als dass wir hier auf eine nähere Charakteristik derselben uns einlassen könnten. Nach den Aussagen erfahrener Fischer sollen bisweilen auch sehr ansehnliche Nemertinen ange- troffen werden, wenigstens glauben wir nur auf diese Thiere manche ihrer Aeufserun- gen von bandförmigen Schleimwürmern , die beim Anfassen zerbrächen, beziehen zu können. Fnchytraeus spiculus n. sp. Am Ufer zwischen modernden Seepflanzen trafen wir mitunter auf eine neue Art des Genus Enchytraeus, die, auch abgesehen von ihrem differenten Aufenthalte, sich in mehrfacher Beziehung von unsern Arten unter- scheidet. Der Körper hat eine Spindelform und ist nach vorn und hinten zu gleichmä- fsig, aber nicht sehr bedeutend verdünnt. Die Oberlippe ist stumpf abgerundet, so lang als der erste Leibesring oder nur wenig länger. Die Zahl der Binge beträgt etwa 30. Die Borsten sind kurz, stumpf und nur wenig nach hinten gekrümmt. Die Bündel, zu denen sie vereinigt sind , enthalten in den vorderen Segmenten gewöhnlich 5 Borsten, in den hinteren nur 3. Die Länge des Wurmes ist 5 '", die Farbe schmutzig weifs. Saenuris neurosoma n. sp. Es stimmt unser Thier — ausgenommen ist die Anordnung der Borsten — in jeder Beziehung mit dem von Rathke (Beiträge zur Kenntniss der Fauna Norwegens in Nov. Act. Leopold. Vol. XX. P. I. S. 230.) be- schriebenen Lumbricus lineatus, in welchem derselbe den von 0. Fr. Müller beschriebe- nen gleichnamigen Wurm wiederzuerkennen glaubte (vergl. hierüber Grube in Wieg- mann's Archiv 1844. I. S. 212 . Unser Wurm indessen besitzt statt zwei Beihen von Borstenbündeln, die Rathke seiner Art beilegt, ganz deutlich deren vier. Die einzel- nen Borsten, die in einem jeden Bündel, wie auch bei Enchytraeus, der Quere nach an einander gereiht sind, ragen nur wenig hervor und werden in den vorderen Glie- dern von einer kleinen Hautfalte getragen. Die Zahl der zu einem Bündel vereinigten Borsten beträgt vorn 5 — 4, in den Gliedern des hinteren Körpers 2 oder gar nur 1. In ihrer Form stimmen sie übrigens mit den Beschreibungen Rathke's überein. Sehr beträchtlich entwickelt sind bei unserem Thiere die seitlichen Vasa abdomino-dorsalia, 151 die besonders in dem vorderen Leibesende ansehnliche schlingcnförmige Windungen zeigen. Durch diese Anordnung des Gefäfssystemes und die geringere Zahl der Bor- sten unterscheidet sich unser Wurm von dem S. lineatus Hoffmslr. (Wiegmann's Arch. 1843. I. S. 195.). Ob er übrigens, nicht bereits von Oersted — der verwandle Wür- mer unter das Gen. Lumbricillus Oersl. einreiht — beschrieben sei, wissen wir nicht, weil wir die betreffende Arbeit (Conspect. gener. specierumque Naidum ad faunam Damcam pertin. in Kröyer's Tijdssk. ßd. IV. p. 158.; nur aus dem Auszuge in Oken's Isis 1845. S. 513. kennen, und hier die Diagnose der Arten nicht beigefügt ist. — Im Uferschlamme sehr häufig mit dem folgenden. Lumbriconais capitata (Fabr.) nob. Genau beschrieben ist vorstehende Art als Lumbriconais marina von Oersted (1. c. u. Isis S. 513. Tab. III. Fig. 6. 11. 12.)- An der eigentümlichen Form ihrer Borsten, die in den vorderen und hinteren Gliedern nicht unansehnliche Verschiedenheilen darbietet, ist sie leicht kenntlich. Den Namen haben wir geglaubt verändern zu müssen, weil der Lumbricus capitatus Fabr. (Fauna Groenland. 263.) ') offenbar mit unserem WTurme identisch ist. Die von uns beobach- teten Exemplare waren zum Theil ganz ansehnlich, bis zu 7". Die Zahl der Binge be- trug etwa 80 — 100. Abweichend in ihrem Bau von den übrigen Lumbricinen sind die Geschlechtsorgane, welche in den einzelnen Bingen jederseits aus einem retortenförmigen Schlauche bestehen und nur in den vordersten und letzten Leibesringen fehlen. Wahr- scheinlich sind die Thiere getrennten Geschlechtes, wie wenigstens daraus abzunehmen, dass bei den von uns untersuchten Individuen die Säcke stets voll Eier waren, und Spermatozoen in keinem anderen Gebilde entdeckt werden konnten. Die Eingeweide- würmer, welche Oersted im Darmkanal, dessen Anordnung er beschreibt, auffand, sind Gregarinen , die wir ebenfalls sehr häufig beobachtet haben. Fabricia quadripunctata nob. (Tab. II. Fig. 3.). Identisch ist unser Thier mit Ehrenberg's Amphicora sabella i Mittheilungen der Gesellsch. naturf. Freunde in Berlin. 1836. S. 2. u. 4), deren Diagnose nach Exemplaren aufgestellt ist, die eben- falls in Helgoland gesammelt waren Es gehört unstreitig zum Genus Fabricia Blainv. (Othonia .lohnst.), doch wollen wir nicht behaupten, dass es die von Müller (Prodrom. Zoolog. Danic. 3066.) und Fabricius (Fauna Groenland. 450.) als Tubularia Fabricia beschriebene Art (F. stellaris Bl.) 5) sei. In Island hat Prof. Bergmann eine sehr nahe stehende Art gesammelt, die aber in einiger Beziehung abzuweichen scheint; viel- leicht die ächte Tubularia Fabricia (Fabricia stellaris Blainv). Der Körper unseres Wurmes , der cylindrisch ist und nach vorn , noch mehr aber nach hinten , allmälig an Umfang abnimmt, besteht aus zwölf Segmenten, von denen die drei letzten, die an Gröfse ziemlich unter sich übereinstimmen, durch ihre Kürze sich auszeichnen. Die übrigen Segmente sind länger, besonders im mittleren Theile des Leibes. Mit Aus- nahme des vorderen Körperringes, der die Kiemenbüschel trägt, besitzen alle Segmente ') 1 1. Ii ii .- 1 1. n - Beschreibung des Lumbricus capitatus in Loud. Mag. of nat. hist. Vol. VIII. p. 258. haben wir leider nicht vergleichen können. ) Die Beschreibung der identischen Othonia Fabriii Johnst. (Loud. Mag. of nat. hist. Vol. VIII. p. 181.) ist uns leider unbekannt geblieben. 152 Borslenfüfse. Die Pfriemenborsten stehen in Bündeln von etwa sechs Stück. Sie sind lang, mit dickerem Basaltheile, das unter einer stumpfen, knieförmigen Biegung in eine lange, dünne Spitze übergeht. In den hinteren Segmenten haben die Borsten, die der Zahl nach sich etwas verringern, eine längere Spitze und einen nur sehr kurzen Basal- theil. Die Hakenborsten liegen etwa zu zehn in einer Querreihe neben einander. Sie sind sehr kurz und an der Spitze umgebogen. Nur in den hinteren Segmenten, wo sie zahlreicher sind und enger an einander liegen, fehlt der Haken. Gliedfäden und selbst eigentliche Fufshöcker sind nirgends vorhanden. Die Kiemen bestehen aus lan- gen, zweizeilig gefiederten Fäden (rhachi tenerrima, ulrimr]ue arcte ciliata), die einen Ueberzug von Flimmerhärchen zeigen und an ihren freien Enden nach innen gekrümmt sind. Sie bilden jederseits drei an der Basis verschmolzene, büschelförmige Bündel. An der Bauchfläche zwischen den zusammenstofsenden Kiemenbüscheln liegen unter der Mundöffnung noch zwei kurze und dicke, länglich dreieckige Forlsätze (tenlacula Ehrbg.), die mit ihren inneren Flächen sich an einander legen und ebenfalls mit Cilien besetzt sind. Das vordere Leibessegment, das im Verhällniss zu seiner Länge sehr breit ist , sowie ein kurzer, etwas platter und stumpfer Anhang des letzten Binges trägt zwei schwarze, rundliche Flecke, die wir mit Ehrenberg um so mehr für Augen hal- ten müssen, als wir in ihnen einen hellen kugligen Kern (Glaskörper) und eine äufsere Pigmentschicht glauben entdeckt zu haben. Die vorderen Augen sind die gröfseren. Unstreitig hängt das Vorkommen von Augen bei unserem Wurme, dessen Verwandte im ausgebildeten Zustande augenlos sind (während sie als Larven, wo sie frei umher- schwimmen, nach Edwards' interessanter Entdeckung — die wir bestätigen können Sehwerkzeuge besitzen, damit zusammen, dass es seine Bohre, wie schon Ehren- berg beobachtete, sehr häufig verlässt und frei umherschwimmt, obgleich Fabricius das Gegentheil behauptet. Augenganglien haben wir übrigens ebenso wenig auffinden können, wie Herzen und Teslikel. Letztere sind von Ehrenberg jedenfalls unrichtig gedeutet, da wir auf das Sicherste uns überzeugt haben, dass Spermatozoon so gut wie Eier frei in den einzelnen Kammern der Leibeshöhle sich entwickeln. Die Länge des Körpers ist 2 — 31//", die Farbe weifslich, an den Kiemen gelbbraun. Hermella ostrearia (Cuv.) Sav. Der Wurm, in dem wir diese Art zu er- kennen glauben, hat einen cylindrischen Leib, welcher vor seinem vorderen Ende am dicksten ist, nach hinten zu sich allmälig verengt und endlich in einen dünnen, röhren- förmigen Anhang ausläuft. Bauch- und Bückenfläche sind etwas abgeplattet. Der eigentliche Körper, mit Ausnahme des sehr ansehnlichen Kopfes und des hinteren An- hanges, den man — nach Analogie mit den Crustaceen — vielleicht nicht unpassend als Postabdomen deuten könnte, ist in 24 schmale , aber doch deutliche Segmente geschieden. Der Kopf, der etwa die Länge der sechs ersten Leibesringe hat, ist etwas bogenförmig auf der Dorsalfläche emporgerichtet und convex, während er an der Ventralfläche, wo er die Tentakel, die sogen. Bärtel (Kiemen nach der Deutung Sa- vigny's), trägt, stark abgeplattet erscheint. Der vordere, abgestumpfte Band des Kopfes trägt zwei Borstenkämme, die in der Medianlinie der Bückenseite dicht an ein- ander stofsen, während ihre äufseren Enden sich bogenförmig nach innen krümmen, und zwar so stark, dass sie über einander greifen. Der Apparat, der hierdurch ge- 153 bildet ist, gleicht einer Scheibe, die von hinten nach vorn geneigt ist und beim Zu- rückziehen des Thieres in das Gehäuse dessen vordere Oeffnung völlig verschliefsen kann. Die Kämme, die blofs eine weitere Entwicklung der analogen Gebilde bei Am- phitrite sind, bestehen aus drei Reihen sehr ansehnlicher, steifer und goldgelber Borsten. In der inneren Reihe, wo die Borsten am vorderen Ende sehr stark erweitert sind und eine schaufeiförmige Gestalt haben , sind dieselben nach dem Mittelpunkte der Scheibe gerichtet-; in der aufseien, wo sie am vorderen, ebenfalls .schaufeiförmig erweiterten Rande mit fünf oder sechs sehr starken Zähnen versehen sind, von denen der mit- telste, zugleich der gröfste und längste, wiederum gezähnelt ist, nach der Peri- pherie. In der mittleren Reihe stehen die Borsten gerade aufwärts. Die Mundöffnung liegt an der Bauchfläche des Kopfes dicht vor dessen hinterem Ende. Sie ist eine mäfsig grofse, klaffende Längsspalte, die jederseits von einer etwas vorspringenden, halbmondförmigen Lippe begrenzt wird. Zwischen der Mundöffnung und der Borsten- scheibe stehen die dünnen, fadenförmigen Girren. Sie bilden vier Paare seitlich vor einander liegender Büschel, von denen ein jedes auf einer gemeinschaftlichen papillen- förmigen Erhebung aufsitzt. Hinter der Mundöffnung, auf der Grenze zwischen Kopf und erstem Leibessegment, steht noch ein fleischiges, queres Läppchen, das an seinem vorderen Rande in der Medianlinie zur Aufnahme der Lippen ausgeschnitten ist und jederseits sich in ein halbmondförmiges, nach innen gekrümmtes Hörn fortsetzt. Als dasselbe Gebilde erkennen wir die sogen. Deckelstücke der Serpuleen (nur ist hier in der Regel blofs das eine seitliche Stück entwickelt, das andere verkümmert), so- wie die sogen. Tentakel der Sabellen und bei Fabricia. Zu den Seiten dieser Mental- anhänge steht am vorderen Rande des sehr schmalen ersten Leibesringes ein kleines und dünnes, unregelmäfsig eckiges Blatt, dem weiter nach aufsen noch ein zweites ähnliches folgt. Beide Blätter bilden in ihrer weiteren Entwicklung bei den Serpuleen den sogen. Kragen. Bei Amphritile erscheinen sie als zwei seitliche, tentakelförmige Ge- bilde (man vergl. die sehr treffliche Beschreibung der Amphritile von Rathke in den schon mehrfach citirten Danziger Gesellschaftsschriften), während dagegen die oben erwähnten Mentalfortsätze vielleicht gänzlich geschwunden sind. Aufser den erwähnten Blättern trägt das erste Leibessegment auf den Seitentheilen seiner Dorsalfläche noch einen cylindrischen Cirrus, der auch an allen übrigen Leibesringen sich wiederholt und besonders an den 4 — 8 Ringen eine nicht unansehnliche Entwicklung erreicht. In den hinteren Segmenten dagegen ist er nur sehr wenig bedeutend. Die dorsalen Fufshöcker, welche die Hakenborsten enthalten, bilden an den einzelnen Segmenten (nur im ersten Segment fehlten sie) jederseits eine quere Erhebung, die besonders in den hinteren Ringen , wo sie an Länge abnimmt, sehr hoch wird. Die Pfriemenborsten stehen vor diesen Erhebungen an der Bauchfläche des Wurmes und sind mit ihren Spitzen der Medianlinie zugekehrt, Sie stehen in Bündeln von etwa sechs Stück neben einander und sind goldglänzend, lang und einzeilig gefiedert. Sehr auffallend ist die Gestalt der Hakenborsten. Sie erscheinen als kurze, ovale Plättchen, die an dem äufseren Rande etwa mit vier Zähnen versehen sind und an ihren beiden Enden in einen sehr dünnen, fadenförmigen Anhang übergehen, von denen der eine sich durch eine sehr beträchtliche Länge auszeichnet. Neben letzterem findet sich noch ein dritter 20 154 kürzerer Anhang. In den drei vorderen Fufshöckern schwinden übrigens diese Haken- bortsen beinahe völlig. Statt ihrer trifft man auf etwa acht sehr lange und steife, weit vorstehende Borsten, die am Ende, wo sie flach sind und zugleich breiter werden, sich zuspitzen und bisweilen auch etwas zerschlitzen. Die Borsten stehen in einer Quer- reihe und nehmen noch einzelne kürzere und dünne Haare zwischen sich, die meistens am Ende etwas bogenförmig gekrümmt sind. Das Postabdomen ist völlig glatt und ohne alle Anhänge. Es erreicht etwa die Länge des Kopfes. Länge bis 10". Farbe gelblich, der Kopf an den oberen und den seitlichen Flächen mit bräunlichem, leicht abwischbarem Pigment. Die Bohren, in denen das Thier lebt, sind aus Sandkörnern geformt und kriechen unregelmäfsig auf Steinen hin , die am Ufer liegen, wie die Boh- ren von Vermilia. Terebella madida n. sp. Durch die Vierzahl der Kiemen und die Anord- nung der Borstenhöcker schliefst sich diese Art unmittelbar an die von Fabricius als Amphitrite concinnata beschriebene, sehr nahe verwandte Species. Der Hauptunler- schied ist der, dass bei unserem Thiere die beiden pfriemenförmigen, gekrümmten An- hänge am inneren Bande der einzelnen Kiemenbüschel, welche die T. concinnata aus- zeichnen sollen, gänzlich fehlen. Die Cirren der Kopfscheibe haben ganz die Anordnung, wie sie Bathke für T. cirrala beschreibt, und wie sie überhaupt allen Arten dieses Genus zuzukommen scheint. Die dorsalen Fufshöcker der einzelnen Segmente enthalten im vorderen Theile des Körpers etwa 12 — 16 (nicht 4 — 6, wie Fabricius für seine Art es angiebt) sehr lange und steife, zugespitzte Borsten, die gegen das vordere Ende hin sich abflachen und an den Seitenrändern mit einem schmalen Saume sich umgeben. Sie stehen in einer Querreihe neben einander und werden nach der einen Seite hin kürzer. In den einzelnen Zwischenräumen dieser Borsten steht je noch eine kürzere, platte Borste von lanzettförmiger Gestalt. In den hinteren Segmenten, wo zugleich die Zahl der ersterwähnten Borsten bis auf 4 — 6 sinkt, werden die letzteren schlanker und weniger breit. Die Länge der gröfsten Exemplare, die uns aufstiefsen, ist 3y2 — 4". Farbe gelblich roth. Sehr auffallend ist die grofse Weichheit, welche den Körper aus- zeichnet. Die Bohre, die in der Tiefe der See auf Austerschalen und Steinen um Hel- goland sehr häufig angetroffen wird, ist häutig, durchscheinend und äufserlich mit zahl- reichen Muschelstückchen und kleinen Steinen bedeckt. Nereis pelagica Lin. Eine sehr genaue Beschreibung dieses Wurmes, mit der die von uns gesammelten Exemplare völlig übereinstimmen, verdanken wir Bathke (1. c. S. 160.). Die Buderplatten bestehen vorzugsweise aus vier mehr oder minder stumpfen, von vorn nach hinten etwas zusammengedrückten Blättern, von denen die beiden vorderen, zwischen welchen die Borsten des ersten Bündels hervorkommen, die ansehnlichsten sind, während das dritte, welches das zweite Borstenbündel trägt, nur sehr rudimentär (besonders bei der Tab. II. Fig. 7. abgebildeten Buderplatte einer N. pelagica) erscheint. Grofse und Farbe der um Helgoland gesammelten Individuen variirt sehr bedeutend, doch sind unsere gröfsten Exemplare, welche etwa 4'/2 — 5" lang, 2ya"' breit sind und auf dem Bücken einen kupfrigen Anstrich haben, klein im Vergleich mit den von Prof. Bergmann in Island gesammelten Exemplaren. Nereis succinea n. sp. Ausgezeichnet ist diese Art schon auf den ersten Blick 155 durch eine braunrothe oder fuchsige Färbung der DorsalfJäche, die sich häu6g auch auf den Kopf und die Ruderplatten der vorderen Körpersegmente erstreckt. Der Scheitel trägt vier ziemlich grofse, schwarze Augen, von denen die hinleren näher zusammenge- rückt sind. Die Stirn ist schlank und etwas länger als bei N. pelagica; ihre vorderen, sehr kurzen Antennen (palpi) stehen dicht neben einander und werden von den äufse- ren Antennen überragt. Diese letzteren sind nur undeutlich in zwei Glieder geschieden. Ihr Basalstück erreicht bald nach seinem Ursprünge die gröfste Breite, verdünnt sich sodann allmälig und trägt vorn einen kurzen, warzenförmigen Anhang, das Endglied. Die Cirri tentaculares sind von sehr verschiedener Gröfse, die beiden äufseren nur kurz, kaum länger als das erste Segment, die inneren etwa dreimal länger. Der Rüssel ist weniger dick als bei N. pelagica und trägt auf seiner äufsersten Spitze zwei kräftige, bernsteinfarbene Kiefer, die an der Spitze abgerundet und am ganzen con- caven Rande mit einer Reihe von etwa neun stumpfen Zähnen versehen sind. Die hornigen Knötchen erinnern durch ihre Stellung an N. pelagica. Auf der oberen Fläche des vorderen Ringels bilden sie drei Häufchen. Das mittlere derselben besteht aus drei in einer Längsreihe hinter einander stehenden Höckern, die aber bisweilen bis auf zwei oder selbst auf einen schwinden. Die Seitenhaufen dagegen enthalten eine grofse Menge von Höckern und verlaufen schräg von hinten und aufsen nach vorn und innen. Auch auf der Unterseite des vorderen Rüsselgliedes machen sich drei solche Haufen bemerkbar, die aber alle aus zahlreichen Tüpfeln gebildet sind. Der mittlere Haufen, der gröfste, ist ein der Quere nach gestrecktes Viereck, während die beiden seitlichen, in denen die Höcker dichter stehen, mit einer schwachen, bogen- förmigen Krümmung schräg nach vorn und innen laufen. Das Basalglied des Rüssels trägt auf seiner oberen Fläche zwei runde seitliche Haufen von 10 — 12 Höckern und dazwischen in der Medianlinie meist noch einen oder zwei isolirt stehende Tüpfeln. Unten dagegen stehen die Knötchen in Querreihen hinter einander und bilden eine breite Binde. Das erste Körpersegment zeichnet sich weder durch seine Länge, noch Gestalt bedeutend vor den übrigen aus. Die Ruderplatten sind von ansehnlicher Gröfse, doch ist eine Trennung in zwei Zweigen auch hier nicht deutlich. Die Blätter, der Zahl nach fünf, sind spitz und lanzettförmig, zeigen aber an den vorderen und hinteren Gliedern in ihrer Entwicklung sehr ansehnliche Verschiedenheiten, wie bei N. Marionii M. Edw. et Aud. und N. fucata M. Edw. et Aud. In den vorderen Ruderplatten (Tab. II. Fig. 9.) sind die drei unpaaren Blätter die ansehnlichsten (besonders das obere), die beiden übrigen, welche zugleich die Borstenbündel tragen, die kleinsten. Das untere dieser letzten Blätter besteht aus zwei seitlich getrennten, flachen Lappen , die in ihrer Entwicklung übrigens nicht völlig unter sich übereinstimmen, und zwischen denen die Borsten hervorragen. Der obere Cirrus ist an der Wurzel des entsprechenden Blattes inserirt, reicht aber nicht ganz bis zu dessen Spitze. Der untere Cirrus, der einen ähnlichen Insertionspunkt hat, ist kürzer. In den hinteren Körpersegmenten wächst das obere Blatt allmälig zu einer verhältnissmäfsig sehr grofsen Masse, welche die übrigen Anhänge, die ihre relativen Gröfsenverhältnisse immer noch einhalten, weit überragt (Tab. II. Fig. 11). In demselben Verhältniss rückt der obere Cirrus näher an die Spitze , wird aber niemals völlig rudimentär. Die Borsten zeigen am freien, 20* t56 eingelenkten Gliede aufser einer feinen Zähnelung auch gewöhnlich noch an zwei ge- genüberliegenden Seiten eine Reihe gerader und sehr dünner Fortsätze, die dem ent- sprechenden Theile das Aussehen einer Federfahne geben. Die Länge beträgt 4 — 6" Um Helgoland selten, sehr häufig dagegen bei Cuxhaven. N. depressa n. sp. Sehr auffallend und leicht kenntlich ist diese Art durch ihren Habitus. Der Leib ist von oben nach unten stark zusammengedrückt und ver- hältnissmäfsig sehr breit, doch mit tiefen Einschnitten zwischen den Gliedern , so dass die Ruderplatten weit vorspringen. Der Kopf ist nur sehr wenig entwickelt. Der Scheitel trägt vier schwarze, deutliche Augen. Der Stirnfortsatz übertrifft an Länge nicht die Rreite seiner Rasis und ist an seinem vorderen, abgerundeten Ende, wo die beiden sehr kurzen Palpen stehen, kaum verschmälert. Sehr wenig entwickelt sind auch die äufseren Fühler, die, wie gewöhnlich, aus einem unteren, kugeligen Gliede und einem vorderen, warzenförmigen Anhange bestehen. Die längsten Tentakel reichen nach hinten etwa bis zur Mitte des dritten Segmentes. Die Kiefer sind ziemlich spitz und an ihrer Concavität mit fünf nicht unansehnlichen Zahnen bewaffnet. Auf dem vorderen Ringel des Rüssels bilden die hornigen Knötchen drei Haufen, von denen der eine quer an der unteren Fläche liegt und sehr ansehnlich ist, während die beiden anderen je nur vier bis fünf Tüpfeln enthalten und an der oberen Fläche gelegen sind. Eine ähnliche Vertheilung der Körner scheint auch am Rasalgliede des Rüssels sich zu finden. Das vordere Leibessegment ist nur sehr wenig länger, als die übrigen. Die Ruderplatten zeigen im Allgemeinen keine beträchtlichen Verschiedenheiten. In den vorderen Gliedern sind die drei Kiemenblätter Tab. II. Fig. 10.) kurze, dreieckige Lappen , welche über die zwischen ihnen gelegenen Rorstenhöcker sich erheben. Die Cirren sinrl kurz und reichen nicht bis zur Spitze der entsprechenden Rlätter. In den hinteren Ruderplatten (Tab. II. Fig. 12.) dagegen schwindet der obere Rorstenhöcker (wie es bei N. pelagica in allen Gliedern der Fall ist). Auch das untere Kiemenblatt wird kleiner und erhält eine abgerundete Spitze. Die Rorsten sind an ihrem Endgliede sehr fein gezähnelt. Länge 4'/2", Rreite 2l/3"/. Nicht ganz häufig. Aonis Wagneri n. sp. Nach unserem verehrten Lehrer R. Wagner haben wir mit vorstehendem Namen einen Wurm bezeichnet, der ganz offenbar dem von Edwards und Audouin aufgestellten Genus Aonis zugehört. Die genannten Forscher und nach ihnen 0 erste d (Wiegmann's Arch. 1844. I S. 103) führen freilich als cha- rakteristisches Merkmal für dieses Geschlecht eine rudimentäre, unpaare Antenne an, die unserem Thiere fehlt, doch werden wir zeigen, wie diese Angabe nur irrthümlich ist und auf einer ungenauen Kenntniss beruht. Der Kopf des Wurmes (Tab. II. Fig. 4.) ist von birnförmiger Gestalt, vorn abgestumpft und nach hinten auffallender Weise (wie der dem Kopfe der Dorsibranchiaten entsprechende sogen. Rüssel von Lumbricus) bis in die zwei vorderen Segmente hinein verlängert. Eben diese Verlängerung ist es, welche Edwards und Audouin als Antenne betrachten. Dass sie aber wirklich nur eine Fortsetzung des Kopfes sei, wird bei unserer Art dadurch bewiesen, dass sie zwei Paar Augenpunkte trägt, die, wie gewöhnlich, in einem Viereck hinter einander liegen. Daneben findet sich an den vorderen, stumpfen Ecken der in der Mitte etwas ausgerandeten Stirn jederseits eine kurze, aber sehr deutliche, conische Antenne. Die 157 Segmente, in welche der von oben und unten comprimirle, fast viereckige Leib ge- theilt ist, sind sehr kurz und aufserordentlich zahlreich (etwa 160 — 200). Nach hinten verschmälern sie sich und sind weniger deutlich von einander abgesetzt. Der erste Leibesring, welcher bei A. foliosa Edw. et Aud. mit rudimentären Fufshöckern versehen sein soll, entbehrt aller Anhänge und ist an der Bauchfläche (ibid. Fig. 5.) in der Medianlinie, wo die MundöfTnung gelegen, tief eingebogen. Die Fufshöcker sind sehr rudimentär (ibid. Fig. 6.) und von einander getrennt. Die beiden Borstenbüschel ent- halten je etwa 20 lange, gerade und feine Borsten ohne Zähnelung. Die oberen sind länger und stärker. Auch die queren . häutigen Fufslappen sind getrennt und stofsen nicht einmal seitlich auf einander, wie es bei A. foliosa der Fall ist. Sie. sind beide abgerundet, sehr dünn und durchscheinend. Die oberen sind gröfser und stützen sich an der Rückenfläche nach innen auf einen langen, cylindrischen Cirrus, der mit an- sehnlichen schwingenden Wimpern besetzt ist und als Kieme functionirt. Die Fufslappen liegen jederseits schuppenförmig über einander. In den hinteren Segmenten werden sie übrigens mit den Borstenbüscheln kleiner und fangen an zu schwinden. Auf der Rückenfläche zeigen die einzelnen Segmente am vorderen und hinteren Rande eine bräunlich gefärbte Querbinde, die aber, wie bei Syllis armillaris u. a. häufig mehr oder minder schwindet. Sonst ist die Farbe, besonders im Vordertheile, von dem durchscheinenden Blute lebhaft roth. Der Rüssel ist wenig entwickelt, kurz und ohne Bewaffnung. In Spiritus getödtet zerstückeln sich die Thiere gewöhnlich und rollen sich zu einer flachen Spirale. Die Bewegungen sind sehr lebhaft schlängelnd. Häufig unter Steinen im Uferschlamm. Länge 2% — 3%", gröfsle Breite 2'". Mit dem in der Zool. Dan. (T. IV. p. 39.) als Lumbricus squamatus aufgeführten Wurme, der von Abild- gaard auf der Sanddüne bei Helgoland aufgefunden ist und wahrscheinlich ebenfalls dem Gen. Aonis zugehört (die Rückenseite des Wurmes ist für die Bauchseite genommen worden), ist unser Thier wohl kaum identisch, wenn man anders nicht die Beschreibung der Hautlappen und des Kopfes für unrichtig erklären will. Ephesia gracilis Rathke. Identisch mit dem Genus Ephesia ist das von Oersted (1. c. S. 108) aufgestellte Genus Sphaerodorum , dessen einzige Art Sp. fla- vum von der E. gracilis sich vorzugsweise durch das Vorhandensein von Augen und Papillen am vorderen Ende des Leibes unterscheidet. Die seitlichen, wie eine Mamma geformten Hervorragungen sind übrigens sicherlich blofse metamorphosirte Cirren und erinnern in ihrer Gestalt an die seitlichen Antennen bei Nereis, die eine gleiche mor- phologische Bedeutung haben. Sehr unrichtig ist die Vermuthung von Oersted, dass sie Ovarien seien. Die Würmer (?), welche sie nach der Angabe dieses Zoologen ent- halten sollen, haben wir ebenfalls bemerkt. Sie sind über die ganze Hautbedeckung verbreitet und erscheinen als spiralig gewundene Fäden, die aus dem Hautmuskel- schlauch gegen die äufseren Bedeckungen sich erheben und uns an die gewundenen Ausführungsgänge der Schweifsdrüsen erinnert haben. Ammotrypane. Es fallt dieses von Rathke aufgestellte Genus zusammen mit Oersted's Ophelina. Die von uns untersuchten Exemplare, die sich am nächsten an A. aulogaster R. anschliefsen, zeigen übrigens ganz deutlich unter den langen Cirren der einzelnen Segmente einen rudimentären Fufshöcker, welcher die Borsten trägt 158 (Tab. II. Fig. 8.) und auch noch mit einem kleinen, lanzettförmigen Anhange versehen ist, der dem unteren Cirrus entspricht. V. A r t h r o p o d a. Crustacea. Malacostrac a. Astacus marinus Lin. — Galathea strigosa (Lin.) Fabr. — Crangon vulgaris Fabr. — Hippolyte vittata Rathke (?). — H. costata n.sp. — Pagur us Bernbardus (Lin.) Fa b r. — Hyas araneaLeacb. — Stenorhynchus pbalangium (Lani.) M. Edw. [Köllik.] — Platycarci- nus pagurus (Lin.) Latr. — Pilumnus hirlellus (Penn.) Leacli. — Carci- nus niaenas (Lin.) Leacb. — Portunus lividus Leach. [Hoff'in., Köllik.] — Mysis flexuosa (Müll.) Lani. — M. inermis Piatbke (?). — Talitrus saltator (Montag.). Milne Edw. — ürchestia liltorea Leach. — O. sp. dub. — Gammarus locusta Fabr. — G. elongatus n. sp. — G. Sabini Leach. G. angulosus Rathke. — Melita palmata (Moni.) Leach.— Iphimedia obesa Rathke [Köllik.] — Ampbitoe podoceroides Rathke. A. gibba n. sp. Podocerus capillatus Rathke. — P. calcaratus Rathke. — Met- oecus niedusaruni Kröy. — Ligia granulata n. sp.1) — Iaera Kroeyeri M. Edw. — Janira maculosa Leach. [Köllik.] — Stenosoma lineare (Penn.) Leach. (?) — Idothea pelagica Leach. — I. tricuspidata Desm. — Pra- niza coerulata (Mont ) Desmar. (?) - - Caprella linearis (Lin.) Latr. Po- dalirius lypicus Kröy. — Pycnogonum liltorale Müll. — Phoxichili- dium coccineum (.lohnst.) M. Edw. — P. mutilatum n. sp. Entomostraca. Cyclopsine sp. dub. — Caligus curlus Müll. — C. leptochilus n. sp. — C pectoralis (Müll.) Kröy. — Chalimus Scombri Burm. [Staun] — Chalimus sp. dub. — Nogagus gracilis (Burm.) M. Edw. — Pandarus carchariae Leacb. [Stann.] — P.bicolor Leach. — P. lividus n.sp. — Bomolochus bellones Burm. [Stann.] — Anchorella uncinata. (Müll.) v. Nor dm. — Lernaea brancbialis Lin. — Balanus sulcatus Lani. — B. ovularis Lani. — Chlhamalus Philippii n. sp. — Ch. germanus n. s p. Creusia Verruca (Chemn.) Lani. [Phil] _ C Slromia (Zool. Dan.) Lara. [Köllik] — Anatifa laevis Brug. [Phil.]. — ') Sehr häuflg um Cuxhaven sind aufser Ligia oceanica (Lin.) Fabr. noch Corophium longicorne (Fabr.) Latr. und Sphaeroma marginata H. Edw. (?), die in der Fauna von Helgoland zu feh- len scheinen. 159 Hippolyte vittata Rathke. Die Beschreibung, welche Rathke (a. a. 0. S. 10.) von diesem Thiere giebt, passt fast ganz auf eine Hippolyte, die wir einmal bei Helgo- land aus der Tiefe der See mit einem Schleppnetze hervorholten. Der Thorax unseres Thieres ist stark von den Seiten zusammengedrückt und in der Mitte buckeiförmig er- höht. Nach hinten geht dieser Buckel allmälig in den Rückenschild über, wahrend er vorn von zwei Firsten begrenzt wird , welche die innere Wand der Augenhöhle bilden und convergirend als die Seitenränder des Rüssels bis zur Spitze desselben sich verfol- gen lassen. Der letztere — eine blofse Verlängerung des Buckels — springt in Form eines breiten, nach vorn zugespitzten Dreieckes zwischen den Augen vor und trägt auf seiner Mittellinie einen Kamm mit vier Zähnen, der sich nach hinten allmälig in die Mittel- linie des Buckels verliert. Die Augenhöhle ist äufserlich von einem Dorn begrenzt. Der vordere Rand des Brustschildes geht unter einem stumpfen Winkel in den unteren Seiten- rand über, der seinerseits etwa in der Mitle ebenfalls in einem stumpfen Winkel nach hinten gebogen ist Die Deckschuppe der äufseren Fühler trägt am Ende des äufseren, gera- den Bandes einen kleinen Zahn und ist am gebogenen inneren Rande mit einer Reihe sehr langer und zarter Haare versehen. Der äufsere Ast der inneren Fühler ist sehr dick, abgeplattet und gegen das Ende zugespitzt, der innere etwas kürzer, glatt und geifselförmig '). Das kurze Basalglied der beiden äufseren Fächerschuppen ist am hin- teren äufseren Winkel mit einem starken, vorspringenden Zahne versehen. Das mittlere Blatt ist am Ende abgestumpft und trägt aufser einem kurzen, an der äufseren Ecke stehenden Dorne noch zwei Paar Borsten, von denen die inneren kürzer und dünner sind. Die Farbe unseres Exemplars war schön smaragdgrün. Hippolyte Costa ta n. sp. Der Bussel dieser Art, welche der ersten von Milne Edwards (Hist. nat. des Crustaces. T. II. p. 371.) aufgestellten Abtheilung des Gen. Hippolyte zugehört, ist aufserordentlich kurz. Er erreicht lange nicht das Ende der Augenstiele und hat eine cylindrische Form. Von den Seiten ist er nur wenig zu- sammengedrückt. An seiner Wurzel trägt er auf der oberen Kante einen stumpfen, dreieckigen Höcker, der kaum den Namen eines Zahnes verdient. Am äufseren Bande der Augenhöhle steht ein spitzer Zahn, ein zweiter gröfserer, der an seiner Wurzel noch mit einem kleinen Nebenzahne versehen ist, an der Ueberaanssstelle des vor- deren Bandes des Brustschildes in den unteren Seitenrand. Auf der vorderen Hälfte des Thorax verlaufen in gleichen Entfernungen fünf erhabene Längsrippen, eine mittlere und zwei seitliche Paare. Die mittlere, welche nach vorn sich in den Rüssel fortsetzt, trägt etwas vor ihrer Mitte einen Zahn, dessen Spitze nach vorn gerichtet ist. Die bei- den äufsersten Rippen tragen einen ähnlichen Zahn an ihrem vorderen Ende. Die Deck- schuppe der äufseren Fühler ist blattförmig, nach vorn verschmälert. Die innere Ecke des vorderen Endes ist abgerundet, die äufsere, die durch einen tiefen Einschnitt davon getrennt ist, in einen spitzen Zahn ausgezogen. Der innere Rand ist mit langen Haaren besetzt. Die hintersten Kieferfüfse (ihrer morphologischen Bedeutung nach2) ') Die Beschreibung von Rathke weicht hier ab. •) Man vergleiche über die Deutung des äufseren Skelets bei den Crustaceen die Angaben von Erich- 8 OD in den Entomographien. I. S. 12. 160 die Fiifse des Metathorax) überragen diese Deckschuppen. Sie sind ziemlich dick und an den einzelnen Gliedern mit einer Menge von Dornen versehen. Noch kräftiger ist das erste Fufspaar, welches dem ersten Segment des Proabdomen zugehört. Die Hand ist nicht unansehnlich, überall gleich breit und vorn von aufsen nach innen schief ab- gestumpft. Der Finger ist an der äufsersten Ecke eingelenkt, nur wenig gekrümmt und länger, als der vordere, abgestumpfte Rand, der innen durch einen starken Zahn begrenzt wird. Das folgende Fufspaar ist aufserordentlich dünn, fadenförmig; die drei übrigen sind wiederum stark und kräftig. Zwischen den Wurzelgliedern des dritten Paares erhebt sich in der Medianlinie ein sehr starker, nach vorn gerichteter Stachel. Das letzte Abdominalsegment übertrifft das vorhergehende an Länge um das Doppelte. Es ist cylinderförmig, nach hinten stark verengt. Auch das mittlere Blatt der Schwanz- flosse ist sehr lang, noch länger sogar, als das Endglied des Abdomen. Nach hinten zu verschmälert es sich und trägt am Ende zwei Paar Dornen, von denen die mittleren kleiner sind. An der äufseren Ecke steht noch ein kurzer Stachel, dem an den Seiten- rändern im unteren Driltheile zwei ähnliche Dornen folgen. Der vordere Theil ist ohne solche Dornen. Die Seitenblätter der Flosse haben eine länglich ovale Form. An den beiden äufseren Lamellen ist der äufsere Rand gerade und endigt in einen Zahn. Der innere Rand, bei den inneren Lamellen auch der äufsere, trägt lange Haare. — Länge 5'". Farbe gelblich weifs. Selten. Mysis inermis Rathke (?). Im Bau der äufseren Fühlerdeckschuppe und des Fächers, sowie in Gröfse und Färbung stimmt unser Thier, das um Helgoland nur selten ist, während M. flexuosa sehr häufig angetroffen wird, völlig mit der Beschreibung von M. inermis Rathke überein. Was es davon unterscheidet, ist die Beschaffenheit der Stirn, die am Scheitel allerdings abgerundet ist, aber in der Me- dianlinie nach unten zu ganz deutlich noch einen kurzen, starken und geraden Stachel trägt, wie wahrscheinlich l) auch bei M. oculata Kröy. Wir möchten überhaupt fast ver* muthen, dass letztere Art von der M. inermis Rathke nicht verschieden sei, besonders wenn es sich bestätigen sollte, dass wir in unserem Thiere die ächte M. inermis vor uns haben. Orchestia littorea Leach. Aufser solchen Individuen, die in jeder Beziehung mit den vorhandenen Beschreibungen von 0. littorea übereinstimmen, fanden sich in unserem Vorrathe auch noch mehrere, die. wie es uns scheint, einer eigenen, der 0. litto- rea sehr nahestehenden Art (oben O.Botlae M. Edw. — ?—) angehören. Sie sind kleiner und weniger kräftig gebaut. Ihre unteren Fühler sind etwas kürzer und, was beson- ders charakteristisch ist, die vorletzten Glieder der Hinterbeine (die dem letzten — fünften — Segmenle des Proabdomen angehören) wenig oder fast gar nicht breiter, als an den vorhergehenden Extremitäten. Sonst aber stimmen die Verhältnisse, und beson- ders die Gestalt der Scheeren in jeder Beziehung mit 0. littorea überein. Die erwähn- ten Differenzen sind keine blofse Geschlechtsunterschiede. Gammarus elongatus n. sp. Der Körper ist gestreckt und im Verhältniss zu seiner Länge nur sehr schmal; der Rücken ist abgerundet und von den Seiten nur ') Leider konnte die betreffende Beschreibung dieses Thieres (Naturh. Tijdsskrft. Bd. II. p. 255.) von uns nicht verglichen werden. 161 wenig zusammengedrückt Die Epimeralstücke sind nicht blofs an den vier ersten Thoracalgliedern ansehnlich , sondern auch am zweiten und dritten Abdominalsegmente, und hier selbst mächtiger entwickelt, als dort. Ihre hintere Ecke springt in einem spitzen Winkel vor. Die oberen Fühler, deren Basalglieder nach aufsen nur wenig an Länge, aber sehr bedeutend an Dicke abnehmen, sind etwa um ein Driltheil län- ger, als die unteren. Die Geifsel besteht aus vierundzwanzig Gliedern, der Anhang aus fünf. An den unleren Fühlern ist das vordere Glied breiter, als lang, die beiden anderen von derselben Länge, doch verschiedener Dicke. Die Geifsel wird von 12 Gliedern gebildet. Die Hand der Vorderbeine (des Mesolhorax) ist weniger stark ent- wickelt, als an dem folgenden Paare. Sie hat eine länglich ovale Form und den Fin- ger am vorderen Ende. Am inneren Rande ist sie mit einigen kurzen und ansehnlichen Stacheln versehen. Die Hände des zweiten Beinpaares sind ziemlich gleich breit, nach hinten nur wenig verschmälert und am vorderen Ende, so weit die Klauen einge- schlagen werden, schief nach innen abgestutzt. Am Rande stehen hier ähnliche Sta- cheln, wie am ersten Beinpaare. Von den übrigen Extremitäten an den fünf Segmenten des Proabdomem sind die beiden letzten Paare die längsten und stärksten. Ihre Hüften sind blattförmig oval , nach unten verschmälert und am hinteren Rande lamellös. Die drei letzten Fufspaare tragen am vorderen und hinteren Rande eine Menge starker Dornen, die an den vorderen Paaren weniger entwickelt sind. Die drei ersten After- füfse (des Postabdomen) sind ziemlich von derselben Gröfse, ihre Basalglieder halb so lang, als die mit langen Cilien versehenen Anhänge. Von den drei übrigen Paaren ist das vordere das ansehnlichste. Die beiden Anhänge sind nur wenig kürzer, als das Basalglied. Mehr ist dieses bei dem folgenden Beinpaare der Fall , wo auch die inne- ren Anhänge an Länge die äufseren etwas übertreffen. An den letzten Afterfüfsen da- gegen sind die beiden Anhänge, besonders die äufseren, weit länger, als die Basal- glieder. Sie sind platt gedrückt, lanzettförmig und tragen aufser den Dornen, mit denen auch die übrigen Anhänge versehen sind, noch Cilien. Die Analfortsätze erreichen eine nicht unansehnliche Länge. Sie sind cylindrisch und am Ende mit einigenDornen versehen. Auf den drei letzten Abdominalsegmenten (indet sich in der Medianlinie und jederseits daneben am hinteren Rande ein Haufen von drei bis vier auf einem kleinen Höcker aufsitzender Dornen. Die Länge beträgt etwa 5'". Gamma r us Sabin i Leach. Von dieser seltenen Amphipode erhielten wir um Hel- goland nur ein einziges Exemplar. Die Geifsel der unteren, längeren Fühler bestand aus 38 Gliedern (nicht aus 28, wieRathke angiebt), der Anhang an der Geifsel der oberen Fühler aus 5 (nicht aus 4). Sonst aber stimmt die Beschreibung von Rathke (a. a. O. S. 71.) in allen Stücken mit unserem Thiere. Die Riickenfirste, welche dieses Thier mit einigen verwandten Arten so sehr auszeichnet, erstreckt sich über alle Segmente, wenn auch nicht in gleicher Entwicklung. Auf den beiden letzten, sehr kurzen Postabdominal- segmenten und den eigentlichen Thoracalringen ist sie am schwächsten. Ihr vorderster Ausläufer bildet auf der Stirn eine stumpfe Spitze. Auf den drei hinleren Segmenten des Proabdomen und den beiden vorderen des Postabdomen ist der Kiel am höchsten und in einen spitzen Zahn ausgezogen. Auch der folgende Ring zeigt noch einen ho- hen , aber stumpfen Zahn. Auf dem vierten Segmente des Hinlerleibes ist der Kiel 21 162 vor seiner Mitte eine Strecke unterbrochen. Dahinter erhebt er sich als kleine, abge- rundete Leiste. Die seitlichen Flächen der drei vorderen Poslabdominalsegmente sind an den hinteren Rändern bogenförmig ausgeschnitten. Am folgenden Ringe bildet die- ser Ausschnitt einen scharf nach vorn einspringenden Winkel. Gammarus angulosus Rathke. Der Rückenkiel ist hier viel weniger ansehn- lich und bildet nur noch auf den vier vorderen Postabdominalringen zahnförmige Vor- sprunge. Auf dein vierten Segmente ist auch hier der Zahn mit abgerundeter Spitze versehen. Die beiden letzten Ringe, auf denen der Kiel eine niedrige, halbmondförmige Platte bildet, sind auch hier die kürzesten. Die hinteren Seitenränder der Poslabdomi- nalsegmente verhalten sich wie bei G. Sabini. Melita palmata (Moni.; Leach. Wir glauben den ächten G. palmatus Montag., von dem übrigens Edwards' G. Dugesii vielleicht nicht zu trennen ist, in einer Am- phipode wiederzuerkennen, deren nähere Beschreibung die folgende ist. Die oberen Küh- ler sind länger, als die unteren. Von den drei Basalgliedern derselben ist das mittlere bei weitem das längste, das untere das dickste. Die Geifsel besteht aus 25 Gliedern, der Annan" aus zweien. An der Insertion der unteren Fühler erhebt sich ein starker, nach vorn gerichteter Zahn. Die Basalglieder nehmen an Gröfse zu , so dass deren letztes etwa dreimal so lang ist, als das erste. In der Geifsel zahlt man acht Glieder. Die Vorderbeine (die des zweiten Thoracalsegmenles) sind klein und schmächtig und unter den Leib zurückgeschlagen. Die beiden letzten Glieder derselben sind die gröfs- ten. Das vorletzte ist oval, das letzte dreieckig, nach aufsen erweitert und an bei- den vorderen Ecken in einen zahnartigen Fortsatz ausgezogen. Der Hakenfinger hat einen breiten Basaltheil und eine kurze, dünne, stark gekrümmte Spitze. Sehr ausge- zeichnet und von mächtiger Entwicklung ist die Hand des zweiten Beinpaares (am Metathorax . Sie hat ebenfalls die Gestalt eines Dreieckes und einen vorderen, geraden Rand mit abgerundetem inneren Winkel. Am inneren Rande ist die Hand sehr dünn und blattförmig, nur am äufseren Rande bauchig. Der Haken findet am äufseren Win- kel des' Vorderrandes seinen Insertionspunkt und berührt bei der Flexion die innere Fläche der lamellösen Ausbreitun" der Hand. Das dritte, noch mehr das vierte Bein- paar ist wiederum nur wenig entwickelt und sehr dünn , während die folgenden Ex- tremitäten des Proabdomen nach hinten an Mächtigkeit zunehmen. Ihre Basalglieder sind sehr breit und am hinteren, lamellösen Rande sägeartig gezähnelt. Die Afterfüfse (des Proabdomen nehmen nach hinten an Gröfse ab. Die beiden Endglieder derselben sind überall gleich entwickelt und bei dem vierten und fünften Paare kürzer, als die Basalglieder. Am letzten Paare fehlen überall die Endglieder. Nur die Borsten, welche ihnen aufsitzen, bleiben. Das vierte Poslabdominalsegmenl trägt in der Medianlinie des Rückens etwa auf seiner Mitte einen starken, nach hinten gerichteten Dorn. Am folgenden Segmente findet sich jederseits neben der Medianlinie ein gerader, emporste- hender Stachel. Amphitoe gibba n. sp. Von der nahe verwandten A. norvegica Rathke und A. Rathkii Zadd. (Synops Crustac. Prussic. Prodrom, p. 6.) unterscheidet sich unsere Art leicht dadurch, dass das zweite, dritte und vierte Segment des Postabdomen in seiner vorderen Hälfte verengt ist, während es in der hinteren buckeiförmig hervorspringt, 103 wodurch der betreffende Thcil dos Körpers ein eigenthümliches Aussehen erhall. Die Stirn ist nicht völlig unbewaffnet, sondern bildet einen stumpfen Höcker zwischen den oberen Antennen. Diese sind etwas kürzer, als die unteren und enthalten eine Anzahl von 17 — 32 Gliedern1. Der vordere Hand der einzelnen Glieder ist an der Vehtralfläche mit einem Büschel von 3 oder 4 langen, borstenfönnigen Haaren besetzt. An der obe- ren Fläche stehen einige weniger grofse Haare. Die unteren Antennen, deren Basalglieder länger sind, als an den oberen Fühlern, enthalten eine noch gröfsere Anzahl von Gliedern, deren peripherische Fnden mit kürzeren, aber immer noch deutlichen, fast zirkeiförmig gestellten Haaren versehen sind. Der Stirnfortsatz , auf dem die unteren Fühler ein- gelenkt sind, verlängert sich an der Ventralfläche in einen kurzen und geraden Zahn. In der Gestalt der Beine des Thorax und Abdomen, sowie der Blätter der Brutlasche stimmt unsere Art völlig mit der A. Bathkii überein. Gröfse 2 — 3%'". Podocerus Leach. Neben der Geifsel findet sich auch bei diesem Genus, was man bisher übersehen, an den oberen Fühlern noch ein besonderer Anhang, der nur sehr kurz ist und aus einem einzigen Gliede besteht, das an der Spitze einige Haare trägt. Ligia granulata n. sp. Von der L. oceanica Fabr., der unsere Art am näch- sten verwandt ist, unterscheidet sie schon auf den ersten Blick die viel geringere Gröfse (sie misst nur 4 — 5'") und schlankere Taille. Die Oberfläche des Bückens ist mit ei- ner grofsen Menge von rundlichen Höckern besetzt, die, besonders am hinteren Bande der Segmente, in queren Reihen neben einander stehen, aber nie so grofs, unregelmä- fsig und platt werden, wie bei L. oceanica. Die Antennen, die sehr schlank sind, rei- chen bis an das Ende des fünften Körperringes. Der Kopf ist verhältnissmäfsig sehr grofs, der Thorax schmal, ziemlich slark convex. Die Seitenränder sind weniger ent- wickelt, als bei L. oceanica, der letzte Abdominalring etwas gröfser. Das letzte Paar der Afterbeine gleichl an Länge dem ganzen Hinterleibe. Das Basalglied ist weniger breit und platt, als bei L. oceanica, auf der oberen und unleren Fläche mit einer Längs- erhabenheit versehen. Das hintere abgestutzte Ende ist nur am äufseren Winkel mit einem Zahne bewaffnet. Die Bückenfläche ist grau mit schwarzen Flecken, welche vor- zugsweise am hinteren Bande der Segmente zu breiten Querbinden zusammenfliefsen. Häulig. Stenosoma lineare (Penn.) Leach. (?). Das Thier, in welchem wir Pennanl's Oniscus linearis wiederzuerkennen glauben, hat einen sehr langen (1" 4'") und nur wenig breiten (ll/a'") Körper. Der Kopf ist ansehnlich, quer oblong und jederseits über der Inserlionsstelle der seitlichen Fühler in eine halbmondförmige Deckschuppe verlängert. Die folgenden sieben Körperringe (welche den beiden letzten Thoracalsegmenten und dem Proabdomen entsprechen) sind, mit Ausnahme des ersten, nur wenig breiter, als lang. An den Seitenrändern . wo die Beine sich einlenken, springen sie in einem ab- gerundeten, stumpfen Höcker vor, der übrigens nicht an allen Segmenten dieselbe Stelle einnimmt und vom vorderen Winkel allmälig bis zum hinteren hinabrückt. Das Post- ') Der Wachsthura der Antennen und die Vermehrung der Glieder geht an dem centralen Ende der 4—6 unteren Glieder der Geifsel vor sich. Hier bildet sich unter den äufseren Bedeckungen je ein neues Glied, das allmälig wächst und hei der nächsten Häutung frei wird. 21* 164 abclomen zählt drei vordere, schmale Glieder, von denen das letzte aber nur durch einen seitlichen Einschnitt angedeutet und in seiner Mitte völlig mit dem folgenden Ringe verschmolzen ist. Dieser hat eine sehr beträchtliche Lange und ist an seiner vorderen Hälfte, wie am Ende, verengt. Hinter der Mitte erreicht er seine gröfste Breite. In der Medianlinie verläuft eine seichte Längsfurche, die in einer stumpfen, kielförmigen Erhebung endigt. Der hintere Rand ist nicht gerade, sondern jederseits in einen kur- zen, stampfen Zahn verlängert. Die inneren Fühler sind sehr kurz und erreichen kaum die Mitte des dritten Gliedes der äufseren Antennen. Das Basalglied ist so breit als lang, die übrigen drei Glieder sind geifselförmig. Das unterste Glied der äufseren Fühler, die bis über das Ende des Abdomen hinausreichen, ist sehr kurz, sosar kürzer, als das entsprechende Glied der inneren. Die folgenden vier Glieder nehmen aber rasch an Länge zu, so dass sie die ganze, aus etwa 16 Gliedern bestehende Geifsel übertreffen. Die Rückenfläche ist mit einer Menge kleiner, unregelmäfsiger Körnchen bedeckt und mit sechs dunkeln Längsbinden gezeichnet, die auf dem gelblichen Grunde sehr stark autlallen und vom vorderen Rande des Kopfes bis auf den Anfangstheil des Postabdomen sich erstrecken. Das letze Segment ist einfarbig und hat nur am hinteren Rande eine dunkle Einlassung. Seilen, in der Tiefe der See. Podalirius typicus Kröy. Sehr genau ist die Beschreibung Kröyer s (Tijds- skrft. Nye Räkke. Bd. I. von dieser auf Asterias rubens schmarotzenden Caprelline, die besonders dadurch ausgezeichnet ist, dass am fünften Körpersegment (dem dritten Seg- ment des Proabdomen) ein ausgebildetes Fufspaar fehlt, und statt dessen nur ein sehr kurzer und dünner, cylindrischer Anhang sich findet, der an seinem stumpfen Ende einige Borsten trägt und undeutlich zweigliederig ist. Eine Strecke vor diesem Anhange, an der Bauchfläche, mehr der Medianlinie zugewandt, erhebt sich noch eine blattartige Längsleiste von halbmondförmiger Gestalt, in der auch wir mit Kröyer die Andeutung eines dritten Kiemenpaares sehen. Phoxichilidium coccineum .lohnst.) M. Edw. Der sehr genauen Beschreibung von Kröyer (a. a. 0.) ist vielleicht noch hinzuzufügen, dass bei den weiblichen In- dividuen das zweite Glied der Beine länger ist, als bei den männlichen, während da- gegen die vier gekrümmten Zähne am inneren Rande der sichelförmigen Handwurzel viel weniger entwickelt sind, und das vierte Glied der Beine nicht platt gedrückt, son- dern fast cylindrisch erscheint. Die eiertragenden Füfse lassen Johnsion (Zool. Journ. Vol. HI. p. 489) und Philipp! (Wiegmanns Arch. 1843. Tbl. I. S. 177.) nur aus fünf Gliedern bestehen. Kröyer dagegen aus sieben. Trotzdem aber müssen wir den ersteren Angaben beitreten. Was Kröyer für das sehr kurze vierte Glied gehalten hat, scheint uns kaum den Namen eines Gliedes zu verdienen. Es ist nur durch eine ringförmige Einschnürung von dem folgenden Gliede abgetrennt, nicht, wie die übrigen, durch eine Articulation oder Sutur. Als erstes Glied scheint Kröyer die kurze, stumpfe Erhabenheit, welcher die Beine aufsitzen, gedeutet zu haben. Allein durch diese Annahme lässt sich wenigstens die Differenz erklären. Was wir mit den beiden erstgenannten Forschern für das erste Glied halten, ist kurz, dick und von ovaler Form. Die Farbe der von uns aufgefundenen Individuen war übrigens nicht immer eine röthliche. Oft war sie auch ganz hell. 165 Phoxichilidium mutilatum n. sp. Die Körper dieser kleinen (%'"), bräun- lichgelben Pyconogonide. welche wir ziemlich häufig auf den Polypenstämmen von Tubularia antrafen, ist verhältnissmäfsig breit und sehr gedrungen. Der dicke, cylindri- sche Rüssel übertrifft an Länge seinen queren Durchmesser kaum um das Doppelte. Das letzte Thoracalsegment ist viel weniger entwickelt, als die vorhergehenden; das Abdomen ist kurz, nach der Spitze zu verschmäler!. Das Basalglied der Mandibeln leicht nicht ganz bis an das Ende des Rüssels. Die Scheere hat eine gedrungene Form und einen stark gekrümmten Finger. Unter den Extremitäten sind die drei vor- deren Paare gleich lang. Sie übertreffen den Körper um das Doppelte. Die drei vorderen Glieder an ihnen sind von allen sechs die kürzesten ; das folgende daseien ist das längste. Die Hand ist nur wenig gekrümmt und am inneren Rande der Wurzel mit einem einzigen, sehr scharfen Zahne versehen , gegen den der kräftige Finger ein- schlägt. Auffallender Weise ist bei unserer Art das letzte Fufspaar verkümmert. Es ist nur halb so lang, als die übrigen, ohne Hand und Finger und unbeweglich mit dem entsprechenden Körperring verbunden. Die Zahl der Glieder ist bis auf vier ge- schwunden, von denen übrigens das erste, welches an Länge den drei folgenden gleicht, aus der Verwachsung mehrerer Glieder entstanden zu sein scheint. Die In- dividuen, welche wir beobachteten, besafsen alle an der Stelle der eitragenden Reine einen stumpfen, cylindrischen Fortsatz, in den sogar ein Darmanhang sich hineiner- streckte. Wahrscheinlich waren sie blofs Männchen. Sollten übrigens auch die weib- lichen Individuen der Hülfsfüfse entbehren , dann möchte diese Art vielleicht nicht un- passend eine besondere Untergattung des Gen. Phoxichilidium bilden. Caligus leptochilus n. sp. Mit C. curtus, den Kröyer (Naturh. Tijdsskrfi. Bd. I. p. 619. und Oken's Isis. 1841.) so genau beschrieben, ist diese Art nahe verwandt. Die Gröfse des Thieres ist aber geringer (9 = 2% — 3"'), das sogen, letzte Thoracal- glied (welches wir als das erste des Postabdomen deuten möchten) verhältnissmäfsig kürzer und höher. Auf seiner Medianlinie erhebt sich eine stumpfe Kante, von der nach beiden Seiten hin die Rückenfläche sich abdacht. Auch auf den letzten Körper- ring setzt sie sich fort. Dieses letztere ist länger, als bei C. curtus und auch bei C. minutus Otto; reichlich halb so lang, als das vorhergehende Segment. Sehr cha- rakteristisch ist der Bau des sechsten ßeinpaares. Das erste Glied ist länger, als alle übrigen zusammengenommen, schlank und viel weniger dick, als bei C curtus, mit dem übrigens die beiden folgenden Glieder in ihrem Bau übereinstimmen Das vierte Glied trägt an seinem aufseien Rande, etwa in der Mitte seiner Länge, einen starken Dorn, der bei C. curtus fehlt. Am Ende ist es schief nach hinten abgestutzt und mit drei fini-erförmieen Rorsten versehen , von denen die innere die beiden äufseren an Länge um das Doppelte übertrifft. Auch das Endglied trägt auf der inneren Spitze seines Endes einen freilich nur kurzen Zahn. Die Eischläuche sind kaum doppelt so lang, als das Postabdomen. Die Saugnäpfe zeichnen sich durch ihre Gröfse aus. Auf- enthaltsort wie bei C. curtus. Chalimus Burm. Wie Kröyer, so fanden auch wir bisweilen einen Schma rotzer an den äufseren Bedeckungen von Caligus curtus, der unstreitig dem gen. Genus zugehört, aber auch uns nur eine Entwicklungsform dieses Thieres zu sein schien. Mit 166 dem unpaarcn, fadenförmigen Stirnanhange war er befestigt Seine Gröfse war nur gering (%"'), die Segmente des vorderen und hinteren Abdominaltheiles waren kürzer, als bei Ch. Scombri und mehr gedrungen. Die Fühler zeichneten sich durch ihre Gröfse aus und ragten an den Seilen sehr weit hervor. Nogagus gracilis (Burm.) M. Edvv. Burmeister giebt diesem Thiere, welches er sonst so genau beschrieben hat, drei Abdominalringe ^die mit dem vorhergehenden Segmente das eigentliche Postabdomen zu bilden scheinen). Wir fanden nur zwei, von denen das letzte, das am hinteren Rande in der Medianlinie einen Einschnitt besafs, überdies nur durch die Verschmelzung der Basalglieder der zu Schwimmlappen meta- morphosirten Beine entstanden zu sein schien. Schwanzborsten, die gefiedert sind, wie bei Caligus, zahlen wir vier. Die hinteren Fortsätze des Cephalothorax waren länger und spitzer, als bei dem von Burmeister beschriebenen Exemplare, und reichten bis über das folgende Segment hinaus, dessen seitliche Fortsätze nur wenig entwickelt waren. Pandarus bicolor Leach. Mit Unrecht vermuthet Milne Edwards (Hist. nat. des Crustac. T. III. p. 470], dass der von Kröyer unter diesem Namen beschriebene (1. c. Bd. II. p. 34.) Schmarotzer nicht der ächte P. bicolor Leaeh's sei. Die Differenzen, auf welche Edwards aufmerksam macht, sind nicht wesentlich und gehen durch eine Reihe von Zwischenformen allmalig verloren. Der hintere Rand des Cephalothorax ist in der Regel mit drei Paar stumpfer, in einer Reihe neben einander stehender Zähne besetzt, von denen aber häufig das äufsere, mitunter auch zugleich das innere Paar schwindet. Die männlichen Individuen sind etwas kürzer und gedrungener, als die weib- lichen. Die Färbung variirt bedeutend; Die kastanienbraunen Flecke der beiden letzten Proabdominalsegmcnte, besonders des vorletzten, erblassen nicht selten oder schwinden selbst gänzlich. In diesem Falle wird auch der entsprechende Fleck des Cephalo- thorax heller und kleiner, und zeigt ganz deutlich seine Zusammensetzung aus zwei seitlichen, vom in der Medianlinie zusammenhängenden Flecken. Pandarus lividus n. sp. Von P. bicolor unterscheidet sich diese neue Art schon auf den ersten Blick theils durch ihre hellgelbe Färbung lohne alle kastanien- braune Flecke), theils auch dadurch, dass der Körper breiter und viel platter ist. Der hintere Rand des nach vorn verhaltnissmafsig stärker verengten Cephalothorax (in dessen Bildung aufser Kopf und Thorax auch noch die ersten Binge des Proabdomen einge- gangen sind) ist in seinem milteren geraden Theile mit zwei Paar neben einander stehender Zähne versehen. Die seitlichen Lappen des folgenden Körpersegmentes wer- den von den dazwischen gelegenen beiden Lappen des dritten Binges, die in der Me- dianlinie liefer eingeschnitten sind, als bei P. bicolor, nach hinten weiter überragt, Stärker abgerundet und breiter sind bei unserer Art auch die Lappen des vierten Körperringes. Der fünfte Bing (mit welchem das Postabdomen beginnt) ist ebenfalls breiter, sehr viel kürzer und nach hinten ziemlich stark verschmälert. Der mittlere Ausschnitt des Hinterrandes ist tiefer, und der Anhang, den er aufnimmt, etwas kürzer und breiter. Auch die unteren seitlichen Anhänge sind kürzer, breiter und stumpfer. An Gröfse gleicht diese Art dem P. bicolor. Die aufseien Bedeckungen sich glänzend, ziemlich glatt und fast ohne alle Andeutung der Längsrunzeln , die bei P. bicolor vor- 167 kommen. Weibliche Thiere mit Eischläuchen haben wir nicht aufgefunden. Aufenthalts- ort isl derselbe, wie bei P. bicolor, auf Spina* Acanthias. Einen anderen neuen, wahrscheinlich zur Familie der Krgasilinen gehörenden Schmarotzer fanden wir in dem Kiemensacke des oben beschriebenen Amarucium rubi- eundum. Leider konnten wir das eine Exemplar, welches wir antrafen, nicht naher untersuchen. Chthamalus germanus n. sp. Das Gehäuse dieses Thieres (analog dem nicht ver- kalkten Stiel der Lepaden und auch hier entstanden aus der Verschmelzung der Heine des Prothorax} ist weniger (lach, als es sonst bei den Arten des Gen. Chthamalus — welches sich durch den Mangel einer kalkigen Basalplatte so leicht als wesentlich vor Baianus auszeichnet — zu sein pflegt, stumpf kegelförmig, oben abgeschnitten und mit einer weiten, vierkantigen Oeffnung versehen, deren Ecken geiundet sind. Die äufsere Flache des Gehäuses zeigt eine Menge tiefer Längsfurchen, die nach oben zu sich allmalig verlieren, während an der Basis ihre Zahl sich vergrößert. Die Zusammensetzung des Gehäuses aus sechs Stücken ist äufserlich mit Deutlichkeit nur an dem Bande der oberen Oeffnung wahrzunehmen, wo die Stücke nach der Bückenseite zu über einander greifen. Sehr augenfällig dagegen ist die Zusammensetzung an der glatten inneren Fläche, wo die einzel- nen Stücke an der ringförmigen Hervorragung, welcher der Deckel angeheftet ist, mit einem ansehnlichen Zahnfortsatze nach der Ventralfläche zu über die vorhergehenden Stücke vorspringen. Die drei tergalen Stücke des Gehäuses sind die kleinsten. Der Deckel (analog der Schale von Lepas und Cypris= Cephalothorax; ist in seiner Medianlinie nur wenig erhaben und ragt aus der oberen Oeffnung, die er schliefst, beinahe gar nicht hervor. Die dorsalen Stücke sind bis auf ihre stumpfe Spitze unter den entsprechenden Stücken des Gehäuses verborgen. Sehr charakteristisch für unsere Art ist die Verbin- dung der dorsalen und ventralen Theile der seillichen Deckelstücke (die den Episternen und Epimeren entsprechen). Beide nämlich besitzen an ihren inneren, einander zuge- kehrten Bändern eine Längsleiste, die in eine entsprechende Längsfurche hineingreift. An dem dorsalen Stücke ist die Längsleiste nach aufsen, an dem ventralen nach innen gelegen. Die beiden auf einander slofsenden Bänder bilden somit keine gerade Fläche, sondern erscheinen S förmig ausgeschnitten, wie man sehr deutlich schon dann wahr- nimmt, wenn man den Deckel von oben betrachtet. Durchmesser des Gehäuses bis 8"', Farbe weifs. Sehr häufig bei Cuxhaven auf den Steinblöcken des Fferwalles, doch auch auf den Klippen nördlich von Helgoland (?). Dr. Philippi erhielt dieselbe Art als Baianus punetatus Montag, aus England, hat sie aber schon seit lange als neu er- kannt und in seiner Sammlung als Chth. germanus bezeichnet. Chthamalus Philippii n. sp. Schon Philippi und später auch Kölliker haben diese neue Art an der Südspitze Helgolands, wo sie sehr häufig ist, aufgefunden. Die Schale ist sehr stark comprimirt. Sie erreicht bei 5 — 6'" im Durchmesser eine Höhe von kaum mehr als V". Aeufserlich auf der Schale finden sich ebenfalls sehr tiefe Längsfurchen, die beinahe bis an die obere Oeffnung hinansleigen. Die dazwischen liegenden Bippen sind zum Theil sehr erhaben, nach der Peripherie zu breiter und dann gewöhnlich zwei- bis dreimal fingerförmig gespalten. Die Grenzen zwischen den einzelnen Schalenstücken, welche dieselben Gröfsenverhältnisse darbieten, wie bei der 168 vorigen Art, sind an der oberen Oeffnung sehr deutlich und durch dreieckige, vertiefte Felder bezeichnet. Auch die innere, glatte Fläche der Schale lässt die einzelnen Stücke sehr leicht erkennen, zumal deren Ränder meistens ein wenig in das Innere vorspringen. In der oberen Oeffnung der Schale sieht man , wie bei Chth. germanus fast allein die beiden platten ventralen Stücke des Deckels, die äufserlich an ihrem Basaltheile, pa- rallel dem anliegenden Rande der Oeffnung, einige Querrunzeln besitzen. An der Dorsal- fläche werden beide von den entsprechenden Tcrgalstücken des Deckels begrenzt, deren vorderer Rand mit einer ähnlichen Vorrichtung versehen ist, wie bei Chth. germanus. Leisten und Furchen sind aber viel weniger bedeutend, und darum die Vereinigungs- linie auch nur wenig geschwungen. L u s ä t z e. Zu S. 9. Ueber den Bau von Lucernaria vergleiche man aufser den erwähnten Arbeiten von La- mouroux, Delle Chiaje, Ehrenberg und Johnston noch vorzugsweise die sehr schätzbaren Angaben von Sars (Bidrag til Sördyrenes IN'aturhistorie. Forste Hafte. Bergen 1829. und daraus Oken's Isis 1833. S. 228.), die indessen ebenfalls kein ganz vollständiges Bild von den gesainmten Organisationsverhällnissen dieses interessanten Polypen geben. Zu S. 91. Sars (im achten Abschnitt seiner Fauna liltoralis Norvegiae) beschreibt die ungeschlecht- liche Vermehrung auch bei einer Capitibranchiate, Filograna implexa , wo sich ebenfalls das hintere Ende des Körpers knospenartig ausbilden und späterhin abschnüren soll. Erklärung der Tafeln. Erste Tafel. Fig 1. Senkrechter Durchschnitt von Aclinia holsatica. Fig. 2. Senkrechter Durchschnitt von Veretillum cynomoricum. Fig. 3 Senkrechter Durchschnitt von Lucernaria fascicularis. Fig. 4 Senkrechter Durchschnitt von Pelagia noctiluca (copirt aus R. Wagners Icones zootom. Tab. XXXIII.), zur Vergleichung mit den Polypen umgekehrt. Fig. 5. Eine Geschlechtsdrüse von Actinia holsatica mit dem entsprechenden Mesen- terialfadcn, von vorn gesehen. Stark vergröfsert. Dieselbe von der Seite. Eingeweide von Teredo navalis. Der Mantel ist durch einen Längsschnitt geöffnet. Branchialfortsatz von Eolidia papulosa mit Leberfollikel und Kapsel für die Angelorgane. Nervensystem von Eolidia papulosa. Darmkanal von Eolidia papulosa. Geschlechtsapparat von Eolidia papulosa. Hirn von Polycera fusca. Darmkanal und Geschlechtsapparat von Polycera fusca. Hirn von Tetrastemma variabilis. Hirn von Borlasia rufa. Darmkanal von Borlasia rufa. Vordertheil von Convoluta paradoxa , mit dem Gehörorgane. Gehörorgan von Monocelis lineata. Stark vergröfsert. Larve von Leucodorum ciliatum (?). Zweite T a f e 1. Fig. 1. Vier durch Knospenbildung entstandene Embryonen von Syllis prolifera, auf verschiedenen Stufen der Entwicklung; bei starker Vergröfserung. Fig. 2. Vordertheil von Amphibothrium Kröyeri, mit ausgestülptem Schlundkopfe. Fig. 3. Fabricia cmadripunctata. « 22 Fig. ti. Fig. 7. Fig. 8. Fig. 9. Fig. 10. Fig. 11. Fig. 12. Fig. 13. Fig. 14. Fig. 15. Fig. 16. Fig. 17. Fig. 18. Fig 19. 170 Fig. 4 Fig. 5 Fig. 6 Fig. Fig. Fig. Fig. 10 Fig. 11 Fig. 12 Fig. 13 Fig. 14 Fig. 15 Fig. 16. Fig. 17. Fig. 18. Fig. 19 Fig. 20. Fig. 21. Kopftheil von Aonis Wagneri, von oben. Derselbe von unten. Senkrechter Durchschnitt vom Seitentheile eines Körperringes der Aonis Wagneri mit den Anhängen. Ruderplatte von Nereis pelagica. Seitenanhänge am Körper von Ammotrypane. Ruderplatte eines vorderen Körperringes von Nereis succinea. Ruderplatte eines vorderen Körperringes von Nereis depressa. Ruderplatte eines hinleren Körperringes von Nereis succinea. Ruderplatte eines hinteren Körperringes von Nereis depressa. Darmkanal von Mysis flexuosa mit den Leberschläuchen. Durchschniltszeichnung einer Mysis flexuosa mit Rückengefäfs und den vor- züglichsten arteriellen Rlutbahnen. Männliche Geschlechtstheile von Mysis flexuosa. Inhalt der Hoden von Mysis flexuosa. Weibliche Geschlechtstheile von Mysis flexuosa. Otolilh von Mysis flexuosa mit und ohne Kapsel. Stark vergröfsert. Durchschnittszeichnung einer Gammarine mit Rückengefäfs und den vorzüg- lichsten arteriellen und venösen Strömungen. Letztere sind durch Pünktchen, erstere durch Striche angedeutet. Dieselbe Durchschnittszeichnung von einer Caprelline. Samenzellen aus den Hoden von Lernaea branchialis. Fig. 22. Darmkanal von Lernaea branchialis mit der Umhüllungsmasse (Leber?), dem weiblichen Genitalapparat und den Kopfanhängen der äufseren Redeckungen. Fig. 23. Dasselbe, doch ohne Kopfanhänge. II I S CAVAIJJSPW ATELIER PI II Im Verlage von Friedrich Vieweg und Solin ist ferner erschienen: Der feinere Bau der Nebennieren beim Menschen und den vier Wirbel thierclassen. Dargestellt von Dr. Alexander Ecker. ProfeMOr ;u Basel. Mit 2 Steintafeln, gr. 4. Fein Velinpap. jreli. Preis 2 Thlr. Entwickelungsgeschichte des Kaninchen-Eies. (iekrönte Prcissclirift, ausgesetzt von der physikalisch- mathematischen Klasse der königl preufs. Akademie der Wissenschaften im Jahre 1840. Von Dr Th. L. W. Bisch off, I ordentl. Professor In der Anatomie und Phedologle In Glefaea. Mit 16 Steintafeln, gr. 4. Fein Velinpap. geh. Preis 6 Thlr. Entwickelungsgeschichte des Hunde-Eies. Von Dr. Th. L. \Y. Bischoff, ordentl. Professor in der Anal-ume tinrl Pb)»iologil in (iirf-«?n. Mit 15 Steintafeln, gr. 4. Fein Velinpap. geh. Preis 5 Thlr Die bis jetzt bekannten Arien aus der Familie der Regenwürmer. Als Grundlage zu einer Monographie dieser Familie Von W. Hoffmeister. Mit Zeichnungen nach dem Leben von A. Hoffmeister. gr. 4. Fein Velinpap. geh. Preis 2 Thlr. System der Asteride n. Von Dr. Joh. Müller u. Dr. Fr. Herrn. T rösche 11. Mit 12 Kupfertafeln, gr. 4. Fein Velinpap. geh. Preis 9 Thlr. Die Thier-Chemie oder die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Von Justus Lieb ig. Dritte umgearbeitete und vermehrte Auflage. 8. Fein Velinpap. geh. Erste Abtheilung: Preis 1 Thlr. 8 Ggr Zur vergleichenden Physiologie der wirbellosen Thiere Eine physiologisch chemische Untersuchung von Dr. Carl Schmidt. gr. 8. Fein Velinpap. geh. Preis 12 Ggr.