1 l1 1 ^o V*£ V* i n r ex, =f (0 JA ?4 ^. i * o X" i^^ss"" l £3j ^^j^ — — & r i ■^— ■ M === Si^ ~J h s& P I* y£> 6 -\K> BEITRÄGE ZUR KENNTNISS DER BRYOZOEN VON DR. HINRICH NITSCHE. I. HEFT. MIT DEEI TAFELN. 1. Beobachtungen über die Entwicklungsgeschichte einiger chilostomen Bryozoen. Mit Taf. I. II. Ueber die Anatomie von Pedicellina echinata SARS. Mit Taf. II. III. LEIPZIG, VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 1869. Wilhelm Engelmann Abdruck aus der Zeitschrift für wissensch. Zool. XX. Bd. 1. Heft. Beobachtungen über die Entwicklungsgeschichte einiger chilostomen Bryozoen. (Hierzu Tafel I.) Eine geschlechtliche Fortpflanzung ist meines Wissens bei den chilostomen Bryozoen nur von Hlxley1) und Smitt2) beobachtet worden. Bis zum Erscheinen der leider nur sehr kurzen Arbeit des ersteren glaubte man, die Eier, welche zu gewissen Jahreszeiten in den sogenannten Ovicellen gefunden werden und welche in ihnen zu be- wimperten Larven sich entwickeln, entständen innerhalb der Ovicellen. Die Beobachtungen von Huxley widerlegen diese Annahme; er hat näm- lich gesehen, dass sich innerhalb der jüngeren Zooecien a) von Bugula avicularis,B. plumosa, B. flabellala und Scrupocellaria scruposa Eier und Spermatozoen bilden und zwar zu gleicher Zeit in denselben Zooecien. Die Spermatozoen entstehen stets am unteren Ende jedes Zooecium, die Eier dagegen bei den verschiedenen Species an verschiedenen Stellen. Jede Ovicelle ist ursprünglich leer, plötz- lich findet man aber ein grosses Ei in ihr, während zugleich das früher in der Leibeshöhle*des betreffenden Thieres befindliche Ei verschwun- den ist. Er schliesst hieraus, dass das in der Leibeshöhle befruchtete Ei in die Ovicelle übertritt. Die Ovicellen sind nach ihm also nur eine 1) Quarterly Journ. Micr. Sc. Vol. IV. 1856, p. 191. 2) Oefvers. af. K. Vet.- Akad. Förhandl. 1865, p. 33. 3) Der Ausdruck »Zooecium« ist von Smitt sehr passender Weise anstatt des bis dahin gebräuchlichen »Zelle« vorgeschlagen worden. Ebenso rührt der Aus- druck »Mündunesarea« von diesem Forscher her. 2 Art Bruttasche (marsupial pouch) . Für Scrupocellaria scruposa sind diese Angaben durch Smitt , welcher ausserdem noch eine ge- schlechtliche Fortpflanzung bei Flustra membranacea beobachtet hat, bestätigt worden. Hincks l) dagegen leugnet ihre Richtigkeit und be- hauptet bei Bugula flabellata, B. turbinata und Bicellaria ciliata entständen die Eier wirklich innerhalb der Ovicellen und ent- wickelten sich daselbst ohne Befruchtung zu bewimperten Larven, Angaben, welche auch von Smitt2) wieder citirt werden. Im Sommer 1 868 hatte ich Gelegenheit auf Helgoland Bugula flabellata Thomps. , B. plumosa Pall. und Bicellaria ciliata Lin. genauer zu untersuchen. Die Resultate dieser Beobachtungen, so- weit sie sich auf die Entwicklungsgeschichte beziehen , sind im Fol- genden zusammengestellt. Wir wollen uns zunächst zu Bicellaria ciliata wenden. Bei diesem Thiere sind wie bekannt die Zooecien zweizeilig ange- ordnet, und zwar alterniren die Zooecien beider Reihen mit einander, ihre Form ist füllhornartig und die Mündungsarea der Zooecien liegt beinahe parallel mit der Längsaxe derselben. Wir werden der Einfach- heit wegen diejenige Seite des Thierstockes , auf welcher die Mün- dungsareen der Zooecien liegen , die Vorderseite , die entgegengesetzte die Rückseite, den Theil eines jeden Zooecium , mit welchem es von dem älteren Zooecium entspringt, den unteren, die Gegend der Mün- dung aber den oberen Theil nennen, eine Nomenclatur, welche ledig- lich den wirklichen Verhältnissen des Thierstockes in seiner natürlichen Lage entspricht, ohne Rücksicht auf die Frage, was man als Dorsal- oder Ventralseite anzusehen habe. Ein jedes ausgewachsenes Zooecium besteht aus einem oberen und einem unteren Theile, welcher letzterer durch eine schräg von innen nach aussen laufende Einschnürung von dem oberen abgegrenzt ist und mit einer zweischenkeligen Verbreiterung von dem oberen Theile der Rückseite des nächst älteren Zooecium derselben Reihe entspringt (Taf. I. Fig. 14). Die Zooecien, welche sich an der Spitze eines jeden Astes befinden, sind stets unausgewachsen, indem der Stock fortwäh- rend knospt. Diese Knospung an den Astspitzen und ein mit ihr pa- rallel gehendes Abslerben der Polypide der älteren Zooecien des Stockes scheint das ganze Jahr hindurch stattzufinden, während eine geschlecht- liche Forlpflanzung nur am Ende des Sommers und im Herbste auftritt. Zu dieser Zeit bilden sich in jedem Zooecium , sobald nur das Polypid seine Ausbildung erreicht hat, Eier und Spermatozoon. 1) Quart, Journ. of Micr. Sc. 1861, p. 278. 2) Oefvers. af. K. Vet.-Akad. Förhandl. 1865, p. 19. Die Eier entstehen nicht in besonderen Eierstöcken, sondern ein- fach durch Knospung an der Innenfläche der Endocyste; gewöhnlich sind es zwei oder auch drei , welche von einer gemeinsamen feinen Membran umhüllt und durch sie an der Endocyste befestigt sind. Sie bestehen aus einer gelblichen , stark lichtbrechenden Dottersubstanz, und man kann an ihnen stets deutlich die Reimblase unterscheiden, meistens auch den Keimfleck ; an Spiritusexemplaren ist letzterer jedoch manchmal verschwunden. Zwei solcher Eier (Taf. I. Fig. 15) finden wir z. B. bereits in dem dritten Zooecium — von der Spitze des Zwei- ges aus gerechnet — des auf Taf. I. Fig. 1 4 abgebildeten Exemplares. Die Eier finden sich stets an demselben Orte, nämlich in der Mitte der- jenigen Seite der oberen Abtheilung jedes Zooecium, mit welcher es der anderen Reihe anliegt (Taf. I. Fig. 14 ov). Wegen ihrer anfänglich sehr geringen Grösse sind diese Eier schwer aufzufinden, zumal der Darmtractus meist hindernd im Wege liegt. Die Spermatozoon sind als solche nicht so zeitig zu erkennen, als die Eier. In den unteren Abtheilungen der obersten, ausgebildeten Zooecien des Thierstockes bemerkt man anfänglich (Taf. I. Fig. 1 4 t) nur eine aus hellen Körnern bestehende Masse. Betrachtet man aber Zooecien, welche ein wenig weiter abwärts am Zweige liegen, so sieht man aus dieser körnigen Masse eine grosse Anzahl ungemein feiner, sich schlängelnder Fäden hervorragen und in noch älteren Zooecien hat sich die ganze Körnermasse zu Spermatozoon umgewandelt, welche theilweise schon mit lebhaften, schlängelnden Bewegungen frei in der perigastrischen Flüssigkeit umherschwimmen. Sie sind einfach faden- förmig und stark lichtbrechend. In solchen älteren Zooecien sind die an der bekannten Stelle gelegenen Eier inzwischen bedeutend ge- wachsen ; endlich findet man dann ein noch älteres Zooecium, in wel- chem ein Ei sich losgelöst hat und frei in der Leibeshöhle liegt. In diesem losgelösten Eie, dessen Inhalt dunkler und körniger geworden, ist die Keimblase nicht mehr sichtbar und man darf daher wohl anneh- men, dass es bereits befruchtet worden ist. Diese Her entwickeln sich aber nicht innerhalb des Zooeciums des Mutterthieres zu Larven, viel- mehr müssen sie zu diesem Zwecke in die Ovicellen übertreten. An jedem Zooecium, in welchem sich Genitalproducte zu bilden beginnen, entsteht durch Knospung nach aussen am inneren Seitenrande der Mündungsarea eine 0 vi cell e. Zunächst zeigt sich hier eine kleine Anschwellung (Taf. I. Fig. 14 ovic), bald können wir zwei verschie- dene Theile an dieser Anschwellung unterscheiden, eine von dem kal- kigen Rande der Area entspringende, löffeiförmige, hohle Auf- treibung (Taf. I. Fig. 13 b), deren concave Fläche der Mündungsarea i * 4 zugekehrt ist, und eine runde etwas kleinere Blase , welche an der Basis der ersteren entsteht und der concaven Seite derselben an- liegt (Taf. I Fig 13 c). Die löffeiförmige Anschwellung zeigt an ihrer convexen Seite bereits eine feste kalkige Schicht, ihre concave Seite dagegen, ebenso wie die runde Blase, ist membranös. An ihren Basen hängen beide fest zusammen. Allmählich wachsen nun beide Blasen, die löffeiförmige aber stärker als die runde, sodass die runde allmählich auf der einen Seite von der löffeiförmigen wie von einem Schirme umschlossen wird und sich ein Raum bildet zwischen der concaven membranösen Wandung der löffei- förmigen und der runden Blase (Taf. I. Fig. 12). Zugleich streckt sich auch die Basis der Blasen zu einer Art Stiel, mit welchem sie nun am Rande der Mündungsarea befestigt erscheinen. Der Rand der löffeiför- migen Blase wächst mehr und mehr, bis sie die sogenannte helmartige Form erhalten hat, in welcher die Eizellen von Bicellaria gewöhnlich beschrieben werden (Taf. 1. Fig. 1 0) . Genau genommen stellt sie alsdann eine an der Unterseite mit einem grossen Loche versehene Hohlkugel mit doppelten Wänden dar. Die beiden Wände der Hohlkugel gehen am Rande der Oefihung ineinander über und vom Rande der Oeffnung entspringt ein kurzer Stiel, mit welchem die Ovieelle an den Rand der Mündungsarea befestigt ist. Die äussere Wand der Ovieelle ist mit einer kalkigen Schicht bedeckt, welche eine punktirte Structur zeigt; die in- nere Wand ist membranös. An dem Stiele hängt die helmförmige Blase fest zusammen mit der runden Blase, welche die Oeffnung der ersteren wie eine Art von Deckel verschliesst, indem sie sich dicht an die Rän- der der Oeffnung anlegt. Es hat sich inzwischen bereits in einem et- was jüngeren Stadium innerhalb der rundlichen Blase ein aus stark lichtbrechenden Fasern bestehender Strang gebildet, welcher von der Verbindungsstelle beider Blasen entspringend , dieselbe quer der Länge nach durchsetzt (Taf. I. Fig. M d). Späte zweigen sich einige Fasern ab und befestigen sich zunächst an der Unlerfläche der runden Blase, um dann aber an dem Anheftungspunkt der übrigen Fasern zu endigen [d'). Es bilden daher sämmtliche Fasern ein Dreieck mit sehr stumpfen Schei- telwinkeln (Taf. I. Fig. 10 d). Ausserdem strahlen von dem Ausgangs- punkte sämmtlicher Fasern an dem Stiele noch einige viel feinere Fäden aus, welche sich an der Oberseite der runden Blase festheften (Taf. I. Fig. 10 d") ; diese letztere hat sich inzwischen auf der oberen Hälfte ihrer Innenfläche mit einem deutlichen Epithel aus flachen polygo- nalen Zellen mit Kernen bestehend überzogen. Die Ovieelle hat nun ihre definitive Form erhalten , sie ist aber noch leer, kein Ei, noch auch eine Anlage zu einem Ei findet sich in ihr; dagegen enthalten diejenigen Zooecien, welche soweit entwickelte Ovicellen tragen, stets weit entwickelte Eier und Spermatozoon, meist sogar ein befruchtetes, frei in der Leibeshöhle liegendes Ei. In den nächst älteren Zooecien aber finden wir, dass das befruchtete Ei aus der Leibeshöhle verschwunden ist , dass dagegen in dem Räume zwi- schen der helmförmigen und der runden Blase ihrer Ovicelle ein Ei liegt, welches in Grösse und Gestalt gänzlich mit dem beschriebenen befruchteten Eie übereinstimmt (Taf. I. Fig. 10). Auf diese Beobachtung gestützt, glaube ich mich zu dem Schlüsse berechtigt, dass das in der Leibeshöhle befruchtete Ei in die Ovicelle übergetreten ist, wenngleich es mir nie gelang den Uebertritt selbst zu beobachten. Aufweiche Weise derselbe erfolgt, kann ich daher auch nicht angeben ; wahrscheinlich zwängt sich das Ei durch den hohlen Stiel der Ovicelle und tritt durch eins Oeffnung , welche ich an der Stelle, wo die beiden Blasen zusammenhängen (Taf. I. Fig. 10 a;), ge- legen vermuthe , in den Raum zwischen den beiden Blasen ; es wird innerhalb der Concavität der helmförmigen Blase, der eigentlichen Ovi- celle der bisherigen Beschreibe!", durch die rundliche, die Oeffnung verschliessende Blase festgehalten, liegt dicht an der membranösen In- nenfläche der helmförmigen Blase an und klebt mitunter an derselben sogar fest. In dieser Lage entwickelt es sich nun weiter, es furcht sich, erreicht die Maulbeerform, erhält dann bei fortwährendem Wachsthum eine feste äussere Membran und wenn es so weit gewachsen ist, dass es beinahe die ganze Höhlung der helmförmigen Blase ausfüllt, hat es auf seiner Aussenfläche Wimpern bekommen und sich überhaupt be- reits vollständig zu der später zu beschreibenden Larve ausgebildet. Die rundliche Blase ist durch sein Wachsthum inzwischen stark abgeplattet und beinahe gänzlich aus dem Inneren der helmförmigen Blase verdrängt worden , deren Oeffnung sie aber noch immer ver- schliesst. Die Larve ist nun durch die Thätigkeit ihrer Wimpern in einer steten, rotirenden Bewegung; endlich schlüpft sie aus der Ovicelle her- aus und schwimmt in rascher aber gleichmässiger Bewegung umher. Beid !) — der einzige Forscher , welcher eine annähernd genaue Be- schreibung der Ovicellen und zwar von Bug ula fla bei lata giebt — hat beobachtet, dass die rundliche Blase, welche er als eine Duplicatur der Endocyste der Ovicelle betrachtet, an Ovicellen , welche reife Larven enthalten , rhythmische Contractionen macht. Es rühren diese wahr- scheinlich her von Contractionen ähnlicher Faserstränge, wie diejenigen, 1; Ann. and Magaz. of Nat. Hist. 1845, Vol. XI, p. 398. 6 welche ich soeben beschrieben habe. Da diese auch in ihrem ganzen Habitus grosse Aehnlichkeit zeigen mit den übrigen Muskeln von Bicel- laria, so möchte ich nicht anstehen, diese Strange für Muskeln zu hal- ten, deren Aufgabe es ist, den Rand der rundlichen Blase von dem Bande der Oeffnung der helmartigen Blase hinwegzuziehen und so das Ausschlüpfen der Larve zu ermöglichen, eine Vermuthung, die um so wahrscheinlicher wird durch den Umstand, dass die Ovicellen, aus denen die Larve bereits ausgeschlüpft ist, keine Perforation oder Buptur der Deckelblase zeigen. Auch bei Bugula plumosa gelang es mir, im September Eier und Spermatozoen zu beobachten. Die Spermatozoen bilden sich in gleicher Weise, wie bei Bicellaria ciliata im unteren Theile des Zooecium. Die Eier kann man nur dann erkennen, wenn man den Stock von der Bückseite betrachtet. Bei dieser Species entspringen die jüngeren Zooecien von dem oberen Theile der Bückseite der älteren ebenfalls mit einem zweischenkligen Fortsatze und dicht unterhalb dieses Fortsatzes bilden sich die Eier in der Mitte der Bückseite des Zooecium durch Knospung der Endocyste nach Innen; sie sind von einer feinen Membran umgeben ; Keimblase und Keimfleck sind stets deut- lich zu erkennen. Auch bei Bugula flabellata beobachtete ich die Bildung von Eiern und Spermatozoen. Letztere bilden sich am un- teren Theile des Zooecium , die Eier dagegen an der Bückseite des- selben in der Mitte zwischen seinem oberen und unteren Ende. Wir sehen also, dass meine Beobachtungen genau übereinstimmen mit denen von Huxley, ein Umstand, der um so gewichtiger ist, als mir der Huxley'scIic Aufsatz erst nach meiner Bückkehr aus Helgoland be- kannt wurde. Die abweichenden Angaben von Hincks, welcher in der Ovicelle eine körnige, formlose Masse bemerkt haben will, aus welcher das Ei sich bilden soll , lassen sich vielleicht dadurch erklären , dass häufig ein Ei nach seinem Uebertritt in die Ovicelle abstirbt und an- statt sich weiter zu entwickeln, zu einem Häufchen körniger Substanz ohne bestimmte Umrisse zerfällt. Die wirklichen Eier hat er offenbar vollkomm* J4t" „ '4H *4- 4**| f #» *4^ |-4- Fie. 1 . den ersteren je eine runde. Im Allgemeinen hat also jedes Zoöcium normaler Weise 12 Rosettenplatten. Die Rosettenplatten eines jeden Zoöcium correspondiren nun mit den Rosettenplalten der umliegenden Zoöcien auf das genaueste. Zunächst passen natürlich die Roseltenplatten der Hinterwand eines jeden Zoöcium auf die Rosetten- platten der Vorderwand des nächsl- älteren Zoöcium derselben Längs- reihe. Durch die quincunxartige Anordnung der Zoöcien der neben einander liegenden Längsreihen wird ferner bewirkt, dass die Rosetten- platten der Mittelplatte einer Seiten- wand passen auf die Rosettenplatten der Seitentheile der Kalkschirme der Vorder- und Hinterenden zweier Zoöcien in der nebenliegenden Längs- reihe (Taf. VI, Fig. 3 A u. D). In dem beigedrucklen Schema sind die Rosettenplatten durch Pfeile be- zeichnet. Es passt also die Rosettenplatte I der rechten Seitenwand des Zoöcium A auf die Roseltenplatte 3 der linken Seitenwand des Zoöcium D der nebenliegenden Reihe und die Rosettenplatte 4 der linken Seitenwand des Zoöcium A auf die Roseltenplatte 2 der rechten Scitenwand des Zoöcium C u. s. w. Ich habe dieses Kalkgerüste als eine Einlagerung der Cuticula bezeichnet, und dies ist auch wirklich der Fall: nicht die ganze Ectocysle verkalkt, sondern nur die mittlere Schicht derselben. An den Seiten- wänden des Zoöcium sind die beiden un verkalkten äusseren Blätter der Ectocyste ziemlich dünn , bedeutend stärker dagegen in den Stacheln. Wie wir übrigens später sehen werden , besieht der Process der Verkalkung nicht darin, dass zwei Lamellen der Endocystc getrennt werden durch sich dazwischen schiebende Kalkpartikeln , sondern in der Imprägnirung einer präformirten mittleren Chitinschicht mit Kalk- salzen. Die Gliederung des starren Gerüstes unseres Thieres durch i stets biegsam bleibende, nicht verkalkende Zwischenräume erscheint als eine Anpassung desselben an seinen gewöhnlichen Wohnsitz , die Tange und insbesondere die Laminarien. Das ganze Zoöcium wird durch dieselbe in einer gewissen Weise biegsam, und wird viel weniger als ein mit einem ganz starren Gerüste ausgestattetes Zoöcium einer 43 Zerbrechung ausgesetzt sein , wenn die langen Laminarien durch den Wellenschlag hin und her bewegt, gekrümmt und geschlängelt wer- den. In funclioneller Hinsicht kann man daher diese unverkalkten Zwischenräume vergleichen mit den unverkalkt bleibenden Stellen in den Aesten der Salicornariaden und Cellulariaden , durch welche die- selben in einzelne , aus mehreren Zoöcien bestehende und durch un- verkaufte falsche Gelenke getrennte Glieder zertheilt werden. Die be- kanntesten Beispiele sind Scrupocellaria und Canda. Nicht weit von dem vorderen Ende des Zoöcium befindet sich in seiner oberen Wand die Mündung, d. h. die Oeffnung, durch welche das Polypid, resp. die Tentakelkrone desselben herausgestülpt werden kann. Dieselbe erscheint als eine quere schlitzartige Einstülpung der Ectocyste und natürlich auch der Endocyste (Taf. IV, Fig. 2 Md). Der hintere Rand der Einstülpung springt faltenartig von hinten über die Oeffnung vor und schliesst sie von oben ; dieser deckende Rand wird gewöhnlich als der Deckel , »die Lippe« des Zoöcium bezeichnet. Ein solcher Deckel findet sich nur bei der Abtheilung der Bryozoen, zu welcher unser Thier gehört : daher ihr Name Chilostomata. Der Deckel ist also kein selbständiges Gebilde , sondern nur eine locale Verdickung der Cuticula (Taf. IV, Fig. 1 u. 2 op. Taf. V, Fig. 2 u. 4 op und Fig. 11). Der Rand der deckenden Falte ist nach vorn convex und ziemlich stark stabartig verdickt Das obere Blatt der Falte, welche nach vorn von diesem verdickten Rande, nach hinten von einer Verbindungslinie der beiden Endpunkte des verdickten Randes begrenzt wird, ist etwas stärker als der Rest der Ectocyste der oberen Wand. Die Enden der erwähnten Verbindungslinie sind beinahe eben so stark verdickt , wie der Vorderrand der Falte (Fig. 11). Diese ver- dickte halbmondförmige Platte ist nun in ihrer Fläche von rechts nach links stark gebogen und zwar derartig, dass die zugespitzten Seiten- theile ziemlich stark nach unten gekrümmt sind ; liegt also der mittlere Theil des Deckels in der Ebene der übrigen Endocyste , wie dies stets der Fall, wenn die Mündung massig geschlossen ist, so ragen die Seitentheile in das Innere des Zoöcium hinein ; da der ganze Deckel aber an allen seinen Rändern in Continuität steht mit der übrigen Ectocyste , so werden durch die Seitentheile des Deckels enge , spitze, dütenartige Einstülpungen der Endocyste gebildet, deren blinde Enden in das Innere des Zoöcium vorragen. Diese dienen als Ansatzpunkte für die Opercularmusculatur. Dicht hinter dem Deckel befindet sich bei den meisten Zoöcien noch jederseits eine kleine warzenartige Auftreibung der Ectocyste nach aussen (Taf. V , Fig. 4 y) . Diese Auftreibungen sind ungemein leicht zu übersehen, da unter ihnen in der Endocyste stets ein kleiner Zellhaufen liegt; die Umrisse der Auflrcibung werden da- durch undeutlich und man verwechselt das ganze Gebilde anfänglich leicht mit den der Innenfläche der Endocyste anliegenden , durch die Ectocyste hindurch deutlich erkennbaren Körnerhaufen (Fig. 4 k). Im Profil kann man es aber stets leicht als eine Hervorragung erkennen. Ich glaube diese Gebilde als rudimentäre Stacheln ansprechen zu dürfen. Bekleidet ist die Innenfläche der Ectocyste, wie schon gesagt, rings herum von der Endoc yste. Dieselbe ist aber an der Unterseile des Zoöcium loser mit der Ectocyste verbunden, als an den fünf übrigen Flächen. Der in der Literatur vorhandenen Angaben über die histologische Beschaffenheit der Endocyste giebt es sehr wenige, nur Smitt und Claparede haben darüber für die Chilostomen Angaben gemacht. Smitt ') beschrieb dieselbe anfänglich bei Membranipora pilosa als eine durchsichtige, von einem netzartigen Canalsystemc durch- zogene Membran. Dort, wo mehrere Canäle zusammenstiessen, sollten dieselben sich zu einer kleinen Lacune erweitern , welche durch ein trichterförmiges Röhrchen nach aussen mündete. Diese Angaben hat Smitt nachher selbst auf Grund fernerer an Vesiculariaden gemachten Beobachtungen angezweifelt. 2) Claparede 3) , wenngleich er die Möglichkeit der Smitt'schen An- gaben nicht gänzlich von der Hand weist , — er hat übersehen , dass Smitt bereits selbst dieselben zurückgenommen hat, — ist weit mehr geneigt, das erwähnte netzartige Ansehen, welches die Endocyste der meisten fertig gebildeten ChilostomenzoÖcien unstreitig zeigt, zu deuten als dadurch hervorgebracht, dass eine grosse Anzahl von Zellen, welche über die ganze Endocyste verstreut sind , zusammenhängen durch fadenarlige anastomosirende Ausläufer. Ich selbst habe ferner einmal beiläufig bemerkt , man könne kei- nerlei Formelemente in der Endocyste der Chilostomen unterscheiden. 4) Diese letztere Aeusserung war , wie Claparede sehr richtig be- merkt , zu weit gehend. Neuere Untersuchungen erlauben mir die SMiTT-CLAPAREDE'sche Ansicht im Allgemeinen zu bestätigen , bei dem hier zu besprechenden Thier wenigstens für die Endocyste der Ober- und Seitenwände des Zoöcium. 1) Öfvers. Vet. Akad. Förh. 1865, p. 16. Tat. II, Fig. 3-4. 2) Ebendaselbst 1866, p. 519, Tab. XIII, Fig. 28. 3) Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XXI, p. 142. 4) Zeitschr. f. wissensch. Zoologie. XX, p. 18. 43 Diu Endocyste der Oberseite eines ausgewachsenen Zoöcium von Flustra niembranacea besieht aus einer ungemein zarten, wasser- hellen, mitunter an Spiritusexemplaren eine, wenngleich schwache, doch erkennbare feinkörnige Structur zeigenden Membran ; dieselbe liegt der Ectocyste ziemlich fest an. In ihr sind eingebettet grosse runde und etwas kleinere ovale Zellkerne, beide zeigen deutliche Kern- körperchen. Umgeben ist jeder solcher Zellkern von einem kleinen Hofe protoplasmatischer Substanz , welcher unregelmässige Ausläufer nach verschiedenen Seiten hin ausschickt. Die Ausläufer der benach- barten Zellterritorien anastomosiren mit einander. Mitunter nehmen die, die einzelnen Zellterritorien verbindenden Ausläufer die Gestalt fei- ner, sich kreuzender Fasern an. An der Innenfläche dieser Endocyste haften und ragen frei in das Innere des Zoöcium hinein runde Haufen ungemein stark lichtbrechender, scharf begrenzter Körner, in denen man keinen Kern unterscheiden kann (Taf. VI, Fig. 16 und Fig. 6). An frischen Exemplaren sind die Kerne als solche nicht erkenn- bar ; erst bei Zusatz von Essigsäure kann man sie , aber alsdann auch mit grosser Sicherheit erkennen. Die die Kerne umgebenden Zell- territorien und deren Ausläufer sind aber schon an frischen Chilo- stomen sehr deutlich zu sehen. Die Beschaffenheit der Endocyste der Seitenwände ist im Allge- meinen eine ganz ähnliche, nur finden sich hier die Körnerhaufen mit- unter in grösserer Anzahl. An den Stellen nur, wo die Endocyste über die Rosettenplalten weggeht, zeigt sie eine etwas andere Beschaf- fenheit. Hier besteht sie nämlich aus grossen, Kerne führenden Cylin- derepithelzellen , welche der Rosettenplatte als eine Art Pfropf auf- sitzen. Sehr wahrscheinlich senden diese Zellen Ausläufer durch die Poren der Rosettenplatte hindurch, um sich mit dem Zellpfropf der correspondirenden Rosettenplatte des benachbarten anliegenden Zoö- cium zu verbinden (Taf. V, Fig. 9, rspl) . Die Endocyste der Unterseite des Zoöcium ist nur lose verbunden mit der Ectocyste , sie erscheint ebenfalls als eine feine durchsichtige Membran von mitunter etwas feinkörniger Beschaffenheit mit vielen, über ihre Fläche nach aussen ein wenig vorangenden runden Zellker- nen mit Zellterritorien. Dieselben sind aber meist viel dichter ge- drängt, als an der Oberseite des Zoöcium; mitunter ist die Membran hier lacunenartig durchbrochen, wahrscheinlich in Folge von Vacuolcn- bildung. Der Innenfläche dieser Membran sind zwei deutliche Züge spindelförmiger Fasern aufgelagert. Diese Züge laufen parallel den Sei- tenkanten des Zoöcium und verbinden die Rosettenplatten der Vorder- und Hinlerwand mit einander; sie anastomosiren auch mitunter und 46 verbinden sich durch Ausläufer mit den RoscttenplaUen , au denen sie vorbei laufen. Ihre Elemente zeigen deutliche ovale Kerne mit Kern- körperchen. Der Endocyste der Unterseite liegen ferner auch noch Gebilde auf, welche ich als Seitenstränge — funiculi laterales — zu bezeichnen vorschlage , weil durch eine solche Bezeichnung durchaus kein Prä- judiz ausgesprochen wird über die physiologische Bedeutung derselben. Es sind dies (Taf. IV, Fig. 2/7. Taf. V, Fig. 9 f l.) röhrige Gebilde, welche von den Rosetlenplatten ihren Ursprung nehmen. Von jeder Rosetten- platte entspringen mit gemeinsamer etwas verdickter Wurzel zwei solche Seitenstränge , welche in entgegengesetzter Richtung , dicht an der Unterfläche des Zoöcium hinlaufend sich an den nach vorn und hinten zunächst gelegenen Rosettenplatten, resp. an deren Zellpfröpfen, inseriren. Wird das Zoöcium sehr schmal, und rücken daher die bei- den Rosettenplatten der Vorderseite und ebenso die der Hinterseile nahe an einander, so verkürzt sich natürlich der zwischen ihnen aus- gespannte Strang ungemein und die von den erwähnten Rosettenplatlen nach den benachbarten Rosetlenplatten der Seitenwände verlaufenden Seitenstränge scheinen mit einer gemeinsamen verbreiterten Wurzel von der Vorder-, resp. Hinterwand des Zoöcium zu entspringen. Die histologische Structur dieser Gebilde zeigt in verschiedenen Fällen zwei verschiedene Modificationen. Mitunter sind es (Taf. VI, Fig. 19) rundliche Röhren , deren Wandung gebildet wird von spindelförmigen Zellelementen mit deutlichem ovalen Kerne , und deren Lumen erfüllt ist von einer körnigen stark lichtbrechenden Substanz ; in anderen Fällen scheint die äussere Wandung der Röhre bis auf geringe Spuren verschwunden zu sein, und der körnige Inhalt ist viel solider und zu- sammenhängender geworden. Der nach dem Innern des Zoöcium ge- legene Rand des Gebildes (Taf. VI, Fig. 20) zeigt dann eine helle , ho - mogene, sehr stark lichtbrechende, ungemein scharf begrenzte, bogige oder gerade Contour. Das Gebilde ist dann ungemein resistent gegen die Einwirkung selbst Concentrin angewendeter Reagentien. Es scheint der Inhalt der Röhre chitinisirt zu sein. Ein ganz ähnliches Gebilde wird übrigens von Claparels1) bei Bugula avicularia beschrieben und der Hauptstamm des »comraunalen Bewegungsorganes « bei Zoobotryon pellucidus scheint nach der Be- schreibung von Beichert2) ebenfalls hiermit verwandt zu sein. Viel- leicht lässt sich auch die »chitinous rod«, welche Allmann3) in den 1, Zeitschr. f. wiss. Zoolog. XXI, p. 159. Tab. VIII, Fig. \. ob. 2) loco citato pag. 282. 3} Quarterly Journal of Micr. Science Vol. IX. 1869 p. 57. pl. VIII. 47 Coenoecien von Rhabdopleura beschreibt, an welche die Funiculi der einzelnen Polypide sich ansetzen, zum Vergleich heranziehen. Genetisch sicherlich mit der Endocyste zusammenhängend ist auch das Gebilde, was ich als »Funicularplatte« zu bezeichnen vor- schlage. Da dasselbe aber zwischen dem Polypide, besonders dem tractus intestinalis und den Wandungen des Zoöcium ausgespannt ist, so kann dasselbe erst besprochen werden, wenn auch der Polypid ge- schildert worden ist. Der Innenraum des Zoöcium kann verengert werden dadurch, dass die obere, wie wir sahen geschmeidig gebliebene Fläche des Zoö- cium der Unterfläche angenähert wird. Dies geschieht durch die Con- traction der sogenannten Parietalmuskeln. Die Parietalmusculatur ist keine flächenhaft ausgebreitete in der Endocyste selbst gelagerte tunica muscularis , wie dies bei den Phy- laclolaemen der Fall ist; sie besteht aus einer Anzahl von Muskelbün- deln , welche von dem unteren Theile der Endocyste der Seitenwändc entspringen , quer durch die Höhlung der Zoöcium verlaufen und sich an die Endocyste der Oberseite ansetzen. Die von derselben Seiten- wand entspringenden Muskelbündel setzen sich in einer und derselben dem oberen Seitenrande des Zoöcium parallel laufenden Linie an. Die Ansätze der einzelnen Muskelbündel sind auf dieser mitunter in der Ectocyste als eine ganz kleine Verdickung markirten Linie ziemlich weit von einander entfernt. (Taf. IV, Fig. 1 u. 2, und Taf. V, Fig. k pm und x). Jedes Parietalmuskelbündel besteht aus 2, 4 od. 5, kurz aus einer ganz beschränkten Anzahl gesondert neben einander herlau- fender Muskelfasern , welche genauso gebaut sind, wie die vorderen Parieto vaginalmuskeln der phylactolaemen Bryozoen. Es sind dünne, wasserhelle , cylindrische oder etwas abgeplattete Fasern , an denen man einen durch ein feines Sarcolemma an der eigentlichen Faser be- festigten Kern erkennen kann. Sie setzen sich mit verbreiterten Enden der Endocyste an. Dieselben sind functionell meiner Ansicht nach vollkommen homolog den Parietalmuskeln der Vesiculariaden , welche Reichert bekanntlich zu chitinösen Spannbändern zu degradiren versucht. Die gemeinsame Action dieser Parietalmuskeln deprimirt also die ganze Oberfläche des Zoöcium , welche bei unserer Species in ihrer ganzen Ausdehnung dasjenige darstellt, was Smitt bei den Chilostotnen als » Mündungsarea « bezeichnet. Der hierdurch verursachte DrjLick pflanzt sich durch die Vermittelung der incompressiblen Leibeshöhlen- flüssigkeit auf das Polypid fort und bewirkt dessen Evagination. Für die Depression des Deckelapparates sind gesonderte Muskeln, die Decke Imusk ein vorhanden (Taf. IV, Fig. I u. 2 o p m. Taf. V, Fig. \ opm). Dieselben werden gebildet von zwei Muskclbündeln, welche ein wenig nach hinten von der Mündung rechts und links von dem unteren Drittheile der Seitenwände der Zoöcien entspringen und nach innen und oben quer durch die Höhlung des Zoöcium ver- laufen, um sich an die zugespitzten, in die Höhle des Zoöcium vor- ragenden, oben geschilderten Seitcntheile des Deckels, resp. an die sie bekleidende Endocyste festzusetzen. Die einzelnen, die Bündel zu- sammensetzenden Muskelfasern sind den die Parietalmuskeln zusam- mensetzenden Fasern völlig gleich. Eine massige Contraction der Deckelmuskeln schliesst die Mündung des Zoöcium , eine starke Con- traction deprimirt die ganze Umgebung des Deckelapparalcs , welcher dann in die Tiefe einer Art von trichterförmiger Einsenkung der Eclo- cysle zu liegen kommt. Das Polypid. Innerhalb des Zoöcium ist das Polypid gelegen; dasselbe be- steht aus 4 Hauptlheilen. I) Dem Darmtractus; 2) der Tcn- takelkrone; 3) dem Nervencentrum; 4) der Tentakel- scheide. Der Darmtractus (Taf. IV, Fig. \ u. 2 und Taf. V, Fig. i) be- steht aus 3 gesonderten Abtheilungen : a) dem Oesophagus; b) dem Magen und c) dem Rectum. Der Oesophagus (Oes) bildet den vordersten kurzen , verkehrt kegelförmigen Abschnitt des Darmtractus. Sein vorderer Rand ist wulstig verdickt und umschliesst die zirkelrunde Mundöffnung. Eine durch die Ränder der Mundöffnung gelegte Ebene steht aber nicht senkrecht gegen die Achse des Kegels , die abanale Seite des Oesopha- gus ist nämlich ein wenig kürzer als die anale. Ein Querschnitt durch den Oesophagus zeigt, dass seine Innenwandung Längsfurchen auf- zuweisen hat. (Tab. VI, Fig. 9.) Durch ein kreisrundes Diaphragma setzt sich der Oesophagus ab gegen den langen schlauchförmigen Cardialtheil des Magens (C), welcher, wenn das Polypid hervorgestreckt ist, in der Symmetrieebene liegt, sonst aber eine grosse seitliche, nach vorn offene Schleife bildet. Der Cardialtheil mündet direct ohne scharfe Abgrenzung in den eigentlichen Magen (St), der einen wurstförmigen , der Längs- achse des Zoöcium parallel liegenden Sack darstellt. Die Einmündung des Cardialtheiles befindet sich in der Mitte der Längserstreckung des Magens , und das hinter ihr liegende , sich nach hinten etwas verengende Stück des letzteren erscheint daher als Blind- 49 sack. Das vordere Ende des Magens bildet den Pyl ortheil desselben. Hier steht der Magen mit dem bald kugelförmigen, bald mehr gestreck- ten kurzen Rectum durch eine runde Oeffhung in Verbindung. Das Rectum [R] inserirt sich in der Symmetrieebene ohngefähr der Mitte der Tentakelscheide, welche also von der Analöffnung durchbohrt wird. Der Anus liegt bei den Chilostomen überhaupt und insbesondere bei den hier beschriebenen Species entfernter von dem Munde, als dies z. B. bei den Phylactolaemen der Fall ist: Die Tentakelscheide bildet um die Afteröffnung herum eine Art von Einstülpung , welche als ein bedeutend in seinen Wandungen verdünntes Endstück des Rectum (R') erscheint. Genetisch muss , wie wir später sehen werden , der ganze Darm- canal betrachtet werden als ein schleifenförmig gebogener Schlauch, dessen Beugungsstelle in einen Blindsack nach hinten sich verlängert. Der histologische Bau des Darmcanals ist bei Fl. membra- nacea sehr ähnlich dem bei den Phylactolaemen vorkommenden. Die Form des ganzen Darmtractus wird bestimmt durch eine feine homogene Lamelle ; diese bildet die Stütze der gesammten Wandung. Nur am Oesophagus ist derselben eine Schicht deutlicher Ringmus- kelfasern aufgelagert, welche man besonders im optischen Quer- schnitte leicht erkennen kann. Auf ihrer, der Höhle des Zoöcium zu- gewendeten Fläche ist die homogene Lamelle bedeckt mit einer fein- körnigen Epithellage mit deutlichen runden Kernen. Die einzelnen Zellterritorien gehen ohne scharfe Grenze in einander über; die äussere Epithellage setzt sich continuirlich fort in die Funicularplatte , ähnlich wie die äussere Epithellage des Darmes der Phylactolaemen , ja auch auf den Funiculus übergeht. Die Höhlung des Darmcanales wird ausgekleidet von einer ein- fachen Zellschicht. Die sie zusammensetzenden Zellen sind in den einzelnen Abtheilungen des Darmtractus sehr verschieden geformt. Der vorderste Theil des Oesophagus , der den Tentakeln zunächst liegt, wird ausgekleidet von einem einfachen polygonalen Wimper- epithel, welches sich direcl über die Ränder der Mundöffnung auf die Tentakeln fortsetzt; sein Yerbreitungsbezirk bildet aber keine überall gleichmässig breite Ringzone , dieselbe ist an der abanalen Seite des Oesophagus viel breiter, als an seiner analen. Da die Wimperepilhel- zellen ein wenig länger sind als die Zellelemente der Auskleidung des übrigen Theiles des Oesophagus , so setzt sich die bewimperte Zone scharf gegen die unbewimperte ab. (Taf. IV, Fig. 1 u. 2 w.) Der Rest des Oesophagus wird bekleidet von einer Zellschicht, welche sehr viel Aehnlichkeit hat mit der an der gleichen Stelle von 56 mir bei den Phylaclolaemen beschriebenen. *) Die Zellen bilden hier eine Art Gylinderepithel , der Querschnitt der einzelnen Zellen wird durch ihre dichte Aneinanderdrängung polygonal; dieselben scheinen aber keine gesonderten Wandungen mehr zu besitzen : die Zellwände der benachbarten Zellen verschmelzen mit einander und die ganze Zellschicht erscheint dadurch einer Bienenwabe ähnlich gebildet. Die der Höhlung des Oesophagus zugekehrten Zellflächen erscheinen unge- mein scharf begrenzt. Der Inhalt der Zellen ist wasserhell und man kann in ihm, abweichend von dem, was bei den Phylactolaemen beob- achtet wurde, keine Kerne mehr entdecken; bei den jungen Polypiden unterscheidet sich aber die Zellenlage des Oesophagus noch keines- wegs von dem des übrigen Darmes. Erst ziemlich später findet die Umwandlung des einfachen polygonalen Epithels in das wabenartige Gewebe statt. Der Cardialtheil des Magens sowie überhaupt der ganze Magen mit Ausnahme seines Pylortheiles zeigt eine polygonale Zellschicht, welche ein drüsiges Epithel darstellt. Die stets erkennbaren Grenzen der ein- zelnen Zellen sind nicht sehr scharf markirt. Immer erkennt man in dem meist körnigen Inhalt einen deutlichen runden Kern eingelagert. Die dem Lumen des Magens zugewandten Zellenden sind kuppelarlig gewölbt. Am dicksten ist diese Zellschicht in dem Blindsacke. Zwi- schen die im Allgemeinen sehr hell erscheinenden Zellen sind häufig weniger durchsichtige mit stark lichtbrechendem Inhalte eingestreut. Taf. VI, Fig. 8.) Der Pylortheil des Magens ist ausgekleidet von einem polygonalen Wimperepithel. Der Querschnitt der einzelnen Zellen desselben ist ist viel kleiner als der der Epithelzellen des übrigen Magens. (Taf. VI, Fig. 7.) Die Wimpern tragenden Zellflächen sind sehr scharf begrenzt, so dass man mitunter geneigt ist, zu glauben, die Wimpern sässen auf einer besonderen, über die Zellen weglaufenden Membran. Die Zellauskleidung des Beclum ist sehr ähnlich der des Gardial- theiles des Magens. Die Zellen des Magens mit Ausnahme der wimpertragenden ent- halten im Leben häufig braunes Pigment, ein Umstand, der die Ver- rnuthung, dass sie als Leberzellen functioniren, stützt. Im Umkreis der Mundöffnung erheben sich die Tentakeln. Ge- wöhnlich sind es 18 Stück, welche die im entfalteten Zustande glocken- förmige Tentakelkrone zusammensetzen. (Taf. IV, Fig. 1.) Mitunter konnte ich aber nur 1 7 Stück zählen. 1) Beiträge z. Anat. u. Entwickelungsgesch. d. phylaclolacni. Süssw. Bryoz. Archiv, f. Anat. u. Physiol. 1868. Sep. Abdr. p. 19. 51 Die Tentakeln stellen hohle röhrenförmige Gebilde dar. Sie wer- den gestützt von einem ihren Hohlraum begrenzenden Schlauche, gebildet aus einer homogenen Membran, welche zusammenhängt mit der in die Zusammensetzung der Magenwände eingehenden homogenen Lamelle. Nach aussen wird dieser Schlauch bekleidet von einem Wim- perepithel, welches sich unmittelbar fortsetzt in die Zellbekleidung des Oesophagus. Der Querschnitt der Tentakeln ist an der Basis abgerun- det dreieckig , die Basis des gleichschenkligen Dreieckes nach aussen zu gewendet; weiter oben ist derselbe mehr rundlich. Eine genaue Einsicht in die Vertheilung der einzelnen Zellen auf der Oberfläche der Tentakeln zu gewinnen, ist bei der ungemeinen Kleinheit der zu unter- suchenden Objecte ungemein schwer. Indessen glaube ich mich doch überzeugt zu haben, dass die Innenfläche der Tentakeln , d. h. die- jenige , deren Zellbelag sich direct fortsetzt in die Epithelialausklei- dung des Oesophagus, besetzt ist mit längeren Wimperepithelzellen, welche 2 oder 3 Längsreihen zu bilden scheinen (Taf. VI, Fig. 10, a). Die Wand des homogenen Schlauches, dem sie aufsitzen, erscheint hier etwas verdickt. Die Seitenflächen der Tentakeln erscheinen da- gegen bekleidet jederseits mit 3 Längsreihen deutlicher kernführender Zellen (Fig. 10, b,c,d). Die auf einem Querschnitt jederseits den langen Epithelzellen zunächst liegende Zelle b erscheint als die grössle. Im Winkel, welcher sich zwischen ihr, den Cylinderepithelzellen a und der homogenen Lamelle l findet, kann man mitunter noch jeder- seits einen deutlichen Kern (resp. vielleicht eine kleine Zelle) finden (Fig. 10, e). Höchst wahrscheinlich wird eine spätere Untersuchung frischer Exemplare zeigen, dass auch die Tentakeln dieser Species mit einzel- nen langen borstenartigen Haaren (wahrscheinlich Fühlhaaren) besetzt sind, wie dies von Mein, branipora pilosa und Alcyonella fungosa früher von Farre und mir1) nachgewiesen wurde. Der Innenwand des homogenen Schlauches angelagert kann man mitunter noch sträng- oder faserähnliche Gebilde erkennen. Wenig- stens erhält man auf Querschnitten Bilder, welche sich wohl nur so deuten lassen. Die Höhlungen der einzelnen Tentakeln münden nach unten zu sämmtlich in einen hohlen ringförmigen Raum, der nach innen zu von der Wand des Oesophagus, nach aussen von der Tentakelscheide be- grenzt wird. Derselbe umgiebt also als ein Ringcanal die Mundöffnung. 1) Philosophical Transactions, London 1837. p. 412. Beiträge z. Anatomie u. Entwickelungsgesch. der phylactolaeinen Süsswasser bryozoen. Sep.-Abdr. p. 27. 52 Gegenüber der Vermuthung Reichert's, die Höhlungen der Tentakeln communicirten durch kleine Oeffnungen mit dem Lumen des Oesopha- gus, muss ich ausdrücklich constatiren, dass dem wenigstens bei Fl. membranacea nicht so ist. Innerhalb des Lumen dieses Ringes und zwar in der Symmetrie- ebene auf der Analseite des Oesophagus liegt auch das Gebilde, wel- ches ich als das Nervencentrum unserer Thiere ansprechen möchte. Taf. IV, Fig. 1 u. 2; Taf. V, Fig. 1,4; Taf. VI, Fig. 1, N.)' Es ist dies ein rundliches, etwas quergezogenes scharf begrenztes, von einer membranösen Hülle umgebenes Gebilde, welches mitunter an jungen Exemplaren in seinem Innern deutliche Zellen erkennen lässt. Mit- unter hat es den Anschein als entspringen nach rechts und links von seinem der Rasis der Tentakeln zugekehrten Rande zwei kurze Ausläu- fer. Dieselben aber weiter zu verfolgen, war mir nie möglich. Ob die helle linienarlige Zeichnung, welche man stets auf der Analseite des Oesophagus in der Medianlinie verlaufen sieht, in irgend welchem Zu- sammenhange mit dem eben beschriebenen Gebilde steht, ist mir sehr zweifelhaft geblieben (Taf. V, Fig. 2 A, n). Der Umstand, dass wir es hier mit einem Gebilde zu thun haben, welches genau die Stelle einnimmt, wie das sicher constatirte Ganglion bei den Phylactolaemen , scheint mir ungemein für die Deutung des- selben als Gentrum des Nervensystems zu sprechen. Dieses Ganglion steht übrigens , soweit ich gesehen habe, in keinerlei Zusammenhang mit denjenigen Gebilden , welche als »Colonialnervensystem« von Smitt angesprochen worden sind. Auch hat es nichts zu thun mit demjenigen, welches Smitt bei Lepralia nitida als das Specialganglion des betreffenden Thierhauses bezeichnet. *) Es ist dies letztere Ding ein Gebilde, welches zugleich mit einer sogenannten »Keimkapsel« vorhanden ist, in einem Zoöcium, welches bereits sein Polypid verloren hat. Das, was ich eben beschrieb, ist dagegen ein integrirender Theil des Polypids und geht mit diesem zugleich unter. Die Tentakelscheide bildet, wenn das Polypid in das Zoöcium ganz zurückgezogen ist, einen cylindrischen Sack, etwas länger als die Tentakeln, welche er dicht umschliesst. Sie setzt sich mit ihrer Rasis fest an die Rasis der Tentakeln und den Anfangstheil des Oesophagus, die Höhlung des Ringcanales wie gesagt nach aussen abschliessend. Mit ihrem andern Ende geht sie über in die Endocyste des Zoöcium im Umkreise der Mündung. Sie erscheint also als eine schlauchförmige 1) Öfvers. afK. Vet. Akad. Förhandl. 4S6f>. Taf. VI, Fig. 1 . p. 32. 53 Einstülpung der Endocyste, die sich durch einen Spalt der Ectocyste nach aussen öffnet. Eine solche Auffassung ist aber, wie wir später sehen werden, genetisch nicht zu begründen (Taf. IV, Fig. 2, Tsch). Ihrer histologischen Structur nach besteht die Tentakel- scheide aus einer anscheinend ziemlich homogenen Lamelle, in welche hie und da deutliche Kerne eingestreut sind. Dieselbe ist aufzufas- sen als hervorgegangen aus der Verschmelzung einer Zelllage. In ihr sind eingebettet (oder aufgelagert?) Längs- und Querfasern, welche als Muskelfasern zu deuten ich keinen Anstand nehme. Die Quer- muskelfasern bilden ziemlich nahe an der Basis der Tentakeln, von diesen aber durch einen Zwischenraum getrennt, einen deutlichen breiten Sphinkter (Taf. V, Fig. 1, A.m). Wenn man den Rand der Tentakelscheide auf dem optischen Durchschnitt betrachtet, so kann man sich leicht überzeugen, dass man es hier wirklich mit Ringfasern und nicht mit einer Runzelung der Tentakelscheide zu thun hat. Auch ist die Stelle, an welcher sich dies Bild zeigt, viel zu constant und stets zu scharf begrenzt, als dass man eine blosse Runzelung annehmen dürfte. Die Längsfasern entspringen an der Basis der Tentakel- scheide als dünne, helle, scharf contourirte Fasern, welche anfänglich in dem ganzen Umfange der Tentakelscheide gleichmässig vertheilt sind. Kurz vor dem anderen Ende derselben ordnen sie sich aber in 4 Bündel (Taf. V, Fig. 1, B.m'), von denen zwei der analen und zwei der abanalen Fläche der Tentakelscheide angehören. Dicht vor der Spitze der in ihr eingeschlossenen Tentakeln wird die Höhlung der Tentakelscheide abgeschlossen durch ein Diaphragma (Taf. IV, Fig. 1 , d ; Taf. V, Fig. 1 , B. d) . Dasselbe besteht aus einem kur- zen, hohlen, an der Spitze offenen Kegel. Sein unterer Band inserirt sich an der Tentakelscheide, seine Aussenfläche ist also dem Deckel- apparat, die Innenfläche dagegen den Tentakeln zugekehrt. Es wird gebildet von einer Lamelle, welche mit der Substanz der Tentakel- scheide direct zusammenhängt und in der deutliche Bingfasern einge- bettet sind, welche einen kräftigen Sphinkter bilden, der die Ten- takelscheidenhöhle vollkommen abschliessen kann. Die dem Deckel zugewendete Fläche des Kegels ist mit einem deutlichen Cylinderepithel belegt. Betrachtet man ein Zoöcium mit stark eingezogenem Polypide von oben oder unten (Taf. V, Fig. 1 , B, d) , so erscheint der Diaphrag- makegel als eine runde, in der Mitte durchbohrte, mit Zellen bekleidete Stelle kurz hinter dem halbmondförmigen verdickten Deckelrande. Von dem vorderen Ende der Tentakelscheide verlaufen nach den Wänden des Zoöcium die P a r i e t o v a g i n a 1 b ä n d e r und die P a r i e - 'tovacina 1 muskeln. 54 Diejenigen Gebilde, welche ich als Parietovaginalbänder be- zeichne (Taf. IV, Fig. 1 u. 2; Taf.V, Fig. 1, Au. B, Ug.pv), entsprechen durchaus den sogenannten hinteren Parietovaginalmuskeln der Phy- lactolaemen, welche ja, wie ich gezeigt habe *), ebenfalls in ihrem Bau von den übrigen Muskeln scharf unterschieden sind. Es sind stets zwei Paar Parietovaginalbänder vorhanden, ein oberes und ein unteres Paar. Die Bänder des unteren Paares entspringen von der Analseite der Tentakelscheide ziemlich weit vorn und laufen nach vorn, aussen und unten gegen die Wand des Zoöcium, auf dessen Unterfläche sie sich nicht weit von den vorderen Ecken an die Endocyste inseriren. Die Bänder des oberen Paares entspringen von der abanalen Seite der Ten- takelscheide in derselben Bingzone wie die unteren und laufen (das Polypid stets müssig zurückgezogen gedacht) nach aussen, oben und hinten (Taf. IV, Fig. 2) an die obere Wand des Zoöcium , wo sie sich ebenfalls der Endocyste inseriren. Was den histologischen Bau der Parietovaginalbänder be- trifft, so bestehen sie aus breiten, dünnen Bändern einer homogenen Substanz. In jedes Parietovaginalband tritt eines der 4 Bündel von Muskelfasern, welche wir oben an der Tentakelscheide beschrieben haben. Die einzelnen Muskelfasern liegen parallel nebeneinander, durch regelmässige Zwischenräume getrennt und geben den Bändern ein fein längsgestreiftes Aussehen. Diese Gebilde waren bisher völlig übersehen worden. Die Parietovaginalmuskeln werden gebildet von zwei Mus- kelbündeln, welche dicht hinter den Ursprungsstellen der Deckelmus- keln von den Seitenflächen des Zoöcium entspringen und sich jeder- seits ein wenig hinter den Ursprungsstellen der Parietovaginalbänder seitlich der Tentakelscheide inseriren (Taf. IV, Fig. 1 u. 2, pvm; Taf.V, Fig. 1, Au. B, pvm). Wenn sie sich contrahiren, so ziehen sie öfters die Tentakelscheide nach beiden Seiten in zwei kleine ohrartige Blind- säcke aus. Sie bestehen aus einer Anzahl lose nebeneinander herlau- fender Muskelfasern, welche genau denen gleichen, welche die Deckel- und Parietalmuskeln bilden. Nur noch ein Muskel bleibt zu beschreiben übrig. Es ist dies der grosse Betractor des Polypids. Der grosse Betractor besteht aus einer grossen Menge langer, dünner, cylindrischer Fasern, deren Quer- schnitt variirt je nach dem Contractionszustande, in dem sie sich gerade befinden. In der Mitte ihrer Längsausdehnung erkennt man, an ihnen festgehalten durch ein dünnes Sarcolemma, einen deutlichen ovalen 1) Archiv f. Anat. u. Physiol. 1868. Sep.-Abdr. p. 9. 55 Kern mit Kernkörperchen. Mitunter, aber nicht immer, und unabhän- gig davon, ob sie gerade contrahirt oder erschlafft sind, kann man an ihnen eine deutliche Querstreifung wahrnehmen, welche ihren Grund hat nicht in einer Querrunzelung des Sarcolemma, sondern in inneren Structurverhältnissen der Fasersubstanz (Taf. VI, Fig. 11). Diese Fasern entspringen von einer gemeinsamen rundlichen Ur- sprungsstelle in der Mitte der Hinterwand des Zoöcium, laufen frei durch die Höhlung des Zoöcium nach vorn und setzen sich grössten- theils an dem Vorderrande des Oesophagus und der Basis der Tentakeln an, mit Ausnahme der analen Seite dieser Zone. Dagegen inseriren sich einzelne Fäden stets an dem Anfange des Cardialtheils des Magens (Taf. IV, Fig. 1 u. 2; Taf. V, Fig. -\,A). Ich wende mich nun zur Beschreibung der Funicularpla tle, welche, genetisch betrachtet, wie bereits oben gesagt, zu der Endocyste gehört, deren Besprechung aber aus Opportunitätsgründen bis jetzt ver- schoben wurde. Dieselbe ist eine dünne Platte mit vielfachen, mehr oder minder un regelmässigen und verzweigten flachen Ausläufern, welche horizontal, der Unterfläche mehr angenähert als der Oberseile, den Hohlraum des Zoöcium durchsetzt (Taf. V, Fig. 9, fpl). Ihr Cen- traltheil setzt sich als eine Art horizontalen Bordes an den Magen (mit Ausnahme des Cardialtheiles) an, ihr am wenigsten durchbroche- ner Theil an das Ende des Blindsackes. Die peripherischen, zer- schlitzten Ausläufer verbinden sich theils mit den Funiculi laterales und zwar am häufigsten dort, wo letztere von den Zellpfröpfen der Bo- settenplatten ihren Ursprung nehmen, theils inseriren sie sich und zwar ist dies besonders am Hinterrande des Zoöcium der Fall, auch an der Endocyste der Unterseite. Histologisch betrachtet ist die Funicular- platte eine flächenhafte Aneinanderreihung spindelförmiger Zellen mit deutlichen Kernen (Taf. VI, Fig. 1 2) zu einer einzigen Lage. Die Funicularplatte ist ein ungemein dauerhaftes Gebilde. Sie bleibt erhalten auch dann, wenn der Darm nebst Tentakelkrone ab- stirbt und sich, wie wir später sehen werden, zu einem sogenannten »braunen Körper« umwandelt. Sie ist es, welche dann diesen »braunen Körper«, mit dem sie noch in Verbindung steht, an einer bestimmten Stelle im Zoöcium fixirt. Das was Smitt als das Colon ialnervensystem von Fl. membranacea beschreibt und abbildet1), besteht theils aus dieser Funicularplatte, theils aus den Spindelzellsträngen der Endocyste der Unterfläche des \) Om Hafsbryozoernas utveckling och fellkroppar. Öfters, af K. Vcl.-Akad. Foih 1S65. No. \. p. 32. Taf. VI, Fig, 2 u. Taf. VII, Fig. 3. 5* 56 Zoöcium. An Zoöcien, welche ihr Polypid verloren haben, ist es oft- mals schwer, diese beiden Gebilden auseinander zu halten, da bei die- sen die Funicularplatte sich dicht an die Endocyste anlegt. Die Funi- culi laterales und die Zellpfröpfe der Rosettenplatten hat Smitt bei dieser Species nicht gesehen, sonst würde er die letzteren wahrschein- lich als Colonialganglien angesprochen haben ; wenigstens scheinen mir die Gebilde, die er bei anderen Species als Colonialganglien beschreibt, genau den Zellpfröpfen bei Fl. membranacea zu entsprechen. Der Umstand, dass man das » Golonialnervensystem « der Bryozoen und besonders der Chilostomen hauptsächlich an solchen Zoöcien unter- sucht hat, welche ihr Polypid verloren hatten, hat offenbar verhindert, dass man die Verbindung der Funicularplatte mit dem Epithelium der Aussenfläche des Darmcanals erkannte. Das Bild eines frei das Zoö- cium durchziehenden Geflechtes von verschiedenen anastomosirenden Strängen erhält man wirklich nur dann. Bei Bugula plumosa und auch bei anderen Chilostomen habe ich mich aber überzeugt, dass das Golo- nialnervensystem eines Zoöcium mit abgestorbenem Polypid wirklich nichts weiter ist, als der Rest einer Anzahl mehr oder weniger flächen- hafter Stränge, welche den Darmcanal des Polypids zu der Zeit als letzteres noch auf der Höhe seiner Ausbildung stand, mit der Endocyste und zwar hauptsächlich mit den die Rosettenplatten überziehenden Theilen der Endocyste verband. Ich muss daher offen bekennen, dass mir in keiner Beziehung ein hinreichender Grund vorzuliegen scheint, das fragliche Gebilde als wirklich nervöser Natur anzusehen. Es ist ja durchaus nicht zu leug- nen, dass vielleicht einzelne Elemente desselben zur Fortleitung von Reizen geeignet sein mögen, das ganze Gebilde ist, als meiner Ansicht nach, nicht ein Nervengeflecht. Schon der Umstand, dass es bei jeder Lagenveränderung des Darmcanales gezerrt und gedehnt wird, lässt dies höchst zweifelhaft erscheinen. Betrachten wir aber gar das Zoöcium und das Polypid als zwei Individuen, von denen das eine in dem anderen, seinem Mutterthiere, definitiv eingeschachtelt bleibt, so erscheint die Annahme, dass ein nervöses Organ es ist , welches die Befestigung des einen Individuum in anderen theilweise bewirkt, als völlig unzulässig. Auch eine physiologische Notwendigkeit für das Vorhandensein eines » Colonialnervensystems « scheint mir durchaus nicht zu existiren. Schon das blosse Fehlen eines jeden als Leitungsweg für Reizungen von einem Individuum des Thierstockes zum anderen zu deutenden Apparates bei den Phylatolaemen (denn dass der Funiculus hier nicht so gedeutet werden darf, leuchtet leicht ein, er steht ja in gar keiner 57 Verbindung mit dem bei diesen Thieren unzweifelhaft erwiesenen Ner- vencentrum), spricht ungemein gegen die Annahme, dass ein solches Organ ein noth weniges Postulat sei für das Colonialleben. Ich kann mir ferner die Thatsache, dass alle Polypide eines Stockes sich zurückziehen ", wenn nur ein einziges Polypid gereizt oder inju- riirt wird, sehr wohl erklären, ohne ein Colonialnervensystem anzu- nehmen. Ein Bryozoenstock , z. B. unsre Fl. membranacea, kann aufgefasst werden als ein Aggregat von ringsgeschlossenen Säcken, welche mit Flüssigkeit prall erfüllt sind ; durch Weichtheile verschlos- sene Poren verbinden die Höhlungen der einzelnen Säcke. In jedem Sacke, dem Zoöcium, liegt eingeschachtelt ein Polypid. Die Bewegung eines jeden solchen Polypides muss nun nothwendig eine Erschütterung der das Zoöcium erfüllenden Flüssigkeit hervorbringen und diese Er- schütterung kann sich sicherlich durch die Poren oder vielleicht auch durch Schwingungen der dünnen Boseltenplatten auf den flüssigen Inhalt der benachbarten Zoöcien in weitem Umkreise fortpflanzen. Die Erschütterungen der Flüssigkeit werden sich direel auf die in der Flüs- sigkeit schwimmenden Polypide fortpflanzen und diese somit benach- richtigt werden, dass in einem Zoöcium des Stockes eine Bewegung des Polypids stattgefunden hat. Ich glaube, dass wir nur auf die sich uns darbietenden Homolo- gien Rücksicht nehmen dürfen, wenn wir die Natur des fraglichen Ge- bildes und seine Bedeutung für das Leben unseres Thieres bestimmen wollen. Das einzige homologe Gebilde ist der Funiculus bei den Phy- lactolaemen. Ich sehe die Funicularplatte genau so wie den Funiculus als ein Organ an, welches dazu dient, das Polypid, besonders den Magen desselben in einer bestimmten Lage zum Zoöcium zu fixiren, namentlich wenn dasselbe hervorgestülpt ist. Betrachten wir nun noch kurz, nachdem wir den Bau des Thieres in seinen Einzelheiten kennen gelernt haben, wie die Verschiebungen des Polypids gegen das Zoöcium, besonders die Hervorstülpung des ersteren, vor sich geht. Wir nehmen an, das Polypid läge zurückgezogen wie in Fig. 2 auf Taf. IV. Soll die Evagination beginnen , so erschlaffen zunächst die Deckelmuskeln, die Parietalmuskeln contrahiren sich, die Oberfläche des Zoöcium, die Mündungsarea, wird herabgezogen, die Flüssigkeit in der Zoöciumhöhle comprimirt und ein Druck auf das Polypid ausgeübt ; dieses letztere weicht nun dem Drucke aus und zwar nach dem locus mi- noris resistentiae zu, d.h. die Spitzen der Tentakeln drängen gegen das Diaphragma an, der Sphinkter des letzteren erschlafft und die Tentakeln treten allmälig aus der Mündung hervor; zugleich wird nach und nach 58 die Tenlakclsehcide ausgestülpt, so dass ihre frühere Innenfläche nun nach aussen zu liegen kommt und der After nicht mehr in das Innere derselben, sondern frei nach aussen mündet. Nur die dem Diaphragma zunächst gelegene Zone der Tentakelscheide bleibt permanent als in- vaginirtc Falte im Innern des Zoöcium zurück, festgehalten von den 4 Parietovaginalbändern. Die Falte wird aber eine doppelte dadurch, dass auch der Diaphragmakegel auch aussen gedrängt wird und nun als eine Art Ringwall nach innen von dem Rande der weit geöffneten Mündung die Tentakelscheide umgiebt (Taf. IV, Fig. 1 d). Die Zurückziehung wird dadurch eingeleitet, dass zunächst die Parielovaginalmuskeln die Tentakelscheide ein wenig zurückziehen; die durch die Hervorstülpung des Polypids ungemein stark gedehnten Fasern des grossen Retractors vollenden dann die Zurückziehung, wäh- rend die Parietalmuskeln erschlaffen. Eine Contraction der Diaphragma- sphinkters und der Deckelmuskeln bewirkt endlich den definitiven Ver- schluss des Zoöcium. Im Allgemeinen scheinen die Polypide sich nur dann zurückzu- ziehen, wenn Gefahr von aussen droht, der Rand des Diaphragmakegels ist also gewöhnlich nach aussen zu vorgestülpt, und dient sehr häufig 2 oder 3 kleinen Vaginicolen als Refesligungspunkt; wird das Polypid bei drohender Gefahr nun zurückgezogen, so« kommen diese kleinen Parasiten mit dem Deckelkegel unter die halbmondförmige Deckel- falte zu liegen und sind gleichfalls in Sicherheit. Die Knospungsvorgänge. Eine der auffallendsten Eigen thümlichkeiten der Knospung bei den Br\,ozocn besteht darin, dass durch die Knospung eines bestimmten Zoöcium nach aussen anfänglich ein Gebilde erzeugt wird , welches einem Zoöcium ohne Polypid äquivalent ist, und dass das Polypid, also nach der Auffassung vieler Forscher die Verdauungs- und Respira- tionsorgane nicht durch Differenzirung des Inhaltes, des Gewebes der Knospe , sondern durch eine seeundäre Knospung der Wandung des primär entstandenen Zoöcium — der Leibeswand — nach innen er- zeugt wird. Ganz gleiche Vorgänge zeigen sich auch bei der geschlechtlichen Fortpflanzung : die aus dem Ei hervorgegangene Larve, mag sie auch noch so hoch organisirt sein und z. B. wie Cyphonautcs einen eigenen Darm besitzen, ist homolog einem Zoöcium, nicht einem Zoöcium -j- Poly- pid. Die Larve verwandelt sich durch directe Metamorphose in das 59 primäre Zoöcium, dieses erzeugt nachtraglich, durch innere Knospung das Polypid. l) 1) Metschnikoff scheint die hier ausgesprochene Auffassung der Vorgänge, durch welche eine Bryzoenlarve sich in das primäre Zoöcium mit dem primären Polypiden verwandelt, nicht zu theilen. Dieselbe wurde zunächst von Schneider (M. Schultze, Archiv. Bd. 5, p. 260) für die Verwandlung eines Cyphonautes in das primäre Zoöcium von Membranipora pilosa und nachträglich von mir für die Entwicklung der Larve von Bugula flabellata darzulegen gesucht (Zeitschr. f. wiss. Zoolog. Bd. 20. p. 9.). Wie weit eigentlich Metschnikoff von dieser Ansicht ab- weicht, ist allerdings aus seiner kurzen Notiz (Nachrichten d. Göttinger Univer- sität, 1869. No. 12) nicht ganz klar zu ersehen. Er sagt nur: »Ich kann über- haupt die Ansicht über das totale Verschwinden der Larvenorgane bei Cyphonautes, resp. die vollkommene Neubildung der Organe des definitiven Thieres nicht thei- len.« Sollte nun Metschnikoff dies so gedeutet haben wollen , dass damit ausge- sprochen wird , irgend ein Theil des Cyphonautes gehe als solcher in die Zusam- mensetzung des fertigen Zoöcium mit seinem Polypiden ein, dass z. B. der Darm- canal von Cyphonautes sich in den Darmcanal des Polypids verwandele, etwa in derselben Weise, wie der Darmcanal eines Pilidium zum Darmcanal der definitiven Nemertine wird, so muss ich mich' gegen eine solche Auffassung verwahren, und zwar abgesehen davon , dass ich mich von dem Gegentheile durch dircete Beob- achtung überzeugt zu haben glaube, auch aus theoretischen Gründen. Bei der Knospung entsteht, wie weiterhin ganz ausführlich gezeigt werden soll , zunächst nur das Zoöcium , und erst nachträglich in diesem durch Knospung nach innen das Polypid. Kein Theil des Polypids ist als solcher in der ursprünglichen Knospe an- gelegt. Nehmen wir nun an, ein Theil des Polypids des primären Zoöcium sei in der Larve präformirt , so nehmen wir zugleich an , es bestehe ein durchgreifender Unterschied zwischen der Art und Weise , wie das Polypid des primären Zoöcium sich bildet, und der Entstehungsweise der Polypiden aller folgenden, von dem primären Zoöcium geknospten Zoöcien. Eine solche Annahme scheint mir un- statthaft. Der einzige Unterschied, welcher zwischen diesen beiden Vorgängen besteht, ist der, dass das Material zur Entwicklung des primären Polypids inner- halb des primären Zoöcium geliefert wird durch einen Haufen Bildungsmaterial, welcher herstammt aus dem Zerfalle der Larvenorgane, dass hingegen das Material zur Erzeugung der Polypide in den auf das primäre Zoöcium folgenden Zoöcien der Knospe zugeführt wird aus dem Mutterzoöcium. Dies hat bereits Claparede auf das deutlichste ausgesprochen. (Zeitschr. f. wiss. Zool. Vol. XXI. p. 169.) Dagegen stimmt auch Claparede mit meiner Auffassung der Vorgänge der Ent- wicklung der Larve von Bugula flabellata zum primären Zoöcium mit seinem Po- lypide nicht ganz überein ; und zwar stösst er sich , wie mir scheint, hauptsächlich daran , dass ich den Ausdruck gebraucht habe : die Larve verwandle sich in ein Häufchen Bildungsmasse, umgeben von einer festen Membran. Ich muss zugeben, dass ich mit diesem Ausspruche zu weit gegangen bin. Ich habe damit nur sagen wollen, kein Organ der Larve gehe als solches in v den Bau des definitiven Thieres mit seinem Polypide ein, und will durchaus nicht behaupten, dass z. B. alle Zellen, welche die Leibeswand der Larve bilden, nun in eine protoplasmatische Masse sich verwandeln, etwa in der Art, wie Ratzel den Zerfall der aus der Fur- chung des Lumbricuseies hervorgegangenen Dotierelemente in die »Dotterruinen« 60 Eine weitere Eigenthümlichkeit derjenigen Bryozoen, bei welchen die einzelnen Zoöcien durch Scheidewände scharf gegen einander ab- gegrenzt sind und charakteristische, scharf ausgeprägte Formen zeigen, ist die, dass das aus der Larve entstehende primäre Zoöcium in seiner Gestalt und Grösse abweicht von der normalen Form der späteren durch Knospung entstandenen Zoöcien, welche die Mehrzahl der den Stock bildenden Elemente ausmachen. Man muss daher bei der Darstellung des Knospungsprocesses aus- gehen von dem primären Zoöcium , und kann zunächst nur die Ent- wicklung der Zoöcien in Betracht ziehen , die Besprechung der Ent- stehung der Polypide muss dagegen auf später verspart bleiben. Die Larve von Fl. membranacea ist, wenigstens als solche, noch nicht beobachtet worden. Der Umstand aber, dass unsere Species keine Zoöcien besitzt , und dass ihre Spermatozoon die so sehr eigentüm- liche büschelartige Gestalt besitzen l), zusammengehalten mit dem Um- stände, dass diese beiden Eigenthümlichkeiten auch Membranipora pilosa zukommen — dass die Spermatozoon dieser letzteren Species die gleiche Gestalt haben , davon habe ich mich durch Beobachtung über- zeugt — macht es wahrscheinlich , dass auch die Larvenform unserer Species übereinstimmt mit der von Membr. pilosa, d. h. dass sie ein Cyphonautes ist. Vielleicht ist die zweite grössere von Schneider 2) be- schriebene und abgebildete Cyphonautesform als zu Fl. membranacea gehörig zu betrachten. An grossen, alten Thierslöcken sind die ältesten Theile oft voll- kommen zerstört, und mit ihnen natürlich das primäre Zoöcium; dieses ist daher nur an jüngeren Thcrstöcken zu finden. Unter dem mir zu Gebote stehenden Material befanden sich nur zwei derartige junge Exemplare. Der grössteTheil des einen ist auf Taf. IV, Fig. 3 abgebildet. Die durch einen rothen Punkt ausgezeichneten beiden Zoöcien sind die primären, d. h. diejenigen, von denen, als von Mutterthieren die sämmt- lichen übrigen Zoöcien des Stockes sich ableiten lassen. Welches von diesen beiden Zoöcien das eigentliche primäre ist, für eine solche Ent- scheidung habe ich keine Anhaltspunkte gefunden. Vielleicht sind sie beide aus der Larve entstanden, d. h. die sich festsetzende Larve ist durch Theilung in zwei gesonderte Zoöcien zerfallen. Ein solcher Vor- schildert. Ich muss nur daran festhalten, und zwar auch für Cyphonautes, dass kein Theil der Polypids des primären Zoöcium präformirt ist in einem Organe der Larve. Auf Grund dieser Erläuterungen wird sich, so glaube ich fest, eine Ver- einigung der Ansichten von Claparede und mir sehr leicht herbeiführen lassen. 1) Smitt, Öfvers. af Kg. Vet.-Akad. Förhandl. 1865 Taf. VII, Fig. 4. 2) M. Schultze, Archiv, Bd. 5, 1869, Taf. XVI, Fig. 9. 61 gang wäre ja auch durchaus nicht einzelstehend. Für Alcyonella fun- gosa ist z. B. nachgewiesen, dass in der ursprünglichen bewimperten Larve gleichzeitig zwei Polypide auftreten ; dieselbe ist also zwei Zoöcien äquivalent, und dass sie nicht wirklich in zwei differente Zoöcien zerfällt, können wir nur dem Umstände zuschreiben, dass bei dieser Species eine Trennung der einzelnen Zoöcien überhaupt nur selten stattfindet. Die primären Zoöcien haben eine von der Gestalt des Normal- zoocium ungemein abweichende Form. Ihre Umrisse bilden zusammen eine karlenherzähnliche Figur. Eine von der Spitze des Herzens zudem Grunde des einspringenden Winkels hinlaufende Scheidewand trennt die beiden Einzclzoöcien. Ihr proximaler Theil ist der die Herzspitze ausmachende. Ihre Mündungsarea ist oval und liegt an dem distalen Ende eines jeden Zoöcium. Jedes für sich ähnelt daher ungemein einem Zoöcium von Membranipora pilosa. Sie zeigen aber nicht die unver- kalkten runden Stellen , die sogenannten Poren , welche sich an der Ectocyste der letztern Species vorfinden , sie haben nur zwei Stacheln an ihrem proximalen Mündungsarearande und diese sind bedeutend kürzer und stumpfer als bei M. pilosa. Die weiteren Vorgänge der Knospung an den primären Zoöcien sind denjenigen, welche Schneider an dem primären Zoöcium von Membranipora pilosa beschrieb, ungemein ähnlich ; während im All- gemeinen jedes jüngere Zoöcium von Fl. membranacea nur eine Knospe an seinem distalen Ende erzeugt und meistens schon ehe seine Wan- dungen zu verkalken beginnen, so treten an den primären Zoöcien eine ganze Reihe von Knospen auf und zwar nimmt hier jede Knospe ihren Ursprung von einem ovalen Räume der Wandung aus, dessen Ectocyste unverkalkt geblieben : so sind aus den- primären Zoöcien des auf Fig. 3 abgebildeten Stockes , aus dem unteren 5, aus dem oberen 3 Knospen entstanden. Die ovalen Knospungspunkte an der Leibeswand des pri- mären Zoöcium sind besser auf Taf. IV, Fig. 7 zu erkennen. An dem rechter Hand gelegenen primären Zoöcium entspringen die 3 durch punktirte Linien angedeuteten Knospen b" b'" b"" von derartigen ovalen Knospungspunkten. Auch an dem distalen Ende der beiden primären Zoöcien entstehen Knospen, dieselben sind also umgeben von einer ein- fachen geschlossenen Reihe junger Knospen, deren Wachsthumsrich- tungen von den primären Zoöcien als Mittelpunkt radial divergiren. Die Ausbildung dieses kleinen Stockes zu einem grossen scheiben- artig ausgebreiteten geht nun aber nicht einfach dadurch vor sich, dass alle jungen, von den primären Zoöcien erzeugten Knospen gleichmässig sich ausbilden und durch Knospung nun ihrerseits wiederum Zoöcien- reihen erzeugen, welche in Radien von den primären Zoöcien nach allen 62 Richtungen auslaufen. Vielmehr aborliren die dem proximalen Ende der beiden primären Zoöcien zunächst entstandenen Knospen, indem sie gegeneinander wachsen, keilförmig sich aneinander legen und keine weiteren Knospen erzeugen (Taf. IV, Fig. 3 g u. f). Die weiter nach dem distalen Ende der primären Zoöcien entstandenen Knospen erzeugen dagegen Zoöcienreihen , diese ändern aber ihre Wachsthumsrichtung, dicholomiren durch Einschaltungen neuer Zellreihen, biegen sich nach dem proximalen Ende der primären Zoöcien herum, legen sich den abortirten Knospen g u. f an, wachsen nun ein wenig gegeneinander, die zunächst auf einander stossenden Zoöcien [h u. i) abortiren wieder und werden keilförmig, ebenso das Zoöcium k, dann aber legen sich die aus dem oberen und die aus dem unteren primären Zoöcium entstan- denen umgebogenen Zoöcienreihen aneinander und wachsen parallel in einer der Wachsthumsrichtung der primären Zoöcien entgegengesetzten Richtung gleichmässig fort. Die über der schwarzen punktirten Linie A gelegenen Knospen des rechten geraden Randes des Stockes sind also Abkömmlinge des oberen primären Zoöcium , die unterhalb gelegenen Descendenten des unteren primären Zoöcium. Diese Verhältnisse lassen sich schlecht beschreiben ; ein Rlick auf die Figur 3; in welcher durch die punktirten rothen Linien der Stamm- baum des Stockes angegeben ist, wird klar machen, wie die einzelnen Zoöcien auseinander entstanden sind. Die abortirten Zoöcien f g hi k zeichnen sich nicht nur durch ihre am distalen Ende keilförmig zugespitzte Gestalt, sondern auch dadurch aus, dass sie keinen Deckelapparat besitzen, also kein Polypid in ihrem Innern erzeugt haben. Die aus dem distalen Ende der primären Zoöcien durch Knospung hervorgegangenen Zoöcien zeichnen sich ebenfalls durch abweichende Gestalt aus. Ihr Umriss ist noch durchaus nicht reetangulär wie bei dem normalen Zoöcium , das wir bei der Reschreibung der Anatomie von Fl. membranacea zu Grunde legten , derselbe ist vielmehr abge- rundet polygonal, sie haben mehr den Habitus von Membraniporen- zoöcicn als den von Flustrenzoöcien. Auch sind sie bedeutend kleiner als die normalen Zoöcien es durchschnittlich zu sein pflegen. Die den umgebogenen Zoöcienreihen angehörenden Zoöcien nehmen aber in dem jungen Stocke bereits sehr früh die gewöhnliche reetanguläre Gestalt an. Rei weiterer Knospung treten auch in den von dem distalen Ende der primären Zoöcien ausgehenden Zoöcienreihen Zoöcien von typischer Form auf und die reetanguläre Zoöcienform wird die herrschende in allen jüngeren Theilen des Stockes. Die membranipora-ähnliche Form 63 der Zoöcien ist auf die directe Umgebung der primären Zoöcien be- schränkt. Die einzelnen Zoöcienreihen, deren Zoöcien genetisch mit- einander zusammenhängen, d. h. die sogenannten Längsreihen, liegen in den älteren Theilen des Stockes ziemlich parallel nebeneinander, eine Anordnung, die gewöhnlich nur dann gestört wird, wenn auf die oben angedeutete Weise eine neue Zoöcienreihe eingeschaltet wird. Die Zoöcien der nebeneinander liegenden Längsreihen liegen alternirend, wie in dem ersten Abschnitte ausführlich dargelegt wurde, daher im Allgemeinen ihre quincunxähnliche Anordnung. Die Aussenränder des wachsenden Stockes bilden eine gleich- massig gekrümmte oder auch stellenweis gerade Linie , über welche die einzelnen jungen Zoöcien nicht hervorragen. Aus diesem Umstand zusammengehalten mit der quincunxartigen Anordnung der Zellen folgt, dass am Rande immer eine grössere Knospe von zwei kleineren seitlich begrenzt sein muss (Taf. IV, Fig. 5) . In einem stark wachsenden Stocke sind die Zoöcien der Randzone immer blosse Knospen, d. h. ohne jede Spur von Polypiden , die weiter nach innen liegende Zone zeigt schon weiter entwickelte Zoöcien. Diese lassen bereits die Anlage der hin- teren Stacheln erkennen, und haben beinahe ihre definitive Grösse er- reicht. Erst in einer weit mehr centripetal gelegenen Zone finden wir vollkommen entwickelte typisch verkalkte Zoöcien mit völlig ausgebil- detem Polypiden. Kommt aber ein Stock im Verlaufe seines Wachs- thumes an den Rand des Laminarienblattes , so geht er nur in seltenen Fällen über die scharfe Kante herüber auf die andere Seite desselben, vielmehr stellt er dann gewöhnlich sein Wachsthum hier ein , alle be- reits angelegten Zoöcien entwickeln sich aber normal bis auf die der äussersten Randreihe. Diese bleiben blosse Knospen, welche kein Polypid in sich erzeugen, keinen Deckelapparat entwickeln, dagegen erhalten auch sie an ihrem proximalen Ende die charakteristischen Stacheln und ihre Hinter- und Seitenwind verkalkt (Taf. IV, Fig. 6). Gewöhnlich wächst , wie gesagt , der ganze Rand eines Stockes gleichmässig fort, d. h. alle Zoöcienlängsreihen knospen so gleichmässig, dass die Randeontour nicht verändert wird. Mitunter aber beginnen an zwei etwas von einander entfernten Randstellen zwei Randzoöcien- gruppen stärker zu wuchern, sich stärker zu entwickeln als die zwischen ihnen liegende Zoöciengruppe. Es wölben sich dann diese beiden Stellen über die gewöhnliche Randeontour vor. Es werden öfters neue Zoöcienreihen eingeschaltet. Die Zoöcienlängsreihen diver- giren alsdann fächerartig, die Zoöcienreihen der einander zugewendeten Seilen der wuchernden Randstellen wachsen gegen einander und stossen schliesslich zusammen, indem sie die zwischenliegenden , nicht ßi wuchernden Zoöcienlängsreihen von dem Aussenrande des Stockes verdrängen. Die am Ende der verdrängten Zoöcienreihen gelegenen Zoöcien nehmen gewöhnlich eine abweichende, meist keilförmig zu- gespitzte Gestalt an und bleiben steril. So sind z. B. die drei Zoöcien- längsreihen A (Taf. IV, Fig. 4) von dem Aussenrande des Stockes ver- drängt worden, indem die rechts und links von ihnen liegenden Längsreihen vor ihnen sich zusammenschlössen. Auch die Zoocien der den ausgeschalteten Zoöcienreihen zunächst liegenden Längsreihen werden aber durch das Zusammenschliessen der beiden ursprünglich von einander getrennten Zoöciengruppen in ihrer Form beeinträchtigt, und haben in diesem Falle z. B. theils ebenfalls eine Umänderung in die Keilform erfahren , theils sind sie ungewöhnlich langgestreckt und schmal geworden. Sterile keilförmige Zoöcien kommen also nicht nur in der Nähe der primären Zoöcien, sondern auch in den später entstehenden Theilen des Stockes vor. In Bezug auf ihre histologische Structur bleiben die- selben meist lange auf dem Knospenzustande stehen , d. h. ihre Endo- cyste behält ihren deutlich zelligen Bau, und da die Endocyste in diesem Zustande vveisslich und undurchsichtig ist, so erscheinen sie in dem lebenden Stocke als weissliche Keile, an Spiritusexemplaren bei durch- fallendem Lichte betrachtet, dunkler als die angrenzenden Zoöcien. Nicht alle steril gewordenen oder vielmehr gebliebenen Zoöcien bleiben aber auf der Stufe der Keilzoöcien stehen , sie verwandeln sich mitunter in eine Zoöcienform, die ich als Thurmzoöcien be- zeichnen möchte (Taf. IV, Fig. 7 und Fig. 4 o. f.). Die zellig gebliebene Endocyste des hinleren proximalen Theiles der Oberseite beginnt nämlich zu wuchern und bildet eine grosse, schlauchartige Auftreibung, deren Längsachse senkrecht gegen die Unterlage steht. Die Ectocyste wird natürlich hierdurch ebenfalls auf- gebläht, verdickt sich ziemlich stark und das junge Zoöcium bekommt eine von dem typischen Zoöcium ungemein abweichende Gestalt. Der Thurmauswuchs kann ungemein lang werden , er ist oft 3 oder 4 Mal so hoch als das Zoöcium, das ihn erzeugte, lang ist. Er gliedert sich, soweit mir bekannt , niemals von der Höhlung des Zoöcium durch eine Scheidewand ab , kann also nicht als ein besonderes Individuum an- gesehen werden. Die Ectocyste des Thurmes bleibt stets ohne Kalk- einlagerungen , und auch die Stacheln des proximalen Theiles des Zoöcium bleiben unverkalkt, dagegen erhalten die Seiten- und Hinter- wände desselben Einlagerungen von Kalksalzen , und zwar finden sich in ihnen ausser den normalen Kalkplatten (Fig. 7 au) auch noch andere weiter nach oben gelegene zartere (bb), welche weiter auf die Ober- 65 seite des Zoöcium hinaufreichen. Solche Thurmzoöcien fallen an dem frischen Stocke sofort in die Augen. Sie erscheinen dem blossen Auge als krystallhelle , stramm aufgerichtete Zäpfchen , welche man anfäng- lich ohne nähere Untersuchung als etwas dem Thierstocke selbst Frem- des anzusehen leicht geneigt ist. Indessen scheinen sich nicht nur keilförmig gebliebene Endzoocien solcher Längsreihen , die von dem Aussenrande des Slockes verdrängt wurden , in Thurmzoöcien zu verwandeln , auch die , solchen Keil— zoöcien angrenzenden älteren, noch rectangulär gebliebenen Zoöcien scheinen sich so metamorphosiren zu können, so z. B. das Zoöcium f auf Fig. 4. Ja sogar ganz normal gebildete, mit Deckelapparat ver- sehene Zoöcien treiben mitunter Thurmauswüchse an ihrer Oberseile. In der Leipziger zoologischen Sammlung befindet sich z. B. ein leider getrocknetes Exemplar von Fl. membranacea , welches zahlreiche, über den ganzen Stock in quincunxartiger Vertheilung ausgebreitete Gruppen von Thurmzoöcien mit ungemein langen Thürmen zeigt. Die Thurmzoöcien sind hier bis auf den Auswuchs ganz normal gebaut und besitzen einen Deckelapparat. Ich bin geneigt, zu glauben, dass der thurmartige Auswuchs nicht gleich an der Knospe entstanden ist, dass wir es hier vielmehr mit Zoöcien zu thun haben, die ursprünglich denselben entbehrten und normale Zoöcien darstellten, dann aber ihr Polypid verloren und anstatt ein solches neu zu bilden — ein Vorgang, der, wie wir später sehen werden, ungemein häufig vorkommt — zu Thurmzoöcien sich transformirten. Es würde dies ein Vorgang sein, welcher einigermaassen zu ver- gleichen wäre mit der periodisch wiederkehrenden Verlängerung der Zoö- cien von Aethea argillacea, wie Smitt sie beschrieben hat. l) Allerdings kommt es bei letzterer Species nicht nur zu einer Verlängerung des einmal fertig gebildeten Zoöcium, sondern auch zu einer Neubildung des Deckelapparales an der Spitze des verlängerten Theiles und zur Neubildung eines Polypiden innerhalb desselben. Was die Dimensionen der einzelnen Zoöcien betrifft, so lässt sich durchaus nichts Bestimmtes angeben , da dieselben ungemein variiren. Im Allgemeinen sind die primären Zoöcien und die denselben zu- nächst liegenden bedeutend kleiner als die später entstandenen. Die Länge des oberen der auf Taf. IV, Fig. 3 abgebildeten primären Zoöcien betrug 0,41 Mm., die des längsten gestreckten Zoöcium h auf Fig. 4 dagegen 1,15 Mm., seine Breite 0,12 Mm. Die auf Figur 6 abgebildeten 1) Öfvers. al'K. Yet.-Akad. Förhandl. 1865, p. 39, Tab. IV, Fig. 18. 66 Zoöcien kann man ohngefähr als von normaler Länge betrachten. Das Zoöcium /"auf dieser Figur ist 0,77 Mm. lang und 0,25 Mm. breit. Ein Vergleich der Figuren 3, 4, 5, 6 und 8 auf Taf. IV, welche sämmtlich in 22facher Vergrösserung dargestellt sind, wird das über die wechselnde Grösse Gesagte auf den ersten Blick bestätigen. Nachdem wir nun im Allgemeinen die verschiedenen Modificationen betrachtet haben , denen die Form der Einzelzoöcien im Laufe des Wachsthumes eines Stockes unterliegen kann , wende ich mich zur genaueren Darstellung des Knospungsprocesses selbst. Derselbe ist in neuerer Zeit ausführlicher von Smitt beschrieben worden. Ich schalte hier die Darstellung des ausgezeichneten schwe- dischen Forschers in extenso ein, da dieselbe, weil in schwedischer Sprache abgefasst, nicht allen Zoologen ohne weiteres zugänglich ist. Smitt1) sagt: »Der Entwicklungsrand (von Fl. membranacea) zeigt .... von innen nach aussen , wie ein Zoöcium nach dem andern sich entwickelt .... Dieser ganze Rand ist also zu betrachten als eine Knospe der Colonie (des Thierstockes) als eine Gesammtknospe, welche durch Theilung sich in die einzelnen Zoöcien differenzirt und entwickelt. Dieselbe ist eine ausgebreitete Anschwellung längs des Randes der ganzen Colonie und besteht aus Fettkörpern , welche in eine Haut ein- geschlossen sind. Wir müssen wohl schon hier ihren Inhalt als Fettkörper ansehen, da wir keinen Unterschied entdecken können zwischen ihnen und den kleinen losen lichtbrechenden Körnern und Blasen , welche in der Leibeshöhle des ausgebildeten Zoöcium schwimmen , und welche , wie wir weiter unten sehen werden , nur dazu dienen können , die Organe zu reproduciren , welche in den Knospen , die wir hier vor Augen haben, neu gebildet werden. Die Gesammtknospe breitet sich mehr und mehr aus , ihre Theilung zeigt sich zuerst als eine Falte der Haut zwischen deren beiden Blättern sich bildet eine dem Aussehen nach hornige durchbrochene Zwischenwand. Durch diese verticalen , fast parallelen Theilungswände entstehen die ersten Anlagen zu den wer- denden Zellreihen , welche gegen das Centrum der Colonie radial ge- stellt sind. Die Gesammtknospe ist auf diese Weise getheilt worden in neben einander liegende, abgeplattete Bohren. Wenn die Entwicklung von Organen im Inneren des bleibenden Thierhauses an der Basis der Bohren ihren Anfang genommen hat, theilen sich diese, jede für sich, durch Querwände, welche auf dieselbe Weise entstehen, wie die vor- hin beschriebenen Längswände der eben neu begründeten Thierhäuser.« 1) Öfvers. afK. Vet.-Akad. Förli. 1865, Nu. \, p. 5. ,67 Smitt nimmt also an , es gäbe einen Zeitpunkt, wo der äusserste Rand des ganzen Stockes, resp. ein grösserer Theil desselben umgeben ist von einer grossen, ungeteilten Knospe, in welcher erst nachträglich und zwar vom peripherischen Rande aus Scheidewände auftreten, welche die von den sämmtlichen , am weitesten nach der Peripherie zu gelegenen fertigen Zoöcien gemeinsam gebildete Gesammtknospe in je einer Zoöcienlängsreihe entsprechende Abschnitte zerlegen. Ein Vorgang , wie der von Smitt geschilderte , muss dem unbe- fangenen Beurtheiler schon aus rein theoretischen Gründen etwas un- wahrscheinlich vorkommen. Einerseits würde es nämlich eine höchst auffallende und gänzlich einzig dastehende Thatsache sein, dass eine Anzahl von Individuen einer so hoch organisirten Thiergruppe sich zusammenthun , um gemeinschaftlich eine Knospe hervorzubringen. Wir können uns sehr wohl denken, dass eine von einem Individuum erzeugte Knospe in mehrere Einzelindividuen zerfällt. Der umge- kehrte Vorgang erscheint als völlig unvereinbar mit unserer jetzigen wissenschaftlichen Auffassung des Individuums. Die einzigen be- kannten Fälle, wo zwei Individuen sich vereinigen , um ein drittes zu bilden, sind die geschlechtliche Copulation und die Conjugation, mit diesen beiden Vorgängen hat aber die Knospung der Bryozoen auch nicht das Mindeste gemein. Andererseits muss man festhalten , dass in dem die Gesammt- knospe nach Smitt's Anschauungen erzeugenden Stocke doch auch be- reits radiale Zoöcienlängsreihen existiren , und dass es vollkommen unbegreiflich erscheint, weshalb in der ganz ungegliederten Gesammt- knospe die Radialscheidewände am peripherischen Rande gerade an solchen Stellen auftreten, dass sie centripetal fortwachsend genau auf die Scheidewände der präexistirenden Zoöcienlängsreihen des Stockes treffen. Die Untersuchung der mir zu Gebote stehenden Exemplare hat mich denn auch zu einer Auffassung des Knospungsvorganges kommen lassen, welche von der Smitt'schen einigermaassen abweicht. Ich habe mich zunächst niemals überzeugen können , dass zu irgend einer Zeit der Entwicklungsrand besteht aus einer Gesammt- knospe, welche ihre Entstehung mehreren mehr central liegenden Zoöcien verdankt. Betrachten wir den Rand eines massig wachsenden Stockes , so finden wir, dass derselbe gebildet wird von noch unfertigen Zoöcien. Wenn in denselben überhaupt schon die Anlage des Polypids vorhan- den ist, so ist die Mündung des Zoöcium doch noch nicht durch- gebrochen , und das Polypid kann also noch in keinen Verkehr mit der 68 Aussen weit treten. Aber auch die kleinsten Zoöcien, welche übrigens, wie aus dem oben Gesagten hervorgeht, immer von zwei etwas weiter entwickelten nach rechts und links begrenzt werden, sind scharf gegen die anliegenden abgegrenzt. Ein- jedes unfertige Zoöcium besieht aus einem einfachen parallelopipedischen Sacke, dessen Wandung von einer sehr zarten durchsichtigen Eclocyste und einer aus deutlichen , zelligen Elementen gebildeten Endocyste gebildet wird. In dem Stocke, den wir jetzt betrachten, d. h. in einem massig wachsenden, sind die Zoöcien der Randzone zwar oftmals bedeutend kleiner, niemals aber sehr bedeutend länger als die Zoöcien , denen sie entsprossen sind, und zwar sitzt jede Zoöciumknospe der Randzone mit ihrem hinteren proximalen Ende dem Vorderende eines Zoöcium der nächstinneren Zoöcienquerreihe auf; nur selten liegen zwei Zoöcienknospen dem Vorderende eines älteren Zoöcium an (Taf. IV, Fig. 3 rechter Hand) . Hier haben wir es also sicher mit einem Gebilde zu thun, welches durchaus keine Aehnlichkeit hat mit einer Smitt'schen Gesammtknospe. Wir erkennen nur eine Randzone scharf gegen einander abgegrenzter Handzoöcien, welche so gleichmässig an ihrem distalen Ende wachsen, dass der Rand des Stockes scharf abgeschnitten erscheint. Ist nun das Wachsthum sämmtlicher Randzoöcien so weit fort- geschritten, dass die längsten Zoöcienknospen der Randzone die für diesen Theil des Stockes normale mittlere Zoöcienlänge überschritten haben, so beginnt die Endocyste an der Stelle, welche dem normalen Ende des übermässig gewachsenen Zoöcium entsprechen würde, nach innen zu eine Falte zu bilden , welche senkrecht gegen die Längsachse des Zoöcium steht. Die Falte bildet sich gleichzeitig an der oberen und unteren Wand, sowie an den Seilenwänden; die Ränder der Falte wachsen gegen einander, treffen sich in der Mitte und verschmelzen hier. Es hat sich also ziemlich nahe dem Vorderende des betreffenden Zoöcium eine aus zwei Blättern der Endocyste gebildete Scheidewand gebildet, welche das Lumen des Zoöcium quer durchsetzt, und den vordersten Abschnitt des ursprünglich einfachen Zoöcium abtrennt: aus dem übermässig verlängerten Zoöcium ist ein normal grosses Zoöcium mit einer Knospe an seinem vorderen Ende geworden. Die Wände der Falte secerniren in das Lumen der Falte hinein jede eine Chitinlamelle, die beiden Chitinlamellen legen sich an einander, wenn die Ränder der Falte sich treffen, treffen sich auch die Chitinlamellen, und verschmelzen. Die eine bildet nun die Ectocyste der Vorderwand des jetzt in zweite Linie gerückten Mutterzoöcium , die andere die Ectocyste der Hinterwand der Knospe. Auf Tafel V, Fig. 1 2 ist ein Zoöcium abgebildet, von dem sich eben eine Knospe abschnürt. Die 69 Falte ist bei a deutlich sichtbar. Jede Knospe entsteht also durch eine einfache Abtrennung des Vorderendes ihres Mutterzoöcium. Etwas anders verhält sich die Sache bei einem in starkem Wachs- thume begriffenen Stocke, und zwar sind es offenbar vornehmlich der- artige Stöcke, an denen Smitt seine Beobachtungen gemacht hat. Hier ist die noch unfertige Zoöcien enthaltende Randzone viel breiter, erst in der zehnten oder zwölften Querreihe finden wir Zoöcien mit völlig entwickelten Polypiden und mit normal ausgebildeten Kalkeinlage- rungen in der Ectocyste. Indessen haben bereits sämmlliche Zoöcien mit Ausnahme derjenigen der äussersten Randzone ihre definitive Be- grenzung erhallen. Ob die einzelnen Zoöcien auch nach ihrer Abgren- zung noch um ein Weniges wachsen können, ist bei der grossen Varia- bilität der Zoöciendimensionen schwer zu constatiren , erscheint mir aber wahrscheinlich. Die Zoöcien der äussersten Randzone haben be- reits ihre Normalbreite erlangt und sind scharf abgegrenzt gegen die Zoöcien der anliegenden Längsreihen , ihre Länge übertrifft aber die Normallänge der Zoöcien dieses Theiles des Stockes um ein ganz Be- deutendes, mitunter um das 3fache. Als terminales Ende einer jeden Zoöcienlängsreihe erscheint somit ein langer parallelopipedischer Schlauch von viereckigem Querschnitte , an dessen proximalem Ende, d.h. an der Hinterwand eine ungemein kleine Anlage für ein Polypid zu er- kennen ist. Während nun ein jeder solcher Schlauch an seinem Vor- derende weiter wächst, gliedert sich sein hinterster Abschnitt durch eine auf die oben geschilderte Weise entstehende Scheidewand zu einem gesonderten Zoöcium ab. Das Vorderende wächst aber so stark, dass, so oft sich auch dieser Abschnürungsprocess am Hinterende wiederholt, das ungegliederte Vorderende doch äquivalent bleibt mehreren Zoöcien. Ein Stück eines solchen Randes ist auf Taf. IV, Fig. 5 abgebildet. Jede der Zoöcienlängsreihen I und II endet in einen langen Schlauch, die ursprüngliche Zoöcienreihe III aber in zwei derartige Schläuche, da dadurch, dass von dem Zoöcium III a zwei jüngere Zoöcien entspringen, die ursprünglich einfache Reihe dichotom gelheilt wurde. Durch b wird die letzte deutliche Zoöcienquerwand jeder Zoöcienreihe bezeichnet. An ihrer Vorderseite befindet sich eine noch sehr kleine Polypidknospe. Das Vordertheil eines jeden Schlauches ist undurchsichtig (im Leben weisslich), der hinterste Theil dagegen durchsichtig, und zwar bei den längsten Schläuchen durchsichtiger als bei den kürzeren, wie z. B. bei 4. Dieses Durchsichtigwerden der Wandungen zeigt, dass der hintere Theil des betreffenden Zoöcium im Begriff steht, sich als ein gesondertes Einzelzoöcium durch eine Falte abzugrenzen. Der durchsichtige Theil ist 70 gegen den undurchsichtigen durch eine ziemlich scharfe , hier durch a bezeichnete Linie abgegrenzt ; auf diesem Punkte bildet sich die Querscheidewand. An dem Rande eines stark wachsenden Stockes finden wir also allerdings unfertige Zoöcien , Knospen , welche äqui- valent sind mehreren gewöhnlichen Zoöcien. Der ganze Rand ist aber keineswegs eine grosse ungetheilte Knospe, an deren Erzeugung mehrere ältere Zoöcien Theil genommen haben , eine Gesammtknospe nach Smitt , sondern ein Complex scharf gegen einander abgesonderter Knospen, von denen allerdings jede mehreren hintereinander liegenden Zoöcien äquivalent ist, aber als das peripherische Ende einer be- stimmten Zoöcienlängsreihe erscheint. Die Knospe 1 muss man also als den Descendenten des Zoöcium I, die Knospe 2 als den des Zoöcium II ansehen. Das Zoöcium I a hat allerdings eine Knospe erzeugt, welche mehreren Zoöcien äquivalent ist, später in mehrere sich gliedern wird, aber nur dieses eine Zoöcium hat an der Erzeugung dieser Knospe An- theil, nicht zugleich auch die nebenan gelegenen. Der Entwicklungs- rand von Fl. membranacea ist keine Gesammtknospe im Smitt'schen Sinne, sondern ein Complex von Knospen, welche jede als der Descen- dent eines bestimmten , weiter nach innen zu gelegenen Zoöcium zu betrachten ist. Eine jede solche Knospe segmentirt sich nachträglich in mehrere Einzelzoöcien , und ich schlage, für sie den Namen »Gross- knospe« vor. l) Smitt ist zu seiner Ansicht offenbar durch den Umstand gebracht worden, dass im Falle eine neue Zoöcienlängsreihe eingeschaltet werden soll, eine solche Grossknospe an ihrem vorderen Ende sich gabelt, be- reits ehe ihr hinteres ungegabeltes Ende sich in einzelne Zoöcien seg- mentirt hat. Betrachten wir die bei der Einschiebung einer neuen Zoöcienlängs- reihe eintretenden Erscheinungen zunächst wieder an einem in massi- gem Wachsthume begriffenen Stocke z. B. dem auf Taf. IV, Fig. 3 ab- gebildeten. Das Zoöcium c hat an seinem Vorderende durch Abschnürung anfänglich eine ungemein breite Knospe d erzeugt. Diese Knospe war aber ebenfalls eine Grossknospe, die zwei Zoöcien äquivalent war, die aber nicht hinter, sondern neben einander liegen. Diese Grossknospe d hat sich durch eine nachträglich entstehende Längsscheidewand in die zwei Einzelzoöcien getrennt, und zwar ist diese Längsscheidewand nicht von der an das Mutterzoöcium c angrenzenden Hinterseite der 4) Das Wort »gross« soll natürlich in dieser Zusammensetzung eine ganz an- dere Bedeutung haben, als z. B. in dem Wort »Grossamme«. 71 Knospe ausgegangen, sondern von dem freien Vorderrande. Die Knospe hat sich also zunächst gegabelt ehe sie definitiv in zwei getrennte Zoöcien zerfiel. Aber auch hier ist die Grossknospe das Product des Knospungsprocesses, der Wucherung e ines Mutterzoöcium, also keine Gesammtknospe im SMiTT'schen Sinne. Aehnliche Erscheinungen finden wir nun auch bei einem stark wuchernden Entwicklungsrande nur noch viel schärfer ausgeprägt. Betrachten wir das Zoöcium IV c auf Fig. 5 der Taf. IV, so sehen wir, dass die Randknospe , die Grossknospe , welche sich von ihm vorn ab- geschnürt hat (No. 6), an ihrem Vorderende durch eine von dem freien Rande ausgehende Längsscheidewand c, welche nicht bis zur Hinter- wand b der Grossknospe reicht, gegabelt erscheint. Das Vorderende der Gesammtknospe bifurcirt sich also, bildet sich aus zur Anlage von zwei Zoöcienlängsreihen, ehe das Hinterende, welches offenbar die Anlage für ein einziges Zoöcium bildet, sich an seinem Vorderende abgeschlossen hat. Die Grossknospe No. 6 entspricht also in ihrer Gesammtheit ohn- gefähr 5 Einzelzoöcien ; bliebe der Stock auf diesem Wachslhumsstadium stehen, und gliederten sich die vorhandenen Grossknospen, ohne weiter an Grösse zuzunehmen, in die Zoöcien, zu denen sie die Anlage enthalten, wie dies der Stock, dessen Rand in Fig. 6 abgebildet ist, gethan hat, so würde der proximale Theil der Knospe sich durch eine Querscheide- wand abgliedern ohngefähr in der Höhe des unteren Endes der Längs- scheidewand c, und jeder der beiden Aeste des vorderen distalen Knospenendes würde ohngefähr ein normales und noch ein rudimen- täres Randzoöcium abgeben. Der eben geschilderte Vorgang last es uns auch begreiflich er- scheinen , wie ein Zoöcium , das an seinem Vorderende zwei jüngere Zoöcien trägt, an seinem Vorderende schon selbst gegabelt erscheinen kann, wie z. R. das Zoöcium IIIo. Die Zoöcien lila, 1116, IIIc und die Knospen 3 und 4 bildeten zu einer gewissen Zeit eine ungetheilte Gross- knospe und die Längsscheidewand der Knospen 3 und 4 trat auf, ehe die Querscheidewände zwischen lila und IIIö u. c sich gebildet hatten. Im Allgemeinen haben also die Vorgänge der Knospung bei Fl. membranacea in gewisser Reziehung ungemein viel Aehnlichkeit mit den bei der Theilung von Pflanzenzellen vorkommenden. Auch in unserem Falle kann man, genau genommen, nicht sagen, dass ein Zoö- cium a das Mutterzoöicum der an seinem Vorderende abgeschnürten Knospe b ist, sondern man muss sagen, dass beides Tochterindividuen eines früheren gemeinsamen Mutterindividuums sind. Nur hat sich be- reits das mehr centripetal gelegene Tochterindividuum weiter ausgebil- det als das weiter peripherisch gelegene. 72 Ich fasse die geschilderten Erscheinungen der Knospung noch einmal kurz zusammen : Ein unfertiges Zoöcium , eine Knospe wuchert und dasjenige Stück , um welches die Knospe die Dimensionen über- schreitet, welche das definitive Zoöcium haben soll, wird durch eine Querscheidewand abgeschnitten. Ist das Wachsthum des Stockes massig, so geschieht diese Abschnürung sehr bald, nachdem die Knospe die normale Zoöciumgrösse überschritten hat. Ist das Wachsthum des Stockes dagegen stark , so wachst die Knospe (welche ich jetzt Gross- knospe nenne) zu einer sehr langen Röhre heran , ehe sie sich durch Bildung von Querscheidewänden in ihrem hinteren Ende zu gliedern beginnt, während übrigens ihr Vorderende noch immer fortwächst. In der Idee entsprechen die einzelnen Zoöcienlängsreihen einem Kreis- ausschnitte , werden also nach der Peripherie zu breiter. Wird das peripherische Ende einer solchen Längsreihe bei fortgesetztem Wachs- thume so breit, dass ein Zoöcium es nicht mehr ausfüllen kann, so wird durch Dichotomie des Vorderendes der Knospe dieselbe in zwei nebeneinander liegende Knospen getrennt, von denen jede nun die Basis einer neuen Längsreihe bildet. Diese Dichotomie kann vor sich gehen an einer Knospe, die kürzer oder ebenso lang als die Normallänge eines Zoöcium ist , oder an einer Grossknospe. Wenden wir uns nun zur Betrachtung der histologischen Be- schaffenheit der jungen Knospen. Smitt schildert den Entwicklungsrand von Fl. membranacea als eine Ausammlung von Fettkörper, umhüllt von einer Haut; auch die Knospen der anderen Bryozoen betrachtet er als ähnlich gebildet. Dem gegenüber ist von Claparede , und beiläufig auch von Beichert consta- tirt worden , dass die Wandung derselben stets aus einer zarten Ecto- cyste und einer deutlich zelligen Endocysle besteht. Es ist mir übrigens nicht ganz klar geworden, welcher von diesen beiden eben genannten Hauptbeslandtheilen der Wandung Smitt als die »Haut« bezeichnet. Ich bin beinahe geneigt, zu glauben, dass er die Ectocyste anfänglich ganz übersehen hat und die zellige Endocyste »Haut« nennt, wenigstens wird eine solche Auffassung einigermassen begründet durch die Aeusserung, die er weiterhin thut : »Die Längs- scheidewändc der Gesainmtknospe zeigten sich anfänglich als eine Falte der Haut, zwischen deren beiden Blättern sich eine dem Aussehen nach hornige, unterbrochene Zwischenwand bildet. Betrachten wir eine Grossknospe, — diese zeigt diese Verhältnisse am deutlichsten, — so finden wir sie gebildet von einem hohlen, sclilauchailigen Körper mit viereckigem Querschnitte, der von oben 73 nach unten ein wenig abgeplattet ist und sich an seinem Vorderende ein wenig abflacht, so dass er hier wie ein einseitig geschärfter Meisscl erscheint. Die Begrenzung der Grossknospe nach aussen wird an ihr im ganzen Umfange gebildet von einer sehr dünnen chitinösen Cuticula, welche an den Seitenwänden verschmilzt mit der Cuticula der neben- liegenden Knospen (Taf. VI, Fig. 5 o.). Auf diese Cuticula folgt nun zunächst nach innen eine einfache Lage deutlicher Cylinderepitbelzellen (6) , welche aber nur an der Ober- seite mit der von ihr secernirten Cuticula fest zusammenhängt. Die sie bildenden Zellen sind ziemlich lange , im Querschnitt unregelmässig polygonale Cylinderepithelien , welche einen deutlichen Kern mit stark lichtbrechenden Kernkörperchen enthalten (Taf. VI, Fig. 14). An Spi- rilusexemplaren weichen die einzelnen Zellen seillich ein wenig aus- einander. Diese Zellschicht ist an der Oberseite der Knospe sowie an den Seitentheilen von massiger Dicke , der Längendurchmesser der Zellen übertrifft den Querdurchmesser nicht sehr (b, b') , dagegen ver- längern sich die Epithelzellen der Unterfläche [b") ganz bedeutend. Sie werden hier zu langgestreckten Parallelopipeden oder Säulen. Der Kern liegt ohngefähr in der Mitte. Die Längsachse sämmtlicher Epithel- zellen steht nicht senkrecht auf der Cuticula , sondern ist schräg nach hinten gerichtet (Taf. VI, Fig. 1 5,) . Nach innen liegt dieser Epithelschicht eine zweite , nur in jungen Knospen deutlich als solche zu erkennende Zellschicht auf (Taf. VI, Fig. 5 u. 15, c). Dieselbe besteht, wie man auf Längsschnitten deutlich sehen kann, aus spindelförmigen Zellelementen, welche sich mit ihren spitzen Enden zwischen einander einkeilen und mit ovalen Kernen in der Mitte ihrer Längsausdehnung versehen sind. Die Längsachsen der Spindelzellen laufen parallel der Längsachse der Knospe. An der Innenseite dieser zweiten Spindelzellschicht haften an der oberen und den Seitenwänden rundliche oder unregelmässig geformte Haufen runder, scharf begrenzter, ungemein stark lichtbrechender Körner. Diese Körnerhaufen ragen frei in das Lumen der Knospe vor (Taf. VI, Fig. 5 u. 15, d, u. Fig. 6) . Die Wandungen der jungen Knospe bestehen also I) aus einer inneren Spindelzellschicht mit anliegenden Körner- haufen; 2) einer äusseren C ylinderepithelschicht, und 3) einer von der letzteren secernirten Cuticula. Der Innenraum der Knospe wird theilweise erfüllt von einer fein- körnigen lockeren, ich möchte sagen wolkigen Substanz, welche ich als einen durch Alkohol hervorgebrachten Niederschlag von Eiweiss- stoffen aus der Leibesflüssigkeit anzusehen geneigt bin. 74. Dies ist der Bau einer ganz jungen Knospe, und zwar auch nur ihres distalen Endes; weiter nach hinten zu verändert sich das Bild ein wenig. Die Cylinderepithelzellen der Wandung platten sich weiter nach dem proximalen Ende zu ein wenig ab, besonders die der Unter- seite verkürzen sich, die einzelnen Zellen rücken auseinander, die Zell- grenzen werden undeutlicher (Taf. VI, Fig. 13), die Kerne jedoch blei- ben deutlich erkennbar. An dem hintersten Theile einer Grossknospe, also an demjenigen, der zunächst als ein gesondertes Einzelzoöcium sich abschnüren soll, z. B. an dem Stück a b der Knospe \ auf Taf. IV, Fig. 5 haben sich die Verhältnisse noch weiter verändert. Die Endo- cyste hat an der Oberseite des Zoöcium die für die Chilostomen be- reits mehrfach beschriebene netzartige Beschaffenheit angenommen, d. h. die scharfen Zellgrenzen der Cylinderzellen sind ganz verschwun- den , die Zellkerne sind weit auseinander gerückt und liegen jeder für sich in einem mehr oder weniger deutlichen Häufchen protoplasmati- scher Substanz , welche durch Ausläufer mit einander verbunden sind (Taf. VI, Fig. 16), indessen ist die Substanz der Endocyste nicht gänz- lich aus den Maschen des Netzes verschwunden , sie bildet vielmehr ein ungemein zartes, homogenes Häutchen , auf welchem die einzelnen die Zellkerne umgebenden Zellterritorien als nach innen vorspringende Verdickungen erscheinen. Die Elemente der Spindelzellschicht sind beinahe ganz verschwunden, vielleicht ist anzunehmen, dass ein Theil der die Zellterritorien verbindenden Ausläufer aus ihnen sich gebildet hat. Die Endocyste . stellt also hier eine Verschmelzung der ursprüng- lich scharf getrennten Zellen der Knospenwandung dar. Nur in den hinteren oberen Ecken der Knospe, welche sich knopfartig aufzublähen beginnen, zeigen sich die Elemente der Cylinderepithellage noch in ihrer früheren, scharf begrenzten Form. Diese knopfartigen Auftreibungen sind , wie man leicht erkennt, die Anlagen der beiden Stacheln. Die Körnerhaufen sind während der ganzen rückschreitenden Metamorphose als Zellelement der Zoöcium- wandungen intact geblieben ; zu ihnen treten mitunter noch grosse, scharf begrenzte , von stark lichtbrechender Substanz gefüllte Blasen oder Körner. Einen Kern kann man an diesen nicht erkennen (Taf. VI, Fig. 16,«,). Etwas abweichend ist das Aussehen der Endocyste an der Unter- seite der Zoöcienknospen. Hier persistirt die Spindelschicht bedeutend länger als solche ; sie bildet eine dünne membranöse Ausbreitung, in der man die Spindel- zellen mit ihren Kernen noch deutlich erkennen kann , besonders fin- den sich in den jüngsten abgeschnürten Zoöcien, in deren oberen Wand 75 die Spindelzellschicht schon lange verschwunden ist, zwei deutliche Spindelfaserzüge, welche parallel mit den Seitenkanten des Zoöcium auf der Unterfläche derselben sich hinziehen. Dieser aus der Spindel- zellschicht entstandenen Gewebsschicht (Taf. VI, Fig. 1 8, c) liegen die metamorphosirten Bestandteile der Cylinderepithelschicht nach aussen zu auf. Sie erscheinen jetzt als rundliche blasige Zellen, welche theils vereinzelt, theils in Haufen zusammenliegend gegen die Ectocyste zu vorspringen. Taf. VI, Fig. 4 7 zeigt die Unterfläche eines Theiles eines solchen Zoöcium von aussen dargestellt. Fig. 1 8 ist ein Längsschnitt. a ist die Ectocyste, von der die Endocyste sich losgetrennt hat, b sind die blasig gewordenen Gylinderepithelzellen , c ist die Spindelfaser- schicht. Die Kerne der Cylinderepithelien sind ungemein deutlich zu erkennen. Die regressive Metamorphose der einzelnen Bestandtheile braucht nun nur ein klein wenig in der eben angedeuteten Art und Weise fort- zuschreiten , um die gesammte Endocyste so erscheinen zu lassen , wie dieselbe in dem anatomischen Theile dieser Arbeit beschrieben wurde. Nur an einigen wenigen Stellen der Seitenwände behält die Epithel- schicht ihr ursprüngliches Ansehen. Dies ist dort, wo sie über die Rosettenplatten wegläuft. Die Rosettenplatten bilden sich schon sehr zeitig, lange ehe die Verkalkung der Ectocyste beginnt. Die birnförmi- gen Rosettenplatten der Querwände , resp. ihre Poren entstehen höchst wahrscheinlich dadurch, dass einzelne Zellen der beiden Blätter der Endocystenfalte , welche die jungen Knospen von ihrem Mutterzoöcium abgliedern , kein Chitin absondern, die zwischen den beiden Blättern der Falte sich bildenden Chitinblätter also von Anfang an durchbrochen bleiben , und durch die so entstandenen Poren treten die Epithelzellen der Vorderwand des Mutterzoöcium in directe Verbindung mit den Epithelzellen der Hinterwand der Knospe. Diese Epithelzellen gehen nun keine regressive Metamorphose ein , sondern bleiben als die Zell— pfropfe der Rosettenplatten bestehen. Da, wo zwei nebeneinander liegende Zoöcienlängsreihen durch das seeundäre Auftreten einer Längsscheidewand ausgehend von dem Vorderende einer Grossknospe sich von einander trennen , kann man sich die Entstehung der Poren der Rosettenplatten der Seitenwände auf ähnliche Weise stattfindend vorstellen. Anders ist es bei zwei Zoöcien- längsreihen , welche nicht aus einer gemeinsamen Grossknospe ent- standen sind. Hier muss man eine Resorption der ursprünglich gebil- deten Cuticula annehmen. Die Seitenstränge entstehen ziemlich zeitig. Es sind wahrscheinlich locale Ausbildungen der Spindelzellschicht der Unterfläche der Knospe. 76 Die weitere Ausbildung, welche die Zoöcien nun erfahren, besteht einmal in einer Verdickung und Verkalkung der Eclocyste der Seiten- und Querwände, in der Ausbildung der Stacheln und in dem Auftreten des Deckelapparales und der Parictalmuskeln. Da aber die Bildung des Deckelapparatcs genau zusammenhängt mit der Entwicklung des Poly- piden innerhalb des Zoöcium . und die Entwicklung der Parictalmus- keln besser im Zusammenhange mit der Entwicklung der übrigen Mus- keln besprochen wird , so sehe ich von der Schilderung der letzleren beiden Vorgänge vorläufig ab. Die Verkalkung der Ectocyste betrifft nicht die Ectocyste in ihrer ganzen Dicke, sondern nur in einer mittleren Schicht der- selben werden Kalksalze abgelagert. Die Kalkeinlagerungen treten anfänglich als feinkörnige Flecke auf, von denen je einer darstellt die Anlage für eines der i Gerüststücke des ausgewachsenen Zoöcium. Dieselben sind zunächst nur klein und liegen weit auseiander, wachsen aber allmälig durch Anlagerung neuer Substanzen ihrer Peripherie, bis sie beinahe zusammenstossen und ihre definitive Gestalt angenom- men haben. Dass es wirklich die mittelste Schicht der Ectocyste ist, welche verkalkt, kann man am leichtesten an den Stacheln erkennen. Die Stacheln treten auf, nachdem das Zoöcium sich, wie wir oben sahen, ringsherum abgegrenzt hat, und als ein einfacher paralle- lopipedischer Sack erscheint. Sie erscheinen zunächst als kurze, rund- liche Auftreibungen der Ectocyste an den oberen und hinteren Ecken des Zoöcium , ausgekleidet von der Endocyste, welche hier die deutlich zcllige Struclur ihrer Epithelschicht sich lange bewahrt, auch dann noch , wenn dieselbe auf der ganzen übrigen Oberseite des Zoöcium bereits verschwunden ist. Auf Taf. V, Fig. 6 {sp) sind die Anlagen der Stacheln noch ungemein klein, stärker sind sie schon in dem Fig. 7 abgebildeten Zoöcium, und auf dem in Fig. 8 dargestellten älteren Zoö- cium erscheinen sie bereits als starke, lange, oben abgerundete, stumpf kegelförmige Auftreibungen. Auf Taf. VI, Fig. 2 ist ein bezüglich seiner äusseren Gestalt definitiv ausgebildeter Stachel dargestellt, der aber noch keine Spur von Verkalkung zeigt. Die Wandungen desselben er- scheinen im optischen Querschnitte. Ausgekleidet ist seine Höhlung von einer dünnen , netzartigen Endocyste d, auf diese folgt nach aussen zu eine feine Chitinschicht, welche wir bis in die Spitze des Stachels verfolgen können (c) , nach aussen von dieser und zwar scharf gegen sie abgegrenzt, sieht man eine dicke Schicht &, welche aber nicht bis zur Spitze des Stachels reicht, sondern ein Stück vorher aufhört. Sie unterscheidet sich von der Schicht c durch das stärkere Lichlbrechungsvcrmögen. Wiederum nach aussen von b finden wir denn die starke Chitinschicht o, welche wie die Schicht c bis an die Spitze des Stachels reicht, seine ganze äussere Bekleidung bildend. Nur die Schicht b ist es nun, in welcher sich die Kalksalze ablagern. Da sie nicht bis zur Spitze des Kegels reicht, bleibt die Stachelspitze stets unverkalkt, und das Kalkgerüsle des Stachels erhält die oben beschriebene Form eines oben offenen abgestutzten Hohlkegels, wie man auf Taf. IV, Fig. 1 u. 2, und Taf. VI, Fig. 3 abgebildet findet. Wenden wir uns nun zur Entwicklungsgeschichte des Polypids innerhalb des Zoöcium. Sobald eine Knospe sich durch Bildung einer Querwand von sei- nem Multerzoöcium abgeschnürt hat , zeigen sich an ihrer Hinlerwand die ersten Anlagen der Polypidknospe , und zwar ist es völlig gleich, ob die Knospe ein einziges Zoöcium darstellt, oder eine Gross- knospe. Die Knospe 2' auf Fig. 5 der Taf. IV zeigt bei b eine deutliche Polypidknospe , obgleich das Zoöcium a b an seinem Vorderende noch durchaus nicht abgeschlossen ist. Die Anlage des Polypids erscheint zunächst als eine Wucherung der Zellschicht der Endocyste in der Mitte der Hinterwand der Knospe , und zwar in dem Winkel , den die Hinterwand mit der oberen Wand macht. Bald ordnen sich die Bestandtheile des regellosen Zellhaufens in zwei deutlich gesonderte Schichten , und wir sehen nun einen rund- lichen Körper, bestehend aus einer äusseren einschichtigen Zellschicht, welche sich scharf absetzt gegen die das Innere des Körpers bildenden Zellen. Letztere beginnen nun ebenfalls sich zu ordnen und sich an die äussere Zellschicht als eine zweite innere Zellschicht anzulegen, welche einen kleinen centralen Hohlraum umschliesst (Taf. VI, Fig. 23). Die Zellen ähneln sehr kurzen Cylinderepithelzellen und sind mit deut- lichen Kernen versehen. An ihrer oberen und hinteren Seite hängt die so gebildete Knospe fest zusammen mit der Endocyste . und zwar höchst wahrscheinlicher Weise mit der Spindelzellschicht, wenngleich sie ihre Entstehung offenbar einer Wucherung der Epithelschicht verdankt. Die Knospe beginnt nun zu wachsen, sie streckt sich in die Länge (Taf. IV, Fig. 5, 2 bei b) und plattet sich seitlich ab. Die Zellen ihrer beiden Schichten vermehren sich und bilden sich zu längeren Cylindcr- zellen aus. Ein Querschnitt durch eine solche Knospe zeigt nun ein Bild ähnlich dem auf Taf. VI, Fig. 21 dargestellten. Ein spallförmiger, genau in der Symmetrieebene des Zoöcium liegender Hohlraum a wird umschlossen von zwei dicht aneinander liegenden Zellenschichten bu.c, welche aber scharf gegen einander abgegrenzt sind. Die eben ange- zogene Figur ist übrigens nach dem Querschnitte einer etwas altern Knospe angefertigt, aber besonders ihr oberer Theil kann sehr gut zur Erläuterung des eben geschilderten Stadium dienen. Nun beginnt eine Veränderung der äusseren Zellschicht. Die Ele- mente derselben verkleinern sich an dem distalen vorderen Ende der Knospe, platten sich ab und heben sich hier von der inneren Zellschicht los, eine kleine nach vorn spitz zulaufende Dute bildend, deren obere Fläche der Endocyste des Zoöcium dicht anliegen. Die äussere Zell- schicht bildet also jetzt einen rings geschlossenen birnförmigen Sack, welche den von der inneren Zellschicht gebildeten ringsgeschlossenen Sack umschliesst und sich nur an dem Vorderende von ihm abhebt. Der äusse reSack ist, wie wir zum bessern Verständniss des Folgen- den vorausgreifend sagen wollen, die Anlage der Tentakel- scheide und des äusseren Epithels des Darmtractus, der inner Sack bildet die Anlage der Tentakeln resp. ihrer Zellbekleidung und des inneren drüsigen Epithels des Darmtractus. Zunächst verändert nun der innere Zellsack seine Gestalt. Es bildet sich auf dem untern Theile seiner Seitenflächen jederseits eine horizontale längliche Einsenkung in welche der äussere Zellsack sich mit hineinsenkt. Auf Taf. VI, Fig. 24 B sehen wir diese Einsenkung bei a von der Seite, auf Fig. 21 bei d im Querschnitte. Etwas später weichen nun die beiden Blätter des inneren Zellsackes, welche bis jetzt ziemlich nahe aneinander lagen, oben ein wenig auseinander, die Höhlung wird etwas geräumiger in ihrem oberen Theile und der bis jetzt geschlossene innere Sack öffnet sich an seiner oberen Fläche mit einer in der Symmetrieebene des Zoöcium liegenden Spalte (Taf. VI, Fig. 24 A sp), welche bald auch auf seine Vorderseite herabgreift. Der äussere birnförmige Zellsack umschliesst jetzt also einen inneren an seiner Oberseite längsgespallenen Sack. Die beiden Längseinsenkungen von denen eben gesprochen wurde, bilden sich nun zu Falten aus, welche in der Mitte der Längsausdehnung der Polypidknospe in querer Richtung gegeneinander wachsen. Sie stossen schliesslich auf einander und verschmelzen, so dass ihre oberen und unteren Blätter miteinander sich verbinden (Taf. VI, Fig. 22). Von dem inneren Zellsacke wird hierdurch eine längs seiner Unterfläche verlaufende Röhre abgegliedert, welche aber durch zwei Oeffnungen, von denen die eine am Hinterende der Knospe, die andere am Vorder- ende gelegen ist, mit seiner Höhlung in Verbindung steht. Dies ist die Anlage des Darmtractus mit Mund- und Afteröffnung. Die Afteröffnung 79 mündet anfänglich noch in die von den oberen Hälften der Seitentheile des inneren Zellsackes begrenzte Höhle, bald aber setzt sich die Ab- schnürung desDarmtraclus bis an das distale Ende der Knospe fort und die Afteröffnung mündet nun nicht mehr in die Höhlung des inneren Zellsackes, sondern nur in die des äusseren, dessen einzelne Zellen nun überall klein geworden sind und sich abgeplattet haben. Wollen wir uns nun die Form der ursprünglich den einfachen inneren Zellsack bil- denden Zellschicht auf diesem Stadium einigermassen vergegenwärtigen, so können wir sagen, dieselbe habe die Gestalt eines Trichters, dessen oberer weiterer Theil seitlich stark zusammengedrückt worden ist, und dessen unterer dünner Theil so gebogen worden, dass er der einen schmalen Seite des zusammengedrückten Theiles dicht anliegt. Die untere Mündung des Trichters stellt dann die Afteröffnung dar, die Uebergangsstelle des weiteren Theiles des Trichters in den engeren die Mundöffnung, der enge Theil den Darm und der weite Theil die Anlage der Tentakelkrone sowie eines Theiles des Oesophagus. In Figur 25 B sehen wir die Abschnürung der Darmanlage vollendet. Einen Quer- schnitt einer Polypidknospe auf diesem Stadium der Entwicklung ist in Fig. 22 abgebildet. Innerhalb des äusseren Zellsackes c liegt das Darmrohr 6 mit seinem deutlichen Lumen a; dasselbe ist ganz ge- schlossen auch auf seiner Oberseite und die unteren Blätter der sich entgegenwachsenden seitlichen Falten des inneren Zellsackes b sind be- reits ganz verschmolzen, die oberen Blätter b' dagegen lassen noch eine Spalte erkennen, an ihren oberen freien Bändern zeigen die seitlichen Blätter des innern Zellsackes aber schon knopfartige Ausbuchtungen t dieAnlagenderTentakeln. Diese entstehen wie eben angedeutet als Wucherungen der freien Bänder der oberen Spalte des inneren Zell- sackes ; man kann an ihnen sehr bald einen äusseren einschichtigen Zellbelag von einer inneren Füllungszellmasse unterscheiden. Die Längs- achsen der Tentakelanlagen stehen senkrecht auf der Symmetrieebene der Knospe, die Tentakeln stehen also in zwei bilaterel symmetrisch angeordneten Beihen einander gegenüber, wie aus Fig. 25 A und dem Querschnitte Fig. 22 deutlich zu ersehen. Dass zunächst nur wenige Tentakeln sich anlegen und neue dann erst allmälig hinzutreten, wie Smitt und Claparede gesehen haben wollen, das habe ich nicht beobachten können. Ich sah stets, beim ersten Auftreten von Tentakelanlagen, 16, 17, oder 18 Stück gleich- zeitig erscheinen, nur kann man dieselben bei Betrachtung der Knospe von oben in dem Stadium, wo sie sich anzulegen beginnen, nicht sämmtlich sehen. Die Tentakelanlagen sind nämlich angeordnet, rings um den ganzen Band, der durch die Spaltung des innern Zellsackes 80 an seiner oberen und vorderen Fläche entsteht. Eine Linie, die den Mittelpunkt der Basen der sämmtlichen einzelnen Tentakeln verbindet, ist also nicht einfach zusammengedrückt hufeisen- oder U-förmig, son- dern die anscheinend freien Enden des Hufeisens krümmen sich aus der Fläche des Hufeisens nach unten und schliessen hier zusammen : die Anlagen der vordersten, am weitesten nach dem distalen Ende der Polypidknospe gelegenen Tentakelanlagen kommen also unter die weiter nach hinten zu entstehenden zu liegen und können von oben nicht gesehen werden. Die Tentakelanlagen b auf Fig. 25, B liegen nach unten von der Tentakelanlage c, und sind daher auf Fig. 25, A nicht zu sehen , weil eben die Tentakelanlagen c sie ver- decken. Der äussere Zellsack hatte sich bis jetzt wenig verändert, nur war er ein wenig spitzer und grösser geworden und seine zelligen Bestand- teile halten sich abgeplattet und verkleinert. Jetzt beginnt er sich faltenartig in die zwischen Anlage der Tentakelkerne und Darmtractus bestehende Spalte einzusenken, die Falten der beiden Seiten verschmel- zen miteinander und der untere hierdurch röhrenartig abgegliederte den Darmtractus umschliessende Theil des äusseren Zellsackes wird nun definitiv zum äusseren Epithelium des Darmtractus, während der Best die Tentakelscheide allein bildet. Die Mundöffnung liegt excentrisch in dem von dem oberen Theil der_ beiden Seitentheile des inneren Zellsackcs gebildeten Trichter, dessen Band von den Tentakelanlagen umgeben ist. Die vordersten am meisten distal gelegenen Tentakeln sind bedeutend weiter von der Mundöffnung entfernt, getrennt von ihr durch eine weite Fläche, auf dieser erhebt sich an dem distalen Bande der Mundöffnung ein querer Wulst (Fig. 26,/"). Er bildet die Abgrenzung des Oesophagus gegen die Tentakelkrone und bildet sich, wie wir später sehen, zu einer Falle aus, deren Lumen einen Theil des Bingkanales bildet, in den die Höh- lung der Tentakeln mündet. Morphologisch entspricht dieser quere Wulst vollkommen derjenigen Erhöhung auf der intratentaculären Lei- beswand von Pedicellina, welche Allman als Epistom gedeutet hatte, und der Baum zwischen ihr und der Basis der am meisten distal ge- legenen Tentakeln der intratentaculären Leibeswand selbst. Ueber- haupt gleicht eine Polypidknospe von Fl. membranacea auf diesem Stadium ganz ungemein einer Pedicellina, die bilateral-symmetrische Anordnung der Tentakeln, die intratentaculärc Fläche, der einfache Darmtractus ohne Blindsack sind Züge, die wir bei ausgewachsenen Thieren nur bei den Entoprocla finden, und auf einem noch Jüngern 81 Stadium mündet ja sogar auch der Darm innerhalb des Randes des- jenigen Gebildes, das sich zur Tentakel kröne entwickeln soll. *) Von dem Magen gliedert sich nun an seinem vorderen Ende ein dünnwandiger Theil zunächst der Afteröffnung ab und erscheint als Rectum (Taf. VI, Fig. 26 u. 27, 7?) . Während dieser Vorgänge nimmt die ganze Polypidknospe an Grösse zu und der vordere dütenartige Theil der Tentakelscheide wächst nach vorn. Auch die Tentakeln wachsen in die Länge (Fig. 26.4). Die Spitzen der nach hinten und seitlich von der Mundöffnung gelegenen Tentakeln bleiben noch gegen- einander gerichtet, während die nach vorn von der Mundöffnung lie- genden, ihre Längsachse bereits parallel der Symmetrieebene geordnet haben. Diese rücken nun allmälig an die Mundöffnung und den letz- tere am analen Rande abgrenzenden Wulst heran , das Homologon der intratentaculären Leibeswand bei Pedicellina verschwindet, und allmä- lig verliert die Tentakelkrone ihre zusammengedrückte Gestalt und weitet sich zu einem rundlichen Becher aus, dessen Wandungen von den Tentakeln gebildet werden, welche immer länger wachsen und ihre Längsachsen, die zum Theil bis jetzt senkrecht auf der Symmetriebene der Knospe gestanden hatten, parallel mit derselben richten (Taf. VI, Fig. 27, B). Bis zu dem in Fig. 25 abgebildeten Stadium lag die Polypidknospe dicht an der Hinterwand des Zoöcium an, von da an beginne sie all- inälig in der Symmetrieebene des Zoöcium vorzurücken. Ihr Hinler- rand entfernt sich also von der Hinterwand des Zoöcium und es werden ein Theil der Zellen der Endocyste (und zwar wie ich vermuthe ihrer Spindelzelllage), welche der hinteren Seite der Polypidknospe anhin- gen, ausgezogen zu spindelförmigen Fasern mit deutlichen in der Mitte jeder Faser erkennbaren Kernen. Dies ist die Anlage des grossen Re- traclors (Taf. VI, Fig. 26 und 27, m; Taf. V, Fig. 6,m). Die Tentakelscheide wuchst, je mehr die Polypidknospe in dem Zoöcium vorrückt, immer weiter nach vorn, bis sie die Stelle erreicht hat, wo sie später durch die Mündung mit der Aussenwelt in Verbin- -I) Man ist gewöhnlich geneigt, die hufeisenförmige Anordnung der Phylac- tolaemententakeln als ein Zeichen der höheren Aushildung dieser Bryozoenabthei- lung anzusehen. Die Art und Weise, wie die Tenlakelkrone sich bei unserem Thier entwickelt, lässt diese Anschauung als etwas weniger berechtigt erscheinen. Die definitive Anordnung der Tentakeln bei den Phylactolaemen ähnelt vielmehr der Anordnungsweise der Tentakeln der Chilostomen in einem Jugendzustande. Indem auf Taf. VI, Fig. 25, B abgebildeten Stadium kann man die Tentakeln auffassen als geordnet in einer geschlossenen einmal nach innen eingebogenen Linie innerhalb deren excentrisch der Mund liegt. 82 düng treten soll. — Hier verbreitert sie sich dann und geht in die Sub- stanz der Endocyste über (Taf. V, Fig. 6, Tsch). Ist das Wachsthum der Polypidknospe ohngefähr bis zu dem Sta- dium gelangt, welches auf Taf. VI, Fig. 24 abgebildet ist, so haben ihre Dimensionen so zugenommen, dass nun die grosse Curvatur des Darm- tractus an die Endocyste der Unterflache des Zoöcium zu liegen kommt, und es beginnt dort, wo das äussere Epithel des Magens die Spindel- zellschicht der Endocyste berührt, eine Verwachsung dieser beiden Schichten. Rückt nun das Polypid weiter vor, so wird ein Theil der Spindelzellschicht, der zunächst mit dem Magen verwachsen ist, von der Epithelzelllage der Endocyste abgehoben, bleibt aber an seinen Rändern durch Ausläufer noch mit dem übrigen Theil der Spindelzell- schicht in Verbindung. Es ist dies die Anlage der Funicularplatte. Alle Theile des Polypids sind nun so ziemlich angelegt und erhal- ten durch ein einfaches weiteres Wachsthum ihre definitive oben be- schriebene Gestalt (Taf. V, Fig. 7 u. 8). Die Längsachsen der Tentakeln lagern sich nun parallel der Längs- achse des Zoöcium und die endliche Differenzirung des eigentlichen Magens in einen Pylor- und Gardialtheil nebst Blindsack, erfolgt durch das Auftreten des letzteren als einer zunächst kleinen, dann aber immer mehr sich streckenden Aussackung des mittleren Theiles des Magens, welche sich bald seitlich von der Symmetrieebene des Zoöcium lagert (Fig. 7 u. 8, st) . Es bleibt noch übrig zu besprechen die Entstehung der Parie- lalmuskeln, der Pa r ieto vagina lmuskeln , der Parieto- vaginalbänder und des Deckelapparates. Die Parietalmuskeln treten verhältnissmässig ziemlich spät auf. Erst wenn ein Zoöcium ohngefähr das auf Taf. II, Fig. 8 darge- stellte Stadium erreicht hat, sehen wir sie plötzlich vorhanden, ohne dass es gelungen wäre, ihre allmälige Bildung Schritt für Schritt zu verfolgen. Anfangs sind sie weit zarter als später, zeigen aber stets einen deutlichen Kern. Ich bin geneigt sie zu betrachten als entstanden aus Elementen der Spindelzellschicht der Endocyste, welche sich selbstständig entwickelt und an ihrem mittleren Theile von der Endocyste abgehoben haben, während ihre Endpunkte in Verbindung mit derselben blieben. Neh- men wir an, dass ursprünglich das eine Fnde der eine Parietalmuskel- faser bildenden Spindelzelle an der Endocyste der Oberseite des Zoöcium lag, das andere aber in der Endocyste einer Seitenfläche, so würden wir durch einen Vorgang, wie ich ihn so eben andeutete, wirklich Muskelfasern erhalten, welche von Wand zu Wand verlaufend, 83 den Hohlraum des Zoöcium quer durchsetzen. Aehnlich denke ich mir die Entstehung der Parietovaginalmuskeln und der Parieto- vagialbänder. Letztere erscheinen schon auf einer früheren Stufe der Entwicklung als schmale bandartige , aus spindelförmigen Ele- menten bestehende Ausläufer der Tentakelscheide (Taf. V, Fig. 7 u. Der Deckelapparat beginnt sich zu bilden, wenn die Tentakel- scheide, welche entsprechend der in ihr vorgehenden Ausbildung der Tentakeln sich zu einem geräumigen Sacke ausgeweitet hat, mit ihrem Vorderende bis zu ihrer definitiven Ansatzstelle vorgerückt ist. Der vordere Theil der Tentakelscheide erscheint alsdann als eine solide, flach ausgebreitete, mehrschichtige Zellmasse (Taf. V, Fig. 7, sc'), deren vorderer Rand von einer in der Substanz der Cuticula sich zeigenden feinen halbmondförmigen Linie begrenzt wird. Sie setzt sich durch einen scharfen Rand. sc" gegen den hohlen Theil der Tentakelscheide ab. An den Enden der verdickten Linie op zeigen sich stärkere Zellen- sammlungen x, an welche sich die nun plötzlich auftretenden Deckel- muskeln ansetzen. Ich glaube mir nun die Bildungsweise der Mün- dung, so vorstellen zu dürfen, dass dieselbe entstehe durch eine hori- zontale Spaltung des mittleren Theiles der compacten Zellmasse und eine Resorption der Substanz der Cuticula längs der halbmondförmigen Linie Op. Hierdurch bildet sich eine horizontal liegende Einstülpung der Wandung des Zoöcium, welche durch einen unterhalb des Deckels liegenden Spalt von aussen zugänglich ist. Die zelligen Wandungen dieser Einstülpung secerniren eine ungemein feine Cuticula, welche bald an den Rändern der Spalte in Verbindung tritt mit der Cuticula der Oberseite des Zoöcium. Die Wände dieser Einstülpung liegen vor- läufig noch dicht auf einander und ihr Hohlraum ist auf diesem Stadium noch durch eine Scheidewand (sc") getrennt von der Höhlung der Ten- takelscheide. Die Zellensammlungen sc stellen dar die Matrix für die beiden an den Enden der verdickten Linie Op auftretenden Einstülpun- gen der Ectocyste, welche die nach innen in das Lumen des Zoöcium vorspringenden Enden des Deckelapparales bilden. Rei weiterer Ver- grösserung der Tentakelscheide schwindet die Scheidewand x" zum Theil und der Rand der so entstandenen Oeffnung wulstet sich zum Diaphragmakegel auf. Dass der Durchbruch der Mündung wirklich in der eben beschrie- benen Weise vor sich gehl, davon habe ich mich im Detail allerdings nicht bei Fl. membranacea, sondern bei einer anderen hierzu geeigne- teren Bryozoe, bei Alcyonidium hispidum überzeugt. Ueber die Art und Weise, wie die einzelnen Zellen der Ursprung- 84 lieh in allen ihren Theilen gleichmassig gebildeten inneren Zellschicht der Polypidknospe zu den so different gestalteten Epithel- und Wim- perepithelzellen der Tentakeln und des Darmtractus sich ausbilden, darüber kann ich keine näheren Angaben machen. Die homogene La- melle, welche die Stütze der Wandungen der Tentakeln und des Darm- tractus bildet, betrachte ich als eine Art Sekret, entstanden zwischen den beiden ursprünglichen Zellschichten der Polypidknospe. Die eben gegebene Darstellung der Entstehung des Polypids in dem Zoöcium stimmt in den allgemeinen morphologischen Zügen ziem- lich genau überein mit der SaiiTT'schen Schilderung dieser Vorgänge1), so wie auch mit Claparede's 2) Darstellung desselben Vorganges bei Scrupoccllaria und Bugula. Ich kann aber nicht mit CaparEde die Ten- tukelscheide als eine einfache Einstülpung der Endocysle des Zoöcium nach innen und die Anlage der Polypidknospe als eine einfache Blase auffassen. Es ist dieselbe, sowie sie zur Blase wird, eine zweischich- tige Blase und die Tentakelscheide tritt erst sehr spät in Verbindung mit dem Theil der Endocyste des Zoöcium als dessen Einstülpung nach innen sie beim ausgebildeten Thiere erscheint. Das Polypid, dessen Entwicklung innerhalb des Zoöcium wir eben verfolgt haben, ist aber kein dauernder Insasse desselben, dessen Lebensdauer übereinstimmt mit der Lebensdauer des Zoöcium. Wir linden über den ganzen Stock kleinere Gruppen fertig ausgebildeter Zoöcien zerstreut, welche ihre Polypide verloren haben und anstatt derselben nur die sogenannten »dunklen oder braunen Körper« ver- schiedener englischer Autoren, die »Keimkapseln« Smitt's enthalten. Diese Thatsache ist für eine grosse Anzahl von Chilostomen und Cteno- slomen längst bekannt. Claparede bemerkt sehr richtig, dass aber die Zoöcien, welche keine Polypide mehr enthalten, durchaus nicht abge- storben seien, das beweist schon der Umstand, dass sie, wie wir gleich sehen werden, durch eine neue Knospung ihrer Endocyste ein neues Polypid in sich erzeugen können. Abgestorben sind dagegen die ur- sprünglich in ihnen, als sie noch Knospen waren, gebildeten Polypide, nicht resorbirt. Smitt hat den Vorgang des Absterbens der Polypide völlig richtig erkannt und auch abgebildet, leider ist seine Beschrei- bung des Vorgangs aber zu kurz und namentlich seine Abbildungen zu klein gewesen, als dass sie einen völlig überzeugenden Eindruck ge- macht hätten. Ich will daher ein wenig näher auf die Sache eingehen. Das Zoöcium A auf Taf. V, Fig. \ enthält ein völlig normal gebil- 1) Öfvers. af K. Vet. Akad. Förhandl. 1865. No. 1. 2) Zcitschr. I. wiss. Zool. Vol. XXI. p. 114 u. ff. 85 detes Polypid, auf der Höhe seiner Entwicklung. Das Zoöcium B zeigt dagegen ein Polypid , an welchem sich bereits die ersten Spuren des künftigen Zerfalls zeigen ; dasselbe ist ganz ungewöhnlich tief in sein Zoöcium zurückgezogen, dies Oesophagus berührt die Hinterwand des Zoöcium und die grossen Retractorenfasern sind zu ganz kurzen und dicken Fasern zusammengeschrumpft. Die Seitenstränge sind th eil weise zerstört und die Zellpfropfen der Rosettenplatten haben sich an einigen Stellen nach innen mit einer homogenen Lamelle bekleidet und sich so als gesonderte Polster abgeschlossen (rspl). Das Zoöcium C zeigt den Zerfall des Polypids bereits viel weiter fortgeschritten. Die Tentakelkrone ist hier vollkommen verschwunden, desgleichen der Oesophagus, die Tentakelscheide erscheint nur noch als ein strangartiger Anhang eines zweigelapplen Sackes, dessen linker Lappen, wie man leicht erkennt, dem Cardialtheile, der rechte Lappen hingegen dem Rlindsacke des Magens entspricht. Derselbe wird be- grenzt von einer festen homogenen Membran, welche ich als aus der homogenen Stützlamelle durch Verdickung entstanden betrachte, und enthält die in der Auflösung begriffenen Reste der Zellauskleidung des Magens, sammt den in ihnen enthaltenen braunen Pigmenten. Er wird festgehalten an einer bestimmten Stelle des Zoöcium durch die Funicu- larplatte, welche durchaus nicht der Auflösung anheim gefallen ist, sondern sich vielmehr weiter ausgebildet und verzweigt zu haben scheint. In dem Zoöcium D ist das Polypid zusammengeschrumpft zu einem von einer festen (chitinösen?) Hülle umgebenen Körper, der als letzte Spur seiner frühern Rildung eine schwache'Zweilappung zeigt. Sein Inhalt besteht aus einer feinkörnigen, unorganisirten. Masse. Zwischen der Form, welche der » braune Körper« in dem Zoöcium C zeigt bis zu dem in dem Zoöcium D kann man in den polypidlosen Zoöcien eines Stockes alle möglichen Uebergänge und Variationen finden (Taf. W, Fig. 2, 3, 4, a). Auf Taf. V, Fig. 10 ist ein solcher Körper stärker vergrössert abgebildet. Wir sehen in seinem Inneren eine merkwürdige Zeichnung, die an die Zeichnung einer Diatomeenschale erinnert, und wirklich ist es auch eine. Ich habe mich auf das evidenteste überzeugt, dass die meisten »dunklen Körper« bei unserer Species Reste der zuletzt von den Polypiden aufgenommenen Nahrung enthal- ten. Ich habe nicht nur Diatomeenschalen , sondern auch Radiolarien- gerüste, Nesselkapseln, Spongiennadeln u. s. w. in ihnen gefunden. Dieser letztere Umstand beweist klar und deutlich , dass wir es hier wirklich in den »braunen Körpern« mit einem Producte des Zerfalls der Polypide zu thun haben. Ich kann also für unsere Species die 7 86 Ansicht ClaparEde's, die braunen Körper seien »Ansammlungen eines Secrets, die sich mit einer feinen Membran umgeben«, nicht theilen, und glaube auch nicht, dass dieselbe sich für andere Species als richtig erweisen wird. Dagegen kann ich mit Claparede auf das völligste übereinstimmen in seiner Verwerfung der SMnr'schen Ansicht, die braunen Körper seien »groddkapslar«, »Keimkapseln« aus denen bei manchen Species die jungen Polypidknospen entständen, welche man so häufig zugleich mit den braunen Körpern in den völlig ausgebildeten Zoöcien trifft, bei anderen dagegen sogar Eier. Die CxAPAREDE'sche Widerlegung und Kritik der SiMTT'schen Keimkapsel - Theorie *) ist so ausführlich, dass ich auf eine solche mich hier nicht einzulassen brauche, und sollte ja noch ein Zweifel erhoben werden können gegen die Kraft der.CLAPARfeDE'schen Argumente, so muss der Umstand, dass bei Fl. membranacea in sehr vielen Fällen fremde kieselige oder kalkige Körper in diesen »Keimkapseln« liegen, diesen Zweifel gründlich be- seitigen. Die »Keimkapseln« oder »braunen Körper« entstehen bei Fl. mem- branacea durch den Zerfall der Polypide und eine Art Encyslirung des grösseren Theiles der Zerfallsproducte. Die Zoöcien verlieren also zu Zeiten die anfänglich von ihnen durch Knospung erzeugten Polypide, und es treten alsdann in ihnen Gebilde auf, die man bis vor kurzem allgemein als Polypidknospen ansah, als die Anlage eines neuen Polypides, welches in dem leergewordenen Zoöcium die Stelle des ursprünglichen Polypides einnehmen sollte. "Wie entstehen nun diese jungen neuen Polypidknospen? Smitt nimmt an, wie sich schon aus dem Ebengesagten ergiebt, dieselben entstünden aus den Keimkapseln. Diese Ansicht ist von Claparede widerlegt worden, merkwürdiger Weise erklärt aber dieser so genaue Forscher das Vorhandensein dieser neuen jungen Polypidknospen auf eine Art und Weise , welche meiner Ansicht nach ebensowenig eine Bestätigung finden kann, als die von ihm beseitigte SiviiTT'sche Theorie, zum wenigsten kann ich für Fl. membranacea (und für Alcyo- nidium hispidum) diese Ansicht nicht theilen. Claparede glaubt nämlich — im Anschluss an seine Annahme die »braunen Körper« seien ein Secret — diejenigen Gebilde, welche Grant, Farre und Smitt für junge Polypidknospen gehalten haben, seien die Producte der regressiven Metamorphose der ursprünglich in den Zoöcien enthalten gewesenen Polypide. Seiner Meinung nach wurden die genannten Forscher »dadurch irre geleitet, dass der sich 1) Zeitschr. f. wiss. Zool. XXI. p. U7. rückbildende Nahruiigsschlauch die gleichen Stadien durchläuft wie eine neu sich bildende Endknospe (resp. deren Polypid) nur in entge- gengesetzter Reihenfolge«. Schon aus theoretischen Gründen scheint mir diese Ansicht wenig für sich zu haben. Ein Beispiel, dass irgend ein Organismus, sei er nun ein ganzes Individuum oder nur ein Organ, dadurch untergeht, dass er, nachdem er den Höhepunkt seiner Aus- bildung nach Durchlaufung einer Reihe von Entwicklungsstadien er- langt hat, nun wieder umkehrt und diese Entwicklungstadien in umgekehrter Ordnung durchläuft, ist meines Wissens im ganzen Be- reiche der organischen Welt nicht vorhanden. Es ist wahr, dass man bei manchen Bryozoen nur sehr selten den Polypid im Zerfall begriffen findet, während man sehr häufig junge Knospen und braune Körper findet, dies kann für mich aber nur be- weisen, dass der Vorgang de* Zerfalls der Polypiden bei diesen Spe- cies sehr schnell vor sich geht, nicht, dass er nicht stattfindet. Für Fl. membranacea habe ich aber alle möglichen Stadien des wirklichen Zerfalles der Polypiden und seine Verwandlung in einen braunen Kör- per beobachtet. Bei Alcyonidium hispidum endlich ist das wirkliche Verhältniss noch viel klarer. Hier verlieren die einzelnen Zoöcien eben- falls ihre Polypide sehr häufig durch Zerfall, lange aber ehe die Poly- pide ihre charakteristische Form verloren haben und zu »braunen Kör- pern« geworden sind, beginnt die Endocyste der Oberseite der Zoöcien durch Knospung nach innen ein neues Polypid zu erzeugen. In ein und demselben Zoöcium finden wir sehr häufig ein im Zerfall begriffe- nes Polypid, das aber noch seine ursprüngliche Natur deutlich erkennen lässt, zusammen mit einer jungen neuen Knospe, welche sich durch nichts unterscheidet von den Polypidknospen in den Zoöcienknospen am Rande des Stockes. Hier wird also das neue Polypid genau so wie das alte durch eine Knospung der Endocyste des Zoöcium nach innen erzeugt, und ganz dasselbe Verhältniss finden wir auch bei unserer Species, bei Fl. membranacea. Nur in einem Punkte ist das Auftreten der zweiten Polypidknospe bei dieser Species verschieden von dem Auftreten der ersten in der Zoöcienknospe. Während nämlich die erste Polypidknospe auftritt in dem Winkel, den die Hinter wand der Knospe mit ihrer Oberwand bildet, entsteht die zweite in dem fertigen Zoöcium in der Mitte der Oberwand. Nun liegt in vielen Fällen auch der durch den Zerfall des Darmcanales entstandene braune Körper in der Mitte des Zoöcium, dadurch kommen junge Knospen und »brauner Körper« oft in nahe Berührung. Diese nahe Berührung ist aber eine durchaus accidentelle und weist durch- aus nicht auf eine Beziehung zwischen den beiden Gebilden hin. Auf 7* 88 Taf. V, Fig. 2 — 5 sind i völlig ausgebildete typische Zoöcien abgebildet, welche ihre Polypide verloren haben und nun im Begriff sind, ein neues zu knospen (Im). Die Knospe liegt, wie schon gesagt, bei allen diesen ziemlich in der Mitte der Oberseite in grösserer oder geringerer Nähe des braunen Körpers. Die Polypidknospe in der Figur 2 erscheint als ein einfacher Zellhaufen , an dem sich die äusseren Zellen eben zu einer zusammenhängenden Schicht zu ordnen beginnen, in Figur 3 hat sich bereits der innere und der äussere Zellsack gebildet. In Figur 4 zeigt die Knospe bereits Tentakeln und Tentakelscheide (Tsch), wäh- rend der braune Körper (a) noch sehr gross ist und auch die grossen Retracloren [m) des früheren Polypides noch deutlich erkennbar sind, und in Fig. 5 ist das junge Polypid bereits in allen seinen wesentlichen Zügen entwickelt und die Tentakelscheide ist in Verbindung getreten mit der früheren Mündung. Das letztere scheint übrigens nicht immer der Fall zu sein. In Fig. 4 scheint sich bei op' ein neuer Deckelappa- rat, eine neue Mündung zu entwickeln für das junge Polypid. Diese Neubildung des Deckelapparates habe ich übrigens nur einmal, eben an dem abgebildeten Zoöcium beobachtet. Beiläufig sei hier noch be- merkt, dass das Auftreten eines Deckelapparates an der Zoöciumknospe nicht eine Function — im mathematischen Sinne — des Auftretens des Polypides in dem Zoöcium zu sein scheint. Ich habe einmal ein Zoö- cium gefunden, welches kein Polypid und keinen »braunen Körper« enthielt, überhaupt derartig abortirt war, dass es kaum wahrscheinlich erscheint, es habe je ein Polypid besessen, welches aber einen rudi- mentären Deckel besass. Derselbe erschien als eine an der Stelle, wo sonst der Deckel sich befindet, erscheinende ungemein kurze, quere, etwas gebogene Verdickung der Eclocyste, von deren Enden einige wenige Muskelfäden entsprangen und sich an der Leibes wand jeder- seits ansetzten. — Ich muss also festhalten 1) dass die ausgewachsenen Polypide von Fl. membranacea häufig durch wirklichen Zerfall, — nicht durch Besorption — zu Grunde gehen, ohne dass dadurch die Lebensthätigkeit ihrer Zoöcien beeinträchtigt würde; 2) dass die sogenannten »braunen Körper« oder »Keimkapseln« die Producte des Zerfalls der Polypide, kein SecretderKndocyste, sind; 3) dass die »braunen Körper« nichts zu thun haben mit dem Auftreten derjenigen Gebilde im Innern des Zoöcium , welche Smitt und die älteren Forscher als neue kleine Polypidknospen, ClapaiuiDe dagegen als Producte der regressiven Metamorphose des Polypids ansieht: 89 dass die fraglichen Gebilde wirklieh neue kleine Pol y pidknospen sind, welche als nicht aus den »Keimkapseln« herrühren, sondern durch eine Knospung der Zoöcienendocyste nach innen auf dieselbe Weise entstanden sind, wie die ursprünglich in diesen Zoöcien vor- handen gewesenen Polypide. Erklärung der Abbildungen Flustra membra nacea (Lin. Sol.). Tafel IV. Fig. 1 u. 2. 145/j. Halbschematische Abbildung eines der Symmetrieebene halbs- ten Zoöcium mit seinem Polypid in Fig. 1 mit hervorgestülpter; Fig. 2 mit eingezogener Tentakelkrone. Ec. Ectocyste. En. Endocyste. Sp. Stachel. Op. Deckelfalte. T. Tentakeln. Tsch. Tentakelscheide. N. Ganglion. Oes. Oesophagus. W. Bewimperte vordere Zone desselben. C. Cardial- theil des Magens. St. Eigentlicher Magen. St1. Blindsack des Magens. P. Pylortheil des Magens. R. Rectum. /}'. Letzter Abschnitt des Rectums. RM. Grosser Retractor. Md. Mündung des Zoöcium. pvm. Parieto- vaginalmuskeln. lig. pv. Parietovaginalbänder. pm. Parietalmuskeln. opm. Deckelmuskeln, d. Vorderes Diaphragma der • Tentakelscheide. Fl. Seitenstränge, x. Funicularplatte (Colonialnervensystem der übrigen Autoren), rspl. Rosettenplatten. Fig. 3. 22/i- Ein junger Stock ; die beiden primären Zoöcien sind durch einen rothen Punkt, die sterilen Zoöcien durch rothe Kreuze bezeichnet; die punktirten rothen Linien deuten die Reihenfolge an, in der die einzelnen Zoöcien aus den primären und aus einander entstanden sind. 22/i- Ein Stück eines älteren Stockes, c u. f Thurmzoöcien. 22/t. Ein Stück des in starken Wachsthum begriffenen Randes eines Stockes ; der Rand wird von Grossknospen gebildet. 22/t. Ein Stück des Randes eines Stockes, der sein Wachsthum einge- stellt hat. Ein Thurmzoöcium. A. von der Seite gesehen ; B. seine Umrisse von oben. 22/i- die von ihnen ausgehenden Knospen an. Tafel V. Fig. 1. im/l. Eine Gruppe von 4 Zoöcien, von unten gesehen. In dem Zoöcium A ist das Polypid auf dem Höhenpunkte seiner Entwicklung. Die Buch- staben haben dieselbe Bedeutung wie bei Fig. 1 auf Taf. I. m. Sphincter Fig. 4. Fig. 5. Fig. 6. Fig. 7. Fig. 8. 00 der Tentakelscheide ; n. Längszeichnung des Oesophagus, ausgehend von dem Ganglion JV. Im Zoöeium B ist der Polypid ungewöhnlich weit zurückgezogen und beginnt abzusterben. ml. Längsmuskeln der Ten- takelscheide, welche in die Parietovaginalmuskeln übertreten. Im Zoöeium C hat sich das Polypid in einen grossen »braunen Körper« ver- wandelt [a). Im Zoöeium D ist derselbe zu einem kleinen Klumpen zusammengeschrumpft. Fig. 2. 100/j. Ein völlig erwachsenes Zoöeium , welches sein Polypid verloren hat und durch Knospung seiner Endocyste nach innen ein neues zu er- zeugen beginnt. Kn. Junge Zoöcienknospe. Op. Deckel. Das Ganze von oben gesehen. Fig. 3. l/i. Ein ähnliches Zoöeium von unten gesehen. Kn. Weiter vor- geschrittene neue Polypidknospe. a. »Brauner Körper«. Fig. 4. 100/i. Ein ähnliches Zoöeium von oben gesehen. Die neue Polypid- knospe kn ist noch weiter vorgeschritten. Op1. Zweiter, sich neu bilden- der Deckel, y. Zwei kleine warzenartige Auftreibungen der Ectocyste. k. Körnerhaufen der Endocyste. x. Leistenartige Verdickung der Ecto- cyste, bezeichnend die Ansatzlinie der Parietalmuskeln. Fig. 5. l00/i. Ein ähnliches Zoöeium von unten gesehen. Polypidknospe noch weiter entwickelt. Figg. 6. 7. 8. 10%. 3 junge Cystidknospen mit Polypidknospen. Fig. 6 zeigt die jüngste, Fig. 8 die älteste, sp. Stachel, m. Grosse Retractoren. st. Blindsack des Magens. Op. Anlage des Randes der Deckelfälte. x. Matrix der in das Zoöeium vorspringenden Ecken der Deckelfalte. xl. Verdickung der Endocyste, in welcher sich die Zoöcienmündung an- legt. x2. Grenze derselben gegen die Höhlung der Tentakelscheide. opm. Deckelmuskeln, lig. pv. Parietovaginalbänder. Fig. 9. 100/i. Ein ausgewachsenes Zoöeium von unten gesehen, das Polypid ist hervorgeslreckt , so dass man innerhalb des Zoöeium nur Magen und Rectum erblickt. rspl. Rosettenplatten mit ihren Zellpfröpfchen. /'/. Seitenstränge, fpl. Funicularplatte. a. Längsstränge der Spindelzell- schicht der Unterfläche der Endocyste. Fig. 10. 200/j Ein brauner Körper, in dessen Inneren Reste der zuletzt von dem Polypid verschluckten Nahrung sich vorfinden. Fig. 11. 145/i- Verdickter Theil der Deckelfalte der Ectocyste (Deckel). Fig. 12. 57/i- Ein junges Zoöeium , an dessen vorderem Rande sich eine Knospe durch die Falte abschnürt. Tafel VI. Die Erklärung der Bedeutung der einzelnen Buchstaben findet sich im Text. Fig. 1. 200/j. Vordertheil des Oesophagus und Basaltheil der Tentakelkrone mit Nervencentrum (2V) von Flustra foliacea. Fig. 2. 200/j. Ausgewachsener, aber noch nicht verkalkter Stachel. Fig. 3. 57/i- Halbschematische Darstellung des Kalkskeletts eines normalen Zoöeium nebst einem Theile der Skelette von 4 anliegenden Zoöcien. Fig. 4. 570/t. Eine Rosettenplatte. 91 Fig. 5. 100/i. QuerschnitUdurch den vorderen Tbeil einer Grossknospe. Fig. 6. 570/i- Körnerhaufen der Endocyste. Fig. 7. bl0/i. Zellen des inneren Epitheliums des Pylortheiles des Magens. Fig. 8. 570/i. Desgleichen aus dem Cardialtheile des Magens. Fig. 9. 145/t. Querschnitt durch den Oesophagus. Fig. 40. 18004. Querschnitt eines Tentakels. Fig. 11. im>/i. Ein Stück einer quergestreiften Muskelfaser des grossen Retractors mit Kern. Fig. 12. 570/,. Ein Stück Funicularplatte. Fig. 13. 57o/!. Zellschicht der Endocyste am hinteren Theile einer Grossknospe. Fig. 14. 570/[. Desgleichen am vordersten Theile. Fig. 15. 570/!. Querschnitt der Leiheswand eines Zoöcium am mittleren Theile einer Grossknospe parallel ihrer Längsachse. Fig. 16. 57o/i. Netzförmige Endocyste einer älteren Knospe. Fig. 17. ^o/i. Endocyste der Unterseite einer älteren Cystidknospe von aussen gesehen. Fig. 18. 57o/t. Querschnitt durch die Unterseite der Leibeswand einer älteren Knospe parallel ihrer Längsachse. Figg. 19. 20. 57%. 2 Stücke der Seitenstiän^c. Figg. 21. 22. 450/i. Querschnitte durch 2 Polypidknospen, Figg. 23. 24. 25. 26. 27. 145/i. Entwicklung einer Polypidknospe. A. Ansicht von oben; B. Seitenansicht. IV. Ueber die Morphologie der Bryozoen. . ... les pensöes, les raisonnemeiits, et les explications dont on trouvera l'exposö dans cet ouvrage, ne devront etre conside>ös que comme de simples opinions que je propose. dans l'intention d'avertir de ce qui me parait etre, et de ce qui pourrait effectivement avoir lieu.c Lamarck, Philosophie zoologique I. p. XXIII. Im Grossen und Ganzen kann man die augenblicklich bei den meisten Zoologen herrschende Ansicht über die Morphologie der Bryo- zoen und besonders der Bryozoa ectoprocta, von welchen letzteren hier zunächst ausschliesslich die Bede sein soll, ausdrücken in dem Salze : »Die Bryozoen bilden Thierstöcke ; die diese zusammensetzenden ein- zelnen Individuen sind in vielen Fällen polymorph.« Noch vor kurzer Zeit würde diese Definition ganz im Allgemeinen für alle Bryozoen gültig gewesen sein, denn auch mehrere Arten der Bryozoa ectoprocta bilden Thierstöcke ; die Untersuchungen von Kefer- stein, Claparede und Kowalewsky haben uns aber belehrt, dass es in dieser Abtheilung auch Arten giebt, deren einzelne Individuen als solche leben und nicht zu Thierstöcken zusammentreten. Diese erzeu- gen zwar auch neue Individuen durch Knospung; diese Knospen blei- ben aber nicht im Zusammenhange mit dem Mutterthiere , sondern fallen ab und führen nun getrennt ein selbstständiges Leben. Diese Arten fasst man jetzt in die Gattung Loxosoma Keferst. zusammen und sieht gewöhnlich das Verhältniss, in dem diese Gattung zu den übrigen Bryozoen steht, als ähnlich an demjenigen, in welchem eine Süsswasser-Hydra zu einer beliebigen Campanularie steht. Nur ein Forscher theilt augenblicklich diese Ansicht nicht; es ist Haeckel. {) Dieser sieht die Bryozoen grösstenteils nicht als Thier- stöcke, sondern als »Buschpersonen« an. Nur die sogenannten Bryozoa arliculata betrachtet er als wirkliche Thierstöcke. Auch Haeckel sieht selbstverständlich* die Bryozoenstöcke als einen Complex von Einzel- wesen an, welcher durch die Knospung eines primären, auf geschlecht- lichem Wege erzeugten Einzelwesen entstanden sind, also mit Ehrenberg 1) Haeckel »generelle Morphologie«. Vol. I. p. 324, 323, 328. 93 zureden als einen natürlichen Stammbaum ; dagegen hält er die Einzel- wesen, welche diesen Stammbaum bilden und als welche er ansieht das einzelne Zoöcium sammt seinem Polypid nicht für äquivalent den Einzelwesen z. B. eines Campanularienslockes, er hält sie nur für In- dividuen vierter Ordnung, nicht für Individuen fünfler Ordnung, sieht daher den ganzen Bryozoenstock als ein einziges Individuum 5. Ord- nung an, als eine »Person«. Ein ungegliederter Bryozoenstock ist also z. B. morphologisch gleichwertig einer einzigen Annelide und die ihn zusammensetzenden Einzelwesen je einem Annelidensegmente. Bei einem gegliederten Bryozoenstocke dagegen sieht er schon jedes einzelne Astglied als ein Individuum 5. Ordnung, als eine »Person« an, der ganze Stock ist ihm daher ein wirklicher Thierstock, eine Corme. Diese HAECKEL'sche Ansicht näher zu discutiren erscheint hier nicht möglich, da zugleich eine Kritik seiner ganzen Biontentheorie damit verbunden werden müsste. Indessen zeigt gerade der Umstand , dass er durch dieselbe genöthigt wird, den gegliederten Bryozoenstock in eine andere Individuenordnung zu stellen, als den ungegliederten, recht deutlich, wie künstlich das ganze Gebäude ist. Für unsere Zwecke ist es voll- kommen gleichgültig, ob wir das Einzelwesen des Bryozoenstockes als ein Individuum 4. oder 5. Ordnung ansehen ; es genügt uns, hier zu constaliren, dass Haeckel zu denjenigen Forschern gehört, welche als Einzelwesen des Bryozoenstockes das Zoöcium als Polypid ansehen. Die im Anfang charakterisirte herrschende Ansicht über die Mor- phologie der Bryozoen hat sich sehr langsam entwickelt, zugleich mit dem Begriffe des „Thierstockes und des Polymorphismus. Die einzelnen Phasen dieser Entwicklung sind ziemlich schwer zu verfolgen und zwar deshalb , weil die Bryozoen erst sehr spät als eine besondere Ciasse von den übrigen »Polypen« abgetrennt worden sind und ihr von dem Schema der übrigen Thierstöcke mannigfach abweichender Bau, zumal bei der unvollkommenen Erkeuntniss Organisation der Einzelwesen, den altern Forschern stets ein gewisses Bäthsel geblieben ist. Bekanntlich waren es hauptsächlich Peysonel und Jussieu, welche die bis zu ihrer Zeit zu den Pflanzen gerechneten »Zoophyten« von diesen entfernten und ihre thierische Natur nachwiesen. Von dieser Zeit an finden wir drei verschiedene Ansichten über die Morphologie des Zoophytenstockes : einmal (und zwar ist dies die verbreitetste An- sicht) werden die Zoophyten als wahre Thiere, als ein Complex thieri- scher Einzelindividuen angesehen und die sogenannten Polyparien, die festen Gerüste derselben als eine Art Schale, zu welchen die einzelnen Polypen in demselben Verhältnisse stehen, wie die Mollusken zu ihren Schalen, also den damaligen Ansichten entsprechend, als Bewohner der 94 Polyparien. Das Verhältniss zwischen Polyp und Polyparium wird also als völlig gleich demjenigen aufgefasst, in welchem wir jetzt einen tubicolen Wurm zu seiner Röhre stehend uns denken. Die geschlecht- liche Vermehrung wird bei dieser Auffassung von dem Wachsthuin durch Knospung gar nicht scharf getrennt; man nimmt an, dass inner- halb des Stockes sich Knospen »gemmae« bilden, welche theils in der Substanz des Thierstockes liegen bleiben oder sich seiner Aussenflächc direct anlegen — dann vergrössert sich der Stock — oder sich von ihm trennen und nun neue Stöcke auf die erstere Art durch Erzeugung von mit ihnen in Zusammenhang bleibenden Knospen bilden. Dieser Ansicht steht eine zweite gegenüber, die hauptsächlich von Pallas und Linne vertreten wird. Diese wird gewöhnlich als ein Rück- schritt .angesehen. Die Zoophylen werden als ein Mittelding zwischen Thier und Pflanze betrachtet, nur die äussersten Enden der Aesle, die Polypenköpfe, sollen wirkliche Thicre sein, die Stämme dagegen Pflan- zen, weil äie nach Art der Pflanzen wachsen. Die Art und Weise, in welcher diese berühmten Forscher ihre Auffassungsweise ausdrücken, ist unsern jetzigen Ansichten nach sicherlich eine höchst unglückliche, ich glaube jedoch, dass die Auffassungs weise selbst ein grosser Fort- schritt war. Pallas besonders will dadurch sicher weiter Nichts aus- drücken, als dass man die Polyparien nicht ansehen darf als die blossen Wohnungen der Polypen, sondern als integrirende Lcibestheile dersel- ben. Er hat erkannt, dass das Wachsthum der Polypenstöcke ein an- deres ist, als das der übrigen Thiere, dass sie wirklich knospen und, da man die Fähigkeit der Knospung damals lediglich den Pflanzen zu- schrieb, so wird er naturgemässer Weise dahin geführt, die Polyparien als Pflanzen anzusehen. Dies tritt besonders an der folgenden Stelle 1) hervor: »hanc meridiano sole clariorem, in plerisquc zoophytis indo- lem (d. h. die in intermediäre Natur der Zoophyten zwischen Thier und Pflanzen) in eorum quibusdam non agnoscere nee Reaumurius nee sagacissimus Ellisius nequiverunt; sie enim prior pro vegetante animali Tubulariam gelatinosam aquarum dulcium descripsit, et alter disserte dicit Sertularias non esse cellulas et domicilia, sed exuvias, cutem, zoophyti.« Eine dritte, höchst eigenthümliche Ansicht ist die von Schweigger. Dieser sieht die Korallen und mit ihnen auch die Flustren, Cellularien u. s. w. nicht als einen Complex von Einzelthieren an, sondern be- trachtet den ganzen Stock als ein einziges Individuum mit vielen Mund- öffnungen. 1) Pallas, »Elenchus Zoophytorum« p. 20. 95 Diese so sehr verschiedenen Ansichten über die Natur der Thier- stöcke bestanden eine geraume Zeit neben einander und ziemlich langsam entwickelten sich die Ansichten über die Morphologie der einzelnen Abtheilungen der Bryozocn , welche man noch nicht als eine Zusammengehörige Classe aufzufassen geneigt war, innerhalb derselben. Eigentlich sind es nur die grösseren, mit festeren Gerüsten ver- sehenen marinen Formen, über deren Morphologie wir einige Andeu- dungen finden. Auch bei diesen Thieren wurden die Polypide stets als die eigentlichen Einzelthiere angesehen , welche in dem Stocke nur wohnen und mit ihren Wohnungen in gar keiner oder doch nur sehr loser Verbindung stehen. Baste« und Jussieu wollten beide beobachte haben , dass die Polypide der Flustren ihre Gehäuse willkürlich ver- lassen. ') Lamarck sagt (hisloire naturelle des animaux sans vertebres II, p. 73) in Betreff der »polypes ä polypier«, in welche Abtheilung er die meisten Bryozoen rechnet: »Le polypier est lout ä fait dislinct des animaux qu'il contient, comme le guepier Test des guepes qui l'ha- bitent.« Ja derselbe Forscher ging noch viel weiter; er sagt über die Flustren 1, c. p. 154: »11 parait que les polypes de ces polypiers ne communiquent point les uns avec les aulres , n'ont point de corps commun, distinet de celui des individus , et ne constituent point des animaux composes.« Seine Ansicht, wie er sich die Entste- hung der netzartigen Flustrenslöcke denkt, finden wir 1. c. p. 156: »On a observe sur les cellules des Flustres, de petites bulles (so be- zeichnet der Verfasser offenbar die Ooecien) qui paraissent etre les vesicules gemmiföres de ces polypes. Ces bulles, apres s'etre detachees, tombent sans doute sur le plan de position ä cote des autres cellules«; er sieht also die Flustren und überhaupt die krustenförmig ausgebrei- teten Bryozoenstöcke als ein ganz zufälliges organisch nicht zusammen- hängendes Aggregat von Einzelthieren (den Polypiden) mit ihren Scha- len (den Zoöcien) an. Die Cristatellen , Alcyonellen , Serialarien und seine Cellarien (eine Anzahl von chilostomen und ctenostomen Bryo- zoen-Gattungen nebst einigen Hydroidpolypen umfassend) sieht er da- gegen als wirklich zusammengesetzte Thiere an. Die eben geschilderten morphologschen Auffassungen sind gänz- lich incommensurabel mit unseren jetzigen wissenschaftlichen Ansichten. 1) Schon Grant vermuthet sehr richtig, dass diese Beobachtung so zu deuten ist, dass diese beiden Forscher, die an den Wänden der Gefässe aus den schwär- menden Larven der Flustren sich entwickelnden jungen Thiere für Polypide ange- sehen haben, welche ihre Zoöcien verlassen und sich dort festgesetzt haben, 96 Grant l) war es vorbehalten den Grund zu legen zu einer richtigeren Würdigung und der Morphologie dieser Thierclasse. Er fasst das Zoö- cium als einen integrirenden Theil des Bryozoenorganismus auf; er kennt die Zusammensetzung desselben aus einer weicheren inneren und einer härteren äusseren Schicht, nicht das Polypid allein fasst er als das eigentliche Thier auf, sondern betrachtet dasselbe nur als den Complex der Respirations- und Verdauungsorgane. Zoöcium -f- Po- lypid bildet für ihn das Einzelthier des Stockes, dessen Wachsthum durch Knospung er vollkommen richtig erkennt. Dieser Anschauungs- weise, zu welcher sie übrigens meist ziemlich selbstständig kommen, schliessen sich Farre 2) , Thompson 3) , Milne Edwards 4) und Ehrenberg 5) an ; besonders die beiden letzteren vertreten diese Anschauung sehr scharf und ihnen nebst Thompson verdanken wir ja auch die Feststel- lung der Thatsache , dass die Bryozoen eine gesonderte Analöffnung besitzen, sowie die hierauf gegründete Abtrennung der Bryozoen als einer eigenen Classe. Zu dieser durch die eben erwähnten epoche- machenden Arbeiten festgestellten Auffassungsweise bekannte sich 1851 auch Leuckart. Ihm, dem Schöpfer des Begriffes des Polymorphismus, verdanken wir aber die wichtigste Erweiterung derselben, nämlich die Feststellung der Thatsache, dass die Avicularien und Yibracularien der Chiloslomen als zum Zweck der Hervorbringung abweichender Leistun- gen abweichend entwickelte heteromorphe Individuen anzusehen sind, gleichwertig den übrigen Einzelwesen des Stockes. fi) Diese Ansicht, übrigens schon von van Beneden 7) , wenngleich undeutlich geahnt, wurde auch von Alexander Braun in seiner Arbeit »das Individuum der Pflanzen in seinem Verhältniss zur Species« 1853. p. 86 anerkannt und vertheidigt, von Fritz Müller s) auf die Stammglieder der Vesicu- lariaden ausgedehnt und auch von Smitt9) angenommen und erweitert. Sie bildet einen integrirenden Theil unserer jetzigen morphologischen Auffassungsweise der Bryozoen. Die durch die eben erwähnten neue- 1) The Edinburgh New Philos. Journal. 1827. p. 407. 2) Philosophical Transactions 1837. p. 387. 3) Zoological Researches and Illustr. 1830. 4) Annales des Sc. naturelles 1836. p. 5. 5) Beiträge z. physiol. Kenntniss d. Corallenlhiere im Allgem. u. bes. des rothen Meeres. 1834. 6) Ueber den Polymorphismus d. Individuen oder die Erscheinungen d. Ar- beitstheilung i. d/Natur. 1851. p. 17. 7) Recherche sur l'anatomie la physiologie et le developpement des bryozo- aires qui habitent la cöte d'Ostende. Mem. de TAcd. de Belgique. XV11I. p. 22. 8) Troschel's Archiv f. Naturgesch. XXVI. 1860. p. 311. 9) Smitt Upsala Univ. Ärsskrift 1863. 97 ren Forscher begründete Anschauungsweise des Bryozoenstockes ist wohl diejenige, welche augenblicklich noch unter den Zoologen die grösste Anhängerzahl besitzt: »ihr zufolge ist — fassen wir sie kurz zusammen — derBryozoenslock ein Complex von einzelnen Individuen, welche durch Knospung mehr oder weniger direct hervorgegangen sind aus einer auf geschlechtlichem Wege erzeugten frei schwimmen- den Larve, welche sich festsetzte und in das primäre Einzelthier ver- wandelte. Als Einzelindividuum wird angesehen das Zoöcium und Polypid. Bei einzelnen Abtheilungen wird der Thierslock polymorph und das Einzelthier tritt in diesem Falle ausser seiner typischen Ge- stalt noch als Aricularium, Vibracularium, Ooecium, Stachel, Stammglied oder Wurzelfaser auf. Das Polypid des normalen Einzelthieres wird angesehen als der Complex der Respiralions- und Verdauungsorgane. Auch kann eine unvollkommene Abgrenzung der Einzelindividuen gegen einander vorkommen (z. B. bei Lophopus).« — Dieser Ansicht steht eine zweite entgegen, die neueren Ursprungs ist: Allmax, der classische Monograph der Süsswasserbryozoen, ist ihr Vater.1) Der Grundgedanken dieser zweiten Ansicht ist der, dass der Po- lymorphismus der Individuen nicht eine Eigentümlichkeit einzelner Abtheilungen der Bryozoen sei, sondern allen ohne Ausnahme zukomme. Als Einzelthier des Stockes wird nicht aufgefasst Zoöcium -\- Polypid, sondern Zoöcium und Polypid werden jedes für sich als ein besonderes Individuum angesehen, das letztere als der durch Knospung entstan- dene Descendent des ersteren. Allmax fasst diese Verhältnisse bei den Süsswasserbryozoen noch etwas complicirter auf: ersieht den frei schwimmenden, bewimperten Embryo als ein ungeschlechtliches Ein- zelthier an, welches durch Knospung in seinem Innern ein anderes Einzelthier, das Polypid, erzeugt. Ob er dieses Letztere als ein ge- schlechtliches oder ein ungeschlechtliches Thier betrachten soll, darüber ist er nicht ganz mit sich im Reinen, denn er ist unentschieden, ob er den am vorderen Ende des Funiculus befindlichen Hoden als blosses Organ des Polypids — er betrachtet den Funiculus als zum Polypid gehörig — oder, als ein besonderes von dem Polypid durch Knospung erzeugtes Individuum betrachten soll. Entscheidet man sich für die erste Ansicht, so erscheint das Polypid als ein geschlechtliches und zwar männliches Individuum, nimmt man dagegen die letztere an, so ist das Polypid ein ungeschlechtliches, männliches Individuum, den Hoden knospendes geschlechtloses Individuum. Das Ovarium sieht er mit 1) A Monograph of lue deshwaler Polyzoa. .' 1 'r| %" Fig13 ^ - %.» T ^ Ä :p fy 7« ^ /fr/7 4» :•' fi l /r,'^ir /„„ss. /„„/./„< IM' /„„,,/„,„„,, /.,„/ /!./. UV. <„,,„/ ZgOdr.fmu %/r Fiff.m.