PURCHASED 1923 FROM GENEVA BO FAKIGZ > = km N) UN) K] 15 r Im | N) i rn IK BE — Eu fi Vergleichende Darstellung der Pflanzengeographie der subantarktischen Inseln insbesondere über Flora und Vegetation von Kerguelen. Mit Einfügung hinterlassener Schriften A. F. W. Schimpers von Dr. H Schenck, Professor der Techn en Hochschule Darmstadt. Lmrart HeW York mNTamsc ıL, Mit Tafel I—X und 34 Abbildungen im Text. —<> Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı899. Bd. IH. ı. Teil. une ToX = ‚D4 YA,2 TR Lxef.\-? Ei: Eingegangen den ı. Mai 1905. Vorwort. An der deutschen Tiefsee-Expedition 1898—1899 hat als Botaniker Dr. A. F. W. Schimrer, Professor der Botanik an der Universität zu Basel, teilgenommen. Dem hervorragenden Pflanzen- geographen sollte es leider nicht vergönnt sein, die Bearbeitung des gesammelten Materials bis zur Publikation zu fördern; er starb am 9. September 1901 zu Basel, zweiundeinhalb Jahre nach der Rückkehr von der Expedition, an den Folgen afrikanischer Malaria, welche seine Gesundheit untergraben hatte, mitten in angestrengtester Thätigkeit'). Sein Nachlaß muß nun von anderen bearbeitet werden. Manche wertvolle Notizen, auch “einzelne fast fertiggestellte Kapitel über die Floren der besuchten Inseln liegen zwar vor, indessen ist es eine ungemein schwierige Aufgabe, aus den hinterlassenen Papieren das Wertvolle und vom Verfasser selbst zur Veröffentlichung Beabsichtigte herauszufinden. Manche Beobachtungen und manche seiner originellen Ideen, an denen sein Geist so fruchtbar war, sind mit ihm verloren. Im vorliegenden ersten Hefte der botanischen Ergebnisse habe ich im Anschluß an die ScHimper’schen Aufsätze über Kerguelen eine vergleichende Zusammenstellung der pflanzen- geographischen Verhältnisse der gesamten Antarktis zu geben versucht. Aus ScHimper’s Feder rührt nur Kapitel I, $S 5 und $ 6 (S. 37—52) und $ 9 (S. 63— 74), sowie größtenteils die Ein- leitung (S. 7 und 8) her. Wie ich aus einigen Notizen schließe, scheint auch Schimrer selbst eine derartige zusammenfassende Behandlung geplant zu haben. Ich hoffe, daß sie von einigem Wert sein wird allen, welche sich für die Antarktis interessieren, namentlich auch zukünftigen Expeditionen, welche die zahlreichen Lücken unserer Kenntnisse ausfüllen wollen. Besonders wertvoll sind die prächtigen Vegetationsaufnahmen der Expedition, welche von den Herren F. Winter, Frankfurt a. M. und Navigationsoffizier W. Sachse, Hamburg, angefertigt wurden, zum Teil auch schon in dem vortrefflichen Reisewerk des Leiters der Expedition?) er- schienen. sind, hier aber in möglichst guten Heliogravüren wiedergegeben werden. Die Ueberführung des Materials von Basel nach Darmstadt wurde durch den Assistenten ScHIMPER’S am Baseler botanischen Institut, Herrn Dr. R. AnHEISsER, besorgt. Dank dem Ent- gegenkommen der Reichsregierung konnte Herr Dr. AnHeisser, durch gefällige Vermittelung des Herrn Professor Dr. Cuun, von April 1902 bis April 1904 als Assistent bei dem Ordnen des Nachlasses, bei der Verteilung des Materials an die übrigen Mitarbeiter thätig sein. Seiner Zeichenkunst sind die Habitusbilder nicht nur in vorliegender Abhandlung, sondern auch in später zu publizierenden Beiträgen zu verdanken. Herr Professor Dr. E. Inne in Darmstadt hatte die Freundlichkeit, mich bei den Kor- rekturen zu unterstützen, wofür ich ihm besten Dank abstatte. ı) Nachruf auf A. F. W. SCHIMPER, Berichte der Deutschen botanischen Gesellschaft, Bd. XIX, 1901, S. (54). Mit Porträt. — Ferner Naturwissenschaftliche Rundschau, Bd. XVII, 1902, S. 36. 2) C. CHun, Aus den Tiefen des Weltmeeres, 2. Aufl., Jena 1903. Darmstadt, den 16. Juli 1905. Dr. H. Schenck. ı* H. SCHENCK, At Inhaltsverzeichnis. Seite TOTEN ee Da eier Lee So ee RN 3. 0 Ber H Sean HE 7 I. Kerguelenbezirk (Kerguelen, Prinz Eduard-, Crozet-, Macdonald-Inseln) . . . . de 9 Sr Botanische®Briorschimeisvonitserpuelen) Sr re Pe Er EEE SEE 9 S 2. Lage und IBeschatfenheitsyonsIKerstelen, 7 rm Er 13 Ss IKdlimarvonslSersmelen ea 2 ee nu a Bee re Sea. Bilora von Kerguelene nr re EEE u org 2 S 8 ee auf ern ei u a ieorellakund@Alenena-Kormatione an: re 22 Bdaphische Kormationen: . er ar. u. ln u nA e E. ei $ 6. Fruchtbildung und Bestäubung der Kerguelenpflanzen . . . . . SEI UR ee $ 7. Periodische Erscheinungen in der Kerguelenvegetation . . 22. nn nn. 52 $ 8. Anatomische Struktur der Kerguelenpflanzen . . ». 2.2 nem em n 56 & 70. Geschichte der Flora Kerguelens. . . 2. vw. u... wo ma m eu 088 0 Prinz Bduard-inseln sam er a en ne eh 2 Tr) BIT SE ee $ ıı. Crozet-Inseln . E37 $ ı2. Macdonald-Gruppe Heard ha ud Dedenald: , ar ee tee Ka RE WO I. Südgeorgien oo. 82 $ ı. Botanische chung ep I A en area ee $ 2. Lage und Beschaffenheit von Südgeorgien . nenn nn 84 Buewurlıma wen, Südgeorgien Alu. ne a eclua ae Sk BIENEN GE $ 4. Flora von Südgeorgien . . ae a 0 ES TE ES, $ 5. Vegetationsformationen auf Sidgkargien NE pe St? rag EHE, Sandwichinseln. on nun ee ea ann u ee un ge See Bere Bouyet-Insell ee. ru We ee a Be an Rn er len cn Na Naval RSlamıd = Inseln EN 57 fc $ 1. Botanische Erforschung nd Tätferat en Be EB 1 E06 eeTnseandüibeschaffenheite. ek a art. nee. en a En RER Ea Seas Klımagesse nr TEE, BC NE Nee re $S 4. Flora der Berka Inseln. A EN ers a Da ee a TE DEV eretaionisformianionene.e 2.) ee m me a Rue en u Pau EEE ge ING Bewerleiache o 8 0: Ban LE en 7 RR ea Ber BR: ae EVER PEN SEE BERN $ 1. Botanische Berechnung Een Titteratür EEE N Eee a Tee Me u Sei 17610) Sr aoelundKBeschättenheit 21.2 1 0 rien I Eee N Rue JARD Sr ma wReuenlandse m Se leın)e.2ie oO $S 4. Flora Feuerlands . . . . Es. EiTd $ 5. Vegetationsformationen auf Feuerland N 119 V. Inseln südlich von Neuseeland (die Snares, Antipden, Lord Auckland-, ne und Maegnazie-Inseln) Fr... m 2. 50350 $ ı, Einleitung .. N 2 ee 1270 $ 2. Botanische gene nl htisdle iteranır. Pa: 2131 $ 3. Zusammensetzung und Herkunft der Flora des Auckland- Bezirkes an RE €} 4 Subantarktische Inseln. 5 Seite Sen eRlimagdesgAuckland-Beziskese 22 7 Eye 1 Er > $ 5. Vegetation der Snares . . . ne Me SR ar Ba ae TAT $ 6. Vegetation der Auckland- Inseln nu ine Eee ran En ETAO Se Niegetation dem Camppelllnsel „202 02 2,2 las ke na le Be 75 Ss unV/ecretauionkdergeAntipoden- Insel sr Er 156 $ g. Vegetation der Macquarie-Inseln . . . . EN a .uhle) $ ı0o. Periodische Erscheinungen in der Vegan ses Auckland: Be Se OO VI. Antarktisches Polargebiet. . . . ee ner len: $ ı. Einleitung; botanische E iershinne er Bates, ee een en 4 UN Se elimardens Antarktis 0 $ 3. EBlora der Antarktis. .. . De ee ee on narar 6 id DAR) . Flora der ash. a N ee ee N RT 0} 2. Flora von Victorialand . . . ee N ee N 12771 BSeRlorauder) Geulache-Straßew ps zu. 2 Nana wen Kl ee 2, Verzeichnis der Textabbildungen und Tafeln Seite Karte von Kerguelen . . . ee ee A ee ee een ee Fig. 1. ZLycopodium ei HooRil an: Bee el WO ee 22 DEEDNCODORLUMMSGUNURUSDIEN NR N er 27 DEE oIyBodmIm australen METE.A.I A re nn a De lee Re Al ae a zz AED oMAarıas al ıNaSSERENGE re a a re 2 ST ROoANCOORIN HIOORAT el ne Se re en 2 Be ee > 6, "Deschampsiaanturchiea E: DESY.. . vu. a dl see ne 2 EB 07 7a Bestuca kergüuelensis. HOoR.f, u 2700 un ua De 2 en Aare ne et 8. Festuca erecta D'URV. 24 9. Colobanthus kerguelensis oo Bi 25 „ 10. Lyallia kerguelensis FIOOR. f. 25 11. Tillaea moschata DC. j 25 ı2. Ranunculus trullifolius HOOoR. f. 26 Due 13 es Ranunculusı Moseleyi-1O0Ret., Sr... Be BE SS 14. Pringlea antiscorbutica R. BR. a Der 28 15. Asorella Selago’EooR.A#.. . 0 una A Baer ee Er ro. Acoena-adscendens. NAHLIE aa ee rer a ee ern er re 3 0 nn Gahumantarchcum KlooRah. 0.2 u 2 Be BR ES Ener SE Se 1.2 Cotulasplumosa LIOOR- Te. re ua way kun aa ran a me Tl 0 Narr Be Be Be „ 19. Azorella-Formation am Gazellehafen . . Dale en ar BR Se} 1 Pe 20. Neuropogon Taylori HOOoR. f. und N. melaxamihus Acn. 2 ne ee „ 21. Polstergewächse der Azorella-Formation (Bichtdwucktatel)e. 2 SE Ge 2 22. Kugelmoose aus der Azorella-Formation . . 42 23. Azorella Selago Hoor. f. Sproß aus der hehan fat ei Sproß aus - Schetfenseite eines Polsters . . . ee 24. Steile Felswand auf der Ber Hauptinsel mit Pringlea antiscor "butica R. Br. id „ 25. Blütenstand von Pringlea, a auf der Ostseite, b auf der Westseite . » » » 0. 91 „36. Azorella Selago’Hoom. L Blatistrulkeur . 27. ee 6 H. SCHENCK, Seite Fig. 27. Colobanthus kerguelensis HooR. f. Desgl. . . . . nn mm nn 059 „28. Pringlea antiscorbutica R. BR. Desgl . . 2. „in uam win elle nn ne 59 „v 29. Acaena' adscendens VAUL. Mesa, 71.2.7 AUBEI ey 2 u. 2 Abe ie ee Fe 60 »e 30. Oolula ‚phumosa. Hoor, 8. Despl. 2 N Sr ie ne Eee el a re a 14 31... Poa. Cook Hoor.d. Deseli ar Er 1 1 5 on el Bene Se Be „32. Festuca erecta D'URv. Desgl. PETE : 5 EEE KR 33. Bestuca kerguelensis Moos Desgli; NE ZREHENr.. 12 m en Beet Tafel I. Kerguelen. Glaciallandschaft am Gazellehafen, Windwüste mit sehr zerstreut auftreten- den Polstern von Azorella Selago. Tafel II. Kerguelen. a) Südliches Ufer des Grazellehafens; Formation der Azorella Selago. b) Plateau südlich vom Gazellehafen; tafelförmiger Berg mit horizontalen Basaltbänken; im Vordergrund die Formation der Azorella Selago. Tafel III. Kerguelen. a) Plateau südlich vom Gazellehafen; im Vordergrunde Polster von Azorella Selago; auf dem Abhange links Formation der Acaena adscendens, gemischt mit Azorella. b) Felsbach südlich vom Gazellehafen; rechts (Leeseite) Acaena-Formation; links Azorella-Polster. Tafel IV. Kerguelen. Am Valdivia-Fall in der SW.-Ecke des Gazellehafens; Acaena adscendens an günstigem Standort. Tafel V. Kerguelen. Basaltfelswand am Südufer des Gazellehafens; reine Acaena adscendens- Formation. Tafel VI. Kerguelen. Kleine Inseln des Gazellehafens. Vorne Acaena, Azorella, Cotula, Festuca erecta. Die Insel in der Mitte bestanden mit Azorella-Polstern, weißen Rasen von Cotula plumosa, dunklen Ueberzügen von Acaena adscendens und Gruppen von Pringlea antiscorbutica. Tafel VII. Kerguelen. Kleine Insel im Gazellehafen. Riesenpolster von Azorella Selago, Rasen von Cotula plumosa, Pringlea antiscorbutica. Tafel VIII. Kerguelen. Kleine Insel im Grazellehafen. Gruppe von Pringlea antiscorbutica in Frucht, Cotula und Acaena die Polster von Azorella überwuchernd. Tafel IX. Kerguelen. Kleine Insel im Gazellehafen. Gruppe von Pringlea antiscorbutica und große Polster von Azorella Selago. Tafel X. Kerguelen. Nordabsturz der südlichen im Grazellehafen gelegenen Insel. Basaltfels- wand mit Brutstätten der Chionis minor. An den Felsen weiße Polster von Cotula, Grasbüschel von Poa Cookü und Festuca erecta, oben Azorella, Acaena, Pringlea. Aus? 1923 Subantarktische Inseln. - Einleitung. - In dem breiten Meeresgürtel, welcher die große Eiskappe des Südpols umgiebt, sich nach Norden allmählich in den Pacifischen, Atlantischen und Indischen Ocean verliert und nur an der Südspitze Amerikas das Festland berührt, erheben sich in großen Abständen voneinander Gruppen kleiner Inseln. Ein Blick auf die Karte zeigt uns, daß die kleinen Archipele dieser subantark- tischen Inselzone nicht gleichmäßig verteilt sind, sondern zum größten Teile zu drei größeren Gruppen zusammentreten, nämlich wenn wir von Feuerland nebst den benachbarten Falkland- Inseln in östlicher Richtung fortschreiten, die Gruppe von Südgeorgien und der Sandwich-Inseln, diejenigen der Prinz Eduard-, Crozet, Kerguelen- und Macdonald-Inseln und diejenige der Macquarie-, Campbell- und Auckland-Inseln. Die beiden letzteren Gruppen sind rein oder wenigstens überwiegend vulkanischen Ursprungs. Zwischen Südgeorgien und Kerguelen erhebt sich ganz isoliert die kleine Bouvet-Insel, zwischen den südlich von Neuseeland liegenden Inseln und Feuer- land die Dougherty-Insel. Obwohl diese Inseln sämtlich außerhalb des Polarkreises, teilweise sogar in der Breite von England und Norddeutschland liegen, so pflegt man sie vielfach doch als antarktische Inseln zu bezeichnen. Rein geographisch ist diese Bezeichnung wohl nicht korrekt; ihre Be- rechtigung liegt in den klimatischen Verhältnissen, welche aus den meisten derselben menschen- leere Einöden machen und ihnen vielfach sogar einen rauheren, in höherem Grade wüstenartigen Charakter verleihen als Spitzbergen, Nowaja Semlja oder die Westküste Nordgrönlands zur Schau tragen. Die zuerst von Ross angestellten und seitdem, namentlich in neuester Zeit, häufiger und zu verschiedenen Jahreszeiten wiederholten meteorologischen Beobachtungen lehren, daß der Charakter der geographisch zur südlichen temperierten Zone gehörenden Meere und Inseln im Gegensatz zu den nördlichen temperierten, mit ihrem milden Klima und reichen organischen Leben, in der niedrigen Temperatur des Sommers und in der Häufigkeit heftiger Stürme liegt. Der Winter ist auf den subantarktischen Inseln nıcht viel kälter als der Sommer und nicht nur! viel weniger kalt als im arktischen Gebiete, sondern sogar weniger kalt als in einem großen Teile der in der entsprechenden nördlichen Breite liegenden Kontinente und Inseln. Der kalte Sommer ist ein sehr charakteristisches klimatisches Merkmal der südlichen Hemisphäre. Die meteorologischen Beobachtungen, welche von seiten der nunmehr sämtlich zurückgekehrten Südpolarexpeditionen der letzten Jahre an den Rändern des antarktischen 7 8 H. SCHENCK, Kontinents angestellt wurden, ergaben, daß die Mitteltemperaturen des wärmsten Monats in diesen hohen ‘südlichen Breiten sogar unter 0° sich bewegen, daß dagegen die Temperaturen des kältesten Monats von denjenigen der entsprechenden nördlichen Breiten nicht sehr ver- schieden sind. Die Temperatur ist natürlich in den niederen Breiten, welchen die subantarktischen Insel- gruppen angehören, entsprechend höher und durch größere Gleichmäßigkeit charakterisiert. Die mittlere Wintertemperatur liegt auch hier etwas über dem Nullpunkt und beträgt z. B. in Kerguelen 2,0° C, während sich die Sommertemperatur nur auf 6,4° C erhebt. Die Quelle der niedrigen Sommertemperatur ist jedenfalls in der südpolaren Eiskappe zu suchen, deren niedrige Sommertemperatur durch die vorherrschenden Polarwinde weithin über das Meer verbreitet wird. 2 Außer durch ihre kalten Sommer sind die hohen südlichen Breiten durch die viel größere Häufigkeit und Heftigkeit der Winde während des ganzen Jahres vor den hohen nördlichen charakterisiert und verdanken die Eigenart und Dürftigkeit ihres pflanzlichen Lebens der vereinten Wirkung dieser beiden vegetationsfeindlichen Faktoren, während im Norden die höhere Tempe- ratur und relative Windstille des Sommers eine reichere Entwickelung des Pflanzenlebens er- möglicht, welches weit üppiger sein würde, wenn die große Kälte und Länge des Winters, sowie die Bewegung der Atmosphäre während desselben nicht der schaffenden Kraft der Sommersonne ihre zerstörenden Einflüsse entgegensetzten. Der wüstenartige Charakter der Vege- tation in der Antarktis ist durch das Sommerklima, derjenige der Arktis durch das Winterklima bedingt; die größere Dürftigkeit der ersteren ist ein Beweis, daß entgegen der Ansicht früherer Pflanzengeographen, z. B. GriseBachH'’s, große Winterkälte dem Pflanzenleben weniger schadet als Sommerkühle, und daß der Wind, mit niedriger Temperatur gepaart, unter allen ungünstigen klimatischen Faktoren in zerstörender Wirkung obenan steht. Die extrem pflanzenfeindlichen klimatischen Bedingungen, welche in der eigentlichen Antarktis innerhalb des südlichen Polarkreises herrschen, bedingen das vollständige Fehlen jeder Phanerogamenvegetation. Als südlichste Blütenpflanze ist bis jetzt nur aus der Westantarktis ein kleines Gras, Deschampsia antarctica E. Desv. bekannt geworden. Im übrigen besteht die Vege- tation an den aus dem ewigen Eise hervorragenden Felsen nur aus Moosen, Flechten und Landalgen. Die oben genannten zwischen 45° und 60° S. Br. eingeschlossenen subantarktischen Insel- gruppen zeigen zwar manche übereinstimmende Züge in ihrer Vegetation, andererseits aber auch Verschiedenheiten je nach der milderen oder rauheren Beschaffenheit des Klimas, welche keines- wegs überall parallel läuft mit den Breitekreisen. Die gletscherbedeckte Heard-Insel z. B. be- herbergt nur eine sehr kümmerliche Flora von einigen wenigen Blütenpflanzen, die Campbell-Insel ungefähr unter der nämlichen Breite trägt dagegen noch Gebüsche. Die Flora dieser Inselzone von Südchile-Feuerland bis zur Auckland-Campbell-Gruppe ist in ihren Hauptzügen zum ersten Male bearbeitet worden in der berühmten „Flora antarctica* von J. D. Hooxer, welcher als Schiffsarzt und Botaniker an den antarktischen Reisen von Sir JamES 8 Subantarktische Inseln. 9 Ross teilnahm. Mit Recht unterscheidet HooKEr die Flora von Feuerland und der ostwärts bis zu der Kerguelengruppe gelegenen Inseln von der Flora der Auckland-, Campbell- und Macquarie-Inseln und behandelt auch diese beiden in sich zusammengehörenden Floren getrennt in den beiden Teilen seines Werkes. Das erstere, antarktisch-südamerikanische Gebiet besitzt eine Flora, deren Herkunft auf die Südspitze und die Anden Südamerikas hinweist, das letztere, antarktisch-neuseeländische Gebiet aber erhielt den Hauptteil seiner Flora von Neuseeland und Südostaustralien her. In beiden Gebieten aber finden sich gemeinsame oder korrespondierende Arten von Pflanzen, eine Anzahl gemeinsamer Gattungen, welche auf ehemalige engere floristische Beziehungen zwischen den Ausgangsländern schließen lassen '). Auf den meisten der in Rede stehenden Inselgruppen begegnen uns außer weit verbreiteten Arten auch endemische Pflanzentypen. So sind auf den Kerguelen-, Mac Donald-, Crozet- und Prinz Eduard-Inseln einige sehr charakteristische Endemen vorhanden, welche uns veranlassen, diese Inseln zu einer größeren Gruppe, dem Kerguelenbezirk, zusammenzufassen. Die Falkland- Inseln beherbergen zwar einige endemische Formen, schließen sich aber im wesentlichen an Feuer- land an, während aus Südgeorgien keine eigentümlichen Arten bekannt geworden sind. Auch die antarktisch-neuseeländischen Inseln, die wir als Aucklandbezirk bezeichnen, tragen sehr eigenartige endemische Typen, welche auf Neuseeland nicht vorkommen. Da nun auch die Vegetationsverhältnisse der einzelnen Inselgruppen manches Verschieden- artige trotz vieler gemeinsamen Züge bieten, so hielt ich es für zweckmäßig, im Anschluß an die Darstellung der Kerguelenflora diejenige der übrigen Inseln gesondert zu behandeln. In einem letzten Abschnitt folgt sodann eine Zusammenstellung dessen, was bis jetzt von seiten der letzten Südpolarexpeditionen aus dem Gebiet des antarktischen Kontinents über dessen Flora zu Tage gefördert ist. I. Kerguelenbezirk. [Kerguelen-, Prinz Eduard-, Crozet-, Macdonald-Inseln.] $ 1. Botanische Erforschung von Kerguelen. Die Kerguelen-Inseln?) sind seit ihrer Entdeckung am ı3. Februar 1772 durch den französischen Kapitän Yves JosepH DE KERGUELEN-TREMAREC wiederholt als Ziel wissenschaftlicher Expeditionen besucht worden. James Coox gelangte Dezember 1776, auf seiner dritten Reise, zu der von ihm Desolation Island genannten Hauptinsel; sein Schiffsarzt ANDERSoNn brachte 6 der häufigsten Pflanzen (Azorella, Cotula, Pringlea, Ranunculus crassipes, Poa Cookü, Des- champsia antarctica) von dort heim, welche aber erst 1843 von J. D. Hooker beschrieben wurden. 1) Vergl. A. ENGLER, Versuch einer Entwickelungsgeschichte der Pflanzenwelt, Teil II, Leipzig 1882, Kap. 3 und 10 — W. B. HEMSLEv, Challenger Report, Botany, p. 52. 2) Aussprache des bretonischen Wortes lautet Kerkellen (ker — Haus, kelen — Ilex), nach O. SCHLÜTER, Zeitschr. der Ges. für Erdkunde, 1902, S. 65. 9 Deutsche Tiefsee-Expedition r898—ı8gg. Bd. 11. r. Teil. 2 10 H. SCHENCK, Diesem verdanken wir die erste Erforschung und die ausführliche Darstellung der Flora. ]. D. Hooxer begleitete als Botaniker und Arzt die denkwürdige antarktische Expedition von Sir James Ross (r) auf den beiden Schiffen „Erebus“ und „Terror“. Ross hielt sich vom ı2. Mai bis 20. Juli 1840 in dem Weihnachtshafen an der Nordspitze Kerguelens auf. Hooxer lernte zwar die Flora zur dortigen Winterszeit kennen, konnte aber, da die Unterschiede in den Jahres- zeiten geringfügige sind, fast die ganze Phanerogamenflora, im ganzen 18 Arten, und 3 Farne einsammeln, zu denen späterhin nur einige wenige neue hinzu entdeckt wurden. Die Kerguelen- flora ist im zweiten Bande seiner 1847 erschienenen „Flora antarctica“ enthalten (2). 34 Jahre nach dem Besuche von Ross und HoorEr nahm die „Challenger“-Expedition vom 7. Januar bis zum ı. Februar ı874 Aufenthalt auf der Insel. Wir verdanken dem Natur- forscher dieser Expedition, H. N. Moserey (3), wesentliche Bereicherung unserer Kenntnisse von der Flora Kerguelens. Während des Winters 1874/75 verweilten 3 wissenschaftliche Expeditionen, eine eng- lische, eine nordamerikanische und eine deutsche, zur Beobachtung des Venusdurchgangs auf der Insel. Die English Transit of Venus Expedition hielt sich vom ı1. Oktober 1874 bis 27. Februar 1875 im Royal Sound und in Swains Bay auf, wo Rev. A. E. Earon (4, 6) sehr vollständige Sammlungen anlegte. Die American Transit of Venus Expedition wählte ihre Station ebenfalls am Royal Sound und blieb dort vom ıo. September 1874 bis ıı. Januar 1875, während welcher Zeit Dr. J. H. Kıpper (5), Arzt der Expedition, sammelte. Die von ihm mitgebrachten Pflanzen wurden von A. Gray, TH. James, Epw. TUCKERMANN und W. G. FArLow bestimmt. Die Resultate dieser beiden Venus-Expeditionen und auch der „Challenger“-Expedition wurden von ]J. D. Hooker, W. Mrrien, J. M. CromsiE, G. Dicke und P. F. Resch in der Botany of Kerguelen Island (6) 1879 und späterhin nochmals von W. B. Hewstey (7) im Challenger Report 1885 zusammengestellt. Besonders reiche Ausbeute, namentlich an Kryptogamen, brachte die deutsche Expedition auf S.M. S. „Gazelle“ (8, 9) mit, welche sich vom 26. Oktober 1874 bis 5. Februar 1875 auf “ihrer Station in Betsy Cove aufhielt. An ihr nahmen Professor Dr. Sruper als Zoologe und Geologe, Marine-Stabsarzt Dr. F. Naumann als Botaniker teil. Die von Naumann gesammelten Pflanzen wurden von A. EnGLER, E. AskeEnasy, F. v. THÜMEn, J. MÜLLER Arcov., V. SCHIFFNER, K. Mürrer, M. Kunn bearbeitet, während wir Naumann selbst eine Darstellung der Vege- tationsverhältnisse, in welcher auch biologische Beobachtungen niedergelegt sind, verdanken. Unter den von Dr. Naumann gesammelten Gefäßpflanzen befand sich nur eine für Kerguelen neue Art, ZZymenophyllum peltatum Desv., mit welcher die Gesamtzahl der Farne und Blüten- pflanzen auf 28 stieg. Im Jahre 1898 gelangte die deutsche Tiefsee-Expedition auf dem Dampfer „Valdivia“ unter Leitung von Professor Dr. K. Chun (10) nach Kerguelen. Trotzdem der Besuch nur 3\/, Tage, vom 2 5. bis 29. Dezember, dauerte, und nur wenige Exkursionen am Gazellehafen und ein kurzer Ausflug am Weihnachtshafen unternommen werden könnten, hat doch der Botaniker der Expedition, Professor Dr. A. F. W. ScHimpEr, wertvolle Beobachtungen über die höchst eigenartigen Vegetationsverhältnisse angestellt. Begünstigt durch gute Witterung, eine seltene 10 Subantarktische Inseln. 11 Erscheinung auf Kerguelen, vermochte die Expedition eine Reihe von vorzüglichen photo- graphischen Aufnahmen der Formationen anzufertigen. Neue Pflanzenarten sind in den mitge- brachten Sammlungen nicht enthalten. Das von ScHimpER gesammelte Alkoholmaterial wurde im botanischen Institut zu Basel von W. MARDNER (11) zu einer Untersuchung der anatomischen Struktur der Kerguelenpflanzen benutzt und von CHARLOTTE TERNEIZ (12) zu einer mono- graphischen Bearbeitung der Morphologie und Anatomie der Azorella Selago verwertet. Von sämtlichen bisherigen Expeditionen hatte keine einzige auf der Insel einen ganz- jährigen Aufenthalt genommen, so daß noch keine vollständige meteorologische Jahresreihe vorlag. Diese werden wir von seiten der Kerguelenstation der von E. v. Drysarskı geleiteten deutschen Südpolarexpedition (13) 1901—1903 erhalten. Die Beobachtungen der Station, welche im November ı901 an der Observatory-Bucht im Royal Sound errichtet wurde, erstreckten sich bis Ende Februar 1903. Die Sammlungen und Beobachtungen des Botanikers der Station, Dr. E. WERTH, sowie auch des Zoologen der Expedition, Prof. Dr. E. VanHörren, werden unsere Kenntnisse von der Flora Kerguelens, namentlich der niederen Pflanzen, bedeutend erweitern. Von besonderem Interesse sind auch die auf der Possession-Insel der Crozetgruppe und auf der Heard-Insel an- gelegten Sammlungen. ı) Ross, Sir JAMES CLARK, A voyage of discovery and research in the southern and antarctic regions 1839— 1843, Vol. I, London 1847. (Enthält p. 63 Kapitel über Kerguelen und p. 83—87 Bericht von J. D. HooKER über die Vegetation der Insel.) 2) HOoOKER, JosEpH DAaLTon, The botany of the antarctic voyage of H. M. S. Discovery ships „Erebus“ and „Terror“ in the years 1839— 1843 under the command of Captain Sir JAMES CLARK Ross, London 1847. I. Flora antarctica. Part. I. Botany of Lord Auckland’s Group and Campbell’s Island. Part. II. Botany of Fuegia, the Falcklands, Kerguelen’s Land, etc. 3a) Moszrey, H. N., On the botany of Marion Island, Kerguelen’s Land and Yong Island of the Heard Group. Journ. of the Linn. Soc., Vol. XIV, 1875, Botany, p. 387. b) OLıver, Prof., List of plants collected by H. N. Moserey on Kerguelen’s Land, Marion Island and Yong Islands. Ibid., p. 389. c) Moserey, H. N., Naturalist to H. M. S. „Challenger“, Fourther notes on the plants .of Kerguelen, with some remarks on the insects. Journ. of the Linn. Soc., Vol. XV, 1877, Botany, p. 53- d) Mitten, W., The Musci and Hepaticae collected by H. N. Moserey, Naturalist to H. M. S. „Challenger“. Ibid., p. 65. e) MosELey, H. N., Notes on the Flora of Marion Island. Ibid., p. 481. f) THomson, C. W., and MURRAY, J., Report on the scientific results of the voyage of H. M. S. „Challenger“ 1873—1876. Narrative, Vol. I, Part. I, London 1885, by Tızarp, MosELzyv, BUCHANAN and MURRAY, p- 332—366 Kerguelen. (Taf. XV bringt in Phototypie die Azorella Selago, Taf. XVI Pringlea antiscorbutica, Taf. XVII die Formation der Azorella.) 4) EAron, A. E., First Report of the Naturalist attached to the Transit-of-Venus Expedition to Kerguelen’s Island, December 1874. Proceed. of the Roy. Soc. of London, Vol. XXIII, 1875, p- 351. 5) KIDDEr, J. H., Contributions to the natural history of Kerguelen Island, made in connection with the U. S. Transit-of-Venus Expedition 1874—1875. Bull. of the U. Stat. Nat. Mus., Vol. I, No. 2, erschienen 1875, enthält: Errior Couzs, Ornithology; No. 3, erschienen 1876 enthält u. a.: A. Gray, TH. James, Epw. TUCKERMANN, W. G. Farrow, Botany. 6) Anaccount of the petrological, botanical and zoologicalcollections madein Kerguelen’s Land and Rodriguez, during the Transit of Venus Expeditions in the years 1874—1875. Philos. Transact. of the Roy. Soc., Vol. CLXVIII, 1879. II 2* 12 H. SCHENCK, Introductory notes: ı. Eaton, Rev. A. E., The physical features of Kerguelen Island, p. 1. 2. — Recent visits of naturalists to Kerguelen Island, p. 4. Botany, Separatabdruck, mit besonderer Paginierung, enthält: 1. HOOkER, J. D., Observations on the botany of Kerguelen Island, p. ı (5). — Flowering plants, Ferns, Lycopodiacae and Characeae, p. 9 (17). . Mitten, W., Musci, p. 16 (24). . — Hepaticae, p. 32 (40). CROMBIE, Rev. J. M., Lichens, p. 38 (46). DickIE, G., Marine Algae (exclusive of the Diatomaceae), p. 45 (53). ReınscH, P. F., Algae aquae dulcis Insulae Kerguelensis, p. 57 (65). . BERKELEY, Rev. M. ]J., Fungi, p. 85 (93). 7) Hemstey, W. B., Kerguelen Island. Report on the scientific results of the voyage of H. M. S. „Challenger“, Botany, Vol. I,, London 1885, p. 211. 8) Die naturwissenschaftlichen Ergebnisse der Expedition S. M. S. „Gazelle“. (Mit Karte von Kerguelen.) Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin, Bd. XI, 1876. Enthält: 6. Die Kerguelen, S. 94. 7. Hüsker, Dr., Zool. Beobacht. über das Vorkommen der Sturmvögel u. die Fauna Kerguelens, S. 108. 8. Naumann, Dr. F., Stabsarzt, Flora von Kerguelen, S. 126. (Im Reisebericht der „Gazelle“ S. 102 abgedruckt.) 9) Die Forschungsreise S.M.S. „Gazelle“ in den Jahren 1874—1876 unter Kommando des Kapitän zur See Freiherrn von SCHLEINITZ, herausg. von dem Hydrographischen Amt des Reichsmarineamts. I. Teil. Der Reisebericht, Berlin 1889. Enthält: Kap. VII. Die Kerguelen-Inseln, S. 80; Die Flora Kerguelens, S. 102; Die Fauna Ker- guelens, S. 104; Die Witterung der Kerguelen, S. 115. II. Teil. Physik und Chemie, Berlin 1888. III. Teil. Zoologie und Geologie, Berlin 1889, von TH. STUDER. IV. Teil. Botanik, 1899. 1. ENGLER, A., Uebersicht über die bot. Ergebnisse der Expedition. ASKENASY, E., Algen. Pilze und Flechten. (Pilze von Baron FErıx v. THÜMENn, Flechten von Dr. J. MÜLLER-Arg.) SCHIFFNER, Dr. V., Lebermoose. MÜLLER, K., Laubmoose. Kunn, Dr. M., Farne und Bärlappe. . ENGLER, Dr. A., Siphonogamen. 10) CHun, CARL, Aus den Tiefen des Weltmeeres, 2. Aufl, Jena 1903. Kap. XIII, Kerguelen, S. 254. 11) MARDNER, WILHELM, Die Phanerogamen-Vegetation der Kerguelen in ihren Beziehungen zu Klima und Stand- ort. Inaug.-Dissert., Basel 1902. 12) TERNETZ, CHARLOTTE, Morphologie und Anatomie der Azorella Selago Hook. fil. Bot. Ztg., 1902. 13a) v. DRYGALSKI, E., Deutsche Südpolar-Expedition auf dem Schiffe „Gauss“. Veröffentl. des Instituts für Meereskunde und des Geogr. Instituts der Universität Berlin. Heft ı, März 1902 enthält u. a.: ENZENSPERGER, ]. J., Begründung der Station an der Observatory Bay. Heft 2, August 1902, enthält u. a.: v. DRYGALSKI, E., Aufenthalt auf den Kerguelen-Inseln, S. 19. VANHÖFFEN, E., Biolog. Beobachtungen bei der Kerguelen-Station, S. 45. WERTH, E., Die Kerguelen-Station, S. 68. Heft 5, Oktober 1903, enthält u. a.: : Luyken, K., Allg. Bericht über die Thätigkeit der Kerguelen-Station, S. 54. GAZERT, H., Bakteriologischer Bericht, S. 134. b) v. DRyGALskı, E, Zum Kontinent des eisigen Südens, Berlin 1904, S. 177. jo EnnS oa 2 oh sounszon I2 Subantarktische Inseln. 1 >) $ 2. Lage und Beschaffenheit von Kerguelen. Die zu Frankreich gehörigen Kerguelen-Inseln') liegen zwischen 48° und 50° S. Br. und 68° und 71° OÖ. L. Gr. in einer Entfernung von ca. 4000 Meilen oder ca. 7400 km von der Südspitze von Südamerika. Sie bestehen, wie die beifolgende Karte?) zeigt, aus einer in zahl- reiche Halbinseln zerklüfteten, mit tief einschneidenden Fjorden versehenen Hauptinsel, etwa 130 meist in den Buchten gelegenen größeren und kleineren Inselchen und ca. 160 Felsen und Riffen. Die Hauptinsel hat ein Areal von ca. 129 [_|-Meilen. Fast überall erhebt sich nach Sruper das Land in steilen Felsabstürzen aus dem Meere und dehnt sich über denselben, bei 100 oder mehr Meter Höhe, plateauartig aus; nur selten, so an der Ostseite, ist die Küste niedrig; sie stellt dort eine sumpfige, sich wenig erhebende Ebene dar. Von der Küste steigt das Land meist in tafelförmigen Basaltterrassen auf, welche mit Steilwänden stufenförmig abstürzen und ebenso wie auch die häufig auftretenden, aus horizontalen Basaltschichten aufgebauten Tafelberge (siehe Taf. II) sehr charakteristisch für die Landschaft sind. Tiefebenen und flache Thäler fehlen im Inneren. Auf den Plateaus sammeln sich die Schmelzwässer in zahlreichen Tümpeln und Seen, aus denen die Gebirgsbäche vielfach in Kaskaden zu den Fjorden hinabstürzen. Das Centrum der Insel wird von einer mächtigen Gebirgsmasse eingenommen, welche im Südosten im Mount Ross mit 1865 m gipfelt. Dieser erhebt sich auf einem Hochplateau von 500— 700 m. Der Kamm des im Osten der Gazellebucht sich erhebenden Crozier-Gebirges (Taf. I im Hintergrunde) hat eine Höhe von 990 m, Mount Wyville Thomson ım Südosten, südlich vom Royal Sound 963 m, Mount Richards im Westen 1220 m. Die Höhe des Mount Ross entspricht ungefähr der oberen Waldgrenze in unseren Alpen. Die Schneegrenze rückt nach Naumann von etwa 1000— 1500 Fuß im Oktober bis zu 2000, ja 3000 Fuß im Januar in die Höhe, auf den höchsten Bergen bleibt also auch im Sommer der Schnee liegen. Der Centralstock im mittleren Teile der Insel, welcher im Mount Richards gipfelt, ist mit Firnfeldern und Gletschern bedeckt, welche vielfach bis zum Meere hinabgehen, in den letzten Jahrzehnten aber bedeutenden Rückgang erlitten haben. Ueberall auf der Insel und an den Küsten zeigen sich ausgeprägte, durch die heftigen Regen- stürme, durch die Gletscher und durch die wilde Brandung bedingte Erosionserscheinungen. In geognostischer Hinsicht bestehen die bis jetzt bekannten Teile der Insel der Haupt- masse nach aus vulkanischen Gesteinen, in erster Linie aus Basalt. Indessen liegen nach StuUDER®) Anzeichen vor, daß auch sedimentäre Gesteine, welche wahrscheinlich in der Central- kette sich vorfinden dürften, an der Zusammensetzung der Insel teilnehmen. An einzelnen Stellen sind sedimentäre Gesteine gefunden worden, so an der Uebungsbai ein dolomitartiges Gestein, am Foundary Branch Kalkstein, an der Südseite des Royal Sounds eine fossile Muschel. Ferner stehen im Süden der Observationshalbinsel Glimmerdiorit und Labradorporphyr an, woraus folgt, daß die Insel schon vor der Tertiärzeit existiert haben muß. ı) TH. STUDER, Forschungsreise der „Gazelle“, Bd. III, S. 57 ff. — C. Cuun, Aus den Tiefen des Weltmeeres, 2. Aufl., 1903, S. 254. 2) Vergl. auch STIELER’s Handatlas, 1905, Karte No. 6. 3) TH. STUDER, |]. c. S. 84. 13 H. SCHENCK, 14 glliuhs Cop (23017) v 2 Bee L SR “7008-7 » Tremaree I or Soltary IS ° "Benoder 1° Kopie der Karte von Kerguelen im Challenge Aus C. CHun, Aus de r-Werk ee EA ae Mein L: ser "OFrancis ne Vet. Höhenangaben in englischen Fuß n Tiefen des Weltmeeres, 2. Aufl., Roc) 1 Der Kurs der 1903, S. 256. gg “OnKrKeneL ar 2 EEE Kup ai ‚Sandwich ‚Valdivia“ ist eingezeichnet. au mu Nana see ER = en rn er er mes vl 14 Subantarktische Inseln. i5 Unter den vulkanischen Gesteinen sind ältere und jüngere zu unterscheiden. Erstere, Sanidintrachyt an der Nord- und Östseite der Insel und Phonolith am Greenland Harbour, kommen aber immer nur in einzelnen zerstreuten Riffen vor; sie wurden von dem jüngeren Doleritbasalt durchbrochen. Der Basalt erscheint in regelmäßigen, übereinander geschichteten horizontalen Bänken abgelagert, welche ihren Ursprung wiederholten, durch große Intervalle ge- trennten Ausbrüchen verdanken. Die obersten Bänke sind infolge Erosion mannigfach in einzelne Bergzüge und Kuppen zernagt. Die einzelnen Bänke zeigen an ihrer oberen Grenze mandelstein- artige Ausbildung des Basalts, welcher zu einem thonig-sandigen Gesteine an der Oberfläche verwittert. Hier und dort, so am Christmas Harbour und an der Cumberland Bay, treten zwischen den Basaltbänken Kohlenschichten auf; auch ist am Christmas Harbour fossiles ver- kalktes oder verkieseltes Koniferenholz gefunden worden. Zur Tertiärzeit existierten somit auf Kerguelenland Nadelholzwälder, deren Reste von den letzten Basaltausflüssen bedeckt wurden‘). Nach GoErrERT gehört das Holz zu Araucarites. Beust bezeichnet die von ihm untersuchten Stücke als Cupressoxylon antarcticum. Diese tertiären Kerguelenkoniferen dürften vielleicht verwandt sein mit den im südchilenischen Wald noch heute einheimischen Gattungen. Diese Waldvegetation ist infolge der auf die Tertiärzeit folgenden Vergletscherung des Landes vernichtet worden. An manchen Stellen der Insel ist unzweifelhaft zu erkennen, daß die Vereisung in früheren Zeiten eine weit ausgedehntere war. So zeigt uns Taf. I den Anblick einer typischen Glaciallandschaft mit abgerundeten Felsen und zerstreuten Felsblöcken in der ‚Nähe des Gazellehafens. Recente Kraterkegel, wie solche auf der Marion-Insel und auf der Possession-Insel der Crozet- gruppe angetroffen werden, fehlen auf Kerguelen, wo die Erosion die Oberfläche des Landes in bedeutendem Maße verändert hat. Im Südwesten der Hauptinsel sollen aber ein noch thätiger Vulkan, und in seiner Nähe heiße Quellen existieren. $ 3, Klima von Kerguelen. Eine vollständige meteorologische Jahresreihe für Kerguelen ist aus den Publikationen der Kerguelenstation (November 1901 bis März 1903, Observatory Bay, Royal Sound) der deutschen Südpolarexpedition zu erwarten; einstweilen liegen darüber nur vorläufige Berichte mit einigen Witterungsangaben vor. Die bisherigen Beobachtungen, von der Expedition des Kapitän Sir James Crarx Ross auf „Erebus“ und „Terror“ vom ı2. Mai bis 20. Juli 1840 im Christmashafen, von der „Challenger“- Expedition Januar 1874, von der englischen Expedition zur Beobachtung des Venusdurchganges November 1874 bis Februar 187 5 im Royal Sound, von der deutschen Expedition der „Gazelle“ zur Beobachtung des Venusdurchganges ı5. November 1874 bis 29. Januar 1875 in Betsy Cove, sind von J. Hann?) referiert und in seinem Handbuch’) zusammengefaßt worden. Die folgende Tabelle bringt eine Zusammenstellung dieser Daten: 1) TH. STUDER, 1. c. S. 61. — JAMES CLarkK Ross, |. c. Vol. I, p. 71. — Challenger Report, Narrative I, I, p. 349. 2) J. Hann, Zeitschrift der Oesterr. Ges. für Meteorologie, Bd. XII, 1877, S. 100, und Bd. XV, 188o, S. 421. 3) J- Hans, Handbuch der Klimatologie, 2. Aufl, Bd. II, 1897, S. 464. 25 16 H. SCHENCK, Klima der Kerguelen-Insel. 48—50° S. Temperatur der Luft Me Relati e Tägl. : ir h x FINE, | Regenmenge | Bewölkung Mittel Max. Min. Temperatur | Feuchtigkeit ' Ampl. Grad Grad Grad Grad Grad Proz. mm | Ross 1840 Mai 2,2, | 2a 5,8 — 2,8 83 262 — „Erebus“ and „Terror“ Juni 1,9 3,4 708 —1,6 2,2 79 223 (Christmas Harbour), Juli 1,8 3,5 6,9 —2,5 1,9 82 264 —_ ı2. Mai bis 2o. Juli. „Challenger“ 1874 Januar 6,7 4,4 14,4 33 4,6 83 —e 7,1 (Christmas Harbour) Englische Venus- November 4,7 8,5 14,4 —1,9 3,8 81 eo. 59 77 Expedition 1874— 1875 Dezember 6,6 en: 14,4 0,4 5,2 77 +2 96 7:6 (Royal Sound). Januar 6,8 8,9 17,1 1,3 5,7 79 8% 84 77 Februar 7,6 8,5 17,3 1,7 6,4 93s 7 6,8 „Gazelle“ November 4,9 _ 12,8 — 0,3 — — 36 — 15. Nov. 1844 bis 29. Jan. | Dezember 5,2 _ 11,8 0,2 | - _ 96 _ 1875 (Betsy Cove) Januar |, > 13,5 | 1,2 _ - | 46 | — Winter 2,0 | 31 7:3 —2,5 253 91 749 | 8,1 Sommer 6,4 8,2 17,3 010 0)4 5,3 79 258 7:4 Jahr ee352 - | — — — — Bodentemperatur. November 1874 bis Februar 1875. (Englische Venus-Expedition.) Tiefe TE > 34 4’ Absolutes Minimum am Boden Sommer-Mittel 7,10 6,6° 5,60% 5,1 — 4,30 Schwankung HR Windrosen für Kerguelen-Insel. ı5. November 1874 bis 29. Januar 1875. (Deutsche Venus-Expedition, Betsy Cove.) N NÖ [6] so Ss SW W NW _Calmen Zahl 123 39 19 23 13 167 445 1000 19 Stärke 3,2 2,8 U 2,3 2,8,23:02 93 4,9 o Die „Valdivia“-Expedition') beobachtete bei Kerguelen folgende Temperaturen: Maximum Minimum Mittel Meerestemperatur 25. Dezember 1898 4,0° 2,0° 3,0° 2,4—4,3° 26. 5 1898 6,9° 2,0° 4,0° 3,4—4,2° 27- 3» 1898 5,4 2,7° 3,7° 3:4—3,5° 28. „ 1898 7:5° 3,30 5,10 3,5—4,2° 29. S 1898 5,20 3,0° 4,1° 3,0—4,0° Als auffallendste Thatsache geht aus der obigen Tabelle hervor, daß das Klima der Kerguelen-Insel in Bezug auf die Temperaturverhältnisse einen rein oceanischen Charakter trägt, denn der Unterschied zwischen Winter- und Sommermittel beträgt nur 4,4°. Die Winter- temperatur, mit 2,0° und einem absoluten Minimum von nur — 2,5°, ist auffallend milde, die Sommertemperatur, mit 6,4° und einem Maximum von + 17,3°, auffallend niedrig. Die Tem- peraturschwankungen sind im Sommer viel größer als im Winter. Vergleichen wir mit Kerguelen eine Station in Deutschland, so tritt die Gleichförmigkeit der Temperatur in ersterem Gebiet besonders auffallend hervor. Als Beispiel sei Darmstadt?) (49° 52‘ N. Br.) angegeben: 1) Nach G. SCHOTT, Oceanographie und maritime Meteorologie. Wiss. Ergebn. der deutschen Tiefsee-Expedition 1898— 1899, Bd. I, Jena 1902. 2) Nach gefälliger Mitteilung von Herrn Professor Dr. G. GREIM, Großherzogliches Hydrographisches Bureau, Darmstadt. 16 Subantarktische Inseln. I I 1862— 1903 187 1—1903 Wintermittel 1,4° | Absolutes Minimum — 21,4° Sommermittel 18,3 | ss Maximum + 36,9° Jahresmittel 9,8° | Mittleres Minimum — 13,8° | 5 Maximum + 33,2° Die Niederschläge auf Kerguelen verteilen sich über das ganze Jahr; die Hauptregenzeit scheint aber in den Winter zu fallen. Die Insel ist reich an Sümpfen und kleinen Flüssen, der Boden fast beständig durchnäßt, von mooriger Beschaffenheit, infolge der häufigen Regen und Nebel sowie der sehr starken Bewölkung in Verbindung mit der kühlen Temperatur. Wie auf den übrigen antarktischen Inseln herrschen während des ganzen Jahres die West- und Nordwest-Winde vor, welche sehr häufig als Stürme über das Land hinfegen und nebst der gleichmäßigen Temperatur den Charakter des Kerguelenklimas bedingen. Den Gang der unwirtlichen Witterung während des Sommers charakterisiert v. SCHLEINTTZ, Kommandant der „Gazelle“, kurz folgendermaßen: „Es weht beständig Sturm zwischen NW. und SW. mit Schnee, Hagel und Regenböen, diesigem Horizont, aber oftmals klarem Himmel und kühlem Wetter. Ab und zu wird dieser N.- bis W.-Sturm durch leichtere Winde aus diesen Richtungen oder noch seltener durch stürmischen NO.-Wind unterbrochen, letzterer bringt dichten Regen und Nebel und wärmeres Wetter. Andere Winde treten nur ganz vorübergehend auf.“ Dr. Naumann ''), welcher als Arzt und Botaniker an der Expedition der „Gazelle“ teilnahm, erwähnt, daß November 1874 bis Januar 1875 die mittlere Insolationstemperatur, an einem ge- schwärzten Thermometer gemessen, + 31,2° C, mit einem Maximum von +42° C, betrug, und daß Tage ganz ohne Sonnenschein nur vereinzelt vorkamen, wodurch Boden und Wasser am Lande bedeutend erwärmt wurden. „Die Wassertemperatur, beispielsweise einer Anzahl kleiner Bäche, an dem kühlen und nur selten sonnigen Morgen des 31. Oktober gemessen, betrug 5° bis 6° bei einer Lufttemperatur von 3°C und am ı8. Dezember unter ähnlichen Verhältnissen 8° bis 10°C bei einer Lufttemperatur von 6° C“ Die Bodentemperatur von November bis Februar in ı“ Tiefe wurde im Mittel auf 7,1° gemessen. Ueber das Klima des Winters ist aus den Beobachtungen von Sir James Ross im Jahre 1840 zu entnehmen, daß die Temperatur selten unter den Gefrierpunkt sank und der Schnee auf den tieferen Stellen nie über 2—3 Tage liegen blieb. Es herrschten oft orkanartige Stürme, und die Windstöße kamen zuweilen so plötzlich, daß man sich kaum vor ihnen schützen konnte. Unter den 68 Tagen Aufenthalt im Christmashafen wurden an 45 Tagen Stürme beob- achtet, und nur 3 Tage waren ohne Regen und Schneefall. Auch K. Luyken?) berichtet über den Winter 1902, daß klare, sonnige Tage äußerst selten geblieben seien und daß unwirsches Wetter mit heftigen Regen- und Schneeböen an der Tagesordnung gewesen seien. Anfang Mai setzte eine Kälteperiode mit schwachem Frost ein, der Schnee fiel reichlicher und blieb längere Zeit liegen. In den ersten Wochen des Juni begann 1) NAUMANN, Zeitschrift der Ges. für Erdkunde, Berlin, Bd. XI, 1876, S. 128. 2) Deutsche Südpolar-Expedition, Heft 5, 1903, S. 54 ff. 17 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—1899. Bd. II. ı. Teil. ww 18 H. SCHENCK, wieder eine stete Kette von Schnee- und Regenböen, die nur durch kurze Pausen unterbrochen wurde und zeitweise mit heftigen Stürmen aus W. und NW. abwechselte. O.- und NO.-Winde kamen selten, aber orkanartig. In der zweiten Hälfte des Juni trat wieder Winterwetter ein, das mit Schnee und Eis mehrere Wochen anhielt, wenn auch mitunter vereinzelte Tage mit Tau- wetter und Regen nicht ausblieben. Ende Juli trieb in der Observatory Bay sogar Eis in großen Schollen. Danach muß der Winter 1902 bedeutend ungünstiger als derjenige von 1840 ge- wesen sein. Als Winter-Minimum wurde im Juni 1902 — 8° beobachtet'), Gelegentliche Schneefälle können im Laufe des Jahres in jedem Monat vorkommen. Die reichlichen Niederschläge in Verbindung mit der kühlen Temperatur haben zur Folge, daß die Gletscher an manchen Stellen bis zum Meere herabreichen. Die Gleichartigkeit der Witterung im Sommer und Winter ist von besonderem Interesse für die Beurteilung der Existenzbedingungen der Vegetation der Inselgruppe. $ 4. Flora von Kerguelen. Die nachfolgende Liste sämtlicher, bisher aus dem Kerguelenbezirk bekannt gewordenen Gefäßpflanzen umfaßt auch die Flora der Prinz Eduard-Inseln, Crozet-Inseln und Heard-Insel zunächst auf Grund der von J. D. HookEr?) und von W. B. Heusrey?) gegebenen Zusammen- stellung, zu welcher die neueren Expeditionen nur wenig Neues hinzugefügt haben. Dr. Nav- MANN („Gazelle“-Expedition) fand auf Kerguelen 2 von der Insel bisher noch nicht bekannte Arten, nämlich ZZymenophyllum peltatum Desv. und den eingeschleppten Aumex acetosella L.*). Die Sammlungen von W. SCHIMPER und F. Winter während der deutschen Tiefsee-Expedition ergaben keinen Zuwachs. Dagegen hat die deutsche Südpolarexpedition 1901—1903 unsere Kenntnisse von der Flora der Possession-Insel (Crozet-Gruppe) und der Heard-Insel erweitert. Ueber diese Funde liegen Berichte von E. WERTH°) und E. VANHÖFFEN®) vor. Der Freundlichkeit dieser Herren verdanke ich die Durchsicht ihrer Sammlungen, über welche in dem Expeditions- werk der Südpolarexpedition eingehend berichtet wird. VANHÖFFEN fand als neu für Heard-Insel Festuca kerguelensis Hoox. f. Zwischen seinen Herbarpflanzen von dieser Insel lagen aber auch Fragmente von Deschampsia antarclica E. Desv. In Werrn’s vorläufigem Bericht über die Flora der Possession-Insel sind einige Arten als nicht sicher bestimmt angeführt; ich habe dieselben revidiert und demgemäß in die nachfolgende Liste eingetragen. Bisher waren von den Crozets nur Pringlea, Acaena, Azorella, Galium, Cotula, Lomaria alpina und Asplenium obtusatum bekannt. Die Angaben über die geographische Verbreitung der Arten wurden nach Möglichkeit vervollständigt. Die endemischen Arten sind fett gedruckt. ı) Nach Referat in Geogr. Zeitschr., 1903, S. 389. 2) Philos. Transactions Royal Soc., Vol. CLXVII, 1879, p. 9. f 3) Challenger Report, I, 2, 1885, p. 252. 4) Die Forschungsreise S. M. S. „Gazelle“, Teil IV: Botanik, 1889. 5) E. WERTH, Die Vegetationsverhältnisse von Possession Island. Veröffentl. des Instituts für Meereskunde etc., Berlin 1902, EICHE 2.5536, i 6) E. VANHÖFFEN, Biologischer Bericht, Heard-Insel. Ibid. 1903, Heft 5, S. 144. 18 Subantarktische Inseln. 19 Phanerogamen und Pteridophyten des Kerguelenbezirkes. Ta 5 STE _ Prinz WE z pi Eduard- Crozet- Kerguelen‘ Inseln zn Ke Geographische Verbreitung (Marion- us Insel 1) sion-Insel) Einheimische Gefässpflanzen. Lycopodiaceae. I) Zycopodium saururus LAMCK. (—Z. + + _ — | Südamerika, Falkland, Tristan da Cunha, elongatum Hook.). (Fig. 2, S. 22) Neu-Amsterdam, St. Helena, Afrika 2) Zycopodium clavatım L. var. magel- + + + _— Feuerland, Falkland, Südgeorgien, Tristan da Zanicum Hook. f. (Fig. ı, S. 22) Cunha Filices. 3) Zymenophyllum _ peltatum _D£sv. + + + _ Chili, Feuerland, Falkland, Südgeorgien, Neu- (= H. unilaterale BoRrv; H. Wilson! Amsterdam, Neuseeland, Australien, Kap- Hook.) | land, Mascarenen, Canaren, Azoren, Madeira, Westeuropa 4) Cystopteris fragilis BERNH. + u == — Feuerland, Falkland, Südgeorgien, weit ver- breitet in nördlichen und südlichen temp. Zonen 5) Zomaria alpina SPR. (= Z. Penna + + + _ Südchile, Feuerland, Falkland, Neu-Amster- marina METT.). (Fig. 4, S. 22 dam, St. Paul, Antipoden-Inseln, Macquarie, Tasmanien, Neuseeland, in der südlichen temp. Zone verbreitet 6) Asplenium obtusatum FORST. _ _ + — In der südlichen temperierten Zone weit ver- breitet. Auckland, Campbell, Antipoden, Snares 7) Aspidium mohrioides BORY — En — —_ Chili, Californien, Feuerland, Falkland, Süd- georgien, Neu-Amsterdam, Auckland-Inseln 8) Polypodium vulgare L. var. Eaton: + — n — Südafrika, Hawai, nördliche temp. Zone BAKER 9) Polypodium australe METT. (= Gram- + + _ _ Feuerland, Tristan da Cunha, Neu-Amsterdam, mitis australis R. Br.). (Fig. 3, Neuseeland, Australien, Tasmanien, Anti- S722) poden, Auckland, Campbell, Macquarie. All- gemein verbreitet in der südlichen temp. Zone Juncaceae. 10) Juncus scheuchzerioides GAUD. af > = er. Feuerland, Falkland, Neuseeland, Auckland- Inseln, Campbell, Antipoden F. BUCHENAU (Monographia Juncacearum in Bot. Jahrb. f. Syst., Bd. XII, 1890, S. 287) erwähnt, daß die Herbarpflanzen zu Kew ihm Zweifel ließen, ob die Specimina von anderen Gegenden als aus dem Gebiet der Magellan- straße wirklich zu 7. scheuchzerioides gehören oder richtiger zu J. Puszllus FR. BUCH. (Neu- seeland, Tasmanien, Australien), oder zu 7. novae Zealandiae J. D. HOOKER (Neuseeland, Süd- georgien) zu ziehen sind. Cyperaceae. II) Uncinia compacta R. BR. + _ _ — Tasmanien, Neuseeland, Australien, Neu- Amsterdam, St. Paul Gramineae. 12) Deschampsia antarctica E. Desv. + — 4 + Feuerland, Falkland, Südgeorgien, Süd-Shet- (= Aira antarctica Hoox.). (Fig. 6, lands. (Auf den Crozets und der Heard-Insel S. 23). von VANHÖFFEN gesammelt) 13) Agrostis magellanica LAMcKk. (= er — pr u Chili, Feuerland, Falkland, Campbell, Anti- Agrostis antarctica Hook.) poden, Macquarie 14) Poa Cookii Hook. f. (— Festuca + =u un == Endemisch Cookii Hook. f.). (Fig. 5, S. 23) nn BE N | 19 38 20 H. SCHENCK, Prinz Eduard- Crozet- Kerguelen) Inseln SE ne Geographische Verbreitung 5 Osses- nse Marion- Insel sion-Insel) 15) Festuca erecta D’URY. (Fig. 8, S. 24) + u _ — Feuerland, Falkland, Südgeorgien ı6) Festuca kerguelensis Hook. f. + _ —_ + | Endemisch. (Auf Heard-Insel Januar 1902 (= Triodia kerguelens!s HOOK. f.). von E. VANHÖFFEN zuerst gesammelt) (Fig. 7, S. 24) Portulacaceae. 17) Montia fontana L. + At er — | Inallen antarktischen Ländern, weit verbreitet | in den nördlichen und südlichen temper. Zonen. Feuerland, Neuseeland, Auckland, Campbell, Macquarie Caryophyllaceae. ı8) Colobanthus kerguelensis SF — — + Endemisch Hook. f. (Fig. 9, S. 25) e 19) Lyallia kerguelensis Hoox. f. 3, Endemisch (Fig. 10, S. 25) Ranunculaceae. 20) Ranunculus biternatus SM. (hierzu + + + _ Feuerland, Falkland, Südgeorgien, Tristan da R. crassipes Hook. f.). (Fig. ı2c, d, | Cunha?, Neu-Amsterdam, Macquarie S. 26) 21) Ranunculus trullifolius Hook. f. + — — \ Feuerland, Falkland (nach HooOKER am nächsten verwandt mit R. bonariensis POIR.). (Fig. 12a, b, S. 26) 22) Ranunculus Moseleyi Hook. f. + = 2. = Endemisch (nach HOoOKER wahrscheinlich ver- wandt mit südamerikanischen Arten). (Fig. 13, S. 27) Cruciferae. 23) Pringlea antiscorbutica R. + AL IE + Endemisch Br. „Kerguelenkohl“. (Fig. 14, S. 28, Fig. 24 S. 49, Fig. 25, S. 51) Crassulaceae. 24) Tillaea moschata DC. (Fig. ı1, S. 25) SL Jr a e Feuerland, Falkland, Neuseeland, Snares, Antipoden, Auckland, Campbell, Macquarie Umbelliferae. 25) Azorella Selago Hook. f. (Fig. 15, + A u er Feuerland, Macquarie S. 29, Fig. 23, S. 44) Rosaceae. 26) Acaena adscendens WAHL (= A. + ie SL 2.3 Feuerland, Falkland, Südgeorgien, Macquarie affinıs Hook. f.) „Kerguelenthee*. (Fig. 16, S. 30) Callitrichaceae. 27) Callitriche verna L. (= C. antarctica 2 18 SL SL In allen antarktischen Ländern, weit verbreitet ENGELM.) in den nördlichen und südlichen temp. Zonen Scrophulariaceae. 28) Zimosella aquatica L. 12 — — —_ Feuerland, Neuseeland, weit verbreitet in allen temp. Zonen Rubiaceae. 29) Galium antarcticum Hook. f. (Fig. 17, + _ + -- Feuerland, Falkland, Südgeorgien S. 31) Compositae. 30) Cotula plumosa Hoor. f. (Fig. 18, + u Eu _ Antipoden, Auckland, Campbell, Macquarie S. 32) Summa: 28 14 17 7 Subantarktische Inseln. °1 72, Prinz Eduard- | SER Kerguelen, Inseln u en Geographische Verbreitung (Marion- | (Posses- Insel I) sion-Insel) | Eingeschleppte Arten. 1) Poa pratensis L. + - Nach MOSELEY 2) Poa annua L. + Nach MOosELEY 3) Rumex acetosella L. + — | — _ Auf Kerguelen bei Betsy Cove von NAUMANN in einigen Exemplaren gefunden 4) Stellaria media L. + + _ _ Auf Marion-Insel nach MOSELEY häufig 5) Cerastium triviale LiNK. + —_ 4 _ Nach MOosELEY auf Kerguelen, desgleichen nach NAUMANN an mehreren von Walfisch- fängern besuchten Häfen sehr verbreitet und außerordentlich üppig gedeihend. Von | WINTER am Gazellehafen gesammelt. Auf | - Possession Island (Crozets) nach WERTH in üppigen Exemplaren W. ScHiMPER sammelte im Dezember 1898 am Gazellehafen auf Kerguelen die folgenden Gefäßpflanzen, die meisten in verschiedenen Standortsformen: Lomaria alpina SPRENGEL Ranunculus biternatus SM. Cystopteris fragılis BERNH. Ranunculus trullifolius Hook. f. Lycopodium saururus Lam. Pringlea antiscorbutica R. Br. Festuca erecta D'ÜRv. Tıllaea moschata DC. Festuca kerguelensis Hook. f. Azorella Selago Hook. f. Poa Cookiül Hook. f. Acaena adscendens \AHL. Agrostis antarctica Hook. f. Galium antarcticum Hook. f. Colobanthus kerguelensis Hook. f. Cotula plumosa Hook. f. Die von F. WmteEr zu gleicher Zeit und am gleichen Orte gesammelten Herbarpflanzen umfassen nur einen Teil der obigen Arten, außerdem noch Cerastium triviale Link. Aus der in obiger Liste gegebenen Zusammenstellung ergiebt sich, daß die Gefäßpflanzen- flora der vier Inselgruppen unzweifelhaft zusammengehört, denn sie zeichnet sich durch das Vor- kommen einer Anzahl endemischer Arten scharf aus gegenüber der Flora von Südgeorgien, welche im wesentlichen nur als ein Ableger der feuerländisch-falkländischen bezeichnet werden kann. Kerguelen selbst beherbergt 28 Arten, also den Hauptstock; es fehlen hier nur zwei Arten weitverbreiteter Farnkräuter, nämlich Aspidium mohrioides Bory (Marion-Insel) und As- ‚plenium obtusatum Forst. (Crozets). Nach Kerguelen ist die Possession-Insel der Crozets mit 17 Arten, dann die Marion- Insel mit 14 Gefäßpflanzen die artenreichste, während die Heard-Insel infolge ihres extrem rauhen Klimas eine armselige Flora von nur 7 Arten trägt, welche allerdings größtenteils gerade die am meisten charakteristischen Gewächse des Bezirkes umfaßt. Unter den 30 Arten des Bezirkes treffen wir allein 6 endemische Arten, also 20 Proz. der Gesamtflora, an, nämlich Poa Cookü Hook. f. ZLyallia kerguelensis Hoox. f. Festuca kerguelensis Hook. f. Ranunculus Moseley! Hook. f. Colobanthus kerguelensis Hook. f. Pringlea antiscorbutica R. BR. 197 H. SCHENCK, 5 (\ NN a NER m NY; V N /h 0 04 N/ VRR VAR AR). VAR RN URN AR), VRR ZEN AN VRR AN vr WW IM N NA RN), AM SAUBER EN 7 N N ff RN N) ORTEN II R/AV MEN 17, W) NH \y N NV NZ WW, WW NUN N N Ve NM )); Nr NINE N ZA N, \V RN A RZAE \ Tu WE NY FG N WW Ze N \ NS & MURN®) WA ! \l Hm crF 7% £% v7 GG: DE Fig. 2. Zyeopodium Saururus LAMK. Auf Kerguelen von SCHIMPER gesammelt. Nat. Gr. Fig. 1. Zycopodium magellanicum Hook. fil. Nach einem von E. VANHÖFFEN auf Kerguelen 1902 gesammelten Exemplar. Nat. Gr. Fig. 3. Polypodium australe METT. Nach einem von E. VANHÖFFEN auf Kerguelen 1902 gesammelten Exemplar. Nat. Gr. Fig. 4. Zomaria alpina SPRENGL. Auf Kerguelen von SCHIMPER gesammelt. Nat. Gr. Subantarktische Inseln. 23 Fig. 6. Deschampsia antarctica E. DeEsv. Fig. 5. oa Cookii Hook. fil. Kerguelen. ®/, nat. Gr. (SCHIMPER.) A vor der Blüte, B blühend. Nach HookeEk fil., in Flora antarctica, Taf. CXXXIN. ?, nat. Gr. H. SCHENCK, Fig. 7. Festuca kerguelensis Hook. fil. Von exponiertem Standort. Kerguelen. Nat. Gr. (SCHIMPER.) Fig. 8. Zestuca erecta D’URV. Kerguelen. °/, nat. Gr. (SCHIMPER.) 24 Subantarktische Inseln. ii Fig. 10. Zyallia kerguelensis Hook. fil. Nat. Gr. (SCHIMPER.) Fig. 9. Colobanthus kerguelensis Hook. fil. Kerguelen. Nat. Gr. (SCHIMPER.) Fig. ıı. Tillaea moschata Dc. Nat. Gr. [57 in Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—1899. Bd. II. ı. Teil. H. SCHENCK, a. N) Is J= Fig. 12. a, b Ramumculus trullifolus Hoor. fill. Nach der Natur unter Mitbenutzung von Figuren aus J. D. HoOKER, Botany of Kerguelen Island, c, d Ranumculus biternatus SM., c von geschütztem Standort, d aus einem Azorella-Polster der Hochebene. Nat. Gr. (SCHIMPER.) H. SCHENCK, 19} 00 Y 7 uf IA % y} x As Pan u, le \\ Nun! Fig. 14. Pringlea antiscorbutica R. BR. Rechts von geschütztem Standort, links aus der Hochebene. Kerguelen. ®/, nat Gr. (SCHIMPER.) Subantarktische Inseln. Fig. 15. Azorella Selago Hook. fil. Polster von 15 cm Durchmesser. Auf Kerguelen von SCHIMPER gesammelt. */, nat. Gr. 29 H. SCHENCK, BN ' he N AaTN 3 % 0 Fig. 16. Acaena adscendens WAHL. Kerguelen. ı von bestem, humösem, geschütztem Standort. Nat. Gr. 2 von gutem Standort, 3 Sandform, 4 Sumpfform, 2—4 '/, nat. Gr. (SCHIMPER.) Fig. 17. Subantarktische Inseln. Galium antarcticum Hook. fil. Kerguelen. a von geschütztem, b, c von windigem Standort. 31 ?/, nat. Gr. (SCHIMPER.) 3ı H. SCHENCK, Yı BIT ZU, RE Di IYZ . DIZEN all ID 14 A N NS ne NS RZ Fig. 18. Cotula plumosa Hook. fil. Kerguelen. a auf gedüngtem, fettem Boden, c auf dünner, magerer Bodenschicht, b von mittlerem Standort. Nat. Gr. (SCHIMPER.) 32 Subantarktische Inseln. 33 Während die Gattungen oa, Festuca, Colobanthus und Ranunculus auch auf den übrigen antarktischen Inseln sowohl in einzelnen endemischen, als auch in weiter verbreiteten Arten wiederkehren, stehen dagegen Zyallia und Pringlea als monotypische endemische Genera isoliert da. Zyallia ist vielleicht mit der andinen Gattung Z?yenophyllum, Pringlea mit der borealen Gattung Cochlearia verwandt. Von den übrig bleibenden 24 Arten kommen die meisten nicht nur in dem feuerländischen Gebiet, sondern auch auf Neuseeland oder in dem südlich davon gelegenen Auckland-Bezirk vor, gehören also der cirkumpolaren antarktischen Flora an. Besonders weite Verbreitung haben die Farne, deren Sporen leicht überall hin verschlagen werden können, ferner die Wasserpflanzen Montia Jontana 1, Callitriche verna L. Zimosella aguatica L. Unter den Farnen Kerguelens giebt es keine endemischen Arten. Folgende Arten kommen auf Kerguelen und gleichzeitig auf Feuerland bezw. Falkland- Inseln, aber nicht im neuseeländischen Inselgebiet vor: Lycopodium saururus LAMmcK. Deschampsia anlarctica E. Desv. Zycopodium magellanicum (Hoox. f.) Ranunculus trullifolius Hook. f. Festuca erecta DÜRV. Galium antarcticum Hook. f. Diese Arten dürften also wohl von Amerika her auf die Inseln gelangt sein. Hierher ist auch Azorella selago Hoor. f. zu rechnen, die bis zu den Macquarie-Inseln verbreitet ist, aber einer Sektion der Gattung angehört, die für Südamerika eigentümlich ist; ferner auch Ranunculus biternatus Sm., Acaena adscendens mit ähnlicher Verbreitung. Nur 2 Arten finden sich auf Kerguelen und im neuseeländischen Bezirk, aber nicht in Feuerland, nämlich Uncinia compacla R. Br. und Cotwla plumosa Hook. f., für welche eine Einwanderung von Osten her nach Kerguelen nicht ausgeschlossen sein würde. Das feuerländische Element in der Zusammensetzung der Flora überwiegt bei weitem, und bei der herrschenden Richtung der Winde aus Westen ist anzunehmen, daß auch von den cirkumpolaren gemeinsamen Arten die meisten auf dem Wege von Feuerland über die Falkland- Inseln zu den Inseln des Kerguelenbezirkes gelangt sind. Unter den Farnen ist bemerkenswert Polypodium wulgare L., welches seinen nächsten Standort in Südafrika hat. Dieser Farn, sowie auch einzelne weiterverbreitete Arten könnten also auch von Südafrika nach Kerguelen verschlagen worden sein. Bemerkenswert erscheint das vollständige Fehlen der großen Familie der Leguminosen auf Kerguelen sowohl wie auf sämtlichen anderen antarktischen Inseln, sogar auch auf den Falkland- Inseln, die dem südamerikanischen Kontinent noch am nächsten liegen. Die Ursache für diese Erscheinung kann kaum in dem Mangel an Zufuhr der Samen allein gesucht werden. Auf Feuerland ist die Ordnung nur sehr sporadisch vertreten, findet also auch dort keine geeigneten Existenzbedingungen, während sie in der Arktis einen wichtigeren Bestandteil der Flora vorstellt und in unseren Alpen hoch hinaufsteigt. Unter den äußeren 2! > 26] Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı8g99. Bd, II. ı. Teil, in 2 H. SCHENCK, 34 Lebensbedingungen würde einstweilen nur die höhere Sommertemperatur der Arktis zur Erklärung herangezogen werden können. Möglicherweise verlangen die Stickstoff assimilierenden Knöllchen- bakterien der Leguminosenwurzeln höhere Temperaturen, als ihnen in der Antarktis geboten werden. Auch für nitrifizierende Bodenbakterien scheinen die Bedingungen ungünstig zu sein, denn H. Gazerr'), welcher zum ersten Male bakteriologische Untersuchungen auf Kerguelen vor- genommen hat, berichtet: „Der Boden auf Kerguelen ist von mooriger Beschaffenheit, die torfbildende Vegetations- decke ist wie ein Schwamm von Wasser durchtränkt. Dies Wasser enthielt stets Bakterien, bis über ı00 in ı ccm, darunter denitrifizierende. Nitrifizierende Bakterien konnte ich nicht durch die Kultur nachweisen, ebenso ergab die Reaktion auf Nitrate und Nitrite stets negatives Resultat, dagegen war Ammoniak stets und, wie es schien, in reichlicher Menge vorhanden, ein Befund, wie er bei Torf- und Moorwässern auch anderweitig gemacht wird.“ Auch der Mangel blütenbestäubender Insekten mag, als eine weniger in das (Greewicht fallende Ursache, für das Fehlen der Leguminosen herangezogen werden. Die Flora des Kerguelenbezirkes mit nur 30 Gefäßpflanzen, darunter 2ı Phanerogamen, ist im Vergleich zu nordpolaren Ländern oder Inseln eine sehr arme, wie aus folgenden Zahlen hervorgeht?). Kerguelen liegt zwischen 48° und 50° S., Island dagegen weiter polwärts, zwischen ',-66!7,° N. Trotzdem hat Island noch 435 Gefäßpflanzen. _ Die Melville-Insel (74a —76'/,° N.) beherbergt 60, Grinellland (80° N.) 69, Spitzbergen (77—80° N.) 119, Franz - Joseph - Land (80—83° N.) 23 Arten Phanerogamen. Erst in solch hohen Breiten der Arktis begegnen uns somit ähnlich geringe Artenzahlen wie auf Kerguelen. Die Falkland-Inseln haben eine Flora von 129 Gefäßpflanzen, liegen allerdings auch nicht so insular vereinsamt wie Kerguelen. Bryophyten und Thallophyten Kerguelens. Die Laubmoose Kerguelens sind bearbeitet von W. Mrrren ®), welchem die Sammlungen der englischen Expeditionen, und von K. Mürrer‘), welchem die von Naumann, dem Botaniker der „Gazelle“-Expedition, gesammelten Materialien zu Gebote standen. Mitten stellte eine größere Anzahl (23 Arten) von Kerguelenmoosen zu europäischen Arten, während K. MÜLLER zu gegen- teiliger Auffassung gelangte. Letzterer sagt: „Keine einzige wirklich europäische Art habe ich angetroffen, wohl aber so nahestehende Arten, daß eben die umsichtigste Vergleichung zwischen den verwandten europäischen und kerguelensischen Moosen dazu gehört, um ein solches Ergebnis zu gewinnen. Kurz gesagt, ist die Moosflora vollständig eine Korrespondenzflora zu der euro- päisch alpinen“ Nach der Ansicht K. Mürrer’s repräsentieren also die meisten Moose der Insel (So Arten unter etwa 90 Arten) endemische Formen. Wenn nun auch eine spätere erneute Untersuchung die Zahl dieser Endemen herabmindern dürfte, so wird immerhin ein sehr hoher Prozentsatz eigentümlicher Arten übrig bleiben, zumal auch die Moosflora der übrigen ant- ı) Hans GAZERT, Bakteriologischer Bericht. Deutsche Südpolar-Expedition, Veröffentl. des Inst. f. Meereskunde etc., Heft 5, 1903, S. 156. 2) Nach G. ANDERSSON, Zur Pflanzengeographie der Arktis. Geogr. Zeitschr., Bd. VIII, 1902. 3) W. MıTTEn, Musci, in: Botany of Kerguelen Island. Philosoph. Transact. of the Royal Society, Vol. CLX VIII, Br p- 16. 4) K. MÜLLER, Laubmoose, in: Forschungsreise S. M. S. „Gazelle, Bd. IV, 1889. 34 Subantarktische Inseln. 35 arktischen Inseln und auch von St. Paul und Amsterdam sich durch große Selbständigkeit aus- zeichnet, und diese endemischen Moose dürften sehr alte Formen repräsentieren. Eine Anzahl Arten hat Kerguelen mit Feuerland gemeinsam; dahin rechnet K. MÜLLER nur die folgenden: Orthotrichum_ crassifolium, Bartramia patens, Orthotrichum angustifolium, Aypnum paradoxum. Für diese Arten stellt er aber die sonderbare Hypothese auf, daß sie nicht etwa ein- gewandert, sondern „wirklich eingeborene Arten des Insellandes sind, welche, da die gleichen Schöpfungsbedingungen hier ebenso wie auf dem Feuerlande existierten, selbständig dem Schoße der Erde entsproßten“. K. Mürter glaubte also, selbständige Schöpfungsherde für getrennte Moostloren an- nehmen zu müssen, und in dieser Meinung befangen, ging er zu weit ın der Aufstellung neuer Arten. Nach J. Carvor!) dagegen hat Kerguelen etwa 24 Arten gemeinsam mit Feuerland, davon finden sich 15— 16 auch in austral-pacifischen Gebieten, 8—9 in anderen Teilen Südamerikas, 3 auf Marion-Inseln, ı am Kap der guten Hoffnung, ı in Südgeorgien, 2 in dem antarktischen Polargebiet und endlich 5 in der borealen Hemisphäre. Kerguelen besitzt auch einige Moosarten, welche auf gemeinsamen Ursprung mit neusee- ländisch-australischen Formen hinweisen, so Catharinea (Psilopilum) antarctica, welche verwandt ist mit Psilopilum australe He. von dem Gipfel des Mount Wellington auf Tasmanien. Was die Zusammensetzung der Moosflora anbelangt, so verteilen sich die Arten nach K. MüLrer auf folgende Familien und Gattungen: 1) Andreaeaceae Andreaea 8 Arten 2) Funariaceae Entosthodon Din) 3) Polytrichaceae Catharinea Tr ANEt Polytrichum 3 Arten 4) Bryaceae Mielichhoferia 2 Arten Dryum IS] 0 5) Dicranaceae Blindia GES Dicranum a, 6) Bartramiaceae Dartramia Sue: 7) Pottiaceae Pottia Au; Barbula Se Trichostomum ı Art 8) Orthotrichaceae Orthotrichum 4 Arten 9) Grimmiaceae Grünmia DOW 10) Fontinalaceae Dichelyma BA ı1) Hypnaceae Hypnum 16 Arten Die felsbewohnenden Gattungen Andreaca und Grimmia, auch Dryum, sind also besonders stark vertreten. Dagegen fehlt auf Kerguelen eigentümlicherweise die Gattung Sphagnum vollständig, und die Pleurocarpi sind im Gegensatz zu den arktischen Ländern relativ schwach vertreten. SCHIMPER sammelte Dezember 1898 auf Kerguelen nur folgende von F. V. BROTHERUS bestimmte Moose: 1) J- CARDOT, Mousses et coup d’eil sur la flore bryologique des Terres Magellaniques. Resultats du voyage du S. Y. „Belgica“ en 1897— 1899, Botanique, Anvers 1902, p. 13. Sr 36 H. SCHENCK, ı) Andreaca parallela K. Mürter. Stets steril, in Kugeln mit erdigem Kern wachsend (vergl. S. 42, Fig. 22). 2) Blindia aschistodontoides K. MÜLLER. Desgl. (vergl. S. 42, Fig. 22). 3) Racomitrium chrysoblastum (K. MÜLLER) Par. Bildet große Polster auf steinigem Boden. Am Gazellehafen. (Vergl. Fig. 2ı auf Tafel zu S. 42.) 4) Ditrichium Hookeri Hre. (= Leptotrichum Hookeri K. MürLtLer). Große Polster auf steinigem, feuchtem Boden. Auch unter den Lebermoosen'), von denen etwa 30 Arten bekannt geworden sind, befinden sich zahlreiche endemische Arten. Sie zeigen Beziehungen zu denen Feuerlands und des neuseeländischen Inselbezirkes. Von weit verbreiteten Arten sind zu nennen Aneura multı- fida L., A. pinguis L, Marchantia polymorpha L. Die Flechten’) gehören größtenteils den Krustenflechten Verrucaria, Lecidea, Pertusaria, Lecanora, Psoroma, Pannaria an, während die Blattflechten nur durch sehr wenige Pel/tigera und Parmelia, die Strauchflechten durch einige C/adonia, Argopsis und Usneaceen vertreten sind. Viele Arten sind endemisch. Besonders wichtig durch massenhaftes geselliges Auftreten sind die felsbewohnenden Usneaceen Veuropogon melaxanthus Nyr. und N. Taylor! (Fig. 20, S. 41), welche beide in höheren Regionen, letztere an Felsen bis 1200 Fuß, verbreitet sind. NV. melaxanthus Nvr. ist in der ganzen arktischen Zone, mit Ausnahme Skandinaviens, und in der ganzen ant- arktischen Zone verbreitet. SCHIMPER sammelte Dezember 1898 auf Kerguelen folgende von AL. ZAHLBRUCKNER be- stimmte Arten: 1) Veuropogon melaxanthus Acn. Auf Felsen häufig. 2) Neuropogon Taylori Hook. f. Auf Felsen häufig. 3) Placodium bicolor (Tuck.) Mürı. Arg. (= Zecanora gehda x. lateritia CromB). Am Grazellehafen massenhaft. 4) Zecanora spec. Auf dem Boden an nassem Standort häufig. Von Pilzen’) sind bisher nur sehr wenige, im ganzen ein Dutzend Arten, bekannt ge- worden, die meisten davon weit verbreitet. Sie verteilen sich auf folgende Gattungen: Agaricus, 5 Arten, darunter A. kypnorum BarscH und A. glebarum BERK. auf Azorella-Polstern. Coprinus, 2 Arten. Peziza, 2 Arten. Sphaeria herbarum Pers, an toten Stämmen der Pringlea. Phoma Jestueina v. THÜMEN, auf Festwca erecta. Cladosporium gramineum Lx., an Poa Cookir Hook. f. Die Süßwasseralgenflora‘) Kerguelens ist eine sehr reiche. ReınscH zählt im ganzen 106 Arten auf, welche sich in folgender Weise verteilen: ı) W. MıtTEn, Hepaticae, in: Botany of Kerguelen Island. Philos. Transact. of the Royal Society, Vol. CLXVIII, 1879, p. 32. — V. SCHIFFNER, Lebermoose, in: Forschungsreise der „Gazelle“, Bd. IV, 1889. 2) J. M. CRroMBIE, Lichenes, in: Botany of Kerguelen Island. Phil. Transact. of the Royal. Soc.. Vol. CLXVIII, 1879, p. 38. — J. MÜLLER, Argov., Flechten, in: Forschungsreise der „Gazelle“, Bd. IV, 1889. 3) M. J. BERKELEY, Fungi, in: Botany of Kerguelen Island. Phil. Transact. of the Royal Soc., Vol. CLX VIII, 1879, p. 85. — Ferıx v. THÜMEN, Pilze, in: Forschungsreise der „Gazelle“, Bd. IV, 1889. 4) P. F. REINSCH, Algae aquae duleis Ins. Kerguelensis, in: Botany of Kerguelen Island. Phil. Transact. of the Royal Soc., Vol. CLXVIII, 1879, p. 57. 36 5 2 i I 5 Subantarktische Inseln 27 Diatomeae 21 Arten in ı3 Gattungen Cyanephyeeae 33 2, 5, 18 5 Chlorophyceaessen 7.27.30 n (inkl. Conjugatae) Phaeophyceae ı Art „ ı Gattung Rhodophyceae ı „ N „ Von diesen sind ı8 Arten Kerguelen eigenthümlich, also relativ wenige. Die Süßwasseralgen sind im allgemeinen wenig variabel unter den verschiedensten Klimaten und haben vielfach sehr weite Verbreitung. Die Phaeophycee ist Ahrzocladıa repens REınscH, ein neues Genus; die Rhodo- phycee ist das neue Dafrachospermum minutissimum ReEınscH. Zu den 106 Arten kommen noch 7 Arten aus der „Flora antarctica“, so daß die Gesamt- zahl 113 beträgt. Die Characeen sind durch Nitella antarctica BRAUN vertreten. Die Meeresalgen') sind bis jetzt in 82 Arten bekannt geworden, von denen etwa ein Dutzend der Inselgruppe eigentümlich sein mögen. Besonders auffallend sind die großen, ge- sellig wachsenden, für die kalten Oceane charakteristischen Brauntange: D’ Urvillea utilis BORY Lessonia fuscescens BorY D’Urvıillea Harveyi Hook. f. Desmarestia-Arten Macrocystis pyrıfera AG. Die meisten Meeresalgen gehören der antarktischen, weit verbreiteten marinen Flora an. Etwa '/, der Arten kommen auch an den Küsten Europas vor, und einige sind kosmopolitisch. Anhang. Nutzpflanzen Kerguelens. Seit Coor’s Zeiten ist von allen Besuchern der Insel die Pringlea antiscorbutia, der Ker- guelenkohl, als wertvolles und antiskorbutisch wirkendes Gemüse geschätzt worden. Alcaena adscendens, der Kerguelenthee, wird von Walfischfängern als Thee gegen Fieber benutzt. Unter den einheimischen Gräsern gilt Zoa Cookır als gutes Viehfutter. $ 5. Vegetationsformationen auf Kerguelen. [Nach dem Manuskript von W. SCHIMPER; sämtliche Litteraturhinweise und Anmerkungen von H. ScHENcK.] Einleitung. Wo im Süden und im Norden der Baumwuchs aufhört und eine niedrige Vegetation von /wergsträuchern, von kleinen, wenn auch oft großblütigen Stauden und von Moosen und Flechten die Landschaft zu beherrschen beginnt, da liegt für den Botaniker die Grenze zwischen den temperierten und den kalten oder polaren Zonen. Diese Grenze weicht im Norden nicht sehr wesentlich vom Polarkreise ab, wenn sie denselben auch in der östlichen Hemisphäre vielfach 1) G. DickIE, Marine Algae, in: Phil. Transact. of the Royal Soc., Vol. CLXVIII, 1879, p. 45. — E. AsKENAasY, Algen, in: Forschungsreise der „Gazelle“, Bd. IV, 1889. 37 3 8 H. SCHENCK, überschreitet und in der westlichen vielfach nicht erreicht. Im Süden hingegen, wo das stets stürmische Klima dem Baumwuchs entgegenwirkt, liegt diese Grenze um ein .beträchtliches dies- seits des Polarkreises, so daß die Gebiete, welche der Pflanzengeograph als antarktische oder richtiger als südliche kalte Zone bezeichnet, geographisch noch zur temperierten Zone gehören. Jenseits des Polarkreises ist in der Antarktis, im Gegensatz zur Arktis, die Vegetation bis auf wenige niedere Kryptogamen unterdrückt. Während die arktische oder nördliche kalte Zone, dank den Bemühungen einer Anzahl skandinavischer Forscher, nicht bloß floristisch, sondern auch ökologisch zu den am besten be- “kannten Gebieten der Erde gehört, ist unsere Kenntnis der antarktischen Vegetationszone in dieser Hinsicht kaum eingeleitet. Der kurze Aufenthalt der deutschen Tiefsee-Expedion auf Kerguelen erlaubte mir, dank dem einheitlichen und scharf ausgeprägten ökologischen Charakter der Vege- tation dieser Inselgruppe und der geringen Anzahl der Einzelformen, einen Einblick in die Be- dingungen des Pflanzenlebens und ihren Einfluß auf Physiognomie und Gliederung der Vege- tation zu gewinnen. Die herrschende Formation der Arktis, diejenige, in welcher der allgemeine Charakter des Klimas in seinen Wirkungen auf das Pflanzenleben unbehindert zum Ausdruck kommt, ist die Tundra oder Kältewüste, in welcher die Dürftigkeit des Pflanzenlebens vornehmlich durch die Kürze und niedere Temperatur des Sommers bedingt ist. Wie die Trockenwüste oder Wüste im gewöhnlichen Sinne, entbehrt die Tundra einer zusammenhängenden Bedeckung durch Pflanzen, indem die Unbill des Klimas alljährlich viele Pflanzen vernichtet und der Vermehrung durch Samen oder Ausläufer entgegenwirkt. Das Fehlen der Bäume und aufrechten Sträucher ist jedoch weniger durch die Kälte als durch die nament- lich während des Winters mit Heftigkeit wehenden Winde bedingt, deren trocknende Eigenschaft vornehmlich während der Winterszeit wirkt, wo die Pflanzen aus dem gefrorenen Boden ihren Wasserbedarf nicht decken können und daher nur unter dem Schutze der Schneedecke der Aus- dörrung entgehen. Xerophile Einrichtungen, das heißt Schutzmittel gegen schädlichen Wasserverlust, sind jedoch auch bei den arktischen Pflanzen vorhanden, welche wohlgeborgen im Schnee den Winter zubringen, denn der Boden ist auch im Sommer hart gefroren, während die oberirdischen Teile, durch die Sonne erwärmt, Wasserdampf abgeben. Die Trockenwüste besitzt Wasseroasen, die arktische Kältewüste Wärmeoasen. Nach Süden gerichtete Abhänge in der oft weliigen Tundra sind von einer üppigen und zusammenhängenden Pflanzendecke überzogen, welche zu dem spärlichen Pfanzenwuchse der umgebenden Einöde den auffallendsten Kontrast bietet. Die Physiognomie der Pflanzenformationen der südlichen kalten Zone hat mit denjenigen der Arktis viele gemeinsame Züge, doch zeigt sie auch wesentliche Abweichungen von denselben. Aehnlichkeiten und Unterschiede stehen mit solchen der Klimate in Einklang. Der Winter ist viel weniger kalt in der Antarktis als in der Arktis, aber der Sommer viel weniger warm, so daß die Unterschiede zwischen den Jahreszeiten kaum zum Ausdruck kommen. Während der hohe Norden spärliche Niederschläge und vorwiegend winterliche Winde besitzt, sind für den hohen Süden heftige, von Schnee oder Regen begleitete Stürme tägliche Erscheinungen. Ein beträchtlicher Teil der Arktis ist jeden Sommer schneefrei und dem Pflanzenleben zugäng- lich, während das antarktische Gebiet noch in viel niedrigerer Breite von einem nie völlig 38 Subantarktische Inseln. 39 schmelzenden und nur an wenigen Stellen seines äußersten Randes unterbrochenem Schnee- und Eisfeld bedeckt ist. In den ewig vereisten Landschaften der Antarktis tragen nur einzelne senkrechte Wände und Felszacken eine dürftige, nur aus wenigen Kryptogamen bestehende Vegetation. Die schnee- freien Flächen sind, wie in der Arktis, von der Tundra in Anspruch genommen. Trotzdem sie sich weit mehr als die arktische von dem Polarkreise in die niederen Breiten hinein ausdehnt, stellenweise sogar bis diesseits des 45. Breitenkreises, bedeckt die antarktische Tundra doch, im Vergleich zur arktischen, ein winziges Areal. Dieses Mißverhältnis ist in erster Linie durch die geringe Ausdehnung des Landes im Vergleich zum Meere bedingt; aber da, wo die Tundra auftritt, zeigt sie sich zwischen Firnfelder eingeengt und stellt z. B. auf der Heard-Insel gleichsam eine Oase in der Schneewüste dar. ı. Azorella-Formation und Acaena-Formation auf Kerguelen. Von einer der terrassenartigen Höhen in der Umgebung der Gazellenbucht betrachtet, stellt sich das reich zerklüftete Gelände Kerguelens als eine Wüste dar, auf deren grauem, mit Felsblöcken bestreutem Boden die bis halbmeterhohen und um das Doppelte breiten Polster der Azorella Selago Hook. f. teils vereinzelte, teils dichter stehende grüne Punkte darstellen (Taf. I und I). Wie die arktische Tundra hat auch die antarktische ihre Oasen; bestimmte Abhänge zeigen sich bald mehr, bald weniger gleichmäßig grün gefärbt; grün sind auch die Vertiefungen des Bodens, soweit sie nicht von Schnee und Eis gefüllt sind, und die kleinen Inseln der Bucht leuchten wie Smaragde auf der meist düsteren Fläche des Meeres. Die Armut und eigenartige Ausbildung der Vegetation rührt in jeder Wüste von unzu- reichender Wasserzufuhr her, doch kann dieselbe von mancherlei Ursachen bedingt sein, indem die Wasseraufnahme durch die Pflanze ein physio- logischer und nicht ein physikalischer Vorgang ist. Physikalische und physiologische Trocken- heit sind scharf auseinanderzuhalten. So kennen wir bereits außer den Trockenwüsten oder Wüsten in gewöhnlichem Sinne des Wortes, wo der Boden gleichzeitig physikalisch und physiologisch trocken ist, auch Kältewüsten oder Tundren, wo die Verkümmerung der Vegetation auf feuchtem, sogar nassem Boden durch die Kälte bedingt ist, welche die Wasseraufnahme erschwert und zeitweilig sogar ausschließt, und die Höhenwüsten, wo die große Trockenheit der Luft, verbunden mit stärkster Insolation, auch bei regelmäßiger Befeuchtung des Bodens das Aufkommen einer nur kümmerlichen Vege- tation zuläßt. Fig. 19. Azorella-Formation. Am Gazellehafen. Nach Photo- graphie von Dr. C. APSTEIN. 39 40 H. SCHENCK, Die Trockenwüste besitzt Oasen, in muldenartigen Vertiefungen des Bodens oder in dem Bett der Wasserläufe, wo sich in der Tiefe Wasser ansammelt; die arktische Tundra hat Wärme- oasen, an den nach Süden gerichteten Abhängen, und auch die Höhenwüste hat an feuchten, schattigen Stellen ihre Oasen. Die größten oasenartigen Flecke der Tundra auf der ant- arktischen Kerguelen-Insel und wohl der Antarktis überhaupt sind die nach Norden und die nach Osten gerichteten Abhänge. In den Oasen sind die allgemeinen klimatischen Faktoren, welche den Charakter der Wüste bedingen, durch lokale Einflüsse des Bodens oder der Lage gegen den Horizont in mehr oder weniger hohem Grade aufgehoben. Sie bieten daher die wichtigsten Fingerzeige zur Er- klärung des wüstenartigen Charakters. einer Gegend. Wären auf Kerguelen nur die nach Norden gerichteten Abhänge mit einer relativ üppigen Vegetation bedeckt und die nach Süden ge- richteten besonders kahl, so wäre der Unterschied auf zu niedrige Temperatur zurückzuführen. Die Obstabhänge sind aber mindestens ebenso üppig, oft üppiger bewachsen, als die während des langen Sommertages dauernd bestrahlten nördlichen, und die kahlsten sind nicht die süd- lichen, sondern die dem vollen Anprall des herrschenden Windes ausgesetzten westlichen. Zwar ist die vorherrschende Richtung des Windes Nordwesten; jedoch bedingt die Konfiguration des Bodens an der Gazellenbucht, daß erstere zwischen den Hügeln eine mehr westliche Richtung annımmt. Nicht physikalische Trockenheit des Bodens bedingt den wüstenartigen Charakter Kerguelens, denn derselbe ist, wenn auch meist steinig, schon an der Oberfläche oder doch in geringer Tiefe immer nass; ebensowenig kann die niedrige Temperatur des Bodens die einzige Rolle spielen, denn nur die Nordabhänge würden in diesem Falle am stärksten, die Südabhänge am schwächsten bewachsen sein. Der häufig stürmische Wind ist als der dem Pflanzenwuchs feindliche Faktor zu betrachten. Kerguelen stellt eine Windwüste dar, in welcher die maßgebenden trocknenden Wirkungen des Windes durch die niedrige Temperatur des Bodens unterstützt sind '). Alle Eigentümlichkeiten der Vegetation stehen mit dieser Anschauung im Einklang. Der Windschutz allein erklärt das Auftreten einer üppigen Vegetation in den Vertiefungen des Bodens; denn an Feuchtigkeit ist überall kein Mangel, und durch höhere Wärme sind solche Standorte gewiß nicht ausgezeichnet. Auch die Betrachtung der Polster von Azore//a beweist ihre Richtigkeit, denn sie sind auf der Westseite schwächer entwickelt als an den anderen Seiten, namentlich als an der Ostseite, und letztere trägt beinahe allein die Pflanzen (Acaena adscendens Vanr, Agrostis antarctica Hoor. f., Zycopodium saururus Lmx.), welche beinahe jedes Azore/la- Polster bewachsen [Taf. 11]”). Ferner pflegen die auf den windigen Hochflächen häufig zerstreut ı) Von neuerer Litteratur über den Wind als pflanzengeographischen Faktor ist zu erwähnen: ı. A. Hansen, Die Vegetation der ostfriesischen Inseln, Darmstadt 1901, und Experimentelle Untersuchungen über die Beschädigung der Blätter durch den Wind, Flora, 1904. (Vergl. auch die Kontroversen von HAnSEN und WARMING im Bot. Jahrb. f. System., Bd. XXXI u. XXNXIL) — 2. J. FRÜH, Die Abbildung der vorherrschenden Winde durch die Pflanzenwelt. Jahresbericht der Geogr.-Ethnographischen Gesellschaft Zürich, 1901/1902; hier ist auch die bisherige Litteratur zusainmengestellt. 2) Auch NAUMANN (Zeitschr. der Gesellsch. f. Erdkunde Berlin, Bd. XI, 1876, S. 129) hat beobachtet, daß sich häufig kleinere Gewächse auf den Azorella-Polstern ansiedeln, so namentlich Galium antarcticum, Ranunculus biternatus, Lycopodium magellanicum; Lyallia scheine solche Orte sogar zu bevorzugen. — Auf einem von SCHIMPER gesammelten Polster, von etwa 13 cm Durchmesser, findet sich Festuca kergwelensis eingewachsen, auf einem zweiten, etwas größeren dagegen Agrostis antarctica (vergl. Fig. 21 auf Tafel zu S. 42). Auch Colobanthus kerguelensis und Ranunculus biternatus wurden von SCHIMPER auf Asorella beobachtet. 40 Subantarktische Inseln. 41 liegenden Felsblöcke mit Bartflechtenrasen (Vexropogon melaxanthus Acn. und N. Taylorıi Hook. f. Fig. 20) in großen Mengen bedeckt zu sein, und zwar wiederum in sehr ungleicher Verteilung auf ihren verschiedenen Seiten. Es sind nicht die dem häufigsten Regen, aber auch den stürmischen und trockenen West- und Nordwest-Winden zugekehrten Seiten, welche hauptsächlich bewachsen Fig 20a. Neuropogon Taylor! Hook. fil. Nat. Gr. Fig z20ob. Neuropogon melaxanthus ACH. Nat. Gr. sind; dieselben sind an sehr offenen Standorten sogar ganz kahl. Bevorzugt sind die Ostseiten, während die Nord- und Südseiten wiederum weniger bewachsen sind. Es geht schon aus dem Vorhergehenden hervor, daß Acaena adscendens Van (Fig. 16, S. 30) die günstigsten Standorte beansprucht; sie ist es in der That, welche die nach Osten und Norden geneigten Abhänge ganz vorwiegend bedeckt. Sobald die Bedingungen günstiger werden, rücken die Azorella-Polster dichter aneinander und bilden schließlich einen zusammenhängenden Ueberzug. y alsbald von: einem Acaena- Wird der Standort noch günstiger, so wird dieser Azore/la-Ueberzug Ueberzug abgelöst. Azore//a beherrscht die Wüste, wo Acaena nur kümmerlich oder gar nicht gedeiht; “lcaena beherrscht die Oasen und hält von denselben die Azoreila fern (Taf. II). Eine derartige Teilung des Bodens zwischen nur zwei vorherrschenden Arten ist ohne Analogon in anderen (Gebieten, denn auch bei der manchmal scharfen Trennung von Nadel- und Laubwald in den Waldgebieten handelt es sich um ganze Pflanzengesellschaften. Außer in einigen nachher zu besprechenden edaphischen Formationen sind die Begleiter der Azorella wie der Acaena nur wenige und wenig mannigfaltige. Vielfach habe ich auf weiten Flächen von höheren Pflanzen nur Azore//a gefunden; wohl stets ließen sich bei einigem Suchen auf den Steinen des Bodens kleine Krustenflechten nachweisen. Die häufigsten Begleiter von Azore//a sind: Colobanthus kerguelensis Hook. f., Agrostis antarctica Hook. Zyallia kerguelensis Hook. f., Festuca kerguelensis Hook. f., Pringlea antiscorbutica R. Br. Auch die Acaena-Formation sah ich manchmal auf größeren Strecken vollkommen rein; ja, sie tritt sogar häufig reiner auf als die Azore/la-Formation. Als Begleiter fand ich: 41 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—1899. Bd. II. r. Teil. 6 2 H. SCHENCK, 42 Pringlea antiscorbutica R. BR., Festuca erecta DÜURY. Ranunculus biternatus SM. Poa Cookü Hook. f., Galium antarctıcum Hook. f., Lomaria alpina SPR. Bei näherer Betrachtung zeigen sich die Unterschiede in den Existenzbedingungen beider Formationen in der Struktur ihrer Gewächse wohl ausgeprägt. Für die Azore/la-Formation ist die Polsterform charakteristisch, welche den mechanischen wie den trocknenden Wirkungen des Windes den besten Widerstand entgegenstellt. Mit ihrer Basis dem Boden dicht anliegend, von gewölbter Gestalt, nahezu glatt, sind die großen und dichten Polster vor dem Ausreißen durch den Wind vollkommen geschützt. Die gleiche Gestalt wiederholt sich im kleineren Maßstab bei Zyallia kerguelensis Hoox. f. (Fig. 10, S. 25), welche ich allerdings nicht finden konnte, die aber ebenfalls besonders windige offene Standorte bewohnt '), sowie bei dem noch kleineren Colobanthus kereuelensis Hook. f. (Fig. 9, S. 25), welche ich nur in den vom Sturm gefegten wüstenartigen Hoch- flächen, zwischen locker zerstreuten Asore/la-Polstern vereinzelt wachsen sah, wo sie jungen Azorella- Pflanzen so ähnlich war, daß einige Uebung dazu gehörte, sie von denselben zu unterscheiden. Festuca kerguelensis Hoor. f. (Fig. 7, S. 24, und Fig. 2ı, Taf. zu S. 42), das häufigere der in den windigen Azorella-Einöden wachsenden Gräser — das andere, Agrostis antarctica Hoox., ist auf die Azorella-Polster beschränkt — ist ebenfalls polsterartig, jedoch mit dem Unterschiede, daß die Blatt- enden frei hervorragen; diese Blatt- enden waren jedoch stets vertrocknet, im (Gegensatz zu den im Schutze der Polster befindlichen saftigen unteren Teile. Endlich zeigt sich die Polster- form in vollkommenster Ausbildung auch bei den Moosen, welche stellen- weise in der Azorella-Formation recht häufig sind. Namentlich ausgezeich- net ist diese Wuchsform bei Aaco- mitrium chrysoblastum PAar., deren Polster ı dem hoch und über 3 dem Fig. 22. Kugelmoose aus der Azorella-Formation auf Kerguelen. Andreaea parallela C. MÜLLER (5 größere Kugeln), Blindia aschistodontoides C. MÜLLER (die kleinen Ballen). Nach Photographie (SCHIMPER). barsten Formen unter den Moosen breit werden (Fig. 21). Die wunder- der Azorella-Formation sind jedoch diejenigen, die als Kugelmoose bezeichnet werden mögen. Hin und wieder erscheinen scharf begrenzte Stellen dicht bedeckt von rundlichen, dunkelbraunen Gebilden, welche der Losung eines Huftieres zum Vertauschen ähnlich aussehen. Ihre Größe schwankt zwischen einer Kirsche und einer mittleren Kartoffel. Die kleineren Kugeln bestehen aus Dlndia aschtstodontoides K. MÜLL, die größeren aus Andreaea parallela C. MürrL, deren radial geordnete Sprosse rings um einen kleinen ı) Nach J. H. KıppEr’s Beobachtungen wächst am Royal Sound Zyallia kerguelensis vorzugsweise an den Hängen steiniger Hügel, fast immer an den Südwestseiten, wo sie einem häufigen Wechsel von Trockenheit und Feuchtigkeit ausgesetzt ist (Bulletin of the United States National Museum, Vol. I, No. 3, 1897b, p. 22). 42 (ıarydeisogoyd joseg ur Jfpururesad HIS UOA) "Wunsp7gosK4y? wimıA71u090 7 PULIOJSIOT SYUN (S2sU7and4ay vanzsa7 Sy] A0p ur ’A Sapunı sau SPAN "sUajondloy] UONEULIOT-2773402% ı9p osyprmadıojspog "ız "Ar ‘29172407uD S1750407 JUL 0.0072S' 9772402 UOA 1978 zu SSnz Taler Subantarktische Inseln. 43 centralen Erdklumpen oder auch um ein Steinchen nahezu gleichmäßig geordnet sind. Bei starkem Winde rollen diese Gebilde, oft auf weite Strecken; ähnlich wie andere von dem Winde fortgetriebene Körper werden sie an bestimmten Stellen zusammengeweht, bis ein starker Wind- stoß sie wieder forttreibt. So ist bald die eine, bald die andere Seite frei und kann sich weiter entwickeln '). Die einzigen Pflanzen, welche in der Azore//a-Wüste die Polsterform nicht besitzen, sind solche, die auf den Azore/la-Polstern wachsen, sowie ganz vereinzelte und winzige Exemplare der Pringlea antiscorbutica R. Br., welche nicht bloß durch starke Reduktion aller Teile, mit Aus- nahme der verhältnismäßig sehr starken Wurzel, sondern auch durch reiche Behaarung von der an günstigen Standorten wachsenden Form so wesentlich abweichen, daß man beim ersten Blick eine andere Art zu sehen glaubt (Fig. 14, S. 28). Die Behaarung stellt natürlich ein Schutzmittel gegen die Trockenheit dar. Vorrichtungen zur Verhinderung von zu großem Wasserverlust sind bei allen Pflanzen der Azore/la-Formation nachweisbar. Als hervorragendstes Schutzmittel ist der Polsterwuchs aufzufassen, welcher ganz ähnliche Vorteile gegen zu großen Wasserverlust bietet wie die Succulenz bei den Kakteen und den ihnen äußerlich ähnlichen Gewächsen, indem in beiden Fällen Reduktion der freien, also transpirierenden Oberfläche erreicht wird. Beim ersten Blicke erscheint es befremdend, daß typische Polsterform und ausgeprägte Suceulenz, welche beide ganz ähnliche Vorteile gegen zu große Transpiration bieten, geographisch ziemlich scharf getrennt bleiben. Die Polsterform ist charakteristisch für kalte und oft niederschlagreiche, ausgeprägte Succulenz im allgemeinen für sehr regenarme, xerophile Gebiete. Allerdings kommen einige Blatt- succulenten, namentlich Sempervivum- und Saxifraga-Arten in den hohen Regionen der Alpen vor, an ähnlichen Standorten wie die Polsterpflanzen, und Kakteen, sogar solche von Kugelform, wachsen in der im Winter sehr kalten alpinen Region der Hochgebirge Kaliforniens. Letztere besitzen ein sehr trockenes Winterklima. Wie die Kultur erwiesen hat, ist es für die Ueberwinterung solcher Kakteen Bedingung, daß sie vorher unter entsprechendem Wasserverlust stark zusammenschrumpfen. Wir haben hierin einen deutlichen Fingerzeig, daß großer Saftgehalt bei tiefer Temperatur ungünstig wirkt, was auch wohl ver- ständlich erscheint, da das Gefrieren großer Wassermengen und noch mehr das Auftauen erhebliche Zerstörungen der Gewebe verursachen würden. Durch das Schrumpfen wird aber nicht bloß die Wasser- menge vermindert, sondern auch die Konzentration des Saftes erhöht und dessen Gefrierpunkt daher herabgesetzt. In den warmen Zonen würde sich die dichte Polsterform nicht erhalten, weil die Wärme, verbunden mit der Feuchtigkeit und Dunkelheit innerhalb der Polster, rasche Streckung der Einzelsprosse und damit die Auflösung der Polster bedingt. Derartiges zeigt sich schon, unter besonders günstigen Bedingungen, wie nachher noch gezeigt werden soll, in den Azorella-Polstern. Lockere Polsterformen sind hingegen in warmen Wüstengebieten ganz gewöhnliche Erscheinungen, namentlich unter den holzigen Gewächsen. In ausgezeichneter Weise zeigt sich bei Azore//a der schon durch die Polsterform ge- währte Schutz gegen zu großen Wasserverlust auf die Struktur der Einzelsprosse ausgedehnt. 1) Zur Ergänzung der SCHIMPER’schen Angaben sei erwähnt, daß „Kugelmoose“ auf Kerguelen bereits von J. H. KIDDER 1874 beobachtet worden sind. An der Bearbeitung der von KIDDER gesammelten Moose von THOMAS P. JamES (Bulletin of the United States National Museum, Vol. I, 1876, No. 3, p. 25) wird zu der neuen Grimmia Kidderi JAMES bemerkt: „Growing in small globular masses on hill-sides at some distance from the sea. The small balls formed by this curious moos seem not to be rooted to any other plant, but to be blown about by the wind indiscriminately. The detached masses generally were found disposed in a fan shape, radiating apparently from a central point, as if a larger mass in which they had been aggregated, had been broken up by the force of the wind. Found only in a barren state. Very local.“ Außer Andreaca, Blindia und Grimmia mögen vielleicht auch noch andere Moosgattungen Vertreter zu dieser eigenartigen Vegetationsform, die sicher auch auf anderen antarktischen Inseln noch zu finden sein wird, stellen. 43 6* H. SCHENCK, 44 An den typischen Standorten, also an offenen windigen Stellen, schließen die Sprosse so dicht, daß die Oberfläche keine Lücken aufweist (Fig. ı5, S. 29). Die Blätter solcher Polster sind sehr klein, konkav und bilden mit der Sproßachse einen spitzen Winkel, so daß der Gipfel eines jeden Sprosses eine kleine Nische darstellt, aus welcher auch bei starkem Winde die Luft nur langsam verdrängt wird (Fig. 23a). An geschützten Stellen, z. B. am unteren Rande der Polster in der Asorella-Formation, wird die Struktur eine lockere, indem die Einzelsprosse sich strecken N Rn) SL Lohr on SR la hair, Sn UM, Ya) Y Re U N, 87 N RN STR U zZ Mi hi DIT EU Air ‚sr PayW) Zee aan Dee = TRÄNEN: N 1 Az NN EU RUN MED, Fig. 23a. Azorella Selago Hook. fill. Sproß aus der belichteten Fig. 23b. Azorella Selago Hook. fil. Sproß von der Schatten- Seite eines Polsters. Nat. Gr. seite eines Polsters. Nat. Gr. und ihre größeren Blätter flach ausbreiten (Fig. 23b). Bei geringer Beleuchtung, z. B. wo ein Polster sich gegen einen Stein stützt, kommen ausgeprägte Vergeilungserscheinungen zum Vorschein '). Obgleich die Azore//a-Formation diejenigen Formen der Kerguelenflora vereinigt, welche das rauhe Klima, im besonderen die stürmischen Winde am besten ertragen, so ist sie doch demselben nicht vollkommen angepaßt und tiefgreifenden Zerstörungen ausgesetzt. Namentlich gilt dies von der Azore/la selbst. Hin und wieder sah ich ausgedehnte, jedes Pflanzenlebens bare Stellen, auf welchen die zerfallenden und vermodernden Ruinen mächtiger Azore//a-Polster von einst üppigem Pflanzenwuchse Kunde brachten. Ich sah aber auch Stellen, z. B. an den Süd- abhängen der Ahlefeldt-Halbinsel, bei dem großen Brutplatz der Pinguine, wo die Azorel/a-Polster, und nur diese, auf weitere Strecken ausnahmslos abgestorben waren. Daß die zerstörenden Ein- ı) Die dichte Zusammendrängung der Sprosse der Azorella hat zur Folge, daß bei Sonnenschein eine bedeutende, für die Funktion des Wurzelsystems günstige Erwärmung des Inneren der Polster stattfindet. So beobachtete H. N. MoSELEY (Notes on the flora of Marion Island, Journal of the Linn. Society, Vol. XV, 1877, p. 485) auf der Marion-Insel am 26. Dezember 1873 bei 900 Fuß Meereshöhe eine Lufttemperatur von 45° F (7,2° C), während das Thermometer mitten in einer runden Azorella-Masse auf 50° F (10° C) stieg. Die Polster halten also eine beträchtliche Quantität Sonnenwärme zurück, und MosELEY meint sogar, daß diese Thatsache ihre eigenartige Form vielleicht mitbedingen könne. Er sagt aber auch (Challenger Report, Narrative I, p. 301): „No doubt power of resistance to wind is also gained by the assumption of this form.“ Der Vorteil der Wärmespeicherung indessen ist unserer Ansicht nach von sekundärer Bedeutung für die Herausbildung von Polsterpflanzen, für die in erster Linie der Wind maßgebend ist. 44 Subantarktische Inseln. 45 flüsse gegenwärtig nicht mehr existierten, zeigte sich in letzterem Falle deutlich an dem Vor- kommen zahlreicher junger Pflanzen der Azore//a in den abgestorbenen alten Polstern. Als ich die Erscheinung zuerst in der Nähe des Strandes beobachtete, glaubte ich, sie auf das Bespritzen der Polster mit Meeresschaum bei starkem Sturme zurückführen zu können, da Asorella, im Gegensatz zu den meisten anderen Pflanzen Kerguelens, das Salzwasser nicht verträgt. Bald sah ich jedoch ähnliche Verwüstungen auch in größerer Entfernung vom Meere und lernte dann den zerstörenden Faktor kennen. Es waren nämlich alle aus dem schmelzenden Schnee hervorragenden oder von demselben bereits entblößten Polster tief gebräunt und teilweise bereits angefault, und nähere Untersuchungen ließen mich überall, wo nicht zu alte Azore//a-Ruinen standen, solche Un- ebenheiten, wie sie zerfließender Schnee in weichem Boden hervorruft, erkennen. Auch wurde die Annahme einer häufigen und in großem Maßstabe stattfindenden Zerstörung der Azorella durch den Schnee dadurch bestätigt, daß dicht an solchen Stellen die Spalten senkrechter Felsen mit schwellenden grünen Azorella-Polstern geschmückt waren. Auch in dieser Eigentümlichkeit zeigt sich das Vorkommen von Azorella an den Wind gebunden. Schneedecken sind in Kerguelen, wenigstens im östlichen Teile, außer auf den Höhen, wo sie in Firn umgewandelt werden, der Regel nach nicht von großer Dauer, indem, auch im Winter, die milde Temperatur sie zum Schmelzen bringt oder der stürmische Wind sie wegfegt und in Vertiefungen des Bodens anhäuft. Eine andauernde winterliche Schneedecke, wie in den arktischen und subarktischen Gebieten, würde die Azorella ganz vertilgen, ohne der Acaena wesentlich zu schaden, welche ich aus dem schmelzenden Schnee zwar mit toten Blättern, aber mit gesunden Achsen hervorragen sah. Dieser Umstand begünstigt jedenfalls die Acaena in ihrem Kampf um die Herrschaft an den nördlichen und östlichen Abhängen, da gerade auf diesen der Schnee länger verweilt als auf den dem vollen Anprall des Sturmes ausgesetzten westlichen. Die Acaena-Formation zeigt ein etwas ungleiches Gepräge, je nachdem die Be- dingungen ihrem Gedeihen mehr oder weniger günstig sind. Die Nord- und Ostabhänge, in der Nähe des Meeres, wo die Luftfeuchtigkeit sehr groß ist, sind von schwellenden Teppichen der Acaena bedeckt, in welchen andere Pflanzen sich gar nicht zu zeigen pflegen (Taf. IV). Die kriechenden Hauptsprosse überziehen den Boden mit einem engmaschigen Netze, aus welchem sich die Laubsprosse senkrecht zu etwa Halbmeterhöhe erheben. An solchen Standorten pflegt die Pflanze steril zu sein oder erzeugt doch nur wenig Blüten. Die Acaena herrscht fast aus- schließlich vor, und auf sehr humusreichem Boden, namentlich an den Östabhängen, z. B. an der Christmasbai, treten als kräftige Mitbewerber Zoa Cookii Hook. f.!) und stattliche Exemplare der Pringlea antiscorbutica R. Br. auf. Anders ist der Habitus der Acaena und hiermit der ganze Charakter der Formation an weniger luftfeuchten Stellen. Da schmiegt sie sich dicht dem Boden an, senkrecht stehen nur. die Zweigspitzen und die in solchen Fällen zahlreichen blühenden Sprosse. Derartige Standorte sind auch durch das reichliche Auftreten von Begleitpflanzen charakterisiert. Namentlich pflegen Moose massenhaft vorhanden zu sein; kleine, vollkommen reine Beete von Zomaria alpina SPRENG.’) 1) Poa Cookii ist nach J. D. HoOOKER (Flora antarct., p. 383) das häufigste Gras auf Kerguelen und sehr wertvoll als gutes Viehfutter. 2) Sowohl nach Angaben von H. N. MosSELEY (Journal Linn. Soc., Vol. XV, 1877, p. 53) als von Naumann (Zeitschrift Ges. Erd. Berlin, Bd. XI, 1876, S. 129) ist Zomaria alpina enorm häufig bei Betsy Cove und bekleidet oft ganze Abhänge fast aus- schließlich; ebenso ist sie am Royal Sound außerordentlich häufig nach MosELEY (l. c.), A. E. EATon (Proceed. of the Royal Soc., Vol. XXIII, 1875, p. 351) und J. H. KipDEr (Bull. Unit. States Nat. Museum, Vol. I, 1876, No. 3, p. 25). 45 4 6 H. SCHENCK, (Fig. 4, S. 22) sind in das große Acaena-Areal eingesprengt; Azorella, Pringlea und zwei der Azorella-Formation fehlende Arten, Galimum antarchcum Hook. f. (Fig. 17, S. 31) und Ranunculus biternatus Sm. (Fig. 12, S. 26), treten hier und da auf. Entsprechend den günstigen Existenzbedingungen in der Acaena-Formation, finden wir in ihren Bestandteilen keine ausgeprägten Schutzmittel gegen die mechanischen und trocknenden Wirkungen des Windes; die Vegetation hat nicht xerophilen, sondern hygrophilen Charakter. Die Acaena- und die Azore/lla-Formation zeigen, wie im Vorhergehenden angedeutet ist, je nach der Richtung und Heftigkeit des Windes, eine sehr verschiedene Facies. Wären unter den Bestandteilen der Flora kräftige, anpassungsfähige Mitbewerber vorhanden, so würden den un- gleichen Bedingungen ungleiche Formationen entsprechen. Unterschiede sind wohl vorhanden, bestehen aber vornehmlich in dem ungleichen Habitus der beiden Hauptarten. Erst die genauere Betrachtung lehrt, daß auch die floristische Facies eine etwas andere ist, indem die Neben- bestandteile nach den Bedingungen teilweise wechseln '). 2. Edaphische Formationen auf Kerguelen. Die Armut an kampffähigen Mitbewerbern zeigt sich auch in den edaphischen, das heißt durch die Eigentümlichkeiten des Bodens bedingten Formationen. Wir sind es gewohnt, mit jedem Wechsel der physikalischen oder chemischen Beschaffenheit des Substrats einen Wechsel der Flora zu finden und ein sehr eigenartiges Substrat, z. B. Sumpfboden, Salzboden, oder Felsen bedingt das Auftreten einer floristisch und vegetativ ganz eigenartigen Pflanzendecke, deren Ge- präge mehr durch die Eigenartigkeit des Substrats als diejenige des Klimas bedingt ist, so daß wir in solchen Fällen von edaphischen Formationen im Gegensatz zu der klimatischen sprechen. Auf Kerguelen sind wegen der Schwäche der meisten Mitbewerber die edaphischen Formationen floristisch wenig charakterisiert, während sie ökologisch ihre starken Eigentümlich- keiten bewahren. Außer im Wasser, jedoch noch im Sumpf und in seichten Bächen sind Acaena und Azorella, jedoch namentlich die erstere, die häufigsten Arten. Vielfach ist sumpfiger Boden am Rande der Lagunen ausschließlich von Acaena adscendens Van bedeckt. Das Aus- 1) Nachtrag. Ueber die oberen Grenzen der Vegetation auf Kerguelen hat SCHIMPER keine Beobachtungen an- gestellt, da von der Expedition keine Gebirge bestiegen worden sind. In der Litteratur finden sich nur wenige Angaben. Die Acaena- Formation ist hauptsächlich in den tieferen Lagen in der Nähe der Küste verbreitet, die Azorella-Formation auf den exponierten Hängen und den Plateaus. H. N. MOSELEY (Challenger Report, Botany, Vol. I, 3, p. 213—214) bestieg den Table Mountain bei Christmas Harbour und bemerkt über den Wechsel der Vegetation, daß die dichte üppige Vegetation bei ca. 300 Fuß aufhört und sparsamer wird; Colobanthus kerguelensis liebt den unfruchtbaren steinigen Boden in dieser Höhe; bei ca. 500 Fuß Höhe beginnt NVexropogon Taylori und wächst massenhaft auf den höheren Felsen; Azorella, Pringlea und Agrostis magellanica gehen aufwärts bis ca. 1000 Fuß, der Höhe des Kammes, von dem die Felsenmasse des Gipfels entspringt. Hıer hört Pringlea auf, aber Azorella setzt sich in sehr geringen Mengen bis zum Gipfel (1215 Fuß) fort; oben auf demselben wächst sie nur an geschützten Stellen zwischen Felsen und sehr zwergig. Festuca kerguelensis findet sich nach J. D. HooKER (Flora antarctica, p. 379) an felsigen Stellen bei einer Höhe von 300 bis 1200 Fuß, nach J. H. KIDDEr (Bull. Unit. States Nat. Museum, Vol. I, No. 3, p. 24) sogar bis 2000 Fuß. F. NAUMANN (Zeitschrift Ges. Erdk. Berlin, Bd. XI, 1876, S. 129) fand die auch an rauhen Orten häufige Pringlea in kleinen Exemplaren an dem über 3000 Fuß hohen Mount Crozier noch in einer Höhe von wenigstens 2000 Fuß, nachdem Azorella, Festuca kerguelensis Hook. f. und fast alle Moose schon einige hundert Fuß tiefer aufgehört hatten; am Castle Mount beobachtete er Pringlea und Festuca kerguelensis bis etwa 1500 Fuß. Auf einem Gipfel bei dem letzterwähnten Berge, etwas über 2000 Fuß, traf er nur einige Moose und Steinflechten an, auf dem höchsten am Mount Crozier erreichten Punkte (2900 Fuß) aber nur Flechten, namentlich Usnea Taylori anf allen Felsen. Auch J. H. Kipper (l. c. p. 21) giebt als obere Grenze der Pringlea am Mount Crozier 2000 Fuß an. Unter allen Blütenpflanzen der Insel geht also Pringlea am höchsten hinauf (bis ca. 700 m) und zeigt dadurch an, daß sie die Kälte am besten verträgt. 46 Subantarktische Inseln. = 47 sehen der Pflanze ist jedoch, namentlich wo der Acaena-Sumpf an die klimatische Acaena- Formation grenzt, von letzterer so abweichend, daß man ohne nähere Betrachtung glauben würde, eine ganz andere Pflanzenart vor sich zu haben. Schon in großer Entfernung fällt der Unter- schied der Farbe auf, die in der klimatischen Acaena-Formation dunkelgrün bis bräunlich-grün, im Acaena-Sumpf aber intensiv braunrot ist; daran kann man schon — was praktisch oft von Wichtigkeit ist — den Beginn des unsicheren Sumpfbodens erkennen. Im Sumpfe, auch an geschützten Stellen, kriecht die Acaena, ähnlich wie auf trockenstem Boden oder an den windigsten Standorten; ihre Sprosse erreichen keine bedeutende Länge, die Blätter bleiben klein, die ganze Pflanze trägt das Gepräge der Verkümmerung (Fig. 16,4, S. 30); offenbar behauptet sie nur des- wegen solche Standorte, weil kräftige Mitbewerber fehlen. Als Nebenbestandteile sah ich beinahe nur vereinzelte Exemplare des Aanunculus biternatus Sm. (Fig. 12, S. 21)'). Ich habe es leider unterlassen, zu untersuchen, ob der Boden im Acaena-Sumpfe brackisch ist, doch bin ich, nach dem Vorkommen derselben hauptsächlich an Teichen in der Nähe des Meeres, geneigt, solches anzunehmen. In derartigen Acaena-Sümpfen habe ich die Azore//a nicht gesehen, was mich in der An- nahme bestärkt, daß sie brackisch sind. Dagegen habe ich sie in sumpfigen Stellen mehr im Binnenlande gefunden, namentlich aber in seichten Bächen, wo sie eine halb aquatische Lebens- weise führte und einen von dem gewöhnlichen so abweichenden Habitus besaß, daß man, wie bei der Acaena, eine ganz andere Pflanze zu erblicken glaubte. Die Polsterform ist hier ganz ver- schwunden, vielmehr bildet die Pflanze ganz flache, nicht sehr große Scheiben von ganz lockerer Struktur, mit relativ großen, flach ausgebreiteten Blättern an mit ihren Spitzen ganz freien Sprossen. Andere sehr nasse Stellen, namentlich bei sehr ungeschützter Lage, sind vielfach auf weite Strecken von jeder Vegetation bar, oder die hier wie überall häufigen Steine sind von einer weißen Krustenflechte überzogen. Solche Stellen mit ihrem dichten Ueberzug flechtenbedeckter Steine scheinen ganz trocken zu sein, man sinkt aber hier leicht bis über die Knie in den weichen Schlamm. Manche Teichränder sind im äußersten Bereiche der Wasserfläche von. einer zusammen- hängenden Vegetation grasähnlicher Gewächse bedeckt, die zur Zeit unseres Aufenthalts weder Blüten noch Früchte oder Ueberreste solcher aufwiesen. Es handelte sich vermutlich um Uncinia oder Juncus scheuchzerioides, auch Aanunculus biternatus (Fig. ı2, S. 21) kommt hier vor. Von anderen Sumpfpflanzen sah ich Montia fontana, Tillaca moschata und Ranunculus trullifolius (Fig. 12, S. 21) am Rande kleiner Teiche, in dem Wasser und außerhalb desselben. Die Rolle der zuletzterwähnten Gewächse im Vegetationsteppich ist eine ganz untergeordnete. Die übrigen Wasser- und Sumpfpflanzen der Kerguelenflora: Aanunculus Moseleyi (Fig. 13, S. 22), Zimosella, Callitriche, Nitella wurden nicht beobachtet?). In dem Wasser der zahlreichen Seen wurden nur fädige Chlorophyceen, und auch diese in geringer Menge sichtbar. Während die Sumpfflora immerhin mehrere charakteristische Arten aufweist, ist die Flora der Felsen auf eine charakteristische Art, CysZopteris Jragilis, die in den meisten Felsspalten in 1) J. D. HOOKER (Flora antarctica, p. 224) fand Ranunculus biternatus ebenfalls an nassen Stellen in der Nähe des Meeres. 2) Ranunculus Moseley:, die diesem habituell ähnliche Zimosella aguatica und Nitella antarctica wurden von MOSELEY in 2 kleinen Süßwasserseen auf einem niedrigen Bergrücken bei Christmas Harbour gefunden (Chall. Rep., Vol. I, 2, p. 214). ARanunculus Moseleyi scheint selten zu sein, er wurde auch von NAUMANN nur an 2 Stellen an der Ostküste im sandigen Grunde kleiner Teiche gesammelt. 47 48 H. SCHENCK, ziemlich kümmerlichen Exemplaren sich zeigte, beschränkt')., Die häufigste höhere Pflanze der Felsenflora ist wiederum Asore//a, in dichten Polstern, welche je nach der Tiefe und dem Erdgehalt der Spalten ungleiches Aussehen besaß. Auch ringlea kommt viel an solchen Orten vor, ebenso Lomaria alpina, während Acaena, wenn auch nicht fehlend, mehr zurücktritt. ZPringlea bevorzugt solche Felsspalten und erreicht, wenn sie vor Winden geschützt ist, mächtige Dimensionen. Die gleiche Erscheinung der großen Armut an charakteristischen edaphischen Bestand- teilen zeigt sich auch auf dem salzigen Meeresstrande. Nur eine Art kann als Strandpflanze bezeichnet werden, Cotwla plumosa (Fig. 18, S. 32, und Taf. VH, VII, IX, X). Innerhalb des Bereiches des Salzbodens, aber nur in demselben, wächst sie an den verschiedensten Standorten und zeigt eine ihrer erstaunlichen Anpassungsfähigkeit entsprechende Mannigfaltigkeit der Aus- bildung. Im Bereich der Spritzfluten, im Sande wie in Felsspalten, bildet sie, in einer Zwerg- form, zusammen mit 7il/aca moschata und hier und da mit Aanumculus biternatus, die einzige Vegetation. Ihre üppigste Entwickelung erreicht aber die Co/ula an höheren Standorten des Bereiches des Salzwassers, in humusreichen Spalten der Kuppen, wo sie oft sehr stattliche Dimen- sionen erreicht, viel stattlicher als in der Zwergform des nassen salzreichen Sandes oder der dünnen, salzärmeren Felsüberzüge. Der größte Teil des sandigen Strandes jedoch ist nicht von diesem einzigen typischen Halophyten der Kerguelenflora, sondern von der Acaena adscendens eingenommen (Taf. V), die sich, wie so vielen anderen Standorten, auch dem salzigen Sandboden angepaßt hat und die schwächere Mitbewohnerin verdrängt. Azorella dagegen ist ausgesprochen salzscheu. Die außerordentliche Ueppigkeit der Vegetation auf den kleinen Inseln der Gazellebucht (Taf. VI, VII, VII, IX, X) kontrastiert in auffallendster Weise mit den Wüsten des Inneren. Hier ist alles dicht bewachsen ; Azorella, Pringlea, Poa Cooküi. Festuca erecla, Cotula erreichen ihre mächtigsten Dimensionen; auch Acaena ist reichlich vorhanden, jedoch wenig verändert. Auf klimatische Einflüsse ist dieses üppige Wachstum nicht zurückzuführen, denn die Inseln sind dem Strande gegenüber hierin nicht bevorzugt, aber überall zeigen sich auf dem Boden Exkremente, deren Urheber, Seevögel und Robben, denn auch in nächster Nähe und großer Zahl sichtbar sind. Auf sie ist offenbar die Entstehung der saftstrotzenden Pflanzenmassen, welche einen so auffallenden Kontrast gegen die benachbarten Wüsteneien darstellen, zurückzuführen’). ı) Zur Felsflora sind auch noch die folgenden 3 Farne zu zählen: Hymenophyllum peltatum DESY. wurde von NAUMANN („Gazelle“, IV. Teil, KuHn) auf Kerguelen an Felsen an einzelnen Stellen gefunden. Grammitis australis R. Br., nach NAUMANN (ibid.) auf Kerguelen reichlich an Basaltfelsen. Polypodium vulgare L., an geschützten Felswänden von NAUMANN gesammelt, am häufigsten aber Cyszopteris fragzlis, beide bald sehr üppig, bald verkümmert, je nach dem Standort. 2) Zusatz: Auch an steilen, zum Meere abfallenden Basaltklippen der Inseln kann überall, wo Spalten oder Vorsprünge den Vögeln Gelegenheit zu Nist- und Ruheplätzen abgeben, sich eine üppige Vegetation der Kerguelengewächse entfalten; Taf. X giebt eine gute Vorstellung der Besiedelung einer solchen Felswand an der südlichen, im Gazellehafen gelegenen Insel, an welcher zugleich die Brutstätten von Chionis minor sichtbar sind. Pringlea antiscorbutıca war auf Kerguelen früher sehr verbreitet; seitdem aber von dem Dampfer „Volage‘‘ der englischen „Transit of Venus Expedition“ Februar 1875 Kaninchen auf der Hauptinsel zurückgelassen worden sind (A. E. EATon, Proceedings Roy. Soc. London, Vol. XXII, p. 352) und diese sich vom Royal Sound aus verbreitet haben, ist der Kerguelenkohl immer mehr und mehr ausgerottet worden. H. N. Moserey (Challenger Report, Botany, Vol. I, 3, p. 213) fand Prrnglea Januar 1874 am Christmas-Hafen in großer Menge an den Abhängen und am Grunde der Klippen in dichten Beständen. K. LuvkEn dagegen berichtet von der Kerguelenstation 1902/03 an der Observatory Bay, daß der Kohl fast ausgerottet sei. Auf den kleinen Inseln der Gazellebucht kommt Pringlea, wie die Aufnahmen der „Valdivia“-Expedition Taf. VI, VIH, IX zeigen, in üppigen Exemplaren vor. Hier sind die Pflanzen vor den Kaninchen geschützt. Auf der Hauptinsel dagegen haben sich die Stöcke nur an unzugänglichen steilen Basaltfelsen erhalten. Fig. 24 stellt noch ein solches Vorkommen dar. In der Umgebung des Gazellehafens und besonders auch von Sandy Cove traf die „Valdivia“-Expedition Dezember 1898 massenhaft die in ihren Erdlöchern verschwindenden Kaninchen an; „alles wimmelte von grauen, seltener schwarzen Nagern“ (Chun, Aus den Tiefen des Weltmeeres, 2. Aufl., S. 282). 48 Subantarktische Inseln. 49 Fig. 24. Steile Felswand auf der Kerguelen-Hauptinsel. Standort der Pringlea antıscorbutica R. Br. in Felsspalten, wo die Pflanze, den Kaninchen nicht erreichbar, sich erhalten konnte. In den Felsspalten außerdem Polster von Azorella Selago Hook. fil. Nach Photographie von W. SACHSE, Dezember 1898. (SCHIMPER.) 49 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı899. Bd. II. r. Teil, 7 H. SCHENCK, $ 6. Fruchtbildung und Bestäubung der Kerguelenpflanzen. [Nach dem Manuskript von W. SCHIMPER; Anmerkungen von H. SCHENCK.] Das Klima Kerguelens ist geschlechtlicher Reproduktion der Pflanzen nicht günstig. An- scheinend kommen infolge der niederen Temperatur die Samen der Mehrzahl der Phanero- gamen nur selten, wenn überhaupt, zur Reife, und die Keimlinge sind dem Ausreißen und Aus- trocknen durch den Wind ausgesetzt. Wie in anderen Gebieten mit ähnlichen ungünstigen Be- dingungen spielt die vegetative Reproduktion auch hier eine große Rolle und geschieht durch Stolonen oder durch kriechende Rhizome, welche in besonders reicher Entwickelung namentlich für Acaena, aber auch für oa Cookii charakteristisch sind. Ein solcher Modus der Fortpflanzung ist allerdings bei manchen Vertretern der Flora ausgeschlossen, so z. B. bei den Polsterpflanzen, auch bei Pringlea, Cotula plumosa. Nun ist es bemerkenswert, daß ich gerade von solchen Pflanzen ganz junge, offenbar aus Samen hervor- gegangene Exemplare fand, während ich solche von den oben erwähnten, sich vegetativ reichlich fortpflanzenden Arten vergeblich suchte. So war der einzige von mir gefundene Keimling mit noch 'unentfalteter Plumula ein solcher von Azore/la. Etwas ältere, jedoch noch sehr kleine Pflanzen von Azore//a wurden in großer Zahl, solche von Cofula kaum weniger häufig gefunden, während solche von ringlea und Colobanthus schon etwas seltener, jedoch hin und wieder ge- sehen wurden. Reife Früchte oder Samen habe ich nur von Acaena gefunden, deren reife, abgebrochene Fruchtstände meist massenhaft auf dem Boden lagen. Jedes der kleinen Früchtchen, aus welchen ein solcher Fruchtstand zusammengesetzt ist, trägt an dem Fruchtkelch 4 lange, dornartige Fort- sätze mit rückwärts gerichteten Stacheln an ihren Enden, und das Ganze stellt ein von Spitzen starrendes Grebilde dar, welches im kleinen an die viel größeren Fruchtstände der Spinfex-Arten erinnert. Der Modus der Verbreitung ist in der That der gleiche. Rollend und tanzend sah ich die Kugeln von dem Winde auf der Wüstenfläche getrieben, bis sie in Stücke zerfielen oder an Azorella-Polstern hängen blieben, welche, wie bereits erwähnt, häufig von der Acaena be- siedelt werden. Ueber die Verbreitung der Früchte oder Samen der übrigen Arten ist Genaueres nicht bekannt, doch unterliegt es wohl keinem Zweifel, daß sie durch den Wind oder durch Vögel!) geschieht, mit Ausnahme derjenigen von Coful/a, bei welcher das Meer, und der sumpfbewohnenden Arten, bei welchen das Süßwasser als Transportmittel in Betracht kommen können. Mit saftigen Hüllen versehene Samen kommen auf Kerguelen nicht vor. Die spärliche Reproduktion aus Samen erscheint in keinem Verhältnisse zu der sehr reich- lichen Blütenentwickelung. Bekanntlich ist der Blütenreichtum im sehr feuchten Klima weniger groß als im trockenen, indem das Wasser die sexuelle Reproduktion beeinträchtigt. Dennoch ist die Vegetation Kerguelens trotz der großen Feuchtigkeit des Klimas und der Nässe der meisten Standorte durch großen Reichtum an Blüten ausgezeichnet. Dank der heftigen Winde, welche eines der feuchtesten Klimate der Erde zu einem pflanzenphysiologisch trockenen machen, ist auch der ungünstige Einfluß der Feuchtigkeit auf die Blütenentwickelung aufgehoben. Der I) Vergl. weiter unten in $ 9. 50 Subantarktische Inseln. 1 Vergleich der offenen windigen Standorte mit den geschützten beweist die Richtigkeit dieser Annahme. Wo die Acaena am üppigsten wächst, an windstillen Nord- und Ostabhängen ist sie blütenarm, während sie an den offenen Stellen, wo sie sich den Einflüssen des Windes durch Kriechen auf dem Boden entzieht, massenhaft ihre unscheinbaren Köpfchen erhebt. Aehnliches Verhalten zeigt Acaena, wenn sie an Felsen wächst. Ihre in leicht trocknenden Ueberzügen der Felsen wachsenden Zwergformen blühen überaus reichlich, während die stattlichen Exemplare der Felsspalten nur spärliche Köpfchen erzeugen. Azore//a, deren Polster in den Wüstenstrichen von den kleinen Blüten dicht besät sind, bleibt in den Felsspalten nahezu, im Wasser vollkommen steril. Endlich ist auch für die Bestäubung der Wind der maßgebende Faktor; ohne seine Mit- wirkung ist infolge des Mangels an geeigneten Insekten Kreuzbefruchtung ausgeschlossen. Mehrere Arten gehören zu Sippen, welche auch anderwärts windblütig sind (Juncaceen, Gramineen, Acaena), während andere sich allem Anscheine nach aus insektenblütigen Formen entwickelt haben (Pringlea, Zyallia, Colobanthus, Azorella,. Manche Formen scheinen allerdings zur Windbestäubung wenig geeignet zu sein und sind wohl auf Selbstbestäubung angewiesen. Für einige auch in Europa vorkommende Arten ist thatsächlich Selbst- bestäubung festgestellt, so für AMontia, Tıllaea und Zimosella, während andere aus der Insektenblütigkeit zu derselben überge- gangen sein dürften und dementsprechend ähnlich wie die Windblütler ihre Lockmittel eingebüßt oder doch stark reduziert haben (Ranunculus biternatus, Galium antarctcum). Die Blüten sind auf Kerguelen entsprechend dem Modus der Bestäubung unscheinbar, meist grünlich., Die einzige Art, welche einige Annäherung an Schönblütigkeit zeigt, ist Cofula plumosa, deren gelbe Köpfchen jedoch der Strahlenblüten entbehren. Diese Art dürfte übrigens in ihrer Eigenschaft als Strandpflanze zu den neuesten Einwanderern gehören. Insekten fehlen zwar auf Kerguelen nicht, doch sind die meisten flügellos oder besitzen reduzierte, zum Fliegen unbrauch- bare Flügel. Während ich einige Wochen vorher am Kap der guten Hoffnung die meisten Blüten von Insekten und Honig- vögeln umschwirrt gesehen hatte, fehlte im Fig. 25. Blütenstand von Pringlea antiscorbutica R. BR. a auf ; E 2 $ : ü 4 Westseite (Wind- Sonnenschein wie bei trüber Witteruno jedes a DE mit pollenführenden Sal Ba der Westseite (Win = seite), mit entleerten Antheren. Nat. Gr. (SCHIMPER.) .- gi Insektenleben auf den Blüten Kerguelens. Ein paar Male sah ich wohl auf den Azorella-Polstern einen schwarzen Rüsselkäfer; doch kümmerte sich das träge Tierchen nicht um die Blüten. Die flügellose Fliege Ca/ycopteryx 51 52 H. SCHENCK, Moseleyi hält sich zwar auf Pringlea auf, jedoch nur versteckt in den Blattscheiden, wo sie bei- nahe stets und reichlich zu finden ist, während ich sie nie, ebensowenig wie frühere Reisende, auf den Blütenständen beobachtete. Zu den vollendetsten Windblüten gehören diejenigen von Pringlea antıscorbutica, mit ihren infolge der Verkümmerung der Petala meist nur auf den Kelch reduzierten Hüllen‘), ihren großen, an schaukelnden Fäden hängenden Antheren, ihrem trockenen und glatten Pollen und ihren weit hervorstehenden bürstenartigen Narben. In augenscheinlichster Weise zeigte sich die Rolle des Windes bei der Bestäubung von Pringlea auf den kleinen Inseln der Gazellebucht; ausnahmslos waren hier die Staubbeutel auf der Westseite der dichten Blütenstände entleert, und die Fäden hingen bereits vertrocknet herab, während die Staubbeutel an der Ostseite noch prall gefüllte Beutel und frische Filamente be- saßen (Fig. 25). Azorella stellte ebenfalls eine Ausnahme in ihrer sonst insektenblütigen Sippe dar; die Blüten sind hier in ausgezeichneter Weise proterandrisch, so daß Selbstbestäubung ganz aus- geschlossen ist. Die Staubfäden und Narben, namentlich die letzteren, sind weit länger, als sie es bei Umbelliferen zu sein pflegen, und ragen frei über die Oberfläche der Polster hinaus. Der trockene, reichliche Pollen stäubt leicht aus den großen Antheren. In den Bedingungen der Bestäubung ist ein Faktor gegeben, welcher neben den klimatischen für die Erhaltung und Umwandlung mancher der zufällig nach der Inselgruppe verschlagenen Formen von Entscheidung gewesen sein wird. Alle ın der Heimat an Insektenbestäubung ge- bundenen Pflanzen konnten nur unter der Bedingung weiter existieren, daß sie der Wind- oder der Selbstbestäubung angepaßt wurden, und in beiden Fällen waren Metamorphosen und Re- duktionen unumgänglich’). $ 7. Periodische Erscheinungen ın der Kerguelenvegetation. Ueber die periodischen Erscheinungen der Kerguelenvegetation fehlen zusammenhängende Beobachtungen, da sich die früheren Expeditionen immer nur kurze Zeit und meist nur im dortigen Sommer auf der Inselgruppe aufgehalten haben. Im besonderen mangeln genaue Angaben über die Entwickelung der Laubsprosse, über deren Lebensdauer, über das Alter der eigenartigen großen Azore/la-Polster, während betreffs der Blütezeiten eine Reihe von Notizen vorliegen. Wenn auch der Unterschied in der Temperatur des Winters und Sommers kein be- deutender ist, so bewirkt doch die niedrigere Temperatur des ersteren und seine gelegentlichen ı) Die Blüten von /ringlea haben in der Regel keine Petala. Es kommt indessen öfters vor, daß in derselben Inflorescenz einige Blüten nur I, andere 2, 3 oder 4 hellgrünliche Kronblättchen, gelegentlich auch von purpurner Färbung, ausbilden. 2) E. WERTH (Veröffentl. des Instituts für Meereskunde etc., Berlin 1902, Heft 2, S. 36) hat Dezember 1901 auf der Possession- Insel der Crozet-Gruppe Beobachtungen über die Bestäubungseinrichtungen der Kerguelenpflanzen angestellt und gelangt zu etwas ab- weichenden Ansichten. Der Blütenmechanismus von Pringlea, Acaena, Azorella etc. begünstige zunächst Kreuzbestäubung; bei aus- bleibendem Insektenbesuche könne aber auch Selbstbestäubung eintreten; es zeige sich keine ausgesprochene Anpassung an Windbestäubung. Der Auffassung SCHIMPER’s, daß es sich bei den typischen Kerguelenpflanzen um Blüten handelt, die von Insektenbestäubung zu Wind- bestäubuug übergegangen sind, möchte ich indessen den Vorzug geben. 52 Subantarktische Inseln. 53 leichten Fröste und Schneefälle, daß die Hauptblütezeit und das Wachstum der Sprosse in den Sommer, Dezember, Januar, Februar, fällt. Nach den Ende Dezember 1898 gesammelten Herbarexemplaren SCHIMPER’s aus der Gazellebucht finden sich zu dieser Jahreszeit in Blüte: Aegrostıs antarctıca Ranunculus trullifohus Festuwca kerguelensis Pringlea antiscorbutica Festuca erecta Azorella Selago Poa Cookii Acaena adscendens Cerastium triviale Galium antarchcum Colobanthus kerguelensis Cotula plumosa Ranunculus biternatus MoseEtey sammelte Zyallia kerguelensis auf Kerguelen (7. Januar bis ı. Februar 1874) mit Blüten und Früchten ‚in allen Stadien, ebenso /’ringlea antıscorbutica. Pringlea hat schon Ende Dezember ziemlich große Früchte angesetzt, wie auf Tafel IX zu ersehen ist. Ebenso beobachtete SCHIMPER zu dieser Zeit auch schon junge Früchte von Azore/la und Acaena. MoseELEY!) tand /Pringlea am 26. Dezember 1873 auf der Marion-Insel mit vollständigen Sepalen und Antheren, aber noch keine Pflanze mit reifen Samen; die Samen des vorhergehenden Jahres waren vergangen; die /ring/ca scheine eine regelmäßige Sommerblütezeit zu haben, da HookER im Winter nur die Früchte angetroffen habe. MosErEY traf sodann die Pflanze Januar 1874 am Christmashafen auf Kerguelen in Blüte und in junger Frucht, und erst später am Royal Sound auch reife Samen. Die Farne bilden während des Sommers neue Wedel aus. Auch die Sporenreife dürfte in den Sommer fallen. Auffallend erscheint, daß Zomarra alpina fast nur steril vorkommt; Fruchtwedel sind mir an zahlreichen Herbarexemplaren nicht zu Gesicht gekommen. Auf der kälteren Heard-Insel traf MoseLey am 6. Februar 1874 Z/oa Cookül in voller Blüte, Azorella in Blüte und Frucht, Pring/ea meist in Frucht, und einige Exemplare noch ın Blüte. Wir verdanken Dr. F. Naumann’) von der „Gazelle“-Expedition (Betsy Cove, 26. Ok- tober 1874 bis 5. Februar 1875) die folgenden phänologischen Beobachtungen: „Die Blütezeit der meisten Phanerogamen begann erst nach unserer Ankunft zu Ende Oktober (1874), und /’ringlea, Azorella und Poa Cookii blühten damals einzeln an geschützten Orten. Um Mitte November bemerkte ich sie allgemein in floribus, ebenso hier und da sich öffnende Köpfchen von Acaena und Cofula und Knöspchen von Cerastium und Montia. Erst um Mitte des folgenden Monats fingen die Ranunculus-Arten an zu blühen, zuerst die Landformen des Aanunculus biternatus, viel später, in der zweiten Hälfte des Januar, die dem X. /rullifolius ähnliche Form. Die kleinen. Blumen von Galium antarcticum waren ebenfalls erst in der zweiten Hälfte des Dezember überall zu sehen, während damals /’ring/ea nur noch an höheren Orten (ca. 1000‘) allgemeiner blühte, in der Nähe des Meeres aber, ebenso wie Azore/la, in der Samenbildung schon fortgeschritten war; die weitere Entwickelung des Samens schien aber in diesem Klima sehr langsam vor sich ı) H. N. MoSELEY, Journal of Linn. Soc., Voi. XV, 1877, p. 483. 2) F. NAUMANN, Zeitschr. der Gesellsch. für Erdkunde Berlin, Bd. XI, 1876, S. 127. 53 H. SCHENCK, 54 zu gehen, da erst zu Anfang Februar an einem einzigen Ort der von P’ringiea, noch nirgends aber der von Azorella gereift sich fand. — Auch die Blütenperiode eines Teiles der Gräser war eine späte, bei Deschampsia antarctica und Agrostis antarctica fiel sie erst in die zweite Hälfte des Januar, noch etwas später als bei den Dicotyledonen 7i//aea moschata, Lyallia kerguelensis und Colobanthus kerguelensıs“ A. E. Earon'), der als Teilnehmer an der Venus-Expedition vom ı1. Oktober 1874 bis 27. Februar 1875 im Royal Sound auf Kerguelen verweilte, hat über den Beginn der Blütezeit einige Beobachtungen in seinem Bericht vom 31. Dezember mitgeteilt. Bei der Ankunft im Oktober war der Boden mit Schnee bedeckt, und kaum irgend eine Pflanze hatte zu treiben begonnen; ringlea zeigte weit vorgerückte Knospen und schickte sich zur Blüte an; Acaena stand im Beginn der Laubentfaltung. In der ersten Woche des November kam oa Cooki und einige Tage später Azore//a heraus, und die jungen Wedel der Farne standen im Begriff, sich aufzurollen. In der dritten Woche des November wurden Montia und Acaena an geschützten Stellen in Blüte gefunden, ferner auch Galrum und die ersten Blüten son Cotula. Eine Woche später folgten Aanunculus trullifolius und Festuca erecta, Mitte Dezember Zestuca kerguelensis, Lyallia, Ranunculus crassipes, während Pringlea, ausgenommen auf den Bergen, überall verblüht war. Deschampsia begann ihre Rispen zu treiben, 77//aea befand sich noch in Ruhe. Auch J. H. Kıpper hat während des Aufenthaltes der amerikanischen Venus-Expedition am Royal Sound vom 10. September 1874 bis ı1. Januar 1875 phänologische Beobachtungen über den Beginn der Blütezeit angestellt, welche in der Bearbeitung seiner Sammlungen von A. Gray’) citiert sind. Kıpper beobachtete die folgenden Pflanzen zuerst in Blüte: Pringlea antiscorbutica am 2. November Azorella Selago am ı2. November Cotula plumosa am 30. November Festuca kerguelensts am 2. Dezember Galium antarctcum am 3. Dezember Festuca erecta am 6. Dezember Montia fontana am 7. Dezember Lyallia kerguelensis am 14. Dezember Ranunculus biternatus am ı5. Dezember Callitriche verna am 15. Dezember Tıliaea moschata am 18. Dezember Deschampsia (Atra) antarctıca am 21. Dezember Reife Früchte fanden sich bei Colobanthus kerguelensis am 2. Januar, bei Zya/lia kerguelensis schon am 21. Dezember, wo diese Art bereits ganz ausgeblüht hatte. Aus diesen Notizen geht hervor, daß einige Arten, wie Pringlea, sehr zeitig, andere, wie Deschampsia, erst später im Sommer zu blühen beginnen. Bei ein und derselben Art kann das Aufblühen Verschiebungen erleiden, welche durch die besonderen Verhältnisse des Standortes und der jeweiligen Witterungen bedingt sein werden. I) A. E. EATon, Proceedings etc., p. 353- 2) A. Grav, Phaenogamia, Filices et Lycopodiaceae, in: Bull. United States Nat. Museum, Vol. I, 1876, No. 3, p. 21 ff. 54 Subantarktische Inseln. 8 on Ueber das Verhalten der Kerguelenpflanzen im Winter bemerkt J. D. Hooker'), der sich vom ı2. Mai bis 20. Juli 1840 am Christmashafen aufhielt, daß von den 5 Pflanzen, welche Cook im Dezember blühend antraf (Azorella, Cotula, Pringlea, Ranunculus biternatus, Poa Cookii) 4 in gleichem Zustande im Mai gefunden wurden und daß 3 von ihnen bis zum 20. Juli Blüten zeigten. Im Juni wurden ı2 unter den ı8 Arten in Blüte gesammelt. Die wiederholten Schnee- stürme hatten wenig schädlichen Einfluß auf das Laub, und die Azorella war die einzige Pflanze, die wirklich durch strenge Witterung von 3 aufeinander folgenden Tagen durch den Frost gelitten hatte. — Vielleicht ist der Winter 1840 besonders mild gewesen. Sämtliche einheimischen Kerguelenpflanzen sind ausdauernde Kräuter, die also auch während der kühlen Zeit grün zu bleiben scheinen; die Hauptentwickelung der Sprosse vollzieht sich im Sommer, wird aber auch unter günstigen Witterungsverhältnissen bis spät in den Winter langsam fortdauern, während die älteren Blätter allmählich von unten fortschreitend absterben. Nur unter den eingeschleppten Arten sind einjährige vertreten, wie oa annua, Cerastium triviale. Ueber das Alter, welches die Polster oder Rasen bildenden Kerguelenpflanzen erreichen können, ist wenig Sicheres auszusagen. Was zunächst Azorel/a Selago anbelangt, so ergeben sich für die Altersbestimmung keine Anhaltspunkte, da weder dıe beblätterten Sprosse an den zu Gebote stehenden Exemplaren irgend- welche Gliederung in Jahresproduktionen erkennen lassen, noch auch im Holzkörper von Stamm und Wurzel eine Spur von Jahresringbildung zu bemerken ist. An den Sprossen sind nur die obersten Blätter grün; nach dem Inneren des Polsters zu gehen sie allmählich in die abgestorbenen braunen, noch jahrelang erhalten bleibenden älteren Blätter über. Bei der Gleichmäßigkeit des Klimas dürften die Polster das ganze Jahr hindurch, im Winter natürlich langsamer, in vegetativer Thätigkeit bleiben. Ohne Zweifel beläuft sich das Alter von solch riesigen Polstern, wie sie Tafel VII und IX darstellen, auf viele Jahrzehnte. Ich mutmaße, daß ein mir vorliegendes Polster von ca. ı3 cm Durchmesser zur Erreichung dieser Größe vielleicht ein Dutzend Jahre gebraucht haben wird. Weitere Beobachtungen aber sind erforderlich, um zu sicheren Resultaten zu gelangen. Pringlea antiscorbutica, die stattlichste Pflanze Kerguelens, hat ausdauernde, oft 3—4 Fuß lange, am Boden liegende, kräftige, dicke Rhizome, an deren Enden die kohlkopfartigen Blatt- rosetten stehen. Die unterwärts mit kleinen Blättern besetzten Blütenschäfte entspringen an der Basis dieser Rosetten. Die alten Blütenschäfte sterben nach der Samenreife ab und verwittern langsam, fallen aber nicht ab (Taf. VIII und IX). Moserev?) fand an einem Exemplar bei Betsy Cove 28 Blütenschäfte verschiedenen Alters, 3 von ihnen nur frisch und letztjährig. Sie schienen zusammen zu 8 aufeinanderfolgenden Jahren zu gehören. ZPringlea bietet also bessere Anhalts- punkte zur Altersbestimmung als Azore//a. Indessen konnte ich in dem parenchymreichen Holz- » körper von Wurzel und Rhizom keine Jahresringbildung beobachten, vielmehr stehen die Gefäße in radialen Reihen und sind gleichmäßig angeordnet. Wie lange die einzelnen Blätter in den ausdauernden endständigen und weiterwachsenden Rosetten lebend bleiben, läßt sich nicht er- messen, jedenfalls wohl kaum länger als ein Jahr. 1) J- D. HookeEr, in: Ross, Voyage etc., Vol. I, p. 86. 2) MOoSELEY, Challenger Report, Botany, Vol. I, Pt. 3, p. 213. 55 s6 H. SCHENCK, Die ausgedehnten Rasen von Acaena adscendens haben ohne Zweifel ein bedeutendes Ge- samtalter; die blättertragenden Sproßenden gehören der letzten Vegetationsperiode an, aber die sie verbindenden unteren entblätterten, niederliegenden oder aufsteigenden Stengel bleiben viele Jahre lang noch lebend. Im Herbarium Schimper befindet sich ein im Dezember 1898 gesammeltes Exemplar von gutem Standort (Fig. 16, 2). Die Länge der älteren entblätterten Stengel beträgt 25 cm und am unteren abgeschnittenen, 7 mm dicken Ende zeigt der feste Holzkörper 7 deutliche Jahresringe. Am Ende eines jedes Hauptastes sitzt der letztjährige Blattsproß, der sich noch in Streckung befindet und seine jüngsten Blätter noch nicht entfaltet hat. Unter demselben sitzen noch einige seitliche Blattsprosse. Jeder Jahressproß beginnt mit einigen schuppenartigen Nieder- blättern und erzeugt etwa '/, Dutzend Laubblätter. Acaena ist meines Wissens die einzige Pflanze Kerguelens, deren Holzkörper Jahresringbildung aufweist. Sie kann wegen der festeren Be- schaffenheit des Holzes als Halbstrauch bezeichnet werden. $ 8. Anatomische Struktur der Kerguelenpflanzen. Im Nachfolgenden soll die anatomische Struktur der wichtigsten und charakteristischen Kerguelenpflanzen hauptsächlich nur insoweit berücksichtigt werden, als ihre Besonderheiten in Beziehung zu den eigenartigen Existenzbedingungen stehen. Das von ScHIMPER gesammelte Alkoholmaterial wurde auf seine Veranlassung im Baseler Institut anatomisch untersucht, und zwar Azorella Selago von CHARLOTTE TERNEIZ !), die übrigen Pflanzen von WILHELM MARDNER*). Auf diese Arbeiten sei bezüglich weiterer Einzelheiten hin- gewiesen. Ich habe besonders die Blattstrukturen nachuntersucht, weil gerade an diesen die Einzelheiten des Klimas sich am ehesten ausprägen. Azorella Selago Hook. f. (Fig. 26). Wie bei allen typischen Polsterpflanzen sind die Blätter zu lederigen Schuppen reduziert. Auf der kurzen, breiten Blattscheide sitzt unmittelbar, ohne Stiel, die in 5 Zipfel auslaufende breite Blattspreite (Fig. 23a, S. 44). Die Blätter folgen in dichter Aufeinanderfolge an den zusammengedrängten Zweigen, und nur die obersten sind frisch und lebensthätig, die tieferen dagegen gebräunt und abgestorben. Betrachtet man ein Polster von oben, so erkennt man, daß die obersten Blätter etwas ausgebreitet sind und an der Oberseite vom Licht getroffen werden. Die Zipfel sind hier in den Mittellinien etwas vorgewölbt. Fig. 26 giebt den Querschnitt durch einen solchen Zipfel. Der Bau des Blattes ist dorsiventral; ein aus mehreren Schichten bestehendes Palissadengewebe ist unter der Oberseite entwickelt, aber nicht scharf abgesetzt gegen das Schwammparenchym. Diese wenig scharfe Differenzierung beider Gewebe entspricht der auf Kerguelen ungemein häufigen trüben Witterung und kehrt in gleicher Weise auch bei fast sämtlichen übrigen Gewächsen des Gebietes wieder. Auf Flächenschnitten zeigt sich auch, daß das Palissadenparenchym recht locker gebaut ist und daß die Intercellularen hier nicht viel geringer sind als im Schwammparenchym. Alle Mesophylizellen sind dünn- wandig. I) CHARLOTTE TERNETZ, Morphologie und Anatomie der Azorella Selago. Botan. Zeitung, 1902. 2) WILHELM MARDNER, Die Phanerogamen-Vegetation der Kerguelen. Baseler Inaug.-Diss., Mainz 1902. 56 Subantarktische Inseln. 57 Bemerkenswert ist die subepidermale Mesophyllischicht an der Unterseite des Blattes. Sie besteht aus einer geschlossenen oder doch nur hier und dort von kleinen Intercellularen durch- setzten Lage von Zellen, die auch mit der unteren Epidermis fest verbunden, dagegen von dem Fig. 26. Azorella Selago Hook. fil. Querschnitt durch einen Blattzipfel. Oben links Epidermis der Oberseite, rechts Epi- dermis der Unterseite. Vergr. 100. H. SCHENCK gez. übrigen Mesophyll durch eine große flache Spalte abgehoben erscheint. So entsteht im Blatt eine größere, lufterfüllte Ouerspalte, welche auf Querschnitten leicht einreißt. Das Blatt verdankt seine lederige Beschaffenheit ‚wesentlich der Oberhaut, deren Zellen ringsum etwas verdickt sind und eine starke Cuticula besitzen, ferner der Ausbildung von Sklerenchym an den Flanken und, wenigstens im oberen Teile der Blattzipfel, auch in der Mittel- linie an der Oberseite. Die mechanische Festigung der Blattränder ist von Bedeutung als Schutz gegen die scherende Kraft der heftigen Winde. Spaltöffnungen finden sich hauptsächlich an der Oberseite des Blattes, und zwar in außer- ordentlich großer Anzahl, sind aber auffallend klein; in geringer Zahl treten sie auf der Unter- seite auf. Die für Umbelliferen charakteristischen Sekretgänge verlaufen an der Unterseite der Battgefäßbündel. Im allgemeinen läßt sich sagen, daß die Struktur des Blattes in Bezug auf das Mesophylil einer an feuchtem, schattigem Standort wachsenden Pflanze entspricht, in Bezug auf die Epidermis aber xerophilen Charakter, wenn auch nicht sonderlich stark ausgeprägt, zur Schau trägt. Stämmchen und Wurzeln erfahren ein nachträgliches Dickenwachstum. In älteren Polstern (vergl. Fig. 15, S. 29) erscheinen die Hauptwurzel und die kräftigen Seitenwurzeln stark verdickt. Von dem oberen Ende der ersteren entspringen die sich verzweigenden Stämm- chen, die im Verhältnis zur Hauptwurzel viel dünner sind. Ein Polster von ı3 cm Durchmesser besaß eine oben ı5 mm dicke Hauptwurzel mit ca. 6 mm dickem Holzkörper, von welcher 7 mm dicke Hauptstengel, deren Holzkörper 2 mm im Durchmesser betrug, abgingen. Wie schon CHARLOTTE TERNETZ nachgewiesen hat, stellt sich im Holzkörper älterer Stämmchen und besonders der dicken fleischigen Wurzeln ein anomales Dickenwachstum ein. 57 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—1899. Bd. II. 1. Teil. 8 2 3 H. SCHENCK, Zunächst ist hervorzuheben, daß in der Regel nur ein kleines, aus etwas dickwandigen Zellen bestehendes Mark sich vorfindet; der sekundäre Holzring erscheint dementsprechend nach innen gerückt und bildet mit dem engen Mark einen festen, centralen Strang. Die Gefäße sind im Holz ziemlich gleichmäßig in das reichlich vorhandene Parenchym eingebettet und lassen keinerlei Jahresringbildung erkennen. Im Verhältnis zum Holzkörper ist die Rinde am verdickten Stämmchen sehr stark entwickelt. Sie besteht außen aus Kork, dessen Phellogen in den äußeren Rindenschichten sich bildet, darunter folgt in der primären Rinde ein Kranz großer Oelgänge, dann die sehr breite Siebzone, welche in ihrer äußeren Partie sehr locker gebaut ist und große, durch Auseinanderweichen und Verzerrung der Zellen entstehende Lufträume führt‘). Das anomale Dickenwachstum beginnt in 5—6 mm starken Achsen, indem in den Mark- strahlen des Holzkörpers Spalten entstehen und die hier befindlichen Zellen zu Dilatationsparenchym auswachsen. Jeder Holzstrang umgiebt sich mit Cambium, das nun nach dem Holzstrang zu Holz, nach der von ihm abgewandten Seite Siebgewebe produziert. Der Vorgang wiederholt sich späterhin an den getrennten Holzsträngen, und so umfaßt der ältere Stamm zahlreiche Stränge, die von breiten, in ihren älteren Teilen wiederum Lufträume führenden Siebzonen um- geben sind. Die Holzstränge haben im Querschnitt fächerartige Anordnung’). In der Wurzel, deren primärer Centralcylinder diarch gebaut ıst und kein Mark führt, stellt sich dieselbe Anomalie im Laufe des Dickenwachstums ein. Das Auftreten größerer Lufträume in den fleischigen Geweben der Wurzel und des Stammes entspricht der Auflockerung des Mesophylis und dürfte in Beziehung stehen zu dem feuchten, regnerischen Klima. Die centrale Lagerung des Holzkörpers in jungen Wurzeln und Stengeln bewirkt eine zugfeste Konstruktion; die Zerklüftung des Holzkörpers in den älteren Organen ist den in manchen Lianenstäimmen beobachteten Erscheinungen an die Seite zu stellen und ergiebt eine Kabelstruktur. Es liegt der Gedanke nahe, daß diese Bildungen eine Anpassung an die mechanische Inanspruchnahme der betreffenden Organe vorstellen. Ohne Zweifel bedarf das runde Polster einer festen Verankerung im Boden gegen die abscherenden und tordierenden Kräfte der heftigen Winde, und in der That sind die tiefgehenden Hauptwurzeln ungemein stark entwickelt. Colobanthus kerguelensis Hoox. f. (Fig. 27) Die kleinen Polster setzen sich aus mehreren, dem oberen Ende der langen Hauptwurzel entspringenden Stämmchen mit rosettenartig gestellten Blättchen zusammen (Fig. 9, S. 25). Die succulenten, etwas lederigen lanzettlichen Blättchen sind 6—8 mm lang, 3 mm breit. Wie Azore//a ist auch Colobanthus eine charak- teristische Pflanze in den Windwüsten der Insel, und ihre Blattstruktur zeigt mit derjenigen der ersteren manche Uebereinstimmung. Die Unterseite des Blattes ıst gewölbt. Wie der Querschnitt Fig. 27 zeigt, besteht das Mesophyll aus ziemlich gleichartigen, locker gefügten, dünnwandigen Zellen. Palissadenparenchym erscheint an der Oberseite nur sehr schwach ausgeprägt und greift an den Seitenrändern auch auf die Unterseite über. Bemerkenswert ist, wie bei Azore/la, die Aus- bildung der subepidermalen Parenchymlage an der Unterseite in Form einer mit der unteren Epidermis fest verbundenen Zellschicht, welche von dem übrigen Mesophyll durch eine große, luftführende Querspalte sich abhebt. I) CH. TERNETZ, ]. c. Fig. 9, Taf. I. 2) Ibid. Fig. 1—5, Taf. 1. 58 Subantarktische Inseln. 59 Die lederige Textur des Blattes ist bedingt durch die Verdickung der Zellen beider Epi- dermen und besonders der Blattränder, wo die Oberhautzellen in Form eines starken Saumes vorspringen. Spaltöffnungen finden sich in großer Menge auf der Blattoberseite und sind wiederum Fig. 27. Colobanthus kerguelensis Hook. fil. Querschnitt durch Fig. 28. das Blatt, links Mittelnerv. A Epidermis der Oberseite, B subepidermale Parenchymlage an der Unterseite, C Epidermis der Unterseite. Vergr. 100. H. SCHENCK gez. durch ihre Kleinheit bemerkenswert; auf der Unter- seite treten Spaltöffnungen nur in der Nähe der Ränder auf, wo das lockere palissadenartige Gewebe übergreift. Die lange, kräftige Hauptwurzel ist sehr zugfest gebaut. Mark fehlt; der centrale Holzkörper nimmt etwa die Hälfte des Durchmessers ein und enthält Gefäße und stark verdicktes Parenchym ohne Jahresringandeutung. Auch die breite sekundäre Bast- zone hat auffallend stark verdickte Zellen; der sie außen bedeckende Kork geht aus dem Pericykel hervor. Pringlea antiscorbutica R. Br. (Fig. 28). Pringlea weicht von allen übrigen Kerguelenpflanzen ab durch seine großen, in kohlähnlicher Rosette an- geordneten Blätter, deren Struktur aber in wesent- lichen Punkten sich an diejenige von Azorella an- schließt. Entsprechend der durch regnerisches und neheliges Wetter häufig herabgesetzten Intensität des Lichtes erscheint das Palissadenparenchym nur schwach ausgebildet. Die Blätter sind schräg aufgerichtet; daher Fig. 28. Pringlea antiscorbutica R. BR. Querschnitt durch das Blatt. Unten links Epidermis der Unterseite, rechts Epidermis der Ober- seite. Vergr. 100. H. SCHENCK. 59 = - 60 H. SCHENCK, kommt auch der Unterseite direktes Licht zu, und beide Blattseiten zeigen somit ziemlich gleichen Bau. Unter der Epidermis folgen auf beiden Seiten 2—3 Lagen ganz kurzer Palissaden, die nach innen in das große Lufträume führende Schwammparenchym übergehen (Fig. 28). Alle Mesophylizellen sind zartwandig. Die ganze Struktur des Blattparenchyms erinnert, wie auch MARDNER') hervorhebt, auffallend an solche von Wasserpflanzen. Trotzdem sind die Blätter nicht schlaff, sondern ihre Aussteifung erfolgt einmal durch die dichte Zusammenfügung der peripherischen Zellschichten und dann durch die Epidermis, deren Außenwände stärker verdickt erscheinen. Spaltöffnungen finden sich in großer Zahl vor auf beiden Seiten des fast isolateralen Blattes und zeichnen sich auch hier wie bei Azore//a durch Kleinheit aus. Hygrophiler Bau des Parenchyms, schwach xerophiler Charakter der Oberhaut sind hier vereinigt. Die Blätter sind mit zerstreut stehenden einzelligen, zugespitzten, plasmaführenden weichen Haaren bedeckt, nach den Rändern zu ist das Haarkleid dichter. Die dicke, fleischige Wurzel?) entwickelt beim sekundären Dickenwachstum einen paren- chymreichen Holzkörper, in welchem die Gefäße in schmalen radialen Reihen angeordnet sind, und eine sehr breite, nach außen wie bei Azore/la von großen radialen Luftspalten durchsetzte, parenchymreiche, faserfreie Siebzone, die nach außen von dem dichteren Gewebe der primären Rinde bedeckt wird. An der Peripherie folgt mehrschichtiges Phelloderm und Kork. Jahres- ringbildung konnte ich nicht beobachten. Anomales sekundäres Dickenwachstum nach Art der Azorella tritt bei Pringlea späterhin nicht ein. Bei Azore//a erreichen die Wurzeln jedenfalls ein viel höheres Alter und sind an den immer größer werdenden Polstern in viel höherem Maße mechanisch in Anspruch genommen. Die aufrechten starken und dicken Blütenstandsachsen sind im Gegensatz zur Wurzel wesentlich biegungsfest konstruiert. Die Gefäßbündel umgeben ein sehr großes Mark und schließen zu einem sekundären festen Holzring zusammen, an dessen Außenseiten die flachen Siebteile noch durch Kollen- chymbelage überdeckt sind®). Die inneren Schichten der aus dünnwandigem Parenchym bestehenden primären Rinde sind locker gefügt und enthalten große Lufträume, die äußeren dagegen sind dichter, die Epidermis ist stark verdickt. Die Lufträume ım Parenchym von Blatt, Wurzel und Stengel, sowie die Dünnwandigkeit der Zellen sind bemerkens- wert. Acaena adscendens \Vanı (Fig. 29). Im Gegensatz zu Azorella bevorzugt Acaena geschützte Standorte; die äußere Form und innere Struktur beider Gewächse sind dem- De entsprechend auffallend verschieden. Acaena zeigt in der a Beschaffenheit des Laubes keine Besonderheiten. Die Fiedern Fig. 29. Acaena adscendens VaRL. Quer- der unpaarig gefiederten Blätter sind dünnhäutig und schnitt durch das Blatt, nach Herbarmaterial, etwas schematisch. Vergr. 200. H.Schenck gez. Schwach behaart. Die feinen, seidenartigen, einzelligen Haare, I) W. MARDNER, |. c. S. 13. 2) W. MARDNER, ]. c. Fig. 5. 3) W. MARDNER, |. c. Fig. 6. = 60 Subantarktische Inseln. 61 deren Wandung stark verdickt ist, so daß das Lumen nur an der Basis deutlich erkennbar bleibt, stehen am dichtesten an der Unterseite auf den Blattnerven und an den Rändern. Die dünnwandige Spreite, deren Zellen an dem mir zur Verfügung stehenden Herbar- material stark geschrumpft waren, zeigt im Mesophyll eine deutlichere Differenzierung in Palissaden- und Schwammparenchym als die übrigen Kerguelenpflanzen. Die Epidermiszellen haben nur schwach verdickte Wände und wölben sich meist papillenartig nach außen vor, die Spaltöffnungen sind eingesenkt. Die Stengel von Acaena haben holzige Beschaffenheit. Auf die schmale, außen von braunem dünnen Kork bedeckte Rinde folgt eine feste Holzzone und in der Mitte ein weites Mark. Alles Parenchym erscheint kompakt, führt keine größeren Lufträume. Acaena ist die einzige Pflanze Kerguelens, deren Holzkörper deutliche Jahresringe erkennen läßt. Die älteren unteren Stengel- teile bleiben eine Reihe von Jahren erhalten und wachsen langsam in die Dicke. An einem Exem- plar konnte ich am untersten Stengelende 7 deutliche I = LAY Vz . = Jahresringe feststellen. Die Pflanze ist daher als Halb- SI KAIIG U strauch zu bezeichnen. Die feste, holzige Konsistenz der Stengel steht in Kontrast zu den parenchymreichen, \ mit großen Luftlücken im Parenchym versehenen Stengeln und Wurzeln der Azorella und Pringlea. ( Cotula plumosa Hoox. f. (Fig. 30). Die or Ass) dreifach fiederspaltigen Blätter dieser gewöhnlich auf en den Strandklippen ausgedehnte lockere Rasen bilden- NA Be & den Pflanze variieren in der Größe je nach dem Stand- LENZ DICH EEE ort. Auf günstigem Boden und an geschützten Stellen De; rer — 2 30 cm lang, erreichen sie auf trockenem, exponiertem ; RS: } (IR > > BA Standort nur etwa ı cm Länge und bilden daselbst NER EL NG kleine niederliegende Rosetten, die auch viel dichter lt B: Ak) R 7 N an mit Wollhaaren bekleidet sind (Fig. 18). RS Di Wie aus dem Querschnitt durch den Zipfel eines Blattes (Fig. 30) zu ersehen ist, zeigt das ge- samte Mesophyll keine deutliche Differenzierung in Palissaden- und Schwammparenchym. Es besteht aus dünnwandigem, Intercellularen führendem Parenchym. An der Oberseite sind die Zellen etwas kleiner, lockerer gefügt, mit reichlicherem Chlorophyll versehen und vertreten hier das Palissadengewebe. Solches as- Fig. 30. Cotula plumosa Hook. fil. Querschnitt durch similierende Gewebe findet sich auch an der Unter- die Mitte eines Blattzipfels. Chlorophyll rechts eingetragen. In £ E 4 ‚ der Mitte farbloses Parenchym. Unter dem Gefäßbündel ein seite in der Nähe der Blattränder in schwacher Ent- Sekretkanal. Vergr. 130. H. SCHENcK gez. wickelung. Die Epidermis auf beiden Seiten besitzt dagegen schwach xerophile Struktur, einmal in der stärkeren Verdickung der Wände und ferner in dem reichlichen Auftreten von langen, mehr- gliedrigen, etwas bandförmig abgeflachten Wollhaaren, die mit einer Reihe ganz kurzer, inhalts- führender und dünnwandiger Zellen der Epidermis aufsitzen, während die auf sie folgenden gestreckten 61 62 H. SCHENCK, Zellen plasmafrei sind und Luft führen. Diese kurze basale Zellreihe erweckt den Anschein, als ob sie als Gelenk für das Wollhaar fungiere und das Abspreizen oder das dichtere Anlegen des Haar- kleides vermittle. Spaltöffnungen sind auf der Oberseite reichlicher als auf der Unterseite vorhanden. Der Stengel bietet in seiner Struktur keine Besonderheiten, die in speciellem Zusammen- hang mit den klimatischen Bedingungen stehen. Er besitzt einen Ring von verschieden großen Gefäßbündeln; vor jedem Siebteil läuft ein Sekretgang, der auch in das Blatt eintritt und die Blattnerven an der Unterseite begleitet'). Poa Cookii Hoox. f. (Fig. 31). Dieses stattlichste Gras der Inselgruppe, in der Nähe der Küste an Felsen in geschützter Lage üppig gedeihend, hat breite Blätter, deren Spreite, Fig. 31. oa Cookii Hook. fil. Links Querschnitt durch ein ganzes Blatt. Vergr. 20. Rechts Querschnitt durch eine vierkantige Leiste der Blattoberseite. Vergr. 200. H. SCHENCK gez. wie Fig. 31 zeigt, rinnig sich zusammenfaltet. Auf der Oberfläche verlaufen zahlreiche Längs- furchen, zwischen denen das Gewebe auf dem Querschnitt rechteckig vorspringt. Die Verteilung von Assimilationsgewebe und Skler- enchym ist aus der Abbildung zu ersehen. Die Spaltöffnungen liegen geschützt in den Furchen. Die dick- wandige, spaltenfreie untere Epi- dermis schließt das Blatt im zu- sammengelegten Zustand nach außen dicht ab. Festuca erecta »Ürv. (Fig. 32), die größte der beiden Festwca-Arten, ın dichten, starren Büscheln an exponierteren Stand- orten als Poa Cookii wachsend, zeigt eine in viel höherem Maße xero- Fig. 32. Festuca erecta D’URY. Rechts Querschnitt phile Struktur des Blattes (F ig. 32% \\ durch dasganze Blatt, mechanisches Gewebe schattiert. Die Spreite zeigt auf der Oberseite \ Vergr. 60. Links Querschnitt durch eine Leiste der Blattoberseite. Vergr. 200. H. Schenck ge. Mehrere einspringende, die Spalt- I) W. MARDNER, |. c. S. 18. 62 Subantarktische Inseln. 6 3 öffnungen beherbergende Furchen, die ein dichtes Zusammenfalten des ganzen Blattes vermittelst der Gelenkzellen zwischen den vorspringenden Leisten ermöglichen. Sklerenchym ist an der Unterseite mächtig entwickelt und findet sich auch an den oberen Tängskanten der Rippen. Die Epidermis der Oberseite springt papillenartig vor und trägt zahlreiche Borstenhaare, die zur Schaffung eines windstillen Raumes im Inneren des zusammengelegten Blattes beitragen. Festuca kerguelensis Hoox. t. (Fig. 33). Die schmalen Grasblättchen dieses in kleinen Polstern auftretenden Grases haben ebenfalls rinnig zusammen- gefaltete Spreiten. Nahe der Mittelrippe der Oberseite liegt jederseits eine Furche mit Gelenkzellen. Die Epidermis ist dickwandig und trägt an der Oberseite kurze Stachelhärchen. Der ganze Aufbau des Blattes ist entsprechend der Kleinheit der Blätter ein viel einfacherer als bei voriger Art. Agrostis magellanica Lanx. Die Blätter nehmen in ihrem Bau ungefähr eine Mittelstellung zwischen Zestuca erecta und kerguelensis ein. Die Unterseitenepidermis ist dickwandig und durch etwas Sklerenchym verstärkt. An der Oberseite der rinnig zusammengefalteten Spreite verlaufen jederseits von der Mittelrippe 2 Furchen, und die obere Epidermis Fig. 33. Zestuca kerguelensis Hook. fil. Querschnitt trägt Borsienhaare durch das Blatt. Vergr. 200. H. SCHENCK gez. Ohne durch besonders xerophile Struktur ausgezeichnet zu sein, ist doch der Bau der wichtigsten Grasarten Kerguelens ein solcher, daß er genügenden Schutz gegen die herrschenden Winde darbietet. $ 9. Geschichte der Flora Kerguelens. [Nach dem Manuskript von W. SCHIMPER; sämtliche Litteraturhinweise und Anmerkungen von H. SCHENCK.] In dem breiten Meeresgürtel zwischen dem südlichen Polarkreise und den Kontinenten stellen die subantarktischen Inselgruppen einige winzige Punkte dar, die durch Hunderte von Seemeilen von den Kontinenten getrennt sind. Es erscheint bei Betrachtung der Karte kaum möglich, daß Landpflanzen und Tiere so entlegene und kleine Inseln erreichen können, und so hat man zu der Hypothese eines großen Kontinents gegriffen, oder man hat doch in den meisten » Z/wischenräumen Inseln auftauchen und wieder untertauchen lassen. Mit der Annahme einer die Südspitzen der Kontinente verbindenden Antarktis sind die ungeheuren Tiefen unvereinbar, welche die deutsche Tiefsee-Expedition da, wo dieses Südpolar- land sich erstrecken sollte, nachwies'); mit der Annahme einer von der jetzigen wesentlich ab- weichenden Konfiguration, wenigstens seit Beginn der Tertiärzeit, ist die Flora und Fauna der ı) Vergl. C. CHun, Aus den Tiefen des Weltmeeres, 2. Aufl., 1903, S. 290. 63 64 H. SCHENCK, subantarktischen Inseln unvereinbar, denn ihr Charakter läßt sich nur dadurch erklären, daß sie, wie gegenwärtig, auch früher, wenigstens so weit zurück, als die Geschichte ihrer jetzigen Flora und Fauna reicht, ganz vereinzelt im Ocean lagen und nur durch den stürmischen Westwind miteinander in Verbindung standen. Die meisten dieser Inseln scheinen ein hohes Alter zu besitzen. Dies gilt namentlich von Südgeorgien, das aus Urgestein besteht, aber, wenn auch in geringerem Grade, ebenfalls von dem vulkanischen Kerguelen, wo neben Lava und Basalt auch dioritische Eruptivsteine nach- gewiesen wurden. Die Flora und Fauna der Kerguelen-Inseln ist in der That teilweise hohen Alters, aber Einwanderungen haben noch in neuerer Zeit stattgefunden und gehen allem Anscheine nach noch gegenwärtig vor sich. Die Flora Kerguelens, welche den Gegenstand der folgenden Betrachtungen in erster Linie bildet, setzt sich wie diejenige aller oceanischen Inseln aus alten und aus neuen Ansiedlern zusammen. Die ersteren sind nur zum kleinsten Teile Blütenpflanzen; aus uralter Zeit stammt jedenfalls der Kerguelenkohl, Pringlea antiscorbutica, der letzte Vertreter eines anderwärts längst verschwundenen Typus, welcher seiner Auswanderung nach der einsamen Insel seine Erhaltung in der Jetztwelt verdankt. Als zweitälteste Form unter den Blütenpflanzen hat die Zyallia kerguelensis zu gelten, ebenfalls die einzige Art ihrer Gattung, doch mit Verwandten in den Anden; sie beweist, daß die Beziehungen zwischen Kerguelen und Südamerika in ferne Ver- gangenheit zurückreichen. Die übrigen Arten sind mit kontinentalen nahe verwandt oder iden- tisch, die meisten mit antarktischen Formen, nur zwei mit australischen. Von den drei bis nahe an die Grenze der Antarktis reichenden Kontinenten hat das am fernsten gelegene Südamerika bei der Kolonisation Kerguelens die Hauptrolle gespielt, während das nächstgelegene Afrika nicht in Betracht kam; die Richtung des Windes und der Meeresströmungen, nicht die Entfernung, ist für die Pflanzenverbreitung maßgebend. Während die Phanerogamenflora vorwiegend modern amerikanisches Gepräge trägt und mit wenigen Ausnahmen auf neuere Einwanderung zurückzuführen ist, zeichnet sich die Moos- flora durch eine Eigenartigkeit aus, wie sie sich nur durch hohes Alter erklären läßt. Mit der Pringlea zusammen stellen die Moose Kerguelens Reliquien aus längst verschwundenen Erd- epochen dar. Die Betrachtung der Landfauna') führt zu ganz ähnlichen Ergebnissen. Das gänzliche Fehlen von einheimischen Landsäugetieren und Reptilien, und das beinahe gänzliche der nur durch eine endemische Schnecke, /Zelix (Patula) Hookeri, vertretenen Weichtiere?), verleihen Kerguelen einen echt oceanischen Charakter. Die pelagischen Vögel sind in der Antarktis überall die gleichen: sie fliegen mit dem Weststurm im Kreise herum. Von den nicht pelagischen Vögeln Kerguelens sind zwei Raubmöven (Zarus dominicanus und Lestris antarctica) auf den in die südliche temperierte Zone hineinreichenden Kontinenten verbreitet, die übrigen 4 Arten sind endemisch, jedoch mit südamerikanischen oder falkländischen so nahe verwandt, daß sie wohl nur als Varietäten derselben zu betrachten sind (C%ionis minor, Scheidenschnabel, mit Crionis ı) Näheres über die Landfauna in der zusammenfassenden Darstellung von STUDER, Gazelle, Teil III, S. 86—174, sowie im Kapitel ‚„‚Kerguelen“ in C. CHun, Aus den Tiefen des Weltmeeres, 2. Aufl., 1903, $. 254 ff. 2) Während der deutschen Südpolar-Expedition, Januar 1902, fand VANHÖFFEN auf Kerguelen eine zweite Art, nämlich eine kleine neue Nacktschnecke. 64 Subantarktische Inseln. 65 alba auf Falkland, Feuerland und Südgeorgien nahe verwandt; Oxerguedula Eatoni, eine kleine Entenart, von der Ouerguedula Südgeorgiens schwer unterscheidbar und verwandt mit Os. creccoides der Falkland-Inseln; Sterna virgata, eine Seeschwalbe Südgeorgiens, scheint mit der südgeorgischen Art identisch; der Kormoran Kerguelens, Phalacrocorax verrucosus, ist nahe verwandt mit dem südgeorgischen Kormoran, welcher nach Stuper dem 7%. albiventris von den Falkland-Inseln und der Magellanstraße näher stehen dürfte als dem Z/%. carunculatus von Neuseeland, wozu ihn PAGENSTECHER. stellt. Während die Vögel, die einzigen Vertreter der höheren Tierwelt auf Kerguelen, ähnlich wie der größte Teil der höheren Pflanzen, sämtlich recente Einwanderer sind, zeigen sich die niederen Tiere nicht minder eigentümlich als die niederen Pflanzen und stellen, wie sie, die Ueberreste einer uralten Organismenwelt dar. Die Insekten, welche, wie auf den meisten ocea- nischen Inseln, verkümmerte Flugorgane besitzen, sind fast sämtlich endemisch und meist höchst eigenartig"), und ihnen schließen sich auch die Arachnoideen an. Die Betrachtung der untergetauchten Organismenwelt der Uferregion führt zu ganz ähn- lichen Ergebnissen wie diejenige der festländischen. Die Algenflora zeigt, neben Einwanderern aus dem antarktischen Amerika, eine große Anzahl eigenartiger, allem Anscheine nach sehr alter Formen. Noch instruktiver ist jedoch die Uferfauna, deren Charakter, wie die Untersuchungen PrEFFER’S?) zeigten, nur durch die Annahme einer uralten weiten Entfernung von allen Kon- tinenten und von den übrigen Inselgruppen erklärt werden kann. ı) Nach der Zusammenstellung von G. ENDERLEIN (Die Landarthropoden der von der Tiefsee-Expedition besuchten antarktischen Inseln, Wiss. Ergebnisse der deutschen Tiefsee-Exped., Bd. III, 1903) umfaßt die stark endemisch ausgeprägte Insektenfauna von Ker- guelen 35 Arten in 28 Gattungen, deren Zahl aber durch die neueren Funde der deutschen Südpolar-Expedition noch eine Vermehrung erfahren wird. 9 flügeliose Käferarten sind sämtlich endemisch. Zu den Rüsselkäfern, welche den Hauptanteil ausmachen, gehören nicht weniger als 5 Arten der endemischen Gattung Zeiemnorhinus und eine Art der endemischen Gattung Canonopsis. Beide Gattungen sind höchst eigentümlich. Ihre nächsten Verwandten, die PAyllobius-Arten, die besonders im paläarktischen Gebiet weit verbreitet sind, leben auf Laubhölzern, während die Kerguelenrüßler flügellos unter Moosen und Steinen sich aufhalten. Mit STUDER können wir sie als sehr alte Bewohner der zur Tertiärzeit noch bewaldeten Insel betrachten. Zu einer ebenfalls endemischen Gattung gehört ein kleiner neuer Wasserkäfer, Meropathus Chuni, während der einzige Staphylinide der Insel, Phytosus atriceps, eine verwandte Art derselben Gattung in Nordeuropa, nicht in der Antarktis, aufweist. j Von Schmetterlingen tritt die kleine Zwmdryonopsis halticella mit stark reduzierten Flügeln endemisch auf. VANHÖFFEN kon- statierte während der deutschen Südpolar-Expedition außerdem noch einen großen Schmetterling, dessen Raupen in Pringlea-Strünken leben (vergl. E. v. DRYGALSKI, Zum Kontinent des eisigen Südens, 1904, S. 369). Die Fliegen gehören größtenteils eigenartigen endemischen Gattungen an, unter ihnen ist namentlich die flügellose Calycopteryx Moseley:, welche die Blattscheiden von rzrglea bewohnt und sich kaum aus denselben herauswagt, bemerkenswert. Der stark ausgeprägte Endemismus und die Reduktion der Flügel bei den Insekten spricht für hohes Alter. Auffallend er- scheint das vollständige Fehlen der Hymenoptera, aus welchem ENDERLEIN schließt, daß die Kerguelen-Inseln schon vor der Ent- wickelung dieser Ordnung isoliert gewesen seien. Unter den Arachnoideen ist besonders die endemische Spinne Myro kerguelensis zu nennen; eine zweite Art dieser Gattung lebt am Kap der guten Hoffnung. Ebenso sind die verschiedenen Milbenarten der Insel eigentümlich. Was die erdbewohnenden Würmer anbelangt, welche vielfach als Zeugen ehemaliger Landverbindungen ins Treffen geführt werden, so kommen auf Kerguelen nach W. MICHAELSEN (Die Oligochäten der deutschen Tiefsee-Expedition, Wiss. Ergebnisse der deutschen Tiefsee-Exped., Bd. III, 1902) 3 Arten vor. Enchytraeus albidus ist eine in der Arktis und auch an den Küsten Amerikas weitverbreitete halbmarine Art, Phreodrilus kerguelensis und Notiodrilus kerguelarum dagegen sind endemisch, letztere auch auf Marion Eiland. Von der deutschen Südpolar-Expedition wurde noch eine neue Art Notzodrilus crozetensis auf Possession-Eiland gefunden. Verwandte Arten von Notzodrilus treten auch auf den übrigen Inseln der subantarktischen Zone auf. Diese Oligochäten sind nun nach MICHAELSEN nicht als eigentliche Terricolen anzusehen, sondern gehören zu euryhalinen Formen, die gelegentlich bis in die salz- haltigen Regionen des Meeresstrandes vordringen. Ihre Verbreitung über den Ocean durch treibende Stämme, Tangmassen etc. erscheint daher möglich. Jedenfalls aber deutet die Ausbildung endemischer Formen unter ihnen auf eine weit zurückliegende Zeit der Ueberführung nach den Inseln. 2) G. PFEFFER, Die niedere Tierwelt des antarktischen Ufergebietes, in: NEUMAYER, Die internationale Polarforschung 1882 bis 1883, Bd. II, S. 455 ff. 65 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı899. Bd. II, ı. Teil. 9 66 H. SCHENCK, Der auffallende Unterschied im Alter der höheren und niederen Organismenwelt Kerguelens erklärt sich aus der wechselreichen Vergangenheit, die allenthalben deutliche Spuren auf der Insel hinterlassen hat. Die Kohlenlager und fossilen Nadelholzstämme') am Christmashafen zeigen, daß die Inseln einst ein wärmeres Klima besaßen als gegenwärtig, vielleicht demjenigen Neu- Amsterdams vergleichbar, wo die Winde kaum weniger heftig wehen als auf Kerguelen, aber weniger vernichtend auf den Baumwuchs wirken, indem der Boden stets warm genug bleibt, um den Wasserverlust im trocknenden Winde rechtzeitig zu decken. Uebrigens beweist das Vorkommen fossiler Baumstämme sowie fossiler Muscheln auf der Seymour-Insel?), also in der Nähe des Südpolarkreises, daß das Klima daselbst einst viel milder war. Die Struktur der Oberseite der die Kohlenlager Kerguelens bedeckenden Basaltschichten bekundet, daß auf ein wärmeres Klima als das jetzige ein kälteres als das jetzige gefolgt ist, denn dieselben tragen die Spuren ehemaliger Vergletscherung. Solche Spuren zeigen sich allent- halben auf der Insel, die dementsprechend einst von einem zusammenhängenden Eismantel bedeckt gewesen ist. Die reiche Fjordbildung beweist, daß einst zahlreiche Gletscher sich in das Meer ergossen. Spuren ähnlicher Art zeigen sich auch in Südgeorgien und sind auf den übrigen ant- arktischen Inseln und Ländern weit verbreitet; die südliche temperierte Zone hat, ähnlich wie die nördliche, eine Eiszeit, oder wahrscheinlicher eine Mehrzahl solcher, durchgemacht. Die letzte dieser kalten Perioden mag weniger weit zurückliegen als im Norden, denn die Bouvet-Insel ist ganz vereist, auf der Heard-Insel nimmt der ungefrorene Boden nur ein kleines Areal ein, und den südlichen Polarkreis umgiebt eine zusammenhängende Eiskappe. Das frühere kältere Klima Kerguelens erklärt das Mißverhältnis zwischen der höheren und niederen endemischen Organismenwelt. Das Gebiet jenseits des Südpolarkreises ernährt an den wenigen Stellen, wo der Boden die Eisdecke durchbricht, nur Moose und Flechten, Gewächse, die sich auch bei niederer Temperatur vollkommen entwickeln und monatelange Bedeckung mit Eis und Schnee unbeschadet ertragen. Die zahlreichen alten Endemismen unter den Moosen und Flechten Kerguelens sind Ueberreste der glacialen und präglacialen Flora. Nur eine Blüten- pflanze ist aus uralter Zeit erhalten geblieben, Pringlea antiscorbutica, der Kerguelenkohl, der nicht bloß durch seine einsame systematische Stellung, sondern auch durch seinen auffallend stattlichen Habitus als Fremdling inmitten der jetzigen kleinblätterigen Flora erscheint. Allerdings geht er weniger weit in die Höhe als die Moose und Flechten, welche noch beträchtlich oberhalb der letzten Blütenpflanzen in üppiger Entwickelung auftreten; doch erreicht er unter den höheren Gewächsen Kerguelens das höchste Niveau über dem Meere: er kommt am Mt. Crozier noch bei 700 m vor und erweist sich dadurch als diejenige Blütenpflanze der Insel, welche die niedrigste Temperatur erträgt. Diese Eigenschaft, welche ihr das Fortbestehen während der Eiszeit er- möglichte, hängt mit der erstaunlichen Anpassungsfähigkeit der Pringlea zusammen, die auf den guanoreichen und warmen Inseln der Gazellebucht einen Riesen (Taf. IX), auf den windgefegten Hochflächen einen Zwerg darstellt (Fig. 14, S. 28), aber überall reichlich Samen trägt. Möglicherweise hat Zyallia kerguelensis und der nur auf den Höhen vorkommende, aus- geprägt kältebedürftige Colobanthus kerguelensis die letzte Eiszeit auf Kerguelen ebenfalls durch- gemacht. Doch fand ihre Einwanderung jedenfalls in verhältnismäßig naher Vergangenheit statt. 1) Vergl. oben $ 2, S. ı5. 2) Vergl. weiter unten Kap. IV, $ 4 und Kap. VI. 66 Subantarktische Inseln. 67 / Mit der Flora der letzten wärmeren Epoche ging auch deren Fauna zu Grunde. Nur solche Tiere, welche sich der abnehmenden Temperatur anzupassen vermochten oder im Hoch- gebirge, mitten im Eis und Schnee lebten, blieben erhalten. So deuten die meisten Käfer noch auf einen einst üppigeren Pflanzenwuchs hin. Das Fortbestehen der Eiszeit auf der Heard- und Bouvet-Insel beweist, daß verhältnis- mäßig geringe Veränderungen des Klimas deren Auftreten und Wiederverschwinden bedingen. Versetzen wir uns in Gedanken auf Kerguelen zur Zeit des Eintrittes des milderen Klimas, etwa während der Uebergangsstufe, auf welcher sich die Heard-Inseln gegenwärtig befinden. Die gegen Norden und Osten geneigten Abhänge sind an den Küsten schneefrei. Der Boden ist verschiedener Art, jedoch beinahe überall für das Gedeihen von Gewächsen geeignet. Zwar herrschen Steine vor, doch ist aus deren Verwitterung Erde entstanden, welche durch die Nieder- schläge fortwährend befeuchtet wird. An manchen Stellen sind die thonigen Bestandteile sogar herrschend: sie verhindern das Durchsickern des Schnee- und Regenwassers und führen zur Ent- stehung von Sümpfen, Tümpeln und Teichen. Die Felsen sind reich zerklüftet und enthalten in ihren Spalten thonige Verwitterungsbestandteile, welchen die persistierenden Flechten und Moose Humus beigemengt haben; auch haben die Seevögel den Boden stellenweise gedüngt. Zahlreiche genügsame Pflanzenarten finden ihre Existenzbedingungen erfüllt. Die Samen, welche bisher auf Kerguelen an den ungünstigen Bedingungen zu Grunde gingen, können nun eine neue Pflanzen- kolonie gründen. Wie werden keimfähige Samen eine so einsame Insel erreichen? Die Untersuchung der Floren der neueren vulkanischen und namentlich der Koralleninseln hat ergeben, daß dieses durch Vermittelung der Meeresströmungen, der Winde und der Vögel geschieht‘), und zwar mit solcher Sicherheit, daß keine der die Bedingungen des Pflanzenlebens bietenden Inseln desselben entbehren. Es ist in neuester Zeit gelungen, die sonst in ferner Vergangenheit verborgene Entstehung der Insel- floren in einem Falle direkt zu beobachten, allerdings nur in mäßiger Entfernung des koloni- sierenden Pflanzenstaates, nämlich auf der kleinen Insel Krakatau, welche durch die Eruption von 1883 zu einer pflanzenleeren Lavawüste geworden war”). Als erste Ansiedler zeigten sich auf dem Strande Pflanzenarten, deren mit Schwimmvorrichtungen versehene Samen unversehrt durch Meeresströmungen fortgetragen werden, und auf den Abhängen solche, deren Verbreitung durch den Wind geschieht, nämlich Lebermoose und Farne mit staubähnlichen Sporen, Compositen mit Flugorganen an ihren winzigen Schließfrüchten ’). 1) Vergl. unter anderem: a) A. ENGLER, Versuch einer Entwickelungsgeschichte der Pflanzenwelt, 1882, Bd. II, S. 126 etc. b) W. B. HEMSLEYv, Challenger Report, Botany, Vol. I, 1885. I. Introduction, On insular Floras; Appendix, On the dispersal of plants by oceanic currents and birds. c) A. F. W. SCHIMPER, Die indo-malayische Strandflora. Bot. Mitteil. aus den Tropen, Heft 3, 1891, und Pflanzengeographie, 1898, S. 32, 90. 2) M. TREUB, Notice sur la nouvelle flore du Krakatau. Annales du Jardin botanique de Buitenzorg T. VII, 1888, p. 213—224. 3) Ueber „die Fortschritte der Flora des Krakatau“ und der beiden kleinen benachbarten Verlaten- und Lang-Eiland verdanken wir ©. PENZIG (Annales du Jardin botanique de Buitenzorg, T. XVIII, 1902, p. 92—113) eingehenden Bericht. O. PENZIG besuchte die Inseln am 16. März 1897 in Gemeinschaft mit den Botanikern TREUB, BOERLAGE, RACIBORSKI und CLAUTRIAU. Die Strandflora zeigte bereits infolge weiterer Zufuhr von Driftfrüchten eine gute Entwickelung; gegen das Innere zu herrschten hohe Gräser vor mit vereinzelten anderen Elementen; die steil aufsteigenden Felswände aber zeigten größtenteils noch dasselbe Bild wie früher, ein Vorherrschen von ge- selligen zahlreichen Farnen, hier und dort vereinzelte Phanerogamen. Im ganzen sind bis jetzt auf den 3 Inseln 16 Pteridophyten und 53 Phanerogamen nachgewiesen. Bezüglich der Verbreitungsmittel ist zu erwähnen, daß von 32 Arten die Früchte und Samen durch die Drift, von 33 Arten die Sporen oder Früchte durch den Wind herbeigeführt sein können, während bis jetzt nur 4 Arten (Melastoma bolyanthum und 3 Freus-Arten) von Vögeln übertragen wurden. 67 68 H. SCHENCK, Vögel hatten, als TREUB 1886 die ersten Kolonisten auf Krakatau kennen lernte, noch keine Rolle gespielt. Diese Lücke wurde einigermaßen durch meine Beobachtungen auf dem Vulkan Guntur auf Java ausgefüllt, der um die Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Fuße mit einem Lavamantel bedeckt worden war. Die bereits ziemlich üppige Pflanzendecke, welche ich im Jahre 1890 auf demselben fand, verdankte ihre Entstehung theils, wie das Vorhandensein saftfrüchtiger Pflanzen bewies, den beerenfressenden Vögeln. Der westliche Sturm, der die Landflora Kerguelens beherrscht, ist gleichzeitig deren Ur- heber gewesen, bald unmittelbar, bald dadurch, daß er die Flugrichtung der Vögel bestimmte; so wurde Kerguelen nicht von Südafrika oder Australien aus, sondern von Amerika kolonisiert, dem entferntesten der drei in die südliche temperierte Zone ragenden Kontinente Nur zwei Arten, Cotula und Uncinia, wurden durch den seltenen östlichen Wind, aus dem südaustralischem Gebiete gebracht. Trotz seiner stürmischen Heftigkeit hat sich der Wind auf Kerguelen als weit weniger wirksamer Pflanzenverbreiter erwiesen, als auf vielen anderen Inselgruppen, wo er mit geringerer Gewalt bläst, aber von einem weniger entfernten Kontinente aus. So trägt der Wind aus Amerika nach Bermuda, aus Europa nach den Azoren, aus Afrika nach den Capverden die mit Feder- büschen oder Flügeln versehenen Samen vieler Blütenpflanzen, während nur der leichte Sporen- staub von Farnen und Lycopodien den ungeheuren Weg vom antarktischen Amerika bis nach Kerguelen, vielleicht durch Vermittelung der Crozet- und Prinz Eduard- Inseln, einige Male durchflog. Eigentliche Landvögel, wie sie durch den Sturm häufig nach den Azoren verschlagen werden, und wie sie zuweilen auf den Schiffen, in weiter Ferne von jedem Lande, einen Ruhe- punkt suchen, scheinen niemals bis nach Kerguelen gelangt zu sein, oder sie haben keine Spur ihres Besuches hinterlassen. Die für die Besiedelung von Inseln mit Pflanzen sonst so wichtige Mitwirkung der beerenfressenden Vögel ist ganz ausgeblieben. Nur die kräftigsten Flieger, vor- nehmlich der Albatros und andere, ferne Reisen unternehmende pelagische Vögel, vielleicht hier und da ein Sumpfvogel, wurden durch den Sturm vom antarktischen Amerika bis nach Kerguelen getrieben, und was an ihrem Gefieder oder im Schlammüberzug ihrer Füße an Samen sich be- fand, versah das aus der Eiszeit heraustretende, von Blütenpflanzen beinahe ganz entblößte Kerguelen mit Planzenkolonisten aus Amerika. Die durch Vögel gebrachten Phanerogamen Kerguelens sind alle mit entsprechenden Verbreitungsmitteln versehen: diejenigen trockener Standorte besitzen kleine Schließfrüchte mit Vorrichtungen zum Festhaken am Gefieder, während die Pflanzen der Teiche und Ufer so winzige Samen oder Früchtchen besitzen, daß eine geringe Menge Schlamm zu ihrer längere Zeit dauernden Befestigung an Füßen oder Gefieder genügt. Die Verbreitung der Hakfrüchtchen geschah durch die Albatrosse, welche ihre hohen Nester auf den bewachsenen Abhängen errichten und die umgebenden Pflanzen als Baumaterial benutzen. Wirr!) sah in Südgeorgien die Früchte der Acaena adscendens reichlich am Gefieder von Ossifraga gigantea hängen. Diese Art kommt auf sämtlichen Inseln des subantarktischen Gürtels vor, doch wird sie in ihrer Verbreitung von anderen Arten derselben Gattung noch übertroffen: so ist die Acaena exigua Gray, von Amerika aus, nach den weit entfernten und nur ı) H. WILL, Vegetationsverhältnisse Südgeorgiens, in: G. NEUMAYER, Die internat. Polarforschung 1882—83, Bd. II, 1890, S. 178. 68 Subantarktische Inseln. 6 9 von wenigen gegenwärtigen Pflanzen erreichten Sandwich-Inseln gelangt'. Die Acaenen ver- danken ihre großen Areale ihren mit wirksamen Hakvorrichtungen versehenen Früchten. Bei Azorella bilden die persistierenden und erhärtenden Griffel eine kleine Gabel, welche, wie die Verbreitung der Art von Feuerland aus nach sämtlichen antarktischen Inseln beweist, als Mittel der Beförderung nicht weniger wirksam ist als die Haken der Acaena-Früchte. Eine noch auf- fallendere Hakenbildung ist für die Gattung Uncinia charakteristisch, welche, dank derselben, auf dem ungewöhnlichen Wege von Osten her Kerguelen erreichte. Einen Haken besitzen auch die Früchte der Ranunkeln. Die Grasfrüchte befinden sich reichlich in dem hauptsächlich aus Gräsern aufgebauten Neste des Albatros und treten häufiger und länger mit seinem Gefieder in Berührung als die Früchte der meisten anderen Arten: ihre spitzen Spelzhüllen dringen in dasselbe ein und werden durch ihre rauhe Oberfläche befestigt. Diejenigen Arten, deren Samen im erhärteten Schlamme der Füße oder des Gefieders von Vögeln verklebt, nach Kerguelen gelangten, mögen ebenfalls durch den Albatros eingeführt worden sein, oder sie hingen an Wasservögeln, die der Sturm nach Kerguelen verschlug. Daß, trotz der Entfernung, dieser Fall sich ereignete, geht aus dem Vorkommen der aus dem ant- arktischen Amerika stammenden Owerguedula Eatoni, der kerguelenischen Wildente, hervor. Drei dieser Pflanzenarten sind auf solche Weise über die ganze Welt verbreitet worden, Zimo- sella aquatica, Callitriche verna und Montia fontana, während zwei Teichranunkeln, sowie Juncus scheuchzerioides und Tillaea moschata aus dem antarktischen Amerika kamen. Einen ähnlichen Ursprung müssen wir der Cofula plumosa, obwohl sie eine Strandpflanze ist, zuschreiben, da die östliche Lage ihrer Heimat die Mitwirkung der Meeresstömungen ausschließt, während ihre sehr kleinen Schließfrüchte sie zur Verbreitung durch Vögel wohl geeignet machen; auch spricht ihr massenhaftes Auftreten da, wo Vogelkot angesammelt ist, zu Gunsten dieser Annahme. Nur für die drei wahrscheinlich ältesten pflanzlichen Bewohner des Archipels läßt sich die Art der Verbreitung über weite Meeresstrecken nicht nachweisen: /ringlea, Zyallia und Colob- anthus. Die geringe Verbreitung dieser Pflanzen, die auf den Bezirk Kerguelen beschränkt ist, wo die /yallia sogar nur Kerguelen selbst bewohnt, zeugt von geringer Fähigkeit, das Meer zu überschreiten. Vögel mögen die kleinen Samen der beiden Caryophyllaceen einst aus dem ant- arktischen Amerika herübergebracht haben; wie die Stammform der Pringlea Kerguelen erreichte, ist geheimnisvoll, wie alles, was diese einsame Pflanze betrifft. Die Meeresströmungen, die sich in den Tropen als die wirksamsten aller Pflanzenverbreiter erweisen und manche Korallen-Inseln, bei Ausschluß aller anderen Faktoren, mit einer Landflora versehen haben, scheinen in der Antarktis nur die untergetauchte Uferflora beeinflußt zu haben, und dies sogar in beschränktem Maße. Durch das Meer ausgeworfene Samen und Früchte, wie sie sonst an Küsten mit starken Gezeiten so reichlich zu liegen pflegen, wurden bis jetzt auf den antarktischen Inseln nicht gefunden. Möglicherweise fehlt es den Samen der antarktisch- amerikanischen Strandflora, welche, der Richtung der Strömung entsprechend, allein für Kerguelen in Betracht kommt, an hinreichend dauerhaften Schwimmvorrichtungen. ı) FOCkKE in: Nat. Pflanzenfam., Bd. III, 3, 1894, S. 46 giebt als Verbreitungsgebiet von A. exigza GRAY: Kalifornien, Mexiko, Südamerika und Sandwich-Inseln an. Im Index Kewensis, I, 1893, S. 14, und in W. F. HirrEsrann, Flora of the Hawaian Islands, 1888, p. 118, wird sie als endemische Art der Sandwich-Inseln bezeichnet, wo ihre Rasen sich auf der Spitze des Mount Eeka von Maui und auf dem höchsten Gebirge von Kauai auf Sumpfboden vorfinden. 69 70 H. SCHENCK, Die Kerguelen erreichenden Pflanzenarten haben auf Aufnahme in die Flora mehr Aus- sicht als auf den meisten anderen Inseln, weil sie, der gewöhnlichen Richtung der Stürme ent- sprechend, von klimatisch ähnlichen Gebieten herrühren. Während der Golfstrom vergeblich die Samen westindischer Pflanzen nach nordischen Küsten bringt, kreisen die antarktischen Winde und die von ihnen getriebenen Vögel innerhalb einer klimatisch beinahe homogenen Zone. Kerguelen stimmt in seinem Klima mit dem Kap Horn in wesentlichen Zügen überein. Daß es trotzdem nur einen kleinen Bruchteil von dessen Flora erhielt, ist vornehmlich der un- geheuren Entfernung, welche nur von wenigen, für ferne Luftreisen besonders gut ausgerüsteten Arten durchwandert werden konnte, in zweiter Linie aber dem Fehlen geeigneter tierischer Be- stäuber zuzuschreiben. Die Bedeutung des letztgenannten Faktors für die Entwickelung der Flora windiger Inseln zeigt sich gegenwärtig auf den in moderner Zeit vom Kontinent abgelösten Inseln der Nordseeküste‘), wo die Abnahme der Insekten bereits eine solche der Insektenblütler zur Folge gehabt hat. Normal insektenblütige, jedoch der Selbstbestäubung fähige Arten wurden auf Kerguelen, ähnlich wie in der Arktis?), wo ähnliche Bedingungen herrschen, unter Verlust oder Abnahme ihrer Lockmittel, zu normalen Selbstbestäubern, wie Aanumnculus, Galium ant arcticum, Cotula, oder wie die Pringlea, deren gelegentlich auftretende Blumenkrone auf frühere Insektenbestäubung hinweist, zu Windblütlern. Nur solche Arten konnten bestehen, welche der Selbstbestäubung oder Windbestäubung fähig waren oder sich nur vegetativ vermehrten. Auf diese Weise erklärt sich die Armut der Flora an Arten. Der Vergleich der Flora Kerguelens mit derjenigen der übrigen antarktischen Inseln ergiebt eine nahe Uebereinstimmung mit den nahe gelegenen Gruppen Heard, Prinz-Eduard und Crozet, während eine nur entfernte Verwandtschaft sie mit den fern liegenden Archipelen des Feuerlandes und des Auckland-Bezirkes verbindet. Die Achnlichkeit der Flora auf den Inseln des Kerguelenbezirkes hat vielfach zu der Annahme eines früheren Zusammenhänges®) derselben geführt, jedoch mit Unrecht. Die gegenwärtigen Umrisse Kerguelens, namentlich seine zahl- 1) Nach P. KnurH (Handbuch der Blütenbiologie, Leipzig, Bd. I, 1898, S. 87) treten die echten Windblütler in um so größerer Individuen- und Artenzahl auf, je mehr ein Standort dem Wind ausgesetzt ist. So beträgt der Anteil der windblütigen Pflanzen in Deutsch- land etwa 21,5 Proz. unter den Blütenpflanzenarten, in Schleswig-Holstein etwa 27 Proz., auf den Inseln Röm, Sylt, Amrun, Föhr 36,25 Proz., auf den Halligen sogar 47 Proz. Vergl. auch SCHIMPER, Pflanzengeographie, S. 143. 2) Vergl, SCHIMPER, Pflanzengeographie, S. 141. 3) J- D. HooKER (On the botany of Kerguelen Island, p. 5 u. 6) hat wiederholt die Ansicht geäußert, daß die Inselgruppen Kerguelen, Crozets, Prinz-Eduard die Ueberreste eines alten Kontinentes oder eines Archipels vorstellen, welcher sich westwärts nach Feuerland erstreckt habe und über welchen die Phanerogamen nach den Inseln gelangt seien, denn man könne nicht annehmen, daß die Samen über einen Meeresraum von 4000 Meilen Weite gelangen; die Sporen kryptogamer Gewächse könnten allerdings durch die West- winde leicht übergeführt werden. Auch H. N. MosELEy (Challenger Report, Botany, Vol. I, Part. 3, p. 190) schließt sich dieser Ansicht an und meint mit HOOoKER, daß auch St. Paul und Neu-Amsterdam zu den letzten Ueberbleibseln dieses großen Landkörpers zu rechnen seien. Nach MOSsELEY soll das Vorkommen von Pringlea mitsamt der flügellosen Fliege Calycopteryx Moseleyi EAToN auf der Heard-Insel dafür sprechen. daß die Pflanze nicht durch Vögel dorthin gelangt sein könne, sondern nur durch ehemalige Landverbindung. Die gleiche Annahme wird auch von TH. STUDER (Gazelle, Bd, III, S. 134), dem Zoologen und Geologen der „Gazelle“- Expedition vertreten; er ist der Ansicht, daß sich von dem größeren, Kerguelen mit Feuerland verbindenden Landkomplex ein Teil, welcher die jetzigen Inseln des Kerguelenbezirks umfaßt, früher abgetrennt habe, so daß dort mehr Formen sich specialisieren konnten, bis auch dieser Teil in kleine Inseln zersplitterte, von denen Kerguelen und die Heard-Insel am längsten in Zusammenhang verblieben. Fauna und Flora von Kerguelen sei also ein Ueberrest einer einst reichen Organismenwelt, was namentlich durch die fossilen Hölzer und die Rüsselkäfer erwiesen würde. St. Paul und Amsterdam aber schließt er mit Recht von der faunistischen Region der ant- arktischen Zone aus. Alle diese Inseln, namentlich St. Paul und Neu-Amsterdam, sind ihrer ganzen Bildung nach echte oceanische Inseln, und es müßten schon sehr gewichtige geologische Thatsachen angeführt werden, um die Hypothese eines großen Kontinentes glaubhaft zu machen. 79 Subantarktische Inseln. 71 reichen Fjorde, sind das Werk der Gletscher; seit der Eiszeit ist Kerguelen mit seinen Neben- inselchen selbständig gewesen, als einsame Inselgruppe hat es seine postglaciale Flora erhalten. Die Struktur der anderen Inseln weist auf eine ähnliche Geschichte hin. Auch die Lokalisierung eines jedenfalls postglacialen Immigranten auf den Crozets (Aspleniuwm oblusatum), die eines anderen auf der Marion-Insel (Aspidium mohrioides) und diejenige zahlreicherer Arten auf Ker- guelen sprechen gegen jede neuere Verbindung. Für eine solche in früheren Zeiten wird man vielleicht die allgemeine Verbreitung im Bezirke des Kerguelenkohls, welchem Mittel zur über- seeischen Verbreitung zu fehlen scheinen, namentlich jedoch diejenige der in seinen Blattscheiden wohnenden schwerfälligen flügellosen Fliege, welcher keine ferne Reise durch das Meer oder durch die Luft zugemutet werden kann, geltend machen. Daß dennoch eine solche Verbreitung stattfand, ist kaum zu bezweifeln, denn die Unterschiede der Algen-, Moos- und Flechtenflora der Inseln sind mit der Annahme eines einstigen Zusammenhanges unvereinbar. Außerdem ist, wie nachher noch gezeigt werden soll, aller Wahrscheinlichkeit nach der Kerguelenkohl samt seiner Fliege erst nach der Eiszeit auf die Heard-Insel gelangt. Beide müssen also mäßige Ent- fernungen über das Meer zurücklegen können. Die Mittel dazu sind zwar unbekannt, jedoch nicht undenkbar. So dürften größere, vom Sturme abgerissene Bruchstücke der Pflanze, nament- lich in Zusammenhang mit vertrockneten Teilen, längere Zeit auf dem Meere schwimmen, oder Eisberge mögen eine Rolle gespielt haben, oder die Kerguelenente, die sich ausschließlich vom Kohle ernährt, mag gelegentlich einzelne unverdaute Samen mit ihrem Kote, unbeschädigte Eier der Fliege an ihrem Schnabel oder ihren Füßen nach anderen Inseln tragen. Während die Inseln des Kerguelenbezirks im Kerguelenkohl ein präglaciales Formelement gemeinschaftlich besitzen, ist die Verwandtschaft der Floren der verschiedenen Inselbezirke auf die recente kolonisierende Thätigkeit des Windes und der Vögel beschränkt geblieben, die älteren, schwer beweglich oder unbeweglich gewordenen Elemente zeigen tiefgreifende Unterschiede, die jeden Zusammenhang seit der Kreidezeit ausschließen. Was zunächst die Flora Südgeorgiens betrifft, so besitzt sie ein von derjenigen Kerguelens sehr abweichendes Gepräge, dank dem aus dem antarktischen Amerika eingewanderten Tussockgras, oa flabellata, welches ihren Haupt- bestandteil bildet, während die auf den Inseln des Kerguelenbezirks die gleiche Rolle spielende und auch in Feuerland vorkommende Aszorella Selago vollständig fehlt. Die Ursache dieses Unterschiedes ist für die beiden Arten eine ungleiche. Das Tussockgras fehlt auf Kerguelen, wo es wohl gedeihen würde, weil es so weite Strecken zu überschreiten nicht im stande: ist, während die bewegliche und weit fernerer Reisen fähige Azore//a durch einen ihr verderblichen klimatischen Faktor, nämlich die lange andauernde Schneebedeckung, von der Flora Südgeorgiens ausgeschlossen bleibt. Wie bei der Darstellung der Flora Kerguelens hervorgehoben wurde, gehen die Azorel/a-Polster im Schnee allmählich zu Grunde; während in Kerguelen der Schnee schon nach wenigen Tagen zu verschwinden pflegt, bleibt er in Südgeorgien oft lange auf dem Boden liegen. Während Kerguelen eine nicht unbeträchtliche Anzahl endemischer höherer Pflanzen be- sitzt, entbehrt Südgeorgien') solcher gänzlich; vielmehr sind die Phanerogamen und Farne hier sämtlich neu eingetroffene Kolonisten und sämtlich Feuerländer, mit Ausnahme einer Art, die ı) Vergl. Kap. II, $ 4, S. 87. 7ı H. SCHENCK, 72 durch Vögel aus den Gebirgen Neuseelands gebracht wurde. Der auf Kerguelen erkennbare Gegensatz im Alter der höheren und der niederen Flora wird hier zur scharfen Trennung. Namentlich weist der eigenartige Charakter der Laub- und Lebermoosflora auf jene entfernte Epoche hin, wo die Organismen der südlichen und nördlichen kalten Zone miteinander überein- stimmten. Zwar sind, mit Ausnahme des auch auf Kerguelen vorkommenden Psılopilum antarctıcum, nach der Auffassung von K. Mürrer sämtliche Laubmoose endemisch, doch sind sie alle, ganz besonders aber die Andreaeaceen, Grimmiaceen, Polytrichaceen, sowie die in Feuerland und Ker- guelen fehlenden Distichaceen, von echt nordischem Typus und von ihren feuerländischen Sippen- genossen weit verschieden '). Auch die Meeresalgen zeigen eine Ähnliche Selbständigkeit denen der übrigen antarktischen Gebiete gegenüber; sie enthalten nach Reınscn unter 58 Arten etwa 28 endemische Arten oder Varietäten. Die spärliche Fauna des Landes und die reichere der Ufer zeigt denjenigen der Flora entsprechende Unterschiede. Südgeorgien besitzt, im Gegensatz zu Kerguelen, und entsprechend seiner geringen Entfernung vom Kontinent, in Anthus antarcticus einen echten Landvogel; der- selbe ıst zwar endemisch, jedoch mit Arten des antarktischen Amerika so nahe verwandt, daß er als insulare Form einer derselben aufgefaßt wird. Wie Kerguelen, besitzt auch Südgeorgien eine Ckionis (Ch. alba) und eine Wildente (Ouerquedula Eatoni), Beide Vögel sind ihren auf den Falklands lebenden Stammgenossen gleich oder nahezu gleich geblieben, denn beide sind kräftige Flieger und daher in gelegentlicher Verbindung mit der Heimat geblieben, im Gegensatz zu dem großer Reisen unfähigen Anthus und zu ihren Verwandten auf dem so viel entfernteren Kerguelen. Die überaus spärliche Insektenfauna Südgeorgiens setzt sich aus sehr alten Insassen und aus neueren Einwanderern zusammen, im Gegensatz zu derjenigen Kerguelens, wo nur die ersteren vorhanden sind; wie bei den Vögeln zeigt sich hier der Einfluß der größeren Nähe des Kontinents. Hingegen weist die Uferfauna Südgeorgiens, nach PFEFFER, keine Spur einer Ein- mischung magellanischer Elemente und nur entfernte, wenn auch erkennbare Beziehungen zu derjenigen Kerguelens. Die Verbreitung der Endemen auf den antarktischen Inseln ergiebt, daß diejenigen der letzteren, die ein wärmeres Klima besitzen, also die Crozet-, Prinz-Eduard-, Kerguelen-, Falkland-, Auckland- und Campbell-Gruppen, ebenso wie die noch weniger kalten St-Paul- und Amsterdam- Inseln, endemische, oder doch auf anderen Inseln nicht vorkommende höhere Pflanzen besitzen, während die kälteren Inseln, nämlich Südgeorgien, die Südshetland- und die Heard-Gruppe, sowie die Macquarie-Insel, derselben entbehren und dennoch einen ebenso ausgesprochen endemischen Charakter ihrer niederen Flora aufweisen, wie die Inseln der ersten Reihe®). Dieser auffallende Unterschied ist auf die für das Verständnis der antarktischen Floren so wichtige Eiszeit zurück- zuführen. Die wärmeren Inseln konnten während derselben einige Blütenpflanzen behalten, während die kälteren eine nur aus Moosen, Flechten und Algen bestehende Flora bewahren 1) Vergl. Kap. II, $ 4, S. 88. Wenn auch nach J. Carport die Zahl der Endemen eine Einschränkung erleiden muß, bleibt die Eigenartigkeit der Moosflora doch eine sehr ausgeprägte und ihre Beziehung zu Feuerland nur eine sehr geringe. 2) Hiermit stimmen auch die Befunde der „Belgica“-Expedition auf dem Palmer Archipel, dessen Moose und Flechten viele Endemen umfassen, überein. Subantarktische Inseln. 73 konnten. So ist auf jenen Inseln keine Spur der, wie das Vorkommen fossiler Baumstämme auf der Seymour-Insel zeigt, einst üppigeren präglacialen Phanerogamenvegetation geblieben. Außer- dem war auf den wärmeren Inseln die Eiszeit längst verschwunden, als sie auf den südlichen noch fortdauerte; die Kolonisten zeigten auf den ersteren bereits zum Teil Abweichungen vom ursprünglichen Typus, während sie auf den letzteren, dem kürzeren Zeitraum seit der Eiszeit entsprechend, noch unverändert geblieben sind. Das Mutterland dieser Einwanderer war für Südgeorgien: Feuerland und die Falkland-Inseln, für die Heard-Gruppe: Kerguelen, für die Mac- quarie-Insel: die Auckland- und Campbell-Inseln. Die uns als das Tochterland Kerguelens besonders interessierende Heard-Insel weist die deutlichsten Spuren einer ganz recenten Eiszeit auf; sie ist noch zum größten Teile von Eis bedeckt, und nur wenige eng begrenzte Stellen des von dem Schlamm und Sande eines früheren ausgedehnten Gletschers überzogenen Tieflandes zeigen eine spärliche Vegetation, bestehend aus Azorella Selago, Pringlea, Colobanthus kerguelensis, Callitriche verna, Festuca kerguelensis, Poa Cookü. Für die leicht bewegliche Acaena, die wichtigste Pflanze der Wärmeoasen Kerguelens, ist das Klima noch zu kalt. Alle diese Blütenpflanzen sind augenscheinlich nach dem Zurück- treten der Gletscher aus Kerguelen eingewandert. Die Flanken der Gebirge tragen an ihrer Basis einige kleine Azore/la-Polster, in größerer Höhe jedoch nur noch Moose; letztere stellen teilweise Ueberreste der alten Flora der Insel dar und sind derselben eigentümlich. Die vorhergehenden Ausführungen dürften wohl den zu Beginn dieses Kapitels auf- gestellten Satz beweisen, daß, entgegen der gewöhnlichen Ansicht, die Konfiguration des die Süd- spitze der Kontinente vom Südpolarkreise trennenden Gürtels des Erdballs, wenigstens seit dem Beginn der Tertiärzeit, wesentlich die gleiche geblieben ist, und daß der antarktische Kontinent in der angenommenen weiten Ausdehnung, ebenso wie die Atlantis oder die Lemuria, der chimärischen Geographie angehört‘). Die Flora und Fauna der antarktischen Inseln, welche zur Annahme eines diese verbindenden antarktischen Kontinents oder doch einer weit größeren Aus- dehnung des Landes in früheren Zeiten geführt hatten, beweisen im Gegenteile die Unfrucht- barkeit derartiger Vorstellungen, denn gerade ihre ältesten Organismen zeigen am allerwenigsten Beziehungen von einer Insel zur anderen oder zu den Arten der benachbarten Kontinente; die Aehnlichkeiten sind auf die postglacialen Formen beschränkt, welche sämtlich für ferne Reisen über das Meer ausgerüstet sind. Wäre Kerguelen nach der Eiszeit durch einen Kontinent oder große Inseln mit dem ant- arktischen Amerika verbunden gewesen, so würde seine Flora das Gepräge außergewöhnlicher Wanderfähigkeit in weniger hohem Grade tragen; nicht bloß die leichtesten Sporen hätte der Wind eingeführt, sondern auch die mit Flugvorrichtungen versehenen Samen von Blütenpflanzen; nicht allein die kräftigsten Flieger hätten die entlegene Insel erreicht, sondern auch beerenfressende Vögel, denn mehrere Arten der letzteren durchwandern alljährlich die 900 Meilen, die Portugal 1) Auch von seiten der Zoologen mehren sich die Stimmen gegen die von RÜTIMEYER, HuUTTon, FORBES u. a. verfochtene Annahme eines großen, Neuseeland, Australien, Südamerika, Madagaskar oder auch Südafrika verbindenden antarktischen Kontinents. Namentlich haben LYDEKKER und BURCKHARDT in neuester Zeit Gründe gegen diese Hypothese beigebracht. (Vergl. J. MEISENHEIMER, Die bisherigen Forschungen über die Beziehungen der drei Südkontinente zu einem antarktischen Schöpfungscentrum. Naturw. Wochen- schrift, N. F. Bd. III, 1903, S. 25.) Das einzige, was vielleicht von dem Riesenland übrig bleiben wird, ist eine Verbindungsbrücke von Feuerland über das jetzige antarktische Land nach Neuseeland hinüber, aber auch längs dieser Linie wird man schon mit der Annahme einer etwas weiteren Ausdehnung der heute bestehenden Küsten und Inselgruppen auskommen können. 13 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı899. Bd. 11, r. Teil, 10 - H. SCHENCK, 74 von den Azoren trennen, und es giebt im Frühjahr und Herbst kaum einen Sturm, der nicht die eine oder andere fremde Vogelart nach jenen entfernten Inseln brächte. Was so häufig auf den Azoren geschieht, hätte auch in der Antarktis, wo die Stürme noch weit heftiger sind, hin und wieder stattfinden sollen, besitzt doch die beinahe gleich entlegene Insel Neu-Amsterdam, in Phylica nitida, einen beerentragenden Baum afrikanischer Verwandtschaft, und Tristan d’Acunha, außer derselben Prylca und außer Beerenpflanzen antarktisch-amerikanischen') Ursprunges, auch beerenfressende Vögel aus südamerikanischen und afrikanischen Sippen. Daß aber keine der beerentragenden Pflanzen des Cap Horn auf dem klimatisch so ähnlichen Kerguelen ihr zu- sagende Bedingungen fand, erscheint ganz ausgeschlossen, um so mehr, als das Fehlen des Kampfes ums Dasein das Gedeihen auch außerhalb des Optimums ermöglicht. Die an der antarktischen Flora gewonnenen Anschauungen stehen mit denjenigen in Ein- klang, welche, bereits vor mehreren Jahren, Prerrer?’) aus der Untersuchung der antarktischen Meeresfauna gewonnen hat. Auch unter den Seetieren ıst große Verbreitung auf diejenigen Formen beschränkt, welche noch gegenwärtig um die Antarktis herum wandern können; für die Ufertiere ist das wesentliche Hindernis, das von verhältnismäßig nur wenigen Formen überwunden wird, die große Tiefe des Meeres sowohl zwischen den einzelnen Inselgruppen, als zwischen diesen und den Kontinenten. „Die Cirkumpolarität der antarktischen Litoraltiere ist nur schwach aus- ausgeprägt, cirkumpolare Arten giebt es recht wenig, und cirkumpolare Gattungen nicht gerade viel. Dagegen findet man, daß die Gesamtheit der subantarktischen Faunengebiete hinsichtlich der meisten Tiergruppen mehr Aehnlichkeit hat mit der arktischen Fauna als unter sich .... Es hat demnach nie im Süden, in neueren Zeiten, eine Landesausdehnung gegeben, welche sich irgendwie mit der des arktischen Gebietes vergleichen könnte; sonst hätten zahlreiche Tiere an den Ufern entlang ihre cirkumpolare Verbreitung finden müssen.“ Wie die ältesten Bestandteile der antarktischen Flora bringen auch diejenigen der Fauna Kunde von einer Erdperiode, wo die Organismen der kalten Zonen beider Erdhälften weit ähn- licher waren, als sie gegenwärtig sind. Die Annäherung der Typen in ferner Zeit spricht für eine gemeinschaftliche Quelle. Wenn diese Quelle aber neuerdings wiederholt in den ver- schwundenen antarktischen Kontinent gelegt worden ist, so stehen alle bisher gewonnenen That- sachen jedoch mit solcher Ansicht in entschiedenem Widerspruch. 1) Nertera depressa, Empetrum nigrum var. rubrum, beide in Feuerland und auf den Falkland-Inseln häufig. 2) G. PFEFFER, Die niedere Tierwelt des antarktischen Ufergebietes, in: G. NEUMAYER, Die internat. Polarforschung, 1882—83, Bd. II, p. 459 ff. PFEFFER gliedert die Litoralfauna in 4 wohl charakterisierte Bezirke: ı) Magalhaensischer Bezirk: Südspitze Amerikas, Staatenland, Falkland. 2) Südgeorgien, wozu anscheinend auch Südshetland und Südorkney gehören; zeigt keine Spur einer Einmischung des ersteren Bezirks, ist rein antarktisch. 3) Kerguelen, Marian, Crozets, Heard; zeigen ziemlich rein antarktischen Charakter, wenn auch nicht ganz so polar wie Südgeorgien. 4) Aucklandbezirk; völlig durchsetzt von der neuseeländischen Fauna, anderseits ziehen sich echt antarktische Tiere bis nach Neuseeland, Tasmanien und Australien. PFEFFER (S. 459) faßt arktische und antarktische Fauna als gleichaltrige Relikte der annähernd gleichförmigen alten allgemeinen Fauna der Erde, die sich wenig verändert haben, auf und glaubt dadurch ihre Achnlichkeiten erklären zu können. Indessen entbehrt diese Hypothese der genügenden Begründung, vor allem des Nachweises eines früher gleichförmigen Klimas der Erdoberfläche. Die Rätsel der höchst sonderbaren Uebereinstimmung oder nächsten Verwandtschaft vieler Tiere und Pflanzen der Arktis und Antarktis können erst mit einiger Sicherheit gelöst werden, wenn auf Grund von Thatsachen der Wust der Hypothesen gelichtet erscheint. Vor allem ist Augenmerk zu richten auf die Verbreitungsmittel und Wanderungen der Organismen, deren Feststellung die Erklärung in richtige Pfade einlenken wird. 74 Subantarktische Inseln. —T nn $ ı0o. Prinz Eduard-Inseln. (Marion-Insel und Prinz Eduard - Insel.) ı. Botanische Erforschung und Litteratur. Die beiden Inseln wurden 1772 durch MAarIıon DU FresnE entdeckt. Von der Prinz Eduard-Insel ist die Flora bis jetzt noch nicht bekannt, wohl aber von der Marion-Insel, deren Erforschung wir der „Challenger“Expedition (1), die am 25. Dezember 1873 beide Inseln sichtete und am 26. Dezember an der NO.-Seite der letzteren landete, verdanken. Der Botaniker dieser Expedition, H. N. Moserey (2, 4), gab im Journal of the Linnean Society, Vol. XV, und im Challenger-Report eine Darstellung der Vegetationsverhältnisse. Die von ihm gesammelten Pflanzen wurden von OLIVER (3), DickteE (5), BERKELEY (6), Mitten (7) und O’MzaraA (8) be- arbeitet, die Ergebnisse sodann von W. B. Hewsrey (9) im Challenger-Report zusammengestellt. ı) Tızarp, MosErLEy, BUCHANAN and MURRAY, Prince Edward and Marion Islands. Report on the scientific results of the voyage of H. M. S. „Challenger“ 1873—76, Narrative, Vol. I, first part, London 1885, P- 291 —302. 2) Moserey, H. N., On the botany of Marion Island, Kerguelen’s Land, and Yong Island of the Heard Group. Journal of the Linnean Society, Botany, Vol. XIV, 1875, p. 387. (Letter to Dr. HooKER.) 3) OLIVER, Prof., List of plants collected by H. N. MoseLey on Kerguelen’s Land, Marion Island, and Yong Island. Ibid., p. 389. 4) Moserey, H. N., Notes on the flora of Marion Island. Ibid., Vol. XV, 1877, p. 481—486. 5) DICKIE, G., Algae collectted by Mr. Moserey at Marion Island. Ibid., Vol. XV, p. 42. 6) BERKELEY, M. ]., Enumeration of Fungi collected during the Expedition of H. M. S. „Challenger“, Marion Isle. Ibid., Vol. XV, p. 52. 7) Mitten, W., On the Musci and Hepaticae collected during the „Challenger“ Expedition, Marion Island. Ibid., Vol. XV, p. 70. 8) O’MzaARrA, E., On the Diatomaceous Gatherings made at Kerguelen’s Land by H. N. Moserey. Ibid., Vol. XV, 1 56H 9) Hensrev, W. B., Prince Edward Group, Marion Island. Report on the scientific results of the Voyage of H. M. S. „Challenger“, 1873—76, Botany, Vol. I, Pt. 3, London 1885, p. 187. 2. Lage und Beschaffenheit. Die Marion-Insel liest 46° 52° S. Br. und 37° 45’ O. L, die Prinz Eduard-Insel 46° 36° S. Br. und 37° 57° ©. L. Diese Lage entspricht etwa derjenigen von Lausanne auf der nördlichen Halbkugel. Die Entfernung von dem afrikanischen Kontinent beträgt ca. 960 Meilen, von den Falkland-Inseln ca. 4500 Meilen, von den nächstliegenden Crozets 450 Meilen und von Kerguelen ca. 1200 Meilen. Beide Inseln sind vulkanischen Ursprunges. Die kreisförmige, 16 [-Meilen große Prinz Eduard-Insel erhebt sich zu 2370 engl. Fuß (= ca. 726 m) Höhe; die größere Marion-Insel, welche ca. ıı Meilen lang, 7 Meilen breit ist, ca. 70 [-Meilen Areal umfaßt, und aus basaltischen Laven besteht, in ihrem centralen höchsten Teil zu 4200 Fuß (= 1280 m). Die Abhänge der Marion-Insel sind mäßig geneigt und an zahlreichen Stellen von seichten Thälern unterbrochen, welche von den Klippen bloßgelegter, älterer Lavaströme begrenzt werden und von recenteren Lavaströmen mit noch rauher Oberfläche erfüllt sind. Ueberall zerstreut treten kleine, aus roten Schlacken aufgebaute Eruptionskegel auf. 73 = H. SCHENCK, 76 3. Klima. Wie die Crozets, liegen beide Inseln um 2 Breitengrade nördlicher als Kerguelen inner- halb der antarktischen Drift und des Gürtels vorherrschender heftiger westlicher Winde. Bezüg- lich des Klimas liegen zwar keine ausreichenden Beobachtungen vor, indessen ist aus MosELEY’s Schilderung der Vegetation zu entnehmen, daß im wesentlichen die gleichen Verhältnisse herrschen wie auf Kerguelen. Nach den Messungen der „Challenger“Expedition an Bord vor Marion-Island betrug am 26. Dezember 1873 das Maximum 7,5°, das Minimum 2,23° ”„ I 8 13 „ „ 6% ”„ „ Aue Zum Vergleich sei angegeben, daß das Monatsmittel für den Dezember auf Kerguelen 27% 6,6° beträgt. Das Klima der Marion-Insel mag vielleicht etwas milder sein, denn MoseLEY schätzt die absolute Grenze der Vegetation auf ca. 600 m, während er sie für Kerguelen auf ca. 460 m oder tiefer angiebt. 4. Flora. Aus der auf S. 19 gegebenen Liste der Gefäßpflanzen ist ersichtlich, daß auf der Insel 14 Arten, darunter 6 Pteridophyten, von MosELEey gesammelt wurden. Dieselben kommen sämt- lich auch auf Kerguelen vor, mit Ausnahme eines Farnkrautes, Asprdium mohrioides BoRY, welches weit verbreitet ist und vielleicht auch auf Kerguelen noch gefunden werden wird. Die auffallendsten und häufigsten Kerguelenpflanzen, wie Azorella, Acaena, Pringlea, Poa Cookiı, kehren auf der Marion-Insel wieder, so daß auch der Gesamteindruck der Flora der gleiche ist. Es ist anzunehmen, daß bei vollständiger Erforschung der Insel noch weitere Arten des Kerguelenbezirkes gefunden werden. Unter den Gefäßpflanzen beherbergt also die Marion-Insel keine ihr ausschließlichen Arten, wohl aber unter den Kryptogamen, denn unter den von MoseErEy gesammelten 24 Laubmoosen fanden sich 4 endemische Arten, unter den 6 Lebermoosen ı und unter den 8 Meeresalgen ebenfalls ı, im ganzen also 6 endemische Kryptogamen. Bemerkenswert ist, daß keine Arten von der auf Kerguelen stark vertretenen Gattung Andreaea gefunden wurden. Auch Sphagnum fehlt, wie überhaupt auf den Inseln des Kerguelenbezirks die Torfmoose nicht vertreten zu sein scheinen. Kerguelen und Marion haben 3 Moosarten gemeinsam. Von den 5 beobachteten Flechten, welche sämtlich der Insel nicht eigentümlich sind, ist die auch auf Kerguelen sehr häufige Bartflechte Meuropogon melaxanthus NyL. zu erwähnen. Die beiden Pilze gehören zu Agarzcus; der eine, Agaricus atro-rufus SCHAEFF, weist weite Verbreitung auf, der andere, Agaricus glebarum BERK., kommt in Azorella-Polstern, auch auf den Falkland-Inseln und Kerguelen vor. Gerade unter den Kryptogamen scheinen allgemein die antarktischen Inseln den größten Prozentsatz ihrer endemischen Formen zu besitzen, worauf von ScHIMPER im Kapitel über die Kerguelenflora S. 72 bereits hingewiesen wurde. 5. Vegetation. Nach Moserey’s Beobachtungen sind die Strandfelsen mit 77//aea moschata DC. bedeckt. Cotula wird nicht erwähnt. Jenseits der Strandlinie beginnt auf schwarzem, torfigem, den Fels 76 Subantarktische Inseln. 77 bedeckenden Boden eine dichte Vegetationsdecke, welche sich aus Acaena adscendens Vanı, Azorella Selago Hook. f. und oa Cookii Hoor. f. zusammensetzt und an den Hängen hinauf- zieht. Die Acaena ist bei weitem die häufigste Pflanze der Insel und erscheint, ebenso wie auch die anderen Pflanzen in besonders üppiger Entwickelung infolge des reichlichen von den zahlreichen Seevögeln gelieferten Düngers. Diese Formation entspricht also im wesent- lichen ScHimrer’s Acaena-Formation Kerguelens. PPringlea antiscorbutica wurde in dem von MoseLey besuchten Teile der Insel, an der NO.-Seite, keineswegs so häufig wie auf Kerguelen angetroffen, sondern in Gruppen von je 4—5 Pflanzen zerstreut an der Küste, ferner an den’ Ufern eines kleinen Baches und eine Gruppe sogar noch bei 1000 Fuß (= ca. 300 m) Höhe. An feuchten Orten, besonders nahe der See wächst Aanunculus biternatus Sm. üppig, und mit der Wasserform der Acaena adscendens Vanı, mit Callitriche verna L. und Montia fontana L. zusammen auch in den Wassertümpeln. In der Acaena-Formation finden sich nicht selten Zycopodium Saururus Lam. und Z. magellanicum Hook. f. ferner überall häufig und in dichten ausgedehnten Rasen Zomaria alpina Spr., während die übrigen Farne der Insel unter geschützten Felsen in der Nähe von Bachufern vorkommen. MoseLev hebt die überraschende Häufigkeit der Moose hervor, welche an einigen besonders feuchten Stellen in zusammenhängenden Polstern den Boden auf viele Quadratmeter Ausdehnung bedecken, während von den Flechten besonders die krustenbildenden an den Felsen häufig sind. Die ersten Schneeflecken wurden während des Anstiegs von MosErEy bei 800 Fuß (= ca. 240 m) angetroffen; der höchste Punkt, den derselbe erreichte, lag bei etwa 1500 Fuß (= ca. 460 m). In dieser Höhe bildet dıe Azorella Selago Hoox. f. zusammen mit einigen Moosen den wichtigsten Bestandteil der Vegetation. Ihre grünen Polster erscheinen zerstreut zwischen den nackten Felsen und Steinen; die Schneeflecken wurden häufiger und ausgedehnter. Die Azorella schien sich, immer sparsamer werdend, noch 300 Fuß (= ca. 90 m) höher hinauf fortzusetzen, und die absolute Grenze der Vegetation mag wahrscheinlich bei 2000 Fuß (= ca. 610 m) liegen. In dieser oberen Region entspricht also die Vegetation der Azorella- Formation Kerguelens. Die höheren Teile der Insel sind mit einer kontinuierlichen Decke ewigen Schnees be- deckt, die höchsten Gipfel infolge der Abkühlung, welche die feuchten Seewinde erleiden, häufig in Nebel gehüllt. Wie weit die Schneelinie im Winter nach unten vorrückt, ist nicht bekannt; indessen dürfte die Verschiebung infolge der relativ gleichmäßigen Temperatur während des ganzen Jahres keine sehr bedeutende sein. Soweit aus den kurzen Angaben MoseErEy’s zu entnehmen ist, herrscht in der unteren Region der Insel die Acaena-Formation, in der oberen die Azorella-Formation. $ ı1. Crozet-Inseln. ı. Botanische Erforschung und Litteratur. Weder Sir James Ross’ Antarctic Expedition 1840, noch die „Challenger“-Expedition 1874 konnten auf den Crozet-Inseln eine Landung bewerkstelligen. Nur einige wenige Pflanzenarten Zu! 78 H. SCHENCK, welche von Asa Gray (1) bestimmt wurden, sind späterhin von Schiffsoffizieren mitgebracht worden. W. B. Henmsrey zählt im Challenger-Report (2) alles, was gefunden worden war, auf und erwähnt von Blütenpflanzen nur Pringlea, Acaena, Azorella, Galium, Cotula, von Farnen Zomaria alpina und Asplenium obtusatum. Im Jahre 1901, am 25. Dezember, nahm die deutsche Südpolar- Expedition unter E. v. DryGauskı (3) einen leider nur 3-stündigen Aufenthalt auf der Posses- sion-Insel. Bisher liegen über die Ergebnisse vorläufige Berichte von dem Geologen Dr. E. Primer, dem Botaniker Dr. E. Werrn, und dem Zoologen Dr. E. VaAnHörren vor. Durch die Sammlungen Werr#’s und VAnHÖFFEN’s sind eine Reihe bisher nicht von den Crozets be- kannter Kerguelenpflanzen auf der Possession-Insel nachgewiesen worden (vergl. S. 18). ı) Gray A., Crozet Flora, in: J. H. Kipper, Contributions to the natural history of Kerguelen Island. Bulletin of the United States National Museum, Vol. I, No. 3, 1876, p. 31. 2) Hrmsrev, W. B., The Crozets. Report on the scientific results of the voyage of H. M.S. Challenger 1873—76, Botany, Vol. I, Pt. 2, 1885, p. 207. 3a) Die Deutsche Südpolar-Expedition auf dem Schiff „Gauß“ unter Leitung von ERICH V. DRYGALSKI. Veröffentlichungen des Instituts für Meereskunde und des geogr. Instituts Berlin, Heft 2, 1902. Enthält: E. Phırıppı, Geologische Beobachtungen über Possession Island, S. 32. E. WERTH, Die Vegetationsverhältnisse von Possession Island, S. 36. E. VANHÖFFEN, Biolog. Beobachtungen auf der Possession-Insel, S. 42. 3b) v. DRYGaLskI, E., Zum Kontinent des eisigen Südens, Berlin 1904, S. 167. 2. Lage und Beschaffenheit. Die 1772 von MARION DU FRESNE entdeckten Crozets liegen 46°—46'/,° S. Br. und 50"), bis 52',° O.L. v. Gr. Die Gruppe besteht aus mehreren Inseln, von denen die Possession-Insel, mit 15— 20 Meilen Länge und ca. 10 Meilen Breite, die größte ist und in der Mitte liegt, die East-Insel im Osten, die Schweine-Insel, Pinguin-Insel und Apostel-Insel im Westen sich be- finden. Possession-Insel erreicht ca. 1600 m, die Öst-Insel 800 m Höhe. Die Possession-Insel fällt fast überall mit einer steilen Abrasionsmauer von wenigen Metern bis zu etwa 200 m Höhe zum Meere ab. Die Insel ist ein Stratovulkan, dessen Abhänge sich stufenförmig aus flachgelagerten Strömen basaltischer Lava, mit zwischengelagerten Bänken von grobem vulkanischem Agglomerat, aufbauen. Dem SO.-Abhang ist ein kegelförmiger Krater aus roten Schlacken aufgesetzt. Es scheinen also dieselben Verhältnisse vorzuliegen, wie auf der Marion-Insel. Prutppr konnte keine Spuren von Gletscherwirkungen wahrnehmen, auch keinen Fluß- schotter, und schließt aus der sehr frischen Beschaffenheit der Gesteine und der Flachheit der Thäler, daß die Basaltlagen nicht älter als diluvial, höchstens pliocän sind, und daß die Ausbrüche des roten Vulkankegels dem Alluvium zufallen, vielleicht sogar nur wenige Jahrhunderte zurückliegen. 3. Flora und Vegetation. Die Vegetation scheint sich nicht sehr hoch an den Abhängen in die Höhe zu ziehen, wenigstens giebt Hooker') an, daß die Inseln einen höchst öden Anblick gewähren; ein schmaler ı) Flora antarctica, p. 218. 78 Subantarktische Inseln. 79 grüner Gürtel umsäume die Küsten über den schwarzen basaltischen Klippen. Auch Moserery') sagt, daß die Abhänge an der Ostseite von Possession Island mit einer Vegetation ähnlich der- jenigen von Marion Island bedeckt seien, die aber nicht so hoch hinauf sich erstrecke. Dr. Emir WerTH stellte an der Ostküste, wo die Südpolar-Expedition am Weihnachts- hafen landete, Beobachtungen über die Vegetation an, aus denen folgendes zu entnehmen ist. Auf den Basaltfelsen am Strande trıtt 77//aea moschata DC. in kleinen Rasen, dazwischen ein kleines Gras, Deschampsia antarclica Desv.’) auf, ferner ebenfalls nur in der Nähe des Strandes die Cofula plumosa Hook. f. in dichten Massen an den steilen Gehängen der besuchten Bucht, in Gemeinschaft mit den bis ı'/;, Fuß hohen Büscheln von oa Cookii Hook. f, mit Acaena adscendens VauL und mit dem eingeschleppten, üppig gedeihenden Cerastium triviale Lx. Höher hinauf, über 25 m Meereshöhe, ist Acaena vorherrschend, und zwischen ihr treten Zoa Cookü Hook. f. und Zringlea antiscorbutica R. Br. auf. In etwa 75 m Meereshöhe erschienen die dichten Polster der Azore//a Selago Hook. f, aus einem von Zomaria alpina Spr., Lycopodium magellanicum Hoor.f. und Laubmoosen gebildeten Teppich hervorragend. Dazwischen tritt auch die Acaena aut, ferner Kanunculus crassipes Hook. f. und Galium antarcticum Hoox. f, welche auch in tieferen Regionen bis zum Strande hinab sich vorfinden. ZZymenophyllum peltatum Desv. kommt in größeren Höhen in Felsspalten vor. Zu den an sumpfigen oder feuchten Stellen wachsenden Arten gehören unter den von E. WErTH gesammelten Pflanzen Callitriche verna L., Montia jontana L. und Juncus scheuch- zerioides GAUD. A. Gray’) giebt an, daß amerikanische Schiffsoffiziere „a small vine, with blue flowers growing among scoriae“ gesehen hätten. Es ist rätselhaf, um welche Pflanze es sich dabei handelt. Eine reine Azorella-Formation wie auf Kerguelen ist nach Obigem nicht beobachtet, aber wahrscheinlich dürfte sein, daß sie in höheren exponierten Lagen der Insel angetroffen wird, wie aus den Angaben Moserey’s für die Marion-Insel geschlossen werden darf. Die Kryptogamen-Vegetation ist gut entwickelt; feuchte Felsen sind mit grünen Algen überzogen, Geröll und Felsen mit Flechten bedeckt, und Moose fast überall am Boden und in großen Rasen an den Felsen vorhanden. Besonderes Interesse verdienen die Beobachtungen VANnHÖrrFEN’s über die niedere Land- fauna, welche relativ reich ist und einige neue, bisher auf Kerguelen noch nicht beobachtete Arten darbietet. VAnHörrENn fand auch eine geflügelte neue Fliegenart in ziemlicher Menge, jedenfalls ein merkwürdiges Vorkommen auf einer den Winden so sehr ausgesetzten Insel. $ ı2. Macdonald-Gruppe. (Heard-Insel und Macdonald - Inseln.) 1. Botanische Erforschung und Litteratur. Bis jetzt sind nur von der Heard-Insel die Flora und die Vegetationsverhältnisse bekannt geworden, und zwar durch zwei Expeditionen, zuerst durch die „Challenger“-Expedition (1), welche ı) Challenger-Report, p. 207. 2) Von WERTH als Agrostis antarctica bezeichnet. Nach meiner Bestimmung handelt es sich hier um Deschampsia antarctica DESv. Agrostis antarctica Hook. f. ist übrigens auch von WERTH auf der Possession-Insel gesammelt worden. 3),A. GRAY, 1. c. p: 31. : 79 so H. SCHENCK, am 6. Februar 1874 nachmittags auf der Insel an der Whisky-Bay landete. Der Botaniker der Expedition, H. N. MoseLev, stattete der Insel einen zweistündigen Besuch ab; er bezeichnete sie in seinem ersten Bericht (2) als Yong Island. Seine Sammlungen wurden von ÖLiver (3), Mrrten (4) und Heustey (5) bearbeitet. Die deutsche Südpolar-Expedition (6) 1901—1903 unter Leitung von E. v. DryvGarskı auf dem Schiffe „Gauß“ hat auf der Heard-Insel am 3. Februar 1902 einen eintägigen Aufenthalt genommen, über dessen Ergebnisse E. Prırıppr und E. VAnHÖFFEN und später v. DryGarskı berichtet haben. ı) Tızarp, Moserey, BucHAnan and MurrRAY, Mac Donald Islands, Heard Island. Report on the scientific results of the voyage of H. M. S. „Challenger“ 1873—76, Narrative, Vol. I, First Part, London 1885, p- 368—379, und 2 Ansichten. 2) Moserey, H. N., On the botany of Marion Island, Kerguelen’s Land and Yong Island of the Heard Group. Journal of the Linnean Society, Vol. XIV, Botany, 1875, p. 387—388. 3) OLIVER, Prof., List of plants collected by H. N. Moserey on Kerguelen’s Land, Marion Island and Yong Island. Ibid., p. 389. 4) Mitten, W., Musci and Hepaticae collected during the „Challenger“-Expedition, Heard Island. Ibid., Vol. XV, 1877, P- 73- 5) Hemseey, W. B,, Macdonald Group: Heard Island. Report on the scientific results of the voyage of „H. M.S. „Challenger“ 1873—75, Botany, Vol. I, Part. 2, London 1885, p. 245. (Der ausführliche Bericht von H. N. Moserey über die Vegetation von Heard Island ist an dieser Stelle wiedergegeben.) 6a) Die Deutsche Südpolar-Expedition auf dem Schiffe „Gauß“ unter Leitung von ERICH v. DRYGALSKI. Veröffentlichungen des Instituts für Meereskunde und des geographischen Instituts an der Universität Berlin, Heft 5, Oktober 1903. Enthält: PHıtıpps, Emit, Geologischer und chemischer Bericht. Heard-Insel, S. 126. VANHÖFFEN, ERNST, Biologischer Bericht. Heard-Insel, S. 144. 6b) DryGarskı, E. v.. Zum Kontinent des eisigen Südens, Berlin 1904, S. 212. 2. Lage und Beschaffenheit. Die von Kapitän HEarD 1853 entdeckte Heard-Insel liegt 53° 10° S. Br. und 73° 30° OÖ. L, die von Kapitän MacponaLp 1854 entdeckte und aus zwei kleinen Inseln und einem isolierten Felsen bestehende Macdonald-Gruppe etwas weiter westlich. Die ganze Gruppe befindet sich also ca. 3'/, Breitengrade südlicher als Kerguelen, in gleicher Breite mit der Magellanstraße. Die Inseln sind vulkanischen Ursprunges und bestehen aus Basaltlaven und Agglomeraten. Die Heard-Insel ist etwa 25 Meilen lang, bis 9 Meilen breit und mißt bei länglichem Umriß etwa 100 [}-Meilen. Sie erhebt sich zu einem abgerundet-kegelförmigen, meist in Nebel gehüllten großen Berg, dem „Big Ben“ oder Kaiser Wilhelm-Berg, welcher mindestens 2000 m hoch sein soll, während der höchste Berg der Macdonald-Inseln nur ca. 190 m erreicht. Der Kaiser Wilhelm-Berg ist mit ausgedehntem Firn bedeckt, von welchem allseits Gletscher über stufenförmig abfallende Felsen zum Meere hinabgehen. E. v. Dryvcarskı zählt 7 solcher Gletscher allein auf der Nordseite. Die heftig umbrandeten Küsten bestehen daher abwechselnd aus Klippen und Gletscherenden. Die Heard-Insel befindet sich, obwohl nur 300 Meilen südlich von Kerguelen, noch gegenwärtig in dem vereisten Zustand, der früher auf letzterem geherrscht haben muß. 80 Subantarktische Inseln. 81 Nach Phirppr grenzt im Westen an den Hauptberg der Insel eine sandige, niedrige Ebene, in die 3 Buchten einschneiden, von denen die nordöstliche Corinthian-Bai von der nord- westlichen Atlas Cove durch eine eigentümliche Felsgruppe, Roger’s Head, getrennt wird. Auf dieser Felsmasse befinden sich 6 wohlerhaltene Krater, deren Schlacken und Bomben außer- ordentlich frisch erscheinen. „Es scheint, daß sich an den halb zerstörten Flanken eines haupt- sächlich aus Agglomeraten aufgebauten älteren Eruptivkegels mehrere sehr junge Krater gebildet haben.“ Ein aus frischer basaltischer Lava bestehender Strom zieht sich von den Klippen hinab zur Corinthian-Baı. Recente Krater oder Schlackenkegel finden sich auch auf den Crozets, auf Marion, auf St. Paul und Neu-Amsterdam und sprechen dafür, daß die vulkanische Thätigkeit auf diesen Inseln nach der Tertiärzeit angedauert hat. Die Eruptionen dieser Krater auf der Heard-Insel scheinen aber nur lokaler Natur gewesen zu sein und nicht, wie auf Krakatau, die Vegetation vollständig vernichtet zu haben, da auf der Insel einige endemische Moose, die wahrscheinlich aus alter Zeit stammen, erhalten geblieben sind. 3. Klima. Das Klima der Insel ist weit strenger als auf Kerguelen, wozu die große Erhebung des eisbedeckten Kaiser Wilhelm-Berges wesentlich beitragen mag. Im Winter soll der ganze Boden und alles Wasser gefroren sein, während im Dezember öfters Sonnenschein herrscht und der Kaiser Wilhelm-Berg klar wird. Das Wetter ist so stürmisch, daß durchschnittlich ein Wal- fischboot nur einmal an 3 Tagen landen kann. Die Temperatur betrug nach H. GazErr') am 3. Februar 1902 in der Corinthian-Bucht: Maximum Minimum Mittel Meer 35. 2,0 2,8° 2,100.C. 4. Flora und Vegetation. Die Vegetation der Heard-Insel ist eine sehr kärgliche, und der größte Teil des Bodens, soweit er nicht mit Eis bedeckt ist, erscheint kahl. MoseLey bemerkte in der Nähe der Whisky Bay auf einer Ebene grüne Polster von Azore/la Selago Hook. f, welche auf Schlamm- oder Sandhügeln wuchsen, zum Teil von beträchtlicher Ausdehnung. Die Pflanzen standen zur Zeit des Besuches, am 6. Februar, in Blüte und Frucht. Auf einigen dieser Hügel wuchsen Büschel von Poa Cookü Hoox. f. ın voller Blüte und an den geschützten Seiten der Hügel Pringlea antıscorbutwa R. Br. in Menge, aber nur von zwergiger Statur im Vergleich zu den Exemplaren auf Kerguelen. Die Pringlea stand meist in Frucht, nur einige Exemplare noch in Blüte. Co/o- banthus kerguelensis Hoor. f. erscheint an geschützten Orten in größerer Häufigkeit als auf letzterer Insel. In den Wassertümpeln wurde außer einer Fadenalge nur noch Ca/ktriche verna L. als Wasserpflanze beobachtet. Farne fehlen vollständig. Moserey hält es für unwahrscheinlich, daß außer dieser von ihm gefundenen armseligen Flora von 5 Arten noch andere Blütenpflanzen vorkommen. Es ist indessen VANHÖFFEN ge- lungen, zu den bekannten Arten noch zwei Gräser auf den Hügeln zur Rechten der Corinthian ı) H. GAZERT, Met. Bericht, in: Deutsche Südpolar-Expedition, Veröffentl. des Inst. für Meereskunde ete., Heft 5, 1903, S. 123. 81 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı1899. Bd. II. ı. Teil. II 82 H. SCHENCK, Bai hinzuzufügen. Zwischen den Polstern von Azorella wuchs außer verkrüppelten Stauden der Pringlea und kleinen Polsterchen von Colobanthus auch Festuca kerguelensis Hook. f.'). Ferner bemerkte ich unter den Herbarpflanzen VANHÖFFEN’s einige Fragmente von Deschampsia ant- arctica Hoox. Beide Gräser standen nicht in Blüte. Von Insekten fand VAnHÖrFFEN 2 Rüsselkäfer und 2 flügellose Fliegenarten, wovon die eine, Calycopteryx, in den Blattwinkeln der Pring/ea lebt und auch von Moserzy erwähnt wird. Die Vegetation entspricht im wesentlichen der Azore/la-Formation Kerguelens oder der oberen Region von Marion Island. Bemerkenswert ist das Fehlen der Acaena, für welche wohl die klimatischen Bedingungen, vor allem der Frost im Winter, zu ungünstige sind, ebenso der strandbewohnenden Cofxla und der Ranunculus-Arten. Anderseits könnte Zyalia vielleicht noch gefunden werden. Nur 3 Laubmoosarten und ı Lebermoos wurden von MoseErEy sparsam an den Flanken der bewachsenen Hügel gefunden. Grimmia insularıs Mırr. ist der Heard-Insel eigentümlich, Batramia robusta Hoox. f. et Wırs. kehrt auf den Auckland- und Campbell-Inseln, Zossombronia australis Mrrv. auf Neuseeland und Tasmanien und auf Kerguelen wieder. Der weit verbreitete Ceratodon purpureus Brin. findet sich ebenfalls auf Kerguelen. Die Meeresalgenflora zeigt Ab- weichungen von derjenigen Kerguelens und enthält nach Moserey's Sammlung unter 8 Arten nur 3 mit Kerguelen gemeinsame Arten, während SeyZofhalia obscura DickiE und Callophyllis elongata Dicke endemische Formen darstellen. Die kärgliche Kryptogamenflora der Insel wird aus den später zu publizierenden Samm- lungen VANHÖFFEN’S noch einen Zuwachs um einige Moose und Flechten erfahren. Im allgemeinen konnte Moserey an den Berghängen der Insel nur an den geschützten Seiten sehr sparsam verteilte grüne Flecken von Vegetation beobachten. In der unteren Region herrschten die Azore//a-Polster vor, welche an den Abhängen in die Höhe gehen und nach oben durch hellgelbe, aus Moosen bestehende Rasen ersetzt werden. Die Vegetation scheint bei go bis ı20 m ganz aufzuhören, während sie auf der Marion-Insel bis ca. 600 m, auf Kerguelen bei ca. 460 m oder tiefer ihre Grenze erreicht. Die Macdonald-Insel wurde von der „Challenger“-Expedition am 6. Februar 1874 nur gesichtet. Sie ist eine auf allen Seiten von Klippen umgebene Felsenmasse, auf welcher kein Schnee lag. Ein Streifen flacheren Landes zeigte eine Vegetationsdecke, welche derjenigen der Heard-Insel ähnlich zu sein schien. Il. Südgeorgien, nebst Sandwich-Inseln, Bouvet-Insel. $ 1. Botanische Erforschung Südgeorgiens. Südgeorgien wurde 1675 von La RocHE entdeckt, welcher die Insel St. Pierre nannte. Cook besuchte sie mit ForstER 1775 und gab ihr den Namen Südgeorgien. Er berichtet 1) VANHÖRFFEN, |. c. S. 144. 82 Subantarktische Inseln. g 3 \ über die Vegetation nur kurz, daß er ein in Büscheln wachsendes Gras, wilde Bibernell und eine moosähnliche Pflanze an Felsen gesehen habe; die beiden ersteren Pflanzen werden wohl 7’oa flabellata und Acaena adscendens gewesen sein. WEDELL landete 1823 auf der Insel, und in neuerer Zeit nahm H. W. Kruscnax vom Oktober 1877 bis Ende Februar 1878 auf ihr Aufenthalt. Sir James Ross berührte auf seiner Reise 1839—43 die Insel nicht, daher finden wir auch in Hoorer’s Flora antarctica keine näheren Angaben über ihre Pflanzen. Unsere jetzige Kenntnis der Flora Südgeorgiens verdanken wir im wesentlichen den Beobachtungen und Samm- lungen der deutschen Expedition (1), welche unter Leitung von Dr. K. SCHRADER vom 16. August 1882 bis 6. September 1883, also über ein Jahr im Moltke-Hafen der an der Ost- küste befindlichen Royal Bay Station nahm und daselbst hauptsächlich erdmagnetischen, meteoro- logischen und astronomischen Studien (Venusdurchgang am 6. Dezember 1882) oblag. Als Arzt und Botaniker gehörte Dr. H. Wırr der Station an, als Arzt und Zoologe Dr. K. von DEN STEINEN. Dr. Wırr gab eine wertvolle Darstellung der Vegetationsverhältnisse Südgeorgiens; die von ihm gesammelten Pflanzen wurden bearbeitet von A. EnGLER, C. MÜLLER, J. MÜLLER, K. Prantr, C. M. GortscHeE, P. F. RemscH. Von großer Wichtigkeit ist es, daß die botanischen und meteorologischen Beobachtungen während eines ganzen Jahres ausgeführt wurden, was bis dahin noch auf keiner antarktischen Inselstation geschehen war. Erst im Jahre 1902 ist Südgeorgien von neuem zu wissenschaftlicher Erforschung besucht worden, und zwar von einem Teile der schwedischen Südpolar-Expedition 1901—1903. Nach- dem die Hauptexpedition unter ©. NORDENSKJÖLD ihre Winterstation auf Snow-Hill-Land in der Westantarktis eingenommen hatte, kehrte das Schiff, die „Antarctic“, am 26. März 1902 nach den Falklands-Inseln zurück. Von hier aus wurde unter Leitung des Geologen J. GUNNaR ÄNDERSON und unter Teilnahme des Botanikers C. SKo1TsBERG, der Zoologen A. OHrLın und K. A. Anpersson und des Meteorologen und Kartographen S. A. Duse ein Abstecher nach den Buchten an der Nordostküste Südgeorgiens ausgeführt. Der Aufenthalt daselbst dauerte vom 22. April bis ı5. Juni 1902, fiel also in den Spätherbst und Winter. Von Publikationen liegen Berichte vor von J. G. ANDERSSON (2) und SKOTTSBERG (3). Es steht zu erwarten, daß unsere Kenntnisse namentlich der Kryptogamenflora wesentliche Erweiterung erfahren werden, während für die Phanerogamenflora nur ein Zuwachs von 2 für die Insel neuen Arten (Galum antarcticum und die eingeschleppte /oa pratensis) zu verzeichnen ist. 1a) NEUMAYER, G., Die internationale Polarforschung 1882— 1883. Die deutschen Expeditionen und ihre Er- gebnisse. Bd. I, Berlin 1891, enthält: Kapitel 4: Die Expedition nach dem Moltke-Hafen auf Südgeorgien, deren Verlauf und Rückkehr, Som Bd. II, Berlin 1890, enthält: 7. Tuürach, Dr. Hans, Geographische Beschreibung der Insel Südgeorgien, S. 109. 8. ENGLER, A., Die Phanerogamenflora in Südgeorgien, nach den Sammlungen von Dr. Wırr be- arbeitet, S. 166. Abdruck dieser Abhandlung auch in: Botanische Jahrbücher für Systematik, Bd. VII, 1886, S. 281. 9. Wırr, Dr., Vegetationsverhältnisse Südgeorgiens, S. 172. 83 TIT* =) 4 H. SCHENCK, 10. VON DEN STEINEN, KARL, Allgemeines über die zoologische Thätigkeit und Beobachtungen über das Leben der Robben und Vögel auf Südgeorgien, S. 194- ı1. MÜLLER, CARL, Bryologie Austro-Georgiae, S. 279. 12. MÜLLER, Dr. ]J., Lichenes, S. 322. 13. PRANTL, K., Filices, S. 328. ı4. REınscHh, P. F., Die Südwasser-Algenflora von Südgeorgien, S. 329. 15. ReınscH, P. F., Zur Meeres-Algenflora von Südgeorgien, S. 366. 16. GOTISCHE, Dr. C. M., Die Lebermoose Südgeorgiens, S. 449. 17. PFEFFER, Dr. GEORG, Die niedere Tierwelt des antarktischen Ufergebietes, S. 455. ıb) Wırr, H., Die Vegetationsverhältnisse des Exkursionsgebietes der deutschen Polarstation auf Südgeorgien. Botanisches Centralblatt, Bd. XXIX, 1887, S. 251. ıc) REınscH, P. F., Species et genera nova Algarum ex insula Georgia australi. Berichte der Deutschen botani- schen Gesellschaft, Bd. VI, 1888, S. 144. ıd) NEUMAYER, Prof. Dr, und BÖRGEN, Prof. Dr., Die internationale Polarforschung 1882—ı1883. Die Be- obachtungsergebnisse der deutschen Stationen, Bd. II, Südgeorgien, Berlin 1886. (Enthält die meteoro- logischen Beobachtungen.) 2) Die Forschungsreise der Schwedischen Südpolar-Expedition nach Südgeorgien. Globus, Bd. LXXXIII, 1903, S. 103. Nach dem Bericht von J. G. ANDERSSon, Port Stanley, den 18. Juli 1902, in Ymer, 1902, Heft 3. — Ferner AnDErsson, J. G., in: OÖ. NORDENSKJÖLD, Antarctic, Bd. II, Berlin 1904, S. 27. (Mit Ansichten nach photographischen Aufnahmen.) 3) SKOTTSBERG, CARL, Nägra ord om Sydgeorgiens vegetation. Botaniska Notiser, 1902, Heft 5, p. 216—224, und ı Taf. (Mitteil. der Botaniska Sektionen af Naturvetenskapliga Studentsöllskapet i Upsala, 17. Oktober 1902.) Referat von Grevirrıus im Botanischen Centralblatt, Bd. XCII, 1903, S. 82, und von BoHrin, in: JuST, Botanischer Jahresbericht, 1902, Bd. I, S. 5067. $ 2. Lage und Beschaffenheit von Südgeorgien. Südgeorgien‘) liegt zwischen 54 und 55° S. Br., also der Breite von Schleswig- Holstein auf der nördlichen Halbkugel entsprechend, und zwischen 35'/, und 371, W. 2.08 in einer Entfernung von ca. 800 Seemeilen (1500 km) von den Falkland-Inseln, von ca. ı100 Seemeilen (1900 km) von Kap Horn, und erstreckt sich als eine länglich-elliptische Insel in der Längsrichtung von Südost nach Nordwest. Ihre Längsachse beträgt 150 km, ihre durchschnittliche Breite ca. 25 km; ihr Areal mit 4066 qkm entspricht etwa der halben Insel Kreta. Die Insel wird von einem fast überall steil und meist ohne breites Vorland aus dem Meere hervorragenden vielzackigen Kettengebirge gebildet, dessen Gipfel und Kämme bis 2000 m aufragen. In seinen oberen Teilen ist dieses Gebirge von ewigem Schnee und Eis bedeckt; mächtige Gletscher reichen in den Thälern vielfach bis in das Meer hinab. Der südliche Teil der Insel trägt auf seiner Südseite einen ununterbrochenen Eiswall. Die Küste ist außerordent- lich zerstückelt durch tiefe Fjorde und Halbinseln, die sich in Klippen und Inselchen fort- setzen. ı) Vergl. G. NEUMAYER, 1. c. Bd. I, S. 102 ff., und Bd. II, THÜRACH, S. 109 ff. 84 Subantarktische Inseln. 8 2 Wie aus dem Vorhandensein alter Moränen und abgerundeter Felsen hervorgeht, hatten die Gletscher auch auf Südgeorgien früher eine noch größere Ausdehnung als jetzt') und erfüllten größere Thäler, wie z. B. das Brockenthal und das Whalerthal, aus dem sie jetzt ver- schwunden sind. Was die geognostischen Verhältnisse anbelangt, soweit sie das Exkursionsgebiet der deutschen Expedition an der Ostseite der Insel betreffen, so sind nach Tuürach versteinerungs- führende, geschichtete Ablagerungen aus der paläozoischen, mesozoischen oder noch jüngeren Perioden nicht beobachtet, sondern die Gebirge bestehen aus alten ganz- und halbkrystallinischen Schiefergesteinen: Phyllitgneiß und Phyllit mit Einlagerungen von Quarzphyllit, Kalkphyllit und körnigem Kalk, ferner Thonschiefer und Quarzitschiefer, denen bankartig geschichtete Diabas- schalsteine in größerer Ausdehnung zwischengelagert sind. Die letzteren weisen darauf hin, daß der Diabas, also ein Eruptivgestein, jedenfalls auch auf der Insel vorkommt. Bei dem kalten Klima des Landes ist die durch chemische Vorgänge bewirkte Ver- witterung der Gesteine zu Lehm eine sehr geringe; dagegen übt der Frost einen großen Einfluß auf die Zerstörung der Felsen aus, er bewirkt die Lossprengung der Schieferstücke, welche in fast frischem Zustand die großen, weit verbreiteten Schutthalden auf den Gehängen bilden. $ 3 Klima von Südgeorgien. Von den subantarktischen Inseln ist Südgeorgien hinsichtlich des Klimas am besten bekannt, da die deutsche Expedition unter Dr. K. SCHRADER dort ein ganzes Jahr hindurch, von August 1882 bis September 1883, sich aufgehalten hat. Die nachstehende Tabelle bringt die Beobachtungen dieser Expedition?) bezüglich der Temperatur und der Niederschläge. Südgeorgien 54° 31° S. Br. und 36° o‘ W.L. v. Gr. | Moltke-Hafen, NO.-Küste. (NEUMAYER und BÖRGEN, S. 140.) 1882/83 Temperaturmittel En a Frosttage Niederschläge September — 0,9” \ 4,8° — 6,8° 19 127,9 mm | Oktober 1,3° * Frühjahr + 1,1° 6,72 — 6,9° 23 TU, 80% Frühjahr 315,5 mm November 2,9° | | 9,8° — El 16 69,8. J Dezember 2 | | 11,9° 0,1° o 72.085, | Januar 4,6° , Sommer + 4,6" 12.70 —0r22 2 82.108 „; Sommer 241,7 Februar 5,4° ] 17,8° | 0,0 I ID vn J März 3:50 \ | 11,9° — 3,4 8 146,8 „ \ April 0,5° ” Herbst + 1,3? 9,5 — 6,89 23 81,6 „ Herbst 243,9 ss Mai — 0,2° J 9,5° | — 8,5° 28 CHR en J Juni — 2,9° | | 57° = 10,0° 29 Bar | Juli — 2,3° » Winter — 1,3 10,4° | — 12,3° 2 SHOW, Winter 187,2 > August 1,22 J nr — 10,7° 22 100,0 „ ) Jahr 1,4° 17,8° [res NZ’! 200 988,3 mm 1) Auch die schwedische Südpolar-Expedition hat dies von neuem feststellen können. Vergl. ANDERSSON in: Globus, Bd. LXXXIII, S. 105. 2) G. NEUMAYER, Die internationale Polarforschung 1882—83, Bd. I, 1891, S. 106. — NEUMAYER und BÖRGEN, Die inter- nationale Polarforschung 1882—83. Die Beobachtungsergebnisse der deutschen Stationen, Bd. II, 1886, S. 140 und S. 335. — J. Hann, Handbuch der Klimatologie, 2. Aufl., Bd. III, 1897, S. 467. 85 36 H. SCHENCK, Aus dieser Tabelle ergiebt sich, daß die Temperatur das ganze Jahr hindurch ziemlich gleichmäßig niedrig ist. Der kälteste Monat war der Juni mit — 2,9°, der wärmste der Februar mit + 5,4°. In gleicher Breite auf der nördlichen Halbkugel hat Hamburg eine mittlere Jahres- temperatur von + 8,5°, also 7° mehr. Die beobachteten absoluten Extreme auf Südgeorgien waren + 17,8° (im Februar) und — 12,3° (im Juli); jedoch sank in allen Monaten die Tem- peratur auf oder unter den Gefrierpunkt; die Zahl der Frosttage betrug 200, der Tage mit Schneefall 223, von denen 47 in den Sommer fielen. Die Vegetation befindet sich also unter außerordentlich ungünstigen Bedingungen. Von Interesse ist der Vergleich der Temperatur von Kap Horn und von Südgeorgien !), aus dem sich ergiebt, daß ersteres, obwohl ı° südlicher gelegen, dennoch ein um 4° höheres Jahresmittel (5,4°%) und besonders einen um etwa 4° wärmeren Winter aufweist. Die niedere Temperatur Südgeorgiens ist bedingt durch die kalte antarktische Meeresströmung und durch seine oceanische Lage. Die reichlichsten Niederschläge fielen auf Südgeorgien im März mit 146,8 mm, die ge- ringsten im Mai mit 15,5 mm, indessen zeigen die Niederschläge im allgemeinen wenig erhebliche Differenzen im Laufe des Jahres. Die reichlichen Niederschläge in Verbindung mit der niedrigen Temperatur bilden die Ursache für die ausgedehnte Bedeckung des Landes mit Schnee und Eis, besonders an der Westseite der Insel. Die Summe der Niederschläge (988,3 mm) im Jahr ist bedeutend höher als an der deutschen Nordseeküste mit 670 mm. Die mittlere Bewölkung von 7,1 herrscht fast gleichmäßig zu allen Jahreszeiten; im Winter betrug sie 6,7 gegen 7,4 im Sommer. Die Winde wehen vorherrschend aus W, WSW. und NW. und sind gewöhnlich sehr heftig, wie überhaupt in dem ganzen subantarktischen, größtenteils vom Ocean eingenommenen Gürtel. Sie pflegen fast jeden zweiten oder dritten Tag sich einzustellen und tragen wesentlich zur Erhöhung der Ungunst des Klimas für die Vegetation bei. Die jährliche Schneebedeckung der Insel scheint in Bezug auf Dauer und Intensität Schwankungen zu unterliegen. Bei der Landung der Expedition im August 1882 war der Boden hart gefroren und mit Winterschnee von ı—2 m Tiefe bedeckt, während im Winter 1883 (Juni bis August) zwar auch Schneefälle in größerer Anzahl eintraten, aber häufiger der Boden, soweit der Humus reichte, schneefrei war, eine Erscheinung, die auf die an der NO.-Seite Südgeorgiens öfters auftretenden Föhnwinde zurückzuführen ist. Auch brachten die ersten Tage des August 1883 bereits Tauwetter, der Schnee schmolz, und Ende des Monats kam infolge der höheren Tem- peratur bereits die grüne Decke des Tussockgrases hervor, während im Jahre 1882 der August noch durchaus winterlich war und erst im Oktober der Schnee mehr und mehr weg schmolz. Die NO.-Seite der Insel, auf welcher die Station lag, zeigt andere Eis- und Schneeverhältnisse als die SW.-Seite. Erstere ist gegen die heftigen Westwinde durch die steilen Gebirgszüge ge- schützt, oder die Westwinde kommen als Föhnwinde von diesen herab, letztere dagegen erscheint das ganze Jahr hindurch mit Schnee bedeckt und in höherem Maße vergletschert. Auf der NO.-Seite werden die Berghänge im Sommer bis zu 5—600 m schneefrei. ı) Vergl. Hann, |. c. S. 468. 86 Subantarktische Inseln. 8, $ 4. Flora von Südgeorgien. Liste der Gefäßpflanzen. [Nach A. EnGLER, Bot. Jahrb. f. Syst, Bd. VII, 1886, S. 281, und C. SKOTTSBERG, Bot. Notiser, 1902; mit Nachträgen bezüglich der geographischen Verbreitung der Arten.] Südgeorgien Verbreitung Lycopodiaceae. | I. Zycopodium clavatum L. var. magellanicum Hook. f. Feuerland, Falkland, Kerguelen, Tristan da Cunha Filices. 2. Hymenophyllum peltatum Desv. (— #4. Wilson! Hoox.) | Feuerland, Chile, Falkland, Kerguelen, Neu-Amsterdam, Kapland, Mascarenen, Canaren, Azoren, Madeira, "Westeuropa 3. Aspidium mohrioides BORY Feuerland, Chile, Kalifornien, Falkland, Marion-Insel, Neu-Amster- dam, Auckland-Inseln 4. Cystopteris fragilis BERNH. Feuerland, Falkland, Kerguelen, weit verbreitet Juncaceae. | Feuerland, Falkland, Campbell-I., Neuseeland Neuseeland, Chatam-I. (Wahrscheinlich nur eine Varietät oder Form des in den chilenischen Anden vorkommenden Juncus stipulatus N. et M.) 5. Kostkovia magellanica Hook. f. (= R. sphaerocarpa DESV.) 6. Juncus Novae Zealandiae Hook. 1. Gramineae. 7. Deschampsia antarctica E. DESV. (— Aira antarctica | Feuerland, Falkland, Süd-Shetland-I., Kerguelen Hook.) 8. Phleum alpinum L. Magellanstraße, Boreale Hochgebirge und arktische Zone 9. Festuca erecta D’ÜRV. Feuerland, Falkland, Kerguelen 10. Poa flabellata Hook. f. (— Dactylis caespitosa FORST.) | Feuerland, Falkland Portulacaceae. II. Montia fontana L. In allen antarktischen Ländern, weit verbreitet Caryophyllaceae. 12. Colobanthus subulatus Hook. f. | Feuerland, Falkland, Campbell-I., Neuseeland, Australien 13. Colobanthus crassifolius HOOoK. f. Feuerland, Falkland Ranunculaceae. 14. Ranunculus biternatus SMITH. Feuerland, Falkland, Kerguelen, Macquarie-I., Neu-Amsterdam Rosaceae. 15. Acaena adscendens VAHL. Feuerland, Falkland, Kerguelen, Macquarie-I. 16. Acaena laevigata AıT. Feuerland, Falkland Callitrichaceae. 17. Callitriche verna L. In allen antarktischen Ländern, weit verbreitet Rubiaceae. 18. Galium antarcticum Hook. f. | Feuerland, Falkland, Kerguelen (auf Südgeorgien zuerst von | SKOTTSBERG gefunden) Als eingeschleppte Art wurde von SKOTTSBERG!) an einer Stelle im südlichen Arm der Cumber- land-Bai auf feuchtem Boden Poa pratensis L. gefunden, welche auf den Falkland-Inseln und auf Feuerland an bebauten Stellen sehr verbreitet ist. Die Fundstelle auf Südgeorgien liegt ziemlich nahe an einem Hafen, welcher öfters von Walfischfängern besucht wird. Aus vorstehender Liste ergiebt sich, daß die artenarme Flora der Insel, von welcher bis jetzt nur 18 Arten Gefäßpflanzen bekannt sind — eine Zahl, die bei vollständiger Erforschung I) SKOTTSBERG, ]. c. S. 120. 88 H. SCHENCK, kaum eine wesentliche Erhöhung erfahren dürfte — zur Pflanzengemeinschaft des antarktischen Südamerikas, im besondern derjenigen Feuerlands und der Falkland-Inseln gehört, und daß von dort her wohl auch die Einwanderung erfolgte. Die Thatsache, daß keine einzige endemische Art auf der Insel vorkommt, spricht für eine jüngere Herkunft der Gefäßpflanzenflora als die- jenige der Kerguelen-Gruppe; möglich ist, daß alte Pflanzentypen, welche auf Kerguelen jetzt noch vorhanden sind, in früheren Zeiten auf Südgeorgien lebten, aber infolge zunehmender Vereisung der Insel zu Grunde gingen und daß dann eine Neubesiedelung von Westen her erfolgte. Unter den Kryptogamen dagegen sind thatsächlich, wie weiter unten hervorgehoben ist, zahlreiche endemische Formen vorhanden. Folgende Arten Südgeorgiens sind auch im Kerguelenbezirke vertreten: Lycopodium magellanicum Foox. f. Montia fontana L. Hymenophyllum peltatum Desv. Ranunculus biternatus SMITH. Aspidium mohrioides BoRY. Acaena adscendens \ AHL. Cystopteris fragilis BERNH. Callitriche verna L. Deschampsia antarctica E. DEsv. Galium antarcticum Hook. f. Festuca erecta DÜURYV. und diese Arten haben mit Ausnahme von Zycopodizuum magellanium, Deschampia antarctica, Festuca erecla und Galium antarcticum \erbreitungsgebiete, die bis nach einzelnen der südlich von Neu- seeland gelegenen Inseln oder nach Neuseeland selbst hinreichen. Mit Ueberspringen des Kerguelen- bezirkes kehren ferner in dem neuseeländischen Gebiet auch noch folgende Arten wieder: Colobanthus subulatus Hook. f. Rostkovia magellancia Hook. f. Juncus Novae Zealandiae Hook. 1. Zu letzteren Arten ist zu bemerken, daß von den antarktischen Pflanzen überhaupt eine größere Zahl rings um den Südpol in weit auseinanderliegenden Gebieten verbreitet sind, ohne aber sämtlich auf allen Inselgruppen vorhanden zu sein. So kommt Phleum alpinum an der Magellanstraße und auf Südgeorgien vor, fehlt aber den Falkland-Inseln. Manche dieser Arten werden aber vielleicht später in den Zwischengebieten noch aufgefunden. Im Gegensatz zu den Phanerogamen und Pteridophyten zeigen die Bryophyten und Thallophyten wenigstens unter den Laubmoosen und Meeresalgen auffallend viele endemische Formen und deuten darauf hin, daß die Kryptogamenflora dieser Insel ebenso wie diejenige der meisten übrigen antarktischen Inseln hohes Alter haben muß. K. Mürrer') fand in der Sammlung Wiırr's im ganzen 52 Arten von Laubmoosen, welche zu 9 Familien gehören, während bis dahin von Kerguelen noch nicht ganz 100 Arten in ıı Familien und von Feuerland 182 Arten in ı9 Familien bekannt waren. Mit Ausnahme einer einzigen Art, Psxlopilum antarcticum (= Catharinea antarctica C. MÜLLER), welche auch auf Kerguelenland vorkommt, waren sämtliche Arten neu und auf Südgeorgien endemisch, zum Teil sehr eigenartig. K. MÜLLER nennt von besonders wichtigen Formen ZPszopilum tapes, 1) K. MÜLLER, Bryologia Austro-Georgiae, in: NEUMAYER, l. c. Bd. II, S. 279. 88 Subantarktische Inseln. 89 Bryum lamprocarpum, Meesea austro-georgica, Syntrichia fontana, Willia grimmioides (ein neues Genus der Pottiaceen) und sagt: „Alles in allem genommen, steht die südgeorgische Mooswelt völlig unabhängig in einem eigenen Schöpfungsherd da, dessen verwandtschaftliche Beziehungen zu anderen antarktischen Inseln nur in der geographischen Lage, deren klimatischen Bedingungen und Bodenverhältnissen beruhen.“ Wenn auch der vorzügliche Mooskenner auf Grund seiner sonderbaren Meinung von „eigenen Schöpfungsherden“ in der Unterscheidung selbständiger Arten vielleicht zu weit gegangen sein sollte, so wird doch wohl ein hoher Prozentsatz von endemischen Laubmoosen verbleiben. Merkwürdig ist das vollständige Fehlen von Sphagnum hier sowohl wie auf Kerguelen, während diese Gattung auf Feuerland in mehreren Arten, auf der Campbell-Insel in einer Art und in der arktischen Zone massenhaft vorkommt. Die 52 Laubmoose verteilen sich auf folgende Familien: Andreaeaceae: 3 Arten Andreaea, die Gattung auch auf Kerguelen reich vertreten. Distichiaceae: ı Art, Diszichium austro-georgicum K. MÜLLER. Diese Familie ist weder auf Feuerland noch auf Kerguelen vorhanden. Polytrichaceae: 7 Arten, davon 5 Polytrichum, 2 Catharinea, echt polare Moose, welche auf Südgeorgien dominieren. Bryaceae: 7 Arten, davon 6 Dryum, ı Mielichhoferia. Dicranaceae: 7 Arten, davon 5 Dlindia, 2 Dieranum. Bartramiaceae: 8 Arten, davon 6 Dartramia, ı Conostomum, ı Meesea. Die Gattung Meesea bisher noch in keinem antarktischen Land beobachtet, wohl aber auf den Alpen Australiens. Pottiaceae: 6 Arten, davon 5 Darbula, ı Willia n. gen. Die Gattung Willia ist ver- wandt mit Sfrepfopogon (tropisches Amerika, Madagaskar). Grimmiaceae: 8 Arten, davon 7 Grimmia, ı Gümbelia. Alle 8 Arten nähern sich Typen der borealen alten Welt. Hypnaceae: 5 Arten Zypnum. Nach K. MÜLLER hängt zwar die südgeorgische Moosflora mit Kerguelen und Feuerland innig zusammen, ist aber eine ganz selbständige und hat mit Ausnahme einiger weniger Arten mit der australischen kaum Verwandtschaft. „Im großen ganzen nähert sie sich mehr der nord- polaren Flora als einer anderen, und das dürfte uns die Gewißheit geben, daß, je weiter nach Süden, die Mooswelt immer arktischer wird.“ Neuerdings hat auch J. Carpor') die Ansicht ausgesprochen, daß C. MÜLLER zu weit gegangen ist in der Auffassung mancher südgeorgischen Moose als selbständige Arten. Bei mehreren konnte er mit Sicherheit konstatieren, daß es sich nur um Formen von weiter ver- breiteten Arten handelt, und er meint, daß andere Arten auf solche von Kerguelen zurückgeführt werden müßten, trotzdem bliebe aber der Endemismus der südgeorgischen Moose ein sehr be- deutender und die Beziehungen zu denjenigen Feuerlands seien nur sehr geringe. Nur zwei weit verbreitete Arten seien beiden Gebieten gemeinsam, nämlich Webera cruda L. (= Bryum viridatum C. M.) und Rhacomitrium lanuginosum HEpw. (= Rh. glaciala C. M.). Diese That- I) J. CARDOT, Mousses et coup d’oeil sur la flore bryologique des Terres Magellaniques. R£sultats du voyage du S. Y. „Belgica“ en 1897—1899, Botanique, Anvers 1902, p. 13. 89 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—1899. Bd. UI. r. Teil. 12 90 H. SCHENCK, sache sei um so merkwürdiger, als Kerguelen mehr als 20 Arten mit Feuerland gemeinsam habe, von denen ein Teil weit verbreitete Arten vorstelle, der andere aber australischer Herkunft sei. Von Lebermoosen kommen nach GortscHE') ıı Arten vor, von denen 7 Arten, also ein hoher Prozentsatz, neu und endemisch sind. Diese Arten verteilen sich auf die Gattungen Gottschea (1 Art), Jungermannia (6 Arten, 5 endemisch), Zophocolea (2 endemische Arten), Aneura (1 Art) Marchantia (1 Art). Die von Dr. J. MürLer Arg.?’) bearbeiteten Flechten der Sammlung Wiırı’s umfassen im ganzen 26 Arten, darunter 9 neue, endemische Arten von Krustenflechten. C/adonia zählt 5 Arten, Stereocaulon 1, MNeuropogon ı, Sticta 2,- Leptogium ı, Psoroma ı, Amphiloma 3, Sporaslatia 1, Pertusaria 2, Heterothecium ı, Lecidea 4, Buellia 3, Rhizocarpon 1. Südgeorgien hat nach Remsscn’) 74 Arten von Süßwasseralgen, und zwar wurden gefunden: 5 Arten Cyanophyceen, 19 Diatomeen, 20 Desmidieen, 21 Protococcoideen, ıı Con- fervoideen und 2 Siphoneen. Bei der außerordentlich weiten Verbreitung der meisten Süßwasser- algen ist der geringe Prozentsatz endemischer Formen (etwa 7 Arten) nicht auffallend. Viel beträchtlicher dagegen sind nach Remscr#‘) unter den Meeresalgen eigenartige Formen vertreten, unter 58 Arten etwa 28 neue Arten oder Varietäten. Eine Erweiterung unserer Kenntnisse von der Kryptogamenflora Südgeorgiens steht zu erwarten, wenn die von SKOTTSBERG während der schwedischen Südpolar-Expedition angelegten Sammlungen bearbeitet sein werden. $ 5 Vegetationsformationen auf Südgeorgien. Entsprechend der Lage Südgeorgiens innerhalb der äußersten Packeisgrenze und dem viel rauheren Klima ist seine Vegetation viel mehr ausgesprochen antarktisch als diejenige von Feuer- land, obwohl letzteres unter gleicher Breite, seine Südspitze Kap Horn sogar 2” weiter südlich liegt. Kein einziges der zahlreichen feuerländischen Holzgewächse findet auf Südgeorgien ge- eignete Existenzbedingungen; nicht einmal niedrige, am Boden kriechende Zwergsträucher wurden angetroffen. Aus der Schilderung der Vegetation Südgeorgiens von Dr. Wırı, welche sich auf das Exkursionsgebiet an der Royal Bay auf der Ostseite bezieht, ist folgendes für den Vergleich mit der Kerguelenvegetation hervorzuheben. Vegetation der Royal Bay. Im allgemeinen hält sich die phanerogame Vegetation in der Nähe der Küste und dringt nirgends weit in das Innere der Insel, in den Thälern bis zu einer Höhe von 300 m, vor. Zwei Gewächse, das Tussockgras oa flabellata Hook. f. und die Acaena adscendens Van, überwiegen I) GOTTSCHE in NEUMAYER, |]. c. Bd. II, S. 449. 2) J. MÜLLER, in: NEUMAYER, Bd. IL. c. S. 322. 3) REINSCH, ibid. S. 329. 4) REINSCH, ibid. S. 366, und Ber. Deutsch. bot. Ges., 1888, S. 144. 90 Subantarktische Inseln. 91 an Massenhaftigkeit des Auftretens und der Verbreitung so sehr, daß alle anderen Arten ganz zurücktreten und keine Rolle in der Zusammensetzung der Pflanzendecke spielen. Da das Tussock- gras auf Kerguelen nicht vorkommt und anderseits die häufigsten und auffallendsten Kerguelen- pflanzen Azorella Selago, Pringlea antiscorbutica, Cotula plumosa, auf Südgeorgien fehlen, so bietet die Vegetation der letzteren Insel im großen und ganzen ein wesentlich anderes Aussehen. In ähnlicher Ausbildung aber kommen Tussockbestände auf den Falkland-Inseln vor, die sich im übrigen aber einer ungleich reicheren Flora und mamnigfaltiger gegliederten Vegetation erfreuen. Das Tussockgras') oa flabellata Hook. f. stellt einen Vegetationstypus dar, welcher sich in anderen antarktischen Gebieten an gewissen Arten von Gräsern und Cyperaceen in ähnlicher Weise wiederholt. Die großen Büschel des auf Südgeorgien ı'/; m Höhe erreichenden Grases mit ihren steifen, in hohem Maße windbeständigen, meterlangen, fahlgrünen Blättern sitzen auf dicken, 50—60 cm hohen torfigen Polstern, deren Masse aus den vermodernden Ueberresten der Blätter, aus den Rhizomen und Wurzeln sich zusammensetzt. Ohne Zweifel gebraucht ein solches Polster eine Reihe von Jahren, ehe es zu solchem Umfang herangewachsen ist. Wir hält es für sehr wahrscheinlich, daß ein jedes Polster aus einem Pflanzenindividuum hervor- gegangen ist. Die einzelnen Polster erheben sich voneinander getrennt durch Zwischenräume, die indessen von den überneigenden Blättern der Büsche vollständig verdeckt werden. Die Tussock- büsche Südgeorgiens scheinen ähnliche Standorte wie die Azore//a-Polster Kerguelens zu bevor- zugen. Wie diese kommen sie nicht auf sumpfigem Boden, auch nicht oder nur kümmerlich an Bachrändern vor, sondern an Hängen, welche Schmelz- und Regenwasser rasch abfließen lassen. Wiırr fand auch, daß sie sehr gut auf den am Strand stehenden Felsblöcken gedeihen und auf denselben eine dicke Decke über einer Torfschicht bilden. Von der Flutgrenze der Meeresküste steigt die Tussockformation bis zu einer Höhe von ca. 300 m und bedeckt an den geschützten Nordhängen ununterbrochen große Flächen. Ebenso bedeckt die Acaena adscendens in dichter geselliger Vegetation größere Flächen besonders an den Nordhängen, liebt aber im Gegensatz zu oa flabellata nicht zu trockene Standorte; in den Thälern bevorzugt sie die Ufer der Bachläufe, an den steilen Berghängen die feuchten, durch Felsen geschützten Stellen. Es scheint nach diesen Bemerkungen von Wirt, als ob Poa und Acaena ın ähnlicher Weise sich in den Boden teilen, wie auf den Kerguelen Azore/la und Acaena. Wırı erwähnt auch, daß die Blätter der 7a, selbst wo sie den stärksten Stürmen ausgesetzt seien, nur wenig an den Blattspitzen zerschlitzt würden, und ebenso ist ja auch die Azorella dank ihrer Organisation an die exponierten Standorte angepaßt. Indessen wird man die Tussockformation der wüstenartigen Azore//a-Formation nicht gleichwertig setzen können. Die übrigen Pflanzenarten haben beschränktere Verbreitung. An trockenen sonnigen Hängen kommen P%leum alpinum L. und Festuca erecta D'Urv. vor. Colobanthus subulatus Hook. f. ist sehr häufig und gehört ebenso wie C. kerguelensis zu der antarktischen Polsterform. Sie wächst in kleineren Polstern bis 10 cm Durchmesser an Felsen der Steilküsten, in größeren Rasen bis zu ı qm Umfang auf trocknerem Boden zwischen Moos bis zur oberen Grenze der Phanerogamenvegetation. Die drei Farnkräuter sind ausschließlich auf Felsspalten beschränkt. 1) Abbildung des Tussockgrases siehe: WILL in: G. NEUMAYER, Die internat. Polarforschung 1882—83, Bd. II, S. 176. Ver- gleiche ferner weiter unten S. 94 und das Kapitel über die Flora der Falkland-Inseln. 91 92 H. SCHENCK, Am häufigsten ist ZZymenophyllum peltatum Desv., die beiden anderen Arten, Aspidium mohrioides Bory und Cystopteris fragilis BenH, dagegen wurden nur an je einer einzigen Fels- wand aufgefunden. Auf sehr feuchtem Boden bildet Deschampsia (Aira) antarctica E. Desv. kleine, saftig grüne Wiesen, besonders da, wo Wasserrinnen in der Nähe des Strandes allmählich verlaufen. In höheren Lagen steht das Gras meist kümmerlich und vereinzelt zwischen dem Schutt der Berghänge. Rostkovia magellanica Hook. f, durch dunkle, grünbraune Färbung der Blätter von weitem kenntlich, ist charakteristisch für sumpfigen Boden, den sie in dichten Rasen oder in 20—30 cm breiten, vielfach kreis- oder spiralförmig gewundenen Streifen bedeckt. Sie wächst sehr häufig mit Deschampsia antarctica zusammen. Zu der Sumpf- und Wasservegetation gehören ferner Ranunculus biternatus Smrru, welche sich an Bachrändern vegetativ reich entwickelt, und Callitriche verna L. Ferner wurde Colobanthus crassifolius Hook. f. vereinzelt zwischen Moos auf sehr nassem, sumpfigem Boden in den Niederungen, Juncus Novae Zealandiae Hoox. f. in kleinen Wassertümpeln des unteren Whalerthales gefunden. Was die Verbreitung der Vegetation nach Bodengestalt, Insolation und Windexposition anbetrifft, so ist folgendes zu bemerken. Der Gebirgszug der Insel steigt in steilen Abstürzen von der See auf, fast überall ohne breiteres Vorland. Die Steilküsten sind fast völlig frei von Vegetation und können nur an kleinen Vorsprüngen Tussock und Acaena oder Moose beherbergen. Die steileren Thonschieferhänge bieten der Vegetation keine Gelegenheit zur Ansiedlung, weil die durch die Verwitterung und Frostwirkung gebildeten Schuttmassen sich sehr oft in Ab- wärtsbewegung befinden. An den die Royal-Bay begrenzenden Bergkämmen, die von Südost nach Nordwest streichen, sind die Nordhänge, sofern sie nicht zu steil sind, von der Flutgrenze bis zu 300 m mit üppigster Vegetation bedeckt, die kaum von der Sonne getroffenen Südhänge dagegen vollständig öde und vegetationslos. In den Thälern breitet sich die Vegetation auf der Sohle nur bis zu einer bestimmten, durch die Insolation bedingten Grenzlinie nach den Süd- abhängen hin aus, welche letztere lange mit Schnee bedeckt bleiben. Die Schneebedeckung der Südhänge und die heftigen ständigen Westwinde sind die Ursachen dafür, daß nur auf den nördlichen und östlichen windgeschützten und den Sonnenstrahlen ausgesetzten Hängen Pflanzen- wuchs sich entwickeln kann, in ganz ähnlicher Weise, wie dies SchimpER auch von Kerguelenland hervorhebt. Im allgemeinen findet sich eine üppige Vegetation auf der Insel also nur an der Nordostküste und auf den niedrigen Teilen der Nordspitze. Entwickelung der Vegetation. Im November, wenn der Schnee in den tieferen Regionen weggeschmolzen ist, beginnt die Vegetation ihre Entwickelung, im März geht mit der Bedeckung des Bodens durch neuen Schnee die kurze Periode zu Ende. Da die meteorologischen Verhältnisse schwanken, so kann die Vegetationszeit kürzer oder länger ausfallen. Wırr erwähnt, daß infolge der hohen Schnee- decke des Jahres 1882 Acaena adscendens Van. erst gegen Ende Oktober und Anfang November wieder zu vegetieren begann, dagegen im Jahre 1883 infolge geringerer Schneebedeckung des Landes schon Anfangs August neue Blätter entwickelte. 92 Subantarktische Inseln. 93 Die Kürze der Vegetationsperiode bedingt hier wie auch auf Kerguelen den Mangel ein- jähriger Pflanzen. Die gesamte Flora besteht nur aus ausdauernden Kräutern. Die Hauptblütezeit der meisten Gewächse fällt in den Januar, jedoch zeigen die einzelnen Arten bezüglich des Aufblühens einige Verschiedenheiten. oa flabellata Hoor. f., das Tussock- gras, beginnt schon Anfangs November in vereinzelten, an schneefreien, nach Norden gelegenen Standorten wachsenden Exemplaren zu blühen, während die allgemeine Blütezeit dieses Grases Ende des Monats stattfindet; Wırr fand aber auch noch Ende Januar an Stellen, wo der Einfluß der Sonne sich nicht so intensiv hatte geltend machen können, einzelne Pflanzen in voller Blüte. Deschampsia antarctica E. Desv. und Phleum alpinum L. blühen im Februar, Zestuca erecta DURVv., Rostkovia magellanica Hook. f., Colobanthus subulatus Hoox. f. im Januar. Acaena adscendens Vanr beginnt an besonders günstigen sonnigen und windgeschützten Standorten schon Mitte November zu blühen, während die Blätter noch weit in der Entwickelung zurück sind; allgemein kommt sie aber erst im Januar zur Blüte. Wırr sagt von ihr: „Die Blütezeit ist völlig vom Standort abhängig; sie erstreckt sich über längere Zeiträume, und man darf nur die etwas höher gelegenen und an die Südhänge sich anschließenden Partien der Thäler aufsuchen, um während des ganzen Sommers hindurch blühende Exemplare aufzufinden.“ Die kleinere Acaena laevigata Aır. stand Anfangs Januar in vollster Blüte. Zur Charakterisierung der Vegetationsbedingungen sei erwähnt, daß Roggen, welcher von Wırr während des Aufenthaltes auf Südgeorgien im November 1882 ausgesät wurde, bis zur Körnerbildung sich entwickelte, aber infolge eines Schneesturmes am 30. März 1883 nicht völlig ausreifte, daß Kartoffelpflanzen in gleicher Zeit 10 cm hoch wurden, nicht zur Blüte gelangten, aber je 10—ı2 Knöllchen von Erbsen- bis Haselnußgröße erzeugten. Trotz der kurzen Vegetationsperiode und der durch die heftigen Winde bedingten un- günstigen Verhältnisse für Blütenbestäubung und Fruchtreife gelangen die einheimischen Pflanzen zur Ausbildung reifer Früchte. Das Tussockgras lieferte verhältnismäßig sehr geringe Ausbeute an keimfähigen Samen. Von Zestuca erecta und Montia jontana wurden am 20. Januar reife Früchte gesammelt, Acaena adscendens gelangt an günstigen Standorten zu voller Fruchtreife, und Wırr fand im Frühjahr die Früchte in Keimung. Kryptogamen. Nächst den Phanerogamen spielen nach Wırr die Laubmoose in Zahl der Arten und üppigen Moosrasen eine wichtige Rolle in der Zusammensetzung der Vegetationsdecke, besonders in den sehr feuchten, häufig sumpfigen Thalniederungen, sowie auch auf dem Hochplateau nörd- lich von der Royal Bay. Die Polytrichaceen herrschen vor, besonders PP. Zimmioides K. Mürt. und 7. macroraphis K. MürrL, welches auf weit ausgedehnten Strecken des Hochplateaus den steinigen Boden mit oft fußdicken Schichten bedeckt. In den Thalniederungen und auf den Terrassen des Hochlandes auf sumpfigem Boden herrscht dagegen Darbula runcinata K. Mürı. vor, wächst dort zusammen mit Acaena adscendens und Kostkovia magellanica und giebt Ver- anlassung zu Torfbildung. Auch die Lebermoose sind zum Teil ziemlich häufig, die Mehrzahl gehört zu den Jungermanniaceen; Marchantia polymorpha L. kommt an Bachufern vor. 93 94 H. SCHENCK, Unter den Flechten erscheinen einige Arten massenhaft, so auf den moosbedeckten Flächen des Hochplateaus C/adonia rangıferina Horrm. ferner Steta Freycineti Der. und endo- chrysea Der. Die häufigste Flechte aber ist der auch für Kerguelen sehr charakteristische Neuropogon melaxanthus NxL., welcher mit seinen aufrechten, reich verzweigten Räschen die Felsen weithin überzieht und sich noch in Höhen von über 600 m an den Bergkämmen vor- findet, während er in tieferen Regionen seltener ist. Unter den Krustenflechten ist das die Strandfelsen überziehende Amphiioma dimorphum MüırL. Arg. besonders zu erwähnen. Vegetation der Cumberland-Bai. Die Beobachtungen Wirr’s über die Vegetationsverhältnisse Südgeorgiens, auf welche sich die vorstehende Darstellung gründet, werden durch SKOTTSBERG'), den Botaniker der schwedischen Südpolar-Expedition, im wesentlichen bestätigt; in einigen Punkten aber erfahren sie Ergänzung. SKOITSBERG verweilte auf der Insel vom 22. April bis ı5. Juni 1902. Das Exkursionsgebiet umfaßte die Küsten der nordwestlich von der Royal Bay, dem Standquartier der deutschen Expedition, gelegenen großen Cumberland-Bai. Obwohl der Winter schon seit längerer Zeit ein- getreten war, fand SKOTTSBERG an sonnigen Stellen noch die eine oder andere Phanerogame, allerdings ganz vereinzelt, in Blüte. Es ist dies sehr bemerkenswert und zeigt, daß die Vegetation jede günstige Konjunktur des Klimas bis zum Eintritt der Schneebedeckung ausnutzt. Ueber- haupt war der Aufenthalt sehr von der Witterung begünstigt; vom 14. bis 26. Mai war das Wetter ruhig und sonnig, der Schnee schmolz zum großen Teile fort, die Temperatur stand oft mehrere Grade über 0°, bis dann am 27. Mai Schneefall eintrat, und bei der Abreise am ı35. Juni die Schneedecke ı m hoch lag’). Auch in der Cumberland-Bai ist an den Küsten die Tussockformation’) sehr ver- breitet und zieht sich vom ebenen Strand an geschützten Buchten, wo sie ihren besten Standort hat, in den Thalsenkungen und an den Berghängen bis 250—300 m hinan, selbst an den steilsten Abhängen, sofern diese nicht starkem Steinrutsch ausgesetzt sind. Sie meidet feuchte Senkungen und nasse Orte. Viele der kleinen Inselchen an der Küste sind vollständig mit Tussock bedeckt. Da wo das Tussock sich nicht angesiedelt hat und der Boden auch nicht allzu sumpfig ist, erscheint eine Wiesenformation, dichte Grasmatten von Phleum alpinum L. und Festuca erecla D’Urv., letztere gewöhnlich überwiegend. Die Wiesen ziehen sich bedeutend weiter land- einwärts als das Tussock und höher an den Felshängen aufwärts, bis sie sich allmählich auflösen, Auch Deschampia antarctica Hoor. f. nimmt teil an der Wiesenbildung und bildet an etwas feuchten Stellen oft größere reine Bestände. Die beiden Acaena-Arten sind zwar auch in den Wiesen vorhanden, haben aber geringere Bedeutung; Moose und Flechten dagegen spielen eine wichtige Rolle in denselben. Acaena adscendens bildet dichtes Flechtwerk, in welchem Galmum antarcticum eingebettet gefunden wurde, am Grunde von Felswänden, an feuchten Bachlehnen. Sie umgürtet die Tussock- bestände längs der Strandlinie und dringt in sie auch ein, wo die Grasbüschel weiter aus- einanderstehen. I) SKOTTSBERG, ]. c. S. 216. 2) ANDERSSON, Globus, Bd. LXXXIII, S. 104. 3) SKOTTSBERG bringt auf einer Tafel die Darstellung eines Tussockbestandes nach einer Photographie. Auch in der Zeitschrift Globus sind einige Aufnahmen der Expedition reproduziert, ebenso in dem Werke O. NORDENSKJÖLD’s: Antarctic, 1904, Bd. H, S. 27 ff. 94 Subantarktische Inseln. 95 Nasse Stellen sind mit Aostkovia magellanica Hook. f. bewachsen, untermischt mit Juncus Novae Zealandiae Hooxr. f. und Aanunculus biternatus Su. An die unmittelbare Nachbarschaft von Bächen, Wasserfällen ist eine besondere Vegetation gebunden, welche vorwiegend aus lebhaft grünen Moospolstern mit eingesprengter Montia fontana besteht. Callitriche verna L. und R. biter- natus gedeihen üppig in Flußbetten, scheinen aber daselbst nie zu blühen. Eine ziemlich eigenartige Vegetation nimmt große Strecken auf Moränenboden der Cumberland-Bai ein. SKorrSBERG bezeichnet sie als eine Art magerer Wiesenvegetation, in welcher die Phanerogamen sparsam bleiben. Zestuca erecta, Phleum alpinum, Deschampsia antarctica, die beiden Acaena-Arten, Zycopodium magellanicum treten hier auf, Moose und Flechten spielen die wichtigste Rolle. Für Tussock scheint der Boden zu feucht zu sein. Sehr charakte- ristisch für diesen Standort ist Colobanthus crassifolius. Mit zunehmender Meereshöhe wird die Vegetation immer ärmer. Schon auf den Gipfeln von niederen, kaum 100 m übersteigenden Hügeln herrscht, falls die Winde freien Zutritt haben, eine Flechtenheide aus SpAaerophorus, Stereocaulon magellanicum, Neuropogon melaxanthus Nyr, Stieta Freycinetu, untermischt mit Moosen, und auf dem Gestein findet sich überall A%220- carpon geographıcum. Die Phanerogamen der Wiesen treten hier äußerst sparsam auf und bleiben mehr oder weniger zwergig. Zestuca erecta, Phleum alpinum und Deschampsia antarctica, be- sonders die letztere, wurden noch bis nahe soo m Höhe gefunden. Im allgemeinen reichen die Wiesen nur bis 300 m. Auf den Felsenkämmen traf SKOTIsBERG ebenfalls die weit verbreitete antarktische Flechte Neuropogon melaxanthus an, welche sich aber nur an windgeschützten Stellen voll entwickelt. Die höheren Felsgipfel sind ganz frei von Vegetation, bis auf vereinzelte Moospolster oder einige Krustenflechten. $ 6. Die Sandwich-Inseln. Die botanisch noch unerforschten Sandwich-Inseln'), südwestlich von Südgeorgien zwischen 56° und 59° S. Br. und 26° und 28° W.L. gelegen, bestehen aus etwa ı6 kleinen Inseln, die in Form eines nach Westen offenen Bogens angeordnet sind. Die nördlichste ist die 350 m hohe Sawadowskji-Insel, ein Vulkan, der im Jahre 1820 von seinem Entdecker von BELLINGHAUSEN in Thätigkeit angetroffen wurde; diese Insel war fast gänzlich schneefrei. Die übrigen Inseln, deren geologischer Aufbau unbekannt ist, sind größtenteils mit Schnee und Eis bedeckt. Coor’) erwähnt, daß zwei Hügel frei von Schnee gewesen seien und augenscheinlich grünen Rasen trugen. Es ist also wahrscheinlich, daß einige südgeorgische Gräser sich bis hierher ausgebreitet haben. Ohne Zweifel sind Moose und Flechten bei späterer Erforschung zu erwarten, nach den auf den anderen Inseln gemachten Erfahrungen vielleicht auch endemische Kryptogamen. $ 7. Die Bouvet-Insel. Die einsam im Ocean gelegene Bouvet-Insel wurde von der deutschen Tiefsee-Expedition°) am 25. November 1898 wieder aufgefunden, und ihre Lage auf 54° 26° S.Br, 3° 24° O.L. 1) K. FRICKER, Antarktis, Berlin 1898, S. 116. 2) J. D. HoOKER, Flora antarctica, p. 216. 3) €. CHun, Aus den Tiefen des Weltmeeres, 2. Aufl., Jena 1903, S. 175. 95 96 H. SCHENCK, bestimmt. Bei einer Ausdehnung von 5,1 zu 4,3 Seemeilen erhebt sich der aus basaltischem Gestein bestehende, oben einen weiten Kraterrand zeigende Inselberg zu 935 m. Seine Hänge dachen sich nach Süden und Osten sanft ab, nach Norden und Westen stürzt die Küste steil ab. Die Bouvet-Insel liegt in einer nach Norden sich erstreckenden Kältezunge des ant- arktischen Meeres noch innerhalb der äußersten Grenzlinie des Packeises; sie ist ganz ver- gletschert, bis auf die besonders am Nord- und Westrand befindlichen Steilabstürze, und bietet daher für Pflanzenwuchs weit ungünstigere Verhältnisse als das auf gleicher Breite gelegene Südgeorgien. Cnun') berichtet, daß keine Spur von Vegetation, auch nicht mit dem Fernrohr aus einer Entfernung von nur 2 Seemeilen, wahrgenommen werden konnte. Eine Landung war leider unmöglich. Immerhin darf man annehmen, daß an den Felsen noch eine kümmerliche Vegetation aus Moosen und Flechten sich vorfinden wird. Ill. Falkland-Inseln. $ 1. Botanische Erforschung und Litteratur. Die botanische Erforschung der Falkland-Inseln verdanken wir hauptsächlich Sir J. D. Hooker, dem Botaniker der antarktischen Expedition von Sir J. C. Ross (1), welche sich auf denselben vom 6. April bis 6. September und vom ı3. November bis 17. Dezember 1842 auf- hielt. Hooxer (2) gab in seiner bekannten Flora antarctica die Beschreibung und Abbildung der meisten Arten, nebst Bemerkungen über die biologischen Verhältnisse, die erste zusammen- fassende Bearbeitung auf Grund seiner Sammlungen, sowie derjenigen von GAUDICHAUD, DARWIN, WricHt und Lyarr. CHartEs Darwin nahm an der Weltreise des Kapitäns Frrz Rov auf der „Beagle“ 183 1 bis 1836 teil. Er hatte Gelegenheit, von März bis Mai 1834 die Falkland-Inseln zu durchstreifen und gab Schilderungen von ihrer Beschaffenheit (3). A. Grisesach (4) brachte 1872 in seiner „Vegetation der Erde“ eine kurze Darstellung der Vegetationsverhältnisse auf Grund der seitherigen Publikationen. Die „Challenger“-Expedition berührte 1876 die Inseln und nahm nur einen kurzen Aufenthalt vom 22. Januar bis 6. Februar. Im Reisebericht (5) finden wir Angaben über die Natur und das Klima des Landes, im botanischen Teil eine von W. B. Heustey (6) aufge- stellte vollständige Liste der Flora nebst Bemerkungen über die Zusammensetzung und Herkunft derselben. In dem Werke N. Arsorr's (7) über die feuerländische Flora ist betreffs der falk- ländischen Flora nur ein kurzer Vergleich beider enthalten. Die Abhandlungen von A. FrAncHEr (8), von N. Arzorr (9), P. Dusen (10) und P. Harıor (11) über die Flora von Feuerland sind von Wichtigkeit insofern, als aus ihnen hervorgeht, daß eine größere Anzahl bisher für die Falk- land-Inseln als endemisch angesehener Arten auch auf Feuerland einheimisch ist. ı) Ibid. S. 191. 96 Subantarktische Inseln. 97 Erst in neuester Zeit, im Jahre 1902, sind die Falkland-Inseln wieder von einer wissenschaft- lichen Expedition besucht worden, nämlich von einem Teil der von O. NORDENSKJÖLD geleiteten schwedischen Südpolar-Expedition. Der Geologe J. G. AnpErsson (12) und der Botaniker K. SKotts- BERG stellten Forschungen an. Die Bearbeitung der botanischen Ausbeute steht noch aus. Die von dem Zoologen RUPERT VALLENTIN 1901—1902 auf den Falkland-Inseln ge- sammelten und von J. Cosmo Mervırr (13) publizierten Pflanzen enthalten keine neuen einheimischen Arten. Unter den von HooreEr in der Flora antarctica noch nicht erwähnten eingeschleppten (Grewächsen neuerer Zeit ist Ulex europaeus L. bemerkenswert, von welchem VALLEntin im November große Büsche in voller Blüte antraf. ı) Ross, JAMES CLARK, A voyage of discovery and research in the southern and antarctic regions during the years 1839—43, Vol. II, London 1847. (Enthält p. 261—277 eine Darstellung der Vegetation der Falk- land-Inseln von ]J. D. HoOkeERr.) 2) HoOoRER, J. D., The botany of the antarctie regions of H. M. discovery ships „Erebus“ and „Terror“ in the years 1839—1843 under the command of Captain Sir JAMES CLARK Ross. Part II. Botany of Fuegia, the Falklands, Kerguelen’s Land etc, London 1847. 3) Darwın, CH., Reise eines Naturforschers um die Welt. Deutsche Uebersetzung von V. CARus, 1875, S. 216. 4) GRISEBACH, A., Die Vegetation der Erde, Bd. II, 1872, S. 544. 5) Challenger Report: TızarD, MoSELEY, BUCHANAN and MURRAY, Narrative, Vol. I, Pt. 2, 1885, p. 883, Falkland Islands. 6) Challenger Report, Botany, Vol. I, 1885: W. B. Hrmstey, Report on present state of knowledge of various insular floras, p. 55 —62 distribution of Falkland Islands flowering plants. 7) ALBOFF, N., Essai de Flore raisonnee de la Terre de Feu. Annales del Museo de la Plata, Seccion botanica, La Plata 1902. 8) FRANCHET, A., Phanerogamie in: Mission scientifique du Cap Horn 1882—1883, T. V, Botanique, Paris 1889. 9) ALBOFF, N., et Kurtz, F., Enume£ration des plantes du canal de Beagle. Revista del Museo de la Plata, T. VII, 1896. 10) Dustn, P., 1) Die Gefäßpflanzen der Magellansländer. Wissenschaftliche Ergebnisse der schwedischen Ex- pedition nach den Magellansländern unter Leitung von OTTO NORDENSKJÖLD, Bd. III, Stockholm 1900. — 2) Zur Kenntnis der Gefäßkryptogamen des südlichen Patagoniens. Öfversigt af Kongl. Vet.-Akad. För- handl., Bd. LVIII, 1901. ı1) Harıor, P., Liste des Phanerogames et des Cryptogames vasculaires recoltees A la Terre de Feu par WILLEMS et Rousson 1890— 1891. Journal de Botanique, T. XIV, 1900, p. 148. 12) ANDERSSON, ]J. G.. Geogr. Journal, Bd. XXI, 1903, S. 159. (Vergl. Referat in Geogr. Zeitschrift, 1903, S. 173.) Ferner: J. G. ANDERSSON in: OÖ. NORDENSKJÖLD, Antarctic, Bd. II, Berlin 1904, S. 5 ff. 13) MELVILL, J. Cosmo, Report on the plants obtained by Mr. RUPERT VALLENTIN in the Falkland Islands, 1901 to 1902. Memoirs and Proceedings of the Manchester Literary and Philos. Society, Vol. XLVII, 1902 — 1903, No. 10, p. I-8. $ 2. Lage und Beschaffenheit. Die Falkland-Inseln®), 1592 von Davıs entdeckt, liegen 51—53° S. Br. und 57',—61'), W. L. Gr. in einer Entfernung von 300 Meilen von der Magellanstraße; ihr Polabstand entspricht demjenigen von London auf der nördlichen Halbkugel. Die Gruppe besteht aus 2 großen Inseln, West- und Ostfalkland, beide durch den fjord- artigen Falkland-Sund getrennt, und aus zahlreichen kleinen umliegenden Inselchen. Sie umfassen ein Areal von 12532 qkm. 0 1) SIEVERS, Amerika, 1894, S. 43. en Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı1899. Bd. II. ı. Teil. 13 98 H. SCHENCK, Die Küsten der beiden Hauptinseln sind an den Außenseiten durch zahlreiche tiefe Buchten reich gegliedert. Die Oberfläche des Landes, von flacher oder wellenförmiger Be- schaffenheit, erhebt sich zu Mittelgebirgen, welche nur 600—700 m Höhe erreichen. Die Inseln sind nicht vulkanischen Ursprunges, sondern gehören ihrer Bildung nach zum siidamerikanischen Kontinent. Die Tiefenlinie von 200 m, welche von der Küste Feuerlands aus nach Osten die Inseln umfaßt, verbindet sie mit Südamerika. Nach ]J. G. AnDERsson sind sie hauptsächlich aus Devonsandstein, in welchem sich viele marine Fossilien vorfinden, aufgebaut; als Unterlage des Devons wurde bei Cap Meredith Gneiß und Granit beobachtet. Eine sehr merkwürdige Bodenbildung liegt in den Steinströmen') vor; an vielen Stellen bedecken große Blöcke und Steine die Sohle der Thäler. Der Transport dieser umfangreichen Gesteinstrümmer thalwärts soll nach Anpersson durch Schneeschmelzwässer in früheren Zeiten bewirkt worden sein. Die Beobachtungen Anpersson’s an den Strandlinien ergaben, daß die Inseln vor der Eiszeit 30— 50° höher aus dem Meere emporgehoben, in einer postglacialen Zeit aber mindestens 210° tiefer als gegenwärtig in das Meer versenkt waren, Die in britischem Besitz befindlichen Falklands sind bewohnt. Die Einwohner treiben hauptsächlich Schafzucht. 83, Klima Auf den Falkland-Inseln sind in Port Stanley zusammenhängende meteorologiche Be- obachtungen vorgenommen worden, welche uns aus den Referaten und Erörterungen von ]. Hann’) zur Verfügung stehen. Die wichtigsten, uns interessierenden Daten sind in der nach- folgenden Tabelle enthalten: Port Stanley, Falkland-Inseln, 51° 41‘ S. Br., 57° 51 W.L. : Mittlere nn a Mittl. Monats-| Tempera- Sa Bewöl- ae Wind- Mittel Mittel Mittel Berne extreme tur des | tigkeit kun Me Er NE I: Da: DC: IE, er oh a. I | nm Tage 1875—77 | 1882 —83 18897 | 1875—77 1875—77 | 1882—83 1875—77 | 1875—77 | 1882—83 | | | | Dezember 8,2 9,0 9,8 11,7 | 4,7 18,1 | —o,l 10,4 76 7:4 50 21,0 4,8 Januar 9,8 8,9 10,5 13,4 | 6,2 | 19,5 1,9 | 10,3 72 | 72 69 | 21,3 44 Februar 9,2 9,4 11,2 12,8 5,6 19,5 1,6 10,4 76 7,2 55 19,3 4,2 März 52 6,9 9,9 12,4 6,0 17,8 0,3 757: 81 6,6 43 18,3 45 April 6,6 5,5 6,3 9,5 | 3,6 | 14,3 0,5 5,7 34 | 6,4 5I | 22,3 41 Mai 4,6 4,1 5,2 7,0 2,2 10,3 33 4,8 90 6,9 43 19,3 3,8 Juni 33 2,2 1,4 5,3 1,2 7,8 —2,9 3.4 91 7,6 37 20,0 3,8 Juli 2,5 2,9 Bol 4,8 0,2 8,2 | —4,I 2,7 gı 7,2 47 20,3 4,8 August 3,1 3,2 1,1 5,6 | 0,6 9,5 13,7 37 88 | 67 30 22,0 4,8 September 4,4 4,0 2,3 7:3 1,5 12,1 | —2,7 | 4,1 81 6,2 2 15,7 3:5 Oktober 5,0 6,1 6,3 8,0 2,0 13,4 | — 2,1 6,6 82 len 34 21,3 49 November TER 7,9 9,2 10,3 2; 17,0 | —0,I 8,9 76 7:9 29 15,3 4,4 Jahr | 6,1 5,84 6,3 9,0 Bet 21,6 | —5,4 6,6 82 71 517 | 236,1 43 ı) DArwın, Reise um die Welt, S. 225. — ANDERSSON, Geogr. Zeitschr., 1903, S. 173. 2) J. Hann, Meteorologische Zeitschr., 1881, S. 298 (Beobachtungen 1875—77); 1884, S. 78 (Beobachtungen August 1882 bis August 1883); 1889, S. 80 (Beobachtungen 1887). — J. Hann, Handbuch der Klimatologie, 2. Aufl., Bd. III, 1897, S. 466. 98 Subantarktische Inseln. Aus den Temperaturdaten geht hervor, daß im Vergleich zu Kerguelen Falkland, obgleich über 2° südlicher gelegen, eine um etwa 2° C höhere mittlere Jahrestemperatur hat. Im Winter- mittel zeigt sich allerdings kaum ein Unterschied; das absolute Winterminimum beträgt auf Falkland —7,3°, auf Kerguelen —8°. Der Sommer dagegen ist im Mittel auf Kerguelen um etwa 3—4° kühler, und das Sommermaximum von 17,3° niedriger als das auf ersterem beob achtete von 24,4°. Kerguelen zeigt also in höherem Maße die oceanische Gleichmäßigkeit der Temperatur als Falkland. Auf den Falkland-Inseln hat der Sommer im Mittel 9—ı0°, der Winter etwa 3°, die Jahresschwankung beträgt etwa 7°. Die mittleren Monatsminima sinken zwar fast das ganze Jahr unter 0°; nur Januar bis April sind ausgenommen; indessen sind die Minima nur geringe und das durchschnittliche Jahresminimum beträgt nur — 5,4°, so daß die Vegetation durch diese Fröste keinen wesentlichen Schaden erleiden kann. Von besonderem Interesse ist die Thatsache, daß die Meerestemperatur in der Regel etwas höher ist als die Lufttemperatur, wie auch aus der Tabelle hervorgeht. Im Challenger Report'), wird die Ursache dieser Erscheinung auf die aus SW. kommende Meeresströmung, welche an den südlichen Küsten der Inselgruppe Baumstämme von der Staten-Insel oder von Feuerland her antreibt, zurückgeführt. Die Oberflächendrift, die durch westliche Winde an die Westküste von Südamerika getrieben wird, gabelt sich etwa zwischen Chilo& und Valparaiso und entsendet einen Ast längs der Küste von Chile und Peru nach Norden, den anderen südwärts in kältere Zonen, erwärmt die Küsten von Feuerland, läuft um Kap Horn und übt mildernden Einfluß sogar noch bis zu den Falkland-Inseln aus. An der Westküste Patagoniens ist die mittlere Meerestemperatur fast stets höher als die der Luft. Die jährliche Regenmenge betrug 1875—77 517 mm, 1887 717 mm; sie verteilt sich ziemlich gleichmäßig über die Monate, ebenso auch die Zahl der Regentage, welche 1875—77 auf 236, 1887 auf 234 sich belief. Auch in der mittleren Bewölkung, welche zwischen 64 Proz. und 79 Proz. schwankt, und in der relativen Feuchtigkeit, welche sich zwischen 72 Proz. (im Januar) und 91 Proz. (im Juni und Juli) bewegt, zeigt sich die große Gleichförmigkeit des Klimas. Die Bewölkung ist eine sehr beträchtliche. Völlig wolkenlose Tage kommen nicht vor. Das Klima der Falkland-Inseln ist ein sehr windreiches. Kalmen sind sehr selten; fast ständig weht der Wind mit beträchtlicher Stärke, häufig stürmisch. Die meisten Winde kommen aus SW, W. und NW. Östwinde dagegen sind selten. Nach Hann’s Zusammenstellung stimmen Frühling und Sommer einerseits, Herbst und Winter anderseits, in Bezug auf die Häufigkeit der Winde überein: Die Zahl der Tage mit Wind beträgt N. NO. @! so. S. SW. W. NW. Kalmen Frühling und Sommer 9,6 6,3 5,3 8,0 24,7 52,0 46,7 25,7 2,7 Herbst und Winter 14,0 4,0 7,0 Se 13,3 30,0 61,7 37,0 13,0 Diese häufigen Winde üben einen tiefgreifenden Einfluß auf die Vegetation aus; das flache oder wellenförmige Land ist ihrer ganzen Gewalt preisgegeben. Baumwuchs ist infolge- dessen im Gegensatz zu Feuerland ausgeschlossen. Die Winde bewirken einen häufigen dem ı) Narrative, Vol. I, Pt. 2, p. 886. 99 100 H. SCHENCK, Pflanzenwuchs schädlichen Wechsel von kalt und warm, von feucht und trocken. J. D. HookEr') hebt dies treffend hervor. Die S- und W.-Winde sind heftig, kalt und oft mit Schneestürmen verbunden, die O.- und N.-Winde kommen aus wärmeren Meeren, mit Feuchtigkeit beladen, welche, rasch kondensiert über der kalten Oberfläche des Bodens, Nebel bildet, so daß die Sonnen- strahlen nicht durchdringen können, während die NW.-Winde ausnehmend trocken und verdorrend wirken, da sie von den patagonischen Ebenen her wehen. Nicht nur die Pflanzenwelt muß sich diesen ungünstigen Bedingungen anbequemen, auch unter den Tieren zeigen sich manche An- passungen an das windige Klima. So fand Moserey auch auf den Falkland-Inseln einige Fliegen- arten mit rudimentären Flügeln. S 4. Flora der Falkland-Inseln. Entsprechend der größeren Nähe des südamerikanischen Kontinentes und auch dem milderen Klima ist die Flora der Falkland-Inseln bedeutend reichhaltiger als diejenige von Südgeorgien und Kerguelen. Nach Heusrey’s Liste vertreten 76 Arten die Dicotylen, 39 die Monocotylen. Dazu kommen noch 2 Arten, welche von Hemsrey nicht verzeichnet sind, nämlich Zestwca erecta pUrv. die nach Hooker auch auf Falkland vorkommt, und Draba funiculosa Hook. f., die früher nur von diesen Inseln bekannt war, nach Dusin aber auch auf Feuerland auftritt. Die Pteridophyten sind in ı2 Arten nach Hoorer’s Flora vertreten, Im ganzen beläuft sich also die Flora auf ı29 Gefäßpflanzen, denen ı8 Arten auf Südgeorgien und 30 Arten auf Kerguelen gegenüberstehen. Die weitaus größte Mehrzahl der Arten, 90 Proz. erscheint gleichzeitig auch in den südlichen Teilen von Südamerika, auf Feuerland wieder und hat mit der dortigen Flora gemein- samen Ursprung. Eine Anzahl von diesen Arten zeigen weite Verbreitung in der südlichen Hemisphäre. ı2 Arten, also ca. ıo Proz., stellen den endemischen Bestandteil der Flora war, der für eine kontinentale Inselgruppe ziemlich bedeutend ist. Endemische Arten der Falkland-Inseln: ı) //amadryas argentea Hoox f. — Ranunc. 8) Chenopodium macrospermum Hook. f. — 2) Arabis macloviana Hoox. — Crucif. Chenopod. 3) Draba Jalklandica Hoox. f. — Crucif. 9) Chloraca Gaudichaudii Brocn. --— Orchid. 4) Gnaphalium antarcticum Hoox.f.— Comp. 10) Carex acaulis DURv. — Cyperac. 5) Senecio littoralis Gaup. — Comp. ı1) Carex indecora KunrH. — Cyperac. 6) Chevreulia Iycopodioides DC. — Comp. 12) Agrostis prostrata Hoox. f. — Gramin. 7) Chabraea swaveolens DE. — Comp. Heusrey zählt mit Einschluß dieser ı2 Arten im ganzen 25 endemische Arten auf. Indessen ist in neuerer Zeit die Hälfte derselben auch auf Feuerland beobachtet worden, nämlich: nach N. Arsorr: Aanunculus seriocephalus Hoor. f, Azorella ranunculus DURv., Macro- rhynchus pumilus DC.; ı) HOOKER, Flora antarctica, Vol. II, p. 213. IOO Subantarktische Inseln. 101 nach Fr. Kurtz: Arundo pilosa DURv.; nach P. Harıor: Aanunculus sertcocephalus D’URV.; nach C. SpEGAZzINI: KRanunculus maclovianus DURYV.; nach A. FRAncHET: Zestwca antarchca Kunın, Arundo pilosa D’Urv, Agrostis falklandıca Hook. f, Macrorhynchus pumilus DC.; nach P. Dus£n: Nassauvia serpens GAaUD. Senecio Jfalklandicus HHOor. f, Azorella ranunculus DURv, Oxalis enneaphylla Cav., Acaena lucıda Van, Ranunculus hydrophilus GAUD., Uncinta macloviana GAUD.'). Danach steht zu erwarten, daß bei weiterer Erforschung Feuerlands die Zahl der falk- ländischen Endemen noch mehr reduziert wird. Immerhin deuten die Endemen, unter denen, im Gegensatz zu Kerguelen, keine eigen- tümlichen Gattungen vorhanden sind, darauf hin, daß die Inseln seit langer Zeit vom Festland getrennt bestanden haben, und sie gehören wohl mit zu den ältesten Vertretern der Flora, welche durch Nachschub aus Feuerland Bereicherungen erfuhr. Da indessen das Klima von Falkland ungünstiger ist als dasjenige Feuerlands und vor allem in den heftigen Winden einen baum- feindlichen Faktor enthält, so erscheint es verständlich, daß nur ein Bruchteil der reichen Flora dieses benachbarten Gebietes auf den Inseln sich erhalten oder zur Ansiedlung gelangen konnte. J. D. Hooxer?) hebt hervor, daß die Bäume Feuerlands und sogar solche Sträucher, wie Derberis, Escallonia, Fuchsia, Ribes etc, auf den Falkland-Inseln fehlen und daß die mittlere Temperatur zu gering sei für die Leguminosen, Malvaceen und andere prädominierende Ord- nungen Patagoniens. Auch erscheint ihm bemerkenswert, daß manche Arten, welche auf Feuer- land und in Patagonien nie in Gesellschaft zusammen wachsen, auf der Falklandgruppe durch- einander gemischt den Boden bedecken. Im Gegensatz zu HookEr, welcher die falkländische Flora als eine Mischung von feuer- ländischen und patagonischen Arten betrachtet, hebt ALsorr®) wohl mit Recht hervor, daß sie ganz zur Flora Feuerlands gehöre. Einerseits habe man zu Hooker’s Zeiten gewisse Teile Feuerlands (Nordküste der Magellanstraße, Port Famine etc.) zu Patagonien gerechnet, andererseits sei die Flora jetzt vollständiger bekannt und für manche früher nur von der Magellanstraße bekannte Arten sei jetzt die allgemeine Verbreitung in dem feuerländischen Gebiet nachgewiesen. Auch die Endemen ständen in intimster Verwandtschaft mit feuerländischen Arten. Nach Arsorr entspricht die falk- ländische Vegetation im wesentlichen ganz der Formation der „Balsambogs“ oder „tourbieres seches“, welche er auf Feuerland neben der auf Falkland fehlenden Formation der Wälder unterscheidet. Der Familienangehörigkeit nach gruppieren sich die Arten der falkländischen Flora in folgende Gruppen. Vorherrschend sind: Compositae mit 19 Arten Cyperaceae mit 10 Arten Gramineae ron Ranunculaceae „ 8 ,„ Pteridophyta Me Umbelliferae a 1) G. KÜKENTHAL, Species generis Uncinia PERS. in America meridionali extratropica sponte nascentes, Bot. Centralbl., Bd. LXXXII, 1900, S. 132, giebt als Verbreitungsgebiet von U. macloviana GAUD. mit ihren verschiedenen Formen Chile, Feuerland, Falkland-Inseln und Juan Fernandez an. 2) J-. D. HookER, Flora antarctica, Vol. II, p. 215. 3) N. ALBOFF, Essai de Flore raisonnee de la Terre de Feu, La Plata, 1902, p. 10. IOI 102 H. SCHENCK, Dann folgen: Caryophyllaceae t 5 Arten Rosaceae a Scrophulariaceae RA! E Je 2 Vertreter haben: Violaceae Haloragaceae Rubiaceae Je ı Vertreter kommt auf: Droseraceae Oxalidaceae ÖOnagraceae Callitrichaceae Myrtaceae Portulacaceae Crassulaceae Lobeliaceae Gentianaceae Örchidaceae mit 4 Arten Juncaceae a Cruciferae a „ Fricaceae Primulaceae Liliaceae Plumbaginaceae Plantaginaceae Chenopodiaceae Santalaceae Thymelaeaceae Empetraceae Iridaceae Najadaceae Centrolepidaceae In dieser Zusammensetzung der Flora zeigt sich somit eine bemerkenswerte Aehnlichkeit mit borealen Floren. Ein Vergleich der falkländischen mit der kerguelensischen Flora ergiebt folgende gemein- same Arten: Lycopodium saururus Lam. 1) ) 3) Zymenophyllum peltatum Desv. 4) Cystopteris fragilis BERNM. 5) Zomaria alpina SPR. 6) 7) Juncus scheuchzerioides GAUD. 8) 9) Agrostis magellanica Lam. Aspidium mohrioides BoRY Deschampsia antarctica DEsv. Während Kerguelen etwas mehr als ir magellanicum Hook. 10) Festuca erecta D'ÜRV. ı1) Montia fontana L. 12) Ranunculus biternatus SM. 3) E trullifolius Hook. f. 14) Tillaeca moschata DC. 5) Acaena adscendens VAnHL. 16) Callitriche verna L. 17) Zimosella aquatıca L. ) Galium antarcticum Hook. f. die Hälfte der Flora mit den Falkland-Inseln ge- meinsam hat, kehrt dagegen die gesamte Flora Südgeorgiens mit Ausnahme von 2 Arten (Juncus Novae Zealandiae Hoox. f. und Phleum alpinum L.) auf letzteren Inseln wieder. $ 5. Vegetationsformatıonen. Die flache oder wellenförmige, den Winden preisgegebene Oberfläche der Falkland-Inseln ist ein baumloses Gebiet. Trotz der heftigen Winde erscheint der Boden infolge der häufigen Niederschläge und Nebel und der kühlen Temperatur feucht, mit ausgedehnten Mooren und Sümpfen bedeckt, zwischen denen sich zahlreiche kleine Seen vorfinden. Wo das Gestein an den Hügelketten hervortritt, bildet es kahle, unfruchtbare Felsen. Subantarktische Inseln. 103 Ueberall auf diesen Mooren tritt als wichtigste Charakterpflanze der Inseln die auch auf Feuerland am Südrand des Steppengebietes und im Waldgebiet, hier meist in höheren Lagen, vorkommende, ferner auch auf der Staten-Insel auftretende Umbellifere Azorel/a glebaria A. GRAY ') (— Bolax glebaria ComMERSoN) auf, die als „Balsam Bog“ bezeichnet wird. In ganz ähnlicher Weise, wie die nahe verwandte Asorella Selago Hook. f. auf Kerguelen, wächst diese Pflanze zu großen Polstern heran, welche nach ]J. D. Hoorer’s?) Darstellung gewöhnlich halbkugelige Form und eine Höhe von 2—4 Fuß aufweisen, zuweilen aber auch breiter als hoch und sogar bis 8 oder ıo Fuß Durchmesser erreichen und getrennt voneinander auf dem Boden zerstreut stehen. Eine sehr anschauliche Darstellung von riesig entwickelten Polstern giebt uns eine Phototypie im Challenger Report°), welche die auffallende Aehnlichkeit mit der Azorel/a von Kerguelen vor Augen führt. (Vergl. unsere Taf. VIL) Die ältesten Polster beginnen an der Basis rundum zu zerfallen, so daß sie schließlich wie große Bälle mit schmaler Befestigungsstelle auf der Erde liegen. An der Oberfläche des Polsters stehen die zahllosen, kleinen Sprosse mit ihren dach- ziegeligen Blättern in einer Fläche und so dicht, daß es schwierig ist, aus der harten Schicht Stücke mit dem Messer herauszuschneiden. Auf den Polstern siedeln sich zuweilen Flechten an oder, wenn zerstörte Stellen vorhanden sind, auch andere Pflanzen. Jedes Polster geht nach HookER aus je einer einzigen jungen Pflanze hervor, die auf sehr langer, dünner Wurzel zunächst nur 2—3 kleine, sich weiterhin allseitig verzweigende Stämmchen trägt. Bei einem Durchmesser von ı Fuß ist die Oberfläche bereits ganz glatt und konvex. HooRER meint, daß die alten Polster vielleicht 100 Jahre zu ihrer Entwickelung gebraucht hätten. Das Klima der Falkland-Gruppe scheint der Entwickelung dieser Pflanze sehr günstig zu sein, denn auf der Hermite-Insel erreicht sie niemals die Form und Größe wie auf erstere. Die innere Masse der Polster besteht aus den unteren Teilen der Aeste und dem von Adventivwurzeln durchsetzten, abgestorbenen, ver- modernden Laub derselben. Dolax glebaria liefert ein im frischen Zustand weißes, an der Luft bald rotbraun werdendes Gummiharz. An warmen Tagen verbreiten die Polster aromatischen Duft. Nächst Balsam Bog ist das auch auf der Staten-Insel, Feuerland und auf Südgeorgien vorkommende „Tussockgras“, oa flabellata Hoor. fil.‘) (= FPoa caespitosa Bextn. et Hook. f-, Dactylis caespiltosa FORSTER) die wichtigste Charakterpflanze der Falkland-Inseln. Die Bestände dieses gesellig wachsenden, hohen Grases sind allerdings vielfach auf den Hauptinseln infolge der Schafzucht zerstört und haben sich nur auf den kleineren Inseln ungestört erhalten können’), früher aber bedeckten sie ganz allgemein in oft meilenweiter Ausdehnung die unter dem Einfluß der feuchten Seeluft stehenden Küstenlandschaften, besonders an den Rändern der Torfsümpfe, aber auch auf Küstensandboden, welcher durch Vogelexkremente und verwesende Meeresalgen reichlichen Dünger erhält. Hooxer beobachtete das Gras übrigens auch im Innern des Landes an unzugänglichen Klippen, wo es durch Vögel hingebracht und von diesen gedüngt wurde. In ı) P. Dustin, Gefäßpflanzen der Magellansländer, S. 145 giebt als Verbreitung im Feuerland an: „In dem Steppengebiet selten angetroffen, jedoch mit Ausnahme der südlichsten, nahe der Waldgrenze gelegenen Teile dieses Gebietes, denn hier tritt die Pflanze, be- kanntlich große, feste halbkugelige Polster bildend, reichlich auf und ist über weite Flächen verbreitet. In dem mittelfeuchten Waldgebiete tritt sie ebenfalls hier und da reichlich auf, jedoch nur an Stellen, die fast Steppencharakter besitzen“. 2) J. D. HoOKER, Flora antarctica, Vol. II, p. 285—287. — Abbildung der Pflanze in HookEr’s Icones plant., Tab. CCCCXCH. 3) Narrative, Bd. I, Pt. 2, p. 888, Pl. XXXV. 4) J- D. HooKER, Flora’ antarctica, Vol. II, p. 384 und Tab. CXXXVI-CXXXVII — B. StEm, Das Tussockgras, Gartenflora, 1885, S. 164, bringt eine Beschreibung des Grases, Notizen über Kulturversuche und auf Tafel MCXCIV ein Habitusbild, auf Tafel MCXCVII Blütenrispe und Aehrchen. 5) Nach J. G. ANDERSSON in: NORDENSKJÖLD, Antarctic, Vol. II, p. 8. 103 104 H. SCHENCK, England läßt sich das Gras in weiter Entfernung von der Küste auf feuchtem, leichtem Torfboden mit Erfolg kultivieren. Wenn es daher auf den Falkland-Inseln im Innern zurücktritt, so scheint dies vielleicht durch die Konkurrenz der übrigen Florenbestandteile bedingt zu sein. Auf Süd- georgien fand Wırr das Gras am besten gedeihend an Hängen, welche Schmelz- und Regen- wasser abfließen lassen. Das Tussockgras vegetiert auf den Falkland-Inseln in weit über mannshohen Büscheln, die sich aus Hunderten von Halmen zusammensetzen und an ihrer Basis einen 6—7 Fuß hohen» 3—5 Fuß dicken, stammartigen Ballen, bestehend aus verflochtenen Faserwurzeln und den abge- storbenen Basen der alten Halme, besitzen. Die Blätter erreichen 7 Fuß Länge. Jedes Büschel wuchs aus einer jungen Pflanze im Laufe der Jahre heran. HookEr vergleicht die Tussock- bestände mit Hainen von kleinen Palmen; die dicken cylindrischen Stöcke stehen getrennt neben- einander und bilden ein Labyrinth, welches von den riesigen wogenden Grasgarben überdeckt wird. Zur Blütezeit ragen aus dem Centrum der Garben die großen Blütenrispen weit hervor. Jedenfalls stellt dieses Gras eine höchst merkwürdige Vegetationsform vor‘), Auf Südgeorgien scheint es nicht die oben angegebenen Dimensionen zu erreichen, was sich durch die geringere Sommerwärme erklären würde. Für die Viehzucht auf den Falkland-Inseln ist das Tussockgras von der allergrößten Bedeutung, da es infolge seines Zuckergehaltes ein außerordentlich reich- liches und vorzügliches Futter liefert. Die daumendicken, zuckerreichen Wurzeln wie auch die jungen Triebe werden von den Bewohnern der Inseln als Gemüse gegessen. Gegenüber Balsambog und Tussockgras treten alle übrigen Bestandteile der Flora im Gesamtbild der Vegetation zurück. Die Balsambog-Formation entspricht der Azore/la-Formation Kerguelens, die Tussock-Formation der gleichen Formation Südgeorgiens. Tussock fehlt auf Kerguelen, Azorella auf Südgeorgien. Es ist bemerkenswert, daß beide Formationen auf den Falkland-Inseln vertreten sind, erstere im Innern, letztere an den Küsten, wo die Luftfeuchtigkeit am größten ist. Die Falkland-Inseln besitzen im Gegensatz zu Feuerland in den heftigen, ungehindert über das niedrige Land streichenden Westwinden einen entschieden baumfeindlichen Faktor ihres Klimas, trotzdem diese Winde meist mit Feuchtigkeit beladen sind und die Inseln so häufig in Nebel verhüllt liegen‘). Keine einzige Baumart des Feuerlandes kommt auch nur lokal vor, sondern als Vertreter von Holzgewächsen finden sich nur einige wenige Sträucher und nieder- liegende kriechende Zwergsträuchelchen. Der stattlichste Strauch der Gruppe ist eine Composite Feuerlands, Südpatagoniens und Südchiles, Chrliotrichum amelloides Cass., er erreicht 4—5 Fuß Höhe und bildet niedriges Ge- büsch längs der Flußufer. Sehr selten, nur auf Westfalkland an den südlichen und westlichen Küsten findet sich der zweite kleine Strauch, die in Feuerland und in Neuseeland verbreitete Veronica elliptica FORST. Die übrigen Holzgewächse sind ausschließlich kriechende Zwergsträucher Feuerlands, welche, dem Boden angeschmiegt, den heftigen Winden nicht preisgegeben sind: Zinpetrum rubrum 1) In schwächerem Maße wiederholt sich diese Wuchsform bei Spartina arundinacea CARM. auf Tristan da Cunha und Neu- Amsterdam, bei Poa foliosa Hook. f. auf den Inseln südlich von Neuseeland, bei Carex trifida CAv. ebendaselbst und im antarktischen Amerika, nach HoOKER auch bei Carex paniculata in Großbritannien. 2) Vergl. J. Frün, Die Abbildung der vorherrschenden Winde durch die Pflanzenwelt. Jahresbericht der Geogr.-ethnograph. Gesellsch. Zürich 1901/02, S. 99. 104 Subantarktische Inseln. 105 Vanr, von Ericaceen die sehr häufige Pernettya fumila Hoox. und die Gaultheria microphylia Hoox. f, ferner die kleine Thymelaeacee Drapetes muscosa Lam. und die ähnlich Vaccıinium oxycoccus auf Torfboden kriechende Myrtus nummularia Pomrer. Keine einzige endemische Pflanze gehört zu den Holzpflanzen. In welcher Weise die zahlreichen anderen Bestandteile der Flora an der Zusammensetzung der Formationen sich beteiligen, bedarf noch vielfach weiterer Beobachtungen. Aus den Stand- ortsangaben in der Flora antarctica ist nicht viel zu entnehmen. Nur folgendes sei noch hervorgehoben. Außer durch Azorella glebaria wird die Polsterform noch vertreten durch Azorella caespitosa Cav. auf Westfalkland und Azorella Iycopodioides GauD. ferner durch Colobanthus subu- /atus Hook. f. Letzterer findet sich nahe der See und dann wieder auf den Spitzen der Berge bei 700— 1000 Fuß; er ist auch auf Südgeorgien vorhanden. Eine größere Zahl von Arten beteiligt sich an der Zusammensetzung der Vegetation der Sümpfe und Moore. So gehören zu den häufigsten torfbildenden Moorpflanzen, außer den Zwergsträuchern und Azorellen, die Liliacee Astelia pumia Brown, die Ranunculacee Caltha appendiculata PERS. welche in breiten, harten Polstern den Boden bedeckt, und die sehr häufige und ausgedehnte Bestände bildende Centrolepidacee Garmardıa australis Gau. Bedeutend ist der Prozentsatz der Gräser, Cyperaceen und Juncaceen, welche teils an sumpfigen, moorigen, teils an trockenen Boden gebunden sind. Die auf Kerguelen und Südgeorgien gänzlich fehlenden Erdorchideen sind in 4 Arten aus den Gattungen Chloraea, Asarca und Codonorchis vertreten. Parasitische Lebensweise dürfte vielleicht Vanodea muscosa GAERTN. eine kleine rasenbildende krautige Santalacee, führen. Zur Formation der Wasserpflanzen gehören Myriophyllum_ elatinoides GauD, Callitriche verna L., Montia fontana L., Limosella aguatıca L., Ranunculus hydrophilus Gau». und Zrullfolius Hook. f., Azolla magellanıca WıLLD. Unter den Farnen ist von Interesse das Vorkommen von 3 Hymenophyllaceen, /Zyrneno- dhyllum peltatum DeEsv., Trichomanes flabellatum BoRY und caespilosum Hoox., von denen erstere bis nach Südgeorgien und Kerguelen vordringt, ferner von Gleichenia cryptocarpa Hoox. und Schizaea australis GauD. weil diese Formen als tropische Ausläufer betrachtet werden können. Die übrigen landbewohnenden Farne und Bärlappe, nämlich Cystopteris fragilis BERNH,, Aspidium mohrioides BorY, Lomaria alpina Hoox. f, Zomaria magellanica Desv., Zycopodium saururus Lam. und Zycopodium magellanicum Hook. f. sind fast alle in der antarktischen Inselzone weiter verbreitet. Unter ihnen herrschen nach HookeEr') Zomaria alpina und magellanica vor; erstere ist ein kleines Farnkraut, wächst aber gesellig und bedeckt oft beträchtliche Strecken, letztere wächst zwischen Felsen und erhebt ihren kurzen kräftigen Stamm, von dessen Gipfel allseitig zahlreiche Wedel abspreizen, wie ein kleiner Farnbaum oder eine zwergige Zarmia. An den Meeresküsten der Falkland-Inseln scheint eine reichhaltige und eigenartige Strand- formation entwickelt zu sein, wenigstens wird für eine Anzahl von Arten dieser Standort besonders angegeben. Hierher gehören das endemische Chenopodium macrospermum Hook. f., die Statice armeria L. (sehr häufig), die Sagına procumbens L. (wohl nur eingeschleppt!), die endemische ı) J. D. HoOKER in Ross, Voyage etc., Vol. II, p. 268. 105 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı899. Bd. II. ı. Teil. 14 106 H. SCHENCK, Arabis macloviana Hoor. Auf Felsen an der See wachsen Acaena lucida Van. und in großer Menge Oxalis enneaphylia Cav., die letztere soll im Frühlingsmonat November mit ihren Blüten die Felsen wie mit einem schneeweißen Mantel bedecken. Auch eine Graminee ist auf die Küste beschränkt, Zestzuca arundo Hook. f, nächst dem Tussock das größte Gras der Inseln. Sie bildet in Menge auf dem Strandsand 3—4 Fuß hohe große Büschel mit harten, für das Vieh ungenieß- baren Halmen und Blättern. Einige Pflanzenarten scheinen auf die Gipfel der Berge beschränkt zu sein; so soll Viola tridentata Menz. bei 1200— 1500 Fuß, Colobanthus subwlatus Hoor. f. außer an der Küste auch bei 700—1000 Fuß auftreten. Die Vegetation an den kahlen Felsen der Gebirge dürfte im übrigen eine sehr spärliche sein, abgesehen von Flechten, unter denen namentlich die in der Antarktis verbreitete zierliche Strauchflechte MVeuropogon melaxanthus Acu. zu erwähnen ist. Die Flechten erfahren nach Hooker') überhaupt auf den Falkland-Inseln eine auffallende Entwickelung. Auch längs der Meeresküste wachsen manche Arten, besonders in großer Menge die bis fuß- lange herabhängende Aamalıina scopulorum Acn. var. terebrata Hook. f. Die Moose dagegen treten zurück. Sphagnum ist zwar vorhanden, aber nicht so häufig, wie aus der Vorherrschaft der Torf- moore erwartet werden könnte. Vielmehr übernehmen Gräser, Blütenpflanzen und unter den Zwergsträuchern besonders Zmpetrum und Myrtus nummularia den größten Anteil an der Torf- bildung. Die Hauptblütezeit und Vegetationsentwickelung wird in die Sommermonate Dezember bis Februar fallen. Mangel an Sonnenschein und Sommerwärme sind die Ursache, daß Cerealien kaum gebaut werden können, Gerste und Hafer sollen schlecht reifen, Weizen überhaupt nicht. IV. Feuerland. $ 1. Botanische Erforschung und Litteratur. Die erste zusammenfassende Darstellung der feuerländischen Flora verdanken wir J. D. Hooker (1), dem Botaniker der antarktischen Expeditionen von Sir James CLAark Ross (2), welcher September bis November 1842 Aufenthalt auf der Hermite-Insel, einer der südlichsten Inseln des Archipels, nahm. Hooker’s Flora antarctica berücksichtigte die Ergebnisse aller älteren Forschungen und bildet noch heute, obwohl die damalige Zahl von 350 Gefäßpflanzen jetzt auf ungefähr das Doppelte gestiegen ist, die Grundlage, da die wichtigsten und charakte- ristischsten Gewächse ziemlich vollständig in ihr enthalten sind. Einige Angaben über die Be- schaffenheit der feuerländischen Vegetation sind in dem Reisewerke von CHARLES Darwın (3) enthalten, welcher 10 Jahre vor Hooxer als Teilnehmer der Weltreise des Kapitän Frrz Roy auf der „Beagle“ Dezember ı832 bis Februar 1833 und dann wieder Februar, März und Mai 1834 auf Feuerland sich aufhielt. Seit Hooxer’s Zeiten sind eine Reihe von Forschern und Sammlern in Feuerland thätig ı) J-. D. HooKER in Ross, Voyage etc., p. 265 u. 268. 106 Subantarktische Inseln. 107 gewesen. Von wichtigeren Publikationen aus neuerer Zeit sind hauptsächlich die Abhandlungen von FRANCHET, SPEGAZZINI, ALBOFF, Dus£n und Harıor zu erwähnen. A. FRANcHEr (4) bearbeitete die Phanerogamen der Sammlungen von Dr. SAvArıEr, welcher als Arzt an der Erdumseglung der „Magicienne“* 1877—1879 teilnahm, und von den Aerzten Dr. Hyapes und Dr. Hann, sowie von P. Harıor, welche die französische Kap Hoorn- Expedition 1882— 1883 begleiteten. P. Harıor sammelte hauptsächlich Kryptogamen. C. Spesazzını (5) nahm 1881 teil an einer argentinischen Expedition nach Feuerland. N. Arsorr, ein russischer Botaniker, erforschte im Auftrage des Museum de la Plata vom 5. Februar bis ı5. April 1896 hauptsächlich den Beagle-Kanal bei Ushuaia und die Staten- insel. Er publizierte eine wichtige Skizze (6) der Vegetationsverhältnisse des Beagle-Kanals und in Verbindung mit Dr. Fr. Kurrz zu Cordoba eine systematische Aufzählung (7) der gesammelten Gefäßpflanzen. Eine umfangreiche Darstellung der Zusammensetzung und Herkunft der feuer- ländischen Flora, welche er in Angriff genommen hatte, wurde nach seinem 1897 erfolgten Tode von EUGENE Autran herausgegeben (8). 1895— 1896, vom November bis zum April, war auch eine schwedische Expedition, von Dr. OÖ. NoRDENSKJÖöLD (9) geleitet, in den Magellansländern thätig. Der Botaniker P. Dus£n nahm an derselben teil; seine Forschungen erstreckten sich auf den mittleren Teil der Hauptinsel Feuerland, das Azopardothal, die Desolationsinsel und Ushuaia. Dus£n publizierte die von ihm gesammelten Gefäßpflanzen (10) und legte seine Beobachtungen über die Beschaffenheit und Zusammensetzung der Formationen in zwei Abhandlungen (11) nieder, welche nebst den ALBorr- schen Arbeiten als wichtigste neuere Veröffentlichungen über die feuerländische Vegetation zu be- zeichnen sind. P. Dus£n verdanken wir ferner eine Darstellung der Vegetation des westlichen Patagoniens auf Grund seiner Forschungen, die er 1896— 1897, nach seiner Reise in Feuerland, in ersterem Gebiete (Newton-Insel 50° 53‘, Puerto Bueno 51°, Molyneux-Sund 50° 16‘, Rio Aysen, Guaitecas- Inseln 43° 50° S. Br.) als Teilnehmer der 1896— 1899 nach Patagonien unternommenen Princeton- University-Expedition (12) anstellte. P. Duws£n bearbeitete endlich auch die Pflanzen, welche Dr. BorGE im südlichen Pata- gonien während der von ERLAND NORDENSKJÖLD Februar bis April 1899 nach Ultima Esperanza zur Untersuchung der Neomylodon-Höhle unternommenen Expedition gesammelt hatte (13). Ein vollständiges Litteraturverzeichnis über die feuerländische Flora ist von Dus£x in seiner ersteitierten Abhandlung S. 84—95 zusammengestellt. 1890—91ı sammelten WirrEns und Rousson an der atlantischen Küste der Hauptinsel Pflanzen, die von P. Harıor (14) bestimmt wurden. Weitere Beiträge zur Flora Feuerlands sind aus den Publikationen der belgischen und der schwedischen Südpolar-Expedition zu erwarten. Die erstere, unter A. DE GERLACHE auf dem Schiffe „Belgica“, passierte auf ihrer Fahrt nach dem Palmer-Archipel die Magellanstraße, den Beagle-Kanal und die Stateninsel im Dezember 1897 bis ı3. Januar 1898. E. Racovırza legte auf dieser Reise botanische Sammlungen an. Von der schwedischen Südpolar-Expedition unter Leitung von Dr. Ö. NORDENSKJÖLD (15), an welcher als Botaniker K. SkorisBerc, als Geologe J. G. Anpersson teilnahmen, hat ein Teil auch Feuerland besucht, im März und dann wieder von September bis November 1902. 107 14* 108 H. SCHENCK, Kleinere Mitteilungen über den Charakter der magellanischen Wälder wurden von C. Marrın (16), F. W. NEGER (17) und W. Frömepring (18) gegeben. Endlich ist auf die zusammenfassenden Darstellungen in den pflanzengeographischen Handbüchern von A. GrRISEBACH (19), A. EnGLER (20), A. F. W. ScHIMPER (21) hinzuweisen, sowie auf den Challenger Report, in welchem W. B. Heusrev (22) die Zusammensetzung und Her- kunft der antarktischen Flora erörtert. Keineswegs kann Feuerland als botanisch vollständig erforscht gelten, namentlich dürfte in der alpinen Region der höheren, äußerst schwierig zu erreichenden Gebirge noch manche neue Art von künftigen Forschern gefunden werden. ı) HOOKER, JOSEPH DaLton, The botany of the antarctic voyage of H. M. S. discovery ships „Erebus“ and „Terror“ in the years 1839—1843 under the command of Captain Sir JAMES CLARK Ross, London 1847. I. Flora antarctica. Part II. Botany of Fuegia, the Falklands, Kerguelen’s Land etc. 2) Ross, Sir JAMES CLARK, A voyage of discovery and research in the southern and antarctic regions 1839—43, Vol. II, London 1847. (Enthält p. 288 eine Darstellung der Vegetation der Hermite-Insel von ]J. D. HOoOKER.) 3) DARWIN, CHARLES, Reise eines Naturforschers um die Welt. Deutsch von V. Carus, 1875, S. 234. 4) FRANCHET, A., Phanerogamie in: Mission scientifique du Cap Horn 1882—1883, T. V, Botanique, Paris 1880. (Die Kryptogamen wurden von PETIT, ]. MÜLLER, BESCHERELLE, MASSALoNGo u. a. bearbeitet.) 5) SPEGAZZINI, C., Plantae per Fuegiam anno 1882 collectae.e Anales del Museo National de Buenos Aires, T. V, Buenos Aires 1896—97. 6) ALBoFF, N., Observations sur la vegetation du canal de Beagle. (Contributions ä la flore de la Terre de Feu, I) Revista del Museo de la Plata, VII, 1896. Mit 4 Vegetationsbildern in Phototypie! 7) ALgorr, N., et KurTz, Fr., Enum£ration des plantes du canal de Beagle. (Contributions ä la flore de la Terre de Feu, II.) Revista del Museo de la Plata, VII, 1896. 8) ALBoFF, NıcoLas, Essai de Flore raisonnee de la Terre de Feu. Anales del Museo de la Plata, Secciön botanica I, La Plata 1902. (Referat in Botan. Centralblatt, Bd. XCII, 1903, S. 209.) 9) NORDENSKJÖLD, O., Das Feuerland und seine Bewohner. Geogr. Zeitschrift, Bd. II, 1896, S. 662. — Ueber die Natur der Magellansländer. PETERMANN’s Geogr. Mitteil,, 1897, S. 212 und Karte, Taf. XVI. 10) Duszn, P., Die Gefäßpflanzen der Magellansländer nebst einem Beitrage zur Flora der Ostküste von Patagonien. Wissenschaftl. Ergebnisse der schwedischen Expedition nach den Magellansländern unter Leitung von OTTO NORDENSKJÖLD, Bd. III, Stockholm 1900. 11) — Ueber die Vegetation der feuerländischen Inselgruppe. Botanische Jahrbücher für Systematik, Pflanzen- geschichte und Pflanzengeographie, Bd. XXIV, 1898, S. 179. — Die Pflanzenvereine der Magellansländer. Wissenschaftl. Ergebnisse der schwedischen Expedition nach den Magellansländern unter Leitung von OTTO NORDENSKJÖLD, Bd. III, No. 10, Stockholm 1905‘ 12) SCOTT, W. B., Reports of the Princeton University Expeditions to Patagonia 1896—1899; J. B. HATCHER in charge, Vol. VIII, Botany. Part I. The vegetation of Western Patagonia by PER Dus£n, 1903, Princeton, N.F., Stuttgart 1903. — Ausführliches Referat von ENGLER in Bot. Jahrbüchern für Systematik, Bd. XXXIII, 1904, Litteraturber. S. 30. 13) Dustn, P., Zur Kenntnis der Gefäßpflanzen des südlichen Patagoniens. Öfversigt af Kongl. Vetenkaps-Akade- miens Förhandlingar, Bd. LVIII, 1901, p. 229. 14) Harıor, P., Liste des Phanerogames et des Cryptogames vasculaires recoltees ä la Terre-de-Feu par M. M. WILLEMmS et Rousson 1890—g1. Journal de Botanique, T. XIV, 1900, p. 148. 15) ANDERSSON, ]J. G., in: OÖ. NORDENSKJÖLD, Antarctic, Bd. II, Berlin 1902, S. 81. 16) Marrın, C., Der patagonische Urwald. Mitteil. des Vereins für Erdkunde zu Halle a./S., 1882, S. 80. 17) NEGER, F. W., Ueber den Charakter des südchilenischen Urwalds. Forstlich-naturwissenschaftliche Zeitschrift, Bd. IV, 1895, S. 425—429. 18) FRÖMBLInG, W., Botanische Exkursionen in Chile. Botanisches Centralblatt, Bd. LXII, 1895, S. 4 u. 10. 19) GRISEBACH, A., Die Vegetation der Erde, Bd. II, 1872, S. 481. 108 Subantarktische Inseln. 109 20) ENGLER, A., Versuch einer Entwickelungsgeschichte der Pflanzenwelt, Bd. II, 1882. 21) SCHIMPER, A. F. W., Pflanzengeographie auf physiologischer Grundlage, 1898, S. 518, 615. 22 HEMmSLEy, W. B., Report on present state of knowledge of various insular floras p. 50. The antarctic Flora. Challenger Report, Botany, Vol. I, 1885. $ 2. Lage und Beschaffenheit. Südamerika erreicht mit seiner äußersten Südspitze, dem auf der gleichnamigen Insel gelegenen Kap Hoorn, fast 56° S. Br., erstreckt sich also um 6 Breitengrade weiter nach Süden als Kerguelen. Die durch die Magellanstraße vom Kontinent abgetrennte feuerländische Inselgruppe nebst den nordwestlich sich anschließenden Inseln und Halbinseln liegt also noch innerhalb der subantarktischen Inselzone. Aus ihrer Flora ist auch die Hauptmasse der Flora der weiter westwärts gelegenen Falkland-Inseln, Südgeorgiens und der Kerguelengruppe hervor- gegangen, und einzelne Elemente sind sogar bis nach den Macquarie-Inseln verbreitet. Eine ver- gleichende Darstellung der Vegetation dieser Inselgruppen muß daher auch die Beschaffenheit der Pflanzenwelt Feuerlands und die dort herrschenden klimatischen Verhältnisse berücksichtigen. Für unsere Zwecke genügt es, nur die wichtigsten Momente hervorzuheben. Die Hauptinsel Feuerland, Tierra del Fuego, liegt zwischen 52° 36° und 55° S. Br. und mißt 71500 qkm. Ihre östliche Küste verläuft, abgesehen von der San Sebastian-Bai, ziemlich gerade als Fortsetzung der patagonischen Ostküste. Der nördliche Teil der Insel ist nach NOoRDEN- SKJÖLD') ein im Westen bis 580 m, im Osten etwa 200 m hohes Hügelland, die Landschaft im allgemeinen der patagonischen Steppe ähnlich, ein tertiäres Tafelland, meist bedeckt mit Moränen- ablagerungen, Geröll und Geschiebelehm. Von der Bahia inutil bis zur Bahia de San Sebastian erstreckt sich quer durch die Insel ein scharf begrenztes, breites, mit vielen Brackwasserlagunen besetztes Tiefland, dessen Thonboden eine spärliche Vegetation meist von Salzpflanzen aufweist; auf großen Strecken ist der Thon von moorartigem Humus bedeckt und trägt dann eine üppigere Vegetation. Südlich von diesem Tiefland erhebt sich das Land wieder als Hügelland von gleichem Aufbau wie im Norden bis zu der Hochkordillere im Süden, welche an der Nordküste des Admiralitätssundes und des Lago Fagnano sich hinzieht und eine Parallelkette zu der Haupt- kordillere am Südrand von Feuerland vorstellt. Die hohen Kettengebirge des durch fjordartige Einschnitte und Kanäle ungemein reich gegliederten südlichen und westlichen Gebietes der Inselgruppe bilden die Fortsetzung der nach Osten sich umbiegenden Anden und bestehen auf der Hauptinsel aus metamorphischen krystal- linischen Gesteinen, während auf den äußeren Inseln südlich vom Beagle-Kanal Eruptivgesteine von wahrscheinlich mesozoischem Alter und außerdem echte Basalte eine große Rolle spielen. Die höchsten Erhebungen liegen in der Hauptkette am Südrand Feuerlands, Mount Sarmiento mit 2070 m und Mount Darwin mit 2100 m. An der Östspitze endigt das Gebirge in den Three Brothers mit 500 m in der Nähe des Cap San Diego, setzt sich aber, durch die Le Maire-Straße unterbrochen, auf der Staten-Insel mit 800—900 hohen Kuppen fort. Die höheren Berge sind mit ewigem Schnee bedeckt, dessen untere Grenze bei ca. 3000 bis 4000 Fuß (1000— 1300 m) liegt. Große Gletscher kommen von ihnen durch die Waldzone 1) OÖ. NORDENSKJÖLD, Geogr. Zeitschrift, 1896, S. 662, und PETERMANN’s Geogr. Mitteil., 1897, S. 212 und Karte Taf. XVI. 109 IIo H. SCHENCK, hinab zum Meere, und fast jeder Meeresarm, der bis zu den inneren höheren Gebirgsketten vor- dringt, ist durch solche Gletscher innen abgeschlossen. An der SW.-Küste Chiles setzt sich der Charakter der feuerländischen Küstenbildung weiter nach Norden fort. Unter 47° S. Br. entsendet der gewaltige, 3870 m hohe Berg San Valentin westwärts seine riesigen Gletscher hinab durch immergrünen Urwald bis zum San Rafael-See im Hintergrunde des Elefantes-Fjords, und noch weiter nördlich wiederholt sich das Hinabsteigen zum Meere der durch die übermäßige Feuchtig- keit und die winterlichen Schneemassen gespeisten Gletscher. Unzweifelhaft war in früherer Zeit die Vergletscherung der magellanischen Länder eine sehr ausgedehnte; ihre Spuren lassen sich überall nachweisen; der flachere nördliche und mittlere Teil der Hauptinsel ist ganz mit Moränenmaterial bedeckt. Nach ©. NoRDENsKJöLp lag das Feuer- land zur Glacialzeit etwa 60 m niedriger als jetzt. Vor der Eiszeit, zur Tertiärzeit scheint das Klima, wie NORDENSKJÖLD aus den von ihm gesammelten Tier- und Pflanzenversteinerungen folgert, nicht viel wärmer gewesen zu sein als zur Jetztzeit. $ 3. Klima Feuerlands. Zusammenhängende meteorologische Beobachtungen') sind angestellt in der Orange-Bai am Kap Hoorn von der französischen Polarexpedition September 1883 bis August 1884, zu Ushuafa von der dortigen Missionsstation, auf der Staten-Insel von der argentinischen meteoro- logischen Station, zu Punta Arenas von dem Observatorium der Salesianer, auf der Insel Evangelistas an dem Westausgang und zu Punta Dungeness am Östausgang der Magellanstraße, so daß wir einigermaßen über die Existenzbedingungen der feuerländischen Vegetation unter- richtet sind. Die Station am Kap Hoorn, wo der Wald seine Südgrenze erreicht, hat für uns das meiste Interesse, zumal auch die Beobachtungen der französischen Station sehr vollständig alle Elemente des Klimas berücksichtigten. In Tabelle I sind dieselben wiedergegeben. Tabelle I. Kap Hoorn (Orange-Bai), 55° 31° S. Br., 68° 5‘ W.v.Gr. 11,8 m. (Nach den Beobachtungen der französischen Polar-Expedition September 1882 bis August 1883. J. Hann in Met. Zeitschr., 1889, S. 97.) T | -- = emperatur der Luft Temp. des Temp- ie Niederschläge 182 | Größt - | | ud 24-stünd. Mittlere tägliche EEE Zaren Se Regen- | Schnee-| Grau- Mittel Absolute Extreme Ext | tägliche |in 30 cm| $h gh | menge | > f xtreme Schwankg. | | En tage tage pelntage | | | | September 5,60 UEzu 0,90 (8,1°) za steil) (re la52) (25) (10) (7) Oktober 5,6° 16,4 — 3,4 10,6 1,8 I Ga 88 26 6 be) November 6,6° 1070 928 11,6° 2,8 12,8 3,0° 86° | 126 28 3 9 Dezember Ben 18,8 0,9° 12,8° 3,80 14,7 1,8° SE | 29 | 2 8 Januar 7,62 16,8° | OS» T2,R 0 A ee | 10,7 ° 162 | 28 7 14 Februar 8,7° 24,3 ° 0,9° 14,2 4,6° 17,00 | 25° | 10,7 9 36 | 24 2 4 März Boris 15,0 ° 0,0° 9,9 ° 302 Aiesrzg DR ee re 26 4 7 April 4,7 12,0 ° —1,7° 8,1° 21° 10,0 ° 1,6° 7,6° 178 26 4 1 Mai 4,2° 14,6 ° —1,5 7,0° 79% 13,70 1,50 Gar 25 9 ı1 Juni 2a 8,8 —5,3° 44° —0,1° 8,0° 1,6° Bl 3202 23 9 10 Juli 3,00 12,380 —2,3 5,80 0,5 ° 8,70 DL ur 39 21 II 7 August 2,80 17,00 h —7,09 6,3 0,38 77.62 N SR 139 25 13 5 Jahr | 5,4° 24,4 —7,0° 9,3° 2,30 17,0° 2,00 7,6° 1511 306 80 102 ı) Vergl. J. Hann, Handbuch der Klimatologie, 2. Aufl., Bd. III, 1897, S. 448, und die Referate von J- HANN in der Meteorolog. Zeitschrift. IIO Subantarktische Inseln. BT 2 i BAR | Wind | k Relative Feuchtigkeit | eheindiekei | Himmel AR IR > | s / ke S 1882, 82 F rosttage | reschwindig eit Stunden | | A | Tägliche | Mittlere or: £ | Mittlere Stunden | 2 : Max S) {a a = = . Inte er ee N Amplitude | m Sek. mm | “urm en | Bewölkung Sonnenschein | September (12) (80) (17) 5,5 25 | (34) (100) (7:5) 88) Oktober ) | 83 20 5,5 28 | 17 66 77 110 November 1 82 2 7,4 | 28 54 79 8,5 | 122 Dezember o 83 20 145 | 28 55 76 8,4 | 119 Januar o | 83 | 20 9,2 | 29 51 | 30 8,5 | 117 | I Februar © 81 22 7,8 33 71 | 88 7,9 | 110 März 4 79 13 6,6 39 5ı 90 8,4 | 57 April 3 34 14 5:9 | 21 16 | 123 8,1 50 Mai 5 83 | 8 5,6 22 10 | 45 7,6 58 Juni 18 88 8 6,0 | 23 23 100 77 28 | Juli 16 82 9 5,9 | 37 | 41 74 7,2 46 August 15 76 13 5,5 | 24 25 62 7:4 | 67 Jahr. Ei 83 | 82 16 6,6 39 — 7,9 | 972 In Tabelle II habe ich sodann zum Vergleich von den übrigen Stationen Feuerlands und zugleich von einigen antarktischen Inseln, sowie von einigen südamerikanischen, weiter nach Norden gelegenen Stationen nur die mittlere Temperatur des Jahres, des Januar und des Juli, sowie die Niederschläge für Jahr, Sommer und Winter zusammengestellt. Tabelle II. Mittlere Temperatur Niederschläge | Sommer | Winter Januar | Juli | Jahr Imez. bis Febr. Juni bis Aug.| J@r Belgica 70° S. Br. (vergl. Kap. VI) 1,2 23,5 9,6 | — — = Südgeorgien 54° 31° S. Br. (vergl. S. 85) AO 223 1,4 241 187 988 Kerguelen 48—50° S. Br. (vergl. S. 15) 6,4 2,0 4,2 258 749 ? Falkland-Inseln zı? 41‘ S. Br. (vergl. S. 98) 9,8 2,5 6,1 74 114 517 Kap Hoorn 55° 31° S. Br. (Met. Ztschr., 1889, S. 97) 7,6 2,1 5,4 399 301 I5IH Ushuaia 54° 49‘ S. Br. (Met. Ztschr., 1889, S. 98) 9,0 2,5 5,9 166 12 670 Staten-Insel 54° 23‘ S. Br. (Met. Ztschr., 1898, S. 360) 9, 2,7 5,7 353 428 1447 Punta Arenas 53° 10° S. Br. (Met. Ztschr., 1900, S. 376) 11,0 1,9 6,7 85 87 370 Insel Evanjelistas 52° 24‘ S. Br. Am Westausgang der Magellanstraße (Met. Ztschr., 1904, 9,3 3,4 6,8 839 503 2769 S. 289; 1905, S. 130) 1903 8,0 4,0 5,9 1042 815 3449 Punta Dungeness 52° 24‘ S. Br., am Östausgang der Magellanstraße (Met. Ztschr., 1905, S. 130) 11,0 2,4 6,7 186 16 273 Chubut 43° 19‘ S. Br. (Met. Ztschr., 1891, S. 383) 21,3 6,1 13:2 46 42 207 Puerto Montt 41° 27’ S. Br. (Met. Ztschr., 1903, S. 120) 14,2 7,1 10.4 394 783 2300 Santiago de Chile 33° 26° S. Br. (Met. Ztschr., 1903, S. 330) 20,0 77 13,6 9 195 325 Aus beiden Tabellen ergiebt sich zunächst die bemerkenswerte Thatsache, daß in Bezug auf die Temperaturverhältnisse auf Feuerland im wesentlichen die gleichen Verhältnisse wie auf den Falkland-Inseln ') herrschen. Die mittlere Temperatur des Jahres beträgt 5—6°, des Sommers . 8°, des Winters 2—3°. Die Temperatur zeigt auffallend geringe Differenzen im Laufe des ı) Vergl. Kap. III, $ 3, S. 98. III 112 H. SCHENCK, ® und —7,0°, die mittleren Jahres. Die absoluten Extreme am Kap Hoorn betrugen zwar + 24,3 aber nur +9,3° und +2,3°. Die Niederschläge sind ziemlich gleichmäßig verteilt, sehr reichlich, und bewirken, in Ver- bindung mit der kühlen Temperatur, daß der Boden ständig sehr feucht bleibt. Ein Viertel der Niederschläge fällt als Schnee. Die Schneegrenze liegt bei ca. 1000 m, im Winter bei ca. 50o m. Im westlichen Teile des feuerländischen Gebietes fallen die Niederschläge am reichlichsten, auf der Insel Evanjelistas z. B. 3449 mm im Jahre 1903; der Sommer ist regen- reicher als der Winter. Auf der Stateninsel in Osten beträgt die Niederschlagsmenge nach obiger Tabelle 1447 mm). Punta Arenas an der Nordgrenze des östlichen Teiles des Gebietes hat dagegen bedeutend weniger Niederschläge (370 mm) und vermittelt den Uebergang zu dem trockenen patagonischen Steppengebiet, in welchem Punta Dungeness 273 mm und Chubut nur 207 mm aufweist. Auch werden hier die Temperaturextreme gradatim größer. P. Dus£nx ?) unterscheidet in Feuerland drei pflanzengeographische Gebiete, nämlich das Steppengebiet im Norden der Hauptinsel Feuerland, das mittelfeuchte Gebiet der sommergrünen Buchenwälder südlich von ersterem und das regenreiche Gebiet der immergrünen Buchenwälder, welches den Süden und Westen Feuerlands umfaßt. Die Grenze zwischen Steppe und laub- abwerfendem Buchenwald verläuft von Bahia inutil bis zur Rio Grande-Mündung. Letzterer erstreckt sich bis auf die Cordillere im Süden und ist auch noch auf den Nordhängen derselben entwickelt. Auch die Umgebung von Ushuaia soll nach Dustw zu dem mittelfeuchten Gebiet gehören. Die Küste des Beagle-Kanals möchte ich indessen im allgemeinen noch zu der regen- reichen Zone rechnen. Dusfx citiert die jährliche Niederschlagsmenge von Ushuaia mit 511 mm, während sie nach obiger Tabelle II auf 670 mm sich beläuft. Jedenfalls sind im eigentlichen mittelfeuchten Gebiet und noch mehr im Steppengebiet, dessen Grenze nach Dus£x durch eine Niederschlagsmenge von etwa 370 mm bestimmt sein soll, die jährlichen Niederschläge geringer und das Klima kontinentaler als in den westlichen und südlichen Teilen Feuerlands. Längs der Westküste herrscht das regenreiche und im allgemeinen gleichmäßig kühle Klima auch weiter nordwärts, und hier nehmen die mittleren Temperaturen nach Norden allmählich zu. Die Daten für Puerto Montt, 41° 27‘ S. Br, bezeichnen bereits das Klima des südchilenischen temperierten Regenwaldes®), während diejenigen von Santiago (33° 26° S. Br.) das Gebiet der chilenischen Hartlaubflora charakterisieren. Was den Charakter der Witterung Feuerlands im speciellen anbelangt, so ist während der wärmeren Monate des Jahres nach Hann eine große Veränderlichkeit der Temperatur inner- halb eines Tages hervorzuheben. Nicht selten fällt die höchste Temperatur eines Monats mit der niedrigsten oder nahezu der niedrigsten zusammen. Warmes klares Wetter wechselt mit Regen oder Graupeln und Sinken der Temperatur bis zum Gefrierpunkt. Auch im Sommer treten in jedem Monat gelegentliche Schneefälle ein und das Wetter ist viel unruhiger, trüber und stür- mischer als im Winter. In letzterem dauern die Frostperioden, die am häufigsten bei Winden von SW. bis S. oder SSO. eintreten, selten länger als 3—4 Tage. ı) P. Dusin, Pflanzenvereine der Magellansländer, S. 446, giebt allerdings 2900 mm an. 2) P. Duskn, Pflanzenvereine der Magellansländer, S. 446, und Karte Taf. XIX. 3) Vergl. hierzu C. Marrın, Der Regen in Südchile, Meteorol. Zeitschr., 1901, S. 466, und Zum Klima von Südchile, Llanquihue und Chilo&, ebend. S. 114. RIRZ Subantarktische Inseln. 113 Höchst bemerkenswert ist die Thatsache, daß trotz des wechselreichen Klimas die Ein- geborenen nackt einhergehen. Nach dem von Hann citierten Bericht von J. Ler#ay') ist am Kap Hoorn „ım vollen Sommer, im Januar namentlich, Sturm der normale Zustand der Atmosphäre. Windstillen sind dann seltener als zu jeder anderen Epoche des Jahres, starke Stürme treten mindestens jeden vierten oder fünften Tag ein. Zwar ist die Temperatur zu dieser Jahreszeit etwas höher und die Tage sind länger, dies hindert aber durchaus nicht, daß der Schnee zuweilen einige Tage hindurch am Boden liegen bleibt.“ „In dem Maße aber, als die Sonne sich dem Horizont wieder nähert, werden die Stürme weniger und weniger stark und zahlreich; nach dem Monate März, der oft noch sehr stürmisch ist, scheint eine relative Ruhe der Luft zur Herrschaft zu gelangen; die Brisen von W. werden weniger häufig, und es treten nun auch öfter Winde zwischen ©. und NW. ein. Fröste treten nun häufiger auf in dem Maße, als die Schneelinie, von den Bergen herabsteigend, sich der Niederung nähert. Mit dem Monate Mai werden die warmen und trockenen Winde von ©. und N. sehr viel häufiger. Es ist in der That die schöne Jahreszeit dieses Landes, die nun Platz greift, mit häufigerem klaren Sonnenschein während der Frosttage.“ „Dieser günstige Zustand der Witterung dauert bis gegen Ende des Juli, von wo an das Wetter wieder immer weniger beständig wird. Im September und Oktober beginnen die Westwinde wieder die volle Herrschaft zu erlangen und mehr und mehr zuzunehmen bis zum Januar, der in dieser Gegend der am meisten stürmische Monat zu sein scheint.“ „Diese Umkehrung der Jahreszeiten in betreff der atmosphärischen Störungen, eine relativ milde Temperatur, die sich innerhalb enger Grenzen hält, eine sehr häufig bis zur Sättigung feuchte Atmosphäre, zu jeder Zeit des Jahres Niederschläge in aller Form, als Regen, Schnee, Hagel, ein im allgemeinen fast stets bedeckter Himmel, sehr heftige und plötzliche Stürme namentlich zur Zeit der langen Tage, dies sind die allgemeinen Charakterzüge des Klimas in der (tegend von Kap Hoorn.“ Diese Angaben von Leruay sind von Bedeutung für die Beurteilung der klimatischen Bedingungen der feuerländischen Wälder und zeigen, daß in Bezug auf die Winde andere Ver- hältnisse herrschen als auf den baumlosen Falkland-Inseln, die im übrigen ein ähnliches Klima aufweisen. Auf der Kap Hoorn-Insel und auf der Campbell-Insel erreicht der Baumwuchs seine Südgrenze; daher bieten die klimatischen Verhältnisse hier besonderes Interesse für den Vergleich mit dem Nordpolargebiet, an dessen Südgrenze der extrem kalte und trockene Winter das Aufhören der Wälder bedingt. Feuerland, besonders die südlichen Inseln und die westlichen Teile, weisen eine starke Bedeckung des Himmels auf, welcher meist grau mit matter Sonne erscheint; die Bewölkung ist im Sommer stärker als im Winter. Die Einwirkungen der geringen Lichtintensität, die während eines großen Teiles der günstigen Vegetationsperiode herrscht, auf die Beschaffenheit der Vege- tation verdienen eingehendere Untersuchungen. Es scheint, daß z. B. die Schirmform der Baum- kronen, wie NEGER vermutet, auf sie zurückzuführen ist. Die Unterschiede des feuerländischen Klimas im Vergleich zu demjenigen der antarktischen Inseln sind hauptsächlich zurückzuführen auf die Einwirkung des anstoßenden südamerikanischen 1) Mission scientifique du Cap Horn 1882—83. II. Meteorologie par J. LEPHAY, Paris 1885. 113 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı1899. Bd. II. ı. Teil. I in I14 H. SCHENCK, Kontinents. Bemerkenswert ist, daß in der verhältnismäßig geringen Entfernung von 14 Breiten- geraden südwärts, am Rande des antarktischen Eislandes die Temperaturverhältnisse wesentlich verschiedene sind. Das Julimittel sinkt von -+2,1° unter 56° S. Br. auf —23,5° unter 70° S. Br. („Belgica“), das Jahresmittel von +5,4° auf —-9,6°, während das Januarmittel in geringerem Grade, von +7,6° auf —ı,2°, zurückgeht. $ 4 Flora Feuerlands. mit Ausschluß des nördlichen, zum patagonischen Steppengebiet gehörenden Teiles der Haupt- insel Feuerland umfaßt nach ALsorr') 615 Arten Gefäßpflanzen in 68 Familien und 200 Gattungen. Von diesen sollen 147 Arten nur in den nördlichen Teilen des Gebietes vorkommen und die Magellanstraße nicht überschreiten, so daß für den eigentlichen feuerländischen Archipel 468 Arten verbleiben. Durch die Sammlungen von Dus£x?) und von Wırrems und Rovussox’) erhöht sich diese Ziffer, so daß wir wohl jetzt rund 500 Arten rechnen können, die aber sicher bei weiterer Erforschung noch Zuwachs erfahren werden. Im allgemeinen zeichnet sich diese Flora im Vergleich zu borealen Gebieten nicht durch Reichhaltigkeit aus, und dies mag im wesent- lichen durch die klimatischen Verhältnisse bedingt sein, vor allem die niedrige Sommertemperatur in Verbindung mit reichlichen Niederschlägen, wodurch eine strenge Auswahl unter den ein- wandernden Grewächsen stattfinden muß. Die Zusammensetzung und Herkunft der feuerländischen Flora ist von J. D. Hooker, EnGLer, Hemseey und zuletzt von ALßorr erörtert worden. Hier mögen nur die wichtigsten Momente hervorgehoben werden. Die Flora Feuerlands zeichnet sich durch eine höchst merkwürdige Mischung von Ele- menten sehr verschiedener Herkunft aus. Die feuerländische Flora in der im $ 5 genauer angegebenen Ausdehnung von 56—44° S.Br. ı) Etwa die Hälfte besteht aus endemischen Arten, und darin offenbart sich ein hohes Maß von inselartiger Abgeschlossenheit gegen die benachbarten Florengebiete. Die meisten der endemischen Arten sind mit chilenischen Formen am nächsten verwandt; eine kleinere Anzahl gehört zu Gattungen, welche dem Gebiete eigentümlich sind und daher wohl mit zu den ältesten Bestandteilen zu rechnen sind, z. B. die Ranunculaceengattung /Z/amadryas mit 4 Arten, und die monotypischen Gattungen Zebetanthus (Epacrid.), Manodea (Santal.), Teironeium (Juncag.), Tapeınıa (Irid.). Auf gleiche Stufe können wir auch mehrere endemische Arten stellen, welche zu Gattungen gehören, die sonst nur noch im neuseeländischen Gebiet wiederkehren, z. B. Drapetes (Thymel,), Astelia (Lihac.), Rostkovia (Junc.), Gaimardia (Centrolep.). 2) Unter den nicht endemischen Arten des Gebietes ist etwa die Hälfte (also ein Viertel der Gesamtflora) südamerikanisch, namentlich im chilenischen temperierten Regenwald oder in den Anden verbreitet. Unter diesen ist auch das tropische Element bemerkbar. Etwa ein Dutzend Tropengattungen senden Vertreter vom Norden her mehr oder weniger weit nach Süden in das Gebiet hinein, so z. B. Myrtus, Eugenia, Maytenus, Alsophila, Hymenophyllum etc. ı) N. Arsorr, Essai de Flore etc., p. 14. Die vollständige Liste der Flora befindet sich im Appendix, p. V. 2) P. Dus£n, Gefäßpflanzen der Magellanländer, 1900; Gefäßpflanzen des südlichen Patagoniens, 1901. 3) P. HARIOT, 1. c. p. 148. 114 Subantarktische Inseln. IIs 3) Gering an Zahl sind nordamerikanische Arten, meist Gebirgspflanzen, welche von den westlichen Staaten der Union längs der Andenkette nach Süden sich ausbreiteten. 4) Sehr merkwürdig ist die Beteiligung des borealen Elementes an der Zusammen- setzung der Flora. Nicht nur eine größere Anzahl von kosmopolitischen oder auf der nörd- lichen Hemisphäre weiter verbreiteten Arten treten im (rebiet auf, sondern vor allem interessant ist das Wiedererscheinen von arktisch-alpinen oder von nur lokal im Norden vorhandenen Arten, welche in den weiten zwischengelegenen Greebieten vollständig fehlen. Als auffallendste Beispiele seien genannt: Erıiseron alpinus Lam. Carex incurva LiGHTF. Primula Jarinosa L. Carex microglochin WAHLB. (rentiana prostata HaENKE Phleum alpinum \. Empetrum nigrum L. Trisetum subspicatum Hook. f. (in der var. rubrum WirLn.) Umgekehrt finden wir aber keine specifisch antarktisch-südamerikanischen Gewächse in nordischen Grebieten; es hat also kein gegenseitiger Austausch stattgefunden, und diese Thatsache mag, wie WarracE') mit Recht hervorhebt, wenigstens zum Teil auf der Verschiedenheit der Klimate beruhen. Arktische Pflanzen können das antarktische Klima vertragen, aber umgekehrt muß der extrem kalte Winter wie auch der bedeutend wärmere Sommer des Nordens den ant- arktischen Grewächsen durchaus unzuträglich sein. Die Frage, auf welche Weise boreale Pflanzen, sowohl Phanerogamen wie auch Krypto- gamen, nach Feuerland oder nach den antarktischen (Gebieten, in deren Flora ebenfalls nordische Elemente enthalten sind, gelangten, harrt noch einer allseitig befriedigenden Beantwortung. Es ist nicht ausgeschlossen, daß diese Pflanzen hier und dort zerstreut in der Andenkette noch später gefunden werden?) wodurch die Annahme einer Wanderung längs der Hochgebirge nach Süden °) eine wesentliche Stütze erhalten würde. GriseracH') glaubt die Herkunft von Gentiana prostata im Feuerland von den Zügen des Albatros (Diormedea) ableiten zu können, welcher über beide Hemisphären, von Kap Hoorn bis zu den Kurilen und Kamtschatka wandert‘). Bezüglich der übrigen gemeinsamen Arten, abgesehen von den kosmopolitischen, ist Griszracn der Ansicht, daß sie nicht identisch seien, sondern auf Grund gewisser Unterschiede zu den vikariierenden zu rechnen seien. Indessen sind diese Unterschiede so geringfügige, daß diese Ansicht nicht auf- recht zu halten ist, und die Schwierigkeit der Erklärung würde durch sie auch nicht gehoben. ı) A. R. WALLACE, Island Life, 1880, p. 495. 2) Primula farinosa L., in der ganzen arktischen Zone und in der alpinen Region Europas, Asiens, Nordamerikas, sodann wieder auf Feuerland und den Falkland-Inseln verbreitet, wurde neuerdings auch in den Anden von Chile an 3 Stellen nordwärts bis zu 39° S. Br. gefunden. Vergl. L. DERGANC, Prönula farinosa L. in den Anden, Allg. bot. Zeitschr., Bd. VIII, 1902, $S. 120—ı21, und Referat Just, Bot. Jahresbericht, 1902, I, S. 565. Interessant ist auch die Verbreitung von Arnzca alpina OLın, die in Lappland, Sibirien und Nordamerika bis Kalifornien vor- kommt und neuerdings von F. W. NEGER (Bot. Centralblatt, Bd. LXXVII, 1899, S. ı) in den valdivianischen Anden nachgewiesen wurde. Aus dem Feuerland ist sie nicht bekannt. 3) A. R. WALLACE, Island Life, 1880, p. 488. 4) GRISEBACH, Veget. der Erde, Bd. II, S. 496. 5) Hierzu bemerkt H. N. MosELEY (in: A. R. WALLACE, Island Life, London 1880, p. 250, Anmerkung), daß auch Seevögel aus den Gattungen Procellaria und Puffinus, welche auf den Inseln in höheren Breiten in der Nähe der Küsten, innerhalb der Tropen aber auf den höchsten Inselgipfeln nisten und ihre Nester im Boden an dicht bewachsenen Stellen anzulegen pflegen, als Verbreiter von Sporen, Samen oder Früchten in Betracht kommen müssen. 115 un 116 H. SCHENCK, Jedenfalls werden genauere Beobachtungen über die Wanderungen, Zugstraßen und Nistplätze der in Betracht kommenden Seevögel, über die von letzteren am Gefieder oder an den Füßen oder im Darmkanal verschleppten Früchte und Samen von der größten Wichtigkeit sein‘). Das Auftreten von Wasserpflanzen und Sumpfpflanzen selbst auf sehr entlegenen, rein oceanischen Inseln ist ohne Annahme der Mitwirkung von Vögeln nicht verständlich, und so dürfen wir am ehesten von seiten der Ornithologen die Erklärung für das Vorkommen arktischer Pflanzen in der Ant- arktis erwarten; während die wiederholt aufgestellte Hypothese®), welche mit früheren, alternierend auf der Nord- und Südhemisphäre eingetretenen Eiszeiten und äquatorwärts und dann wieder polwärts eingetretenen Verschiebungen ganzer Floren operiert, zu sehr in der Luft schwebt und das Wandern der arktischen Pflanze quer durch die Tropenzone in keiner Weise aufhellt. 5) Nicht minder interessant als das boreale Element in der feuerländischen Flora ıst das Vorkommen von Pflanzen, welche in Neuseeland und zum Teil auch in Australien (Tasmanien und Victoria) wiederkehren. Arsorr zählt 23 Arten auf, die beiden Gebieten gemeinsam sind und zum Teil auch auf antarktischen Inseln auftreten. Als Beispiele seien genannt: Colobanthus subulatus Hoox f. Geranium sessiliflorum Can. Oreomyrrhis andicola ENDL. Nertera depressa BAaNnKS etc. etc. Veronica elliptica Forst. Die gemeinsamen Züge, die sich überhaupt in der Flora Südamerikas, Neuseeland- Australiens, der antarktischen Inseln und — allerdings in geringerem Grade — auch noch in derjenigen Südafrikas bemerkbar machen, sind von ]J. D. Hooxer?) und dann von EnGLer') er- örtert worden. Eine vervollständigte Uebersicht über diese Florenelemente verdanken wir W. B. Heusıev°’). Bezüglich aller Einzelheiten sei auf diese Werke wie auch auf die Aus- führungen von ALBOFF verwiesen. Heusrey zählt 48 gemeinsame Arten Südamerikas und Australien-Neuseelands, wobei die weitverbreiteten nicht in Betracht kommen, und 49 gemeinsame Gattungen, mit einer größeren Anzahl von korrespondierenden Arten. Einige der wichtigsten Gattungen sind z. B.: Drimys (Magnol.). Embothrium (Proteac.). Donatia (Saxifr.). Drapetes (Ihymel.). Azorella (Umbell.). Nothofagus (Cupul.). Fuchsia (Onagr.). Astelia (Lihac.). Phyliachne (Stylid.). Gaimardia (Centrolep.). Pernettya (Eric.). Uncinta (Cyper.). Calceolarıa (Scroph.). Carpha (Cyper.). Ourisia (Scroph.). Es ist also ein gemeinsamer Grundstock in der Flora der beiden, jetzt durch den weiten Ocean und das vereiste antarktische Festland getrennten Gebiete zu erkennen, den wir nach dem ı) Vergl. die Zusammenstellung von W. B. HEMSrLEY, Challenger Report, Botany I, 1885, Introduction p. 45- Von neueren Arbeiten über die Samenverbreitung durch Vögel sei erwähnt: Jens HOoLMBOE, Notizen über die endozoische Samenverbreitung der Vögel, Nyt Magazin f. Naturvidensk., Bd. XXXVIII, Christiania 1900. HOLMEOE zählt die Pflanzen auf, deren Samen er in den Ventrikeln norwegischer Vögel gefunden hat. 2) Auch ALBOFF, Essai, p. 61 ff., glaubt diese Hypothese heranziehen zu müssen. 3) Sir JoserH HOOKER, Flora Tasmaniae, London 1860. 4) A. ENGLER, Versuch einer Entwickelungsgesch. der Pflanzenwelt, Bd. II, 1882, Kap. 2—5 u. Io. 5) W. B. HEmSLEv, Challenger Report, Introduction p. 50--58. 116 Subantarktische Inseln. 117 Vorgang von J. D. HooKER als antarktisches Florenelement bezeichnen können. Die Frage nach der Herkunft dieses Elementes ist auf zweierlei Weise zu lösen versucht worden; auf der einen Seite durch Annahme eines gegenseitigen Austausches beider Florengebiete mittelst Verbreitung der Samen durch die antarktische Drift, die herrschenden Westwinde und Seevögel, auf der anderen Seite durch Annahme einer in früherer wärmerer Erdperiode vorhandenen Land- oder Archipelverbindung zwischen Feuerland und Neuseeland, also eines antarktischen Landes, welches die jetzt getrennten Länder zu einem einzigen vereinigte. GrRIsSEBACH!) und ENGLER °?) haben sich für erstere, J. D. HookeEr, Hrustey®) und ALsorr‘) für letztere Ansicht entschieden. In seinem Referat über Heusrey’s Abhandlung giebt indessen EnGLer°) die Möglichkeit zu, daß ein größerer Landkomplex um den Südpol den Austausch der Floren vermittelt haben könnte. Es unterliegt keinem Zweifel, daß Früchte, Samen oder Sporen durch Vögel, Winde, Meeresströmungen, Driftholz von einem Gebiet aus nach entfernten oceanischen Inseln, die nie in Verbindung mit Kontinenten standen, gelangen‘), und so mögen in der That manche der identischen Arten Feuerlands, der antarktischen Inseln und Neuseelands über das Meer ge- kommen sein. Im besonderen wird die Besiedelung der vulkanischen antarktischen Inseln, wie SCHIMPER*) hervorgehoben hat, auf diese Weise größtenteils erfolgt sein. Indessen ist das ge- meinsame Element in der südamerikanischen und neuseeländischen Flora so bedeutend, daß die Annahme einer ehemaligen engeren Verbindung kaum zu umgehen ist. Wenn GrIsEBACH noch meint, daß letztere durch keine geologische Thatsache unterstützt werde, so sind wir jetzt in der Lage, solche von hervorragender Wichtigkeit anführen zu können. Kapitän Larsen‘), welcher von November 1893 bis März 1894 auf dem Robbenfang- schiff „Iason“ in den Gewässern von Grahamland verweilte, fand auf der vulkanischen Seymour- Insel (64° ı5° S. Br.) fossile Muscheln und versteinertes Holz, schräg in der Erde stehende Stämme. Nach SHERMAn und Morrox’) gehören die Fossilien den Gattungen Cxeullaea, Cytherea und Natica an und dürfen dem Untertertiär zugerechnet werden, das Holz ist Coniferen- holz. Nach Narnorsr befindet sich aber auch Angiospermenholz unter den Proben. Fossiles Coniferenholz ist auch auf Tasmanien') und Kerguelenland'') in Basalttuffen ge- funden worden. Die schwedische Südpolar-Expedition unter Dr. OÖ. NORDENSKJÖLD 1902—1903 hat, ver- anlaßt durch die früheren Funde Larsen’s, auf der Seymour-Insel weitere Forschungen vor- genommen und daselbst in einem tertiären tuffsteinähnlichen Gestein zahlreiche fossile Pflanzen- reste, Blätter von Laubbäumen, Nadelbäumen und Farnen, zugleich auch ein Lager von fossilen I) A. GRISEBACH, Vegetat. d. Erde, Bd. II, S. 495. 2) A. ENGLER, Versuch einer Entwickelungsgesch. der Pflanzenwelt, Bd. II, S. 158. 3) W. B. HEmsLEY, Challenger Report, Introduction p. 51. 4) N. ALBOFF, Essai, p. 65. 5) A. ENGLER, Botan. Jahrbücher für Systematik, Bd. VII, 1886, Litteraturbericht S. 31. 6) Vergl. A. ENGLER, Entwickelungsgeschichte der Pflanzenwelt, Bd. II, S. 126. 7) Siehe oben Kap. I, $ 9. 8) JOH. PETERSEN, Die Reisen des „Iason“ und der „Hertha“ in das antarktische Meer 1893/94. Mitteilungen der Geogr. Gesellschaft, 1895, S. 251. 9) Ibid., S. 273, und J. MURRAYV, The renewal of antarctic expedition. The Geogr. Journal, 1894. 10) J. D. HoOoORER in: JAMES CLARK Ross, A voyage of discovery etc., Vol. II, 1847, p. 4- 11) J. D. HOOKER in: JAMES CLARK Ross, A voyage of discovery etc., Vol. I, p. 71. — Ferner: Challenger Report, Narrative, Vol. I, Part I, p. 349. — TH. STUDER, Forschungsreise der „Gazelle“, Bd. III, S. 61. 117 118 H. SCHENCK, Knochen aufgefunden). Nach den Untersuchungen von Narnorsr?) handelt es sich um Reste eines Seguora-ähnlichen Nadelholzes, um Blätter von Araucarra, ähnlich denen der Arazucaria brasiliensis, um Blätter der Gattung /agws, endlich um zahlreiche Farne. NORDENSKJÖLD ist nicht der Ansicht von Narnorst, daß diese Pflanzenreste herbeige- schwemmt worden sind, sondern daß sie aus der Umgebung des Fundortes selbst stammen; sie finden sich in einer Strandablagerung. Diese Funde sind von außerordentlicher Wichtigkeit, denn sie beweisen, daß schon zu eocäner Zeit in der Westantarktis Wälder von Buchen und Araucarien existierten, von denen fossile Reste nach NORDENSKJÖLD auch in den älteren Tertiärschichten des Magellangebietes sich vorfinden®). Ein ehemaliger direkter Zusammenhang beider Gebiete ist damit zwar noch nicht bewiesen. Die Untersuchung der fossilen Wirbeltierknochen ergab näm- lich, daß sie, abgesehen von einigen noch nicht bestimmten Knochen, alle von einem Pinguin herrühren, der bedeutend größer gewesen sein muß als der Kaiserpinguin, die größte jetzt lebende Art'). Landsäugetierreste sind also bis jetzt noch nicht aus dem Gebiet der Westantarktis nach- gewiesen. Die schwedische Expedition hat auf Snowhill-Insel, Ross-Insel, Cockburn-Insel und in dem südlichen Teil der Seymour-Insel auch Ablagerungen aus der mittleren und der oberen Kreide- formation mit zahlreichen fossilen Ammoniten, Muscheln, Schnecken und anderen Seetieren ent- deckt’), und sogar auch das Vorkommen von pflanzenführenden Juraschichten festgestellt. Die zahlreichen fossilen Pflanzenreste, welche J. Gunnar AnDeERsson‘) bei der Hoffnungsbucht auf Louis-Philipp-Land vorfand, schließen sich nach den Untersuchungen von Narnorsr') teils an an die Juraflora Europas, teils auch an diejenige Indiens an und beweisen, daß zu jener Periode Klima und Vegetation auf der ganzen Erde gleichförmig gewesen sein müssen. Es fanden sich Reste von zahlreichen Farnen, von einem Schachtelhalm, einem Wasserfarn Sagenopteris, 4 Arten Cycadophyten und endlich Reste einer Arazcaria, welche insofern bemerkenswert ist, als sie zu der Gruppe der Araucaria excelsa von der Norfolk-Insel gehört, mit den jetzt in Südamerika noch lebenden Arten also nicht in nächster Verwandtschaft steht. Tertiäre Pflanzenreste, Blattabdrücke in einer Sandsteinablagerung, sind auch in Victoria- land von der englischen Südpolar-Expedition®) gesammelt worden. Weitere derartige Funde aus der Antarktis würden von großer Bedeutung sein. Indessen ist auch schon auf Grund der Funde auf der Seymour-Insel und auf Kerguelenland die Folgerung berechtigt, daß längs der Küsten des antarktischen Kontinents von der Westantarktis bis Victoria- land ein wärmeres, Waldvegetation zulassendes Klima zur Untertertiärzeit existierte. Da wir heute im Feuerland Zibocedrus tetragona als südlichsten Coniferenbaum antreffen, braucht dieses Klima kaum wärmer als das jetzige der Südspitze Südamerikas gewesen zu sein. ı) ©. NORDENSKJÖLD, Antarctic, Bd. I, 1904, S. 276 ff. 2) Ibid. Bd. I, S. 278 und Abbild. S. 279. Ferner A. G. NATHORST, Sur la flore fossile des regions antarctiques. Comptes rendus de l’Acad. des Sc. Paris, 1904, Juin 6, p. 1449. 3) ©. NORDENSKJÖLD, Antarctic, Bd. I, 1904, S. 280. 4) Ibid. S. 277. 5) Ibid. S. 280. * 6) J. G. ANDERSSON in: O. NORDENSKJÖLD, Antarctic, Bd. II, 1904, S. 224. 7) Ibid. S. 225, und A. G. NATHORST, Sur la flore fossile des regions antarctiques. Comptes rendus de l’Acad. des Sc. Paris, 1904, Juin 6, p. 1449. 8) PETERMANN, Geogr. Mitteil., 1904, S. 177, und J. G. ANDERSSON in: NORDENSKJÖLD, Bd. II, S. 224. 118 Subantarktische Inseln. 119 Wenn also noch zu Beginn der Tertiärzeit ein wärmeres Klima und Waldvegetation in der Westantarktis bestand und demgemäß auch längs der Küsten des antarktischen Kontinents und allgemein auf den Inseln südlich von Neuseeland herrschte, so ist damit bereits eine engere Verbindung der Flora Neuseelands und Feuerlands gegeben, ohne daß man anzunehmen braucht, daß die Konfiguration des antarktischen Kontinents und der antarktischen Inseln ganz wesentlich andere gewesen sind. Die Zwischenräume zwischen Feuerland und den südlich davon gelegenen Inseln, sowie zwischen Victorialand und Macquarie-, Campbell, Auckland-Inseln und Neuseeland sind bedeutend geringer als zwischen manchen oceanischen Inseln und den Ursprungsländern ihrer Floren. Immerhin könnten auf dem oben bezeichneten Verbindungswege die Länder zu früheren Zeiten eine etwas größere Ausdehnung eingenommen haben, zumal berücksichtigt werden muß, daß die kontinuierliche starke Brandung die Küsten der Inseln in sehr starkem Maße abgetragen haben muß. In der That ist E. Racovrıza') auf Grund der Beobachtungen der belgischen Südpolar-Expedition an den Küsten der Belgica-Straße zu der Ansicht gelangt, daß dieses Gebiet eine in das Meer versenkte Ländermasse vorstellt. Möglicherweise hat also der Palmer-Archipel mit Grahamland und den Süd-Shetlands-Inseln in Zusammenhang gestanden, während dagegen in der Drake-Straße zwischen Feuerland und den letzteren Inseln bedeutende Meerestiefen, nach Messungen der „Belgica“-Expedition bis 4040 m, vorhanden sind und anscheinend gegen eine ehemalige Verbindung des amerikanischen und antarktischer Kontinents sprechen. Wenn im vorigen nur die Gefäßpflanzenflora berücksichtigt wurde, so muß indessen hervor- gehoben werden, dal dieselben Gesichtspunkte bezüglich der Herkunft und Zusammensetzung der Flora auch aus der Betrachtung der Kryptogamen des feuerländischen Gebietes sich er- geben. Speciell für de Laubmoose verdanken wir in neuester Zeit J. Carpor?) eine Zusammen- stellung, aus welcher hervorgeht, daß aus dem Gebiet von 56° bis zum Chonos-Archipel unter 45° S. Br. bis jetzt 227 Moosarten bekannt geworden sind. Unter diesen sind 149, also 60 Proz, endemisch. Nur eine Gattung, das zu den Splachnaceen gehörige /Z/ymenocleiston magellanicum Du», ist dem Gebiet eigentümlich. Von den nicht endemischen Arten sind 38 auch in anderen Teilen Südamerikas, besonders in Chile und in den Anden vertreten, und 5o Arten kehren auf Neuseeland, den südlich davon gelegenen Inseln, Tasmanien oder in Südost-Australien wieder. Von den ersteren und letzteren kommen im ganzen 20 Arten von weiter Verbreitung auch gleich- zeitig in der borealen Hemisphäre vor. Südgeorgien hat mit Feuerland nur 2 Arten gemeinsam, Kerguelen 24, die antarktische Polarzone 5. Es herrscht also in der Südhemisphäre nicht die große Gleichförmigkeit in der Moosflora, welche die arktische cirkumpolare Flora charakterisiert. Die nahen Beziehungen zu Neuseeland und den ihm benachbarten Gebieten sind besonders interessant. S 5 Vegetationsformationen auf Feuerland. Obwohl der feuerländische Archipel unter gleicher Breite wie Südgeorgien liegt, so zeichnet er sich dennoch, dank seiner günstigen klimatischen Bedingungen, unter allen antarktischen Insel- 1) E. Racovırza, Die Resultate der belgischen Südpolar-Expedition, in: F. A. Cook, Die erste Südpolarnacht 1898—1899, deutsch von A. WEBER, Kempten 1903, S. 363 u. 367. 2) J. CARDOT, Mousses et coup d’ceil sur la flore bryologique des Terres magellaniques. Re£sultats du voyage du S. Y. „„Belgica“ en 1897—1899 sous le commandement de A. DE GERLACHE DE GOMERY, Botanique, Anvers 1902. 119 120 H. SCHENCK, gruppen zwischen 50° und 60° S. Br. durch die reichste Flora aus, und die Formation des Waldes, die südlich von Neuseeland in kümmerlicher Form noch auf der Campbell-Insel bei 52° 30° vor- kommt, erreicht hier bei 56° am Kap Hoorn ihre äußerste Südgrenze. Die relativ große Reichhaltigkeit der Flora Feuerlands erklärt sich aus der Konfiguration des südamerikanischen Kontinents. Ueber die Magellanstraße hinaus nach Süden, im Westen und Süden der Hauptinsel Feuerland, verläuft die Fortsetzung der Anden; im nördlichen Teile Feuer- lands herrschen dagegen ähnliche Verhältnisse wie in der patagonischen Ebene. Einer Wanderung der Floren beider Gebiete nach Süden stehen keine nennenswerten Schranken entgegen. Nach Klima, Bodenbeschaffenheit und Vegetation haben wir eine Steppe und ein Wald- gebiet zu unterscheiden. Der nördliche und mittlere flache Teil der Hauptinsel Feuerland ist im allgemeinen ein trockenes, waldloses Steppengebiet, das die Fortsetzung der patagonischen Ebene mit ihrer xerophilen Vegetation bildet. Die Südgrenze dieses trockenen Grebietes verläuft nach P. Dus£xn') von der Ostküste etwas südlich vom Rio Grande nach Westen und trifft die Westküste an der Südseite der Bahia inutil. In der Magellanstraße setzt J. D. Hoorer?’) die Grenze bei Port Famine; Darwın®) sagt, daß Cap Negro in der zweiten Enge der Straße als Punkt angesehen werden könne, von wo nach Süden das Land die ausgesprochenen Züge des Feuerlandes annimmt. ALsorr®) legt die Grenze auf eine Linie von Gente Grande-Bai im Westen nach Bahia Tetis im Osten. In dem südwärts gelegenen, gebirgigen Teil der Hauptinsel, in dem reich gegliederten Westen, auf den zahlreichen Inseln des Archipels fallen reichlichere Niederschläge, und hier finden wir Wälder, eine Flora, die wesentlich von der patagonischen Steppenflora zu unterscheiden ist. Wir bezeichnen dieses pflanzengeographische Gebiet als das feuerländische Gebiet’). Nach Norden setzt sich dieses Waldgebiet längs der Westhänge der Anden und über die Insel- archipele in gleicher Beschaffenheit fort. Die meisten für Feuerland typischen Arten dehnen ihr Areal weiter nordwärts aus. Die Nordgrenze des Gebietes können wir auf 44° S. Br., also zwischen Chilo&@ und Chonos-Archipel setzen. Von 44° S. Br. bis etwa 35° S. Br. schließt sich längs der Westseite der Anden der südchilenische temperierte Regenwald an den feuerländischen Wald, welcher von ScHimrEr®) zu den Waldformationen der kalttemperierten Gürtel, zu den Sommerwäldern, gerechnet wird, was aber in vollem Umfange nicht zutrifft. GrisEsachH’) faßte beide Waldgebiete nur als Zonen eines einzigen auf, dem er die Bezeichnung „antarktisches Wald- gebiet“ gab. Indessen sind trotz der Uebergänge im mittleren Teile die Gegensätze zwischen Valdivia im Norden und Feuerland im Süden doch so bedeutende, daß die Zweiteilung vorzuziehen ist. Auch Arsorr*) verlegt die Nordgrenze der feuerländischen Flora auf den 44°, schließt also den Chonos-Archipel noch ein, während ]J. D. Hooxer’) sie auf einige Meilen jenseits des Golfes von ı) P. Dus£n, Vegetation der feuerländischen Inselgruppe, S. 179. Ferner: Pflanzenvereine der Magellansländer, S. 352 und Karte Taf. XIX. Auch auf der Karte von NORDENSKJÖLD, PETERMANN’s Geogr. Mitteil., 1897, Taf. X VI, ist die Grenze eingezeichnet. 2) J. D. HooKER, Flora antarct., p. 213. 3) CH. Darwin, Reise um die Erde, S. 265. 4) N. ALBOFF, Essai, p. 16. 5) N. ALBOFF, Essai, p. 12, 13, zieht mit Recht die Bezeichnung „Domaine de la flore Fuegienne“ anderen Namen wie „Domaine magellanique“ vor. 6) W. SCHIMPER, Pflanzengeographie, S. 518. 7) A. GRISEBACH, Vegetation der Erde, Bd. II, S. 481. 8) N. ALBOFF, Essai, p. 10. 9) J. D. Hooker, Flora ant., p. 213. Subantarktische Inseln. 127 Penas verlegt, und auch ScHTmPER auf seiner Formationskarte den Chonos-Archipel noch in den südchilenischen temperierten Regenwald einbezieht. FrönsgLına') giebt als Grenze ungefähr 418°, Br. an. In dem Waldgebiet Feuerlands sind nach P. Dus£x?) 2 Zonen, eine regenreiche und eine mittelfeuchte, zu unterscheiden, wie bereits oben (S. 112) erwähnt wurde. Die Regenzone ist charakterisiert durch das Auftreten immergrüner Buchenwälder, die mittelfeuchte durch sommer- grüne Buchenwälder. In reiner Ausbildung bedecken letztere den mittleren Teil der Hauptinsel südlich von dem Steppengebiet bis zu dem Randgebiet der Cordillere des südöstlichen Teiles von Feuerland. Ueber diese sommergrünen Buchenwälder sind wir zuerst von P. Dus£x unterrichtet worden, während die bisherigen Angaben über den Charakter der feuerländischen Wälder sich im wesentlichen auf diejenigen der regenreichen Zone beziehen. Die folgende Darstellung beschränkt sich auf das Waldgebiet mit seinen beiden Zonen und auf die in demselben auftretenden offenen Formationen der Torfmoore und alpinen Felstluren; das Steppengebiet hat für den Vergleich Feuerlands mit den subantarktischen Inseln nur geringes Interesse. ı. Der sommergrüne Buchenwald im mittelfeuchten Gebiete von Feuerland. Nach P. Dvs£x®) ist der laubabwerfende Buchenwald des mittelfeuchten Gebietes ökologisch und physiognomisch von den immergrünen Wäldern des Südens und Westens verschieden. Die immergrünen und blattabwerfenden Buchen herrschen in getrennten Gebieten, und ihre Bestände zeigen auch Verschiedenheiten in der Zusammensetzung des Unterholzes und der bodenständigen Krautvegetation. In typischer Ausbildung tritt der sommergrüne Buchenwald auf den Höhen und Plateaus südlich vom Rio Grande bis zur Cordillere auf; er ist außerordentlich einförmig, ausschließlich zusammengesetzt aus blattwerfenden /agus (Nothofagus)-Arten. Große Teile be- stehen ausschließlich aus Zagus Montagnei, aber auch Fagus antarctica dürfte hier zweifellos ver- breitet sein. Die Bäume stehen dicht und bewirken eine vollständige Beschattung des Bodens. Sträucher fehlen im Wald, finden sich aber an seinen Rändern, so Arbes magellanicum, Berberis microphylia und Chrliotrichum diffusum. Die bodenständige Krautvegetation ist zwar üppig entwickelt, aber artenarm, sie besteht aus Galum aparine, Osmorhiza Berterü, Alopecurus alpinus, Phleum alpinum, Bromus unioloides, Cardamine hirsuta var. magellanica. Moose fehlen fast vollständig am Boden, ebenso fehlen Farne. Als Parasit auf den Buchen erscheint Myzodendron punctulatum oft massenhaft. Epiphyten und Lianen kommen nicht vor. Auffallend ist die Artenarmut dieser Waldflora, sie steht in Kontrast zu den viel reicher zusammengesetzten Regenwäldern. Auch die Wälder im Thale des Azopardo-Flusses und bei Ushuaia rechnet Dusf£v noch zu dem mittelfeuchten Gebiet; sie sind aber schon reicher zusammengesetzt. Am Beagle-Kanal kommen neben den laubabwerfenden Buchen auch immergrüne Bäume von Zagus betwloides und von Drimys Winter‘ vor, und daher sind die Wälder bei Ushuaia wohl eher noch zu den regen- reichen Wäldern zu ziehen. 1) W. FRÖMBLING, ]. c. S. 43. 2) P. Dus£n, Pflanzenvereine der Magellansländer, S. 353. 3) P. Duskn, Pflanzenvereine der Magellansländer, S. 405 u. 475. T2T Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı899. Bd. 11. ı. Teil. 16 122 H. SCHENCK, Der laubwerfende Buchenwald setzt sich nach Norden an den Osthängen der patagonischen Cordillere fort und ist z. B. noch unter 45° S. Br, ungefähr 45 km von der Mündung des Rio Aysen, vorhanden'). >. Die immergrünen Wälder des regenreichen Gebietes Feuerlands. In den gebirgigen, westlichen und südlichen Teilen des feuerländischen Archipels zieht sich überall ein Gürtel dichten hohen Waldes von der Küste an den Berghängen aufwärts. Nach Darwın?) liegt die obere Waldgrenze bei 1000—1500 Fuß, am Beagle-Kanal bei 1400 bis 1500 Fuß, die Linie des ewigen Schnees bei 3000—4000 Fuß. Arsorr®) giebt am Beagle-Kanal bei Ushuaia als Waldgrenze 500-550 m an. Auf der Hermite-Insel, nahe bei Kap Hoorn, also am Südende des Gebietes, traf J. D. Hooker‘) den Wald bis zu einer Höhe von 800 Fuß. Auf der Desolations-Insel am westlichen Ausgang der Magellanstraße geht der Wald nach Dus£n°) bis 400 m aufwärts. Auf Feuerland herrschen im wesentlichen ähnliche klimatische Verhältnisse wie auf den Falkland-Inseln, auf denen allerdings die Niederschläge geringer sind. Es erscheint auf den ersten Blick überraschend, daß auf letzteren Inseln der Wald vollständig fehlt. Der baumfeind- liche Faktor ist hier in den heftigen ständigen Westwinden zu suchen, welche ungebrochen über das flache niedrige Land hinstürmen, während auf Feuerland die Gewalt des Windes gebrochen wird und die Winde nach Lertay’s Bericht, wenigstens während der kalten Jahreszeit, was be- sonders wichtig ist, nachlassen, wodurch ihre gefährlichste Wirkung beseitigt wird. Die Urwälder Feuerlands setzen sich in monotoner Weise nur aus sehr wenigen Holz- gewächsen zusammen und gleichen darin denen der nördlichen temperierten Zone. Von Wald- bäumen sind zu nennen: Zagus (Nothofagus) betuloides Mir», Fagus (Nothofagus) antarctıca Forsr., Drimys Winteri Forst, von untergeordneter Bedeutung: Zzbocedrus tetragona Enpr. Der wichtigste Waldbaum ist die immergrüne Buche Zagus betwloides Mirz., hinter welcher die laubabwerfende Zagus antarctica Forst. zurücktritt. Das verschiedene Verhalten beider Arten deutet, wie HookEr bereits hervorhebt, auf getrennte Entwickelung in klimatisch verschiedenen Gebieten und entspricht bis zu einem gewissen Grade auch noch den jetzigen Standortsverschiedenheiten. In den regenreichsten westlichen Teilen der Magellanstraße, so auf der Desolations-Insel (bei Puerto Angosto), bestehen nach Dus#n‘) die Küstenwälder bis etwa 300 m Meereshöhe aus Fagus betuloides und der ebenfalls immergrünen Drömys Winteri, während die blattabwerfende und im Herbst durch die braune Farbe des Laubes von weitem kenntliche Zagus antarctica in den Gebirgen erst bei etwa 300 m beginnt und noch bei etwa 500 m beobachtet wird, woselbst sie aber schon kleine zwergförmige Bäume oder Sträucher bildet, deren flache Kronen fast oder vollständig an den Boden gedrückt sind. Im südlichen Feuerland längs des Beagle Kanals und auch im mittleren Teile der Magellanstraße kommen beide Arten zusammen vor; Fagus antarctica tritt hier auch im Tiefland auf; überall an der Waldgrenze wird sie sehr niedrig und zwergig. ı) Vergl. P. Dust:n, Bot. Jahrbücher für Systematik, Bd. XXXIII, Litteraturbericht S. 34. 2) CH. Darwin, Reise um die Erde, S. 240 u. 253. 3) N. ALBOFF, Observ., p. 22. 4) J- D. HookEr, in: Ross, Voyage, Vol. II, p. 288. 5) P. Dus£n, Pflanzenvereine der Magellansländer, S. 422. 6) P. Dustin, Gefäßpflanzen der Magellansländer, S. 199. — Pflanzenvereine der Mageliansländer, S. 418, 423, 477- 122 Subantarktische Inseln. J. G. Anpersson') giebt an, daß am Südabhang der Cordillere, welche den Beagle-Kanal an seinem Nordufer begleitet, die beiden Buchen gemischt auftreten, daß aber der Wald auf der Nordseite nach dem Lago Fagnano zu nur aus /agus antarctica, mit langen Guirlanden der Bartflechte behangen, zusammengesetzt sei. Der in den Gebirgen Südamerikas verbreitete Magnoliaceenbaum Drünys Winter! Forst. ist nach Dus#n®) im westlichen Teile des Feuerlandes häufig in der untersten Region der Wälder, nach ArLsorr®) bis 100 m Meereshöhe an geschützten Orten anzutreffen, im südlichen Teile seltener; bei Punta Arenas dringt er bis zur Waldgrenze empor, erreicht aber sonst nicht die östliche Waldgrenze. Die Koniferen sind bemerkenswerterweise im Feuerland nur durch einen einzigen Wald- baum vertreten, Zzbocedrus lebragona ENDLICHER, welche von Südchile (am Valdiviafluß bei 40° S. Br.) bis zu den südwestlichen Inseln des Archipels verbreitet ist‘). Sie gehört nach Dvsix °) der regenreichen Waldregion an, ist hier selten und immer spärlich, auf der Desolations-Insel von der Küste an, da, wo der Wald lichter ausgebildet ist, bis zu 300 m emporgehend. Marrın ®) fand sie bei der Borja-Bai in der mittleren Magellanstraße auf Lichtungen über dem eigentlichen dichten Wald. Der Baum erreicht etwa 12—1ı5 m Höhe und zeichnet sich durch sehr regel- mäßige Verästelung aus. Die zweite Konifere des Gebietes ist die Taxinee Zeprdothamnus Fonkii PriLppi, ein kaum 20—25 cm hoher, polsterbildender, im Habitus an Juniperus nana der arktisch-alpinen Region erinnernder Zwergstrauch, der zuerst auf den Guaytecas-Inseln von Fonk entdeckt, von PrmLıprr auf dem sumpfigen Plateau der Cordillera pelada südlich von Valdivia, und von SAvArıEr‘) auf der Wellington-Insel gefunden wurde. Auch kommt er im Mündungs- gebiet des Rio Baker (48°, am Canal Messier und Canal Smith vor°). Bis jetzt ist er also noch nicht im eigentlichen Feuerland nachgewiesen. Zwei Holzgewächse, nämlich die prachtvoll rot blühende, immergrüne Proteacee Zmbothrium coccineum Forsr.”), mit einfachen länglichen Blättern, und die mit immergrünen, 5-fingerigen Blättern versehene Araliacee Pseudopanax laetevirens Gay"), welche als Waldbäume in dem chilenischen Regenwald von Valdıvia auftreten und von dort bis Feuerland südwärts vordringen, scheinen hier nicht mehr zu Bäumen heranzuwachsen, wenigstens werden sie als Sträucher bezeichnet. Embothrium wird von Orange-Bai, Beagle-Kanal, Punta Arenas angegeben; Peudopanax wurde von SAVATIER noch auf der Desolations-Insel gefunden und bildet nach FrömsrLing") kugelige hellgrüne Büsche von 2-—3 m Durchmesser. Beide sind also zur folgenden Gruppe der Sträucher zu rechnen. Eine Anzahl von meist immergrünen Sträuchern bildet das Unterholz des feuer- 1) J. @. ANDERSSoN, in: OÖ. NORDENSKJÖLD, Antarctic, Vol. II, 1904, p. 81. 2) P. Dus£n, Gefäßpflanzen der Magellansländer, S. 179. — Pflanzenvereine der Magellansländer, Taf. XXIV. 3) N. ALBOFF, Observat., p. 23. 4) K. REICHE, Die Verbreitungsverhältnisse der chilenischen Koniferen. Verhandl. des Deutschen naturw. Vereins Santiago, Bd. IV, 1900. Referat in: JusT, Jahresbericht 1900, Bd. I, S. 402. 5) P. Dus£n, Gefäßpflanzen der Magellansländer, p. 235. 6) C. MARTIN, Der patag. Urwald, S. 96. 7) FRANCHET, Mission du Cap Horn, p. 365, u. Abb. auf Pl. IV. 8) K. REICHE, 1. c. 9) Abbild. in Gartenflora, 1891, S. 57, Taf. MCCCXL. 10) Abbild. in FRANCHET, Mission du Cap Hoorn, Pl. I. II) FRÖMBLING, 1. c. S. 43. 123 16 * H. SCHENCK, 124 ländischen Waldes. Sie sind übrigens nicht überall in gleicher Häufigkeit vorhanden, manche mehr in den westlichen, andere mehr in den südlichen und östlichen Teilen vorherrschend. Als wichtigste Arten sind zu nennen: Berberis iicifolia Forst. (Berberid.), immergrün; Berberis buxıfolia Lam. (Berberid.), immergrün; Berberis empetrifolia Lam. (Berberid.), immergrün; Maytenus magellanicus Hook. f. (Celastrac.), immergrün; Mysinda disticha Hook. f. (Celastrac.), immergrün; Ribes magellanicum Poir. (Saxifrag.), laubabwerfend; Pseudopanax laetevirens Gay (Aral.), immergrün; Escallonia serrata SmiiH (Aral.), laubabwerfend; Fuchsia magellanica Lam. (Önagr.), laubabwerfend; Tepualia stipularis GRISEB. (= Metrosideros stipwlarıs Hoox. f., Myrt.), immergrün; Embothrium coccineum Forst. (Proteac.), immergrün; Pernettya mucronata GauD. (Eric.), immergrün; Desjontainea spinosa Remy (Logan.)?), immergrün; Veronica elliptica Forst. (Scrophul.), immergrün; nur in der Nähe der Meeresküste; Chiliotrichum amelloides Cass. (Comp.), laubabwerfend; im Norden und Osten verbreitet im Waldgebiet mehr an den Küsten der Inseln; Philesia buxifolia Lam. (Liliac.). Hierzu kommt als immergrüner Rletterstrauch die einzige südamerikanische Epacridacee Zebet- anthus americanus EnpL.), welcher hoch auf die Bäume hinaufgeht. Sonstige Lianen fehlen. Unter den Waldbäumen erreichen die Buchen die größten Dimensionen. Darwın') er- wähnt von Port Famine Stämme von 13 Fuß, sogar von ı7 Fuß Umfang, während Drzumys 4 Fuß 6 Zoll Umfang hatte. Nach Arsorr*") erreichen die beiden Buchenarten bei Ushuaia eine Höhe von ı5— 20 m. NeEGER®) erwähnt den eigenartigen pinienähnlichen Wuchs der Bäume an der Magellan- straße und an den Küsten des südlichen Chiles. Von fast gleicher Höhe, verzweigen sie sich dolden- oder trugdoldenartig und sind nur am Ende belaubt. Die Form der flächenartig aus- gebreiteten Laubkronen soll hauptsächlich bedingt sein durch die hochgradige ständige Bewölkung und sich sowohl ausprägen bei /agus betwloides und antarctica, als auch bei baumartigen Myrtaceen, bei Drönys u. a.'). Stellenweise sind die Wälder infolgedessen so dunkel, daß Unterholz kaum existieren kann. Wo letzteres entwickelt ist, soll es Licht durch die seitlich vom Waldrande oder von Lichtungen her einfallenden Strahlen erhalten. Als eine sehr charakteristische Eigentümlichkeit des feuerländischen Waldes wird von allen 1) FRANCHET, Mission du Cap Hoorn, Phanerogamie, p. 36 und Abbild. auf Pl. IV. 2) Abbild. in P. Dus£n, Pflanzenvereine der Magellansländer, Taf. XXV. 3) P. Duskn, Pflanzenvereine der Magellansländer, Taf. XXI. 4) CH. DArwın, Reise um die Erde, S. 270. 5) N. ALBOFF, Öbservations etc., p. 16. 6) F. W. NEGER, Forstl.-naturwiss. Zeitschrift, Bd. IV, 1895. Vergl. auch P. Dus£n, Pflanzenvereine, S. 481. 7) Vergl. die Abbildung Fig. 328, S. 617 in SCHIMPER’s Pflanzengeographie, ferner von Zagus betwloides in O. NORDEN- SKJÖLD, Antarctie, Vol. II, p. 98. 124 Subantarktische Inseln. 125 Forschern") die Menge der am Boden kreuz und quer liegenden, umgestürzten und in langsamer Vermoderung begriffenen Baumstämme bezeichnet, in die der Wanderer knietief einsinkt. Die Ursache hierfür mag in der niedrigen Jahrestemperatur, besonders des Sommers zu suchen sein, welche die holzzerstörende Thätigkeit saprophytischer Pilze und Bakterien verlangsamt. In den tropischen Regenwäldern Brasiliens sah ich den Boden des Waldes mit üppigem Unterholz, Bodenkräutern und Farnen bedeckt, indessen nur selten modernde Stämme oder besonders reich- liche Humusbildung. Eine andere Eigentümlichkeit des Waldes auf Feuerland besteht in der außerordentlich massenhaften Entwickelung einer den Boden und die umgestürzten Stämme vollständig bedeckenden und oft mannshohe Polster bildenden Vegetation von Laub- und Lebermoosen, die auch an den lebenden Stämmen noch eine Strecke hinaufwachsen. Im Gegensatz zu den tropischen Regen- wäldern wachsen Moose nur selten epiphytisch an Zweigen oder auf den Blättern. Bodenständige phanerogame Kräuter treten da, wo der Wald geschlossen und dicht ist, gegenüber den Moosen ganz zurück. So beobachtete Dus£n”) in den Wäldern bei Puerto Angosto auf der Desolations-Insel nur die Liliacee Callixene marginata Lam. während die Farne zahlreich vertreten waren durch einige Hymenophyllaceen und durch Gruppen von Gleichenia acutıfolia Hoorx. = guadrıpartıta Hoox.). In lichteren Wäldern, an Waldrändern, an Bachufern dagegen treten reichlicher Boden- kräuter auf, wie z. B. Gunnera magellanwa Lam, KRubus geoides Sm, Viola maculata Cav. und manche andere Arten’). Die Epiphyten sind im eigentlichen feuerländischen Wald nicht durch Phanerogamen, sondern ausschließlich durch einige wenige, aber häufig vorkommende Farnarten vertreten, nämlich einige Hymenophyllaceen, Grammitis australis R. Br. und Asplenium magellanicum KauLr. Phanerogame Epiphyten kommen erst viel weiter nördlich im Waldgebiet vor. Die Parasiten sind vertreten durch die mit den Santalaceen verwandte, eine selbständige Familie bildende Gattung Myzodendron, mit den 4 Arten M7. punchuatum Banks et SOL., brachy- stachyum De. oblongifolium De. und guadrıflorum De. Diese auf den Buchen schmarotzenden Büsche sind eine häufige und auffallende Erscheinung, nicht minder wie auch ein parasitischer, zu den Discomyceten gehöriger Pilz, Cyiarıa Darwini BERKELEy, dessen kugelige hellgelbe Fruchtkörper nach Darwın') in ungeheurer Menge an den Buchenstämmen angetroffen werden und den Feuerländern als wichtigstes vegetabilisches Nahrungsmittel dienen. Cyiaria ist noch in einigen anderen Arten in Feuerland vertreten, eine andere Art kommt auf Tasmanien vor. Mit den bisher genannten Gewächsen sind die wesentlichen Bestandteile des feuerländischen Waldes erschöpft, die Artenzahl ist also nur eine geringe. ScHimpEr°) rechnet ihn zu den Sommer- wäldern der kalt temperierten Zone wegen des Vorkommens der blattabwerfenden Zagus antarctıca und wegen der niedrigen Temperatur des Winters; doch sei seine Oekologie noch wenig bekannt. ı) CH. DarwIn, Reise um die Erde, S. 240 u. 269. — C. MARTIN, Der patag. Urwald, S. 95. — P. Dusfn, Vegetation der feuerl. Inselgr., S. 186, und Pflanzenvereine, S. 423. — Vergl. auch Abbildung Fig. 327, S. 616, in Sctmper’s Pflanzengeographie. 2) P. Dus£n, Vegetation der feuerl. Inselgr., S. 186, und Pflanzenvereine der Magellansländer, S. 424, Taf. XXII (Hymeno- phyllaceen) und Taf. XXIII (Gleichenia). 3) Vergl. ALBOFF, Öbservations, p. 24. — P. Dus£n, Pflanzenvereine, S. 429. 4) CH. Darwin, Reise um die Erde, S. 270. — Abbildung, Phototypie in ALBOFF, Observat., Taf. III. 5) W. SCHIMPER, Pflanzenvereine, S. 615. 125 126 H. SCHENCK, Ohne Zweifel nimmt aber, wie auch Dusf£n hervorhebt'), der Wald im Westen und Süden Feuerlands eine besondere Stellung ein. Das gleichmäßige und feuchte Klima be- günstigt dieimmergrünen Gehölze, zu denen fast alle Waldsträucher gehören, und zwar solche, die bei relativ niedriger Temperatur vegetieren. Man kann nur diejenigen Waldstrecken in höheren Lagen oder in der mittelfeuchten Zone Feuerlands, in denen /agus antarctica oder andere laubabwerfende Buchen vorherrschen, unseren Wäldern vergleichen. Ueber den Gang der periodischen Erscheinungen liegen wenig Angaben vor. Dusfnx°) berichtet, daß am 19. November bei Punta Arenas die Buchen in voller Blüte standen, ebenso Viola, Draba und Berberis, daß im März auf der Desolations-Insel Zagus antarctica die gelbbraune Herbstfarbe angenommen habe, daß Anfangs Mai in Ushuaia alle krautartigen Pflanzen mit seltenen Ausnahmen verwelkt gewesen seien. Jedenfalls fällt die Hauptvegetationsperiode in die Sommermonate, aber selbst mitten im Winter werden gewisse Pflanzen in voller Blüte gefunden. So berichtet Marrım ’), welcher im Juni 1869 die Magellanstraße durchreiste, daß die Fuchsien den größten Teil des Jahres und sogar mitten im Schneefall im Winter blühen. Auch die Berberitzen mit ihren gelben Blüten traf er an. Dusfnt) fand am 30. Mai 1896 auf der Newton-Insel nördlich der pacifischen Mündung der Magellanstraße Tepwalia, Philesia, Desfontainea u. a. in voller Blüte. Drimys dagegen bedeckt sich im Sommer mit zahlreichen Wirteln weißer Blüten®). Ueber Laubentwicke- lung, Blütezeiten, Fruchtbildung, Dickenwachstum der Stämme und andere Erscheinungen bei den immergrünen Vertretern sind genauere Beobachtungen sehr erwünscht. Der feuerländische Wald ist sogar auf der nach Osten vorgeschobenen Staten-Insel noch typisch entwickelt mit Bäumen von ı2 m Höhe und bis ı m Dicke; sogar die immergrüne Buche Zagus betuloides MirB. und Drimys Winteri FoRsSTER sind hier noch vorhanden und ebenso Zebetanthus americanus EnpL. ALBOFF*) hebt besonders den außergewöhnlichen Reichtum an epiphytischen Hymenophylien hervor. Ebenso kehren auf den südlichsten Inseln des Archipels, z. B. auf der Hermite-Insel nach ]. D. HookKer’) die wesentlichen Elemente des Waldes wieder. Beide Buchenarten, vorherrschend aber Zagus betwloides, setzen ihn mit zerstreut vorkommender Drimys zusammen; das Unterholz besteht aus Derberis ilicifolia, buxıfolla, Veronica elliptıca, Escal- lonia serrata, Pernettya mucronata, und Moose sind überall häufig. Der gleichmäßig dunkelgrüne Wald geht bis 800 Fuß hinauf. An der pacifischen Oeffnung der Magellanstraße ragen, wie Marrım°) berichtet, die Pfeiler der Vorgebirge Pilar und Tamar so steil auf und werden so heftig von Stürmen gepeitscht, daß zusammenhängender Hochwald nicht mehr haftet. Draußen erheben sich noch die gewaltigen Häupter der vier Evangelisten, an denen die riesige Brandung weit hin zu sehen ist. Hinter ihnen liegt, vom patagonischen Urwald bedeckt, das Gewirr der Inseln. Der Charakter des Waldes wird ein anderer mit zunehmender Meereshöhe. Der vor- herrschend immergrüne Wald geht nach der oberen Waldgrenze, wo Fagus antarctica schließlich ı) P. Duskn, Pflanzenvereine der Magellansländer, S. 479. 2) P. Dus£n, Gefäßpfl. der Magellansländer, S. 82, 83. 3) €. MARTIN, Der patag. Urwald, S. 95. 4) P. Dusen, Pflanzenvereine, S. 479. 5) Im botanischen Garten zu Darmstadt blüht Droönys Winter: jährlich im April. 6) N. ALBOFF, Essai, p. 11. 7) J- D. HookER in: Ross, Voyage, Vol. II, p. 288. 8) C. MARTIN, Der patag. Urwald, S. 96. 126 Subantarktische Inseln. 127 in niedrigen und von den stürmischen Winden hart mitgenommenen Bäumen allein vorherrscht, in reinen laubabwerfenden über, und über der eigentlichen Waldgrenze folgt dann noch ein Gürtel von Krummholz, das von derselben Buchenart (var. swbalpina ALsorr) gebildet wird'). oO erwähnt dieses Krummholz als eine kompakte Masse kleiner, ungefähr 4—5 Fuß hoher Buchen- Darwım?) bestieg Dezember 1832 einen 1500 Fuß hohen Berg bei Good Success Bay und bäume, die so dicht wie Buchsbaum um Gartenbeete standen und von weitem wie ein grüner Teppich erschienen. Darüber folgten Torfmoore und dann der nackte Schieferboden. Am ı700 Fuß hohen Mount Kater der Hermite-Insel sind nach J. D. Hoorer’) die Bäume an der Waldgrenze fast vom Boden aus verzweigt und verkümmert; das darüber folgende Krummholz besteht aus kniehohen Buchen, deren Aeste dicht zu einem Flechtwerk verworren sind. Vereinzelte und 3 Zoll hohe Zwergexemplare von Z/agus antarctica gehen sogar bis 1500 Fuß Meereshöhe. Außer Fagus antarctıca Forst. beteiligt sich auch die laubwerfende Zagus pumilio PoEpr. et Enpr.‘) an der Zusammensetzung der Krummholzzone. Die Verbreitung beider Arten bedarf noch weiterer Untersuchung. Die austrocknende Wirkung des Windes auf die aus der schützenden Schneedecke im Winter hervorragenden Aeste ist ohne Zweifel auch hier wie in unseren Hochgebirgen und wie an der nordpolaren Waldgrenze die Ursache der Krummholzbildung. Verfolgen wir den feuerländischen Wald im westlichen Teile des Gebietes von Süden nach Norden, so behält er zunächst noch seine wesentlichen Charaktere bei°), wird indessen weiter nordwärts entsprechend der Zunahme der Temperatur allmählich reicher in seiner Zusammen- setzung. Im nördlichen Teile des Gebietes, im Chonos-Archipel, am Rio Aysen, mischen sich bereits manche Typen des südchilenischen temperierten Regenwaldes ein, so daß wir diesen Teil als Uebergangsgebiet betrachten können. Nach Dus£nx‘) sind auch hier die Wälder aus immer- grünen Buchen (Vothofagus Dombey! und nitıda an Stelle der fast gänzlich fehlenden Vothofagus betuloides), Drimys Winter! und ZLibocedrus tetragona zusammengesetzt. Es kommt aber noch eine Anzahl immergrüner Bäume hinzu, so die Monimiacee Zaurelia aromatica, die Cunoniaceen Caldcluvia paniculata und Weinmannia trichosperma, die Proteacee Zomatia ferruginea, die Legu- minose Zdwardsia Macnabiana, die Konifere Podocarpus nubigena, mehrere Myrtaceen, wie Myrtus Luma, Myrtus ugnı, Eugenia apıculata u. a. Bemerkenswert ist im Unterholz der Rio Aysen- Wälder die Bambuse Crxsguea guıla mn 4—5 m hohen Dickichten. Von Lianen tritt /Zydrangea scandens auf. Die Epiphyten sind nicht nur durch Hymenophyllaceen, Zolypodium australe, Asplentum trapezoides, vertreten, sondern auch durch phanerogame Arten, nämlich durch die Liliacee Luzuriaga radıcans, die Gesneraceen Mitraria coccinea, Asteranthera chiloensis und Sarmienta repens, sowie sogar durch eine Bromeliacee, Ahodostachys. Von tropischen Elementen ist endlich auch ein Farnbaum, Alsophila pruimnata KauLr. hervorzuheben. Dieser letztere sowie auch die beiden erst- 1) N. ALBOFF, Obseryat., p> 17. 2) CH. DARWIN, Reise um die Erde, S. 241. 3) J- D. HoOKER, in: Ross, Voyage, Vol. II, p. 288 ff. 4) K- REICHE, Beiträge zur Kenntnis der chilenischen Buchen. Verh. des Deutschen wiss. Vereins zu Santiago, Bd. III, 1897. Ref. in Just, Bot. Jahresbericht, 1897, Bd. II, S. 260. 5) P. Dus£n, Bot. Jahrb. f. Syst, Bd. XXXIII, Litteraturber. S. 30. 6) P. Dus£n, ibid. S. 31. 127 128 H. SCHENCK, genannten (resneraceen wurden von SAvArneEr!) noch zu Port Otway bei Cap Tres Montes (47° S. Br.) beobachtet?). 3. Torfmoore und alpine Formationen auf Feuerland. Im Gebiete der feuerländischen Flora nehmen nach Arsorr?) Torfmoore (Tourbieres) die Stellen ein, an denen wegen der Exposition oder wegen zu großen Feuchtigkeitsgehaltes des Bodens der Wald nicht gedeihen kann. Vorzugsweise finden sie sich in den Thalniederungen längs der Flüsse, aber auch nach Art unserer Waldwiesen in Waldlichtungen, ferner auf wald- losen, dem Winde ausgesetzten niederen Inseln und als alpine Torfmoore in den Gebirgen über der Krummholzregion, wo die niedere Temperatur dem Baumwuchs ein Ende bereitet. Sie zeigen zwar an den verschiedenen Standorten je nach dem größeren oder geringeren Feuchtigkeits- gehalt des Bodens oder nach der Höhenlage Modifikationen in ihrer Zusammensetzung, aber dieselben sind nicht sehr erheblicher Natur, da die Mehrzahl der für sie charakteristischen Ge- wächse sowohl in tieferen als in alpinen Regionen zugleich vorkommt. Typische Torfmoore der unteren Regionen bestehen aus Moosen, unter denen Sphagnum häufig auftritt, und einer Anzahl kleiner, meist in Form von Rasen oder von abge- rundeten Polstern zwischen oder in den Moospolstern wachsender Kräuter. Als wichtigste Vertreter derselben sind zu nennen: Caltha appendicwlata Pers. (Ranunc.) Phyllachne uliginosa Forst. (Stylid.) Azorella Iycopodiordes GauD. (Umbell.) Marsıippospermum grandıflorum Hook. Donatia jascicwlaris Forst. (Saxifrag.) (Comp.) Nanodea muscosa Banks (Santal.) Rostkovia grandıflora Hook. f. (Junc.) Drapetes muscosa Lam. (I'hymel.) Tetroncium magellanicum Wurv. (Juncag.) Gentiana patagonica Grıs. (Gentian.) Carex magellanica Lam. (Cyper.) Plantago monanthos DURv. (Plantag.) Einige kriechende Zwergsträucher mischen sich zwischen die Kräuter, nämlich: Empetrum rubrum WırLv. (Empetr.) Moyrtus nummularia Por. (Myrt.) Pernettya empetrifolia Gau». (Eric) = ?. Fagus antarctica Forsr., in niederliegenden Ppumila Hook. f. Zwergformen. An trockenen Stellen nehmen die Tourbieres nach ALsorr') eine besondere Ausbildung an und bilden dann die Formation der Balsam-bogs, die derjenigen der Falkland-Inseln und der Azorella-Formation Kerguelens entspricht. Es fehlen die SpAagna und die sumpf- liebenden Vertreter, wie 7efroncium, Draßetes, Marsippospermum etc. Dagegen herrschen die 1) A. FRANCHET, Mission du Cap Horn, Phanerogamie, p. 359 u. 392. 2) Sowohl P. Dust (Pflanzenvereine der Magellansländer, S. 424), als auch N. ALsBoFF (Essai du Flore rais. de la Terre de Feu, p. 49) haben den Fundort Port Otway bei Cap Tres Montes, wo SAVATIER am 20., 21. Januar 1879 die genannten Pflanzen sammelte, mit Otway Water westlich von Punta Arenas verwechselt. Danach sind also die Angaben von Dus£n (S. 424 und Liste S. 426) zu berichtigen. Die phanerogamen Epiphyten erreichen, soweit bis jetzt bekannt, also nicht den 53° S. Br. Daß unter Otway der Hafenort bei Cap Tres Mentes (47° S. Br.) gemeint ist, geht aus den übrigen Fundortsangaben und Daten in FRANCHET’s Be- arbeitung der Sammlungen SAVATIER’S unzweifelhaft hervor. 3) N. ALBOFF, Essai, p. 9, und Observ., p. 26, Formationsbild auf Tafel I. — Vergl. hierzu auch P. Dus£n (Pflanzenvereine der Magellansländer, S. 434), welcher diese Formation als „Moosdecke‘“ bezeichnet. Auch Dus£n’s Formationen des Moossumpfes, des Sphagnum-Moores, und des Polsterbodens (l. c. S. 396, 398, 400) sind hierher zu rechnen. 4) N. ALBOFF, Observat., p. 27, Formationsbild auf Taf. II. 128 Subantarktische Inseln. 129 großen, bis 1,5 m breiten und ı m hohen kompakten Polster von Azorella glebaria A. GR. (= Bolax glebaria Comm.) vor, neben denen auch die lockeren Polster von Azorella Iycopodioides Gaup. erscheinen, sowie eine Anzahl von Kräutern und Zwergsträuchern, hauptsächlich Zrnpetrum rubrum Win, Pernettya mucronala GauD, pumila Hooxr. f, Primula Jarinosa L., Azorella ranunculoides DURV. ZLycopodium magellanicum SW. P. Dus£n') beobachtete ausgedehnte Bestände der Do/ax glebaria am nördlichen Rande des mittelfeuchten Waldgebietes südlich vom Rio Grande und bezeichnet dieselben als Do/ax-Heide. Hier fließen die Polster „fast überall vollständig zusammen und bilden eine fast ununterbrochene, kompakte und sehr harte Pflanzendecke, die sich über beträchtliche Areale ausdehnt“. Als Charakterpflanze tritt in den Polstern fast nur noch Zuphrasia antarctica Bu. auf, andere Pflanzen nur selten und vereinzelt. Klimatisch bedingt ist das Auftreten der Torfmoore durch reichliche Niederschläge in Verbindung mit niedriger Temperatur, durch welche die rasche Zersetzung der pflanzlichen Sub- stanzen verhindert und Vertorfung begünstigt wird. Torfmoore stellen sich überall da ein, wo der Wald niedergeschlagen worden ist. So beobachtete Arsorr?), daß auf der Halbinsel bei Ushuaia an Stelle des abgeholzten Waldes Torf- moore auftreten, die das Aufkommen jeder anderen Vegetation, ausgenommen Zwergbuchen, ver- hindern. Wald und Torfmoore teilen sich also in den Boden, und der erstere wird nur sehr langsam von seinen Rändern aus in die letzteren vordringen können. Die alpinen Torfmoore beginnen nach ArLsorr’) am Beagle-Kanal schon bei 450 oder 500 m, reichen in einzelnen Zungen bis 400 m hinab und zeigen ihre beste Ausbildung zwischen 5—700 m. Sie nehmen in ihrer Zusammensetzung eine Mittelstellung ein zwischen den typischen Torfmooren der tieferen Lagen und den Balsambogs. Neben den Polstern der Azore//a glebaria A. Gray und denjenigen von A. /ycopodiordes Gaup. treten hier auch diejenigen von Azorella Selago Hoox. f. hinzu und außer den gewöhnlichen Begleitpflanzen, wie Drapetes, Nanodea, Empetrum, Pernettya etc. erscheinen auch Caltha dioneaejfolıa Hoor. f., Viola tridentata MEnz., Asteha pumila R. Br. (Liliac.). Auch finden sich in der alpinen Region neben diesen bestandbildenden Polster- oder Rasenpflanzen eine Anzahl von alpinen kleinen Kräutern, meist Compositen, und Gräser. Oberhalb 700 m verschwindet der geschlossene Rasenwuchs; Moose und Flechten beginnen vorzuherrschen, und nur in den Felsspalten erscheinen noch einige alpine Pflanzen, wie Cerastium Juegianum N. Ar, Saxıfraga Cordillearum PRESL, S. bicuspidata Hoor.f., Nassauvia pumila ENDL. et Porrr., Colobanthus subulatus Hook. f. Bei 1000 m Höhe hört mit der unteren Schneegrenze die Vegetation auf, und nur die auch auf den antarktischen Inseln in größerer Höhe weitverbreitete Usneacee NVeuropogon mela- xanthus Acn. besiedelt noch die sonst kahlen Felsen. Die alpine Region der feuerländischen Gebirge ist noch wenig erforscht und wird viel- leicht noch manche neue Arten liefern. J. D. Hoorer®) hat den Gipfel des Mount Kater, 1700 Fuß hoch, auf der Hermite-Insel bestiegen und fand auf demselben noch folgende 4 Arten: ı, P. Dusen, Pflanzenvereine der Magellansländer, S. 384. 2) N. ALBOFF, Essai, p. 75, 76, und Observat., p. 28. 3) N. ALBOFF, Observat., p. 29. 4) J. D. HookeERr, in: Ross, Voyage etc., Vol. II, p. 293. 129 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı18g99. Bd. II. ı. Teil. 130 H. SCHENCK, Azorella Selago Hook. f. Abrotanella emarginata Cass. Pernettya pumila Hook. f. Empetrum vrubrum WuLv. P. Dustin!) bezeichnet die Formation der alpinen Felspflanzen als „Felsenflur. Auf der Desolations-Insel fand er als Bestandteile dieser Formation oberhalb der Waldgrenze (400 m) folgende Arten: Lagenophora nudicaulis (ComM.) Drapetes muscosa Lam. Senecio trifurcatus Less. Luzula antarctıca DEsv. Perezia magellanwa 1.AG. Marsippospermum grandıflorum Hook. Phyllachne uliginosa FORST. Deschampsia parvula Desv. Azorella Selago Hook. f. Aspidium mohrioides BORY »» Bovei SpEc. Aymenophyllum_ caespitosum CHRIST. Caltha dioneaefolia Hook. f. An Felsen ferner: Saxıfraga Albowiana F. Kurtz Ourisıa nana BENTH. 33 bicuspidata Hook. Lycopodium magellanicum Hook. Ourisia breviflora BrH. Die weitaus überwiegende Mehrzahl der feuerländischen Pflanzenarten gehört der For- mation der Torfmoore im weiteren Sinne an, welche auch den Hauptbestand der Floren der subantarktischen Inseln östlich von Feuerland geliefert hat. Ihren verschiedenen Modifikationen entsprechen, zum Teil wenigstens, die auf den Inseln auftretenden Vegetationsformationen. Die Bezeichnung Arsorrs „Torfmoore“ für die Gesamtheit der waldfreien Formationen Feuerlands ist vielleicht zu weitgehend und nach vollständigerer Erforschung des Gebietes einer Einschränkung zu unterwerfen. V. Inseln südlıch von Neuseeland. [Die Snares, Antipoden-, Lord Auckland-, Campbell- und Macquarie-Inseln.] $ ı. Einleitung. Die Flora der südlich und westlich von Neuseeland gelegenen Inselgruppen steht zu der neuseeländischen in einem ähnlichen Verhältnis wie diejenige des Kerguelenbezirkes zu der feuer- ländischen. Hier wie dort hat der größere Teil der Flora der Inseln gemeinsamen Ursprung mit demjenigen des Hauptgebietes. Hier wie dort bezeichnen aber auch höchst eigenartige und jedenfalls sehr alte endemische Gewächse eine durch insulare Abgeschlossenheit bedingte Selb- ständigkeit in der früheren Entwickelung der Flora. Der neuseeländische Florencharakter überwiegt auch auf den Lord Howe-Inseln, der Nor- folk-Insel und den Kermadec-Inseln. Die Flora der Chatam-Inseln ist in ihren wesentlichen ı) Duskn, Pflanzenvereine der Magellansländer, S. 403 u. 437. 130 Subantarktische Inseln. 131 Elementen nur eine Abgliederung derjenigen der Hauptinseln Neuseelands und ihre wenigen endemischen Arten zeigen nahe Beziehungen zu solchen des Ausgangsgebietes. Uns interessieren hier nur die in höherer Breite als die Stewart-Insel gelegenen Gruppen, welche wir als Auckland Bezirk zusammenfassen wollen, nämlich die Snares, die Anti- poden-Inseln, die Auckland-Inseln, die Campbell-Insel, und die Macquarie- Inseln'). Die Bounty-Inseln können außer Betracht bleiben. Sie erheben sich unter 47° 43° S. Br. und 179° os‘ O.L. in Form von etwa 20 granitischen Inselchen und Felsen, die höchsten bis 88 m über das Meer, und tragen nur Brutstätten von Pinguinen, die keinerlei Landpflanzen aufkommen lassen. Nur hier und da sind die Felsen von einer grünen Alge überzogen’). Die Emerald-Insel, welche im Süden der Macquarie-Inseln unter 57° 30° S. Br. und 162° ı2' Ö.L. 1821 von dem Schiffe „Emerald“ entdeckt wurde und ein hohes felsiges Eiland vorstellen soll, ist später nicht wieder aufgefunden worden; ihre Existenz ist daher fraglich. Weit abseits von den genannten Inseln erhebt sich unter 59° 20° S. Br. und 119° 44° W.L., ungefähr in der Mitte zwischen dem neuseeländischen und dem feuerländischen Gebiet die Dougherty- oder Keates-Insel’) aus dem Meere, ein 9--ıı km langer und ca. 100 m hoher, in der Mitte von einem Gletscher bedeckter, wahrscheinlich vulkanischer Felsen. Etwaige Pflanzenfunde auf dieser nie betretenen Insel würden ein ganz besonderes pflanzengeographisches Interesse darbieten. Wahrscheinlich sind hier versprengte Vertreter von den antarktisch- neuseeländischen Inseln zu erwarten, vielleicht auch haben sich hier endemische niedere Pflanzen, wie in den übrigen antarktischen Gebieten, erhalten. Je weiter wir in dem südlich von Neuseeland gelegenen Inselgebiet polwärts vorschreiten, desto mehr stimmt der Charakter der Vegetation in ökologischer Beziehung überein mit der- jenigen von Kerguelen oder von Südgeorgien. Das Klima von Kerguelen ist zu rauh und zu stürmisch, um Holzgewächse oder auch nur Gebüschformationen aufkommen zu lassen. Auf den Auckland-Inseln treffen wir noch immergrünen Wald an, auf der Campbell-Insel, mehrere Grade weiter südlich, noch Gebüschformation; auf den Antipoden-Inseln wachsen an geschützten Stellen auch noch Sträucher, während hingegen auf den Macquaries Gehölzformationen gänzlich fehlen. Die klimatischen Bedingungen sind unter gleichen Breitenkreisen südlich von Neuseeland günstiger als in dem Gebiet östlich von Feuerland bis Kerguelen, denn auch die Falkland-Inseln und Süd- georgien, welche beide wie die Auckland- und Campbell-Inseln zwischen 50° und 55° S. Br. liegen, weisen eine ausgesprochen antarktische gehölzfreie Vegetation auf, während andererseits auf den süd- lichsten Inseln des feuerländischen Archipels die Formation des Waldes bis zum 56° S. Br. reicht. $ 2. Botanische Erforschung und wichtigste Litteratur. Unter den südlich von Neuseeland gelegenen Inseln sind die Hauptgruppen Auckland und Campbell vorzugsweise besucht worden. Wir verdanken Josertm Darron HooRFR (r) die gründliche Erforschung der Flora dieser beiden Gruppen. Hooxer nahm als Botaniker teil an 1) F. R. CHAPMAN, The outlying islands south of New Zealand. Transactions of the New Zealand Institute, Vol. XXIIH, 1890, p. 518. 2) L. CoCKAYNE, Botanical excursion to southern islands. Ibid., Vol. XXXVI, 1903, p. 296. 3) K. FRICKER, Antarktis, Berlin 1898, S. 150. 3a 178 132 H. SCHENCK, der antarktischen Expedition von Sir James Ross (2), welcher am ı2. November 1840 Hobarton auf Vandiemensland verließ und vom 19. November bis 17. Dezember, also zu Beginn des dortigen Sommers auf den Inseln Aufenthalt nahm. In Hooker’s Flora antarctica finden wir nicht nur die Flora beschrieben und die wichtigsten Arten vorzüglich abgebildet, sondern auch interessante Angaben über die Beschaffenheit der Vegetation. Ein Jahr vor dem Besuche Hooker’s, 1839, war die französische Expedition des Admirals Dunmonr p’ÜRVILLE auf den Auckland-Inseln thätig und brachte eine reiche Ausbeute heim. Die von HomBRoN und Jacoumor gesammelten Pflanzen wurden in dem Reisewerk dieser Ex- pedition (3) von ihnen abgebildet, die niederen Kryptogamen von C. MontAaGuE und die Gefäß- pflanzen von J. Decassne beschrieben. Etwa ein halbes Jahr vor der Expedition Ross besuchte auch eine amerikanische Expedition, unter C. WıILkes, die Inseln. Ihre botanische Ausbeute wurde von Asa GraY bearbeitet (4). Vom ı5. Oktober 1874 bis 6. März 1875 hielt sich die deutsche Expedition (5) zur Beobachtung des Venusdurchganges auf der Auckland-Insel auf. Der Astronom Dr. W. Schur und der Photograph H. Krone brachten Pfanzensammlungen mit, welche von F. Kurrz (6) bearbeitet wurden. Wir verdanken dieser Expedition auch meteorologische Beobachtungen. Ebenfalls im Jahre 1874 stellte die französische Expedition zur Beobachtung des Venus- durchganges Forschungen auf der Campbell-Insel an; Dr. H. Fırmor (7) legte während des Auf- enthaltes botanische Sammlungen an. Um die weitere botanische Erforschung und die systematische Bearbeitung der Flora der Inselgruppen haben sich in neuerer Zeit die neuseeländischen Naturforscher, unter denen besonders F. R. Chapman, TH. Kırk, J. BucHanan, D. Pirrte und L. CockaynE zu nennen sind, große Verdienste erworben. J. Bucnanan legte Dezember 1883 auf der Campbell-Insel größere Pflanzensammlungen an. F. R. Cmaruman (8) und TH. Kırk (9) bereisten im dortigen Sommer 1890 sämtliche südlichen Inseln mit Ausnahme der Macquaries. Beiden verdanken wir auch die erste Erforschung der Antipoden-Inseln und der Snares, und ihre Berichte geben Aufschlüsse über die Beschaffenheit der Vegetation. Dr. L. CockAvNeE (10), der bekannte neuseeländische Pflanzengeograph, besuchte die Auckland-, Campbell- und Antipoden-Inseln 1903 zur dortigen Winterszeit. Er publizierte eine ausführliche und vieles Neue enthaltende Darstellung der von ihm beobachteten Formationen, gab eine revidierte Liste der Flora der gesamten Inselgruppen und erörterte die Herkunft der Florenelemente. Seiner Abhandlung sind Karten der Inseln, einige Vegetationsbilder und ein vollständiges Litteraturverzeichnis beigegeben, auf welches bezüglich aller speciellen Publikationen hingewiesen sei, während im vorstehenden nur das Wichtigste hervorgehoben wurde. Die abgelegenen Macquarie-Inseln wurden eingehender zuerst von Dr. J. H. Scorr (11) untersucht, welcher die Hauptinseln gegen Ende 1880 besuchte. Seine Resultate sind von W. B. Heusrev (12) im Challenger Report ausführlich citiert. Sodann hat A. Hauırron (13) die Insel im Sommer 1894 botanisch erforscht und eine größere Anzahl von Arten daselbst neu aufgefunden. Im Jahre 1901 November nahm die englische Südpolar-Expedition (14) auf der „Discovery“ unter Führung von R. F. Scorr kurzen Aufenthalt auf der Macquarie-Insel, auf welcher der Botaniker Dr. Körrrrrz und der Geologe FERRAR Sammlungen anlegten, deren Be- arbeitung noch aussteht. 132 Subantarktische Inseln. 133 1) HoOKER, JOSEPH DArrton, The botany of the antarctic voyage of H. M. discovery ships Erebus and Terror in the years 1839—1843 under the command of Captain Sir JAMES CLARK Ross. I. Flora antarctica. Part. I. Botany of Lord Auckland’s Group and Campbell’s Island, London 1847. JAMES CLARK Ross, A voyage of discovery and research in the southern and antarctic regions 1839 —43, Vol. I, London 1847. Enthält p. 144 ff. Bemerkungen von J. D. HookEr über die Vegetation der Auck- lands-Inseln, p. 158 über Campbell-Insel. 3) „Voyage au Pole sud“, Botanique; C. MONTAGUE, Plantes cellulaires, 1845, J. DEcAISNE, Plantes vasculaires, Paris 1852. 4) Wırkes, C., Narrative of the United States Exploring Expedition etc., Philadelphia 1845. 5) Die Forschungsreise S. M. S. „Gazelle“ in den Jahren 1874—ı1876 unter Kommando des Kapitän zur See Freiherrn v. SCHLEINITZ, I. Teil: Der Reisebericht, Berlin 1889, Anhang II, S. 302. 6) KurTz, F., Flora der Aucklands-Inseln. Verh. d. Bot. Vereins der Provinz Brandenkurg, Bd. XVIII, Okt. 1875, S. 3. — Flora der Aucklands-Inseln. Nachtrag. Ibid., Bd. XIX, 1877, S. 168. 7) Fırnor, H., Recueil de memoires relat. & l’observation du passage de Venus. Mission de l’ile Campbell, T. III, Pt. 2, Botanique, Paris 1885. 8) CHAPMAn, F. R., The outlying islands south of New Zealand. Transactions New Zealand Institute, Vol. XXIII, 1890, pP. 496— 511. 9) Kırk, TH., Report on a botanical visit to Lord Auckland, Campbell, Antipodes and other antarctic Islands. Journal of the Linnean Society, Vol. XXVIII, 1891, p. 327—330. — On the botany of the antarctic Islands. Report of the Australasian Association for the Adv. of Science, III. meeting Christchurch, 1891. Referat im Bot. Centralbl., Bd. LIII, S. 21. — On the botany of the Snares. Transact. New Zealand Institute, Vol. XXIII, 1890, p. 426. — On the botany of Antipodes Island. Ibid. p. 436. — On Pleurophyllum Hook. f. Ibid. p. 431. — On the macrocephalous Olearias of New Zealand. Ibid. p. 443. — The students flora of New Zealand, Wellington 1899. Leider ist von dieser vorzüglichen, auch die neuseeländisch-antarktischen Inseln umfassenden Flora infolge Ablebens des Verfassers nur der erste Band, Ranunculaceae bis Compositae umfassend, erschienen. 10) CoCKAYNE, L., A botanical excursion during midwinter to the Southern Islands of New Zealand. Transactions New Zealand Institute, Vol. XXXVI, 1903, p. 225, mit mehreren Vegetationsbildern. ır) Scott, J. H., Macquarie Island. Transactions New Zealand Institute, Vol. XV, 1882, p. 484. ı2) Henstey, W. B., The flora of Macquarie Island, in: Report on present state of knowledge of various insular flores, p. 62. Challenger Report, Botany, London 1885. : 13) Haumırton, A., Notes on a visit to Macquarie Island. Transactions New Zealand Institute, Vol. XXVII, 1895, p. 5509. 14) The voyage southward of the „Discovery“. Geographical Journal, Vol. XIX, 1902. 1597 $ 3. Zusammensetzung und Herkunft der Flora des Auckland-Bezirkes. Die folgende Liste der Gefäßpflanzen des Auckland-Bezirkes ist nach der kritischen Zu- sammenstellung von L. Cockayx£') wiederholt, mit Zusätzen zur geographischen Verbreitung der Arten nach Kırr’s neuseeländischer Flora, Index kewensis, Hooker’s und BAakEr’s Synopsis Filicum etc. Sie basiert auf den Ergebnissen der im vorigen Abschnitt verzeichneten Ex- peditionen und Forschungen. A. Enter?) hatte bereits im Jahre 1882 in seiner Liste der neu- seeländischen Flora auch die damals bekannten Pflanzenarten von Auckland und Campbell auf- genommen. Seit dieser Zeit ist aber durch die Forschungen der neuseeländischen Botaniker vieles Neue hinzugekommen. 1) L. CocKAYNE, A botanical excursion during midwinter to the Southern Islands of New Zealand. Transact. New Zealand Institute, Vol. XXXVI, 1903, p. 318. 2) A. ENGLER, Entwickelungsgeschichte der Pflanzenwelt, Bd. II, 1882, S. 57. 133 134 H. SCHENCK, Pteridophyten und Phanerogamen des Auckland-Bezirkes. Verbreitung Snares Auckland Campbell Antipodes Macquarie Lycopodinae. 1. Zycopodium vwarium R. BR. var. polaris Kırk — ar + |+ | Neuseeland E 2. L. fastigiatum R. BR. — |+ | + [+ | — | Neuseeland, Tasmanien, Australien, Feuerland 3. Z. scariosum FORST. — |+ | — |— | — | Neuseeland, Tasmanien, Südamerika, Feuerland 4. Tmesipteris Forsteri ENDLICH. — [+ |— |-- |— | Neuseeland Filices. 5. Hemitelia Smithii HOOK. — |+ | — |— | — | Neuseeland 6. Hymenophyllum tunbridgense SM. — |+ |— |— |— | Neuseeland, weit verbreitet 7. H. minimum A. RıcH. — |+ | — |— | — | Neuseeland, Tasmanien 8. HI. bivalve SWARTZ — |+ |— |— |— | Neuseeland 9. H. multifidum SW. — /+ | ++ |— | Neuseeland, pacif. Inseln 10. H. polyanthos SW. — |+ |— |— | — | Neuseeland, Südamerika, weit verbreitet 11. 7. vıllosum CoL. —|+ | + |-+?| — | Neuseeland || Neuseeland, Polynesien, Java -|+ |— |— |— | Neuseeland, Polynesien, Java + |— |— |— | Neuseeland, Australien, Polynesien + | — |— |— | Neuseeland, Australien, Tropisches Asien +? +1 — |— | Neuseeland, Australien, Tasmanien, Feuerland. Weit verbreitet + |— |+ |— | Neuseeland, weit verbreitet + | ++ |—| Neuseeland, Feuerland, weit verbreitet + | + I— |— | Neuseeland, Australien, Tasmanien 20. ZL. dura MOORE — |+ | + |+ | — | Neuseeland 21. Z. alpina SPRENG. — | |— [+ | + | Neuseeland, Tasmanien, Südamerika, Feuerland, Falk- | land, Kerguelen 22. L. Hluviatılis SPRENG. — |— |— | Neuseeland, Tasmanien, Südaustralien 23. Asplenium obtusatwm FORST. ge + |+ | — | Neuseeland, Australien, Polynesien, Chile, Peru, Crozets 24. A. scleropiurm HoMsR. et JACQU. _ — |— |— | Endemisch 25. A. bulbiferum FORST. — — |+ |— | Neuseeland, Australien, weit verbreitet — |— |— | Neuseeland, Australien, Hawaii, Natal — | )— | Feuerland, Chile, Californien, Falkland, Südgeorgien, Marion, Neu-Amsterdam ++ | + | Neuseeland, Australien, Südamerika — |— | — | Neuseeland Neuseeland, Australien, Tasmanien, Feuerland, Chile, Kerguelen, Neu-Amsterdam, ‘Cristan da Cunha — | — | Endemisch — | -+ | Neuseeland 26. A. flaccidum FORST. 27. Aspidium mohrioides BORY 28. A. vestitum Hook. (A. venustum HOMBR. et JACQU.) 29. A. cystotegia HOOK. 30. Polypodium australe METT. (= Grammitis australis) 31. P. australe rigidum Homsr. et JAacQU. 32. P. australe pumilum ARMSTR. 33. P. grammitidis R. BR. 34. P. rugulosum LABILL. 35. P. Billardieri R. Br. 36. Schizaea australis GAUD. Je -+ |— | — | Neuseeland, Australien, Feuerland + |— |— | Neuseeland, weit verbreitet + |— | — | Neuseeland, Tasmanien, Australien —_ — | Neuseeland, Australien ete., Falkland I + ++++|1+ +++ ++1|+++ + + | 37. Hypolepis millefolium Hook. — | — |+ |— | Neuseeland 38. Todea superba CoL. _ — |— |— | Neuseeland Gramineae. 39. Ehrharta Thomsoni PETRIE — + — |— | Neuseeland 40. Hierochloa redolens R. BR. +|— — || Neuseeland, Australien, Tasmanien, Feuerland 41. H. Brunonis Hook. f. —|+ — |— | Endemisch — | Neuseeland, Australien, Tasmanien 42. Deyeuxia Forsteri KUNTH + |— _ + +] Feuerland, Chile, Falkland, Kerguelen 43. Agrostis antarctica Hook. f. (= A. magellanica | — — Lak.) 44. A. subulata Hook. 1. ae 45. Deschampsia caespitosa BEAUY. —|+ — |— | Endemisch — |— | Neuseeland, Feuerland, kosmopolitisch 12. H. dilatatum SW. 13. H. demissum SW. _ 14. 4. flabellatum LABILL. _ 15. 4. javanıcum SPG. = 16. Pteris esculenta FORST. —_ 17. Pt. incisa THUNL. — 18. Zomaria procera SPRENG. (= L. capensis WILLD.) | — 19. Z. discolor WILLD. — I Fee Subantarktische Inseln. 135 |9|=|2|# 8 :|2|3|s 5 = Ei ul Verbreitung 2ele el | 46. Deschampsia Chapmani Prrkıe + E= = Endemisch 47. D. Hookeri! KIRK — \+ |+ | + | Neuseeland 48. D. gracillima Kırk — + | |— (Zi) Endemisch 49. D. penicillata Kırk — I— |— |— | + | Endemisch 50. Trisetum subspicatum BEAUV. — |— [+ I— |— | Neuseeland, Tasmanien, Feuerland, arktische und alpine Region der Nordhemisphäre 51. Danthonia bromoides Hook. f. — |+ [+ |— |— | Neuseeland 2. D. australis BUCH. — |— |+ |— |— | Neuseeland 53. Festuca scoparia Hook. f. + | + |+ — | Neuseeland 54. F. contracta Kırk ale u SE ZEErndemisch! 55. Poa foliosa Hoox. f. ++ + + | Herekopere Island. Die Form ?oa foliosa P auf Neu- seeland ist von HACKEL (Transact. New Zeal. Inst., Vol. XXXV, p. 381 als ?. nowae-zelandiae bezeichnet 56. P. ramosissima Hook. f. — |+ |+ I— |— | Endemisch 57. P. Hamiltonii Kırk — |— |— |— | + | Endemisch 58. breviglumis Hook. f. — — |+ — | Endemisch 59. P. incrassata PETRIE — |+ |— |— |— | Endemisch 60. P. chathamica PETkıE — \+2]— — | Endemisch 61. P. anceps FORST. ? — |+?1+? — | Endemisch ? Cyperaceae. 62. Scirpus aucklandicus (Hook. f.) BoEcK. +?2|+ [+ |+ |— | Neuseeland, Neu-Amsterdam 63. Sc. cernuus VAHL + [— |— |+ |— | Neuseeland, Feuerland, kosmopolitisch 64. Sc. antarcticus L. 4 Südafrika 65. Oreobolus pumilio R. BR. — + |+ — [|— | Neuseeland, Australien, Tasmanien 66. Carex ternarıa FORST. — |+ I— — | Neuseeland 67. C. trifida Cav. + + |+ — | Neuseeland, Chatam, Feuerland, Chile, Falkland 68. C. appressa R. Br. —|+ 14 | — | Neuseeland, Australien, Tasmanien, nördl. und südl. temper. Zonen 69. Uncinia riparia R. BR. var. Sseudorupestris KÜKEN.|— |+ |+ + | Neuseeland Centrolepidaceae. 79. Gaimardia cıliata Hook. f. — + — | Neuseeland 71. G. pallida Hook. f. (— Alepyrum pallidum Hook.) |— — |+ — | Neuseeland Juncaceae. 72. Juncus antarcticus Hook. f. — |+ |+ — | Neuseeland 73. J. scheuchzerioides GAUD. — Se |Sr — | Neuseeland, Feuerland, Falkland, Kerguelen 74- J. bufonius L. + + |— — | Neuseeland, kosmopolitisch 75. J. Dlanifolius R. BR. + I— |— — | Neuseeland, Australien, Tasmanien, Chile 76. Rostkovia gracilis PHIL. — |+ |+ — | Neuseeland, Chile 77. R. sphaerocarpa DESYV. (R. magellanica Hook. f.) |—- — + — | Neuseeland, Feuerland 78. Luzula crinita Hoox. 1. — + |+ + | Endemisch Liliaceae. 79. Bulbinella Rossii Bentn. et H. (= Chryso-|— + + — | Endemisch bactron Rossi! HOOK. f. — Anthericum Rossi Hook. f.) 80. Astelia linearis Hook. f. — /+ |+ |— |— | Neuseeland 81. A. Jinearis Hook. f. var. subulata. — + |+ |— | — | Endemisch Örchidaceae. 82. Corysanthes rotundifolia Hook. f. — + |+ — | Neuseeland 83. C. macrantha Hook. f. — [+ |— !— | — | Neuseeland 84. Caladenia Lyalli! Hook. f. — |+ |— |— |— | Neuseeland 85. C. bifolia Hook. f. — ++ — | Neuseeland, Chatam 86. Chiloglottis cornuta Hook. f. — /+ |+ — | Neuseeland 87. Zyperanthus antarcticus Hook. f. — |+ !I— |— | — | Neuseeland 135 136 H. SCHENCK, een > = DES = „128 ,3|1% El.31212|5 : s|ı3 | FI 5 Verbreitung [2} Bel un 3 sıa Ss <|O|<|%A 88. Thelymitra longifolia FORST. — | + I— |— !— | Neuseeland, Australien, Tasmanien 89. 7. uniflora Hook. f. — | + I— |— |— | Neuseeland 90. Prasophyllum Colensoi HOOR. f. — | — |— | +|— | Neuseeland I z — ie ee E Urticaceae. | 9ı. Urtica aucklandica Hoox. 1. — (|| — [7Endemisch 92. U. australis Hook. f. — | + |— | +|— | Chatam, Inseln der Foveaux-Straße Polygonaceae. 93. Rumex neglectus KIRK — | + |— | — | — | Neuseeland Caryophyllaceae. 94. Stellaria decipiens Hook. f. — | +[+ |— | + | Endemisch 95. St. decipiens Hook. f. var. angustata T.|- — — |+ — | Endemisch KIRK 96. Colobanthus Billardıer! FENZL. — | +1+ | +|-+ | Neuseeland, Tasmanien, Australien 97. C. subulatus Hook. f. — |—|+ |—|— | Neuseeland, Australien, Feuerland, Falkland, Südgeorgien 98. C. muscoides Hook. f. +)+[+ |+| + | Endemisch Portulacaceae. 99. Montia fontana L. — | -+|+ !— | + | Neuseeland, Feuerland, weit verbreitet in nördlichen und südlichen temperierten Zonen Ranunculaceae. 100. Ranunculus pinguis Hook. f. —|+!+ |—|— | Endemisch 101. R. acaulis BANKS et SOL. — | + 1— |— | — | Neuseeland, Chatam 102. R. subscaposus Hook. f. — |— |+ |— | — | Endemisch 103. R. aucklandicus A. Gr. — | + +2] — | — | Endemisch 104. R. Hectori Kırk — | I— | | | Endemisch 105. R. biternatus SM. (= AR. crassipes Hook. f.) —|— |— |—|+ | Feuerland, Falkland, Südgeorgien, Kerguelen, Neu- ö Amsterdam Cruciferae. 106. Cardamine hirsuta L. var. subcarnosa — [++ |— | + | Neuseeland 107. €. corymbosa Hook. f. —|+|+ |—| + | Neuseeland 108. C. depressa Hook. f. — |+/+ |—|— | Neuseeland 109. C. depressa var. stellata —|+[+ |—[— | Endemisch 110. Zepidium oleraceum FORST. + | + 1— |—)— | Neuseeland, Chatam Droseraceae. ı1ı1. Drosera stenopetala Hook. f. — | + |— | — | — | Neuseeland Geraniaceae. 112. Geranium microphyllum Hook. f. — | + |+ |— | — | Neuseeland, Australien Crassulaceae. 113. Tillaea moschata DC. +!+'+ |+1+ | Neuseeland, Feuerland, Falkland, Kerguelen Umbelliferae. 114. Azorella Selago HOOR. f. — | — |— |— | + | Feuerland, Kerguelen 115. A. reniformis BentH. et Hook. —|+|+ |—|— | Endemisch 116. Ligusticum latifolium Hoox. f. (= Ac-|—|+ + |—|-- | Endemisch phylla latifolia Hook. f.) ı17. L. antipodum Hook. f. — | ++ |+|-— | Endemisch 118. L. acutifolium Kırk + | — |— | — | — | Endemisch 119. Apium australe THONARS. + |— |— |+[— | Neuseeland, Australien, südpacifische Inseln, Südamerika, Südafrika, Tristan da Cunha, St. Paul Araliaceae. 120. Panax simplex FORST. — | + I— | — | — | Neuseeland ı2ı. Stilbocarpa polaris A. Gr. —|+|+ |+|+ | Endemisch ı22. Aralia Lyallii Kırk var. robusta Kırk + |— |— |— | — | Endemisch die Varietät. Die Art auf Neuseeland Subantarktische Inseln. I 74 34 7 rs Telsrea — a = s|812|%|8$ s I | Eulas% Verbreitung nala|es|ı5|S8 Iı £ Cerastium triviale LINK Holcus lanatus L. Macquarie-Insel. (Nach ScoTT, KIRK.) ; T Dactylis ‚glomerata 1. Fe. Cerastium gg HUILL. a x Stellaria media CNR. Hierochloa redolens R. BR. Stellaria media CYRILL ee p. 7 Any "K C . Deyeuxia Forsteri KUNTH Cerastium triviale LiNK Brassica oleracea L. Juncus bufonius L. Auckland-Inseln. (Nach KurTz, Kirk.) Fragaria chiloensis EURH. Sonchus oleraceus L. Poa annua L. Trifolium repens L. Poa palustris ROTH Ulex europaeus L. Holcus lanatus L. Mentha piperita L. Avena fatua L. Bellis perennis L. Poa annua L. Agrostis alba L. Sonchus oleraceus L. Lolium perenne L. Antipoden-Insel. (Nach Kirk.) 138 Subantarktische Inseln. 139 Kryptogamen. Moose und Flechten sind auf den Auckland- und Campbell-Inseln reichlich vertreten. HooREr verzeichnet in der Flora antarctica 66 Laubmoose, 85 Lebermoose und 31 Flechten, jedenfalls nur ein Bruchteil der vorhandenen Arten. Von Interesse ist das Vor- kommen von 4 Arten der auf Kerguelen gut vertretenen Gattung Andreaca, sowie von Sphagnum welche Gattung auf den übrigen antarktischen Inseln fehlt, aber auf Feuerland wiederkehrt; ferner von tropischen Moostypen, wie Macromitrium, Schlotheimia, Mniadelphus, die ebenfalls auf Kerguelen vollständig fehlen. FırHor') hat eine Zusammenstellung der Kryptogamen der Campbell-Insel gegeben. Die meisten sind auch in Neuseeland einheimisch und manche auf den übrigen antarktischen Inseln verbreitet. Unter 42 Laubmoosen verzeichnet er 4, unter 21 Lebermoosen 4, unter 49 Flechten ı8 dem Aucklandbezirk eigentümliche Arten. Die Gesamtzahl der Pteridophyten und Blütenpflanzen beläuft sich nach obiger Liste auf 182, wobei auch einige wichtige Varietäten mitgezählt sind. Weitere Forschungen in den höheren Regionen der Inseln werden diese Zahl wohl noch etwas erhöhen, und genauerer Ver- gleich einiger noch zweifelhaften Formen ist erforderlich, um festzustellen, ob es sich bei ihnen um endemische handelt. Scheiden wir zunächst die endemischen Arten aus, welche die hohe Ziffer von 58 erreichen, also ca. 30 Proz. der Gresamtflora ausmachen, so verbleiben zunächst ırı Arten oder ca. 60 Proz,, welche auch auf Neuseeland wiederkehren, und unter diesen giebt es ı9 Arten, die auch gleich- zeitig in Südamerika, besonders im Gebiete der feuerländischen Flora wiederkehren, wobei von den allgemein verbreiteten Arten abgesehen sein soll. Es sind dies folgende Arten: Lycopodium Jastıgiatum Carex trıfida Zycopodium scariosum Juncus scheuchzerioides Lomaria alpıina Juncus planıfolius Asplenium. obtusatum KRostkovia sphaerocarpa Aspidium vestitum Rostkovia gracılis Polvpodium australe Colobanthus subwlatus Polypodium grammitidis Tillaca moschata Schizaea australis Veronwa elliptica FHierochloa redolens Nertera depressa Trisetum subspicatum (auch in der Arktis) Anderseits giebt es auch eine Anzahl Arten, im ganzen 6, welche im feuerländischen Gebiet und gleichzeitig auf einzelnen Inseln des Aucklandbezirkes vorkommen, und zwar besonders auf der südlichsten Gruppe der Macquaries, nicht aber auf Neuseeland gefunden werden. Es sind Aspidium mohrioides (Auckland); Agrostis antarctica (Campbell, Antipoden, Macquarie); Ranunculus biternatus (Macquarie); ı) H. FırHor, Passage de Venus, Mission de l’ile Campbell, T. III, Pt. 2, Botanique, p. 8. 139 18 * 140 H. SCHENCK, Azorella Selago (Macquarie) ; Acaena adscendens (Macquarie); Cotıula plumosa (Auckland, Campbell, Antipoden, Macquarie). Für diese darf mit Ausnahme der letztgenannten Art') wohl angenommen werden, daß sie von Feuerland über Kerguelen her nach den Inseln gelangt, aber nicht bis Neuseeland vorge- drungen sind. Wir haben also in der nicht endemischen Flora des Aucklandbezirkes, abgesehen von weit- verbreiteten Arten, ein neuseeländisches Element, welches ganz bedeutend überwiegt, sodann ein gemeinsames neuseeländisch-feuerländisches Element und ein rein feuerländisches Element zu unterscheiden. Von den endemischen Pflanzen, die einen so beträchtlichen Teil der Gesamtflora aus- machen, zeigen manche sehr nahe Beziehungen zu neuseeländischen Formen, einige aber auch zu feuerländischen Arten. Anderseits treffen wir unter ihnen aber auch manche sehr eigenartige Gewächse an, welche vielleicht ähnlich wie Pringlea und Zyallia des Kerguelenbezirkes sehr alte jetzt isoliert dastehende Typen vorstellen, wozu unter anderen vor allem die 3 Arten der auf den Inseln endemischen und nicht in Neuseeland vertretenen Compositengattung PMeurophyllum, ferner die ebenfalls endemische monotypische Araliaceengattung Stz/bocanpa polaris, die endemischen Arten von Zigusticum, Celmisia, Cotula, Gentiana, Colobanthus, Bulbinella zu rechnen sind. Eine jede Inselgruppe besitzt außer gemeinsamen Endemen des ganzen Bezirkes für sich auch einige eigentümliche Vertreter, die den übrigen Inseln fehlen oder wenigstens noch nicht auf ihnen nachgewiesen sind. Das Vorhandensein so vieler eigenartiger Endemen spricht entschieden für eine große Selbständigkeit in der früheren Entwickelung der Flora, ebenso auch die Thatsache, daß Neu- seeland nur einen beschränkten Teil seiner Flora den Inseln abgegeben hat, daß manche höchst charakteristische Gewächse Neuseelands nicht im Aucklandbezirk wiederkehren. Im Vergleich mit den arktischen Gebieten, die noch dazu in viel höheren Breiten liegen, ist die Flora der Inseln südlich von Neuseeland wie auch der übrigen subantarktischen Inseln eine ärmliche zu nennen, was die Zahl der Arten anbetrifft. Diese Thatsache ist auf die insulare Vereinsamung der betreffenden Länder zurückzuführen. Infolge des feuchten gleichmäßigen Klimas aber ist die Entwickelung der Vegetation, in welcher relativ wenige Arten vorherrschen, eine recht üppige. Die Endemen sind fast ausschließlich Stauden. Die Holzgewächse, Sträucher und Bäume, sowie die meisten übrigen Bestandteile der Wälder und Gebüsche dagegen kehren auch auf Neu- seeland wieder oder haben dort ihre allernächsten Verwandten, und da ihre Samen und Früchte entweder sehr klein (Metrosideros, Dracophyllum) oder mit Flugvorrichtungen versehen (Olearıa, Cassinia) oder beerenartig (Panax, Coprosma, Suttonia) ausgebildet sind, so steht der Annahme der Verbreitung von der Hauptinsel über das Meer nach den isolierten Standorten nichts im Wege. Es handelt sich bei den Bäumen und Sträuchern um Gattungen, die in einzelnen Arten auch auf den übrigen Inseln des neuseeländischen Gebietes wiederkehren. So finden sich bei- spielsweise auf Lord Howe Island°) [31° 30° S.Br, 159° O.L.] deren Flora durch den Besitz ı) Vergl. Kap. I, $ 9, S 68. 2) W. Borring HEMSLEY, The flora of Lord Howe Island. _ Annals of Botany, Vol. X, 1896. 140 Subantarktische Inseln. 141 von 4 endemischen Palmen und 2 Pandanus einen tropischen Charakter erhält, die wichtigsten Holzgewächsgattungen der Auckland-Inseln ebenfalls, allerdings in anderen und meist in besonderen Arten, vertreten, nämlich Meirosideros, Dracophyllum, Panax, Myrsine, Coprosma, Olearıa, Cas- sinta. Im übrigen hat Lord Howe Island eine wesentlich andere Flora als die Inseln südlich von Neuseeland. Von ihren 209 Arten erscheinen auf letzteren nur das kosmopolitische Gnaphalium /uteo-album L., Deyeuxia Forsteri Kunın und 10 Farnkräuter wieder. Wie auf den übrigen antarktischen Inseln fehlen die Leguminosen in der ursprünglichen Flora des Aucklandbezirkes vollständig, sind dagegen in 2 eingeschleppten Arten auf den Auckland- Inseln vertreten. L. Diers') hat versucht, die Entwickelungsgeschichte der Flora Neuseelands und der zu diesem gehörenden benachbarten Inseln aufzuklären, und die Hypothesen erörtert, die von Zoologen und Geologen über ehemalige Landverbindungen der Inseln mit dem Hauptland geäußert worden sind. Die floristischen Beziehungen zwischen Neuseeland, Ostaustralien und Südamerika würden danach nicht aus der Kreidezeit, sondern aus der Tertiärzeit herzuleiten sein. Wenn auch ge- wichtige Gründe für eine tertiäre Verbindung der Chatam-Insel mit Neuseeland sprechen, so scheint mir dies für die Auckland-, Campbell-, Antipoden- und Macquarie-Inseln, die in posttertiärer Zeit von Groß-Neuseeland durch Versenkung der Landbrücken unter das Meer entstanden sein sollen, noch nicht genügend erwiesen zu sein, und wir können schließlich auch ohne solche Annahme aus- kommen. Wie auf Kerguelen, setzt sich die Flora dieser Inseln aus alten Bestandteilen und recenteren Ankömmlingen zusammen; der Ursprung der Endemen, die zum Teil wenigstens aus tertiärer Zeit zu stammen scheinen, ist rätselhaft. Sie mögen, wie auch Diers®) annimmt, Relikte sein einer früheren reicheren Flora, welche auch auf dem jetzt vereisten antarktischen Kontinent, wenigstens an den Rändern desselben, sich ausgebreitet hatte. Neuerdings hat auch L. Cockavne°) die Herkunft der Flora des Aucklandbezirkes behandelt. Er führt einige Momente an, welche für die Besiedelung durch Vermittelung von Vögeln, Winden, Meeresströmungen sprechen. So ist hervorzuheben, daß eingeführte Landvögel von Neu- seeland nach den Auckland-Inseln und der Chatam-Insel verschlagen wurden und dort jetzt naturalisiert sind; der Rauch von Waldbränden auf Neuseeland soll unter Umständen bis zur Chatam-Insel gelangen. Indessen meint CockAynz, daß die allgemeine Ansicht der Botaniker der Annahme einer Samenverbreitung in größerem Maße über weite Oceanstrecken entgegenstände. Als wichtigen Grund für eine ehemalige Landverbindung zwischen Neuseeland und den Auckland- Inseln glaubt CockayneE das Auftreten des Ratawaldes auf letzteren, also einer distinkten Pflanzen- formation, die in ganz ähnlicher Zusammensetzung mit allen ihren wichtigeren Vertretern auch in manchen Teilen der Südinsel Neuseeland wiederkehrt, hervorheben zu müssen. Nach Hvrron soll im älteren Pliocän eine große Landerhebung alle Inseln des Gebietes bis Chatam, Kermadec, Auckland, vielleicht sogar bis Macquarie verbunden haben. Wahrscheinlich habe zu dieser Zeit auch mehr Land im antarktischen Ocean existiert, wodurch manche antarktische Pflanzen und Tiere nach Neuseeland gelangen konnten. Das Vorhandensein des Ratawaldes soll diese Hypo- these unterstützen. Auf der anderen Seite betrachtet aber Cockayne mit Recht die Pleurophylium- Formation, welche die wichtigsten endemischen Gewächse umfaßt, als Ueberbleibsel einer früher 1) L. Diers, Vegetationsbiologie von Neuseeland. ENGLER’s Botanische Jahrbücher, Bd. XXI, S. 291—299. 2). L. DIELS, 1. c. S. 293. 3) COCKAYNE, |. c. p. 308. 141 142 H. SCHENCK, viel ausgedehnteren südlichen Staudenformation und ebenso den Olearıa-Wald, der auf den Snares und in beschränkter Ausdehnung auch auf Auckland auftritt, als Ueberbleibsel einer älteren Waldbekleidung der südlichen Inseln, vielleicht auch eines Teiles des problematischen antarktischen Kontinents der älteren Tertiärzeit. CocKAyNE glaubt auch in den engen floristischen Beziehungen zwischen Kerguelen und Macquaries einen Grund für Landverbindungen mit Südamerika zu erblicken und meint endlich, daß die übrigen Inseln, nämlich Campbell, Antipoden, Bounties, sei es zu gleicher, sei es zu ver- schiedener Zeit, mit Neuseeland in Verbindung gestanden haben. CocRAYNE') führt auf Grund der Untersuchungen von BEnHAm auch das Auftreten von Erdwürmern auf den Inseln als Zeugen für ehemalige Landverbindungen auf, da diese Tiere eine Uebertragung über den Ocean nicht vertragen könnten. Eine endemische Art, /Votrodrilus auck- /andicus, kommt auf den Auckland-Inseln, eine zweite Art, Motodrilus macguariensis, auf den Macquaries vor. Nach MicHaeErsen?) kommen endemische Arten der weitverbreiteten Gattung Notiodrilus auch im Kerguelenbezirk, ferner auf Südgeorgien, auf den Falkland-Inseln und in Feuerland vor. Das Auftreten dieser Würmer auf den subantarktischen Inseln kann aber nicht als Beweis für ehemalige Landverbindungen herangezogen werden, denn nach MicHAeLsen handelt es sich bei den Notiodrilen nicht um eigentliche Terricolen, sondern um euryhaline Formen, die eine Verbreitung über das Meer zulassen°). Auf den Bounty-Inseln fand CockAvNeE eigenartige Spinnen, die nach Hoca ihre nächsten Verwandten in Südamerika haben. Es dürfte sich hier wie bei den Spinnen Kerguelens wohl auch um sehr alte endemische Formen handeln. Die Inselgruppen haben nun wohl ohne Zweifel in früheren Zeiten größere Ausdehnung gehabt, wie schon aus der Beschaffenheit der den beständigen Weststürmen ausgesetzten Küsten zu schließen ist. Sehr viel Gesteinsmaterial muß im Laufe der Zeiten durch die Wogen ab- getragen worden sein. Indessen möchte ich betonen, daß man mit ehemaligen Landverbindungen vorsichtig und nur dann operieren sollte, wenn wirklich zwingende geologische Gründe eine solche erweisen oder wahr- scheinlich machen. Das Auftreten des Ratawaldes und auch der übrigen neuseeländischen Pflanzen auf den südlichen Inseln ist in Hinsicht auf die Besiedelung zahlreicher anderer, isolierter, oceanischer Inseln nichts Rätselhaftes. Wenn nun auch die eigentlichen antarktischen Länder vielleicht zur Tertiärzeit größere Ausdehnung besaßen, so halte ich eine ehemalige Verbindung der Macquaries mit Kerguelen durch Vermittelung des polaren Kontinents für durchaus unwahrscheinlich. Die von SCHIMPER betreffs der Besiedelung Kerguelens geäußerten Ansichten dürften, auch auf den Auck- landbezirk übertragen, dem Stande unserer Kenntnisse am besten Rechnung tragen. $ 4. Klima des Aucklandbezirkes. Von den Auckland-Inseln liegen einige meteorologische Beobachtungen vor, aller- dings keine regelmäßigen Jahresreihen, sondern nur der Witterungsbericht des Kapitän Mus- I) COCKAYNE, 1. c. p. 314. 2) W. MICHAELSEn, Die Oligochäten der deutschen Tiefsee-Expedition, nebst Erörterung der Terricolenfauna oceanischer Inseln, insbesondere der Inseln des subantarktischen Meeres. Wissensch. Ergebn. der deutschen Tiefsee-Exped., Bd. III, Jena 1902. 3) Vergl. Kapitel I, $ 9, S. 65, Anmerkung. 142 Subantarktische Inseln. 143 GRAVE'), welcher mit seiner Mannschaft 20 Monate unfreiwillig auf der Insel in Carnley Harbour zubrachte, nachdem sein Schiff „Grafton“ am 3. Januar 1864 gescheitert war; ferner die Be- obachtungen der deutschen Expedition zur Beobachtung des Venusdurchganges, welche vom 15. Oktober 1874 bis 4. März 1875 auf ihrer Station in Port Ross sich aufhielt?)?). Das sehr feuchte, regnerische und stürmische oceanische Klima der unter 50° 32° S. Br. gelegenen Insel zeigt in seinen Elementen am meisten Uebereinstimmung mit demjenigen von Feuerland. Die mittleren Temperaturen des Sommers und des Jahres sind wesentlich höher als auf Kerguelen in ungefähr derselben Breite, und diese thermische Begünstigung ist bedingt durch die warme auf der Ostseite Neuseelands und Australiens nach Süden gehende Meeresströmung. Die Temperaturen betrugen nach den Beobachtungen der deutschen Station: 1874/75 Mittel Extreme Oktober 763 | 13,4 2 18742 November 8,2 17,3 —0,6 Dezember 9,6 15,9 1,2 1875 j Januar 10,1 16,5 ‚2 \ Februar 9,7 15,3 1,5 Sommermittel Dezember bis Februar 9,8 15,9 1,0 Hann schätzt die mittlere Jahrestemperatur auf 7,0°C. Nach Muscrave’s Beobachtungen ist der Winter mild. Frost tritt nur an einzelnen Tagen auf. In 2 Wintern betrug das Minimum nur —5,6° C, und zuweilen stieg die Temperatur auf 10—ı1°. Der Schnee blieb selten länger liegen und schmolz selbst auf den Bergen rasch wieder weg. Das Gras blieb grün, und die Bäume behielten ihre Blätter. MusGravE vergleicht den strengsten Wintermonat Juli mit dem April im England. Der Sommer ist dem oceanischen Klima entsprechend kühl. Schur berichtet, daß in den Vormittagsstunden zuweilen Schnee auf den höheren Bergen gefallen sei; in der Nähe der Station habe nur einmal, am Morgen des ı1. November, Schnee gelegen. Im Herbst hielt sich nach MusGravE die Temperatur zwischen 0° und ı0° C, im Frühling zwischen 4'/,° und 9° C. Bezüglich der Regenmenge liegen keine Beobachtungen vor. Regen tritt aber sehr häufig ein, ebenso ist die Bewölkung und Luftfeuchtigkeit eine hohe. 1874/75 Tage ohne Regen | Bewölkung ı1—ıo Feuchtigkeit, relative Oktober 4 93 ee 1874 ! November 3 7,8 84 Dezember I 8,6 86 1875 f Januar 5 8,0 84 \ Februar 4 7,8 80 Bezüglich der relativen Feuchtigkeit sind nur die Minima angegeben, eine vollständige Sättigung der Luft trat bei Regen und Nebel sehr häufig ein. Bei Westwind sank die relative Feuchtig- keit zuweilen unter 50 Proz. und sogar bis 39 Proz. I) J. Hann, Referat über die met. Beobachtungen von Kapitän MUSGRAVE (Castaway on the Auckland Isles, London 1866) in: Zeitschrift der österr. Gesellschaft für Met., Bd. I, 1866, S. 42. 2) W. SCHUR, Ueber das Klima der Auckland-Inseln. Zeitschrift der österr. Gesellsch. f. Met., Bd. XIII, 1878, S. 198. 3) J. Hans, Handbuch der Klimatologie, 2. Aufl., Bd. III, 1897, S. 417 u. 465. 143 144 H. SCHENCK, Die häufigsten Winde während der obigen Beobachtungsperiode kamen aus W. mit 40,8 Proz, NW. mit 12,0 Proz. und WNW. mit 9,6 Proz. Regen und Stürme sind während des ganzen Jahres häufig, häufiger im Sommer als im Winter, was ja auch mit den Beobachtungen an Kap Hoorn übereinstimmt. Ueber das Klima der Campbell-Insel hat neuerdings CockavnE') einige Aufzeichnungen, die er von dem Schafzüchter GoRrDoN erhielt, gegeben, woraus hervorgeht, daß es dem- jenigen der Auckland-Inseln ähnlich ist. Der südlichen Lage entsprechend wird die Temperatur- kurve etwas niedriger liegen. In höheren Lagen traten im Winter stärkere Fröste ein, an der Küste dagegen herrscht milde Temperatur, wie aus dem Vorhandensein von Baumwuchs schon hervorgeht. Auf den Macquarie-Inseln ist das Klima noch rauher und dürfte am ehesten mit dem- jenigen Kerguelens übereinstimmen, da einige Charakterpflanzen des letzteren hier in gleicher Weise auftreten. $ 5. Vegetation der Snares. Die Snares erheben sich unter 48° S. Br. in einer Entfernung von etwa 60 Meilen süd- lich von dem unter 47° 20° S. Br. gelegenen Südkap der Stewart-Insel als eine aus zwei größeren und einigen kleineren felsigen Inselchen bestehenden Gruppe aus dem Meere. Von den 2 Hauptinseln, welche durch einen engen Kanal getrennt sind, hat die größere eine Länge von etwa ı Meile und eine Breite von '/, Meile. Ihr höchster Punkt erhebt sich bis etwa ı45 m. Die Küste stürzt mit steilen und hohen Klippen an vielen Stellen ab, bietet aber an der NO.- Seite einen guten Hafen. Geologisch gehören die Snares zu der Stewart-Insel, denn sie bestehen ebenfalls aus Granit. Der größere Teil der Insel ist nach Kırk und CHarman bedeckt mit einem lichten, hier und da offenen immergrünen Buschwald, welcher eine Bestandeshöhe nicht über etwa 9 m erreicht und größtenteils aus der massenhaft auftretenden Olearia Zyallii Hoox f, einem Compositenbaum mit breit- oder rundlich-eiförmigen, sehr dicken und lederigen Blättern und terminalen Trauben großer Blütenköpfe, sich zusammensetzt. Schon von weitem ist der Olcaria- Wald kenntlich an der eigenartigen, grauen oder weißlichen Färbung des Laubes; die jungen Triebe sind dicht tomentos, die Blätter verlieren aber auf der Oberseite ihr Haarkleid während des ersten Winters. Nur an geschützten Lagen wachsen die Bäume aufrecht mit ausgebreiteten Aesten bis zu einer Höhe von ca. 28 Fuß; die Stämme sind meist ı—2 Fuß, seltener 3 Fuß dick. An den dem Winde ausgesetzten Abhängen indessen erscheinen die Stämme ge- krümmt oder werden durch den Winddruck niedergelegt?); die oberen Zweige wurzeln dann an den Spitzen, erzeugen neue aufstrebende Stämme, welche wiederum später zu Boden ge- drückt werden und den Vorgang wiederholen. Die heftig wehenden Seewinde spielen, wie wir auch schon bei der Betrachtung der Kerguelenvegetation sahen, überhaupt auf den subantark- tischen Inseln eine wichtige Rolle in der Ausgestaltung der Formationen. Olcaria Lyallia 1) L. CoCKAYNE, A botanical excursion during midwinter to the southern Islands of New Zealand. Transact. New Zealand Inst., 1903, p. 268. 2) COCKAYNE (l. c. p. 254) beobachtete auf den Auckland-Inseln, daß schon die jungen Pflanzen häufiger prostrate als orthotrope Stämme besaßen, und meint, es könne sich hier auch um eine erbliche Eigentümlichkeit handeln. 144 Subantarktische Inseln. 145 Hook. f. ist zwar endemisch auf den Snares und den Auckland-Inseln, aber nach Kırk nahe verwandt mit der in Neuseeland verbreiteten O/carıa Colensoi Floor. f.,, von welcher sie sich durch robusteren Wuchs, breitere Blätter und 5—8 statt ı—2 Reihen Involucralblätter, sowie durch dichtere Behaarung unterscheidet. Die Gattung neigt überhaupt zur Bildung besonderer Inselarten. Auf der Chatam-Insel bildet Okarra chatamıca, auf der Stewart-Insel Olearıa Colensor, an der Westküste Neuseelands Olaria operina zusammen mit Senecio rotundıjolius ähnliche Gehölze aber nur von Gebüschcharakter'). Aus dem weißlichen Laub des Olearia-Waldes treten hier und da grüne Flecken hervor, von dem Laub des Senecio Mueller! T. Kırk herrührend, einer prachtvollen insularen Art mit großen terminalen Rispen gelber Blumen. Dieser Baum erreicht bis 26 Fuß Höhe, hat einen kurzen Stamm von 2 Fuß Durchmesser und trägt an den Zweigenden Büschel von schwach lederigen, lanzettförmigen, unterseits dünn weiß behaarten Blättern. Auch diese Art ist endemisch und kehrt merkwürdigerweise wieder auf der kleinen felsigen Herekopere-Insel in der Foveaux-Straße, welche die Stewart-Insel von der Südinsel Neuseelands scheidet. Sie ist verwandt mit mehreren strauchigen oder baumartigen neuseeländischen Seneczo-Arten, aus welcher Gruppe auch der auf der Chatam- Insel endemische Senecio //unti F. von MUELLER hervorgegangen sein dürfte. Die dritte und letzte Holzpflanze der Insel ist die sowohl in Neuseeland als auch im südlichsten Südamerika verbreitete Veronica elliptica Forst, welche hier und da, besonders an offenen Waldstellen und an der Küste dichtes Gesträuch von 4—8 Fuß Höhe bildet. Nach Kırk ist die Form der Snares robuster und großblütiger als die der Stewart-Insel. Das offene Land, in Form eines Gürtels über dem Buschwald bis zu dem oberen Rande der Klippen, sowie an einzelnen Stellen im centralen Teile der Insel, ist bedeckt mit einer Tussockformation, welche hauptsächlich von 2 tussockbildenden Arten, der auf allen Inseln des Aucklandbezirkes und auch auf der Stewart-Insel verbreiteten oa Joliosa Hook. f. und der stattlichen, auf Neuseeland und den südlich davon gelegenen Inseln, sowie auch im ant- arktischen Amerika wiederkehrenden Carex Zriida Cav., zusammengesetzt wird. Zwischen den Grasbüscheln zerstreut finden einige andere krautige und grasartige Grewächse Schutz. Auf der Insel giebt es nur wenig Süßwasser, daher ist die Sumpf- und Wasserfiora ganz unbedeutend; von typischen Wasserpflanzen ist nur die ungemein weitverbreitete Callitriche verna L. vorhanden. Von den übrigen in Kırr’s Liste enthaltenen Pflanzenarten verdienen noch 3 interessante (ewächse hervorgehoben zu werden. Die auffallendste krautige Pflanze ist die oft über 3—4 Fuß große Aralia Lyallii var. robusta T. Kırk mit ihren aus kräftigem Rhizom entspringenden, 2 Fuß breiten, rundlich-nierenförmigen Blättern und mit großen Dolden weißlich-grüner Blüten und wachs- artig aussehender Früchte. Die Varietät rodusta dieser auf einigen Inselchen der Foveaux-Straße und an der Südküste der Südinsel auftretenden, „Punui“ genannten Art ist auf die Snares beschränkt und zeigt in dem Mangel der Stolonen und in den kleineren Blüten, sowie in einigen anderen Charakteren Abweichungen vom Typus, welche auf die Herausbildung einer neuen endemischen Pflanzenform hinzielen. Die Aralia tritt sowohl im Walde als auch im offenen Terrain auf und gedeiht in dem guanoreichen Boden auffallend üppig. 1) COCKAYNE, 1. c. p. 254. 145 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—1899. Bd. II. ı. Teil. 19 146 H. SCHENCK, Eine neue, der Insel eigentümliche, ca. 4 Fuß hohe stattliche Umbellifere, Ziewustieum acutifolium T. Kırk, verwandt mit dem neuseeländischen Z. intermedium Hook. fil, wurde von Kırk nur an einer, ca. 350 Fuß über dem Meere gelegenen Stelle der Insel auf den Klippen aufgefunden. Auch auf den Antipoden-, Auckland- und Campbell-Inseln treten solche stattliche endemische Zieustieum-Stauden auf. In Colobanthus muscoides Hook. f. besitzen die Snares eine typische antarktische Pflanze, welche sonst nur noch auf den übrigen Inseln des Auckland-Bezirkes, z. B. häufig auf den Meeres- klippen der Auckland- und Campbell-Inseln, wiederkehrt und wahrscheinlich auch von dort nach den Snares gelangt sein dürfte, wo sie Kırk nur an einer einzigen Stelle, merkwürdigerweise in einem kleinen Sumpfe, vorfand. Sie bildet daselbst ziemlich große dichte Massen, deren innere Teile aus den teilweise zersetzten älteren Pflanzen und den Wurzeln junger Pflanzen bestehen. Die Samen keimen oft schon in den Kapseln, und die alte Oberfläche der Polster bedeckt sich so rasch mit jungen Pflanzen, daß viele Kapseln mit reifen Samen tief in die Masse eingebettet werden, bevor die Keimung erfolgen kann. Man darf wohl annehmen, daß diese Polsterpflanze aus ihrer eigentlichen Heimat hierher verschlagen wurde und sich erhielt, weil ihr der Raum von Mitbewerbern nicht streitig gemacht wurde. Die Kryptogamen sind auf der Insel sehr spärlich vertreten. Kırk fand nur einige Flechten und außerordentlich selten Laubmoose. Im ganzen ist die Flora der Snares eine sehr artenarme, sie zählt nur 23 Arten. Wenn auch eine nähere Untersuchung der Klippen vielleicht noch einige neue Arten ergeben dürfte, so ist es nach Kırk doch unwahrscheinlich, daß die Zahl sich wesentlich erhöhen wird. In Betracht für die geringe Zahl kommt zwar die geringe Größe der Felseninseln, aber man hätte eine reich- lichere Besiedelung, von der nicht so sehr weit entfernten Stewart-Insel ausgehend, erwarten können. Von Vogelarten leben auf den Inseln hauptsächlich Pinguine und Pufnus tristis, welche viel Guano erzeugen. Es scheint ein Austausch zwischen den Snares und der Stewart-Insel durch Vermittlung der Winde oder durch Vögel nur in geringem Maße stattzufinden. Die lHaupt- masse der neuseeländischen Florenelemente (z. B. die Koniferen) erreicht ihre Südgrenze auf der Stewart-Insel. Endemisch sind auf den Snares nur 2 Arten, die erwähnten Sezecow Mülleri Kırk und Ligusticum acutifolium T. Kırk, ferner die var. vobusta von Aralia Lyallii T. Kırz. Hierzu kommen noch Colobanthus muscoides Hook. f., FPoa Joliosa Hook. f. und Olcaria Lyallii Hook. f, also im ganzen 6 Arten, die nicht auf Neuseeland vorkommen, immerhin ein beträchtlicher Teil, der die Selbständigkeit der Snaresflora gegenüber Neuseeland bezeichnet. S 6. Vegetation der Auckland-Inseln. Die zwischen 50° 30° und 50° 55‘ S. Br. auf 166° O. L. gelegenen Auckland-Inseln um- fassen einen Flächenraum von etwa 850 qkm. Die Hauptinsel Auckland mißt etwa 55 km Länge und 20 km Breite, hat ungefähr dreieckigen Umriß und ist gebirgig; ihre Basaltkuppen erheben sich von 280 bis 457 m Höhe, reichen also nicht zur Linie des ewigen Schnees wie die hohen Gebirge Feuerlands. Während die Westküste ziemlich geradlinig nordsüdlich verläuft und in steilen hohen Klippen mit zahlreichen herabstürzenden Wasserfällen abfällt, ist dagegen die Ost- 146 Subantarktische Inseln. 147 küste und auch die Südküste von zahlreichen tiefen Buchten zerschnitten. Vor der Südküste liegt, durch einen Meeresarm, Carnley Harbour, getrennt, die westöstlich streichende Adams-Insel, eine ca. 600 m hohe, aus dem Meere schroff aufragende lange Gebirgskette. Die übrigen Inseln sind alle bedeutend kleiner, so die hohe Disappointment-Insel vor der Westküste, die flachen Inseln Rose, Enderby und Ewing an der Nordspitze vor dem Port Ross. Außerdem gehören noch eine Anzahl von kleineren, aus dem Meere emporragenden Felsen, besonders an der West- küste zerstreut, zu der Gruppe. Die Inseln stellen die Ueberbleibsel eines ehemaligen ausgedehnten Vulkanberges vor, von welchem der größere Teil durch die von Westen anstürmende Meeresbrandung weggenagt wurde. Ihr Gestein ist Basalt und Tuff, deren Zersetzung einen fruchtbaren Boden liefert. Eine mehr oder weniger tiefe, infolge des sehr feuchten Klimas beständig durchnäßte Torfschicht bedeckt überall den Boden, ausgenommen an senkrechten Felswänden. Die Vegetationsdecke gliedert sich nach den Darstellungen von HoorEr, CHarman, Kırk, CockAayNE ın Gehölzformationen, in offene Gras- und Staudenformationen und in die Formationen der Küstenvegetation. Der heftig wehende West- und Nordwestwind bedingt in erster Linie die Verteilung der Gehölze und bewirkt, daß nur an den geschützten Leeseiten der Insel ein regel- mäßiger Waldgürtel längs der Küste sich ansiedeln konnte. Die Nordküste ist infolge mangeln- den Schutzes fast ohne Wald, die Westküste und ebenso der äußere Teil der Südküste außer- dem zu steil; dagegen stellt sich der Wald überall innerhalb der ausgedehnten windgeschützten Häfen der Ostseite ein. Oberhalb des Waldes folgt, einige hundert Fuß aufwärts sich er- streckend, Scrub- oder Gebüschformation, darüber Gras- und Staudenwiesen, die auch in der unteren Region die waldfreien Stellen bedecken. A. Gehölzformationen. I. Ratawald. Der immergrüne Regenwald der Auckland-Inseln wird nach dem Namen des vorherrschenden und wichtigsten Baumes, der Myrtacee Metrosideros lucida Mexzıes, als Ratawald bezeichnet. Die zweite Form des Waldes, der Olaria-Wald, der für die Snares charakteristisch ist, tritt nur lokal auf und spielt auf der Hauptinsel selbst keine Rolle. Die wichtigsten Holzarten des Ratawaldes sind außer Metrosideros von Bäumen die Epacridacee Dracophyllum longifolium R. Br. und die Araliacee Panax simplex Forst, von Sträuchern die Rubiacee Coprosma foetidissima Forst, die Myrsinacee Suttonia divaricata Hook. f. und die Composite Cassınia Vauvilliersii Hoox. f. Metrosideros lucida MENZIES, auf Auckland sehr häufig, von der Küste bis ı5o m ansteigend, auf Campbell dagegen sehr selten, kommt nach KIRK!) auf ganz Neuseeland, besonders reichlich aber in der oberen Region der Südinsel bis zu 1200 m Höhe vor. Die gegenständigen gestielten elliptischen Blätter sind in jungen Stadien seidig behaart, später kahl, von lederiger Beschaffenheit. Die roten Blüten stehen an den Spitzen der Zweige zu 3—5 in kurzen gestielten Dolden. Nach HOOKER >) ist Metrosideros der größte Baum der Insel und erreicht an geschützten Stellen 6—ı2 m Höhe; die bis ı m dicken Stämme steigen meist schräg auf, entsenden sparrig abspreizende und oft geweihartig verzweigte Aeste und tragen oben eine vollkommen flache, wie mit einer Sense geschnittene Laubkrone, Erscheinungen, die auf die Wirkung der heftig wehenden Winde zurückzuführen sind. Nach COCKAYNE sind die Bäume ı) T. Kırk, Flora of New Zealand, p. 160. 2) J- D. HOOKER, Flora antarctica, p. 12. 147 19* 148 H. SCHENCK, auf der Enderby-Insel etwa 5 m hoch; am Camp Cove im Süden der Auckland-Insel befindet sich das flache Walddach etwa 4,5; m über dem Boden. Dracophyllum longifolium R. BR., ebenfalls sehr häufig, ist ein 5—7,; m hoher Baum mit etwa 45 cm Stammdurchmesser. Die nadelförmigen, an den Spitzen der letzten Zweige gebüschelten Blätter die aus dem flachen Walddach der Ratabäume hervorragen, verleihen den Bäumen Aehnlichkeit mit unseren Kiefern. Die weißen Blüten stehen in Aehren. Panax simplex FORST., ein häufiger Baum, bis ı50o m Meereshöhe verbreitet, erreicht 10 m Höhe und trägt lederige, gestielte, elliptisch lanzettliche, grobgezähnte Blätter. An jungen Pflanzen sind die Blätter 5-zählig oder 3-zählig, oder auch einfach !). Coprosma foetidissima FORST. Gewöhnlich als sparrig verästelter Strauch von 2—3 m Höhe, soll diese Art gelegentlich aber auch Baumform annehmen. Suttonia divaricata HOOk. f., ein klein- und lederblättriger Strauch mit durcheinander gewirrten divaricaten Zweigen, zeigt nach COCKAYNE?) den Habitus gewisser xerophiler, an trockenen Boden und trockene Winde angepaßter Sträucher Neuseelands (z. B. der Aristotelia fruticosa). Das Auftreten von solchen Pflanzenformen in einem Regenwald ist eine auffallende Erscheinung. Im Anschluß an L. DIELS meint COCKAYNE, daß es sich hier um Relikte aus der neuseeländischen Steppenzeit handelt. Cassinia Vauvilliersii HOOR. f. ist ein bis 2,5; m hoher, aufrechter, sehr verzweigter Strauch mit oblong-spatelförmigen, unten behaarten Blättern und terminalen weißen, vielköpfigen Corymben. Der Ratawald ist, wie CockAynE?) hervorhebt, keineswegs ein endemisches Produkt der Aucklandinseln, denn alle seine Holzarten und überhaupt fast sämtliche Bestandteile kehren in ähnlichen Wäldern in gewissen Teilen Neuseelands und der Stewart-Insel wieder. In ökologischer Hinsicht gehört er zu den immergrünen temperierten Regenwäldern‘), wenn er auch gegenüber den neuseeländischen infolge der ungünstigeren klimatischen Verhältnisse und der insularen Ver- einsamung in floristischer Beziehung verarmt erscheint. Eine ganze Reihe für Neuseeland typischer Gattungen fehlt in ihm, z. B. Zagus und die Koniferen. Es fehlen ferner auch die Lianen. Der heftige und konstante Wind verleiht ihnen eine eigenartige Physiognomie und bedingt die flache Form seines Laubdaches. Unter dem Schutze des letzteren, im Inneren des Waldes aber können die Winde ihren schädigenden Einfluß nicht ausüben; hier erscheint infolge- dessen eine reiche hygrophile Vegetation von Farnkräutern, Moosen und Lebermoosen, nament- lich in den Waldpartien der tief einschneidenden Buchten der Ostküste. Unter den Bodenfarnen ist Aspidium vestitum Hoox. besonders bemerkenswert. Dasselbe kommt bis über 400 m Höhe vor, wächst aber in der feuchten schattigen Waldzone an der Küste zu einem kleinen prächtigen Baumfarn hervor, mit über meterhohem, bis 15 cm dickem aufrechten Schaft, der an seinem oberen Ende die flach ausgebreiteten, bis ı,5; m langen Wedel ‚trägt. In hohen Lagen dagegen ist der Habitus des Farnes der gewöhnliche, die Wedel sind kleiner und schräg aufgerichtet. Im Hintergrunde von Normann’s Inlet, wo der Wald sehr üppig entwickelt ist, wurde in neuerer Zeit sogar ein echter Farnbaum, die neuseeländische ZZemitelia Smithüi Hoor.?) aufgefunden. Der Regenreichtum und die beständige Feuchtigkeit ermöglicht auch das Auftreten von Aymenophyllum-Arten, die in Gemeinschaft mit Lebermoosen und Laubmoosen den torfigen Boden an vielen Stellen dicht bedecken und auch, wie z. B. Zyrnenophyllum multifidum Sw., FI. minimum ı) Näheres über diese interessante Heterophyllie bringt COcKAYNE, ]. c. p. 249. 2) COCKAYNE, 1. c. p. 250. 3) COCKAYNE, |. c. p. 248; Vegetationsansichten auf Taf. XII u. XVI. 4) W. SCHIMPER, Pflanzengeographie, S. 505. 5) COCKAYNE, |. c. p. 246. 148 Subantarktische Inseln. 149 A. Rıcn, ZZ. flabellatum LasıLL, epiphytisch an Baumstämmen leben. Als Epiphyt wird auch Polypodium Billardieri R. Br. angegeben. Dagegen scheinen keine Blütenpflanzen auf Bäumen vorzukommen. In die krautige Bodenvegetation mischen sich hier und da einige Kräuter, die übrigens in anderen Formationen wiederkehren. Vergleichen wir den Auckland-Wald mit dem feuerländischen, so fällt zunächst der Mangel laubabwerfender Bäume und Sträucher in ersterem auf. Die für Feuerland wie auch für Neu- seeland wichtigen Buchen fehlen, ebenso die Koniferen. Ueberhaupt ist die systematische Zu- sammensetzung der Gehölze eine sehr verschiedene Bis auf Veronica fehlen in Feuerland sämtliche Holzgattungen Aucklands. Die feuerländischen Wälder nehmen den temperierten Regen- wäldern gegenüber eine selbständigere Stellung ein und gehen von immergrünen Beständen über zu den sommergrünen der Fagus antarctica Forst. 2. Olearia Lyallii-Wald. Diese für die Snares eigentümliche Form des Waldes findet sich in der Aucklandgruppe nur auf der nordöstlich von der Hauptinsel gelegenen Ewing- Insel in Form einer schmalen Zone an der windgeschützten Seite und vielleicht in sehr be- schränkter Ausdehnung noch an ein oder zwei Stellen auf der Auckland-Insel selbst. Nach CockAyNE') sind die Olearia-Bäume hier 6,1—9,1ı m hoch, teils aufrecht, teils mit prostraten Stämmen von ca. 50 cm Durchmesser. Mit der Olcarıa gemischt treten Sträucher von Veronica elliptica FORST. auf, dagegen fehlt der für die Snares charakteristische und dort endemische Baum Senecio Müller T. Kırk. Der Boden besteht aus Torf mit moderndem Laub bedeckt. Unter- holz fehlt, abgesehen von jungen Olearia-Pflanzen; an einzelnen Stellen wurden Asplenium obtusatum Forst. und Zomaria dura MooRrE als bodenständige Farne beobachtet. Der vorherrschedde Ratawald scheint den Winden gegenüber widerstandsfähiger zu sein, und CockAayNE vermutet, daß die O/earıa-Bestände vielleicht die Ueberbleibsel einer früher aus- gedehnten ursprünglicheren Formation vorstellen. 3. Subalpiner Scrub. Oberhalb des Waldes folgt ein Gürtel von dichtem und fast undurchdringlichem Gebüsch, das an den Abhängen besonders in geschützten Schluchten oder Einsenkungen bis 240 oder 300 m hinaufsteigt und nach oben in die Tussockgrasformation allmählich übergeht. In diesem Gebüschgürtel treten zum Teil die nämlichen Holzpflanzen wie im Walde selbst auf, bleiben aber hier infolge der heftiger wirkenden Winde zwergig und sind auch mit einigen anderen Sträuchern, wie z. B. Coprosma cuneata Hook. f., cıliata Hook. f., untermischt. Die Grenze zwischen Wald und Scrub wird an verschiedenen Stellen der Inseln ver- schieden hoch liegen, je nach der Exposition, und muß noch im einzelnen festgestellt werden. Chapman’) giebt an, daß in den Buchten der Ostküste der Wald einen regelmäßigen Gürtel längs der Küste bis ca. 200 Fuß (60 m) aufwärts bilde. Die mittlere Grenze wird aber wohl höher liegen, vielleicht bei etwa 100 oder 120 m. CocKAYNE’) beobachtete, daß auch noch in den subalpinen Tussockwiesen über dem Ge- hölzgürtel Sträucher zwischen den hohen Gräsern vorkommen. Dracophyllum longifolium R. Br. von Mannshöhe und Cassinia Vauwilliersii Hoor. f, beide mit xerophilem Laub, sind hier noch häufig, und Coprossma cumeata Hook. f. bildet einen geschützt am Boden kriechenden Strauch. I) COCKAYNE, |. c. p. 252. — Vegetationsansichten, Taf. XIV u. XV. 2) CHAPMAN, Transact. New Zeal. Inst., Vol. XXIII, p. 501. 3) COCKAYNE, 1. c. p. 265. 149 H. SCHENCK, B. Gras- und Staudenformationen. Oberhalb des Gebüschgürtels bis auf die Gipfel der Berge und an exponierten und nicht mit Wald bedeckten Abhängen der unteren Region ist der Boden, der überall auf der Insel mit mehr oder weniger tiefem, feuchtem, häufig auch nassem, aus langsamer Verwesung der ab- gestorbenen Blätter hervorgegangenem Torf bedeckt ist, hauptsächlich mit Gräsern und Stauden der verschiedensten Art bewachsen. Die Mehrzahl der auf Auckland vorkommenden Pflanzen- arten und vor allem die endemischen Gewächse gehören diesen offenen Formationen an. Nach den vorhandenen Angaben von HooRER, Kırk, CHAPMAN ist es schwierig, sich ein klares Bild von der Anordnung der einzelnen Arten zu bestimmten Formationen zu machen, und es bedarf noch weiteren Studiums, namentlich der oberen Regionen der Insel, um die durch edaphische Einflüsse bedingten Unterschiede genauer festzustellen. CockaynE hat nur einige wenige Punkte der Insel im Mittwinter kurz besucht und unterscheidet: ı) Tiefland-Tussock (Lowland tussock), 2) Pleurophyllum-Matte (Pleurophyllum meadow), 3) subalpine Wiese (subalpine meadow), indessen dürfte damit die Mannigfaltigkeit noch nicht erschöpft sein. Unter den Gräsern sind ohne Zweifel die tussockbildenden Arten am auffallendsten und in ihrem Auftreten wie auch auf Südgeorgien und Falkland bedingt durch das subantarktische Inselklima. Hauptsächlich 2 Arten sind zu nennen. Danthonia bromoides Hoox. f. wächst nach HoorER in großen Massen besonders in den höheren Regionen von 240—360 m, und auch CockAYNE') bezeichnet es als vorherrschendes Gewächs seiner subalpinen Wiesenformation, die er oberhalb der Waldlinie in Camp Cove im südlichen Teile der Auckland-Insel kennen lernte. Das hartblättrige Gras wird über meterhoch und wächst in getrennten großen Tussocks auf 0,6—ı m dicken Strünken, welche dadurch zu stande kommen, daß die halb kriechenden untersten, dicken Teile der aufsteigenden Halme mit ihren zahlreichen Wurzeln über dem Boden sich zu einem festen, ringsum mit den Resten der abgestorbenen Blätter bedeckten Polster verflechten. Poa Joliosa Hoox f. erzeugt ebenfalls solche Tussocks und entspricht darin der 7’oa flabellata Hoox. f. auf Falkland und Südgeorgien. Dieses Gras kommt in der Nähe der Seeküste vor. Auf Ewing und Enderby Island beobachtete Cockavne’) auf nassem Boden in der Nähe der Küste seine Lowland-Tussock-Formation, die aus Gräsertussocks und an sumpfigen Stellen besonders aus Carex-Tussocks sich zusammensetzt. Die Strünke erreichen hier ı,; m Höhe, sind mit Regenwasser durchtränkt und machen also die auf ihnen wachsenden Pflanzen unab- hängig von dem sauren Wasser des sumpfigen Torfbodens. Neben den Gräsern spielen zahlreiche Stauden eine wichtige Rolle in der Zusammen- setzung der waldfreien Formationen. Zum Teil zeichnen sich dieselben durch auffallenden Wuchs, Großblättrigkeit und durch prachtvolle Blüten aus. Die Blütenfülle während des Sommers und die auffallenden Blumenfarben auf Auckland und Campbell stehen einzig da in dem subantarkti- schen Inselgürtel und zeigen schon durch ihre Existenz, daß hier im Gegensatz zu Kerguelen trotz der häufigen starken Winde geflügelte Insekten als Bestäuber thätig sind. Viele der in der Florenliste genannten Stauden gehören als charakteristische Vertreter der Staudenvegetation der oberen Region an, gehen aber mit ihrer Formation auch tiefer hinab an den Hängen, da, wo I) COCKAYNE, 1. c. p. 265. 2) COCKAYNE, |. c. p. 255. 150 Subantarktische Inseln. 151 der Wald nicht zur Entwickelung kommen kann, sei es infolge der Exposition oder seı es infolge zu großer Bodennässe. Auch in der Nähe der Küste an steilen Felsen kehren manche Stauden wieder, oder auch an offenen Stellen im Wald, an dessen Rändern, an Bachufern. Ueberhaupt muß bemerkt werden, daß infolge des gleichmäßigen, sehr feuchten Klımas viele Gewächse der Insel gleichzeitig in verschiedenartigen Formationen vertreten sind, eine Erscheinung, die sich auch auf Feuerland wiederholt. Die Stauden mögen an manchen Orten, besonders wohl in der oberen Region mit Gräsern vergesellschaftet auftreten oder dort sich einstellen, wo die Tussocks größere Zwischenräume frei lassen. Aber sie bilden auch fast ohne Gräser reine Bestände unter sich. Auf der Adams-Insel, am Carnley Harbour z. B. ist der Waldgürtel durch baumlose Streifen bis zum Meere hinab unterbrochen, und auf diesen finden sich die auffallenden Stauden wie in einem Garten zu einer Formation vereinigt, die CockAynE') als PVeurophyllum-Wiese bezeichnet. Einige der bemerkenswertesten Stauden, welche zugleich in dem Auckland-Bezirk endemisch sind, mögen hier genannt sein. Die auffallende endemische Compositengattung Pleurophyllum?) ıst mit 3 Arten vertreten. Pleurophyllum speciosum Hoox. f. wächst nach Kırk in der unteren Region, bis zu 800 Fuß ansteigend, an feuchten Orten und ist eine ungemein prachtvolle Pflanze, welche auf dicker fleischiger Wurzel eine bodenständige Rosette großer, mit zahlreichen parallelen Rippen ver- sehener, behaarter Blätter entwickelt. Der 60--90 cm hohe, dicke, einfache Stengel trägt eine Traube von fast 5 cm breiten, schön purpurroten Blütenköpfchen. Zleurophyllum eriniferum Hook. f. hat ähnlichen Habitus, nur sind die Wurzelblätter noch länger, 30—ı20 cm lang und bis 30 cm breit, oben borstig behaart. Die 2'/); cm großen, fast kugeligen Köpfchen in dichten Trauben am Ende des Schaftes haben kleine braunpurpurne Blüten. Nach HooRER bedeckt diese auffallende Pflanze den Boden oft in großer Ausdehnung. Die konkaven Blätter halten eine beträchtliche Menge von Regenwasser oder Schneeschmelzwasser zurück. Die dritte Art, Pleurophyllum Hookeri J. Bucnanan, hat kleinere und schmälere Blätter, welche auf beiden Seiten dicht weißseidig behaart sind. Sie wächst oben auf den Bergen. In der Behaarung der Blätter erinnert sie an die höchst sonderbare Composite Argyroxıphium auf den Bergspitzen von Hawaii. Sie ist unter den 3 Arten am meisten xerophil und findet sich auch auf den Macquarie-Inseln’°) wieder, wohin die beiden ersteren Arten ihr nicht folgen. Alle 3 Arten kehren aber auf der Campbell-Insel wieder und ?. eriniferum auch auf der Antipoden-Insel. Die Pleurophyllen erinnern in ihrer eigenartigen Erscheinung, besonders durch ihre großen bodenständigen Blattrosetten, an die Pringlca Kerguelens und stellen vielleicht wie diese sehr alte Pflanzenformen vor. Mit Pleurophyllum verwandt ist die ebenfalls in die Nähe von Aster zu stellende Gattung Celmisia, welche in der alpinen Region Neuseelands in prächtigen Arten vertreten ist. Auf den Auckland-Inseln kommt die für diese und die Campbell-Insel endemische Cebmisia vernicosa Hook. f. vor, welche mit ihren zahlreichen bodenständigen schmalen, bis 10 cm langen, lederigen, 3 A 2 CoCKAYNE, Sc 5P255. 2) Nach KıRKk (Transact. New Zealand Institut, Vol. XXIII, 1890, p. 431) herrscht Konfusion in den Abbildungen der 3 Arten. HOoOoKER giebt in der Flora antarctica die Abbildungen zweier Arten, irrtümlich sei aber ein Blatt von ?. specrosum als zu P. criniferum gehörig dargestellt worden. Die dritte Art ?. Zooker? wurde von BUCHANAN beschrieben, die Abbildung dazu sei aber nach einem Exemplar des ?, criniferum gezeichnet. 3) SCOTT giebt P. criniferum für die Macquaries an, seine Pflanze ist aber nach Kırk ?. Hooker: J. BUCH. 151 I 52 H. SCHENCK, glänzend lackierten Blättern und mit ihren prachtvollen Blütenköpfen, deren Discus purpurn, deren Randblüten hellrosa gefärbt sind, eine der schönsten Pflanzen des Bezirkes vorstellt und ent- sprechend ihrer xerophilen Struktur der Gipfelflora angehört, aber auch auf exponierten Felsen an der Küste sich einstellen soll. Sehr stattliche Stauden sind ferner die Umbelliferen Zzewstieum latifolium Hook. f., welches ı8o cm Höhe erreicht, und das habituell ähnliche Zrezstieum antıpodum Hook. f. Bulbinella Rossii BETH. et H. ist mit ihren zahlreichen schwertförmigen, einem Rhizom ent- springenden, 40 cm langen und 3,5 cm breiten Blättern und mit ihren über 30 cm langen Blüten- schäften, die in orangegelben Bütentrauben endigen, neben ZHeurophyllum und Celmisia das schönste Gewächs der Inseln. Die hübsche kleine Gentiana concinna Hook. f. mit weißen, rotgestreiften Blüten tritt an Felsen auf den Bergen häufig auf. Die Araliacee Sirlbocarpa polaris Dec. et Pr. überzieht oft weite Strecken mit ihrem glänzend grünen Laub von langgestielten, nierenförmigen, am Rande viellappigen großen Blättern, die einem kriechenden Rhizom entspringen, und giebt mit ihren fast 30 cm breiten Dolden wachsartiger hellgelber Blumen eine sehr auffallende Erscheinung ab. Auf den Auckland-Inseln kommt sie meist in tieferen Lagen, selbst mitten im Walde vor, wird aber bis 700 Fuß auf- steigend angegeben, während sie auf den Antipoden-Inseln und den Macquarie-Inseln zwischen den Tussockgräsern wächst. Außer diesen genannten lassen sich noch zahlreiche andere Stauden anführen, die mit ihnen vergesellschaftet auftreten. CockaynE erwähnt als Bestandteile der ZVeurophyllum-W iesen unter anderen noch folgende Pflanzen: Cotwla plumosa Hook. f, welche auf Kerguelen große Bestände in der Nähe der Meeresküste bildet, Cofwla propingua Hoöox. f., Helichrysum prostratum Hook. f., Nertera depressa Banks et SOL, Acaena sangwisorbae VanHL. var. antarctıca, Myosotis capıtata Hoox. f., Scirpus aucklandicus BOECK., Aspidium vestitum Hoox,, Asplenium obtusatum Forsr., zahlreiche Laubmoose, Lebermoose und Flechten. Vergleichen wir die Vegetation der Auckland-Inseln mit derjenigen Kerguelens, so treten auffallende Unterschiede hervor. Kerguelen ist nur in ärmlicher Weise mit Pflanzenarten besiedelt worden, und seinen viel ungünstigeren klimatischen Bedingungen entsprechend fehlt Wald und Scrub. Die auffallendste Formation Kerguelens, die Azore//a-Formation mit ihren Riesenpolstern, fehlt auf der Auckland-Gruppe, würde dort aber vielleicht zur Ausbildung gelangt sein, wenn die Gebirge sich noch höher erhöben. Jedenfalls ist bemerkenswert, daß die für die neuseeländische alpine Region so charakteristischen „vegetable sheeps“, die großen Polster der Compositengattungen /Zaastıa und Aaoulia, hier nicht angetroffen werden. Indessen fehlt es auf den Auckland-Inseln nicht ganz an polsterbildenden Gewächsen. So bildet die auch auf der Campbell-Insel vorkommende Stylidiacee Phyllachne clavigera F. v. Mürr. dichte runde Polster auf halbsumpfigem Torfboden der subalpinen Wiesen. Oreobolus Pumilio R. Br. eine Cyperacee, wächst in dichten konvexen Massen an ex- ponierten Stellen der Berge. An den Küstenfelsen finden sich die bis 54 cm breiten kompakten Polster der Caryophyllacee Colodbanthus muscoides Hoor.f. Auf der Campbell-Insel wird die Polster- form durch die Composite Abrotanella rosulata Hoox. f. vertreten. Dagegen hat Azorella reni- Jormis BEentH. et Hook. nicht die Tracht von Azoreia Selago Kerguelens, sondern ist ein kleines, kahles, fleischiges Zwergkraut, in Felsspalten bis ca. 420 m vorkommend. 152 Subantarktische Inseln. DE C. Küstenvegetation. I. Sanddünen treten nach CockAayxE') nur an der Südküste der Enderby-Insel auf. An offenen Stellen sind sie besiedelt mit einem dichtwachsenden Moos, mit der kleinen 7l/aea moschata DC., welche an gleichem Standort auch auf Kerguelen vorkommt, mit Ranumculus acanlıs Banks et Sor. und Azumex neglectus Kırk, beide mit kriechenden unterirdischen Stengeln. An windgeschützten Stellen ist die Pflanzendecke dichter und besteht aus Zpxlobium. confertiflorum Hook. f., /ratia arenaria Hoor. f, Zagenophora Forsteri DC. Ranunculus acaulis Banks et SoL. 2. Küstenfelsen. Die Formation der Küstenfelsen spielt eine sehr wichtige Rolle auf den Inseln südlich von Neuseeland®). Sehr häufig wachsen auf den Klippen die ausgedehnten Rasen der endemischen Cofula /anata Hooxr. f, die harten, bis 54 cm breiten Polster des eben- falls endemischen Colobanthus muscordes Hooxr. f, die flach an die Felsen gedrückten Rosetten einer endemischen //antago, die von HoorEr zu ?. Drowniü gerechnet wurde, die niedrigen Rasen von 7illaca moschata. Auch der auf Neuseeland sehr häufige Halophyt Samolus repens Pers. ist auf einer Klippe beobachtet worden. An sehr feuchten steilen Felsen, dicht an der See, erscheinen oa ramosissima Hoox: f. oe dieser und Zestuwa scoparia Hoor. f. in dichten Massen angesiedelt. Eine scharfe Abgrenzung Küstenformation von den Gras- und Staudenformationen ist nicht zu ziehen. Letztere können bis dicht an die Flutgrenzen heranreichen, und aus den Angaben in Hooxer’s Flora antarctica geht hervor, daß manche Stauden, die in den oberen Regionen der Insel häufig sind, auch auf den Strandklippen wiederkehren. Die oben genannten Pflanzen scheinen dagegen gerade hier ihren geeignetsten Standort zu finden, in erster Linie natürlich die Halophyten. Die Auckland-Inseln bilden das Centrum der Flora des ganzen Inselbezirkes, von dessen ı82 Arten allein 138 auf ihnen vorkommen, von dessen 58 endemischen Arten 4ı hier ver- treten sind. Wie aus der Liste zu ersehen ist, sind von den letzteren im ganzen ı3 Arten auf die Auckland-Inseln selbst beschränkt oder wenigstens bisher nur auf ihnen gefunden worden. $ 7. Vegetation der Campbell-Insel. Die Campbell-Gruppe umfaßt eine Hauptinsel und 7 kleine, dieser vorgelagerte Inselchen. Die Hauptinsel Campbell, unter 52° 33° S. Br. und 169° 09° ©.L. gelegen, von fünfeckigem Umriß, hat einen Flächenraum von 184 qkm und wird durch die von SO. tief eingreifende Per- severance Bay fast in zwei ungefähr gleichgroße Teile zerschnitten. Die Küste steigt mit steilen Klippen aus dem Meere auf; die Insel ist gebirgig und felsig; die höchste Spitze, Mount Honey, erhebt sich zu 568 m. Die Hauptmasse der Felsen wird von Trachyten und Säulenbasalt gebildet. Der geologische Aufbau der Insel ist nach H. Fırnor°) ziemlich kompliziert. Zu unterst liegen als älteste, wohl paläozoische Schichten grauschwarze Sandagglomerate mit Schwefelkiesknollen. Darüber folgt I) COCKAYNE, ]. c. p. 236 und Taf. XI. 2) COCKAYNE, 1. c. p. 239. 3) H. FırHoL, Mission de l’ile Campbell, Constitution geologique de l’ile. Comptes rendus des seances de l’Acad. des Sciences, Paris 1876, T. LXXXIJI, p. 202—205. — Vergl. hierzu auch TH. STUDER, Forschungsreise der Gazelle, Bd. III, 1889, S. 174. 153 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı899. Bd. II. ı. Teil. 20 154 H. SCHENCK, unmittelbar eine mächtige Schicht von gelblichem, feinem, weichem, Pentacrinen enthaltendem Kalkstein, der oberen Kreide Neuseelands entsprechend. Der Kalk wird überdeckt und durch- brochen von den Produkten vulkanischer Thätigkeit, zunächst von Trachyt des unteren Eocäns, sodann von Basalten des mittleren Miocäns. Zum Teil bestehen die Gipfel der Insel aus Trachyt. Tertiäre Ablagerungen aus dem Öbereocän oder Untermiocän wurden von FILHOL nur an einer Stelle in der Perseverance Bay gefunden. Die Insel scheint also nach Ablagerung der paläozoischen Schichten bis zur Kreide auf- getaucht gewesen zu sein. Dann trat Senkung ein, zur älteren Tertiärzeit wieder Erhebung. FirnorL meint, daß im unteren und mittleren Eocän die Insel mit den benachbarten Ländern einen großen antarktischen Kontinent gebildet habe, der dann vom oberen Eocän an wieder untergetaucht sei und sich nur zum Teil vom mittleren Miocän an wieder erhoben habe. Alte Strandterrassen und die tertiären Ablagerungen weisen auf diese letzte Erhebung hin. Die Campbell-Insel ist den Weststürmen in noch höherem Maße ausgesetzt wie die Auck- land-Gruppe; Nebel und Schneestürme sind sehr häufig, aber infolge der konstanten Feuchtigkeit und der gleichmäßigen Jahrestemperatur in den unteren Regionen zeigt die Vegetation nament- lich in den geschützten engen Thälern eine relativ üppige Entfaltung. Während an den exponierten Berghängen Gräser, Stauden, Moose und Flechten angesiedelt sind und weitaus den größten Teil der Oberfläche bedecken, findet sich in den engen Buchten über der Küstenlinie ein schmaler Gürtel von Scrub, welcher in den steilen Schluchten sich hinanzieht und dem Scrub oberhalb des Waldes auf Auckland entspricht. Eigentlicher Wald ist nicht entwickelt. ı) Die Gebüschformation wird von CockayneE!) als Dracophyllum-Scrub bezeichnet. Derselbe setzt sich zusammen aus Dracophyllum longifolium R. Br, Dracophylium spec. (vielleicht Form von Dr. scoparium Hoox. f), Coprosma cuneata Hoor. f, Coprosma_ cıiliata Hook. f., Coprosma parviflora Hook. f., Suttonia divarıcata Hook. f. Metrosideros lucıda Menzies, der Hauptbaum auf Auckland, ist nach Kırk sehr selten, dagegen fehlen vollständig Panax simplex Forsı, Cassinia Vauvilliersii Hoor. f, Olearia Lyalliı Hoor. f. Die Gehölzvegetation ist also auf Campbell, 2° südlicher als Auckland, schon be- beutend reduziert. Der Scrub hat nach CockayneE ein ebenes Laubdach. Sein dominierender Bestandteil ist eine Dracophyllum-Art (vielleicht D. scoparium Hook. f.), welche durchschnittlich 1,5; m hoch wird und an den Enden der zahlreichen Zweige dichte Massen schmaler Blätter trägt. Wo der Scrub am besten entwickelt ist, mischt sich Dracophyllum longifolium in geringem Verhältnis ein. An offenen Stellen treten kniehohe Sträucher der Coprosma cuneata auf. Hier mischen sich auch manche bodenständige Farne in die Formation, Aspidium vestitum Hoor., Lomarta procera SPRENG., Lycopodium varium R. Br, Hymenophyllum multifidwm Sw. u. a, und Laubmoose, Lebermoose und Flechten bedecken den Boden ; auch erscheinen dann zwischen den Sträuchern manche der größeren Stauden der offenen Formationen. Ueberhaupt geht an manchen Stellen der Scrub allmählich in die offenen Bestände über. 2) Die Gras- und Staudenvegetation greift auf Campbell viel tiefer an den Berg- hängen hinab wie auf Auckland, und demgemäß erscheinen die großen, schönblühenden eigen- artigen endemischen Stauden hier viel auffallender, weil sie in viel geringerer Höhe und in weit 1) CocKAXNE, 1,.1€:19:2270: 154 Subantarktische Inseln. I en on größeren Mengen vorkommen. HookEr erwähnt, daß die goldblühende Liliacee Drlbinellz Rossi BENTH. et H. infolge ihres massenhaften Vorkommens schon aus einer Entfernung von einer Meile von der See aus sichtbar gewesen sei. Die in neuerer Zeit auf der Insel betriebene Schafzucht hat indessen die ursprüngliche Vegetation in weitgehendem Maße verändert und zum Teil vernichtet. Die für die ZPfeurophyllum-Wiesen Aucklands charakteristischen endemischen Stauden kehren auf Campbell fast sämtlich wieder, so vor allen Zieustieum antipodum Hook. f., latıfolium Hook. f, Stilbocarpa polaris A. GR, Bulbinella Rossi Bentm. et H, Pleurophyllum speciosum Hook. f., criniferum Hook. f., Hookeri J. BucHAnan, Celmisıa vernicosa Hook. f. Ueber die Unterschiede, die sich in der Zusammensetzung der Gras- und Staudenvegetation in tieferen und höheren Lagen der Insel zeigen, verdanken wir Cockayne') Mitteilungen. CockAayNnE unterscheidet folgende 4 Formationen: a) Untere Tussockwiese. In der unteren Region bis zu ca. ı5so m, soweit der Boden nicht von Scrub eingenommen ist, herrschen Tussockwiesen, in denen als vorherrschendes Gras das sogenannte Silvertussock (oa anceps FoRsST.?) auftritt. Seltener beteiligt sich die für die obere Region auf Auckland und auf Campbell charakteristische Danthonia bromoides Hook. f. an ihrer Zusammensetzung. Zwischen den Gräsern finden sich überall große Kolonien von Bulbinella Rossi! Benin. et H., sehr häufig auch PVeurophylium speciosum Hoor. f. und von Farnen Aspidium vestıtum Hoox. Lomaria procera SPRENGL. Auch Scrubsträucher stellen sich ein und finden zwischen den hohen Grasbüscheln genügend Schutz, so Dracophyllum scoparium Hook. f. in Büschen von 30—60 cm Höhe und niederliegende dichte Büsche von Coprosma cılıata HooR. f. Wo der Boden feuchter ist, ändert sich die Zusammensetzung, indem Carex appressa R. Br. das Material für die Tussockbestände liefert. b) Subalpine Tussockwiese. Mit größerer Höhe ändern sich die klimatischen Be- dingungen, die Nebel werden häufig, die Winde heftiger, Fröste im Winter stärker. Als herr- schendes Tussockgras finden wir hier wie auf Auckland Danthonia bromoides Hook. f., dazwischen wiederum die Stauden der Insel, aber in anderer Gruppierung. Unter den Pheurophyllium-Arten tritt hier 77. Hooker! BucHanan an erste Stelle, ferner sind als häufig zu erwähnen große Rasen der kriechenden Coprosma repens Hoor. f, Helichrysum prostratum Hoox. f, Nertera depressa Banks et Sor., Stellaria decipiens Hook. f., Epilobium linnaeoides Hook. f. und confertiflorum Hook. f. Bemerkenswert sind die harten Polster der Phylachne clavieera F. v. MürL, die hier wie auf Auckland an feuchten Stellen vorkommen und die Azore//a-Form vertreten. c) Rostkovia-Formation. Ueber der subalpinen Tussockwiese findet sich eine sehr distinkte Zone, in welcher Kostkovia gracilis Pur. vorherrscht. In ihrer Gesellschaft treten wiederum die Stauden auf, unter denen besonders PVeurophylium Hookeri Bucnanan und Phyllachne clavigera F. v. Mürr., letztere hier in Polstern bis 66%X.4o cm Größe und 20 cm Dicke, zu nennen sind. Diese Ros/kovia-Gesellschaft tritt gewöhnlich auf zwischen den Gesteins- trümmern am Fuße der Felsklippen unter den Gipfeln der Berge. Der Boden ist hier wie in den beiden vorhergehenden Formationen überall ein feuchter Torf. 1) COCKAYNE, ]. c. p. 275. 20 * 156 H. SCHENCK, d) Subalpine Felsvegetation. Die Gipfel der Felsen sind meist von Felsen einge- nommen, die eine mannigfaltige Vegetation von Stauden beherbergen. In geschützten Höhlungen und Spalten, wo Torf in Mengen sich anhäuft, finden die meisten krautigen Arten der Insel, so auch die Stauden von Pleurophyllum, Celmisia, Ligusticum u. a. vorzügliche Standorte. Aber selbst an steilen und senkrechten Felswänden siedeln sich noch manche kleinere Felspflanzen an und können hier infolge des feuchten Klimas ihre Existenz fristen. An dem windumfegten Gipfelfelsen des Mount Honey, bei 568 m, beobachtete CockAaynE außer Flechten und Moosen noch Polypodium australe pumilum ARMSTR, Ligustieum antipodum Hook. f. in kleineren Exem- plaren, Phyllachne clavigera F. v. Mürr, hier merkwürdigerweise als Felspflanze, ein Gras und Zuzula crinita Hook. f. Als häufige Felspflanzen an ähnlichen Standorten werden ferner noch Adrotanella rosulata Hoor. f., spathulata Hoor. f., Colobanthus subulatus Hoox. f. in Polstern von 5 cm Durchmessern, sogar auch noch ZZymenophyllum multifidum Sw. erwähnt. Die Abrotanella rosulata Hoox. f. ist eine endemische, nur an Gipfelfelsen wachsende Art, die mit ihren dicht polsterförmig gedrängten Stengeln und dachziegelartigen lederigen Blätter habituell an alpine Saxifragen erinnert. 3) Küstenvegetation. An den felsigen Küsten wird die Vegetation eine ähnliche sein wie auf Auckland. Cotula lanata Hook. f. und Colobanthus muscoides Hoor. f. werden als Küstenpflanzen angegeben. 7illaeca moschata DC. findet sich auf allen Inseln des Bezirkes am Meeresufer vor. Obwohl ein großer Teil der Gräser und Stauden der Auckland-Inseln auch auf Campbell wiederkehrt, ist doch die Flora insgesamt schon wesentlich ärmer und zählt im ganzen 103 Arten. Von den 58 endemischen Arten und Varietäten des ganzen Bezirkes kommen auf ihr 33 vor, und davon sind auf sie selbst beschränkt nur die folgenden: Asgvostis subulata Hook. f. Ranumculus subscaposus Hoor. f. (an Bachufern im Grebüsch) Gentiana antarctica Kırk und var. imbricata Kırk Abrotanella vosulata Hook. f. Celmisiıa Chapmani Kırk. Der Prozentsatz der Endemen ist also auf Campbell ein wenig höher als auf Auckland. $ 8. Vegetation der Antipoden-Insel. Die Gruppe besteht aus einer Hauptinsel und etwa 7 sehr kleinen Inselchen und Felsen. Die Antipoden-Insel liegt unter 49° 41° S. Br. und 178° 43° O. L. nahezu London diametral gegenüber. Ihre größte Länge von Osten nach Westen beträgt 2'/, Meilen, ihre Breite ı'/, Meilen. Kırk vergleicht den Umriß der Insel mit der Form eines Schinkens. Der größere westliche Teil wird von einem erloschenen Vulkan, Mount Galloway, eingenommen, welcher sich als rund- gipfeliger Berg zu 402 m Höhe erhebt und nach Osten zu einen, den schmäleren Teil der Insel bildenden Lavastrom entsendet. Die mit sehr steilen, von Pinguinen bewohnten Klippen abfallende Küste ist nur an der NO.-Ecke bei sehr gutem Wetter zugänglich. 156 Subantarktische Inseln. 157 Die Hauptgesteinsart ist Basalt. Hurron hält die Insel für den Ueberrest eines sub- marinen Vulkans, welcher mit Neuseeland niemals in Landverbindung gestanden habe. Auf der Antipoden-Insel treten die Gehölze in noch weit höherem Maße zurück im Ge- samtbild der Vegetation, derart, daß, von weitem gesehen, die Insel gleichmäßig von einer mehr oder weniger dichten Tussockgrasformation bedeckt erscheint. ı) Scrub oder Gebüschformation findet sich nach CockavnE') zwar an allen Bergen der Insel vor, aber nur an den windgeschützten Seiten in Schluchten oder Senkungen, in denen sie in langen, breiten Streifen hinaufgeht. Der Scrub besteht aus etwa 1,5 m hohen, sehr dicht zusammenwachsenden Büschen von Coprosma ciliata Hoor. f., deren Aeste oben eine flache, dichte Laubkrone tragen. Alle übrigen Holzgewächsgattungen der Auckland-Inseln fehlen vollständig. Von den Cofrosma-Arten fehlt auch die stattlichste Art. C. oetidissima Forst. Die Büsche von Coprosma cıliata kommen nun auch außerhalb der eigentlichen Scrubformation auf der Insel vor, und zwar eingesprengt in die Tussockformation, wo sie zwischen den hohen Gräsern den nötigen Windschutz finden. Hier auch erscheinen die beiden anderen Arten der Gattung, nämlich Coprosma repens Hook. f. als kriechendes, halb krautiges Gewächs und €. cneata Hook. f. als niederliegender, dicht verzweigter Strauch. 2) Tussockformation. Die Zusammensetzung dieser fast die ganze Insel einnehmen- den Vegetation ist nicht überall dieselbe; die feuchtere oder weniger nasse Beschaffenheit des Torfbodens, die Lage zu den herrschenden Winden, die Meereshöhe üben Einfluß auf sie aus. CocKAYNE?) unterscheidet 3 Subformationen, nämlich Maritime Tussock slopes, Flat Tussock meadow und Inland Tussock slopes, in denen jedesmal gewisse Pflanzen vorherrschen; indessen genügt es hier, und ich halte es auch für richtiger, alles zu einer Hauptformation zusammen- zufassen. In der Nähe der Küste wachsen die Tussockgräser auf ihren dicken Strünken zu ca. 1,5 m Höhe heran und stehen oft so dicht zusammen, daß kaum noch andere Gewächse dazwischen Platz finden. Auf ebenem Boden und an den Berghängen im Inneren der Insel dagegen stehen die Tussocks lockerer, und viele Stauden und Farne mischen sich in die Bestände ein. Die Tussocks werden hauptsächlich von einer Art (vielleicht Zoa anceps Forst.?) gebildet, in geringerem Maße von oa foliosa Hook. f. und Carex trifida Cav. Von Pteridophyten ist be- sonders Aspidium vestitum Hoox. zu nennen, ferner Pferis incisa TuungG., Zomaria alpina SPRENG,, Lycopodium Jastigiatum R. BR. und varıım R. Br. Unter den Stauden fallen namentlich die eigenartigen Gewächse auf, die für den Inselbezirk endemisch sind, die großblättrige Araliacee Stilbocarpa polaris A. Gr. deren Kolonien oft große Flächen (IX 3 m z. B. und mehr) ein- nehmen, das stattliche Ziewstieum antıpodum Hook. f. das schönblütige Pleurophyllum ceriniferum Hook. f. mit seinen großen Blattrosetten, Urtica australis Hook. f, die auch auf Chatam und einigen Inseln der Foveaux-Straße auftritt, die auf die Insel beschränkte Gentiana antıpoda Kırk mit ihren oft über ı Fuß breiten, dichten Massen aufstrebender Stengel, und endlich Senecio antı- podus Kırk, welcher große, ausgebreitete Büsche mit robusten, innen hohlen Stengeln und end- ständigen Corymben gelber, strahlloser Blütenköpfe vorstellt. Letztere Art, auf der Insel endemisch, wächst an Stellen, welche von dem Riesensturmvogel Ossi/raga gigantea reich gedüngt sind. > I) COCKAYNE, ]. c. p. 294. 2) COCKAYNE, 1. c. p. 289. Vergl. Taf. XX, welche eine Tussockwiese zur Darstellung bringt. 157 I 8 H. SCHENCK, CockAyNnE giebt an, daß auch auf der Chatam-Insel eine endemische Pflanze, Cotwla Featherstont, auf Stellen, die von gewissen Seevögeln besucht werden, beschränkt sei. Reicher, fettgedüngter Boden mag in beiden Fällen die Herausbildung dieser eigenartigen und üppig wachsenden Pflanzentypen bedingt haben. Außer den genannten Arten treten noch andere, meist kleinere Stauden in den Tussock- wiesen auf. Die Vergesellschaftung dieser Arten ist nicht überall dieselbe, was ja schließlich in fast allen größeren Pflanzenformationen der Fall ist. 3) Sumpfvegetation. An manchen Stellen der Insel finden sich sumpfige Stellen, und hier geht die Tussockformation in echte Sumpfformation über. Die Tussocks fehlen im eigentlichen Sumpf fast vollständig, dafür stellt sich Carex Zernaria Forst. in Masse ein. Aber in diese Formation treten auch manche Stauden und Farne ein, die sonst auf den Wiesen wachsen, aber einen größeren Wassergehalt des Substrates unbeschadet ertragen können. In einem so feuchten Klima ist die Mehrzahl der Gewächse an Nässe des Bodens gewöhnt. Die einzige Wasserpflanze, die auf sämtlichen Inseln des Bezirkes auftritt, ıst Callitriche verna L. (C. antarctica). 4) Küstenfelsenvegetation. An den Küstenfelsen dicht über der Flutgrenze finden wir wie auf den Auckland-Inseln eine ökologisch ähnliche Formation, welche aber floristisch einige Unterschiede aufweist, indem auf der Antipoden-Insel das weitverbreitete Aprum australe THOUARS in ihr auftritt, während dagegen P/antago und Foa ramosissima fehlen. Außer Ajzium wachsen an den Küstenfelsen wiederum 77/aea moschata DC., Büschel von Festuca scoparia Hook. f., runde Polster von Colobanthus muscoides HooxR. f, in geschützten Spalten dichte Massen von Scirpus aucklandieus BOECK, Rasen von Cotula plumosa Hook. f. Selbst auf den Küstenfelsen lagert Torf überall, wo die Felsen Vorsprünge darbieten oder nicht zu steil sind. Die Flora der Antipoden-Insel zeigt in ihrer Beschaffenheit und Zusammensetzung die meisten Beziehungen zu den Auckland- und Campbell-Inseln, während die Snares in engeren Be- ziehungen zu Neuseeland stehen. Die Flora ist bedeutend reichhaltiger als diejenige der Snares. Von den 56 auf der Insel vorkommenden Arten gehören im ganzen ı2 zu den Endemen des Auckland-Bezirkes. Ausschließlich auf der Antipoden-Insel kommen von letzteren nur die drei folgenden vor: Stellaria decipiens Hook. f. var. angustata T. Kırk Gentiana antıpoda Kırk Senecio antıpodus Kırk. Der Hauptstock der Flora mag von Auckland her durch Winde oder Vögel, die den Winden folgen, hergebracht sein. In dieser Hinsicht sind zwei Angaben von Interesse. Kırk erwähnt, daß er Sielarıa decipiens Hoor. f. auf verlassenen Nestern des Albatros angetroffen habe, und Charman giebt an, daß er in den Dunenfedern junger, noch schwarzer Albatrose die mit Widerhaken versehenen Früchte von Acaena') eingeflochten gefunden habe. Auch von Neu- I) CHAPMAN giebt Acaena adscendens VAHL an, die aber nicht auf der Antipoden-Insel vorkommt. Es wird Acaena sangwisorbae gewesen sein. 158 Subantarktische Inseln. 159 seeland aus sind Pflanzen auf die Insel hinübergelangt. Das sind in erster Linie solche, welche den übrigen Inseln fehlen, nämlich: Asplenium bulbiferum Forst. Aptum australe THOUARS Alypolepis millefolium Foor. Epilobium alsinordes A. CuNn. Prasophyllum Colensoi Hook. 1. $ 9. Vegetation der Macquarıe-Inseln. Die Macquarie-Gruppe besteht aus mehreren, in einer von Norden nach Süden streichenden Linie angeordneten Inseln, von denen die Hauptinsel Macquarie unter 54° 40° S. Br. und TOR AG. O.L. liegt und etwa 22 Meilen Länge, 5 Meilen Breite mißt. Nach ]J. H. Scorr ist die Oberfläche derselben hügelig; die höchste Erhebung beträgt etwa 6—700 Fuß. Die felsigen Gipfel der Hügel sind durch den Wind kahl gefegt und infolge von Frostwirkungen zerklüftet. In den Senkungen liegen einige Seen, aus denen Flüsse hervorkommen. Die Insel soll zum Teil aus Grünstein bestehen. Ueber ihre Geologie wird die englische „Discovery“-Expedition') wohl weitere Aufklärung bringen. FERRAR fand alte Strandlinien vor, welche zeigen, daß die Insel in den letzten Perioden eine Hebung erfahren hat. Im Vergleich zu der Auckland-Gruppe und der Campbell-Insel erscheint die Flora der Macquarie-Insel bedeutend verarmt. Nur 31 Arten Gefäßpflanzen sind bis jetzt bekannt ge- worden. Die Bäume und Sträucher der ersteren Inseln sind sämtlich nicht vertreten, und nur noch ein einziger Vertreter aus einer Strauchgattung, Coprosma repens Hoox. f., kommt vor, stellt aber ein kleines, niederliegendes, halb krautiges Zwergsträuchelchen vor. Nach J. H. Scorr ist die Vegetation sehr gleichförmig. Weite Strecken sind einge- nommen von gelblichem Tussockgras, Poa Joliosa Hoor. f, zwischen welchem hier und dort größere Bestände von Skilbocarpa polaris Dec. et Pr. und Plewrophyllum Hookeri BuUcHANAN sowie besonders zahlreich Moose auffallen. Stilbocarpa, die sogenannte Macquarie-Kohlpflanze, entwickelt sich namentlich an geschützten Stellen. Diese und Veurophylium sind die einzigen der größeren eigenartigen endemischen Stauden des Bezirkes, welche sich hier noch vorfinden; sie entsprechen der Pringlea antıscorbutica Kerguelens. In hohem Grade bemerkenswert erscheint das Auftreten der Azorella Selago Hook. f, welche den übrigen Inseln des Bezirkes fehlt und erst hier die zusagenden klimatischen Be- dingungen, die also mit denen Kerguelens im wesentlichen übereinstimmen müssen, wiederfindet. Azorella wächst auf den Hügeln, dort große Polster von oft über ı m Durchmesser bildend. Auf der dichten Oberfläche derselben siedeln sich oft Flechten und, wie auf Kerguelen, auch andere kleinere Pflanzen an; Hamm.ron beobachtete Coprosma repens Hook. f. und Polypodium australe pumilum ARMSIR. auf ihnen. Die übrigen, meist kleineren Arten treten im Gesamtbild der Vegetation zurück. Acaena adscendens Vauı und Acaena sanguisorbae Van wurden beide auf der Insel gefunden. Ob sie aber, wie auf Kerguelen, größere Formationen bilden, wird nicht erwähnt. 1) Geogr, Journal, Vol. XIX, 1902, p. 442. 259 160 H. SCHENCK, Cotula plumosa Hoor. f., Colobanthus muscoides Hoor. f. und 7il//aca moschata Hook. f. dürften für die Strandvegetation charakteristisch sein. Wasserpflanzen sind in Montia Jontana L. und Callitriche verna |. vertreten. Nach dem kurzen Bericht der englischen „Discovery“-Expedition') bedeckt die Tussock- grasformation in üppiger Entwickelung die Ostseite der Insel, während die westlichen Abhänge der Berge alle kahl sind und vom Wind gefegt werden. Hier dürfte wohl Azorel/a allein vor- herrschen. Die Vegetation erinnert in dem Auftreten der Azore//a und zugleich der Tussockbestände sowohl an Kerguelen als auch an Südgeorgien, und auch in der Zusammensetzung der Flora zeigen sich einige Uebereinstimmungen. Von den 31 Gefäßpflanzenarten der Insel kommen folgende ı0, also ca. '/, auch auf Kerguelen vor. ı) Zomaria alpina SPR. 6) Tillaca moschata Hoox. f. 2) Polypodium australe MErT. 7) Azorella Selago Hook. f. 3) Agrostis antarctica Hook. f. 8) Acaena adscendens VAHL 4) Montia fontana L. 9) Callitriche verna L. 5) Ranunculus biternatus Floor. f. 10) Cofula plumosa Hook. f. Besonders hervorzuheben sind Aanumculus biternatus, Acaena adscendens und Azorella Selago, welche von Kerguelen nur bis Macquarie gelangt sind, nicht aber zu den übrigen Inseln des Bezirkes, und von diesen 3 Pflanzen spielen Acaena und Azorella in der Vegetationsdecke Kerguelens eine ganz besonders wichtige Rolle. Von den endemischen Arten des ganzen Auckland-Bezirkes sind auf Macquarie im ganzen 9 Arten vertreten, darunter 3 auf die Insel beschränkte Gräser: Deschampsia penicillata Kırz, Festuca contracta Kırk und oa Hamiltonii Kırx. Vielleicht werden dieselben später auch noch auf den Hauptinseln gefunden. Die Zusammensetzung der artenarmen Flora erweckt den Eindruck, daß ihre Elemente, wenigstens zu einem Teile, vielleicht in postglacialer Zeit, teils aus Neuseeland und von den Hauptinselgruppen Auckland und Campbell, teils von Kerguelen her übertragen worden sind. Allgemein sind ja in der Antarktis Spuren einer früher ausgedehnteren Vergletscherung nach- gewiesen, die sicher auch auf den Macquarie-Inseln geherrscht und den der Vegetation zur Ver- fügung stehenden Raum bedeutend eingeengt haben muß. $ 10. Periodische Erscheinungen ın der Vegetation des Auckland- Bezirkes. Ueber die periodischen Erscheinungen in der Vegetation der Inseln des Auckland-Bezirks liegen nur wenige Mitteilungen vor. Die Gehölzformationen setzen sich aus immergrünen Bäumen und Sträuchern zusammen. Wie lange die Blätter an den Zweigen erhalten bleiben, ob im Holz scharf abgesetzte jährliche Zuwachszonen vorhanden sind, ist nicht untersucht. I) Geogr. Journal, Vol. XIX, 1902, p. 442. 160 Subantarktische Inseln. 161 Die Blütezeit‘) der Gehölze fällt in den Südsommer, in die Monate Dezember und Januar (z. B. Metrosideros lucida und Olearia Lyallii), bei einigen beginnt sie auch schon im November, bei anderen dauert sie bis in den Februar. Die Gras- und Staudenformationen können in mancher Beziehung mit den Staudenwiesen, wie sie in den Alpen in einer Meereshöhe von etwa 1800 m vorkommen, verglichen werden. Die großblättrigen Stauden Gentiana /utea und Veratrum album erinnern an die Pleurophyllen. Indessen zeigen unsere Alpengräser keine Tussockbildungen, und die Alpenwiesen sind sommergrün, im Winter mit Schnee bedeckt, während auf den Auckland-Inseln die Gras- und Staudenbestände auch im dortigen Winter infolge der gleichmäßigen Jahrestemperatur im allgemeinen vegetieren, wenn auch in abgeschwächtem Maße. CockayneE ist der einzige Forscher, der bislang die Inseln mitten im Winter besuchte, und aus seinen Darstellungen ist zu ersehen, daß die meisten der Gräser und Stauden ihr Laub nicht einziehen. CocKAYNE?) sagt speciell von den Zleurophyllum-Matten auf der Auckland-Insel, daß diese im Winter einen anderen Anblick darbieten als im Sommer. Einerseits fehlen die auffallenden Blüten, andererseits zeigen einige wichtige Vertreter einen abweichenden winterlichen Habitus. Die großen Blätter von Pleurophyllum crinferum fehlen, diejenigen von Pleurophyllum speciosum bilden nur kleine Winterrosetten, Dwlbinella ist kaum sichtbar, da ihre Winterknospen zwischen den Basen der alten vermodernden Blätter verborgen sitzen. Si/bocarpa polaris und ZLigusticum /atıfolium dagegen haben auch im Winter große grüne Laubmassen. Gentiana cerina bildet glänzend grüne Winterrosetten. Das in den subalpinen Tussockwiesen der Campbell-Insel häufige PVeurophyllum Hookeri hat im Winter abgestorbene Blätter, die um die Knospe in dichter Lage am Boden liegen. Die Hauptvegetationszeit fällt in den Sommer; Dezember und Januar bezeichnen auch für die Wiesenpflanzen die Hauptblütezeit. Da die Niederschläge ziemlich gleichmäßig verteilt sind, so wird der Entwickelungsgang der Vegetation fast nur durch die Wärmezufuhr beeinflußt. VI. Antarktisches Polargebiet. $ 1 Einleitung; botanische Erforschung der Antarktis. Innerhalb der subantarktischen Inselzone treffen wir alle Abstufungen von dem milderen, Waldvegetation zulassenden Klima Feuerlands und der Auckland-Inseln bis zu dem ungünstigeren der vereisten Heard-Insel, auf welcher nur noch wenige Phanerogamen zu existieren vermögen. Leider sind die Sandwich-Inseln, auf denen vielleicht ähnliche, wenn nicht noch ungünstigere Ver- hältnisse wie auf der Heard-Insel vorliegen, botanisch noch nicht erforscht. Jedenfalls vermitteln ı) Angaben über die Blütezeiten finden sich in Kırk’s Flora von Neuseeland. 2) COCKAYNE, 1. c. p. 258. 161 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı899. Bd. I. 1. Teil. 162 H. SCHENCK, diese Inseln den Uebergang zu der eigentlichen Antarktis, zu der wir klimatisch und pflanzen- geographisch nicht nur die polaren Festlandsgebiete, sondern auch die vorgelagerten Süd-Shetland- und Süd-Orkney-Inseln rechnen müssen. Nur eine einzige Phanerogame ist bis jetzt aus dem Grenzgebiet der Antarktis bekannt geworden. J. D. HookeEr') giebt an, daß ein Amerikaner, Dr. Eısmrs, auf den Süd-Shetland- Inseln ein kleines Gras, Deschampsia antarctwa E. Desv. (= Arra antarctica Hoox.) gefunden habe. Diese südlichste Blütenpflanze wurde 1898 von der „Belgica“-Expedition sogar noch weiter südlich, im Palmer-Archipel an dem Gerlache-Kanal beobachtet?) und auch von der schwedischen Südpolar-Expedition 1902 im Orl&ans-Kanal gefunden °). Im übrigen sind bis jetzt nur niedere Pflanzen, Flechten, Laubmoose, Lebermoose und einige Land- und Süßwasseralgen, sowie Meeresalgen aus der Antarktis bekannt geworden. Die Existenzbedingungen der Pflanzenwelt gestalten sich im hohen Süden außerordentlich ungünstig. Das Klima der Antarktis läßt Vegetation höherer Pflanzen nicht mehr zu. Eine Zusammenstellung seiner Elemente, welche im folgenden Abschnitt gegeben ist, hat daher für die Pflanzengeographie nicht nur allgemeines, sondern hier mit Rücksicht auf den Vergleich mit den Verhältnissen der subantarktischen Inselzone auch besonderes Interesse. Das innerhalb des südlichen Polarkreises liegende Gebiet ist zum weitaus größten Teile von einer immensen Eiskappe bedeckt, in welche nur das im Sommer offene Rossmeer südlich von Neuseeland und das Weddellmeer südlich von Südgeorgien weit hineingreifen. Diese Eis- decke lagert, wie aus allen Anzeichen und Beobachtungen, besonders auch aus den klimatischen Verhältnissen zu schließen ist, einem ausgedehnten antarktischen Kontinent‘) auf, von welchem bis jetzt nur einzelne Küstenstrecken aufgeschlossen sind. Ringsum ist dieser große Kontinent, welcher, auf die Nordhemisphäre übertragen, bis an die Nordküste von Island und bis in die Beringstraße reichen würde, vom Ocean umgeben, während umgekehrt im Norden ein centrales polares Eismeer rings von Kontinenten und Inseln um- schlossen wird. Dieser Gegensatz in der Verteilung von Wasser und Land zwischen Nord- und Südpolargebiet bedingt in erster Linie die bedeutenden klimatischen Unterschiede, die ihrerseits wieder die Unterschiede in der Beschaffenheit der Vegetation verursachen. Trotz der Bedeckung des Landes mit ewigem Eis und Schnee giebt es aber an der Küste manche schneefreie Stellen, steile Felswände oder Geröllhalden, an denen Moose, Flechten und Landalgen sich erhalten können. In allen drei Gebieten, in denen die Südpolar-Expeditionen der letzten Jahre Forschungen anstellten, in Victorialand, am Gaußberg und in der Westantarktis sind an solchen schneefreien Stellen kryptogame (rewächse beobachtet und gesammelt worden, welche hervorragendes Interesse bieten und erwarten lassen, daß auch noch an zahlreichen anderen Punkten von zukünftigen Expeditionen niedere Landpflanzen aufgefunden werden. J. D. Hooker war der erste, dem wir die Kenntnis einer Kryptogamenflora aus der Antarktis verdanken. Er besuchte während der Expedition von Sir James CLark Ross im ı) J. D. HookER, Flora antarctica, Vol. II, p. 215. 2) J. CARDOT, Expedition antarctique Belge. R&sultats du voyage du S. Y. „Belgica“ en 1897—ı1899 sous commandement de A. DE GERLACHE, Botanique, Anvers 1902, p. 17. 3) J- G. ANDERSSON und K. SKOTTSBERG, in: OÖ. NORDENSKJÖLD, Antarctic, Berlin 1904, Bd. II, S. 120. 4) Vergl. J- MURRAY, The scientific advantages of an antarctic expedition. Proceedings of the Royal Society of London, Vol. LXU, 1898, p. 427. 162 Subantarktische Inseln. 163 Januar 1843 die kleine Cockburn-Insel an der Ostküste der vor Louis Philippe-Land gelegenen James Ross-Insel und sammelte dort einige, später in der Flora antarctica beschriebene Algen, Flechten und Moose. Die umfangreichste Sammlung antarktischer Kryptogamen brachte die belgische Südpolar- Expedition Januar und Februar 1898 an den Küsten der von ihr entdeckten Belgica- oder Gerlache-Straße zusammen. Aus der bereits vorliegenden Bearbeitung ergeben sich sehr wert- volle Momente für die Beurteilung der Zusammensetzung und Herkunft der antarktischen Flora. Auch die von C. E. BoRCHGREVINK 1898—1900 in Victorialand gesammelten wenigen Moose, Flechten und Algen sind bereits publiziert. Es steht zu erwarten, daß die Bearbeitung der von der deutschen, der englischen, der schwedischen, der schottischen und der französischen Südpolar-Expedition angelegten botanischen Sammlungen uns weitere wertvolle Beiträge zur Flora antarctica in den nächsten Jahren bringen werden. Immerhin wird aber das schon vorliegende Material aus den 3 oben genannten Gebieten genügen, um einige auch für die Pflanzengeographie der subantarktischen Inseln wichtige Folge- rungen zu ziehen. Die deutsche Expedition‘) unter Leitung von E. v. DryGarskı, 1901—1903, auf dem Schiffe „Gauß“, entdeckte die Kaiser Wilhelm II.-Küste, an welcher sich als teilweise schneefreie Basaltkuppe von 366 m Höhe der merkwürdige Gaußberg erhebt. Ein. Moos in dichten Polstern, einige Flechten und Algen sind alles, was an Vegetation an dieser exponierten Lokalität sich vorfand. Die englische Expedition®) unter Leitung von Roserr F. Scorr auf der „Discovery“ ver- weilte in Süd-Victorialand 2 Jahre lang von Februar 1902 an und traf am ı. April 1904 auf Neuseeland wieder ein. Die Kryptogamenliste von Victorialand dürfte durch sie eine bedeutende Bereicherung erfahren. Der schwedischen Expedition?) unter Leitung von Orro NORDENSKJÖLD 1902—1903 ver- danken wir die Festlegung des Kartenbildes des Gebietes südlich von Feuerland, welches von NORDENSKJÖLD als Westantarktis im Gegensatz zur Östantarktis (Viktorialand, Wilkesland) be- zeichnet wird. Obwohl das Schiff „Antarctic mit einem Teil der Sammlungen im Eise unter- ging, so wurde doch ein ungemein reichhaltiges wissenschaftliches Material von dieser Expedition aus dem Orleans-Kanal und von den Inseln und Küsten des Louis Philippe-Landes heimgebracht. Die schottische Expedition‘), unter Leitung von Wırrıam S. BrucE auf der „Scotia“ er- forschte 1903— 1904 das Weddellmeer und die Süd-Orkney-Inseln. Die gesamte Landvegetation dieser Inseln besteht nach dem Bericht des Botanikers der Expedition, R. N. Rupmose Brown, nur aus 3 Laubmoosen, ı Lebermoos und wenigstens 6 Arten Flechten. Ferner fand sich eine rote Schneealge vor, die jedenfalls identisch ist mit Z/aematococcus nivalıs, denn diese Art wurde 1)a) Die Deutsche Südpolar-Expedition auf dem Schiffe „Gauß“. Veröffentlichungen des Instituts für Meereskunde und des geographischen Instituts an der Universität Berlin, Heft 5, Oktober 1903. — b) E. v. DryGaLskI, Zum Kontinent des eisigen Südens, Berlin 1904, S. 295. 2) The antarctic Expedition. Geographical Journal, Vol. XXI, 1903, p. 655. Vergl. auch die Karte in PETERMANN’s Geogr. Mitt., 1904, Taf. XVI. 3) ©. NORDENSKJÖLD, J. G. ANDERSSON, C. A. LARSEN, C. SKOTTSBERG, Antarctic. Zwei Jahre in Schnee und Eis am Südpol, Berlin 1904. Dem Werke sind 2 Karten der Westantarktis beigegeben. 4) First antarctic voyage of the „Scotia“. II. Scientific Reports. The Scottish Geographical Magazine, Vol. XX, 1904, März. Vergl. auch PETERMANN’s Geogr. Mitt., 1904, S. 57 u. 79. 163 228 1 64 H. SCHENCK, auch von J. G. Anpersson'), dem Geologen der schwedischen Expedition, an der Hoffnungs- bucht im Antaretic Sund auf Louis Philippe-Land Dezember 1902 festgestellt und dürfte also eine weitere Verbreitung im Südpolargebiet aufweisen. Die von den South Orkneys mitgebrachten Meeresalgen°’) umfassen ı2 Arten, unter denen 4 neu sind, nämlich Monostroma endiviaefolium, Lessonia grandifolia, Pteridium proliferum und Leptosarca simplex. Die Süd-Orkney-Inseln, die sich nach dem geologischen Bericht von J. H. H. Pırız aus alten sedimentären Gesteinen (Grauwacke, Konglomerate) aufbauen, sind größtenteils mit Eis be- deckt und daher trotz ihrer vorgeschobenen Lage zwischen dem 61° und 60° S. Br. klimatisch und pflanzengeographisch zur eigentlichen Antarktis zu rechnen. Wepperı, welcher die Laurie- Insel der Gruppe 1823 besuchte, hat berichtet, daß auf ihr Gras in Form von kurzen Rasen vorkomme; indessen konnte die schottische Expedition keine Spur desselben finden. Wahr- scheinlich liegt eine Verwechslung mit graugrünen Strauchflechten vor, wie BROwNn vermutet. Immerhin ist es nicht unmöglich, daß zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch Gras (vielleicht Deschampsia antarctica) auf der Inselgruppe existierte, später aber infolge zunehmender Vereisung zu Grunde ging. Die durch den Bransfield-Sund von dem westantarktischen Festland getrennten Süd- Shetland-Inseln, zwischen 61° und 63° S. Br. gelegen, bilden eine von SW. nach NO. gerichtete Hauptreihe von Inseln, die sich meist zu hohen Schneebergen mit bis zum Meere herabreichenden Gletschern erheben. Der Hauptreihe südlich vorgelagert liegen die beiden vulkanischen Inseln Bridgman und Deception; letztere eine der größten Kraterinseln der Erde. Die Inseln sind größtenteils mit Schnee und Eis bedeckt. Nur wenige steile Felsen und Geröll- felder bleiben frei und bieten Standorte für eine aus Moosen und Flechten bestehende Vegetation. Larsen’) fand im antarktischen Sommer 1894 am südlichen Teil der Greenwich-Insel an einigen Stellen Moose. Nach seinen Angaben‘) liegt die Schneegrenze auf diesen Inseln in ca. 30 m Meereshöhe, während sie in der Breite der Joinville-Insel und am König Oscar II.-Land auf unge- fähr Meereshöhe hinabsinkt. Auch auf der Bridgman-Insel und auf der Deception-Insel®) ist etwas Vegetation beobachtet worden. NORDENSKJöLp’s Expedition“) landete an der Nelson-Insel Januar 1902 und fand dort an schroffen Porphyritfelsen nur grüne Moospolster und ziemlich üppige Flechten, während jede Spur von Gras fehlte. Von der erst kürzlich, im März 1905, zurückgekehrten Expedition CHarcor's, auf dem Schiffe „Francais“, welche in dem Palmer-Archipel und der Gerlache-Straße Forschungen anstellte, liegen nur vorläufige Berichte vor”), $ 2. Klima der Antarktis. Ueber das Klima der Randgebiete des großen antarktischen, mit Eis bedeckten Landes haben wir erst durch die neuesten Südpolar-Expeditionen eingehende Kenntnis erhalten. 1) J- G. ANDERSSoN, in: OÖ. NORDENSKJÖLD, Antarctic, Bd. II, S. 137. 2) A. and E. S. GEPP, Antarctic Algae. Journal of botany, Vol. XLIII, 1905, p. 105 u. p. 162. — Ref. in bot. Centralbl., Bd. XCVIII, 1905, S. 648. 3) JOHANNES PETERSEN, Die Reisen des „Jason“ und der „Hertha“ in das antarktische Meer 1893/94. Mitteil. der Geogr. Gesellschaft Hamburg, 1895. 4) Ibid. S. 273. 5) J. D. HoOKER, Flora antarctica, Vol, II, p. 215. 6) ©. NORDENSKJÖLD, Antarctic, Bd. I, S. 52. 7) PETERMANN, Geogr. Mitteil., 1905, S. 144. 164 Subantarktische Inseln. 16 E Die erste meteorologische Jahresreihe aus dem Südpolargebiet verdanken wir dem Meteoro- logen H. Arcrowskı der belgischen Expedition" Die „Belgica“ lag ein ganzes Jahr im Eise eingeschlossen, vom März 1898 bis Februar 1899, unter 69° 38° bis 71° 36° S. Br. und 80° 30" bis 96° 40° W.L. Sodann folgten die Beobachtungen von C. E. BORCHGREVINK?), welcher in Victorialand am Cap Adare, 71° 18° S. Br, ein Jahr, vom Februar 1899 bis März 1900 zubrachte. Von der britischen antarktischen Expedition unter Leitung von R. F. Scorr auf der „Discovery“, deren Station in Victorialand, ca. 35 km von Mount Erebus entfernt, unter der hohen Breite von 77° 49‘, vom Februar 1902 an 2 Jahre hindurch sich befand, sind die Ergebnisse der Beobachtungen während des ersten Jahres publiziert?). Die vierte Beobachtungsreihe liegt vor von der Kaiser Wilhelm Il.-Küste, vor welcher die deutsche Südpolar-Expedition‘) auf dem Schiffe „Gauß“ unter Leitung von Dr. ErıcH v. Drv- GALSKI ein Jahr lang, vom 22. Februar 1902 bis 8. Februar 1903, unter 66° 2‘ S. Br. und 89° 48° ©. L. im Scholleneise ihre Station innehatte. Die schwedische Südpolar-Expedition unter Leitung von Dr. Orro NORDENSKJÖLD, welche die Küsten der Westantarktis erforschte, errichtete auf Snow Hill-Insel, 64° 22‘ S. Br. und 537° W.L. ihre Station, auf welcher von März 1902 bis Oktober 1903, 20 Monate lang, meteoro- logische Beobachtungen angestellt wurden, deren vorläufige Berechnungen G. BopMman°) ver- öffentlichte. Von der Laurie-Insel der Süd-Orkney-Gruppe, ca. 61° S. Br. und 44',° W.L. verdanken wir eine Beobachtungsserie von April bis Oktober 1903 dem Meteorologen Mossman der schottischen antarktischen Expedition‘), welche unter Leitung von WiırLıam S. Bruce das Weddell- meer als Forschungsgebiet gewählt hatte. Diese 6 Stationen bilden einen Kranz rings um den Rand der großen südpolaren Eis- kappe, und ihre Ergebnisse gestatten bereits, die wichtigsten Züge des antarktischen Klimas zu erkennen, auf welche A. Suran’) zunächst auf Grund der Beobachtungen Arcrowskrs und BoRCHGREVINK’S und fernerhin auch der übrigen Expeditionen hingewiesen hat. Von größter Wichtigkeit für die Beurteilung der Existenzbedingungen, welche Land- pflanzen an den wenigen schnee- oder eisfreien Stellen des antarktischen Landes vorfinden, sind die Temperaturverhältnisse, über welche die beistehende Zusammenstellung der von den obigen 6 Stationen erhaltenen Werte Aufschluß giebt. Zum Vergleich sind die Daten einer im hohen Norden gelegenen Station, Teplitz-Bai in Kronprinz Rudolf-Land, beigefügt. 1) H. ARCTOWSKI, Das antarktische Klima. In: F. A. Cook, Die erste Südpolarnacht 1898—1899. Deutsch von A. WEBER, Kempten 1903, S. 372. — A. SUPAN, Die erste meteorologische Jahresreihe aus dem Südpolargebiet. Meteorol. Zeitschr., 1900, S. 220. Ferner J. HAnn, Meteorol. Zeitschr., 1899, S.475, u. 1900, S. 521. — Die definitiven Berechnungen citiert in Meteorol. Zeitschr., 1904, S. 438. 2) J- Hann, Die meteorol. und erdmagnetischen Ergebnisse der antarktischen Expedition des Jahres 1899/1900. Meteorol. Zeitschr., 1900, S. 519. — Vergl. auch F. MEvıus, PETERMANN’s Geogr. Mitteil., 1900, S. 239. 3) J-. Hann, Meteorolog. Ergebnisse der britischen antarktischen Expedition. Meteorol. Zeitschr., 1903, S. 274. 4) Hans GAZERT, Meteorol. Bericht. In: Deutsche Südpolar-Expedition auf dem Schiffe „Gauß‘“ unter Leitung von E. v. Drv- GALSKI; Veröffentl. des Instituts für Meereskunde etc., Heft 5, S. 101, Berlin 1903. — Vergl. ferner Referat von A. SuUPAN, PETER- MANN’s Geogr. Mitteilungen, 1903, S. 275. 5) GösTA BODMAN, Meteorologische Ergebnisse der schwedischen Südpolar-Expedition. PETERMANN’s Geogr. Mitt., 1904, S. 117. 6) Referat von A. Supan in PETERMANN’s Geogr. Mitt., 1904, S. 79. 7) A. Supan, Das antarktische Klima. Verhandlungen des 13. deutschen Geographentages zu Breslau 1901, Berlin 1901, S. 41. — Ferner A. SupAnN, Die wissenschaftl. Arbeiten der deutschen Südpolar-Expedition. PETERMANN’s Geogr. Mitt., 1903, S. 275. 165 166 H. SCHENCK, Ber a Cap Adare Victorialand beiMt. | en Wilhelm IL- E 38 Be 7 0 Se Brz 71° 18° S. Br. und 170° | Bene ste bei GAEDbERg 80 30 bis 34 Bi IL, OL IL. 77° 49° S. Br. und 166° 66° 2'S. Br. u. 89° 48°O.L. ey en Nach BORCHGREVINK O0. L. Nach Rovps Kane (Met. Zeitschr. 1904,5.439, | (Met. Zeitschr., 1900, S.519) | (Met. Zeitschr, 1903,$.274) | (Deutsche Südpolar-Exped., definitive Berechnungen) | | 17C#S4207) Zeit der März 1898 bis März 1899 | Febr. 1899 bis Febr. 1900 | Febr. 1902 bis Januar 1903 22. Febr. 1902 bis Beobachtungen 8. Febr. 1903 Temperatur Temperatur Temperatur Temp eratur Mittel | Absolute Extreme |) Mittel | Absolute Extreme | Mittel | Absolute Extreme | Mittel | Absolute Extreme März 8,9 | 0,6 20,3 | 7,9 0,5 19,2 137 \1— 25 | —26,1 | — 84 _ — April —ı18 | —0,6 | —26,5 12,1 1,1 23,3 21,9 6,9 35,3 15,6 = = Mai — 6,5 | +08 25,2 | 20,3 49 35,20 1224595 7:28 239,772 7316 _ — Juni — 1555 0,0 | —31,2 | —24,3 | — 9,9 | —37,8 | —26,9 | —10,6 | 43,9 | —17,4 = = Juli 23,7 1,1 37,1 22,6 | — 4,6 39,9 22,6 9,4 | —38,9 | —ı8,0 — — August —IL3 | +0,33 | —29,8 | —25,2 723 41,7 27,3 | —144 | —45,8 | —21,8 _ —40,8 September — 18,6 +09 | -—43,1 | —244 | —ı14 | —37,8 | —26,1 | — 9,4 | —42,5 | —ı17,6 = _ Oktober — 7,8 +0,8 —26,3 | —ı8,8 | — 6,9 3755 22,8 11,2 41,0 | —12,9 — — November — 6,9 +1,0 —21,4 | —- 79 | + 76 — 20,0 —II,O 2,3 17,8 6,7 — — Dezember — 2,3 2,5 —14,8 | — 01, +57 |—64 | — 48 | +39 | —ı5,4 | — 1,0 —_ —_ Januar — ia | a > || 39 er || et ee ea | et = Februar — LI +1,1 — 9,8 |(— 2,2) = — — 9,0 1,6 18,2 | 3:5 = — Jahr — 9,0, 2,5 an | 138 | + 94 | —41,7 | 178 | + 39 | —458 | —ı15 | +35 | —40,8 Snow Hill-Insel, Graham- Dan) en Kronprinz Rudolf-Land, land Gruppe Teplitz-Bai 6990225 7Br. u.72 > IL. ca. 61° S. Br. und 441/,° W.L. 81° 47,5 N. Br. und 814.0. Na G. BoDMAN Nach Trorsman Expedition des ae Luıcı (PETERMANN aGeogr. Mitt, 1904,S. I 17 (PrrERMANN’sGeogr. Mitt., 1904, 8.80) AMADEO di Savoia vorläufige Berechnungen) (Met. Zeitschr., 1903, S. 238) ae März 1902 bis Oktober 1903 April bis Oktober 1903 1899/1900 Beobachtungen Temperatur Temperatur Temperatur Mittel Absolute Extreme Mittel Absolute Extreme Mittel Absolute Extreme März — 10,4 +7,8 | — 20,5 _ — _ — 29,0 — 19,4 —43,8 April — 13,8 +79 —.28,2 — 6,3 +2,3 —22,3 19,1 —3:5 3535 Mai 182 + 7,2 —30,7 — 8,3 +7,8 — 26,5 — 9,6 — 1,0 — 19,0 Juni —19,7 +42 — 35,8 —12,5 +53 hen — u + 43 — 8,0 Juli — 20,9 +41 — 34,8 — 8,4 +1,2 — 25,4 + 23 + 12,0 — 3,0 August — 19,4 +93 —41,4 — 733 +3,3 —26,3 + (0,9) + 90 — 9,0 September —15,7 +7,6 — 34,9 — 10,3 +44 —31,1 — 5,3 + 6,0 — 19,0 Oktober — 94 +7,1 —25,7 — 2,8 + 5,6 —22,8 —17,0 — 13 —30,5 November — 81 +6,4 — 17,0 _ —_ — — 18,8 — 754 — 28,0 Dezember — 2,0 + 3,0 — 9,8 — — _ — 17,8 — 2,0 — 36,5 Januar — 9,9 + 5,6 — 5,7 _ — = — 19,9 —/24 — 33,5 Februar — 3,5 +2,9 —14,5 _ = — —29,7 — 18,4 — 44,0 Jahr | — 11,8 +9,3 —41,4 —_ _ — — 13,7 —+12,0 —44,0 Aus der Tabelle ergiebt sich, daß im hohen Süden wesentlich ungünstigere thermische Verhältnisse herrschen als in der subantarktischen Inselzone, und diesen entspricht die immense Eisdecke des antarktischen Landes. 166 Die mittlere Jahrestemperatur und besonders die Winter- Subantarktische Inseln. 16 7 temperaturen sind ganz bedeutend niedriger als z. B. auf Kerguelen mit seiner gleichmäßigen oceanischen Temperaturkurve. Kaiser Wilhelm II.-Küste Kerguelen 6OESFBr; 49° S. Br. Winter — 19,1? -E2708, Sommer — Ing +6,4° Jahr — 11,5 +4,2° Die niedrigen Wintertemperaturen und auch die tiefen absoluten Minima, z. B. —45,8° im südlichsten Victorialand, wo sogar einmal bei Mount Erebus —32,2° beobachtet wurde, ent- sprechen den nordpolaren Verhältnissen, wohingegen ein wesentlicher Unterschied zwischen Süd und Nord in der Temperatur des Sommers und des Herbstes hervortrit. Ein ausnehmend kalter Sommer und Herbst ist in hervorragendem Grade charakteristisch für die hohen südlichen Breiten. Teplitz-Bai unter 81° 47° N. Br. hat ein Sommermittel von +0,63°, Victorialand unter 77° a9‘ S. Br, also noch 4 Breitengrade weiter vom Pol, aber —5,9°. Daher haben wir, wie Suran hervorhebt, den absoluten Kältepol der Erde in der Antarktis zu erwarten. Diese großen Unterschiede in den Temperaturen des Sommers bedingen naturgemäß in erster Linie die Unterschiede in der Vegetation. Im höchsten Norden treffen wir noch eine relativ reiche Gefäßpflanzenvegetation an, die für ihre Entwickelung die kurze Sommerzeit aus- nutzen kann. Noch unter 80° N. Br. auf Grinell-Land, sind 69 Arten Blütenpflanzen gefunden worden'), während im Süden polwärts von 65° jegliche Gefäßpflanzenvegetation fehlt und nur noch Moose, Flechten und Algen ihr Dasein fristen können, denn ein Blick auf obige Tabelle zeigt, daß im hohen Süden die mittleren Temperaturen aller Monate unter o° bleiben, daß fast in allen tiefe Minima eintreten und daß die gelegentlichen Maxima im Sommer nur geringe sind. Nur an wenigen Tagen erhebt sich die Temperatur über 0°. Die höchsten Maxima weist die Station auf Snow Hill-Insel auf, aber auch hier waren die hohen Grade nur Ausnahmen. Von der Kaiser Wilhelm Il.-Küste sagt GAzErr?’): „Der wärmste Monat war der Januar mit nur —0,8°. Als absolutes Maximum beobachteten wir am 2. Januar +3,5°. Das Tagesmittel erhob sich über 0° am 29. Dezember, 2. bis 5. Januar und ı0. bis 14. Januar. Das höchste Tagesmittel weist der ı1ı. Januar mit +1,2° auf. Diese Werte werden wohl noch eine Korrektion erfahren, da die Hütte nach Vergleichen mit Assmann's Aspirationspsychrometer Werte ergab, die sich wohl als zu hoch erweisen dürften.“ Von Wichtigkeit für die Existenzbedingungen der Kryptogamenvegetation dürften die Be- obachtungen der schwedischen Station auf Snow Hill-Insel betreffs der Bodentemperaturen an einer permanent schneefreien Stelle sein, insofern aus ihnen hervorgeht, daß die Insolation im Sommer eine große ist und den Boden bis 5 dm aufzutauen vermag. In 2 Monaten, Januar und Februar, erlangte der Boden in einer Tiefe von 3 dm eine mittlere Temperatur über den Gefrierpunkt, nämlich + 1,6 bezw. +4+0,5°, und auch sogar in der Tiefe von 5 dm ist die Sommer- temperatur von —0,8° bedeutend höher als die entsprechende Lufttemperatur von —2,1°. Windverhältnisse: Aus den bisherigen Beobachtungen ergiebt sich in Bezug auf die 1) Dr. G. ANDERSSON, Zur Pflanzengeographie der Arktis. Geographische Zeitschr., Bd. VIII, 1901. 2) H. GAZERT, ]. c. S. 109. 167 168 H. SCHENCK, Winde‘), daß über dem antarktischen Polarland ein Hochdruckgebiet mit einer permanenten innerpolaren Anticyklone liegt, welche eine jahreszeitliche Verschiebung, im Winter weiter nach der östlichen Halbkugel zu, entsprechend der dort befindlichen Hauptmasse des Festlandes, erleidet. Während in der antarktischen Inselzone (40—60° S. Br.) Westwinde und Weststürme und niederer Barometerstand charakteristisch sind, nach den Beobachtungen der „Valdivia“ südlich von Ker- guelen im Sommer bis 56'h°, weiter südlich alsdann eine Kalmenzone mit flauen, veränderlichen Winden folgt, herrschen dagegen an den Randstationen des antarktischen Landgebietes östliche, südöstliche und südliche, also polare Winde vor, welche aus der Anticyklone über dem Inlandeis abfließen ). Wie übereinstimmend aus den Beobachtungen bei Cap Adare, Mount Erebus und Gaußberg hervorgeht, sind die östlichen und südöstlichen Winde nicht nur das ganze Jahr hindurch vorherrschend, sondern treten auch häufig als überaus heftige und langandauernde Stürme mit massenhaftem Schneetreiben auf. Die Station der „Belgica“ zeigte im Sommer Vor- herrschen der polaren Winde, im Winter dagegen der westlichen, nordwestlichen und nördlichen Winde, was sich aus der Verschiebung der Anticyklone erklärt. Auf der schwedischen Station an der Küste von Grahamland wehten die Winde meist aus S. bis WSW., durchschnittlich an 4 Tagen in der Woche; weit weniger häufig waren solche aus NNO. bis OÖ, letztere relativ lau, erstere als eisige Stürme. Die polaren Winde überwiegen also auch hier, ihre andere Richtung erklärt sich nach Suran°) dadurch, daß die barometrische Depression nicht im N., sondern im O. (Weddellmeer) liege. Niederschläge: Die Messung der Niederschläge, die in Form von Schnee fallen, er- schien bei der Heftigkeit der Winde auf den Stationen kaum durchführbar. Nur sehr selten trat Regen ein. Wie aus der folgenden Tabelle der „Belgica* hervorgeht, herrschen ziemlich gleichartige Verhältnisse im Laufe des Jahres. Zahl der Tage .\ Niederschlag „Belgica“ ee Sa 69° 38° bis 71° 36° S. Br. | mit Schnee | mit Regen Stunden | Herbst 67 5 462 Winter 60 I 466 Frühling 69 3 52 Sommer 64 11 565 Jahr - | 260 r 20 2022 Bopman teilt mit, daß auch auf der schwedischen Station Snow Hill-Insel die Nieder- schlagstage ziemlich gleichmäßig verteilt im Jahre waren. Regen sei vereinzelt vorgekommen, aber keineswegs nur während der wärmeren Jahreszeit, sondern auch im März, April, Mai. Am Gaußberg wurde feiner Sprühregen, meist vermischt mit Schnee, mehrfach Ende Dezember und Anfang Januar beobachtet. Die wenigen Regentage mögen immerhin von Bedeutung für die vegetative Thätigkeit der Moose, Flechten und Algen sein. Luftfeuchtigkeit: Gazerr bemerkt für die Station beim Gaußberg, daß die relative Feuchtigkeit gewöhnlich zwischen 70 und 80 Proz. schwankte. Sie sank gewöhnlich bei Beginn ı) A. Supan, Das antarktische Klima, 1. c. S. 49, und PETERMANN’s Geogr. Mitteil., 1903, S. 274; ferner H. GAZERT, |. c. S. 115. 2) Die Rauchsäule des 3800 m hohen Mount Erebus zeigte dagegen als Windfahne für die oberen Luftströmungen fast stets südwestliche oder westliche Richtung. 3) A. SuPAn, PETERMANN’s Geogr. Mitteil., 1904, S. 31. 168 Subantarktische Inseln. 169 von Stürmen, um noch während derselben auf 80 bis 100 Proz. anzusteigen. An sonnigen Sommertagen sank sie zur Zeit des Temperaturmaximums öfter auf so Proz. Diese Kombination der höheren Temperatur mit großer Trockenheit muß auf die Vege- tation ganz besonders ungünstig wirken. Die Gruppen der schnee- und eisbedeckten Süd-Shetland- und Süd-Orkney-Inseln, zwischen 60 und 65° S. Br. gelegen, müssen in Bezug auf Temperaturverhältnisse und Vege- tationsbeschaffenheit noch zu den Küstenländern des antarktischen Landes gerechnet werden. Von der ersteren Gruppe liegen zwar noch keine zusammenhängenden Beobachtungen vor. Die wissen- schaftliche Expedition von FORSTER ließ 1829 auf der Deception-Insel (63° S. Br.) ein Minimum- thermometer zurück, das, von Kapitän SmiLey 1842 wiedergefunden, als absolutes Minimum der 13 Jahre —20° C zeigte‘), Die in der Tabelle S. 166 mitgeteilten Beobachtungen der schottischen Expedition auf der Laurie-Insel, welche späterhin noch Fortsetzung erfahren werden, ergeben naturgemäß etwas höhere Monatsmittel als auf Snow Hill-Insel; dieselben bleiben aber vom April bis Oktober sämtlich unter 0°. Im Vergleich zu Südgeorgien (S. 85) treffen wir also wesentlich andere Verhältnisse an. Die Süd-Orkney-Inseln liegen zwischen den Zonen der äqua- torialen und polaren Luftströmungen, und zwar überwiegen die ersteren etwas über die letzteren. Nach Suran®) erklärt sich aus der unregelmäßigen Verschiebung der Grenze beider Zonen die sprungweise Aenderung der mittleren Monatstemperaturen. $ 3. Flora der Antarktıs. Die bis jetzt publizierten Bearbeitungen der Kryptogamen aus der Antarktis erstrecken sich, wie oben erwähnt, auf die Hoorer’sche Sammlung von der Cockburn-Insel, auf die BorcH- GREVINk’schen Pflanzen aus Victorialand und auf die reichhaltigen Sammlungen der belgischen Südpolar-Expedition aus dem Gerlache-Kanal. ı. Flora der Cockburn-Insel. Aus J. D. Hooker’s „Flora antarctica* und der „Botany of Kerguelen“, in welcher sich einige Hinweise finden, zusammengestellt. Verbreitung Musci. ı. Didymodon? glacialis Hoox. f. et Wırs. Endemisch 2. Tortula laewipila BRUCH et SCHIMP. Falkland; Europa 3. Tortula gracılis BRUCH et SHIMP. Europa 4. Bryum argenteum Linn. Falkland; weit verbreitet 5. Bryum antarcticum Hoox. f. et Wırs. Endemisch Lichenes. 6. Physcia stellaris ACH. Weit verbreitet 7. Lecanora (Placodium) chrysoleuca Ach. var. ß Europa; die var. ß auf Cockburn-Insel; var. y Zienzicola Daltoni Hoox. f. Hook. f. Feuerland 3. Lecanora (Placodium) Babingtoni Hoox. f. et Tayı. | Endemisch 1) J. Hann, Zeitschr. d. Oesterr. meteorol. Gesellsch., Bd. I, 1866, p. 44. 2) A. SUPAN, PETERMANN’s Geogr. Mitteil., 1904, S. 79. 169 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı899. Bd. I. ı. Teil. 22 H. SCHENCK, 170 Verbreitung 9. Zecanora (Placodium) murorum ACH. Feuerland, Falkland, var. ß farcta =_L. elegans AcH. auf Kerguelen 10. Zecanora (Placodium) miniata ACH. Falkland; weit verbreitet 11. Pertusaria perrimosa NYL. (= Pertusaria communis DC., Flora Feuerland, Kerguelen ant., P- 540) 12. Verrucaria umbrina ACH. Europa 13. Collema crispum ACH. Europa Meeresalgen. 14. Scytothalia Jacquinotii Mont. Deception-Insel der Süd-Shetlands; Grahamsland 63° S. Br. im Ocean 15. Desmarestia aculeata LYNGB. var. media GREY. Nördl. temperierte und arktische Meere, Kerguelen 16. Adenocystis Lessoni Hook. f. et HARV. Feuerland, Falkland, Kerguelen, Auckland, Campbell 17. Lessonia fuscescens BORY | Chili, Feuerland, Falkland, Auckland, Campbell. (In „Botany of Kerguelen“ von Cockburn-Insel angegeben, nicht in „Flora antarctica“ erwähnt!) 18. Gigartina Radula Esp. (= /ridaea Radula BORY) Feuerland, Falkland, Kerguelen, Capland, Neuseeland, Auckland, Campbell, California Landalgen. 19. Osczllatoria autumnalis AGARDH Falkland, Europa 20. Microcoleus repens HARVEY Europa 21. Ulva crispa LIGHTF. (= Prasiola crispa MENEGH.) Falkland; weit verbreitet J. D. Hoorer besuchte die Cockburn-Insel, welche größtenteils vulkanischen Ursprunges ist und sich zu 830 m Höhe erheben soll, im Januar 1843, während der antarktischen Expedition von Sir James CLark Ross, in dessen Reisewerk er über die Vegetation der Insel berichtet '). Von den 5 Moosen scheinen 2 Arten, von den 8 Flechten eine Art und eine Varietät der Insel eigentümlich zu sein. Die übrigen Arten kehren zum Teil in der subantarktischen Zone wieder, zum Teil sind sie weiter verbreitet und auch im Norden vorhanden. Die Moose wachsen in Felsspalten und sind excessiv winzig. Nur Dryum antarcticum hatte junge Sporoggne, die übrigen waren steril. Sämtliche Moose waren auf Standorte nörd- licher Exposition beschränkt und hart in den Boden eingefroren. Die auffallendste Land- kryptogame ist Zecanora miniata Acn., welche massenhaft und weithin sichtbar die Klippen mit ihren gelben Krusten überzieht. Diese weitverbreitete Flechte ist überhaupt an den Küsten der subantarktischen Inseln eine sehr häufige Erscheinung, wurde aber von HookeEr nirgends anderswo in solcher Menge wie auf Cockburn angetroffen, wo die Pinguinbrutplätze ihr günstige Er- nährungsbedingungen zu bieten scheinen. Die übrigen Krustenflechten waren klein oder unscheinbar. Die Gallertflechte, Collema crispum Ach, fand sich am Rande einer Wasserpfütze. Unter den Landalgen erscheint Prasiola crispa MENEGH. bemerkenswert als häufiges und auffallendes Gewächs. Wie Zecanora miniata ist sie im Süden verbreitet, namentlich an Stellen, z. B. Brutplätzen der Vögel, wo organische Substanzen sich vorfinden. Die häutigen, hellgrünen, kaum '/, Zoll hohen Plänzchen vegetieren in großer Menge dicht zusammengedrängt. Die beiden blaugrünen Algen wachsen auf dem Boden an feuchten Stellen. Oberhalb der Felsenriffe, mit denen die Insel bis 460 m Höhe umgürtet ist, traf HooKER keine Vegetation mehr an. Die Flechten stiegen am höchsten. Fast sämtliche Moose und I) J. D. HoORER, in: JAMES CLARK Ross, A voyage of discovery and research in the southern and antarctic regions 1839—43, Vol. II, 1847, p. 336. 170 Subantarktische Inseln. 171 Flechten erschienen auf einen steilen steinigen Abhang, dessen Boden tief gefroren war, beschränkt. An dem Tage, an welchem HookEr die Insel besuchte, war der Boden nur oberflächlich durch die Sonnenstrahlen etwas aufgetaut. Die Pflanzen sind also an einen fast ständig gefrorenen Boden gebunden, und nur an einigen wenigen Tagen des Jahres während des Sommers können sie vegetieren. Bei Sonnen- schein giebt das schwarze vulkanische Gestein rasch seine Feuchtigkeit ab; Zecanora und Ulva trocknen dann derart aus, daß sie in Stücke zerbröckeln, wenn man sie entfernen will. HookER bemerkt, daß die Luft während seines Aufenthaltes auf der Insel excessiv trocken gewesen sei. Selbst im Sommer sind also die Existenzbedingungen der kümmerlichen Vegetation sehr un- günstig und für Gefäßpflanzen durchaus ungeeignet. 2. Flora von Victorialand. Von der Vegetation des Victorialandes war bis zu den Forschungsreisen C. E. BorcH- GREVINK’S und der britischen „Discovery“-Expedition nichts bekannt. C. E. BORCHGREVINK hatte bereits 1894—95 Victorialand auf dem norwegischen Fang- dampfer „Antarctic“ besucht‘. 1898 —1900 unternahm er seine Hauptexpedition?) auf dem Schiffe „Southern Cross“, welches von dem Londoner Verleger Sir GEORGE NEwNES ausgerüstet wurde; er verließ England im August 1898, überwinterte Februar 1899 bis 2. März 1900 am Cap Adare unter 71° ı8°S. Br, unternahm dann eine Fahrt längs Victorialand bis 78° 35° S. Br., erreichte auf Schlitten als südlichsten Punkt 78° 50° S. Br. und traf Ende März 1900 wieder auf Neuseeland ein. Die reichen naturhistorischen, meist zoologischen Sammlungen dieser Expedition wurden vom Britischen Museum’) in London, die botanischen zum Teil auch von Prof. Dr. N. Wirre‘) in Kristiania bearbeitet. Aus den Sammlungen und Beobachtungen BoRCHGREVINK'S ergiebt sich’), daß die Basis von Victorialand aus Graniten, Gneißen und Glimmerschiefern besteht; darüber lagern paläozoische Schiefer und Quarzsandsteine. Jüngere Eruptivgesteine, Basalte und auch Phonolithe bauen die I) C. E. BORCHGREVINK, Ueber die Reise der „Antarctic“ nach Victorialand. Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin, 1895, S. 611. 2) C. E. BORCHGREVINK, Die Antarktische Expedition des „Southern Cross‘‘ in den Jahren 1898—1900. Verhandl. der Gesell- schaft für Erdkunde zu Berlin, 1901, S. 162. — C. E. BORCHGREVINK, First on the Antarctic Continent being an Account of the British Antarctic Expedition 1898—1900, London 1901. — F. MEvIUs, BORCHGREVINK’s Südpolar-Expedition. PETERM.’s Geogr. Mitteil,, 1900, S. 238. 3) Report on the collections of natural history made in the antarctic regions during the voyage of the „Southern Cross“, London 1902 (herausgegeben vom British Museum.) Enihält p. 319 u. 320 Cryptogamia: A. GEPP, Musci. V. H. BLACKMAN, Lichenes. Miss E. S. BARToN, Algae. 4) N. WIELE, Mitteilungen über einige von C. E. BORCHGREVINK auf dem antarktischen Festlande gesammelte Pflanzen. Nyt Mag. f. Naturvidensk., Bd. XL, Heft 3, Kristiania 1902. Enthält: N. BRYHN, Sarconeurum, genus muscorum novum, P- 204. TH. M. FRIES, Lichenes antarctici, p. 208. N. WILLE, Antarktische Algen, p. 209. JENS HoLMEBOE, Nawicula mutica KüTz aus dem antarktischen Festland, p. 221. 5) Vergl. G. T. Prıor, Report on the rock-specimens, in: „Southern Cross“ Report, p. 321. LAT 227 172 H. SCHENCK, hohen Vulkanberge auf. Auf dem mächtigen Basaltfelsen des Cap Adare wurden in 300 m Höhe Blöcke von Granit und Quarzfelsit beobachte. Von der deutschen Südpolar-Expedition sind solche erratische Gesteine auch auf dem Gaußberge gefunden worden. Die Gletscher hatten somit in früheren Zeiten eine größere Ausdehnung. Victorialand scheint seit dem Palaeozoicum als Festland existiert zu haben. Obwohl die hohen Randgebirge und das Hochplateau des Inneren Victorialandes unter ewigem Schnee und Eis begraben liegen, so tritt doch längs der Küste hier und da der nackte Fels oder Boden hervor, und an solchen Stellen stellt sich trotz des extrem vegetationsfeindlichen Klimas ein allerdings sehr kümmerlicher Pflanzenwuchs ein. C. E. BoRCHGREVINK sammelte an verschiedenen Punkten von Victorialand, auf Possession Island, am Cap Adare (71° 18° S. Br.), auf Geikie-Land bei Cap Adare, auf Sir George Newnes- Land (74° 20° S. Br.) einige wenige Moose, Flechten und Algen, welche insofern ein besonderes Interesse beanspruchen, als sie die südlichsten bis jetzt bekannt gewordenen Pflanzen vorstellen. Die folgende Liste ist aus den oben citierten Publikationen des Britischen Museums und WILLE’S zusammengestellt. Verbreitung Fe a Musci. ı. Sarconeurum antarcticum N. BRvHN Neue, zu den Pottiaceen gehörige Gattung, dichte Polster bildend 2. Barbula fuegiana JAEG. Feuerland 3. Barbula spec. 4. Dryum argenteum L. Weit verbreitet Lichenes. 5. Usnea sulphurea TH. FR. f. sphacelata (= Neuropogon mela- | Antarktische und arktische Zonen, alpine Region von Süd- xanthus NYL.) | amerika und Australien 6. Usnea Taylori Hook. f. (= Neuropogon Taylori NYL.). Kerguelen BORCHGREVINK berichtet, er habe auch gemeines Renntier- moos gefunden. Nach TH. M. Fries (l. c. p. 209) dürfte es sich wahrscheinlich um Usnea Taylor: handeln. 7. Physcia stellaris NyL. a adpressa TH. FR. Weit verbreitet 8. Caloplaca elegans TH. FR. f. farcta (= Placodium elegans Feuerland, Kerguelen ACHAR., Placodium lucens NYL.) 9. Lecanora chrysoleuca ACH. ß melanophthalma TH. FR. 10. Lecidea geographica L. Weit verbreitet Landalgen. 11. Prasiola crispa MENEGH. Am Cap Adare auf Felsenboden Feuerland, Falkland, Cockburn, Kosmopolitische Alge von allgemein verbreitet; dicke ausgebreitete Schichten bildend, „die Grönland bis in die Antarktis aussehen, als ob sie voll von Blasen wären“. 12. Merismopedium glaucum NÄGELI var. Punctatum Hausg. Mit voriger zusammen 13. Navicula mutica Kürz. bildet Beläge auf Prasiola crıspa Kerguelen, weit verbreitet Meeresalgen. 14. Halimeda Tuna LAM. Weit verbreitet 15. Desmarestia aculeata LAM.? 16. Desmarestia viridis LAM. Weit verbreitet 17. Desmarestia Rossi HoOK. et HARV. Feuerland, Falkland, Kerguelen 18. Plocamium coccineum LYNGB. Weit verbreitet 19. Ballia callitricha AG. Falkland, Kerguelen, Auckland, Neuseeland, Australien a nn ———————————— nn ———————— 172 Subantarktische Inseln. 1973: In dieser kärglichen Flora ist bis jetzt das endemische Element anscheinend nur durch die neue Moosgattung Sarconeurum vertreten. Die übrigen sind meist weit verbreitet und kehren vielfach im antarktischen Gebiete wieder. Von den Flechten wurden 4 Arten, nämlich Uszea sulphurea, Physcia stellaris, Phacodium luwcens, Lecidea geographica von Racovrıza auch im Palmer- Archipel gefunden. Ueber das Vorkommen der Prasiola crispa berichtet BORCHGREVINK, welcher die Pflanze als eine Art „Leberkraut“ bezeichnete, daß er sie Januar 1895 auf der Possession-Insel an Basalt- felsen ungefähr 30 Fuß über dem Meeresspiegel angetroffen habe. Im März 1900 bestieg er das ‚Cap Adare und fand die Vegetation dieser Alge bis zur Höhe von 800 Fuß an den Felsen. Die Pinguine besiedeln den Berg sogar bis 1000 Fuß Meereshöhe. Von Geikie-Land und Newnes- Land wurden nur Moose und Flechten mitgebracht. Die Possession-Insel wurde von Ross am ı1. Januar 1841 besucht. Entweder hat Ross die Alge übersehen oder sie war damals noch nicht auf der Insel vorhanden, denn er sagt'): ‚We saw not the smallest appearance of vegetation, but inconceivable myriads of penguins com- pletely and densely covered the whole surface of the island.“ In Victorialand dürften die felsbewohnenden Kryptogamen ihre äußerste Südgrenze finden. Trotz der Lage in sehr hohen südlichen Breiten ist seine Küste insofern begünstigt, als sie von dem im Sommer offenen Ross-Meer bespült wird, während das Innere des antarktischen Kontinents wohl überall unter einer mächtigen Eisdecke begraben liegt. Was die Landfauna von Victorialand anbelangt, so sind durch die Expedition BorcH- GREVINK’S 2 Arten von Arthropoden bekannt geworden. Die erste Art ist ein zu der Ordnung der Collembola oder Springschwänze gehöriges kleines, nur 2 mm langes, ungeflügeltes Insekt, welches von Dr. Krovsrapr im November 1899 unter Flechten auf Geikie-Land gefunden und von CARPENTER’) als Zsotoma Klovstadi n. spec. bezeichnet wurde. Diese Art ist am nächsten verwandt mit der auf Feuerland vorkommenden /sofoma silvatıca SCHÄFFER, und CARPENTER meint, daß die Existenz dieses Insektes auf eine ehemalige größere Ausdehnung des antarktischen Kontinents und auf eine südliche Wanderroute zwischen den östlichen und westlichen Ländern hindeute. Die zweite Art ist eine auf Moosen bei Cap Adare lebende Milbe, von TROUESSART?) als neue typische Species, Penthaleus Beil, beschrieben, während von der „Belgica“-Expedition aus der de Gerlache-Straße eine andere antarktische Art derselben Gattung, ?. villosus TRrı., mit- gebracht wurde. Ob wir in diesen beiden Arthropoden Relikte einer ehemaligen reicheren Landfauna erblicken dürfen, wird sich ermessen lassen, wenn vollständigere Beobachtungen über die Landflora und Fauna Victorialandes und auch der übrigen Gebiete der Antarktis vorliegen. 3. Flora der Gerlache-Strasse. Der belgischen Südpolar-Expedition verdanken wir wichtige neue Entdeckungen im Ge- biete der Gerlache- oder Belgica-Straße. Diese Expedition unter ihrem Kommandanten ApkrıEN DE (GERLACHE auf dem Schiffe „Belgica“, zu deren wissenschaftlichem Stabe unter anderen Enmır I) Sir JAMES CLARK Ross, A voyage of discovery and research in the southern and antarctic regions, Vol. I, 1847, p. 189. 2) G. H. CARPENTER, Collembola in: Report on the collections etc. during the voyage of the „Southern Cross“, p. 221. 3) Dr. E. L. TROUESSART, Acarina, ibid. p. 225. 173 174 H. SCHENCK, Racovırza als Zoologe und Botaniker, Henryk Arcrowskt als Geologe, Oceanograph und Meteorologe, FREDERICK A. Cook als Arzt, Anthropologe und Photograph gehörten, verließ Ende August 1897 Belgien, passierte Ende des Jahres die Magellan-Straße und den Beagle-Kanal, trat am 13. Januar 1898 von der Staten-Insel die Fahrt nach Süden an, durchquerte die Reihe der Sid-Shetland-Inseln, erforschte sodann vom 23. Januar bis ı2. Februar 1898 die Küsten der von ihr entdeckten Gerlache- oder Belgica-Straße, wurde weiter südlich vor Alexanderland vom Eise eingeschlossen, in welchem das Schiff zwischen 69° 38° und 71° 36° S. Br. und 80° 30° bis 96° 40° W.L. von Ende Februar 1898 bis März 1899 trieb, und kehrte am 28. März 1899 nach Punta Arenas zurück. Die wissenschaftlichen Resultate dieser Expedition werden in dem großen Werke: „Ex- pedition Antarctique Belge“ von der Commission de la „Belgica* herausgegeben. Reiseberichte liegen vor von dem Kommandanten DE GERLACHE'), von dem Arzte Coox°’) und von dem Kapitän G. Lecomre?) Die Küsten der Gerlache-Straße‘) werden von hohen gebirgigen Tafelländern mit steil ab- fallenden Wänden und engen Schluchten gebildet. Eine der Bergspitzen scheint sich über 2000 m zu erheben. Das Gebiet macht den Eindruck einer ins Meer gesunkenen Ländermasse. Alte krystallinische Gesteine, Granit, Diorit und Syenit setzen die Gebirge zusammen, Gneis wurde nur an der pacifischen Mündung der Straße beobachtet. Die Belgica-Straße war während des Aufenthaltes der Expedition vom 23. Januar bis ı2. Februar 1898 eisfrei. Einige kleine Inseln erschienen nur zum Teil mit Eis bedeckt, während die ausgedehnten Inseln und das Dancoland, welches den Kanal südöstlich begrenzt und die Westküste von Grahamland vor- stellt, mächtige Eisdecken und an den Berghängen Gletscher tragen. Nur steile Felsenabstürze waren schnee- und eisfrei, wie auch auf den von Coox publizierten photographischen Ansichten zu ersehen is. Hier kann der Schnee nicht haften oder verschwindet wenigstens während des kurzen Sommers. An solchen Standorten ist Entwickelung von Vegetation möglich, und in der That waren hier Moose und Flechten in reichlicher Anzahl vorhanden. Aus allen Thälern kamen Bäche zum Meer hinab. Die Grenze des ewigen Schnees fällt fast genau mit der Meereshöhe zusammen. Ueberall zeigten sich Spuren ehemaliger mehr ausgedehnter Vergletsche- rung des Landes; dies stimmt überein mit den Befunden in den anderen antarktischen Grebieten. Emır Racovırza sammelte an den schneefreien Stellen der Belgica-Straße zahlreiche Moose, Lebermoose und Flechten, welche von ]J. Carvor°) F. Sreruanı®) und Ep. A. Wamıo') bearbeitet wurden. Die von Racovrıza gesammelten Moose und Flechten zeigen, daß die Antarktis bedeutend reicher an Pflanzen ist, als vermutet werden konnte, und bieten auch in pflanzengeographischer Hinsicht besonderes Interesse für die Beurteilung der Herkunft und Zusammensetzung der ant- I) DE GERLACHE, Voyage de la „Belgica“, Paris 1902. 2) FREDERICK A. Cook, Die erste Südpolarnacht 1898 -- 1899. Deutsch von A. WEBER, Kempten 1903. 3) G. LECOINTE, Im Reiche der Pinguine. Uebersetzt von W. WEISMANN, Halle 1904. 4) Vergl. E. Racovırza, Die Resultate der belgischen Südpolar-Expedition, in dem citierten Buche von Cook, S. 362, welchem auch die offizielle Karte von Kapitän LECOINTE beigegeben ist. 5) J. CArDoT, Mousses et coup d’oeil sur la flore bryologique des Terres magellaniques. Expedition Antarctique Belge; R&sultats du voyage du S. Y. „Belgica“ en 1897—1°99 sous le commandement de A. DE GERLACHE DE GOMERY; Botanique; Anvers 1902. 6) F. STEPHANI, Hepatiques, ibid. 1902. 7) ED. A. WAINIo, Lichens, ibid. 1903. 174 Subantarktische Inseln. 175 arktischen Floren überhaupt. Es mag daher gestattet sein, im folgenden eine Zusammenstellung der Befunde zu geben. ı. Laubmoose. Von den 27 gesammelten Arten sind nach den Untersuchungen von J. Carpor mehr als die Hälfte neu, nämlich: I. Andreaea pycnotyla 6. Webera Racovitzae Il. Bryum amblyolepis 2. Andreaea Pygmaea 7. Bryum imperfectum 12. Polytrichum antarcticum 3. Andreaea depressinervis 8. Dryum inconnexum 13. Pseudoleskea antarctıca 4: Ceratodon antarcticus 9. Bryum Gerlachei 14. Brachythecium antarcticum 5. Orthotrichum antarcticum 10. Bryum austropolare 15. Amblystegium densissimum Außer diesen endemischen Moosen wurden ferner gefunden: 16. Ceratodon purpureus BRID. Weit verbreitet, Feuerland, Kerguelen 17. Distichtum capillaceum B. S. Europa 18. Grimmia Doniana SM. Nordhemisphäre 19. Orthotrichum rupicolum C. M.? Kerguelen 20. Webera cruda BRUCH Europa, Asien, Afrika, Nordamerika, Feuerland, Südgeorgien 21. Webera nutans HEDW. Europa, Asien, Afrika, Nordamerika, Oceanien, Feuerland, Kerguelen, ant- arktische Region 22. Pogonatum alpinum ROEHL Nordhemisphäre, Südgeorgien 23. Polytrichum strictum BANKS Europa, Asien, Nordamerika, Feuerland 24. Polytrichum subpiliferum CARD. Feuerland 25. Hypnum uncinatum HEDW. Nordhemisphäre, Kerguelen, Südgeorgien 26. Hypnum austro-stramineum C. M. Südgeorgien 27. Hypnum revolutum LINDE. Europa, Asien, Nordamerika Von diesen letztgenannten ı2 Arten kommen 9 gleichzeitig auch in der arktischen Zone vor; ferner hebt Carpor hervor, daß fast alle neu entdeckten Arten enge Verwandtschaft zu borealen Arten aufweisen, woraus folgt, daß die Moosflora der Gerlache-Straße weit nähere Be- ziehungen zu derjenigen der Arktis hat als zu Feuerland, mit welchem sie nur 5 gemeinsame Arten teilt, und unter diesen 5 Arten sind 4 weit verbreitete und nur eine eigentümliche (Foly- trichum subpiliferum Carn.) enthalten. Mit Südgeorgien und Kerguelen hat die Belgica-Straße 7 Arten Moose, meist von weiter Verbreitung, gemeinsam. Mit Ausnahme von Dryum imperfechum Car». das mit Früchten gesammelt wurde, und von Webera cruda Bruch, an welchem einige junge Blüten sich vorfanden, waren sämtliche Arten steril, obwohl im allgemeinen vegetativ gut entwickelt. Das geringe Maß von Sommer- wärme scheint für die Fruktifikation nicht mehr auszureichen. j Die verschiedenen Moose wachsen an Felsen fast immer in Rasen zu mehreren Arten vergesellschaftet, derart daß die zarteren Formen, wie auch die Lebermoose, stets zwischen den robusteren Formen geschützt sich befinden. 2. Lebermoose. Nur 3 Arten wurden gefunden, welche sämtlich nach F. Srernanı auch auf Südgeorgien vorkommen, nämlich: 1. Lophozia Hatcheri ST. (= Jungermannia Hatcheri EVANS) 2. Lophozia propagulifera ST. (= Jungermannia proß. GOTTSCHE) 3. Cephalozia varians ST. (= Jungermannia varians GOTTSCHE) 3. Flechten. Die Ausbeute an Flechten ergab nach En. A. WaAmıo 55 Arten, unter denen 28 von Wamıo als neu beschrieben wurden, also einstweilen als endemisch betrachtet werden können. Es sind folgende Arten: 175 H. SCHENCK, 1. Parmelia antarctıca 11. Pertusaria corallophora 20. Lecidea rupicıda 2. Stereocaulon pygmaeum 12. Pertusaria grisea 21. Acarospora macrocyclos 3. Stereocaulon antarclicum 13. Placodium regale 22. Verrucaria glaucoplaca 4. Lecanora Brialmontiüi 14. Placodium cirrochrooides 23. Verrucaria elacoplaca 5. Lecanora Gerlachei 15. Rıinodina hypopoichila 24. Verrucaria Racovitzae 6. Zecanora Racovitzae 16. Buellia Augusta 25. Verrwaria disparlita 7. Lecanora orostheoides 17. Buellia brabantica 26. Verrucaria cylindrophora 8. Zecanora aspidophora 18. Buellia anisomera 27. Lepraria straminea 9. Lecanora poliophaeoides 19. Lecidea brunneoatra 28. Zepraria pallidostramınea 10. Zecanora dancoönsts Die übrigen Flechten sind, bis auf 3 Arten, auch in den arktischen oder temperierten borealen Regionen vertreten, und weisen zum großen Teile sehr ausgedehnte Verbreitung auf. Es sind folgende: . Umbilicaria Dillenit TUCK. Canada . Umbrlicaria leiocarpa DC. . Umbilicaria cylindrica Dur. . Usnea sulphurea TH. FR. (= Neuro- pogon melaxanthus NYL.) . Parmelia pubescens WAIN. 5 6. Zecanora polytropa TH. FR. 7 8 Arktische und boreal-alpine Regionen Arktische und boreal-alpine Regionen, Gebirge Afrikas und Australiens Arktische und antarktische Regionen; alpine Region von Südamerika und zwun.- Australien Arktische Region Europa, Asien, Australien, Nord- und Südamerika Kosmopolitisch Europa, Asien, Nord- und Südamerika . Lecanora atra ACH. . Xanthoria lychnea WAIN. 9. Placodium murorum DC. 10. Physcia caesia NYL. 11. Physcia stellaris NYL. 12. Buellia protothallina WAIN. Kosmopolitisch Kosmopolitisch Europa, Asien, Nordamerika Europa, Südamerika 13. Cladonia coccifera WILLD. Kosmopolitisch 14. Cladonia gracilis WILLD. Kosmopolitisch 15. Cladonia pyxidata FR. Kosmopolitisch 16. Lecidea geographica FR. Kosmopolitisch 17. Lecidea concreta WAIN. Kosmopolitisch 18. Zecıdea grandis WAIN. Kosmopolitisch 19. Zecidea badioatra FLOERK. Europa, Asien, Nordamerika 20. Lecidea atroalbicans NXL. 21. Lecidea atrobrunnea SCHAER. Europa, Asien, Südamerika 22. Lecıdea subcongrua NNL. Europa, Asien 23. Mastodia tesselata Hook. f. et Harv. Ostsibirien, Südamerika, Kerguelen 24. Verrucarıa maura WAHLENB. Kosmopolitisch Europa Die 3 nun noch übrig bleibenden Arten haben folgende Verbreitung: Südamerika Antarktische Inseln, Südamerika Kerguelen, Kap Horn 1. Pseudocyphellaria endochrysea WAIN. 2. Ramalına terebrata TAYL. et HOOk. 3. Placodium lucens NYL. Hieraus ergiebt sich die von Wamro hervorgehobene wichtige Thatsache, daß die Flechtenflora der Belgica-Straße weit mehr Beziehungen und gemeinsame Arten mıt der arktisischen. hat als mit derjenigen Keuerlands und der an: arktischen Inseln, mit denen sie nur 9 übereinstimmende Arten teil. Zu gleichem Resul- tate gelangte auch J. Carpor bei der Untersuchung der Laubmoose. Was die Standorte obiger Flechten anbelangt, so bewohnen fast alle Felsen oder Gestein. Nur die 3 Cladonien wurden auf vermoderten Moospolstern gefunden, und zwar in sterilem Zustand oder nur mit Spermogonien. Bemerkenswert ist das Vorkommen von Usnea sulPhurea TH. Fr. (Neuropogon melaxanthus), welche auch auf Südgeorgien und Kerguelen eine wichtige 176 Subantarktische Inseln. 177 Rolle in der Lichenenvegetation spielt und in der Belgica-Straße an 4 verschiedenen Stellen sich vorfand. Racovırza sammelte eine größere Anzahl seiner Flechten auf der Insel Brabant an einem isolierten Felsen mitten auf einem Gletscher bei 300 m Meereshöhe und mehrere sogar an ähn- licher Lokalität bei 530 m Meereshöhe. Wir dürfen daraus schließen, daß auch in den übrigen Teilen des antarktischen Kontinents, vorausgesetzt, daß nackter Fels zu Tage tritt, eine Lichenen- flora zu erwarten ist. Warmıo beschreibt auch einen neuen Pilz, Didymosphaeria Placodiorum, der als Parasit auf dem Thallus von Pacodium lucens und regale nachgewiesen wurde. Die Landfauna des Palmer-Archipels ist, ähnlich wie in Victorialand, nur durch einige wenige kleine Tiere vertreten. Beobachtet wurden eine kleine Diptere mit rudimentären Flügeln, Springschwänze oder Collembola in großen Mengen und einige Arten kleiner Acariden, welche sich im Moose und in den Flechten aufhalten, darunter auch einige endemische Arten. Ungemein reich entwickelt aber erscheint die marine Vogelfauna, und zahlreiche Robben beleben Eis und Küstenfelsen. E. Racovrrza') schließt aus der früher ausgedehnteren Vergletscherung des Palmer- Archipels, daß die Pflanzen und Landtiere nicht die Ueberreste der Fiora und Fauna einer prä- glacialen Epoche sind, sondern daß sie aus Amerika durch die beiden Ländern gemeinsamen, sich durch große Flügelspannung auszeichnenden Vogelarten herübergebracht wurden; indessen spricht der hohe Prozentsatz endemischer Moose und Flechten gegen seine Ansicht und gestattet, wenigstens in diesen Vertretern die Ueberbleibsel einer alten antarktischen Flora zu suchen. Die Beziehungen zu der arktischen und borealen Flora stehen nicht isoliert, auch unter den Pflanzen Feuerlands und der antarktischen Inseln kehren unzweifelhafte nordische Formen wieder, über deren Wanderung nach Süden einstweilen nur Vermutungen ausgesprochen werden können’). Nicht nur unter den landbewohnenden Kryptogamen zeigen sich manche engere Beziehungen zwischen Arktis und Antarktis, auch unter den antarktischen oceanischen Planktondiatomeen kehrt eine Anzahl in den arktischen (Gewässern wieder. Eine Zusammenstellung der bis jetzt bekannten ge- meinsamen Formen hat H. H. Gran’) gegeben. Derselbe hält es für wahrscheinlich, daß die betreffenden Diatomeenarten in den oberen Schichten durch die tropischen Meere gewandert sind. Einzelne gemeinsame Arten sind auch in den Tropen gefunden worden, und für die anderen wäre es nicht ausgeschlossen, daß vereinzelte Zellen durch die warmen Meere hindurchgelangten. Das Auftreten endemischer kryptogamer (Gewächse in der Antarktis ist von größter Wichtigkeit. Unzweifelhaft muß zu tertiärer Zeit, wie in dem Abschnitt über die feuerländische Flora, S. 118, bereits hervorgehoben wurde, ein milderes Klima, welches Waldvegetation zuließ, wenigstens an den Rändern des antarktischen Kontinents geherrscht haben, wodurch eine engere Verknüpfung der neuseeländischen und feuerländischen Flora bewerkstelligt wurde. Die Vereisung der Antarktis scheint periodischen Schwankungen zu unterliegen. Am Gaußberg, in der Westantarktis und in Victorialand, wie auch an manchen Stellen der sub- antarktischen Inselzone und im südlichsten Südamerika finden sich unzweifelhafte Spuren ehe- I) E. RAcovItza, in: Cook, Die erste Südpolarnacht 1898— 1898, Kempten 1903, S. 369. 2) Vergl. S. ı15 (Feuerland, Geschichte der Flora). 3) H. H. Gran, Die Diatomeen der arktischen Meere, I, in: Fauna arctica, Bd. III. Jena 1904, S. 547- 177 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—1899. Bd. II. ı. Teil. 23 178 H. SCHENCK, Subantarktische Inseln. maliger weiter ausgedehnter Eisbedeckung. In der Mitte des ı9. Jahrhunderts war die Ver- gletscherung eine stärkere als zu Anfang und jetzt; die große Eismauer im südlichsten Victoria- land ist seitdem nach Süden zurückgewichen. Ross fand sie 45—90 m über dem Meer empor- ragen, BORCHGREVINK 1900 kaum 20 m hoch. Ohne Zweifel muß das Vorrücken der Ver- gletscherung hier und da zur Vernichtung aller Vegetation geführt haben. Aber selbst während der Perioden stärkerer Vereisung konnten sich Moose, Flechten und Algen an geschützten Stellen erhalten, wie aus dem Vorhandensein endemischer Arten hervorgeht. Im übrigen aber ist die Hauptmasse der tertiären Waldvegetation der Antarktis zu Grunde gegangen, alle Gefäßpflanzen wurden vernichtet, und die jetzige Kryptogamenflora setzt sich zusammen aus alten Relikten und recenten Ankömmlingen. Il. Ueber Flora und Vegetation on Sb Paul und Neu-Amsterdame Mit Einfügung hinterlassener Berichte A. F. W. Schimpers von ‚Dr. H. Schenck, Professor der Technischen Hochschule in Darmstadt. Mit Tafel XI—XV und ı4 Abbildungen im Text. Eingegangen den 12. Juli 1905. Er LER TE LTTTTHN EACH Vorwort. Zehn Breitengrade nördlich von Kerguelen liegen im südlichen Indischen Ocean, ungefähr in der Mitte zwischen der Südostkante Afrikas und der Südwestecke Australiens die beiden einsamen, in französischem Besitze befindlichen Inseln St. Paul und Neu-Amsterdam. Die deutsche Tiefsee-Expedition berührte diese Inseln auf ihrer Fahrt von Kerguelen nach Sumatra am 3. und 4. Januar 1899, nahm aber auf beiden nur kurzen Aufenthalt. Zwar bieten daher die hinterlassenen Aufzeichnungen ScHimper’s über die Vegetationsverhältnisse wenig Neues; indessen dürften die von F. Winter während der Expedition aufgenommenen, diesem Hefte beigegebenen Vegetationsbilder von besonderem Interesse sein. So habe ich versucht, im folgenden eine Darstellung der Flora und Vegetation auf Grund der vorhandenen Litteratur zu geben unter Einflechtung der von ScHinper ($ 4, 2 S.203 und $ 5, 2 S. 209) verfaßten beiden kurzen Berichte über die Beschaffenheit der Pflanzendecke beider Inseln. Die Inseln St. Paul und Neu-Amsterdam entsprechen in ihrer Lage der unter ungefähr derselben Breite im südlichen Atlantischen Ocean, etwa in der Mitte zwischen der La Plata- Mündung und Kapstadt gelegenen Tristan da Cunha-Gruppe nebst der Gough-Insel, welche merkwürdigerweise mit den ersteren einige wichtige Pflanzenarten gemeinsam haben. Ein kurzer Hinweis auf ihre Flora und Vegetation mag daher am Schlusse dieses Heftes Raum finden. Die Habitusbilder im Text sind von Herrn Dr. R. AnHEIssER, die anatomischen Figuren von mir selbst gezeichnet. Herrn Professor Dr. E. Iune in Darmstadt spreche ich für gefällige Mitarbeit bei den Korrekturen besten Dank aus. Darmstadt, den ı5. August 1905. Dr. H. Schenck. ISI 182 Inhaltsverzeichnis. Einleitung . $ 1. Botanische Erforschung von St. Paul und Neu-Amsterdam $ 2. Klima von St. Paul $ 3. Zusammensetzung der Flora von St. Paul und Neu-Amsterdam $ 4. Vegetation von St. Paul. ı. Lage und Beschaffenheit der Insel 2. Bericht von A. F. W. SCHIMPER über die Vegetation von St. Paul . 3. Nachträge zu dem Berichte SCHIMPER’s über St. Paul . a) Grassteppe . b) Formation von Sphagnum mit Lycopodium cernuum $ 5. Vegetation von Neu-Amsterdam ı. Lage und Beschaffenheit der Insel . 2. Bericht von A. F. W. SCHIMPER über die Vegetation von Neu-Amsterdam . 3. Nachträge zu dem Berichte SCHIMPER’s über Neu-Amsterdam . $ 6. Periodische Erscheinungen in der Vegetation von St. Paul und Neu-Amsterdam . $ 7. Anatomische Struktur der Pflanzen von St. Paul und Neu-Amsterdam $ 8. Tristan da Cunha-Gruppe Klima Flora . Vegetation $ 9 Gough Island H. SCHENCK, 220 224 St. Paul und Neu-Amsterdam. R 183 Verzeichnis der Textabbildungen und Tafeln Seite Fig. ı. Aspidium coriaceum SWARTZ . . . Bd a a nt a „ 2. Spartina arundinacea CARMICH. . . ß : el nen: SE RT 02 27 EP O0EN DV ara caREL CHART en 2,9. 193 Ben SeinbusmodosusaRonEBwrET E a lan er 9 Se TOT ; 5a Phylica nıkida am 22: N ep] re ori „ 6. Plantago Stauntoni een EM SER RE ER EEE ES. un, Dr Karterder-mselst Raulee = N ne FR > 02 ss 8. St. Paul. Blick auf den Eingang zum Re a au: RE a. 0 » 9. Neu-Amsterdam. Ansicht aus NNO. in 4 Seemeilen Ahsand En er 0) PET OSESPEKLIN ES aHUmÄINa Ben ENRMEBlattstruktn 6 „ ıı. Poa Novarae REICHARDT, Blattstruktur . . . OS ET ne 12 0,SCiHhUSENodOSUSEROLNES Serukturides IL Talmesp ns EEHNILeuanitdanlERN.s Blattquerschnikt, Leere 47218 „ 14. Phylica nitida Lam., Holzquerschnitt . . EN EEE ET ag Aee Tafel XI. St. Paul. Blick auf die Ansiedelung der Fischer; im Hintergrunde Ankerplatz der „Valdivia“; an den Abhängen des Kraters Grasvegetation, aus Büscheln hauptsächlich von Scirpus nodosus und Poa Novarae gebildet. Tafel XII. St. Paul. Brutplatz der Pinguine, Eudyptes chrysolophus. DBüsche von Scirpus nodosus. Tafel XIII. Neu-Amsterdam. Im Vordergrunde zwei Eruptivkrater. Steppenartige Grasvege- tation, aus Spartina arundinacea, Poa Novarae und Scirpus nodosus gebildet. Tafel XIV. Neu-Amsterdam. Bäumchen von Phylica nitida in der Grassteppe. Tafel XV. Neu-Amsterdam. Nordseite der Insel mit der „Valdivia“ vor Anker. Grassteppe hauptsächlich aus Poa Novarae, ferner Spartina arundinacea und Seirpus nodosus; links Gruppe von Aspidium coriaceum. I 84 H. SCHENCK, Einleitung. Die Inseln St. Paul, Neu-Amsterdam und Tristan da Cunha sind pflanzengeographisch nicht mehr zu der subantarktischen Inselzone zu rechnen, denn sie zeigen in mehreren Punkten wesentliche Unterschiede. Zunächst ist das Klima dieser Inseln bedeutend milder als auf Kerguelen. Die größere Wärme während des Sommers in Verbindung mit den vorherrschenden Winden bedingt eine mehr ausgeprägte xerophile Struktur der charakteristischen Bestandteile der Vegetation. Die Gräser tragen den Charakter von Steppengräsern, die kleinblättrige, immergrüne Phylıca nidıda, das einzige vorkommende Holzgewächs, ist zu den Hartlaubgehölzen zu rechnen. Dem- entsprechend fehlen gerade diese wichtigsten Gewächse auf Kerguelen und man darf wohl annehmen, daß sie dort auch keine günstigen Existenzbedingungen finden, selbst wenn ihre Samen durch Vögel gelegentlich herbeigebracht werden sollten. Ebenso herrschen unter den Farnen Typen vor, welche der subantarktischen Inselzone fremd sind. Die Beziehungen zu letzterer sind nur geringfügige und zeigen sich hauptsächlich in der Flora des Gipfels von Neu-Amsterdam, welcher ein kühleres Klima aufweist. Nach Klima, Flora und Vegetation nehmen die 3 Inseln eine besondere Stellung ein; untereinander zeigen sie so viel Gemeinsames, daß sie zu einer oceanischen Inselgruppe zusammengefaßt zu werden verdienen. $ 1. Botanische Erforschung von St. Paul und Neu-Amsterdam. St. Paul und Neu-Amsterdam wurden am 17. Juli 1633 von ANTONIO VAN DIEMEN, Kapitän des Schiffes „Niew Amsterdam“, welcher zwischen beiden Inseln durchfuhr, wiedergefunden und benannt, nachdem bereits am ı8. März ı522 die größere Insel Neu-Amsterdam von den Gefährten MageıLan’s auf der Rückreise nach Europa und weiterhin im Jahre 1617 von dem holländischen Schiffe „Zeewolf“ gesichtet worden war. Eine eingehende Erforschung der Insel St. Paul verdanken wir der österreichischen „Novara*- Expedition (1). Die Fregatte „Novara“ ankerte vom 19. November bis zum 6. Dezember 1857') vor dieser Insel. Während die Offiziere die Insel kartographisch aufnahmen, untersuchte sie Dr. F. v. Hochsrerrer in geologischer Beziehung und legte in (Gemeinschaft mit Handelsgärtner JELINER botanische Sammlungen an, welche später von REICHARDT, GRUNOW, v. KREMPELHUBER, METTENIUS, EHRENBERG bearbeitet wurden. Die Insel Neu-Amsterdam konnte leider von der „Novara“-Expedition, welche sich am 7. Dezember 1857 nur wenige Stunden auf der infolge der steil abfallenden Küste nur sehr schwer zugänglichen Insel aufhielt, nicht genauer untersucht werden. Die Landung erfolgte zunächst an der SO.-Seite zwischen zwei Felsen- riffen, allein eine 200 Fuß hohe Felsmauer machte das Vordringen unmöglich, und erst an « N REICHARDT, Flora der Insel St. Paul, S. 5, giebt irrtümlich 1856 an. 184 St. Paul und Neu-Amsterdam. 183 einer zweiten Landungsstelle, an der SO.-Ecke, gelang es, die 120 Fuß hohe Plattform der Insel zu erklettern. Hochsterrer') berichtet über diese Expedition: „Dichtes binsenartiges Gras von Manneshöhe, halb verdorrt, halb grün, hier von Sturm und Regen geknickt, dort gerade auf- stehend, bedeckte die Fläche der Insel und stellte einem weiteren Vordringen ebenso große Hindernisse entgegen, wie wenn es der dichteste Urwald gewesen wäre. Nur mit größter An- strengung konnten wir einen kleinen kahlen Schlackenkegel ersteigen, der 20 Schritte von der Stelle lag, wo wir die Plattform der Insel erreicht hatten. Eine Viertelstunde entfernt, an dem flach ansteigenden Gehänge lagen in der Grasheide grüne Buschinseln, die unser höchstes Interesse erregten; allein der Abend war gekommen, es hätte Stunden gebraucht, um dorthin zu gelangen, und wir mußten an die Rückkehr zur Fregatte denken.“ H. W. Reıcnarpr (2) veröffentlichte im Jahre 1871 eine Abhandlung über die Flora der Insel St. Paul, in welcher er sämtliche bis dahin von beiden Inseln bekannten Pflanzen, Krypto- gamen und Phanerogamen, aufzählte und außer den von der „Novara“-Expedition gesammelten auch die wenigen von Sir GEORGE SraUNToONn 1793 mitgebrachten Pflanzen erwähnte. Diese letzteren stammen von St. Paul, nicht, wie ReıcHarpr angab, von Neu-Amsterdam, denn die beiden Inseln sind von Sir G. Staunron miteinander verwechselt worden, ein Irrtum, welcher von J. D. Hooker (3) in seinem 1874 vor der Linnean Society gehaltenen Vortrage über die Flora beider Inseln berichtigt wurde. J. D. HookeEr berichtet in seiner Abhandlung über die Entdeckung der merkwürdigen PAhylica arborea Tnovars (= P. nitida Lam.) auf Neu-Amsterdam, des einzigen Holzgewächses dieser Insel, dessen Büsche bereits von HocnstErtER aus der Ent- fernung bemerkt worden waren. Schon seit 1792 war bekannt, daß auf Amsterdam Bäume vorkommen, aber erst 1873 gelang es, die Art zu bestimmen; Kapitän GoODENoUGH des eng- lischen Kriegsschiffes „Pearl“ landete auf der Insel und sandte ein Specimen der Phydlica sowie auch einen Zomaria-Wedel an HooREr. Letzterer vervollständigte die Rrıcmarpr’sche Liste durch Hinzufügung einer kleinen Pflanzenkollektion, welche 1853 gelegentlich eines Besuches des englischen Kriegsschiffes „Herald“ auf St. Paul von Mac Gurzivray und Mine gesammelt worden war; auch veröffentlichte er die Bearbeitung Mrrrex’s der wenigen bis dahin von St. Paul bekannt gewordenen Laubmoose. Nächst der „Novara“-Expedition hat die französische, unter Kommando des Kapitäns Mouchzz ausgesandte Expedition zur Beobachtung des Venusdurchganges (9. Dezember 1874) unsere Kenntnisse von der Beschaffenheit beider Inseln erweitert. Die Ankunft des Schiffes „Dives“, welches die Expedition hin- und zurückbrachte, vor St. Paul erfolgte am 23. September 1874, die Abreise von den Inseln am 8. Januar 1875. Es gelang dieser Expedition, an welcher unter anderen Ch. V£ram als Geologe, Gaston DE Llste als Botaniker, E. RocHErorr als Zoo- loge und Schiffsarzt teilnahmen, auch die sehr unzugängliche Insel Neu-Amsterdam, deren Inneres bis dahin fast gänzlich unbekannt war, während eines mehrtägigen Aufenthaltes vom 16. bis 25. De- zember 1874 zu erforschen. Unter den größten Schwierigkeiten wurden die vulkanischen Krater der Insel bestiegen und Beobachtungen über die Vegetation angestellt. In dem Hauptwerk der Expedition (4) finden sich genaue geologische Karten beider Inseln. Vrram (5) hat über die Fauna berichtet und eine kurze Darstellung der Vegetationsverhältnisse gegeben, auch über die 1) „Novara“-Expedition, Geol. Teil, Bd. II, S. 69. Deutsche Tiefsee-Expedition 1898— 1899. Bd. II. ı. Teil. z 24 186 H. SCHENCK, vulkanischen Erscheinungen Mitteilungen publiziert. Die von DE L/IsLE gesammelten Krypto- gamen wurden von BESCHERELLE (6), NYLANDER (7) und FOURNIER (8) bearbeitet, während die Phanerogamen von W. B. Heusrev (9) im Challenger Report in die revidierte Liste aller bisher von beiden Inseln bekannten Pflanzen aufgenommen wurden. Die deutsche Expedition der „Gazelle“ (10) lief St. Paul am ı2. Februar‘) 1875 an, hielt sich aber nur wenige Stunden auf dieser Insel auf, während Neu-Amsterdam nicht besucht wurde. Die von Dr. Naumann auf St. Paul gesammelten Pflanzen wurden von ENGLER, As- KENASY, v. THÜmMEn, K. MÜLLER und M. Kunn bearbeitet. Außer einigen neuen Algen und einem neuen Pilz wurde nur Scirpus atropurpureo-vaginatus BÖCKELER als Neuheit festgestellt. Der Dampfer „Valdivia“ der deutschen Tiefsee-Expedition unter Leitung von C. Cuun (11) ankerte, von Kerguelen kommend, am 3. Januar 1899 morgens 8 Uhr vor St. Paul. Die Expedition verweilte auf ihr nur einige Stunden und dampfte um 2 Uhr nachmittags weiter nach Neu-Amsterdam, wo sie in der Frühe des folgenden Tages an der NO.-Küste landete und einen 4-stündigen Aufenthalt nahm. Aus der kleinen, von A. F. W. ScHhimper mitgebrachten Sammlung ergiebt sich, daß ZMantago Staunton! REICHARDT und Trzsefum insulare HEnsLEy, bisher nur von St. Paul bekannt, auch auf Neu-Amsterdam vorkommen. Eine anatomische Untersuchung des eingesammelten Materials wurde auf Veranlassung Schimrer’s im Botanischen Institut zu Basel von ]. Swantunn (12) ausgeführt. In neuester Zeit sind die Inseln von der „Gauß“ der deutschen Südpolar-Expedition unter E. von DryGauskt (13) auf der Heimreise aus den antarktischen Gewässern angelaufen worden, am 26. April 1903 St. Paul, am 27. April Neu-Amsterdam. Der Zoologe Professor Dr. E. Van- HÖFFEN, welcher auch auf der „Valdivia“ die Inseln schon besucht hatte, brachte eine Anzahl Herbarpflanzen mit, über welche in den Publikationen der Südpolar-Expedition berichtet wird. Neue Gefäßpflanzen sind unter denselben nicht zu verzeichnen und auch kaum noch von den Inseln zu erwarten, am ehesten noch von der Gipfelregion von Neu-Amsterdam, die bisher nur von der französischen Expedition erreicht worden ist. 1) Reise der österreichischen Fregatte „Novara“ um die Erde 1857— 1850. Geologischer Teil, Bd. II, Wien 1866. v. HOCHSTETTER, F., Geologische Beschreibung der Insel St. Paul, S. 39. — Die Insel Amster- dam, S. 67. EHRENBERG, C. G., Die mikroskopischen Lebensformen auf der Insel St. Paul, S. 71. Botanischer Teil, Bd. I, Wien 1867—1870. (Bd. II nicht erschienen.) GRUNOW, A., Algen. v. KREMPELHUBER, A., Lichenes. REICHARDT, H. W., Fungi, Hepaticae, Musci. METTENIUS, G., Cryptogamae vasculares. 2) REICHARDT, H. W., Ueber die Flora der Insel St. Paul im Indischen Ocean. Verhandl. der. k. k. Zool.-bot. Gesellsch. in Wien, Jahrg. 1871, Bd. XXI. 3a) HOoOoKER, ]. D., On the discovery of Phylica arborea THOUARS, a tree of Tristan d’Acunha, in Amsterdam Is- land in the S. Indian Ocean; with an enumeration of the Phanerogams and vascular Cryptogams of that island and of St. Paul. (Read May 7, 1874.) The Journal of the Linnean Society, Botany, Vol. XIV, London 1875, p. 474. 3b) Mırrten, W., Mosses of the island of St. Paul. Ibid. p. 48o. 1) Im Reisebericht der „Gazelle“, Teil I, S. 133 ist irrtümlich der 12. Januar angegeben. 186 St. Paul und Neu- Amsterdam. 187 / 4) Recueil de memoires, rapports et documents relatifs & l’observation du passage de VEnus sur le soleil, T. II, partie II, Paris 1880. Enthält p. 1—460 Mission de l’ile Saint- Paul: E. ROCHEFORT, Meteorologie; CH. VELAIN, Recherches geologiques faites ä Aden, ä la Reunion, aux iles Saint-Paul et Amsterdam, aux Seychelles. 5) VELAINn, CH. Remarques au sujet de la faune des iles Saint-Paul et Amsterdam. Arch. de Zool. exper., Paris 1878. — Observations effectuees ä l’ile Saint-Paul. Compt. rend. de l’Acad. Paris, 1875, T. LXXX, p- 998. — Analyse des degagements gazeux de l’ile Saint-Paul. Ibid., 1875, T. LXXXI, p. 332. 6) BESCHERELLE, E., Notes sur les Mousses des iles Saint-Paul et d’Amsterdam. Compt. rend. de l’Acad. Paris, 1875, DE ERRXT .D. 720: 7) NYLANDER, W., Liste des Lichenes recueillis par M. G. DE L’ISLE aux iles Saint-Paul et d’Amsterdam. Compt. rend. de l’Acad. Paris, 1875, T. LXXXI, p. 725. — Lichenes Insulae Sancti Pauli. Flora, 1886, p. 318. 8) FOURNIER, EuG., Sur les Fougeres et les Lycopodiacees des iles Saint-Paul et Amsterdam. Compt. rend. de l’Acad. Paris, 1875, T. LXXXI, p. 1139. 9) Hemsrey, W. B, Amsterdam and St. Pauls Islands. Report on the scientific results of the voyage of H. M. S. „Challenger“, Botany, Vol. I, Part 3, 1885, p: 259. 10) Die Forschungreise S. M. S. „Gazelle“. I. Teil. Reisebericht, Berlin 1889, S. 133. III. Teil. Zoologie und Geologie, Berlin 1889, S. 176— 178. IV. Teil. Botanik, Berlin 188g. ENGLER, A., Uebersicht über die botanischen Ergebnisse, S. XV. ASKENASY, E., Algen. v. THÜMEN, F., Pilze, S. 4. MÜLLER, K., Laubmoose, S. 39. Kunn, M., Farne und Bärlappe. ENGLER, A., Siphonogamen. 11) CHun, CARr, Aus den Tiefen des Weltmeeres, 2. Aufl., Jena 1903, S. 296. 12) SWANLUND, ]., Die Vegetation Neu-Amsterdams und St. Pauls in ihren Beziehungen zum Klima. Inaug.-Diss. Basel, 1901. 13) v. DryGauskı, E., Zum Kontinent des eisigen Südens, Berlin 1904, S. 3549. &2. Klima von Sterbanl. Vollständige meteorologische Jahresreihen liegen von St. Paul (38° 43‘ S. Br, 77° 31° O.L. Gr, nicht vor, sondern außer vereinzelten Angaben nur die vom 7. Oktober bis 31. Dezember 1874 von der französischen Expedition ') zur Beobachtung des Venusdurchganges angestellten Messungen über deren Resultate J. Han?) zusammenfassend referiert hat. Die mittlere Temperatur betrug 1874 Oktober 11,9° C, November 12,6° C, Dezember 14,5° C, das Mittel von Oktober bis Dezember 13,0° C, die absoluten Extreme 20° am ı9. Dezember und 6,4° C am ı5. Oktober. Hann) giebt den Juli (1871) mit 10,7°C an und glaubt die Mitteltemperatur des ganzen Jahres ziemlich verläßlich auf 12,6° C zu schätzen. V£ram*) sagt dagegen, die Temperatur des 1) Recueil de m&moires, rapports et documents relatifs ä l’observation du passage de Venus sur le soleil, T. II, partie II, Mission de l’ile Saint-Paul — Meteorologie (E. ROCHEFORT), Paris 1880, p. 39. 2) J. Hann, Zeitschrift der Oesterreichischen Gesellschaft für Meteorologie, Bd. XVII, Wien 1882, S. 147: 3) J. Hann, Handbuch der Klimatologie, 2. Aufl., Stuttgart 1897, Bd. III, S. 463. 4) CH. VErLAIN, Remarques etc., p. 142. 187 188 H. SCHENCK, Jahres scheine 7° C im Mittel zu sein, was aber wohl zu niedrig geschätzt ist, sie sinke im Winter nur einige Grad unter 0° und erhebe sich kaum über 17° im Sommer. Die Meerestemperatur betrug Oktober—Dezember 1874 zwischen 13° und 14°. Die „Gazelle“') berührte am ı2. Februar 1875 St. Paul und beobachtete: Lufttemperatur Meerestemperatur Maximum Minimum Mittel 19,2° C 17.02. @ 18,00 C 172026 Die „Valdivia“- Expedition?) beobachtete bei St. Paul und Neu-Amsterdam folgende Temperaturen: Maximum Minimum Mittel Meerestemperatur 1899 3. Januar 16,0" C 11,6° C 13,70 C 14,0 15,10 C 1899 4. Januar 15,6% C TIS2UNE 13,0° C 14,8—15,9° C Die deutsche Südpolar-Expedition besuchte die beiden Inseln auf der Rückreise im April 1903. Nach Gazerr?) betrugen die Temperaturen Maximum Minimum Mittel Meerestemperatur 1903 26. April St. Paul 1230 10,7° C 11,8° C 15,26° C 1903 27. April Neu-Amsterdam 15,12. 12,4° C 14,1° C 15,24° C Wenn auch die Monatsmittel im Laufe des Jahres keine sehr bedeutenden Unterschiede aufweisen werden, so können doch im Winter starke Abkühlungen eintreten. V£rarm spricht von starken Frösten im Mai und Juni, Hochsterter ‘) von Schnee, welcher im Winter 3—4 Fuß hoch liegen soll, allerdings auf den heißen Stellen der Insel sich nicht halten könne. Jedenfalls aber ıst anzunehmen, daß in den oberen Regionen der Insel Neu-Amsterdam, die sich, im Gegensatz zu der nur 272 m hohen Insel St. Paul, bis zu grı m erhebt, im Winter längere Schneebedeckung eintritt. Angaben darüber habe ich aber nicht finden können. 1874 betrugen: Regenmenge Regentage Regendauer Oktober 77,1 mm ı2 Tage 49,6 Stunden November BO/SEE,, OLE, 46,1 n Dezember 100,0 „, DI 5, 7 im ganzen unter 86 Tagen 32 mit Regen und 207,9 mm Regenhöhe. Die größte Regenmenge an einem Tage war 30 mm. Nach allen Beobachtungen herrschen Winde aus SW. bis N. vor. Sie sind nach Hocu- STETIER®) zugleich auch die stärksten Winde, während Ostwinde so selten eintreten, daß gerade die Ostseite der Insel den einzigen sicheren Ankerplatz für Schiffe zu allen Jahreszeiten vorstellt. Oktober bis Dezember 1874 betrug die Dauer der einzelnen 8 Windrichtungen in Stunden: N. NO. O. so. S. SW. W. NW. Kalmen 359 85 2 64 105 363 603 448 20 Bei Nord- und Nordwestwind war die Witterung trüb und regnerisch, die Temperatur mild, der Barometerstand tief; sobald der Wind aber nach SW. geht, wird das Wetter klar, die Luft ı) Forschungsreise S. M. S. „Gazelle“, V. Teil, Meteorologie, S. 59. 2) Nach G. SCHOTT, Oceanographie und maritime Meteorologie. Wissenschaftl. Ergebn. der deutschen Tiefsee-Expedition 1898— 1899, Bd. I, Jena 1902. 3) H. GAZERT, Met. Bericht, in: Deutsche Südpolar-Expedition „Gauß“. Veröffentl. des Inst. für Meereskunde etc., Heft 5, Berlin 1903, S. 124. 4) HOCHSTETTER, Geolog. Beschreibung der Insel St. Paul, S. 63. 5) Ibid. S. 64. 188 St. Paul und Neu-Amsterdam. 189 kalt, und der Luftdruck steigt. Die bei Nordwinden stets sehr beträchtliche relative Feuchtigkeit wird bei Südwestwinden geringer. Die Witterung ist namentlich im Winter äußerst stürmisch. Der Gipfel der Insel Neu- Amsterdam erscheint fast immer in eine Wolkenkappe eingehüllt, wie dies auch für den Dom der Insel Tristan da Cunha angegeben wird. $ 3. Zusammensetzung der Flora von St. Paul und Neu-Amsterdam. cv Die im Nachstehenden gegebenen Zusammenstellungen gründen sich auf die im Challenger Report (p. 261) von W. BorrmG HeEnsLey gegebene Liste mit einigen Aenderungen und Zu- sätzen, das Verzeichnis der Laubmoose auf die Liste von BESCHERELLE (Compt. rend. 1875, p. 720), der Flechten auf die Liste von NyLanpeEr (Flora, 1886, p. 318). Die insular-endemischen Arten sind fettgedruckt. Neu- Phanerogamae und Pteridophyta St. Paul | Verbreitung |Amsterdam| Lycopodiaceae. I. Zycopodium trichiatum BORY — + Tropisches Amerika, Reunion 2. ZL. cernuum LiNN. + | — Weit verbreitet in wärmeren Ländern 3. Z. saururus LAM. _ + Tristan da Cunha, Kerguelen, Falkland, Südamerika, Süd- und Westafrika Filices. 4. Gleichenia polypodioides SM. — + Südafrika 5. Hymenophyllum obtusum Hook. et ARN. — ar | Polynesien, Südafrika 6. H. peltatum DEsv. (= H. Wilson! Hook.) _ + Sehr weit verbreitet, Chili, Feuerland, Falkland, Süd- georgien, Kerguelen, Kapland, Neuseeland, Australien 7. Trichomanes saxifragoides PRESL. = Ar Japan, Ceylon, Java, Borneo, Neu-Guinea, Polynesien 8. Zomaria alpina SPRENG. (— Z. penna-marina + + Tristan da Cunha, Süd-Chile, Feuerland, Falkland, METT.) Kerguelen, Tasmanien, Neuseeland, Antipoden, Mac- quarie 9. Blechnum australe LiNN. + + Tristan da Cunha, Südafrika, Mascarenen 10. Asplenium furcatum THUNEG. = är Weit zerstreut in wärmeren Ländern 11. Nephrodium vwillosum PREST. (= Phegopteris + = Tropisches Amerika bivestita FOURNIER) ı2. N. aquilinum Hensı. 5 + Tristan da Cunha 13. N. Filix mas RıcH.; (Aspidium Filix mas SW.) nn + | Weit verbreitet, aber nicht in extratrop. Südamerika, | Australien oder Neuseeland 14. Aspidium coriaceum SWAR1Z. (Fig. 1, S. 191) — + Tristan da Cunha, weit verbreitet in der südlichen Hemisphäre. Nach N. ALBOFF auch auf Isla de los Conejos in Feuerland 15. 4. mohrioides BORY —_ + Californien, Chili, Feuerland, Falkland, Südgeorgien, Marion-Insel, Auckland-Inseln 16. Polvpodium australe MEIT. = + Tristan da Cunha, Feuerland, Kerguelen, Neuseeland, Australien, Tasmanien, Antipoden, Auckland, Camp- bell, Macquarie - P. serrulatum METT. —_ SF Allgemein verbreitet in Tropen bis in die Subtropen. Nach HEMSLEY ist das Vorkommen auf Neu-Amster- dam nicht ganz sicher 18. Acrostichum succisaefolium Tuovars _ + Tristan da Cunha (Mauritius?) 19. Monogramme graminea SCHKUHV. — + Südafrika und Mascarenen. Nach HEMSLEY ist das Vorkommen auf Neu-Amsterdam nicht ganz sicher. Juncaceae. 20. Juncus communis E. MEY. + + Kosmopolitisch 189 190 H. SCHENCK, an 2) Neu- b Phanerogamen und Pteridophyta St. Paul Verbreitung Amsterdam | Cyperaceae. 21. Scirpus aucklandicus BOECKL. = + Neuseeland, Lord Aucklands- und Campbell-Inseln 22. Sc. nodosus ROTTB. (Fig. 4, S. 193) + + Südliche temperierte und subtropische Zonen, auch auf St. Helena 23. Sc. atropurpureo -vaginatus BoEckL. + + Endemisch (auf St. Paul zuerst von Dr. NAUMANN (Nach HENMSLEY vielleicht nur Var. von ‚Sc. nodoszs) gefunden) 24. Uncinia brevicaulis THOouARS var. roO- = + Tristan da Cunha bustior Henst. 25. U. compacta R. Br. + + Kerguelen, Neuseeland, Tasmanien, Australien Gramineae. 26. Spartina arundinacea Carm. (Fig. 2, + + Tristan da Cunha S. 192) 27. Trisetum insulare Henst. Er + Endemisch (auf Neu-Amsterdam zuerst von SCHIMPER gefunden) 28. Agrostis Delislei Hrusı. == + Endemisch 29. Poa Novarae ReıcHarpr (Fig. 3, S. 193) + + Endemisch Ranunculaceae. 30. Ranunculus biternatus SM. _ + Tristan da Cunha?, Feuerland, Falkland, Südgeorgien, Kerguelen, Macquarie Rhamnaceae. 31. Phylica nitida Lam. (Phylica arborea — + Tristan da Cunha, Reunion, Mauritius THouvaRs) [Fig. 5, S. 194] Rosaceae. 32. Acaena sanguisorbae VAHL _ + Tristan da Cunha, Neuseeland, Tasmanien, Antipoden- : Insel, Lord Auckland, Campbell, Macquarie Umbelliferae. 33. Aprum australe THOUARS + + Tristan da Cunha, Südafrika, Südamerika, Australien, Neuseeland, Snares, Antipoden-Insel, südpacifische Convolvulaceae. Inseln 34. Calystegia sepium R. BR. + _ Weit verbreitet in nördl. und südl. temperierten Zonen Plantaginaceae. 35. Plantago Stauntoni ReıcHaror (Fig. 6, SL & | Endemisch (auf Neu-Amsterdam von SCHIMPER zuerst S. 194) gefunden) 36. Pl. pentasperma HENMSsL. _ | + Endemisch Summa | 16 33 Tr W. SCHIMPER sammelte auf St. Paul am 3. Plantago Stauntoni ReıcH. Juncus communis E. Mey. Scirpus nodosus ROTTB. Holcus lanatus L. Poa Novarae REICHARDT Januar 1899 folgende Arten: Spartina arundinacea CARM. J.ycopodium cernuum L. Lomaria alpina SPRENG. Dlechnum australe Linn. Auf Neu-Amsterdam am 4. Januar 1899: Phylica nitida Lam. Plantago Stauntoni ReEıcH. Sonchus oleraceus L. Sceirpus nodosus RoTTp. Juncus communis E. Mey. Holcus lanatus L. Poa Novarae REıcH. Agrostis alba L. Spartina arundinacea CAaRM. Trisetum insuwlare HeEnstL. Aspidium coriaceum SW. Blechnum australe L. Zum Teil sind diese Pflanzen auch gleichzeitig von F. Winter und Dr. E. VANHÖFFEN, ebenfalls Teilnehmer der „Valdivia“Expedition, gesammelt worden. 190 St. Paul und Neu-Amsterdam. 191 Fig. 1. Aspidium coriaceum SWARTZ. Exemplar mit langen Wedelstielen aus einer Lavahöhle von Neu-Amsterdam. Nach einer Photographie von F. WINTER. °,,, nat. Gr. Rechts Endfieder in nat. Gr. H. SCHENCK, 194 HL G Fig. 5. Phylica nitida Lam. Zweig mit reifen 7 7 / Früchten im Januar 1899 von SCHIMPER gesammelt. £ f Links Blüte, rechts Blätter vergrößert. (SCHIMPER.) 0 4 7 4 Sad — ER yaAı = (} € nn) än 133 A FDA N I äl he nn ZA SCHAH uf A (6 7 rn A) GG SZ, A ) \ Fig. 6. Plantago Stauntoni REICHARDT. 4 Nach einem von SCHIMPER auf Neu-Amsterdam [ gesammelten Exemplar. Nat. Gr. St. Paul und Neu-Amsterdam 195 Eingeschleppte und verwilderte Phanerogamen. ı. Auf St. Paul. (Nach Reıcnarpr, HEmsLev, VELAIN, SCHIMPER.) 1. Poa annua L. 8. Drassica oleraceca L. 2. Holcus lanatus L. 9. Apium graveolens L. 3. Polypogon monspeliensis DESF. 10. Daucus Carota L. 4. Panicum sanguinale L. 11. Petroselinum sativum \L. 5. KRumex acetosa L. 12. Solanum tuberosum L. 6. Stellarıa medıa L. 13. Sonchus oleraceus L. (sehr häufig) 7. Sagina procumbens L. = S. 14. Sonchus arvensis L. Hochstetteri REıcH.) 15. Cynara scolymus L. 2. Auf Neu-Amsterdam. (Nach den Sammlungen von ScHimPErR, F. WINTER.) ı. Agrostis alba L. 3. Sonchus oleraceus L. 2. Holcus lanatus L. In den Florenlisten von Reıcnarpr und von HEustey sind zwei bisher als Endemen be- trachtete Arten zu streichen und unter die eingeschleppten Pflanzen zu versetzen, nämlich Sagina Hochstetteri Reıcnarpr (— Colobanthus diffusus Hoox. f.), welche identisch ist mit Sagina pro- cumbens L.') und Agvostis difieilis HEmstey, welche zu Agrostis alba L. zu rechnen ist. Exem- plare, welche von W. ScHimpEr auf Neu-Amsterdam am 4. Januar 1899 gesammelt worden sind und im Kewherbar von Herrn Dr. O. Starr als übereinstimmend mit den daselbst aufbewahrten Exemplaren der Agvostis diffieilis Hemstey erkannt waren, erwiesen sich bei späterem Vergleich als Agrostis alba L., welche in typischen Formen von F. Winter ebenfalls am 4. Januar 1899 auf Neu-Amsterdam gesammelt wurde. Herr W. BorrmG Heustey bestätigte mir laut Schreiben vom 7. Juni 1904 die Zugehörigkeit seiner A. difieilis zu A. alba L. Trockener Standort auf Felsen mag die Abweichungen im Wuchs bedingen. Neu- Musci sr St. Paul Verbreitung (BESCHERELLE, Compt. rend., T. LXXXI, p. 720) Amsterdam I. Sphagnum lacteolum Besch. + + | Endemisch. Auf St. Paul von SCHIMPER zuerst gesammelt 2. Sph. Reichardtii Haumee + _ Endemisch 3. Funaria calvescens SCHWÄGR. — + Varietät der kosmopolitischen A. kygrometrica 4. Polytrichum formosum (?) HEDW. — + Europa 5. Bryum isleanum Besch. + Endemisch 6. Webera nutans HEDW. Dn Nördliche Halbkugel, Neuseeland, Tasmanien, Süd- + + amerika 7. Campylopus megalotus Brsch. + — Endemisch 8. C. clavatus R. Br. + _ Endemisch 9. C. falcifolius Mir. + 2 Endemisch 10. C. eximius Rcnpr. Sr — Endemisch. Auf St. Paul von Dr. Naumann („Gazelle“-Expedition) als einziges Laubmoos ge- sammelt. Auch von SCHIMPER gesammelt. ı1. C. minor BEScH. _ + Endemisch 12. C. comatulus Bescn. _ + Endemisch 13. C. paulensis BRoTHERUS En — Endemisch. Nov. spec. von SCHIMPER gesammelt 14. Dieranum subconfine Brsch. u + Endemisch ı) Nach brieflicher Mitteilung von Herrn W. B. HENSLEv, Kew. 195 ar ı96 H. SCHENCK, 3 u Kr St. Paul a Verbreitung (BESCHERELLE, Compt. rend., T. LXXXI, p. 720) | Amsterdam 15. Dieranum fulvastrum BescH. — Sr Endemisch ı6. Dieranella pyrrhotricha Bescn. + | - Endemisch 17. Trematodon setaceus HanmepE + _ Endemisch ı8. Philonotis trichophylla BzscH. a1: Endemisch 19. Syrrhopodon isleanus BescH. En —_ Endemisch 20. Trichostomum interruptum BESCH. — + Neuseeland 21. Tr.) perangustum Bescn. = + Endemisch 22. Barbula muralis HEDW. + — Kosmopolitisch 23. Ceratodon calycinus HaueE er — Endemisch 24. Racomitrium pruinosum BESCH. _ + Neuseeland. Varietät des kosmopolitischen R. Zanz- | ginosum 25. Entodon pallidus MITT. - _ Neuseeland, Lord Howe-Insel, Taiti 26. Hypnum compressulum Besch. — ar | Endemisch 27. Rhaphidorrhynchum aurescens = + Endemisch BESCH. 28. Rh. confertulum Be£schH. + —_ Endemisch 29. Rh. contiguum Hoor. f. et WILs. 3 = | Lord Howe-Insel, Ile des Pins | re rn Fe er ET FERNER) VErAEBBFEUEEE | E EEE BBEREEN EREGEERPEE en . || W. SchmreEr brachte von St. Paul folgende, von Herrn Professor V. F. BROTHERUS in Helsingfors bestimmte Laubmoose mit: 1. Sphagnum lacteolum BEScH., | zusammenvegetierend an einer heißen Quelle am oberen 2. Campylopus eximius REıcHDr., | Kraterrand. 3. Januar 1899. 3. Webera nutans Hepw., von demselben Standort. 4. Campylopus paulensis BROTHERUS n. sp. St. Paul. 3. Januar 1899. Von letzterem Moose verdanke ich Herrn Brornerus die folgende Diagnose. 10. No- vember 1903: Campylopus paulensis BROTH. n. sp. Dioicus; gracilis, caespitosus, caespitibus ad 3 cm usque altis, densis, atro-fuscis, vix nitidiu- sculis; caulis erectus, parce radiculosus, e basi jam dense foliosus, simplex vel parce ramosus; folia sicca adpressa, humida erecto-patentia, canaliculato-concava, e basi elongate oblonga, haud auriculata sensim breviter lanceolato-acuminata, pilifera, sine pilo c. 3 mm longa et 0,75—0,80o mm lata, marginibus superne subconniventibus, integerrimis, nervo basi dimidiam partem folii latitudinis occupante, usque ad apicem a lamina distincta, dorso humiliter lamelloso, in pilum plus minusve elongatum, hyalinum, stric- tum, serrulatum producto; cellulis superioribus incrassatis, lumine anguste elliptico, obliquis, basilaribus interioribus teneris rectangularibus, marginalibus angustissime linearibus, pluriseriatis, hyalinis, alaribus paulum majoribus, fuscidulis, omnibus laevissimis; bracteae perichaetii e basi hyalina, vaginante setaceae, piliferae; seta 7 mm alta, cygnea, apice scabra; theca subovalis, asymmetrica haud strumosa, costata, fusca; peristomium simplex; exostomii dentes 0,375 mm longi et 0,06 mm Jlati, fusco-rubri; spori 0,010 mm, fusciduli, laeves; operculum oblique rostratum. Caetera ignota. Ins. St. Paul (A. F. W. SCHIMPER). Species C. polytrichoidi De Not. affınis, sed foliorum forma, nervo dorso humiliter lamellato, cellulis alaribus minus distinctis necnon seta apice scabra dignoscenda. Hepaticae St. Paul Do Verbreitung Amsterdam | 1. Anthoceros laevis LINN. + -- Kosmopolitisch 2. A. Punctatus L. + _ Weit verbreitet 3. Marchantia polymorpha LINN. + _ Kosmopolitisch 4. M. Berteroana LEHM. et LDEG. (— M. tabularıs N. ab E. + — Südafrika 5. Lophocolea Jelinekii Rcupr. =E = Endemisch 6. Alicularia scalaris CORDA + —_ Europa 196 St. Paul und Neu-Amsterdam. - 197 W. SCcHIMPER sammelte auf St. Paul am 3. Januar 1899 3 Lebermoose, welche von Herrn Professor Dr. V. ScHiFFNER bestimmt wurden, nämlich Marchantia Berteroana Leum. et Lose. Anthoceros punctatus L. und eine zweite unbestimmbare Art von Anthoceros mit glattem sterilem Thallus. Lichenes SE Paul Neu- Verbreitung (NYLANDER, Flora, 1886, S. 318) ') Amsterdam 1. Leptogium inflexum Nvt. + _ Endemisch 2. Cl. fimbriata HrFM. = — Europa 3. Stereocaulon proximum NXt. — + Endemisch 4. Ramalina cuspidata NNL. + — Europa 5. Parmelia praeperlata Nvt. + —_ Endemisch 6. P. confluens Nr. + Endemisch 7. P. subrudecta Nvt. 2 e Endemisch 8. Physcia parietina f. aureola (AcH.) + — Europa 9 Ph. speciosa (HFFM.) 35 n Europa 10. Ph. picta (Sw.) u _ Endemisch ı1. Peltigera dolichorhiza N\v1. — se Endemisch 12. P. leptoderma NYL. En — Tropisches Amerika (nach REICHARDT) 13. Lecanora fulgescens Nvt. = — Endemisch 14. Z. milvina (WHLNB.) + _ | Europa 15. L. subsulphurata Nvt. + _ | Endemisch 16. Z. macrophthalma (TAYL.) = B- | Kerguelen 17. Urceolaria deuteria NYL. + — | Kapland 18. Lecidea conioptoides NYt. + — Endemisch 19. L. parasemopsis NY. + — Endemisch 20. 2. stellulata TASL. + — Europa 21. Opegrapha consimillima Nxt. + —_ Endemisch 22. Stigmatidium leucolytum NYt. + _ Endemisch 23. Verrucaria aethioboliza NV. + — Endemisch Summa | 21 | 2 Pilze und Algen. Von Pilzen ist bislang nur eine Art von St. Paul bekannt, die Sphaeriacee Phomatospora scirpina N. THÜmENn?), welche auf trockenen Halmen von Sceirpus arundinaceus CARMICH (soll wohl heißen Spartina arundinacea CarmıcH.) angegeben wird. Die von der „Novara“Expedition gesammelten Algen sind im I. Band des „Novara“- Werkes bearbeitet. Aus Obigem ergiebt sich, daß bis jetzt auf beiden Inseln 36 Gefäßpflanzen, nämlich ı9 Pteridophyten, 10 Monocotylen und 7 Dicotylen gefunden wurden, wovon auf St. Paul 16 Arten, auf Neu-Amsterdam 33 Arten kommen: Endemisch sind folgende Arten: 1. Trisetum insulare Heust. 4. Scirpus atropurpureo-vaginatus BÖCKELER 2. Agrostis Delislei HeEnst. 5. Plantago Staunton! REICHARDT 3. Poa Novarae REICHARDT 6. Plantago pentasperma HeExsL. ı) Die Flechtenliste NYLANDER’s in Flora, 1886, ist vollständiger als seine erste Aufzählung in Compt. rend., T. LXXXI, p- 725, welche von HEMSLEY in Challenger Report, p. 279 reproduziert ist. 2) Forschungsreise der „Gazelle“, Teil IV, Pilze, S. 4. 197 I 98 H. SCHENCK, Zu diesen können wir auch die außer auf beiden Inseln nur noch auf Tristan da Cunha vorkommenden 4 Arten rechnen, nämlich: 7. Uncinia brevicaulıs THOUARS 9. Nephrodium aquilinum HenusL. 8. Spartina arundinacea CARMICH, 10. Acrostichum succisaefolium "THOUARS Ferner auch die insulare, nur auf Amsterdam, Tristan, Reunion und Mauritius beschränkte ı1. Phylica nitida Lam. Wir erhalten somit "j,, der ganzen Flora als insulare eigenartige Formen. Zu den endemischen Arten ist folgendes zu bemerken: Phylica nitida Lam. gehört zu einer artenreichen südafrikanischen Gattung, welche auch in Madagascar Vertreter hat und in einer endemischen Art auch auf St. Helena!) vorkommt, stellt also ein afrikanisches Element in der Flora von Neu-Amsterdam vor. Die Gattung PVantago ist auch auf anderen Inseln in endemischen Arten verbreitet, so z. B. Plantago aucklandica Hook. f. auf den Auckland-Inseln. Poa und Agrostis neigen zur Bildung endemischer Inselarten; auf den Auckland- und Campbell-Inseln tritt oa ramosissima Hooxr. f, auf Kerguelen Poa Cookii Hook. f, auf den Falkland-Inseln Agrostis prostrata Hoor. f. endemisch auf. Spartina umfaßt nach Hacker?) 7 Arten, hauptsächlich Salzgräser, 3 davon an den atlantischen Küsten und zum Teil am Mittelmeer, 2 in den Prairien, ı bei Montevideo und ı auf St. Paul, Amsterdam und Tristan da Cunha. Nach Heusrey°) ist Spartina arundinacea mit einer amerikanischen Art am nächsten verwandt. Die übrigen 25 Arten, namentlich die Pteridophyten, haben meistens eine weite Ver- breitung in den südlichen Ländern und mögen teils aus Südamerika, teils aus Südafrika her- gekommen sein. Neuseeländisch-australischer Herkunft dürften nur die folgenden sein: Acaena sanguisorbae \ AHL Scirpus aucklandicus BÖCKELER Uncinia compacla R. Br. welche in Südamerika oder in Afrika fehlen. Was die Beziehungen von St. Paul und Neu-Amsterdam zu den Inselgruppen des ant- arktischen Gürtels anbelangt, so finden sich folgende Arten: 1. Uncinia compacta R. Br. . Zycopodium saururus Lam. auch im Kerguelenbezirk. . Hymenophyllum peltatum Desv. . Ranunculus biternatus SM. ee | : o “ < < Done one auch im Kerguelen- und im Aucklandbezirk. . Polypodium australe METT. 2 3 4 5. Zomaria alpina SPRENG. | 6 7 8. Acaena sanguisorbae \ AHL | 9. Seirpus aucklandicus BÖCKELER J auhzimEueklandbezist I) Phylica ramosissima DC., Abbild. in J. CH. MELLIıss, St. Helena, 1875, Pl. XXXII. 2) Nat. Pflanz.-Fam., Bd. II, 2, S. 58. 3) HEMSLEv, Challenger Report, Introduction, p. 67. 198 St. Paul und Neu-Amsterdam. 199 und von diesen können KAanunculus, Acaena, Uncinia als antarktisches Element in der Flora beider Inseln gelten. Die Gesamtflora ist also gemischt aus Pflanzen verschiedener Herkunft, von denen eine Anzahl zu endemischen Formen umgebildet wurden. Der ziemlich hohe Prozentsatz insularer Arten sowie die Armut der Flora deuten darauf hin, daß die Besiedelung der ausgesprochen oceanischen Inseln eine sehr erschwerte ist. Die Hälfte der Arten besteht aus Farnpflanzen, welche auf weit entlegenen Inseln in der Regel stark vertreten sind und deren Sporen leicht durch Winde verbreitet werden können. Früchte und Samen der Phanerogamen aber können, soweit sich ermessen läßt, hauptsächlich durch Vögel gelegentlich hierher verschlagen werden; durch solche muß auch der Austausch der mit Tristan da Cunha gemeinsamen Arten vermittelt worden sein. Das merkwürdige isolierte Vorkommen von Spartina arundinacea, von Phylica nitida Lam. und der 3 anderen oben genannten Pflanzen nur auf außerordentlich weit (ca. 3000 Meilen nach HoorErR) auseinander gelegenen Inseln läßt sich nur erklären durch die Annahme der Verbreitung durch Seevögel, welche auf Inseln zu nisten pflegen und die Festländer vermeiden. W. B. Heusrev') hält allerdings die Mitwirkung von Vögeln für die Verbreitung der /’hylica für sehr problematisch und neigt eher zu einer Annahme ehemaliger größerer Landverbindungen. Indessen citiert er die Ansicht von H. B. Gurey, welcher die Möglichkeit eines Transportes von Samen von der Insel Süd-Trinidad nach Neu- Amsterdam, also auf 5—6000 Meilen Entfernung, behauptet. Gurry fand einen kleinen harten Samen im Magen einer Kaptaube, Daption capensis, ca. 550 Meilen östlich von Tristan da Cunha, eines Vogels, der etwas südlich von Süd-Trinidad und bis nach Neu-Amsterdam beobachtet worden ist. Moserey?) beobachtete, daß die Beeren der PAylica auf Inaccessible Island von Mesospiza acunhae, einem Finken, verzehrt werden. Jedenfalls wäre zu wünschen, wenn die Zoologen auf die Lebensgewohnheiten und die Nahrung der in Betracht kommenden Vogelarten fernerhin ihr Augenmerk richten wollten. Von den 36 Arten kehren im ganzen ı3 Arten auch auf Tristan da Cunha wieder. Bemerkenswert ist der vollständige Mangel der Leguminosen auf beiden Inseln und auch auf Tristan da Cunha; überhaupt ist diese Familie auch auf den antarktischen Inseln nicht ver- treten, und nur im feuerländischen Gebiet stellen sich einige Formen ein°). Auch unter den Bryophyten und Lichenen ist der Endemismus sehr stark aus- geprägt. Nach BESCHERELLE*) sind von den auf St. Paul und Amsterdam beobachteten 28 Laub- moosen 20 Arten, also ein sehr hoher Prozentsatz, diesen Inseln eigentümlich, wozu noch als weitere Art der von ScHimpER gefundene Campylopus paulensis BRoTHERUS hinzukommt. Sehr merkwürdig ist, daß gerade diese Gattung in so vielen eigenartigen Formen auftritt. Bemerkens- wert ist ferner Sphagnum in 2 Arten, welche Gattung auf Kerguelen vollständig fehlt. Die Hypnaceen mit nur 4 Arten treten sehr zurück. Die nicht endemischen Laubmoosarten haben teils sehr weite Verbreitung auch in der nördlichen Hemisphäre, teils aber kehren sie auf Neuseeland oder auf pacifischen Inseln wieder. ı) W. B. HEMSLEYv, Challenger Report, Botany, Vol. I, 1885, Appendix, p. 313, und Introduction, p. 45. 2) N. MOSELEY, Journal of Linn. Soc., Vol. XIV, 1875, p. 382, und Challenger Report, Narrative, p. 261. 3) Vergl. oben S. 33. 4) BESCHERELLE, C. r., Vol. LXXXI, p. 720. 199 200 H. SCHENCK, Auch unter den endemischen Formen sind eine Anzahl nahe verwandt mit pacifischen, einige aber mit südamerikanischen Arten. Die Moosflora beider Inseln ist also ebenfalls gemischter Herkunft und deutet in ihren vielen eigentümlichen Formen auf hohes Alter. Unter den 6 Lebermoosen ist nur ı Art endemisch. Die Flechten sind mit Ausnahme von 3 Strauchflechten alle Blattflechten und Krusten- flechten, welche meistens an Felsen, die übrigen auf Erde oder auf Moosen, wachsen. Nach NYLAnDER sind ı4 unter den 23 Arten endemisch. Im Anschluß an die Flora mögen auch einige Bemerkungen über die Fauna Platz finden. Als rein oceanische Inseln beherbergen St. Paul und Neu-Amsterdam keine ursprüngliche Landfauna. Die wiederholt beobachteten Mäuse, Ratten, Katzen, Kaninchen, Schafe und Ziegen auf St. Paul sind ebenso wie die Rinder auf Neu-Amsterdam durch Schiffe zugeführt. Die Avifauna ist nur durch zahlreiche Seevögel vertreten. Von Landarthropoden sind durch die „Novara“- und die deutsche Tiefsee-Expedition nach G. ENDERLEIM’S') Zusammenstellung 20 Arten auf St. Paul und 4 Arten auf Neu-Amsterdam nachgewiesen. Hierzu würden noch einige von VELaın?) beobachtete, aber von ENDERLEIN nicht erwähnte Formen hinzukommen. ENDERLEIN ist der Ansicht, daß sich unter allen Arten kaum eine endemische nachweisen lassen wird, da sie, abgesehen von den sicher aus Europa eingeschleppten, von den zunächst- liegenden Inseln und Kontinenten her nach den Inseln gelangt seien; außer Südafrika komme besonders Australien in Betracht, da australische Walfischfänger schon seit langer Zeit St. Paul als Station benutzen. So ist die Spinne Teiragnatha guwlosa von Australien-Neuseeland her ein- geschleppt. Aus Nordwesteuropa stammt dagegen ein Tausendfuß, CyZindrojwlus frisius VERH. Die Käfer sind nur durch einen unbestimmten Laufkäfer, die Schmetterlinge durch die kleine neue Gracılaria Strassenella EnDERL, die Fliegen dagegen durch 8 Arten vertreten. Die Besiedelung der Inseln mit niederen Landtieren dürfte wohl, wie ENnDERLEIN hervor- hebt, einer relativ jungen Zeit angehören. Immerhin sind einige wenige Arten bis jetzt nur auf ihnen gefunden worden, und es bleibt zu untersuchen, ob sie als besondere Inselformen zu betrachten sind. Unter den Pflanzen haben sich aus den ursprünglichen Ankömmlingen besondere Arten herausgebildet, also dürfte wohl Gleiches auch für die Tiere wahrscheinlich sein. V£rarn berichtet, daß die französische Expedition eine schöne Noctuelle und ein Exemplar von Apis mellifica auf St. Paul gefangen habe. Beide Tiere können nur durch den Sturm herbei- gebracht worden sein. Die Honigbiene ist am Kap, in Australien und Neuseeland naturalisiert. Das gefangene Exemplar dürfte wohl aus ersterem Gebiet verweht worden sein. VE£LAın meint, daß dieser Transport nichts Unwahrscheinliches habe. Nach V£ram sind auch mehrere tropische Arthropoden auf St. Paul eingeschleppt, welche, wie weiter unten erwähnt, an den heißen Stellen der Insel sich erhalten konnten. i Von der deutschen Tiefsee-Expedition wurde, nach W. MicHAELsEn®), ein kleiner Erdwurm 1) G. ENDERLEIN, Die Landarthropoden der von der Tiefsee-Expedition besuchten antarktischen Inseln. Wiss. Ergebnisse der deutschen Tiefsee-Expedition, Bd. III, 1903. 2) CH. VELAIN, Remarques etc., p. 42, 43, 47- 3) W. MICHAELSEN, Die Oligochäten der deutschen Tiefsee-Expedition. Wiss. Ergebnisse der deutschen Tiefsee-Expedition, Bd. III, 1902. 200 St. Paul und Neu-Amsterdam. 201 im Humus des Kraterrandes von St. Paul gefunden, der zu den Oligochäten gehörige ZZelodrilus parvus, welcher, in Nordamerika einheimisch, nach Kapland und nach der Insel verschleppt worden ist. Auf Neu-Amsterdam soll nach V£ram eine kleine /Ze/ix-Art vorkommen. Die marinen, von VELAIM') eingehender studierten Mollusken beider Inseln weisen 53 Arten auf, von denen 46, also 90 Proz. neu waren. Wenn auch nicht alle 46 Arten endemisch seiu sollten, so ist doch die Eigenartigkeit der Molluskenfauna eine sehr ausgeprägte. Ihre Gattungen gehören teils den tropischen, teils den kalten Meeren an, teils sind sie weit verbreitet. Im allgemeinen zeigt sie die meisten Beziehungen noch zu derjenigen der Küste Kaplands; mehrere Arten sind gemeinsam oder nahe verwandt. Auch unter den Küstenfischen haben beide Gebiete zwei gemeinsame Vertreter, was sich durch die Richtung der Strömungen und Winde von Westen nach Osten erklärt. Aus der Zusammensetzung der Flora und der Fauna folgt, daß die beiden Inseln nicht zu der Region der subantarktischen Inselzone zu rechnen sind’). Auch ihr vulkanischer Ursprung spricht gegen die von MoseErEey geäußerte Hypothese einer früheren Landverbindung mit Ker- guelen und Feuerland, für die keinerlei Beweise oder Anzeichen vorliegen. $ 4. Vegetation von St. Paul. ı. Lage und Beschaftenheit der Insel. Die Insel St. Paul liegt 38° 43° S. Br. und 77° 31“ O.L. v. Gr. Der Flächeninhalt be- trägt 7 qkm, die größte Länge der Insel von NW. nach SO. nahezu 3 Seemeilen (5'/, km), die größte Breite etwa 2 Seemeilen (3,7 km). Wie ein Blick auf die Karte (Fig. 7) zeigt, besteht die Insel aus einem einzigen großen vulkanischen Krater, dessen Ostwand zerstört ist. Von Westen gesehen, zeigt sie sich als ein mit 10° Neigung ansteigender flacher, oben abgestumpfter Kegel, dessen Ränder in senkrechten, 30—60 m hohen Felswänden zum Meere abstürzen und an einigen vorspringenden Punkten kleine, aufgesetzte Schlackenkegel tragen. Das große, im Durchmesser 1200 m weite, bis 69 m tiefe, mit Wasser erfüllte kreisförmige Kraterbecken steht durch einen schmalen, bei Ebbe nur kaum ı m tiefen Durchbruch in der niedrigen östlichen Barre mit dem Ocean in Verbindung. Die Barre war noch im Jahre 1696 und auch noch 1754 geschlossen und ist erst später am Ende des 18. Jahrhunderts durch den Anprall der Wogen bei einem heftigen Sturm durchschnitten worden. 1789 wurde der Durchbruch zum ersten Male festgestellt. Die steil in die Lagune abfallenden inneren Kraterwände erheben sich bis zu 272 m. Fig. 8 giebt die Ansicht der Ost- seite der Insel mit dem Eingang zum Kratersee, Taf. XI die Nordostecke des Kraterwalles mit dem nördlichen Teile der Barre. Nach den Untersuchungen HocHstErTEr's und V£ram’s baut sich die ganze Insel aus- schließlich aus vulkanischen Gesteinen auf, und zwar finden sich zu unterst Rhyolith, darüber rhyolithische Tuffe und Breccien, welche von Doleritgängen durchbrochen sind. Ueber diesen I) VELAIN, l. c. p. 142. 2) Vergl. STUDER, Die Forschungsreise der „Gazelle“, Teil III, S. 171. 201 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı899. Bd. I. ı. Teil. 26 H. SCHENCK, 157 (©) [557 (resteinen lagern die die Hauptmasse der Insel bilden- den basaltischen Laven- und Schlackenschichten, welche der letzten Eruptionsperiode ange- hören und aus dem tiefen, trichter- En ee förmigen Krater hervorkamen. An einigen Oertlichkeiten der Insel lassen sich noch heute die R letzten Spuren vulkani- scher T'hätigkeit in Ge- stalt von Thermal- quellen und Krater See Kia) 7. heißen Stellen, aus denen Wasser- dämpfe und Gase entweichen, erkennen. Fig. 7. Karte der Insel St. Paul. Die Zahlen geben die Tiefe in Metern an. (Nach der englischen Seekarte.) Aus C. CHun,! Aus den Tiefen des Weltmeeres, 2. Aufl., 1903, S. 297. Fig. 8. St. Paul. Blick auf den Eingang zum Krater- becken. Aus C. CHun, Aus den Tiefen des Weltmeeres, 2. Aufl., 1903, S. 298. Fig. 8. St. Paul und Neu-Amsterdam. 203 Die porösen Laven und Schlacken treten nur an verhältnismäßig wenigen Punkten als nacktes Gestein zu Tage, sondern sind oberflächlich stark zersetzt zu einer eisenschüssigen gelben oder roten Lehmmasse. Die zersetzte Lava hat einen vortrefflichen Boden geliefert für die hohe Grasvegetation, welche die Insel bedeckt und deren faserige Wurzeln in der zersetzten Lava und vulkanıschen Asche eine oft mehrere Fuß tiefe Humusschicht von weicher, schwammiger Beschaffenheit gebildet haben. Das Gehen auf diesen mit Grasbüscheln bestandenen, schwammigen, vom Regen durchfurchten und von den Bruthöhlen der Seevögel durchlöcherten Boden ist ungemein beschwerlich und ermüdend. 2. Bericht von A. F. W. SCHIMPER über die Vegetation von St. Paul. „Unser Aufenthalt auf der Insel St. Paul war ein so kurzer, daß nur sehr dürftige „Beobachtungen gesammelt werden konnten‘). Die Insel stellt bekanntlich einen kegelförmigen „Vulkan dar, der an einer Seite bis unter das Meeresniveau eingestürzt ist, so daß der kessel- „artige Grund des Kraters eine Lagune darstellt. Grasfluren bedecken die Oberfläche, soweit sie „nicht aus Felswänden besteht oder von Blöcken bedeckt ist. Dieselben erscheinen an den äußeren „Abhängen, soweit sie uns erkennbar wurden, von steppenartigem Charakter, mit büschelartigen, „durch breite nackte Streifen getrennten grasähnlichen Gewächsen. Die gleiche Formation beherrscht „auch die inneren Abhänge und den schmalen horizontalen Rand?) Recht auffallend kontrastiert „zu den im ganzen düsteren Farben dieser Steppe im Krater ein breiter (schräg nach oben) „geneigter Streifen durch frische grüne Farbe und Vegetationsfülle und demgemäß mehr wiesen- „artigen Charakter. Unser Aufstieg zum Kraterrand ging schief aufwärts durch diesen Streifen „und ich erreichte im Krater nur die Grenze der lockeren Steppe, während Dr. BacHmanNn sie „auch auf dem Randteile betrat und in größerer Ausdehnung in der Nähe besehen konnte. „Die häufigen Besuche von Fischern sind nicht ohne Einfluß auf die Vegetation St. Pauls „gewesen; Sonchus oleraceus L. wurde von uns sehr viel in der Nähe des Meeres gesehen und der „ebenfalls eingeschleppte Zolcus /anatus L. zeigt sich der heimischen Vegetation reichlich unter- „mischt bis gegen den oberen Rand; doch schien er auf den erwähnten frischen Streifen ziemlich „beschränkt zu sein. Der steile Aufstieg ging zwischen hohen steifen Büscheln von Seirpus nodosus „Rorrg. und Zoa Novarae REIcHARDT, zwischen welchen hier und da ein Farn sich zeigte. Die „gleichmäßig grüne Farbe, welche diese wiesenartigen Streifen in so auffallender Weise gegenüber „der eigentlichen Steppe kennzeichnet, ist nicht bloß durch den dichteren Wuchs dieser Pflanzen „bedingt, sondern auch durch den wesentlichen Anteil von Moosen an der Vegetation. Die „/wischenräume sind nicht nackt, sondern überzogen von Marchantia, Anthoceros und einigen „sterilen Laubmoosen. Solche Moose zeigen sich, zusammen mit Flechten, auch auf den Felsen. „Auf dem oberen Rande fand Bacnmann eine lockere Vegetation von durchaus steppen- „artigem Charakter; die Zwischenräume waren nackt oder trugen vereinzelte Moose. Hier fand „BACHMANN ein Exemplar von Z/antago Stauntoni. Interessant war die Vegetation an einer heißen „Quelle. Sie bestand aus Polstern eines glänzend roten Sphagnum (S. lacteolum BescH. nach „BROTHERUS’ Bestimmung), des dunkelgrünen Campylopus eximius REICHARDT, sowie von anderen I) Um so mehr, als ich unmittelbar vorher einen erneuten Fieberanfall gehabt hatte. Der mich auf meinen Exkursionen begleitende Dr. BACHMANN erreichte daher allein den oberen Rand der Kraterinsel. 2) Nach Mitteilungen Dr. BACHMAnN’s. 203 26 * 204 H. SCHENCK, „Sumpfmoosen, zwischen welchen Zycopodium cernuum L. sich zeigte. St. Paul ist die südlichste „Station dieses megaphilen Zycopodium, welches hier, auf die nächste Nähe der warmen Quellen „beschränkt, gleichsam wie in einem Treibhause gedeiht'). „Im übrigen war es infolge der Kürze des Besuches und anderer mißlicher Umstände „nicht möglich gewesen, irgend welche Daten für ökologische Betrachtungen zu gewinnen. Auch „unter Heranziehung der Veröffentlichungen früherer Expeditionen läßt sich eine genaue Einsicht „in den Zusammenhang zwischen dem Vegetationscharakter St. Pauls und den äußeren Bedingungen „nicht gewinnen. Alles, was wir von der Meteorologie dieser Insel wie von Neu-Amsterdam „wissen, weist auf ein echtes Grasflurklima hin, und das Vorherrschen starker Winde, deren zer- „störende Wirkungen auf die Vegetation auf Neu-Amsterdam so augenscheinlich sind, macht es „verständlich, daß die Vegetation, trotz des Regenreichtums, einen mehr xerophilen Charakter „besitzt. Diese allerdings nirgends sehr ausgeprägte Xerophilie weicht auf dem oben erwähnten „Streifen am Abhang innerhalb des Kraters einer entschiedenen Hygrophilie. Ob diese Erscheinung „mit der Richtung der häufigsten Regen oder mit Windstille oder auch mit edaphischen Ein- „flüssen, z. B. der Anwesenheit warmer Quellen’) im Boden, in Zusammenhang steht, das sind „Fragen, welche späteren Reisenden überlassen werden müssen. Ebenso bleibt es ganz unsicher, „ob das gänzliche Fehlen von Bäumen daher rührt, daß das Klima noch mehr baumfeindlich „ist als auf Neu-Amsterdam, oder, was wahrscheinlicher erscheint, mit der fehlenden Zufuhr „keimfähiger Samen geeigneter Holzpflanzen zusammenhängt.“ 3. Nachträge zu dem Berichte SCHIMPER’s über St. Paul. (Von H. SCHENCcK.) Aus dem kurzen Bericht ScHimpEr’s wie auch aus den Beobachtungen der „Novara“- Expedition und der französischen Venus-Mission geht hervor, daß wir auf St. Paul 2 Formationen zu unterscheiden haben, von denen die Grassteppe durch die klimatischen Verhältnisse bedingt ist, die streng lokalisiert auftretende Formation von Sphagnum mit Zycopodium cernuum dagegen edaphischen Einflüssen ıhr Dasein verdankt. a) Grassteppe. Die Hauptmasse der Grassteppe setzt sich im wesentlichen aus nur 2 Pflanzen zusammen, Poa Novarae Reıcnarpr und Scirpus nodosus Rorre.”), beide von xerophiler Struktur. Auch die ebenfalls xerophil gebaute Spartina arundinacea Carm. ist ein Bestandteil der Grassteppe und auch von ScHimpEr auf der Insel gesammelt; indessen scheint sie nicht so verbreitet zu sein wie auf Neu-Amsterdam, denn JELmwerx') bezeichnet sie als zerstreut und nicht häufig, während sie MırLne häufig am Ufer rings um das Bassin vorfand. Diese Gräser wachsen in großen, getrennt nebeneinander stehenden Büscheln, welche oft auf kleinen torfigen Hügeln zu wachsen scheinen’). Speciell für ?oa Novarae wird angegeben‘), daß sie mit ihren Wurzelstöcken dichte, polster- ı) Vergl. weiter unten S. 205. 2) Vergl. weiter unten S. 208. 3) Hierzu vielleicht auch Scrrpus atropurpureo-vaginatus BÖCKELER. 4) REICHARDT, Flora der Insel St. Paul, S. 31. 5) VELAIN, Remarques etc., p- 39. 6) REICHARDT, ]. c. S. 32. St. Paul und Neu-Amsterdam. 205 förmige Rasen bildet, welche an die Rasen des Tussockgrases (oa flabellata Hoox. f.) der Falk- land-Inseln oder der ?oa Joliosa Hook. f. der Auckland- und Campbell-Inseln erinnern. Da die Höhe des Kraterrandes nur 250 m im Mittel beträgt, so finden die Gräser überall dieselben Bedingungen. Sie bedecken auch die steilen inneren Abstürze des Kraters. An den äußeren‘ Abhängen, besonders gegen den Kraterrand zu, sind sie nach VELAIN ') zwergiger, beständig unter dem Einfluß der heftigen, fast kontinuierlichen Winde gebogen und auf dem Boden niederliegend. Erst weiter unten auf dem flach geneigten Plateau über den Randklippen nehmen sie wieder gerade Haltung an und werden größer. Als untergeordnete Bestandteile der Steppe sind noch zu nennen: 7rzsefum insulare HEusL. besonders in tieferen Lagen, Juncus communis E. MEv, Uncinia brevicaulis THOVARS und Uncinia compacla R. Br. Von den wenigen übrigen Gefäßpflanzen der Insel verdient /Vantago Staunton! REICHARDT besonderes Interesse. Plantago Stauntoni?) (Fig. 6 S. 194), ein stengelloses ausdauerndes Gewächs mit zahlreichen aufrecht abstehenden, dicht tomentosen, lanzettförmigen, bis etwa ı5 cm langen Blättern und 2—4 aufsteigenden Blütenschäften, ist gruppenweise über die Insel verbreitet. Es zeichnet sich eben- falls durch xerophile Struktur aus. Sagina procumbens (Colobanthus dıffusus Hoor. f.!) soll nach HocnsrEriEr an einzelnen Stellen in der Nähe des Kraterrandes vorkommen. Calystegia sepium R. Br. ist in der Nähe des Bassinuferrandes gefunden und dürfte wohl ebenfalls eingeschleppt sein. Apiwn australe, die letzte der Dicotylen, wächst auf Sand an der Küste. Was die 4 Farnkräuter anbelangt, so sollen Zomaria alpina SPRENGEL, Dlechnum australe L. und Nephrodium Filix mas Rıcn. auf humushaltigen Stellen über die Insel verbreitet sein. Das sonst im tropischen Amerika einheimische Vephrodium villosum Presı. (= PPhegopteris bivestita Fourn.) bewohnt nach V£ram°) windgeschützte Spalten und Lavahöhlungen am Kratergipfel, ver- hält sich also wie die meisten größeren Farne der Insel Neu-Amsterdam. Bemerkenswert für die klimatischen Existenzbedingungen der Vegetation der Insel sind einige Notizen V£ram’s') über das Verhalten der Kulturpflanzen. Getreidekulturen blieben resultatlos. Einige Gemüsepflanzen, wie Daucus, Petroselinum, Aptium, Solanum etc, sind fast über die ganze Insel zerstreut verwildert, bleiben aber dann von kümmerlicher Entwickelung. Bäume (Eiche, Apfelbaum, Maulbeerbaum) konnten sich nicht halten. Die „Novara“-Expedition hatte allerlei Samen von Gemüsen und von einigen Bäumen ausgesät, indessen war davon nichts erhalten geblieben. Eigentümliches Verhalten aber zeigte Drassica oleracea, welche häufig auf der Höhe der Küstenriffe verwildert wuchs und den baumförmigen Habitus des auf der Insel Jersey auftretenden Kohles angenommen hatte. b) Formation von Sphagnum mit Zycopodium cernuum. Diese edaphische Formation verdankt der noch nicht vollständig erloschenen vulkanischen Tätigkeit auf der Insel ihr Dasein. In früheren Jahrhunderten muß letztere noch eine regere 1) VELAIN, Remarques etc., p. 40. 2) Vergl. auch die Abbildungen in Challenger Report, Taf. NLI und XLI. 3) VELAIN, Remarques etc., p. 40. 4) VELAIN, ]l. c. p. 39. 205 206 H. SCHENCK, gewesen sein. Von den Schlackenkegeln, welche sich am unteren Rande der Abhänge des Kraters zerstreut vorfinden, sollen nach V£ram’s Citat') die 4 an dem Westpunkt befindlichen noch 1793, als Lord Macarıney die Insel besuchte, Dämpfe entlassen haben und so heiß gewesen sein, daß man sie nicht betreten konnte. Im Jahre 1874 dagegen erschien nach den Beobach- tungen V£ram’s die vulkanische Tätigkeit nur noch auf das Innere des Kraters beschränkt, während früher, nach den Berichten zahlreicher Seefahrer, an vielen anderen Punkten der Insel Dämpfe dem Boden entstiegen. Die Schlackenkegel waren 1874 zum Teil mit Moosen und Gräsern bedeckt. Thermalquellen kommen nur am Fuße der Abstürze der Kraterinnenwand im Nord- winkel des Dammes, ein wenig unter dem Niveau der Flutgrenze zum Vorschein, liefern ein etwa 100° heißes, stark alkalisches und eisenhaltiges Wasser und scheiden beständig Kohlensäure, Stickstoff und Wasserdämpfe ab. In der Umgebung dieser Quellen ist der Boden streckenweise heiß, unter der Oberfäche 60—72°, in einer Tiefe von ı m schon so heiß, daß es nicht möglich war, tiefer zu graben. Veran”) berichtet, daß diese hohe Temperatur ferner auf einem sehr bemerkenswerten, etwa 200 m breiten Streifen an der Innenwand des Kraters im Westen, vom Ufer ein wenig schief nach oben bis zum Rande emporsteigend, sich kundgiebt. Schon von weitem sei dieser Streifen durch seine besondere Vegetation erkennbar, die sich hauptsächlich aus Sphagnum lacteolum und Zycopodium cermuum zusammensetze und scharf von der übrigen Grasvegetation der Insel auch in ihrer bleichgelben oder graugrünen Färbung absteche. VELAIm sagt über diese Vegetation das folgende: „Ces plantes, qui sont exclusivement cantonnees dans ces espaces chauds, y forment, soit au-dessus des roches @boulees sur la pente dans le bas de la falaise, soit et surtout vers le haut, au milieu des escarpements verticaux, qui rendent le sommet du cratere absolument inaccessible, des tapis &pais, au travers desquels s’öchappent et distillent les vapeurs qui de partout se degagent du sol sous-jacent. Malheur ä& qui s’aventurerait sur ces manteaux de mousse, car ils n’offrent aucune resistance, et sous ces tapis trompeurs, suspendus pour ainsi dire au-dessus des rochers, la temperature s’eleve A so et 60 degr6s. Le sol argileux sous-jacent est lui-m&me sans consistance, et cede sous la moindre pression.“ — „De distance en distance quelques orifices beants laissent echapper des jets de vapeurs chaudes, et tout autour la v&getation est absolument decoloree et fletrie.“ Am unteren Rande dieses heißen Streifens, dicht am Meeresrande, konnte V£rLarm°) landen und feststellen, daß der Boden aus einem weichen, buntfarbigen Thone bestand, welcher mit gelatinöser Kieselsäure, da wo die heißen, kohlensäurehaltigen Dämpfe hervorkamen, imprägniert erschien. Die Temperatur des eingesenkten Thermometers erreichte rasch den Siedepunkt, in 2 m Tiefe schmolzen am 24. November 1873 hinabgesenkte Zinndrähte, was einer Temperatur von 218° entsprechen würde. Während ı874 der heiße breite Streifen nur bis zum Kraterrande reichte, dehnte er sich früher, noch 1857 zur Zeit der „Novara“Expedition über den Rand des Kraters in nordwest- licher Richtung weiter aus. Nach HochstErrer‘) betrug die Ausdehnung der heißen Fläche ı) V£raın, Remarques au sujet de la faune des Iles St. Paul et Amsterdam, p. 33, und Recueil etc., p. 312. 2) VELAIN, l. c. p. 35. Vergl. die Karte der Insel auf Taf. I, auf welcher V£raım den heißen Streifen eingezeichnet hat. Ferner VELAIN in Recueil, p. 304—306. 3) VEramn, ]. c. p. 36, sowie Comptes rendus, T. LXXX, p. 998, und T. LXXXI, p. 333. 4) HOCHSTETTER, Geologische Beschreibung der Insel St. Paul, S. 62. 206 St. Paul und Neu-Amsterdam. 207 auf dem Plateau der Nordabdachung etwa 200 Klafter‘) (= 379 m) Länge und 80 Klafter (= ı52 m) Breite. „Die heißesten Stellen geben sich schon aus der Entfernung durch eine andere Vegetation zu erkennen, indem auf den warmen und durch Wasserdämpfe fortwährend feucht gehaltenen Flächen an die Stelle der Grasvegetation eine üppige Moos- und Zycopodium-Vegetation (Zycopodium cernuum) von saftig grüner Farbe tritt. Die schwefelgelben Flecken in den saftig grünen Moos- flächen geben sich bei näherer Untersuchung als durch allzugroße Hitze versengte kranke Moos- flächen zu erkennen. Diese Moosflächen sind stets mit Wassertropfen behangen wie von starkem Tau, da der heißen Fläche eine Menge Wasserdampf entströmt“ Wo die Entwickelung von Wasserdampf heftiger ist, da bemerkt man runde, röhrenförmige Löcher, oder auch lange, schmale Spalten, in denen der Boden zu einer roten oder gelben schlammigen Masse zersetzt ist. Das Thermometer zeigte schon in Tiefe von ı Fuß Siedhitze, und die ausströmenden Dämpfe färbten blaues Lackmuspapier rot. „Schnee bleibt auf dieser Fläche natürlich nie liegen.“ VELAIN®) traf an dieser früher heißen Stelle des Plateaus zwar auch noch Sphagnum und Zycopodium an, aber er konnte dieselbe ohne Gefahr betreten. Der Boden unter den Moosen war vollständig feucht; nur an einigen wenigen Punkten stieg das eingesenkte Thermometer um einige Grad, und dort ließen sich auch noch langsam und intermittierend austretende Wasserdämpfe beobachten. Die Insel ist also in fortschreitender Abkühlung begriffen, so daß wahrscheinlich in Zukunft diese eigentümliche Vegetation verschwinden wird. Schon vor der „Novara“-Expedition hatten 1853 GirLıvravy und MiıLneE das Lycopodium cermuum an demselben Standort auf dem Kraterrand entdeckt in der Nähe heißer Quellen, deren Wasser eine Temperatur von ı14° F. (46° C.) aufwies, während die Temperatur der Luft nur 65° F. (18°) betrug. J. D. HooKER*®) bemerkt hierzu in seinem Aufsatz über die Flora von St. Paul folgendes: „Ihis is a curious instance of the existence in the neighbourhood of hot springs of a tropical species beyond its proper latitudinal range. In the Azores Zycopodium cernuum is also found in the proximity of hot springs. Other instances of the same kind are afforded by the occurrence of Gleichenia dichotoma Wir. Nephrodium molle Desv., N. unitum Br. and Nephrolepis Zuberosa PresL. in the Northern Island of New Zealand“). *) „KıRK has lately informed me, that the Gleschenia grows at Rotomahana to the height of 6 feet or more, amongst Zepto- spermum etc., on steaming soil that scarcely bears your weight, and which, on the slightest rupture of the surface, emits dense jets of heated steam.“ Die heißen Stellen auf der Insel St. Paul stellen eine Wärmeoase vor, in welcher das tropische Zycopodium cernuum von den gelegentlichen Frösten des Winters unberührt bleibt. Die von SCHIMPER mitgebrachten Herbarexemplare sind meist steril. In tropischen Gebieten wächst Lycopodium cernuum zu stattlicher Größe heran. In Brasilien fand ich es häufig zusammen mit Gleichenien an lehmigen Böschungen. Die allseitig verzweigten, wie kleine Bäumchen aussehenden Sprosse erreichen dort 1—2 Fuß Höhe, während auf St. Paul das größte von SchimpEr gesammelte Exemplar, welches auch einige Sporangien trug, nur 20 cm Höhe hat und die in dem Moos- >)?’ ti) ı österreichischer Klafter — 1,896 m. 2) VELAI, |. c. p. 36. 3) J. D. HOOKER, Journal of the Linn. Soc., Vol. XIV, p. 479. 207 208 H. SCHENCK, rasen befindlichen zwergigen Exemplare in ihrer Wuchsform mehr an die vegetativen kriechenden Sprosse von Zycopodium clavalıım erinnern. Sehr bemerkenswert ist es, daß auch einige tropische, aus Mauritius oder Reunion durch die Schiffe der Fischer eingeschleppte Arthropoden sich hier erhalten konnten. Veram') fand in der Nähe der Thermalquellen und heißen Stellen 3 große Myriopoden (Jauus corallinus, Scolo- pendra Borbonia, Geophilus insularis), eine Schabe (Data americana), eine Kreuzspinne (Zperra inaurala) und endlich eine Assel (Onzscus asella). SCHIMPER erwähnt in seinem Bericht das Auftreten von Zolcus /anatus in einem frisch grünen Streifen an der Innenseite des Kraters und läßt die Frage offen, ob diese hygrophile Vegetation in Zusammenhang mit warmen Quellen stehe. Hierzu finde ich in der Literatur nur eine einzige Bemerkung von VELAIN?): „Sur les cöt@es de ces espaces chauds, la temperature du sol va graduellement en s’affai- blissant, et ce fait est encore accuse non plus par des differences essentielles dans la flore, mais par une vegetation plus vigoureuse que dans aucune autre partie de !ile. Une Houlque europeenne, Holcus lanatus, forme la comme un feutrage €pais d’un beau vert, surtout quand elle a atteint toute sa croissance. (es zones assez &tendues de chaque cÖöte de la bande principale, et notamment vers le sud, sont pr&cieuses pour tous les mammiferes*®) qui vivent sur Pile; ıls viennent s’y refugier pendant la saison froide, alors que la neige couvre les sommets, et peuvent y trouver un climat plus doux avec une nourriture assuree.“ Uebrigens hat sich /Zo/cus /anatus auch auf der Insel Amsterdam in den unteren Regionen angesiedelt, woselbst keine warmen Quellen vorhanden sind. 5. Vegetation von Neu-Amsterdam. e ı. Lage und Beschaffenheit der Insel. Neu-Amsterdam‘) liegt 37° 50‘ S. Br. und 77° 30° O. L. Gr., also etwas mehr als ı Breitegrad nördlich von St. Paul. Die Insel hat ungefähr rechteckigen Umriß mit NW.—SO. orientierten Längsseiten; ihre Länge beträgt 8,6 km, ihre Breite 5,5; km, ihr Flächeninhalt etwa 40 qkm, also etwa das 5-fache von demjenigen der Nachbarinsel. Die Insel (Fig. 9) stellt einen großen Vulkanberg vor, dessen untere sanft ansteigende Hänge am Rande mit etwa 30—80 m hohen senkrechten unzugänglichen Felswänden zum Meere abstürzen. Im Westen erheben sich diese Abstürze als steile Wände von 5s00—600 m. Nur im äußersten NO. neigt sich das Plateau der Insel an einer Stelle flach zum Strande und gestattet Landung bei ruhigem Wetter. Auf den unteren Abhängen des Berges erscheinen zerstreut ganz ähnliche, rotbraune oder I) VELAIN, 1. c. p. 42. 2) VELAIN, l. c. p. 43. 3) Verwilderte Ziegen. 4) Vergl. die oben citierten Abhandlungen von HOCHSTETTER, „Novara“-Expedition, Bd. II, S. 67; VELAIN besonders in Recueil de m&moires etc., T. II, 2, p. 406; CHun, Aus den Tiefen des Weltmeeres, 2. Aufl., S. 304. Die einzige existierende geologische Karte der Insel ist von CH. VELAIN entworfen und findet sich in dem oben citierten Werk der französischen Venus-Expedition. 208 St. Paul und Neu-Amsterdam. 209 schwärzliche Schlackenkegel aufgesetzt, wie sie auch für St. Paul erwähnt wurden. Unsere Taf. XIII bringt im Vordergrunde 2 solche im Norden der Insel gelegene Schlackenkrater zur Darstellung. Nach den Untersuchungen von HocnsrErtEr und VELam baut sich die ganze Insel aus Bänken und Strömen basaltischer Laven auf, die mit roten und braunen Schlacken abwechseln. Alle diese vulkanischen Produkte entsprechen den jüngeren basaltischen Laven der Insel St. Paul, Fig. 9. Neu-Amsterdam. Ansicht aus NNO. in 4 Seemeilen Abstand. Aus C. CHun, Aus den Tiefen des Weltmeeres, 2. Aufl., 1903, S. 305. während die rhyolithischen älteren Gesteine, die die Basis der letzten Insel bilden, fehlen. Hieraus scheint hervorzugehen, daß Neu-Amsterdam jüngeren Ursprunges ist; die vulkanische Thätigkeit auf Neu-Amsterdam ist aber ganz erloschen. Ueber die Beschaffenheit des obersten Teiles der Insel liegen bis jetzt nur die Angaben von Veran vor. Die Insel ist oben abgestutzt durch ein großes, ovales, 2 km breites und 3 km langes Plateau, welches von 3 großen, flachen Basaltlavaströmen, die in 3 Abstufungen ver- schiedener Höhe (720—738 m) aufeinander folgen, gebildet wird. Eine Strecke vor diesem Plateau liegt nordöstlich ein Kraterberg von 690 m, welcher gewöhnlich für den höchsten Punkt, der Insel gehalten wird‘), Das Plateau wird im Süden und Osten überragt von den stehen- gebliebenen Resten des ehemaligen sehr großen Hauptkraters der Insel, wovon der höchste Punkt „La Dives“ (gıı m), am Südrand des Plateaus liegt, während am Ostrand „Le Fernand“ zu 829 m sich erhebt. Die höchste Spitze „La Dives“, meist in Wolken, ist vom Meere aus nur sehr selten zu sehen. Auf dem Plateau selbst findet sich ein aufgesetzter, 30 m hoher, außerordent- lich regelmäßiger Schlackenkegel und etwas nördlich von diesem ein riesiger, 300 m weiter und etwa 100 m tiefer, kesselartig direkt in den Boden eingesenkter Explosionskrater, welcher vielleicht von einer der letzten Phasen der vulkanischen Thätigkeit herrührt. Das Plateau ist sumpfig und trägt einige kleine Süßwasserseen. 2. Bericht von A. F. W. SCHIMPER über die V egetation von Neu-Amsterdam. „Wir landeten an der Nordseite der Insel in der Frühe des 4. Januar 1899. Unmittelbar „hinter dem felsigen Strande erhebt sich der Boden zunächst als sanfter, später als steiler Ab- ı) Vergl. Taf. XIII, der Krater im Hintergrund. Bei der Ansicht aus N. wird der Hauptgipfel nicht sichtbar sein. 209 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—1899. Bd. II. r. Teil. 27 D SG 9 CK 210 H. SCHENCK, „hang, welchem rippenartige Lavaströme, einzelne kleinere Kraterkegel und kleinere Unebenheiten „eine reiche Gliederung verleihen. Der Charakter der Vegetation ist im ganzen steppenartig; „wohl zeigen sich hier und da teils einzeln, teils hainartig gruppiert kleine Bäume, doch sind sie „nicht nur zu spärlich, um der Grasflur den Charakter einer Savanne zu verleihen, sondern ihr „Auftreten ist, wie beim ersten Blick erkennbar, beinahe stets an Windschutz gebunden. „Die Grundformation, diejenige, welche, von keinen Accidentien des Bodens beeinflußt, das „Klima widerspiegelt, ist die baumlose Steppe. In der That ist das Klima der Insel, soweit „wir dasselbe kennen, als echtes Grasflurklima zu bezeichnen, denn es besitzt in seiner mäßigen „Temperatur und seinen häufigen mäßigen Niederschlägen dem Graswuchs günstige Eigenschaften „und in seinen heftigen Winden ein baumfeindliches Element. „Eine Strandflora ist nicht vorhanden. Die Steppe beginnt unmittelbar hinter den nackten „Felsen am Meere und dehnt sich, so weit erkennbar, bis zum Gipfel') des Berges aus. Sie „bietet jedoch keineswegs ein gleichmäßiges Bild; vielmehr schafft der reich gegliederte Boden „durch seine Unebenheiten und seine ungleichartige physikalische Beschaffenheit mannigfache „Standorte, und dieser Mannigfaltigkeit der Standorte entspricht eine solche der Flora, denn ob- „wohl die Zahl der Arten nur wenig größer ist als auf Kerguelen, nehmen, dank einem dem Pflanzen- „leben günstigeren Klima, zahlreichere Arten am Kampfe um den Raum teil und gruppieren „sich zu kleinen, scharf begrenzten, in der Steppe zerstreuten Gesellschaften. „Wo der reine Steppencharakter herrscht, besteht der Boden aus einem Gemenge größerer „und kleinerer Lavastücke mit humushaltigen, erdigen Bestandteilen. Hohe, struppige, locker ab- „stehende Büschel von /oa Novarae Reıcnarpr und Spartina arundinacea Carm. bilden in der „Nähe des Meeres beinahe ihre einzige Vegetation. Etwas höher verschwindet die Spartina „beinahe gänzlich, während Seir/us nodosus Rorır. als neuer Bestandteil hinzutritt und mit zu- „nehmender Höhe immer mehr überwiegt, derart, daß an einzelnen Stellen keine andere Pflanze „sichtbar ist. In riesigen, manchmal bis nahe an die Schultern heranreichenden Büscheln spreizen „nach allen Richtungen seine steifen und spitzen Halme; andere biegen sich zum Boden hinab „und überbrücken die breiten Zwischenräume mit einem dichten Geflecht, welches häufig eine der „zahlreichen kesselartigen Höhlungen verdeckt. Nur langsam und mit großer Mühe konnte ich „mir durch die sich kreuzenden Halme einen Weg bahnen; auch nicht immer, denn manchmal „bildeten sie, trotz der Breite der Zwischenräume, eine Wand, welche ich nicht zu durchbrechen „vermochte. Ich wäre noch weniger weit gekommen, hätte das auf der Insel verwilderte Rindvieh „sich nicht Bahnen durchbrochen, welche allerdings häufig zu Wasserlachen führten. Eine be- „sondere Flora zeigte sich an solchen nassen Stellen nicht; hier erreichte aber der Seirpus „seine größte Ueppigkeit und Höhe. Frühere Besucher der Insel haben bereits Achnliches erlebt; „es vermochte die „Novara“Expedition durch die Sezrws-Dickichte nicht hindurchzukommen. Diese „Erfahrungen zeigen, daß das Klima der Vegetation dieser vorwiegenden Pflanze der Insel außer- „ordentlich günstig ist. Aehnliches wird auch durch das üppige Gedeihen der beiden nächst „wichtigsten Steppenpflanzen Poa Novarae und Spartina bestätigt. „Derartige Dickichte sind allerdings keineswegs allgemein; die Vegetation ist auf den rifft- „artigen Lavaströmen bedeutend niedriger und lockerer und stellt dem Vorwärtskommen kein „wesentliches Hindernis entgegen. 1) S. weiter unten S. 213. St. Paul und Neu-Amsterdam. 211 „Ich sah nur wenige Arten zwischen den Gras- und Scirpus-Büscheln wachsen; ın der „Nähe des Landungsplatzes ist Sonchus oleraceus L. verwildert und häufig. Sonst schmückt hin „und wieder eine kleine Rosette von Zomaria alpina SPRENG. oder ein einzelnes Moos an be- „sonders steinigen Stellen, wohl auch ein ganz verkümmertes Exemplar von Aspidium coriaceum „Sw. die nackten Zwischenräume. „Ueberall ragen aus dem Boden größere und kleinere Lavablöcke. Ihre Spalten und „dünnen erdigen Ueberzüge sind meist nicht von den gewöhnlichen Steppengräsern bewachsen, „sie sind vielmehr in der Regel der einzige Standort eines viel kleineren Grases, Trisefum inswlare „Hemsr., das üppig gedeiht und teils vertrocknete vorjährige, teils ganz junge unentwickelte „Blütenstände trug. „Eigenartigere Standorte sind die in der Steppe zerstreuten kesselartigen Vertiefungen ; „sie gehören ausschließlich den Farnen, welche sich, mit Ausnahme der Zomaria, nur ganz ver- „einzelt und kümmerlich wachsend, an anderen Standorten zeigten. Hier wird Asprdium coria- „ceum Sw. nahezu mannshoch; ich habe ein Exemplar von ı m 43 cm Höhe gemessen; auch „Dlechnum australe |. und Lomaria alpina SRENG. werden hier sehr üppig, allerdings ohne auch „nur annähernd die Dimensionen von Aspidium coriaceum zu erreichen. Die Höhe des Wuchses „dieses stattlichsten Farnes der Insel ist direkt proportional der Tiefe des Kessels; außerhalb „desselben hervorragende, dem Winde ausgesetzte Teile waren ausnahmslos verkümmert und „teilweise vertrocknet. „Die größeren und tieferen Einsenkungen hat sich der einzige Baum der Insel, „Phylica nitida Lam, erobert. Hier bildet er manchmal dichte Büsche, von denen nur „die oberen Teile der kleinblätterigen, von halbreifen und reifen Früchten dicht bedeckten „Kronen über das Niveau des umgebenden Bodens hinausragen, und in deren Schatten keine „andere Pflanze gedeiht. Noch größere Haine zeigen sich an geschützten Abhängen. Oft sieht „man auch einen einzelnen Baum oder ein paar Bäume im Windschatten eines größeren Fels- „blockes. Nur wenige Bäume sind den Wirkungen des Windes ohne Schutz preisgegeben und „zeigen seine verheerenden Wirkungen in ihren reduzierten Dimensionen, in. der Krümmung „ihrer Stämme und Aeste nach Osten hin, in dem Vertrocknen sämtlicher Zweige an der West- „seite der Krone'). „In der Savanne entspricht das Klima gleichzeitig den Existenzbedingungen xerophiler „Bäume und xerophiler Gräser. Hier auf Amsterdam zeugt der Baumwuchs von einem ent- „schieden baumfeindlichen Element im Klima: dasselbe ist der heftige Westwind. Die Kronen „aller derartig frei wachsenden Bäume sind niedriger als diejenigen geschützter Stellen, die 3 bis „4 m Höhe erreichen. Befinden sich die Bäume durch einen Abhang oder eine Felswand gegen „den Westwind geschützt, so zeigen sie wieder normale, gut ausgebildete Kronen und können kleine „Gebüsche bilden. Ob jemals solche Büsche sich zu wahren Wäldern ausdehnten, muß dahingestellt „bleiben. Daß solche Bäume in der freien Steppe, wo ihre Existenzbedingungen so offenkundig „schlecht sind, überhaupt existieren, ist wohl durch die eine gleichmäßige, alleinige Herrschaft „der Steppenpflanzen ausschließende heterogene Beschaffenheit des Bodens bedingt. Es unterliegt ı) Abbildung eines solchen Baumes nach photographischer Aufnahme von H. GAZERT in E. v. DryGarskı, Zum Kontinent des eisigen Südens, Berlin 1904, S. 553- 211 PA. H. SCHENCK, „keinem Zweifel, daß die Verkümmerung der Farnwedel — mit Ausnahme der entschieden xerophil „gebauten Zomaria — außerhalb der Löcher des Bodens durch den Wind bedingt ist. „Wie die Pflanzen Kerguelens sind auch diejenigen Amsterdams Windblütler. Sie gehören „ausschließlich solchen Sippen an, die auch windblütig sind, mit Ausnahme der rydica. „Die Früchte von P’ylica sind nicht der Verbreitung durch den Wind angepaßt, wenn „auch eine solche auf ganz kurze Entfernungen, außerhalb des kleinen Raumes der Insel statt- „gefunden haben mag. Vielmehr weist die ganze Beschaffenheit der Früchte auf Verbreitung „durch die Vögel. Kaum anders läßt sich das Verschlagen dieses auf den Gebirgen der Mas- „carenen wachsenden und wohl dort ursprünglich heimischen Bäumchens erklären, als durch Mit- „wirkung eines nach der Insel verschlagenen einzelnen Vogels. Auch der Umstand, daß es nicht „auf St. Paul vorkommt, spricht für diese Annahme.“ 3. Nachträge zu dem Berichte ScHIMPER’s über Neu-Amsterdam. Die „Valdivia“Expedition hat nur der unteren Region von Neu-Amsterdam einen kurzen Besuch abgestattet; daher giebt der Exkursionsbericht Schimper’s kein vollständiges Bild von der Vegetation der gesamten Insel. Bis jetzt ist die französische Expedition zur Beobachtung des Venus-Durchganges 1874 die einzige gewesen, welche bis zu den höchsten Gipfeln ihre Forschungen ausdehnte. Sie stellte fest, daß die Vegetation in den oberen Regionen wesentlich ‘andere Beschaffenheit aufweist. Aus den kurzen, leider unzureichenden Darstellungen der Vegetation, welche Cr. VELAIN, der Geologe der französischen Expedition, in seine Publikationen‘) eingeflochten hat, und den Notizen des Botanikers De r’Iste?) zu den gesammelten Pflanzenarten entnehme ich die folgenden Angaben, welche den Schimper’schen Bericht in einigen Punkten wesentlich ergänzen. V£ram giebt an, daß auf der Höhe der Klippen, in die das sanft ansteigende Plateau der Insel zum Meere abstürzt, ein breiter, fast undurchdringlicher Gürtel von Scirpus nodosus beginnt. Die Halme, oft von Manneshöhe, wuchsen so dicht nebeneinander, daß die Expedition fast einen Tag gebrauchen mußte, um diesen Gürtel zu durchqueren und eine zweite Vegetations- zone zu erreichen, welche aus großen Farnen und Gräsern sich zusammensetzte. In dieser Zone tritt die Phylica nitida, meist zu kleinen Gehölzen gruppiert, auf®). In früheren Zeiten muß sie viel häufiger gewesen sein; Fischer und Seefahrer aber haben ihre Bestände zum Teil durch Feuer zerstört. Ueberall konnte Veran die Spuren dieser Brände finden. Verkohlte Stämme der Phylica lagern oft übereinander gehäuft. Wie Schmper bereits hervorhebt, bezeichnen die Höhlungen in den Lavaströmen, die tiefen Löcher zwischen den Lavablöcken besondere Standorte und ‘gewähren einer von der Steppenvegetation abweichenden Pflanzengesellschaft die Möglichkeit der Ansiedlung. Nach V£ram werden im ganzen östlichen Teil der Insel die Abhänge von großen Lava- strömen gebildet, welche oft der Länge nach von stellenweise eingestürzten Galerien durchzogen werden, so daß auf diese Weise Reihen von tiefen Höhlen, deren Gewölbe bis 30 m Höhe ı) VELAIN in Comptes rendus, T. LXXX, 1875, p. 1000; Remarques au sujet de la Faune des Iles Saint-Paul et Amsterdam, p- 93; Recueil de me&moires etc., p. 406. 2) Im Challenger Report. HEMSLEY, ]. c. p. 266. 3) V£raıy hat auf seiner geologischen Karte der Insel in der Publikation der Expedition Recueil etc, T. II, 2, 1880 die Verbreitung der Phylica eingezeichnet. 212 St. Paul und Neu-Amsterdam. 213 J erreichen kann, zum Vorschein kommen '). Diese infolge Einsickerung des Regenwassers beständig feucht gehaltenen, vor den Winden geschützten Grotten sind ausgekleidet mit Moosen und Farnen, oft erfüllt mit üppig entwickelten Exemplaren von Aspıdium, Nephrodium, Dlechnum, Lomaria, Gleichenia etc. Solche hygrophile Gewächse würden außerhalb ihrer geschützten Standorte infolge der heftigen Winde nicht existenzfähig sein oder sich nur kümmerlich entwickeln können. Nach De ıIste wächst ZZymenophyllum obtusum HooX. et Arn. in solchen Höhlen und Klüften bei soo—-600 Fuß Höhe, und auch die beiden anderen Hymenophyllaceen dürften sich nur an solchen Stellen vorfinden. Unter den Farnen kommt aber die auf den antarktischen Inseln weit ver- breitete Zomaria alpina SPRENGL. auch außerhalb der Höhlungen auf der ganzen Insel von der Basis bis zum Gipfel vor. Die Grassteppe mit ihren eingestreuten /%y/ica-Hainen muß, wenn auch ihre Zusammen- setzung aus den 3 Grasgewächsen von unten nach oben, wie SCHIMPER angiebt, sich ändert, als eine einzige klimatisch bedingte Formation betrachtet werden; die von V£rLam angedeutete Unterscheidung zweier Zonen erscheint nicht durchführbar. Ueber der Grassteppe folgt nun nach V£ErLaın eine wesentlich anders beschaffene Vegetation, welche naturgemäß auf der Insel St. Paul mit ihren nur bis 272 m sich erhebenden Krater- wänden fehlt. Die Steppengräser und Sezr/zs verschwinden; Moose, Sphragnum-Polster, mit Lyco- podien und verschiedenen Farnen untermischt, überziehen in weiter Ausdehnung den Boden. „La vegetation prends alors un caractere tout & fait tourbeux, quelle conserve jusqu’au sommet.“ Die Grenze beider Regionen wird nicht angegeben, sie mag etwa bei 600 Fuß liegen. Die Sphagnum-Polster gehen bis hoch hinauf. Interessant ist die Angabe VEram’s, daß der auf dem 720 m hohen sumpfigen Plateau der Insel aufgesetzte regelmäßige, 30 m hohe Schlackenkegel von der Basis bis zur Spitze vollständig mit Söhagnum bedeckt sei, ein Zeichen für die beständige Benetzung des Bodens. Die oberen Partien der Insel sind ohne Zweifel reicher an Nieder- schlägen und durch die häufige Einhüllung in Nebel und Wolken bedeutend feuchter als die untere Region mit ihrer Steppenbedeckung. In dieser feuchten und entsprechend der Höhe zu- gleich kühlen oberen Region sind die Existenzbedingungen für die Ansiedlung von Gewächsen der antarktischen Inseln gegeben. Am Gipfel des Berges sollen nach V£Lam Callitriche und Ranunculus vorkommen. Call- friche verna L. ist zwar nicht in der Florenliste Hemsrey’s aufgezählt, ihr Vorkommen aber würde nichts Ungewöhnliches bedeuten, da sie ja auch auf den antarktischen Inseln weite Ver- breitung hat. Aanumnculus biternatus Ss. welcher auf Feuerland, Falkland, Südgeorgien, Ker- guelen und der Macquarie-Insel wiederkehrt, wird auch von De r’IstE unter SpAsagnum bei einer Höhe von etwa 2000 Fuß angegeben. Acaena sanguisorbae Varı, von Tasmanien, Neuseeland und südlich davon gelegenen Inselgruppen bekannt, ist ein weiteres Beispiel. Sie bezeichnet nach VELAIN die untere Grenze der Sphragnum-Formation, soll sich nach De ı’Iste schon bei etwa 400 Fuß in einzelnen Exemplaren finden, in höheren Regionen aber immer häufiger werden und bis zum Gipfel aufsteigen. Der aus Neuseeland, den Auckland- und Campbell-Inseln stammende Scirpus aucklandicus BOECKL. beginnt bei einer Höhe von etwa 750 Fuß. Zwei antarktische Farne, Aspidium mohrioides Bory, bei 1400 Fuß vorkommend, und die auf der ganzen Insel wachsende Lomaria alpina SPRENG., sind als Angehörige der Gipfelflora weiterhin zu erwähnen, aber auch 1) Ueber diese Grottenbildung vergl. E. v. DRYGALSKI, Zum Kontinent des eisigen Südens, 1904, S. 555. 213 ES a hr of z [e] r 214 einige endemische Formen der Insel bewohnen diese obere Region, nämlich die kleine, schmal- blätterige endemische PVantago pentasperma HemsL. von 500 Fuß an bis fast zum Gipfel, das bei 600 Fuß häufige, auf Tristan da Cunha wiederkehrende Aecrostichum suwecisaefolium THOUARS und bei gleicher Höhe zwischen SpAagnum die endemische Agrostis Delislei HEnmst. Das bisher nicht genügend beachtete Auftreten vereinzelter, jedenfalls von Seevögeln über den Ocean gebrachter antarktischer Inselgewächse in der Gipfelflora von Neu-Amsterdam ver- dient besonderes Interesse. Die ın den Lavahöhlen in der unteren Region üppig entwickelte Farnvegetation verarmt in größerer Höhe, offenbar infolge der abnehmenden Temperatur. Am Grunde der Löcher in der obersten Region erscheinen nur noch Diatomeen, oft in großer Masse alle Unebenheiten der Wände erfüllend und den Boden mit einer mehr als meterdicken Schicht bedeckend. Zur Entwickelung einer Strandformation fehlt es am Fuße der heftig umbrandeten Klippen an Raum. Als einzige Pflanze an feuchten Orten an der Seeküste wird von DE L/Iste Aprum australe THOUVARS angegeben. $ 6. Periodische Erscheinungen in der Vegetation von St. Paul und Neu-Amsterdam. Den Verlauf der periodischen Erscheinungen der Vegetation in seiner Abhängigkeit vom Klima darzustellen, ist aus Mangel vollständiger Beobachtungen kaum durchführbar. Die Sommer- monate Dezember und Januar bezeichnen naturgemäß die Hauptblütezeit. ScHIMmPER sammelte am 3. Januar 1899 auf St. Paul und am 4. Januar auf Neu-Amsterdam Serrpus nodosus, Spartina arundinacea, Poa Novarae, Agrostis alba, FHolcus lanatus, Juncus communis, Sonchus oleraceus in voller Blüte. Die „Novara“-Expedition hielt sich vom ı9. November bis 6. Dezember 1857 auf den Inseln auf; sie fand nach JELINER Spartina auf St. Paul gerade im Beginn der Blüte. Poa Novarae, Plantago Stauntoni, Plantago pentasperma, Uncinia breviaulıs, Agrostis Delistei müssen auch schon im Dezember in Blüte stehen, da die von JELINEK und später von DE r’IsLeE im Dezember 1875 mitgenommenen Pflanzen blühend abgebildet oder beschrieben sind. Phylica nitida auf Amsterdam dagegen blüht später. Die Schmper’schen Exemplare vom 4. Januar (Fig. 5) tragen sehr reichlich reife Früchte, während die Endsprosse, welche Blüten- knospen seitlich tragen, im Austreiben begriffen waren. Dagegen fand die deutsche Südpolar- Expedition am 27. April 1903, wie E. v. DryGarskı') berichtet, die Bäume mit Blüten, die wie Faulbaum dufteten. Das in Fig. 6 S. 194 abgebildete, von SchimpER am 4. Januar 1899 gesammelte Exemplar von Plantago Stauntoni ist in der Entwickelung der Blattrosette begriffen, die nach abwärts ge- bogenen alten Fruchtstiele zeigten entleerte und im Abfallen begriffene Kapseln. Die Blütezeit dieser Art scheint also in den Spätsommer zu fallen. Was das Verhalten der Farnkräuter anbelangt, so zeigt Dlechnum australe Anfang Januar außer alten ausgestäubten Wedeln mit dunkelbraunen Sori junge Wedel mit noch bedecktem 1) E. v. DRYGALSKI, Zum Kontinent des eisigen Südens, Berlin 1904, S. 553. 214 St. Paul und Neu-Amsterdam. >] ei Sori. Gleiches gilt für Aspidiuum coriaceum, wovon ein Exemplar auch einen jungen noch nicht ganz aufgerollten Wedel besaß. Zomaria alpina hat zu gleicher Zeit fertile Wedel mit reifen Sporangien. Wedelentwickelung und Sporangienreife findet also im Sommer statt, mag aber wohl auch in den Winter hinein andauern. Einige weitere Daten werden sich noch aus den von der deutschen Südpolar-Expedition Ende April eingesammelten Pflanzen ergeben; bis jetzt hat aber noch keine Expedition die Inseln mitten im Winter besucht. Auch in der Tierwelt der Inseln zeigen sich Anpassungen an die klimatischen Perioden. Erwähnt sei, daß die Pinguine, Zudyptes chrysolophus, deren drolliges Gebaren von V£Lam') sehr anschaulich geschildert wird, nur von August bis März, also während der warmen Zeit, die Insel St. Paul bewohnen; die Legezeit fällt in den September, die Mauserung beginnt im Dezember. Von März bis Juli, 5 Monate lang, verlassen die Vögel die Insel gänzlich und scheinen dann ein rein oceanisches Leben zu führen. Auch verschiedene andere pelagische Vögel, besonders Albatrosse, halten sich während ihrer Brütezeit auf der Insel auf. & 7. Anatomische Struktur der Pflanzen von St. Paul und Neu-Amsterdam. Die Anatomie nur der wichtigsten Charakterpflanzen sei hier berücksichtigt, um den Einfluß der klimatischen Bedingungen auf ihre innere Struktur zu ermessen. Bezüglich weiterer Einzelheiten ist auf die anatomische Untersuchung hinzuweisen, welche J. Swantunn') auf Ver- anlassung ScHimper’s im Baseler Botanischen Institut vorgenommen hat. Die große Masse der Vegetation setzt sich nur aus wenigen Gräsern, Spartina arundinacea, Poa Novarae und Scirpus nodosus, zusammen, die zunächst zu berücksichtigen sind. Sodann sei das einzige Holzgewächs, Phyiica nıtıda, und endlich von krautartigen Pflanzen P/antago Stauntoni besprochen. Spartina arundinacea Carn. (Fig. 10). Nach der xerophilen Struktur der Blätter ge- hört dieses stattliche rigide Gras zur Gruppe der Steppengräser mit Rollspreiten. Die glatte Unter- seite ist von einer sehr dickwandigen und durch zahlreiche Sklerenchymbänder verstärkten Epidermis bedeckt. An der Oberseite springen Rippen vor, größere, auf dem Querschnitt keilförmige, oben abgestutzte Hauptrippen und kleinere Rippen, welche die Zwischenräume zwischen denselben aus- füllen (Fig. 10A). Nach den Rändern zu werden die Rippen kleiner und einfacher, und die Zahl der kleineren sinkt von 5 auf 3 und auf ı. Im zusammengerollten Zustand schließen die Hauptrippen mit ihrer oberen Seitenflächen dicht zusammen, derart, daß die kleineren Rippen samt den sie trennenden Furchen, in denen die Spaltöffnungen sich befinden, ganz eingeschlossen werden. Dieser komplizierte Bau und auch die regelmäßige Anordnung und scharfe Differen- zierung der (gewebe gewähren auf Querschnitten ein ungemein zierliches Bild (Fig. roB). Jede Rippe führt ein Gefäßbündel, das von schmaler Sklerenchymscheide und breiterem, chlorophyllführendem 1) VELAIN, Remarques etc., p. 57—61. 2) J-. SWANLUND, Die Vegetation Neu-Amsterdams und St. ‚Pauls in ihren Beziehungen zum Klima.. Inaug.-Diss. Basel 1901. 215 216 H. SCHENCK, Parenchym umgeben wird. An letzteres schließt sich nach außen Wassergewebe an, und unter der kleinzelligen, mit zapfenartigen, soliden Auswüchsen besetzten Epidermis liegt eine mehr- Be Sr R Fig. 10. Spartina arundinacea CARM. A Querschnitt durch das ganze Rollblatt; mechanisches Gewebe schattiert. Vergr. 16. B eine größere Längsleiste der Blattoberseite quer; auf der rechten Seite die Chlorophylikörner eingetragen. Vergr. 160. H. SCHENCK gez. schichtige Zone von englumigen Bastfasern. Alle diese Strukturen zielen darauf hin, das Blatt vor den austrocknenden Wirkungen der häufigen Winde zu schützen. Poa Novarae Reı cHArRDTr (Fig. ıı. Die Blätter folgen in ihrem Auf- bau zwar einem anderen Typus als bei Spartina, zeigen aber ebenfalls aus- geprägte Schutzeinrich- tungen gegen Austrock- nung. Die Spreite wird bei Trockenheit rinnig zusam- mengelegt (Fig. ı 1 A). Neben der etwas vorsprin- genden Mittelrippe liegen 2 mit ungemein großen, radial gestreckten Gelenk- zellen ausgekleidete Furchen. Fig. ı1. Poa Nowarae REICHARDT. A Querschnitt durch das ganze Blatt; mechanisches n x b Gewebe schattiert. Vergr. 20. B Teil eines Querschnittes. Vergr. 200. H. SCHENCK gez. Die Spreiten setzen sich zu- 216 St. Paul und Neu-Amsterdam. 27 sammen aus Sklerenchymbändern, in welche die Gefäßbündel in der Mitte eingebettet liegen und zwischen diesen festen Rippen aus chlorophylihaltigem, dünnwandigem Parenchym, in dessen Mitte einige Wassergewebszellen auftreten (Fig. ıı B. An der Oberseite liegen über diesen Paren- chymstreifen papillös vorspringende Epidermiszellen, von denen die mittleren mehr oder weniger als Gelenkzellen ausgebildet sind, so daß bei trockenem Wetter und Einfaltung des Blattes % auch die Sklerenchymbänder an ihren oberen Enden einander genähert werden können. Die untere spaltenfreie Epidermis des Blattes ist dickwandig und schließt das zusammengefaltete Blatt nach außen ab. Scirpus nodosus Rorır. (Fig. 12). Die Halme zeigen auf Querschnitten eine peri- pherische schmale Zone, welche abwechselnd aus zahlreichen (ca. 80) keilförmig nach außen ver- breiterten Sklerenchymfaser- mn m, R 5 SET en -onhvllhaltioen SEFREETTIRATN ES strängen und chlorophylihaltigen „IX OA FR LFEQ en IE Parenchymstreifen sich zusammen- { Basar setzt und den breiten Central- vr cylinder umgiebt (Fig. ı2 A). Letzterer besteht aus farblosem, RENT) Nr Amen weitzelligem Grundgewebe mit ein- H\ ( Be NSITT gestreuten Gefäßbündeln. Jeder NLA N TA NM a R grüne Parenchymstreifen baut sich 5 z aus radial gestreckten, palissaden- ähnlichen Zellen zusammen und die ihn überdeckende Epidermis führt eine Längsreihe von Spalt- öffnungen (Fig. ı2 B), unter welcher jedesmal eine Atemhöhle zu er- kennen ist. Die Epidermis be- A sitzt sehr dicke Außenwände und liefert im Verein mit dem Skler- Fig. 12. Scirpus nodosus SET = En eines es arzt die Peri- Dherie es almes. ergr. 200. pıdermis zwischen 2 astbundeln miıt eıner eine % 2 E pl des Hal Vergr B Epid h Bastbündel t Reıh enchym einen wirksamen Schutz Spaltöffnungen. Vergr. 200. H. SCHENCK gez. gegen übermäßige Transpiration. Die starken, radial gestellten Baststränge verleihen dem Halm den nötigen Halt und geben ihm elastische Biegsamkeit. Phylica nitida l.an. (Fig. 13, 14). Die zu den Rhamnaceen gehörige Phylica ist das einzige Holzgewächs der Insel Neu-Amsterdam. Die Zweige sind dicht besetzt mit 10—ı5 mm langen, lanzettlich-Iinealischen, lederigen Blättern, welche mehrere Jahre lebenstätig bleiben. Die Struktur dieser Blätter ist eine ausgeprägt xerophile, wie ein Blick auf Fig. ı3 zeigt. Nicht nur ist die etwas runzlige, am ausgewachsenen Blatt unbehaarte Oberseite mit einer ungewöhnlich stark ausgebildeten Cuticula versehen, und die Unterseite mit einem dichten Filz ineinander ge- wirrter, Juftführender, dickwandiger, einzelliger Wollhaare bedeckt, sondern das Blatt ist auch an seinen Rändern nach unten eingerollt. Die Einrollung kann an trockenen Blättern bis zur etwas vorspringenden Mittelrippe erfolgen, so daß von dem weißen Haarfilz nichts mehr sichtbar bleibt. Die Spaltöffnungen befinden sich zwischen den Haaren der Unterseite, und ihre Schließ- 217 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—18g99. Bd. 11. ı. Teil. 28 218 H. SCHENCK, zellen sind über die Fläche emporgehoben. Das in Palissaden- und Schwammparenchym differen- zierte Mesophyll ist dicht gefügt, auch in letzterem erscheinen die Intercellularen sehr eng. Die Stengel sind in ihren oberen blättertragenden Partien sehr dicht filzig behaart und von einer dickwandigen Epidermis bedeckt, unter welcher auch die peripherischen Schichten der primären Rinde durch Dickwandigkeit sich auszeichnen. Das sekundäre Holz der Stengel zeichnet sich durch sehr festes (refüge infolge Rleinheit und Dickwandigkeit seiner Elemente aus. Die Grundmasse des Holzes zwischen den einreihigen Markstrahlen besteht hauptsächlich aus inhaltsfreien Holzfasern. Die Tüpfelgefäße sind meist in kurzen Radialreihen angeordnet, deren gleichmäßige Verteilung auf den Querschnitt keinerlei Andeutungen von Jahresringen erkennen läßt (Fig. 14). Wenn auch die Holzproduktion während der kühleren Jahreszeit vielleicht eine geringere sein mag, so sind doch keine Unterbrechungen der Thätig- keit des Cambiums aus der Struktur des Holzes ersichtlich. Man darf wohl annehmen, daß die Holzgewächse ocea- nischer Inseln mit gleichförmigem Klima ohne kalten (au be} Fig. 13. Fig. 13. Phylica nitida Lam. Querschnitt durch das Rollblatt. An der Oberseite die ungewöhnlich stark ausgebildete Cuticula eingezeichnet. Vergr. 20. H. SCHENCK gez. Fig. 14. Phylica nitida Lam. Querschnitt durch das Holz. Vergr. 200. H. SCHENCK gez. Fig. 14. Winter allgemein der Jahresringbildung entbehren. Wenn eine solche auf Kerguelen in den mehrjährigen Achsen der Acaena adscendens allerdings hervortritt, so ist zu bemerken, daß dort der Winter wie auch das ganze Jahr sich durch niedrigere Temperaturmittel kennzeichnet. Plantago Stauntoni Reıcharor. Diese Art gehört zu den wenigen auf den Inseln vorkommenden dicotylen Kräutern und ist als endemische Pflanze bemerkenswert. Der xerophile Habitus (Fig. 6, S. 194) wird bedingt durch die beiderseitige dichte Behaarung der etwas suk- kulenten, rosettig angeordneten Blätter. Die Haare sind dickwandige, 3- oder 4-zellige Borsten- haare; auch die übrigen Epidermiszellen haben dicke Wände. Das Blatt ist ısolateral gebaut, besitzt ein mächtig entwickeltes Mesophyll, das in seiner ganzen Breite aus quer zur Oberfläche gestreckten, dicht gefügten Zellen zusammengesetzt ist. Die mittleren Schichten sind etwas lockerer und entsprechen dem Schwammparenchym, sind aber nicht scharf geschieden von den Palissadenschichten beider Blattseiten. Die xerophile Struktur dieser krautigen /Vantago steht ın Uebereinstimmung zu derjenigen der baumartigen Phy/ica. $ 8 Tristan da Cunha-Gruppe. Für die Beurteilung der Flora und Vegetation von St. Paul und Neu-Amsterdam ist es von Wichtigkeit und Interesse, auch die Tristan da Cunha-Gruppe in den Kreis der Betrachtung 218 St. Paul und Neu-Amsterdam. 219 zu ziehen. Wir verdanken W. B. Henstey') eine zusammenfassende, im folgenden benutzte Darstellung der Flora dieser eigenartigen Inseln auf Grund der Sammlungen und Forschungen von A. pu Pertr-Tnovars (1793), D. CarmicHaeL (1816/17), Mac GirLıvray und MıLne (18532) und MosELEY (1873)?). Die in britischem Besitz befindliche, 1506 von dem portugiesischen Seefahrer Trısran pa Cunta entdeckte Gruppe besteht aus den drei größeren Inseln Tristan da Cunha, Inacces- sible und Nightingale, sowie einigen umliegenden kleinen Inselchen®). Erstere liegt unter 37° S. B. und 12° W.L.Gr, mißt bei kreisförmigem Umriß etwa 16 Quadratmeilen und erhebt sich mit ihrem centralen, einem Plateau aufgesetzten, gewaltigen, 1640 m hohen Dom bis zu einer Höhe von 2340 m, während die etwa 4 Quadratmeilen große, vierseitige Inaccessible-Insel nur 600 m und die kaum ı Quadratmeile umfassende unbewohnte Nightingale-Insel 360 m erreichen und etwa 20 Meilen südwestlich von ihr gelegen sind. Die Inseln sind vulkanischen Ursprungs und bestehen hauptsächlich aus Basalt, basaltischen Laven und Tuffen. Der aus schwarzen und roten Laven und Aschen aufgebaute Gipfel des Domes von Tristan trägt auf seiner Spitze einen erloschenen Krater. Klıma. Das Klima der Inselgruppe dürfte infolge ihrer Lage unter fast der nämlichen Breite wie St. Paul und Neu-Amsterdam inmitten des Oceans im wesentlichen die gleiche Beschaffenheit wie auf letzteren Inseln aufweisen. Zusammenhängende Beobachtungen fehlen allerdings. Aus den wenigen Mitteilungen von CarmıcHAEL und MosErey’) geht hervor, daß in den unteren Lagen von Tristan die Vegetation während des Jahres keine wesentliche Unterbrechung erleidet. Im Sommer steigt die Temperatur selten über 23° C im Schatten, sie mag im Sommer etwa 20° C im Mittel betragen, im Winter, wo sie gelegentlich auf 4° C sinkt, etwa ı3° C. Die Temperatur zeigt also im Laufe des Jahres keine großen Unterschiede. Im Winter fällt selten etwas Schnee oder vorübergehender Reif. Infolge der bedeutenden Erhebung des Domes von Tristan, welcher in seinen oberen Teilen selten frei von Schnee ist, ist die Insel außerordentlich regenreich. Der Regen soll während des größten Teiles des Jahres fast beständig fallen, und die obere Region des Berges ist gewöhnlich von einer dicken Wolke eingehüllt, von welcher die schweren Regengüsse auf die tieferen Teile herabkommen. Die Regenmenge dürfte größer sein als auf St. Paul und Neu- Amsterdam. Die vorherrschend aus W. ım Winter aus NW. im Sommer aus SW. wehenden Winde und häufigen starken Stürme aber wirken einer übermäßigen Feuchtigkeit entgegen. August, September, Oktober sind die schlimmsten Monate, in denen die Stürme oft ı4 Tage ı) W. B. HEMSLEY, Report on the botany of the islands of the Southern Ocean. The Tristan da Cunha group. In Challenger Report, Botany, Vol. I, Pt. 2, 1885, p. 133. 2) MOoSELEY besuchte als Teilnehmer der „Challenger“-Expedition vom 15. bis 18. Oktober 1873 alle drei Inseln der Gruppe. Vergl. H. N. MosELEv, Notes on plants collected in the islands of the Tristan d’Acunha group. Journal of the Linnean Society, Vol. XIV, 1875, p. 377. — TIzARD, MOSELEy, BUCHANAN and MURRAY, Challenger Report, Narrative, Vol. I, Pt. ı, 1885, p. 240. 3) Beschreibung der Inseln, Karte und einige Ansichten finden sich im Challenger Report, Narrative, Vol. I, p. 240. — Vergl. auch PETERMANN’S Geogr. Mitteil., 1904, S. 150. 4) Vergl. Challenger Report, Narrative, Vol. I, Pt. 1, p. 267. 219 nv . - 220 H. SCHENCK, hintereinander wehen. Dezember bis März sind relativ ruhiger und bilden die gute Jahreszeit. Östwinde stellen sich selten ein. Den Winden ist zuzuschreiben, daß die Gewächse zum Teil wenigstens xerophile Charaktere aufweisen, Kartoffeln, Kohl, Möhren und andere Gemüse ge- deihen zwar gut, können aber infolge der beständigen Winde nur im Schutze von Gartenmauern gezogen werden. Flora. Die ursprüngliche Flora der Tristan da Cunha-Gruppe umfaßt nach Heustev’s Zusammen- stellung 55 Arten Gefäßpflanzen (26 Pteridophyten, 10 Monocotylen und 19 Dicotylen), während St. Paul und Neu-Amsterdam nur 36 Arten Gefäßpflanzen (19 Pteridophyten, 10 Monocotylen und 7 Dicotylen) beherbergt. Beiden Inselgruppen gemeinsam sind folgende Arten: 1. Ranunculus biternatus SM.? 8. Lomarıa alpına SPRENG. 2. Phylica nitiıda Lam. 9. Dlechnum australe Linn. 3. Acaena sanguwisorbae VAHL 10. Nephrodium aguılınum Henst. 4. Aprum australe 'THOUARS ı1. Aspidium coriaceum SWAR1Z. 5. Uncinia breviaulıs 'THOUARS 12. Polypodium australe MEr!. 6. Spartina arundinacea Carm. 13. Acrostichum succisaefolium THOUARS 7. Lycopodium saururus Lam. Der große Anteil von "/,, und "/,, gemeinsamer Arten erscheint um so bemerkens- werter, als die beiden Inselgruppen außerordentlich weit (über 3000 Meilen) auseinanderliegen. Dazu kommt, daß 4 von diesen Arten, nämlich Uncinia, Spartina, Nephrodium, Acrostichum, überhaupt nur auf beiden Inselgruppen einheimisch sind, und daß unter den gemeinsamen Arten einige, wie namentlich Spartina und Prylica, eine Hauptrolle in der Zusammensetzung der Vege- tation spielen. Der Endemismus ist in der Flora der Inselgruppe sehr stark ausgeprägt. Folgende Arten sind ihr eigentümlich: 1. Cardamine propingua Carnm. 12. Scirpus Oliveri BOECKELER 2. Aydrocotyle capıtata THOUARS 13. Carex inswlaris CARMICH. 3. Nertera assurgens 'THOUVARS 14. Carex Thouarsii CaRMIcH. 4. Gnaphalium pyramıdale THouARs 15. Agrostis ramulosa CARMICH. 5. Cofula Moseleyi Henst. 16. Agrostis media CARMICH. 6. Chenopodium tomentosum THOUARS 17. Zycopodium diaphanum SWAR1Z 7. Atriplex plebey7a CaRMIcH. 18. Zymenophyllum aeruginosum CarM. 8. Rumex frutescens THOUARS 19. Z/richomanes tenerum SPRENG. 9. Juncus tristanianus HEnustı. 20. Asplentum medium Hook. 10. Scirpus sulcatus '|THOUARS 21. Gymmnogramme cheilanthoides KANTF. 11. Serrpus thouarsianus SCHUL!. 22. Vittarıa stricta CARMICH. Rechnen wir dazu noch die 4 oben genannten, beiden Inselgruppen eigentümlichen Arten und auch die Phydica als insulare Form, so erhalten wir ”,,, also die Hälfte der Flora als 220 St. Paul und Neu-Amsterdam. 2 156} - endemische Gewächse. Im Vergleich zu St. Paul und Neu-Amsterdam erscheint es be- merkenswert, daß unter den Endemen die Gattungen Plantago und Trisetum auf Tristan fehlen, während hier wiederum besondere Inselformen aus anderen Gattungen auftreten. Was nun die zweite, nicht endemische Hälfte der Flora anbelangt, so überwiegen darin die Pteridophyten mit 18 Arten. Von diesen haben folgende weitere Verbreitung: 1. Zycopodium saururus Lan. 8. Asplenium monanthemum Linn. 2. Adıiantum aethiopicum Linn. 9. Aspidium coriaceum SWARTZ 3. Pleris incisa 'THUNB. 10. Polypodium punctatum THun®. 4. Lomaria boryana WILLD. ı1. Acrostichum con/orme SWARTZ 5. Dlechnum australe Linn. 12. Acrostichum hybridum BORY 6. Asplenium obtusatum FORST. 13. Acrostichum spathulatum BORY 7. Asplenium lunulatum SWARTZ 14. Ophioglossum vulgatum Linn. Afrikanischer Herkunft ist: 15. Vephrodium tomentosum Desv. Mascaren, Madagascar. Charakteristisch für die südliche temperierte Zone sind: 16. ZLycopodium magellanicum SWARTZ 17. Lomaria alpina SPRENGL. 18. Polypodium australe MErT. Die Monocotylen stellen zu dieser zweiten Hälfte keine Vertreter, sie sind sämtlich auf Tristan und in 2 Arten zugleich auch auf St. Paul und Neu-Amsterdam endemisch. Die beiden Agrostis-Arten stehen Agrostis Delisiei von Neu-Amsterdam sehr nahe. Es bleiben nun noch 10 nicht endemische Dicotylen mit folgender Herkunft: Ranunculus biternatus Sm. (sofern Bestimmung richtig), weist auf das antarktische Insel- gebiet, Acaena sanguisorbae VNanı, Australien, Neuseeland, Cotula australis Hoox., Australien, Neuseeland, Pelargonium australe Wird, Australien, Tasmanien, Neuseeland, Südafrika, Aptum australe Tmovars, südliche temperierte Zone, Nertera depressa GÄRTN., südliche temperierte Zone, Convolvulus soldanella 1.. (?), südliche temperierte und nördliche temperierte Zone, Lagenophora Commersoniül Cass, Südamerika, Chevreulia stolonifera Cass., Südamerika, Empetum nigrum L. var. rubrum, Südamerika. Wir gelangen somit zu dem gleichen Resultat wie bei St. Paul und Neu-Amsterdam be- züglich der Zusammensetzung der im ganzen sehr artenarmen Flora, nämlich, daß sie aus sehr verschiedenen Elementen zum Teil weit entfernter Herkunft zusammengesetzt ist. J. D. HookRer ') bezeichnete die Flora als wesentlich feuerländisch, indessen ist diese Ansicht, wie schon HEMSLEY) 1) J. D. HOOKER, Flora antarctica, p. 216, und Botany of Kerguelen Island, p. 8. 2) W. B. Hemsrev, Challenger Report, Botany, Vol. I, Pt. 2, p. 145. 221 H. SCHENCK, 16} [59] 1597 hervorhebt, nicht haltbar. Specifisch antarktisch-amerikanische Elemente sind nur in geringer Zahl vertreten. Die Besiedelung der Inselgruppe ist nicht allein von Südamerika her, sondern auch von Osten her erfolgt, was um so bemerkenswerter erscheint, als die vorwiegenden Winde aus Westen kommen und zwei Meeresströmungen von dort her, die Cap Horn-Strömung und die Brasil- Strömung, an den Inseln vorbeistreichen. Letztere soll nach Moserey brasilianische Samen am Strande auswerfen, welche aber nicht keimen, weil sie aus tropischem (Grebiete stammen. In erster Linie kommen für die Verbreitung der Samen über den Ocean wohl die Vögel in Betracht. Die endemische Pflanzen stellen wohl die ältesten Bestandteile der Flora vor, die aus den ersten Ankömmlingen als insulare Formen hervorgegangen sein mögen. Von Kryptogamen zählt Hrmstev 26 Laubmoose, ı1 Lebermoose, 10 Lichenen, 2 Pilze auf, unter denen viele endemisch sind, ein Teil aber aus weitverbreiteten Arten besteht. Sie liefern keine neuen Gesichtspunkte zu dem bereits oben Gesagten. Vegetation. In noch höherem Grade als in der Zusammensetzung der Flora zeigt sich die Ueberein- stimmung zwischen der Tristan-Gruppe und Neu-Amsterdam in der Vegetation, deren Hauptmasse aus 2 Arten, nämlich Spartna arundinacea und Phylica nitida, sich zusammensetzt. Spartina, auf Tristan als Tussockgras bezeichnet, bildet mit ihren s—6 Fuß Höhe erreichenden, großen und dichtstehenden bläulichgrünen Büscheln weit ausgedehnte, außerordentlich schwierig passier- bare Bestände, ın denen die Pinguine ihre Brutplätze anlegen', Moserey giebt an, daß die Büschel der Spartina in ganz ähnlicher Weise wie oa flabellata Hoox. f. der Falkland-Inseln an ihrer Basis dicke und harte Stöcke aus den durcheinander wachsenden: Halmbasen und Wurzeln bilden. Wie auf St. Paul und Neu-Amsterdam Seirpus nodosus, so bilden auch auf Tristan neben dem Spartina-Gras besonders häufig mehrere endemische Scirpws wichtige Bestand- teile der Grassteppe. In höheren Lagen am Dom von Tristan herrschen Agrostis media und Agrostis ramulosa in der Grasvegetation vor. In Felsklüften oder in der Spartina-Steppe tritt auf Tristan bis zu dem Fuße des Domes (etwa 8oo m) aufwärts der einzige Baum der Insel- gruppe auf, die Phylica nitida, wie auf Neu-Amsterdam in Form von Buschwäldern, welche an exponierten Stellen, in den höheren Lagen der Inseln niedriger bleiben, infolge der Ein- wirkung des Windes niederliegende Stämme entwickeln, im Schutze der Klippen aber bis 20 Fuß Höhe erreichen. Der Durchmesser älterer Stämme soll 1—1'/; Fuß betragen. In den Phylica- Wäldchen wachsen geschützt am Boden Cyperaceen, Farne (z. B. Pferis incisa, Asplenium obtusatum, lunulatum, FPolypodium punctatum, Vittaria stricta, Acrostichum succisaefolium, con- /orme etc.), Moose, ferner von Dicotylen Nertera depressa, Acaena sanguisorbae, Chenopodium tomentosum u.a. Letzteres bildet Büsche mit holzigen Stämmchen, kann also als die zweite Holz- pflanze der Gruppe bezeichnet werden; sie hat stark duftende Blätter, welche zu Tee Be- nutzung finden. ı) Challenger Report, Narrative Vol. I, Pt. ı, p. 251, bringt die Phototypie eines Pinguinbrutplatzes mit Spartina von Inaccessible Island. [67 tv 167 St. Paul und Neu-Amsterdam. [6) 5} on Gegenüber den beiden wichtigsten Gewächsen treten die übrigen Bestandteile der Flora im Gesamtbild zurück, wenn sie auch an manchen Stellen häufig oder gesellig erscheinen. Die Angaben über das Vorkommen der einzelnen Arten sind übrigens noch recht dürftig. So wächst an den Felsen häufig Zmpetrum nigrum var. rubrum als niederliegender Zwergstrauch, welcher auf Neu-Amsterdam und St. Paul fehlt. Azumex /rutescens bildet hellgrüne Bestände am Grunde der Wasserläufe. Pearvonium australe ıst häufig in den unteren Teilen der Insel. Lomaria alpina kommt an offenen Stellen vor. Am meisten verbreitet ist aber unter den Farnen, die in Bezug auf Artenzahl fast die Hälfte der Gresamtflora umfassen, die Zomaria boryana Wirıv. An allen feuchten Stellen vom Plateau bis hinab zum Tiefstand fällt sie durch ihren eigenartigen Habitus auf. Ihr mehrere Fuß langer und ı dm dicker Stamm liegt gewöhnlich am Boden, erhebt sich aber zuweilen wie ein kleiner Farnbaum in die Höhe und trägt eine Krone von zahlreichen, steifen, ı—3 Fuß langen Wedeln, aus welcher die Sporophylle senkrecht empor- stehen. Diese kleinen Farnbäume bilden ein Gegenstück zu denen von Aspidium vestitum Hoor. der Auckland-Inseln. Moose und Lebermoose erfahren infolge des großen Regenreichtums eine üppige Ent- wickelung und bedecken oft den Boden mit ausgedehnten grünen Lagen. An sumpfigen Stellen wachsen unter anderen Carex insularis, Fydrocotyle capıtata, Juncus tristanianus, am Strande die endemische Aifriplex plebera CaRnmIıcH. Der Gipfel des 2506 m hohen Doms auf Tristan ist in seinen obersten, meist schnee- bedeckten Teilen ganz vegetationslos; der aus Laven und lockeren Schlackenmassen bestehende Boden ist frei von Humus. Nur einige Moose und Flechten haben sich auf dem Gipfel an- gesiedelt. Indessen ist im Hinblick auf die Gipfelfllora von Neu-Amsterdam nicht ausgeschlossen, daß in den oberen Regionen des Domes vielleicht noch einzelne Typen der antarktischen Inseln gefunden werden. Das Klima der Tristan-Gruppe scheint noch regenreicher zu sein als dasjenige von Neu- Amsterdam und St. Paul. Wenn trotzdem die beiden wichtigsten Gewächse, Spartina und Phylica, wie oben dargestellt, xerophile Struktur aufweisen, so kann zur Erklärung dieser Thatsache nur der häufige und heftige Wind als Faktor herangezogen werden, welcher die exponierten Pflanzenteile austrocknet, während dicht angeschmiegt auf dem häufig durchnäßten Boden eine hygrophile Decke von Laub- und Lebermoosen sich entwickeln kann, in welcher auch die kriechende Wertera depressa geeignete Lebensbedingungen vorfindet. In den geschützten Senkungen und Furchen zwischen den Fels- und Lavakämmen, oder am Boden der /’%Aylica-Wäldchen ist den weniger xerophil beschaffenen Pflanzen Gelegenheit zur Ansiedlung geboten. Eine eingehendere Unter- suchung der Vegetation in Rücksicht auf diese Verhältnisse wird vielleicht noch manches Interessante zu Tage fördern. Bezüglich der Periodicität der Vegetation liegen keine ausreichenden Angaben vor. Moserey') bemerkt, daß einige Pflanzen das ganze Jahr hindurch blühen, andere aber ihre regelmäßige Blütezeit haben. Pelarsoninm australe blüht Mitte Sommer. Chenopodium wurde im Oktober nirgends mehr in Blüte gefunden, ebenso nicht ZZydrocotyle capılata, Phylia trug zu gleicher Zeit überall ausgebildete, aber noch grüne Früchte. ı) H. N. MoSELEY, Journ. of Linn. Soc., Vol XIV, 1875, p. 383. ®) 224 H. SCHENCK, St. Paul und Neu-Amsterdam. $ 9. Gough Island. Gough Island oder Diego Alvarez, unter 40° 30° S. Br. und 10° W.L. Gr. gelegen, muß zu demselben Inselflorengebiet gerechnet werden, wie die Tristan da Cunha-Gruppe, St. Paul und Neu-Amsterdam. Nach Angabe von Moserer') soll sie dieselben Blütenpflanzen wie Tristan und als einzigen Baum ebenfalls die Prylica nitida beherbergen. Näheres über ihre Vegetation 5 ist bis jetzt noch nicht bekannt. 1) H. N. MOSELEY, Journ. of Linn. Soc., Vol. XIV, 1875, p. 384- rt Eur kr 2 Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena — 200° 2 - ge Vaicı> 2 f a. I. Vergleichende Darstellung der Pflanzengeographie der subantarktischen Inseln insbesondere über Flora und Vegetation von Kerguelen. Mit Einfügung hinterlassener Schriften A. F. W. Schimpers von Dr. H. Sehenck, Professor an der Technischen Hochschule Darmstadt. Mit Tafel I-X und 34 Abbildungen im Text. Tafeln. eh . ” Eingegangen den ı. Mai 1905. = C Chun. all. | 1% ag 5 Tafel 1. R n Kerguelen. Glaciallandschaft am Gazellehafen, Windwüste mit sehr zerstreut auftretenden Polstern von Azorella Selago. E* [3 e > > LI: El>, n BD = E. % e N = > . L ® ur rauellll: Tafel II. Kerguelen. a) Südliches Ufer des Gazellehafens; Formation der Asorella Selago. b) Plateau südlich vom Gazellehafen; Tafelförmiger Berg mit horizontalen Basaltbanz h, im Vordergrund die Formation der Azorella Selago. N, rs aielzlill af IM Kerguelen. a) Plateau südlich vom oaallateen im Vordergrunde Polster von Pe Selago, auf dem Abhange links Formation der Acaena adscendens gemischt mit Azorella. b) Fels bach südlich vom Gazellehafen; rechts (Leeseite) Acaena-Formation; links Azorella-Polster. Naiel DW N r 5 area ; 2: Br Je Kerguelen. Am Valdivia-Fall in der SW.-Ecke des Gazellehafens; Acaena adscendens an ünstigem Standort. pusf ur AaoSı,7 ADIsnHD uor 807434 "Bunpxpmyusgg asdıddn ur Jıopurys wodılsund uw swopusospo Dusvsy !suayeyajjazen sOp OPA-"M’S A9p ur [fe,J-eraipje u :NYTYINYUHN SızdogT "0 9 I ‘yprquasıopy NONApyyorT "gogı "z0(7 'osıpeS "My UoA Swyeugny "Joud ‘AI TaaVL ‘osstugadizt aypstumyog "II "PA "66g1—g6gI NOILIATAXT-AASIALL THISLATA Tafel V. Ba TaielıV. Kerguelen. Basaltfelswand am Südufer des Gazellehafens; reine Acaena adscendens- Formation. e RR, b En.0 Ze hd | Ze Ä 477 ae e% Bizdie "ogpuumyyın u in aunaeubolan ne BEBLDag asyprs'm von Bswyeuyuny Joud el. Tale VE Kerguelen. Kleine Inseln des Gazellehafens. Vorne Acaena, Aszorella, Cotula, Festuca erecta. Die Insel in der Mitte bestanden mit Azore//a- Polstern, weißen Rasen von Cotala plumosa, dunklen Ueberzügen von Acaena adscendens und Gruppen von Pringlea antiscorbutica. nel kr = % Tatel VIE Kerguelen. Kleine Insel im Gazellehafen. Riesenpolster von Azore/la Selago, Rasen von Cotula plumosa, Pringlea antiscorbutica. ; del VITE "Tatel VII: Kerguelen. Kleine Insel im Gazellehafen. Gruppe von Pringlea antiscorbutica in Frucht, Cotuwla und Acaena die Polster von Aszorella überwuchernd. EBNI wl a einz w PER AK Ze an ATTUR 5 , “ D f 2 « [4 vr « Dr; I E22 +» Br { N > en A d / 4 y ’ H h or L ‚ * ® y v i Be NT, FEB re BN we WE iR Tate IX u Kerguelen. Kleine Insel im Gazellehafen. Gruppe von Pringlea antiscorbutica und große Polster von Azorella Selago. AN ). 2 Di , [v = . Kl ne er KAT % Pe ) j IHOSINYLOB IT'pg 66-8681 NOILIAIF4X3 - 33SA3aIL IHOSLNZ . ’ + 2 > pr In 6 ” , ’ r . °. - . % r x . \ “ “ “ . B * - E x * # *, 2 \ . "e ” ” _ y.. hu 5 jr . e 2 = ” 5 * x R .n ; ur r Mr h = = - / 5 - - = . ar pr . % Kerguelen. Nordabsturz der en im Gazellehafen gelegenen Insel. Basaltfelswand mit Brutstätten der Chionis minor. An den Felsen weiße Polster von Coruda, Grasbüschel von or Cookii und Zestuca erecta. _ Oben Asorelia, Acacna, Pringlea. . B ü 3 x 4 # Il. Ueber Flora und Vegetation von »t. Paul und. Neu-Amsterdam. Mit Einfügung hinterlassener Berichte A. F. W. Schimpers von DrH. Schenck, Professor an der Techn ‚chschule ee tadt. Mit Tafel XI—XV und 14 Abbildungen im Text. Tafeln. s EI “ u j u { 12 ' ” * + * 1 “ . £ Eingegangen den ı2. Juli 1905. oe = E: Aa o Tafel X. % St. Paul. Blick auf die Ansiedelung der Fischer; im Hintergrunde Ankerplatz der „Val divia*; an den Abhängen des Kraters Grasvegetation, aus Büscheln hauptsächlich von Scirpus nodosus und Poa Novarae gebildet. Er 25 En u D r NOILIGQIIX3-33S543IL I3H9ISLNZFQ Tafel XII. St. Paul. Brutplatz der Pinguine, Zudyptes chrysolophus. Büsche von Scirpus nodosus. nsopou nduılo Te) nydojoshuyo seydApny INMNVvVd ro 2 . nr Tafel XII. Tafel XIII. Neu-Amsterdam. Im Vordergrunde zwei Eruptivkrater. Steppenartige Grasvegetation, aus Spartina arundinacca, Poa Novarae und Scinpus nodosus gebildet. & (4 Er , 1 Tafel XIV. Neu-Amsterdam. Bäumchen von Phylica nitida in der Grassteppe. > dann er ae 28% Tafel XV. Neu-Amsterdam. Nordseite der Insel mit der „Valdivia“ vor Anker. Grassteppe haupt- u sächlich aus Poa Novarae, ferner Spartina arundinacea und Seinpus nodosus, links Gruppe von eig 2 ö Br Aspidium coriaceum. >, & EN ’ DV 4 E N x Er je % a ‚ME 300295 x re ii Ä 33, et, wn-® = er ".£ r z > u \ ” « » R a8 4 14 » « € a SE 2 =.