Harvard Univecsitu Library BEQUEST OF WILLIAM McMICHAEL WOODWORTH | (Class of 1888) | To TUE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOGLOGx. Deposited in the Library of the Harvard Medical School. 18 Harvard Medical Library in the Francis A.Countway Library of Medicine - Boston VERITATEM PER MEDICINAM QUYERAMUS Gift of Frederic T. Lewis, M. D. Digitized by the Internet Archive in 2010 with funding from Open Knowledge Commons and Harvard Medical School http://www.archive.org/details/bemerkungenber00schu 7 A. 5 Kamburg 17 30 Bemerkungen uͤber einen monſtreuſen Canarien-Vogel, deſſen Unterkiefer ein lang gewundenes Horn gewachſen — An den Herrn Grafen von Buͤffon, Mitglied der Aeademie Franzoͤſe, Schatzmeiſter der Koͤn. Academie der Wiffenfchaften zu Paris, Intendant des Koͤnigl. Cabinets und botaniſchen Gartens, Ehrenmitglied der Academien zu London, Berlin, des Juſtituts zu Bologna, zu Florenz, Edimburg, Philadelphia, u. ſ. w. Mit einer aus gemahlten Kupfertafel. SR — 55 Hamburg. Bey Johann Philipp Chriſtian Reuß. oh 1 4 0 1 1 1176 1 25 RE NETT an img: AR Se 8 2 Saut 175 pt N Wilka MMICHAEL WOODWORTH ec. 19916 u Ka Zain 1nd anne nl n in rain 1 15 au A 5 1 1 e 29 4 1147 8 88 16 ana \ a) W354 aK 1d tg wärend nn u nenn? ARE u 17 85 e NN \ 7 9 RER Er ee u ul > er 1 1 PIE N n N 4516745 TER BR VVT 1. ** u 85 N % g lt j a EEE 5 75 d 2 7 ae laing g Mein Herr Graf — I Erlauben Sie mir, daß ich mich hiemit Öffentlich jenes Ver: * gnuͤgens erinnere, deſſen Sie mich ohngefehr vor drey Jahren zu Paris theilhaſtig machten: als ich in Gegenwart des Herrn de la Lande und des Herrn Marquis von Condorcet die Ehre hatte, Ihnen meine erſte Aufwartung zu machen: wozu ich noch durch den Herrn Grafen von Milly introdueiret wurde. Ich bin aber | A 2 jetzo 4 . jezo nicht fo glücklich, Sie — mein Herr Graf — mit einem fo nuͤtzichen Gegenſtande zu unterhalten, als Sie guͤtig genug waren, mich durch Vorzeigung jener nach vielen Kosten, Ihnen ſo vortref⸗ lich ausgefallenen Entdeckung der zur Verbeſſerung des Fernglaſes geſuch⸗ ten Glasmaterie, an Ihrer gerechten Zufriedenheit daruͤber, den auf⸗ richtigſten Antheil nehmen zu laffen. Nur geringe Bemerkungen über einen Vogel, den die Na⸗ tur mit dem beſondern Horn eben nicht ausgeruͤſtet, aber doch aus⸗ gezeichnet hat, werden der Dat Inhalt dieſer Dellen ſeyn „ And wenn ich nicht von der auſſerſten Seltenheit dieſer Erscheinung über jeugt wäre; ; ſo wuͤßte ich Nichts, womit ich mein Unternehmen gegen Sie entſchuldigen duͤrfte. Hat man im Jahr 1754. der fondener Societaͤt der Wiſſen⸗ ſchaften ein Schaaf vorzeigen laſſen, welchem an einer ungewoͤhnlichen Stelle ein Horn ausgewachſen war; ſo trage ich um ſo viel weniger Be⸗ denken, den hornartigen, an einer auch fuͤr den Vogel ungewöhnlichen Stelle, hervorgetretenen Auswuchs keiner Vergeſſenheit preiß zu geben: da ohnedem das Horn nicht ſowohl ein Eigenthum der Voͤgel, als der vier⸗ fuͤßigen Thiere iſt, eh mad he Wberhaup 5 Ueberhaupt iſt ja der Vogel nicht mit fo furchtbaren Waffen aus geruͤſtet worden, wie viele Familien des ſchwereren Thierreichtes. Es ſcheinet, daß das Geſchlecht der Voͤgel mehr ein Sinnbild der Reize der Natur als ihrer Stärke ſeyn fell. Der Geſang, das Colorit und der leichtere Bau des ganzen Körpers würde von feinen einnehmenden Ein: druͤcken vieles verlieren, wenn grauſame Waffen die Stelle des Schna⸗ bels vertreten ſollten, deſſen ſich ſchon der Vogel im Nothfall zuſammt einer gut angebrachten Bewegung der ſchlagenden Fluͤgel, des Stoſſens mit der Bruſt, der ſcharfen Klauen, u. ſ. w. zur hinlaͤnglichen Vertheidigung ſeiner Sicherheit zu bedienen weiß. Und doch iſt der Schnabel, nach einer verhaͤltnißmaͤſſigen Berechnung des Gebrauchs deſſelben, nur ſelten ein Gewehr, viel öfterer aber ein zaͤrtliches Inſtru⸗ ment, wodurch ein Vogel entweder bey dem fröhlichen Genuß feines Futters angenehme Empfindungen ſelbſt genießet, oder dieſelben durch den Geſang und durchs Schnaͤbeln wenigſtens feiner Gattin mittheilet. Diejenigen, welche bey der ſchwaͤcheren Ausruͤſtung der Voͤgel die vorſichtige Mutter in der Natur nicht vermiſſen, berufen ſich vorzuͤglich darauf, daß die Vögel unter diejenigen Thiere achören, welche die Kunſt; A 3 verſtehen, 6 en verſtehen, den mehreſten Gefahren plößlih zu entfliegen. Wenn nun gleich die Schlinge, die Falle, der Bogen und das Schießpulver ſolche guͤtige Abſichten der Natur zu vereitlen ſcheinen; ſo bleiben doch allemal dem Vogel ſeine Fluͤgel das ſicherſte Mittel, wodurch er doch immer den übrigen unzaͤhlichen Gefahren entkommen kann, die er noch von der uͤbrigen ihn an Staͤrke weit uͤberwiegenden thieriſchen Schoͤpfung auch auſſer den blutduͤrſtigen Nachſtellungen des Menſchen zu befuͤrchten hat, welcher gewoͤhnlicher Weiſe über den wehrloſen Theil des Thierreiches lieber muthwillig zu tyranniſiren, als wohlthaͤtig zu herrſchen, gewohnt iſt. Wie unſicher wuͤrde es aber fuͤr die Flucht des Vogels ſeyn, wenn gewaltige Hoͤrner den Kopf eines Fluͤchtlings belaͤſtigen ſollten, dem enge Aeſte, dichtes laub und ſchmale Steinkluͤfte zur gewohnlichen Wohnung oder Freyſtaͤte angewieſen find. Nichts deſtoweniger findet man in dem ſyſtematiſchen Regiſter über das Naturreich ein paar beſondre Arten (Linn. Pıca Buceros bicornis und rhinoceros ) von gehoͤrnten Voͤgeln angefuͤhret. Dieſes hindert mich aber nicht, den gegenwaͤrtigen gehoͤrnten Canarien⸗Vogel demohngeachtet unter die groͤſſeſten Seltenheiten zu rechnen: indem das 7 das Horn denen beyden obbenannten Voͤgeln aus dem Oberkiefer ihres Schnabels und zwar geſchlechtsmaͤſſig, hingegen das Horn dieſes Canarien⸗Vogels aus feinem Unterkiefer und zwar zufällig hervorgewachſen iſt. | Ich fahe den Canarien⸗Vogel, von dem ich jego mit Ihnen, mein Herr Graf — zu reden mir die Erlaubniß nehme, auf meiner Ruͤckreiſe aus Frankreich, wie ich durch Holland gieng, unter andern ausgeſtopften Vögeln bey dem Herrn B. Vriends zu Harlem. Dieſer artige Mann hat eine der ſchoͤnſten Vögel und Inſeckten⸗Sammlun⸗ gen. In Harlem iſt dieſes Cabinet ohnſtreitig das einzige in ſeiner Art. Die Ordnung und Schoͤnheit der ſeltenen Stuͤcke iſt ſo auffallend, wie die Hoͤflichkeit des Herrn Vriends gegen fremde Naturfreunde. Er beſitzet unter vielen ſchoͤnen und zum Theil ſeltenen Vögeln, auch jenen prächtigen Paradies⸗Vogel, den Sie, mein Herr Graf — (Hiſtoire naturelle des Oifeaux, Tom. 3.) unter dem Namen Le Sifilet kennen. Da Herr Vriends ſich nicht auf das ganze Thierreich einlaſſen will; ſo beſitzet er von den vierfuͤſſigen nur einige wenige, aber ebenfalls aus⸗ geſuchte Stuͤcke. Von dieſen kann ich nicht unangefuͤhrt laſſen: jenen I herrlichen 8 herrlichen und auf das vollkommenſte conſervirten (Linnei Ta Lr aſiatica?) auslaͤndiſchen Maulwurf, deſſen dichtes, weiches, und ziem: lich langhaarigtes Fell die ſchoͤnſten Spielungen eines mit bunten Farben changirenden Opales uͤber den ganzen Koͤrper des Thieres verbreitet. Ich wuͤrde aber unter den vielen Seltenheiten dieſer Sammlung den gehoͤrnten Canarien⸗Vogel beynahe uͤberſehen und ihn vor nichts weiter, als einen Gewoͤhnlichen ſeines Geſchlechts gehalten haben: wofern nicht der aufmerkſame Beſitzer deſſelben meinen vorzuͤglichen Hang zu den ſeltenſten Auftritten in der Natur bemerket, d mir den Vogel aus eigner Bewegung nicht nur vorgezeiget, ſondern auch nachhero mit einer Abbildung deſſelben verſorget haͤtte. Damit man nun von der Lage und infonderheit von der Figur des Horns, welches nach ſeinen verſchiedenen Stellungen eine verſchie⸗ dene Geſtalt zu haben ſcheinet, ſich einen deutlichen Begriff machen koͤnne; fo iſt das Horn ſowohl im Profil des Vogels, als auch en Face deſſelben und zwar lezteres (Kupfer⸗Tafel Fig. 2.) nach feiner / tuͤrlichen Groͤſſe abgezeichnet worden. Bey der erſten Figur des gan⸗ zen Vogels hat die Enge des ovalen Feldes es nothwendig gemacht, ſowohl m. 9 ſowohl den Vogel überhaupt, als auch deſſen Horn um ein Weniges zu verkleinern. Das Gewinde dieſes Horns zuſammt ſeiner proportionirlichen Verjuͤngung, von der Wurzel an bis zu dem aͤuſſerſten Ende, iſt ſo voll⸗ kommen, als man irgend zu einem ſchicklichen Modell eines gewundenen Horns verlangen koͤnnte, deſſen untere Dicke ſich u einige Spiral⸗ Kruͤmmungen in eine zierliche Spitze verlieren foll. Betrachtet man den Vogel en Face; fo iſt das Horn nicht un: ähnlich einem Pfropfen⸗Zieher, deſſen krumme Gänge der Laͤnge nach etwas weit aus einander gedehnet waͤren, und in welche man von der Seite hineinfehen kann. Das nemliche Horn muß aber feine Geſtalt, dem Anſehen nach, nothwendig veraͤndern, wenn man bey der Stellung des Vogels im Profil (da alsdenn das Horn eine ſehr ſchiefe Neigung gegen unſer Auge bekoͤmmt) nicht mehr von der Seite in alle Gewinde des Horns hineinſiehet; ſondern von oben, wie durch die boble Spin⸗ del einer Wendeltreppe durchſchauet. Dahero muß derſelbe dbere Theil des Horns, welcher (Rupfer⸗Tafel Fig. 2.) wegen der weiten Aus⸗ dehnung ſeiner Gewinde keine Zirkel⸗Figur en Face formiren kann, BB oben n 1G r F oben bey dem Vogel im Profil ſich dem Auge darſtellen: als ein in die zirfelförnige Runde umſchlungenes Spiralgewinde, deſſen mittlere Kruͤmmung ſich ſelbſt zu beruͤhren ſcheinet. Die aͤuſſere Feinheit der Materie, aus welcher ſich das Horn ge⸗ bildet hat, iſt eben fo dichte, eben fo glänzend, und fo gefaͤrbt, wie der Schna⸗ bel ſelbſt, weil es juſt die ähnliche und auch mit derſelben Knochen⸗ haut bekleidete Maſſe iſt, aus welcher der Schnabel eines jeden Canarien⸗ Vogels erwächfer. Was das Innere des Horns betrift; fo vermuthe ich, daß es durchweg veſte und nicht hohl ſeyn werde. Klauen, Hoͤrner, Schnaͤbel, Zaͤhne, Federn und Haare ſind Mannigfaltigkeiten der Figur, aber nicht des Urſtofs. Die Verwandſchaft der beyden Letzteren wird man augenſcheinlich bemerken, wenn man die Borſten des Schweines, die verſchiedenen Stacheln der Igel⸗Geſchlechter, die Haare aus den Schwaͤnzen des Ele⸗ phanten und Rhinoceros, u. f w. mit den borſten⸗ artigen Federn aus den Fluͤgeln des Kaſuars oder mit den zween langen feder artigen Borſten des Paradies⸗Vogels, u. ſ. w. zuſammen vergleichet. Die Aehnlichkeit der Erſteren konnte man ſchon aus jenem grauſamen Spielwerke ver⸗ muthen, — — J muthen, wenn die Sporen von den Fuͤſſen eines jungen Haushahnes auf die Stelle ſeines abgeſchnittenen Kammes gepfropfet werden, und alsdenn wie Hörner wachſen. Es wird alſo kein übertriebener, obgleich allemal ein ſeltener, Sprung der Natur ſeyn: wenn ſie aus der fuͤr einen Schnabel beſtimmten Materie, durch ungeroöhnliche Veranlaſſungen, die Figur eines Horns entſtehen läßt. Zoologen von Profeſſion, in deren Fach es gehoͤret, die Entſte⸗ hungs⸗Art dieſes Horns zu erklaͤren, werden ſein Daſeyn aus einem ſo genannten Knochen⸗Bruche am Schnabel herzuleiten wiſſen: wie⸗ wohl gruͤndlicher, als man es einem eigentlichen Freunde der Mineralo⸗ gie zumuthen kann. Ich muß dahero, mein Herr Graf, Sie bir ten, meine unvollkommene Erklärungen als bloß natuͤrliche Hypotheſen anzuſehen, deren Gewicht durch den Ausſpruch rechtmaͤſſiger Anatomiſten und Oſteologen entſchieden werden kann. Wenn es aus der allgemeinen Thier⸗Geſchichte bekannt iſt, daß die Zeugungs⸗Saͤfte auf Zaͤhne, Hoͤrner und Haare einen merkwuͤrdi⸗ gen Einfluß haben, und mit dieſen drey Dingen die Schnaͤbel in Abſicht ihres Urſtofs ſehr nahe verwandt ſind; ſo ſtelle ich mir vor, daß ein B 2 llang⸗ 12 langwieriges Kloſterleben dieſes Vogels, verbunden mit dem reich: lichen Futter, auch eine uͤberfluͤſſige Menge von Knochen⸗Theilchen abgeſe⸗ Ger, und ſolche durch die Abſonderungs⸗Wege dem Schnabel zugefuͤhret babe. Die Beinhaut deſſelben iſt nicht im Stande geweſen, dieſen ſtarken Zufluß in denjenigen Schranken zu erhalten, welche allein der Figur eines Schnabels und feinem von der Natur feſtgeſetzten coͤrperli⸗ chen Umfange angewieſen waren. Es war dahero natürlich, daß dieſe uͤberfluͤſſige Materie zunaͤchſt in einer (wegen der benachbarten feuchteren Theile) etwas weicheren Gegend des Schnabels den Ausweg ſuchte, und zwar am Unterkiefer, wo er ſich in die erſten Federn des Halſes zu ver⸗ bergen anfaͤngt. | „Eine daſelbſt geringere, dem Knochenbruche am Schna⸗ bel, ſonſt hinderlich geweſene Elafticität verſtattete es der Natur, in dieſer ſicheren Gegend den erſten Keim zum Horn hinzupflanzen: es mag nun etwa noch eine äufferliche Verletzung hinzugekommen ſeyn oder nicht. Wenigſtens iſt rund um an der erſten Wurzel des Auswuchſes nicht die geringſte Spur davon anzutreffen; ſondern Horn und Schnabel find fo genau in einander verwachſen, daß es ſchwer wäre, felbige mit Gewalt A « OW 13 Gewalt zu trennen, ohne Eins von Beyden zu verletzen. Dieſer vornemlich von innen anzunehmende Knochenbruch am Schnabel kann zu⸗ erſt ein kleines Waͤrzchen auf der Beinhaut gebildet haben, welches ſich in der Folge, wegen des häufigen am meiſten nach dem Schnabel Bingezogenen Knochenſaftes, fo fehr verlängert hat, daß der ganze Auswuchs die für ein Horn ſchickliche Kruͤmmungen hat annehmen koͤnnen. | tre Es beſtehet ohne Zweifel dieſes hornartige Gewaͤchs auch aus einem fadenartigen Gewebe, deſſen einzelne Faſern eine natürliche Schnellkraft und den davon abhangenden Trieb beſitzen, ſich zu kruͤmmen. Wird nun dieſe elaſtiſche Eigenſchaft, mit denen, in den Zwiſchen⸗ Räumen der hornartigen Materie, zunehmenden oder abnehmenden Feuchtigkeiten bald ſtaͤrker bald ſchwaͤcher; ſo kann man es ſich leicht vorſtellen, woher das Horn, an ſeinem unterſten und (wegen ſeiner ſtaͤr⸗ keren Dicke) der Verduͤnſtung eingeſchloſſener Feuchtigkeiten nicht ſo ſehr unterworfenem Theile, ziemlich umgekruͤmmt geblieben iſt: da ſich ohnedem in ſelbiges aus den benachbarten Theilen mehrere Feuchtigkeit abſonderte. Hingegen hat die duͤnnere und von jenem inneren Zuffuß B 3 weiter 14 weiter entfernte Verlängerung des Horns die vielfache Kruͤmmungen am: nehmen muͤſſen, weil aus dieſen ſchlankeren Theilen die Feuchtigkeit leichter und geſchwinder verdunſtet iſt. Ich habe ſchon oben, mein Herr Graf — die Ehre gehabt, Ihnen zu berichten, daß das Horn an der tiefſten Stelle des Unter⸗ kiefers hervorgewachſen ſey. Es hat alſo deſſen erſter Keim, durch das denen Vögeln übliche oftmalige Wetzen ihres Schnabels an harte Gegen: ſtaͤnde, nicht fuͤglich beruͤhret, vielweniger weggeſtoſſen werden koͤnnen. Das Horn hat vielmehr bey ſeinem auf ſolche Art ungeſtoͤhrten Wachs⸗ thume (auſſer jenen gekruͤmmten Verlaͤngerungen) vornehmlich an feinem unteren Theile mehrere Dicke und ſo viel elaſtiſche Staͤrke erhalten, daß alle Kraͤfte dieſes Thierchens zu ohnmaͤchtig geweſen ſind, die Biegſam⸗ ſamkeit des Horns zu uͤberwaͤltigen und es zu zerbrechen. Dieſes ungluͤckliche Thiergen iſt nicht einmal vermoͤgend geweſen, durch ein e Oefnen des Schnabels, welches doch bey allen Vögeln haufig genug geſchieht, zu verhindern, daß ſich nicht der untere faſt gerade Theil des Horns, bey der immer mehr zunehmenden Dicke deſſelben, dicht an den Oberkiefer fo veſte angefchloffen haͤtte: daß der Vogel T— AA 15 Vogel feinen Schnabel zuletzt gar nicht oͤfnen, ſondern dem Hunger und einem bald darauf erfolgten Tode ſich hat unterwerfen muͤſſen. | Der Beſitzer des Vogels, der ihn (bevor derſelbe nach feinem Tode der Sammlung des Herrn Vriends zu Theil geworden iſt) noch lebendig hatte, ſollte fruͤhzeitig auf Mittel gedacht haben, ob nicht das leben noch zu retten geweſen waͤre, ohne das Horn zu zerſtoͤhren. Er haͤtte es viel: leicht mit geſchickten Handgriffen an dem unteren Theile ſchaben oder feilen koͤnnen, um ſeine zu ſehr anwachſende Dicke zu verringern. Man wuͤrde dabey noch Gelegenheit zu Bemerkungen genommen haben: ob nicht viel⸗ leicht der Vogel mit der Zeit in ſich den Trieb entwickelt haͤtte, ſein Horn zu gebrauchen, wenn Vertheidigungen oder Angriffe ihn aufgefordert haͤtten. Es ſind ja in der lebensgeſchichte mancher Thiere Auftritte genug: da aͤuſſere an dem thieriſchen Körper vorgefallene Veraͤnderun⸗ gen es veranlaſſen, daß das Thier in feinen Handlungen entweder alte Gewohnheiten ableget, oder neue einführet, Von diefem allen, mein Herr Graf — was ich angefuͤhret habe, wuͤrde man zuverlaͤſſiger urtheilen koͤnnen, wenn ich von dem gan⸗ zen lebenslauf dieſes Vogels etwas ausfuͤhrlicheres erfahren haͤtte. Nichts | mehr, 16 mehr, als folgende wenige Zeilen hat mir Herr Vriends mitgetheilet. „Wegen meines Canarien » Vogels mit dem Horn am Kopfe habe ich, zu meinem Leidweſen, nicht ſehr viel erfahren. „Der Herr, von welchem ich ihn bekam, weiß mir nichts mehr davon zu ſagen, als daß dem Vogel fein Horn im Alter „und zwar langſam gewachſen, aber endlich ſo groß geworden „ift, daß er den Schnabel nicht mehr hat oͤfnen koͤnnen, ſon⸗ „dern darüber crepiren müffen.” — Man hat Benfpiele, daß der Ueberfluß eines Theiles an thieriſchen Koͤrpern durch die Zeugung fortgepflanzet werde, wovon jene wegen ihrer ſechs Finger bekannte Familie der Bilfinger ein auffallender Beweis iſt. Aber es traͤgt ſich auch zu, daß die gaͤnzliche Ermangelung eines Glie⸗ des am Thiere ſich eben gut auf die Nachkommenſchaft deſſelben verbreite. Ich kann davon ein hieher gehoͤriges Beyſpiel anfuͤhren, welches zu⸗ gleich eine Aufloͤſung jener Frage ſeyn ſoll, die Herr Klein in feiner Sammlung merkwuͤrdigſter Naturſeltenheiten des Koͤnigreichs Ungarn Pag. 125. zur Beantwortung vorgeleget hat. Eine Eine ſpaniſche Huͤndin, die fon ſeit vielen Jahren in meiner Wohnung lebt, iſt nicht nur ſelbſt von Natur ohne Schwanz; ſon⸗ dern ſie hat auch ſchon mehrmalen junge Hunde geworfen, wotunter ſich Ungeſchwaͤnzte befunden haben. So oft dieſe Huͤndin ihr Geſchlecht mit mehreren Jungen „als einem, vermehrete; fo hatte unter dieſen etwa Einer einen vollkommenen, die Mehreſten einen um die Helfte oder noch weiter abgekuͤrzten, und denn wenigſtens Einer gar kei⸗ nen Schwanz. Das ſonderbareſte war, daß die Jungen faſt jedes⸗ mal allein ihren Vätern (3. E. Jagdhunden, Pudeln, Windhun⸗ den u. ſ. w.) in Abſicht der Zeichnung und des übrigen coͤrperlichen Baues aͤhnlich geweſen, und bon ihrer Mutter, der ſpaniſchen Hündin, nichts weiter als den Mangel des Schwanzes, entweder zum Theil oder gaͤnzlich, angenommen haben. Wenn alſo die Natur den Fehler ſowohl, als den Ueberfluß, ihren thieriſchen Nachkommenſchaften mittheilet; ſollte denn wohl eine ganze Familie ſolcher gehoͤrnten Canatien⸗Vögel unwahrſcheinlich ſeyn, wenn dieſer Vogel zum Paaren jung genug geweſen wäre ? Den gröffe: ſten Grad der Wahrſcheinlichkeit, in fo weit er an die Gewisheit graͤn⸗ C zen 18 zen folt, werde ich wohl nicht behaupten duͤrfen: weil in obigen Exempeln Beydes, der Ueberfluß und der Mangel, angehalten war⸗ u n JIch bin uͤberzeugt, daß Sſe, mein Herr Graf — dieſe | meine Zuſchrift, welche ich mit Ihrer Feder ſchreiben zu koͤnnen gewuͤnſcht hätte, nicht nach dem Werthe des Inhalts, ſondern bloß nach der Abſicht aufnehmen werden, die ich einmal hatte, Ihnen ſchriftlich aufzuwarten, und dabey nicht ganz leer zu erſcheinen. Ich ſchaͤtze mich uͤbrigens glöcklich „ daß ich bey dieſer neuen Gelegenheit det Ehre theilhaftig werde, mich zu nennen, Mein Here Graf Dero. Hamburg.