Smithsonian Institution Libraries GIERTFOF MarciaB rady Tucker MELANGES BIOLOGIQUES TIRES DU BULLETIN DE L’ACADEMIE IMPERIALE DES SCIENCES DE ST.-PETERSBOURG. TOME IV. 2 i TE October 1863. Über das Aussterben der Thierarten in phy- siologischer und nicht physiologischer Hinsicht überhaupt u. s. w.. von K. E. v. Baer. ; (Mit 1 Tafel.) Zweite Hälfte, erste Abtheilung. (Vergl. Bulletin de U Acad. des sciences Tome III, p. 369— 396.) Il. Untergegangene Thiere, deren Zusammensein mit dem Menschen historisch documentirt ist. B. Alca impennis, Linn. Die Vertilgung des grossen Alks, den Linn& Alca impennis genannt hat, ist ein merkwürdiges Seiten- stück zu dem Untergange der nordischen Seekuh (Rhytina). Beide sind ohne allen Zweifel durch Men- schen vertilgt worden, und da sie zur Nahrung scho- nungslos erlegt wurden, so kann man sagen, beide sind von den Menschen verzehrt. Bei der Rhytina ist die kurze Zeit des Vertilgungs-Krieges besonders auf- fallend und merkwürdig; ihr Vaterland war aber auch ungemein beschränkt, als die historischen Nach- richten über sie begannen. Die Alca impennis dage- gen hat einen weiten Verbreitungs-Bezirk gehabt; sie ist auf manchen Inseln um Newfoundland ungemein 1 — 400 — häufig gewesen. Der Vertilgungs-Krieg hat daher auch länger angehalten, und nur eine kleine Kolonie im hohen Norden, an der äussersten Gränze des ur- sprünglichen Verbreitungsbezirks hat sich längere Zeit erhalten und mit dieser ist jetzt die ganze Art fast ausgestorben oder dem Aussterben ganz nahe. Die Geschichte der Alca impennis ist von dem Pro- fessor Japetus Steenstrup in Kopenhagen mit eben so viel Ausdauer als Scharfsinn aus einer Menge alter Reisebeschreibungen nachgewiesen, nachdem er schon früher Knochen dieses Vogels in den alten sogenann- ten Küchenresten Dänemarks erkannt hatte. Von diesen eben so interessanten als wichtigen Untersu- chungen, sind zwar die allgemeinsten Resultate schon längst in ganz Europa bekannt, aber in den am mei- sten gelesenen Sprachen, sind die Berichte, welche mir vorgekommen sind, ungemein summarisch. Steen- strup hat seine Untersuchungen am Vollständigsten dem naturhistorischen Verein in Kopenhagen in den Jahren 1856 und 1857 mitgetheilt. Sie sind gedruckt in der Zeitschrift dieser Gesellschaft: Videnskabelige Meddelelser for den naturhistoriske Forening i Kjöben- havn, for Aaret 1855, Kjöbenhavn 1856— 1857. Ob- gleich auf dem Titel dieses Heftes gesagt wird, dass es für das Jahr 1855 bestimmt ist, so wird im Inhalts- Verzeichnisse doch ausdrücklich erklärt, dass die Ab- handlung vom Prof. Steenstrup in den Jahren 1856 und 13857 und noch eine andere i. J. 1856 mitge- theilt sind. Der Dänischen Sprache unkundig habe ich für eine Übersetzung dieser Abhandlung gesorgt, in der Ab- sicht einen reichhaltigen Auszug zu geben. Da sich . Eins ; Li u 8 a 2a aber viele Abschnitte nieht ihrem ganzen Werth und "Inhalt nach geben liessen, ohne in die Argumentation des Verfassers ganz einzugehen, z. B. wenn er gegen die hergebrachte Meinung den besprochenen Vogel nicht für einen Bewohner der Grönländischen Inseln, auch nicht zur Zeit von Otto Fabricius erklärt — so habe ich es für passender gehalten, die Übersetzung vollständig zu geben, da die Zoologen und Palaeonto- logen, welche der Dänischen Sprache nicht mächtig sind, doch am liebsten den ganzen Reichthum dieser Untersuchungen werden kennen lernen wollen. Einige Härten im Deutschen Ausdruck habe ich zu mildern gesucht, ich durfte aber nicht viel ändern ohne Ge- fahr zu laufen den Sinn zu entstellen. Der Über- setzer wird mehr gewohnt sein sich in Dänischer Sprache auszudrücken als in Deutscher. EinBeitragzur Naturgeschichte des Geir/ug/, Alca impenngs, und besonders zur Kenniniss seines früheren Verbreitungskreises von Prof. Jap. Steenstrup. In den beiden letzten Berichten über das Resultat der Untersuchungen der Küchen-Abfälle des Däni- schen Urvolkes (Oversigt over Videnskab. Selskabs. For- handlinger 1855, S. 13—20 und 385—-88) habe ich den merkwürdigen Umstand erwähnt, dass unter den Überresten von Thieren, welche die Ureinwohner gegessen hatten, auch Spuren von zwei grösseren Vögeln gefunden wurden, welche nicht mehr hier im Lande existiren, nämlich des Auerhahns (Tetrao uro- gallus) und eines grossen, zum Fliegen ganz unfähigen Vogels vom Geschlechte der Alken, welcher als der so 2 — 402 — gut wie ausgerottete Geirfugl (Alca impennis L.) an- gesehen werden muss. Da der so eben genannte Vo- gel nicht in den letzten Jahrzehnten, überhaupt nicht in diesem, Jahrhunderte an einer südlicheren Stelle als auf den nur wenige Meilen von der Südküste Islands gelegenen Geirfugleskjaer (Alca-Felsen) brütend gefun- den worden ist, und das sogar nur in wenigen und vereinzelten Individuen, da weiter das Vorkommen einzelner gegen die nördlichen und westlichen Küsten von Europa hingetriebener Individuen zu den sehr grossen Seltenheiten gehört, musste natürlich die Nachweisung mehrerer Individuen dieses Vogels in jenen Haufen von Küchen-Abfällen sehr überraschend sein, weil sie unwiderleglich andeuten mussten, dass dieser Vogel vor ca. 3000—4000 Jahren im Katte- gat lebend vorgekommen ist. Je unerwarteter dieser Fund war, desto wichtiger musste es für mich sein, die Deutung der gefundenen Knochen ausser allen Zweifel setzen zu können. Die- ses war nun in so fern nicht leicht, als es weder in unserem, noch, so viel bekannt, in anderen Museen ein Skelet dieses seltenen Vogels gab. Aber da ich einerseits durchgängige Uebereinstimmung der gefun- denen Knochen und der entsprechenden Knochen aller europäischen kleineren Alken, und andererseits ge- wisse eigenthümliche Unterschiede zwischen jenen und diesen fand, konnte ich mich kaum darin täuschen, den Vogel, von welchem die Knochen herstammten, erstens für eine Alca zu erklären, demnächst für eine Alca von der Grösse einer Gans und endlich für eine zum Schwimmen und Untertauchen im höchsten Grade geeignete, aber zum Fliegen ganz unfähige Alca, Eigen- — 403 — schaften, welche unter allen bekannten Arten dieser Familie nur der Alca impennis zukommen. Diese zunächst durch die Analogie gewonnene Überzeugung wurde durch ein besonderes Zusammen- treffen von Umständen vollständig bestätigt. In einem kleinen Kreise nordischer Naturforscher war es näm- lich bekannt, dass der Norwegische Zoolog P. Stu- vitz, der der Fischerei wegen, von seiner Regierung nach Newfoundland und dem zunächstliegenden Theil von Nordamerika gesandt worden war, von einer klei- nen Insel, entweder bei der Küste Labradors oder Newfoundlands einige Vogelknochen nach Hause ge- schickt hatte, welche in grossen Haufen an der Küste gefunden waren, und nach ihrer Heimsendung als @eir- fugl- (A. impennis) Knochen gedeutet wurden. Dies konnte man um so viel sicherer erklären, als ausser allen wesentlichen Knochen des Körperske- letes eine nicht geringe Anzahl Cranien gefunden waren, welche mit denen übereinstimmten, die man von einzelnen ausgestopften Vögeln hatte. Von diesen Knochen hatte das zootomische Museum der Universität zum Glück einige erhalten, und darun- ter auch einige gerade von denselben Theilen des Skelets, zu denen meine in den Küchen-Abfällen des Urvolkes gefundenen Knochen gehörten. Bei unmittel- barer Vergleichung konnte man nicht daran zweifeln, dass es Vögel von einer und derselben Art waren, welche man an beiden Orten verzehrt hatte, und so- mit fanden also die Knochen unserer Küchen-Abfälle das zu ihrer vollkommen sicheren Deutung nöthige Material in Knochen ähnlicher Haufen an der Ameri- kanischen Ostküste, welchen man auch nicht früher — als jetzt die ihnen gebührende Aufmerksamkeit ge- schenkt hatte. Da der Stuvitz’sche Fund nicht veröffentlicht war, und, wie oben bemerkt, nur einem engeren Kreise von Naturforschern bekannt wurde, kamen also von - zwei entgegengesetzten Seiten Thatsachen ans Licht, welche wohl dazu aufmuntern konnten, das Schick- sal dieses merkwürdigen Vogels, so weit möglich, zu verfolgen und dadurch dasselbe klarer zu machen; denn es wird sich bald zeigen, dass seine Geschichte nicht wenig anders sich ausweist, als man sich die- selbe gewöhnlich vorgestellt hat. So weit die Ornithologen sich nämlich auf eine Auffassung der Geschichte und Verbreitung dieses Vogels eingelassen haben, haben sie sich beinahe im- mer das Verhältniss so gedacht, als wären die Punkte, an denen der Vogel in dem letzten Jahrhunderte höchst selten und vereinzelt gesehen worden (z. B. bei den Küsten der Shetlands- und Orkneys-Inseln), oder wo derselbe noch brütete aber nur in sehr kleinen Ge- sellschaften (die Geirfugl-Felsen an der Südküste Is- lands) die südlichsten seines Ausbreitungskreises, und als hätte der Vogel eine grössere Heimath und grös- sere Verbreitung gegen Norden in den arktischen Meeren und Meerbusen '), namentlich an der Ost- 1) Man vergleiche z.B. Temminck’s Ausdrücke im Manuel d’Orni- thologie (2-de partie p. 940—1820): «Il habite les plus hautes latı- tudes du globe, toujours dans les regions couvertes de glaces; vit et se trouwve habituellement sur les glaces flottantes du pöle arctique, dont dl ne s’eloigne quwaccidentellement-commun au Groenland , und beinahe dieselben Ausserungen wiederholt Ch. Dumont, Verfasser der orni- thologischen Artikel im Dictionnaire des sciences naturelles XLI, p. 57. 1826. C. L. Bonaparte lässt ihn bewohnen: «the arctie seas — 408. küste Grönlands und Spitzbergens u. s. w., indem man meinte, dass er in diese Gegenden zum Theil aus seinen südlicheren Standorten verjagt worden sei, weil er in diesen immer seltener geworden war. Eine bestimmte Meinung, dass die Alca impennis früher an mehreren der Stellen gebrütet habe, wo sie in späteren Jahr- hunderten nur ganz sporadisch gefunden wurde, schei- nen die neueren Ornithologen nicht gehabt zu haben und noch weniger eine Ahnung davon, dass dieselbe sogar weit südlicher gelebt haben muss, oder mit an- deren Worten: viel weiter nach den Europäischen Küsten verbreitet war, und dass Jene obengenannten, südlichsten Grenzen ihrer Ausbreitung, gerade die nördlichsten derselben waren. Auch in Betreff der Ausbreitung nach Osten und Westen hat man sich den Vogel nicht als solchen vorgestellt, dessen Haupt- heimath, wenigstens in späteren Jahrhunderten, an den östlichen Küsten Nord-Amerika gewesen Ist und dessen wenigste Individuen in den östlichen Gegenden des Atlantischen Oceans gewesen sind, von wo man ihn wirklich kannte und welcher früher den einzigen uns sicher bekannten Theil seiner Heimath ausmachte. Und doch scheinen die Verhältnisse sich offenbar so zu gestalten, wenn man die Data, welche schon vor- of both continents where it is almost constantly resident» (Synopsis of the Species ete. in Annals of the Lyceum of nat. hist. of New-Yorl: Vol. 11, 1528 p. 432) und Keyserling und Blasius (Wirbelth. Europas XC]J) suchen gleichfalls seine Heimath «im arktischen Meere». Thienemann, welcher selbst zwei Jahr unter dem Polar- Kreise lebte, lässt ihn jetzt nur an der uns unbekannten Ostküste Grönlands brüten, von wo die einzelnen Individuen auf Island ab- stammen sollen (Fortpflanzung der Vögel Europas, V. Abth. S. 57. 1538) u. s. w. — 406 — handen waren, oder die ich habe auftreiben können, genau untersucht. Als ich in den obenerwähnten Berichten an die Akademie der Wissenschaften meinen Fund von Alca- Knochen in den Küchen-Abfällen anführte, berührte ich auch im Vorbeigehen die Veränderungen, welche in der früheren Verbreitung dieses Vogels Statt ge- funden haben, indem ich sie, unter steter Hinweisung auf die Quellen, in kurzen Zügen darstellte, vor- nehmlich zur näheren Anleitung für Andere, welche dem Faden zu folgen oder denselben weiter fortzu- setzen wünschten. Hinsichtlich der ausführlichen Dar- stellung meiner Auffassung der Verhältnisse bezog ich mich auf die wissenschaftlichen Mittheilungen unseres Vereins, in welchem ich diesen Gegenstand ausführlicher zu behandeln gedachte, in der Aus- dehnung nämlich, worin ich denselben in den Sitzun- sen des 17. Nov. 1854 ,und des 14. Dec. 1855 dar- gestellt hatte. | Es ist die Erfüllung dieses Versprechens, welche ich hier versuche, aber es versteht sich von selbst, dass ich mit diesem Versuche ganz und gar nicht be- absichtige, eine vollständige Darstellung der Ge- schichte der Alca impennis zu geben, sondern nur eine Reihe von Daten dazu zu liefern, welche bisher un- bekannt oder ganz übersehen worden waren, und diese in einen solchen Zusammenhang zu bringen, dass die Geschichte des Vogels uns dadurch in ihren wesentlicheren Zügen bestimmter vorgeführt wird, so dass in der Zukunft neu gewonnene oder aus der Literatur hervorgezogene Thatsachen besser ihren rechten Platz werden finden können. — 407 — Ich habe schon erwähnt, dass die A. impennis im vorigen Jahrhundert ihre Hauptheimath an der west- lichen Seite des Atlantischen Oceans, namentlich an der Ostküste des nördlichen Amerikas hatte, und da dies die hauptsächlichste Veränderung in der bisheri- sen Ausicht von der Ausbreitung des Vogels ist, will ich mit den Thatsachen, welche diese Anschauung rechtfertigen, anfangen. A. Der Aufenthalt der Alca impennis an der westlichen Seite des Atlantischen Oceans oder an den nördlichen Theilen der Ostküste Nordamerikas. So viel ich weiss, hat keiner der Amerikanischen Ornithologen in der Alca impennis einen Vogel erkannt, welcher den eigentlichen Amerikanischen Küsten an- gehört oder angehört hat. Die nordamerikanischen Faunen, in welchen ich seiner erwähnt finde, sind: Richardson’s Fauna boreali-americana, 1851 und Wilson’s American Ornithology with a contin. by C. L. Bonaparte and notes by W.Jardine, 8 vol. 1832, aber während die Hauptausgaben in-4° der zwei hier aufgeführten Werke von Wilson 1808 —14 und Bonaparte 1825 —32 dessen gar nicht erwäh- nen, und Jardine hier, III, $. 225 ihn nur nach Bonaparte’s schon eitirter Synopsis nennt, und zwar mit jener bekannten und unbestimmten Angabe: ?n- habits the arctic seas of both continents u. s. w., welche verräth, dass sie schwerlich auf Exemplaren von ir- send einem authentisch Amerikanischen Fundorte beruht, ist im zuerstgenannten Werk von Richard- son nur in der Einleitung P. II. p. XXXVIII dieses Vogels erwähnt nach Sabine’s Abhandlung über die Vögel Grönlands. Sabine hat indessen eben so we- — 408 — nig selbst den Vogel bei Grönland gefunden, als Ri- chardson in Nordamerika. In seinem «memoir on the birds of Greenland (Linnean Tramsactions f. 1818 S. 559) hat Sabine den Vogel nur nach O. Fabricius Autorität angeführt, und somit scheint das nord- amerikanische Bürgerrecht der Alca impennis bisher nur auf ihr Vorkommen an den grönländischen Kü- sten gestützt gewesen zu sein. 1) Alca impennis an den Küsten Grönlands. Die Nachrichten, welche wir darüber haben, dass dieser Vogel an den Küsten Grönlands wirklich eine Hei- math gehabt hat, sind indessen nur äusserst spärlich, und man wird gewiss bei genauerer Betrachtung nicht das Resultat daraus finden, welches man bisher ge- neigt war aus ihnen finden zu wollen. Sie schweigen fast ganz für das ganze gegenwär- tige Jahrhundert und da sie kaum ein Jahrhundert in der Zeit zurück gehen, betreffen sie also nur einen sehr beschränkten Zeitraum, nämlich die Jahre von 1761—-1774, und dabei sind die Nachrichten oft aus zweiter Hand. Man kann somit auf der einen Seite wohl nicht daran zweifeln, dass es die Alca impennis ist, die der Missionär David Crantz in seiner His- torie von Grönland 1765, S. 111, mit seinem See- Emmer, grönländisch Zsarokitsok (d. i. kleingeflügelt) meint, wenn er sagt, dass derselbe trotz seiner Grösse Flügel von kaum einer Spanne Länge hat und gar nicht zu fliegen vermag und da seine grönländische Benen- nung nur durch eine unbedeutend andere Auffassung der Selbstlaute von der verschieden ist, welche H. Chr. Glahn in seinen Bemerkungen über die drei — 409 — ersten Bücher von Herrn David Crantz Historie von Grönland, 1771 5. 99— 100 der Alca impennis beilegt, nämlich Iserokitsok (von Iserok, ein Flügel, und kipok, klein,) welcher Name auch bei Otto Fabri- cius (Fauna groenlandica, S. 82) dafür gefunden wird. Aber auf der anderen Seite ist es zugleich aus den Ausdrücken unzweifelhaft, dass Crantz während sei- nes Aufenthaltes in Grönland (1761—62) ihn nicht selbst gesehen hat, da alles darauf hindeutet, dass er bloss durch seine von Neu Herrnhut aus in den näch- sten Kolonien Godthaab und Sukkertoppen abgeleg- ten Besuche bei «den Normännern» etwas von ihm ge- hört haben muss, und durch Missverständniss der wenigen und sonderbaren Dinge, die er von ihm an- führt, dahin gekommen ist, die Benennung der Nor- männer für Colymbus glacialis Lin. und ein Paar ihrer bekannten Fabeln von diesem Vogel und die Aus- brütung seiner Eier unter den Flügeln für die Alca impennis aufzunehmen. Glahn dagegen äussert sich über den Schnabel und die Form des Körpers der Alca impennis im Verhältniss zum Colymbus glacialis auf eine solche Weise, dass man annehmen muss, er habe den Vogel gesehen oder eine leidlich gute Be- schreibung desselben vor sich gehabt. Wäre Ersteres der Fall gewesen, so würden sicherlich seine Bemer- kungen gegen Urantz ihrer ganzen Beschaffenheit zu Folge, viel mehr und andere Berichtigungen enthalten haben, ich bezweifle daher nicht, dass er nur aus letztgenannter Quelle seine Aufklärung hat. Dass eine solche ihm zur Seite lag, sieht man aus der $. 108— 111 mitgetheilten Liste über Grönländische Vögel, verfasst von einem Pastor bei Holsteinborg, denn auf 3 — 410 — dieser Liste steht ein NB. vor /serokitsok oder Alca impennis, und dieses NB. bezeichnet, sagt Glahn: «die Vögel, welche er (der Pastor) etwas umständlicher beschrieben, und wovon die Manuseripte zum Theil beim hochlöblichen Missionscollegium liegen (S. 107) Aus diesen beiden (Quellen kann man kaum mehr her- ausbringen, als dass der Vogel an den Küsten gesehen worden sein muss, aber vb derselbe dort regelmässig, selten oder häufig vorkam, und ob er dort brütete, wird mit keinem Worte erwähnt. Über diese Verhältnisse äussert sich indessen un- sere dritte Quelle seiner Zeit, der Pastor Otto Fabricius so umständlich, dass er kaum missver- standen werden kann; er hat nämlich nie andere als Jüngere Vögel gesehen (rostrum nigrum, suleis 4 tan- tum notatum in exemplaribus visis) und sie finden sich nur draussen auf den äussersten Felsen, am offenen Meere, und gleichwohl nur selten und bloss in später Herbstzeit (habitat in alio mari, raro ad insulas extre- mas visa, et quidem tempore brumali); die alten sind äusserst selten (veteres rarıssimi). Brütete er an den Küsten Grönlands, so müsste es auf den entferntesten und ganz unbesuchten Aussenklippen sein, denn die Grönländer haben nie ein Nest gesehen (nidificat in scopulis maris extremis ab hominibus remotissimis; quod inde concludo, quod nidus ejus nunguam a Groenlandis conspectus est). Der Vollständigkeit wegen will ich zu diesen Ausdrücken seiner Fauna groenlandica (1780) p. 82 hinzufügen, was er über dieselben Verhältnisse in seinem bedeutenden Manuscripte « Zoologiske sam- Iinaer» 1stes Heft S..267 sagt: «Dieser Vogel wird nur in Grönland im Vorwinter von September bis — 411 — Januar zu rechnen, gesehen, zuweilen in ziemlicher Menge, aber die meisten Winter nur wenige, einen alten sieht man sehr selten. Immer weit in der See, sehr selten zwischen den Inseln und niemals am Lan- de, (es sei denn dass man bei den nördlichen Kolonien andere Erfahrungen gemacht haben sollte als bei den südlichen, wo ich war). Im Sommer wird er nicht gesehen, da er sich bei seinen Brüteplätzen aufhält.» Grönland kann also eigentlich nicht die Heimath des Vogels genannt werden, da er in der Wirklichkeit nicht am Lande brütet, sondern nur für eine kurze Zeit unter Land kommt und dann weit in der See. «Wo er brütet, ist unbekannt, denn die Grönländer haben niemals sein Nest gesehen. » (sewissermaassen im Gegensatze hierzu, ja im Wi- derspruche hiermit, steht jetzt die einzelne Beobach- tung, welche Fabrieius gemacht haben will und die er in seiner Zn. groenl. in unmittelbarer Fortsetzung obengenannter Worte anführt, dass er doch einmal im August Monat ein mit Daunen bedecktes Junges ge- sehen habe, nur wenig Tage alt, welches sich kürzlich von seinem Neste entfernt haben musste, das daher nicht weit entfernt sein konute («sed pullum vidi, mense Augusto captum, lanuginem griseam tantum ha- bentem, hinc aliquot tantum dierum; inque Wlo inveni rhodiolam roseam et alia vegetabilia, quae liltoribus praeruptis crescere solent, non autem pisces: hinc nu- per de nido suo nec procul venisse necesse est»). Bei dieser Beobachtung und dem daraus gezogenen Schluss verweilt er auch S. 267 in seine zoologischen Samm- lungen, von welchen ich dochhier, da kein neuer Stoff zugekommen ist, nur die Worte aufnehmen will, — 412 — mit denen er näher erklärt, was er, wenigstens 1809, als er dieses Heft niederschrieb, mit «nicht weit entfernt» gemeint hat. «Da die Grönländer in der Gegend, wo ich war (Frederikshaabs District), alle Inseln zu befahren pflegten,, sogar die ziemlich entfernt liegenden, und niemals diese Vögel im Sommer gesehen oder ihre Nester haben finden können — nur eine grosse Insel, Umenak genannt, deren westliche Seite dem Meere zugewandt, und was westlich davon noch weiter in’s Meer hinein liegen mag, erreicht man nicht — so vermuthe ich, dass sie da herum, weit von Menschen, und an mehreren anderen Stellen westlich hinaus ihre Brüteplätze haben müssen, ungefähr wie Uria grylle auf steilen Felsen am Ufer, ohne besondere Zubereitung. Was bei der Fabrieius’schen Beobachtung sogleich einem Jeden auffällt, der den regen Sinn der Grön- länder für die Natur und das dadurch geschärfte Auge kennt, nämlich dass das Junge eines so ansehnlichen Vogels, welcher in vieler Hinsicht die Aufmerksam- keit der Eingeborenen in Anspruch nehmen sollte, unmöglich aus einem Neste, welches innerhalb des von ihnen befahrenen Territoriums lag, kommen konn- te, hat natürlich auch den Verfasser frappirt, und man sieht, dass er deshalb dahin gebracht ist, den vermu- theten Brüteplatz nach so entlegenen Orten zu ver- setzen, dass das Herkommen eines so jungen flaumi- gen Thierchens von da ebenso unerklärlich bleibt. Der einzige natürliche Ausweg scheint mir hier, einen, besonders damals leicht zu entschuldigenden Irrthum anzunehmen, indem das von Fabricius gesehene Junge (zu dessen Erkennung er weder in der Fauna — 413 — groenlandica noch in jenem früher besprochenen Ma- nuscript das Geringste mittheilt), nicht,ein Junges der Alca impennis, sondern irgend eines andern Vogels, dessen Junges Fabricius unbekannt war, gewe- sen ist. Zu dieser Annahme wird der Naturforscher ausser den schon angeführten Unerklärlichkeiten noch mehr gezwungen durch folgende sonst aufbewahrte Züge der Vermehrungsgeschichte der Alca impennis: 1) dass sie nämlich früh genug brütet, um schon in der Mitte Juni mit dem schwimm- und tauchfähigen Jungen in See gehen zu können, 2) dass sie niemals zum zwei- ten Male Eier legt, selbst wenn das erste Ei geraubt wird, so dass also ein so spät ausgehecktes Junges nicht auf diesen Vogel passt, endlich muss ja wohl auch die im Jungen gefundene ausschliessliche Pflan- zennahrung einigen Verdacht gegen seine Alca-Natur erwecken. Seit Fabricius’ Aufenthalt in Grönland (1768 — 73) haben wir keine Beobachtungen und Berichte über das Vorkommen der Alca impennis in der Nähe der Küsten das ganze vorige Jahrhundert hindurch, und im gegenwärtigen Jahrhundert beschränkt sich die Zahl der beobachteten Individuen auf ein einziges, wie es scheint. In seiner Mittheilung über das Vor- kommen der Alca impennis auf Island (Kröyers Zeit- schrift II, S. 535) fügt der verstorbene Staatsrath Reinhardt bestimmt bei, dass kein bei Grönland ge- fundenes Exemplar ihm jemals bekannt geworden ist. Ein Exemplar, welches ihm später durch zuver- lässige Zeugnisse als von Grönland kommend, aufge- geben wurde, bemühte er sich für das Universitäts- — 414 — museum zu erhalten, wo es jetzt aufbewahrt wird. Da es von einem damals lebenden Dänischen Ornitho- logen”E. Hage, welcher früher mit Herrn Justizrath Boie in Kiel in Verbindung stand, erworben wurde, ist es vielleicht dasselbe Individuum, welches dieser in der Isis für 1822 (5. 372) an einen seiner Freunde als eine grosse Seltenheit gesandt zu haben meldete, und wahrscheinlich ist es denn auch dasselbe Exem- plar, welches, wie Holböll berichtet, 1815 bei Fis- kenässet gefangen wurde, und seit welchem nichts von der Alca impennis in Grönland gehört oder gesehen wor- den ist (©. Holböll: Ornithologiske Bidrag til den grön- landske Fauna in Kröyers Naturhistoriske Tidskrift IV, S. 361— 457; siehe S. 457. Desselben ornitho- log. Beitr. zur Fauna Grönlands, übersetzt von J. H. Paulsen. Leipzig 1546. S. 84). Mit mehr als diesem einen Individuum scheint also das sogar nur zufällige Vorkommen des Vogels an den Küsten Grönlands nicht für die letzten 50 Jahre, ja nicht einmal für die letzten SO— 90 Jahre, bestätigt werden zu können, und das sogar trotz aller Mühe, die man sich, wenig- stens seit dem Schlusse des Krieges 1514, gegeben hat, um denselben zu bekommen, und der verhältniss- mässig bedeutenden Summen, die man dafür geboten hat (cfr. ausser den genannten zwei Abhandlungen in Kröyers Zeitschrift, auch Reinhardt: Grönlands Vögel nach den neuesten Erfahrungen, in der Tid- skrift for Naturvidenskaberne 1824, III, S..59). Es scheint mir daher, dass man aus guten Gründen mit Holböll: «fürchten kann, dass man diesen Vogel nicht mehr an den Küsten dieses Landes finden wird.» Um so viel möglich zu verhüten, dass minder rich- — 415 — tige Anschauungen fortfahren sich auszubreiten, muss ich noch hinzufügen, dass, wenn Holböll an dersel- ben Stelle wegen des Aufenthalts der Alca empennis bei Grönland äussert, dass sie daselbst vor SO Jahren nicht selten war, und in dieser Hinsicht nur die Worte des Fabricius in der Fauna groenlandica vor Augen hat, damit offenbar zuviel gesagt ist, denn selbst mit den ein wenig ausführlicheren Aufklärungen, welche wir durch die oben von mir abgedruckten Worte erhalten, würde dieser Vogel doch dort nur ein seltener zu nennen sein, aber wenn er (Kröyers Zeitschrift S. 383; Ornithol. Beitr. S. 16) bei der Andeutung der Veränderung, welche die grönländi- sche Vogelfauna in letzterer Zeit, seiner Meinung nach, erlitten hat, als Resultat der Beobachtungen über einzelne gesehene Geirfugle anführt: «So weiss man mit vollkommener Gewissheit, dass Alca impennis an mehreren Stellen gebrütet hat» — so ist dies voll- kommen unrichtig. ; Meine Meinung ist demnach ganz kurz diese: Nach den bisher bekannten Beobachtungen sind wir ganz unberechtigt anzunehmen, dass Alca impennis die Sommer- oder Brütezeit an den Küsten Grönlands zugebracht hat; sie ist nur ein Wintergast gewesen, gewöhnlich sogar als junger Vogel, und niemals in grösserer Anzahl. Die Stellen, wo sie in früheren Zeiten gesehen worden ist, sind die Aussen-Inseln im südlichen Theile Grönlands gewesen, und sie ist ebensowenig von unseren Oolonisten und Seefahrern wie von den Grönländern in Nordgrönland gesehen worden, als an irgend einer andern Stelle oben in der Davisstrasse unter den zahlreichen Besuchen, die von — 4116 — Rossund Parry’s Reisen an bis zur letzten der zahlrei- chen Franklinsucher-Expeditionen in jenen Gegenden. 2) Alca impennis in der St. Iuawrencebucht bei Newfoundland u. s. w. Zum Ersatz für den bis dahin angenommenen Brü- teplatz der Alca impennis, welchen ich habe bezweifeln und in Abrede stellen müssen, will ich jetzt suchen, dem Vogel einen grossen und ausgebreiteten Brüte- gürtel etwas weiter nach Süden und Osten (Westen?) zu sichern, worauf man früher nicht aufmerksam ge- wesen zu sein scheint, nämlich etwas Ost und Süd von Newfoundland, westlich davon (in der St. Law- rencebucht), sowie etwas die Küste von Neuschott-. land hinunter; da ich mich aber hierbei hauptsächlich auf Berichte der ältesten Seefahrer beziehen muss, welche nach diesen Küsten fuhren und die natürlich andere Benennungen als die nordischen für die vor- kommenden Gegenstände gebrauchten, da sie in der Regel von England oder der Normandie ausgingen, so muss ich erst vorausschicken, welche Benennungen für die Alca impennis bei den verschiedenen Europäi- schen Völkern uns bekannt sind, die Gelegenheit ge- habt haben mit ihr in Berührung zu kommen. Der Isländische Name @eirfugl, welcher ohne Zwei- fel zunächst Bezug hat auf den langen und eigenthüm- lich zugespitzten Schnabel des Vogels, findet sich mit einer sehr kleinen Veränderung in der Aussprache, als Garfugl sowohl auf den Faeröern wie auf den In- seln westlich und nördlich von Schottland wieder. Auf diesen letzten Inseln ist der Vogel indessen schon unter dem Namen Pengwin bekannt, und an den übrigen — 417 — Küsten Britanniens bleibt dieser der allein geltende Name, jedoch natürlich neben der mehr umschreiben- den Benennung: «the great auk» oder der grosse Alk. Ganz entsprechende Benennungen finden wir bei den Französischen Seefahrer, und nach ihnen bei den Französischen Naturforschern in den Ausdrücken: le pingowin und le grand guillemot. Ich vermuthe, dass die Biscayer, deren Seefahrten sie so früh mit dem hohen Norden bekannt machten, auch einen Namen für diesen Vogel gehabt haben, ich habe ihn aber bis- her nicht finden können. Da es eine bekannte Sache ist, dass die frühesten Seefahrer, wie es auch jetzt noch sehr oft bei neueren Reisenden der Fall ist, häufig die Inseln und Landes- theile, Fiorde und Buchten, welche sie entdeckten oder besnchten, nach den weniger gewöhnlichen Na- turverhältnissen, welche sich an ihnen oder in ihrer Nähe darboten, benannten, und dass deshalb auch häufig ungewöhnliche oder auffallende Thierformen, ja selbst bekannte Gegenstände des Thier- und Pflanzen- reiches, wenn sie nur in aussergewöhnlicher Anzahl vorkamen, zu solchen Benennungen Anlass gaben, wollen wir, mit dieser Thatsache vor Augen, die Na- men auf älteren Karten für die Küstenstrecken des nördlichsten Amerikas durchblicken, um zu sehen, in wiefern in den, auf diese Weise gebrauchten Benen- nungen, eine Spur hinterlassen sein dürfte, dass man eine solche Vogelform getroffen hatte, oder dass eine solche längs denselben vorgekommen ist. Durch einen Blick auf die Karten entdeckt man nun bald, dass es auf diesen Küstenstrecken wirklich zahlreiche Inseln giebt, welche den Namen von der Menge der Thiere 4 — 418 — und Pflanzen, welche man auf ihnen gefunden, erhal- ten haben, und namentlich nicht wenige von Vögeln, theils im Allgemeinen (als /sles of birds.,, I. aux ot- seaux, I. das Aves oder einfach aves), theils nach ein- zelnen Arten (als: esles of swanns oder I. aux cygnes, I. of storcks, pigeon I., goose I. u.s. w.). Unter diesen letzteren sind auch einzelne, welche den Namen Peng- vin-Inseln (Zsles of Pengvins oder Isles aux pingouins) tragen und in hohem Grade unsere Aufmerksamkeit fesseln müssen, da sie nach jeder Wahrscheinlichkeit nach dem Vogel, welchen die Engländer und Franzo- sen mit jenem Namen bezeichneten, so genannt wor- den sein müssen. Solche, gleich den bekannten @eirfugl-Felsen an der südlichen Küste Islands, benannten Pengvin-In- seln finden wir z. B. auf Charlevoix’s, vom Inge- nieuren N. Bellin entworfenen Karte von Terre neuve und Canada a) an der südlichen Küste der Insel (Terre neuve): Isle du Pingowin, unter 47//° N. B. und etwas über 58° W. L. von Paris. b) an der Ostseite der Insel: Isles aux Pingowuins, unter 50° N. B. und unge- fähr 53° W. L. von Paris, in der Nähe der auf neueren Karten mit /ogo benannten Insel und mit drei sehr kleinen Inseln südlich, benannt I. de Fougue; und gleichfalls auf Jefferys’s und Anspach’s weit später ausgegebenen Karte, und namentlich am Süd- rande der Insel: Penguins Isle unter 47° 30° N. B. und ungefähr -— om) 57 W.L., welche bei Beiden offenbar jener er- — 419 — sten auf der Karte Charlevoix’s entspricht, während es keine entsprechende Benennung der ‘Fogo-Insel oder in deren Nähe giebt. Von Inseln, welche durch ihr ausserordentliches Vogelleben die Aufmerksamkeit der Seefahrenden cr- weckt und danach den Namen bekommen haben, will ich des Folgenden wegen, hier noch die Vogelinseln dieser Karten erwähnen: a) in der St. Lawrencebucht, etwas innerhalb des südlichen Einganges in dieselbe: Isles aux oiseaux bei Charlevoix, unter 48° N. B. und gegen 61° W. Länge. Birds Island bei Anspach etwas S. von 48° N.B. und nicht ganz so westlich wie 61° W.L., Dirds- rocks bei Jefferys, dieselbe Gruppe von sehr kleinen Inseln, welche auf den sehr alten Karten z. B. bei Laöt Ss. 30— 31 Isles aux Tangeux (irrthümlich für 7. de Margaux) genannt werden. b) an der Ostseite von Newfoundland: T. de birds bei Charlevoix, ungefähr ’/° 8. von Cap bonavista, Dird I. bei Jefferys N. 12, wo- mit nicht die Vogelinsel gemeint sein kann, wel- che auf der eben erwähnten Karte bei Laöt I. das Aves heisst, und bei Anspach nach dem spanischen Geographen Ortelio 1587 gegebene «Aves», d. i. Fogo. Wir folgen jetzt dem Fingerzeige der Karten und nehmen unsere Zuflucht zu den Berichten über die ältesten Reisen in diesen Gegenden, um nähere Auf- klärung zu suchen, welche die sich gleich beim An- blick der Namen aufdrängende Vermuthung, dass die — 4120 — Inseln grade nach diesen Vögeln ihre Benennung er- halten haben, bestätigen könnten. So kurz auch die Aufzeichnungen über die ersten Schififahrten nach diesen Küsten der neuen Welt sind, so enthalten sie doch hinreichende Angaben, welche mit einander ver- glichen uns schliesslich ein bestimmtes und sicheres Resultat geben. Doch, bevor wir diesem nachgehen, muss ich da- ran erinnern, dass weiter in der Zeit zurück als die ersten Jahrzehnte nach 1500 es sich nicht zu suchen lohnt. Gewisse Theile der Labradorküste, Hudsons- bay und Newfoundland waren freilich von Johan und Sebastian Cabot während ihrer Sommerreisen in den Jahren 1497 und 1498 entdeckt und besucht worden, aber weder in den Berichten über diese Rei- sen noch in denen über die Reisen der Gebrüder Cortereal nach denselben Gegenden in den Jahren 1500 —1502 habe ich Angaben der Art, wie wir sie brauchen, gefunden. Dagegen kommen solche vor in den Aufzeichnungen über die Reisen, welche kurz nach 1550, ein Jahrhundert hindurch stattfanden, theils und vornehmlich von den Küsten Englands, theils vom nördlichen Frankreich, welche besonders des reichen Fisch- und Robbenfanges wegen unter- nommen wurden. Was wir von diesen frühen Unter- nehmungen wissen, verdanken wir zum grossen Theil dem bekannten Richard Hakluyt, welcher es sich zu seiner Lebensaufgabe machte, das was zu seiner Zeit von den Theilnehmern selbst zu erfahren war, oder was dieselben darüber schon niedergeschrieben haben mochten zu sammeln und zu retten. Beim Durchge- hen der ersten Englischen Reisen nach Nordamerika — 421 — bei ihm’) habe ich folgende Stellen gefunden, welche uns Aufklärungen geben, dass diese Inseln nicht al- lein die Namen nach einem Vogel, welcher Pengoen genannt wurde, hatten, sondern dass dieser Vogel sehr ansehnlich und gross, seiner kurzen Flügel we- gen zum Fliegen untauglich war, und welcher über- haupt das Bild der Alca impenmis ins Gedächtniss zu- rückruft. Ich will sie der Zeitfolge nach anführen: 1636. Im Bericht über Hores Reise in diesem Jahre nach Cap Breton und Newfoundland’°) heisst es: «From the time of their settingout from Gravesend, they weve very long at sea, to witte, above two moneths, and never touched any land untill they came te part of the West Indies about Cape Briton, shaping thew course thence Northeastwardes, untill they came to the Island of Penguin, which is very full of rockes and stones, whereon they went and found it full of great foules white and gray, as big as geese, and they saw in- finite numbers of their egges. They draw a great number of the foules into their boats upon their sayles and tooke up many of their egges, the foules they flead and their skinnes were very like hony combes full 2) Richard Hakluyt: The voyages, navigations, traffiques and dis- eoveries of the English nation, and in some few places, where they have not been, of Strangers, performed within and before the time of these hundred yeeres etc. etc. III vol. London 1600. Diese seltene, alte Ansgabe ist in der grossen königl. Bibliothek. Ein neuer Nach- druck, welcher leichter zugänglich ist, und deshalb immer hier ci- tirt wird, hat den Titel: Hakluyts Collection of the early voyages, Travels and Discoveries of the English nation. A new edition, with additions, vol. III. London 1810. 3) The voyage of M. Hore and divers other gentlemen, to Newfound- land and Cape Briton, in the yeer 1536 and in the 28 yeere of king Henry VIII. Hakluyt III S. 168—170. — 4122 — of holes being flead off: they dressed and eate them and found them to be very good and nourishing meat. They saw also store of beares both blacke and white, of whome they killed some, and took them for no bad foode.» p. 168. Dass die Insel die Penguininsel an der östlichen Seite des Landes ist, ist wohl klar genug sowohl durch die Richtung der Fahrt als durch die von Hakluyt am Rande gemachte Bemerkung: «the island of Penguin standelh about the latitude of 50 degrees», eine Angabe, welche Hakluyt vollkommen im Stande war zu ge- ben, da er selbst den Bericht nach der Aussage zweier Theilnehmenden auf’s Papier gebracht hat’). So wird es auch in dem historischen Bericht über die Englischen Entdeckungen in diesen Gegenden, welcher in Harris’s Collection of voyages II (Ausg. v. 1764,8.192; davon in Pinkerton: A general collec- tion of the best and most interesting voyages and travels. vol. XII, p. 162) enthalten ist, aufgefasst, und es wird hinzugefügt, dass die Inseln gerade von den Vögeln den Namen haben: «from whence (Cap Breton) they sailed round a great part of Newfoundland to Pen- guwin Island, in the latitude of about fifty degrees, as they computed; but which lies, truly, in füfty degrees forty 4) Es heisst nämlich bei Aufzählung der vielen ansehnlichen und vornehmen Männer, welche an der Expedition Theil nahmen: «M. Thomas Buts, the sonne of Sir William Buts, knight, of Norfolke, which was lately living, and from whose mouth I wrote most of this rel- ation» und später (S. 169 ganz unten): «as he (M. Buts) told me Richard Hakluyt of Oxford himselfe, to whom I rode 200 mies only to learne the whole truth of this voyage from his own mouth, as being the only man now alwe, that was in this discoverie». Der zweite Theilnehmer, aus dessen Munde Hakluyt deu Bericht hatte, war Mr. Oliver Dawbeny. — 423 — minutes, where they found great plenty of those fowls, from whence the island takes its name. Die Jahreszeit, in der sie dort ankamen, muss un- gefähr Ende Juni gewesen sein, weil zwei Monate seit ihrer Ausfahrt von Gravesend, Ende April, ver- sangen waren. Trotz des reichlichen Vorhandenseins von Vogelfleisch, sieht man doch aus der traurigen, aber zugleich abenteuerlichen Geschichte der Expe- dition, dass es nur wenige Monate dauerte, bis die Hungersnoth auf den beiden Schiffen, woraus die Ex- pedition bestand, so gross wurde, dass die Mannschaft, wenn sie ans Land geschickt wurde, um Nahrung, die zumeist aus Wurzeln bestand, zu schaffen , sich gegenseitig umbrachte. 1578. In einem Briefe von Anthony Parck- hurst‘), welcher damals, vier Jahre nach einander, der Fischerei wegen Newfoundland befahren hatte, heisst es über die Producte dieses Landes: «There are Sea-Guls, Murres, Duckes, wild Geese, and many other kind of birdes store, too long to write, especielly at one Island named Penguin, where wee may drive them on a planke into our ship asmany as shall lade her. These birds are also called Penguins and cannot flie, there is more meate in one of these then in a goose: the Frenchmen that fish neere the grand baie, doe bring small store of flesh with them, but vietwall themselves always with these birdes» I. c. 172—73. 5) A letter written to Mr. Richard Hakluyt of the middle Temple, containing a report of the true state and commodities of Newfound- land by Mr. Anthonie Parkhurst, Gentleman 1578 (dat. 13 Nov.) Hakluyt III S. 170— 74. — 424 — 1583. In der Schilderung, welche Edward Haies von der von Sir Humphrey Gilbert .geleiteten grossen Expedition nach Newfoundland, um feste Co- lonien mit christlicher Bevölkerung anzulegen, giebt, berichtet dieser Theilnehmer des Unternehmens, Eig- ner und Führer eines der fünf Schiffe, woraus die Expedition bestand, und zugleich der einzige aller Theilnehmer, der mit seinem Schiffe gerettet zurück kam): «We had sight of an Iland named Penguin, of a foule there breeding in abundance, almost incere- dible, which cannot flie, their wing not able to carry their body, being very large (not much lesse then a goose) and exceeding fat: which the Frenchmen use to take without diffieulty upon that Iland, and to barreli them up with salt. Dut for lingering of time we had made us there the like prouision l. c. 191. Der Zeitpunkt war entweder der letzte Juli oder einer der allerersten Tage im August. Es wird nicht ausdrücklich gesagt, dass die Vögel bei der Insel ge- sehen wurden. Begleiter desselben Seezuges, aber an Bord eines andern Schiffes, nämlich des verunglückten Admiral- schiffes «Delight» war auch ein gelehrter ungarischer 6) A report of the voyage and successe thereof, attempted in the yeere of our Lord 1583 by sir Humfrey Gübert Inight, with other gentle- men assisting him in that action, intended to discouer and to plant Christian inhabitants in place conuenient, upon those large and ample contreys extended Northward from the cape of Florida, Iying under very temperate climes, esteemed fertile and rich in Minerals yet not in the actuall possession of any Christian prince, written by Mr. Ed- ward Haies gentleman and principall actour in the same voyage, who alone continued unto the end, and by Gods speciall assistance returned home with his retinue safe and entire. Hakluyt, III S. 184—203. — 425 — Dichter aus Pesth, Stephanus Parmenius «Bu- däus», wie er sich schrieb, welcher sich von England aus miteingeschifft hatte, um auf Latein die Thaten der Expedition und die neuen Scene@n, welche sich ihm darbieten würden, zu besingen. In einem Briefe dieses Gelehrten an Richard Hakluyt, datirt St. Johns Hafen auf Newfoundland, d. 6. August 1583, ist diese Insel und der Vogel gleichfalls genannt: ”) «nobis seor- sim (denn die Schiffe waren getrennt worden) prima terra apparuit ad Calendas Augusti, ad gradum circi- ter 50 — Insula est ea, quam vestri Penguin vocant, ab anium eiusdem nominis multitudine. Nos tamen nec anes vidimus, nec insulam accessimus, ventis alio vo- cantibus» 1. c. 204. Diese beiden Angaben gelten noch von der Pen- guininsel an der östlichen Seite Newfoundlands; die jetzt folgenden Beobachtungen des Penguinvogels be- treffen dagegen Punkte, welche südlich oder westlich von Newfoundland liegen. 1593 wurden auf dieselbe Weise unter Cap Breton, als die Besatzung des Schiffes Marigold °), welches unter dem Befehl Richard Strong’s auf Wallross- fang war, auf dieses Cap ans Land ging, Pengvine gesehen. «Here (Cape Breton) diverse of our men went on land, upon the very Cape, where, at their arrivall they found ihe spittes of Oke of the Savages which had roasted 7) Eingerückt bei Hakluyt III S. 203—5 und eine Englische Ueber- setzung des Briefes folgt S. 205—6. 8) The voyage of the ship called tho Marigold of Mr. Hill of Red- rife unto Cape Briton and beyond to the latitude of 44 degrees and a half, 1595. Written by Richard Fisher Mastev Hilles man of Redriffe. Hakluyt IlI p. 233—40. .) — 426 — meate a little before. And as they viewed the countrey they sawe divers beastes and foules, as blacke Foxes, Deere, Otters, great Foules with redde legges, Peng- wyns, and certain others.» 1. ec. p. 239. Dies scheint, dem Berichte nach, im letzten Drittel des Juli ge- wesen zu sein. 1594. Die letzte Aufklärung, die ich, dies Jahr- hundert betreffend, in diesen alten. Berichten über die Englischen Reisen nach jenen Gegenden über den «Penguinvogel habe finden können, ist, dass er auch einigen kleinen Inseln westlich von Newfoundland und in der St. Lawrencebucht, nördlich von Cap Bre- ton den Namen gegeben hat. Denn in der Reise Sil- uester Wyets’”) heisst es in der Schilderung seiner fruchtlosen Bestrebungen die angeschossenen Wall- ° fische an den Küsten der Insel Auticoste oder Natis- cotec zu finden «we returned backe to the Southwarde, and were within one league of the island of Penguin, which Iyeth South from the Eeastermost part of Natis- cotec some twelue leaques. From the isle of Penguin wee shaped our course for Cape de Rey and had sight of the Island of Cape Briton» etc. p. 242. Laut diesen Richtungen und Entfernungen der Fahrt ist die Lage dieser Penguen-Insel so nahe bei den Vogelinseln in der St. Lawrencebucht, deren ich oben erwähnte, dass man vermuthen muss, sie bezeich- nen ein und dasselbe '’). Diese sämmtlichen Äusse- 9) The voyage of the Grace of Bristoll of Mr. Rice Jones, up into the Bay of Saint Laurence to the Northwest of Newfoundland, as farre as the Isle of Assumption or Natiscotee, for the bar es or fyn- nes of Whales and traine Oyle, made by Siuester Wyet, Shipmaster of Bristoll. Hakluyt III S. 241 —242. 10) Den Vogelreichthum dieser Inseln bespricht Charles Leigh — 427 — rungen Englischer Seefahrer zeigen also hinlänglich die Richtigkeit der Vermuthung, welche die Namen der Karten hervorrufen mussten. Die Penguin-Inseln haben zweifelsohne den Namen nach Vögeln, und diese Vögel waren wenigstens darin dem Vogel, wel- chen die Engländer zu Hause Pengwin nannten, und wir Alca impennis benennen, ähnlich, dass sie weiss und schwarz von Farbe, so gross im Körper wie Gänse und ihrer kurzen und kleinen Flügel wegen nicht fliegen konnten. Wo sie waren, scheinen diese Vögel demnächst, wenigstens in diesem Zeitraum, in ausserordentlich grosser Menge vorhanden gewesen zu sein. Es geht weiter hervor, dass auch die Franzosen, welche in weit grösserer Menge als die Engländer der Fischerei wegen, nach diesen Gegenden fuhren, so wohl .die Vögel als die Leichtigkeit, mit der sie erlegt werden können, genau gekannt haben, ja mehrere der Engli- schen Reisebeschreibungen geben uns unzweideutig zu verstehen, dass sie von ihnen mehr als gehörig zu fangen pflegten. Wir werden also jetzt ganz natürlich auf die Berichte Französischer in diesem Jahrhunderte gemachter Seereisen hingewiesen, um wo möglich eine bessere Aufklärung über den Vogel selbst und zugleich vielleicht Bestätigung der Beschuldigung ar- gen Verfahrens gegen ihn, zu finden. Ich gehe daher zur Mittheilung dessen, was ich in diesen Hinsichten bisher gefunden habe, über. Die ältesten Französischen Expeditionen in dieser in starken Ausdrücken; siehe: The voyage of Mr. Charles Leigh and diuers others to Cape Briton and the isle of Ramea. 1597. Hak- luyt IIL S. 242 (unten) und 249 (oben). — ae nördlichen Richtung sind, wie bekannt, Jaeques Oar- thier’s (oder Quartier’s) drei Reisen in den Jahren 1534, 35—36 und 1540. Die Berichte über diese drei Reisen habe ich im ursprünglichen Französischen Text benutzen können, da sie in Lescarbot’s «histoüre de la Nowwelle- France» (4me Ed. Paris 1624 '") aufgenommen sind. Bereits im Anfange des Berichts über die erste Reise heisst es hier, nachdem Garthier vorher erzählt hat, wie er mit seinen beiden Schiffen den 20. April von St. Malo gegangen war und den 20. May Terre neuve bei Cap Bonavista erreicht habe (welches er unter 48", N. B. verlegt), in dessen Nähe er mittelst schweren Eisganges 10 Tage in Hafen lag: «Le vingt-unieme de May fimes voile ayant vent d’Ouest, et tirames vers le Nort depuis le Cap de Donne veue jusques & ÜIle des Oyseaux, laquelle estoit entierement environnee de glace, qui toutefois estort rompme et di- visee em pieces, mais nom obstant cette glace noz barques ne laisserent d’y aller pour avoir des oyseaux, desquels ya si grand nombre que dest chose incroyable « qui ne le void, par ce que combien que cette ile (laquelle peut avoir une lieue de circuit) en soit si pleine qu'ü semble quWilz y soient expressöment apportez et presque comme semez: Neantmoint il y a cent fois plus « Ventowr d’icelle, et en Pair que dedans, desquels les uns sont yrands, co- me Pies noirs et blancs, ayans le bec de Cor- beau: ilz sont tousiours en mer, et ne peuvent vo- ler haut, dautant que leurs ailes sont petites, 11) Leichter zugänglich werden sie ohne Zweifel in der Ueber- setzung bei Hakluyt: The first relation of Jaques Carthier of S. Malo, of the new land called New F'rance, newly discouered in the yere of our Lord 1534. III S. 250—262; der zweiten Reise p. 262—285; der dritten p. 236—89, = WIN point plus grandes que la moitie de la main, avec lesquelles toutefois ils volent de telle vitesse ä fleur d’eau, que les autres Oyseaux en Vair. Ilz sont excessivement gras, et estoient appellez par deux du pais Apponath, desquels noz deux barques secharge- rent en moins de demi heure, comme lon auroit peu faire de cailloux, de sorte qwWen chäque navire nous en fimes saler quatre ou cing tonneaux, sans ceux que nous mangeames frais» (Lescarbotl.c.p. 241. Hak- luyt III p. 250). Der Reisebericht, welcher unmittelbar zu erzählen fortfährt, dass es auf dieser Insel, ausser den ge- nannten kleinflügeligen Apponaths, noch andere Vö- gel gab, welche wie diese an der Wasseroberfläche hinflatterten, aber zugleich sehr gut in der Luft flie- gen konnten und kleiner waren, welche sie (Grodets nannten, und wieder andere, welche viel grösser, ganz weiss waren und wie Hunde beissen wollten, welche sie Margaux naunten, fügt darauf hinzu, dass die weissen Seebären hinausschwammen, um von al- len diesen Vögeln zu fressen, «bien que cette Tle soit distante quatorze lieues de la grande terre». Beim Ver- gleich der kleinen Grösse der Insel, der hier angege- benen Entfernung vom Hauptlande, des Ausgangs- punktes und der Segelrichtung mit älteren Karten vom 16-ten Jahrhundert '”) kann man nicht daran zweifeln, dass «Carthier’s Vogelinsel» Funks-Island sein muss, und nicht die auf solchen Karten angege- 12) Z. B. der Karte des Spanischen Geographen Ortelio von 1587, auch aufgenommen auf Anspach’s früher genannte Karte über New- foundland. — 430 — bene Vogelinsel oder «Aves», welche die Insel Fogo zu sein scheint. Auf derselben Reise traf Carthier noch diese zum Fliegen unfähigen Apponaths auf einigen anderen klei- nen Inseln, die er /les de Margaux nannte, und in welchen man, wenn man seiner Fahrt nach den Kü- sten des Landes und zurück folgt, die unten beim südlichen Einlauf in der Lawrencebucht ungefähr un- ter 48’ liegenden Vogelinseln (Leighs und Anspach’s Isles of birds, iles aux oiseaux auf der Karte Char- levoix’s) erkennen muss. Es heisst nämlich im Reise- bericht für den 25 Juni: «.... et approchames de trois iles, desquelles y a avoit deux petites droites comme un mur, en sorte quil estoit impossible d’y monter dessus, et entre icelles y a un petit escueil. Ces ITles estoient plus remplies d’oiscaux que ne seroit un pre d’herbes, lesquels faisoient la leur nids, et en la plus grande de ces des y en avoit un monde de ceux que nous appellions Margaux qui sont blanes et plus grands qwWOysons, et estoient separez en un canton et en lautre part y avoit des Godets, mais sur le rivage y avoit de ces Godets et grands Apponats semblables a ceux de cette ile dont nous avons fait men- tion. Nous descendimes au plus bas de la plus petite, et tuames plus de mille Godets et Apponats, en mi- mes tant que voulumes en noz barques, et en eus- sions peu en moins d’une heure remplir trente semblables barques. Ces iles furent appellees du nom de Margau«. (Lescarbot |. ce. p. 250—51. Hakluyt II p. 262.) Eines bedeutenden Vogelreichthums auf den be- suchten kleineren Inseln oder Partien der Küsten des Hauptlandes findet man zwar an mehreren Stellen bei — 431 — Carthier erwähnt, allein jene nicht fliegenden Appo- nats finde ich in seinen Reisen nicht öfter berührt. Aus dem Berichte über die zweite Reise, welche das folgende Jahr unternommen wurde, und auf der er ebenfalls Newfoundland in der Nähe seiner Vogel- inseln, aber in Folge von Gewitter erst am 7. Juli, erreichte, verdienen doch zum Vergleiche noch fol- gende Zeilen angeführt zu werden: «.... jJusques au septieme jour de Juillet que nous arrwames ü la dite Terre-neuve, et primmes terre @ Vile des oyseaux, laquelle est & quatorze lieues de la grande terre; et si tres pleine d’orseaux, que tous les navires de France y pourroient facilement charger sans qwWon s’apperceut qwon en eut tire; et la en primmes deux barquees pour parties de nos victwailles. Icelle Ile est en Velevation du pole en quarante-neuf degrez quarante minutes.» (Lescarbot |. e. p. 281. Hakl. III p. 262). Dieser Zusatz macht es wohl noch deutlicher, dass Carthier’s «V ogelinsel» hier dieselbe ist, welcher die Engländer gleich den Namen Penguininsel gaben. Dass seine Apponats die Englischen Pengwins sind liegt klar am Tage, und durch die in etwas bestimmteren Aus- drücken gegebene Farbenvertheilung, die Form des Schnabels, die wirkliche Grösse des Flügels, das Plät- schern mit den Flügeln längs der Oberfläche des Wassers und die Zusammenstellung mit den Godets, tritt das Bild der Alca impennis doch auch etwas deutlicher hervor. Dass die Niederlage bei diesem ersten Zusammen- treffen der Franzosen mit diesen Vögeln schon nicht gering war, kann man wohl sagen, und dass es auch — 432 — in dieser Hinsicht fortgehend etwas hart über sie her- gegangen ist durch die späteren und jetzt mit jedem Jahre zunehmenden Besuche Französischer Schiffe in diesen Gegenden, dürfte man so viel geneigter sein anzunehmen, wenn man die Ausdrücke sieht, die ein anderer Franzose, Andr& Thevet "), in dem Berichte über seine Amerikanische Reise im J. 1555, worin er eines grossen Theiles der Amerikanischen Ostküste erwähnt, gebraucht. Nachdem er nämlich die ausser- ordentliche Menge Vögel, die er auf der Ueberfahrt bei der auf 8° südlicher Breite gelegenen Ascensions- Insel gesehen und deren unbegreifliche Zahmheit be- rührt hat, bemerkt er, dass es auch grosse Vögel mit so kleinen Flügeln, dass sie nicht fliegen konnten, unter ihnen gebe, so wie dass er sie hat Aponars nen- nen hören und fügt dann in Folge dessen zugleich hinzu, was er von den Apponaren bei Newfoundland gehört hat: «Davantage en ceste isle (J. de U Ascension) sagt er, s’en trouve une espece de grands, que Jay ouy nommer Aponars. Ils ont petites ailes, pourguoy ne pewvent voler. Ils sont grands et gros comme nos herons, le ventre blanc, et le dos noir, comme charbon, le bec sem- blable a celuy d’un cormaran, ou autre corbeau. (Juand on les tue ls erient ainsi que porceaux. J’ay voulu d’es- crire cest oyseau entre les autre, pour ce qwWul s’en trouve quantite en une isle tüirant droit au cap de BDomne viste, du coste de la terre neufue, laquelle a este appellee is- le des Aponars. Aussi y en a telle abondance, que quel- 13) Andr& Thevet. Les Singularitez de la France antarctique, autrement nommee Amerique, et de plusieurs Terres et Isles decou- vertes de nostre temps. Anvers 1558. 4 ques fois trois grands nawires de France allans en Ca- nada, chargerent chacun deux fois leurs basteaux de ces oyscaux, sur le rinage de ceste isle, et m’estoit ques- tion que dentrer enterre, et les toucher dewant soyanz basteauzx, ainsi quemoutons a la bouche- rie, pour les faire entrer. Voyla qui m’a domne occa- sion d’en parler si auant.» (p. 39 et 46). Als Thevet ein Jahr später, von Südamerika zu- rückkam, wurde er durch Gegenwind nach Newfound- land hinaufgetrieben, scheint aber dort selbst nichts von den Vögeln gesehen zu haben; er hat indessen um so leichter sich gute Nachrichten über die dorti- sen Verhältnisse verschaffen können, als er zu den Cosmographen damaliger Zeit gehörte, mit den See- fahrenden, welche jene Gegenden besuchten, in Ver- bindung stand, und namentlich aus Jacques Quar- tier’s eigenem Munde (p. 145 und 146) vom Resul- tate der beiden ersten Reisen dieses Mannes unter- richtet worden war. Es ist daher wohl möglich, ob- gleich nicht sehr wahrscheinlich, dass die obener- wähnten Schiffe der zweiten oder dritten Expedition Quartier angehörten, mit denen Thevet doch ganz unbekannt zu sein scheint; wahrscheinlicher ist es aber, dass die Züge, deren er erwähnt, einer Zeit an- gehören, welche seiner eigenen Reise näher lag. Auf jeden Fall bestätigen seine Ausdrücke die Worte der Engländer Hore und Parchurst, dass die armen Vögel zusammengetrieben, und gerade in die Böte hineingejagt wurden. Aus der Mittheilung Thevet’s verdient noch her- vorgehoben zu werden, dass ebenso wie die Namen Godeis und Margaux den ältesten Seefahrenden in 6 — 434 — den Amerikanischen Gewässern wohlbekannte Vogel- namen gewesen zu sein scheinen, wobei denn die letzt- genannten in der Regel eine Sula bezeichnet haben, während die zuerstgenannten meistens einen Sch warz- vogel oder im Allgemeinen eine Alca bezeichneten; so scheint es auch, dass der Name Aponars oder Ap- ponats eine gewöhnlichere Benennung der Vögel, wel- chen die Gabe zum Fliegen abging, bei den damaligen Seefahrenden zu werden anfing und also wie das Wort Pengwin später und jetzt benutzt wurde. Dass der Aponar der Ascensions-Insel keine Geirfugl-Form gewesen ist, kann man ziemlich sicher aus der geo- graphischen Ausbreitung der Familie schliessen, man muss am ehesten darunter einen Spheniscus' vermu- then, aber dabei ist jedoch zu erinnern, dass die In- sel ziemlich weit über die nördlichste Gränze der jetzigen Ausbreitung dieser südlichen Vogel-Gattung im Atlantischen Ocean hinausliegt. So stellt sich also das Verhältniss dieses grossen Vogels durch das ganze sechzehnte Jahrhundert her- aus. Es scheint auf den kleinen Inseln, wo sie ihren Aufenthalt hatten, ihrer sowohl genug gegeben zu haben, als auch jährlich reichlich von ihnen gefangen zu sein, und zwar nicht allein von den Schiffen einer Station. Die Berichte deuten, wie es mir scheint, von allen Seiten darauf hin, dass alle Schiffe sich mehr “oder weniger mit diesen Vögeln verproviantirt haben, wenn nur Wind und Wetter es erlaubten, wenn auch einige in einem weit höheren Grade diesen Vogelfang haben treiben müssen, weil sie von Hause aus nur so unvollständig versehen waren, ja oft nur für ein Paar Monate oder für die wenigen Wochen der Überiahrt A" verproviantirt waren (Hakluyt III, S. 171). Um sich eine deutlichere Vorstellung der Menge der jährlich erschlagenen Vögel zu bilden, muss man in Er- wägung ziehen, dass während der ganzen letzten Hälfte des genannten Jahrhunderts die Fischereien, der Robben- und Wallrossfang in der St. Lawrence- bucht und um Newfoundland herum von mehreren hundert Schiffen jährlich betrieben wurde. Es dürfte in dieser Hinsicht an seinem Ort sein, daran zu erin- nern, dass obengenannter John Parckhurst in sei- nem Briefe an R. Hakluyt 1578, auf dessen be- stimmte Frage wegen der Ausdehnung der Fahrten nach Newfoundland angiebt, dass während der vier Jahre, in denen er diese Reisen gemacht hatte, die Schiffe, welche auf diese Fischereien von England ausgingen, von 30 auf 50 stiegen; von Frankreich gingen ungefähr 150, von Spanien ungefähr 100, ausser 20 — 30 Biscayischen Wallfischfängern, und von Portugal gegen 50, natürlich nicht gleich viel von jeder Nation jedes Jahr, ein Jahr weniger, ein anderes einige mehr. Von allen diesen werden nur die Spanier als wohlausgerüstet genannt, und in dieser Hinsicht gleich nach den Engländern kom- mend, welche, obwohl die am wenigsten zahlreichen, doch als Beschützer und Aufrechthalter der Ordnung an den Stellen, wo sie fischten, auftraten, weshalb auch die Schiffe der anderen Länder nach freiwilliger Übereinkunft ihnen einen kleinen Tribut in der einen oder anderen Form zollten. In Folge des Verhält- nisses, worin sie auf diese Weise zu den anderen Na- tionen standen, meine ich, dass wir, im Ganzen ge- nommen, ihre Nachrichten über die Fahrt in diesen — 456 — Gegenden zu jener Zeit für ziemlich begründet ansehen können. Was die Folge dieses Einfangens des Vogels sein musste, war nicht schwer vorauszusehen, und welche sie in der Wirklichkeit gewesen, darf man aus dem Stillschweigen der Berichte für die späteren Jahr- hunderte schliessen. Es hat mir nämlich nicht ge- lingen wollen, sonderliche neue Aufklärungen über den Vogel in den folgenden Jahrhunderten zu finden, als einige wenige Winke, dass er theils sporadisch noch vorkam, theils als eine Art vorgeschichtlichen Wesens, welches halb der Sage angehörte, bekannt war. Zu einem solchen Zustande kann es indessen erst nach und nach gekommen sein, und in der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts zeugt wenigstens der Franzose Sagard Theodat'‘) noch von ihm. Als er im Jahre 1624 als Franziscanermönch mit einem Schiffe von Frankreich nach Canada reiste, kam er nämlich in die Nähe der «Vogelinseln» in der St. Lawrencebucht, aber der starke Wind machte es den Böten unmöglich zu landen. Wenn daher auch etwas von dem was er mittheilt den Berichten frühe- rer Besucher entnommen sein muss, kann ich es hier doch nicht übergehen, was unsere Frage betrifft: «Estans entrez dans le Golfe ou Grande Bay 8. Laurens, par oü on va ü Gasp£e et Isle percee ete. nous trowvasmes des le lendemain Isle aux oiseaux, tant re- nommee pour le nombre infiny d’oyseaux qui Phabitent. Sr (mand dd y farct vent, les oyscaux s’elewent facılement de terre, autrement ıl y en a de certaines 14) Gabr. Gagard Theodat.. Le grand voyage du Pays des Hu- rons. Paris 1632. — 4517 — especes qui ne peunent presque voler, et qwon peut aise- ment assommer & coups de bastons, comme avoient faict les Mattelots d’un autre nauire, qwis auant nous en avaient emply leur chalouppe, et plusieurs tonmeaux des oeufs, quils trowverent aux nids; mais ils y penserent tomber de foiblesse, pour le puanteur extreme des or- dures des dicts oyseauw ..... und nachdem er er- wähnt hat, wie die grossen und kleinen Vögel auf der Insel geordnet sind, fügt er ferner hinzu: «et tous en si grande quantite, qua peine le powrroit on jamais persuader a qui ne laıroit veu. Sen mangeay d’un, que les mattelots appellent Gwillaume (vermuth- lich haben die Matrosen Guillemot "gesagt, welches der Französische Name für Alca ist) et ceux du pays Apponath, de plumage blanc et noir, et gros comme une poule, avec une courte queueö, et de petites aisles, qui ne cedoit en bonte a aucun gibier, que nous ayons». Dass Theodat hier unter seinen kurzgeflügelten Apponaths, trotz der gegebenen kleinen Grösse '”), die- selben nichtfliegenden Vögel, deren er vorhin er- wähnte, meint, bin ich um so viel geneigter anzuneh- men, als man aus dem, was er später hinzufügt, dass es auch viel kleinere Vögel giebt, die man Godets nennt, und andere wieder grössere, welche Margaux genannt werden, erkennt, dass eralle diese Vögel in ganz dasselbe Verhältniss zu einander stellt wie Gar- 15) Hierbei ist doch zu bemerken, dass die Französischen Matro- sen, damals wenigstens, auch den Namen poudes oder Hühner eini- gen grossen Seevögeln beilegten, welche man zugleich: «Palourdes, peutetre parce qu'elles sont fort pesantes au vol» nannte; Diereville: telation du voyage du Port Royal de V’Acadie. Amsterdam 1710 p. 45: auch in Whites Reise 1700 erwähnt (übersetzt in «Recueil de voyages au Nord» (nouv.) edit. Amsterdam 1752, TIL p. 375). — 458 — thier, von dem er einfach die Ausdrücke für die beiden letzteren geborgt zu haben scheint. Über dieselben «Vogelinseln» berichtet Charle- voix in seiner Reise nach Nordamerika ein Jahr- hundert später, 1720: «On les & visitees plusieurs fois, on y d charge des Chaloupes entieres d’oufs de toutes les sortes, et on as- säre que Vinfection y est insupportable. On ajoüte qwa- vec les Goölans et les Tangueux (soll heissen Margaux) qui y viennent de toutes les Terres voisines, on y trouve quantite d’autres Oiseauf, qui ne scauroient voler». Ungeachtet diese letzten der angeführten Worte offenbar die Apponats seines älteren Landsmannes be- treffen, habe ich doch nicht in der Reise oder in der Beschreibung eine weitere Hindeutung hierauf finden können, obgleich wir gesehen haben, dass die sehr speciellen Karten, wovon sein Werk begleitet ist, und die man dem Ingenieur N. Bellin verdankt, an zwei verschiedenen Stellen des Landes Pengwin- Inseln angeben. Die Vermuthung liegt daher nahe, dass Charlevoix nicht gewusst hat, dass seine nichtilie- senden Vögel dieselben waren mit den Pengwins, wonach die Inseln auf seinen Karten benannt sind, und ebenfalls die, dass der Verfasser hier eine Über- lieferung aus älteren Quellen hat, und dass er viel- leicht richtiger aus vergangener Zeit hätte anführen sollen, was er im Präsens ausspricht. Vom Vogel war vielleicht schon damals kaum viel mehr als der Name nach. So scheint wenigstens das Verhältniss in Wirklich- keit nach den Äusserungen, die wir in der speciellen Beschreibung Newfoundlands von Anspach finden, 139 gewesen zu sein, welche sich auf Erfahrungen grün- det, die während eines Aufenthaltes auf der Insel und auf Reisen um dieselbevom Schlusse desselben Jahr- hunderts (1799) an bis zum ersten Jahrzehnt des ge- senwärtigen, nämlich bis 1812 gesammelt sind. Beim Aufzählen der Inselchen am Südrande der Insel, führt er an: «die Pingvininseln, von Vögeln so benannt, die vor Zeiten hier in Menge nisteten» S. 122, und gleich wie dieses etwas weit in die Zeit zurückweist, so thut es auch seine Bemerkung über die an der Ostküste liegende Pingvin-Insel, da der Name selbst sich schon in der Mitte des Jahrhunderts verloren haben soll, und also aller Wahrscheinlichkeit nach, der Gegen- stand schon früher verschwunden war: «Die Fogo- insel, die auf alten Charten Aves oder Vogel-Eiland und bis um die Mitte des verflossenen Jahrhunderts Penguininsel hiess. Vormals ward sie häufig von den eingebornen Indianern besucht,» S. 126. Endlich heisst es im mehr naturgeschichtlichen Abschnitte über die Vögel bei der Insel, S. 159: «Vormals gab es an dieser Küste eine Vogelgattung, die einige Aehnlich- keit mit den Tauchern hat, und wegen ihrer Unfähig- keit zu fliegen immer nur zwischen dem Lande und der Grossen Bank angetroffen wurde, allein dort in so zahlloser Menge, dass mehrere Inseln davon den Namen führen. Sie scheinen jetzt nicht nur in New- foundland, sondern auf der ganzen Nordhälfte: des Erdballs verschwunden. An den Küsten des Südmeers sind sie aber noch ungemein häufig, und unter dem Namen Fettgänse (Penguwins, Aptenodytes) bekannt. Ihr Name in den neuern Sprachen, Pinguin oder Pen- gein, stammt augenscheinlich von dem lateinischen — 440 — Worte pingvis, fett, weil sie sich durch einen schwe- ren, fetten Körper und plattes glänzendes Gefieder, bei einer grossen Plumpheit des Baues, auszeichnen, u. s. w.» Ich habe hier zugleich diese letzte unrichtige Ansicht über die Entstehung des Namens «Pengwin» angeführt, weil sie von beinahe allen Naturforschern getheilt wird. Gegenüber diesen dunkeln Angaben der letzten Jahrhunderte, welche ja ohne Zweifel die Penguine oder Apponats der ältesten Reisen angehen, aber gar nichts enthalten, was unsere Vermuthung, dass unter diesen Namen unsere nordische Alca impennis, oder der grosse Alk verstanden werden muss, einen Schritt weiter führen könnte, sind nun die mit Stuvitz’s Sammlungen nach Norwegen gekommenen Knochen sehr wichüg. Wie ich Schon im Anfange äusserte, rühren diese Knochen von allen Theilen des Skeletes her, und namentlich sind mehrere vollständige Schädel unter ihnen; dies gilt sogar von der Abtheilung von ihnen, welche 1844 bereitwillig dem zootomischen Museum unsrer Universität überlassen worden war, und es war daher leicht, sich von der Richtigkeit der Erklä- rung, welche die Naturforscher in Christiania nach einer angestellten Vergleichung gegeben hatten, zu überzeugen, dass die Knochen keinem Pinguin in dem Begriffe, wie das Wort damals (und noch) gewöhnlich genommen wird, nämlich einem Aptenodytes oder einer ähnlichsten Form angehören könnten, sondern von einem grossen Alk und wahrscheinlich von Alca impennis sein müssten. Dieses Resultat erregte nicht die Aufmerksamkeit, die es verdiente, weil die Furcht, — 441 — dass der Vogel sich seiner völligen Vernichtung nahte, damals kaum recht lebendig geworden war. Diese @eirfugle-Knochen waren von dem allzufrüh verlorenen P. Stuvitz in einer Art niedrigen Haufen auf Funks-Island '"”), einer Insel, die man, aller Wahr- scheinlichkeit nach, als die Vogel- oder Pengvininsel ansehen kann, wohin die allerältesten der oben genann- ten Französischen und Englischen Expeditionen auf ihrer Überfahrt zuerst kamen, in Menge vorgefunden worden. Die Art, wie sie hier vorkamen, wird aus der Beschreibung, die das Tagebuch des genannten Naturforschers enthält, und die ich durch das Wohl- wollen meiner Norwegischen CGollegen, namentlich Hr. Professor H. Rasch’s mich im Stande sehe ausführ- lich mitzutheilen, klar hervorgehen. Aus dem Briefe, womit Prof. Rasch die Abschrift begleitete, will ich bloss vorausschicken: dass Stuvitzam 30 Juni 1841 von St. Johns gereist war und den 31. Mittags nach Funks-Island kam, welche kleine Insel er als einen Vogelberg bezeichnet, bewohnt vom Uria grylle, und Sterna hirundo et arctica, deren Menge so gross war, dass Stuvitz, der doch gewohnt war Vogelberge zu sehen, darüber erstaunte. Ausser diesen Vögeln nennt er nur, Mormon arcticus als einzeln gesehen. Es giebt nur zwei Stellen auf der Insel, wo man unter gün- stigen Umständen ans Land kommen kann, doch nur durch einen gewagten Sprung. Stuvitz kam auf der Nordseite ans Land, wo die Vögel sich nicht auf- 16) Dass sie in meiner allerersten Mittheilung, in den Vidensk. Selsk. Oversigt 1855. 8. 14 und 18 von «Fogo stammend» angegeben werden, rührte von den Etiquetten auf einzelnen Knochen, die die- sen Namen tragen, über dessen Unrichtigkeit ich durch spätere Mittheilungen aus Christiania belehrt wurde. 7 — 449 — hielten. Die Urien hielten sich an der Ost- und Süd- ostseite, die aus ganz nackten Felsen bestand, auf, die Sterna-Arten dagegen am West- und Südwestrande, wo einige, obgleich arme Vegetation vorgefunden wurde. Die Worte des Tagebuches sind darauf fol- gende: «Nachdem ich der lebenden Vogel- Bevölkerung auf der Insel erwähnt habe, ist noch eine jetzt aus diesen Gegenden vertriebene Gattung, anzuführen, welche früher in zahlreicher Menge diese Insel be- suchte, und auf derselben brütete, aber von welchem man jetzt nur Reste des Skeletes findet, es ist der sogenannte Pinguin. Ich hatte auf mehreren Karten über Newfoundland an der Küste Inseln gefunden, welche Pingwin-Islands genannt wurden, und man hatte mir in St. Johns erzählt, dass der Pinguin sich wirklich hier an den Küsten aufgehalten hatte, sowie dass Funks-Island eine der Inseln war, wo er in grösster Menge vorgekommen sei, und wo man ihm einst seiner Federn und Daunen wegen jährlich nach- gestellt hatte. Man hatte mir auch gesagt, dass ich grosse Haufen seiner Knochen oder Skeletfragmente auf den Inseln antreffen würde, aber ich traute der Ornithologie dieser Karten oder Berichte nicht viel. Ich meinte, dass man auch einem ganz anderen Vogel als den welchen man in der Naturgeschichte unter diesem Namen kennt, den Namen Pinguin geben könnte. Indessen fand ich die Nachrichten insofern bestätigt, als ich in der westlichen Gegend der Insel Skeletüberreste fand, die sowohl der Form als der Grösse nach zu urtheilen wohl den Pinguinen gehört haben müägen. Wie gesagt, sieht man nur an der Süd- — 443 — westseite Vegetation und so viel Erde, dass eine sparsame Flora hat entstehen können, gerade in die- sem Striche ist es, wo jene Skeletüberreste in ziem- licher Menge gefunden werden, und es ist sehr wahr- scheinlich, dass gerade die Destruction dieser Vögel, welche die Vogelfänger vor Zeiten mit so schonungs- loser Raubgier verursachten, die Grundlage für die Vegetation hier auf der Insel gebildet habe. In den Erdhügeln lagen die erwähnten Skeletüberreste in dichten Massen, aber man kann aus der Lage dieser Massen schliessen, wie langsam die Erddecke hier gebildet wird, selbst da nämlich wo Erde schon vor- handen war, und wo die Knochen von derselben um- schlossen lagen, lagen sie dicht unter der Oberfläche und an mehreren Stellen sogar lose in Haufen, ohne dass der geringste Erdansatz sich gebildet oder sich um dieselben gelegt hatte. In 40 — 50 Jahren "”) hat sich also nicht eine tie- fere Erdlage auf der Insel gebildet, so lange ist es nämlich her, seit das Gemetzel so frisch vor sich ging, dass man solche Haufen von Knochen aufhäufen konnte. Auf dieser Seite der Insel werden die Stein- Ein- zäumungen (JP’ounds), in die die Vögelfänger die Vögel hineinjagten und hielten, bis sie getödtet werden sollten, noch angetroffen. Die Felsfläche hat hier an einigen Stellen eine Senkung gegen die Wasserfläche, die Oertlichkeit war 17) Es ist nach dem Vorhergehenden eine allzu nahe liegende Zeit, die man dem Stuvitz angegeben hat; ich würde es übrigens merk- würdiger gefunden haben, falls sich in einem so kurzen Zeitraume eine Eirdlage über die Knochenhaufen gebildet hätte. u daher eine solche, dass die Pinguine, die nicht fliegen können, sich die Klippen hinauf ziehen konnten. Die Vogelfänger haben sie wohl also hier in grösster Menge gefunden, und deshalb hier Station genommen. Die Einzäumungen sind unter Gras und Pflanzen, welche besonders in und um denselben gefunden werden, versteckt. Man erzählt, dass, da die Insel waldios ist, und man keinen grossen Vorrath von Brennholz mit sich nehmen wollte, man die Körper der Pinguine zu verbrennen pfleste, um die Kessel zu kochen, denn der Vogel fand sich in solcher Menge, dass man dessen ungeachtet hinreichende Provision von ihm hatte». Obgleich der Umstand, dass eine der ältesten Zeich nungen (1748), welche die Wissenschaft von A. imp. besitzt, und wovon später die Rede sein wird, nämlich die bei Edwards (Birds Tab. 147) gerade von einem Exemplar dieses Vogels, welches Newfoundlands Fi- scher auf einer der Fischbänke ungefähr 100 Leagues vom Lande gefangen hatten, der Vermuthung der Identität des newfoundländischen Pengvins mit der Alca impennis eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit geben könnte, um so viel mehr, als ein alter Bericht, den ich ebenfalls gegen den Schluss der Abhandlung berühren werde, andeutet, dass der Newfoundlands- Pengvin einen grossen weissen Flecken am Kopfe hatte, gleich wie der, welcher unserm Alca impennis den Namen Brillenvogel gegeben hat, so ist es doch erst dieser Stuvitz’sche Fund von den zahlreichen Alca impennis — Überresten gerade auf der Insel, welche die ältesten Berichte als einen der vornehn- — 445 — sten Aufenthaltsorte des Pengvins, hervorhoben, wel- cher diese Sache zur vollkommenen (rewissheit bringt. Von dem Augenblicke, wo die Übereinstimmung zwischen beiden Vögeln sich vollkommen begründet gezeigt hat, sehen wir also, dass die Alca impennis hier bei Amerikas Küsten eine Heimath gehabt hat, wo sie in solcher Menge vorhanden gewesen ist, dass wir nichts Ähnliches von irgend einem der Punkte, von denen es uns früher bekannt war, dass der Vogel lebte, erfahren haben, und die dargelegten Thatsachen nöthigen uns anzuerkennen, dass in der geschicht- lichen Zeit die Hauptheimath der Alca impen- nis an der Ostküste Nordamerikas gewesen ist. Wie weit längs dieser der genannte Vogel ver- breitet gewesen ist, bleibt noch ungewiss, aber bis zu den häufigeren Besuchen der Europäer im 16. Jahr- hundert sehen wir aus seiner Menge auf den im Vor- stehenden genannten kleinen Inseln, Ost und Süd von Newfoundland, und westlich davon in der St. Law- rencebucht, sowie aus seinem Vorhandensein auf Gap Breton, dass er damals wenigstens von 50 bis unter- halb des 47. Breitegrades verbreitet gewesen ist. Innerhalb dieser Ausdehnung ist er indessen kaum auf die genannten Punkte allein beschränkt gewesen, sondern war sicher ursprünglich überall au den Küsten des Landes wo die Gelegenheit günstig war, vorhanden, wie es mir auch nach der Beschafienheit des Landes wahrscheinlich däucht, dass er auch etwas höher gegen Norden und etwas weiter nach Süden gegangen ist. Als eine Andeutung darauf, dass die Alca impennis als Nestvogel sich bei den Uanadischen Küsten auf- — 446 — gehalten hat, darf ich nicht unterlassen hier auf einige Äusserungen von einem in Lahontans Me- moirs of North America '®) erwähnten kurzhalsigen Schwimmvogels, so gross wie eine Gans, aber dessen Eier trotzdem grösser wie Schwaneneier und ausser- ordentlich grossdottrig waren, aufmerksam zn machen, welche Beschreibung auf keinen anderen Vogel der nördlichen Halbkugel als den Alca impennis passt. «The moyacks are a sort of fowl, as big as a goose, having a short neck, and a broat foot; and which is very strange, their eggs are half as big again as a swan’s, and yet they are all yolk, and that so thick, that they must be diluted with water before they can be used in pancakes». | Nördlichere Brütestellen für den Vogel habe ich wohl bisher in den Beschreibungen der Labrador- küsten, die ich durchgegangen bin, nicht bestimmt erwähnt finden können, ich bin aber geneigt anzu- nehmen, dass die bei Grönland im vorigen Jahr- hundert hier und da gesehenen Individuen von solchen herrührten. Audubon, welcher in seiner Synopsis of the bürds of Northamerica 1839 die Alca impennis von der eigentlichen Amerikanischen Küste gar nicht kennt, und auch nicht wusste, dass sie früher so zahlreich gewesen war, führt sie nach einem einzigen Individuum 18) Pinkerton ]. c. vol. XIII p. 336—373; the birds of the nor- thern countries of Canada p. 355. Obgleich Baron Lahontan Canada von 39° bis 65° N. B. rechnet und also darin Labrador einschliesst, müssen seine Moyack doch südlich von der Lawrencebucht gefun- den sein, da der Zusammenhang zunächst gebietet, in ihnen den Vogel zu suchen, welchen er selbst auf seinen Reisen 1688 — 91, für welche diese Bucht die Nordgränze bildete, gefunden hat. — 447 — als einen seltenen und ganz zufälligen Gast auf den Newfoundlands-Bänken auf. Man sieht, dass er auf seinen Reisen vergebens nach den Brütestellen dieses Vogels gefragt hat, und namentlich in Labra- dor, aber dass die Fischer dort ihn auf eine Insel südöstlich von Newfoundland hinwiesen. Um so auf- fallender würde daher die Versicherung in Goulds: The Birds of Europe 1837 lautend: It is found in abundance along the rugged coast of Labrador», wenn man nicht annehmen müsste, diese Worte hätten ihren Grund in der gewöhnlichen Versetzung des Vogels nach uns unbekannten Gegenden, eine Annahme, die sich nach späteren Aeusserungen des Verfassers auch als richtig erwiesen hat '”). Südlicher als die schon genannten Punkte, kam der. Vogel allerdings vor, wenigstens hin und wieder, 19) John. Gould: «The birds of Europe. Vol. V. London 1837», Textblatt zu Tab. 400: « The seas of the Polar regions, agıitated with storms and covered with immense icebergs, form the congei ial habitat of the Great Auk: here it may be said to pass the whole of its exis- tence, braving the severest winters with the utmost impunity, so that it is only occasionally seen, and that at distant intervals,, even so far south as the seas adjacent to the northernmost parts of the British Islands. It is found in abundance along the rugged coasts of Labra- dor; and from the circumstance of its having been seen at Spitzber- gen, we may reasonably conclude. that its range is extended through- out the whole of the arctie circle, where it may often be seen trangudly reposing on masses of floating ice, to the neighbourhood of which in the open ocean it seems to give a decided preference». Über die An- gabe des Vorkommens des Vogels bei Spitzbergen wird später die Rede sein; hier will ich nur hinzufügen, dass Herr Gould, mit dem ich diesen Sommer das Vergnügen hatte zusammen zu sein, die Auf- klärung gab, dass er seine Aeusserungen über die zahlreiche Men- ge von Alca impennis an der Labradorküste, nicht aus mir unbe- kannten Quellen geschöpft hatte, sondern dass dieselben sich nur auf die allgemeine Annahme der Ostküste Labradors und Grön- lands als seine Heimath, stützten. — 448 — z. B. auf den grossen Fischbänken. Es scheint mir jedenfalls nicht gut möglich, dass der früher genannte Edward’sche Vogel in einer so bedeutenden Entfer- nung vom Lande auf einer Fischbank, wenn dies nicht eine der südlichern war, könnte gefangen worden sein. Aber daraus lässt sich kein sicherer Schluss auf die Heimath dieses Individuums ziehen. Die Zeugnisse, die man darüber hat, dass Alca im- pennis auf den Fischbänken erschlagen oder gefangen worden ist, sind nämlich im Ganzen genommen so äusserst einzeln, dass man, wie: ich schon oben äusserte, in ihnen nur eine schwache Wahrschein- lichkeit haben kann, dass die beobachteten Vögel von den Brütestellen der Gattung bei Newfoundland oder in der Nähe dieser Insel gekommen waren, da es durch Beispiele von den Küsten Europas hinreichend bekannt ist, in welche grosse Entfernungen von den nächsten Brütestellen diese Vögel in ganz einzelnen Individuen angetroffen wurden. Bei der Frage über die wahre Verbreitung dieses Vogels muss man die Beobachtungen, welche die zerstreuten, zufälligen oder von der Brütestelle weit entfernten Individuen angehen, und die, welche auf den Vogel an oder in der Nähe desselben Bezug haben, wohl unterschieden. Eine Sage, dass die Alca impennis, und sogar etwas über die Mitte des vorhergehenden Jahrhunderts, un- ten in der Bucht von Boston, und also ungefähr bei Cap Cod, dem Punkte, wo alle Beobachtungen zeigen, dass die kältere Meerfauna Nordamerikas beginnt, vorhanden gewesen, muss ich. ganz so wie Audubon sie gegeben hat, auf sich beruhen lassen. Indem ich — 449 — in untenstehender Bemerkung nicht nur diese Sage selbst, sondern der grösseren Vollständigkeit wegen, alles was dieser Beobachter in seiner berühmten Ornithological Biography 1838 mittheilt, über das Vorkommen der Alca impennis in Amerika, wieder- gebe”), will ich hier nur hinzufügen, dass die Sage auf jeden Fall Aufmerksamkeit und nähere Untersu- chung verdient, da Bartholomäus Gasnol auf sei- ner Reise nach Virginien 1602 nicht nur im Meere südlich von der südlichsten Fischbank den 7. Mai Penguine traf, sondern sogar unter 41° 40’ N. B. in der Nähe von Gilberts Punt, gerade bei Cap Cod, mehrere Penguine neben dem Schiffe am 20. Mai tödtete, welcher Zeitpunkt andeutet, dass es brütende Vögel waren, die er antraf”"). Die Frage, welche nach der vorhergehenden Dar- stellung jetzt so natürlich aufgeworfen wird, weshalb unser Vogel nicht mehr in diesen Gegenden, wo er früher in so vielen Tausenden sich aufhielt und Nah- 20) « The only authentie account of the occurrence of this bird on our coast that I possess, was obtained from Mr. Henry Havell, brother of my engraver, who, when on his passage from New York to Eng- land, hooked a gread Auk on the banks of Newfoundland, in extre- mely boisterous weather. When I was in Labrador, many of the Fi- shermen assured me, that the Penguin, as they name this bird, breeds on a low rocky island to the south, east of Newfoundland, where they des'roy great numbers of tho young for bait, but as this intelligence came to me when the season was too far advanced, I had no opportu- nity of ascertaining its accuracy. In Newfoundland, however, I recei- ved simlar information from several individuals. An old gunner resi- ding on Chelsea beach, near Boston, told me, that he well remembered the time, when the Penguins were plentiful about Nahant and some other. Islands in the Bay.» 21) Bartholomaes Gosnol: Voyage to Virginia, in Ueber- setzung in Pieter von der Aa’s Naaukeurige Versameling der Zee- en Land-Reysen u. Ss. w. te Leyden, 22 Bd. S. 1 und S. 5. 8 — 450 — rundsmittel auf kürzere oder längere Zeit für so viel Menschen abgab, angetroffen wird, findet ohne Schwierigkeit ihre Erledigung in dem schon Ange- führten. Man ist fortgefahren ihn so lange zu fangen, bis keine Individuen mehr übrig waren. Wie leicht er in den ersten Jahrhunderten nach der Ankunft der Europäer sich fangen liess, dafür sind ja viele Be- weise mitgetheilt. Man trieb ihn, wie man Schafe zum Schlachter treibt, an Bord der Schiffe auf die ausgespannten Segel, auf Bretter u. s. w. Man fing nicht allein den Vogel, sondern nahm auch die Eier, die in Massen gesammelt wurden, weg. Ein sehr ungünstiger Umstand für das fortgesetzte Bestehen des Vogels wurde es daher, dass die jähr- liche Ankunftszeit der Europäer gerade auf ihre Brütezeit traf, wo alle Individuen auf den kleinen Inseln beisammen waren, und dass so viele Schiffe zugleich, den Berichten zufolge, Mangel an Proviant hatten, denn diesen musste man, um nicht die gün- stigste Zeit für die Fischerei vorübergehen zu lassen, so schnell wie möglich einsammeln, wobei es denn doppelt hart über die Thierarten herging, die sich am leichtesten fangen liessen, unter denen der Penguin den ersten Platz einnahm. Nebenbei hat man sicher- lich oft rücksichtslos und ohne Schonung gewirth- schaftet, denn wo so viele sich verproviantiren, fällt auch leicht, die äussere Aufforderung zu sparen und zu schonen, von selbst weg, denn was der Eine heute verschont, kann er nicht zugleich erwarten, am anderen Morgen geschont zn sehen. Die Vorstellung der wahrscheinlichen Ausrottung eines Mitgeschöpfs, total oder von einer grossen Strecke der Erdfläche, — 451 — allein durch die Gewinnsucht und Gier des Menschen, ist immer schmerzlich, aber doppelt empörend für das Gemüth ist der Gedanke, dass die letzten Reste dieser Art möglicherweise dadurch verschwunden sind, dass man schonungslos das eine Individuum als Brennholz bei der Zubereitung des anderen benutzt hat. Die Frage, welche von den Nationen, die an den Newfoundlandsbänken Fischerei trieben, am meisten zu einem Resultat, welches für diese Seite des Atlan- tischen Oceans ziemlich unzweifelhaft erscheint, am meisten beigetragen haben mag, lässt sich schwer beantworten, hat aber auch weit weniger Interesse als die Thatsache selbst. Ohne die Schuld dem einen oder dem anderen beimessen zu wollen, muss man sich wahrscheinlich das Verhältniss so denken, dass der Vogel schon vor der Ankunft der Europäer durch die Verfolgungen der Eingeborenen bedeutend an Anzahl abgenommen hat, und vielleicht nur auf den weiter entfernt liegenden Inseln nach denen die Ein- gebornen sehr schwer kommen konnten, in grösserer Menge gefunden wurde ”). B. Das Vorkommen der Alca impennis bei den Inseln im öst- lichen Theile des Atlantischen Oceans. Nachdem ich jetzt, so viel wie möglich gesucht habe, die vormalige Verbreitung der Alca impennis an der westlichen Seite des Atlantischen Oceans in richtigeren Zügen darzustellen, will ich in aller Kürze 22) In seinem Briefe hat Prof. Rasch auch angedeutet, dass es ihm vorkäme, Stuvitz habe in irgend einem Hefte seiner Tagebü- cher geäussert, dass die Mikmak-Indianer dem Vogel, den er für den südlichen Penguin ansah, den letzten Stoss gegeben hätten, aber R. hatte die Stelle nicht wieder finden können. = 9 = ihre Ausbreitung früher und jetzt an der entgegen- gesetzten Seite dieses Meeres berühren, da zur Auf- fassung dieses Verhältnisses auch, wie mich däucht, eine Zusammenstellung fehlt, ebenso wie Manches in dem bisher Angenommenen der Berichtigung bedarf. Dem Gange in den vorhergehenden nach, wird es auch hier am natürlichsten sein, von Norden nach Süden zu gehen, und von den bekannten Brüteplätzen bieten sich dann zuerst diejenigen bei Island dar. 1) Alca impennis an den Küsten Islands. Es ist nicht bekannt, dass der Vogel anderswo als auf einigen kleinen Inseln oder Schären, die alle von ihm den Namen haben und alle mehrere Meilen vom südlichen Rande der Insel liegen, genistet hat. Der wichtigste dieser Geörfugleskjäer ist der westlichste, welcher ungefähr 3 Meilen in Südwest von der Süd- westspitze Islands Reikenäs, in der Nähe der von der Geschichte der vulkanischen Ausbrüche her bekannten Vogelschären liegt, der zweite, der südlichste, ist kleiner und liegt beinahe 2 Meilen von Vestmannöe und ungefähr 3'/, Meilen von der Südküste der Insel, der dritte, welcher der östliche genannt wird, soll weiter nach der Ostseite des Landes zu, etwas östlich von Ingolfshöfde, einige Meilen in die See hinein, liegen. Wie man weiss, war es erst gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts, dass das Dasein dieses merk- würdigen Vogels in Island allgemeiner bekannt wurde, indem der Hamburger Bürgermeister Andersson”) 23) Johann Anderssons Nachrichten von Island, Grönland und der Strasse Davis. Frankf. und Leipzig 1747. S. 54. — 455 — durch seine von Schiffern und andern Islandsfah- rern erhaltenen Nachrichten über Island 1747 die Alca impennis als einen Vogel, der nur bei den westlichen Geirfugl-Schären und zwar sehr selten ge- sehen wurde, aufführte. Er fügte sogar hinzu, dass es als Unglücksvorbedeutung angesehen wurde, wenn er in grösserer Anzahl sich zeigte, so z. B. im Jahr vor dem Tode des Königs Friedrich des IV., da man viele Jahre vorher keine Spur von ihm gesehen hatte. Diese grosse Seltenheit wurde gleich von Horrebow in Abrede gestellt, welcher in seinen «Zuverlässigen Nachrichten von Island» 1752 Andersson ungefähr auf dieselbe Weise entgegentritt, wie Glahn später, nach dem was wir gesehen haben, dem Berichte des Crantz über Grönland entgegentrat. Über das aus- schliessliche Vorkommen auf den Geirfugl-Schären bei Reikenäs sagt er S. 174: «Auf diesen Klippen halten sich wohl viele Alca impennis auf, aber sie werden doch auch anderweitig im Lande gefunden», wobei er es auf die anderen Geirfugl-Schären abgesehen hat, und über seine Seltenheit fügt er hinzu: «Obgleich der Vogel nicht in so grosser Menge vorhanden ist, wie andere Seevögel, so ist er doch nicht so rar oder so selten vorkommend, dass die Einwohner ihn nicht öfters zu sehen bekommen, wenigstens wird er immer von denen, welche hinausfahren, um seine Eier zu nehmen, die beinahe so gross wie Strausseier sind, gesehen. Hiermit wäre indessen über die Anzahl der Individuen nicht viel gesagt, wenn es nicht ausserdem von den Einwohnern in der Nähe dieser Schären S. 175, hiesse, dass sie zu ihnen hinausfahren «in einer gewissen Jahreszeit, und mit ziemlicher Gefahr, — 454 — die Eier dieses grossen Vogels suchen und eine grosse Ladung in einem Boote, welches 8 Mann rudern, mit sich nach Hause bringen. Die Gefahr und Schwierig- keit besteht darin nach den Schären zu kommen» u. s. w., und wie kurz nachher gesagt wird, hat dieses Letztere wieder seinen Grund in der weiten Entfer- nung von mehreren Meilen und dem starken Seegang. Aus diesen Ausdrücken könnte man vielleicht auf der anderen Seite versucht werden anzunehmen, dass es eine ziemlich bedeutende Anzahl auf diesen Schären gab, besonders wenn man übersieht, dass die Grösse des Bootes schwerlich aus einem anderen Grunde genannt wird, als die Gefahr uud Beschwerde hinaus- zukommen zu zeigen, und dass die «grosse Ladung» nicht aus Geirfugl- Eiern allein, sondern natürlich zugleich aus all dem andern Vogel- und Eierfang be- standen hat, welcher auf den reichen Vogelbergen in der Nähe betrieben wurde. Anders aufgefasst wür- den seine Worte auch mit dem in Streit gerathen, was er am Schlusse’ Andersson einräumt, dass man freilich im Jahre vor dem Tode des Königs Friedrich des IV. manche dieser Vögel, gleichwie in allen an- deren Jahren sah, wodurch also die Anzahl, welche überhaupt bei den Schären gesehen wurde, auf man- che beschränkt wird. Zur noch bestimmteren Auffassung der Verhält- nisse, unter denen die Alca impennis damals bei den Geirfugl-Schären vorkam, und worunter der Vogel und die Eier eingesammelt wurden, wird es zweckmässig, ja beinahe nothwendig sein, aufzunehmen was Eggert Olafsen in seiner und Bjarne Povelsens Reise nach Island über beide Gegenstände mittheilt, und ich — 45 kann um so weniger unterlassen, dies ausführlich zu thun, als die Schilderung dieses Reisenden die zuver- lässigste von allen, die wir darüber haben, ist”). «Eldey oder Ildöe (Feuerinsel) liegt eine Meile von der Spitze, und nahe ausserhalb davon Eldeyiar-Dran- gur, ein hoher Felsen. An diesen Orten halten sich Alken und andere See- und Landvögel auf, aber die Klippen sind so steil, dass jetzt Niemand hinauf kom- men kann. Früher aber hat man auf der Feuerinsel Strickleitern gehabt, und es sitzen noch grosse Nägel in den Felsen, woran deren Taue befestigt wurden. Die Geirfugl-Schären liegen weiter in die See hinein, eine ziemlich grosse Insel, niedrig, und daher vom west- lichen Ende besteigbar. Etwas innerhalb ist ein mit- telmässig hoher Felsen, und ausserhalb ein anderer, sehr hoher, welcher das Ansehen eines weit entfern- ten Seglers hat. Er ist auch weiss von Farbe, ver- mittelst des Kothes der grossen Menge Vögel, die sich hier aufhalten. Diese Inseln erstrecken sich 5 Meilen von Reikenäs hinaus, gerade nach Westen, und zwei Meilen ausserhalb in derselben Linie ist ein blinder Felsen, welcher für Seefahrende sehr ge- fährlich ist, doch sieht man oft die Brandung darü- ber. Fremde Seeleute nennen diese Inseln zusammen die Vogelfelsen, und diesen äussersten, den blinden Vogelfelsen. Falls Schiffe von hier zum Lande kommen, sind sie übel daran, denn hier geht ein Malstrom, wo das Wasser mit starker Schnelligkeit bald ein- bald hinausgezogen wird, und immer nach und um 24) Eggert Olafsens og Bjarne Povelsen’s Reise igjennem Island. Soröe 1772. (E. Olafsen u. B. Povelsen’s Reise durch Is- land, übers. Kop. 1774 u. 1775.) — 456 — diese Felsen herum, besonders wenn das Wetter stille ist. Auf den Geirfugle-Felsen halten sich Pinguine (Alca alis minimis) in grösster Menge auf, denn sie können hinaufkriechen, und sie werden bisweilen von den Einwohnern des Südlandes, die sich hier hinaus- wagen, wenn das Meer am wenigsten braust, gefangen; sie können doch nicht landen, sondern einer der Mannschaft muss es wagen mit einem Tau auf die Klippe zu springen, und wenn sie wieder weg sollen, müssen sie ihn oft durchs Wasser zum Boote ziehen». 5.855 — 56. (Übers. Bd. II, $S. 130). Über den zweiten Aufenthaltsort des Vogels bei Vestmannöe heisst es S. 858: Geirfugla-Felsen, eine kleine flache Klippe, wo die Geirfuglen Eier legen, wie auf jener ausserhalb Reikenäs. Über den dritten, östlichen, sind die Ausdrücke sehr unsicher, indem es über die Strecke zwischen Ingolfshöfde und Hrol- laugsöerne, die als vor dem Auslaufe der Breida- marksandenes Jökelsau gelegen, angegeben werden, heisst: «Eine Klippe, @eirfugla- Felsen, soll auch hier draussen im Meere liegen, einige Meilen vom Ufer. Alca rostri sulcis octo alis minimis soll sich hier auf- halten», S. 750; aber diese unbestimmte Aussage ist niemals später bestätigt worden, und hat wahrschein- lich auf eine weit frühere Zeit Bezug; es ist auch nicht bekannt, dass die Alca impennis jemals in den späteren Jahrhunderten weder in der Nähe von In- golfshöfde, noch auf der ganzen östlichen Seite Is- lands gesehen worden ist. Indem FEg. Olafsen später, S. 983, des Vogels selbst erwähnt, wiederholt er: «Er ist rar in Island, — 457 — und brütet nirgends ausser auf zwei niedrigen Fel- sen im Meere ausserhalb des Südlandes», und fügt die, für die so wenig bekannte Fortpflanzungsge- schichte des Vogels nicht unwichtige Erläuterung bei: «Manche Geirvögel haben Nest und Eier zusam- men; eigentlich bauen sie kein Nest, sondern die Eier liegen in ihrem Koth dicht zusammen auf den Felsen». Da am selben Ort vom @Geirfugl-Felsen bei Reikenäs gesagt wird: «wovon wir auch sowohl den Vogel selbst als auch seine Eier zu sehen bekamen, dadurch, dass einige Böte von der Südlandspitze sich hinauswagten, in den Jahren als wir auf Vidöe wa- ren», so kann man durch Zusammenstellung dieser Worte mit den vorhin hervorgehobenen Ausdrücken, dass sie «bisweilen» gefangen wurden, nicht daran zweifeln, dass damals schon bei weitem nicht jedes Jahr diese Einsammlung von Vögeln und Eiern be- trieben wurde. Eggert Olafsen und Bjarne Po- velsen reisten in den Jahren 1752 — 57 auf Island, die oben erwähnten Aussagen betreffen also densel- ben Zeitabschnitt, für den diejenigen Andersson’s und Horrebow’s gelten sollten, welches wohl fest- gehalten werden muss. Horrebow und besonders Olafsen sind also un- sere einzigen Quellen zur Beurtheilung der Ausbrei- tung und Individuen-Zahl der Alca impennis bei Is- land vor einem Jahrhundert. Wir können mit Sicher- heit sagen, dass sie damals noch auf zwei Stellen bei der Küste nistete, dass sie aber, gerade weil sie auf diese beiden Stellen allein beschränkt war, «selten» genannt wurde, und wenn auch die Anzahl auf die- ser einen Stelle als «grosse Menge» bezeichnet wurde, 9 — 458 — so ist diese doch niemals so bedeutend gewesen, dass Individuen davon häufig nach den naheliegenden Küsten der Insel gekommen wären. Nach dem Ein- drucke aller Angaben meine ich, dass man die Alca- Colonie sehr hoch geschätzt hat, wenn man annimmt, dass sie damals aus etwa hundert Vögeln bestanden hat. Mohr, welcher bestimmt sagt, dass man im Nord- lande, wo er reiste, den Geirfugl nur dem Namen nach kannte, ist daher meiner Meinung nach in gros- sem Irrthume, wenn er, ohne andere Quelle als die angeführte, sich in seinem: «Forsög til en islandsk Naturhistorie» 1786 S. 29 so ausdrückt: «In früheren Zeiten haben die Isländer, den Berichten nach, ihre Böte mit seinen Eiern an den @eirfugl-Felsen gefüllt», — und hat dadurch zugleich Andere irre geführt. Indessen dauerte es nicht lange, ehe eine Verän- derung in dieser Verbreitung der Alca impennis ein- trat, da sie kurz nachher vom @Geirfugl-Felsen bei Vestmannöe verschwunden sein muss. Faber, wel- cher die A. impennis dort, so wie bei den Vogelfel- sen vergebens suchte, theilt in seiner «Prodomus der isländischen Omithologie» S. 49 mit, dass während seines Aufenthaltes auf Vestmannöe 1821, der Isländer, welcher mit dem dortigen Vogelberg am meisten zu thun hatte, ihm erzählte, dass er vor 20 Jahren eine A. impennis vom Ei genommen, und dass dieses Indivi- duum das einzige gewesen sei, das er jemals gese- hen habe. Vor dem Schlusse des Jahrhunderts war sie also von da, nicht nur als nistender Vogel, son- dern auch als besuchender Gast, verschwunden °). 25) Da sowohl der Vogel als das Ei lange Zeit als eine Merkwür- — 459 — Dass dieses kein zeitweiliges Davongehen war, lässt sich daraus entnehmen, dass es in den neuen, spe- ciellen Beschreibungen, die nach Aufforderung der Isländischen literarischen Gesellschaft durch die Pfar- rer und Schulzen über jedes Kirchspiel und District ausgeführt werden, von diesem Geirfugl-Felsen in der vor etwas über 10 Jahren eingegebenen Beschreibung der Vestmannöe durch den Ortspfarrer, heisst: «Der Name zeigt, dass der @Geirfugl vor Zeiten hier zu Hause gewesen ist, jetzt wird er aber niemals beim Felsen gesehen». Was dagegen die Reikenäs-Vogelschäre betrifft, so war es zuverlässig zu erwarten, dass der Vogel sich dort besser als irgend wo anders würde halten kön- nen, beschützt durch die grossen Schwierigkeiten und Gefahren unter denen allein Annäherung und Lan- dung geschehen kann. Es ist auch sicher, dass die Colonie 1813 noch da war, denn das wissen wir aus einem, vom Amtmann Löbner auf den Färöern an Staatsrath Reinhardt geschickten Bericht, dass die Besatzung eines färöischen Bootes, welches nach Reikevig bestimmt war, und sich gerade vor dem Geirfugl-Felsen unter einer ganz ungewöhnlichen Wind- stille mit vollkommen spiegelglatter Wasserfläche be- fand, diese unerwartete Gelegenheit benutzte, eine Jagd auf A. impennis, die sie auf den Klippen ge- wahrte, anzustellen. Sie ging an’s Land und tödtete einige und zwanzig, während die übrigen verscheucht wurden. °) «Dieses befürchte ich», sagt Faber ein digkeit im Handelsgebäude auf der Insel aufgehängt waren, kann man sich denken, dass er schon damals, um 1800, eine grosse Sel- tenheit gewesen ist. 26) Prof. J. Reinhardt, Von dem Vorkommen des Geirfugle bei — 460 — Jahrzehnt später, 1822, «hat den Vogel ganz von der Klippe verscheucht; denn in der Hoffnung, die- sen interessanten Vogel näher kennen zu lernen, mie- thete ich mit zwei anderen Reisenden eine Fischer- Jacht, und segelte den 25. Junius 1821, welche Jah- reszeit ich für die beste ansah (doch laut Berichten von St. Kilda, siehe unten, zu spät), weil alle Ver- wandte des Vogels in dieser Zeit Eier haben, nach der Klippe. Wir kreuzten zwei Tage unter der Schäre, deren Oberfläche mit brütenden Sula alba und Uria troile bedeckt war; wir konnten jeden Vogel überse- hen, entdeckten aber keine A. imp.» 8. 49. Dass diese Befürchtung Faber’s jedoch diesmal ungegrün- det war, zeigte Staatsrath Reinhardt später in der kleinen Notiz, die ich oben anführte, indem er er- klärte, dass in den Jahren 1830 und 1831 27 Indi- viduen herüber gesandt und feil geboten worden, also reichlich so viel als die Färöerbewohner 1813 ver- nichtet hatten, und diese stammten entweder vom Geirfugl-Felsen oder einer anderen Klippe in der Nähe her. Eine Mittheilung, welche mit dem ersten 1850 erhaltenen Exemplare folgte, erwähnte näm- lich, dass in diesem Jahre ein vulkanischer Ausbruch im Meere den @eirfugl-Felsen zerstört und den Vo- gel gezwungen haben sollte, Brütestellen auf einer dem Lande näher gelegenen Schäre, wo sowohl die- ses Exemplar als noch eins geschossen worden wa- ren, zu suchen. «Über diese Begebenheit», sagt in- dessen der Verfasser der Note, «hat man vergebens gesucht nähere Aufklärung zu bekommen. Die Ant- Island. (Dänisch) in Dr. H. Kröyer’s Naturgeschichtl. Zeitschrift, Bd. II, S. 533 — 35. — 461 — worten waren unbefriedigend und zum Theil wider- sprechend». Er befürchtet, und nicht ohne guten Grund, dass im Jahre 1831, von welchem allein die zwanzig Individuen herrührten, «die ganze Colonie an der Brütestelle überfallen sei, wobei der grösste Theil wahrscheinlich getödtet und die übrigen ver- jagt worden sind». Während meines Aufenthaltes auf Island in den Jahren 1839 und 1840 suchte ich sorgfältig nach Aufklärung über diesen Vogel, und ich gewann auch die Überzeugung, dass noch welche übrig waren, denn in den Jahren, welche seit jener grösseren Ver- nichtung von 1830 und 31) verflossen waren, hatte man ungefähr zehn °°) Individuen geschossen und ihre Häute zum grössten Theil in den Naturalienhandel gebracht. Die letzten Individuen, die so viel mir be- kannt, gesehen worden sind, sind zwei, ein Männchen und ein Weibchen, die im Jahre 1844, als sie sich eine kleine Klippe in der Nähe des Landes zum Brü- teplatz gewählt hatten, geschossen wurden, sie wur- den ausgeweidet und die Körper in Spiritus aufbe- wahrt. Staatsrath Eschricht erwarb beide für das zootomische Museum der Universität, wo eine schöne Reihe der inneren Theile beider Vögel aufgestellt ist; aber ihretwegen wurde freilich das Skelet preisgege- ben, weil man sich den Vogel nicht seiner Ausrot- 27) Zu demselben Fange meine ich, gehören die 10 Individuen, welche Michahelles in der Isis 1833 S. 647 — 651 anführt. 28) Was mich hindert die Zahl genauer anzugeben, ist der Um- stand, dass einige der Häute beim Durchgehen durch mehrere Hände, ohne dass es möglich war den Gang einer jeden einzelnen Haut weiter zu verfolgen, offenbar mehrere Mal angegeben worden sind. — 462 — tung so nahe dachte, als er es aller Wahrscheinlich- keit nach ist. Da die A. impennis so spät bei Island beobachtet worden ist, ist man also nicht berechtigt die Hoffnung aufzugeben, dassnoch welche dort sich finden, man wird um so mehr versucht, darauf zu bauen, dass eine Üo- lonie, wenn auch vielleicht nur eine kleine, sich fort- während auf den eigentlichen Geirfugl- Felsen erhält, da dieser von der Natur so unzugänglich gemacht ist, und, wie es aus der Beschreibung des Pastors S. B. Sivertsen über-Utskäla Kirchspiel, unter welchem die ganze Gruppe der Vogelklippen gehört, hervor zu gehen scheint, dass die Isländer diese Schäre so lange in Ruhe gelassen haben, dass nach seinen Äus- serungen kein Isländer mehr lebt, welcher etwas Si- cheres über die Lage, Beschaffenheit, die Landung darauf u. s. w. weiss. Vor einigen Jahren, fügt er hinzu, wurden wohl Versuche gemacht, mit einem Deckboot hinaus zu gehen, doch ohne Erfolg. Man darf aber andererseits nicht vergessen, dass der Fel- sen mit seinen Umgebungen in Folge vulkanischer Umwälzungen für die A. impennis unbewohnbar ge- worden sein könnte, und dieses veranlasst mich, ein Paar historische Bemerkungen”) an das Gesagte zu knüpfen. Geirfuglskjäret, zusammen mit den übrigen nahe- liegenden Schären, die, wie wir gehört haben, unter dem gemeinschaftlichen Namen Vogelklippen gehen, 29) Diese sind kurz aus der Zusammenstellung meines verstorbe- nen Reisegefährten John Halgrinson’s, der Geschichte der vul- kanischen Ausbrüche und der Erdbeben auf Island, bestimmt einen eigenen Abschnitt unserer angefangenen Arbeit über Island auszu- machen, gezogen. — 463 — sind nämlich seit den ältesten Zeiten von vulkani- schen Zerstörungen sehr heimgesucht worden, ja ha- ben sogar, wie in älteren Quellen angedeutet wird, solchen Zerstörungen ihr Dasein als Schären im Meere zu verdanken, denn als solche sollen sie nicht über 4— 5 Jahrhunderte alt sein. Den Annalen zu Folge ist Reikenäs, welches jetzt unter 63° 48 S. B., 35°23’W. von Kopenhagen liegt, seit Anfang des 13. Jahrhunderts der Schauplatz gewaltsamer vul- kanischer Bewegungen, begleitet von Feuerausbrü- chen, theils auf dem festen Lande, theils ausserhalb im Meere, gewesen. Im 13. und 14. Jahrhundert war letzteres der Fall 1211, 1226, 1231 und 1390, in welchem Jahre Espolin’s-Annalen sogar berich- ten, dass Feuerausbruch über das ganze Reikenäs war, und dass die Hälfte des Vorgebirges ins Meer sank, und da steht jetzt draussen im Meere Dyptar- steinn und der Fugleskjär-Felsen. Der Felsen, welcher jetzt Eldey genannt wird und 1Y, Meilen ausserhalb der äussersten Spitze von Reikenäs liegt, sagt man, sei damals ein Berg, welcher auf der Landzunge stand, gewesen, ehe diese während des Ausbruchs versank. Im J. 1422 (nach anderen Annalen 1418) wurde ein Land südwestlich von Reikenäs über den Wasserspiegel gehoben und war lange nachher zu sehen gewesen, ein Vorspiel also zu der Begebenheit, welche 1783 eintraf, als auf derselben Stelle unter Feuerausbruch, ungefähr da, wo jetzt die blinde Vo- gelklippe auf die Karte gesetzt wird, eine Insel aus dem Meere gehoben ward; die Insel, welche zuletzt eine Meile Umkreis hatte, wurde Nyöe genannt und als Eigenthum des Königs in Besitz genommen, ver- — 464 — schwand aber das folgende Jahr (d. h. die Brandung riss die aus Schlacke und Bimsstein lose gebaute In- sel wieder herunter, und spülte sie in’s Meer hinaus), und sie wurde später nicht gesehen. Endlich war der letzte Ausbruch im Meere ausserhalb Reikenäs An- fangs 1830, in der Nähe desselben Felsens; eine mächtige Dampf- oder Rauchsäule war” viele Tage sichtbar und hob sich hoch in die Luft, während eine srosse Menge sogenannten Bimssteins auf dem Meere umhertrieb und an die Küsten von Reikenäs gewor- fen wurde. Dieses letzte Phänomen wird sicherlich in Bezug auf die Geschichte der A. impennis nicht ohne Be- deutung sein; bei allen unterseeischen Ausbrüchen kommt eine ungeheure Masse Bimsstein hervor, wel- cher grosse Strecken der Meeresfläche bedeckt, die- ses findet man auch in Betreff der Isländischen auf- gezeichnet, und vom Ausbruche 1783 heisst es, dass die Kauffarteischiffe, welche auf dem Wege von oder nach Dänemark Reikenäs passirten, Schwierigkeit fanden sich durch den Bimssteinteppich den Weg zu finden ®). Die Zerstörungen denen der Brüteplatz der A. imp. ausgesetzt gewesen ist, sind also mannig- fach; durch Erdbeben kann er ganz verändert oder sanz hinunter gesunken sein, und durch Aufspülung von Bimsstein oder Aschenregen kann er für längere oder kürzere Zeit unbrauchbar gemacht worden sein, der Alk kann genöthigt gewesen sein denselben zu 30) Magnus Stephenson «Kort Beskrivelse over den nye Vul- cans Ildsprudning 1783» Kopenhagen 1785, S. 146: « Die See rings- herum war voller Bimssteine auf circa 20 bis 50 Meilen Entfer- nung, welches die Schiffe in ihrer Fahrt nicht wenig hinderte ». — 465 — verlassen, weil nahe Ausbrüche das Wasser zum Schwimmen untauglich oder für seine Nahrung, Fische, unbrauchbar machten®'). Es ist somit viel Grund zu vermuthen, dass die Ursache, weshalb gerade 1830 und 1831 so viele A. mp. getödtet wurden, die war, dass sie beim Ausbruche nach anderen, vom verderblichen Vulkane wohl entfernter, aber dem Lande näher liegenden Skären, übergesiedelt waren, wodurch sie gerade in die Nähe eines anderen und sicherlich schlımmeren Feindes kamen. Sollte nun dieser Vogel wider Erwarten nicht mehr bei dieser Geirfugl-Klippe zu finden sein, so muss sein Verschwinden da gewisslich nicht den Isländern allein zur Last gelegt werden. Die Natur selbst scheint ihn in eben so hohem Grade verfolgt zu ha- ben. Unter so grossen Zerstörungen, wie die mehr oder weniger vollständig gedachten, müssen die Brü- teplätze des Vogels ausserordentlich gelitten haben, vielleicht sind sie sogar ganz zerstört worden. Ob- gleich der Vogel wahrscheinlich, hauptsächlich in Folge der Verfolgungen des Menschen, vom @eirfugl- Felsen bei Vestmannöe verschwunden ist, so würde es doch unpassend sein, hier nicht zu bemerken, dass die vulkanische Unruhe auch auf dieser Klippe zum Verschwinden des Vogels beigetragen haben kann, namentlich muss es gerade hinsichtlich der Zeit, als diese stattfand, im letzten Drittel des vorigen Jahr- hunderts, besonders hervorgehoben werden, dass es 31) J. ©. Schythe: «Hekla og dens sidste Udbruk d. 2. Septbr. 1845» Kopenh. 1847 führt auf diese Weise die Wirkung der Aus- führung des Aschenregens und Bimssteins in’s Meer beim SüdlJande auf die Fischerei an. 9 — A im Berichte über das grosse Erdbeben v. 1784 aus- drücklich erwähnt wird, dass der Vogelberg auf Vest- mannöe grossen Schaden erlitt”), und gerade unter diesem Vogelberge war es ja, wo der Vogelaufseher den einzigen Vogel, den er jemals gesehen, vom Ei genommen hatte. Man kann wohl nicht gut daran zweifeln, dass der A. ımpennis-Fang in entfernteren Jahrhunderten grös- ser als in den letzten hundert Jahren gewesen ist; aber man muss, wie schon vorhin bemerkt wurde, wohl erinnern, dass die Isländer bei ihren Fahrten nach den Vogelklippen bei weitem nicht das Einsam- meln dieses Vogels und seiner Eier allein beabsich- tigten; der übrige Vogelreichthum derselben Schären war zugleich Gegenstand der Reisen, und ohne Zwei- fel war er zu allen Zeiten der wichtigste. Eggert Olafsen und Faber berühren den Vogelreichthum. Ersterer giebt zugleich durch den Bericht von den Eisennägeln im Felsen einen schlagenden Beweis, dass der Fang früher anders betrieben wurde als damals, und die vom Pfarrer in der Beschreibung des Kirch- spiels berührte Sage auf Reikenäs hat ja auch die 32) Bei Magnus Stephensen, 1. ce. S. 142, heisst es: Laut Be- richt des Schulzen Sivertsen an die königl. Rentkammer sind beim ersten Stoss (dieses Erdbebens) d. 14. August grosse Fels- stücke ausgesprengt und auf Vestmannöe herunter gefallen von den Bergen, welche von unten an bis oben hinauf beinahe in einem Rauche standen, und da dasselbe sich aus verschiedenen Gegen- den auf einmal sehen liess, so musste man dort eine allgemeinere Zerstörung und Gefahr von den herabfallenden Felsen und grossen Steinen mit Recht befürchten; doch soll dadurch kein anderer be- sonderer Schaden verursacht worden sein, als dass der beste und grösste Theil des für die Einwohner so nützlichen Vogelberges an vielen Stellen zusammengestürzt, und insofern in Zukunft für den Seevogel zum Nisten untauglich gemacht ist. — 467 — Fahrten, welche nach dem @eirfugl- Felsen gemacht wurden, auf zwei bestimmt, eine vor, und eine nach der Heuernte. Dass jährlich mehrere Böte von der Landzunge auf diesen Vogelfang ausgingen, scheinen die Annalen in einem Berichte für das Jahr 1659 aufbewahrt zu haben, worin erzäblt wird, dass von vier Böten, die im Vorsommer nach dem @eirfugl- Felsen auf den Fang auszogen, zwei untergingen, und die Mannschaft der beiden anderen sich erst ret- tete, nachdem sie die See in 11 Tagen gehalten hatte, wodurch das Gefährliche des ganzen Unternehmens anschaulich wird. Wie vortheilhaft der Vogelfang scheinen musste, sieht man ferner aus derselben Sage, welche den Ertrag für jeden Theilnehmer mit dem vollen Som- merlohn für einen Mann, welcher nach dem Nordlande geht, um bei der Fischerei zu helfen, gleichstellt. * Weiter zurück habe ich die Geschichte des Vogels oder der Schären nicht verfolgen können. Landnama- bok erwähnt beider nicht, und auch Klucidarius nicht, obgleich ich in beiden den Vogel als einen merkwür- digen benannt erwartet hatte. Bevor ich Island verlasse, muss ich noch bemerken, dass die Alca impennis sich natürlich hin und wieder bei den Geirfugle-Felsen zunächst liegenden Theilen der Küste, aber doch nur sehr selten und wahr- scheinlich in der Regel zu seinem eigenen Verderb, ‚hat sehen lassen. Die entfernteste Stelle von diesen seinen Brüteplätzen, wo er bemerkt worden, ist La- travik an der Nordwestspitze Islands, nach dem von einem Bauern Faber gegebenen Berichte, dass er 1814 von diesen Vögeln sieben Individuen auf — 468 — einer Klippe, von der sie nicht schnell genug herab kommen konnten, erschlagen habe °). 2) Alca impennis bei den Färöern. Das älteste Zeugniss vom Vorkommen des Vogels bei den Färöern giebt der Arzt Henrik Höyer in Bergen in dem Verzeichniss der vornehnsten Vögel der Färöer, welches er 1604 in einem Briefe an Clusius mittheilt und welches dieser in seinem 1605 herausgekommenen grossen Werke « Eixoticorum libri decem»; Auctarium pag. 367 — 368 abdruckt. Nach den Lunden, den Alken und Urien, welche vor allen andern für die Färöer Bedeutung haben sollen, werden hier der Himbrimen und Goirfugel als zwei Vögel be- zeichnet, welche niemals auf’s trockene Land kommen, und der letztgenannte wird nach seiner Ähnlichkeit mit Alken, nach der Farbenzeichnung und den unan- sehnlichen Flügeln bestimmt als Alca impennis, aber* zugleich als ein äusserst seltener Vogel bezeichnet, welcher nur in gewissen, besonderen Jahren dort ge- sehen wurde «rarissime autem haec, et non nisi pecu- liaribus”*) quibusdam annis visitur» und deren Brüte- plätze kein Mensch kannte «nec ubi faeturae operam det, ulli hominum exploratum». Von den Färöern hatte Ole Worm das erwachsene und ausgefärbte Exemplar erhalten, welches er meh- 33) Prodr. der Isländ. Ornithologie S. 49. 34) Was hier mit «besonderen Jahren» gemeint ist, kann aus der Angabe Anderssons und der Anführung Höyers etwas weiter im Briefe über den Aberglauben der Färöerbewohner bei Ankunft der Helsing- und Brandgänse ersehen werden, «superstitio autem ex longa experimentia nota est, hae ubi apparuerint, mutationem ma- gistratus imminere », — 469 — rere Monate lebend bei sich hatte, und wovon er in seinem Museum eine ganz gute Zeichnung gegeben hat”). Die Figur hat freilich einen sehr scharfgezeich- neten, schmalen weissen Ring um den Hals wozu die von Clusius aufgenommenen Worte: «collum quod crassum et breve, albis pennis tanquam torgue pictum» wahrscheinlich Anlass gegeben haben; aber da das- selbe Exemplar später in die königl. Kunstkammer überging und zu den Werken über diese zu wieder- holten Malen abgezeichnet und in Kupfer gestochen worden und gleichwohl den weissen Ring ebenso scharf, auf Lauerentsens Figur sogar die übrige Federbedeckung überdeckend, behalten hat, so kann ich nicht annehmen, dass derselbe etwas anderes als ein dem Vogel zur Zierde gegebener Metallring ist. (Siehe sein Museum regium, aves T.1, N°1.) Es ist die einzige Figur, so viel ich weiss, welche nach einem lebenden Exemplar gezeichnet ist; — ja volle zwei Jahrhunderte nachher scheint nur ein Naturforscher den Vogel lebend gesehen zu haben ®). Aber eine Nachricht, inwiefern er selten war oder ob er dort brütete, theilt Worm nicht mit. Wäre es ein jüngerer Vogel gewesen, wie er aus falschen Gründen vermu- 85) Museum Wormianum, seu historia rerum rariorum. Amste- lodami 1655, p. 300: «Ex Feroensibus Insulis delata ad me erat avis, quam vivam domo per aliquot menses alui, Junior erat, quia ad eam non pervenit magnitudinem, ut anserem communem mole supe- raret». Er forderte die Grösse vom erwachsenen Vogel, weil er an- nahm, dass es Clusii Anser magellanicus (Exotic. lib.V, cap. 5, p. 101) oder der Pinguin der Magellanstrasse war und von diesem sagt Clusius: «praegrandis anseris magnitudine ». 36) F’leming Hist. of British anim. p. 136. sah ein Exemplar, das lebeud aus St. Kilda gebracht war i. ‚J. 1822. — A — thete, dem aber die Tracht widerspricht, so wäre einige Wahrscheinlichkeit für das Letztere gewesen, und wenn sämmtliche drei Häute, in deren Besitz er war, alle von den Färöern gewesen wären, dürfte man wohl annehmen, dass er damals ziemlich oft bei diesen Inseln vorkam. Dieses scheint mir auch aus den Aus- ‚drücken Debes’s hervorzugehen, denn obgleich er sagt: «Ausserdem giebt es hier auch einen seltenen Wasservogel, Garfugel genannt, welcher doch selten auf den Klippen unter den Vorgebirgen gefunden wird» u. Ss. w., so fügt er doch später hinzu: «Ich habe ihn einige Mal gehabt und er ist sehr leicht zu zähmen, aber er will nicht lange auf dem Lande leben °”)», und man kann ihn daher nicht gut als einen zufälligen Gast annehmen. Als solcher würde er auch kaum «auf die Felsen», hinaufgehen, welches er wahrscheinlich nur ausnahmsweise ausser der Brüte- zeit thut. Der Färöerbewohner Mohr sagt in seiner Isländischen Naturgeschichte S. 28, ein Jahrhundert später, 1780: «In Färöe, wo doch in den meisten Sommern auf dem Lande zwischen den Schwarz- vögeln (svartfuglene) einzelne Exemplare gefangen werden», und mehrt dadurch die Wahrscheinlichkeit, dass er hier brütete; diese Ansicht muss eher bestätigt als entkräftigt werden durch Landt, welcher in seiner Beschreibung der Färöer 1800, wohl äussert, dass 37) Luc. Jac. Debes: Faeroae & Faeroa reserata, d.i. Beschrei- bung der Färöer und deren Bewohner, Kopenhagen 1673, S. 130. Den Ausländern ist Debes’s Bericht über Alea impennis am meisten nach Bartholius Mittheilung in den Acta medica et philosophica Hafniensia, 1671 — 72 p. 91 im Stück: «Rara Naturae in Insulis Faeröensibus» p. 86 — 102 bekannt, das aus Debes’s Manuscript ausgezogen ist. «die Alca impennis jetzt anfängt selten zu werden», aber zugleich angiebt, dass er Individuen mit weniger oder mehr Furchen am Schnabel, und somit jüngere und ältere Vögel gehabt habe”). Man muss somit wohl einräumen, dass es früher eine Kolonie dieser Vögel auf den Färöern gegeben hat, wenn sie auch sehr klein war, und obgleich man nicht angeben kann auf welcher Insel sie ge- wesen ist”). Aber kurz nach Anfang dieses Jahr- hunderts muss der letzte Ueberrest ganz verschwun- den sein, denn seit der Zeit hat man keine Nachricht ausser von einem ganz einzelnen Vogel als Gast”). 38) Landt, Forsög tü en Beskrivelse af Faeröerne. Kopenhag. 1800, S. 254. 39) Indessen scheint die Alca impennis sich vornehmlich zur Vogelinsel gehalten zu haben. Ein Manuscript von Jens Christian Svabo: «Rapporte, eingeholt auf einer allergnädigst befohlenen Reise in Färöe in den Jahren 1781 und 1782», aufbewahrt in der grossen, königl. Bibliothek (neue königl. Manusceriptsammlung 4-to N°® 1950) führt nämlich im 1 Heft, S. 332 —33 an: «Man weiss nicht, dass Alca impennis hier brütet, obgleich Studiosus Mohr von der Vogelinsel eines seiner Eier, welches man in einem Individuum fand, das man gefangen hatte, bekommen haben soll; dieser Vogel ist früher, wie man sagt, nicht so selten gewesen wie jetzt. Man fängt doch noch einzelne unter Hellefugl, besonders auf der Vogelinsel». Die Vogelinsel ist die nordöstlichste der Färöer. Falls Graba, welcher übrigens annahm, dass der Vogel zu seiner Zeit (1830) ganz ausgestorben war, nicht den jetzt verstor- benen Landesvogt Hammershaimb missverstanden hat, soll die- ser einen Geirfugl auf dem Ei in der Nähe von Westmannahavn er- schlagen haben, und da sagt Grabe, behaupteten einige sehr alte Eingeboreue, den Vogel gesehen zu haben (C.F. Grabe, Tagebuch geführt auf einer Reise nach Färöe im Jahre 1828. Hamburg 1830 S. 198 — 99). 40) In seiner obenerwähnten Abhandlung äussert Staatsrath Reinhardt, dass aus uralter Zeit das Universitätsmuseum ein Exemplar aus Färöe hatte (welches später vertauscht ist), und ich weiss von meinem Besuche auf Färöe, dass der Kopf eines einzelnen Vogels aufbewahrt wurde, so viel ich mich erinnere auf Sandöe. — 472 — 3) Alca impennis bei den westlichsten Schotti- schen Eilanden. Weit bestimmter tritt die Alca impennis in den älteren Berichten von Schottland als ein dort auf den äussersten Ausseninseln brütender Vogel auf. Die ganz sicheren Nachrichten von ıhm gehen ziemlich weit zurück. In einem «Account of Hirta and Rona yiven to Sir Robert Sibbald by the Lord Register Sir Georg M. Ken- zie of Tarbot‘') heisst es von der ersten dieser Inseln (das jetzige St. Kilda), deren Vogelmenge den Himmel wie Wolken bedecken soll: There bee many sorts of these Seafowls; some of them of strange shapes, among which there is one, they call the garefowl which is bigger than a goose, and hath eggs as big almost as those of the Ostrich». Diese Nachricht setzte ich voran, weil sie es ver- muthlich ist, welche die Anfrage Rob. Sibbalds in der Scotia illustrata, die 1684 herauskam, hervorge- rufen hat, in welchem Werke die Alca impennis in dem Capitel der ihm weniger bekannten Vögel, wo- rüber er genauere Beschreibungen wünscht, in erste Reihe gestellt ist (Cap. VII. De avibus quibusdam apud nos, quae incertae classıs sint, quarum proinde descriptiones accuratas desidero) 8. 22. «Avis Gare dicta, corvo marino similis, 0v0 ma- imo». In einigen Jahren wurde diese, nicht weniger durch das Vogel- als, das Volksleben, merkwürdige Insel Gegenstand einer ausführlichen Beschreibung und 41) Pinkerton, libr. c. V. III, S. 730. — 473 — dabei auch seiner Alca impennis näher erwähnt. In Martin’s voyage to St. Kılda 1698, heisst es: «The seafowl are, first, gaerfowl, being the stateliest, as well as the largest sort, and above the size of a Solan Goose, (Sula alba L.) of a black colour, red about the eyes, a large white spot under each, a long broad bill; it stands stately, its whole body erected, its wings short, flies not at all; lays its egg upon the bare rock, which, if taken away, she lays no more for that year; she is wholefoo- ted,.and has the hatching spot upon her breast, i. e@. a bare spot, from which the feathers have fallen off with the heat in hatching; its egg is twice as big as that of a Solan goose, and is variously spotted, black, green and dark; it comes without regard to any wind, appears ihe first of May, and goes away about the middle of June”). So kurz diese Worte sind, enthalten sie doch in den von mir hervorgehobenen Zeilen solche Aufklä- rungen über die Alca impennis, wie wir sie anders- woher nicht erhalten haben, und welche für uns von _ Wichtigkeit sind. Ich habe schon oben auf diese be- stimmten Aeusserungen über die frühe Brütezeit des Vogels und seine Ungeneigtheit zum zweiten Male Eier zu legen, wenn ihm das erste Ei genommen war, hingedeutet“”). Ich will hier, ohne mich bei der be- 42) Aufgenommen nach der vierten Ausgabe in Pinkerton’s libr. e. vol. III, p. 688 — 730. 43) Ich muss hervorheben, dass die St. Kildabewohner als zuver- lässige Beobachter dieses Zuges im Vogelleben, welcher so grosse Bedeutung für ihre eigene Lebenserhaltung auf dieser fernen Insel hat, anzusehen sind. Vögel, Vogeljungen und Eier gaben, so zu sagen, drei Viertel des Jahres hindurch die tägliche Nahrung ab, und damit dieselbe erhalten und planmässig erhalten werden konnte, waren die Vogelfelsen auf der Insel und deren zugehörende Schären 10 — 47141 — stimmten Wahrnehmung des Brüteplatzes aufzuhalten, nur darauf aufmerksam machen, dass das frühe Fort- sehen des Vogels vom Nistplatze uns zeigt, dass die Alca impennis sehr gut noch auf den Geirfugle-Felsen nisten konnte, in dem Jahre als Faber daselbst am 25. Juli seinen Besuch ablegte, ohne eines einzigen Individuums dieser Art ansichtig werden zu können, obgleich er jeden einzelnen der zahlreichen Vögel auf dem Felsen übersehen konnte, er würde nämlich schon spätestens am Anfange desselben Monats mit seinen Jungen in See gegangen sein. Mit dem Pastor John Campbell von Harries, einer der nächsten Inseln, reiste Martin nach St. Kilda den 29. Mai 1697 und war also während der rechten Zeit auf der kleinen Insel; seine Aeusserungen tragen auch das Gepräge der Autopsie. In einer ungefähr gleichzeitigen Beschreibung der sämmtlichen, westlichen Schottischen Inseln von demselben Martin “), wird die Alca impennis gar nicht genannt, obgleich dem Vogelfange und den Vögeln viele Aufmerksamkeit geschenkt wird, man sieht darin einen Beweis, dass der Vogel nicht nur auf die genannte kleine Insel beschränkt, sondern und Holme in Partien und Distriete getheilt worden, wovon z. B. gewisse in den ersten Wochen die Eier abgaben, während auf den anderen die Vögel Ruhe zur Entwickelung der Jungen bekamen; diese wurden jetzt eingesammelt, während die Vögel auf den ersten Felsen zum zweiten Male Eier legten u.s.w nach einem bestimmten Plane den ganzen Sommer hindurch, da die verschiedenen Vögel eine ungleich lange Zeit für die Jungen zum Erreichen der für den Fang am besten passenden Grösse erfordern. Die Anzahl alter Vögel, welche jeder Felsen abgeben konnte, wurde natürlich nach dem stattgefundenen Abgauge an Jungvögeln und Eiern bestimmt. 44) Martin Description of the Western Islands, London 1716. Auch in Pinkerton, V. III, p. 572. — 475 — auch damals, neben dem übrigen Vogelreichthum, für die Insel von untergeordneter Bedeutung gewesen ist. Selbst als Seltenheit, hat er sich indessen hier nicht viele Jahrzehnte nahher gehalten, d. h. als regel- mässig nistender Vogel. Einige und sechzig Jahre später haben wir nämlich eine andere ziemlich aus- führliche Beschreibung St. Kilda’s und seiner Ge- schichte von Macaulay, welcher auf einer benach- barten Insel Kastos war. und 1758 in Folge einer Aufforderung der «Society for propagating Christian Knowledge» die Insel zur Mitisommerzeit besuchte. Trotzdem, dass er den ganzen Juni-Monat da war, musste er doch beklagen, nicht Gelegenheit gehabt zu haben mit dem sonderbaren Vogel, welcher sich zuweilen an der Küste zeigte und Garefowl genannt wurde «an absolut Stranger, I am apt to believe, in every other part of Scotland» Bekanntschaft zu machen. In seine Beschreibung haben sich mehrere Unrich- tigkeiten eingeschlichen, entweder von einer falschen Auffassung der Aussagen der St. Kildaer, oder viel- leicht davon, dass diese sein Aussehen halb und halb vergessen hatten, da er jetzt nur zufällig, wie es scheint, sich bei ihnen sehen liess. Es heisst nämlich”): «The St. Kildians do not receive an annual visit from this strange bird, as from all the rest». «It keeps at a distance from them, they know not where, for a course of years. From what land or ocean it makes its uncertain voyages to their isle, is perhaps a mystery in nature. A Gentleman, who had been in tho Westindies, infor- med me, that according to the description given of him, 45) K. Macaulay. The history of St. Kılda. 8 v. London 1764, p. 156 — 57. — 476 — he must be the Pengvin of that clime, a fowl that points out the proper soundings to seafaring People». Sılda- Br), In der Zwischenzeit zwischen den Besuchen Mar- tin’s und Macaulay’s muss dieser Alk also wegge- fangen oder verjagt worden sein. Ich nehme das er- stere an; zu einem solchen Resultate konnte es sehr leicht kommen, wenn man der Noth gedenkt, worin die Insel, ihrer eigenthümlichen Stellung zufolge, be- weislich in dem genannten Zwischenraume gebracht wurde, und in die eine Felseninsel so geringer Grösse, so weit von allem Verkehr mit der helfenden Neben- welt entfernt, und dabei sowohl zu diesem Zwecke, wie für ihren eigenen bedeutenden Vogelfang nur mit einem einzigen Boote versehen, oft gerathen musste. In der genannten Zwischenzeit zwischen beiden Reisen, also ungefähr in zwei Generationen, war die Bevölkerung auf weniger als die Hälfte zusammenge- schmolzen, von 180 auf 80, und dadurch schon die Kraft zu planmässigem Vogelfang sehr geschwächt. Von 21 Familienvätern hätten die Pocken 1724 (oder 1730) nur 4 am Leben gelassen, drei der Familien- väter waren auf Vogelfang nach einer anderen Fel- seninsel geschickt worden und des Fanges wegen einige Tage dort gelassen; mittlerweile brach aber die Krankheit aus, so dass sie von August bis zum nächsten Mai nicht nach Hause geholt werden konn- ten, und während dieser ganzen Zeit mussten sie 46) Von hier stammend oder wenigstens hiermit übereinstim- mend, sind die Ausserungen mehrerer Ornithologen über sein Vor- kommen auf nur solchen Stellen im Meere, wo der Boden erreicht werden kann, z.B. Bewicks II, 8.598: «the never wanders beyond soundings». rin: = sich allein von eingefangenen und getrockneten Vö- geln ernähren. Während solcher Absperrungen auf den Vogelinseln, wovon die Reisen Martin’s und Macaulay’s mehrere Beispiele enthalten, und die so leicht eintreffen konnten, wenn das einzige Boot, wulches die Insel besass, zu Schaden kam oder zer- stört wurde, musste der Vogelfang eifriger als sonst betrieben werden, und zwar sowohl auf der Haupt- insel, wo die Frauenzimmer inzwischen selbst täglich Vögel zum Lebensunterhalt fangen mussten, als auf den Vogelbergen, wo die Männer abgesperrt waren. Es däucht mir nicht unwahrscheinlich, dass solche Umstände auf das Schicksal des Vogels Einfluss ge- habt haben. Mit dieser Nachricht Macaulay’s fängt die gerade nicht lange Reihe von Beobachtungen über zerstreute oder zufällig gesehene Geirvögel, die wir die engli- schen Ornithologien hindurch verfolgen können, an; in einem ganzen Jahrhunderte hat man wohl hin und wieder an den Küsten der Schottländischen Insel- gruppen und bei Schottland, sogar auf beiden Seiten, ja bisweilen etwas weiter gegen Süden ganz einzelne Vögel gefangen, aber die ganze Anzahl in diesem Zeitraume von Macaulay 1764 bis 1852 beträgt doch kaum ein Dutzend. Macgilliwray, welcher in seiner history of british birds indigenous and migra- tory, Vol. V, 1852, die vollständigste Liste von ihnen hat, kann die an den Küsten Britanniens gesehenen oder getödteten Individuen auf überhaupt nur zehn hinaufbringen, und er scheint doch kein Beispiel, welches bei anderen Ornithologen, z. B. Montague, Bewik, Yarrel oder bei Fleming in der oben a angeführten history of british animals genannt, aus- gelassen zu haben. Von diesen zehn sind nur zwei (1822, 1829) von St. Kilda, und die ältesten Ein- wohner der Insel erzählten laut Yarrel (brit. birds), dass sie während ihrer ganzen Lebenszeit sich nur erinnerten 3— 4 gesehen zu haben. Zwei oder drei sind von den Orkney-Inseln, und die Sage lautet, dass unter diesen ein Paar noch gegen Anfang dieses Jahrhunderts auf Papa-vestra Eier gelegt haben, einer soll in Buckinghamshire in einem Teiche, zwei engli- sche Meilen von den Ufern der Themse, getödtet worden sein ‘'), einer ist von der Küste Norfolks oder Southfolks, einer wurde bei Lundy-Island, nördlich von Devonshire (1829) todt gefunden, und einer an der Küste von Waterfordshire auf der Ostseite von Irland. Diesem will ich noch beifügen, dass ich zu- fällig in Dilwyn’s materials for a Fauna and Flora of Swansea 1848, gesehen habe, dass der Vogel ein- mal in Seilly Island gesehen sein soll, und dass es mir aus anderen Quellen bekannt ist, dass zwei bis drei Individuen in diesem Jahrhunderte bis in den Kanal und an die Französische Westküste gekommen sind. (Okens Isis 1833, S. 648 und Naumannia, Jahr- gang 1855, S. 423). Bei der Bekanntschaft, die wir jetzt von der Ver- breitung des Vogels bei den Färöern und Island haben, 47) Die in einem Süsswasserteiche erschlagene A. impennis ist mehr als zweifelhaft, und obgleich sie in mehreren Ornitbologien angeführt wird, kann ich doch nicht finden, dass sie anders als einer Sage nach aufgenommen ist. Sie ist sicher mit einem Colym- bus verwechselt; feruer muss man etwas von der angegebenen An- zahl abziehen. in Folge des Umstandes, dass die zwei in 1822 und 1829 bei St. Kilda wohl gefangen wurden, aber lebend, und kurz nachher wieder entkamen; vergl. Macgilliwray lb. cıt. p. 361. _ 47). liegt der Gedanke nahe, die Heimath jener zerstreu- ten Vögel auf einer dieser zwei Stellen zu suchen, aber es giebt auch nichts dawider, anzunehmen, dass einzelne, und namentlich im ersten Theile des Zeit- raumes Newfoundländische Individuen gewesen sein könnten. 4) Das Vorkommen der Alca impennis an den Küsten Norwegens. Da die A. impennis so bestimmt als nistender Vo- gel bei den Färöern und St. Kilda das ganze 17. Jahr- hundert und zum Theil bis- in’s 18. hinein verfolgt werden konnte, würde es nicht unwahrscheinlich sein, wenn man ihn zu diesen Zeiten auch an den Küsten Norwegens etwas regelmässig gesehen hätte, aber dies ist nicht der Fall. Er hat, in den letzten Jahr- hunderten wenigstens, weder in der Nordsee noch im Skandinavischen Theile des Atlantischen Oceans, wel- cher nördlich davon liegt, noch in dem daran stos- senden Theile des Eismeers genistet, und sofern man es angegeben, beruht solches gewiss auf einem Miss- verständniss. Den Bericht des Bergensers Henrik Höyers an Clusius im J. 1604 kennen wir jetzt. Sollte er je- mals unseren Vogel aus Norwegen gesehen oder von ihm dort gehört haben, würde er es sicherlich nicht verhehlt haben, oder sich, wie er es thut, ausge- drückt haben. Dies muss schon bei uns gegen die auffallende Angabe Stroem’s, dass er bei Söndmör *), 48) H. Ström: Physisk og öconomisk Bescrirelse over Fogderiet Söndermör, gelegen in Bergens Bezirk in Norwegen, Soröe 1762, I, S. 221. Anglemager wird hier ein schwarzer und weisser Meeres- vogel, welcher in Gestalt einem Alk ähnelt, genannt; er ist aber — 480 — also nicht weit von Bergen, und in Fiorden, welche immer mit dieser Stadt in lebendigem Verkehr gestanden haben, noch in vollen 150 Jahren nach- her sehr gewöhnlich war und Anglemager genannt wurde, Verdacht erregen. Unsere Zweifel über die Richtigkeit dieser Angabe werden noch dadurch ver- mehrt, dass er obendrein im Frühling und Vorsom- mer dort sein sollte, und also angenommen werden muss, dass er dort brütete. Ström bemerkt selbst, dass er Niemand. gefunden, der ihn aus Norwegen früher genannt hätte, und man kann dazu fügen, dass auch Keiner nach ihm denselben als norwegisch ge- nannt hat. Obgleich man nun nicht wohl bezweifeln darf, dass Ström, wie aus der bei ihm gefundenen Bezeichnung hervorgeht, wenigstens einen oder ein- zelne solcher Vögel vor sich gehabt hat, so ist es doch keinem Zweifel unterworfen, dass ein wesentli- ches Missverständniss oder eine Verwechselung zweier verschiedener Vögel bei Angabe seiner Häufigkeit stattgefunden hat, ob man sich nun dies als von Ström oder demjenigen, welcher ihm die Nachricht beinahe doppelt so gross und hat einen längeren Schnabel. Beson- ders ist er kennbar an einem weissen Flecke bei jedem Auge und seinen kleinen Flügeln; folglich wird es wohl der sogenannte Pen- guin oder Anser Magellanicus Authorum sein. Bei Norwegischen Schriftstellern erinnere ich mich nicht etwas über diesen Vogel ge- lesen zu haben, ausser bei Lucas Debes, welcher ihn unter dem Namen Penguin oder Goifugl nennt, dabei aber sagt, dass er bei den Färöern ziemlich selten ist. Bei uns dagegen ist er allgemein genug und lässt sich theils auf den Fiorden während der Zeit der Frühlingsfischerei, theils, und vornehmlich auf dem Meere sehen, woeer sich in grossen Schaaren sammelt, fortwährend Aangla schrei- end, als wollte er die Fischer daran mahnen, ihre Angeln zum Fi- schen zurecht zu machen, wo er dann etwas abzukriegen pflegt, und aus diesem Grunde haben unsere Fischer ihu Anglemager genannt. — 4851 — gab, herrührend betrachten will. Anglemager ist viel- leicht einer der noch gebräuchlichen Namen des Hav- etlen (?), welcher dort in grosser Menge vorkommt, und das Wahrscheinlichste ist dann, mit Prof. Nilsson anzunehmen, dass dieser Vogel in jenen Bericht mit aufgenommen ist, aber in welchem Verhältnisse die Anzahl der A. impennis von diesem abgesondert wer- den soll, wird man nicht leicht herausfinden können*”). 49) Indessen lässt sich vielleicht einige Aufkärung in den Auf- zeichnungen Ström’s, die in Folge Brünnich’s Äusserungen auf der Universitätsbibliothek in Christiania aufbewahrt werden, finden. «Dr. und Prof. Hans Ström’s eigenhändige Zeichnungen von eini- gen seltenen und mehreren unbekannten Thierarten und Seegewür- men, zu seinen herausgegebenen Beschreibungen gehörend », ist der (ins Deutsche übersetzte) Titel, den M. T. Brünnich einem Bande Zeichnungen in Querfolio beigelegt hat, die er 1816 unserer Uni- versitätsbibliothek mit folgenden Erinnerungsworten auf der Rück- seite des Titels geschenkt hat: «Ein früherer Briefwechsel mit dem damals lebenden Verfasser der Beschreibung Söndmörs, später Pfarrer für die Gemeinde Eger, Dr. und Prof. H. Ström, brachte das wissenschaftliche Vertrauen hervor, welches ich bei ihm während meines Aufenthaltes in Nor- wegen genoss, bis zu seinen letzten Tagen, als eine zunehmende Magenschwäche seinem wirksamen Leben am 1. Febr. 1797 ein Ende machte. Seine originalen Handschriften und eigenhändigen Zeichnungen zu seinen gedruckten Schriften wurden mir von seiner edlen Frau, dem Wunsche meines verstorbenen Freundes zu Folge, als eine freundschaftliche Erinnerung überreicht. Die Handschrif- ten mit mehreren historischen Aufzeichnungen und Auszügen durch- gelesener Werke sandte ich vor meiner Abreise der Universitäts- bibliothek in Christiania zu. Die Zeichnungen, die in diesem Bande geordnet sind, zeigen eine seltene Vollkommenheit, die dieser Naturkundige besass, die Natur mit einer meisterhaften Feder abzucopiren, und da diese Zeichnun- gen an Genauigkeit die in Kupfer gestochenen Figuren übertreffen, so habe ich, zum Nutzen der Wissenschaft und zur Erinnerung an diesen Gelehrten, denselben einen Platz in der Büchersammlung der Kopenhagener Universität gewünscht, und habe somit die Ehre sie derselben zu übergeben. Kopenhagen, d. 1. Febr. 1816. M. T. Brünnich. Da es unter den Figuren einzelne gab, die nicht publicirt sind, 11 — 482 — Obgleich bei unserer Frage über die Verbreitung der A. impennis eigentlich nur von den Punkten, wo sie nistet oder genistet hat, die hede war, und somit die an einer Küste zufällig vorkommenden Vögel we- niger Interesse für uns haben, so stellt sich doch das Verhältniss in letztgenannter Hinsicht etwas anders, sobald wir die Nordsee erreicht haben, in deren Ver- zweigungen, dem Kattegatt und dessen Fiorden, die Individuen, welche die Ureinwohner vor 3000— 4000 Jahren an unseren Küsten gegessen haben, gefangen sein müssen. Es wird nämlich zur Beantwortung der Frage, ob man für den Vogel eine nähere‘ Nest-Heimath als eine von denen, die der Vogel in den letzten Jahr- hunderten gehabt hat, voraussetzen soll, nicht gleich- gültig sein, wie oft man erfahren hat, dass solche zu- fällige Gäste in diesem Zeitraume zu uns herunter gekommen sind. Aus diesem Grunde will ich nicht unterlassen zu bemerken, dass ausser jenen Ström- schen Bericht, die A. impennis, so viel ich habe auf- spüren können, in dem ganzen letzten Jahrhunderte nur dreimal, als in der Nordsee, an der Norwegischen Küste, oder in den südlicheren Buchten derselben, im Skagerack, Kattegatt oder in der Ostsee als gese- hen angegeben worden ist”). hoffte ich unter ihnen eine Figur des Anglemagers oder seines Kopfes finden zu können, aber es gab keine Figur, welche diesem gehörte, obgleich Ström, wie es scheint, alles was er für selten ansah, abzeichnete. 50) Prof. Rasch giebt in seinem Verzeichniss über die Vögel Norwegens von diesen an (Nyt Magasin for Naturvidensk. 1838, S. 386): «Er ist in langer Zeit nicht au den Küsten Norwegens ge- sehen worden. Durch Stud. med. Schübler bin ich benachrichtigt wordeu, dass er diesen Winter in der Nähe von Frederiksstad er- — 483 — Es ist mir gar kein geschichtliches Zeugniss be- kannt, dass die A. impennis sich auf der nördlichen Hälfte der Norwegischen Küste oder bei Spitzbergen gezeigt hat”). In einem vorhergehenden Citate ist Spitzbergen zwar unter den Gegenden, wo sie vorkommen sollte, legt worden ist. Aus dänischen Zeitungen sieht man, dass er in ge- genwärtigem Winter in Jütland gefangen wurde». Ich weiss nicht, ob Herrn Schübler’s Mittheilung sich auf Autopsie oder mündli- che Überlieferung gründet, aber der Vogel der jütländischen Zei- tungen, welcher mittelbar zum mehrmals angeführten Aufsatze des Staatsraths Reinhardt Anlass gab, wurde damals für einen Colym- bus erkannt; aus welchen Büchern der Name @Geirfugl an der Westküste von Jütland bekannt geworden ist, weiss ich nicht, aber während ich mich in den Jahren 1833 — 34 in Thy aufhielt, wurde mir von verschiedenen Seiten Nachricht von A. imp. gebracht, die unmittelbar am Strande in den Dünen erschlagen waren, die sich aber alle beide bei näherer Untersuchung als Colymbus auswiesen. In älteren Schriften wird angegeben, dass die A. imp. 1814 im Kat- tegatt bei Marstrınd geschossen wurde. Nilssou sagt in einer Note seiner Ornithologia suecica (II) p. 138: «ante aliquot annos specimen hujus speciei juxta Marstrand oceisum fuwit», aber ich kenne nicht die erste Quelle, der diese Angabe entnommen ist. Endlich ist ein Individuum ungefähr 1790 nach den Schleswig-Holsteinischen Pro- vinzialblättern in Kielerhafen geschossen worden (siehe Jahrg. 1798, Bd. I, S. 103). 51) Ich muss indessen bemerken, dass, als Antwort auf meine deshalb gemachte Vorfrage, Herr Nordoi in einem Briefe in die- sem Jahre (1856) mir mitgetheilt hat, dass ein grosser unbekannter Seevogel, den Herr L. Brodtkorb 1848 bei Vardöe geschossen hatte, wahrscheinlich dieser sein musste, nach der gegebenen Be- schreibung, aber trotz zahlreicher Nachfragen hatte er ihn sonst niemals in diesen nördlichen Gegenden nennen gehört F). 7) Sollte nicht in die Nachricht des Herrn Nordoi ein Missverständniss sich ein- geschlichen haben? Auf einer Felsen-Insel dicht bei Wardöe hält sich nämlich noch eine kleine Kolonie von einem Seevogel auf, der wahrscheinlich 4lea aretica L. (Mormon Ree.) ist. Als ich im Jahre 1840 mit Herrn v. Middendorff Wardöe besuchte, gab der letztere, ein sehr gewandter Schütze, sich viele Mühe diesen Vogel zu erlegen, er konnte aber nur ein Individuum zu Gesicht bekommen, das von einer unersteiglichen Felswand sich erhob und ausser Schussweite davon flog. An ALlea impennis war also nicht zu denken. Der hiesige Vogel wird aber den Reisenden im- mer als eine grosse Merkwürdigkeit genannt, da er in der Umgegend unbekannt ist. Sollte nicht Herr Brodtkorb diesen Vogel erlegt haben? Die Angabe, dass er gross war, kann sich leicht eingeschlichen haben, da die Mittheilung durch den zweiten Mund ging. Die Unfähigkeit zum Fluge wäre ein mehr gesichertes Zeichen gewesen. Baer. — 484 — genannt, aber ich kenne keine andere Quelle für das Vorkommen daselbst, als de la Martiniere, welcher Pengouins unter den Vögeln nennt, die er in der Wai- gatstrasse traf. Aber selbst wenn seine Reisebeschrei- bung nicht eine nach anderen Reisen, und zwar so- gar nach Reisen in anderen Gegenden, unter häufigen Missverständnissen zusammengeflickte Arbeit wäre, die also nicht als eine originelle Quelle benutzt wer- den kann, so zeigt doch die Figur und die Beschrei- bung seiner Penguine deutlich genug, dass er Peli- kane°”) meint, und seine Angabe wird hier somit un- ter keinen Umständen in Betracht kommen können. (Voyages des pais septentrionaux. Paris 1671, p. 145 — 148). C. Ergebnisse der einzelnen Untersuchungen über die Verbreitung der Alca impennis. Versuchen wir nun, was die vorhergehenden Dar- 52) Als Pelikane deutet sie auch Buffon ganz richtig, indem er Martiniere in der hist. natur. des oisseaux, Tom IX, p. 596 (Ori- ginalausgabe) citirt Y). +) Dass die einst sehr berühmte Reise des wohl pseudonymen Hrn. de la Marti- niere nur eine nach früheren Reisen und Karlen sehr flüchtig zusammengeschriebene ist, kann nicht bezweifelt werden. Nachrichten, die man vou Grönland hatte, sind von ihm nach Nowaja Semlja versetzt, z. B. die Lederböte, aber auch manche Thiere. Er will die Bewohner von Nowaja Semlja eingefangen haben, bildet sie mit Schürzen aus Federn ab und beschreibt ihren Gottesdienst. Diese Inselgruppe war aber immer un- bewohnt und wurde im I7ten Jahrh. nur von Russen und im Süden von Samojeden für den Fang von Seethieren besucht. Er will den ganzen Hochnorden, Island, Grönland, Spitzbergen, Nowaja Semlja u. s. w. in Einem Sommer besucht haben, was noch keinem Nordfahrer gelungen ist. Er will in Nowaja Semlja Bäume und sogar einen Fichtenwald gesehen haben, womit er beweist, dass er nicht einmal eine Vorstellung vom Hochnorden hat. Aber mit der Behauptung, dass er von Petzora (soll sein Pustosersk) nach Sibirien in einen Tage gefahren sein will, giebt er den vollgültigen Beweis, dass er nur auf der damaligen Karte gereist ist. Nach Sibirien musste er aber kommen, um mehrere Ga- pitel über Zobelfang, Sibirien, Russland, Polen, die Tatarei, die Kalnnücken und Cir- cassien zu schreiben, kurz über Alles was bei einem Franzosen damaliger Zeit zum /ond du nord gehörte. Dieses Buch ist nichts anderes als eine ohne Kenutniss und Kritik abgefasste Zusammentragung von Nachrichten aus dem Norden in Form einer Reisebeschreibung, wie wir deren jetzt manche haben. Es gehört zu den Merkwür- digkeiten der Literaturgeschichte, dass dieses Buch einige Zeit viel gegolten hat, nachgedruckt und übersetzt ist. Am ergötzlichsien ist der Ernst, mit dem der gelehrte Beckmann das Buch und den Verfasser in seiner Literatur der Reisen behandelt. Baer. — 485 — stellungen des Vorkommens des Geirvogels (A. impen- nis) an den einzelnen Punkten uns gelehrt haben, in kurze Sätze zusammen zu fassen, deren Inhalt auf der beigefügten Karte versinnlicht ist. 1) Der Geirvogel ist nie ein eigentlich arktischer Vogel gewesen, das heisst ein solcher, welcher vor- nehmlich seinen Aufenthaltsort innerhalb des arkti- schen Kreises gehabt, dort genistet und gewohnt hat; es giebt vielleicht nicht einmal ein Zeugniss dafür, dass er jemals innerhalb dieses Kreises gesehen worden ist, nicht einmal in zufälligen Individuen. Die Geirvögel, welche am höchsten oben im Nor- den beobachtet wurden, sind jene 7, welche der Is- ländische Bauer auf der Klippe unter dem Lautrum- Vogelberg erschlug, nach seinem Berichte an Faber, und welche, obgleich zufällig, nicht einmal den arkti- schen Kreis erreicht hatten. Die nördlichsten bekannten Nesterplätze sind die bei den Geirvogelschären Islands zwischen dem 63° und 64° nördlicher Breite. Selbst wenn man einen brüteplatz bei Frederikshaab in Grönland annehmen wollte, gestützt auf das eine problematische Junge beiFabricius, käme dieser doch nicht so hoch in den Norden zu liegen. Sein wirklich bekannter, nördlich- ster Brüteplatz reicht also nicht einmal hinauf bis zur Südgränze des Breitengürtels, welchen man als die eigentliche Heimath des Vogels hat bezeichnen wollen. 2) Der Geirvogel ist auch nicht in den späteren Zeiten zu einem arktischen Vogel geworden, so dass er von südlichen Punkten in jene Gegenden hinauf- — 486 — getrieben worden wäre; wenigstens fehlt es uns hier an jeder Beobachtung. 3) Die Heimath des Geirvogels, bestimmt durch seine geschichtlich bekannten Brüteplätze, fiel längs des Randes der oberen Hälfte des nördlichen Atlan- tischen Meeres, zwischen dem nördlichen Nordame- rika und den Britischen Inseln. In diesem Angelsäch- sischen Theile des Atlantischen Meeres bildeten die Brüteplätze gleichsam einen Halbbogen in ziemlicher Entfernung von den Küstenstrecken des Festlandes, oder der grösseren Inseln. Beginnt man mit den west- lichen Geirvogelschären bei Island, als den nördlich- sten, so zog sich der Halbbogen gegen Westen herab (sehr zweifelhaft ob über Labrador), über Funks-Is- land, die Pinguininsel, bei dem Südrande Newfound- lands, die Vogelinseln in der St. Lawrence - Bucht, Cap Breton und, nicht unwahrscheinlich, gerade herab bis zum Cap Cod. Auf der anderen, der östlichen Seite ging der Bogen über die südlichen Geirvogel- schären bei Westmannö und die östliche bei Ingolfs- höfde, die Faröer und St. Kilda, im Westen von den Hebriden. 4) In dieser ganzen Ausdehnung kennt man den Geirvogel nicht brütend, ausser auf Schären oder Ausseninseln, 2 — 15 Meilen von grösseren Inseln oder zusammenhängenden Küstenstrecken entfernt. Dieses kann nun ein ursprüngliches Verhältniss gewesen sein; man kann es aber sich auch sehr gut als ein durch spätere Verfolgungen hervorgerufenes denken, so dass nur an ähnlichen, fernen, schwer zu- gänglichen Orten einige zurückgeblieben sind. Folgt man dem Gange im Verschwinden dieses Vogels, so — 1a kann man nicht anders als zu der Annahme geführt werden, dass diese Ausseninseln nur Überreste einer früheren allgemeineren Ausbreitung auch auf solchen Inseln, die etwas näher bei der Küste lagen, oder vielleicht auf der Küste selbst, sind. Ein natürlicher Gedankengang gebietet uns nämlich das geschichtliche Abnehmen dieses Vogels in den letzten 200 Jahren als eine Fortsetzung von etwas aufzufassen, was auch in Jahrhunderten vorher Statt gefunden hat, wenn es auch nicht nach demselben Maassstab geschehen ist. Einen so vertheidigungslosen Vogel als den Geirvo- gel können wir uns nicht als brütend an der Küste oder den zunächst belegenen Inseln denken, ohne nicht im hohen Grade eine Beute der Raubthiere, Raubvögel, und besonders der Menschen zu werden. 5) Alle die genannten Ausseninseln liegen so im Meere und dessen Strömungen, dass nur ganz einzelne von ihnen, z. B. Funks-Island, regelmässiger vom Eis- sang können berührt werden. Man hat also keinen Grund eine Neigung des Vogels sich in der Nähe von Eisklippen aufzuhalten, anzunehmen. 6) An keiner von allen den Stellen, wo der Geir- vogel in der geschichtlichen Zeit beobachtet worden ist, ist er in einer so grossen Menge gesehen worden, als auf den Inseln bei Newfoundland. Im Ganzen ge- nommen ist die westliche Seite des Atlantischen Mee- res als die hauptsächliche Heimath des Geirvogels in der geschichtlichen Zeit zu betrachten, während schon die frühesten Nachrichten, welche wir vom Geirvogel auf den Inseln an der östlichen Seite des Atlantischen Meeres haben, von ihm als selten und nur in weni- gen Individuen vorkommend, berichten. — 483 — 7) An allen genannten Punkten ist er inzwischen entweder ganz verschwunden oder seiner Ausrottung so nahe, dass man, wie unsere Kenntnisse für den Augenblick beschaffen sind, nicht sonderlich Aussicht dazu hat, dass eine grössere Kolonie desselben zu- rückgeblieben ist. Auf der westlichen Geirvogelschäre bei Island lebt er und brütet er noch, nach aller Wahr- scheinlichkeit, obgleich diese Kolonie ziemlich klein sein muss. 8) Das Verschwinden dieses Geirvogels, welches nicht als ein Umzug aufgefasst werden darf, nicht ein- mal als ein Aussterben, sondern als eine Ausrottung, hat seine Hauptursache in den Verheerungen der Menschen, indem man zum Unterhalte des täglichen Lebens zu gewissen Zeiten ihn, in allzugrosser An- zahl im Verhältnisse zu den Bedingungen, unter de- nen die Fortdauer der Art allein möglich war, ein- gefangen hat. Der Vogel hat doch, je nachdem er verschwand, insofern zur Erreichung eines höheren Zieles gedient, als er offenbar in einem längeren Zeit- raume eines der Mittel gewesen ist, welche wesent- lich die Ausübung der Fischerei an den Bänken New- foundlands erleichtert haben. Da gewisse Nesterplätze der Geirvögel öfters ge- waltsamen Naturverheerungen ausgesetzt gewesen sind, so haben wir auch in ihnen wenigstens eine Ne- benursache zu seinem Abnehmen und Verschwinden an einzelnen Orten, z. B. an den Geirvogelschären bei Island, zu suchen. 9) Wie weit gegen Süden der Geirvogel in frühe- ren aber ferne liegenden Zeiten den Küsten Europas oder Nordamerikas gefolgt ist, kann wahrscheinlich — 48 9e nur durch ähnliche Untersuchungen und solchen Fund, wie der, welcher die ursprüngliche Veranlassung zu gegenwärtiger Abhandlung gewesen ist, abgemacht werden. Sollten inzwischen Knochen des Vogels un- ter viel südlicheren Breitegraden vorkommen, was ich nicht für unwahrscheinlich ansehe, so darf man wohl annehmen, dass nun so viel von seiner Geschichte be- kannt ist, dass man sein Verschwinden nicht mit an- deren Veränderungen in der Natur in Verbindung setzen wird, als mit der, welche wesentlich durch Menschenhand hervorgebracht worden ist. Erklärung der Tafel. Dem Originale ist ein kleines Kärtchen beigegeben, welches die Verbreitung der Alca impennis in histo- rischer Zeit darstellt. Dieses Kärtchen ist in der obern Hälfte unserer Tafel wiederholt. In diesem Kärtchen bedeuten: die rothen Punkte die Brüteplätze, von denen die- ser Vogel, nach unserer jetzigen Kenntniss, als ver- schwunden angenommen werden muss; der grüne die Schären, auf denen man ihn noch als vorhanden annehmen darf, obgleich in äusserst wenigen Individuen; die schwarzen die zwei Stellen in Dänemark (Hu- velse in Seeland und Meilgaard in Jütland), wo unter den Thieren, welche die Urbevölkerung zur Nahrung gebrauchte, Überreste vom Geirvogel gefunden sind. Unter der Karte findet man auf derselben Tafel: a. den Oberarm des Geirvogels von der äusseren Seite gesehen, aus den Küchenresten von Meilgaard; b. denselben Knochen von der inneren Seite; 12 ie 0. c. das rechte Ober :rmbein des Geirvogels, von Meilgaard. aeg Zusatz des Herausgebers, Den letzten Abschnitt — die Ergebnisse — hat schon der jetzt verstorbene Prof. And. Wagner in München in den «Gelehrten Anzeigen der K. Baye- rischen Akademie d. W.» in N’ 24 des Jahrg. 1860 in Deutscher Sprache publicirt. Er fügt die Nachricht hinzu, dass Herr Professor Steenstrup ihm mitgetheilt habe, der Engländer Wolley habe im Sommer 1858 Island eigens bereist, um Nachforschungen nach dem Geirvogel anzustellen, dass er aber nicht die geringste Spur von einem noch lebenden Individuum dieser Art habe auffinden können. Als ich im Jahre 1861 in Kopenhagen war, hatte man daselbst keine neue Nachricht von diesem Vo- gel. Jetzt höre ich jedoch von einem Naturforscher, dass es einem Engländer (ob dem oben genannten?) gelungen sein soll, auf einer der Isländischen Schä- ren eine Kolonie noch vorzufinden und auch Eier, oder ein Ei heim zu bringen. Näheres weiss ich je- doch nicht anzugeben. Dagegen erhalte ich durch Hrn. Prof. Reinhardt in Kopenhagen, noch während des Abdrucks dieser Seite, die gefällige Mittheilung, dass man dort von keinem neuen Auifinden des Geirvogels weiss und dass man an der Richtigkeit dieser Angabe sehr zweifelt; ferner dass kürzlich in England ein Buch über Island von einem Hrn. Sabine Baring- Gould erschienen ist: Iceland: its Scenes and Sayas, Lond. 1863, worin ausdrücklich gesagt wird, dass man seit 5 Jahren vergebens darauf gewartet hat, das Meer ruhig genug zu treffen, um den Geirvogel- Felsen zu besteigen. Baer. 15. (27.) November. ———Z—— (Aus dem Bulletin, T. VI, pag. 513 — 576.)